TH D. H. HILL LIBRRY NORBTH CROLINA4 STATE COLLEGE ICH F. 15 Locked Shelves ENTOMOLOGICAL COLLECTION This book must not be taken from the Library building. 20M—JAN. 58—Form 2 Sammlung naturhiſtoriſcher phyſſkaliſher Aufſaze herausgegeben von WERTEN Franz von Paula Schrank der Theologie und Philoſophie Doctor, kurpfalzbaierſchem 5 wirklichen geiſtlichen Rathe. Wau EN I Il c € Mit Kupfern. r . — —— ——— (| Nürnberg, in der Raſpeſchen Buchhandlung 1796. unten — Creſce, ſeges, lente; lente properantia durant; Maturam in ſpicas provehet alma dies. BISSELIVS, Vorrede. Eu Anzahl Abhandlungen, ſowohl eigener, als fremder, hatte ſich un⸗ ter meinen Papieren geſammelt. Ich glaube, daß durch ſie die Summe wiſſen⸗ ſchaftlicher Kenntniſſe wirklich vergroͤſſert werde, und das iſt genug, daß ſie die Bekanntmachung verdienen. Mir hat ihre Sammlung, die Ausbeſſerung der eigenen, und unter dieſen die vollſtaͤndige Bearbeitung der ſiebenden und achten, un⸗ "KR ter 1 ä Vorrede. ter verdruͤßlichen Umſtaͤnden, zur Erho⸗ lung gedienet; vielleicht iſt dieſer Um⸗ ſtand eine Urſache mit, daß ich mir in dem Buche, das ich dem Publikum uͤbergebe, mehr gefalle, als ich ſollte. Wie es immer ſeyn mag: die fremden Abhandlungen haben gewiß ihren ent⸗ ſchiedenen Werth; und die eigenen ſen⸗ de ich in die Welt ohne Empfehlung; ſie werden da ihre Freunde und Feinde finden, wie ihr Verfaſſer, und, wenn ſie es verdienen, ſo werden die Erſtern keine andern ſeyn, als wuͤrdige Maͤnner; ſind das die Leztern nicht auch, ſo wird ihr Tadel dem Buche noch mehr zur Empfehlung gereichen, als der Beyfall der Erſtern. Die erſte Abhandlung hatte ich be⸗ reits vor vielen Jahren aufgeſezet, weil ich bemerkte, daß man die in der That etwas ſonderbare und ſchwankende Spra⸗ r des Linne, wann von Farben die Rede Vorrede. * Rede iſt, ziemlich unrichtig verſtehe. Spaͤtere Schriftſteller haben ſich ver⸗ ſchiedentlich wieder eine andere Sprache gebildet, ſelbſt bey Gegenſtaͤnden, die ſchon von Linne“ beſchrieben worden; dies muß nothwendig bey ſolchen Naturkoͤr⸗ pern Verwirrung hervorbringen, bey mels chen die Farben unterſcheidende Kennzeichen liefern, wie bey den Fluͤgeln und Inſee⸗ ten. Meine Abhandlung kann alſo noch jezt den Zweck erreichen, den ich mir bey ihrer erſten Ausgrbeitung vorgeſezet habe: Feſtſezung der Idee des Linne“. Die an⸗ gehaͤngten Anmerkungen habe ich in dem Geiſte ausgearbeitet, in welchem ich das Naͤmliche fuͤr die Pflanzen in den Uſte⸗ riſchen Annalen gethan habe. Da ich mich in beyden Faͤllen bloß von der Erfah⸗ rung leiten ließ, und das Leben der Pflan⸗ zen mit dem thieriſchen wohl viele Aehn⸗ lichkeit, aber keine unbedingte Gleichheit hat, ſo konnten die Regeln, welche ich hier aufſtelle, mit denen, welche ich dort * 3 auf vi Vorrede. aufgeſtellet habe, unmoͤglich dieſelbigen ſeyn. Die zweyte Abhandlung kann man als einen Nachtrag zu meiner Baierſchen Flo⸗ ra und zu meinen Briefen uͤber das Do⸗ naumoor, oder als eine Vorlaͤuferin mei⸗ ner Baierſchen Fauna, die ich wahrſchein⸗ lich kuͤnftiges Jahr ins Reine arbeiten werde, anſehen. Sie iſt eigentlich eine Ausgeburt derjenigen Reiſen, die ich ge⸗ macht hatte, um mich mit dem Donau⸗ moore, daruͤber ich auch meine Meynung ſagen wollte, bekannt zu machen, gehoͤrt aber nicht weiter dahin, als der Rah⸗ men zum Bilde, das er einfaßt. Ich hätte vielleicht die Thiere daraus weg- laſſen koͤnnen, weil ſie in der Fauna wieder vorkommen muͤſſen; allein durch ihre Beybehaltung verſchaffe ich mir den Vortheil, daß ich mich nun in der Fauna kuͤrzer faſſen darf, da dieſes Werk ohne⸗ hin ſehr groß ausfallen wird, indem ich ſo Vorrede. vır fo wenig geſinnet bin, ein duͤrres Verzeich⸗ niß zu ſchreiben, als ich es in der Flora gethan habe. | Die dritte Abhandlung ift bereits uͤber acht Jahr alt; ſo alt iſt auch die Benen⸗ nung des Wurmes, der ihr Gegenſtand iſt, die ich nicht abaͤndern zu muͤſſen glau⸗ be, weil ſie Herr Froͤlich in der Folge zur Bezeichnung eines andern Eingeweidewur⸗ ines gebraucht hat. Herrn Froͤlichs Zun⸗ genwurm iſt wohl ohnedies nichts, als ein Splitterwurm, wie das Hexathyrium des Herrn Treutlers ein Doppelloch; jener, wie dieſes, hat wohl an ſeinem Vorderen⸗ de einige Hacken, oder Hoͤcker, oder Blaͤs⸗ chen, mit welchen er ſich anklammert, oder auf der Flaͤche des geeigneten Eingeweides fortzieht; dieſe Hoͤcker muͤſſen, von dem Preßſchieber gedruͤckt, nothwendig die Stelle, wo ſie ſizen, oder als Blaͤschen unter gewiſſen Umſtaͤnden erhellen, und dadurch die Idee von Hoͤhlungen, von 4 Muͤn⸗ vn Vorrede. Muͤndungen erzeugen. Herr Froͤlich hat vieles zum Vortheile des Preßſchiebers ge⸗ ſagt, und ſeine Erinnerungen machen ihm Ehre: ſie zeigen den ſcharfſinnigen Beo⸗ bachter an; aber das Mikroskop, und alle Werkzeuge, mit welchen wir die Schwaͤche unſers Geſichts unterſtuͤzen, ſind zu be⸗ truͤgliche Werkzeuge, als daß wir die zu beobachtenden Koͤrper nicht ſo unverkuͤn⸗ ſtelt, als moͤglich, in ihren Brennpunct brin⸗ gen ſollten; wir brauchen deſſen ungeach⸗ tet den Gegenſtand noch oft und viel und unter abgeaͤnderten Umſtaͤnden zu betrach⸗ ten, wenn wir ihn recht ſehen ſollen. Ich rede aus Erfahrung, ich, der ich am Mi⸗ kroſkope grau geworden bin. Daß ich Keplers Briefe, die ſich in einer Handſchrift der hieſigen Univerſitaͤts⸗ Bibliothek vorfinden, in dieſer Samm⸗ lung abdrucken laſſe, dafuͤr wird mir ge⸗ wiß die gelehrte Welt Dank wiſſen. Der Mann, durch welchen Deutſchland ſo groß | ift \ Vorrede. IX iſt und ohne welchen es nie einen New⸗ ton, wenigſtens in der Aſtronomie, gege— ben haͤtte, iſt zu ehrwuͤrdig, als daß nicht auch Kleinigkeiten, die aus ſeiner Feder gefloſſen find, ſchaͤzbar ſeyn ſollten. | Herrn Profeſſor Webers Abhand⸗ lung vom Regen iſt zu ſinnreich, als daß ich einen Augenblick daran zweifeln koͤnnte, daß man mir fuͤr ihre Bekanntmachung danken werde. Ob ich mit ihm gleichfoͤr⸗ mig denke? Ich meyne, das ſollte man einen Herausgeber nicht fragen. Ich kann anders denken, und Unrecht haben: Vor⸗ liebe zu einem Syſteme, das mit mir aufgewachſen iſt, kann mich irre leiten, ohne daß ich es wahrnehme. Ueberhaupt muß man in einer Sache, die noch dun⸗ kel iſt, alle Meynungen, die mit Gruͤn⸗ den unterſtuͤzet werden, hören, ehe man entſcheidet. ee X Vorrede. Die ſechſte Abhandlung ſoll einige Thiere, die ſich nicht wohl anders, als durch das Vergroͤſſerungsglas genau beo⸗ bachten laſſen, bekannt machen. Die mei⸗ ſten forderten auſſer der Beſchreibung noch eine Zeichnung, und meine Fauna ſoll kei⸗ ne Kupfertafeln bekommen; dieß, und durch die Weglaſſung der hier gegebenen Beſchreibungen dort etwas Raum zu er⸗ ſparen, waren die Urſachen, warum die Abhandlung gegenwaͤrtigem Buche ein⸗ verleibt iſt. Wie die ſiebente Abhandlung ent⸗ ſtanden ſey, erzaͤhle ich in derſelben oh⸗ nedies. Sie iſt unſtreitig der meiſten Zuſaͤze und Verbeſſerungen faͤhig, aber vielleicht wuͤrde niemand die Graͤnze zwi⸗ ſchen dem flachen Theile von Baiern und feinen nördlichen Gebirgen feiner Aufmerffamkeit würdig erachten, wenn fie nicht da wäre, ihn zu wecken. Die Vorrede. xl Die achte Abhandlung iſt die Frucht meiner Betrachtungen uͤber die in der ganzen Natur herrſchende Zweckmaͤſ⸗ ſigkeit der Dinge. Das groſſe Geſez: Nichts iſt vergeblich, leſe ich al— lenthalben, ſelbſt in der moraliſchen Welt, ſo deutlich, und die Wahrheit, die dem Forſcher die ganze Natur zuruft: Alles hat ſeine weiſen Zwecke, iſt ſo Seelenhebend, iſt ſo troͤſtend, daß in mir oft der Gedanke aufſtieg, warum denn gewiſſe Pflanzen Bluͤthen tragen, die ſtandhaft Geſchlechtlos zu ſeyn, alſo ihren Zweck zu verfehlen ſcheinen. Ich forſchte, und, wie ich glaube, ich fand. Iſt es Irrthum, was ich gefunden habe, ſo iſt er doch ſo wahrſcheinlich, ſo ſchoͤn, daß ich ihn mir nicht werde nehmen laſſen, bis man mir Wahrheiten dafuͤr giebt. Herrn Profeſſor Zallingers hydro⸗ ſtatiſche Abhandlungen betreffen Gegenſtaͤn⸗ de, die von ſo groſſer Wichtigkeit ſind, daß XII Vorrede. daß man der Aufklaͤrungen daruͤber nicht zu viele haben kann. Unſere beſten Schrift⸗ ſteller haben uͤber die Anzahl der Schau⸗ feln bey unterſchlaͤchtigen Waſſerraͤdern noch ſo viele Dunkelheiten gelaſſen, die aufgehellet zu ſehen, gewiß jeder wuͤnſchen wird, welcher ſich mit dieſem Gegenſtan⸗ de practiſch zu beſchaͤftigen hat. Und das Beduͤrfniß, Waſſer zu einer maͤſſtgen Hoͤ⸗ he auf die wohlfeilſte Art empor zu heben, fuͤhlet der Landmann in unebenen Laͤndern ſo ſehr, daß dieſe beyden lezten Abhand⸗ lungen nothwendig gemeinnuͤzig ſeyn muͤſ⸗ fen, allerdings nicht unmittelbar für den gemeinen Landmann, aber doch gewiß fuͤr den, welchen er um Rath fragen duͤrfte. Ingolſtadt den sten Merz 1796. Ver⸗ ) RIII II 8 Verzeichniß der Abhandlungen. ir Seite Ueber die Lnnaͤiſchen Farbennamen 1 II: Naturhiſtoriſche Beobachtungen um Poͤtt, mes, Neuburg, und Weis hering — 5 97 | III. ar Verzeichniß der Abhandlungen. III. Seite Linguatula, oder Zungenwurm, eine neue Gattung der Eingeweide⸗ wuͤrmer. 27 IV. Vier merkwürdige Briefe von Johann Kepler. - - 233 v. Vom Regen. Ein akademiſches Programm, abgeleſen bey Verleihung des Ma⸗ giſtergrades zu Dillingen, 1791, Von Herrn Profeſſor Weber. 302 VI. 4 Verzeichniß der Abhandlungen. xv Vi. N Seite Helminthologlſche Beobachtungen. 315 VII. * Mineralogifche Beſchreibung der Gegend von Kehlheim. * 347 VIII. Berachtungen uͤber Syngeneſia Poly- gamia fruſtranea, und aͤhn⸗ liche Erſcheinungen. Tab. V. | Fig. 21 — 23. 383 IX. Von der Anzahl der Schaufeln bey unter⸗ ſchlaͤchtigen Raͤdern, von Herrn Profeſſor Franz Zallinger. 415 X. „% Verechniß der Abhandlungen. N. W Seite Beurthellung eines neuen Waſſerſchoͤpf⸗ rades; von Herrn Profeſſor Franz Zallinger. > 431 4 I. Ueber T | Ueber die Linnaͤiſchen Farbennamen. (Saab hat a) die ſeltſame Bemerkung gemacht, der Rand an den Fluͤgelfedern des Zelſigs ſen nicht luteus, wie ihn Linne“ nenne, ſondern gelb. Es iſt dies nicht der einzige Fehler, der bey Schrift⸗ ſtellern in Ruͤckſicht der Linnaͤiſchen Farbennamen vorkommt, die wirklich zum Theile vom gewoͤhnli⸗ chen Sprachgebrauche abgehen, zum Theile ſehr paſ⸗ ſend find, aber allemal für Naturforſcher, die ſich die Muffe nicht nehmen, die Grammatik der Linnaͤi⸗ ſchen Sprache zu ſtudieren, viele Dunkelheit haben. Ich glaube daher, daß es nicht uͤberfluͤßig ſeyn fol te, wenn ich das kritiſche Verzeichnis der Farbenna⸗ men, die bey dieſem Schriftſteller vorkommen, fo wie ich es mir einſtens zum eigenen Gebrauche ent⸗ worfen, nur mit Verbeſſerungen und Erweiterun⸗ gen bekannt mache. Man wird zwar dadurch vers anlaſſet, die unangenehme Wahrnehmung zu ma⸗ A chen, a) XIIItes Stuͤck des Naturforſchers. S. 188. D. H. HitL LIBRARY North Carolina State College 2 —— chen, daß Anne“ feinen Benennungen nicht allezeit treu genug verblieben ſey; aber man wuͤrde auch uns recht thun, wenn man ihm ein Verbrechen daraus machen wollte. Es iſt ohne eine ordentliche Mufter, karte von Farben nebſt ihren Benennungen an der Seite gar nicht moͤglich, den Begriff gewiſſer Far⸗ bennamen feſt genug zu behalten, um ihn allemal der in ſehr verſchiedenen Zeiten vorkommenden Farbe uns wandelbar beyzulegen. Sogar mit Hilfe der Mu— ſterkarten wird dieß nicht allemal geſchehen koͤnnen; die Farben ſind an den Gegenſtaͤnden eben derſelben Art nicht allemal genau die naͤmlichen, und aͤndern durch Alter und andere Umſtaͤnde ſogar an einerley Stuͤcken oft gar ſehr ab. Sollte es wohl noͤthlg ſehn, Naturforſchern dieſe Bemerkungen zu erweifen? Sie muͤſſen ſie alle ſchon lange und oft gemacht haben. Ich bes gnuͤge mich, nur ein oder das andere Beyſpiel ans zufuͤhren. ſeite des Blattkaͤfers auf den Adonisarten gelb an b); er hat naͤmlich das Inſekt nicht lebendig in ſeinem Vaterlande geſehen; es iſt ſchoͤn zinnoberroth, ver⸗ bleicht aber nach dem Tode unvermeidlich in eine matte Iſabellfarbe. Noch unaͤhnlicher wird ſich der ſchoͤne ſchwarz und gelbbunte Blattkaͤfer der Ulme c), welcher b) Spec. inſect. I. p. 117. n. 10. et II. c) Enum. inſect. auſtr. n. 148. Herr Prof. Fabriclus glebt dle Farbe der Ober⸗ — 3 welcher nach dem Tode eine ganz ſchmuzigbraune Farbe annimmt. Die Salblinge der vier Seen in dem einzigen Fuͤrſtenthume Berchtesgaden, wie uns aͤhnlich find fie ſich nicht, wenn man blos auf die Farbe ihres Leibes ſieht! Das, was an denen aus dem Koͤnigsſee bloß paͤonienroth iſt, iſt an denen eis nes andern Sees krebsbutterroth, und die Salblinge des Hinterſees ſind durchaus oranienfarbig; die Weiſſe an dem ſtarken erſten Stral der Bauch» und Afterfloſſe iſt allein ſtandhaft. Man ſieht daraus, welche genaue und langwle⸗ rige Beobachtung es erfordere, bis man mit Zuver⸗ läßigkeit die Farbe als das Kennzeichen irgend eines Naturkoͤrpers annehmen koͤnne; aber man ſieht auch zugleich, daß eben dieſe Farbe nicht allemal fo ges nau genommen werden duͤrfe, daß man einer gerin⸗ gen Schattirung wegen, die auf zween ſich ſonſt vollkommen gleichen Naturkoͤrpern vorkommt, dieſel⸗ ben als ſo viele Arten anſehen muͤßte. Um die verwandten Farben nicht zu welt von einander zu trennen, werde ich alle Annaͤiſchen Far⸗ bennamen in neun Familien abtheilen, und dann dle Benennungen in jeder Familie in alphabetiſcher Ords nung folgen laſſen; ich werde mich aber dabey wohl huͤten, alle die Stellen anzufuͤhren, in welchen Linne“ ſich jedes Farbennamens bedienet. Es iſt hinlaͤng⸗ lich genug, wenn ich durch Vergleichung einiger Stellen den Begriff feſtſetze. A 2 Die 4 — Die Familien, die ich, bloß der bequemlis chern Ueberſicht wegen, annehme, ſind I. Weiß. II. Grau. III. Blau. IV. Gruͤn. V. Gelb. VI. Roth. VII. Braun. VIII. Schwarz. IX. Metalliſch. 1. Weiſſe Farben. | 1. Albidus, weißlicht. Dieſer Ausdruck komme unter den Kennzeichen des Schmetterlings aus der Gabelraupe (Bomb, Vinula) vor: albida nigro- punctata d); in der Beſchrelbung bedient ſich Lin⸗ ne‘ folgendes Ausdruckes, der den vorigen erklaͤret: Alae cinereo-exalbidae. Das Weiß dieſes Schmetterlings iſt aber nichts weniger, als hellweiß/ ſondern zieht ſich in eine graue Aſchenfarbe. Eben die⸗ ſer Farbenname kommt vor, wenn von den Flecken der Brombeereule CNo&t. Batis) die Rede iſt e): maculis — — albidis; gleichwohl find dieſe Fle⸗ cken blaßroſenfarb, das iſt, gerade von jener Farbe, die in der Scopoliſchen Farbenſcheibe herauskommt, wenn man vier gleiche Theile der Platte mit Zinno⸗ ber d) Faun. ſuec. II. no. II 12. oe) Faun. ſuec. II. n. 1158. ea 5 ber und Kremſerweiß bemalet, und die nach Sco⸗ poli Rusfeus heißt f). Herr Profeſſor Fabrieius glebt daher dieſe Flecke fleiſchfarbig an: maculis quinque incarnatis; dafür find bey ihm die Uns terflügel albidae g), welche bey Linne“ pallidae ſind. — Auch die Oberfluͤgel des Siebſpinners Bomb. Cribrum) heißen beym Ritter albidae h). Herr Fabricius giebt fie weiß an: alis — — anti- cis albis i). Beyde haben Recht. Sie ſind in der That weiß, aber ihre Unterſeite iſt, wie der Rit— ter richtig anmerkt, braun, das iſt, von der Farbe einer blaſſen Dinte; dieſe Farbe ſcheint gewöhnlich durch, und truͤbt das Weiß der Oberſeite. — Vom Dachſe heißt es im Linnaͤiſchen Naturſyſteme: Cor— pore ſupra cinereo k), und gleich darauf: cor- pus ſupra albidum; nun weiß man, daß dieſes Thier oben ſehr dunkel aſchengrau iſt, welche Farbe ein Gemiſch von weiß und ſchwarz iſt, wovon das Erſte den vorzüglichern Theil, und vermuthlich im Schwediſchen Thiere noch mehr, als in dem unfrls gen, ausmacht. Das Reſultat dieſer Verglelchungen faͤllt dann dahin aus, daß Albidus ein Weiß ſey, welches durch irgend eine andere Farbe getruͤbt iſt. 4 3 2. Al- f) Entom. carn. explicat. color, g) Spec. Inf. II. p. 216. n. 42. h) Faun. ſuec. II. n. 1136. i) Spec. inf. II. p. 206. n. 158, * Syft, nat. I. II. p. 70. n. 2. 6 S N 2. Albus, weiß. Eigentlich ein reines Weiß, ohne irgend eine Neigung auf eine andere Farbe. Aber man darf den Ausdruck gleichwohl ſo genau nicht nehmen. Die Flügel des Apolloſchmetterlings, die der Mnemo— ſyne, die des Weißdornfalters, die des Kohlfalters, die des Steckruͤbenfalters, und die des Senffalters wer den von dieſer Farbe benannt 1), gleichwohl find die Farben aller dieſer Flügel verſchieden genug. Den erſten giebt Scopoli bloß weißlicht an: albidus to- tus m); und in der That iſt ſein Weiß allemal, nur noch den Umſtaͤnden mehr oder weniger, von einem ſchwarzen Staube getruͤbt, und eigentlich auch an ſich ſelbſt niemals rein, ſondern eine milchrahmfarbe. Bendes gilt öfters von den Flügeln des Steckruͤben⸗ falters (daher ſich Scopoli n) des Ausdrucks: fu- pra oſſeis bedient, und das lezte von denen der Mnemoſyne. Nur die Fluͤgel des Senffalters, und noch mehr die des Weißdornfalters, koͤnnen als ein Beyſpiel eines reinen Weiß angegeben werden. 3. Candidus bedeutet eigentlich ein reines, durch keinen Beyſaz getruͤbtes Weiß. So wird es gewoͤhnlich von den Naturforſchern genommen; Rai nennt den Hermelin Muſtela candida o), was Linne“ durch Hyeme tota n7vea p) ausdruͤckt. ö Vir⸗ I Lin. faun. ſuec. II. n. 1032-1038. m) Entom. carn, n. 447. n) Entom. carn. n. 453. 0) Quadr. 198. p) Faun. Suec. n. 17. * — 7 Virgil q), um ein volles Weiß zu nennen, bedienet ſich des Ausdrucks: Candidior cygnis, und Pli— nius ſezt das Bleyweiß unter diejenigen Pigmente, die er Colores candidos nennt 1). Nur ſehr ſpar⸗ ſam kommt aber das Wort bey Linne“ in dieſer Bes deutung vor; gewoͤhnlich heißt es nichts weiter, als Weiß, von welcher Schattirung dieſes Weiß auch ſeyn moͤge; ſo hat eine ganze Falterfamilie s) den Namen Danai candidi, und darunter befinden ſich nicht etwa nur PP. Crataegi, Sinapis, und die ſchon ruſſigern PP. Braflicae, Napi, ſondern auch PP. Euippe, Eupleno, Encedonia, Heca- be, Rhamni, Palaeno, welche gelbe Flügel haben, Scylla, Hyale, Electra, bey welchen fie oraniens farbig find. Vom Lichen Ericetorum ſagt er t): Leproſus, candidus; aber der Schorf dieſer Flechte iſt nichts weniger, als reinweiß, auch wenn ſie vollkommen trocken iſt, eher moͤchte dies von Lichen calcareus u) gelten, ob es gleich viele Dinge giebt, die ein volleres Weiß haben, den Schwan z. B. den weiſſen Storch, das Schneehuhn im Winter, das Hermelin u, ſ. f. wo er gleichwohl nur den Aus⸗ druck: Albus, braucht. Schon bey den Roͤmern war die Bedeutung des Wortes Candidus ck A 4 was q) Eclog. VII. 1 Hiſt. mund. N, 35. cap. 6. s) Syft. nat. p. 758 — 765. t) Spec. plant. 1608, n. 12. u) Ibid. p. 1607. 8 — was unbeſtimmt: es druͤckte nicht nur eln weißes Grau aus, wie etwa der Bart eines alten Man⸗ nes iſt, Candidior poſtquam tondenti barba ca- debat w), ſondern auch ein blondes Geſicht eines Mädchens oder jungen Knabens; Tibi candida Nais, ſagt Virgil in einer Stelle X), wo wir unmöglich ein anderes Wort, als blond brauchen koͤnnten, wohin auch der kurz vorhergehende Vers gehoͤret: Quamvis ille niger, quamvis tu candidus eſſes. Selbſt Plinius y) ſcheinet das Wort Candidus nicht genau für Reinweiß zu nehmen, da er vere ſchiedene Pigmente anfuͤhrt, mit welchen dieſe Farbe gegeben wird, aber einigen darunter den Vorzug einraͤumt. Ich pflege mich gewoͤhnlich des Wortes Can- didus in feinem eingeſchraͤnktern Verſtande zu bedie⸗ nen, daß ich allezeit ein ſehr ſchoͤnes, von aller fremden farbigen Beymiſchung ganz freyes Weiß dar⸗ unter verſtehe, was man im Deutſchen ſehr gut durch Reinweiß geben kann. Ich glaube, dadurch den Begriff am genauſten auszudrucken, den das Wort hat. Aliud eſt candidum eſſe, ſagt 4 Se W) Virg. Ecl. I. x) Ibid. Ecl. II. Ha. a. O. S 9 Servius 2), id eft, quadam nitenti luce per- fuſum, aliud album, quod pallori conſtat eſſe vieinum. Der Unterſchied zwiſchen dieſem Weiß und dem Schneeweiß liegt bloß in einer Em» pfindung der Augen, die ſich nicht mit Worten aus druͤcken laßt. Reinweiß erzeugt in den Augen kei— nen Schmerz, wenn es bis zu jenem Grade erleuch— tet wird, den die Augen beym Schneeweiß ſchon nicht mehr ertragen koͤnnen, daß alſo wohl nur mehrere oder mindere Glaͤtte der kleinſten N den ganzen Unterſchled ausmachen. 4. Hyalinus. Tary heißt im Griechiſchen ein Glas; eigentlich hat reines Glas gar keine Farbe, und wirklich bedienet ſich der Ritter dieſes Wortes in dieſem Verſtande. Das hindert aber gleich wohl nicht, daß nicht manche Gegenſtaͤnde, bey deren Beſchrelbung dieſes Wort vorkommt, dennoch einen ſchwachen far⸗ bigen Anſtrich haben ſollten, wle dieß bey dem Glaſe ſelbſt geſchieht. Daher auch bey der ſpinnenden Milbe der Treibhaͤuſer (Acarus telarius) der Ausdruck: hyalinofulvus, gebraucht wird, bey welcher er den— noch nicht allzeit richtig iſt; ich fah fie auf den Blaͤt⸗ tern der ſtachelloſen Datura unrein gruͤnlicht, und auf denen von Pentapetes phoenicea roth. In den Faͤllen, in welchen das Wort etwas mehr, als Farbelos, bedeutet, laͤßt es ſich ſchicklich durch Glas⸗ hell oder Waſſerhell uͤberſetzen. As 5. La- 2) Ad Virg. Georg. III. v. 82. ö 10 5 5. Lacteus, milchweiß. Kaum hat dieſes Wort einer Erklaͤrung vonnoͤthen. Ich merke nur an, daß es eben ſo viel als das Folgende bedeute, ein blaͤulichtes Weiß, nur daß das Blaͤulichte ſehr ſchwach, das Weiß hingegen ſehr ſtark iſt. 6. Margaritaceus, perlenfarbig. Gute Per⸗ len ſollen eigentlich milchweiß ſeyn; aber man ent— lehnt von dieſen den Namen der Farbe niemals, fon- dern verſteht allemal eine weiße Farbe darunter, die ziemlich ſtark in's Himmelblaue zieht. Der Ritter ſelbſt erklart dieſe Benennung dahin a): Ala albo- coeruleſcens ſ. margaritacea. 7. Niveus, ſchneeweiß, blendendweiß. Lin⸗ ne“ bedient ſich unter andern dieſes Wortes, wenn er von der Fluͤgelfarbe der Geom. paſſaria und der Geom. paludata redet. Beyde Schmetterlinge haben N ihren Flügeln ein blendendes Weiß; eben dieſes blendende Weiß kommt auf denen des Weidens ſpinners vor, obgleich dieſelben nur ſchlechtweg weiß (alis albis) genennet werden b), was aber doch in der Beſchreibung e) durch blendendweiß (Phalaena eſt — — nivea) ausgedruͤckt wird. Herr Werner bedient ſich von dieſem blendenden Weiß des Aus⸗ drucks: helles Weiß d), welches eben ſo viel ſagen will. a) Faun. ſuec. II. n. 1249. b) Syſt. nat. I. 822. n. 46. c) Faun. ſuecc. II. n. 1129. d) Aeuſſ. Kennz. 99. — 11 will. Er ſezt ſelbſt hinzu: Man koͤnnte fie (dieſe Fars be) auch Schneeweiß nennen, weil es die Farbe des neugefallenen Schnees iſt. 8. Ochroleucus, milchrahmfarbig. Ich erinnere mich nicht, dieſes Wort in den zoologiſchen Schriften Lnne's geleſen zu haben. Aber in den botaniſchen Schriften kommt es zuweilen vor. So haben wir eine Scabioſa ochroleuca, von welcher es in der Beſchreibung heißt: Flores flavefcenti- albidi e); und in der That haben die Bluͤthen die— ſer Pflanze gemeiniglich nicht das ſchoͤne Weiß der geſtirnten Scabioſe, ſondern neigen ſich etwas in ein, zwar aͤuſſerſt blaſſes, Gelb, gerade wie der Milchrahm, wenn er etwas alt geworden iſt. Sehr ahnlich iſt dieſe Farbe derjenigen, welcher Scopoli _ den Namen Oſſeus giebt f), wenn man dle Scheibe etwas ſchnell herumtreibt. Doch unterſcheidet ſich die Milchrahmfarbe vom Beinweiß vorzüglich das durch, daß erſtere einen etwas graulichten Blick hat, da hingegen Beinweiß eine blühende Farbe iſt. 9. Pallidus. Dieſe Benennung kommt unter den Kennzeichen der Geomet. ſtratiolata vor, wo es heißt: alis pallidis, was in der Beſchreibung mit alae ſuperiores albidae — — poſteriores albae g) ausgedruͤckt wird. Es giebt ſogar eine Eule, e) Spec. plant. 146. n. 23. f) Entom, carn. expl. color. 2) Faun, ſuec. II. n. 1300. 12 9 —— — Eule, die Noctua pallens heißt, und bey welcher unter den Kennzeichen abermals alis — — pallidis ſteht, was in der Beſchrelbung mit tota albido- pallens gegeben wird. Ich kenne von dieſem lez— tern Schmetterlinge zwey Stuͤcke, eines, das etwas verflogen iſt, hat durchaus eine aͤuſſerſt wenig braͤun⸗ lichte Farbe, und ein ſolches Stück ſcheint der Nits ter vor ſich gehabt zu haben; auch Degeer's Schmet⸗ terling ſcheint ſchon verflogen geweſen zu ſeyn, well er ihm aſchengraue Flügel giebt h); des andern, gut erhaltenen Stuͤckes Oberfluͤgel haben die Farbe des Rothbuchenholzes, nur daß ſie nicht ſo viel Roth in der Miſchung haben. — Faſt unmerklich verſchie⸗ den iſt die Farbe der Oberfluͤgel der Eule mit dem weißen I.; Linne“ ſagt, fie ſeyen pallidae i), und Herr Fabricius ſagt von dem ganzen Schmetterlinge überhaupt: grifea. Man ſchlage feine Abbildung, die ganz gut ausgefallen iſt, in dem Schaͤfer' ſchen Werke über die Regensburger Inſekten nach k). — Eben dieſe Farbe, nur etwas ſchmutziger, hat das ſogenaunte Waſſerkalb, der Fadenwurm ſtehender Waſſer (godius aquaticus), bey welchem ſich Linne“ des gleichen Ausdrucks bedient: pallidus 1). — Deym Juniuslaubkaͤfer (Scarabaeus ſolſtitialis), deſſen Fluͤgeldecken mit den beyden genannten Eulen faſ h) Degeer in£ II. I. 301. 8. 1) Sy k. nat. I. 850. n. 154. k) Icon. 92. fig. 4. Y Sylt. nat. 1075. n. I. am 15 faſt einerley, wenigſtens kaum merklich verſchledene Farbe haben, bedienen ſich Linne“ m) und Fabrls cius n) des Ausdrucks: Elytris luteopallidis. — — Alſo Pallidus bedeutet ein aͤuſſerſt blaſſes Braun, das aus einer hellen Aſchenfarbe, ſehr we⸗ nigem Gelb, und faſt gar keinem Roh gemiſcht iſt. | In der Zuſammenſetzung aber kommt das Wort oͤfter vor, um eine Schwaͤche der dabey genannten, oder doch deutlich darunter verſtandenen Farbe aus⸗ zudruͤcken, welches auch die grammatikaliſche Bedeu⸗ tung des Wortes iſt, und in welchem Sinne es bey den Alten haͤufig vorkommt; pallentes violas, ſagt Virgil o) von dem Hundsveilchen, und der Oel— baum heißt bey ihm wegen der weißlichten Unterſeite ſeiner Blaͤtter pallens oliva p). II. Graue Farbe. 10. Canefcens, ſtaubgrau, iſt ein ziemlich blaſſes Grau, an welchem das Auge keine Neigung zur Schwaͤrze bemerkt, etwa wie der Staub unſerer Hochſtraſſen und Landwege, wenn er vollkommen trocken iſt. Dieß iſt auch die Farbe, welche Noctua complana auf dem Mittelraume ihrer Oberfluͤgel zeigt, und von welcher ſich Linne“ des Wortes Ca- neſcens m) Ibid. 554. n. 61. n) Spec. Inf. I. 37. n. 7. o) Eclog. II. p) Eclog. IV. 1 r neſcens in der Definition dieſer Art q) bedient, das er in der Beſchreibung durch dilute cinereae aus- druͤckt. Bey Noctua luternea r) ſezt er das Wort Cinereae in die Definition, und ſagt dann in der Beſchreibung vom ganzen Inſekte: Tota ca- neſcens. 11. Canus, tiefgrau. Die Farbe, welche Linne“ unter Canus verſteht, hat der Billich oder die Schlafratte, von welcher er ſagt s) Glis — — canlls, und wieder: corpus Canum — — cau— da- cana. Auch der Herr Colleglenrath Pallas cha— racteriſirt das Thier t) durch: Cauda villofißima, corpore cano, was Briſſon u) durch den Ausdruck: Glis obſcure cinereus, infra ex albo cine- raſcens bezeichnet. Im Dictionaire de Tre- voux w) wird die Farbe dieſes Thiers durch: Blanc par deſſous et columbine (naͤmlich nicht tau⸗ benhaͤlſig, ſondern wildtaubenfarbig) ausgedruckt, und Agricola und Albertus Magnus nennen ſie bey Geſner x) Color e candido einereus. Wir werden bey dem Worte griſeus noch einmal auf dieſes Thier zuruͤckkommen. — Auch vom groͤßern deut⸗ q) Faun. ſuec. n. 1153. 1) Faun. ſuec. n. 1152. s) Syſt. nat. 87. n. 8. t) Nov. glir. ſpec. 88. n. 33. u) Anim. I. p. 160. W) V. Menu vair. x) Quadrup. p. 742. Edit. Francof. 1603; S — 15 deutſchen Neuntoͤdter (Lanius Excubitor) ſagt Linne “y): Dorſo cano, was er in der Beſchrei— bung noch einmal wiederholt. — Dem Fichtenſchwaͤr⸗ mer eignet er 2) ein Abdomen caneſcens, oder, wie er gleich darauf ſagt, canum und alae canae zu. — Von der Chi,Eule ſagt er a): alis defle- xis canis, und in der Beſchreibung: Alae canef- centes fuſco (ſchwaͤczlicht) nebuloſae. Nimmt man nun alle dieſe Begriffe, welche man von den genannten Naturkoͤrpern abziehen kann, zuſammen, ſo kommt ein tiefes, aber gar nicht ſchwaͤrzlichtes, reines Grau heraus, das zwar wirk⸗ lich etwas in's Blaue zieht, aber ohne daß das Auge es bemerken koͤnnte. Ich glaube daher, den deut⸗ ſchen Farbennamen recht gewaͤhlt zu haben, befaſſe mich aber gar nicht damit, was dieſes Wort bey den Alten fuͤr eine Bedeutung gehabt habe; es iſt gewiß, daß ſie ihre Farbennamen ſehr mißbraucht haben. Nichts kommt bey ihnen häufiger vor, als Cruor ater, Nigrae violae, und Lucrez ſagt ſogar vom Schnee b): — — Neque nix acri conereta pruina Cana cadens violat. Daher gehoͤrt auch die Farbe, die bey Sinne‘ Co- lor incanus heißt. Er bedienet ſich dieſes Wortes | ben y) Faun. ſuec. n. 80. 2) Faun. ſuec. II. n. 1088. a) Faun. fuec. II. n. 1180. b) Faun. ſuec. III. p. 16. 16 4 bey der Beſchreibung der Sterna Hirundo c), wann er die Farbe angeben will, die dieſer Vogel am Ruͤcken hat. Man weiß, daß ſie ein aͤuſſerſt reines, ſehr angenehmes Grau ſey, das zwar ſeiner Natur nach tief iſt, aber doch wie verwaͤſſert er⸗ ſcheint; man koͤnnte es hell Silbergrau nennen, aber man müßte ſich allen metalliſchen Glanz weg⸗ denken. 12. Cineraſcens. Kaum iſt dieſe Farbe von derjenigen verſchieden, die wir eben abgehandelt haben, ich meyne vom hellen Silbergrau, das die Meerſchwalbe auf ihrem Ruͤcken traͤgt, nur daß ſie weniger rein iſt. Linne“ eignet ſie d) der Dohle (Corvus Cornix), dem Wallnußſpinner e), den Oberfluͤgeln der Bachweideneule f) zu. Ueberall iſt die Farbe ein etwas unreines Aſchengrau, das ziem⸗ lich hell iſt, nur beym Wallnußſpinner iſt es truͤb und duͤſter, daher auch Herr Fabricius das Alis cinerafcentibus des Linne“ in Alis cinereis vers wandelt hat. Man koͤnnte daher dieſer Farbe im Deutſchen fuͤglich den Namen Hellaſchengrau ge⸗ ben. | 13. Cinereus, aſchengrau. Das ift nun kein reines Grau mehr, ſondern wirklich ſchon etwas mit Schwarz getruͤbt. Linne“ bedient ſich dieſes Wortes, c) Faun. ſuec. II. n. 158. d) Faun. fuee. II. n. 88. e) Syft. nat. p. 824. n. 54. f) Syſt. nat. p. 841. n. 119. — 17 Wortes, wenn er von der Hausmaus redet, wo g) gleichwohl der Zuſatz Fufcus dabey ſteht. Der ges meine Baumlaͤufer (Certhia muraria) iſt aſchen⸗ grau h), auch der Mauerſpecht (Sitta europaea) iſt es i). Die Kohlmaife hat ein Dorſum cine- reum k). Der Johannisbeerſpanner (Geom. wauwaria) hat alae cinereae; das find fie auch m) beym Lindenſpinner. An allen dieſen genannten Thie⸗ ren iſt aber das Grau unrein, und mit Schwarz, oder doch mit einem tiefen Braun beſtaubt oder gar gemiſcht. Hingegen iſt es ziemlich rein auf den Hin— terfluͤgeln des Windeſchwaͤrmers n) und auf der Un⸗ terſeite aller, wie auch auf der Oberſeite der hintern Fluͤgel beym Foͤhrenſpinner o); gleichwohl wird in beyden Faͤllen das Wort Cinereus gebraucht, und, wie mir ſcheint, nicht unrichtig: es iſt allerdings eine audere Schattirung, aber dieſelbe Farbe. Zuweilen verbindet Linne“ mit Cinereus und Canus ausdruͤcklich einerley Begriff; fo ſagt er z. B. g) Faun. ſuec. I. n. 31. h) Syft, nat. p. 184. n. 2. i) Faun. ſuec. II. n. 104. k) Ibid. n. 268. 1) Syft. nat. p. 863. n. 219. m) Faun. fuec. II. n. 1115. n) Syſt. nat. p. 798. n. 6. o) Faun. ſuec. II. n. 1088. B / 18 > 3. B. von Motacillo Oenanthe p): Cinerea ſeu cana ſunt caput, dorſum. 14. Fuliginoſus, berußt. Dieß iſt nicht fo wohl der Name einer beſtimmten Farbe, als des Schleyers, durch welchen dieſe Farbe geſehen wird. Daher dieß Wort bey wirklich ſehr verſchiedenen Farben vorkommt. So heißt der Ampferſpinner bey Linne / q) Noctua fuliginoſa, und von feinen Ober fluͤgeln wird geſagt: alis rufofuliginoſis, was Herr Fabriclus durch rubrofuliginoſis r) noch beſſer ausdruͤckt; ſie ſind in der That eigentlich ſatt blutroth, aber dieſe Farbe ſcheint nur durch einen dichten braunen, oder oft gar ſchwarzen Schleyer durch. — Von dem Rainweidenſchwaͤrmer ſagt Anne /s): alae fuperiores fuliginoſae; fie find ei- gentlich grau, aber dieſes Grau wird gegen den In⸗ nenrand hin mit einem ſchwarzen Flor bedeckt. Man kann daher dieß Wort wohl bey allen Farben brau⸗ chen, z. B. wenn vom Winterpelze der Gemſe, von der Farbe des Hauswurzfalters aus Gebirggegenden, von der Hauptfarbe der Oberfluͤgel des Wolfsmilch⸗ ſchwaͤrmers die Rede iſt; im erſten Falle iſt es eine berußte Rehfarbe, im zweiten eine berußte Weiffe, im dritten ein berußtes Dunkelgruͤn. 15. Li- p) Tbid. II. n. 254. q) Ibid. II. n. 1159. 1) Spec. inf. II. p. 206. n. 151. s) Faun. Suec. II. n. 1087. — | 19 15. Lividus. Linne“ ſezt in ſeiner Philofo- phia botanica t) dieſes Wort unter die Namen der grauen Farben, und bedient ſich dann u) deſſelben, die Farbe auszudruͤcken, die man an den Fuͤſſen der Tringa Hypoleucos bemerket, und dieſe giebt er anderwaͤrts W) durch Pedes virefcentes an. — Derjenige Fliegenkaͤfer, welcher von ſeiner Farbe (doch wohl ſonſt aus keiner andern Urſache) den Zu: namen Livida x) bekommen hat, hat matt wachs⸗ gelbe (ſchlaͤgegelbe) Fluͤgeldecken; und Tinea pa- della y) hat bloß bleyfarbene Qberfluͤgel, von des nen es in der Definition heißt: Alis ſuperioribus lividis. Wenn wir nun noch das bleiche ſchwaͤrz— lichte Blau dazu ſezen, das man auf der menſchli⸗ chen Haut nach Quetſchungen wahrnimmt, und da⸗ her Blau von Schlaͤgen, oder Schlaͤgeblau nennt, fo wird es ſchwer, einen Begriff zu geben, der auf alle dieſe Falle paſſete, und es geſchah vielleicht nicht wohl, daß ſich Linne“ dieſes Wortes ohne Zuſaz bes dienet hat; will man es aber in Verbindung mit einem andern Farbennamen, z. B. Lividoviref- cens, Lividoeoeruleus, Lividoflavus, anwen- den, ſo hieße es denn, daß die herrſchende Farbe bleich, gar nicht bluͤhend, und mit einer Beymi⸗ B 2 ſchung t) p. (mihi) 248. 8. 312. u) Faun. ſuec. II. n. 182. W) Syft, nat. 25 1. n. 14. x) Faun. ſuec. II. n. 701. y) Faun. ſuec, II. 1364. 20 —— ſchung von ſchwachem Schwarz ſchmutzig gemacht ſey. 16. Murinus, mauſefahl. Scopoli ſagt 2), der Color murinus komme heraus, wenn man auf der Farbenſcheibe zween Theile mit Gelb und ſechs Theile mit Schwarz bemale. Thut man dieß und ſezt dann die Scheibe in Bewegung, ſo kommt eine Farbe heraus, die eigentlich grauſchwarz iſt, und etwas auf ein Veilchenroth zieht. Dieſen Co- lor murinus eignet er den Vorderfluͤgeln der Pha- laena fuliginoſa a) zu, die eigentlich tief berußt roth find; ferner den Fluͤgeln des Papilio lanira und Iurtina b), die an den Stellen, von welchen er redet, eigentlich tief gelbbraun und berußt ſi I; endlich den Oberfluͤgeln der Phalaena Braſſicae c), die eigentlich ein ſchwaͤrzlichtes Aſchengrau mit einem durchſcheinenden Roſtgelb haben. Linne“ bedient ſich dieſes Farbennameus ſehr ſelten; ich erinnere mich nicht, ihn oͤfter, als zwey bis drey Male, geleſen zu haben, davon aber die einzige Stelle, die ich aufzu— RN vermag, der Dermeftes murinus iſt; An— ne‘ erklaͤrt ſelbſt d) dieſen Trivialnamen: Corpus — murini coloris, cinereum (potius ni- grum incano maculatum.) Ich vermuthe, Lin⸗ ne’ 2) Entom. carn. expl. color. a) Entom. carn. n. 508. c) Ibid. n. 434. et 435. c) Ibid. n. 522. d) Faun. ſuec. II. n. 426. — 21 ne“ habe eigentlich den Dermeſtes Catta vor ſich gehabt, und die Spielart, von welcher er ſagt: Datur alia fpecies major, magis nigricans, ſey unſer gewoͤhnlicher Dermeſtes murinus. Wie dem immer fen, der Dermeſtes murinus des Lin⸗ ne“ iſt ſchwarz, und wird durch kleine graue Wols ken (tief) aſchengrau. Der Begriff, den wir uns demnach aus dieſer Stelle, verglichen mit den Sco— poliſchen, abzlehen koͤnnen, waͤre dieſer: Color mu- rinus iſt ein mattes, etwas abgeblaßtes Schwarz, durch das eine andere, hoͤhere Farbe matt durch— blickt. Beſſer wuͤrde das Wort angewendet ſeyn, aber den eben gegebenen Begriffen nicht entſprechen, wenn man es fuͤr das dunkelſte Grau brauchen, und es uͤberall an den Stellen anwenden wuͤrde, an Des nen ſich Linne“, undeutlich genug, durch Fufcus, was bloß duͤſter bedeutet, ausgedruͤckt hat. Er ſagt doch von der Hausmaus ſelbſt, von welcher offen— bar das Wort entlehnt iſt: dorſum fufcum ſ. ni- grum e). Noch beſſer würde man thun, wenn man das zweydeutige, und als Farbenname unlas teiniſche Wort Murinus durch Furvus erſezen wollte. 17. Nebuloſus, getruͤbt. Faſt eben dieſe Bedeutung mit Fuliginoſus hat gegenwaͤrtiges Wort, nur daß es hier kein ſchwarzer Schleyer iſt, der die darunter liegende Farbe deckt. Alae ſupra B 3 canae, e) Faun. fuec. II. n. 31. 22 — canae, parum nebuloſae, ſagt Linne“) von Ti- nea colonella, und vom Kopfweidenſpinner g): Alis deflexis nebuloſis. Vom gemeinen Hafte ſagt er: Alis nebuloſomaculatis, und eine Art Waſ⸗ ſernire (Semblis Fabr.), deren Alae fubcinereo- nebuloſae find, bekommt fogar den Zunamen Ne- buloſa h). ‚Ziehen wir aus allen diefen Benfpier len einen gemeinſchaftlichen Begriff ab, fo iſt es fein anderer, als der eines dünnen, mehr oder mes niger reinen, und zugleich mehr oder weniger grauen Schleyers, der auſſerdem nicht durchaus von glei cher Dichtigkeit iſt, aber daran unmerklich ab» und zunimmt, was ſich wohl ſchwerlich anders, als durch neblicht oder getruͤbt, ausdrücken laßt. Und aus dieſem Grunde giebt Linne“ dem Lindenſchwaͤrmer Alae vireſcenti nebuloſae zu, weil der Grund wirklich mit einem, oft ziemlich tieffärbigen gruͤ⸗ nen Staube getruͤbt iſt. 18. Plumbeus, bleygrau. Eigentlich die Far⸗ be eines der Luft ausgeſezten Bleyes, das feinen me, talliſchen Glanz verlohren (was doch eben nicht alle— mal zum Begriffe gehoͤrt), und eine ſchwaͤrzlichte Farbe angenommen hat. Die gewoͤhnlichen Bley— ſtifte haben dieſe Farbe, und ſie iſt uͤberhaupt im Mineralreiche viel gemeiner, als in den beyden or— ganiſchen Reichen. In den Oberfluͤgeln der ſchon ange⸗ f) Faun. ſuec. II. n. 1358. g) Ibid. n. 1114. h) Ibid. n. 1499. — 23 angeführten Vogelkirſchenmotte giebt Linne“ dieſe Faro be an: fere plumbeo colore. 19. Subcinereus bedeutet nur einen ſchwaͤ⸗ chern Grad von Aſchengrau, wie dles theils der als gemeine, theils der beſondere Lnnaͤiſche Sprachge⸗ brauch mit ſich bringt, fo ſehr, daß Lune“ wohl auch beyde Woͤrter fuͤr gleichbedeutend annimmt, z. B. bey Tinea xyloftella, welcher er in der Definition i) aſchengraue Fluͤgel (alae cinereae) giebt, und dann in der Defchreibung ſagt: Minima, oblon- ga, compreſſa, fubcinerea. III. Blaue Farben. Wir haben in der Malerey dreyerlei Bluͤhendblau, die wir als ſo viele Gattungen betrachten koͤnnen, worauf ſich die uͤbrigen reinen Blaue zuruͤckfuͤhren laſſen, naͤmlich das eigentliche Blau (Himmelblau, Coeruleum), das Veilchenblau und das Feuerblau. Wir beſizen auch bereits ſechs und dreißig Farben⸗ ſchattirungen vom reinften Weiß bis zum tlefſten Schwarz K), welche wir als fo viele Arten des eins zigen Himmelblaues zu betrachten haben. Allein ges genwaͤrtig beſchaͤftigen mich bloß die in den Linnaͤi⸗ ſchen Schriften vorkommenden Benennungen, die ſo zahlreich nicht ſind, daß ſie nicht fuͤglich hier unter der allgemeinen Aufſchrift beyſammen ſtehen koͤnnten. B 4 20. Azu- 1) Faun. ſuec. II. n. 1390. k) Schiffermuͤller Farbenſ. Wien 1772. 24 — 20. Azureus, lazurblau. Linne“ bedienet ſich dieſes Farbennamens bey jener Gelegenheit, da vom Kopfe der gemeinen Wildente die Rede iſt 1). Ganz genau kommt nun dieſer Name der Kopffarbe der Wildente freylich nicht zu, viel richtiger wuͤrde er bey den ſchoͤnen vollblauen Sorten des Bachwelden⸗ falters angewendet werden, wo ſich Linne“ gleichwohl nur des Ausdrucks: Coeruleſcenti nigrae be⸗ dienet. | Sr 21. Coeruleſcens, blaͤulicht. Dieß Wort bedeutet öfters ein bleiches oder mattes Himmelblau, und in dieſem Verſtande bedient ſich Linne“ des Wortes, wann er von den Adern redet, die man an den wegſtehenden Blumenblaͤttern (Narben) der Iris ſqualens m) bemerkt. Aber gewoͤhnlicher wird es angewendet, um den Uebergang einer Farbe in die andere anzudeuten. So ſagt Linne“ vom Pelze des ſchwediſchen Eichhoͤrnchens n): hyeme coerulef- centi- cinereus, was Martini 0) durch Schie⸗— ferfarben ausdruͤckt, deutlicher aber und beſſer durch blaͤulichtgrau uͤberſezet wird. In dieſem Falle wird aber die andere Farbe, welche in das, oft ziem⸗ lich ſatte, Blau uͤbergeht, allzeit genannt. In ei⸗ ner dritten Bedeutung kommt das Wort oft vor, wenn eine andere Farbe, und dles iſt gewoͤhnlich ein | ſattes 1) Faun. ſuec. II. n. 131. m) Spec. plant. 56. n. 5. n) Syft. nat. p. 86. n. 1. o) Buͤffon vierf. Th. Berl. III, 208. on 25 fattes Schwarz oder ein Grün, unter gewiſſen Wens dungen blau ſchielt; fo ſagt Linne“ vom Naben p): Ater, dorſo atrocoerulefcente; von der Saat⸗ kraͤhe q): Atrocoeruleſcens totus; vom Ruͤ— ckenſchllde des Pappelblattkaͤfers r): thorace coe- ruleſcente, und dennoch iſt dieſer Ruͤckenſchild ſchwarz, und fpielt bloß blau oder grün, oder auch blaugruͤn, wenn man dem Inſecte eine gewiſſe Wen⸗ dung gegen das volle Licht giebt, woraus man zus gleich ſieht, daß in dieſer Bedeutung das Wort im Linnaͤiſchen Sprachgebrauche auch ohne Zuſaz ſtehen koͤnne, was leichter entſchuldiget werden mag, wenn ſich dieſer Zuſaz leicht errathen laͤßt, wie dies der Fall in der Beſchreibung des Rabens s) iſt: Cor— pus totum atrum, dorſo parum coeruleſ- cens. f 22. Coeruleus, blau. Ich habe das Wort gefliſſentlich nicht durch Himmelblau uͤberſezt; denn es hat bey Linne“ eine ſehr weitlaͤuftige Bedeutung. Wo es noch am richtigſten angefuͤhrt wird, ſind die Deckfedern der Schwingen des Nußhaͤhers, von denen es t) heißt: Tectricibus alarum coeru- leis: lineis transverſis albis nigrisque. Ei gentlich ſind die blauen Raͤume dleſer Deckfedern da, : B 5 wo p) Syft. nat. p. 155. n. E. q) Ibid. n. 3. r) Faun. ſuec. II. n. 523. s) Faun. ſuec. II. n. 85. t) Faun. ſuec. I. n. N. 26 un wo fie an die weiffen Querlinien gränzen, feinblau, nur in der Naͤhe der ſchwarzen find fie himmelblau; allein dieſe beyden Farben verflieſſen ſo unmerklich in einander, und find ſich allemal einander fo nas he, daß ſie nur das geuͤbteſte Auge, und nur bey der Vergleichung unterſcheidet. Auch von den Schels telfedern der Blaumaiſe u) wird aus dieſem Grunde ganz richtig geſagt, ſie ſeyen himmelblau (Vertex coeruleus). Ein anderer Fall, wo dle eigentliche Bedeutung des Wortes noch gut genug beybehalten wird, iſt die himmelblaue Feldwanze W), und wies der, jedoch ſchon mit einigem Metallglanze, Chry- ſis cyanea x). Aber nun von den vielen vlelaͤugigen Faltern y) heißt es uͤberall: Alae coeruleae, oder Alae diſco coeruleae, und nun ſtecke man ſich dleſe verſchiedenen Arten, auch, wenn man will, die vom Linne“ nicht genannten, aber doch gewiß gekannten, zuſammen, und man wird bald ohne Muͤhe eine große Verſchiedenheit zwiſchen Blau und Blau bemerken, und dleſe Verſchiedenheiten muͤſſen Namen haben, wenn man durch ſie, wie es leicht thunlich iſt, dle Arten unterfcheiden will. — Der Spiegel an den Fluͤgeln der gemeinen Wildente wird blau (coeru- leum) u) Faun. ſuec. II. n. 267. w) Faun. ſuec. II. n. 933. x) Ibid. n. 1667. „ Syſt. nat. p. 787. n. 229-236. — 27 leum) angegeben z); er iſt tuͤrkisblau, aber nicht himmelblau. Scarabaeus vernalis ſoll ſich unter andern Kennzeichen vom Scarabaeus ftercorarius (der oft genug auch blau vorkommt) dadurch unters ſcheiden a) daß er fen Colore cyaneo feu coe- ruleo nitido; wer den Käfer felbft kennt, wird wiſſen, daß ſeine Farbe ein tiefes, mit Franzblau geſaͤttigtes Veilchenblau ſey. Endlich heißt es von der Mandelkraͤhe b): Coerulea; aber das iſt nichts weniger, als ein Himmelblau, ſondern ein blaufihies lendes Gruͤn, faſt, nur ſatter, wie am Bauche des Bienenwolfs (Merops Apiaſter), wo ſich Linne! e) des Ausdrucks: Viridi coerulefcens bedient. Die Botaniſten, bey denen die kleinern Far— benfchattirungen weniger geachtet werden, find mit dem Worte Coeruleus noch freygebiger. C. Bau— hin nennt uns damit die Blumenfarbe an Convol- vulus tricolor, Sherardia arvenſis, Polemo- nium coeruleum, Hyacinthus botryoides, Ajuga reptans, Hyſſopus officinalis, und Scu- tellaria galericulata, von denen kaum eine der an⸗ dern nahe genug kommt. Nigrocoeruleus, blauſchwarz. Dieß Wort kommt d) von der Farbe der Hirundo ru- 8 ſtica 2) Syft. nat. p. 206. n. 40. a) Faun. ſuec. II. n. 391. b) Ibid. p. 94. c) Syſt. nat. p. 182. d) Faun. ſuec. II. n. 270. 28 N —— ftica vor, da es hingegen bey Hirundo urbica Nigrocoerulefcens heißt. Es bedeutet in bey— den Fallen ein ſattes tiefes Schwarz, das unter ges wiſſen Wendungen einen blauen Schein hat. Aber beym Roßkaſtanlenſpinner haben die Punkte, bey des nen ſich Linne“ e) der Worte Coeruleus, Coeru— leoniger und Coerulefcens bedient, gar keine Schwaͤrze, ſondern ſind bloß beerblau, oder, wenn das Inſekt noch nicht verflogen iſt, wohl gar nur indig blau. 23. Cyaneus. Dem Sprachgebrauche nach eigentlich Kornblumenblau. In nomine et Cya- ni colos eſt, ſagt Plinius f); Cyanus aber iſt gewiß eben die Pflanze, welche die heutigen Botani⸗ ſten Centaurea Cyanus nennen. Das waͤre alſo ein reines, durch nichts geſchwaͤchtes, aber auch nicht uͤberſaͤttigtes Blau, das in gar keine andere Farbe zieht, dem man mit Herrn Schiffermuͤller g) ſehr ſchicklich den Namen hochblau geben koͤnnte. Aber dieſe Bedeutung kam mir bey Linne“ nirgends vor. Die einzige Stelle, die ſich ihr zu naͤhern ſcheint, waͤre der Ort, wo er den Tantalus Faleinellus befchreibt hb). Dieſem Vogel kommen, der Linnaͤi⸗ ſchen Definition zu Folge, Pedes coerulei, und nach der Beſchreibung Pedes cyanei zu; allein ik man e) Syft. nat. p. 833. n. 83. f) Hiſt. mund. I. 21. cap. 8. g) a. a. O. h) Syſt. nat. p. 24 1. n. 2. u | 29 man ſchlage Kramer's Elenchus nach (denn hier konnte ich die Natur nicht mit der Beſchreibung ver— gleichen); er giebt ihm j) Pedes obfcure virentes, oder, wie er ſich gleich deutlicher erklaͤrt, Pedes coeruleovirides feu marini coloris. Bauch und Schwanz des Bienenwolfs (Merops Apia- fter), von denen Linne“ K) ſagt: Viridi- coeru- leſcente, haben die ſchoͤne Farbe, die den Rufen des Eisvogels kleidet, und von dieſem ſagt Line ne“ ]): fupra cyanea. Eben fo heißt es m) vom Filipendelſchwaͤrmer: Alis ſuperioribus cyaneis; man weiß aber, daß die Farbe diefer Flügel ein ſehr tlefes, oft faſt ſchwarzes Gruͤn iſt, das mehr oder weniger in Blau faͤllt. Und dieſem Begriffe bleibt Linne“ bey allen Thieren, die ich vergleichen konnte, getreu. Ich haͤtte alſo vielleicht den gegenwaͤrtigen Linnaͤiſchen Farbennamen, den man fuͤglich mit blau⸗ gruͤn ausdruͤcken koͤnnte, nicht hier, ſondern unter den gruͤnen Farben anfuͤhren ſollen. 24. Glauceſcens. Wie ſich das Wort Coe- ruleſcens zu dem vom Coeruleus verhaͤlt, gerade ſo verhalten ſich die Bedeutungen von Glauceſcens und Glaucus zu einander, fo daß auch hier Linne“ zuwellen das eine Wort fuͤr das andere ſezt. | 25, Glau- i) Kramer elench. p. 350. n. 2. k) Syft. nat, p. 182. n. I. 1) Ibid. 179. n. 3. m) Ibid. 805. n. 34. 30 — 25. Glaucus. Gerade das, zu deſſen Bezeich, nung Linne“ überall das Wort Cyaneus anwendet, war die gewoͤhnlichſte Bedeutung des Wortes Glau- cus bey den Alten: Blaugruͤn, und eine Art deſ⸗ ſelben: Meergruͤn. Diodor von Sccilien eignet dieſe Farbe der Luft zu n); „Athene (Pallas) iſt nach der Aegyptiſchen Mythologie die Luft, ſagt er, fie heißt auch Trzuzwrrs, nicht von den blauen (:.) Augen, ſondern weil die Luft dieſe Farbe hat., Man weiß aber, daß die Luft, wenn man nach fernen Bergen hinſieht, ein blaßblaues Anſe⸗ hen hat, das den dortigen Waldungen eine blaugruͤ— ne Farbe giebt. Auch iſt der Gebrauch, den Linne“ davon macht, dieſer Bedeutung nicht zuwider; ſo hat er ein Galium glaucum o), und am Dian- thus plumarius find p) Folia rore caeſio glau- ca, auch nennt er uns einen Dianthus glaucus q), der in England wild wachſen ſoll; das waͤre dann eln bleiches Blaͤulichtgruͤn. Und dieſe Bedeutung hat das Wort allemal, wann es in den botaniſchen Schriften des Linne“ vorkommt; aber ganz eine andere hat es in den zoo⸗ logiſchen; da haben wir eine Notonecta glau- ca r), eine Geometra falcataria s) alis glaucis, eine n) BON. * nad. g. o) Spec. plant. 156. n. 16. p) Ibid. 589. n. 12. q) Ibid. 588. n. 8. * 1) Faun. ſuec. II. 903. 1 s) Ibid. n. 1224. a — — 31 eine Geometra vibicaria t) alis glauceſeenti- bus, oder, wie es in der Beſchreibung heißt, pal- lidis ſeu glaucis, eine Geometra averſata u) alis glaucis. Halten wir nun alle dieſe Inſekten mit der Natur ſelbſt, mit den Abbildungen, und mit den Beſchrelbungen anderer Schriftſteller zuſammen, ſo kommt folgender Begriff heraus: ein mattes Gelb, das durch ein truͤblichtes Weiß durchblickt, mit eis nem Worte: die blaſſeſte Iſabellenfarbe. Und dieſe ganz andere Bedeutung des Wortes hat Linne“ nicht etwa aus einem bloſſen Verſehen oder einem Ge— daͤchtnißfehler in die Zoologe eingefuͤhret, da ſchon die Alten dem Worte dieſen Sinn gaben; fo hat Vir⸗ gil w) Equi glauci, die er mit Spadices verbin- det, das alfo wohl iſabellfarbene Pferde, oder viel— mehr unſere ſogenannten Fuͤchſe bedeutet, indem die Spadices offenbar unſere braune ſind; und Claw dlan hat Glauci fructus olivae. Nehmen wir aber alle Bedeutungen, in wel⸗ chen das Wort gebraucht wird, zuſammen, ſo bezeich⸗ net es nicht ſowohl eine Farbe, als die Art, wie eine Farbe aufgetragen iſt, naͤmlich durch ein unreines Weiß getruͤbt oder matt gemacht, beſonders wenn die Farbe dadurch, wie dies bey einer wohlerhaltenen Geometra falcataria (oder vielmehr Bombyx | Fal- t) Ibid. n. 1228. u) Ibid. n. 1286. W) Georg. III. v. 83. 32 a Falcula) wirklich der Fall ift, ein wenig in's Blau⸗ lichte zieht. | 26. Purpureocoeruleus. Es iſt nicht von, noͤthen, dies zuſammengeſezte Wort zu erklaͤren; man ſieht es ſchon aus der Zuſammenſetzung, daß die Farbe von Purpur und von Himmelblau etwas an ſich haben muͤſſe. Das Wort kommt im Thſer⸗ reiche, beſonders bey den Inſekten, oͤfters vor, und fehlt auch im Pflanzenreiche nicht. 27. Violaceus, Veilchenfarbig. Nach Ein ne/x) iſt diefe Farbe eine untere Art von Purpu- reus, und hat wieder als eine Schattirung den Co- lor coeruleopurpureus unter ſich. Schon der Name deutet die Farbe hinlaͤnglich an: denn wer kennet das wohlriechende Maͤrzenveilchen nicht? Ganz dieſe Farbe hat Chryſomela Betulae, oft auch Chryſomela Alni, aber Dermeſtes viola- ceus y) hat nichts Veilchenblaues, ſondern iſt licht, blau, und Meloe Profcarabaeus, der 2) cor- pore violaceo ſeyn ſoll, iſt gemeinblau, zuwellen auch ſchwarz. IV. Gruͤne Farben. 28. Aeruginoſus, ſpangruͤn, das Gruͤn, welches der Gruͤnſpan hat und giebt. Ich wuͤßte mich x) Philof. bot. §. 313. y) Faun. ſuec. II. n. 422. z) Ibid. n. 826. — 33 mich nicht zu entſinnen, daß dieſer Farbenname als Kennzeichen auch nur elnmal vorkomme, aber als Veyname von einer Pflanze kommt er doch vor. So haben wir eine Conferva aeruginoſa, und, zwar nicht in den Annaͤlſchen Schriften, eine Byſſus aeruginoſa. 29. Caeſius. Wenn Gruͤn oder Blau von di nem weißlichten Staube, Reife oder Häuschen fo bes deckt wird, daß es doch noch ein wenig durchſchim⸗ mert, ſo bekommt dleſe deckende Oberflaͤche einen ſchwachen Schein von truͤblichter Perlfarbe, was Linne“ Caeſius nennt. Beyſpiele haben wir an den Blaͤttern der Saxifraga caeſia, und des Dianthus plumarius, bey welchem Leztern die Blaͤtter a) rore caeſio glauca ſind; er nimmt naͤmlich an, daß der feine Reif, weißlichtblau (caefius) ſey, und die na⸗ tuͤrlich grüne Farbe durchblinken laſſe, wodurch ein bleiches Blaulichtgruͤn (glaucus) entſteht. Bey Saxifraga caeſia deckt ein welſſes dicklichtes, durch⸗ fcheiniges Haͤutchen die Blätter, das ihr friſches Gruͤn matt und bleich macht, und auch dieß nennt Linne“ Caeſius. Sonſt find Caefius und Glaucus gleich⸗ bedeutende Wörter: Noſtris autem Latinis ve- teribus caeſia dicta eſt, quae Graecis Mauromus, ſagt M. Fronto bey A. Gellius b) zu Favorinus. | 30. Pra- a) Spec. plant. 589. n. 12. b) Noct. attic. II. 26. 34 | — 30. Praſinus. Dieß Wort kommt niemals in Beſchreibungen oder Definitionen von Pflanzen oder Thieren vor, ſondern iſt allemal nur der Bel⸗ name der Art, z. B. in Cimex Praſinus c). Ei gentlich bedeutet es ein volles oder ganzes Gruͤn, das keine Neigung in elne andere Farbe hat. 31. Virens, blaßgruͤn, oder weißlichtgruͤn. Linne“ erklaͤrt ſelbſt' das Wort in diefem Verſtande, wenn er die Noctua Aprilina d) mit Alis viren- tibus definirt, und dann in der Beſchreibung ſagt: Alae ex albido vireſcentes. So haben wir auch einen Cimex virens e), der oft ganz verblaßt vorkommt, aber doch zuweilen auch ziemlich gras grün iſt; ferner eine Noctua virens f), die bloß eine gruͤnlichte Perlfarbe hat, obwohl Linne“ Alas virides angiebt, die auch wohl bey dem mir unbe⸗ kannten andern Geſchlechte eln voͤlleres Gruͤn haben moͤgen. | 32. Virefcens, bleichgruͤn, wenn es ohne Zuſatz iſt, wie bey Geometra purpurata g); ſonſt bedeutet es den Uebergang einer andern Farbe in gruͤn. 33. Vi- c) Syſt. nat. p. 722. n. 49. d) Faun. ſuecc. II n. 1178. e) Syſt. Nat. p. 730. n. 102. f) Syft. nat. p. 847. g) Faun. ſuec. II. n. 1302. = 35 33. Viridis. Dies iſt der Gemeinname aller gruͤnen Farben, vom blaſſeſten Gruͤn bis zum voll ſten, nach Linne“s Sprachgebrauche. 34. Viridifimus. Dieſer Ausdruck bedeutet eben keine beſondere Art von Gruͤn, ſondern bloß, daß der Körper, von dem er gebraucht wird, an als len ſeinen ſichtbaren Theilen dieſe Farbe, und zwar rein und bluͤhend, habe, wie z. B. Meloe vefica- torius h), Gryllus viridiſſimus i) u. ſ. f. V. Gelbe Farben. 35. Cereus. Wachsgelb. Die Schale der Helix putris iſt nach der Beſchreibung K) cerei coloris, was in der Definition bloß durch Flava ausgedruͤckt wird. Miller, hat den wuͤrklich unſchick⸗ lichen Namen Putris in Succinea !) umgeaͤndert, welcher Name auch die Farbe der Schale vorzuͤglich gut ausdruͤckt, ſie iſt naͤmlich ein ſehr ſchwach braͤun⸗ lichtes, bluͤhendes Weingelb, ganz wie die Farbe des Bernſteins. Uebrigens bedienet ſich Linne“ des Aus⸗ drucks Cereus aͤuſerſt ſelten, und man muß geſte⸗ hen, daß er auch nicht tauglich genug iſt, einen ſtand⸗ haften Begriff zu bezeichnen, da ſowohl das rohe, als das verarbeitete Wachs ſehr verſchiedene Farben⸗ ſchattirungen hat. C 2 36. Cro- h) Faun. ſuec. II. n. 827. ji) Ibid. n. 869. k) Ibid. n. 2189. I) Verm. II. p. 97. 36 — 36. Croceus, Safranfarben. In der Phi- lofophia Botanica m) wird Croceus als eine Art von Fulvus angegeben. Haͤufig iſt uͤbrigens der Gebrauch nicht, den Linne“ von dieſem Farben- namen macht. Wo er die Farbe der Blumenblaͤt⸗ ter von Saxifraga mutata mit der von den Blu⸗ menblaͤttern feiner Saxifraga Cotyledon ver gleicht n), ſagt er: Petalis — — croceis nec albis; aber die Farbe dieſer Blumenblaͤtter hat gar nichts Morhes In ihrer Miſchung, und iſt bloß ein wenig voͤller, als Schwefelgelb. Ich glaube, man koͤnne im Deutſchen eigentlich zwo Arten von Safranfarbe unterſcheiden, ein Saf⸗ rangelb und ein Safranroth; erſtere iſt diejenige: Farbe, die das aus den Narben des Crocus au- tumnalis bereitete Pigment giebt, ein volles Gelb mit einem ſchwachen Blick in Vollroth, und diefe kommt vor in den Blumen der oranienfarbigen Sa- xifraga autumnalis der hoͤhern Alpen, bey Tra- gopogon pratense der Alpen, bei der bleichen Abs art des Hieracium aurantiacum, und dieſe Far be verſteht man gewoͤhnlich unter Citrinus. — Die andere Farbe iſt diejenige Farbe, welche die trocknen Safrannarben ſelbſt haben, und dieſe kommt vor im Leontodon aureum auf der Auſſenſeite der Blume, ſtreifenweiſe oͤfters an den Blumen des Cheiranthus Cheiri, an dem ſattgefaͤrbten Hie- racium m) . 313. n) Spec. plant. 571. n. 2. — 37 racium aurantiacum, an dem Fluͤgelſaume des Papilio Rhamni, lu. ſ. w. Und für dieſe Farbe hat⸗ ten die Griechen einen ſehr guten Namen, Xeram- pelinus, die Farbe des im Herbſte abfallenden Blattes des Weinſtocks; wir koͤnnten fie Weinblatt⸗ roth nennen. 37. Ferrugineus, roſtfarbig. Dies Wort, das Linne“ für untergeordnet von Gilvus anglebt 0), wird haufig gebraucht. Die Unterſeite einer Alp⸗ roſe (Rhododendron) iſt roſtfarbig (ferrugi- neum) p); — fie iſt roſtbraun. — Phalaena quercifolia q) hat alas ferrugineas; — fie find braͤunlicht kupferfarbig. (Scopoli's Color haema- titicus, wie dieſe Farbe ſich wenigſtens mir auf der Scheibe zeigt), mit einem ſchwarzblaͤulichten Scheine, und die untern am Auſſenrande ſatt eich⸗ blattbraun, oder, wie Scopoli r) ſich ausdruͤckt, chinafaͤrbig. — Vom gemeinen Rebhuhn wird ges ſagt 8), es habe Caudam ferrugineam; er iſt zimmetbraun. — Der Nußheher Hat überhaupt ein Corpus ferrugineum t); — feine Hauptfarbe iſt ein roſenfarbiges Nußbraun, mit Grau getruͤbt. — Turdus muſicus hat den untern Fluͤgelgrund, und | C3 Tur- o) Philof. bot. I. e. p) Spec. plant. p. 562. n. 1. q) Syſt. nat. I. p. 812. n. 18. r) Entom. carn. n. 485. s) Syſt. nat. I. p. 276. n. 13. t) Faun. ſuec. II. n. 90. 38 = — ; Turdus iliacus die ganze Unterſeite der Flügel fer- ruginea u); — fie find honigfarbig beym Leztern, bey Erſterm am angegebenen Orte wirklich roſtgelb. — Silpha veſpillo hat auf ſeinen Fluͤgeldecken eine Faſcia duplex ferruginea w); in der aͤltern Aus⸗ gabe heißen dieſe Binden rubrae x); — fie find roͤthlichgelb, oft ſatt oraniengelb. — Beym Pappel⸗ ſchwaͤrmer ſind die Unterfluͤgel am Grunde ferrugi- neae y); — ich wuͤrde ſie roſtgelblicht braun nen, nen. — Vom Sphinx ftellatarum wird ebenfalls geſagt, die Unterflügel ſeyen ferrugineae z); und fie ſind in der That ſehr voll roſtgelb, wenn das Inſect nicht verflogen if. — Bombyx laneſtris ſoll alas ferrugineas haben a); — ſie ſind nelkenbraun. Es iſt wahr, faſt alle dieſe Farben nimmt un⸗ ter verſchledenen Umſtaͤnden der Eiſenroſt an; aber dies berechtiget uns nicht, einerley Wort zu braus chen, um ſo ſehr verſchiedene Farben zu bezeichnen. Ich glaube, man ſollte das Wort Ferrugineus bloß fuͤr Roſtgelb brauchen; Roſtroth, das mit Ziegel⸗ roth einerlei iſt,, könnte durch Lateritius ausge druͤckt werden; fuͤr die uͤbrigen Farben, die die Ei⸗ ſenocher noch ſonſt annimmt, u es eine Menge Namen u) Faun. ſuec. II. n. 217. 218. W) Ibid. n. 444. x) Faun. ſuec. I. n. 849. y) Faun. fuec. II. n. 1084. 2) Ibid. n. 1091. a) Ibid. n. 1105. Namen in beyden Sprachen, die zum Theile ſehr deutlich find, und wovon ich einige der deutſchen bes reits angefuͤhret habe. 5 38. Flammeus. Dies Wort bezeichnet bey den Alten kelne Farbe, ſondern ein gewiſſes Kleidungs— ſtuͤck b), dem man die dottergelbe Farbe zu geben die Gewohnhelt hatte. Linne“ ordnet es dem Fulvus als elner Gattung unter c), und es dient in der That ſehr gut, Feuergelb auszudruͤcken, das iſt, ein volles bluͤhendes Gelb, das eln wenig Carmin in der Mis ſchung hat. Gebrauch hat er uͤbrigens von dem Worte kaum mehr als einmal gemacht, und auch an dieſer Stelle d) hat er das Wort nur genannt, nicht mit einer Sylbe erklaͤrt. Seine Strix flammea heißt ſo viel als Strix flammata, der geflammte (mit aͤſtigen Laͤngsſtreifen bemalte) Kauz. f 39.0 laveſcens, gelblicht, hat eben die Be⸗ deutungen, die wir bey aͤhnlichen Woͤrtern ſchon oͤf⸗ ter angemerkt haben. 40. Flaviſſ imus, Vollgelb. Linne“ bedient ſich dieſes Wortes, um das Gelb auszudruͤcken, das an dem innern Fluͤgelgrunde des Bergfinkens dem Syſtematiker ein ſehr gutes Kennzeichen, die Art zu C4 bezeich⸗ b) Plin. hiſt. mund. XXI. c. 8. c) Philoſ. bot. I. c. d) FRINGILLA flammea, fufca, eriſta e Faun. ſuec. II. n. 238. — — 40 nn, bezeichnen, abgiebt e), und ein fehr volles, geſaͤttig⸗ tes Gelb iſt. 41. Flavus, gemeingelb. Linne bedient ſich dieſes Wortes, um die Farbe des männlichen Kirfchens vogels f), der gelben Bachſtelze g), des untern Fluͤ— gelgrundes am Miſtler h), gewiſſer Flecken an den Schwingen des Stieglizes und des Zeiſigs i), des Fenchelfalters K), des gelben Raubkaͤfers I) u. ſ. w. auszudrucken; aber cr bedient ſich auch dieſes Wortes beym Kronwickenfalter m), deſſen Fluͤgel ſchwefelgelb, und beym Geißſtaudenfalter n), deſſen Flügel oranien, gelb find. Der eckige Streif längs der Oberfluͤgel ſeines Sphinx Euphorbiae iſt ihm eine Vitta fla- va o); aber er iſt bey dem Wolfsmilchſchwaͤrmer blaß⸗ kirſchenbluͤthefarbig und ſchwaͤrzlich getruͤbt, und beym Labkrautſchwaͤrmer, den Linne“ fuͤr eine bloße Spielart hielt, beinfarbig. Der Eichenſpin⸗ " ner e) Faun. ſuec. II. n. 233. ) Ibid. u. 95. g) Ibid. n. 253. h) Ibid. n. 216. i) Ibid. n. 236. et 237. k) Ibid. 1031. 1) Ibid. n. 839. m) Ibid. n. 1041. n) Ibid. n. 1040. o) Ibid. n. 1086. — 41 ner (das Männchen), hat nicht alas ferrugineas p) ſondern kaſtanienbraune. Der Erlenſpanner ſoll alas flavas haben 9), was Linne“ ſelbſt in der Beſchrei⸗ bung durch Flavus erklaͤrt. Ueberhaupt kann man ſagen, Anne“ nehme im Thlerreiche gewohnlich Fla- vus fuͤr ein reines, mehr oder weniger hohes Gelb, dahin er auch Gummiguttaͤgelb, Strohgelb, Bern— fteingelb rechnet; aber doch nehme er das Wort nicht eben allemal in der ſtrengſten Bedeutung. Im Pflanzenreiche bedeuten die Worte Flavus und Luteus uͤberhaupt was immer fuͤr ein Gelb, nur nicht das, was wir ſafranroth nannten, oder oranienroth nennen werden. Die Strohfarbe (Paleaceus Scop.) iſt eine Unterart von Gemeingelb. b 42. Fulvus, oranienfarbig; ich ſage nicht oraniengelb: denn es werden zwo ganz verſchledene Farben vorzüglich mit dem Namen Fulvus bezeich⸗ net, davon die eine die der Citronſchale, und alſo noch gelb; die andere die des Fleiſches gewiſſer Ora— nien, und ſchoͤn roth iſt. Wir werden die eine Citron⸗ gelb oder Oraniengelb; die andere Oranienroth nennen, und da beyde fo ſehr in einander verfließen, daß man oft anſteht, welcher Name dem gegebenen Colorite zukommen moͤchte, ſo glaube ich, daß man fuͤr dieſe C 5 Mittel⸗ p) Ibid. n. 1106. q) Faun. ſuec. II. n. 1230. 42 Erz Mittelfarben den gemeinſchaftlichen Namen Oranien⸗ farbig aufbehalten ſollte. Im Lateiniſchen wuͤrde ich für Oranlengelb Citrinus, für Oranienroth Au— rantiacus, und für Oranienfarbig Fulvus vor⸗ ſchlagen. Linne / hat nie einem bleichen Gelb den Nas men Pulvus gegeben, aber gar oft gewiſſe braune Farben damit beleget, die oft nur etwas von DOras nienfarbe in der Miſchung hatten, und beſſer Mel- linus (Honiggelb) u. f. f. geheißen hatten. Wir wollen die vielen Linnaͤiſchen Colores fulvos unter ihre gehoͤrigen Aufſchriften bringen. a) Citrongelb, Citrinus. Hieher gehoͤren die Fluͤgel des Papilio Virgaurea r), des Papilio Comma s), die Farbe derjenigen Spielart des Salblings, die Linne“ t) Salmo Salmarinus nennt, lauter ſatte, blanke, ſtarke, aber reine Far— ben, dle viel Roth in ihrer Miſchung haben, doch ſo, daß immer Gelb bey weitem am herrſchend— ſten iſt. » b) Oranienroth, Aurantiacus, die Farbe der Hemerocallis fulva, namlich ein durch Gelb etwas gemaͤßigtes Roth. Von dieſer Farbe iſt auch der ſogenannte rothe Schwefel, oder das Sulphur nativum arfenicale rubrum des Wallerius u), | das ) Faun. ſuec. II. n. 1079. s) Ibid. n. 1080. t) Syſt. nat. I. p. 511. n. 10. u) Syſt. miner. ſp. 272. 43 das ſchon Plinius w) gekannt, aber nicht befihries ben hat. Die Flecke, womit die ſchwarzen Bin⸗ den der Fenchelfalterraupe unterbrochen find, ge hoͤren gleichfalls hieher. Das Weinblattroth, oder die Farbe der dem Laubfalle nahen Blätter des Weins ſtocks (Color xerampelinus der Alten) iſt nur eine ſatte Schattirung dleſer Farbe. c) Oranienfarbig, Fulvus. Plinius x) glebt verſchiedene Arten des Bernſteines an: eine weiſſe, (blaßgelbe), eine wachsgelbe, eine honigfarbig, eis ne von der Farbe des Falernerweins, die die geſchaͤz⸗ teſte ſeyn ſoll, und eine, von welcher er ſich des Ausdruckes Fulvus bedient, und von welcher es weiter zwo Unterabarten gebe, davon die eine ſehr feurig ausſieht, die andere aber gemaͤßigter gefaͤrbt iſt, und mehr geſucht wird, weil man darinnen das Bild des Feuers dem Feuer ſelbſt vorzieht, wie er ſich ausdruͤckt. Man ſieht daraus, daß dieſe Sorte Bernſtein viele Roͤthe in ihrer Miſchung haben muͤſ⸗ ſe, wie denn in der That gar oft Stuͤcke vorkom⸗ men, die beynahe die Farbe des rothen Schwefels haben. Gleichwohl glaube ich, daß man ſich von der eigentlichen Bedeutung des lateiniſchen Wortes Fulvus zu weit entfernen würde, das das gewoͤhn— liche Beywort iſt, welches die alten Dichter ihrem Golde beylegten, wenn man damit eine aus Gelb und Roth gemifchte Farbe bezeichnete, darinn Roth offen⸗ ee Fe W) Hift. mund. lib. XXXV. cap. 15. x) Hift. mund. I. XXXVII. c. 3. 44 — offenbar und deutlich herrſchend waͤre; vielmehr wird es am ſchicklichſten ſeyn, wie ich gethan habe, das Wort für eine Mittelfarbe zwifchen Draniengelb, der elgentlichen Goldfarbe, und Oranlenroth, alſo etwa fuͤr die Farbe des Tombaks oder des Prinzme⸗ talls zu gebrauchen. d) Birnblattgelb, Xerapiotes, (wenn man nicht lieber das Corticinus des Scopoli dafür brau⸗ chen will,) iſt die Farbe der Blaͤtter des Birnbau⸗ mes, der Linde, des Lerchenbaumes im Herbſte vor ihrem Falle, ein braͤunlichtes, aber zugleich mattes Gelb. Von dieſer Farbe ſind die Fluͤgel des Papi— lio Chryſippus (und hier iſt fie von vorzuͤglicher Schoͤnheit), des Papilio Pamphilus, des Pa- pilio Paphia, und des Papilio Hippothoë, wo- von ſich Linne / uͤberall y) des Ausdruckes: Alis ful- vis bedienet. e) Honiggelb, Mellinus, zieht noch viel ſtaͤr⸗ ker in Braun. Von dieſer Farbe ſind die Fluͤgel der meiften filberreichen Falter auf ihrer Oberſeite, vor zuͤglich des Pap. Cinxia, Pap. Aglaja, Pap. La- thonia, Pap. Euphroſyne; ferner des Pap. Po- Ivchloros, und Pap. C. album; gleichwohl heißt es von allen dieſen bey Linne“ 2): Alis fulvis.] f) Zim⸗ y) Faun. ſuec. II. nn. 1044. 1046. 1064. — Syſt. nat. I. p. 767. n. 119. 2) Faun. ſuec. II. nn. 1057. 1059. 1063. 1065. 1068. 1069. 5 m 0 f) Zimmetbraun, Cinnamomeus, if die Farbe des Eisvogels auf Bruſt und Bauch, dle Linne“ a) fulva angiebt; Scopoli ſagt b): fulvo- ferruginea, dafür er in ganz ähnlichen Fällen o) ſonſt rufus ſagt. 90 Nelkenbraun, Caryophyllinus, die Far⸗ be der von den Dlumiften ſogenannten Mohrennels ken, ein ſehr dunkles ſattes Braunroth, wle dies auf den Fluͤgeln des Papilio Io und Papilio Antiopa vorkommt, heißt bey Linne“ d) Color fulvus. Mir iſt gegenwaͤrtig nur darum zu thun, daß ich die Begriffe auseinander ſetze, die Linne / mit ſeinem Color fulvus verbindet; ſie zu tadeln, oder zu entſchuldigen, gehoͤrt beydes zu meinem Zwecke nicht. 43. Luteus, Dottergelb, die Farbe des Eyerdotters. Das lateiniſche Wort kommt von Lu- tum, welches der alte Name einer Pflanze iſt, die die Deutſchen Wann, die heutigen Botaniften Re- ſeda Luteola nennen. Sie faͤrbt vollgelb, faſt mit einem kleinen Blick in Roth, daher Virgil zu dieſem Pigmente das Beywort Croceus geſezet hat e): — — Croceo mutabit vellera luto; 1 und a) Syft. nat. I. p. 179. n. 3. | b) Ann. hift. nat. I. n. 64. c) Ibid. nn. 81. et 88. d) Faun. ſuec. II. nn. 1048. et 1056, e) Eclog. IV. 46 > und Claudian ſagt von dem Pigmente, das man aus dem Safran erhaͤlt, es gebe die g die man Color luteus nennt: Pars infecta croco velamina lutea ſerum Pandite. f Dies iſt die Farbe des Eyerdotters, den man daher jederzeit durch Luteum Ovi als gleichbedeutend mit Vitellus bezeichnete; fo ſagt Plinius f) von der Nahrung des Huͤhnchens im Eye: Cibus ejus in luteo eſt. Faſt alle Pflanzen, die gelbe Blu⸗ men haben, haben ſie von dieſem Gelb, daher bey den aͤltern Botaniſten und bey Linne“ kein Wort, das Gelb bedeutet, haͤufiger vorkommt, als Luteus. Von di- ſer Farbe find auch die jungen Zweige derjes nigen Weide, die Linne“ davon, daß ſie die Farbe des Eyerdotters habe, Salix Vitellina nannte. Beym Maͤnnchen der Golddroſſel g) iſt dies die herrſchende Farbe, und die meiſten Vögel dieſer Gats tung ſind damit wenigſtens Fleckweiſe bemalt. Linne“ bedient ſich des Beywortes Luteus auch, um die Farbe der Hinterfluͤgel des Todtenkopfſchwaͤrmers h) auszu⸗ drücken, bey denen fie, wann das Inſekt noch nicht verflogen iſt, vielmehr citrongelb heißen ſollte. Die herrſchende Farbe der Schleyereule j) iſt eher ein 8 ſchoͤnes f) Hift. mund. I. X. c. 52. g) Syſt. nat. I. p. 160. h) Ibid. p. 799. n. 9. i) Ibid. p. 133. n. 8. Erz 47 ſchoͤnes Birnblattgelb, faſt wie das vom Pap. Chry- ſippus, als ein Dottergelb. Ich weiß nicht genau, was Linne“ unter ſeiner Phal. Bombyx chry- ſorrhoea k) verſtehe; meynt er die, welche auf den Birubaͤumen die gewoͤhuliche iſt, fo iſt das Ende ih— res Hinterleibes mit gerade ſo gefaͤrbten Federchen bedeckt, wie dle Fluͤgel des Papilio Virgaureae find, die er ſonſt fulvas nannte, die aber eigentlich citrinae find; meynt er aber die, welche auf den Eichen die gewoͤhnlichſte iſt, fo find dieſe Feder, chen gar braun; in keinem Falle koͤnnen fie Luteae heißen. Eine etwas ſtarke Annaͤherung dieſer Farbe zum Oraniengelben iſt die, welche auf den Fluͤgeln der Phal. Geometra Prunaria ]) herrſchend iſt; aber gerade in der vollſten Staͤrke iſt dieſe Farbe auf den Fluͤgeln der Phal. Geometra Grofiula- riata aufgetragen, wo fie auf den Vorderfluͤgeln ſchmale Queerbinden bildet, die Linne“ in der Defi— nition dleſes Schmetterlings ſehr richtig Strigas /u- teas, aber nicht fo richtig in der Beſchreibung faf- cias fulvas nennt. Scopoli m) ſagt von den Fluͤ⸗ geln des Fenchelfalters, fie ſeyen Luteae, und dies iſt ſehr wahr, wenn man den Schmetterling erhaͤlt, da er eben die Puppenhaut verlaſſen hat. In der Philofophia botanica nimmt endlich Linne“ n) das Wort k) Syft. nat. I. 822. n. 45. DD Faun. ſuec. II. n. 1232. m) Entom. carn. n. 444. n) F. 313. 48 a Wort Luteus für eine allgemeine Benennung aller gelben Farben an. 44. Luteolus heißt eigentlich eben das, was Luteus. Virgil eignet dieſe Farbe der Ringel blume zu 0): Mollia luteola pingit vaccinia caltha; und Linne“ giebt den Namen Luteola derjenigen Pflanze, die bei den Alten Lutum hieß. Wollte man ſehr genau ſeyn, ſo wuͤrde Luteolus ein zar⸗ tes Dottergelb ausdrucken. 45. Sulphureus, Schwefelgelb. Sulphu- reus fezt Linne“ p) als eine Art des Gemeingelbes an. In der That, man darf nur ein reines Gemein⸗ gelb mit einem reinen Weiß brechen, ſo erhaͤlt man diejenige Farbe, welche der Schwefel hat. In der Anwendung kommt das Wort eben nicht gar oft vor. Man kennt die Linnaͤlſche Chryſomela fulphu- rea q), welche bey Fabriclus r) eine Ciſtela iſt; aber oͤfter wird die Stelle dieſes Farbennamens von Flavus vertretten, wie z. B. bey Papilio Palaeno s). 46. Vi- o) Eclog. II. p) Philoſ. bot. $. 313. g) Syft. nat. p. 602. n. 114. r) Syft. entom. p. 117. n. 5. s) Syft, nat. p. 764. n. 99. 2 49 46. Vitellinus. Wir haben von dleſem Fars bennamen ſchon unter der Aufſchrift Luteus ge⸗ handelt. VI, Rothe Farben. 47. Carneus, Fleiſchroth. Die Farbe der juns gen Haut eines gefunden Menfchen fol nach Scos poli t) den Begriff von Color carneus feſtſetzen. Aber nichts kan ſchwankender ſeyn, als dieſer Be⸗ griff; Alter, Lebensart, Beſchaͤftigung, Tempera⸗ ment und Erdſtrich bringen hier ſchon einzeln, und noch mehr in Verbindung, die groͤßten Veraͤnderun⸗ gen hervor. Linne“ hat dieſes Wort unter den Far⸗ bennamen in ſeiner Philoſophia botanica u) nicht, gleichwohl bedient er ſich deſſelben zuweilen als Tri⸗ vlalnamens bey den Pflanzen; fo giebt er Bauhin's Erica procumbens foliis ternis carnea w) den Namen: Erica Carnea x); auch eine Androſoce carnea y) kommt vor. C. Bauhin ſagt auch von der Blume der Primula minima des Linne“ 2), fie fen carnea a); Linne / ſelbſt ſagt gar nichts von der Farbe dieſer Blume; uͤberhaupt bedient er ſich die⸗ ſes Wortes ſogar bey den Thierbeſchrelbungen fehe ſelten. t) Entom. carn. explic. color. u) F. 315. W) Pin. p. 486. x) Spec. plant. p. 504. n. 14. y) Spec. plant. 204. n. 5. 2) Spec. plant. p. 205. n. 5. a) Pin. p. 243. D 50 — ſelten. In der Fauna kommt ein Waſſerhuhn b) vor, das ein Roſtrum carneum hat, Herr Wers ner beſchreibt fein Fleiſchroth e) als eine aus Cars moiſinroth und Gelblichtweiß gemiſchte blaßrothe Farbe. Carmoiſinroth iſt der Rubin, von dem auch die Farbe bey uns den Namen haben ſoll, da der fremde undeutſch iſt, und keinen Begrif gewaͤhret. Es iſt aber die Rubinfarbe ein volles Roth, und hat keine Neigung zu einer andern Farbe, ausge nommen, daß es durch eine aͤuſſerſt kleine Quanti— tat eines vollen Dunkelblau gleichſam nur geſaͤtig— ter wird. Dieſes Roth nun, darch Weiß, das eben kein Gelblichtweiß ſeyn muß, gemildert, giebt die eigentliche Farbe des Schnabels am ſchwarzen Waſſerhuhn, und iſt die Farbe der Blumen am fleiſchrothen Heldekraute. 48. Coceineus, e „Carminroth, Zinnoberroth. Dies iſt die Farbe, die Linne“ vom Hute des Schwarzſpechts d) und von dem des Gruͤn— ſpechtes e) angiebt, obwohl er in den Beſchreibungen allemal dafuͤr das Wort Purpureus nimmt. Die ſchoͤnen nackten Spizen der Deckfedern an den Fluͤ— geln des Seidenſchwanzes ſind Apices Cocei— nei f). Es iſt uͤberall ein brennendes, reines, vol⸗ les b) Fulica atra. n. 193. c) Kennz. 123. d) Faun. ſuec. II. no. 98. e) Ibid. n. 99. f) Ibid. n. 82. nn 5X les Roth, das gar mit keiner andern Farbe getruͤbt oder gemildert iſt. Herr Werner beſchreibt fein Cars minroth eben ſo, und ſagt, daß dies die Farbe der Kupferbluͤthe und des hochrothen Zinnobers ſey g). Wuͤrklich bedient man ſich oͤfters ſtatt des Wortes Coccineus, des Wortes Cinnabarinus, und Eco» poli h), der das erſtere Wort gar nicht hat, ſezt das für vom Pigmente das leztere. Papilio Apollo iſt ihm zufolge i) auf den Hinterfluͤgeln mit Ocellis binis cinnabarinis bezeichnet, welches gerade die Farbe iſt, mit welcher der Hut des Gruͤnſpechtes prangt. Es iſt aber gleichwohl einiger Unterſchied zwi— ſchen Carminroth und Zinnoberroth, indem das Leztere voͤller, das Erſtere viel lichter iſt, weil es eine leichte Beimiſchung von Weiß hat, was ſchon aus der Art, wie Carmin zubereitet wird Kdr HER anders ſeyn kann. Es giebt noch eine Farbe, dle hieher 10 aber bey Linne“ meines Wiſſens nicht vorkommt: Corallinus, Korallenroth, Sie halt genau das Mittel zwiſchen Zinnoberroth und Karminroth, daß wir ungefahr folgende Gradation feſtſezen koͤnnten: D 2 Zin⸗ g) Kennz. 122. h) Loc. cit. expl. color. 