DANZIG NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES ERSTES HJ MAY 1 4 1926 (HIERZU TAFEL I.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES . V A , ; jyAJSZK^ ' ^ 1890. COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Bitte tlie 4. SGte dieses Umschlages zu heacliten. ' m:: 2 ß SCHRIFTEN DER NAT11RF0R8CHENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES ERSI’ES HEFT. (HIERZU TAFEL I.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. / y DATSrZIO 1S90. COMMISSIONS -VERLAG VON WILHELM ENGEL MANN IN LEIPZIG. 9- i Druck von A. W. Kafeniann in Danzig ‘‘1 'ih Inhalt 1. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1898 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1898 Deecke: über den Kaukasus YTI; Evers: über Funken-Telegraphie nach Marconi und Slaby IX; Bail: biologische Mittheilungen über Pilze XI; Oehlschlaeger: Lebensskizze Dr, Fritz Mueller’s XII; Lakowitz: über eine deutsche Tiefseeexpedition Xlf; Neumann: über die elektrischen Wellen XIII; CoNWENTZ : Aus Schwedens Natur und Wissenschaft XV'; Helm: über die Beschaffenheit des zur Yermehrung des Danziger Ijeitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Steinschleuse XX!!!; Kumm: über die San Jose-S childlaus XXIY ; Wallenberg: über den Einfluß der Sinne auf den Bau des Nervensystems XXIY; Kayser: neuere, in der mechanischen Werkstätte der Gesellschaft hergestellten Apparate XX Y ; Maas: Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide XXYI; Conwentz: eine neue steinzeitliche Ansiedelung in der Tucheier Heide XXYH; Momber: über die elektrischen Maßeinheiten XXYH; von Schmidt: über unsere Städtische Elektrische Anlage XXIX; Petruschky: über Streptotrichose XXXI. — Meisner: über Menschenkunde XXXII. 3. üebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1898 be- handelten Gegenstände 4. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section 1898 5. Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie 1898 6. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section 1898 7. Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischerei-Vereins 1898 8. Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege 1898 PREUSSE: Über die Wechselbeziehungen der menschlichen und thierischen Tuberculose L; EemelE:: über die Eeinigung der Abwässer durch Elektricität LY; Borntraeger: über die Sterblichkeit der kleinen Kinder in Danzig LYI; Petruschky: Wie läßt sich der Yerunreinigung öffentlicher Yerkehrs- fahrzeuge entgegentreten? LYII; Steuer: über das Eadfahren in gesund- heitlicher Beziehung LYIII; Borntraeger, Preusse u. A. : Welche sanitäts- polizeilichen Anforderungen sind an den "Yerkehr mit Milch zu stellen? LXIH; Eschricht: über Hygiene in den Eßwaarenläden LXY ; Hildebrand: über den Hausschwamm LXYH. 9. Mitglieder-Verzeichniß der Gesellschaft, ihrer Sectionen und des Vorstandes Seite. I VII XL XLII XLIII XLIV XLVIII L LXVIII Seite, Abhandlungen. 10. Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide. Von Dr. G. Maas . 1 11. üeber den Grundwasserstrom der Stadt Danzig. Von Professor Dr. A. Jentzsch 16 12. Bericht über die einundzwanzigste Wander- Versammlung des West- preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Stuhm, am 31. Mai 1898 24 Allgemeiner Bericht 24 Bericht über die geschäftliche Sitzung 26 CoNWENTZ. Geschäftsbericht für 1897/98 26 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung 28 Bail, lieber Allseitigkeit der Thier- und Pflanzenbeohachtung als Quelle un- erschöpflichen Naturgeiiusses 30 ScHiMANSKi. Die Warmblüter der Stuhmer Seen 33 Helm. Bemerkenswerthe Käfereinschlüsse in Succinit 37 ,, lusekteneinschlüsse in Gedanit . 38 CoNWENTZ. lieber künstlich gefärbten Ambroid . . 3g Krause. lieber die forstlichen Verhältnisse der Oberförsterei Belihof .... 39 CoNWENTZ. lieber dasYorkommen der Elsbeere und der Rothbuche, vornehmlich in der Rehhöfer Forst 44 Schmidt. Botanische und zoologische Mittheihmgen 44 CoNWENTZ. lieber Bienenbäume (Beutkiefern) 45 PUPPEL. lieber die Beschädigungen, der Cerealien durch den Getreide-Blasenfuß 46 Kalmuss. lieber zwei bislang übersehene Bürger unserer Flora 48 Preuschoff, Botanische und zoologische Notizen 49 CoNWENTZ. Bildliche Darstellungen von seltenen und bernerkenswerthen Bäumen in IFestpreußen 50 Lakoavitz. Zoologische Mittheilungen 51 „ Das Plankton des Klostersees bei Karthaus 52 Seligo. lieber westpreußische Krebsthiere 52 Kumm. Mittheilungen über die San Jose-Schildlaus • 53 Bericht über die Excursionen 55 13. Anlagen zu dem vorgenannten Bericht 58 A. Lakowitz. Die niedersten Pflanzen- und Thierformen des Klostersees bei Karthaus. I. Verzeichniß 58 B Seligo. AYestpreußische Krebsthiere 60 C. Treichel. Fleischpilze aus dem Kreise Bereut. Nachtrag 64 14. Zur Kenntniß des Gehörorgans von Pterotrachea. Mit Tafel I. Von Prof. Dr. Bernh. Solger . 65 15. Bemerkungen zu den Gattungen Gyclocrinus^ Coelosphaeridium und Apidium. Mit 5 Textfiguren Von Prof. Dr. J. Kiesow. ... 77 16. Bericht über die Thätigkeit der Elbinger Alterthumsgesellschaft in den Vereinsjahren 1894/1899. Von Prof. Dr. R. Dorr .... 94 J ahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1898. Erstattet von dem Director derselben, Professor A, MOMBER, am 4. Januar 1899. Meine Herren! Sie haben eben aus dem Nachrufe des Herrn Lakowitz ersehen, welchen Verlust die Wissenschaft und die studirende Jugend durch das Hinscheiden unseres Ehrenmitgliedes Ferdinand Cohn erlitten hat. — Am 12. April starb, ebenfalls in hohem Lebensalter, unser Correspondirendes Mitglied, Herr Hof- rath Professor Dr. von Sandberger in Würzburg, welchem die Wissenschaft die geologische Durchforschung seines Heimatlandes Nassau und die erste geologische Aufnahme Badens verdankt. Von seinen vielen Einzelabhandlungen ist eine 1887 in unsern Schriften erschienen, die Bearbeitung einer als Einschluß im Bernstein aufgefundenen Schnecke. — Nur kurze Zeit war Herr Amtsrath Dr. StrüCkmann unser Correspondirendes Mitglied; wir er- wählten ihn hierzu bei Gelegenheit des 100jährigen Bestehens der Natur- historischen Gesellschaft zu Hannover. Das Andenken dieser Gelehrten und Forscher und der anderen im verflossenen Jahre durch den Tod uns ent- rissenen Mitglieder, der Herren Kegierungs- und Forstrath FEDDERSEN-Marien- werder, Apothekenbesitzer LEiSTiKOW-Elbing, Garteninspector RADiCKE-Oliva, JoH. Berger, Albert Juencke, Stadtrath PETSCHOW-Danzig, bitte ich Sie durch Erheben von Ihren Sitzen ehren zu wollen. Die Zahl unserer Ehrenmitglieder hat sich in diesem Jahre nicht ver- ändert; sie beträgt wie am Schluß des vorigen Jahres 10. An die Stelle des Herrn Ferdinand Cohn ist Herr Geheimer Medizinal-Rath Dr. Abegg getreten. Für die großen Verdienste, die er sich in den 25 Jahren seines Vice- Directorats durch sein reges Interesse für alle Bestrebungen der Gesellschaft erworben, glaubten wir nicht besser danken zu können als durch seine Ernennung zum Ehrenmitgliede bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctor- jubiläums am 2. Juni. Wir hoffen aber, daß er auch als unser Ehrenmitglied noch recht lange mit uns und für uns wirken werde. Kurze Zeit vorher am 22. April, ebenfalls am Tage des 50jährigen Doctorjubiläums, drückten wir 1 II unserem yerdienstvollen Vorstandsmitglieder dem Vorsitzenden der Anthro- pologischen Section, Herrn Dr. Oehlschlaeger, die Glückwünsche der Gesellschaft in Form einer Adresse aus. Von den Gesellschaften und Instituten, mit welchen wir seit längerer Zeit in wissenschaftlicher Verbindung stehen, haben drei, der Verein für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde in Stettin, das Nordische Museum in Stockholm und die Alterthumsgesellschaft in Elbing, ihr 25jähriges Bestehen gefeiert. Mit unseren Glückwünschen hat unsere Gesellschaft die Ernennung der Vorsitzenden oder Begründer der drei Institute zu Cor- respondirenden Mitgliedern verbunden, der Herren Gymnasial-Birector Professor Lemcke in Stettin, Dr. A. Hazelius in Stockholm und Professor Dr. Dorr in Elbing, An dieser Stelle gestatte ich mir, noch besonders der Alter thums- gesellschaft in unserer Nachbarstadt Elbing zu ihren schönen Erfolgen Glück zu wünschen, die sie ihren thätigen Mitgliedern, vor allem dem rührigen Vorsitzenden, verdankt. Als ein Zeichen seines Strebens haben wir die uns übersandte Abhandlung des Vorsitzenden über die Gräberfelder auf dem Silberberge bei Lenzen und in Serpin mit besonderer Freude in Empfang genommen. Außer den drei Genannten haben wir nach den Vorträgen, welche sie im Laufe des Jahres bei uns gehalten, die Herren Professor Dr. Deecke in Greifswald und Dr. Sven Hedin in Stockholm zu Cor- respondirenden Mitgliedern ernannt. Es hat sich durch diese Ernennungen die Zahl unserer Correspondirenden Mitglieder auf 53 erhöht. Auswärtige Mit- glieder zählt die Gesellschaft jetzt 86, einheimische 224. Die Zahl der einheimischen Mitglieder ist dieselbe geblieben, die der auswärtigen um 4 zurückgegangen, zum Theil dadurch, daß einige einheimische Mitglieder, welche von Danzig verzogen sind, ihren Austritt augezeigt haben, statt, wie es sonst üblich gewesen ist, sich als auswärtige Mitglieder weiter führen zu lassen. Die Vorträge sind in üblicher Weise mit Ausnahme der Sommermonate an jedem ersten Mittwoch, in den meisten Wintermonaten auch an jedem dritten Mittwoch, des Monats abgehalten. Die Themata der verschiedenen Vorträge werden Sie aus der üebersicht unseres Herrn Secretärs, welche mit dem Jahresberichte gedruckt werden wird, ersehen können. Dreimal hatten wir die Freude, auswärtige Gelehrte und Forscher als Vortragende bei uns begrüßen zu können. Den Vortrag zur Feier unseres Stiftungstages am 5. Januar hatte Herr Professor Dr. Deecke aus Greifswald übernommen, welcher auf Grund seiner im Anschluß an den Internationalen Geologen- Congreß zu Petersburg unternommenen Forschungsreise den Kaukasus in geologischer Beziehung uns schilderte. Die Wintersitzungen im verflossenen Jahre eröffnete Herr Dr. Maas mit einem Vortrage über die geologischen Verhältnisse der Tucheier Heide, welche er als Beamter der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt zur Aufnahme der geologisch- agronomischen Karte genauer untersucht. Von weiterem Interesse war ein III Vortrag des kühnen Erforschers Central- Asiens, des Herrn Dr. Sven Hedin, welcher im Jahre vorher von seiner Forschungsreise glücklich zurückgekehrt war. Ein nach vielen Hunderten zählender Zuhörerkreis von Damen und Herren lauschte im großen Schützenhaussaale der fesselnden Darstellung der glücklich überwundenen Mühen und Gefahren des berühmten Reisenden. Die Berichte über die Thätigkeit der einzelnen Sectionen, welche von den Herren Vorsitzenden mir heute übergeben sind, werden mit diesem allgemeinen Jahresberichte ebenfalls zum Drucke gelangen. Der Druck unserer Gesellschaftsschriften hat sich durch unvorhergesehene Umstände in diesem Jahre sehr verzögert, sodaß ich erst heute in der Lage bin. Ihnen das erste Exemplar des 3. und 4. Heftes des IX. Bandes unserer Schriften vorzulegen. Dieses Heft enthält zwei Jahresberichte für 1896 und 1897, sodaß für die Folge die Jahresberichte den betreffenden Jahren nicht so spät foU-en werden, wie bisher. Von wissenschaftlichen Beiträgen enthält es außer dem Berichte des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins Ab- handlungen und Mittheilungen der Herren Dahms, Helm, Jentzsch und Theodor Wallenberg. In den letzten Tagen des verflossenen Jahres hat sich die Gesellschaft entschlossen, nach einer Pause von mehreren Jahren wieder ein größeres wissenschaftliches Werk herauszugeben, welches ihre Geldmittel bedeutend in Anspruch nehmen wird. Nachdem Herr Professor Conwentz uns mitgetheilt hat, daß er an einer größeren Abhandlung über die Geschichte unserer Wald- bäume, mit besonderer Berücksichtigung der Eibe, arbeite, haben wir die Herausgabe dieses Werkes übernommen. Der Herr Verfasser hofft, dasselbe in einigen Jahren fertig stellen zu können. Wir sind sicher, daß es sich den früheren Veröffentlichungen des Herrn Conwentz, welche wir heraus- gegeben, würdig an die Seite stellen wird. Unsere Bibliothek wächst durch den Tauschverkehr und andere Er- werbungen und Schenkungen bedeutend an. Neu in den Schriftenaustausch eingetreten sind : Baltimore (Maryland, U. S. N. A.): Geological Survey; Bautzen: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis; Krefeld: Verein für Naturkunde; Stettin: Verein zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. Ich muß mich darauf beschränken, die Namen der Herren Verfasser zu nennen, weiche der Bibliothek ihre neuen Abhandlungen überwiesen haben^ ebenso die Namen der Herren, welchen wir sonst Geschenke für die Bibliothek verdanken. Von den Verfassern gingen ein Abhandlungen und Werke der Herren: Bersohn, Bessey, Deecke, Ebers, Freitag, Jahet, Jentzsch, Klunzinger, Kollm, V. Leber, Meyer, Michel, Moebius, Nathorst, Perchot, Petruschky, Pincus, Polis, Radde, Ruest, Saintignon, Schubert, Schube, Schueck, Schwerdtfeger, Solger, Stossich und Treichel. — Geschenke von Abhandlungen und Werken Anderer gingen der Bibliothek zu 1* IV von den Herren: Abegg, Bail, von Gossler, von Klinggraeff, Lampe, Oehlschlaeger und Reinicke. Da wir in den bisher benutzten Räumen für eine einigermaßen über- sichtliche Aufstellung der Bibliothek keinen Raum mehr hatten, so hat der Vorstand dem Herrn Landeshauptmann auf Grund des 1878 geschlossenen Ver- trages die Benutzung des großen Saales, in welchem das Finntischskelett bisher aufgestellt war, gekündigt. Das Skelett ist bereits entfernt, sodaß wir jetzt schon an eine weniger gedrängte Aufstellung unserer Gesellschaftsschriften gehen können. Leider wird sich für die Folge die Benutzung unserer Bücherschätze für die Mitglieder wesentlich schwieriger gestalten als bisher. Herr Dr. Kayser, welcher seit mehr als 30 Jahren neben seiner astronomischen Thätigkeit das Amt eines Bibliothekars verwaltet hat, hat sich leider aus Gesundheits- rücksichten genöthigt gesehen, dieses Amt nicht ferner zu übernehmen. Wir sind ihm für die große Mühewaltung, der er sich so lange unterzogen, zu großem Danke verpflichtet. Wir verdanken ihm in erster Linie den ge- druckten Katalog vom Jahre 1874, den er handschriftlich fortdauernd ergänzt hat, vor allen Dingen danken wir ihm aber, daß er täglich bis zum Nach- mittage bereit gewesen ist, die verlangten Bücher den Herren, welche dieselben gebrauchten, sofort zu übergeben. Wie wichtig diese Bereitwilligkeit für viele Herren gewesen ist, werden dieselben jetzt erst genügend erkennen, da sich die Ausgabe der Bücher nicht mehr so bequem wird ermöglichen lassen. Herrn Lakowitz sind wir aber zu großem Danke verpflichtet, daß er sich bereit erklärt hat, das zeitraubende Amt eines Bibliothekars für die nächste Zeit zu übernehmen. Die HuMBOLDT-Stiftung ist in der Lage gewesen, in diesem Jahre 2 Stipendien ä 150 M. auf Grund der uns zugegangenen Arbeiten zu ver- theilen, und zwar den Herren: cand. med. Speiser und cand. phil. Braun. Den Aufgaben, welche die Naturforschende Gesellschaft übernommen, könnte sie nicht gerecht werden, wenn sie nicht durch die Unterstützung hoher und höchster Behörden gefördert würde. Den Chefs und Vorsitzenden dieser Behörden, dem Herrn Cultusminister, dem Herrn Ober-Präsidenten und dem Herrn Landeshauptmann sei hier der Dank der Gesellschaft ausgesprochen. Nur durch diese Unterstützungen ist es uns möglich gewesen, neben unseren Schriften größere, reich ausgestattete Werke herauszugeben und die Arbeiten auf unserer Sternwarte, wie in der mit ihr verbundenen mechanischen Werk- stätte, zu fördern. Die Wolkenhöhenbeobachtungen, sind bis Ende 1897 regel- mäßig fortgeführt und haben ein sehr großes Beobachtungsmaterial ergeben, das zum großen Theil für die Herausgabe fertig liegt. Leider hat sich diese durch Krankheit des Herrn Dr Kayser verzögert, wird aber sicher im Laufe der nächsten Jahre erfolgen. Aus demselben Grunde sind auch die gelegent- lichen Wolkenhöhenbeobachtungen, die für das verflossene, wie für die folgenden Jahre in Aussicht genommen waren, etwas zurückgeblieben. Seine Y Arbeitskraft hat Herr Dr. Kayser, soweit sie nicht durch seine Krankheit geschwächt war, der zweiten, schon in meinem vorjährigen Jahresberichte er- wähnten Aufgabe, der genaueren Bestimmung der Danziger Polhöhe, gewidmet. Es stellte sich gerade diese Arbeit in den Vordergrund, da die Unterstützung des Herrn Navigationsschullehrers Canin von besonderer Wichtigkeit dafür war, und da ein längeres Verbleiben desselben in Danzig nicht mit Sicherheit feststand. Die Beobachtungen, bei denen bei günstigem Wetter täglich y ursae majori s oder J aurigae in ihrer Zenith alstellung beobachtet wurden (etwa 15 Fadendurchgänge vor und ebensoviel nach dem Durchgänge der Sterne durch den Meridian), sind seit Juni 1896 regelmäßig geführt. Die an dem Aequatoreal angebrachten Röhrenlibellen sind mit Hilfe des neuen KAYSER^schen Niveauprüfers untersucht, und Herr Dr. Kayser hat mit der Reduction der Beobachtungen den Anfang gemacht, sodaß wir in einiger Zeit auf ejne erste Veröffentlichung derselben rechnen können, von denen wir mit Zuversicht erwarten, daß sie einen wesentlichen Beitrag zur Kenntniß der kleinen Schwankungen der Erdachse liefern werden. Um die Unter- suchungsmethode noch weiter zu vervollkommnen^ läßt Herr Dr. Kayser in unserer Werkstätte einen elektrischen Chronographen herstellcn, der hoffent- lich recht bald bei den Beobachtungen benutzt werden kann. Neben den hier angeführten Arbeiten ist unser Mechanikus, Herr Krause, damit beschäftigt gewesen, eine Leitung für elektrisches Licht, zu welcher die Firma Siemens & Halske das Material geliefert hat, in unserem Gebäude auszuführen. Die Lichtleitung war höchst wünschenswerth für unsere Stern- warte, da für Ablesung der Niveaus, des Stunden- und Deklinationskreises, für Beleuchtung der Mikrometerfäden, für die Uhrablesung etc. eine Reihe von Lampen nothwendig ist, die ohne Elektricität recht unbequem anzubringen sind. Gleichzeitig haben wir aber auch in unser Sitzungszimmer die Leitung geführt (zwölf 25-kerzige Glühlampen und eine Lampe für den Tisch), um den Raum bei unsern Sitzungen behaglicher zu machen, aber auch um für Demon strationen elektrische Energie zur Verfügung zu haben. In der Dezembersitzung des verflossenen Jahres ist zum ersten Male das neue Statut der Gesellschaft, welches am 1. Juni 1898 durch den Herrn Ober-Präsidenten bestätigt ist, in Kraft getreten- Nach ihm ist die Wahl des neuen Vorstandes erfolgt, der gegen früher einige Veränderungen in seiner Zusammensetzung zeigt. Herr Baurath Breda hat sich schon im September des verflossenen Jahres aus Gesundheitsrücksichten genöthigt gesehen, sein Amt als Hausverwalter, das er seit 8 Jahren mit Eifer geführt hat, nieder- zulegen. Im Namen der Gesellschaft sage ich ihm an dieser Stelle besten Dank für die Mühewaltung, welche er so lange übernommen hat. Gleichzeitig sah sich Herr Professor Dr. Lampe durch seine Uebersiedelung nach Zoppot veranlaßt, aus unserem Vorstande zu scheiden. Auch er hat durch mehrere Jahrzehnte der Gesellschaft durch Verwaltung des physikalischen Cabinets große Dienste geleistet, für welche ihm hier ebenfalls der Dank ausge- sprochen sei. VI In derselben Sitzung am 21. Dezember wurde der Etat für das Jahr 1899 in Höhe von 10 254 M. nach dem Vorschläge des Herrn Schatzmeisters festgesetzt. Die im Vergleiche zum vorjährigen Etat wesentlich größere Summe hängt mit der Herausgabe des vorerwähnten größeren neuen Werkes zusammen, für welche wir einen Theil aus unserem Kapitalvermögen ent- nehmen müssen. In wenigen Worten sei hier auch der besonderen Feste gedacht, die uns in diesem Jahre häufiger als sonst vereint haben. Das Stiftungsfest haben wir in üblicher Weise durch ein einfaches gemeinschaftliches Abendessen im Glewerbe- hause, welches der Festsitzung folgte, gefeiert. Nach dem Vortrag des Herrn Dr. Sven Hedin am 17. Februar vereinigte sich eine recht große Zahl von Damen und Herren mit dem Herrn Vortragenden zu einem Abend- essen in den oberen Sälen des Schützenhauses, bei welchem dem kühnen und erfolgreichen Erforscher Centralasiens der Dank der Gesellschaft ausgedrückt wurde- Zur Erinnerung an die Tage seines Aufenthaltes wurde ihm einige Wochen später ein Album mit Danziger Ansichten übersandt. Besondere Fest- tage für die Gesellschaft waren der 22. April und 2. Juni, an welchen die Herren Oehlschlaeger und Abegg, wie ich schon erwähnte, den Tag ihres 50jährigen Doctor- Jubiläums in voller körperlicher und geistiger Frische feiern konnten. Eine Abordnung des Vorstandes überbrachte Vormittags den Herren Jubilaren die Glückwünsche der Gesellschaft unter Ueberreichung einer Adresse und eines Diploms. Zu beiden Abenden hatte die Natur- forschende Gesellschaft gemeinsam mit dem Aerztlichen Verein die vielen Freunde und Verehrer der beiden Herren zu einem Festessen nach dem großen Saale des Schützenhauses eingeladen. Beide Feste verliefen in ungetrübtem Frohsinn, und die vielen Trinksprüche gaben Kunde von dem vielgestaltigen Wirken der beiden Herren, wie von der allgemeinen Liebe und Verehrung, welche ihnen in weitesten Kreisen dargebracht werden. Ich schließe meinen Bericht in der Annahme, daß Sie aus diesen kurzen Mittheilungen die Ueberzeugung erhalten haben, daß die Gesellschaft, so be- scheiden auch ihre Mittel und ihr Wirkungskreis sind, in alter Weise vorwärts gegangen ist, und in der Hoffnung, daß sie sich recht bald noch höhere Ziele werde stecken können. VII Bericht über die Oifiiejitlielieii d-or* Gro^ellscliaft f im Jahre 1898, 1. Sitzung am 5. Januar 1898« Herr Professor Dr. DEECKE-Greifswald spricht über den Kaukasus» Im Anschluß an den vorjährigen Internationalen Geologen-Congreß in Petersburg hat Vortragender wissenschaftliche Reisen durch verschiedene Theile Rußlands unternommen, dar- unter auch, unter der kundigen Führung russischer Gelehrter, eine solche durch den Kaukasus. Einige der bei dieser Reise gemachten Beobachtungen trägt Herr Deecke in fesselnder Form an der Hand vieler Photographien, Skizzen, Profilzeichnungen und Karten vor. Der Kaukasus ist ein ca. 1200 km langes, infolge der hohen^Lage der Pässe schwer passirbares Faltengebirge von der gleichen Entstehung wie die Alpen, das Juragebirge und die Karpathen. Er muß wie diese in Folge einer von Süden kommenden Faltung der Erdrinde emporgehoben und zu mehreren parallelen Ketten zusammengeschoben sein, deren mittlere den Hauptkamm des ganzen Gebirgszuges darstellt. Diese Hauptkette setzt sich aus alten Schiefern zusammen; zu beiden Seiten des Schieferzuges ziehen sich Zonen jüngerer Kalksteine hin, und außen, stark gefaltet, die sogenannten älteren tertiären Schichten von dem Alter unserer Bern- steinsande. Im Süden setzt sich die Faltung über Tiflis zum armenischen Plateau hin fort, im Norden breitet sich eine Plateau- und Terrassenlandschaft aus. Die vergleichenden geologi- schen Untersuchungen haben ergeben, daß der Kaukasus kein isolirt stehendes Gebirge, vielmehr nur ein Glied einer gewaltigen Gebirgskette bildet, welche sich mit Unterbrechungen über den Jailadagh am Südrande der Krim, über den Balkan, die transsylvanischen Alpen, die Karpathen und Alpen erstreckt. Der baierischen Hochebene nördlich der Alpen entspricht dann die Steppe der Krim und die Kirgisensteppe an der Wolgamündung, der Poebene das schwarze Meer; gewissermaßen mit dem Bodensee ist das Asowsche Meer zu parallelisiren. Nach der anderen Seite hat man den Kaukasus mit dem asiatischen Gebirgssystem in Zusammenhang gebracht, ohne dies indessen so sicher beweisen zu können, wie für die erwähnten westlichen Beziehungen. Diese geologischen Resultate sind äußerst wichtig. Sie erklären das gleichzeitige Vorkommen von Petroleum in Galizien, der Krim, im Kaukasus, wie im turkmenischen Gebiete; es sind eben überall geologisch die gleichen Schichten in annähernd gleicher Stellung. Außer an Erdöl ist der Kaukasus nicht sehr reich an nutzbaren Mineralien. Gold kommt vor und ist ja in griechischer Zeit am Südgehänge bei Kutais gewaschen. Außer Kupferkies, dessen Ausbeutung zur Gewinnung von Kupfer auf elektrolytischem Wege durch die Firma Siemens & HäLSKE seit Jahren betrieben wird, findet sich noch Schwefelkies, wichtig zur Gewinnung von Schwefelsäure, zwecks Raffinireiis des Petroleums, ferner Schwefel, Gyps und Kalk. Nähert man sich von Norden dem Gebirge, so nimmt man zunächst [ein nur langsames Ansteigen wahr, bei Stawropol erscheint die erste Terrasse, bis in der Nähe der Mineralbäder- station merkwürdige Berge, Kuppen, Pfeiler, Grate unvermittelt aus der Ebene aufsteigen. Es sind dies vulkanische Massen, deren Entstehung mit dem Elbrus wahrscheinlich zusammenhängt. Bei günstigem Wetter kann man diesen 5630 m hohen Berg mit seinem doppelten weißen Gipfel von dort erkennen, und auf der Fahrt von den Mineralbädern nach Wladikawkas ent- faltet sich die ganze Pracht der Centralkette, wo sich ein Schneeberg an den andern reiht. Der Vulkanismus des Kaukasus muß in früheren, noch nicht allzu weit zurückliegenden Zeiten sehr bedeutend gewesen sein. Seine höchsten Gipfel Elbrus und Kasbek sind ursprünglich zwei gewaltige Vulkane, von denen sich ausgedehnte, später in Säulen abgesonderte Lavaströme nach allen Seiten in die Thäler ergossen haben. Längs der grusinischen Heerstraße zwischen Wladikawkas und 3'iflis hat man trefflich Gelegenheit, sich von diesen Verhältnissen zu über- zeugen. Auf einer zur Längsachse des Gebirges senkrecht stehenden, vom Elbrus auslaufenden ehemaligen Schichtenspalte sind die vulkanischen Massen au mehreren Punkten emporgestiegen, ohne aber die Oberfläche selbst durchbrochen und eigentliche Vulkane gebildet zu haben. Es hat eben die Kraft nicht ausgereicht, die äußerste Erdkruste zu sprengen, wohl aber sie auf- zuwölben und so glockenförmige, regelmäßig gestaltete, unmittelbar aus der flachen Umgebung aufsteigende Hügel oder Berge zu schaffen. Aehnliche Bildungen (Lakkolithen) in Deutschland, z. B. in der Eifel und Lausitz, lassen sich damit vergleichen. Von der Sonderbarkeit der Land- schaft infolge jener eigenartigen Bildungen kann man ungefähr eine Vorstellung gewinnen, wenn man sich der Gegend von Singen bei Konstanz mit den Bergkuppen Hohentwiel, Hohenstofifel und Hohenkrähen erinnert. Als Reste dieser vulkanischen Prozesse sind die, theils an Schwefel, theils an Kohlensäure reichen, warmen Quellen übrig geblieben, die am Fuße des Kaukasus eine Reihe großer und viel besuchter Badeorte hervorgerufen haben. Der Kaukasus, zwischen zwei Meeren gelegen, empfängt eine Menge von Niederschlägen, allerdings von sehr ungleicher Vertheilung. Der Westen ist regenreich, hier fallen bis 2000 mm Regen im Jahre, im Osten dagegen bei Baku nur 234 mm. Im Thal des Rion im Südwesten herrscht üppigster Pflanzenwuchs. Die Vegetation von Kutais ist berühmt. Die Wasserläufe bilden in den dortigen Thälern Sümpfe, die vorzüglich zur ertragreichen Maiscultur verwendet werden. Ganz anders der Osten, wo viele Wochen hindurch kein Regen fällt, der Boden durch die Sonne stark erhitzt wird; öde Steppe herrscht dort auf weite Strecken. Im Winter, der Regenzeit, verwandeln die Wasser das Thal der unteren Kura in einen weiten Sumpf. Die geringe Niederschlagsmenge erklärt sich durch das Vorherrschen der trockenen innerasiatischen Ostwinde. Zwar liefert das kaspische Meer einige Wasserdampfmassen, doch diese steigen schnell über die Höhen hinweg und condensiren sich an den hohen Gipfeln des mittleren Gebirgs- abschnittes. Hier entstehen daher die zahlreichen Firnfelder und Gletscher, welche diesem Abschnitte den Namen des eisigen Kaukasus eingetragen haben. Auf 200 km ist der Gebirgs- kamm vollständig vereist. Auffallender Weise liegt die Schneegrenze auf der Südseite um 300 m tiefer als auf der Nordseite (3300 m im Westen bis 3900 m im Osten), Der Grund ist in der im Süden größeren Menge des niedergehenden Schnees zu suchen; das Nordgehänge wird eben nur von den viel weniger feuchten Winden der russischen und sibirischen Ländermassen getroffen. Der grösste Gletscher, Kuragan, von 8 km Länge, geht bis 1930 m herab. Die Ver- gletscherung des Kaukasus muß früher größer gewesen sein; es hat auch dort eine Eiszeit existirt, deren Spuren überall unverkennbar sind. Von der Feuchtigkeit hängt die Vegetation ab, darum bietet auch diese ein anderes Bild im Westen als im Osten, ein anderes auf den Nordabhängen wie auf den Südabhängen des Ge- birges. Der feuchte Westen ist von oft undurchdringlichen Buchen- und Eichenwäldern bedeckt; öde sind der Osten und das Nordgehänge, üppig frisch und grün die Südabhänge, wo von 1000 m abwärts der Weinbau beginnt. Außer dem in Thierhäuten aufbewahrten Wein bildet dort der Mais einen wichtigen Handelsartikel, dann Baumwolle, Feigen und Olivenöl. Ueber die Fauna des Kaukasus erhält man einen guten Ueberblick im Kaukasischen Mu- seum zu Tiflis, in welchem der Director Geheimrath Dr. Radde alle dem Kaukasus eigen- thümlichen Thiere vereinigt hat. Man erfährt dort u. a., daß im östlichen Gebiete, in Daghestan, der Tiger noch vorkommt. Auffallend zahlreich sind die großen Raubvögel vertreten. IX Die Bevölkerung des Kaukasus ist ein Gemisch der vej’schiedenartigsten Stämme und Bassen. Zahlreiche, von Süden her zurückgedrängte Völker haben sich in irgend einem Winkel gehalten. Dazu kommen die persischen, armenischen, türkischen Eindringlinge; im Norden die Tartaren, Kalmücken, 1’scherkessen und neuerdings die Russen. Katharina IT. und ihre Nachfolger haben daselbst auch Deutsche, Schweizer und Schotten augesiedelt, und so verdient das Gebirge bald n.it Recht den Namen des hundertsprachigen. In Tiflis sollen gegen ÖO verschiedene Sprachen und Dialecte gesprochen werden. Im ganzen ist das Gebirge noch wenig erschlossen. Es führen zwei Militärstraßen über dasselbe, beide von Wladikawkas im Norden aus. Die eine, die ossetische, endigt in Kutais im Süden, und an sie schließen Straßen nach Poti und Batum am Schwarzen Meere an; höchste Paßhöhe ist hier 2500 m. Die andere, die grusinische Militärstraße, von Wladikawkas nach Tiflis, steigt immer noch bis 2300 m an. Beide Wege sind Kunststraßen ersten Ranges. Zu beiden Seiten des Gebirges sind in neuerer Zeit Bahnen entstanden, die eine im Norden von Rostow am Don über Wladikawkas nach Petrowskam Kaspischen Meere, die andere im Süden von Batum und Poti am schwarzen Meere durch das Thal des Rion und der Kura nach Baku, lieber das Gebirge führt noch keine Bahn, doch ist der Bau einer solchen nur eine Frage der Zeit. Zum Schlüsse geht Vortragender noch auf das Hauptproduct des Gebietes, das Naphta, näher ein, schildert an der Hand von Profilzeichnungen die Lagerung der das Erdöl führenden Schichten auf dem bis jetzt erschlossenen, ca. 558 ha großen Quellgelände bei Baku, erläutert die Gewinnung aus den ca. 1700 bis jetzt erbohrten Springquellen, deren stärkste 1892 bis 1 Million Pud 16 Millionen kg Rohöl pro Tag lieferte, ferner das Abdestilliren und weitere Reinigen des Leuchtöls, dessen directe Ueberführung in die Wagen und Schiffe durch Ver- mittelung weit ausgebreiteter Röhrenleitungen, und erwähnt, daß der Rückstand, das Masut, als ein bequemes Heizmittel auf Dampfern wie Eisenbahnen mit Vorliebe benutzt wird. Die Ausfuhr des Leuchtöls und Rohöls nach dem Orient und den Ländern Europas ist in stetem Wachsen begriffen ; reiche Petroleumgebiete im Norden des Kaukasus und auf der Krim harren noch der Erschließung. Sodann erstattet der Director der Gesellschaft^ Herr Professor Momber, den Jahresbericht für das Jahr 1 897 (vergl. diese Schriften, IX. Band, 3. und 4. Heft, S. XXXIV— XXXIX). Derselbe legt ferner die von den Vorsitzenden der einzelnen Sectionen erstatteten Berichte über die Ttiätigkeit der Sectionen im Jahre 1897 vor (vergl. diese Schriften, IX. Band. 3. und 4. Heft, S. LVHI— LXXXII). 2. Sitzung am 19. Januar 1898. Herr Professor Evers hält einen Experimentalvortrag über Funken-Tele- graphie nach Marconi und Slaby. Die wichtigsten Fortschritte, welche seit den epochemachenden Untersuchungen des be- rühmten Physikers Heinrich Hertz vor nunmehr zehn Jahren in der Kenntniß der elektrischen Wellen gemacht sind, beziehen sich auf ihre Erzeugungsweise und auf die Mittel zu ihrer Er- kennung. Man hat seitdem erkannt, daß jeder elektrische Funke eine Quelle elektrischer Wellen ist. Von jeder Funkenstrecke gehen, allerdings in höherem oder geringerem Grade Strahlen aus, und zwar von sehr verschiedenen Wellenlängen. Von diesen haben wir folgende Hauptqualitäten zu unterscheiden: 1. diejenigen, welche auf die Netzhaut unzeres Auges (Licht- strahlen), 2. die auf das Thermometer oder ähnliche Vorrichtungen wirken (Wärme- oder ultra- rothe Strahlen), 3. diejenigen, welche besonders durch ihre chemischen Wirkungen hervortreten (ultraviolette Strahlen), 4. die RoENTGEN-Strahlen, welche Aetherschwingungen von wahrschein- lich noch viel geringerer Wellenlänge als die ultravioletten Strahlen sind, und 5) die elek- X trisclien Strahlen im engeren Sinne oder HERTz’schen Strahlen. Ein lückenloser Zusammen- hang dieser 5 Strahlungsgebiete, gewissermaßen eine continuirliche Strahlen skala, ist bis jetzt nicht nachgewiesen worden. So liegt z. B. zwischen elektrischen Wellen von 2,5 cm einerseits und ultrarothen von 1/40 Länge andererseits ein in seinen Einzelheiten noch ganz unbekanntes Intervall, und über die Stellung der RoENTGEN-Strahlen in der Strahlenskala ist gleichfalls noch nichts Sicheres auszusagen. Von allen den genannten Strahlungsqualitäten, welche in einer Funkenstrecke ihren Ur- sprung haben, kommen für das obige Thema nur die elektrischen Strahlen in Betracht, welche je nach der Natur der in den Funken entladenden Körper Wellenlängen von wenigen cm bis zu vielen km haben können. Der bei der MARCONl’schen Telegraphie benutzte Funkengeber sendet sehr kurze Wellen von nur einigen cm Länge aus. Im Jahre 1890 fand der französische Physiker Branly, daß eine mit losen Metallspänen gefüllte Glasröhre, die in einen Stromkreis eingeschaltet wird, einen sehr hohen Widerstand dar- stellt; ein sehr schwacher oder gar kein wahrnehmbarer Strom geht hindurch. Er bemerkte aber weiter, daß dieser Widerstand sich bedeutend vermindert, sobald in der Nähe derselben Glasröhre ein elektrischer Funken überspringt. Diese Thatsache ist von einem der bedeutendsten englischen Physiker, dem Professor Lodge in Liverpol, dem einstmaligen Concurrenten von Hertz, des Näheren untersucht und die betreffende von ihm als „Coherer“ bezeichnete Vor- richtung vervollkommnet worden. Die Wirkungen dieses Apparates zeigt Vortragender zu- nächst an der einfachsten Form desselben, welche als eine Weiterbildung des HERTz’schen Em- pfängers angesehen werden kann, sodann an dem eigentlichen BRANLY’schen, dem zusammen- gesetzten Coherer. Dieser Coherer ist es, welcher bei den neueren Versuchen über Telegraphie ohne metallische Verbindung als Empfänger der wirksamen elektrischen Wellen zur Ver- wendung kommt. Die Versuche, ohne metallische Verbindung eine telegraphische Verbindung zu erzielen, datiren schon aus der Mitte der achtziger Jahre. Während alle diese Versuche aber auf der gegenseitigen Induction geschlossener Drahtkreise beruhten, hat Lodge 1894 bereits den von ihm vervollkommneten Coherer als das beste Werkzeug für diese Telegraphie bezeichnet. Die Schwierigkeiten, welche sich der praktischen Verwerthung entgegensetzten, sind indessen erst im vorigen Jahre von dem jungen Italiener Marconi durch glückliche Kombination vorhandener Vorrichtungen und deren gute constructive Weiterbildung überwunden worden. Nachdem die ersten Versuche auf dem I^andgut seines Vaters günstig' verliefen, wandte sich Marconi an den Chef der englischen Telegraphenverwaltung, Herrn PREECE, der selber viele Versuche über Telegraphie durch Induction aiigestellt hat, und der Erfindung Marconi’s das vollste Interesse entgegenbrachte. So konnte Marconi am Bristolkanal die Ver- suche fortsetzen, an denen auch Professor Slaby aus Charlottenburg Theil nahm. Bis auf 14,5 km Entfernung glückte mit Hilfe des neuen Apparates dort die telegraphische Verständigung, im Sommmer 1897 im Hafen von Spezzia sogar auf 16 km, am besten auf dem Meere von Schiff zu Schiff. Auch Professor Slaby hat an den Havelseeen und mit Unterstützung der Militär-Luftschififerabtheilung zu Schöneberg bei Berlin Versuche nach derselben Richtung hin angestellt, wobei es gelang, wichtige Punkte über die Wirksamkeit der Apparate aufzuklären. Er stellte fest, daß eine ungehinderte gradlinige Luftbahn zwischen der Sender- und der Empfängerstation die beste Vorbedingung für das Gelingen der telegraphischen Verständigung ist; Wald und bebaute Terrains dazwischen wirken störend. Wichtig ist die Anbringung dünner, langer, möglichst gleicher Auffangedrähte an dem Sender- und Empfängerapparat; sie stellen gewissermaßen Fangarme dar zur Aufnahme der elektrischen Wellen, je länger sie sind, desto besser. Windiges Wetter bringt Störungen, in erhöhtem Maße aber die atmosphärische Elektricität. Unter günstigen Bedingungen ist bei den bezüglichen Versuchen zwischen Rangsdorf und Schöneberg eine telegraphische Verständigung bis auf 21 km geglückt. Einen wichtigen 'I''heil der Ausführungen der Herrn Professor Evers bildet die Demonstration des etwas abgeänderten XI Apparates für die Telegraphie ohae metallische Yerbindung nach Marconi. Das Institut für Präcisionsmechanik und Elektrotechnik der Firma Max Kohl in Chemnitz i. S. hat auf dies- seitiges Ersuchen den Apparat in zuvorkommender Weise für den Abend zur Verfügung ge- stellt. Der Apparat besteht aus zwei Theilen, nämlich 1) aus der Senderstation mit KiGHl’schem Radiator, der, mit einem kräftigen Funkeninductorium leitend verbunden, die wirksamen elek- trischen Wellen entsendet, 2) aus der Empfängerstation, deren wichtigsten Theil der oben er- wähnte Coherer zur Aufnahme der von der Senderstation ausgehenden, durch die Luft (auch durch Mauern und andere scheinbare Hindernisse) sich fortpflanzenden elektrischen Wellen dar- stellt. Zur Niederschrift der Telegramme wird die Empfängerstation noch mit einem MoRSE- Schreibapparat verbunden. Von einer genaueren Schilderung der ganzen Vorrichtung muß hier Abstand genommen werden. Es sei darauf hingewiesen, daß in der leicht zugänglichen, populär- wissenschaftlichen, von der bekannten Berliner Gesellschaft „Urania“ herausgegebenen Zeitschrift „Himnielund Erde“, Dezember-Nummer, eine durch Abbildungen erläuterte ausführliche, leicht verständliche Beschreibung des verbesserten MARCONl’schen Apparates sich befindet. 3. Sitzung am 2. Februar 1898. Vor Eintritt in die Tagesordnung überbringt Herr Professor Dr. Conwentz Grüße von dem kürzlich zum Ehren mitgliede der Gesellschaft ernannten Nestor der deutschen Botaniker, Geheimrath Professor Dr. Ferd. Cohn in Breslau, Das dem Genannten bei Gelegenheit seines 70. Geburtstages Ende Januar überreichte Ehrendiplom, dessen künstlerische Herstellung in dankenswerther Weise Herr Dr. Korella übernommen hatte, kann leider nicht mehr im Original vorgelegt werden; Herr Buchhändler Bertling hat zwei photographische Auf- nahmen desselben zur Verfügung gestellt, die in der Sitzung gezeigt werden. Flerr Conwentz übermittelt noch Grüße von einem anderen Ehrenmitgliede, dem Geheimrath Dr. Radde. Director des Kaukasischen Museums in Tiflis, der in einem überaus warm gehaltenen Schreiben seiner Freunde in der Natur- forschenden Gesellschaft und in seiner Vaterstadt Danzig gedenkt. — Herr Professor Momber legt als Geschenk des Herrn Ober-Präsidenten die Denk- schrift der Technischen Reichsanstalt, außerdem den Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für den verstorbenen berühmten Bonner Professor Kekule, sowie die neueste Ausgabe der „Natürliche Schöpfungsgeschichte“ von Prof. Haeckel (Geschenk des Autors) vor. Sodann theilt Flerr Momber mit, daß am Donnerstag, den 17. Februar, im Schützenhause ein Vortragsabend für Damen und Herren stattfinden soll. Den Vortrag wird der schwedische Forscher Herr Dr. Sven Hedin halten, und zwar über seine wissenschaftliche Expedition durch Innerasien in den Jahren 1894 — 1897. Die wissenschaftlichen Vorträge eröffnet Herr Professor Dr. Bail durch einige biologische Miüheilungen über Pilze. Der Vortragende lenkt die Aufmerksamkeit auf zwei für die Praxis wichtige Pilze und zwar zunächst auf den Birnen-Gitterrost. Dieser zeigte sich in einem Prauster Garten im vorigen Jahre in selten üppiger Entwickelung auf den Blättern des Birnbaumes. Der Pilz erzeugt auf der Oberseite der Blätter lebhaft gelbrothe Flecke, unter denen auf der Rückseite Gruppen von behaarten Kegeln sitzen ; er greift bisweilen selbst die Früchte an. Der genannte Gitterrost gehört nebst seinen Gattungsgenossen zu den Pilzen, welche ihre Entwickelung auf zwei ganz verschiedenen Wirthspflanzen durchmachen, und zwar sind die Pflanzenfamilien, welche' diese Eostpilze beherbergen , die Aepfel- und Wacholdergewächse. Da speciell der Birn- baum-Gitterrost seine zweite Form auf dem Sadebaum L.) entwickelt, so erhalten im Verlaufe des Generationswechsels von diesem Nadelstrauch die Birnbäume ihre Rostpilze. Bei weiterer Nachforschung stellte sich heraus, daß in der bekannten Baumschule des Herrn Rathke der Sadebaum völlig ausgerottet worden war, nachdem sein Besitzer selbst den schäd- lichen Einfluß dieser Wirthspflanze auf seine Birnbäume festgestellt hatte. Sodann wurde die Schwarzfäule des Apfels, unter Vorzeigung davon befallener Aepfel, erörtert. Die Ursache derselben ist ein Schimmelpilz [Monilia fructigena), dessen gelblich-graue Pusteln unzählige, in Ketten abgeschnürte Keimzellen bergen. Derselbe Pilz greift auch andere Obstbäume, z. B. in der Neuzeit in Bedenken erregender Weise die Kirschbäume, an, so daß auch schon durch die Zeitung aufs ernsteste zur Bekämpfung dieses Uebelthäters aufgefordert wird. Es müssen deshalb jene auch als grindig bezeichneten Aepfel und ebenso das kranke Holz der Kirschbäume verbrannt werden, und es sind die kranken Zweige im blattlosen Zustande kurz vor dem Ergrünen, am besten aber auch schon im Herbst und Winter, mit sogenannter Bordelaiser Brühe (Kupferzuckerkalk oder Kupferklebekalk oder selbstbereitete Kupfervitriol- kalkbrühe mit Zusatz von klebenden Zuckerstoffen) mit Hilfe einer gewöhnlichen Obstspritze zu besprengen. Herr Dr. Oehlschlaeger giebt eine kurze Lebensskizze Dr. Fritz Mueller’S, des durch seine Erforschung der brasilianischen Lebewelt so berühmten Natur- forschers, mit dem er durch Jugendfreundschaft verbunden war. Unter kurzem Hinweis auf die wissenschaftliche Bedeutung dieses einst mit Charles Darwin durch gemeinsame Studien eng verbundenen Mannes von seltener Charakterstärke schilderte Vortragender sein Zusammenleben mit Fritz Müeller im Kreise gleichgesinnter Studiengenossen in der alten Musenstadt Greifswald. Als Hintergrund des umfangreichen Gemäldes eine Schilderung des studentischen Lebens an jener Universität in der ernst bewegten Zeit der vierziger Jahre benutzend, führte Herr Oehlschlaeger ein detaillirtes Bild aus von den Schicksalen des in seiner Sturm- und Drangperiode stehenden jungen Fritz Müeller bis zu dessen Fortgänge von Greifswald im Jahre 1849. Fritz Müeller hat bald danach Deutschland verlassen und ist nach Brasilien über- gesiedelt, woselbst er zunächst drei Jahre lang als Farmer in der Colonie Blumenau lebte. Sehr bald erkannte man dort seine Bedeutung als Naturforscher, weshalb man ihn als Professor an eine öffentliche Lehranstalt berief. Als das College aber unter die Leitung der Jesuiten kam, legte er, sich selbst getreu und in alter Entschlossenheit, freiwillig sein Amt nieder. Der Staat wollte indessen die hervorragenden Fähigkeiten Fritz Müeller’s nicht unbenutzt lassen und stellte ihn als sogenannten Regierungs-Naturforscher an. Seine Aufgabe war in der nun folgenden Zeit, praktische Versuche über den Anbau wichtiger Oulturpflanzen im Interesse des Staates auszuführen. Wie schon vorher, so besonders in dieser Zeit hat Fritz Müeller durch eine große Zahl wichtiger Beobachtungen die biologische Wissenschaft in ganz hervorragender Weise bereichert und zugleich den Grund zu seinem Ruhm als scharfer Naturbeobachter gelegt. Die letzten Lebensjahre brachten ihm viel Leid, indem nach dem Sturze des Kaiserthumes die Republik im Widerstreit der Parteien den seine Ansichten nie verbergenden Fritz MüELLER seines Amtes entsetzte; sie brachten ihm aber auch die stolze Freude einer außerordentlichen Ovation seitens der gesammten Naturforscher Deutschlands und Englands an seinem 70. Geburts- tage. — Seit dem März vorigen Jahres ruht der kühne Verfechter seiner Ideale im stillen Hause am Rande des brasilianischen Urwaldes. Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz berichtet eingehend über den Plan einer für dieses Jahr in Aussicht genommenen großen deutschen Tiefsee -Expedition nach den südlichen Meeren unter Leitung eines der bedeutendsten Zoologen Deutschlands, des Professors Chun in Breslau. xm Nach einem historischen Kückblick auf die Entwickelung der Tiefseeforschung als eines be- sonderen Wissenszweiges skizzirt Vortragender die Hauptergebnisse der bisherigen Untersuchungen, über die derselbe vor mehreren Jahren ausführlich vorgetragen hat. Unstreitig ist durch jene Untersuchungen unser Erfahrungskreis in gewaltiger Weise er- weitert worden. Wie es aber im Wesen der Wissenschaft überhaupt liegt, so ist es nun auch auf dem in Rede stehenden Gebiete unausbleiblich gewesen, daß gerade mit dieser Erweiterung unserer Erkenntniß nur immer wieder neue Fragen auftauchten, die bis jetzt noch der Beant- wortung harren. Nach anderer Richtung hat auch mittlerweile die Wissenschaft neue Bahnen vorgezeichnet. Nicht mehr begnügt man sich damit, nur qualitative Untersuchungen über die Lebewesen des Wassers anzustellen. Nach dem Vorgänge des Kieler Physiologen Hensen sucht man auch die Quantität der Organismen in einem Meeresabschnitt zu bestimmen, um hieraus auf dessen Productivität im allgemeinen und besonders an Nutzthieren, den Fischen, schließen zu können. Diese Planktonuntersuchungen, welche auf der deutscherseits 1889 unter- nommenen Fahrt durch den atlantischen Ocean zum ersten Male auf das offene Meer ausgedehnt wurden, machen eine Fortsetzung dortselbst dringend wünschenswerth. Dazu kommt, daß der Indische Ocean, vom Kap über Madagaskar und längs unseres ostafrikanischen Colonialbesitzes, sowie die Tiefen des östlichen Atlantischen Oceans in den westafrikanischen Regionen noch völlig unerforscht geblieben sind. Im Hinblick auf alle diese Momente und in dem Bewußtsein, daß die deutsche Nation, die bisher eine eigentliche Tiefsee-Bxpedition nicht ausgerüstet hat, sich der moralischen Ver- pflichtung nicht länger entziehen kann, auch ihrerseits zur Erforschung der Meerestiefen beizu- tragen, hat die letzte deutsche Naturforscherversammlung in Braunschweig im September vorigen Jahres, auf Anregung und im Anschluß an einen diesbezüglichen Vortrag des oben genannten Professors Chuk, sich einstimmig für das Zustandekommen einer deutschen Tiefsee-Expedition nach den südlichen Meeren erklärt. Wie kürzlich die Zeitungen meldeten, ist in der Budgetcommission des Reichstages die zu diesem Zwecke beantragte Summe von 300000 M. bewilligt worden, so daß die Durch- führung dieses neuesten wissenschaftlichen Unternehmens nunmehr zweifellos ist. Ende August d. Js. wird die Expedition auf einem hierzu gecharterten Handelsdampfer ausgehen und zunächst zwischen Schottland und den Shetlandsinseln in ca. 1000 m Tiefe ihre Untersuchungen der Tiefseeorganismen beginnen, vorbei an den Canaren und Capverden sich der westafrikanischen Küste zuwenden, um das Cap in den indischen Ocean hineinsegeln und durch das Rothe Meer die Heimreise autreten. Vom Cap aus wird noch ein Vorstoß in süd- licher Richtung in die subantarktischen Meeresströmungen unternommen. Die Erfahrungen des seit längerer Zeit mit der Erforschung der Meeresfauna beschäftigten Leiters der Expedition, Professor Chun, das thatkräftige Interesse, welches die berufenen deutschen Gelehrten einmüthig dem neuen Unternehmen entgegenbringen, sichern diesem den besten Erfolg, vorausgesetzt, daß die Reise selbst glücklich verläuft. Zum Schluß demonstrirt Herr Lakowitz noch eine Zusammenstellung von Präparaten, welche in schöner Weise das oft seltsame Anpassungsvermögen der Insekten in Form und Farbe an ihre Umgebung (Mimicry) veranschaulichen. 4. Sitzung am 2. März 1898. Herr Professor Momber verliest das Dankschreiben des jüngst zum Ehren- mitgliede ernannten Geheimen Paths Professor Dr. Ferdinand CoiiN-Breslau. Darauf spricht in längerem Vortrage Herr Director Dr. Neumann über die elektrischen Weilen und erläutert das Wesen der Funkenentladungen unter Vor- führung geeigneter Experimente. XIY Lange schon kannte man die mannigfachen Wirkungen des elektrischen Funkens, doch bis in die neueste Zeit konnte man über das innere Wesen und den Verlauf der Erscheinung Sicheres nicht feststellen. Erst durch die grundlegenden Versuche von Heinrich Hertz ist es unumstößlich geworden, daß der elektrische Funke die Ausgangsstelle von elektrischen Wellen, von Fernwirkungen, ist, die einen Einblick in das Wesen der Elektricität eröffnen. Diese Fern- wirkungen des elektrischen Funkens in ihren Haupterscheinungen zu charakterisiren, vor allem ihren Farallelismus mit den Lichterscheinungen nachzuweisen und darzuthuu, daß die elektrischen Wellen derselben Art sind wie die Lichtwellen, nämlich Schwingungen des Aethers, hat sich Vor- tragender für diesen Abend zur Aufgabe gestellt. Außer einer kräftigen elektrischen Stromquelle wird als Haupthilfsmittel bei der Durch- führung der bezüglichen Experimente dasselbe empfindliche Instrument in Anwendung gebracht, welches in dem gelegentlich eines früheren Vortrags demonstrirten MARCONl’schen Apparat zur Telegraphie ohne Drahtleitungen die Hauptrolle spielt. Es ist dies die „Frittröhre“ oder der sogenannte „Ooherer“, eine enge Glasröhre, in welcher sich Metallfeilspäne zwischen zwei beider- ends in das Rohr eingeführten Metallscheiben locker geschüttet befinden. Wird der Coherer in den Schließungsbogen einer elektrischen Batterie eingeschaltet, so bieten die in ersterem ent- haltenen locker liegenden Metallspäne einen für den Strom nicht zu überwindenden Widerstand. Wird der Coherer danach aber von den elektrischen Wellen getrofi'en, die von einem Entladungsfiinken aus- gehen, so fritten die Metallspäne ein wenig zusammen und lassen den Strom hindurch; ein in denselben Strom eingeschaltetes Galvanometer oder statt dessen ein elektrisches Läutewerk zeigt den alsdann eingetretenen Stromschluß an. Eine Erschütterung des Coherers führt die ge- wünschte Stromunterbrechung innerhalb der Glasröhre wieder herbei. Auf diese Weise wird zunächst gezeigt, daß von dem kleinen Entladungsfiinken einer Influenzmaschine wirksame elektrische Wellen ausgehen. Versuche von Feddersen haben dar- gethan, daß jeder Entladungsfunke nicht ein Gontinuum, sondern ein oscillatorischer Vorgang ist, daß jeder Funke aus einer Anzahl von Unterbrechungen periodischer Art besteht Daß dem so ist, macht Vortragender mit Hilfe eines um eine horizontale oder um eine Verticale Achse schnell rolirenden Spiegels anschaulich; der zu untersuchende Funke wird hierzu der Funkenstrecke eines Hochspannungsapparates nach Elster und G eitel entnommen. Im Spiegel- bilde entspricht die Aufeinanderfolge von hellen und dunkelen Stellen den Unterbrechungen des Entladungsfunkens. Vortragender demonstrirt von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Pe- TRUSCHKY hergestellte Fnotographien solcher Spiegelbilder und erläutert an einem bestimmten Falle die Methode zur Berechnung der Zahl der Osciilationen elektrischer Entladungen. Der vorgeführte verhältnißmäßig starke Funke zeigt annähernd 9000 Unterbrechungen in der Se- kunde. Feddersen hat die Anzahl der Schwingungen bis in die Hunderttausende und in die Millionen für kürzere oder schwächere Funken berechnen können. Daß diese Fernwirkungen in Wellenbewegungen bestehen und zwar in transversalen Schwingungen des Aethers, die sich gradlinig fortpflanzen, macht die völlige Uebereinstimmung der in Rede stehenden Erscheinungen mit dem Verhalten des Lichtes zur Gewißheit. Diese Uebereinstimmung des elektrischen Strahles mit dem Lichtstrahl wird nun durch mehrere Ver- suche veranschaulicht. Die dazu nöthigen kleinen Funken werden dem sogenannten ,,Righi- Sender“ des MARCONl’schen Apparats entnommen. Diese so erzielten elektrischen Strahlen werden durch einen parabolischen Metallspiegel reflectirt und mittels eines an der gegenüber- liegenden Wand des Zimmers aufgestellten Hohlspiegels gegen den empfindlichen Coherer dirigirt. Die Ankunft der elektrischen W eilen wird jedesmal durch das Ertönen eines Läutewerks angezeigt. Auf diese Weise gelingt der Nachweis, daß die Wellenbewegung sich geradlinig fortpflanzt, ferner, daß sie durch schlechte Leiter, wie Glas-, Kautschuckplatten etc,, ohne weiteres hindurchgeht, daß sie gute Leiter, wie Metallplatten, den menschlichen Körper, nicht zu durchdringen vermag. Sehr viel markanter noch zeigt sich die völlige Uebereinstimmung der Erscheinung der elektrischen Wellen mit Lichtwellen betreifs der für das Licht' bekannten Polarisation, bei welcher XV die Aetherschwingungen senkrecht zum Lichtstrahl nur in einer bestimmten Ebene erfolgen, während dieselben bei dem gewöhnlichen Lichtstrahl senkrecht zum Strahl nach allen möglichen Richtungen gehen. Wird der polarisirte Lichtstrahl durch einen geeignet geschliffenen Turmalin- krystall hindurchgeleitet, so geht ersterer bei einer bestimmten Stellung des Krystalls durch diesen ungehindert hindurch; er findet keinen Weg, wenn der Krystall um 900 gedreht wird. Gerade sowie der Turmalinkrystall auf den polarisirten Lichtstrahl wirkt, indem er bei einer Stellung diesen durchläßt, bei einer anderen ihm den Weg versperrt, gerade so wirkt ein aus parallelen Metallstreifen unterbrochen zusammengesetzter Vorhalteschirm auf den elektri- schen Strahl. Stehen die Metallstreifen vertical, so gehen die elektrischen Wellen unge- hindert hindurch, bei horizontaler Lage der Streifen wirkt derselbe Schirm als ein absolutes Hinderniß. Diese Versuche werden bei paralleler Stellung des Funkengebers und des Wellenempfängers durchgeführt. Werden nun dieselben in eine verticale Stellung zu einander gebracht, so unter- bleibt in Analogie mit den Erscheinungen am polarisirten Licht der Durchgang der elektrischen Wellen durch jenen Streifen-Schirm sowohl bei horizontaler, wie bei verticaler Stellung der unter» brochenen Metallstreifen. Wie aber an dem optischen Polarisationsapparat bei gekreuzter Stellung der reflectirenden Spiegelebenen doch Licht hindurchgeht, wenn ein dazwischen ge- stellter Turmalinkrystall gegen die sonstige Verdunkelungslage um 450 gedreht wird, so geht auch der elektrische Strahl durch den Schirm, wenn bei dem vorhin beschriebenen Versuche der Schirm so gestellt wird, daß die Metallstreifen mit der Horizontale einen Winkel von 45 0 bilden. Ebenso läßt sich die Analogie zwischen Lichtstrahl und elektrischem Strahl betreffs der Zurückwerfung an Planspiegeln zeigen, sowohl die einmalige, wie auch unter Anwendung zweier resp. mehrerer Spiegel die mehrmalige Zurückwerfung. Zum Schluß führt Vortragender den experimentellen Nachweis, daß, wie von dem elektrischen Entladungsfunken, so auch von dem elektrischen Hochspannungsfeld eine Wellenbewegung des Aethers ausgeht. Das elektrische Feld wurde durch den bereits oben erwähnten Hochspannungsapparat hergestelit, die von dort ausgehende Ausstrahlung durch die stromschließende Einwirkung auf den Coherer und durch Aufleuchtenlassen frei in der Hand gehaltener GEiSLER’scher Röhren nachgewiesen. 5. Sitzung am 16. März 1898. Herr Professor Dr. Conwentz spricht über das Thema: Aus Schwedens Natur und Wissenschaft. In dem verflossenen Sommer und Herbst stand die Hauptstadt am Mälaren im Zeichen der Feste. König Oscar beging die Feier einer 25jährigen glücklichen Regierung, und alle Theile des Landes, sowie die verschiedenen Berufskreise brachten ihm aus diesem Anlaß mannig- fache und lebhafte Beweise von Liebe und Verehrung dar. Obenan standen die Universitäten Upsala und Lund, welche umfangreiche werth volle Jubelschriften herausgaben, von denen auch der Naturforschenden Gesellschaft hier ein Exemplar zugegangen ist. Sodann wurden in Stock- holm mehrere größere Veranstaltungen getroffen, vor Allem die Allgemeine Kunst- und Industrie- Ausstellung, die erste der Art in Schweden. Die Stadt hat ja eine unvergleichliche, überaus malerische Lage: ein Stück Süden, das gen Norden hingeworfen ist. Gleich wie Venedig, ruht auch Stockholm auf vielen Inseln und wird fast überall von Wasser umgeben; es erinnert ander- seits auch an Edinburgh, indem sich einzelne Theile terrassenförmig übereinander erheben. Vor diesen beiden Städten hat aber Stockholm das voraus, auf mehreren Seiten von urwüchsigen schönen Wäldern umsäumt zu sein. Dem entsprach auch die Lage der Ausstellung, zwischen der Stadt und Djurgärden, und menschliche Kunst brauchte in der That nur wenig hinzuzu- fügen, um das Gelände zum Anziehungspunkt für Einheimische und Fremde zu machen. Vor- nehmlich in einer Beziehung unterschied sich die Ausstellung vortheilhaft von vielen ähnlichen Veranstaltungen auf dem Continent, nämlich durch das Zurücktreten störender Reclame und eines jabi marktmäßigen Wesens. Dennoch hat sie durch ihre günstige Lage wie durch die vor- treffliche Organisation, auch nach der finanziellen Seite, bemerkenswerthe Erfolge erzielt. Der Vortragende hatte sich für seinen Aufenthalt in Schweden während des vorigen Herbstes zwei Hauptaufgaben gestellt. Besonders im Hinblick auf die iü den letzten Jahren in Westpreußen immer mehr an Umfang und an Bedeutung gewinnenden Moorfunde schien es erwünscht, die Methoden wissenschaftlicher Torfuntersuchung, wie sie gerade dort entstanden, weiter entwickelt und vielfach erprobt sind (A. G. Nathokst, Gunnar Andersson), näher kennen zu lernen. Sodann sollten die schon früher von ihm begonnenen Beobachtungen über das Vorkommen und die Verbreitung seltener Baumarten des Ostseegebietes weiter fortgeführt werden. In beiderlei Hinsicht hat er Neues und Interessantes genug erfahren, um es bei der hiesigen Landesdurchforschung künftighin verwerthen zu können. Auf diese Gegenstände wünschte er jedoch an dieser Stelle nicht näher einzugehen, vielmehr wollte er nur flüchtige Reise- Erinnerungen, vornehmlich aus dem naturwissenschaftlichen Leben in Schweden, soweit er es kennen gelernt, und einige Beobachtungen von allgemeinem Interesse hier mittheilen. Mehr als in manchen anderen Hauptstädten von Culturstaaten bildet in Stockholm die König 1. Akademie der Wissenschaften den Mittelpunkt des geistigen Lebens. Einigen Sitzungen derselben hat Vortragender beigewohnt, und er legte auch eine der silbernen Denk- münzen vor, wie sie dort jedesmal den Anwesenden eingehändigt werden. Die Veröffentlichungen (Oefversigt; Handlingar), welche auch unserer Gesellschaft im Austausch zugehen, sind gleich ausgezeichnet durch Inhalt und Ausstattung. In dankenswerther Weise gewährt die Akademie jedem Autor von seiner Arbeit, selbst wenn sie von größerem Umfang und mit zahlreichen colorirten Tafeln versehen ist, hundert Frei-Exemplare; ähnlich verhalten sich auch wissenschaft- liche Gesellschaft 3n in England, Rußland etc. Hierbei läßt sich Vortragender gegen den viel- fach noch in Deutschland von Alters her bestehenden Brauch aus, nur eine sehr beschränkte Anzahl von Sonderabzügeu dem Verfasser zur Verfügung zu stellen, was in der Gegenwart den erhöhten Anforderungen eines internationalen wissenschaftlichen Verkehrs nicht mehr genügt. Aus dem Kreise der Akademiker greift er die eine oder andere, uns näher stehende Persönlich- keit heraus, um über deren wissenschaftliche Thätigkeit zu berichten und einzelne hervorragende Veröffentlichungen vorzulegen. So z. B. die Geologen G. Lindstroem (Versteinerungen und Baudenkmäler von Gotland), A. G. Nathorst (Fossile Flora; Sveriges Geologi med illustra- tioner. Stockholm 1894) und A. E. Nordenskioeld, den Botaniker V. Wittrock ( Fm/a-Studier med taflor etc. Acta Horti Bergiani, 11,1,7. Stockholm 1896/97); die Archäologen Hans Hilde- brand uud 0. MonteliuS; unter den Medizinern G. Retzius, den schwedischen ,,VlRCHOW“, u. a. m. Zur Akademie gehört das Naturhistorische Reichsmuseum, bei welchem die Eintheilung und Abgrenzung der einzelnen Sammlungs- und Arbeitsgebiete besonders praktisch durchgeführt ist. Beispielsweise im Gebiet der Zoologie giebt es am Museum drei getrennte Professuren, nämlich für Vertebraten, für Evertebraten außer Insecten, und für Insecten. Die mineralogische Sammlung steht unter Leitung Prof. v. Nordenskioeld’s, des kühnen Polar- forschers und Entdeckers der nordöstlichen Durchfahrt. Verschiedene Porträts, eine Biographie und größere Publicationen von ihm werden vorgelegt, besonders der vor neun Jahren erschienene, sehr werthvolle Facsimile- Atlas, von welchem auch die Naturforschende Gesellschaft ein Exemplar besitzt, welches ihr zum löOjäbrigen Jubiläum auf Anregung des Herrn Ober- Präsidenten vom General-Consul William Schoenlank in Berlin überwiesen wurde. Diesen kürzlich verstorbenen, um geographische und naturwissenschaftliche Unternehmungen, nicht bloß in Deutschland hoch- verdienten Mäcen, der auch für die hiesigen Sammlungen eine offene Hand gehabt hat, ehrt der Vortragende durch warme Worte. Professor Nathorst verwaltet die von ihm begründete Sammlung fossiler Pflanzen, über deren wissenschaftliche Bedeutung der Vortragende schon vor neun Jahren einen Bericht veröffentlicht hat (CoNWENTZ, Die phytopalaeontologische Abtheilung des Naturhistorischen Reichsmuseums in Stockholm. Engler’s Botanische Jahrbücher. XI. 4. Beibl. 25. Leipzig 1890). Auch diesmal arbeitete er zum größten Theil in jenen Räumen. Eine Universität im eigentlichen Sinne des Wortes fehlt der Hauptstadt, jedoch besitzt sie schon lange eine medizinische Hochschule; und außerdem wurde in neuerer Zeit, nicht von Xvil Seiten des Staates, eine mathematisch - naturwissenscbaftliche Facultät als Stockhol m Högskola begründet. An dieser wirken tüchtige Kräfte, wie der Physiker Arrhenius, der Geolog DE Geer, der Quartärgeolog Günnar Andersson (Entwickelung der Pflanzenwelt Schwedens) und ein Nefi*e des schwedischen Gesandten am Berliner Hof, der Botaniker VON Lagerheim, welcher vordem schon in Tromsö, Quito und an anderen Stellen wissenschaftlich thätig war. Auch die Institute und Sammlungen dieser Hochschule, obächon sie bis jetzt in einem Privatgebäude untergebracht sind, haben eine reiche Ausstattung erfahren. Längst sind wir gewöhnt, junge Skandinavier zu uns nach Deutschland kommen zu sehen, wo sie ihre Studien mit besonderem Eifer fortsetzen ; aber neu ist die Erscheinung, daß junge Forscher aus Deutschland und anderen Ländern nach Schweden ziehen, um an dortigen Hochschulen zu hören. Als dem Vortragenden in Stockholm das akademische Album für Ausländer vorgelegt wurde, fand er an der Spitze derselben den Namen eines Landsmanns R. Abegg, jetzigen Universitäts- Professors in Göttingen. Sodann erwähnt Vortragender das Historische Museum, von dessen wissenschaftlichen Beamten die Herren MONTELIUS, Sahlin und Almgren auch schon in Danzig zu Studien- zwecken geweilt haben. Er bespricht u. a. den seit Kurzem dort vorhandenen 12,5 cm langen, durch- lochten Bernsteinhammer, welcher in Instön in der Provinz Bohuslän gefunden wurde, und zeigt davon farbige Abbildungen vor, welche er Herrn Professor Montelius verdankt. Der Zufall hat es gefügt, daß fast um dieselbe Zeit ein zweites ähnliches Exemplar, ein 12 cm langer Bernsteinhammer, in üby auf Seeland (Dänemark) gefunden wurde, und er legt auch davon vor- zügliche Abbildungen vor. Im Allgemeinen ist Bernstein in den skandinavischen Ländern mehr verbreitet, als man bei uns annahm; hierüber hat Vortragender bereits früher an dieser Stelle Mittheilungen gemacht (CoNWENTZ, Ueber die Verbreitung des Succinits, besonders in Schweden und Dänemark. Mit 1 Karte. Schriften der Naturf. Gesellschaft. N. F. VHI. Bd., 3. Heft Danzig 1890). Weiter erläutert er die culturhistorischen Sammlungen des Nordischen Museums, welche fast allein durch die von einer reichen Initiative getragene, rührige Thätigkeit von Dr. A. Hazelius vor 26 Jahren begründet und immer mehr ausgebildet sind. Sie gewähren einen vortrefflichen Einblick in das Leben des Volkes und in die Entwickelung seiner Oultur in allen Theilen des Landes, vornehmlich während der letzten Jahrhunderte, und sie tragen Sinn und Verständniß für die Erforschung der Heimat, auch in die weitesten Kreise. Nicht bloß einzelne Altsachen, sondern lange Reihen davon und die ganzen Wohnräume, namentlich Bauern- stuben sammt Inventar, werden im Original dem Beschauer vor Augen geführt. Diese Samm- lungen sind wohl die bedeutendsten ihrer Art, und nach ihrem Vorgang wurden später an vielen anderen Orten in den skandinavischen Ländern und anderswo, ähnliche Sammlungen angelegt. So z. B. in Lund, Kopenhagen, Helsingfors, Riga, Berlin (Museum für Volkstrachten) etc.; selbst in dem kleinen, aber bemerkenswerthen Museum in Celle nahm Vortragender kürzlich erfreuliche Anfänge zur Herrichtung alter Bauernstuben wahr. Auch in Danzig wäre es erwünscht und geboten, thunlichst bald solche volkskundlichen Sammlungen aus der Provinz, wovon bescheidene Anfänge bereits im Prcvinzial-Museum gemacht sind, in größerem Umfange auszugestalten, wenn nicht Mangel an Raum und an Hilfskräften auch hierbei hemmend ^wirkte. Im Anschluß daran führt der Vortragende eine größere Anzahl ausgetuschter Porträtaufnahmen von Schwedinnen und Norwegerinnen in den dort zu Lande üblichen, malerischen Trachten vor; z. B. aus Skäne, Blekinge, Dalarne, Lapland, sowie vom Hardanger Fjord u. a. m. Theilweise liegen wirklich Aufnahmen von Bäuerinnen, theilweise solche von Stockholmerinnen, bei denen diese kleidsamen Anzüge im Hause sehr beliebt sind, zu Grunde. Mit Rücksicht auf die nach Spitzbergen geplante Expedition Professor Nathorst’s, welcher unserer Naturforschenden Gesellschaft als Correspondirendes Mitglied angehört, giebt Vor- tragender eine Uebersicht der jetzigen Polar expeditionen überhaupt. Zunächst legt er Ab- bildungen, die sich auf Andree’s Aufstieg von Danskön am 11. Juli 1897 beziehen, sowie ein Facsimile der zwei Tage später abgelassenen Brieftaubennachricht vor. Er erörtert, nach der in 2 xvni maßgebenden Kreisen Stockholms herrschenden Meinung, die Aussichten, über das Schicksal dieser eigenartigen Expedition im Sommer Näheres zu erfahren. Schon im nächsten Monat segeln mehrere Schiffe nach Spitzbergen, und im Juni gehen Yergnügungsdampfer dorthin, denn die Westküste der Insel ist neuerdings ein beliebtes Reiseziel geworden, und seit 1896 besteht dort ein Touristenhotel, ja seit 1897 wird eine (in Hammerfest gedruckte) eigene Zeitung da- selbst verbreitet. Falls Andkee oder einer seiner Gefährten nach Franz Josefsland gekommen ist, so findet er einige ihm wohl bekannte, gefüllte Depots vor; außerdem gelangt voraus- sichtlich im Juni die Expedition des Amerikaners Wellmann dorthin, um in dem folgenden Frühjahr zum Nordpol vorzudringen. Auch auf Nowaja Semlia und im nördlichen Grönland besteht kaum eine ernste Gefahr, hingegen könnte ein Niedersteigen im amerikanischen Polar- gebiet verhängnißvoll sein, da in diesem Fall menschliche Wohnungen sehr weit entfernt wären. — Nathorst war bereits zweimal auf Spitzbergen, zuerst 1870 als 19 jähriger Jüngling, außerdem nahm er 1883 an A. E. Nordenskioeld’s Expedition nach Grönland Theil und ging, während dessen Wanderung übers Eis, mit der „Sofia“ nach Kap York an der Nordwestküste Grönlands. Obwohl Schweden schon zwölfmal nach Spitzbergen wissenschaftliche Expeditionen ausgerüstet hat, deren erste im Jahre 1858 und deren letzte 1890 unter Nordenskioeld’s Sohn Gustav (-!