HERAUSGEGEBEN Mo VON . y PROF.DE.B.WEINSTEIN __ DaP, VAGELER | DIE ORGANOGENEN NÄHRSTOFFE DER PFLANZE 4 LElP2Io.-VERLAC. VON Wi 1% JOHANN en BARTH WL I x “ « F ‘ ü a ‘ . « i « 4 B 4 % ‘ VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH IN LEIPZIG WISSEN UND KÖNNEN Sammlung von Einzelschriften aus reiner und angewandter Wissenschaft, herausgegeben von PROF. DR. B. WEINSTEIN, d Laien bestimmt lich, das Gesamt- ieser zusammen- t sind Schriften halts. Das nach- genden Schriften geführten Namen bietet eine erste ng der Sammlung in rascher Folge n in aller Strenge i wird aber beson- e Sprache gelegt eben sein, wie es f einem Gebiete ferner liegt. Aus en, daß ernsteren in rein wissen- in Thema gefällig treiten gleich sehr rleger der Samm- d Gutes zu bieten den Beweis dafür achrichten‘‘ wird Satze eingeleitet: Büchern, die in N Dich erg in \ die von Professor Weinstein herausgegebenen Bücher besonderes Interesse. Die Themata, die hier behandelt werden, sind eng umgrenzt, sind von namhaften Autoren mit aller Strenge und Gründlichkeit bearbeitet, von wissenschaftlichem Geiste getragen und in leichtverständlicher Sprache behandelt.“ Jeder Band der Sammlung ist in sich abgeschlossen und einzeln käuflich. Die Bände werden nur gebunden aus- gegeben. Die Zugehörigkeit zu einer Sammelausgabe ist nur durch die Nummerangabe am Fuße des Rückens erkenntlich. WISSEN UND KÖNNEN Band ı: DIE ENERGIE von Professor Dr. w. OSTWALD. Hr Seiten. Gebunden M. 4.40. „Münchner Neueste Nachrichten“: Erst kürzlich ist an dieser Stelle auf ein ähnliches Werk Ostwalds hingewiesen, in welcher er das Werden einer Wissenschaft schildert. In diesem neuesten Buche nun schildert er in gleich hervorragender Weise das Werden der Energie und des Lebens, das Walten der Energie in allen Lebens- und Umformungserscheinungen ; und das mit einer Meisterschaft, in einer Sprache, die bewundernswert ist. Es ist eine Lust, ein solches Buch zu lesen. Band 2> DIE ÄLTESTE ENTWICKELUNC G DER TELE- GRAPHIE UND TELEPHONIE von Dr. RICHARD HENNIG. VIII, 199 Seiten. Mit 61 Abbildungen. Gebunden M. 4.—. „Zeitschrift für Post und Telegraphie‘: Der Autor bietet in dem vorliegenden Werke vr Darstellung der Entwicklung der Telegraphie und Telephonie, deren Hauptwert darin liegt, daß hier das historische und kulturgeschichtliche Moment in den Vordergrund ‘gestellt wird. So ist die Arbeit eine schätzenswerte Ergänzung der vorhandenen analogen Werke, die vornehmlich die technische Seite des Gegenstandes behandeln. Inner i Band 3: $, = » VOM LEBEN. Ein Blick in die Wunder des: Werdens von MARGARET WARNER MORLEY. Deutsch: von MARIE LANDMANN. Autorisierte: Übersetzung mit Abbildungen’ von der Verfasserin und von Robert Forsyth. VI, 109 Seiten. Gebunden M. 3.60. „Münchner Neueste Nachrichten‘: Das Buch ist mit echt weiblicher, Begeisterung für die Wunder des Lebens geschrieben. Es ist eine gefällige, leichte, naturwissenschaftliche Plauderei in reizvollen, dichterischem Gewand, . Allerliebste künstlerische kleine ‚Illustrationen sind dem Text beigegeben. Ein Buch für die Jugend, aber auch für das Alter. Band r \ Er ne DIE RADIO -TELEGRAPHIE. Eeneiavirktandlich dar- gestellt von Ingenieur O. NAIRZ. VIII, 271 Seiten. Mit 154 Ab- ‚bildungen. 2 "Gebunden M. 5.—. „Zeitschrift für Eisenbahn-Telegraphen-Beamte‘ : Allen denjenigen, welche sich über Wesen, Betriebseigentümlichkeiten und Aussichten der Radiotelegraphie ohne langes Studium in gemein- verständlicher Weise orientieren wollen, können wir dieses Werk empfehlen, Es trägt keine wissehschaftliche Theorie, die nur unter Anwendung eines großen Apparats von Spezialkenntnissen zu geben wäre, sondern begnügt sich mit Erklärungen, , die ‚durch Experimente ‚gsztützt sind und leicht plausibel erscheinen. - i Band 5: Er DIE AUTOMOBILTECHNIK von: ERRTEN MAX BUCH. VI, 143 Seiten. Mit 150 Abbildungen. Gebunden M. 4.— Praktischer Maschinen-Konstrukteur: Ein Werk, das für ea in le und leicht faßlicher Form alles Wissenswerte aus dem Bereiche der modernen Automobilindustrie bringt, es darf darum des allgemeinsten Interesses von: vornherein’ sicher sein.: WISSEN UND KÖNNEN Band 6: ELEMENTE UND AKKUMULATOREN. ihre Theorie und Technik von Dr. W. BEIN. VI, 233 Seiten. Mit 98 Ab- bildungen. Gebunden M. 4.40. Zeitschrift für Eisenbahn- und Telegraphen-Beamte: ... Es ist eine dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft und Praxis entsprechende, sehr verständliche Darlegung der Erschei- nungen,. auf denen die Einsicht in den Gang und die Wirkung der chemischen PEERRGRNES wurzelt. Ihr Studium kann nur empfohlen werden. Band 7: DIE MINERALISCHEN NÄHRSTOFFE DER PFLANZE von Dr. P. VAGELER. VIII, 130 Seiten. Gebunden M. 3.—. Kuxen-Zeitung: ... Wir haben das Werkchen mit großem Genuß gelesen und können es richt nur dem praktischen Landwirt, welcher einen wesentlichen Teil der Theorie der Pflanzen- züchtung hier in klarer Darstellung findet, sondern auch dem Nichtfachmann aufs wärmste empfehlen. Band 8: SAUERSTOFF, WASSERSTOFF, KOHLEN- STOFFUNDSTICKSTOFF ALSPFLANZEN- NAHRSTOFFE von Dr. P. VAGELER. IV, 148 Seiten mit ıı Abbildungen. Gebunden M. 3.—. Während im ersten Bändchen von den „Nährstoffen der Pflanzen‘ die feuerfesten Aschen- bestandteile: die „mineralischen Nährstoffe der Pflanzen‘ behandelt wurden, ist im wesent- lichen aus Rücksicht einer klaren Anordnung des Stoffs das zweite Bändchen den „organogenen Nährstoffen‘‘ gewidmet. Überall ist versucht, den aktuellen Standpunkt, vor allem den Ausblick aufs große Lebensganze zu wahren, wodurch sich das Werkchen vielleicht von der Mehrzahl ähn- licher Genossen unterscheidet. Band 9: ÜBER ZEITMESSUNG UND ZEITREGELUNG von Prof. Dr. WILHELM FOERSTER. IV, 114 Seiten. Geb. M, 3.—. INHALT: Einleitung, betreffend das Wesen der Zeitmessung. — Kalendarische Zeitmessung nach Tages-Einheiten (Chronologie). — Tages-Einteilung (Horologie) . — Zeitmessung nach Tages- teilen (Chronometrie). Sterntag und Einführung der mittleren Sonnenzeit. — Die Pendeluhren. — Die Taschenuhren und die Chronometer. — Die Zeitregelung. — Die höheren Ziele der Zeit- messung und Zeitregelung. Band zo: VOM OCHSENWAGEN ZUM AUTOMOBIL. Geschichte der Wagenfahrzeuge und des Fahrwesens von ältester bis zu neuester Zeit von THEO WOLFF. VIII. 170 Seiten mit 34 Ab- bildungen. Gebunden M. 3.60. Das Werkchen darf in gewisser Hinsicht Anspruch darauf erheben, das erste und einzige seiner Art zu sein, insofern nämlich als in ihm zum ersten Male die Geschichte der Wagen- fahrzeuge unter Einbegreifung der Entwicklung der modernen Kraftfahrzeuge, und zwar von deren ersten, Jahrhunderte zurückliegenden Anfängen an, dargestellt ist. Im Druck befinden sich folgende Bände: Licht und Elektrizität von Dr. CHR. RIES. Elektrische Arbeitsübertragung von Ingenieur O. NAIRZ. Bahnen des Weltverkehrs von Dr. R. HENNIG. Erdbebenkunde und Erdbebenforschung von Dr. E. HENNIG. Entwicklungsgeschichte d, Handfeuerwaffen v. Hauptmann Dr. R. GÜNTHER. WISSEN UND KÖNNEN SAUERSTOFF WASSERSTOFF, KOHLENSTOFF UND STICKSTOFF ALS PFLANZENNÄHRSTOFFE VON DR. P. VAGELER MIT 11 ABBILDUNGEN LEIPZIG VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 1909 Inhaltsverzeichnis. I. Einleitung IT, IV. VI. np wNH I. 2. . Sauerstoff und Wasserstoff Er . Das Wasser als Bodenbestandteil ne: . Die Aufnahme des Wassers durch die Pilanaen End, seine physiologische Rolle im Pflanzenleben . . Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Prianeenreiche : . Die Luft in ihren Beziehungen zum Pflanzenreiche . . Nutzanwendung in der Praxis Kohlenstoff . . Die Bedeutung des Kohlenstoife Se Prlnzentrstei seine Quellen und seine Aufnahme in den Pflanzenorganismus . . Das Organ der Kohlenstoffassimilation . Die Produkte der Assimilation a) Die Stärke und ihre direkten Verwandten . WE b) Sonstige stickstofffreie Bestandteile des Pflanzen- organismus Stickstoff . Der Stickstoff als Baustein ds Pflanzenleibes . Luft und Boden als Quellen des Stickstoffs . Die Stickstoffernährung der niederen Gewächse . . Die Stickstoffernährung der grünen Gewächse . Die Stickstoffernährung der Leguminosen . . Landwirtschaft und Stickstoff . Die Stickstoffversorgung der Landwirischäfte aus eigener Kraft Die künstlichen Stickstoffdünger Schluß: Der Humus und seine Bedeutung im Lichte ade Forschung . 104 TO . II6 123 127 135 TAT Verzeichnis der Abbildungen. Abbildung ı. Zur Kapillarität . Tracheiden usw. . Spaltöffnung . : . Blatt von en =: rk P . Colocasia antiquorum Rubus squarrosus $ Discocactus placentiformis Typen von Stärkekörnern . . Zur Assimilation . . Inulinkugeln ; 2 . Knöllchen und Knollcheahaltehen : „ HOo0 N am »Ww N - „ Benutzte Literatur: Strasburger, Lehrbuch der Botanik. Ramann, Bodenkunde. Mitscherlich, Bodenkunde. Mayer, Agrikulturchemie. Warming-Gräbner, Ökologische Pflanzengeographie. France, Leben der Pflanze. Pfeffer, Pflanzenphysiologie. Vageler, Die Bindung des atmosphärischen Stickstoffs in Natur und Technik. LTO 12 18 19 27 28 3T 32 72 74 76 JUN 20 1940 LIBRARY NEW YORK BOTANICAL QGARDEN E4 [4 I. Einleitung. Ohne Mineralstoffe, d.i. ohne Aschenbestandteile, keine Pflanze! Die nichtflüchtigen Elemente der Pflanzenasche sind die Grundlage jeder pflanzlichen Existenz, jeder Lebensäuße- rung der Gewächse! Kein Mensch wird heute noch den Ver- such machen, die Richtigkeit dieser Auffassung zu bezweifeln. Aber andererseits konnte in Zeiten weniger entwickelter chemi- scher Kenntnis auch kein Mensch auf diesen uns jetzt so klar erscheinenden Schluß kommen. Es bedurfte genauer Untersuchung, aufmerksamer Beobachtung der pflanzlichen Organismen, um zu der Erkenntnis der Wichtigkeit der nicht- flüchtigen Elemente zu gelangen. Und von da bis zur Er- kenntnis ihrer Funktion im Pflanzenleben war noch ein weiter Weg, ein so weiter, daß wir erst heute kaum einen Schritt auf ihm vorwärts gekommen sind. Im Pflanzenleben entzieht sich eben die Anwesenheit der Aschenbestandteile vollkommen der oberflächlichen Beobach- tung, kommt dem Beschauer, von einigen wenigen Ausnahmen wie Auswitterungen von Salzen abgesehen, überhaupt nicht zum Bewußtsein. Man sieht das Fundament eines Gebäudes nicht und erst die Erfahrung, die freilich bei Beurteilung eines Gebäudes schon in Fleisch und Blut übergegangen ist, sagt dem Beschauer, daß es vorhanden sein muß. So auch bei der Pflanze! Wir wissen heute, daß die Aschen- _ bestandteile die Grundlage ihrer organischen Substanzen, da- ‘mit das Fundament ihres ganzen Wesens bilden, aber wir sehen nur das Bauwerk als Ganzes. Selbst das bewaffnete Auge vermag nicht dieses Fundament zu gewahren. Der Ein- druck des komplizierten Ganzen bleibt, bleibt sogar bei ge- nauster Betrachtung des einzelnen organischen Stoffes, deren Vageler, Pflanzennährstoffe. I 2 Einleitung. unzählige die Bausteine des Pflanzenleibes bilden, indem sie den Inhalt der einzelnen Zellen ausmachen, deren jede wieder ein Baustein höherer Ordnung ist. Diese organischen Stoffe hat man lange genug mit einer Art ehrfurchtsvoller Scheu betrachtet. Man sah die Pflanze wachsen, größer werden, Blüten und Früchte treiben, man sah weiter, wie das Tier sich davon nährte, seine Leibes- ‚teile aus der aufgenommenen Nahrung aufbaute. Aber das Wie des Vorgangs, seine Einzelheiten entzogen sich den rohen Mitteln der damaligen Forschung. Und anders waren zudem die Wirkungen einzelner Stoffe im Reagenzglas als im leben- den Organismus! Man sagt vielleicht nicht zu viel, wenn man behauptet, daß sogar eine Art religiöse Scheu, wenn auch nicht einige Berufene, so doch die große Menge der Freunde der Natur davon abhielt, ernsthaft und kritisch Fragen nach dem Ur- sprung, der Entstehung der Pflanzenstoffe in Angriff zu neh- men. Die Nutzung, Anwendung zu Ernährungs- und Heil- zwecken war erwünscht. Ihr strebte man nach — freilich galt genaue Kenntnis auch nur der Wirkungen, pflanzlicher Gifte vornehmlich, oft als durch den Bund mit dem Bösen errungen! — aber an den Vorhang, der das Rätsel des Lebensprozesses selbst verhüllte, wagte man nicht zu rühren. Der allmäch- tige Schöpfer gab Tieren und Pflanzen ihre Natur. Vermessen- heit war es, den Schleier der Schöpfung, den Schleier des Lebens mit frevier Hand zu lüften. Und undurchdringlich schien das Geheimnis für die Menschenwelt! Seltsam muten diese Gedankengänge den modernen Men- schen an, dessen höchstes Streben auf möglichste Erkenntnis und Beherrschung der Natur gerichtet ist. Und doch sind erst wenige Jahrzehnte verflossen, seit der erste Streich gegen eine derartige Anschauung geführt wurde, die selbst noch bestand, nachdem man die Zusammensetzung der organischen Materie aus nur wenigen Grundstoffen erkannt hatte. Mochte auch ihre Zerlegung gelingen: diese Stoffe künst- lich zu erzeugen galt für unmöglich, weil untrennbar ans Leben selbst geknüpft. o Einleitung. 3 Erst das Jahr 1828 brachte die bedeutsame Wendung, als es dem Chemiker Wöhler gelang, aus den Elementen einen organischen Stoff par excellence sozusagen, den Harnstoff künstlich herzustellen. Damit war der Bann gebrochen. Wenn es möglich war, einen solchen Stoff synthetisch zu gewinnen, was sollte dann noch unmöglich sein? Und rasch folgte, nachdem nun Ana- lyse und Synthese, Abbau und Aufbau im Laboratorium Hand in Hand arbeiteten, Entdeckung auf Entdeckung. Wie ein Phönix erhob sich aus den Trümmern der veralteten Anschau- ungen die moderne organische Chemie, Triumphe über Tri- umphe feiernd. Nicht immer, sogar verhältnismäßig sehr selten, vermochte sie die Methoden innezuhalten, die die Pflanzen beim Aufbau ihres Körpers verwandten, um ihre verschiedenen Leibes- substanzen in sich selbst zu erzeugen. Aber daß es ihr überhaupt gelungen ist, .die Mehrzahl dieser Stoffe, die einst für unher- stellbar galten, ohne Mitwirkung des Lebens zu erhalten, daß jedes Jahr neue Fortschritte bringt, das berechtigt wohl zu der Hoffnung, daß es der Chemie im Verein mit ihrer Schwester, der Physik, gelingen wird, der Natur auch ihre letzten Fabrikationsgeheimnisse abzulauschen und schließlich ins Allerheiligste des Lebens — wenn diese Anschauung nicht womöglich noch ein Irrtum der Jetztzeit ist —, die Chemie der Eiweißstoffe, einzudringen. Der Begriff organische Chemie im alten Sinne, d. h. Chemie der Stoffe des tierischen und pflanzlichen Körpers, paßt übrigens heute längst nicht mehr. Längst kennen wir Stoffe und können sie künstlich herstellen, die die Natur selbst wohl nie erzeugt hat und erzeugen wird. Wenn man heute von orga- nischer Chemie spricht, so meint man damit die Chemie der kohlenstoffhaltigen Körper und dies deckt sich mit dem alten Begriff insofern, als der Kohlenstoff die Grundlage aller pflanzlichen und auch tierischen Substanzen bildet, ihren wich- tigsten Baustein, dessen Proteusnatur sie die Vielheit ihres Wesens verdanken, im Verein mit dem Stickstoff, dem recht eigentlichen Lebenselement. Ohne Stickstoff, ohne Koh- ı* 4 Sauerstoff und Wasserstoff. lenstoff gibt es keine lebende Substanz, wenigstens lebend im hergebrachten Sinne des Wortes, das darf man heute mit Recht behaupten. Das niederste Wesen, die kleinste Bak- terie, noch unterhalb der Einheitsgrenze des Lebens, der Zelle, sie weist die beiden Elemente vereint auf: Kohlenstoff und Stickstoff, verbunden stets mit ihren getreuen Hel- fern: Wasserstoff und Sauerstoff, meist in Form des ‚Wassers vereint, sei es nur als Lösungsmittel, sei es als Bau- stein der organischen Substanzen selbst. Wie aus diesen vier Elementen, gestützt auf das feste Fundament der Aschenbestandteille, der Wunderbau des Pflanzenleibes sich aufrichtet, wie sie eintreten in den Leib der lebendigen Pflanze, wie sie darin wirken und sich formen, um schließlich bei Zerfall des toten Organismus zurückzukehren in den ewigen großen Kreislauf des Naturganzen, und was der Mensch vermag, diesen Kreislauf nach seinen Zwecken zu beeinflussen, sollen die folgenden Zeilen lehren. II. Sauerstoff und Wasserstoff. Es ist ein Übelstand einer jeden Beschreibung, daß alle Dinge nur nacheinander dargestellt werden können, obwohl sie eng miteinander verknüpft in Wechselbeziehungen stehen und daher auf gleichzeitige Darstellung den begründeten An- spruch hätten. Mißlich ist dieser Umstand in zweierlei Be- ziehung. Einmal liegt die Gefahr sehr nahe, bei komplizier- teren Verhältnissen in Unklarheit zu verfallen, indem man einseitig einem dem Schreibenden selbst durchaus geläufigen, dem Leser dagegen nicht in gleicher Weise gewärtigen Ge- dankengange folgt. Auf der anderen Seite tragen Wieder- holungen des bereits Gesagten, selbst in abweichender Form gegeben, eher zu allem anderen, als zur Weckung des Inter- esses bei. Diese Klippen der Unklarheit und Langeweile drohen bei der Behandlung der Rolle der Elemente Sauerstoff und Wasser- stoff im Pflanzenleben in ganz besonderem Maße. Denn wie Das Wasser als Bodenbestandteil. 5 keine anderen sind diese beiden Elemente fast überall in ihrem Auftreten und in ihren Wirkungen miteinander verknüpft, so daß sich nicht das eine ohne das andere behandeln läßt, wäh- rend auch gemeinsame Behandlung ihre Schattenseiten hat. Ganz außer Frage können die Mengen Sauerstoff und Wasserstoff bleiben, welche als Bausteine der Moleküle an- organischer Verbindungen mit diesen in den Pflanzenleib gelangen. An sich wichtig, treten sie im Organismus der Pflanzen vollkommen zurück. Vielmehr sollen hier nur die Bruchteile der Gesamtmasse beider Elemente betrachtet wer- den, in welchen, wenn ich so sagen darf, Wasserstoff und Sauer- stoff als solche zur Produktion organischer Substanz im Le- bensprozeß der Pflanzen zur Wirkung kommen. Das geschieht beim Wasserstoff und Sauerstoff vereint in einem Verhältnis 2:ı (H,O) als Wasser, beim Sauerstoff zu- dem noch in freier Form in der Luft, die nicht nur die oberirdischen Organe der Pflanzen umspült und durchdringt, sondern auch als Gemengteil des Bodens am Standort wichtig ist. Von der Verknüpfung des Sauerstoffs mit Kohlen- stoff zur Kohlensäure, die uns später eingehend beschäftigen wird, ist dabei noch ganz abgesehen. 1. Das Wasser als Bodenbestandteil. „Boden ist ein Gemenge von mehr oder minder kleinen festen Teilchen, Wasser und Luft.“ Überall hat der Boden einen gewissen Wassergehalt auf- zuweisen. Auch der dürrste Wüstensand ist nicht so durchaus trocken, daß es nicht gelänge, durch Erhitzen auf die Siede- temperatur des Wassers oder etwas darüber noch Spuren von Wasser zu entfernen, wie sich durch den Gewichtsverlust solchen erhitzten Sandes kundgibt. Oberhalb von Ioo° bis etwa 150° hin bleibt das Gewicht des Bodens gleich, um dann je nach der Art und der Zusammensetzung bei noch höheren Temperaturen nochmals abzunehmen. Wiederum ist Wasser entwichen, das noch im Boden vorhanden war, abgesehen von einem gewissen Gewichtsverlust, der durch das Verbrennen der im Boden enthaltenen organischen Substanz bei höheren 6 Sauerstoff und Wasserstoff. Temperaturen entsteht. Und wenn wir den Boden schließlich glühen, so wird sich unter Umständen ein nochmaliger Wasser- verlust konstatieren lassen. Bei allen diesen Wasserverlusten unter der Einwirkung hoher Wärmegrade, über 100° C., den Siedepunkt des Wassers hinaus, handelt es sich um Wasser, das nicht frei im Boden vorhanden war, sondern als Konstitutionswasser in den Molekülen der Bodenbestandteile gebunden. Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, daß das Wasser, derartig fest gebunden, daß es nur hoher Temperatur, ja erst der Glüh- hitze weicht, für die Pflanzen völlig belanglos ist und für ihre Ernährung nicht in Betracht kommt. Aber, wie wir gesehen haben, enthält auch dürrer Sand noch freies Wasser, das jedoch offenbar ebenfalls den Gewäch- sen von keinem Nutzen ist. Denn eine eingesetzte Pflanze verschmachtet und verdorrt sofort. Es ist das derjenige Anteil des Bodenwassers, der von den einzelnen Teilchen des Bodens als Benetzungswasser ganz besonders festgehalten wird. Dieses Wasser bedeckt in nur einer Molekülschicht die Oberfläche der festen Bodenteilchen, die in trockenem Zustande ihrerseits die Wassermoleküle mit einer Kraft anziehen, die größer ist, als die Kohäsionskraft des Wassers. Die wirksame Anziehungskraft reicht allerdings über die Stärke einer molekularen Schicht nicht heraus, wenn freilich diese ganz besonders festgehalten wird. Es ergibt sich von selbst, daß die auf diese Weise von dem Boden festgehaltene Wassermenge um so größer sein muß, je größer die Oberfläche der festen Bodenteilchen ist. Mitscher- lich, der auf diesem bodenphysikalischen Gebiete bahn- brechend vorgegangen ist in Anknüpfung an die Untersu- chungen von Rodewald, bezeichnet diese Wassermenge be- zogen auf die angewendete trockene Bodenmenge als die Hygroskopizität des Bodens. (Früher verstand man unter weniger scharfer Begriffsbestimmung darunter die Fähigkeit des Bodens, aus der Atmosphäre Wasserdampf zu absorbieren.) Wird ganz trockener Boden von Wasser befeuchtet, so entwickelt sich Wärme, die sogenannte Benetzungswärme, Das Wasser als Bodenbestandteil. 7 natürlich nur so lange, bis die gesamte Oberfläche aller Boden- teilchen mit einer Molekülschicht Wasser überzogen, ‚‚benetzt‘‘, ist. Die Wärme ist um so größer, je größer verhältnismäßig die Oberfläche der Bodenteilchen ist; um so größer ist natürlich auch die zur Benetzung erforderliche Wassermenge, die „Hygroskopizität“. Das Gewicht und damit der Rauminhalt des Wassermole- küls ist bekannt. Es beträgt nach der Untersuchung von Nernst 8,3-18-10 ?” mg. Die Berechnung der Bodenober- fläche, die eine gegebene Wassermenge in einer Molekül- schicht überzieht, ist danach leicht. Immerhin würde es zu weit führen, auf die Art der Berechnung hier näher einzu- gehen. Es mögen nur einige von Mitscherlich angegebene Zahlen Platz finden. Es beträgt die Oberfläche aller Teilchen von ı g Boden bei: er % Hygro- Feinem tertiären Quarzsand . . 1,38 qm — 0,034 skopizität desgleichen im Mörser pulverisiertt 2,76 ,„ = 0,068 Sandboden . .. . WESEN 2 24200, — 08 as Sandigem en NP HE 0) .. Wiesenboden erster Klasse. . . 129,5 ,„ = 3,19 Fr Kaolım. sr ...,. eu 202 2.350 = dr orten Se en: TATON u DZ .; Strengem Tonboden (aus on 000,70..,,.— 23,88 =” Nachdem die Oberflächenverhältnisse einmal festgelegt wa- ren, eine Aufgabe, die auf den ersten Blick vielleicht einfach erscheint, in Wirklichkeit aber zu den schwierigsten und exak- testen Arbeiten des Forschers auf dem Gebiete der Bodenkunde in theoretischer und besonders technischer Beziehung ge- hört, war es eine verhältnismäßig leichte Aufgabe, eine Me- thode zur schnellen Bestimmung der Hygroskopizität der Böden zu finden. Sie wurde von Mitscherlich und Rode- wald in der Weise gelöst, daß Mitscherlich in seiner Bodenkunde mit Recht behauptet: ‚Die Methode der Be- stimmung der Hygroskopizität dürfte mit die einfachste Ar- beit der physikalischen Bodenuntersuchung sein, welche wir besitzen.‘‘ Das Prinzip besteht darin, den Baden über Iopro- 8 Sauerstoff und Wasserstoff. zentiger Schwefelsäure im Vakuum sich mit Wasserdampf zur Gewichtskonstanz sättigen zu lassen. Er nimmt hier nur das hygroskopisch gebundene Wasser, dessen Dampfspannung der der Ioprozentigen wässerigen Schwefelsäure entspricht, auf und es genügt, vorher den absolut trockenen Boden, nachher den ‚‚benetzten‘‘ Boden zu wägen, um die wichtige Größe, die Hygroskopizität, zu finden. Warum dieser Größe eine solche Wichtigkeit für die Boden- kunde beigelegt werden muß, ergibt leicht folgende Über- legung. Je größer die Hygroskopizität eines Bodens, desto größer ist, wie wir gesehen haben, seine Oberfläche. Je größer aber die Oberfläche aller Bodenpartikelchen ist, desto größere Angriffsmöglichkeiten bieten sich allen auf den Boden wirken- den Agentien. Desto größer ist die Möglichkeit einer guten Verteilung der Pflanzennährstoffe, desto größer ist die Mög- lichkeit genügender Absorption von Düngestoffen. Große Bodenoberfläche setzt aus geläufigen mathematischen Gründen Kleinheit der einzelnen Bodenteilchen voraus, diese ihrerseits ermöglicht eine günstige Verteilung von Wasser und Luft im Boden. Mit einem Wort: es kann keinem Zweifel unter- liegen, daß Bodenoberfläche resp. Hygroskopizität und Fruchtbarkeit eines Bodens, die sich aus den obengenannten Faktoren zusammensetzen, in eng- stem Zusammenhange stehen. Die erstere ist die Voraussetzung der letzteren. So hoch der Wert des hygroskopisch gebundenen Wassers als Maßstab für die Bodenoberfläche und damit für die Mög- lichkeiten der Produktion eines Bodens zu veranschlagen ist, so gering ist die Bedeutung des hygroskopisch gebundenen Wassers, soweit es als Nährstoff für die Vegetation in Betracht kommt. Liebig schreibt: ‚Wo im heißen Sommer die Oberfläche des Bodens austrocknet, ohne daß ein Ersatz aus tieferen Erd- schichten durch kapillare Anziehung statt hat, da liefert die mächtige Anziehung des Bodens zu dem gasförmigen Wasser in der Luft die Mittel zur Erhaltung der Vegetation.‘ Diese Annahme ist nach dem heutigen Stande der For- schung ein Irrtum, in mehrfacher Beziehung sogar. Zunächst Das Wasser als Bodenbestandteil. 9 wird aus wassergesättigter Luft mehr Wasser vom trockenen Boden gebunden, als seiner Hygroskopizität entspricht, indem sich an die erste Molekülschicht Wasser leicht noch eine zweite, auch wohl noch mehrere Schichten anlagern, für welche natürlich der Begriff ‚‚hygroskopisch gebundenes Wasser“ nicht mehr zutrifft. Abhängig ist diese Menge von der Tempe- ratur, vor allem von dem Sättigungsdefizit!) der Atmosphäre an Wasserdampf, oder der relativen Feuchtigkeit der Luft. Die Hygroskopizität des Bodens wirkt dem Sättigungsdefizit in- sofern entgegen, als stark hygroskopischer Boden selbst einer Luft mit hohem Sättigungsdefizit Wasser zu entziehen vermag, während andererseits ein besonders hohes Sättigungsdefizit der Luft unter Umständen sogar das Verschwinden wirklich hygroskopisch gebundenen Wassers aus dem Boden veranlaßt. Das ließen alle älteren Autoren aus Unbekanntschaft mit den physikalischen Gesetzen aus den Augen und ihre Versuche, die die Möglichkeit der Unterhaltung der Vegetation durch „hygroskopisch gebundenes‘ Wasser beweisen sollten, sind infolge dieses Fehlers durchweg nicht stichhaltig. Versuchevon Mitscherlich ergaben, ‚‚daß die Pflanzen an- fangen zu welken, wenn der Boden noch ungefähr die drei- fache Menge des hygroskopisch gebundenen Wassers besaß, daß sie aber abstarben, sobald der Boden nur noch die hygrosko- pisch gebundene Wassermenge enthält.“ „Betrachtet man die Frage vom rein physikalischen Ge- sichtspunkte aus, so ist es eine bekannte Tatsache, daß sich die Spannung des Wasserdampfs benachbarter Körper aus- 1) Der Gehalt der Luft an Wasserdampf ist abhängig von der Tempe- ratur. Bei jeder Temperatur gibt es eine gewisse Höchstmenge von Wasser, die sich gasförmig in der Luft befinden kann und da, wo Wasser vorhanden ist, anfänglich schnell, schließlich langsamer auch wirklich in die Luft über- geht. Die Differenz zwischen möglicher und tatsächlicher Feuchtigkeit der Luft auf mögliche Feuchtigkeit = 100 bezogen, versteht man unter relativem Sättigungsdefizit, die vorhandene Feuchtigkeit im gleichen Maß ausge- drückt unter relativer Feuchtigkeit. Relative Feuchtigkeit = 80 bei 15°, besagt z. B., daß von der bei 15° in der Luft möglichen Wassermenge nur 80 Hundertteile vorhanden sind, mithin ein Sättigungsdefizit von 20 Hundert- teilen besteht. Umgekehrt geht bei wasserübersättigter Luft Wasser in flüssige Form über. 2) Sauerstoff und Wasserstoff. zugleichen sucht. Dies findet nun nicht nur zwischen den festen Bodenteilchen und der Luft, sondern auch zwischen diesen und der Pflanze statt. Ist dies soweit geschehen, daß der Boden nur noch hygroskopisch gebundenes Wasser besitzt, so wird auch in der Pflanze das Wasser soweit unter der Erscheinung des Welkwerdens verdunsten, bis auch in ihr nur noch hygros- kopisches Wasser vorhanden ist. Erst wenn jetzt die Pflanze relativ trockener würde als der Boden, würde sie aus diesem noch hygroskopisches Wasser aufnehmen können. Eine Pflanze, die nur noch hygroskopisches Wasser enthält, kann dabei noch ziemlich feucht sein, da ihre äußere Oberfläche relativ groß ist. Hierfür sprechen unter anderem auch die hohen Resultate, welche Trommer für die Hygroskopizität des Gersten- und Roggenstrohs erhielt. Dennoch kann die ganze Pflanze nicht mehr lebenskräftig sein, da die ganze kapillare Wasserleitung und somit die Nahrungsaufnahme in ihr unterbrochen ist und sich nie wiederherzustellen vermag. Danach kann die Pflanze erst, wenn sie abgestorben ist, ihren Wassergehalt mit dem des Bodens ausgleichen, indem sie letzterem hygroskopisches Wasser entzieht. Das hygrosko- pisch gebundene Wasser hatsonach keine Bedeutung für die Vegetation“ (Mitscherlich). Die älteren Autoren unterlagen ihrem Irrtum in dieser Be- ziehung, weil sie die Erscheinungen der Hygroskopizität von denen der Kapillarität im Boden nicht genügend trennten, die Grenzen beider Erscheinungen verwischten. Wir müssen hierauf und auf die Bedeutung des kapillaren Wassers näher eingehen. Während das hygroskopisch gebundene Wasser durch Mole- kularkräfte fest an der Oberfläche der Bodenteilchen gehalten wird, mithin von der Oberfläche der Teilchen abhängig ist, gilt dieses für das kapillar gehaltene Wasser nur insofern, als Oberfläche und Größe und Gestalt der Bodenteilchen in gewissen Wechselbeziehungen stehen. Denn dieses kapillar gehaltene Wasser hängt in seiner Menge, sowie der Festigkeit, mit wel- cher es gehalten wird, von der Zahl und Größe der kapillaren Hohlräume ab, welche sich an den Berührungsstellen der ein- Das Wasser als Bodenbestandteil. II zelnen Bodenteilchen bilden. Man kann den ganzen Boden so- gar als ein mehr oder weniger zusammenhängendes Netz von Kapillaren auffassen, neben denen noch zahllose nicht mehr ka- pillar wirkende Hohlräume bestehen. Es sei kurz auf die physikalischen Gesetze der Kapillar- erscheinungen zum Verständnis des Folgenden hier ein- gegangen. Wenn man eine enge Glasröhre in eine benetzende Flüssig- keit taucht, so stellt sich diese in ihr höher als außerhalb, im Bestreben, möglichst viel Wandung zu benetzen. Die Flüssigkeit zieht sich an der Wand der Röhre in einer dünnen an ihr haftenden Schicht über die scheinbare Grenzlinie hin- auf. Ihre freie Oberfläche bildet dabei eine hohle, die Röhre rings berührende, angenäherte Halbkugel oder ein flacheres Kugelsegment, je nach der Weite der Röhre, einen sogenann- ten Meniskus. Je stärker die Krümmung des Meniskus ist, je mehr sie sich der Halbkugel nähert, desto stärker ist der Zug in der Richtung zum Mittelpunkt des Krümmungsbogens, desto größer ist die Steighöhe der Flüssigkeit. Dies ist natürlich um so mehr der Fall, je enger die Röhre ist, wie eine genaue Überlegung lehrt. Am deutlichsten lassen sich dementspre- chend diese Erscheinungen an Kapillaren, d.h. Haarröhrchen, beobachten, woher auch der Name Kapillarität stammt. Die Steighöhe ist dem Halbmesser der Röhre umgekehrt proportional. Für Wasser beträgt die Steighöhe in Röhren von ı mm Durchmesser 30 mm. Alkohol steigt nur noch I2 mm, Äther Io mm auf. Es ergeben sich aus dem bisher Gesagten zwei weitere Tat- sachen, die zur Erklärung des Verhaltens des Wassers im Boden von Wichtigkeit sind. Das ist zunächst der Umstand, daß eine Flüssigkeit, die nicht imstande ist, das Material der Röhre zu benetzen, frei- willig nicht in eine Kapillare eindringen wird, sondern erst unter einem bestimmten Druck. Jedenfalls wird ihre Ober- fläche in der Röhre niedriger stehen, als die Oberfläche außer- halb. Ein Beispiel bietet das Quecksilber. Dann wird es ferner zwar möglich sein, daß Wasser, um 12 Sauerstoff und Wasserstoff. bei diesem zu bleiben, aus einer weiteren Röhre in eine engere steigt, aber nicht umgekehrt, da hier die Zugkraft des stärker gekrümmten Meniskus zu überwinden ist. Die gleichen Gesetze gelten natürlich auch, wenn es sich nicht um kompakte Flüssigkeitsmengen handelt, in welche die Kapillare eintauchen, sondern um einzelne Tropfen Flüssig- keit, die in der Kapillare sich befinden. Bei gleicher Weite der Kapillare werden derartige Tropfen frei und mit geringer Kraftanwendung zur Überwindung der Reibung usw. an den Seitenwänden verschiebbar sein. Bei verschiedener Weite wird sich bei senkrechter Lage der Röhre je nach der Weite der ein- zelnen Stellen, an denen sich der Tropfen gerade befindet, ein Gleichgewichtszustand zwischen den Zugkräften der Menisken und der Schwerkraft herstellen. Abb. 1. (Nach Ramann.) Abbildung ı, in welcher die Pfeile die Zugrichtungen an- geben, verleiht eine Vorstellung von diesen Erscheinungen. Die Gesetze der Kapillarität regeln im Boden eine seiner wichtigsten Eigenschaften: die Wasserkapazität, d.h. seine Fähigkeit, das Wasser festzuhalten. ‚Man unterscheidet zwischen der kleinsten oder absoluten und der größten oder vollen Wasserkapazität. Die kleinste Wasserkapazität ist ein Maß der Wassermenge, welches vom Boden dauernd festgehalten wird und nicht in die Tiefe abfließt. Die größte Wasserkapazität ist ein Maß für die Wassermenge, die der Boden in der Nähe von Grund- wasser festzuhalten vermag‘ (Ramann). Die kleinste Wasser- Das Wasser als Bodenbestandteil. 13 kapazität gibt also für die Einzelröhre die höchstzulässige Größe des Tropfens an, der bei senkrechter Stellung nicht herausfließt. Die größte Wasserkapazität entspricht der Wassermenge, die in der gleichen Röhre beim Eintauchen in Wasser über das Niveau des Wasserspiegels aufzusteigen vermag. Beide Arten der Wasserkapazität sind natürlich um so größer, je wirksamer die Kapillaren des Bodens sind, je zahl- reicher die kapillaren Hohlräume gegenüber den nicht mehr kapillaren, wie sie durch die Tätigkeit von Tieren usw. im Boden entstehen. Es muß hier bemerkt werden, daß unsere ganzen Betrach- tungen sich auf sogenannten gewachsenen Boden, d.h. Boden in ungestörter natürlicher Lagerung, beziehen, wie er der wirk- liche Pflanzenstandort ist, nicht aber auf laboratoriumsmäßig präparierten Boden. Je feiner demnach die einzelnen Boden- partikelchen sind, je dichter sie gelagert sind, desto zahlreicher und wirksamer sind die Kapillaren, desto größer ist die Wasser- kapazität. Um nur ein Beispiel, das Wollny mitteilt, hier anzuführen, ergab sich für Quarzkörner verschiedener Größe eine kleinste Wasserkapazität von: Größe I—2 mm = 3,66 Wasserkapazität », 0,25 0,50 = 4,38 „ „ 0,11 0,17 „= 6,03 „ „ 0,01—-0,07 ,„ = 35,50 „ Die Wasserkapazität ist für die Vegetation des Bodens von allergrößter Wichtigkeit, insofern, als von ihr die Versorgung mit Wasser abhängt. Denn dieses kapillar gehaltene Wasser ist es, womit die Pflanzen zu rechnen haben. Es entstammt dieses Wasser nur in verhältnismäßig sel- tenen Fällen dem Grundwasser, wie es sich bei undurchlässigen Schichten überall in der Tiefe der Böden, von Felsen usw. natürlich abgesehen, fortbewegt. Der kapillare Aufstieg des Wassers vom Grundwasser her ist abhängig von der ununterbrochenen Fortsetzung der Kapil- 14 Sauerstoff und Wasserstoff. laren von unten bis oben, ein äußerst seltener Fall. Voraus- setzung ist äußerst gleichmäßige Schichtung des Bodens, so daß die Kapillaren von unten nach oben zu enger werden, oder aber mindestens an Weite gleich bleiben. Denn wir haben gesehen, daß Wasser zwar aus einer weiteren in eine engere Kapillare, nicht aber umgekehrt überzutreten vermag. Selbst unter so günstigen Verhältnissen, wie sie sich nicht allzu häufig finden dürften, ist die Bedeutung des kapillaren Aufstieges des Wassers für die Vegetation nicht zu überschätzen. Denn bei einer Korngröße der einzelnen Bodenpartikelchen von 2—3 mm ist der kapillare Aufstieg fast gleich o. In fein- körnigem Sand (70—90%, der Körner kleiner als 0,25 mm) erfolgt die Hebung höchstens 40o cm über den Grundwasser- spiegel, d. h. für weitaus die Mehrzahl der Böden, in welchen das Wasser erst in vielen Meter Tiefe als Grund- wasser ansteht, kommt die kapillare Hebung aus dem Grundwasser überhaupt nicht mehr in Betracht. In schwerem Ton- und Lehmboden ist zwar die Steighöhe des Wassers infolge der Enge der Kapillare eine sehr hohe, bis zu mehreren Kilometern, aber die Wasserbewegung in den Kapillaren ist hier infolge der sehr starken Reibung eine so überaus langsame, daß man diesen Boden praktisch als undurchlässig bezeichnen kann. So handelt es sich bei dem Wasser, das den Pflanzen in der Regel zur Verfügung steht, nicht um kapillar gehobenes, sondern um kapillar festgehaltenes Wasser, das den Nieder- schlägen entstammt: nicht um die Erscheinungen der größten, sondern um die der kleinsten Wasserkapazität, die das Ein- dringen der Niederschläge und das Verweilen des Wassers in dem Boden regeln. Je nach der Natur des Bodens ist diese sehr verschieden. Am geringsten ist sie in Grandböden, wo sie nur wenige Prozent des Trockengewichts ausmacht. Auf mittleren, d.h. leicht lehmigen und humosen Böden bewegt sich die Größe zwischen 30— 80%, steigt bei reinen Humus- böden wie Moor z. B. auf mehrere hundert Prozent, um auf den gänzlich undurchlässigen, schwersten Tonböden den Wert © = unendlich zu erreichen. Das Wasser als Bodenbestandteil. 