1) Ibid. n. 447. k) Rouſſeau's Erinnerungen. S. 149, 52 — Zinnoberroth, volles, brennendes Vollroth. Korallenroth, beſcheidenes, gemaͤßigtes Voll⸗ roth. Karminroth, hohes Vollroth, das etwas Welß in der Miſchung hat, welches aber kaum merklich iſt. f 40. Incarnatus, Incarnatfarbig, wenn man doch das Wort haben muß, das ubrigens bloß gleich⸗ bedeutend mit Carneus iſt. Fulica atra hat nach Linne “]) eine Frons calva, albo incarnata, nach Scopoli m) eine Tonfura carnea. Die Hinter flügel des Sphinx Liguftri find nach Linne“ n) in- carnatae; eigentlich find fie ſatt roſenroth. 50. Phoeniceus. Linne“ giebt dieſe Farbe als eine Nebenfarbe des Color purpureus an o), und ſezt unter Color purpureus, den er als eine Gat⸗ tung betrachtet, den Color violaceus. Oft ge⸗ nug, wie wir bald zeigen werden, braucht er das Wort Purpureus fuͤr Roth. Es wuͤrde alſo, alles zuſammengenommen, Phoeniceus ein ziemlich hel⸗ les, etwas in's Blaͤulichte ziehende Roth ſeyn, in wel⸗ chem Verſtande es auch ſchon bey den Alten vor⸗ kommt: Pu- 5 Faun. ſuec. II. n. 193. m) Ann. hiſt. nat. I. n. 149. n) Faun. ſuec. II. n. 1087. o) Philof. bot. 9. 313. — 53 Puniceis humilis quantum ſaliunca rofetis, ſagt Virgll p), und man weiß, daß bey den Alten Puniceus und Phoeniceus einerley Wort iſt. Gleichwohl nahm es Linne“ mit dleſem Worte fo ge nau eben nicht: denn wir finden q) eine Pentape- tes, die das ſchoͤnſte Korallenroth hat, daher fie auch Commelin durch Flore amplo coccineo richtig unterſchled, nichts deſto weniger traͤgt ſie den Lnnaͤiſchen Trivlalnamen Phoenicea. Wir werden bey Puniceus noch einmal darauf zuruͤckkommen. 51. Pullus, ſchwarzroth. Linne“ ſezt r) Dies ſes Roth als eine Nebenfarbe von Niger an, und man wuͤrde dadurch gar nicht wiſſen, was dies fuͤr ein Schwarz ſey. Folgen wir ihm in der An⸗ wendung, ſo finden wir eine Lycopſis pulla s), die ihren Namen von der ſchwaͤrzlicht tiefrothen Blu⸗ me hat, dafuͤr er ſich bey einem Geranium, deſſen Blume faſt von eben derſelben Farbe iſt, des Wor⸗ tes Phaeum t) bedient. Ich finde doch, daß ſich Linne“ des Wortes Pullus auch fuͤr Grauſchwarz bediene, dies gefchieht, da er von den Schuͤſſelchen des Lichen ſtellaris u) redet, von denen er ſagt, ſie ſeyen Scutellae pullae. p) Eclog. IV. 3 72. du q) Spec. plant. 958. n. r) Phil. bot. S. 313. 8) Spec. plant. p. 198. n. 2. t) Ibid. p. 953. n. 37. u) Ibid. 1611. n. 27. 54 nn —_ — 52. Puiceus, Scharlachroth. Anne“ ordnet dieſe Farbe W) unter die Gattung Ruber, und als eine Abart von Coccineus. Er hatte offenbar den Granatapfel, Malum Punicum, im Sinne: denn dem Worte nach ift Poenus, Punus und Phoe— nix eines; und vermuthlich hat Linne“ Recht, wenn er unter dieſen Farben Purpurfarben verſteht, und zwar phoͤniziſche, und dieſe ſehr ſchoͤn. Aus der Stelle, die er dem gegenwaͤrtigen Worte eingab, cr» hellt, daß er damit ein Vollroth meynte, und aus dem Gedaͤchtnißfehler, daß er bey Pentapetes Phoenicea ſtatt Punicea ſezte, ſchließe ich, daß er damit ein minder brennendes, aber reineres, und eben ſo volles Roth anzuzeigen im Sinne hatte. Es iſt aber der großen Anverwandſchaft dieſer Farben wegen gar oft ſchwer, nicht eine ſtatt der andern zu ſezen. 53. Purpureus, Purpurroth. Das Wort Purpurfarbig hatte zu allen Zeiten eine ſchwan⸗ kende Bedeutung; bald war's 1) ein Blau, das mehr oder weniger in Roth zog; ſo nennt Dioskorides unſer Maͤrzenveilchen io woepvezv Xx); auch bey Plinius heißen die Veilchen, welche von den Gries chen ia genannt werden, Violae purpureae; er beſchreibt y) unter dieſem Namen ſehr deutlich unſer i Maͤr⸗ w) Phil. bot. F. 313. x) Lib. IV. c. 124. y Hift. mund. XXI. 6, En —— 55 Maͤrzen veilchen. Vom Amethyſte ſagt er 2) eben⸗ falls, daß er purpurfarbig ſey. Zwar iſt dieſe Stelle ſehr verderbt auf uns gekommen, und ver ſchiedene haben ſie verſchieden geleſen; aber man mag ſie leſen, wie man will, ſo kommt doch immer der Sinn heraus, daß der Amethyſt purpurfarbig ſey. — 2) Ein ander Mal beſchreiben uns dle Alten den Purpur angenehm blaßroth: Suave rubenti Mu— rice iſt Virgil's Ausdruck a), und Plinius ſagt von ſeinem Cyclaminos (welches der ganz guten Be— ſchreibung nach unſer Cyclamen europaeum iſt), es ſey Floribus purpureis b). Es iſt wahr, daß Dioskorides, aus welchem Plinius eine Stelle genommen hat, dem Schweinbrodte keine purpurne, ſondern rothe Bluͤthen giebt, hingegen von den Blaͤt— tern ſagt: fie ſeyen og pues C); aber es kommt doch die Sache auf Eins hinaus: denn die Farbe der Blu— me iſt eigentlich auf das ſatte Gruͤn der Unterſeite dieſer Blaͤtter duͤnnlicht hingeſtrichen. Das ſchoͤne blaulichte Roſenroth der Schweinsbrodbluͤthen hat ſonſt bey Plinius einen eigenen Namen d): Coloſ- ſinus, von Koloſſa, einer Stadt im alten Troas, die faſt nirgends, als in der Kirchengeſchichte, vors kommt, und ſo unbekannt iſt, daß es beruͤhmte D 4 Schrift⸗ 2) Hiſt. mund. XXI. 8. a) Eclog. IV. b) Hift. mund. XXV. c. 9. c) Lib. 2. Cap. 153. d) Hift. mund. XXI. c. 1. 56 — Schrlftſteller gegeben hat, die den heil. Paulus fels nen Brief ad lenken nach Rhodus fchreiben lieſſen, wo die bekannte ungeheure Statue Apolls war, der man den Namen Coloſſus gegeben hat, te e). — 3) Zu Theodorich's Zeiten hatte man eine ſchwarzrothe Farbe mit dem Namen des Purpurs be⸗ legt f); das wird wohl jene Purpurfarbe geweſen ſeyn, die Plinius g) mit der Farbe des geronnenen Blutes vergleicht; und das muͤſſen wohl auch Casſio⸗ dor's Worte bedeuten: Obſcuritas rubens, Ni- gredo fanguinea. — 4) Endlich gab es noch eis nen ſcharlachrothen Purpur, der aus den Saͤften zweyer Schalthiere zuſammen erhalten wurde: alfo eigentlich drey rothe Purpurarten: a) eine blaſſe, flüchtige, aus einem Schalthiere, das Plinius Buc- cinum nennt; b) eine tiefe, ſchwarzrothe, aus der Purpurſchnecke, oder dem Purpurthiere; und o) eis ne ſcharlachrothe, aus der Miſchung von beyden. Buccinum, ſagt Plinius h), Pelagio alligatur, nimiaeque ejus nigritiae dat auſteritatem il- lam nitoremque, qui quaeritur, cocci, Linne“ bedient fich in feinen Schriften allzeit des Wortes Purpureus, wann er rothen ausdruͤcken will; ſo ſind ihm zufolge die Unterfluͤgel des Sphinx Elpe- e) Calmet. dict. de la bib. Voce Coloſſes. ) Caſſiod. var. epiſt. I. 2. €) Hiſt. mund. IX. c. 38. b) Ibid. — 87 Elpenor vireſcenti purpureoque variae i); beym Sphinx Poreellus find fie flavicante purpu- reoque variae k); Scopoli ſeʒt dafuͤr feinen Farben⸗ namen Pudorinus]), die Farbe der Schamroͤthe an einem ſehr weißen Geſichte, offenbar ein helles ange» nehmes Roth, das etwas in's Blaulichte zieht; wir haben für dieſes Roth einen eigenen Namen, oder wohl gar zween, nur daß der andere ſeltner iſt: Pfirſichbluͤtheroth, Koboldbluͤtheroth; das ch gentliche Roſenroth iſt eine blaͤſſere weiſſere Abaͤn, derung davon, dle auch Plinius m) unter die Purpurs farben geſezt hat. Auch dle rothe Binde über alle Fluͤgel des Papilio Atalanta iſt nach Linne“ pur⸗ purfaͤrbig n), nach Scopoli iſt fie minia (mennig⸗ roth), aber ſehr lebhaft o). Aber auch der Halskra⸗ gen der Noctua rubricollis p), und der Hut des großen Buntſpechtes q), und der des Gruͤnſpechtes r), ſollen nach den Beſchreibungen, die Linne“ macht, purpurroth ſeyn; in den Beſtimmungen hat er die Farbe bey den beyden Voͤgeln vollroth (coccineus) D 5 ange⸗ 1) Faun. ſuec. II. n. 1059. k) Ibid. no. 1090. I) Entom. carn. n. 472. m) Hiſt. mund. XXI. c. 8. n) Faun. fuec. II. n. 1060, o) Entom. carn. n. 424. p) Faun. ſuec. II. n. 1154. q) Ibid. n. 98. 1) Ibid. n. 9% 58 — angegeben, und das iſt fie in allen dreyen Fallen; fie verbleicht nicht einmal in ein Roth, das etwas Blaues in der Miſchung hätte, ſondern in ein Gelb— roth, wie faſt das der Ziegelſteine iſt. Eigentlich begleng alſo Linne“ einen Fehler, da er alle dieſe verſchiedenen Farben durch einerley Wort, Purpu- reus, angab; aber wir haben geſehen, daß er doch auch hier die Alten zu Vorgaͤngern gehabt habe. 54. Rubens, roͤthlicht. Wenn es nicht als Zuſaz zu einem andern Farbennamen gebraucht wird, ſo bedeutet dieſes Wort allemal ein blaſſes Roth, oder auch ein mattes, verbleichtes Roth. Als Zuſatz bedeutet es einen leichten Uebergang der Haupt- farbe in Roth, wie denn alle dergleichen Zuſaͤze ähnliche Bedeutungen haben. So haben wir ein Trifolium rubens s), deſſen Blume eigentlich ro⸗ ſenroth iſt. | “55. Ruber, gemeinroth. Dies Wort wird bald ſchlechtweg fuͤr Roth genommen, ohne eine beſondere Art anzudeuten, oder es bedeutet ein ziemlich volles, ganz reines Roth, das etwas in's Gelb zieht. So bes kommt t) der Johannesbeerenſtrauch wegen der Farbe ſeiner Frucht den Namen Ribes rubrum; die Un⸗ terfluͤgel, der Streif und die beyden Flecke auf jedem der Oberfluͤgel bey Noctua Jacobeae u) heißen Roth (rubra), weil eben keine naͤhere Beſtimmung N der s) Spec. plant. p. 1081. n. 18. t) Ibid. p. 290. n. I. u) Faun. ſuec. II. n. 1155. nn x 89 der Farbe vonnöchen iſt; fo ift cs auch mit den Schlaͤfen, der Kehle, der Bruſt und dem Bauche des Gimpels w), bey welchem noch der Umſtand dazu kommt, daß die Farbe etwas abaͤndert. Aus cben dem Grunde, weil eine naͤhere Beſtimmung nicht nothwendig iſt, heißt er vom Hinterleibe des Sphinx Liguſtri x) und des Sphinx Convolvuli y), er ſey roth (eigentlich iſt er roſenroth), von Derme— ſtes capucinus 2), die Fluͤgeldecken, die eigent⸗ lich vollroth find, ſeyen roth — von den Unterfluͤgeln des Sphinx Filipendulae a), die gerade die ſchar— lachaͤhnliche Purpurfarbe auf den Fluͤgeln des Pa— pilio Atalanta haben, und von den pfirfichblücheros then (pudorinae) Flügeln der Chryſomela hae- moptera, ſie ſeyen roth. Die Fluͤgeldecken der Crioceris merdigera, und der Ruͤckenſchild der Crioceris Aſparagi ſind vollroth, und werden mit der Zeit dunkler; gleichwohl heiſſen ſie ſchlechtweg roth. Sonderbar kommt mir's vor, daß Linne“ von ſeinem Elater balteatus ſagt: Elytra antice dimidiato rubra. Das kann man gar nicht ſa⸗ gen: Ich habe mehrmals dieſen Kaͤfer in der Hand gehabt, kenne ihn alſo, wie er im Leben ausſieht, recht w) Ibid. n. 225. x) Syſt. nat. I. p. 799. n. 8. y) Ibid. p. 798. n. 6. 2) Faun. ſuec. II. n. 416. a) Ibid. n. 1097. 60 2 recht gut, allemal war dle vordere Hälfte feiner Fl geldecken hell braungelb, hoͤchſtens ließe ſich das Wort Fulvus gebrauchen; aber gar kein Wort, das im geringſten Roth bedeutet; aber er hat ſogar vom Eichhörnchen geſagt b), es ſey aeftate ruber; auch Scolopendra electrica fol e) rubra ſeyn; fie ans dert an Farbe, und iſt bald ſehr hell, bald dunkler wachsgelb, auch gelbbraun, aber niemals roth. 56. Rubicundus, Scharlachroth. Dies Wort kommt bey Linne“ vor, in der Definition der Phalaena Bombyx Hera. Ihre Unterfluͤgel, die in der Beſchrelbung ſchlechtweg Rubrae heißen, ſind dieſer Definition zufolge Rubicundae. Es iſt die, ſes eben der Schmetterling, den Scopoli d) für Pha- laena Plantaginis hielt. Bey der Linnaͤiſchen Phalaena Plantaginis werden die Unterfluͤgel als Luteae nigromaculatae e) angegeben; nein, ſagt Scopoli, in Krain kommen ſie niemals (bey ſeiner Ph. B. Plantaginis, der Lnnaͤiſchen Hera) luteae vor, fie find ſtandhaft carlatinae. Scharlachroth iſt eine lichte rothe Farbe, dle etwas in's Gelbe zieht, ſagt Herr Werner f), und das iſt gerade die Far⸗ be, welche Bombyx Hera auf ihren Unterfluͤgeln traͤgt. 8 57. Ru- b) Ibid. n. 37. e) Ibid. n. 2065. d) Entom. carn. n. 505. e) Faun. ſuec. II. n. 1132. 1) Kennz. der Foßilien. 121. nn 61 57. Rufus, Feuerroth, Margarethenroth, Aurora. Im Malen, ſagt Herr Werner, wird ſie durch die Mennig hervorgebracht; das iſt wahr, aber man muß eine gute Portlon von einem ſafrangelben oder oraniengelben Pigmente dazu ſetzen. Mennig iſt noch ziemlich rein roth, und giebt, allein genoms men, Linne's Color rubicundus; aber Feuerroth, oder Anne's Color rufus, iſt zwiſchen hellem oraniens gelb und Mennigroth gerade in der Mitte. Die herr— ſchende Farbe des Uhu g), ſagt Linne“, und des Fa⸗ ſans h) ſind von dieſem Roth; das iſt wahr, aber bey dem Erſtern iſt es mit vielem Braun getruͤbt. Die kleine Haſelmaus, corpore rufo i), und der Sommerpelz unſers gemeinen Wiefels K) haben es gerade, wie der Uhu, nur reiner. Der Bauch des Rothſchwaͤnzchens I) hat dieſe Farbe am genauſten, aber am Hintertheile des Ruͤckens der Mutilla eu— ropaea, der auch rufus ſeyn ſoll m) hat ſie zu viel Roth und ein blaͤſſeres Gelb in der Miſchung. Die Kaͤfermilbe, die bloß birnblattgelb iſt, kann Ae wohl rufusn) genannt werden. 58. San- g) Syft. nat. I. p. 131. n. 1. ö | h) Ibid. p. 271. n. 3. i) Ibid. p. 81. n. 14. k) Ibid. p. 68. n. 10. I) Faun. ſuec. II. n. 257. m) Ibid. n. 1727. n) Ibid. n. 1983. 62 = 58. Sanguineus, Blutroh. Das iſt eine dums kelrothe Farbe, ſagt Herr Werner 0), die aus Cars moiſinroth Cein ſattes, mit etwas Dunkelblau vers finſtertes Roth) und Scharlachroth gemiſcht zu ſeyn ſcheint; das Boͤhmiſche Granat und der rothe Cars niol hat ihm zufolge dieſe Farbe. Ich moͤchte ſie lieber Color cruoreus nennen; fie iſt die Farbe des Blutes, wann es bald zu gerinnen beginnt, und etwa des Blutes der Helden und Goͤiter bey Homer. Bey Linne iſt dieſes Roth gar viel heller, allemal voll aufgetragen, rein, ohne in eine andere Farbe, die nicht roth waͤre, zu ziehen; uͤberhauyt fo unge⸗ faͤhr die Farbe, welche das Blut eines ſtarken und gefunden Mannes, oder das friſche Blur eines Pfer— des im zuruͤckgeworfenen Lichtſtrale hat, wenn es auf einem hellfarbigen Koͤrper aufgetragen wird. Von dleſer Farbe ſind Ruͤckenſchild und Fluͤgeldecken des Fichtenholzbockes, Cerambyx ſanguineus p), die Binden des Hinterleibes der Phal. Bombyx Mo- nacha q), die jedoch ziemlich in Roſenroth ziehen; der Schnabel, die Haut und die Fuͤſſe des gemeinen Storches r); die Fluͤgeldecken und der Rand des Ruͤckenſchildes an Lampyris ſanguinea s). 59. San- co) Kennz. der Foßilien. 121. p) Linn. Faun. ſuec. II. n. 673. 9) Ibid. n. 1130. r) Syft. nat. I. p. 235. n. 7. 3) Ibid. p. 646. n. 17. — 63 59. Sanguinolentus, die Farbe des Scheis tels und der Bruſt am Bluthaͤnfling et), offenbar dle eben befihriebene Farbe, und das Wort bloß ein Sys nonym von Sanguineus, VII. Braune Farben. Die braunen Farben (Colores badii) mas chen eine ganze Farbenklaſſe aus, die nothwendig ſehr weitlaͤuftig ſeyn muß: denn die braunen Farben ent— ſtehen allemal aus der Zuſammenſetzung dreyer der bluͤhenden Farben, da hingegen dieſe entweder ein— fach, oder nur aus zwoen zuſammengeſezt ſind. Es iſt aber bekannt, daß die moͤglichen Verbindungen gleichſam die Potenzen der verbindbaren Dinge ſeyen, und daß Potenzen groͤßerer Wurzeln viel ſchneller wachſen, als die der kleinern. Nun haben wir in dem vortreflichen Farbenſyſteme des Herrn Abtes Schlffermuͤller, das den einzigen, aber großen Feh— ler hat, daß es nicht fortgeſezt worden, zwoͤlf bluͤ— hende Farben; jede derſelben, mit zwo andern zuſam⸗ mengeſezt, giebt eine neue Farbe, als Gattung, das iſt, 216 Gattungen, und dieſe mit Weiß erhellt, oder mit Schwarz getruͤbt, oder in den Proportio— nen der Pigmente veraͤndert, eine erſtaunliche Menge von Arten; zwar find unter dieſen Zuſammenſezun— gen einige, die nicht braugy fondern eine Art oder Abaͤnderung einer der gewaͤhlten Farben ſind, z. B. die Zuſammenſetzung von Grün, Selb und Blau. Allein t) Faun. ſuec. II. n. 240. 64 ei Allein es laſſen ſich auch vier, fünf dieſer blühenden Farben zuſammenſezen, und das geuͤbte Auge wird die daraus entſpringende Farbe von ae andern noch unterſcheiden. Dies in der Theorie. Es muͤßte viel ſeyn, wenn die Natur, wo wir es ſchon gewohnt find, alle moͤg⸗ lichen Uebergaͤnge anzutreffen, nicht eben ſo waͤre. Und wirklich iſt dies der Fall. Hier herrſcht eine Mannichfaltigkeit von Braun, bey welcher alle Spra⸗ chen verſtummen. Man muͤßte aber auch beynahe fo viele Namen haben, als es Arten der Naturkoͤr⸗ per giebt, die braun gefaͤrbt ſind: denn kaum haben zwo Arten das gleiche Braun. Mir genuͤgt es, bloß die Linnaͤiſchen Namen zu erklaͤren. 60. Brunneus, Ocherbraun. Den Buͤffon', ſchen Griſon deſinirt Herr Zimmermann u) Cor- pore brunneo, und ſagt in der Beſchreibung: Die Farbe des Koͤrpers iſt dunkel mit Weiß uͤberlaufen; das waͤre dann etwa ſo etwas, wie bey reifen Pflaumen; und wirklich muß ungefähr dieſe Farbe herauskommen, da die einzelnen Haare dieſes Thieres dunkelbraun ſind, und weiße Splzen ha⸗ ben W). Aber die Kehle der gemeinen Schwalbe hat eine ungetruͤbt ſatt gelblichtbraune Farbe, und das druͤckt Linne“ X) durch Gula brunnea aus; | Scopoli u) Geogr. II. 296. ) Buͤffon Berl. XV. 239. x) Faun. ſuec. II. n. 270. — 65 Scopoli nennt diefe Farbe kaſtanlenbraun, caſta⸗ nea y). Das Rebhuhn hat dle gleiche Farbe an ſeiner Bruſt, auch eben fo ungetruͤbt, und Sinne‘ giebt ihm ebenfalls 2) ein Pectus brunneum. Die Oberfluͤgel der Phalaena Bombyx camelina ſollen brunneae ſeyn a); aber hier ändert die Far⸗ be etwas ab, und kommt bald ruſſigbraun, bald helle braun, faſt wie die Innenſeite der Buchenrinde, vor. Auch der wahre Scarabaeus brunneus des Linne“ iſt ocherbraun, aber ſehr hell; in der Beſchreibung druͤckt der Ritter dies durch Teſtaceus aus, ein Wort, das er freylich ein wenig zu unbeſtimmt braucht. Aber uns koͤnnen fihon die übrigen Anga⸗ ben erklecken, um zu zeigen, daß Linne“ durch ſein Brunneus, das er offenbar aus einer teutoniſchen, nicht aus der lateiniſchen Sprache entlehnt hat, eine braune Ocherfarbe verſtanden habe, eben die Farbe, welche das Sumpferz gewoͤhnlich hat, nur mehr gelb. 61. Caſtaneus, Kaſtanienbraun. Die Ba⸗ cken und die Kehle der Anas Circia ſollen dieſe Farbe haben b); fie iſt bey dieſem Vogel eben diejenige Farbe, die bey Anas Crecca am Kopf und Ober⸗ hals die herrſchende iſt, von der doch Linne“ ſagt c): y) Ann. hiſt. nat. I. n. 249. 2) Syft, nat. I. p. 276. n. 13. a) Ibid. p. 832. n. 80. b) Ibid. p. 204. n. 34. e) Ibid. p. 204. n. 33. 66 a Caput ferrugineum; aber dieſe Roſtfarbe iſt un⸗ ſer Ocherbraun. Eigentlich iſt alſo hier die Farbe der inneren Seite an der Schale der Kaſtanie gemeynt, und Brunneus iſt mit Caſtaneus gleichbedeutend, oder der Unterſchied wenigſtens nicht erheblich, der faſt nur in einer ſparſamern Beymiſchung von Gelb beſteht. 62. Cervinus, Rehfarbig. Bombyx Rubi hat d) Alas cervinas immaculatas. Scopoli be- ſchreibt ſie e) auf die naͤmliche Art. Aber iſt hier die Farbe des Maͤnnchens oder des Weibchens gemeynt? Beyde haben gleichen Umriß der Flügel, gleiche Zeich⸗ nung, aber nicht gleiches Braun. Scopoli f) klaͤrt uns daruͤber in nichts auf; Color cervinus, ſagt er, iſt die Farbe der Haare elner Hirſchdecke, aber dieſe Haare aͤndern ſelbſt etwas ab, im Ganzen haben ſie freylich ein graulichtes Gelbbraun. Dies iſt auch die Farbe der Fluͤgel des weiblichen Brombeerſpinners; aber beym Männchen nähert fie ſich ſehr dem Ocher⸗ braun, und laͤßt etwas Roth durchblicken. In der Fauna klaͤrt uns Linne“ uͤber dieſen Punkt auf g): Corpus totum cervini coloris, ſagt er, in aliis magis ſubgriſeus. Wir werden bald erweiſen, daß fein Color gtifeus ein graulichtes Rothbraun ſey. Nach dieſer Aeuſerung wäre dann die Farbe de d) Syſt. nat. I. p. 813. n. 21. 70 e) Entom. carn. n. 492. f) Entom. carn. expl. color, g) II. n. 1103. 2 —— . 67 des Weibchens der Color cervinus, und der des Maͤnnchens der Color magis ſubgriſeus. Man kann dieſe Farbe, wenn man die Natur nicht eben vor ſich hat, auch einigermaſſen aus Roͤſel's Abbll⸗ dung h) erkennen; aber die Abbildung der beyden Schmetterlinge iſt, wie ich ſie in meinem Exemplare vor mir habe, Roͤſel's nicht wuͤrdig; und die Far⸗ bengebung beym Maͤnnchen iſt noch ſchlechter, als die beym Weibchen; gleichwohl iſt ſie beſſer, als die Schaͤffer'ſche i). — Ein graues Gelbbraun alſo entſpricht dem Begriffe, den wir uns vom Linnaͤi⸗ ſchen Color cervinus zu machen haben. 63. Corneus, Schildkroͤtenbraun. Linne“ bedient ſich dieſes Wortes niemals bey Farben, die man bloß im zuruͤckprellenden Strale ſieht, ſondern bey Koͤrpern, die einige Durchſcheinigkeit haben. So iſt die Farbe des Turbo Terebrak) ein Color corneus, und die Schale ſelner Helix planor- bis ]), des Muͤller ſchen Planorbis carinatus m) iſt pellucida cornei ſeu membranacei coloris, wenn fie kein Thier mehr beherberget: denn in dies ſem Falle iſt fie opaca. Das iſt nun nichts wel⸗ ter, als eln dunkles Honiggelb, aber mit Durchs ſcheinigkeit verbunden, wie dies auch an den duͤn⸗ E 2 nen h) Inſect. III. Tab. 49. i) Ic. inf. ratisb. Tab. 178. fig. 3 — 6. k) Faun. ſuec. II. 2171. 1) Ibid. n. 2176. m) Verm. II. n. 342. 68 2 ——— nen Stücken der zubereiteten Schildkroͤtenſchale er⸗ ſcheint. 1 | 64. Gilvus, Honigbraun. In der Philo- ſophia botanican) ſezt Linne“ dieſe Farbe als eine Art des Color luteus an, woraus erhellet, daß wenigſtens ein vorſtechendes Gelb in ſeiner Miſchung ſeyn muͤſſe. Bey Virgil 0) kommen Equi gilvi vor, wobey Servius anmerft: Gilvus mellinus eſt color. Befragen wir den Gebrauch, den Linne“ von dieſem Worte macht, fo kommt uns ein Afi- lus gilvus vor, der Abdomine pubeſcente ni- gro, ſupra rufo iſt, und daher ſeinen Namen hat. Nun iſt aber die Farbe des Sammets, der die Oberſeite des Hinterleibes an dieſem Inſecte be⸗ kleidet, ein hohes brennendes Feuerroth, aber mit vielem Braun getruͤbt, etwa die Farbe elnes reinen hellen Honigs, nur brennender, oder vielmehr des Methes, im durchgehenden Lichtſtrale geſehen. 65. Griſeus, graubraun. Nirgends hat man den ſchwediſchen Plinius fo unrichtig verſtanden, als bey dieſem Farbennamen; aber er gab ſelbſt Gele⸗ genheit dazu, da er das Wort in einem Sinne nahm, den es niemals gehabt hat. Erxleben nimmt das Wort für weißgrau oder Aſchengrau; er definirt p) den ſchwarzohrigen Steppenfuchs oder Canis Cara- gan durch: Cauda recta, corpore griſeo. So wird n) F. 313. o) Georg. III. v. 83. p) Syft. mamm. p. 566. n. 7. ar ur 69 wrd das Wort auch in der dreyzehnten Ausgabe des Lnnaͤiſchen Naturſyſtems genommen; Cauda recta, heißt es hier von eben demſelben Thiere, Cauda recta, Corpore grifeo, auriculis nullis. Ich kenne dieſe Ausgabe nur aus Citaten, und weiß nicht, wer der Herausgeber ſey; aber gewiß iſt's, daß die Zuſaͤtze nicht von Linne herruͤhren, indem darinn gar nicht die Sprache des ſchwediſchen Nas turforſchers geredet wird; ſo heißt es z. B. vom Mapurlto: Nigra, faſcia nivea a fronte ad dorfi medium q); Linne“ würde hier das Wort Faſcia niemals gebraucht, ſondern dafuͤr Linea, oder beſſer Vitta geſezet haben. Wie dem aber ſeyn moͤge, ſo kennen wir die Farbe der Steppenfuͤchſe, die nach Erxleben griſei ſind, ſehr wohl; das Thier ward zuerſt durch Pallas bekannt, und der laͤßt uns über die Farbe keinen Zweifel; Steppenfuͤchſe, fage er, welche faſt die Farbe der Woͤlfe haben, die, wie bekannt, Aſchengrau iſt. Und dies iſt auch die wahre Bedeutung des Wortes Sriſeus. Griſeum, heißt es beym duͤ Cange r), Grifeum, pellis animalis cujusdam, quod Vair Galli adpellant; und bald darauf: Grifeus color, qui pſeudolactinus Ioanni Diacono, Asvxopasos ͤ graecis. Und Kaiſer Fries drich II. s) erklaͤrt das Wort Cinereus: quae- a a) p. 88. r) Gloſs. med. et inf. Lat. voce Grifeum«: 8) De arte venandi I. I. c. 46. 70 — dam grifeae ſeu cinereae, ſagt er. Wollen wir mit Zuverſicht wiſſen, was der Vair der alten Fran⸗ zoſen für ein Thier fey, fo finden wir bey den Schrift⸗ ſtellern diefer Nation, die ihre Alterthuͤmer abhan, deln, das Y’arium vellus regiae chlamydis fey ein Rauchwerk geweſen, von dem Felle einer Art von Eichhoͤrnchen, die man Vair nannte, und die unten weiß, oben Taubengrau (columbine) war, wobey ſie ſich auf den Mus ponticus venetusve (Wendiſche Maus, wie ſie denn in Kaͤrnthen und Krainwendiſchen Laͤndern zu Kaufe iſt), des Gesner beziehen; dieſer aber ſagt uns t): der Mus varius, den Andere Mus ponticus nennen, und der bey Us gricola Mus fennicus heißt, habe nach Georg Agriv cola und Albertus eine weißlichtgraue Farbe und ei⸗— nen Winterſchlaf. Man kann in dieſen Worten den Billich, oder, wie das Thier bey Conrad Forer u) heißt, das Veeh (Sciurus Glis Linn.) nücht ver⸗ kennen. Das Wort iſt, wie man ſieht, nicht latein, ſondern vermuthlich deutſch, und ſtammt von dem oberdeutſchen Gries ab, welches, auſſer einigen ans dern Bedeutungen, auch die eines fandigen Fluß⸗ ufers, oder eigentlich des Flußſandes ſelbſt, hat, def» fen Farbe, beſonders wann er feucht iſt, ein Aſchen⸗ grau ift. Als Farbenname iſt übrigens das Wort meines Wiſſens in Deutſchland nirgends uͤblich, wohl aber t) Quadrup. edit. Francof, 1603. p. 741. et 742. u) Thierbuch S. XIII. 2 — 71 aber in Frankreich, wo das Grau der Deutſchen Gris heißt; und gerade die Schriftſteller dieſer Na⸗ tion, vorzuͤglich der genaue Reaumuͤr, bedienen ſich allemal des Wortes Gris-brun, wo Linne“ ſich durch Hriſeus ausdruͤckt, naͤmlich um ein graulichtes Rothe braun zu bezeichnen. Der Curculio Nucum iſt w) Corpore griſeo, was doch nur auf einige Abarten paßt; denn er aͤndert an Farbe etwas ab; eben dieſe Anmerkung gilt vom Bombyx Bini, von welchem Spinner Linne“ ſagt x), daß feine Flügel griſeae ſeyen; eben dieſe Farbe, aber faſt mit gaͤnz⸗ lichem Mangel der grauen Tinte, iſt die herrſchende auf den Flügeln des männlichen Bombyx verfi- color y); bey Bombyx ilicifolia iſt der Flügels farbe eine ſtarke Portlon Ziegelroth beygemiſcht, die uͤbrigens allerdings auch graubraun, griſeae 2), ſind; hingegen haben die gleichfalls grifeae genannten Fluͤgel des Hemerobius fpeciofus a) gar kein bemerkbares Roth, und ſind ſehr matt graubraun, oder vielmehr braungrau. Wieder ein anderes Grau⸗ braun (eigentlich ein blaſſes graulichtes Rothbraun) haben die Oberfluͤgel der Phal. Bomb. Aulica, die nach Linne“ b) griſeae ſind. Bey Phal. geome- 0 E 4 tra w) Faun, ſuec. II. n. 616, x) Ibid. n. 1104. y) Ibid. n. 11II. 2) Syft. nat. I. p. 813. n. 19. a) Ibid. p. 912. n. 7. b) Faun. ſuec. II. n. 1133. 72 — tra wauwaria find die Flügel unten grau, wle oben, aber am friſchen Maͤnnchen allerdings etwas braͤunlicht, was Linne ! c) fubgrifeae nennt. Allein Phal. Bomb. coeruleocephala hat bloß Aſchen⸗ graue Flügel, gleichwohl ſagt Linne“ d): Alis gri- ſeis, und in der Beſchreibung: Alae fubgrifeae, worinn er von ſeinem ſonſt ziemlich ſtandhaften Be⸗ griff abgegangen iſt; oder giebt es Abarten? Ich denke, nicht; wenigſtens hat man aus dieſer Stelle keine Urſache, fie anzunehmen; er fage doch auch von der Haus ratte e): Corpus griſeum, ſubtus al- bum, ob er gleich kurz zuvor f) vom Wieſel, das gar kein Grau hat, ſagte: Aeſtate griſeofuſca eſt. 66. Helvolus, ſemmelfarbig. Wenn Ko⸗ lumella uns die verſchiedenen Weintrauben aufzaͤhlt, fo ſagt erg): ſunt et heivo/ae, quas nonnulli varias appellant, neque purpureae, neque ni- grae, ab helvo, ni fallor, colore vocitatae. Das waͤre alſo ein gewiſſes Blau, das weder ſchwarz⸗ blau, noch Veilchenblau, oder Veilchenroth iſt, fon dern einge wiſſes Blaugrau, etwa wie das der blauen Katzen, und der Billich habe, meynt man, von dem gleichbedeutenden Worte Varius ſeinen franzoͤſiſchen Namen e) Ibid. n. 1248. d) Ibid. n. 1117. e) Ibid. n. 34. f) Ibid. n. 17. g) De re ruſt. III. c. 2. 1 f ern 73 Namen Vair bekommen. Aber Varro nennt uns die Farben des Rindviehes, dle ihm bekannt waren, alle, und in derjenigen Ordnung her, die ſeiner Meynung nach h) dle Dauerhaftigkeit der Thiere for dert, die fie tragen; fie find: Niger, Rubeus, Helvus, Albus; offenbar ift Color rubeus hier Rothbraun, alſo Helvus die Mittelfarbe zwiſchen dem Rothbraun des Rindviehes und feinem Weiß; nun kommt aber beym Rindvlehe gar keine Mittel- farbe vor, als die Semmelfarbe. Linne“ giebt den Loͤben an 1) Corpore helvolo; feine Farbe iſt aber bekanntlich ein braͤunlichtes Gelb. Apis iſt der ſchwediſchen Fauna zufolge K) rufa, das, wie wir ſchon wiſſen, von Linne“ oft für ein bräunlichs tes Feuerroth genommen wird, und in der Beſchrei— bung derſelben bedient er ſich uͤberall des Ausdrucks: Ferrugineum, daß wir alſo allemal eigentlich ein Braungelb, oder ein lichtes Gelbbraun, etwa wie die Farbe einer etwas ſtark gebackenen Semmel, un— ter dieſem Worte verſtehen muͤſſen. 67. Leucophaeus bedeutet bey Linne“ zuver⸗ laͤßig braun; denn es kommt eine Caflida leuco- phaea vor, die der Definition zufolge 1) teſtacea iſt. Ich kenne das Inſekt nicht, und finde ſonſt E 5 kelne h) De re ruſt. II. cap. 5. 1) Syſt. nat. I. p. 60. n. I. k) n. 1693. I) Syft, nat. I. p. 576. n. 13. 74 a keine Parallelſtellen, um dle Art der Farbe auszu⸗ machen. 68. Membranaceus. Dieſer ſonderbare Aus druck für eine Farbe kommt nur einmal vor. Wir haben ihn unter Corneus erklaͤrt. 69. Spadiceus, Olivenbraun. Die Farbe des etwas ſtark, aber doch nicht ſchwarz gebrannten Coffees. Dem A. Gellius zufolge m) iſt Color ſpadix die Farbe der reifen, aber noch nicht ſehr gereiften Dattel, und heißt eben ſo viel, als Phoe— niceus, welches Wort er von Phoenix, ein Dat telbaum, ableitet, worinn er allerdings dem wider⸗ ſpricht, was wir oben bey dem Worte Phoeniceus geſagt haben; aber wir leiteten das Wort von Phoe- nix, ein Phoͤnicier, ab, und dachten an den phoͤni— ziſchen Purpur, und das thaten vermuthlich Linne“ n) und alle diejenigen, die das Wort Phoeniceus für ein blaͤulichtes ſchoͤnes Roth, oder gar fuͤr ein rei⸗ nes Vollroth nahmen. Aber dem ſey, wie ihm wolle; bey Sinne’ kommt das Wort Spadiceus immer als ein ſattes Gelb» braun vor, das dunkler iſt, als welches der fpanis ſche Tobak hat. So haben wir ein Trifolium ſpa- diceum o), das ſich von Trifolium agrarium unterſcheidet: Vexillis defloratis ferrugineis (fie ' find m) Noct. attic. II. c. 26. n) Philoſ. bot. $. 313. et alibi paflim. o) Spec. plant. 1087. n. 40. nr 75 find ocherbraun, und Eifenocher iſt freylich Ferru— go, ſie mag gelb, oder roth, oder braun ſeyn.) Die dunkelbraune Simia Morta p) iſt ſpadicea; auch haben wir einen Scirpus fpadiceus q). Haus fig iſt gleichwohl bey Linne der Gebrauch dieſes Wor⸗ tes nicht, und kommt mehr bey den Pflanzen, als bey den Thieren, vor; deſto häufiger aber iſt er bey andern altern Botaniſten, vorzüglich bey Scheuch⸗ zer. Sphacelatus iſt keine beſondere Farbe, ſondern der Color ſpadiceus, bald tiefer, und faſt, oder unbedingt ſchwarz, bald ſogar etwas heller, als ges woͤhnlich. Linne hatte ſich's zum Geſez gemacht, die Farbe nicht unter die Kennzeichen der Pflanzen aufzunehmen, weder bey den Gattungen r), noch bey den Arten s); unterdeſſen fand er keln ſchicklicheres Kennzeichen, die Gattung Senecio von den beyden ſehr aͤhnlichen Gattungen Aſter und Cineraria zu unterſcheiden, als die dunkelbraunen Kelchſpizen. Um aber den Schein zu vermelden, daß er hier von ſei— nem Geſeze eine Ausnahme mache, wich er ihm aus, indem er ſtatt des Farbnamens anfänglich t) Apici- bus emortuis ſezte, weil aber dieſer Ausdruck we— der einen deutlichen Begriff gab, und über das nicht wahr p) Syft. nat. I. p. 43. n. 32. q) Ibid. II. p. 83. n. 20. r) Philof. bot. §. 167. s) Ibid. $$. 259. 266. t) Gen. plant. n. 953. 76 ger wahr ift, fo ſezte er dafuͤr den Namen einer Krank⸗ heit, Sphacelatus u), der freylich hieher auch nicht weiter paßt, als in wie weit dieſe Krankheit die menſchlichen Glieder, die ſie befaͤllt, ſchwarzbraun macht; wobey ihm doch das Geſtaͤndniß einmal ent, wiſchet iſt W), daß er durch fein Sphacelatus eine Farbe bezeichnen wolle, indem er von feinem Sene- cio lividus ſagt: Calyces apice colorati, ſed ſquammae baſin cingentes ſetaceae, non ſplia- celatae ſunt. Er hat ſich auch ſonſt ähnlicher Aus⸗ wege bedient; fo vermied er, einem andern Geſeze x) zufolge, ſorgfaͤltig in den Definitionen den Ausdruck Anguftus, z. B. Folis anguſtis, aber er ſezte dafür Linearis, was nach feinem Sprachgebrauch eben ſo viel heißt. 70. Teftaceus, Muſchelbraun. Man hat ſich bey dieſem Worte vielfaͤltig geirret, und es bald durch Ziegelroth uͤberſezt, bald durch Scherben⸗ braun verdeutſchet; aber Teſta bedeutet keinen Zie⸗ gel, und die Scherben haben keine weſentliche Farbe. Es war doch eben richt ſchwer, zu errathen, was Linne“ mit dieſem Worte wolle, da kaum ein anderer Farbenname fo haufig vorkommt, als dieſer; allemal iſt es ein wahres Braun, aber frenlich ein fehr vers ſchiedenes Braun. Scarabaeus ſolſtitialis (eine Melo- I u) Syſt. nat. I. p. 550. gen. 953. W) Hort. Upfal. 261. x) Philoſ. bot. $. 262. — . Melolontha) iſt y) teſtaceus; er iſt verbleicht graubraun. Eben dies gilt von Chryſomela pal- lida, von der es in der Beſchreibung heißt 2): Co- lor griſeus ſeu teſtaceus toto corpore. Chry- ſomela ſtaphylea iſt dunkel Olivenbraun; Linne“ fagt a): obfcure teftacea tota, und in der Be⸗ ſchreibung erklaͤrt er ſich: Color totius corpo- ris — — unicus idemque obſcure teftaceus ſeu caſtaneus; aber das iſt doch nicht die rechte Farbe, ſagt er, und glebt dann die Farbe der Pim— pernuͤſſe an. Elater livens hat b) Elytra tri- ſte flaveſcentia (braungelbe Fluͤgeldecken) ſeu te- ftacea. Necydalis minor hat e) in der Defints tion Elytra teſtacea, in der Beſchreibung Elytra griſea; fie find eigentlich rothbraun. Bey Bom- byx Tau wird die Farbe der Flügel abermal d) durch griſeae ſeu teſtaceae angegeben; ſie ſind Honiggelb oder Wachsgelb, das iſt: von einem braͤun⸗ lichten Dottergelb. Die Fluͤgel des Hemerobius phalaenoides find nach der Definition e) tefta- ceae, nach der Beſchreibung, rufo - teſtaceae; fie ſind matt Gelbbraun, ziehen aber zuweilen in's Roͤthlichte. | P) Faun. ſuec. II. n. 393. Aber 2) Ibid. n. 521. 2) Ibid. n. 518. b) Ibid. n. 728. c) Ibid. n. 837. d) Ibid. n. 1100. e) Ibid. n. 1508. 78 — ——g Aber freylich kommt auch der gemeine Maykaͤfer als teftaceus f) vor, und noch mehr, der offenbar Ziegelrothe Ruͤckenſchild der Silpha thoracica heißt in der Definition g) teſtaceus, in der Beſchrei⸗ bung ferrugineus. Nimmt man uͤbrigens die zahlreichen übrigen Ans gaben zuſammen, ſo iſt Linne s Color teftaceus ein mehr oder weniger unreines Gelbbraun, oder (zuweilen) Rothbraun, und die Idee iſt bald von der Farbe der verarbeiteten Schlldkroͤtenſchale, bald von der Auffenfeite der großen Teichmuſchel ent⸗ lehnt. | VIII. Schwarze Farben. Faſt alle Farben koͤnnen, wie in, Weſß, fo auch in Schwarz uͤbergehen, und in einem ordentlichen Farbenſyſteme muͤßte es fuͤr dieſe beyden Farbengraͤnzen gar keine eigenen Rubriken geben. Aber ich liefere ein bloßes Namenverzeichniß der bey Linne“ vorkom⸗ menden Farbenbenennungen, und gar kein Syſtem. 71. Ater, tiefſchwarz. In dieſem Verſtande kommt das Wort allemal in den Linnaͤiſchen Schrif⸗ ten vor; ein volles geſaͤttigtes Schwarz, das gar keine Neigung gegen irgend eine andere Farbe hat. Die Armuth und die Eigenheit der lateiniſchen Spras che, daß ſie keine zuſammengeſezten Woͤrter lei⸗ det, f) Faun. ſuec. II n. 392. g) Ibid. n. 452. — 79 det, macht, daß man dle verſchiedenen Abaͤnderun⸗ gen, die das Auge ſelbſt in dieſer vollkommenen Schwaͤrze gewahret, kaum jemals wird latelniſch bezeichnen koͤnnen. Ich unterſcheide vorzuͤglich: 1) Gagatſchwarz, ein ſattes, vollkommenes, aber doch etwas glaͤnzendes Schwarz; man koͤnnte es auch Rabenſchwarz nennen. 2) Kohlſchwarz, eine vollkommene, aͤußerſt tiefe, Glanzloſe Schwaͤrze, die keinen Lichtſtral zuruͤckwirft, den man fähe, wohl aber fo viel, daß man noch einiges Licht zu empfin⸗ den glaubt; mit einem Worte: wenn der Gegen— ſtand noch nicht ganz und gar alles Licht verſchlingt. Endlich 3) Sammetſchwarz, vollkommene Lichtlo— ſigkeit des Gegenſtandes, der alles Licht, bis auf den geringſten Stral, verſchlingt. Gagatſchwarz iſt der große Gebirgrabe h), den Ruͤcken ausgenommen, dle Saatkraͤhe i), u ſ. f. — Kohlenſchwarz iſt Silpha obſcura k), mit Ausnahme des Ruͤckenſchildes, Sil- pha thoraeica l), u.a. — Sammetſchwarz find die Oberfluͤgel der wahren Linnaͤiſchen Phal. Bomb. Plantaginis m). 72. Atrocoeruleſcens, blauſchwarz. Ein tiefblau ſchielendes Tiefſchwarz. Der große Berg, y rabe h) Syſt. nat. I. p. 155. n. 2. 1) Ibid. 156. n. 4. k) Faun. Suec. II. n. 457. 1) Ibid. n. 452. | m) Ibid. n. 1132. 1 KX——— rabe n) hat dieſe Farbe auf dem Ruͤcken; die Kraͤ⸗ he O) allenthalben. 73. Fuſcus, Schattenbraun. Gewundert wird man ſich haben, daß man das Wort Fuſeus nicht in dem Verzeichniſſe der braunen Farben fand, wohin es zu gehören ſcheint, aber es gehöre nicht das hin, da es kein wahres Braun, ſondern eine Duͤ— ſternheit bedeutet. Alleln Linne“, der in feiner Phi- loſophia botanica p) den Namen Niger als ei⸗ nen Gattungsnamen anſezt, ordnet unter denſelben den Color fuſcus als Art. Es iſt wahr, daß er ihn einmal anwendet, um ein ſattes Rothbraun zu bezeichnen; dies geſchieht, wenn er von der Farbe der Oberſtuͤgel, des Kopfes und Ruͤckens der Pha- laena Caja redet q); auch ſagt er vom Lichen pyxidatus r) fein Kelch ſey mit Tuberculis fuſ- eis beſezt: dieſe Kuͤchelchen find aber Leberbraun. Allein auſſer dieſen Faͤllen bedient er ſich des Wortes faſt beſtaͤndig, um ein bleiches Schwarz, et⸗ wa wie das einer bleichen Dinte, zu bezeichnen. So heißt die ſchwarze Aente der Nordſee, mit einem weiſ⸗ ſen Flecken auf den Fluͤgeln und an der Augengegend, Anas fuſca s), und ihre Bezeichnung faͤngt ſich da⸗ mit n) Faun. fuec. II. n. 85. o) Ibid. n. 86. p) . 313. q) Faun. ſuec. II. n. 1131. 1) Spec. plant. 1619. n. 60. s) Faun. Suec. II. n. 109. ) — 8 mit an, daß man ſagt, ſie ſey nigricans. — Can- tharis fuſca — — Elytris fufeis iſt ein anderer Bewels t); Linne hatte die Farbe der Fluͤgeldecken ehemals u) durch Elytris nigricantibus ausge- druͤckt. — In den Species plantarum kommt ein Lichen fuſco-ater vor, mit der Bezeichnung: Leproſus fuſcus, tuberculis atris w); Frey herr von Wulfen, der dieſe Flechte auf Steinen ſo— wohl, als auf Baumſtaͤmmen gefunden hatte, defi⸗ nirt ſie X): Lichen leproſo - eruſtaceus, obfeu- re griſeus (das Wort namlich im gemeinen, nicht Linnaͤlſchen, Verſtande genommen), tuberculis lentiformibus immarginatis atris, und elfert mit Rechte wider den Mißbrauch des Wortes F uſcus, das im guten Latein Braun (eben nicht gerade und ausſchließend dasjenige Braun, was aus Roth und 7 gemiſcht iſt) bedeutet. Man koͤnnte viel⸗ leicht für das wirklich ſchlecht gewählte Wort Fuſcus, um elne verwaͤſſerte, mehr duͤſtere, als tiefſchwarze, oder nur reinſchwarze Farbe auszudruͤcken, das gut lateiniſche Wort Furvus wählen; das die Alten von der 1 der Nacht und Proſerpinens brauch⸗ ten Y. 74. Lu- t) Faun. ſuec. II. n. 700. u) Oelaͤnd. Reifen. w) p. 1607. n. 5. &) Jacqu. colleck. II. 230. Y A. Gellius noct. attic. I. C. 18. 9 82 2 — 74. Luridus. Dieſe Farbe giebt Linne“ als eine Abart des Color fuſcus an 2). Ju der Ans wendung kommt ſie von Cerambyx ruſticus vor a)/ der eine unrein ſchwarzbraͤunlichte, in Honigbraun ziehende Farbe hat. Dieſe und ahnliche Anwendun⸗ gen berechtigen uns, im Deutſchen dafuͤr Schmutzig oder Unreinſchwaͤrzlicht zu gebrauchen. 75. Niger, gemeinſchwarz. Linne“ bedient ſich dieſes Wortes, das er b) als Gattungsnamen aller ſchwarzen Farben angenommen hat, auf zweyer⸗ Ton Art: einmal, überhaupt eine Schwaͤrze auszu⸗ druͤcken, daher es gar oft ſtatt Ater ſteht, z. B. bey Cimex leucocephalus e), Loxia Pyrrhu- la d), oder für Schwarzgrau, wie bey Noctua Fraxini, von der es heißt e): Alis — — infe- rioribus fupra nigris faſeia coerulefcente, die doch eigentlich nur grauſchwarz, oder ſchwarzgrau heißen koͤnnen. Zuweilen bezeichnet er damit ein reines, aber nicht tiefes Schwarz; ſo heißt es vom Canis Alopex f): Cauda recta, apice nigro; von Urſus Meles g): . ſubtus nigro, fafeia 2) Philof. bot. F. 313. a) Faun. ſuec. II. n. 666. b) Philof. bot. S. 313. c) Faun. ſuec. II. n. 940. d) Ibid. n. 225. e) Ibid. n. 1165, f) Syſt. nat. I. p. 59. n. 5. g) Ibid. p. 70. n. 2. nn 83 faſcia longitudinali per oculos auresque ni- gra; von Lepus timidus h): Auriculis apice nigtis. Erxleben ſagt i) von der Hyaena Crocuta: Corpore nigromaculato. Ich habe das Thier ſelbſt geſehen, und die Flecke bloß ſehr tief Aſchen⸗ grau gefunden, faſt von der Farbe der ſogenaun— ten blauen Katzen, aber unrein, und gar viel dunkler. Auch die Lateſner verbanden nicht allzelt einen richtigen Begriff mit ihrem Niger; Virgil nennt z) die blaubereiften Heidelbeeren ſchwarz: WVacci a nigra leguntur; was auch der deutſche Sprachge— brauch fo hat, indem fie an einigen Orten Schwarz beeren heißen. 76. Nigricans, ſchwaͤrzlicht. Wir haben uns ter dem Artikel Fuſcus davon geredet. 77. Piceus, Pechſchwarz, ein mehr oder we⸗ niger tiefes Schwarz, das in Roth zieht. Der ſchwarze Kornwurm iftl) piceus, was aber durch Rufo : teſtaceus in der Beſchreibung ſchlecht er⸗ klaͤrt wird; viel beſſer wird die Farbe des Mehl, wurmkaͤfers m) angegeben: Totus niger eſt, co- J 2 lore h) Syft. nat. I. p. 77. n. 1. i) Syft. mamm. p. 578. k) Eclog. II. 1) Faun. ſuec. II. n. 587. m) Ibid. n. 815. 84 - — ore omnino picis. Sehr gut wird vom Ce- rambyx Faber n) geſagt: Elytris piceis (matt- ſchwarz, aber in Roth ziehend), und vom Ceram- byx Coriarius, bey dem doch die Farbe dunkler iſt, und mehr in Gelb, als in Roth, zieht: Cor- pore piceo 0) IX. Metalliſche Farben. 78. Aeneus, Berggruͤn. Berggruͤn iſt eine lichte, blaulichtgruͤne Farbe, die mit wenigem Grau gemiſcht zu ſeyn ſcheint, ſagt Herr Werner p); und dies iſt gerade die Farbe, die Linne“ mit dem Worte Aeneus bezeichnet, nur daß fie einen metalliſchen Glanz hat, und durch alle Grade des Hellen und Dunklen vorhanden iſt, vorzuͤglich wenn ſie einige ihr fremdartige Tinten in der Miſchung hat, die Linne / zuweilen anzelgt, zuwellen verſchweigt. Zur weilen nennt er ſogar Spangruͤn mit einem rothgels ben Goldglanze; ein andermal dunkle, faſt ſchwarz⸗ gruͤne Tinten, mit einem metalliſchen, Kupferrothen Glanze, Color aeneus. Chryſomela Vitelli- nae q) allein zeigt faſt alle dieſe Abſtuffungen: denn ſie kommt vor: 1) ſpangruͤn, mit einem Feuer⸗ rothen Goldglanze; 2) ſpangruͤn, mit Kupferrothen Goldglanze; 3) ſchwarzgruͤn, mit elnem Goldglan⸗ e n) Faun. ſuec. II. n. 646. | o) Ibid. n. 647. p) Aeuſſ. Kennz. der Foßilien. 112. g) Faun. ſuec. II. n. 519. En 85 ze; 4) ſchwarzgruͤn, mit einem Kupferrothen Schim⸗ mer. — Elater pectinicornis r) iſt etwas ges truͤbt ſpangruͤn mit einem matten Goldglanze; Linne“ ſagt von ihm: Thorace elytrisque aeneis. — Elater aeneus s) iſt von einer mattſchwarzen, in ein graues Gruͤn oder Blau ziehenden Farbe, die mit el— nem duͤſtern Goldſchimmer, oder mit einem roͤthlich⸗ ten Kupferglanze uͤberlaufen iſt. — Cieindela ri- paria t) iſt ſchwaͤrzlicht, mit einem matten Berg gruͤn uͤberlaufen, und bald Kupferroth, bald Goldfaͤr— big glänzend, — Von Bupreftis Chryſoſtigma ſagt er u): Thorax rubro - aeneus, Elytra fufco (ſchwaͤrzlicht) aenea; und von Chryfo- mela marginata w), fiefey nigro- aenea. 79. Argenteus, Argentatus, Silberglaͤn⸗ zend, uͤberſilbert, die Farbe und der Glanz des aufgelegten Silbers; freylich wieder bald mattes Silber, alſo eigentlich Silberweiß, bald blankes Silber, was man blankſilbern nennen koͤnnte. Curculio Argentatus x) kommt zuweilen Silber⸗ weiß vor; aber öfter iſt er gruͤn mit einigem Golds glanze. Die Oberfluͤgel verſchiedener von den Mis nirmotten ſind entweder durchaus oder Fleckweiſe i blank⸗ 1) Faun. ſuec. I I. n. 741. s) Ibid. n. 740. t) Ibid. n. 749. u) Ibid. n. 755. W) Ibid, n. 5 30. v) Ibid. n. 624. 86 2 — blanffifkern, z. B. Tinea gemella y), Tinea ar- burellaz), Tinea merianella a), Tinea wil- kella b), Tinea clerkella c), Tinea argen- teila d). 80. Aureus, Auratus. Erſteres Wort ſollte eigentlich Ganzgolden, lezteres Vergoldet bedeu⸗ ten. Die erſte Bedeutung hat das Wort bey Tinea calthella e), deren ſchwarze Oberfluͤgel unter einem gewiſſen Geſichtspunkte wie gediegenes Gold glaͤn⸗ zen; die zweyte, welche auf einem farbigen und durchſcheinenden Grunde aufgetragenes Gold, oder auch bloß Goldglanz bedeutet (wofuͤr aber gar oft Aureus ſteht, wo bloß Auratus ſtehen ſollte), kommt häufig vor, z. B. Tinea frifchella f) alis fufeo (ſchwaͤrzlicht) auratis: Carabus Syco- phantag) aureo nitens, was aber, da viel Ku— pferroth eingemengt iſt, in der Beſchreibung durch Aeneo- aureus ausgedruͤckt wird. Bey Curculio Bacchus wird in der Definition h) bloß geſagt: Au- y) Faun. ſuec. II. n. 1388. 2) Ibid. n. 1385. a) Ibid. n. 1402. b) Ibid. n. 1403. c) bid. n. 141II. d) Ibid. n. 1431. e) Ibid. n. 1432. 7) bid. n. 1396. g) Ibid. n. 790. h) Syſt. nat. I. p. 611. n. 38. —— 87 Aureus, aber in der Beſchreibung die Farbe naͤher angegeben: Corpus rubro- aureum; es iſt wirk⸗ lich das ſchoͤnſte Kupferroth mit einem Goldglanze. Eben dieſe Farbe iſt überall in der Gattung Chry- ſis 1) zu verſtehen, wo das Wort Aureus vor kommt. Aber zuweilen bedeutet Aureus nicht mehr, als Aurantiacus oder Fulvus, z. B. bey Leon- todon aureum k), und uͤberhaupt, wenn es bey Pflanzen oder auch von Thierfellen vorkoͤmmt, Ins dem dieſe keines Metallglanzes faͤhig find, 81. Aurichalceus, Meſſingfarbig. Das Wort wird von dem bleichen Goldflecke gebraucht, der dle Noctua Chryſitis J) bezeichnet. 82. Ignitus. Damit bezeichnet Linne“ m) eben | jenes ſchoͤne feurige Purpurroth mit Goldglanz, wel. ches in den Definitionen ſchlechtweg Aureus heißt. Scopoli ſezt dafuͤr n) einmal Auratoruber, und ein andermal Flammeoruber. Es iſt am beſten, man bezeichnet die Farbe mit ihrem Namen, und ſezt den Metallglanz dazu: z. B. Chryſis ignita. Der Hin⸗ terleib feurig Purpurroth Goldglaͤnzend. F 4 Anmer⸗ i) Syſt. nat. I. p. 947. k) Spec. plant. p. 1122. n. 2. 1) Faun. ſuec. II. n. 1169. m) Ibid. n. n. 1665. 1668. n) Entom. carn. n. 791. 88 5 Anmerkungen. | Die Farben find nicht ſtandhaft genug, um uͤberall mit der aͤuſſerſten Genauigkeit angegeben zu werden; fie verbfeichen durch das Alter, oder gehen in andere Farben über, oder verſchledene Stücke der naͤmlichen Art natürlicher Körper weichen durch mans cherley Abſtufungen der Farbe von einander ab, und man hat wohl Faͤlle, daß fie unter ganz verſchiede⸗ nen Hauptfarben erſcheinen. Der Blattkaͤfer der Waldmuͤnze (Chryſomela graminis Linn.) und des Johanniskrautes (Chryſomela Hyperici De. geer,) kommen nicht nur bald Goldgruͤn, bald Blau laſuͤrt vor, ſondern ich habe Zahlreiche Kaͤfer von beyden Arten gehabt, die im Leben gruͤn waren, und im Tode blau wurden, Ich habe geſehen, daß bey gewiſſen Inſekten, die auf einem Grunde von gegebener Farbe Striche und Flecken von einer andern Farbe haben, zuweilen die Fleckenfarbe zur Grundfarbe ward, und die Flecke ver— ſchwanden; fo keune ich einen rothen Blattkaͤfer mit ſchwarzen Punkten, der mir einmal nicht ſparſam durchaus ſchwarz vorkam. Gewöhnlicher iſt der Fall, daß von den zwoen Farben bald die eine, bald die andere, die Grundfarbe iſt, und hieher gehoͤrt ei— ne ganze Familie von Spannern; auch beym Lin— denſchwaͤrmer haben die Oberfluͤgel bald ein ſchoͤnes Grün, das Stellenweiſe in ein gelbliches blaſſes Zim⸗ metbraun vertrieben iſt, bald ein gelblichtes Zimmet⸗ braun, — 89 braun, das Stellenweiſe in ein ſchmuziges blaſſes Gruͤn uͤbergeht. Bey vielen Inſekten aͤndern ſogar die Farben ſo ſehr ab, daß man gar nicht begreift, wie die eine in die andere uͤbergehe; ſo iſt z. B. die Raupe des Fichtenſpinners bald grau, bald Nußbraun; von einer ganzen Eulenfamilie kommen die Raupen ohne Ruͤckſicht auf den Geſchlechtsunter— ſchied bald grün, bald mehr oder weniger Leberbraun vor; und wie ſehr die Raupe des Todtenkopfſchwaͤr⸗ mers in den Farben abaͤndere, iſt bekannt. Manche dieſer Erſcheinungen ſcheinen von verſchiedenem Fut— ter herzuruͤhren, und dieſe Verſchiedenheit kann noch Plaz haben, wenn ſogar von einerley Pflanzenart die Rede wäre: man weis ja, daß dle diaͤtetiſchen Eis genſchaften bey einerley Pflanzenart nach ihrem Stan de und andern Umſtaͤnden verſchieden ſeyn koͤnnen. Mir find überhaupt über dieſe Farbenaͤnderungen noch ſehr im Dunkeln. Ich wuͤnſchte, daß ein Naturforſcher, der auf dem Lande lebt, daruͤber Beo— bachtungen und ſogar Verſuche anſtellete; fie wuͤr— den lehrreichere Reſultate geben, als ganze Baͤnde von Inſekten aus fremden Welttheilen, die hoͤchſtens dazu dienen, einen kranken Naturforſcher, dem die Aerzte das Studiren egherhen haben, angenehm zu unterhalten. Aber auch ohne Ruͤkſicht auf Unbeſtaͤndigkelt iſt es aͤuſſerſt ſchwer, waͤhrend der Beſchreibung ir— gend eines natuͤrlichen Koͤrpers ſich genau auf den gehörigen Farbennamen zu erinnern; es iſt ſogar um moͤglich, ohne daß man die Hilfsmittel der Scopo— 8 5 lichen 90 „= liſchen Farbenſcheibe oder einer Muſtercharte anwen⸗ de, daß einerley Farbe, die zu verſchiedenen Zeiten vorkommt, allemal genau dieſelbe Idee erweken ſoll— te; ſo wird z. B. das Roth, mit welchem ein ge— wiſſer Holzbock bemalt iſt, einmal auf Blutfarbe er⸗ innern, und der Käfer wird den Namen Ceram- byx ſanguineus erhalten; die naͤmliche Farbe, wenn ſie uns auf einem andern Kaͤfer vorkommt, den Linne“ unter feine Lampyris gebracht hat, wird uns eine Scharlachfarbe zu ſeyn ſcheinen, und wir werden den Käfer Lampyris coccinea nennen. Verſchaffet man ſich auch die Hilfsmittel, ſo wird man dadurch zwar allerdings Erleichterung fin⸗ den, und eine Fertigkeit erlangen, in den Farbenbe— nennungen beſtimmter zu ſeyn, aber ganz laͤßt ſich die Schwierigkeit nicht heben, ausgenommen man vers fertigte ſich die allerweltlaͤuftigſte Muſtercharte, oder erdaͤchte ſich die allermanchfaltigſten Zuſammenſezun⸗ gen von Farben auf der Scheibe, und nahme ſich bey jedem vorkommenden Falle die Mühe, die ganze Rei⸗ he dieſer Farben, mit dem zu vergleichenden Koͤrper in der Hand, durchzugehen, eine Muͤhe, die aͤuſ— ſerſt Zeitſplittrig, und meiſtens ſehr uͤberfluͤßig iſt. Schriftſteller und Leſer kommen ſicher viel beſſer zu— recht, wenn Erſtere ſich befleißigen, die Farbennamen von bekannten Dingen zu entlehnen, und Leztere keine uͤbertriebene Genauigkeit fodern, die, wie ich be⸗ reits geſagt habe, weder noͤthig, noch moͤglich iſt. Die en 91 Die Botanlſten hatten vormals die Gewohnheit, die Pflanzenarten durch die Farben zu unterſcheiden; aber ſie bedienten ſich faſt lediglich der Hauptfarben. In neuern Zeiten hat man nach Linne's Vorgange die Ruͤckſicht auf Farbe in der Botanik faſt ganz bey Seite geſezet; gleichwohl giebt ſelbſt Linne“ den Pflanzen gerne Trivialnamen von den Farben, nimmt fie öfters in die Beſchreibungen auf „und man hat fo gar Beyſpiele, daß er fie als Kennzeichen gelten ließ. Ich habe mich bemuͤht 0), einige Grundſaͤze anzugeben, nach welchen man den Mittelweg zwiſchen den aͤltern Botaniſten und den allzuſtrengen Linnaͤanern am ſicherſten treffen moͤchte. In der Botanik kann man ſich uͤbrigens mit den Hauptfarben ziemlich begnuͤgen. Gleichwohl giebt es Faͤlle, in welchen fi) Pflanzenarten von einander durch bloße Schattirungen derſelben Haupt— farbe am auffallendſten unterſcheiden. Das Meer— gruͤne Labkraut p) kommt gar ſehr mit dem ſteifbor⸗ ſtigen q) uͤberein; machete uns nicht das verſchledene Gruͤn aufmerkſam, wir wuͤrden ſicher die elne Art ſtandhaft uͤberſehen. Gleichwohl glaube ich, man ſollte in ſolchen Faͤllen nie die Farbenart mit unter die Kennzeichen ſezen, ſondern ſie fuͤr die Beſchreibung verſparen, und dort ſollte man ſich lieber einer klei— nen Umſchreibung, als eines Kunſtwortes, bedienen; lieber o) Magaz. für die Botan. XII. St. S. 29 — 33. p) Baier. Flora. n. 281. q) Ebendaſ. n. 28a. 92 2 lleber im gegebenen Falle ein blaulichtes Gruͤn, als ein Meergruͤn, angeben, Aber im Thierreiche, vorzuͤglich bey den Voͤ— geln und Inſekten, iſt die Farbe das einzige klare und deutliche Kennzeichen; ich ſage nicht, das ein⸗ zige ſtandhafte: denn nicht nur verliſcht ſie an den todten Thieren gar haͤufig, ſondern aͤndert ſich auch, beſonders an den Voͤgeln, nach dem Alter und nach der Jahrszeit vielfaͤltig ab; ſie iſt beſtaͤndiger bey den Inſekten, aber auch hier giebt es Falle ges nug, wo ſie noch am lebendigen Thiere verblaßt; auch ſind die verſchledenen Zeichnungen bey einigen Arten, und wohl ganzen Gattungen, nichts weni— ger, als ſtandhaft. Es wäre daher ſehr zu wuͤn⸗ ſchen, daß ſich die Zoologen bemuͤhen moͤchten, nach und nach ſtandhaftere und ſichrere Kennzeichen bey den Thieren aufzufinden; die Farbe koͤnnte in vielen Faͤllen ganz gut mit unter dieſe Kennzeichen aufge— nommen werden, aber nur mit denjenigen Einfchrane kungen, mit welchen ich es fuͤr die Pflanzen raͤthlich befunden habe, und auch in dieſen Faͤllen nur die Hauptfarben. N a Es iſt nicht moͤglich, dieſen Vorſchlag auf eine mal in großen Verzeichniſſen auszufuͤhren; das wuͤrde eine Zeit koſten, die man in Gefahr ſtuͤnde, nicht auge zuleben, und eine Muͤhe, die bey der großen Menge der Naturkoͤrper, vorzüglich im Thierrelche, nies mand auf ſich nehmen koͤnnte. Man ſollte ſich alſo einſtweilen bloß mit einzelnen Gattungen beſchaͤftigen, etwa nach dem Beyſpiele, das ich bey den Melolons then —. 93 then r) gegeben habe. Man darf derowegen die Far⸗ ben nicht ganz vernachlaͤßlgen; aber man nehme Ruͤckſicht auf ihre Uebergaͤnge, die ſich durch Beob— achtungen noch wohl ausmachen laſſen. In einzel⸗ nen Fallen wird es ſogar noch lange nicht nur noth⸗ wendig bleiben, ſondern ſogar mit vollem Rechte ge— ſchehen koͤnnen, daß man ſelbſt einzelne Farbenarten als Kennzeichen annehme, z. B. bey gewiſſen vielaͤu— gigen Faltern, bey denen dieſe Farben ſehr beſtaͤndig find, bey gewiſſen Erzen, bey denen fie es nicht wos niger ſind. Fuͤr die uͤbrigen Faͤlle will ich einige all— gemeine Regeln, die ich aus Beobachtungen abgezogen habe, anmerken, ohne mich vor der Hand gleichwohl fuͤr ihre unbedingte Allgemeinheit zu verbuͤrgen. 1. Anverwandte Farben gehen leicht in ein⸗ ander über. Z. B. Blau und Grün; Oranienfar— big und Roth; Roth und Sfabellenfarbig. II. Hohe Farben gehen, beſonders im Tode, gerne in ſolche uͤber, die ihrer Natur nach tie⸗ fer find. Es kann gar wohl Fälle geben, daß die leztere Farbe bleicher iſt, als die vorige war, aber gewiß wird fie ihrer Gattung nach in der Farbentafel tiefer ſtehen, als die vorhergehende. So verblaßt das volle Roth des Adonisblattkaͤfers in ein gelblich⸗ tes Rhabarberbraun; aber Braun iſt ſeiner Natur nach tiefer, als Roth. Es gehoͤrt dazu weiter nichts, als eine Verderbnis der Säfte, die vorher im geſun⸗ den Zuſtande dle blühende Farbe erzeugten. t) In Born's Arbeit. eintr. Freunde. 94 ERFZZT III. Zuſammengeſezte Farben gehen gerne in eine tiefere, ſeltener in eine höhere, über, Nie wird z. B. ein blauer Blattkaͤfer der Münze oder des Johanniskrautes gruͤn, wohl aber ein gruͤner blau. Auch Vellchenfarbig wird zuweilen blau; und wenn von der obenangeführten Raupenfamilie, die faſt durch» aus aus gruͤnen Arten beſteht, dieſe Arten mit Braun abaͤndern, ſo beſtaͤttigen ſie dadurch dieſe Regel. Man hat kein Beyſpiel, daß ſich ein grüner Kreuz⸗ ſchnabel roth gefaͤrbt habe, aber wohl vom Widers ſpiele. Doch weiß ich, daß die ſchwaͤrzlichten, roth⸗ baͤuchigen Salblinge des Koͤnigsſees in Berchtolsgaden, in einen andern See deſſelben Landes verſezet, durchs aus Oranienfarbig wurden. Allein vielleicht darf man dieſe Regel allgemein annehmen, daß die in Freiheit lebenden Thiere mit bluͤhenden Farben die Stammart, und die mit duͤſteren Farben die Abart ſind; und dann waͤre der Salmarin des Linne“ die Stammart, dle Salblinge des Koͤnigsſees und die ſchwarzen Salblin⸗ ge der Baierſchen Seen wären Spielarten. Anomalls ſche Weiſſe wuͤrde nur eine ſeltene Ausnahme machen. IV. Eine einfache Farbe verwandelt ſich nie in eine andere einfache. Einfache Farben nenne ich, welche ſich durch keine Zuſammenſezung erhalten laſſen; ſie ſind nur folgende drey: Roth, Gelb, und Blau in ihrem reinen Zuſtande und ohne Beyſatz. Dazu kommt noch Reinweiß und Vollſchwarz, obgleich jene durch Glaͤſer, und dieſe durch Malerhandgriffe aus andern, elnfachen Farben zuſammengeſezet werden kann. Nle wenigſtens kam mir ein organiſcher Koͤrper vor, dem die zz 95 die eine dieſer Farben natürlich, die andere zufällig geweſen wäre; auch wuͤßte ich nicht, daß ſonſt Je— mand eine gegentheilige Erſcheinung gehabt haͤtte. Aber wohl koͤnnen dieſe Farben in zuſammengeſezte uͤbergehen, wle wir bereits Beyſpiele gehabt haben, daß die ſchoͤnſte Scharlachfarbe in ein mattes Braun uͤbergehe, oder, wie beym Lilienkaͤfer (Crioceris merdigera), ein Vollroth Leberbraun werde. Ums gekehrt hat man auch Beyſpiele, wie die vorhergehende Bemerkung gelehret hat, daß ſich zuſammengeſezte Farben in eine der einfachen verwandeln. V. Wenn eine hoͤhere Grundfarbe durch Flecken oder Striche einer tiefern Farbe ſcheckig gemacht wird, ſo werden bald die Leztern von der Grundfarbe verdraͤnget, bald verdraͤngen ſie ihrer Seits die Grundfarbe. Beyſpiele der erſten Erſcheinung liefern uns die Sonnenkaͤfer ſehr haus fig. Die zweyte Erſcheinung iſt vielleicht minder haͤufig bemerkt worden, unterdeſſen iſt die ganz ſchwarze Chryſomela 10 punctata, die ich im Fuͤeß⸗ ly'ſchen Magazine 8) angefuͤhret habe, ſehr auffal⸗ lend. Hieher gehoͤren auch die wechſelnden Span⸗ ner des Herrn Schiffermuͤllers t), einige Schwaͤr⸗ merarten, ſogar Voͤgel, und einige Fiſche. VI. Wenn die Grundfarbe von tieferer Art, als die Farbe der Flecken, iſt, ſo werden dieſe von ihr verſchiedentlich ausgeloͤſchet, oder zer⸗ | theilt, 3) II. B. S. 222. t) Wienerverz. 106, 96 2 theilt, nie aber nehmen fie die Stelle der Grund: farbe ein. Man hat wohl Faͤlle, daß rothe ſchwarz⸗ gefleckte Inſekten ganz braun oder ſchwarz geworden ſeyen, z. B. bey den Blattkaͤfern und Sonnenkaͤfern, aber nie hat man einen Sonnenkaͤfer mit rother oder Oranlenfarbiger Schwefelgelb oder weiß gefleckter Bes kleidung Schwefelgelb oder weis geworden angetrof— fen. Das gilt auch von andern Inſekten, von Voͤ⸗ geln, Fiſchen, und wilden Saͤugthieren. VII. Alle Farben nehmen zuweilen ei⸗ nen gewiſſen Ruß an, und dies geſchieht haͤu⸗ fig unter Umſtaͤnden, unter welchen die Nahrung der Thiere weniger verwaͤſſert iſt. Daher glaube ich dle dunkle Farbe der Hirſche, des Hauswurzfalters, und anderer aͤhnlicher Thiere, wenn ſie in Gebirgen vorkommen, zum Theile herleiten zu muͤſſen. VIII. Endlich werden die Haare und Federn gewiſſer Thiere unter beſondern Umſtaͤnden gerne weiß. Die Erſcheinung iſt bekannt; die Urſachen find derſchſeden gehören aber fo wenig hieher, als die der beyden vorlezten (V. und VI.) Erſcheinungen⸗ Dieſe Betrachtungen, die ich uͤbrigens bloß der Zoologie gewidmet habe, mögen einſtweilen hinrei⸗— chen, einen erſten Anfang zur Kritik der Kennzeichen abzugeben, die von den Farben hergeleitet werden. Die richtige Anwendung derſelben bey der ſchweren Aufgabe, ob etwas Art oder Abart ſey, wird uns zuweilen zur Aufloͤſung leiten, zuweilen von aller Entſcheidung zuruͤckhalten. . gr K Natur⸗ II. Naturhiſtoriſche Beobachtungen Poͤttmes, Neuburg und Weihering. §. 1. N. ich die Angaben zu meinen Briefen über das | Donaumoor ſammelte, hatte ich nebenher noch einen Vorrath von Beobachtungen erhalten, der fuͤr den Gegenſtand deſſelben Buches fremd, aber den⸗ noch vielleicht nicht unwerth iſt, bekannt gemacht zu werden. Die Laͤnge des Donaumoores iſt zu groß, feine verfchiedenen Abtheilungen find einander zu ungleich, als daß es mir moͤglich geweſen waͤre, ſie alle von einem einzigen Orte aus, der etwa auf dem Moore ſelbſt gelegen wäre, zu durchſtreifen. Ich hielt es daher für beſſer, das ganze Moor in vier ver ſchledene Abthellungen zu bringen, die ich Stuͤck⸗ weife, und mit minderer Ermuͤdung meines Koͤr⸗ pers, der groſſen Anſtrengungen nicht gewachſen iſt, unterſuchen koͤnnte. Ich hatte dabey noch eine am dere Abſicht; es lag mir daran, mir uͤber die wahr⸗ G ſcheln⸗ 98 — ſcheinliche Entſtehung deſſelben, und uͤber einige an— dere Erſcheinungen, die waͤhrend meiner Unterſu— chungen vorkommen duͤrften, Aufklaͤrungen zu er— halten; ich wuͤnſchte Nachrichten über den ches maligen phyſiſchen Zuſtand dieſer langen Stre— cke mir zu verſchaffen; ſelbſt Widerſpruͤche waren mir willkommen, weil fie allemal entweder für ſich belehrend find, oder belehrende Auflöfungen her beyfuͤhren. Ich theilte demnach das ganze Moor⸗ land in das Moor von Poͤttmes, in das Moor von Neuburg, in das Moor von Weihering, und in das Moor der Karlskrone. Lezteres konnte ich von Ingolſtadt aus, mittelſt verſchledener Spazier- fahrten, ganz durchſtrelfen; aber die erſtern drey zu ſtudiren, war es nothwendig, daß ich mich eis nige Tage lang in jedem Hauptorte dieſer Gegenden aufhielte. Ich machte den Anfang mit dem Moore zu Ports mes. — Ich hatte viel zu ſpaͤt angefangen, dieſem Landſtriche meine Aufmerkſamkeit zu ſchenken, als daß ich mir von feinem ehemaligen Zuſtande hlnlaͤngliche Kenntniſſe haͤtte verſchaffen koͤnnen, auſſer gerade an dieſem Orte, wovon die Kanaͤle, die bereits ſehr weit hinauf giengen, im Herbſte des Jahrs 1792 noch weit genug entfernet waren. Ich reiſete alſo am 28 ſten Auguſt 1792 über Neuburg dahin. Der Boden zwiſchen Neuburg und Poͤttmes an beyden Seiten der Hochſtraſſe iſt, im Ganzen genommen, mergelige, trocken und locker; aber dieſer Mergel enthaͤlt ſehr wenigen Quarzſand, und beſteht aus ziem⸗ kenn 99 ziemlich gleichen Theilen Kalkerde und Thon, welcher Leztere ſehr ſtark glimmerig iſt, und daher auch dies jenige Feſtigkeit nicht hat, die ſonſt einem Mergel von dieſem Gemenge zuzukommen pflegt. Dieſe große Lockerheit, die ſonſt dem Wachsthume der Pflanzen fo vortheilhaft iſt, bringt an den Abhaͤngen der Ber ge die Unbequemlichkeit mit ſich, daß heftige Regen⸗ ſchauer große Maſſen Erde an den Fuß dieſer Berge aus den Feldern herabfuͤhren. Aber auſſer dieſem Zufalle lobt der Bauer ſein > gar ſehr wegen des reichlichen Ertrages. Vlelleicht wurde hier die Walze ohne Zinken nach untergebrachter Saat gute Dienſte thun, weil durch ſie die Oberflaͤche des Bo⸗ dens feſter wird. Wahrend dieſer ganzen Relſe zwiſchen Neuburg und Poͤttmes hatte ich die graue Stoͤbe (Centau- rea Stoebe), und den wilden Beyfuß (Artemifia campeſtris), Pflanzen, die ſandigen Boden lieben, zu beſtaͤndigen Begleitern. Wo wilde Moͤhren in Menge beyſammen ſtanden, waren die Stralen ih⸗ rer Dolden von den Faͤden einer blaßgruͤnen ſchwarz⸗ geſprengten Raupe, die in ihrer Mitte wohnte, in eine Eyfoͤrmige Bechergeſtalt zuſammen gezogen. Schaͤffer hat dieſen Doldenwickler unter ſelnen dreyer⸗ ley Geſtalten in feiner Abhandlung über verſchiedene Zweyfalter und Kaͤfer mit Hoͤrnern beſchrieben und 1) abgebildet. Linne hat dieſen Schmetterling unter dem Namen Phalaena Tortrix heracliana G 2 in 1) Tab. 2. ſig. 1 — 8. 100 * in das Syſtem 2) aufgenommen, aber ſehr unrich⸗ tig dabey Schaͤffer's Icones Inſectorum angefuͤh⸗ ret, welchen Fehler Herr Fabricius 3) nachgeſchrie⸗ ben. In dem ſyſtematiſchen Verzeichniſſe der Schmet⸗ terlinge der Wlenergegend finde ich dieſen Wickler nicht, deſſen Raupe doch häufig genug vorkommt; aber Ich finde eine Tinea daucella 4) unter den krummſchnauzigen Motten mit breiten geraͤndeten Oberfluͤgeln, Eigenſchaften, die vollkommen dem Schmetterlinge der Moͤhrenwickler Raupe zukommen, der auch alle Kennzeichen einer Motte hat, waͤhrend ſeine Raupe nicht nur die Sitten, ſondern auch den Bau und die uͤbrigen Eigenſchaften eines wahren Wicklers an ſich traͤgt. Poͤttmes iſt ein großer, aber eben nicht ſchoͤner Marktflecken, dem die Straſſe von Regensburg nach Augsburg Lebhaftigkeit, und mitunter auch Nahrung verſchaffet, indem ſie die Gewerbſamkeit der Ein⸗ wohner ſpornet. Er gehoͤrt in die Gerichtsbarkeit der Freyherren von Gumpenberg, die elne betraͤcht— liche Strecke davon ein, jezt verfallenes, Bergſchloß beſaſſen, dafür fie nun beſſer und ſicherer im Flecken ſelbſt wohnen. Da dieſer Flecken ſo nahe am Moore liegt, und zum Theile damit umgeben iſt, ſo, glaubte ich, ſollte die Lage ſehr nachtheiligen Einfluß auf die Geſundheit ſeiner Einwohner haben; Fieber und Waſſer⸗ 2) I. 880. n. 326. 3) Spec. inf. II. 288. n. 77. 8.1%. C. n. 5. — 101 Waſſerſuchten ſollten ſehr gewöhnliche Krankheiten, und hohes Alter eine Seltenheit ſeyn 5); allein man hat mir von allen dieſen Dingen gerade das Wider— ſpiel geſagt, und ich ſah es zum Theile ſelbſt. Ich barg meine Befremdung nicht, und wunderte mich, dieſe mir ſonderbare Erſcheinung ſo nahe an dem Moore anzutreffen; man ſuchte mir daher eine wahr⸗ ſcheinliche Urſache anzugeben, die man in dem fri— ſchen Luftzuge zu finden glaubte, der faſt immer aus Oſten herkommt. Aber eben dieſer Luftzug kann un⸗ moͤglich nach Poͤttmes kommen, ohne ſich in der ganzen, mehrere Stunden langen, Strecke des Moores mit den Ausduͤnſtungen deſſelben anzuſchwaͤn⸗ gern, und ein ganzes Heer von Krankheiten, der Tod ſelbſt, muͤßte auf ihm daher ſchweben, wenn es wahr iſt, daß die Ausduͤnſtungen auch bewachſener Moore verderblich ſeyen. Ich wußte damals noch nicht, daß die ſchaͤdlichen Wirkungen der Moore, die mit einer Raſendecke uͤberkleldet ſind, nicht von der Luft, ſondern vom Waller kommen, und dleſes iſt zu Poͤttmes vortreflich, ſizt aber auch nicht aus dem Moore in den Grund dieſes Fleckens hinein, fors dern kommt ihm von den umliegenden Bergen herbey. Ich habe anderwaͤrts geſagt, daß ſich in der Naͤhe von Poͤttmes verſchiedene Moorwleſen befin⸗ den, die einzelnen Eigenthuͤmern gehoͤren, und ſehr gutes Gras haben, daß fie aber ſtatt der Graͤnzſteine G 3 mittelſt 3) Baume's Abhandl. §. 9. 102 ei mittelſt Gräben von einander geſchieden ſeyen, bie dem Waſſer einigen Abzug geben. Allerdings hate ten ſie bey meiner Anweſenheit noch lange zu viel Naͤſſe; auch wuchs das eßbare Cirſium 6), eine Pflanze, die vlele Naͤſſe liebt und deren Stengel im Alter fuͤr das Vieh wenig genießbar ſind, ſehr häufig darauf; dafür waren aber die Gräben fehe feicht, und faſt mit Gras zugewachſen. Dies hinderte gleichwohl nicht, daß mir nicht Klee darauf haufig genug vorgekommen wäre. Sie ſchienen wohl eins ſtens noch beſſer geweſen zu ſeyn, und noch jezt wi⸗ derlegten ſie das Vorurtheil, mit welchem man ſich in dieſer Gegend trug, daß man mit der Abtrocknung hier nicht zu Stande kommen werde, und geſchaͤhe es auch, meynte man, fo würde der Boden völlig unfruchtbar werden. So dachte man auch einſtens von dem Grunde der jetzigen Karlskrone, und der Augenſchein und die Erfahrung haben dieſes Vorur— theil bereits gaͤnzlich widerleget. Um Poͤttmes iſt nun die Abtrocknung bereits vollendet, war alſo moͤg— lich, und dieſe getrockneten Wieſen werden nach eini⸗ gen Jahren unvergleichlich fruchtbarer ſeyn, als ſie je waren; es kommt nur auf den Willen der Anwohner an, dieſe Zeit gar ſehr zu verkuͤrzen, wie ich in eis nem meiner Briefe über das Donaumoor 7) die Mit⸗ tel dazu angegeben habe. Da 6) Bair. Flor. n. 1211. 7) Zwoͤlfter Brief. — 103 Da die Erde in der ganzen Strecke zwiſchen Pöttmes und Neuburg ein feiner glimmeriger Sand, mit vieler Kalkerde vermenget, iſt, von welcher Lez— tern er auch im trocknen Zuſtande eine weißgraue Farbe erhaͤlt, mit einem Worte, da die Dammerde ein eigentlicher Waſſerletten iſt, der auf groͤbern Ge— ſchieben, mitunter auf wahren Felſen, ruht, ſo folget daraus, daß die Feldarbeiten ungleich weniger muͤhſam ſeyn muͤſſen, als an den meiſten Orten von Balern. Man bedient ſich daher viel leichterer Pfluͤ— ge, als im übrigen Lande, ob fie gleich fonft die vollkommene Bauart des Balerſchen Pfluges haben; auch ſah ich dieſe Pfluͤge durchaus mit Ochſen bes ſpannt, au jedem zogen zween Ochſen; es wuͤrde aber gar wohl ein einziger Ochſe ſtark genug geweſen ſeyn, einen ſolchen Pflug auf einem ſolchen Grunde zu ziehen, wenn er die ſchoͤne Größe gehabt haͤtte, die dieſe Thlere uͤberall haben, wo man ſich beſſer auf die Viehzucht verſteht, als in dieſer Gegend; aber ſo begeht hler der Bauer, auſſer den in meinen Briefen uͤber das Donaumoor geruͤgten Fehlern noch den, daß er aus unuͤberlegter Kargheit feinen Haus thieren zu fruͤhzeitig Arbelten auferlegt, denen ſie nicht gewachſen ſind, und welche ihnen diejenigen Kraͤfte vor der Zeit rauben, die ganz zum Wachsthu— me hätten verwendet werden ſollen. Die Erdart auf den Bergen von Langenmooſen, Berg im Gau, Brunnen, iſt wenig von derjenigen verſchieden, die ich zwifchen Neuburg und Poͤttmes beobachtet habe, doch ſchien ſie mir etwas mehr tho⸗ 8 4 nig; 104 B nig; aber ſie iſt nicht minder fruchtbar, oder wohl noch fruchtbarer, als in der genannten Gegend. Häufig ſaͤet man hier herum Rüben in die Brache, fonft auch wohl hin und wleder, flatt des andern Sommergetreides, Hirſen oder Buchweizen. Klee fah ich wenig, und nur auf umzaͤunten Aeckern, wor⸗ an die hier üblichen Feldweiden Schuld ſind. Ich habe während meiner Anweſenheit zu Poͤtt⸗ mes mehrere Streifereyen unternommen, nicht nur auf das Moor, ſondern auch auf die übrige umlie⸗ gende Gegend, um mich mit ihrer Lage, den Erdar⸗ ten und den Verhaͤltniſſen derſelben zum Moore be⸗ kannt zu machen. Dabey habe ich aber weder Bo⸗ tanik, noch Zookogle verabſaͤumet. Das Verzeich⸗ niß der auſſer dem Moore gemachten Bemerkungen ſoll jezt meine Beſchaͤftigung ſeyn. Avena flaveſcens, die groͤſſere Art, an wel⸗ cher die aͤuſſere Spelzenklappe bloß zweyſpizig iſt, fand ſich bey Langenmooſen. Bekanntlich hat Sco⸗ poli 8) die Haberarten AA. flexuoſa, flavef- cens, fatua, pratenſis, nuda, fragilis, für bloſſe Abarten gehalten. Ich kenne die erſte und lezte dieſer Haberarten gar nicht, gebe, wenn man's verlanget, zu, daß der nackte Haber wohl eine Abs art einer andern großkoͤrnigen Haberart, und wenn man will, des Taubhabers ſeyn möchte: aber völlig unbegreiflich iſt mir's, wie die drey andern Arten nur 8) Flor. Carn. edit. II. n. 124. 8 — 105 nur Abanderungen von elnander ſeyn ſollen. Wäre dies, fo muͤſte wenigſtens auf ſehr fetten und wohl, geduͤngten Wieſen, derer wir viele haben, der Taubs haber haufig vorkommen, und er kommt gar nicht vor, ſondern ſtatt ſeiner der Wleſenhaber, und, oft hart neben diefem, oft Stamm an Stamm, alſo uns ter vollkommen gleichen Umſtaͤnden, der Goldhaber, voͤllig fo, wie er von den verſchiedenen Pflanzen- malern abgebildet worden. Nicht genug; auch die beyden Goldhaber, die ich in meiner Flora von Balern 9) angefuͤhret habe, bleiben ſich und den das von gemachten Abbildungen, in ihrem wilden Zu— ſtande unter allen moͤglichen Umſtaͤnden gleich: die Cultur zu verſuchen, habe ich noch nicht Gelegenheit gehabt, aber das weis ich, daß völlig einerley Euls tur den groͤſſern Goldhaber, den gemeinen Wieſen— haber, und den Taubhaber ganz unveraͤndert laͤßt. Wie ich die Sitte der Natur bey den Grasarten ken— ne, fo ändert fie, wann fie Spielarten hervorbrin⸗ gen will, nicht die Groͤſſe der Saamen, ſondern die Anzahl. Wenn die ſtreitigen Haberarten eine Ausnahme machen, fo muß fie ſcharf bewieſen wer— den. Ich habe es oft geſagt, und ich kann den neuern Naturſorſchern die Wahrheit nicht genug an's Herz legen: In der Naturgeſchichte kommt es gar nicht darauf an, was der Naturforſcher fuͤr bequem fin— det, ſondern lediglich, was die Natur-thue; übers haupt ſoll man in dem ganzen Naturgebiete nichts 65 ) der 9) No. 248. \ 106 2 der Phantaſie, nichts dem Wize einraumen, ſondern von Erſcheinungen ausgehen, mit Erſcheinungen fort— gehen, und mit Erfcheinungen enden. Non opi- nandum, ſed certo et oſtenſive ſciendum, ſagt Bagliv 10), neque difputandum, ſed ex- periendum, quid natura faciat aut ferat, Wenn es um Claſſificirung der Naturkoͤrper zu thun iſt, ſo iſt es unvergleichlich weniger gefehlt, wenn eine, etwa ziemlich ſtandhafte, Spielart zur Art ers hoben, als wenn eine e Art zur Splelart her⸗ abgewuͤrdiget wird. Lolium tenue, den ſchmalen Lolch 11) fand ich bey Buch, einem kleinen Neuburgiſchen Orte, auf einer ſehr fetten und uͤppigen Wieſe. Ich will durch dieſe Bemerkung denjenigen zuvorkommen, welche etwa waͤhnen möchten, der ſchmale Lolch dürfte wohl nur eine auf magern Gruͤnden gewachſene Abart des gemelnen ausdauernden Lolches ſeyn, welcher freylich, je nachdem er auf einem Grunde waͤchſt, ſehr abaͤndert. | Triticum hybernum, Ich fand auf einer Treſchtenne zu Berg im Gau zweyerley Abarten des Winterweizens; eine roͤthlichte mit, zwar nicht Fürs zern, aber merklich ſchmaͤchtigern Koͤrnern, und die gemeine weißgelbe mit dickern Koͤrnern. Sie war ren auch ſchon eher der Aufmerkſamkeit der Landleute nicht entgangen, die mich verſicherten, die roͤthlichte Abart 10) Prax. med. I. F. It, 11) Bair. Flor. n. 253. S — 107 Abart ſey ergiebiger, als die weiſſe, das heißt, der Scheffel vom rothen Weizen gebe mehr Mehl, als der vom weiſſen. Obgleich weder die Aehren laͤn— ger waren, noch die eine Abart von der andern durch die Koͤrnerzahl uͤbertroffen wurde, ſo ſah ich doch leicht die Urſache dieſer Bemerkung ein; ich ſchnltt von beyden Arten einige Körner quer durch, und ber trachtete den Durchſchnitt mit dem Suchglaſe. Ich hatte mehr Mühe, die von der roͤthlichten Art durch» zuſchneiden, und fand ihre Subſtanz ungleich dich» ter, auch ſchien mir der das Mehl umkleidende Balg duͤnner, als bey den Koͤrnern von der weiſſen Abart. Campanula glomerata. Sie kam mir an einem duͤrren Berggehaͤnge bey Ortelfing einige Male nur mit einer einzigen Bluͤthe vor, und war dann kaum Fingerlang. Caucalis grandiflora, kommt ziemlich häufig auf den Wieſen bey Hollenbach und Ortelfing vor. Spergula arvenſis kommt nebſt dem Som⸗ merknauel ſehr haufig auf den Aekern um Berg im Gau und Langenmooſen vor. Die Blattanfäze unter den Blaͤtterquirlen, welche Scopoli 12) beym Futter⸗ ſpark 13) wahrnahm, und mit unter die Kennzeichen ſezte, kommen auch dem wilden Spark ebenfalls zu; aber bey Spergula nodoſa und Spergula ſagi- noides, 12) Flor. carn, edit. II. n. 543. 13) Bair. Flor. n. 719. 