•) stattfand, gelang es dennoch für eine neue Expedition dorthin Interesse zu wecken. Wie immer betheiligten sich auch diesmal an der Aufbringung der Kosten, welche auf 80 bis 90000 Kr. zu veranschlagen sind, hauptsächlich König Oscar und der kürzlich verstorbene Göteborger Handelsherr DiCKSON ; daneben aber auch andere unermüdliche Gönner der Polar- forschung. Es wird nun beabsichtigt, zu Anfang des Sommers zuerst nach West-Spitzbergen zu gehen, um hydrographische, geologische, botanische und zoologische Untersuchungen zu ver- anstalten. Darauf soll die Fahrt zum Storefjord gerichtet werden, welcher erst einmal besucht und daher wenig bekannt ist. Wenn dann im Spätsommer die Eisverhältnisse weiter nach Osten günstiger geworden sind, werden Kung Karls Land und Ny Island, wo überhaupt noch kein Gelehrter gewesen ist, durchforscht werden. Eine üeberwinterung ist zwar nicht geplant, jedocb sollen alle Yorkehrungen dafür getroffen werden. Als Expeditionsschiff dient das norwegische Fahrzeug ,,Antarctic“, welches früher bei der Wallfischfang-Expedition ins südliche Eismeer verwendet ist. Die Theilcehmer sind folgende: Professor Nathorst, Chef und erster Geolog der Expedition; Docent Gunnar Andersson, Quartärgeolog und Botaniker; J. G. Andersson, Hydrograph und zweiter Geolog; Docent Axel Hamberg, Kartograph und Glacial- forscher; Gand. H. Hesselman, zweiter Botaniker und Biolog; Leutnant Kjellstroem, Kartograph; Oonservator Kolthoff, Zoolog (Wirbelthiere); Docent Lewin, Arzt und Bacteriolog; Capitän Nilsson, welcher 1883 NordeNSKIOELD nach Grönland begleitete, Führer des Schiffes; Docent Ohlin, der auch schon früher in Grönland gewesen ist, Zoolog (Wirbel- lose Thiere). Außer dieser sollen im Sommer noch zwei andere, kleinere Expeditionen von Schweden ausgesandt werden. Einmal wird, wahrscheinlich im Verein mit Norwegen und Rußland, eine Gradmessungs-Expedition nach Spitzbergen gehen. Sodann soll das Yega-Stipendium diesmal als Beihilfe zu den Kosten einer Hilfsexpedition nach der Lenamündung verwendet werden, da man neuerdings vermuthet, daß AndrHe vielleicht dorthin gerathen sein könne. — Wie die Schweden, so haben auch die Norweger ihre eigenen Expeditionen ausgerüstet. FRITJOF Nansen’s Fahrt mit der ,,Fram“ und seine Wanderung über’s Eis ist allgemein bekannt. Auf Franz Josefs-Land hatte er auch eine Anzahl fossiler Pflanzen, darunter ein Fragment eines verkieselten Baumstammes, gesammelt, welches dem Vortragenden zur Untersuchung übergeben wurde. Bei mikroskopischer Betrachtung zeigte sich, daß es einem Nadelholz angehört, welches einst im Leben von parasitischen Pilzen befallen und zersetzt worden ist. Der Führer der Fram, Capitän Sverdrüp, welcher vordem auch schon Nansen in Grönland begleitete, rüstet sich jetzt zu einer neuen Expedition nach Westgrönland zum Smith’s Sund. Wenn es nicht möglich ist, die große Insel zu umschiffen, will er auf Schlitten mit Hunden an den noch unbekannten Küsten Vordringen, um den nördlichsten Theil Grönlands kennen zu lernen und dessen meteorologische und geologische Verhältnisse zu untersuchen. SVERDRUP gedenkt Ende XIX Mai von Christiania auszugeheii und nach zwei bis drei Jahren wiederzukehren, jedoch ist die Ausrüstung für alle Fälle auf vier Jahre bemessen. Der Storthing hat die Fram zur Ver- fügung gestellt und auch 20000 Kr. zum Umbau des Schiffes bewilligt; im Übrigen werden die ganzen Kosten der Expedition von Privatleuten getragen. Das Personal besteht aus mehreren Theilnehmern an der Expedition Nansen’s, dazu kommen ein schwedischer Botaniker, ein dänischer Geolog u. a. m. — Gleichzeitig will in diesem Sommer auch der Amerikaner Peary nach Nordgrönland aufbrechen, wo er schon früher wiederholt geweilt hat. Er beabsichtigt nicht besondere wissenschaftliche Untersuchungen, sondern hat vor allem den Nordpol als Ziel vor Augen. — Unter den Grönlandforschern gebührt den Dänen ein hervorragender Platz, und die reichen Sammlungen von Fossilien aus Grönland, vornehmlich dänischen Antheils. sind im neuen Geologischen Museum zu Kopenhagen in einem besonderen Saal aufgestellt. Am 1. Mai geht der Staatsgeolog K. J. W. Steenstrup, welcher schon öfters zu Studienzwecken in Grönland weilte, nach der Insel Disko, um die Gletscherbildungen dort zu untersuchen und zu kartiren. Im Herbst d. J. kehrt er wieder nach Dänemark zurück. Sodann hat der Karlsbergs-Fonds in Kopenhagen die Summe von 150000 Kr. für eine geographische und geologische Unter- suchung der Ostküste Grönlands zwischen der dänischen Kolonie Angmagsalik und Scoresby Sund ausgesetzt. Zum Leiter dieser Expedition ist der Marine-Leutnant Amdrup ausersehen, welcher mit Gand. Kruse als Naturforscher, einem jungen Arzt und zwei Matrosen, im August d. J. nach Angmagsalik aufbrechen wird. Von dort soll der Weg in Böten und Schlitten zurückgelegt werden, um Proviantlager so nördlich wie möglich zu deponiren. In nächstem Jahr kehrt er nach Kopenhagen zurück, um 1900 zu Schiff nach Scoresby zu gehen und von dort gegen Süden zu den Depots sich durchzuarbeiten. Wiederholt hat Vortragender auch in Upsala geweilt, wo sich die älteste und größte Universität des Landes befindet; sie zählt gegenwärtig etwa 1800 Studireiide. Im Jahre 1161 wurde der Sitz des Erzbischofs nach Upsala verlegt. Vordem, in heidnischer Zeit, war das 5 km ]iördlich gelegene, heutige Bauerndorf Gamla Upsala (Alt Upsala) die Kesidenz der schwedischen Könige, mit dem bedeutendsten Tempel des Alterthums im Norden. Weithin sichtbar erhebeji sich drei gewaltige Hügelgräber, Avelche nacli den Hauptgöttern Odin, Thor und Frey benannt sind; daneben liegt noch ein vierter Hügel, von weicliem einst die Könige zum Volke redeten. Nach der Sitte der Vorfahren püegeji auf den Hügeln noch lieute die Studenten Meth aus großen Hörnern zu trinken. Durch Professor Th. M. Fries, der außer botanischen W'erken auch ein vortreffliches Bucli über Grönlands Natur und Einwohner (Grönland, desse natur och innevänare. Upsala 1872) geschrieben hat, wurde V^ortragender in eine Sitzung der Botanischen Section der Naturwissenschaftlichen Studentengesellschaft geführt, an welcher nicht nur zahlreiche Studirende beiderlei Geschlechts, sondern auch die Docenten des Faches vollzählig Theil nahmen. In dem dortigen Kreise erbot sich der schon erwähnte tJandidat Hesselm an in freundlichster Weise dem Vortragenden, ilin auf seinen Excursionen zu begleiten; und davon hat er auch wiederholt Gebrauch gemacht. Ein anderes Mal erhielt er von Professor Hoegbom eine Einladung zu einer Sitzung der geologisclien Section, welche, wie die andere, mehrere Stunden andauerte. Er äußert sich anerkennend über das eifrige und ernste wissenschaftliche Streben der schwedischen akademischen Jugend welclie Körper und Geist durch viel gymnastische Uebungen und Sport stets frisch erhält und daneben auch studentischem Frohsinn nicht abhold ist. Des weiteren kommt er, unter Vorlage von Studienplänen, Studieidiandbuch und V^orlesungsverzeichniß, auf die dortigen Studienverhältnisse zu sprechen, die in mehr als einer Beziehung von den deutschen abweichen. Zunächst ist die Abgrenzung der Semester ('^I'ermine) verschieden, und zwar zweckmäßiger, wie es scheint; denn das eine Semester geht vom 15. Januar bis Ende Mai und das andere vom 1. September bis zum 15 Dezember. Das Studium dauert im allgemeinen länger, so daß sich die jungen Leute mehr in den Gegenstand vertiefen können. In der Regel sind bis zum Ablegen der abschließenden Prüfüngen in der theologischen Facultät 9 dahre, in der juristischen TVa? bi der medizinischen lf)V2 in der |)hilosophischen 8 bis XX 8V2 Jahre erforderlich. Bei "Naturwissenschaftlern wird besond®’''®^’ Werth nicht bloß auf praktische Uebungen, sondern auch auf das Durcharbeitender Literatur gelegt; ferner haben sie in der Zeit vor dem Examen mehrere druckreife Abhandlungen zu liefern. Außerdem arbeiten die Studirenden der Botanik und Zoologie auch "einen Sommer an der Meeresstation in Kristineborg. Um den Doctorgrad zu erwerben, ist noch eine besondere Publication nöthig, die ziemlich umfangreich zu sein pflegt; so umfaßt z. B. die vorliegende akademische Dissertation Oscar Almgren’s (Studien über nordeuropäische Fibelformen. Stockholm 1897) 16 Druckbogen, sowie 2 einfache und 9 Doppeltafeln. Uebrigens herrscht in Schweden noch die Sitte des Doctorhuts und Doctorrings. Im Süden der Universitätsstadt, etwa 11 km entfernt, ist Hammarby der Sommersitz LiNNfi’s gelegen,- welchen der Vortragende unter Führung des Docenten K. Sernander von Upsala aus besuchte. Mit rührender Pietät werden dort alle Baulichkeiten, welche jetzt Staatseigen thum sind, besonders das erste Stockwerk des Wohnhauses, in dem nämlichen Zustand belassen, welchen sie bei LiNNfi’s Tode gehabt haben; aber auch im Garten und in der weiteren Umgebung sucht man die einst von ihm gepflegten Pflanzenarten dauernd zu erhalten. Unweit auf einem Hügel im Walde liegt das berühmte Museum LiNNfrs, ein ein- facher kleiner steinerner Pavillon, wo er vor Zuhörern aus aller Flerren Länder seine Vor- lesungen hielt. Der Inhalt des Museums, die ganzen Sammlungen, sind bekanntlich dem Vaterlande entgangen und s. Zt. nach London gebracht worden. Daher gehören in Schweden Herbarienpflanzen mit seiner Unterschrift zu den Seltenheiten, indessen konnte der Vor- tragende ein solches Exemplar der Versammlung vorlegen. Ebenso zeigte er mehrere An- sichten von Hammarby, sowie Porträts LinnE’s u. dgl. m. Etwas weiter südlich, also in der Richtung nacli Stockholm, liegt Valloxsäby, ein Gut des Baron v. Paykull, dessen Bekanntschaft Vortragender in Idun, einem vornehmen Club von Künstlern und Gelehrten in Stockholm, gemacht hatte. In den dortigen Wäldern lernte er bemerkenswerthe Wachsthumsformen von Kiefer und Fichte kennen, nachdem er eine andere ausgezeichnete (Repe7Js-)Form der letzteren Baumart schon früher, auf einer mit Herrn Sernander nach Rörken ausgeführten Excursion, gesehen hatte. Sodann folgte er einer Einladung des Freiherrn v. Nordenskioeld auf sein Gut Dalbyö bei Trosa, von wo er auch einige der äußeren, theilweise unbewohnten Skären besuchte. Das Herrenhaus liegt unmittelbar an der Meeresküste, umgeben von Park und Wald, die mancherlei Seltenheiten aufweisen. Es ist reich an Erinnerungen von Nordenskioeld’s Reisen, liesonders von seiner denkwürdigen Vegafahrt. Im Garten gedeihen vorzüglich Rothbuche und Epheu, welclie beide auch Früchte ausbilden; im nahen Walde steht eine einzelne Eibe, und an anderer Stelle kommt der Straußfarn urwüchsig vor. Im gastlichen Hause lernte Vortragender, neben Nordenskioeld’s Gattin, auch den (jetzt einzigen) 20jährigen Sohn Erland kennen, welcher ihm von einer interessanten Entdeckung erzählte, die er dort gemacht hatte. Als er im Winter vorher in Dalbyö unter dem Eise einige Algen lierausholen wollte, fand er mehrere lebende Schnecken im Eis eingefroren. Indem er später diese Be- obachtung weiter verfolgte, konnte er bei 22 Arten, hauptsächlich aus den Gattungen Limnaea^ Physa und Flanorbis feststellen, daß sie im Winterschlaf eingefroren waren, wobei sonst Deckel- lose einen Deckel gebildet hatten. Da er öfters an der Unterfläche des Eises auch Mollusken schwimmend fand, glaubt er annehmen zu dürfen, daß sie sich geradezu einfrieren lassen, besonders die sonst Deckellosen, und daß sie sich auf diese Weise schützen. In dem Falle könnte treibendes Süßwossereis ein vortreffliches Verbreitungsmittel für Süßwasserschnecken abgeben. Vortragender legte einige vom jungen Nordenskioeld in Dalbyö im Eis gesammelte lebende Exemplare von Limnaea peregra Miteil. mit Winterdeckel vor. Im Uebrigen hat, wie die meisten Entdeckungen, auch diese schon ihren Vorläufer gehabt. In dem Reisewerk des bekannten russischen Naturforschers v. MiddendorfF, eines Oheims des hier domicilirten General-CJonsuls v. Bogoslovsky, findet sich eine Stelle, welche darauf schließen läßt, daß er 1843 im Tairmyrland einige P4ysa-Exemplare gesehen hat, die in Eis überwintert hatten. XXI In Dalby'ö liat Nordenskioeld (Vater) mittels Diamantbohrers im Urgebirge einen Tiefbrunnen ausfüliren lassen; ähnliche Anlagen sind auch im neuen Seebad Stockholms (Saltsjöbaden), im Gelände der Ausstellung und an anderen Orten gemacht. Fast überall hat er in etwa 34 m Tiefe gutes Trinkwasser angetroffen, woraus er folgert, daß sich in Schweden in dieser Tiefe, parallel der Erdoberfläche im Gestein, ein wasserführender Spalt hinzieht. Näheres darüber findet sich in Nordenskioeld’s Abhandlung: Om borrningar efter vatten i urberget. Geologiska Föreningens Förhaiidlingar. XYIII. 5. Stockholm 1896. S. 269 ff*. Auf der Eückreise von Stockholm stattete der Vortragende dem Königlichen Forstrevier Om b erg am Vätternsee einen zweitägigen Besuch ab. Bei Schilderung desselben kam er auf die allgemeinen forstlichen Verhältnisse in Schweden zu sprechen und legte mehrere ein- schlägige Arbeiten von Holmerz, Axel, N. Lundstroem, Alb. Nilsson, R. Tolf u. a. vor. In Omberg hat früher die Eiche geherrscht, wie noch einige lebende Exemplare und alte, theilweise subfossile Stubben bezeugen; indessen ist sie jetzt fast ganz von der Fichte ver- drängt, welche sich überhaupt im Lande immer mehr ausbreitet. Von besonderem Interesse ist im Belauf Stocklycke das Auftreten der Roth buche, zumal es das nördlichste ur- wüchsige ist, sofern es nicht etwa einer alten Cultur seine Entstehung verdankt. Aber das freudige Gedeihen der Bäume, deren Stamm unten bis fünf Meter Umfang erreicht, sowie der reiche Fruchtansatz, das Reifen der Samen und der viele Aufschlag ringsum, stehen sehr wohl mit einem natürlichen Vorkommen dort im Einklang. Außerdem findet sich an mehreren Stellen die Eibe (idegran), welche gleichfalls reichlich Früchte zur Entwickelung bringt. Auch Epheu tritt vereinzelt am Boden auf, jedoch ist die Pflanze nicht häufig und kaum mit Namen (murgröna) bekannt; weiter nördlich, etwa in der Gegend des Mälaren erreicht sie die Grenze ihrer Verbreitung. Eine Beschreibung der Boden- und Vegetations-Verhältnisse der Omberger Forst hat Herr Civilingenieur P. DusEn veröffentlicht (Ombergstraktens fiora och geologi, med en karte. Stockholm 1888), welcher später wissenschaftliche Reisen nach Afrika und Südamerika ausführte. Vor Kurzem von dort zurückgekehrt, begleitete er jetzt den Vortragenden in das interessante Revier. Mitten im Walde liegt auch eine Vorbereitungs- anstalt für die höheren Forstbeamten, und am Waldrande bei Alvastra, unweit der malerischen Ruinen eines Oistercienserklosters aus dem 12. Jahrhundert, ein gutes Touristenhotel, von welchem aus man einen herrlichen Blick über die Landschaft und über den See genießt. Die Umgebung des Vätternsees gehört wohl zu den schönsten im Lande und bietet eine Fülle reichen Naturgenusses. Am Südende liegt Jönköping, eine Stadt von mehr als 20000 Einwohnern, die zum größten Theil aus Holzhäusern besteht. Bei uns ist sie haupt- sächlich bekannt durch die Fabriken von Zündhölzern ohne Schwefel und gelben Phosphor deren erste 1860 gegründet wurde. Das Material liefert meist Espenholz, welches weither, selbst aus Rußland, bezogen wird. Vor mehreren Jahren sollen Japaner nach Jönköping ge- kommen sein, um die Herstellungsweise kennen zu lernen, und später richteten sie ähnliche Anlagen in ihrer Heimat ein, von wo aus jetzt besonders Nordamerika mit Sicherheits- zündhölzern versorgt wird. In Jönköping sind seitdem die Fabriken nicht mehr Fremden zugänglich. Die Stadt ist aber auch der Sitz der schwedischen Moorcultur- Vereinigung, deren Laboratorium und Sammlungen der Vortragende unter Führung der Directoren V. Feilitzen und R. Tolf besuchte. Die Verwerthung des Torfs, welcher in ungeheurer Ausdehnung dort vorkommt, beruht namentlich in der Fabrikation von Torfstreu, und auf dem ehemaligen Torfboden baut man, nachdem derselbe entsprechend behandelt ist, z, B. Hafer, Roggen, Kartoffeln, Klee und Gräser an. Auch Torfkohle wird hergestellt, wobei als Nebenproduct Torfwolle abfällt, die mit thierischer Wolle zusammen zu Decken, Zeug, Socken u. dergl. verarbeitet werden kann; einige Proben davon werden der Versammlung vorgelegt. Weiter berührte Vortragender u. a. auch Lund, die andere Universität des Landes, und legte Ansichten des herrlichen Domes, des hervorragendsten Denkmals spätromanischen Stils in Skandinavien, sowie einiger Universitätsinstitute und des Studentenclubhauses vor. XXII Tji deji stattliclien KäiJiuiieii desselben wurde von den Studenten gerade an dem Abend, an welcliem Vortragender ankam, ein Ball gegeben, in Folge dessen sämmtliche Gasthäuser der Stadt überfüllt waren. Ferner besprach er einige größere Publikationen Professor Areschoug’s, Murbeck’s und anderer Docenten, in deren Kreise er anregende Stunden verlebt hat. Zum Schluß drückte der Vortragende den Wunsch aus, daß unsere Landsleute immer mehr Schweden zum Ziel ihrer Reise wählen möchten. Wer einmal dort gewesen, fühle sich mächtig angezogen von der heirlichen Natur des Landes und von dem liebenswürdigen (Jharakter seiner Bewohner, sowie von den vortrefflichen öffentlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Der Verkehr im Allgemeinen wird sehr erleichtert, und namentlich leistet der Schwedische Touristenverein hierin Außerordentliches. Das von demselben neuerdings in deutscher Sprache herausgegebene ,, Reisehandbuch“ mit Sprachführer und zahlreichen Karten wird vorgelegt und warm empfohlen; die Hauptredaction hat in bewährter natur- kundiger Hand gelegen. Auch sonst geschieht Seitens dieser Vereinigung viel zur Hebung des Verkehrs im ganzen Lande, zumal durch Veröffentlichung wohlfeiler illustrirter „Weg- weiser“, wovon verschiedene Ausgaben vorgezeigt werden. Wer dem Verein gegen ein geringes Jahresgeld als Mitglied beitritt, erhält überall frei Auskunft, zuverlässige Führung und auch mancherlei Ermäßigungen. Unberührt von allen geschäftlichen Zwecken hat der Verein nur das eine Ziel vor Augen, sein schönes Vaterland in den weitesten Kreisen bekannt und leicht zugänglich zu machen. Ueber die rührige und erfolgreiche Thätigkeit des A'ereins wird in der mit zahlreichen Abbildungen ausgestatteten Svenska Turistföreningens Arsskrift regelmäßig berichtet; die letzten Jahrgänge derselben werden vorgelegt. Eine der vornelimsten landeskundliclien größeren Publikationen, nach Inhalt und Aus- stattung ein klassisches Werk, ist die im Erscheinen begriffene Festschrift über Stockholm und seine Umgebung, vom Akademiker Dr. E, W. Dahlgren. Auch liiervon wird ein ddieil, welcher herrliche Landschaftsbilder aus der Nähe der Hauptstadt enthält, vorgelegt. Bisweilen hört man wohl die Ansicht äußern, daß in Schweden eine uns Deutschen nicht freundliche Stimmung herrsche, und daß man mehr mit unseren Nachbarn im Westen sympathisire. Vortragender bemerkt, daß er wiederholt und längere Zeit dort geweilt und sich auch vielfach im Lande bewegt habe, ohne je eine derartige Wahrnehmung irgendwo gemacht zu haben. Dagegen begegne man überall einer aufrichtigen Theilnahme für Deutsch- land und, in überraschender Weise, einer eingehenden Kenntniß deutscher Verhältnisse; ganz abgesehen von der besonderen Beachtung, welche deutsche Wissenschaft in Schweden erfährt. Dazu kommt, daß die deutsche Sprache, neben der Landessprache, die verbreitetste ist, so daß man nicht selten die Beobachtung machen kann, wie sich andere Ausländer deutsch mit den Einheimischen verständigen. Im Familienkreise, auch auf dem Lande, werden deutsche Unterhaltungsblätter und andere deutsche Journale gehalten und gern gelesen. Man hat die Schweden, wohl wegen ihres höflichen anmuthigen AVesens sowie wegen ihrer guten Figur und der Eleganz ihrer Kleidung, die Franzosen des Nordens genannt: „aber“, so ist dem A^ortragenden öfters erwidert worden, ,,wir wollen garnicht so heißen!“ 6. Sitzung vom G. April 1898. Herr Professor Momber legt folgende neue Druckschriften vor: Eine Abhandlung des Herrn Dr. Pincus hier, den neuesten Band von Engler’s „Botanische Jahrbücher^‘ (Geschenk des Herrn Verlagsbuchhändlers Reinicke- Leipzig), den ersten Band der Verhandlungen der letzten Naturforscher- Versammlung in Braunschweig, den Verwaltungsbericht des Westpreußischen Provinzial-Museums, außerdem eine im Hinblick auf die hier neu zu errichtende Technische Hochschule wichtige Broschüre von Prof. RiEDLER-Charlottenburg „Unsere Hochschulen und die Anforderungen des 20. Jahrhunderts‘b XXIII Hierauf spi icht Herr Stadtrath Helm über die Beschaffenheit des zur Ver- mehrung des Oanziger Leitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Steinschleuse. Die Städtischen Behörden beschlossen im Herbst des Jahres 1896, nachdem der voran- gegangene Sommer einen empfindlichen Wassermangel in der Prangenauer Leitung herbeigeführt hatte, und mehrfache Rohrschäden in dem Zuleitungskanal eingetreten waren, eine Vermehrung des Leitungswassers durch Wasser aus neuanzulegenden Tiefbrunnen anzubahnen. Diese Ver- mehrung sollte so ausgiebig bemessen werden, daß sie die Stadt unter Umständen von der Prangenauer Leitung unabhängig zu machen im Stande wäre. Es lag nahe, zur Erreichung dieses Zweckes an das im Untergründe der Stadt befindliche Grundwasser zu denken, welches nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte im allgemeinen als ein gutes und einwand- freies Genußwasser zu betrachten ist, wenn es auch einen nicht unbedeutenden Gehalt an gelöstem Eisen enthält, der sich aber unschwer schon vor dem Gebrauch des Wassers ent- fernen läßt. Bereits im Dezember 1896 berichtete Herr Helm über die eingehende Untersuchung eines solchen Wassers aus einem neuen Tiefbrunnen in der Bastion Gertrud. Die Ausbeute aus diesem Brunnen, der zum Anschluß an die Prangenauer Leitung bestimmt war, erwies sich als ungenügend, da aus ihm täglich nur ca. 1200 cbm Wasser gefördert werden konnten. Zur Befriedigung des vollen Bedürfnisses wurde die Anlage weiterer Tiefbrunnen beschlossen. Man ging dabei von der Voraussetzung aus, daß aus drei bis fünf Tiefbrunnen die genügende Menge Wasser zu erhalten sei, und daß von der Bastion Gertrud bis zur Steinschleuse ein aus- reichender Grundwasserstrom sich bewegt. Zur Ermittelung der Richtung, Beständigkeit und der gewünschten Ergiebigkeit (8000 bis 10 000 cbm Wasser pro Tag) dieses Stromes wurde im Sommer 1897 der Geologe Professor Jentzsch- Königsberg mit den erforderlichen geologischen und hydrographischen Untersuchungen beauftragt. Jentzsch führte in seinem Gutachten aus, daß von den Höhen in ungefähr west- östlicher Richtung nach der von der Mottlau durchflossenen Niederung ein Grundwasserstrom sich bewegt, der vorher schon an der Bastion Gertrud, der Gasanstalt und der Oelmühle, mittlerweile auch auf dem Terrain des Stadtbauhofes an der Steinschleuse erbohrt ist. Ueber die dauernde Ergiebigkeit sprach sich Herr Jentzsch dahin aus, daß der in diesem Grundwasserstrom erfahrungsmäßig liegende, sehr wasserreiche Diluvialsand für den gleichmäßigen Wasserzufluß Gewähr leiste (vergl. dieses Heft S. 16—23). Mit Erfolg ist nun an der Steinschleuse ein 38 m tiefer Grundbrunnen angelegt worden, welcher 2 — 3000 cbm Wasser täglich liefert. Zugleich konnte nunmehr die genaue Richtung Südwest — Nordost) festgestellt werden, in welcher sich das Grundwasser dortselbst bewegt. Die von Herrn Helm vorgenommeoe chemisch-physikalische Untersuchung des diesem Brunnen zu entnehmenden Wassers hat nun ergeben, daß dasselbe in seinen Eigenschaften ungefähr die Mitte hält zwischen dem Prangenauer- und dem Wasser aus dem erwähnten Brunnen in Bastion Gertrud. Die Temperatur des neuen Wassers betrug am 4. April 8,20, die des Wassers von Bastion Gertrud 8,5 0 (im Oktober), die Temperatur des Prangenauer Wassers schwankt zwischen 5 und 70 c. Die Härte, wesentlich bedingt durch den vorwiegenden Kalkgehalt (12 Theile auf 100 000 Theile Wasser) beträgt 15. Das Wasser ist klar, farblos und ohne Geruch, der Geschmack ist erfrischend und rein, wenn auch ein wenig nach Eisen. Nach 24 ständigem Stehen an der Luft scheidet das Wasser einen gelblichen Satz (größtentheils Eisenoxydhydrat) ab, das darüber stehende Wasser ist klar und schmeckt nicht mehr nach Eisen. Der hohe Eisengehalt des diluvialen Untergrundes bedingt den etwas störenden Eisengehalt des Wassers, der übrigens, wie in der an den Vortrag sich anschließenden Debatte hervorgehoben wird, auch dem Prangenauer Quellwasser eigenthümlich ist und erst in der Sammelstube in Prangenau, in der Hauptleitung und vor allem im Hochbassin bei Ohra verloren geht, so daß in die Stadt das bereits abgeklärte Wasser gelangt. Befreien läßt sich das Brunnenwasser von dem über- XXIV schüssigen Eisen durch eine ausgiebige Durchlüftung und darauf folgende Filtration, ein Ver- fahren, wie es bereits in anderen Städten mit Erfolg in ähnlichem Falle in Anwendung ist. Im Hinblick auf die Güte des erbohrten Wassers sollen auf der Strecke von der Stein- schleuse nach dem Legethor noch mehrere Tiefbrunnen angelegt werden. Der Kustos am Provinzial-Museum, Herr Dr. Kumm, maeht sodann einige Mittheilungen über die San Jose-Schildlaus {Äspicliotus perniciosus Comst.) und legt zur Erläuterung einen der hiesigen Sammlung Seitens des Hamburger Botanischen Museums freundlichst überlassenen Apfel aus Callfornien vor, an welchem in den Vertiefungen am oberen und unteren Ende eine Anzahl dieser Thiere sitzt; auch demonstrirt er dieselben unter dem Mikroskop. (Vergl. dieses Heft, S. 53 — 55.) Herr Dr. Adolf Wallenberg spricht über den Einfluss der Sinne auf den Bau des Nervensystems. Die Einführung der Gesetze von der Anpassung und Vererbung in die Entwickelungs- gescbichte hat das Gebiet der Zoologie zur vergleichenden Anatomie erweitert; die Selections- theorie zeigte den Weg, auf dem die Ursachen für die im Laufe der Stammesentwickelung beobachteten, durch den Kampf ums Dasein bedingten Veränderungen des Thierkörpers gefunden werden konnten. Die Außenwelt wirkt nach zwei Richtungen umgestaltend auf den thierischen Organismus ein, einmal dadurch, daß die äußere Form, Größe, Temperatur und chemische Zusammensetzung der Körpertheile sich den Forderungen der Umgebung anpaßt, und zweitens dadurch, daß die Fälligkeit, Reize der Umgebung in sich aufzunehmen, zu verarbeiten, in Bewegungen umzuwandeln, innerhalb der Thierreihe erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Die Sinnesorgane, welche zur Aufnahme der Reize dienen, stehen mit dem Nervensystem in enger V'erbindung durch Sinnesnerven, deren Volumen von der Entwickelung der betreffenden Organe abhängt. Die Gestalt des Nervensystems wird nun bedingt erstens durch Größe und Form der Einmündungsstelle der Sinnesnerven, zweitens durch die mit der Größe der zu be-wegenden Muskelmassen schwankende Zahl motorischer Ganglienzellen, drittens durch die Verbindungen sensibler und motorischer Centren unter sich und mit anderen Theilen des Gehirns und Rückenmarks. Unter den zahlreichen Männern, denen wir die Grundlegung der ver- gleichenden Anatomie des Nervensystems verdanken, hat sich Professor Edinger in Frankfurt a. M. durch Einführung eines vielfach bewährten Prinzips in die anatomische Forschung ganz besonders verdient gemacht. Es giebt, sagt er, gewisse Grundlinien in der Architektonik des Nervensystems, welche in der ganzen Wirbelthierreihe wiederkehren. Aufgabe des Anatomen ist es, das Thier in der Reihe herauszusuchen, welches die betreffende Linie in größter Reinheit und Stärke besitzt. Ist sie bei diesem erst in ihrer ganzen Länge festgelegt, so ist es nicht schwer, sie auch in complicirter gestalteten Gehirnen wiedei'z ahnden. Vortragender erläutert nun an der Hand schematischer Zeichnungen die allmähliche Ent- wickelung des Rückenmarkes als centraler Endstätte der Haut-Sinnesnerven, die Veränderungen seiner Gestalt je nach dem Ueberwiegen seiner einzelnen Bestandtheile. Die Haut der Fische enthält an beiden Seitenlinien des Rumpfes becherförmige Organe und Schleimkanäle, deren Bedeutung noch nicht hinreichend geklärt ist. Diese stehen mit Theilen in Verbindung, die einen starken Einfluß auf die Form des ganzen Fischhirns ausüben. Bei höheren Wirbelthieren wandelt sich ihre nervöse Leitung allmählich in Geschmacksnerven um, und ihre Endigungs- stätte verkümmert. Die Bogengänge des Labyrinths, in jedem Augenblick über die Lage des Körpers orientirend, besitzen enge Beziehungen zum Kleinhirn, das auch mit allen anderen Sinnescentren verknüpft ist, und die Entwickelung des Kleinhirns ist daher vollständig propor- tional dem Bedürfniß der Gleichgewichtserhaltung bei den einzelnen Species. In ganz ähnlicher Weise hängt die Ausbildung des sogenannten hinteren Vierhügels vom Gehörorgan, die Ent- wickelung des Mittelhirns, auf höheren Stufen auch diejenige des Zwischenhirns vom Sehapparat XXV ab, während das Geriichsorgan auf die Gestalt des Vorderhirns einen mächtigen Einfluß ausübt. Die Rinde des Vorderhirns, charakterisirt durch eine reiche Zahl von Verbindungsmöglichkeiten sowohl wie durch die Fähigkeit, Eindrücke festzuhalten, fehlt bei den niedersten Fischen, sie verbindet sich, wie Edinger nachgewiesen hat, noch bei Reptilien ausschließlich mit dem Riech- apparat, erst bei höheren Wirbelthieren gliedern sich die anderen Sinnesgebiete an und drängen beim Menschen den Riechantheil der Rinde in den Hintergrund, Auf dieser Höhe der Ent- wickelung tritt die Ausbildung der einzelnen Sinnescentren vollständig zurück gegen die gewaltige Vergrößerung der Vorderhirnrinde und ihrer Verbindungen mit allen Theilen des Centralnerven- systems, insbesondere mit den beschriebenen Endstätten der Sinnesnerven. Daher die Fähigkeit des menschlichen Großhirns, auch ein relativ geringes Material von Sinnesreizen weit besser zu verwerthen. als es die niederen Wirbelthiere mit ihren höher ausgebildeten Sinnes Werkzeugen und Sinnescentren vermögen. Diese Eigenschaft der menschlichen Großhirn- oder Vorderhirn- rinde, auch minimale Sinneserregungen neben den starken Sinneseindrücken als gleichwerthige Factoren in das Getriebe des psychischen Mechanismus einzureihen, sie durch Association mit anderen Erinnerungsbildern zu höheren Einheiten umzumodeln, giebt einen deutlichen Fingerzeig für die Erziehung von Kindern mit mangelhafter Entwickelung wichtiger Sinne (insbesondere Auge und Ohr). Der Unterricht darf in diesen Fällen sich nicht auf eine bessere Ausbildung der gesunden Sinne beschränken, sondern muß daneben die vorhandenen Reste von Erregungen aus dem defecten Sinnesgebiet sorgfältig heraussuchen, sie durch stete Hebung möglichst häufig innerhalb der Rinde in Verbindung setzen mit den Erinnerungsbildern aus den gesunden Sinnen, und auf diese Weise die Möglichkeit schaffen, daß die Rinde nach allen Richtungen hin leistungs- fähig wird. 7. Sitzung vom 11. Mai 1898. Herr Professor Momber legt einige neu eingelaufene Druckschriften der Mitglieder vor, darunter außer dem soeben erschienenen umfangreichen Werke des Herrn Dr. Freitag hier über Nierenkrankheiten zahireiche kleinere, zu- meist geologische Schriften des Herrn Professor Dr. DEECKE-Greifswald. Herr Verlagsbuchhändler REiNiCKE-Leipzig hat wiederum in zuvorkommender Weise den jüngsten Band von Engler’s „ Botanische Jahrbücher ‘‘ der Bibliothek als Geschenk überwiesen. Ein unter dem Titel „Tabularum .... trias“ veröffentlichtes, recht nützliches Tafelwerk zur besseren Anwendbarkeit von Vega’s thesaurus logarithmorum wurde der Gesellschaft von dem Verfasser Herrn M. Edler v. LEBER-Wien zugesandt. Für alle Berechnungen nämlich, bei welchen die siebenstelligen Logarithmen nicht mehr ausreichen, ist man, wie Herr Momber ausführt, bekanntlich auf Vega’s zehnstelligen thesaurus angewiesen, dessen Benutzung jedoch wegen der schwerfälligen Interpolations- rechnungen und wegen der von mancher Seite behaupteten geringen Verläß- lichkeit bezüglich der trigonometrischen Logarithmen mit empfindlichen Un- zukömmlichkeiten verbunden war. Herrn v. Leber ist es gelungen, durch sein Tafel werk alle diese Mängel und Zweifel zu beseitigen. Abgesehen von einigen bereits von anderen Mathematikern, so auch von dem den älteren Danzigern bekannten Professor Gronau, bemerkten Ungenauigkeiten ist nach v. Leber nur die zehnte Decimalstelle in Vega’s umfassendem Werk mit geringen Fehlern behaftet. Hierauf führte Herr Dr. Kayser einige neuere, in der mechanischen Werkstätte der Gesellschaft hergestellte Apparate vor. XXV] Diese Werkstätte hat sich unter der Leitung des Herrn Dr. Kayser zu einem Institute herausgebildet, welchem die Gesellschaft eine ganze Anzahl neuer, wichtiger mechanischer Hilfs- mittel zu physikalischen und astronomischen Beobachtungen verdankt. Das gegenwärtig wichtigste derselben ist der in Modellen schon früher der Versammlung erläuterte, nunmehr in verbesserter Construction fertig hergestellte Apparat zur Messung der Wolkenhöhen. (Abgebildet und be- schrieben im IX. Band, 1. Heft unserer Schriften.) Zwei solcher, einander völlig congrueoter Apparate werden von zwei Stationen (Gebäude der Gesellschaft und Navigationsschule) gleich- zeitig zu den bezüglichen Beobachtungen benutzt. So ist es der Gesellschaft, im besonderen Herrn Kayser, möglich geworden, in den friedlichen Wettstreit internationaler Wolkenforschung mit Aussicht auf guten Erfolg einzutreten. Ob eine solche Fülle verläßlicher Beobachtungs- reihen wie sie auf der hiesigen Wolkenmeßstation erzielt sind, eine der übrigen Stationen, die nach anderer Methode beobachten, aufzuweisen hat, ist fraglich. Ferner führte Herr Kayser einen gleichfalls von ihm construirten, neuen, höchst zuver- lässigen Apparat zur Prüfung der Röhrenlibellen vor, deren mehrere in der Werkstätte ange- fertigt wurden. Diese Libellen oder Niveaus sind wiederum wichtige Hilfsmittel zur exacten Aufstellung astronomischer Fernrohre, die für bestimmte Beobachtungen erst benutzbar werden, wenn sie mit zuverlässigen Niveaus verbunden sind. Mit Benutzung eines guten, nach dieser Richtung nunmehr wohl ausgerüsteten Steinheil’- schen Fernrohres ist es Herrn Kayser im Verein mit Herrn Navigationslehrer Canin seit dem letzten Herbste möglich geworden, eine Anzahl von Beobachtungen auf der Sternwarte der Gesellschaft anzustellen, welche darauf hinzielen, die seit ca. 10 Jahren der wissenschaftlichen Welt bekannten Schwankungen der Erdachse aus zahlreichen Polhöhebestimmungen genauer zu verfolgen und in ihrer Eigenart festzulegen. Auf anderen Sternwarten ist man gleichfalls damit beschäftigt, dieses interessante Verhalten der Erdachse und der Pole näher zu studiren, worüber Herr Kayser kurz berichtet, unter Vorlegung einer graphischen Darstellung der bis jetzt be- obachteten Polschwankungen. Nebenher werden von Herrn Kayser und seinem Gehilfen, dem Mechaniker Krause, auch neue Messungen des scheinbaren Sonnendurchmessers und Beobach" tungen über die etwaige Veränderlichkeit dieses Durchmessers im Laufe des Jahres angestellt werden. Bin eigens dazu construirtes Doppel-Nivean, ein aus zwei ungefähr unter dem Winkel des scheinbaren Sonnendurchmessers gegen einander geneigten Röhrenlibellen bestehender Apparat, soll für diese Beobachtungen benutzt werden. 8. Sitzung am 19. Oktober 1898. Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt die zahl- reich erschienenen Mitglieder, unter denen sich auch Herr Ober-Präsident V. Gossler und Herr Ober))ürgerineister Delbrueck befinden. Hierauf hält Herr Geologe Dr. Maas aus Berlin seinen durch Lichtbilder illustrirten Vortrag Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide. (Vergl. dieses Heft S. 1 — 15.) Im Anschluß an die vom Vortragenden vorgeführten Lichtbilder macht Herr Professor Dr. Conwentz die Mittheilung, daß in diesem Sommer noch von anderer Seite, von dem in Berliner wissenschaftlichen Kreisen wohlbekannten Herrn Franz Goerke, photographische Aufnahmen in der Tucheier Heide gemacht sind. Einer Anregung des Herrn Ober* Präsidenten folgend, hat Herr Goerke dann auch die Weichsel von der Landesgrenze bis zur Mündung bereist, um Bilder vom Strom und seinen Ufern, von den Städten und Burgen, von den Regulirungsarbeiten etc. aufzunehmen. Im Ganzen hat Herr Goerke wohl gegen 200 Aufnahmen gemacht, und diese sind zum größten Theil auch völlig gelungen. Es liegt in seiner Absicht, dieselben später in einem Vortrag XXVII hier zu einem wohlthätigen Zweck und dann in Berlin in der ,,ürania‘‘ einem größeren Kreise vorzuführen. Hoffentlich wird das dazu beitragen, unsere landschaftlichen Schönheiten bei den Bewohnern unserer Provinz selbst und darübeP hinaus soweit bekannt zu machen, wie sie es verdienen. Ferner spricht Herr Professor Dr. Conwentz übei* eine neue steinzeitliche Ansiedelung in der Tucheier Heide, deren Spur von Herrn Dr. Maas bei seinen geologischen Arbeiten aufgefunden ist Die Stelle liegt auf einer Flugsandfläche am westlichen (rechten) Ufer der Brahe, etwa 4 km in Ostnordost von Kelpin. Beide Herren sammelten dort in kurzer Zeit eine große Anzahl von Thonscherben, auch solche mit Schnureindrücken; sodann Feuersteinspaltstücke, Schaber, Pfeil- und Lanzenspitzen; ferner sieben Steinmeißel bezw, Bruchstücke derselben. Daneben finden sich häufig Gerolle und einzelne Theile von Wacholder- und Kiefernholz, die durch den Flugsand aufs schönste geglättet sind; Stücke der Art trifft man in Sammlungen bisweilen als ..Artefakte“ an. Die Funde insgesammt weisen darauf hin, daß jenes Gelände zur jüngeren Steinzeit bewohnt gewesen ist. Unstreitig war auch die Stelle gut ausgewählt, liegt sie doch am höchsten, beherrschenden Punkte der Thalterrasse, weit ins Brahethal vorspringend; außerdem war sie gut geschützt durch den Fluß im Osten, wie westlich durch Dünen. Die Aussicht auf reiche, bequem zu erlangende Nahrung, welche der Fluß bot, mag auch für die Wahl des Platzes in Betracht gekommen sein. Das Vorkommen ist um so bemerkeuswerther, als der Tucheier Kreis bisher nur wenige vereinzelte Steinwerkzeuge geliefert hat. Die nächsten steinzeitlicheu Ansiedlungen sind oberhalb bei Neumühl an der Brahe, sowie bei Schwornigatz am Müskendorfer See, beide im Kreis Könitz, bekannt geworden. Sonst liegen die hauptsächlichsten neolithischen Ansiedlungen unseres Gebietes an der Weichsel, der Ostsee und an den Haffs (Tolkemit, Rutzau). Zum Schluß spricht Herr OoNAVENTZ Herrn Dr. Maas für die Meldung des Fundes und für seine Förderung der hiesigen Bestrebungen den besten Dank aus. 9. Sitzung am 2, November 1898. Herr Professor Momber spricht unter Vorführung einschlägiger Apparate und Experimente über die electrischen Maasseinheiten. Denken wir uns einen Metallstab, dessen beide Enden in verschiedenen constanten Temperaturen gehalten werden, so kommt ein Wärmestrom von dem wärmeren zu dem kälteren Ende zu Stande. An jeder Stelle wird sehr bald eine constante Temperatur herrschen; trotzdem findet ein fortwährender Austausch von Wärme statt. Etwas Aehnliches haben wir bei der Strömung des Wassers in einer Röhrenleitung. Der Druck nimmt von dem Bassin bis zur Ausflußstelle regelmäßig ab, bleibt aber an jeder Stelle unverändert, sofern die Höhenlage des Wasserniveaus im Bassin über der Ausflußöffnung dieselbe bleibt — wie durch einen Versuch deutlich veranschaulicht werden kann. Der von Stelle zu Stelle zu constatirende Druckverlust bedeutet einen Arbeitsverbrauch, durch welchen die Flüssigkeit entgegen der Reibung in Be- wegung gesetzt wird. Die hierbei erzielte Stromstärke ist einmal abhängig von dem Druck am Anfang der Röhre und dann von dem Widerstande, den das ganze Röhrensystem der Bewegung entgegensetzt. Diesem Widerstande ist die Stromstärke umgekehrt proportional, dem erwähnten Druck direct proportional. Die Arbeit, welche hier vom Druck des Wassers geleistet wird, ist eine innere. Würde man aber in die Röhren kleine drehbare Flügel nach Art der Schiffsschrauben setzen, so könnte durch deren Vermittelung auch eine bestimmte äußere mechanische Arbeit geleistet werden. Ganz analoge Verhältnisse haben wir bei dem galvanischen Strom. Denken wir uns zunächst ein offenes galvanisches Element, bestehend aus Zink, Kupfer und einer Säurei Der ./>• XXVIlt Kupfeipol erhält durch die Berührung mit der Säure einen ganz betimmten elektrischen Zustand (positiv), den man jetzt allgemein sein elektrisches Potential nennt, der Zinkpol ein von jenem verschiedenes Potential (negativ). Zwischem dem freien Kupferpol und dem freien Zinkpol besteht das Bestreben eines Ausgleiches des verschiedenen elektrischen Zustandes, eine „Spannung“. Der Betrag dieser elektrischen Spannung läßt sich durch bestimmte Apparate teststellen. Das Maß hierfür ist das zu Ehren des italienischen Physikers Volta benannte „ Volt“. Ein Volt entspricht ungefähr dem Potentialuuterschied, wie er bei einem DANIELL’schen Kupfer-Zinkelement beobachtet wird. Bei den von der elektrischen Centrale ausgehenden gleichfalls in verschiedenem elektrischen Zustande befindlichen Kabeln ist zwischen den in unseren Häusern befindlichen positiven oder negativen Anschlußklemmen der Potentialunterschied mit der Erde, deren Potential gleich 0 gesetzt wird, gleich 110 Volt; zwischen der positiven und der negativen Anschlußklemme besteht ein Potentialunterschied von 220 Volt. Ein Elektroskop zeigt diese Verhältnisse sehr deutlich an. Nebenbei sei bemerkt, daß die Straßenbahncentrale mit 500 Volt Spannung arbeitet. Verbindet man beide Anschlußklemmen unter einander durch einen Draht, so gleicht sich im Augenblick die elektrische Spannung auf dem dargebotenen Wege aus: es entsteht ein elektrischer Strom, der von Bestand ist, so lange der Potential- unterschied in den Kabeln Seitens der Stromerzeugungsstelle immer wieder von neuem hervor- gerufen wird. Würde man einen kurzen Draht zur Stromschließung verwenden, so erhielte man einen Elektricitätssturz (Kurzschluß), der nur zerstörend auf den Draht und die überall in der Leitung angebrachten Bleisicherungen wirken könnte. Wir werden daher den elektrischen Strom, mit dem wir operiren wollen, erheblich ab- schwächen, indem wir ihn vorher durch eine oder mehrere Glühlampen schicken. Diese lassen eben je nach der Beschaffenheit ihres Kohlefadens nur einen Strom von bestimmter Stärke hindurch. Den so geschwächten Strom benutzt Vortragender, um dessen verschiedenartige Wirkungen zu zeigen, nämlich die Ablenkung einer Magnetnadel, das Hineinziehen eines Eisen- kernes in eine vom Strom durchflossene Drahtspirale, die Zersetzung einer Metallösung zwecks Abscheidung des Metalles (Galvanoplastik), die Zerlegung des Wassers in einem graduirten Cylindergefäß (Voltameter). Durch das Voltameter wird die Stromstärke bestimmt; das Ein- heitsmaß hierfür ist das „Ampere“. Ein elektrischer Strom, der in einer Minute 10,44 cbcm Knallgas durch die Zerlegung des Wassers bildet, hat die Stärke eines Ampere. Als Ampere- meter werden mit Vorliebe aber Instrumente benutzt, bei denen das geringere oder stärkere Hineingezogenwerden eines Eisenstabes in eine vom elektrischen Strom durchflossene Spirale den Grad der Stromstärke anzeigt; ihre Skalirung erfolgt rein empirisch durch Vergleich mit dem erwähnten W asserzersetzungsapparat. Ueberall, wo der elektrische Strom seine Wirkungen äußert, wird Arbeit geleistet. Wider- stand überwunden, und wir werden wie bei dem Wasserstrom für jede Ueberwindung eines Widerstandes einen bestimmten Potentialverlust haben. Wir bedürfen auch für diesen die Stromstärke in hohem Maße beeinflussenden Wider- stand der Leitungsbahn einer bestimmten Maßeinheit. Jetzt gilt nach den Beschlüssen der zur Kegelung des elektrischen Maßsystems eingesetzten internationalen Commission als Einheit derjenige Leitungswiderstand, welchen eine Quecksilbersäule von 1,063 m Länge und 1 qmm Querschnitt bei 0 0 C. dem galvanischen Strom entgegensetzt. Diese Einheit hat zu Ehren des deutschen Physikers, der schon 1826 die Abhängigkeit der Stromstärke von dem Leitungswiderstand genau erforschte, den Namen ,,Ohm‘‘ erhalten. Der Widerstand wächst mit der Länge des Leitungsdrahtes; andererseits wächst, wie sich zeigen läßt, der Potential- verlust mit der Stärke des Stromes. Hierin liegt die Schwierigkeit, starke Ströme auf große Entfernung zu leiten. Die Kabel müßten einen sehr bedeutenden Querschnitt haben, da in dickeren Drähten ein geringerer Widerstand dem elektrischen Strome entgegengestellt wird als in dünnen die Kosten der Anlage wüchsen dabei aber ins Ungeheure. Wie stark der durch den Leitungswiderstand einer 32 herzigen Glühlampe hervorgerufene Potentitalverlust, also auch XXIX die Verminderung' der Stromstärke, ist, konnte durch Hintereinanderschalten mehrerer solcher Lampen gezeigt werden. Dem hierbei hervortretenden Uebelstande wird dadurch abgeholfen, dal3 die Lampen parallel nebeneinander geschaltet werden. Sie lassen also den Strom zeitlich nicht hintereinander, sondern zugleich passiren, wie es auch in der Praxis geschieht. Dies führt auf das von dem berühmten Physiker KiRCHHOFF erforschte Princip der Stromtheiiung, welches Vortragender näher erläutert. Hierauf geht Vortragender zur Erklärung des Begriffes der Arbeitsleistung des elektrischen Stromes über. Die geleistete Arbeit der elektrischen Stromerzeugungsstelle, also der Centrale in unserem Falle, ist von der Zahl der erzeugten Volt und der Zahl der abfließenden Ampere in einer bestimmten Zeiteinheit abhängig. Das Product dieser beiden Factoren drückt den elektrischen Effect in einer gegebenen Zeit aus. Statt des sich hierbei ergebenden längeren Ausdruckes ,,Voltampere‘^ hat man den abkürzenden Namen ,,Watt“ zu Ehren des Erfinders der Dampfmaschine eingeführt. Nachdem der Vortragende noch den in einer nicht unbeträchtlichen Kraftersparniß be^ ruhenden Vortheil der Zuführung des Stromes in drei Leitungen (Dreileitersystem) statt in nur zwei solchen besprochen, berührt derselbe noch die Frage, warum gerade die neueren Maß- einheiten ,,Volß‘, ,, Ampere“ und ,,Ohm“ eingeführt sind, statt der früher üblichen anderweitig- benannten. Diese Frage hängt mit der Frage nach dem durch die bekannten Mathematiker und Physiker Gauss und Weber begründeten absoluten Maßsystem zusammen, in welchem das Centimeter, das Gramm und die Secunde die drei Grundeinheiten darstellen. Führt man auf diese drei Grundeinheiten der Länge, der Masse und der Zeit die elektrischen Constanten zurück, so erhält man Ampere, Volt und Ohm in der jetzt durch internationale Vereinbarung- festgesetzten Größe, 10. Sitzung am 7. Dezember 1898. Herr Professor Momber legt neue Abhandlungen des Herrn Hr. Pincus hier, sowie des kürzlich zum Correspondirenden Mitgliede ernannten Vor- sitzenden der Elbinger Alterthumsgesellschaft, Herrn Professor Dr. Dorr, vor. Hierauf trägt Herr Ingenieur von Schmidt von der Firma Siemens A Halske über unsere Städtische Elektrische Anlage vor, deren Ausbau im Wesent- lichen sein Werk ist. Die Anlage der Dampf- und Dynamomaschinen streift Vortragender unter besonderem Hinweis auf die automatische Kohlenspeisung der Dampfkesselfeuerung nur leicht und lädt zur eingehenden Besichtigung der maschinellen Einrichtungen der Centrale die Mitglieder der Gesellschaft ein. Dafür schildert Vortragender in ausgiebiger Weise diejenigen zwei Theile der ganzen Anlage, welche für die Strorazuführung nach den Verbrauchsstellen besonders wichtig sind: 1) die Schaltanlage, d. h. das verbindende Zwischenglied zwischen Maschine und Leitungsnetz, und 2) das unterirdische Leitungsnetz in den Straßen der Stadt. An der Hand einer detaillirten Skizze erläutert Vortragender die Einrichtung der Schaltung, welche gegen- über den Maschinen in der Centrale an einer ca. 18 m langen Wandfläche ihre Anordnung ge- funden hat. Dorthin führen von den Klemmen der Dynamos zunächst die Anschluß-Kabel derselben, dort werden die einzelnen Maschinen in Verbindung mit dem Kabelnetz der Stadt gebracht, die erzielte elektrische Energie auf Spannung und Stromstärke durch Meßapparate geprüft und regulirt, von dort aus kann die Zuleitung des jeweilig überschüssigen Stromes nach den Accumulatoren zwecks Aufspeicherung der Energie für Stunden erhöhten Bedarfes erfolgen und in solchem Falle der Anschluß der bereits geladenen Accumulatorenbatterie an das Straßennetz besorgt werden. Dort wird der aus den Dynamomaschinen gewonnene Gleichstrom zu den in einem Nebenraume der Centrale befindlichen rotirenden Umformern übergeführt, welche wiederum die Aufgabe haben, den Gleichstrom in hoch gespannten Drehstrom (3 X 3000 Volt) für die Langfuhrer Leitung umzusetzen. Die Regulirung’ des ganzen Werkes erfolgt an XXX dieser wichtigen Stelle, der Schalttafel. Ein näheres Eingehen auf diese Verhältnisse, so lehr* reich und interessant dieselben auch sind, ist ohne Zugrundelegen einer ausführlichen Zeichnung unthunlich. Auf das Kabelnetz in der Stadt übergehend, zeigt Vortragender an einem großen Situationsplan den \"erlauf der Hauptkabel, welche den Strom bestimmten Punkten, Speise- punkten, im Vertheilungsnetze zuführen. Yon diesen „Speisepunkten“ erst gehen besondere Kabel, Vertheilungskabel, in die einzelnen Straßen der Stadt, von welchen wiederum die in die Häuser führenden Kabel abzweigen. Jene Hauptkabel bilden ein in sich vollkommen ge- schlossenes, mit der Centrale verbundenes Netz. In ihm kann von seinen schwer belasteten Theilen der Strom leicht zu den schwach belasteten übergehen. Nur nach wenigen Punkten der Stadt (Langgarten, Neugarten, Sandgrube, Schäferei) führen Kabelstrecken, die todt endigen, deren Strom daher nutzbringend auf die anderen Theile des Netzes nicht übertragen werden kann. Jene als Speisepunkte des ganzen Netzes bezeichneten Stellen stehen durchweg durch je einen „Prüfdraht“ mit der Centrale in directer Verbindung, damit von hier aus jeden Augen- blick mit Hilfe der Meßapparate die Hohe der Spannung controlirt und regulirt werden kann. Dies ist erforderlich, sollen störende Schwankungen in der Lichtstärke der elektrischen Lampen vermieden werden. Alsdann erklärt Vortragender die Einrichtung der sogenannten Verbindungskästen, in denen die mit einander durch Klemmen verbundenen Kabelenden ihren Schutz gegen das feuchte Erdreich finden, zeigt die Art und Weise, in der die Kabelenden mit einander verbunden und alsdann in besondere mit schwarzer Isolirmasse ausgegossene Schutzhüllen, ,,die Muffen“, ein- gebettet werden. Von diesen durch die Isolirmasse gegen Eindringen von Feuchtigkeit geschützten Muffen gehen die Anschlußkabel in die Häuser hinein. Wie sclioii in einem früheren Vortrage auseinandergesetzt wurde, besitzt unsere elektrische Anlage das Dreileitersystein, d. h im Elek tri citäts werk sind im ganzen drei SammelscMenen angeordnet; die Dynamomaschinen sind auf die sog. Außenleiter, zwischen welchen 220 Volt Spannung herrscht geschaltet, während der Mittelleiter zum sog. Nullpunkt der Batterie geführt ist. Diesen Sammelsclnenen entsprechen im Vertheilungsnetze zwei äußere Leiter und ein Mittelleiter. Durch die Einführung des Dreileitersystems mit 2 X Volt Spannung ist eine Ersparung an Stromtransport und damit an Spannungsverlust erzielt worden. Dem Mittelleiter fällt hierbei nur die Aufgabe zu, den Unterschied der Be- lastungen an Strom in den beiden Hälften zu leiten. Eine besondere Eigentliümlichkeit des Danziger Leitungsnetzes ist die, daß, währeiid die beiden von und zu den Dynamos führenden äußeren Kabel auf das sorgfältigste gegen das Erdreich isolirt sind, das kupferne Mittelkabel völlig frei liegt In anderen Städten hat man auch diesen Mittelleiter mit einer isolirenden Hülle umgeben, in der Meinung, dadurch 'J’elephon Störungen am sichersten vorzubeugen. Wie die Erfahrung aber gezeigt hat, bietet gerade der blanke Mittelleiter den sichersten Schutz gegen derartige Störungen, da durch ihn auf kürzestem Wege die sogenaunten vagabundirenden Ströme ausgeglichen werden, die zwischen schadhaft gewordenen Stellen der beiden äußeren Leitungskabel im Erdboden circuliren. Der Bau der einzelnen Kabel wird durch eine Anzahl instructiver Kabelmuster, die im Sitzungssaale ausgestellt waren, veranschaulicht. Die elektrische Anlage für Langfuhr, die gleichfalls von der städtisi'hen Centrale ihren Ausgang nimmt, erheischt eine gesonderte Besprechung. Fließt durch das Leitungsnetz der Stadt ein auf 2 X HO Volt gespannter starker Gleichstrom, so geht von der Centrale in die Langfuhrer Leitung ein aus drei verketteten Wechselströmen zusammengesetzter ,, Drehstrom“ von d X 3000 Volt Spannung, aber verhältnißmäßig geringer Stromstärke. Nur sehr hoch gespannte Ströme lassen sich in den üblichen Kabeln auf größere Entfernungen (hier 6 km) bei geringer Stromstärke ohne erheblichen Energieverlust fortleiten. An den Verbrauchs- stellen aber ist die hohe Spannung Gefahr bringend, auch läßt die Construction der Glüh- und Bogenlampen es nicht zu, daß dieselben direct mit dieser Spannung betrieben werden, XXXI deshalb wird der hochgespannte Strom unterwegs in besonderen Apparaten, den 'lYansfof^ matoren, in einen Strom von geringerer Spannung aber größerer Stärke umgesetzt. JJie Transformatoren sind jene in der Großen Allee und in Langfuhr aufgestellten säulenförmigen Metallhäuschen, in welchen der hochgespannte Strom durch Spulen dünner Drähte geht, und dadurch in anderen Spulen dicker Drähte einen Strom von geringerer Spannung inducirt. Letzterer wird zu den Yerbrauchsstellen hingeführt. Auf Anfrage aus der Versammlung erklärt Vortragender zum Schluß das Prinzip der an den Stromverbrauchsstellen erforderlichen Blektricitätszähler. In diesen wird bei Strom- entnahme ein kleiner Motor mit Aluminiumbremsscheibe in Drehung versetzt, die sich auf eiji Zählwerk mit Zeiger überträgt. — Bemerkungen über Kabelschutz und Haltbarkeit auch der transatlantischen Kabel, die von einer Bohrmuschel angegriffen Averden, bilden den Sclduß der interessanten Mittheilungen. 