25 Größere Kapillaren oder gar nicht mehr kapillar wirkende Hohlräume, die an engere Kapillare stoßen, beschleunigen selbstverständlich das Eindringen des Wassers sehr, da hier Kapillarwirkung und Schwere in gleichem Sinne gerichtet sind. Umgekehrte Lagerung wirkt stark verlangsamend ein. Gar zu enge Kapillaren, zu dichte Bodenlagerung lassen das Wasser womöglich sogar oberflächlich abfließen, und ein Ähnliches gilt für Trockenheit der obersten Bodenschicht infolge des Benetzungswiderstandes der trockenen Bodenteilchen. Daß unter natürlichen Verhältnissen Steine das Eindringen des Wassers verhindern, durch Unterbrechung der Kapillaren seine Leitung verringern, daß Spalten, Löcher usw. das Ein- dringen besonders in einzelnen Richtungen begünstigen, ver- steht sich von selbst. Bei Boden verschiedener Schichtung kann man ganz allgemein sagen, daß ausschließlich die un- durchlässigste Schicht die Menge des Wassers be- stimmt, die den Pflanzen zur Verfügung bleibt, resp. ab- fließt. Von Einfluß auf das Eindringen des Wassers in den Boden sind ferner Luftdruck und Temperatur, wenn auch in engen Grenzen. Die Verdunstung, verschieden je nach der Temperatur, der Luftbewegung, dem Sättigungsdefizit der Luft, nicht zu- letzt auch der mehr oder minder großen Oberfläche des Bodens, die verschiedene Angriffspunkte für die erstgenannten Fak- toren gibt, greift des ferneren in den Wasserhaushalt des Bodens ein. Nicht zu unterschätzen ist vor allem auch noch das erst in letzter Zeit mehr gewürdigte Übertreten der Feuchtigkeit von nasseren auf trocknere Bodenteile, wie es im Boden sicherlich dauernd stattfindet. Kurz, der Wasserhaushalt des Bodens ist trotz des mancherlei Wissens über ihn noch keines- wegs ganz geklärt. Vor allem: nicht ein Stück Boden gleicht dem anderen, keine Stelle gleicht in ihrem Wassergehalt in der den Pflanzen zur Verfügung stehenden Zone selbst auf verhältnismäßig kurze Zeit sich selbst. Nur genaueste Be- obachtung am einzelnen Ort kann zum Ziel führen, zu er- 16 Sauerstoff und Wasserstoff. kennen, was der Boden für die Pflanzen an Wasser als un- entbehrlichen Nährstoff zu liefern vermag, in welcher Weise er namentlich mit der Feuchtigkeit, die ihm die Niederschläge zuführen, haushält. Wissen wir aber das, so haben wir die Möglichkeit, wenn nicht wirtschaftliche Rücksichten hindern, den Pflanzen das Optimum ihres Wasserbedarfs zu bieten, denn das Wasser entzieht sich nicht der Kontrolle des Ackerbauers, ‚ist ihm vielmehr bei richtiger Behandlung ein gefügiges und erfolgreich arbeitendes Werkzeug. Doch davon später! 2. Die Aufnahme des Wassers durch die Pflanzen und seine physiologische Rolle im Pflanzenleben. Eine Blase aus Pergamentpapier sei mit einer konzen- trierten wässerigen Lösung, z. B. von Kupfervitriol, gefüllt und in ein Gefäß mit Wasser versenkt. Die Pergamentmembran sei überall dicht und auch der Verschluß genügend fest, um das Durchsickern von Wasser nicht zu gestatten. Trotzdem dauert es nur kurze Zeit, bis die anfänglich nur schwach gefüllte Blase pralle Wandungen zeigt. Es tritt offenbar Wasser durch die Pergamentwandung hindurch zu der konzentrierten Lösung im Innern, ohne daß ein Hindurchdringen des Vitriols nach außen im gleichen Grade stattfindet. Spuren freilich gelangen nach außen, und zwar um so mehr, je länger der Vorgang andauert. Immerhin kommt es bei richtig gewählten Verhält- nissen oft zu so starkem Überdruck im Innern der Blase, daß diese platzt, wenn nicht vorher ein völliger Konzentrations- ausgleich der Flüssigkeit im Innern und Äußern erzielt ist. Man nennt diesen Vorgang des Hindurchtretens von Flüssig- keiten durch durchlässige Membranen unter dem Einfluß molekularer Kräfte Osmose, den dabei auftretenden Druck den osmotischen Druck. Für die Pergamentblase mit ihrem konzentrierten Flüssig- keitsgehalt bieten die einzelnen pflanzlichen Zellen ein völliges Analogon. Die Zellhaut ist die durchlässige Pergamentmem- bran, der konzentrierte Zellinhalt entspricht der konzentrierten Lösung im Innern der Blase. Die Gesetze der Osmose regeln Aufnahme des Wassers. 17 durchaus auch den Wasserhaushalt des einzelligen pflanz- lichen Individuums, mit dem einzigen Unterschied, daß hier kein allmählicher Konzentrationsausgleich stattfindet, sondern durch Lebensvorgänge eine ständige Konzentrationsdifferenz zwischen Außenflüssigkeit und Zellinhalt gewahrt bleibt, so daß bis zum Tode ständig osmotische Vorgänge verlaufen: Eintritt des Wassers ins Innere, Austritt gelöster Stoffwechsel- produkte nach außen. Was für die einzelligen Pflanzen gilt, ist des weiteren auch richtig für die ganz im Wasser lebende höhere Pflanze, die ja schließlich nur einen Staat von Einzelzellen repräsen- tiert. Auch bei der Wasserpflanze gelten für alle mit der Außen- flüssigkeit in direkter Berührung stehenden Zellpartien die Gesetze der Osmose, die Wasseraufnahme und Sekretabgabe regeln. Der ganze Leib vermag der Aufnahme des Lebens- elements zu dienen. Anders bei der Pflanze, die Stamm und Blatt in die Luft erhebt. Die Luft vermag nicht, diesen Organen Wasser zu- zuführen, da sie in der Regel selbst nicht mit Wasser ge- sättigt ist. Eine Arbeitsteilung bezüglich der Verwertung des Wassers ist bei dieser Pflanze zwischen ihren Organen ein- getreten. Alle in die Luft ragenden Teile dienen in der Regel nicht mehr der Wasseraufnahme. Diese ist wesentlich auf die Wurzel beschränkt, die im Boden versuchen muß, das für den Unterhalt des ganzen Organismus erforderliche Naß zu schöpfen. Und hier trifft das obige Beispiel wieder zu. Wasserhüllen umgeben, wie wir gesehen haben, die ein- zelnen Partikelchen des Bodens, Wassertröpfchen, vielleicht in sumpfigem Gelände geschlossene Wassermassen, erfüllen die Hohlräume. In diesem Wasser ruhen die zarten Zell- reihen der einzelnen Wurzelhaare, die in dichtem Pelz die feinsten Würzelchen der Pflanzen umgeben. Und diesem Wasser dringen diese lebenden Perlenschnüre nach und neh- men es auf, wieder streng nach den Gesetzen der Osmose. Und einmal aufgenommen steigt das Wasser von einer Perle, einer Zelle zur anderen, der gleichen Regel folgend, bis es Vageler, Pflanzennährstoffe. 2 18 Sauerstoff und Wasserstoff. zum eigentlichen Wurzelkörper gelangt. Auch hier gibt Zelle das Naß an Zelle weiter, höher und höher hinauf. Dieser Vorgang ist ein sehr langsamer und würde dem Wasserbedürfnis eines Baumes z.B. bei weitem nicht genügen. Daher hat die Pflanze es verstanden, der Not als Lehrmeisterin folgend, im Laufe der Entwicklung sich ein künstliches System von Wasserleitungsbahnen in ihrem Organismus zu schaffen. - Das lebendige Parenchym tritt bei der höheren Landpflanze als Mittel des Wassertransports gegenüber dem abgestorbenen Gefäßteil der Gefäßbündel zurück. Die Gefäße und Tra- cheiden, miteinander in fast ununterbrochener Verbindung ste- hende Röhren geben vorzügliche Leitungsbahnen ab, die jede Pflanze bis in die feinsten Blattspitzen mit Wasser versorgen. Daß dem wirklich so ist, kann man sich sehr leicht durch einen einfachen Versuch überzeugen. & Man entferne an dem Aste einer TER kräftigen Holzpflanze einen Ring 1% des lebenden Gewebes bis auf den Abb. 2. A, B Tracheiden, E = F C Gefäß (240:1). dünnen Holzkörper. Man wird an den über der entblößten Stelle stehenden Blättern nicht das geringste Welken bemerken, wie es der Fall sein müßte, wenn dem Parenchym für die Wasserversorgung eine Bedeutung zukäme. Zieht man die Höhe vieler Bäume in Betracht und dagegen das Gewicht des Wassers, so leuchtet es ein, daß beträchtliche Kraft dazu gehört, das Wasser bis zur Höhe der Krone zu heben. Diese Kraft ist einmal wohl zu suchen in einfacher Stauwirkung im Anfang der Gefäße. Auf osmotischem Wege scheiden hier wahrscheinlich die Zellen ein Wassertröpfchen nach dem andern aus und treiben so in dem Stammteil der Pflanze die Wassersäule höher und höher. Einzig kommt diese Kraftquelle jedenfalls für den Wurzel- druck der Pflanzen in Betracht, der eine abgeschnittene Aufnahme des Wassers. 19 Staude, einen gefällten Baum stundenlang, ja tagelang Wasser auspressen, „bluten‘“ läßt. Man hat Wurzeldrucke bis acht Atmosphären an tropischen Gewächsen gemessen. Zur Wasserversorgung des ganzen Gewächses reicht aber dieser Wurzeldruck sicherlich nicht aus, denn man kann oft genug beobachten, wie ein abgeschnittener Stumpf nicht nur kein Wasser abgibt, sondern eine Zeitlang sogar direkt Wasser aufsaugt. Es ist dies kein Wunder, denn der Wasserverbrauch einer kräftig wachsenden Pflanze ist ein ganz enormer, die Ab- gabe von Wasser durch ihre oberirdischen Teile an die Luft ist eine sehr starke. Zwar sind der Stamm, die Äste, Stengel usw. bei der Mehr- zahl der Pflanzen durch Rinde, Wachsschichten und dergleichen gegen eine zu hohe Abgabe von Wasser geschützt, eben- so wie die Früchte. So verliert z. B. ein Apfel selbst im Laufe eines Jah- res noch verhältnismäßig sehr wenig Wasser, was daraus hervorgeht, daß er seine pralle Form bewahrt und wenig schrumpft. „Die grünen Ernährungsorgane (das sind die Biätter) sollen zur Konzentrierung der Nährsalze aber Wasser ver- dunsten, deswegen machen sie von solchen Einrichtungen nur wenig Gebrauch, sie werden vielmehr mit Einrichtungen aus- gestattet, welche die Verdunstung fördern. Sämtliche Zellhäute lebender Organe sind mit Wasser durch- tränkt, und wenn die Kutikularschichten der Oberhaut nicht zu stark entwickelt sind, so verdunstet aus den Oberhautzellen stets etwas Wasser. Die Menge desselben ist natürlich um so größer, je größer die verdunstenden Flächen sind. In der Flächenausbreitung der Laubblätter liegt demnach 2* Abb. 3. Spaltöffnung von oben gesehen. 20 Sauerstoff und Wasserstoff. eine Einrichtung vor, welche die Transpiration be- günstigt. Die größte Förderung erfährt die Verdunstung aber durch die zahllosen Spaltöffnungen (Luftspalten), welche die Epidermis durchsetzen und welche den Wasserdampf, von dem die Luft der Interzellularen nahezu gesättigt ist, auch aus dem Innern der Pflanzen ungehindert austreten lassen‘ (Noll). Die Zahl dieser Spaltöffnungen beträgt bei einem mittel- großen Kohlblatt z. B. bis ıı Millionen. Bedenkt man, daß die Atmosphäre selten mit Wasserdampf gesättigt ist, so liegt es auf der Hand, welche Größe in diesen ıı Millionen Spalt- öffnungen die Wasserabgabe des Blattes erreichen muß, da die Zellhäute ihrerseits das ihnen entzogene ‚‚Imbibitions- wasser‘‘ schleunigst aus dem Wasser des Zellinhalts ersetzen. Ein Morgen Kohlpflanzen (0,25 ha) verdunstet auf diesem Wege in vier Monaten rund 2 Millionen Liter Wasser. Die Verdunstung wird dabei durch Trockenheit der Luft, Wärme usw. gefördert, wie es sich übrigens von selbst versteht. Rechnet man hinzu, daß viele Pflanzen in den sogenannten Hydatoden, d.h. Spalten, die in direkter Verbindung mit den Wasserbahnen stehen, noch Organe besitzen, die auch tropfen- förmig Wasser ausscheiden, so kommt man zu der Über- zeugung, daß den Strom des Wassers außer dem Wurzeldruck in der Pflanze noch andere Kräfte bewegen müssen. Welche Kräfte dieses freilich sind, darüber ist zurzeit das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Die „Lebenskraft‘‘ der Zellen, die man so gern für alles Un- verständliche sonst verantwortlich macht, scheidet wohl mit ziemlicher Sicherheit aus. Denn man kann giftige Lösungen, die sofort alle Zellen töten, leicht bis in die Kronen hoher Bäume aufsteigen lassen. Die osmotischen Strömungen können nur Helfer und nicht allein wirkend sein, ebenso die Kapilla- rität. Denn die Kapillaren sind keineswegs überall ununter- brochen, und das wäre zur kapillaren Leitung doch mindestens notwendig, ganz abgesehen davon, daß die Steighöhe und vor allem die Schnelligkeit der Wasserversorgung nicht im ent- ferntesten für hohe Bäume ausreichen würde. Rolle des Wassers. 21 Eine Saugwirkung durch Entstehen luftverdünnter Räume im Pflanzenorganismus infolge starker Wasserverdunstung ist sicherlich anzunehmen und diese Saugwirkung unterstützt je- denfalls die Druckwirkung der Wurzelzellen. Der Druck der Atmosphäre vermag freilich nur eine Wassersäule von Io m Höhe zu heben und viele Bäume sind über I0o0o m hoch. Aber diese I0O0 m sind in viele Stockwerke zerlegt, die jedenfalls niedriger als ı1o m sind. In ihnen kann also sehr wohl die Luftverdünnung neben der Kapillarität hebend zu wirken, während osmotische Vorgänge den Übertritt des Wassers von einem Stockwerk ins andere vermitteln. Erst zukünftige Forschungen können die endgültige Lö- sung der Streitfrage bringen. Die Rolle des Wassers im Pflanzenorganismus selbst ist eine zweifache. Zunächst wirkt es rein physikalisch als Lösungsmittel für die Substanzen des Pflanzenleibes, die dadurch erst ihre Aktivi- tät erhalten. Erst genügender Wassergehalt ermöglicht das Leben der einzelnen Algenzellen, erst das Hinzutreten des die Reservestoffe lösenden und damit reaktionsfähig machenden Wassers ermöglicht die Keimung des ruhenden Samens. Wasserentziehung ist gleichbedeutend mit Stillstand der Lebensvorgänge des Plasmas, oft mit Tod der Pflanzenzelle. Die tötliche Grenze liegt dabei bei verschiedenen Pflanzen sehr verschieden hoch, steigend mit abnehmender Feinheit der Organisation. So vertragen viele Bakteriensporen z.B. fast völlige Austrockung, die Zellen eines Laubgewächses dagegen nur sehr geringe Grade der Wasserentziehung. Die Wände der einzelnen Zellen lagern das Wasser zwischen ihre festen Partikelchen ein, sie ‚„imbibieren‘‘ sich mit Wasser und erhalten dadurch ihre charakteristischen Eigenschaften, in erster Linie Elastizität. Das Zellinnere, also die eigentliche Zelle, benutzt das Wasser als hauptsächlichstes Mittel zur schnellen Größenent- faltung beim Wachstum, so daß man es zum Unterschiede von dem ‚„Nährwasser‘‘, ‚„Imbibitionswasser‘‘ und ‚„Konstitutions- wasser‘ der Pflanzen als ‚Schwellwasser‘‘ bezeichnen könnte. 22 Sauerstoff und Wasserstoff. (Noll). Daß diese schnelle Oberflächenvermehrung für die Bildung organischer Stoffe durch die oberirdischen Teile der Pflanze, für die Vermehrung der Leistungsfähigkeit der Wurzel von höchster Bedeutung ist, leuchtet von selbst ein. Nicht zu verwechseln ist die direkte Wachstumserscheinung durch ‚‚Schwellwasser‘‘ mit dem normalen Turgor der Zellen, der durch inneren Überdruck infolge Osmose erzielten Span- nung der Zellwandung. Diesem kommt unter allen Umstän- den, nicht nur zeitweilig bei dem Wachstum, eine große Be- deutung im Pflanzenleben zu. Zunächst festigt der Turgor der einzelnen Zellen den Pflanzenkörper. Läßt er durch Wasserabgabe nach, so werden die weichen Teile schlaff, das Gewächs welkt. Dies Welken nicht der ganzen Pflanze, sondern einzelner Zell- partien, der Schließzellen der Luftspalten ist von hoher Wichtig- keit für die Regulierung des Wasserhaushalts der Pflanzen. Das Schlaffwerden der Schließzellen tritt natürlich infolge starker Verdunstung ein. Sie sinken zusammen und verschlies- sen — daher ihr Name — dieSpaltöffnung, wodurch die Wasser - verdunstung gehemmt wird. Dann sind Schwankungen des Turgors in einzelnen Zellengruppen aber auch die Veranlassungen der Be- wegungen der Pflanzen. Tag- und Nachtstellung der Blätter, Reaktion auf mechanische Erschütterung, wie bei der bekannten Mimosa pudica, haben in dem Schlaffwerden bestimmter Zellverbände ihren Grund. Freilich ist damit nur der äußerliche Vorgang beschrieben. Die Reaktion vieler Pflanzen auf Reize und ähnliches dürfte wohl im Grunde ein psychischer Vorgang sein, dessen Wesen wir heute noch nicht mit Schärfe erfassen können. Damit ist die Rolle des Wassers noch nicht erschöpft. Als Träger der mineralischen Nährstoffe des Bodens, als Transportmittel für die Produkte der Assimi- lation im Pflanzenleben ist das Wasser nicht minder wichtig. Corpora non agunt nisi fluida. Andeutungen müssen hier ge- nügen, da ein Eingehen auf Einzelheiten zu weit führen würde. Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. 23 Gegenüber dieser großen physikalischen Bedeutung des Wassers tritt scheinbar seine chemische in den Hintergrund. Was will gegenüber einer verbrauchten, d. h. aufgenommenen und wieder abgegebenen Masse von 250—400 Teilen Wasser pro Anteil organischer Substanz der Pflanzen, das eine Dritt- teil bedeutet, das diese organische Substanz selbst chemisch gebunden enthält? Und doch ist dieser kleine Wasserteil ein ganz unentbehrlicher Baustein eben dieser organischen Substanz und hat den Hauptprodukten der Pflanze den Namen „Kohlehydrate‘“, d.h. Wasserverbindungen des Kohlenstoffs gegeben. Sie werden uns weiter unten eingehend beschäftigen. Welche Wassermengen verschiedene Gewächse im Leben enthalten, veranschaulicht folgende kleine Tabelle: Kartoffeln, Knollen . . 76,0 Eichenholz.. . . 35,0 n Kraut... 2.851 Eichenblätter . . 57,4 Zuckerrüben, Wurzeln . 75,0 Schwämme . . 87—96 5 Blätter . .. 84,0 Algen . . ... 95-98 Grass ner na TR Samen... 0% 8—ı8 BEER de 70, Eine bessere Illustration für die Bedeutung des Wassers im Pflanzenleben als diese Zahlen kann es nicht geben. 3. Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. Kein Leben ohne Mitwirkung des Wassers, ist die Lehre der Pflanzenphysiologie. Das Wasser ist der mächtigste Motor im Schaffen der Natur. So ist es als eine selbstverständliche Folgerung zu bezeichnen, daß das Wasser sich nicht auf physiologische Wirkungen im Pflanzenreiche beschränkt, son- dern auch auf die innere und äußere Gestaltung der Pflanzen aufs schärfste einwirkt. Da die Zusammensetzung des Wassers natürlich allent- halben eine gleiche ist (abgesehen von den in ihm gelösten Pflanzennährstoffen), so kann nur seine Menge sich in Bau und Äußerem der Pflanzen bemerkbar machen. 24 Sauerstoff und Wasserstoff. Wo wir in der ganzen Natur uns umsehen, finden wir diesen Satz voll und ganz bestätigt. Es gibt auf der Erde keinen zweiten Faktor, der so entscheidend seinen Einfluß im Pflanzenreiche bemerkbar macht. Zunächst auf jede einzelne Pflanze. Genügendes und reichliches Wasser, im Sinne der Pflanzen mit ihren indivi- duellen Anforderungen gesprochen, ruft frühe, kräftige Entwick- Jung hervor. Wassermangel läßt jedes Gewächs verkümmern und hat in kurzer Zeit bei hochgradigem Auftreten sogar seinen Tod zur Folge. Nicht weniger schädlich wirkt anderer- seits Wasserüberfluß, wenn auch nicht als solcher, sondern durch Verdrängung der für die Pflanze notwendigen Lebens- luft. Schon am Einzelgewächs lassen sich durch größeren und geringeren Wassermangel oder Überschuß Änderungen erzielen, die den Anschein erwecken, als sei der ganze Bau- plan der Pflanze verändert. Doch erweisen sich diese Ände- rungen als nicht auf die nächste Generation übertragbar. Aber steter Tropfen höhlt den Stein! Im Laufe der Äonen Jahre, die der Artbildung seit dem Auftreten der ersten Pflanzen zur Verfügung standen, hat ständig das Wasser in seiner Eigen- schaft als Lebensbedingung am äußeren und inneren Bau der Gewächse modelliert. | Es ist den Pflanzen gelungen, sich allenthalben auf der Erde zu behaupten, sei es in freier Meeresflut, sei es im reißen- den Strom, so gut wie auf dürrem Dünensande. Überall haben sie sich in allem und jedem dem Wassergehalt ihres Stand- orts anzupassen gewußt, oder, richtiger gesagt, der Wasser- menge, die an jedem Standort für sie verfügbar war. Denn nicht die absolute Menge des jeweils vorhandenen Wassers ist das Entscheidende. Es kommt stets darauf an, wieviel die Pflanze von dem vorhandenen Wasser aufzunehmen vermag. Wäre das Wasser überall durchaus rein, so wäre es gänzlich aufnehmbar. Das aber ist nicht der Fall. Salz- gehalt des Wassers, Gehalt an Humussäure setzen die Fähigkeit des Wassers, durch die Zellhaut in die Wurzelhaare einzudringen durch Ausgleichung des osmotischen Drucks in und außerhalb der Zellen herab. Neben der absoluten gibt Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. 25 es noch eine „physiologische Trockenheit!‘ So mag eine Pflanze im Wasser schwimmen, scheinbar unter Wasserüber- schuß leiden, während sie in Wirklichkeit, da sie das Wasser nicht aufzunehmen vermag, fast vor Durst verkommt und sich dieser physiologischen Dürre in ihrem ganzen Bau auch aufs beste angepaßt hat. In gleichem Sinne wirkt auch niedrige Temperatur, selbst wenn sie oberhalb des Gefrierpunktes liegt, unterhalb dessen selbstverständlich eine jede Wasseraufnahme durch die Pflanzen ein Ende hat. Sie setzt die Schnelligkeit aller chemisch-physio- logischen Vorgänge, die für die Pflanze in ihren Beziehungen zum Wasser in Betracht kommen, herab. Es gibt auch eine durch Kälte verursachte Dürre. Nach der Art, wie sich das Pflanzenreich in seinen einzelnen Gliedern an Wasserreichtum, ständige Wasserarmut und Wechsel beider Zustände angepaßt hat, läßt es sich in drei große Gruppen teilen: Die Hygrophyten im weitesten Sinne sind die Pflanzen des wasserreichen Standorts, sei es der freien Wasserfläche selbst, sei es des von Süßwasser, d. h. nicht salzreichem Wasser durchtränkten Bodens. Die Xerophyten sind die Gewächse, die dem Wassermangel, dem absoluten wie physiologischen, in gleicher Weise gut sich anzupassen ver- standen haben. Die Tropophyten endlich sind die Gewächse, die uns in kalten und gemäßigten Klimaten und den heißen Zonen mit ausgesprochener Winterregenzeit in der Haupt- sache begegnen und die bei uns vertretensten Pflanzengattungen und Arten umfassen, angepaßt an periodischen Wechsel von Nässe und Trockenheit, sei letztere physiologisch (durch Kälte) oder absolut. Scharfe Grenzen gibt es selbstverständlich, wie auch sonst, so auch hier zwischen den einzelnen Gruppen nicht, obwohl die letzten Glieder der Xerophyten und Hygrophyten in Bau und Lebensweise himmelweit voneinander stehen. Im Reiche der Tropophyten verwischen sich die ausgesprochenen Charak- tere oder wandeln sich nach den Verhältnissen ab, so daß es ausgeschlossen ist, scharf zu gruppieren. Der Lebensspiel- raum jeder Pflanze, auch hinsichtlich ihres Wasserbedürf- 26 Sauerstoff und Wasserstoff. nisses und seiner Befriedigung, und ihre Fähigkeit, sich wechselnden Verhältnissen anzupassen, ist gar zu groß. So muß es hier genügen, in Hauptzügen den gestaltgeben- den Einfluß des Wassers kurz zu umreißen. Nimmt man die Landpflanze, wie es dem Menschen als Bewohner der Erdfeste geläufig ist, als die Normalpflanze an, dann haben die ausgesprochenen Wasserpflanzen, deren ganzer Lebenslauf im freien Wasser sich abspielt, ohne daß sie auch nur vorübergehend das Land zum Aufenthalte wählen, unzweifelhaft einen nicht unbeträchtlichen Rückschritt in morphologischer und anatomischer Hinsicht zu verzeichnen. Verschwunden, oder auf ein äußerst geringes Maß redu- ziert, sind die Organe der Wasseraufnahme, die Wurzeln, die höchstens noch zur Verankerung dienen. Verschwunden sind die kunstreichen Röhrensysteme, die im Leibe der Land- pflanzen die Wasserleitung besorgen. Verschwunden sind die Organe der Transpiration, die Spaltöffnungen. Weich, haltlos ist der Körper des Gewächses, wenn wir ihn aus dem Wasser heben, da auch das Festigkeit gebende mechanische Gewebe gegenüber der Landpflanze auf ein verschwindendes Maß reduziert ist. Aber wie wunderbar passen sich alle diese Änderungen dem Leben im Wasser, dem Lebenselement selbst, an! Es um- spült ja rings den ganzen Pflanzenkörper, der durch seine nur sehr dünn und zart entwickelte Oberhaut allenthalben das belebende Naß aufnehmen kann und daher wahrlich die Organe der Aufnahme und Leitung nicht braucht. Leicht gibt der schwanke, oft mit starker Schleimabsonderung be- deckte Körper der Wasserpflanzen allen Strömungen und Wirbeln ihres Elements nach, die sie bei starrem Widerstande zerreißen würden. Biegungsfestigkeit würde nur schaden. Zugfestigkeit ist dafür durch geeignete zentrale Lagerung der wenigen vorhandenen mechanischen Gewebe gewährleistet. Und mit die seltsamste Erscheinung, die das ständige Leben im Wasser, einem im Verhältnis zu Luft und Boden außer- ordentlich gleichmäßigen Element, hervorgebracht hat, ist der weitverbreitete Wegfall der geschlechtlichen Vermeh- Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. 27 rung, den wir bei sehr vielen Wasserpflanzen beobachten können. Auch setzen sie sich in verhältnismäßig weit höherem Grade als die Landpflanzen aus mehrjährigen Arten zu- sammen und sind in großer Zahl Kosmopoliten. Je mehr Beziehungen die Pflanzen an den Boden knüpfen, wie in den Floren, die, den Strand bedeckend, bereits fest im Erdreich wurzeln, desto mehr treten die Eigentümlichkeiten der Flora des freien Wassers zurück, um bei den Pflanzen nasser Standorte — das Adjektiv stets physiologisch auf- gefaßt — den Hygrophyten im engeren Sinne des Wortes, in ein anderes Extrem zu verfallen. Hier heißt es: das Wasser ist da, steht zur Verfügung, nun gilt es, diesen Überfluß zu ver- brauchen. Möglichste Erleichterung und Be- schleunigung der Was- serabgabe ist die Devise. Locker ist das Schwammparenchym!') der Pflanzen feuchter Standorte, zahlreich und oft ganz frei gestellt sind die Spaltöffnungen, so daß die Luft sie unge- hindert umstreichen und den überschüssigen Wasserdampf hinwegführen kann. Besondere Wasserspalten (Hyda- thoden) dienen der Abgabe des Wassers in flüssiger Form. Von unseren heimischen Pflanzen hat besonders die Kapu- zinerkresse diese Hilfsmittel der Wasserabgabe sehr charakte- ristisch ausgebildet. Beobachtet man eine solche Pflanze nach einer regenlosen, aber feuchtwarmen Nacht, so sieht man da, wo die großen Blattadern den Rand des Blattes erreichen, kleine glitzernde Wassertröpfchen hängen, die der oberflächliche Be- trachter in der Regel für Tautröpfchen hält. Aber bei längerem Hinsehen gewahrt man, daß diese Tröpfchen größer und größer Abb. 4. Blatt von Tropaeolum mit Wassertropfen an den Hydathoden. 1) Gewebeschicht der Blätter, die direkt an die Spaltöffnungen stößt. 28 Sauerstoff und Wasserstoff. werden und schließlich abfallen. In kurzer Zeit hat sich dann wieder ein neues Tröpfchen gebildet, das aus dem Innern des Blattes selbst stammt. Denn am Ende jeder der Hauptadern liegt eine Wasserspalte, wie unser Bild es zeigt. Der Vorgang der Wasserausscheidung ist dabei insofern bei verschiedenen Pflanzen verschieden, als das Wasser teils nur einfach durchfiltriert, teils direkt wie von tierischen Schweißdrüsen ausgepreßt wird. Abb. 5. Colocasia antiquorum als Typus einer an großen Wasserverbrauch angepaßten Pflanze. Unterstützt werden diese anatomischen Veränderungen in ihrer Wirkung auf schnelle Wasserabgabe durch entsprechende Ausgestaltung der ganzen Pflanze in ihrem Äußeren. Die Wurzel ist verhältnismäßig gering entwickelt, da sie der Feuchtigkeit ja nicht nachzugehen braucht. Desto üppiger ist die Entfaltung der oberirdischen Organe. ‚Zarte, glatte, große Blätter kennzeichnen fast alle Hygrophyten. Je dampfgesättigter die Luft, desto ungeheuerlicher schwellen die Blätter in die Länge und Breite, und deshalb enthält der tropische Urwald, dessen Verhältnisse manchmal denen unserer Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. 29 Dampfbäder nahe kommen, die riesenblätterigen Bäume und Palmen, deren Königin wohl die Arekapalme mit 7 m langen Fiederblättern ist“ (France). (Abb. 5.) Zerteilung der Blätter in feine Fiedern dient allgemein der Vergrößerung der verdunstenden Oberfläche in besonders radi- kaler Weise. Um sich schließlich gegen den möglichen Eintritt des Wassers durch die vergrößerte Oberfläche selbst, die in diesem Sinne bei Regen eine gewisse Gefahr darstellt, zu schützen, sind, wie z. B. bei unserem Hopfen, durch reihenweise Anordnung der Haare, entsprechende Ausgestaltung der Blattnarben usw., förmliche Regenrinnen gebildet, die zu schneller Ableitung der Nässe dienen. Dem gleichen Zwecke entsprechen die auch bei vielen einheimischen Pflanzen an- zutreffenden Träufelspitzen der Blätter und Sammet- haare auf ihrer Oberfläche. Als letztes Hilfsmittel gegen zu hohe Benetzung bleibt dann den sogenannten regenscheuen (ombrophoben) Pflanzen die Fähigkeit, bei dauernden Niederschlägen ihre Blätter abzuwerfen und damit plötzlich ihre Oberfläche, die mit ihrer großen Ausdehnung zu Zeiten der Nässe dem ohnehin an Wasserüberschuß leidenden Ge- wächs nur schadet, auf einen geringen Bruchteil zu ver- ringern. Es liegt von vorne herein die Annahme nahe, daß die Xerophyten, d. h. die Pflanzen der im physiologischen und absoluten Sinne trockenen Standorte, also des entgegen- gesetzten Extrems, die entgegengesetzten Maßregeln ergreifen werden. Die Forschung hat dieser theoretischen Forderung auch vollkommen recht gegeben. Galt es für die Pflanzen der feuchten und nassen Standorte, die Verdunstung möglichst zu steigern, um das schädliche Übermaß von Wasser zu ent- fernen, so lautet hier der Wahlspruch: Verringerung aller Verdunstungsmöglichkeiten auf das zulässige Min- destmaß, um keinen Tropfen des kostbaren Naß’ ungenutzt zu verschwenden. Modifiziert werden dabei alle Maßregeln der Pflanzen und damit ihre Gestalt, je nachdem es sich um 30 Sauerstoff und Wasserstoff. absolute Trockenheit handelt oder um Trockenheit im physio- logischen Sinne, die durch Kälte des Standorts, Humussäuren, Salzgehalt usw. hervorgerufen wird. Es kommt nicht darauf an, daß der Standort der Xero- phyten ständig unter Trockenheit zu leiden hat, vielmehr drückt eine einzige ausgeprägte Trockenperiode in der Vege- tationszeit der ganzen Pflanzenwelt des Ortes ihren Stempel auf, selbst wenn im übrigen Wasser im Überfluß vorhanden ist. Es ist nur zu bedauern, daß noch verhältnismäßig so wenig, wenn freilich auch schon bedeutend mehr als bei den Hygrophyten, diese hochinteressanten Beziehungen zwischen Pflanze und Standort erforscht sind. Eins der gebräuchlichsten Mittel zur Herabsetzung der Transpiration in kritischen Zeiten ist die Zusammen- drängung des Lebenslaufs der ganzen Pflanze auf ein Jahr. Die Samen, die berufen sind, die Art über die Zeiten ungünstiger Wachstumsbedingungen, speziell der Dürre, hinwegzuretten, sind praktisch gegen Dürre und Hitze un- empfindlich. Ein Ähnliches gilt für die reproduktiven Teile der Zwiebel- und Knollengewächse, die, an sich schon durch die verschiedenen Lagen ihrer Hüllen geschützt, vor den ausdörrenden Strahlen der Sonne sich in den Boden ver- kriechen. Im gewissen Sinne gehören hierher auch alle Trophophyten, vornehmlich alle Laubbäume,-die in der Zeit des Winters, wo die Kälte die Aufnahme von Wasser ver- hindert, durch Abwerfen ihres Laubes ihre transpirierende Fläche auf ein Minimum beschränken. Weniger radikal gehen Gewächse vor, die in Zeiten höherer Verdunstungsmöglichkeit bei starkem Sonnenschein und Sturm ihre Blätter einrollen, an welchen meistens ohnehin, wie z. B. bei der gewöhnlichen Heide unserer Moore, die Spalt- öffnungen in Rillen versenkt und damit schon in etwas der ausdörrenden Luftbewegung entzogen sind. Besonders Gräser haben diese Eigentümlichkeit. Steilstellung gegen die Strahlen der Sonne, die dadurch weniger Angriffsfläche er- hält, dient demselben Zweck, sowie feste Lichtstellung bei Kompaßpflanzen und verwandten Gewächsen. Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. 31 Des weiteren passen sich die Blattformen als Ganzes den Wasserverhältnissen des Standorts aufs beste an, wie wir es an den Nadelhölzern, den Erikaarten sehen, die gegen- über den Laubblättern weit geringere Fläche bieten, wenn sie auch noch nicht so weit in der Reduktion gehen wie die Pflanzen mit sogenannten blattlosen Sprossen, die die Blätter entweder sofort nach der Entwicklung abwerfen oder nur in, fast möchte man sagen mikroskopischer, Form aus- bilden, wobei dann die Sprosse selbst die Rolle der Blätter nd Abb. 6. Rubus squarrosus. übernehmen. Ginsterarten sind gute Beispiele für diese Anpassung ans Lebensganze, die man namentlich auch bei den Leguminosen der Mittelmeerländer und australischen Pflanzen aufs schönste beobachten kann. (Abb. 6.) Zuletzt wäre in dieser Hinsicht noch zu erwähnen die oft auftretende Sukkulenz der Blätter, die den Dickblatt- gewächsen ihren Namen yerschafft hat. Diese Sukkulenz er- streckt sich übrigens nicht nur auf die Blätter, sondern oft auf den ganzen Stamm der Pflanze, da die Form der Sukkulenz gestattet, die Oberfläche bei gleichbleibendem Volumen mög- 32 Sauerstoff und Wasserstoff. lichst zu verringern. (Abb. 7.) Immerhin sind Sukkulenten verhältnismäßig selten, während dornige Ausbildung bei gleichzeitiger starker Verholzung, Zwergwuchs, Gestrüpp- und Polsterbildung als Charakteristika der Xerophyten vorherrschen neben Rosettenwuchs, bei welchem einander bedeckende Blätter windstille Räume mit geringer Verdun- stung bilden. Auch niederliegende Sprosse sind der Ver- dunstung stark entzogen. Neben diesen mehr passiven Maßregeln der Gewächse sind auch viele aktive in Übung. Die Blätter und der ganze Körper der Pflanzen hüllen sich häufig in ein dichtes Haarkleid, Knospen- schuppen bedecken die jungen Triebe. Neben- blätter und Blatt- scheiden leisten oft den- selben Dienst, ebenso wie alte Blätter und Blattreste. Die Epidermis, die bei den Hygrophyten sich möglichst dünn ge- staltete, wird stark ver- dickt und lagert oftmals oxalsauren Kalk oder Kieselsäure ein. An der Oberfläche überzieht sich das Blatt mit Wachsschichten oder sondert Harz aus, während Salzkrusten und Schleim am Tage die Reflexion der Licht- und damit der Wärme- strahlen begünstigen, dagegen in der Nacht zerfließend, zur Feuchtigkeitsammlung dienen. Daß die Spaltöffnungen und das übrige Durchlüftungssystem der Pflanzen entsprechend verringert ist, versteht sich von selbst. Ausgeschiedene ätherische Öle bilden um viele Pflanzen trockener, sonniger Standorte einen förmlichen Schutzmantel in der Luft, indem sie den schnellen Hindurchtritt der trocknenden strahlenden Wärme verhindern. Abb. 7. Discocactus placentiformis. Das Wasser als gestalt- und ortgebend im Pflanzenreiche. 33 Nicht genug damit, hat die Pflanze sich auf ganz dürren Standorten Sonderorgane zur Wasser-Aufnahme und -Aufbewahrung zu verschaffen gewußt. Hygrosko- pische Salze sind bereits erwähnt. Daneben findet man wasseraufsaugende Haare und Luftwurzeln, sowie spezifizierten Wuchs verschiedener Blätter zu Instrumen- ten der Wasseransammlung und vor allen Dingen der Wasseraufbewahrung, der auch die an den verschieden- sten Stellen des Pflanzenleibes möglichen Wassergewebe dienen. Damit ist die Reihe der Schutz- und Hilfsmaßregeln der Pflanzen gegen Trockenheit noch bei weitem nicht erschöpft, doch mag die gegebene kleine Skizze für den vorliegenden Zweck genügen. Zwischen den so angedeuteten Extremen der Hygrophyten und Xerophyten schwankt je nach der Örtlichkeit mit ihren besonderen Verhältnissen Bau und Lebensweise der Tropo- phyten, die in der Hauptsache erst ihrer genaueren Er- forschung harren und auf die daher nicht des näheren ein- gegangen werden soll. Der Abwurf des Laubes als besonders verbreitete Maßregel ist bereits erwähnt. Die Verteilung der drei Pflanzengruppen ist natürlich keineswegs eine beliebige. Es versteht sich ganz von selbst, daß allenthalben derjenige Pflanzencharakter herrscht, verschieden ausgebildet je nach Pflanzenart und Gattung, der den Wasser- verhältnissen des Einzelgebietes aufs genaueste entspricht. Die eisigen Schneefelder des Nordens überzieht nur noch Sphärella nivalis mit rosigem Schimmer. Auf ewigem Grundeis ruhend ernähren die Tundren nur eine Vegetation verkrüp- pelter niederer Gewächse und anspruchsloser Moose. Laub- wechselnde Wälder geben dem gemäßigten Klima ihr eigen- artiges, uns so wohl vertrautes Pflanzenkleid, mannigfaltig, doch Extremen im allgemeinen abhold. In den Tropen wieder spielen diese die größte Rolle. Der feuchte und heiße tropische Regenwald bedeutet wohl die höchste Steigerung, deren das Pflanzenreich an Üppigkeit des Individuums und an Artenreichtum fähig ist. Die Wüsten der Vageler, Pflanzennährstoffe., 3 34 Sauerstoff und Wasserstoff. heißen Zonen erschöpfen sich im Gegenteil dazu in Hervor- bringung seltsamer, oft bizarrer Dürreanpassungen. Stets ist die Pflanze der formgewordene Ausdruck des Ortes, der sie- trägt, vor allem seines Gehaltes an Wasser. Und wo an irgend einem Orte Neuland den Fluten entsteigt, da trägt das Wasser oft die ersten Samen herbei, auch so im Dienste des Pflanzenreichs zur Erweiterung seiner Grenzen ‚ wirkend. 4. Die Luft in ihren Beziehungen zum Pflanzenreich. Bei dem Worte Luft denkt der Laie in chemischen Fragen in erster Linie an die Beziehungen der Luft zu einem der wichtigsten und am meisten ins Auge fallenden Lebensprozeße der Tiere: die Atmung. Ist doch aus dieser Gedankenverbin- dung auch das vielgebrauchte Wort ‚‚Atemluft‘‘ entstanden. Die Luft dient eben der Atmung. Dies ist aber nur sehr bedingt richtig. Die atmosphärische Luft, die in einer Höhe von mehreren Ioo km unseren Erd- ball umgibt und andererseits auch die oberste Bodenschicht noch durchdringt, soweit sie daraus nicht durch feste Sub- stanz und Wasser verdrängt wird, ist keineswegs in ihrer ganzen Ausdehnung zum Atmen geeignet. Die Atmung ist zu definieren als die Aufnahme von Sauer- stoff zur Unterhaltung der physiologischen Verbrennung im Leibe eines lebenden Organismus, durch welche Energie zum Betriebe und zur Unterhaltung von Lebensäußerungen ge- wonnen wird. Brennmaterialien sind dabei organische, also kohlenstoffhaltige Substanzen, die oxydiert, d. h. mit Sauer- stoff verbunden werden und dadurch auch zu Kohlensäure und Wasser zerfallen. Es wird also Sauerstoff eingeatmet, Kohlensäure und Wasserdampf ausgeatmet. Dieser Sauerstoff, der zur Atmung erforderlich ist, ist nun keineswegs überall genügend in der Atmosphäre vorhanden. An den Grenzen des Weltenraums fehlt er gänzlich, verdrängt durch leichtere Gase, hauptsächlich Wasserstoff. An der Ober- fläche der Erde bildet er nur rund 23 Gewichtsteile (von 100) Die Luft in ihren Beziehungen zum Pflanzenreich. 35 der Luft, um in den Bodenschichten gegenüber der Kohlen- säure, die sich als schwereres Gas bei der Zersetzung orga- nischer Reste im Boden ansammelt, wieder mehr oder weniger zurückzutreten. Hann hat die Zusammensetzung der Atmosphäre folgen- dermaßen berechnet. Es enthalten ıoo Maßteile Luft Sauerstoff Stickstoff Wasserstoff in o km Höhe 20,99 78,03 0,01 De PO RER Pr 18,10 81,20 0,035 ” 20 , ” 15,19 84,34 0,147 OR sl 6 7,03 79,17 13,645 „ I00 ,, „ 0,— 0,099 99,448 Der Sauerstoffgehalt der Bodenluft sinkt zuweilen auf die Hälfte des Normalen. Es ist eine längst bekannte Erfahrung, daß tierische Orga- nismen nur bei annähernd normalem Luftgehalt, also 23 Ge- wichtsprozenten oder 20,9 Raumprozenten gut atmen, gut gedeihen können. Verringerung des Sauerstoffgehalts der Luft, Entziehung der Luft führen beim Tiere in kurzer Zeit den Tod der Erstickung herbei, daran zweifelt kein Mensch. Die großen gemeinsamen Züge, die Tiere und Pflanzen aufzuweisen haben, hätten zur Vorsicht mahnen können, der Pflanze eine Atmung im Sinne der Tiere: also Sauerstoff- aufnahme und Kohlensäureabgabe, vollkommen abzusprechen, wenn bei ihr die rohe Beobachtung auch nichts von einem derartigen Vorgang erkennen ließ. Der Wunsch, die beiden Reiche des Lebenden recht säuber- lich getrennt zu erhalten, führte aber, wie oft, so auch hier zu einem schweren Irrtum. Die Pflanze sollte nach alter Lehrmeinung gerade im Gegensatz zum Tier nicht atmen, d. h. also Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure abgeben, sondern das Umgekehrte und nur dieses allein tun. Das Wort ‚‚alt‘‘ ist eigentlich hier falsch. Denn noch der große Agrikulturchemiker Liebig erklärte, es sei widersinnig, von einer Atmung der Pflanzen zu sprechen, obwohl bereits de Saussure und andere Forscher die Tatsache durch ge- naue Experimente erwiesen hatten. 