108 2 noides, die bloſſe Gegenblaͤtter haben, fehlen biefe Blattanſaͤze gänzlich. Wichtiger, als diefe Blattanſaͤze, iſt der Bau des Fruchtgehaͤuſes, den ich an dem wilden Sparke beobs achtet habe. Aus dem Grunde der einfaͤcherigen Kapſel erhebt ſich ein vollkommen freyes Saͤulchen, das nur die halbe Höhe der Kapſel hat, und an wels chem die Saamen mittelſt kurzer Nabelſchnuͤre befeftis get find. Ich habe denſelben Bau und dieſelbe Er— ſcheinung an den Kapſeln des Ceraſtium aquati- cum, vulgatum, des Holoſteum umbella- tum, und der Alſine media geſehen, und ver⸗ muthe, daß die Kapſeln aller mierenbluͤthigen Pflan⸗ zen denſelben Bau haben, aber es fehlte mir noch an Muffe, meine Vermuthung durch fortgeſezte Bea obachtungen aufzuklaͤren. Nigella arvenſis. Der Bau der Blumen⸗ blaͤtter iſt an dieſer Art, wie bey der ganzen Gat— tung, ſehr ſonderbar, aber hat bey dieſer Art, wie faſt bey jeder ihrer Schweſtern, etwas Eigenes. Die aͤuſſerſte Reihe, welche aus flachen Blumenblaͤttern beſteht, hat nichts Auſſerordentliches; die innere hingegen beſteht eigentlich aus zwo Reihen von Blu⸗ menblaͤttern, die aber in eine einzige verwandelt wer⸗ den, indem die zunaͤchſt uͤbereinanderſtehenden Blu⸗ menblaͤtter in ſehr ſeltſame Lippenblumenfoͤrmige Ges ſtalten zuſammengewachſen ſind. Die Beſchreibung einer einzigen ſoſchen Geſtalt paßt auf alle. Zu unterſt alſo bemerket man eine vollkommen geſchloſſene Wal⸗ zen foͤr⸗ — 109 zenfoͤrmige Roͤhre ohne allen Spalt; dleſe Roͤhre ers weltert ſich am Ende in eine Halbkugel, und bildet zugleich daſelbſt eine Art von Knie, fo daß ſich dort die Lippenblumenfoͤrmige Geſtalt unter einem rechten Winkel elnwaͤrts beugt; gleich über dieſem Knle thei⸗ len ſich dle bisher zuſammengewachſenen Blumens blaͤtter in zwo Lippen, in eine obere oder innere (das obere-Blumenblatt), und eine untere oder aͤuſſere (das untere Blumenblatt). Dielunterlſppe iſt vers haͤltnißmaͤſſig zur Oberlippe groß, auswaͤrts gebogen, und wegſtehend, am Grunde mit einigen ſaftigen Haaren beſezet, und bis an das Halbkugelfoͤrmige Knie herab entzweygetheilet: jeder Theil iſt laͤng⸗ lichteyfoͤrmig, und lauft am Ende in ein breitlichtes Schwaͤnzchen aus, das an ſeinem Ende brelter wird; dle Seitenraͤnder rollen ſich auswärts ein. Die Ober⸗ lippe iſt ein eyfoͤrmiger Lanzettaͤhnlicher Schild, der nicht gröffer iſt, als daß er die Hoͤhlung der Halb⸗ kugel deckt, aber an feinem Ende lauft er in ein Fas denfoͤrmiges gerades Schwaͤnzchen fort. Die Farbe dieſer ſonderbaren Blumenblaͤtter iſt grün; aber den Grund der Roͤhre umgiebt ein Ring, und jedes Stuͤck der Unterlippe drey Binden von ſchwaͤrzlichter Veil⸗ chenfarbe; von dieſen drey Binden iſt die unterſte dle ſchmalſte, die mittlere die breiteſte. Auſſerdem iſt der Mittelraum, nicht die Raͤnder, des breiten Schwaͤnz⸗ chenendes von dieſer Farbe. Die Oberlippe iſt blaß Leinblau, das Schwaͤnzchen weiß und mit zween dun⸗ kelveilchenblauen Ringen umgeben. La- 110 2 — Lamium amplexicaule. Die Staubbeutel dieſer Art ſind, wie bey der ganzen Gattung des Bienſaugs, wohin ſie gehoͤrt, behaart. Herr Wil— denow hat dieſe Pflanze unter diejenige Pflanzengat— tung gebracht, welcher ich 14), und weſche ſich von Galeopfis, wohin Anne“ ihre einzige Art mit dem Trivialnamen Galeobdolon geſezet hat, darinn uns terfcheidet, daß zu beyden Seiten der Unterlippe ein flacher Zahn da iſt, wie beym Bienſauge, von wel⸗ chem fie durch die dreyſpaltige Unterlippe verſchieden iſt. Ich kann dieſe Bemerkungen, aus Mangel fri— ſcher Bluͤthen, nicht weiter beſtaͤttigen, aber es iſt mir unglaublich, daß ich den Schlund ſollte Zahnlos geſehen haben: denn wie haͤtte ich die Geſtalt dieſer Zaͤhne angeben koͤnnen, was ich doch that, wenn keine da waren? Die entgegengeſezte Beobach— tung des Herrn Wildenow und mehrerer anderer Schriftſteller wird aus dem Folgenden noch ver daͤchtiger. Herr Wildenow nahm die von mir errichtete Gattung Pollichia auf, beſtimmte aber ihre weſent⸗ lichen Kennzeichen anders 15), und ſezte ſie darein: daß 1) die Oberlippe ganz, und 2) der Schlund Zahnlos ſey. Er giebt ferner der einzigen Art, die ich unter dieſe Gattung gebracht habe, der Galeop- ſis Galeobdolon des Linne“, an dem Lamium amplexicaule Linn. eine Geſpielin, und hat darinn zu 14) Centur. bot. Anmerk. 35. n. 59. 15) Prodr, Flor. Berol. — 111 zu Nachfolgern Herrn Gmelin 16), Herrn Roth 17), der ſogar mit deutlichen Worten ſagt 18): Faux dentibus deſtituta; Herrn Lumnizer 19), und Herrn Baumgarten 20). Einige ihrer Vorgaͤnger laſſen zwar die Pflanzen wohin fie Linne geſezt hat, bemerken aber, daß der Schlund Zahnlos ſey; dahin gehören Pollich 21), dem ufolge am Schlunde Spi- nulae laterales deficiunt; und Herr Krocker, der ſich 22) ebenfalls darüber deutlich aͤuſſert: Faux exi- gua, nullis ſetis aut dentibus obſeſſa. Wer ſollte nach fo vielen Zeugniſſen an der Thatſache zweis feln, daß der Schlund Zahnlos ſeye? Und gleich wohl iſt fie falſch. Ich habe mich gefliſſentlich dars um umgeſehen, und dieſe Zaͤhne richtig vorgefunden; fie find noch dazu für den kleinen Schlund betraͤcht⸗ lich lang, aber allerdings ſehr ſchmal, ſehr ſpitzig, und obgleich Wagrecht, doch faſt an den Schlund an⸗ gedruckt. Auch Scopoli ſah fie: denn fein Aus druck 23): Labii laciniae laterales patulae, kann nur dieſe flachen Zaͤhne gelten, indem die beyden kurzen Lappen der Lippe nicht laciniae laterales heiſſen koͤn⸗ 16) Syſt. nat. lin. II. 2. p. 905. 17) Flor. germ. I. p. 254. 18) Flor. germ. II. 2. p. 28. 19) Flor. Poſon. p. 246. 20) Flor. Lipf. n. 793. 21) Palat. n. 557. 22) Flor. Siles. II. 1. n. 930. 23) Flor. carn, edit. I. n. 467. 25 112 u koͤnnen, und er überhaupt den Charakter des Lamium durch Corolla galea integra, Labio trifido: la- cinia media emarginata, ausdrückt, alſo überhaupt die Seitenzaͤhne am Schlunde fuͤr dle Seitenlappen der Unterlippe annimmt. Wie kommt es nun, daß die Bemerkungen der Naturferſcher über dieſen Gegenſtand mit der Was tur ſo ſehr im Widerſpruche ſind? Das kommt da⸗ her: dieſe fehr gemeine Pflanze entwikelt ihre Bluͤ⸗ then ziemlich ſelten hinlaͤnglich; ſie dauern, auch wenn ſie es thut, in dieſem Zuſtande nicht lange, die ſchma⸗ len Zaͤhnchen ſchlagen ſich um, und werden unſchein⸗ bar. Unterſuchet man nun die Bluͤthe, entweder wann fie nicht gut ausgewikelt iſt, oder ſchon mies der einzieht, ſo iſt es ſehr leicht, die Zaͤhnchen des Schlundes zu uͤberſehen. Oder machen es etwa die Botaniſten zuweilen, wie es ſonſt die Moraliften thaten, daß ſie ſich auf einander berufen, Ita Di- caſtillo, Navarrus, Tamburinus, Diana: und die Juriſten oͤfters noch thun, Conf. Harp- precht, Brunnemann, Stryk, Donellum, Boehmer, ohne ſelbſt an die Quelle zu gehen? Die Pflanze muß alſo wieder in die Gattung des Blenſauges zuruͤkgeſezet werden, und Pollichia Galeobdolon bedarf weiterer Unterſuchungen, weil ſich die mir widerſprechenden Schriftſteller eben ſo⸗ wohl uͤber ihre gaͤnzliche Zahnloſigkeit irren konnten, als dies von ihnen bey Lamium amplexicaule geſchehen iſt. Aſtra- En 113 Aſtragabus Cicer kommt nicht ſparſam in den Wieſen bey Hollenbach vor. Aſter Amellus. Dieſe ſchoͤne Pflanze kommt ſehr häufig einbluͤthig in den Hohlwegen bey Burg⸗ heim und Ortelfing vor. Peziza cyathiformis, Scop. carn. edit. II. n. 1629. Ich habe dieſen Pilz in meiner Baier’ ſchen Flora nicht angeführt. Er hat die Größe und Geſtalt des glatten Becherpilzes 24), unterſcheldet ſich aber von ihm dadurch, daß die Innenſeite glatt und unge⸗ ſtreift, die Auſſenſeite runzlicht und etwas filzig iſt. Was die Farbe anbelangt, fo iſt die Auffenfeire weiß, grau, die Innenſelte Bleyfarbig. Er kommt auf den verweſenden Holzſtuͤcken vor, die auf ſandiger Erde liegen. it Mucor Afpergillus, Scop. carn. edit. II. n.1642. Stipite filiformi dichotomo, capi- tulis terminalibus fubconjugatis oblongis, Er bewohnt faulende Blaͤtterpllze, und erfcheine im Herbſte. Er gehoͤrt allerdings unter Scopoll's Mu- cor, in welche Gattung ihn auch dieſer Verdienſt⸗ volle Schriftſteller aufgenommen hat. Er hat viele Aehnlichkeit mit Chordoſtylum des Herrn Tode 25), gehört aber nicht zu dieſer Gattung, weil fein Strunk zwar lang und aͤſtig, aber ſehr hinfaͤllig iſt. Seine Farbe iſt für das freye Auge Aſchengrau, und beynahe Maͤuſefahl, oder genauer, die Farbe der ſogenannten 5 blauen 24) Bair. Flor. n. 1759. 25) Fung. Mecklenb. faſc. I. p. 37. H 114 2 blauen Katzen, aber ſehr geſaͤttiget; bringt man aber etwas davon unter das Mikroskop, ſo iſt es waſſer⸗ hell und durchſichtig. Die langen und ſich ſchlaͤn⸗ gelnden Strunke dieſes Schimmels flechten ſich ſehr in einander, und uͤberdecken die ganze Oberflaͤche des faulenden Blaͤtterpilzes wie dichte Poͤlſterchen. Bringt man, wenn dieſes Geflechte noch ſeine na⸗ tuͤrliche Feuchtigkeit hat, einen einzelnen Strunk los, und unter das Mikroskop, fo ſieht man 25), daß ſich dieſe Strunke gelblicht vertheilen, doch ſo, daß die Zweige fo ziemlich einſeitig anſizen. Eben dieſes ges wahret man, wenn man einen Strunk mit einem Waſſertropfen uͤbergießt 27). An den Enden der Strunke und der Zweige ſizen, meiftentheils Paar⸗ weiſe, laͤnglichte, oft faſt Eyfoͤrmige Koͤrperchen, davon die Geſtalt gleichwohl nicht ſtandhaft genug if. Häufig ſieht man zwey dleſer Körper am Grunde ſo innig, und ſo weit herauf ohne Abloͤſung mit einander verbunden, daß ſie faſt die Geſtalt ei⸗ nes Herzens vorſtellen 28); zuweilen find fie Walzen, foͤrmig, aber doch am Grunde verbunden, und dann am aͤußern Ende dicker und faſt Kugelfoͤrmig 29). Dies ſe Geſtalt nehmen aber die Koͤrperchen nur dann an, nachdem alle Saamen nicht nur ausgetrieben, ſon⸗ dern auch „ worden find, was gerne ge ſchieht/ } 260 Tab. I. ri 1. 27) Tab. I. Fig, 2. 28) Fig. 2. a, a, a. 29) Fig. 1. b. — Fig. 2. b, b. —_ 5 115 8840 er, ö ſchleht, wenn man das Pflänzchen in einen Waffe tropfen bringt. Bleiben aber die Saamen noch we⸗ nigſtens an der Muͤndung hangen, ſo erhaͤlt das Haͤuptchen eine laͤnglichte Glockengeſtalt 30) Ehe aber dieſes Spiel beginnt, ſind die Saamen im Bauche dieſer Koͤrperchen eingeſchloſſen, und ſcheinen durch; dieſe Koͤrperchen find alſo eine Art Kapſel, die unter dieſen Umſtaͤnden eine etwas unregelmaͤßige Eyfor⸗ me 31) hat, indem die eine Seite ſtaͤrker gewoͤlbt iſt, als die andere, und ein Kegelfoͤrmiges Deckel⸗ chen 32) hat Ich habe mir in dleſer Beſchreibung beſtaͤndig das Wort Saamen erlaubet, wann von den aͤnſſerſt kleinen Atomen die Rede war, die aus dieſen Kapſeln ausgeſchleudert werden, oder in ihnen enthalten ſind. Hier konnte mir's auf die Natur dieſer Koͤrperchen nicht ankommen; ich gab ihnen alſo die Benennung, die fie zu verdienen ſchienen. Gartner unterſchel⸗ det die Saamen von dem, was er Propagines nennt 33); dieſe ſpricht er den Pilzen nicht ab: aber jene laͤugnet er ſchlechterdings 34). Propago iſt das junge Pflaͤnzchen ſelbſt, der Keim, ohne weitere für ihn eigens gebaute Umhuͤllungen; im Saamen iſt der Keim mit den Saämenlappen, und in ihnen H 2 | mit 30) Fig. 1. e, c. — Fig. 2. c, c, c, o. 31) Fig. 3. b. 32) Fig. 3. a. 33) De fruct. et ſem. J. praefat. P. 3. 34) Ibid. p. 13. 116 „ mit dem Eywelſſe und dem Dotter verbunden, uͤberdas mit wenigſtens zwo eigenen Haͤuten, die das Ganze umkleiden, verſehen. Die Kleinheit der allermeiſten Pilzenſaamen macht eine genaue Zergliederung, ſelbſt eine nur oberflaͤchliche Vetrachtung derſelben, ganz unmoͤglich; aber die Becherpilze laſſen uns etwas von dieſem Geheimniſſe ſehen. Man darf nur Be cherpilze, die ſo gerne in großen Geſellſchaften bey einander wachſen, von allen Altern unterſuchen, um ſich zu überzeugen, daß ihre verhaͤltnißmaͤßig groffen Saamen nichts, gar nichts, weiter ſeyen, als junge Becherpilze, die nur auswachſen duͤrfen, aber nichts abzuwerfen brauchen, um ganz ihren Müttern aͤhn⸗ lich und gleich zu werden. Das Thierreich hat mir nicht eben ſehr Zahl⸗ reſche Beobachtungen gewaͤhret. Sie beſtehen in dem Wenigen, was folget. Halliſcher Blattkaͤfer. Eyfoͤrmig, gelbbraun; eine Mackel an der Stirne und die Fluͤgeldecken Gold grün. Ich habe dieſen Käfer ſchon ſonſt beſchrie— ben 35) und feine Ausmeſſungen angegeben. Hainbuchenruͤſſelkaͤfer. Reinſchwarz; der Grund der Fuͤhlhoͤrner und die Fuͤße Roſtgelb; die Fußblaͤtter ſchwarz. Der Curculio badenfis des Linne“ 36). Er kam mir ſehr häufig auf den Blaͤt⸗ tern der Halbe und der Rothbuche in den Wal; dun⸗ 35) Enum. inf. Auſtr. n. 146. 36) Syſt. nat. I. p. 607. n. L. Y — 117 dungen von Waldach vor. Er iſt nur etwa ' lang, und von dieſer Laͤnge macht der Ruͤckenſchild, nebſt dem Kopfe und dem dünnen Ruͤſſel, die Hälfte aus, Er iſt durchaus ſattſchwarz, dle Füße find gelbbraun, mit ſchwarzen Fusblaͤttern, und die Schenkel durchs aus Zahnlos; auch der Grund der Fuͤhlhoͤrner iſt gelbbraun, aber viel dunkler. Der Hinterleib iſt ziemlich Eyfoͤrmig, und die etwas ſtark gewoͤlbten Fluͤgeldecken find geftreift, Er iſt gefluͤgelt. Weißbuchenruͤſſelkaͤfer. Durchaus ſchwarz, Glanzlos; die Schenkel einfach; die Fluͤgeldecken ges furcht; der Ruͤſſel mit dem Kopfe faſt Koͤrperlang. Ich nenne ihn in der allgemeinen Sprache der Nas turforſcher Curculio Carpini, well er vorzüglich auf den Blaͤttern dieſes Baumes vorkommt, und fie benaget. Er iſt (faſt unmerklich) groͤſſer, als der vorhergehende, deſſen ganzen Bau er hat, und uns terfcheider ſich nur von ihm durch die gaͤnzliche Glanz⸗ loſigkeit, und durch die durchaus ſchwarzen Füße, Auch bey ihm iſt der Grund der Fuͤhlhoͤrner ſatt gelbbraun. Steinbuchenruͤſſelkaͤfer. Durchaus ſchwarz nlederliegend behaart; die Schenkel einfach; die Fuͤhl⸗ hoͤrner am Grunde rothbraun, der Ruͤſſel mittel⸗ maͤßig. Auch dieſer kam mir bey Waldach auf den Blaͤttern der Hainbuche und der Rothbuche nicht eben ſparſam vor; ich nenne ihn daher von der ers ſtern Baumart Curculio Betuli. Er iſt etwas kleiner, als einer der beyden vorhergehenden, aber 53 auch 118 — auch von ſchlankerm Koͤrperbaue, und von Zahnloſen Schenkeln; durchaus ſchwarz, auch an den Fuͤßen: nur der Grund der Fuͤhlhoͤrner iſt rothbraun. Der duͤnne Ruͤſſel iſt nur wenig länger, als der Rüden, ſchild. Die niederliegenden Haͤrchen bleichen die ſchwarze Farbe des Inſectes nicht. Prismentragender Ruͤſſelkaͤfer. Schwarz; die Fuͤhlhoͤrner rothbraun; der Ruͤſſel dreyſeitig Pn⸗ ramidenfoͤrmig. Von dieſer leztern Eigenſchaft gebe ich ihm den Namen Curculio prismatifer. Ich rechne ihn noch unter die langruͤſſeligen, weil der Ruͤſ⸗ ſel wuͤrklich etwas laͤnger als der Ruͤckenſchlld iſt. Dieſer Ruͤſſel giebt ihm ein ſehr ſonderbares Anfes hen; er iſt eigentlich Kegelfoͤrmig, aber an den Sei— ten flachgedruͤckt, fo daß die dritte Seite uber ſei⸗ nem Ruͤcken liegt, wo fie eine dreyeckige Bogenfläche bildet. Die Fuͤße ſind einfach und Zahnlos. Der ganze Käfer iſt tiefſchwarz, aber feine vielen nieder, liegenden Haare geben ihm ein Anſehen, als wenn er grau angelaufen waͤre. Nur die Fuͤhlhoͤrner, und zwar durchaus, ſind rothbraun. Er hat die Groͤße des Steinbuchenruͤſſelkaͤfers, iſt ebenfalls gefluͤgelt, aber weniger gewoͤlbt. Ich fand nur ein einziges Stuͤck in der Waldung bey Waldach, auf einer Rothbuche. Zweyfaͤrbiger Laufkaͤfer. Oben ſchwarz, fein punktirt; unten, nebſt den Fuͤhlhoͤrnern, Mundrheis len und Fuͤſſen Roſtbraun Pechfarbig; die Fluͤgelde— cken Punktlos achtftreifig: der Handfteit mit meh» rern 2 — 119 rern groͤßern Punkten. Des Herrn von Paykull 37) Carabus bicolor. Ich begnuͤge mich, von die ſem Käfer, den Herr von Pankull bereits vortreflich beſchrieben hat, die Ausmeſſungen anzugeben. Länge vom Kopfe bis zum Aſter — 34” des Ruͤckenſchildes — — 1. der Fluͤgeldecken — — 272 Breite uͤber die Fluͤgeldecken — I» uͤber den Ruͤckenſchild. — 1, Ich fand ihn ziemlich gemein im Herbſte in den von dem Moͤhrenwickler zuſammengezogenen Dolden der wilden Möhren, wovon er vermuthlich die Wickler⸗ raupen verzehret hatte. Runzelmauliger Luderkaͤfer. Gagatſchwarz, glaͤnzend; der Ruͤckenſchild ruͤckwaͤrts gerundet, mit ausgeſaͤeten Punkten; drey kurze Kiele vor der Ober⸗ lippe. Im Latein kann dieſer Kaͤfer wegen ſeiner drey aufgeworfenen Runzeln vor den Oberlippen Staphylinus rhyſſoſtomus heißen. Der Kaͤfer iſt ſo klein, daß er nur mittelſt des Mikroskopes unterſucht werden kann, und dem freyen Auge nur wie ein lebendes Strichelchen abel Er lebt auf und in den Blaͤtterpilzen. Braunafteriger Luderkaͤfer. Schwarz; die Fluͤgeldecken Muſchelbraun; die Fuͤſſe und das Ende des Hinterleibes gelbbraun. Der Staphylinus ana- lis des Herrn Fabricius 38). Auch er lebt auf den H Blaͤl⸗ 37) Carab, monogr. n. 75. 38) NMantiſs. inſect. I. 221, n. 19. 120 _ —_ Blätterpigen. Herr von Payfull hat ihn 39) gut beſchrieben, und ich brauche bloß dazu zu ſezen, daß er nur 3 in der Laͤnge meſſe. Blaſſe Schaumcicade. Blaß Staubgelb; ſechs eingegrabene Punkte am Grunde des Ruͤckenſchlldes. Des Herrn Goͤze 40) Cicada pallida; aber der ern fie, der dieſes Inſekt beſchrieben und ihm Namen gegeben hat, iſt Geoffroy 41); es heißt bey ihm La Cigale pale. Ob es Cercopis ruſtica des Herrn Fabricius 42) ſey, muß Ich unentſchleden laſ⸗ ſen, da die Beſchreibung viel zu kurz, und die Na⸗ mensbeſtimmung viel zu ſchwankend iſt. So viel iſt gewiß, daß das Inſekt, welches ich vor mir habe, in die Gattung gehöre, welche dieſer Gelehrte Cer- copis 43) nennt. Es hat den Bau, wie die gemeis ne Schaumeicade (Cercopis ſpumaria Fabr.), iſt aber kleiner; ſie mißt von der Stirne bis an das Ende des Oberfluͤgels, oder, wenn man will, der Fluͤ⸗ geldecken, gerade 3% die Laͤnge einer Fluͤgeldecke bes traͤgt 22% ̃ die Breite einer Fluͤgeldecke aber iſt 1“. Sie trägt, wie die gemeine Schaumclcade, ihre Fluͤgel Dachfoͤrmig, doch weniger abhangend, als dieſe. Sie iſt durchaus einfaͤrbig, grau Staubgelb, nur die Schenkel haben ſchmale ſchwarze Laͤngsſtri⸗ che 39) Staphyl. ſuec. monogr. p. 47. n. 34. 40) Beytr. II. p. 161. n. 28. 41) Hift. des Inf. I. 419. n. 8. 42) Syſt. entom. 689. n. 6. 43) Gen. inſect. p. 175. n. 154. =. 121 che, die aber an dem todten Inſekte ebenfalls gar ſehr verbleichen. Moͤhrenſichelwanze. Ich gebe den Namen Si⸗ chelwanze einer Gattung von Inſekten, die das Mit. tel zwiſchen der Feldwanze (Cimex Fabr.) und der Geſpenſtwanze (Reduvius Fabr.) haͤlt. Zum la⸗ teiniſchen Gattungsnamen waͤhle ich das Wort Co- riſeus. Als Kennzeichen dieſer Gattung mögen fol gende dlenen: N Die Fuͤhlhoͤrner vorwärts gerichtet, viergliede⸗ rig. | Die Oberfluͤgel, Halbdecken mit Fortſaͤzen. Gehefuͤſſe: ſechs. Der Saugruͤſſel an der Spize des Kopfes Sichel, foͤrmig, lang: die Scheide dreygliederig. Durch das leztere Kennzeichen unterſcheidet ſich dieſe Gattung vorzuͤglich vom Cimex, welcher die Schei⸗ de viergliederig, und vom Reduvius, welcher fie nur zweygliederig hat. Ich kenne einſtweilen nur eine einzige Art diefer Gattung, eben dieſelbige, die Schäfs fer in feinen Icones Inſectorum Ratisbonen- ſium Tab. 123. Fig. 2. 3. gut, nur eln bischen zu groß, gezeichnet hat, und die nicht Cimex calca- ratus iſt, bey welchem ſie Herr Fabricius 44), und nach ihm Herr Gmelin 45), unrichtig anführen; aber 25 wahr 44) Spec. inſect. II. 367. n. 172. 45) Syſt. nat. lin. I. 4. p. 2188. 122 nn wahr mag es wohl ſeyn, daß Cimex calcaratus, den ich nicht kenne, der gegenwaͤrtigen Art nicht nur hoͤchſtaͤhnlich ſey, ſondern auch mit ihr in einerley Gattung gehöre, Die Moͤhrenſichelwanze kommt vorzuͤglich in den verbluͤhten und Kolbenfoͤrmig zuſammengezogenen Dol⸗ den der Moͤhre vor; fie mißt an ihrer Laͤnge 34% und if über den Hinterleib faſt 14 breit. Sie iſt verloſchen nußbraun; der Hinterleib iſt oben ſchwaͤrz⸗ licht, am Rande, der ſchneidend iſt, ſtark aufs waͤrts gebogen, und mit Weiß geſcheckt. Auf der Oberſeite des Hinterleibs, ungefaͤhr in ſeinem Mittel, iſt ein großer vorher Fleck. Der Ruͤckenſchild iſt faſt einer dreyſeitigen Pyramide ahnlich, die ihre abgeſtuzte Spltze vorwaͤrts hat: die beyden Seitens flächen derſelben würden dann die ſchwaͤrzlichten Bruſtſeiten unſerer Sichelwanze abgeben. Der Kopf iſt ſchmal, und etwas lang gezogen; die Fortſaͤze der Halbdecken ſind grau und ſchwaͤrzlicht geſcheckt, und die Schenkel durchaus vollkommen zahnlos. Schwarzhoͤrnige Feldwanze. Oben roͤthlicht, braun, unten ſchmuziggelb; die Fuͤhlhoͤrner und die ſtumpfen Dornen des Ruͤckenſchildes ſchwarz. Ci- mex nigricornis des Herrn Fabricius 46). Die Doldengewaͤchſe, und beſonders die Moͤhren, ſind eine ſehr beliebte Herberge manchfaltiger Inſekten, die ſich entweder auf ihren bluͤhenden Dolden zu ſonnen 45) Syſtem. entom. 701. n. 26. 2 123 fonnen ein Belieben tragen, oder da den Bluͤthen⸗ ſtaub ſammeln, oder über andere Inſekten herzufal⸗ len, oder endlich ſich in den geſchloſſenen verbluͤh— ten Dolden zu verbergen, dahin kommen. Auch vor⸗ liegende Feldwanze habe ich bey Ehekirchen in den verbluͤhten und geſchloſſenen Dolden der Moͤhre ge⸗ funden. Sie mißt, wie folgt: Lange vom Kopfe bis zum After — 5%. vom Kopfe bis zum Ende der Halb» deckenfortſaͤze — — 54. des Ruͤckenſchildes — — 1. des Fuͤhlhorns — — — 3. Breite uͤber den Ruͤckenſchild — — 34. uͤber den Hinterleib — — 33. Nach dem Tode verliert ſich der roͤthlichte Schein auf der Oberſeite des Inſectes, und der gruͤnlichte auf der Unterſeite, und das Inſect zieht uͤberall mehr in Gelb, etwas reiner auf der Unterſeite, truͤber auf der Ruͤkenſeite und dem Schildchen; die Halbde— cken ſind Erdgrau, und haben am Auſſenrande einen breiten dunklern Saum. Der After iſt ſtumpf vier⸗ zaͤhnig. Die Fuͤhlhoͤrner und die ſtumpfecklgen Schul tern ſind ſchwarz, jedoch iſt bey den Erſtern das un⸗ terſte Glied gelblicht. Nimmt man das Suchglas zu Hilfe, fo gewahret man, daß die Truͤbung der Far be auf Kopf, Ruͤckenſchild, Schildchen, und Halb— decken von den unzähligen eingegrabenen ſchwarzen Puncten herkomme. Roth 124 En — Rothfuͤſſige Feldwanze. Oben ocherbraun der Ruͤcken ſtumpfdornig; der Hinterleib ſcharfgeran⸗ det: der Rand ſchwarz und gelb gewechſelt; die Fuͤſſe Fuchsroth. Ich habe dieſe Feldwanze, dle ich in Balern zuerſt bey Grimoldshauſen fand, ſchon auch aus Oeſtreich gehabt, und in meinem Verzeichniſſe der oͤſterreichiſchen Inſekten 47) befchrieben. Auch Schaͤffer hat ſie 48) abgebildet. Sie hat ungefaͤhr den Bau und dle Groͤſſe der vorhergehenden, iſt aber etwas ſchmaͤchtiger, und ihr Ruͤckenſchild an dem Vorderrande ſaͤgezaͤhnig. Gelblichte Eule. Die Fluͤgel duͤnn, roͤthlich graugelb: die obern ſchmal, mit einer verwiſchten Mondmakel im Mittel. Dieſe Eule, die ich in der latelniſchen Kunſtſprache Noctua flavens nennen will, gehoͤrt in die Eulenfamilie Q des Herrn Abt Schiffermuͤller's, und muß nach Noctua nervoſa ſtehen. Sie hat ſehr das Anſehen einer Motte, aber nur zwo Bartſpizen, und trägt die Fluͤgel wie die gruͤnlichte Eule, die Butterblumeneule und die Hundsribbeneule, davon fie auch den Bau und faſt die Zeichnung hat, nur daß Erſterer durchaus viel zaͤrter iſt. Der Koͤrper mißt vom Kopfe bis zum After 43“; die Laͤnge des Flügels beträgt 53“; feine Breite am Grunde iſt von 1, gegen den ger rundeten Hintergrund hin aber faſt von 2//. Die Fuͤhlhoͤrner ſcheinen voͤllig Vorſtenfoͤrmig zu ſeyn, aber 47) Enum. inf. Auſtr. n. 5 18. 48) Icon. inf, 57. fig. 6. 7. ir 125 aber mit einem guten Suchglaſe betrachtet erſchelnen ſie auf ihrer Unterſeite gefranzet, was auch bey der Blu⸗ fengraseufe, der Butterblumeneule, und, aber viel ſchwaͤcher, bey der arunlichten Eule, die alle mit dem gegenwaͤrtigen Schmetterlinge in dleſelbe Familie ges hören, fo iſt. Dieſe Fuͤhlhoͤrner find nebſt dem Körper mattſchwarz, Lezterer iſt aber mit Schuppen bedekt, die ihm unten ein weißlichtes Anſehen geben, oben ers ſcheint er, je nachdem das Licht einfaͤllt, bald ſchwarz, bald von der Farbe der Fluͤgel. Aber es iſt ſchwer, einen deutlichen Ausdruck fuͤr dieſe Farbe zu finden; roͤthlicht gelbgrau, denke ich, ſollte man fie nennen koͤnuen. Sie ſplelen namlich auf einem verbleich⸗ ten getruͤbten gelbgrauen Grunde in's Roͤthlichte, und ſind ſehr Seidenglaͤnzend; im Mittelfelde der obern fit ein verwiſchtes ſchwaͤrzlichtes Mondchen, auffers dem find fie vollig elnfaͤrbig ohne weitere Zeichnung. Die Oberſeite der untern Fluͤgel, und die Unterſel⸗ ten aller vier Fluͤgel ziehen mehr in's Mattgelbe. Ich habe dieſe zarte Eule bey Sandizell gefunden. Sanftmarmorirte Motte. Silberweiß und Kupferroth vertrieben geſcheckt; Kopf und Bruſtruͤ⸗ cken Schneeweiß. Dieſe artige Eule habe ich nir⸗ gends beſchrleben gefunden, ich nenne fie daher, um ihrer Zeichnung willen, Tinea marmorella. Sie gehört nach Herrn Schſffermuͤller's Syſtem in die Mottenfamilie B, weil ſie gerade Schnauzen hat, und in die Abtheilung derſelben: mit geſpizten Ober⸗ fluͤgeln. Ich habe übrigens zur obigen Namensbe⸗ ſtim⸗ 2 9 — 126 * — ſtimmung nur noch biuzuzuſezen, daß die matten Ku⸗ pferflecken der Oberfluͤgel noch mehr verblaſſen, und faſt Meſſingfarbig werden, wann das Inſekt geſtor⸗ ben iſt. Das Inſekt ſſt nur 3° lang, und träge feine Fluͤgel abhangend. Ich fand es in der Wal⸗ dung bey Waldach. Bandweidenblattweſpe. Die Fuͤhlhoͤrner neunglledrig, nach der Spize hin dicker; der Koͤr⸗ per ſchwarz: zween gelbe Puncte am Grunde des Bruſtruͤckens; die Ringe des Hinterleibes auſſer dem 2, 3, und 6 gelbgeſaͤumt. Sie lebt auf Weiden um Ehekirchen, daher ich fie Tenthredo vimina- lis nenne. Ste iſt eben daſſelbe Inſect, welches Geoffroy 49) unter dem Namen La mouche -a- ſcie à quatre bandes jaunes gut beſchrieben, aber zu groß abgebildet hat, indem es nur etwas uber 4“ lang iſt, dle Laͤnge aber des Geoffroy ſchen Juſectes fat 6““ beträgt. Reizbarer Raupentödter. Schwarz; die Fuͤſſe Roſtgelb, der Hinterleib Lanzettfoͤrmig: unten an den erſten fuͤnf Ringen weiß mit zwo ſchwarzen Punktrelhen. Er gehört in die Familie der Rau⸗ pentoͤdter mit Stielloſem Hinterleibe, iſt ein Weibchen, und Muͤller's 50) Ichneumon punctator. Ich habe ihm den deutſchen Trivialnamen von der lange dauernden Reizbarkeit beyg eleget, die ich an ihm wahr⸗ 409) Hiſt. des Infe&. II. n. 276. n. 11. 50) Prodr. zool. dan. n. 1831. — 127 wahrgenommen hatte. Ich hatte das Inſect am Aten Sept. des Morgens bey Poͤttmes gefangen, und ihm beym Fange zufaͤllig den Kopf abgeriſſen; nichts deſtoweniger bewegte ſich der Hinterleib noch am gten deſſelben Monaths auf den geringſten angebrachten Reiz ungemein heftig, und ſchlug fo ſtark nach dem relzenden Gegenſtande, als er es am lebendigen Rau⸗ pentoͤdter hatte thun koͤnnen. Ich habe der Na⸗ mensbeſtimmung nichts beyzuſezen 2 als die Ausmefs ſungen: Laͤnge vom Kopfe bis zum After — 3 2%. des Hinterleibs — — 2. des Legſtachels, etwas uber — 1. Er hat viele Aehnlichkelt mit meinem Ichneumon compunctator, iſt aber davon verſchleden 1) durch den viel kuͤrzern Legeſtachel, 2) durch den Lanzettfoͤr— migen Hinterleib. Dle Fuͤhlhoͤrner find Borſtenfoͤr⸗ mig / durchaus ſchwarz, und das Schlldchen unge, leckt. Dreyſpizige Schildweſpe. Schwarz; der Bruſt⸗ ruͤcken gefleckt, am Grunde beyderſeits ein Dorn, ein dornloſes Hoͤckerchen zwiſchen innen; der Hinterlelb geſpizt, beyderſeits 5 gelbe Flecken: die zween leztern verbunden. Die drey Splzen am Grunde des Bruſt⸗ ruͤckens berechtigen dieſen Crabro, den ich bey Ports mes fand, zum Trivialnamen Tricufpis. Seine Länge beträgt 4“, davon gehören dem Hinterlei- be 3”: dem Bruſtſtuͤcke 13. Die Lippe iſt mit Goldhaaren beſezt; das Gebiß hat zween gelbe Fle⸗ cken; auch das erſte Glied der Fuͤhlhoͤrner, die Schien⸗ beine N — beine, und vier Puncte am Grunde des Bruſtruͤckens ſind gelb. Dle Fußblaͤtter und die Puncte vor der Fluͤgeleinlenkung ſind braungelb. Gehalfterte Schildweſpe. Tiefſchwarz; der Bruſtruͤcken gefleckt; die Lippe und ein Strich an den Augen, uͤber den dritten und ſechſten Ring des Hinterleibes eine Binde, und auf dem zweyten und vierten beyderſeits ein Punct gelb. Crabro capi- ſtratus; ſo nenne ich von ſeiner Kopfzeichnung das Inſect, das ich jezt beſchreiben will. Selne Laͤnge vom Kopfe bis zum After iſt 4% es iſt aber ſchmaͤch⸗ tiger, als das vorhergehende. Seine beyden Kiefer ſind gelb, auch uͤber die Oberlippe geht eine etwas gebogene Querbinde heruͤber, und ſtellt mit den zwo gelben Linien, die an der Innenſeite der Augen vors beygehen, und mit ihr zuſammenhangen, ein geſtuͤrz⸗ tes griechiſches II vor. Gelb find noch folgende Theile: ein etwas abgeſonderter Wulſt am Grunde des Bruſtruͤckens, der Punkt an der Fluͤgeleinlen⸗ kung, und ein anderer an der Seite der Bruſt, ein Punct mitten auf dem Bruſtruͤcken, eine unterbros chene Binde über den zweyten Ring des Hinterleis bes, eine zwar brechende, aber noch zuſammeahan⸗ gende Binde uͤber den dritten Ring, beyderſeits ein Punct am vierten Ringe, eine ſtaͤtige Binde am ſechſten Ringe, die Schienbeine und Fußblaͤtter und untere Haͤlfte aller Schenkel, und die von der Stirne abſtehende Seite des erſten Glledes der Fuͤhlhoͤrner; die übrige Unterſelte der Fuͤhlhoͤrner iſt . & ’ u 129 Die Schenkel find alle etwas kolbig, aber die vot— derſten am meiſten. Ich habe das Inſekt bey Poͤtt⸗ mes gefangen. Schuttbiene. Rauhhaarig; der Bruſtruͤcken und Hinterleib grau: uber beyde eine ſchwarze Pin: de. Apis ruderata des Herrn Fabricius 51). Es iſt bekannt, daß es Steinhummel von dreyerley Gröͤſ— fen gebe; gegenwärtiges Inſekt hält das Mittel zwi, ſchen den größten und den mittlery. Es iſt ſehr pel, zig: dieſer Pelz iſt am Grunde und Hinterende des Bruſtruͤckens gelblichtgrau, am Hinterende des Hin— terleibes iſt er weißgrau, und am Grunde des Hin— terleibes iſt er bald weißgrau, bald gelb lichtgrau, je nachdem das Inſckt eine Stellung gegen das Licht en halt. Die Fuͤhlhoͤrner find länger, als das Bruſt— ſtuͤck. Ich habe das Inſekt bey Poͤttmes gefangen. Ziegelrothe Borſtenfliege. Schwarz; der Bruſtruͤcken grau bereift; der Hinterleib und die Fuͤße Ziegelroth. In der lateiniſchen Kunſtſprache nenne ich fie derowegen Muſca lateritia. Sie ge⸗ hört in des Herrn Fabriclus Gattung Muſca, und zwar unter die Abtheilung: Antennis ſeta nigra (ſollte wohl ſimplici heiſſen). Viele Aehnlichkeit hat dieſes Inſekt mit Muſca lupulina dieſes Schrift⸗ ſtellers 82), wie aus der Beſchreibung erhellen wird, iſt aber davon durch die ungebartete Borſte verſchie— N den 51) Syſt. entom. 380. n. 7. 52) Mantiſs. inſect. II. 344. n. 32. J 130 — den, da Muſca lupulina in die Familie Anten- nis ſeta plumata gehört. Die Laͤnge betraͤgt 23". Das Inſekt iſt borftig, im Ganzen genommen ſchwarz, (auch die Fuͤhlhoͤrner), und Glanzlos. Die Mund⸗ gegend und die Augen find ſilbern eingefaßt; der Bruſtruͤcken iſt mit einem grauen Reife überzogen; die Fluͤgel ſind Farbelos, ohne alle Punkte; der Hin⸗ terleib und die Fuͤſſe find gelbroth: die Fußblaͤtter aller Fuͤſſe, und die Auſſenſeiten der Fade e ſind ſchwaͤrzlicht. Gerſtenfliege. Schwarz, behaart; die Bor⸗ ſte der Fuͤhlhoͤrner ſo lang, als das Bruſtſtuͤck; dle Fluͤgel Glashell mit ſchwarzem Auſſenrande. Ln⸗ ne“ s Muſca Frit 53). Den deutſchen Namen har be ich ihr gegeben, well ihre Larve, wie Linne“ beo⸗ bachtet hat 54), das Mehl der Gerſte verzehret. Wenn Anne die Flügel Waſſerhell angiebt, ich fie ſchwarz, gerandet nenne, ſo iſt das kein Widerſpruch: es iſt bloß die äuſſerſte Ader, der Umriß des Auſſenrandes ſchwarz, waͤhrend alles Uebrige voͤllig Waſſerhell iſt. Die Fuͤße finde ich Erdgelblicht. Das Inſekt iſt nur von der Groͤſſe eines mittelmaͤſſigen Flohes, hat uͤber dem Ruͤcken des Hinterleibes ſechs ſchmale Roſt⸗ farbige Binden; der Bauch iſt Roſtfarben, und hat eine Reihe ſchwarzer Flecken. Die Fluͤgel traͤgt das Jnſekt uͤbereinander gelegt, als wenn es ein einziger wäre. Graues 53) Faun. ſuec. II. n. 1851. a 54) Schwed. Abhandl. 1750. 187-190. Graues Geradhorn. Graugolden, laͤngs des Bruſtrückens zween graue Streifen; die Fuͤſſe Mus ſchelbraun; der Kopf ſamt den Augen Goldgruͤn. — Orthoceras, Geradhorn, nenne ich elne Fliegen gattung, die folgende Kennzeichen hat: Die Fuͤhlhoͤrner geſtreckt, am Ende kolbig, mit elner Borſte. Dier Nuͤſſel kann zuruͤkgezogen werden. Des berühmten Scopoli Muſca lacustris 58) iſt ein Orthoceras. Der vorliegenden Art gebe Ich den Trivialnamen Cinereum, weil das Goldgruͤn, das fie mit O. lacuftre gemein hat, mit einem graus lichten Scheine uͤberlaufen und matt gemacht wird; auch ziehen ſich laͤngs des Bruſtruͤckens zween graue Streife herab. Das Inſekt iſt hier und da mit einigen Borſten beſezet, beſonders ſtehen am Schei— tel des Kopfes in der Gegend der Aeugelchen zwo ziemlich lange Borſten, wie Hörner, empor. Die Fuͤhlhoͤrner find dreyglledrig, Perlenſchnurfoͤrmig, mit einer Borſte an der Spize. Die Augen find gruͤn, gefranzet. Der Hinterleib iſt Kegelfoͤrmig: die Splze ſchwarz und eingebogen; die Fuͤſſe ſind verhaͤltniß⸗ mäffig ziemlich lang, welches lauter Eigenſchaften der Gattung zu ſeyn ſcheinen. Die Fuͤſſe ſind blaß Muſchelbraun. Die Laͤnge der Fliege betraͤgt 2% | Ich fand das Inſekt bey Poͤttmes. Obenflache Schnirkeleſchnecke. Genabelt; oben faſt flach mit einem Kielrande; unten belchig; die J 2 Muͤn⸗ 55) Entom. carn. n. 924. 132 * — Muͤndung halbherzfoͤrmig. Muͤller's 86) Helix ex- planata. Muͤller, der dieſe Schnirkelſchnecke aus dem Suhmiſchen Cablnette beſchrieb, giebt die Hei⸗ mat nicht an, hatte aber ein groͤſſeres Stud vor ſich. Meines, das ich bey Waldach in Geſtraͤuchen gefunden habe, halt nur 25“ im Durchmeſſer, und iſt etwas über 1“ dick. Seine Farbe iſt eine et⸗ was dunkle Hornfarbe, faſt dle, welche alte daͤniſche Handſchuhe bekommen, ohne alle Zeichnung von an derer Farbe. Oben ſind nur drey Windungen vor⸗ handen, und an der Nabelfeite, an welcher die Woͤl⸗ bung ſehr betraͤchtlich iſt, nur eine zu ſehen. Wenn man ſich ein Kegelfoͤrmiges Roͤhrchen aus Wachs be⸗ reltete, es, waͤhrend es noch weich iſt, ſo einrollete, daß die Windungen alle auf einer Seite in derſel— ben Fläche herumgiengen, und man dieſe Flaͤche ge, gen einen mit Waſſer beſtrichenen Tiſch andruͤckte, ſo wuͤrde die Geſtalt dieſer Schnecke herauskom⸗ men: es wuͤrde ſich an der aͤuſſerſten Windung der angedruͤckten Seite ein ſcharfer Rand bilden, dadurch wuͤrde die Mündung die Geſtalt bekommen, welche eln nach der Laͤnge entzweygeſchnittenes Herz aus der Spielkarte vorſtellet, ſo, daß ſich die Spize an dem Auſſenrande der angedruͤckten Windung befaͤnde, und im Nabel wuͤrden nur die aͤuſſern groͤſſern Windungen zu ſehen ſeyn. Ich habe verſaͤumt das Thier ſelbſt zu beſchreiben. % Noch 56) Verm. II. 26. n. 228. x _ —— 133 Noch gehoͤrt in den erſten Abſchnitt dieſes Auf⸗ ſazes eine Naturerſcheinung, die ich zu Poͤttmes am Abend des erſten Septembers 1792 hatte. Der Tag war aͤuſſerſt heiß, oder vielmehr die Schwuͤle des Tages war uͤber alle Maſſen groß geweſen. Am Abende, da das Tageslicht in meinem Zimmer nicht mehr ſtark genug war, wie ich es zur Beſtimmung der kleinen Naturkoͤrper verlange, ſaß ich nachlaͤſſig auf meinem Seſſel hingelehnt an meinem Schreib» tiſche, das Geſicht gegen das offene Fenſter gerich—⸗ tet, und ruhte Gedankenlos und lediglich vegetirend von den Arbeiten des Tages aus. Ein niedriges gegenuͤberſtehendes Haus war nur durch eine ſchmale Gaſſe von dem Wirthshauſe getrennt, und ſein ſchwar— zes Dach reichte faſt bis unter die Hoͤhe meines Fen— ſters herab. Kein Windchen wehete, doch ward es kuͤhler; der Himmel war ſehr heiter, und nur am Horizonte thuͤrmten ſich Wolken auf, die eines der ſchreklichſten Donnerwetter die folgende Nacht her⸗ beyfuͤhren ſollten. Unter dieſen Unſtaͤnden erblickte ich ungefähr ei⸗ nen uͤber alle Graͤnzen feinen Regen, der zwiſchen meinem Fenſter und dem gegen uͤber ſtehenden Haufe herabfiel, und eben diefes Fallen glaubte ich ſehr deutlich zu bemerken, auch nachdem ich alle meine Aufmerkſamkeit, deren ich faͤhig bin, zuſammenge⸗ nommen hatte. Aber ich kannte dle kleinen Betruͤ— gereien zu gut, welche das Geſicht den Beobachtern. ſo oft ſpielet, wenn es um die Richtung bewegter Koͤrper zu thun iſt; ich unterſuchte alſo, nachdem ich 33 mich 134 m — mich noch einmal wegen der vollkommenen Heitens Felt des Himmels über mir verſichert hatte, die Er ſcheinung mit dem Gefuͤhle, ſtreckte meine Hand, ih⸗ ren Ruͤcken aufwaͤrts, ſo weit zum Fenſter hinaus, als mir's möglich war, und entbloͤßte, um die Flaͤ che zu vergroͤßern, einen Theil des Vorderarms. Nun überzeugte mich auch mein Gefühl von der Wahrheit der Erſcheinung; ich fühlte, daß ziemlich weitlaͤuftig zerſtreute Troͤpfchen auf die Ruͤckſeite mel⸗ ner Hand und meines Armes auffielen. die aber fo fein waren, daß der feinſte Staubregen, mit ihnen verglichen, aus ſehr großen Tropfen beſtehet; aber nichts fuͤhlte ich auf der untern Flaͤche der Hand, nichts an der abwaͤrts gekehrten Seite des Armes. Dieſe Beobachtung war mir uͤberaus angenehm, ſchon derowegen, well fie ein vortheilhaftes Zeugnis von der Guͤte meiner Sinne ablegte, ein Zeugnis, das fuͤr jeden Beobachter von der allergroͤßten Wich⸗ tigkeit iſt Und dann war jezt fuͤr mich das Fallen des Thaues, welches Du Fay 57) laͤugnete, und fos gar mit Verſuchen zu widerlͤͤzen glaubte, unmit⸗ telbare Erſcheinung, die mie um ſo willkommener war, weil fie meine Ideen, die ich mir, ungeachtet der Duͤfay ſchen Verſuche, vom Thaue nach chemi⸗ ſchen Grundſaͤzen gebildet hatte, fo gut beſtaͤttigte, Ideen, die in der Hauptſache voͤllig dieſelben ſind, welche ſchon de Roy im Jahre 1751 geaͤuſſert hatte 5°), von 57) Mem de l' Acad. de Paris 1736. 480-511. in I2mo. 58) Mem. de l’Acad. de Paris 175 1. 729 — 783. in 12mo, 1 —_ 135 von deſſen ſchoͤner Abhandlung ich aber damals noch nichts wußte. Erwartet hatte ich dieſe Erſcheinung gewiß nicht, aber ich glaube, wenn ich ſie erwartet haͤtte, fo würde ich's ganz meinen Grundſaͤzen gemäß ges than haben. Offenbar gehen die Ausduͤnſtungen der Koͤrper auf dem Wege der Aufloͤſung in die Luft über; offenbar muß die Luft eben dem Geſetze, wie alle uͤbrigen Aufloͤſungsmittel, unterworfen ſeyn, daß fie im erwaͤrmten Zuſtande eine größere Menge aufloͤsbaren Stoffes aufnimmt, als ſie bey vermin⸗ derter Waͤrme behalten kann; am Abende ſchwuͤler Sommertage, oder wohl am Abende jedes warmen Tages, muͤſſen alſo in der Luft Faͤllungen vorges hen. Nun aber, faſt alle Faͤllungen, welche nicht tumultuariſch vor ſich gehen, beſonders diejenigen, welche bloße Abſcheldungen aus dem allmaͤhlig ſeine Wärme werlierenden Aufloͤſungsmittel find, gehen in einer Staubgeſtalt vor, und diefe Geſtalt muß bey der Faͤllung des Waſſers aus der Luft noch ſichtbarer ſeyn, weil feine Theilchen, den hydroſtatiſchen Geſe— zen zufolge, die laͤnglichte Thraͤnengeſtalt im Falle annehmen muͤſſen, und dieſe Sichtbarkeit konnte mit einer ſehr unbetraͤchtlichen Groͤße gar wohl beſtehen, da ich den Vortheil hatte, ſie 1) in Bewegung, 2) aus einem dunklern Zimmer, 3) von dem ſchei⸗ denden Tageslichte erleuchtet, 4) auf elnem ſchwar⸗ zen Hintergrunde zu ſehen. J 4 Bey 136 ug Bey dergleichen Erfcheinungen macht es bie Natur mit ihrem Beobachter, wie Virgil's loſe Galathee: Et fugit ad ſalices, et ſe cupit ante videri; wie hinter Gebuͤſche verſteckt neckt fie ihren Kebha— ber, und pruͤfet feine Aufmerkſamkelt. Allein Vir— gil und feine Galathee ſollen mich nicht welter zu Poͤtt— mes aufhalten. Ich elle zur Erzählung der Beobach⸗ tungen, die ich um Neuburg gemacht habe. Meinen zweyten Standort habe ich zu Neu— burg genommen, und habe zu dieſem Ende in der Vorſtadt im goldenen Kreuze eine Wohnung gemie⸗ thet, weil ich hier beynahe am Ende der ganzen Stadt, und ſo nahe, als moͤglich, am Moore war. Im Norden von Neuburg erhebt ſich eine Kette von Anhoͤhen, oder, wenn man will, Bergen, die alle aus einem mehr oder weniger aus dem Weiß⸗ grauen in's Gelblichte ziehenden Mergelſchiefer beſte— hen, in welchem bald der Kalk, bald der Thon die Oberhand hat. Dieſes Floͤzgebirg zieht ſich in eis ner Schlangenlinle laͤngs der Donau bis über Kehl heim hinab, indem es ſich bald mehr, bald weniger von dieſem Strome entfernet, der ſelbſt nichts we— niger, als eine gleiche Stunde, hält. Bey Neuburg, wo auf dieſes Floͤß ordentliche Brüche angelegt find, iſt dieſer Schiefer ſehr feſt, ſcheint mehr Kalkerde, als 28 — 137 als Thon, zu haben, ſezet in betraͤchtliche Tiefen fort, und beſteht aus uͤbereinanderliegenden Tafeln, ohne Zwiſchenmittel, von 1 bis 14 Fuß Maͤchtigkeit. Ob es nun gleich ſcheint, daß dieſe Tafeln, davon die Abs loͤſungen ſichtbar ſind, ſehr leicht zu gewinnen ſeyn ſollten, fo iſt es doch um dieſes Steinbrechen ein ſehr ſaures Stuͤck Arbeit. Der Stein wird zwar noch größrentheils mit der Kellhaue gewonnen, aber es giebt Falle, in denen man das Pulver und Zuͤnd— roͤhrchen zu Hilfe nehmen muß. Alle dieſe Tafeln liegen uͤbrigens ſehr ſoͤhlig übereinander, und ich konnte weder an ihnen, noch an ihren Abloͤſungen ein merkliches Fal len des Floͤſes wahrnehmen. Verſteinerungen kommen in dieſem Schiefer nur ſelten vor; gleichwohl ſcheint er mit demjenigen zuſammenzuhangen, der imEichſtaͤdti⸗ ſchen in weit duͤnnern Platten gebrochen wird, und voll Verſteinerungen iſt. Dieſe Tafeln werden theils zu Bauſteinen gebrochen, theils auch zu viereckigten Tas feln zugerichtet, und geben unter der leztern Geſtalt einen Handelszwelig ab, indem fie unter dem Mas men von Kirchenmarmor zur Belegung der Fußboͤ— den der Kirchen und zu aͤhnlichem Gebrauche auch auswaͤrts verfuͤhret werden. Im Paſſauiſchen und in Oeſterreich ſind ſie unter dem Namen der Kehlhei— mer Marmore, oder Kehlheimer Steine bekannt, welche leztere Benennung weniger fehlerhaft iſt, weil ſie keinen Glanz annehmen, ſondern ſich nur glatt poliren laſſen. Dieſes Floͤz, das ſich nordwaͤrts durch das Fuͤrſtenthum Eichſtaͤdt bis in's Pappenheimiſche forte SM zieht, 138 2 — zieht, wo es thoniger und blaͤttriger wird, und die wegen ihrer Verſteinerungen bekannten Pappenhei⸗ mer Schiefer liefert, zieht ſich auch oſtwaͤrts, wie ich bereits geſagt habe, fort, liefert bey Oberhaun⸗ ſtadt, naͤchſt Ingolſtadt, und bey Koͤſching und Dem⸗ ling, nur grobe Bauſteine, in denen aber zuweilen die ſogenannten Haunſtaͤdter Kugeln (Kugeln von Horn⸗ ſtein, mit eingeſchloſſenen Kryſtallen und einer Mer⸗ gelrinde) vorkommen; aber welter zuruͤck bey Zant und Schamhaupten, (welcher leztere Ort der hieſigen Univerſitaͤt zugehoͤrt), nicht nur duͤnnſchalige Blätter zum Dachdecken, ſondern auch dickere Tafeln zu Tiſchplatten, Lochſteinen, Bauſtelnen u. ſ. w. Bey Vohburg ſezet dieſes Schieferfloͤß durch die Donau, wird hier thoniger und duͤnnblaͤttrig, und derowe⸗ — gen in der ganzen Gegend, bis uͤber Kehlheim hinab, weit umher zu Dachſchiefern benuzet. Dleſer leztern Stadt gegenuͤber kommen in einem zu dieſem Ende angelegten Schleferbruche häufige Verſteinerungen, oder vielmehr Steinabdruͤcke, vor, die den durch das Knorriſche Bilderbuch beruͤhmt gewordenen Pappen⸗ heimer Schiefern nichts nachgeben, welchen auch die Schiefer dieſes Bruches in allen uͤbrigen Stuͤcken gleich find. Ich habe von dieſen Schiefern bereits vor mehrern Jahren 59) einige Nachricht gegeben. Ich kenne die ganze Erſtreckung dieſes ungeheu⸗ ren Mergelſchieferfloͤßes in ferner geographiſchen Breis te und Länge nicht genau. Aber entweder ſind auf ihm 39) Oberdeut. Beytr. für 1787. 177. * — 139 ihm wahre Kalkberge aufgeſezet, oder, was mir wahr⸗ ſcheinlicher iſt, es geht an verſchiedenen Stellen in wahren Kalkſtein uͤber, der in maͤchtigen Baͤncken an⸗ ſteht, und ſich hle und da als ſehr ſchoͤner Marmor benuzen laͤßt. Der ſchoͤne Marmor von Weltenburg iſt ſchon aus Meinem eben angeführten Aufſaz be kannt; und zu Welcheim ſah ich bey Herrn Schnels der, dem Pfleger dieſes Ortes, Spiegelrahmen aus einem graulicht Milchrahmfarbigen, mit kleinen vers wiſchten oder vertriebenen ſchwarzen Adern, die ſeine Schoͤnheit erhöhten, durchzogenen Marmor ſehr zier⸗ lich gearbeitet. Waͤhrend meines Aufenthaltes in Neuburg hatte man mir viel von der alten Burg geſagt, und vers ſicherte mich mit ſo vieler Zudringlichkeit von dem groſſen Reichthume an ſeltenen Pflanzen, die dort herum wachſen ſollen, daß ich mich beynahe genoͤ— thiget ſah, einen Spaziergang dahin zu machen. Die alte Burg iſt ein bis auf einige Mauern völlig vers fallenes Bergſchloß, das in den aͤlteſten Zeiten feine eigenen Grafen hatte 50). Es llegt auf einer ſehr ſteilen Anhöhe in einer ſchoͤnen Waldung, die ſelbſt wieder auf einem Berge ſteht, und, wie alle Wal⸗ dungen um Neuburg herum, aus Laubholz beſteht. Natuͤrlich find alle dieſe Waldungen dem Botaniſten gar viel willkommener, als diejenigen, welche aus Foͤhren, Fichten, und Tannen beſtehen, und in wel chen, 60) Falkenſtein Nordgauiſche Alterth. II. Th. VI. Kap. 37ter Abſchnitt. §. 3. u 140 et chen, auſſer Pilzen, meiſtentheils wenig zu fuchen iſt. Aber ich konnte hier nichts von einiger Er heblichkeit für meine Wißbegierde finden. Gleichwohl habe ich in eben dieſen Waldungen einige Tage ſpaͤter den ſchoͤnen Darmbeerbaum, Cra- taegus torminalis, davon Lobel 51) einen Aſt un ter dem Namen Sorbus torminalis gut gezeichnet hat, gefunden, einen Baum, der in meiner Baier⸗ ſchen Flora fehlt, und der ſich durch ſeine ſiebenſpal⸗ tigen Saͤgezaͤhnigen Blätter, an denen die beyden uns terſten Lappen am deutlichſten getrennet ſind, und mit der Mittelribbe faſt rechte Winkel machen, von ſei⸗ nen Gattungsgenoſſen deutlich unterſcheldet. Daß dieſer Baum auch in den Waldungen um Landshut vorkomme, bin ich durch das verehrungswuͤrdigſte Zeugniß verſichert worden. Sonſt find der Sanlkel, die ſchoͤne Melittis, der Fruͤhlingsorobus, die Kreisrunde Rapunzel 2), und meine Heriteria, in den Waldungen um Neuburg gemeine Pflanzen; an den Straſſen nach Donauwoͤrt, Eichſtaͤdt und Ingolſtadt kommt die Bibernelle der Engländer, und der Eſper: auf den Aeckern die Aders nigelle und der Ritterſporn; und auf den etwas feuchten Angern das punktirte Knabenkraut 63) übers all vor. Sie machten es mir daher leicht, meine Stun⸗ 61) Hiſt. p. 614. 62) Bair. Flor. n. 388. 63) Bair. Flor. n. 71. u 141 Stunden bey dem anhaltenden Regenwetter, das waͤhrend meines Aufenthaltes in Neuburg einfiel, mit Beobachtungen auszufuͤllen, die ich an ihnen an— ſtellte. Hier find die Reſultate dieſer Beobachtun⸗ gen. Orchis uſtulata. Das punktirte Knabenkraut. Beſchreibung der Bluͤthe. Der Kelch einblättrig, einſeitig, an der Gegend der Oberlippe der Blume angebracht, fuͤnftheilig. Die drey aͤuſſern Kelchſtuͤcke größer, und unter dies ſen das aͤuſſerſte (oberſte) etwas kuͤrzer, Eyfoͤrmig, hingegen die beyden andern breiter, am Grunde et— was bauchig, und faft halbherzfoͤrmig; die beyden innern Kelchſtucke kleiner, laͤnglicht, ſehr ſchmal, am Ende ausgerandet, aneinander genelgt. Die Blume Rachenfoͤrmig, zweyllppig. Die Oberlippe fehr kurz, fait herzfoͤrmig Helmaͤhulich, mit dem Ruͤ⸗ cken angewachſen, indem der Grund in den Schlund der Unterlippe vorraget; die Helmvertiefung durch eine Scheidewand in zwo Kammern getheilet. Die Unterlippe ſehr groß, mit dem Schlunde die Ober— lippe umfangend, am Grunde über den Bluͤthebo— den in eine freye Sackfoͤrmige, kurze Roͤhre fortge⸗ ſezt; der Rand dreytheilig. Die Seitenſtuͤcke klei⸗ ner, Eyfoͤrmig, das Mittelſtuͤck groͤßer, anfänglich) mit parallelen Seiten; endlich in eine flache Herzform erweitert. Staubfaͤden: zween Träger, zwiſchen den Kammern der Oberlippe, und von ihrer Laͤnge; Staubbeutel: eigentlich keine, ſondern der Anthe⸗— renbrey 142 euz renbrey um die Splzen der Träger in eine Eyfoͤrmige Maſſe angehaͤufet. Stempel: der Fruchtknoten uns ter der Bluͤthe, laͤnglicht, einfaͤcherig, gewunden; Griffel und Narbe find von der Oberlippe der Blu⸗ me nicht verſchieden. Man ſieht aus dleſer Beſchreibung, unter welchem Geſichtspunkte ich den ſonderbaren Bluͤthen⸗ bau der Pflanzen mit Orchisbluͤthen betrachte. Ich weiche darinn an Sprache und Begriffen von allen andern Botaniſten ab, glaube aber Recht und die Natur getroffen zu haben, ohne derowegen Linne“ und die Maͤnner, die die Sprache und die Ideen dieſes großen Mannes beybehalten, zu tadeln. Als Büro ger eines wohlgeordneten botaniſchen Freyſtaates ſage ich meine Meynung frey; es wird mir angenehm ſeyn, wenn fie durchgeht; werde aber nicht zürnen, wenn ich uͤberſtimmet werden ſollte; doch meyne ich, wenn es auf Beobachtungen ankommt, duͤrfe nicht die Mehrheit, koͤnne nur die Natur entſchelden. Aber ich muß auch die Gruͤnde meiner Aeuſſerun⸗ gen angeben. Den Kelch habe ich einblaͤttrig angegeben. Meiner Meynung zufolge iſt jeder Kelch, der auf dem Fruchtknoten aufſizet, einblaͤttrig: denn er If doch nichts weiter, als eine Verlängerung der auf ſerſten Bekleidung der Frucht, es wäre denn, man wollte ihn fuͤr den Fall mehrblaͤttrig nennen, wann die Frucht ſelbſt nicht nur ſich in mehrere Schalen⸗ ſtuͤcke bis auf den Grund hinabthellet / ſondern dieſe Scha⸗ u 143 Schalenſtuͤcke auch einzeln abwirft, welches wenig⸗ ſtens bey den orchisbluͤthigen Pflanzen der Fall nicht iſt. Daß ich das, was Linne“ eine Blume nennt, einen Kelch nenne, und fein Nectarium zur Blume mas che, dafür habe ich meine Grunde bereits geſagt C4); aber anmerken muß ich, daß ben dieſer Art alle Kelchs ſtücke auch nach den eſoteriſchen Begriffen wahre Kelchſtuͤcke find, weil fie alle aus der wahren Rinde der Pflanze, dle auch den Fruchtknoten umkleidet, gebildet werden, wie mich die Zergllederung geleh⸗ ret hat. Weit merfwürdiger, als alles Uebrige, iſt der Bau der Oberlippe der Blume und der Staubfaͤden. Die Oberlippe vertritt hier die Stelle der Narbe, dle den Orchisbluͤthen gaͤnzlich fehlt, und gar nicht nothwendig iſt. Alles kommt lediglich darauf hin⸗ aus, daß der anſcheinend verwickeltere Bau dleſer Bluͤthen eigentlich einfacher iſt, als man ihn ers wartete, und als man ihn bey andern Bluͤthen zu ſehen gewohnt iſt. Die Innenſelte des Blumen⸗ rohrs, und ſelbſt die der Oberlippe, iſt reichlich mit Zellgewebe bekleidet, das aus dem Marke kommt, welches die innern Theile der Kapſel theils umkleidet, theils durchzieht; dieſes Zellgewebe iſt, beſonders in den Kammern der Oberlippe, ganz bloß geſtellt, der Antherenſtoff, das befruchtende Oel, fließt frey aus, und durchdringt natuͤrlich, als ein feines Oel, die aͤuſſerſt 64) Abhandl. einer eee in e land I. 103. ff. 144 u aͤuſſerſt dünnen Membranen der bloß liegenden Zel⸗ len dieſes Zellgewebes, at da den erſten Stoß, die erſte innere Bewegung, den erſten Keim zur Gaͤh⸗ rung, wie man nun das Ding nennen will, hervor, das bis in die Saamenembryonen fortgeſezet, Wachs— thum wird. Ich habe in einer andern Abhandlung 68) uͤber das Befruchtungsgeſchaͤft der Pflanzen meine hier nur hingeworfenen Ideen auseinander geſezt. Die Blätter des vorliegenden Knabenkrautes has ben auſſer dem Mittelner ven noch beyderſeits ſechs oder ſieben andere, davon jedoch nur zween deutlich genug werden. Adern ſieht man eben nicht, aber da ſind ſie dennoch, und bilden ein ſehr ſchoͤnes Geflecht, was man nur nach abgezogener Oberhaut wahr⸗ nimmt. Man ſieht bey dieſer Vorrichtung deutlich, daß die laͤngslaufenden Nerven verſchiedene Zweige ſeitwaͤrts abgeben, die ſich vielfaͤltig veraͤſtigen, und mittels derer fie in einer wahren wechſelweiſen Ver— bindung ſtehen, indem dieſe Zweige untereinander häufige Anaſtomoſen im engſten Sinne des Wor— tes bilden. Haͤlt man ein Blatt gegen die Sonne, und bringt man zwiſchen ihm und dem Auge elne Glaslinſe an (ein gutes Aug bedarf nicht einmal der Linſe), fo gewahret man verſchledene gelblichtgruͤne Strichelchen, die im Blatte ſelbſt gar nicht vorhan⸗ den ſind, ſondern dem Auge bloß daher erſcheinen, weil der Zellenbrey uͤber die ganze Flaͤche des Blat⸗ tes nicht durchaus gleich dicht vertheilet, fondern in | länge 65) Vom Wachsthum der Saamen. — 145 laͤnglichten Raͤumen duͤnner iſt, wle man das nach abgezogenem Haͤutchen noch deutlicher bemerket. Das angenehmſte Schauſpiel gewaͤhret dem Auge des Beobachters die Oberhaut der Unterſeite des Blat— tes. Sicht man fie mittelſt einer vergroͤſſernden Glass linſe, ſo bemerkt man, daß ſie mit zahlreichen Punk⸗ ten beſaͤet ſey. Zieht man nun dem Blatte ein Stuͤck⸗ lein Oberhaut ab, und bringt dieſe Membrane auf einer Glasplatte in den Brennpunkt eines zuſammen⸗ geſezten Mikroſkopes, ſo bemerkt man, wie dies wohl alle Oberhaͤute der Pflanzen gilt, daß ſie ledi⸗ glich aus Zellgewebe beſtehe; aber ihr Bau iſt beym punktirten Knabenkraute vorzüglich ſchoͤn: fie beſteht naͤmlich aus lauter Bläschen, die nicht gar zu ängſt⸗ lich regelmaͤſige, laͤnglichte Vierecke bilden, und in geraden Linien nebeneinander fortzugehen ſcheinen; aber auch hier iſt nur Schein: denn wenn man die eine oder die andere dieſer Geradlinlen mit unver⸗ wandtem Auge verfolget, waͤhrend man die Glas⸗ platte mit dem darauf liegenden Haͤutchen langſam durchſchlebt, ſo erfaͤhrt man bald genug, daß das Auge bald dieſſelts, bald jenſeits der vermeintlichen Geradlinie hinausgefuͤhret werde; auch entdecket man die Urſache davon ſehr leicht; ehe man ſich's verſieht, lenken ſich in das vorhergehende Blaͤschen ſtatt eines zwey andere ein, die nun die Anfaͤnge zwoer neuen Geradlinſen werden. So nimmt die Strickerin waͤhrend ihrer Arbeit bald auf, bald ab, wie es die Umſtaͤnde erfordern, indem ſie entweder mit einer vor⸗ K herge⸗ 146 —— hergehenden Maſche zwo andere verbindet, oder zwo Maſchen in eine einzige zuſammenzieht. Zwiſchen dieſen Maſchenreihen, wenn ich fie fo nennen darf, oder vielmehr auf ihnen, kommen in verſchledenen, ſelbſt unterm Vergroͤßerungsglaſe ziems lich kurzen, Entfernungen Ellipſen vor, dle eben ſo Glashell ſind, als die Blaͤschen ſelbſt, und gewoͤhn⸗ lich ihren Plaz dort einnehmen, wo ſich das folgende Blaͤschen mit dem vorhergehenden verbindet. Laͤngs ihrer groͤßern Axe iſt eine kleinere, etwas dunklere Ellipſe verzeichnet, die eine vollkommen Farbenloſe und durchſichtige Axe hat, die eigentlich mit der, nur eingebildeten, nicht geſehenen, Are der größern Ellipſe zuſammenfaͤllt, und mir eine wahre Spalte zu ſeyn ſcheint. Auf der Oberſeite des Blattes iſt der Bau des Oberhaͤutchens eben derſelbige, nur ſind die Bläschen viel kleiner, und bilden faſt Perlenſchnur⸗ foͤrmige Reihen; Ellipſen konnte ich hier keine ſehen, auch nichts, was mit ihnen nur eine entfernte Aehn⸗ lichkeit gehabt haͤtte. Ich habe dieſe Ellipſen nicht nur an allen uͤbrigen Orchisartan und allen verwandten Pflanzen, ſondern ſchlechterdings an allen denjenigen Pflanzen gefunden, die ich unterſucht habe, und die vollkom⸗ men Haarlos waren, oder doch nur ſehr wenige, an einzelnen Stellen befindliche Haare hatten. Ueber den Gebrauch, zu welchem dieſe Ellipſen den Pflans zen dienen, denke ich aber ganz anders, als man ge⸗ woͤhnlich zu denken pflegt. Herr Hedwig haͤlt ſie fuͤr 2 ——— 147 fuͤr die Muͤndungen der Luftgefaͤſſe 66), und nennt fie derowegen Spiracula. Vermuthlich hat ihn zu dieſer Idee die Aehnlichkeit derſelben mit jenen Seh tenoͤffnungen verleitet, durch welche die Inſecten Luft einathmen. Ich habe in meiner Schrift uͤber die Nebengefaͤſſe der Pflanzen ſchon bemerket 57), daß dieſe Ellipfen keine flachen Figuren, ſondern eigent— lich kurze und ſtumpfe Kegel ſeyen (freylich ſolche, die eine ellſptiſche Grundfläche haben, und, parallel mit ihr geſchnitten, nicht Kreiſe, ſondern Ellipſen geben, wuͤrden, obwohl es auch einige giebt, dle wirklich paraboliſche Kegel zu ſeyn ſcheinen, und einen Kreis zur Grundflaͤche haben). Ich habe die Bemerkung beygeſezet, daß ſie vorzuͤglich an ſolchen Pflanzen vorkommen, die Haarlos ſind, und den Pflanzen ſtatt der Haare zu dienen ſcheinen. Ich habe endlich durch Verſuche, Beobachtungen, Anas logien, und ſogar mathematiſche Conſtructlonen dar gethan, daß die Kegelfoͤrmigen Haare der Pflanzen ihre vorzuͤglichſten oder einzigen einſaugenden Gefaͤſſe ſeyen, und daß von den Landpflanzen die Nahrung nur in Dunſtgeſtalt angeſogen werde. Seze man nun diefen Lehrſaͤzen, die ich gegenwaͤrtig nicht weiter auszufuͤhren brauche, die Bemerkung bey, daß ſich dieſe an der groͤßern Axe durchbrochenen Ellipſen nur auf der Unterſeite der Blaͤtter, wie beym punctirten F oder doch vorzuͤglich, wie bey andern K 2 Ge⸗ 66) Theor. generat. et fruct. plant. p. 39, 67) S. 91. und 92. 148 — Gewaͤchſen, daſelbſt befinden; ſeze man hinzu, daß auch die Kegelfoͤrmigen Haare der Pflanzen allein oder vorzuͤglich auf der Unterſeite der Blaͤtter vorkommen, und daß es von dieſen wirklich geometriſch erwieſen werden koͤnne, daß ſie weit mehr zum Einſaugen, als zum Ausduͤnſten, geſchickt ſeyen, ſo wird man ſich leicht den richtigen Begriff uͤber den Dienſt machen, welchen diefe Ellipſen, die uns bisher beſchaͤftiget haben, der Pflanze leiſten. In den Bluͤthenbeſchreibungen entferne ich mich, ſeit der Ausgabe meiner drey Floren 2 ziemlich von der gewöhnlichen Welſe, ſelbſt in Ruͤckſicht auf die Kunſtſprache. Dazu veranlaſſeten mich nicht nur meine Beobachtungen über die Annaͤiſchen Nectarien, ſondern auch meine Unterſuchungen über den Nu— zen und die Abſicht der Nebengefaͤſſe der Pflanzen. Ich liefere gegenwärtig einige Proben dieſer Bluͤ— thenbeſchreibungen. Heriteria anthericoides 68). Ich konnte den Bluͤthenbau in meiner Flora nur nach ehemals ge ſammelten, folglich trocknen Pflanzen angeben; hier iſt er nach lebendigen Stuͤcken verbeſſert. Kelch: unter der Bluͤthe, einblaͤttrig, ſehr kurz, bleibend, dreylappig; die Lappen ſtumpf. Blume: ſechsblaͤttrig; die Blumenbläͤter laͤnglicht, ſchmal, vertieft, ſtumpf, bleibend. be Staub⸗ 68) Bair. Flor. n. 580, — 149 Staubfaͤden: Träger: ſechs; Pfriemenfoͤrmig, et⸗ was länger, als die Blume. Beutel: Ey— foͤrmig⸗ Herzaͤhnlich, zweykammerig. Bluͤ— thenſtaub: ſehr klein, Kugelfoͤrmig, glatt. Stempel: Fruchtknoten: Eyfoͤrmig, dreyfurchig, faſt ſo lang, als die Traͤger. Griffel: drey, kurz, glatt, rundlicht. Narbe: das mit ſehr kleinen Druͤſen beſezte Ende jedes Griffels. Fruchtgehaͤuſe: Kapſel: glatt, faſt Kugelförmig dreykantig, dreyfurchig, dreyhoͤrnig, drey⸗ faͤcherig, dreyſchalig: an den Kanten auf⸗ ſpringend. a Saamen: viele, ſehr klein, laͤnglicht. Dieſe Beſchreibung weicht in mehrerley Stuͤcken von derjenigen ab, welche Linne“ von feinem Anthe- ricum 69) gemacht hat, auch wenn man dasjenige mit in die Rechnung bringt, was er in der Note beyfuͤget: A. calyculatum calyce tridentato, et ſtigmatibus tribus abſque ſtylo diſtinctis. Noch mehr verfchieden iſt fie von derjenigen, welche wir von Juͤſſieu's Narthecium, wohin meine He- riteria vermuthlich gehoͤret, befizen 70). Ich muß meine Abweichungen rechtfertigen. Die Anzahl der Bluͤthentheile iſt bey der Heri⸗ terie ganz ungemein ſtandhaft, ſie kann folglich mit | K 3 ſo 69) Gen. plant. n. 422. 70) luſſieu gen. plant, edit, Ufteri. p. 5s3. ſo wenigem Rechte unter Juͤſſieu's Narthecium gebracht werden, als fein Nartheeium unter Pha- langium oder Anthericum: denn bey Narthecium. Heriteria. Calyx aequalis, calyculo mi- Corolla aequalis, calyce mini- nimo tripartito einctus. mo trilobato cincta. Germina 6, aut plura. Germen (Ovarium) unicum / triloculare trivalve. Stigmata totidem (6-plura) Styli tres. | ab/que ftylis. Capfulae totidem, baſi jun- Capfula unica, trilocularis, ctae. tricornis. Was die Narben anbelangt, verſteht Juͤſſieu wohl die Sache kaum anders, als Linne“ der ſich deſ— ſelben Ausdrucks bedient; allein nach meinen Beob— achtungen kann lediglich derjenige Theil der Bluͤthe Narbe heißen, welcher dazu gebaut iſt, die feine oͤlige Fluͤßigkeit des Bluͤthenſtaubes in ſich aufzuneh⸗ men, und in feinen, zu diefem Zwecke mit einer ei genen chemiſchen Anverwandſchaft verſehenen Saͤften aufzuloͤſen; oder kuͤrzer: nur derjenige Bluͤthentheil kann Narbe heißen, welcher den Narbetropfen ſchwi— zet. Das thut nun bey Heriteria nicht jener ganze Körper, welchen Linne“ und Juͤſſieu eine Narbe nennen, ſondern nur ſeine ſtumpfe Spitze, die zu dieſem Zwecke mit einer Menge ſehr kleiner Druͤschen beſezet iſt, aus deren ausgeſonderten Narbetroͤpfchen der gemeinſchaftliche Narbetropfen zuſammenrinnt. Mehrere * 151 Mehrere Narben (Griffel), als drey, kommen gar niemals vor. Auch kann man die Kapſel, die bloß oben in drey Hörner (die Griffel mit den abs geſonderten Spitzen der Kapſelkammern) auslauft, nicht als drey Kapſeln betrachten, die am Grunde zu⸗ ſammengewachſen waͤren, indem die Kammern ſich niemals vom Saͤulchen Kapſelfoͤrmig ablöfen, fondern bloß an den vorſpringenden Kanten aufſpringen, hingegen an den zurücktretenden Winkeln der Fur⸗ chen deſto feſter mit dem Saͤulchen verbunden ſind. Delphinium Conſolida. Kelch: fuͤnfblaͤttrig, unregelmäßig, unten gefaͤrbt; die vier untern Blaͤttchen wegſtehend, flach, laͤnglicht Eyförmig, mit kaum merklichen Nas geln; das fünfte zu oberſt, Halbbluͤmchen⸗ foͤrmig, roͤhrig; der Rand Eyfoͤrmig, flach oder zuruͤckgerollt; die Roͤhre in einen langen ſpizigen Sporn ausgezogen. Blume: einblaͤttrig, Rachenfoͤrmig; die Oberlippe unten in einen langen Sporn ausgezogen, der im Sporne des Kelches ſteckt; der Rand gewöhnlich dreyſpaltig: das Mittelſtuͤck vers kehrt Herzfoͤrmig Eyaͤhnlich, die Seitenſtuͤcke kurz, breit, am Grunde aneinander geneigt, und die Staubfaͤden einſchließend. Die Un⸗ terlippe fehlt. Staubfaͤden: zahlreich (ſiebzehn), aus dem Bluͤ— theboden. Die Träger am Grunde flach, Lan⸗ K 4 zettfoͤr⸗ 152 — zettfoͤrmig, an den Fruchtknoten enge anges druͤckt, an ihrem Oberthelle Pfriemenfoͤrmig, abwaͤrts geneigt. Beutel: Eyfoͤrmig, en faͤcherig. Stempel: nur einer, rundlicht, dwepfüchenng in einen ſpizigen, am Ende etwas einwaͤrts ge⸗ bogenen Griffel verlaͤngert. Narbe: ein an der Griffelſpize laͤnglicht klaffender Spalt. Eigentlich hat man die Blume wie eine Lip⸗ penblume, nach Art des Teucrium oder der Ajuga, zu betrachten, das iſt, als eine einlippige Lippenblus me die aber umgedreht iſt, daß ihre Unterlippe Oberlippe wird, und der Ort der fehlenden Lippe zu unterſt kommt. Phyteuma orbiculare. Dieſe Pflanze waͤchſt um Neuburg alleuchalben ſehr häufig, und iſt auch ſonſt durch ganz Baiern in Gegenden, wo es $aubs hoͤlzer giebt, keine ſeltene Pflanze. Das iſt nun eben die Art, welcher ich in der Baierſchen Flora Dies ſen Namen gab. Ich erinnere dies wegen eines Irrthums, zu welchem Herr Hoppe 71) durch Herrn Roth 72) verleitet worden, den aber Herr Hoppe in einer ſpaͤtern Schrift 73) ſelbſt nieder gut gemacht hat. Herr Roth beſchreibt unter dem Namen Phy- teuma orbicularis offenbar die blaue Spielart von 71) Schriften der Regensb. bot. Geſ. I. 138. 72) Flor. germ. II. 1. p. 248. 73) Bot. Taſchenb. für 1794. S. 84. rn 153 von Phyteuma ſpicatum, ob er ſie gleich, aber nur aus Schriftſtellern, bey diefer leztern Art wieder anführt. Man vergleiche nur die Beſchreibung, wel che Herr Roth von ſeinem Phyteuma orbiculare macht, mit dem naͤchſten beßten Stuͤcke von Phy- teuma ſpicatum, und man wird ſich vollkommen von dieſer Wahrheit überzeugen. Da überhaupt die langaͤhrige Rapunzel oft nichts weniger, als langaͤh⸗ rig iſt, ſo war es fuͤr Herrn Roth um ſo leichter, zu fehlen. Die Gattung des Rapunzels iſt übers haupt gar ſehr zu Abaͤnderungen geneigt; man geht wohl am ſicherſten, wenn man die Geſtalt der Bluͤ— thenblaͤtter mit der Anzahl der Narben in Verbin— dung bringt, und ſo in Verbindung fuͤr weſentlich unterſcheidend annimmt, die übrigen Kennzeichen aber als minder weſentlich nebenher gehen laͤßt. Da ich mehrere Arten dieſer wegen ihrer Unbeſtaͤndigkeit ſchweren Gattung beſize, ſo wird vielleicht ein Ver⸗ zeichnis derſelben nach dieſen Grundſaͤtzen nicht un⸗ angenehm ſeyn. I. PHYTEVMA paucifiorum, bracteis ovatis capitulum pauciflorum obte- gentibus ; ftigmatibus tribus ; foliis omnibus oblongis, obtufis in petio- lum decurrentibus, Phyteuma pauciflorum. Flor. Salifb. n.221. II. PHYTEVMA hemisphaericum, bracteis capitulum fulcientibus cordatis: exte- rioribus ex baſi latiore acute lanceo- : K 5 latis .154 a — latis; ſtigmatibus tribus; foliis lineari- bus oblongiſve in petiolum decurren- tibus, obtuſis. Phyteuma hemisphaericum. Nor. Salisburg. u. 222. III. PHYTEVMA orbiculare, bracteis capi- tulum fulcientibus lanceolatis aequali- bus; ſtigmatibus tribus; foliis omni- bus lanceolatis: inferioribus petiola- tis. N Phyteuma orbiculare. Flor. Salisburg. u. 225. Phyteuma orbicularis, Baier. Flor. u. 388. IV. PHYTEUMA ficatum, bracteis ſpi- cam capitulumve fulcientibus acuto- linearibus; ſtigmatibus duobus; foliis omnibus cordatis: inferioribus petio- lat is, ſuperioribus ſaepius elongatis. Phyteuma ſpicata. Baier. Flor. u. 389. G. Flore coeruleo, Phyteuma orbicularis. Roth germ. II. n. 1. 248. V. PHYTEVMA comoſum, bracteis capi- tulum fulcientibus lineari- lanceolatis; ſtigmatibus duobus; foliis infimis cor- datis petiolatis, ſuperioribus lanceola- tis ſeſſilibus. Phyteuma comofum. Hor. Salisburg. n. 224. Einige Anmerkungen, die ich uͤber die ganze Gattung gemacht habe, veranlaſſen mich, die voll ſtaͤndige EI on 155 ſtaͤndige Beſchreibung der Bluͤthe, wie ich ſie nach der Natur aufgeſezet habe, beyzufuͤgen. Kelch; gemeinſchaftlich: vielblaͤttrig; die Blaͤtt chen in mehrern Reihen, gefranzet, bleibend; ſonderheitlich: mit einem Bluͤthenblatte ge⸗ ſtuͤzt, einblaͤttrig, ſehr kurz, fuͤnfzaͤhnig, blel⸗ bend; mit der Roͤhre den Fruchtknoten um⸗ ſchließend, und mit ihm verwachſen. Blume: oben, fuͤnfblaͤttrig; die Blumenblaͤtter aus dem Kelche, den Kelchzaͤhnen gegenuͤber, aus einem breitlichten Grunde Linlenfoͤrmig; oben in eine Roͤhre zuſammengewachſen, end— lich auseinander fallend. Staubfäden Träger: fünf, aus dem Kelche, mit den Blumenblaͤttern abwechſelnd, um die Hälfte kurzer, am Grunde breitlicht, Blue menblattaͤhnlich, gefranzet, in einen feinen gedruͤckten Faden ſich ſpizend. Beutel: $is nienfoͤrmig, lang. Bluͤthenſtaub: Kugel foͤrmig. Stempel: Der Fruchtknoten unten, mit dem Kelche umkleidet, zwey- bis dreyfaͤcherig; der Griffel walzenfoͤrm'g, krumm, länger, als die Bluͤthe. Narben; zwey bis drey, reif zuruͤckgerollt. 8 Man bemerke 1), daß ich die Blume aus dem Kelche kommen laſſe. Die einfache Beobachtung lehrt in der That nichts uͤber die Stelle, aus wel cher Ball Em cher die Blume kommt; aber man faſſe einen Kelch⸗ zahn mittelſt eines Zaͤngelchens, und reiße ihn bes hutſam laͤngs des Fruchtknotens herab; es wird alle⸗ mal das entſprechende Blumenblatt mitfolgen. Eben das gilt von den Staubfaͤden, die Gleditſch 74) und Herr Moͤnch 78), ich weiß nicht, warum, aus der Blume kommen laſſen. Man bemerke 2), eine friſche Bluͤthe einer hies her gehörigen Art in der Hand, den vorſichts vollen Bau dieſer Bluͤthe. Die Traͤger beſtehen lediglich aus Zellgewebe, ſind aͤuſſerſt duͤnn und zart, ein eins ziges ſehr feines Faͤdchen lauft durch ihren Grund hin, und traͤgt den Beutel, der fuͤr den ſo ungemein ſchwachen Bau des Traͤgers ſehr ſchwer iſt. Nie würde bey einer andern Bluͤthe der Träger diefe Laſt zu tragen vermögen, nie würde eine Befruchtung ers folgen; aber in gegenwaͤrtiger Bluͤthe ſoll er nichts, gar nichts tragen, ſoll nur Nahrung zufuͤhren, Die am Grunde breitlichten Blumenblaͤtter werden bald ſehr ſchmal und Linienfoͤrmig, und find mit ih⸗ ren Raͤndern in eine enge Roͤhre zuſammengewach— ſen, halten dadurch die langen Beutel unter ſich pa⸗ rallel und aufrecht. Dieſe oͤfnen ſich lange vorher, ehe der Griffel feine geeignete Laͤnge erhaͤlt, viels mehr ſchlebt er feine Narben zwiſchen den bereits iha ren Staub abgebenden Beuteln durch, und es ge— ſchieht hier im Grunde eben das, was bey den meis ö ſten 74) Syft. plant. n. 832. 75) Method. a ftam. ſitu. p. 494. Erg 157 ſten verwachſenen beutligen Pflanzen geſchieht. Die Narben werden beſtaubt, ehe die Bluͤthe ſich oͤfnet, und der Griffel ausgewachſen iſt. Man bemerke 3), daß ich nicht, wie man ge woͤhnlich thut, ein fünfrheiliges Blumenblatt, for dern fuͤnf Blumenblaͤtter angebe: denn ſie hangen doch nirgends an ihrem Grunde ſichtbar anelnander. Daß ich zwey bis drey Narben, nicht eine einzige Narbe, die zwey bis'dreytheilig wäre, angebe, kommt daher, weil ich glaube, daß nur jener Theil Narbe heißen koͤnne, welcher mit jenen Gefaͤſſen beſezet iſt, aus welchem die kleinern Narbetropfen ſchwizen, die in einen groͤßern zuſammenrinnen; nun find aber bey dieſer Gattung zween bis drey ſolche Korper da, und die Narbetropfengefaͤſſe hoͤren genau mit ihnen auf, ohne welter am Griffel herabzulaufen. Die gefranzte Flechte fand ich an den Eichen— ſtaͤmmen am Fußwege nach der Schwalge, (einem der Stadtkammer von Neuburg zuſtehendem Meyer⸗ hofe) ſehr häufig, und zwar mit Schüſſelchen von jedem Alter. Sie ſizen allerdings, wie ich in mei— ner Baierſchen Flora 7°) aus Scopoli 77) angefuͤh⸗ ret habe, an den Selten der Blaͤtterzweige auf Stielen, die ſehr kurz, aber dicklicht find; in der Jugend ſind ſie ſehr vertieft, werden aber allmaͤhlig flacher, und am Ende wohl ein wenig gewoͤlbt. ö Sir 76) Num. 1318. 77) Flor. carn. edit. I. 110. n. 32. 158 — Sie find anfänglich ruſſigſchwarz, und mit einem weißlichten Staube uͤberlaufen; aber wenn ſie ſich einmal flach verbreltet haben, blinkt ein Roth durch, das dieſe Schwaͤrze zugleich dunkler macht. Allemal iſt der Umkreis mit einem, der Oberſeite der Flechte gleichfaͤrbigen Rande eingefaßt, der bey der vollen Reife dieſer Schuͤſſelchen uneben wird, was dem berühmten Scopoli Anlaß gab, ihn gekerbt zu nens nen. Aber eigentlich geſtralt ſah ich ihn nicht, auch iſt er's wohl niemals, ſondern was den eben ges nannten Naturforſcher hintergieng, waren nur jene Faͤden, die aus dem kurzen Stiele, der die Schuß felchen- trägt, wie aus jedem andern Zweige der Pflanze, bey reiferm Alter hervorbrechen, und bey gewiſſen Lagen der Schuͤſſelchen, als aus dieſen ſelbſt hervorkommend, erſcheinen, ob es gleich eben nicht ſchwer iſt, ſich von der Betruͤglichkeit dieſer Erſchei⸗ nung zu uͤberzeugen. Durchſchneidet man nun ein Schuͤſſelchen im flachverbreiteten Zuſtande fo, daß man das Meſſer⸗ chen auf die Flaͤche des Schuͤſſelchens lothrecht fuͤhrt, fo entdecket man ſchon mittelſt eines guten Suchgla— ſes kleine tiefſchwarze Strichelchen, die ſich von der Oberflaͤche in die weiſſe Subſtanz hinabziehen, und eine ungleiche Laͤnge haben; nimmt man nun das zuſammengeſezte Mikroskop zu Huͤlfe, ſo erfaͤhrt man, daß dieſe Strichelchen aus lauter Perlenſchnur⸗ foͤrmig aneinander gereihten ſchwarzen Koͤrperchen bes ſtehen, davon jedes eine Engeftalt hat, und die uns ter ſich alle gleich find. Sie find in kein gemein, ſchaft⸗ 2 159 ſchaftliches Samengehaͤuſe eingeſchloſſen, wie bey der Achtſaamengattung geſchleht, ſondern liegen voͤllig frey in der Subſtanz, gerade unter der Oberfläche des Schuͤſſelchens. Man kann ſich bey der Berrachs tung diefer Koͤrperchen nicht erwehren, fie mit Herrn Hedwig 73) für Saamen, oder, was im Grunde auf daſſelbe Ding hinauskommt, für Deckenloſe Keis me (Propagines Gaertn.) zu halten. Mögen doch die Botaniſten nicht fodern, daß man dieſe Mey nung geradezu durch die Saat beweiſe! Waͤre es auch möglich, dieſe auſſerordentlich kleinen Körpers chen in hinlaͤnglicher Menge und rein von der Flechte loszukrlegen, ſo haben wir kein Mittel, ſie zu ſaͤen; nie iſt eine Flechte dieſer Art in der Erde gewachſen, und ſie auf eine Holzrinde Naturgemaͤß hinzukleben, dazu fehlet es uns an Mitteln, die wir der Natur bey fo ungemein kleinen Gegenſtaͤnden nicht wohl ab- lernen koͤnnen, und noch mehr fehlt es uns bey dies ſer mikroskopiſchen Saat an Mitteln, den Einreden vorzubeugen, die ſich wohl vorſehen laſſen. Flora ließ mich um Neuburg mehrere und wich, tigere Beytraͤge zur Naturgeſchichte ſammeln, als Fauna. Das kam lediglich daher, weil ich die groͤßte Zeit meines dortigen Aufenthaltes uͤbel Wetter hatte, das den Thieren ſo wenig anſteht, als dem Men⸗ ſchen; ſie wiſſen ſich zu verſtecken, und entziehen ſich dadurch den Augen des Beobachters, da hingegen die Pflanzen an den Boden gebunden ſind, aus dem ſie 78) Theor. generat. 123. - 160 — ſie zuerſt hervorſproßten, und ſich der Witterung nicht entziehen koͤnnen. Einige Zoologiſche Bruch⸗ ſtüͤcke ſammelte ich indeſſen gleichwohl auf, und dleſe moͤgen nun folgen. 1. Dermeſtes graphieus. Schwarz; Nuͤcken. ſchild und Fluͤgeldecken Muſchelbraun geran⸗ det; zwo gelbe Buchſtabenfoͤrmige Zeichnun⸗ gen auf jeder. Beſchriebener Fettkaͤfer. Er hat die Geſtalt einer Fabriclus' ſchen Chry⸗ ſomele, oder des Kirſchnerfettkaͤfers, iſt nur 2“ lang und 1% breit. Die Farbe iſt ſehr tief Mu⸗ ſchelbraun, faſt ſchwarz, zeigt ſich aber uͤberall, wo keine Unterlage da iſt, wie z. B. an den Seitenraͤn, dern des Ruͤckenſchildes und der Fluͤgeldecken, viel heller. Auf jeder Fluͤgeldecke find zwo gelbe Zeich nungen, eine vordere und eine hintere, welche Buch⸗ ſtaben irgend eine orientaliſche Schrift vorſtellen; oder man koͤnnte ſich etwa bey der vordern ein Win⸗ kelmaaß, und bey der hintern die Abbildung eines Staubbeuteltraͤgers der Schwalbenwurz mit feinen beyden Beuteln vorſtellen; uͤbrigens ſind die Fluͤgel⸗ decken ohne Punkte und Striche. Die Unterſeite des Inſektes iſt ſehr tief Muſchelbraun, aber die Fuͤſſe und die Fuͤhlhoͤrner find viel heller, Ich habe das Inſekt an einem e ee gefunden. 2. Coc- ——_ 161 2. Coccinella 12 guftata. Durchaus Dotter⸗ gelb; auf dem Ruͤckeſuchilde zween, auf den Fluͤgeldecken zwölf weiſſe Punkte. Zwoͤlftro⸗ pfiger Sonnenkaͤfer. Coccinella 12guttata. Enum. inf. auf. n. 111. Nur die Augen find an dieſem Inſekte ſchwarz. Die zween weiſſen oder weißgelben Tropfen des Ruͤ— ckenſchildes befinden ſich an den beyden Hinteracken deſſelben. Die Tropfen ſtehen auf jeder Fluͤgeldecke folgendermaſſen; 2, I, 2, 1. Der eine Punkt des erſten Paares ſizt am Nande ‚ und iſt ziemlich uns deutlich. 