11. Sitzung am 21. Dezember 1898. Der Sitzungssaal hat seit kurzem einen besonderen Schmuck erhalten durch die Aufstellung der Büste des verstorbenen Oberbürgermeisters VON Winter, des Mannes, dessen Andenken wie in der Provinz und Stadt, so auch in der mit beiden eng verwachsenen altehrwürdigen Naturforschenden Gesellschaft eine bleibende Stätte gefunden hat. Die Büste ist eine Copie der von Siemering für das hiesige Rathhaus s. Z. angefertigten Marmor- büste. Herr Professor Momber weist mit kurzen Worten auf diese neue Acquisition hin. Alsdann legt Herr Professor Momber die soeben erschienenen Ver- handlungen der diesjährigen Naturforscher-Versammlung in Düsseldorf vor und lenkt die Aufmerksamkeit auf drei darin enthaltene besonders interessante Vorträge (Professor Klein: Universität und Hochschule, Professor vant’Hoff: die zunehmende Bedeutung der anorganischen Chemie und Professor Pietzker: Philosophie und Naturwissenschaft in der Schule) hin. Der Leiter des hiesigen bacteriologischen Institutes, Herr Dr. Petrüschky, trägt alsdann über Streptotrichose und den Erreger dieser in ihren Symptomen der Tuberculose sehr ähnlichen Erkrankung der Lunge des Menschen vor. Gleichzeitig demonstrirte Vortragender an Mikroskopen mehrere Präparate des die Krankheit verursachenden Pilzes sowie Reinkulturen desselben. Diese Krankheit beansprucht ein nicht geringes lokales Interesse, da hier in Danzig durch Vortragenden in den zwei Jahren seiner hiesigen Thätigkeit bereits drei sichere Fälle am lebenden Menschen constatirt worden sind, während bisher nur ganz sporadische Fälle ähnlicher Erkrankungen beobachtet sind, und zwar fast lediglich als Leichenbefunde. Es handelt sich hierbei um einen echten Fadenpilz aus der Gattung ,,Streptothrix“, der, wie es scheint, selten auf den Menschen übergeht. Der Umstand aber, daß schon drei solcher Fälle in verhältniß- mäßig kurzer Zeit hier constatirt werden konnten, läßt die Vermuthung zu, daß die Erkrankung in Danzig häufiger auftritt als anderswo. Ihre klinischen »Symptome sind denen der Tuber- culose so sehr ähnlich, daß beide leicht miteinander verwechselt werden können. Eine sichere Diagnose ist nur auf mikroskopischem Wege zu stellen. Streptothricc ist ein von den bekannten Schimmelpilzen Penicillium, Aspergillus und Miicor wesentlich verschiedener Fadenpilz, der gewissermaßen eine Mittelstellung zwischen diesen und den Spaltpilzen, den eigentlichen Bacterien, einnimmt. Die feinen Hyphenrasen, welche der Pilz auf geeignetem Nährboden, z. B. auf der Agar-Agar genannten 'J'ar.ggallerte bildet, sind in XXXlI allen hier beobachteten Fällen von rein weißer Farbe, während eine anderwärts — von Professor Bppingek — gewonnene Ciiltur orangegelbe Färbung zeigt. Die hiesigen Streptothrix-CnUiiYen zeichnen sich durch einen deutlichen Modergeruch aus, wie er sich in feuchten, von Pilzen besiedelten Wohnungen wahrnehinen läßt. Es liegt der Gedanke nahe, daß die Feuchtigkeit vieler Wohnungen unserer Stadt vielleicht dazu beiträgt, daß die Krankheit gerade bei uns Gelegenheit findet, auf den Menschen überzugehen. Wie sich der Pilz in den Wohnungen verbreitet, ist schwer mit Sicherheit zu sagen. Die Untersuchung eines kleinen, auf verpilzten Tapeten vorkommenden Käfers (Lathridius angusti- collis) ergab neben drei echten Schimmelpilzen eine auffallende Menge von Streptothrix'CoXomQW. In einem anderen Falle konnte eine Maus, die an erkrankten und theilweise zerstörten Stellen der Ohrmuschel neben Eiterkokken Wucherungen zeigte, der Verschleppung des in Pede stehenden Pilzes angeschuldigt werden. Die drei hier beobacliteten Fälle beim Menschen betreffen eine ältere Dame, ein Schul- kind und einen Arbeiter. Alle drei erschienen auf Grund des Krankheitsbildes als Tuberculose- verdächtig. Im Auswurf fanden sich jedoch keine Tuberkelbacillen, wohl aber zahlreiche Fäden obigen Pilzes in Bruchstücken. Bei der ersten Patientin (über welche bereits im Juni 1897 von Herrn Geheimrath SCHEELE und Vortragendem auf dem Congreß für innere Medizin be- richtet wurde) zeigten sich außer der Lungenerkrankung zahlreiche Abscesse unter der Haut, die den Pilz in Reincultur enthielten. Durch Verimpfung des Pilzes auf Kaninchen konnten auch bei diesen Abscesse erzeugt und aus letzteren der Pilz wieder gezüchtet werden. Die Pilzinfection der Lunge war bei allen drei an Menschen beobachteten Fällen mit Influenza complicirt. Die Erkrankung der ersten Patientin verlief tödtlich. In dem zweiten Falle handelte es sich um ein Schulkind, das aus einer scheinbar tuber- culösen Familie stammt. Die Untersuchung des Auswurfes ergab auch hier keine Tuberkel- bacillen, vielmehr Streptothrix-FWze. Trotz hinzugetretener Influenza erholte sich das Kind in Folge geeigneter Pflege und kräftigte sich im Sommer durch das Verweilen in einer Ferien- colonie. Ueber das gegenwärtige Ergehen konnte noch nichts in Erfahrung gebracht werden, doch ist weitere Beobachtung beabsichtigt. Der dritte Patient galt als in hohem Grade Tuberculose-verdächtig, und doch waren die hierfür specifischen Bacillen im Auswurf nicht nachweisbar, dagegen Streptotlirix-Vilze und Influenza-Bacillen. Der Patient ist bereits seit mehreren Monaten in Beobachtung und scheint sich unter geeigneter Behandlung zu bessern; er ist seit längerer Zeit wieder arbeitsfähig. Zum Schlüsse erläutert der Vortragende das Culturverfahren des Pilzes und demonstrirt die von den drei Erkrankungsfällen am Menschen, von der Maus und dem Käferchen erhaltenen Culturen, welche alle derselben Species des Pilzes angehören. Ob diese identisch ist mit der auch sonst, aber noch nicht als Krankheitserreger, beobachteten Streptothrix alba, ist noch unentschieden. Vorläufig muß der gefundene Krankheitserreger als Danziger Spe- cialität gelten. Die Beobachtungen des Vortragenden werfen wiederum ein interessantes Licht auf die wissenschaftliche und praktische Wichtigkeit bacteriologischer Untersuchungen, Nachträglich möge hier der Bericht über einen Vortrag erfolgen, dessen Manuskript erst nach Fertigstellung des vorigen Heftes eingegangen ist. Gelegentlich des 155. Stiftungsfestes der Gesellschaft, am 3. Januar 1897, hält Herr Generalarzt Dr. Hugo Meisner einen Vortrag über Menschenkunde. Wenn Jean Paul einmal den Ausspruch gethan hat: „Der Meiisch ist der große Gedankenstrich in dem Buche der Natur“, so gilt dasselbe auch in gewissem Sinne für unsere .Beschreibungen und Geschichten der Natur, in denen wir wohl die ErgebnisseAler Forschunge]i Prelsauf§:abe. sjx — /'is Die Naturforschende Gesellschaft zu Danzig setzt den bei der Feier ihres 150 jährigen Bestehens von der Provinzial-Commission zur Verwaltung der West- preussischen Provinzial-Museen ihr zur Verfügung ge- stellten Betrag von „Eintausend Mark^^ als Preis für die beste neue Arbeit aus, die einen in sich ab- geschlossenen wesentlichen Beitrag zur Kenntniss der norddeutschen Diluvialgeschiebe, mit be= sonderer Berücksichtigung des in Westpreussen vorkommenden Materials, liefert. Zum Wettbewerb werden nur unveröffentlichte Arbeiten zugelassen; dieselben sind, in deutscher Sprache abgefasst und leserlich geschrieben, bis zum 1. April 1902 an den Secretär für auswärtige Angelegenheiten der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig einzusenden. Der Name des Verfassers ist in einen versiegelten Umschlag einzuschliessen, welcher dasselbe Motto trägt wie das Manuscript. Die preisgekrönte Arbeit nebst den etwa zu- gehörigen Originalzeichnungen ist auf Wunsch frei als Eigenthum der Naturforschenden Gesellschaft zur Ver- öffentlichung zu überlassen. Das Preisgericht setzt sich, vorbehaltlich einer etwaigen Cooptation, aus dem Director und dem Secretär für aus- wärtige Angelegenheiten der Naturforschenden Gesell- schaft in Danzig, sowie Herrn Geheimen Regierungsrath Professor Dr. Branco in Berlin zusammen. Die Preiskrönung bedarf der Bestätigung der Naturforschenden Gesellschaft. Danzig, den 2. Mai 1900. Der Director Momber. Der Secretär für auswärtige Angelegenheiten Conwentz. XXXIII auf dem Gebiete der leblosen Natur und der Pflanzen- und Tliierwelt aufgezeichnet finden, aber von dem Menschen im Allgemeinen nur recht dürftige Mittheilungen erhalten. In ihnen lernen wir die chemischen Kräfte, die Yerwandtschaft der einzelnen Stoffe untereinander und ihre Umgestaltung zu neuen Stoffen kennen; wir erfahren von ihren physikalischen Eigen- schaften, von Wärme und Licht, von Schwere und Schall, von Elektrizität und Magnetismus ; wir lesen, nach welchen Gesetzen die Gestirne ihre Bahnen ziehen, und wie sich die Erde aufgebaut hat, mit Land und Meer, mit Berg und Thal, mit Tag und Nacht, mit Regen und Sonnenschein; wir blicken in das stille Leben und Weben der Blume und des Baumes und in das bunte Sein und Treiben der Thiere, und zwar nicht bloß inbezug auf ihre äußere und innere Gestaltung und ihre Lebensäußerungen, sonderji auch inbezug auf die Beziehungen der einzelnen Geschöpfe zu einander und zu dem Menschen, sei es im harten Kampfe um ihr Dasein, sei es im friedlichen Streben nach Erhaltung ihrer Mitgeschöpfe und Nachkommen — aber vom Menschen selber geben diese Bücher nur unvollständige Kunde. Denn wir unterrichten uns wohl darin über die Gewebe und Organe und deren Yerrichtungen, über die Gestalt der Hand und des Fußes, über den aufrechten Gang und die ganze edle Form — kurz über den menschlichen Körper, nicht aber über den Menschen selber. Und wie es mit der Lehre von dem menschlichen Körper, der eigentlichen Anthropologie, steht, nicht viel anders steht es mit der Lehre von der menschlichen Seele, der Psychologie, die ebenfalls den Menschen als ein fertiges Einzelwesen behandelt, wie es in seiner derzeitigen Erscheinung vor uns tritt, und mit der Gescliichte, die nur mit Zeiten rechnet, aus denen uns schriftliche Aufzeichnungen erhalten geblieben sind, also mit Zeiten, die nach unseren Erfahrungen doch nur einem verhältnißmäßig jungen Abschnitt der Entwickelung der Menscliheit angehören. Diese Lücke auszufüllen, die Entwickelung des Menschengeschlechtes in ihren ersten Anfängen zu verfolgen, ist das Ziel der Menschenkunde, der Anthropologie im weitesten Sinne des Wortes. Entdeckungen, welche man gelegentlich der Ausbeutung des Erdinneren machte, gaben dazu den ersten Anstoß, insofern als man, neben anderen Schätzen des Mineralreiches, auch auf versteinerte Theile von Pflanzen und Tliieren stieß, auf wunder- bare Blattabdrücke von baumhohen Farren und Schachtelhalmen, auf Reste seltsam gestalteter Polypen und Muscheln, von mächtigen Fischen und Eidechsen, halb Yogel halb Molch, von riesigen Yögeln und Dickhäutern, Elephanten und Nashornen — kurz, auf Geschöpfe, wie sie kaum mehr in ähnlicher Form auf der Erde Vorkommen und, wunderbarer Weise, zum Theil nur noch als Greife und Drachen in unseren Sagen und Märchen und auf unseren Wappen- schilden fortleben. Wir können verstehen, daß der Schluß, den man daraus zog, daß die Erde auch Reste längst vergangener Menschengeschlechter berge, nicht allzu kühn war. Und in der That, wenn auch grade nicht in Gemeinschaft mit jener ältesten untergegangenen Flora und Fauna, so stieß man doch in jüngeren Erdschichten aus einer Zeit, in der in Deutschland Mammut, Höhlenbär, Riesenhirsch und Auerochse einen Theil des Wildbestandes bildeten, auf untrüg- liche Spuren vergangener Menschen. Theils waren es Reste menschlicher Leichname, theils aber waren es auch Erzeugnisse seiner Erfindungsgabe, Werkzeuge zu seiner Yertheidigung, wie zur Herrichtung seiner Nahrung, Kleidung und Unterkunft, die zum Gegenstände einer eigenen Wissenschaft, der Alterthamskunde oder Archäologie, geworden sind. Indem man diese Funde nun mit Gegenständen unsrer jüngeren Yergangenheit und Gegenwart verglich, glaubte man aus ihrer Beschaffenheit schließen zu köimen, daß der Mensch in der Flucht der Jahrhunderte und Jahrtausende sowohl inbezug auf seine körperliche Beschaffenheit wie inbezug auf die Erzeugnisse seiner Handfertigkeit einer steten Yeränderung unterworfen gewesen sei, und zwar zunächst der Art, daß er allmählich immer edlere und schönere Formen angenommen halie, deren Entwickelung rückwärts bis zu solchen Formen zu verfolgen sei, die ihn dem anthropoiden Affen an die Seite stellten. Man meinte in der flachen Gestalt älterer Schädel mit der fliehenden Stirn, in der glatten Beschaffenheit der Schienbeine an alten Skeletten, in dem riesenhaften Wuchs derselben, niedere Entwickelungs - 3 XXXTV stufen zu erkennen, als sie uns jetzt in der gewölbten Denkerstü'u des Dichters, in dem geraden und zierlichen Wuchs der meisten unserer Zeitgenossen entgegentreten, und man nahm an, daß diese Yeränderung eine Folge der veränderten Umgebung, der sogenannten moyens, des Klimas, der Nahrung, der Arbeit, sei. Als man aber in verschiedenen Ländern zu ge- nauen Messungen des menschlichen Körpers schritt, da zeigte es sich, daß alle diese Schluß- forderungen nicht zutreffend waren. Abgesehen davon, daß gerade der älteste Schädel, den wir kennen, der Schädel von Engisheim im Elsaß, sich durch seine gewölbte Form vor dem jüngeren Neanderthalscliädel auszeichnet, und daß der Flachschädel von Java wohl kaum einem Menschen, sondern wohl einem menschenähnlichen Affen, vielleicht einem vor weltlichen Gibbon, angehörte, so findet man auch heute noch eine ganze Menge Menschen mit Flach- schädeln, besonders unter den Friesen, wie sie auch schon von den alten holländischen Malern auf ihren Bildern mit den endlos langen Köpfen dargestellt sind; man findet heute noch die platten Schienbeine bei Bewohnern der Südsee, und um das ganze Becken der Nordsee hünenhafte Gestalten, die sich mit dem uralten Becken messen können, dessen Skelett in einem Baumsarg vor einigen Jahren bei Apenrade aufgefunden wurde*). Daher erscheint der Schluß gerechtfertigt, daß alle diese Merkmale mehr Erscheinungen der Art, der Rasse, sind, als Kennzeichen für eine im Laufe der Zeiten vor sich gegangene Yeränderung des Menschen. Was in dieser Beziehung zunächst die Schädelform anlangt, so erhellt, daß bei der ziemlich constanten Größe des Schädelinhalts ein flacher Schädel mehr in die Länge, ein gewölbter Schädel mehr in die Höhe und Breite wachsen muß, und so erhalten wir zwei Schädeltypen, die sich als exquisite Rassenmerkmale kennzeichnen, den hohen Rundschädel als Merkmal der mongoloiden Yölker im Osten und Norden von Asien mit Ausläufern nach Europa und Amerika, und den flachen Langschädel bei den übrigen Bewohnern unsrer Erde; dieser, wie man wohl angenommen hat, ausgehend von einem Schöpfungscentrum, das man in einem im Indischen Ozean versunkenen Lemurien gesucht hat, jener von einem zweiten Schöpfungscentrum, daß man auf der malayischen Halbinsel gefunden haben will. Und ähnlich steht es mit der Yertheilung der großen und kleinen Menschen auf der Erde, die nicht will- kürlich mit einander vermischt, sondern in räumlich begrenzten Gebieten zu finden sind. So drängen sich die Großen im Gebiete der alten Friesensitze zusammen, und in Italien reichen sie von den Alpen südwärts so weit, als sich nordische Einflüsse durch Eroberung und Besiedelung geltend gemacht haben, während die Kleinen sich vielfach wieder in dem Yerbreitungsbezirke der Kurzschädel finden. Wenn dazu noch bei diesen die gelbe Hautfarbe und bei jenen, wenigstens in Deutschland und Italien, das blonde Haar und das blaue Auge als Eigenthüm- lichkeit hinzutritt, so dürfte die Annahme, daß alle diese Merkmale Rassenkennzeichen sind, eine recht wesentliche Stütze finden**). Auch was der Mensch in alten Zeiten ersann und schuf, kündet von keiner minder- werthigen Geistesschärfe, Erfindungsgabe und Kunstfertigkeit. Man betrachte bloß den rohen unpolirten Feuersteinkeil, der nicht nur in seiner Herstellung an und für sich uns heutzutage unendliche Schwierigkeiten bietet, sondern mitunter sogar auch auf seinem Körper Yerzierungen trägt, die wir herzustellen heute kaum im Stande sind. Oder man sehe sich die mit Stein in Stein gearbeitete Gußform für ein Bronzemesser oder eine Bronzesäge an, deren Herstellung wahr- lich eben solche Kunstfertigkeit verlangt, wie die in dem weichen Sand gedrückte Gußform eines Zahnrades***). Weitere Yergleichungen der alten Fundstücke mit Gegenständen, die sich in der Hand von unzivilisirten Yölkern der Gegenwart befinden, lassen erkennen, daß sich die Urge- schichte des Menschengeschlechtes in vielen Beziehungen bei diesen Yölkern noch einmal ab- spielt. Wir finden hier nahezu dieselbe beinerne oder steinerne Pfeilspitze, mit der der Wilde sein Jagdthier erlegt, wie sie als Beigabe der Todten in unseren Hünengräbern erscheint, sehr *) Vergl. die Abbildungen bei PESCHEL, Völkerkunde, S. 59, bei HELLWALD, Der vorgeschichtlicbe Mensch, S. 73 und 85, und im Prometheus VII, S. 107. **) Vergl. die Karten der Verbreitung der Blonden und Braunen, der Grossen und Kleinen in Norddeutschland im Archiv für Anthropologie, und LIVI Anthropometria militare. ***) Vergl. die Abbildungen bei HELLWALD, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 313. XXXV älinliche Pfahlbauten in Neu-Guinea, wie auf dem Grunde des Bodensees, fast die gleichen Erd- und Steinhütten bei den Eskimos und Lappen, wie sie uns in den alten Gangbauten auf der Insel Sylt oder im Idstedter Gehege entgegentreten. Wenn sich daher aus diesen Vergleichungen die überraschende Thatsache ergiebt, daß sich in dem Leben dieser Völker der Gegenwart das Thun und Treiben des Urmenschen wieder- spiegelt, so ist es neben der Alterthumskunde die Völkerkunde, welche uns weitere Aufschlüsse über den Urzustand des Menschengeschlechtes giebt. Endlich aber erfahren wir auch aus den Sagen und Märchen, die sich durch hunderte und aberhunderte Geschlechter von Mund zu Mund fortgepflanzt haben, einiges aus den uralten Tagen des Menschengeschlechtes; denn die Erfahrung hat uns gelehrt, daß ihr Inhalt zuweilen einem thatsächlichen Boden entsprossen ist. Das sagenumwobene Troja, welches die homerischen Gesänge schildern, ist aufgedeckt mit Haus und Hof, mit Waffen und Geräth, mit Prunkstücken und Schmucksachen, der Drachen der Siegfried- sage und späteren Legende vom heiligen Georg wird wegen der Aehnlichkeit des Kopfes als das vorweltliche gehörnte Nashorn angesprochen, das, weit verbreitet in Europa und Asien, hier zu dem Drachenkultus, dort zu mannigfachen Erzählungen von ritterlichen Kämpfen mit ihm Veranlassung gegeben hat; der Hammer Thor’s, der nach dem Wurfe immer wieder zurückkehrt, erinnert an das Wurfholz, den Bumerang, der Australier. Alte Sagen berichten uns von ge- waltigen Riesen, Turfen, von ränkevollen Zwergen, die in Höhlen hausen, von friedlichen Geistern^ den Elfen oder Alfen, die, klein und zierlich von Gestalt, auf duftigen Wald wiesen im Monden- scheine, besonders am Meeresgestade ihre Tänze aufführen. Nun, große und übergroße Menschen gab es, wie bereits erwähnt, an den Küsten der Nordsee, Höhlen- und Höhlenbewohner in der alten und neuen Welt die Menge, und an die Elfen oder Alfen erinnert uns nicht bloß die lieb- liche Landschaft, sondern auch der Name derselben, die wir in Alsen und im Sundewitt wieder- finden; denn Alsen oder Alffö ist nichts Anderes wie Elfeninsel und Alnor oder Alfsnor nichts Anderes wie Elfenbucht, und von Alters her sind Turfen und Elfen, diese an der Ostsee, jene an der Nordsee, als Vertreter eines großen und eines kleinen Volksstammes aufgefaßt worden. So bilden denn neben den Lehren von dem menschlichen Körper und von der mensch- lichen Seele, neben der Geschichte die Alterthumskunde, Archäologie, die Völkerkunde, Ethno- logie, und die Sagenkunde, Mythologie, die wesentlichsten Pfeiler, auf denen das Gebäude der Menschenkunde, Anthropologie, ruht. Was wir durch sie erfahren können, will ich nunmehr versuchen. Ihnen durch ein Beispiel zu erläutern. Wenn auch heutzutage der Schiffer auf den entlegensten Inseln des Weltmeeres Rauch- säulen aufsteigen sieht, wenn der Forscher im tiefsten Innern unbekannter Festlande Feuer- stätten und Brandplätze findet, so ist es doch nicht wahrscheinlich, daß der Mensch von jeher im Besitze des Feuers gewesen ist. Denn zunächst f^hlt es nicht an Ansichten, daß es noch in geschichtlichen Zeiten in Tasmanien und auf den Unionsinseln Völker gegeben hat, welche keine Spur von dem Gebrauche des Feuers hinterlassen haben, und ebenso wissen wir, daß es Völker giebt, denen ein eigentliches Wort für Feuer in ihrem Sprachschätze fehlt, das sie durch Licht oder W^'ärme wiedergeben; in Uebereinstimmung damit erfahren wir auch von alten Funden aus der ältesten Zeit des Auftretens des Menschen, welche keinerlei Spur von Brand und Feuer an sich tragen; und schließlich berichtet uns ja auch die Sage, daß das Feuer erst vom Himmel fallen oder wohl wahrscheinlicher vom Himmel gestohlen werden mußte, ehe es in den Besitz der Menschen kam. Wenn wir daher voraussetzen können, daß es eine feuerlose Menschheit gegeben hat, so drängt sich uns die Frage auf: Wie kam denn der Mensch in den Besitz des Feuers? Zu- nächst ist darüber die Ansicht laut geworden, daß der Mensch durch den Blitz in den Besitz des Feuers gekommen ist, und damit stimmt ja auch die Sage überein, daß das Feuer vom Himmel gefallen sei. Indessen diese Ansicht hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Denn der Blitz, der die erste dürftige Wohnstätte des Menschen zerstörte, wird sicherlich zuerst so ge- fürchtet gewesen sein, daß es der Mensch wohl kaum gewagt hat, sich des Feuers, das er brachte, zu bemächtigen, ganz abgesehen davon, daß dem Urmenschen auch alles das fehlte, was 3* XXXVI wir bei dem zivilisirten Engländer des vorigen Jahrhunderts, der auf die Insel Juan Fernandez verschlagen wurde und Stoff für die Robinsonaden gegeben hat, voraussetzen können: nämlich die Kenntniß der Leistungen des Feuers und der Mittel, es zu unterhalten. Dazu kommt, daß die Verbreitung der Gewitter räumlich beschränkt ist, denn jenseits der Polarkreise sind sie überaus selten; und so können wir auch schließen, daß sie im mittleren Europa zur Eiszeit nur ganz ausnahmsweise den Menschen in die Lage versetzt haben, sich sein Feuer von ihnen zu holen. Humboldt erzählt uns ferner, daß man noch 20 Jahre nach dem Erlöschen des Vulkans Jorullo in Mexiko Plolzspähne in seinen Zwergkratern entzündete und sich so sein Feuer holte • und von anderen Reisenden erfahren wir, daß in den Vereinigten Staaten Nordamerikas, in Italien, in China und vor Allem auf der Halbinsel Apscheron sogenannte Feuerquellen Vor- kommen, die 5 bis 6 m hohe Gasflammen ausstoßen, und daß auch dort die Anwohner sich gelegentlich ihr Feuer holen. Aber eine derartige Feuergewinnung für den Urmenschen hat noch weniger Wahrscheinlichkeit; denn abgesehen davon, daß in Jahrtausende von Menschen bewohnten Gegenden überhaupt weder Vulkane noch brennende Erdölquellen verkommen, und daß in anderen Gegenden die Vulkane längst erloschen waren, ehe der Mensch diese Gegenden betrat, so wurden Vulkane und Feuerquellen von jeher für etwas Uebernatürliches und Göttliches gehalten und, wie wir auf unseren japanischen Theebrettern sehen, hier als die höchste Gottheit des himmlischen Lichtes in der Gestalt des glühende Lavaströme zur Erde sendenden Vulkans Fusiyama dargestellt und verehrt, dort von Schaaren wallfahrtender Parsen, die den Gott des Feuers von Angesicht zu Angesicht schauen wollen, angebetet. Vor allen Dingen aber widerspricht einem derartigen Bezüge des Feuers der Umstand, daß, so lange wir auf die Geschichte der Menschheit zurückzublicken vermögen, und soweit wir auf der weiten Erde unsere Blicke schweifen lassen, die Menschen für gewöhnlich ihr Feuer nicht solchen feuerspendenden Naturerscheinungen entnehmen, sondern es durch Reibung von Hölzern erzeugt haben und noch erzeugen. So giebt uns Humboldt in seinem Vues de Cordilleres eine alte Darstellung, wo ein altaztekischer Priester durch Drehen eines Holzstabes auf einer Holzscheibe, die auf der Brust des Opfers liegt, das Opferfeuer entzündet*). Eines ähnlichen Feuerzeuges be- dienten sich die alten Griechen, deren Pyreion aus einer Scheibe weichen Epheuholzes, der Eschara, und aus einem Drehstifte aus hartem Lorbeerholz, dem Trypanon, bestand; und ebenso ist ein solcher Feuerbohrer seit Alters bei den brahmanischen Hindus in Gebrauch. Unter den heutigen Völkern fand Chamisso das Feuerreiben bei den Bewohnern der Sand- wichsinseln und Jagor bei den Malayen. Diese bewegen ein scharfkantiges Bambusstück auf dem Rücken eines anderen, halbirten, trockenen Halmes, unter welchem ein leicht entzündlicher Faser- ballen liegt, mit steigender Geschwindigkeit hin und her und bringen diesen dadurch zum Glühen. Am häufigsten aber ward der oben beschriebene Feuerbohrer oder Feuerquirl angetroffen, so auf den Nikobaren, auf dem Himalaya, im Innern Afrikas, auf den Antillen, an den Küsten des südamerikanischen Festlandes, bei den Indianern in Guyana, bei den Botokuden in Brasilien, bei den Eskimos am Smithsund, bei den Buschmännern, Kaflern und Hottentotten in Südafrika, bei den Veddas auf Ceylon und bei den Eingeborenen Australiens, — Diese Feuerzeuge haben im Laufe der Zeiten manche Vervollkommnung erfahren, wie bei den Sioux und den Irokesen, durch Anbringung einer Drehschnur, oder, wie auf den Aleuten. durch ein mit den Zähnen festzu- haltendes Mundstück, bis schließlich auch durch die Armirung der Reibhölzer mit leicht brennbaren Stoffen, wie heute noch bei unsern Streichhölzern**). JJiese weite Verbreitung der Feiierreibung fordert uns dazu auf, die Gründe zu ermitteln, aus welchen die Menschen von alten Zeiten her an so verschiedenen Orten zu dieser Gewohnheit gekommen sind. Wenn man einen Gang duich unsere Alterthums- und Völkermuseen macht, so findet man dort eine Menge glatt durchlochter Steingeräthe in Gestalt von Beilen und Hämmern, meistens aus Granit und ähnlichen Gesteinen, seltener aus Nephrit und Jadeit. Und wenn man *) Vergl. die Abbildung bei HELLWALD, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 552. **) Vergl. die Abbildungen bei HELLWAI-D, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 318. XXXVII sich unter den Völkern der Gegenwart umschaut, so belehren uns die südamerikanischen Indianer, daß diese Löcher in den Steingeräthen durch quirlartiges Drehen eines Bananenschößlings unter Zuhülfenahme von Sand einfach ausgeschliffen werden. Daß dabei aber das Holz sich erhitzen muß und schließlich zu brennen anfängt, das lehrt uns jede heiß gelaufene Wagenachse. Es ist au zunehmen, daß der Mensch sich in noch früheren Zeiten seine Holz- geräthe in gleicher Weise hergestellt hat, und daß er sich bei der Herstellung der- selben des Feuers bemächtigt hat, und zwar etwa in der Art, daß er nun nicht gleich, als der erste Funke aus dem Holze sprang, im Vollbesitze des Feuers war, sondern daß er seine Anwendung durch eine Reihe von Versuchen erst erlernen mußte, in gleicher Weise, wie jetzt die Verwendung der elektrischen Kraft. Allerdings die Entdeckung der Eigenschaften des Feuers müssen uralt sein. Denn schon die Sage berichtet uns, daß Prometheus 30 Jahrtausende lang in Fesseln schmachten mußte, nachdem er den Feuerraub begangen hatte, der damit weit vor den Beginn aller menschlichen Zeitrechnung zu verlegen ist. Und damit stimmt es auch, wenn wir im Kaukasus bei den Osseten noch dieselbe ursprüng- liche Sage vom Feuerraube finden; denn, da dieses Volk zu den Indo - Europäern gehört, so läßt sich schließen, daß der Mensch bereits vor der Theilung der arischen Stämme im Besitze des Feuers war, also bereits vor seiner Einwanderung in Mitteleuropa. Auch durch die alten Feuerstellen erfahren wir, daß der Gebrauch des Feuers uralt gewesen sein muß. Denn nicht bloß zusammen mit Rennthierknochen an der Schussenquelle in Württemberg und im Perigord finden sich Spuren von Brand, sondern auch zusammen mit den Exkrementen der Höhlenhyäne in der Höhle von Lherm im südlichen Frankreich, ja selbst mit Resten noch älterer Thiere. Denn an den nördlichen Hängen des Harzes bei Wolfenbiittel fand man Feuerspuren unter einer Schicht von vorweltlichen Dickhäuterknochen zusammen mit Knochen von kleinen Zieseln und Springmäusen, also aus einer Zeit, als das nördliche Deutschland noch eine einsame Steppe war, wie wir sie jetzt in Ungarn und Südrußland treffen. Man darf sich nun aber nicht vorstellen, daß das Feuerreiben eine sehr leichte Arbeit ist. Ein deutscher Gelehrter brauchte 4 Monate Arbeitszeit, um einen einzigen Stein zu durchlochen, und selbst im heißen trockenen Südafrika lösen sich beim Feuerreiben die Einwohner häufig ab. Daraus können wir erschließen, daß diese Arbeit keine freiwillige gewesen ist und noch ist, sondern daß sie eine von dem Stärkeren dem Schwächeren aufgezwungene Frohnarbeit dar- stellt, der, wie dem Altdeutschen robot, dem Lateinischen labor, dem Griechischen nopog, der Beigeschmack der Mühe und Pein nicht fehlt. Wer aber ist der schwächere Theil in der Gemeinschaft der Menschen? Nun, bei den Naturvölkern ist es, wie ein Blick in die Gegenwart lehrt, der Lahme und der Krüppel, der zu der Beschaffung der Nahrung und zur Erhaltung der Selbständigkeit durch den Gebrauch der Waffen Nichts beizutragen vermag. Und wie es heute ist, so war es auch ehedem. Denn nach der Sage hinkt der Feuergott, Der VuLCAN der Römer, der Hephaistos der Griechen, der Osiris der Egypter, die Feuergötter der Australier, der Südamerikaner und der Südafrikaner sind lahm, und selbst der Beherrscher des Höllenfeuers, der Satan, ist mit einem Pferdefuß ausgestattet. Auch andre Gestalten der Sage, die mit dem Feuer zu thun haben, sind Krüppel, so Wieland der Schmied, dem König Neidung die Flechsen am Fuße durchschneiden ließ, Prometheus, dem der Geier die Wunde offen hält, Chiron, der im Kampfe mit den Lapithen von einem vergifteten Pfeile verwundet und dann in das Erdinnere, d. i. die Feuer- werkstatt, verbannt wurde, bis schließlich auf unsere mißgestalteten Zwerge. Und diese Arbeits- kräfte waren ja so billig, daß es garnicht darauf ankam, ob sich 2 oder 3 oder 10 bei dieser Arbeit ablösten. Und was war damals Zeit? Chamisso erzählt uns von den Eingeborenen der Karolinen, daß sie Tage und Monate zählen und das Jahr nach der Wiederkehr und dem Verschwinden der Gestirne in seine Jahreszeiten theilen; aber Niemand zählt die Jahre, das Vergangene ist vergangen, das Lied nennt die Namen, die der Aufbewahrung werth geschienen, und sorglos wallet man den Strom hinab. XXXVIII Es ist aber auch klar, daß, als es unter diesen Arbeitern Männer gab, die im gegebenen Augenblick dem Holze das Feuer zu entlocken verstanden, aus dem erst verachteten Krüppel der Gesuchte, der Weise, der Zauberer, der ISchamane und schließlich sogar der Priester wurde. Denn das Feuer erweckte ja schließlich auch die Vorstellung von einer übernatürlichen Kraft, einer Kraft, welche zu der Annahme eines geistigen Daseins des Menschen führte, das bei seiner Entstehung seinen räthselhaften Ursprung nimmt, wie der Funke, den der Feuer- bohrer dem Holze entlockte, das belebend und erwärmend fortdauert, wie ein inneres Feuer, von dem der warme Athem Kunde giebt, und das sich von dem Körper trennt, wie das letzte Wölkchen Rauch eines erlöschenden Feuers. Allerdings folgten ja anfangs diesen ersten religiösen Regungen mannigfache verkehrte Vorstellungen. So legte man die übernatürliche göttliche Kraft in die Dinge selbst hinein und kam zum wüstesten Fetischismus. Da die züngelnde Flamme der Schlange gleicht, entstand der Schlangenkultus, an den noch die Schlange im Paradiese erinnert. Da der Funke im Holze schlummert, so entstand der Baumkultus, an den der Baum des Lebens und unser Weihnachtsbaum erinnert. Ja, Beschaffenheit und Wirkung des Feuerbohrers führte zu dem abgeschmacktesten aller Kulte, die je die Erde gesehen, zum Phallusdienst. — Etwas von diesem Aberglauben hat sich auch bis auf unsere Zeiten erhalten, insofern als dem durch Reibung erzeugten Feuer besondere Wunderkräfte zugeschrieben worden sind, die allen andern Arten der Feuerbereitung, so z B. der mittels Stahl und Stein, die ja schon den Römern bekannt war, nicht anhafteten. Das Feuer der Vesta, die Neujahrsfeuer der Altmexikaner und der Suahelis, die Noth- und Bittfeuer (willfire) gegen das Eindringen von Seuchen, die noch in den zwanziger Jahren in Hannover und in der Uckermark üblich waren, mußten durch Reiben von Hölzern erzeugt werden. Als aber die Menschen ihre Augen gen Himmel richteten und in den hellleuchtenden Gestirnen die Träger des Himmelsfeuers erblickten, da entstand zum ersten Male die Yor- stellung von einer übernatürlichen Kraft, die außerhalb der Dinge wirksam war, die Yorstellung einer göttlichen Weltenordnung, aus der die meisten unserer modernen Religionen ihren Ursprung genommen haben, und an die noch heute in unseren Kirchen und in unseren Tempeln die ewige Lampe als das Sinnbild des himmlischen Lichtes und der göttlichen Weisheit erinnert. Hand in Hand mit der Ausbildung der Religion ging auch die Verbreitung menschlicher Gesittung und Kultur. Schweiften die feuerlosen Völker von Ort zu Ort, um ihren Unterhalt zu gewinnen, und finden wir bei den meisten Nomaden die Vielweiberei oder auch die Viel- männerei, so machte das Feuer den Menschen dort seßhaft, wo ihm die Benutzung desselben eine größere Ausbeutung der Nahrung und der sonstigen Spenden der Erde, so der Metalle, ermöglichte, und gab die ersten Bedingungen für die Errichtung eines festen Heimes, in dem die Frau des Herdfeuers waltete, während der Mann für den Unterhalt sorgte, und für den Begriff einer Heimat und eines Vaterlandes. Am Herdfeuer versammeln sich daher auch an vielen Orten noch heute die Mitglieder des Haushaltes zu gemeinsamer Arbeit; selbst für eine ganze Stammesgemeinschaft ist das Feuer der Platz, wo die Aeltesten des Rathes pflegen. Feuer und Fach bedeutet in unserer Sprache Obdach, Herberge, Wohnstatt; un village de cent feux ist ein Dorf von hundert Familien, n’avoir ni feu ni lieu heißt ohne Heimat sein; fireside ist Herd, Kamin, aber auch Abendgesellschaft; nvQ ist auch Herdfeuer, nvQog eaXdQai sind Feuerstätten, aber auch Wohnstätten; pro focis pugnare heißt für das Vaterland kämpfen, focum repetere in das Vaterland zurückkehren. Die Schwierigkeiten, welche die Gewinnung des Feuers bereitete, führten nun bald zur Erfindung von Mitteln, das Feuer von Ort zu Ort zu tragen. So entstand in der alten Welt die Fackel, zu welcher die hohle, mit trockenem Mark gefüllte idgr-w/a-Staude diente, die in Südeuropa und Persien ihre Heimat hat. Sie hat der Fackel die eigenthümliche Form gegeben, die uns noch auf Bildern und Bildsäulen der Alten erhalten ist, gerieft, mit Ansätzen, wie Bambusknoten, aus denen oben eine leichte Flamme schlägt, die von dem glimmenden Mark selbst Wochen lang unterhalten wird. Der Sage nach soll sich schon Prometheus ihrer XXXIX bedient haben, als er das Feuer vom Himmel holte, und am bekanntesten ist sie ja als Fackel Hymen’s, mit der der Herd einer jungen Ehe angezündet wurde — ein Gebrauch, an den der Fackeltanz am preußischen Hofe erinnert. In der neuen Welt aber entstand die Pfeife, deren Ursprung darauf zurückzuführen ist, daß man das Feuer — wie heute noch auf den Sundainseln — - mittelst eines Rohres (englisch pipe) anblies, um es anzufachen. Diesem Rohre fügte man sehr bald das Feuergefäß an, das man mit leicht glimmenden trockenen Blättern, so vorzugsweise der Tabakpflanze, füllte, an deren Rauch der Mensch schließlich Geschmack fand. Ursprünglich aber diente sie wohl nur dazu, das Feuer von Ort zu Ort zu tragen; denn darauf bezieht sich die alte Indianersitte, daß, wenn einem das Feuer erloschen war, er zum Nachbar ging, um sich Feuer zu holen, und zum Zeichen, daß er in friedlicher Absicht kam, die Pfeife in die Höhe hob. Darum war sie auch nie im Kriegsrathe oder auf dem Kriegspfade in Gebrauch. Daß sie ursprünglich in der That nur ein Mittel, um Feuer anzustecken, gewesen ist, darauf deutet auch der Name, den ihr die französischen Voyageurs und Ooureurs du bois gegeben haben: Ohalumet d. i. allumette, von allumer, in Brand stecken. Denn in den Indianersprachen hat sie andere Namen, die zumeistens: Kind der Sonne, d. i. des Feuers, bedeuten. Wenn es mir vergönnt gewesen sein sollte, mit diesem Vortrage Ihr Interesse für die junge Wissenschaft der Menschenkunde zu erregen, so habe ich meine Aufgabe erfüllt, und ich darf wohl mit dem Wunsche schließen, daß in dem eben begonnenen Jahre unserer Zeit- rechnung und in dem neuen Lebensjahre unserer Naturforschenden Gesellschaft in Danzig dieser und uns allen eine freundliche und friedliche Herdflamme brenne. XL Uebersicht über die in den Ordlentliclien Sitzungen ISOS l>eliand.elten Oegenstände. A. Allgemeines. 1. Der Director, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht über das ab- gelaufene Jahr 1897 ; am 5. Januar. 2. Herr Oehlschlaeger giebt eine kurze ,, Lebensskizze Dr, Fritz Mueller’s, des deutschen Naturforschers in Brasilien^‘; am 2. Februar. 3. Vortrag des Herrn Conwentz: „Aus Schwedens Natur und Wissenschaft^ am 16. März. B. Physik. 1. Vortrag des Herrn Bvers: „Heber Funkentelegraphie nach Marconi und 8laby‘^, mit Experi- menten; am 19. Januar. 2. Vortrag des Herrn Neumann: „Heber die elektrischen Wellen^‘, mit Experimenten; am 2. März. 3. Herr Kayser demoustrirt und bespricht einige neuere in der mechani- schen Werkstätte der Gesellschaft hergestellte Instrumente; am 11. Mai. 4. Vortrag des Herrn Momber: „Heber die elektrischen Maßeinheiten^^, mit Experimenten; am 2. November. 5. Vortrag des Herrn von Schmidt : „Heber die städtische elektrische Anlage in Danzig^^, mit De- monstrationen; am 7. Dezember. C. Botanik und Zoologie. 1. Vortrag des Herrn Bail: „.Biologische Mittheilungen über Pilze‘‘, mit Demonstrationen; am 2. Februar. 2. Herr Lakowitz demoustrirt Präparate zur Veranschaulichung von Mimicry bei Insekten; am 2. Februar. 3. Vortrag des Herrn Kumm: „Heber die San Jose-Schildlaus^^, mit Demonstrationen; am 6. April, XLI 4. Vortrag des Herrn Adolf Wallenberg: „lieber den Einfluß der Sinne auf den Bau des Nervensystems“, mit Demonstrationen; am 6. April. D. Geologie. 1 . Vortrag des Herrn Maas : ,, Geologische Skizzen aus der Tucheler Heide“, mit Demonstrationen: am 19. Oktober. E. Geographie und Reisen. 1. Vortrag des Herrn Deecke: „lieber den Kaukasus“, mit Demonstrationen; am 5. Januar. 2. Vortrag des Herrn Lakowitz: „lieber den Plan einer deutschen Tiefseeexpedition; am 2. Februar. F. Vorgeschichte. 1. Vortrag des Herrn Conwentz: „lieber eine neue steinzeitliche Ansiedelung in der Tucheier Heide“, mit Demonstrationen; am 19. Oktober. G. Medicin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Helm: „lieber die Beschaffenheit des zur Vermehrung des Danziger Leitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Stein- schleuse“; am 6. April. 2. Vortrag des Herrn PetrüSCHky: „lieber Streptotrichose“, mit Demonstrationen; am 21. Dezember. XLII Bericht über die Sitzring-eii ^n.tliropolog*isotion Section im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben Dr. OEHLSCHLAEGfER. Die Anthropologische Section der Naturforschenden Gesellschaft umfaßte in diesem Jahre 46 hiesige und 12 auswärtige Mitglieder. In der ersten Sitzung des Jahres am 9. März wurde der bisherige Vorsitzende Dr. Oehl- SCHLAEGER wiederum für die nächsten 2 Jahre gewählt. In den 4 Sitzungen wurden folgende Vorträge gehalten. Am 9. März sprach Herr Lakowitz über den vorgeschichtlichen Fried- hof bei Kaldus im Kulmer Lande und legte zugleich einen Theil der von ihm dort gemachten Funde vor. Am 23. März legte Herr Conwentz die im Erscheinen begriffenen ,, Vor- geschichtlichen Wandtafeln für Westpreußen“ vor, die im Westpreußischen Provinzial-Museum entworfen sind. — Herr Helm theilte sodann seine neueren chemischen Untersuchungen vorgeschichtlicher Bronzen mit. Am 26. Oktober sprach Herr Kumm über neue Ausgrabungen im Kreise Thorn und Herr Oehlschlaeger erstattete einen Bericht über die diesjährige Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft in Braunschweig und schilderte namentlich die Ergebnisse der neuesten Forschungen über die unterirdischen Höhlen des Hares. Am 14. Dezember sprach Herr Conwentz über bemerkenswerthe Ge- sichts-Urnen und verwandte Formen und zeigte neue Eingänge beim Provinzial- Museum vor. Sodann besprach der Vorsitzende das vom Vice-Admiral a. D. Reinhold Werner soeben verfaßte Buch: ,, Bilder aus der deutschen See- kriegsgeschichte von Germanicus bis Kaiser Wilhelm II.“, worin auch das bei Baumgarth gefundene Schiff aus der Wikingerzeit Erwähnung und Ab- bildung findet. XLIII Bericht über die Sitzung-en d.er ^oction für Pliysils: nndL Oliemie im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EYERS. Die Section für Physik und Chemie hat im Laufe des Jahres 1898 vier Sitzungen abgehalten. In der ersten, am 25. Januar, demonstrirte Herr Neumann einen von ERNECKE-Berlin mit Benutzung des LoDGE’schen Coherers construirten Apparat zur Demonstration electromagnetischer Wellen, wobei die Analogie mit den Lichtwellen sehr deutlich hervortrat, und führte mit aus derselben Quelle stammenden Vorrichtungen, darunter einem Hochspannungstransformator nach Elster und Geitel, einige der interessantesten TESLA’schen Erscheinungen vor* Am 18. 'November zeigte der Vorsitzende eine nach Professor Hartl von dem Mechaniker ANTuscu-Reichenberg i. Böhm, verfertigte Demonstrations- Zeigerwage vor und stellte einige Versuche aus verschiedenen Theilen der Physik damit an; ferner demonstrirte er das nach Professor Looser von der Firma Mueller und MEiswiNKEL-Essen construirte neue Doppel-Thermoskop, dessen vielseitige Verwendbarkeit er auch durch eine Anzahl von Versuchen darlegte. Am 30. November besichtigte die Section unter Führung des Herrn Oberingenieur von Schmidt das neue städtische Elektricitätswerk auf dem Bleihof. ln der vierten Sitzung, am 16. Dezember, fand die Beamtenwahl für das Jahr 1899 statt. Ferner hielt der Vorsitzende einen Vortrag über Elektricitäts- Zähler, in welchem er die Theorie der Haupttypen, mit Hervorhebung der in unserer Stadt gebräuchlichen Systeme, darlegte. XLIV Bericht über die der l^lCediiciiiisclieii Soction im Jahre 1898. Erstattet von dem Yorsitzenden derselben, Dr. Abegg. 1. Sitzung am 20. Januar. 1. Herr Dr. Goetz stellt einen Mann vor, dessen Speichen-Schlagadern (arteriae radiales) an beiden Vorderarmen unregelmäßig verliefen. 2. Herr Dr. Theodor Wallenberg stfdlt einen Mann vor, aus dessen linkem, früher stark kurzsichtigem Auge er die durchsichtige Linse entfernt hatte. 3. Derselbe stellt einen Mann vor, welchem er mittels Magneten einen 1 cg schweren Stahlsplitter aus der Netzhaut des linken Auges entfernt hatte. 2. Sitzung am 10. Februar. 1. Herr Dr. Scheele stellt einen Mann mit Flüssigkeit und Luft im Brust- kasten (Sero-Pneumo-Thorax) in Folge von Tuberculose vor. 2. Derselbe stellt einen Mann vor mit Lähmung des großen Sägemuskels (Musculus serratus anticus), an den 8 oberen Rippen entspringend, vor — nach Unterleibs- Typhus. 3. Dr. Wallenberg sen. führt eine Kranke vor, bei welcher Lympho- Sarcome der rechtsseitigen Luftröhrendrüsen eine Zusammenpressung des Luftröhrenastes des oberen rechten Lungenlappens bewirkt hatten. 4. Herr Professor Barth stellt einen Mann vor, welchem er den ganzen Kehlkopf wegen Krebs entfernt hatte, und welcher ohne künstlichen Kehlkopf trotzdem ganz leidlich spricht. 5. Herr Dr. Petruschky berichtet über die letzte Typhus-Epidemie in Danzig. 3. Sitzung am 24. Februar» 1 . Herr Professor Barth stellt zwei Fälle von operirtem Magengeschwür vor und berichtet über einen dritten, der ohne Operation zur Heilung kam. An der Hand dieser drei Fälle spricht Herr Professor Barth über die Anzeigen zum chirurgischen Eingriff bei Magengeschwür. 2. Herr Geheimrath Scheele legt drei Präparate von Erweiterung der großen Schlagader vor. XLV 3. Herr Hr. Adolf Wallenberg berichtet über seine anatomischen Unter- suchungen an den Mittelpunkten der Vorhofsnerven der Taube und schließt daran eine Besprechung der Erscheinungen, welche nach einer Zerstörung dieser Centra beim Menschen beobachtet werden. 4. Sitzong am 10. März. 1. Herr Sanitäts-B,ath Dr. Freymuth stellt einen Fall von glücklich ab- gelaufener Gehirnhautentzündung vor, bei welchem die Lumbalpunction zur Stellung der Diagnose verwerthet werden konnte, berichtet über 14 weitere Lumbalpunctionen und bespricht die Anzeigen zur Vornahme der Operation, ihre Ausführung und ihre Ergebnisse. 2. Herr Dr. Wolfe legt 2 RoENTGEN-Photographieen vor, deren erste eine Erweiterung der großen Schlagader und deren zweite eine Verbiegung des Schenkelkopfes (Coxa vara) darstellt. 3. Herr Dr. Solmsen zeigt eine zwischen Speiseröhre und Luftröhre ein- geklemmte Bindegewebsgeschwulst, verbunden mit Erweiterung der großen Körperschlagader und Ausbuchtung der Speiseröhre. 4. Derselbe beschreibt eine Conservirungsmethode, bei der die Farben des Präparates erhalten bleiben. 5. Herr Dr. Oehlschlaeger legt den BRAUN’schen Haken und das ScHüLTZE’sche Sichelmesser zur Verkleinerung des Foetus vor. 5. Sitzung am 7. April. 1 . Herr Professor Barth stellt einen Kranken vor, bei welchem er wegen Trigeminus - Neuralgie (Nervenschmerz des dreitheiligen Nerven) den dritten Ast dieses Nerven an der Schädelgrundfläche resecirt hatte. 2. Derselbe zeigt einen Patienten, bei welchem er hinter einander eine Aufmeißelung des Warzenfortsatzes, eine Eröffnung des Schädels am Dach der Paukenhöhle und eine Freilegung des Kleinhirns vornehmen mußte. 3. Herr Dr. Francke stellt eine Patientin vor, bei welcher er mit gutem P]rfolge wegen Einwärtsdrehung der Wimpern eine Einpflanzung von Mundschleimhaut ausgeführt hatte. 0. Sitzung am 28. April. 1. Herr Dr. Goetz zeigt ein Kind mit Tuberculose der Mund- und Lippen- Schleimhaut. 2. Herr Dr. Jelski stellt einen Knaben vor, mit nach einer Schädel- verletzung entstandenem Wasserkopf. 3. Herr Dr. Petruschky zeigt zwei Patienten, deren Lungentuberculose sich nach Injectionen von Kocu’schem Tuberculin bedeutend gebessert hatte. 4. Derselbe zeigt die Photographie eines Mädchens mit hochgradigem Lupus der Nase, bei dem die Reaction nach Kocn’schen Injectionen XL VI bald ausblieb. Die deshalb einstweilen unterbrochenen Injectionen werden später wieder aufgenommen. 5. Derselbe zeigt mikroskopische Präparate einer im Haarbalg einer Lupus-verdächtigen Patientin gefundenen Bacillenart. 6. Derselbe trägt den Jahresbericht über die Thätigkeit der bakterio- logischen Station am Olivaer Thor vor. 7. Sitzung am 12. Mai. 1. Herr Dr. Semon junior zeigt eine Placenta circumvallata vor und be- richtet über den betreffenden Fall. 2. Herr Dr. Adolf Wallenberg zeigt mit Hülfe des EDiNGER’schen Zeichen - Apparats Rückenmarkspräparate, welche die Entartung der Hinterstränge verdeutlichen, a) in einem Falle von Zerstörung der Kreuzbein-Nerven durch eine Kreuzbeingeschwulst, b) in einem Falle von Erkrankung verschiedener Hinterwurzeln bei Wirbelkrebs, c) in einem Falle von Rückenmarks-Erkrankung in Folge von Magenkrebs. 8. Sitzung am 13. Oktober. 1. Herr Dr. Freymüth stellt einen Knaben mit geheiltem Noma vor. 2. Herr Dr. Petruschky zeigt Photographieen desselben Knaben, als das Noma sich entwickelt hatte. 3. Herr Dr. Freymüth stellt eine Patientin vor, welche an Krämpfen im Gebiet des motorischen Trigeminus (des dreitheiligen Nerven) und des Hypoglossus (des Ünterzungen-Nerven) leidet. 9. Sitzung am 10. November. 1. Herr Geheimrath Scheele stellt drei Männer — Glasbläser — vor, bei denen sich eigenthümliche Veränderungen der Mundschleimhaut ent- wickelt hatten. 2. Herr Dr. Theodor Wallenberg stellt einen Mann vor, bei dem eine schwere Verletzung des Auges ohne Verminderung der Sehschärfe ge- heilt war. 3. Derselbe stellt einen Knaben mit einer markhaltige Nervenfasern ent- haltenden Geschwulst der Netzhaut vor. 4. Herr Dr. Helmbold zeigt einen Perimeter, der billig und von Jedem herstellbar ist. 5. Herr Dr. Scheele legt ein Präparat vor, an welchem zu sehen war, wie die Spitze einer verschluckten Sicherheitsnadel die Speiseröhre und die große Körperschlagader durchbohrt hatte. XLVII 10. Sitzung am 8. Dezember. 1. Herr Professor Barth stellt einen Patienten vor, bei dem er wegen eines Sarkoms (fleischähnliche Geschwulst) der Knochenhaut des rechten Oberschenkels ein 15 cm langes Stück dieses Oberschenkelknochens herausgesägt hatte. 2. Derselbe legt ein von ihm entferntes Aneurysma (Erweiterung) der Kniekehlenschlagader vor. 3. Derselbe zeigt ein Gehirn mit großem Bndotheliom der harten Hirnhaut. 4. Herr Dr. Adolf Wallenberg bespricht die Erscheinungen, welche dieses Endotheliom während des Lebens bewirkt hatte. 5. Derselbe zeigt ein Gehirn mit einem Melanosarkom des linken Stirn- lappens vor. 6. Herr Dr. Helmbold spricht über ein neues Verfahren, um Simulanten, welche Blindheit des einen Auges vorgeben, zu entlarven. XLViir Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1898, Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Oberbürgermeister DELBRÜCK. Die im Winter 1897 begonnenen regelmäßigen Beobachtungen im Barlewitzer See und im Hintersee bei Stulim wurden fortgesetzt. Dieselben beziehen sieh auf den Wechsel des Wasserstandes sowie der Wasserwärme im Vergleich mit der Luftwärme, auf Bildung, Wachsen und Verschwinden der Eis- decke, Veränderungen der Wasserbeschaffenheit unter dem Eise, Feststellung der in den Seeen auftretenden Thier- und Pflanzenformen unter besonderer Berücksichtigung des Planktons, sowie der Nahrung und des Körperzustandes der Fische, Ein zusammenhängender Bericht über die Ergebnisse der Be- obachtungen wird nach dem vorläufigen Abschluß derselben im März 1899 gegeben werden. Daneben hatte der Geschäftsführer Gelegenheit von westpreußischen Gewässern den Wenzkauer See bei Schöneck, den Kleinen Kaminsee bei Neu Grabau, den Damerausee bei Kiesling, die todtgelegte Weichsel, den Weit see, den Borowisee bei Körnen, den Kulmsee, den Sumowkosee bei Jabloiiowo, den Garczinsee, den Slupinkosee bei Englershütte, den Ostritzsee, sowie die Ossa zu untersuchen. Von den meisten dieser Gewässer sind schon bei früherer Gelegenheit Beschreibungen gegeben; neu untersucht wurden der Kleine Kaminsee, der Wenzkauer See, der Damerausee, der Sumowkosee und der Slupinkosee. Der dicht an dem Neu Grabauer See (Gr. Kaminsee) gelegene Kleine Kamin see zeigt sich in seiner Bildung und seiner Umgebung als das typische Beispiel eines Moränensees. Bei nur 9 ha Größe bis 20 m tief, hat er sehr durchsichtiges blaugrünes Wasser und ist arm an Plankton, an Grundthieren und an Ufervegetation. Sein einträglichstes Produkt ist der Krebs, auch die Kleine Maräne kommt in ihm vor. Der See liegt in einem sehr steilwandigen tiefen Thal, dessen Sohle bis in das Seewasser hinein völlig mit Steinen be- deckt ist. Der etwa 4 ha große Wenzkauer See bildet eine flache, bis 4 m tiefe Mulde mit trübem Wasser und reichem Bestand an Grundthieren. XLIX Der Damerausee (bei Kiesling) (durch eine Yerschmälcrung der See- fläche in den südlichen Kl. Damerausee und den nördlichen Gr. Damerausee getheilt) ist bei 254 ha FJächengröße in allen seinen Theilen nur 3 — 4, höchstens 4 — 5 m tief, fast überall sandgründig, stellenweise am Ufer dicht mit Rohr bestanden. Eine Eigenthümlichkeit dieses und der benachbarten, nach Stuhm zu gelegenen Seeen ist der dichte Steinbelag des Ufers, welcher aus sprödem Kieselkalk (harte Kreide, sog. Wolf) besteht. Das Gewässer ist ein vom Ritteroi'den künstlich angelegter Stausee, ein Wasserbehälter für die Marienburger Wassermühlen, dem das Niederschlagswasser eines weiten, bis zum Sorgensee reichenden Gebietes durch Gräben zugeführt wird. Del- Sumowkosee (Klein Summersee) ist 94 ha groß und dabei nur 1—1,5 m tief, fast durchgehends mit Charen und Ceratophyllum bewachsen, von einem dichten Gürtel von Rohr und Schilf umstanden. Auch der Slupinkosee, der dicht am Weitsee gelegen und mit diesem durch das Schwarzwasser verbunden ist, ist nur flach. Bei 62 ha Größe hat er im Westen eine Tiefe von 4 m in der Mittellinie, welche nach Osten, nach dem vom Schwarzwasscr durchflossenen Ende zu, immer flacher wird und schließlich nur noch 1,5 m beträgt. Während der westliche Theil einen fast kahlen Sandboden hat, entsprechend der sandigen Beschaffenheit des um- gebenden Landes, ist das Ostende mit Charen und Hornblatt fast verwachsen und mergelgründig. üeber die Thier- und Pflanzenwelt der untersuchten Gewässer sind ein- gehende Untersuchungen angestellt, worüber nähere Mittheilungen Vorbehalten werden. Ein umfangreiches Absterben der Barsche wurde im Frühjahr im Damerausee sowie im Langen See bei Czersk (Krong) beobachtet. Im Hinter- see bei Stuhm gingen im Sommer viele große Bressen ein. Im Stadtsee bei Rosenberg trat im Sommer eine Krankheit unter den Schleihen auf. Auch über diese Krankheitsfälle sowie über ein wahrscheinlich auf Vergiftung zurück- zuführendes Sterben aller Fischarten im Sorger See bei Kramske, Kr. Schlochau, wurden Untersuchungen angestellt. Die Untersuchung des Krebssteibens in den Radauneseeen hat Prof. Dr. Hofer in München gefälligst übernommen. Die Fischereikarte ist fertiggestellt. Das Seeenverzeichniß, welches un- gefähr 2000 Westpreußische Seeen nach Lage, Gebietszugehörigkeit, Größe, Tiefe, Besitzverhältnissen und Fischfauna beschreibt, ist im Wesentlichen eben- falls zu Ende geführt. Die weiteren textlichen Beilagen zur Fischereikarte, welche an der Hand der umfangreichen Ermittelungen über jeden See be- arbeitet werden sollen, gehen gleichfalls dem Abschluß entgegen. 4 L Bericht über die Sitzung-en. d.ei:* ^ection. füi* GresniKHieitspflege im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medicinalrath Dr. BORNTRAEOER. 1. Sitzung am 15. Januar 1898. Nach Erstattung des Jahres- und des Kassenberichts durch den Vor- sitzenden und den Rechnungsführer werden in den Vorstand gewählt bzw. wiedergewählt die Herren: Dr. Borntraeger, Regierungs- und Medicinalrath, als Vorsitzender, Boettger, Regierungs- und Geheimer Baurath, als stellvertretender Vorsitzender, Dr. Vagedes, Stabsarzt, als Schriftführer, VON Rozynski, Stadtrath, Major a. D., als stellvertretender Schrift- führer, Knochenhauer, Apothekenbesitzer, als Kassenführer. Darauf hält Herr Departements-Thierarzt Preusse einen Vortrag über die Wechselbeziehungen der menschlichen und thierischen Tuherculose. Die wichtigste und häufigste aller menschlichen Infectionskrankheiten ist zweifellos die Tuherculose. Wenn man bedenkt, daß nach Koch Vt aller Menschen dieser Krankheit zum Opfer fallen, so muß man sich naturgemäß fragen, wie ist es möglich, daß eine derartige Ausbreitung derselben stattfinden konnte. Die Aufgabe des heutigen Vortrages liegt darin, die Gefahren näher zu beleuchten, die dem Menschen aus der Tuherculose der Thiere ent- stehen. Koch hat in seinei* verdienstvollen Arbeit über die Aetiologie der Tuherculose darauf besonders hingewiesen, daß „eine andere Quelle der Infection mit Tuherculose (des Menschen) unzweifelhaft die Tuherculose der Hausthiere, in erster Linie die Perlsucht des Rindes, bildet.“ Es dürfte daher an dieser Stelle von besonderem Interesse sein, einmal auf diese Wechselbeziehungen näher einzugehen. Nach dem heutigen Standpunkt der Wissen- schaft sind menschliche und thierische Tuherculose als ätiologisch identisch anzusehen, sie werden durch ein und denselben Mikroorganismus, den Tuberkelbacillus, hervorgerufen. Von den Tuberculoseformen der Thiere kommen hier hauptsächlich die der Rinder in Betracht. Die Haupterscheinungsformen der Rindertuberculose sind die Lungenschwindsucht und die Perlsucht. Beide Formen wurden bis fast in die Mitte dieses Jahrhunderts als nicht zu- sammengehörig betrachtet. Als aber Yillemin und später Gerlach mit ihren überzeugenden Impf- und Fütterungs- versuchen hervortraten, da schwand jeder Zweifel über die wahre Natur der Perlsucht als Form der Tuherculose. Diejenigen, die dann noch hieran zweifelten, wurden schließlich durch die KocH’sche Entdeckung des Tuberkelbacillus eines besseren belehrt. Es steht nun- mehr fest, daß der Tuberkelbacillus die alleinige Ursache der Tuherculose ist, daß diese LI demnach in die Reihe der Infectionskrankheiten eintrilt, und daß alle bisher als verschiedene Krankheiten angesehene Formen der Tuberculose nur verschiedene Erscheinungsformen ein und derselben Krankheit sind und eine gemeinsame Krankheitsursache haben. Eie Kocn’sche Entdeckung blieb anfänglich keineswegs ohne Widerspruch. Koch hat später jedoch alle diese Einwände auf das schlagendste widerlegt, und thatsächlich ist auch nachher ein stich- haltiger Einwand gegen die KocH’sche Lehre nicht mehr erhoben worden. Was nun das Vorkommen der Tuberculose unter den Thieren anbetrifft, so interessirt uns hier eigentlich nur die des Rindes und des Schweines. Gar nicht so selten wird die Tuberculose auch bei Hunden und Katzen beobachtet, was bei dem oft innigen Zusammen- leben dieser Thiere mit Menschen von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist Das Vor- kommen der Tuberculose bei Hunden scheint allerdings in einzelnen Gegenden sehr verschieden zu sein. Aus Berlin wird über 0,05 Procent, aus Paris über 0,4 Procent, aus Dresden sogar über 2,7 Procent tuberculöser Hunde berichtet. Die meisten tuberculösen Hunde scheint es in Kopenhagen zu geben. Bei den Katzen dürfte die Verbreitung der Tuberculose ähnlich sein. Beim Rinde ist die Krankheit besonders in den geringeren Graden und bei ausschließ- licher Erkrankung der serösen Häute durch die gewöhnlichen Hilfsmittel oft sehr schwer, vielfach auch gar nicht zu erkennen. Nach Entdeckung des Tuberculins durch Koch ist allerdings auch liierin eine wesentliche Erleichterung eingetreten. Die zahlreichen mit diesem Präparat bei Rindern vorgenommenen Versuche haben ergeben, daß in durchschnittlich 85 Procent aller Fälle bei auf die Impfung reagirenden Thieren Tuberculose vorhanden ist. Ebenso sind 85 — 87 von 100 nicht reagirenden Thieren nicht mit dieser Krankheit behaftet. Das Tuberculin läßt nur dann im Stich, wenn es sich um hochgradig erkrankte Thiere handelt. Bei anderen Thieren, Schweinen, Schafen, Ziegen, sind die Krankheitserscheinungen während des Lebens noch weniger prägnant. Wichtiger sind die Erscheinungen bei Hunden und Katzen, da diese Thiere vielfach näher mit dem Menschen in Berührung kommen. Bei beiden Thieren tritt die Tuberculose unter dem Bilde der Lungenschwindsucht auf. Es besteht auch bei ihnen Husten, Athemnoth, rasch zunehmende Abmagerung und Schw'äche, Auswurf ist nur selten nachzuweisen, da dieser von den Hunden verschluckt wird, gegen das Ende treten Durchfälle auf, die Thiere gehen unter Oollaps-Erscheinungen zu Grunde. Als Infectionswege, auf denen die Uebertragung der Tuberculose von Thier auf Mensch und umgekehrt stattfinden kann, kommen dreierlei ATege in Betracht: Durch den Ver- dauungskanal, durch die Athmung und durch Einimpfung direct in das Blut. Der bei weitem wichtigste ist der erstere Infectionsweg, die Uebertragung der Tuberculose durch den Verdauungskanal. Hier interessirt nun besonders wieder die Tnfection des Menschen durch Producte tuberculöser Thiere, speciell Rinder. Von derartigen Producten kommen hier nur Milch und Fleisch in Betracht. Die Kuhmilch ist ein geschätztes, unentbehrliches Nahrungsmittel, nicht nur für Kinder, sondern für Menschen jeden Alters. Bei Kindern ist sie vielfach bestimmt, die Muttermilch ganz oder theilweise zu ersetzen und somit als erste Nahrung zu dienen. Für Erwachsene bildet sie theilweise ein Genußmittel, theilweise aber auch, und dies ist besonders wichtig, ein Kräftigungsmittef für Schwache, Kranke und Recon- valescenten. Sie wird in gekochtem, aber auch in rohem Zustande genossen. Das Kochen geschieht häufig mangels geeigneter Mittel nur recht oberflächlich, und wird hierbei nur eine Temperatur erzielt, die lange nicht an den Siedepunkt des Wassers heranreicht. In Folge ihrer Zusammensetzung ist die Milch ein außerordentlich geeigneter Nährboden für Mikroorganismen der verschiedensten Art. In dem gesunden Euter einer gesunden Kuh ist die Milch steril, d. h. es sind in ihr keinerlei lebende Keime enthalten. Sowie dieselbe aber den Strichkanal verläßt, wird sie fast hundertfach inficirt, so daß in Milch, welche kurze Zeit gestanden hat, sich bereits Tausende von kleinen Lebewesen entwickelt haben. Es sei hier erwähnt, daß nach Versuchen in 1 cbcm Milch, welche drei Tage gestanden hat, 2,5 — 10 Millionen Gährungspilze enthalten sind. Wenn dies nun auch zum großen Theil solche Organismen sind, welche der menschlichen Gesundheit nur wenig und vorübergehend 4* LII bzw. gar nicht schädlich sind, so ist es doch auch erwiesen, daß sich ebenso Spaltpilze der gefährlichsten Art in der Milch lebensfähig halten, ja sogar in derselben weiter entwickeln können. So ist bekannt, daß die Milch ein ausgezeichneter Träger für die Erreger von Cholera, Diphtherie, Scharlach, Typhus und anderen Krankheiten sein kann, wenn sie Ge- legenheit hat, sich nach dem Verlassen des Euters mit denselben zu inficiren. Die Milch hat aber oft bereits virulente Eigenschaften, wenn sie Thieren, die an Maul- und Klauen- seuche, Milzbrand und, vor allen Dingen, an Tuberculose leiden, entnommen wird. Bezüglich der Milch tuberculöser Thiere ist Folgendes anzuführen. Der äußeren Beschaffenheit nach ist es der Milch nur selten anzusehen, ob sie von einem tuberculösen oder von einem gesunden Thiere abstammt. So lange das Leiden mehr lokal ist und insbesondere keine Eutertuber- culose besteht, verhält sich die Milch sowohl an Quantität, wie auch an Qualität voll- ständig wie die gesunder Thiere. Bei fortschreitender Erkrankung tritt zuerst eine Aenderung in der Quantität ein. Sie nimmt allmählich ab. Wird die Erkrankung hochgradig oder gesellt sich Eutertuberculose hinzu, so ändert sich die Qualität der Milch. Dieselbe wird dünner und wässriger, nimmt eine mehr bläuliche Farbe an und ist oft mit feinen Flocken oder Gerinnsel vermischt; auch zeigt sie einen verminderten Fett- und Eiweißgehalt. Von entscheidender Bedeutung ist nun die Frage, ob die Milch tuberculöser Thiere Tuberkel- bacillen enthält. Daß dieselbe infectiöse Eigenschaften besitzen kann, ist durch zahlreiche Impf- und Fütterungsversuche bereits vor der Entdeckung des Tuberkelbacillus festgestellt worden. Nach dieser Entdeckung wurde denn auch ermittelt, daß die Milch tuberculöser Thiere thatsächlich lebende und virulente Tub erk eikeime enthalten kann. Auch die Milch von Kühen, die nur geringgradig oder anscheinend nur lokal erkrankt waren, ist in vereinzelten Fällen ebenfalls infectiös gewesen. Hier muß dann bereits ein Eindringen der Bacillen in das Blutgefäßsystem angenommen werden. Aber nicht nur die Milch selbst, sondern auch die aus infectiöser Milch hergestellten Producte haben sich als ansteckungsfähig erwiesen. So konnten mit Butter, Käse, Molken, süßer und saurer Sahne, Buttermilch und vor allen Dingen mit dem durch das Centrifugiren ausgeschleuderten Schlamm, die aus bacillenhaltiger Milch lierstammten, Tmpfversuche mit positivem Resultat veranstaltet werden. Das Resultat der Versuche mit erhitzter Milch war derartig, daß nur ein Erwärmen der- selben über 80 0 0. hinaus ihre Infectiosität aufhob. Die Milch tuberculöser Thiere wirkte in 45 bis 50 Procent aller Fälle, in der dieselbe zum Zwecke des Experiments dem Ver- dauungskanal einverleibt wurde, infectiös. In der Praxis kommt aber derartige Milch weniger in Betracht. Es kommt ferner hinzu, daß die Milch meistens gekocht genossen wird, aus- reichendes Kochen aber die Tuberkelbacillen, wenn sie nicht allzu zahlreich sind, zerstört oder zum mindesten abschwächt. Daß auch die sogenannte Marktmilch, also Mischmilch, kein einwandfreies Nahrungsmittel ist, zeigen uns die Versuche von Dr. Ott. Derselbe fand in 43 Proben von Marktmilch fünfmal Tuberkelbacillen, also bei 11,6 Procent, Von 28 durch Marktmilch geimpften Meerschweinchen wurden 4 tuberculös. Die in der Marktmilch ent- haltenen Tuberkelbacillen sind also auch vii’ulent. Es wird sich nun fragen, ob es einen ein- wandfreien Beweis dafür giebt, daß ein Mensch durch die Aufnahme von Milch tuberculöser Thiere tuberculosekrank geworden ist. Es seien einige Beispiele einer solchen Infection an- geführt. Demme führt 1879 einen Fall an, in dem ein sechsmonatiges Kind tuberculosefreier Eltern in Folge Genusses nicht abgekochter Milch einer perlsüchtigen Kuh an Darm tuberculose erkrankte. Einige Jahre später beschrieb er weitere ganz ähnliche Fälle. Leonhardt theilt einen Fall mit, in dem mehrere mit Muttermilch aufgezogene gesunde, anfangs gut gedeihende Kinder eines Försters nach der Entwöhnung tuberculös wurden, nachdem sie mit der Milch einer Kuh, die sich später als krank erwies, weiterernährt worden waren ; ein später geborenes Kind blieb gesund. Auch Fälle, in denen ältere Kinder, selbst Erwachsene, sich nur durch Genuß von Milch einer tuberculösen Kuh die Tuberculose zugezogen haben können, sind in der Literatur mehrfach erwähnt. Aus den in der Literatur angegebenen Beispielen in Ver- bindung mit den Impf- und Fütterungsversuchen geht hervor, daß die Möglichkeit einer Tuberculose-Infection beim Menschen durch die Kuhmilch nicht nur nicht abzuleugnen, sondern LIII als erwiesen zu erachten ist. Ungekochte bzw. ungenügend gekochte Milch tuber- culöser Thiere ist deshalb ein sehr bedenkliches und daher durchaus zu ver- werfendes Nahrungsmittel. Etwas anders verhält es sich mit dem Fleisch tuberculöser Thiere. Daß dasselbe im Stande ist, die Tuberculose auf andere Thiere zu übertragen, ist durch zahlreiche Yersuche zweifellos nachgewiesen. Die üebertragung ist nicht nur möglich durch Impfung, sondern auch durch Fütterung. Die Gefahr ist hier allerdings nicht so erheblich, wie bei tuberculöser Milch. Die Ursache hiervon ist darin zu suchen, daß das Fleisch zunächst nur selten Sitz tuberculöser Yeränderungen ist (bei 0,5 Procent). Dies wäre jedoch unerheblich, da experi- mentell nachgewiesen ist, daß auch Fleisch generell erkrankter Thiere, welches selbst keine Yeränderung zeigt, Tuberkelkeime enthalten kann. Fleisch wird ferner nur von Erwachsenen bzw. älteren Kindern und dann auch zunächst nur in gekochtem Zustande aufgenommen. Dennoch ist das Fleisch allgemein tuberculös erkrankter Thiere als ein bedenkliches Nahrungs- mittel anzusehen. Sein Genuß ist daher entweder ganz zu verbieten oder nur unter ganz besonderen Yoraussetzungen zuzulassen. Der zweite Infectionsweg, der durch die Athmungswege, kommt hier weniger in Be- tracht. An der Athmungsluft selbst haften die Tuberkelbacillen nicht, sie werden aber durch die durch Hustenstöße ausgeworfenen Schleimmassen in der Luft zerstäubt und können so mit der Luft eingeathmet werden. Da tuberkelkranke Rinder beim Husten nur selten Sputa auswerfen, so ist die Gefahr einer Infection durch die Athmungsluft für den Menschen nicht sehr erheblich, auch kommt ja der Mensch mit den Rindern nicht in so nahe Berührung, daß eine Infection zu befürchten wäre. Dagegen muß hier auf eine Infectionsquelle aufmerksam gemacht werden, deren Bedeutung keineswegs zu unterschätzen ist, das sind die tuberculösen Hunde und Katzen. In der Mehrzahl der Fälle geht die Infection dieser Thiere von tuber- culösen Menschen aus, bei dem oft innigen Zusammenleben dieser Hausthiere mit Menschen ist auch anzunehmen, ‘daß die Tuberculose von diesen auf gesunde Menschen übertragen werden kann. Der Infectionsweg dürfte hier nicht immer der gleiche sein. Durch das Be- lecken Seitens der Hunde oder Katzen können die Tuberkelbacillen in den oberen Theil des Yerdauungskanals oder des Respirationsweges gelangen, von wo sie resorbirt und in den Körper aufgeiiommen werden. Als letzter Infectionsweg kommt schließlich die di recte Aufnahme des Tuberkel- giftes in das Blut durch zufällige Infection in Betracht. In erster Linie muß man hier an eine Infection bei der Pockenimpfung denken. Die Möglichkeit einer solchen wird von allen Seiten zugegeben, es ist jedoch noch kein einwandsfreier Fall bekannt, in dem die Tuberculose durch thierische Pockenlymphe auf ein Kind übertragen worden wäre. Die Gefahr einer solchen Infection ist auch nicht erheblich, da zur Erzeugung von Lymphe Kälber benutzt werden, bei deren Auswahl mit der größten Yorsicht verfahren wird, sodann kommt die Tuberculose bei Kälbern auch verhältnißmäßig selten vor. Durch den Umgang mit Fleisch und Abfällen tuberculöser Thiere kann sehr wohl eine Infection stattfinden. Einen völlig einwandfreien Fall erzählt Geheimer MedizinaLath Dr. Pfeiffer in Weimar. Ein Thierarzt, aus gesunder Familie stammend, hatte sich bei der Section einer perlsüchtigen Kuh am Daumen verletzt; die Wunde heilte anfänglich ohne Eiterung. Nach einem halben Jahre entwickelte sich an der Narbe ein Hauttuberkel und eine Erkrankung des Gelenkes. Im Anschluß hieran trat eine Lungenerkrankung ein, welche IV2 Jahre nach der Yerletzung zum Tode führte. In Yorstehendem ist nur von der Üebertragung der Tuberculose von Ifiiier auf Mensch die Rede gewesen, aber auch das Umgekehrte muß in Berücksichtigung gezogen werden. Daß ein schwindsüchtiger Kuh- oder Schweinefütterer die Tuberculose auf die seiner Pflege unterstellteiL/rhiere übertragen kann, ist eine bekannte Erfahrung. Ganz besonders sind es aber Hunde und Katzen, welche durch das Zusammenleben mit schwindsüchtigen Menschen inficirt werden können. In der Literatur sind eine ganze Reihe derartiger einwandsfreier LIV Beispiele erwähnt. Auch hier geschieht die XJebertragung durch Aufnahme phfchysischen Sputums in den Yerdauungskanal. Aus Yorstehendem geht hervor, daß die thierische Tuberculose mit der mensch- lichen eine ganze Reihe von Wechselbeziehungen besitzt, und daß die Gefahr, welche den Menschen hieraus erwächst, keineswegs gering anzuschlagen ist. Es muß nun noch auf die Frage näher eingegangen werden, wie kann man am wirksamsten dieser Gefahr entgegen treten? Hierzu gehört als erstes Erforderniß die Aufklärung des Publikums über die Möglichkeit der Uebertragung der Tub erculose auf den Menschen durch tub er- culosekranke Thiere oder Producte derselben. Yor dem intimen Umgang mit tuberculösen oder verdächtigen Hunden und Katzen kann nicht genug gewarnt werden. Als verdächtig werden diese Thiere stets dann zu betrachten sein, wenn sie einen chronischen Husten haben und dabei allmählich abmagern, ebenso ist zu größter Yorsicht beim Umgang mit Fleisch und Abfällen tuberculöser Thiere zu rathen. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der Genuß rohen Rindfleisches, namentlich von Thiereii, deren Herkunft zweifelhaft und unbekannt ist, Gefahren mit sich bringt, die sich durch ein ausreichendes Durchkochen oder Braten vermeiden lassen. Yor allen Dingen aber ist der Milch eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Der Genuß roher Milch muß möglichst gänzlich vermieden werden. Besonders für Kinder ist und bleibt rohe Milch ein bedenkliches Nahrungsmittel. Die Aufklärung des Publikums allein genügt jedoch nicht, um den Gefahren, die aus den Wechselbeziehungen der thierischen und der menschlichen Tuberculose resultiren, wirksam entgegenzutreten. Es muß hierbei ferner in Betracht genommen werden, die planmäßige Tilgung der Tuberculose unter den Hausthieren, insbesondere Rind und Schwein. Je mehr diese Krankheit unter den Hausthieren abnimmt, um so geringer wird auch die Gefahr der Uebertragung von diesen auf den Menschen sein. Die Tilgung der Tuberculose der Rinder und Schweine gehört allerdings zu den schwierigsten Problemen der Yeterinärpolizei. Die- selbe ist nur mit Staatshilfe und unter Darbringung großer Opfer, Seitens des Staats sowohl als auch der Thierbesitzer, möglich. Auch wird sie ohne besondere gesetzliche Maßnahmen nicht zu erreichen sein. Bei der hier in Rede stehenden Frage kann daher mit diesem Factor in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Zum Schutze der menschlichen Gesundheit ist es ferner nöthig, besondere Yorschriften für den Yerkehr mit Milch und Fleisch zu erlassen. Für das letztere bestehen bereits solche. In Preußen giebt der Tuberkelerlaß vom 26. März 1892 die nöthige Directive zur Beurtheilung des Fleisches tuberculöser Thiere. Die Er- richtung öffentlicher Schlachthäuser mit Schlacht- und Untersuchungszwang und die Einführung der Schlachtviehbeschau auf dem platten Lande und in den Städten ohne Schlachthäuser vermindern die dem Menschen durch das Fleisch tuberculöser Thiere erwachsenden Gefahren allmählich immer mehr und mehr, so daß anzunehmen ist, daß bei uns in Preußen diese Gefahren in absehbarer Zeit gänzlich zurückgetreten seinw^erden. Anders steht es mit dem Yer- kehr mit Milch. Bezüglich dieses findet in Preußen eine Controle nur in wenigen Städten und auch nur oberflächlich statt. Diese Controle erstreckt sich zunächst nur auf die äußere Beschaffen- heit und den Fettgehalt der Milch. Eine Controle über die Herkunft der Milch existirt jedoch nirgends, und gerade diese wäre mit Bezug auf das vorliegende Thema von be- sonderer Bedeutung. Es ist unbedingt nöthig, daß den Milchkuranstalten und den Milch- wirthschaften, welche die rohe Milch direct zum Yerbrauch an das Publikum liefern, mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird, dieselben müssen einer thierärztlichen Beaufsichtigung ihrer Yiehbestände unterworfen werden. Die Milch aller Thiere, die äußere Erscheinungen der Tuberculose zeigen, ist von demYerkauf auszuschließen. Dem beliebigen.Yerbrauch derselben nach gründlicher Sterilisirung stehen Bedenken nicht im Wege. In gleicher Weise ist die Milch verdächtiger Thiere zu behandeln, die auf Tuberculin reagirt haben. Eine Yorschrift, sämmtliche Milchkühe mit Tuberculin zu impfen und die Milch der reagirenden Thiere vom Yerkauf auszuschließen, läßt sich zur Zeit nicht geben, da dies bei der großen Ausbreitung der Tuberculose einen augenblickliche!], nicht unerlieblichen Milchmangel zur Folge haben LV dürfte. Unbedingt nöthig ist aber die Yorschrift der Impfung für solche Kühe, welche zur Gewinnung von Kindermilch bestimmt sind. Kühe, die auf Tuberculinimpfung reagiren, dürfen auf keinen Fall hierzu Verwendung finden. Auch dem Verkehr mit Michproducten, Butter, Molken, Käse, welche gleichfalls Tuberkel- bacillen enthalten können, muß vermehrte Aufmerksamkeit in Bezug auf ihre Herkunft zugewendet werden. Der Vortragende erklärt sich wohl bewußt zu sein, daß die von ihm gemachten Vorschläge unzureichende sind und nicht genügen, um die Gefahr der Ueber- tragung der Tuberculose von Thier auf Mensch völlig zu beseitigen. Eigorose Maßnahmen sind ohne besonders große wirthschaftliche Schädigungen zur Zeit nicht möglich. Die Auf- klärung des Publikums bleibt zunächst immer noch das Wichtigste, als ein kleiner Beitrag hierzu soll der gegenwärtige Vortrag gelten. 