3* 36 Sauerstoff und Wasserstoff. In der Tat atmet alle lebende Substanz, mag sie tierischer oder pflanzlicher Natur sein. ‚Der Eintritt des Sauerstoffs in den Chemismus der Zellen ist notwendig, um die lebende Substanz im Zustande normaler Tätigkeit zu erhalten und Umsetzungen. zu verhüten, welche die Lebenstätigkeit zer- stören‘‘ (Noll). Es ist ein Leichtes sich davon zu überzeugen, wenn man das Mikroskop zu Hilfe nimmt. In jeder lebenden ‚Pflanzenzelle gewahrt man eine oft geringe, oft aber auch starke Strömung des Plasmas. Diese hält aber nur so lange an, als der Zelle Sauerstoff zur Verfügung steht, um bei Fehlen des Elements in kurzer Zeit aufzuhören. Das Plasma ist eben einfach ‚‚erstickt‘‘. Für das bloße Auge freilich tritt die Atmung bei der Pflanze nicht so deutlich hervor wie beim Tier. Die niedersten pflanzlichen Organismen, viele (sogenannte ana&robe) Bakterien haben sich sogar daran gewöhnt, den für ihr Leben nötigen Sauerstoff nicht der Luft, sondern chemischen Verbindungen zu entnehmen. Der freie Sauerstoff der Atmosphäre ist für sie Gift. Andere dieser Organismen gedeihen bei Darbietung freien und gebundenen Sauerstoffs gleich gut. Es ist die Wahl ganz in ihr Belieben gestellt, weswegen man sie auch fakultative Anaärobier genannt hat. Weitaus die Mehrzahl der Mikro- organismen, sowie sämtliche höhere Gewächse aber sind auf die Zuführung freien Sauerstoffs zur Unterhaltung ihres Lebens angewiesen. Wohl vermögen sie bei gänzlichem Mangel an Sauerstoff den Substanzen ihres eigenen Leibes auf dem Wege der intramolekularen Atmung, wie obige Organismen, noch Spuren des Elements zu entziehen und unter Anhäufung fremdartiger Zersetzungsprodukte ihr Leben noch eine Zeit zu fristen. Doch ist diese Zeit nur kurz. Sehr bald kommt die Plasmabewegung zum Stillstand, das Leben ist unwieder- bringlich vernichtet. Nur rechtzeitige Zuführung von Sauer- stoff vermag es zu erhalten, genau wie beim Tier. Ein prin- zipieller Unterschied zwischen Tier und Pflanze besteht hier nicht, der alten Lehrmeinung zum Trotze. Selbst die viel- leicht als Besonderheit erscheinende intramolekulare Atmung Die Luft in ihren Beziehungen zum Pflanzenreich. 37 hat Pflüger an Fröschen, also sehr hoch organisierten tieri- schen Wesen, beobachtet. Aller Unterschied ist nur graduell. Das gilt nicht nur im Prinzip, sondern auch für die Art der Sauerstoffaufnahme, die Wege der Atemluft. Wie das niedere Tier, so atmet auch die niedere Pflanze mit ihrer ganzen Körperoberfläche.. Wie das höhere Tier eigene At- mungsorgane besitzt, so auch die höher entwickelte Pflanze. Die Spaltöffnungen sind differenzierte Atmungsorgane, die einen Gasaustausch in ausgiebiger Weise ermöglichen, da sie mit dem Interzellularen des Pflanzenleibes in Verbindung stehen. ‚Die Bewegung der Gase in den Interzellularen ge- schieht durch Diffusion, wird aber unterstützt durch Gas- bewegungen, welche durch Temperatur, Druck und Feuchtig- keitswechsel der umgebenden Atmosphäre vornehmlich veran- laßt werden, zu welchen aber auch die durch den Wind verur- sachten Bewegungen und Beugungen der Pflanzen beitragen.‘ Untergetauchte Pflanzen schaffen sich in großen inter- zellularen Hohlräumen eine Art innerer Atmosphäre, die einen regen Gasaustausch der Zellen ermöglicht. Einmal auf die Atmung der Pflanzen aufmerksam ge- worden, hat man bald gefunden, daß die Atmungsprozesse nicht einmal besonders langsam und schwach verlaufen. Meist ist die physiologische Verbrennung so energisch, daß sie zu den Endprodukten Kohlensäure und Wasser führt. Durch- schnittlich produzieren die Pflanzen in 24 Stunden das Fünf- bis Zehnfache ihres Volumens an Kohlensäure. Am schwächsten ist die Atmung bei Schattenpflanzen. Bei manchen Pflanzengruppen ist die Verbrennung nicht voll- ständig, sondern an Stelle der Kohlensäure entstehen orga- nische Säuren, die sich im Innern aufhäufen. Ganz besonders stark ist die Atmung bei keimenden und blühenden Pflanzen. Keimende Samen erhöhen ihre Tempe- ratur oft um 2° C, in blühenden Araceenkolben kann man zuweilen bis 20° Erwärmung konstatieren und, eine wunder- bare Parallele zum Tier, beim Heilprozeß verwundeter Pflanzen wird die Atmung und damit auch die Erwärmung deutlich gesteigert. Auch die Pflanze hat ‚‚Fieber‘! 38 Sauerstoff und Wasserstoff. Daß man an Pflanzen von einer Erwärmung in der Regel nichts bemerkt, liegt daran, daß die gleichzeitig dadurch erhöhte Transpiration, also Verdunstung, die Wirkung aufhebt, so daß transpirierende Pflanzen meist sogar kühler als ihre Umgebung sind. Es atmen aber nicht nur die oberirdischen Teile der Pflanze, ‚es atmet vor allen Dingen auch die Wurzel aller Pflanzen. Wo keine Luft im Boden ist oder wo eine Luft mit unzu- reichendem Gehalt an Sauerstoff im Boden sich befindet, da ist ein jedes Pflanzenwachstum unmöglich, so daß wir in der Bodenluft in ähnlicher Weise wie im Wasser, einen die Zu- sammensetzung der Floren im einzelnen regulierenden Faktor zu erkennen haben. Man kann direkt sagen, daß jede Pflanze einen ge- wissen Grad der Durchlüftung des Bodens, also eine gewisse Menge verfügbaren Sauerstoffs im Boden braucht, um überhaupt zu gedeihen. Die Ansprüche einer jeden Pflanzenart an das Porenvolumen des Bodens, wie Ramann die lufterfüllten Räume des Bodens nennt, sind konstant. Leider sind die Untersuchungen in dieser Hinsicht trotz des großen auch praktischen Interesses, das die Frage ohne allen Zweifel hat, noch sehr wenig zahlreich. Es ver- steht sich von selbst, daß Untersuchungen dieser Art nur auf sogenannten gewachsenen Böden, d. h. auf Böden, die sich in natürlicher Lagerung befinden, vorgenommen werden können und daß sie am besten vorgenommen werden an Pflanzenbeständen, die sich in ihrer ganzen Zusammensetzung als Produkte des Ortes selbst ohne Mitwirkung des Menschen zu erkennen geben. Denn nur hier ist zu erwarten, daß sich das Gleichgewicht zwischen Pflanzendecke und Boden, das, wenn solche Ermittelungen zuverlässig sein sollen, vorhanden sein muß, eingestellt hat. Derartige Bestände, wenn auch nicht idealer Natur, finden wir in Deutschland heute nur noch in den Wäldern, und so sind auch die ersten Unter- suchungen dieser Art folgerichtig von Ramann an Wald- boden angestellt. Ähnliche Verhältnisse bieten auch die aller- dings ja auch teilweise mit Wald bestandenen Moore, und Die Luft in ihran Beziehungen zum Pflanzenreich. 39 überall hier hat sich die Richtigkeit der Anschauung, daß jede Pflanzenformation ihren bestimmten Luftgehalt im Boden voraussetzt, bestätigt gezeigt. Der bessere Bestand, das Wachstum höherer, anspruchsvollerer Pflanzen geht Hand in Hand mit höherem Gehalt des Bodens an Luft. Abnahme der Luftmenge im Boden führt zur Ab- schwächung des Wachstums der höheren Pflanzen und Er- satz derselben durch Arten, die geringere Ansprüche an die Bodenatmung stellen oder aber durch Änderung des Baues an Luftmangel im Boden angepaßt sind. Denn wie die Pflanze vermocht hat, sich an Überschuß und Mangel von Wasser anzupassen, so auch an Überschuß und Mangel von Luft. Wo innere große Hohlräume, die im ganzen Leibe vieler dem geringen Luftgehalt des Bodens angepasster Pflanzen miteinander in Verbindung stehen, eine genügende Versorgung aller Teile mit Luft nicht mehr zu gewährleisten scheinen, da rettet die Pflanze ent- schlossen ihre Wurzel, wenigstens teilweise, als Stelzen- wurzeloder Atemwurzel aus dem mit Erstickung drohenden Standort heraus. Ganz besonders charakteristisch ausgebildet in tropischen Gegenden mit ihren Mangrovenwäldern, kann man ähnliche Erscheinungen auch in unserem Klima dort beobachten, wo ein Hochmoor im Begriff ist, einen Wald zu ersticken. Flacher und immer flacher streichend, ver- suchen hier die Wurzeln der Kiefern, sich den langsam aber sicher ihnen die Luft abschneidenden Moosrasen, besonders den Bulten des Sphagnummooses, zu entziehen, selbst auf die Gefahr hin, daß schließlich die gar zu flache Bewurzelung beim Sturm den Stamm nicht mehr zu halten vermag und der Gestürzte dann um so schneller den herandrängenden Feinden erliegt. Der Begriff Porenvolum eines Bodens umfaßt natürlich nicht nur den Sauerstoff der Bodenluft, sondern die Luft als ganzes, als Gas gegenüber der flüssigen und festen Sub- stanz. Obwohl strenggenommen nicht mehr zum Thema gehörig muß hierauf etwas eingegangen werden. Der Gehalt des 40 Sauerstoff und Wasserstoff. Bodens an Luft in diesem Sinne ist ein sehr wechselnder. Er hängt in erster Linie ab von der Größe und der Art der Zusammenlagerung der festen Bodenbestandteilchen, die gleichzeitig auch die Möglichkeit des Luftaustauschs, des Durchdringens der Luft durch den Boden, stark beeinflußt. Interessante Zahlen teilt hier z. BB Ammon mit, welcher fand, daß bei einer Temperatur von 5° und einem Druck von ‘40 mm 757 g Kalksand locker bei einem Volu- men: von 082 oem. . : "no ar ZOO 757 g Kalksand, festgedrückt, bei einem Volumen von 770 gem . . . RN 72 I U 757 g Kalksand, eingestampft, bei einem Volumen von 742 qcm, . «, .. 2,2 19Eut pro Stunde hindurchließ. Derartig schneller Luftaustausch und entsprechend extreme Zahlen kommen natürlich in der Natur nicht vor, vielmehr ist hier der Wechsel der Luft im Boden ein sehr langsamer, indem er bei gleichmäßiger Temperatur von Boden und Luft und ruhiger Atmosphäre vorwiegend durch einfache Diffu- sion stattfindet. Sinken des Luftdrucks in der Atmosphäre hat ein Heraustreten von Luft aus dem Boden zur Folge, Steigen des Luftdrucks entsprechendes Eindringen von Luft in die Zwischenräume der festen Bodenteilchen. Wärme- schwankungen zwischen Boden und Luft werden je nach ihrer Art bald im einen, bald im anderen Sinne wirken. Ver- hältnismäßig der gewaltsamste Wechsel vollzieht sich beim Eindringen von Wasser in den Boden, dem die Luft allent- halben weichen muß. Die größere oder geringere Menge der Luft im Boden trägt natürlich zur Verdunstung des Bodenwassers bei. In noch höherem Grade gilt dies von dem Wechsel der Luft und haben wir hierin einen für den Boden als Pflanzen- standort sehr wichtigen Vorgang zu erblicken. Nicht nur wird dadurch der Wasserhaushalt des Bodens in gewissem Sinne beeinflußt, es wird vor allen Dingen auch seine Fähig- keit, Wärme aufzunehmen und Wärme zu leiten, weitgehend Nutzanwendung in der Praxis. 41 reguliert. Starke Durchlüftung des Bodens ist gleichbedeutend mit der Fähigkeit, sich verhältnismäßig schnell zu erwärmen, da das Wasser mit seiner hohen spezifischen Wärme in solchem Boden zurücktritt. Freilich leidet bei zu großer Trockenheit die Leitung der Wärme. Der Boden erwärmt sich nur oberflächlich. Nasser Boden mit geringer Durchlüftung ist auf der andren Seite in der Praxis gleichbedeutend mit kaltem Boden. Zieht man das verschiedene Wärmebedürfnis der Kultur- pflanzen für ihre Keimung in Rechnung, so leuchtet der Nutzen der Durchlüftung ein. Durchlüftung und damit Ent- wässerung und Erwärmung werden oft erst Kulturen möglich machen. In letzter Linie wäre schließlich noch der Luft als Transportmittel von Samen usw. zu gedenken. Da aber nicht zum Thema gehörig, muß der bloße Hinweis genügen, ebenso wie auf den gestaltenden Einfluß der Luftströmungen, der Winde, auf die Pflanzen, den namentlich die Baumflora der Gebirge und Küsten deutlich zeigt. 9. Nutzanwendung in der Praxis. Es versteht sich von selbst, daß derartig wichtige und wirkungsvolle Faktoren, wie Wasser und Luft, in der Praxis des Ackerbaues nicht vernachlässigt werden durften. Im ersten Beginn haben sie wohl eine Art Auswahl in allen Betrieben dahin veranlaßt, daß die ersten Ackerbauer nur diejenigen Ländereien zur Kultur ihrer Früchte heranzogen, die den besten Stand bei geringster Arbeit zeigten, d. h. solche Ländereien, die das günstigste Verhältnis von Wasser und Luft im Boden, die günstigste Zusammensetzung der festen Bodensubstanz darboten. Auch bei der Auswahl der Kultur- pflanzen selbst sind wohl, natürlich unbewußt, derartige Ge- sichtspunkte maßgebend gewesen, so daß die Wahl des ersten Ackerbauers auf Pflanzen gefallen ist, die, wenn man so sagen soll, mittlere Ansprüche an Ernährung und Versorgung mit Wasser und Luft stellen. Im Dunkel der Vorzeit verbirgt sich der Augenblick, an dem zum erstenmal der Mensch die Bearbeitung des 42 Sauerstoff und Wasserstoff. Bodens zu dem Zweck, seinen Früchten ein besseres Ge- deihen zu verschaffen, in Angriff nahm. Die Bearbeitung ist es noch heute, durch welche der größte Einfluß auf die Verteilung der beiden Faktoren Wasser und Luft im Boden ausgeübt wird. Rein empirisch hat sich die Lehre von der Bodenbearbeitung entwickelt, um auf ihrem heutigen Stande, nachdem durch immer und immer gehäufte Erfahrungen alle fehlerhaften Maßregeln ausgemerzt sind, sich durchaus mit den theoretischen Forderungen zu decken. Das Lockern des Bodens mit Pflug und Egge, bezweckt, wie es ja schon in dem Worte lockern gewisser- maßen enthalten liegt, der Luft Eintritt in den Boden zu verschaffen, nicht sowohl um ihn auszutrocknen, als um in erster Linie die Zersetzung der untergepflügten Massen, sei es von natürlichem Dünger, sei es von Rückständen der auf dem Felde gewachsenen Pflanzen, unter dem gleich- zeitigen Einfluß der Feuchtigkeit des Bodens, zu beschleu- nigen. Gleichzeitig wird dadurch in der obersten Boden- schicht eine gute Verteilung der festen Bodenbestandteilchen mit Luft und Wasser erreicht, die das Optimum für die neu anzubauende Frucht abgibt oder abgeben soll. Hinzu- gekommen zu diesem eigentlich selbstverständlichen Ge- sichtspunkte ist dann in unserem Klima mit seinen nicht immer verlässigen Regenfällen noch ein anderer: durch ra- tionelle Bodenbearbeitung den Wasserhaushalt des Bodens zu regeln. Es handelt sich in erster Linie um Bewahrung der Winter- feuchtigkeit für diejenige Zeit, in welcher die Pflanzen den stärksten Wasserbedarf aufweisen: den Beginn ihrer Vegeta- tionsperiode. Wir haben gesehen, daß der Aufstieg des Wassers durch kapillare Leitung im Boden erfolgt, sowie dadurch, daß die Feuchtigkeit von einem Bodenteilchen allmählich aufs andere hinüberwandert. Bedingung für beides ist konstante Fort- setzung aller Kapillaren von tieferen Schichten bis zur Ober- fläche, bezw. enger Zusammenhang von sämtlichen festen Partikelchen in allen Schichten des Bodens. An Stellen, an Nutzanwendung in der Praxis. 43 welchen dieser Zusammenhang unterbrochen ist, steht der Aufstieg des Wassers still. Daraus ergibt sich von selbst, daß Lockerung der obersten Bodenschichten im Frühjahr, wie es durch Eggen geschieht, die kapillare Leitung, das Überwandern der Feuchtigkeit und damit die Verdunstung des Wassers aus den tieferen Schichten in die Luft aufs stärkste hemmen wird. Und so sehen wir in der Tat im Frühjahr in Gegenden, die unter einer Frühjahrsdürre zu leiden haben, diese Maßregeln der Bearbeitung durch Eggen der Felder in Anwendung. Das geeggte Feld bewahrt viel Feuchtigkeit in tieferer Schicht, mag die oberste Bodenlage auch noch so trocken sein. Das Umgekehrte können wir beobachten, wenn es gilt, ausge- streuten Samen in trockener Zeit zum Keimen zu bringen. Hier tritt die Walze, die durch Festdrücken der Boden- partikelchen die kapillare Leitung des Wassers herstellt, in ihr Recht. Die oberen Bodenschichten, in welchen die Samen liegen, erhalten Wasser aus der Tiefe und die Samen können keimen. Nicht ausgeschlossen ist dabei, daß eine nachfolgende Egge auch hier die Verdunstung in der allerobersten Schicht auf das mögliche Minimum beschränkt. Diese kombinierte Wirkung liegt dem in allerneuester Zeit viel Aufsehen machenden sogenannten Campbellsystem der Bodenbear- beitung zugrunde, das für trockene Gebiete von großer Bedeutung ist. Ein eigentümliches Gerät der ‚subsurface- packer‘“ (Untergrundpacker) gestattet dabei die Wirkung von Walze und Egge in einer Handlung vervollkommnet zu vereinigen. Tiefkultur sorgt dafür, in der mehr und mehr ver- tieften Ackerkrume größere Reservoire für das Auffangen der Niederschläge zu schaffen und durch sorgfältige Bearbeitung der Oberfläche nach den entwickelten Prinzipien die auf- gesammelten Regengüsse festzuhalten. Aber der Ackerbauer hat sich nicht begnügt, nur die Ackerkrume allein in ihren Luft- und Wasserverhältnissen zu beherrschen. Seine Maßregeln greifen tiefer in das Gefüge des ganzen Bodens ein. 44 Sauerstoff und Wasserstoff. Nicht immer ist der Zustand der Böden ein solcher, daß ihre Bebauung sich ohne weiteres lohnt. Man kann es sogar als Regel bezeichnen, daß heute bei Neukultivierung von Land in unserem Erdteil die gewöhnlichen Maßnahmen der Boden- bearbeitung allein zur Meliorierung versagen, wenn man be- denkt, daß alles leichter zu bearbeitende Land natürlich längst in Kultur genommen ist. Der Überfluß an Wasser, wie man ihn namentlich auch bei der Kultivierung der Moore zu bekämpfen hat, ist der häufigste Fehler. Hier heißt es, das überschüssige Wasser entfernen. Diesen Zwecken dienen im groben je nach der Größe des Objektes und der Lokalität Kanalisierungen, Pump- werke, einfache Gräben usw. Derartige Maßnahmen, denen immerhin örtlicher Charakter anhaftet, hier zu behandeln würde zu weit führen. Aber eine aus den letzten Jahrzehnten datierende Maßregel von allgemeinster Bedeutung für alle Böden, die gewissermaßen die Feinarbeit leistet, dieDrainage, muß besprochen werden. Die Drainage hat sich aus der Entwässerung durch offene Gräben entwickelt. So gut die offenen Gräben dem Zweck dienten, überschüssiges Wasser zu entfernen, so unangenehm erwiesen sie sich dadurch, daß einerseits die Entwässerung sehr viel Bodenfläche kostete, die durch die Gräben der Kultur entzogen wurde, und daß andererseits die Grabenränder eine Brutstätte für alles mögliche Unkraut und auch für Pflanzen- krankheiten, die dem Unkraut anhaften und sich leicht über- tragen, abgaben. Und schließlich war die Unterhaltung der ständig verwachsenden Gräben keineswegs eine billige. Man kam daher zunächst auf den Gedanken, den Grund der sehr steil ausgestochenen Gräben durch Feldsteine auszu- füllen, die man dann mit einer Stein- oder auch wohl Holz- platte überlegte und dann mit Erde bis zum Grabenrand über- schüttete, so daß das Wasser zwischen den Steinen bei nicht zu großer Menge leicht hindurchfließen konnte. An Stelle der Steine traten später Faschinen, auch Strauchwerk, sowie Hohlziegel, und sind namentlich Faschinendrai- nagen auf Moorböden aus hier nicht zu erörternden Gründen Nutzanwendung in der Praxis. 45 auch heute noch vielfach in Gebrauch. Auf mineralischen Böden hat derartige Drains heute die Drainage mit ge- brannten Tonröhren vollständig verdrängt. Während ursprünglich die Anlage der Draingräben mehr oder weniger eine empirische war, wird heute, nachdem man sich über die Art und Weise der Drainwirkung und der Gesetze, denen sie folgt, klar geworden ist, nach festen Regeln das Drainnetz angelegt. Den Nutzen der Drainage faßt Schlipf in folgende Sätze zusammen: „I. Der Boden wird trockener und wärmer, besser durch- lüftet, wodurch die Verwitterung und das Pflanzenwachstum befördert werden. 2. Es wird nicht nur das schädliche Grund-, sondern auch das überflüssige Regenwasser schnell abgeleitet und da letz- teres stets wärmer als der Boden ist (die Temperatur der Luft hat), gibt es seine Wärme an den Boden ab und erwärmt also diesen auch bis zu größerer Tiefe. 3. Infolgedessen reifen die Früchte schneller, im Frühjahr kann man die drainierten Felder früher bestellen, als die undrainierten. 4. Drainierte Böden geben auch in trockenen Jahren höhere Erträge, weil in ihnen die Pflanzen mit ihren Wurzeln tiefer eindringen und aus den unteren feuchten Schichten Wasser aufnehmen können.‘ Die Aufstellung des Plans für die Drainage richtet sich nach dem örtlichen Gefälle. Man unterscheidet Saugdrains und Sammeldrains. Erstere mit engeren Tonröhren sind dazu bestimmt, das Wasser aus dem Boden aufzusaugen und den letzteren, die mit größerer Rohrweite der Ableitung dienen, zuzuführen. Diese geben ihrerseits das Wasser an große Sammelgräben, Flüsse usw. ab. Während man früher die Saugdrains in die Richtung des größten Gefälles legte, legt man heute in diese Richtung wegen besserer Wirkung die Sammeldrains. Die Entfernung der einzelnen Sauger von- einander richtet sich nach der Natur des Bodens, der Menge des abzuführenden Wassers, der Stärke des Gefälles, sowie der Tiefenlage der Röhren, letzteres insofern, als eine größere 4 6 Sauerstoff und Wasserstoff. Tiefe einen größeren Wirkungskreis des Saugrohrs gewähr- leistet. Ganz allgemein lassen sich bei einer Tiefenlage der Röhren von ım folgende Entfernungen der Drainstränge als prak- tisch angeben: Im reinen Sandboden . . . . 25 m bis 30 m Im lehmigen Sande . . - .ı. 2201, Wo was Im sandigen Lehn . ..i-- 2 = 16. 4, se Im Lehm. 3.0.4.4 wi 2 0 1A En Im schweren Lehm - -» 0. u. 124 zo ee Im: Ton -.: LO: 247 ze Bemerkt sei hier noch, daß der Eintritt des Wassers in die Sauger nur in den sogenannten Stoßfugen erfolgt, in wel- chen die einzelnen Tonröhren sich berühren. Das Wirkungs- gebiet einer solchen Stoßfuge stellt einen Kegel dar, dessen Spitze in der Stoßfuge und dessen Grundfläche an der Boden- oberfläche liegt. Dabei liegt der Mittelpunkt der Grundfläche genau senkrecht über der Spitze. Die Kosten einer solchen Drainage sind verschieden hoch, stets aber recht beträchtlich. Doch machen sie sich, da eine solche Anlage 50-60 Jahre hält, stets mehr als bezahlt. Eine intensive Kunstdüngerwirtschaft und Ausnutzung des Bodens ist meistens überhaupt erst durch Drainage möglich geworden. Zu den Maßregeln, Wasser- und Luftgehalt des Bodens zu beeinflussen, kann man auch die Übersandung der Moore zählen, wie sie in den glänzend rentierenden Anlagen Rimpaus in Kunrau lange Zeit den deutschen Moorwirten als Muster gedient hat. In letzter Zeit kommt man jedoch wegen der außerordentlich hohen Kosten dieses Verfahrens und weil es möglich ist, durch sonstige rationelle Bearbei- tung, Entwässerung und Düngung dem Moorboden gleich hohe Renten abzugewinnen, von diesem Verfahren wieder mehr ab und bleibt es besonders geeigneten Örtlichkeiten vorbehalten. Die Bewässerung der Böden zu Zwecken der Acker- kultur ist eine uralte Maßregel. Baut auf den Überschwem- mungen des heiligen Nil doch Ägyptens märchenhafte Frucht- Nutzanwendung in der Praxis. 47 barkeit sich auf, die es zur Kornkammer der Welt des Alter- tums stempelte. Gewaltige Anlagen von Kanälen usw., deren Ruinen wir heute noch in ihrer Mächtigkeit bestaunen müssen, da ihr Bau selbst der gegenwärtigen fortgeschrittenen Technik nichts Leichtes wäre, dienten in den Kulturländern der alten und neuen Welt unter mächtigen Herrschern, deren Namen heute nur noch die Sage nennt, demselben Zwecke. Wie vor Jahrtausenden überstauen noch heute die Chinesen ihre Reis- felder, berieseln ihr Zuckerrohr. Immerhin muß man sagen, daß die Bewässerung als wich- tige landwirtschaftliche Kulturmaßregel in den letzten Jahr- hunderten etwas in Vergessenheit geraten ist. Das Wort „Ruinen“ sagt schon genug. Es dürfte nicht schwierig sein im einzelnen die Gründe für diesen Niedergang festzustellen, eine dankbare Aufgabe für den Geschichtsforscher. Der all- gemeine Niedergang nach Zeiten hohen Aufschwungs ist ja eine stets zu beobachtende Tatsache. In Indien ist die Re- gierung schon seit langer Zeit, und zwar in ökonomischer Weise in Form der ‚„Hungersnotarbeiten‘“, mit dem Wieder- aufbau und der Neueinrichtung gewaltiger Bewässerungs- anlagen beschäftigt, deren Beendigung geeignet sein dürfte, das alte Zauberland von seiner schlimmsten Geißel, dem Hunger zu befreien. Auf gemäßigte Klimate scheint die Methode der Berieselung, wohl wegen geringeren Ackerbaues und der größeren Selten- heit des Wassermangels, auch im Altertum nicht übergegriffen zu haben. Erst in neuester Zeit wendet man der Berieselung besonders von Wiesenanlagen in der Praxis Interesse zu. Die - Berieselung von Feldern mit städtischen Kanalisationsabflüssen gehört kaum hierher, da es sich dabei weniger um Versorgung mit Wasser als um Verwertung der dungkräftigen Fäkalien handelt. Im übrigen beschäftigt sich mit der Frage künst- licher Feldbewässerung zurzeit erst die landwirtschaftliche Theorie, um die Rentabilität der einzelnen möglichen Ver- fahren in unsren Klimaten zu prüfen, die unter gewöhnlichen Verhältnissen, d. h., bei nur geringer zur Verfügung stehender Wassermenge, noch keineswegs unzweifelhaft ist. Daß unter 48 Der Kohlenstoff. günstigen Wasserverhältnissen auch in unseren Klimaten die schönsten Erfolge bis zur Verdoppelung der normalen Ernte- menge, sich erzielen lassen, haben kleinere Versuche in Europa und größere Anlagen in Amerika gelehrt. Die Domäne der Bewässerung werden aber immer die wär- meren Klimate bilden, in deren Böden oft das Wasser der Wachstumsfaktor ist, der sich im Minimum befindet und da- her die höchste Bedeutung hat. Hier werden Bewässerungs- anlagen voll ihre Wirkung entfalten, oft aus der Wüste fruchtbare Fluren schaffen, die Tausenden fleißiger Acker- bauer eine sichere Existenz bieten. Man denke z. B. an viele Striche des südlichen Argentinien, wie das Gebiet des Rio negro, oder unsere Kolonien in Afrika, für welche vielerorts das Wasser im weitesten Sinne des Wortes das ‚‚Lebensele- ment‘ ist. III. Der Kohlenstoff. 1. Die Bedeutung des Kohlenstofis als Pflanzen- nährstoff, seine Quellen und seine Aufnahme in den Pflanzenorganismus. „Wenn man bei Stoffen, die sämtlich notwendig sind zur Ernährung eines Organismus, überhaupt noch zwischen wich- tigeren und unwichtigeren unterscheiden könnte, so müßte man den Kohlenstoff unstreitig für den wichtigsten unter den Nährstoffen einer Pflanze erklären. Alle und jede organische Substanz enthält Kohlenstoff. Es gibt kein anderes Element, ° welches hier den Kohlenstoff zu ersetzen und Substanzen in so unabsehbarer Mannigfaltigkeit und Fülle zu bilden ver- möchte, wie sie der Kohlenstoff in den Organismen sowohl als im chemischen Laboratorium schafft. Die ganze organische Chemie ist ja die Chemie des Kohlenstoffs. Die aus organischen Stoffen aufgebauten Organismen verdanken die Möglichkeit ihrer Existenz in letzter Linie also den Eigenschaften des Kohlenstoffs.‘‘“ (Noll.) Quelle des Kohlenstoffs der Pflanzennahrung. 49 Die wichtigste dieser Eigenschaften ist die, daß ein Atom Kohlenstoff 4 Atome eines einwertigen oder 2 Atome eines zweiwertigen Elements, ein Atom eines dreiwertigen und eins eines einwertigen usw. zu binden vermag, daß es, wie sich der Chemiker ausdrückt, 4 gleichwertige Affinitätseinheiten besitzt. Zudem können sich auch die Atome des Kohlenstoffs natürlich untereinander verbinden, indem sie sich mit einer, zwei oder drei Valenzen zu offenen Kohlenstoffketten oder ge- schlossenen Kohlenstoffringen vereinigen, die die Kerne zur Bildung zahlloser Verbindungen mit anderen Elementen und Elementgruppen abgeben. Schon einfache rechnerische Überlegung der dadurch ge- botenen Möglichkeiten lehrt, daß die Zahl der kohlenstoff- haltigen Substanzen praktisch unerschöpflich sein muß. Die Vielgestaltigkeit der organischen Stoffe darf dementsprechend nicht überraschen. Schon die einzelne Pflanze enthält deren so viele, daß wir zurzeit kaum diejenigen genau kennen, in welchen nur die Elemente Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasser- stoff vertreten sind. Wenn noch der Stickstoff und andere Ele- mente hinzutreten, versagt heute unser Wissen noch so gut wie vollständig gegenüber der Menge möglicher Substanzen. Bei der großen Bedeutung des Kohlenstoffs macht dieser vom Pflanzenleibe natürlich einen sehr bedeutenden Prozent- satz aus. Jeder verbrennende Pflanzenteil schwärzt sich, ver- kohlt, damit seinen Reichtum an Kohlenstoff dokumen- tierend. An dieser Holzkohle kann man noch die feinste Struktur des ehemaligen Holzes erkennen, ein Zeichen, wie gleichmäßig die Verteilung des Kohlenstoffs im Pflanzenleibe und wie vorherrschend seine Menge sein muß. Die chemische Analyse weist denn auch bei allen Gewächsen durchschnitt- lich die Hälfte ihres Trockensubstanzgehalts als aus diesem Element bestehend nach. Wo stammt dieser Kohlenstoff der Pflanzen her und wie ist er in sie hinein gelangt? Der freie d. i. elementare Kohlenstoff scheidet von vorn- herein als Quelle für die Pflanzen aus. Wohl kommt er in 3 Formen als Diamant, Graphit und amorphe Kohle, dem Vageler, Pflanzennährstoffe. 4 50 Der Kohlenstoff. Hauptbestandteil der verschiedenen technisch verwerteten Kohlenarten, weit verbreitet auf der Erde vor. Aber es be- darf wohl keiner weiteren Worte, um seine Bedeutungslosig- keit für das Pflanzenleben in diesen Formen zu erweisen. Keine dieser Formen ist unter normalen Verhältnissen in den der Pflanze zugänglichen Gebieten des Bodens vorhanden. Es bleibt also nur gebundener Kohlenstoff, d.h. Kohlenstoff in Verbindung mit einem anderen Element als Pflanzennahrung übrig. Das für den alten Chemiker Nächstliegende war natürlich, derartige Kohlenstoffverbin- dungen im Boden zu suchen, dem ja die Pflanze auch ihre anderen Nährstoffe und das Wasser entnimmt. Zu dieser Annahme verlockte außer dieser Parallele noch ein anderer Umstand. Alle Böden mit Ausnahme ganz leichter Sandböden, wie sie die Flugsanddünen z. B. bilden, enthalten eine gewisse Menge organischer, also kohlenstoffhaltiger Sub- stanzen. Man kann sich leicht davon überzeugen, wenn man eine Probe eines beliebigen Bodens glüht. Das Gewicht nimmt unter Entweichen brenzliger Dämpfe um ein Bedeutendes ab und die Menge des aus dem Boden ausgetriebenen Wassers reicht nicht aus (s. o.), um diesen Gewichtsverlust zu erklären, ganz abgesehen davon, daß das Wasser beim Verdunsten natür- lich keine solche Dämpfe hervorbringen kann. Die organischen Substanzen, Humusstoffe genannt, die normaler Boden ent- hält, verbrennen, schon dadurch beweisend, daß sie ein „brenn- bares‘‘ Element, eben den Kohlenstoff, enthalten. Ein weiterer Beweis dafür, daß der Kohlenstoff dabei eine wichtige Rolle spielt, ist, namentlich in den Augen des Laien, die sehr auf- fällige Farbenänderung des Bodens. Vor dem Glühen ‚‚kohl- schwarz‘‘ oder doch mindestens durch die Beimischung der gelben bis schwarzen Humusstoffe dunkel gefärbt, nimmt er nach dieser Prozedur eine weit hellere, oft fast weiße Farbe an. Der schwarz färbende Kohlenstoff ist verschwunden! Besonders auffällig ist diese Erscheinung natürlich beim Moor- oder Torfboden, der so vorwiegend aus organischen, kohlenstoffhaltigen Stoffen besteht, daß er als Torf zu Feue- rungsmaterial dient. Quelle des Kohlenstoffs der Pflanzennahrung. 5I Die reiche Anwesenheit von Humusstoffen im Boden würde allein noch nichts für ihre Rolle als Pflanzennährstoffe und besonders als Kohlenstoffquellen bewiesen haben. Es wäre denkbar gewesen, daß sie nur eine indifferente Beimischung des Bodens bildeten. Aber dagegen sprach alle Erfahrung. Je humusreicher ein Boden war, desto fruchtbarer erwies er sich, desto üppiger war die Massenentwicklung der darauf erwach- senen Pflanzen. Man denke nur an die durch ihre Fruchtbar- keit ausgezeichneten humusreichen Marschen im Gegensatz zur armen sandigen Geest! Einen besseren Beweis dafür, daß der Humus eben einfach der Universalnährstoff der Pflanzen war, der die Fruchtbarkeit der Böden bedingt, konnte sich der alte Chemiker gar nicht wünschen. Die „Humustheorie‘, die Lehre vonder Humusernährung derGewächse, war fertig und fand in den ersten landwirtschaftlichen Größen der dama- ligen Zeit, wie z. B. Thaer, ihre geistvollsten und wärmsten Verteidiger, die sie gleichzeitig durch die Autorität ihrer Namen deckten und gewissermaßen unangreifbar machten. Außerdem stimmte diese Theorie aufs schönste zum Tun des Landwirts, der in dem Abfall seiner Wirtschaft, in Stallmist und Kompost, dem Boden alljährlich mit gutem Erfolg für das Pflanzenwachstum Stoffe zuführte, die sich unter seinen Augen in „Humus‘“ ver- wandelten, also scheinbar in die Form übergingen, in der sie wieder in den Kreislauf des Lebens einzutreten vermochten. Die Frage der Kohlenstoffernährung der Pflanzen, das Problem der Stoffbildung im Pflanzenleibe schien restlos, wenn auch unter Zuhilfenahme der damals diskutierbaren, allerdings nicht weiter definierbaren ‚Lebenskraft‘‘, gelöst. Die alten Theoretiker und Praktiker hatten vollständig richtig beobachtet, wenn sie den Humus für die Fruchtbarkeit des Bodens verantwortlich machten. Humus und Bodenfrucht- barkeit gehören wirklich zusammen, das beginnt auf exakter Grundlage die heutige Agrikulturchemie erst so recht eigent- lich zu begreifen. Wir wären heute vielleicht weiter in der praktischen Anwendung der Pflanzenernährungslehre, wenn diese Weisheit der Väter inzwischen nicht eine Zeitlang völlig zum alten Eisen geworfen wäre. 4* 52 Der Kohlenstoff. Wenn aber diese alten Forscher den Zusammenhang zwischen Humus und Fruchtbarkeit darin zu erblicken glaubten, daß der Humus den Pflanzen den Kohlenstoff liefere, oder in damaliger Ausdrucksweise gesprochen, die ‚plastischen Substanzen‘, aus welchen sie ihren Leib aufbauten, so irrten sie ganz gewaltig, nicht nur bei sämtlichen Kultur- gewächsen, sondern sogar bei der Mehrzahlaller Pflan- zen. Daß ihre Ansicht später für eine Anzahl von Pflanzen- gattungen sich als richtig erweisen würde, konnten sie nicht wissen, da erst die neuere und neueste Forschung hier Klarheit geschaffen hat. Es gibt eine große Menge pflanzlicher Organismen, die organische Substanzen, sei es, daß sie in Lösung ihnen geboten werden, sei es, daß sie sie erst selbst durch Enzyme löslich machen, zu ihrer Ernährung mit Kohlenstoff verwenden. Es sind dies die sogenannten Saprophyten, blattgrünlose Organismen meist aus den niedersten Reihen des Pflanzenreichs. Das Heer der Pilze, vor allem die Bakterien mit sehr wenigen Ausnahmen, gehören hierher. Einige höhere Gewächse haben sich unter bestimmten Rückbildungen gleichfalls ans Sapro- phytenleben angepaßt. Diese Organismen sind gänzlich auf bereits fertige orga- nische Substanz zu ihrer Ernährung angewiesen. Sie können nur solche verwerten, mag sie im übrigen je nach der Natur der Einzelwesen noch so verschieden zusammengesetzt sein. Die übliche Zweckmäßigkeitslehre, wonach alles Natur- geschehen zu Nutz und Frommen eines bestimmten Zieles: des Wohlbefindens der Krone der Schöpfung, erfolgt, hat diese Gewächse zu ausgesprochenen Lieblingen erkoren. Denn groß und wichtig ist die Aufgabe, die die Saprophyten im Haus- halt der Natur zu erfüllen haben. Indem sie sich von orga- nischen Stoffen, also den Resten ehemaliger Tiere und Pflan- zen, nähren, zersetzen sie diese in stiller und emsiger Arbeit in ihre elementaren Bestandteile, machen aus ihnen die in orga- nischer Bindung unverwertbaren Nährstoffe frei, ‚minerali- sieren‘‘ sie, wie der Spezialausdruck lautet, und machen sie dadurch erst wieder fähig, in den Pflanzenleib einzutreten Quelle des Kohlenstoffs der Pflanzennahrung. 53 und damit von neuem, sei es direkt, sei es auf Umwegen der Menschheit nutzbar zu werden. Im Gegensatz zu diesen nützlichen Organismen haben sich verwandte allerdings zu den gefährlichsten Feinden des Menschengeschlechts, der Tierwelt und Pflanzenwelt aus- gebildet, indem sie sich an das Leben in lebenden fremden Organismen angepaßt haben und heute die Erreger der gefährlichsten Infektionskrankheiten: der Cholera und Pest usw., der Tierseuchen und verbreitetsten Pflanzenkrank- heiten sind. Aus Saprophyten sind Parasiten geworden, die sich nicht mit toter organischer Substanz begnügen, sondern das Leben selbst angreifen und für ihre Ernährung tributpflichtig machen. Mit ihnen befaßt sich die Teleologie im üblichen Sinne, mit dem Blick aufs eigenste Wohl des Philosophen selbst, erheblich weniger gern. So zahlreich an Individuen diese Organismen auch sind, auch zahlreich an Art und Gattung, gegenüber dem Heer der höheren Gewächse treten sie durchaus in den Hintergrund. Die Mehrzahl hat überhaupt erst das Mikroskop, die Ver- schärfung des Menschenauges, kennen gelehrt, da sie durch winzige Kleinheit sich dem Gesehenwerden entziehen. Die höheren Pflanzen aber sind der Hauptsache nach keine Saprophyten und Parasiten, wenn auch einzelne Mitglieder dazu wieder entartet sind. Die höheren Pflanzen vermögen, trotz der Humustheorie, auch auf Böden zu gedeihen, die keine Humusstoffe enthalten. Sie vermögen auch hier ihren kohlen- stoffhaltigen Körper auszubilden. Das ergaben sehr bald Ver- suche, zu welchen man kam, als eine einfache Berechnung an vielen Stellen ein großes Mißtrauen gegen die Humustheorie erwachen ließ. Auf der Mehrzahl der normalen Ackerböden erwies sich nämlich der durch Glühen des Bodens ja leicht feststellbare Humusgehalt als weitaus zu gering, um auch nur den Bedarf einer Jahresernte an organischen Stoffen zu decken. Woher erhielt hier die Pflanze den Rest des notwendigen „plastischen Materials?‘ Woher nahm sie das plastische Material über- 54 Der Kohlenstoff. haupt auf leichten humuslosen Sandböden, die doch auch keineswegs der Vegetation entbehrten ? Männer wie Ingenhouzs, De Saussure und andere ge- hörten dazu, um überhaupt den Mut zu finden, die von ihnen auf diese Frage entdeckte Antwort, für die damalige Zeit die unwahrscheinlichste, die es geben konnte, auszusprechen: Der Kohlenstoff der Pflanzen entstammt der Luft. Abgesehen davon, daß es eines weit über das Zeitniveau hinausgehenden chemischen Verständnisses und, man möchte fast sagen, chemischer Intuition bedurfte, um am Ende des achtzehnten Jahrhunderts schon den unsichtbaren Gasaus- tausch zwischen Luft und Pflanze als wichtigsten Ernäh- rungsvorgang der letzteren aufzufinden und zu erkennen, „gehörte der Mut einer festen Überzeugung dazu, die Tausende von Zentnern Kohlenstoff, welche eine Waldstrecke in sich anhäuft, aus dem prozentisch äußerst geringen Kohlensäure- gehalt der Atmosphäre herzuleiten.