3. Curculio pomorum. Der Ruͤſſel dünn, Bo⸗ genfoͤrmig; die Schenkel gezaͤhnt; der Zahn des erſten Paares ſehr ſtark; der Koͤrper roth⸗ braun. Kernobſtruͤſſelkaͤfer. Curculio pomorum. Linn. faun. fuec. u. 612. Lang 13“. Der Nüffel, welcher etwa noch um die Haͤlfte Far ift, als der Ruͤckenſchlld, iſt nebſt dem Rumpfe ſchwarz; der Kopf iſt ſehr duns kel muſchelbraun; heller ſind der Ruͤckenſchild, dle Fuͤſſe, die Fuͤhlhoͤrner, (die jedoch ein ſchwarzes Koͤlbchen haben), und die geſtreiften Fluͤgeldecken; drey ſchwarze Binden, von denen jedoch keine die Auſſenraͤnder erreichet, ſind auf den Leztern an der Nath zu ſehen. Ich habe dieſes Juſekt von der Traubenfirfchez es wohnt alſo nicht bloß im Kernobſte, ſondern auch im Steinobſte. L 4. Cure 162 a _ __ — — 4. Curculio aterrimus. Tiefſchwarz, nackt; alle Schenkel gezaͤhnt; das Koͤlbchen der Fuͤhlhoͤrner von Haͤrchen gau Tiefſchwar⸗ zer Ruͤſſelkaͤfer. Curculio aterrimus. Linn. faun. fler. ni. 582; Dieſer Hüffelfäfer kommt auf Ruͤſtern vor. Seine Laͤnge von den Augen bis zum After betraͤgt etwa ı 2%, Der Ruͤſſel iſt kaum fo lang, als der Rüͤckenſchild. Dennoch mag er im Syſteme noch unter den Langruͤſſelichen ſtehen, weil der betraͤcht— lich duͤnne Ruͤſſel, wenn man den Kaͤfer mit freyen Augen betrachtet, eine etwas größere Laͤnge luͤgt. Die Farbe iſt durchaus gleich, uͤberall ein einförmis ges tiefes, faſt Glanzloſes Schwarz, obgleich der Käfer weder Haare noch Schuppen hat, und nicht einmal die Striche der Fluͤgeldecken ſehr deutlich find; dieſe Striche weißen ſich übrigens unter einer ſtark vergroͤſſernden Glaslinſe als Punktſtriche aus, auch ſieht man mit derſelben, daß der Ruͤckenſchlld nicht nur dicht punktiret iſt, ſondern auch an ſeinem Grun⸗ de beyderſeits einen kleinen Hoͤcker hat. Der Kaͤfer iſt gefluͤgelt. 5. Cantharis pilofa. Durchaus ſchwarz, mit feinen aufrechten Haͤrchen behaart. Behaar⸗ | ter Fliegenkaͤfer. Cantharis pilofa. Scop. carn. u. 131. Anne“ hatte den Käfer vormals 79) unter dle Fettkaͤfer mit dem Trivialnamen Niger geſezet, und 79) Faun. ſuec. n. 409. auch nz 163 auch in den folgenden Schriften 80) darunter gelafe fen. Da nun der Käfer eine offenbare Cantharis iſt, ſo konnte Scopoli, als er ihn in Crayn fand, wohl niemals darauf verfallen, ihn unter den Der— meſten zu ſuchen, hielt ihn fuͤr neu, und gab ihm den Trivialnamen Piloſa. Herr Fabricius rückte ihn abermals 81) von ſeinemPlaze, und machte mit Bey⸗ behaltung des Linnaͤiſchen Trivlalnamens ein Ano— bium daraus, erkannte aber in der Folge 82) ſeinen Irrthum, und feste ihn unter die Fliegenkaͤfer, wo— hin er denn allerdings gehört, obwohl feine Freßſpi⸗ zen nicht genau Beilfoͤrmig find, zuruͤck. Ich bes halte den Trivialnamen des Scopoll bey, der in mancher Ruͤckſicht beſſer iſt. Denn 1 haben wir keinen Fliegenkaͤfer in der Fabriclusſiſchen Gattung, der mit einigem Rechte behaart genennet werden konnte, als ihn; 2) erhielt der Käfer bey Scopoli gleich anfaͤnglich unter dieſem Namen den rechten Plaz, und behielt ihn unveraͤnderlich; 3) haben wir bey Linne“ und Fabricius eine Cantharis atra, die freylich ganz anders ſchwarz iſt, als der vorliegende Kaͤfer; unterdeſſen graͤnzen die grammatiſchen Be⸗ deutungen von Ater und Niger zu nahe aneinander, als daß nicht eine deutlicher unterfcheidende, wenn ſie ohne Neuerung zu haben iſt, beſſer ſeyn ſollte; 4) iſt die vorliegende Cantharis nicht einmal rein S 2 3 ſchwarz / 80) Syſt. nat. I. 564. n. 28. 81) Syſt. entom. 62. n. 4. 82) Mantiſs. Inſect. I. 168. n. 10. * 164 | — ſchwarz, ſondern zieht etwas in Grün, oder zumels len in Kupferfarbe, aber ſo, daß es wie ſchwarz ausſieht. Der behaarte Fliegenkaͤfer ift 2 2 fang, nicht gar 1 breit. Unten iſt er wirklich ſchwarz; die Schienbeine, und faſt auch die Fußblaͤtter, find Muſchelbraun; der faſt Tellerfoͤrmig gerundete Ruͤ— ckenſchild und die Fluͤgeldecken haben einen betraͤcht⸗ lichen Glanz, ungeachtet ſie nebſt dem Kopfe mit feinen aufgerichteten ſchwarzen Haaren dicht beſe⸗ zet ſind. Der Kaͤfer kommt auf Bluͤthen vor. 6. Staphylinus furfoſus. Sattſchwarz: der Kopf, der gewoͤlbte Ruͤckenſchild und die Fluͤ⸗ geldecken tief Muſchelbraun; die Fuͤße hell Muſchelbraun, die Bruſt ſchwarz. Moor⸗ luderkaͤfer. Das Inſekt iſt 13“ lang, und wuͤrde nach Herrn von Paykull 83) in die erſte Familie, Capite thorace haud anguſtiore, gehoͤren. Der Kopf, der Grund der Fuͤhlhoͤrner, der Ruͤckenſchild (deſ⸗ ſen Umfang Tellerfoͤrmig iſt), die Fluͤgeldecken, die Fuͤſſe nach allen ihren Theilen, find Muſchelbraun: aber der Kopf iſt dunkler gefaͤrbt; alles Webrige iſt ſchwarz. Ich habe den Kaͤfer im Torfe gefunden. 7. Ci- 33) Monograph. Staphyl. Suec. | ® 2 — 165 7. Cicada Malina. Blaßgelb; die Fluͤgelde, cken ſehr blaßgelb, durchfheinig. Glasfluͤ⸗ gelichter Grashuͤpfer. Cicada Iıyalina. Müller Zool. dan. prodr. n. 1169. Lang 12%. Durchaus blaßgelb, ohne alle ans dere Farbe. Die Fluͤgeldeken noch blaͤſſer. Die Fluͤgel waͤſſerig Milchfarbig. Die Fuͤhlhoͤrner ſo lang, als der Bruſtruͤcken. Die Augen glebt Muͤller grau an; im todten Inſekte haben ſie dieſe Farbe; ich ſah fie auch noch im Leben grau, aber auch an einigen Stuͤcken ſchwarz. Die Scheide des Rufe ſels iſt ſehr kurz, daß ſie faſt zu fehlen ſcheint. 8. Cimex triguttatus. Läͤnglicht, tiefſchwarz. Die Fluͤgeldecken Muſchelbraun: auf dem Fluͤ— gelfoͤrmigen Fortſaze drey Milchwelſſe Punkte. Dreytropfige Feldwanze. Cimesx triguttatus. Linn. Syfi. Nat. 729. n. 94. Sie iſt nur 2“ lang, und auſſer den zu nen⸗ nenden Theilen durchaus tiefſchwarz. Die drey aufe fern Glieder der viergliedrigen Fuͤhlhoͤrner find Mus ſchelbraun, oder vielmehr rothbraun, auch die Knie an den Fuͤßen, die Schlenbeine und die Fußblaͤt⸗ ter. Die Halbfluͤgel ſind Muſchelbraun, aber die vordere Haͤlfte am Grunde iſt ſehr hellfaͤrbig, wird aber da, wo ſie das Schildchen beruͤhrt, ſchwaͤrzlicht. Der Fluͤgelfoͤrmige Fortſaz iſt braͤunlicht getruͤbt, und hat drey Milchweiße Tropfen: einen am Grunde, el⸗ nen zu beyden Seiten. i 93 Bey 166 — . Bey Herrn Fabriclus kommt auch ein Cimex triguttatus vor 84), welcher aber nicht die gleichna⸗ mige Feldwanze des Linne“ iſt. Denn 1) dieſe hat auf jedem Fluͤgelfortſaze deutlich drey weiße Punkte; aber von der ſeinigen erklaͤrt ſich Herr Fabricius fol⸗ gendermaſſen: Punctum niveum in elytris et alis ita, ut complicatis alis puncta tria nivea adpareant. Da iſt nun wohl keine große Klarheit im Vortrage, aber ſo viel geht doch hervor, daß auf jedem Fortſaze nicht drey Punkte da ſeyen. 2) Herr Fabricius ſagt von feinem Cimex: — — elytris aliſque apice puncto albo; bey meinem Inſekte ſind die Fluͤgel ſelbſt Waſſerhell, was auch Linne von dem ſeinigen ſagt; bey dieſem ſollen nun freylich von den drey Milchtropfen auf jedem Fort⸗ ſaze, unum verſus apicem, duae verfus ba- ſin; aber Linne“ nimmt manchmal Apex und Bafis umgekehrt, hatte gewiß mein Inſekt vor ſich, weil ſeine Beſchreibung uͤbrigens treffend iſt, und muß in der zweifelhaften Stelle auf die Art erklaͤret wer— den, wie ich es nach der Natur gethan habe. Daß ich meinem Inſekte eine Laͤnge von 2; er dem ſeinigen nur die Groͤße einer Laus zugeſchrieben, thut nichts zur Sache: denn 1 koͤnnen wohl die Inſekten zuweilen, beſonders in kaͤltern tändern, Flets ner, als gewoͤhnlich, fallen; 2) iſt es bey Linne“ ein ſehr oft vorkommender Ausdruck: Magnitudo pe- diculi, (verſteht ſich wohl darunter humani), gleich- wohl 84) Syſt. entom. 724. n. 139. En 167 wohl find diefe Lausgroßen Thierchen oft en &s nlen lang. | 9. Papilio Spini. Die Flügel Schattenbraunz unten auf den vordern eine Randreihe kleiner Aeugelchen, auf den hintern eine Oranienrothe Hinterbinde zwiſchen zwo Punktreihen. Schle⸗ henfalter. Papilio Spini. Wienerverz. 186. Papilio llicis. Borkhauſen Naturg. J. 138. Die Flügel oben Schaͤttenbraun, die hintern mit drey bis vier blinden Aeugelchen mit Oranien⸗ farbigen Augenbraunen; unten alle Fluͤgel dunkel Eſelgrau, mit einer duͤnnen, aus Strichelchen zu— ſammengeſezten weißen Querlinie; auf den vordern eine Querreihe von vier bis fünf ſchwarzen, einer⸗ ſeits weiß, andrerſeits verwiſcht Oraniengelb gerandes ten Punkten; auf den hintern eine Oranienrothe Hinterrandsbinde, die beiderſeits mit 1 ſchwar⸗ zen Punkten eingefaſſet iſt; der Saum ſchwarz mit weiſſem Vorſaume; das Schwaͤnzchen ſchwarz mit weißer Spize. 10. Noctua dipfacea. Die Oberfluͤgel gelb— grau, mit zwo duͤſtergruͤnen Binden; die Un⸗ terfluͤgel mattgelb; ein Nierenfleck im Mit— tel und eine Queerbinde am Hinterrande tief— ſchwarz; ein gelber Fleck in Lezterer. Men⸗ gelwurzeule. Noctua dipſacea. Borkhauſen in Scriba's Beytr. II. 172. Tab. 12. Fig.3 5. v4 Sie 168 2 Sie gehört unter die groͤßern Arten ihrer Fas milie, das iſt: derjenigen Eulen, die aus Bogen⸗ ſtrichraupen kommen, indem ihr Oberfluͤgel 7 3, fie ſelbſt vom Kopfe bis zum After eben fo viel mißt. Die Farbe der Fluͤgel auf der Oberſeite habe ich bereits angegeben. Die Unterſeite iſt aͤuſſerſt blaß gelbgrau; auf den Vorderflügeln ſieht man im Mit⸗ telfelde einen großen tieſſchwarzen Nierenfleck, und vor demſelben, naͤher gegen den Grund hin, einen eben fo tiefſchwarzen Punkt; zwiſchen dem Nieren— flecke und dem Hinterrande zieht ſich eine ſchwarze ſchmale Binde heruͤber. Die Hinterfluͤgel find uns ten eigentlich einfaͤrbig, aber die Zeichnung der Ober⸗ ſeite ſcheint matt durch. 11. Phalaena adperſaria. Die Fluͤgel blaß⸗ gelblicht, mit braunen Queerſtreifen und Staube. Braunſtaubiger Spanner. Phalaena adſperſaria. Fabr. mant. II. 189. u. 45. Sehr ähnlich dem Weibchen des Flockenkraut⸗ ſpanners der Wiener 88), oder, was eben daſſelbe Inſect iſt, des Herbſtiſchen Beyfußſpanners 6), nur daß der Schmetterling etwas kleiner iſt, und flatt der weiß grauen eine blaß Strohgelbe Farbe hat. Alle Flügel find ſtark mit gruͤnlichtbraunen Queerſtri⸗ chelchen, die dem freyen Auge wie Staub erſcheinen, beſaͤet, und von eben dieſer We ziehen ſich auf den Ober⸗ 85) Wienerverz. 105. v. 5. 86) Fueßly Archiv. II. H. — 169 Oberfluͤgeln (davon jeder 6““ lang iſt) drey ges wellte ſchmale Binden queer uͤber das Fluͤgelfeld, da⸗ von die erſte unweit des Grundes liegt; die beyden andern, welche auf halbem Wege in eine zufammens flieffen, uber die Mitte des Flügels heruͤbergehen. Die Unterfluͤgel haben nur zwo Binden, die uͤber die Mitte in parallelen Bogen heruͤbergehen, und Breite und Farbe mit denen der Oberfluͤgel gemein haben. Ich kenne uͤbrigens bloß das Weibchen dieſes Schmetterlinges. Die Fluͤgelfranzen find gelblicht und braun ges wechſelt; der Fluͤgelrand iſt ganz. 12. Phalaena omicronaria. Die Flügel gelb— lichtweiß, mit einer gemeinſchaftlichen braus nen gezaͤhnelten Binde, und einem kleinen oO vor derſelben auf jedem. Maſſernſpinner. Geometra omieronaria. Wiener Verz 107. u. 3. Reaumür. mem. II. 2. 159. (in 12mo) Tab. 31. Fig. 16. Die Vorderfluͤgel ſind vollkommen ganz, und 5 2% lang; die Hinterfluͤgel find doch am Hinter⸗ rande ein wenig gezaͤhnelt. Alle ſind vollkommen einfaͤrbig, gelblichtweiß, und haben über die Mitte ihrer Laͤnge eine etwas breite Binde, die aus zwo queerlaufenden gezaͤhnten ſchwaͤrzlichten Bogenlinien beſteht, welche zwiſchen ſich einen gelblichten paral⸗ lel laufenden Raum einſchließen; noch ſchlaͤngelt ſich eine andere ſchwaͤrzlichte Linie unweit des Grundes uͤber alle Fluͤgel herum, und im Mittel jedes Fluͤ— gels iſt ein kleines grlechiſches 0 verzeichnet, das Mt 2 5 auf 170 on — auf den Unterfluͤgeln den Innenrand der Binde ber ruͤhrt. 0 13. Pyralis averfalis. Unrein glaͤnzendweiß, unten mit ſchwaͤrzlichten Queerſtreifen. Un⸗ ten gefaͤrbter Zuͤnsler. | Ich finde dieſen Zuͤnsler nirgends angefuͤhret, und gebe ihm daher einen Namen, der auf ſeine Zelchnungen Bezug hat, die auf der Oberſeite der Fluͤgel gaͤnzlich fehlen, auf der abgewandten allein vorhanden ſind. Er hat die Groͤße und den Bau des Neſſel— zuͤnslers, iſt oben zwar glaͤnzend, aber unrein weiß, und ganz einfarbig; dieſe Farbe iſt auch die Grund— farbe der Unterſeite, aber der Auſſenrand der Fluͤgel, vorzuͤglich der obern, iſt ruſſig, auch ziehen ſich an den Unterfluͤgeln zwo ruſſige Vinden queer uͤber das Fluͤgelfeld, vier an den Oberfluͤgeln, davon jedoch zwo nur angefangen ſind. 14. Tinea pennella. Bleygrau; Kopf und Bruſtruͤcken Silberweiß; die Oberfluͤgel mit Silberſtreifen; die Fuͤhlhoͤrner am Grunde gebartet. Silberſtrichmotte. Tinea pennella. Wiener Verz. 140. n. 61. Sie iſt 5 3“ lang, und traͤgt ihre Fluͤgel et⸗ was eingerollt; die Schnauzen find verhaͤltnißmaͤßig kurz, duͤnn und nur in einem leichten Bogen ge— kruͤmmt. Die Fuͤhlhoͤrner find fo lang, als das ns ſekt; die Fluͤgel nicht mitgerechnet, und am Grunde bartig. 2 — 171 bartig. Die Farbe iſt eigentlich ein ziemlich tiefes Aſchengrau, das aber auf der Oberſeite viel lichter iſt, und, wann das Inſekt ruht, vom freyen Auge gar nicht und kaum mit der Glaslinſe geſehen wird; Denn die Schnauzen, die Fuͤhlhoͤrner, der Kopf, das ganze Bruſtſtuͤck (oben und unten) und die Füße find Silberweiß: Leztere etwas matter; laͤngs der Ober⸗ fluͤgel find verſchledene auseinander fahrende Silber— weiße Striche, davon die laͤngſten zween aus dem Grunde kommen, und ſich an den Seitenraͤndern endigen; ein dritter, noch laͤngerer, entſpringt in einiger Entfernung von ihrem gemeinſchaftlichen Wins kel, und lauft etwas einwaͤrts bis an das Hinterende fort; drey kuͤrzere laufen aus dem Mittelraume ſchief gegen den Auſſenrand hin. Der Innenrand der Un— terfluͤgel, und ſelbſt der Oberfluͤgel, iſt ſtark gebartet. 15. Tenthredo pavida. Die Fuͤhlhoͤrner neun gliederig; der Koͤrper ſchwarz; die Fuͤſſe und drey Ringe des Hinterleibes rothbraun. Furcht⸗ ſame Blattweſpe. Tenthredo pavida. Fabr. ſpec. inſ. I. 411. n. 27. Schäffer icon. 7. g. 10. Dle Fuͤhlhoͤrner faſt Borſtenfoͤrmig, ſchwarz, wie das ganze Inſekt. Die Mundtheile gelb; eine ſchlefe Linie vom Grunde des Bruſtruͤckens bis zum Grunde des Vorderfluͤgels gelb; zween gelbe Punkte uͤber dem Schildchen; ein gelber Punkt auf dem Huͤftbeine der Hinterfuͤſſe, ein anderer zu jeder Sei⸗ te des erſten Hinterleibsringes, (die aber auch oft feh⸗ len); 172 —— len); der dritte, vierte und fuͤnfte Hinterlelbsring oben und unten braunroth, auch die Fuͤſſe, aber die Schenkel der beyden leztern Paare haben Schwarz, find oft ganz ſchwarz. Laͤnge 42“; Breite des Hinterleibes 1 2, 16. Tipula palleſcens. Der Körper gelblicht; die Augen, der Mund, vier Hacken am Af— ter ſchwarz; die Fluͤgel aͤußerſt blaß Iſabell⸗ farbig. Blaſſe Muͤcke. Sie gehört in die Familie der Langfuͤſſe. Sie iſt der gelblichten Muͤcke des Linne“ ungemein aͤhn⸗ lich, auch an Groͤße, unterſcheldet ſich aber durch die, zwar ſchwach, Iſabellfarbigen Fluͤgel, und die blaßgraue Farbe ihres ganzen Koͤrpers. 17. Tipula bombyeiformis. Rauhhaarig; die Flügel Eyfoͤrmig Lanzettaͤhnlich, flach verbreis tet, Aſchengrau, ſchwarz benebelt; die Fuͤhl⸗ hoͤrner knotig. Spinnerfoͤrmige Muͤcke. Sie kam mir an dem Wege nach der Schwaig (einem der Stadt Neuburg gehoͤrigen Meyerhofe) öfter an Eichenſtaͤmmen vor. Sie iſt eine Anvers wandte der rauhen Muͤcke (T. hirta Linn.), iſt aber noch einmal ſo groß, oder eigentlich wohl gar (nach den Fluͤgeln gemeſſen) von der Größe der Thaufliege, und traͤgt ihre Flügel in der Ruhe nicht Dachfoͤrmig abhaugend, ſondern flach verbreitet, wie der Schle— henſpinner, oder der Rothbuchenſpinner. Ihre Fluͤ— gel find Lanzettaͤhnlich, grau, und von ſchwarzen Woͤlk⸗ — 173 Woͤlkchen bunt. Die Fuͤhlhoͤrner find knotig Perlen⸗ ſchnurfoͤrmig. 18. Rhagio corrigiolatus. Schwarz; die Bor, ſte der Fuͤhlhoͤrner weiß; dle Fuͤſſe Roſtfar⸗ big mit einer ſchwarzen Binde um die Schen, kel; der Kopf in dle Lange gezogen. Knie⸗ band⸗Pfriemenflie ge. Muſca corrigiolata. Fabr. ſpec. inf. II. 447. 1. 59. Rhagio, Pfriemenfliege, nenne ich eine Gattung zweyfluͤgelichter Inſekten, die ſehr kurze, Perlenſchnurfoͤrmige, Armgliedrige (etwa nur aus drey Gliedern beſtehende) Fuͤhlhoͤrner haben, aus Des ren Spitze eine Vorſte hervorgeht, etwa wie die Pfriemen aus dem Handgriffe. Der Ruͤſſel ist fleis ſchig, und in der Ruhe zuſammengebogen, und der Koͤrper laͤnglicht. Nach dieſen Begriffen gehoͤrt die ganze Gattung Rhagio des Herrn Fabriclus, aber auſſer dieſer noch manches andere zweyfluͤgelichte In, ſekt hieher, welches er unter ſeiner Muſca gelaſ— ſen hat. | Dahin gehoͤrt denn auch die von Linne“ zuerſt bekannt gemachte Muſca corrigiolata, die ſich durch ihre langen, rothgelben, mit einem ſchwarzen Rin⸗ ge umgebenen Schenkel ſo deutlich und ſtandhaft auszeichnet, daß fie keiner weitern Beſchreibung be darf. Ich merke nur noch an, daß fie keine Decke ſchuppe uͤber ihren Schwungkoͤlbchen hat. Ihre Larve lebt vermuthlich im Waſſer, wenigſtens haͤlt ſich das vollendete Inſekt ſehr gerne auf dem Entengraſe (auf 174 en (auf den Waſſerlinſen) auf, auf dem es hurtlg weglauft. 19. Rhagio tipuliformis. Schwarz; die Flügel ſchwaͤrzlicht, ungefleckt; die Schenkel Schläges gelb; der Bruſtruͤcken ſehr gewoͤlbt. Muͤcken⸗ fürmige Pfriemenfliege. Sie iſt nur 2““ lang, durchaus glänzend fat ſchwarz. Nur die langen Fuͤſſe und die Bruſt ſind Schlaͤgegelb, und dieſes Gelb wird an den Schienbei— nen und Fußblaͤttern ſehr ruſſig. Der glaͤnzend ſchwarze Bruſtruͤcken iſt ſehr gewoͤlbt, und faſt halb⸗ kugelſoͤrmig. Auf dem Hinterleibe gewahrt man drey Binden, die faſt Waſſerhell durchſcheinig ſind. 20. Rhagio elegans. Glaͤnzend, laſurt: der Bruſtruͤcken gruͤn, der Hinterleib blau; die Fuͤſſe und die Adern der Fluͤgel gelblicht. Niedliche Pfriemenfliege. Sie gehört mit Mufca polita und nobilitata des Linne“ und einigen andern Geſpielinnen in die gleiche Familie, hat zwar nicht ganz genau die Kenn, zeichen einer Pfriemenfliege; aber doch beſſer, als je— der andern Gattung. Sie iſt nicht volle 2“ lang; der Hinterleib iſt etwas niedergedruͤckt, mit ziemlich parallelen Seiten; die Stirne und der Hinterleib blau: der Bruſtruͤcken grün laſuͤrt. Die Fuͤhlhoͤr⸗ ner tief Muſchelbraun: das lezte Glied etwas kolbig, mit einer Vorſte an der Seite der Spize. 21. Stra- — 175 21. Stratiomys palatina. Muſchelbraun; das Schildchen zweyzaͤhnig; die Ringe des Hin— terleibs gelb eingeſaͤumt. Pfaͤlziſche Waffen⸗ fliege. U Schäffer hat in feinen Abbildungen der Regens burgiſchen Inſekten eine ſehr ähnliche Art gezeich— net 87), die er um Regensburg mag gefunden haben. Ich hatte ſie vormals bey Burghauſen angetroffen, und Stratiomys grandis genannt. Eine andere ähnliche Art hatte ich bey Geran, und eine dritte bey Neuburg geſammelt. Ich nenne dle erſtere Major und die leztere Palatina, und will den Unterſchied aller Dreyen angeben. Strat. grandis. Lang 9. Breite des Hin⸗ terleibs 3’. Das Schildchen gerundet, ganz zweyzaͤhnig. Durchaus Roſt⸗ gelb. Die Augen ſchwarz. Der Bruſtruͤcken faſt braunroth, blaͤſſer geſtrei (, glatt. Strat. major. Lang 72%. Breite des Hin⸗ terleibs 22%. Das Schildchen zweylappig; je⸗ der Lappen mit einem Zizenfoͤr⸗ migen Zahne. Daraus Roſt⸗ gelb N Diedlugen ſchwarz. Der Bruſtruͤcken Roſtgelb, dunf- kn geiteeift faſt 87) Tab. 110. Fig. 4. 5. Strat. palatina. Lang?!“ nicht ganz. Breite des Hin⸗ terleibs 2 3/4 Das Schlochen in zween Zaͤhne zerſchnitten. Bircaug tief Muſchelbraun. Die Augen ſchwarz. Der Bruſtruͤcken matt ſchwar fein pelzig. 1 Das 176 Strat. grandis. Das Schildchen faſt braunroth, ganz mit zwo hervorfpringens den Spizen. Der erſte Ring des Hinterlei— bes am Grunde ſchwarzbraun; der zweite und dritte an den Seiten Bein⸗ weiß geſaͤumt. Der Hinterleib am Rande ge— rundet, (das Inſekt- ſcheint ein Weibchen zu ſeyn). Die Fluͤgel gelb» füchtig, auch an den Adern. Die Fuͤſſe blaͤſſer, als der Koͤrper. — | Strat. major. Strat. palatina. Das Schildchen Roſtgelb, ge⸗ theilt; die Zaͤh⸗ ne an die ge⸗ rundeten Lap⸗ pen angeſezet. Alle Ringe des Hinterleibes gleich Roſtgelb; der zweyte und dritte Beinweis gerandet. Der Hinterleib am Endeͤegel⸗ koͤrmig geſpizet, (das Infekt iſt ein Maͤnn⸗ chen). Die Fluͤgel gelb⸗ ſuͤchtig, auch an den Adern. Die Fuͤſſe blaͤſſer, als der Koͤrper. Das Schildchen ſchwarz, in zwe⸗ en Zaͤhne ge⸗ theilt. Alle Ringe des Hinterleibes, den erſten aus⸗ genommen, gelb gerundet; der zweite und drit⸗ te am ſtaͤrkſten. Der Hinterleib am Ende gerundet (das Inſekt ſcheint ein Weibchen zu ſeyn). Die Fluͤgel gelb⸗ ſuͤchtig, auch an den Adern. Die Fuͤſſe blaͤſſer, als der Koͤrper. Wir haͤtten demnach drey naͤchſt verwandte Arten: Strat. grandis. Roſtgelb, das Schildchen zweyzaͤhnig, der erſte Ring des Hinterleibs am Grunde ſchwarz, der zweyte und dritte an den Seiten weißgeraͤndelt. Schaeffer icon. 110. fig. 4. 5. Strat. — 177 Strat. major. Roſtgelb; das Schildchen zwey⸗ zaͤhnig; der zweyte und dritte Ring des Hin— terleibes an den Seiten weiß eingeſaͤumt. Vielleicht nur das Maͤnnchen der vorigen Art. Strat. palatina. Muſchelbraun; das Schild, chen zweyzaͤhnig; die Ringe des Hinterleibes gelb eingeſaͤumt. 22. Aſilus cindtus. Schwarz; die Ringe des Hinterlelbes weiß eingeſaͤumt; die Schenkel und Schienbeine der Hinterfuͤſſe unten grau⸗ baͤrtig. Geguͤrtelte Raubfliege. Aſilus einctus. Fabr. Ipec. inf. II. u. 468. n. 29. Sie hat viele Aehnlichkeit mit der oͤlaͤndiſchen Naubfliege, iſt aber um vieles kleiner. Sie mißt vom Kopfe bis zum After nur 6°; der Lelb iſt ſehr ſchmal, die Flügel find weniger und unreiner ſchwarz, der Körper, iſt Glanzloſer, und die Fuͤſſe find durchs aus ſchwarz. Die Raͤnder der Hinterleibsringe ſind weißlicht, aber dies ſehr ſchmal, und am todten Inſekte faſt unkenntlich; die Stirne iſt weiß; die Schwingkoͤlbchen find gelb; und der tlefſchwarze Bruſtruͤcken ſplelt von ſparſamen braunrothen Haas ren in Grau. 23. Acarus Tenthredinum. Carmolſinroth, faſt Kugelfoͤrmig; die Fuͤſſe ſehr kurz, ſehr duͤnn, gleich. Blattweſpenmilbe. M Dieſes 178 — Dieſes Inſekt kann der Acarus gymnopte- rorum Linn. nicht ſeyn, den Linne“ 88) definirer: Acarus abdomine rubro utrinque pundtis binis coccineis, welche Namensbeſtimmung auch Herr Fabricius 89) annimmt, und ſich dabey auf Degeer, Reaumuͤr und Geoffroy beruft. An meis ner Blattweſpenmilbe fehlen diefe Puncta cocci- nea völlig; das Abdomen rubrum allein cha⸗ rakteriſirt nicht genug, da es mehrere rothe Milben giebt; was ſonſt Linne“ von ſelnem Acarus gym- nopterorum ſagt, paßt wohl auf die gegenwaͤrti⸗ ge Art, aber auch auf andere, naͤchſt verwandte. Degeer's Abhandlungen uͤber die Inſekten kann ich jezt nicht nachſchlagen, aber ſicher glaube ich, daß auch er den Acarus gymnopterorum Linn. nicht vor ſich gehabt habe; er nennt die vom Herrn Fa— bricius angeführte Milbe Acarus Libellulae, und definiret fie 90): ruber, pedibus breviſſimis, ſtigmate dorſali rubro; gleichwohl mußte ihm der Acarus gymnopterorum aus den aͤltern Schriften feines Landsmanns bekannt ſeyn. Geof: froy 91) befchreibt allerdings den Linnaͤiſchen Acarus gymnopterorum, aber Reaumuͤr, den er an⸗ fuͤhrt, zeichnet die vier Scharlachrothen Punkte an ſeinem Pou d' Abeille nirgends, ob er gleich das Inſekt 88) Faun. ſuec. n. 1982. N 89) Spec. inf. II. 623. n. 5. 90) Retzius gen. et ſpec. inf. Degeer n. 1348. 91) Hiſt. des Inſect. II. 623. n. 5. — 179 Inſekt von drey verſchledenen Seiten vorſtellt 920 und ſagt auch in der zlemlich weltlaͤuftigen Beſchrel— bung 93) kein Wort davon. Meine Milbe iſt durchaus elnfaͤrbig Carmolſin⸗ roth, ohne alle Puncte, völlig glatt, auſſer daß fie ganz hinten zwey oder vier ſehr kurze Borſten hat. Ihre Geſtalt iſt Enförmig, die Fuͤſſe find ſehr kurz und ſehr dünn. Man ſollte fie eher für ein Ey ir gend elnes Inſektes halten. Kaum iſt ſie im Stande, ſich von der Stelle zu bewegen, fo unbehilflich iſt fie. Sie haͤlt ſich gerne an der Bruſt der Blatt- weſpen auf. 24. Lumbricus tubifex. Roͤthlicht, mit zwo Reihen Borſtenfuͤße. Roͤhrenbauender Erd⸗ wurm. Lumbricus tubifex. Muller verm. n. 160. Kleiner Waſſeraal. Schaͤffer's Abhandl. 1. 307. Tab. 3. Fig. 1 — 3. Muͤller führe ſelbſt den Schäffer’fchen kleinen Waſſeraal bey feinem Lumbricus tubifex an, aber nicht unter den Synonymen, ſondern im Texte, und bedienet ſich des Ausdruckes: Hue referendus eſt vermis Cl. Schaefferi, facile idem, kleiner Waſſeraal. Mir ſcheint in dieſen Worten und in dieſem Betragen ein Zweifel zu liegen; es hat das M 2 Anſe⸗ 92) Mem. pour ferv. à l' hiſt. des Inſect. V. Tab. 38. e 93) Ibid. Tom. V. part. II. p. 412. in 12mo. 180 — 2 — = Anſehen, Müller habe vorausgeſezet, die Schäffer’, ſche Zeichnung ſey eben nicht die beßte, und ſo koͤnnte fie dann doch feinen Lumbricus tubifex vorftel, len. Ich habe das Thler oft beobachtet, und es ift nicht ſchwer, es in kleinern ſtillen Waſſern auf [os ckerm Mergelgrunde in ungeheurer Menge zu finden, wo es dann Flecken bildet, als wenn Blutflecken oder Roſtflecken auf dem Grunde des Waſſers laͤgen. Ich finde an den Schaͤffer'ſchen Abbildungen nichts auszu⸗ ſetzen, zweifle aber dafür, ob wi beyde, Schäffer und ich, den wahren Muͤller'ſchen Lumbricus tubifex jemals geſehen haben, mit welchem inzwiſchen unfer Wurm viele Aehnlichkeit hat. Der Wurm iſt gegen ſelne Laͤnge ſehr dunn, und wird ſogar ruͤckwaͤrts noch etwas ſchmaͤchtiger. Das Vorderende iſt ſpizig, das Hinterende etwas lappig. Der Koͤrper beſteht aus mehrern Ringen, davon je— der beyderſeits eine borſtige Warze hat, die der Wurm nach Belieben ſamt der Vorſte einziehen und ausſtoſ⸗ fen kann; die Anzahl der Borften iſt nicht uͤberall dies ſelbe; im 2ten, Zten, ꝗten, Ften, Eten, 7ten und Sten Paare ſind die Warzen zweyborſtig; auch ſah ich an einigen Stuͤcken die Warzen des Zten und Gten Paares dreyborſtig, und wleder an andern ſah ich fie vlerborſtig. Der durchſcheinige, unrelnwelſſe, oder vlelmehr Laus faͤrbige Körper läßt deutlich die zwey groͤßern Ges fäffe, den Nahrungskanal und die Blutader, durch» ſcheinen; jener iſt geſchlaͤngelt, und mit Schlamm ö ange⸗ nn | 181 angefuͤllt, den der Wurm zu ſich genommen hat; die Blutader fuͤhrt rothes Blut, iſt fuͤr ſich gerade, und ſchlaͤngelt ſich bloß, wenn der Wurm feinen Körper verſchiedentlich zuſammenſchlebt. Dieſe Blutader iſt es allein, was man im Waſſer ſieht, weil der Nahrungskanal mit dem Schlamme gleichfaͤrbig, und der Koͤrper durchſichtig iſt. Aber nie ſah ich dieſen Wurm Roͤhren bauen; auch Schaͤffer erwaͤhnt nichts davon. Es iſt ſehr leicht, ſich dieſen Wurm in Menge zu verſchaffen. Man braucht nur von dem Schlam⸗ me, in welchem er in großen Geſellſchaften ſpielt, einen Theil auf irgend einen Koͤrper, der das Waſſer einſaugt, hinzulegen; die Wuͤrmer werden ſich enge anelnander nähern, daß man fie in kleinen Maſſen, faſt ohne allen Schlamm, wegheben kann; gleßt man nun etwas Waſſer zu, nachdem man ſie vorher in ein Glas oder in eine Porcellantaſſe gebracht hat, ſo ſpielen ſie erſt an der Oberflaͤche des ſchlammigen Ruͤckbleibſels, zerſtreuen ſich dann mehr grundwaͤrts im Schlamme, ohne ſich gleichwohl von der Geſell⸗ ſchaft zu trennen. —ů——ů—* 2 —— — M3 Weſhe⸗ 182 — Welbering war auſſer dem Moore mein drit⸗ ter Standort, von welchem ich ausgieng. Auch hier habe ich, meiner Gewohnheit zufolge, die nicht gerade zu meinem Zwecke gehoͤrende umliegende Ge⸗ gend durchſtrichen. Die ſchoͤnen Laubhoͤlzer dieſes Bezirkes, und dle daran ſtoſſenden Wieſen und Aecker verſchafften mir manche Naturhiſtoriſche Wahrneh⸗ mung. Aber eines Tages machte ich von dieſem Dor⸗ fe aus einen etwas weiten Spaziergang über Neu— burg nach St. Wolfgang, welches eine Reiſe, Hin, weg und Ruͤckweg gerechnet, von acht Stunden war. Dazu hatte ich folgende Veranlaſſung. Wenn man von Neuburg nach Augsburg faͤhrt, ſo hat man den Berg St. Wolfgang uͤber Rothenfels hinaus rechts. Er iſt, wie das umherliegende Hüs gelland, mit einem aus kleinkoͤrnigen glimmerigen Sande und Thonerde zuſammengeſezten Gemenge hoch bedeckt, hat aber gewiß einen Kalkfels zum Ker⸗ ne. Allerdings unterſcheidet er ſich vortheilhaft durch feine ehrwuͤrdige Hohe und feine anſehnliche Steilheit, und weit ragt ſein mit Nadelholz bekroͤntes Da: über die umliegenden Hügel hervor: Quantum lenta ſolent inter viburna cupreſſi; auch vergeſſen es die Lohnkutſcher nicht leicht, ihren Meifenden dieſen Berg zu melfen, und ihnen viel von der weiten Ausſicht auf demſelben zu erzaͤhlen. ch laſſe mir gerne von den Lohnkutſchern erzählen, We ihnen dann, was mir gefaͤllt. Aber von dieſem m 183 dieſem Berge hatte mir fogar ein Verehrungswuͤrdiger Gelehrter erzählt, daß die Ausſicht von feinem Gipfel bis Paſſau reiche. Dies war mir unglaublich, da ich wußte, daß das Mittelland von Baiern oſtwaͤrts eis ne ganz ausnehmend ſtarke Abdachung habe, und ich ſchon eher vom Bogenberge bey Straubing, nicht zwar Paſſau, ſondern ſelbſt den daranliegenden Mas rlahilfberg wie tief unten im Thale liegend geſehen hatte. Unterdeſſen wollte ich mich gleichwohl durch elgene Erfahrung uͤberzeugen. Ich gieng hin, ſah mich zuerſt auf dem Berge ſelbſt, dann zu hoͤchſt auf dem Kirchthurme nach fernen Ausſichten um, fand wohl, daß den Bewohnern mein Vorwlz weder ſelt— ſam, noch ungegruͤndet vorkam; aber fand auch, daß ihre hohe Meynung, die ſie von ihrem Berge und feinen Ausfichten hatten, und Reiſenden gerne bey⸗ bringen, ganz ohne Grund ſey. Die entfernteſten Orte, die ſich von der Höhe des Thurms unterſchei⸗ den ließen, waren Ingolſtadt, Reichertshofen, und die zwiſchen inne liegenden Ortſchaften, alſo eine Ausſicht von etwa zehen Stunden im Halbmeſſer an der Oſtſeite, wo flaches Land iſt; aber an der Weſt⸗ feite durch nahe und ferne waldige Anhoͤhen viel kuͤr⸗ zer beſchraͤnkt. Dabey iſt es aͤuſſerſt muͤhſam, uns ter dem Gebaͤlke von einer Seite zur andern zu kom— men; man muß ſich auf dem Bauche liegend unter den verſchraͤnkten Balken durchziehen, oder, elnen Seitenpfeiler umfaſſend, und die Fuͤſſe auf die En⸗ den der Bretter geſtuͤzet, über einen Abgrund von mehrern Klaftern Tiefe herumſchwingen. Ich habe M 4 beydes 184 nn beydes verſucht, und die leztere Weiſe bequemer, und bey einiger Herzhaftigkeit gar nicht gefaͤhrlich gefunden. | | So unbedeutend aber diefe Ausſicht jezt iſt, fo angenehm kann fie einft werden, wann einmal das ganze Moor, bis an ſeine obern Graͤnzen herauf, mit Ko⸗ loniſtenwohnungen beſezet ſeyn wird. Kommt man dann entweder zur Zeit der Heuaͤrndte, oder der noch lebhaftern Getreidaͤrndte, fo muß es ein eben fo mas leriſcher, als fuͤr empfindſame Menſchen entzuͤcken⸗ der Anblick ſeyn, die ganze ehemalige lange und weite Moorſtrecke, welche man ganz uͤberſteht, mit emſigen Arbeitern wie beſaͤet zu ſehen, die den Lohn ihres Schweißes aus den Händen der Natur em⸗ pfangen. Noch angenehmer, als die beſchraͤnkte Ausſicht, die ich gefunden hatte, war fuͤr mich der Anblick der herrlichen, weit ausgedehnten Fruchtfelder, zwi⸗ ſchen denen ich hingieng und, obgleich auf einem andern Wege, wieder zuruͤckkehrte. Haber, Ger⸗ ſte, Roggen und Weizen wetteiferten gleichſam un⸗ tereinander, welche Getreideart die auf fie verwen⸗ dete Muͤhe und Koſten am reichlichften belohnen werde. | | I Zu Wiihering ſelbſt benuzte ich nach meiner Ges wohnheit jede Gelegenheit, mich mit der umliegen⸗ den Gegend bekannt zu machen; ich machte daher, auſſer meinen Streifereyen auf das Moor, noch verſchledene Spaziergaͤnge in der Nähe des Dorfes, und daun etwas weiter nach Rohrenfels, wo der Kur⸗ — 185 Kurfuͤrſt ein vortrefliches Geſtuͤtte hat, Hagau und Lichtenau; ich holte auch gelegenheitlich von den Bauern uͤber verſchiedene Dinge Nachrichten ein, die ſich bey einem kurzen Aufenthalte nicht beobach— ten ließen, und die ihnen nicht unbekannt ſeyn konn⸗ ten. Die Reſultate von allen dieſen Nachſuchungen ſollen mich nun jezt beſchaͤftigen. Ueber zwey Dinge klagen die Bauern von Wels hering ſehr gewoͤhnlich: uͤber den Mehlthau und den Brand. Ich muß geſtehen, daß ich mir über den erſten noch keine befriedigende Aufklaͤrung verſchaffen konnte. Der Landmann geht immer im Kreiſe hers um, wenn man ihn fragt: woher nach feinem Urs theile die Erſcheinung kommen duͤrfte, über die er klaget, ſo giebt er zur Urſache den Mehlthau an. Und wenn man fragt, worin der Mehlthau beſtehe, wie er ausſehe, und woran man ihn erkennen koͤnne, fo antwortet er auf alle dieſe Fragen mit einer Bes ſchreibung derjenigen Erſcheinung, wegen welcher er den Mehlthau anklaget. Die Erſcheinung iſt folgende: Es giebt Gegen— den, in welchen man es nicht wagen darf, das Ga treid fo lange auf dem Halme ſtehen zu laſſen, bis es vollkommen reif und genugſam abgetrocknet iſt, ſondern man muß dort immer etwas eher arnten, als anderwaͤrts, wenn man ſeine Rechnung finden will; und das nicht etwa, weil die Saamen ausfallen; ſie kommen bey laͤngerer Verweilung der Sichel nicht weg, aber verlieren ihr Mehl. M 5 Man 186 — Man kann dleſe ſonderbare Erſcheinung nicht auf die Rechnung wirklicher Nebel, oder Winde, oder Regen, welche etwa zur Zeit der Bluͤthe Schaden braͤchten, ſchreiben: alle dieſe Dinge koͤnnen aller⸗ dings Unordnung in das Befruchtungsgeſchaͤft brin⸗ gen; aber dann wuͤrde erſtens die etwas fruͤhzeitigere Aerndte kein Mittel ſeyn, dem Schaden vorzubeu⸗ gen; gleichwohl befindet ſich der Landmann wohl das bey; ſeine Frucht iſt nur ein wenig unanſehnlicher, als er fie wuͤnſchet, aber übrigens ſehr gut, keimt ſehr wohl, und glebt, auf gute Gruͤnde geſaͤet, die herrlichſten Saaten. Zweytens haben wir nahe bey Ingolſtadt einen ſolchen Grund, auf welchem dleſe Erſcheinung vorkommt; er iſt fo ſchmal „und liegt fo dicht an den übrigen Gruͤnden, die von dies ſem Uebel frey find, daß es unmöglich zu begrei⸗ fen ſeyn wuͤrde, wie Winde, Regen und Nebel dleſe fo ſtandhaft verſchonen follten, die jenen gefährlich werden. Aus eben diefen Gründen kann ich auch die In⸗ ſekten nicht beſchuldigen. Dle Aecker, welche nach dem Ausdrucke des Landmanns bey Ingolſtadt vom Mehlthaue befallen werden, ſind von denen, welche davon frey bleiben, nur durch die Schutter getrennt, einen unbetraͤchtlichen Bach, der wohl nirgends uͤber zwo Klaftern breit iſt. Oder ſollten es gerade Fluͤgelloſe Inſekten ſeyn, die kein Mittel haben, über das Waſſer zu ſezen? Wollte man auch dleſes anneh⸗ men, ſo wuͤrde man wohl die Frage weiter ſchieben, aber nicht aufloͤſen. Ich u 187 Ich weiß wohl, daß Linne“ den gemeinen Bla⸗ ſenfuß anklaget, daß er die Roggenkoͤrner taub ma⸗ che; aber dieſe Klage iſt wohl gewiß ungerecht, und kaum giebt es ein unſchuldigeres Thlerchen, als die Blaſenfuͤße. Ich habe ſie nie in tauben Aehren häufiger, als in ganz vollkommenen, gefunden; ſie les ben am liebſten vom Bluͤthenſtaube, und ſchluͤrfen gern die ſchwachen Feuchtigkeiten auf, die an vers ſchiedenen Theilen der Pflanzen in unmerklichen Tro⸗ pfen hervortreten. Schwedens Plinius hatte ſie in den unfoͤrmlich angeſchwollenen unfruchtbaren Blüs then des Schotenklees und in den tauben Roggen⸗ aͤhren geſehen, und ſchoͤpfte den Verdacht, beyde Pflanzenkrankheiten rühren von ihnen her. Haec forte (cauſa eft), ſagt er, unde Loti cornicu- latae flores claufi intumefcant, et Secales fpicae faepe abortiunt 94). Dieſe Vermuthung hatte er wahrſcheinlich in feinen Vorleſungen, bey ‚feinen botaniſchen Spazlergaͤngen und bey andern Ans laͤſſen ſo oft wiederholet, andere hatten ſie ihm ohne Selbſtpruͤfung ſo oft nachgeſchrieben, daß die einmal angenommene Idee erſtarkte, und er ſie endlich als Thatſache glaubte. Es iſt nimmer Verdacht, es iſt gerade Beſchuldigung, was er fuͤnf Jahre ſpaͤter in der zwoͤlften Ausgabe des Naturſyſtems ſagt 98): Loti corniculatae flores claufos tumidoſque reddit, ſpicas Secalis inanit. Aber noch ein⸗ N mal: 94) Faun. ſuec. n. 1027. | 95) Tom. I. gen. 230. n. 2. 188 EEE | mal: daran iſt gewiß der Blaſenfuß unſchuldlg; oder wie kommt es, daß man ihn uͤberall ſo allgemein an den Roggenaͤhren antrift, und dennoch der ſogenannte Mehlthau nur einzelne Gegenden befaͤllt? Wie kommt es, daß das Inſekt nebſt ſeinen Gattungsgenoſſen auf allen Bluͤthen im ſuͤdlichen Deutſchlande fo häufig vorkommt, und gleichwohl keine ungeſtalteten Bluͤthen von ihm verurſachet werden, und namentlich die Bluͤ⸗ then des Schotenklees von ihm ſehr fleißig beſucht werden, aber in ihrem angeſchwollenen Zuſtande fo ſelten find, daß fie mir niemal zu Geſichte kamen? Wie kommt es, daß einerley Inſekt die Bluͤthen des Schotenklees anſchwellen, und die Aehrchen der Roggenaͤhren hinwelken macht? Was den beruͤhmten Mann hintergieng, war die Luͤſternheit des Infektes, die feinen Ausduͤnſtungen der Pflanzentheite aufzu⸗ ſchluͤrfen, die dort ſtaͤrker find, wo weiche Geſchwul⸗ ſten entſtehen, und daher dieſe Inſekten vorzuͤglich anlocken. Aus dieſem Grunde find die Blaſenfuͤße auch an den krauſen Blaͤttern des Weisdorns ſehr häufig ; aber fie verurſachen dieſes Krauſen nicht: das thut eine rothe Muͤckenlarve. Ich habe bisher ſonſt nirgends wider den Mehl⸗ thau im Getreide eine Klage gehört, als zu Weihe ring, und in einer kleinen Gegend von Ingolſtadt, die ſuͤdwaͤrts der Schutter liegt, und finde zwiſchen beyden eine auffallende Aehnlichkeit. Leztere liegt zwi⸗ ſchen der Schutter und der Donau, iſt etwas niedris ger, als das nordliche Land an der Schutter, und ſo Waſſerreich, daß man nur ſehr wenig graben darf, SEES 489 darf, um auf Waſſer zu kommen; Weihering liegt zwiſchen dem Donaumsore und der Donau, und die Ach ſchlaͤn gelt ſich durch einen anſehnlichen Theil der Gruͤnde dieſes Dorfes. Beyde Gegenden haben ei— nen reichlich Kalkartigen Thonmergel zur Dammerde. Dieſe Lage hält die nächtlichen Nebel länger zuruͤck, und macht fie ſtaͤrker, der ſteigende Thau wird durch dle nahen unterirrdiſchen Feuchtigkeiten häufiger, als alles dies in den etwas hoͤhern und trocknern anlie genden Grunden geſchieht. Soll das nicht ungefähr eben die Wirkung hervorbringen, welche man bey wie⸗ derholt genaͤzeten und an der Sonne getrockneten Saamen bemerket, daß ſie an Gewicht und Voll⸗ heit verlieren? Daß der Brand im Getreide und in andern Grasarten eine Pflanze aus der Claſſe der Pilze fen, habe ich bereits im Jahre 178495), und wieder im Jahre 1789 97) durch Beobachtungen dargethan; eben das haben Bjerkander in Schweden 98) und Buͤlllard in Frankreich 99) gethan. Ich habe in meiner Flora von Baiern alle bekannt gewordenen und von der Erfahrung gut geheiſſenen Weifen, den Brand vom Getraide abzuhalten, geſammelt, und durch die Theorie erklaͤret. Deſto befremdender mußte 96) In den Schriften der oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Burghauſen. 97) Bair. Flor. n. 1777. 98) Schwed. Abhandl. 1775. 317. 99) Herb. de Franc. I. 90. * 190 — mußte mir's ſeyn, als ich fand, daß man in der ſtaatswirthſchaftlichen und juriſtiſchen Literatur 100) von der Sache ſpricht, als ob nichts über dieſen Gegenſtand geſchehen wäre; als wenn es noch völlig unbekannt wäre, was der Brand fen, und wie er in die Aehren komme. Alle Nachforſchungen über dieſe Frage find weiterhin uͤberfluͤßig; er kommt dahin, wie der Lolch und die Treſpen dahin kommen, wie ein anderer Pilz auf die Wolfsmilchblaͤtter, ein an derer auf die Blaͤtter des Sauerdorns, ein anderer auf die Blaͤtter des Birnbaums, und wieder ein an⸗ derer auf die Weideplaͤze und in die Miſtbetten geras then. Auch kann es nicht mehr ſchwer ſeyn, die dagegen vorgeſchlagenen Mittel zu würdigen, nach⸗ dem man einmal weis, daß der Brandſtaub nichts anders, als die nackten Saamen, oder vielmehr Saa⸗ menaͤhnlichen Knoſpen eines Pilzes iſt; aber einſehen wird man auch, daß er wohl aus Nachlaͤßigkeit oder Unwiſſenheit eines Landmanns ſehr überhandnehmen, - aber auch vom Kluͤgſten nicht voͤllig abgehalten wer⸗ den koͤnne, indem er auch Wiefenpflanzen befaͤllt, und von dieſen durch die Winde auf die Aecker ‚gu bracht wird. Zu erwarten war es auch, daß er auf den Ae ckern um Weiherlng häufig vorkommen muͤſſe, da der feuchte Stand zwiſchen einem großen Moore, und einem großen Fluße, und die umliegenden Wal⸗ dungen die Atmosphaͤre dieſer Gegend ſehr feucht, und 100) Jänner 1794. 137: eu 191 und zum Wachsthum aller Pilzarten ſehr geſchlckt machen. Dieſe Feuchtigkeit iſt nun durch die Aus⸗ trocknung des Moors betraͤchtlich vermindert, das durch die Fruchtbarkeit der Aecker eben fo viel erhoͤ, het worden, weil der Landmann nun alle die Frucht gewinnt, die ihm bey feuchkerm Stande der Brand, und vielleicht auch der Mehlthau, wuͤrde verderbet haben, und er genießt eine Wohlthat, wovon er die Urſache nicht ahndet. Von den übrigen Pflanzen, die ich um Welhe⸗ ring angetroffen habe, will ich nur diejenigen augs heben, von welchen ich etwas zu ſagen habe. Selinum paluſtre. Pollich. palat. u. 276. Daß es Bauhin unter dem Namen Sefeli palu- ſtre lacteſcens kenntlich abgebildet hat or), und das ich noch auf dem Moore, naͤchſt Weihering, ges ſammelt habe, hole ich nur derowegen nach, weil es in meiner Baierſchen Flora fehlt; folglich aber» mal ein neuer Bürger derſelben iſt. Noch bluͤhte es bey meiner Anweſenheit (um dle Mitte des Jullus) nicht, ſchickte ſich nicht einmal noch dazu an, hatte auch ſonſt ein kraͤnklichtes abgezehrtes Anſehen; aber die Pflanze llebt viele Naͤſſe, die fie jezt auf dem ges trockneten Moorgrunde nicht mehr fand. Sie wird alfo eine von den erſten Moorpflanzen ſeyn, die befs ſern Wieſenpflanzen Plaz macht. Allium 101) Prodr. theat. bot. 85. 192 — Allium carinatum. Baier. Flor. n. 5p 22. Es waͤchſt in den Waldungen um Weihering. Die Staubfaͤden dleſer Pflanze find alle unter ſich gleich: unten breitgedruͤckt, oben Pfriemenfoͤrmig; aber die untern breiten Theile ſind unter ſich in einen ſtaͤtigen ununterbrochenen Ring zuſammengewachſen, und dieſer iſt an ſeinem Grunde an die Blumenblaͤt⸗ ter angewachſen, faſt wie bey den Nelkenbluͤthigen Pflanzen. Dieſer Lauch gehoͤrt alſo nicht genau in die Claſſe der Thalamoſtemones, wohin ihn Gle— ditſch 102) geſezet hat, ſondern in die der Peralo- ſtemones. Stachys arvenſis. Baier. Flor. n. 917. Als ich meine Baier' ſche Flora ſchrieb, kannte ich die Pflanze noch nicht genug, daher auch dle da— ſelbſt gegebene Beſtimmung nicht ganz richtig iſt. Sie ſoll heißen: 4 Die Wirbel ungefähr ſechsbluͤthig; die Blaͤt⸗ ter Lanzettfoͤrmig, ſpizig, etwas Sammetartig; die ſtachlicht gezaͤhnten Kelche und der Sten⸗ gel zwiſchen den Bluͤthen graulicht. Die Quirle ſind gewoͤhnlich achtbluͤthig, aber weiter hinauf mindert ſich die Anzahl. Sie ſtehen ziemlich dicht aneinander, und bilden eine etwas weitlaͤuftige Aehre. Der Stengel zwiſchen den Bluͤthen iſt von feinen Haaren grau, oder faſt weiß. Die Kelche ſind Becherfoͤrmig, gruͤn, oft Purpurbraun gefleckt, allemal 102) Syft, plant. n. 292. — 193 allemal mit einem graulichten Reife, der von feinen Haaren herruͤhrt, uͤberzogen, ihre Zaͤhne enden ſich in einen Stachel. Die Blumen ſind nicht kuͤrzer, als der Kelch, ſondern betraͤchtlich laͤnger; ihre Roͤh⸗ re iſt weiß, aber Helm und Bart ſind roͤthlicht: bey Erſterm iſt der Ruͤcken mit einem weißlichten Reife uͤberlaufen. Der Stengel iſt nicht ſchwach, viel⸗ mehr gerader, als bey Stachys recta. Das Sam⸗ metartige Gefuͤhl der Blaͤtter ruͤhrt von ſehr feinen und kurzen Haͤrchen her, womit ſie auf beyden Sei— ten dicht beſezet find. Die Linnaͤiſchen Definitionen von St. St. maritima, recta, annua und arven- ſis 103) find wenig brauchbar, weil fie verfchiedene Unrichtigkeiten enthalten; ſo ſoll z. B. St. maritima haben Folia cordata tomentofa. Erſtere Geſtalt kommt ihnen bey weitem nicht zu, und leztere Eis genſchaft haben ſie in keinem hoͤhern Grade, als die von St. arvenſis, von welchen es heißt: Foliis — — nudiufeulis; die angeblichen Kennzeichen von St. arvenſis: Foliis obtuſis, corollis lon- gitudine calycis, caule debili, find lauter Unrich- tigkeiten, die aber unſere Floriſten Deutſchlands (ich ſage nicht, deutſche Floriſten) fleißig nachge⸗ ſchrieben haben. Melampyrum pratenſe. Baier. Flor. n.942. Der Unterſchied, welchen Anne“ zwiſchen diefer Pflanze und M. ſylvaticum angegeben hat, taugt nichts, 103) Syſt. veget. edit, XIV. 536. N 194 | nn nichts, ob man ihn gleich noch immer wiederholt. Bey beyden Arten ſind die Blumen in der Jugend geſchloſſen, und klaffen im Alter. Es giebt ſchlech⸗ terdings keine ſtandhaft unter ſcheidenden Kennzeichen, als diejenigen, welche ich am angeführten Orte an gegeben habe, von welchen ich gleichwohl die Worte: Die Lippen klaffend, bey M.fylvaticum noch wegwuͤnſchen moͤchte. Die Blaͤtter aͤndern bey M. pratenſe in den Verhaͤltniſſen ihrer Länge zur Breite ſehr ab; ich will nur vier Stuͤcke vergleichen. a Melampyrum pratenſe. Von Wien. Burghauſ. Regensb. Weihering. Lange — 2120. 15 zu, zz, al, 20%, Breite 42 2¹ 4. gt, Alſo Laͤnge zur Breite 14:33 741; 54:15 faſt S: 1. Malva ſylveſtris. Baier. Flor. n. 1045. Sinne‘, der ſonſt nicht leicht eine Gelegenhelt verſaͤumte, wo ſich die Bemerkung anbringen ließ, daß ein Nectarium vorhanden ſey, uͤberſah die zwo bartigen Druͤſen, die bey vorliegender Pflanze am Grunde jedes Blumenblattes ſizen. Hypericum hirſutum. Baier. Flor. n. 1 140. Im friſchen, und noch nicht verbluͤhten Alter dieſer Pflanze ſind, wie beym gemeinen Johannis⸗ kraute, alle Blatter durchſichtig punctirt. In den elch⸗ — 195 Kelchſtuͤcken nehmen die Stelle der Punkte kurze Waſſerhelle durchſichtige Strichelchen von verſchiede— ner Laͤnge ein. Die Staubfäden find in drey Buͤn⸗ del zuſammengewachſen, doch ſo, daß in jedem Buͤn⸗ del verſchledene Träger tiefer, als andere, getren⸗ net ſind. b Lichen pundatus. Eine ſtaubige, weißgraue unabloͤßliche Kruſte; zerſtreute, tiefſchwarze, wenig erhobene Punkte. Opegrapha lichenoides. Per ſoon Annal. der Bot. VII. 30. (wenigſtens ungemein nahe verwandt.) Die welßgraulichten, wie in Paſtel gemalten Flecke, welche die Kruſte dieſer Flechte an der Ei⸗ chenrinde macht, ſind von unbeſtimmter Geſtalt; auf ihnen kommen die punktfoͤrmigen, kaum über die Oberflaͤche erhabenen ſchwarzen Staubwaͤrzchen zer⸗ ſtreut vor. Sie naͤhert ſich der ſchwarzen Runzel⸗ flechte 104), welche Opegrapha faginea des Herrn Perſoon iſt 105), aber dle Punkte find, zwar von ziemlich unbeſtimmter Figur, doch nie laͤnglicht, auch ſizen ſie gar nicht ſo dicht, daß ſie einen ſchwar⸗ zen Fleck bilden koͤnnten. — Diefe Pflanze fehlt in meiner Balerſchen Flora. Lichen muſcorum. Weber ſpicil. n. 231: Ich habe dieſe Flechte, die allemal auf Moo⸗ ſen vorkommt, nicht in meine Flora aufgenommen, 5 N 2 ob 104) Baier. Flor. n. 1483. N 105) Loc. cit. 31. 196 ——— ob ich ſie gleich oft antraf, weil ich ſie immer fuͤr eine unbetraͤchtliche Splelart von Lepra incana hielt. Sie iſt in der That dieſem Staubmooſe ganz ungemein aͤhnlich, und ſchwer davon zu unters ſcheiden, beſonders weil nicht immer die ſchwarzen Warzen darauf vorkommen, die dem Staubmooſe ſtandhaft fehlen. In diefem Zuſtande entſcheldet le⸗ diglich das Waſſer. Ein Stuͤck des grauen Staubs mooſes in Waſſer gelegt, erhaͤlt eine ziemlich ange— nehme gruͤne Farbe; hingegen ein Stuͤck Moosflechte theilt unter eben dieſen Umſtaͤnden dem Waſſer eine anfaͤnglich Schwefelgelbe, dann Oraniengelbe Farbe mit, und nimmt ſie wohl zulezt ſelbſt an. Ich zweifle nicht, daß dieſe Moosflechte, mit gefaultem Harn bearbeitet, einen vortreflichen rothen Farbeſtoff geben wuͤrde, wenn ſie in hinlaͤnglicher Menge fuͤr die Faͤrber zu haben wäre. Aber zu Waſſerfarben fuͤr die Migniaturmaler moͤchte ſie wenig taugen. Lichen ſubfuſeus. Baier. Flor. n. 1505. Die Farbe der Schuͤſſelchen ändert ſehr ab. Ich beſize fie, und zwar nicht bloß von eben derfels ben Rinde, fondern von einem und demſelben Schors fe, weiß (aber dann ſehr klein), Fleiſchroth, Ora⸗ nienroth, ſchmuzig Dottergelb, Olivenbraun, matt⸗ ſchwarz, aber mit Weiß fein beſtaubt, und dieſer weißlichte Staub kommt auch auf rothen und brau⸗ nen Schuͤſſelchen oͤfters vor. Allemal iſt der Rand im trocknen Zuſtande mehr oder weniger eingerollt, und darum faltig, was ihm ein feingekerbtes Anſe⸗ hen ei 197 hen giebt; im feuchten Zuſtande richtet er ſich mehr auf, und verllehrt groͤßtentheils die Kerben. Die Kruſte wird im feuchten Zuſtande gruͤnlicht. Höchfts wahrſcheinlich iſt Lichen aurantiacus des Herrn Wildenow 106) nichts anders, als gegenwärtige Flechte, wann ſie mit Oranienrothen Schuͤſſelchen vorkommt; aber den Lichen pallidus 107) haͤtte Herr Roth 108) nicht als Abart der vorliegenden Flechte anfuͤhren ſollen, weil ſie ſehr weit und in ſehr erheblichen Stuͤcken von einander verſchieden ſind. Denn L. pallidus hat eine ſehr feine, oft kaum merkliche Kruſte: bey L. ſubfuſcus iſt ſie grob, und gewiſſermaſſen brocklicht, wie bey L. car- pineus; L, pallidus hat an feinen Schuͤſſelchen eis nen ſehr feinen, ſchmalen, wagrecht wegſtehenden Rand: bey L. ſubfuſcus iſt er im Verhaͤltniſſe zum Mlttelraum betraͤchtlich breit, aufgerichtet, oder gar eingerollt; bey L. pallidus verſchwindet der feine Rand im Alter wohl ganz: bey L. fubfuf- cus wird er dann nur deſto merklicher; die Schuͤſ⸗ ſelchen ſelbſt haben bey L. pallidus eine ſehr ſchwa⸗ che Vertiefung, werden flach, treten endlich uͤber die Fläche hervor, und werden gewoͤlbt: bey L. fub- fuſcus ſind ſie in ihrem ganzen Leben ſehr ſtark ver⸗ tieft, und erheben ſich niemals. Haͤtten wir bey al⸗ len Flechten ſo deutlich unterſcheidende Merkmale, N3 als 106) Berol. n. 1004. f 107) Schreber ſpicil. n. 1132. 108) Germ. I. 498. n. 50. 198 — als bey dieſen zween, fo wuͤrde ihre Beſtimmung weit wenigere Schwierigkeiten haben. Lichen pulverulentus. Die ſchuppigen Blaͤt⸗ ter in einem Kreiſe, ſtumpf, gekerbt, feucht dunkelgruͤn, trocken unrelnbraun, unten braun mit haͤufigen ſchwarzen Wurzeln. Lichen pulverulentus. Schreber pic. u. 1123. Lichenoides glaucum orbiculare, ſegmentis latiuſeulis, ſeutellis nigris. Dillen. muſc. Tab 24. Fig. 71. Ich fand dieſe Flechte, die in meiner Balerſchen Flora fehlt, an den Eichen um Weihering; aber ich ſah nicht alles das, was ich zu ſehen brauchete, um mit voller Gewißheit zu ſagen: das iſt ſie. Die aus Dillenius angefuͤhrte Abbildung ſtellt ihre Groͤße gut, ihren Bau ziemlich genau vor; dazu kommt noch die Angabe des Wohnortes: on Oak, Beach, Elm. Aber die feinen Kerben am Umriſſe der Blaͤttchen, die ich in der Natur, freylich mittelſt des Suchglaſes, be⸗ merke, finde ich bey dem ſonſt ſo genauen Zeichner nicht gusgedruͤckt; Text aber befindet ſich bey meinem Exemplare, auſſer dem bloſſen Namen in lateiniſcher und engliſcher Sprache, keiner. Die Schuͤſſelchen, die ſchwarz, mit weißem Staube bepudert, und dem Blatte gleich faͤrkig gerandet ſeyn ſollen, ſah Ich nicht, aber auch nicht den gelblichtgruͤnen Staub, den Herr von Schreber auf den Schuͤſſelloſen Flechten dieſer Art angiebt, ausgenommen gegen das Mittel der Pflanze hin. W geht ſie nicht a Grau in ein ſchmu⸗ en 199 ſchmuziges Braun über, fo wie fie auch unten nicht grau iſt. Wie dem immer ſeyn mag; meine Pflanze iſt kleinblaͤttrig, ſtumpflappig mit feingekerbten Lappen, und treibt dieſe Blaͤtter Roſenfoͤrmig uͤbereinander, gleichſam aus einem gemeinſchaftlichen Mittelpunkte. Die Farbe iſt im friſchen Zuſtande gelbgruͤn, aber gewiſſermaſſen getruͤbt, ohne doch ſchmutzig zu ſeyn, und das bey Altern Pflanzen mehr, als bey juͤngern;z trocken erhaͤlt ſie eine unreine braune Farbe, die doch etwas in Gruͤn zieht. Unten iſt fie in jedem Zus ſtande braun, aber dies gilt nur von den Enden der Blaͤtter; denn weiter hinein iſt ſie dicht mit ſchwar⸗ zen Wuͤrzelchen beſezet. Dies ſind die aͤrmlichen Merkwuͤrdigkeiten alle, dle ich Floren während meines Aufenthaltes zu Weis hering abfragen konnte. Nicht viel mehrern Un⸗ terricht erhielt ich von Fauna. Hier iſt er! Schoniſcher Fettkaͤfer. Tiefſchwarz; Ko und Ruͤckenſchild rothbraun, die Fuͤſſe un) ein Punkt am Grunde jeder Fluͤgeldecke Roſtfar⸗ big. Dee ſcanicus. Zinn. Faun. ſuec. u. 437. Er wohnt in den Loͤcherpilzen der Eiche, und unter der Rinde dieſes Baumes. Er iſt etwas uͤber 1“ lang. Er iſt faſt halbwalzenfoͤrmig, und allent⸗ halben ſehr fein punktirt. Die Fuͤhlhoͤrner ſind von der Farbe des Kopfes, durchaus Perlenſchnurfoͤrmig, mit gleichen Gliedern: nur die drey lezten find bes N 4 traͤcht⸗ 200 — trächtlich dicker, und bilden ein Kölbchen. Auch die Spize des Hinterleibes iſt unten rothbraun. Ich unterfcheide von dieſem Kaͤfer einen andern nicht, der in eben denſelben Pilzen zu gleicher Zeit mit dem vorhergehenden vorkommt, alles mit ihm gemein hat, nur die Farbe nicht. Man kann dieſe Spielart etwa folgendermaſſen kurz definiren: Roſtfarbig; Kopf und Ruͤckenſchild dunkler. Es haͤlt ſchwer, dieſe Spielart zu charakteriſiren. Ich habe ſolche geſehen, bey denen Koͤrper und Fluͤgeldecken braͤunlicht Roſtfarbig, Kopf und Rus ckenſchild Muſchelbraun waren; bey andern waren Koͤrper und Fluͤgeldecken rein Semmelgelb, Kopf und Ruͤckenſchild waren allein etwas dunkler. Faſt bin ich geneigt, zu glauben, daß dieſe Kaͤfer nicht einmal eine Spielart des vorigen ſeyen, ſondern nur nicht lange genug gelebet haben, um die ihrer Art zukommende Liberey annehmen zu koͤnnen: denn es iſt bekannt, daß die Käfer gewoͤhnlich mit ganz blaſ⸗ ſen Farben aus ihrer Puppenhaut auskriechen, und dieſe Farben meiſtens einige Zeit behalten, ehe ſie in die dunklern uͤbergehen. Wird ein ſolches Inſekt in dieſem bleichſuͤchtigen Zuſtande getoͤdtet, ſo kommt die dunklere Farbe faſt nie nach. Aaskaͤferartiger Blattkaͤfer. In einem entzwey gebrochenen Elchenpilze (es war der Feuerſchwamm meiner Flora 109), fand ich 109) Nr. 1731. dan = — 201 dasjenige Inſekt, was Herr Herbſt 110) Silphoides nennt, Herr Zſchach 111) unter dle Fabriclusſiſche Gattung Opatrum ſezet, gut beſchreibt und ſehr kenntlich abbildet. Lezterer merket an, ſein zuerſt angefuͤhrtes Inſekt, eben das, worauf ſich die Abs bildung bezieht, ſey Linne's Chryſomela 4 puftu- lata 112), und Carabus 4 puftulatus des Herrn Fabricius 113); er glaubt aber, daß das Inſekt in keiner Gattung beſſer ſtehe, als in der Gattung Opatrum. Bald darauf 114) beſchreibt Herr Zſchach ein neues Inſekt, das aber mit ſeinem Opatrum 4 puftulatum, folglich ihm zufolge mit der Chry- ſomela 4 puftulata des Linne“, wie dieſer fie nes nigſtens in feiner ſchwediſchen Fauna beſchreibt 115), ganz daſſelbe Thier ift. Herr Gmelin hat in feiner Ausgabe des Linnaͤiſchen Naturſyſtems die Chryſo— mela 4 puſtulata beybehalten, und ſie nach dem Vorgange des Herrn Fabricius in die Gattung Cryptocephalus geſezet 116), ohne einen andern Schriftſteller dabey anzufuͤhren, als Fabricius und Linne“. Herrn Herbſt's Silphoides führe er um ter Opatrum auf, und giebt ihm die Herbſtiſche N 5 Be⸗ 110) Fueßl. Arch. S. 41. Tab. 21. Fig. L. I. 111) Muf. Lesk. Vol. I. p. 9. n. 176. 112) S. N. p. 597. n. 8. 113) Syft. entom. p. 111. n. 28. 114) Nr. 178. ” 115) Nr. 549. 116) p. 1708. n. 58. 202 a Benennung zum Trivialnamen 117), ohne wieder einen andern Schriftſteller anzufuͤhren, als Herrn Herbſt. Das im Muſeum Leskeanum unter Num. 178. beſchriebene Opatrum heißt bey ihm Opatrum teſtaceum 118), und hat abermals kein weitres Citat bey ſich. Linne's Carabus 4 puftu- latus kommt bey ihm ebenfalls in der Gattung Ca- rabus vor 119), wobey nichts, als die ſchwediſche Fauna, angefuͤhret wird. Verwirrung genug uͤber einen Kaͤfer, der immer unter die ſeltenern gehört, Ich will verſuchen, ſie zu heben. Wahr finde auch ich's, was Herr Zſchach be— hauptet, daß die Beſchreibung, welche Linne“ von ſeinem Carabus 4 puſtulatus macht, ganz gut auf meinen vorliegenden Kaͤfer paßt, nur daß ich noch voraus ſezen muß, Linne“ habe entweder die Farbennamen eben ſo genau nicht genommen, oder er habe ein Inſekt vor ſich gehabt, das bald nach dem Auskommen aus der Puppe getoͤdet worden, und nicht Zeit genug hatte, ſeine ſatten Farben an⸗ zunehmen. Ich will Linne“ unuͤberſezt in ſeiner Sprache reden laſſen, und meine vergleichende Bw ſchreibung als einen Commentar beyſezen. . Magnitudo vix mufcae domeſticae 120). Allerdings; der Kaͤfer iſt 23 lang, 13“ breit. Caput 117) p. 1633. n. 17. 118) p. 1634. n. 21. * 119) p. 1977. n. 34. 120) Faun. Suec. n. 811. ; es 203 Caput e flavo ferrugineum; palpi caftanei, Sch finde den Kopf und die Mundrheile gleichfarbig Kaſtanienbraun, oder eigentlich ſatt Bettwanzenfar⸗ big. Antennae longitudine thoracis, obtu- ſiuſculae, baſi ferrugineae, in medio fuſcae, apice flaveſcentes. Die Perlenſchnurfoͤrmigen Fuͤhlhoͤrner ſind ein wenig laͤnger, als der Ruͤcken⸗ ſchild, beſtehen aus eilf Gliedern, und find, wie bey den Chryſomelen des Herrn Fabricius, auswärts all⸗ maͤhlig dicker, doch ſo, daß das lezte Eyfoͤrmige Glied wieder etwas ſchmaͤler wird; die erſten fuͤnf Glie⸗ der ſind Roſtroth, die fuͤnf folgenden ſchwarz, das lezte wieder Roſtrotkh. Thorax ater, laevis, poſtice latior. Ruͤckenſchild und Fluͤgeldecken find ſatt⸗ ſchwarz, erſterer an den Fluͤgeldecken etwas breiter, als am Kopfe, und zwar von der Breite, die die beyden Fluͤgeldecken am Grunde zuſammen betragen; er iſt ganz fo, wie bey den Fabriciusſiſchen Chryſo— melen, denen das Inſekt uͤberhaupt ſehr aͤhnlich iſt. Elytra ſtriata, nigra, maculis duabus flavis: anteriore prope baſin majore, poſteriore po- ne medium transverfali. Die Fluͤgeldecken Punkt⸗ ſtreiſig; auf jeder zween etwas getruͤbt Menn'grothe Flecken, davon der am Grunde in der That groͤßer, und nicht ganz Kreisrund iſt, ſondern an der innern Seite einen Bogenfoͤrmigen Ausſchnitt hat, der aber nicht ſehr ſtark iſt; der hintere, welcher etwas uͤber die Mitte hinliegt, iſt deutlich kleiner, elliptiſch, und ſo geſtellt, daß dle groͤßere Axe quer uͤber die Fluͤgeldecke liegt. Subtus flavus, margine ab- | domi- 204 Ei dominis nigro. Unten hat der Käfer durchaus die fatte Bettwanzenfarbe; auch die Fuͤſſe haben fie, nur der Umriß des Hinterleibes iſt ſchmal ſchwarz geſaͤumt. Alae nigricantes, elytris duplo longiores. Die Fluͤgel ſchwarz, wie bey den Chryſomelen zuſam— mengelegt. Ich muß noch die Bemerkung anfuͤh— ren, daß ſowohl die gelbbraune Farbe der Unterſeite, des Kopfes u. ſ. w. merklich abbleiche, und ſtark in Gelb ziehe, als auch die Flecken auf den Fluͤgeldecken wirklich gelb werden, nachdem das Inſekt einige Mos nathe lang todt gelegen hat. Auch Herr Fabricius hat einen Carabus 4 pu- ſtulatus 121), aber der iſt vom Linnaͤlſchen gewiß voͤllig verſchieden; feine Fluͤgeldecken find abgeſtuzet, ſein Ruͤckenſchild iſt gelb und Herzfoͤrmig, und hat eine Laͤngsfurche. Chryſomela 4 puſtulata hat, wie fie Linne“ in der Fauna beſchreibt, noch mehr Aehnlichkeit. Media ſeu parva. Mein Kaͤfer iſt allerdings nicht von der Größe, welche vielen andern Linnaͤl⸗ ſchen Chryſomelen, die in Deutſchland zu Hauſe ſind, eigen iſt. Tota ſupra nigrior, ſubtus ferru- ginea. Wirklich oben ſchwarz, unten, freylich nicht Roſtbraun, ſondern mehr Muſchelbraun. Ca- put ferrugineum; pedes et abdomen ferru- ginea. Wenn man dem Worte Ferrugineus eine weitlaͤuftigere Bedeutung beylegen darf, fo, daß es auch 121) Spec. inſect. I. 312. n. 75. — — 205 auch die Farbe der Bettwanze angiebt, ſo iſt das ganz fo bey meinem Käfer; uͤbrigens haben wirk— lich bey der Linnaͤiſchen Chryſomele Kopf, Unterleib, und Fuͤſſe einerley Farbe, wle bey meinem Kaͤfer. Thorax pundis 2 impreſſis. Allerdings kom⸗ men bey meinem Kaͤfer zween eingegrabene Punkte, oder vielmehr zwey Gruͤbchen vor, die gerade da fies hen, wo bey mehrern Arten von Carabus mit hins terwaͤrts abgeſtuztem Ruͤckenſchilde ähnliche Gruͤbchen vorkommen, z. B. bey C. ſexpunctatus, C. cu- preus u. a. Elytra nigta, macula ad baſin majore rufa, alia ad apicem minore rufa. Daß dies bey meinem Käfer eben fo ſey, habe ich bereits geſagt, nur daß noch ein ziemlicher Raum von dem leztern Flecken bis zur Spize der Fluͤgelde— cke if. — Unterdeſſen ſezet Linne“ feine Chryſo— mela in der Fauna zwiſchen Chryſomela bi- punctata und Chryſomela Moraei, und im Sy⸗ ſteme in die Unterabtheilung Corpore cylindrico, was alles auf einen Fabrlciusſiſchen Cryptocepha— lus hinweiſt, wie ſie denn Herr Fabricius ſelbſt als Cryptocephalus 4 puſtulatus anfuͤhrt, und für den Wohnort Sueciae nemora angiebt. Alles dies macht mir hoͤchſt wahrſcheinlich, daß Linne“ von eben dem Käfer, der zu dieſer langen Uns terſuchung Anlaß gegeben hat, wenigſtens zwey Stuͤ⸗ cke, und zwar zu verſchiedenen Zeiten, erhalten habe. Einmal ſchien er ihm ein Laufkaͤfer zu ſeyn, und vermuthlich wegen der beyden Gruͤbchen im Ruͤcken⸗ ſchilde; aber recht wollte er doch nicht in dieſe Gat⸗ tung 206 — tung paſſen: Elytrorum declivitas et antennae obtuſiusculae primo intuitu a carabis alie- num reddunt, ſagt er ſelbſt. Unterdeſſen kam er nun einmal in die Handſchrift der Fauna, unter dem Namen Carabus 4 puſtulatus, und wanderte aus derſelben in alle folgende Auflagen des Syſtems. Ein andermal erhielt Linne“ ein anderes Stuͤck, machte eine Chryſomele daraus, und glaubte, ſie wegen des etwas langgezogenen Körpers in die Famille Corpo- re cylindrico ſezen zu muͤſſen, womit mein Kaͤfer wirklich viele Aehnlichkeit hat. Jezt hieß nun das Inſekt Chryſomela 4 puſtulata; hier fah es Herr Fabricius in Anne's oder eines andern ſchwediſchen Gelehrten Sammlung, und nahm es, ohne weitere Unterſuchung, die bey dem todten Inſekte ohnedies nicht mehr möglich iſt, unter feine Gattung Crypto- cephalus auf, wohin ſonſt alle Linnaͤiſchen Chryſo⸗ melen Corpore cylindrico gehören. Bey meinem Kafer kann ich die Mundtheile, ohne ihn, vielleicht ohne Nuzen, zu zertruͤmmern, nicht mehr unterſuchen; aber ſo viel ſehe ich doch, daß er nicht unter die Gattung Cry ptocephalus Fabr. gebracht werden duͤrfe, und vielleicht auch kein ſicheres Opatrum Fabr. iſt. Die einzige Freß⸗ ſpitze, die ich noch deutlich ſehe, und die elne hintere zu ſeyn ſcheint, iſt dreygliederig und das lezte Glied davon iſt etwas weniges dicker, als die bey⸗ den andern; das macht die Gattung Opatrum 122) eini⸗ 122) Fabr. gen. inf, p. 27. n. 23. — —_ —— 207 einigermaſſen wahrſcheinlich, wozu auch die Perlen, ſchnurfoͤrmigen, auswaͤrts allmaͤhlig dicker werdenden Fuͤhlhoͤrner mit faſt gleichen Gliedern kommen, ent, fernet aber das Inſekt deutlich von der Gattung Cryptocephalus 123), wovon es auch der ganze Bau des Kopfes trennt, den es nicht ganz in den Ruͤ— ckenſchild zuruͤckziehen kann, wo er er dann wie Loth⸗ recht abgeſtuzet erſcheinen muͤßte, ſondern er liegt vor, wie bey einer Chryſomela Fabr., hat auch die gelinde Queerfurche, welche in dieſer Gattung dle Stirne hinter den Fuͤhlhoͤrnern vom Hinterkopfe abs ſondert. Herrn Herbſt's Silphoides Boleti iſt ganz mein Kaͤfer. Eben der Wohnort, eben der Umriß, eben die Groͤße, eben dle Farbengebung iſt bey dem einen, wie bey dem andern, nur daß Herr Herbſt Kopf und Fuͤſſe zu bluͤhend roth iNuminirer, und an den Fuͤhlhoͤrnern aus einem leichten Verſehen in der ſonſt vortreflichen Abbildung zwölf Glieder gezeich— net hat, woher es kommt, daß ſechs Glieder roth, fünf ſchwarz, und das Endglied wieder roth abgebils det wurden. a Ich kann nicht eben dieſes von den beyden Arten des Opatrum im Muſeum Leskeanum ſagen, von denen ich doch glaube, daß fie hleher gehören, Das Opatrum n. 176. wird nicht beſchrieben, aber abgebildet, und die Abbildung ſtellet genau ge⸗ nug mein Inſekt vor; auch die Ausmeſſungen kom⸗ men 123) Fabr. gen, inſ. p. 33. n. 29. 208 a men mit demſelben überein. ‘Das Opatrum n. 178. wird ziemlich ausfuͤhrlich beſchrieben, und nur in Kleinigkeiten weicht die Beſchreibung von meinem Käfer ab, wovon dieſe die erheblichſte iſt, daß nur die erſten vier, nicht fuͤnf, Glieder der Fuͤhlhoͤrner roth ſeyn ſollen; hier liegt aber wahrſcheinlich ein Ue⸗ beretiungsfehler im Zaͤhlen zum Grunde. Daß die beyden Flecken auf jeder Fluͤgeldecke Muſchelbraun (teſtacea) angegeben werden, thut nichts zur Sas che: denn 1) iſt das Roth derſelben ziemlich dunkel, wann die Fluͤgeldecken in Ruhe liegen, und von den an dieſen Stellen durchſcheinenden ſchwarzrn Flügeln ges truͤbt werden; endlich bleicht es in der Folge in ein Erdgelb aus; das Wort Teſtaceus wird aber von den Schriftſtellern ſehr unbeſtimmt genommen, 2) War das Stuͤck, das Herr Zſchach vor ſich hatte, gewiß einige Jahre alt; man weiß aber, wie gerne ſich an todten thieriſchen Körpern unter gewiſſen Um» ſtaͤnden die rothen und gelben Farben durch die Laͤnge der Zeit braͤunen; der ſiebenpunktige Sonnenkaͤfer mag hier zum Beyſpiele dienen. Ich ſeze meinen Kaͤfer unter die Chryſomelen, nicht eben des Herrn Fabricius, fondern die meini⸗ gen; aber mein Syſtem iſt nicht auf die Mund— theile gegruͤndet, ſondern nimmt die Kennzeichen aus dem ganzen Koͤrperbaue her, wo immer etwas vorkommt, das deutlich in die Augen faͤllt, und bey andern Gattungen, wenigſtens in derſelben Verbin⸗ dung, nicht auch vorkommt. Ich betrachte die ſo⸗ genannten Syſteme und Methoden, wenn ſie nicht Spliel⸗ er 209 Spielwerk ſeyn ſollen, als bloffe Regiſter über die vorhandenen Naturkoͤrper; nun muß aber jedes Re— giſter deutlich und leſerlich geſchrieben ſeyn, wenn es brauchbar ſeyn ſoll, was bey einem entomologiſchen Regiſter, welches ganz auf den Mundtheilen beruht, gewiß der Fall nicht immer iſt. Gleich bey den klei— nern Arten der Gattung Chryſomela iſt es ſchon im lebenden Inſekte aͤuſſerſt ſchwer, die Mundtheile deutlich zu unterfchelden, nach dem Tode aber wird es bey den meiften Arten eine wahre Unmöglichkeit. Es iſt auch nicht richtig, daß dieſe Mundtheile, ſo durchelnander genommen, von jener ausgezeichneten Wichtigkeit fuͤr die Oekonomie der Inſekten ſeyen, wie man vorglebt. Freylich wird eine Fleiſchfliege mit den Kiefern, die fie nicht hat, keine Fleiſchfaſer zerſchneiden, und kein Käfer wird mit dem Ruͤſſel, der ihm fehlt, den Honig der Bluͤthen einſchluͤrfen; aber die Anzahl der Glieder an den Freßſplzen, die oft wenlg von einander abweichende Geſtalt derſelben, veraͤndert wohl wenig in dieſer Oekonomie; nicht ein⸗ mal die Anzahl dleſer Freßſpizen ſcheint einen erhebs lichen Unterſchied auszumachen. Der Schroͤter, der Kapuzkaͤfer, der Kleinkäfer, die meiſten Arten des Linnaͤlſchen Cerambyx, die Werftkaͤfer, ſogar eis nige Schmetterlinge, leben vor ihrer erſten Verwand— lung im Holze; ihre lezte Geſtalt giebt ihnen wohl andere Verrichtungen, und dazu werden ſie wohl auch mit den gehoͤrigen Werkzeugen verſehen, aber die kleinen Verſchiedenheiten dleſer Werkzeuge Hins dern 2 ie. nicht, einerley N auszurichten. Der Scara« 210 — Scarabaeus, der Hiſter, und das Sphaeridium des Herrn Fabricius nehmen einerley Nahrung, und ganz auf einerley Weiſe zu ſich; und Papilio, Sphinx, Sefia und Zygaena beſaugen die Bl then eben fo gleichfoͤrmig, als Syrphus und Mufca jede Fluͤßigkeit aufſchluͤrfen. Dle Laubkaͤfer zerna⸗ gen die Blaͤtter mit ihrer Maxilla brevis cornea, apice multidentata eben ſo geſchickt, als dies die Blattkaͤfer mit den ihrigen thun. Dies hindert nicht, daß nicht das Syſtem des Herrn Fabrlclus viele ſchaͤßbare Seiten hätte, dle zu zeigen ich hier eben nicht noͤthig finde; aber ich finde kelne Nothwendigkeit, vom Habitus abzugehen, worauf Linne“ feine Inſektengattungen baute, und bin weit mehr geneigt, Charaktere anzunehmen, dle von kenntlichern Theilen, als die des Mundes oft ſind, hergenommen werden. Die Charaktere meiner Chryſomelen find demnach folgende: Die Fuͤhlhoͤrner Perlenſchnurfoͤrmig, Spfzwaͤrts allmaͤhlig dicker. | Der Nuͤckenſchild breiter, als lang, vorn feiche ausgeſchweift, an den Seiten gerandet. Die Fluͤgeldecken mit eingeſchlagenem Rande, Die Fuͤſſe mit vier Fußblaͤttern. Nach dieſen Charakteren iſt nun mein vorlie⸗ gendes Inſekt eine Chryſomele, welcher ich den Herbſtiſchen Namen zum Trivialnamen gebe. Ich definire ſie alſo: Chry- 2 — 211 Chryſomela fy/phoides ,. oben ſchwarz; die Fluͤgeldecken Punktſtreiſig, auf jeder zween Oranſenrothen Flecke; unten nebſt dem Kopfe Kaſtanienbraun. Feinpunktirter Luderkaͤfer. Schwarz; Kopf und Ruͤckenſchild lang gezogen; der Ruͤckenſchild fein punktiret, glaͤnzend; die Fuͤſſe Pechfarbig. Staphylinus punctulatus. de Paykull flaph. p. 30. n. 22. Er iſt etwa 3“ lang, kaum 4 breit; der Ruͤckenſchild hat die Geſtalt eines ſamnitiſchen Schil⸗ des 124), das iſt, er iſt laͤnglicht, am Grunde ges radlinigt abgeſtuzet, und hat nur dort ſeine volle Breite, am Hinterende iſt er gerundet; er iſt ſehe glaͤnzend, gleichwohl fein punktiret, und dieſe Punkte, die an den Seiten unordentlich ſtehen, bilden laͤngs des Mittels eine gerade Linie, Die Fluͤgeldecken find etwas glänzend, aber nur braͤunlichtſchwarz. Er wohnt unter den Mooſen. Achtpunktiger Grashuͤpfer. Der Kopf gelb;; vier Punkte uͤber's Kreuz ſchwarz; der Ruͤ— ckenſchlld am Grunde mit acht ſchwarzen Punkten in einer Queerreihe; zween ſchwarze Punkte auf dem gelben Schildchen. Cicada 8 pundtata. | Die in einem Kreisbogen gerundete haͤutige Lippe fodert nach dem Syſteme des Herrn Fabriclus, daß O 2 man 124) Caryoph. de clyp. vet. 48. 212 en man dieſes Inſekt in die Gattung Cicada ſeze. Ich finde es bey keinem Schriftſteller, den ich nachſchla— gen koͤnnte, angefuͤhrt. Es gehoͤrt aber auch das Inſekt mit unter die kleinern Arten feiner Gattung, und hat fuͤr den erſten Anblick wenig Scheinbares. Seine Laͤnge betragt etwa 23”, und die Fluͤgel träge es Dachfoͤrmig, wie die gemeine Schaumcicade. Die Stirne zwiſchen den Fuͤhlhoͤrnern iſt Dottergelb, mit vier ſchwarzen Punkten, die uͤber's Kreuz ſtehen; der Ruͤckenſchild iſt faſt Muſchelbraͤunlicht, und hat drey ziemlich undeutlich in's Gelblichte ziehende Laͤngs⸗ ſtreifen, aber an feinem Grunde einen ſolchen Queer⸗ ſtreif, der ſich deutlicher ausnimmt; auf dieſem ſizen queer heruͤber acht ſchwarze Punkte: zween in der Mitte, und drey zu beyden Seiten. Das Schild⸗ chen iſt gelb; aus feinem Grunde treten aber drey ſchwarze Zacken hervor, von denen der mittelſte der groͤßte iſt, und hinter demſelben, gerade an ſei— ner Spitze, ſizen zween ſchwarze Punkte. Die Fluͤgeldecken ſind durchaus fein Pergamentartig, aber etwas durchſcheinend, gelbbraͤunlicht, glaͤnzend; am Innenrande und durch das Fluͤgelfeld vor dem drit⸗ ten Laͤngstheile deſſelben, zieht ſich eine Reihe ſchwar⸗ zer Punkte herum, indeſſen ſich im Mittelfelde vers ſchiedene weilſſe Punkte befinden, die mittelſt der Nerven, auf denen fie ſizen, faſt zuſammen zu hans gen ſcheinen. Die Fluͤgel ſelbſt ſind ſchwarz. Roth⸗ ra 213 Rothgeſtreifte Feldwanze. Laͤnglicht, blaßgruͤn, drey Roſenrothe Striche auf jeder Fluͤgeldecke: zween gepaart. Cimex roſatus. Schaͤffer hat dieſe Wanze abgebildet 128), Geof⸗ froy hat ſie beſchrieben 126), und Goͤze hat ihr den langen Trivialnamen Roſeomaculatus 127) gege⸗ ben, den ich lieber in den kuͤrzern Roſatus ab⸗ aͤndere. Sie iſt faſt 4“ lang, 2““ breit, hat Borſten⸗ foͤrmige, fünfgliedrige Fuͤhlhoͤrner, und eine fehe verwaͤſſerte gruͤne Farbe; auf dem Ruͤckenſchilde be⸗ merket man zween verwiſchte, in Roth ziehende Laͤngsſtriche; aber drey deutliche Roſenrothe Striche kommen auf jeder Fluͤgeldecke vor, davon einer vom Grunde einwaͤrts neben dem Schildchen hinzieht, die andern zween dicht nebeneinander über das Fluͤgel⸗ feld, faſt parallel mit der Laͤnge des Koͤrpers, bis an den Fluͤgelfoͤrmigen Fortſaz hinziehen; dieſer Fort⸗ ſaz iſt Waſſerhell und 5 der Hinterleib iſt oben ſchwarz. Ruͤſtholzeule. Die Vorderfluͤgel oben ſchwaͤrz⸗ lichtbraun: uͤber die erſte Haͤlfte eine queerlau⸗ fende, ſchwarze, vorwaͤrts gerundete, Zacken⸗ linie, der Hinterſaum breitgrau; die Unter⸗ fluͤgel ſchmuzig grau. Noctua ulmea. O 3 Pha- 125) Icon. inf. Ratisb. 13. fig. 9. 126) Hift. des Inſect. I. 456. n. 44. 127) Beytr. II. 253. n. 12. ® 214 | — Phalaenae Noctuae Pyramideae varietas. Hübner Geſch. der Schmett. III. 19. Tab. II. M. ö Ich kann dleſe Eule nicht für eine bloße Abart des Weibchens der Nußbaumeule erkennen; wenig⸗ ſtens bis man mich vom Widerſpiele durch forgfäls tige Beobachtungen über alle Theile der Naturge⸗ ſchichte der beyderley Inſekten uͤberzeuget. Das einzige Gewicht, welches die große Aehnlichkeit beys den Arten in dle Wagſchale legt, giebt den Aus⸗ ſchlag bloß dahin, daß ſie mit der gemeinen Nuß⸗ baumeule und der Ilmeneule, welche Kleemann 128) abgebildet hat, in die gleiche Unterabtheilung derſel⸗ ben Eulenfamilie: Glaͤnzende Eulen, * mit Kupfer⸗ braunen Fluͤgeln 129), gehöre. Ich fand unter elner losgegangenen Borke eis nes abgeſtandenen Ruͤſters mehrere Stuͤcke dieſer Eu⸗ le, die alle einander gleich, aber eben wegen des uns bequemen Standortes nicht leicht zu erhalten waren. Ihre Oberfluͤgel haben genau den Umriß und die Groͤße der Oberfluͤgel der Nußbaumeule, aber die Zeichnung iſt anders: ſie ſind vom Grunde bis zwey Drittel ihrer Laͤnge rußig ſchwarz, nur daß ungefähr gegen das Ende des erſten Drittels eine gezackte graue Linie quer uͤber den Fluͤgel lauft, die hinterwaͤrts durch eine tiefer, als das Fluͤgelfeld, ſchwarze Linie begleitet wird. Das dritte Drittel iſt grau: dleſes Grau iſt an ſeinem Grunde gewellet, und gegen den Hinter⸗ 128) Beytr. I. Tab. 18. 