2. Sitzung am 2G. Februar 1898. Herr Corpsstabsapotheker Remele trägt vor über die Reinigung der Ab« Wässer durch Eiektrioität. In neuerer Zeit ist auch der elektrische Strom zur Reinigung von Abwässern, speciell der städtischen, in Gebrauch genommen worden, und zwar giebt es zwei Verfahren, welche praktische Anwendung gefunden haben. Das erstere von Heemite ist in Frankreich versucht worden. Dasselbe bezweckt lediglich eine Desinfection der Abwässer derart, daß Meerwasser oder eine entsprechende Salzlösung unter Anwendung von Platin als Anode und Zink als Kathode elektrolysirt wird. Das hierdurch am positiven Pole entstehende Chlor übt die desinficirende Wirkung aus. Die erhaltene concentrirte chlorhaltige Flüssigkeit wird von der Centralstation in Closets, Abwässerkanäie u. s. w. geleitet, wodurch sehr wirksam die schäd- lichen und unangenehmen Ausdünstungen zerstört werden. Eine Reinigung der Abwässer wird durch das Verfahren nicht erzielt. Anders verhält es sich dagegen mit dem zweiten, dem WEBSTER’schen Verfahren, mit welchem in Crossness und Salford umfassende V ersuche angestellt worden sind. Hier wird das Abwasser selbst elektrolysirt. Die Elektrolyten bestehen jedoch beide aus metallischem Eisen. Dabei löst das an der Anode sich aus dem stets vorhandenen Chlorid der Abwässer ent- wickelnde Chlor die äquivalente Menge Eisen als Ferrochlorid auf, welches alsdann durch das an der Kathode sich bildende Natriumhydroxyd als Ferrohydroxyd ausgefällt wird. Hierauf beruht die reinigende Wirkung. Das ausgefällte und in der elektrolysiiten Jauche fein ver- theilte Eisenoxydhydrat sedimentirt schnell in den Klärbecken und reißt dabei die Schlamm- stoife, ja sogar einen Theil der gelösten organischen Stoffe mit nieder. Auch die Bakterien werden großentheils niedergeschlagen. Die Ansicht Webster’s, daß sich an der positiven Platte sauerstoffhaltige Chlorverbindungen bilden, welche bei ihrer Zersetzung durch das Natriumhydroxyd frei würden und dadurch oxydirend auf die organischen Substanzen ein- wirkten, ist nach den von Professor Koenig und dem Vortragenden im landwirthschaftlichen Institut zu Münster ausgeführten eingehenden analytischen Ermittelungen der entstehenden Producte, einschließlich der gasförmigen, eine irrige; lediglich an der Kathode wird Wasser- stoff entwickelt. Das an der Anode sich abscheidende Chlor wird quantitativ an das Eisen gebunden, aber nicht in höherer Oxydationsstufe, sondern bei dem Ueberschuß des Eisens als Chlorür. Hierdm^ch ist jede oxydirende Wirkung des Verfahrens ausgeschlossen. Der an der Kathode entwickelte Wasserstoff reducirt vielmehr vorhandene Nitrate zu Ammoniak, auch Farbstoffe, wie Indigo, werden reducirt und dadurch entfärbt. Das Verfahren entspricht also denjenigen der Reinigung durch chemische Fällungsmittel, es unterscheidet sich von letzteren nur dadurch, daß die fällenden chemischen Verbindungen durch den elektrischen Strom erzeugt werden, während sie bei der chemischen Reinigung im fertig gebildeten Zustande zugesetzt werden. Es wird sich daher die Einführung des elektrischen Reinigungsverfahrens nur dort empfehlen, wo andere bessere Reinigungsverfahren, wie die Berieselung, ausgeschlossen sind, und wo zugleich eine billige Natur- (z. B. Wasser-) Kraft zur Erzeugung der Elektricität zur Verfügung steht. LYI 3. Sitzung am 12. März 189S. Der Vorsitzende, Herr Regierungs- und Medicinalrath Dr. Borntraeger spricht über die Sterblichkeit der kleinen Kinder in Danzig. Unter Kindersterbliclikeit versteht man insbesondere die Sterblichkeit der Säuglinge, d. h. der Kinder unter einem Jahr. In der Stadt Danzig starben von 100 Lebendgeborenen vor Vollendung des ersten Lebensjahres in den Jahren von 1863 bis 1871 durchschnittlich rund 31, von 1875 bis 1879 rund 26, von 1882 bis 1884 rund 28, von 1885 bis 1887 rund 30, von 1888 bis 1890 rund 29, von 1891 bis 1892 rund 27, im Jahre 1893 rund 30, 1894 rund 26, 1895 rund 29, 1896 rund 24, 1897 rund 30. Die Sterblichkeit der Säuglinge ist sich also in den letzten fünfunddreißig Jahren hier ziemlich gleich geblieben und beträgt durchschnittlich jährlich gegen 30 Procent, d. h. nahezu ein Drittel aller Neugeborenen stirbt hier, ohne ein Alter von einem Jahr zu erreichen. Nur wenige Städte stehen im ganzen schlechter da, so Moskau, Rouen und von den deutschen Chemnitz, auch München. Gleich etwa mit Danzig sind Königsberg, Elbing, Breslau, Stettin, Petersburg, und um weniges besser ist Aachen. Viel besser sind dagegen z. B. Bremen, Hannover, Frankfurt a. M., Elberfeld, Barmen und durchschnittlich die Gesammtheit der französischen, englischen, schweizerischen, niederländischen und belgischen Städte; hier schwankt die Sterblichkeit der Säuglinge zwischen 13 und 20 Procent, ja in Irland und in den hygienisch so hoch stehenden Ländern Norwegen und Schweden beträgt die Kindersterblichkeit nur noch etwa 10 Procent, Wir sehen also, daß die Kindersterblichkeit bei uns noch verhältnißmäßig hoch ist; daraus folgt ohne weiteres, daß sie vermindert werden kann und müßte, worauf seit Jahren wiederholt die Herren Dr. Dr. LifiviN, Vater und Sohn, mit Recht hingewiesen haben. Will man nun helfen, so muß man die allgemein gemachten Erfahrungen beachten. Diese sind: 1) Die Gefahr zu sterben vermindert sich mit jedem Lebenstage der Säuglinge; bei weitem die meisten sterben innerhalb der ersten vier Lebensmonate. 2) Die Sterblichkeit ist um so größer, je geringer die häusliche Pflege ist. 3) Von den mit künstlicher Nahrung genährten Kindern sterben viel mehr als von den gesäugten. 4) Bei weitem die meisten Säuglinge sterben in den Monaten Juni, Juli, August und September, und zwar nimmt diese Sterblichkeit in diesen Monaten sehr erheblich zu bei den künstlich ernährten, bei den übrigen nur weniger, und die Herbstkinder bleiben im ganzen eher am Leben als die Frühjahrs- kinder. 5) Unter den Todesursachen der Säuglinge spielen die Leiden der Verdauung eine Hauptrolle; während von den übrigen Menschen etwa 2 — 3 Procent an solchen Leiden zu Grunde gehen, sterben von den Säuglingen 30 — 50, ja 60 Procent und mehr, daran und zwar ganz vorwiegend von den künstlich ernährten; in Danzig starben etwa nur 40 Procent = Zweifünftel aller Säuglinge an Verdauungsstörungen. Hieraus ergiebt sich, daß in der Ernährung und in der Pflege (Sauberhai fcung!) der Säuglinge die Schäden liegen, welche so viele von ihnen, die von Haus aus gesund und für ein längeres Leben prädestinirt waren, dem Tode zuführen, und hier müssen die Besserungs- hebel eingesetzt werden. In der Stadt Danzig ist hierzu mancherlei geschehen. Die städtische Armenverwaltung hat einen ansehnlichen Etat für die Armenpflege, bessert auf diese Weise schon die all- gemeinen Lebensbedingungen der Familien wie der Säuglinge, versorgt letztere im Bedarfs- fälle mit Milch und wird mit der Anstellung von zahlreichen Armenpflegern und -pflegerinnen vom 1. April d. J. ab zweifellos noch mehr leisten. In ähnlicher mehr indirecter Weise wirken der Armenunterstützungsverein und verschiedene Stiftungen, desgleichen der Verein „Frauenwohl“ durch die neuerdings eingerichtete Hauspflege, während die Kinderhorte und Kleinkinderbewahranstalfcen mehr etwas älteren Kindern zu gute kommen. Der Haltekinder- verein beaufsichtigt, von der Polizei antorisirt, die bei Fremden untergebrachten Säuglinge, und ein weiterer Verein hat im vorigen Jahre mit der Einrichtung einer Krippe, verbunden mit einem Kinderheim, auf Langgarten in bescheidenem Umfange begonnen. Die Aerzte- LVII kammer der Provinz hat Anweisung für die Pflege der Säuglinge zur Vertheilung drucken lassen, mehrere Personen in und um Danzig haben sich die gewerbliche Fertigstellung von Kindermilch angelegen sein lassen, und die Herstellung von zahlreichen Kindernälirpräparaten und von Apparaten zur Sterilisirung der Milch, insbesondere der bekannten von Soxhlet, sind auch den Säuglingen Danzigs zu gute gekommen. Wenn trotz alledem die Sterblichkeit der Neugeborenen, wie anfangs erwiesen, sich im Laufe der Jahrzehnte hier nicht gebessert hat, so liegt das einerseits an der Schwierigkeit der Materie, die zum großen Theile in socialem Gebiete wurzelt, sodann aber auch wesentlich daran, daß ein zielbewußter Yersuch, gerade diese Yerhältnisse zu bessern, mit ausreichenden Mitteln und unter sachverständiger Leitung generell bisher nicht unternommen worden ist. Ein solcher Yersuch darf, wenn er greifbare Erfolge haben soll, sich nicht auf einzelne Be- strebungen, z. B. Haltekinderwesen u. dgi. m., beschränken, sondern muß zum mindesten alles das fördern, was zur Yerbesserung der Ernährung der Säuglinge beiträgt, also die Er- leichterung der Stillung durch Mütter oder Ammen, die Besorgung von wirklicli geeigneter und guter Kindermilcli und -nahrung, Einrichtung von Krippen für die Unterbringung de'* Säuglinge tagüber und von Kinderheimen, die praktische Unterweisung von Frauen, welche sich der Armen- und Hauspflege widmen wollen, die Belehrung, die Auffindung geeigneter Leute, welche Kinder unterhalten wollen, zumal auf dem Lande, die Beaufsichtigung u. s. w., und zwar muß dies alles von einer centralen, sachverständig geleiteten Stelle aus geschehen. Der Yortragende schloß etwa: „Eia Yerein für Gesundheitspflege, der Praktisches leisten will, erscheint mir vorzüglich geeignet, dies segensreiche Werk zu inauguriren. Ich stelle den Antrag, eine Commission zu wählen zur Prüfung der Frage und Ausarbeitung von Yorschlägen, wie der Säuglings- sterblichkeit in Danzig praktisch und erfolgreich entgegenzutreten sei“. An diese Ausführungen schließt sich eine lebhafte Discussion an, worin einerseits die Schwierigkeiten und Unklarheiten in der Frage, andererseits auch die vielfachen Arten der Yerderbung der Milch erwähnt werden; ein Sachverständiger giebt an, daß Danzig jährlich mindestens 10000 M. für Wasser zahle, das als Zusatz zur Milch importirt werde. Schließlich wird eine Commission zur Bearbeitung der Frage im Sinne des Antrages gewählt. Herr Dr. Petruschky hält sodann einen Vortrag über die Frage: Wie lässt sich der Verunreinigung öffentlicher Verkehrsfahrzeuge entgegentreten? Mit dem Eintritte der besseren Witterung und dem Wiedererwachen der Reiselust tritt die Frage der Yerunreinigung der öffentlichen Yerkehrsfahrzeuge wieder in den Yordergrund. Yortragender weist zunächst darauf hin, daß das Strafgesetzbuch noch keinen Para- graphen enthält, der die fahrlässige oder selbst vorsätzliche Yerbreitung von Infections- erregern direct unter Strafe stellt. Es liegt hier eine Lücke in der Gesetzgebung vor, deren Ausfüllung unter Benutzung der Errungenschaften der hygienischen Wissenschaft um so wünschenswerther ist, als die durch Infection erzeugten Körperverletzungen viel schwerer sein und viel leichter den Tod oder dauerndes Siechthum zur Folge haben können, als die aller- meisten Körperverletzungen durch mechanische Gewalt. Dazu kommt, daß man es hier mit unsichtbaren Gefahren zu thun hat, deren Abwendung deshalb um so schwieriger ist. Daß durch das Auswerfen des Speichels auf den Fußboden und spätere Eintrocknung und Yerstäubung des Auswurfs die schwersten Infectionen, namentlich die in erschreckender Weise unter der Bevölkerung um sich greifende Tuberculose, verbreitet werden können, kann im Kreise des Yereins wohl als bekannt vorausgesetzt werden, nicht aber in weiteren Be- völkerungsschichten. Die Annahme, daß meist aus Unkenntniß dieser Gefahr gesündigt wird, belegt Yortragender durch verschiedene Beispiele aus der eigenen Erfahrung. Auf einer Reise nach Berlin beobaclitete er einen Mitreisenden, welclier sich nach allen Anzeichen bereits im letzten Stadium fortgeschrittener Lungenschwindsucht befand. Dieser Kranke ließ LYIII unausgesetzt den reichlichen Auswurf, welchen sein hohler Husten zu Tage förderte, auf den Fußboden des Wagenabtheils fallen und vertheilte denselben in der bekannten Weise mittelst der Fußsohle. Da dieser Auswurf offenbar nicht nur Tuberkelbacillen, sondern auch die hochgefährlichen Bacterien-Combinationen, welche die Tuberculose zum tödtlichen Ausgang zu führen pflegen, enthalten mußte, so liegt es auf der Hand, daß dieser Kranke ungezählten Fahrgästen, die nach ihm denselben Abtheil benutzten, den Keim des Todes einpflanzen konnte. Wie leicht hätte durch Benutzung der vorschriftsmäßigen Sputumflasche diese Gefahr vermieden werden können. Was hülfe es aber, sich etwa während der Fahrt mit einem Un- kundigen und dazu Schwerkranken in eine Discussion über hygienische Postulate einzulassen. Mit einem derartigen Versuche, den Yortragender einmal auf der Berliner Ringbahn gegen- über einem allein mit ihm fahrenden und rücksichtslos hustenden und Auswurf von sich gebenden Fahrgast wagte, hatte er wenig Glück. Der Herr erwiderte ihm einfach: „Ich bin aus München, ich hab’ keine Bacillen und glaube auch nicht daran.“ ^ In der hiesigen elektrischen Bahn sah Yortragender überaus häufig, daß der Auswurf auf den Fußboden entleert wurde. Nicht nur Arbeiter waren es, die sogar die Nase mittels der Hand auf den Fußboden schneuzten und dann das vorhandene Taschentuch nur zum Ab- wischen der Nase benutzten, sondern auch tadellos gekleidete Herren, welche die Fahrt auf der elektrischen Bahn dazu benutzten, um den Inhalt ihrer sämmtlichen Athmungswege mit möglichster Gründlichkeit auf den Fußboden zu befördern. Ein Fahrgast, w^elcher in einem Blechbüchschen Auswurf — wohl für einen Arzt — sammelte, also jedenfalls ein Kranker, ließ einen reichlichen Theil seines Sputums für gewöhnlich auf die Erde fallen. Selbst auf den besten Plätzen des Theaters beobachtete Yortragender mehrfach rücksichtsloses Umher- husten und -spucken ohne Benutzung des Taschentuchs. In allen diesen Fällen kann doch nur Unkenntniß als mildernder Umstand angenommen werden. Endgiltige Abhilfe könnte natürlich nur durch allgemeinste Verbreitung des hygienischen ABC, womöglich schon in den Schulen, geschaffen werden. Immerhin aber läßt sich diese Verbreitung beschleunigen, und etwaigem bösen Willen oder hartnäckiger Verstocktheit — wie bei jenem Münchener — entgegentreten, wenn die dem öffentlichen Verkehr dienenden Fahrzeuge einen Anschlag enthalten, daß die Verunreinigung des Fußbodens durch Sputum verboten sei; ähnliche Anschläge bestehen bereits in Kopenhagen, in Hamburg und an anderen Orten in den Straßenbahnwagen. Yortragender giebt daher der Versammlung anheim, den hierorts maßgebenden Instanzen mit ähnlichen Vorschlägen nahe zu treten, sei es auf sanitätspolizeilichem Wege, sei es auf dem Wege einer freien Anregung der betreffenden Directionen. Bereits in einer Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft war eine Anregung in gleichem Sinne gegeben worden, die zu praktischen Schritten bisher nicht geführt hatte. In der Discussion wird allgemein die Gefährlichkeit der Verunreinigung der Verkehrsfahl zeuge durch Auswurf anerkannt und beschlossen, sich mit den Directionen der elektrischen Straßenbahnen in Danzig und Elbing, wie der Eisenbahnen wegen Abhilfe in Verbindung zu setzen. 4. Sitzung atu 26. März 1898. Herr Kreisphysikus Dr. Steger hält einen Vortrag Uber das Radfahren in gesundheitlicher Beziehung: Gegen alle epochemachenden Neuerungen haben sich Vorurtheile der Mitwelt geltend gemacht. Als die erste Eisenbahn von Fürth nach Nürnberg dem Betriebe übergeben wurde, meinte man, in Folge der schnellen Bewegung müsse unfehlbar bei den Passagieren eine Gehirnkrankheit entstehen. Der Staat müsse auch die Zuschauer schützen. Schon der bloße iVnblick eines rasch dahin fahrenden Darapfwagens werde genau dieselbe Gehirnkrankheit erzeugen, jeder Bahnkörper müsse daher zu beiden Seiten mit einem dichten, 5 Ellen hohen LIX Zaun umgeben werden. So glaubte man auch vom Radfaliren, durch die Erschütterung könnten Rückenmarkskrankheiten sich entwickeln, es könnte eine Yerkrümmung der Wirbelsäule die Folge sein, durch das Balancehalten werde das Gleichgewichtscentrum im Gehirn zu sehr belastet, und dadurch entständen schwere Schädigungen u. ä. Yielfach sind die Meinungen darüber, ob das Radfahren an sich oder auf die Dauer gesund sei, getheilt. Es soll daher in Folgendem Einiges über den Einfluß des Radfahrens auf den menschlichen Organismus gesagt werden. Bemerkt sei, daß das Radwettfahren, das sogenannte Recordfahren, außer Betracht gelassen werden darf, weil es glücklicherweise nur von einer verhältnißmäßig geringen Anzahl von Radfahrern getrieben wird und kein Zweifel darüber bestehen kann, daß das Fahren mit den „besten Zeiten und Leistungen“ ein Uebermaß von Anstrengung erfordert, welches sich mit einer gesundlichen Auffassung des Radfahrens nicht deckt. Für den normalen Menschen sind es vielmehr drei Anforderungen, welchen das Radfahren in glücklicher Vereinigung genügt, einmal ist es das unabhängigste und wohlfeilste Be- förderungsmittel, dann dient es als gymnastische Uebung und endlich ist es ein Mittel zur geistigen Erfrischung, durch welches Gelegenheit gegeben ist, aus der Enge der Stadt in die günstigen hygienischen Bedingungen der freien Natur zu gelangen. Der Mensch soll zur Natur zurückkehren, so lautet eine alte und wahre Lehre Roüsseau’s. Das Rad hat sich im letzten Jahrzehnt die Welt erobert, es ist im Verkehr und Ge- werbe unentbehrlich geworden. Mächtige Industrien verdanken allein dem Rade ihre Existenz. Das Rad ist das bisher vermißte, endlich gefundene Gefährt, welches das vielseitige Getriebe des Kleinverkehrs sicher, prompt, unter unermeßlichem Gewinne an Zeit und Material ver- mittelt, und dadurch den Satz ,,Zeit ist Geld“ wahr macht. Aber nicht nur als Verkehrs- mittel spielt das Rad eine bedeutende Rolle, sondern auch als Culturmittel. Ein großer Theil der Bevölkerung nimmt bei uns gesundheitswidrige Lebensgewohnheiten an. Die An- forderungen, welche die Cultur der Jetztzeit an die geistige Ausbildung des Menschen stellt, zwingen denselben schon von Jugend an zum Stillsitzen, zuerst in der Schule, dann in den Bureaux, am Studirtisch, in den Arbeitssälen etc. So geht der Trieb und die Fähigkeit zu ausgiebiger Körperbewegung bei den meisten Menschen mehr oder weniger verloren. Die modernen Verkehrsmittel, Pferde- und elektrische Bahnen, Omnibus, ferner das moderne Wirthshausleben begünstigen das Stubenhockerthum. Hinzu kommt noch die Ungunst unseres Klimas. Während der Südländer die meiste Zeit im Freien verlebt, sind wir gezwungen, ein gut Theil des Jahres in geschlossenen Räumen zu verbringen. Die Städte sind es ins- besondere, die Schuld an diesem chronischen Stubensitz erthum haben, aber es mag wohl auch viel an dem Charakter der Deutschen liegen, sie werden schon von den Römern als die ,, Bärenhäuter“ geschildert. In dieser Beziehung ist durch das Rad Wandel geschaffen worden. Während hier in Danzig das Radfahren sich erst in den Anfängen, wenn auch in stetem Wachsen befindet, hat es in westlichen und südlichen Gegenden Deutsclilands in allen Schichten der Bevölkerung einen riesigen Aufschwung genommen. Vortragender ist seit elf Jahren Radfahrer, kennt die Zeit noch, wo der Radfahrer ein vereinzelter, allseitig angestaunter Gast war, und hatte im letzten Sommer, als er im Juli eine Radfahrtour von München nach Venedig und vom Gardasee zurück nach Bozen machte, sowie in früheren Jahren, als er den Schwarzwald mit dem Rade in allen Richtungen durchcpierte, Gelegenlieit, die gewaltige Verbreitung des Rad- fahrens nicht nur im platten Lande, sondern auch in hohen Gebirgsgegenden zu beobachten. Es ist ein herrlicher und genußreicher Sport geworden, in wenigen Tagen per Rad — omnia sua secum portans — die Gebirgszüge zu überwinden und den vollen Wechsel von Natur und Menschen in kurzer Aufeinanderfolge zu genießen. üeberall trifft man nicht nur Einzelfahrer, sondern ganze Radfahrergesellschaften, die Radfahrerverbände haben in den Alpen Organisationen geschaffen, vermöge deren überall für gute, billige Unterkunft, für Reparaturmittel, ja sogar für Verbandmittel, d. li. solche für die Pneumatics, gesorgt ist. Wie groß die Verbreitung des Radfahrens ist, dafür giebt wohl LX der Umstand Zeugniß, daß der deutsche Radfahrerbund jetzt mehr als 25000 Mitglieder zählt, daß die Zahl der in München ausgegebenen Radfahrnummern (im übrigen sind die- selben dort doppelt, vorn und liinten am Rad, angebracht) 20000 übersteigt, daß in Berlin die dreifache Anzahl von Radfahrern existirt etc. In England hat das Rad bisher die meiste Yerbreitung gefunden, Deutschland steht nicht nach. Das darf niclit verwundern, da das Falirrad eine deutsche Erfindung ist. In der Mitte des 17. Jalirhunderts erfanden der Zirkelschmied Hantsch in Nürnberg und ein gelähmter Ulirmacher Farfler in Altdorf bei Nürnberg Wagen, deren Yorderräder vom Innern des Wagens aus durch Handkraft mittels Kurbeln und einer entsprechenden Uebertraguug bew-egt wurden. Das Princip, die unteren Extremitäten zur Fortbewegung zu verwenden, ist einem französisclien Arzt, Richard aus La Rochelle, zu verdanken, er erfand das Treten auf Pedale. Eine schnellere Locomotion mittels eines Fahrrades erfand der badische Forstmeister Karl v. Drais im Jalire 1817, er construirte ein Laufrad; dasselbe bestand aus zwei hinter einander befindliclien Rädern, welche durch ein mit Sattel versehenes Zwischengestell verbunden sind; die Fortbewegung geschah durch Abstoßen der Füße vom Erdboden, am Yorderrade wurde gelenkt. Ein altes Bild aus dem Jahre 1820 giebt eine Darstellung von Fahrradübungen in einer Art von .Yelodrom“. Die im Eisenbahnbetriebe befindlichen Draisinen haben den Namen des Erfinders noch heute. Jenes Laufrad ist der Prototypus des heutigen Fahrrades, Erst im Jahre 1867 brachte Michaud auf die Pariser Weltausstellung ein Fahrrad mit einem wesentlichen Fortschritt, es hatte Pedale am Yorderrad, die mit den Füßen getreten wurden. Der erste Besteller eines solchen Fahrrades war der Kaiser Napoleon III., der erste Fahrer Louis Napoleon. Yon dieser Zeit her datirt die Epoche des Fahrrades. Principielle Aenderungen sind seitdem nicht gemacht worden, nur hat man Kurbel und Pedale nicht am Yorderrad, sondern den Kurbelmechanismus zwischen den Rädern, direct unter dem Sitzenden, gesondert angebracht; von ihm aus wird die Bewegung mit Hilfe einer Kette ohne Ende, welche in Zahnräder eingreift, auf die Achse des Hinterrades übertragen. Weitere Yerbesserungen waren solche des Materials, so daß das Gewicht des Rades er- niedrigt wurde, ferner des Trittmechanismus, möglichste Beseitigung der Reibungscoefficienten, soweit diese im Rade selbst liegen, u. a. m. Die Leistung eines Fahrrades hängt von seiner Uebersetzung ab, diese beruht auf dem Yerhältniß der Größe des Kurbelachsenzahnrades zur Größe des Hinterradzahnrades. Die Größe der Uebersetzung findet man, wenn man die Höhe des Hinterrades (in englischen Zollen) mit der Zahl der Zähne des Kurbelachsenrades multi- plicirt und die so erhaltene Summe durch die Zahl der Zähne des Hinterachsenzahnrades dividirt. Ist ein Rad auf 64" übersetzt, so heißt das: das Niederrad ist auf ein Hochrad von 64 eng- lischen Zoll Höhe übersetzt, legt also bei einer Kurbelachsenumdrehung, d. h. bei einem Doppeltritt, denselben lYeg zurück, den ein 64 englische Zoll hohes Rad bei einer Um- drehung zurücklegt. Dieser Weg ist = 2 r . tt, d h. 3,14 des Raddurchmessers, also 64 X 3,i4“Zo11 5,11 m. Ein auf 72" übersetztes Niederrad legt bei einem Doppeltritt einen Weg von 5,75 m zurück Zu einer solchen Leistung gehört natürlich ein gewisser Grad von Kraftanstrengung. Vergegenwärtigt man sich die Kraftleistung eines Radfahrers auf einer gewöhnlichen ebenen Straße nach den feststehenden Formeln für die Reibung auf ebener Unterlage, so leistet ein Radfahrer beim Zurücklegeii von 1 km eine Arbeit von 1900 — 2200 Kilogrammometer (be- kanntlich ist ein Kilogrammometer diejenige Arbeit, welche geleistet wird, wenn 1 kg 1 m hoch gehoben wird). Ein Fußgänger leistet beim Zurücklegen eines gleichen Weges eine Arbeit von 6000 Kilogrammometer, also bedarf ein Radfahrer zur Erreichung desselbeii Zwecks nur eine Leistung, welche Vs cier eines Fußgängers ist. Legt ein Fußgänger in einer Stunde 5 km zurück, so kann ein Radfahrer in derselben Zeit und auf gleichem Wege 15 — 18 km machen. Auf abschüssigem Terrain ist die Leistung eine erheblich größere, der Radfahrer kann 30 — 40 000 Kilogrammometer — 20 — 24 km in einer Stunde leisten. LXI Die Arbeit des Radfahrens geschieht durch Muskelthätigkeit. Diese besteht einmal darin, daß die aufrechte Haltung bewahrt, das Gleichgewicht erhalten und die Lenkung be- sorgt wird, ferner in der eigentlichen Fortbewegung. Was die erstere Thätigkeit betrifft, so ist eine Anspannung der Rückenmuskulatur und festes Halten mittels der Armmuskulatur wegen der fortwährenden Verlegung des Schwerpunktes nothwendig, und diese Krafcäußerung ist nicht gering* anzuschlagen, vielmehr bewirkt sie eine solche Hebung der genannten Muskeln, daß das Radfahren trotz der größeren Betheiligung der Muskeln der unteren Ex- tremitäten nicht als eine einseitige Gymnastik erachtet werden kann. Das eigentliche Treten des Rades zum Zweck der Locomotion ist zu vergleichen mit einem ,, Treppensteigen im Sitzen“, und zwar werden Stufen von gleicher Höhe, als die Pedale von einander entfernt sind (25 cm) überwunden, nur daß hier die Stufe nach unten ausweicht, so daß keine Hebung des Körpers zu Stande kommt, sondern die entwickelte Kraft das Fahrrad in horizontaler Richtung fortbewegt. Dabei dient nur das Abwärtstreten zur Ausführung der Kraftleistung, eine active Hebung des Fußes ist nicht erforderlich, sondern diese geschieht durch das alternirende Senken des anderen. Es werden daher die Streckmuskeln des Hüft-, Knie- und Fußgelenks in Thätigkeit gesetzt. Beim Gehen werden die entgegengesetzten Muskeln, die Beuger, gebraucht, daher ergänzen sich beide Bewegungsarten in vorzüglicher Weise, das Radfahren ist eine andere Kraftäußerung als das Gehen, es löst das letztere ab und um- gekehrt. Daher ist das Absteigen während der Falirt so außerordentlich nützlich und an- genehm, weil es die beim Fahren gebrauchten Muskeln entlastet und ausruhen läßt. Eine Folge der gesteigerten Thätigkeit der Beinmuskulatur ist ihr Wachsthum, das Dickwerden und straffe Verhalten der Muskeln, vermittels deren die unteren Extremitäten zu Dauerleistungen befähigt sind, während beim Erlernen, zur Zeit, wenn die in Function tretenden Muskeln noch nicht genügend gestärkt sind, leicht Ermüdung eintritt und das Rad- fahren „schwer“ erscheint. Das Radfahren hat ferner erheblichen Einfluß auf den Stoff- wechsel. Die Gewebe werden stärker oxydirt und daher wird Steigerung der Stickstoflf- ausscheidung in Folge Eiweißzersetzung, Wasserausscheidung und Entfettung bewirkt. Der Radfahrer Stephane hatte in 24 'Stunden einen Weg von 073 316 m = 90 Meilen zurück- gelegt und dabei 6,75 kg abgenommen. Jedoch sei erwähnt, daß das Radfahren an sich nicht einer Entfettungskur gleichwerthig ist, weil der entstehende Wasser- und Eiweißverlust zu einem unmittelbaren Ersatz dieser Stoffe nach der IVur verleitet, sondern daß, um Ent- fettung durchzuführen, neben dem Radfahren die Einleitung einer Diätkur Nothwendigkeit ist. Was die Verdauung betrifft, so wird sie durch das Radfahren gesteigert. Wer einen Rad- fahrer nach der Tour essen gesehen hat, kann dieses bestätigen, dem Radfahrer schmeckt „kein kleiner Bissen“ mehr; in Folge des Wasserverlustes wird das Durstgefühl in angenehmer Weise erhöht; Verstopfung tritt nicht ein, der Radfahrer bedarf keiner Schweizer Pillen denn der Leib wird durch das stete Auf- und Niedergehen der Beine massirt. Die wesentlichste Rückwirkung hat das Radfahren auf Athmung und Herz thätigkeit. Beide werden beim vernunftmäßigen Radfahren angeregt, die Athmung wird tiefer und aus- giebiger, die Herzthätigkeit kräftiger, die Lmigen werden besser ventilirt, in Folge der gesteigerten Muskelarbeit tritt reichlichere Kohlensäure- Ausscheidung, reichlichere Sauerstoff- aufnahme ein. Ist die Anstrengung dagegen eine übermäßige, so entsteht Kurzathmigkeit (Dyspnoe) und Versagen der Respiration. Leuten, die an Lungenschwindsucht, Lungen- erweiterungen und Luftröhrenentzündungen leiden, ist das Radfaliren daher nicht erlaubt. Auf das Herz hat das Radfahren in zweierlei Hinsicht Einfluß, es bewirkt eine Steigerung des Blutdruckes, hervorgerufen durch die Muskelthätigkeit, ferner eine Beschleunigung der Herzthätigkeit. Die Erhöhung des Blutdrucks hat eine bessere Ernährung der inneren Organe und Gewebe zur Folge, die Gefäße erweitern sich, die folgende Erschlaftüng der Gefäßwände bringt reichlichen Schweiß und damit Wasserverlust des Körpers hervor. Uebermäßige Anstrengung beim Radfahren hat ganz erhebliche Steigerung des Blutdruckes und starke Beschleunigung der Herzthätigkeit zur Folge, der Puls steigt von 70 — 80 auf 140 — 160, a LXII 200 Pulse sind nichts Seltenes, und auch 250 Pulse in der Minute sind schon beobachtet worden. Ueberanstrengung des Herzens tritt ein durch längeres schnelles Fahren, aber auch durch üeberwinden von Steigungen, wenn dieses in forcirtem Grade geschieht, weil dabei die Kraftanstrengung eine in der Zeiteinheit erheblich größere ist, als die eines Fußgängers. In derartiger Ueberarbeit des Herzens liegt eine Gefahr für den Radfahrer, Herzerweiterung und Herzvergrößerung, nervöses Herzklopfen, irritable heart, sind die Folgen. Nach acuten heftigen Anstrengungen beim Radfahren hat man mittels des RoENTGEN-Yerfahrens beträcht- liche Yergrößerung der Herzgrenzen direct sehen können. Daher mehren sich die Beispiele von Herzschlag und Herzkrankheit in Folge angestrengten Radfahrens, und wie es eine „Bergkrankheit“ nach excessiven Gebirgstouren giebt, so kann man von einer „Radfahrer- krankheit“ nach übermäßiger Anstrengung beim Radfahren sprechen. Sie besteht in Hei*z- klopfen, unregelmäßiger Herzthätigkeit, verringerter oder beschleunigter Pulsfrequenz, Gefühl der Schwäche bei geringen Anstrengungen, z. B. beim Berganfahren, Blässe des Gesichtes, Beklemmungen und Circulationsstörungen. Herzkranken, Greisen, deren Gefäßwandungen krankhaft kalkig verändert sind, aber auch Kindern und Knaben bis zu 15 Jahren, deren Herzthätigkeit einen besonderen Grad von Empfindlichkeit besitzt, ist das Radfahren zu wider- rathen. Hingegen lassen sich Gegengründe sanitärer Art gegen das Radfahren der Damen an sich nicht geltend machen, im Gegentheil wirkt gerade der Umstand, daß dem weiblichen Geschlecht, welches nach Maßgabe der bestehenden Yorurtheile noch zu sehr an das Haus gebunden ist, Gelegenheit geboten ist, in der freien Natur frische Luft zu schöpfen, in höchstem Grade günstig. Bedingung ist beim Radfahren der Damen freilich, daß alle beengenden Kleidungsstücke wegfallen, damit die Athmung frei und die Blutcirculation ungehindert sei. Das Geheimniß eines gesundheitsmäßigen Radfahrens liegt also, wie bei jedem Sport, im allgemeinen in einem vernunftmäßigen Yerhalten, wozu auch die gerade, oder vielmehr ganz leicht vorgebeugte Haltung des Oberkörpers gehört, im besonderen aber in einem richtigen Maßhalten; stets soll der Radfahrer mit möglichst geringer Anstrengung fahren, nie seine volle Kraft einsetzen. Bestimmte Maße lassen sich als Richtschnur nicht angeben, es dürfte aber zu vermeiden sein, daß die Athmung eine solche von mehr als 20 Respirationen, die Pulsfrequenz höher als 100 Pulsschläge in der Minute ist. Geschieht das Radfahren in vernünftigerweise, so bleiben die Yortheile nicht aus. In unserem Zeitalter der Neurasthenie schwinden die Symptome der Nervenschwäche, die Selbstbespiegelung der Neurastheniker fällt wegen der beim Radfahren stets nothwendigeu Aufmerksamkeit auf Menschen, Weg und Umgebung fort, beim Gesunden tritt geistige Erholung ein, weil das Gehirn entlastet wird, die Yerrnehrung der Körperkraft und das Bewuißtsein derselben wirkt fördernd auf Muth und Entschlossenheit, Yorsicht und Geistesgegemvart, und damit festigt sich der Charakter, und die allgemeine Gemüthsstimmung würd eine zufriedene, heitere. 5. Sitzung am 30. April 1898. In einer besonders einberufenen Generalversammlung wird § 3 der Sta- tuten dahin präcisirt, daß Yereinsmitglieder, welche erst in der zweiten Hälfte des Jahres eintreten, nur den halben Beitrag für das betrefiende Jahr zu zahlen haben. Nach Erstattung des Berichts der in der 3. Sitzung am 12. März 1898 gewählten Commisson zur Bearbeitung der Frage, „wie der Säuglingssterb- lichkeit in Danzig praktisch und erfolgreich entgegenzutreten sei'^ durch den Vorsitzenden, entspinnt sich eine längere Debatte. In derselben erklärt sich u. a, Herr Sanitätsrath Dr. Freymuth bestimmt gegen die üebernahme jeder praktischen Fürsorge für kleine Kinder durch den Yerein, während die Commission mit 3 gegen 2 Stimmen eine solche in gewissem Sinne empfohlen LXIII hatte, und obwohl der als Gast anwesende Herr Stadtrath Dr. Bail die Sym- pathie des Magistrats für die Sache ausspricht. Nach Schluß der Discussion erklärt sich die Majorität der Versammlung gegen ein praktisches Vor- gehen. Man ist sich allgemein in der Beurtheilung der Wichtigkeit eines praktischen Vorgehens einig, doch verbleibt die Mehrheit in der Ansicht, daß der Verein ein wissenschaftlicher und nicht berufen sei, mit eigenen Institutionen ins praktische Leben einzugreifen. Der Vorsitzende erklärt, er behalte sich vor, seinerseits nun in anderer Weise persönlich praktisch vor- zugehen. 6. Sitzung am 29. Oktober 1898. Es findet eine Besprechung der Frage statt: Welche sanitätspolizeiiichen Anforderungen sind an den Verkehr mit Milch zu stellen? Der Vorsitzende, Herr Eegierungs- und Medicinalrath Dr. Borntraeger führt aus: Die Milch ist eines unserer allerbesten Nahrungsmittel, schmackhaft, nahrhaft, bekömmlich und billig; 1,7 1 Milch für 31 Pf. (Berliner Preise) bedeuten für den arbeitenden Mann ebenso viel wie sechs Heringe für 48 Pf., 14 Eier für 84 Pf. oder 785 g Rindfleisch für 1,25 M. ; dabei ist die Milch für zahllose Zubereitungen in der Küche wie in der Conditorei unent- behrlich, Die Milch wird daher reichlich begehrt, insbesondere auch für die Kinder; man rechnet im allgemeinen Vs 1 Milch für jeden Menschen täglich. Darnach würden in Danzig etwa 43 000 1 Milch täglich gebraucht werden, zu deren Lieferung fast 4000 Kühe nöthig sind, während für Berlin täglich 32 000 Kühe dreimal täglich gemolken werden müssen, um die erforderlichen 375 000 1 herzugeben; die bekannte Meierei von Bolle bezieht allein täglich etwa 70 000 1 aus 130 Ortschaften. Um diesen Bedarf der großen Städte zu decken, genügt nicht mehr die nächste Umgebung; Berlin streckt seine Milch-Fangarme bereits ost- wärts bis Bunzlau, westwärts bis Braunschweig 230 km weit aus, also ansehnlich weiter, als die Entfernung von Danzig bis Thorn oder Königsberg beträgt, und die Riesenstadt London erhält einen Theil ihrer Milch von diesseits des Kanals aus der Bretagne, ja es ist angeregt worden, aus Holstein eine regelmäßige Milchlieferung dahin einzuführen. Diese viel begehrte Milch hat nun leider für den Menschen eine erhebliche (xefährlich- keit. Die gefährlichen Eigenschaften erhält die Milch theils im Thierleibe, theils außerhalb desselben. Ungeeignetes Futter und Krankheiten der Milchkühe, Unreinlichkeit beim Melken und beim Milch- Auffangen, -Verschicken und -Aufbewahren, Zersetzungen und Verfälschungen der Milch, wie Krankheiten der mit derselben umgehenden Personen sind in dieser Beziehung von Bedeutung. Am wichtigsten ist die Anwesenheit von Ansteckungskeimen in der Milch. Dieselben gelangen hinein bei gewissen Krankheiten der Milchkühe, bei Benutzung verunreinigten Wassers zum Reinigen der Milchgefäße und zum Verfälschen der Milch, das leider auch in Danzig nicht allzu selten vorkommt, durch Unreinlichkeiten der Ställe und beim Melken der Kühe, wie durch kranke Personen, welche sich auf den milchliefernden Höfen, in den Molkereien, Meiereien, Milchwirthschaften oder in anderen Räumen, in denen die Milch auf- bewahrt wird, finden. Durch gesetzliche Bestimmungen ist verboten, Milch von tollwuth- kranken oder von milzbrandkranken Kühen zu verbrauchen oder zu verkaufen, während die Milch von an Maul- und Klauenseuche leidendem Rindvieh nur in abgekochtem Zustande abgegeben werden darf. Insoweit ist das Erforderliche geschehen. Keine Sicherheit besteht jedoch gegen die Uebertragung der Tuberculose durch die Milch, Man darf annehmen, daß 20 bis 30 von je 100 Milchkühen bei^'uns an Tuberculose leiden. Zahlreiche Untersuchungen haben ferner mit absoluter Bestimmtheit ergeben, daß die Milch tuberculÖser Rinder reclit häufig viele Tuberkelbacillen enthält, und weitere Ver- suche haben immer wieder gezeigt, daß Thiere, welchen eine derartige, Tuberkelbacillen Lxiy enthaltende Milch einverleibt wird, an Tubercnlose erkranken und zu Grunde gehen. Da nun die zu Markt gebrachte Milch von verschiedenen Kühen stammt, so ist die Gefahr groß, daß die Milch kranker Kühe diejenige der gesunden 1'hiere mit ansteckt. Und dies geschieht in der That. Erst kürzlich fand ein Forscher, daß 8 von 13 Marktmilchproben in Berlin Tuberkelbacillen enthielten, d. h. 61,5 Procent, also weit über die Hälfte der Proben war ge- fährlich für den Menschen — ein erschreckendes Ergebniß! Eine andere Krankheit, welche durch die Milch erwiesenermaßen verbreitet wird, ist der Darmtyphus. Wiederholt hat sich gezeigt, daß die Milch aus Wirthschaften, in denen jemand typhuskrank war, die Empfänger der Milch angesteckt hat, und wenn die Milch von dem verseuchten Hofe in Molkereien geliefert und dort mit der anderen Milch gemischt wurde, welche nach der Entrahmung als Magermilch an die Lieferanten wieder zurück ge- langte, so breitete sich der Typhus in auffallender Weise unter den Milchlieferanten aus. In ähnlicher Weise können Ruhr, Diphtherie, Scharlach u. a. durch die Milch verbreitet werden. Es ist daher nicht richtig, bei der Milch immer nur darauf zu achten, ob sie verfälscht, d. h. mit Wasser versetzt, oder entrahmt oder auch verdorben ist; alles dies ist wichtig, aber nicht so wichtig, wie die krank machen den Eigenschaften der verseuchten Milch. Was ist nun zu thun ? Es giebt ein Mittel, etwa jede Milch unschädlich zu machen, das ist das Kochen Schon gewöhnliches Auf kochen ist nützlich; wer aber ganz sicher gehen will, koche jede Milch vor dem Genüsse vorsichtig eine Viertelstunde. Außerdem ist dahin zu streben, daß die Gefährlichkeit der Milch überall mehr bekannt werde, daß der Gesundheit der Kühe, der Reinlichkeit der Ställe, der Milchgeschäfte, der Milchgefäße, der mit der Milch um- gehenden Personen mehr Fürsorge gewidmet und jede Milch, welche Krankheitskeime ent- liält, vom Handel ausgeschlossen werde. Durch die Polizei ist dafür zu sorgen, daß die Milch nicht in Krankenräumen, Wohnstuben auf bewahrt werde, und es sind Tuberculöse als Verkäufer von Milch niclit zu dulden. Geschieht dies alles, so wird auch die jetzt so ver- breitete Tuberculöse seltener werden. Sehr wichtig bleibt immer die Belehrung und der Rath : Keine Milch werde ungekoc|ht genossen. Herr Departementsthierarzt Preusse als Correferent beleuchtet das Thema näher, unter Hervorhebung einiger besonderen Gesichtspunkte. V ortragender verbreitet sich über die Schädlichkeit von ungeeigneten, verfälschten oder giftigen Futtermitteln und insbesondere von Krankheiten der Milchkühe auf die Milch. Am wichtigsten sind darunter die Schädlichkeiten organisirter Natur, wie sie sich bei ansteckend kranken Kühen finden, also bei solchen, die an Milzbrand, Tollwuth, Tuberculöse, Maul- und Klauenseuche, Lungenseuche, Euterkranklieiten, pyämischen und septischen Prozessen leiden. Aber auch die Milch von Kühen mit erheblichen Verdauungsstörungen ist schädlich. Es genügt daher nicht eine Marktkontrole der Milch, sondern es sind ihre Herkunftsstätten zu beaufsichtigen; daher bedarf es nach dieser Richtung weiter gehender Vorschriften, als die Gesetze bisher enthalten, auch ist die polizeiliche Ooncessionirung des Milchverkaufs in Erwägung zu ziehen. Kochen der Milcli nutzt viel. Ganz tadelfrei und durchaus von tuberkel- freien Kühen stammend muß die Kindermilch sein. In der Diskussion empfiehlt Herr Dr. Petruschky einen Druck auf die Ausbreitung der Tuberculin- Impfung der Kühe dadurch auszuüben, daß man beim Milcheinkauf Werth auf eine solche Impfung lege. Herr Dr. Friedlaendi:r theilt mit, daß solches in Nizza be- reits geschehe; nach Uebereinkommen zwischen Stadt und Milchpächtern werde die von tuberculingeimpften Külien stammende Milch mit einer besonderen Marke versehen. Herr Sanitätsratli Dr. Freymuth befürwortet eine schärfere Controle des Zwischenhandels mit Milcli; es müßten geeignete, von den Wohnungen getrennte, besondere Räume für den Milch- verkauf da sein. Hei'r Gerichtschemiker Hildebrand verbreitet sich über die Kennzeichen schlechter Milch und über die Dntersuchungsmethoden, unter denen die Probe-Käsung wichtig sei, und wünscht Einwirkung auf Reinlichkeit in den Ställen, sowie eine öffentliche Belehrung des Publikums. LXV '7. Sitzung am 19. November 1898. Herr Kreisphysikus Dr. Eschricht hält einen Vortrag über Hygiene in den Esswaarenläden. Die Hygiene in den Eßwaarenläden, insbesondere diejenige des Handverkaufs, läßt zur Zeit noch sehr viel zu wünschen übrig. Zunächst ist die Kleidung des Verkaufspersonals nicht immer von wünschenswerther Sauberkeit; Hände und namentlich die Nägel entbehren oft der erforderlichen Reinheit. Finger, welche mit Eßwaaren hanliren und häßliche Trauerränder an den Nägeln zeigen, rufen beim Käufer Ekel und Unwillen hervor. Ein Gleiches gilt von solchen Fingern, welche mit unsauberen Heftpflasterstückchen oder beschmutzten Verbänden versehen sind. Zur Durchführung der Sauberkeit an Fingern und Nägeln ist die Aufstellung von Wasch- geräth im Verkaufsraum unerläßlich; es muß dasselbe aber nicht versteckt in irgend einem Winkel untergebracht sein, sondern dem Publikum sichtbar. Vor aller Augen muß der Ver- käufer sich säubern können, die Hände wieder und wieder waschen, was das Publikum nur mit Befriedigung wahrnehmen wird. Das Waschwasser muß fließendes sein (Leitungswasser), damit es ausreichend häufig erneuert werden kann. Sauber müssen selbstverständlich auch Verkaufstisch und Waage sein Stets nur sollen eingewickelte Waaren auf die Waagschale gelegt werden. Das Einwickelpapier sei rein und fleckenlos ; ganz unbrauchbar ist Makulatur- und Zeitungspapier als Hüllen für Eßwaaren. Eine für den Käufer sehr peinliche Unart ist das unnöthige Berühren und Befassen der Eßwaaren bei der Zertheiiung und Einwickelung. Und gerade diese Unsitte trifft man nicht zum wenigsten in den Conditoreien und Confiturengeschäften, in denen das feinere, in Bezug auf Sauberkeit und Appetitlichkeit anspruchsvollere Publikum zu verkehren pflegt. Das weibliche Verkaufspersonal ist es besonders, welches zum stillen und verhaltenen Aerger des Käufers die Waaren ganz unnöthigerweise mit den Fingern anfaßt. Und man glaube nur ja nicht, der Käufer billige diese Unappetitlichkeit, weil er sie duldet. Es ist nicht Jedermanns Sache, sich derartige Dinge zu verbitten, wenn er besonders Seitens des weiblichen zungen- fertigen Ladenpersonals peinliche Scenen zu gewärtigen hat. Aber es muß hier einmal aus- gesprochen werden, daß die leidige Unsitte, Eßwaaren, Confect, Bonbons, Früchte, mit den Händen zu fassen und unnöthig zu berühren, jedem Appetitlichkeits- und Sauberkeitsgefühl Hohn spricht! Warum verbittet sich das Publikum diese Unsitte nicht? Eine abscheuliche Angewohnheit ferner ist das Belecken der Fingerspitzen, bevor das Einwickelpapier entnommen wird. Mit solchen an einem Tage hundert- und mehrmal beleckten Fingern werden die Eßwaaren, Kuchen, Confect angefaßt. Wie man dergleichen mit Appetit verzehren soll, ist unerfindlich. Man denke doch nur an die Qualität des Mundspeichels bei Verkäufern mit Mundkrankheiten, Zalmgeschwüren, cariösen Zähnen u. s. w. Und dann ver- gesse man nicht die gesundheitsschädliche Seite dieser Unsitte! Wie leicht können nicht Krankheitskeime, z. B. Tubercalose, auf diese Weise übertragen werden! Schon die bloße Berührung der Waaren mit unsauberen Fingern ist unter Umständen gesundheitsschädlich; es sei hier nur an die Beschaffenheit des Nagelschmutzes erinnert, in welchem die bacterio- logische Forschung Entzündungs-Erreger, Eite>Erreger, die Krankheitskeime der sogen. Rose u. a. m. gefunden hat. In Norwegen entstand im vorigen Jahre eine Epidemie im Anschluß an den Genuß von Weichkäse, welcher nachweislich mit unreinen Händen geknetet worden war. Die Untersuchung stellte zweifellos fest, daß der fragliclie Käse durch die Knet- manipulationen inficirt worden war. Das leidige Berühren der Backwaaren in den Bäckerläden Seitens des Publikums, ins- besondere durch die unsauberen Hände der Dienstboten, zwang im Cholerajahr 1892 die königliche Sanitätscommission in Berlin zu dem Vorgehen, in den Bäckerläden Plakate 5 LXVI befestigen zu lassen, welche eindringlich vor der Berührung der Waaren warnen sollten, unter Hinweis auf die gesundheitsschädlichen Folgen dieser Unsitte. Recht wirksam war auch zweifellos der handschriftliche Zusatz der Bäcker auf diesen Plakaten, daß sie sich nicht verpflichtet fühlten, einmal berührte Waare zurückzunehmen. Es sollte heute in allen Eß- waarenläden ein Plakat mit der Inschrift prangen: „Es darf nichts berührt werden! Berührte Waare muß bezahlt werden!“ Daß die unnöthige Berührung vermeidbar ist, wissen wir. Alle Waaren können mit Schippen, Zangen, Hornlöffeln und dergl. angefaßt werden, ohne Zeitverlust. Der klebrige Kuchen sollte nur mit Kuchenschippen zertheilt und zugetheilt werden, Confituren nur mit Löffeln oder Zuckerzangen. Für Bäckerläden sind die Expeditionsfenster am zweckmäßigsten. Das ekelhafte Belecken der Fingerspitzen ist überflüssig, wenn das Einwickelpapier zweckmäßig geschichtet wird. Allenfalls möge man bei letzterem ein Schälchen Wasser aufstellen. Man wende nicht ein, diese Forderungen seien zwecklos, da die Waaren bei der Zu- beteitung in den Fabrikräumen, Backstuben, beim Obstpflücken u. s. w. doch schon unsauber behandelt würden. Das mag ja zutreffen. Allein zunächst schalten wir aus der Reihe der Reinlichkeitssünden eine aus, und das ist schon ein Grewinn. Und hat sich Verkaufspersonal wie Publikum erst einmal an die hier geforderte Sauberkeit gewöhnt, so haben wir an ersterem einen wirksamen Bundesgenossen unserer Bestrebungen denjenigen gegenüber, welche sich unserer Controle entziehen, denen die Zubereitung und Anfertigung in den Backstuben, Werkstätten, Fabrikräumen u. s. w. obliegt. Von einschneidenden Polizeimaßregeln, das betonen wir ausdrücklich, erwarten wir nichts für unsere Sache; wir ziehen es vor, uns mit den Betheiligtea zu verständigen und sie zu überzeugen, daß unsere Wünsche berechtigte sind. Und das Publikum möge auch das Seinige thun, um dem Uebel zu steuern; es möge die saubere und appetitliche Behandlung der Eßwaaren in freundlich ernster und bestimmter Weise fordern und damit einen Druck aus- üben, der allgemach doch erziehlich wirken muß. Möchten gerade jetzt in der bevor- stehenden Weihnachtszeit mit ihrem gesteigerten Geschäftsverkehr diese unsere Wünsche nicht unerhört verhallen! Die Ausführungen des Vortragenden werden von der Versammlung mit allseitiger Zustimmung aufgenommen. Es wird noch an andere analoge Unsauberkeiten erinnert, so insbesondere an die Obstverkäufer im Staube der Straßen, an die durch viele unsaubere Hände gegangenen Kirscheubündelchen, an das Auf blasen der Düten, z. B. in Cigarrenläden, an das Anfassen der Cigarren an der Mundseite u. s. w., und es wird erwähnt, daß auch hier in Danzig in den Cholerajahren, zum Theil jetzt noch vorhandene, Zettel in den Bäckereien ausgelegt wurden, die das Berühren der Backwaare verboten. Der Verein beschließt, von allen Maßnahmen abzusehen, welche Unzufrieden- heit erwecken könnten, vielmehr insbesondere belehrend und durch die Presse zu wirken. Die Mitglieder des Vereins erklären sich in der Mehrzahl ge- sonnen, diejenigen Firmen, welche ihnen als besonders reinlich und appetitlich in der Behandlung der Bßwaren bekannt sind oder werden, unter sich und in Bekanntenkreisen nach Möglichkeit zu empfehlen. Und sie beschließen, durch die Tagesblätter das Publikum zu bitten, in seinem eigensten Interesse in gleicher Weise vorzugehen und peinlichste Sauberkeit in allen Eßwaaren- läden zu fordern. Auch beabsichtigt der Verein, Plakate anfertigen zu lassen, welche in den Verkaufsräumen ausgehängt werden und in prägnanter Kürze die berechtigten Forderungen in dieser Angelegenheit enthalten sollen. LXVII 8. Sitzung am H. Dezember 1898. Herr Gerichtschemiker Hildebrand spricht über den Hausschwamm. Der Vortragende hebt die weite Verbreitung des Hausscliwammes und den großen Schaden hervor, den derselbe namentlich auch in zu rasch aufgeführten Neubauten verursache, in denen sehr häufig weder den Mauern noch Zwischendecken zum Austrocknen Zeit gelassen würde. In Berlin werde der durch Schwamm verursachte Schaden auf jährlich mindestens eine Million geschätzt. Der Redner zeigt an mitgebrachtem Material die vielgestaltigen Wachsthumsformen des Pilzes, schildert seine Entwickelung und Verbreitung innerhalb der Gebäude, sowie die Zersetzungserscheinungen des Holzes und die äußeren theils sichtbaren? theils dem Geruchssinn auffallenden Merkmale der Gegenwart von Schwamm in Wohnungen. Es werden die Lebensbedingungen des Pilzes eingehend besprochen, unter denen Feuchtigkeit und Luftabschluß die wichtigsten sind ; sodann eine Anzahl mit großer Reklame empfohlener Schwamm vertilgungsmittel kritisch durchgenommen. Das sicherste und für die Einwohner bekömmlichste sei Trockenlegung und Ventilation, ohne die auch die besten chemischen Mittel für die Dauer wirkungslos seien. Der Hausschwamm besitzt nicht, wie früher vielfach allgenommen wurde, giftige Eigenschaften wie der Fliegenpilz oder Speiteufel oder einige Pflanzen, deren Blüten giftige cyanartige Gase ausströmen. Mit Schwamm behaftete Räume seien aber gleichwohl mindestens unbehaglich, häufig ungesund, weil solche Wohnungen stets feucht und stockig seien. Der Vortragende führte eine Anzahl Bauregeln an, die von sorg- samen Baumeistern von jeher befolgt würden, und räth, beim Ankauf von Häusern Baukundige zu Rathe zu ziehen. Am 5. Juni unternahm der Verein gemeinsam mit dem Verein der Medicinalbeamten einen wissenschaftlichen Sommerausflug mit Damen nach Zoppot, wo u. A. die neuen Kanalisationsanlagen, nebst Pumpstation und Rieselfeldern, unter der Führung eines Gemeindevertreters und des leitenden Ingenieurs der bauausführenden Firma Boerner und Herzberg, ferner das Schlachthaus, die Anfänge der Quellwasserleitung bei Schmierau und, unter Führung des Herrn Sanitätsrath Dr. Semon und der Leiterin, die Kinder- heilstätte mit vielem Interesse besichtigt wurden. Am Jahresschlüsse zählte der Verein .58 ordentliche und 4 außer- ordentliche Mitglieder. LXVIII A. Mitglieder- Verzeichniss der rVatiiT-f orsoliondlexi CrosollsolifijFt zu Ouuzig-. 1. April 1900. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit; Abegg^ Or., Geh. Medicinal- und Sanitäts- rath, Director der Provinzial-Heb- amraen - Lehr - Anstalt in Danzig (Ordentl. Mitglied 1856) .... 1898 Bail, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig (Ordentl. Mitglied 1863) .... 1894 Dolirn, Anton, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rath, Director der Zoologischen Station in Neapel (Oorresp. Mitglied 1876) . . 1897 V. Gossler, D. Dr., Staatsminister und Ober- Präsident der Provinz Westpreußen, Excellenz, in Danzig 1891 Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin (Ordent- liches Mitglied 1863) 1892 Ehrenmitglied seit; Möbius, K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrath, Director der Zoologischen Sammlung des Kgl. Museums für Naturkunde in Berlin (Oorresp. Mitglied 1871) . 1893 Neumayer, Dr., Prof., Wirkl. Geh. Admiral.- Rath, Director der Deutschen Seewarte in Hamburg (Oorresp. Mitglied 1880) 1893 Radde, Dr., Geheimer Rath, Director des Kaukasischen Museums in Tiflis (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig (Ordent- liches Mitglied 1853) 1898 II. Correspondirende Mitglieder, Oorresp. Mitglied seit; Ascherson, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin 1893 Berendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrath, Landesgeologe in Berlin .... 1893 Bezzenberger, Dr., Geh. Regierungsrath, Prof, an der Universität in Königs- berg i/Pr 1894 V, Borries, Oberst a. D., Director des Pro- vinzial-Museums in Halle a. S. (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Buchenau, Dr., Prof., Gymnasial-Director in Bremen 1889 Cohn, Hermann, Dr., Professor an der Uni- versität in Breslau 1880 Conwentz, Dr., Professor, Director des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) 1878 Oorresp. Mitglied seit; Deecke, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Dorr, Dr., Prof., Oberlehrer in Elbing . 1898 V. Drygalski, E., Dr., Professor an der Universität in Berlin 1897 Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül- hausen im Elsaß, z. Z. in Sumatra 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock . 1897 Qrempler, Dr., Geheimer Sanitätsrath, in Breslau 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Docent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medicinalrath in Hildesheim 1877 LXIX Corresp. Mitglied seit; Haeckel, Dr., Hofrath, Professor an der Universität in Jena ..... 1868 Hartig, R., Dr., Professor an der Forst- akademie in München 1893 Hazelius, Arthur^ Dr., Director des Nordi- schen Museums in Stockholm , . 1898 Hedin, Sven, Dr., in Stockholm, z. Z. in Asien 1898 Horn, Dr., Fabrik-Dirigent in Leopoldshall 1868 'Jacohsen, E/inil, Dr., Chemiker in Berlin 1870 Jentzsch, Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 Le Joli, Professeur des Sciences in Cher- bourg 1857 Keliding, Consul in Medan/Deli, Sumatra 1894 Klein, Herrn., Dr., in Köln 1873 V. Klinggraeff, H, Dr., in Paleschken, Kr. Stuhm 1877 Klunzinger, C. B., Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart 1875 Kollm, Georg, Hauptmann a. D., General- secretär der Gesellschaft für Erd- kunde in Berlin 1893 Lemcke, Dr., Professor, Gymnasial- Director in Stettin 1898 Liebeneiner, Forstmeister in Carzig . . . 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Luerssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr 1893 M.agnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin ......... 1893 Mestorf, Fräulein Johan7ia, Prof., Director des Kgl. Museums vaterländischer Alterthümer in Kiel 1899 Meyer, 0. E., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Universität in Breslau 1896 Corresp. Mitglied seit: Müller, Paul A., Dr., Hofrath, Gehilfe des Directors des Magnet.-Meteorol. Observatoriums in Jekater inenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Nathorst, A. G., Dr., Prof., Director der phytopaläontologischen Abtheilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Penzig, Dr., Professor an der Universität in Genua 1888 Poelchen, Dr., dirigirender Arzt des Städt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) ....... 1893 Reinicke, E., Verlagsbuchhändler in Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrath, Pro- fessor an der Universität in Kiel . 1893 Remele, Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Forstakademie in Eberswalde 1894 Ross, Dr., Privatdocent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover ..... 1897 Schröder, Hugo, Dr., in London .... 1880 Schumann, K., Dr., Prof., Kustos am Bota- nischen Museum in Berlin . . . 1893 Schweder, G., Gymnasial-Director a. D., in Riga 1895 Strashurger, Dr., Geh. Regierungs-Rath, Professor an der Universität in Bonn a. Rh 1880 Thorell, Dr., Professor in Heisingborg (Schweden) ......... 1875 Treptow, Emil, Professor an der Bergaka- demie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) 1893 Wittmack, L., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Landwirthschaftl. Hochschule in Berlin 1893 III. Ordentliche Mitglieder. a. Einheimische. Aufgen. im Jabre Ahegg, Dr., Geh. Medicinal- und Sanitäts- rath, Director der Provinzial - Heb- ammen-Lehr-Anstalt in Danzig . . 1856 Abraham^ Dr., Arzt in Langfuhr bei Danzig 1899 Adam, Regierungs-Baumeister in Danzig . 1896 Adler, Ingenieur in Danzig 1895 Aufgen. im Jahre Althaus. Dr., Arzt in Danzig 1874 Anton, Regierungsrath in Danzig . . . 1899 JBaatz, Franz, Kaufmann in Danzig . . 1896 Badt, Frido, Kunstmaler in Danzig . . 1899 Bahnsch, Dr., Prof., Oberl. in Danzig . . 1886 Bail, Dr., Stadtrath in Danzig .... 1897 LXX Aufgen. im Jahre Bartels, Kapitän in Neufahrwasser . . . 1874 Barth, Dr., Prof., Medicinalrath und Ober- arzt in Danzig 1896 Behrendt, Dr., Arzt in Danzig .... 1893 Behrendt, Rechtsanwalt in Danzig . . . 1895 Berenz, Emil, Kaufmann in Danzig . . . 1882 Berger, J, J., Commerzienrath, in Danzig . 1873 Berndts, 0., Dr., Regierungsrath in Danzig 1893 Bernicke, J. G., Kaufmann in Danzig . . 1896 Bertling, A., Buchhändler in Danzig . . 1892 Bischoff, Oscar, Stadtrath in Danzig . .1878 V. Bockeimann, Oberlehrer in Danzig . . 1888 Böttger, Regierungs- und Geh. Baurath in Danzig 1896 von Bötticher, Buchhändler in Danzig . . 1896 Boretius, Dr., Generalarzt a. D., in Danzig 1883 Bornträger, Dr., Regierungs- und Medici- nalrath in Danzig 1895 Brandt, Oonsul in Danzig . . . . . . 1896 Br eidsprech er, Königl. Baurath, Eisenbahn- Director in Danzig 1892 Burdach, Dr., Arzt in Danzig .... 1899 Citron, Rechtsanwalt in Danzig .... 1885 Claassen, Adolf, Stadtrath in Danzig . . 1896 Claassen, Albert, Commerzienrath, in Danzig 1886 Cohn, Apotheker in Danzig 1896 Conwentz, Dr., Prof., Director des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig 1878 Dohms, Dr., Oberlehrer in Danzig . . . 1892 Damme, Geh. Commerzienrath, in Danzig . 1867 Damme, Dr., Kaufmann in Danzig . . . 1897 Debhert, Dr., Oberlehrer in Danzig . . 1895 Delbrück, Oberbürgermeister in Danzig . 1894 Deubel, Korvetten- Kapitän in Danzig . . 1899 Dommasch, Rendant in Danzig .... 1874 Dreyling, Dr., Arzt in Danzig 1889 Effler, Dr., Arzt in Danzig 1897 Ehlers, Stadtrath in Danzig 1876 Ehrhardt, Hauptmann in Neufahrwasser bei Danzig 1899 Eller, Dr., in Danzig 1888 Engler, Georg, Kaufmann in Danzig . . 1896 Erdmann, Rector der Rechtstädtischen Mittelschule in Danzig 1898 Evers, Prof., Oberlehrer in Danzig . . . 1878 Fahl, Regierungs- u, Baurath in Danzig 1892 Farne, Dr., Arzt in Danzig 1878 Fechner, Zahnarzt in Danzig 1894 Fischer, Dr., Oberarzt in Danzig . . . 1890 Aufgen. im Jahre Fischer, 0., Brauereibesitzer in Neufahr- wasser 1893 Fischer, Director der staatlichen Fort- bildungsrchule in Danzig .... 1899 Fleischer, H., Zahnarzt in Danzig . . . 1892 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer in Danzig 1896 Francke, Dr., Arzt in Danzig .... 1896 Freitag, Dr., Arzt in Danzig 1871 Freymuth, Dr., Sanitätsrath, Oberarzt in Danzig 1876 Fricke, Dr., Director der Oberrealschule in Danzig 1898 Friedländer, Dr., Arzt in Danzig . . . 1883 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer in Danzig 1898 Gaebler, Fabrikbesitzer in Danzig . . . 1892 Gartenhauverein in Danzig 1890 Gehrke, W., Maurermeister in Danzig . . 1882 Gehrke, Dr., Arzt in Danzig 1895 Gieldzinski, Kaufmann in Danzig . . . 1875 Ginsberg, Dr., Arzt in Danzig .... 1890 Gläser, Dr., Arzt in Danzig 1894 Glaser, Dr., Sanitätsrath, in Danzig . . 1859 Goetz, Dr., Arzt in Danzig 1882 Goldhaber, Dr., Arzt in Danzig .... 1900 Goldschmidt, Dr., Arzt in Danzig . . . 1892 Goltz, Rechnungsrath, in Danzig . . . .1872 Greffiji, Telegraphendirector in Danzig . 1882 Güntz, Ernst, Dr., Chemiker in Danzig . 1890 Hagele, Dr., Chemiker in Danzig . , . 1899 Hanff, Dr., Arzt in Danzig 1874 Hasse, Franz, Kaufmann in Danzig . . 1877 Heil, Bruno, Architekt in Danzig . . . 1900 Helm, 0., Dr., Stadtrath und Medicinal- Assessor in Danzig 1866 Helmbold, Dr., Arzt in Danzig .... 1897 Hesekiel, Landgerichtsrath in Danzig . . 1874 Hess, Oberlehrer in Danzig 1891 Hildebrand, Apotheker in Danzig . . . 1883 Hobeln, Dr., Oberstabsarzt in Danzig . . 1897 Hoepffner, Dr. Generalarzt a. D., in Danzig 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr bei Danzig 1898 Holtz, J., Kaufmann in Danzig .... 1871 Hopp, Dr., Arzt in Danzig 1899 Iharth, Oberlehrer in Danzig 1896 Jelski, Dr., Arzt in Danzig 1892 Kahus, Rentner in Danzig 1892 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer in Danzig 1886 LXXI Aufgen. im Jahre Kaufmann^ E., Landgerichtsrath in Danzig 1899 Kayser, Dr., Astronom in Danzig . , . 1859 Keil, Oberlehrer in Danzig 1885 Kickliefel, Dr., Arzt in Danzig .... 1899 Kiesow, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig . 1877 Kist, Rentner in Danzig 1891 Klawitter, Willy, Kaufmann in Danzig . . 1897 Klingheil, Oberlehrer in Danzig .... 1891 König, Dr., Regierungs- und Forstrath in Danzig 1899 KÖstlin, Dr., Assistenzarzt in Danzig . . 1898 Kohtz, Dr., Arzt in Danzig 1881 Korella, Dr., Oberlehrer in Danzig . . . 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer in Danzig . 1884 Kosmack, Stadtrath in Danzig . . . . . 1882 Kresin, Dr., Arzt in Danzig 1885 Kressmann, Arthur, Oonsul in Danzig . . 1880 Kr etschmann, Dr., Director des Königl. Gymnasiums in Danzig .... 1884 Kruse, Dr., Geheimer Regierungs- und Pro- vinzial-Schulrath in Danzig . . . 1879 Kruse, Landesrath in Danzig 1899 Kumm,Dv., Kustos am Westpr. Provinzial- Museum in Danzig 1892 Kunath, Director der städtischen Gas- und Wasserwerke in Danzig .... 1881 Laasner, Uhrmacher in Danzig .... 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig . . 1885 Lange, P., Oberlehrer in Danzig . . . 1892 Lehmann, Bisenbahnsekretär in Danzig . . 1896 Lehmann, Regierungsrath in Danzig . . 1899 Lehmann, Dr., Arzt in Danzig .... 1900 V. Leibitz, Major a. D., in Langfuhr . . 1892 Levinsohn, Apothekenbesitzer in Danzig . 1896 Lewy, J., Dr., Arzt in Danzig .... 1887 Leyden, Oscar, Kaufmann in Danzig . . 1880 Lierau, Dr., Gymnasiallehrer in Danzig . 1888 Lietzau, Herrmann, Apothekenbesitzer in Danzig 1879 Lietzau, Victor, Optiker in Danzig . . . 1896 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt in Danzig . . 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann in Danzig 1891 Magnussen, Dr., Arzt in Danzig . . . 1896 Mannhardt, Prediger in Danzig .... 1894 Marschalk, Kaiser!. Maschinenmeister in Neufahrwasser 1874 Marx, Fabrikdirector in Danzig .... 1898 Matthaei, Dr., Stabsarzt in Danzig . . . 1894 Meyer, Albert, Consul in Danzig . . . 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . . 1896 Aufgen. im Jahre Meyer, Dr., Director des Realgymnasiums in Danzig 1894 Michelsen, Apothekenbesitzer in Danzig . 1895 Mix, Commerzien-Rath, in Danzig . . . 1865 Möller, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . . 1899 Momber, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1867 Müller, Hugo, Dr., Arzt in Danzig . . . 1888 Münsterberg, Otto, Kaufmann in Danzig . 1877 Muscate, Oommerzienrath, in Danzig . . 1894 Nass, C., Oberlehrer in Danzig .... 1894 Neitzke, Korvetten-Kapitän in Danzig . . 1899 Neumann, Dr., Director der Victoriaschule in Danzig 1896 Oehlschläger, Dr., Arzf in Danzig . . . 1867 Oetting, Staatsanwalt in Danzig .... 1897 Ortmann, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . 1892 Otto, Baumeister in Langfuhr 1872 Otto, Robert, Consul in Danzig .... 1879 Penner, W., Stadtrath in Danzig . . .1872 Penner, Dr., Arzt in Danzig 1884 Perlbach, Ernst, Kaufmann in Danzig . . 1886 Peters, Rentner in Langfuhr bei Danzig 1880 Petruschky, Dr., Vorsteher des Bakteriolo- gischen Instituts in Danzig . . . 1897 Petschow, Dr., Chemiker in Danzig . . . 1892 Philipp, Dr., Arzt in Danzig 1898 Pincus, Dr., Arzt in Danzig 1883 Preusse, Departements-Thierarzt und Vete- rinär-Assessor in Danzig .... 1890 Puttkammer, Franz, Kaufmann in Danzig 1887 Putzier, Dr., Arzt in Danzig 1894 Heger, Dr., General-Oberarzt in Danzig 1899 Rehbein, Apothekenbesitzer in Danzig . . 1896 Reichenberg, Robert, Kaufmann in Danzig 1896 Reimann, Dr., Arzt in Danzie: .... 1894 Reinicke, Kapitän, Vorsteher der Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahr- wasser bei Danzig 1899 Reinke, Dr., Arzt in Danzig 1891 Remele, Corps-Stabsapotheker in Danzig . 1898 Rickert, H, Landesdirector a. D., Mitglied des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten, in Danzig .... 