‘ Es ist wirklich kein Wunder, daß das große Publikum der Gelehrten und Laien der damaligen Zeit von derartigen „närrischen‘‘ Entdeckungen nichts wissen wollte. Lang und wenn auch unblutig, so doch erbittert waren die Geistesfehden, die um die Kohlenstoffernährung der Pflanzen ausgetragen wurden, und erst Liebig war es vorbehalten, das letzte Boll- werk der Gegner durch die Wucht seines Wortes und seiner Autorität allmählich niederzulegen und der richtigen Anschau- ung zum Siege zu verhelfen, daß wirklich der Kohlen- stoffgehalt der höheren Pflanzen der atmosphä- rischen Luft entstammt. Nicht ausgeschlossen ist dabei, daß höhere Gewächse, wenn ihnen kohlenstoffhaltige Lösungen zur Verfügung stehen, auch diese aufnehmen und daß so von der Wurzel aus Kohlen- stoff dem Pflanzenorganismus zugeführt wird. Man hat die Möglichkeit dieses Vorgangs, ins entgegen- gesetzte Extrem der alten Anschauung verfallend, völlig geleugnet, erkennt sie aber nach und nach, da immer mehr experimentelle Belege dafür geliefert werden, an. Ob freilich der so aufgenommene Kohlenstoff irgendwelche Bedeutung Quelle des Kohlenstoffs der Pflanzennahrung. 55 im Pflanzenleben besitzt und ob die so aufgenommenen Stoffe nicht nur als quasi indifferente Gemengeteile des Bodenwassers mit aufgenommen werden, bleibt dahingestellt. Es ist sogar nicht sehr wahrscheinlich, daß ihre Rolle eine große ist, denn es gelingt vollkommen, jedes höhere Gewächs mit Ausnahme der extremen Saprophyten unter gänzlichem Ausschluß kohlen- stoffhaltiger Substanzen aus dem Nährboden zur vollen, üppi- gen Entwicklung zu bringen. Die Luft als Kohlenstoffliefe- rant genügt. Daß wirklich die ‚„Kohlensäure‘‘, oder chemisch richtiger ausgedrückt, das Kohlendioxyd der Luft, denn um diese Kohlenstoffverbindung handelt es sich, der Pflanzennährstoff ist, läßt sich experimentell leicht erhärten. Reinigt man Luft durchaus von Kohlendioxyd, was durch Einleiten in Alkali- lauge nicht schwer ist, so gelingt es nicht, auch nur die ge- ringste Entwicklung einer grünen Pflanze hervorzurufen. Die junge Pflanze stirbt in ganz kurzer Frist. Die ältere vermag oft noch lange Zeit zu vegetieren, wenn auch jeder Fortschritt stockt. Der Grund dafür ist leicht verständlich, wenn man be- denkt, daß ja jede Pflanze als lebendes Wesen Kohlensäure ausatmet, die aus der Zersetzung der organischen Stoffe ihres Körpers stammt. Diese Kohlensäure wird dann eben wieder aufgenommen und verarbeitet, wenn sie nicht wie in freier Luft entfernt wird, und die Pflanze klammert sich an sie, wie ein Ertrinkender nach einem Strohhalm greift. Wenn man sich die ungeheuren Pflanzenmassen vergegen- wärtigt, die die Oberfläche der Erde bedecken, wenn man be- denkt, welche Mengen von Kohle, d. h. Überreste ehemaliger Vegetation, im Schoß der Erde ruhen, teilweise wohl noch gar nicht dem forschenden Menschen bekannt, dann wird der Laie leicht geneigt sein, den Kohlensäuregehalt der atmosphä- rischen Luft, aus der dieser angehäufte Kohlenstoff einmal stammen muß, zu überschätzen. In Wirklichkeit ist der Gehalt der Atmosphäre an Kohlen- dioxyd ein ganz geringer, so gering, daß es schon einer fort- geschrittenen analytischen Technik bedurfte, um ihn überhaupt festzustellen. 56 Der Kohlenstoff. Dicht über dem Erdboden enthält die Luft in der Regel in 10000 | nur etwa ı2 bis ı3 1 Kohlendioxyd. Im großen Durchschnitt ist der Gehalt viel geringer: im Sommer 2,7 bis2,9 1, im Winter 3,0 bis 3,61, im Gesamtdurchschnitt 3,3 bis 3,5 1, alles Mengen, die geradezu lächerlich klein er- scheinen. Noch wesentlich geringer wird dieser Gehalt mit zunehmender Höhe über dem Erdboden, dem hohen spezi- fischen Gewicht der Kohlensäure, die dadurch an die nie- deren Luftschichten gebannt ist, entsprechend. Die Verteilung ist nach der Berechnung von Hann die folgende: o km Meereshöhe. . . . . . 0,03 % CO, (Kohlendioxyd) ED. >; “ ee NO ee . / 205 ;; s ? 0,0009, 4 = in 50 und mehr Kilometern Meereshöhe ist theoretisch ein Kohlensäuregehalt der Atmosphäre nicht mehr denkbar. Noch geringer erscheinen die Zahlen, wenn man in Rech- nung zieht, daß von dem Gesamtgehalt nur °/,, etwa Kohlen- stoff, das übrige Sauerstoff ist, entsprechend der Formel CO,, so daß 10000olLuftrundnur 2gKohlenstoffenthalten, eine ungemein geringe Menge auf den ersten Blick gegen die Hunderte von Zentnern Kohlenstoff, die in einem einzigen Hektar Waldes aufgespeichert sind! Aber näheres Zusehen nimmt dem Mißverhältnis seine Ungeheuerlichkeit, verkehrt es sogar in sein Gegenteil. Den anscheinend minimalen Gehalt von 2g Kohlenstoff pro 10 000 I Luft zugrunde gelegt, steht der Vegetation der Erde immer noch ein Vorrat von 800 Billionen Kilogramm Kohlenstoff zur Verfügung, ein Vorrat, der unschätz- bar lange Jahre vollkommen ausreichen würde, um die Flora auf ihrer alten Üppigkeit zu erhalten, auch wenn kein Ersatz der Entnahme stattfände. Dieser Ersatz aber findet sogar in ausgedehntem Maße statt. Zunächst atmen Tiere und Pflanzen alltäglich riesige Mengen von Kohlensäure, also Kohlenstoff, aus. Wie hoch sich dieser tägliche Gewinn durch die Atemtätigkeit der Tiere und Pflanzen stellt, entzieht sich jeder Schätzung. Quelle des Kohlenstoffs als Pflanzennahrung. 57 Ein erwachsener Mensch atmet täglich etwa 900 g Kohlen- säure (entsprechend 245 g Kohlenstoff) aus, die ganze Mensch- heit zu 1400 Millionen gerechnet, also etwa 1200 Millionen Kilogramm Kohlendioxyd, welche 340 Millionen Kilogramm Kohlenstoff enthalten (nach Noll). Ganz unschätzbar sind des weiteren die immensen Kohlen- säuremengen, die bei der Verwesung tierischer und pflanzlicher Organismen alltäglich durch die Tätigkeit der Mikroorganismen, der oben besprochenen Saprophyten, in die Luft entweichen. Die aus den Kohlenlagern alljährlich geförderten und auf dem Umwege über die Verbrennung der Atmosphäre wiedergegebenen Kohlenstoffmengen sind mit 480 000 000 000 kg sicherlich nicht zu hoch gegriffen, wenn man das verbrannte Holz usw. hinzurechnet. Wie hoch schließ- lich sich die täglich in die Luft gesandten Kohlensäuremengen belaufen, die aus den Vulkanen aller Art stammen, das zu schätzen wird niemand unternehmen. Ganz abgesehen davon, daß alle Exhalationen reich an Kohlensäure sind, ist diese oft das einzige Gas, das in der Umgebung vulkanischer Berge, bis weit vom Krater entfernt, dem Boden entströmt. Man denke z.B.an die Höhlen von Susaki am Isthmus von Korinth, die allbekannte Hundsgrotte in der Nähe von Neapel oder das sagenumwobene ‚‚Todestal‘‘ auf Java, ‚in dessen oft ganz mit Kohlensäure angefülltenm Kessel keine einzige Pflanze wächst und zahlreiche Skelette von Tieren die tödliche Wirkung des giftigen Gases bezeugen.‘ Selbst allerkühnste Spekulation vermag nicht rechnerisch Entnahme und Ersatz an Kohlensäure in der Atmosphäre in ihrem Kreislauf zu verfolgen, nicht zu sagen, ob Gleich- gewicht zwischen beiden herrscht, ob zurzeit die Festlegung durch die Vegetation stärker ist, als die Rückkehr des Kohlen- dioxydes in die freie Luft oder umgekehrt. Wenn überhaupt ein allgemeiner Schluß auf das Wesen dieses Vorgangs gestattet ist, so ist es der, daß wahrscheinlich bald der eine, bald der andere Teil des Prozesses überwiegt. In der Geschichte der Erde kann man, wenn man will, einen Beweis dafür erblicken. 5 8 Der Kohlenstoff. Auf die Zeit der Steinkohlenwälder mit ihrer üppigen Flora, von deren Gewaltigkeit selbst die heutigen Tropenwälder wohl kaum eine richtige Vorstellung geben, folgt in der Erdgeschichte die Eiszeit, die jeglichem Leben ihre ehernen Ketten aufzwang, trostlose Dürftigkeit, schwere Kämpfe ums Dasein erzeugend. Was liegt näher, als die Annahme, daß während der Blütezeit .der Steinkohlenwälder die Festlegung der Kohlensäure in den Pflanzenleibern, deren Resten wir heute als Kohlen die Höhe unserer Leistungen verdanken, so sehr ihren Rücktritt in die Atmosphäre überwog, daß diese an Kohlensäure verarmte? Die Folge mußte eine Änderung des Wärmeleitungsvermögens der Luft sein in dem Sinne, daß die Abgabe der Wärme an den kalten Weltenraum gefördert wurde, mithin ein allgemeines Sinken der Temperatur. Nicht in weiten Grenzen, aber doch um einige Grade. Mehr aber war auch zur Erzeugung der Eiszeit gar nicht nötig. Brauchte doch heute das europäische Jahresmittel der Temperatur nur um ein ganz Geringes zu sinken, um Norddeutschland wieder in des Eises starre Banden zu schlagen, die es vor, geologisch gesprochen, noch nicht gar so langer Zeit erst freigegeben haben. Man sieht, Perspektiven eröffnen sich genug. Ob es je gelingen wird, Klarheit in diesen hochinteressanten Fragen zu schaffen — es wäre Vermessenheit, darüber ein Urteil sich heute im Beginn der Forschung anzumaßen. Doch kehren wir zum eigentlichen Thema zurück. Die Schwankungen des Kohlensäuregehalts in den einzelnen Schichten der Atmosphäre sind sehr geringe. Es kann dies gar nicht anders sein, denn schnell würde die Diffusion der Gase jeden Unterschied ausgleichen. Die ständig herrschen- den Luftströmungen, Winde und Stürme wirken im selben Sinne, nur noch energischer. So gleicht sich natürlich jeder Verbrauch an Kohlensäure an einem Orte schnell wieder aus und die Möglichkeit, daß ein Baum, ein ganzer Wald aus dem geringen Gehalt der Luft an Kohlendioxyd seinen Kohlen- stoffbedarf deckt, verliert jedes Absurde, selbst wenn man sich vor Augen hält, daß ein Zentner Kohlenstoff erst in rund 250 000 000 | Luft enthalten ist, ein Baum mit etwa 50 Zentner Quelle des Kohlenstoffs der Pflanzennahrung. 59 Kohlenstoffgehalt mithin 12 500 000 000 | Luft ihres Kohlen- stoffgehalts berauben muß! Sind doch diese Mengen ein Nichts gegenüber dem Luftozean des Erdballs. Dem Zwecke der Kohlensäureaufnahme dienen die bereits bekannten Organe der Atmung bei den Pflanzen; die Spalt- öffnungen der Blätter und grünenTeile, die mitihren Atemhöhlen mit den Interzellularen des Pflanzen- leibes in Verbindung stehen. Ständige Diffusionsströme ersetzen aus der Außenluft die Kohlensäuremengen, die im Pflanzenorganismus verbraucht werden. Unterstützt wird dieser Vorgang des Gaswechsels durch Bewegungen der Luft und Beugungen der Pflanzen unter dem Einfluß des Windes. Temperaturwechsel durch verschieden starke Bestrahlung rufen Druckdifferenzen der Gase des Pflanzeninnern untereinander und gegen die Atmosphäre hervor, die gleichfalls für Gas- wechsel sorgen, indem bald Luft durch die Spaltöffnungen bei Unterdruck im Pflanzeninnern eingesogen, bald bei Über- druck ausgestoßen wird. Die auf diese Weise aufgenommenen Kohlensäuremengen genügen für den Bedarf der Landpflanzen, wie Versuche hundertfach erwiesen haben, vollkommen. Immerhin ist die Pflanze nicht durchaus auf sie beschränkt. Sie nimmt vielmehr die Kohlensäure, wo sie sie findet, verwertet also auch gern diejenigen Mengen des Gases, die ihrem Organismus im Bodenwasser gelöst zugeführt werden. Es ist dies gewisser- maßen ein kleines Nebeneinkommen an Kohlensäure, das die Landpflanzen auszunutzen wissen. Allein auf in Wasser gelöstes Kohlendioxyd sind natürlich die im Wasser lebenden Gewächse angewiesen, soweit sie nicht wenigstens mit der Oberseite ihrer Blätter an die Luft rühren. Mangel an Kohlensäure brauchen auch sie bei dem hohen Absorptionskoeffizienten dieses Gases für Wasser nicht zu leiden. Die Zuführung des Rohmaterials ist auch hier ge- nügend. 60 Der Kohlenstoff. 2. Das Organ der Kohlenstoffassimilation. Die Spaltöffnungen vermitteln den Eintritt der Kohlen- säure ins Pflanzeninnere. Von dem Ausnahmefall der ganz ins Wasser eingetaucht lebenden Pflanzen abgesehen, darf dieser Satz als allgemeingültige Regel aufgestellt werden. Wo ‚viele Spaltöffnungen sind, ist entsprechend die Aufnahme der Kohlensäure eine starke, und dies setzt wieder einen starken Verbrauch bei der betreffenden Pflanze voraus. Es kann zur Auffindung der Verbrauchsorgane, wenn solche in besonderer Form bestehen, nicht unfruchtbar erscheinen, das Pflanzen- reich auf die Menge der Spaltöffnungen und ihre Verteilung im einzelnen zu durchmustern. Denn es liegt auf der Hand, daß die Natur, die ja stets mit Sparsamkeit am rechten Flecke schafft, nicht komplizierte Spaltöffnungen hat entstehen lassen, wo sie von keinem Nutzen sind, und daß andererseits, wo wir viele Spaltöffnungen finden, sich vielleicht auch im Pflanzen- körper am deutlichsten Organe zeigen werden, die zur weiteren Verarbeitung der aufgenommenen Kohlensäure in Beziehung zu setzen sind. Diese Durchmusterung des Pflanzenreichs ist nicht erfolg- los. Wir finden die Spaltöffnungen bei allen höheren Land- pflanzen und die Luft berührenden Wasserpflanzen, vor- wiegend auf Blättern und verwandten Organen. Diese haben außer den Spaltöffnungen noch eine Eigentümlich- keit, die weit mehr ins Auge fällt: sie zeichnen sich insgesamt durch grüne Farbe aus, die den spaltöffnungslosen Pflanzen und Pflanzenteilen fehlt. Ein Zusammenhang zwischen Spalt- öffnungen, also der Ausbildung von Organen zur Kohlensäure- aufnahme und grüner Farbe liegt also anscheinend im Be- reiche der Möglichkeit. Und er besteht in der Tat. Nur die grünen Pflanzen und grünen Pflanzen- teile sind fähig, Kohlensäure aufzunehmen und zu verarbeiten. Nur die grünen Gewächse verfügen in ihrem Leibe über einen spezifisch dazu ausgebildeten Apparat: die sogenannten Chloroplasten, d.h. Blattgrünkörperchen, die der Pflanze ihre Farbe verleihen. Das Organ der Kohlenstoffassimilation. 61 Ohne die Anwesenheit der Chloroplasten kommt keine Ver- arbeitung der Kohlensäure zu Pflanzensubstanz zustande.') Ihre Verbreitung deckt sich einigermaßen mit der der Spalt- öffnungen, ist aber insofern eine bedeutend weitere, als auch die untergetauchten grünen Pflanzen natürlich Chloroplasten enthalten, ebenso wie niedere Pflanzen, die, wie die Algen, wegen ihrer Lebensweise oder ihres sehr einfachen Baues keiner Spaltöffnungen zur genügenden Versorgung mit Kohlensäure bedürfen. Allerdings ist in diesen Gewächsen häufig die grüne Farbe durch andere Farbenbeimengungen verdeckt, so daß die Pflanze dem Auge braunrot oder in sonst einer Färbung er- scheint. Doch wird durch diese Beimengung die Wirksamkeit der Blattgrünkörperchen nicht beeinträchtigt. Für die bunt-, besonders rotblätterigen Varietäten vieler unserer Ziergewächse gilt natürlich ein Gleiches. Dem unbewaffneten Auge erscheint das ganze Blatt, die ganze Pflanze, grün. Schwache Vergrößerung schon läßt aber erkennen, daß die Farbe ihren Sitz nicht in den Wänden der einzelnen Zellen, die den Pflanzenleib zusammensetzen, hat, wie man bei der Gleichmäßigkeit der Färbung leicht annehmen könnte, sondern im Innern der Zellen selbst. Das noch mehr geschärfte Auge gewahrt, daß auch nicht der ganze Zellgehalt eine gleichmäßig grüne Farbe trägt, sondern nur einzelne scharf umrissene Teile des Zellinnern, eben die genannten Chloro- plasten. Sie liegen meist in Form ellipsoider Körnchen an den Wandungen der dem Lichte erreichbaren äußeren Zellen, wenig- stens bei fast allen höheren Pflanzen, den Cormophyten. Die Zellen der Epidermis, der äußersten Zellschicht des Pflanzen- leibes sind aber nur ausnahmsweise blattgrünhaltig. Bei vielen Thallophyten, vorwiegend Algen, wie die bekannten Spiro- gyra, nehmen die Chloroplasten andere Formen an. Sie durchziehen als grüne Bänder in Spiralwindungen die ganze Zellsubstanz, sind in Sternform ausgebildet. Selten ist auch der grüne Farbstoff ungleichmäßig in der ganzen Zelle verstreut. ') Eine Ausnahme machen hier nur gewisse Bakterien (Nitrobakterien), die die Fähigkeit besitzen, ohne Blattgrün und Sonnenlicht Kohlensäure zu assimilieren. Die Sachlage bedarf wohl noch der endgiltigen Klärung. 62 Der Kohlenstoff. Damit sind die heutigen Kenntnisse über den Bau dieser so wichtigen Apparate aber nicht erschöpft. Die stärksten Ver- größerungen zeigen bei Betrachtung der Chloroplasten eine schwammartige Struktur. Dieser Anblick kommt dadurch zustande, daß in farbloser Grundmasse grüne Tröpfchen des eigentlichen Farbstoffs eingebettet sind, die sogenannten Grana. Durch Alkohol, Äther usw. werden sie leicht gelöst. Dadurch erhalten dann die Chloroplasten das Aussehen von Leukoplasten, d.h. farblosen Inhaltskörperchen der Zellen, aus welchen sie sich auch entwickelt haben, wie sich leicht an jeder jungen Pflanze beobachten läßt. Im Keimling, der noch nicht dem Licht ausgesetzt gewesen ist, sind nur Leukoplasten vorhanden, er sieht deshalb bleich, gelblich aus. Die Farbtröpfchen sind noch nicht in den Kör- perchen bemerkbar. Damit sie sich bilden können, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, abgesehen natürlich davon, daß der Sproß überhaupt am Leben bleibt. Einmal ist eine gewisse Temperatur dazu erforderlich, die für alle Pflanzen ver- schieden ist. Sie schwankt zwischen dem Punkte, an welchem das Zellwasser zu Eis erstarrt, und der oberen Temperaturgrenze vegetabilischen Lebens, also etwa zwischen —0,5 bis 45°. Dann aber muß vor allem Licht vorhanden sein. Ohne Licht findet kein Ergrünen irgendeines Gewächses statt. Gewiß wachsen Pflanzen auch im Dunkeln, sie wachsen sogar verhältnismäßig sehr schnell, ‚vergeilen‘“, wie es der Volksmund genannt hat, aber sie bleiben bleich und farblos. Zur Ausbildung der grünen Farbe ist das Licht ein unabweis- liches Bedürfnis. Ohne Licht wird die Pflanze ‚‚etioliert‘“. Eine solche etiolierte Pflanze ist gleichzeitig ein vortreff- licher experimenteller Beweis dafür, daß nur das Blattgrün die Verarbeitung der Kohlensäure und damit die Produktion von organischer Substanz vermitteln kann. Trotz des hohen Aufschießens, das solche Pflanzen immer zeigen, ist ihr Gehalt an Trockensubstanz nicht entsprechend vermehrt. Er ist sogar geringer als der Trockensubstanzgehalt des Samens, aus welchem sich das Wesen in seinen oft abenteuerlichen und nicht mehr an den normalen Wuchs gemahnenden Formen ent- Das Organ der Kohlenstoffassimilation. 63 wickelt hat. Und nach kurzer Zeit schon geht das Hunger- gewächs, wie man es im wahrsten Sinne des Wortes bezeichnen kann, zugrunde, wenn es nicht vorher ans Licht gebracht wird. Geschieht dies nicht zu spät, dann geht in kurzer Zeit ein seltsamer Wandel mit der etiolierten Pflanze vor. In kurzer Frist ergrünen die normalerweise grünen Teile, das über- mäßig gestreckte Wachstum hört auf und eine naturgemäße Entwicklung der Pflanzen greift Platz, die freilich oft nicht mehr die vorher gemachten Fehler ausgleichen kann, aber doch lebensfähige Wesen entstehen läßt. Wie zum Entstehen des Blattgrüns ist auch zu seinem Bestande das Licht neben der Temperatur in den obigen Grenzen eine Notwendigkeit. Bringt man eine kräftige grüne Pflanze ins Dunkel, so hört sofort die Bildung organischer Substanz auf. Nach kurzem Stillstand nimmt dann das Trockengewicht der Pflanze ab, sie geht rückwärts wie ein hungerndes Tier. Dauert die Dunkelhaft gar zu lange, dann verfärben sich die Blätter, das Grün schwindet, um einer kranken gelben Farbe Platz zu machen, und das Gewächs geht dem langsamen Ende entgegen, wenn es nicht schnell wieder ans Licht gebracht wird und an kohlensäurehaltige Luft. Dies Verhalten gibt nicht nur darüber Aufschluß, daß die Chloroplasten die Vermittler der Kohlenstoffernährung der Pflanze sind, es wirft auch ein helles Licht auf die Arbeits- weise dieser Apparate. Ihre treibende Kraft ist offenbar das Licht. Denn Lichtmangel hemmt ihre Funktion, Licht- zufuhr stellt sie sofort wieder her. Der Lichtstrahl ist der mächtige Motor, der im Pflanzenleibe die Massen organischer Substanzen schafft, die der Tierwelt direkt und indirekt zur Unterhaltung dienen, nicht weniger auch dem Menschen, der sich zurzeit noch nicht von dieser Versorgung durch Pflanzen und Tiere losmachen kann. Alle Fortschritte der heutigen Zeit, alle Triumphe der Industrie und Technik verdankt der Mensch im Grunde dem Lichtstrahl, dessen Energie vor tausend und abertausend Jahren von den Pflanzen ausgenutzt wurde. Ihre Reste bilden die gewaltigen Steinkohlenlager der Erde, schier unerschöpfliche Speicher einst reich verschwendeter 64 Der Kohlenstoff. Sonnenenergie, die des Menschen Scharfsinn heute wieder ver- fügbar macht. Ein grandioser Gedanke, unbewußt geahnt wohl in allen Religionen, deren Urgrund die Sonne als allmächtige Schöpferin und Erhalterin alles Seins ist, mag sie sich bei späterem Ausbau der Systeme auch unter allen möglichen anderen Namen und Gestalten verstecken! Ehe wir auf die Einzelheiten dieses Prozesses: Umwand- lung von Licht in chemische Energie, eingehen, sei ein kurzer Blick auf den chemischen Bau des Chlorophyli- apparates geworfen. Hier muß leider zugegeben werden, daß unsere Kenntnisse noch nicht die besten sind. Schon die elementare Zusammen- setzung des Chlorophylifarbstoffs, der sich aus den Chlorophyli- körpern, wie schon oben erwähnt, durch Extraktion mit Alkohol, Äther usw. leicht erhalten läßt, war und ist auch heute noch vielfach Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten. Ältere Analytiker haben bei der Untersuchung des Blattgrüns stets Eisen gefunden, was um so besser den Verhältnissen zu ent- sprechen schien, als das Eisen zur Bildung des Blattgrüns zweifellos in gewisser Menge vorhanden sein muß. Hierüber haben zahlreiche Experimente vollkommen sicheren Auf- schluß gegeben. Stets wurden Pflanzen ohne Anwesenheit von Eisen in der Nährlösung in kurzer Zeit chlorotisch, d.h. sie entwickelten ihr Blattgrün nicht und gingen schnell zugrunde. Verlockend war die Annahme, Eisen als konstituierenden Bestandteil des Chlorophylis zu betrachten, auch deswegen, weil damit eine enge Verwandtschaft zwischen Blattgrün und Biutfarbstoff, also zwei hochwichtigen Stoffen im Tier- und Pflanzenreich, gesichert schien. Diese letztere Verwandtschaft besteht nun allerdings in der Tat, indem die Konstitution beider Stoffe in vieler Hinsicht ähnlich ist. Das Eisen freilich hat mit dieser Verwandtschaft nichts zu tun, denn einwandfrei ist durch neuere Unter- suchungen nachgewiesen, daß der fertig ausgebildete Blatt- farbstoff keine Spur von Eisen enthält, vielmehr als eine Magnesiumverbindung aufzufassen ist. Das Organ der Kohlenstoffassimilation. 65 ® Über den chemischen Aufbau des Chlorophylis im einzelnen ist man aber trotz der vielfachen Untersuchungen immer noch nicht ganz im klaren. Es scheint eine ganze Anzahl von Chlorophylifarbstoffen zu geben, deren Konstitution teilweise eine so zerbrechliche, möchte man sagen, ist, daß deswegen die Feststellung derselben auf sehr große Schwierig- keiten stößt. Ganz allgemein lassen sich aus gewöhnlichen Blättern zwei Gruppen von Farbstoffen erhalten. Die einen sind grün und werden als die eigentlichen Chlorophylifarbstoffe betrachtet, die anderen sind rot und gelb und werden als Chrysophyli und Xantophyli bezeichnet. Über die Konstitution aller dieser Körper ist man sich aber, wie gesagt, noch recht wenig einig. Jedenfalls ist der künstliche Aufbau bisher noch nicht ge- lungen. Es gilt auch hier wieder, wie das leider heute noch so oft der Fall ist: wo uns die Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Eins der schwierigsten Probleme, die sich im Pflanzenleben bieten, ist vollends die Art und Weise, wie die Pflanze mit Hilfe ihres Chlorophyllapparates die Kohlensäure zu organischen Stoffen verarbeitet, indem sie sie mit den Elementen des Wassers verknüpft nach der allgemeinen Formel zC0,..yH,0=-C,H,.,0.,,.,..r20. Der chemische Vorgang ist im Prinzip einfach genug. Es ist eine Reduktion der Kohlensäure und Verknüpfung des Molekülrestes mit Wasserstoff und Sauerstoff, so daß der Name Kohlehydrat, den man den daraus entstehenden Sub- stanzen gegeben hat, durchaus den Nagel auf den Kopf trifft. Der als Nebenprodukt freiwerdende Sauerstoff läßt sich schon mit rohen Mitteln sehr leicht nachweisen. Wenn man eine kräftig assimilierende Wasserpflanze mit einem wasser- gefüllten Reagensglas überdeckt, so daß die aufsteigenden Gas- blasen sich in dem geschlossenen Teil des Glases ansammeln, so lehrt das Aufflammen eines hineingesteckten glimmenden Hölzchens, daß man es in dem Gase mit Sauerstoff zu tun hat. Schließlich ist, was uns später beschäftigen wird, das Assimi- lationsprodukt sehr wohl bekannt. Vageler, Pflanzennährstofie. 5 66 Der Kohlenstoff. Das eben kurz geschilderte Experiment gibt aber auch über das Mittel, mit dem die Pflanze arbeitet, allen wünschenswerten Aufschluß, wobei die Gasentwicklung als Maßstab der Assi- milationstätigkeit dient. Wenn wir unsere Wasserpflanze in die Sonne stellen, so sehen wir die Entwicklung von Sauerstoffblasen sich bedeu- tend verstärken. Decken wir ein schwarzes Tuch darüber oder bringen sie in eine dunkle Ecke des Zimmers, so läßt die Sauerstoffentwicklung nach, um bald ganz aufzuhören. Daß die Wär me der Sonnenstrahlen als solche hierbei nur geringen Einfluß haben kann, läßt sich leicht nachweisen, wenn wir unsere im Dunkel befindliche Pflanze erwärmen. Weder bei tiefen noch hohen Temperaturen beginnt die Gasentwicklung. Sie nimmt aber sofort ihren Anfang, sowie wir unsere Pflanze wieder ans Licht, vor allem wieder ans Sonnenlicht bringen. Es geht daraus hervor, das wirklich das Licht es ist, das im Produktionsprozeß im Pflanzenleibe die Rolle des Motors spielt, unterstützt durch die Wärme nur insofern, als nur in gewissen Temperaturgrenzen, wie bei allen chemischen Pro- zessen, die Assimilation kräftig vor sich geht und, wie jeder andere Prozeß, auch ein gewisses Temperaturoptimum aufzuweisen hat. Dieses liegt natürlich höher bei tropischen, niedriger bei kältegewohnten Pflanzen, durchschnittlich zwi- schen 20—30°C. Chemische Wirkungen des Lichts, denn darum handelt es sich ja offenbar, sind wahrlich nichts Neues. Man denke nur an die Zersetzung der Silbersalze durch den Einfluß der Licht- schwingungen, die sich in ausgedehntem Maße die Photo- graphie zunutze macht, und ähnliche Prozesse mehr. Sie alle hat der Mensch verstanden sich nutzbar zu machen. Bei der Verwertung des Lichts zur Produktion der organischen Sub- stanz aber ist ihm dies bisher nicht gelungen, obwohl seit Jahrzehnten, vielleicht noch länger, wenn uns auch die Nach- richten über diese Forschungen fehlen, das Bestreben aller Chemiker dahin geht, der Pflanze die Geheimnisse ihres Pro- duktionsprozesses abzulauschen und im ZReagensglase in gleicher Weise wie sie organische Substanz zu erzeugen. Das Organ der Kohlenstoffassimilation. 67 Wenn wir uns vergegenwärtigen, um welche Menge organischer Substanz es sich handelt, die die Pflanzenwelt auf- häuft, und zwar auf scheinbar so leichte und einfache Weise, so erscheint dieses Streben, dessen Erfüllung die Menschheit mit einem Schlage von allen Unbilden der Witterung und sonstigen störenden Naturereignissen, die auf die Welternten von Ein- fluß sind, in ihrer Ernährung wohl unabhängig machen würde, als durchaus verständlich, selbst wenn es gälte, sich verhältnis- mäßig große Mengen der Sonnenstrahlung nutzbar zu machen. Das aber ist nicht einmal der Fall. Nicht um Ausnutzung der gesamten Energie der Sonnen- strahlen, die auf die Pflanzen fallen, handelt es sich, auch nicht einmal um bedeutende Prozentsätze dieser Gesamtmenge. Es genügt den Pflanzen zur Deckung des eigenen Be- darfs und damit des Bedarfs der ganzen Menschheit die Ausnutzung eines ganz minimalen Bruchteils derihnenverschwenderisch zur Verfügung stehenden Energie. Nach Detleffsens mühsamen thermoelektrischen Messungen wird kaum der hundertste Teil der einem Blatte zugestrahlten Energiemenge zum Assimilationsprozesse verbraucht. Brown berechnet, daß im Sonnenlicht die Pflanzen etwa '!/,,%, im zerstreuten Tageslichte etwa 2%, der auf ihre Oberfläche fallenden Lichtstrahlen verwenden. Die Perspektive, die sich hier für die Ausnutzung des Lichts für die Produktion von organischer Substanz bietet, ist jedenfalls eine ungeheure, wenn es gelingt, der Pflanze ihr Geheimnis zu entreißen. Wenige Quadratkilometer Boden- fläche in einer Gegend mit ständigem Sonnenschein, wie sie ja in Hunderten von Kilometern Ausdehnung auf der Erde vorhanden sind, würden dann genügend Energie erhalten, um für immer alle Hungersnöte ins Reich der Vergangenheit zu verweisen, ungeahnte Möglichkeiten für frei werdende Arbeits- kräfte zu eröffnen. Dieses Geheimnis aber bewahrt die Pflanze bisher sehr fest. Nur in der lebenden Pflanzenzelle läßt sich ein Pro- duktionsprozeß nachweisen. Alle Versuche, das Chlo- rophyll, das man, wie gesagt, leicht aus der Pflanze 5* 68 Der Kohlenstoff. gewinnen kann, außerhalb der Pflanze zur Produk- tion zu bringen, sind bisher vollständig gescheitert. Wenn hin und her auch ein Erfolg behauptet wurde, so hat diese Behauptung noch niemals genauen Nachprüfungen standgehalten. Man hat die minimale Menge des Chlorophyli- farbstoffs (er macht nur etwa 0,1%, des Chlorophylikorns aus, also noch viel weniger von der Gesamtsubstanz der Pflanzen), mit den verschiedensten Lösungsmitteln extrahiert, man hat die Pflanze nach den verschiedensten Methoden getrocknet und zerrieben, hat sie frisch verarbeitet und versucht, unter möglichster Annäherung an die natürlichen Bedingungen, das Chlorophyli zur Assimilation zu bringen. Alles vergebens. Wohl gingen in den erhaltenen Substanzgemischen ständig chemische Prozesse vor sich, namentlich unter dem Einfluß des Sonnenlichts. Aber diese Prozesse waren gerade das Gegenteil von dem, was man zu erhalten wünschte. Statt Reduktions- prozessen, die die Kohlensäure zu organischen Substanzen verarbeiteten, fand man Oxydationsprozesse, die im Gegenteil organische Substanz zu Kohlensäure abbauen und zu deren Erzielung man wahrlich das Chlorophyll nicht braucht. Einen Fingerzeig für weitere Forschungen haben derartige Unter- suchungen nur insofern geliefert, als es heute wohl ohne Zweifel ist, daß Enzyme, wie bei so vielen Lebensprozessen, so auch bei der Assimilation der Pflanzen die aus- schlaggebende Rolle spielen, Enzyme, vielleicht auch nur ein Enzym, dessen Isolierung heute noch nicht gelungen ist, und das seinem Wesen nach auch einzig dasteht, indem es die Energie des Lichtstrahls in chemische Energie von bestimmter Richtung umsetzt. Dem Farbstoff scheint dabei teils, soweit es den roten Farbstoff anbelangt, die Rolle eines Schutzmittels gegen zu starke Strahlung, teils für das eigentliche Blattgrün die eines Sensibilisators zuzukommen. Über die Rolle des Lichts weiß man übrigens heute schon recht gut Bescheid, auch im einzelnen. Vorwiegend weißes Licht steht den Pflanzen in der Sonnenstrahlung zur Verfügung. Dieses weiße Licht aber setzt sich bekanntlich aus einer Anzahl der verschiedensten Strahlenarten zusammen, Das Organ der Kohlenstoffassimilation. 69 gruppenweise in den Farben des Regenbogens zusammen- gefaßt. Man hat längst gelernt, scharf zwischen den einzelnen Strahlengruppen in ihren Wirkungen zu unterscheiden. Es prägt sich dies schon in den Namen, die man den einzelnen Strahlengruppen beigelegt hat, aus, indem man die wenig brechbaren roten, orangen und gelben Strahlen als die leuch- tenden, die stärker brechbaren grünen bis violetten Strahlen als die chemischen Strahlen bezeichnet hat. In Anknüpfung an sonstige chemische Wirkungen des Lichts, die letzterer Strahlengruppe ihren Namen verschafft haben, glaubte man ursprünglich auch beim Assimilationsprozeß der Pflanze in den chemischen Strahlen die eigentlichen Helfer erblicken zu müssen. Diese Annahme war ein Irrtum. Genaue Untersuchungen der Pflanzen in verschieden gefärbtem Lichte haben im Gegen- teil erwiesen, daß gerade die leuchtenden Strahlen für die Assimilation weitaus die wichtigsten sind. Es sind besonders rote und nach neueren Forschungen auch gelbe Strahlen von 0,00055 bis 0,00059 mm Wellenlängen in der Nähe der Linien B und C des Frauenhoferschen Spektrums, die die Hauptproduktionsarbeit leisten. Jenseits des roten Teils des Spektrums ist der Abfall der Assimilationskurve ein sehr schneller, obwohl auch einzelne ultrarote Strahlen noch eine gewisse Wirkung erzielen. Jenseits des gelben Teils ist der Ab- fall weniger steil, da nicht nur die blauen und violetten, sondern auch die ultravioletten Strahlen von nicht unerheblicher Wirkung sind. Die Hauptwirkung der letzteren Strahlengruppen dürfte allerdings keine direkte, sondern erst eine indirekte sein. Schon lange hat man die Beobachtung gemacht, daß Photo- graphien belaubter Wälder besonders dunkel ausfallen, eine Beobachtung, für die man unter der Annahme eines verhält- nismäßig geringen Verbrauchs der chemisch wirksamen Strahlen beim Assimilationsprozeß um eine Erklärung ver- legen war. Durchgelassen werden die chemischen Strahlen von den Blättern aber ebenfalls nicht oder nicht in hohem Maße, wie man sich leicht überzeugen kann, wenn man ein 70 Die Produkte der Assimilation. grünes Blatt auf lichtempfindliches Papier legt. Es bleibt dann unter dem Blatte das Papier vollständig unverändert. Hier wies den richtigen Weg die Beobachtung einer starken Fluoreszenz des Chlorophylifarbstoffs, d. h. seiner Eigen- schaft, stark brechbare Strahlen in solche von geringerer Brechbarkeit, also größerer Wellenlänge, umzusetzen. Diese sekundären Strahlen, wenn man so sagen darf, sind aber gerade wieder solche, die zur Pro- duktion organischer Substanz besonders geeignet sind. Es kommen also die chemischen Strahlen, wenn nicht der ersten Blätterschicht eines Baumes, so doch den chloro- phylihaltigen Zellen einer zweiten Blattschicht im Schatten der ersten zugute, nachdem sie in den Zellen der ersten Blatt- reihe erst nutzbare Form angenommen haben. In Summa laufen also die Eigenschaften des Chlorophylis auf eine in- tensive Ausnutzung aller zur Verfügung stehenden Strahlen hinaus. Selbstverständlich können auch die verschiedensten irdi- schen Lichtquellen je nach der Stärke ihrer Strahlung, mit welcher die Assimilation auch beim Sonnenlicht proportional geht, zur Produktion herangezogen werden. Namentlich elek- trisches Licht ist wegen seiner großen Intensität von erheb- licher Wirkung. Den experimentellen Beweis für die Pro- portionalität zwischen Lichtstrahlung und Produktionsenergie der Pflanze hat die Natur selbst im großen erbracht, indem sie alle ihre Pflanzenriesen auf Gebiete mit höherer Lichtinten- sität beschränkte, wobei allerdings auch andere Faktoren noch mitsprechen. 3. Die Produkte der Assimilation. a) Die Stärke und ihre direkten Verwandten. So unendlich groß die Mannigfaltigkeit der Verbindungen ist, zu welchen sich Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff miteinander verknüpfen können, so beschränkt ist dieZahl der- jenigen Verbindungen, die als Erstprodukte bei der Assimi- Die Stärke und ihre direkten Verwandten. 71 lation der Pflanzen entstehen. Von allgemeiner Wichtigkeit ist überhaupt für diese Frage nur ein Stoff, ein Kohlehydrat: die Stärke, so daß man mit Recht die Formel für ihre Bil- dung (s. o.) als die Formel für die Assimilation der Pflanzen bezeichnen kann. Es muß hier aber gleich einem Irrtum vorgebeugt werden, nämlich dem, daß etwa die chemische Wissenschaft zurzeit in der Lage wäre, Auskunft zu geben, in welcher Weise das höchst kompliziert zusammengesetzte Stärkemolekül aus Kohlen- dioxyd, oder wie man gewöhnlich sagt, aus Kohlensäure und Wasser im Chlorophyllapparat der Pflanzen sich bildet. Davon ist keine Rede. Es ist bisher noch nicht gelungen, irgendwelche Zwischenformen, wie z. B. Formaldehyd, verschiedene Säuren und Zuckerarten, die hin und wieder als beobachtete Zwischen- substanzen angegeben werden, wiederholt, also sicher zu beobachten, und liegt, wie auch schon oben auseinandergesetzt, der Produktionsprozeß noch vollkommen im Dunkel. Fragen, ob der bei der Assimilation ausgeschiedene Sauerstoff aus dem Molekül der Kohlensäure oder aus dem Molekül des Wassers stammt, können als zu speziell dabei noch ganz außer Betracht bleiben. Die Formel gibt mithin keinen Aufschluß über den Weg, den der chemische Prozeß nimmt, sondern nur über das Roh- material, wenn man so sagen darf, und das fertige Fabrikat, Wasser und Kohlendioxyd auf der einen, Stärke oder, all- gemeiner ausgedrückt, Kohlehydrat und Sauerstoff auf der anderen Seite. Dabei bedarf der Ausdruck Kohlehydrat noch einer ge- wissen Einschränkung. Man kennt nämlich nicht nur Kohle- hydrate, die, wie die Stärke, der allgemeinen Formel (C,H, ,0;)n entsprechend, auf mehrfachen von je sechs Kohlenstoff- atomen sich aufbauen, sondern auch solche, in denen nur fünf oder ein Mehrfaches von fünf Kohlenstoffatomen oder auch noch weniger die Grundsteine zum molekularen Bau liefern. Als direkte Assimilationsprodukte der Pflan- zen kommen nur die ersteren, die sogenannten He- xosen, in Betracht. 72 Die Produkte der Assimilation. Welch eine Stellung die Stärke genau unter den Hexosen einnimmt, kann man zurzeit mit wünschenswerter Gewißheit noch nicht sagen, da es noch nicht gelungen ist, künstliche Stärke, die sich mit der natürlichen als ganz gleich erwiese, zu erzielen. Man darf aber wohl glauben, daß in der Stärke mindestens sechs Gruppen von je sechs Kohlenstoffatomen mit ‚zugehörigem Wasserstoff und Sauerstoff miteinander ver- bunden sind, daß es sich also um ein sehr hoch molekulares Kohlehydrat handelt. Schon die chemischen Eigenschaften der Stärke lassen hierauf schließen. Abb. 83. Typen von Stärkekörnern. 1. Kartoffel, 2. Weizen, 3. Hafer, 4. Euphorbia helioscopica und 5. Euphorbia splendens (aus Milchsaft). Vergrößerung 400—600. Diese ist bekanntlich nicht nur in Alkohol, sondern auch in Wasser unlöslich, wenngleich sich noch eine gewisse Ver- wandtschaft zu dem letzteren Lösungsmittel durch die Fähig- keit, in heißem Wasser zu quellen und Kleister zu bilden, dokumentiert. In kaltem Wasser tritt diese Quellbarkeit und Kleisterbildung ein, wenn man kaustische Alkalien oder auch stärkere Säuren in gewissem Verhältnis zusetzt. Beim Er- hitzen auf 160° geht die Stärke in das lösliche Dextrin über, beim Kochen mit verdünnten Mineralsäuren, sowie Behand- lung mit bestimmten Enzymen, wie der Diastase, wird die Stärke gespalten, wie der Chemiker sagt, indem sie in die Die Stärke und ihre direkten Verwandten. 