129) Wiener Verz. 71. G. 2 — 215 Hinterrand berußt. Die Hlnterfluͤgel find Erdgrau mit einem ſchwachen Blick in Muſchelbraun. Weißbluͤthenſpanner. Die Flügel alle weiß, ſchwaͤrzlicht beſtaubt, alle mit drey Staubs grauen gewellten Queerſtreifen und einem ſchwaͤrzlichten Punkte zwiſchen dem erſten und zweyten. Phalaena geometra repandata. Linn. Faun. fuec. u. 1260. Scop. carn. n 531. Länge der Vorderfluͤgel 63. Die Flügel alle durchaus weißlicht, unter dem Suchglaſe ſparſam ſchwarz beſtaubt, alle am Hinterende ſeicht gerun⸗ det⸗gekerbt. Ueber alle Fluͤgel laufen oben drey Staubgraue, wenig geſchwungene Queerſtreifen, das von aber nur der zweyte und dritte der Oberfluͤgel in derſelben Richtung auf die Unterfluͤgel fortges fuͤhret wird, und dort den erſten und zweyten aus⸗ macht. Der erſte Queerſtrelf der Oberfluͤgel iſt zu Ende des erſten Drittels der Fluͤgellaͤnge, und oft kaum merklich; der dritte der Unterfluͤgel iſt die Fort, ſezung eines Aſtes, der ſich vom dritten Queerſtrei⸗ fe des Oberfluͤgels abſondert, und darauf mit dem⸗ ſelben parallel lauft. Auf allen Fluͤgeln iſt zwi⸗ ſchen dem erſten und zweyten Oueerſtrelfen ein ſchwar— zer Punkt, der auf den untern zuwellen fehlt. Auf der Unterſeite ſind die Fluͤgel weiſſer, weil der ſchwarze Staub fehlt, und die Zeichnungen der Oder ſeite nur ſchwach wlederholet find. Die ſchwarze ſchmale Linie, welche den Umriß des Hinterrandes O 4 von 216 2 — von den Franzen abfchneider „ iſt mittelſt des Suche glaſes zu bemerken. Silberbruͤſtiger Zuͤnsler. Die Fluͤgel oben truͤbgraulicht. Die vordern mit undeutlichen ſchwaͤrzlichten Queerbinden: Bruſt und Fuͤſſe glänzend Perlenweiß. Pyralis julialis. Scopoli hat einen Zuͤnsler, davon die Befchrele bung mit dem melnigen ziemlich uͤbereinkommt, ob er gleich nicht derſelbe iſt, von der Flugzeit Pyralis ma- jalis 130) genennt. Da der meinige im Julius fliegt, und vielleicht im Syſteme nahe bey Scopoli's Zuͤns⸗ ler ſtehen muͤßte, ſo nenne ich ihn ebenfalls nach der Flugzeit Pyralis julialis. Den deutſchen Nas wen habe ich von der ſchoͤnen Silberglaͤnzenden Pers lenfarbe ſeiner Bruſt entlehnt. Auf den erſten Anblick macht der Bau und die Zeichnung dieſes Zuͤnslers das Bild des Schmalz— zuͤnslers rege; man meynt, man habe ein verwiſch— tes oder ſtark abgeblaßtes Stuͤck deſſelben vor ſich. Aber weder der Ort, wo der gegenwaͤrtige vorkommt (Waldungen), noch die genauere Betrachtung, ber ſtaͤtigen dieſe anfaͤngliche Meynung. Die Schnauzen find kurz, kaum noch einmal fo lang, als der Kopf. Die Fuͤhlhoͤrner find oben grau, und ziehen fich unten in's Roſtfarbige. Die Flügel und alle Theile des Koͤrpers find oben trüb bleichgrau; die Oberfluͤgel iM drey bis vier um deut⸗ 130) Carn. n. 619. — 217 deutliche Queerbinden, die am Auſſenrande anfan⸗ gen, und ſich gegen den Mittelraum verlieren, Uns ten find die Flügel blaͤſſer, die hintern noch blaͤſſer, einfaͤrbig; die vordern aber haben im Mlttelraume gegen den Auſſenrand ein Paar ſchwaͤrzlichte Flecken, davon der vordere einen Punkt, der hintere einen Nierenmakel vorſtellet; am Hinterrande, gerade vor den Franzen, haben alle Fluͤgel einige dunkle Punkte. Die Bruſt und die Fuͤſſe find Perlen, weiß und ungetruͤbt. Die Laͤnge eines Vorderfluͤ, gels betraͤgt 5“. ö Aeſpenmotte. Die Oberflügel dunkel Aſchengrau, mit einigen ſchwarzen laͤnglichten Punkten; die Hinterfluͤgel Bleygrau. Tinea populella. Zinn. Faun. ſnec. u. 1442. Ich bin nicht ganz gewiß, ob das Inſekt, welches ich unter diefem Namen beſchreibe, dieſel— be Art ſey, welche Linne“ vor ſich gehabt hat. Die Beſchreibung, die dieſer beruͤhmte Mann davon macht, iſt zu kurz, um entſcheiden zu koͤnnen, und die Charaktere, die er in feinen Definitionen ans giebt, treffen nicht genau ein; aber das Abweichende iſt doch von der Art, daß es in hundert andern Faͤllen ſo genau nicht genommen werden darf. Die Laͤnge des Inſektes betraͤgt 4“; es iſt durchaus Bleygrau, die Stirne ausgenommen, und die Oberfluͤgel; erſtere iſt unrein meißlicht. Die Motte hat nur ein Paar Schnauzen, die am Gruns DS, de 218 — de dick, weiterhin Pfriemenfoͤrmig, und übrigens Senſenfoͤrmig gebogen ſind; die Dicke ihres untern Theiles kommt daher, weil ſie dort an ihrer untern Kante einen kleinen Bart von Schuppenfedern has ben, und auſſerdem ein ſehr kurzer, ſtumpfer Lap⸗ pen da anſizt, der, in Gedanken verlaͤngert, eine zweyte Schnauze abgeben wuͤrde, dle aber am Grunde mit der erften einen gemeinfchaftlichen Stamm hat. Das Inſekt gehöre demnach nach Herrn Fa⸗ bricius in die Gattung Alucita, nach dem Ders zeichniffe der Schmetterlinge der Wienergegend (von Herrn Schiffermuͤller) unter die Familie der krumm⸗ ſchnauzigen Motten, und zwar in die Abthelkung mit ſchmaͤlern gerundeten Fluͤgeln; denn die Dberflügel find nur 1““ breit, und am Ende gerun— det; ihre Oberſeite iſt nicht rein Aſchengrau, fon dern unrein welßlicht und ſchwaͤrzlicht ſcheckig, ohne daß dadurch eigene Flecken oder Zeichnungen von der einen oder andern Farbe entſtuͤnden; nur laͤngs der Mitte derſelben bemerket man mittelſt einer ſchwa— chen Glaslinſe einige tiefſchwarze, in die Laͤnge gezo⸗ gene Punkte, etwa drey bis vier, die in einer ziem⸗ lich geraden Linie ſtehen, einen andern auſſer dleſer Reihe gegen den Innenrand, noch einige am Hinter⸗ rande vor den Franzen. Die Hinterfuͤſſe haben an der untern Kante ihrer Schlenbeine einen duͤnnen Bart von langen Haaren, der die Farbe der Unter⸗ fluͤgel hat. Linne“ giebt in feiner Fauna dieſen Bart, der aber gelblicht ſeyn ſoll, als ein weſentliches Kenn⸗ zeichen an: Tibiis poſticis pilis flavescentibus. Im — 219 Im Naturſyſteme 131) laͤßt er das Wort Tibiis weg, wodurch dann die gelblichten Haare zu Fluͤgelfranzen werden. Die Fadenfoͤrmigen Fuͤhlhoͤrner haben etwa zwey Drittel der Fluͤgellaͤnge, ſind alſo nach dem Sprachgebrauche des Linne“ breves, welches er auch von denen ſeiner Tinea populella behauptet. Es iſt unangenehm, daß Linne“ bey Beſchrei— bung und Definirung kleiner Naturkoͤrper gewoͤhn— lich zu kurz, und eben darum zu unbeſtimmt iſt. Er hat ſich einmal 132) wider den Verdienſtvollen Jak. Theod. Klein zu Danzig geaͤuſſert, daß dieſer einem kleinen Fiſche, der Clupea quadriuncia— lis, einen Namen gegeben habe les iſt aber kein Name, ſondern eine kurzgefaßte Befchreibung), der laͤnger iſt, als der Fiſch ſelbſt. Dieſen falſchen Wiz, der auſſerdem noch durch eine manchfaltige Verwirrung der Begriffe veranlaſſet worden, ſcheint er bey feinen eigenen Schriften zur Richtſchnur ges nommen zu haben, und verfiel dadurch haͤufig in den Fehler, den Horaz bey den Schrlftſtellern ruͤget: Bre vis eſſe laboro, obfcurus fio. Zwiſchenſtrichmotte. Die Oberfluͤgel etwas ein⸗ gerollt, hell gelbbraun, mit einem erhabenen ſchwarz und weißen Laͤngsſtrich. Tinea parentheſella. Linn. faun. fuer. n. 1435. | Lang 131) Syft. Nat. p. 892. n. 309. 132) Schwed. Reiſe uͤberſ. von C. E. Klein. S. 108. "220 — — Lang 4. 3. Schwärzlicht Bleyfarbig; aber der Kopf mit feinen Theilen, der Bruſtruͤcken und die Oberſeite der Oberfluͤgel hell gelbbraun; leztere un— ter dem Suchglaſe ſogar etwas metalliſch glaͤnzend. Laͤngs der Oberfluͤgel zieht ſich ein ſchmaler, Kiels foͤrmig hervorſtehender Strich herab durch den gan⸗ zen Fluͤgel, der ihn faſt genau in zween Theile theilt; diefer Strich iſt ſchwarz, wird aber auswaͤrts dicht von einem weiſſen begleitet, der zugleich Punkt- weiſe den ſchwarzen Strich unterbricht. Sie ga hoͤrt in die Familie der krummſchnauzigen Motten mit gerundeten Oberfluͤgeln. Sommerſproſſenmotte. Die Fluͤgel gerollt, die obern weiß, zahlreiche Punkte, und ein groͤſ⸗ ſerer im Mittel jedes Flägels ſchwarz. Ti- nea lentiginella. Vielleicht Tinea plumbella. Wiener Verz. 139. u. 34. Sie hat auf den erſten Anblick große Aehnlich⸗ keit mit der Vogelkirſchenmotte, oder der Spindel⸗ baummotte, wie ſie denn ebenfalls unter die krumm⸗ ſchnauzigen Motten mit ſchmalen gerundeten Fluͤgeln gehört; aber fie iſt von beyden ſehr erheblich verſchle— den, wie aus der Beſchreibung erhellen wird. Sie iſt lang 4“, trägt die Flügel parallel und ein wenig gerollt. Unten iſt die Farbe des gan⸗ zen Inſektes eine ſchwaͤrzlichte Bleyfarbe; aber oben find der Kopf, der Bruſtruͤcken und die Oberflügel reinweiß, und haben ſogar unter dem Suchglaſe eis nigen Silberglanz; Leztere find mit vielen tiefſchwar⸗ zen, — — 221 zen, aber ſehr kleinen Punkten beſaͤet, die einzeln mit dem freyen Auge nicht wohl zu ſehen waͤren; aber ſehr deutlich unterſcheidet man zween große tiefſchwarze Punkte, einen auf jedem Oberfluͤgel, aber nicht genau im Mittel der Breite, ſondern etwas mehr einwaͤrts. Die Fuͤhlhoͤrner find rußigſchwarz auch die Füße haben nur wenig weiß. Leuwenhoekiſche Motte. Mecalliſch glänzend, ſchwarz; die Oberfluͤgel oben tlefſchwarz, ein Oraniengelb-⸗ goldener breiter Geradſtrich von drey blaßgoldenen Binden unterbrochen. Tinea Leuwenhoekella. Fabr. mant. II. 252. u. 125. Sie iſt etwas über zwo Linien lang, durch» aus einfaͤrbig ſchwarz, aber dabey, nachdem man die Theile verſchleden wendet, wie polirtes Eiſen, glaͤnzend. Die Fuͤhlhoͤrner find tiefſchwarz, Faden⸗ foͤrmig und etwas unter der Splze weiß. Die Oberfluͤgel ſind oben tiefſchwarz, und laͤngs ihres Feldes Hera, lauft ein breiter, Oraniengelber, ge firnißter oder Goldglaͤnzender Streif, am Grunde geht noch auſſerdem ein goldner kurzer Strich her vor, der in der Mitte feiner Laͤnge unterbrochen iſt; weiterhin laufen drey blaßgoldene ſchmale Queerbinden vom Auſſenrande gegen den Innen rand, ſind aber in der Mitte ihres Laufes unter⸗ brochen; der Hinterrand ſpielt wle angelaufener Stahl, die an ihm fizenden Franzen aber nur wie Eiſen. Diefe 222 —— Dleſe Motte hat nur zwey kurze, völlig eins fache Fadenfoͤrmige Schnauzen, und gehoͤrt nach dem Fabriciuſſiſchen Syſtem weder in die Gattung Tinea, wo ſie gleichwohl ſteht, pi in die Gat⸗ tung Alucita. Gelbhorniges Huͤlſenaas. Der Hinterleib gruͤn; die Fluͤgel bleich braͤunlichtgrau, am Innen⸗ rande ſchwarz punktirt. Phryganea flavicornis. Fubr. mant. I. 245. n. 11. Laͤnge vom Kopfe bis zum After — 5 2%, vom Kopfe bis zum Fluͤgelende 8%. Das Inſekt traͤgt ſeine Fluͤgel Dachfoͤrmig abhangend, und zwar ſehr ſtark, indem ſie mit der ſohligen Flaͤche ei⸗ nen Winkel von faſt 80“ machen; ſie ſind etwas durchſcheinend; die obern bleichgrau, mit einem ſchwachen Blicke in Braun, ohne Zeichnungen, ausgenommen, daß ſich am Innenrande eine Laͤngs⸗ reihe ſchwaͤrzlichter, eckiger Punkte herabzieht, und ein Nerve, der aus dem Grunde kommt, und ihr zuſcharret, mit eben ſolchen, aber blaͤſſern Punkten beſezet iſt. Die Unterfluͤgel find noch weißlichter, und haben am Auſſenwinkel einen laͤnglichten tief⸗ ſchwarzen Punkt, der aus Schuͤppchen zuſammen⸗ geſezet iſt. Bruſt, Fuͤſſe, Mundtheile und Fühls hoͤrner ſind blaß Roſtbraun; die Fuͤße mit ſchwarzen Borſten. Der Hinterleib iſt blaͤulichtgruͤn. Pilzenmuͤcke. Langfuͤßlg; Bruſt und Bruſtruͤ⸗ cken Noftfärbigz der Hinterleib Anienfoͤrmig, ſchwarz⸗ ru 223 ſchwarzbraun, melßlicht geringelt; die Flügel blaß Schattenfarbig. Tipula Boleti. Im Feuerſchwamme (Boletus igniarius) der Eiche finden ſich Beinweiſſe Maden mit einem ſchwarzen Kopfe, daraus nach einem kurzen Puppen⸗ ſtande von wenigen Tagen die Muͤcke kommt, die ich jezt beſchreiben will. Sie iſt ein Langfuß, das iſt, ſie gehoͤrt in die Familie derjenigen Muͤcken, welche bey Linne“ Ti- pulae alis patentibus heißen, obgleich die mel» ſten davon bey vollkommener Ruhe die Fluͤgel ſo uͤbereinander legen, als wenn es nur elner waͤre. Aber fie iſt eine der kleinſten unter ihren Gefpielins nen, und macht den Uebergang von diefen zu den Schnackenaͤhnlichen Muͤcken durch die Tipula plu- moſa, davon ſie ſehr die Geſtalt, die Groͤße, den Bau hat; aber davon ſowohl durch den Wohnort, als durch die Fuͤhlhoͤrner, und einige andere Kenn— zeichen, die ich angeben will, verſchleden iſt. Die Muͤcke hat faſt die Laͤnge der gemeinen Singſchnacke, iſt aber viel ſchmaͤchtiger. Der Brufts ruͤcken iſt, wie bey dieſer, ſtark erhaben, an den Sei⸗ ten etwas gedrückt, von Farbe braͤunlicht Roſtgelb; Kopf und Bruſt find viel lichter; die bey beyden Ges ſchlechtern Fadenfoͤrmigen Fuͤhlhoͤrner ſind ſchwarz, und nur wenig kuͤrzer, als die Fluͤgel. Die Au⸗ gen find tlefſchwarz. Die ſehr langen Fuͤſſe ziehen in's Schwaͤrzlichte. Der ſchlanke Linlenfoͤrmige Hin⸗ terleib zleht, beſonders oben, ebenfalls in's Schwaͤrz⸗ | lichte 224 rn lichte, und wird von fechs bleichen Ringen umge ben. Die Fluͤgel endlich find ſehr blaßgelblicht, ohne alle Flecken und Mackeln, und haben ſattſchwarze Nerven. Graue Pfriemenfliege. Durchaus grau; die Fluͤgel Glasfarbig, mit einem braͤunlichtgrauen Randpunkte. ‚ Rhagio diadema. Fabr. Syfl. entom. 752. u. 4. Das Inſekt iſt etwas über 3 lang, und hat im Leben ſehr ſchoͤne gruͤne Augen, die ſich nach dem Tode in Schwarz verfinſtern. Seine Farbe ift durch» aus Staubgrau, und der Hinterleib lauft ſpizig aus; nur die Schenkel der Fuͤſſe ſind Roſtfarbig, aber ſehr blaß. Schwarzfuͤßige Borſtenfliege. Der Bruſtrüͤ⸗ cken grau, die Fuͤſſe ſchwarz, die Flügel am Grunde gelb, der Hinterleib Roſtgelb: eine Läͤngslinie und das Ende ſchwaͤrzlicht. Mufca nigripes. Herr Gmelin führe eine Muſca nigripes 133) aus dem Muſeum Leskeanum an, an welchem Orte aber nun keine Sylbe mehr ſteht, als was uns Herr Gmelin ſagte, und dies iſt wenig genug, und paßt wohl auf mehrere Arten. Man folte ſolche nackte und ſchwankende Definitlonen, bey welchen ſich der Verfaſſer weder auf eine gute Abbildung bezieht, noch ſich die Muͤhe gegeben hat, eine hinlaͤngliche Be⸗ 133) Syft. Nat. Linn. I. 2859. n. 20. er 225 Beſchreibung des Naturkoͤrpers beyzufuͤgen, als gar nicht vorhanden anſehen. Was nuͤzet der Quark von Namen und Namenbeſtimmungen, wenn er keine deutlichen Ideen gewaͤhret? Unterdeſſen, da auch die vorliegende Borjtenfliege eine von denen iſt, auf welche die dort gegebene Namensbeſtimmung paßt, ſo gebe ich ihr den bisher unbeſtimmten Gmelin'ſchen Tri— vialnamen, und dieſem Namen durch eine ausfuͤhr⸗ liche Beſchreibung Feſtigkeit. Die Fliege iſt 3 lang, etwas über 1“ über den Hinterleib breit, und iſt nach Scopoli eine Muſca nobilis, das iſt, fie traͤgt ihre Flügel auseinanderfahrend; nach Linne“ iſt ſie eine Muſea antennis ſetariis. Die Stirne iſt golden; aber die ganze Mundgegend wie mattgeſchliffenes Silber; der Bruſtruͤcken iſt gelblichtgrau; der Hinterleib Roſtgelb, mit einer ſchwaͤrzlichten Laͤngslinſe, die vom Grunde kommt, und ſich in das ebenfalls ſchwaͤrzlichte Ende des Hinterleibes verliert; aber nach dem Tode verliert ſich dieſe Laͤngslinie bis auf einige Punkte, und das Hinterende wird nur grau. Die Fluͤgel ſind Waſſerhell, aber am Grunde Roſt⸗ gelb. Die Füße find durchaus ſchwarz. Dreyeckmuͤndige Schnirkelſchnecke. Genabelt, flach, borſtig; die Muͤndung dreyeckig: die Ecken gerundet, der Rand zuruͤckgebogen. Helix obvoluta. Miiller verm. II. u. 229. Die Schale hat im Durchmeſſer 5 8% in der Dicke 2 %, iſt rothbraun, etwas durchſcheinend, P oben 226 — oben flachgedruͤckt, mit ſechs Windungen, wovon die erſtern (innern) ein klein wenig tiefer liegen; dieſe Windungen ſind dicht an einander fein geſtreift, und allenthalben mit blaß Roſtgelben Borſten beſezt, die ſich aber ſehr leicht abnuzen. Unten hat ſie einen tiefen Nabel, in welchem man im Grunde das ins nerſte Gewinde wahrnimmt. Die Muͤndung iſt dreyeckig, aber die Ecken ſind gerundet, und die wegſtehende Lippe iſt faſt lilacroth, auswaͤrts etwas blaͤſſer. 2 Die Schnecke felbft iſt glatt, oben nebſt den Hoͤr⸗ nern ſchwaͤrzlicht, unten mehr Aſchengrau. * * * Diefe Abhandlung, welche Bruchſtuͤcke zur Mar turgeſchichte der Einfaſſung des Donaumoors lie fert, mag ſelbſt als ein Rahmen zu meinen Brie— fen uͤber diefes in Balern beruͤhmt gewordene Moor abgeben. ] Lin- 227 III. Linguatula, der Zungenwurm. Eine neue Gattung der Eingeweidewuͤrmer. Ir haben in der Naturgeſchichte ein fo weltes Feld vor uns, daß es, des unabläßigen Bes ſtrebens ungeachtet, womit alle Naturforſcher heut zu Tage beſeelet find, noch in keinem feiner Theile ganz in unſerm Geſichtskreiſe liegt; jeder Thell iſt uns unuͤberſehlich, wie das Ganze, und jeder wird den Nachkommen noch eben ſo reichlichen Stoff zu neuen Entdeckungen geben, als es uns und unſern Vorgaͤngern gab. Die Gattung der ue pee ener die ich gegenwaͤrtig aufzuſtellen geſinnet bin, giebt uns das von einen neuen Beweis. Stke unterſcheidet ſich von den bisher entdeckten Arten ſehr auffallend, und ob ſie gleich im Baue ihrer untergeordneten Arten eben ſo einfach, und vielleicht noch einfa— cher, als die Gattung des Rundwurmes iſt, ſo ſteht ſie dennoch hoͤher an der Stufenlelter der Thiere, wenn man bey Errichtung derſelben auf das Daſeyn und Nichtdaſeyn aͤuſſerer Glieder Ruͤck⸗ ſicht nimmt. P 2 Ich 208 — Ich habe dieſe Gattung den Zungenwurm, oder, in der allgemeinen Sprache der ſyſtematiſchen Naturforſcher, Linguatula genannt“). Die Kenn⸗ zeichen, welche dieſen Namen rechtfertigen werden, und die ich gleichfalls in benden Sprachen ange⸗ ben will, ſind: Zungenwurm. Ein hoͤchſt einfacher, Fadenfoͤrmiger, Gliederlo⸗ fer, Runzelloſer Wurm, am Vorderende abs geſtuzt, mit einer verborgenen 1 e Zunge. LINGVATVLA. Verwis fimplicifimus, filiformis, absque annulis rugisve transverſalibus, antice truncatus, lingua retracta exertili. Sel⸗ *) Ich ſchrieb dies im Jahr 1788, und habe keine Urs ſache, darinn eine Aenderung zu machen: denn der Wurm, dem Herr Froͤlich in der Folge dieſen Namen gegeben hat, iſt entweder ein Splitter— wurm, oder, wenn die angeblichen Seitenoͤfnun⸗ gen wahrhaft vorhanden, und kein optiſcher Be— trug find, fo führt er beſſer den Namen Polypo- rus, und das Hexathyrium, von dem übrigens auch fonft die gleiche Bedenklichkeit über die Seitenoͤf— nungen da iſt, waͤre ſein natuͤrlicher Gattungsge⸗ noſſe. e 229 Seiner Einfachheit wegen ſollte er billig noch vor dem Zwirnwurme im Syſteme geſezt werden, weil Lezterer, der elne feingeringelte Haut hat, weniger einfach zu ſeyn ſcheint; allein ſieht man nicht eben auf dieſes, wie man vielleicht wohl dar⸗ an thut, fo möchte ich ihn zwiſchen dem Pallis ſadenwurme und dem Rundwurme in die Mitte ſezen, und den Kappenwurm erſt auf den Palliſa⸗ denwurm folgen laſſen, daß alſo die Ordnung dies ſer vier Gattungen folgende waͤre: Rundwurm. Zungenwurm. Palliſadenwurm. Kappenwurm. Ich habe bey allen Arten, die ich zu unterſu— chen Gelegenheit hatte, bemerkt, daß das abge— ſtuzte Vorderende einige Loͤffelfoͤrmige Klappen habe, die es an einander bringen, und damit die Mundoͤf⸗ nung ſchließen kann, gerade fo, wie der Runde wurm; aber ich bin uͤber die Anzahl dieſer Klappen noch nicht ganz gewiß; bey Einer Art ſah ich deutlich ihrer vier, welche Zahl dann ein neues Kennzeichen wäre, das dieſe Gattung vom Rundwurme unter⸗ ſcheiden koͤnnte, dem nur drey zukommen. Alle Ar⸗ ten, die ich bisher kenne, ſind Haarfein, und ſehr durchſcheinig, faſt durchſichtig; aber auch dies wage ich nicht, mit unter die Kennzeichen aufzunehmen, aus Beſorgniß, die Natur moͤchte mir in einer mir noch unbekannten Art widerſprechen. Denen, die ſich P 3 von 230 — von der Gattung einen recht deutlichen Begriff zu machen wuͤnſchen, empfehle ich vorzuͤglich, die er— ſte Art aufzuſuchen, bey welcher die Gattungskenn— zeichen am auffallendſten ſind; dabey iſt das Thier, in welchem ſie lebt, gemein genug, und in allen Gehaͤgen; aber ich muß zugleich erinnern, daß ſich diejenigen, die dieſe Art in ihrem geſunden Zuſtande wollen kennen lernen, weder des warmen, noch des kalten Waſſers bedienen ſollen, um das Thier unter das Mikroskop zu bringen; das zutraͤglichſte Waſſer iſt ein ſolches, das an der Sonne geſtanden, und ei— nen ganz unmerklichen Grad Waͤrme angenommen hat. Auch muß man den Wurm ſehr ſchnell aus ſei— nem Wohnorte in dleſes Waſſer bringen; der gering— ſte Aufenthalt an der Luft macht ihn plazen. Auch im Waſſer, es mag ſeyn, wie es will, plazt er ſehr haus fig, und fogar, wenn man ihn ein wenig zu lange darin laͤßt, allemal, daher man jedes Stuͤck alſo⸗ gleich unter dem Mikroskope unterſuchen muß, wie es aus feinem Wohnorte in das Waſſer kommt. Es iſt endlich ganz unmoͤglich, ihn unzerplazet im Wein⸗ geiſte aufzubewahren. Dies gilt aber nur von der erſten Art. Die bey den übrigen ſind viel ſtandhafter; dafür find es aber eigentlich dieſe leztern, die uns lehren, daß der Wurm in ſeinem ganz geſunden Zuſtande die Zunge nicht ausſtrecke; bey der zweyten Art, die ihrer Gebrech⸗ lichkeit wegen zunaͤchſt an die erſte graͤnzt, iſt das Ausſtrecken der Zunge allemal ein Vorbothe des Zer⸗ plazens, und die dritte Art, die wenigſtens in mat⸗ tem — —— 231 tem und nicht gewaͤrmten Waſſer niemals plazet, fi reckt ihre Zunge nur ſehr wenig hervor. Ich kenne bisher nur folgende drey Arten: J. I. bilinguis. Bilinguis, corpore filiformi aequali. Zweyzuͤngig; der Leib Fadenfoͤrmig, gleich. Wohnort: Im Ribbenfelle des Dorndrehers. (La- nius Colluris.) Anmerk. Tab. II. Fig. A. ſtellt die natürliche Groͤße, Fig. B. das Thier in der Vergroͤſſerung vor. Die Beſchreibung dieſer und der folgenden Arten müf ſen nothwendig ſehr kurz ausfallen. Ich weiß zu der⸗ jenigen, die ich kurz vorher von dieſer Art gegeben habe, nichts beyzuſezen. II. L. unilinguis. Un nis eorpore retrorſum attenuato; ante apicem tuberculo laterali; apice acuminato. Einzuͤngig; der Koͤrper ruͤckwaͤrts allmaͤhlig ſchmaͤchti⸗ ger; vor dem Hinterende ein Seitenknoͤtchen, am Hinterende ein feiner Stachel. Filaria gallinae. Verz. der Eingew. n. 2. Goͤze Eingew. 126. Tab. 7. B, Fig. 8 — 10. Wohnort: Im Maſtdarme der Henne. Anmerk. Ungefähr 18““ lang, von einer auf ſerordentlichen Feinheit, und kaum mit bloſſem, obs gleich gutem, Auge zu erkennen. Gleichwohl waͤchſt ie Dicke vom Vorderende bis zum Hinterende all» P44 maͤhlig 232 — maͤhlig ab. Das Vorderende (der Mund) iſt wie ein Sack vertieft, und kann von vier Knoͤtchen, das von zwey gegenuͤberſtehende kleiner ſind, geſchloſſen werden. Noch vor dem hintern Ende wirft der Körs per gleichſam einen Hacken, wle der Abſaz am Schu⸗ he, oder beſſer, wie das Ferſenbein am Menfchens gerippe, geht dann in einer ſchiefen Richtung noch ein wenig fort, und endet ſich in einem feinen, ftums pfen, durchſichtigen Stachel. Die Zunge, die ſie nicht allemal hervorſtreckt, iſt eine lange, ſchmale Walze, aus deren vorderm Ende zwo kleinere Borſten, wie aus einer Scheide, hervorkommen. III. I. trichocephala. Corpore retrorfum dilatato, apice acuminato. Ruͤckwaͤrts allmaͤhlig dicker, am Hinterende in eine feine Spize auslaufend. Wohnort: Im Blinddarme der Gaͤnſe, unterm Kothe. Anmerk. Wann der Wurm plazt, kommen vier Langsgefaͤſſe zum Vorſchein, davon man die Anzahl im ganzen, obgleich durchſichtigen, Wurme nicht fo leicht wahrnimmt. Die Zunge ſtreckt er ſehr we⸗ nig aus. | 82 IV. 233 IVV. Vier merkwuͤrdige Briefe von Johann Kepler. Ae Johann Georg Herwart von Hohenburg da— mit beſchaͤftiget war, die Angaben der Schrifts ſteller zum Vehuf ſeiner Chronologie, die er unter Handen hatte, zu ſammeln, glaubte er auch in eis ner Stelle Lucans einen wichtigen Beytrag zu fins den. Dieſer Dichter beſchreibt in der Perſon des Nigidius Figulus einen Stand der Geſtirne, der kurz vor den buͤrgerlichen Kriegen ſoll Plaz gehabt haben. Herwart ſchrieb daher an verſchiedene Ma— thematifer, und bat fie, das eigentliche Jahr anzu⸗ geben, in welchem ſich dieſer Stand zugetragen ha— be. Da ihm niemand etwas Befriedigendes fagen konnte, ſchrieb er auch an Kepler, und diefer Veran— laſſung haben wir folgende vier Briefe zu verdanken, die bisher noch ungedruckt, und auch hier ſogar un— bekannt geblieben waren, bis der Herr geiſtliche Rath und Profeſſor Oeggl die Handſchriften des be— ruͤhmten Johann Georg Herwart vor einigen Jah⸗ ren entdeckte. P 5 Die 234 . Die beyden erſten Briefe haben geradezu die Stelle des Lucans zum Gegenſtand. Diefe Stelle, wie ſich diefelbe Herwart in feinen Collectaneen ans merkte, iſt folgende, welcher ich noch dle Noten dieſes wuͤrdigen Mannes und feine übrigen Anmer⸗ kungen beyfuͤge. . Lucanus recenſet obſervationem con- ſtellationis feu figurae coeleſtis, quam Ni- gidius Figulus Mathematicus ante Bellum ei- vile C. lulii Caeſaris, vel faltem Auguſti ob- ſervavit, his verbis. Aft Figulus, cui cura deos fecretaque coeli Noſſe fuit, quem non ſtellarum Aegyptia Memphis Aequavit viſu, numeriſque moventibus aſtra, Aut hic errat, ait, nulla cum lege per aevum Mundus, et incerto diſcurrunt fidera motu, Aut ſi fata movent, Urbi, generique paratur Humano matura lues: terraene dehifcent ? Subfident urbes? an tollet fervidus äer Temperiem ? Segetes Tellus infida negabit? Omnis an infufis mifcebitur unda venenis ? Quod cladis genus, o Superi, qua peſte paratis Saevitiam ? Summo fi frigida coelo Stella nocens nigros Saturni accenderet ignes 1), Deucalioneos fudiffet Aquarius imbres, Tota- 1) Stella Saturni in Aquario fita ideo tribuitur ſummo coelö, quia Sol tum fuit in Leone, ficque in ipfa media node, Saturnus 6 fignis a Sole diftans fuit in medio feu ſummo coelo. _ — | 235 Totaque diffufo latuiſſet in aequore tellus, Si ſaevum radiis Nemaeum Phoebe leonem Nunc premeres, toto fluerent incendia mundo, Succenfusque tuis fiagraret curribus aether. Hi ceſſant ignes2). Tu, qui flagrante minacem Scorpion incendis cauda, chelaſque peruris, Quid tantum, Gradive, paras? nam mitis in alto Iuppiter occaſu premitur, Venerisque ſalubre Sidus hebet, motuque celer Cyllenius haeret 3). Et coelum Mars ſolus habet; cur ſigna meatus Deſeruere ſuos, mundoque obſcura feruntur? Enfiferi nimium fulget latus Orionis. Imminet armorum rabies, ferrique poteſtas Confundet jus omne manu, ſcelerique nefando Nomen erit Virtus, multoſque exibit in annos. Hic furor; et Superos quid prodeft pofcere flnem? Cum Domino pax iſta venit 4): duc, Roma, malorum Con- 2) Hi ceſſant ignes. (Effectus ſeu influentiae ceſſant. Sic enim de Saturno ait, Eum accendere nigros ignes fi in Aquario confiftens reperiatur in fum- mo coelo.) Eum caufare atros et infauftos effectus, et influentias. 3) Forte ob id haerere dicitur Mercurius, quia cum Sol in Leone et Mercurius in Cancro conſiſtat, conſequenter paulo ante ortum Solis vix in hori- zontis extremitate tanquam infra horizontem ro- ſurus confpicitur, et fole occidente ante ipſum ſo- lem occidit. 4) Figulus Auguſto nato, Dominum mundi natum praedicit. 236 gg Continuam ſeriem, clademque in tempora multa Extrahe civili tantum jam libera bello. * Hactenus Lucanus. Imprimis praeſuppono, uti etiam in rei veritate certum eſt, intra annum ante Chri- ſtum 50 et 38 hanc obfervationem a Figulo eſſe habitam; quaero itaque, quonam anno et tempore? Plane autem videtur Saturnum in Aquario, Solem in Leone, et Martem circa finem Librae fuiſſe. Ego ſane ante Epocham Chriſti annis 38, diebus 154, retro exactis, reperio Saturnum in Aquario, So- lem in Leone, Martem circa finem Librae, et lovem in Cancro. Eſt autem Cancer juxta Aſtrologos domus exaltationis Jovis, - ideoque forte dicit Lucanus: in alto; et quia paulo (poft) occafum Solis in Leone exi- ftentis etiam lupiter occidit, inde forte ait Lucanus: occafu premitur ; nam et Firmicus lib. 1. Cap. 8. inefficaces ait ftellas fieri, cum Solis orbem, veſpertino ortu fuerint ſubſe- cutae. Sed Venerem tum reperio in fine Tauri, ejusque veram commutationem 1, 59°, 28°, 43“ inde forte dicit: hebet, quia retrogradi incipiat, (fed Taurus dicitur do- mus nocturna Veneris, ideoque forte haec conftellatio paulo tardius eft accipienda, cum Venus jam Geminos fuerit ingreſſa, et conſequenter ſit in peregrinitate). Denique prae- — 237 praedicto tempore Mercurium reperio in Cancro, et veram ejus commutationem in fuperiore parte Epicyeli 0. 35°. 414 8“, Quia itaque neque in domo, neque in exal- tatione, nee etiam in trigono exiflit, ideo- que in peregrinitate repperitur, forte exin- de ait Lucanus: Haeret; et quia directus eſt, forte inde dieit: motu celer, per em- phaſim. Attamen haec conftellatio quoad Vene- rem et Mercurium non videtur congruere. Quaeritur itaque, cuinam tempori intra an- num ante Chriftum 50 et 38 haec figüra coe- li, quam Lucanus defignat, exacte com- petat. Dleſe lange Anmerkung iſt nicht von Herwart's Hand geſchrieben, wohl aber ſcheinen es die Noten zu ſeyn, die ich unter den Text geſezet habe. Wie es aber damit auch ſeyn mag, Herwart ſchickte obige Bemerkung an Kepler, und erhielt von dieſem den folgenden Brief, nebſt der Beylage. Cum in hoc dignitatis faſtigio colloca- tus, nihilominus literarum ſtudia, lectionem hiſtoriarum, et matheſeos cognitionem ames, non poſſum equidem tibi, Vir Nobiliſſime et Ampliſſime, non gratulari, utpote cui ni- hil omnium rerum deeſt, quae vel ipfe Ari- ſtoteles in ſua felicitatis idea deſideret. Quo lubentius defiderio tuo; quod literis ad D. Grien- 238 — Grienbergerum datis teſtatus es, fatisfacere contendo, propofitae quaeſtionis explica- tione ſeripta: non quidem, quod ita a ne- mine quam a me rectius fieri poſſe ſperarem: fed quia occafionem demerendi mihi tanti viri, cujus mihi ſpem faciunt illae ipfae li- terae, mirifice deofeulatus ſum. Refolutio- nein autem ipfam non alia fcripfi methodo, quam ea, qua natae mihi funt, de ipfa quae- ftione cogitationes: quae forma feribendi, etfi rudis et indigna fortaffe tanto lectore eft, tamen ob id mihi potiſſimum arrifit, ut per eam pateret cum fides mea in hac expli- catione adhibita, tum difficultas in alia con- fingenda. Quibus in pagellis ſi quid repere- ris, quod placeat, et ob quod me tuo dig- num favore cenſeas, quod utinam non irri- ta mihi confidentia perſuaderem: ejus rei demonftrandae geminam occafionem cum optione propono, ut aut me Doctori Fick- jero, viro Clarifimo, qui confanguinitate parentes meos attingit, commendes, aut ma- thematicorum veftratium judicia de meo nu- per edito libello 5), non refert, quam mihi propitia, extorqueas, atque ad me perferi ( 5) Das war fein Prodromus differtationum cofmogra- phicarum. Ich finde wirklich, daß Herwart daruͤ⸗ ber an Johann Praͤtorius geſchrieben, und fein Ur- theil verlangt habe; aber dieſer faͤllte ein Urtheil, aus — 239 (fi non arroganter peto) pro autoritate tua jubeas. Id quam meis rebus profuturum ſit, conjecturam ex illa tua epiſtola capio, quae adeo quibusdam ex meo magiſtratu placuit, ut nihil ad meum honorem convenientius ac- eidere potuiſſe exiftimem. Vale Nobilifime et Ampliſſime Vir, et fi quid dixi minus foro accommodatum, Mathematieorum moribus condona. 17 Sept. Ao. 1597. Nob. et Ampl. T. deditiſſimus Al. Johannes Kepler. Ill. Styriae Procerum Mathematicus. Is Senfus Lucani, et Deſcriptio Con- ftellationis. Ad enodationem propofitae quaeftionis, prius atque calculus adeatur, et fruftra in incerto mari duodecim annorum jadtetur, confiderentur primo omnia verba poëtae, quibus conftellationem deſeribit. Si Satur- nus (ait) eſſet in ſummo coeli, hoc eſt in can- | ero aus welchem man wohl ſieht, daß es leichter ſey, ein ganz guter Geometer zu ſeyn, als Kepler's Ad⸗ lerfluge nachzufolgen. 240 u ero, quod eft fignum altiſſimum, atque ibi accenderet (hoc eft, conjunctione ſua in ef- fectum produceret, atque cieret) nigros ig: nes (id eſt, nebulofas ſtellas Afelli et Prae- fepe), tunc portenderetur diluvium. Dieit autem: fudiſſet Aquarius imbres, vel quia poëticae ſervit fictioni, nee aliud fignum zodiaci magis aptum eſt quam Aquarius de- ſcribendae effuſioni aquarum, vel quia Sol in xx echpfim fuit paſſus, vel quia cum Sol in zz eft, maxime pluit, de quo ultimo cer- ti quid ſtatuendum. Verum ex hae ſequetur deſeriptione poëtam Saturnum neque in gg, neque in x reponere. Non in S, quia- hoc fingitur a poëta (fecundum meam inter- pretationem), fi fuiſſet in canero, pluitu- rum fuiffe. Quod enim haec fictio fonet de h in S, et non de h; in MC. (Sic*), patet inde, quia alias omnino nefeiremus, quid fibi vellent illa verba nigros accenderet ignes. Deinde quia infra ponit Martem in Scorpio- ne et cum cauda, quae eſt triente ab aſellis remota: cumque hoc pacto futura fuiſſet triangulatio Het in S et m; humidis ſig- nis, et apud efficaciſſimas fixas: recte (fal- tem ſecundum antiqua Aſtrologorum deere- ta) concluſiſſet Nigidius, inundationes por- tendi. Sed neque in Aquarium a poëta re- poni- * Medio coelo, | — | 241 ponitur, fie ut dicat Saturnum in in MC; quia rurfum haec a po6ta per figuram fictio- nis proferuntur : Si Saturnus in xy eſſet, tune ze plueret, Quibus verbis ineft vis negandi. Secundo inquit, fi Sol eſſet in Leone, portenderentur incendia. Recte et hoc: Sol cum cauda a, et Mars cum eodem m, quadrante diftarent, quod cum fit, Aftrolo- gi ignes praedicunt, et jam aliquibus, qui cremati funt, talia figna fulferunt. Sequi- tur ergo: Solem non efle in g, quod et poëta ipfe negat his verbis: Fii ceſſant ignes. Tertio pergit: quid igitur adhue porten- dis, Mars cum Scorpione? Manifefte ponit Martem in Scorpione. Sed addit: chelasgue per uris, quod quidem diffieultatem parit; nam chelae in libra, fuere tune, et hodiedum aſteriſmum Librae conſtituunt; quomodo igi- tur ſimul in Scorpione ? Igitur exiſtimo poëtieam eſſe ewvoruuiav, Scorpioni enim chelas affingunt. Et chelis accenfis, five aeſtu admoto, maxime cauda flagrante mi- nacem fingit Scorpion futurum. Alias mars cum chelis nihil adeo atrox ſignificat. Au- diamus namque Ptolomaeum, qui Lucanum Nigidiani praeſagii formatorem annis non am- plius 70 fecutus eſt. In Chilis, inquit, quae ſunt in jugo, ſive chelis Scorpü extremae ftellae 242 m ſtellae effectus habent fimiles ftellae Iovis et Mercurii, Mediae vero Saturni et aliquan- tum Martis &c. Scorpii vero frontem et cor- jimpliciter Martiales facit. Idem alibi affir- mat, chelas ſignum varium et mutabile, Scorpionis vero tonitruofum ae igneum. Conſideremus jam et illa, quae primo et ſe- cundo loco diximus, neque dubitemus Mar- tem cum corde m, non cum ſtellis librae conjunctum denotari. | Quarto. Mitis, inquit, in alto Jupiter occaſu premitur. In hae incertitudine tem- poris varii ſenſus verbis hifce affingi pof- ſunt. Aut enim vult dicere lovem in fuo detrimento verſari fc. in II. ſigno alto, ut premi, hoc eſt, male poſitum eſſe eum di- cat, in occafu, id eſt, cafu, vel propter cafum. Quamvis enim inter cafum et detri- mentum diſtinguunt, poëta 6) tamen in op- pofito domus ſuae verſans, domo ſua exci- diſſe fingi poteſt. Aut vult dicere, Iovem alte, id eſt, profunde demerſum in oceaſu, id eft, in domum fextam. Aut deeidere ab angulo decimae domus, qui eſſet altus caſus. Aut denique verfantem in 5 ſigno altiſſimo et in angulo feptimo, aut folis radios ſub- euntem, opprimi infauſtis alicujus Malefi- cae radiis. Quameunque quatuor harum opi- | nionum 6) Sic; fol aber wohl Iupiter heißen. * eo 243 nionum nobis calculus confirmaverit, ex voto id erit. Quinto. Yeneris ſalubre fidus hebet. Bi- fariam et hoc intelligi poteſt, aut generali- ter, Venerem fub ſolis radiis, aut fpeciali- ter, Lumine minutam, hoc eft, amplius fe ſolis radiis involventem, feu directo feu converſo motu. a | Sexto. Motuque celer Cyllenius haeret, Aurigs gef utitur poetica. Ille celerrimus Er- rantium jam haeret, hoc eft, ſtat immobi- lis, vel tardus et retrogradus eſt. Septimo. Goelum Mars Solus habet; aut quia ſolus ſupra terram, reliqui infra; aut quia ſolus liber radiis ſolis; aut quia ſolus potens et velox curſu, et non afflictus, re- liqui aut radiis aut retrogradatione preſſi; aut denique quia figurae dominus. Harum interpretationum ſecunda ſponte cadet, fi locum ſolis habuerimus; prima et tertia ſe- quentibus confirmari videntur: Cur ſigna Ic, planetae) meafus deferuere ſuos (noctur- nos ſe.), Mundoque feruntur obſcura. Quia vel fub radiis folis, vel (generalius) omnes lub terra, vel retrogradi, tune enim fuos eurſus deſerunt, et contratios ineunt. Octavo. Enfiferi nimium fulget latus Orionis. Hine manifeſtum eſt, loqui pos- 2 tam 244 — tam de nocturna coeli facie, vel certe de Ecclipfi © totali. Neque praetermittamus inobfervatam vocem Latus, cujus alia poë- tae ratio uſurpandae eſſe non poteſt, quam quia aut orientem aut oceidentem, deſeribit Orionem, magis tamen orientem, cum pri- mum ſiniſtrum humerum, pauloque poſt pe- dem ſiniſtrum, atque fie latus terris exſerit. Quo pofito Iupiter aut in S aut in domo 6 eſſe non poteſt. Niſi forte latus poëta dicat pro humero five cingulo propter ver- ſum. Hactenus deſeriptio conſtellationis. 2. Tempus hujus Conſtellationis. Iam ſecundo videamus, an aliquod hu- jus conſtellationis tempus exprimatur. Et hie quidem multis verbis non eſt opus. Lu- canus bellum civile inter Caeſarem et Pom- pejum deſcripturus a primis orditur initiis, nempe a tranfitu Rubiconis captoque Ari- mino. Fama adventus Caefaris Romam per- lata deferibit fugam Conſulum atque civium. Hujus tantae trepidationis caufas explicat, et altius a deorum confiliis repetit, atque in omina confert, quae frequentiſſima coelo terraque terruere pavidum vulgus. Inter coetera Choſmata, Cometen, Ecelipſes Lu- nae atque Solis, et monſtroſos partus recen- ſet, — | 245 fet, quod ad partem notabimus. Tot appa- rentibus prodigiis arufpex in urbem antiquo more accerfitur, et arufpex quidem ambi- gue, Figulus vero manifeſte rerum com- mutationem, reipublicae oppreſſionem, et coetera mala ex coeli poſitu praedixit. Hic videmus ſubnecti Figuli praeſagia prodigiis et confulto Aruntii, utrofque ve- ro cum fuga civium ex urbe ita connecti, ut illa hujus caufae fuerint vel proximae tem- pore, vel certe ex non admodum longo intervallo. | Non igitur dubium eſt, quaerendam hanc conftellationem anno ante Chriftum 49, So. vel ad ſummum 5ımo. Cum ergo annis tribus femel tantum aut ſummum bis Mars in- grediatur Scorpionem, janua nobis ad quae- ſtionem patefacta eſt. 3. Quid anſam dederit erigendae fi- gurae coeli. Tertio loco conſideremus magnitudi- nem eventus, quem ex coeli pofitu Figu- lus praedixit. Neceſſe enim eſt, alias acce- dere circumftantias quam Martem in Scor- pione folum fortem, reliquis planetis debi- litatis, quod ſaepiſſime fit. Circumſtantia- 2 3 rum 246 | Sn rum autem, quas hie fibi aliquis fingat, ſum- mum ad quatuor conjectura confequi pof- fum, ut nempe Figulus aut Ecclipfis So- lis vel Lunae, aut ingreſſus Solis in g et V, aut ortus Caniculae, aut denique illius temporis et horae, quo de prodigiis conful- tus fuit, aut quo natum monſtrum Schema coelefte inſpexerit. Conjunctionem enim aut oppofitionem ſuperiorum nullam illa tempora habuere. Nam que praeceſſit Con- jugatio in X, in annum 66, quae fequitur in m in 46 ante Chriſtum ineidit. Quad- sangulo quidem # et A fe mutuo reſpicere potuere ex S et , atque haec fortaſſis illa oppreſſio Iovis. Quidquid autem illorum fuerit, jam quarto loco calculus deteget. I 4 Confultus calculus Aſtronomicus. Calculus. Ergo anno ante Chriftum currente quin- quagefimo die 22 Martii anno Juliano, qui refpondit fere Januario anni veteris Romani, Mars medio motu jungebatur cordi m in II Mm. Cum autem eirca 23 Martii, eo tem- pore Sol aequinoctium confecerit, verifi- mile igitur eſt P. Nigidium reſpexiſſe Sche- ma — 247 ma introitus Solis in V. Quare motus pla- netarum quaerantur: primum ingreflus O in V. Calculus. Currente 23 Martii in Regio Monte 3 horis ante mediam noctem fuit aequi- noctium, Romae vero horis 4 fere. Ergo ad illam mediam noctem quaerantur loca planetarum. Calculus. | Examinato caleulo ad ingreſſum Solis in V, apparet Nigidium de hoc fchemate coeli non loqui. Nam neque Venus ſub radiis, neque 3 ſtationarius, nee (quod eſt eaput rei) Mars vero et vifibili motu in m, ſed in X exiſtit. Atque etiam ipſa Lu- cani verba hane nobis opinionem excutiunt. Fingit namque, fi Sol ing eſſet, conſtel- lationem illam incendia ſignificaturam. Si Sol in & eſſe poteft, ergo conſtellatio, de qua loquitur, non aceipit vim ſuam ab in- greſſu Solis in V; quod nobis erat praeſup- pofitum. Deinde quo tempore Sol fuit ingreſſus Arietem, jam fama erat de hofte Reipubli- cae Caefare. Figuli vero vaticinium quafi de re inaudita ſonat. Primum enim dubitat, | 2 4 quid 248 nn quid refpondeat, peſtem an terraemotus, aninundationes, an incendia ; deinde con- fidenti conjectura civile bellum concludit. Quare nos oportet retro aſcendere verſus initium anni quinquageſimi ante Chriſtum. Non poſſumus enim ad initium 48 anni deſ- cendere, quia praeſagia oportet rei princi- pium praecedere. Et initio 50 anni repe- riemus in m, 8 ſtationarium in fine ©, Venerem ſub radiis in 4. Quaeratur igitur ſolſtitium brumale fine anni 5 1mi ante Chri- ſtum. Caleulus. Anno quinquageſimo primo ante Chri- ſtum ad finem decurrente, die ſc. 23. de- cembris ſtylo luliano (ut eum Auguſtus correxit) retro extenſo, veſperi poſt horam quintam Romae Sol ingreſſus eſt punctum ſolſtitiale in principio . Quaerantur itaque ad ſequentem Me- diam noctem loca planetarum. Et erigatur thema: ubi horam 5 vel 6 veſpertinam, qua hora fol pundtum Cardinale ſecundum Pru— tenicas accedit, ſumere non poſſum. Oritur enim , et x ſunt in medio coeli: eſſetque Mars ſub terra, lupiter in ortu et dominus figurae. Forſan igitur Nigidianus calculus aliquot horis a Copernicano diſerepavit. Quare I 249 Quare quaeratur hora, qua Orion eft in occafu conſpicuus 7) Tab. 3. Fig. ı. Mars inter Chelas, Jupiter cadit ab an- gulo decimae, qui altus eſt defluxus. Cum- que fit retrogradus valde premitur a qua- dratis Saturni et Martis, inter quos medius eft. Venus eft fub radiis, Mercurius hae- ret eodem loco. Nam quem antea directus transmiſerat, nunc retrogradus repetit, et paucos ante dies ſtationarius fuit; propte- reaque tarde movetur, cunctatur, haeret. Mars folus dominusMC. ) Afc. O. 2. F. Signa lucis et tenebrarum adventantium, Venus fc, et Mercurius, ſunt ſub radiis et mundo obfcura feruntur. Vel Sol, Luna, Venus et Mercurius ſub terra ſunt. Hume- rus Orionis dexter, qui cum 21 % eo tem- pore oceidit, fulget in oecaſu. Verumtamen ut verum fatear haec figu- ra mihi non videtur Lucano ſatisfacere per omnia. Primum quia vaticinii magnitudo vi- detur omnino Ecelipſin aliquam reſpicere, non nudum folis ingreſſum in praefertim cum non fint partiles mali aſpectus. Dein- Q 5 de 7) Ich habe die verſchiedenen Schemata in eine Ku— pfertafel zuſammengeſezt, weil ſie der Buchdrucker bey ſeiner gewoͤhnlichen Einrichtung nicht wohl wuͤrde vorſtellen koͤnnen. 250 — | de quia Mars non eit in Scorpione, unde venenatae ‚aquae praedici poſſent. Tertio quia de hoc fitu Iovis, non commodiſſime dici poteſt in alto occafu premi. Quarto quia illud: Signa meatus deferuere ſuos, mun- doque obfeura feruntur, incommode expli- catum eſt: potiusque eeclipſin aliquam de- notare videtur, magis autem ſolis quam lu- nae. Neque tamen Ecclipfin futuram poſt initium belli, quia dicit: Si, Phoebe, nunc premeres Leonem. Quinto militat adhuc ra- tio ſuperius allata, quod vis et efficacia con- ſtellationis non pendeat ab ingreſſu in v, ſed tamen conſtatura eſſet, quamvis ſol in w verfaretur, Quia igitur omnino videtur innuere Ecelipſin aliquam ſolis in piſeibus factam (cum de inundatione et venenatis aquis auſit vaticinari), videamus, an Novilu- nium anni 50 Menſis Marti fuerit Ec- elipticum. Calculus. Romae igitur medium Eeclipſis incidit in horam 1 poft folis occafum. In Hifpa- nia ſub occafum ſolis fuit Ecclipfis © ad 2 digitos circiter, quod non ſufficit magnitudi- ni eventus. Videamus, an praecedens ple- nilunium etiam fuerit ecclipticum. Cal- — 251 Calculus. At tum inter locum hunc medium et ca- put plus intereft, quam 15 gr. Luna igi- tur nullam Ecelipſin patitur. Verum neque pofterior Ecclipfis Lunae quaerenda: quia o eſſet X. Confideremus igitur annum 52, cum cauda draconis eſt circa 10 WM. Mars menfe Martio in n. Calculus. Incidet media conjundtio in horas pro- ximas poft occafum. Eſtque Luna nondum cum cauda, quare ejus Latitudo ſepten- trionalis; quam ejus magna parallaxis dimi- nuet. Erit 4 in H, h in &, Ecclipfis in mp, cf dominus Ecclipfis in mn, ? in o V, fub radiis. Calculus. Confulto calculo deprehenditur, quod horis circiter 7 poft mediam conjunctionem accidat vera infra terram. quare deferen- dus eft ipfe annus vel menſis. Videatur ta- men locus Z, qui eſt 16°, 220 m. Deſeramus ergo Eeclipſes, deſeramus in- greſſus in cardinalia: et confugiamus ad quaeſtiones aſtrologicas, tune temporis valde uſitatas. Sane Mathematici Romani Magiae juxta fuere dediti, quod Lucanus etiam de Figulo teſtari videtur, cui cura deos noſſe fuit. Item clarum dicit numeris moventibus aſtra. Quam- 252 u — Quamvis dubium deos fatane, an diabolum, MNumeros aſtra moventes, carminave (ut Virg. Carminibus vertere fidera retro), an calcu- lum mathematicum dicat. Certe quaeſtio- nes mathematicae et ſortes reliquae pari paſſu ambulant. Hoc igitur ſie eſto: Con- ſulatur ſuper prodigiis Figulus, et infpiciat Thema horae quaeſtionis. Cum autem fine Decembris / eft in 27 , poft dies pau- cos ſolet eſſe in principio m, et adhuc in- ter chelas. Talem igitur diem eligamus, qui habeat aſpectum tragicum. Is autem alius circa dictorum temporum confinia eligi non po- teſt, quam undecimus ab ingreflu O in 1 cum Sol ad U h pervenit, in A. Calculus. Quare ut concludam, cum ex quatuor caſibus fupra propofitis, trium priorum nul- lus kocum habere poſſit in Lucano; (oriente namque illis temporibus canicula, Mars non eſt in m vel g), fequitur ergo P. Nigidium - Figulum loqui de quaeflionis fchemate: qua parte Aſtrologiae nihil unquam ſuperſtitio- ſius aut Magiae ſortilegiisque propius con- finxere Chaldaei. Sic enim habent illorum praecepta, ut Aſtrologus eo momento, quo de re quapiam interrogetur ab alio, vel ipſe cogitet, coeli figuram infpiciät, atque de ſingu- — 253 ſingulis judicet, quaſi cogitationes quaeren- tis non poſſint, niſi ſub certa conſtellatio- ne, exiſtere: Figulus mea ſententia ſequen- tium Schematismorum alterutrum inſpexit. Tab. 3. Fig. 2. | Conttellatio ipfa valida eſt: et five aörem ſpectemus, generandis ignitis phantaſmatis idonea: five malumus monftra, de quibus Aruns praecipue refpondit: ſane jurare au- ſim, quodeunque ſub poſteriori figura noſ- catur, monſtrum futurum. Et poſteriorem quidem magis commendo ut congruentem Lucani deſeriptioni. I. Saturnus non eſt in MC. nec in ſummo figno, fe. ins. 2. Sol non eſt in . 3. Mars eſt in m, inter che- las et caudam, cum fronte feilicet. 4. lu- piter in alto eſt, gemina ratione quia poſt M. C. et in S: etiam valde premitur duo- rum planetarum radiis oppofitis, duorum quadratis, et inſuper retroactione. Unica vox Occaſu me nonnihil exercet. . Cumque Lucani exemplaria varie depravata ſint, nef- cio an aliud pro hac voce et fortalis, Oc- curfu, legendum. Nam Jupiter in medio coeli affligitur ab oppoſito radio ſolis oceur- rentis. An Lucanus fortaflis Iovem in alto occafu ponit, quia eſt in principio quadran- tis, in mundo occidentalis, et a fummo coe- lo verſus occafum defcendere incipit? An, quod ſupra monui, quia defluit ab angulo deci- 254 Be — — decimae domus, eſtque in domo cadente? An per ſimilitudinem ejus retrogradationem, occafum dieit: propterea quod fidera recto motu incedentia ad ortum tendunt, conver- fo vero ad occafum; quod quidem inaudi- tum mihi genus phraſeos eſt. An denique quia a ſole occidentalis eſt lupiter, ideo oc- caſum illi tribuit? Forfan et illud fufpicari poſſumus, quia Jupiter eirca illos dies cof- mice (id eſt, Sole oriente) oceidit, hoc iftis verbis poëtam fignificare voluiſſe. Quo mi- nus enim dicatur, lovem in angulo ſepti- mae vel in ſexta occidentem, verſatum fuiſ- fe, illud obſtat, quia hoc pacto Orion eflet infra terram. Quinto: Veneris fidus hebet: quia eft ſub radiis, et intra ambitum orbis folis, cu» jus radiis 15 gradus tribuunt, Venus vero 11 partibus abeſt a ſole. 6. Mercurius hae- ret prope ſtationem fecundam, ad quam pau- eis poft diebus accedet motu retrogrado- 7. Signa coetera, hoc eſt, reliqui planetae deferuere ſuos meatus partim, partim mundo obfcura feruntur. Nam 4 eſt R, h non meat ſed ſtationarius fit, $ etiam incipit ex retrogradatione ſtationarius fieri, ꝙ vero ſub radiis eft, et fie mundo obfcura feruntur. Sol denique et Luna funt fub terra (alia enim Soli obſcuritas extra Ecclipfin non compe- tit.) Mars folus coelum habet in utroque fche- En | 255 fchemate, Nam eft omnium planetarum for- tifimus, quia in fuo dominio, liber radiis, directus, et in fecundo fchemate folus in angulo primae domus, ortui propinquus: deinde quia eſt thematis utriusque dominus. Sie igitur intelligo Lucani verba: Coelum ſo- lus habet, id eſt, Solus omnia poteſt, aut ſolus directe et velotiter movetur, quae phrafis admodum latina eſt, et poëtis fami- liaris, ut illud: Campoque pofitur aperto. Etſi autem in primo ſchemate illud Marti indulſi, ut eſſet ſupra terram, et fic coelum habere dicatur: tamen id imbecillum eſt, cum non folus habeat, ſed juxta videat 5 et A. Sane intra decem vicinos annos vix reperietur Mars in Scorpione ſolus ſupra ter- ram, ſic ut Orion quoque extet: ne dicam, quod terram, fie ut Orion quoque extet: ne dicam, quod exiguum hoc eft, et imbe- eillitatis argumentum, Martem fic eſſe ſupra, ut in duodecimam cadat. 8. Orion in utro- que fchemate, magis tamen in poſteriori ſu- pra terram et conſpicuus eſt. Quare minus jam dubito, quin aut Ni. gidius hoc ipſum poſterius Schema inſpexe- rit, aut Lucanus hoc de Nigidio finxerit; Unoque jam argumento locupletiores fünt Chronologi, qui initium belli civilis anno quinquageſimo ante ufitatam Chrifti anno- rum epocham adferibunt; cum haec a Lu- cano 256 | * cano citata conftellatio in eundem incidat —- fi modo fcopum ex Lucano propofitum hac diere@z five soxzouo penitus attigimus: de quo peritiorum in antiqua hiftoria judi- cium efto, qui de hoc P. Nigidio forfan plu- ra leg£re. * Pr * 1 Ut autem etiam de illa explicatione, quae verbis Lucani ſubjuncta eſt, aliquid dicam. Primum ea non congruit tempore. Nam Conſtellationem oportet bellum civile Pompeji et Caeſaris praecedere. Deinde Saturnum in Aquarium, Solem in Leonem reponere, videtur omnino ſenſui Lucani contrarium. Tertio admitto quidem il lud, quod lupiter ideo dicatur in alto eſſe, quia in 5 eſt, nempe in ſua exaltatione: ſed Sole in Leone verfante Jupiter fie colloca- tus non occidit vefpere neque cofmice ne- que heliace, quin potius utroque modo ma- ne oritur. Quarto, fole in Leone verfante Venus non poteft in fine Tauri eſſe: nam limes ipfius a Sole evagationi pofitus eft ad 49 gradum. Quin potius, ubi ejus commu- tatio eft 2° fexagenae, ſole in & verfante, ipfa erit in np, quae 8) caſus Veneris dici- tur. Similiter ubi Mercurii Commutatio eſt 8) Soll wohl qui heißen. = 257 eſt ol. 28. 4: planeta ultra folem efse ſo- let, igitur in poſterioribus partibus Leonis. Quare congruentiorem Lucano conſtella- tionem repefiri polse n non eredo. Mit dieſer Antwort war Herwart nicht zw frleden. Ein zweyter Brief an Kepler, der nicht vorhanden iſt, muß die Einwuͤrfe enthalten haben, und fie waren ohne Zweifel ſehr gründlich: denn dieſer ward dadurch aufmerkſam, ſtudirte den Gegenſtand in feinem ganzen Umfange, aͤnderte ſel⸗ ne bisherige Meynung, und ſchrieb dann folgenden Brief an Herwart. Cum accepiſſem literas tuas, Vir Magni⸗ fice, Nonis decembribus eireiter, et ani- madvertiſsem, ut tibi fatisfacerem : nonni- hil mihi laboris eſse ſubeundum: jam tum omiſſa cura celeriter reſpondendi, coepi mis hi ocium diſpicere. Quibus enim occupa- tionibus (quamvis et privatus et juvenis) diſtringar, non eſt operae pretium tibi re- cenſere, niſi ut id ſummatim dicam, me vix reſpirare. Cum igitur dedita opera rem in ferias Natalitias, quas jam Dei benigni- tate attingimus, rejecifsem: ut tamen tan- to eſſem paratior poſtmodum, interea non- nul las horas aliis laboribus, mehercule con- temptis et poenitendis, furto quafi Wen N n 258 ee in Lectionem Lucani, Caefaris, et utrius- que Ciceronis epiftolarum voluminis in- fumpfi. Videor autem mihi ex ea lectione id esfe confecutus, ut reliquo labore, nifi denique abs te jufsus, fuperfedere poſſim, ut poſtea intelliges. Primum itaque diſplicere tibi viro doctiſsimo enodationem et reſponſum me- um gaudeo: nam leltis ſuperioribus libris ipſe quoque jam aliter ſentio. Quod ut tanto rectius explicem, atque ut apud vi- rum literatum hoc tempore nonnifi cum Strena literaria compaream, age aſeri- bam perfectam dierum anni veteris Roma- ni cum anno Juliano congruentiam, uti-qui- dem illi a principio belli civilis, usque ad abolitam eam rationem a Caeſare cohaefe- runt. Id eo ad te, quia neminem exiſtimo id hactenus indicaſse, et quia cum de an- tecedentibus annis (paucis exceptis) necef- fario defperetur, credibile eſt, coeteros antiquitatum ſtudioſos, etiam de his qua- tuor ultimis deſperasſe. Conſtat annum Popilianum, quo uſi ſunt Romani ante julianum, fuiſse dierum 355, communem feilicet, intercalatum ve- ro a Pontificibus lege quidem certa, ſed arbitraria legis obſervatione. Jam ex lec- tione iſta haec ſum adeptus: 1) ineunte . bello nn 259 bello eivili nihil intercalatum 5; 2) eodem anno aequinoctium fuiffe vel xvıı vel xvı. Cal. Junii. His jam addantur et illa, quod 3) Dion omni aſſeveratione contendat, Caeſaurem anno ultimo Romano, quem Con- fuſionis annum dicunt, addidiſſe non plus 67 dies; 4) quod Suetonius, Cenſorinus, Macrobius, Solinus affirmant, eundem an- num praeterea etiam ex confuetudine inter- calarem fuiſſe. Comparavi igitur ultima cum primis, et deprehendi, intermedio tem- pore inter initium belli civilis et primum annum julianum ſaepius intercalari non po- tuiſſe, quam anno confuſionis. Reſtabat mihi de unico adhue die dubitatio. Nam Mercedonius anno confufionis intercalatus fueritne 22, an 23 dierum ignorabatur: neque id ex aequinoctio ſupradicto conjiei poterat, propterea, quod ibidem unius diei dubitatio in Cicerone relinquitur. Si XVII Cal. Jun, anni illius referrem ad 24 Martii anni Juliani, poterant eſſe 23 dies intercalati, quantum Cenſorinus aflerere vi- detur, atque etiam Manutius. At praeſoppo- nendum eſt, iis temporibus ineidiſſe in 25 (et 26) Martii , quorſum id Caeſar contu- lit. Adde, quod anno confufionis per au- ctum Mercedonium gignerentur dies 445 (ic), quos Macrobius 445 facit, quamvis Scaliger 444 legat. Tandem igitur fic con- A 2 eluſi; 260 3 eluſi, xvır Cal. Iunii cohaefiffe cum 25 Martii Iuliani, Quo pofito fi ſuperiora me- minerimus, haec ſequetur connexio: Calendae Janua- | 49 Popilianiſ 14 Nov 50 riae anni ante 48 | cohae- 3 Nov. Anni] 42 ER Chriftum. 47 rent cum[240&, Anni 48 Juliani. 46 1408 | 47 Habetque annus confufionis intercalarem conſuetum, tefte Suetonio, Solino, Ma- crobio, Cenſorino. Intercalaris dierum 22, ſuffragante Cicerone, ubi aequinoctium indicat, contra Manutium, ejusque Cen- ſorinum. Dies; quos Caeſar inter Novem- brem et Decembrem addidit in duobus men- ſibus intercalaribus, ſunt 67, Dione teſte, contra Manutium, qui 65. ponit, et Cen- ſorinum, qui 68. Summa dierum anni confufionis 444, teſte Macrobio Scalige- rano, contra quam vulgata habent exem- plaria, 443. Explicemus nunc tres menfes anni, quo bellum civile coeptum fuit. Iulia- Iulianus. Nov. 14. 13. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. Decemb. 1. 2. 8 8 —) 261 Popilianus. CAL. IAN. IV. Contra Caeſarem Senatus egit. III. pr NON. SC. extremum. VIII. VII. ö VI. Fuga TRIBB, Pr. De provinciis decreta, XVII. Deletus urbanus. AlWe Pompejus et Cofs. ex urbe XIII. diſcedunt. XI. Delectus tota Italia. VIII. Caeſar Capuam mittit condi- VII. tiones Pacis Pomp. et VI. Coſs. offerunt. III. Prid. Cal. Febr. R 3 13. 262 ——— Iulianus. Popilianus. Decemb. 13. - CAL. FEBR. 14. IV. Caeſar agrum Licernium oc III. cupat. 16. - - Prid. 17. NON. Pompejus Luceriae. 18. - VIII. 19. - - VII. Pompejus vocat Coſs. Ro- 20. — - VI. mam ad capiendum aerari- 21. V. um, qui ſtatim rurſus pro- 22. IV. fugiunt, falſo nuntiato Cae- 23.— III. ſaris adventu. 24. - Prid. 28. - IDVS 26. XVI. 27. XV. Cae ſar Corfinium. 28. — - XIV. Domitius obſeſſus. 29. - XIE = 30. — XII. Pompejus Canufii, 31. Kl. Ian. 1. X. 2. IX. Deditum Corfiniun. 3. - — VIII. Caeſar Corfinio, Pompejus 4. - VII. Canufio difeedunt. 5. - VI. MEA CONSTELLATIO. S. C. 7.—— IV. 8. - - III. Pompejus Brunduſium. 9. - Prid. Cal. Mart. Iuka- Juliamıs. Ian. Febr. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27, 28. — e Popilianus. CAL. MART. VI. V. IV. 14 9855 Pr. NON. VIII. VII. Caeſar Brunduſium obſidet. V. Natalis Attici. III. Coſs. mare tranfierunt. Cae- Pr, far molet incipit jacere DVS. ad claudendum portum. XV. Caeſar Brundufium. recipite VI. Cicero cum Caeſare. IV. III. Prid. CAL. APR. Caeſar Romam. 4 Haec / 264 | — Haec hactenus extra oleas, Ex qui. bus meipſum neceſſario refuto, qui cum omnino contenderem a conſtellatione Lu- cani ſignificari debuiſſe futurum demum bel- lum civile, conftellationem talem elegi, quae jam coepto bello apparuit. Hos igi- tur primum eſt, quod reſpondere volui. Deinde quod me relegas ad annum an- te Chriftum tricefimum octavum. Sane fi Lucani tenorem negligamus, et fi alio quam Somo anno talem conſtellationem quaerimus, qualem ex verbis Lucani elieis, fortaſſe nun- quam ea reperietur, quam eo ipſo tempore, quod in tio notaveras. Nondum autem con- ſului calculum. Sin autem Lucani ſenſum mordicus retinebimus, duorum ſtatuemus alterum: aut, conſtellationem ejus anno non 3879, ſed 51 quaerendam, aut Luca- num poetarum more fingere. Poſterius credo, quia prius per calculum eſt im- poſſibile. Idque eo magis, ob fequentes rationes. Primum ex Lectione Lucani de- prehendi, Lucanum in Aſtronomicis Ty- ronem fuiſſe. Id quamvis ex aliis Scaliger in Hypercritico colligat, mihi tamen ſuffi- cit ex ſolo hoc loco in praeſentia probare. Tres ponit in coelo tyrannos, tres auxilia- tores. Mala eſt conſtellatio, ſi dominetur tyrannorum aliquis, bonis afflictis. Si Sa- ‚turnus fit in domo ſua, quae eſt Aquarius, alt u 265 ait diluvium futurum; fi Sol in domo ſua, feilicet in Leone, incendium; fi Mars in domo ſua, ſeilicet in Scorpione, bellum. Quafi vero planetarum nulla malitia vel for- titudo quam ex ſuis domibus? Sed tyro- nem aliter loqui non decet. Illud etiam de diluvio neſeio quam vere. Confimile nam- que praeceptum non vidi apud aftrologos, Saturnus enim non humoribus fed frigori- bus praeeft. Ubi obites duo alia errata fateor. Summo fi frigida coelo ſtella Sa- turni rel. Sane nihil aliud hoc eft quam epitheton Saturni a fitu in mundo, ſum- mum enim coelum mobilium eft Saturni, Ego vero quamdiu Lucano ſeientiam aftro- rum tribui, aliud ex his verbis colligebam, ut meminiſſe potes. Deinde id: zigros ignes, fane perquam eleganter doces intel- ligere de nebulis, quo loco non longe re- cedis a Lucani fcholiafte qui nebulofum ejus fulgorem notari ait. Ego vero de praefepe et aſſeclis intellexeram. Uſque adeo facile errores plantantur, dum unus al- terum adjuvat. Sed redeamus ad aſtrologiam Lucani. Beneficos tres non aliter debilitat, ac fi aſtrologiae principia dictaret: ſi ſeilicet finguli contrariis fuae naturae conditionibus teneantur. lupiter mitis premitur, quique per ſe altus eſt, occafu laborat. Venus ſtella eſt per fe lucentiſſima, hanc dicit hebere. R 5 Mer- 266 — ä Mercurius alias celerrimus nunc haeret. Quis non videt, ludere Lucanum po&tarum more, dum fingit, quo aptiora optare neſ- cit? Atque en denuo mihi fatendus eſt er- ror in verſu ſequenti: cur ſigna meatus etc. Nam his verbis jam non amplius de plane- tis agit, ut prius exiſtimabam, ſed a plane- tis ad fixas venit, nec aliud vult, nifi ſig- nis coeteris ſub terra abſconditis ſolum enfiferum Orionem confpicuum eſſe. Haec ſane omnia partim fimplices aſtrologorum regulas, partim fictiones poëticas (ut de Orione et Aquario) ſapiunt. Et mirum fa- ne, invenire me potuiſſe conſtellationem aliquam, quae quadamtenus accommodari huic votivae poëtae deſeriptioni poſſit. Atque hoc primum eſt argumentum, quo non quaerendam in natura cenfeam Luca- ni faciem coeli. Alterum argumentum in eo conſiſtit, quod conſtellationem atrocem et tragicam, quae ſub principium ejusdem anni Romani, fc. in Novembrem Iuliani incidit, non ce- lebrat. Quod fi aut Lucanus fuiſſet aſtro- logus, et coeleftem ejus temporis habitum numerando exquirere didiciſſet, aut aſtro- logum hac de re conſuluiſſet, rectiſſime ille conjunctionem illam peſſimam Saturni et Martis in 10 & celebraffet, nec opus fuiſ- ſet . 267 ſet ad 38 annum deſcendere, ad tale quid inquirendum. Qui igitur Martis in Scor- pione curſum, quod fit altero quoque an- no adeo exaggerat, bone Deus! quam potuiſſet ille tragicis verbis illie uti, ubi rariſſime hoc fit, love in 5 et Sole in m verſante, ut uterque malus ſint orientales. Tertio ſeribit Eclipfes Solis et Lunae ſimul apparuiſſe, quarum neutrius apud ſeriptores diligentiſſimos extat mentio. Commentator Sulpitius allegat Appiani verba, quibus pro- digia illius anni, ſupplicationes ad templa deorum deferipfit: nulla eclipfis ibi, nullus et cometa. Sane eclipſis ea anni tempeſtate, qua fugere Conſules, eſſe non potuit, eum a ſit in m. Quare fie ego exiftimo, fi plu- ra aftrologorum tragica decreta Lucanus memoria tenuiflet, plura etiam deſeriptu- rum fuiſſe. Quarto, quid hic tribuendum ipfi fit, ubique lectorem monet. Eſt confertus, redundans, copioſus ad taedium uſque, tra- goedus ad horrorem. Quam ille vreeyaeı 10 cine in coacervandis, quae unquam audita ſunt, prodigiis? Quis vero credat, omnia fimul accidiffe? Quae igitur illi fides in ple- risque, eadem eſto in deſeriptione coeli. Quinto manifeſta eft Maronis aemu- latio in eo loco, ut quod Maro ad rei ve- 268 nn veritatem uno folio dixit (referens pro- digia mortem Caeſaris antecedentia), Lu- canus copioſiſſime didueit, et hoc eodem pene ordine, ſaepe non diſſimilibus verbis refert, quale eſt illud: Maro: Impiaque aeternam timuerunt ſaecula mortem. \ Zucanus. — — — Genteſque coegit Deſperare diem. Nihil igitur niſi poëtam agit. Atque his de cauſis non exiſtimo fruſtra deſudandum Lucani gratia: qui fi vivus audiat, nos ri. ſurus fir. Cui vero ufui fit illius temporis ephemeris, neſcio, niſi aſtrologus velit no- ſtra tempora cum illis conferre. Nam ab Auguſto ſequentis anni 98 per annum 99 eaedem conſtellationes redeunt, quae fue- re anno primo belli civilis, fixas folas exci- pio. Et tamen fi cui citra immodicam de- fatigationem eitraque temporis jacturam placeret, per illa tempora coelique curſus retro contemplando peregrinari: in venta mi- hi ratio eſt, qua modico ſumptu pauciſſimis rotis horologium ſeu indicem coeleſtem ac- tuarium quis machinari queat, atque in eo una hora centum annos agere, adhibita vel modica vel rariſſima vel nulla per 6000 an- nos ar 269 nos correctione, prout ſumptibus carere vellet. Res principe viro fortaſſe non in- digna, mediocriter diviti non intolerabilis. Haec hactenus de antiqua quaeſtione, in qua ita pergam, ut per literas me juſſeris. Ad alteram quod attinet, ſane exactis ab initio anni quarti ante Chriſtum diebus 6, horis gt a media nocte fuit conjunctio 9 et g talis ut & eſſet infra 9, et uterque matutinus. Nam locus Solis fuit 13, aut 14 1. Cireiter, locus vero ꝙ et & 24 K. Sed in latitudine per tres gradus variant. Nihil malim ſeire quamautorem obſervatio- nis. Multum enim reſtat in motibus, präe- eipue in latitudinibus planetarum emendan- dum. Cui rei obfervationibus opus eſt. Haec intempefta note, cum mihi oblata eſſet a digniſſimo d. Cancellario ſeribendi occaſio. Quae caufa eſt, quod literis Excellentiſſ. D. D. Fickleri, agnati mei; in praefentia non refpondeo (9). Magn. dig- ni- 9) Dieſer Fickler ſcheint wohl kein anderer geweſen zu ſeyn, als Johann Bapt. Fickler, wovon Joͤ⸗ cher nachzuſchlagen iſt, und iſt wohl mit dem Dr. Fickler, welcher unſerm Herrn Prokanzler Maderer zufolge (Annal. Ingolſtad, Acad. II. 125) Lehrmeiſter Herzogs und nachmaligen Kurfuͤr— ſten Maximilian L war, einerley Perſon. 270 u — — —— nitatem tuam feliciter valere jubeo, et bo- na ei novi anni auſpicia precor. 24. De- cemb. anno 1597. Magn. D. T. Studiofe Cliens A. Johann Kepler Illuſtrium Styriae Provincialium Mathematicus. Mit dieſem Briefe war nun die Frage uͤber die Stelle Lucans voͤllig abgethan, aber damit der Briefwechfel mit Kepler nicht geſchloſſen. Ich fin de in dem naͤmlichen Bande (dem einzigen noch vorhandenen von den Zuſchriften an Herwart) noch zween andere Briefe Kepler's, die zwar jezt mins der wichtig find, weil Kepler ſelbſt die darinn ents haltenen Ideen in feine ſpaͤtern Schriften groffens theils aufgenommen hat; unterdeſſen find fie koſt⸗ bare Ueberbleibſel eines groſſen Mannes, und ent⸗ halten manche Benytraͤge zur Literargeſchichte ders ſelbigen Zeit. Mit Vergnuͤgen erſah ich aus dem zweyten dleſer Briefe, mit welchen elenden Hilfs, mitteln der groſſe Mann die Geſeze des Himmels entdeckte; und ſeit ich dieſen Brief geleſen habe, hat meine Hochachtung fuͤr Kepler nur noch mehr zugenommen. Ich liefere die beyden Briefe, wie ich fie vor mir habe; nur vermeife ich die Figu⸗ ren aus dem Texte in die Kupfertafeln. Der — — 271 Der erſte ſchließt unmittelbar an die beyden vorhergehenden an. 0 Salutem et mea Servitia, Magnifice et dodifime vir. Quid literis meis accidiffe dicam, ut tam diu delituerint, neſcio: niſi quod, dum ad libros perpetuo deſedeo, neceſſe mihi eſt in hominum idoneorum ignoratione verſari, quorum induſtria iftiufmodi negotia promo- veantur. Ad duas literas tribus potiſſimum nominibus mihi refpondendum eſt, primo quidem difficillimo, coeteris quodammodo facilioribus. Etenim quibus ego verbis gratiam pro tranfmiffo munere referam ? Neque enim tanti aeftimare vilem operam po- teram, neque mehercule quicquam praeter ſententiarum caufa veritatis collationem quae- rebam, et quovis munere gratius mihi. erat, literato viro, in quo cognitio mathefeos dignitate politicae functionis cohoneſtare- tur, qualitereunque innoteſcere. Sed enim quid prohibeat, imo quid expediat, 4 indigentiam meam, qua munus tuum auge- tur, coram te fateri nolle, viro tali, cui utique nemo perſuadeat, Mathematicos ex aura vivere, et ſola ingenii gloria conten- tos eſſe poſſe. Itaque velim hoc tibi per- ſuadeas, etſi mihi gratius aceidere nihil po- g tue- 27 3 tuerit, quam intelligere, mea abs te pro- bari, tamen ne munus quidem ifthoc po- tuiffe non eſſe gratifimum. Quod fi qua mea induftria tibi a me penſari poſſe intel- ligis ; obfecro id me doceas, materiamque declarandae gratitudinis imperito exhibeas. Venio ad libellam nauticam, de qua, quod ſeribam, non eruditio, ſed telpönden⸗ di neceſſitas mihi ſuppeditat. Etenim Mo- nachium aliud hac de re certiuſque ſeribere non poſſum, quam quod abhinc biennio Monachii didiei; cum enim cuftos biblio- thecae, ſeu quiſquis ille fuit aftronomiäe cognitione imbutus, globum Apiani mihi monſtraret, addidit, inſtituiſſe Apianum no vam longitudinum difcendarum doctrinam ex declinatione magnetis. Id ſi ita eſt, Apiano utique exploratum ſeu Eönftitutem fuiſſe punctum oportet, ad quod (loco poli) magnes tenderet. Sane Petrum de Medina refutant omnia cum Solaria hori- zontalia, quae Compaflos vocant, tum ta- bulae geographicae. Itali, qui ſinum Adriatteum „imo qui Aegaeum, qui totum mediterraneum ſinum navigant, declinationem magnetis etiam in exiguo inſtrumento conſtituunt valde no- tabilem, Illis autem experientiam hujus rei quis eripiet? Belgae, qui glaciale 11 Its⸗ — 273 iterato tentarunt, et ad Obii fluvii oſtia uſque acceſſerunt, tabulam Septentrionis per Ger- hardum Mercatorem ediderunt, cum gemina poli magnetis notatione. Illos autem haec declinatio latere non potuit, propterea quod triangulum efficitur fere ifofceles a locis eum long. 100, lat. 72, ad polum ter- rae et polum magnetis. Unde declinatio eſt angulus propemodum ſemirectus. Quod ſi polus magnetis certo deprehenſus eſſet, fa- cile eſſet negotium ex doctrina triangulorum colligendi vel declinationein magnetis ex data longitudine et latitudine, vel loci lon- gitudinem ex data latitudine et declinatione magnetis. Sed enim haec omnia ex ipfa ſeptentrionis tabula perſpicere ipſe potes. Quod autem Petrus ille negat, errorem Navarchis ex neglecta magnetis declinatio- ne obrepere, id in meridionali forte orbis hemiſphaerio praecipue locum habet, aut in mari atlantico et Braſiliae atque totius Americae orientalibus littoribus, quibus polus terrae et magnetis (ut eum Gerhardus notat) propemodum in eandem incidunt li- neam. Quamvis olimin Zwingeri theatro legi, eos, qui meridiem verſus, et trans aequatorem navigant, magnetis ufu deſtitui. Alibi legiffe videor (fed tenuis ejus rei me- moria quafi ex ſomno ſupereſt) diſcrepare magnetes, nec eodem omnes vergere. Summa, S fi 274 5 — ſi nihil in hoe puncto refponderem, hone- ſtiſſima mihi esſet excuſatio, quam temera- ria reſponſione mihi inutilem reddo. Ete- nim cum annum 26 vix egreſſus ſim,; Ma- theſin vero non maturius, quam ab anno 1594 ſerio ſim adortus, et potiſſimum tem- pus in prognoſticis, vaniſſimo labore, ſed neceflario, conſumſerim bactenus: intelli- ges, quam ego non fim lectione hiftoricorum ad arduas hujuſmodi quaeſtiones inſtructus. Sed ad tertium punctum accedam, et ad ea, quae ſeribis de meo prodromo. Et mathematici illius, quiſquis ille fit 0), ju- dicium prope intelligere videor. Jam enim aliquoties mihi, uſu venit, ut in eos, qui rem quidem intelligunt, motum autem terrae credere non poſſunt, incidens hoc audiam: Egregiam eſſe phantaſiam. Hoc eſt, ſiqui- dem una haec hypotheſis de terrae motu vera eſſet, coetera omnia pulcherrima fi- bi videri. Materiam, quam dignam alicu- jus diligentiae cenſes, ego ipſo titulo ſum pollieitus. Prodromus enim eſſe de- buit iſte meus libellus ſequuturarum diſſer- tationum coſmographicarum. Conſilium | mihi 10) Johann Praͤtorius. Die Stelle aus feinem Brie⸗ fe war mir für eine Note zu lang, und hat ges genwaͤrtig nicht Intereſſe genug, als daß ſie hier angefuͤhret werden duͤrfte. — 273 mihi tale. In nova Cofmographia tracta- rentur argumenta phyſica pro motu terrae, et cogerentur multa, quibus fingulis diverfi exiguam fidem adhibituri effent. Ne ita- que inventum hoc meum de quinque corpo- ribus inter iſtas quaſi paleas delitefceret, et una fententia cum Coeteris inter incer- ta rejiceretur, volui illud feparatim edere, ſi quo pacto fidem mereatur. Nam hoc eſt, quod probabilibus ſequuturis argumentis ex Phyſica etc. depromptis nonnullam autori— tatem coneiliare debet. Libellos meditor cofmographicos quatuor, I. De univerſitate, et potiſſimum de partibus mundi quieſcenti- bus, Solis loco et quiete, fixarum diſpoſi- tione et quiete, unitate etc; mundi. II. De mobilibus. In quo repetitin negocii de 5 corporibus, diſputatio de motu terrae, proportione motuum pythagorico mufica etc. III. Deglobis ipfis peculiaribus, ſed praecipue de globo terrae, cauſis montium, fluminum etc. In genere tamen. IV. De relatione coeli et terrae cauſa actionis et paſſionibus, ubi lumina de aſpectibus, meteorologia, et aſtrologia, principiis phyficis. Sie 3 prio- res reſponderent libris Ariſtotelis de coelo, quartus libris de generatione. Tempus editioni nullum ſtatui, intel - igo enim opus mihi eſſe lectione aceurata Ariſtotelis, Platonis ete. et praecipue in S 2 bro 276 — libro 3. Coſmographorum hujus aetatis ut et hiſtoriarum. Et tamen me peculiare quid hactenus detinet, quo minus ne manum quidem ad- moveam. Id tale eſt. In antiquis hypo- thefibus per doctrinam Eelipſium docemur metiri Solis et Lunae ſphaeras, eorumque corpora; de coeteris corporibus nihil de- monftrative ftatui poteſt. In hypothefibus Copernici novis docemur metiri omnia mo- bilia, omnes planetarum ſphaeras, ſed ſphaeram fixarum ex iis metiri non poflu- mus. Docet enim cum antiquiſſimo Ariftar- cho, orbem feu coelum terrae habere fe inſtar pundtiad amplitudinem fixarum, ut eft fol. 116. mei opuſculi, five potius narratio- nis Rhetici. Ego ad Cofmographiae de- ſeriptionem multum intereſſe cenſeo, ſeire an vere haec ita fe habeant. Cumque in Copernico nihil videam praeter vmd$sow, hoc eft, cum ille hoc non alio argumento demonftret, quam fenfuali (ubi probatur quidem, terram ad eraſſum fenfum non dif- tare notabiliter, fed an exquifito fenfu et inftrumentis haec diftantia non animadver- tatur, id non probatur), viam talem inveni, qua aut ſuppoſitum probetur, aut terrae a centro diftantia conftituatur et exploretur, atque fic etiam extremum coelum metiri poſſimus. | Non — 277 Non eft autem, quod credere quis poſſit, obvia horum experimentorum occa- fio: fed ubi omnia diligenter perquifiveris, vix duos aut tres modos obfervandi excogi- tare poſſis. Horum autem nullus eft, qui non aliquot annos ad fui certificationem re- quirat: quamvis una obfervatio breviori tem- poris ſpacio, puta uno aut duobus anni qua- drantibus perficiatur. Primus ex his, quem ego mihi elegi, et qui evidentiſſimus eſt, ſic habet. Certum eſt, ſi terra fit extra mundi medium horizontale, coelum nunquam bi- fariam ſecari, ſive in duo aequalia, niſi in ortu aut occafu ſolis (praeſuppoſito tamen, quod motus diurnus terrae volutione acci- dat). Eſt in praefente Schematiſmo (Tab. 4. Fig. 1) K Ah Meridianus in ipfa fixa- rum Sphaera, eid linea recta repraeſentet zo- diacum, quem quidem debuiſſem ſecundum rei veritatem deſcribere in amplo illo circulo, ſed repraeſentet viam et orbem telluris. Sit- que terrae corpus in e, 4, et bis in i; eldm eſt amplitudo coeli terreſtris. Terra itaque motu annuo circumeat ab e per i in 4, et hinc rurſum in altero femicirculo per i in e. Cum ergo globus terrae eſt in e, et noſtrum in eo domicilium ita inclinatum, ut longiſſime diſtet ab i Sole in centro, me- dia non eſt. Et tum horizon k e n. At ſi ter- ra ſit in i, et noſtrum domicilium ſurſum ver- S3 gat we. zz | gat, vefper eft, et fol occidit, eftque ho- rizon flimb, incidens in Solem i. Sic fi terra in d veniat, et in eo domicilium no- ſtrum ſurſum vergat, horizon ejus eſt gde, et meridies. Eſto jam e, 4 V; 4, 4251,24 „ 4 Sz; et fir ftella ad A ſtella polaris, quae ponitur coelum mediare cum 4 V. Igitur ſuperiori menfe ſeptembri, cum fol eſſet circa 4 E, et proinde terra circa 4 V obfervavi altitudinem A ftellae in media nocte. Neceſſe igitur eſt provenire arcum Ak. Expectavi itaque ufque ad decem- brem, et tunc mane atque vefpere obfer- vavi rurſum Stellae A maximam et minimam altitudinem. Neceſſe igitur fuit in maxima altitudine provenire arcum Ab, qui major debet eſſe quam Ak, fi vere amplitudo orbis eldm eſt fenfibilis inter fixas. Col- latis obfervationibus deprehendiſſe videor, quod differentia arcuum, quae eft k h, fit 33 fere ferupulorum, à 4 MV ad 4 S per quadrantem eireuli. Unde ſequeretur, pro- portionem coeli terreftris, five ejus diametri ad diametrum fixarum eſſe ut unius ad 100. Sed videor, inquam, deprehendiffe. Nam hujusmodi obfervatio per inſtrumenta non exquifita lubrica eſt. Itaque pluribus ob- ſervationibus dubitatio omnis excludenda eilt; quae res aliquod tempus requirit. Sunt — 279 Sunt et alii modi, ſed difficiliores. Hoc ubi certo innotuerit (et velim alios quo- que aftronomos in hanc rem intentos eſſe), primum retexenda erit univerſa Aſtronomia et Geographia, demonſtrandumque, quod in Sawousvas arietur per hanc telluris a centro ſenſibilem diſtantiam. Poſtea ſup- peditarentur mihi rationes phyſicae de cau- ſis hujus proportionis. Prius enim oportet ro cr conftare, ex quo v d deducatur, Itaque tune me eee ad ſuſceptam materiam. Quod autem etiam. ex ratione vento- rum et motus marium deduci argumenta exiſtimas pro motu telluris: equidem et ego nonnullas harum rerum cogitationes habeo, et cum nuper Galilaeus Patavinus mathe- maticus in literis ad me fcriptis teftatus ef- fet, fe plurimarum rerum naturalium caufas ex hypothefibus Copernici rectiſſime de- duxiſſe, quas alii reddere ex ufitatis non poſſint, neque tamen in fpecie quofquam commemoraret, ego hoc de maris fluxu fufpicatus ſum. Sed tamen ubi rem dili- gentius perpendo, non videmur a luna dif- cedere debere, quoad rationes fluxuum ex ea deducere quimus: quod quidem fieri poffe exiſtimo. Qui enim terrae motui tribuit, motum marium, mere violentum. S 4 mo- 280 — motum ſtatuit. At qui lunae maria dicit ad- haerefcere , ex parte naturalem facit. Quod de Philippo Landſpergio ſeri- bis, idem ante ipſum Reinmarus Urſus fe- cit, fixas quieſcere, terrae centrum quieſ- cere, fuperficiem circa centrum, et folem (qui Centrum fit omnium 5 planetarum) circa terram eircumduei. Idem fere Ma- ginus in Italia fecit, quamvis et circumfe- rentiae terrae motum ad fixas transferat. Idem, fed philofophice magis quam Aftro- nomice, Roeflinus in Alſatia, idem Tycho Brahe in Dania, qui primus videtur, prae- ſtitere. Summa, hypotheſes non novae ſunt, ſed forma nova. Mixtae fcilicet ſunt ex antiquis et novis Copernici. Ego vero ſic cenfeo, cum Aſtronomi, facerdotes Dei altiſſimi ex parte libri naturae ſimus: decere non ingenii laudem, fed Creatoris praecipue laudem ſpectare. Qui hoc ſibi perfuafum habet, is non facile aliud quiequam in lu— cem emittit, quam fecum ipfe credit, nee temere quid in hypotheſibus mutat, nifi certius ex illis phaenomena demonſtrari pof- ſe ſperet; nec nimium deſiderat, illa magna lumina, Ptolemaeum et Copernicum etc. inventionis gloria praevertere, Atque eti- am mihi, cui perſuaſiſſima eſt Copernici fen- tentia, religio eſt aliud proponere, vel in laudem ingenii, vel ad gratiam hominum, qui — 281 qui abſurditate ſententiae plurimi offendun- tur. Sufficit haec gloria poſſe Copernico ad magnam aram, facra facienti portas tem- pli mea inventione cuſtodire. Quod de POSSE harum Copernici ſeribis, quod ano- malia Lunae etc. nihilominus falvari poſſit, ea omnia Copernico fatis ſuperque proviſa ſunt, nee quiſquam Aſtronomorum eſt, qui uno apice novas has hypotheſes vete- ribus poſtponat: fola et omnis cum Phyfi- cis, Metaphyficis, Theologis Copernico- lis ef. Quod autem necdum perfecta eft doctrina motuum, cauſae ejusmodi ſunt, quas in Copernico corrigere, in antiqua forma mundi nequidem ſuſpicari poſſumus. Landfpergii ego nihil vidi, praeter doctri- nam triangulorum, mehercule auream, quae me plurimum juvat. Ex eo computa- vi declinationem magnetis, exempli caufa, eo quod ex relectione tuarum literarum in- tellexi, gratum tibi hoc futurum. Appo- nam autem calculum cum demonftratione, quia in calculo minus ſum verſatus, ut judicium de eo ex demonſtratis ferre poſ- fes, ſicubi erraſſem. Sane nulla mea huic la- bori utilitas eſt propoſita, eum ſciam, rectius haec a verſatis in arte peti, quorum non paucorum habes notitiam. Quidquid igitur hujus facio, non alio quam gratitudinis ftu- dio facio. S 5 Mer- 282 — ."Mereator in tabula feptentrionis, ut et in altera biſecti terrarum orbis deſignat poli magnetis longitudinem 179% q Lat. 16° 30° a polo arctico. i Idem in tabula Germaniae, et in om- nibus generalibus Monachium refert ſub Long. 33° 30/. Lat. 48° Of In hoc autem negotio neceſſe eſt ad errorem vitandum, Mercatorem nos ſequi, quamvis Apianus ei litem in longitudine mo- vere poſſit. Haec ſi vere ita habent, da- tur triangulum PM L (Tab. 4. Fig. 2.) cognitorum duorum laterum L P, PM, et angulo ab iis comprehenſo. Eſt enim L locus, P polus, M magnetis punctum, LP complementum latitudinis, fc. 42° 0% PM ı6° 30° ex tabula geographica. LPM autem ita quaerendus: ſubtrahenda longi- tudo loci a longitudine magnetici poli. 33. 