1869 von Riesen, E., Rentner in Langfuhr . . 1896 Rodenacker, Ed., Stadtrath in Danzig . . 1873 Rodenacker, Th., Rheder in Danzig . . 1896 Rosenstein, Dr., in Danzig 1895 Runde, Eugen, Kaufmann in Danzig . . 1900 Saage, Amtsgerichtsrath in Danzig . . . 1880 Salzmann, Carl, Kaufmann in Danzig . . 1875 LXXII Aufgen. im Jahre Sander, Georg, Redacteur in Danzig . . 1900 Sauer, Julius, Lithograph in Danzig . . 1872 Schaefer, Kaufmann in Danzig .... 1885 Scharf enorth, Dr., Arzt in Danzig . . . 1889 Scheeffer, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1878 Scheller, Apothekenbesitzer in Danzig . . 1882 Schlucker, Kaufmann in Langfuhr . . . 1886 Schlüter, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1879 Schmechel, Landschafts -Secretär in Danzig 1868 Schoenberg, Kaufmann in Danzig . . . 1874 Schreiber, Lehrer in Danzig 1879 Schrey, Regierungsrath, Director der Waggonfabrik in Danzig .... 1898 Schroeter, Georg, Dr., Arzt in Danzig . . 1895 Schroeler, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . 1890 Schütte, Ingenieur in Danzig 1899 Schultz, Dr., Arzt in Danzig 1896 Schultze, S. S., Gymnasiallehr. a.D. in Danzig 1865 Schumann, E , Prof., Oberlehrer in Danzig 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt in Danzig . . 1892 Schwär zenberg er, Major a. D., in Danzig . 1900 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi- schen Fischerei-Vereins in Danzig . 1898 Semon, Max, Dr., Arzt in Danzig . . . 1893 Siede, Carl, Ingenieur in Danzig . . . 1898 Simon, Dr., Arzt in Danzig . . . . . 1879 Solmsen, Dr., Arzt in Danzig 1899 Spendlin, Oberlehrer in Danzig .... 1898 Staberow, Victor, Apotheker in Danzig . 1893 Staeck, Ad., Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 Stangenberg, Dr., Arzt in Danzig . . . 1899 Steffens, Otto, Kaufmann in Danzig . . 1877 Steger, Dr., Kreisphysikus in Danzig . . 1895 Steimmig, Paul, Fabrikbesitzer in Danzig 1895 Steimmig, R., Fabrikbesitzer in Danzig . 1878 . üfgeh. im Jahre Steinicke, Ingenieur in Danzig .... 1896 Stoddart, Francis, Commerzienrath, Stadt- rath in Danzig 1877 Stürmer, Albert, Kaufmann in Danzig . . 1898 Sudermann, W,, Kaufmann in Danzig . . 1894 Suhr, P., Oberlehrer in Danzig .... 1890 Thomas, Gust,, Vorsteher der landschaft- lichen Darlehnskasse in Danzig . . 1893 Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Danzig 1870 Trampe, Bürgermeister in Danzig . . . 1898 Unruh, Kaufmann in Dauzig 1896 Tagedes, Dr. , Stabsarzt in Danzig . . . 1897 Valentini, Dr., Prof., Oberarzt in Danzig 1899 Wachsniann, Oberingenieur in Danzig . 1899 Wallenberg , Abrah., Dr., Sanitätsrath, Arzt in Danzig 1865 Wallenberg, Adolf, Dr.. Arzt in Danzig . 1887 Wallenberg, Th , Dr., Arzt in Danzig . . 1897 Wanfried, Commerzienrath in Danzig . . 1892 Wedding, W., Rentner in Danzig . . . 1897 Wegener, Oberlehrer in Danzig .... 1892 Weiss, Rechtsanwalt in Danzig .... 1890 Wessel, Polizei-Präsident in Danzig . . 1894 Westpreussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure, in Danzig . . 1890 Willers, Dr., Regierungsrath in Danzig . 1892 Wittkowski, Reichsbank-Director in Danzig 1899 Wolff, August, Kaufmann in Danzig . . 1875 Ziegenhagen, Kaufmann in Danzig . . . 1875 Ziem, Dr., Arzt in Danzig 1885 Zimmermann, Aug., Ingenieur in Danzig 1883 b. Auswärtige. Aufgen im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Commerz- und Admirali- tätsrath a. D., Bankdirector in Berlin 1893 Abegg, Philipp, Rentner in Wiesbaden . 1893 Albrecht, Dr., Landrath in Putzig . . . 1888 Alterthumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz 1872 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 Bindemann, Bauinspector in Charlottenburg, Goethestraße 83 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu- stadt Westpr 1882 Böhm, Commerzienrath, in Zoppot . . . 1865 Aufgen. im Jahre Böhm, Joh., Dr., Assistent an der geol.- pal. Sammlung d. Königl. Museums für Naturkunde in Berlin N., In- validenstraße 43 1884 Borchardt, W., Apothekenbesitzer in Bereut Westpr 1878 Bremer, Emil, Dr., Kreisphysikus in Berent Westpr 1886 Domnick, Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Ehlers, Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 LXXIII Aufgen. im Jahre Gräbner, P., Dr., Assistent am Kgl. Botani- schen Garten in Berlin W., Grune- waldstraße 4—6 1894 V. Grass, Präsident des Westpreußischen Provinzial-Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Director der Realschule in Graudenz . 1885 Hartingh, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin 1879 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg, Capland 1897 Hennig, Dr., Arzt in Ohra 1887 V. Heyden, Dr., Major z. D., in Bocken- heim bei Frankfurt a. M 1867 Hilbert, Dr., Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 Hinkelmann, Lehrer in Krottoschin bei Bischofswerder Wpr 1899 Hirschfeld, Dr., Arzt in Dirschau . . . 1899 Hohnfeldt, Dr., Oberlehrer in Marienwerder 1884 Hoyer, M., Director der landwirthschaftlich. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hüge, Apothekenbesitzer in Elbing . . . 1895 Kämpfe, Dr., Kreisphysikus in Karthaus Westpr 1895 Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr 1892 Knoch, Prof., Oberlehrer in Jenkau bei Danzig 1880 Kreis- Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kroemer, Dr., Medicinalrath, Director der Provinzial-IrrenanstaltinKonradstein bei Pr. Stargard 1884 Lampe, Dr., Prof., Oberlehrer a. D. in Zoppot 1859 Landwirthschaftliche Schule zu Marienburg 1885 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau . . . . ’ 1879 JKac-Lean Lochlan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Schweiz . . . 1877 Meisner, Dr., Generalarzt in Altona . . 1894 Meschede, Dr., Professor, Director der Städt. Krankenanstalt und der Psychiatri- schen Universitätsklinik in Königs- berg 1872 Möbius, Dr., Kreisphysikus in Schweiz a. W. 1899 Moeller, Dr., Sanitätsrath, Kreisphysikus in Czarnikau Ostpr 1879 Aufgen. im Jahre Marwitz, Jos., Kaufmann in Berlin Pens., U. S. A 1871 Marwitz, Mart., Kaufmann in Berlin W., Linkstraße 1 1873 iNagel, Dr., Prof., Director des Realgym- nasiums in Elbing 1867 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oberbergamt, KÖnigl,, in Breslau . . . 1890 V. Palubicki, Major und Rittergutsbesitzer auf Liebenhof bei Dirschau . . . 1876 Plehn, Landschaftsdirector, Rittergutsbesitz. aufKrastudenb.Nikolaiken,Kr.Stuhm 1878 Poppo, Dr., Sanitätsrath, in Marienwerder. 1886 Praetorius, Dr., Prof., Oberlehrer in Könitz 1878 Preuschoff, Probst a. D,, in Frauenburg Opr. 1884 Progymnasium in Neumark 1897 Itabbas, Dr., Director der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 Roepell, Kammergerichtsrath in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 31 1889 Rittergutsbesitzer a. Kokoschken 1880 R^lttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S 1892 Schahnasjahn, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig 1882 Schimanski, Dr., Arzt in Stuhm .... 1886 Schmidt, August, Dr., Oberlehrer in Lauen- burg in Pommern . . . . ^ . 1879 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1883 Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmühl . . 1883 Schoettler, Prof., Oberlehrer in Pr. Stargard 1881 Scholz, Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder 1897 Schubart, Dr., Prof., in Zoppot .... 1866 Schultz, Dr., Wirk!. Geh. Ober-Regierungs- rath, Regierungs-Präsident a. D. in Hannover, Arnswaldstraße 5 . . . 1879 V. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in Waplitz, Kr. Stuhm 1890 Solger, Dr., Professor an der Universität in Greifswald 1898 Stadtbibliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Strand, cand. phil,, in Christiania . . . 1898 Treichel, A., Rittergutsbesitzer in Hoch Paleschken, Kr. Bereut .... 1876 Wagner, Dr., Arzt in Zoppot .... 1890 Zehr, Photograph in Elbing 1896 Zynda, Lehrer in Stuhm 1883 LXXIV B. Mitglieder der Anthropologischen Section. Abegg, Dr., Geh. Med.-Rath, in Danzig. Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz. Bahnsch, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Bail, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Borntraeger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath in Danzig. Conwentz, Dr., Prof., Director des Westpreußi- schen Provinzial-Museums in Danzig. Dommasch, Rendant in Danzig. Friedländer, Dr., Arzt in Danzig. Oehrke, Dr., Arzt in Danzig. Qoldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. V. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanff, Dr., Arzt in Danzig. V. Hanstein, Provinzial-Secretär in Danzig, Hehn, 0., Dr., Stadtrath in Danzig. Holtz, J., Kaufmann in Danzig. Hoyer, Director der Landwirthschaftsschule in Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt in Danzig. Kafemann, Buchdruckereibesitzer in Danzig. Kauffmann, Walter, Directions-Mitglied des Nord- deutschen Lloyd in Bremen. Kayser, Dr., Astronom in Danzig. Kornstaedt, Apothekenbesitzer in Danzig. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro- vinzial-Museum in Danzig. C. Mitglieder der Section Bail, Th., Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Bertling, A., Buchhändler in Danzig. Dohms, Dr., Oberlehrer in Danzig. Dommasch, F., Rendant in Danzig. Eller, Dr., in Danzig. Evers, H., Prof., Oberlehrer in Danzig. Fricke, Dr., Oberrealschul-Director in Danzig. Helm, 0., Dr., Stadtrath in Danzig. Hess, Oberlehrer in Danzig. Holtz, John, Kaufmann in Danzig. Kayser, E., Dr., Astronom in Danzig. Keil, P., Oberlehrer in Danzig. Klingbeil, Oberlehrer in Danzig. Lakowitz,- Dr., Oberlehrer in Danzig. Lampe, H., Dr., Prof., in Zoppot. Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig. Lemke, E., Fräulein, in Berlin. Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin. Märker, .Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien. Kr. Schweiz. Meyer, Consul in Danzig. Momber, Prof., Oberlehrer in Danzig. Münsterberg, Otto, Kaufmann in Danzig. Nauck, Rector a. D., in Schlochau. Oehlschläger, Dr., Arzt in Danzig. Otto, Baumeister in Langfuhr. Rickert, Landesdirector a. D., in Danzig. Schmechel, Landsch.-Secretair in Danzig. Schmidt, Redakteur in Danzig. Schwandt, Prediger in Neustadt Wpr. Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Semon jun., Dr., Arzt in Danzig. Simon, Dr., Arzt in Danzig. Steimmig, R., Fabrikbesitzer in Danzig. Steinwender, Prof., Oberlehrer in Danzig. Stryowski, Prof., in Danzig. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Wallenberg, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Wedding, W., Rentner in Danzig. Wessel, Polizei-Präsident in Danzig. Witt, Geometer in Danzig. für Physik und Chemie. Lange, P., Oberlehrer in Danzig. Lietzau, Optiker in Danzig. Marschalk, C., Kaiserlicher Maschinenmeister in Neufahrwasser. Momber, A., Prof., Oberlehrer in Danzig. Nass, Oberlehrer in Danzig. Neumann, Dr., Director der Victoriaschule in Danzig. Reinicke, Kapitän in Neufahrwasser. Scheeffer, E., Prof., Oberlehrer in Danzig. Schlüter, Prof., Oberlehrer in Danzig. Schumann, E., Prof., Oberlehrer in Danzig. Suhr, P., Oberlehrer in Danzig. Wedding, W., Rentner in Danzig. Wegener, Oberlehrer in Danzig. Zimmermann, Aug., Ingenieur in Danzig* LXXV Die Herren Dr. ?? M 5J ?? M ?> ?? n D. Mitglieder der Medicinischen Ahegg, Geheim. Medic.-Rath. Ahraham. Althaus. Barth, Prof., Medic.-Rath. Behrendt. Bereut. Beyer. BÖhnke. Bönheim. von Bönigk. BÖrker. Boretius, Generalarzt a. D. Bornträger, Beg. u. Med.-Rath. Briesewitz. Dreyling. Effler. Farne. Fast. Fethke. Feyerahend. Fischer. Fleck. Franke. Freitag. Freymuth, Oberarzt, Sanitäts- rath. Friedländer. Die Herren Dr J? ? J n y’> Qehrke I. Gehrke II. Ginsherg. Glaeser. Glaser, Goetz. Goldschmidt. >» u »> »> Haedtke. Hanf. Hartmann. Helmhold. Hennig. Hoepffner, Generalarzt a. D. Hohnfeldt. Hopp. Jelski. Karpinski, Kathke. >> >> 5» Section . Kickhefel. KÖstlin. Kohtz. Kownatzki. Kraft. Kresin. Kuhacz. Langner. Lehmann. Lemkowski. Lcwy. Lievin. lif. . ic'jki. II ' :j Lean. F.ignussen. Masurke. Mcy Seni^' Meyer. Möller. Mroczynski. Müller. Neumann. Oehlschläger. Ortmann. Panecki. Penner. Petruschky. Philipp. Pincus. Putzier. Redmer. Reimann. Reinke. Rodenacker. Scharjfenorth. Schomhurg. Schourp. Schröter I. Schröter II. Schulz I. Schulz II. Schustehrus. Semon, Sanitäterath. Semon jun. Semrau. LXXVI Die Herren Dr. 5? >> ?? Siegmund. Simon. Solmsen. Stangenberg. Stankowski. Stanowski. Sieger, Kreisphysikus. Swieczewski, Szpitter. Thun. Tornwaldt, Sanitätsrath. Die Herren Dr. Valentini, Prof., Oberarzt. Wag?ier. Wallenberg I., Sanitätsratb. Wallenberg II. Wallenberg III. Wegeli. Wiedemann, Sanitätsrath. Wisselinck. Wolff. von Wybicki. E. Mitglieder der Section für Gesundheitspflege. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Barth, Dr., Professor, Medicinalrath. Blasche, Polizeirath. Bleich, Corpsroßarzt. BÖttger, Regierungs- und Geheimer Baurath. Bornträger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Bremer, Dr., Kreisphysikus in Berent. Damus, Dr., Stadtschulrath. Eller, Dr., Ingenieur. Eschricht, Dr., Kreisphysikus. Fahl, Regierungs- und Bauratb. Farne, Dr., Arzt. Flater, Amtsgerich<-srath. Freitag, Dr., Arzt. Freyrnuth, Dr., Sanitätsrath. Friedländer, Dr., Arzt. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Gehrke, Dr., Arzt. Giesebrecht, Kaufmann. Gläser, Dr., Arzt. von Gossler, Ober-Präsident. Herpst, Chemiker. Herrmann, Dr., Kreisphysikus in Dirschau. Hildebrand, Gerichts-Chemiker. Hobein, Dr., Oberstabsarzt. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe, Dr., Kreisphysikus in Karthaus Wpr, Knochenhauer, Apothekenbesitzer. Krause, Anstaltsdirector in Tempelburg. Lauer, Dr., Kreisvvundarzt in Schöneck. Lautz, Dr-, Regierungsrath. Lehmbeck, Baurath. Lewinsohn, Apothekenbesitzer. Matthäi, Dr., Oberstabsarzt. Neumann, Dr., Director. Nickel, Dr., Chemiker. Petruschky, Dr., Vorsteher des Bacteriologischen Instituts. Preusse, Veterinär- Assessor. Rehbein, Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Reinemann, Oberroßarzt. Remele, Corpsstabsapotheker. Rousselle, Rentner. Sander, Redacteur. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Director des städtischen Schlacht- und Viehhofs. Schräder, Chemiker. Schröter, Dr., Arzt. Schwonder, Rentner. Semon, Dr., Sanitätsrath. Semon, Dr., Arzt. Sieger, Dr., Kreisphysikus. Toop, Stadtrath. Torczewski, Oberroßarzt. Vagedes, Dr., Stabsarzt. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Pranst. Wolff, Dr , Arzt. Lxxvn F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für die Jahre 1899 und 1900 sind gewählt worden als: Director: Professor Momher, Vicedirector : Geh. Medicinalrath Dr. Ahegg. Secretär für innere Angelegenheiten: Sanitätsrath Dr. Semon. Secretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: Kaufmann Otto Münsterherg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz. Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann. Beisitzer: Professor Evers, Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Dr. Oehlschläger . Vorsitzender der Anthropologischen Section ist Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Section für Physik und Chemie ist Professor Evers. Vorsitzender der Medicinischen Section ist Geh. Medicinalrath Dr. Ahegg. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins ist Oberbürgermeister Delhrüch. Vorsitzender der Section für Gesundheitspflege ist Regierungs- und Medicinalrath Dr. Bornträger. Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide von Dr. Gr. Maas. Schon mehrfach sind die zoologischen und botanischen Verhältnisse der Tucheier Heide oder einzelner Theile derselben zur Darstellung gebracht worden ^). Dagegen war die geologische Beschaffenheit dieses Gebietes im Allgemeinen bisher, von der Untersuchung einiger Aufschlüsse und Reihen von Aufschlüssen^) abgesehen, noch nicht Gegenstand der Erörterung. Es soll nun versucht werden, in großen Zügen den Aufbau und die Entstehung des Bodens zu entwickeln, aus denen sich manche der botanischen Eigen- arten des großen Waldgebietes herleiten lassen. Leider muß ich mich dabei fast ausschließlich auf mein engeres Arbeitsgebiet, den Westrand der Heide, beschränken, da ich mir nur gelegentlich einen Einblick in die geo- logischen Verhältnisse der weiteren Umgebung verschaffen konnte^). Wenn man von Könitz kommend die Haltestelle Frankenhagen hinter sich gelassen hat und zwischen den Dörfern Petztin und Deutsch Cekzin hindurchfähit, so gewahrt man nach Süden zu eine weitausgedehnte Moor- wiesenfläche, in deren Mitte etwa sich der als praehistorischer Punkt bekannte Schloßberg von Sady^) erhebt. Dieser alte Seeboden, dessen Umfang ehemals noch viel bedeutender war als jetzt, wie die ihn fast überall umgebende Terrasse deutlich erkennen läßt, wird auf d]*ei Wegen zur Brahe hin ent- wässert, nach Norden durch die von Seen erfüllte Senke von Deutsch Cekzin ^ — Frankenhagen — Reetz, zu welcher der große Przyarcz-See nicht gehört, nach Osten durch den Kitschbach und nach Süden durch den zur Kamionka strö- menden Wittrichgraben. Diese Thalfiirchen bieten sehr bequeme Wege zur Brahe, und einer, der Kitschniederung, folgt auch im Wesentlichen die Eisen- b Z. B. ScHUETTE, Die Tiiclieler Heide, vornehmlich in forstlicher Beziehung. Danzig 1893. Abh. z. Landeskunde d. Prov. Westpreußen, Heft V, und Lonwentz, Botanische und zoologische Skizzen aus der Tucheler Heide. Diese Schriften. N. F., Bd. VHI, Heft 3/4. S. 2*21 — 229, wo die weitere botanische Litteratur aufgeführt wird. 2) A. Jentzsch, Das Profil der Eisenbahn Könitz — Tucliel — Laskowitz. Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt z. Berlin, 1883, S. 550 — 593. Ders., Neue Gesteins-Aufschlüsse in Ost- und Westpreußen 1893 — 1895. Ebenda, 1890, S. 76 — 87. Ders.. Zur Fabrikation von Glas und Porzellan geeignete Rohmaterialien in der Provinz Westpreußen. Zeitschr. f. prakt. Geologie. 1897. S. 207— *209. «b Eingehender werden die fraglichen Verhältnisse im Jahrb. d. Kgl. Geolog. I.,andesanstalt behandelt werden. b Vergl. Schuette, a. a. O.. S. 8. i 2 bahn nach Tuchei. Versucht man dagegen, zwischen diesen Thalzügen in gerader Linie die Brahe zu erreichen, so wird diese Wanderung recht er- müdend. Denn diese Gebiete stellen ein wirres Durcheinander von Höhen und Senken dar, deren Anordnung scheinbar jeder Gesetzmäßigkeit entbehrt. Meist sind die Senken von einem kleineren oder größeren Seebecken erfüllt, oder Moor und Torf beweisen die ehemalige Anwesenheit solcher. Je mehr wir uns von dem Sadyer See^) entfernen, um so verworrener wird das Bild der Bodenoberfläche, um so mehr ändert sich auch der Charakter der Boden- beschalfenheit. An die Stelle der Lehm-^) und Sandflächen, auf denen wir nur hin und wieder einen größeren Steinblock sahen, treten ähnliche Gebilde, die aber durch ihren Steinreichthum auffallen; überall sehen wir Ansamm- lungen oft recht gewaltiger Blöcke, die auf den Feldern oder an den Wegen zusammengehäuft sind. In künstlichen oder natürlichen Aufschlüssen sehen wir auch, wie Sandmassen unter der Lehmdecke hervorquellen, gleichsam hervorgepreßt sind, an der Oberfläche noch mit kleineren Lehmfetzen oder nur mit zahllosen Steinen bedeckt. So ist es besonders in der Königl. Forst Eichberg und bei Liskau, südlich von Tuchei, in dem das trigonometrische Signal tragenden Höhenzuge zwischen Koslinka und Bialowiersz, nördlich, und zwischen Bladau, Sehlen und Tucholka, westlich von Tuchei. Das ganze Gelände macht durchaus den Eindruck der gestauchten Grundmoränenland- schaft hinter den Endmoränenzügen in anderen Gebieten, nur vermissen wir die Endmoräne selbst, wenigstens die wallartige Geschiebepackung. Von einem höher gelegenen Punkte am Außenrande dieser Hügel-Land- schaft, etwa bei Liskau, hat man den Eindruck, als stelle die sich an den Fuß des meist deutlich ausgeprägten Abhanges anschließende Fläche der Tucheier Heide eine weite Ebene dar, als breite sich dort eins jener alten breiten Diluvialthäler aus. Aber dieser Eindruck verschwindet, sobald man die Heide durchwandert. An die Stelle der Ebene tritt ein rascher Wechsel von Höhen und Senken, nicht so wirr wie in dem Randgebiete, aber immer- hin doch ähnlich. Meist in Gestalt langgestreckter, flach gewölbter Boden- wellen, oft ein unvermittelt auftretender Höhenzug in unmittelbarer Nachbar- schaft eines Sees oder einer Bruchfläche, die nirgends einen Zu- und Ab- fluß erkennen lassen, bieten diese Bodenformen doch ein ganz anderes Bild, als man es von einem ehemaligen Thale erwarten sollte. Dazu kommt der Bodencharakter. Man könnte ja jene Bodenwellen für Dünenzüge ansprechen, die im Gebiete alter Thäler so häufig sind und den Eindruck des alten q Mit diesem Namen bezeichne icli den ganzen alten See, einschließlich der die Miesenniederimg umgebenden Terrasse. Abran-, Kensan- und Tncliolka-See sind Tlieile dieses ehemaligen Seelmckens, 2) Der Lelim l)ildet liier die yerwittermigsrinde des Lehmmergels, welcher nach den in ihm vorkommenden großen und kleinen Steinen, Geschieben und Gerollen, als Geschiebe- mergel bezeichnet wird. Sandmassen, in denen solche Gerolle und Geschiebe verbreitet sind, heißen entsprechend Geschiebesand. 2 3 ebenen Thalbodens oft völlig verwischen. Dünen sind auch in der Tuclieler Heide sehr häufig und zeigen oft die charakteristische Gestalt der Winkel- dünen, ßarkhane. Aber die überwiegende Mehrzahl der Heidehöhen sind anderer Natur. Sand- und Kiesmassen sind es, fast stets mit zahlreichen, kopfgroßen und viel größeren, scharfkantigen und eckigen Blöcken, die ohne jede Gesetzmäßigkeit in dem feineren Material zerstreut liegen. Je größer der Steinreichthum, das läßt sich in Gruben beobachten, je größer die Stein- blöcke, um so steiler erhebt sich der Höhenzug. Fast das gleiche Ansehen bieten die Geschiebesande der die Heide im Westen begrenzenden Hochfläche, und bei genauerer Betrachtung tritt die Uebereinstimmung beider immer deutlicher hervor. Zuweilen läßt sich auch beobachten, wie der grandige Heideboden in Geschiebemergel übergeht, welch letzterer in einzelnen Theilen des Heidegebietes sehr verbreitet ist, und die gleichen Arten von krystallinen und sedimentären Geschieben, auch Schollen älterer Diluvialbildungen ent- hält. Neben und in diesen ungeschichteten Geschiebesanden und oft mit ihnen wechsellagernd finden sich geschichtete Sande, bei deren Ablagerung also fließendes Wasser eine Rolle spielte. Wo solche Wasserabsätze vor- wiegen, da nimmt die Landschaft einen mehr ebenen Charakter an, aber meist überwiegt der Einfluß des steinigen Geschiebesandes. Bemerkens werth sind diese geschichteten Diluvialsande besonders deshalb, weil sie hauptsächlich die Lagerstätten des in der Tucheier Heide weit verbreiteten Bernsteins^) enthalten, deren eine in jüngster Zeit bei Okiersk (Kr. Tuchei) zeitweise wieder ausgebeutet wurde. Von Liskau aus sieht man über den Wald fort in weiter Ferne schein- bar einen dem Liskaucr Abhange entsprechenden Rand, wodurch der Eindruck des alten Thaies noch erhöht wird, und man könnte geneigt sein, in dem- selben die Gegend von Polnisch Cekzin, Gr. und Kl. Bislaw zu vermuten^). Aber die an ihrer Gestalt leicht kenntlichen Kirchthürme der genannten Dörfer ragen vor jenem scheinbaren Rande aus dem Walde, ja sogar noch der Kirchthurm von Lubiewo, und bei Polnisch Cekzin und Bislaw findet sich wohl eine mit großen Geschiebeblöcken besäete Geschiebemergelfläche, aus deren schwach welligem Gelände sich vereinzelte Kuppen über das Niveau der Heide erheben, aber kein Thalrand, und hinter dieser Gescliiebemergel- 1) Ein ans solchem Diluvialkies stammender »Stoßzahn von Eleplias prhnigenius, welcher sich in der Sammlung des \Vest])reussischen Provinzial-Museums behndet, zeigt deutliclie glaciale Politur und Schramrnung, wodurcli er als ein von seiner ursprüngliclien Lagerstätte entferntes Geschiebe genugsam cliarakterisirt wird. (Erwälint von Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahnprofil. S. 5b8— 509.) 2) ScHUETTE, a. a. 0. dhicheler Heide, S. 18, und .Tentzsch, a. a. 0. Eisenbahnprofil, S. 509—571. 3) Lepsius’ Geologische Karte von Deutschland (Gotha 1894), Platt Proml)erg. giebt auch ein Diluvialthal zwischen dhicliel — Liskau einerseits und Polnisch Cekzin — Bislaw anderer- seits an. 3 1 4 fläche dehnt sich die Heide in immer fast gleicher Meereshöhe und mit stets dem gleichen Charakter des Bodens und der Bodenformen weiter nach Osten bis hinter das Schwarzwasser, wo ein dem Rande von Kelpin — Liskau völlig analoges, wenn auch etwas niedrigeres Gehänge das Gebiet der Heide be- grenzt. Der von Liskau aus sichtbare Rand ist eine optische Täuschung! Fast in jeder Beziehung läßt sich der Rand am Schwarzwasser mit dem west- lich der Brahe vergleichen. Auch er bildet die Scheide zwischen einem stärker welligen Höhengebiet und der flacheren Heide. An der Brahe sowohl als am Schwarzwasser werden Bau- und Pflastersteine gegraben, aber nicht in den Höhen, nicht aus einem endmoränenartigen Geschiebewall, sondern aus der Niederung am Fuße des Höhengebietes. Auch Steinblöcke von auffallender Größe kommen in beiden Gebieten vor, z. B. der sog, Teufelsstein im Belauf Groddeck des Oscher Forstes und ein jetzt gesprengter Block in der Kelpiner Feldmark an der Brahe von 4,9 m Länge, 2,7 ni Breite und 2,5 m Höhe, der etwa 20 cbm Bau- und Pflastersteine geliefert hat. Hier und dort findet sich neben den zahlreichen Strudelloch-ähnlichen, Schüssel- oder trichterförmigen SenkoiP) ein größeres ehemaliges Seebecken in den Grandboden der Tuchelcr Heide eingesenkt, heute meist in Gestalt einer großen Moorfläche von einer mehr oder weniger deutlichen Thalterrasse umgeben. Die Ablagerungen dieser alten Seebecken, von denen hier nur die von Plassowo, Biidzisk, Iwitz, Truttnowo genannt seien, neben der Umgebung des Mukrz-Sees mit dem durch seine Eiben bekannten Ziesbusch^), unter- scheiden sich, von den Moorbildungen ganz abgesehen, wesentlich von dem umgebenden Heideboden. Es sind echte Wasserabsätze von meist feinerem Korn, und jedes Gesteinsstück ist deutlich abgerollt, nicht eckig und kantig wie sonst in der Heide. Nicht als ein altes diluviales Thal haben wir also das Gebiet der Tucheier Heide aufzufassen, aber doch als ein Gebiet, in welchem auch fließendes Wasser neben dem nordischen Eise an der Bodenbildung mitwirkte. Forstmeister ScHUETTE sagt^), daß auf ihn die langgestreckten grandigen Bodenwellen den Eindruck von „Endmoränen nordischer Gletscher der Eiszeit^^ machen. Es liegt hierin etwas Wahres. Die Tucheier Heide liegt in dem Gebiete, in dem sich am Ende der Eiszeit Nachschub und Abschmelzen des Eises die Wage hielt, wo das Inlandeis stationär wurde, wo die Grundmoräne vom Schmelz- wasser sogleich wieder ausgewaschen wurde. Die Tucheier Pleide zwischen den beiden Rändern bei Tuchei und am Schwarzwasser ist ein Sandr des nordischen Inlandeises, aus welchem sich erst weiter nach Süden hin Thäler b ScHUETTE (a. a. 0, Tuelieler Heide, Ö. 5) sieht diese Senken iiTtliümlich für „Orte einstiger Erd fälle an. 2) ScHUETTE, a. a 0. Tucheier ETeide, S, 29, und Conwentz, Die Eibe in Westpreußen, ein aussterbender Waldbauiu. Abh. z. Landeskunde der Provinz Westpreußen. Heft IH. Danzig 1892. S. 23 — 27. b ScHUETTE, ä. a. 0. Tuelieler Heide, S, 5. 4 5 entwickeln, und in den beiden Randgebieten mit ihrer gestauchten Oberfläche liegen hier die Endmoränen, wenn auch nur einige kleinere Vorstufen. Der See von Sady ist also ein Stausee hinter einer der Tucheier Endmoränen. Der Heideboden, seiner Entstehung nach im Wesentlichen ein Aequivalent der diluvialen Grundmoräne, des Geschiebemergels, in den er ja stellenweise übergeht, steht derselben auch in agronomischer Beziehung vielfach sehr nahe. Es beruht dies besonders auf dem im Boden vorhandenen kohlensauren Kalk, der stellenweise, durch die Tagewässer zusammengeführt, als Kalktuff auftritt, wie' am Okiersker See, bei Plaskau und am Spitalsee, oder als Wiesenkalk die Unterlage mancher Torflager bildet. Dieser Kalkgehalt bewirkt, daß der Heideboden zuweilen ganz gute Aecker trägt und in seinem Holzbestande meist nichts zu wünschen läßt. Daneben freilich finden sich auch Gebiete mit trostlosem, ödem Heidecharakter. Braunes dürres Gras, Flechten und trockenes Moos bedecken den Boden, auf dem nur das Heidekraut üppig gedeiht; nur hin und wieder ein Wacholderstrauch oder -hörst oder eine Kiefer, in deren Schatten sich ein gimner Teppich von Ärctostaphjlos uva nrsi ausbreitet. Das sind die Gebiete, in denen die etwa vorhandenen Kiefern jene buschartige Gestalt annehmen, die man als Kuseln zu bezeichnen pflegt. Die Lage dieser Heide- und Kuselgebiete ist charakteristisch und für ihre Erklärung wohl auch wichtig. Sie finden sich nur an den flößbaren Flüssen und Bächen, in der Umgebung alter Königlicher Dörfei*. vornehmlich solcher, die an früheren oder noch bestehenden Thalrinnen und Seen liegen, in ehemaligen Honigbeutgebieten und auf vernachlässigten Brandflächen, in solchen Gebieten also, in denen nach Ausrodung des früheren Waldbestandes bei unterlassener Wiederaufforstung, infolge der früheren Waldraubwirthschaft also, die Atmosphaerilien den Boden ausgelaugt haben. Der echte Heidecharakter findet sich fast nur auf diluvialem Geschiebesand, er fehlt den Thalsandgcbieten, sofern dieselben nicht mit Flug- saudbildungen, also auch ausgelaugten Sanden, bedeckt sind. Dieselbe Kusel- form zeigt nämlich auch die Dünenkiefer. Neben der genannten findet sich im Gebiete der Tucheier Heide noch eine Art von Heidebildung, die Moorheide. Zahllos sind die mitTorfmoor erfüllten abflußlosen Kessel, aber trotzdem ließ sich bisher mit unbedingter Sicherheit noch kein echtes Heidemoor nachweisen, ein Moor, das jünger ist als der Wald, und das durch seine Bildung und Weiterbildung den Waldbestand allmäh- lich vernichtet. Wohl finden sich hier und dort Kiefernstubben auf Torfmooren, auch abgestorbene Kiefern, aber fast immer weist die geologische Unter- suchung darauf hin, daß das Moor älter ist als der Wald. Eine Stelle nur ist zweifelhaft. Im Belauf Schönholz der Oberförsterei Grünfelde (Kr. Schwetz) nämlich findet sich unmittelbar nördlich der Försterei Schönholz (Jagen 127 und 141) eine größere Moorfläche mit einigen sehr flachen Seebecken. Hier stehen noch die Stubben gefällter, nicht eingegangener, mächtiger Kiefern im seichten Wasser, in dessen moorigem Grunde sie wurzeln, und auf der Moor- fläche wächst eine junge Kieferngeneration empor. Fünf Kilometer weiter 5 6 nach NNO liegt nahe dem Westende des Lubiewo-Sees ein Becken mit 3 m mächtigem Moortorf, der hier als Brennmaterial gestochen wird. Die mit Heidekraut bedeckte Oberfläche trägt Birken und Kiefern, die älteren Kiefern oft in Kuselform, und neben gefällten älteren Kiefern eine junge Generation. Im Torf aber finden sich nur Birkenreste, meist noch an der Binde kenntlich. Zuweilen findet man auf Torfflächen, in deren Mitte sich noch ein Wasser- becken, der letzte Best des ehemaligen Sees, zeigt, neben Stubben gefällter Kiefern abgestorbene 15* bis 20jährige Stangen. Das schönste Beispiel einer Moorheide ist aber das große Iwitz-Bruch zwischen Iwitz, Wissocka und Johannis- thal. Die Oberfläche dieser mehrere Meter mächtigen Moostorfmasse ist be- deckt mit Heidekraut, Torfmoosen, Bauschbeere, Porst, Andromeda polifolia und ArctostapJiylos uva ursi. Dazwischen stehen in den Gebieten, wo der 'horf gestochen wird, Stubben gefällter Kiefern, während sonst fast das ganze Bruch mit einer normalen Schonung von Kiefern und Birken bedeckt ist, in der sich nur vereinzelt eine Kuselform findet. Auch ältere Kiefern trifft man noch stellenweise auf der weiten Torffläche, und auch sie zeigen ganz normalen Wuchs bis auf die auffallend flache Bewurzelung. Der feuchte und sich immer noch weiter bildende Torfboden beeinträchtigt hier also, wie es scheint, den Kiefernbestand nicht; derselbe wird hier wohl allein, als der Torfgewinnung hinderlich, durch Menschen vernichtet, und daneben trägt auch das weidende Vieh das Seine zur Unterdrückung des Waldbestandes bei. Im Torf selbst sollen sich, mit Ausnahme der Oberfläche, keine Holzreste finden. Zweierlei beobachtet man an allen solchen auf Moor stehenden Kiefern. Stets sind dieselben so flach bewurzelt, daß die Wurzeln, selbst die feinen Nebenwurzeln, fast vollständig an der Oberfläche liegen, die abgestorbenen oder absterbenden Bäume sind fast stets 15- bis 20jährige Stangen. Hieraus glaube ich folgende Schlüsse ziehen zu dürfen, die mit den Ansichten aller darum befragten Forstleute übereinstimmen. Durch Anflug entwickelte sich auf nicht zu nassen Mooren eine Kiefernvegetation, deren Wurzeln sich dicht unter der Oberfläche ausbreiteten. Solange das Moor seine ursprüngliche Feuchtigkeit behielt, wuchsen die Kiefern, wenn vielleicht auch nur als Kuseln, weiter. Wenn aber aus irgend einem Grunde der Grundwasserspiegel des Moores sank, mußten die Kiefern, da einmal ausgetrockneter Torf der Wasser- aufnahme widersteht, verdorren. 15- bis 20jährige Stangen finden sich meist abgestorben oder absterbend, und dies hängt vielleicht mit den von Brueckner nachgewiesenen Trockenperioden zusammen. Heidemoore, als Waldverderber, ließen sich also bisher in der Tucheier Heide nicht mit Sicherheit nachweisen, wohl aber in größerer Zahl Moore, deren Oberfläche Heidecharakter zeigt. Auch ein anderes Produkt der nord- 0 Ed. Brueckner, In wie weit ist das lieiitige Klima konstant? YHI. Dentseli. Geo- graplien-Tag’. Yerli., vS. 101 — 115. — Ders., Klimascliwankungen seit 1700. Wien 1800. 6 7 deutschen Heide, der Ortstein’), fand sich bislang in der Tucheier Heide noch niciht, da sich alle fuchsigen Sande und ähnlichen Moorbildungen bei näherer Untersuchung als Eisenfuchs, Raseneisenstein, erwiesen. Zwei wesentliche Begleiter der norddeutschen Heide, Ortstein und Fleidemoore, die allmählich den Wald verdrängen und durch Heide ersetzen, scheinen demnach im Gebiete der Tucheier Heide zu fehlen. Hier sind die Hauptwaldverderber, neben gelegentlichen Bränden^) und Stürmen, neben stellenweisem Auftreten von Rüsselkäfern und Raupen, der Maikäfer^) und vor allem der Mensch. Bisher wurden nur die Formen betrachtet, welche heute die Oberfläche der Tucheier Heide bietet. Um jedoch ein Bild von der Entwickelungs- geschichte dieses Gebietes zu erhalten, bedarf es auch der Kenntniß der- jenigen Bildungen, welche den tieferen Untergrund der Gegend aufbauen. Hierzu genügen die zahlreichen über die Heide verstreuten Kies- und Mergel- gruben nicht, und auch die Brunnenbohrungen können ihrer geringen Zahl wegen nicht sehr viel helfen. Ausreichenden Ersatz dafür aber bieten die großen Einschnitte und Aufschlüsse in den beiden tiefen Thalfurchen des Heidegebietes, im Thale der Brahe und des Schwarzwassers. Auf eine längere Strecke genauer untersucht ist von beiden nur das Brahethal, das wir in Kürze durcheilen wollen. Vom Ausgangspunkte unserer Thalfahrt, der Mündung des Czersker Fließes bei Neumühl, bis Woziwoda zeigen die Braheufer nichts auffallendes, außer einer etwa 5 m über dem Wasserspiegel liegenden alten Thalterrasse. Auch bei Woziwoda selbst ist nichts von dem Braunkohlenflötze wahrzunehmen, welches beim Ausschachten des Kellers für die Brennerei gefunden sein soll. Weiter thalabwärts bemerkt man in der Gegend von Kelpinerbrück eine see- artige Erweiterung des alluvialen Brahethales, welches der Fluß in maeandri- schen Windungen und oft in mehreren Armen durchströmt. Dann engt sich die Thal rinne wieder ein, um hinter einem von Westen her weit vorspringen- den Landriegel einen großen Bogen nach SW zu beschreiben. Dicht ober- halb des Feuergestelles in der Scliwiedter Forst tritt eine kleine Stromschnelle auf, hervorgerufen durch ein als schwarzer Rücken unter dem Wasser deutlich wahrnehmbares Braunkohlenflötz, welches das Flußbett in nordwestlicher Richtung durchquert. Etwa 300 m weiter abwärts, dicht oberhalb der Stelle, wo früher das Gut Neuhof lag, zeigt sich dieselbe Erscheinung. Wieder kreuzt ein Braunkohlenflötz in südöstlicher Richtung das Flußbett, aber auch an dem steilen Westufer tritt dieses nach SW einfallende, über 2 m mächtige 1) E. Eamann, Orgaiiogene Biküiiigeii der .Tetztzeit. Neues Julirb. f. Miiierulogie etc., Beil. Bd. X, S. 130— 13‘2. — P. Graehner, Studien über die norddeutsche Heide. Engler’s Botanische Jahrbiiclier XX, S. Od-l — 630. — P. Graebner, Ueber die Bildung natürlicher A^egetationsforinationen ini Norddeutschen Flachlande. X'aturw. W'ochenschr. XIII, 8. 555 — 550. 2) \"ergl. ScHUETTE, a. a. 0., S. 22—25. 3) Feddersen, Die Kiefer und der Maikäfer in der Forstiuspektion Marienwerder-Osche. 1890. 7 8 FlötZj von weißen Quarzsanden umgeben, zu Tage und beweist durch das Mundloch eines verfallenen Stollens^), daß man hier bereits den Abbau der Kohle versucht hat. In der hier das Brahethal erreichenden Schlucht zeigen sich auch die Deckschichten der Braunkohlenbildungen, fette, graue, roth und braun gefleckte Thone, die sich in nichts von dem in südlicheren Gegenden weit verbreiteten Posener Flammenthon unterscheiden. An der sehr schön ausgebildeten diluvialen Thalterrasse vorüber erreicht man einige hundert Meter weiter stromab eine Stelle, wo an dem steilen Westufer ein unter 20^ nach SW einfallendes, in glimmerhaltige Quarzsande gebettetes Kohlenflötz zu Tage tritt, welches von Flammenthon, geschichteten Diluvialsanden und Ge- schiebemergel überlagert wird. Zwischen den beiden letztgenannten Auf- schlüssen treten auch in der diluvialen Hochfläche die weißen Quarzsande hervor. Vorüber an der Mündung des Hosianna-Mühlenfließes, wo der graue Thon zu Tage tritt, und der Brücke von Plaskau, bei deren Bau man unter dem Brahespiegcl die weißen Tertiärsande aufschloß^), vorüber an zwei am Westufer auftretenden, nordöstlich einfallenden, schwachen Braunkohlenflötzen erreicht man die Ruinen der ehemaligen BuKOFZER’schen Quarzsandschlämmerei Noch sieht man die verschüttete Grube, in welcher unter 5 m Abraum, hier Diluvialgrand, der unter 20 — 50® nach NO einfallende, etwas glimmerhaltige Quarzsand gewonnen wurde, der dann mit vieler Mühe und erheblichen Kosten gereinigt wurde, noch sind in der diluvialen Hochfläche die Schürf löcher vor- handen, in denen die Verbreitung des Sandes unter dem 8 — 21 rn mächtigen Abraum nachgewiesen wurde. Unmittelbar an dieses Gebiet der Quarzsand- sclilämraerei schließt sich nach Süden das Feld einer Braunkohlengrube an, auf welcher in zwei jetzt fast ganz verfallenen Stollen die nach SW unter etwa 30® einfallenden, ungefähr 1,5 m mächtigen Flötze dicht über und unter dem Brahespiegcl abgebaut werden sollten. Einige hundert Meter weiter stromabwärts, geradeüber dem Jagen 271 der Schwiedter Forst, zeigt ein großer Wasserriß das schönste Tertiärprofil der ganzen Gegend. Hellfarbige Glimmer- und Formsande, die unter 25® nach NO einfallen, zeigen sich an der Mündung der Schlucht, deren hohe Steilwände sie bilden, und weiter land- einwärts tritt ein ziemlich mächtiges, gleichfalls nach NO einfallendes Kohlen- flötz zu Tage, dessen südöstliche Verlängerung sich auch am Westufer der Brahe nachweisen läßt, w'ährend die obersten Tertiärschichten, Flammen thon, am östlichen Ufer auftreten. Unmittelbar nach Süden schließt sich rechts der Brahe ein eigenartiges Gehänge an. Wie Schwalbennester kleben hoch oben an der Steilwand einige flache Schöpfbrunnen, deren Wasser auf dem hier zu Tage tretenden Geschiebemergel fließt. Unter diesem zeigen sich Diluvialsande, die gleichfalls Wasser führen, weil wohl von Glimmersanden b A^ersiieliisstolleii des Herrn v. KNEBEL-Hoeberitz 1896. 2) Jentzsch, a. a. 0. Gesteiiisaiifsclilüsse, 8. 78—79. 3) Jentzsch. ebenda, S. 79—81. 8 9 unterlagerter Flammentbon an ihrer Basis abermals ein Quellniveau bildet. Wieder einige hundert Meter weiter südlich liegt an der Steilwand des Jagen 242 in der Schwiodter Forst die bereits von Jentzsch (a. a. 0. Eisenbahnprofil^ S. 592) genauer beschriebene Stelle, wo ein nordöstlich einfallendes Braun- kohlenflötz versuchsweise abgebaut wurde. Nun zieht das rechte Brahegehänge die Aufmerksamkeit auf sich. Scheinbar werden hier die Tertiärsande von Geschiebemergel überlagert, wie dieser auch am linken Ufer als Decke von Diluvialsanden auftritt. Bei genauerer Untersuchung aber zeigt sich, daß hier eine große Zahl von Flammenthonballen im Diluvialgrand liegen. Bald von der Größe einer Faust und bald von mehreren Kubikmetern Inhalt, sodaß sie zeitweise zu Ziegeleizwecken ausgebcutet werden, mit Kalk infiltrirt, stellen sie die Reste einer bei der Ablagerung des Diluviums zerstörten Flamraenthondecke dar^). Unter der Eisenbahnbrücke hindurch, von der aus man stromauf und stromab einen guten Ueberblick über die Terrassen des Brahethales hat, erreicht man Rudabrück. Hier bilden die Tertiärschichten eine vollständige Falte. An der Steilwand des Jagen 225, am linken Brahe- ufer, treten in einem nördlichen Aufschlüsse dicht über dem Wasserspiegel feinkörnige glimmerhaltige Quarzsande auf, in denen sich an einer Lettenbank ein südwestliches Einfallen von etwa 30® nach weisen ließ. Kaum 200 m weiter südlich sieht man die gleichen Sande, welche hiei- von weißen und grauen, grobkörnigen, glimmerfreien Quarzsanden unterlagert werden, unter 35® nach NO einfallen, und unmittelbar oberhalb der Brücke treten am rechten Ufer die glimmerhaltigen Quarzsande unter Flammenthon hervor und zeigen wieder ein südwestliches Einfällen von 15®. Von Rudabrück bis Schwiedt zeigen die Braheufer, außer der stellen- weise schön ausgebildeten Thalterrasse, nur Aufschlüsse, in denen Geschiebe- mergel über Diluvialsand auftritt, und von diesen verdient nur der am linken Ufer beim Hauptgestell 0 der Schwiedter Forst befindliche besondere Er- wähnung. Unter der etwa 4 m mächtigen Geschiebemergelbank treten ge- schichtete grandige Sande hervor, in denen sich Schalen von Valvata pisci- nalis Muell., Bitliynia tentaculata L, und Pisidium amnicum Muell. finden. Die Sande, welche diese Süßwasserfauna enthalten, gehören, wie die geo- logischen Aufnahmen in der Gegend von Posen gezeigt haben ^), in das 1) Dies ist die Stelle, an der iiacli Angabe von Jentzsch (a. a. 0. Gesteinsaufschliisse, S. 83) Tlion für die MERTEN’sche Ziegelei in Tncliel gewonnen wird. lieber das Gebiet der Eisenbalinbrncke selbst schreibt .Jentzsch (a. a. 0. Eisenbalinprolil, S. 572) es sei am linken Thalgellänge Tertiär in Gestalt bituminöser sandiger Letten bei 3,4 — 0,7 m unter dem Brahespiegel erbohrt, später aber (a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 77) heisst es: ,,rechts der Brahe, 5 Meter über der letzteren” erbohrten Tertiärletten, und weiter, S. 82, , .rechts der erbohrte Tertiärletten der Eisenbahnbrücke". Welche dieser Angaben die richtige ist, vermag ich nicht zu entscheiden. 2) Jahrbuch d. Kgl. Geolog. Landesanstalt. Berlin 1896. S. LXXX — LXXXIII und Erläuterungen zu den Blättern Wargowo, Owinsk, Sady. Posen der geologischen Specialkarte von Preußen. 9 10 Niveau des Rixdorfer Sandes, also in die letzte Interglacialzeit. Der hier am Brahethale auftretende Gescliiebemergel ist demnach oberer GeschiebemergeD). In den interglacialenSanden lindet sich eine verschieden mächtige Bank von Mergel- sanden, kalkig thonigen Feinsanden, die stellenweise fast vollkommen in kalk- haltigen Thon übergehen und hin und wieder zur Herstellung rninderwerthiger Töpferwaaren benutzt werden^). Unterhalb Schwiedt finden sich wieder Tertiäraufschlüsse und zwar in solcher Zahl, daß man eigentlich die Braheufer von Schwiedt bis Pillamühl als ein zusammenhängendes Profil bezeichnen kann, welches einen guten Einblick in die vielfach gestörte Lagerung der Tertiärschichten bietet. Eine eingehende Be- schreibung jedes einzelnen Theiles dieses Profiles würde zu weit führen und durch zu häufige Wiederholungen ermüden. Es sollen daher nur einzelne wichtige Stellen hervorgehoben werden. Die Aufschlüsse beginnen im Norden mit der bekannten Schwiedter Hölle, wo unter Geschiebemergel und Flammen- thon ein in feinkörnige weiße Sande gebettetes Kohlenflötz mit schwachem nordöstlichem Einfallen zu Tage tritt. In der Stromrinne bildet dieses Flötz eine kleine nordwestlich streichende Barre, welcher die kleine Stromschnelle ihre Entstehung verdankt. Dicht unterhalb der Gemarkungsgrenze zwischen der Schwiedter Forst und Pillamühl, wo am linken Braheufer ein unter Flammenthon hervortretendes, nordöstlich einfallendes Kohlenflötz versuchs- weise abgebaut wurde, zeigt sich in der Steilwand des rechten Ufers ein saiger stehendes, durch ein sandiges Mittel getrenntes, dunkelbraunes Letten- flötz, und weiter unterhalb, da wo etwa die Verlängerung des Hauptgestells L der Schwiedter Forst das rechte Braheufer treffen würde, hat eine völlige Ueberkippung der Schichten stattgefunden. In den Flammenthon, der im südlichen Theile der Wand südwestliches Einfallen zeigt, sind Glimmersande eingequetscht, unter denen ein Braunkohlenflötz liegt; nach Norden zu wird das südwestliche Einfallen des letzteren immer steiler und geht schließlich in ein nordöstliches über. In der südöstlichen Verlängerung dieses Aufschlusses beobachtet man am linken Ufer gleichfalls mehrfache Einquetschungen des Glimmersandes in den Flammenthon. Nach noch mehreren kleinen und un- wesentlichen Aufschlüssen erreicht man Pillamühl und das Feld der ehemaligen Braunkohlengrube Buko^). Von dem früheren Grubenbetriebe legen noch die Mundlöcher der verfallenen Stollen am Braheufer dicht über dem Wasser- 1) Jentzsch spricht in seinen beiden Arbeiten (a. a, 0. Eisenbalinprofil, S. 5G6 — 5G7 und S. 57o; a. a. 0. Gesteinsaufsclilüsse, S. 84) den Gescliiebemergel des Brahetliales sowie die Hauptmasse des Geschiebemergels in der Umgegend von Tucliel für unteren an. 2) Vergl. Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufsclilüsse, S. 82—83. Jentzsch, a. a. 0. Kohmaterialien, S. 208, und Gesteinsaufsclilüsse, S. 83—87, Taf. III. Das Taf. II 1, Fig. 4 nach Angaben des Markscheiders Schültze gegebene Profil läßt sich mit den wahren Verhältnissen in keiner Weise vereinigen (vergl. a. a. 0., S. 85), ebenso muß die fragliche Yerbindung der Kohlenflötze in Fig. 3 beseitigt werden, da es sich dabei um die Flötze III und lY liandelt. 10 11 Spiegel und die eingegangene Ziegelei Zeugniß ab, in der man den Flammen- thon verarbeiten wollte. Noch weisen auf der Hochfläche die GrubengebäudC; Fördermaschine und zwei Schächte, deren einer, westlich des Weges nach Gostoczyn, bei 19 m Tiefe in unüberwindlichen Schwimmsandmassen stehen blieb, auf den ehemaligen Abbau versuch hin. Im dritten, nach NO einfallenden Flötze hatte man vom Braheufer aus im Streichen einen über 250 m langen Stollen getrieben und war von diesem aus noch etwa 25 m weit dem Einfallen des Flötzes nach der Tiefe zu gefolgt. Dann wurde der Abbau eingestellt. Unmittelbar unterhalb der ehemaligen Ziegelei liegt das Mundloch eines neuen Stollens, auf welchem man seit einigen Monaten den Braunkohlenabbau von Neuem versucht, um das am steilen Brahegehänge zu Tage tretende tiefste Flötz im Gebiete von Pillamühl, das fünfte, mit nordöstlichem Einfallen, auszu- beuten. Etwa 40 m vom Mundloche entfernt hat man vom Stollen aus, dem Einfallen des Flötzes folgend, einen Schleppschacht nach oben zu angelegt, und in diesem zeigt sich, daß das im Stollen ziemlich mächtige Flötz nach SW hin sehr schnell auskeilt. Fünf nordöstlich einfallende Kohlenflötze, deren Hangendes aus Flammenthon oder Formsand, deren Liegendes aus Quarzsanden besteht, zeigen sich hier am westlichen Brahegehänge, fünf Flötze wurden auch in den Versuchsbohrungen der Grube Buko nachgewiesen, alle aber scheinen nach SW hin auszukeilen, während ihre Mächtigkeit mit der Tiefe zunimmt. Weiter stromabwärts zeigen sich in zwei Aufschlüssen des rechten und einem des linken Braheufers noch sechs Kohlenflötze, von denen je drei zusammengehören, so zwar, daß die drei nördlichen steil nach SW, die drei südlichen flacher nach NO einfallen. Da die fünf Kohlenflötze des Bukofeldes nach SW zu auszukeilen scheinen — für das fünfte Flötz ist dies sicher nachgewiesen — , so dürften diese südlichen Flötze einer selbst- ständigen Kohlenablagerung angehören, wie es denn überhaupt recht wahr- scheinlich ist, daß wir es hier im Brahegebiete mit einer Anzahl gegen ein- andei- völlig geschiedener Braunkohlenbecken zu thun haben '). Von Sommersin ab verschwinden alle Aufschlüsse. Das Brahethal, welches oberhalb Somraersin auch als Diluvialthal nur wenige hundert Meter breit war, erweitert sich hier, nach Vereinigung mit einigen anderen Rinnen, bis auf stellenweise mehrere Kilometer, und die mächtigen Thalablagerungen, in denen sich nunmehr deutlich zwei Diluvialterrassen nachweisen lassen, haben alle älteren Ablagerungen verhüllt. Viele Kilometer müssen wir stromab fahren, bis wir unterhalb der Hammermühle, also schon in der Provinz Posen, wieder einen namhafteren Aufschluß finden, freilich auch nur im Diluvium. Beim Ausschachten des Baugrundes für den Neubau der Mahlmühle stieß man hier auf Geschiebemergel, und südlich des Mühlenfließes liegt auf den jenen Mergel überlagernden Banden eine etwa ein Meter mächtige Geschiebemergelbank. Wir haben hier also zwei durch Sande getrennte Geschiebemergel vor uns. 1) Vergl. CoNWENTZ, a. a. 0. Botanische und zoologische Skizzen, S. 221/2. 11 12 Weiter luiterhalb, gegenüber dem Gehöfte Sokollek^), wird das Profil noch reichhaltiger. Am Waldessaum liegt in einer Grube Geschiebemergel auf ge- schichteten Sauden, unter diesen tritt ein mächtiges Mergelsandlager hervor, das in einer großen Grube abgebaut wird, und darunter, abermals unter ge- schichteten Sauden, zeigt sich am Gehänge der untere Geschiebemergel. Ganz entsprechend finden wir bei Sokollek selbst, also auf dem linken Ufer, Mergelsand über Sand über Gcschiebemcrgel. Erwähnt sei noch, daß dieselben Mergelsande auch in dem Schleppschachte des neuen Kohlenabbaues bei Fillamühl auftreten, und zwar gleichfalls unter einer Geschiebemergelbank. Unterhalb Sokollek endigt der geologisch genauer untersuchte Thcil des Brahethales. Ganz kurz sei noch auf einige Aufschlüsse an einem alten Nebenarme der Brahe, an der Rinne des Spitalsees, hingewiesen. Von Westen her münden in den See di*ei große Schluchten, von denen die beiden südlichen zwei nord- östlich cinfallende, in Quarzsande gebettete Braunkohlenflötze, von Flammenthon und Diluvium überlagert, zeigen, während sich in der nördlichsten nur ein ziemlich mächtiges Kohlenflötz findet. Die südlichste dieser Schluchten verdient auch deshalb Erwähnung, weil sich hier noch zweimal Gelegenheit bietet, die Reste der erwähnten interglacialen Süßwasserfauna zu sammeln. Zu der alten Rinne des Spitalsees, dessen Spiegel gegenwärtig acht Meter über dem der Brahe liegt, gehört als Seitenschlucht auch die Liskauer Hölle, an der sich wiederum das Hervorti-eten der nordöstlich einfallenden weißen Tertiärsande unter der Diluvialdecke beobachten läßt. Für die Kenntniß des Diluviums und des Tertiärs geben die Aufschlüsse im Brahethale wichtige Anhaltspunkte. Für das Tertiär lehren sie zweierlei: 17 km weit von Norden nach Süden treten gleichartig ausgebildete Schichten mit gleicher nordwestlicher Streichrichtung auf. Die gleichen Schichten wurden in Gr. Paglau, Gr. Mendromierz, Neu Summin und Polnisch Cekzin'^) erbohrt, und identische Ablagerungen mit gleicher Streichrichtung finden sich weiter südlich bei Stopka an der Brahe ^). Es ist daher wohl auch die Annahme berechtigt, daß auch die Tertiärbildungen am Schwarzwasser^), welche den gleichen Charakter und die gleiche Streichrichtung zeigen, mit denen an der Brahe Zusammenhängen. Die gleiche Streichrichtuug findet sich aber auch in den Tertiärbildungen im Netze- und WarthethaU), von Bromberg bis b Die Geiieralstabskarte giebt irrthümlicli den Namen ,,Sokolle‘' an. 2) .Jentzsch, a. a. O. Gesteinsaufseblüsse, S. 78. Jentzsch giebt aucli S. 78 an, daß in Gr. Klonia Brannkolilen erbolirt sein sollen, was aber Herr Oekonomieratli Aly-Gr. Kloiila, der die fragliche Bohrung ausführen ließ, entschieden bestreitet. 3j V. RosENßERG-IjiPiNSKY, Die Verbreitung der Braunkohlenformation in der Provinz Posen. Jahrb. der Kgl. Geolog. Landesanstalt, Berlin 1890. S. 61. b Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahnprofil, S. 577 — 591. 5) V, Rosenberg-Lipinsky, Neue Braunkohlenfunde in der Provinz Posen. Zeitschr. für prakt. Geologie. 1897. S. 217—250 und a. a. O. Braunkohlenformation, an mehreren Stellen. 12 13 Filelme, von Posen bis Birnbaum. Man wird daher in der Annahme nicht fehlgehen, daß diese ganzen nordwestlich streichenden Falten einer gemein- samen Kraft ihren Ursprung verdanken. Mulden und Sättel in größerer Zahl, z. T. mit Schichtenüberkippung, erkannten wir in den Tucheier Tertiär- bildungen, zu denen wahrscheinlich auch Querverwerfungen hinzukommen, Störungen also, die den Abbau dieser Schichten einigermaßen erschweren können. Dazu kommt, daß die Tucheier Tertiärschichten ohne Ausnahme, soweit überhaupt an ihre Ausbeutung zu denken ist, dicht über und im Brahe- spiegel, zum größten Theile aber unter demselben liegen. Hiermit wird jeder Versuch, diese Ablagerungen, Braunkohlen und Glassande, technisch aus- zubeuten, zu rechnen haben. Immer wird es sich darum handeln, ob, bei der Konkurrenz des Holzes und guten Torfes, die Beschaffenheit des Kohlen- materiales die wahrscheinlich nicht unerheblichen Kosten der Wasserhaltung bei Abbau der tieferen Schichten lohnen wird, und entsprechend lautet die Frage bei der Ausbeutung des Sandes wegen seiner tiefen Lage, Wasser- durchlässigkeit und des sehr beträchtlichen Abraumes, der die Einrichtung eines Tagebaues verbietet. Im Diluvium aber ist das Hauptergebniß, daß in dem eigentlichen Gebiete der Tucheier Heide über dem Tertiär nur ein Geschiebemergel weitere Ver- breitung besitzt, was auch durch Bohrungen im Heidegebiete festgestellt wurde, und zwar der obere Geschiebemergel, während in den Randgebieten durch Bohrungen zwei Geschiebemergel nachgewiesen wurden. Bei der Bildung des oberen Diluviums muß also im Heidegebiete das untere Diluvium bis auf wenige Reste zerstört worden sein. Aus den Ergebnissen der unmittelbaren Beobachtungen und einiger Tief- bohrungen im Gebiete der Tucheier Heide und ihrer näheren Umgebung können wir somit folgende Skizze der geologischen Entwicklungsgeschichte dieses Gebietes entwerfen. Gegen Ende der Tertiärzeit breiteten sich im Gebiete der Tucheier Heide große Landseen aus, in denen zusammengeschwemmte Bäume der umliegenden Waldungen zusammen mit der See- und Sumpfvegetation das Material für die heutigen Braunkohlenlager bildeten^). Darüber breitete sich, stellenweise wenigstens, eine nicht allzu mächtige Thondecke, der Posener 1) Für solche selieinen folg’eiide 'hliatsaclieu zu sprechen. In Gr. Paglau (158,3 m über N. N.) wurde Brannkolile erst in selir großer Tiefe erbolirt, in Gr. Mendroniierz aber (153,7 ni über N. N.) wird dieselbe sclion in mäßig tiefen Brunnen angetroffen. In den ATasserrissen am Spitalsee liegen die Schichtk()pfe der KoldeiiHcffze etwa 3> m liber dem Seespiegel, also über 88,3 m über N. N., und an der 8 m tiefer liegenden Brahe erheben sie sicli nur etwa 5 m über den Flußspiegel. Für eine Querstörung spriclit aucli das Auftreten von zwei Kohlenflötzen in einem Bolirloche am Nordosteiide des Spitalsees (vergl. Jentzsch, a. a. G. Gesteinsaufschlüsse, S. 85) in T'iefen, 32 — 33 m und 37 — 40 m, die sich einwandslos mit keinem der Flötze von Pillamülü vereinige], i lassen. 2) Fine solche Scholle unteren Mergels wurde auch in der Versuchsbolirung L der Grube Buko angetroffen. (vergl. Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufsclilüsse, Taf. III., Fig. 3.) 3) Vergl. CoNWENTZ. a. a. 0. Botanische und zoologische Skizzen, S. 221. 13 14 Flammentlion, das jüngste Tertiär im östlichen Norddeutschland ^). Diese Thonmassen und die sie unterlagernden Sandschichten mit ihren Braunkohlen- lagern wurden dann durch gebirgsbildende Kräfte in eine große Zahl nord- westlich streichender Mulden und Sättel^) zusammengedrängt und müssen, infolge ihrer dem Pflanzenwuchse ungünstigen physikalischen und chemischen Eigenschaften, der Landschaft ein nicht gerade sehr anmuthiges Gepräge verliehen haben. Da begann die Diluvialzeit. Wir wissen nicht, ob schon die erste Eiszeit das ganze Gebiet der Tucheier Heide umfaßte. In Kouitz sollen bei Tiefbohrungen drei^), in Pr. Stargard gar sechs GeschiebemergeP) nach- gewiesen sein. Sicher nachweisbar ist für das Heidegebiet erst die zweite, die große Eiszeit, deren Grundmoräne wir im unteren Geschiebemergel sehen. Bei der Ablagerung dieser Massen wurden die Unebenheiten des Tertiärs theils abgetragen, theils durch seitlichen Druck vermehr^ sodaß Durchragungen des Tertiärs durch das Diluvium entstanden. Doch das große Inlandeis verschwand, und auf dem eisfrei gewordenen Boden entwickelte sich dasselbe Leben, wie damals im übrigen Nordeuropa, Steppenflora und Steppenfauna. Auch Seen und Bäche belebten sich wieder, und an ihren Ufern bildeten sich, geradeso wie auch heute, Ansammlungen von Muschelschalen und Schneckengehäusen. Nun trat die letzte Eiszeit ein, welche für das Gebiet der Tucheier Heide von größter Bedeutung wurde. Wohl schon beim Yorrücken des Inlandeises mögen die unterlagernden Schichten durch die Schmelzwasser und das Eis selbst stark aufgearbeitet worden sein. In noch höherem Grade aber geschah dies beim Rückzuge des Eises, Lange Zeit lag hier im Gebiete der Tucheier Heide der Eisrand still, nur unbedeutend oscillirend. Hierbei wurde der ganze Untergrund, die vom Eise soeben erst abgelagerte Grundmoräne und deren Unterlage, von Grund aus umgearbeitet, besonders im Sandr, wo die Schmelz- wasser ihr Wesen treiben konnten, während in den Randgebieten der Ge- schiebemergel nur mit Geschieben angereichert und zusammengestaucht, aber nur zum Theil wieder zerstört wurde. Je weiter der Eisrand zurückwich, um so mehr sammelten sich die Schmelzwasser, die vorher schier regellos dahin- geströmt waren, in besondere Rinnen, in denen sie das mitgeführte Sand- und Grandmaterial in Gestalt von Terrassen ablagerten. Die so entstehenden Flüsse, welche von Seen im Sandr oder Stauseen hinter den Endmoränen ge- B V. Rosenberg-Ltpinsky, a. a. 0. Nene Braunkolilenfunde, S. 249 -250. 2) Ein derartiger Sattel scheint auch in der Gegend von Könitz niclit allzutief unter der Erdöl )erfläche liindurchzustreiclien, sofern die dort l)eobachtete Neigung der Schichten nicht lediglich eine Folge diluvialer Erosion ist. Es werden nämlich in Könitz O^ertiärsande in einer Tiefe von 51,4 m angetroffen, in läpinice, o Km. in ONO von Könitz, in 00 m Tiefe, (vergl. Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahnproffl, S. 554, Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt 1884, S. CTO, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 70.) 3) Jentzsch, a. a. O. Eisenbahnprofil, S. 553 — 554. 4) Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 88 — 89. 01) man es hier aber wirklich mit sechs verscliiedenen Grundmoränen zu thun hat, sclieint selir zweifelhaft. 