73 Formteile ihres Moleküls, also Kohlehydrate mit geringerer Größe des Moleküls: in Zuckerarten zerfällt. Die Stärke tritt in der Pflanze auf in Form von Körnern von sehr verschiedener Gestalt, über die am besten die bei- stehende Abbildung 8 eine Vorstellung gibt. Charakteristisch ist die Zusammensetzung vieler Stärke- körner, namentlich der. Kartoffelstärke aus einzelnen Schichten mit verschiedener Lichtbrechnung, die sich durch den ver- schiedenen Wassergehalt der Schichten erklärt. Dieser seiner- seits hängt von den zufälligen Konzentrationsverhältnissen usw. im Augenblicke der Entstehung ab. Der Gehalt der verschiedenen Pflanzen an Stärke ist, der Wichtigkeit dieses Stoffes für das Pflanzenwesen entsprechend, ein sehr hoher, wenn auch sehr schwankender. Unsere Feld- früchte enthalten durchschnittlich folgende Mengen: Weizenkorner.!). 7.957 bis:73.% Roggenkörner . . . . 56 „ 66% Gerstekörneri2 "7... 2247537 ,,.907%% Halerkornien:. 10 7. Sa MAS 5 BR Maiskorner. +. 2 57E:,,,7059%, Reiskörner +2.» ... 62 „86% Iunsenkormen -% ; Inu 40, 42 Brbsenkörner 1.....+,#732°°,,1.390% Kartoffelknollem-.. .: . LI ,„ 23% Die Entstehung der Stärke kann man sehr leicht direkt ver- folgen, wenn man in kurzen Zeitabschnitten Blätter einer ins helle Sonnenlicht gestellten Pflanze mikroskopisch unter- sucht. Man sieht alsdann Stärkekörnchen in den Chloroplasten auftreten und größer und größer werden. Auch mit bloßem Auge kann man sich sehr leicht von der Bildung von Stärke in besonnten Blättern überzeugen. Man braucht nur ein großes assimilierendes Blatt mit einem Streifen eines lichtundurch- lässigen Stoffes, z.B. Stanniol, zu überkleben und nach längerem Aufenthalt im Sonnenlicht den Streifen zu entfernen und das Blatt in eine alkoholische Jodlösung zu tauchen. Dann wird die Partie, die vorher dem Einfluß des Lichts entzogen war, einen hellgelben Farbenton, die besonnten Stellen dagegen 74 Die Produkte der Assimilation. dunkle bis schwarze Färbung annehmen. Es erklärt sich dies daraus, daß die Stärke mit Jod einen intensiv dunkelblau ge- färbten Körper bildet. Die in dem besonnten Teil im Blatte produzierte Stärke genügt, bei Behandlung mit Jod den er- wähnten Farbenunterschied hervorzurufen. Unsere neben- stehende Abbildung 9 gibt einen Begriff von der Intensität dieses Vorgangs. Für die Mehrzahl der Pflanzen ist, wie bereits hervor- gehoben, die Stärke das erste nachweisbare Produkt der Assimilation. Nur in sehr wenigen Fällen, z. B. bei Spargel- pflanzen, glaubt man als erstes Assimilationsprodukt verschie- dene Zuckerarten mit Sicher- heit nachgewiesen zu haben und bei einer Pflanzengruppe, den Crassulaceen, auch Apfelsäure. Die Annahme, daß derartige Stoffe, die ja von gewissem Abb. 9. Schematische Zeichnung nach einem Präparat. Die Buch- staben des Wortes ‚Stärke‘ wur- den unter lichtdichtem Abschluß der übrigen Blattfläche der Sonne ausgesetzt und nach mehrstündiger Belichtung wurde das Blatt in alko- Standpunkt aus betrachtet, ganz natürliche Zwischensubstanzen zwischen Kohlendioxyd und Stärke bilden, indem in ihnen die Reduktion des Kohlendi- oxyds noch nicht einen so hohen Grad erreicht hat, wie in der Stärke selbst, auftreten, findet ihre beste Stütze darin, daß die Stärke sich in ähnliche Körper im Pflanzenleibe verwandeln muß, um den Ort ihrer Entstehung verlassen zu können. Die Stärke ist in allen ihren Formen in Wasser unlöslich. Ein Transport unlöslicher Substanzen durch die Zellwände ist selbstverständlich ein Unding. Trotzdem kann man an Pflan- zen, die man eine Zeitlang im Dunkeln gelassen hat, beob- achten, daß aus ihren Blättern in verhältnismäßig kurzer Zeit die Stärke vollständig verschwunden ist, wenn auch kurz vor- her die Zellen dieser Blätter vollgepfropft voll Stärke waren. Die Annahme, daß die gesamte Stärke veratmet ist, obwohl natürlich die Atmung, wie wir gesehen haben, einen gewissen holische Jodlösung getaucht, wo- rauf die Schrift dunkel auf gelbem Grunde durch Färbung der Stärke zutage trat. Die Stärke und ihre direkten Verwandten. 75 Fonds von Kohlehydraten verbraucht, ist hinfällig, denn dazu ist die Intensität dieses Prozesses viel zu gering. Es bleibt also nur die Möglichkeit übrig, daß die Stärke bei ihrer Wanderung im Pflanzenleibe in eine lösliche Substanz sich verwandelt hat. Diese lösliche Substanz, oder richtiger wohl gesagt, diese löslichen Substanzen sind Zuckerarten, und zwar, allem Anschein nach, vorwiegend die Hexosen, Glucose und Lävulose, mit bekannterem Namen auch Trauben- und Fruchtzucker genannt, in welchen nur eine Gruppe von sechs Kohlenstoffatomen beim Aufbau des Moleküls verwandt ist. Die Wissenschaft hat dieser Gruppe von Stoffen dement- sprechend den Namen Monosacharide (von Monos, Eins und sacharum: Zucker) gegeben. Beiden Zuckerarten kommt die gleiche Formel C,H,;O, zu. Sie unterscheiden sich nur im inneren Aufbau des Moleküls. Die Verwandlung der Stärke in diese Zuckerarten, die man weit verbreitet im Pflanzenleibe nachweisen kann, geschieht jedenfalls durch die Hilfe von Enzymen, die sich in besonderer Menge da anzuhäufen scheinen, wo viel Stärke löslich zu machen ist. Der Transport der auf diese Weise löslich ge- machten Stärke stößt dann auf keine Schwierigkeiten mehr. Diese Zuckerarten sind vielmehr sehr leicht diffundierbar und ihr schneller Transport von Zelle zu Zelle ist infolgedessen gesichert. Aus eben diesem Grunde der leichten Diffundierbarkeit eignen sich diese Stoffe aber nicht zur Anhäufung in den Speicherorganen der Pflanzen. Wir sehen sie vielmehr hier, und zwar offenbar wieder durch Wirkung vielleicht der- selben Enzyme, die sie an dem Ort der Produktion erzeugten, in weniger lösliche Stoffe übergehen. Nötig ist hierzu nur, daß je zwei oder mehr Molekülen dieser Zuckerarten ein oder mehr Moleküle Wasser entzogen und die verbleibenden Reste mit- einander verknüpft werden, d. h. chemisch ausgedrückt, daß aus Monosachariden Di- oder Polysacharide ent- stehen. Das weitest verbreitete Polysacharid unter den Speicher- produkten, ist wiederum die Stärke. Ihre Bildung aus den 76 Die Produkte der Assimilation. gelösten Kohlehydraten des Zellsaftes besorgen die schon oben erwähnten Leukoplasten in ähnlicher Weise, wie die ihnen wesensverwandten Chloroplasten. Nur ist zu ihrer Tätigkeit kein Sonnenlicht als Energielieferant mehr erforderlich. Sie entnehmen die zu ihrer Arbeit erforderliche Energiemenge aus der Spaltung der vorhandenen organischen Moleküle. Ge- naues freilich weiß man auch hier noch nicht. So unlöslich die Stärke schon ist, stellt sie doch keineswegs die unlöslichste Form der Polysacharide dar, die sich im Pflan- zenleibe bildet. Noch unlöslicher als sie ist die Cellulose, auch Holzfaser oder Zellstoff genannt, die bei man- chen Pflanzen, wie z. B. der Dattel, als Reservestoff in den Samen aufgespei- chert wird. Die große Unlöslichkeit dieser Substanz läßt sie in der Pflanze aber nicht nur als Vorratsstoff für spä- tere Weiter- oder Neuentwicklung, son- dern in allererster Linie als Baumate- rial des Pflanzenleibes selbst die- nen, indem die Cellulose die Hauptmasse der Zellwandungen aller Pflanzen aus- Abb. ı0. Inulinkugeln in macht. ee er Ihre Verwandtschaft mit der Stärke Aufbau und radiale Risse verleugnet die Cellulose nicht. In ziem- zeigend. lich konzentrierter Schwefelsäure löst ENaeR Strashurzen,) sie sich vollständig und zeigt unter be- stimmten Bedingungen die Quellbarkeit, und das Gelatinieren des Stärkekleisters, sowie vor allem die Blaufärbung mit Jod, die für Stärke besonders charakteristisch ist. Aber nicht nur so unlösliche Stoffe wie Stärke und Holz- faser dienen als Reservestoffe der Pflanzen, auch lösliche, wenn auch verhältnismäßig schwer lösliche Sacharide, also weniger entwässerte Verwandlungsprodukte des Zuckers vermögen diesen Zweck zu erfüllen. Der Stärke am nächsten steht das Inulin, das zwar noch in Alkohol unlöslich, in Wasser jedoch vollkommen löslich ist. Sonstige stickstofffreie Bestandteile des Pflanzenorganismus. 7 Indem es sich bei Versetzen wässeriger Lösungen mit Alkohol, also z. B. bei Einlegen von frischen Pflanzenteilen in Alkohol, in charakteristischen Kugeln abscheidet, macht sich seine Anwesenheit leicht bemerkbar. Unsere Abbildung ıo gibt eine gute Vorstellung davon. Das Inulin ist ziemlich weit im Pflan- zenreiche verbreitet. Am bekanntesten sind durch ihren Gehalt an Inulin die Dahlien, Sonnenblumen, Topinambur und vor allen Dingen Inula Helenium, die diesem Stoff, der zuerst in ihrem Safte aufgefunden wurde, den Namen gegeben hat. Die genaue Formel des Inulins weiß man zurzeit eben- falls noch nicht, doch sind zweifellos ausschließlich Moleküle des Fruchtzuckers an seinem Aufbau beteiligt. Weiter dienen zur Speicherung im Pflanzenleibe ver- schiedene Disacharide, d.h.Stoffe, in denen nur zwei Moleküle Frucht- oder Traubenzucker unter Ausstoßung eines Moleküls Wasser miteinander verknüpft sind. Es gehören hierher z.B. der Rohrzucker, bestehend aus je einem Molekül Trauben- und einem Molekül Fruchtzucker, abzüglich des ausgestoßenen Wassers, und die Maltose, die sich aus zwei Molekülen Traubenzucker zusammensetzt. Auch diese Stoffe sind weit verbreitet. Man denke z.B. nur an den Saft der Zuckerrübe und des Zuckerrohrs, des Zuckerahorns und vieler anderer Pflanzen. b) Sonstige stickstofffreie Bestandteile des Pflanzenorganismus. Mit den bisher genannten Stoffen ist die Zahl der heute bekannten und im Pflanzenleibe nachgewiesenen organischen Substanzen, die sich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer- stoff zusammensetzen, noch keineswegs erschöpft. Zur Gruppe der Hexosen, mit welchen wir uns im vorigen Kapitel fast aus- schließlich beschäftigt haben, gehört anscheinend noch ein eigentümlicher Stoff, mit dem man heute noch verhältnismäßig wenig anzufangen weiß. Wenigstens ist seine Konstitution noch durchaus dunkel. Man weiß nur, daß dieser seltsame Stoff sowohl aus der Cellulose, als auch in selteneren Fällen durch Umwandelung der Stärke selbst entstehen kann. Es ist 78 Die Produkte der Assimilation. der sogenannte Pflanzenschleim. Im trockenen Zustand fest, hornartig, besitzt diese Substanz ein ganz hervorragendes Quellungsvermögen mit Wasser, in welchem sie sich schließ- lich zu einer schleimigen Masse verteilt. Ganz besonders verbreitet ist der Pflanzenschleim in Samen, und zwar in deren Oberhautzellen, denen er eine hohe Quell- barkeit verleiht. Daß diese Fähigkeit für das Keimen der Samen auch unter ungünstigen Bewässerungsumständen von hoher Bedeutung sein muß, indem einmal aufgenommenes Wasser sehr stark festgehalten und damit seine Ausnutzung in erhöhtem Grade möglich gemacht wird, darf wohl kaum be- zweifelt werden. Die Samen der Pflanzen zeichnen sich auch sonst durch manche Sonderbarkeit in ihrer stofflichen Zusammensetzung aus. Namentlich die Leguminosen enthalten Stoffe, die sich einer genauen Kenntnis heute noch entziehen. Man kennt bei ihnen einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Stärke. Aber damit ist der Gesamtgehalt an stickstofffreien organischen Stoffen, den die Analyse zeigt, nicht wie bei anderen Pflanzen ziemlich gedeckt, besonders nicht bei der Lupine. Es scheint, als wenn ein wie die Stärke unlösliches Polysacharid berufen ist, diese Lücke auszufüllen, ein Polysacharid allerdings, das bisher aus dem Pflanzenreiche noch verhältnismäßig wenig bekannt ist: das Galaktan, das als Kondensationsprodukt des Mono- sacharids Galaktose aufzufassen ist, da dieses bei Spaltung aus ihm in der Hauptsache entsteht. Mayer meint, daß die Verbreitung dieses Stoffs im Pflanzen- reiche eine recht bedeutende ist und daß es sich nur bisher der Forschung entzogen hat. Dazu ist die Gelegenheit in ausgie- bigem Maße gegeben. Jede charakteristische Reaktion, wie sie die Stärke in der Jodreaktion besitzt, fehlt völlig. In Wasser ist der Stoff schwer löslich oder gar ganz unlöslich und er ist zudem in der Zelle nicht wie die Stärke in charakteristischen Körnern abgeschieden, sondern lagert unauffällig in und auf der Zellwandung. Es ist sogar schon die Ansicht vertreten worden, daß die Annahme, die Zellulose, also der Hauptbe- standteil der Zellwände, diene bei der Dattel usw. als Reserve- Sonstige stickstofffreie Bestandteile des Pflanzenorganismus. 9 stoff, dahin umzuändern sei, daß das der Zellwand ein- und angelagerte Galaktan es sei, das bei Bedarf in lösliche Form übergehe. Dadurch werde nur der Anschein erweckt, als ob die Zellwandung, d. h. Zellulose selbst, verbraucht werde. Die Begriffe Zellwandung und Zellstoff sind aber keines- wegs als gleichbedeutend aufzufassen, indem etwa die Zell- wand nur aus Zellstoff: Cellulose, bestände. Abgesehen von dem Galaktan, dessen Feststellung in größerem Umfange noch aussteht, sind nämlich dem Zellstoff, der freilich stets die Grundsubstanz bei den höheren Pflanzen bildet, noch zahl- reiche andere Stoffe beigefügt, die die Zellwand verstärken. Ein Verwandter des Galaktans ist hier die Hemicellulose, der nur eine beschränkte Bedeutung zukommt. Um so ver- breiteter ist dafür das Lignin, das sich in fast allen älteren Zellwandungen nachweisen läßt und besonders im Holze und den Schalen der Steinfrüchte einen prozentisch hohen Anteil ausmacht. Die Zusammensetzung des Körpers ist noch dunkel. Nur das eine weiß man, daß es sich um einen viel kohlenstoff- reicheren Stoff als die Cellulose handelt. Das Lignin läßt sich von dieser leicht trennen, wenn man die ‚„Rohfasser‘“‘, d. h. die natürliche Zellwandsubstanz, mit Chlor und dann mit Alkalien behandelt, in welchen sich dann das Lignin löst. Entsprechend dieser leichteren Löslichkeit und vielleicht Zersetzbarkeit, scheint das Lignin auch der Verwesung schneller als die reine Cellulose zu unterliegen. Außer dem Lignin gibt es noch eine ganze Anzahl soge- nannter ‚inkrustierender‘‘ Substanzen: Cutin, Suberin usw., über deren Zusammensetzung noch so gut wie nichts bekannt ist. Gleichfalls recht der Klärung bedürftig ist die Rolle, welche die Pentosen, d.h. die Zuckerarten mit fünf oder einem Mehrfachen von fünf Atomen Kohlenstoff im Molekül, im Pflanzenleben spielen. Es scheinen vorwiegend ihre Konden- sationsprodukte, also durch Zusammentritt mehrerer Mole- küle unter Wasserausstoßung gebildete Stoffe, die „Pen- tosane‘‘, in Pflanzen vorzukommen. Ihre Verbreitung scheint, je mehr man danach sucht, eine um so größere zu sein. Ihre Bedeutung ist völlig ungewiß. Gar zu groß kann sie 80 Die Produkte der Assimilation. in physiologischer Hinsicht kaum sein, es dürfte sich vielmehr in den Pentosen um Endprodukte des Stoffwechsels oder Aus- scheidungsprodukte zu bestimmten, vielleicht biologischen, Zwecken handeln. So ist die bekannteste Pentose, die Arabinose (C,H, ,O) ein Spaltungsprodukt des Arabins oder arabischen Gummis. . Der Gummibildungsprozeß geht bekanntlich besonders bei Ver- wundungen von Bäumen vor sich, wo das Gummi die Wund- heilung beschleunigt. Es würde das die obige Ansicht bestätigen. Ausartung in Form der ‚Gummosis‘ ist als Krankheit bekannt. Ganz zweifelhaft sind die Stoffe, die die Zellwände vieler niederer Pflanzen, wie der Flechten, und zahlreicher Bakterien bilden. Die Pflanze ist nicht bei der Produktion von Kohlehydraten stehen geblieben. Wohl ist die Reduktion der Kohlensäure in den Kohlehydraten bereits eine sehr starke, wohl ist die An- häufung von Spannkraft in diesen Stoffen eine hohe. Die höchste Grenze der Anhäufung von Energie ist aber damit noch nicht erreicht. Noch mehr Kraft, für den vorliegenden Fall Wärme- wert, läßt sich im Molekül konzentrieren in den Fetten, deren Sauerstoffgehalt gegenüber den Kohlehydraten ein weit geringerer ist. Die Pflanze hat auch Fette und fette Öle zu erzeugen gelernt. Man denke an die ölhaltigen Samen unserer „Ölfrüchte‘“‘, Leindotter, Mohn und Raps, die Früchte vieler Palmen, des Ricinus, viele Nußarten, deren Kerne man, wie den der bekannten Paranuß, direkt als Kerzen benutzen kann. Freilich hat der pflanzliche Organismus, um die Erzeugung dieser Stoffe zu ermöglichen, ein Opfer an Substanz zu bringen. Die Energie der Sonnenstrahlen steht ihm zu derartigen Um- wandlungen nicht mehr zu Gebote. Es läßt sich die Auf- speicherung der Energie nur in der Weise erzielen, daß die Kohlehydrate gespalten werden und ein Teil des Moleküls voll- ständig zur Energielieferung verbraucht, vollkommen mit dem überflüssigen Sauerstoff gesättigt, ‚verbrannt‘, oxydiert wird, um als Kohlendioxyd zu entweichen. Sonstige stickstofffreie Bestandteile des Pflanzenorganismus. 81 So erklärt es sich, daß oftmals auch unter Hinzurechnung der normalen Atmung der Pflanzen, Sauerstoff- und Kohlen- säureausgabe und -einnahme in keinem theoretisch zu er- wartenden Verhältnis stehen. Bei intensiver Fettbildung ist eben der Energieverbrauch und damit die Kohlensäureabgabe unverhältnismäßig stark. Nicht immer freilich führt dieser Prozeß zur völligen Oxy- dation von Kohlenstoff zu Kohlendioxyd. Es sind Zwischen- produkte: organische Säuren sehr wohl denkbar und in der Tat beobachtet. Oxalsäure, Weinsäure, Äpfelsäure, Citronensäure und verwandte Säuren finden sich weit ver- breitet im Pflanzenreiche. Wenn man auch wohl nicht an- nehmen darf, daß sie alle nur gewissermaßen Schlacken des Produktionsprozesses der Pflanzen sind, ist für einen Bruch- teil ihrer Menge diese Entstehungsweise sicher die wahrschein- lichste. Ganz besonders gilt dies von der Oxalsäure, die durch hohen Sauerstoffgehalt der Kohlensäure am nächsten steht. Schon dadurch ihre ‚Schlackennatur‘‘ dokumentierend, bildet sie zudem ein starkes Protoplasmagift, für welches ein Nutzen schlechterdings nicht anzunehmen ist. Auch beeilt sich die Pflanze meistens, diesen gefährlichen Stoff durch Bindung an Kalk, zu Calciumoxalat, unschädlich zu machen, da dieser letztgenannte Körper so gut wie ganz unlöslich ist. Nutzen bringen die Säuren der Pflanze allem Anschein nach dadurch, daß sie durch die Wurzelhaare ausgeschieden werden und die mineralischen Stoffe des Bodens in Lösung und damit in aufnehmbare Form versetzen. Die auf diese Weise in den Pflanzen entstehenden Fette sind sehr verschiedener Natur. Die Grundlage eines jeden Fettes ist das bekannte Glycerin oder Ölsüß, das sich mit einem, zwei oder drei Molekülen der verschiedenen sauerstoffarmen Fettsäuren verbinden kann. Dadurch entstehen je nach dem Charakter der Säuren und dem Mischungsverhältnis die verschiedenen Fette und Öle. Zuweilen sind übrigens Pflanzen- fette auch freie Fettsäuren. Besonders weit verbreitet in den verschiedenen pflanzlichen Fetten sind die folgenden Säuren: Vageler, Pflanzennährstoffe, 6 82 Die Produkte der Assimilation. Capron-, Caprin-, Laurin-, Myristin-, Palmitin-, Stearin-, Arachin-, Cerotin-, Hypogaea-, Brassidin-, Ricinöl- und Ölsäure. Ein Eingehen auf die verschiedenen möglichen Fettarten würde zu weit führen. Es sind die ver- schiedensten Kombinationen mit Glycerin und untereinander möglich, so daß die Zahl der existierenden Fettarten Legion ist. Wie hoch sich der Fettgehalt der gewöhnlichsten Kultur- gewächse beläuft, lehrt die folgende kleine Zusammenstellung (nach Mayer): Gras, Klee, grün .. ... 0,7% Kohl} 2. AR AIR oe Weizenstroh. 2... Be Haferstroh'.. >. 2.12. "az Kartoftel. 2, 2. nen Weizenkörner ...'.. .. . 750% Haferkörner. ... =... Des Maiskörner . a Leinsamen 4.7. N 3 Rapssamen = zn... m WA Der Ölgehalt verschiedener Palmfrüchte, Nüsse usw. schwankt von 17—45%. Nahe verwandt mit den Fetten sind die Wachsarten, die allerdings nicht als Reservestoffe, sondern zum Schutz gegen Verdunstung usw., also zu biologischen Zwecken, von den Pflanzen produziert werden. Charakteristisch ist für die Wachse zum Unterschied von den Fetten, daß sie bei Spaltung mit Alkali kein Glycerin liefern. Als Wachslieferanten sind be- kannt Copernicia cerifera, die das Carnaubawachs erzeugt, Ceroxylon andicola mit ihrem Palmwachs, Fraxinus chinensis und andere mehr. Auch mit den Wachsen ist die Reihe der organischen Stoffe der Pflanzen, und zwar, was uns hier erst interessiert, der nur aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff zusammen- gesetzten, nicht erschöpft. Es kommt noch eine Unzahl von Stoffen vor, die teils noch wenig bekannt, teils aber auch gut erforscht und bereits künstlich erhalten sind. Sie haben alle das eine gemeinsam, daß ihre Bedeutung eine vorwiegend Sonstige stickstofffreie Bestandteile des Pflanzenorganismus. 83 biologische ist; jedenfalls ist ihre physiologische Wichtigkeit sehr gering, wenn überhaupt vorhanden. Am nächsten stehen den Kohlehydraten die Glykoside, eine Gruppe chemisch gut charakterisierter Körper von weiter Verbreitung im Pflanzenreiche, die durch Wasseraufnahme leicht in eine Hexose und einen anderen Körper zerfallen. Allgemeiner bekannt sind das Phloridzin in der Rinde unserer Obstbäume, das Aesculin der Kastanienrinde, das Salicin der Weidenrinde. Entsprechend ihrem chemischen Aufbau ist bei ihnen eine Nebenrolle als Reservestoff zur Lieferung von Zucker am ehesten anzunehmen. Ihre Hauptrolle sieht Naegeli darin, daß sie durch ihre oft giftigen Eigenschaften und vor allem ihren bitteren Geschmack Pflanzenschädlinge abschrecken sollen. Sie haben für den Menschen vielfach Wert als Heilmittel. Ähnlichen Zwecken wie sie dienen der Pflanze sicherlich die verschiedenen Gerbstoffe, unter welchen die Gerbsäure der Galläpfel die bekannteste ist. Namentlich reich an technisch wertvollen Gerbstoffen sind die Rinden und das Holz vieler tro- pischer Gewächse, die daher einen ständig wichtiger werdenden Ausfuhrartikel der betreffenden Länder bilden. Erinnert sei nur an die Mangroverinde unserer ostafrikanischen Kolonie und das Quebrachoholz der La Plata-Länder. Ganz besonders weit verbreitet sind im Pflanzenreiche die Farbstoffe, denen die Kinder Floras ihr buntes Kleid ver- danken. Man darf annehmen, daß die Rolle der Farbstoffe eine vorwiegend biologische ist. Klarheit wird hier wie in so vielen Fragen des Pflanzenlebens erst eine exakte, kritische Forschung in der Zukunft bringen. Denn mit teleologischen, oft reichlich sentimentalen Spielereien ist der Wissenschaft nicht gedient und mögen sie noch so üppig ins Kraut schießen. Von wertvollen Farbstoffen seien erwähnt das Indican, die Muttersubstanz des Indigos, der Lackmusfarbstoff u. a.m. Freilich vermag heute die chemische Technik die meisten Farben besser und billiger als die Pflanze zu liefern. Sicher nur Excrete der Pflanzen zu biologischen Zwecken stellen die Harzedar, die in ihrer Zusammensetzung den Fetten 6* 8 4 Die Produkte der Assimilation. und Wachsarten nahe kommen. Ihre Rolle wird im Wund- verschluß, sowie zur Imprägnierung der Zellhäute zu suchen sein. Ein Gleiches gilt von Kautschuk und Guttapercha, die sich. in dem Milchsaft vieler Pflanzen finden. Besonders ausgezeichnet sind in dieser Beziehung die Pflanzengattungen der Euphorbiaceen, Apocynaceen und Urticaceen, ‚ denen sich übrigens bei der Erforschung der Flora der Wende- kreise immer neue Arten zugesellen. Die Wichtigkeit dieser Pflanzenstoffe für die moderne Industrie ist bekannt genug und bedarf einer weiteren Erläuterung nicht. Zuletzt wären zu nennen die verschiedenen ätherischen Öle, die den Pflanzen ihren charakteristischen Geruch er- teilen, obwohl sie oft nur in unwägbaren Mengen vorhanden sind. Citronenöl, Terpentinöl, Wacholderöl dürften die bekanntesten Vertreter dieser Stoffgruppe sein, die neben solchen mit geringem Sauerstoffgehalt auch Körper ohne Sauerstoff im Molekül umschließt, welch letztere Eigenschaft auch dem Kautschuk und Guttapercha zukommt. Da vorwiegend in Pflanzen trockener, großer Sonnenglut ausgesetzter Standorte vorhanden, dürfte diesen Ölen die Rolle zufallen, durch Änderung des Wärmeleitungsvermögens der Luft gegen übermäßige Erwärmung der empfindlichen Blüten usw. einen Schutz zu bilden. Dafür spricht auch, daß die unter- irdischen, nicht der Sonne ausgesetzten Teile der Pflanze frei von diesen Stoffen sind. In zweiter Linie kommt vielleicht die Anlockung von Insekten, oft auch der Schutz vor allzu zu- dringlichen Gästen aus der Tierwelt in Betracht. Manche reiz- volle Tatsache harrt hier jedenfalls noch des Entdeckers. Insgesamt müssen wir zugeben: Wenngleich heute das Laboratorium schon beginnt, in Schaffung solcher Substanzen der Pflanze Konkurrenz zu machen, ist unsere Kenntnis der stickstoffreien Pflanzenstoffe doch noch weit entfernt, be- sonders was ihre Bildung angeht, eine vollständige zu sein. Ganz traurig ist es aber bestellt, sobald der Stickstoff sich dem Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff zugesellt. Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. 8 5 IV. Der Stickstoff. 1. Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. Gab der Kohlenstoff den organischen Substanzen in ihrer Gesamtheit ihr Gepräge und durfte er deswegen als der wich- tigste aller Nährstoffe der Pflanzen bezeichnet werden, so gilt dies in nicht viel geringerem Grade vom Stickstoff, der sogar in landwirtschaftlicher Beziehung eine größere Bedeutung als der Kohlenstoff erheischt. Denn während sich der Kohlen- stoff in der Luft der Kontrolle des Landwirts entzieht, ein freies Gut ist, das ihm ungreifbar aus den Händen entschwin- det, ist der Stickstoff als Pflanzennährstoff dank der Fort- schritte der Wissenschaft zu einem gefügigen Werkzeug des Ackerbauers geworden, und zwar zu einem der brauchbarsten und wirkungsvollsten Werkzeuge. So ist es wohl zu verstehen, wenn einer der bedeutendsten Landwirte der neuen Zeit, Schultz-Lupitz den Stickstoff in begeisterten Worten preist: „Der Stickstoff ist außer dem Wasser der mächtigste Motor im Wachsen, Werden und Schaffen der Natur; ihn zu fangen, ihn zu beherrschen, das ist die Aufgabe, ihn zu Rate zu halten, darin liegt die Ökonomie, seine Quelle, welche unerschöpflich fließt, sich dienstbar zu machen, das ist es, was Vermögen schafft!“ Immerhin ist die Bedeutung des Kohlenstoffs, objektiv be- trachtet, eine weitaus universellere.. Ohne Kohlenstoff ist überhaupt keine organische Substanz möglich, da die orga- nische Chemie weiter nichts ist, als die Chemie des Kohlen- stoffs und seiner Verbindungen. Wohl aber haben wir hun- derte, tausende organische Substanzen ohne Stickstoff kennen gelernt und gesehen, daß noch unzählige mehr theo- retisch möglich sind. Aber was nicht möglich ist, das ist freilich ein Organismus ohne Stickstoff. Wohin wir unsere Blicke im Tier- und Pflanzenreiche wenden, vom kunstvollen Zellenstaat des Leibes der himmel- ragenden Palme, vom Menschen selbst, zum niedersten be- bekannten Lebewesen: Immer finden wir den Stickstoff. Ohne 86 Der Stickstoff. Stickstoff ist kein Leben denkbar. Er ist der große Lebensträger, dessen Eintritt ins organische Molekül erst die höchste Steige- rung der Materie zur lebenden Substanz, zum lebendigen Proto- plasma ermöglicht hat. In welcher Weise sich dieser Eintritt des Stickstoffs ins Molekül des lebenden Eiweißes, denn um diesen Körper han- delt es sich, einst vollzogen hat, das verbirgt sich in den fern- sten Fernen der Erdgeschichte. Vielleicht ist dies sogar noch zu wenig gesagt. Vielleicht haben die Forscher recht, die dem Leben, also auch seiner Grundsubstanz, dem Eiweiß, dem Plasma, oder wie man es nun nennen will, ewige Dauer zu- schreiben. Liegt doch ‚die Möglichkeit, daß Lebenskeime durch den eisigen Weltenraum von Weltkörper zu Weltkörper irren, um am geeigneten Orte sich weiter zu entwickeln, den Verhältnissen des Neulandes, das sie auf ihrer Weltenreise getroffen haben, entsprechend, nicht gar zu fern. Denn einwandfrei ist es erwiesen, daß die Temperatur des Weltenraumes, dem absoluten Nullpunkt angenähert, wie wir sie heute leicht mit Hilfe flüssiger Luft im Laboratorium er- zeugen können, nicht imstande ist, niedere Organismen, wie z. B. einige Bakterien, ihres Lebens zu berauben. Vielleicht kann man aber auch die Entstehung organischer Substanz aus unorganischer Materie als an die Erde geknüpft betrachten und damit die Urzeugung als ein ‚logisches Postu- lat‘‘ ansehen. Kein Forscher vermag heute mit einem Anschein von Recht für die eine oder andere Theorie sich zu entscheiden. Erst die Zukunft wird Klarheit bringen, Klarheit vielleicht auch über den Weg, auf welchem dieses größte aller Wunder, die Entstehung des lebenden Eiweißes, sich ereignet hat. Denn, was sich nach dem Gesagten eigentlich auch bereits von selbst versteht: Man kennt heute noch den chemi- schen Vorgang der Eiweißbildung nicht, man kann noch keine Konstitution der Eiweißkörper, keinen Weg zu ihrer Bildung angeben. | Man weiß nicht, ob einst das ‚„halblebendige Molekül‘ Cyan eine Vorstufe ihrer Bildung war, als noch der Erdball in der Feuersglut seiner Jugendtage die Sonne umkreiste, ob Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. 87 andere Vorstufen des Ureiweißes anzunehmen sind, immer die Entstehung auf der Erde selbst vorausgesetzt. Man weiß auch heute noch nicht, wie in der Pflanze, die wir doch täglich vor Augen haben und mit allen Mitteln der fortgeschrittenen Tech- nik untersuchen können, die Bildung des Eiweißes aus den stickstoffreien organischen Substanzen, die wir kennen ge- lernt haben und den einfachen von der Pflanze aufgenomme- nen Stickstoffverbindungen, die uns später beschäftigen wer- den, vor sich geht, ebensowenig, wie man der Pflanze ihr Ge- heimnis der Produktion von Stärke mit Hilfe des Sonnenlichts abgelauscht hat. Man weiß nur soviel, daß das Chlorophyll und das Sonnenlicht mit der Bildung von stickstoffhaltigen Substanzen des Pflanzenleibes nichtszutun haben. Da- mit soll natürlich nicht gesagt sein, daß chlorophylihaltige Zellen nun kein Eiweiß enthalten. Im Gegenteil! Solche Zellen sind sogar reich an lebender Substanz, ihrer wichtigen Aufgabe gemäß, und damit reich an Eiweiß, das mit dieser, wenn nicht identisch ist, so doch wenigstens von ihr den Haupt- teil ausmacht. Und sicherlich muß z. B. in einer einzelligen Alge dieses Eiweiß irgendwie auch in der Zelle selbst ent- stehen, neben dem Chlorophyll, im vollen Sonnenlichte. Nur beteiligt dabei sind diese beiden Faktoren nicht. Man weiß auch noch etwas mehr. In ihrem chemischen Aufbau stehen die Eiweißkörper im weitesten Sinne des Wortes den Fetten nicht gar zu fern. Sie enthalten verhältnismäßig wenig Sauerstoff gegenüber ihrem Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt. Sie müssen also in ähn- licher Weise wie die Fette durch Reduktionsprozesse ver- bunden mit Spaltung des Moleküls aus der Stärke oder ihren Abkömmlingen entstanden sein, wobei dann Stickstoff in ir- gendeiner Weise ins Molekül eingetreten ist. Und ähnlich wie bei der Bildung der Fette Säuren, besonders Oxalsäure als sauerstoffreiche Abfallprodukte entstehen, so auch bei der Bildung von Eiweiß. Damit stehen wir aber heute auch am Schlusse unseres Wissens. ‘ Wie im einzelnen der Prozeß verläuft, vermag 88 Der Stickstoff. keiner zu sagen. Der Umstand, daß allmählich immer mehr Abbauprodukte der Eiweißkörper, also vielleicht auch Vor- stufen, bekannt werden, ermuntert freilich, die Hoffnung auf endliche Lösung des großen Lebensrätsels nicht sinken zu lassen, vorausgesetzt, daß wir richtig im Eiweiß den eigent- lichen Lebensträger jeder Zelle vermuten. Bis dahin muß freilich bei den Eiweißstoffen vielfach das Wort den Begriff ersetzen und man muß sich mit allgemeinen Aussagen darüber begnügen. Ganz allgemein gilt für alle Eiweißstoffe, mögen sie tieri- schen oder pflanzlichen Charakters sein, daß sie natürlich Stickstoff, und zwar ziemlich gleichmäßig viel, enthalten, außerdem aber auch alle etwas Schwefel, dessen Bindung im Molekül unbekannt ist. Man nimmt allerdings eine nahe Ver- knüpfung mit Wasserstoff an, weil alle Eiweisstoffe leicht Schwefelwasserstoff abspalten. Prozentisch ist ihre Zusammensetzung durchschnittlich fol- gende: sie enthalten Kohlenstoff 52,7—54,5% , Wasserstoff 6,9—7,3% » Sauerstoff 20,9— 23,5%, Stickstoff 15,4—16,5%, Schwefel 0,8—2,0%.- Ob auch andere Elemente an dem Aufbau des Eiweißes teilhaben, bedarf entschieden noch der Klärung, ist aber sehr wahrscheinlich. Ist auch eine Formel für die Eiweißstoffe heute noch nicht aufstellbar, so kann man doch über die Bildung im einzelnen einige wohlbegründete Vermutungen hegen, nach den Spal- tungsprodukten, die man bei der Zersetzung der Eiweißstoffe in der Natur und im Laboratorium beobachtet hat. Schlußprodukte dieser Zersetzung sind Ammoniak und Kohlensäure, was dafür spricht, daß auch im Eiweißmolekül der Stickstoff in naher Beziehung zum Wasserstoff stehen wird. (Ammoniak — ı Stickstoff + 3 Wasserstoff.) Darauf deuten auch die als Zwischenprodukte auftretenden Amino- säuren, die Stickstoff und Wasserstoff in ähnlicher Kombi- nation im Molekül aufweisen, hin, die im übrigen sowohl offene Kohlenstoffketten (aliphatische) als geschlossene Koh- Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. 89 lenstoffringe (aromatische Atomkomplexe) enthalten. Des weiteren treten stickstoffreiche Körper von deutlich basischen Eigenschaften, wie Diaminoessigsäure, Histidin usw. neben schwefelhaltigen Produkten wie Cystin und Cystein auf. . Entsprechend darf man vielleicht die in verschieden großen Mengen in Pflanzen vorkommenden Amide, wie das aus Spargeln wohlbekannte Asparagin (Amidobernsteinsäure- amid) als Vorstufe der Eiweißkörper betrachten. Für diese Rolle der Amide, die teilweise, wie die übrigen Spaltungsprodukte, auch bereits synthetisch gewonnen sind, spricht auch der Umstand, daß sie sogenannte krystalloide Körper von verhältnismäßig kleinem Molekül und mithin diffundierbar sind. Sie können also leicht durch die Mem- branen, die die Zellhäute bilden, von einer Zelle zur anderen wandern, eine Fähigkeit, die den eigentlichen Eiweißstoffen nicht oder doch nur in äußerst beschränktem Maße zukommt. Diese sind nämlich mit wenigen Ausnahmen Kolloide, d.h. so hochmolekulare Stoffe, daß sie eine echte Lösung in Wasser nicht mehr eingehen und daher auch nicht diffundieren können. Durch Erhitzen, starke Mineralsäuren, Metallsalze usw. fallen sie aus ihren Lösungen aus. Durch Kochen mit Sal- petersäure werden sie gelb gefärbt (sog. Xanthoproteinreak- tion), mit einer salpetrigsäurehaltigen Lösung von Quecksilber- oxydnitrat (Millons Reagenz) gekocht, zeigen sie rote, mit Natronlauge und Kupfersulfat violette Farbe (Biuretreaktion). Es ist schwer, die Eiweißstoffe rein zu erhalten, da, wie gesagt, die meisten Kolloide sind. Immerhin ist es bei man- chen Stoffen gelungen und es hat sich eine starke optische Aktivität gezeigt, namentlich deutlich bei den wenigen krystal- lisierenden Eiweißstoffen. Übrigens kommen ‚‚Eiweißkrystalle‘‘ in manchen Samen vor, wie in Hanf und Rizinussamen. Die Eiweißstoffe wirken, ihrer komplizierten Konstitution ent- sprechend, bald als Basen, bald als Säuren, indem sie sich sowohl mit Säuren wie mit Basen zu einer Art von Salzen verbinden. Bis eine gründliche Erforschung des chemischen Auf- baues der einzelnen Eiweißstoffe stattgefunden hat, werden 90 Der Stickstoff. alle Versuche, diese Körper zu beurteilen und einzuteilen, nur vorläufigen Wert haben und mit großer Vorsicht aufzunehmen sein. Unter diesem Gesichtspunkte ist auch das Folgende zu betrachten. Man darf wohl annehmen, daß die Nitrate, Sulfate und Phosphate des Kalis und der Magnesia, die die Pflanze auf- ‚genommen hat, an der Eiweißbildung beteiligt sind. Welches aber die ersten Produkte eiweißartiger Natur sind, von Zwi- schenstoffen ganz abgesehen, die in der Pflanzenzelle sich bilden, weiß man nicht. Die Proteinkörper, die aktiv in dem Lebensprozeß eine Rolle spielen, dürften Phytoalbumine sein, deren Eigenschaften denen des tierischen Eiweißes sehr ähnlich sind. Löslichkeit in Wasser, Fähigkeit des Gerinnens bei 75° Celsius sind die hervorstechendsten Eigenschaften. Hervorzuheben ist der stets vorhandene Phosphorgehalt aller sogenannten Albumine, mit welchen anscheinend die Fähig- keit des Gerinnens eng verknüpft ist. Denn wenn man dem Albumin allen Phosphor entzieht, hat es diese Fähigkeit ver- loren. Ob es dann überhaupt noch Albumin ist, im Gebrauchs- sinne des Wortes, oder schon ein, wenn auch ähnliches, Spal- tungsprodukt, weiß freilich kein Mensch. Denn, wie schon oben betont, eine Formel, die Aufschluß über den chemischen Bau des Moleküls gibt, kennt man nicht. Man weiß nur, daß dieses Molekül enorm groß ist. Mayer nennt als wahr- scheinlichste allgemeine Formel nach dem heutigen Stande des Wissens C,.„H,.,N,.SO,,, andere Autoren nennen andere For- meln mit demselben Grade von Sicherheit resp. Unsicherheit. Die Verbreitung des Albumins im Pflanzenreiche ist natür- lich, da es am Lebensvorgang als beteiligt anzunehmen ist, eine universelle. Das gleiche gilt von den Phytoglobulinen, die sich von dem Phytoalbumin dadurch unterscheiden, daß sie nicht mehr in Wasser, wohl aber in verdünnter Chloralkalilösung sich lösen, aus welcher Lösung sie durch Überschuß von Chloral- kali allerdings wieder ‚ausgesalzen‘‘ werden. Besonders be- kannt sind die Phytoglobuline aus Samen, doch dürfte man sie auch sonst bei intensivem Suchen leicht überall auffinden. Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. gI Von kolloidaler Beschaffenheit, d. h. nicht zur Diffusion durch die Zellhäute befähigt, sind diese Substanzen an den Ort, die einzelne Zelle gefesselt, was für die Lokalisierung der Lebensprozesse von Wichtigkeit ist. Immerhin stellen sie eine tätige Form des Pflanzeneiweißes dar, die in den Lebens- prozeß selbst eingreift. Dies gilt nicht, oder doch wahrscheinlich nicht, von einer großen Menge schwer und nicht löslicher Eiweißsubstanzen, die wir vornehmlich in Samen als Speicherstoffe angehäuft finden. Es gehören hierher die verschiedenen Pflanzen- caseine, von denen dauernd neue ermittelt, allerdings auch oft wieder verworfen werden, was bei der Schwierigkeit des Gegenstandes kein Wunder ist. Die Pflanzencaseine zeichnen sich durch Unlöslich- keit in Wasser und Alkohol, verhältnismäßig leichte Löslich- keit in verdünnten Laugen und Kaliphosphatlösungen aus. Zu nennen ist hier das Glutencasein des Weizens, das vielleicht mit dem Avenin des Hafers und dem Hordein der Gerste identisch ist. Es gehört ferner hierher das Legumin, der Proteinstoff der Leguminosen, das an der Zusammensetzung der Samen dieser Pflanzen den größten Anteil hat, ohne auf sie beschränkt zu sein. Rein dargestellt — wobei ‚‚rein‘“ ohne Kaliphosphat heißt — ist es, wie schon bemerkt, in Wasser unlöslich, bei Anwesenheit von Kalisalzen speziell von Kaliphosphat in geringer Menge dagegen löst es sich in warmem Wasser. Es ist möglich, diesen Stoff durch bloßes Einweichen unveränderter Samen aus ihnen auszu- ziehen, da die darin enthaltenen Kaliphosphatmengen zur Löslichmachung des Legumins genügen. Verwandt sind ferner das Conglutin, das reichlich besonders in Lupinensamen zu finden ist, und verschiedene ähnliche Körper aus anderen Samen. Leider ist über keinen dieser Stoffe etwas Genaueres be- kannt als die elementare Zusammensetzung, die auch noch, bei der Schwierigkeit der Untersuchung und Trennung kein Wunder, von verschiedenen Forschern oft verschieden an- gegeben wird. Ganz allgemein sind die Stoffe meist sauerstoff- 92 Der Stickstoff. reicher als die Albumine und Globuline, enthalten aber stets wie diese Schwefel im Molekül. An die Gruppe der Pflanzencaseine schließt sich das Gli- adin an, in letzter Zeit übrigens bereits in verschiedene Substanzen gespalten, der charakteristische Bestandteil des Weizenklebers, der diesem seine bekannten plastischen Eigenschaften verleiht, die für das ‚Gehen‘ des Teiges von Wichtigkeit sind. Das Gliadin, oder wohl richtiger die Körper, die man unter diesem Sammelnamen zusammenfaßt, sind schwer löslich in kaltem, leicht löslich in heißem Wasser und in Alkohol und lassen sich leicht ziemlich aschenfrei erhalten. Ihre Verbreitung ist nicht auf Weizen beschränkt. Das „Gliadin‘‘ kommt vielmehr auch in Roggenkörnern und an- deren Samen vor, tritt aber nirgends so in den Vordergrund wie beim Weizen, weshalb man, wenn man Kleber sagt, auch direkt immer Weizenkleber meint. Der Klebreis, ein Wasser- reis mit dunklen Spelzen, der, im Gegensatz zum gewöhn- lichen Reis, eine gute Backfähigkeit zeigt und deshalb trotz geringerer Erträge vielfach angebaut wird, verdankt diese Eigenschaft anscheinend einer besonderen Substanz, deren Natur noch fraglich ist. Auch von Bergreis sind Klebreis- Varietäten bekannt, Die am schwersten löslichen Eiweißstoffe der Pflanzen sind die Nucleine, die namentlich in Zellkernen, denen sie ja auch ihren Namen verdanken (Kern = Nucleus) beobachtet sind, aber auch sonst vielfach vorzukommen scheinen. Die Nucleine sind nur in Alkalilaugen löslich, in Wasser, Salzlösungen, Alkohol, sogar in den Verdauungssäften des tie- rischen Körpers unlöslich, welch letzterer Umstand für die Fütterungslehre unserer Haustiere von Wert ist. Charakte- ristisch ist des weiteren für diese Stoffe ihr hoher Gehalt an Phosphor und wahrscheinlich auch an Eisen, die beide zu der Konstitution des außerordentlich komplizierten Moleküls zu gehören scheinen. Schwefel ist nicht in allen verhanden. Ganz besonders hochmolekular scheinen die sogenannten Nu- cleo-Albumine zu sein, die beim Kochen mit Wasser oder Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. 93 verdünnter Säure zu Albumin, Phosphorsäure und einer „Nucleinbase‘“ (Adenin, Guanin usw.) zerfallen. Die Kenntnis dieser Körper steckt noch durchaus in den Kinderschuhen und bildet eines der schwierigsten Gebiete der Eiweißforschung. Während die bisher besprochenen Eiweißstoffe nicht im- stande sind, die Zellwände in unveränderter Form zu durch- dringen, kommt diese Fähigkeit in hohem Grade den Albu- mosen und Peptosen zu, die man in den verschiedensten Pflanzen gefunden hat. Sie sind vielleicht die Form, in welcher das Eiweiß — als solches sind diese Stoffe noch zu betrachten — von Zelle zu Zelle wandert, um sich je nach Bedarf, wohl unter dem Einfluß von Enzymen, in die nicht mehr wande- rungsfähigen Formen zu verwandeln, aus denen Enzyme die Albumosen und Peptosen gebildet haben. Diese Enzyme sind gleichfalls stickstoffhaltige orga- nische Substanzen von Eiweißnatur, über deren Konstitution heute noch tiefes Dunkel liegt. Allgemeine Eigenschaften aller Enzyme sind: Löslichkeit in Wasser und Glycerin, Un- löslichkeit in Alkohol und die Fähigkeit, durch Gifte oder Hitze ‚‚getötet‘‘ zu werden, d.h. ihre spezifischen Eigenschaf- ten einzubüßen, die darin bestehen, daß sie bestimmte Reak- tionen beschleunigen oder erst ermöglichen. Diese Reaktionen, die Enzyme veranlassen, sind die ver- schiedenartigsten. Spaltung und auf der anderen Seite Auf- bau hochmolekularer Körper ist die allgemeine Signatur. Stets sind nur außerordentlich kleine Enzymmengen zu diesen Reak- tionen erforderlich. Ein festes Massenverhältnis zwischen En- zymen und Schlußprodukten ist in vielen Fällen noch nicht festgestellt; auch weiß man nicht, wie ihre Wirkung im ein- zelnen zustande kommt. Im Pflanzenleben spielen jedenfalls, wie schon verschie- dentlich betont, die Enzyme eine sehr große Rolle, wie im Lebensprozeß überhaupt. Bekannt sind nur erst verhältnis- mäßig wenige, was bei der Neuheit und Schwierigkeit der Materie kein Wunder ist. Peptonisierende, d. h. Eiweiß in diffundierbare Form über- führende Enzyme sind bereits erwähnt. 94 Der Stickstoff. Das wichtigste Enzym, das in der Brennerei und Brauerei eine ausgedehnte technische Verwertung gefunden hat, ist die Diastase, die sich besonders in keimender Gerste, aber auch in anderen keimenden Samen bildet. Ihr kommt die Eigen- schaft zu, schon in sehr kleinen Mengen und scheinbar ohne eine Veränderung zu erleiden, Stärkemehl in Dextrin und ‘Maltose zu verwandeln, also in gärfähige Form zu bringen. Die Gärung, die bekanntlich zu Alkohol führt, ist selbst wieder das Werk des Ferments der Hefe, also eines niederen pflanz- lichen Organismus. Man hat mit Recht viele Mikroorganis- men direkt ‚‚geformte Fermente‘‘ (Enzyme) genannt. Denn wenn im Leben der höheren Pflanzen, oder richtiger, in ihren Lebensäußerungen, Fermente mehr in den Hinter- grund treten, so stehen sie dafür bei niederen Organismen und besonders den Bakterien im Vordergrund. Vielfach ken- nen wir sogar nur Reaktionen, die wir sicherlich auf die Enzyme irgendeines Mikroorganismus zurückführen müssen, ohne daß wir diesen Organismus selbst schon kennen. Ja es erscheint heute als sicher, daß alle sogenannten Lebensäuße- rungen der Bakterien: Erregung der verschiedensten Gärun- gen, von Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanze, in letzter Linie nur Wirkungen der in ihren Leibern enthaltenen oder wenigstens dort gebildeten Enzyme sind. Eine kurze An- deutung muß hier genügen, obwohl man über diesen Gegen- stand Bände schreiben könnte. Ein eigentümlicher stickstoffhaltiger Körper, dem man erst in neuester Zeit in Pflanzen größere Beachtung schenkt, nachdem man seine hohe Bedeutung für das tierische Leben als Bestandteil der Nervensubstanz erkannt hat, ist das Le- cithin, ein Abkömmling des Glycerins, von wohlbekannter chemischer Struktur: C,,H,,NO,P, ein Glycerin, in welches an Stelle von je einem Wasserstoffatom ein Palmitinsäure-, ein Ölsäure- und ein Phosphorsäurerest eingetreten ist, welch letzterer noch mit Cholin in esterartiger Verbindung steht. Es scheint namentlich in jungen Pflanzen vorzukommen und mit der Reife weniger zu werden, worauf vielleicht die gute Futterwirkung jung geernteter Gewächse zurückzuführen Der Stickstoff als Baustein des Pflanzenleibes. 95 wäre. Die Akten sind über den Fall ebenfalls noch nicht geschlossen. Von sonstigen stickstoffhaltigen Substanzen der Pflanzen haben die Amide, denen sich als Vorstufen des Eiweißes die verschiedensten Hexonbasen, wie das Arginin in Coniferen, gleichwertig anreihen, schon Erwähnung gefunden. Als An- gehörige und Verwandte dieser Stoffgruppe seien noch das Glutamin der Cruciferen und Cucurbitaceen, sowie das Be- tain der Rüben, das Leucin, Tyrosin, Allantoin und an- dere genannt, meist Körper wohlbekannter Konstitution, die teilweise auch schon künstlich erhalten sind. Über ihre eigent- liche Rolle im Pflanzenleben ist man sich indessen noch im unklaren. Von Interesse sind ferner noch die Alkaloide der Pflanzen, stickstoffhaltige, basische Körper von geringer physiologischer, größerer biologischer Wichtigkeit, die dem Menschen eine Reihe seiner wichtigsten Heilmittel und Gifte liefern. !® Der chemische Aufbau dieser Stoffe ist erst teilweise be- kannt. Doch dürfte von der Kenntnis bis zur künstlichen Herstellung in ähnlicher Weise, wie wir es bei den Farbstoffen (s. 0.) gesehen haben, kein weiter Schritt sein, wodurch die Pflanzen als Lieferanten dieser Stoffe an Wichtigkeit verlieren würden. Es gehören hierher von Heilmitteln das Chinin, von An- regungsmitteln das Nikotin, Koffein und Teobromin, aber auch das Strychnin, Brucin und ähnliche gefährliche Gifte, die freilich in minimalen Dosen auch zu Heilzwecken dienen. Daß einige Bitterstoffe und Farbstoffe der Pflanzen (s. 0.) Stickstoff enthalten, ist oben bereits angedeutet und mag daher dieser kurze Hinweis genügen. In Summa darf man gespannt sein, wann und ob Klarheit in dieses noch so dunkle Gebiet der stickstoffhaltigen Stoffe der Pflanzen kommen wird, von denen wir heute vielfach erst Namen und Sammelbegriffe haben ohne den einzelnen Körper mit Sicherheit zu kennen. 96 Der Stickstoff. 2. Luft und Boden als Quellen des Stickstoffs. Feuer, Wasser, Luft und Erde sind die vier Elemente der klassischen Zeit, die diese in oft naiver, oft bewundernswert scharfsinniger Auffassung als die Grundlagen alles Seins be- trachtete. Scheiden wir, in einem Sprunge in die moderne ' Wissenschaft uns versetzend, das Feuer als den Feind alles Lebenden und darum oft des Menschen wichtigen Verbündeten, aus der Reihe aus, so bleibt der Rest: Wasser, Erde und Luft dem heutigen Menschen zwar nicht als Elemente, wohl aber als Lebensmittel bestehen. „Der Luft, dem Wasser wie der Erden Entwinden tausend Keime sich, Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten.‘ Der letzten Jahrzehnte verschärfte Forscherarbeit hat uns den Wert dieses Wortes erst so recht verstehen gelehrt, nach- dem sie uns mit dem zahllosen Heer der Mikroorganismen bekannt gemacht hat, die winzig an Gestalt, doch formen-, arten- und individuenreich einen wahren Mantel pulsieren- den Lebens um den ganzen Erdball breiten, ohne daß sich freilich der Mensch ihrer jederzeit bewußt wird, wenn sie nicht in bald unliebsamer, bald wünschenswerter Weise ihn an ihr Dasein hier und da erinnerten. Wasser, Erde, Luft — drei Tummelplätze des Lebens in jeglicher Form, vor allem der Pflanzenwelt in ihren unzähligen Erscheinungen, sind sich allerdings bezüglich ihrer Bedeutung für die Pflanzen nicht gleichwertig. Denn wenn wir auch Wesen kennen, die frei im Wasser leben, ganz der Erde entbehren können auch diese nicht. Denn die Erde ist schließ- lich nicht nur die Trägerin der Wasseransammlungen, sie liefert vor allem auch Stoffe zum Aufbau des Pflanzenleibes, die das Wasser aus ihr löst. Trockene, absolut wasserfreie Erde ihrerseits vermag kein Leben zu erzeugen oder zu unterhalten, und sei es noch so anspruchslos. Und selbst Wasser und Erde tun es noch nicht! Es fehlt im Bunde die Luft! Es erlischt, wie wir gesehen haben, trotz größten Reichtums der Erde an Wasser ohne Luft gar schnell Luft und Boden als Quellen des Stickstoffs. 97 alles was Leben heißt. Doch Luft allein kann selbstverständ- lich erst recht keinem Wesen einzige Heimat sein. In untrennbarer Wechselbeziehung stehen alle drei Fak- toren. Nur geeint vermögen sie die Pflanze zu freudigem Ge- _ deihen zu bringen. Auf alle drei „Elemente“ ist sie angewiesen. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch pflegt man freilich Erde und Wasser nicht getrennt zu nennen. Man spricht einfach vom ‚Boden‘, der die Pflanze trägt, im Gegensatz zur ‚Luft‘, die sie oberirdisch umspült, als den beiden Komponenten des Standortes einer -Pflanze, der ihr alles liefern muß, was zu ihrem Gedeihen gehört. Also auch den Stickstoff, die Grundlage der Lebens- substanz, den Baustein unzähliger Stoffe ihres Leibes in irgend- einer Form. Sehen wir, was Luft und Boden an Stickstoff zu bieten haben! Schon oben ist erwähnt, daß die Luft kein einheitlicher Stoff ist. Sie ist vielmehr ein Gemisch zahlreicher gasförmiger Substanzen. Unmittelbar an der Erdoberfläche ist ihre räum- liche Zusammensetzung folgendermaßen, bei einer Tem- peratur von Io°C. Stickstoff 78,03%, Sauerstoff 20,99%, Kohlendioxyd 0,03%, Argon, Neon, Helium und Krypton 0,09%, Wasserstoff 0,01%. Den Hauptanteil der Luft macht also der Stickstoff aus, und zwar in Form des freien Elements, das sich nur sehr schwer, schwerer als fast alle anderen bekannten Elemente, mit Ausnahme des Argons und verwandter Stoffe, mit irgend- einem anderen verbindet. Diese Zusammensetzung der Luft ist keineswegs für die ganze Ausdehnung des Luftmeeres, das unseren Planeten in unbekannter aber sicher sehr großer Höhe umhüllt, die gleiche. Wohl sind Luftschiffe noch nicht zu den höchsten Höhen der Atmosphäre aufgestiegen und werden es vielleicht nie können, wenn nicht ihre Konstruktion auf eine ganz neue, heute noch unbekannte Basis gestellt wird, die auch nur anzudeuten, auf Spekulationen eines Jules Verne verfallen heißt. Direktes Untersuchungsmaterial aus Höhen der Atmosphäre über ı8 km, der heute erreichten Höchstgrenze der Hebekraft Vageler, Pflanzennährstoffe, 1 98 Der Stickstoff. selbst automatisch registrierender Luftfahrzeuge, liegt also nicht vor. Doch die Theorie, die Rechnung, vermag hierin die mangelnde Beobachtung zu ersetzen. Man kennt das spezifische Gewicht der einzelnen Gase, kennt die Faktoren, die auf ihre Mischung und Entmischung wirken. So ist man in der Lage, mit einiger Sicherheit an- zugeben, wie sich die Zusammensetzung der Luft auch in größerer Höhe gestalten muß. Beschränken wir uns auf den Stickstoff, so nimmt ent- sprechend seiner verhältnismäßig großen spezifischen Leich- tigkeit seine Menge mit der Entfernung von der Bodenober- fläche allmählich prozentisch zu. Bei Io .km Höhe beträgt sie 81,20%, bei 20 km schon 84,34%. Darüber hinaus aber gewinnen dann noch leichtere Gase die Oberhand. In 50 km Höhe ist der Gehalt an Stickstoff in der Luft auf 79,17% ge- sunken und fällt dann rapid, um bei I00 km Höhe bereits mit 0,099%, praktisch fast den Nullpunkt zu erreichen, dem er sich dann mit steigender Höhe wieder langsamer auch theore- tisch nähert. Derartige Zahlen geben aber sehr schlecht von den wirk- lichen Mengen, um die es sich handelt, eine Vorstellung. Absolute Zahlenangaben sprechen eine deutlichere Sprache und sie sind leicht erhältlich. Es repräsentiert nach Frank auf dieser Grundlage die auf einem Hektar Boden ruhende Luftsäule eine Menge von 79 000 t Stickstoff in freier Form. Legt man größere Flächenmaße zugrunde, so gelangt man zu Zahlen, die nicht mehr vorstellbar sind und bei Berücksichti- gung der ganzen Erdoberfläche vollends nur durch die Menge ihrer Ziffern verwirren. Denn das menschliche Auffassungs- vermögen ist im großen und kleinen auf ein Mittelmaß be- schränkt. Extreme entziehen sich der Vorstellung, wenn auch die Grenzen im Laufe der Generationen weiter und weiter aus- einanderzurücken scheinen. Außer dem freien Stickstoff enthält die Atmosphäre aber auch noch Stickstoffin gebundener Form. Man hat ver- schiedene Verbindungen des Stickstoffs mit Sauerstoff, Stick- oxyde verschiedener Stufen in der Luft nachgewiesen, sowie Luft und Boden als Quellen des Stickstoffs. 99 auch Ammoniak, d. h. Stickstoff in Verbindung mit Wasser- stoff, und Verbindungen beider, salpetersaures und sal- petrigsaures Ammonium, die sich leicht aus ihren Be- standteilen bilden. Entsprechend dem hohen spezifischen Gewicht dieser Sub- stanzen ist ihr Vorkommen auf den tieferen Teil der Atmo- sphäre beschränkt. Wie weit, weiß man freilich nicht genau. Zudem treten sie nur in geringen Mengen auf. Eine Untersuchung der Luft selbst auf diese Substanzen hat ihre großen Schwierigkeiten. Bei der geringen Menge hält es schwer, in Lösungsmitteln die Stoffe aus großen Luft- mengen so anzuhäufen, daß man sie überhaupt mit einiger Genauigkeit bestimmen kann. Dazu dient entweder Mineral- säure, wie Schwefelsäure, wenn es auf die basischen Verbin- dungen ankommt, oder, zur Feststellung der Säuren, Kalilauge usw. Ungenau bleibt die Untersuchung stets. Nun werden die Stickoxyde und das Ammoniak aber nicht nur von Basen oder Säuren absorbiert, sondern auch von Wasser. Und diese Eigenschaft zeigte einen Ausweg. Denn Wasser ist ja in der Luft stets genug vorhanden und fällt auch als Regen und Schnee herab, wobei es Zeit hat, Stoffe aus der Luft aufzunehmen. Dieses Wasser aber läßt sich bequem untersuchen und muß ein besseres Bild von dem Gehalt der Luft geben, als jede künstliche Filtrie- rung vermag. In Anerkennung dieser Umstände hat man sich meistens darauf beschränkt, nur die Niederschläge auf ihren Ge- halt an gebundenem Stickstoff zu untersuchen. Einige Zahlenangaben über den Gehalt der Niederschläge an Stickstoff in verschiedener Form mögen genügen: Es wurden als Höchstgehalt an Stickstoff, der im Regen, Schnee usw. pro Hektar und Jahr niederging, 22,12 kg beob- achtet, als geringster Gehalt 1,81 kg. Als Durchschnitt für die Erde darf man etwa Io kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in Anrechnung setzen. Von diesem Stickstoff kommt durch- schnittlich die Hälfte auf die Bindung an Wasserstoff. Die andere Hälfte ist an Sauerstoff gebunden. z* Ioo Der Stickstoff. Die letztere Form des Vorkommens von gebundenem Stick- stoff in der Luft ist jedenfalls die ursprünglichere von beiden. Denn es ist eine bekannte Reaktion, daß sich bei großer Hitze (ca. 3000°), wie man sie in elektrischen Flammen oft erzeugt und sie auch der einfache elektrische Funken hervorbringt, Sauerstoff und Stickstoff miteinander verbindet. Große Hitze . besaß aber der jugendliche Erdball einst sicherlich, hoch ge- nug, den spröden Stickstoff mit anderen Elementen, besonders dem Sauerstoff, zu verketten, und an elektrischen Entladungen wird es in der Atmosphäre der folgenden Jugendzeit der Erde wahrlich nicht gefehlt haben. Gibt es diese Entladungen in Form des Blitzes beim Ge- witter doch auch heute noch, vollkommen hinreichend, den Gehalt der Luft an Stickoxyden zu erklären, so daß wir nicht anzunehmen brauchen, wir hätten in dem heutigen Stick- oxyd Reste aus der Urzeit unseres Planeten vor uns. Längst sind die damals gebildeten Stickstoffverbindungen wohl von den Regenmassen zu Boden gewaschen, um ständig neu zu entstehen, auch heutigen Tages noch. Für das Ammoniak kann eine ähnliche Entstehung unter dem Einfluß elektrischer Entladungen nur in sehr beschränk- tem Grade angenommen werden. Wohl vereinigt sich der Stickstoff auch mit dem Wasserstoff durch Elektrizität, seien es sehr heftige Spannungsausgleiche, seien es schwache Ströme (wobei dann allerdings der Wasserstoff bereits orga- nisch gebunden sein muß!). Ob aber diese Vorgänge in der Atmosphäre stattfinden, steht dahin und erst recht, in welchem Grade. Jedenfalls wird man gut tun, als Ursprung der Haupt- menge des in der Luft befindlichen Ammoniaks den Boden anzunehmen, dem es durch Verdunstung entstiegen ist. Es spricht dafür, daß man das Ammoniak auch stets in den niedrigsten Schichten der Luft, unmittelbar über dem Boden am meisten vertreten findet. Ein großer Bruchteil des Ammoniaks verdankt sein Dasein in der Luft auch der Tätigkeit des Menschen, der die stickstoff- haltigen Kohlen in seinen Feuerungen verbrennt, wodurch na- türlich Stickstoff in allen Formen, aber besonders als Ammoniak 6 Luft und Boden als Quellen des Stickstoffs. I0I entweicht. Gut illustrieren diesen Umstand die folgenden Zahlen, die die Abhängigkeit des Ammoniakgehalts der Luft resp. der Niederschläge von der menschlichen Tätigkeit be- weisen. Es enthielten Milligramm Stickstoff pro Liter als Ammo- niak die Niederschläge: ieSchottland an der Küste. u % .....05 2er 20,61 „5 aufderm Landen. an ae 7 AA Rn indem Stade Inn TEEN 318 5, insGlasgow. : ... 7,49 Sicherlich ist also die Tätigkeit des Men für ee von Ammoniak in der Luft nicht zu unterschätzen, sondern unterstützt die ohne sein Zutun verlaufenden Vorgänge, be- sonders die Verdunstung aus dem Boden, wirksam. Es erhebt sich nun die Frage, wie sich der Boden als Stickstofflieferant stellt. Nach dem eben Gesagten ist es selbstverständlich, daß Salpetersäure und Ammoniak im Boden nicht fehlen werden. Denn diese Stoffe gelangen ja mit den Niederschlägen zur Er... und dringen in den Boden ein. So weist denn in der Tat jede Analyse des Bodens gewisse Mengen von Stickstoff in der einen oder der anderen Form, auch in beiden Formen nebeneinander, im Boden auf. Und dennoch wäre der Schluß falsch, wenn man diese gefundenen Stickstoffmengen nur auf die atmosphärischen Niederschläge zurückführen wollte. Als das erste Land auf dem erkalteten Erdenball den Fluten entstieg, ein nackter, lebensloser Fels, wenn sich überhaupt die Phantasie in diese fernen Zeiten wagen und ein Bild von ihnen zu schaffen versuchen darf, da wird freilich die Atmosphäre der einzige Lieferant des Stickstoffs in Form von Ammoniak und vor allem Salpetersäure, für den Boden ge- wesen sein und dieser bildete wohl nur ein Reservoir zur Auf- speicherung der niedergehenden Stickstoffmengen. Denn im Boden selbst konnten Stickstoffverbindungen nur in sehr zu- rücktretenden Mengen vorhanden sein, wenn überhaupt, weil alle Verbindungen des Stickstoffs mehr oder weniger flüchtig 102 Der Stickstoff. sind und somit jedenfalls erst einmal der Atmosphäre des glühenden Weltkörpers angehört haben werden. Wo heute noch Neuland durch geologische Prozesse, wie Erd- und Seebeben, sich bildet und Inseln im Herzen der Ozeane neu entstehen, da trifft dieser Weg der Stickstoff- anreicherung des neu entstandenen Bodens für die erste Zeit . seines Daseins wohl auch heute noch zu. Im Kulturboden aber kommen noch andere Umstände in Frage, müssen in Frage kommen. Wenn man sich vergegen- wärtigt, daß Salpetersäure nur äußerst leicht lösliche Verbin- dungen bildet, die durch jeden Regenguß ausgewaschen werden müssen, dann ist es, selbst unter Berücksichtigung der Salpeter- säuremengen, die eben dieser Regen auch wieder zuführt, schlechterdings doch nicht zu verstehen, woher die verhält- nismäßig großen, nach vielen oft hundert Kilogrammen pro Hektar zählenden Salpetermengen herkommen, die man jeder- zeit in gutem, durchlüfteten Acker- und Gartenboden findet. Es muß noch eine andere Quelle für den Boden geben als den Vorrat der Luift. Nicht viel anders steht es mit dem Ammoniak, das man als kohlensaures Ammoniak und in Bindung mit Kieselsäure im Boden verbreitet findet. Die Verbindung mit Kieselsäure ist zwar verhältnismäßig schwer löslich, gar zu groß sind die vorhandenen Mengen auch nicht und doch — zu groß, um sich aus einer Anreicherung durch die Atmosphäre allein zu er- klären, die, wie wir gesehen haben, sogar ihrerseits einen nicht geringen Anteil des Ammoniaks, das sie enthält, der Erde verdankt. Das Reservoir, aus welchem die Mengen der Salpetersäure und des Ammoniaks im Boden fließen, sind die organischen Stickstoffverbindungen des Bodens, vor allem die ver- schiedenen sogenannten Humusstoffe. Diese Substanzen, die den Stickstoff in sehr verschieden fester Bindung enthalten, kann man direkt als Indikator des Stickstoffgehaltes der Böden benutzen. Je mehr Humusstoffe der Boden enthält, die ihm durch ihre braune bis schwarze Eigenfarbe die charakteristische Erdfärbung verleihen, je dunkler dadurch der Boden ist, je Luft und Boden als Quellen des Stickstoffs:! 103 mehr er sich dem reinen Humusboden nähert, desto reicher ist der Boden auch an Stickstoff. 2—8%, des Gesamtgewichts der Humussubstanzen eines Bodens bestehen aus Stickstoff. Was aber sind diese Humussubstanzen? Primäre Pro- dukte, Bestandteile des Bodens von Anfang an können sie ihrer ganzen Natur als organische Stoffe nach nicht sein. Sie hätten unfehlbar, zur Zeit da die feste Erdkruste sich erst bildete, ver- brennen müssen. Gehören doch dazu keineswegs hohe Tem- peraturen. Nur wenige hundert Grad genügen, um in Kürze den Boden heute im Laboratorium von allen Humussubstanzen zu befreien, die in Form von Kohlensäure, Wasserdampf und Ammoniak in die Luft entweichen. Von selbst aber treten zu so komplizierten Verbindungen, wie die Humusstoffe es sind, die vier sie in der Hauptsache zusammensetzenden Elemente Kohlenstoff, Stickstoff, Wasser- stoff und Sauerstoff nicht zusammen. Ist doch der Stickstoff das trägste aller Elemente. Nur an einer Stelle in der ganzen Natur hat man einen derartigen Vorgang beobachtet: im Pflanzenleibe. Nur die Pflanze vermag Kohlenstoff mit Wasserstoff und Sauer- stoff zu verknüpfen, nur sie vermag den Stickstoff, den un- geselligen Gast, in die Bande des organischen Moleküls zu schlagen. Das ist heute so. Es kann auch früher nicht anders gewesen sein. Pflanzenreste müssen dementsprechend die Humusstoffe sein oder doch mindestens Reste lebender Wesen. Dieser Schluß ist mehr als nur eine logische Folgerung. Er ist auch das Resultat einfacher Beobachtung. Noch heute sehen wir im Boden die verschiedensten Planzenreste sich ver- ändern. Wir sehen sie zerfallen, ihre Farbe ändern, dunkler und dunkler werden, sich allmählich in Humus verwandeln, das Endziel der alten Praktiker, wenn sie Stallmist auf ihren Acker brachten. So stammt also die Hauptmenge des Stickstoffgehalts des heutigen Bodens von der Pflanze, hat erst einmal den Kreis des Lebens durchlaufen, hat vielleicht nicht nur im Pflanzen- leibe gewirkt, sondern geholfen, den Körper eines Tiers, viel- 104 E Der Stickstoff. leicht eines Menschen aufzubauen, um dann zurückzukehren in den Schoß der Mutter Erde. Zurück? Stammt der Stickstoff der Pflanze wirklich aus dem Boden, ist nur der dort vorhandene gebundene Stickstoff für die Pflanzen aufnahmefähig? Oder vermag auch der freie Stickstoff der Atmosphäre der pflanzlichen Ernährung zu dienen? Erst die letzten Jahrzehnte der Forschung haben auf diese so wichtige und interesssante Frage eine einwandfreie Ant- wort gegeben. 3. Die Stickstoffernährung der niederen Gewächse. Ungezählte Jahrtausende, Jahrmillionen versinken vor un- serem geistigen Auge. Vorüber zieht wie ein Bild in einem Kaleidoskop die Quartiärzeit mit ihren uns vertrauten Pflanzen- formen, vorüber das Mesozoicum, das des Menschengeschlechtes Wurzel birgt. Tertiär- und Sekundärzeit des Erdballs mit ihren endlosen Zeiträumen verschwinden. Das Palaeozoicum folgt mit seinen abenteuerlichen Tier- und Pflanzenformen, von unerhörter Üppigkeit vor allem im Carbon, der Steinkohlen- zeit, die durch Aufspeicherung der Sonnenenergie in der Kohle die Grundlage dazu geliefert hat, daß der Mensch der Urzeit, der Mensch des Mittelalters zum modernen Menschen ward, daß das stählerne Zeitalter im Werden ist. Aber weiter immer weiter blättern wir zurück im selbstgeschriebenen Tagebuch der Erde. Wir versetzen uns in die Zeiten des Azoicums, „leblose Zeit‘‘ von der Wissenschaft genannt, die keine Reste eines lebenden Wesens mehr in diesen Schichten der Erde zu entdecken vermag, was freilich der Natur der Sache nach kein Wunder ist, und die doch das große Geheimnis der Lebens- entstehung auf der Erde birgt. Wesen, nicht Tier, nicht Pflanze, ein Häufchen lebenden Eiweißes nur, haben damals das Leben auf der Erde reprä- sentiert. Gebunden war in ihnen zweifellos der Stickstoff, eben im Eiweißmolekül, der Lebenssubstanz, auf unbekanntem Wege gebunden in hochkomplizierter Form. Wie aber stand Die Stickstoffernährung der niederen Gewächse. 105 er zur Aufnahme, zum weiteren Unterhalte des Lebens zu Gebote? Gebunden ebenfalls als Ammoniak und Salpeter- säure, aber auch frei. Es ist nicht verwunderlich, daß das Leben es verstanden hat, beide Formensich nutzbar zu machen. Daß es so gewesen ist, können wir mit einiger Gewißheit behaupten, ohne uns einer sonderlichen Kühnheit schuldig zu machen. Denn wenn auch die direkten Urkunden aus jenen längst verschwundenen Tagen, von welchen uns wohl Hun- derte von Jahrmillionen trennen, fehlen, so spricht deutlicher als eine, doch immer tote Urkunde, das Leben selbst. Noch leben Wesen auf unserer Erde, die ihren Altvor- deren wohl aufs Haar gleichen, gleichen müssen. Sind sie doch auch heute noch teilweise nicht zur Höhe einer Zelle ge- langt, haben die ersten Anfänge der Arbeitsteilung im Orga- nismus zwischen Plasma und Kern noch nicht erreicht: das Heer der Bakterien und verwandter Organismen, und weiter der niederen Pilze und Algen. Gewiß haben auch sie der Entwicklung ihren Tribut ge- zollt. Sie haben verschiedenen Lebensbedingungen sich an- gepaßt, verschiedene Eigenschaften in ihren einzelnen Arten dadurch angenommen, aber als Gros betrachtet, haben sie sich doch die Universalität bewahrt. Sie sind so ziemlich überall lebensfähig, wo überhaupt Leben bestehen kann und, was uns besonders hier interessiert: sie vermögen heute noch sowohl den freien elementaren Stickstoff, wie den gebundenen zu ihrer Stickstoffernährung zu verwenden. Daß der freie Stickstoff den Bakterien zur Nahrung dienen kann, ist, wenn man die alten Zeiten mit ihren falsch be- gründeten Anschauungen aus dem Spiele läßt und sich auf die neue Zeit der exakten Forschung beschränkt, eine Ent- deckung der allerneuesten Zeit. Sieht man von den ersten verhältnismäßig rohen Unter- suchungen ab, die immerhin den Stein ins Rollen brachten, dann hat der noch heute rüstig wirkende Altmeister der deut- schen Landwirtschaft, Kühn, als erster wohl von der ‚‚stick- stoffsammelnden‘‘ Tätigkeit von Bakterien im Boden ge- sprochen, die alle Ackerböden neben zahllosen anderen Arten 106 Der Stickstoff. mit abweichenden Eigenschaften beleben sollen. Berthelot lieferte den experimentellen Beweis dafür, daß wirklich lebende Organismen für ein Plus von Stickstoff im Boden sorgten, in- dem er nachwies, daß nach Erhitzen eines Bodens auf 100°, also eine für lebende Wesen tötliche Temperatur, die Stick- stoffzunahme, die man sonst beobachten konnte, aufhörte. Einen derartigen Mikroorganismus in Reinzucht gewon- nen und damit wirklich faßbar gemacht hat aber erst Wino- gradsky in seinem Clostridium pasteurianum, einem Bazillus, der in künstlichen Kulturen nur bei Ausschluß von Sauerstoff gedeiht, also eine Anaerobe strengster Richtung ist und als besonders charakteristische Substanz die übelriechende Buttersäure erzeugt. Verschiedene andere Forscher haben nach und nach Verwandte dieses Wesens ans Tageslicht gezogen. Man darf sagen, daß derartige anaerobe Bakterien, die sich von dem freien Stickstoff der Atmosphäre ernähren, zu den ver- breitetsten Bewohnern jedes Erdbodens zählen. Auch im Meerwasser hat man das Clostridium und seine Verwandten gefunden. Während diese Formen entweder in größeren Tiefen der Ackerkrume und des Untergrundes leben, wohin ihnen der schädliche Sauerstoff der Luft nicht. mehr folgt, da er durch chemische Prozesse im Boden verbraucht wird, oder nur in Gesellschaft von anderen Organismen vorkommen, die den Sauerstoff intensiv verbrauchen, so daß die Clostridien auf diese Weise vor ihm geschützt sind, gilt dies nicht für eine andere Bakteriengruppe, die seit noch kürzerer Zeit erst be- kannt ist. Die Azotobakterarten und ihre Verwandten lieben im Gegenteil den Sauerstoff der Luft, sind obligate Aerobier, wie die Wissenschaft sie nennt, die sich um so wohler fühlen, um so kräftiger den freien Stickstoff der Atmosphäre verbrauchen, je besser sie mit Sauerstoff versorgt sind. Beyerinck hat diese Organismen entdeckt und ihre Biologie erforscht, über die sich nachgerade eine kaum mehr zu übersehende Literatur angehäuft hat, da sie praktisch wegen ihrer intensiven Stick- stoffbindung von großer Wichtigkeit für den Landwirt sind, Die Stickstoffernährung der niederen Gewächse. 107 dessen Boden sie bevölkern. Man kann sogar sagen: überall bevölkern. Auch die Azotobakterarten scheinen wahre Kosmopoliten zu sein. In allen Böden, mit Ausnahme der sauren Moor- böden, der ganzen Erde hat man sie gefunden und im Meere leben sie mit anderen Organismen vereint gleichfalls. Es ist wohl anzunehmen, da die Forschung erst in den Anfängen steht, daß man noch manche andere Bakterienarten als fähig erkennen wird, den freien Stickstoff in einer freilich noch durchaus dunklen Weise zu ihrer Ernährung zu ver- wenden. Ob sich auch von anderen Gruppen niederer Pflanzen viele als mit der gleichen Fähigkeit ausgestattet erweisen wer- den, ist jedoch mehr als zweifelhaft. Man hat wohl an ein- zelnen niederen Algen, wie den Cyanophyceen, etwas Der- artiges beobachtet, auch Fadenpilze, besonders Schimmel- pilze scheinen den elementaren Stickstoff aufnehmen zu können, aber doch nur in beschränktem Maße, gewissermaßen als letzte Möglichkeit, wenn ihnen kein gebundener Stickstoff mehr zur Verfügung steht. Das Normale ist jedenfalls für diese Wesen die Aufnahme von gebundenem Stickstoff, von Salpetersäure und Ammo- niak, wie ihn auch die Bakterien noch heute meistens ver- werten können, von den stickstoffsammelnden Arten ab- gesehen, für die gebundener Stickstoff Gift ist. Man kann diese Möglichkeit der niederen Organismen, insbesondere der Bakterien, mit Ammoniak und Salpeter- säure, oder einer dieser beiden Verbindungen ihr Stickstoff- bedürfnis zu decken, als in der Natur der Sache liegend be- trachten. Wären diese beiden Bindungsformen des Stickstoffs, aber die einzigen gewesen, die neben dem atmosphärischen Stickstoff für die Pflanzenwelt verwertbar waren, dann hätte es schlecht um die Entwickelung ausgesehen. Denn dann wäre gar bald wohl der geringe Vorrat an Ammoniak und Salpetersäure, der im Boden vorhanden war, nebst seinen schwachen Zuflüssen aus der Luft verbraucht gewesen. Wenn diese Gefahr für den Stickstoff der Luft nicht vorlag, so kommt der Ausnutzung des freien Stickstoffs 108 Der Stickstoff. wie wir sahen, doch nur eine beschränkte Bedeutung zu. Bald hätte ein empfindlicher Stickstoffmangel sich bemerkbar machen müssen, wenn aller vorhandene Stickstoff in orga- nischer Form in den lebenden oder auch toten Leibern der Pflanzen festgelegt war und schließlich wären die „stickstoff- sammelnden‘‘ Lebewesen die einzigen Bewohner der Erde ge- » blieben. Da haben aber die Pflanzen, und zwar wieder die Bakterien und ihre Verwandten am besten, etwas dazugelernt: Diesen organischen Stickstoff der toten Leiber gleichfalls für sich zu verwerten. Man darf nach dem heutigen Stande des Wissens behaupten: Es gibt keine Form einer Stickstoffverbindung, die die Bakterien, oder wenigstens einige Arten von ihnen, nicht verbrauchen können. Vom Eiweiß angefangen bis zum freien Stickstoff vermag kein Molekül ihnen zu widerstehen. Alles wird in irgendeiner Weise genützt. Der Stickstoff löslicher Stoffe wird dabei ins Eiweißmolekül des Bakterienleibes aufgenommen und dadurch schwerer löslich gemacht, mithin vor einem schnellen Aus- nutzen bewahrt. Eine sehr nützliche Sache, im Sinne der Stickstoffkonservierung gesprochen. Weniger nützlich ist in dieser Beziehung die Eigenschaft verschiedener Bakterien- gruppen, die man die Denitrifikationsbakterien ge- nannt hat, den Stickstoff der Salpetersäure elementar in Frei- heit zu setzen, um den Sauerstoff des Salpetersäure-Moleküls zur intramolekularen Atmung zu verwenden. Wir werden darauf noch des Näheren unten einzugehen haben, da das Vor- kommen derartiger Bakterien natürlich für die Ackerkultur, die mit dem Stickstoff als Pflanzennährstoff im Boden zu rechnen hat, nicht bedeutungslos ist. Schwieriger angreifbar für die Mikroorganismen: Bakterien und Pilze, sind die sogenannten unlöslichen stickstoffhaltigen Substanzen, wie sie die toten Leiber voraufgegangener Pflanzen- geschlechter zusammensetzen. Aber nicht absichtslos ist der Ausdruck ‚‚so genannt unlöslich‘‘ hier gewählt. Denn absolut unlöslich in Wasser ist bei genügendem Überschuß des Lösungs- Die Stickstoffernährung der niederen Gewächse. 109 mittels überhaupt kein Stoff. Überschuß an Wasser steht im Boden oft zur Verfügung. Auf kleine Revenuen an stickstoff- haltigen Stoffen können also auch auf diesem Wege die Orga- nismen des Bodens immer rechnen. Dann aber haben sie nicht umsonst ihre Fermente. Diese diffundieren aus dem Leibe der Lebewesen ins umgebende Bodenwasser, kommen in Berührung mit den organischen Stoffen und entfalten hier ihre, leider bisher erst in ihren Re- sultaten, nicht aber in ihrem Wesen bekannte, zersetzende und vor allem lösende Tätigkeit, damit ihren Erzeugern will- kommne stickstoffhaltige Nahrung in aufnehmbarer Form be- reitend. So sind die Fäulnis- und Verwesungsbakterien, die wohl nirgends in der ganzen Natur, nicht einmal im gesunden, lebenden Tierleibe gänzlich fehlen, imstande, in kurzer Zeit die größten Stoffmengen zu bewältigen, die kompliziertesten und schwierigst löslichen stickstoffhaltigen Moleküle zu zer- trümmern und abzubauen. Ob dabei aller Stickstoff den Leib der Zerstörer passiert, mithin noch einmal schwer lösliche und hochkomplizierte Verbindungen binden hilft, ob er erst dann in relativ einfachen Stoffwechselprodukten entweder gasförmig in die Luft entweicht, oder aber gelöst anderen, weniger leistungsfähigen Wesen zur Nahrung dient, ist schwer zu ent- scheiden. Anzunehmen ist wohl wegen der Schnelligkeit der Zer- setzungsarbeit, die selbst unter Berücksichtigung der in Be- tracht kommenden Millionen, ja Milliarden von Mikroorga- nismen immer eine sehr große bleibt, wenn die nötige Wärme und Feuchtigkeit nicht fehlen, daß ein Teil des Stickstoffs gleich in Spaltungsprodukten von der Nährsubstanz selbst abgesplittert wird und gar nicht erst zur Ernährung der Ver- wesungs- und Fäulnisbakterien dient. Dieser Anteil besteht wohl aus den Stoffen, denen wir be- reits als Spaltungsprodukten der Eiweißkörper begegneten und die verwesenden Tier- und Pflanzenleichen ihren ‚Fäulnis- geruch“ verleihen. Indol, Skatol, Putrescin, Cadaverin sind ihre bekanntesten Vertreter neben Aminosäuren, Am- IIo Der Stickstoff. moniak und in selteneren Fällen freiem Stickstoff (letz- terer natürlich geruchlos). Unter Einwirkung anderer Bak- terienarten, die teilweise noch nicht genau bekannt sind, so- wie verschiedener Pilze zerfallen diese vielatomigen Körper dann meistens noch weiter, bis Ammoniak und freier Stick- stoff die Schlußprodukte bilden, oder wenn man so will, die Grundsteine neuer lebendiger Substanz. Ein wahrhaft be- wundernswerter Kreislauf des Stickstoffs, schon in der Welt der niederen Organismen! Es würde zu weit vom eigentlichen Thema abführen, auf die hochinteressanten Einzelheiten einzugehen. Gehört hier- her doch das Heer der blattgrünlosen pflanzlichen Lebe- wesen, die auf fertige organische Substanz zu ihrer Ernäh- rung angewiesen als Saprophyten und Parasiten der mo- dernen Biologie noch manches Rätsel zu lösen geben. Nur eine Richtung der Verarbeitung des Schlußproduktes Ammoniak muß hier erwähnt werden: die Verarbeitung des Ammoniaks durch die Nitrosobakterien zu salpetriger Säure, die von den Nitrobakterien zu Salpetersäure weiter oxydiert wird. Dieser Vorgang, der in allen normalen Böden, die stets die beiden Bakteriengruppen enthalten, mit ziemlicher Energie verläuft, ist nämlich von allergrößter Bedeutung für die höhere Pflanzenwelt, die unsere Erde trägt, man kann sogar sagen, daß ohne ihn eine höhere Pflanzenwelt von der heutigen Or- ganisation der Gewächse nicht denkbar wäre, ebensowenig wie die Üppigkeit des irdischen Pflanzenlebens. 