48 144. 12. Angulus LPM. Quaeritur PL M angulus, qui eſt de- clinatio magnetis a linea meridiana. Con- tinuetur itaque LP in E, et demittatur ex F perpendicularis M F. Igi- er 283 Igitur in triangulo P F M angulus F rectus eft, angulus FPM eſt angulo LPM cognito reſiduus ad duos rectos, fc. 35 48% latus vero PM cognitum eft. Poſſunt ita- que inveſtigari latera FM, F P, quibus ha- bitis dabitur triangulum MF L, cognitis lateribus MF, F L, et inveſtigari poterit angulus FL M quaeſitus. Prima operatio pro latere F AA. 3 8 2. 4 i 3. Radius Latus P M. Angulus FPM Reg. prop. 16° 30ʃ. (35° 48% 10000000, 2840153 Sinus. Sinus 58495, | (78. Prodit 1661370 Sinus. = Arcus 9° 34% qui eſt latus F N. Secunda operatio pro Be 5 1. 2. 3. Reg. proport. Angulus FPM. Latus PM. Radius 35 48% 16° 30° 19000000 Complementum Faecundus 74. 12. ejus 2962135 Sinus 8110638. 4. Prodit 2402481, Faecundus Arcus 13° 31° nempe lateris F P. 2 La- 284 | Latus P F. 13. 31°. Latus PL. 42. o. Latus igitur F L. 55. 31. — . ———— 0.2 Tertia Er pro angulo FL M. Reg. prbpött. a Latus F M. 9 347 Latus L F. Ioooooõ 0 Ejus Faecundus same Er | 1687390. nus 8242909 | ' Er EN Prodit 2044642 Faecundus. Ejus Arcus 11 33. Nempe angulus FL M. Itaque Monachii lingula magnete illi- ta; deelinat a ſeptentrionibus ad dextram ° 33%. Si fc. vera ſunt ea, quae ſupra F | Porro difputat Scaliger et Cardanus, quorfum vergat Magnes, num ad polarem, an ad montes fub polo: incidit mihi expe- rimentum capiendi modus. Fiat ex quavis materia praeter ferream circulus aequaliſſi- mus, in certo puncto circumferentiae ad centrum ufque perforatus. In id foramen immittatur lingula ferrea magnete rite illinen- da, ſed in foramine libere pendens praeter- quam in radice ad centrum. Ibi enim fi- Sa- — . 285 gatur lingula. Prius autem quam illinatur magnete, tam diu aequetur circulus, do- nec (ſuper axe erectus) quomodocunque poſitus conſiſtat, nee una pars magis quam altera deorfum tendat. Hoc fic parato af- fricetur lingula magnete, et erigatur circu- lus ſuper axe ſuo ita, ut cummeridiano (feu mage cum illo verticali, qui per polum mag- netis tranſit) coincidat. Et pars, in qua eſt lingula, advolvatur ſeptentrioni. Exiſtimo namque, ſi magnes ad ſtellam vergat, ſur- ſum à linea horizontali ſpectaturam lingu- lam; ſin (ad) montes, deorſum. Ut fi GHIM (Tab. 4. Fig. 3.) fit terra, BD horizon, CME axis mundi, E polus in coelo, M polus in terra, F G circulus magneticus. Ergo fi magnes du- eit ad polum coeli, lingula ferrea habebit ſitum A K, verſus E: fin autem tendit ad po- lum terrae, fitus lingulae erit AL ver- ſus M. Edidit Joannes Taifnier Hannonius anno 1562 Coloniae libellum de viribus magnetis, in quo exiſtimat, inefle in mag- nete non tantum poli ſed omnium etiam coeli partium ſenſum, ut fi globus exactus fiat, et duo pundta, quae polos refpici- unt, quaerantur, exqueiis globus ſuſpen- datur ſecundum altitudinem poli hujus lo- ci, I 286 — — ci, fore, ut globus una cum coelo diurno motu convertatur, atque fic motus per- petuus efficiatur. Sed haec exiſtimo dici fine experimento. Idem alio modo ex eon- tinua ferri attractione motum continuum confici exiſtimat. Ut fi circulus argenteus fit erectus ſuper M centro et axe, habens undequaque claviculos ferreos, a, b, e, d, etc. Magnes vero L K trahens in K. Hune circulum exiſtimat attracturum clavum g ferreum, donec fiat ipſi K proximus, poſt g tracturum h, deinde i, et fie conſe- quenter. Verum non animadvertit homo, eodem jure tracturum a, b, e, d retror- ſum, imo retenturum id punctum, quod qualibet manu ipfi proxime fuerit advolu- tum, cujufmodi eft jam e (Fig. 4), et fic immobilem permanſurum eireulum. Hoe mentione magnetis facta addere volui, ut occafionem haberem ex te, viro artium a- matore, et experto, quaerendi, an cer- tum quid ubivis terrarum de hae motus per- petui adornatione inaudiveris, et an fortaf- fe tale quod miraculum reperiatur in illa ce- lebratiſſima Prineipis Bavarici ſupellectile rerum artificiofarum, de qua mihi Mona- chii dictum, et cui viſendae bine Gratio (Graecio) a D. D. Crapnero veſtri Princi- pis Legato commendatitias, ſed fruſtra at- tuleram. Ego hic, ante triennium ex ob- ſeuro es 287 feuro rumore fimile quid de igne perpetuo ſub terra reperto audivi, quamvis id fabu- loſum videatur. Ajunt in monaſterio Sif- feck effoſſam terram et repertum tumulum cum inferiptione nefeio cujus de familia Ju- lii Caefaris, fub tumulo vitrum, et in eo luculam exiguam, quae confracto vitro ſtatim fuerit extincta. Sed rem ipfam quod attinet, videor exquifitis rationibus proba- re poſſe; neque motum ullum perpetuum (exeipio magnetica hujusmodi inftrumenta; ut et alia, in quibus duo principia, unum gravitatis, et levitatis alterum, conjungun- tur, ut fi pilae aheneae cavas per fe gra- ves ex altera parte in aquam ingreſſae fi- ant leves, et attollantur ete.), neque etiam quadraturam cireuli, duas nempe eruces ingeniorum hoc aevo, reperiri a quoquam poſſe, nec a natura dari. Sed ecce nimi- um provectus ſum, et plus forte garrivi, quam tibi per oceupationes tuas legere ex- pedit. Itaque deſino, et me Magn. tuae demiſſe commendo. Vale. Gratii VII. Cal. April. Ao. 1598. 8 Magnif, et Nobil. Tuae Deditifimus Al. Johann Kepler Styriae Procerum Mathematicus, Der 288 —— Der lezte von Kepler's Briefen an Her wart, fo weit vom Ingolſtaͤdtiſchen Coder dieſel⸗ ben angegeben werden, iſt vermiſchten Inhalts, fuͤr Phyſik, Aſtronomie, und ſelbſt fuͤr die Er⸗ klaͤrung der Alten, was die beyden erſten waren, minder wichtig; aber er malt den Character des groſſen Mannes, er macht uns mit Kepler's aſtro⸗ nomifchen Werkzeugen bekannt, und giebt uns ei⸗ nen Maaßſtab in die Hand, womit wir, nicht den Himmel, ſondern Kepler ſelbſt meſſen koͤnnen. Drey hoͤlzerne Latten in ein Dreyek zuſammengeſezt waren das Zauberwerkzeug, womit er der Muſe Uranie Geheimniſſe entlokte, die dem ganzen Alterthum unbekannt waren, und auf welchen die ganze neue⸗ re Aſtronomie ruht. Hier iſt der Brief. Salutem in Chriſto Mediatore et Redemtore noſtro unico. | | Literas tuas, Magnifice Vir, decimo quin- to Octobris ſeriptas, quinto Decembris accepi: Recuperatam itaque valetudinem, confectum feliciter iter, et reditum ad no- biles delicias rerum Mathematicarum tibi gratulor: utque ſuaviſſimas hafce curas tuas ea parte pro viribus adjutem, qua id fieri a me voluiſti, en tibi calculum Veneris et Mercurii ad annum nonum ante radicem Chriſti uſitatam. A radice Chrifti ſubtraxi motum Sexagenarum 55 primarum, quod dem- — 289 tempus duodeeim ultimos dies Decembris de anno deeimo carpit. Loca fuerunt iſta, Pin 14° 14/ m, 8 in 0° 200 , O fine ae- quatione in 20° O, A. Ex quo planetarum pofitum colligere poſſumus, ꝙ et & enim etſi 3 vel 4 gradibus invicem propiores viſi ſint ſub finem anni, non potuiſſe tamen eo tempore fe mutuo aſſequi. Mereurius enim ludens, tum quidem Venerem ſtando invitavit, ſed appropinquantem poſt curſu magis magiſque audto effugit, ſeque ad ſo- lem ſuum recepit. Conjunctiones autem utriuſque planetae anno nono fuere in uni- verſum tres. Primo menſe Aprili die 55 eum Mercurius poſt dies aliquot vix pa; rumper mane oriretur, haerens in ſtatione, et a ſole relictus. Etenim die conjunctio- nis arcus Mercurium inter et Solem minor adhuc fuit areu, quem Reinholdi tabulae ortui ejus matutino, dum in piſcibus vel ariete eſt, adferibunt. Sed propter Ve- neris praeſentiam exiſtimo videri et illum potuiſſe, directis a Venere oculis hominum ad Mercurii quoque locum. Atque eo tem- pore Mereurius ftansa Venere multum ſu- perabatur celerrimo eurſu ad Solem eunte. Itaque paucis poſt diebus, cum Mercurius ex ſtationario directus et celer fieret, Ve- nerem a Mercurio ſeilicet rurſum celeriore ſuperari neceſſe fuit. Factum id circa 11 T Maji, 290 — Maji, quo die Venus et Mercurius circiter 8 gradibus a Sole diſtabant, et Mercurio pridem occultato Venus ipfa quoque, prae- fertim in climatibus borealioribus, mane ra- dios ſolis ingreſſa eſt. Itaque hane con- junctionem » calculare inutile cenſui, cum obfervari minime potuerit, ideoque illa non poſſit eſſe, de qua tu ſatagis. Idem etiam de tertia judicium eſto, quae fuit Menſe julio, Venere oritura Veſperi retrogradus ante multos dies diſparuiſſet 150. Haec quo- que intra 7 graduum ſpacium apud Solem facta eſt. Poſt aliquot dies, ſe. initio Oc- tobris Mercurio Veſperi oriente, Venus jam longe omnes digreflionis mercurialis li- mites ſuperaverat, ut ita nulla amplius con- junctio eo anno eſſe potuerit. Accedamus igitur ad illam primam die 5 Aprilis. Etenim cum aſſumpſiſſem tem- pus 53, 10%, ante Chriſtum, deprehendi N in 27° 53“ X, & in 24° 46 X ftationarium, Quod argumento fuit praeceſſiſſe conjunc- tionem hanc, cum Venus jam tranſierit Mercurium. Facta itaque conjectura craf- fa cenſui transiſſe Venerem ante 2° ı3/ dies. Igitur aſſumto 53“ 12° 13 deprehen- di hos motus: Prae- 11.) Soll wohl heiſſen: Cum Mercurius, Venere orl- tura veſperi, u. ſ. w. — 291 Praeceſſio aequinottiorum o., 5°. 10/. 50% quia ſuperiori decembri erat 5°. 10%. 4, Medius long. ꝙ et 5. 6°, 13% 23”. Solis medius ab aequinoctio vero 11. 24. 13“. M. Anomalia Ecc, ꝙ aequata 5“. 19°. 124, 13%, Anomalia com. 2 aequata 5°. 17. 23. 2. Locus Veneris in 25. 11. 10. Xx. Lat. o.“ 53." A. Anomalia eccent. & aequat. 2%. 59. 47.“ 04, Anomalia comm. $ aequat, 3. 29. 32. 5. Locus $ in 24. 51. 16. Lat, 35. 8“. A. | Cum ergo et hoc tempus praecefferit- conjunctio, ideo adhibita ratione motuum diurnorum ejus diei, deprehenditur Vene- rem ante 14“ diei tranſiſſe. Tempus ergo correctiſſimum 52°. 12°. 27% Die ſeilicet 5 Aprilis, hora prima poft meridiem in Boruf- ſia. Hic calculus eſt. Etſi igitur vides diſ- crepare planetas in latitudine 25 15“ gradi- bus, dico tamen non certum ideo eſſe, quod nullam Venus paſſa fit Eclipfim. Nam fi. diem vel unum hunc Eclipfi Veneris inſig- nem quiſpiam ex veteribus obſervatoribus conſignavit, ille ſatis fidei ex hac qualicun- que praecifione calculi meretur. Nam Ec- lipfis Veneris ratione minimorum puncto- tum vel ſerupulorum aceidat, neceſſe eſt. T 2 At 292 | 3E At calculus non conſectatur minima, quod experientia et ex fundamento extructi cal- culi probari poteſt. Ergo calculus Eclip- fim Verleris certo prodere non poteſt, aut ſi prodit ad certum tempus, ex eo ipſo concludere poſſumus, non futuram prode- unte ex calculo die Veneris Eclipſin. Pau- eis diebus antequam has literas accepi, ani- madverti Mercurium Veneri longe propio- rem, longe borealiorem, quam a calculo proditur. Nam etſi inftrumento nullo ſum uſus, tamen ex omnibus circumftan- tiis, et Lunae Seo, praefentia apud u- trumque planetam colligere potui, die 26 Növembris/mane ,’$ fuiffe in 133° m eir- citer, cum latitudine 23° bor. qui refer- tür a tabulis in 15 1a“ m. Lat. 1 17“, ut 10ngitudinis differentia fuerit eirciter 2°, jätitudinis eireiter 1°. gr. Confirmavere me dies ſequentes. Nam uſque ad 30 No- vemb. non facta eft notabilis feparatio ę et , notabile tamen decrementum Lat. d Ex eo pluviae, nives, nebulae, tonitrua (horrenda illa in Carnia), adeo ut ad diem ufque ꝙ Decembris lucem coeleftem nullam viderim. Ejus diei mane cum propior eſſe Venus Mercurio debuiſſet, quam fuit 26. Nov. (ſecundum Calculum), illi e contra adeo magno fpacio diſtiterunt, ut vel rufti-, cus, utroque die viſo, multum ſeparatos eſſe | > 293 eſſe interea planetas dixiſſet. Id argumen- to eſt, ſtationem Mercurii aliquot diebus ante calculum ineidiſſe, diutiuſque duraſſe. quae omnia ſimul evenire quiſque cernit, ſi eireulum Mereurii, vel ampliet, vel ejus centrum a ſolis loco medio ad dies dictos longius emoveat, quam calculus patitur. Adeo nondum quiequam certi de motu Mercurii pronunciare poſſunt Aſtronomi. Quanto in majori erroris periculo verſan- tur illa antiqua tempora, quae folent arti- fices (certe Copernicus) in fua tempora plurimum refpicientes, levi manu tractare. Quod meas ftellae polaris obſervatio- nes attinet, ſi antehac non monui, certe jam praeterire non poſſum, inductum me in hanc ſufpicionem certa et dimenfa aliqua ratiocinatione, feilicet, ut quae ratio eſt orbis terrei ad orbem ſaturnium, eadem ponatio ratio orbis ſaturni ad orbem fixa- rum. Eſſet igitur ſemidiameter orbis, qui terram vehit, ad ſemidiametrum fixarum fubcentupla, quia eſt ad ſemidiametrum ſa- turni ſubdecupla. Haec ratio ſi vera ſit, differentia altitudinum diverſarum ſtellae polaris erit prope dimidium gradum. Hac praeeunte ratione accinxi me ad obfervan- dum. Nam ad dimidium gradum notandum non adeo magno inſtrumento opus eſt. Da- bis igitur veniam mihi, qui ad ſpeculationem T 3 (i 294 — (ſi pro dignitate quis eam tractare velit) ſubtiliſſimam rudi inſtrumento acceſſi. Nam quod de obſervatorio meo quaeris, reſpon- deo, prodiiſſe illud ex eadem offieina, ex qua primorum parentum tuguria prodiere. Suffecit enim mihi qualecumque inſtru- mentum ad dimidium gradum vel aſſeren- dum vel negandum. Et fi mihi non ſuffi- ciat, tamen carendum eſt exquifitiori, quia neque mihi Attali ſunt opes, neque Alex- ander diſcipulus, neque Praxiteles opifex, neque Regiomontani manus. Et tamen quantulum mihi arcum indicavit, de eo ar- cu certus ſum. Id ut tanto libentius mihi credas, deferibam inftrumentum. Spedta- tum admiſſi riſum teneatis amici: Cum non eſſet mihi alius materiae copia quam ligni, ſcirem vero tumeſere et hiſcero omnia om- nino ligna pro ratione aëris in latum: ideo machinatus ſum tale inſtrumentum, eujus quae certae et conſtantes eſſe debebant li- neae, a longitudine et fibris five filo ligni fuftinerentur. Triangulum itaque 6, 8, 10 pedum ſtruxi. Nam hi numeri omnium certiſſime produnt rectum angulum. Id tri- anguluma recto angulo ſuſpendi, filum eum perpendiculo ex eodem rectangulo demiſi, hypotenufam five latus decem pedum in par- ticulas minimas diviſi, pinnulas alteri late- rum circa rectum affixi. Triangulum ipſum nul- — . 295 nulla trochlea ftabilivi, ſed libere a fune pendere permifi, appenfis hine inde pon- duſculis libravi tantiſper, dum ftella pinnulae foramina ingrederetur. Habes apparatum univerſum. Itaque obſervatio inſtituta 2 Octob. anno 1597; 26. 27. 28 Decemb. anno 1597; mane et vefperi 28 Martii anno 1598; 25 Sept. anno 1598. toties de novo dimenfis omnibus lateribus; et deprehendi quidem conftantiam inftrumenti. Cum ergo quater obfervaverim omnibus feilicet anni tempeſtatibus, ad negotium ipfum idoneis, tres ultimae quidem confen- tiunt obfervationes, prima ſeceſſionem fa- cit. Nec mirum, cum prima et unica fue- rit, nee admodum quieto aëre, cum ad leviſſimam aurulam inſtrumentum meum impelleretur. Coeterae tres exquifitius captae, iteratoque ſaepius examinato ſunt. Comparatione facta primae erroneae cum ſecunda, confirmabar in mea ratiocinatione; deque hac comparatione fonant proximae meae literae. Verumtamen ultima obfer- vatio feptembri elapſo habita, refutavit primam Octobri fuperioris anni captam, et confirmabatur a duabus reliquis. Ex omni- bus tribus comparatis pro certo colligere potui, differentiam in altitudinibus polaris ftellae, fi qua eſt, infra octo fcrupula eſſe. Nam ad minores particulas inſtrumentum T 4 me- U 296 = meum non deſcendit. Igitur ſemidiame- ter orbis, qui terram vehit, minus quam quingenteſima particula eſt de ſemidiame- tro fixarum. Dimoveri tamen non poſſum ab ea opinione, quin eredam, tandem in aliquo primo vel luculenta parte primi re- pertum iri differentiam. Quod ſi hoc non fiat, et ſi mihi credendum fir, omnibus mo- dis inaeſtimabilem eſſe altitudinem fixarum ad folis altitudinem, hoc uno argumento plus offendar in defenfione Copernici , quam mille faeculorum confenfu. Quam- vis unica religioſae mentis attonitae et ſtu- pentis exclamatione Copernicus hujus offen- diculi nebulas diſpulerit: Tanta nimirum, inquiens, eſt haec Dei Opt. Max. Fabrica. At hercle recreat me nen leviter, dum per- pendo, non tam debere nos mirari ingen- tem et infinitae ſimilem ultimi coeli ampli- tudinem, quam e contra noſtrum homun- cionum, noſtraeque hujus exiliſſimae glebu- lae, adeoque mobilium omnium exiguita- tem. Nempe Deo mundus non eſt vaſtus, at nos mundo, me Chrifte, perquam exi- gui ſumus. Quid enim ei poteſt videri mag- num, qui etc, ut etiam Ciceronis autorita- te utar. Neque ex mole judicium eſt de praeſtantia faciendum. Deus enim, qui in altis habitat, humilia tamen refpieit. Et fi mobilia ideo vilifima pars mundi eſſent, quia —_ 297 quia totum ſyſtema reſpectu fixarum prope evaneſeit: eſſet eodem argumento homo inter poſtrema mundi rejectamenta, qui com- parari cum terra, terra ipfa cum Saturni coelo minime poteft: eſſet quinimo croco- dilus aut elephas Deo majori, quam homo, curae, propterea quia mole hominem ſupe- rant. Hiſce et fimilibus rationum fomen- tis, nefcio ut ingens hic bolus concoqui poſſit. Porro inſtrumenta magna, exacta, et rectificatiſſima optare poſſum, indicare, quo loco, qua pecunia comparentur, non poffum. Dono dedit Moeftlino 19 Tycho Brahe aeneum quoddam, utilifimum qui- dem, fi Moeſtlino ejus advehendi ex Balti (co) fumptus, aut incorrupte per tantum intervallum traducendifpes eſſet. Credo per Moecenatem et Praxitelem Keplerus (aut ejus loco multi alii) non inelegantia, nee inutilia ſtrueret. Quamvis fi artificem mihi optem, non arcularium velim, ſed murari- um et architectum. Turri enim et amphi- 5 thea- 10) Michael Moͤſtlin, Profeſſor der Mathematik zu Tuͤbingen, Kepler's ehemaliger Lehrer. Von ſeinen Lebensumſtaͤnden und Schriften giebt Fre— her in IV. Theile ſeines Theatrum virorum eru- ditione clarorum einige Nachricht. 298 theatro rectiſſine quis utatur, hoc eft, perpendiculo et aqua. Sane pro Solis ob- fervatione nee optari quidem aptius quic- - quam poteft, quam foramen ex alta turri, locufque fub ea umbroſus. Rotundus enim ſolis radius optica ratione per foramen in- grediens, ſi ex obliquo in planum ineidat, ellipſin pingit, cujus ex longa et brevi dia- metro, ſi ellipſis ſatis magna ſit, puta ex loco alto, plura ego colligam, quam ex omnibus quadrantibus, aftrolabiis, armillis, baculis, et ſimilibus. De obfervationibus quod me follicitas, jam pridem habes duas infigniores de Mer- curio et Polari: Nonnihil etiam videbis in meo prognoſtico, quod in hune finem adjeci literis hiſce 13). Praeterea fere ni- hil habeo, niſi illud te fortaſſe delectet, die 25 Sept. mane Cor leonis a Venere Eclip- ſin eſſe paſſum, plane ut ante annos octo. Eclipfin tamen ipfe non vidi, nee quif- quam in hoc toto oceidente. Colligere au- tem potui paueis ante Veneris ortum horis accidiſſe. Nam oriente Venere nullo mo- do videre cor potui, ſed poſt ortum ejus una hora ſeparatio tanta fuit, ex qua con- jectata conjunctio ante ortum cadebat. Vi- | diſ- 13) Welches aber fehlet im Ingolſtaͤdtiſchen Coder. \ — 209 diffes differentiam lueis in utraque ſtella. Rubebat enim cor nonnihil, et quafi pel- lucebat, perinde quafi- Venus lactis crafli- tiem, Cor aquae limpidae tenuitatem imi- taretur. | Quaeris et de reliquis ftudiis meis, et operam polliceris adjutandis meis obferva- tionibus. Et humanitatem hanc pridem quidem deguftavi, gratus agnofco, nec mehercule contemno aut rejicio: coe-— terum in haec tempora incidimus, in qui- bus hebefcere folertifimi cujusque aciem, deferbere ardorem, conatus opprimi neceſ- ſe ſit. Quid enim? in Styria maneam? an diſcedam? Neque me reprimo, qui ftudio- rum tibi meorum quam penitiſſimam notiti- am aperui (quam facilitatem agnoviſti, ut video), quin et affectus animi patefaciam: Quod tu fortaſſe gaudes (ut ſunt humana), id me dolere acerbiſſime neceſſe eſt. Chri- ſtianus ſum, Auguſtanam confeſſionem ex inſtitutione parentum, ex rationibus ſaepius ad trutinam revocatis, ex tentationum quo- tidianis exercitiis hauſi, hanc amplector, fimulare non didici, ſeria in religionibus tracto, non ludicra, quare et ſerio de re- ligionis exercitio, facramentorum uſu fata- go. Quid autem? Ejecti ſunt hifce pro- vinciis, quibus internuntiis hadtenus cum Deo egi: quibus aliis agere me poſſe cum Deo, 300 5 Deo, ii non admittuntur. Ad haee ſalario vivo, pro conditione loci, perquam tenui; ſpes erat auctionis in poſterum; quis auge- bit? Proceribus adempti ſunt omnes, qui religionem, qui artes magis neceflarias trac- tabant; ſolus ſupereſt Mathematicus, quo carere omnium facillime poſſe perſuaſum habent. In tanta exacerbatione, tot bo- norum virorum exiliis, qua fronte ocio— ſis meis ſpeculationibus amplius quidpiam petiero. Itaque fi languent mea ſtudia, fi conatus intercidunt, fi exoptatiſſima Magni- ficentiae tuae promptitudine ad promoven- das meas obfervationes et conficienda in- ſtrumenta in praefentia uti nequeo, habi- tationis fc. incertus: culpam omnem in re- ligionis, in familiae curam conferes. Pe- tam tamen (ne contemnere benevolentiam tuam videar), quod mihi vivo ſemper utile erit. Obſervationibus Werneri careo. Exemplaria poft tot annos diſtracta omnia exiſtimo. Si quod penes Vos exemplar eſt, id proceres noſtri libenti animo quantacun- que peeunia bibliothecae ſuae aſſerent. Sed et ſi quis alius obſervationes ſuas in lucem edidiſſet, ejus ego nomen ſi ſeiero, adminiculum id mihi erit comparandi ope- ris. Quin imo vel ſeriptas amo, modo de artificis et amanuenfis fide conftent. At- que hac in re poft ſumptus ad inſtrumen- ta D —— 301 ta nihil mihi majus vel rex quiſpiam prae- ſtare poſſit, quam hujuscemodi obſervatio- num copiam faciendo. Quod ſupereſt, ſi quippiam humanif- fima provocatione mihi elicuiſti, quod mi- nus meam perſonam deceat: ejus ego ve- niam obnixe petto: forſan et mereor. Non poteſt enim jueunda eſſe ſeriptio, quae non ſit libera, non ex animo in calamum influat. Itaque fi quod credo, gratae ſunt meae epiſtolae Magie tuae, jure hane mi- hi libertatem et ſecuritatem ſeribendi con- cedes. Vale Nobilis et Magnifice Vir, meque tibi comnendatum habe. 16 Decemb. Ao. 1598. Num | Nobil. et Magn. T. Obſervantiſſ. AM. Joannes Kepler Styriae Procerum Mathematicus. D. Do&ori L. B. Ficklero, Venerando et optimo Seni, agnato meo, Salutem officio- ſiſſimam adſcribo. e Vom Regen. Ein akademiſches Programm, abgeleſen bey Verleihung des Magiſtergrades (zu Dillingen) 1791. bo n Herrn Prof Joſeph Weber. . ene 8 Drees menſchliche 0 r mehr polemiſch, als dogmatiſch, ſpricht der tiefſinnigſte Vernunft⸗ lehrer unferer Zeit. Ich fuͤhlte dieſe Wahrheit nie ſtaͤrker, als eben die Zeit, ſeit der ich einem alltaͤglichen, aber ſchwer ergruͤndlichen Phönomen , dem Regen nachgedacht habe. Nichts iſt dem Pflanzenreiche beetle. nichts der Menſchheit wohlthuender, als der Re gen: und ſpiegelt irgend aus der Natur dle Welsheit, und das Wohlwollen des Schoͤpfers, ſo iſt es der Regen, aus dem es ſpiegelt. Man er 303 Man ſollte denken, ein Phoͤnomen dieſer Art, das uͤberdem vor Augen liegt, das ſeit Jahrtau— ſenden erſcheint, und beynahe täglich erſcheint, ſey längftens ausgeforſcht, ergruͤndet und in hellers Licht geſezt. Allein gerade in dieſer Alltagsſache fine ich viele Dunkelheit , viel Raͤthſelhaftes, daß ſich mir bey jedem Regen der Gedanke aufdraͤngt: Biſt mir Bild des Unergtünplichen ; unerforfchliche Natur! Wahr iſt's, das Phönomen blieb nicht unbe, obachtet von den Phyſikern: die größten Natur⸗ forſcher verwandten ihre Kraͤfte auf Unterſuchung — und Vorfindung des Grundes deſſelben. Man ruͤhmt ſich auch die Sache anfangs durch Le Roi, und hernach durch De Luͤc erforſcht, und in volles Licht geſezt zu haben. Allein prüfe man mit Strenge, fo findet man alle bisher gegebene Erflärungen unzureichend. Ich hielt es daher der Mühe werth, das Zweifelhafte in den bekannten Theorien zu ſammeln; und an deren Statt eine neue l ee re Theorie aufzuſtellen. Bey dieſem Verſuche erfuhr ich nun, daß der Ver ſtand wirklich geſchickter ſey, Difficultaͤten zu machen, als aufzuloͤſen; — Es 304 _ u Es war mir nämlich leichter, die Unzulänglich keit der bekannten Theorien zu erweiſen, als die wahre Urſache des Regens anzugeben. Indeſſen leiſte ich, was ich kann, in der er nung In der Erklärung des Regens der Wahrheit etwas naͤher hinzugeruͤckt zu ſeyn. Erſcheinungen beym Regen. Betrachten wir zuvoͤrderſt die Erscheinungen des Regens! — 1. Durch den Regen koͤmmt das Waſſer in Tropfengeſtalt aus der Atmoſphaͤre herab. 2. Der Regen faͤllt faſt nie anders als aus den Wolken, unter welchen die ſchwaͤrzeſten un durchſichtigſten das meiſte Waſſer enthalten und W art . Ehe der Regen beginnt, zeigen ſich zuerſt W ſchwebende weiſſe Wolken, die ſich im⸗ mer mehr vereinigen, mit andern hinzukommenden ſich in eine gleichfoͤrmige Wolke zuſammenziehen, und den ganzen ſichtbaren Himmel bedecken. — Diefe Wolken werden nun dichter, ſenken ſich, vers, liehren die weiſſe Farbe, ſchwaͤchen das Tageslicht mehr oder weniger, und ſcheinen gegen die Erde zu gleichſam einen Rauch von ſich zu geben, bis ſie ſich endlich in einen Regen ergieſſen. 4 S — 305 4. Zuweilen iſt nicht der ganze Himmel über, zogen, ſondern es ſchweben an demſelben nur eins zelne ſchwarze und dichte Wolken, aus welchen das Waſſer in Tropfen herabfaͤllt. Dieſer Regen heißt denn Strichregen, und hat ſein Ende, wenn die Wolken durch die Winde vertrieben ſind. 5. Manchmal uͤberzleht eine gleichfoͤrmige Wols ke den ganzen Himmel, und es entſteht ein Land⸗ regen, wo die Tropfen gewoͤhnlich von gleicher Groͤſſe und gleicher Entfernung von einander herab fallen. 6. Iſt eine Wolke durchaus gleichfoͤrmig, und geſchleht ihre Verdichtung in den untern Theilen langſam, ſo bilden ſich kleine Tropfen, welche auch langſam fallen, und den Staubregen bilden. Faͤngt aber die Verdichtung oben an, ſo vereinigen ſich im Fallen mehrere Tropfen, und der Regen wird ſtaͤrker. 7. Verdichtet ſich eine Wolke pfözlich, und praͤ⸗ eipitiren ſich von oben und unten die Waſſerduͤnſte in Menge aufeinander, ſo erfolgen dle Plazregen und Wolkenbruͤche. 8. Selten betraͤgt der Durchmeſſer der Regen⸗ tropfen über 2 rheinlaͤnd. Zoll — fie find aber an niedrigern Orten allemal groͤſſer, als auf An⸗ hoͤhen. 9. Der Fall der Tropfen geht wegen dem Widerſtand der Luft immer langſam, beſonders wenn fie klein find: ihr Sturz iſt gleichfoͤrmig, keineswegs beſchleunigt. 10. 306 iu 10. Vergleicht man die Regentage mit den heitern: fo iſt die Anzahl derjenigen, (die mit. gerechnet, an denen Schnee oder Hagel ſaͤllt) ſehr ungleich. Muſſchenbroek giebt ein ziemlich ſtarkes Verzeichniß von den Regenzeiten verfihiedes ner Laͤnder aus Reiſebeſchreibungen an, woraus erhel— let, daß hiebey faſt alles von der Lage gegen Mee— re, Seen, Fluͤſſe, Gebirge, und Wal⸗ dungen abhange. 6 a 11. Auch die Menge des Regenwaſſers wurde von Muſſchenbroek und Briſſon, die ſie beobach— teten, ſehr ungleich befunden. Bergmann glaubt, man koͤnne 30 Zoll jaͤhrlich fuͤr das allgemeine Mit; tel annehmen. 12. Das Regen⸗ und Schneewasſer iſt übel, gens ſehr rein, wenn es bey einem ſtillen Regen, der ſchon eine Weile gefallen, aufgefangen wird, obwohl auch manchmal gleich beym Anfange des Regens, und nach vorgegangenen Stuͤrmen hetero⸗ gene Theile aus der Atmoſphaͤre asg lte wird. 5 13. Jeden Regen, beſonders den SR begleitet die Eleetricitaͤt. Bisweilen führe der Regen ſo viele electriſche Materie herab, daß er beym Auffall am Boden leuchtet. 14. Gewoͤhnlich faͤllt das Barometer bey bevorſtehenden Regen, und ſteigt wieder, wenn der Himmel ſich heitert. 15. —— 3087 15. Vor einem Regen wird auch die Luft ger— ne durchſichtiger, und entfernte Gegenſtaͤnde er» ſcheinen viel deutlicher. 106. Der Regen dauert oft Wochenlang an, und Wochenlang intermittirt er nicht ſelten. 17. Er faͤllt oft bey Tage, oft in der Mitte der Naͤchte. 18. Ehe der Regen eintritt, aͤndert ſich ger— ne die Temperatur der Luft — es wird etwas waͤrmer. II. Meynungen von den Urſachen des Regens. Dieſe find dle bemerkten Facta, die ſich beym Regen ereignen. — Nun die Erklaͤrung der, ſelben. — l Man hat ſehr allgemein mit De Luͤc das Her⸗ abfallen des Regens gerade für das Umgekehrte von dem Aufſteigen der Duͤnſte angeſehen. | Man ließ durch die Luft das Waſſer in Dunſt⸗ geſtalt aufloͤſen, und ſich nach chemiſchen Geſezen allerwaͤrts durch die Atmoſphaͤre vertheilen. Entſtand ein Regen, ſo ſuchte man den Grund darinn, daß die Luft entweder über ihren Erſaͤttl⸗ gungsgead erkalte, oder ſich aus was immer für Urſachen verduͤnne, oder durch Einwirkung der Winde eine ſolche Modlfication erleide, daß ſie, unvermoͤgend die Duͤnſte aufgeloͤſt zu erhalten, die⸗ ſelben praͤcipitire. 5 u 2 Allein 308 8 Allein dleſe Erklaͤrung iſt offenbar irrlg, wenn man die hygrometriſchen Beobachtungen des De Sauſſuͤre und des De Luͤc zu Rathe zieht. Auf den Anhoͤhen, in deren Gegend wir die Quellen des Regens entdecken, zeigt ſich die Luft nie ſo feucht, als in der Tiefe. Auf dem Gebuͤrge von Sixt fand De Luͤc die Luft ſehr troken. Einmal zeigte das Hygrometer 334 Gr. — daß alſo die Luft 661 Gr. — von der groͤſten Feuchtigkeit entfernt geweſen; und dennoch erhob ſich in der Nacht ein Gewitter, es fiel ein heftiger Regen, und dauerte bis zum Mlttage des folgenden Tages. De Sauſſuͤre maß ſehr muͤhſam die Grade der Feuchtigkeit in der Luft, und er fand die Wafs ſermenge bey dem hoͤchſten Feuchtigkeitsgrade fo ges ringe, daß ſie offenbar unzureichend iſt, auch nur einen J/ſchwachen,, Regen zu erzeugen. „Wenn die Luft, find feine Worte, all das Waſſer enthielte, was ſie aufzuloͤſen vermoͤgend iſt, fo betraͤgt dleſe Menge etwa 10 Gran im Kubiffuß (bey einer Temperatur + 160%. Dieſe Menge iſt in den obern Schichten der Atmoſphaͤre, wo die Luft kaͤlter iſt, noch geringer. Ueberdieß giebt die Luft nie alles Waſſer her, was fie enthaͤlt, fie laͤßt nur das Ueberfluͤßige fahren. Bedenkt man nun, daß die hoͤchſte Feuchtlig⸗ keit, die doch unzureichend zum Geringſten Regen iſt, in den hohen Gegenden nie, und in den feuchs ten Plaͤnen nur ſelten Statt findet... Nimmt man noch die Bemerkung zu Hilfe, daß bey anhal⸗ ten⸗ — 309 tender Duͤrre und Vertrocknung der Erde, und bey anhaltender ſtarker Ausduͤnſtung der Ges waͤſſer der Himmel Wochenlang heiter, und die Luft ſehr troken bleibt, ſo iſt es einleuchtend, daß das Entſtehen des Regens nicht das Umgekehrte von der Ausduͤnſtung ſeyn koͤnne. | Es entſteht alfo hier die Hauptfrage: „In welchem Zuſtande iſt das Waſſer in der Atmoſphaͤre, ehe es ſich als Regen bil⸗ det 5, De Lie hatte nach Le Roi und De Sauſ⸗ füre die Vermuthung, daß ſich das Waſſer in eis nen permanent elaſtiſchen Dunſt umaͤndere, und als ſolcher mit der Luft vermiſcht werde.. Wagt aber keine Urſache zu nennen, welche dem elaſtiſchen Dampf zur Zelt des Regens die Geſtalt des tropfba⸗ ren Waſſers wiedergebe. Ich verſuche es nun, die unvollendete Theo, rie der De Sauſſuͤre's und De Luͤc's auszuführen; ich verſuche zu zeigen, daß ſich das Waſſer wirk⸗ lich in Luft verwandle; ich verſuche, die Urſache nahmhaft zu machen, welche die Waſſerluft in tropfbaren Zuſtand ändert, und zum Regen quali⸗ ficirt. IH. | Meine Vermuthung von der Urſache des Regens. Folgende Facta lege ich meiner Vermuthung zum Grunde. u 3 1. 310 a I. Das Waſſer kommt von der Erde in die At⸗ moſphaͤre theils durch die Siehefraft der Luft, die den Zuſammenhang des Waſſers und ihre Schwere uͤberwaͤltigt; theils durch die Feuermaterie, welche aus der Erde in die Luft uͤberſtroͤmt, und die Waſſertheilchen in Dampfgeſtalt mit ſich fortfuͤhrt. 2. Jede Ausduͤnſtung begleitet ein Kalt werden des feuchten Koͤrpers, von dem das Waſſer ver— dunſtet, ... es wird daher nicht bloß bey der Verdampfung, ſondern auch bey der Ver— duͤnſtung eine Quantität Waͤrmeſtoff frey⸗ und verfluͤchtigt ſich in der Luft. 3. Jede Ausduͤnſtung iſt verknüpft mit Eleetriſi⸗ rung der zu verduͤnſtenden Maſſe: es geht mit den Duͤnſten allemal electriſche Materie uͤber in die Atmoſphaͤre. 4. Nach dem neueſten Beobachtungen des Lavoiſier ſind die fire, die ſalpeterſaͤure, und andere Luftarten dadurch permanent elaſtiſche Weſen, daß ſich der Waͤrmeſtoff mit Saͤuren oder brennbaren Weſen chemiſch verbindet. 5. Es iſt zuverlaͤſſig erwieſen, daß ein Gemiſch von dephlogiſtiſirter und brennbarer Luft fo viel Waſſer enthalt, daß nach ihrer Bere brennung der waͤſſerige Ruͤckſtand beynahe das Gewicht des Gemiſches betraͤgt. Eine Thatſache, welche die Moglichkeit der Ver⸗ —̃ 311 Veraͤnderung des Waſſers in Luft allein auſſer allen Zweifel ſezet. Aber dieſe Veraͤnderung muß wirklich bey Ausduͤnſtungen erfolgen. Geht naͤmlich der bey der Ausduͤnſtung frey ge— wordene Waͤrmeſtoff, und dle entwikelte electriſche Materie mit den aufgeloͤſten, und von der Luft an— gezogenen Waſſertheilchen eine chemiſche Verbindung ein, ſo enſteht eln durchſichtiges, hoͤchſt elaſtiſches — ganz der Luft ähnliches, und in dieſen Eigen ſchaften durch die Kälte unreraͤnderliches Weſen — es entſteht ein Waſſergas, deſſen Baſis die elec⸗ triſche Materie if. Wird die Luft an heiffen Tagen ſehr verduͤnnet, ſo iſt ihre Aufloͤſungskraft auf das Waſſer ſtaͤrker, und der Uebergang der electriſchen Materie aus der Erde in die Atwoſphaͤre leichter. Da kann ſie fi) dann ungehindert in die hoͤhern Luftgegenden ſchwin— gen, ſich mit den allerwaͤrts zerſtreuten und noch freyen Waſſertheilchen vereinen, und ſich damit in chemiſche Verbindung ſezen, und fo immer neues. Waſſergas geſtalten. Auf ſolche Weife kann nach und nach eine un⸗ geheuere Menge Waſſers in dle Atmoſphaͤre ges langen, ohne ſich am Hygrometer durch die Feuchtigkeit, oder. am Auge durch die Undurchfichtigfeie merkbar zu machen; es muß ganz natuͤrlich erfolgen, was ſonſt unerklaͤrbar geſchienen. — Es muͤſſen Wolken zu alen Zeiten zerriſſen werden, verſchwin⸗ 1 4 den, 312 — den, — auch am Abend nach Unter gang der Sonne, wo ſie in der bekannten Theorie wegen Er⸗ kaltung der Atmoſphaͤre entſtehen ſollten. Bey trocknem Wetter muͤſſen ganze Strecken Waſſerluft, die wie die brennbare viel leichter als die atmoſphaͤriſche iſt, ſich in den hohen Regionen der Atmoſphaͤre befinden, und mit ihrem Drucke, den ihre Federkraft ausübt, das Barometer ers heben. Wird aber die Baſis diefer Waſſerluft, naͤm⸗ lich die electriſche Materie, etwa durch einen nega⸗ tiven Luftſtrom losgemacht, ſo erfolgt eine Zerſe⸗ zung des Waſſers; .... da verliert denn die Waſſerluft ihre Federkraft — das Barometer faͤlt. — Nach dem Maaſſe der Zerſezung rinnen die freygewordenen Waſſertheilchen in Dünſte und Bliss chen zuſammen, fie vereinen ſich in gröfferer oder kleinerer Menge, es entſtehen Wolken — und aus dieſen der Regen. Je groͤſſer der herbengeführte Luftſtrom, und je negativer er electriſch iſt, deſto ſchneller und maͤchtiger muß die Zerſezung geſchehen — Die Tropfen müffen groͤſſer, und der Res gen ſtaͤrker werden. 5 Daher dle Plazungen im Sommer — info ders bey einem Gewitter — und das ſtaͤrkere Reg⸗ nen, gleich nachdem ein Bliz entſtanden und wie— der verlofchen, Wird 3 313 Wird jaͤhling einer groſſen Streke Waſſerluft die electriſche Materie in Menge entriſſen: fo entſtehet ein Wolkenbruch. Wehen anhaltend ſolche Winde, welche ne— gative Luftſtroͤme in unſere Gegenden fuͤhren: ſo dauert die Zerſezung der Waſſerluft an: es muß anhaltend, und durch das ganze Land anhals tend regnen. Verbindet ſich mitunter die freygewordene elec⸗ triſche Materie mit den freyen Waſſerduͤnſten aufs Neue chemiſch, ſo erfolgt die Verwandlung des Waſſers in Luft aufs Neue: — Wird die neue Waſſerluft nicht wieder zerſezt, oder durch die Wins de fortgeſchaft, ſo wird ihre Federkraft wirkſam aufs Barometer, es muß erfolgen, was wir oft be— merken, das Barometer nemlich muß ſteigen, da noch Regen herabfaͤllt auf die Erde. Iſt endlich die Atmoſphaͤre während der Zerſe— zung des Waſſergaſes ſehr kalt, fo kryſtalliſirt ſich das Waſſer zu Schnee — und wenn es ſich an Koͤrper anſezt, zu Reifen. Nämlich, es iſt kein Phoͤnomen, das den Res gen begleitet, das ſich nicht genau in dieſer Theo— rie befriedigend erklaͤren laͤßt; in dieſer Theorie, welche annimmt, Das Waſſer befinde ſich in der At- moſphaͤre in Luftgeſtalt — die Baſis dieſer Luft ſey die Electricitaͤt — und ihre Zerſezung werde die Quelle zu Ries gen. 1 5 Wir 314 * Wir ſehen beynebens hieraus, wie die Chemie der Meteorologie in Erklärung ihrer 8 zu Hilfe komme; — Wir lernen, daß ein Theil der ZEHN auf jeden andern Licht verbreite; — Wir werden gewahr, daß die phyſikaliſchen Kennt niſſe untereinander in enger Verbindung ſtehen, — und jede die Andere, wie die Ringe einer W un⸗ terſtuͤſe, befeſtige; — 5 Wir entdecken, daß auch in dieſer Naturer— ſcheinung der gute Schoͤpfer ſich laut und glaͤnzend veroffenbare. — Er traf die weiſe, wohlthaͤtige Einrichtung, N ö Daß die Regentropfen nie zu groß werden, und daß fie ſich in gleichfoͤrmiger Bewe⸗— gung von den Wolkenreglonen herabſtuͤrzen Fielen die Tropfen, wie im luftleeren Raume, beſchleunigt, ſo wuͤrden ſie durch 6000 Fuß Fall⸗ hoͤhe die Geſchwindigkeit einer Kanonenkugel erhal— ten, und ein einziger Regenguß wuͤrde die ganze le— bende Schöpfung zerquetſchen und zu Grunde rich ten. Und welchen Aufſchluß giebt nicht dieſe Theorie uͤber die beruͤhmte, und von den Naturforſchern fo verſchleden erklaͤr— te Flut von Noachs Zeiten! — Erlaube man mir eine kuͤhne Vermuthung zum Beſchluſſe. Baͤn⸗ ——— 315 Bände der Schöpfer die eleetriſche Materie in, nerhalb der Erde unaufloͤßbar feſt, — und riſſe Er alle mit einem Male aus der At— moſphaͤre los, es muͤßte ohne weiters Wun⸗ derwerk ein groſſer Theil des unermeßlichen Luftkreiſes zu Waſſer werden — es muͤßte die zweyte Suͤndflut erfolgen. * 1 A ͤ˙—t . VI. Helminthologiſche Beobachtungen. IT, Thurmtragendes Streckethierchen. Vibrio turrifer. Tab. Vg 1. 2. Langgezogen, nach beyden Enden verſchmaͤlert: vor— waͤrts ſchmaͤchtiger; der Körper mit einem Ke— gelfoͤrmigen Hoͤcker. Elongatus, utrinque attenuatus; antice anguſtius; dor- fo gibbere conico, He Thierchen iſt Glashell, in die fange gezo— gen, und lauft nach beyden Enden in eine Spize zu, davon die vordere ſchmaͤler iſt. Die durchſcheinenden Eingeweide find ebenfalls Glashell. Legt ſich das Thierchen auf die Seite, was es oft thut, ſo bemerkt man, daß es auf ſeinem Ruͤcken einen 316 — einen kegelfoͤrmigen Hoͤcker trage; feine Unterſelte aber erſcheint in dieſer Stellung voͤllig leer. Die Bewegung iſt ſchleichend und ſehr langſam, auch kommt es nicht viel von ſeiner Stelle weg; es legt ſich auf die Seite, und ſchleicht dann eben ſo gut, als auf dem Bauche, fort. Es ſchwimmt nicht ſchnell, aber gut, und wackelnd, wobey es eben⸗ falls oft auf der Seite zu liegen kommt. Ich fand dieſes Thierchen nur einmal am 30 Merz 1792, in einem Waſſer mit der blaͤſigen Wafs ſerſeite, das ich viele Tage hatte ſtehen laſſen. Fig. 1. Das Thierchen auf dem Bauche ſchwim⸗ mend. a. Das Wbt de b. Das Hinterende. | Fig. 2. Das Thierchen auf die Seite umgelegt. a. und b. wie oben. c. Die Bauchſeite. d. Der Hoͤcker des Ruͤckens. §. 2. Mondfoͤrmiges Buſenthierchen. Kolpoda Luna. Tab. Villigi 3, Langgezogen, Mondfoͤrmig, Waſſerhell: in der Mitte mit dunklern Eingeweiden. N Elongata, lunata, hyalina: medio interaneis obſcuris. Das Thierchen iſt vollkommen durchſichtig, und ya nur um die Mitte feiner Länge fir jen _ 317 zen querdurch zween dunkle, faſt ſchwarze Sttiche, und der zwiſchen ihnen liegende Raum iſt mit dun⸗ keln, doch etwas Licht durchlaſſenden Eingeweiden gefuͤllt. Die Geſtalt iſt ſchwach Mondförmig, und beyde Enden find ſtumpf. Ein andermal verſchwand die ſeichte Einbucht, und das Thierchen glich einem ſchmalen Abſchnitte eines Kreiſes in dleſem Zuſtande ſchienen die hell— braͤunlichten Eingeweide in der Mltte des Koͤrpers Knaulfoͤrmig durch. Die Bewegung iſt ſchleichend und ſehr langſam, wie beym Stabfoͤrmigen Streckethlerchen, auch, wie bey ihm, vorwärts und ruͤckwaͤrts, ohne umzukehren. Ich fand dieſes Thierchen nur zweymal im Fruͤh⸗ linge 1792. in einem Waſſer mit blafiger Waſſer⸗ ſeidez und zwar das erſte Mal, nachdem es view zehn Tage: das zweyte Mal, nachdem es vier Wo— chen geſtanden hatte. Fig. 3. Das Thierchen nach der früßern: Fig. 4. Daſſelbe nach der fpätern Erſchelnung. §. 3. Schuͤzenfoͤrmiges Streckethierchen. Vibrio Fuſus. Tab. V. Fig. 7. Schuͤzenfoͤrmig, in der Mitte mit einer runden hel⸗ lern Makel. Fuſiformis, medio macula pellucidiore rotuna. Die 318 si Die Zeichnungen, welche Muller 1) von ſelnem Vibrio tripunctatus giebt, paſſen beſſer auf ges genwaͤrtiges Thierchen, als auf den Vibrio tri- punctatus unſerer Waſſer, der in feinem aͤuſſern Umriſſe mehr Aehnlichkeit mit ſeinem Vibrio bi— punctatus 2) hat. Ich rede aber hier bloß von der Zeichnung des Umriſſes: denn alles iſt anders, wenn man die Maturgefchichte dieſer Thierchen ſelbſt nachlieſt. Das Thierchen hat die Geſtalt einer Webers ſchuͤze, iſt an beyden Enden ſtumpfſpizig, uͤbrigens von einer (im durchfahrenden Lichtſtrale) braͤunlich⸗ ten? Farbe, aber doch durchſcheinig, ohne ſichtbare Eingeweide, ausgenommen daß man in der Mitte eine hellere Blaſe bemerket. Seine Bewegung iſt langſam, wie ehm drey⸗ puͤnetigen Streckethierchen, vorwärts und ruͤckwaͤrts, ohne Beugung; aber lange liegt es oft auf derſelben Stelle, ohne alle Bewegung. Zuweilen dreht es ſich, wie eine unruhig gewordene Magnetnadel, ziemlich lebhaft um ſeine Axe. Mir kam diefes Thierchen in verſchiedenen Gra— benwaͤſſern, eben nicht ſelten, aber allemal ſehr ein⸗ zeln vor. Die kleinern find zuweilen ziemlich Waſ— ſerhell; zuweilen iſt die hellere Blaſſe im Mittel des Koͤrpers, die allemal eine dunkle Einfaſſung hat, getruͤbt. H. 4. 1) Anim. infuſ. Tab. 7. Fig. 2. EL = "gg 9. 4. Lönnchenförmige ecwimmſchnecke Nerita doliolum. Habe Fig. 6. . Die Schale Tonnenfoͤrmig, ſtumpf, Kupferbraun 4 mit fünf Windungen; die Mündung Kreisfoͤr⸗ mig; der Wirbel ſtumpf. Teſta doniformi; obtuſa, rufoteftacea, anfractibus quin- que; apertura cireulari; vertice obtuſo. 2 Nerita pifeinalis. Muller verm. tefl. 258. 2 Die kleinſte weiſſe Flußſchraube mit weiten bauchi⸗ gen Windungen. Schröter §lußconch. 351. Tab. 8, Fig. 7. 0 Ich habe dieſe kleine Schnecke in 01 Bache bey Ingolſtadt, zwar auſſer dem Waſſer, aber auf Waſ⸗ penn die mitten im Waſſer ſtanden. Ich konnte das Thier auſſer der Schale nicht zu ſehen bekommen, ob es gleich lebendig war, und ich Tagelang auf ſein Hervorkriechen wartete; ich weis daher nicht genau, ob dieſer Naturkoͤrper gewiß in die Gattung Nerita gehöre. Die Flußſchraube, welche Herr Schroͤter a. a. O. beſchreibt, kommt wenigſtens dieſer Beſchreibung nach ganz gut mit meinem Toͤnnchen uͤberein, ausgenommen 1), daß ſie weiß war; aber ſie wurde im Sande gefunden, und war daher offenbar verbleicht; 2) daß er ihr nur vier Gewinde zuſchreibt: doch hat die Zeich— nung deutlich fuͤnf. Dieſe Zeichnung, um ganz mein 320 a | mein Toͤnnchen auszudruͤcken, ſollte übrigens dle Gewinde mehr aneinander geſchoben haben. — Die Befchreibung von Nerita piſeinalis Mull. paßt ganz gut, nur ausgenommen, daß bloß vier Gewinde angegeben werden. Die Bildung der Schale iſt e mit ganz ſtumpfen Wirbel. Queer uͤber die Gewinde gehen aͤuſſerſt feine Striche. Die Muͤndung iſt Kreisfoͤrmig, aber an der einen Seite (welches nur zufaͤllig ſeyn mag) ein bißchen eingebogen. Der Mundrand iſt ausgebogen, weiß, und bildet auf der andern Seite einen Winkel, als wenn die Scha⸗ le genabelt waͤre, welches aber nicht ſo iſt. Die Farbe iſt Kupferbraun, die des Thieres, ſo viel ich ſehen konnte; ſchwarz. Laͤnge der Schale — 4% Breite der Schale — 2%. | Fig. 6. Die Schale in natürlicher Groͤſa ſe. Fig. 7. Ebendiefelbe vergroͤſſert. Fig. 8. Ebendieſelbe noch mehr vergroͤſſert, wo man dann die Muͤndung und dle Einbucht an derſelben deutli⸗ cher ſieht. . 5. — 32t ö | $. 5. 2 a Gemeine Kammſchnecke. Valvata criftata. Mull. Ob Haie diefe ade gekannt habe, wie Herr Schroͤter 3) glaubt, weis ich eben nicht; wenigſtens muß er eine ſehr unvollſtaͤndige Kenntniß davon gehabt haben, weßwegen er wenigſtens in feinen fpätern Schriften ganz davon ſchweigt. Die Schale iſt ſehr klein, etwa von der Graoͤſ⸗ ſe eines Rettichſamens, Hornfaͤrbig, oben flach, wie die ſogenannten Poſthoͤrnchen, und unten ge⸗ nabelt. Sie hat niemals mehr, als drey Gewinde, davon ſich das aͤuſſerſte in eine Kreißfoͤrmige Muͤn⸗ dung endigt, welche das Thlerchen mittelſt eines organiſchen Deckels, den es auf der Oberſelte feines Fuſſes traͤgt, verſchlieſſen kann. Von den drey Gewinden iſt das aͤuſſere, verglichen mit den beyden innern, betraͤchtlich weit. Das Thier iſt weißlicht Schleimgrau, hat zwey Fadenfoͤrmige, oder vielmehr faſt Pfriemenfoͤrmige Hoͤrner Fuͤhlfaͤden) y unter welchen ſich der Fuß unten in zween breite Lappen, die faſt zween halbe Monden vorſtellen, ausbreitet. Zwiſchen und uber dieſen Lappen liegt der Kopf, welcher durch eine Quer⸗ 3) Flußconch. 246; 8 4 252, | — Querfurche in zween Theile getheilet iſt; der hintere Theil, ſo wie er uͤber die Schale hervorragt, iſt viereckigt, traͤgt vorn an den beyden Ecken die ſchon beſchriebenen Fuͤhlfaͤden, zwiſchen welchen die beyden ſchwarzen Augen inne ſizen; der vordere iſt etwas mehr als, Tellerfoͤrmig. Der Fuß iſt uͤberhaupt etwas breitlicht, und vielmehr, als bey den Teller⸗ ſchneken. Aber merkwuͤrdiger, als dieß alles, ſind zwey Glie⸗ der, davon zwar das eine unſerer Schnecke nicht al⸗ lein zukommt, die aber durch das andere von allen bekannten Arten vollig unterſchieden wird, obgleich ſein Nuzen ſchwer zu errathen ſeyn duͤrfte. Das elne iſt eine ziemlich lange Fadenfoͤrmige Walze, die meiſtens in einen ruͤckwaͤrts gekehrten Bogen gekruͤmmet iſt. Ich glaube nicht, daß ihre Beſtimmung im weſentlichen von derjenigen abwel⸗ che, welche Adanſon 4) von einem ganz ähnlichen Glie⸗ de angiebt, das er eine Zunge oder vielmehr einen Saug⸗ ruͤſſel nennt, weil es wirklich dieſe Dienſte thut. Ich habe allerdings keine Oefnung an dem Ende dieſer Fadenwalze geſehen: aber ich vermuthe, daß dort ein Schließmuſkel vorhanden fen, weil das Ende davon zwar nicht ſplzig, wie Müller angiebt, aber doch etwas ſchmaͤler iſt, als die uͤbrige Walze. Ich will demnach das Glied, wenigſtens der Analogie wegen, auch bey vorliegender Schnecke Mundroͤh⸗ re nennen. g Das 4) Hiſt. nat. du Senegal. Coquillages. pag. I. * nn 323 Das andere Glied, welches dem eben beſchrie— benen ſtets zur Linken liegt, iſt dasjenige, wovon ich der Schnecke den deutſchen Namen gegeben habe. Der Umriß des Ganzen iſt ein mehr oder weniger ſtumpfes Dreyeck, das ſehr Glanzhell, und von der Durchſichtigkeit des Kranzes am Federbuſchpolypen iſt. Es beſteht aus einem ſtarken Kegel, der beyderſeits mit mehrern Fingerfoͤrmigen Körpern geſiedert iſt, die, wie fie naher an der Spjze ſizen, kleiner find, Ich fand weder die Anzahl, noch die Geſtalt, noch die Stellung allemal gleich: bald waren es an ihrem Ende gerundete Walzen, bald war dieſes Ende Kolbenfoͤrmig. Das ganze Glied muß mit mehrern, von einander unabhängigen Muſkeln verſehen ſeyn: denn ich ſah deutlich, daß das Thier einzelne Stralen, die ſonſt ſo ziemlich nach beyden Seiten, wie die Nadeln an einem Tannenzweige, wegſtehen, nach der ge⸗ genüber ſtehenden Seite hinuͤber beugen konnte. Ich fand dleſe kleine Schnecke im Jahr 1778 in einem Bache bey Amberg in der obern Pfalz. Fig. 9. Die Kammſchnecke in natuͤrlicher Groͤſſe, Fig. 10. Dieſelbe vergroͤſſert. a, a. Die beyden Fuhlfäden: b. en Ohrfoͤrmiger Seidenlappen des Fuſ⸗ ſes; der andere iſt verdeckt durch das folgende Glied. c. der Federbuſch oder Kamm, die Mundröhre, Ein Stüsf des Fuſſes. * 2 Fig. oo an 324 er Fig. 1 1. Ebendieſelbe noch mehr vergroͤſſert. a, a. — e. wie in der derben Fi⸗ gur. 8 f, f. die Augen. g. die Quertheilung des Kopfes am Grun, de der Fuͤhlfaͤden. | h. der Deckel | Fig. 14. Ebenderſelbe, nach der Spule mehr zu ſammengezogen. a. Man ſieht hier, daß das Thier die Sei, tenſtangen nach der andern Seite beu⸗ gen koͤnne. H. 6. Hechtbandwurm. Taenia nodulofa Die Glieder faſt viereckig: jedes in der Mitte mit eis nem durchſcheinenden Knoten; am Kopfe zwey Paar dreyeckiger Stacheln. Verzeich. der Eins gew. n. 144. a Articulis ſubquadratis: nodo pellucente in ſingulorum medio; capite uncotum triglochidum paribus utrin- que duobus armato. Bon diefem Bandwurm merke ich vornehmlich an, daß er eben ſowohl, als der Kuͤrbiskernige, ſeine Glieder abſeze, die, wie ſich Herr Pallas gut aus⸗ druͤckt, dann wandelnde Eyerſaͤcke find. Ich habe einen dieſer Eyerſaͤcke unter einer ſtarken Vergroͤſſe⸗ rung gepreßt, und ſeine Eyer, die ſchon nicht mehr in — 325 in einen Knoten geſammelt, ſondern allenthalben durch ſeinen Raum verbreitet waren, nicht durch elne Seitenoͤfnung, ſondern gerade da hervorkommen ſehen, wo in das Glied das folgende eingelenket war. Was die Queercanaͤle belangt, dle Goͤze in ſeinem ſchoͤnen Werke 5) gezeichnet, ſo habe ich fie zwar oft genug, und in allen Richtungen geſehen, aber ſie niemals als Quercanaͤle, ſondern als Einſchnit⸗ te geſehen, dle nur haͤlftige Wurmgelenke bilden, das iſt, ſie ſind wahre Abgliederungen des Wurmes, die aber nicht uͤber die ganze Breite des Wurmes gehen, ſondern nur die Haͤlfte davon betreffen, dergleichen Herr Pallas 9 an vielen andern Wuͤr⸗ mern, nur nicht ſo ſtandhaft, beobachtet hat. „ Seeblumenfoͤrmiger Bandwurm. Taenia Nymphaea. Tab. V. Fig. 14. 15. Vier halbkugelfoͤrmige Saugblaſen uͤber's Kreuz, ein laͤnglichter Hackenloſer Ruͤſſel in der Mitte; die vorderſten Ringe entfernter, 3 knotig; der uͤbrige Leib Saͤgefoͤrmig. Capite oſculis quatuor hemiſphaericis cruciatis, roftro intermedio inermi; corporis articulis anterioribus £ 3 remo>. 5) Eingeweidewuͤrm. Tab. 34. Fig. 3. 6) Neu. nord. Beytr. I. 39. — 112, 326 2 remotioribus nodofis, reliquo corpore ſerrato Schwed. Abhand. 1790. 117. n. 30. Der Wurm iſt dem Kugelarmigen Bandwurme 7) ſehr aͤhnlich, aber gewiß davon verſchieden. Denn 1) lebt der Kugelarmige Bandwurm in verſchiedenen Falkenarten, der gegenwaͤrtige im Regenvogel. Ich halte bey den Eingeweidenwuͤrmern viel auf die⸗ fen Beweisgrund ihres Unterſchiedes, und ge be keinen Beyfall den Meynungen, dle ihn nicht gelten laſſen. Aber davon gleich nachher. 2) Iſt bey aller Aehnlichkeit der Bau doch betraͤchtlich ver ſchieden; der knotige Wulſt am Hinterende der Glie— der herrſcht durchaus beym Kugelarmigen: herrſcht nur an den vordern Gliedern beym Seeblumenfoͤrmi⸗ gen Bandwurme. Einige andere Unterſchiede rg die Beſchreibung angeben. Der Rüffel iſt zuverlaͤſſig Hackenlos, ſehr ſtumpf gerundet, und ſteht betraͤchtlich weit über die vier Saugblaſen hervor, die eine halbkugelfoͤrmige Ges ſtalt haben. Der Selb iſt bis an den Kopf ges gliedert; die vorderſten Glieder ſind aber fehmächtiger, länger, zuſammengedruckt Walzenfoͤrmig, und jedes an feinem Grunde knotig; die folgenden find ſehr kurz, doch entfernen ſich die leztern wieder ct was mehr. Die erſtern Glieder ausgenommen, ſtellt der Körper dieſes Bandwurmes ſehr gut eine Saͤge vor. Da wo die Glieder naͤher aneinandergeruͤckt find, 7) DVerzeich. der Eingeweidw. v. 128. > — 327 ſind, bemerkt man mehrere etwas hellere Laͤngsli⸗ nien. Nachdem der Wurm eine Nacht lang im Brandte— wein gelegen, kamen an der einen Seite der Glie— der, ſelbſt der mittlern, kleine, am Ende etwas dis kere, und daſelbſt mit einer feinen Oeffnung verſehe— ne Schläuche zum Vorſchein, die ſich alle an der ſelben Seite des Wurms befanden. Den Namen habe ich ihm von der Seeblume ge— geben, well die Zeichnung die etwas alternde Bluͤthe dieſer Pflanze in Erinnerung bringt. Ich komme auf die Behauptung zuruͤck, daß die bewohnten Thiere ſehr gut zur Unterſcheldung der bewohnenden Eingeweidewuͤrmer gebraucht wer— den koͤnnen; ich ſage noch mehr: ſelbſt die weſentlich verſchiedenen Stellen, die die Eingeweidewuͤr— mer in ebendemſelben Thiere einnehmen, tragen viel zu ihrer ſpecifiſchen Unterſcheidung bey. Allerdings ſeze ich als erwleſen voraus, daß dieſe Wuͤrmer nicht von auſſen in die Thiere kommen, ſondern ih— nen angebohren ſenen. Hier ſind die Grunde für meine Behauptung. Ich glaube, ohne Anſtand annehmen zu duͤrfen, 1) daß gleiche Thiere, ſich ſelbſt und der Natur uͤber⸗ laſſen, uͤberall gleiche Triebe aͤuſſern; 2) daß die ver⸗ ſchiedenen Säfte der Eingeweide, die von Würs mern bewohnt werden, auch verſchiedener Natur ſeyen, z. B. die galligen Saͤfte der Leber, die mil— den Nahrungsſaͤfte der dünnen Gedaͤrme, die gros * 4 ben 328 — ben Säfte des Maſtdarms; 3) daß freye Thiere von ſehr verſchiedener Lebensart an denſelben Thei⸗ len ſehr verſchiedene Saͤfte bereiten: man erinnert ſich ohne Zweifel jener Amme, die bey bloß thieri⸗ ſcher Nahrung ein vorwaltendes Alkali, und bey blofe ſer Pflanzenkoſt eine vorwaltende Saͤure in ihrer Milch hatte 8); ſo muß wohl auch der Magenſaft des Hundes, der Knochen aufgeloͤſet, ganz ein anderer ſeyn, als derſelbe Saft im Schaafe, das nur Kraͤuter frißt. Daraus folget denn I, daß die Bandwurmaͤhn⸗ lichen Blaſenwuͤrmer in der Leber verſchiedener Thie— re von den Bandwuͤrmern, die ſich etwa in ihren Gedaͤrmen befinden, weſentlich verſchieden ſeyen; dieſes erhellet ſchon daraus, daß erſtere ſich in einen Knaul zuſammenrollen, da leztere gerne im Darme her⸗ abhangen, und feinen Windungen folgen; ferner dar⸗ aus, daß erſtere ſich in eine Blaſe elnhuͤllen, da je, ne frey im Darme dahangen: fen es auch, daß dies fe Blaſe nicht ihnen zugehoͤre, ſondern aus dem Zell gewebe des bewohnten Thieres gebildet werde, fo kommt dennoch die Frage zuruͤck: warum kommt nicht eben dieſe Erſcheinung bey den Bandwuͤrmern der Gedaͤrme vor? Vermoͤgen die vorgeblichen Bands wuͤrmer der Leber die Subſtanz dieſes Eingeweides zu durchdringen, warum vermögen fie es in den din, nen Daͤrmen nicht, da ſie noch zwiſchen der Zotten⸗ haut vor dem Reiben des Spelſeſaftes geſichert werden? Da⸗ 8) Bergius; Schwed. Abhandl. für 1772. 40. folg. — 329 Daraus folgt IT, daß die verfchiedenen Wuͤr⸗ mer, welche denſelben thieriſchen Körper bewoh⸗ nen, aber an ſolchen Stellen regelmäffig vorkommen, die ſehr verſchiedenen Saft abſondern, nothwendig verſchledener Art ſeyn muͤſſen. Unmoͤglich kann ein Doppelloch der Leber, fuͤr welches die bittere Galle die geeignete Koſt iſt, in Theilen, dle bloß von mils den Feuchtigkeiten geſchmeidig erhalten werden, Bes hagen finden. Fuͤr dle Wolfsmilchraupe iſt das Laabkraut Gift, und bey unnatuͤrlicher Koſt iſt noch kein Thier von den bekanntern Arten ſtark und groß geworden. Daraus folgt III, daß nicht nur die Eingemels dewuͤrmer der kaltbluͤthigen Thiere von denen der warmbluͤthigen gewiß verſchieden ſeyen, ſondern ſelbſt unter den leztern muͤſſen die, welche in den Raub⸗ thieren leben, von ganz anderer Art ſeyn, als jene, welche in den Pflanzenfreſſenden leben. Der Wurm, den Herr Zeder im Panzen des Hirſches gefunden hat, lebt an einer Stelle munter, an wel⸗ cher harte Pflanzenſtengel verdauet werden, weil dle Saͤfte, die dort ausgeſchieden werden, nur auf Pflan⸗ zen, nicht auf ihn, berechnet ſind; munter wuͤhlen im Magen des Maulwurfs Seldenfeine Rundwuͤrmer unter den halbverdauten, obgleich unvergleichlich fee ſter gebauten, Regenwuͤrmern herum: naͤmlich der Magenſaft des Maulwurfs hat wohl Anverwandt— ſchaft mit dem Regenwurm, aber er hat keine mit dieſen Rundwuͤrmern; ſo loͤſet Vitriolſaͤure wohl den Kalk, aber nicht den Gyps auf, und dieſes Gleich * 7 niß = N 330 | > niß iſt vielleicht paſſender, als man denkt. Eben weil die feſten und fluͤſſigen Theile der Wuͤrmer des Maulwurfmagens von dem Magenſafte dieſes Thie, res durchdrungen find, eben weil er ein Beſtandtleeil von ihnen iſt, kann er ihre Aufloͤſung nicht bewirken. Aber zuverlaͤſſig macht der Magenſaft eines ganz andern Thieres, des Fuchſes z. B., von eben die ſen Wuͤrmern keinen Beſtandtheil aus, er wird ſie alſo gewiß toͤdten, aufloͤſen, zerſtoͤren, wenigſtens als warme Feuchtigkeit, wie dieſes ſchon, und ſehr bald, das Waſſer thut. Raubthiere haben gewiß andere Säfte, als Pflanzenfreſſende, und Vögel, die ſich von Inſecten naͤhren, ſcheiden wohl gleichnamige, aber nicht gleichartige Saͤfte mit jenen ab, die von der Jagd anderer warmblüthiger Thiere, oder wenigſtens der Amphibien leben. Wie ſollte demnach einerley Wurm im Falken und im Schnep⸗ fen vorkommen koͤnnen? Es folgt IV daraus, daß Wuͤrmer, die bey ſehr ungleichartigen Thieren vorkommen, unmöglich einartig ſeyn koͤnnen, ob fie gleich wegen ihrer groß ſen Einfachheit einerley aͤuſſeres Anſehen haben. Es iſt vielleicht gar nicht moͤglich, ein deutliches Unterſcheidungszeichen zwiſchen dem Rundwurme des Pferdes, und dem des Menſchen anzugeben; aber man denke ſich die groſſe Ungleichartigkeit der gleiche namigen Säfte, und urtheile, ob nicht beyde Wuͤr— mer wenigſtens ſo weit von einander verſchieden ſeyn muͤſſen, als Chalcedone und Opale. Aber | en 331 Aber allerdings glaube ich, daß man dieſen lez— ten Grundſaz zu weit treiben koͤnne. Ich halte mit Zuverſicht die Doppelloͤcher in den Lebern der Schaafe und des Rindviehes fuͤr einerley Art: denn das Rind und das Schaaf ſtehen in Hinſicht ihrer Saͤfte welt naͤher beyſammen, als es der Syſtematiker, der nur auf den groͤbern Bau ſieht, wagen darf, ſie zuſammenzuſtellen; und die beyderley Doppelloͤcher haben elnerley Bau. Die Blaſenwuͤrmer in den Lebern der verſchledenen Salmarten ſehen ſich einans der ebenfalls ſehr gleich, und die Salmarten ſelbſt kommen in ihren gleichnamigen Saͤften noch mehr uͤberein, als das Schaaf und das Rind; es iſt alſo wahrſcheinlich, daß alle dieſe verſchledenen Blaſen— wuͤrmer wirklich nicht wahrhaft verſchieden ſeyen; aber ſo lange noch einiger Zweifel obwaltet, iſt es immer ſicherer, ſie als Arten zu unterſcheiden, als ſie in ebendieſelbe Art zuſammen zu werfen. Man koͤnnte fragen, ob ich bey den Eingewei— dewuͤrmern keine Spielarten zugebe. Ich wuͤßte nicht, warum gerade ſie eine Ausnahme machen ſoll— ten; ich glaube ſogar, alle die Dinge, die auf die bewohnten Thiere einen betraͤchtlichen Einfluß haben, muͤßten ihn auch auf ihre Wuͤrmer aͤuſſern. Man hat bereits oͤfter Wuͤrmer in Hausthieren gefunden, die bey einer geringen Verſchledenheit die größte Aehnlichkeit mit denen der gleichen Gattung hatten, die beym wilden Stamme vorkommen; es iſt daher ohne Zweifel ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe Verſchle— denheit nur Folge der Zaͤhmung ſeyn dürfte: al, lein 332 — lein man hat bisher dieſen Theil der Naturgeſchich⸗ te noch zu wenig ſtudiret, um entſcheiden zu koͤn⸗ nen. Fig. 14. Der Vordertheil eines Seeblumenfoͤt, migen Bandwurms, vergroͤſſert. Fig. 15. Die Hinterglieder dieſes Wurmes. a. das vorderſte dieſer Glieder; b. das hinterſte. | e, c, c, e, e, e. die kleinen ausgetrettenen Schlaͤuche. §. 7: Wil daͤntenſplitterwurm. Feſtucaria Boſchadis. Fab, Fig. . 109% Knotig Walzeufoͤrmig, mit einem abgeſonderten Kop⸗ fe: unten mit einem halbkreisfoͤrmigen Munde, und zwey Punctfoͤrmigen Loͤchern daruͤber. Toruloſo- teres, capite diſcreto: ſubtus ore femieirculari, punctisque duobus pertuſo. Schwed. Abhandl. 1790. 115. n. 18. f So ſeltſam die eben angeführte Abbildung aus⸗ ſiehet, fo wahr iſt ſie; fie ſtellt die Unterſeite des Thieres vor. Der Wurm iſt laͤnglicht, im ganzen etwas Walzenfoͤrmig, doch gegen das Hinterende ein wenig verſchmaͤchtiget, und Stellenweiſe verenget; vorzuͤglich iſt aber die vorderſte Verengung ſtark, und nn . 333 und ſtellt einen ordentlichen Hals vor, auf welchen (wenn man den Wurm auf der Unterſeite anſieht) ein ordentlicher Kopf zu ſizen ſcheint, an welchem man deutlich eine Muͤndung wahrnimmt, die eis nem weit aufgeſperrten Menſchenmunde aͤhnlich ſieht, aber ſich niemals ſchließt; ſogar fehlt die in dieſem Falle ſichtbare Reihe der Vorderzaͤhne in der obern Kinnlade nicht: denn man ſiehet deutlich innerhalb dies fer Mündung einen queerheruͤbergehenden Queer⸗ theil, der aber doch mehr einem Zahnloſen Oberkie— fer, als einer Zahnreihe, gleicht, weil er nicht abge, ſezt, ſondern unterbrochen iſt. Ueber dieſer Muͤn— dung ſieht man zween vertiefte Puncte, die durch eine dazwiſchen ſtehende Scheidewand abgeſondert nd; Ganz anders ſieht diefer Vorderthell aus, wenn man ihn von der Seite betrachtet. Aus dieſem Ges ſichtspunkte geſehen verſchwindet der Hals; das, was man etwa in der vorigen Stellung fuͤr ein Kinn annehmen moͤchte, iſt eine gerade, abgeſtuzte Vorragung, und ſtatt des uͤber dem Munde befind— lichen Kopftheiles glaubt man zween dicklichte parals lele ſtumpfe Hacken zu ſehen. Dieſes ſeltſame Thier lebt in den Gedaͤrmen for wohl der wilden, als zahmen Aenten. Fig. 16. Der Wurm von unten geſehen. a. die Maulfoͤrmige Oefnung. b, b. die zween wie Naſenloͤcher vertieften Puncte. = C. der 334 A. SFr c. der Hals. d. der Kinnfoͤrmige Theil. e. der Theil uͤber dem Munde. Fig. 17. Das Vordertheil deſſelben nach der i Seite geſehen. a. das Maul. d. der Kinnfoͤrmige Theil. e. der Theil uͤber dem Maule. §. 8. Karpfenſplitterwurm. Feſtucarig cyprinacea. Tab. V. Fig. 18. — 20. raͤnglicht, etwas gedruͤckt Walzenfoͤrmig; das Vorder⸗ ende Kappenfoͤrmig, ſtumpf, ſeitwaͤrts abge⸗ ſtuzt. Oblonga, teretiuscula, antice truncata, ore ſimplici. Schwed. Abhandl. 1790. 113. n. 17. Der gegenwärtige Wurm, welcher in den Ge⸗ daͤrmen der Barben vorkommt, hat etwa die Laͤnge eines halben Zolles, iſt durchaus etwas flachgedruͤckt Walzenfoͤrmig, iſt an dieſer Walze etwa eine Linie breit, und endet ſich in elne Loͤffelaͤhnliche Kappen⸗ form, die an der Seite eine tiefe laͤnglichtrunde Oeffnung hat. Dieß iſt aber auch alles, was ſich von einem ſo einfachen Thiere ſagen laͤßt. Fig. 18. Der Wurm in natürlicher Graoͤſſe. Fig. 19. Das Vorderende deſſelben vergroͤſſert, und oben gefehen. Fig. — 335 Fig. 20. Ebendaſſelbe vergroͤſſert, und von uns ten etwas nach der Seite geſehen. §. 9. Vielfuͤſſiger Splitterwurm. Feſtucaria pedata. Flach; zween erhabene Puncte in der Mundoͤffnung; drey Reihen Warzenfuͤſſe auf der Unterſeite Planä; punctis elevatis duobus in ore; ordinibus tri- bus tuberculorum ventralium. Feſtucaria anatis. Verzeichniß der Eingeweidw. Die vorzuͤglichſten und beſten Namen der Na— turkoͤrper ſind diejenigen, welche ein auffallendes und unterſcheidendes Kennzeichen derſelben anzeigen. Namen, die vom Wohnorte hergenommen ſind, ſind von viel geringerm Belange. Dieſe Betrachtung bewog mich, den Splitterwurm in den Blinddaͤrmen der Aente, welchem ich in meinem Verzeichniſſe der Eingeweidewuͤrmer den Namen vom bewohnten Thiere gegeben hatte, jezt den vielfuͤſſigen, oder, im Lateiniſchen, pedata zu nennen, und dieß von einer Eigenſchaft, die bey einem Eingeweidewurm eben ſo ſonderbar iſt, als ſie unglaublich ſcheinen koͤnnte. Er hat Fuͤſſe, oder doch ihre Stelle vertre⸗ tende Theile, freylich nicht gerade zum Fortſchreiten, aber doch zum Anklammen; Fuͤſſe, die mit den Bauchfuͤſſen der Minirraupen, die ohne Hackenkraͤn— ze ſind, viele Aehnlichkeit haben. Ein ſonderbarer Wurm Wurm verdient wohl, ob er gleich nicht neu Äft, eine genauere Betrachtung, als er bisher erhalten hat. Goͤze, der dieſen ent zuerſt beſchrle⸗ ben hat 9), giebt ihm eine Laͤnge wohl von 45 er hatte ihn in einer zahmen Aente gefunden. Er ſagt uns aber von dieſem Thiere weiter nichts, als daß es platt ſey, nur eine Muͤndung, und in dieſer zwey Knoͤtchen habe; uͤber die Muͤndung ſtehe eine Art von Maul, und in dem Leibe ſollen ſich Eyer befinden. So groß waren die nicht, die mir zu Geſicht kamen, ob ſie gleich, wie ich aus den Mundknoͤt⸗ chen und der flachen Geſtalt ſchlieſſe, gewiß dieſelbe Art waren. Ich hatte ſie aus den Blinddaͤrmen einer ganz ausgewachſenen Kernellaͤnte (Anas Querquedula) erhalten, und fi ie reichten kaum un die Laͤnge einer Linie; etwas groͤſſer, und faſt 2 lang waren andere, die ich aus den Blinddaͤrmen eines Kuͤchleins eben dieſer Art erhielt. Sie ſtell⸗ ten ſich allemal dem freyen Auge bloß als flache laͤnglichte Koͤrper vor, die gegen das eine Ende hin etwas ſchmaͤler wurden. Die Bewegung dle⸗ ſes Wurms iſt ſehe geringe; er iſt der Ai unter den Eingeweldewuͤrmern. Dieß hat Vortheile für den Beobachter, pruͤft aber auch ſeine Geduld. 300 5) Eingeweidw. 174. Tab. 13. Fig. 8. — ii; — 337 Ich brachte den Wurm auf einem flachen Glas ſe, in einem langgezogenen Waſſertropfen ausge— ſtreckt, unter das zuſammengeſezte Mikroſkop, und betrachtete ihn unter einer ſehr ſtarken Vergroͤſſer— ung. Er hat am ſchmaͤlern Ende einen halbfugels foͤrmigen Mund, der durch eine Krelsfoͤrmige Lippe begraͤnzet wird, und ganz nach vorne gerichtet iſt, ſo daß der auf dieſe Lippe ſenkrechte Durchſchnitt des Mundes mit der Fläche des Körpers zuſammen⸗ faͤllt. Nachdem aber das Thier ſeinem vordern Ende eine Stellung giebt, aͤndert auch dle Geſtalt des Mundes ab; ich habe ihn etwas nach der Sei te gekehrt, und wie einen kaum merklich vertieften Teller geſehen, faſt wie der Mund bey den Egeln ausſieht; ich habe ihn auch ganz an der Seite mit zuruͤckgeſchlagenen Appen geſehen, die dadurch eis nen Krelsfoͤrmigen Wulſt bilden, in deſſen Mitte ſich eine Vertlefung befindet. Goͤze hat ihn nur in der lezten Stellung geſehen, und vermuthlich uns ter dem Preßſchleber entſtellt: denn die Augenbraun⸗ foͤrmige Zeichnung, die er oben uber die Vertiefung, in welcher die beyden Waͤrzchen ſtecken, herüberges hen laßt, find offenbar nichts anders, als die Raͤn⸗ der der entſtellten Mundlippen. Nur in den beyden leztern Stellungen gewahret man dieſe beyden Waͤrz— chen, von denen ich eben geredet habe, gerade in dem tlefſten Theile des Mundes, aber nicht allemal deutlich, und nur durch dle ſtaͤrkſte Vergroͤſſerung. Sie erſcheinen wie zween Kugelfoͤrmige oder halbku— gelfoͤrmige Körper, und find vlelleicht nur durch⸗ Y ſchei⸗ 338 | — ſcheinende Verkuͤrzungen zweier Muffeln, die dem Thiere zu feinen verſchiedenen Beugungen des Vor— dertheiles nothwendig ſind. Ich habe in meinem Verzeichniſſe der Eingeweidewuͤrmer ein weſentliches Kennzeichen daher entlehnt, aber man wird in der Folge ſehen, daß der Wurm ein anderes, viel deutlicheres und beſſeres gewaͤhre: die Fuͤſſe. Längs des Körpers ſah, ich eine faſt dreyeckige Geſtalt durchſcheinen, die ihre Spize unweit des Mundgrundes, und ihren Grund in der Nachbar— ſchaft des Hinterendes hatte. Ganz am Hinter, grunde ſah ich drey hellere Flecken. Ich wandte nun den Wurm um, begnügte mich mit einer ger ringern Anſe, und ſah mehr. Der dunklere drey⸗ eckige Fleck erſchien mir nunmehr Kegelförmig, und hatte eine abgeſtuzte Spize; von dieſer Spize lief bis etwas uͤber 4 feiner Lange ein Strich hinab, der ihn entzwey zu theilen ſchien; und neben ihm her lief beyderſeits eine hellere durchſcheinend Linie, die weiter rückwärts an ihren Seiten eine groſſe Mens ge weiſſer durchſcheinender Puͤnctchen hatte: (die Eyer). Der Kegel ſelbſt (ich will ihm einſtwei⸗ len dieſen Namen geben) endigte ſich keineswegs vor den drey lichten Flecken des Hintergrundes, ſon⸗ dern lief nur zwiſchen den beyden aͤuſſern Flecken in eine ſtumpfe Spize zu, und ſchloß den mittlern ein. Noch vor diefem mittlern Flecken ſieht man, ehe man den Wurm umgewendet hat, durch den Körper eis nige faſt Weinſuppenfarbene Rippen durchſcheinen, davon aber jede gleichſam aus drey Stuͤcken zuſam⸗ | mens ee 339 = mengeſezet iſt. Wie werden in der Folge ſche f was dieſe Rippen ſeyen. Ich entſcheide nicht, was dle drey belen le cken ſeyen; der mittlere ſcheint ein Eingeweide zu ſeyn, und die beyden andern kamen mir faſt wie Blaſen vor, die auf der Unterſeite des Koͤrpers liegen, und vielleicht die Stelle derjenigen Fuͤſſe vertreten, die die Natur bey den Raupen unter dem After ans gebracht hat, oder vielmehr derjenigen Blaſen, die man an den Spipen der Fllegenfuͤſſe, der Fuͤſſe der Blaſenfuͤſſe, und mehrerer Milben ſieht, und die dem Thiere dazu dienen, ſich an der Ober⸗ fläche der Koͤrper, auch in unbequemnen ER derfelben , zu halten. 