14 speist wurden, schnitten sich, allmählich an Wassermenge verlierend, eine neue Furche in die alte^Terrasse, und so ging es fort, solange das Wasser die Kraft hatte, sich tiefer einzunagen. Neues Thier- und Pflanzenleben ent- wickelte sich auf dem wieder eisfreien Boden, und allmählich nahm das Land, wahrscheinlich unter mehrfachem Wechsel seines Pflanzenkleides, sein heutiges Aussehen au. Sicher wohl war hierbei der Einfluß des Menschen nicht ohne Bedeutung, wenngleich diese Einwirkung, wie wir bei der Entstehung des Heidecharakters im eigentlichen Sinne sahen, nicht immer und überall segens- reich war. 15 Ueber den Grundwasserstrom der Stadt Danzig. \"on Prof. Dr. A. .Tentzscli. In einem vor der Danziger Naturforschenden Gesellschaft von Herrn Otto Helm gehaltenen Vortrage ,, Ueber eine vermehrte Zufuhr von Trink- wasser für die Danziger Wasserleitung^^ ist am Schlüsse der sehr dankens- werthen Mittheilungen auch eines von mir am 21. März 1897 dem Magistrate erstatteten Gutachtens gedacht. Bei der großen praktischen Wichtigkeit der Sache möchte ich betonen, dass ich keineswegs, wie es nach dem kurzen Referate scheinen möchte, dem Grnndwasserstrome nur eine west-östliche Richtung zugeschrieben habe. Vielmehr habe ich lediglich nachgewieseii, daß dieser Strom 1) nicht, wie von den Technikern angenommen wurde, süd-nördlich Hießt; 2) daß er eine starke west-östliche Componente hat; 3) daß seine Richtung vorläufig noch nicht genauer bekannt wai‘, und habe 4) den Weg angegeben, auf welchem diese Richtung ermittelt werden kann. Wenn nun auf diesem von mir angegebenen Wege ermittelt worden ist, daß der Grundwasserstrom von Südwest nach Nordost fließt, so betrachte ich das als eine erfreuliche Bestätigung des von mir Gesagten. Der an der Steinschleuse nunmehr abgeteufte 38,3 m tiefe Brunnen steht, wie das von Herrrn Helm mitgetheilte Schichtenprofil erkennen lässt, in der- selben Schicht wie die 25— 39, .3 m tiefen Brunnen von Bastion Gertrud, Gas- anstalt, Oelmühle, Stärkefabrik Fetter, Patzig & Co., Kohlensäurefabrik Grüner Weg und Jantzen’s Badeanstalt am Vorstädtischen Graben, und wie die Brunnen der Brauereien von Rodenacker, Fischer, Dreavs, Holtz und Kaemmerer, von Tessmer’s Mühle und A. H. Pretzell’s Spritfabrik, aus deren Profilen ich die dauernde Wasserergiebigkeit der an der Stein- schleuse beabsichtigten Brunnenbohrung mit höchster Wahrscheinlicbkeit Vor- hersagen konnte. Da mein Gutachten auch einige Ergebnisse bisher nicht veröffentlichter wissenschaftlicher Untersuchungen enthält, möge dasselbe hier unverkürzt mit* getheilt werden: 17 Gutachten. Seitens des Magistrats der Stadt Danzig ist mir die Frage vorgelegt worden, ob nach Lage der dortigen geologischen und hydrographischen Ver- hältnisse mit einiger Sicherheit auf eine dauernde Ergiebigkeit derjenigen wasserführenden Schicht wird gerechnet werden können, welche in Bastion Gertrud, der Gasanstalt und der Oelmühle erbohrt worden ist und auf dem Terrain des Stadtbauhofes an der Steinschleuse demnächst aufgesucht werden soll. Zur Beurtheilung dieser Frage habe ich die seitens des Magistrats mir übersandten Nachrichten über genannte Brunnen nach geologischen Gesichts- punkten durchgearbeitet und die zahlreichen Bohrproben untersucht, welche aus der Stadt Danzig und deren Umgebung im hiesigen Provinzial-Museum aufbewahrt werden. Zur Ergänzung dieser Materialien habe ich endlich — mit gütiger Erlaubnis des Herrn Directors Professor Dr. Conwentz — auch die im Westpreußischen Provinzial - Museum zu Danzig auf bewahrten ein- schlägigen Bohrprofile theils hier, theils in Danzig durchgesehen und ver- glichen. Auf diese Weise ist es gelungen, von dem tieferen Untergründe der Stadt und ihrer Umgebung ein geologisches Bild zu gewinnen, welches zwar in manchen Punkten noch der Ergänzung bedarf, aber in den für die vor- liegende Frage in Betracht kommenden Punkten als völlig gesichert gelten darf. Daß die gesuchte Wasserschicht auch an der Steinschleuse gefunden werden wird, ist — wenngleich nicht völlig sicher — doch nach den vor- handenen Aufschlüssen von vorne herein so hochwahrscheinlich, daß es darüber eines geologischen Gutachtens kaum bedarf. Nach den untersuchten Profilen liegt die Oberkante der betreffenden wasserführenden Grandschicht, bezogen auf Normalnull: Bastion Gertrud 31 m bis 33 m unter Normalnull Gasanstalt 29 „ „ 32 „ „ „ Oelmühle 24 ,, „ 29 „ „ „ Stärkefabrik Petter, Patzig & Co. 24 ,, „ 28 „ ,, ,, Kohlensäurefabrik Grüner Weg 24 „ „ 25 ,, ,, „ Jantzen’s Badeanstalt, Vorstädt. Graben 39,3,, ,, — ,, „ „ Diese Zahlen sind selbstredend nur angenäherte, da die wasserreiche Grandschicht zunächst von einem groben Sande überlagert wird, dessen Grenze in den Bohrproben nicht überall ganz scharf zum Ausdrucke gelangt. Dennoch sind die Zahlen an genähert richtig, da auch eine schärfer markirte, höher- liegende Diluvialschicht, welche in den meisten der genannten Bohrprofile wiederkehrt, in gleichem Sinne aufsteigt und absinkt. Betrachtet man nun die oben aufgezählten 6 Brunnen bzw. Brunnen- gruppen, so könnte man meinen, daß die wasserführende Grandschicht un- gefähr von Süd nach Nord einfällt und zwar vom „Grünen Weg“ bis zum 2 8 18 jjVorstädtischen Graben“ auf 680 m Entfernung um 14,3 m bis 15,3 m, also im Verhältnisse 1:44 bis 1:48. Dann würden die mittleren 4 Profile sich dem Schichtenstreichen nach mit ihrer Höhenlage angemessen einordnen. Indeß liegen in Bastion Wieben-Gertrud die Schichten 6 bis 8 m tiefer als in Bastion Gertrud, mithin mehrere Meter tiefer, als einem gleichmäßig ebenen Schichten- streichen entsprechen würde, und in zwei Bohrbrunnen der Hundegasse (Brauerei Rodenacker und Brauerei Fischer) liegen die Schichten sogar wieder etwas höher als am „Vorstädtischen Graben“; auch in der Pfefiferstadt, wo dieselbe Schicht in den Brauereien Drews, Holtz und Kaemmerer er- bohrt ist, liegt deren Oberkante auf — 21 m bis — 28 m unter Normalnull, mithin etwas höher als in der südlicher gelegenen Bastion Gertrud. Auch in der Münchengasse, weit nördlich der Oelmühle, liegt der wasserführende Grand genau so hoch wie an der Oelmühle, was durch die Profile zweier Brunnen in Tessmer’s Mühle und in A. H. Pretzell’s Spritfabrik bewiesen wird. Die Schicht fällt also keineswegs gleichmäßig nach einer bestimmten Richtung ein, sondern liegt in dem betreffenden Theile der Stadt Danzig — also von Bastion Gertrud und Grünen Weg einerseits bis zur Pfefferstadt und bis zum Bahnhof Olivaer Thor andererseits — im großen Ganzen horizontal, während im Einzelnen ihre Oberfläche sanft wellig verläuft, mit flachen Wannen und mit Rücken von wenigen Metern Höhe. Wie alle Grandlager, ist auch die wasserreiche Grandschicht der Danziger Brunnen schon auf geringe Entfernung hin Schwankungen der Korngröße und der Mächtigkeit unterworfen, woraus, in Verbindung mit den Schwankungen der Höhenlage, sich die Verschiedenheit des Wasserreichthums der einzelnen Brunnen erklärt. Aus den beobachteten Wasserständen in den Tiefbrunnen der Bastion Gertrud sowie der Mottlau von Januar bis Juli 1896 geht, wie der mir vor- liegende Bericht vom 28. November 1896 bereits zutreffend nachweist, hervor, daß 1. die Wasserstände in den Bohrbrunnen sich um rund 1,3 Meter höher einstellen, als die Wasserstände der Mottlau und 2. daß die ersteren in ihrer Bewegung den Schwankungen der Mottlau- stände folgen. Mit dem erwähnten Berichte vollkommen übereinstimmend, sehe ich es hierdurch als erwiesen an, daß das Grundwasser nach der von der Mottlau durchflossenen Niederung abfließt. Dagegen vermag ich den Nachweis, daß der Verlauf der Bewegung von Süden nach Norden gerichtet ist, nicht zu er- kennen. Vielmehr folgt aus den Wasserständen des Januar bis März 1896 mit zweifelloser Bestimmtheit, daß der Wasserstand im Bohrloch I regelmäßig IJ bis 15 Millimeter, im Mittel etwa 14 Millimeter höher steht als im Bohr- loch III. Letzteres lie^t, nach den durch den Magistrat bewirkten Eintragungen im Stadtplan, ziemlich genau östlich von Bohrloch I und 12,4G2 Meter von diesem entfernt. Die Fläche der hydi’ostatischen Druckhöhe fällt somit von 3 19 West nach Ost um 1 : 831 bis 1 : 959 oder rund 1 : 900. Ob und wie die- selbe Fläche auch nach Nord und Süd geneigt sei, geht aus den Beobachtungen nicht hervor. Doch ist nach der bekannten Terraingestaltung der Danziger Gegend von vorne herein wahrscheinlich, daß die Hauptrichtung des Grundwasserstromes von der Höhe zur Niederung, also von West nach Ost zeigen dürfte. Die Frage nach der dauernden Ergiebigkeit der Brunnen kann nur durch eine Untersuchung über die Ausdehnung der wasserführenden Schicht beantwortet werden. Von vorne herein erscheint ja die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, daß diese Schicht nur der Niederung angehöre, mithin am Rande der Höhen abschnitte. Dann könnte ein sogenanntes Wasserkissen vorliegen, welches zwar für Jahre hinaus bei Pumpversuchen fast unveränderte Mengen liefern, aber früher oder später versiegen müsste. Die geologische Unter- suchung zeigt indeß, daß diese Gefahr ausgeschlossen ist. Zunächst konnte nämlich festgestellt werden, daß die wasserführende Grandschicht dem Diluvium und zwar dem unteren Diluvium angehört. Dieser Nachweis war mit Sicher- heit nur durch die Verbindung mehrerer Profile möglich. In der Gasanstalt, der Kohlensäurefabrik, der Stärkefabrik, dem Bohrloch TI, der Oelmühle und einigen anderen Brunnen liegen zwischen dem Alluvium der Weich selniederung und der wasserführenden Grandschicht lediglich Sande, die zwar ihrem petro- gi’aphischen Charakter nach dem Diluvium zugerechnet werden müssen, aber doch zu indifferent sind, um jeden Zweifel der Bestimmung auszuschließen. Dagegen sind im Bohrloche I, der Oelmühle, Pretzell’s Spritfabrik, Glaubitz’ Brauerei, Bastion Gertrud, Jantzen’s Badeanstalt, sowie in den Brunnen der Fleischergasse und Hundegasse Mergelsand und Thonmergel durchsunken worden, welche durchaus charakteristisch sind und die Stellung der Schichten zum Diluvium klar ergeben. Durch Bohrungen auf Neugarten und am Krebsmarkt erfahren wir, daß sich darüber Geschiebemergel der als Jungglacial bezeichneten oberen Ab- theilung des Diluviums legt und aus der Verbindung mit den Profilen der Husarenkaserne Hochstrieß, daß das ganze Jungglacial darüber liegt. Endlich lehrt ein Bohrloch am Bahnhof Olivaer Thor, daß unter der wasserführenden Grandschicht noch altglacialer Geschiebemergel liegt, daß mithin unsere Grand- schicht gemeinsam mit der sie bedeckenden mächtigen Sandschicht dem Inter- glacial angehört. Damit ist der Nachweis geführt, daß der wasserführende Diluvial-Grand einer Schichtengruppe angehört, welche in Westpreußen weit verbreitet ist und überall, wo sie auftritt, mächtige Sande enthält. Diese Schichtengruppe ist beispielsweise auch in Dirschau nachgewiesen und von dort im Zusammen- hang noch meilenweit südlich verfolgt. Könnte noch ein Zweifel an der Stellung zum Interglacial bestehen, so wird derselbe beseitigt durch den Fund einiger winziger, aber bestimmbarer 2* 4 20 Leitmuscheln im Diluvialsand der Kohlensäurefabrik und des Bohrloches I am Schlachthause ^). Der über dem wasserreichen Grand liegende Diluvialsand bietet für den gleichmäßigen Wasserzufluß eine weitere Gewähr. Diese ganze kolossale Sand- masse ist nämlich mit Wasser durchtränkt. Wenn daher — wie es häufig vorkommt — die Grandbank stellenweise auskeilt oder selbst auf größere Strecken ganz fehlt, so bedeutet das noch kein Abschneiden der Wasser- zuflüsse; sondern die ganze Sandmasse mit ihrem mächtigen Querschnitte ist für den Wasserstrom zugleich Leiter und Filter. Der Grand ist also keines- wegs der alleinige Leiter des Wassers; er ist nur derjenige Theil der wasser- durchtränkten Schichtengruppe, aus welcher das Wasser am schnellsten aus- strömen und aus welcher es demnach am schnellsten und billigsten entnommen werden kann. Daß Grand und Sand des Danziger Interglacials auch in hydrodynamischer Hinsicht als ein Ganzes wirken, das geht auf das Deutlichste eben aus den Wasserstandsbeobachtungen von Bastion Gertrud hervor. Den Hochwasser- ständen der Mottlau entsprechen Maxima in den Wasserständen der Brunnen, welche am selben oder nächsten Tage unverkennbar, wenngleich abgeschwächt hervortreten. Da es sich nun hierbei keineswegs um ein Eindringen von Mottlau-Hochwasser, sondern lediglich um einen Bückstau des in ca. 30 m Tiefe erschlossenen Grundstromes handelt, so ergiebt sich der Schluß, daß der Druck des Mottlau-Hochwassers in kürzester Frist auf den Grund Wasser Strom wirkt, d. h., daß beide Wasserströme nur durch gut- leitende (leichtdurchlässige) Filterschichten getrennt siud. Zwar sind beide Wasserströme in einem Theile des Stadt-Gebietes durch schwerdurchlässigen Thonmergel getrennt; aber in anderen Theilen des Stadt- Gebietes fehlen diese Thonmergel, sodaß eine freie Uebertragung des Druckes stattfinden kann. Nur nebenbei sei erwähnt, daß trotz dieser durchlässigen Yerbindung eine Verunreinigung des Grund wasserstromes durch Stadtabfälle selbstredend völlig ausgeschlossen ist, weil a. selbst au den ungünstigsten Stellen eine viele Meter mächtige zu- sammenhängende Sandschicht ein natürliches Filter allervollkommenster Art bildet und b. innerhalb dieses Filters die Druckhöhe der unteren Wasserschicht stets größer als diejenige des Mottlauwassers ist. Für die Beurtheilung der zufließenden Wassermengen können wir hier- nach Sand und Grand des Interglacials als ein Ganzes betrachten. Diese durchlassende Interglacialschicht erstreckt sich innerhalb Danzigs nachweislich 1) Bei 26 — 32,5 m ein kleines, aber unverkennbares Stück von Dreissena polymorpha Pall. 2) Bei 11 — 12 in ein kleines Bruchstück von Cardium eehinatum L. und bei 14 — 15 m ein Cerithium lima Brug. 5 21 von der Sandgrube im Südwesten bis zum Bahnhof am Olivaer Thor im Nord- westen, Pfannenschmidt’ s Fabrik im Nordosten und Carl Steimig & Co. im Südosten, geht aber zweifellos über diese Grenzen nach allen Richtungen weit hinaus. Ihre Gesammtmächtigkeit beträgt am Krebsmarkte 57 m, am Bahnhof Olivaer Thor 55 m und in der Actienbrauerei Kleinhammer 44 m. Die anderen Brunnen haben sie nicht durchsunken, doch sind mehrere 15 bis 25 m tief, einzelne 40 m tief in dieselbe eingedrungen. Nach der Gesammtheit der geologischen Erfahrungen ist es zweifellos, daß diese Sandstufe im hügeligen Hinterlande Danzigs über mehrere Quadrat- meilen im Zusammenhänge verbreitet ist, mithin ein unterirdisches Wasser- reservoir von gewaltigem Inhalte bildet. Die einfachste Rechnung zeigt, daß schon ein kleiner Theil des auf dieser Fläche alljährlich versinkenden Regen- und Schmelzwassers genügen würde, um den zunächst geforderten Bedarf von täglich 4200 bzw. 2400 Kubikmeter, zusammen täglich 6600 Kubikmeter regelrecht zu ersetzen, so daß das geforderte Wasserquantum dauernd (d. h. voraussichtlich für Jahrtausende) gesichert erscheint. Für die Verbreitung der fraglichen Sandstufe sei beispielsweise noch an- geführt, daß dieselbe in der 90 bis 95 m hochgelegenen CoNRADi’schen Er- ziehungsanstalt Jenkau bei 39 m bis 81 m Tiefe, mithin 51 m mächtig, und in dem 139 m hochgelegenen Grenzlau bei Zoppot in 54 ra bis 100 m Tiefe, mithin 46 m mächtig, getroffen wurde. Sie erreicht also an diesen beiden Punkten Meereshöhen von ca. 60 m und von 85 m, wodurch sich der ansehn- liche Druck des Grundwasserstromes leicht erklärt. Zwischen Grenzlau und Danzig liegen zwar unterirdische Tertiärrücken, deren nächster im Krähen- berge fast zu Tage tritt, und diese Tertiärrücken können den Grundwasser- strom ablenken. Wahrscheinlich aber bedingen sie keine vollständige Trennung und nach Süd westen ist bis Jenkau und darüber hinaus der Zusammenhang nicht gestört. So glaube ich denn, in diesem Palle mit Bestimmtheit sagen zu können, daß diejenigen Wasser quellen, welche in der Danziger Niederstadt erbohrt sind, bzw. an der Steinschleuse erbohrt werden sollen, durchaus von Dauer sein werden, wenngleich eine geringfügige Beeinträchtigung durch nahe benachbarte Brunnen nicht ganz ausbleiben wird. Letztere ist theoretisch für jede Art von Brunnen unvermeidlich und praktisch auch in Danzig bei den Pumpversuchen in Bastion Gertrud durch den Verlauf der Absenkungs- curve nachgewiesen. So günstig das Ergebniß der geologischen Untersuchung betreffs der Menge und Constanz des insgesammt . zufließenden Wassers ist, so glaube ich doch, daß es nicht empfehlenswerth sein dürfte, das zunächst geforderte Quantum von täglich 2400 Kubikmeter aus einem Brunnen entnehmen zu wollen. Schon die im Brunnen I der Bastion Gertrud ausgeführten Pump- versuche zeigen bei täglicher Entnahme von 1137 Kubikmeter einen derartigen 6 22 Verlauf der Absenkuugscurve, daß bei einer gleichen Beanspruchung des Brunnens III nur noch sehr wenig für Brunnen II übrig bleiben würde. Auch scheinen mir 1137 Kubikmeter eine sehr respektable Leistung zu sein, denn bei 220 mm lichter Weite des Rohres ergiebt dies für das aufsteigende Wasser eine mittlere Geschwindigkeit von 0,38 m pro Sekunde, bei welcher schon ansehnliche Geschiebe vom Wasser getragen werden. Für eine tägliche Entnahme von 2400 bezw. 4200 Kubikmeter müßte daher das Bohrrohr ent- sprechend weiter gewählt werden. Auch dieser Ausweg ist nur innerhalb mäßiger Grenzen gangbar, weil — so leicht auch der grobe Diluvialgrand der wasser- führenden Schicht filtriren mag — der Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser nach dem Brunnen hin unter dem gegebenen Drucke filtrirt wird, natürliche Grenzen gesetzt sind. Auch werden ja die Pumphöhen und damit der Kostenaufwand für den Pumpenbetrieb um so größer, je größer die von einem einzelnen Brunnen beanspruchte Wassermenge ist. Daß die bisherigen Brunnen un- genügend construirt sind, vermag ich aus den vorliegenden Materialien nicht zu entnehmen, vielmehr habe ich aus dem Vergleich der Pumpversuche mit der Absenkungscurve den Eindruck gewonnen, daß die Brunnen den örtlich vorhandenen Wasserzufluß durchaus zweckentsprechend ausnutzen. Doch muß ich über diesen Punkt das entscheidende Urtheil selbstredend den Herrn Technikern überlassen. Dagegen scheint mir die Anordnung der 3 Brunnen in west-östlicher Linie nicht zweckentsprechend zu sein. Ist der Grundwasserstrom wirklich von Westen nach Osten gerichtet — und daß er mindestens eine starke west- östliche Componente hat, haben wir oben nachgewiesen — so müssen die Brunnen in nordsüdlicher Linie angeordnet werden, weil sie sonst sich gegen- seitig beeinträchtigen. Wie auch immer die Richtung des Grundwasserstromes sei, jedenfalls sollten die Brunnen in eine quer zu dieser Richtung verlaufenden Linie angeordnet werden. Ihre Entfernungen unter einander wären so groß zu bemessen, als es der verfügbare Raum und die technischen Rücksichten auf die Einheitlichkeit der Wasserförderung gestatten. Da die Richtung des Grundwasserstroms vorläufig noch nicht genauer bekannt ist, wäre sie zu ermitteln, was mit geringen Unkosten in wenigen Tagen geschehen kann. Es wären nämlich nur die Wasserstände mehrerer (mindestens 3, womöglich 5) benachbarter, in der gleichen Schicht stehender Brunnen durch einige Tage genau gleichzeitig, also zu bestimmten Stunden, zu beobachten, und die be- treffenden Brunnen durch ein bis auf Centimeter genaues Nivellement zu ver- binden (soweit solches nicht etwa schon vorliegt). Als solche Vergleichs- Brunnen kommen für die unweit der Steinschleuse beabsichtigte Anlage zunächst in Betracht: Bastion Gertrud, Gasanstalt und Kohlensäurefabrik, nächstdem noch Oelmühle oder Petter, Patzig & Co. Bedingung wäre es, daß die beobachteten Brunnen sämmtlich mindestens mehrstündige Ruhe ge- habt hätten; deshalb dürfte es sich empfehlen, die correspondirenden Wasser- standsbeobachtungen früh vor Beginn der Arbeitszeit auszuführen. Drei 7 23 Brunnen genügen, die etwa mehr beobachteten dienen zur Controle. Sollten nicht drei dieser Brunnen regelmäßig Nachtruhe haben können, so würde ich es auch schon für ausreichend halten, wenn dieselben nur ganz wenige Male beobachtet würden. Jedenfalls wäre es am besten, wenn die Beobachtungs- brunnen für die wenigen in Betracht kommenden Nächte angeschlossen würden. Der Gang der Arbeit könnte sich meines Erachtens folgendermaßen ab- wickeln : 1. Sofort Beginn eines Brunnens etwa in der Mitte der für die Wasser- entnahme verfügbaren Fläche des Stadtbauhofes. 2. Während dessen: Auswahl der Vergleichsbrunnen und Herstellung der Anschluß-Nivellements. 3. Sofort nach Erbohrung der wasserführenden Schicht im Stadtbau- hofe vergleichende Wasserstandsbeobachtungen an dem neuen Bohr- loche und an mindestens 2 der genannten bisherigen Brunnen. 4. Construction der Wasserdrucksfläche aus 3. und Ermittelung der horizontalen Streichrichtungen derselben. 5. Alsdann je nach Bedarf Abteufung weiterer Brunnen in einer dieser Streichrichtung parallelen Linie und beiderseits des ersten Bohrbrunnens. Königsberg, den 21. März 1897. gez. Professor Dr. Alfred Jentzsch. 8 24 ) Bericht über die einimdzwanzigste Wander -Versammlung des Westpreussischeii Botanisch-Zoologischen Vereins zu Stuhm, am 31. Mai 1898, Durch den im vorigen Jahre in Kreuz gefaßten Vereinsbeschluß war für dieses Mal Stuhm zum Versammlungsort ausersehen, um wieder im östlichen Theile der Provinz zu tagen und hier den Bestrebungen unseres Vereins neue Freunde und Anhänger zu gewinnen. Auf Grund dieses Beschlusses hatte sich in Stuhm ein aus den Herren Beigeordneter Claus, Bürgermeister Hagen, Kreisbaumeister Lugas, Dr. Schimanski, Landrath von Schmeling, Stadtverordneten -Vorsteher Schneider und Dr. Seligo bestehender Orts- ausschuß gebildet, der in eifriger und erfolgreicher Thätigkeit alle an Ort und Stelle erforderlichen Vorbereitungen getroffen hatte. So fanden denn die Mitglieder, die sich am zweiten Pfingstfeiertage in erfreulich reicher Zahl auf den Weg nach Stuhm machten, dort alles für ihre Zwecke aufs Beste ein- gerichtet. Auch der Himmel, der an den vorhergehenden Sonn- und Feier- tagen durch Wolkenbrüche und üeberschwemmungen vielerorts erhebliches Unheil angerichtet hatte, hatte sich eines Besseren besonnen und freundlichen Sonnenschein zu Nutz und Frommen der Botaniker und Zoologen gespendet, die zum guten Gelingen ihrer Arbeit des schönen Wetters dringend bedürfen. Schon auf dem Bahnhof wurden die auswärtigen Theilnehmer, die im Laufe des Montag Nachmittags mit den von Norden und Süden kommenden Zügen eintrafen, durch die Herren des Ortsauschusses empfangen und nach der ziemlich weit entfernten Stadt zu ihren, theils in den Hotels, theils in freund- lichst dargebotenen Privatwohnungen gelegenen Quartieren geleitet. Freilich endete die Eisenbahnfahrt nicht durchweg so vollkommen programmmäßig, denn vier der auswärtigen Herren erwiesen sich schon von vorneherein auch dem unkundigen Laien als gelehrte Häupter, indem sie über ihr Ziel hinaus- fuhren, um erst auf der nächsten Station ihr Pech zu merken. Da von beiden Richtungen her bald Züge nachfolgten, war das Unglück übrigens nicht sonderlich groß, und gegen Abend waren glücklich alle Theilnehmer in Stuhm angelangt. 1 25 Hier vereinigten sich um 8 Uhr im Deutschen Elause die Fremden, unter denen sich auch mehrere Damen befanden, mit einer großen Anzahl von Stuhmern und Stuhmerinnen zu einem fröhlichen Beisammensein. Nach- dem der erste Begrüßungssturm der Einzelnen unter sich vorüber war, die alten Freunde sich über ihr Ergehen unterrichtet und die neuen Bekannten sich etwas angefreundet hatten, begrüßte Herr Beigeordneter Claus Namens der Stadt Stuhm in herzlichen Worten die von auswärts Erschienenen und wünschte der Versammlung einen gelungenen Verlauf. Herr Stadtrath Helm- Danzig, als Aeltester der Auswärtigen, dankte für den warmen Empfang und schloß mit einem Hoch auf die Stuhmer und ihre Damen. Herr Professor BAiL-Danzig erinnerte als einer der Begründer des Vereins daran, daß es ein Hauptziel desselben sei, die Freude an den Schönheiten unserer Pflanzen- und Thierwelt in die weitesten Kreise zu tragen, und sprach die Hoffnung aus, daß auch die Stuhmer Versammlung reichlich dazu beitragen werde, dieses Ziel zu erreichen. Auch der Abwesenden wurde gedacht, die durch die weite Entfernung ihres Wohnorts oder durch anderweitige Pflichten be- hindert waren, an der Versammlung theilzunehmen. So wurde eine Karte mit einer hübschen Gesammtansicht des von Seen umgebenen Städtchens Stuhm — einer im Laufe des Nachmittags durch Herrn Gymnasiallehrer Rehberg- Marienwerder gefertigten wohlgelungenen Aquarellskizze — , auf deren Rück- seite sämmtliche Anwesenden ihre Namen und freundliche Grüße verzeichnet hatten, unserem verehrten Correspondirenden Mitgliede, Herrn UniversitätS' Professor Dr. P. AsciiERSON-Berlin als Zeichen des Gedenkens über- sandt; u. a. m. Noch lange saß die Tafelrunde dann in fröhlicher Unter- haltung beisammen, bis die Rücksicht auf die Arbeiten des kommenden Tages zum Aufbruch zwang. * -K- * Die Hauptsitzung des Vereins am Dienstag, den 31. Mai, fand im großen Saale des Königlichen Hofs statt. Dank der Fürsorge des Ortsausschusses war auf der einen Längsseite des großen Raumes eine reichhaltige Ausstellung von botanischen und zoologischen Objecten aus der Gegend von Stuhm ver- anstaltet. So hatte Flerr Posthalter MuERAU-Stuhm eine Sammlung von gut präparirten Vögeln, darunter auch einige recht seltene Arten, zumeist aus d(‘r nächsten Nähe der Stadt, ausgestellt. Herr Dr. ScHiMANSKi-Stuhm hatte eine interessante Suite von Nestern und Gelegen der auf den Stuhmer Seen — dem Barlewitzer und dem Hinter-See — heimischen Vögel und Herr Forstmeister WADSACK-Rehhof eine hübsche Auslese bemerkenswerther Geweihe und Gehörne und anderer, aus der Rehhöfer Forst stammender Objecte beigesteuert. Auch sonst war noch eine Reihe einschlägiger Naturobjecte zusammengetragen, so daß die auswärtigen Versammlungstheilnehmer einen anschaulichen Ein- blick in die floristischen und faunistischen Verhältnisse der Stuhmer Gegend erhielten. 2 26 Früh um 8 Uhr begann die geschäftliche Sitzung, an der, ebenso wie an der späteren wissenschaftlichen, zur lebhaften Freude der Versammlung auch unser I. Vorsitzender, Herr Dr. FI. von KLINGORAEFF-Langfuhr, theilnahm, der sonst ja leider von dem Besuch unserer Wanderversammlungen durch sein Augenleiden ferngehalten wird. Zunächst erstattete der I. Schriftführer des Vereins, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, folgenden Geschäftsbericht für 1897/98. Meine Herren! Vor einem Jahre hatte unser Verein die Freude, seine XX. Wander- Versammlung zusammen mit der Frühjahrs- Versammlung des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg in Kreuz a. d. Ostbahn abhalten und dabei aucii befreundete Botaniker aus Berlin, Posen, Stettin und anderen Orten be- grüßen zu können. Diese gemeinsame Tagung unter dem Ehrenvorsitz unseres Correspondirenden Mitgliedes, Herrn Universitäts-Professor Dr. P. Ascherson- Berlin, hat in allen betheiligten Kreisen und darüber hinaus lebhaften Beifall gefunden, und es erscheint daher wohl zweckmäßig, wenn in längeren Zeit- räumen ähnliche Veranstaltungen wiederholt werden möchten. Der Druckbericht über jene Versammlung ist vor Kurzem ersehienen und den Mitgliedern übersandt worden. Derselbe umfaßt 8^/2 Bogen und enthält u. a. wissenschaftliche Abhandlungen der Herren GRAEBNER-Berlin, Ernst H. L. KRAUSE-Thorn, LuDWiG-Christburg (f), NiTARDY-Elbing und Treichel- Hoch Paleschken. In dem verflossenen Jahr hat Herr Dr. Graebner aus Berlin größere Gebiete in unserer Provinz eursorisch bereist, um die hier auftretenden Vegetationsformationen zu studiren. Die Ergebnisse dieser Keise sind zunächst in der vorbezeichneten Publication niedergelegt und werden weiterhin aueh in der im Erseheinen begriffenen, von den Herren Ascherson und Graebner bearbeiteten Flora des nordostdeutschen Flachlandes verwerthet werden. — F'erner wurde Herr Ew. H. Ruebsaamen aus Berlin mit der Fortführung der im Jahre 1896 begonnenen zoologisehen Exeursionen in der Tueheler Heide betraut. Hierbei ist auch diesmal ein umfangreiches und bemerkenswerthes Material gesammelt, welches leider noeh nieht vollständig hat bearbeitet werden können, zumal hierzu die Hilfe mehrerer Specialforscher in Anspruch genommen werden mußte. Der Stand der Kasse am Sehluß des Vereinsjahres war 859,54 Mk. Daher werden auch im laufenden Etatsjahre wiederum wissenschaftliche Arbeiten in der Provinz unterstützt beziehungsweise veranlaßt werden können. Es ist eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle dankbar der ansehnliehen Unter- stützung zu gedenken, welche der Verein Seitens der Provinzial-Verwaltung dauernd erfährt. 27 Aus der Zahl der Mitglieder sind die Herren: Sanitätsrath Dr. Benzler- Zoppot, Rentner R. LuDWiG-Christburg und Rentner Ratiike sen. - Danzig, welche dem Verein gleich im ersten Jahre seines Bestehens beigetreten waren, durch Tod ausgeschieden. Herr Rudolf Ludwig, früher Apothenbesitzer und lange Zeit Stadtverordneten-Vorsteher in Christburg, hat in der dortigen Gegend sehr fleißig botanisirt und in dem Bericht über die fünfte Versammlung unseres Vereins im Jahre 1882 einen ,, Beitrag zur Flora von Christburg und ümgegend‘‘ veröffentlicht. Kurz vor seinem Ableben stellte er, einer dies- seitigen Anregung folgend, auch noch einen Nachtrag fertig, welcher in dem Ihnen vorliegenden letzten Bericht abgedruckt ist. Sein Herbarium, welches rund hundert Mappen umfaßt, hat er testamentarisch dem Provinzial-Museum in Danzig überwiesen. Als der Verein vor drei Jahren seine Wan der- Ver- sammlung in Christburg abhielt, erfreuten wir uns an der Rüstigkeit und geistigen Frische Ludwig’s, unseres damaligen Geschäftsführers. Br verschied im 77. Lebensjahre am 14. Juni vorigen Jahres. Lassen Sie uns, meine Herren, das Andenken der Verewigten durch Er- heben von den Plätzen ehren. (Geschieht.) Sodann wird der von dem Schatzmeister des Vereins, Herrn Consul MEYER-Danzig, verfaßte Kassenbericht für das abgelaufene Etatsjahr ver- lesen, Mit der Prüfung desselben werden die Herren Stadtrath HELM-Danzig und Oberlehrer Dr. HoHNFELDT-Marienwerder betraut. Was den Arbeitsplan für 1898 anbetrifft, so schlägt der Vorstand dem Verein vor, von größeren Arbeiten zunächst nur eine Untersuchung der Flora des nördlichen Theils des Karthäuser Kreises, insbesondere bezüglich der Moose, ins Werk zu setzen und Herrn Lehrer LuETZOW-Karthaus damit zu betrauen. Derselbe hat sich zu einer etwa dreiwöchigen Bereisung des betreffenden Gebiets bereit erklärt. Die Veranstaltung kleinerer floristischer oder faunistischer Excursionen soll eventuell dem Vorstande überlassen werden. Der Verein erklärt sich durch Bewilligung der erforderlichen Geldmittel mit diesen Vorschlägen einverstanden. Bei der nun folgenden Vorstandswahl wurden die bisherigen Vorstands- mitglieder durch Acclamation wiedergewählt. Der Vorstand besteht somit aus den Herren: Dr. H. VON KuiNGGRAEFF-Langfuhr (1. Vorsitzender), Oberlehrer Dr. A. ScHMiDT-Lauenburg (11. Vorsitzender), Professor Dr. H. CoNWENTZ-Dauzig (I. Schriftführer), Oberlehrer Dr, C. LAKOWiTZ-Danzig (H. Schriftführer), Consul A. MEYER-Danzig (Schatzmeistei). Es folgt die Wahl des Versammlungsortes für 1899. Der 1. Schrift- führer, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, schlägt vor, Flatow zu wählen, das im westlichen Theile der Provinz gelegen und von dem Verein bislang i 28 noch nicht besucht worden ist, obwohl seine landschaftlich reizvolle Umgegend auch in floristischer Hinsicht viel Bemerkenswerthes und Interessantes bietet. Der Verein beschließt dementsprechend, und telegraphische Mittheilungen darüber werden sogleich an den Bürgermeister von Flatow, Herrn Loehrke, sowie an Herrn Rector Goerke dort abgesandt, welch letzterer ersucht wird, als Localgeschäftsführer die Vorbereitungen an Ort und Stelle einzuleiten. Auf Antrag des Vorstandes wird sodann die Remuneration für die Correctur des Drucks der Vereinsberichte auf 12,oo Mk. pro Druckbogen festgesetzt, da die Erfahrung gezeigt hat, daß eine sorgfältige Ausführung der Correctur und der bereits vor der Drucklegung erforderlichen redactionellen und technischen Durcharbeitung der Manuscripte eine zeitraubende und mühselige Arbeit ist. Da die beiden Rechnungsrevisoren den Kassenbericht und die Beläge für richtig befunden haben, ertheilt die Versammlung dem Schatzmeister Decharge und spricht ihm für seine Mühewaltung den Dank des Vereins aus. Im Anschluß an die Erledigung des Kassenberichts macht Herr Ober- landesgerichtsrath VON BuENAU-Marienwerder die Versammlung darauf auf- merksam, daß durch das im Jahre 1900 in Kraft tretende neue Bürgerliche Gesetzbuch Vereinen die Erlangung der Rechte einer juristischen Person er- heblich erleichtert wird. Er erläutert die mannigfachen Vortheile, die ein Verein wie der unsrige, besonders in vermögensrechtlicher Beziehung, von der Erlangung dieser Rechte haben würde, und regt an, mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für den Verein die Corporation srechte zu erwerben. Der Vorstand verspricht, diese Frage rechtzeitig in sorgfältige Erwägung zu ziehen. Weitere geschäftliche Mittheilungen Seitens des Vorstandes oder der Mitglieder liegen nicht vor, und es wird daher gegen 9 Uhr die geschäftliche Sitzung geschlossen. * * * Die wissenschaftliche Sitzung, zu der sich außer den Mitgliedern und ihren Damen auch sehr zahlreiche Damen und Herren aus Stuhm und der Umgegend cingefunden hatten, so daß der große Saal des Königlichen Hofes voll besetzt war, wurde kurz nach 9 Uhr durch den II. Vorsitzenden, Herrn Oberlehrer Dr. ScHMiDT-Lauenburg, eröffnet. Zunächst begrüßt sodann der Kreislandrath Herr von Schmeling die Versammlung Namens des Stuhmer Kreises. Der Verein weile ja nicht zum ersten Male im Kreise Stuhm, da er bereits vor drei Jahren in Christburg getagt habe. Daß der Verein so bald wiedergekehrt sei, dürfe Redner wohl mit Recht dahin deuten, daß die erste Vereinsversammlung im Kreise Stuhm zur Zufriedenheit der Theil- nehmer verlaufen sei. Darüber spreche er seine Freude aus, und gleichzeitig sage er dem Verein Dank für die Wiederkehr. Er wünsche, daß auch die heutige Versammlung befriedigend verlaufe, die Arbeiten derselben von Erfolg gekrönt, die Interessen des Vereins durch dieselbe gefördert und ihm auch 5 29 neue Mitglieder zugeführt werden mögen. In diesem Sinne heiße er besonders die von auswärts Gekommenen nochmals herzlich willkommen. Der Vor- sitzende dankt aufrichtig für den freundlichen Empfang, der ebenso wie das gemüthliche Zusammensein am vergangenen Abend volle Gewähr dafür leiste, daß der Verein sich hier wohl fühlen werde. Nachdem die Präsenz- und Vortragsliste in Umlauf gesetzt sind, macht der I. Schriftführer, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, auf den soeben erschienenen Druckbericht über die vorjährige Vereinsversammlung in Kreuz aufmerksam, von dem eine Anzahl von Exemplaren zur Einsichtnahme für die Interessenten im Sitzungssaale ausliegt. — Derselbe trägt sodann die zahl- reich eingegangenen brieflichen und telegraphischen Begrüßungen vor, darunter solche der Herren Professor Dr. P. AscHERSON-Berlin, Professor Dr. Barthel- Breslau, Kaufmann Fritz- Christburg (auch Namens der übrigen Christburger Mitglieder), Dr. Graebner- Berlin, Procurant des Norddeutschen Lloyd W. Kaüffmann- Bremen, Professor Dr. Luerssen- Königsberg Ostpr., Haupt- lehrer LuETZOW-Oliva, Professor Dr. MoMBER-Danzig (zugleich im Namen der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig), Oberstabsarzt Dr. PRAHL-Postock, Probst PREUSCHOFF-Prauenburg, Chefredacteur TROJAN-Berlin und Oberlehrer Wacker- Charlottenburg, sowie von Frau Hofrath Dr. HAGEN-Frankfurt a. M. und von Fräulein Elisabeth LEMKE-Berlin. Anschließend an die Begrüßungen unserer beiden Mitglieder Ascherson und Graebner legt Redner die von diesen beiden tierren bearbeitete „Flora des nordostdeutschen Flach- land es‘^ (Berlin Gebr. Borntraeger), soweit bisher erschienen, vor und empfiehlt dieselbe, als die dem neuesten Stande unserer Florenkenntnis ent- sprechende, aufs wärmste zum Ankauf. Bekanntlich hat Herr Dr. Graebner auf zwei größeren, für unseren Verein ausgeführten Reisen auch die floristischen Verhältnisse unserer Provinz des genaueren studirt, und die Resultate seiner Beobachtungen sind ebenso wie die gesammte bisher vorhandene floristische Literatur für die Bearbeitung des vorgelegten Werkes benutzt worden. In dankenswerther Weise hat sich der Verleger bereit erklärt, Mitgliedern unseres Vereins das wichtige Werk zu einem erheblich ermäßigten Vorzugspreise zu liefern, so daß denselben die Anschaffung wesentlich erleichtert ist. Subscriptions- listen zur Einzeichnuug für die Anwesenden werden in Umlauf gesetzt. — Redner bringt sodann verschiedene dem Verein übersandte Offerten über botanische und zoologische Sammelgeräthe, Bücher etc. zur Kenntnis der Versammlung und theilt schließlich mit, daß Herr Professor Dr. Veit Witt- rock in Upsala, der sich mit umfassenden monographischen Studien über die Arten der Gattung Viola beschäftigt und auch die Fio/a -Arten unseres Provinzial-Herbariums untersucht hat, ihm den Wunsch ausgesprochen hat, aus unserer Provinz Samen, besonders von den sehr interessanten Strand- formen des Stiefmütterchens, Viola tricolor L., zu Kulturzwecken zu erhalten. Redner bittet die Anwesenden, ihm gelegentlich Samen solcher Strandformen möglichst zahlreich, behufs Uebermittelung an den genannten tierrn, zukommen zu lassen. e 30 Die Keilie der größeren Vorträge eröffnet sodann Herr Professor Dr. Bail- Danzig mit seinen eingehenden Ausführungen lieber Allseitigkeit der Thier- und Pflanzenbeobachtung als Quelle unerschöpflichen Naturgenusses. Als der Vortragende vor nunmehr 20 Jahren sowohl Mitglieder der Dan- ziger Naturforschenden Gesellschaft, als auch bei einem zu diesem Zwecke unternommenen Besuche in Marien werder die Naturfreunde der Hauptstadt des zweiten Regierungsbezirks unserer Provinz zur Gründung des West- preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins aufforderte, stellte er als Haupt- zweck des Vereins ,,die Erforschung der Pflanzen- und Thierwelt Westpreußens nach allen Richtungen und die Hebung des botaniscli-zoologischen Studiums in Westpreußen im Allgemeinen“ auf, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß durch einen solchen Wanderverein auch der Naturgenuß^ der naturgemäß Ge- meingut der Menschheit sein müßte, in immer weiteren Kreisen unserer schönen Provinz erhöht werden würde. Wir haben, meine Damen und Herren, die Freude, daß nach beiden Richtungen hin die Erfolge des Vereins stets durch- aus erfreuliche gewesen sind. Nach dem Gesagten werden Sie auch heute von mir nicht erwarten, daß ich Sie durch bloße Namens- und Fundorts-Angaben ermüden oder vor Ihnen nur neue Entdeckungen behandeln werde. Bilder des Lebens und der Entwicklung will ich Ihnen vielmehr mit Hülfe der mit- gebrachten Exemplare, Präparate und Abbildungen vorführen und Sie selbst zu gelegentlicher Erneuerung, ja Erweiterung der betreffenden Beobachtungen anregen. An diese einleitenden Worte reiht der Vortragende umfangreiche Demon- strationen an, auf welche sich die folgenden Mittheilungen beziehen: 1. Bei der Vorzeigung seiner für den Schulgebrauch in Bildform, d. h. unter Glas und Rahmen, aufbewahrten Keimungspräparate, weist derselbe auf zwei neue Zugänge hin, nämlich auf keimende Apfelkerne, welche er neuer- dings wiederholt in ganz unversehrten Aepfeln gefunden hat, und auf die Keimpflanzen eines Feigenkaktus, an deren ursprünglich säulenförmigen be- stachelten Stämmchen zwei flächenartig ausgebreitete Keimblätter sitzen. 2. Man kann bekanntlich die Pflanzen eintheilen in a) Kräuter, d. h. in nur einmal fruchtende Gewächse mit höchstens einjährigem oberirdischem Stengel, b) Stauden, mehrmals fruchtende Pflanzen mit nur einjährigem ober- irdischem Stengel, und c) Holzgewächse mit ganz oder wenigstens (Halbsträucher) im unteren Theile mehrjährigem, stets von neuem Aeste bildendem oberirdischem Stengel. Daß aber auch ein und dieselbe Art zu zwei der genannten Gruppen gehören kann, beweist die vorzüglich zur Demonstration der interessanten Be- fruchtungsvorgänge an Salbeiblüten geeignete, gelb blühende (klebrige) Salvia glvMnosa L. Dieselbe kommt als Staude vor und wird u. a. auch von Garcke als solche aufgoCülirt, doch treiben ihre von Kainzenbad in Baiern mitgebrachten 1 31 Exemplare in Danzig aus alten oberirdischen Stengeln jährlich neue Sprosse (Halbstrauch). Auch eine andere Staude, der Peldbeifuß, kommt bei uns, wie schon bekannt, nicht selten als Strauch vor (Nachweis an Exemplaren), und auch Staudengräser können, wie Herr Dr. von Klinggraeff bei der Dis- cussion hervorhebt, neu aussprossende oberirdische Stengel tragen. Daß in andern Zonen eine bei uns krautartige Pflanze Staude und sogar Holzgewächs werden kann, beweist Ricinus communis L.; auch die Lebensdauer der Blätter kann sich unter anderen Breiten ändern, so daß z. B. der Kirschbaum im Süden immergrün wird. Dagegen würden Mittheilungen über weitere Beob- achtungen von ausnahmsweiser Verlängerung der Lebensdauer der Organe unserer einheimischen Pflanzen, nach Art der vorbesprochenen erwünscht sein. 3. Eine außerordentlich reiche Quelle fesselnden BeobachtungsstolFes bietet die Anpassung der Blätter an das Medium, in welchem sie sich entwickeln, wie an das Licht. Mit Rücksicht hierauf kann ein und dieselbe Pflanze auch sehr verschiedene Laubblätter haben, wie schon früher unter Hinweis auf die Bedeutung der Formänderung bei unsern Versammlungen erläutert worden ist. Dieses Mal werden unter anderm üebergangsformen aller drei Blattformen der Gleditschia triacantJios L. herumgezeigt und die in München von Goebel, Waechter und Ross ausgeführten Experimente über Entstehung verschiedener Blätter unter wechselnden Licht- und Nahrungsverhältnissen erwähnt. So kann man beispielsweise die riemenförmigen Laubblätter des Pfeilkrauts und ver- wandter Pflanzen, welche als Tiefwasserformen gelten, ganz ohne Wasser- einfluß nur durch Licht- und Nahrungsentziehung hervorrufen. Auch über die Schlafstellungen der Blätter wird gesprochen. Während man bisher dieselben nur als Mittel zur Verringerung der Wärmeausstrahlung betrachtet hat, danken wir Ernst Stahl’s in Buitenzorg begonnenen Untersuchungen den Nachweis, daß ihre Bedeutung in noch erhöhtem Maße in der Förderung der Wasser- verdunstung und damit in reicherer Versorgung der betreffenden Gewächse mit mineralischer Nahrung zu suchen ist. (Botanische Zeitung, 1897, Heft 4 und 6.) 4. Als Beispiel, wie mannigfaltigen Stoff dieselbe Pflanze zu Beobachtungen darbieten kann, wird der gemeine Frauenflachs {Linaria vulgaris Mill.) vor- geführt. Er liefert auf den mit Schülern unternommenen Excursionen Ge- legenheit: a. zum Nachweis von Gallen, welche durch Käfer erzeugt sind (s. Bail, Methodischer Leitfaden, Zoologie II, S. 46); b. zur Beobachtung des für die Pflanze förderlichen oder schädlichen (Einbruch)7lnsectenbesuches ; c. nicht selten zur Demonstration der so merkwürdigen Pelorien, welche einen innern Zusammenhang scheinbar sehr verschiedener Formen beweisen. Zur Vorlage gelangen äußerst üppige Pflanzen mit mächtigen, regelmäßigen, meist öspornigen, bisweilen 5 gleich- lange Staubgefäße umschließenden Endblüten. Dabei hebt der Vor- 8 32 tragende hervor, daß er in drei aufeinander folgenden Jahren an ein und derselben, wenige Meter großen Stelle eines Grabenrandes im Terrain der Heubuder Rieselfelder diese Bildungen gleich zahl- reich und kräftig entwickelt angetroffen hat. d. Durch Befeuchtung der zierlichen Doppelkapseln der Linaria wird die Zusammenlegung ihrer im trocknen Zustande strahlenartig von der Mündung abgebogenen Zähne und somit der Schluß der Kapseln herbeigeführt. An dieses Beispiel der Verhinderung * unzeitgemäßer Samenausstreuung wird eine Reihe anderer experimenteller oder durch große Wandbilder unterstützter Erläuterungen über die Hygros- kopicität angereiht. In ihr besitzen sehr viele Pflanzen den nie ver- sagenden Selbstregulator für erfolgreiche Befruchtung und Samen- verbreitung und damit für umfangreiche Sicherung des Fortbestandes der Art. e. Letztere wird aber auch durch die Beschaffenheit der Samen selbst herbeigeführt, und wir sehen es z. B. den äußerst flachen Samen von TAnaria direct an, daß sie bestimmt sind, vom leisesten Winde weg- geweht zu weiden. So leitet uns unser Leinkraut auch zur Besprechung der Mittel zur Verbreitung der Früchte und Samen. Die Thatsache, daß das Federkrönchen der Distelfrüchte beim Anprall an einen festen Gegenstand, z. B. an eine Mauer oder einen Baum, abbricht und somit die Aussaat der Pflanze an dieser Stelle liewirkt, kann man sehr schön mit reifen Eselsdistelfrüchten erläutern, welche man mit den Fingern gegen eine Wand schnellt. Redner hat sich im vorigen Jahre das Vergnügen gemacht, sich mit Reisegefährten in dem an prächtigen großköpfigen Disteln reichen Engadin in aus- gedehntem Maße von dem Zusammenhänge des Standorts verschiedener Disteln mit jener Wirkung des Anpralls zu überzeugen, wozu sich übrigens auch bei uns vielfach Gelegenheit findet. Zu den wenigen Samen, welche besondere Vorkehrungen zur Fest- klammerung an die Hautbekleidung von Thieren besitzen, durch welche sie dann verbreitet werden, gehören die mit Hakenborsten versehenen der ,, seerosenartigen Seekanne'^ {LimnantJiemiwi nymphae- oides Lk.) Da die nach Herabbiegung des Blütenstieles auf dem Grunde des Wassers reifenden Früchte dieses schönen Enzian- gewächses nur schwer zu erreichen sind, werden Frucht und Samen in Spirituspräparaten herumgegeben. 5. Von andern mitgebrachten Gegenständen seien schließlich noch er- wähnt; zahlreiche Gallenbildungen, bei deren Besprechung an die schönen BEYERRiNCK’schen Arbeiten erinnert wird. Bekanntlich hat Beyerrinck (Botanische Zeitung 1885 und 1888) die Gallen der Hainrispengrasgallmücke und von Weidenblattgallwespen zur Erzeugung von Pflanzenwurzeln gebracht und auch sehr lehrreiclie Versuche mit Rosenschlafäpfeln und Weidenrosen (Gallen 9 3S von Cecidomyia rosaria Lw.) angestellt (s. ebenda). An Beispielen wird noch die enorme Yerbreitung von kleinen Gallenbildnern nachgewiesen, von deren Existenz wir fast nur durch jene Paläste (die Gallen) Kunde erhalten, welche sie durch einen einzigen Stich mit ihrer Legeröhre ihrer Nachkommenschaft gleichzeitig als Wohnsitz und als Nahrungsmagazin erbauen. Endlich wurden noch in der Provinz gesammelte Präparate über die Thätigkeit der Blatt- schneiderbiene (an Bosen-, Ahorn- und Schneebeerblättern), wie ihre Töpfe in einem ausgehöhlten Stamme, über die Entwicklung des Häufchenkleinbauchs und die verschiedensten, oft sehr zierlichen Köcher der Köcherjungfern aus den reichen Sammlungen des Realgymnasiums zu St. Johann zur Schau gestellt. Nach ihm spricht Herr Dr. ScHiMANSKi-Stuhm über Die Warmblüter der Stuhmer Seen. Die Säugethiere und Vögel, welche die Stuhmer Seen und deren Ufer beleben, sind theils solche, welche dort heimisch sind, wohnen und Nachwuchs groß ziehen, theils solche, welche nur als Gäste, Schutz oder Nahrung suchend, vorübergehend sich dort aufhalten. Von den Säugethieren, welche hier eine Familie groß zogen, ist leider auch der Fischotter {Lutra vulgaris Erxl.) hier beobachtet und ein junges Exemplar gefangen worden. Die Fangmethode, in einem starken n^uen Fisch- reusensack, der, mit großen Fischen geködert, das Thierchen, das schon mehrere schwache Fischsäcke durchbrochen hatte, hineinlockte und zum Er- sticken brachte, macht dem alten Fischereigesellen Schitmski alle Ehre. Häufiger findet sich der Iltis {Putorius foetidus Gray), besonders dort, w^o Rohrgebüsch an Weidenpflanzungen grenzt, seltener das große Wiesel {Putorius ermmeus L.) und das kleine Wiesel (P. vulgaris Rich.). Ob auch der Nerz (P. lutreola L.) hier sein Wesen treibt, kann nur durch einen glücklichen Fang in der Kastenfalle entschieden werden. Trotz dieses Raubzeuges, das die Ufer bevölkert, ist die Wanderratte {Mus decumanus Pall.) ungemein häufig. Zufällig schräge stehende Eisvogel eisen werden regelmäßig von der- selben erklettert und besetzt. Die sehr viel elegantere Wasserratte {Hypudaeus amphibius L.) ist in den letzten Jahren durch erstere fast verdrängt worden. Kleine Rohrmäuse {Mus minutus Pall.) bauen zahlreiche Nester im dichten Rohre, und im Winter ähnliche an geschützten Stellen des Ufers. Von kleineren Raubthieren (Insectenfressern) wird der Maulwurf {Talpa europaea L.), die Wasserspitzmaus {Crossopus fodiens Wagr.) und von Fledermäusen die Wasser- fledermaus {Vespertilio Daubentonii Leisl.) gesehen. Als Gäste besuchen den See, Futter suchend, Hauskatze {Felis domestica Briss.), Steinmarder {Mustela foina Briss.), Dachs {Meies taxus Pall.), und Fuchs (Canis vulpes L.), welcher im Winter und Herbste gerne im dichten Rohre ein sicheres Lager sucht, wie es Freund Lampe {Lepus timidus L.) schon dann thut, wenn ihm auf dem Felde von der Knallerei etwas heiß wird. 3 10 34 Größer an Zahl der Individuen ist die befiederte Welt der Seen. Es brüten hier, die Masse der Bewohner der Hauptsache nach bildend, das Wasserhuhn, Bläßente {Fulica aira L.) und der Haubentaucher (Podiceps cristatus Lath.). Während ersteres und seine Genossen kleineren Kalibers sich fast nur von Wasserpflanzen ernähren, ist der Taucher ein fleißiger Fisch- räuber. Wenn Brehm es für eine Sünde hielt, den schönen Vogel zu tödten, denken heute die Fischzüchter anders über ihn. Daß er im Stande ist, 2 Fischchen hinter einander unter Wasser zu schlucken, ist hier an einem im Momente des Hochtauchens erlegten Exemplare festgestellt (Präparat im Westpreußischen Provinzial-Museum). Auch der zweite Fisch hatte bereits den Kehldeckel passirt. Die von ihm nach erheblichen Störungen verlassenen Horste markirt der Taucher dadurch, daß er die grünen Rohrstengel über denselben knickt. Hierauf giebt er sein Gewölle auf diese verlassenen Nester. Unter den Gewöllen sind, als der Barlewitzer See noch Aale enthielt, die Häute von 45 cm langen Aalen gefunden worden. Sein Nest fundamentirt der Taucher durch ein fast bis zum Grunde reichendes, 2 qm großes Floß aus kreuz und quer über einander gelegten Rohrstengeln. Hierauf stützt sich die stumpfe Pyramide aus feuchten Schilf- und Rohrblättern mit einem Durchmesser von 40 bis 45 cm an der Basis, 15 cm hoch, durch und durch naß, mit frischen Pflanzen von Potamogeton und Batrachium etc. als Kitt ver- bunden — das eigentliche Nest. Die 6, bisweilen 8, frisch gelegt grünweiß- lichen, länglich spitzen Eier werden, sobald der Vogel seinen Horst verläßt, mit einigen krausen Wasserpflanzen lose bedeckt und vor Krähen- und Menschenaugen geschützt. Liegen dieselben 24 Stunden und länger in dem nassen gährenden Neste, so nehmen sie mehr und mehr eine gelbgrüne bis braune Schmutzfarbe von der Unterlage an. Frisch aber sind dieselben wohl- schmeckend, in Schlesien z. B. stellenweise sehr gesucht. Auch läßt es sich der Taucher lange Zeit, zumal von den Fischern, gefallen, daß ihm ein Theil seines Geleges genommen wird. Die Taucherente atzt die Jungen mit einem milchartigen, aus den Kropfdrüsen ausgeschiedenen Safte. Solange die Thierchen einen gelben Flaum tragen, der im Wasser naß wird, sind sie äußerst wasserscheu und werden von der Alten unter den Flügeln und auf dem Rücken getragen. Die Mutter verfolgte hier Knaben, die schwimmend nach den Jungen haschen wollten, mit großer Energie. Sobald die Jungen tigergefleckt, wie ein Reh, befiedert resp. beflaumt sind, tauchen sie fast noch eleganter als die Eltern. Aelinlich, nur in allem kleiner, ist Figur, Nest und Ei des hier seltneren kleinen Tauchers {Podiceps minor Lath.). Das Gelege enthielt 6, beiderseits spitze, zierliche Eilein, die frisch, und besonders aus- geblasen, von blendend schönem Weiß sind. — Das große Wasserhuhn {Fulica atra L.) baut im Schilf, Rohr oder Ried ein bis 20 cm hohes, durcli- aus trocknes Nest aus trocknen Rohrblättern und Kolbenrohrblättern und legt in eine leichte Mulde dieser trocknen Blätter 8 bis 13 graue, braungetüpfelte, frisch wohlschmeckende Eier. Nest und Gelege sind gleich, nur in Allem 11 35 kleiner, vona grünfüßigen Wasserhuhn [Gallinida chloropus Lath.). Das kleine Schilf huhnchen {Porzana pusilla L ), gar nicht selten, hat noch kein Gelege dargeboten. Den Versuch zu horsten hat zumeist wohl aufgegeben die große Bohrdoinmel {Botmirus stellaris Steph.). Häufig dagegen ist die kleine Rohr- dommel (Ardetta minuta Gray), welche ilu’en Horst aus trocknem Schilf und Rohrstengeln, 10 — 20 cm über dem Wasser anfangend, 30 — 40 cm hoch baut und mit 6, beiderseits rundlichen, blendend zart porzellanweißen Eilein belegt, die den Horst weithin durch das Rohr hindurch verrathen. Viel verborgener liegt das Nest der kleinen scheuen Rohrammer {Emheriza schoeniclus L.), die so sehr einem in elegantere Farben gekleideten Hausspatzen gleicht. Das hart am Boden in schwimmende Bülten gebaute Nestchen enthält 5 — 6 elegant graue Bilein, die mit dunkel chokoladebraunen Streifen und Tupfen so ge- zeichnet sind, als wären darauf chinesische Buchstaben gemalt. In den ge- schützten Hohlufern brütet in seinem Backofenneste der hier nicht seltene Zaunkönig {Troglodytes parvulus Koch). Auch dürfte in den stellenweise 1 — 2 Fuß hohen Steiluferstellen der Eisvogel (Älcedo ispida L.) brüten können, der hier das ganze Jahr hindurch bei offenem Wasser unser ständiger Gast ist. Von Singvögeln brütet auf den Sträuchern und Bäumen der Ufer der Pirol {Oriolus galhula L.), der Sprosser {Luscinia major Brehm), hier Nachtigall genannt, in den hohlen Weiden die Meisen, von denen die Blau- meise {Parus coeruleus L.) am häufigsten gesehen wird, nächstdem die Kohl- meise (P. major L.). Ebenso Grasmückenarten {Sylvia spec.) und grüner Hänfling {Fringilla chloris L.). Der häufigste Sing- oder besser Schreivogel ist die Rohrdrossel {Acrocephalus turdoides Cab.), hier ihres Geschreies wegen Rohrspatz genannt, und verwandte Arten. Zwischen 4 bis 6 Rohrstengeln flicht derselbe aus den Büscheln des Rohres und Rohrhalmen, 40 cm über dem Wasserspiegel, ein tiefes kunstvolles sackartiges Nest, welches durch starke Regengüsse erweicht, oftmals erneut werden muß. So kommt der Vogel bisweilen erst nach mehrfachem Mißgeschick dazu, aus den 6 bis 8 hell bis dunkelgrünen oder blaugrünen, dunkelbraun getüpfelten, eiförmigen Eilein seine zunächst ganz nackten Jungen mit zahlreich gefangenen Insecten groß zu füttern. Von den den Jäger interessirenden Enten brüten Märzente {Anas hoschas L.), Krickente {A. crecca L ), Knäckente {A. querquedula L.), Spießente {A. acuta L.) und seit drei Jahren die Brandente {Tadorna %mlpanser Flem.) auf und an unseren Seen in vereinzelten Exemplaren; ebenso von Schnepfenarten die Bekassine {Gallinago media Gray) und der Regenpfeifer {Gharadrius pluvialis L.); vielleicht hier und da auf schwimmenden Banketts auch einige Mövenarten. Als Gäste der Stuhmer Seen, die über und in dem Wasser oder am Ufer Nahrung oder Schutz suchten, wurde der kleine Buntspecht {Dendrocopus minor Koch) und der Eisvogel {Alcedo ispida L.) beobachtet, letzterer viel- leicht doch ein Bewohner der Ufer. Die verschiedenen Schwalben, üfer- 3* 12 __ 36 _ schwalbe {Cotyle riparia Boie), Hausschwalbe {Chelidon urhica Boie), haschen von früh bis spät nach den dem Wasser entschlüpfenden Insecten und bergen sich Nachts, wenn die Jungen flügge sind, in Schaaren im Rohre, dieses trotzdem mit ihren leichten Leibern kaum krumm beugend. Nur früh und Abends einige Stunden schwebt der Mauersegler {Cypselus apus Illig.) über dem Wasser. In bisweilen unzählbaren Schaaren aber sucht der Staar {Sturnus vulgaris L.) im Spätsommer und Herbst Schutz im Rohre, dasselbe in großem Umkreise umknickend und vernichtend, gefolgt vom Sperber {Nisus communis Cuv.) und dem Thurmfalken {Tinnunculus alaudarius Gray), dessen er sich meist in eleganten Schwenkungen seiner Schaaren erwehrt. Von weiteren Raubvögeln sehen wir die Rohrweihe {Circus rufus Gray) nach Fischen und jungen Wasservögeln ausschauen. Dieser Vogel brütete früher auf dem nahen Parletensee, von wo 5 Junge hier eingeliefert, mit Gründlingen groß gefüttert und an Dr. HECK-Berlin geschenkt wurden, ln einem Eisvogeleisen haben sich auch drei Exemplare der Waldohreule {Otus vulgaris Flem.) gefangen. Bussard {Buteo vulgaris Bechst.), Wanderfalke {Falco peregrinus L.), Wiesenweihe {Strigiceps cineraceus Bp.) und Abendfalke {Tinnunculus rufipes Bes.) — einer davon ins Westpreußische Provinzial -Museum gesandt ~, bezahlten bisweilen die Neugierde, die Gewässer zu beschauen, mit ihrem Balg; ebenso Reiher {Ardea cinerea L.) und Storch {Ciconia alha L.), welch’ letzterer auch ins Provinzial-Museum wanderte. Das Rebhuhn {Perdix cinerea. Lath.) flüchtet nicht nur gern an die Ufer und geht hier zur Tränke, sondern findet auch im Winter am Rohrsamen eine beliebte Atzung und im Rohre und unter den geschnittenen Rohrhaufen einen sicheren Schutz. Buchfink {Fringilla coelehs L.), Rothkehlchen {Erythacus ruhecula L.) werden auf dem Zuge als Gäste, Bachstelze {Motacilla alha L.) und gelbe Bachstelze {M. flava L.) regelmäßig den ganzen Sommer über gesehen, ebenso der Wiesenpieper {Anthus pratensis Bechst.). Regenpfeifer und Schnepfen- arten waren in feuchten Jahren im Herbste bisweilen zahlreicher vorhanden; Feldsperlinge {Passer montanus L.) bergen sich im Spätsommer in kleinen Schaaren im Röhricht. Zahllose Möwen, besonders Lachmöwen {Larus ridi- hundus L.), seltener Seeschwalben {Sterna), erscheinen vor und während eines Sturmes. Nach dem Fischsterben des Winters 1896/97 kamen dieselben in großen Schaaren an und übten, von ebenso großen Schwärmen von Nebel- krähen {Corvus cornix L.) und Saatkrähen {C. frugilegus L.) sowie Dohlen {Monedula turrium Brehm) begleitet, eine recht wirksame Sanitätspolizei durch Verzehren der zahlreichen Fischleichen aus, mit denen sie in einigen Wochen fertig wurden. Die große Rohrdommel {Botaurus stellaris Steph.), welche hier in jedem Frühjahre zur Beobachtung kommt, hat in den erbeuteten Exemplaren nur Frösche im Magen gehabt; dasselbe ist beim Storch beobachtet worden. Jedoch hat die zahme Hausente {Anas domestica L.) sich als ein arger Fisch- räuber gezeigt und ist deshalb von den Seen verbannt, dem Reiher und 18 37 Tauchet* gleichwerthig erachtet. Die Wildenten dagegen haben in ihren Kröpfen zumeist nur Wasserpflanzen und Schneckengehäuse, für welche letztere sie eine ganz besondere Vorliebe zu haben scheinen. — Das an den Ufern kratzende Haushuhn der Anwohner findet in dem Gewürm des üfer- randes reichliches Material für sein begehrtes Product. Im Anschluß an diesen Vortrag bespricht Herr Dr. SELiGO-Stuhm die ausgestellten Sammlungen, die hier bereits weiter oben kurz erwähnt sind. Besonders macht er auf die von Herrn Dr. Schimanski gesammelten, meist nur schwer zu erlangenden Nester und Gelege der auf den Stuhmer Seen brütenden Vögel sowie auf die schöne Vogelsammlung des Herrn Posthalter MuERAU-Stuhm aufmerksam. Auch die Geweihsammlung des Herrn Forstmeister WADSACK-Rehhof birgt eine Reihe prächtiger Stücke. Darauf legt Herr Stadtrath HELM-Danzig aus seiner reichhaltigen Samm- lung derartiger Objecte zahlreiche Bemerkenswerthe Käfereinschlüsse in Succinit vor und erläutert dieselben eingehend. Zunächst zeigt er eine Anzahl von Stücken aus der Familie der Curculioniden (Rüsselkäfer) vor. Obgleich diese Käferfamilie jetzt in unserer Provinz zu den reichhaltigsten gehört, die dort vorkommt, waren zu der Zeit, als die Wälder den Bernstein producirten, verhältnismäßig nicht viele davon vorhanden. Vortragender hat unter den mehr als zweitausend Bernsteinkäfern, die ihm durch Händler zum Kauf an- geboten wurden, nur 23 Einschlüsse von Rüsselkäfern gefunden. Unter diesen Stücken sind vertreten die Gattungen Phyllobius, Sitones, Apion^ Bagous^ Ceuthorhynchus und Mecinus] außerdem Stücke, welche entweder unter die zur Zeit in der Provinz lebenden Gattuogen nicht unterzubringen waren oder überhaupt nicht mehr zu den jetzt lebenden gehören. Weiterhin demonstrirte Vortragender zwei Einschlüsse in Succinit aus der Käferfamilie der Alleculiden, welche Herr Professor Seidlitz in München als Isomira aviola bestimmt und in Erichson’s Insekten Deutschlands von Schaum, Kiesenwetter, Kraatz, Weise und Seidlitz, Bd. V, 2. Hälfte, beschrieben hat. Die Alleculiden gehören zu den Heteromeren, deren Vorderfüße fünf- gliedrig, deren Mittel- und Hinterfüße viergliedrig sind. Ihr Kopf ist in das Halsschild bis zu den Augen zurückziehbar. Sie haben einen eiförmigen Körper. Die Gattung Isomira wurde von Mulsant 1866 aufgestellt. Zu ihr ge- hört die in der Provinz Westpreußen häufig vorkommende Isomira murina L. Ferner legte Vortragender einen ebenfalls von Herrn Professor Seidlitz bestimmten Käfereinschluß, zu den Melandryiden gehörig, vor. Seidlitz hat ihm den Namen Ähderina Helmii gegeben. Die Gattung ist von Herrn Seidlitz neu aufgestellt worden. Am nächsten steht sie der Gattung Serropalpus^ von welcher in der Provinz Westpreußen striatus Latr. vor- kommt. Die Melandryiden gehören ebenfalls zu den Heteromeren. Ihr 14 38 Körper ist mehr oder weniger walzenförmig, Kopf geneigt, Halsschild meist an den Seiten gerundet oder nur an der Wurzel mit scharfem Seitenrande. Schließlich zeigte Herr Helm noch zwei Insekteneinschlüsse in Gedanit. « Der Giedanit ist vom Yortragenden als ein vom Succinit verschiedenes fossiles Harz erkannt und beschrieben worden. Er kommt, allerdings sein- selten, in den Ostseeländern unter Succinit vor und unterscheidet sich von dem letzteren hauptsächlich durch das Fehlen von Bernsteinsäure, durch seine geringere Härte und seine geringere Widerstandsfähigkeit gegen Lösungs- mittel. Die in diesem Harze bis jetzt beobachteten Einschlüsse von Pflanzen- theilen sind äußerst dürftige und haben bisher zu keiner bestimmten Auskunft über die ürsprungspflanze geführt. Auch Einschlüsse von Insekten, die im eigentlichen Bernstein, dem Succinit, doch recht häufig beobachtet werden, kommen in diesem Harze nur selten vor. Vortragender hat bis jetzt nur zwei sehr schöne und deutlich zu erkennende darin gefunden, und zwar eine Mikrolepidoptere und einen (Hymenoptere). Zur Aufbewahrung dieser Einschlüsse kann nicht wie beim Succinit verdünnter Alkohol in Verwendung kommen, weil selbst 15 procentiger Alkohol den' Gedanit noch angreift und oberflächlich undurchsichtig macht. Vortragender bewahrt die Gedanit- einschlüsse deshalb in ab gekochtem Wasser, welches mit 2 Procent Formaldehyd vermischt ist, in luftdicht verschlossenen Gläsern auf. Zur Aufbewahrung seiner Einschlüsse in Succinit bedient sich Vortragender eines sehr verdünnten Alkohols (etwa 15 Theile in 100 Theilen Wasser). Dadurch wird die Oxydation des Succinits vermieden, durch welche sich seine Oberfläche zunächst trübt, dann mit feinen Rissen überzieht, endlich nach mehreren Jahrzehnten mit einer rothen, wenig durchsichtigen Schicht bedeckt. Das Wasser und der Alkohol verhindern diese Oxydation, ersteres indem es die unmittelbare Berührung des fossilen Harzes mit der Luft verhütet, letzterer, indem er den Sauerstoff der Luft eher in Anspruch nimmt, als der Succinit. Anschließend an diese Mittheilungen über organische Einschlüsse in Bernstein spricht Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig unter Vorlage ein- schlägiger Präparate lieber künstlich gefärbten Ambroid. Ambroid ist bekanntermaßen ein aus reinem Bernstein, ohne Zuhilfe- nahme irgend eines fremden Bindemittels, hergestelltes Kunstproduct, das gewonnen wird, indem man kleine, gleichmäßig gefärbte und sorgfältig von ihrer Verwitterungsrinde und allen etwaigen sonstigen Verunreinigungen be- freite Bernsteinstückchen bis auf eine etwas unterhalb ihres Schmelzpunktes 15 39 liegende Tempo’atur erhitzt und dann, wenn sie gerade beginnen etwas zu erweichen, mittels hydraulischer Pressen unter sehr starkem Drucke durch ein engmaschiges Drahtnetz preßt und so zu einer einheitlichen und möglichst gleichmäßigen Masse vereinigt. Man erhält dadurch aus den an und für sich sehr geringwerthigen, kleinen Bernsteinstückchen einen, als wenn auch nicht gleichwerthiger Ersatz des in größeren Stücken, wie bekannt, sehr theuren Naturbernsteins, immerhin ziemlich werthvollen Kunstbernstein. Seit lange sind Versuche gemacht worden, diesen Ambroid — ebenso wie auch Natur- bernstein — künstlich zu färben, um ihn zur Verwendung für manche gewerblichen Zwecke geeigneter zu machen. Doch waren diese Versuche bis vor kurzem nur von geringem Erfolg gekrönt, da sowohl der Natur- wie der Kunstbernstein der gleichmäßigen Incorporirung fremder Farbstoffe hart- näckigen Widerstand entgegensetzte. Neuerdings sind nun von der Firma Stantien & Becker in größerem Umfange Färbungsversuche mit Ambroid ge- macht, die, wie die vorliegenden Proben beweisen, vollen Erfolg gehabt haben. Die demonstrirten Stücke, die Vortragender Herrn Fabrikbesitzer Hirschberg in Schellmühl bei Danzig verdankt, sind durch die ganze Masse lebhaft roth, blau, hellgrün oder heliotropartig gefärbt; auch verschiedenfarbig ge- flammte Stücke sind vorhanden. Besonders im polirten Zustand bieten die- selben einen prächtigen Anblick. Es ist nicht ausgeschlossen, daß derartig gefärbter Ambroid zukünftig in der Industrie, z. B. als Ersatz des vielfach giftigen und feuergefährlichen, ja selbst explosiblen Celluloids, eine bedeutende Rolle spielen wird. Die Art und Weise, in der die Färbung bewerkstelligt wird, ist vorläufig Fabrikgeheimnis. Herr Stadtrath HELM-Danzig macht die Anwesenden mit den Unter- scheidungsmerkmalen zwischen Ambroid und Naturbernstein be- kannt. Im ungefärbten Ambroid lassen sich, besonders bei genauer Betrachtung im durchscheinenden Licht, zahlreiche feine hin- und hergewundene Schlieren er- kennen. die beim Naturbernstein nicht Vorkommen. Auch bei mikroskopischer Betrachtung in polarisirtem Licht zeigen sich augenfällige Unterschiede, in- dem Ambroid in diesem Falle ein sehr lebhaftes Farbenspiel zeigt, Natur- bernstein dagegen keine Farbenveränderung hervorruft. Die Kenntnis dieser Unterschiede kann von praktischer Wichtigkeit sein, da zuweilen aus Ambroid gefertigte, also minderwerthige Gegenstände als Naturbernstein zu hohem Preise feilgeboten werden. Nach dieser Abschweifung auf das Gebiet der fossilen Thier- und Pflanzenreste hält, an Stelle des Herrn Regierungs- und Forstraths Feddersen ■ Marienwerder, Herr Forstassessor Krause- Rehhof einen aus- führlichen Vortrag lieber die forstlichen Verhältnisse der Oberförsterei Rehhof. Die Oberförsterei Rehhof, bisher noch aus drei isolirten Waldtheilen be- stehend, erstreckt sich in ihrem Haupttheil, auf dem rechten Höhenrande des 16 40 Weicliselsiromgebiets, in einer Längen- Ausdehnung von etwa 18 km von Süden nach Norden, bis ca. 8 km südlich von Marienburg. Die anderen beiden kleineren Theile liegen weiter östlich, mehr nach Riesenburg zu. Die Ober- försterei umfaßt 8053 ha Fläche, davon sind 7435 ha Waldboden und 618 ha nicht zur Holzzucht benutzt; von letzterer Fläche sind 200 ha Wasser, und den größten Theil hiervon nehmen die Stuhmer Seen mit 120 ha ein. Ob- wohl das Revier im ganzen als ein ebenes bezeichnet wird, sind die Gelände- verhältnisse doch sehr wechselvolL In der Flußniederung der Weichsel liegt nur ein geringer Theil; der Haupttheil am Rande des Stromgebietes ist viel- fach durch Wasserrisse, Mulden und Kessel gegliedert, besonders in der Gegend von Rachelshof, Karlsthal, Bönhof, und erinnert hier an die Küsten- reviere bei Danzig, Zoppot, Neustadt. Theilweise hat die vielhundertjährige Arbeit des Wassers sehr schöne, romantische Bilder geschaffen; man könnte sich hier und da ins Mittelgebirge versetzt glauben. Von etwa 12 m über dem Wasserspiegel der Ostsee im Flußgebiet der Weichsel steigt das Gelände auf 3 km Länge schnell bis 50 und 75 m Höhe. Der höchste Punkt des Reviers ist im Riesenburger WaJdtheil mit 94 m Höhe gelegen. In die Geschichte der Oberförsterei Rehhof, so interessant das Thema wäre, können wir uns nicht näher vertiefen. Es ist der Gang in groben Umrissen ja allenthalben derselbe. Eine Urzeit, wo an Waldpflege nicht zu denken ist, mit vielerlei Thieren und mancherlei Gefahren für den Menschen. Wölfe und Bären und der Ur haben hier einst geherrscht, und noch manche andere Thierart lebte hier, welche jetzt nur noch durch Knochenfunde constatirt werden kann. Die Nutzung aus dem Walde war in den ältesten Zeiten rein nach dem Bedarf zugemessen, entsprechend dem geringen Werthe des Holzes. Daß auch die Köhlerei im Gebrauch war, dafür zeugt z. B. eine bei der dies- jährigen Kultur hinter dem Grundstück von EwERT-Rehhof ausgegrabene Kohlenpfanne, sowie viele Meilerstellen; und daß der Weichselstrom, bei etwaiger Versendung des Holzes, die einzige Verkehrsader war, steht wohl auch ohne Zweifel fest. Selbst in diesem Jahrhundert noch war der Wirthschafts- betrieb und die Verwerthung des Holzes nur mäßig, und man muß staunen, wie sich die Verhältnisse in der Oberförsterei Rehhof innerhalb weniger Jahr- zehnte geändert haben. Ich möchte nun im einzelnen die botanisch-zoologischen Verhältnisse in Rehhof und die Verwerthung der Produkte besprechen. Die urwüchsigen Hauptcomponenten des Waldgebiets, nach der Fläche und nach der Bedeutung, sind die Kiefer mit etwa 80 Eiche mit ca. 10 % und Buche mit vielleicht h%_ der Fläche des Waldbodens; der Rest von 5 % wäre unter Erle, Espe, Linde, Birke, Ahorn, Elsbeere und Esche zu vertheilen. Letztere Laubholzarten treten nur vereinzelt oder hier und da hoi'stweise auf; und doch ist der Charakter des ganzen Waldes ein Misch- wald, in dem das Laubholz sehr hervortritt. Ueberall sieht man Laubhölzer, 17 41 überall fast dräugt sich frisches Grün in die dunkle Farbe des Nadelholzes. Es liegt dieses daran, daß das Laubholz im ünterbestande sehr reichlich vertreten ist. Da ist das Verhältnis allerdings etwas anders als oben an- gedeutet. Als Unterholz und im Zwischeiibestand tritt da .die Hainbuche besonders hervor, dann gehören hierher neben der Eiche noch viele Strauch- arten, besonders Hasel, Faulbaum, Weide, Weiß- und Schwarzdorn, Hartriegel, Pfaffenhütchen, Hollunder, Eberesche, Schlehdorn ; als Nadelholz fällt be- deutend ins Gewicht der Wacholder, der auf besserem Boden große Flächen überzieht. Zu diesen natürlichen, lange bewährten Bestandesfaktoreii sind nun in neuerer Zeit noch einige nicht heimische und fremdländische Typen hinzu- getreten und beginnen sich dem Auge bemerklich zu machen. Außer der Fichte, die ja im Gebirge, und weiter nach Nordosten allerdings auch in der Ebene, heimathberechtigt ist, jedoch seit 30 — 40 Jahren bei uns zeitweise sehr lebhaft angebaut ist, und an welche das Auge sich bereits gewöhnt hat, ist der Bedeutung nach zunächst zu nennen die Lärche, die in neuester Zeit sehr begünstigt wird. Sie scheint auch gut zu gedeihen und würde bei ihren vor- züglichen Eigenschaften ein werth voller Bestandtheil des Waldes werden können. Von der Fichte haben wir zwar schon ältere, ca. 50jährige Hölzer, aber selbst wenn sie bis ins hohe Alter gesund bleiben sollte, was fraglich ist, wird sie hier doch wahrscheinlich keine große Rolle spielen, weil die Kiefer eben in Bezug auf Werth wesentlich höher steht. Dann sind von Nadelhölzern zu nennen: die Weymouthskiefer mit der feinen glänzenden Be- nadelung, schon längere Zeit bei uns eingeführt, aber ohne große Bedeutung; Cupressus Lawsoniana A. Murr, aus Nord-Californien, in der Heimath bis 30 m hoch und bei uns in sehr schönen 15jährigen Gruppen vorhanden; Larix leptolepis (Sieb, et Zucc.) Gord. aus Japan, in neuerer Zeit von der Versuchsstation Eberswalde zu Kulturversuchen an verschiedene Oberförstereien versandt; Tsuga Douglasii (Sabine) Carr. aus den Rocky mountains in Nord- amerika, wo dieselbe bis 50 m hoch wird, und die hier an Gestellrändern recht gut gedeiht. — Ferner von Laubhölzern aus Amerika: Quer cus rubra welche im Belauf Rehhof in einer Gruppe ausgezeichnet wächst; Acer dasycar- pum Ehrh., welches sich bisher wenig dankbar gezeigt; Fraxinus alba L. und von den Nußbaumarten, welche das vorzügliche Möbelholz liefern, Juglans nigra L., Carya alba Nütt., C. porcina Nütt. (Hickoryholz), G. tomentosa Nutt., welche in den betreffenden Kämpen zunächst ganz gut gedeihen, lieber alle diese Fremdlinge läßt sich ein bestimmtes ürtheil noch nicht ge- winnen. Wenn auch viele Versuche von den Hunderten und Tausenden, die in neuester Zeit damit gemacht sind, fehlschlagen und viel Geld scheinbar umsonst ausgegeben ist, das erscheint mir ebenso zweifellos, daß das Wald- bild der Oberförsterei Rehhof, in Folge der künstlich eingebrachten Holzarten, nach 100 Jahren anders, mannigfaltiger und, ich bin überzeugt^ auch noch besser aussehen wird als jetzt. 