4. Die Stickstoffernährung der grünen Gewächse. Versteht man unter höheren Pflanzen alle diejenigen, die durch Ausbildung eines Chlorophyllapparates in der Lage sind, Kohlensäure und Wasser mit Hilfe des Sonnenlichtes zu Kohle- hydraten zu vereinen, dann kann man ganz allgemein sagen: Höhere Pflanzen in diesem Sinne sind auf gebun- denen Stickstoff zuihrer Ernährungangewiesen und die Salpetersäure ist diejenige Stickstoffverbin- dung, die zu ihrer Ernährung am geeignetsten ist. Die Stickstoffernährung der grünen Gewächse, Irı Nach dem Obigen ist das ein keineswegs von vorne herein zu erwartendes Verhalten, und vieler Forschungsarbeit hat es bedurft, die Klarheit in diesen komplizierten Verhältnissen zu schaffen, die wir heute besitzen. Denn wenn man den stets verhältnismäßig geringen Stick- stoffgehalt der Böden, die Üppigkeit der Vegetation in warmen Klimaten und den unerschöpflichen Reichtum des Luftmeeres gegeneinander abwog, dann lag wahrlich nichts näher als der Schluß, daß die Luft der Hauptlieferant, wenn auch nicht der einzige Stickstofflieferant der Pflanzen, sein müßte. Experi- mente, fehlerhaft angestellt nach dem heutigen Stande des Wissens, einwandfrei für die damalige Zeit, schienen dieser Anschauung völlig recht zu geben. So wollten Priestley und Ingen Housz beobachtet haben, das lebende Pflanzen, in einen Rezipienten mit atmosphärischer Luft gebracht, nicht unwesentliche Mengen des Stickstoffs dieser Luft zu assimi- lieren vermochten. Mit Fortschreiten der chemischen Untersuchungs- und Experimentaltechnik fanden freilich diese Ergebnisse bald ihre Widerlegung. Schon im Jahre 1804 trat auf Grund seiner sorgfältigen Versuche de Saussure gegen sie auf, doch erst Boussingault war es vorbehalten, den wirklich schlagenden Beweis für die Unrichtigkeit der Anschauung zu liefern. Dieser Beweis war keineswegs leicht. Es galt, der Pflanze, die zum Versuch diente, alle Möglichkeiten, ihren Stickstoff- bedarf aus einer anderen Quelle als der Atmosphäre zu decken, zu entziehen. Dazu mußte der Boden von allen stickstoff- haltigen Substanzen befreit werden, wobei sich Schwierig- keiten ungeahnter Natur ergaben, da es nicht leicht ist, auf rein mineralischem, chemisch gereinigtem Boden Pflanzen zur Entwicklung zu bringen. Es mußte ferner die genauere Unter- suchung des Pflanzenmaterials an Stelle der wenig zuver- lässigen Untersuchung der Luft auf Stickstoff treten. Schließ- lich war der Gehalt der Atmosphäre an Ammoniak und Sal- petersäure, in Laboratorien besonders hoch naturgemäß, in Rechnung zu ziehen. 112 Der Stickstoff. Doch dem Scharfsinn des Forschers gelang es, die gestellten Aufgaben glänzend zu lösen. Und der Erfolg war so eindeutig, als man ihn sich nur wünschen konnte. Wohl hatte die Ver- suchspflanze unter den genannten Bedingungen ansehnlich ihr Gesamtgewicht vermehrt. Aber der Stickstoffgehalt der Pflan- zen beim Absterben, das überall schnell nach dem Keimen ein- trat, war durchweg niedriger als der Stickstoffgehalt der aus- gelegten Samen. Die Schlußfolgerung, die Boussingault aus diesen Versuchen zog, konnte nur einen Wortlaut haben: Der freie atmosphärische Stickstoff ist neh stande, zur Ernährung der höheren Pflanzen zu dienen. Nachdem dieser Satz einmal feststand, war es verhältnis- mäßig leicht, die Bedeutung der einzelnen stickstoffhaltigen Substanzen, die im Boden vorkommen, für die Pflanzen- ernährung experimentell festzustellen. Naturgemäß lagen derartige Betrachtungen, wie wir sie oben über die Salpetersäure und ihre Entstehung durch Naturvorgänge angestellt haben, den Forschern der damaligen Zeit noch vollkommen fern, mußten ihnen fernliegen. Daß trotzdem ihr Augenmerk sich zuerst auf die Salpetersäure als Stickstoffnährstoff der Pflanzen lenkte, hatte einen rein er- fahrungsmäßigen Grund. Schon in früher Zeit war die günstige Wirkung der Zu- fuhr von salpetersauren Salzen zum Boden aufs Pflanzen- wachstum bekannt gewesen. Die ältesten Erfahrungen dieser Art sollen nach Mayer auf Karl I. von England zurückgehen, und Versuche wurden nach Entdeckung der Salpeterlager Chiles dauernd gemacht. Ja, man kann sagen, daß die Sal- peterdüngung, ohne daß man ihre theoretische Grundlage kannte, schon zu einer Maßregel von gewisser Verbreitung _ geworden war. Zudem war die Anwesenheit von salpetersauren Salzen im Boden etwas Altbekanntes. Man machte sogar von der „sal- peterbildenden Kraft‘‘ namentlich kalkhaltiger Böden in den sogenannten Salpeterplantagen Gebrauch, ohne sich natürlich darüber klar zu sein, daß die nitrifizierenden Bakterien wie Die Stickstoffernährung der grünen Gewächse. 113 im Ackerboden so auch hier die Erzeuger des Salpeters waren, indem sie den Stickstoff hineingebrachter organischer Sub- stanzen in die Form des Salpeterstickstoffs überführten. So wurden die Verbindungen der Salpetersäure auf ihre Fähigkeit, die Pflanzen mit Stickstoff zu versorgen, experimen- tell mit Hilfe von Vegetationsversuchen nach immer vervoll- kommneten Methoden untersucht und gar bald festgestellt, daß die Salpetersäure in Verbindung mit allen Basen, die nicht direkte Pflanzengifte sind, natürlich erst recht mit solchen, die selbst unentbehrliche Nährstoffe der Pflanzen darstellen, zur Aufnahme gelangen kann und daß Zu- führung von Stickstoff in einer anderen Form durchaus über- flüssig ist. Man fand aber auch sehr bald, daß die Salpetersäure so- gar die günstigste Form vorstellt, in welcher der Stick- stoff den Pflanzen geboten werden kann, und damit rückt die außerordentliche Wichtigkeit der niederen Organismen, die den Stickstoff in diese Form überführen, erst in das rechte Licht. Denn Stickstoff in Form von Salpetersäure ist in weitaus der Mehrzahl der Böden derjenige Nährstoff, welcher sich im Minimum befindet. Nach dem Gesetz des Minimums ist aber die Entwicklung der Pflanzen gerade von diesem Nährstoff abhängig. Unbedingt notwendig zum Aufbau des Organismus, kann er natürlich durch keinen anderen ersetzt werden. Hält man sich dies vor Augen, dann erscheint die Klein- lebewelt des Bodens, die ungezählten Heere der Verwesungs- und Fäulnisbakterien, die das Eiweißmolekül abbauen, der Mikroorganismen, die die stickstoffhaltigen Spaltungs- und Stoffwechsel-Produkte weiter verarbeiten, in ihrem Leibe vor dem Versickern schützen und vor allem schließlich den Stick- stoff mit Sauerstoff zur Salpetersäure verbinden, in ihrer vollen Bedeutung. Unsichtbar, ungreifbar fast, sind diese so lange unbekannten Wesen doch die Regulatoren des gesamten Lebens der Erde, weil sie den Kreislauf des Stickstoffs be- herrschen, leiten, vom freien Stickstoff über die Form des Ei- weißes und der Salpetersäure bis wieder zum freien Stickstoff. Vageler, Pflanzennährstoffe. 8 II4 Der Stickstoff. Nur sie vermögen den freien Stickstoff zu fangen, nur sie den fest in organischer Bindung schlummernden aus dem ge- botenen Molekül abzuspalten, während die höhere Pflanze und mit ihr Mensch und Tier, die von der Pflanze leben, streng an das Mittelglied der Kette, den gebundenen leicht löslichen und aufnehmbaren Stickstoff geschmiedet ist, und auch hier sogar noch weiter eingeengt, da der Hauptsache nach be- schränkt auf die an Zahl und Verbreitung geringen Verbin- dungen der Salpetersäure. Ammoniak vermag zwar gleichfalls, sogar wenn man es nur äußerlich auf die Blätter einer Pflanze aufträgt, zur Stick- stoffernährung zu dienen, keineswegs aber in dem Umfange, wie die Salpetersäure. Es dürfte dieses übrigens eine An- passungserscheinung sein. Denn im Boden kommt das Am- moniak zwar vor, stets aber in verhältnismäßig geringer Menge, da es von den Mikroorganismen sofort weiter verarbeitet und in Salpetersäure übergeführt wird. Es scheinen sich hier die Pflanzen verschieden zu ver- halten. Gramineen, Brassicaarten, sowie Waldbäume und Moorpflanzen scheinen das Ammoniak besser verwerten zu können, als Buchweizen, Kartoffeln usw., wenn es in einer geeigneten Form, in Verbindung mit Chlor, Phosphorsäure, Schwefelsäure oder Salpetersäure geboten wird. Freies Ammoniak wird von allen Pflanzen nur in sehr ver- dünnten Lösungen vertragen, kohlensaures Ammoniak ist ein starkes Pflanzengift, Tatsachen, die jedenfalls auf die alkali- sche Reaktion der beiden Substanzen zurückzuführen sind. Organische stickstoffhaltige Substanzen können nur so- weit als Stickstoffquellen für die Pflanze dienen, ‚als sie ver- möge ihrer Konstitution als Amide oder Amidosäuren leicht Ammoniak abzuspalten vermögen‘. Stoffe dieser Art sind z. B. Asparagin, Harnstoff, Hippursäure. Auch scheinen einige stickstoffhaltige Humussubstanzen noch unbekannter Kon- stitution direkt von höheren Pflanzen aufgenommen werden zu können. Alle anderen Stoffe mit festerer Bindung des Stickstoffs im Molekül, wozu auch die Cyanide gehören, die als Bestandteil moderner Düngemittel besondere Erwäh- Die Stickstoffernährung der grünen Gewächse. I15 nung verdienen, müssen erst durch Mikroorganismen zer- setzt und ihr Stickstoff muß damit aufnahmefähig gemacht werden. Jedenfalls kann die Rolle der organischen stickstoffhaltigen Substanzen als Stickstoffquelle der Pflanzen in der Natur nur sehr gering bewertet werden, da die Pflanze nur selten zu dieser ihr wenig zusagenden Nahrung greifen wird. Auch die Ammoniakaufnahme kommt, von Wald- und Moorboden abgesehen, nur wenig in Betracht. Eine Ausnahme machen auch hier wieder die Saprophyten und Parasiten unter den höheren Gewächsen, die natürlich erst sekundäre Anpassungen sind, ebenso wie die sogenannten ‚‚fleischfressenden‘‘ Pflanzen. Es würde zu weit führen, hierauf einzugehen. So überzeugend die Untersuchungen Boussingaults auch waren, der Zweifel, ob nicht doch wenigstens einige Gruppen auch der grünen Pflanzen den Stickstoff der Luft ‚sich nutz- bar machen könnten‘, ruhte nicht. Wieder und wieder tauchten Behauptungen auf, daß das Dogma: der freie Stickstoff ist kein Nährstoff der höheren Pflanze, nicht allgemein gültig sei. Doch lange Jahre war es ein Leichtes, den Zweiflern ihre Versehen bei Versuchen nach- zuweisen. Erst die Neuzeit hat gelehrt, daß es tatsächlich Aus- nahmen gibt. Ausnahmen freilich, auf die selbst die kühnste Spekulation vor 50 Jahren noch nicht zu verfallen wagte und die erst moderne Forschung, die kaum mehr den Begriff ‚‚un- möglich‘‘ kennt oder kennen sollte, ins helle Licht der Wirk- lichkeit gerückt hat. Ausnahmen dazu nicht nur im Reiche der niederen Algen mit Blattgrün, deren Fähigkeit, Stickstoff zu sammeln, noch zweifelhaft ist, sondern sogar unter den höchstorganisierten Mitgliedern des Pflanzenreichs. Eine ganze große Pflanzengruppe von höchster Wichtigkeit für den Menschen in vielfacher Beziehung ist in der Lage, Stick- stoff aus der Luft zu entnehmen, den ungefügen Gesellen einzufangen und zu binden: die Leguminosen. Freilich nicht aus eigener Kraft, sondern mit Hilfe der Allerwelts- künstler, der Bakterien. g* 116 Der Stickstoff. 9. Die Stickstoffernährung der Leguminosen. Mag man das Tier- oder Pflanzenreich durchmustern, nirgends wird man ein lebendes Wesen finden, das nicht zu seinesgleichen, Tier zu Tier oder Pflanze zu Pflanze, auch außerhalb des Rahmens der Art gewisse Beziehungen unter- hält. Um gleich dem Kernpunkt der Frage näher zu kommen, bereitet eine Pflanze der anderen dadurch, daß sie die Nähr- stoffe des einzelnen Standortes entsprechend der Ausbildung ihrer Wurzeln und oberirdischen Organe in ihrer Verteilung verschiebt, den Platz. Jede Pflanze schafft für eine andere oder für eine Gruppe von Nachfolgern, stets aber nur für ganz bestimmte Angehörige des Pflanzenreiches, das Optimum der Lebensbedingungen. Oft hat es freilich den Anschein, als ob die Pflanze, wie z. B. das Sphagnummoos durch Versumpfung des Grundes, nur für ihre eigene Art sorge. Blickt man aber weiter hinaus, dann sieht man, wie allmählich eine jede Art doch sich selbst oder ihren Nachkommen im Gegenteil das Da- sein untergräbt, nur ein Glied einer großen Kette von Pflanzen- folgen ist. Der Mensch hat sich diese Beobachtung bei Ein- richtung seiner künstlichen Fruchtfolgen zunutze gemacht. Doch nicht nur für ihre Nachfolger arbeiten die einzelnen lebenden Wesen. Auch Beziehungen zu den gleichzeitig lebenden Nachbarn unterhalten sie. So ist es bekannt, daß ge- wisse Bäume ganz bestimmte Pflanzen aus dem Reiche der Sträucher, Kräuter und Gräser als Begleiter haben, daß man ganz bestimmte Vegetationsformen auf der Erde unterschei- den kann, die gewissermaßen großen, wohl eingerichteten Staatshaushalten gleichen, in welchen jedes Mitglied findet, was es braucht. Geregelt wird dieses Zusammenleben durch den Kampf ums Dasein in erster Linie, doch nicht aus- schließlich. Es existiert auch gegenseitige Hilfe im Tier- und Pflanzenreiche, die vielleicht dem struggle for life selbst ihre Entstehung verdankt. Wenn ihre Wirkungen nicht so deut- lich zutage treten als die Erfolge des Kampfes, sind sie in ihrer Entstehung doch eins der interessantesten Kapitel der Die Stickstoffernährung der Leguminosen. 117 Biologie, das trotz Beackerung durch viele fleißige Hände noch längst nicht erschöpft ist, vielmehr noch viele Über- raschungen dem forschenden Menschengeiste verspricht. Ja, wer vermag zu sagen, ob dies Naturgesetz nicht unbewußt in einer der höchsten Regungen der Psyche, der Religion, seinen Ausdruck gefunden hat? Sei es im weitesten Sinne des Wortes als Gefühl der Einheit der gesamten Lebewelt, das sich im: ‚Das bist du‘, der vielleicht ältesten der noch bestehenden Religionen der Erde, widerspiegelt, sei es im beschränkten Sinne der menschlichen Nächstenliebe. Freilich wäre es falsch, an uneigennützige Lebensgemein- schaften im Pflanzenreiche zu denken. Höchstens zufällig entstandenes Zusammenleben, wie die sogenannten gelegent- lichen Überpflanzen und ihre Träger es führen, könnte auf die Bezeichnung ‚‚uneigennützig‘‘ für beide Partien einen Anspruch erheben. Schon bei den ständigen Überpflanzen (Epiphyten) liegt die Sache so, daß diese auf dem Leibe ihrer Wirte besonders günstige Lebensbedingungen finden, und von da bis zum ausgesprochenen Parasitismus, der uns im Pflanzenreiche in den mannigfachsten Formen entgegentritt, ist wahrlich nicht mehr weit. Aus Parasitismus, und zwar wechselseitigem, haben sich dann anscheinend erst die eigentlichen Symbiosen entwickelt, in welchen jeder Teil dem anderen Nutzen bietet und Nutzen von ihm auch verlangt. Als deren Typ können die Flechten betrachtet werden, symbiotische Organismen, bestehend aus Pilz und Alge. Der Pilz gibt der Algenzelle Schutz und wohl auch die Mineralstoffe, die sie braucht. Die Algenzelle ihrer- seits führt die Assimilation mit ihrem Chlorophyll aus, zu welcher der Pilz nicht imstande ist, und gibt ihm von ihrem Überfluß an Assimilationsprodukten ab, wobei sie beide zu so inniger Verschmelzung gelangt sind, daß es des Mikroskops und einer fortgeschrittenen Beobachtungstechnik bedurft hat, um die Flechten als Doppelwesen zu erkennen. Ein Zwischending zwischen Parasitismus und eigent- licher Symbiose stellt das Verhältnis dar, das die Leguminosen mit ihren zugehörigen Bakterien verknüpft. 118 Der Stickstoff. Wenn die Knöllchenbakterien aus der Erde in die Wurzel- haare und von da in die Wurzeln der Leguminosenpflanzen bei der Keimung der Samen einwandern, sind sie zweifellos reine Parasiten, die sich bemühen, ihren Wirt nach Kräften auszunutzen. Und wie gegen Parasiten wehrt sich die Pflanze auch gegen sie durch Entwicklung von Wucherungen an den befallenen Wurzeln, die Knöllchen, die man an der Wurzel jeder üppig wachsenden Leguminose in den verschiedensten Formen leicht beobachten kann. Die alte Anschauung, daß diese längst bekannten Knöll- chen der Leguminosenwurzeln — schon Malpighi hat sie im Jahre 1687 genau beschrieben — krankhafte Gebilde seien, ist daher für eine kurze Zeit der Entwicklung keineswegs falsch. Aber eben nur für eine gewisse Zeit. Denn sobald die Pflanze und die eingedrungenen Bakterien sich auf- einander eingerichtet haben, was dadurch geschieht, daß die Pflanze die Knöllchen ausbildet, die eingedrungenen Bak- terien ihrerseits sich in ästige oder kugelige Formen, die sogenannten Bakteroiden verwandeln, beginnt eine wahre Lebensgemeinschaft. Denn jetzt liefert die Pflanze ihren Gästen die Kohlehydrate und Mineralstoffe, die sie zu ihrer Ernährung bedürfen, und diese lassen sie zum Danke an dem Überfluß an Stickstoff teilnehmen, den sie der Luft zu ent- nehmen imstande sind. Aus diesem letzteren Umstande erklärt es sich dann, daß die Leguminosen in ihrer Stickstoffernährung zur Über- raschung der alten Forscher, die sich diese Abweichung nicht zu deuten wußten, von der Zuführung gebundenen Stickstoffs zum Boden als unabhängig erwiesen. Schon bei den oben besprochenen Versuchen Boussin- gaults, die zur Klärung der Stickstoffernährung der grünen Pflanzen im allgemeinen dienten, fielen die Leguminosen, die dabei natürlich als landwirtschaftliche Kulturpflanzen gleichfalls als Versuchsobjekte dienten, wenn man so sagen darf, hin und wieder aus der Rolle. Trotz Stickstoffmangels im Boden gediehen sie sichtlich vorzüglich. Da aber alle anderen grünen Gewächse das nicht taten, hin und wieder Die Stickstoffernährung der Leguminosen. 119 Leguminosen auch nicht, so glaubte man und mußte man auch glauben, es mit Versuchsfehlern zu tun zu haben, die zwar erwähnt wurden, denen aber eine besondere Bedeutung nicht beigelegt wurde. Daß die Knöllchen der Leguminosen, in denen man auch die Bakterien bald beobachten lernte, mit dieser Ausnahme- stellung der Pflanzen etwas zu tun hatten, vermutete kein Mensch. Ja, lange Zeit wurde mit Eifer den Landwirten an- geraten, diese krankhaften Gebilde ihrer Pflanzen durch starke Kalkgaben zu bekämpfen. Abb. ıı. ı. und 2. Schematische Darstellung von Knöllchen. ı. Lupinentypus, 2. Robiniatypus. 3. Querschnitt durch Knöllchen von Vicia sativa, stark vergrößert. pr = primäre Rinde mit rb = Rindenbakterien; xe = Xylemstränge; bact = Bakteroidengewebe. 4. Bakteroiden mit starker Verzweigung. Erst im Jahre 1885 sprach Schindler zuerst die Ver- mutung aus, daß die Knöllchen und die Unabhängigkeit von Stickstoffzufuhr etwas miteinander zu tun haben könnten, und das Jahr 1886 brachte in den klassischen Arbeiten Hell- riegels die endgültige Entscheidung. Hartnäckig von den Fachgenossen im Anfange bekämpft, hat sich dennoch heute die Hellriegelsche Behauptung als durchaus richtig erwiesen, daß den Leguminosen, außer 120 Der Stickstoff. dem Bodenstickstoff, durch Mitwirkung der Bak- terien, die in den Wurzelknöllchen leben, auch der atmosphärische Stickstoff zur Ernährung zur Verfügung steht. Die scharfen Kämpfe, die um diesen Satz geführt sind, haben ein Gutes gehabt: die Biologie der Leguminosen und ihrer Gäste, der Knöllchenbakterien, ist in einer Weise bear- beitet, wie die kaum einer zweiten Pflanzengruppe, und sehr interessante und praktisch wichtige Tatsachen sind dabei ans Licht gekommen. Die Grundzüge, daß die Bakterien im Boden in die jungen Wurzeln eindringen, sich dort festsetzen und zu Bakteroiden umformen, sind bereits kurz aufgeführt. Man weiß aber heute noch manche Einzelheiten des Prozesses, die von großer Wichtigkeit sind. Das Eindringen der Bakterien aus der Erde in die Wurzel- haare erfolgt durch die Einwirkung bestimmter Enzyme, die die Mikroorganismen ausscheiden. Diese Enzyme veran- lassen eigentümliche Formveränderungen der Spitzen der Wurzelhaare, die den sich ansammelnden Bakterien eine Art Eingangspforte in den Pflanzenleib schaffen. In faden- förmig zusammengeschlossenen Massen — Infektionsfäden — dringen dann die Organismen durch ihre starke Vermehrung, den Wurzelhaaren folgend, in die eigentliche Wurzel, deren Zel- len vielleicht noch durch bestimmte Reizstoffe, die die Bakterien ausscheiden, zu schneller Teilung angeregt werden. Dadurch entstehen die Knöllchen genannten Anschwellungen der Wur- zeln, in deren Innerm sich durch gegenseitigen Druck die Zellen zu polyedrischen Gebilden umformen, inihrer Gesamtheit ,,‚Bak- teroidengewebe‘ genannt, vollgepfropft von den Baktero- iden, den Umwandlungsformen der eingedrungenen Bakterien. Erst wenn die Entwicklung so weit vorgeschritten ist, be- ginnt die stickstoffsammelnde Tätigkeit der Knöllchen. Erst dann wird die Wirtspflanze vom Bodenstickstoff unabhängig. Ob und wann es zu diesem Grade der Entwicklung kommt, hängt davon ab, ob eine Leguminose im Boden die ihr an- gepaßten Bakterien findet. Die Stickstoffernährung der Leguminosen. 121 Obwohl nämlich jedenfalls auf ein oder höchstens zwei Stammeltern zurückzuführen, haben sich die Knöllchenbak- terien heute in so viele Varietäten gespalten, als es Legumi- nosen gibt. Jede Leguminose hatihre bestimmte Bak- terienvarietät, ist nur für diese ohne weiteres zu- gänglich. Nur die angepaßte Varietät verfügt nämlich, allem Anschein nach, über die spezifischen Enzyme, die die Wurzel- haare eröffnen. Übergänge gibt es hier nur insofern, als es gelingt, die Bakterien nahe verwandter Leguminosenarten, wie z.B. Erbsen und Bohnen, dadurch, daß man sie einige Male mit derselben Pflanzenart kultiviert, ineinander überzuführen, so daß Erbsenknöllchenbakterien schließlich auch bei Bohnen wirksam sind. Bei weniger nahe verwandten Arten, Lupinen und Erbsen z.B., ist dies jedoch bisher nicht gelungen, und nimmt man daher einen doppelten Ursprung der verschiede- nen Bakterienvarietäten an. Die Arten Rhizobium radicicola und Rhizobium Beyerinckii sollen die Stammeltern sein. Es spricht dafür auch, daß die Knöllchen der zu beiden Gruppen gehörenden Leguminosenpflanzen eine abweichende Entwicklung zeigen, und daß sich die Bakterien in künstlicher Kultur nicht unbeträchtlich in ihrem Verhalten voneinander unterscheiden. Beachtenswert ist, daß es gelingt, durch Züchtung die einzelnen Bakterienarten besonders wirksam, virulent zu machen, was für die Impfung von Leguminosen in der land- wirtschaftlichen Praxis (s. u.) von größter Bedeutung ist. Ja, es läßt sich diese Virulenz sogar so weit steigern, daß die Gegenreaktion der Pflanze, die zur Bildung von Knöllchen und Umwandlung der Bakterien in Bakteroiden führt, nicht kräftig genug ist, so daß die Eindringlinge als reine Para- siten wirken und ganz auf Kosten ihres Wirtes leben. Anderer- seits kommt es auch vor, daß Bakterien von vornherein zu schwach sind, um in Pflanzen einzudringen, oder daß sie zwar eindringen können, sich aber nicht zu behaupten ver- mögen. Pflanzen, die schon Bakterien in ihren Knöllchen enthalten, sind gegen die Angriffe weiterer Organismen dieser 122 Der Stickstoff. Art immun, wenn nicht deren Virulenz eine höhere als die der ersten Eindringlinge ist. Eine interessante Parallele zur tierischen Immunität. Die Anpassung der Leguminosen an die Stickstoffernäh- rung durch Bakterien geht so weit, daß heute die Leguminosen besser gedeihen, wenn ihnen kein Stickstoff geboten wird, als wenn sie solchen reichlich im Boden vorfinden. Es wirkt . dieser im Boden vorhandene leicht lösliche Stickstoff auf die Bakterien als Gift, oft ohne daß er von den Pflanzen in genü- gender Menge aufgenommen werden kann. So kommt es, daß Stickstoffdüngung unter Umständen eine direkte Schädigung der Pflanzen, die man stärken wollte, hervorruft. Die Anpassung der Leguminosen an Bakterien ist als eine ganz allgemeine zu bezeichnen. Wenigstens hat man noch stets, wo man eine Leguminose daraufhin untersuchte, auch Knöllchen und Knöllchenbakterien gefunden, so daß man diese wohl als Kosmopoliten bezeichnen darf, ebenso wie die Leguminosen als Gattung selbst. In welcher Weise die Bindung des atmosphärischen Stick- stoffs im Leibe der Knöllchenbakterien zustande kommt, weiß man ebensowenig, wie bei den oben besprochenen Bakterien- arten, die frei im Boden lebend, Stickstoff zu assimilieren vermögen. Diese Art der Stickstoffernährung durch Bakterien- oder Mikroorganismen-Mitwirkung ist nicht allein auf die Legu- minosen beschränkt. Auch die Erlen haben Knöllchen auf- zuweisen, die sie mit Stickstoff zu versorgen imstande sind. Es ist anzunehmen, daß man noch andere Pflanzengruppen kennen lernen wird, für die ein Gleiches gilt. Vielleicht ge- hört die Pilzwurzel vieler Gewächse ebenfalls hierher, ins- besondere die Pilzwurzel bei Wiesengräsern, die sich in weitem Umfange von Zufuhr von Stickstoff zum Boden unabhängig zu erweisen scheinen. Man muß freilich in dieser Hinsicht vorsichtig in seinem Schlusse sein. Denn nachgewiesen ist bereits, daß aus den Knöllchen der Leguminosen gebundener Stickstoff in den Boden gelangt, und die Möglichkeit scheint gegeben, daß auf Landwirtschaft und Stickstoff. 123 Wiesen, die viele Leguminosen in ihrem Bestande enthalten, diese Mengen zur besseren Ernährung der Wiesengräser ausreichen, von den durch sonstige Mikroorganismen gebun- denen Stickstoffmengen noch ganz abgesehen. Mitwirkung von Mikroorganismen wird man stets bei derartiger Sachlage zu vermuten haben. Denn wenn auch heute noch wieder und wieder die Behauptung auftaucht, daß die grünen Pflanzen auch an sich zur Bindung atmo- sphärischen, elementaren Stickstoffs befähigt sind, so ist dieser Gedanke nur deshalb nicht ganz von der Hand zu weisen, weil es mißlich ist, ohne Not eine prinzipielle Schranke zwischen Angehörigen des gleichen Lebensreichs zu errichten. Pflanzen sind schließlich die Bakterien sowohl, wie die grünen Ge- wächse! Zudem scheinen einige niedere grüne Algen so- gar ausgesprochen die Fähigkeit zu haben, sich vom Stick- stoff der Luft zu nähren. Irgend eine praktische Bedeutung für ihren Lebensunterhalt hat eine solche nur in Spuren bestehende Fähigkeit für die heutigen grünen Pflanzen aber jedenfalls nicht. V. Landwirtschaft und Stickstoff. Wenn sich aus dem bisher Ausgeführten auch die all- gemeine Wichtigkeit des Stickstoffs ergibt, so doch noch nicht die Bedeutung dieses Elementes für die Landwirtschaft im besonderen, die die aller anderen Elemente nach dem Ausspruch von Sachkennern überragt. Ziehen wir daher ein kurzes Resume: Nährstoff für die Kulturpflanzen des Menschen, durchweg höhere Pflanzen, wenn man von landwirtschaftlich-technischen Nebengewerben der Landwirtschaft absieht, ist der Stickstoff in Form der Salpetersäure. Im Boden ist diese an sich wenig vorhanden. Aus der Luft gelangen mit den Niederschlägen alljährlich kleine Mengen bis allerhöchstens 20 kg pro Hektar in den Boden, die Gewinne durch Tätigkeit der Bakterien entziehen sich jeder Schätzung, da sie je nach den Bodenarten verschieden sind. 124 Landwirtschaft und Stickstoff. Eine Anreicherung aus dem Untergrunde, wie sie für andere Nährstoffe gilt, ist auf normalen Ackerböden von vorwiegend mineralischem Charakter nicht möglich, da die Krume nur bis in verhältnismäßig geringe Tiefe nennenswerte Stickstoff- mengen enthält. Die Hauptquelle des Stickstoffs im Boden ist die Zersetzung der organischen stickstoffhaltigen Substan- zen, der Reste ehemaliger Vegetation, in der Richtung auf die ' Salpetersäure hin. Damit sind wir am Kernpunkt der Frage angelangt. Reste ehemaliger Vegetation gelangen wohl in den Boden, wo die Natur sich selbst überlassen ist. Hier können sie aus- reichen, eine neue Vegetation reichlich mit Stickstoff zu er- nähren, ja es kann sogar ein sich selbst überlassener Boden dadurch, daß die alljährlichen geringen Gewinne an gebun- denem Stickstoff aus der Luft im Leibe der Pflanzen in weniger leicht auswaschbare Form übergeführt werden, eine allmäh- liche Anreicherung des Bodens an Stickstoff stattfinden, wie wir sie in der Tat hier und da beobachten. Der Mensch aber, der Ackerbauer, will ja gerade die Vegetation, die er selbst verursacht hat, auch selbst verwen- den. Er will die Früchte seines Feldes ernten! Und nicht erst seit heute, sondern seit der grauen Vorzeit schon! Leider fehlen genaue Ernteschätzungen aus den ältesten Zeiten der Landwirtschaft. Wir wissen kaum, was die ersten Ackerbauer für Getreidearten angebaut haben, geschweige denn, wieviel sie zu ernten gewohnt waren. Der Ausdruck „hundertfältige Frucht‘, der sich in alten Schriften findet, beruht zwar sicher auf Übertreibung, läßt aber doch den Schluß auf bedeutende Erntemengen zu. Doch das gilt nur für die warmen Klimate mit ihren günstigen Bedingungen. Lassen wir also derartige Werte, die die Stickstoffbilanz gar zu ungünstig gestalten müssen, außer den Augen und beschränken uns einstweilen auf die gemäßigten Klimate.e. Man wird kaum fehl gehen, wenn man Ernten, wie sie heute bei primitivster Ackerkultur im Innern Rußlands erzielt werden, als auch für den ältesten Ackerbauer erreichbar hinstellt. Das sind von Roggen und Landwirtschaft und Stickstoff. 125 Weizen, den Hauptkulturfrüchten auch der älteren Zeit, höchstens 5, im Durchschnitt etwa 3 dz Körner auf den Hektar neben ungefähr 8 dz Stroh. In 3 dz Körner sind durchschnittlich 5,0 kg Stickstoff 0: 0. 9troh . ” 3,0 kg m enthalten. Der Gesamtstickstoffentzug beträgt demgemäß pro Hektar und Jahr rund 8 kg. Nimmt man den durchschnitt- lichen jährlichen Stickstoffgewinn aus der Luft unter Vernach- lässigung der Bakterienarbeit, die aber bei dem niedrigen Stande der Bodenkultur erfahrungsgemäß recht gering zu veran- schlagen ist, auf rund Io kg Stickstoff an, so bleibt nach Abzug der Ernte noch ein Rest von 2 kg Stickstoff, den man für Verluste durch Versickern usw. veranschlagen darf. Mit anderen Worten: ein Ackerbau, der sich mit derartig geringen Ernten begnügt, konnte der Natur selbst ruhig die Regulierung der Stickstofffrage überlassen. Sie hatte für ihn weniger Bedeutung wie die Frage nach dem Ersatz der in den Ernteprodukten ausgeführten Mineralstoffe, die bei der- artiger Wirtschaft doch schließlich ins Minimum gerieten und selbst diese kleinen Erntemengen nicht mehr liefern konnten, da ein Ersatz nur auf dem Wege der Verwitterung der Bodenbestandteile möglich ist, die sehr langsam vor sich geht. Und man zog die Folgerung aus dem Versagen der Ernten infolge Mineralstoffmangels, natürlich ohne sich dieses Grundes bewußt zu werden, und wechselte nach Ablauf einiger Jahre das Feld, um dem abgebauten Acker Zeit zur Erholung, d.h. Verwitterung zu lassen. Der Stickstoff war jedenfalls unter den klimatischen Ver- hältnissen der gemäßigten Zone und den damaligen Arbeits- methoden kaum im Minimum, nicht der Regulator der Üppig- keit, und ist es wohl auch heute noch in Gegenden mit der- artigem Landwirtschaftsbetriebe, die es sogar in Deutschland noch gibt, wohl nicht. Mit Fortschreiten der Ackerkultur, insbesondere der Boden- bearbeitung, die die intensive Verwitterung der bodenbildenden Mineralien bedingt, mit Anbau anspruchsvollerer, aber auch ertragreicherer Getreidesorten, der zur Deckung der eigenen 126 Landwirtschaft und Stickstoff. und der Bedürfnisse des Landes, des gesamten Marktes, nötig wurde, ändert sich das Bild vollständig. Die Erntemengen stiegen auf das Fünf- und Mehrfache. Mit ihnen stiegen naturgemäß auch die Mengen des dem Boden entnommenen Stickstoffs im Verhältnis. Und mit einem Schlage ist damit der Stickstoff auf sämtlichen Kulturböden ins Minimum gerückt. Ausgeführt werden auch die anderen Pflanzen- nährstoffe, aber die Möglichkeit eines Ersatzes durch Ver- witterung der Ackerkrume bei besserer Bearbeitung und Kalkung, einer wenn auch langsamen Anreicherung der Krume aus dem Untergrunde durch Vertiefung liegt vor. Die Mengen, die in Ackerkrume und Untergrund von allen mineralischen Nährstoffen als Grundkapital gewisser- maßen zur Verfügung stehen, sind praktisch unbegrenzt. Wie aber ist es beim Stickstoff? Der Vorrat an organischen Substanzen ist auf die Krume beschränkt, mit Ausnahme der Moorböden, die Zufuhr aus der Atmosphäre ist gegenüber dem Verbrauch der Kulturpflanzen gering und feststehend. Die beste Bearbeitung des Bodens vermag nicht viel daran zu ändern — wieviel, wird uns später noch interessieren — sie kann unter Umständen sogar den Verbrauch des Kapitals fördern, da sie die Zersetzung der organischen stickstoff- haltigen Substanzen beschleunigt. Das so flüssig Gewordene mag dann für eine, auch einige Ernten genügen. Bald aber ist es aufgezehrt und bald auch das Kapital. Wenn die Zinsen des Mineralstoffkapitals auch langsam fließen, sie fließen doch dauernd. So hat sich im Boden das ursprüngliche Verhältnis ins Gegenteil verschoben. Nicht mehr der Mangel an Mineralstoffen bedingt zuerst eine Abnahme der Ernten bei erhöhter Kultur, sondern lange vor- her der Mangel an Stickstoff. Der Stickstoff befindet sich im Minimum, ist somit nach dem von Liebig formulierten Gesetz des Minimums der Regulator der Erntehöhen geworden. Das ist der heutige Zustand aller landwirtschaftlich in- tensiv benutzten Böden, mit der einen obengenannten Aus- nahme der Moorböden, zu dessen schneller Erreichung natür- Die Stickstoffversorgung der Landwirtschaft aus eigener Kraft. 127 lich die Verwendung kali-phosphorsäure- und kalkhaltiger Düngestoffe das Ihrige beigetragen hat, indem sie den Stick- stoff erst recht ins Minimum drückten. Sollten die Ernten nicht sinken, sollte eine Ausnutzung der mineralischen Dünger überhaupt möglich sein, dann durfte der Stickstoff in der Reihe der zugeführten Pflanzen- nährstoffe nicht fehlen, und zwar Stickstoff in gebundener Form, wie ihn die Pflanze verwerten kann. Die Mengen des zur Verfügung stehenden ge- bundenen Stickstoffs aber sind äußerst beschränkte. Damit ist die Frage der Stickstoffversorgung der Landwirt- schaft zu einem wichtigen Problem ausgewachsen, an dessen Lösung Wissenschaft und Technik mit Eifer arbeiten, an dessen glücklicher Lösung das Wohl und Wehe eines großen Teils der Menschheit heute schon hängt, vielleicht einst das Wohl der ganzen Menschheit, die in ihrer Ernährung im Grunde von der Landwirtschaft abhängig ist, hängen wird. 1. Die Stickstoffversorgung der Landwirtschaft aus eigener Kraft. Das älteste und auch heute noch wichtigste stickstoff- haltige Düngemittel, das der Landwirt in der eigenen Wirt- schaft produziert, ist der Stallmist. In ihm haben wir für die Mehrzahl der Betriebe noch in neuerer Zeit, für alle in nicht lange vergangenen Zeiten weniger intensiver Landwirtschaft, die hauptsächlichste und einzige Quelle des Stickstoffs für den Ackerboden zu sehen. Die Düngung mit Stallmist war lange Zeit der einzige Weg, auf welchem dem Boden entzogener Stickstoff wieder in den Boden zurückkehren konnte. Darüber, daß es sich nicht um einen Gewinn des Bodens eines ganzen Betriebes an Stickstoff bei Stallmistdüngung handelt, sondern nur um eine Wiedergabe des dem Boden Entzogenen, muß man sich von vornherein keiner Täuschung hingeben. Denn woraus setzt sich der Stallmist zusammen? Aus den Exkrementen der Tiere, die der Landwirt zur Nutzung zieht, 128 Landwirtschaft und Stickstoff. und den zur Einstreu benutzten Materialien. Also in erster Linie Stroh. Dieses Stroh aber ist auf dem Felde erwachsen, genau so, wie das Futter, dessen Reste wir in den Exkrementen vor uns haben. Dem Boden des Feldes, der Wiese ent- stammt also im Grunde der Stickstoff, den der Land- wirt im Stallmist dem Acker wieder zuführt. Würde der im Einzelbetriebe — losgelöst gedacht von der gesamten Außenwelt — produzierte Stallmist auf alle Felder und Wiesen gleichmäßig verteilt werden, wie sein Stroh und das zur Bildung der Exkremente verbrauchte Futter ihnen gleichmäßig entstammt, dann würde das Verfahren der Stall- mistdüngung für die Stickstoffversorgung der Kulturpflanzen keine große Bedeutung haben. Denn es entfiele zu wenig davon auf die Einheit der Bodenfläche, um sich in Erhöhung der Ernteerträge irgendwie bemerkbar machen zu können. Es wäre nicht einmal so, wie es in der freien Natur ist, daß jeweils wenigstens annähernd das, was dem Boden an Stickstoff entzogen wurde, in den Resten an den Ursprungsort zurückkehrt, vermindert um die verhältnismäßig wohl nicht zu großen Mengen, die durch Bakterientätigkeit bei der Ver- wesung und Fäulnis in Form von Ammoniak und verwandten Verbindungen verdunsten oder durch die denitrifizierenden Bakterien aus der Form der Salpetersäure in Freiheit gesetzt werden. Das Verhältnis stellt sich hier noch viel ungünstiger, mehr in die Richtung des Stickstoffverlustes. Für den Stickstoff des Strohs, das zur Einstreu dient, der in diesem festgebunden und damit vor Verlusten geschützt ist, kann man, wenn Verluste beim Einstreuen möglichst ver- mieden werden, noch mit einer gewissen Berechtigung eine praktisch völlige Rückkehr in den Boden annehmen. Aber von dem Stickstoff des Futters? Dieser dient zum Lebensunterhalt der Nutztiere, wird in deren Körper verwertet. Zunächst dienen die stickstoffhal- tigen Eiweißverbindungen des Futters zur Ermöglichung des Lebens des tierischen Organismus. Ist dieser völlig ausge- wachsen, nimmt weder zu noch ab, dann befindet er sich auch in einem gewissen Stickstoffgleichgewicht, d. h. seine täg- Die Stickstoffversorgung der Landwirtschaft aus eigener Kraft. 