4 Die Ränder des Hoͤrpers ſchelnen Wie gererbt aber das ſind bloß die Runzeln, die der Wurm macht, wann er ſich nicht ausſtrecket. Das Merkwuͤrdigſte am ganzen Wurme ſind drey Reihen kleiner Hoͤcker, davon ich zehen in je— der Reihe gezaͤhlt habe. Man bekommt ſie nicht in jeder Richtung gleich gut zu ſehen; aber zuverlaͤſ⸗ ſig ſieht man ſie alsdann, wann das Thier auf der ſcharfen Kante und etwas gebogen liegt. Sie kommen gar ſehr mit den Bauchfuͤſſen der Raupen uͤberein, nur daß ſie keine Haͤckchen haben; aber da fie aus ihrer runden Geſtalt, die fie bey der ge bogenen Stellung des Koͤrpers bekommen, in eine queerlaͤnglichte übergehen, wann der Körper flach aufliegt, wodurch ſich dann die Reihen gar fehr nds v7 Ya hern, 340 * hern, und die oben beſchriebenen Rippen vorſtellen, die ſich durch eine gelinde Zuſammenziehung des Koͤr⸗ pers abermals naͤhern: ſo ſieht man, daß ſie dem Wurme zum Anklammern an die Darmhaut vor, grefliche Dienſte thun, und den Mangel der Has cken, die bey den Bandwuͤrmern und Krazern: der verſchiedenen Mundlappen, die bey den Rundwuͤr⸗ mern, Palliſadenwuͤrmern, Kappenwuͤrmern, u. ſ. f. da ſind, eben ſo gut erſezen, als einen Theil der Beſtimmung der Seitenmuͤndung, die bey den hoͤchſt verwandten Doppelloͤchern mit unter auch zum befeſtigenden Anſaugen da iſt; und endlich vertreten fie wenigſtens eben fo gut die Fuͤſſe, als die Raͤn⸗ der der Bruſtſchilde bey den Schlangen, oder die Wellenſchlagenden Muſkeln bey den Schnecken. „en VII. 5 341 vn Mineralogiſche Beſchreibung der Gegend von Kehlheim. — —H— — s find bereits bald ſieben Jahre verfloſſen, ſelt der ſelige Doctor Brunnwleſer mir einen Aufſaz zugeſtellet hat, in welchem er die Ge gend um Kehlheim in mineralogiſcher Ruͤckſicht be⸗ ſchreibt. Brunnwieſer war lange Zeit Arzt in dies ſer Landſtadt, und ſein Ruf hatte ſich weit umher verbreitet. Er wurde allenthalben in der ganzen Gegend von den Kranken berufen, und da er ſeine Muße der Unterſuchung der Natur von jeher ges widmet hatte, ſo benuzte er dieſe Reiſen zugleich, ſich eine Kenntniß der mineralogiſchen Geographie dieſer Gegend zu verſchaffen. Dieſer Aufſaz war aber von dem Verdlenſtvol⸗ len Manne niemals zum Drucke beſtimmt; er ſollte lediglich mir zum Wegweiſer dienen, wenn ich et— wa einmal in den Herbſtferlen Luſt bekaͤme, die⸗ fe Gegend zu bereiſen, wozu ich damals einige Nei⸗ gung bezeigte. Das wird aber wohl nimmer ges ſchehen. Der Geſchmack an dergleichen Reiſen ver⸗ lieret ſich, wenn man über ein gewiſſes Alter hin⸗ aus iſt; ſie haben allemal viele Beſchwerniſſe und Y 3 Uns 342 | 3 Unannehmllchkelten, über welche ſich der Juͤngllng und junge Mann muthig hinausſezt, denen ſich aber der bereits aͤlternde Mann gerne entzieht. Auſſer⸗ dem gehört ein beynahe funfzi gjaͤhriger Mann nim⸗ mer ſo ganz in die Welt, „ die er vor ſich hat: die Generatlon, mit der er bisher gelebet hat, ſchwindet allmählig dahin, eine neue beginnt, eine neue Periode der Dinge mit ihr; er ſchließt ſich daher lieber in ſeine Bibliothek ein, und ſpricht mit den Akten, die in ihren Schriften noch leben, ſucht ihnen gleich zu werden, und verlaͤßt nur ihre Ge⸗ ſellſchaft, um die heranwachſende Generatlon zu un⸗ terrichten. Gleichwohl moͤgen die Angaben dieſes Aufſazes den Liebhabern der mineralogiſchen Geographie der Erde nicht unangenehm ſeyn; und vielleicht berel— ſet einſtens ein junger Talentvoller Mann, dieſe Angaben in der Hand, die von Brunnwleſer durchs wanderte Gegend ganz oder Stuͤckweiſe. Es iſt bey dergleichen Reifen für den Beobachter allemal vor⸗ theilhaft, wenn er einen Vorgaͤnger hat; mögen auch ſeine Anweiſungen unvollſtaͤndig, mangelhaft, mögen: ſte ſogar fehlerhaft ſeyn, fo find ſie doch immer Anweiſungen, welche die Aufmerkſamkeit ſpornen, ihr eine Richtung geben, und die Erms dung verhindern, welche einen Naturforſchenden Rei⸗ ſenden oft befaͤllt, wenn er ohne Anleitung, ohne Vorgaͤnger herum wandert, auf alles aufmerkſam ſeyn muß, ohne daß irgend ein Reiz, als der duͤr— re uͤberlegte Gedanke: ic wuͤnſche durch elne gluͤck⸗ liche — 343 liche Bemerkung für meine Mühe belohnt zu ſeyn, dieſe Aufmerkſamkeit unterhaͤlt. In dieſer Betrachtung nahm ich alſo die Hand⸗ ſchrift meines ſeligen Freundes zur Hand, verarbels tete feine Angaben mit den meinigen (denn ich has be ſelbſt verſchiedene Theile dleſer Gegend geſehen), ohne gleichwohl, wie man ſehen wird, gegen ſeine Bemuͤhungen undankbar zu ſeyn, ſezte endlich, wo ich es ſchiklich fand, verſchiedentlich meine Ber trachtungen bey, und bildete aus allen diefen Stüs cken ein Ganzes. Ich legte dabey die vortrefliche Flnkiſche Karte vom Balerſchen Kreife zum Grunde, und gab dem ganzen Aufſaze eine gefäligere Ge ſtalt. Erſter Abſchnitt. Die naͤchſte Gegend um Kehlheim. Die Stadt Kehlheim liegt auf der Landſpize, welche die Altmuͤhl bey ihrem Einſtuſſe in die Donau bildet, in einer Ebene, die ſich fo wenig uͤber den Spiegel dieſer Fluͤſſe erhebt, daß bey groͤſ⸗ ſerm Anſchwellen derſelben allemal ein betraͤchtlicher Theil der Stadt im Waſſer ſteht. Dieſe Ebene ſelbſt iſt ein bloſſes Waffererzeugniß; fie beſteht lediglich aus angehaͤuftem Sande der beyden Fluffe mit Zahlloſen Rollſte inen untermengt, worauf die Natur und die Menſchen, ſeit ihnen dieſe Gegen von den bildenden Fluͤſſen uͤberlaſſen worden, ein. | 9 4 an⸗ 344 — anſehnliche Schicht fruchtbarer Modererde verbreltet haben. Auſſer dieſer ſchmalen Ebene, die ſich et, wa eine Stunde weit jenſeits der Altmuͤhl nach Oſten fortzieht, und den Flußbetten, iſt die Stadt rundum mit nicht unbetraͤchtlichen, zum Theile hor hen, Landbergen eingeſchloſſen. Etwa hundert Schritte von der jenſeits der Altmuͤhl liegenden Vorſtadt iſt man am Fuſſe eines dieſer Berge, welcher der Stadt gerade im Note den liegt. Alten Urkunden zu Folge, die bey dem dortigen Gerichte aufbewahret werden, hat man vor⸗ mals an dieſem Berge, und denen, die ſich welter oſtwaͤrts fortziehen, Weinbau getrieben, und man ſoll viele hundert Eimer erhalten haben. Er mag allerdings wegen ſeiner Lage, die den ganzen Tag hindurch dem wohlthaͤtigen Einfluß der Sonne aus, geſezet iſt, zu dieſem landwirthſchaftlichen Zweige ſehr tauglich ſeyn; aber man hat dieſen Weinbau nach und nach mit dem Getreidbaue vertauſchet, und befindet ſich beſſer dabey. Ich wels nicht, ob nicht örtliche Umſtaͤnde, die man nur ben einem laͤn⸗ gern Aufenthalte kennen lernt, den Weinbau hier unraͤthlich machen; aber die wenigen Ueberbleibſel davon, die ſich noch auf Berggehaͤngen erhalten haben, welche zum Feldbaue wegen ihrer ſtarken Abdachung ſchlechterdings nicht taugen, geben zus verlaͤſſig nur wenig Ertrag. Brunnwieſer mißt die Schuld den Winzern zu, die wohl einmal moͤgen gehoͤret haben, daß der Weinſtock im Fruͤhlinge muͤſſe beſchnitten werden, aber dieſes Geſchaͤfte ſo un⸗ — — 345 unverſtaͤndig verrichten, daß fie gerade das wegfchnels den, was verſtaͤndigere ſorgfaͤltig ſchonen: das uns beruͤhrt laſſen, was dieſe wegſchneiden wurden, Eine unſchlckliche Auswahl der Rebenſorten iſt wohl gewiß auch mit dieſem Fehler verbunden; die dazu gehoͤrige Kenntniſſe ſind viel ſchwerer zu erlangen, als die Kunſt des Beſchneidens, die im Nothfalle jeder beſſere Gaͤrtner lehren kann. — Aber wir kehren zu unſerm Berge zuruͤck. An feinem Fuße hat ein Mergelfchteferflöz fein Ausgehendes. Die verſchiedenen Schichten, aus denen es beſteht, haben alle eine ſoͤhlige Lage. Aber die einzelnen Schichten find nicht von einerley Dee ſchaffenheit, und man kann fuͤglich dieſes Floͤz in verſchiedene Floͤſe abthellen, davon einige dicht, und einen, zween, und noch mehrere Fuß maͤchtig ſind; andere beſtehen aus uͤbereinander liegenden Schichten, die nur etwa einen Zoll Maͤchtigkeit haben; und wieder andere blaͤttern ſich wie Pappier, endlich giebt es welche, die ſich muldig fortziehen. Die Abloͤſungen dieſer verſchledenen Schieferlagen find bald mit derbem Steinmergel, bald mit reis nerm Kalkſteine ausgefuͤllt, auch hat Brunnwieſer eine Eiſengraue Maſſe darinn geſehen, die ſehr derb iſt, und mit dem Stahle Feuer ſchlaͤgt. Dieſes Schieferfloͤz wird weiter oben am Ber⸗ ge (denn die Maͤchtigkeit des Geſammttfloͤzes iſt ſehr beträchtlich) wirklich gebauet und verſieht ſowohl dle Daͤcher der Stadt als der ganzen umliegenden Y 5 Ge⸗ 346 — Gegend mit feinen Platten. Sie find voͤllig von derſelben Beſchaffenheit, wie die unter dem Namen der Pappenheimer Schiefer bekannten Tafeln; auch kommen hier eben fo haufig, als in den Pappenheis miſchen Schleferbruͤchen, fehr artige Dendriten und Abdruͤcke von Waſſerthleren vor. Ich habe vor mehrern Jahren aus einem ganz aͤhnlichen Schie— ferbruche, der Kehlheim gegenüber am ſuͤdlichen Ufer der Donau liegt, Platten geſehen, die von verſchiedenen Fiſchen, unter andern demjenigen, welchen Herr Bloch das Gartenmeſſer, Cyprinus cultratus, nennet, aber auch, auſſer dieſen Suͤß⸗ waſſerfiſchen, vom ſogenannten Molukkaniſchen Kreb⸗ fe , Monoculus Polyphemus L. wohl erhaltene Abdruͤcke vorſtellten. Ich will eben nicht eigenfins nig darauf beharren, daß ſich gewiſſe Kalkſpatkno⸗ ten mit fuͤnf aus fahrenden geſchlaͤngelten Stralen, dle in dieſen Tafeln gar nicht ſelten vorkommen, von dort geſeſſenen und zerſtoͤrten Seeſternen mit Eidechſenſchwaͤnzen, die Reaumuͤr an der Kuͤſte von Poitou beobachtet hat, herſchreiben; das Beyſam⸗ menſeyn des Gardenmeſſerfiſches und des Moluffas niſchen Krebſes iſt voͤllig und über alle Einrede ers wieſen, die davon zuruͤckgebliebenen Abdruͤcke ſind uͤber alle Wuͤnſche gut erhalten, und berechtigen uns hinlaͤnglich zu der Frage: Wie moͤgen doch dieſe In⸗ ſekten aus einem weit entfernten Meere mit den Suͤß⸗ waſſerfiſchen der Donau zuſammengekommen ſeyn? Eine Ueberſchwemmung aus den fernen oſtindiſchen Meeren im Herzen von Balern iſt bey der jezigen Be⸗ x en 347 Defchaffenheit der Erde ſchlechterdings unmöglich; ſonderheitliche, nur einzelne Laͤnder betreffende Webers ſchwemmungen vom Meere her haben kein Zeugniß für ſich, find bloſſe mit nichts unterſtuͤzte Hypothe— ſen, und bringen ſicher den Molukkaniſchen Krebs nicht an die Donau. Nur ploͤzliches Verſinken des ganzen alten Landes konnte eine ſo ungeheuere Umwaͤlzung hervorbringen „ wodurch die Eisbaͤren der Nordſee und die Gagellen von Afrika in die Hoͤhlen des Fuͤrſtenthums Bamberg, die Elephans ten in den hohen Norden von Siberien und an den Ohio, die Molukkaniſchen Krebſe nach Baiern kom— men konnten. Es iſt allerdings das Thema zu weitläufs tig / als daß ich es hier ausführen koͤnnte; ich bes merke nur einſtweilen, daß man ſeit Vollendung der Schöpfung nur eine einzige allgemeine Ueberſchwem— mung anzunehmen braucht, und dieſe wird durch das ehrwuͤrdigſte und vollſtaͤndigſte Zeugniß beſtaͤt⸗ tiget; daß die vielen ſonderheitlichen Ueberſchwem⸗ mungen, die ſonſt ſo ſehr in das Romanartige fal⸗ len, und keine andere hiſtoriſche Gewaͤhrleiſtungen haben, als die fabelhaften Sagen der grlechiſchen Vorzeit, nothwendige Folgen davon ſind. An dies fe Idee ſchmiegt ſich alles mit Ordnung und aͤuſſerſt naturlich an, was man in allen Syſtemen nur mit vlelem Aufwande von Gelehrſamkeit, die verwirret und blendet, und von Beredſamkeit, die uͤberredet, aber nicht uͤberzeuget, vorgebracht hat. Vielleicht führe ich dieſes Thema einmal mit Muffe in einer 0 ce» 348 nn eigenen Abhandlung aus. Jezt wuͤrde michg nur | zu welt von unſerm Berge entfernen. Ueber dem Steinbruche, etwa 40 bis 50 Schritte hoͤher, merkt Brunnwieſer an, ſeye nichts mehr von Kalkartigen Steinen zu finden, ſondern am Ruͤcken des Berges kommen nur einzelne gelbe Hornſteine, und unter demſelben Kalkartige Sands ſteine, auch wohl Neſter von reichhaltigen Elſen⸗ erzen vor; der Ruͤcken ſelbſt, beſtehe aus thonigen Feldern, die hier Braͤnde heiſſen, und eln gerode⸗ tes Stuͤck vom Kehlheimiſchen Gemeindewald ſind, der jezt ihren Hintergrund ausmacht. Aber aller⸗ dings, ſezt er hinzu, ragen nicht nur auf dieſem Berge, fondern allenthalben in der ganzen Gegend, nackte Kalkſteinbloͤcke uͤber die Erdoberflaͤche hervor, und neben ihnen ſind Hornſteine, und einzelne am Tage frey daliegende Eiſenerze keine Seltenheit. Ich bin ſelbſt auf dieſem Berge geweſen, und obgleich meine Abſicht nur auf Zoologie gerichtet war, die wenig belohnt wurde, ob ich mich gleich dafür mittelſt einiger kryptogamiſchen Pflanzen fchad, los zu halten ſuchte, fo konnten mir dennoch mine⸗ ralogiſche Bemerkungen um ſo weniger entwiſchen, da der Berg fuͤr ſich in meinen Augen viele Anzuͤg⸗ lichkeit hatte. Ich fand allerdings den Berg an ‚feinen obern Theilen mit elner gelblichten Erde be deckt, und an dem Fußwege, den ich nahm, und an ſeinen entbloͤßten Bergſeiten bemerkte ich einen gelblichten Sand. Chemiſch unterſucht habe ich we⸗ > 349 weder dieſen Sand, noch die Erde, aber ich meyne aus Brunnwieſer's Angaben, die ich eben erzehlt habe, laſſe ſich die Natur derſelben, und ſelbſt vers ſchiedener Foſſilien, davon Brunnwieſer Erwaͤhnung thut, errathen. Er hat Neſter von reichhaltigem Eifenftein, und ſelbſt am Tage frey daliegende Eiſenerze ge— funden. Vermuthlich iſt dieß jene Art des Eiſen— thonerzes, die unter dem Liebhabernamen Bohnen⸗ erz bekannt iſt, und auf Kalkbergen unter gewiſſen Umſtaͤnden auch ſonſt, auch am Tage vorkommt, und allemal einen ganz artigen Eiſengehalt hat. Ich habe zwar hier keines gefunden, vieleicht bloß nicht bemerkt, und war uͤberhaupt zu kurze Zelt auf dieſem Berge, als daß ich ihn ordentlich haͤtte ſtu— diren koͤnnen. Aber Brunnwieſer war viel zu geſchickt, als daß er etwas für Eiſenerz, und ſogar fuͤr reich, haltiges Eiſenerz hätte anſprechen ſollen, das keines war. Wir haben alſo Eiſenerz, und haben es auf der Oberflaͤche, wo es nothwendig in einen Ocher zerfallen muß. Auf der andern Seite iſt der ganze Berg von feinem Fuß bis auf die Spize ein eins ziges Lager von Kalkmergelſchiefer, der dann eben— falls in einen erdigen Mergel verwittern muß. Dies ſe Koͤrner des verwitterten Mergels werden da, wo der Fleiß des Landmanns nicht hindert, von den damit vermengten Ochertheilen zu feſten Koͤrnern (Sand), und dieſe Koͤrner, wo die Umſtaͤnde guͤn⸗ ſtig ſind, zu Sandſtelnen (Kalkartigen Sandſteinen) verbunden. Aber da, wo der Pflug unabläffig die Erde 350 — Erde durchwuͤhlt, wo des Duͤngers thieriſche und vegerabilifche Alkalien jede erdige Verbindung wies der trennt, bleibt weiter nichts zuruͤck, als ein oche⸗ riger Mergelgrund, der das ganze Anſehen eines Thonfeldes hat, und aus welchem wohl wirklich nach und nach die loſe Kalkerde ausgelauget und in die Tiefe gefuͤhrt wird. So wird wenigſtens die ſchein⸗ bar abnehmende Kalkartigkeit des Berges begreiflich, die gewiß nur ſcheinbar abnimmt, wie das ganze An⸗ ſehen des Berges beweiſt, der fo ſehr die eigene Ge, ſtalt der Kalkberge hat, daß er nebſt ſeiner fortge- henden kalkigen Kette für ein verjuͤngtes Kalkalpen⸗ gebirg von jedem muß angeſehen werden, der eins mal die kalkigen Voralpen Tyrols geſehen hat. Auſ⸗ ſerdem find die Kalkfelſen auf feinem Gipfel nichts weniger, als etwa aufgeführte Steinbloͤcke, ſondern innig mit der Maſſe des Berges verbundene Felſen, vielleicht feſtere Ueberblelbſel, die nach aufgeloͤſter und weggeſchwemmter umliegenden Steinmaſſe noch da ſtehen, und noch lange ſtehen werden, bis ein⸗ mal auch ihr Tag kommt, und ihre Aufloͤſung her⸗ beyfuͤhrt; wirklich bereiten ſie ſchon verſchledene Flechten, oder verzoͤgern ſie vielleicht. Merkwuͤrdig iſt aber auf dieſem Berge eine Ers de, die ſich noch unter ſeiner Koppe an der Suͤdſei⸗ te findet. Ihre Farbe iſt weiß, zieht aber in Gelb; fie iſt ſehr Feuerbeſtaͤndig, und Brunnwieſer nimmt keinen Anſtand, ſie eine Porzellanerde zu nennen, merkt aber dabey an, daß ſie weder ſo fein, noch ſo weiß ſen, als die Porzellanerde von Griesbach im Paſ⸗ a ſaul⸗ 7 — — 351 ſauiſchen. Ste iſt in Menge vorhanden. Brunn⸗ wleſer hat fie. am Tage liegend gefunden, und aus elner Tiefe von 18 Fuß mit dem Bergbohrer noch von eben der Beſchaffenheit heraus geholet, wle ſie am Tage war. Porzellanerde in einem Kalkgebir— ge? Sonderbar waͤre die Sache allerdings, aber nicht unerklaͤrbar. Brunnwieſer fand etwa funfzig bis ſechzig Schritte von dieſem Erdelager in dem trockenen Bette eines Gießbaches welſſe Steine, die am Stahle Feuer ſchlagen, und durchgegluͤhet noch feſter werden, und glaubt, daß ſeine Porzellanerde durch Verwitterung ſolcher Steine entſtanden ſey. Ich kenne dieſe Steine eben ſo wenig, als die Erde; aber wohl ſchwerlich iſt dieſe aus jenen entſtanden, oder fie iſt keine Porzellanerde, ſondern etwa nur eine Art Pfeiffenthon. Sollte ich einſtens in die— fe Gegend kommen, fo werde ich dieſe Erde und dies fe Steine aufſuchen, mir davon eine hinlaͤngliche Menge verſchaffen, und ſie dann chemiſch unter— ſuchen. Ich habe oben unter den Bewelſen, daß der ganze Berg, bloß mit Ausſchluß des erdigen Stock— werkes, von welchem eben die Rede war, Kalkar— tig ſey, anzufuͤhren vergeſſen, daß Brunnwieſer ſelbſt erzähle, man treffe oben auf dem Bergruͤcken, noch ehe man an den Kehlheimiſchen Gemeindewald kommt, einen Steinbruch an, daraus die Steine zu Auskleidungen der Waſſerbecken, zu Statuen, und dergleichen Dingen geſucht werden; er ſezet hin⸗ zu, die Statuen an der Faßade der Theatiner Kir⸗ che 352 | —_ che zu München ſeyen von dieſem Steine. Das heißt demnach, er ſey eine Art grobkoͤrnigen thonigen Marmors. Auch in ihm find Abdruͤcke von Mus ſcheln und Schnecken keine Seltenheit, am wenig— ſten Pectiniten. Im Weſten von dem Berge, der uns bisher beſchaͤftiget hat, llegt ein anderer, zwar nur durch das meiſtens trockene Bett eines Waldbaches ges trennter, aber von dem erſten gewiß verſchiedener Berg. Er iſt zwar Kalkartiger Natur, aber, wenn der erſte hoͤchſt wahrſcheinlich, und ſo welt es das Anſehen der Oberflaͤche, und die Steinbruͤche, die man in ſeine Eingewelde getrieben hat, bekraͤftigen koͤnnen, in ſeinem Innern dicht iſt, ſo iſt dafuͤr der lezte in feinem Innern voll groſſer und kleiner Hoͤh— lungen, wie der Verfolg der Erzaͤhlung darthun wird. Er liegt der Altmuͤhl im Norden, und zieht ſich an derſelben nordweſtwaͤrts bis nahe an Dietfurt hin. Fuͤr die Botaniſten wird er durch feine Pflanzen merkwuͤrdig, unter denen viele ſeyn ſollen, die man ſonſt von den Alpen holt. Die ſe wildwachſenden Pflanzen zieren aber nur ſeine mittlere Hoͤhe; auf ſeinem Ruͤcken iſt er ſehr nackt, und ſeinen Fuß haben die Menſchen zum Getreld⸗ baue geſchickt gemacht. Die merkwuͤrdigſte Hoͤhlung in dieſem Berge iſt⸗bey Alteneſſing, wo ſich ein Eiſenhammer befin, det, das ſogenannte Schulerloch, welches einer alten Sage zufolge davon den Namen haben ſoll, well 7 353 weil vor Jahren, wovon man dle Anzahl nichtweis, eis nige Schulknaben hineingegangen, und weil ſie den Weg nicht wieder heraus fanden, elendig darinnen um— gekommen ſeyn ollen. Brunnwleſer hat dieſe Hoͤhle bes ſucht, fcheint aber nicht welt in derſelben vorgedrungen zu haben, wie aus feiner Beſchrelbung erhellet. Der Berg iſt in der Gegend, wo dieſe Hoͤß— le liegt, an feinem Fuße ſehr ausgehoͤhlt, und hängt oben welt über. Der Eingang in die Höhle iſt an feiner mittlern Höhe, Dieſer Eingang iſt ſehr beſchwerlich, und obgleich die innere Oefnung ch was geraͤumiger wird, fo iſt es gleichwohl nicht möge lich, ſich aufrecht zu halten. Nur nachdem man etwa 20 Schritte weit fortgegangen iſt, kann man ſich ohne Unbequemlichkeit aufrichten. Aber man erblickt dann auch eine neue Hoͤhle, die ſo geraͤumig iſt, als es irgend ein Hauptplaz einer groſſen Stadt ſeyn koͤnnte. Decke und Boden ſind voll Tropfſteine, davon dle neuern und kleinern hohl, die aͤltern aber durchaus dicht find. Dieſe leztern pflegen da, wo ſie am Boden aufſizen, 2 bis 3 Fuß im Durchmeſſer zu haben, ſind allemal Kegel⸗ foͤrmig, und werden einige Fuß hoch. Man hat in unſern Tagen auch an den Tropf⸗ ſteinen Urkunden uͤber das Alter der Welt finden wollen. Man zaͤhlte (oder ſtellte ſich wenigſtens an, als wenn man gezaͤhlt haͤtte) ihre uͤbereinan— der liegenden Schichten, wie man die Schichten der Bäume zähle, um ihr Alter zu erfahren. Hr. 3 Kaͤſt⸗ 354 — Kaͤſtner hat dieſe Laͤcherlichkeit auf eine Art wider⸗ legt, wie ſie es verdiente: durch einen bittern Scherz a). Steigt wohl auch in die Tropfſteine der Saft jährlich, um einen neuen Jahrring zu bilden, wie in die Baͤume? Oder wiſſen die Alterthumsforſcher der Welt nicht, wie die Tropfſteine entſtehen? Aber dann ſollten ſie auch eine Urkunde nicht benuzen wol⸗ len, die ſie zu leſen nicht verſtehen. Allein man 1 65 nicht zanfen mit ihnen, man Au fie unters richten, Ich habe zu dieſem Zweke Dihamel’s metesro⸗ logiſche Beobachtungen in den Abhandlungen der Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften nachgeſchla⸗ gen, und gefunden, daß man vom April bis in den October ungefaͤhr zwanzig erheblichere Regen, alſo auch zwanzig trockenere Zwiſchenzeiten ohne Gefahr eines erheblichen Fehlers annehmen duͤrfe. „Dabey zähle ich die Regen, die an bald aufeinander fol⸗ genden Tagen fallen, für einen, und kleine Regen aus einzelnen Wolken zaͤhle ich gar nicht. Ich mer⸗ ke ferner aus den Nachrichten der Bergleute in den meiſten weniger tiefen Bergwerken an, daß fie es in ihren Gruben wiſſen, wann es uͤber Tage reg— net: denn es regnet dann auch in der Grube, das iſt, das Tropfen der Firſte iſt dann ſo ſtark, daß fie davon viele Unbequemlichkeiten zu ertragen has ben. Aber troken iſt es dort (und das gilt von als len a) Leipzig. Mag. 1782. 472. — 355 ken Bergwerken, der Unterſchled liegt nur im Mehr und Weniger) nie. Die Sohle in Reichenhall, deren Quelle völlig Regenfrey iſt, fließt allemal reich» licher bey Regenwetter, iſt aber armer am Salz gehalt, als wann trocken Wetter iſt. Alſo: In Hoͤhlen, die in kluͤftigem Geſtelne liegen, tropft das Dach bey Regenwetter ſehr ſtark. Das iſt nun die rechte Zeit nicht, um Tropfſteine zu bilden; die Tropfen ſind zu groß, zu groß iſt ihr Uebergewicht über jene Anziehungskraft, die in klei— nen Entfernungen wirkt, und bey dem ſchnellen Nachdringen eines folgenden Tropfens iſt auch ihre Geſchwindigkeit zu groß; ſie haben nicht Zeit, die mitgefuͤhrte Kalkerde abzuſezen „ oder der Anſaz wird nur klein und unkenntlich; je mehr man auf elnem Gradirwerke die Sohle vertheilt, deſto geſaͤttigter wird fie im Fallen. Erſt wann der Regen aufge— hoͤrt hat, wann es uͤber Tag ſchoͤn Wetter, oder windig und trocken iſt, wann nur die bloſſe durch das Geſtein fein vertheilte Feuchtigkeit noch durch— ſintert, nur kleine Tropfen bildet, deren Durchmefs ſer nicht betraͤchtlich genug iſt, um ganz oder groͤß⸗ tentheils binnen den Graͤnzen derjenigen Anziehungs⸗ kraft, die in klelnen Entfernungen wirkt, zu liegen, erſt dann verweilt er an der Decke, oder bildet am Boden eine kleine Kugel, oder eine Schicht an ei— 11 m ſchon gebildeten Tropfſteine, verliert fein Waſ⸗ langſam, und laßt während dieſes langſamen Ab, duͤnſtens den Erdtheilchen Zeit, ſich zu naͤhern, und 3 2 zur 356 ng zur Feſtigkeit eines Steins zu erhaͤrten. So er⸗ halt man durch ſchnelles und tumultuariſches Abs dampfen geſalzener Fluͤſſigkeiten keine ordentlichen Kryſtallen, die hingegen ſehr ſchoͤn ausfallen, wenn man die geſaͤttigte Fluͤſſigkeit ruhig und langſam abs duͤnſten laͤßt. i Aber die ſo gebildeten Tropfſteine ſind noch nicht feſt genug. Das mit aufgeloͤſeten Kalktheilen be⸗ ladene Waſſer führte auch aus dem unreinen Kalk⸗ ſteine etwas Thonerde mit ſich, die den feſtern Zuſammenhang, der unter gleichartigen Theilen der Materie allemal inniger iſt, hindern. Hier kommen nun jene ſtaͤrkern Sinterungen, die, waͤhrend am Tage Regenwetter iſt, in die Grube eindringen, zu Hilfe; dieſes ſtaͤrker zuflieſſende Waſſer waͤſcht die eben gebildete Tropfſteinlage ab, fuͤhrt die loſe anklebende Thonerde mit ſich fort, reinigt dadurch den Tropfſtein, macht ihn gleichartiger, und eben Das durch feſter. N Eine Periode demnach, die aus Regenzeit und trocknem Wetter beſteht, bildet vereinigt einen Ans ſaz von Tropfſtein. Nach Duͤhamel's Beobachtun⸗ gen, bey welchen ich den ganzen Winter in keinen Anſchlag gebracht hatte, hätten wir nun binnen fies ben Monathen zwanzig ſolche Perioden, alſo zwan⸗ zig Tropfſteinſchichten. Nun nehme ich freygebig an, was ich aber nie glauben werde, man hae be in der Baumannshoͤhle Tropfſteine gefun⸗ den — 6 357 den, die 20000 Anſaͤze oder Kegelſchichten hat⸗ ten; nun iſt — . 1 20 es waͤre demnach der aͤlteſte aus Schichten beſtehen⸗ de Tropfſtein in der Baumannshoͤhle nicht einmal ſo alt, als die St. Sophienkirche zu Conſtantinopel, oder vielleicht manches Spinnengewebe in derſelben. So vollwichtige Beweiſe führe man für das vor⸗ gebliche hohe Alter der Welt! Am Ende der groſſen Grotte des Schulerlo⸗ ches fuͤhret ein Gang den Wanderer ſehr weit nord- waͤrts fort. Er iſt anfaͤnglich ſo breit, daß zwo Perſonen gemaͤchlich nebeneinander gehen koͤnnen, doch wird er allmaͤhlig immer enger, keilt ſich aber nicht aus, ſondern iſt durch eine Qucerwand abgeſchnitten, in welcher ſich ein rundes Loch, das einen Mannskopf aufnehmen koͤnnte, in eine zweyte Grotte oͤffnet, die ſehr anſehnlich ſeyÿn muß; we⸗ nigſtens glaubte Brunnwleſer, der Feuer durch das Loch werfen ließ, einen ſehr groſſen Raum zu ſehen. Schon auf beyden Seiten der erſten Hoͤhle ſind verſchiedene Vertiefungen, Niſchen, groͤſſere und kleinere Hoͤhlungen; mehrere Hänge führen verſchie— dene Strecken weit fort, und runde Loͤcher im ſcheinbar feſten Geſteine, durch die man groͤſſere 33 oder 958 — oder kleinere Höhlen entdeckt, kommen verſchledent⸗ lich vor. Ueberhaupt ſcheint dieſes unterirdiſche Grottenwerk ehemals viel weltlaͤuftiger geweſen zu ſeyn, aber die Sinter haben die Eingaͤnge in die verſchledenen Nebenhoͤhlen geſchloſſen. Wie es jezt iſt, kann ſich kein Menſch mehr darinn verirren. Brunnwieſer merkt an, daß der Boden dieſer Grotten von einem gelben Thon und ſehr ſchmuzig ſey. Er haͤlt es fuͤr ſeltſam, hier Thon zu finden, da doch unter ihm, an den Waͤnden der Hoͤhle, und an der lies eitel Kalkſtein iſt; er fragt des rowegen,, ob nicht etwa eine Verwitterung des Kalkſteines in Thon vorgehe. Ganz gewiß nicht. Mir ſind die Steine daher ſehr wohl bekannt; ſie verdie⸗ nen den Namen der Kalkſtelne nicht wohl: ſie haben zu viel Thon im Gemenge. Da nun durch das durchſintern⸗ de Tagwaſſer, das viele Luftſaͤure, und vlelleicht aus der Dammerde auch etwas Pflanzenſaͤure in ſeinem Gemen⸗ ge hat, der Kalk aus dem Geſteine der Decke ausge⸗ ſchleden wird, fo muß die dadurch aus ihrer Ver⸗ bindung gebrachte Thonerde zu Boden ſtuͤrzen. Es geſchieht naͤmlich hier eben das, was man in Salzwerken wahrnimmt, nachdem man dort aus einem ſogenannten Sinkwerke die Sohle abgelaſſen hat, findet man den Boden des Sinkwerkes hoch mit Letten bedeckt, der am Himmel (der Firſte) durch die Aufloͤſung des Salzes, mit dem er vers bunden war, feinen Zuſammenhang verlohr, und im ruhenden Waſſer nothwendig zu Boden ſtuͤrzte. | Noch BE 359 Noch gehört zu den Merkwürdigkeiten dleſer Hoͤh⸗ le diejenige Fledermaus, die ſich durch eine weg— ſtehende Hufeifenförmige Haut an der obern Mund⸗ lippe auszeichnet, und derowegen von Buffon b) den Namen Fer à cheval bekommen hat. Eine halbe Stunde von dieſer Hoͤhle weg liegt der Marktflecken Eſſing, und nordwaͤrts von ihm auf einem ſteilen Felſen das Schloß Randeck. Da dieſer Felſen ſehr durchloͤchert iſt, ſo haben einige Bienenvölker hier ihre Neſter. Eine Stunde uͤber Eſſing hinauf quillt aus dem Kalkfelſen ein Bach, der bald an ſeinem Urſprunge eine Muͤhle von vier Gängen treibt. Nur eine Viertelſtunde weiter iſt Brunn, ein Dorf mit einem Schloſſe, das eben falls auf einem Kalkfelſen erbaut iſt; welter hinauf kommt man in den Marktflecken Riedenburg, vor welchem abermals ein jezt zerſtoͤrtes Schloß iſt; end⸗ lich trift man etwa eine Stunde vor Dietfurt ein Bergſchloß an, das Fluͤgelsberg heißt. Dieſe Schloͤſſer find für den Naturforſcher darum merk wuͤrdig, weil fie alle auf unterirdiſchen Hoͤhlen ſte⸗ hen, bey welchen jedoch auch die Kunſt Antheil hat, was man deutlich am Schloſſe zu Riedenburg ſieht. Geht man von Kehlheim nach Hemmau an der Landſtraſſe fort, fo kommt man zuerſt in den Gemein⸗ dewald des erſtern Ortes, und findet dort in der Damm⸗ 3 4 erde b) Hiſt. nat. VIII. p. 131. in 4°. 560 nn — erde ein ſeltſames Gerolle von Foßillen; Eiſenerze Sand und Sandſteine, Kieſel und Hornſteine, Mergelſchiefer, und zuweilen Bandjaſpiſſe. Unweit des Marktflecken Painten, wo eine Glashuͤtte iſt, findet man einen aufgelaſſenen Steinbruch vom ſo— genannten Kehlheimer Marmor, einen Weinſuppen⸗ farbigen merglichen Kalkſchiefer, der in etwas did, ligen Tafeln bricht, und etwas Politur annimmt. Zwiſchen Painten und Hemmau werden dieſe Kalk⸗ ſchiefer welſſer, aber Stellenweiſe blättern fie ſich fo duͤnne, wie Poſtpapier. Brunnwieſer merkt an, daß man zwiſchen und unter dieſen Schleferplatten eyfoͤrmige Kugeln finde von der Groͤſſe eines Sper⸗ lingseyes bis zur Groͤſſe eines Taubeneyes; er ſagt aber nicht welcher Natur dieſe Steine ſeyen; ich glaube, daß es Kalkſpatdruſen ſeyen, welche auch ſonſt in den Mergelfchiefern dieſer ganzen Gegend nicht ſelten ſind, und eine mehr oder weniger Ey⸗ foͤrmige Geſtalt zu haben pflegen. Die ganze bisher beſchrlebene Gegend zwiſchen der Donau, der Laber und der Altmuͤhl bis Hem⸗ mau und Dietfurt hinauf hat nirgends Quellwaſſer, und die daherum liegenden Dörfer und Flecken muͤſ⸗ ſen ſich lediglich mit Ciſternen zu helfen ſuchen. Allenthalben trift man auf der Oberflaͤche Pingenfoͤr⸗ mige ſehr groſſe Keſſel an, welche ſich zur Regen⸗ zelt mit Waſſer voll fuͤllen, es aber bald wieder in unterirdiſche Behaͤlter abgeben, und dann ſo troken ind, als vorher. Es giebt kleinere Gegenden in dieſem groſſen Bezirke, die keine andern Abzüge fuͤr nn 361 fir das Waſſer haben, als dleſe Schluͤnde, und es geſchiehet bey ſtaͤrkerm Regen haufig, daß dieſel⸗ be Gegend, die ſonſt den aͤuſſerſten Waſſermangel leidet, nun in groſſe Waſſernoth geraͤth, wann die Schluͤnde das Waſſer nicht mehr faſſen koͤnnen, das ſie aufnehmen ſollen. Auf welchen verborgenen Abgruͤnden mag dems nach dieſe ganze Gegend ruhen. Welche ungeheu— re Hoͤhlen moͤgen unter ihrem Fußboden ſeyn! Wahr⸗ ſcheinlich haͤngen ſie alle mit dem oben beſchriebenen Schulerloche zuſammen, und diefes iſt nur elne Art Schacht, durch welchen man zu dieſer Sammlung von Grotten gelangen koͤnnte. Die Pingenfoͤrmigen Keſſel erhalten dadurch ebenfalls ihre Erklaͤrung: ſie ſind wahre Pingen, nicht zwar von verfallenen Schaͤchten, aber durch das Nachſinken der Firſte in die unten ausgehoͤlten Weitungen entſtanden; dieß erffärt ferner die vielen Ouellen, dle von Kehls helm bis Dietfurt am Fuße dleſer Berge hervor— brechen, und die Waſſermenge der Altmuͤhl vers mehren. Wir hatten hier demnach fo ungefähr et⸗ was, das mit dem Zirchnizer See im Herzogthume Kraln viele Aehnlichkeit hat, nur daß unſere Ges gend nicht durch Fabeln und Uebertreibungen bes ruͤhmt oder beruͤchtiget worden iſt. Der Stadt Kehlheim im Weſten liegt ein Berg, an welchem das dortige Franzifcaner Kloſter angebaut iſt. Er heißt der Michelsberg. Gleich an den erſten Erhöhungen dieſes Berges hinter dem Klo 35 ſter 362 — ſter findet man verſchiedene Gemenge von Erden und Steinarten; Brunnwieſer zaͤhlt namentlich auſſer den Kalkſteinen Lehmerde, Trippelerde und Eiſenerze, die mit Scheidewaſſer brauſen (vermuthlich Eiſenthon⸗ erze) auf. Stuͤcke von dieſen Erzen, die der Un⸗ terſuchung unterworfen wurden, hat man fehr reich» haltig an Eiſen gefunden. Hier faͤngt ſich der Hienheimer Forſt an, deſſen Grund ein zwiſchen den beyden Fluͤſſen, der Donau und der Altmuͤhl uͤber Altmannſtein und Marching nach Franken fort⸗ laufendes nlederes Kalkmergelgebirg iſt. Geht man von Kehlheim laͤngs der Donau oſt⸗ waͤrts, und dann, wo ſich dieſer Strom faſt unter einem rechten Winkel nach Norden wendet, nord⸗ waͤrts bis an die Laber fort, ſo hat man gleich an⸗ faͤnglich, wie man die Straſſe nach Hemmau vor⸗ beygekommen iſt, den Calvarienberg links. Die⸗ fer Berg iſt von dem gleich zuerſt beſchrlebenen Berge bloß mittelſt der Schlucht, durch welche die Straſſe nach Hemmau hingeht, getrennt. Sein Fuß beſteht ebenfalls aus Mergelſchiefer; welter hinauf iſt er mit Dammerde bedeckt, in welcher ſehr verſchledene Geſchiebe, unter andern auch Ei— ſenerze, vorkommen. Haͤufig ſieht man groſſe Keſſelfoͤrmige Gruben, nebſt Zahlreichen Halden Eis ſenhaͤltiger Schlacken, welche von ehedem hier ges weſenen Elſenhaͤmmern herruͤhren ſollen. Brunn⸗ wieſer merket dabey an, das ehemalige Daſeyn ſolcher Haͤmmer ſey erweislich, und ich vermuthe, durch Urkunden und gerichtliche Verhandlungen: denn Su 363 denn er wels ſich ſelbſt nicht zu erklaͤren, wle in die, ſer Gegend, die überall kein flieffendes Waſſer hat, Hammerwerke beſtehen konnten. Er meynt zwar, daß man zur Treibung der Waſſerkuͤnſte die Kraft der Luft angewendet habe; aber ſchwerlich iſt dieſe Kraft hinreichend, die ungeheure Laſt des groſſen Hammers zu heben. Aber vielleicht fertigte man nur Gußwaaren an, und friſchte nicht. In der Waldung dieſes Berges hat Brunnwle⸗ ſer eine Eiſenhaltige Quelle entdeckt, und ihre Wirkungen an ſich ſelbſt verſucht. Er hat oͤfter noch nuͤchtern groſſe Quantitaͤten davon getrunken, und allemal Befoͤrderung des Stuhlganges darauf ver⸗ ſpuͤhret, bey welchem die Excremente ſchwarz weg⸗ glengen; die Folge davon war vermehrte Eßluſt, und überhaupt erhielt er allemal von dieſem Wafs ſer herrliche Wirkungen in Faͤllen, in welchen Ei⸗ ſenmittel angezeiget waren. Es iſt Schade, ſagt er, daß dieſes Waſſer nicht beſſer bekannt iſt, und wegen der Wildniß, in welcher es quillt, auch wohl ſchwerlich bekannt werden wird. Ich habe die Ges gend nicht geſehen; aber ich glaube, daß ſich die Beſchwerden wohl heben lieſſen: kann man den Brunnen nicht an der Quelle trinken, wie es Brunn⸗ wieſer gethan hat, fo lieſſen fi) etwa Einrich— tungen treffen, daß es in einiger Entfernung ge⸗ ſchehen koͤnnte. Einer naͤhern Unterſuchung werth waͤre wohl auch ein Gag: den Brunnwieſer in dieſer Wal⸗ dung 364 MR enge dung gefehen hat, wenn er noch ſteht. Er fol am Stamme eine wahrhafte Foͤhre ſeyn „ ſowohl an Rinde, als Holz: aber in der Höhe von 8 bis 9 Fuß anfangen auszuarten, und nach und nach an Rinde, Zweigen, und Nadeln eine wah— re Rothtanne werden, Geht man unter dieſem Berge an der Dos nau oſtwaͤrts fort, ſo kommt man durch eine Ebe— ne von etwa einer Stunde in das Dorf Winzer. Dieſe ganze Ebene iſt Product der Donau; ſte beſteht lediglich aus Geſchieben von Rollſteinen und Flußſand. Jenſeits des Dorfes hat man aber⸗ mal einen Steinbruch von ſogenanntem Kehlheimer Marmor, der ſonſt zu vlerekigten Pflaſterſteinen in Kirchen, Saͤlen, und dergleichen Gebäuden haus . fig verfuͤhrt worden. Aber im Kriege 1742 fans den ſich die Unternehmer genoͤthiget, dieſes Werk aufzulaſſen, das noch eintraͤchtlich genug waͤre, wenn es ein Unternehmer wagen wollte, ein Ca⸗ pitaͤlchen daran zu wenden, um den Schutt aufzu— raͤumen, und die Arbeit wieder in Gang zu bringen. Zweiter Ab ſchnitt. Die nordoͤſtliche Gegend von Kehlheim. Wenn man von dleſen aufgelaſſenen Stein⸗ kruche uͤber Herrenſaal an der Donau fortgeht, fo kommt man noch vor dem Dorfe Kapfelberg an elnen — 365 einen andern Steinbruch, der uͤberaus maͤchtig, aber von ganz anderer Art iſt. Der Stein iſt ein glimmeriger weiſſer Sandſtein, der aber thonige Kalkerde zum Bindmittel hat, alſo wahrer Qua⸗ derſtein Cos Quadrum albeſcens des Walle⸗ rius e). Der Eigenthuͤmer dieſes Bruches treibt ein betraͤchtliches Gewerbe mit dieſen Steinen, die ſowohl als Quaderſtuͤcke, als auch ſchlechtweg als Mauerſteine geſucht werden; auſſerdem werden auch mancherley Dinge daraus gearbeitet, die ihren gu— ten Abſaz haben. Man raͤth ohne meine Erinne— rung ſchon darauf, daß ſich in den Kluͤften dieſes Steines Kalkſpat finden muͤſſe. Man ſieht ſchon, daß das groſſe Kalkmergella⸗ ger, welches wir bisher in Norden und Nordwe⸗ ſten kennen gelernet haben, allmaͤhlig zu Ende ges he. Wirklich findet man nahe am Dorfe Kapfels berg rechts in der Hohlgaſſe einen Mergel, der nicht mehr Kalkmergel, ſondern Thonmergel iſt, und ſich in die Felder hinein erſtreckt. Vom Dorfe Sinzing, an welchen ſich die La⸗ ber in die Donau ergießt, bis zum Dorfe Eils— brunn kommt nichts merkwuͤrdiges vor, ausgenoms men, daß die Kalkartigen Steine immer ſeltener werden, wie man näher an die Nabe kommt. Doch giebt es hier noch Felſenhoͤhlen, die manch— mal von armen Leuten bewohnt werden, welche ſich durch e) Syftem. miner. ſp. 84. a. 366 5 — Vermlethung ihrer Arbeit bey den Bauern ihren Unterhalt verſchaffen, und nebenher ſich etwas durch Korbflechten und andere aͤhnliche Gewerbe verdienen. Jenſeits des Regenfluſſes faͤngt eine ganz ans dere Gegend an. Hier iſt die herrſchende Gebirgs— art Schieferfels, in welchem beym Dorfe Bach Veilchenblaue und gruͤne Flußſpate vorkommen, von denen die erſtern einen ſehr armen Silbergehalt ha⸗ ben ſollen. Dritter Abſchnitt. Die weſtliche Gegend von Kehlheim. Ich habe oben geſagt, daß an derjenigen Land⸗ ſpize, welche von dem Zuſammenfluſſe der Altmuͤhl und Donau gebildet wird, eln Kalkmergelgebirge anfange, welches ſich von da durch die Oberpfalz und einen Abſchnitt von Baiern bis in Franken er⸗ ſtreckt. Gleich anfänglich hat dieſe Kette das fon, derbarſte Anſehen. Das ſchieferige Anſehen vers ſchwindet hier ganz, und man hat dafür in die felts ſamſten Geſtalten aufgethuͤrmte Maſſen von Felſen, die wie eine mit Thuͤrmen unterbrochene Mauer an dem Bette der Donau fortlaufen, das fie verens gern. An verſchiedenen Stellen hangen dieſe Fel⸗ ſenmaſſen ordentlich uͤber die Donau herein, und man ſchift unter dieſem drohenden Felſendache weg, wenn man aufwaͤrts ſchift. Man glaubt, mit Eis nem | — 5 367 nem Male auf ein Nachbild der hoͤchſten Zinnen uns ſerer ſuͤdlichen Alpen verſezet zu ſeyn, wenn man in dieſe ſonderbare, aber fuͤr das Auge des Natur— forſchers reizend ſchoͤne, Gegenden kommt. So geht die Felſenkette fort bis Straußaker; von hier— aus legen die Felſen ihr wildes Anfehen ab, bilden Flaͤchen, die mit fruchtbarer Erde bedeckt ſind; aber auch von hier aus erſt erſcheinen die übereins anderliegenden Floͤze von Mergelfchiefer wieder in ihren ordentlichen Schichten, und ſezen bis an das Dorf Irnſing aufwaͤrts fort. Noch ehe man von Irnſing an das Dorf Mars ching herauf kommt, ſieht man aus einem Felſen eine Quelle hervorſprudeln, die einen ſo ſtarken Geruch von Schwefelleber verbreitet, daß man ihn ſchon in betraͤchtlichen Entfernungen wahrnimmt, weͤßwegen fie von den Anwohnern als ein Ge— fundbad benuzt wird. Vlerter Abſchnitt. Die ſuͤdliche Donaugegend zwiſchen Abensberg und Straubing. Die bisher beſchriebene Kalkartige Gegend zieht ſich nun uͤber Wackerſtein weſtwaͤrts fort, Ingol⸗ ſtadt vorbey, wo fie eine Bucht bildet, dle durch eine thonige Ebene ausgefuͤllt wird, und zieht ſich dann im Herzogthume Neuburg wieder an die Donau herbey. Aber von unter Neuſtadt am Ausfluſſe ns. der 368 5 der Abendſt ſezet der Kalkſtein durch das Bette der Donau, bildet am ſuͤdlichen Ufer derſelben ei nen geſchlaͤngelten Bogen, deſſen anderer Schenkel bey Regensburg am Kloſter Pruͤfening vorbey ſtreicht, und noch etwas vor der Stadt am Ufer der Donau aufſtzt. Seine Woͤlbung geht über Goͤcking, das eine nach Schwefelleber riechende Quelle hat, Abensberg, dem Geburtsorte des be— ruͤhmten Thurmeyer's, der unter dem von ſeiner Vaterſtadt angenommenen Namen Aventinus be— kannter iſt, Offenſtaͤtten, wo er ſich am weiteften nach Suͤden verbreiter, Oberſtecking, wo ſich wieder eine durch Schwefelleberluft ausgezelchnete Quelle findet, nach Norden über Teugen zuruͤck, zieht ſich über Abach, wo ein in der Geſchichte berühmt ges wordenes Bad iſt, das ſich, wle die bisherigen, durch feine nach faulen Eyern riechende Luft auszeich⸗ net, das Dorf Pentling, bis Pruͤfening fort, wo er am ſchmaͤlſten iſt. Alles, was von Baiern dies fer Gränzlinie, die ich eben gezogen habe, im Suͤden und Suͤdoſten bis an die ſuͤdliche Gebirgs⸗ kette hin liegt, iſt bloſſes Suͤßwaſſerproduet, gro⸗ ber und feinerer Sand (nirgends Flugſand), mit haͤufigen Rollſteinen, die oft ganze Ketten von beträchtlichen Landbergen ausmachen, und häufiger Thon mit diefem Sande gebrochen. Die Steine, welche ln dieſem weiten Bezirke, der ſogenannten Fläche von Baiern, die aber mit Ausnahme eins zelner Gegenden ſehr huͤgelich iſt, vorkommen, ſind faſt nichts anders, als Nagelfluͤhe und ſparſame Sand⸗ — 369 Sandſteine; nur bey Formbach naͤchſt Schaͤrding habe ich Schieferfels geſehen. Aber ich ſchraͤnke mich gegenwaͤrtig auf die von Brunnwieſer berel⸗ ſete Gegend ein. | Gleich an der Abenſt fangen beym Dorfe Sit ling die Mergelſchiefer an, auf welche bey Stau— bing naͤchſt Weltenburg vormals gebaut wurde, und unter Weltenburg, Kehlheim gegenuͤber, bey Afoͤcking noch wird. In dieſem Mergelſchieferfloͤze kommen bey Abensberg, Offenſtaͤtten, Burlach, einzelne, und bey Theuharting haͤufige Hornſteine vor. Von dieſem lezten Orte nach der Donau hin bis Weltenburg find mächtige Kalkfelſen auf dieſes Floͤß aufgeſezet, in welchen verſteinerte Schals thiere und Meergewaͤchſe haͤufig vorkommen. Bey Burlach ſelbſt iſt ein Sandfteinbruch, davon der Sand ein ſehr relner Quarz iſt. Friſch gebrochen iſt er ſehr feſt, und kann ſogar nicht anders, als durch Schieſſen, gewonnen werden; aber dem gan⸗ zen Einfluſſe der Witterung ausgeſezet, zerfaͤllt er in loſen Sand, und wird als ſolcher auf der Glass huͤtte zu Palnten zu ſehr feinem Glas verſchmelzet. Naͤchſt dem Dorfe Weltenburg bricht ein Dot⸗ tergelber ziemlich weicher Marmor, der nichts deftos weniger eine zwar nicht ſpiegelnde, aber doch feine Politur annimmt, und ſehr leicht zu bearbeiten iſt. Er kommt meiſtens im blauen Letten in Bloͤcken von drey bis vier Fuß Laͤnge und Breite vor, aber er muß in betraͤchtlichen Bänfen da ſeyn, oder wenige Aa ſtens 370 2 — ſtens da geweſen ſeyn: denn die ſchoͤne Kirche des Kloſters iſt voll von dieſem Marmor; die Altaͤre, die Kanzel, ſogar die Beichtſtuͤle hat man daraus verfertiget. Vom Dorfe Weltenburg fuͤhrt ein ſchmaler Weg zwiſchen der Donau und den fehr hos hen, gleich einer Mauer ſeiger daſtehenden, Fels fen nach dem gleichnamigen Kloſter hin, der fo en ge iſt, daß zween Wagen einander nicht ausweichen koͤnnen, und ſo niedrig, daß er ſelbſt bey mittel, maͤſſigem Wachſen des Stroms unter Waſſer ſteht. Dieſe Felſen machen gewiſſermaſſen dem Kloſter und feinem Garten Plaz, indem fie in eine Bucht zur ruͤcktreten, aber fie gehen gleich unter dem Kloſtergar⸗ ten ſo weit hervor, daß dieſer in Oſten von einem ungeheuren ſenkrecht daſtehenden Felſen bey jedem Waſſerſtande der Donau an dieſer Seite geſchloſſen bleibt. Man hat mir geſagt, daß ſich in dieſem Felſen weiſſe Korallen in groſſen Stuͤcken finden, und fie ſollen in fo groſſer Menge vorkommen, daß der ganze Fels aus lauter Korallenſtuͤcken zuſammen⸗ geſezet zu ſeyn ſcheine. Brunnwieſer fuͤhrt eben dies ſe Sprache, und ſcheint als Augenzeuge zu reden. Ich habe diefen Felſen ſelbſt geſehen, mit Muße betrachtet, ſelbſt an die Stellen hingeſehen, die man mir fuͤr Korallen angab: aber ich muß bekennen, daß ich uͤberall keine Korallen ſah; wohl aber laſſen ſich die verſchiedenſten Tropfſteinformen, die dicht übereinander liegen, und an denen alle Zwiſchen— raͤume ausgefuͤllet ſind, nicht verkennen: der ganze Fels, am Tage, wie im Innern, ſcheint daraus du⸗ en — 371 zuſammengeſezet zu ſeyn; und dies gilt nicht nur von dieſem Felſen allein, ſondern auch von denen, welche zwiſchen dem Kloſter und ſeinem gleichna— migen Dorfe liegen, wie ich mich davon durch mei— ne Augen uͤberzeuget habe, vielleicht auch von den am jenſeitigen Ufer wie Thuͤrme daſtehenden, von denen bereits die Rede war, und vielleicht auch von denen bey Abach und Poſtſaal, von welchen wir noch reden werden. b Dieſe Tropfſteine konnten ſich unmoͤglich uͤber Tag bilden, wie ohnedies klar iſt; eben fo unmoͤg— lich iſt es, daß ſie aus einem freyen Niederſchlage der Kalkerde in Maſſen entſtehen konnten. Dieſe Nlederſchlaͤge mußten Kalkbaͤnke geben, aber Tropf— ſteine konnten ſie nicht bilden. Tropfſteine ſezen ſchlechterdings Grotten voraus, die ein Dach von Kalkerde uͤber ſich haben, welche das durchſinternde Waſſer aufloͤſet, um ſie beym Vordringen in die Grotte in kleinen aber zahlreichen Parthien wieder abzuſezen. Wir haͤtten alſo in der Gegend von Weltenburg bis unter Kehlheim hinab, und bis Irnſing hinauf, eine ungeheure Grotte gehabt, das - von die ſeigern Felſen noch Reſte ſind. Maͤchtige Kalkfloͤze muͤſſen über ihr geruhet haben, die, allmaͤh⸗ lig vom Strome durchgenagt, ihn mit einer ſchreck⸗— lichen Macht in dieſe Grotte ſtuͤrzen lieſſen, die er endlich ganz zerriß, waͤhrend er ſich weiter oben durch allmaͤhlige Abnuzung des muͤrben Geſteins und Here beyfuͤhrung einer Menge Sandes und Rollſteine eis nen ſanftern Fall zubereitete, und den Schiffern Aa 2 auf 372 —— Be; auf feinem Nücken die heutige Sicherhelt verſchaff⸗ te. Eben ſo was denke ich mir weiter unten an dieſem Strome bey Poſtſaal und Abach. 1 Dieſe Tropfſteine mögen uns aber auch erflas ren, wie ſich etwa unſere ſeichten Alterthumsforſcher der Welt, die ihr Luftgebaͤude von wenigſtens zwan⸗ zig Jahrtauſenden auf die Tropfſteine der Baumann's⸗ Höhle oder der Heulgrotte bey Modena fügen, bey der Zählung ihrer 20000 Tropfſteinſchichten beneh⸗ men. Der ehrwuͤrdige Greis, Herr Kaͤſtner, hat bewieſen, daß man, um 20000 nebeneinander bes findfiche Dinge von einerley Art zählen zu koͤnnen, über 5 Stunden Zeit brauche, und daß es unmoͤg⸗ lich ſey, in der Baumann' shoͤhle ruhig an einerleyStel⸗ le fo lange zu verweilen. Aber unſere flüchtigen Beobachter zählen nicht; fie meſſen die groſſen Tropf⸗ ſteine, wie dies von dem Beſchreiber der Heulgrots te gewiß iſt, zaͤhlen dann etwa an einem kleinen Fingerdicken Tropfſteine die Schichten, und ſezen ei⸗ ne Proportlon an, denken aber nicht, daß groſſe Tropfſteine, wie groſſe Eiszapfen, nicht aus uͤberein⸗ ander liegenden Schichten beſtehen, ſondern Ans haͤufungen vieler nebeneinander gebildeter Tropf⸗ feine ſehen. Dles koͤnnte fie jeder Winter Ichs ren; aber mit fo leichten Erklaͤrungen macht man fein Glück nicht; die Herren gehen bey ih⸗ ren Beobachtungen auf Abenteuer aus, und fer hen Geſpenſter. Auf ———— 373 Auf dem Berge hinter dem Klofter iſt eine als te Schanze ſehr hoch aufgefuͤhrt, und ſcheint mit einer andern, welche auf dem jenfeicigen Ufer liegt, und wohl gleichzeitig iſt, Hadrian, Probus, oder Diocletlan zum Erbauer gehabt zu haben. Sowohl in dieſer Schanze, als auch in der Gegend umher, hat Brunnwieſer- vieles reichhaltiges Eiſenerz, auch Trippel, und gelbe Farbenerde gefunden, und meynt unlaͤugbare Spuren entdeckt zu haben, daß man hier herum ſtark auf Eiſenerze gegraben habe. Das mag allerdings wohl ſeyn, aber ich meyne, daß man heut zu Tage ohne Ende mit Verluſt bauen wuͤrde, und daß man niemals Ausbeute, oder nur Verlag erhals ten habe; es iſt gewiß kein Eiſenfloͤß vorhanden, bloß in Neſtern moͤgen ſie vormals gebrochen haben, und wenn ich alle Zeugniſſe Brunnwieſer's zuſam⸗ mennehme, fo kommen die Erze jezt nur in Mies ren vor, die vielleicht die Koſten nicht bezahleten, wenn ſie eben ſo reichhaltig an Silber waͤren, als ſie es an Eiſen ſind. Eine halbe Stunde unter Afoͤcking geht ein Graben bis in die Donau; er lauft zwiſchen zween Bergen durch Aecker und Wleſen, Burlach vorbey, und ſcheint ſeinen Anfang uͤber Offenſtaͤtten zu ha⸗ ben. Er heißt der Holfenbach, hat aber keln Waſſer, ausgenommen beym Schneeſchmelzen oder nach ſtarkem Regen. Man behauptet in der Ge gend, es bedeute Hungersnoth, wann der Holfen⸗ bach im Sommer ordentlich Waſſer hat, und Brunn⸗ wieſer hat ſich von der Wahrhelt dieſer Behaups Aa 3 tung 974 —_ tung in den zwey Hungerjahren des achten Jahr- zehends unſers Jahrhunderts durch eigenen Augen⸗ ſchein uber zeuget. Unweit Offenſtaͤtten entſpringt ein Fleincr unans ſehnlicher Bach, der feinen Lauf nach einer Strecke von nicht vollen zwo Stunden vollendet: er verliert ſich unter den Steinen in die Erde. Es lebten noch Leute, als Brunnwieſer in der Gegend war, die ſich erinnerten, daß einſtens hier herum allenthal— ben Quellen entſprungen ſeyen, wo man nie welche vermuthet hätte, die man Hungerquellen nannte, damals hätte ſich dieſer Bach nicht, wie gewöhnlich, in die Erde verkrochen, haͤtte vielmehr in der Nach— barſchaft von Burlach, vielleicht in Geſellſchaft des Holfenbaches, einen drey Stundenlangen See ge— bildet, Wieſen und Aecker, die zwiſchen den dorti— gen Auhoͤhen liegen, erſaͤuft, und unter Afoͤcking ſeinen Ausfluß in die Donau genommen, wo aber das Ufer ſo hoch iſt, daß er auch damals nicht an— ders, als durch einen Sturz, in die Donau e gen konnte. Diefe Erſcheinungen zuſammengenommen ſchei— nen unwiderſprechlich darzuthun, daß in dieſer Gegend anſehnliche Grotten unter der Erde vorhanden ſeyn muͤſ— ſen, die das durchſinternde Tagwaſſer auffangen, aber ihm keinen, oder nur geringen, Abzug erlauben. Al⸗ fo nicht Grotten allein, ſondern Seen, die in Regenrei— chen Jahren, theils durch die Tagwaͤſſer, theils durch unterirdiſches e der angeſchwollenen benach⸗ barten, — 375 barten, ſonſt kleinen Fluͤſſe, der Abenſt und der La— ber, vielleicht ſelbſt der weit entfernten Ammer, zum Austreten gebracht wurden, wodurch dann die Hun⸗ gerquellen und der lange See bey Burlach entſtan⸗ den. Was dieſe unterirdiſchen Seen noch mehr bes ſtaͤttiget, find die Hechte von 12 bis 15 Pfund, und die Karpfen von 5 und noch mehr Pfund, die man im erſten und zwelten Jahre, nach dem Ablaufe des Sees bey Burlach, aus den Waͤſſern aufgefiſchet hat, die ſich in den Nledrigungen als Ueberblelbſel dieſes Sees noch erhalten haben. Die Abenſt und die Laber hatten über Tag keine Ge meinſchaft mit ihm, und naͤhren auch ſonſt keine ſo ſchweren Fiſche; aus der Donau konnten ſie nicht kommen, da ihnen dazu kein Weg offen ſtand, als die Muͤndung des Sees, die fie nur durch Sprüns ge haͤtten erreichen koͤnnen, die ſie nicht zu machen wiſſen, und die unter den Suͤßwaſſerfiſchen nur den Salmarten eigen ſind. Nimmt man aber einen unterirdiſchen See, oder mehrere untereinan— der verbundene an, ſo wird die Erſcheinung dieſer Fiſche ſehr leicht zu erklaͤren ſeyn: die Fiſche haben in die, ſen unterirdiſchen Behaͤltern Ruhe und Zeit ge— nug gehabt, zu ſehr anſehnlichen Groͤſſen heranzu— wachſen. Wir dürfen um die Nahrung der Hech⸗ te nicht bekuͤmmert ſeyn, da wir bereits Karpfen in ihrer Geſellſchaft fanden, und die Anwohner noch uͤber das verſichert 1 daß ſie eine Menge ſchlechterer Fiſche zu anſehnlichen Groͤſſen in dieſen kleinen Waſſern, den Ruͤckbleibſeln des Sees, ge A a 4 fun⸗ 376 9 e funden habenz wir duͤrfen wegen der Nahrung der Kar⸗ pfenartigen Fiſche nicht verlegen ſeyn, die ſich mit allem nähren, was ihnen keinen Widerſtand thut; freylich laͤßt ſich nicht beſtimmt angeben, wie der⸗ gleichen nahrhafte Subſtanzen in den unterirdiſchen See, den wir annehmen, gerathen ſeyen: allein die Wege dahin find ſehr vielfältig in einem Ge⸗ ſteine, das ſo offenbar kluͤftig iſt. Und durch eben die Kluͤfte, durch welche dle Hungerquellen hervor drangen, dringt vermuthlich die zum Leben der Fi⸗ ſche ſo noͤthige athmoſphaͤriſche duft ein. Aber ſchwe⸗ rer mag es ſeyn zu begreifen, wie die groſſen Fiſche in den uͤberirdiſchen See heraufkamen. Beduͤrf⸗ niß hatten ſie dazu ſicher: dieſe Kluͤfte waren nun unter Waſſer geſezt, waren fuͤr die Luft ſo gut als geſchloſſen. Aber auch hier ſind der Mittel vlele, welche in der Hand der Natur waren, dieſe Ihie re zu retten; vielleicht erweiterten die Quellen ſelbſt die Oeffnung, durch welche ſie kamen; vielleicht giebt es betraͤchtliche Spalten im Geſteine, die nur mit feſter Dammerde uͤberdeckt ſind, welche damals aufgeweicht, theils einſank, theils fortgefuͤhrt wur⸗ de; vielleicht reichen die dortigen Ziehbrunnen auch jezt in den unterirdiſchen See hinab, und die Fiſche ka⸗ men bey ihren Muͤndungen, dle damals unter Waſ⸗ fer ſtanden, heraus. Mit Einem Worte: die Be— gebenheit iſt zuverlaͤſſig: daran laͤßt uns die ſo um⸗ ſtaͤndliche Erzählung der damaligen Bewohner der Gegend nicht zweifeln; aber fie iſt unerklaͤrlich, wenn wir nicht unterirdiſche Grotten, die wir ſchon ſo S —— 377 fo oft in dieſem Flözgebirge wirklich geſehen haben, und in dieſen Grotten bleibende Seen annehmen, die ebenfalls in Berghoͤhlen keine Seltenheit ſind, und in denen nicht nur Fiſche, ſondern ſelbſt Dos gel d) ihre Wohnungen haben. Aber woher mögen diefe Grotten ihren Urfprung nehmen? Wir haben bisher uͤberall an den beyden Ufern der Donau, Quellen geſehen, die einen Geruch von faulen Eyern oder Schwefelleber von ſich ges ben. Dieſer Geruch zeigt auf Kieſe. Und damit wir uns nicht etwa irren moͤchten, ſo hat Doctor Brunnwieſer am ſogenannten Hoͤfelhofe beym Chors ſtifte Rohr in einem Graben, den man eben ge— fuͤhrt, eine Menge Schwefelkies angetroffen, der ſo feſt war, daß er am Stahle Feuer ſchlug; auch zu Offenſtaͤtten, als man dort einen Fiſchteig ſaͤu⸗ berte, hat man eine zlemliche Menge Schwefelkies gefunden. Kieslager ſind auch ſonſt in Kalkgebirgen keine Seltenheit. Wir duͤrfen alſo wohl annehmen, daß fie ehedem in dieſer ganzen Gegend mögen häus figer geweſen ſeyn. Drang nun durch die Spab ten und Abloͤſun gen des Mergelſchleferfloͤzes athmof— phaͤriſche Luft ein, fo mußten diefe Kieſe anfangen zu verwittern, das Brennbare entfloh, die zuruͤck— gebliebene Säure wurde den Schlefern aus den Er— zen e die durchſinternden Tagwaſſer buaefiich A a 5 loͤ⸗ d) Z. B. die unterirdiſche Aente. Scop. ann. hift, nat. I. 67. n. 83. 378 ni | Iöfte da den Kalk auf, oder bildete ihn zu Gyps um, machte mit der Alaunerde des Thons Alaun, und machte die Kieſelerde (deren Daſeyn ſchon der hohe Klang beweiſt, den dieſe Schiefer von ſich geben, wenn man ſie anſchlaͤgt) frey. Die nachdringenden Tagwaſſer führten die Kieſelerde mit ſich fort, ſezten fie in Geſellſchaft unzerſtoͤrter Thonerde unterwegs hier und dort ab, und veranlaßten die Entſtehung der Hornſteinkugeln, die, um Flintenſteine geben zu koͤnnen, eben nicht in Kreide liegen muͤſſen; der Alaun wurde voͤllig aufgeloͤſt, und das vitrioliſche Erdeſalß, der Gyps, der, weil fein Grundſtoff, der Kalk, nur mit andern Erden vermifcht vor⸗ kam, als Erde oder in Kryſtallen da war, wurde lange ſam zernaget, und ebenfalls fortgefuͤhrt. So muß⸗ ten Höhlen und Grotten entſtehen, die fi) nach dem erſten Beginnen eine Zeit lang mit beſchleu— nigter Geſchwindigkeit vergroͤſſerten, nach und nach aber, wie des Kieſes weniger ward, wieder lang— ſamer wuchſen, hier und da zum Theile das Dach— geſtein zum Einſturz veranlaßten, wodurch Schluch— ten und Keſſel entſtanden, anderwaͤrts wieder mit Tropfſteinen ausgefuͤllt, oder wenigſtens geſtuͤzet wurden. Allerdings iſt alles dieſes nur wahrſcheinlich: denn Gegenſtand der Erfahrung kann die Bildung der Grotten nicht ſeyn, kann die Entſtehung der Hornſteinkugeln nicht ſeyn. Die Aufloͤßlichkeit des Grpſes im Waſſer iſt kein Unding, wie man weis, und in unferm Falle kommt dieſes Waſſer in fallen» den — iu 379 den Tropfen, und wirkt durch kleine Momente, was es fuͤr ſich nicht koͤnnte: koͤmmt, nachdem es vorher die Modererde durchgedrungen, und thieriſches und vegerabilifches Alkali in fi) aufgenommen hat, das dem Gypſe feine Saͤure raubt, und mit ihr ein leicht aufloͤsliches Mittelſalz bildet, waͤhrend die eben dieſem Waſſer eluverleibte Pflanzenſaͤure, die es in eben dieſer Modererde vorgefunden hatte, den Kalk ſelber zernagt. Die Entſtehung der Hornfteis ne, und der in ihren Hoͤhlungen befindlichen Quarz— kryſtallen, hat man von jeher durch das Durchſin⸗ tern der Waſſer erklaͤrt. Langſam muß freylich dieſer Grottenbau vor ſich gehen; aber in Jahrhun— derten und bey vielen Hilfsmitteln iſt auch in der freyen Natur vieles möglich, was wir in unfern $as boratorien mit quinteffenzirten Reagentien und vie ler Ungeduld über Nacht nicht bewerkſtelligen koͤn⸗ nen. | Ich habe aus Brunnwieſer's Nachlaß zur Beſchreibung der Kehlheimer Gegend nur noch we, nig nachzutragen. In der Nachbarſchaft der Doͤrfer Than und Hauſen wird ein ſchoͤner weiſſer Thon gegraben, der theils als Walkererde benuzt, theils nach Muͤn— chen verführt wird, wo man in der daſigen Porzel— lanfabrik die Kapſeln daraus anfertiget, in welchen das Porzellan in den Ofen koͤmmt, wozu er wegen ſeiner groſſen Feuerbeſtaͤndigkeit ſehr brauchbar iſt. Auch bricht in eben derſelben Gegend ein vortreffli— i \ cher 380 2 — cher blauer Toͤpferthon, und ein anderer, der von rothen und weiſſen Adern bunt iſt; endlich graͤbt man ebendaſelbſt eine Lichtgelbe Erde, die in laͤnglichte Formen gebildet allenthalben verfuͤhrt, und zum Anſtreichen der Haͤuſer gebraucht wird. Auſſer der Kalkartigen Gegend findet man bey den Dörfern Geltafing und Eiterhofen in einem Bache weiſſe Kieſel, dle angeſchliffen Kryſtallhell und durchſichtig find, und, wenn man ihnen die gehörigen Faſſetten giebt, viel Feuer haben. Eben ſolche Kiefel findet man auch unweit des Kloſters Methen. Als ich in meiner Bergwerkskunde die Gebirge claſſificirte, that ich gefliſſentlich von den kleinen Gebirgen Meldung, welche die Beglelter der ans ſehnlichern Fluͤſſe ſind, und hatte dabey vorzuͤglich dieſe merkwuͤrdige Gegend im Sinne, die, an ſich betrachtet, alle Elgenſchaften eines Gebirges, ſogar eines rauhen Gebirges beſizt, aber doch nur ein klei⸗ nes Gebirge iſt, weil es den groͤßten Theil des Blachfeldes von Baiern uͤber ſich hat. f n * VIII. 2 381 VIII. Betrachtungen uͤ ber Syngeneſia poly gamia fruſtranea, | und ähnliche Erſcheinungen Tab. V. Fig. 21 — 23. ————— ꝗ— p Ä —— % giebt mehrere Pflanzen, bey welchen eln Thell ihrer Bluͤthen Geſchlechtlos iſt. Beym traubenfoͤrmigen und beym zophigen Hyacinthe ha⸗ ben dle oberſten Bluͤthen kein Geſchlecht, und bey einigen Arten des Sedums iſt es eben ſo. Die oberſten Bluͤthen der Muſa ſcheinen wohl aͤuſſer⸗ lich keinen Fehler zu haben, ſie ſind aber gleichwohl unfruchtbar, und fallen ſamt den Fruchtknoten ab. Unterdeſſen wundert man ſich eben nicht daruͤber; man ſieht es fo ziemlich ein, daß dleſe mangelhafte Entwicklung der obern Bluͤthen Folge der durch das Wachsthum der untern, bereits fruͤher entwickelten, bis auf einen gewiſſen Grad geſchwaͤchten Vegeta⸗ tion ſey. Aber es giebt Pflanzen, bey welchen die Umſtände in allen Bluͤthen gleich zu ſeyn feheinen, und bey welchen dennoch ein Theil dieſer Bluͤthen m ſo 382 I fo ſtandhaft Geſchlechtlos iſt, daß dieſe Eigenſchaft von den Botaniſten als ein weſentliches Unterſchei— dungszeichen konnte angenommen werden. Vorzuͤg— lich auffallend ſind diejenigen, welche Linne“ in die dritte Abtheilung feiner neunzehnten Claſſe zuſam— men geſtellet hat, ſchon um des Namens willen, den dies fe Abtheilung trägt: Polygamia fruſtranea. Kann etwas in der Natur vergeblich und Zwecklos ſeyn? Linne verdient wegen dieſes Namens keinen Tadel: die Namen ſind nur gemacht, die Dinge zu bezeichnen, wie ſie uns ſcheinen, nicht wie ſie ſindz und bey den Pflanzen dieſer Abthellung ſieht man in der That nicht ein, wozu das Daſeyn der Ge— ſchlechtloſen Randbluͤthchen nüzen fol. Aber unſe— re Einſicht, iſt fie nicht etwa zu beſchraͤnkt, um über wirkliche Zweckloſigkeit abſprechen zu koͤnnen? Wir wollen einsweilen die wirkende Urfache der Ges ſchlechtsloſigkeit der Randbluͤthchen bey den Pflanzen dieſer Abtheilung aufſuchen; vielleicht liegt ſelbſt in ihr ein Zweck verborgen, der ſich ohne ſie nicht entdecken laͤßt. Ich kenne nur vier Linneiſche Gatwüg e dieſer Pflanzenfamilie: Helianthus, Rudbeckia, Coreopfis und Centaurea, und will in dieſer Abhandlung die lezte Gattung, welche nebſt einer Art von Coreopfis bey uns allein wild waͤchſt, vorzuͤglich zum Grunde legen. Bey den Arten der Flockenblume ſind die Rand⸗ bluͤchchen Geſchlechtlos, ausgenommen, daß fie eis nen —— 383 nen unvollſtaͤndigen Fruchtknoten haben; dafuͤr find aber die Bluͤmchen viel groͤſſer, öfter weiß, oder wenig⸗ ſtens blaſſer, als die des Bluͤthentellers, und etwas uns regelmaͤſſig. Dleſe Unregelmaͤſſigkeit beſteht darinn, daß von den fuͤnf Stuͤcken, in welche der Rand des Roͤh⸗ renſoͤrmigen Bluͤmchens zerſchnitten iſt, gerade die bey den aͤuſſerſten die laͤngſten Stuͤcke ſind, das innerſte aber das kuͤrzeſte if. Da die ſogenannten Halbe bluͤmchen ebenfalls roͤhrige Bluͤmchen ſind, ſo darf ich wohl ein Halbbluͤmchen wie ein Trichterförmiges Bluͤmchen der Flockenblume betrachten, bey welchem die zwey oder drey aͤuſſern Stuͤcke in einen einzi— gen Bandfoͤrmigen Koͤrper zuſammengewachſen, die übrigen aber durch das vorzuͤgliche Wachsthum die, ſes Bandes verkuͤmmert und null geworden ſind. Dieſe Betrachtung wird noch ihre Anwendung haben. | Bey den Arten der Flockenblume kann unterdeſ— fen weder die anſehnlichere Groͤſſe, noch die Unre— gelmaͤſſigkeit der Randbluͤmchen befremden: Erſtere iſt nicht gleich bey dem erſten Aufbluͤhen fo anſehn⸗ lich, und Leztere wird nie ſehr erheblich; nur fuͤr Botaniſten, das iſt, für Scharfſichtige iſt fie wohl bemerklich. Ueber die anſehnlichere Groͤſſe laͤßt ſich auch mit Wahrſcheinlichkeit eine Erklaͤrung geben, die ſich auf eine ziemlich allgemeine Analo— gie ſtuͤkt. Ich nehme an, daß die Randbluͤthchen ſowohl, als die Bluͤthchen des Bluͤthentellers, ur: ſpruͤnglich dazu beſtimmt ſeyen, Blume, Staubfaͤ— den, und Stempel zu haben; da nun die Staub, f faͤden 384 u — faͤden ganz unterdruͤckt werden, der Stempel ver⸗ kuͤmmert wird, ſo iſt es der in beyden organiſchen Relchen herkommlichen Sitte gemäß, daß die Blume ſich eben darum vergröffern muͤſſe. So kriecht der Schwanz des Kaulfroſches ein, wie die Fuͤſſe ſich entwickeln, und von zween nahe an einans der hervorkommenden Zweigen waͤchſt der eine deſto freudiger, nachdem man den andern weggeſchnitten hat. Und umgekehrt: wenn irgend ein organiſcher Theil frecher waͤchſt, als er ſollte, ſo kann dies nur auf Koſten der nahe gelegenen Thelle geſchehen. Es hat durchaus in der ganzen organiſchen Natur das Anſehen, daß fuͤr jeden totalen Koͤrper nur eine gewiſſe Quantltaͤt Materie beſtimmt, und den zufälligen Urſachen nichts weiter uͤberlaſſen ſey, alsdie einzelnen Theile nach dem Gleichgewichte oder Uebergewichte ihr rer Kraͤfte mehr oder weniger auszubilden. Uebertrift gleich z. B. das Randbluͤmchen der Bergflockenblu⸗ me das naͤchſte Bluͤmchen des Bluͤthentellers nach allen Ausmeſſungen mehr als dreymal, ſo iſt es auch dafuͤr bis auf den elenden Reſt des Fruchtknotens vollkommen geſchlechtlos und daß die anſehnlicher e Groͤſſe groſſentheils von groͤſſerer Lockerheit, die mit nichts als Luft und Waſſer gefuͤllt iſt, herruͤhre, ſagt uns ſchon die blaſſere Farbe dieſer Randbluͤm⸗ chen, ſagt uns ſelbſt ihr ſchwaͤchliches Ueberhaͤn⸗ gen. Der Stoff, welcher für die duͤnnern aber dichtern Staubfaͤden, fuͤr den Griffel, und fuͤr den Fruchtknoten vorbereitet war, um ganz in das Blümchen übertragen, und gehörig aufgelockert, konnte 2 —— 385 konnte gar wohl dle anſehnliche Groͤſſe dem Rand⸗ blümchen geben, das uns beſchaͤftigt. Aber dieſe Betrachtungen lüften bloß einen klei⸗ nen Zipfel des Vorhangs, welcher die organiſchen Bildungen bedeckt, bey welchen ein Theil auf Ko⸗ ſten der benachbarten Theile auswaͤchſt. Die Haupt⸗ frage, ſaͤhen wir in dieſer Nebenfrage das Wie auch noch beſſer ein, bleibt unberuͤhrt. Man hat noch immer das Recht, zu fragen: woher kommt es, daß bey gewiſſen Pflanzen der Fruchtknoten der Rand⸗ bluͤthchen nicht gehörig entwickelt wird, daß ſelbſt die Staubfaͤden und der Griffel verdraͤngt werden? Was fuͤr einen Zweck mochte die ſchaffende Weishelt haben, eine Sache zur Regel zu machen, von wel⸗ cher es ſcheinet, daß ſie nur etwa ſeltene Ausnahme ſeyn ſollte ? | Erſtes Kapitel. Beobachtungen. 1. Bey allen Pflanzen mit einzeln ſtehen⸗ den Bluͤthen iſt es allgemeine Regel, daß die⸗ ſe Bluͤthen wenigſtens Ein Geſchlecht, und dies gehoͤrig entwickelt haben. Ich ziehe aber unter dieſe Regel, die ſich auf die allgemeinſte und bekannteſte Inductlon ſtuͤzet, nicht 1) die Dolden⸗ gewaͤchſe. Man wels, daß Lnne die Stelle, aus welcher dle Stralen der Dolde ausgehen, für einen gemeinſchaftlichen Bluͤtheboden angenommen, und derowegen der unter ihm vorkommenden Blaͤtteran⸗ haufung den Namen Involucrum gegeben habe; er Vb hat 386 er hat alfo die Dolden für zuſammengeſezte Bluͤthen gehalten. Dieſe Idee iſt richtig genug. Aller⸗ dings iſt eine Dolde weiter nichts, als ein verkürzter Bluͤthenſtand; aber man denke ſich die Stelle, aus welcher die Stralen ausgehen, von einem laͤngern Durchmeſſer, verfürze die Stralen um eben fo viel, als man aus ihnen Materie braucht, den neuen Bluͤtheboden zu bauen; da in dieſer Hinſicht der Durchs meſſer des Bluͤthebodens in eben dem Verhaͤltniſſe waͤchſt, in welchem die Stralen abnehmen, ſo iſt es klar, daß endlich, nachdem die Abnahme durch alle ihre Differentlalien wird durchgegangen ſeyn, die Stralenlaͤnge = 56 ſeyn werde, und dann wird der Durchmeſſer feine hoͤchſte Groͤſſe erhalten haben; die Dolde wird zu einem Haͤuptchen werden, wie eo wa das Habichtkraut hat. Aber noch eher, als die Stralen faſt null werden, wird die Dolde ſich in dem Stande einer angehaͤuften Bluͤthe befinden, welcher den Apoſtemkraͤutern zukommt. In jedem Falle muͤſ⸗ fen die Kräfte, welche ſich in dem Bluͤtheboden aͤuſ⸗ ſern, ihre Wirkung auf dle Bluͤthen haben, die mittelſt ihrer Stlelchen dort ihren Urſorung nehmen. 2) Begreife ich unter dieſer Regel nicht die Trug⸗ dolden, well ſie wenigſtens in Ruͤckſicht auf ihre er⸗ fie Vertheilung wahre Dolden find, 3) Schlleſſe ich davon aus den Aehrenfoͤrmigen Bluͤthen; die Weizenaͤhre iſt fo gut gehaͤufte Bluͤthe, als der Kopf der Kartendiſtel. Die Dicke der Spule, wel⸗ che durch alle Grade denkbar iſt, kann hier unmögs lich einen weſentlichen Unterſchied machen. 4) Eben⸗ 5 falls nn 387 falls gehören die Traubenfoͤrmigen Bluͤthen nicht hleher, ſchon darum, weil man, was die Wolfs— milch lehrt, die Dolde für eine verkuͤrzte Traube ans ſehen muß, und dann noch mehr, weil ohne dieſe Ausnahme die Regel von der Natur widerſprochen wuͤrde. 11. Bey zuſammengeſezten Bluͤthen iſt es ein ſehr oft vorkommender Fall, daß entweder A) beyde Geſchlechter unterdruͤckt werden, oder B) wenigſtens eines, oder C) doch unfruchtbar find. Ich verſtehe hier unter den zuſammengeſtz⸗ ten Bluͤthen alle diejenigen, dle ich bey der vorigen Regel ausgenommen habe, und dahin gehoͤren noch die Kaͤzchenbluͤthen, und alle diejenigen, welche man ſonſt unter dem Namen der zuſammengeſezten oder der gehaͤuften Bluͤthen verſteht. Die Beyſpiele dies ſer Anmerkung wuͤrden mich viel zu weit fuͤhren, wenn ich fie nur nach ihren Gattungen anführen woll⸗ te; ich begnuͤge mich demnach fie in Haufen vor⸗ zufuͤhren. A.) Ganz unterdruͤckte Geſchlechter kommen vor bey der ganzen Abtheilung der neunzehnten Claſſe, welche Linne“ Polygamia fruftranea nannte; bey dem Schneeballen⸗Baume, ſogar beym wilden Stam⸗ me; bey den Laucharten, welche zwifchen ihren Bluͤ⸗ then Zwiebelchen bringen 1); an den obern Bluͤthen B b 2 der 1) Boehmer de plant. ſem. 22. — Ich habe bey den Laucharten, die ich unterſucht habe, wohlgebil— dete Zwitter gefunden; aber ich habe nur wild⸗ wachſende Pflanzen unterſucht. ö 388 nn — der meiſten Pflanzen, welche ihre Bluͤthen in lan⸗ gen Trauben tragen; an den Spizen der Achrentras genden Pflanzen, bey welchen zugleich gewoͤhnlich auch die uͤbrigen Blüͤthenthelle unentwickelt blei⸗ ben; u. ſ. f. B.) Wenigſtens Ein Geſchlecht wird unterdruͤckt bey den Pflanzen der neunzehnten Claſſe des Linne“ aus der Abthellung Polygamia ſuperflua; bey verſchiedenen Grasbluͤthen in Aehren oder Achrchenz bey verſchiedenen Ampferarten; ben faſt allen Kaͤz⸗ chenbluͤthen; u. a. C.) Oder doch werden mehrere Bluͤthchen ganz oder zum Theile unfruchtbar gemacht. So ſind bey Syngeneſia Polygamia neceſſaria die Rand⸗ bluͤthchen weiblich und fruchtbar, die Bluͤthchen des Bluͤthentellers Zwitter, aber die Stempel un⸗ fruchtbar; bey mehrern Gattungen der Doldenges waͤchſe ſind zwar alle Bluͤthchen Zwitter, aber die in⸗ nern werden nicht befruchtet; faſt etwas aͤhnliches geſchieht in den Aehrchen des Habers, der Gerſte, u. ſ. w. Da endlich bey einer ſehr vollbluͤthigen Pflanze, die uͤbrigens eigentlich keine Bluͤthenſamm⸗ lungen traͤgt, ſondern ihre Bluͤthen zerſtreut hervor⸗ bringt, die ganze Summe ihrer Vollbluͤthlgkelt wie eine einzige gehaͤufte Bluͤthe betrachtet werden kann, ſo folget, daß es dieſer Betrachtung ſehr gemaͤß ge⸗ ſchehe, wenn eine Menge dieſer Bluͤthen völlig unbefruchtet abfaͤllt, obgleich alle Erforderniffe zur Befruchtung ſcheinbar zugegen waren. III. mi 389 III. Es ſcheint überhaupt: bey allen Bluͤ⸗ then der Zwitterſtand Beſtimmung und in der Anlage da zu ſeyn, der nur durch beſondere, obgleich gewoͤhnliche, Nebenbeſtimmungen abge⸗ ändert wird. Nicht nur haben wir weit wenigere Pflanzen mit getrenntern Geſchlechtern, als die bloſ— ſen Kraͤuterkenner ſich einbilden, ſondern ſelbſt bey denen Pflanzen, in deren Bluͤthen gewoͤhnlich keine Spur des andern Geſchlechtes vorkommt, erfcheint dies in beſondern Faͤllen wirklich, und zwar bald in Geſellſchaft desjenigen, welches man erwartet hatte, bald wird auch dieſes verdraͤngt, und das andere kommt zum Vorſchein. Ich will alle dieſe Des merkungen mit Beyſpielen belegen, die allerdings nicht ſo zahlreich ſind, als ſie ſeyn ſollten; aber wie man fleiſſiger forſcht, oder genauere Aufmerkſamkeit anwendet, entdeckt man ihrer taͤglich mehrere. Der Fehler iſt auf unſerer Seite, die wir unterlaſſen, die Natur fleiſſiger zu befragen, nicht auf Selte der Ne tur, die bereit iſt, uns zu unterrichten. I. Wir haben wirklich mwenigere Pflanzen mit getrennten Geſchlechtern, als man denkt. So ift nach den Nachrichten des Herrn von Jacquin 2) die ſogenannte weibliche Bluͤthe der Anguria peda- ta ein wahrer Zwitter, aber für ſich nicht frucht⸗ bar, weil den Staubfaͤden die Beutel fehlen, oder ſich an ihnen nur nicht entwickelt haben. Nach eben Bb 3 dle⸗ 2) Hift. ſtiep americ. 243. 390 — dieſem Gelehrten iſt die männliche Bluͤthe 3) von Morus Zarthoxylon (Morus tinctoria L.) ebenfalls ein Zwitter, an welchem aber wegen un⸗ entwickelter Narbe der Fruchtknoten nicht auswach⸗ ſen kann; die weiblichen Bluͤthen, welche in Kugeln geſammelt find, find offenbar die männlichen lan⸗ gen Käzchen, aber verkuͤrzet, bey welcher Verkuͤr⸗ zung ſogar viele Bluͤthchen eingekrochen zu ſeyn ſchei⸗ nen, wie Herr von Jaecquin ſelbſt anmerkt; kein Wunder demnach, daß auch die Staubbeutel unters drückt wurden, dafuͤr aber der Fruchtknoten mehr Raum und Stoff gewann, ſich vollſtaͤndig zu ent⸗ wickeln. Eben diefe Bemerkungen gelten wohl auch von eben dieſes Gelehrten Schaefferia frutefcens 4); ſie gelten vom Parthenium des Linne“ 5); ſie gelten von Lychnis dioiea, bey welcher in der männlichen Bluͤthe ein verkruͤppelter Fruchtknoten da iſt, und in der weiblichen die unterdruͤckten Staub⸗ faͤden noch deutlich zu erkennen find, fie gelten von Poterium, von Rhamnus Alaternus und ca- tharticus, in deren männlichen Bluͤthen man deut⸗ lich den verkuͤmmerten Stempel ſieht; ſie gelten von den Kuͤrbis und Gurkenarten, bey welchen vom unterdrückten Stempel noch die Narbe zuruͤck— geblieben iſt, die Linne“ ſelbſt bemerket, aber bey N der 3) Ibid. p. 247. 4) Ibid. p. 259. 5) Gen. plant. n. 1069. En — 391 der erſtern Gattung DO für ein Nectarium angeſe⸗ hen, bey der leztern 7) ein Receptaculum genannt hat; fie gelten von den ganzen Gattungen latro- pha und Hydrocharis, von welchen Linne“ ſelbſt ſagt 8), in dem männlichen Bluͤthengrunde ſey ein Rudimentum debile Piſtilli da; ſie gelten bey Clutia und Coriaria, in deren erſtern maͤnnlichen Bluͤthen wirklich ein verkuͤmmerter Fruchtknoten da iſt, der dafuͤr in den welblichen Bluͤthen nicht nur die Staubfaͤden, ſondern auch die Haͤlfte der auf der maͤnnlichen Bluͤthe vorkommenden Druͤſen un⸗ terdruͤckt. Bey der leztern aber, die ich nicht ſelbſt unterſuchen konnte, beſchreibt Anne“ 9) unter der Aufſchrift: Femina, eine ordentliche Zwitterbluͤthe, nur daß die Beutel niche ſtauben; fie gelten bey Ambrofia; wenigſtens bey A. maritima ſah ich in den maͤnnlichen Bluͤthen deutlich einen Griffel, das Ueberbleibſel des unterdruͤckten Stempels; die in der weiblichen Bluͤthe unterdruͤckten Staubfaͤden duͤrfen uns um fo weniger befremden, da fie ſchon in der maͤnnlichen Bluͤthe ſehr klein waren. End⸗ lich (denn man muß doch einmal enden) die Gat⸗ tungen Veratrum, Valantia, Clufia, Diof- pyros, Pifonia, Terminalia haben lauter Zwit⸗ terbluͤthen, aber bald taugen die männlichen Bluͤ⸗ Bb 4 then⸗ 6) Gen. plant. n. 1091. 7) Ibid. n. 1092. 9) Ibid. n. 1084. 1126. 9) Ibid. n. 1129. 392 ie thentheile zu ihrem Zwecke nicht, bald fehlt es an den weiblichen, N 2. Daß Bluͤthen, dle nach unſern botanischen Syſtemen nur einzelne Geſchlechter enthalten ſollen, als Zwitter erſcheinen, davon iſt Sy nomorium ein Benfpiel, an welchem Anne / ſelbſt Zwitterbluͤthen unter den uͤbrigen fand 10). Eigentlich gehoͤren auch alle diejenigen Gattungen hleher, welche Linne“ in die drey und zwanzigſte Claſſe geſezet hat, und alle die, welche es auſſerdem noch verdlenet hätten, das hin geſezet zu werden; bey ihnen allen muß man die Zwitterbluͤthe als das Ideal betrachten, das der Pflanze von dem Schoͤpfer vorgezeichnet worden, das dann auch haͤufig von ihr erreichet wird, aber auch ebenfalls haͤufig unerreicht bleibt; daher kommt es, daß zuweilen eine Zwitterbluͤthe mitten unter den männlichen oder weiblichen, eine eingeſchlechtige mit, ten unter Zwitterbluͤthen vorkommt. Die Erfah⸗ rungen, die man gehabt haben will, daß weibliche Spinatpflanzen, oder Pflanzen vom fegen en Va⸗ terhanfe, die man welt von den maͤnnlichen Pflan⸗ zen entfernt gehalten, einige reife Saamen gebracht haben, koͤnnen aus dieſem Grunde wohl glaubwuͤr⸗ dig werden. 