18 42 Was nun die Verwertliung der Forstprodukte anlangt, wobei wir von der botanischen Seite nur das Holz ins Auge fassen, so ist diese im Laufe der letzten Jahrzehnte eine wesentlich andere geworden, während der vor- handene Holzvorrath derselbe geblieben ist. Wenn wir bis Anfang der sechziger Jahre zurückgehen, finden wir: als Einnahme für Holz: 1862: 62 600 Mk., im Ganzen 67 800 Mk. ; an Ausgaben 26 000 Mk. 1872: 90 100 „ „ „ 98 900 „ ; „ „ 40 500 1882:135 700 „ „ „ 151 500 „ „ 68 900 1892:245 500 „ „ „ 256 700 „ „ 83 600 1897: 303 800 „ „ „ 317 000 „ ; „ „ 93 600 Die Reineinnahme für den Staat hat sich also im Laufe von 35 Jahren mehr als verfünffacht, und in diesem Jahre kommen wir auf eine noch höhere Zahl. Es wird dieses die absolut höchste Einnahme überhaupt wohl sein, denn wir haben jetzt seit dem 1. Oktober schon eine Einnahme für Holz von 352 400 Mk., im Ganzen von 354 600 Mk., werden also bis April 1899 die Summe von 380 000 Mk. wohl erreichen. Im nächsten Jahr ist dann die Oberförsterei schon getheilt. Wie kommt es, daß die Verwerthung so kolossal zugenommen hat? Zum Theil liegt es in der erheblich gesteigerten Abnutzung der Holzmassc begründet; es wird gegenwärtig viel mehr eingeschlagen wie früher. So betrug der Einschlag an Derbholz, d. h. also Reisig und Stock- holz nicht mitgerechnet: 1862: 10 500 fm. 1872: 19 400 „ 1882: 20 200 „ 1892: 29 600 „ 1897: 30 700 „ Hiernach ist, bei nur 35 Jahren Zwischenzeit, 1897 etwa dreimal so viel cingeschlagen als 1862. Die wichtigsten Momente für die gesteigerten Ein- nahmen liegen jedoch auf dem allgemeinen volkswirthschaftlichen Gebiet. Die Verkehrsverhältnisse sind mit dem Ausbau der Chausseen und Eisenbahnen ganz andere geworden. Der Volkswohlstand hat sich namentlich seit den sechziger und siebziger Jahren gehoben. Daran hat sich die Entwicklung der Holz verarbeitenden Gewerbe geschlossen. Das Holz wurde und wird in halb oder ganz fertigem Zustande mit der Bahn auf viele Hunderte von Kilometern versandt. Es entstanden viele neue Sägewerke in den Händen kapitalkräftiger Leute. Demgemäß konnte die Forstverwaltung den Einschlag verstärken, der bis in die achtziger Jahre nicht dem erfahrungsmäßigen Holz-Produktions* vermögen entsprach. Es konnte ein größeres Gewicht auf die Aushaltung des Holzes zu Nutzzwecken gelegt werden. Auch dieses war ein wesentliches Moment; während noch 1892 nur 40 % Nutzholz waren, haben wir jetzt 60 % im ganzen, ln letzterem Sinne sehr fördernd hat die Anlage des Dampfsäge- 19 43 werkö iu der Nähe von Stulim (1887) gewirkt, 1895 folgte die Erbauung einer zweiten solchen Anlage bei Rachelshof. Während früher bei den jährlichen Trockenhieben gar kein Langholz oder nur ausnahmsweise solches liegen blieb, wird jetzt selbst krankes, blaues, krummes liegen gelassen. Das Brennholz- Quantum schrumpft immer mehr zusammen, und die Qualität wird auch schlechter. Die Hauptmasse des Kiefernlangholzes wird im Wege des Submissionsverfahrens verkauft, d. h. des geheimen schriftlichen Angebots, nach welchem dem pro fm ßestbietenden von der Regierung der Zuschlag auf den betreffenden Schlag ertheilt wird. Es sind bis dahin recht gute Erfolge erzielt, und bedeutet diese Art des Verkaufsmodus eine wesentliche Erleichterung für die Verwaltung, insofern in 1 — 2 Stunden für rund 100 000 Mk. Holz verkauft werden. Immer" hin wird auf den öffentlichen Verkaufsterminen auch noch sehr viel Nutzholz verkauft; es leuchtet dies ein, wenn man bedenkt, daß jährlich bisher doch 50 Holz termine stattfanden und einzelne dabei mit einer Einnahme von 18 000 selbst 25 000 Mk. abschlossen. Die Verhältnisse auf dem zoologischen Gebiet sind hier sehr viel ein- facher. Wenn schon das Thierleben im Walde und speziell der Wildbestand für den Revierverwalter nicht so wichtig ist wie der Baumbestand, so ist es doch sehr wünschenswerth, daß der bisherige Bestand nicht nur erhalten bleibt, sondern womöglich auch einem besseren Zustande entgegengeführt werde. Wir haben von Wildarten nur unser anmuthiges Reh, den schätzbaren Hasen, den trägen Dachs, den Räuber Fuchs; ferner Schnepfen, Enten, Reb- hühner, Reiher, Tauben, Krammetsvögel; im Riesenburger Waldtheil ist auch noch etwas Damwild eingesetzt. Roth wild haben wir leider nicht; es erscheint aber hin und wieder zum Herbst als Wechsel wild ebenso wie das Schwarzwild. Von den Wild- und Fischräubern wären noch zu nennen: Iltis, Marder, Fisch- otter einerseits und Falke, Habicht, Bussard, Reiher etc. andrerseits. Die Rehjagd wird administrirt vom Oberförster; die niedere Jagd ist ver- pachtet, meist an denselben. Der Werthumsatz ist nach dem Angeführten für Rehhof nur mäßig. Der jährliche Abschuß an männlichem Rehwild ist ca. 22 Stück. Die Einnahme aus der Jagd ist rund 300 Mk. Die niedere, also die Hasenjagd, ist ziemlich gut und soll sich in den letzten zehn Jahren wesent- lich gehoben haben. Der jährliche Abschuß beträgt ca. 300 — 400 Hasen, Die Fischereinutzung, welcher ein ziemlich großes Gebiet zusteht — neben den beiden großen Stuhmer Seen noch die Alte Nogat (mit mehreren Seeen) von etwa Marienwerder bis Weißenberg, der Liebefluß im Riesenburger Waldtheil, der Honigfelder See und kleinere Gewässer, Bäche und Brücher — , bringt jährlich rund 1500 Mk. Die Nutzung ist an verschiedene Pächter verpachtet. Hier ließe sich noch wesentlich Besseres erreichen. Durch Ein- wirkung und auf Anregung des Westpreußischen Fischereivereins und der Lokal- Fischereivereine ist schon manches geschehen, indessen läßt sich namentlich durch Aussetzen von Fischbrut, bessere Pflege der Gewässer u. s. w. enp schieden noch vieles verbessern. 44 Au diesen Vortrag knüpft Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig einige Mittheilungen Ueber das Vorkommen der Elsbeere und der Rothbuche, vornehmlich in der Rehhöfer Forst. Wie schon im eben gehörten Vortrage bemerkt wurde, und wie Redner durch eingehende Untersuchungen (Beobachtungen über seltene Waldbäume in West- preußen. Danzig 1895) festgestellt hat, kommt die an ihren sehr charakteristischen Blättern leicht kenntliche Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., wie in anderen Theilen Westpreußens auch in dem Gelände am rechten Weichselufer vor. Außer in einigen Privatforsten und Parowen liegen die Standorte hier vor- nehmlich in den Oberförstereien Jammi und Rehhof, und speziell die Rehhöfer Forst weist den reichhaltigsten Standort der Elsbeere rechts der Weichsel, ja in ganz Westpreußen, auf. So finden sich in dem nach dem Weichselthal zu gelegenen Theil des Schutzbezirkes Karlsthal (Jagen 194, 195, 200, 201) mehr als hundert 10 — 15 m hohe Bäume und sehr zahlreiche Sträucher der Elsbeere. Auch in dem am Beckfließ liegenden Theil des Schutzbezirks Karlsthal (Jagen 172, 173, 183) finden sich neben mehreren Bäumen zahl- reiche Sträucher der Elsbeere, üeberdies kommt sie in den Schutzbezirken Bönhof (Jagen 230, 231 und 275), Werder (Jagen 254 und 273) und Wolfs- heide (Jagen 295) vor. Im Ganzen liegen in dem Revier Rehhof sechs ge- trennte Standorte der Pflanze. Es ist nun bemerkenswerth, daß in der Ober- försterei Rehhof — und ebenso in der Oberförsterei Jammi — durchgehends an den Elsbecrstandorten die Rothbuche, Fagus süvatica L., fehlt, obwohl sie in anderen Theilen dieser Reviere vereinzelt, in einigen Jagen sogar noch herrschend urwüchsig auftritt. An die Stelle der Rothbuche tritt in diesen beiden Revieren an den Eisbeerstandorten die Weißbuche, Carpinus Betulus L. Elsbeere und Rothbuche scheinen sich also in diesen beiden Oberförstereien an ihren natürlichen Standorten zu meiden. In anderen Theilen der Provinz liegen die Verhältnisse allerdings abweichend, so findet sich in den Schutz- bezirken Charlottenthal, Schechausee und Lassek in der Tucheier Heide, sowie im Mendritzer Wald und im Ottlauer Wald rechts der Weichsel an den Eisbeerstandorten vereinzelt oder vorherrschend auch die Rothbuche, und im Schutzbezirk Borschthal bei Bereut sowie im Buchwald bei Groß Ottlau fehlt die Weißbuche an den Eisbeerstandorten völlig, und es findet siclr dort aus- schließlich die Rothbuche. Immerhin bleibt die Thatsache bestehen, daß an den meisten Standorten der Elsbeere, und zwar gerade an denen, wo sie am reichlichsten und freudigsten gedeiht, die Rothbuche fehlt. Herr Oberlehrer Dr. ScHMiDT-Lauenburg macht unter Demonstration der bezüglichen Objecte folgende Botanische und zoologische Mittheilungen, V^ortragender legt zunächst schöne Pelorien von Linaria vulgaris Mill. aus der Gegend von Lauenburg i. Pomm. vor und erläutert die Beziehungen, 21 45 welche zwischen diesen regelmäßig strahligen (actinornorphen) nnd den ge- wöhnlichen (zygomorphen) Blüten der Pflanze bestehen. — Sodann zeigt er Exemplare von Plantago major L., die er in einem Laubwalde am Wege von Hammer nach Chinow, Kr. Lauenburg i. Pomm., gesammelt hat, und deren Blutenstände vollkommen vergrünt sind. — An einem vom Vortragenden mitgebrachten Schädel des Hechts, Esox lucius L., dessen Zwischenkiefer, Unterkiefer, Gaumenbeine und Pflugscharbein dicht mit starken conischen Zähnen besetzt sind, läßt sich der eigenartige Zahnwechsel der Fische deut- lich erkennen. Derselbe verläuft erheblich anders wie bei den höheren Wirbelthieren. — Endlich spricht Vortragender über die durch die Witterungs- verhältnisse hervorgerufene Honigarmut der Blumen im vorigen Jahre. Die- selbe war besonders für die Bienen empfindlich, und um diesem Mangel ab- zuhelfen, besuchten die Bienen z. B. vielfach den Rothklee, obwohl sie die Blüten desselben immer erst aufbeißen mußten, da sie mit ihrem Rüssel sonst nicht zu dem tiefliegenden Honig gelangen können. Nach ihm spricht Herr Professor Dr. CoNAVENTZ-Danzig lieber Bienenbäume (Beutkiefern), indem er gleichzeitig zwei große, nach eigenen photographischen Aufnahmen von PTerrn Gymnasiallehrer Rehberg in Marienwerder vortrefflich ausgeführte Abbildungen solcher Bäume vorlegt. Die eine dieser Tafeln stellt eine bereits abgestorbene Beutkiefer aus dem Gräflich DoHNA’schen Revier Finckenstein, Belauf Liebenau, Abtheilung 154, im Kreise Rosenberg gelegen, dar. Der Baum steht daselbst als alter Ueberständer in einer vor einigen Jahren an- gelegten Schonung, nahe dem Rande des Hochwalds. Seine Höhe beträgt BO m, der Umfang des Stammes am Boden 2,55 m, in 1 m Höhe 2,33 m. Auf der anderen Tafel ist eine noch lebende Beutkiefer, gleichfalls aus dem Rosen- berger Kreise, abgebildet. Sie befindet sich im Fürstlich Reüss j. L. Revier Raudnitz, Belauf Grünkrug, Abtheilung 112; ihre Gesammthöhe beträgt 26 m, der Umfang des Stammes am Boden 3,96 m, in 1 m Höhe 3,75 m. Die Ein- richtung dieser Beutkiefern ist die folgende. In große, kräftige und gesunde Kiefern, Pinm silvestris L., wurde in ziemlich beträchtlicher Höhe über dem Boden eine hohe, schmale, aber bis tief ins Innere gehende Oeffnung — die Beute — gehauen, die zuerst durch ein Brett und außerdem noch durch einen dicken, an in den Stamm eingehauenen Holzpflöcken befestigten Klotz fest verschließbar war. Diese Beute wurde mit Bienen besiedelt, deren Honig im Herbst durch die freigelegte Oeffnung geerntet wurde, während ein auf der gegenüberliegenden Seite des Stammes bis zur Beute eingebohrtes kleines Loch den Bienen als Flugloch diente. — Früher, besonders zur polnischen Zeit, war diese Nutzung des Waldes ganz allgemein, und bei der Uebernahme Westpreußens durch den Preußischen Staat waren in der Tucheier Heide und den damit zusammenhängenden fiscalischen Forsten etwa 20 000 solcher Beut- stämme vorhanden. Bei der damals kaum möglichen Verwerthung des Holzes 22 46 selbst war auch der Ertrag aus der Houignutzuug oft größer als der Holz- ertrag des Waldes. So hat Herr Regierungs- und Forstrath Feddersen- Marienwerder aus den Forstacten festgestellt, daß im Jahre 1773 im Schlochauer Beritt die Einnahme für Holz 14 Thaler 25 Silbergroschen, die an den Staat gezahlte Abgabe für die Erlaubnis zur Benutzung der Bäume zur Honig- gewinnung dagegen 507 Thaler betrug. Gegenwärtig giebt es, soweit bekannt, im ganzen Gebiet der Tucheier Heide nur noch zwei aus alter Zeit stammende, übrigens längst unbewohnte Beutkiefern. Hingegen kommen sie in größeren Privatwaldungen auf der rechten Seite der Weichsel noch mehrfach vor, be- sonders in den Kreisen Stuhm und Rosenberg, so in den Forsten, aus welchen die beiden abgebildeten Bäume stammen, in der Grafschaft Waplitz, in Faulen u. a. m.; und in der Majoratsherrschaft Finckenstein ist die Bieuen- wirthschaft in lebenden Kiefern noch heute im Gang. Neuerdings sind auch, zuerst von Herrn Forstrath Feddersen, im Kreise Marienwerder und zwar im Walde von Neudörfchen solche Beutkiefern beobachtet. Eine derselben ist leider auch gefällt worden, doch ist der die Beute enthaltende Abschnitt des Stammes dem Provinzial-Museum durch Herrn Zimmermeister Horwitz in Marienwerder als Geschenk überwiesen worden. Sodann trug Herr Kaufmann M. Puppel - Marienwerder an der Hand zahlreicher Photographien vor: lieber die Beschädigungen der Cerealien durch den Getreide-Blasenfuss. Unter den Schädlingen, welche unsere Getreidearten heimsuchen, galt der Getreide-Blasenfuß, Thrips cerealium Hld., zu der Ordnung der Orthopteren, Gruppe Physopodeu, gehörig, bisher gewissermaßen für ziemlich harmlos. Das Thier ist ca. 2 mm lang, sehr schlank, bräunlich und äußerst beweglich. Die Weibchen sind mit vier langen, gefranzten Flügeln versehen, welche sie jedoch erst nach mehrfacher Häutung erlangen; die Männchen bleiben unge- flügelt. Seinen Namen führt das Thier von der eigenthümlichen Form seiner Beine, an deren Fußenden sich statt Klauen kleine Bläschen befinden, welche als Saugnäpfe dienen. Die Freßwerkzeuge sind zum Schaben und Saugen ein- gerichtet Den Hauptaufenthaltsort des Gctreideblasenfußes bilden die Blattscheiden sämmtlicher Getreidearten, hinter denen er sich festsetzt und vermehrt. Durch Aussaugen der Säfte an diesen Stellen wird die Blattscheide gelb und ver- trocknet schließlich. Dieses ist jedoch der geringste Schaden, den das Thier verursacht, denn die Zerstörung der Blattscheide thut der Ausbildung der Körner keinen erheblichen Eintrag. Böser wird der Schaden schon, wenn es den Thieren gelingt, beim Besiedeln der Pflanze einen Theil der Aehre, die noch in der von ihnen in Besitz genommenen Blattscheide steckt, anzugreifen. Hier zerstören sie die Blüten, und man findet dann beim Roggen und manch- mal auch beim Weizen den untersten Theil der Aehren in den verschiedensten 88 47 Graden zerstört. — Diese Art der Beschädigung ist bisher als charakteristisch für den durch Getreideblasenfuß verursachten Schaden angesehen worden. Nun bin ich aber in den achtzehn Jahren, während deren ich in der Lage war, in meiner Eigenschaft als Hageltaxator der Kölnischen Hagel- versicherungs-Gesellschaft mich mit den verschiedensten Hagel- und Insecten- schäden zu beschäftigen und zumal die letzteren mir genauer ansehen zu müssen — weil doch gar zu gerne der Hagel beschädigte jeden Schaden, den er in seinem Felde findet, auf Rechnung des Hagels setzen möchte — , doch recht zweifelhaft geworden, ob dieser kleine Schädling sich lediglich mit dem oben beschriebenen Schaden begnügt, oder ob er nicht doch auch bei anderen Beschädigungen, die an den Cerealien auftreten, Beihilfe leistet. Ich habe Thrips auf den von mir untersuchten Pflanzen, die eine dem Hagelschaden ähnliche Beschädigung zeigten, viel häufiger gefunden, wie jeden anderen Schädling. Ich fand ihn nicht nur in den obersten Blattscheiden an allen Getreidearten, sondern überall, auch in den Aehreu, am grünen und am reifen Getreide. Das geflügelte Weibchen scheint nicht an der Scholle zu liaften, über Mittag, bei schönem warmem Sonnenschein, geht es entschieden auf die Wanderschaft und ist dann schwer zu Hause zu finden. Wahrscheinlich sucht es sich dann ein anderes Heim, um dort eine neue Wohnstätte zu begründen, wo es ihm besser behagt. — In alten Stoppeln und Gräsern haben die Thiere überwintert. Der Frühlings-Sonnenschein lockt sie hervor, und bei stiller, warmer Luft fliegen sie zu dem treibenden Roggen. Für die erste Generation — oder Generationen, denn man findet sie in den verschiedensten Alters- stufen — finden sie hier Unterkunft. Sobald Weizen, Gerste und Hafer in den Halm schießen, werden diese Fruchtgattungen wahrscheinlich von den befruchteten Weibchen aufgesucht, und schließlich, bei fortschreitender Reife, bietet ihnen die Weizenähre und die Haferrispe Wohnungsgelegenheit. Auffallend war es mir, wie verhältnismäßig wenig Roggen- und Weizen- ähren im Jahre 1897 die Eingangs geschilderte Beschädigung durch Thrips zeigten, trotz des massenhaften Auftretens des Thieres. Ich möchte Ihnen nun eine Anzahl von Photographien vorführen, die Herr Gymnasiallehrer REHBERG-Marienwerder von meiner Sammlung beschädigter Aehren künstlerisch vollendet angefertigt hat, und Sie auf Beschädigungen aufmerksam machen, die ich solange dem Getreideblasenfuß zuschreiben muß, bis ich eines Besseren lielehrt werde. — Auf einer der Tafeln sind Roggenähren abgebildet, deren oberer Theil zerstört ist. Die Originale befinden sich im Westpreußischen Provinzial-Museum in Danzig und sind als durch Thrips beschädigt bezeichnet. Ganz analoge Zerstörungen zeigt eine andere Tafel an Weizenähren, und fand ich solche auch bei einer vergleichenden Untersuchung an grannenlosem Sommerweizen, wogegen begrannter Sommerweizen, der in demselben Felde eingesprengt war, den Schaden nicht zeigte. Ich möchte nun annehmen, daß diese Beschädigung durch Thrips hervorgerufen ist, und daß der begrannte 24 48 WeizeD als dem Thiere unbequem verschont wurde. Zu dieser Annahme bewegt mich der Umstand, daß alle nach der Ursache der Beschädigung untersuchten Pflanzen im Umblatt bleiche Schabestellen zeigten, hinter welchen sich Colonien von Getreideblasenfüßen befanden. — Ferner möchte ich an- nehmen, daß auch die Haferrispen, solange sie noch nicht ausgeschoßt sind, unter den Angriffen des Thrips zu leiden haben, und daß sich die Be- schädigungen durch weiße Federn markiren. Letztere Erscheinung ist all- gemein als ,,Federkrankheit^‘ des Hafers bekannt und wird vielfach als die Folge starker Düngung angesehen. Zweifellos ist aber, daß Thrips in den roll ausgebildeten Rispen am Fruchtboden der einzelnen Früchte sich vor- findet und an den Blütenblättern weiße Flecke, an dem grünen Korn bräun- liche Verletzungen verursacht. Eine ganz eigenthümliche Erscheinung habe ich in diesem Jahre an dem eben im Schossen befindlichen Roggen gefunden. An einem großen Theil der eben aus dem Umblatt hervortretenden A ehren fand ich die Blütenorgane zerstört und die Spelzen geröthet. Frost hatten wir nicht gehabt, nur sehr wechselnde Temperatur, die jedoch nicht unter 0® gesunken war. In diesen A ehren fand ich vielfach Thrips als ausgebildetes lusect vor, und mag er auch hier bei dem Schaden mitgewirkt haben. Alles zusammengenommen halte ich den Getreideblasenfuß für schädlicher, als man bisher angenommen hat, und es könnte nur wünschenswerth seiu, wenn seine Lebensbeziehungen einer gründlichen Forschung unterworfen würden. Hiernach legt Herr Oberlehrer Dr. BocKWOLDT-Neustadt Exemplare des seltenen Farns Aspidium lobatum Swartz und der noch selteneren Schachtel- halmform Equisetum silvaticum L. f. polystachya Milde vor, beide Pflanzen aus der nächsten Umgebung von Neustadt Wpr. Den vielährigen Wald- Schachtelhalm hat er seit einiger Zeit nicht nur im Walde sondern auch auf Aeckern gefunden, die seit über hundert Jahren in Kultur stehen, z. B. auf einem Kleeacker bei Neustadt, nachdem das Landstück zwei Jahre nicht gepflügt war. Nach ihm spricht Flerr Hauptlehrer KALMUSS-Elbing Ueber zwei bislang übersehene Bürger unserer Flora. 1) Scirpus Kalmumi Aschs. & GtEAEBN. Diese Pflanze ist vom Vortragenden auf der Frischen Nehrung zwischen Kahlberg und Pröbbernau, sowie im Frischen Haff bei Reimannsfelde, nörd- lich von Elbing, mehrfach gesammelt worden. Bisher wurde sie zumeist zu ßcirpus Duvalii Hoppe gestellt, doch haben die neueren Untersuchungen von Ascherson und Graebner gezeigt, daß sie davon erheblich abweicht und eine eigene Art bildet. Sc. Kalmussü ist eine niedrige, selten bis 1 m hohe, starr aufrechte, dunkelgrüne Form mit dünnem, etwa gänsekielstarkem, unter- wärts stielriindem, oberwärts von der Mitte an stumpf dreikantigem Stengel, mit wenigblütigen Rispen und kurz gestielten Aehrchen mit in der Nähe der 25 49 Mittelnerven von wenig erhabenen Punkten rauhen Deckblättern; die Perigon- borsten sind doppelt so lang als die Fruchtknoten. Am nächsten verwandt ist Scirpus Tahernaemontani Gm. 2) Timmia neglecta Warnst. Dieses Laubmoos, zur Familie der Bartramiaceen gehörig, wurde bereits 1870 von Hohendorf an einer Böschung bei Groß Wesseln, nahe Elbing, auf- gefunden und ist auch jetzt dort noch, allerdings nur an einer kleinen Stelle, vorhanden. Bisher wurde es zu Timmia megapolitana Hedw. gestellt, aber nach den neueren eingehenden Untersuchungen von WARNSTORF-Neuruppin unterscheidet es sich so wesentlich von diesem Moose, daß es als eine neue selbständige Art zu betrachten ist. Die genaueren Unterschiede hat Vor- tragender bereits in seiner Arbeit über die Leber- und Laubmoose im Land- und Stadtkreise Elbing (Anlage C zu dem Bericht über unsere Wandersamm- lung in Karthaus) aufgezählt. Da Timmia neglecta auch in der Gegend von Moskau gesammelt ist, scheint sie eine osteuropäische Art zu sein, die bei Elbing ihre Westgrenze erreicht. Im Anschluß an diese floristische Mittheilung gelangen die von mehreren Mitgliedern mitgebrachten Pflanzen zur Vertheilung; auch von auswärts haben einige nicht bei der Versammlung anwesende Mitglieder Pflanzen zur Ver- theilung eingesandt, so Herr Oberstabsarzt Dr. PRAHL-Rostock eine Anzahl von Pflanzen, besonders aus der Schweiz, und Herr Probst Preuschoff- Frauenburg solche aus der dortigen Gegend. Der letztere hatte seiner Sendung folgende Botanische und zoologische Notizen beigefügt. „Wegen Kränklichkeit leider verhindert, persönlich an der Versammlung theilzunehmen, sende ich hiermit schriftlich meine freundlichsten Grüße und besten Wünsche zugleich mit ein paar Pflanzen, welche interessiren und Lieb- haber finden dürften. 1. Salvia silvestris L. Diese Pflanze, welche nach Garckc zunächst in Böhmen bei Prag und Teplitz, in Sachsen nur um Dresden und dann weiter westlich vorkommt, entdeckte ich im Juni v. Js. auf dem Damme des Baudeflusses unterhalb der großen Schleuse im Koggenbusch hier bei Frauen- burg in 17 Stauden. Wie mir Herr Dr. AßROMEiT-Königsberg mittheilte, ist diese Pflanze auch auf dem Quai-Bahnhof dortselbst, und an der Weichsel bei Thorn und im Kreise Schwetz beobachtet worden. 2. Pulmonaria angustifolia L. 3. Stellaria media Cyr. f. neglecta Whe. 4. Potentilla GüntJieri Pohl. No. 1 — 4 sämmtlich aus der Flora Frauen- bur gs. Aus der Flora von Tolkemit, Kr. Elbing, folgende: 5. ßtachys annua L. 26 4 50 6. Ruhus thyrsanthus Focke. 7. Diplotaxis tenuifolia DC. Die zoologische Abtheilung wird es vielleicht interessiren, zu hören, daß der herrliche Falter Vanessa Io (Tagpfauenauge) hier in Frauenburg recht häufig vorkommt. — Nochmals freundlichen Gruß!‘‘ Sodann bespricht Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig mehrere im Sitzungssaale ausgestellte Bildliche Darstellungen von seltenen und bemerkenswerthen Bäumen in Westpreussen. Es sind Seitenstücke zu den bereits vorher demonstrirten Abbildungen der beiden Beutkiefern, und gleich denselben durch Herrn Gymnasiallehrer Rehberg -Marien wer der hergestellt. Folgende Bäume sind wiedergegeben: 1. Eine urwüchsige Eibe, Taxus haccaia L., aus dem Ziesbusch (Königliches Revier Lindenbusch, Belauf Lindenbusch, Jagen 61 a), Kreis Schwetz, von 9 m Gesammthöhe und einem Stammumfang, der am Boden l,3o m, in 1 m Höhe 0,93 m beträgt. Diese Eibe ist keineswegs die stärkste im Ziesbusch. 2. Eine urwüchsige Trauerfichte, Picea excelsa Lk. f pendula Jacq. & Her,, aus der Königlichen Forst Stellinen, Belauf Hohenwalde, Jagen 167, Land- kreis Elbing; dieselbe besitzt bei einer Baumhöhe von 24 m eine Schaftlänge von nur 1,5 m und am Boden einen Stammumfang von 1,83 m, in 1 m Höhe einen solchen von l,oom. 3. Ein urwüchsiger Wacholder, Juniperus communis h.^ aus der Feldmark Walddorf, Kr. Graudenz, vom Rande der Königl. Forst Jammi. Dieser ungewöhnlich große, pyramidenförmig gewachsene Wacholder- Baum besaß eine Höhe von 10 m, eine Schaftlänge von 1,92 m, einen Stamm- umfang am Boden von l,2o m und in 1 m Höhe von 0,7? m. Da das Exemplar abgestorben war, wurde es umgehauen; ein Stammabschnitt befindet sich im Provinzial-Museum in Danzig. 4. Ein angepflanzter Mammuthbaum, Sequoia gigantea Torr., aus dem Schloßpark von Klanin, Kr. Putzig. Dieser Baum wurde 1868 von Herrn L. von Grass als vierjährige Pflanze ins Freie gesetzt und hat sich in dreißig Jahren so ansehnlich entwickelt, daß er jetzt eins der größten Exemplare in Deutschland darstellt. Der Baum besitzt eine Höhe von 15,ä m, einen Stammumfang am Boden von 3,5i m, in 1 m Höhe von 2,22 m. 5. Eine urwüchsige Stieleiche, Quercus pedunculata Ehrh. aus Kadinen, Landkreis Elbing, am Frischen Haft. Der Baum, die stärkste Eiche in West- preußen und eine der stärksten lebenden in ganz Deutschland, hat am Boden einen Stammumfang von 12,4o m, in 1 m Höhe einen solchen von 8,75 m; der Stamm ist hohl und bietet in seinem Innern Raum für 11 Soldaten mit Ge- päck. 6. Eine urwüchsige Stieleiche, Quercus pedunculata Ehrh., aus dem Klotzow (Stadtwald) bei Dt. Krone. Dieser Baum, die zweitstärkste Eiche in der Provinz Westpreußen, hat in 1 m Höhe 7,43 m Stammumfang. 7. und 8. Eine urwüchsige zweibeinige Eiche, Quercus pedunculata Ehrh., (Gesammt- ansicht und unterer Theil des Stammes) aus dem Königlich Prinzlichen Revier 27 51 Kiijan, Belauf Wersk, Kr. Flatow. Der Baum besitzt eine Höhe von ca. 24 m, die beiden Tlieilstämme sind am Boden 0,83 m von einander entfernt und ver- einigen sich in 2,io. m Höhe; der Umfang der Theilstämme beträgt am Boden 1,51 m bzw. 1,21 m, unter der Verwachsungsstelle 1,04 m bzw. 0,88 m; dicht über der Vereinigungsstelle hat der Stamm einen Umfang von 1,53 m. Der Baum ist bemerkenswerth wegen der schönen symmetrischen Ausbildung der beiden Beine. 9. Eine urwüchsige kleinblättrige Linde, Tilia parvifolia Ehrh., vom Planum des Bahnhofs Sedlinen, Kr. Marien werder; die Höhe dieses Baumes beträgt ca. 37 m, sein Stammumfang in 1,5 m Höhe, bis zu welcher Tiefe er in das Bahnhofsplanum versenkt ist, 7,5 m. Unter diesen Vorträgen und Mittheilungen war die Zeit vorübergegangen, und trotz der vielen geistigen Anregungen und Uenüsse verlangte doch der Körper der Versarnmlungs-Theilnehmer auch nach seinem Recht. Um V2 12 Uhr wurde daher eine kurze Frühstückspause gemacht. Namens der Stadt Stuhm lud Herr Kreisbaumeister LuCAS-Stuhm die Versammlung zu einem einfachen Gabelfrühstück ein, und gerne nahmen die Anwesenden das so liebenswürdig Dargebotene an Nachdem die Früh stücksschlacht in aller Eile geschlagen war und mit der Vernichtung des größten Theils der aufgestellten Speisen und Getränke geendigt hatte, sprach Herr Professor Dr. BAiL-Danzig der Stadt Stuhm den Dank des Vereins aus und schloß seine Worte mit einem Hoch auf die Gastgeberin. Bald nach 12 Uhr begannen dann wieder die wissenschaftlichen Verhand- lungen, indem Herr Oberlehrer Dr. LAKOWiTZ-Danzig folgende Zoologische Mittheilungen machte. Vortragender erinnert zunächst daran, daß vor einigen Wochen Libellen in sehr großer Anzahl durch Danzig fliegend beobachtet worden sind, sodaß sr. Zt. sogar die Tageszeitungen darüber berichteten. Die von ihm näher untersuchten Thiere dieser Libellenschwärme haben alle zu der Art Lihelhda depressa L., dem Plattbauch, gehört. — Derartige Libellenzüge sind wenn auch gerade nicht alljährlich, so doch nicht sonderlich selten und zu- weilen in noch viel größerem Umfange beobachtet. So berichtet H. A. Hagen, daß er im Jahre 1852 einen Libellenzug beobachtet habe, der gegen 20 m breit, 3 m hoch und so lang gewesen sei, daß sein Vorbeiziehen mehrere Stunden lang gedauert habe. Angeblich hat dieser gewaltige Zug in einem Teich seinen Ausgangspunkt gehabt. In diesen großen Libellenschwärmen findet sich außer Lihellula depressa L. noch Lihellula quadrimaculata L.; meist herrscht die letztere sogar vor oder ist ausschließlich vorhanden. Welche Ursache diese merkwürdigen Züge veranlaßt, ist mit Sicherheit bis- her nicht festgestellt. — Sodann legt Vortragender ein Gehäuse von Helix hortensis Muell. vor, das dadurch bemerkenswerth ist, daß der eine Theil der Schale eine andere Krümmung aufweist wie der andere. Es scheint, daß der Aufbau der Schale mit einer längeren Unterbrechung vor sich gegangen ist. 28 4+ 52 Derartige Stücke sind wichtig, weil sie die Art des Aufbaus sehr instructiv erkennen lassen. Weiter spricht Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz über Das Plankton des Klostersees bei Karthaus. Vortragender führt eine größere Anzahl selbst angefertigter, farbiger, stark vergrößerter Abbildungen von niederen Thier- und Pflanzenformen des Süß- wasserplanktons, speziell aus dem Klostersee bei Karthaus, vor. Des näheren geht er auf den Bau und die Entwickelung des interessanten Bäderthierchens Asplanchna helvetica Imhof ein, welches im Mai und Oktober-November in dem genannten See sehr zahlreich angetroffen, und am 3. November 1895 lebendige Junge zur Welt bringend beobachtet wurde. Desgleichen erläutert Vortragender einige auffallende Formen des hier in Westpreußen, so weit be- kannt, zum ersten Male angetroffenen, auch sonst äußerst seltenen Pecliastrum simpleo) A. Br., welches vom Frühjahr bis in den späten Herbst hinein immer vereinzelt im Plankton des Klostersees auftritt. Nachdem auch noch andere Formen, wie z. B. Pandorina morum Ehrenberg, Volvox glohator Ehrenberg, Ceratium hirundmella 0. F. Mueller, Bosmina-KviQB, Ci/cZops-Arten, Diaptomns graciloides Lilljeborg, Leptodora hyalma Lilljeborg u. a. m. an der Hand der vorgeführten Abbildungen besprochen sind, weist Vortragender kurz auf die Bedeutung dieser zum größten Th eil völlig durchsichtigen Lebewesen für die biologische Forschung, wie weiter auf ihre große Wichtigkeit im Haus- halte der Natur hin. Eine Aufzählung der vom Vortragenden im Klostersee bisher lieobachteten niedersten Pflanzen- und Thierformen folgt in Anlage A. Sodann hält Herr Dr. A. SELiGO-Stuhm einen Vortrag Ueber westpreussische Krebsthiere. Der Vortragende weist auf die Fülle von Gewässern in der Provinz West- preußen hin, welche den Wasserthieren die verschiedensten Lebensbedingungen bieten und von jeher zur Erforschung der Wasserfauna eingeladen haben. Die Gewässer der alten Provinz Preußen sind deshalb auch die Stätte jener Forschungen von Zaddach, Lievin und Schoedler gewesen, welche neben den Arbeiten von 0. F. Mueller in Dänemark, Jurine in Frankreich, Koch in Mitteldeutschland die Kenntnis der mikroskopischen Kruster begründet haben. Später trat freilich eine Zeit ein, in der die faunistsche Thätigkeit mehr und mehr erlahmte, bis die letzten Jahrzehnte, namentlich durch die Arbeiten der Kieler Meeres-Commission und das Erwachen des praktischen Interesses an der Nutzung der Produkte der Gewässer, der Erforschung der Wasserlebe- welt und damit auch der Krebsthiere einen neuen Anstoß gaben. So ist denn die Zahl der Krebsthiere, welche wir jetzt aus den Gewässern Westpreußens, mit Einschluß der Danziger Bucht, kennen, eine ganz erhebliche geworden, 29 53 und immer wieder wird noch das Vorkommen neuer Formen bekannt, welche bisher übersehen waren. So hat Vortragender in den letzten Tagen bei dem gelegentlichen Durch- suchen eines kleinen Teiches zwei recht interessante Krebsthiere aufgefunden, den Diaptomus castor Jur. und den großen, in schönen Farben schillernden B7'anchipus Gi'uhei Dyb. Bisher sind hauptsächlich Seen durchforscht worden, die weitere Ausdehnung der Untersuchungen auf fließende Gewässer und auf die kleinen ausdauernden Tümpel wird voraussichtlich die Zahl der bekann gewordenen Formen noch erheblich vermehren. Vortragender überreicht ein Verzeichnis der bisher in Westpreußen auf- gefundenen Krebsthiere, das in Anlage B. wiedergegeben ist. Schließlich macht der Kustos am Provinzial-Museum, Herr Dr. Kumm- Danzig, einige Mittheilungen Uber die San Jos6-Schildlaus, und erläutert dieselben durch eine farbige. Seitens des Kgl. Preuß. Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten herausgegebene Tafel. Die San Jose- SchildlauS;, Äspidioius perniciosus Comst., ist neuerdings in den Tageszeitungen oft genannt worden, da v^or kurzem besondere Vorschriften über die Einfuhr amerikanischer Pflanzen und Früchte bei uns erlassen sind, um der Gefahr vor- zubeugen, daß das in Amerika in gefährlichster Weise den Obstbau schädigende Thier nach Deutschland gelangt und auch unseren Obstbau bedroht. Die weiblichen Thiere tragen auf dem Rücken ein das ganze Thier voll- ständig überdeckendes Schild, das einzige, was man bei oberflächlicher Be- trachtung von dem Thiere sieht, daher der Name Schildlaus. Sie erzeugen lebendige Junge, die nur sehr kurze Zeit frei herumkriechen, sich dann an der befallenen Pflanze festsetzen und mehrere Häutungen und Formveränderungen durchmachen. Nach 24 bis 26 Tagen, von der Geburt ab, sind die Männchen, nach etwa 30 Tagen die Weibchen vollkommen ausgewachsen, und schon wenige Tage nachher beginnen die letzteren wieder Junge zu produciren. Die Männchen haben einen 0,g mm langen orangefarbigen Körper mit dunkelerem Kopf und purpurfarbigen Augen; sie tragen kein Schild, sind frei beweg- lich und besitzen wohl ausgebildete Beine, sowie zwei große, gelbgrüne, irisirende Flügel. Der Körper der Weibchen ist oval bis fast kreisrund, etwa 1 mm lang, 0,8 mm breit, von einem etwa 1,4 mm großen, schwach gewölbten Schilde bedeckt; die Weibchen haben weder Augen noch Beine und sind daher vollkommen bewegungslos und an die Stelle, auf der sie sich in der frühesten Jugend festgesetzt haben, gefesselt. Dagegen besitzen sie, ebenso wie die Jungen, einen bis 2 mm langen, aus mehreren Einzelborsten zusammen- gesetzten und an der Spitze meistens gespaltenen Säugrüssel. Die Schädigung der befallenen Pflanzen erfolgt dadurch, daß die jungen Thiere, sowie sie sich festsetzen, was mit Vorliebe an den jungen Zweigen, aber auch an älteren Aesten und Früchten geschieht, ihren langen Säugrüssel 30 54 durch die Rinde hindurch bis tief in die saftigen wachsenden Theile der Pflanze versenken und daraus ihre Nahrung ziehen. Dadurch entstehen im Pflanzen gewebe krankhafte Wachsthumsstörungen, und stark befallene Pflanzen- theile verkrüppeln vollständig und sterben über kurz oder lang ab. Die Gefährlichkeit der San Jose-Schildlaus beruht auf ihrer kolossalen Vermehrungs- fähigkeit. Da die Weibchen, wie schon erwähnt, bereits einige Tage nach vollendeter Entwickelung lebende Junge hervorbringen können und dies während des Restes ihrer Lebensdauer, die etwa 6 Wochen beträgt, täglich reichlich thun, und da sich derselbe Vorgang bei den binnen kurzem ausgewachsenen Jungen wiederholt, so ist die Vermehrung eine außerordentlich starke. Nach den in Amerika gemachten Beobachtungen sollen unter günstigen Umständen von einem einzigen Weibchen im Laufe eines Sommers angeblich etwa 3000 Millionen Nachkommen entstammen können. Doch bedürfen diese Angaben noch sehr einer kritischen Nachprüfung. Wenngleich also in Wirklich- keit diese Zahl wohl nie erreicht wird, macht die starke Vermehrung der Thiere doch die in einzelnen Bezirken Nordamerikas an völlige Vernichtung grenzende Schädigung der dortigen Obstpflanzungen erklärlich, üeberdies werden durch die Jose-Schildlaus zwar in erster Reihe, aber nicht ausschließ- lich, die Obstpflanzungen bedroht, da die Thiere durchaus nicht nur auf Obstbäumen, sondern auf einer ganzen Anzahl anderer Pflanzen, wie Linden, Ulmen, Weiden, Akazien, leben können und dieselben in ähnlicher Weise schädigen. Durch diese Vielseitigkeit des Vorkommens ist auch die Aus- rottung des Schädlings da, wo er einmal Fuß gefaßt hat, sehr erschwert, ja fast unmöglich gemacht. Überdies sind kaum Mittel bekannt, die die Thiere mit Sicherheit vernichten, ohne der Pflanze zu schaden. In Amerika hat man Ver- suche mit den verschiedensten Mitteln gemacht, ohne sicheren Erfolg. Am besten wirkt noch Bestreichen oder Besprengen der befallenen Pflanzen mit Petroleum oder Petroleummischungen. Selbst Räucherung der kranken Pflanzen mit dem bekanntermaßen höchst giftigen Blausäuregas ist angewendet worden; das Mittel ist zwar wirksam, aber sehr theuer und äußerst gefährlich anzuwenden. Das sicherste ist noch immer Abhacken und Verbrennen der befallenen Pflanzen resp. Pflanzentheile. Die eigentliche Heiniath des Thieres ist nicht bekannt; in Nordamerika hat sich dasselbe zuerst an der Westküste in Californien (in dem San Jose- Thal) durch die Gefährdung der Obstcultur bemerkbar gemacht; später ist es auch nach dem Osten der Vereinigten Staaten verschleppt worden und hat dort eine ebenso verderbliche Wirksamkeit entfaltet, selbst in ziemlich weit nördlich gelegenen Staaten, sogar bis nach Canada hinein. Damit ist er- wiesen, daß das Thier auch unter den klimatischen Verhältnissen Deutsch- lands leben kann, und der ungeheure Schaden, den die gleichfalls aus Amerika eingeschleppte Reblaus dem europäischen Weinbau zugefügt hat und noch fortdauernd zufügt, mahnt uns zur Vorsicht gegenüber der neuen Gefahr, um dieselbe wenn möglich ganz von uns fernzuhalten. — Vortragender 31 55 erwähnt schließlich noch, daß wir bei uns nahe Verwandte der San Jos^* Schildlaus, auf verschiedenen Pflanzen schmarotzend, haben, unter denen besonders eine, die austernförmi^e Schildlaus, Äspidiotiis ostreaeformis CuRT., gleichfalls auf Obstbäumen lebt und dieselben bei massenhaftem Auf- treten nicht unerheblich schädigt. Doch ist die von ihr drohende Gefahr wegen der geringeren Vermehrungsfähigkeit nicht annähernd so groß. Beide Arten sind sehr ähnlich und daher leicht zu verwechseln. Eine sichere Unter- scheidung ist nur bei mikroskopischer Untersuchung unter starker Ver- größerung möglich. Damit ist die Tagesordnung des wissenschaftlichen Theils erledigt, und der Vorsitzende schließt die Sitzung mit dem Ausdrucke des Dankes an alle Erschienenen, ganz im speziellen aber an die Herren des Ortsausschusses, die sich so erfolgreich der Mühen der Vorbereitung unterzogen haben. * ^ * Bald nach Schluß der wissenschaftlichen Sitzung wurden die von den Stuhmer Besitzern freundlichst gestellten Wagen bestiegen, und in langer Reihe ging es dann über Pestlin nach Paleschken. Kaum ein anderer Ort der Provinz ist so durch persönliche und sachliche Beziehungen mit dem Verein verknüpft, wie dieses Gut, auf dem gewissermaßen die Wiege der modernen Floristik unserer Provinz gestanden hat. Ist doch der im Jahre 1879 verstorbene Besitzer, Dr. Carl Julius von Klinggraeff, dessen Gattin noch jetzt das Gut gehört, der Verfasser der 1848 erschienenen ,, Flora von Preußen‘^ und gleichzeitig einer der Gründer unseres Vereins. Sein jüngerer Bruder, Dr. Hugo von Klinggraeff, der Verfasser der „Topographischen Flora der Provinz Westpreußen^^ (1880) zählt gleichfalls zu den Gründern des Vereins und ist seit vielen Jahren dessen Erster Vorsitzender. So war es denn natürlich, daß der Verein diese Stätte aufsuchte, wo der verstorbene Florist mehr als 40 Jahre gelebt hat, und wo sein jüngerer Bruder auch jetzt noch öfters weilt. Von dem Verstorbenen ist in Paleschken unter geschickter Benutzung älterer Baumbestände ein prächtiger Park geschaffen, der von der jetzigen Besitzerin, Frau Johanna von Klinggraeff, in pietätvoller Weise im Sinne des Verewigten gepflegt und weitergeleitet wird. Er ist vor allem durch die Mannigfaltigkeit der Anlagen und die überaus große Anzahl aus- wärtiger Sträucher und Bäume ausgezeichnet. — Hier ergingen sich die sehr zahlreichen Theilnehmer des Ausflugs, darunter viele Bewohner der Stuhmer Gegend, nachdem sie die hochbetagte, aber rüstige Besitzerin, Frau VON Klinggraeff, sowie den zur Zeit dort weilenden jüngeren Herrn Dr. VON Klinggraeff und dessen Schwester, Fräulein von Klinggraeff, begrüßt hatten. Obwohl das Wetter mit Regen drohte, bot die Wanderung durch die malerischen Gruppen des Parks dem Naturfreunde reichen Genuß, und die Botaniker wurden nicht müde, den Reichtlmm an dort wachsenden 32 56 seltenen Pflanzen zu bewundern. Besondere Beachtung fanden zwei starke Exemplare der durch ihre eigenartig zweitheiligen Blätter ausgezeichneten, in China einheimischen Gingko biloba L. Die Kürze der Zeit und der stärker niederfallende Regen trieben schließlich die Besucher in das Innere des Wohn- hauses, wo ihrer auf reich besetzten Tafeln ein von der Besitzerin gastfrei dargebotener Imbiß harrte, der gerne entgegengenommen wurde. Eine Deputation sprach der Besitzerin den wärmsten Dank des Vereins für den liebenswürdigen Empfang aus. Nach kurzer Frist wurde nun die Rückkehr nach Stuhm angetreten, wo dann um 6 Uhr das gemeinsame Essen begann, an dem etwa 80 Herren und Damen Theil nahmen. Durch eine lebhafte Unterhaltung und zahlreiche Toaste — unter denen der Kaisertoast des Herrn Landrath von Schmeling, der Toast auf den Botanisch-Zoologischen Verein, den Herr Bürgermeister Hagen ausbrachte, der Dank des Vereins, den Herr Professor Conwentz mit einem Hoch auf Stadt und Kreis Stuhm ausklingen ließ, der Dank des Vor- sitzenden, Herrn Oberlehrer Dr. Schmidt, an den Lokalausschuß^ insbesondere die Herren Baumeister Lucas, Dr. Schimanski und Dr. Seligo, der von Herrn Oberlehrer Dr. Lakowitz in launige Worte gekleidete Toast auf die Damen als Pflegerinnen der Wissenschaft, sowie das Hoch auf den Vorstand Seitens des Herrn Oberlehrer Dr. Bockavoldt erwähnt werden mögen — gewürzt, verlief das Festmahl in heiterster Weise und hielt die Theilnehmer noch lange zusammen, soweit sie nicht durch ihre Berufspflichten gezwungen waren, schon mit den Abendzügen heimzureisen. * * * Die noch in Stuhm gebliebenen Mitglieder vereinigten sich am folgenden Tage mit einer Anzahl von Stuhmer Damen und Herren zu einer Excursion in die Rehhöfer Forst, die pünktlich um 8 Uhr auf mehreren freundlichst ge- stellten Wagen angetreten wurde. Vorbei am Bahnhof Stuhm und am Parleten- See ging es zunächst zu dem Moorgebiet bei Ostrow Lewark. Hier wurde ausgestiegen und eine Fülle interessanter Moorgewächse gesammelt. Von den beobachteten Pflanzen seien hier nur erwähnt: Luzula pilosa Willd. und An- tlioxanthum odoratum L., die neben Carex Goodenoughii Gay und C. rostrata WiTH. die Bodendecke bildeten; dazwischen an den feuchteren Stellen Erio- phorum polystachyum L., Vaccinium Oxycoccus L. und Andromeda poliifolia L. In großen Büschen wuchs Ledum palustre L., daneben Polystichum Thelypteris Roth. An den Grabenrändern standen Salix repens L. und S. rosmarinifolia L., während in den Gräben und alten Torfstichen Comarum palustre L., Me- nyanthes trifoliata L., Hydrocharis Morsus ranae L. und Stratiotes aloides L. freudig gediehen. Unter den gesammelten Moosen waren Hypnum giganteum ScHiMP., Fontinalis antipyretica L. und Sphagnum cymhifolium Ehrh. leicht zu erkennen, während andere Formen zur späteren Bestimmung mit Hilfe des 33 57 Mikroskops mitgenommen wurden. Hier in diesem Torfbruch, finden sich auch in geringer Tiefe im Torf die fossilen Früchte der Wassernuß, Trapa natans L. Weiter fuhr man durch die Forst nach dem malerisch in einer tiefen Mulde mitten im Walde gelegenen Schwarzen See, der mit seinen vom ver- schiedensten Grün umkränzten Uferii ein wechselvolles und schönes Bild bot. An seinen feuchten Bändern wurde, neben zahlreichen anderen Pflanzen, vor allem eine seltene Orchidee, die Korallenwurz, Coralliorrhiza innata L., inter- essant durch ihren eigenartig geformten Wurzelstock und durch den völligen Mangel des Blattgrüns, in größerer Menge beobachtet. Von anderen Funden seien, um nur einige zu nennen, hier noch Mnium undulatum Hedw., Lyco- podium Selago L., Equisetum limosum L., Milium effusum L., Pirola uniflora L. und Trientalis europaea L. aufgezählt. — Nach kurzem Aufenthalt unter dem schattigen Laubdach ging es sodann nach Weißenberg, wo von der Mühle und dem Berge aus die prächtige Aussicht über die zu Füßen liegende Niede- rung mit der Alten Nogat und dem Weichselstrom und über die jenseitigen Höhen bewundert wurde. Nach einer flüchtigen Besichtigung der Schleusen- anlagen an der Montaner Spitze wurde die Rückfahrt direct nach Stuhm auf der schnurgerade die Forst durchschneidenden Straße angetreten. Ein ein- faches Mittagessen im Deutschen Hause vereinigte noch einmal die Theil- nehmer an gemeinsamer Tafel. Doch die Frist war kurz, und bald mußten sich die Fremden von den Stuhmerii trennen, um mit den im Laufe des Nach- mittags abgehenden Zügen der Heimath zuzueilen. Mit herzlichen Grüßen verabschiedeten sie sich, und sie alle werden noch lange und gerne der drei fröhlichen Tage der Stuhmer Versammlung gedenken. S4 58 Anlage A. Die niedersten Pflanzen- und Thierformen des Klostersees bei Karthaus. Gesammelt und bestimmt von Dr. Lakowitz- Danzig. Erstes Verzeichnis. I. Schi^oniycetes. 1. Beggiatoa arachnoidea Rabenh. II. Cyanophyceae, 2. Anahaena ßos aquae Breb 3. Aplianizomenon ßos aquae Allm. 4. Glathrocystis aeruginosus Henerey. 5. Coelosphaerium Kützingianum Naeg. 6. Lyngbya papyrma Kirchn 7. Merismopedia glauca Naeg. III. Diatonmceae. 8. Amphora ovalis Ktzg. 9. Asterionella gracillima Heiberg, 10. Cocconeis communis Heiberg. 11. Cocconema lanceolatum Ehrbg. 12. Cyclotella Kützingiana Thav. 13. — operculata Ktzg. 14. Cymatopleura elliptica Breb. 15. — ßolea Breb. 16. Cymhella Cistula Hemp. 17. Diatoma vulgare Bory, 18 Epithemia Zebra Ktzg. 19. — Westermanni Ktzg. 20. Fragilaria virescens Ralfs. 21. — crotonensis Kitton. 22. Gomphonema Ehrbg. 23. Hantzschia amphioxys G*^UN. 24. Melosira distans Ktzg. 25. — granulata Ehrbg. 26. — orichalcea Ktzg. 27. — varians Ag. 28. Navicula spec. 29. Pinnularia viridis Sm. 1 30. Surirella dentata Schum, 31. — elegans Ktzg. 32. Stauroneis anceps Ehrbg. 33. — fenestra Ktzg. 34. Synedra delicatissima Sm. 1 35. — Ulna Ehrbg. 36. Tabellaria fenestrata Ktzg. IT. Chlor opJiyceae. 37. Aphanochaete repens A. Br. i 38. Botryococcus Braunii Ktzg. ! 39. Closterium parvulum Naeg. 40. Coleochaete orbicularis Pringsh. 41. Gonferva fugacissima Roth. 42. — fontinalis Berk. 43. Gosmarium Botrytis Menegii. 44. — protr actum Naeg. j 45. Oedogonium spec. 1 46. Pediastrum Borya7ium Menegh. 47. — pertusum f. asperum A. Br» 48. — Rotula Ehrbg. 49. — Simplex A. Br. 1 59 50. Scenedesmus obtusus Me YEN. 51. — caudatus Corda. 52. Spirogyra spec. 53. Staurastrum gracile Ralfs. 54. Stigeoclonium longipilus Ktzg. 55. Ulothrix zonata Ktzg. Y. Proto^oa. 56. Ceratiumhirundinella 0. F. Müeller. 57. Codonella lacustris Entz. 58. Difflugia acuminata Ehrbg. 59. — pyriformis Perty. 60. — (ch. D. globulosaDjjj,). 61. Dinobryum divergens Imhof. 62. — sertularia Ehrgb. YI. Potatoria, 63. Anuraea aculeata Ehrbg. 64. — longispina Kellikott. 65. — stipitata Ehrbg. 66. Asplarichna helvetica Imhof. 67. Brachionus spec. 68. Monocerca rattus Ehrbg. 69. Monostyla lunaris Ehrbg, 70. Polyarthra platyptera Ehrbg. 71. Synchaete pectinata Ehrbg. 72. Triarthra longiseta Ehrbg. YII. Crustaeea, 73. Acroperus leucocephalus Koch. 74. Alona Leydigii Schoedl. 75. — testudinaria Fisch. 76. Bosmina coregoni Baird. 77. — cornuta Jurine. 78. — longicornis Schoedl. 79. Chydorus spJiaericus 0. F. Müeller. 80. Cyclops bicuspidatus Claus. 81. — Clausii Heller (— G, viridis Jur.) 82. — strenuus Fisch. 83. Daphnella brachyura Lievin. 84. Daphnia galeata G. 0. Sars. 85. — gracilis Hellich. 86. Diaptomus gracilioides Lilljebg. 87. Hyalodaphnia cucullata Schoedl. 88. Leptodora kyalina Lilljebg. 89. Pleuroxus striatus Schoedl. 60 Anlage B. Westpreußische Krebsthiere. Von Dr. A. Selig-o. Im Folgenden ist ein Namensverzeichnis der bis jetzt in den West- preußischen Gewässern beobachteten Krebsthiere gegeben. Der Name des ersten Beobachters ist in Klammer dabeigesetzt, nach Angabe folgender Ab- handlungen über diesen Gegenstand: Klein, Summa dubiorum circa classes Quadrupedum et Amphibiorum in Caroli Linnaei systemate naturae cum praeludio de crustatis. Gedani 1743. Synopseos Crustaceorum prussicorum prodromus. Regio- rnonti 1844. Die Branchiopoden der Danziger Gegend. Neueste Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, Bd, IV, H. 2. 1848. Beiträge zur Fauna Preußens. Neue Preußische Provinzial- blätter, Bd. VII. 1849. Ed. Schoedler, Die Cladoceren des Frischen Haffs. Archiv für Naturgeschichte, 32. Jhg. 1866. Die wirbellosen Thiere der Ostsee. Jahresbericht der Com- mission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel für 4as Jahr 1871, I. Jhg. 1873. Die Meeresfauna an der preußischen Küste. Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg, XIX. Jhg. 1878. Nachtrag zu dem im Jahre 1873 erschienenen Verzeichnis der wirbellosen Thiere der Ostsee. Vierter Bericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel für die Jahre 1877-- 1881, VII. — XI. Jhg. 1884. Faunistische Studien in westpreußischen Seen. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig N. F., Bd. VI, H. 4. 1887. Die bis jetzt von mir beobachteten Arten (hauptsächlich aus Seen) sind mit einem * bezeichnet. G. Zaddach, Lievin, VON SlEBOLD, Moebius, G. Zaddach, Moebius, 0. Zacharias, 1 61 Malacostraca Thoracostraca. Podophthalmata. Decapoda. Astacidae, * Astacus fluviatilis Fabr. (Klein). Carididae, '^Crangon vulgaris Fabr. (Klein). *Palaemon squilla Fabr. (Klein). Schizopoda. Mysidae, ^Mysis vulgaris Thomps. (v. Siebold). * — flexuosa Müell. (Moebius). — relicta Loven (Moebius). Cumacea. Diastylidae, *Diastylis Rathkii Kr. (v. Siebold). Arthrosträcä. Isopoda. Oniscidae. Ligia oceanica Fabr. (Moebius). * Oniscics murarius Cuv. (Zaddach). *Porcellio scaber Latr. (v. Siebold?). * Armadillidium vulgare Latr. (v. Sie- bold?). Anthura gracilis Mont. (Moebius). Asellidae. Asellus aquaticus Ol. (Klein). "^Jaera alhifrons Leach ("Zaddach). Idotheidae, *Idothea tricuspidata Desch. (Klein). Glyptonotus entomon Fabr. (Klein). Sphaeromidae, * Sphaeroma rugicauda Leach (Zacha- rias). Tanaidae, "^Tanais Oerstedtii Kr. (Moebius). Amphipoda. Corophiidae, ^ Corophium longicorne Latr. (Zaddach). Orehestiidae, Orchestia litorea Mont. (Moebius). — Deshayesii Sav. (Moebius). *Talitrus saltator Mont. (Klein). Gammaridae. * Gammarus pulex D. G. — fluviatilis Roes. (Zaddach). — locusta Fabr. (Zaddach). Melita palmata Leach (Zaddach). Calliope laeviuscula Sp. B. (Zaddach). Protomedeia pilosa Zadd. (Zaddach). Pontoporeia femorata Kr. (Zaddach). — furcigera Bruzelius (Moebius). Bathyporeia pilosa Lindstr. (Zaddach). Entomostraca Cirrhipedia. Balanidae. Baianus improvisus Darw. (v. Siebold). Copepoda. Cyclopidae, Cyclops alhidus JuR. (Zacharias). — fuscus Jur. — strenuus Fischer. Cyclops serrulatus Fischer. — viridis JuR. — hicuspidatus Claus. — Leuchartii Sars (Zacharias). — macrurus Sars (Zacharias). — insignis Claus. — oithonoides Sars. — phaleratus Koch (Moebius). — fimbriatus Fischer. 62 > Harpactidae, * Canthocamptus staphylinus JuR. (Zad- dach). * — fontinalis Schmeil. * — crassus Schmeil. Calanidae, * Heterocope appendicidata G. 0. S. (Zacharias). * Diaptomus gracilis G. 0. S. (Zacha- rias). * — castor Jur. "^Temorella lacustris Poppe. — Mrundo Gsbt. (Moebius). * Temora longicornis 0. P. M. (v. Siebold). Centropages hamatus Lil. (Moebius). * Dias hißlosus Gsbt. (Moebius). — longiremis Lil. (Moebius). Clausia elongata Boek (Moebius). Oithona spinirosiris Sars (Moebius). Lucullus acuspes Gsbt. (Moebius). JErgasilidae. Ergasilus Sieholdii v. Nordm. (Zad- dach). * — gasterostei Pagenst. Lernaeidae. Lernaeocera cyprinacea L. Lernaeop>odida. Achtlier es percariim v. Nordm. Argulidae. Ar gulus foliaceus L. Ostracoda. '^Cypria laevis 0. F. M. (Zaddach). — serena Koch (Zaddach). * — ophthalmica JuR. Cyclocypris glohosa G. 0. S. (Zaddach). *Cypri8 fuscata JuR. (Zaddach). — incongruens^AMDOUR (Zaddach). * — pubera 0. F. M. (Zaddach). — virens JuR. (Zaddach). — reticulata Zadd. (Zaddach). — ornata 0. F. M. (Zaddach). Cypris crassa 0. F. M. (Zaddach). * — Fischeri Lil. Erpetocypris strigataO.Y. M. (Zaddach). — fasciata 0. F. M. (Zaddach). *Cypridopsis vidua 0. F. M. Noto dromas monacha 0 . F . M . (Zaddach) . Cyprois flava (Zaddach). *Candona pubescens Koch. * — Candida 0. F. M. Limnicythere Sti. Patricii Br. a. R. Phyllopoda. Cladocera. Sididae. "^Sida crystallina 0. F. M. (Zaddach). Daplinella brachyura Liev. (Lievin). T>aplinidae. "^'Daphnia Schaefferi Baird. * — magna Strauss. * — pulex D. G. (Zaddach). * — longispina Ldg. * — gracilis Hell. * — galeata G. 0. S. Hyalodaphnia jardinei Baird. (Schoedler). * — — yar. procurva Poppe (Zacharias). * Simoceph alus vetu Zws 0 . F . M . ( Z add ach) . * — serrulatus Koch (Lievin). — exspinosus Koch (Zacharias). Scapholeberis mucronata 0. F. M. (Lievin). * — obtusa SCHDL. * — aurita Fischer. Ceriodaphnia megops G. 0. S. (Lievin). * — pulchella G. 0. S. (Zacharias). * — laticaudata P, E. M. * — reticulata JuR. "^Moina hrachiata JuR. (Zaddach). * — 7'ectirostris 0. F. M. * — micrura Kurz. 3 63 Bosniinidae. ^ Bosmina longirostris 0. F. M. (Lievin). * — cornuta JuR. (Zacharias). * — coregoni Baird. — humilis Lil. (Zacharias). * — intermedia Poppe. * — gihhera Schdl. (Schoedler). * — thersites Poppe (Zacharias). * — crassicornis Lil. (Zacharias). * — diaphana P. E. M, * — longispina Ldg. * — herolinensis Imhof. — maritima P. E. M. (MoEBiüs). Lyncodaphnidae, Lathonura rectirostris 0. F. M. (Lievin). Acantholeheris curvirostris 0. F. M. (Lievin). ^Ilyocrgptus sordidus Liev. (Lievin). Lynceidae. Eurycercus lamellatus 0. F. M. (Lievin). * Camptocercus rectirostris Schdl. (Lievin). "^Acroperus leucocephalus Kr. (Schoedler). Alonopsis elongata Sars (Zacharias). "^Alona affinis Ldg. (Zacharias). * — quadrangularis 0, F. M. (Zad- dach). * — costata Sars. * — lineata Fischer (Schoedler). * — rosirata Koch (Zacharias). — testudinaria Fischer (Zacharias). "^Plexiroxus excisus Fischer. * — hastatus Sars. * — aduncus JuR. (Schoedler). * — glaher Schdlr. * — trigonellus 0. F. M. (Zaddach). * — striatus ScHDL. (Lievin). * — truncatus 0. F. M. (Zaddach). — personatus Ldg. (Zacharias). "^Chydorus globosus Baird (Zacharias). * — latus Sars. * — sphaericus 0. F. M. (Lievin). Bolyphemidae, Bythotrephes longimanus Ldg. (Zacharias). Polyphemus pediculus D. G-. (Zaddach). "^Evadne Nordmanni LovEN (MoEBrus). Podon minutus (Moebius). — intermedius Lil. (Moebius). — Leuckartii (Moebius). — polyph emoides Leuck . (Moebius) . Leptodora hyalina Lil. (Zacharias). Branchiopoda. JEstheridae, Hedessa Sieboldii Liev. (Lievin). Apusidae, "^Apus cancriformis Schaeff. (Lievin). Branchipodidae, Branclilpus Grubei Dyb. — diaphanus Prev. (Lievin). 64 Anlage C. Fleischpilze aus dem Kreise . Bereut,, , , - Von , . . = i. ' A* Treich.el-Hoch Paleschken, ‘ - IVaclitrag'. In meine Veröffentlichung der Fleischpilze aus dem .Kreise Bereut hoffte ich noch einige Funde aus dem Jahre 1896 bei- der Correctur einfügen-zu können. Weil sich dies aber nicht machen ließ, so bringe ich selbige zur größeren Vollständigkeit jetzt als Nachtrag, und zwar in alphabetischer Reihen- folge, zumal sie alle zu den Basidiomyceten gehören. Ihnen schließe ich in zweiter Reihe einige andere Pilze an, die wohl zu den im Hauptverzeichnisse stehenden Familien gehören, bei denen aber zu bedenken ist, daß diese Formen nicht etwa Fleischpilze sind, wie es in der Ueberschrift heißt. — Wie im Haupt- verzeichnis bedeutet A. P. Alt Paleschken, H. P. Hoch Paleschken, N. P. Neu Paleschken und S. K. Schloß Kischau. I. Clitocyhe sinopica Fr., rothbrauner Trichterling. Strehlkau. Coprinus micacem Bull, N. P. — sociatus Schum., Geselliger Tintenpilz. A. P. Cortinarius (permocyhe) sanguineus Wulf. H. P. Entoloma rhodopolium Fr., Rosen-Schleierpilz. A. P, Mycena zephyra Fr., Zephyr-Halmpilz. Strehlkau. • Omphalia pyxidata Bull. A. P. — scypJioides Fr., Becher-Nabelpilzchen. H. P. . Pleurotus ulmariae Bull. Auf alten Pappeln am Wege N. P. nach Niedamowo. Psalliota stercoraria Fr. H. P. Triclioloma ustale Fr., brandiger Ritterpilz. N. P. Hypomyces chrysospermus Tul. Auf Boletus suhtomeniosus und anderen Boletus- Arten. H. P., Park. Juli und October 94. Orle, Eichwald. A. P., bäuerliche Kiefern. — PERS.'^auf Trameies gihhosa Pers.; auch Lactarnis deliciosus\j. so überwuchernd, daß die ganze untere Hutseite scheinbar ohne Lamellen war. 94. S. K. Exoascus Pruni Fckl. Auf Prunus domestica L. Exohasidium Vaccinii WoR. Auf Vaccinium Vitis idaea L. Aleuria humosa Fr. 95, auf Kiefernstubben. Nectria cinnaharina Fr. (Ascomycet), die Conidienform dazu: Tu^hercularia vulgaris Tod. H. P. Garten: auf altem Stachelbeerstrauch. 65 Zur Kenntniss. des Gehörorgans von Pterotrachea. ) ' . \ ■ Von ‘ ' ' Bernli. Solg-ei* in Greifswald. Hierzu 1 Tafel i). . I - ' . , 'i . i ; L)ie Abhandlung von Claus (Litt.-Verz. No. 9) über das Gehörorgan von PterotraQhßa bezeichnet in der dieser Frage gewidmeten Litteratur den Höhe- punkt, 'der mit den vor einigen Jahrzehnten bekannten histologischen Unter- suchuugsmethoden zu erreichen war. Die Abbildung dieses Sinnesorgans, welcher die Angaben des genannten Forschers zu Grunde liegen, wurde mit Recht von zoologischen und anatomischen Lehrbüchern übernommen, es mag genügen, an dieser Stelle an die bezüglichen Werke von R. Hertwig, Boas, ^ Fleischmann und Räuber zu erinnern. An dem wesentlichen Inhalt seiner Darstellung, an der von Claus gegebenen Deutung gewisser zelliger Elemente als Sinneszellen, soll auch durch ^ die folgenden Mittheilungen, in welchen über Methylenblau- Versuche berichtet werden soll, nicht gerüttelt werden. Die Ergebnisse dieser Imprägnationen dienen vielmehr zur Ergänzung des von Claus beigebrachten ßeweismaterials. Seine „Hörzellen“ stehen in der That in unmittelbarem Zusammenhang mit Nerven, nur werden wir diese Elemente im Einklang mit den gegenwärtig gültigen Anschauungen nicht mehr als epitheliale Sinneszellen den Haarzellen der Macula und Crista acustica an die Seite zu stellen haben, sondern sie vielmehr als peripherische Ganglienzellen auffassen müssen. Den Terminus Otolithenblase habe ich meist vermieden, weil durch diese Bezeichnung ein secundär entstandenes Gebilde allzusehr in den Vordergrund geschoben wird. Ich halte an dem in der Ueberschrift gewählten Ausdruck und damit an der älteren Anschauung, welche in dem vieluntersuchteu Gebilde ein Gehörorgan sieht, trotz der Verschiedenheit der Innervation einstweilen noch fest, ohne damit über die neuerdings für diese Kategorie von Sinnes- organen geltend gemachte Deutung • als ,, Gleichgewichtsorganen“ irgendwie präjudiciren zu wollen. Die Entscheidung dieser Frage muß der Physiologie überlassen bleiben. , 1) Die Abbildmigeii Avurdeii, mit Ansmilime. von Fig. 8,; . bei Gelegenheit der Braun- Schweiger Naturforscher Versammlung von mir demonstrirt. 5 1 66 In demselben Laboratorium, in Avelcliem ich arbeitete, nämlich in der Zoologischen Station zu Neapel, hatte schon vor einer Reihe von Jahren (1888) M. Joseph (No. 13) die vitale Imprägnirung der Nerven der Heteropoden mittelst Methylenblau hervorgerufen. Diese durchsichtigen Mollusken der pelagischen Fauna des Mittelmeers machen ja, wie man schon von vornherein erwarten konnte, auch bei derartigen Versuclien der von Ranke ihnen zu- erkannten Bezeichnung: ,, Normalobjecte der anatomischen Forschung^^ alle Ehre. Joseph, dem es bei seinen Untersuchungen auf die Erforschung des Nervensystems und der Nervenendigung im Muskel ankam, benutzte zu seinen Versuchen das chemisch reine Methylenblau, das er von Ehrlich (Berlin) erhalten hatte, in derselben Concentration, die Ehrlich für Frösche und Kaninchen angegeben hatte, nämlich gr Substanz in 100 gr physiologischer Kochsalzlösung. Der Farbstoff wurde den Thieren auf dem Wege der Injection in die Leibeshöhle, manchmal auch direct interstitiell in die Bauchflosse ein- verleibt. Den Yersuchsthieren, verschiedenen Species v^on PterotracJieay ferner Carinaria mediferranea , wurden 1 — 2, grossen Exemplaren von Carinaria sogar 4 Pravatz^scIio Spritzen der Lösung applicirt, dann folgte Einlegen des ganzen Thieres oder von Theileu desselben (Bauchflosse) in die feuchte Kammer; untersucht wurde nach 6, manchmal sogar nach 12 Stunden. Ein der Haupt- sache nach gleiches Verfahren hatte übrigens schon Biedermann (No. 12, S. 23 ff.) bei seinen Untersuchungen über die Nerven der Wirbellosen (Krebse und Insecten) bewährt gefunden. — Ich selbst ging, veranlaßt durch eine Bemerkung GegenbaurIs (No. 5)^) in der Regel so vor, daß ich unter Zu- hülfenahme einer Lupe dem in einem flachen Gefäß gehaltenen Thiere durch einen raschen Scheerenschnitt die Flosse (propodium) ganz oder theilweise entfernte oder wenigstens einschnitt. Dann wurde das Thier vorsichtig in ein großes, etwa 6 — 8 Liter fassendes Gefäß mit reinem Seewasser übertragen, dem voll einer Methylenblaulösung soviel zugesetzt wurde, bis das Wasser eine tiefblaue Färbung angenommen hatte. Nach 1 — 4 Stunden wurde das Kopfende mit der Lupe auf den etwaigen Effect der Färbung geprüft und die Partien, auf welche es ankam, entweder sofort mit der Scheere abgetragen, oder das Kopfende erst noch in der feuchten Kammer längere Zeit der Ein- wirkung der atmosphärischen Luft ausgesetzt. — Es sei noch bemerkt, daß ich ziemlich dicke Scheerenschnitte, welche ein imprägnirtes Gehörbläschen enthielten, mit gutem Erfolg nach A. Bethe’s Methode (pikrinsaures Ammoniak, dann schwach angesäuerte Lösung von Ammonium-Molybdat) fixirte, um sie in Canadabalsam einbetten zu können. Spätere Untersucher können vielleicht von einer Bemerkung Steiner’s, die ich hier folgen lasse, Nutzen ziehen. Steiner (No. 15) macht darauf auf- merksam, daß Pterotrachea und CarinaTia trotz ihrer anscheinenden Zartheit 1) 8. 15G, wo Gegenbaur berielitet, daß die Büidesubstaiiz der Flosse von „zahlreicdien blntführendeii Hohlräiuueib* durcdizogen sei, welche ,,theils unter sich, theils an der Flossen-: basis mit der Leibeshöhle communiciren“. 2 67 in mancher Hinsicht doch geradezu resistent genannt werden müßten. Als Beweis für seine Behauptung, für deren Richtigkeit übrigens auch ähnliche Erfahrungen früherer Autoren (Keferstetn) sprechen, macht er geltend, man könne diese Thiere verhältnismäßig lange Zeit außer Wasser untersuchen, ohne daß sie, nachträglich wieder in ihr Element zurückgebracht, von ihrer Beweglichkeit etwas eingebüßt hätten. Besonders widerstandskräftig erweise sich Pteroirachea. Er sah Exemplare, welche beim Fange den Rüssel und Kopf verloren hatten, trotzdem umherschwimmen und zwar in beiden Formen der Locomotioh, wie normale Thiere sich von der Stelle bewegen. Ich möchte vermuthen, daß Exemplare, welche den vordersten Abschnitt des Körpers verloren haben, oder denen man jenen Körpertheil in einiger Ent- fernung oberlialb des Dorsalganglions und der Sinnesorgane durch den Schnitt abträgt, zur Methylenblau-Imprägnation dieser Gebilde sich vielleicht noch besser eignen möchten, als solche, denen man die Bauchflosse abgeschnitten hatte. Beiläufig sei erwähnt, daß derartig verstümmelte Exemplare von Pierotrachea und Carinaria^ deren Abbildungen man in der älteren Litteratur melirfach begegnet, in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts zeitweilig für neue Ileteropoden-Genera gehalten wurden (KEFERSTErN). Was ich nun bei meinen anatomischen Untersuchungen Neues und der Mittheilung Werthes gefunden habe, ist auf der beigegebenen Tafel dargestellt, zu deren Erklärung ich mich sofort wende. Ich bemerke im V^oraus, daß sämmtliche 8 Figuren sich auf PterotracJiea mutica beziehen, und daß sie alle, mit Ausnahme von Fig. 8, frische Methylenblau-Präparate darstellen. Die Verwerthung der hierher gehörigen Litteraturangaben wird an passender Stelle eingeflochten werden. Figur 1, mit deren Erklärung ich beginne, stellt das Gehirn, den Gehör- nerv und das Gehörorgan des genannten Heteropoden dar. Die Abbildung ist, da die Imprägnation eines und desselben Objectes nie so vollständig gelang, aus mehreren Präparaten combinirt. Am Gehirn fällt sofort die fast streng symmetrische Anordnung der oberflächlich gelegenen Ganglienzellen- gruppen auf, man kann bei dieser Ansicht — es ist hier die dorsale Fläche dargestellt — besonders deutlich vordere (in der Abbildung obere) und seit- liche Nervenzellgruppen unterscheiden. Bei der Betrachtung der ventralen Fläche des Gehirns kamen ebenso zahlreiche, gleichfalls symmetrisch in Gruppen stehende, aber anders angeordnete Ganglienzellen zum Vorschein. Erinnert man sich des bekannten electiven Verhaltens des Farbstoffs den Nervenzellen gegenüber, so wird man auch hier vermuthen dürfen, daß nur ein Theil derselben hervorgehoben worden ist. Bemerkenswerth ist ferner die gleichfalls symmetrisch auftretende Differenzirung in blau tingirte Zellen und solche welche eine Metachromasie des aufgespeicherten Farbstoffs herbei- geführt haben. Etwa der dritte Theil der überhaupt hervorgehobenen Nerven- zellen erscheint in dieser röthlichen Verfärbung. 