129 lichen Ausgaben an Stickstoff im Kot und Harn sind ebenso groß wie seine Einnahmen im Futter. Nutztiere müssen aber Arbeit leisten, haben also Gelegenheit, bei der Arbeit ihre Exkremente überall anders hin als nur in die Einstreu, die ihr Auffangen ermöglicht, fallen zu lassen. Damit ist auch hier schon ein unvermeidlicher Verlust an Stickstoff gegeben. Im Landwirtschaftsbetriebe sind nun aber nicht nur er- wachsene Arbeitstiere. Junge, wachsende Tiere sind vor- handen, trächtige Tiere, Milchvieh, Masttiere! Und mit ihnen ebenso viele Wege zur Zurückhaltung des Stickstoffes. Das junge Tier verbraucht einen Bruchteil, und keinen unbe- deutenden, des Futterstickstoffes zum Aufbau seines wachsen- den Körpers, das trächtige Tier zur Ausbildung des Fötus, die milchgebende Kuh zur Bildung der Milch, das Mastvieh zur Produktion von Fleisch! Alle diese Produkte: Fleisch, Milch, junge Tiere, aber können doch nicht restlos in der eigenen Wirtschaft ver- braucht werden, noch weniger kehrt ihr Stickstoff im Dünger wieder in den Boden zurück! Sie werden aus dem Betriebe ent- fernt und reißen damit eine empfindliche Lücke in den Stick- stoffvorrat, dem nur der Gehalt ihrer Exkremente wieder zugute kommt. Aber damit nicht genug! Selbst im Dünger ist der Stick- stoff noch lange nicht für den Boden gerettet. Der Stickstoff der Einstreu ist ja freilich, wie gesagt, schwer löslich und daher nicht leicht verlierbar; ein Ähnliches gilt für den Stickstoff des Kotes. Aber den Hauptanteil am Stickstoff der Exkremente enthält nicht der Kot, sondern der Harn der Tiere in Form des Harnstoffes, einer sehr leicht löslichen und noch leichter zer- setzbaren Substanz, neben welcher schwerer angreifbare Stoffe, wie Harnsäure usw. kaum in Betracht kommen. Dieser Harnstoff bleibt nur ganz kurze Zeit im Dünger un- verwandelt. Sofort, wie er den Körper des Tieres verlassen hat, machen sich die verschiedensten Bakterienarten, die in dem warmen Mist ein so vortreffliches Lebensmittel finden, daß unzählige Milliarden ihn bevölkern, über ihn her. Er wird in kohlensaures Ammoniak verwandelt, das sehr leicht flüchtig Vageler, Pflanzennährstoffe. 9 130 Landwirtschaft und Stickstoff. ist, in freies Ammoniak sogar, wie man deutlich am Geruch in Pferdeställen z. B. merken kann. Und daß in dieser Form nicht wenig Stickstoff verdunstet, bedarf eines weiteren Be- weises nicht. Glücklicherweise bleibt auch das Ammoniak und seine Verbindungen nicht lange unverändert erhalten. Anderen Organismen ist es willkommene Speise, und es wird in ihren _ Leibern in schwerer löslicher Form festgelegt, oder aber es wird durch die schon genannten nitrifizierenden Bakterien in salpetrige und Salpeter-Säure verwandelt. In ersterer Form ist der Stickstoff ziemlich gesichert, in letzterer nicht. Die salpetersauren Verbindungen sickern in tiefere Schichten des Mistes, in welchen Luft keinen Zutritt mehr hat, und bieten den dort hausenden luftscheuen denitrifizierenden Bakterien die Möglichkeit frohen Gedeihens, wobei dann der Stickstoff in elementarerer Form entweicht. Kurz, Wege zum Stickstoffverlust hier wie überall! Es ist nur gut, daß man gelernt hat, dem Stickstoff wenigstens einige dieser Wege zur Flucht, durch rationelle Pflege des Düngers, zu verlegen. Diese Pflege gipfelt in Fest- und Feucht- halten, wodurch die Bakterientätigkeit in eine etwas andere Richtung gedrängt wird. Denn in festem und feuchtem Dünger findet zwar noch die Bildung von Amoniak und seinen Ver- bindungen, sowie von schwer löslichen stickstoffhaltigen Stoffen statt, und kleine Verdunstungsverluste sind nicht zu vermeiden. Aber die Bildung von Nitraten und Nitriten unter- bleibt und damit ist die Gefahr, daß denitrifizierende Bakte- rien ihre Tätigkeit entfalten, abgewandt. Bei richtiger Pflege des Düngers beginnt die Nitrifikation erst im Boden, wo sie erwünscht ist und wo bei richtiger Be- arbeitung, vor allem Durchlüftung, die denitrifizierenden Bak- terien keine Stätte finden. Immerhin, die Verluste an Stickstoff sind wahrlich groß genug, um jeden Erfolg einer allgemeinen Verteilung dieses. Düngers auf die ganze Fläche, der der Stickstoff ursprünglich entstammt, illusorisch zu machen. Eine solche Maßregel wäre nutzlos und kostspielig. Der Boden würde zweifellos dabei Die Stickstoffversorgung der Landwirtschaft aus eigener Kraft. 131 an Stickstoff schnell ganz verarmen, trotz der alljährlichen ge- ringen Zufuhr aus der Luft. Ganz anders gestaltet sich aber die Sachlage, wenn nur ein Teil des Ackers die Stallmistdüngung erhält. Dann ist die Wirkung natürlich konzentriert und der Erfolg muß ein befriedigender sein. So ist das Verfahren in der Praxis auch in der Tat: Nicht alljährlich erhalten alle Felder eine Stallmistdüngung, sondern nur bestimmte Schläge werden in jedem Jahre, dann aber reichlich, in bestimmter Reihenfolge bedacht. Als eine normale Stallmistdüngung, die sich für etwa drei Jahre wirksam erweist, obgleich allmählich abklingend, kann man 50—100 dz Stallmist betrachten. Es ist schwierig, eine Durchschnittszahl für den Stickstoffgehalt des Stall- mistes anzugeben, da dieser, wie wir gesehen, sehr von der Behandlung des Düngers im Einzelfalle abhängt, von dem Futter der Tiere und zahllosen anderen Faktoren. Zieht man genügend zahlreiche Untersuchungen heran, so muß sich für den vorliegenden Zweck aber doch ein Wert ermitteln lassen. Einen solchen gibt Stutzer an. Nach ihm enthalten ıo dz Stallmist bei üblicher Behandlung 5,4 kg Stickstoff, davon I,ı kg in leicht löslicher Form als Ammoniak, Amide und Salpeter. Es sind an Gesamtstickstoff in der üblichen Dün- gung dementsprechend 27—54 kg Stickstoff, davon 5,5— II kg in sofort verwertbarer Form enthalten. Das aber sind Werte, die sich dem, was eine Nutzpflanze zur Erzielung einer einigermaßen befriedigenden Ernte braucht, unter Zurechnung des alljährlichen Zugangs aus der Luft schon erheblich annähern. Es entnehmen nämlich nach Stutzer normale Ernten von Winterroggen 2odz Körner u. 60 dz Stroh pro Hektar, 49 kg Stickstoff Winterweizen 30 ”„ „ „ 50 23 „ „ 2] 70 2) „ Sommergerste 20 ’ „ „ 30 „ „ 2 2) 45 „ 2) Hafer ee 25 „ „ 2) 45 ” „ » » 60 „ „ Futterrüben .900 , Wurzeln ‚, 250 , Blätter „, IREETSOR,, ” Kartoffeln. .250 , Knollen ,„ 65 „ Kraut ,, I 95 ” Wiesenheu. . 60 „, a :, 9355; on Es leuchtet ein, daß bei guter Pflege des Stallmistes, die einen höheren als den hier angenommenen Stickstoffgehalt g* 132 Landwirtschaft und Stickstoff. zu erreichen möglich macht, hinsichtlich des Stickstoffs Voll- ernten bei alleiniger Stallmistdüngung möglich sind. Aber, wie bemerkt, stets nur auf einem Teil der Felder, nicht auf ihrer Gesamtheit. Im Laufe der Zeit muß auch bei Ver- wendung von Stallmist jeder Betrieb an Stickstoff verarmen, müßte heute schon längst veramt sein. Trotzdem sehen wir - derartige Betriebe auch heute noch zahlreich verhältnismäßig gut gedeihen, Betriebe, in welchen noch kein Pfund stickstoff- haltigen Kunstdüngers verwandt ist. Es müssen also noch Faktoren mitsprechen, die bisher keine Berücksichtigung gefunden haben. Und sie tun es wirklich. Nur verwiesen braucht auf einen Umstand werden, der selbstverständlich die Stickstoffbilanz jedes Stallmistbetriebes, wenn ich so sagen darf, von vornherein umgestaltet: das ist der Zukauf von Futtermitteln, deren Stickstoff dann dem Dünger zugute rechnet. Er kommt sehr vielfach in Betracht. Als ein weiteres Mittel zur Stickstoffanreicherung der Böden ist dann die Brache zu betrachten, die darin besteht, unter intensiver Bearbeitung nach bestimmten Regeln den Acker ein Jahr unbebaut zu lassen. Man hat die Brache die Ruhe des Ackers genannt. Diese Auffassung ist nach dem heutigen Stande des Wissens sicher falsch. Wenn auch höhere Pflanzen auf der Brache nicht wachsen, so gedeiht dafür um so besser das Heer der Mikro- organismen. Brache ist viel reicher an solchen kleinen Lebe- wesen, als jeder andere Boden. Und allem Anschein nach sind es gerade die stickstoffsammelnden Bakterien, die Azoto- bakterarten und ihre Verwandten, die bei der Brachebear- beitung am besten im Boden fortkommen. Ein Gewinn an Stickstoff durch die Brache ist also wohl im Bereiche der Mög- lichkeit, wenn sich die Höhe des Gewinnes auch schwer schätzen läßt. Remy hat berechnet, daß bei einem im Mittel 2% Humus enthaltenden Boden die Azobakterarten unter Verbrauch dieser Humussubstanzen zu ihrer Nahrung etwa 48 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr sammeln können. Prak- tische Versuche stehen wegen ihrer enormen Schwierigkeit Die Stickstoffversorgung der Landwirtschaft aus eigener Kraft. ı 33 noch aus. Verschwiegen darf nicht werden, daß auch Stimmen laut geworden sind, die von einer Stickstoffanreicherung des Bodens durch Brache nichts wissen wollen, sondern im Gegen- teil behaupten, daß die Brache einen Raubbau auf Stick- stoff bedeute. Wer recht hat, wird die Zukunft lehren, die uns sicherer arbeitende Bodenanalysen beschert. Eine ganz unzweifelhafte Quelle des Stickstoffs für jeden Betrieb sind aber die Leguminosen. In erster Linie kommen ganz allgemein diejenigen in Betracht, die Bestandteile des Futters der Nutztiere bilden. Ihr Stickstoff entstammt zum weitaus größten Teil der Luft und ist mithin als Plus zu ver- buchen. Des weiteren aber hat sich, nachdem die Fähigkeit dieser Pflanzengruppe, Stickstoff zu sammeln, einmal erkannt war, der Anbau dieser Gewächse, die bezüglich des Bodens in ein- zelnen Arten recht anspruchslos sind, zu einer Kulturmaß- regel ersten Ranges für den Sandboden entwickelt: zur Grün- düngung, die hier in gewissem Sinne die Brache ersetzt. Die Gründüngung besteht darin, daß man vorwiegend, wie schon betont, auf leichten, gleichbedeutend mit stickstoff- armen, Böden Leguminosen baut. Lupinen und Seradella entwickeln sich bei genügend vorhandenen Kali- und Phos- phorsäuremengen und nicht zu hohem Kalkgehalt solcher leichten Sandböden ohne Zufuhr jeden Stickstoffs ganz aus- gezeichnet. Wenn sie in voller Entwicklung stehen, werden sie umgepflügt und dienen so als Dünger, woher der Name Gründüngung stammt. Der anfänglich schwer lösliche Stick- stoff ihrer Leiber wird durch Bakterientätigkeit schnell in aufnehmbare Form gebracht, und eine Gründüngung wirkt schließlich wie eine kräftige Salpeterdüngung. Die genaue Kenntnis der Lebensbedingungen der Knöll- chenbakterien hat der Gründüngung einen ungeahnten Auf- schwung ermöglicht. Nicht überall gediehen nämlich an- fänglich die Gründüngungspflanzen, da die ihnen angepaßten Bakterien in den Böden, auf welchen man sie einführen wollte, fehlten. Nachdem es aber gelungen ist, die Bakterien zu iso- lieren, ist es heute ein leichtes, die Samen der Leguminosen 134 Landwirtschaft und Stickstoff. mit Kulturen der zugehörigen Bakterien zu impfen und da- durch den Ertrag sicherzustellen. Es ist dies Verfahren der Samenimpfung entschieden der Verwendung von Erde eines Leguminosenfeldes zum Überstreuen, also Impfen des zur Kultur bestimmten Ackers, wegen Sicherheit und Billig- keit vorzuziehen. Die Ausarbeitung des Samenimpfverfahrens war freilich alles andere eher als einfach und stellt ein Ruhmes- _ blatt in der noch so kurzen Geschichte der Bodenbakterio- logie vor. | Wie hoch sich die durch Gründüngung erzielbaren Stick- stoffgewinne belaufen, zeigt folgende kleine Tabelle: In Kilo- gramm pro Hektar wurden auf leichtem Boden nach Schultz- Lupitz und Märker an Stickstoff gewonnen: durch Lathyrus clymenum 174,86 kg, weiße Lupinen 182,57 kg „ Erbsen 222,74 ‚ blaue 7 EEE „ Mengsaat 183,55 ‚, gelbe „ 142,83 „, Geringer, doch immerhin noch sehr beträchtlich und zur Deckung des Bedarfs selbst hoher Ernten an Stickstoff aus- reichend, sind die Gewinne auf schweren Böden durch Anbau von Erbsen, Bohnen, Wicken usw. im Gemenge. Trotz dieser unleugbar glänzenden Erfolge ist die Grün- düngung nicht geeignet, das oben gezeichnete Stickstoff- problem in der Landwirtschaft allgemein zu lösen. Sie ist nach Klima und Bodenart beschränkt, erfordert meistens das Preisgeben einer vollen Jahresrente und ist daher nicht überall anwendungsfähig. Im großen und ganzen mußte der Stickstoff trotz Brache und Gründüngung in der Landwirtschaft allmählich ins Mini- mum geraten, die Anwendung besonderer Stickstoffdünger mußte nötig werden, in um so höherem Maße, als die An- wendung phosphorsäure- und kalihaltiger Düngemittel das Verhältnis dauernd zu ungunsten des Stickstoffs verschob. Die Bedingungen zum frohen Erblühen einer Industrie der Stickstoffdünger waren gegeben. Die künstlichen Stickstoffdünger. 135 2. Die künstlichen Stickstoffdünger. Schon unter Karl I. von England sollen die ersten Ver- suche mit Düngung von Kulturpflanzen mit Chilisalpeter ge- macht sein, der damals wohl zum erstenmal nach Europa gekommen ist. Der tatsächliche Hergang ist wohl zweifel- haft, die Möglichkeit liegt jedenfalls vor, daß derartige Ver- suche angestellt wurden. Denn einmal wurden damals ja gerade die Schätze der Neuen Welt für Europa erschlossen, und dann war die günstige Wirkung salpeterhaltiger Stoffe auf die Vegetation schon bekannt. Freilich hatte es sich bei diesen salpeterhaltigen Stoffen, die hier und da schon zu Düngungszwecken dienten, wohl kaum um die Verbindung der Salpetersäure mit dem Natrium, den Natronsalpeter oder, wie man heute meistens unter Identifizierung eines geographischen mit einem chemischen Begriff sagt, Chilisalpeter gehandelt. Das Material, das zu solchen Versuchen diente, war wohl entweder Kalisalpeter, wie er nesterweise in Ägypten und Indien, also den ältesten Kulturländern der Erde, vorkommt oder ein Gemenge von Kali und Kalksalpeter, wie man es durch Vermischen von Asche mit organischen, verwesenden Stoffen unter Zusatz von Kalk in den sogenannten Salpeterplantagen erhält. Die Salpeterplantagen bildeten einst die Hauptquelle alles Sal- peters, der für die Fabrikation von Schießpulver stets eine große Bedeutung gehabt hat, bis die Auffindung und Er- schließung der reichen Salpeterlager Chiles der alten Salpeter- industrie den Todesstoß versetzte. Diese Lager erstrecken sich in Chile an der Küste des Stillen Ozeans über etwa 9 Breitengrade, 1000—1600 m über dem Meeresspiegel gelegen. Zutage tritt das Salpeterlager oder, wie man vom Roh- salpeter sagt, ‚Caliche‘“lager, nur selten, sondern liegt unter einem Deckgebirge von 0,5—3 m Mächtigkeit. Die Ober- fläche bildet die sogenannte ‚Chuca‘, gipshaltiger Sand. Es folgt die ‚„Costra‘‘ genannte Schicht, die ihrerseits auf dem „Congelo‘‘, das bereits etwas Salpeter enthält, aufliegt, und I 36 Landwirtschaft und Stickstoff. dann erst die eigentliche Caliche, der Rohsalpeter mit 50 bis 77% reinen Natronnitrats. (Es kommt auch Caliche mit weniger Nitrat vor. Dieser gilt heute aber noch nicht als abbauwürdig.) Den Grund der Lager bildet eine ‚Coba‘“ genannte Tonschicht. Das Rohmaterial wird durch Sprengen gewonnen, und aus ‚ihm wird dann der Salpeter des Handels durch Auflösung und Krystallisation hergestellt. Der fertige Chilisalpeter ent- hält durchschnittlich 95% reines Natriumnitrat. Ein Streitobjekt der Gelehrten ist heute noch die Ent- stehungsgeschichte der Salpeterlager. Die Theorie, die die meisten Anhänger zählt und am besten den vorgefundenen Tatsachen entspricht, nimmt an, daß große Tangmassen, wie sie heute noch in meilenweiter Ausdehnung das Sargasso- meer bilden, die Grundlage gebildet haben. Vulkanische Hebungen sollen diese Tangmassen vom Meere abgeschnitten haben, worauf sie verwesten und ihr Stickstoff durch Bak- terien nitrifiziert wurde. Die entstandene Salpetersäure hat sich mit dem Kochsalz des Meerwassers verbunden, während das Chlor des Salzes mit Kalk, Magnesium usw. Verbindungen einging, die teilweise in den Untergrund gewaschen sind. Auf diese Weise erklärt sich auch das reiche Vorkommen von Jod im Salpeter, da die Tange sehr reich an diesem Stoffe sind. Die ganze Theorie erscheint sehr plausibel. Ob sie allge- mein anerkannt werden wird, oder ob andere, denen gleich- falls ihre Berechtigung nicht abgesprochen werden kann, sie verdrängen werden, muß die Zukunft lehren. Eins steht heute ganz unwiderruflich fest: die außerordent- lich gute Düngewirkung des Salpeters, die ja bei der Be- deutung der Salpetersäure als Pflanzennährstoff und der Er- schöpfung der Kulturböden an Stickstoff auch nicht anders zu erwarten war. So ist denn der Verbrauch des Salpeters zu landwirtschaft- lichen Zwecken in kurzer Zeit enorm gestiegen und steigt noch ständig weiter. Um nur eine Zahl zu nennen, wurden allein in Deutschland im Jahre 1905 an 571140 Tonnen Sal- peter verbraucht. Freilich ist hieran auch die Industrie be- Die künstlichen Stickstoffdünger. 137 teiligt, und zwar etwa mit dem vierten Teil; aber groß genug bleibt die Zahl immerhin, namentlich wenn man bedenkt, wie sparsam wegen seines hohen Preises — 20 bis25 Mk. pro Doppelzentner — mit dem Salpeter umgegangen wird, eine Sparsamkeit, die sich allerdings aus anderen Gründen gleich- falls empfiehlt. Die Salpetersäure wird im Boden bekanntlich sehr wenig festgehalten, bleibt vielmehr leicht löslich und ist damit der Auswaschung durch Regen usw. unterworfen. Daraus er- gibt sich, daß es unzweckmäßig sein muß, einmal, eine Sal- peterdüngung zu lange bevor die Pflanzen sie brauchen können, ihnen zu geben, also vor der Saat oder auch nur bei der Saat, und dann, daß es sich nicht empfiehlt, große Mengen des Düngemittels auf einmal anzuwenden. Daraus hat sich das Verfahren entwickelt, daß man den Salpeter in öfteren, aber kleineren Gaben (20 bis 4o kg auf den Hektar) auf die bereits entwickelten Pflanzen als Kopf- düngung gibt. Dadurch wird eine gute Ausnutzung gewähr- leistet und die Gefahr, daß Salpeter verloren geht, verringert, wenn auch nicht ganz beseitigt, da ein einziger starker Regen schon erhebliche Mengen in den Untergrund waschen kann. Die Pflanze hat, was sie für den Augenblick braucht, und kann auch keinen Luxuskonsum mit Stickstoff treiben, was gleich- falls von Wichtigkeit ist. Denn namentlich wenn Kali, Phosphorsäure und Kalk nicht reichlich im Boden vorhanden sind, treiben die Pflanzen nach starken Salpetergaben zu stark, so daß das Getreide später zum Lager neigt, wodurch Mindererträge hervorgerufen werden. Es erklärt sich dies daraus, daß die unteren Stengelglieder in- folge zu starker Beschattung durch üppige Blätter zu wenig verholzen und die geil aufgeschossenen Pflanzen nicht zu tragen vermögen. Gibt man mehrere kleine Gaben bis zur Gesamt- menge der Düngung von 1oo bis 200 kg Salpeter auf den Hektar, so wird diese Gefahr bei Halmfrüchten ziemlich ganz ver- mieden. Gar nicht liegt sie natürlich vor bei Hackfrüchten: Rüben, Wruken, Kartoffeln, die zudem für eine Düngung mit Stickstoff, vorausgesetzt, daß genügend andere Nährstoffe 138 Landwirtschaft und Stickstoff. auch zur Verfügung stehen, besonders dankbar sind, wie sich schon aus obiger Tabelle über die Stickstoffentnahme der Ernten ergibt. Es gilt diese Grundbedingung natürlich auch für die Halmfrüchte, bei denen unter günstigen Verhält- nissen I dz Salpeter 4 und mehr dz Körner mit dem zuge- hörigen Stroh mehr erzeugen kann. Genau dieselben Gesichtspunkte sprechen bei der Ver- wendung des Kalksalpeters mit, eines Stickstoffdünge- mittels, das der allermodernsten chemischen Technik seine Entstehung verdankt. Unter dem Einfluß von Blitzen verbindet sich der Stickstoff der Luft mit dem Sauerstoff zu Stickstoffoxyden, und wir wissen, daß die Stickstoffverbindungen der Atmosphäre auf diese Weise größtenteils in sie hineingelangt sind. Die Elek- trotechnik hat gelernt, den Blitz einzufangen und zu beherr- schen. Sie vermag in großem Maßstabe nach dem Verfahren der Norweger Birkeland und Eyde die Luft im Flammen- bogen, richtiger in einer gewaltigen elektrischen Flammen- scheibe, die man durch Zerteilung des einfachen Bogens im magnetischen Felde erhält, die Reaktion, die die Natur uns vormacht, nachzumachen. Die entstandenen Stickoxyde werden an Kalk gebunden, der sich dadurch in Kalknitrat verwandelt, das als Kalk- salpeter oder Norgesalpeter (Norwegen = Norge) in den Han- del kommt. Der Norgesalpeter wird vielleicht einst bestimmt sein, dem Chilisalpeter Konkurrenz zu machen oder ihn einmal beim Versiegen der Salpeterlager zu ersetzen, wenn es gelingt, die zur Erzeugung der Elektrizität benötigten Wasserkräfte in genügendem Umfange und billig genug zu erhalten. Heute kommen die kleinen produzierten Mengen Norgesalpeter gegenüber dem Chilisalpeter noch gar nicht in Betracht. Als eine Vorstufe der Salpetersäure im Boden und ihren teilweisen Ersatz haben wir die Wasserstoffverbindungen des Stickstoffs, das Ammoniak und seine Salze, kennen gelernt. Auch diese Form der Stickstoffverbindungen wird zu Dünge- zwecken verwendet. Die künstlichen Stickstoffdünger. 139 Schwefelsaures Ammoniak bildet ein wichtiges Neben- produkt der Gasfabrikation und vor allem der Herstellung von Koks aus Kohlen, die einen nicht unbedeutenden, wenn auch schwankenden Stickstoffgehalt haben, wie die Pflanzen, aus welchen sie einst in längst verschwundenen Tagen der Erd- geschichte entstanden sind. Hat das schwefelsaure Ammoniak auch nur in sehr be- schränktem Maße, wenn überhaupt, die Fähigkeit, direkt als Pflanzennahrung zu dienen, so geht es doch unter dem Ein- fluß der Bakterien des Bodens sehr schnell in Salpetersäure über, und seine schließliche Wirkung steht der des Salpeters selbst nur um ein sehr geringes nach. Da die Umwandlung in Salpetersäure immerhin Zeit beansprucht, muß es nur rechtzeitig vor dem Augenblick des Bedarfs der Pflanzen für Stickstoff dem Boden zugeführt werden: 2 bis 3 Wochen vor der Saat bei Sommerung oder bei Anwendung als Kopf- düngung zu Wintersaaten im frühen Frühjahr. Es kann dies unbedenklich geschehen, da das schwefel- saure Ammoniak im Boden lange nicht so leicht ausgewaschen wird, wie der Salpeter. Da die Umsetzung auch nicht auf ein- mal, sondern allmählich eintritt, fällt die Teilung der Gabe in mehrere Partien hier fort, so daß die Anwendung des Am- moniaks, das mit 20 bis 21% Stickstoffgehalt in den Handel kommt, eine verhältnismäßig einfachere als die des Chili- salpeters ist. Die steigende Wertschätzung des schwefelsauren Ammoniaks drückt sich auch in der Zunahme des Verbrauchs der Landwirtschaft aus. Im Jahre 1896 wurden in Deutschland erst 36 520 t ver- braucht gegenüber 439 950 t Salpeter, 1905 dagegen 210 106 t gegen 571140 t Salpeter, eine ungeheure Zunahme, auch relativ. Gewissermaßen eine Vorstufe des Ammoniaks stellt ein ebenfalls neues stickstoffhaltiges Düngemittel dar: der Kalk- stickstoff und Stickstoffkalk. In beiden Stoffen ist der Stickstoff als Calciumcyanamid, als ein der Blausäure ver- wandter Körper, in Bindung an Kohlenstoff, Wasserstoff und Kalk vorhanden. Dieses geht im Boden unter Mitwirkung 140 Landwirtschaft und Stickstoff. von Bakterien schnell in Ammoniakverbindungen und weiter in Salpeterverbindungen über. Gewonnen werden beide Stoffe, die sich eigentlich nur durch den Namen unterscheiden, dadurch, daß über erhitztes Calciumcarbid, bekannt als zur Erzeugung des Acetylens dienend, Stickstoff geleitet wird, der sich dem Molekül des Calciumcarbids leicht und schnell anlagert. Infolge leichter Ausführbarkeit gewinnt das Verfahren der Kalkstickstoff- fabrikation dauernd an Verbreitung, wenngleich die bisher produzierten Mengen gegenüber dem Chilisalpeter gleichfalls noch nicht viel besagen wollen. Auf mittleren Böden hat sich der Kalkstoff bei einer dem Ammoniak entsprechenden Verwendung recht gut zu den verschiedenen Früchten bewährt. Ungünstig lauten die Re- sultate dagegen durchweg von ganz leichten, kalkarmen und stark humosen, besonders sauren moorigen Böden. Eine all- gemeine Verwendbarkeit kommt dem neuen Düngemittel dementsprechend nicht zu. Es ist möglich, daß man die im Boden zunächst eintretende Umsetzung in Ammoniak auch noch in die Technik verlegen wird und dieses Ammoniak erst als Düngemittel vertreibt. Der Umsetzungsprozeß verläuft durch Behandlung des Kalkstickstoffs mit überhitztem Wasser- dampf leicht und schnell. | Auch der Stickstoff in organischer Form, vom Stallmist abgesehen, wird von der Landwirtschaft als Dünge- mittel verwendet. Blutmehl, Knochenmehl (unent- leimt), Hornmehl, Tiermehl usw. finden ihre Verwertung. Wohl das älteste dieser Gruppen von Düngemitteln ist der Peru-Guano, über dessen zweckmäßige Anwendung be- reits die alten Inkas zu ihrer Blütezeit strenge Verordnungen erließen, damit den hohen Stand ihrer landwirtschaftlichen Einsicht dokumentierend. Noch im Jahre 1905 wurden in Deutschland 57 013 t Guano verwendet. Wie hoch sich die Verbrauchszahlen der anderen organischen Stickstoffdünger belaufen, entzieht sich der genauen Schätzung. Ihr Wert für den Landwirt ist natürlich je nach der Schnel- ligkeit und Vollständigkeit, mit welcher der Stickstoff für die Die künstlichen Stickstoffdünger. 141 Pflanze aufnehmbar wird, sehr verschieden, und diese richtet sich nach der Herkunft, der Gewinnungsart usw. des Dünge- mittels. Der Gesamterfolg kann ein sehr guter sein, wie beim Peru-Guano, vorausgesetzt, daß die Bakterien Zeit genug im Boden haben, den Stickstoff zu ‚„‚mineralisieren‘‘, ehe ihn die Pflanzen verbrauchen; er kann auch ein ganz minimaler sein oder ganz ausbleiben, wie bei verschiedenen Arten von Horn- mehl. Berechtigt ist die Anwendung der schwer löslichen orga- nischen Düngemittel besonders in den Tropen mit ihrer intensiven zersetzenden Bodentätigkeit. Hier haben sie sich teilweise besser bewährt, als die leicht- und mittellöslichen Düngemittel, die ihnen in gemäßigten Klimaten ganz ent- schieden weit überlegen sind. Dabei ist eine Wirkungsart der schwerlöslichen Stoffe allerdings außer Rechnung gelassen, die keinem der sonstigen stickstoffhaltigen Düngemittel zukommt, da sie eine Grund- fähigkeit der organischen Stoffe bildet. Die organischen Stickstoffdünger vermögen den Boden an Humus zu be- reichern, der bei der Verwesung aus ihnen wie aus jedem anderen organischen Stoffe als Übergangssubstanz entsteht. VI. Schluß. Der Humus und seine Bedeutung im Lichte moderner Forschung. Wenn die alten Theoretiker im Humus den Stoff sehen zu müssen glaubten, der die Pflanzen mit plastischer Substanz versorgte, waren sie in einem großen Irrtum. Wenn sie in ihm die verkörperte Bodenfruchtbarkeit erblickten, waren sie in gewissem Sinne nichtsdestoweniger im Recht. Mit Auftauchen der Mineraltheorie Liebigs, nach welcher die Elemente der Pflanzenasche und der Stickstoff als solche, nicht aber in ihrer Kombination im Humus oder im Dünger die Fruchtbarkeit bedingen, sank das Ansehen, das der Humus 142 Der Humus und seine Bedeutung. als Träger der Bodenfruchtbarkeit bisher genossen hatte, um ein beträchtliches. Und als der Nachweis geliefert war, daß die kohlenstoffhaltigen Anteile des Humus für die Ernährung der Pflanzen ziemlich belanglos sind, erreichte die Wert- schätzung so ziemlich den Nullpunkt. Heute macht sich die entgegengesetzte Bewegung geltend, indem man lernt, die organischen Stoffe des Bodens, vor allem seine Humussubstanzen, wieder wertzuschätzen. Allerdings ist der Grund der neuerlichen Wertschätzung ein wesentlich anderer als ehemals. In kurzen Zügen ist oben die Bedeutung der Bodenober- fläche (nach Mitscherlich) für die Fruchtbarkeit der Acker geschildert. Je größer die Oberfläche der einzelnen Boden- partikelchen ist, desto größer ist die Zahl der Angriffsflächen für die Verwitterung, desto reichlicher muß der natürliche Ersatz verbrauchter und ausgewaschener löslicher Nährstoffe vor sich gehen. Desto größer ist aber auch andererseits die Möglichkeit, daß dem Boden zugeführte Pflanzennährstoffe von den Partikelchen physikalisch und chemisch festgehalten werden. Eine Steigerung der Bodenoberfläche muß mithin als eine für die Fruchtbarkeit der Böden hervorragend günstige Maßregel bezeichnet werden. Weitaus die größte Oberfläche im Boden aber haben die Humussubstanzen, allgemeiner ausgedrückt, die organischen Stoffe des Bodens, also vorwiegend Pflanzenreste. Vermehrt man also den Bestand des Bodens an organischen Stoffen, an humusbildender Substanz, so vergrößert man dadurch in sonst kaum erzielbarer Weise die Bodenoberfläche, vermehrt da- durch die Fähigkeit des Bodens, rationell mit den zugeführten Pflanzennährstoffen hauszuhalten. Der Humusgehalt der Böden sichert, wie man sich ausgedrückt hat, die gute Ver- daulichkeit der zugeführten Pflanzennährstoffe. So war die Beobachtung, daß Humus und Bodenfrucht- barkeit sehr viel miteinander zu tun haben, wie es von den alten Praktikern und Theoretikern behauptet wurde, durchaus richtig; nur ihre Auslegung war falsch, da einzig auf direkte Nährwirkung des Humus zugespitzt und mußte, dem dama- Schluß. 143 ligen Stande der Kenntnisse entsprechend, auch falsch sein und daher leicht zu Extremen führen, die heute — — — wohl auch nicht ganz ausgeschlossen sind. Den Zusammenhang von Humus und Bodenfruchtbarkeit im modernen Sinne als erwiesen vorausgesetzt, ergibt sich die Konsequenz, daß die Böden, je mehr Humus oder humus- bildende Stoffe sie enthalten, desto fruchtbarer sich erweisen werden. Am fruchtbarsten müssen schließlich diejenigen Bodenarten sein, die ganz und gar aus organischen Stoffen bestehen, die Moorböden. Die Entwicklung der modernen Moorkultur, die, selbstver- ständlich bei genügender Anwendung künstlicher Düngemittel, durch welche sie überhaupt erst möglich geworden ist, von Moorböden Ernten erzielt, wie sie auf Mineralböden bisher kaum erreichbar waren, scheint dieser Anschauung auch durchaus recht zu geben. Ob aber die alleräußerste Konsequenz, daß die reinen Hochmoorböden, die neben organischer Substanz so . gut wie gar keine Mineralstoffe von Natur aufzuweisen haben, nun die allerfruchtbarsten sind, wenn ihnen die nötige Düngung zugeführt wird, auch noch richtig ist, möchte ich dennoch be- zweifeln. Es ist wohl anzunehmen, daß in diesen Böden die mineralischen Stoffe zur chemischen Bindung der zugeführten Nährstoffe fehlen und daß die physikalische Bindung, die hier wohl ziemlich ausschließlich in Betracht kommt, nicht genügt, um die gegebenen Nährstoffe hinreichend festzuhalten. Hinzu kommt noch, daß die bodenlockernde Wirkung eines gewissen Humusgehaltes, die ja, wenn normal, für die mineralischen Ackerböden durchaus erwünscht und nützlich ist, hier zum Extrem der völligen Losigkeit des Bodens ge- trieben ist und daß ein solcher Boden mithin für viele Pflan- zen rein physikalisch nicht mehr das Optimum des Standortes zu bieten vermag. Ein richtiges Verhältnis zwischen Mineralgehalt und Humusgehalt eines Bodens dürfte stets das Beste für das Ge- deihen der Pflanzen sein. Maßgebend sind dabei jedenfalls die von Ort zu Ort wechselnden klimatischen Faktoren, die nicht nur infolge des Wechsels von Trockenheit und Nässe, von 144 Der Humus und seine Bedeutung. Wärme und Kälte, den Verlauf der rein chemisch-physika- lischen Prozesse im Ackerboden modifizieren, sondern vor allem auch das Gedeihen der Mikroorganismen des Bodens bedingen, deren Wichtigkeit für das gesamte Pflanzenleben nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Extreme klimatische Verhältnisse werden die Feststellung solcher Be- ziehungen erleichtern. So ist es kein Wunder, daß gerade in der tropischen Agrikulturchemie für diese Frage: die Be- deutung der organischen Substanzen für das Pflanzenleben, das größte Interesse herrscht und zahlreiche Anregungen zur Forschung von dieser Seite ausgehen. Es ist eine nicht leichte, aber dankbare Aufgabe der Zu- kunft, hier Klarheit zu schaffen. Die größte Schwierigkeit liegt darin, daß es bisher noch nicht gelungen ist, die einzelnen komplizierten Abbauprodukte der organischen Substanzen des Pflanzenleibes: eben die Humuskörper, zu isolieren und in ihrem Wesen und Wirken genau zu erkennen. Es sind im Grunde genommen die gleichen Schwierigkeiten, die schon der Aufbau dieser organischen Substanzen der Erkenntnis bot: Reaktionen unter dem Einfluß des heute noch unberechen- baren Faktors: Leben! — hier wie dort. Aber hier wie dort, bei Aufbau und Abbau des Pflanzen- leibes, bleibt die gleiche Hoffnung bestehen, daß immer größere Verfeinerung der wissenschaftlichen Arbeitsmethoden, wozu nicht zum wenigsten auch immer neue und schärfer formu- lierte Arbeitshypothesen gehören, einst des Lebens großes Rätsel lösen wird und klares Wissen an Stelle dunkler Un- gewißheit setzen. Daß die wunderbare Fähigkeit der Pflanzen, aus einfachsten Stoffen scheinbar mühelos die Unzahl ihrer organischen Substanzen aufzubauen, aufhört wunderbar, d.h. unverständlich zu sein und sich, wenn auch vielleicht wegen Hineinspielen psychischer Vorgänge der völligen Beherrschung, so doch nicht dem Wissen und der Erkenntnis entzieht. Aber dann freilich bleibt immer noch die Form! Wie die Pflanze und das Tier diese schafft, kann keine Chemie und keine Physik allein lehren, — wenn man heute urteilen soll. Für die Zukunft gibt es kein „Ignorabimus et restringamur!“ Sachregister. A. Ätherische Öle 84. Albumosen 93. Alkaloide 95. Allantoin 95. Amide 95. Ammoniak als 114. Ammoniak, Düngung mit 139. Ammoniak in der Luft 100, Io1. Ammoniaks, Gewinnung des schwe- felsauren 139. Anaerobe Bakterien 36. Arabin 80. Arabinose 80. Arginin 95. Aschenbestandteile, Bedeutung der I. Asparagin 89. Atemwurzeln 39. Atmung der Pflanzen 37. Avenin 91. Azotobakter 106. Pflanzennährstoff B. Bakteroiden 118, 119. Benetzungswärme 6. Benetzungswasser 6. Benetzungswiderstand 15. Betain 95. Bewässerung 46f. Bitterstoffe 95. Blätter, Bedeutung der für die Ver- dunstung 19, 20. Blattgrün 63. Blattgrüns, Bildung des 64. Blattgrüns, Zusammensetzung des 64, 65. Boden, Definition des Wortes 5. Vageler, Pflanzennährstoffe. Bodenluft, Rolle der 40. Bodenoberfläche 7, 8. Brache und Stickstoffsammlung 132. Brucin 95. C. Campbellsystem 43. Carnaubawachs 32. Cellulose 76. Chilisalpeter 135. Chilisalpeters, Industrie des 136. Chinin 95. Chloroplasten 60, 7I. Clostridium pasteurianum 106. Coffein 95. Conglutin 91. Constitutionswasser 6. Cormophyten 61. Cutin 79. Cyanophyceen, Stickstoffbindung der 107. D. Denitrifikationsbakterien 108. Diastase 94. Disacharide 75. Drainage 44f. E. Eiweißbildung, Vorgang der 86f. Eiweiß, Formel des 90. Eiweiß-Spaltungsprodukte 89. Eiweißstoffe, Einteilung der 90. Eiweiß, Zusammensetzung des 88. Enzyme 93, 94- Enzyme bei der Assimilation 68. Etiolement 62. Io 146 Sachregister. -» F. | Kalkstickstoff, Düngung mit 140. Farbstoffe 83. \ Kalkstickstoffs, Gewinnung des 140. Fäulnisbakterien 109. ı Kapillare Hebung 14. Fäulnisgeruch 109. | Kapillarität 10. Fettgehalt der Pflanzen 82. ' Kautschuk 84. Fette der Pflanzen 8of. Knöllchenbakterien II®, 120, I2I, Fettsäuren 82. | T22, Fluorescenz des Chlorophylis 70. | Knöllchen der Erlen 122. ı Kohlehydrat 65. G. ı Kohlensäuregehalt der Luft 56. Galaktan 78. Kohlenstoffgehalt der Pflanzen 49. Galaktose 78. Kohlenstoffs, Quelle des 54. Gerbstoffe 83. Kolloide 89. Gliadin 92. Glucose 75. L. , Lackmusfarbstoff 83. ı Lävulose 75. Lecithin 94. Legumin gı. Glutencasein 91. Glykoside 83. Gründüngung 133. | Guanodüngung 140. i | Leucin 95. at Lichts, Rolle des 62. H. Lichtverbrauch der Pflanzen 67. Harnstoff-Synthese 1. | Lignin 79. Harze 83, 84. ‚ Lockern des Bodens 42. Hefeferment 94. Luft, Zusammensetzung der 35. Hemicellulose 79. | . M: Hexosen 71. Holzfaser 76. Hordein 91. Humus, Bedeutung des ı14Lf. Humusstoffe 50. Meniskus 11. A Mineralstoffmangel 125, 126. | Minimums, Gesetz des 126. Monosacharide 75. Hexonbasen 95. Maltose 77. | Humusstoffe des Bodens 103. RR N. Humusstoffe, Entstehung der 103. Nicotin 95. Humustheorie 51. Nitrobakterien 110. Hydatoden 20. Nitrosobakterien IIO. Hygrophyten 25, 28, 29. Nucleine 92. Hygroskopisch gebundenen Wassers, Nucleinbasen 93- Bedeutung des, für die Vegetation | Nucleoalbumin 92, 93. 9,10. 0. H kopizität 6. TEE S Organe zur Kohlensäureaufnahme 59, I. 60. Inulin 76. | Organischen Chemie, Definition der 3. Intramolekulare Atmung 36. Organische Säuren in der Pflanze 81. ı Organischer Stickstoff als Pflanzen- K. | nährstoff 114, II5. Kalksalpeterdüngung 138. Organische Stoffe 2. Kalksalpeters, Gewinnung des 138. | Osmose 16. Kalkstickstoff 139. Oxalsäure 81. " Sachregister. P. Palmwachs 82. Parasiten 53, 110. Pentosan 79. Pentosen 79. Peptosen 93. Pflanzencaseine 91. Pflanzenschleim 78. Phytoalbumine 90. Phytoglobuline 90. Pilzwurzel 122. Polysacharide 75. Porenvolumen des Bodens 38. Quellstoffe 76. Quellwasser 21. R. Rohfaser 79. Rohrzucker 77. S. Salpeterdüngung 137. Salpeterfunde 135. Salpeterlager, Bildung der 136. Salpeterplantagen 135. Salpetersäure als Pflanzennährstoff 112% Samenimpfung 134. Saprophyten 52, IIO. Sauerstoff 4. Schimmelpilze, Stickstoffbindung der 107. Spaltöffnungen 19. Speicherorgane 75. Stärke 7I, 72. Stärkegehalt der Pilanzen 73, 74. Stärke, Nachweis der 74. Stallmistes, Stickstoff des 128, 129, 130. Stickstoffbedarf der Ernten ı25, 126, mal, Stickstoffs, Bedeutung des 85. Stickstoffbilanz eines Betriebes 132. Stickstoffbindung durch Bakterien 106. Stickstoffdüngemittel, organische 140 Stickstoffernährung der grünen Ge- ; wächse ııof. 147 Stickstoffernährung der Leguminosen ı16f. Stickstoffernährung der niederen Ge- wächse 104. Stickstoffernährung der Pilze und Al- gen 105. Stickstoff, gebundener in der Luft 99. Stickstoffgehalt des Bodens IoI, 102. Stickstoffgehalt der Luft 97, 98. Stickstoffgehalt der Niederschläge 99. 100. y Stickstoffmangel 125. Stickstoffs organischen, Wert des, für die Bakterien 108. Stickstoffsammlung durch Gründün- gung 134. Stickstoffs, Umsetzung des im Stall- mist 130. Stickstoff und Landwirtschaft ı123f. Strahlenwirkung, verschiedene auf die Assimilation 69. Strychnin 95. Suberin 79. Sukkulenz 31. Symbiose 117. T. Temperaturoptimum der Assimilation 66. Temperatur, Rolle der 62. Teobromin 95. Thallophyten 61. Tiefkultur 43. Trockenheit, physiologische 25. Tropophyten 25, 33. Turgor 22. Turgorschwankungen 22. Tyrosin 95. V. Verdunstung 15. Verdunstung, Höhe der 20. Verwesung 57. Ww. Wachsarten 82. Wärmeproduktion der Pflanze 38. Wasser als Bodenbestandteil 5. Wasseraufnahme durch die Pflanzen 272 148 Sachregister. Wassergehalt des Bodens 6. Wasserstoff 4. Wassergehalt von Pflanzen 23. Weizenkleber 92. Wassergewebe 33. \ Wurzeldruck 18. Wasserkapazität 12, 13. Wurzel, Rolle der 17, 18. Wasserleitung in der Pflanze 18. Wassermenge, Einfluß der auf die X. Pflanzen 24. Wassermoleküls, Größe des 7. ‘ Wasserpflanzen, veränderter Bau der 26. 2. Wasserspalten 27. | Zuckerarten 75. Xerophyten 25, 29, 30, 3I, 32. New York Botanical Garden Library lm rn Van un y : y : y h : Kr “ Hug Baer R WRRRON Bu er . Mi ni ve BER ee Rh, ; ARHFES ? : HRR RO URR RS A ne RAT } H N u Ans er ge ee, ng x eh He, y ui a BEE a RRRERIETA HR ; EERREESEEER Ei ; Huren } MRRURBEN nee “ einge NEE NR