3. Wenn Bluͤthen, die eigentlich den Zwitter⸗ ſtand zur Grundbeſtimmung haben, das eine Geſchlecht gewoͤhnlich und gleichſam in der Regel unterdruͤcken, ſo hat man dies als eine, obgleich gewoͤhnliche, Ab⸗ 10) Ibid. u. 1033. — 393 Abweichung anzuſehen; man ſollte glauben, wann einmal die Urſache gehoben worden, welche die Uns terdruͤckung diefes Geſchlechtes bewirkte, fo müßte der Fall dieſer ſeyn, den wir eben gehabt haben; es muͤſſten beyde Geſchlechter erſcheinen, dle Bluͤthe muͤßte ein Zwitter ſeyn. Aber daß es Faͤlle gebe, in welchen das bisher einzig vorhandene Geſchlecht unterdruͤckt wird, und das bisher unterdruͤckte an die Stelle kommt, ſollte man nicht ſo leicht vermu⸗ then. Es müffen auch dle Faͤlle allerdings felten ges nug vorkommen. Zwar giebt es mehrere Arten des Carex, in welchen die Spizen der weiblichen Aeh⸗ ren bald mehr, bald weniger weit herab maͤnnlich ſind, welche auch aus dieſem Grunde eine eigene Unterſuchung verdienen; aber auſſer ihnen find mir nur zween Faͤlle bekannt, und keiner aus eigener Erfahrung. Ich fange bey dem leztern an, weil er mir den altern glaubwuͤrdig macht. Herr Profeſſor Herrmann zu Straßburg hatte einen einzigen Negundo Ahorn im botaniſchen Gars ten, von welchem der Gaͤrtner verſchiedene junge durch Ableger und Steckreiſer zog. Dieſer Baum war weiblich, und nie hatte er reifen Saamen gege— ben. Auf einmal blühte im Fruͤhlinge 1789 ein junger von dieſem Alten nachgezogener Baum, und trug maͤnnliche Bluͤthen 11). Dies erzaͤhlt Herr Herrmann ſelbſt. — Bauder, Buͤrgermeiſter und Hopfenhaͤndler von Altorf, ſah im Franciſcaner Gars B b 5 ten 37) Magaz. für die Bot. IX. 140. 394 nn ten zu Dietfurt eine groffe Menge männlichen Ho⸗ pfens, der, der Verſicherung dieſer Gelſtlichen zufol⸗ ge, doch im vorigen Jahre noch Zapfen getragen hatte; er ſelbſt, nachdem er einſtens eine Strecke ſei⸗ nes Hopfengartens mit ſaurem Grabenſchlamm duͤn⸗ gen ließ, erhielt im folgenden Jahre an dieſer Stel⸗ le bloß maͤnnlichen Hopfen, brachte ihn aber durch auſſerordentlich ſtarke Duͤngung wieder zurecht; gleich im folgenden Jahre bewleſen die meiſten, und im drit⸗ ten Jahre wieder alle dieſe Hopfenranken durch ihr Zapfentragen, daß ſie in ihr Geſchlecht zuruͤckgekeh⸗ ret ſeyn 125. Bauder war freylich kein Gelehr⸗— ter, aber Erſcheinungen dieſer Art zu bemerken, da⸗ zu gehört auch keine Gelehrſamkeit, ſondern bloß ge⸗ ſunder Menſchenverſtand und ein paar geſunde Aus gen. Vielleicht gehört auch die Bemerkung hieher, die Miller und Rathgeb wollen gemacht haben 13), daß Maulbeerbaͤume und Piſtazienbaͤume, die in der Jugend bloß maͤnnliche Bluͤthen trugen, im hoͤhern Alter Fruͤchte brachten. N IV. Die Geſchlechtloſen Bluͤthchen des Umkrei⸗ ſes bey den Arten der Flockenblume ſind in der That nicht Regel, ſondern nur gewoͤhnliche Ausnahme. I. Herr Moͤnch ſah 14) bey Centaurea Crupi- na den Umkreis armbluͤthig, alſo machten die frucht⸗ baren Zwitterbluͤthchen bey weitem den groͤßten Theil der 12) Bauder Abhand. vom Hopfen. 7. 13) Comment. de reb in H. N. et Med. geſt. III. 21. 14) Method. p. 560. 5 nn 3098 * der zuſammengeſezten Bluͤthe aus: ich ſah gerade das Widerſpiel; alle Bluͤthchen fand ich unfruchtbar bis auf aͤuſſerſt wenige ganz im Mittel, gewoͤhnlich bis auf eine einzige. 2. Bey Centaurea lacea fand Pollich, wie gewöhnlich, die RandbluͤthchenGGeſchlecht⸗ los und mit groͤſſern Bluͤmchen, aber doch auch mit Staubfaͤden, Griffel, und Narbe, aber ohne Frucht⸗ knoten 15), 3. Bey Centaurea montana iſt die Anzahl der Geſchlechtloſen Randbluͤthchen ſehr unbeſtaͤndig; ſie wechſelt zwiſchen 10 und 15 ab. 4. Bey Centaurea alba fand ich die Randbluͤth chen nicht Geſchlechtlos, ſondern weiblich mit einem drey⸗ bis viertheiligen Griffel, und die Blümchen von der Groͤſſe und Geſtalt der Mittelbluͤmchen. F. Bey Centaurea ſonchifolia ſah ich wohl die Randbluͤthchen Geſchlechtlos, aber auch zugleich ee, was groͤſſer, als die Bluͤmchen des Bluͤthentellers, was andere auch ſo fanden 16). Herr Moͤnch fand zwiſchen beyden die Gleichheit fo groß, daß er dies ſe Eigenſchaft mit unter die Kennzeichen aufnahm 17). 6. Bey Centaurea falmantica ſah ich die Nandbluͤthchen nur viertheilig, und einen zweyſpal— tigen Griffel einſchlieſſend. Herr von Laicharting 18) thut maͤnnlicher Bluͤthen Erwaͤhnung, die vlerthei⸗ lig ſeyn ſollen. V. 15) Palat. n. 827. 16) Laichart. plant. europ. II. 458. 17) Method. 564. 18) Plant. europ. II. 462. 396 nn V. Ueberfluͤſſiger Zufluß von Nahrung hin, dert die Entwicklung der weſentlichen Fructi⸗ ficationstheile: beſchraͤnkter befoͤrdert ſie. Die⸗ fe Wahrheit iſt von einer groſſen Menge Beobach⸗ tungen abgezogen; aber alle die Beobachtungen laſ⸗ fen ſich auf wenige Hauptſtuͤcke zuruͤckfuͤhren. I. Man weis, daß in naſſen Jahrgaͤngen die gleiche Menge Getreides weniger Mehl liefere, als in trocknern, well die Koͤrner zwar groß und anſehn⸗ lich, aber dickbaͤlgig werden; woraus dann folget, daß ſich die Baͤlge auf Koſten der wahren Saamen⸗ ſubſtanz verſtaͤrket haben. Herr Herrmann 19) hat die Bemerkung gemacht, daß das Getreide vom duͤrren unwirthbaren Karſte duͤnnſchaliger und Mehl⸗ reicher ſey, als das von beſſern Gruͤnden, und dar⸗ um theurer verkauft werde, welche Bemerkung er auch ſchon eher 20) bey dem Getreide der Neuſtaͤd⸗ ter Heide zu machen Gelegenheit genommen hat. Dieſe Bemerkung beweiſt wenigſtens, daß uͤberfluͤſ⸗ fige Nahrung vorzuͤglich das Kraut und die Kraut, artigen Theile der Pflanzen vermehre, aber weni⸗ ger, oder oft mit Nachtheil auf die edlern Thelle wirke, was die folgenden Bemerkungen zum Theil noch mehr beſtaͤttigen. 2. Die Baumgärtner klagen oft ſehr über elni⸗ ge ihrer Obſtbaͤume, die ihnen zu ſehr ins Holz treiben, und keine Fruͤchte bringen. Alle Mittel, welche man 19) Reiſ. II. So. 20) Reif, I. 12. u 397 man dagegen theils angewendet, theils nur vorge⸗ ſchlagen hat, gehen lediglich dahin, daß man die⸗ fen Bäumen einen Theil ihrer Nahrung raube. Buͤf— fon hatte einen Kaſtanienbaum von dieſer Unart; er nahm zween Aeſten deſſelben einen Theil ihrer Rin⸗ de in einer Schraubenlinie weg: und diefe beyden Aeſte brachten allein Fruͤchte, waͤhrend die andern unfruchtbar blieben 21). Sonſt begnügte er ſich bey andern Fruchtbaͤumen von dleſer Unart damit, daß er die Aeſte oder den Stamm ſelbſt mit einem Baſt⸗ bande oder mit einem Stricke ſchnuͤrte, und erhielt dieſelbe Wirkung. 3. Wenn man Baͤume, welche bisher in einem ſchlechten Boden geſtanden ſind, in einen beſſern ver⸗ ſezet, fo tragen fie, wenigſtens die erſtern Jahre hin⸗ durch, wenige oder gar keine Bluͤthen, treiben aber deſto ſtaͤrker ins Holz. Das Gegentheil geſchieht ſehr gewoͤhnlich, wann fie aus einem beſſern in eis nen magerern Grund verſezet werden. 4. Man weis es, wie ſchwer einige faftige Pflanzen dahin zu bringen ſeyen, daß fie ihre Saas men zur Reife bringen. Die Arten der Amaryllis gehoͤren dahin. Herr Medicus erwartete bereits ſeit zwanzig Jahren vergeblich, daß ihm die vielbluͤ— thige vollrothe Amaryllis aus den Karaibiſchen Ey⸗ landen (Amaryllis Reginae) Saamen geben moͤch⸗ te. Eines Tags ſchnitt er endlich einmal in andern Abſichten den bluͤhenden Schaft einer ſolchen Ama⸗ ryllis 21) Mem. de Acad. de Par. 1738. 257. in 12° 398 — ryllis ab, und ſtellte ihn in einen Winkel des Treibs hauſes hin: der Schaft bluͤhte fort und gab ihm reife Saamen 250. 5. Marchant hat einen Pflaumenbaum geſehen, der aus einem Auge geworden war, das man von einem Baume mit Pflaumen ohne Kern (eigentlich ohne Nuß und Kern) genommen, und mit einem Wildlinge vom gemeinen Pflaumenbaume verbunden hatte. Aber die Fruͤchte des neuen Baums enthiel— ten reife Mandeln (wahre Kerne) mit einem knoͤ— chernen Bogen, der über fie hingleng 23), und offen⸗ bar ein Stuͤck von der die Pflaumenkerne ſonſt eins ſchlieſſenden knoͤchernen Nuß war. Es iſt klar, daß im vorliegenden Falle nichts angeblich ſey, was die beſſere Entwickelung des weſentlichen Fruchttheils befoͤrderte, als der Zuſammenhang des Pfropfreiſes mit dem Wildlinge, der allemal ſchwaͤcher und un⸗ vollkommener, als der Zuſammenhang eines Zweiges mit ſeinem Mutterſtamme, iſt; es iſt ferner klar, daß dieſer unvollſtaͤndigere Zuſammenhang keine andere Wirkung auf die Fruchtbereitung haben koͤnnte, als daß ein Theil des Saftes zuruͤckgehalten wurde, ein anderer Theil, des durch die Aeuglung entſtandenen Knotens wegen, langſamer fortgieng. Mit einem Worte, beſchraͤnkte und erſchwerte Zufuͤhrung des Saftes war die Urſache der vollkommenern Fruetlfi⸗ eatlon. 6. 22) Magaz. für die Botan. XI. 8. 23) Mem, de l' Acad. de Par.] 1735. 22 — 399 f 6. Im Spaͤtſommer des Jahrs 1786, das bekanntlich ſehr regneriſch war, erhielt ich aus der Ge— gend von Altenoͤttingen gemeine Pflaumen ohne Nuß und Kern, und ſo, ſezte man im Briefe hinzu, ſa— hen alle Pflaumen von dieſem Baume aus, der uͤb⸗ rigens in andern Jahren diefe Stelnfruͤchte ganz auf die gewoͤhnliche Art ausgebildet hatte. Dies iſt nun gerade der umgekehrte Fall von dem vorigen, Hier war keine Urſache der unvollſtaͤndigen Sructifis cation angeblich, als die zu groſſe Naͤſſe des Jahr— gangs, welche den Baum zu vollſaftig machte. Zweytes Capitel. Folgerungen. Aus allen dem geht mefnea Erachtens deutlich hers vor, daß überflüffiger Nahrungsſaft der Entwicke⸗ lung der weſentlichen Theile der Bluͤthe, von denen die Saamenembryonen wohl die allerweſentlichſten ſind, ſchaͤdlich ſeye. Er geht offenbar nach allen dieſen Beobachtungen zu ſehr in die gröffern, und berelts viel ausgebildetern Theile uͤber, bekommt allmaͤhlig einen ordentlichern Zug dahin, und die unanſehnli— chern kleinern, weniger ausgebildeten Theile gehen daruͤber aus Mangel der Nahrung zu Grunde. Es tritt naͤmlich auch hier das Geſez der Verkuͤrzung ein, welches macht, daß von zween nahegelegenen organts ſchen Theilen der eine, welcher bereits über den ans dern einigen Vorſprung aus was immer fuͤr einer Urſache hat, fortgehend uͤbergewaͤltlger werde, | und 400 Be —_ und den andern über lang oder kurz völlig unter, druͤcke. ? | Diefe Unterdruͤckung muß deſto leichter und de, ſto eher erfolgen, je näher der ſchwaͤchere Theil dem ftärfern if. Wenn zween hohle dehnbare Cylinder von ungleichen Calibern, und ungefaͤhr gleich dicken Wänden nahe aneinander liegen, und mit Kräften, die den een . Queerdurchmeſſer proportios nirlich ſind, ihre Welten vergroͤſſern, ſo muß der kleinere die Uebergewalt des groͤſſern deſto eher erfah⸗ ren, je näher er ihm liegt; feine Weite wird allmaͤh⸗ lig mehr und mehr verengert, und eben darum, wenn die ausdehnenden Kräfte etwa in Fluͤſſigkelten wohnen, welche ſich in dieſen Roͤhren bewegen, dieſe Kraft, mit ihr aller Widerſtand, in dleſem kleinern Cylin⸗ der allmaͤhlig mehr und mehr vermindert, endlich völlig getilgt. Staubfaͤden alſo, welche am Blu, menblatte ſizen, muͤſſen durch einen üppigen Wuchs dieſes Blumenblattes eher unterdruͤcket werden, als Griffel, denn beweiſen darf ichs wohl kaum, daß die Gefaͤſſe in den Staubfaͤden gewoͤhnlich enger ſeyen, als in den Blumenblaͤttern, was doch ſchon der leichteſte Augenſchein zeigt. Der Fall iſt wenig⸗ ſtens zuverlaͤſſig fo bey den Pflanzen, die uns be, ſchaͤftigen. Aber uͤberhaupt, unterſucht man die Blumen, Staubfaͤden, und Stempel der Bluͤthen mit dem Anatomirmeſſerchen und dem Suchglaſe in der Hand, ſo findet man faſt ohne Ausnahme, daß die Gefaͤſ⸗ fe der Blumen groͤſſer ſeyen, als die der uͤbrigen welter | eins — 401 einwaͤrts liegenden Bluͤthenthelle. Es wäre daher eben kein Wunder, wenn die Unterdruͤckung der Staubfaͤden und Stempel noch häufiger geſchaͤhe, oder wenigſtens die Unfruchtbarkeit dieſer Theile noch weit öfter vorkaͤme, als dieſe Unterdruͤckung wirklich geſchieht, oder dieſe Unfruchtbarkeit vorkommt. Um über dieſen Gegenſtand, der an Erfcheinungen fo fruchtbar iſt, nicht zu weit auszuſchweifen, ſchraͤn, ke ich mich gegenwärtig bloß auf die zuſammenge⸗ ſezten Bluͤthen ein, bey welchen durchaus die Staub— faͤden aus den Bluͤmchen kommen, oder vielmehr bey welcher die feine Schicht, welche die Staubfaͤden abglebt, mit derjenigen, aus welcher die Blümchen kommen, enge verwachſen iſt, und erſt ziemlich hoch in den Bluͤmchen frey wird. Bey allen dieſen Bluͤthen ſind die Bluͤmchen einblaͤttrig, und haben wenigſtens am Grunde eine Roͤhre. Wir wollen ſezen, fie ſeyen durchaus re gelmaͤſſig Roͤhrenfoͤrmig, wie z. B. die mittlern Bluͤm⸗ chen der Flockenblume. Vernichten wir in unſern Gedanken, weil wir's in der That nicht koͤnnen, noch fruͤhzeitig genug, noch im Bluͤthenkeime, alle Bluͤm⸗ chen einer ſolchen zuſammengeſezten Bluͤthe bis auf das mittelſte, ohne doch den (allemal ſchwammigen) Bluͤtheboden zu verlezen, oder nur zu verkleinern; was muͤßte die Folge davon ſeyn? Das urſpruͤnglich regelmaͤſſig gebildete Roͤhrenbluͤmchen muͤßte regelmaͤſ⸗ fig bleiben, weil nichts gegeben iſt, was eine Ver⸗ Anderung hervorzubringen im Stande ware; da es Ce aber | 402 — aber die ganze Pflanzennahrung, die nach dem Blu, theboden gefuͤhret wird, allein aufnaͤhme, muͤßte es rleſenmaͤſſig auswachſen, ſeine Gefaͤſſe wuͤrden von dieſer Uebermenge von Saft eben ſo ſehr ernaͤhrt, als ausgedehnt, das ganze Bluͤmchen wuͤrde zu einer nach jeder Ausmeſſung anſehnlichen Blume werden, waͤh⸗ rend dle angewachſenen Staubfaͤden, die nicht glei⸗ chen Schritt halten koͤnnten, fruͤhzeitig verkuͤmmern muͤßten. Sezen wir nun 24) um dleſes Mlttelbluͤthchen vier andere m, 7, m, * herum, die es an zwey Dritteln ſeines Umkreiſes draͤngen; dadurch werden die Gefaͤſſe um aso verengert, ihre Vegetation wird zuruͤckgehalten, waͤhrend ſich die um 7% ungehindert ausdehnen, die uͤberfluͤſſigſte Nahrung einnehmen, und zur vorigen, oder auch etwa noch anſehnlichern Groͤſſe auswachſen koͤnnen; das Roͤhrenbluͤmchen muß auf dieſe Weiſe unregelmaͤſſig, oder, wenn der Drang an dem Umkreiſe s eine gewiſſe Groͤſ⸗ ſe erreichet hat, durch gaͤnzliche Unterdruͤckung des ganzen Blumenrandes bis auf den Abſchnitt = gar zum Holbblüͤmchen werden. Wir ſehen demnach ein, wle es zugehe, daß die Randbluͤmchen a, a, a, a, &e der meiſten Syn⸗ geneſiſten und einiger Scablofen, unregelmaͤſſig ſeyenz oo ſehen ein, wie es zugehe, daß fie entweder durchs aus 24) Tab. V. Fig. 21, — 403 aus, oder wenigſtens an ihrem aͤuſſern Thelle groͤſſer find, als die Blümchen des Bluͤthentellers: fie ſizen am Rande, werden nur am kleinern Segmente ono von den zunaͤchſt ſtehenden, und an ihren Auſſenſelten m, m, m, &c. gar nicht gedraͤngt; da hingegen die weiter nach innen ſtehenden b, b, b, b, b, b, und o in ſechs Hauptpuncten p, q, r, s, u, W, und a, G, , & 5 5 das iſt, wenn man die Kreis fe klein genug annimmt, allenthalben ſehr gleichförs mig gedraͤngt werden. Eben diefes ſtaͤrkere Wachsthum der Randbluͤm⸗ chen muß nothwendig einen nachthelligen Einfluß auf die Entwickelung der an den Blümchen ange, wachſenen Staubfaͤden haben; ſie werden alſo wohl die meiſten Male unterdruͤckt, oder doch verkruͤppelt werden; der Stempel ſelbſt, da die Bluͤmchen aus der innern Rinde des Fruchtknotens entſpringen, muͤſſen bey dieſem unordentlich gewordenen Triebe vielfaltig leiden. Hingegen da von alle dem das Gegentheil in den innern Bluͤthchen geſchieht, ſo muͤſſen auch die dortigen Blümchen nicht nur regels maͤſſig werden, ſondern auch der Naturgemaͤſſen Ent⸗ wickelung der Staubfaͤden und der Stempel nicht hinderlich ſeyn. Alſo bis auf einen gewiſſen Grad verhinder⸗ ter Zufluß der Nahrung macht fruchtbar. Aber die Hinderniſſe koͤnnen wohl auch zu ſtark werden, dieſer Grad kann uͤberſchritten werden, und dann würden fi ſich die Bluͤthchen des Bluͤthentellers nicht Ce 2 gehoͤ⸗ 40% ei gehörig entwickeln, fie würden unfruchtbar blel⸗ 8 ben, wie dieß der gewoͤhnliche Fall bey der vierten Abtheilung (Polygamia neceſſaria) der Lnnaͤl⸗ ſchen neunzehnten Claſſe iſt. Dleſer Mangel an Nahrung muͤßte wohl ſchon ſehr weit gekommen ſeyn, wenn nicht gerade jezt der Umſtand eintraͤfe, in wel⸗ chem die Randbluͤthchen der Pflanze ſehr wichtige Dienſte leiſten: ſie wuͤrden jezt gerade das rechte Maaß von Nahrungsſaft erhalten, ſich vollſtaͤndig entwickeln, Zwitterbluͤthchen werden, reife Saas men erzeugen und gebaͤhren. Man begreift wohl, daß es zwiſchen diefen beyden Extremen: vollſtaͤndi⸗ ge Entwicklung der Mittelbluͤthchen bey gaͤnzlicher Geſchlechtloſigkeit der Randbluͤthchen, und gänzliche Unfruchtbarkeit der Mittelbluͤthchen bey vollſtaͤndiger Entwicklung der Randbluͤthchen eine Menge Mittels grade geben koͤnne, davon dle Beyſpiele nicht ſchwer zu finden ſind, und wovon dle eben angefuͤhrte Polygamia neceſſaria eines iſt. Wir hätten demnach der Pflanzenfamilie, zu welcher die Flockenblume gehoͤrt, mit Unrecht eine Vergeblichkeit ihrer Bluͤthenbildung zugeſchrieben; fie iſt vielmehr Vorſichtsvoll eingerichtet, und fie zeiget deutlich, daß Faͤlle vorhergeſehen ſind, die zwar ſelten eintreffen, aber moͤglich, und vielleicht auch haͤufiger ſind, als wir uns einbilden, in wel⸗ chen die vorgebliche Bluͤthenbildung des Randes in eine nothwendige uͤbergehen ſollte. Daß — . 405 Daß bey jenen Bluͤthen, die ich oben 25) von den einzelſtehenden ausgeſchieden habe, unter-gewiſ⸗ fen Umſtaͤnden eben das vorgehen muͤſſe, was ich bey den zuſammengeſezten gezeiget habe, erhellet ſchon daraus, weil nichts von Nahrung in der Bluͤthe iſt, was nicht aus dem Bluͤtheſtiele kam; mag nun die⸗ ſer durch was immer fuͤr eine Urſache an ſeiner Nahrung verkuͤrzet werden oder Uebermaaß haben, fo wird das auf die Bluͤthe ſelbſt, welche er tragt, denſelbigen Einfluß haben. Zu ſaͤze zur vorhergehenden Abhandlung. Verſchledene Betrachtungen ftieffen mir wahrend der Ausarbeitung vorſtehender Abhandlung auf, die nicht wohl in den Text geſezet werden konnten, den ſie verwirret haben wuͤrden; ſie durften aber auch nicht unterdruͤckt werden, thells weil ich glaube, daß ſie fuͤr ſich einigen Werth haben duͤrften, theils weil fie auch einigen Einwürfen begegnen, dle man meis ner Theorie machen moͤchte, welche allerdings ganz mechaniſch iſt; was aber freylich in unſern Tagen gerade nicht die bellebteſte Art zu philoſophiren iſt, in welchen man ſich lieber mit Worten begnuͤget, welche unbekannte Eigenſchaften bezeichnen, wodurch man ſich allmaͤhlig wieder der arabiſchen Schule naͤhert, | Cc 3 die 25) Erſtes Capitel. 406 — die für alle Erſcheinungen ihre beſondern Kräfte hat, te, oder wenigſtens nannte: der Unterſchied liegt nur darinn, daß man das jezt deutſch nennt, dem man dort einen griechiſchen oder barbariſch latelniſchen Namen gab. Aber ich erkenne keine andern Kraͤfte in der Phyſik als mechaniſche und chemiſche; dahin loͤſen ſich alle andern auf, die wir noch dunkel fen nen, und es iſt wider eine der wichtigſten Regeln der Phyſik gefehlt 26), zu unbekannten Kräften feis ne Zuflucht zu nehmen, fo lange die bekannten Kraͤf⸗ te hinreichen. §. I. Flores flosculosi. Die Pflanzen, deren Bluͤthen aus lauter Halb⸗ bluͤmchen mit vollkommen ausgebildeten Geſchlech⸗ tern beſtehen, ſcheinen meiner Theorie ſo ziemlich im Wege zu ſtehen. Aber man bemerke, 1) daß ein ſolches Halbblümchen, welches allemal bey ſei⸗ ner Laͤnge ſchmal genug iſt, eben nicht nothwendig mehr Nahrungsſaft raubt, oder davon ſtrozendere Gefaͤſſe haben muͤſſe, als ein entſprechendes kurzes, aber dickeres Roͤhrenfoͤrmiges Blümchen; fo enthalt, wie die Mathematiker erweiſen, die lange, aber ſchma⸗ le ſchiefe Walze 27) Cab D genau ſo viel Raum, als 26) Newton Prine. mathem. philoſ. nat. Lib. III. 27) Tab. 5. fig. 23. er 407 als die mit ihr unter einerley Parallelinie AM und Cm ſtehende ABDC. Es wird alſo den Staub⸗ faͤden nicht nothwendig die Nahrung und Entwlck⸗ lung beſchraͤukt, wenn ein eigentlich zum Roͤhrenfoͤr⸗ migen Bluͤmchen gebildetes Bluͤmchen zum Halb⸗ bluͤmchen auswaͤchſt; vielmehr wenn ſich feine Ges faͤſſe auf Koſten ihrer eigenen Kaliber verlängern, wie das der Fall der beyden Walzen in der ange führten Figur iſt, wird die Preſſung gegen die Ges faͤſſe der Staubfaͤdenſchicht vermindert. 2) Aber auch der durchaus aͤhnliche Bau der Bluͤmchen bey den Pflanzen dieſer Familie ſchadet meiner Theorie nicht: aͤhnlich iſt er wohl, aber nicht gleich; durch⸗ aus find die aͤuſſerſten Blümchen die laͤngſten, und je weiter man einwaͤrts kommt, je kuͤrzer werden die Halbbluͤmchen; ſie bleiben allerdings noch Halb⸗ bluͤmchen, aber man fodert vermuthlich nicht von mir, daß ich Kraͤfte nach Granen waͤgen, oder nach Zollen und Linien meſſen ſolle. Man braucht nur einen fluͤchtigen Blick auf dle naͤchſte beſte Habichts⸗ krautbluͤthe zu werfen, um zu ſehen, daß jedes ins nere Bluͤthchen von der Summe aller aͤuſſern in demſelben Kreisausſchnitte befindlichen Bluͤthchen einwaͤrts, und von allen weiter einwaͤrts ſtehen⸗ den mit eben ſo vieler Kraft auswaͤrts gedruͤckt werde; bisher wäre alſo Wirkung und Gegenmir- kung gleich, und daher die mehrere Verkuͤmmerung der Bluͤmchen; aber von den innern kommt noch ein be⸗ ſonderer Druck, durch den fie ihrer Selts ſelbſt, und ohne Ruͤckſicht auf auswaͤrtigen Druck, Raum behaupten. C 0 4 g. 2. 408 En 5. 2. Die Entwicklung der Geſchlechtstheile. Man kann einwenden, nach dieſer Theorie koͤnn⸗ ten faſt nie die Geſchlechtstheile der Pflanzen ent⸗ wickelt werden, am allerwenigſten die Staubfaͤden, wann ſie an der Blume ſizen. Aber die Bedenklich⸗ keit faͤllt weg, wenn man darauf Ruͤckſicht nimmt, daß kein Theil dem andern in ſeiner Entwicklung hinderlich wird, ſo lange die Umſtaͤnde ſo beſchaffen ſind, daß das Uebermaaß der Kraͤfte des ſtaͤrkern Theiles durch was immer fuͤr eine Urſache wieder eben ſo ſehr geſchwaͤcht wird, als es e or zunahm. Wenn nun aus der Blume eben ſo viel der aus⸗ dehnenden Feuchtigkeit wegdunſtet, als dem Wachs⸗ thume der Staubfaͤden, wenn es in den ſtrozenden Gefaͤſſen zuruͤckbliebe, hinderlich ſeyn wuͤrde, ſo werden ſich die an der Blume angewachſenen Staub⸗ faden vollkommen und gleichzeitig mit ihr entwickeln. Daß dieß ein ſehr gewoͤhnlicher Fall ſeyn muͤſſe, lleſ⸗ ſe ſich leicht durch eine Rechnung begreiflich machen. Aber ich brauche nur darauf aufmerkſam zu machen, daß 1) die Ausduͤnſtungen, wenn alles uͤbrige gleich iſt, ſich verhalten, wie die Oberflaͤchen; nun iſt aber offenbar in jedem Alter die Oberfläche elner Blume groͤſſer, als die der angewachſenen Staub faͤ. den. Ich bemerke 2), daß die Ausduͤnſtungen ſich verhalten, wenn alles übrige gleich iſt, wie die Bes ruͤh⸗ — 409 ruͤhrungen mit der Luft; nun iſt aber in jedem Alter, und vorzuͤglich in allen Altern, die der Aufbluͤhung vorangehen, die Blume der Luft mehr ausgeſehet, als die von ihr eingehuͤllten Staubfaͤden. Daß ſich diaſe Bemerkungen auch auf die ſafti⸗ gen Fruͤchte ene laſſen, bey welchen das Fleiſch in Ruͤckſicht des Kerns das iſt, was die Blume in Ruͤckſicht der Staubfaͤden, und zuweilen des Stem⸗ pels, verſteht ſich von ſelbſt. Auſſerdem, daß dieſe Erſcheinung zu bewirken, noch andere Urfachen eins treten, die ich in einer andern Schrift, deren Bir kanntmachung nur der gegenwärtige Krieg bisher hinderte, angegeben habe. §. 3. Centaurea Cyanus. Ich habe oben behauptet, der geringere Drang der Bluͤthchen des Bluͤthentellers auf die Randbluͤth⸗ chen, und die gaͤnzliche Drangloſigkeit derſelben an dem groͤßten Theile ihres Umfanges muͤſſe verurfas chen, daß fie entweder allenthalben, oder wenigſtens an ihrer aͤuſſern Seite ſtaͤrker auswachſen, und gröfs fer werden, als die Mittelbluͤthchen. Unter diefer lezten Beſtimmung iſt die Behauptung, meines Wiſſens, buchſtaͤblich wahr, und wird von keiner einzigen Erſcheinung widerſprochen. Aber bey der blauen Kornblume iſt 115 allem vorzuͤglichen Ueber⸗ Ce 5 maaße 419 u maaße der ganzen Randbluͤmchen über die Mittels bluͤmchen doch an den Randbluͤmchen ſelbſt die Auf ſere Seite kleiner, als die innere. Man koͤnnte dieſe Erſcheinung leicht zu einem ſcheinbaren Eins wurf wider die ganze Theorie, die ich gegeben har be, mißbrauchen. Doch es fehlt viel daran, daß ſie dazu geſchickt waͤre. Auſſerdem, daß bey dieſer Art noch andere einwirkende Urſachen vorhanden zu ſeyn ſcheinen, ins dem die Randbluͤmchen haufig ſechs ⸗ und ſiebenſpal⸗ tig vorkommen, und die Stuͤcke abermal verfchies dentlich zerſchnitten ſind: auſſer dieſer Bemerkung, ſage ich, braucht man nur den ganzen Bluͤthen⸗ bau zu unterſuchen, um die noͤthige Aufklaͤrung zu finden. Denn 1.) ſind ſelbſt dle kuͤrzern aͤuſſern Theile der Randbluͤthchen viel groͤſſer, als die Mittelbluͤth⸗ chen, wodurch dann der Grund meiner Theorie ſatt⸗ ſam gedeckt iſt. 2.) Iſt bey der Kornblume der im Kelche verborgene Theil der Roͤhre nicht rundlicht, ſondern halbrund, und die breite Seite nach auſſen gekehrt, was auf einen Druck hinweiſet, der von dieſer Seite herkommt, und dieſer iſt bald zu fin⸗ den. Die Kelchſchuppen ſtehen alle ſehr gerade, und vorzuͤglich die innern ſtehen ſehr ſteif, und mit einer ſtarken Neigung einwaͤrts, die ſich um ſo we⸗ niger uͤberwaͤltigen läßt, da meiſtens ihrer zwo zu⸗ ſammengewachſen find. Das Bluͤmchen wird das her nn — 411 her waͤhrend ſeines Wachsthums einwaͤrts gedruckt, er⸗ halt durch die Schuppenſplze gerade unter feinem Ran⸗ de eine beträchtliche Kniebeuge, welche dem Fortgange des Nahrungsſaftes aus der Roͤhre in den Rand Hins derniſſe in den Weg legt, fein Moment, das iſt, feine Wirkſamkeit vermindert, und dadurch die Verkuͤrzung des aͤuſſern Theiles des Bluͤmchenrandes bewirkt. Noch einmal: der bauchige Kelch ſezt der erſten Entwick lung der Randbluͤmchen keine Hinderniß in den Weg, fie wachſen daher ſtaͤrker, als die Mittelbluͤmchen; aber er hindert fie durch die Steifigkeit feiner Schups pen, und durch die einwaͤrts druͤckende Richtung des obern Theils derſelben; die Blümchen erfahren dies ſes Hinderniß bey ſchon bereits hinlaͤnglich genug entwickelten Gefaͤſſen: ſie werden daher deſſen unge⸗ achtet anſehnlich groß, bleiben aber doch an derjeni⸗ gen Seite, von welcher der Druck kam, unter der Vollkommenheit derjenigen zuruͤck, auf welche er nicht unmittelbar wirkte. Man ſieht, daß bey ſo kleinen Gefaͤſſen auch ſehr kleine Unterfchiede der Kraͤfte gleichwohl ſehr deutliche Unterſchiede in den Wirkungen hervorbringen koͤnnen. §. 4. Warum ſaftige Gewaͤchſe weniger aus⸗ dunſten. Die Cultur, die wir ſaftigen Gewaͤchſen ge⸗ ben, iſt oft ihrer Fructification nachtheilig, die an 412 — an ihrem Standorte, den ſie von der Natur ange⸗ wieſen bekommen haben, gewiß gut und vollkom, men vor ſich geht. Die Urſache liegt eben in der Vollſaftigkeit der Pflanzen, die ſchlechterdings ma⸗ gere und duͤrre Stellen fodert. Die Erſcheinung iſt ziemlich allgemein bekannt, auch in Ruͤckſicht der Erklaͤrung duͤrfte man ſich bald einander verſtehen; aber unerklaͤrlich ſcheint es zu ſeyn, wie es komme, daß ſie auf magern Stellen nicht auch, wie die ma⸗ gern Pflanzen, abwelken. Man ſieht wohl ein, daß dieß daher komme, weil ſie weniger ausduͤn— ſten; aber eben dieſe Eigenſchaft iſt es, was man bewundert. Sie iſt aber ganz und gar nicht bewundrungs⸗ wuͤrdig, ſobald man mit der Ausduͤnſtung (die man mit der Abdampfung nicht verwechſeln muß) be⸗ kannt iſt. Die Ausduͤnſtung iſt eine bloſſe Aufloͤ⸗ ſung der bis an die Oberflaͤche eines gegebenen Koͤr⸗ pers getretenen Feuchtigkeiten in Luft. Nun ſtelle das gleichſchenklige Dreyeck TCA auf der unbeſtimm⸗ ten Linie 28) AB den Durchſchnitt eines ſaftigen Blattes vor, ſo iſt ſeine Oberflaͤche (ſein Umfang) —= TC+CA+TA, welches auch das Maaß der Ausduͤnſtung iſt. Nun beſchrelbe man mittelſt der naͤmlichen Linien TC und CA auf der gleichen Linke AB aus irgend einem Puncte des Lothes CD das Dreyeck a cb, welches ebenfalls den Durchſchnitt ei⸗ nes 28) Tab. 5. Fig. 22. rn 413 nes Blattes vorſtelle; ſeln Umfang, alfo feine Aus⸗ duͤnſtung wird ſeyn D ac I cb ab TC + Ca ab; es wird alſo die Ausduͤnſtung des Blattes TCA zur Ausduͤnſtung des Blattes ach ſeyn, —=TC+CA+TA : TC CA ab = TA: ab; nun iſt aber TA S ab, mie für ſich deutlich iſt, alſo duͤnſtet das dickere Blatt weniger aus, als das duͤnnere. Je dünner demnach ein Blatt bey uͤ— brlgens gleichen Umſtaͤnden iſt, deſto mehr duͤnſtet es aus, deſto weniger kann die Pflanze, zu wel cher es gehoͤrt, eines neuen Zufluſſes von Feuch⸗ tigkeit entbehren. Ich habe alle uͤbrigen Umſtaͤnde bis auf die Dicke gleich angenommen; aber dieſe Umſtaͤnde find nicht gleich; das duͤnnere Blatt hat auch wer niger Materie, welche ausduͤnſten koͤnnte, oder deutlicher, das duͤnnere Blatt kann weniger Feuch⸗ tigkeit verlieren, wenn es friſch bleiben ſollte, als das dickere: denn zwey Blaͤtter von gleicher Laͤn⸗ ge verhalten ſich zu einander wie die Producte ih— rer Dicken in ihrer Breiten, oder (Fig 22) = TAN CD: ab + cD; nun iſt aber ab Xx D Ta © CD, wenn nicht ab um ſo viel groͤſſer, als TA, iſt, als CD von CD übertroffen wird, und nur in dieſem lezten Falle würden alle Umſtaͤnde, die groͤſſere Oberfläche ausgenommen, beyderſeits gleich ſeyn. a Durch * 414 — Durch dieſe Betrachtungen hoͤret zwar das Wunderbare bey der Einrichtung der ſaftigen Pflan⸗ zen auf; aber vielleicht iſt die Einfachheit der Na⸗ tur, jene Sparſamkeit der Mittel zu den beabs ſichteten Zwecken zu ee ein vlel groͤſſeres Wunder. IX. IX. Bon der Anzahl der Schaufeln bey unterſchlaͤchtigen Rädern, von Herrn Franz Zallinger, Prof. der Mathematik zu Innsbruck. Tab. VI. St We ſich mit der Theorie der Mechanik abgiebt, muß ' fid) immer verwundern, wenn er bey den Kuͤnſt⸗ lern wahrnimmt, daß ſie ſich in der Ausuͤbung an je⸗ ne Regeln nicht halten, welche ihnen die Theorie dar⸗ bietet. Dies geſchieht zwar manchmal aus Unwiſſen⸗ heit, oder aus unuͤberlegten Vorurtheilen: doch wuͤrde man ihnen Unrecht thun, wenn man dies allgemein vermuthete. Die Kuͤnſtler find gewiß auf ihre Vor⸗ theile und Bequemlichkeiten bedacht, und folgen ims mer jenem, was fie ſelbſt oder ihre Vorfahren am be⸗ ſten zu ſeyn erfuhren: fie haben alſo vielfältig die Erz fahrung auf ihrer Seite, widerſpricht aber eine aͤchte Erfahrung der Theorie, ſo muß dieſe fehlerhaft, oder man⸗ 416 . mangelhaft ſeyn, und verdient auf ein neues unterſucht zu werden. §. 2. So eine Theorie ſcheint mir jene zu ſeyn, welche man von der Anzahl der Schaufeln an unterſchlaͤchtigen Raͤdern bey theoretiſchen Mechanikern findet, als z. B. bey Belidor archit. hydr. 2 B. 1 C. $. 674. bey Karſten Sydr. §. 117. Mönnich Anleit. §. 87. Langsdorf mech. und hydr. Unterſ. §. 166. Nach dieſen Theoretikern ſoll die Anzahl der Schaufeln ſo beſtimmt werden, daß, wenn eine Schau⸗ fel VE (Tab. 6. Fig. G.) ſenkrecht ſteht, die folgen⸗ de AN erſt die Oberfläche des Waſſers AD beruͤhre. Man ſetze den ganzen Halbmeſſer OE Da; die Hös he der Schaufel VE = bz alſo OV = a- b, und a: a- b coſ. ACE — — Es ſey der dieſem Coſinus entſprechende Winkel ADE — A. Die Anzahl der Schaufeln = N; fo wire N — a $. 3. Allein in der Ausübung beobachtete ich, daß man zwey- bis dreymal mehrere Schaufeln den Waſſerräͤ. dern ertheilt, als fie nach beygebrachter Regel haben ſollten. Dies nahm ich ſelbſt in Tyrol an mehrern un⸗ terſchlaͤchtigen Raͤdern wahr. Daß man ſich auch an⸗ derwaͤrtig an jener Regel nicht haͤlt, laͤßt ſich aus dem Schau⸗ az 417 Schauplatze det Muͤhlenbaukunſt des Hertn Beyer er⸗ ſehen. Ich fuͤhre aus demſelben von verſchiedenen Sta⸗ ber» Sträuber » und Panſter Raͤdern Beyſpiele in folgen⸗ der Tafel an; die Säule a ſtellt den Halbmeſſer des Rads mit ſchon eingerechneter Schaufelhöhe vor; die Säule b die Höhe der Schaufel, die Saͤule n die naͤch⸗ ſte Anzahl der Schaufeln, die das Rad nach der an⸗ gefuͤhrten Regel haben ſollte, die Saͤule N aber die wirkliche Anzahl der Schaufeln, wie man dieſelbe bey Herrn Beyer findet: ſie it ungefähr dreymal groͤſſer, als die vorige. 5. 4 Dieſer fo auffallende Unterſchied der Theorie und Ausübung veranlaßte mich, die §. 2. beygebrachte Re⸗ gel etwas genauer zu unterſuchen. Bey erwaͤhnten Ma⸗ thematikern fand ich folgenden Grund davon. Man ſetze (Fig. 2.) zwiſchen den Schaufeln AN, VE noch eine andere BM dazwiſchen, und ziehe BR auf OE. perpendikulaͤr. Alle Waſſertheilchen bewegen ſich pa⸗ D d rallel 418 — rallel mit AV, ſenkrecht auf VE mit gleicher Ge⸗ ſchwindigkeit, fo muß der Theil BC der Schaufel BM den perpendiculaͤren Stoß des Waſſers auf die Schau⸗ fel VE aufhalten: der Stoß ader auf die ſchiefe Schau⸗ fel BC iſt kleiner, als auf den entſprechenden Theil VR der perpendiculaͤr entgegengeſetzten Schaufel VE. Die Schaufel BM verurſacht alſo einen Verluſt der Kraft; man laſſe alſo dieſelbe weg, damit alles Waſſer perpen⸗ diculaͤr auf VE anftoffen mag. Dieſer iſt der ganze Grund erwaͤhnter Regel. 8 Allein man muß erſtens auch Rückſicht auf das Moment der Kräfte haben. Die Kraft des anftoffen« den Waſſers ſchaͤtzt man bey gleicher Geſchwindigkeit, wie das Product aus der Flaͤche, auf die es ſtoͤßt, in das Quadrat des Sinus des Winkels, den die Rich⸗ tung des Waſſers mit der Flaͤche macht. Folglich iſt die Kraft des anſtoſſenden Waſſers auf CB zur Kraft auf VR, wie BC * (Sin. OCV)’: VR * 1. Aber (Sin. OCV)?: 1=0V?: OC’=VR’: CB? ;. alfo wären die Kräfte wie BC x» VR“: VR BC? VR: BC. Für die Hebelarme, an welche dieſe Kraͤfte wirken, kann man wenigſtens für den Fall, wo die Hoͤhe der Schaufeln gegen den Halbmeſſer des Rades klein iſt, ane OC+ . und OV + VR; \ 2 — 419 =. alfo wäre das Moment des Stoffes auf der ſchie⸗ fen Schaufel CB zum Momente auf den Theil VR der ſenkrechten, wie VR (OC =): BC (OV + . Da aber OV: VR = OC cg, po it VRR OCS = BC OV; und fo iſt auch VR CB Z= CB * — folglich find die Momente des Stofe fes auf CB, VR gleich. Der Theil RE, dem BC nicht entgegenſteht, leidet immer an und vor ſich ſelb⸗ ſten den naͤmlichen Stoß. Ss. 6. Man muß zweytens auch auf die verſchiedene La⸗ ge der Schaufeln in ihrer ganzen Bewegung ſehen: denn ſtelle man ſich (Fig. 4. 5.) fo eine Lage der Schaufeln vor, wo der Winkel, den zwo Schaufeln miteinander machen, von dem Lothe OE halbirt wird, und ziehe AR (Fig. 4.), und Ar, 8 n. auf OC perpendiculaͤr, fo wäre nach dem, was ich erſt zeigte, das Moment des anſtoſſenden Waſſers auf AG (Fig. 4.) zum Momente des Stoffes auf An + FC (FV, wie das Moment des Stoſſes auf VR zum Momente des Stoffes auf Vr + rs, welches letztere augenſcheinlich gröffer iſt, als das erftere, Dd 2 §. 7. — 420 — S. 7. Das Verhaͤltniß der Momente genauer zu beſtim⸗ men, muß man endlich Ruͤckſicht auf die Geſchwindig⸗ keit des Waſſers und der verſchiedenen Theile der Schau⸗ feln haben. Die Geſchwindigkeit des Waſſers ſetze ich in ſeiner ganzen Hoͤhe gleich; die Kraft des Stoſſes, wenigſtens wo derſelbe an eine Flaͤche geſchieht, die kleiner, als des Waſſers Durchſchnitt, iſt, ſchaͤtzt man dem Gewichte eines Waſſerprisma gleich, deſſen Grund⸗ flaͤche die Flaͤche iſt, auf welche das Waſſer anſtoͤßt, multiplicirt mit dem Quadrat des Sinus von dem Ein⸗ fallswinkel, und deſſen Höhe einer gleicher, über wel⸗ che ein Körper ſrey herabfallen müßte, eine Geſchwin⸗ digkeit von der Schwerkraft zu erhalten, welche gleich der reſpectiven Geſchwindigkeit des Waſſers iſt. Setz⸗ te man dieſe Geſchwindigkeit S e, die Hoͤhe von un⸗ gefaͤhr 157 Fuß, uͤber welche ein Koͤrper frey in der erſten Secunde herabfaͤllt, S g, fo iſt nach der Me⸗ chanik die dieſer Geſchwindigkeit entſprechende Höhe Er A vr 9% Ich komme nun zur genauern Unterſuchung dieſer Sache für beyde Hauptfaͤlle, zwiſchen welchen alle uͤbri⸗ ge fallen: naͤmlich erſtens, wenn eine Schaufel mit dem Lothe VE zutrift (Fig. I. 2. 3.); zweytens, wenn diefes Loth den Winkel zwoer Schaufeln halbirt (Fig. 4˙ 5. = 2 421 4. S. 6.). Bey jedem Falle unterſuche ich das ganze Moment der Kraft für drey Schaufeln (Fig. 3. 6.): für zwo (Fig. 2 5.): für eine (Fig. 1. J.). Fuͤr mehrere Schaufeln die Berechnung anzuſtellen, hielt ich fuͤr uͤberfluͤſſig, weil man auch in der Ausuͤbung nicht leicht ein Rad mit ſo vielen Schaufeln verſieht, daß mehrere als fuͤnf, wie Fig. 3. 6., zugleich im Waſſer verſenkt wuͤrden. §. 9 Das Waſſer ſtoſſe auf das Element Pp (Fig. 3.) der Schaufel CB parallel zu AV mit einer Geſchwin⸗ digkeit = PO; man loͤſe dieſelbe in die zur Schaufel perpendiculare Ps = rQ, und parallele Pr = sQ auf; die Geſchwindigkeit der Schaufel in P drücke man aus durch ts u, fo hat man bey der wirkenden Kraft des Waſſers nur den Unterſchied Pt = ru zu betrachten: ſetzt man dieſen wiederum mit Pr zuſam⸗ men, fo entſteht die reſpective Geſchwindigkeit Pu, mit welcher das Waſſer nach der Richtung Pu auf eine gleichſam unbewegliche Flaͤche wirkt. §. 10. Es ſey AO = BO Da; BP=x; Pp dx; PO Da- R; die abſolute Geſchwindigkeit eines Waſ— ſertheilchens Se; Coſinus BOE = m: ſo iſt 1: m * CO: VOS PQ: r = c: m er die Geſchwindigkeit der Schaufel in B ſey = uU: fo iſt Dod 3 ara 422 ii a: a - XS u: —.— 3 gleich ihrer Geſchwindigkeit | inP=uQ; alſo ru em — el Ferners iſt Pu Tu =1: fin. pu = 7 gleich dem Sinus des Einfallswinkels. Die Breite der Schaufel ſey b, das Gewicht eines Kubikſchuhes Waſſer = q; alles übrige ſey in Theilen von Schuhen gegeben: fo iſt die Kraft des anſtoſſenden Waſſers auf das Ele⸗ ment der Schaufel Pp in der ganzen Breite C. 7.) badx | 48a 0 — au ux); und das Moment u 1 —— = (acm — au + ux)? (a — X) it ve — 1055 a dx + (4cmu — zu? - — c’m?) a’xdx + (gu- — 2acmu) ax®dx 3 r a 4 12 — uꝰx dx ]; dus Integral davon iſt 4a [ccm u) a’x + RE 3.90’. em.) —— Elan — 2cmu) 3 — 75 „welches bey x So ver⸗ ſchwindet. Si rt, Es ſey Coſinus A0 V n,; ſo iſt 1: n AO: VO S a: na. Eben ſo iſt 1: m BO: OR = à: am; alſo VR D a (m - n); und OV: OC m: I= VR: CB a (m n): a — = CB. ei 423. — CB. Man ſetze dies für x, fo hat man das Mo⸗ ment des Stoffes 15 Ben ganzen eingetauchten Theil 0 — (em — n der Schaufel CB = —— 7 9 55 — 2 na un 975 gi — n) A (m — 27) (4cmu — 5 — C BER - acmu) = Br er 9:18 Bey dem Teile DK der Schaufel DF verhält ſich die Sache fo, as wenn die Oberflaͤche des Waſſers BK R wäre. Mar ſetze alfo in voriger Formel n cof. DOE, und 1 coſ. BOE, fo dient fie für das Moment auf LK. Eben ſo, wenn man ſetzt m I, und n == Oſ. DOT, fo giebt fie das Mo⸗ ment auf dem Theile E der ſenkrechten Schaufel VE. . 31 Beyſpiel. Es fo die Geſchwindigkeit des Waſ⸗ ſers e=g', und von em aͤuſſerſten Ende der Schau⸗ fel u = z; das Rad hbe 36 Schaufeln, deren zwo neben der ſenkrechten Shaufel VE beyderſeits einge⸗ taucht find, wie die Figur zeiget, fo iſt AO E = 30°; BOE = 205 DOE = . Bey der Schaufel BC iſt m—n col. 20. — co: 30. 2 Sin. 5. fin. 25. RE RE cof. 20. Ei col. 20. Dies dient zur genauern Beechnung. Man feße noch ale K, fo findet man has Moment des Stoffes D 4 ö auf * 424 B / afBC=Kua. 33995 auf DK = K % ı. 5749; auf ET = KN o. 5469; die Summe dieſer drey Momente = 4. 4617. K. §. 14. Nun habe das Rad 24 Schafen, 80 daß neben der ſenkrechten VE (Fig. 2.) beydeſeits nur eine BC noch eingetaucht ſey; das übrige blübe, wie zuvor: ſo it AOE = 30°, A0B = BOE 15. Man fin⸗ bet das Moment des Stoſſes auf 41 3.3521 K; auf RE == 1. 2263. K; die Sunme der zwey Mo mente = 4 5784. K. | §. 15. Endlich habe das Rad 12 Schaufeln, daß nur die fenfrechte im Waſſer zu ſtehenkommt, wie Fig. T.; der Winkel A0 E wiederum 30; fo iſt das Mo⸗ ment des Stoffes auf VE S 8008. K. Folglich verhielten ſich die Momente ds Stoffes bey den Raͤ⸗ | dern von 36, 24, 12 Schaufcn wie 44617: 45784: 48008. Das Moment des Stoffes würde alfo ben der Verminderung der Anzahl ber Schaufeln zunehmen; doch muß man eingeſtehen, daß der Unterſchied nicht gar betraͤchtlich ſey. §. 16. Jetzt komme ich zu dm zweyten Hauptfalle, wo der Winkel zwoer Schaufel DOF (Fig. 6.) von dem Lothe OE halbiret wird. Es bleibe alles uͤbrige, wie zuvor. — 428 zuvor. So iſt bey dem Rade von 36 Schaufeln der Winkel GO E = 30, AOE S a5, BOE — 15°, DoE — 3°. Nun fand ich das Moment des Stoſ⸗ ſes auf An = 1. 1856. K; auf BC = 2. co 19. K; auf DK 1. 0821. K, die Summe — 4, 2696. K. 10 8. 17. Bey dem Rade von 24 Schaufeln (Fig. 3.) iſt in dieſem Falle der Winkel GOE — 390°, AOE — 22 301, COE = 7°30. Man findet das Moment des Stoffes auf An ı. 7742. K; auf CF = 2. 3891. K; die Summe iſt — 4. 1633. K. $. 18. | Endlich bey dem Rade von 12 Schaufeln (Fig. 4.) iſt der Winkel COE = 30% AOE 135°; das Moment des Stoffes auf A8 = g. 3521. K. Alſo verhielten ſich in dieſem Falle die Momente des Stoſſes bey den Raͤdern von 36, 24, 12 Schaufeln, wie 42696 : 41633: 33521. Dieſe Momente neh⸗ men folglich mit der Anzahl der Schaufeln zu. Wollte man von dieſem und dem vorigen Falle ($. 15.) das arithmetiſche Mittel nehmen, fo verhielten ſich die Mo⸗ mente des Stoffes bey den Rädern von 36, 24, 12 Schaufeln, wie 43656: 43708 140764. Das fiel bey dem mittlern Rade am groͤßten: bey dem dritten Rade aber, das die Schaufeln nach der theoretiſchen D d õ Regel 1.7 55 Regel ($. 2.) hätte, am kleinſten aus. Doch ſcheint mir der Unterſchied nicht fo beträchtlich zu ſeyn. 5. 19. Aus dieſem allen kann man doch ſchlieſſen, daß jene Regel §. 2. nach der Theorie betrachtet nicht ſo wohl gegründet fen, als man etwa glauben moͤchte. In der Ausuͤbung koͤnnen noch ſolche Umſtaͤnde dazu kom⸗ men, die ſich auf keine Theorie oder Berechnung brin— gen laſſen. So z. B. koͤnnte man ein Bedenken tra⸗ gen, ob nicht das Waſſer, das von der Schaufel CB (Fig. 3.) nach dem Stoffe abrinnt, das darunter fliefe ſende in etwas zuruͤcktreibe, und dadurch den Stoß deſ⸗ ſelben auf die folgenden Schaufeln KD, TE hemme. Ueberdas vermehrt man mit der groͤſſern Anzahl der Schaufeln nicht nur den Werth, ſondern auch das Ges wicht des Rades, und mithin zugleich die daraus er- 0 folgte Reibung. Ich halte alſo dafür, daß die voll⸗ kommene Entſcheidung dieſer Frage von der Erfahrung müffe hergenommen werden, welche auch ohne groͤſſere Schwierigkeiten kann gemacht werden, wenn man bey dem naͤmlichen Waſſer und Rade jetzt wenigere, jetzt mehrere Schaufeln anbringt, und beobachtet, ob das Rad bey gleichem Widerſtande eine gröffere Geſchwin⸗ digkeit erhalte, oder bey gleicher Geſchwindigkeit einen groͤſſern Widerſtand zu uͤberwaͤltigen vermoͤgend ſey. §. 20. \ I 427 N Su Dia Jetzt will ich noch eine Frage ti welche mit der angefuͤhrten enge verbunden iſt, naͤmlich wie die Geſchwindigkeit des Rades ſich gegen die Geſchwin⸗ digkeit des Waſſers verhalten ſolle, damit man bey ei⸗ nem auch mit mehrern Schaufeln verſehenen Rade die groͤßte Wirkung von dem anſtoſſenden Waſſer er⸗ halte, oder wo das Produet aus dem Widerſtande in die Geſchwindigkeit, mit welcher derſelbe gehoben wied, ein Groͤßtes 101 a K 2x. Man ordne die Gleichung, die wir §. II. von dem Momente des Stoſſes and eo Schaufel fanden, nach den Potenzen von u, ſche = —— K, und —— = f, ſo iſt das Wente his Stoſſes = K ‚fü: (f — u + Ff — = + uc(— zmf + amp? — = + om — 5] K. 22. Nun ſey (Fig. 6.) Cof. GO = n. Coſ. AOV S m. —- f. coſ. BOV Sr. —— g. co. DOV s. — h, ſo erhält man für 428 — für alle drey Schaufeln An, CB, DK das Moment des Stoſſes _ a RN K cu? ER * 4 P ee 2 4 3h ha A2 wen ene | à2mfs + uc — 2mf + 2mf? E join 125 0 3 - 2fh? — 218 + arg — m?f? 57 2 —— — — + c mef . Are 3 Bi a x ee i . gr? ii, „ Se Bat“ Ze g 2 g 3h BE 2 5 +8 -E+h+ 40T op und — 2mf + 2mf? — —.— — 21 A arg: oft ach- on; 3 3 N f und 2 429 und mag — + S8 Erf — 2 h2 — = e: k ſo iſt das Moment des Stoffes =K (cpu? + cu + cg). | | An dem Wellbaume des Rades ſey der Wider ſtand = Q angebracht, und deſſelben Halbmeſſer ſey — £, fo iſt im Stande des Gleichgewichts 2 = K u' + cu+ c, und = 2 (pu? + clu + ec?). Ferner ſage man a: G u: 5 =; dieß giebt die Geſchwindigkeit des Widerſtands, und alſo das Product aus dem Widerſtande in ſeine Geſchwin⸗ digkeit — © (pu- + clu: + gcc). Weil die ſes Product ein Groͤßtes ſeyn ſoll, ſetze man deſſelben Differenzial zpu?du + zcludu + ec’du = o; 8 >75 6 alſo u? + — — En} und u = — cl + Pi Eat, 55 12 Z 35 235 43. Ich berechnete nun die Geſchwindigkeit u fuͤr alle oben erwaͤhnte Faͤlle nach den ſechs Figuren, und die Saͤule u folgender Tafel ſtellt den Werth davon dar. Fer⸗ 430 — Ferners: ſetzt man den Mittelpunct des Stoffes immer in die Mitte der ſenkrechten Schaufel VE, ſo muß man die gefundene Geſchwindigkeit u, welche dem aͤuſ⸗ ſerſten Rande der Schaufel entſpricht, noch in dem Verhaͤltniß 1: 1 N m an man findet die Geſchwindigkeit jenes Mittelpunktes für jeden Fall, wie die Säule » weiſet. vermindern, und Fig. 3. Jo. 341. c. Fig. 2. o. 360. c. o. 336. Fig. 1 o. 387. c. o. 361. Fig. 6. o. 289. c. o. 270 Fig. 5. Oo. 34T. c. o. 318. Fig. 4. o. 359. c. 0. 335. C. O. 318. u V | 29992 2 — . 8 Man kann aus dieſem ſchlieſſen, daß man, die groͤßte Wirkung von dem anſtoſſenden Waſſer zu erhal⸗ ten, der bekannten Regel naͤchſtens folgen möge: naͤm⸗ lich, daß die Geſchwindigkeit des Rades gleich dem dritten Theile der Geſchwindigkeit des Waſſers, oder u d. 333. ©, ſeyn ſolle, obſchon bey mehrern Schaufeln ſich die Geſchwindigkeit des Rades in et⸗ was vermindern ſoll. X. * X. | Beurtheilung eines neuen Waſſerſchoͤpfrades, von a Herrn Franz Zallinger, Profeſſor der Mathematik zu Innsbruck. Tab. VII. S. IM n unebenen Landern ereignet ſich nicht felten der Fall, daß man, die Felder zu bewaͤſſern, das Wafe ſer aus den tiefen Rinnſaͤlen der Fluͤſſe zu erheben ge⸗ nöthiget wird. Zu dieſem Ende ſieht man in Tyrol mehrere ſolche Waſſerraͤder, welche von dem Fluſſe ſelbſt getrieben werden, und an ihrem Umfange nebſt den Schaufeln mit Waſſerkuͤbeln verſehen ſind, von denen das geſchoͤpfte Flußwaſſer in eine oben angebrach« te Rinne ausgeſchuͤttet wird. Dieſe Waſſerraͤder fin. det man freylich oft ſehr mangelhaft: fie ſchoͤpfen res nig Waſſer, und verlieren bey der Umdrehung des Ra— des von dem Geſchoͤpften vieles: die Kuͤbel ſind am Rande befeſtigt, und nicht um eine Achſe beweglich, wo⸗ 43% en wodurch fie immer im ſenkrechten Stande erhalten würs den, wie ſie Belidor Arch. hydr. 2. B. 4. Cap. §. 783. beſchreibt. Se Allein ein gewiſſer Beſitzer ſolcher Felder, welche die Bewaͤſſerung nur von dem tiefer gelegenen Innſtto⸗ me erhalten koͤnnen, wollte der Unvollkommenheit ges meiner Schoͤpfraͤder auf eine andere Art abhelfen: er brachte wirklich ſeine Gedanken in ein Modell, welches auch die erwuͤnſchte Wirkung that. Nun verlangte er zu wiſſen, ob er felbe auch in einem groſſen aͤhnlichen Schoͤpfrade zu erwarten haͤtte. Er ſtellte dieſe Frage unlaͤngſt an mich, uͤberſchickte zugleich das Modell, und berichtete, wie er das groſſe Schoͤpfrad feed im Sinne habe. * 5. 3. Ich machte gleich die Berechnung daruͤber, nahm aber bald wahr, daß man jene groſſe Kraft, welche, dieſes Schoͤpfrad zu treiben, erfordert wuͤrde, niemal in einem ſreyen Fluſſe zu erwarten hätte, Indeſſen ſchien mir die Bekanntmachung der Maſchine nicht unnuͤtz: denn wie vieles erlernt der Menſch ſelbſt durch das Feh.⸗ len nicht! und wie oft wird nicht eine anfangs unvoll⸗ kommene Maſchine noch verbeſſert, und giebt andern zu beſſern Erfindungen Anlaß! Ich theile alſo mit Erlaubniß des Erfinders, der doch ſeinen Namen will ver⸗ — 433 verſchwiegen haben, eine kurze Beſchreibung und mein Urtheil von feinem Waſſerſchoͤpfrade mit. $. 4. Von dem guten Ausſchlage des Modells lies ich mich nicht irre machen. Die Modelle der Maſchinen verſchaffen uns ohne Zweifel den Vortheil, daß wir in denſelben ihre Einrichtung viel deutlicher einſehen, und auch einige Verſuche im Kleinen damit anſtellen moͤ⸗ gen: doch wuͤrde man ſich damit nicht ſelten in ſeiner Hoffnung betruͤgen; wenn man bey der groſſen Mas ſchine die Aehnlichkeit aller Theile beybehielte, und ſich auch ähnliche Wirkungen verſpraͤche. Dies nahm man fihon bey der Feſtigkeit der Körper wahr, welche mit der Vergroͤſſerung aͤhnlicher Koͤrper vielmehr abnimmt. Es kann ſich aber auch bey der Kraft und dem Wis derſtande einer Maſchine ereignen, daß nicht beyde in gleichem Verhaͤltniſſe mit der Groͤſſe der Theile zuneh- men. So werde ich eben zeigen, daß die Kraft des Waſſers, welche das Schoͤpfrad in Bewegung bringt, nur wie das Quadrat aͤhnlicher Linien: der Widerſtand aber, oder die zu erhebende Laſt des Waſſers, wie der Wuͤrfel ähnlicher. Linien zunehme. Folglich laͤßt ſich aus der guten Wirkung, die man in dem Modelle beobachtet, nichts zuverläſſiges auf die Maſchine ſchlieſ⸗ ſen, wenn man nicht die Wirkung auch im Groſſen zu berechnen im Stande iſt. en . 434 —_ §. F. Der Erfinder des neuen Schoͤpfrades hatte vor⸗ zuͤglich zur Abſicht, eine betraͤchtliche Menge Waſſers zu erheben, und den gewoͤhnlichen Verluſt deſſelben bey der Herumdrehung des Rades zu verhindern: und doch verlangte er zugleich ausdruͤcklich, das Rad ſolle von dem vorbenflieffenden Donauſtrome in Bewegung ges bracht werden, ohne deſſelben Kraft durch eine Wehre, einen Fachbaum und Schutzbretter zu vermehren, das mit die Koſten geſparet wuͤrden. 8. 6. Seinen Endzweck zu erreichen verwarf er die Waſ⸗ ſerkuͤbel, und verwandelte das Rad in einen cylindris ſchen hohlen Kaſten, deſſen Durchſchnitt Fig. 1. zu ſehen iſt. Die innere Höhlung iſt in 12 Fächer dbag, qgie &c. eingetheilet; jedes hat an dem Umfange den dritten Theil ha = 3 dq zur Oeffnung. Bey dem Modelle brachte er am Umfange nur zwoͤlf Schaufeln dE, an: aber bey dem groffen Rade, das 18 Schuh im Halbmeſſer haben ſollte, verlangte er 36 Schau⸗ feln, wie die Figur zeigt. AB ſtellt die Oberfläche des vorbeyrinnenden Fluſſes vor, in welcher der cylindriſche Kaſten auf die Tiefe cd von einem Schuh verſenket wird. Da nun der Raum cdh mit Waſſer gefüllt if, fo wird dieſes bey der Herumdrehung des Rades nach der Richtung dhq ohne Verluſt bis zur Rinne, deren — 435 deren oberſten Rand CD vorſtellt, erhoͤht, in welche es ſich durch die Ausgußloͤcher K, k, ergießt. Die Höhe, zu welcher das Waſſer durch dieſes Schoͤpfrad kann gebracht werden, iſt nicht groͤſſer, als ungefaͤhr der Halbmeſſer des Schoͤpfrades. §. 7. Nun wil ich erſtens die Berechnung von dem groſſen Schoͤpfrade, und dann von dem Modelle vora nehmen. Freylich kann man in manchen Stuͤcken die⸗ ſer Berechnung keine mathematiſche Genauigkeit geben, und muß ſich nur mit einem beyläufigen Ueberſchlage begnügen. Dies betrift beſonders das Gewicht der Maſchine und die Reibung, die wir Anfangs ſchaͤtzen wollen. Der Halbmeſſer des Wellbaums oa ſey = 17 feine Laͤnge 107; das Gewicht eines Kubikſchuhes vom lärchenen Holze iſt = 36 15; daraus fand ich das Ge⸗ wicht des Wellbaums = 1131 15. . 8. Das Gewicht des cylindriſchen hoͤlzernen Kaſten beylaͤuffig zu ſchaͤtzen, nehme ich an, die kreisfoͤrmigen Grundflaͤchen haben nirgends eine Oeffnung, weil das Gewicht der leeren Theile durch das Holzwerk, mit welchem derſelbe zuſammengefuͤget, und mit dem Well⸗ baume verbunden wird, wohl kann erſetzt werden. Der Halbmeſſer je Grundflaͤche iſt 18“; die Dicke der Bretter ſey S o, 1; fo iſt das Gewicht von einer Ee 2 Grund⸗ 436 ——— Grundflaͤche = 3664 15, von beyden = 7328 lb. Die innere Weite des Kaſtens ſoll drey Schuh haben: der dritte Theil des cylindriſchen Umfangs hat zum Ge⸗ wichte 407 15. Die 36 Schaufeln follen zur Höhe 3, zur Lange 6“ haben: ihr Gewicht betraͤgt 2333 ib, Die 12 Theilungsbretter db haben zur Laͤnge 14“, zur Breite 3“, ihr Gewicht iſt — 1814 15. Addirt man nun alle dieſe Gewichte zuſammen, ſo waͤre das Gewicht der leeren Maſchine = 13013 Tb, §. 9 Dazu muß das Gewicht des geſchoͤpften Waſſers kommen. Die äuffere Höhe cd, zu welcher das Waſ⸗ fer reichet, wird = 1“ geſetzet. Zieht man davon die Dicke des Brettes = 6“ 1, ab, fo bleibt innwendig cd = ol; und der innere Halbmeſſer od = 177 9; daraus fand ich den Winkel doh = 187, 14“ 16%, und den Ausſchnitt edh = 3, 37997. Dieſer mit der innern Weite des Kaſtens —= 3“, und dem Ge⸗ wichte eines Kubikſchuhes Waſſers = 56, 5 Tb mul tiplicirt, giebt das Gewicht des in einem der Faͤcher eingedrungenen Waſſers = 372, 9 15. Run will ich dieſes Waſſergewicht nur in den drey Faͤchern qp, ef, fy betrachten: denn das erſte dh iſt im Waſſer vers ſenkt, und leidet einen gleichen Gegendruck; aus den 0 0 Faͤchern fließt das Waſſer ſchon in die Rinne alſo waͤre das Gewicht des in drey Jachern ent⸗ aan Waſſers = 1719 IB. §. 10. 2 437 5 ‘& 10. Man addire dieſes Gewicht des Waſſers zum Ges wichte der leeren Maſchine, ſo giebt die Summe den ganzen ſenkrechten Druck der Zapfen des Wellbaums in ihre Pfannen — 14732 16. Für die Reibung will ich den dritten Theil davon nehmen — 4911 Tb. Der Halbmeſſer des Zapfen ſey = 0’ os, ſo waͤre das Mo⸗ ment der Reibung = 245. Ich vernachlaͤſſigte da, die Berechnung zu verkuͤrzen, den Seitendruck, wel⸗ chen die Zapfen des Wellbaums von der Kraft des an die Schaufeln anſtoſſenden Waſſers leiden. Das Moment des Widerſtandes wird doch allzugroß aus⸗ fallen. K 112 Ich ſchreite zur Berechnung jener Kraft, mit wel⸗ cher das in den drey Faͤchern enthaltene Waſſer das Rad nach entgegengeſetzter Richtung umzudrehen ſich beſtrebt. Es ſey das Dreyeck lap eines gleichen In⸗ halts mit dem Ausſchnitte cdh, und Ip horizontal ger zogen: fo ſtellt uns Iap den Durchſchnitt des Waſſers vor, wie ſich daſſelbe in dem Fache qp befindet. Die Berechnung zu erleichtern, ſehe ich qp als eine gerade und auf 19 ſenkrechte Linie an. So iſt der Winkel qpl dem Winkel Eoq gleich. Ee 3 & 12. 438 ng $. 12. Man halbire Iq in u, ziehe up, und nehme ſp = 3 up: ſo iſt in [der Schwerpunet des Drey⸗ eckes qpl; man ziehe dadurch das Loth nſr, druͤcke das Gewicht des Dreyeckes durch fr aus, und loͤſe daſſel⸗ be in die Kräfte X, fr auf: fo hat man für die auf og wirkende Kraft nur die perpendiculaͤre [x zu Ber trachten. Es ſey lg = x; ſo iſt qx = 4 lꝗ = Der Winkel Ipg = Eo ſey = E, ſo iſt E: 1 e ee 1 8 Der Inhalt des Dreyeckes Pꝗ — gdh fey — q, und man hat — . — es 8. E. aha Jad Tang E. Tang. E. 8. 13. Ferner find die rechtwinklichen Dreyecke xfr, Irn, Iqp ahnlich, und man hat r: x = Ip: Ig ı: rr q all Man multiplicire dieſen Druck mit der innern Weite des Kaſtens —= 3“7, und dem Gewichte eines Kubik. ſchuhes Waſſers — 56, 5: fo giebt das Product 3 * 56, 5 * 9. fin. E die ganze auf og perpendis eular wirkende Kraft. Man multiplicire endlich dieſel⸗ be mit dem Hebelarm ox = oq — xq = 0q: 1 fo hat man das Moment jener Kraft = 3 * 56, 5 * q. fin E (oq en Nun it g = cdh =J u 439 = 3, 37997 (&. 9.); der Winkel E bey dem Fache ge = 30°, und bey ek — 60°. Daraus fand ich erſtens Xx, dann das Moment des Druckes auf das Fach qp = 4934, und auf ef = 8315. Bey dem horizontalen Arme of kann man ſich das Waſſer uͤber inf gleichfoͤrmig ausgebreitet vorſtellen, und für den Hebelarm om an = = 10, 95 annehmen; das Mo⸗ ment des darauf druͤckenden Waſſers iſt = 6273. Man addire zur Summe dieſer drey Momente 19522 das Moment der Reibung 245 (F. 10.); die Summe 19767 giebt das ganze Moment des Widerſtandes. §. 14. Dieſem Momente des Widerſtandes muß das Mo⸗ ment der bewegenden Kraft gleich werden. Man ſchlaͤgt aber die Kraft des auf eine bewegliche Flaͤche perpendicular anſtoſſenden Waſſers gleich dem Gewichte eines Waſſerprisma, das zur Grundfläche die Flaͤche hat, auf die es anſtoͤßt, und zur Hoͤhe jene, uͤber wel⸗ che ein Koͤrper frey herabfallen muͤßte, um durch die Schwerkraft eine Geſchwindigkeik zu erhalten, die dem Ueberſchuſſe der Geſchwindigkeit des Waſſers uͤber die Geſchwindigkeit der Flaͤche gleichet. Dieſe Schaͤtzung wird wenigſtens fuͤr den gegenwaͤrtigen Fall, wo der Durchſchnitt des anſtoſſenden Fluſſes die Flaͤche übers trifft, allgemein angenommen. Ee 4 §. 15. 440 ea | §. 15. | Die Fläche, auf welche das Waſſer bey unſerm Rade anſteht, iſt erſtens der eingetauchte erhabene Theil des Kaſtens; wir wollen dafuͤr eine ebene perpendicu⸗ laͤr entgegengeſetzte Flaͤche nehmen, die die naͤmliche Höhe cd = 1“, und die aͤuſſere Breite des Kaſtens — 3“, 2 hat: der Inhalt iſt auch = 3. 2. Dann ſtoͤßt das Waſſer auf die Schaufeln; ich will nur die perpendicular entgegengeſetzte dE betrachten, die zur Höhe 3“ und zur Laͤnge 6“ haben ſoll: der Inhalt iſt 187; und die ganze Flaͤche, auf welche das Waſſer perpendiculaͤr wirket, —= 21, 2 Quadratſchuh ſey — bz; das Gewicht eines Kubikſchuhes Waſſers 56, 5 p; die Höhe, über welche ein Körper frey her⸗ abfallen muͤßte, den Ueberſchuß der Geſchwindigkeit des Waſſers uͤber die Geſchwindigkeit der Schaufeln zu erhalten, = f; fo wäre die Kraft des anſtoſſen⸗ den Waſſers — pbf. Für den Hebelarm, an dem dieſe Kraft wirket, nimmt man meiſtens oc + 5 = 17 + 2 19 = a. Das Moment des Wis derſtandes 19767 ſey = M, fo hat man im Gleich⸗ gewichte der Kräfte apbf = M, und 1 258 == O. 868654. b. 16. — 441 16. Es ſey nun die abſolute Geſchwindigkeit des Waſ⸗ ſers = u, fo ſolle nach dem bekannten mechaniſchen Geſetze die Geſchwindigkeit der Schaufel ſeyn S = und der Ueberſchuß = 5 ; die Höhe 1, über welche ein Koͤrper durch freyen Fall denſelben erhalten wuͤrde, findet man, wenn man das Quadrat der Geſchwindig— keit durch 49 dividirt, wobey g die Höhe — 15815 aus druͤcket, über welche der Körper in der erſten Se⸗ cunde herabfaͤlt. Alſo = . = —, und u 3 Vgl = II Schuh. §. 17. So eine groſſe Geſchwindigkeit des Waſſers, daß es in jeder Secunde 11 Schuh zuruͤcklege, wird man in keinem Fluſſe finden, wenn nicht das Waſſer in einem beſondern Rinnſale abgeleitet, und durch einen Fachbaum und Schutzbretter, wie bey unterſchlaͤchti⸗ gen Muͤhlen, aufgeſchwellet wird. Dies iſt aber wi⸗ der die Abſicht des Erfinders unſers Schoͤpfrades. Dem Innſtrome, ſo viel ich vernahm, kann man an jenem Orte, wo das Rad ſollte errichtet werden, nicht einmal jene Geſchwindigkeit zueignen, welche die klei— ne Sill bey Innsbruck ober der Hofmuͤhle hat; und bey dieſer fand ich die mittlere Geſchwindigkeit S 4, 5; Ee geben 442 entre geben wir nun dem Inn eine Geſchwindigkeit — as ’ 2 ſo wäre, (= 57 = 0, 11458, und das Moment des anſtoſſenden Waſſers — apbſ = 2608. Dies ſes machte von dem Momente des Widerſtandes = 19767 weniger, als den ſiebenten Theil, aus, mite 55 waͤre die Kraft des Fluſſes allzugering, fo ein Schoͤpfrad in gehoͤrige Bewegung zu bringen. Ich melde von der Beſchwerde nichts, das Flußwaſſer nahe an dem Geſtade in einer Tiefe, die groͤſſer, als cE = 4 Schuh, iſt, immer zu erhalten. $. 18. Damit wir jetzt die Wirkung von der groſſen Maſchine mit der Wirkung eines ganz aͤhnlichen Mo⸗ delles vergleichen, ſetze ich erſtens, daß man in dem Modelle jeden Schuh durch einen halben Zoll oder 24 Schuh vorſtelle. Das Moment des Widerſtandes M enthält. meiſtens das Product aus dem Dreyecke Iqp in die innere Weite des Kaſtens. Dem Hebelarme ox; und dem Gewichte eines Kubikſchuhes Waſſers (§. 13.); damit alſo alle Theile des Productes auf Schuhe wieder gebracht wuͤrden, muͤßte man das Dreyeck Jap mit (24), die innere Weite des Ka⸗ ſtens mit 24, eben ſo den Hebelarm ox mit 24, und folglich das ganze Product des Widerſtandes mit (2) * dividiren. Entgegen bey dem Momente der Kraft — 443 * Kraft abpf müßte der Hebelarm a mit 24, die Flaͤ⸗ che b mit (24)? dividirt werden, p und f find ſchon im Schuhmaaſe gegeben; mithin müßte dieſes Mo⸗ ment nur mit (24) dividirt werden; alſo hätte man 6005 und M « i x 45 Fre = 036194, und die Geſchwindig⸗ keit u 3 H. sl = 2, 248. Dieſe Geſchwin⸗ digkeit von 2“ wäre unſchwer in dem Inn zu fins den. Mithin kann ein Waſſer leicht vermoͤgend ſeyn, ein Modell in Bewegung zu bringen, und zugleich die groſſe ganz aͤhnliche Maſchine zu treiben, zu ſchwach ſeyn. Naͤmlich die Kraft des Waſſers nimmt bey gleicher Geſchwindigkeit nur wie die Flaͤche b zu, auf die es wirket, und dieſe iſt wie das Quadrat aͤhnli⸗ cher Linien; hingegen der Widerſtand, oder die Men⸗ ge des in dem Kaſten zu erhebenden Waſſers nimmt, wie der koͤrperliche Raum, oder der wuͤrftlaͤhnlicher Li⸗ nien, zu. Da alſo mehr der Widerſtand, als die Kraft, waͤchſt, darf man ſich an dem Unterſchiede der Wir⸗ kung in dem Modelle und in der groſſen Maſchine nicht verwundern. M bey dem Modelle die Gleichung Br 18. In dem wirklichen Modelle, das der Erfinder mir zugeſchicket hat, war der Halbmeſſer der Welle 04 444 D oa —= 0%, 075; ihre Laͤnge = 0. 9. Die Welle hatte gegen die Seite des Waſſers keine Unterlage, ſondern ruhete dieſſeits auf zwo Rollen, am Ende aber gieng ihr Zapfen, deſſen Halbmeſſer = o', o war, in einer gemeinen Pfanne, wo ich auch die Reis bung betrachten will. Ob die Bewegung des Wells baums uͤber zwey Rollen im Groſſen angienge, koͤnnte man ein Bedenken tragen: wenigſtens müßte der Well⸗ baum ſehr lang und ſchwer werden, damit er nicht von dem ſchweren Kaſten, und der darinn befindli⸗ chen Waſſermaſſe in die Hoͤhe gehoben wuͤrde. Der aͤuſſere Halbmeſſer des Kaſtens od war im Modelle —= 0’, 7, die Dicke der Brettchen S 0’. 02, der Halbmeſſer ob S o. 18, die innere Weite des Ka⸗ ſtens — ol. 3, die Höhe der Schaufeln = 0°. 125, die Laͤnge = o. 48. Die Verſenkung geſchah bis auf den Bogen dh von 20°. Als ich nun die Bes rechnung dieſes Modelles gaͤnzlich nach voriger Art anſtellte, fand ich die in dem Fluſſe erforderte Ge⸗ ſchwindigkeit u = 2, 559. Es war alſo kein Wun⸗ der, daß mir die Verſuche mit dieſem Modelle in der kleinen Sill hier wohl ausfielen. §. 20. Da aber in dem vorgeſchlagenen groſſen Schoͤpf⸗ rade das Moment des Widerſtandes ſo betraͤchtlich das Moment der Kraft uͤbertrifft (§. 17), fo wollen wir | jetzt En 445 jetzt weiters unterſuchen, wie man, dieſe Maſchine noch brauchbar zu machen, den Widerſtand vermindern moͤ— ge. Man kann erſtens die Weite des Kaſtens ver, mindern; ich will dieſelbe ſechsmal kleiner, als zuvor, michin nur einen halben Schuh groß annehmen; alles uͤbrige ſey wie zuvor, auch das Gewicht der leeren Machine, weil man bey einem fo ſchmalen Kaſten für die ſechs Schuh langen Schaufeln noch einen Kranz gebrauchen müßte, Ich fand nun für dieſe Bor ausſetzung die Geſchwindigkeit des Waſſers u = 4“ 917. 0 $ at Zweytens koͤnnte man, den Widerſtand noch mehr. zu vermindern, die Oeffnungen des Kaſtens gröffer machen, und wenigere Faͤcher gebrauchen. Zuvor ent⸗ hielt jede Oeffnung den Bogen von 10°, jetzt will ich ihr 15 geben, wie die zweyte Figur zeiget. Dann erhielte das Rad nur 24 Schaufeln, und man hat das Gewicht und Moment des druͤckenden Waſſers nur fuͤr das Fach qp bey 45°, und das horizontale ofx zu berechnen. Alles übrige ſey wie J. 20. Ich fand nun die erforderte Geſchwindigkeit des Waſſers 8 §. 22. Endlich koͤnnte man drittens den Kaſten auf ei⸗ ne kleinere Tiefe in das Waſſer ſenken. Zuvor wur de 446 — de die aͤuſſere Tiefe cd gleich einem Schuh geſetzt : jetzt will ich dieſelbe nur gleich einem halben anneh⸗ men. Alles uͤbrige ſey, wie im letzten Falle §. 21. Da fand ich die Geſchwindigkeit des Waſſers u = 2°, 4456. 5. 23» Nachdem ich den Widerſtand der Maſchine fo betraͤchtlich vermindert, ſo will ich nun hingegen fuͤr eine gegebene Geſchwindigkeit des Fluſſes 4. = u, und aͤuſſere Tiefe cd = 4 = 0%, 75, die Groͤſſe der Schaufeln beſtimmen: zugleich auch Ruͤckſicht auf die Reibung haben, die der Seitendruck des unten an⸗ ſtoſſenden Waſſers an den Zapfen verurſachet. Alles uͤbrige verhalte ſich ſonſt, wie S. 21. Das Gewicht der leeren Maſchine iſt wegen verminderter Anzahl der Schaufeln und Theilungsbretter nur 11630; das Gewicht des in zwey Faͤchern enthaltenen Waſſers = 117; die Summe = 11747 giebt den ganzen ſenkrechten Druck, welchen oa —= m vorſtelle. Die Kraft des an die Schaufeln anſtoſſenden Waſſers bpf ſtelle man durch om vor. Nun weil f = 555 und u 4; g= 15; 515, p= 56,5; ſo iſt pf — 6, 474; ich ſetze es Sen, mithin den horizonta⸗ len Druck om = bn. Die daraus zuſammengeſetzte Kraft or = /m? + b’n?, die Reibung — 4 Um? | en 47 Her m? + bins. Der Halbmeffer des Zapfens 00, op ſey D r, fo iſt das Moment der Reibung =; Ym + bens. Das Moment des in zwey Faͤ⸗ chern druͤckenden Waſſers fand ich = 1352 = ; alſo das ganze Moment des Widerſtandes = q + 7 Fer m? + b?n?. Das Moment der Kraft aber iſt apbſ = abn, wo a = 18 625. Folglich hat man im Gleichgewichte abn = 9 3 er + b’n?, und g(abn — q)? = r?m? + r?b’n? = 9a?b’n? — ı8abng + 9g, und b?(ga?x? — 1?n?) — ı8abng = r?m? - 9; in Zah⸗ len: 130852. b — 293492. b = — 16106162, und nach gewoͤhnlichen Reductionen d = 12, 8354. Man ziehe davon die Oberflaͤche des eingetauchten Kar ſtens = o, 525 ab, ſo bleibt die Fläche der Schaus fel 12, 31. Giebt man der Höhe nur 27, fo bleibt die Laͤnge = 6% 15. m 6. 24. Für dieſe jetzt berechnete Einrichtung des Rades wollen wir auch die Menge des Waſſers unterſuchen, das 448 nn das dieſes Schoͤpfrad in einer gewiſſen Zeit liefert. Die Geſchwindigkeit des Rades iſt 7“. Man divi⸗ dire damit den Umfang des Kreiſes, der a = 18, 625 zum Halbmeſſer hat. Der Quotient = 87 768 giebt die Zeit in Secunden, in welcher des Rad eine Umdrehung macht. Die Menge des Waſſers, das bey einer Umdrehung in die Rinne kommt, iſt das Product aus dem Dreyecke cdh = 2, 07, in die innere Weite des Kaſtens = o, 5, und die An zahl der Faͤcher = 8; ich fand fie = 8, 28 Rus bikſchuh. Verlangt man nun die Menge des Waſſers zu wiſſen, die das Rad in einer Minute ſchoͤpfet, ſo ſage man: 87, 768: 60 = 8, 28: 5, 664. So viel Kubikſchuh giebt das Rad in einer ie und 339, 62 in einer Stunde. §. 25. | Man koͤnnte noch bey diefer Maſchine wegen des Waſſerverluſtes ein Bedenken tragen, ob nicht etwa das Waſſer ſich eher aus den Oeffnungen K ergieſſe, ols dieſe den oberſten Rand der Rinne CD erreichen. Dieſen Verluſt um fo viel mehr zu verhindern, ſoll⸗ ten die Ausgußloͤcher k nicht in der Mitte der Faͤcher (wie Fig. 1. und im Modelle), ſondern immer nahe an dem obern Theilungsbrette ny, wie Fig. 2., an- gebracht werden. Es ſeye nun der Inhalt des Drey⸗ ecks nlu = edn dem Durchſchnitt des Waſſers = 2, 07 — 449 07 = q; der ganze Bogen zn als der achte Theil des Umfangs von dem Kreiſe, deſſen Halbmeſſer = 4, enthält 3“, 1416. Geben wir dem Ausgußloche zur Breite 21 einen halben Schuh, oder 0‘, 5, fo bleibt übrig In = 2, 6416 = J. Dieſe Weite aber, zu der die Oberflaͤche des Waſſers lu reichen ſoll, iſt = a4. Tang. E (S. 12.); man findet alſo Tang. E = = = Tang. 30°, 48°; alfo wo das Theis lungsbrett ny den Winkel yok von 30°, 48“ macht, erreicht die Oberflache des Waſſers die Oeffnung. Dem Bogen In = 2, 6416 treffen 37°, 30° zus alſo dem ganzen Winkel lof, wo das Waſſer ſich zu ergieſſen anfängt, = 68° , 38“; und die Ergänzung zu 90° = 21, 22°, giebt ung die Entfernung dies fes Ortes von dem Scheitel. Nun ſey der Rand ber Rinne CD drey Schuh ober dem Mittelpunete o er⸗ hoͤhet, fo ſchneidet derſelbe den Bogen zn von 41°, 25“ weg; folglich iſt der Rand der Rinne merklich tiefer, als die Oberflaͤche des Waſſers, daß mithin daſſelbe ohne Verluſt ſich dahin ergieſſen kann. Es lieſſe ſich auch die Oeffnung noch breiter machen. Doch es iſt aller Waſſerverluſt nicht zu vermeiden, weil die Rinne das Blatt des Kaſtens wegen der Reibung nicht beruͤhren darf. | Ff | 6.26. 450 En 5. Ad. ere TERN * Weil man beſonders in der Schaͤtzung des Ge⸗ wichtes der leeren Maſchine, und der Reibung keine ſo groſſe Genauigkeit haben kann, und auch die Ge⸗ ſchwindigkeit des Fluſſes veraͤnderlich iſt, ſo muß man in der Ausübung die Tiefe cd, zu welcher der ‚Ras ſten verſenkt wird, ſo lange aͤndern, bis die Geſchwin⸗ digkeit des Rades den dritten Theil der Geſchwindig⸗ keit des Fluſſes ausmacht. Daher muß der Well⸗ baum bey dieſem Schoͤpfrade, wie bey Panſterraͤdern, beweglich gemacht werden, beſonders weil auch die Hoͤhe des Flußwaſſers ih öfters verändert, §. 27. Was uns in dieſem neuen Schoͤpfrade vorzuͤglich mißfallen kann, iſt die kleine Hoͤhe des Halbmeſſers, zu welcher es das Waſſer erhebt, da die gemeinen Schoͤpfraͤder das Waſſer beynahe bis zur Höhe des Durchmeſſers bringen. Freylich iſt bey dieſen, wenn fie auch nach Belidor mit beweglichen Wafferfübeln verſehen werden, nicht aller Waſſerverluſt, wegen der Erſchuͤtterung des Rades, zu verhindern. Meines Erachtens verdienten unter den Maſchinen, welche das Waſſer erheben ſollen, die Druck, und Pumpwerke den Vorzug, dergleichen man bey Belidor und Wal⸗ ter Arch. hydr. beſchrieben findet. Werden die ri und Röhren von Kupfer oder Meſſing gegofe fen, S 451 ſen, ſo hat man ein dauerhaftes, aber Anfangs ziem⸗ lich koſtbares Werk. Allein weil bey dieſem Gebrau⸗ che das Waſſer mit keiner ſo groſſen Gewalt, wie bey den Feuerſpruͤtzen, darf in die Hoͤhe gebracht wer⸗ den, ſo koͤnnten wohl die Stiefel und Roͤhren etwa aus gutem Holze, oder wenigſtens aus Eiſen, wie ſie der berühmte Herr Profeffor Helfenzrieder auch für die Feuerſpruͤtzen vorſchlug, noch verfertiget werden. Ich ſchlieſſe dieſe Abhandlung mit einer theore⸗ tiſchen Aufgabe, zu welcher mich die Betrachtung des neuen Schoͤpfrades veranlaſſete, und die, ſo viel mir bewußt iſt, noch nicht unterſucht wurde. §. 27. Aufgabe. Den Fall eines Koͤrpers uͤber eine ſchiefe Flaͤ⸗ che ba (Fig. 3.) beſtimmen, deren Neigungswin⸗ kel bac indeſſen immer gleichfoͤrmig zunimmt. Aufloͤſung. Es ſey der Winkel bac = o, er verändere ſich in einer Secunde um den Winkel = b; man kann beyde Winkel in Theilen des Halbmeſſers, der = 1 geſetzt wird, ausdruͤcken. Die Zeit der Bewegung von b in P ſey = t. So if b: o I t = Ff 2 Die 452 — Die ganze Schwerkraft verhält ſich zur refpectiven Kraft, wie 1: Sin. . Allein da ſich die Fläche ab um a mit der Geſchwindigkeit b dreht, ſo erhaͤlt der auf derſelben liegende Körper in jedem Puncte eine Tan- gentialkraft, aus welcher eine Centrifugalkraft entſteht, die jener reſpectiven Kraft = Sin. „ entgegen geſe⸗ get iſt. Es ſey ba = a, p ift die Geſchwindigkeit, oder Tangentialkraft des Punctes d = ab. Ferner ſey bP = f; ſo iſt ab = a — ſ. Man ſage: a: a — = ab: (a — ſ) b. Dies giebt die Ge⸗ ſchwindigkeit in P. $. 28. Die Centrifugalkraft iſt der Centripetalkraft gleich, und dieſe in jedem Puncte des Kreiſes ſo groß, daß ein Koͤrper mittelſt derſelben mit gleichfoͤrmig beſchleu⸗ nigter Bewegung uͤber die Haͤlfte des Halbmeſſers — die Tangentialgeſchwindigkeit (a — Mb erhiels te. Gleichfoͤrmig wirkende Kraͤfte aber ſind wie die Quadrate der Geſchwindigkeiten dividirt durch die Raͤu⸗ me. Die Schwerkraft iſt ſo groß, daß ſie bey dem Falle des Körpers über die Höhe = 15, 515 = g eine Geſchwindigkeit — 2g hervorbringt. Folglich verhaͤlt ſich die Schwerkraft zur Centrifugalkraft, wie 2 ee „ca—f)b? NEN) 4 dieſe von der reſpectiven Kraft Sin. „ ab, fo bleibt die . Zieht man u | 453 die noch übrige herabwirkende Kraft = Sin. » — b 2 §. 29. Es bringe dieſe Kraft in der Zeit dt — 5 die Geſchwindigkeit du hervor, indem die Schwerkraft in der Zeit einer Secunde die Geſchwindigkeit 28 wirkt. Weil nun die Geſchwindigkeiten ſich wie die Producte aus den Kräften in die Zeiten verhalten, fo (a — f)b? 29 du, und du = 2g. Sin. w. dt — (a — f)b?dt = — fin. o. do — (a — f) bdo. if 1 * 1: (Sin. . — dt = 2g: N §. 30. Dieſe Gleichung aufzuloͤſen, ſtelle man ſich vor, daß von der reſpectiven Kraft fin. o die Geſchwin⸗ digkeit AV durch den Raum ds, und zu gleicher Zeit von der Centrifugalkraft (a — [) b die Geſchwin⸗ digkeit du durch den Raum di hervorgebracht werde; fo wird der wirklich zuruͤckgelegte Raum ſeyn S — f. 3 Alſo iſt erſtens d V — = Sin. o. do. Es ſey Sin. „ x; Col.» —= fi — x?, und Ff 3 man 454 — 4 „dx . 5 man findet do = vr — „ und = Sin. o. dw 1 2g x dx Pr e — Wer 1 8 . C — aan; C =. Coſ. w, wo C eine beftändige Gröffe andeutet. Setzt man o = o, und Col.» = 1, ſo muß 1 7 V So werden; alſo C — =, und v = 5 61 — Eh 60%. Ferner iſt allgemein dS vat = = (1 — cof. u) du; abet 20 h — 1 HE — — 2 75 . e u 5 [ coſ o. d. = 5 dx Ii — — 20x — 2g. Sin. w Meer SE 1 5. 8. 32. Zweytens iſt du = (a — bd. = (8 — Nb’dt = (a — 2 und udu = (a — Obedf, und . AZ N RZ —; alſo Sin. „und u b . —, und a? ſin. 6 —= za — f?, und „ — NT a? ee 48s = 22 — a ſin. o = 22. coſ. , und a — f D a coſ. o; endlich a (1 — coſ. ) = ſ. Folge lich iſt der wirklich auf der Flaͤche zuruͤckgelegte Raum zu s-(=7 ( — fin. ) — 2 (1 — cof. w). Man ſetze ihn S R. §. 33. Z. B. es ſey die Lange der Flaͤche a — 18% der Raum R = 14“, der Winkel = 45°, der in Theilen des Halbmeſſers iſt o/ 7853982. Man ſuche die Geſchwindigkeit d, mit welcher die Flaͤche ſolle herumgedrehet werden: alſo le e dieſem Winkel entſprechen 23°, 27 26%. Die Um drehung mußte in 15“, 35. geſchehen. §. 34. Hingegen ſey die Geſchwindigkeit b gegeben — 4 6“, 6“, mit welcher ſich die Fläche umdreht (die mit der Geſchwindigkeit unſers Rades (8. 24.) zu⸗ trifft); fie macht in Theilen des Halbmeſſers — 1 aus — o, 0715876. Es ſey auch wiederum a — 18, R = 14, und man ſuche „] fo iſt 456 — b? . „ * Sin. 29 2g R 2 U — cl. a) 0 Durch die Annaͤherung fand ich naͤchſtens den Winkel OB 55%, 56. $. 38. Es wird der Körper von der Centrifugalkraft gar an dem Falle gehindert, wenn R = o, und d Ze AS | . 3 =], Geſchieht der Fall nicht a (1 — coſ. w) einmal, wenn / 90°, fo wird er gar nicht mehr erfolgen. Da wird nun d * = * 0,5707963 5 im vorigen Beyſpiele — o, 991963, dem zur Ges ſchwindigkeit der Bogen 56°, So“ zutrifft. Die gan⸗ ze Herumdrehung der Flaͤche um 360° müßte in 6“ ungefaͤhr geſchehen. Uebrigens unterſuchte ich auch den Ausfluß des Waſſers aus einer cylindriſchen Röhre, oder einem convergirenden Fache, welches unterdeſſen um einen Punct herum gedrehet wird; verfiel aber auf muͤhſamere Berechnungen. INSERT FOLDOUT HERE INSERT FOLDOUT HERE INSERT FOLDOUT HERE 5 R 5 „ / . r N RE ni = 4 aM RR; 7 * A * re 1 en 5 INSERT FOLDOUT HERE — PN BEN 3 1 1 8 5 5. 15 Hi ’ * K N au 1 * FR are > * 3 D * — 10 N 5 + gr 8 * n Dear Pe 31 7 1 3 * * nr #2 \ m. KRIEG FA * — 1 11 8 2: EN 1 u zn f 5 . Ir ? * ha * . £ . 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