3 68 T?ie Untersuchung einer jener Gruppen mit mittelstarker Vergrößerung (z. B. Seibert, Obj.-Syst. 5) ergab für die metachromatisch verfärbten Elemente einen blaß-röthlich erscheinenden Zellkörper, der von violetten Granulis durchsetzt war, wie die Fig. 2, freilich nur in gleichmäßig schwarzem Farbenton, erkennen läßt. Die hier dargestellte Gruppe ist die in Fig. 1 oben links von der Mittellinie gelegene. Schnitte durch das in Paraffin eingebettete Material (z. B. in Osmium fixirt) ergaben, daß hier die Anordnung der Ganglienzellen dieselbe ist, wie sie für die Nervenknoten der Mollusken überhaupt im Ganzen als RegeU) angesehen werden kann: Sie liegen auch hier in der peripheren Zone der Nervenknoten und umgeben wie eine nur von den durchtretenden Nerven- stämmchen unterbrochene Mantelschicht die central gelegenen Fasermassen. Litteratur. Leuckart (No. 4) läßt der Beschreibung der Form und der Gliederung, die das obere Schlundganglion von Pterotrachea {Firola) darbietet, einige Bemerkungen über das mikroskopische Verhalten der Nerven- elemente folgen. Die Ganglienkugeln, die sich ziemlich leicht isoliren lassen, messen sind häufig mit Ausläufern versehen und besitzen entweder eine keulenförmige oder sternförmige Gestalt. Auch Gegenbaur (No. 5) giebt eine Schilderung der gröberen Formverhältnisse des Ganglion pharyngeum superius von Pterotrachea^ auf die, wie auf die von Leuckart herrührende, ich hiermit verweise, und macht bezüglich des histologischen Verhaltens der Ganglienzellen folgende Angaben: Sie sind ohne besondere Färbung und schließen eine feinkörnige Substanz ein, die bei den gestielten Formen noch eine Strecke weit auf den Stiel sich fortsetzt, um dann unmerklich in eine homogene, helle Substanz überzugehen, welche ,,ganz mit jener der peripheri- schen Nerven gleiche Beschaffenheit zeigt‘^ Auch er bekundet, die Nerven- zellen ließen sich, besonders nach Behandlung mit einer schwachen Chrom- säurelösung, leicht isoliren. Später unterscheidet Owsjannikoff (Bull. Ac. Imp. St.-Petersbourg, B. XV., S. 525 — 527) bei Thetis, wie auch bei anderen Mollusken zwei Formen von Ganglienzellen, nämlich einmal sehr große, der Peripherie der Ganglienknoten angehörige Zellen und zweitens kleinere, die weiter nach innen liegen. Haller (Morphol. Jahrb., B. XI., S. 321 fP.) ver- mehrt für marine Rhipidoglossen die Zahl der Kategorien von Ganglienzellen noch um eine dritte. Diese Formen von Nervenzellen werden von ihm folgender- maßen charakterisirt: 1. Dreieckzellen mit meist drei Fortsätzen, 2. kleine unipolare Zellen, 3. Zellen von meist rundlicher Form (selten bipolar), deren Größe zwischen 0,o4 — 0,2 mm schwankt. Auf Grund ausgedehnter, an Gastropoden, wie an Lamellibranchiaten angestellten Untersuchungen hebt ViGNAL (Comptes rend., T. 94, S. 249 — 251, ausführlicher in Arch. Zool. expörim., 2. Sör. B. I) nochmals hervor, daß die Nervenzellen in den Ganglien 1) Yergl. VlGNAL (s. u.), ferner Bronn’s Klassen und Ordnungen d. Tliierr., B. III, S. 176, S. 177, S. 402. 4 69 peripherisch liegen und erklärt die Mehrzahl für unipolar; bipolare und multi- polare Zellen seien selten, namentlich bei Gastropoden. Ferner sind bei anderen Mollusken (Dentalium) in den Cerebralganglien zwei verschiedene Formen von Ganglienzellen gesehen worden, die durch ihre Größe von einander abweichen und daher als große und kleine Nervenzellen unter- schieden werden (s. Bronn’s Klassen und Ordn. d. Thierr., B. III, Abth. I, S. 403). Viel wichtiger als die Größenverhältnisse müssen nach dem gegen- wärtigen Stande der Neurologie andere Kriterien erscheinen: das Verhalten des Achsencylinders und der Dendriten, wie es durch die Anwendung des GoLGi’schen Verfahrens erkannt wird, und sodann das Vorkommen oder das Fehlen färbbarer Granula im Zellkörper. Nur bezüglich des letzten Punktes vermochte ich für Pterotrachea durch die eben mitgetheilten Beobachtungen einen kleinen Beitrag zu liefern. Hinsichtlich ihres Verhaltens dem Methylen- ^blau gegenüber lassen sich die Ganglienzellen von Pterotrachea gleichfalls in zwei Gruppen bringen, und es wäre immerhin möglich, daß sie mit den bei Dentalium unterschiedenen zusammenfallen, zumal die metachromatisch ver- färbten Elemente an Größe etwas hinter den blau tingirten Zellen zurück- stehen. Zu Fig. 1 ist noch einiges auf den Gehörnerven und das Gehörorgan Bezügliche nachzutragen (s. die linke Hälfte der Figur). Es sei hier noch- mals daran erinnert, daß der Abschnitt der Abbildung, der sich auf das Gehörorgan bezieht, das Ergebniß der Combination mehrerer gesonderter Beobachtungen ist. Das Gehörorgan^) hängt an den Gehörnerven, der hinter dem großen Nervenstrang, dem Opticus, sich abzweigt, wie eine kugelige Frucht an ihrem Stiele. An dem Sinnesorgan erscheint die Hauptmasse der Sinneszellen, welche an dem der Eintrittsstelle des Nerven entgegengesetzten Pole in Form eines Kranzes angeordnet sind, als ein Kranz kolbiger Gebilde durch intensive Färbung hervorgehoben. Die Kolben wenden ihr angeschwollenes Ende demjenigen Pole zu, der dem Gehirn abgekehrt ist, dem freien Pole also (mit welchem eine andere isolirt liegende Sinneszelle, die sog. „Centralzelle“ zusammenfällt), während ihr schlankeres, zugespitztes Ende nach dem Nervenpole, wie man die der Nerveneintritts-Stelle entsprechende Wölbung füglich nennen kann, sich hin- richtet. Ein Unterschied in der Methylenblau- Wirkung besteht in diesem Falle insofern, als die peripheren oder Meridional-Sinneszellen wohl durch postmortale Imbition den Farbstoff viel reichlicher aufgespeichert haben, als die Central zelle, an der nur die Granula oder gewisse Granula damit beladen erscheinen. In Figur 1 trennt ein anscheinend leerer, ringförmiger Raum die Central- zelle von den meridionalen Sinneszellen oder den Kranz-Sinneszellen, wie sie 1) Der Alüiaiidluiig von Gegenbaür (No. 5, S. J67) entiielinie ich folgende Maße: Bei Pterotrachea coronata mißt die Geliörblase 0,20'", der Otolitli 0,i die Epitlielzellen (damit sind wohl die Zellen mit Wimperbilscheln gemeint) 0,oo7 — 0,oo8'''. 5 70 auch genannt wurden. Nach den spitzen Enden dieser meridionalen Sinnes- zellen sieht man, Meridianen gleich, die Nervenfasern ziehen, die bei der zur Untersuchung dienenden schwachen Vergrößerung als varicöse Fäden er- scheinen. Zwischen den Nervenfasern erkennt man hellblaue Körnchenhaufen, welche einen ziemlich genau central gelegenen Fleck, der ojffenbar dem Kern entspricht, frei lassen. Diese blauen Flecke markiren die sog. ,,Wimper- zellen^^ Auch der Otolith ist sichtbar. Daß er sich zeitweilig langsam um seinen eigenen Mittelpunkt drehte, war noch an Methylenblaupräparaten mehr- fach zu beobachten. In Fig. 3 ist eine Sinneszelle (Hörzelle) nach Methylenblau-Imprägnirung bei starker Vergrößerung (Seibert, Oel-lmmersion) dargestellt. Der Zell- körper zeigt sich von feinen, mit dem Farbstoff beladenen Granulis durchsetzt, der Kern ist ganz frei von solchen Körnchen, nur die beiden Nucleolen sind imprägnirt, die Zelle war also doch schon im Begriff abzusterben. Um nun die Beziehungen dieser Sinneszellen zu den Nerven recht würdigen zu können, empfiehlt es sich zuerst das Aussehen der Nerven in größerer Entfernung von ihrer Endigung, bezw. ihrem Ursprung zu studiren. Fig. 7, bei Anwendung einer Oel - Immersion aufgenommen, zeigt Granula- haufen, die den Wimperzellen entsprechen, aber ohne helles Kernfeld in ihrem mittleren Theile, vermuthlich, weil hier der Farbstoff nur die Basen der Wimperhaare oder ihre nächste Umgebung imprägnirt hatte. Von den Wimper- zellen wird später nochmals die Rede sein. Eingerahmt sind diese Granulahaufen links und rechts von je einem Segment eines Nervenstämmchens. Was nun das Verhalten der Nerven im Einzelnen anlangt, so sehen wir kürzere oder längere blaue Fäden, die nach Allem, was wir über Methylen- blau-Wirkung wissen, Nervenfibrillen entsprechen, und außerdem größere und kleinere, theilweise metachromatisch verfärbte Granula. Die Granula liegen nun zum Theil ganz unzweifelhaft zwischen den Nervenfibrillen (in der rechten Hälfte der Figur), zum Theil scheinen sie in den Verlauf der Fibrillen zu fallen. Allein es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß sie auch in diesem Falle zwischen Fibrillen liegen, welche entweder unter ihnen oder über ihnen ihren Weg fortsetzen. Auch die Ergebnisse anderer Untersuchungen, bei denen theilweise andere Methoden zur Verwendung kamen, sprechen dafür, daß die Granula zwischen den Nervenfibrillen ihre Lage haben. Fig. 4 zeigt dann einige der meridionalen Sinnes-Nervenzellen sammt den von ihnen ausgehenden Neuriten bei mittlerer Vergrößerung. Litteratur-Angaben. Wie schon oben bemerkt, war es Joseph bei seinen Untersuchungen um die Erforschung des Nervensystems und der Nervenendigung im Muskel zu thun. Bei der von ihm geübten Methode nahmen die Nerven der Heteropoden eine tief blaue Färbung an. An solchen tingirten Nervenfasern konstatirte er einen helleren Mantel, dem von Strecke zu Strecke dunkelblaue Kerne eingelagert waren, und welcher, wie schon Paneth (No. 11) auf Grund anders behandelter Präparate vermuthet hatte, 0 71 dem Neurilemm entspricht. Von solchen Kernen habe ich an meinen Methylenblau-Präparaten nichts wahrgenommen, ich bemerke ausdrücklich, daß ich weit davon entfernt bin, ihr Vorhandensein damit bestreiten zu wollen. Paneth’s Untersuchungen fallen in die Zeit vor der Verwendung des Methylenblaus als histologischen Reagens’. Er studirte das Nervensystem der Heteropoden mit Hülfe von Osmium und Gold und fand die Angabe Gegenbaur’s (No. 5), daß den größeren Nervenstämmen ein deutlich fibrillärer Bau zukomme, und daß zwischen den einzelnen Fibrillen eine gekörnte Substanz sich finde, bestätigt. Dieser Darstellung stimmt auch Joseph bei. — Auch die weiteren Angaben Gegenbaur’s und Paneth’s, nach welchen die ganz peripher gelegenen Nerven zwar homogen sind, aber theilweise, besonders bei ihrem Eintritt in die Muskeln, wieder die fibrilläre Structur deutlich erkennen lassen, konnten von Joseph bestätigt werden. Was nun die Angaben der späteren Autoren, die nach Ehrlich’s Vorgang sich der Methylenblau-Methode bedienten, anlangt, so legt Joseph der zeitlichen Differenz in dem Auftreten der Reaction große Bedeutung bei. Thatsache ist, daß von den verschiedenen Forschern (Ehrlich und Aronson, May, Biedermann, Joseph) bei den ver- schiedenen Thiergruppen (Säugethieren, Krebsen, Insekten, Mollusken) eine ,, vollkommene^^ oder ,,distincte^‘ Färbung gewisser Nerven zu erheblich ab- weichender Zeit und bei Anwendung bald schwacher, bald starker, bald concentrirter Lösungen des Farbstoffs erzielt wurde. AVenn nun Joseph daraufhin die Vermuthung ausspricht, es möchten diesem ungleichen Ver- halten ,, chemische Verschiedenheiten der nervösen Substanz^^ bei den einzelnen Abtheilungen der Thiere zu Grunde liegen, so scheint mir dieser Ausspruch nicht hinreichend begründet zu sein. Die Thatsache, daß ,, keine gesetzmäßige Gleichmäßigkeit in dem Verhalten der Nerven verschiedener Thiergattungen diesem Farbstoffe gegenüber“ besteht, läßt sich ebenso gut durch Momente erklären, welche mit der Chemie des Nervengewebes nichts zu thun haben, man kann an Differenzen in der Schnelligkeit der Resorption denken, an Unterschiede in dem Sauerstoffgehalt der Gewebe, welche der Farbstoff zu passiren hatte, ehe er zu den Nerven gelangte u. dergl. mehr. Varicositäten im A^er laufe der Nerven, von denen ich in meinen Präparaten nichts bemerkte, hält Arnstein (Anat. Anz. Bd. X, No. 5 u. 7) für präformirt, während Biedermann der Meinung ist, das Varicöswerden gebläuter Nerven sei immer wenigstens als ein Zeichen beginnenden Absterbens aufzufassen. Joseph schließt sich dieser Anschauung an, und auch ich möchte ihr beipfiichten. Wenden wir uns nun wieder zur Betrachtung unserer Abbildungen zurück, Fig. 4 zeigt mehrere Sinnes-Nervenzellen aus der Gruppe der Meridionalzellen in, wie es scheint, ununterbrochenem Zusammenhänge mit Nerven, bei stärkerer Vergrößerung (Oel-Immersion). An zweien dieser Sinneszellen ist nur das schmale Endstück durch den Farbstoff hervorgehoben. Die Nervenfibrillen erscheinen hier als je eine Reihe von kürzeren oder längeren blauen Strichelchen, 7 72. die durch gleichfalls blau impragnirte feinste Granula mit einander verbunden sind. Daneben linden sich, gleichfalls reihenweise angeordnet, Gruppen von kugeligen ' oder ellipsoidischen Körnern oder Tropfen, deren Durchmesser die minimale Dicke der blauen Fäden bei weitem übertrifft und die häufig die Erscheinung der Metachromasie nach einem mehr oder weniger ausgesprochenen Violett erkennen lassen. Da somit das Bestehen der engsten Beziehungen der Nerven zu den meridionalen Sinnes-Nervenzellen nicht zu bezweifeln ist, da sie direct in Neuriten sich fortzusetzen scheinen, sind sie mit der größten Wahrscheinlichkeit als peripherische Ganglienzellen auf- zufassen, und den von v. Lenhossek in der Epidermis von Lumhricus nachgewiesenen zelligen Elementen, deren Stammfortsatz zu einer sensiblen, in das Bauchmark einstrahlenden Nervenfaser wird, und ebenso den früher als Riech zellen bezeichneten Elementen der Wirbelthiere an die Seite zu stellen. Da die soeben aufgeführten Zellen zeitlebens im Niveau des Ectoderms verharren, so nehmen sie eine noch tiefere Entwicklungsstufe ein als die Sinnes-Nervenzellen des Gehörorgans der Heteropoden. Für eine Reihe von Lamellibranchiaten und Gastropoden ist der Nachweis geliefert worden, daß die epitheliale Auskleidung der ,,Otolithen- blasen‘^ als eine Einstülpung des Ectoderms entsteht, die sich nachträglich von ihrem Mutterboden abschnürt. Für die Heteropoden ist zwar der directe Nachweis, daß auch hier die Entwicklung ebenso vor sich gehe, noch nicht erbracht worden, allein es ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß der Vorgang hier wesentlich ein anderer sein werde, als bei den nächsten Verwandten. Wie nun in diesem Präparat bei gleich hoher Einstellung die Central- zelle (Polzelle) und die im Kreise sie umgebenden übrigen meridionalen Sinnes-Nervenzellen das gleiche Methylenblau-Bild gaben und durch den Mangel des hell gebliebenen Kernfeldes von den Stützzellen sich unter- schieden, so nehmen erstere auch durch die Einwirkung der Osmiumsäure dasselbe Aussehen an; sie bräunen sich, wie aus der Fig. 8 hervorgehen wird, in Osmium ziemlich intensiv, während die Stützzellen, die den Hof um die Polzelle einnehmen, hell bleiben. Es erübrigt noch, die beiden Figuren 5 und 6 zu erläutern. — Fig. 5 zeigt die Köpfe der Zellrosette, welche durch die der Centralzelle zunächst gelegenen Sinnes-Nervenzellen gebildet wird und bei gleicher Ansicht von der Fläche den Kopf der Central- oder Polzelle selbst, umgeben von vier Zellen mit hellem Kernfeld. Dies sind die Isolationszellen, wie Claus (No. 9) sie nannte, Ranke’s Außenzellen. In Fig. 6 sind Wimperzellen bei mittelstarker Vergrößerung dargestellt (Seibert, Object. -Syst. V.); das helle Centrum in der Granula-Gruppe, das hier weniger ausgedehnt erscheint, weil der Beobachter die Zellen halb von 8 73 der Seite sieht, entspricht dem Kern. Zwischen den Zellen zeigen sich einzelne blaue Punkte von unbekannter Bedeutung. Litteratur-Angaben. — In seiner im 3. Bande der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie veröffentlichten Arbeit bemerkt Leydig (No. 3), daß das Gehörorgan von Carinaria zwar schon öfter beschrieben und ab- gebildet worden sei, allein den feineren Bau desselben habe man dabei un- berücksichtigt gelassen. Er beschreibt von Carinaria und Firola (Pterotrachea Forsk.) das Epithel der Gehörblase und unterscheidet in ihm zweierlei Zellen, solche, welche Wimperbüschel tragen (10 — 15 Haare), und solche, welche deren entbehren. Der Nerv löst sich nach seinem Eintritt ,,feinpulverig‘‘ auf. Die späteren Autoren Leuckart, Gegenbaür, Keferstein vermögen, wie BolI/ bemerkt, den von Leydig gewonnenen Resultaten nichts Wesent- liches hinzuzufügen. Bold (No. 7) selbst empfiehlt als Untersuchungsmethoden 1. üeberosmiumsäure in 1 procentiger Lösung, Einwirkung von 2 Stunden an, 2. Kali bichromicum, gleichfalls in 1 procentiger Lösung, Einwirkung 24 Stunden. Er läßt, worin er aber irrte, die Polsterzellen oder Wimperzellen mit je einer glänzenden feinen Nervenfaser in Verbindung stehen (Fig. 48) und bezeichnet sie, der Gestalt des Zellkörpers halber als sternförmige Nerven- zellen. Er gelangt aber wesentlich weiter als seine Vorgänger durch den bedeutungsvollen Fund einer der Nerveneintrittsstelle gegenüberliegenden An- häufung vop Cylinderzellen, die er mit der Crista oder Macula acustica der Wirbelthiere vergleicht. An einzelnen dieser Cylinderzellen glaubt Bold „größere steife Haare“ (1. c. S. 82) wahrgenommen zu haben. In dieser Zellgruppe sieht er eine zweite, ,, neben der ersterwähnten in den Polster- zellen vorhandene Art der Nervenendigung“. Ranke (No. 8), der sich bald darauf mit dieser Frage beschäftigte, erkennt richtig, daß die Cilienbüschel, die wohl gleichbedeutend mit Boll’s Polster- zellen sind, nicht die acustischen Endapparate des Pterotrachea-0\\VQ^ sind, trifl’t aber in der Schilderung des dem Nerveneintritt gegenüber liegenden Zellcomplexes nur zum Theil das Richtige. Er unterscheidet hier 5 mit stark lichtbrechenden Stiften (,, Hörstäben“) ausgestattete Hörzellen, eine Mittelzelle und 4 etwas kleinere Außenzellen (,,CoRTi^sches Organ“). Diese 5 Hörzellen seien umgeben von einem mehrfachen Zellenring, dem Ring-Ganglion, In diese Zellen treten die acustischen Nervenfasern hinein. A^on dem Ringgangliou weg verlaufen dann noch ,, zahlreiche Nerven- fibrillen zu der Basis der Mittelzelle, in welche dieselben, um die Hörstäbe der Mittelzelle als ihr Endorgan zu erreichen, eintreten“. Claus (No. 9) macht darauf aufmerksam, daß Hasse in seinen ,, Anatomischen Studien“ (1873) mit Recht den Polsterzellen, trotz des von Boll vermeintlich geführten Nachweises an sie herantretender Nervenfibrillen, die Bedeutung von Sinneszellen abspreche und als solche nur die von Boll entdeckten Cylinderzellen der Macula acustica, und zwar gerade wegen der Unbeweglich- keit der Haare, anerkenne. Claus findet nun zunächst den distalen Pol der 9 74 Gehörblase gekennzeichnet durch den Besitz einer großen, fein punktirten Scheibe, die in einem hellen Hofe zu liegen scheint (1. c., Fig. 2 u. 3 c). Dieser helle Hof wird wieder umgeben von einer breiten Zone concentrisch gelagerter runder Pünktchenhaufen, welche um so kleiner werden, je weiter sie sich von dem hellen Hof entfernen. Die Pünktchenhaufen bezeichnen den Ursprung von feinen, unbeweglichen Haaren, die Härchenzellen sind Hörzellen, und in dieselbe Kategorie gehört auch die große Centralzelle. Was Ranke als Mittelplatte beschreibt, ist der von den vier Stütz- oder Isolierzellen ge- bildete Wall um die Centralzelle. Die vier von Ranke beschriebenen und abgebildeten Außenzellen existiren als Stäbchen tragende Hörzellen nicht, „was als solche beschrieben worden isC erklärt sich aus einer Confundirung peripherischer Theile der Stützzellen mit Härchengruppen benachbarter Hör- zellenkreise. „Dagegen^^, fährt Claus fort, „sind die als Ringganglion ge- deuteten Zellenkreise nichts anderes als die von mir beschriebenen haar- tragenden Hörzellen, deren Zahl sich bei den größeren Arten mindestens auf 70—80 erhebP^ (1. c. S. 116). In einer Replik auf diese von Claus erhobene Kritik seiner Darstellung sucht zwar Ranke (No. 10) wahrscheinlich zu machen, daß Claus sein Ring- ganglion gar nicht bemerkt habe, ich muß mich aber nach meinen Er- fahrungen durchaus auf die Seite des Wiener Zoologen stellen. Es bleiben somit als Sinnes-Nervenzellen bestehen, einmal die Mittelzelle, für welche ich den Namen Polzelle vorschlagen möchte, weil sie am distalen Pole der Otolithenblase sich findet, und weiterhin 70 — 80 haartragende Hör- zellen, für welche sich, weil ihre Längsaxe mit den Meridiankreisen zusammenfällt, vielleicht die Bezeichnung me ridionale Sinnes-Nervenzellen eignen dürfte. Von hohem Interesse ist endlich der Fund, den M. v. Lenhossek (No. 14) an Lumhricus machte. Der genannte Autor untersuchte mit Hülfe der GoLGi’schen Methode die Haut des Regenwurms, und dabei ergab sich, daß ,,die sensiblen Nervenzellen, d. h. die Elemente, die, den Spinalganglienzellen der Wirbelthiere entsprechend, den sensiblen peripherischen Fasern zum Ursprung dienen, bei dem Regenwurm weder im Marke, noch in besonderen Ganglien zu suchen sind, sondern daß sie in die Haut verlegt sind^^ Die sensiblen Fasern entspringen also im Integument und streben nach dem Centralorgj^n hin. Der Verfasser ist vollkommen im Rechte, wenn er die von ihm nachgewiesenen cutanen Nervenzellen den sog. Riechzellen der Wirbel- thiere an die Seite stellt, dagegen ist es gegenwärtig nicht mehr gestattet, auch auf die Geschmackzellen und die Sinneszellen des Gehöroi’gans der Vertebraten zu verweisen. Nach den späteren Untersuchungen von Retzius ist die Endigung der Nerven in den Geschmacksknospen vielmehr eine intercelluläre, freie. Auch die Nervenfasern des Nervus vestibuli endigen in den Maculae und Cristae acusticae nicht endo-, sondern pericellulär (Retzius), und dasselbe gilt auch für die Fasern des Nervus cochleae im Bereich der Haar- zellen des CoRTi’schen Organs. Greifswald, im März 1899, 10 76 Litteratur-Uebersicht. No. 1. V. Siebold, C. Th. lieber das Gehörorgan der Mollusken, Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte, Jahrg. 7, B. 1 (1841), S. 148 — 168, 1. Taf. No. 2. Leydig, F. lieber Paludina vivipara. Z. f, wiss. Zool., B. 2, S. 155 ff. No. 3. Derselbe. Anatomische Bemerkungen über Carinaria, Firola und Amphicora. Z, f. wiss. Zool., B. 3, S. 325 — 332, Taf. IX, Fig. 4 — 7. No. 4. Leuckart, R. Zoologische Untersuchungen. Heft 3, 1854. No. 5. Gegenbaur, C. Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden. Leipzig, 1855. No. 6. Keferstein. Kielfüßer, Heteropoda. Broxn’s Klassen und Ordnungen des Thier- reichs, B. 3, Abth. 2, 1862 — 1866. No, 7, Boll, Fr. Beiträge zur vergleichenden Histologie des Molluskentypus. Arch. f. mikr. Anat., B. 5, Supplement, S. 76 — 83, 1869. No. 8. Ranke, J. Der Gehörvorgang und das Gehörorgan bei Pterotrachea. Tj.. f. wiss. Zool, B. 25, Suppl.-Heft, S. 77—102, 1 Tat No. 9. Claus, C. Das Gehörorgan der Heteropoden. Arch. f. mikr. Anat., B, 12, S. 103 bis 118, 1 Taf. No. 10. Ranke, J. Das acustische Organ im Ohre der Pterotrachea. Arch. f. mikr. Anat., B. 12, S. 565—569. No. 11. Paneth, J. Beiträge zur Histologie der Pteropoden und Heteropoden, Arch. f. mikr. Anat., B. 24, S. 230 — 288, 3 Taf. No. 12. Biedermann, W. Zur Kenntniß der Nerven und Nervenendigungen in den quer- gestreiften Muskeln der Wirbellosen. Sitzungsber. Kais. Acad. Wissensch. Wien, 3. Abth., Juniheft, 1887. 32 S., 2 Taf. No, 13. Joseph, M. Die vitale Methylenblau-Nerven färbungsmethode bei Heteropoden. Anat. Anz., Jahrgang 3, S. 420 — 424. No. 14. V. Lenhossek, M. Ursprung, Verlauf und Endigung der sensiblen Nervenfasern bei Lumbricus. Arch. f. mikr. Anat., B. 39, S. 102 — 136, 1 Taf. No. 15. Steiner, J. Die Funktionen des centralen Nervensystems. 3, Abtheilung. Die wirbellosen Tbiere. Braunschweig, 1898. 12 76 Erklärung der Abbildungen. Sämmtliehe 8 Figuren beziehen sich auf Pterotrachea mutica, die 7 ersten sind nach frischen Methylenblau-Präparaten gezeichnet, Fig. 8 nach Einwirkung von Osmium (Schnitt aus Paraffin-Material), Fig. 1. Oberes Schlundganglion von der dorsalen Fläche gesehen, linker Gehörnerv sammt daran hängendem Gehörorgan. Polzelle und meridionale Sinnes-Nervenzellen sammt den von ihnen ausgehenden Nervenfäden durch Methylenblau hervorgehoben. Fig. 2. Die obere linke Gruppe von Ganglienzellen bei mittelstarker Vergrößerung. Fig. 3, Eine meridionale Sinnes-Nervenzelle bei starker Vergrößerung (Seibert, Oel- Immersion). Fig. 4. Einige dieser meridionalen Sinnes-Nervenzellen sammt den von ihnen ausgehenden Neuriten bei mittelstarker Vergrößerung. Fig. 5. Flächenansicht der Polzelle und ihrer Umgebung (4 Isolationszellen und der benachbarte Kreis der Meridionalzellen). Fig. 6. Indifferente Wimperzellen halb von der Seite. Fig. 7. Ein Segment der iu meridionaler Richtung verlaufenden Wurzelfäden des N. acusticus, dazwischen 2 Wimperzellen. Fig. 8. Sinnes-Nervenzellen (Polzelle und meridionale Sinneszellen) nach Einwirkung von Osmiumsäure, Paraffin-Schnitt. 11 77 Bemerkungen zu den Gattungen Cydocrinus, Coelo- sphaeridium und Apidium von Professor Dr. J. Kiesow. (Hierzu 5 Textfiguren.) In seiner Abhandlung „Untersuchungen über Coelosphaeridium^ Cydocrinus ^ Mastopora und verwandte Genera des Silur“ (Sonderabdruck aus dem Archiv für Anthropologie und Geologie Schleswig-Holsteins, Bd. I, Heft 2, 1896) hat Herr Privat-Docent Dr. Stolley in Kiel meine in den Schriften der Natur- forschenden Gesellschaft in Danzig 1894 erschienene Publication „Die Coelo- sphaeridiengesteine und Backsteinkalke des westpreußischen Diluviums, ihre Versteinerungen und ihr geologisches Alter“ einer Kritik unterzogen, auf welche ich, da es mir vorher an Zeit mangelte, erst jetzt zu antworten in der Lage bin. Bei dieser meiner Entgegnung an Herrn Stolley sehe ich mich genöthigt, Stolley’s Angriffe zunächst Punkt für Punkt zu besprechen, um dann schließ- lich meine Ansichten über Cydocrinus etc. ausführlicher zu entwickeln. Bei der Angabe der Seiten von Stolle y’s Arbeit sind diejenigen des Jahrganges der oben citirten Zeitschrift gewählt. Desgleichen entsprechen die angegebenen Seiten meiner Abhandlung den betreffenden Seiten des Jahr- ganges 1894 (N. F. VHI. Bd., 3./4. Heft) der Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig; Seite 67 dieses Jahrganges enspricht also der ersten Seite des Sonderabdruckes meiner Abhandlung. Zunächst macht mir Stolley auf pag. 183 den Vorwurf, daß ich bei Coelosphaeridium Conwentzianum nur von einer inneren hohlen Kugel ge- sprochen habe. Bei dem einen von mir behandelten Exemplar war aber über- haupt keine innere hohle Kugel vorhanden, und bei dem in Chalcedon um- gewandelten Stück von Fordon ließ sich, weil der diametrale Schnitt nicht günstig traf, nur auf das Vorhandensein einer inneren, etwas excentrisch ge- legenen hohlen Kugel schließen. Auf derselben Seite bemängelt St. die auch von mir nach F. Roemer beibehaltene Bezeichnung des inneren Hohlraums als centrale Kugel; zugleich läßt er durchblicken, es läge meinerseits die Annahme vor, es handle sich bei der gestielten inneren Hohlkugel um einen 1 78 aus zwei getrennten Elementen bestehenden Körper etc. Wie weit dieser Vorwurf begründet ist, überlasse ich getrost der Beurtheilung des Lesers, den ich hiermit auf pag. 75 meiner Abhandlung hinzuweisen mir erlaube. Stolley spricht übrigens auf pag. 186 in der 7, Zeile von unten selbst von einem sogenannten Stiel des Hohlkörpers. Was die Deckel der Röhrenzellen von CoelosphaericUum cyclocrinophilum^ die ich in einem Falle beobachten konnte, betrifft, so ist es für mich un- zweifelhaft, daß dieselben ursprünglich bei allen Exemplaren vorkamen. Ihr seltenes Vorkommen ist dem Umstande zuzuschreiben, daß sie mit den Röhren- zellen nur lose verbunden waren. Die auf pag. 187 von St. ausgesprochene Annahme, daß die Deckelmembran bei Coelosphaeridiwn in einem Falle ver- kalkte, während sie in einem anderen Falle nicht verkalkte, ist durchaus will- kürlich, und thut man am besten, dieselbe zu ignoriren. Auf pag. 209 seiner Abhandlung schreibt St. Folgendes: „1884 beschrieb Kiesow Cyclocrinus Spaskii aus westpreußischen Geschieben, verfiel jedoch dem gleichen Fehler wie Eichwald und hielt einen parasitären üeberzug für einen Theil der Organisation des Fossils“. Es ist dieses richtig; jedoch habe ich schon vor Stolley (s. diese Zeitschrift 1894, pag. 79) den Sach- verhalt richtig erkannt und hierüber am Schlüsse der Besprechung von Cyclocrimts Spaskii geschrieben: „Der von mir früher (a. a. 0. pag. 232) er- wähnte üeberzug auf den Täfelchen von Cyclocrinus Spaskii rührt wahrschein- lich von einem Thier aus der Gruppe der Bryozoen her.“ Berechtigt ist die Aufstellung der neuen Gattung Apidium durch Stolley ; ich hatte die kleine Arbeit von F. Roemer über die Identität von Cyclocrinus und Pasceolus nicht im Gedächtnis behalten und glaubte mit Rücksicht auf die frühere Darstellung F. Roemer’s in seiner Lethaea palaeozoica die jetzt als Apidium Krausei zu bezeichnende Versteinerung, welche jedoch mit keiner der von Stolley beschriebenen Arten dieser Gattung ident ist, mit Pasceolus vereinigen zu dürfen. Mit der Gattung Cyclocrinus ist diese Form natürlich nicht in Einklang zu bringen. Auf pag. 210 — 211 bestreitet Stolley die Existenz mehrerer Schichten bei den Zellendeckeln von Cyclocrinus'^ St. sagt auf pag. 211: ,, Vielmehr stellen die verschiedenen Deckelschichten Kiesow’s verschiedene Typen von Zelldeckeln dar, die ihrerseits wieder innerhalb ge- wisser Grenzen variiren, aber streng von einander geschieden sind und gerade das beste und das einzige sichere Merkmal zur Unterscheidung der Arten darbieten. Diesen Ausführungen Stolle y’s stehe ich durchaus kühl gegen- über; ich muß dieselben als falsch und gänzlich verfehlt bezeichnen; meine Gründe werde ich weiter unten entwickeln. Eine starke Entstellung des von mir Geschriebenen ist es, wenn Stolley auf pag. 212 sagt: ,,Ganz abgesehen davon, daß die Deckelstructuren v^on Cyclocrinus auch nicht die mindeste Aehnlichkeit mit den Porenrauten der Cystideen haben, muß ich es geradezu als einen Rückschritt bezeichnen, wenn Kiesow, der doch die innere Organisation von Coelosphaeridium kannte, bei 2 79 dem heutigen Stande der Wissenschaft daran denken konnte, eine solche sei mit der Organisation der Cystideen vereinbar/^ Bei mir heißt es auf pag. 78: ,,und halte ich eine entfernte Beziehung der Gattung Cyclocrinus und der Cyclocrinus nahe stehenden Gattungen zu den Cystideen nicht für ausge- schlossen^^ Ferner heißt es bei mir auf pag. 79: „Legt mau bei der Unter- suchung der Verwandtschaft der Gattungen Receptaculites, Cyclocrinus , Pasceolus, Coelosphaeridium etc. mit anderen Thiergruppen das Hauptgewicht auf das Vorhandensein der Zellendeckel oder Täfelchen, welche möglicherweise bei den Ahnen dieser Gattungen allein vorhanden waren, und an welche sich vielleicht durch Neubildung Säulchen oder prismatische oder annähernd kegelförmige Zellen angliederten, so gewinnt die Annahme verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen den Cystideen und den oben genannten Gattungen, welche schon von Eichwald durch den Gattungsnamen Cyclocrinus angedeutet sind, an Wahrscheinlichkeit/^ Bei mir ist nur von einer entfernten Beziehung der betreffenden Gattungen Cyclocrinus etc. zu den Cystideen die Rede und davon, daß die Ahnen der in Rede stehenden Gattungen möglicherweise nur Täfelchen hatten, entsprechend den Zellendeckeln von Cyclocrinus etc., aber noch nicht den inneren Bau dieser Gattungen, welcher erst später erworben wurde, besaßen. Ich werde weiter unten nochmals auf diesen Gegenstand zurückkommen und denselben dort eingehender besprechen. Die Gattung Receptaculites und die Receptaculitiden überhaupt sehe ich mich nach Einsicht der Arbeit Raüff’s genöthigt hier von der Besprechung auszuschließen, da der Bau derselben von demjenigen der Gattungen Cyclocrinus, Coelosphaeridium und Apidium ganz erheblich ab weicht. — Was nun diese drei letztgenannten Gattungen betrifft, so ist ihr Bau jetzt im Allgemeinen ziemlich gut bekannt: doch weiß man bis heute über die Structur der Zellen- deckel von Apidium und Coelosphaeridium nichts Genaues; denn das, was Stolley über den Verschluß der Zellen vön Apidium sororis (pag. 263) schreibt, thut man jedenfalls gut zu ignoriren. Heber die von mir beobach- teten Deckel von Coelosphaeridium cyclocrinophilum, welche in Chalcedon um- gewandelt sind, läßt sich nur so viel sagen, daß sie von anscheinend derber Beschaffenheit, stark gewölbt und am Rande fünf- oder sechslappig sind. Besser bekannt sind die Zellen decket bei einigen Arten der Gattung Cyclocrinus. Aber auch hier hat man zum Theil nur ungenügendes Beobachtungsmaterial, und kann ich bei der Beurtheilung der convexen, undeutlich sechsfach ge- fältelten Kalkhäutchen von Stolley’s Cyclocrinus pyriformis (pag. 255) und der zwei Zellen von Cyclocrinus multicavus (pag. 257), bei welchen Stolley erhaltene Deckelhäutchen beobachtet haben will, nur die größte Vorsicht au- rathen. Diese beiden letztgenannten Cyclocrinus- krien Stolley’s kommen also, soweit es sich um die Zellendeckel handelt, für mich nicht in Frage, ebenso wenig der höchst zweifelhafte Deckelverschluß bei Apidium sororis Stolley. Vollständig bekannt sind bei unseren Cyclocrinus- Krim nur die Deckel von Cyclocrinus Roemeri Stolley und diejenigen von Cyclocrinus porosus Stolley. 8 8Ö Bei den Zellendeckeln dieser beiden Arten sind zwei Schichten zu untef> scheiden: eine obere, welche ein zierliches Netzwerk bildet, und eine untere, welche einen deutlich strahligen Bau zeigt. Uebrigens ist die Anordnung der Netzmaschen der oberen Schicht gleichfalls eine strahlige; diese Thatsache läßt sich, wenn man gute Exemplare zur Verfügung hat, wie sie Stolley in seinem Cyclocrinus porosus besaß, bei einiger Aufmerksamkeit leicht erkennen; bei einem Exemplar des Cyclocrinus Roemeri aus Wesenberger Kalk von Spengawsken konnte ich die strahlige Anordnung der Netzmaschen gleichfalls ziemlich deutlich erkennen. Es sei an dieser Stelle bemerkt, daß in meinen Abbildungen wie bei Stolley das Skelett der Zellendeckel dunkel, die Ausfüllungsmasse dagegen hell gehalten ist. An den Zellendeckeln, welche bei Erhaltung der oberen Schicht stets deutlich gewölbt sind, läßt sowohl die obere netzförmige als auch die darunter liegende strahlige Schicht in der Mitte einen Skelettring erkennen. Dieser Skelettring bildet mit den Eadialleisten (Leisten Stolley’s) das eigentliche Gerüst der Zellendeckel, indem sie letztere in ihrer ganzen Dicke durchsetzen. Die Eadialleisten sind in der oberen Schicht durch Querleisten verbunden; letztere durchsetzen also die Zellendeckel nicht in ihrer ganzen Dicke, sondern reichen nur bis zur oberen Grenze der strahligen Schicht hinab; gemeinschaft- lich bilden beide Arten von Leisten das zierliche Netzwerk auf der Oberfläche der Zellendeckel bei den beiden oben genannten Arten. Daß dieses sich wirklich so verhält, ergiebt sich aus folgenden Beobachtungen: Bei meinem Exemplar des Cyclocrinus Roemeri Stolley von Spengawsken zeigt das in Fig. 1 vergrößert dargestellte Maschennetz eines gut erhaltenen Zellendeckels eine derartige Anordnung der Maschen, daß, wenn man sich die Querleisten wegdenkt, sich eine Deckelstructur, wie Stolley sie bei seinem Cyclocrinus Roemeri darstellt, von selbst ergiebt. Die Zahl der von dem centralen Einge ausstrahlenden Eadialleisten beträgt allerdings bei dem in Eede stehenden Zellendeckel von Spengawsken nur 11, während bei Stolley 12 Eadialleisteu als Eegel und auch wohl mit Eecht angenommen werden. Dieser Elfzahl entsprechend treten am Eande unseres Täfelchens 22 Eadialleisten auf. Diese Figur läßt sich, wenn man von der geringen Abweichung der Anzahl der Strahlen, welche ohne jeden Zweifel als abnorme Ausbildung aufzufassen ist, ab sieht, leicht mit den Figuren 57 und 58 bei Stolley in Einklang bringen. Einen weiteren Beweis für die Eichtigkeit meiner Auffassung liefert die folgende Thatsache. Unmittelbar neben dem soeben besprochenen Zellendeckel des Exemplars von Spengawsken findet sich ein anderer, dessen oberste Lage beim Zerschlagen des Gesteins abgelöst ist; bei diesem, welcher hierdurch ganz wie durch ein leichtes Anschleifen präparirt ist, läßt sich die strahlige Anordnung der Maschen noch deutlicher wahruehmen; er zeigt einen deutlichen Ueber- gang der oberen Schicht in die untere. Es unterliegt hiernach nicht dem leisesten Zweifel, daß unsere Fig. 1 die obere Schicht von Stolley’s 4 81 Cyclocrinus Roemeri, dessen untere Schicht von Stolley beschrieben ist, dar- stellt. Es mag noch erwähnt werden, daß der betreffende Zellendeckel, welcher etwas in die Länge gezogen ist, den gleichen mittleren Durchmesser hat wie Stolle y’s Cyclocrinus Roemeri ^ nämlich IV2 andere dem beschriebenen benachbarte Zellendeckel zeigen den gleichen Durchmesser oder einen etwas geringeren, etwa einen Durchmesser von IV4 mni. Die Zellendeckel unseres Exemplars (Bruchstücks) von Spengawsken sind mäßig stark gewölbt. Ich wmnde mich jetzt zu dem in meiner früheren Abhandlung in den Figuren 9—12 der Tafel I dargestellten Cyclocrinus von Hohenholm, den ich damals noch als Cyclocrinus Spaskii Eichwald aufgeführt habe. Es ist diese Form jedenfalls mit keiner der von Stolley aufgeführten ident und muß neu benannt werden; ich nenne sie Fig. 1. Cyclocrinus Roemeri var. niutabilis nov. var. Sie ist in einem Geschiebe oder in Geschieben bei Hohenholm auf der Insel Dago gefunden worden. Die betreffenden Stücke sind in einen dichten gelblichen, blaugrau gefleckten Kalk eingebettet, welcher wohl mit Sicherheit zur Wesenberger Schicht gehört; dieselben wurden mir vor einigen Jahren von Herrn Akademiker F. v. Schmidt freundlichst zugesandt. Die früher von mir gegebene Darstellung dieser Form sehe ich mich nunmehr ver- anlaßt in einigen Punkten zu berichtigen. Zunächst ist zu bemerken, daß die von mir in Fig. 9 der Tafel I meiner Arbeit aus dem Jahre 1894 auf- geführte oberste Schicht (ßläschenschicht) einem Fremdkörper angehört, also von unserer Betrachtung auszuschließen ist. Denn diese aus Bläschen be- stehende Schicht, welche zu oberst auf den Zellendeckeln von Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis liegt, ist von mir nur einmal und sonst nicht wieder beobachtet worden, und Stolley stellt das Vorkommen derselben als Deckel- schicht entschieden in Abrede. Es bleibt daher nur übrig, diese Bläschen als Theile eines Fremdkörpers, welcher den Cyclocrinus überzog, anzusehen. Was meine Fig. 12 auf Taf. I betrifft, so ist hierüber zu sagen, daß sie nach meiner jetzigen Auffassung zwar nicht eine dritte Schicht darstellt, wohl aber eine tiefe Lage der zweiten, unteren Schicht. Die betreffenden Zellen- deckel stellen Verwitterungsfiguren dar, bei denen die obere Schicht und die obersten Lagen der unteren Schicht mit dem centralen Binge verschwunden sind. In Folge dessen sind die Deckel auch ganz flach. Einer ähnlichen Er- scheinung begegnen wir bei Stolley’s Cyclocrinus membranaceusj welcher nichts w'eiter ist als ein stark abgeriebenes oder verwittertes Exemplar von Cyclocrinus SpaskU Stolley. Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis bildet länglich runde Körper mit einem größten Durchmesser von etwa 272 prismatische Theil der Zellen ist verhältnismäßig hoch, nämlich etwa doppelt so hoch als der napfartige 5 6 82 Theil. Die Scheidewände der Zellen nehmen nach oben allmählich an Dicke zu; am geringsten ist die Dicke bei den überall gleichmäßig starken napf- artigen Zellentheilen. Oben sind die Scheidewände nicht ganz vollständig erhalten, scheinen sich hier jedoch etwas nach dem Innern der Zellen umzu- biegen. Der Durchmesser der Zellen beträgt IV2 bis 2 mm, selten weniger; vW- Fig. 3. nach ganz aus sie haben meistens einen regelmäßigen, sechseckigen Querschnitt; doch kommen auch Zellen mit unregelmäßig sechseckigem Querschnitt und mit fünfeckigem und siebeneckigem Querschnitt (s. unsere Fig. 2 b) vor. In zwei Fällen konnte beobachtet werden, daß sich der napfartige Theil der Zellen in dünne Röhrchen verlängerte (s. unsere Fig. 3). Als ich meine oben citirte Abhandlung schrieb, stand mir von Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis nur wenig Material zur Verfügung. Da es aber bei mir beschlossene Sache war, zu den Angriffen Stolley’s nicht still zu schweigen^ bemühte ich mich, durch Herausschlagen aus den Stücken von Hohenholin mehr und besseres Material zu gewinnen Dieses ist mir nun soweit gelungen, daß ich ein ziemlich vollständiges Bild der Zellendeckel von Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis hier geben kann. Die oberste Lage der obe- ren, netzartigen Schicht konnte zum Theil an a einem Zellendeckel mit deutlicher Wölbung beobachtet werden. Derselbe besteht dem Anscheine Kalkspath. Von dem central gelegenen Ringe, dessen oberer Rand eine kleine Vertiefung einschließt, verlaufen nach dem Rande hin deutlich aus der Fläche des Deckelchens hervortretende radial angeordnete Leisten. Die Zwischen- räume zwischen zwei benachbarten Radialleisten tragen zum Theil Querleisten ; an mehreren Stellen wurden auch in jenen Zwischenräumen Löcher beobachtet, in einem Falle drei in einer Reihe zwischen zwei benachbarten parallelen Radialleisten; ich kann diese Löcher nur als die nicht durch Kalkspath ver- schlossenen Reste von Netzmaschen ansehen. Daß die Querleisten hier im Allgemeinen wenig scharf hervortreten, ist dadurch zu erklären, daß dieselben beim Herausschlagen aus dem Gestein eine ungünstige Behandlung erfuhren; denn bei einem anderen Exemplar in demselben Gesteinsstück, dessen obere Schicht eine ähnliche Erhaltung zeigt, und durch welche die untere, strahlige Schicht hindurchschimmert, sind die Querleisten etwas deutlicher zu erkennen. Die untere, strahlige Schicht, deren von je zwei benachbarten Radialleisten be- grenzte Ausfüllungsmassen ich, um einen bequemen Ausdruck zu haben, als Strahlen bezeichnen will, trägt nach meinen Beobachtungen dreißig Radialleisten, Von diesen haben 18, welche von dem centralen Ringe ausstrahlen, annähernd gleiche Länge; je drei verlaufen parallel und zwar derartig, daß von den zwei durch sie begrenzten Strahlen der eine auf eine Ecke zuläuft, während der 6 8B andere daneben fällt. 12 kürzere Eadialleisten stehen zu je zwei angeordnet senkrecht auf den Seitenlinien der Zellendeckel; sie erreichen den centralen Ring nicht, sondern münden vorher in die benachbarte längere Radialleiste ein. Die 12 von je einer längeren und einer kürzeren Radialleiste rechts und links begrenzten Strahlen haben einen dreieckigen Umriß, während die sechs zwischen je zwei dreieckigen Strahlen gelegenen langgestreckte fünf- seitige Figuren bilden, deren spitzeste Ecke nach dem centralen Ringe hin gerichtet ist. Abweichungen von diesem Grundplan sind bei unserer Form häufig; auch entspricht die Figur 2a dem von mir soeben entwickelten Bilde der strahligen Schicht nicht vollständig; denn zum Theil ist auch hier die Anord- nung der Strahlen eine von der angegebenen etwas verschiedene. Die in Fig. 2a dargestellte untere Schicht des Zellendeckels ist nur wenig gewölbt und wird von einem Rest des oberen Theiles der Ringaus- füllung, um welchen sich die netzförmige Schicht gruppirte, überragt. Die entsprechende Schicht des siebeneckigen Zellendeckels, welche in Fig. 2b dargestellt ist, ist fast ganz flach und läßt die Grenzen des Ringes zum Theil nur undeutlich erkennen; es befindet sich hier also ungefähr die untere Grenze des Ringes (cf. Cyclocrinus memhranaceus Stolley.) In einem anderen Gesteinsstück von Hohenholm finden sich mehrere Zellendeckel, welche Uebergänge der Netzmaschen der oberen Schicht in die untere strahlige Schicht sehr deutlich erkennen lassen. Einer dieser Zellen- deckel, welcher zwar nicht ganz erhalten, aber deutlich gewölbt ist, zeigt auf seiner Oberfläche fast nur das Maschennetz. Der Durchmesser des Ringes beträgt etwa Vc Durchmessers der Zellendeckel. Anfangs war ich geneigt, unsere Form als eine neue Art aufzustellen, sehe mich jedoch nach Durchsicht der neu erschienenen Arbeit Stolley’s ,,Neue Siphoneen aus baltischem Silur^‘ (1898) veranlaßt, dieselbe mit Cyclocrinus Roemeri Stolley als Varietät zu vereinigen. Der Yarietätsname ,^mutahilis^‘ deutet auf die in der That große Variabilität der Zellendeckel- structur hin. Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis scheint eine Zwischenstellung einzunehmen zwischen Cyclocrinus Roemeri Stolley und Cyclocrinus halticus Stolley. Auch diese letzte Form kann ich nach reiflicher üeberlegung nur als eine Varietät des Cyclocrinus Roemeri Stolley auffassen. Die Gründe, welche St. pag. 46 (7) und pag. 47 (8) für eine Trennung von Cyclocrinus Roemeri anführt, sind keineswegs stichhaltig und berechtigen nur zur Auf- stellung jener Form als einer Varietät von Cyclocrinus Roemeri. Die an- scheinend mangelhafte Verkalkung des unteren Theils der Zellenwände von Stolley^s Cyclocrinus halticus^ auf welchen Umstand St. großes Gewicht legt, ist darauf zurückzuführen, daß diese Theile während des Versteinerungsprocesses aufgelöst sind, was weiter nicht auffallen kann, wenn man in Betracht zieht, daß der untere Theil der Zellenwände von Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis^ welcher dem C. halticus sehr nahe steht, gleichfalls nur von dünner Beschalfen- heit ist. Uebrigens sagt Stolley selbst auf pag. 46 (7) unten, daß man in 7 (3* 84 ganz vereinzelten Fällen eine gute Verkalkung des Bodentheils erkennen könne etc. Cyclocrimis porosus StoLLEY. Cyclocrimis Spaskn Kiesow (pars), a. a. 0. pag. 77, 78. Taf. I, Fig. 7a, b. Cyclocrmns porosus Stolley (pars), a. a. 0. pag. 249 — 253. Fig. 65, 66 und Fig. 69—73. Das von mir in Pietzkendorf gefundene Exemplar ist kugelig und hat einen Duichmesser von etwa 11 mm. Der Durchmesser der Zellen, deren Deckel nur schwach gewölbt sind, beträgt 1 mm bis 1,3 mm. Ihr Querschnitt ist im Allgemeinen sechseckig; doch kommen auch fünfeckige vor. Die Zellen sind verhältnißmäßig niedrig; ihr unterer, napfartiger Theil ist ungefähr so hoch wie der obere, prismatische. Das Maschennetz der Zellendeckel besteht aus Brauneisenstein, eine Erhaltungsweise, welche auch von Stolley beobachtet worden ist; ihre Structur war nach dem hier gefundenen Exemplar nicht genau festzustellen, da einerseits an vielen Stellen kleine Mengen des Gesteins, welches vorher die Versteinerung eingeschlossen hatte, der Oberfläche anhafteten und andererseits das Maschennetz beim Herausschlagen der Versteinerung aus dem Gestein etwas gelitten hatte. Es kostete daher einige Mühe, die Identität unserer Form mit Stolle y’s Cyclocrinus porosus festzustellen; mit Sicherheit war dieses erst dann möglich, nachdem die Oberfläche an einigen Stellen sehr schwach angeschliffen war. Schleift man stärker, aber immer noch schwach, so werden die Querleisten zerstört, und die Zwischenräume zwischen je zwei benachbarten Radialleisten treten als Strahlen hervor. Könnte man einen Zellendeckel genau gleichmäßig seiner Wölbung entsprechend anschleifen, so müßte eine Figur entstehen, wie sie Stolley in Fig. 73 gegeben hat. In Wirklichkeit wird jedoch die Wölbung des Zellendeckels von dem Schleifstein eben geschliffen, so daß ganz verschieden tief liegende Partieen hervortreten. Man muß sich also damit begnügen zu constatiren, daß in Folge des An- schleifens sich die einzelnen Maschen in radiale Reihen (Strahlen) ordnen, und das läßt sich auch wirklich beobachten. Durch einen glücklichen Zufall war Stolley in der Lage, diese untere Schicht (Strahlenschicht) vollständig beobachten und in Fig. 73 darstellen lassen zu können. Wenn er über diese Figur auf pag. 250 sagt: „Fig. 73 (= Fig. 17) ist sehr leicht aus Fig. 69 entstanden zu denken durch Verlust der queren Skelettverbindungen; sie stellt jedoch kaum eine besondere Varietät des Typus dar, sondern nur eine Aus- bildung, wie sie bisweilen an der oberflächlichen Partie des Skelettes von Fig. 69 sichtbar ist; die fehlenden Skelettverbindungen beginnen eine Kleinig- keit tiefer, sind aber wegen aufliegender Gesteinsmasse noch nicht sichtbar*^, so ist hierüber Folgendes zu bemerken: Wenn die queren Skelettverbindungen verloren gegangen sind, so können sie nicht ohne Weiteres in größerer Tiefe wieder auftreten. Slolley’s Darstellung leidet hier entschieden an Un- klarheit. Außerdem ist die Annahme Stolley’s, daß die fehlenden Skelett- 8 85 Verbindungen eine Kleinigkeit tiefer beginnen, aber wegen aufliegender Ge- steinsmasse noch nicht sichtbar sind, falsch; denn zu wiederholten Malen habe ich erfahren müssen, daß beim Anschleifen der Oberfläche der Zellendeckel die Querleisten sich zunächst verlieren und statt 5 Maschen eines der 6 Felder der Zellendeckel 2 Strahlen auftreten, welche sich am centralen Ringe zu einer Spitze vereinigen, während die dazwischen und an der Mitte einer Randseite des Zellendeckels gelegene sechste Masche einen mehr oder weniger deutlich dreiseitigen Umriß erhält, daß dagegen bei stärkerem Schleifen schließlich jede Structur des Zellendeckels verschwindet und nur noch die Ausfüllung der Zellen übrig bleibt. Hierdurch wird bewiesen, daß auch bei Cyclocrinus porosus die Zellendeckel aus 2 Schichten bestehen, einer oberen, aus Netzmaschen gebildeten und einer unteren, strahligen Schicht, und daß die Pig. 73 Stolley’s die untere, strahlige Schicht dieser Art zur Dar- stellung bringt (s. unsere Fig. 4, eine Copie nach Stolley). Die beiden von Stolley in seiner Abhandlung aus dem Jahre 1898 be- schriebenen sogenannten Arten Cyclocrinus oelandicus und Cyclocrinus Van- höffeni aus Aföcrowra-Kalk sind nichts weiter als eine Varietät des Cyclocrinus porosus Stolley, welche von St. in seiner Abhandlung aus dem Jahre 1896 auf pag. 250 (74) als C. porosus var. bezeichnet ist. Die daselbst von Stolley gegebenen Figuren 67 und 68 entsprechen vollständig den Figuren seines C. oelandicus und C. Vanhöffeni. Die geringere Wölbung der Deckel bei Stolley’s Cyclocrinus oelandicus und die schwache Ausbildung des Napfzellen- und Deckelskeletts von Cyclocrmus Vanhöffeni sind auf individuelle Variabilität oder auf unvollständige Erhaltung zurückzuführen. Von der letzteren Form sagt Stolley selbst auf pag. 57 (18): ,,Die äußere Form ist kugelig und die Größe gering wie bei Cyclocrinus porosus^ als dessen nächstjüngere Mutation man diese neue Form wohl ansehen kann‘‘. Ich gehe jetzt über zur Besprechung des Cyclocrinus niembranaceus STOLLEY, a. a. 0. pag, 248. Fig. 64. Bereits oben bei Besprechung meines Cyclocrinus Eoemeri var. mutabilis wies ich darauf hiu, daß der in meiner Fig. 2b dargestellte 7 eckige Zellen- deckel in Bezug auf Abflachung und Undeutlichwerden des centralen Ringes mit den von Stolley beschriebenen Zellendeckeln seines Cyclocrinus mem- hranaceus große Aehnlichkeit zeigt; ich sehe mich daher auf Grund meiner Beobachtungen an Cyclocrinus Eoemeri var. mutabilis zu dem Schlüsse genöthigt, daß diese Ausbildung der Zellendeckel des Cyclocrinus membranaceus der untersten Lage der unteren Schicht der betreffenden Zellen decket entspricht; anders kann ich die Beschreibung Stolley’s unmöglich deuten; ich nehme hierbei natürlich an, daß auch diese Art ursprünglich 2 Zellendeckelschichten y Fig. 4. 86 wie Cyclocrinus Roemeri^ C. Roemeri var. mutahilis und C. porosns gehabt bat. Die Radialleisten sind wie bei Cyclocrinus SpasMi (Eichwald) Stolle y ange- ordnet; der Durchmesser der Zellen beträgt wie bei dieser Art 1 mm. Es ist mithin Cyclocrinus memhranaceus mit Cyclocrinus Spaskii zu vereinigen; Stolley’s Fig. 64 zeigt eben weiter nichts als die unterste Lage der unteren Zellendeckelschicht oder strahligen Schicht von Cyclocrinus Spaskii, welche wir bei letzterem in besserer Erhaltung vorfinden. Üeber das Vorkommen seines C. memhranaceus sagt Stolley: ,,Das einzige Stück liegt in einem grauen Kalkgeschiebe vom Alter der iTFER’schen Zone (C^) des baltischen Rußlands . . . Stolley hält also das Alter des betreffenden Geschiebes für sicher bestimmt. Von seinem Cyclocrinus 8paskii Eichwald em. Stolley sagt St. pag. 243, daß er aus blaugrauem, dichtem Kalkstein der Insel Sylt vorliege, welcher wahrscheinlich dem Alter nach der Lyckholmer Schicht des baltischen Rußlands entspreche. In seiner später erschienenen Arbeit pag. 52 (13) ist Stolley bezüglich des geologischen Alters dieses blaugrauen dichten Kalk- steins wieder schwankend geworden; denn er sagt hier, daß derselbe wahr- scheinlich der Jeweschen Schicht dem Alter nach entspreche. Da nun C. Spaskii und G. memhranaceus derselben Art angehören, so ist es andererseits sehr wahrscheinlich, daß die beiden Gesteine, in denen diese Versteinerungen gefunden sind, gleiches oder wenigstens annähernd gleiches geologisches Alter haben. Weil aber Cyclocrinus Spaskii Eichwald im anstehenden Gesteine der Wesenberger Schicht vorkommt und C. Spaskii Stolley von dieser Form nicht wesentlich abweicht, so ist es für mich sehr wahrscheinlich, daß die Geschiebe mit Cyclocrinus Spaskii Stolley (= Cyclocrinus memhranaceus Stolley) dem Alter nach der Wesenberger, vielleicht auch der Lyckholmer Schicht entsprechen. Es erübrigt noch, die beiden neuen Arten Stolley^s Cyclocrinus suhtilis (pag. 246. Fig. 60) und Cyclocrinus planus (pag. 247. Fig. 61 — 63) kurz zu besprechen. Von beiden Arten hat Stolley die untere Schicht der Zellen- deckel (Strahlenschicht) abgebildet; beide Arten gleichen sich, abgesehen von der etwas verschiedenen Wölbung der Deckelchen, welche als verschiedene Erhaltungszustände aufzufassen sind, vollständig, da sie nach Stolley auch den gleichen Zellendurchmesser haben. Beide stammen aus demselben Gestein von Sylt, was gleichfalls beachtenswerth ist. Es sind also beide Formen zu vereinigen, und möchte ich für beide gemeinschaftlich den schon von Stolley angewandten Namen Cyclocrinus suhtilis vorschlagen. Dieser Cyclocrinus suhtilis Stolley, mit welchem also nach meiner Auffassung C. pla^ius Stolley ident ist, stimmt aber bezüglich des Baues der Zelleudeckel mit Cyclocrinus Roemeri derartig genau überein, daß ich mich genöthigt sehe, Cyclocrinus suhtilis als eine Varietät des Cyclocrinus Roemeri aufzufassen und als Cyclocrmus Roemeri var. suhtilis zu bezeichnen. Als Varietät des Cyclocrinus Roemeri glaube ich 10 87 (len Cyclocrinus suhtilis aus dem Grunde gelten lassen zu müssen, weil der verschiedene Zellendurclimesser doch immerhin von einiger Bedeutung ist, und weil Cyclocrinus Roemeri und Cyclocrinus Roemeri var. suhtilis aus Gesteinen herstammen, welche nach Stolley wahrscheinlich verschiedenes geologisches Alter besitzen. Was die Gründe betrifft, welche Stolley für die Aufrechterhaltung der Gattung Mastopora Eichwald auf pag. 214, pag. 220 und pag. 231 — 232 vorbringt, so kann ich dieselben nicht für stichhaltig erachten, muß vielmehr nach wie vor die Gattung Mastopora mit Cyclocrinus vereinigen. Die Zahl der Zellen, welchen Umstand Stolley auf pag. 220 ins Gefecht führt, kommt natürlich gar nicht in Betracht. Prismatisch oder wenigstens sehr annähernd prismatisch sind die oberen Theile der Zellen bei Cyclocrinus überhaupt; die- jenigen Arten dieser Gattung, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, zeigten neben dem unteren, napf förmigen Theil stets einen oberen, prismatischen mit voller Deutlichkeit. Die größere Höhe des prismatischen Theiles bei Cyclocrinus concavus ( = Mastopora concava Eichwald) ist für die Art charakteristisch, begründet aber noch nicht die Aufstellung einer neuen Gattung. In Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis haben wir z. B. eine Form vor uns (s. unsere Fig. 3), deren Zellen Hohlräume zeigen, welche an ihrem oberen Theil gleichfalls vollkommen prismatisch sind. Auch kommt das Höhenverhältnis des napfartigen Theils zum prismatischen Theile der Zellen bei dieser Form demjenigen bei Cyclocrinus concavus sehr nahe; es beträgt nämlich bei Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis etwa l : 2, während die Ver- hältnisse bei Cyclocrinus concavus I ; 272> 1 ^ 3 oder 1 : 37^ sind. (Man ver- gleiche die Figuren 1, 2, 3 auf Tafel 11 meiner Abhandlung „Die Coelo- sphäridieugesteine und Backsteinkalke des westpreußischen Diluviums etc. Bei Mastopora Odini Stolley (1898), pag. 57 (18). Taf. II, Fig. 18, 19, sind die Höhenverhältnisse des prismatischen und napf förmigen Theiles denjenigen von Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis etwa entsprechend. Wir ersehen hieraus, daß die Höhenunterschiede verhältnismäßig geringe sind, so gering, daß sie zur Aufstellung einer neuen Gattung keinenfalls berechtigen. In der Größe kommen gewisse Exemplare des Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis von Hohenholm manchen Exemplaren des Cyclocrinus concavus mindestens sehr nahe und übertreffen erheblich diejenige von Cyclocrinus Odini Stolley sp. (= Mastopora Odini Stolley). Auch für die Thatsache, daß bisher bei Cyclocrinus concavus und Cyclocrinus Odini niemals Deckel als Verschlüsse der Zellen beobachtet sind, läßt sich leicht eine ungezwungene Erklärung finden. Es sind bekanntlich bei Cyclocrinus concavus und Cyclocrinus Odini die Prismen etwas unterhalb der Mündung (s. die Figuren 1, 2, 3 auf Taf. II meiner früheren Abhandlung und Stolley’s Fig. 19 auf Taf. II (1898)) mehr oder weniger verengt; am oberen Ende, also nach der Mündung hin, erweitern sie sich wieder. Bei dieser Beschaffenheit der Zellen fehlte den Zellendeckeln nach dem Tode des Thieres und nach dem Zerfall der organischen Substanz, 11 88 welche sie befestigt hatte, jeglicher Halt, und war ein Ausfallen derselben nur die natürliche Folge ihrer mangelhaften Befestigung. Aehnlich scheinen die Verhältnisse bei Coelosphaeridium cyclocrinophilum zu liegen; bei dieser Versteinerung sind meines Wissens bis jetzt nur von mir und nur in einem einzigen Falle fünf- und sechseckige Zellendeckel beobachtet worden, während solche trotz des häufigen Vorkommens dieser Versteinerung sonst nirgends beobachtet worden sind; es scheint also auch hier die Befestigung der Zellen- deckel eine sehr lose gewesen zu sein, und doch hat jetzt niemand mehr das Recht, an dem Vorkommen derartiger Zellendeckel zu zweifeln. Es kann also eines Tages leicht geschehen, daß wir durch das Auffinden von Zellen- deckeln des Cyclocrimis concavus oder des Cyclocrmus Oclini überrascht werden. Sollte man übrigens auf die stark in die Augen fallende Verdickung der Zellenwandungen unterhalb der Spitze der Zellen großes Gewicht legen, so sei hiermit auf den Bau von Cyclocrinus Mickwitzi Stolley (Taf. II, Fig. 3. 1898) hingewiesen, bei dem die betreffenden Verhältnisse ganz ähnlich liegen, nur daß bei C. Mickwitzi die Verdickung (Stolley nennt es Umbiegung nach der Innenseite des Napfzellen, auf pag. 49 (10) seiner Abhandlung aus dem Jal)re 1898) eine viel stärkere ist und die Verjüngung nach dem oberen Rande hin hier viel plötzlicher erfolgt. Ich bestreite demnach die Existenzberechtigung der Gattung Mastopora Eichwald und stelle die Arten dieser sogenannten Gattung zur Gattung Cyclocrmus Eichwald. In seinen beiden genannten Arbeiten stellt Stolley folgende Arten der Gattung Cyclocrinus (incl. Mastopora) auf: Cyclocrinus concavus ,, Odini^ ,, Spaskiij ,, Roemerij ,, suhtilisy yy planus^ „ membranaceusy yy halticuSy „ porosusy oelandicus^ yy Vanhöffmiy yy Schmidtij ,, pyrifoo'mis^ yy multicavus, yy Mickwitzi. Von diesen fallen als Arten aus: Cyclocrinus suhtiliSy yy planus^ y, memhranaceus^ ,, halticus. 12 89 Cyclocriniis oelandicus^ Vanhöffeni. Es ist demnach die stattliche Anzahl von 15 Arten auf 9 zusammen- geschrumpft. Yon diesen sind Cyclocrinus halticus und C, suhtilis Varietäten von C. Roemeri. Cyclocrinus planus und C. memhranaceus fallen auch als Varietäten aus. Cyclocrinus oelandicus und C, Vanhöffeni sind, wie ich oben gezeigt habe, mit einer Varietät von C. porosus zu vereinigen. (s. Stolley’s Arbeit aus dem Jahre 1896 pag. 250. Fig. 67 und 68.) Von Cyclocrinus Roemeri Stolley kennen wir neben der Hauptform noch die Varietäten mutabilis, halticus und suhtilis. Neben der Hauptform von Cycloc7'inus porosus Stolley sind eine oder zwei Varietäten dieser Art zu unterscheiden. Bereits oben habe ieh die Ansicht ausgesprochen, daß ich weder den convexen, undeutlieh sechsfach gefältelten Kalkhäutchen, welche nach Stolley die Zellen des Cyclocrinus pyidformis zu verschließen scheinen, noch dem Ver- schluß der Zellen von Cyclocidnus multicavus^ welcher sieh nach Stolley in Form eines gleichmäßig convexen, nicht gefältelten Häutehens über die verengte Mündung der Zelle legt, erhebliche Bedeutung beilegen kann. Wahrschein- lich täuschen jene Gebilde nur Zellendeekel vor und sind weiter nichts als mehr oder minder deutliehe innere Ausgüsse derselben; für wirkliche Zellen- deckel kann ich sie nicht halten. Es ist schließlich die Frage zu erörtern, welche systematisehe Stellung der Gattung Cycloc7'inus vermuthlich zu zu weisen ist. Die Gattung Coelo- sphaeridium, welche man zum Vergleiehe heranziehen könnte, muß man vor- läufig hierbei außer Acht lassen, da über den Bau ihrer Zellendeckel zu wenig bekannt ist; letztere sind nur in allgemeinen Umrissen bekannt. Nach den Beobachtungen Stolley’s (a. a. 0. pag. 190) schwankt die äußere Gestalt von Cyclocrinus zwischen der Form einer Kugel, eines Eies und eines an einem Ende zu einem stielartigen Fortsatz ausgezogenen bim- förmigen Körpers. Die verhältnismäßig dünne Oberfläehensehieht besteht be- kanntlieh aus unten napfförmigen, oben prismatisehen in der Regel seehsseitigen Zellen von ursprünglich kalkiger Substanz, deren Näpfe naeh Beobachtungen Stolley’s an Cyclocrinus porosus sich in der Mitte zu ganz feinen Röhrchen verschmälern, die ihrerseits mit einem Hohlkörper, der genau die gleiche Form wie der einer Birne oder einer gestielten Kugel gleiehende Hohlkörper von Coelosphaei'idium besitzt, in Verbindung treten. Die Zellen sind naeh außen durch Deckelchen von wechselnder Skulptur gesehlossen. An den Zellendeckeln der Gattung Cyclocrinus sind zwei Schiehten naehgewiesen worden bei Cyclocrinus Roeme^d Stolley, Cyclocidnus Roemeid var. mutahilis Kiesow und Cyclocrinus porosus Stolley. Die obere Schicht der Zellendeckel bildet ein zierliches Maschennetz, während die untere einen deutlich strahligen Bau zeigt. Beiden Schiehten gemeinsehaftlieh sind ein eentraler Skelettring 13 90 imd die Radialleisten, welche also beide Schichten von oben nach unten durchsetzen. Die genaueren Yerhältnisse habe ich bereits oben entwickelt. Bei Qyclocrinus Spaskii (Eichwald) Stolley ist nur eine einzige Schicht, welche ich als strahlige Schicht bezeichnet habe, beobachtet worden; ich sehe dieselbe als die untere Schicht der Zellendeckel an und stütze mich dabei auf die Thatsache, daß bei allen drei vorher genannten Formen der unteren strahligen Schicht eine obere netzartige Schicht entspricht. Daß bei Cyclocrinus Spaskii die netzartige Schicht ursprünglich überhaupt gefehlt haben sollte, dieses halte ich bei dem sonst durchaus ähnlichen Bau der Zellendeckel aller dieser Arten und Varietäten für ausgeschlossen; ich nehme demnach an, daß auch bei Cyclocrinus Spaskii noch eine zweite, obere, netzartige Schicht ursprünglich vorhanden war. Ebenso entspricht nach meiner Auffassung die von Stolley gegebene Darstellung der Zellendeckel seines Cyclocrinus Schmidti der oberen Schicht derselben, unter welcher sich eine untere noch nicht be- obachtete Strahlenschicht befindet. Der Beweis für die Richtigkeit dieser meiner Ansicht wird voraussichtlich im Laufe der Zeit erbracht werden. Bei dem complicirten Bau der Zellendeckel von Cyclocrinus erscheint mir die von Stolley in seiner angeführten Schrift vertheidigte Zugehörigkeit dieser Gattung zu den Siphoneen sehr unwahrscheinlich ; dagegen sind meines Erachtens weit bessere Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Gattung Cyclocrinus dem Thierreich zuzurechnen ist. Nach meiner Ansicht waren über den Maschen der oberen Schicht der Zellendeckel Tentakelchen befestigt, welche Wasser mit Nährstoffen zu dem centralen Hohlringe hinstrudelten. Das Wasser gelangte durch denselben in die Zellen, welche mit den feinen nach dem inneren Hohlraum hin gerichteten Röhrchen als Gastro vascularräume aufzufassen wären. Diesen inneren Hohlraum, welcher die Form einer Birne oder einer gestielten Kugel hat und in welchen die feinen Röhrchen einmünden, fasse ich als gemeinschaftliche Leibeshöhle auf. Ein solcher Organismus würde den Coelenteraten nahe stehen. Die Organisation von Cyclocrmus als diejenige eines thierischen Organismus läßt sich also durchaus ungezwungen erklären. Dagegen erscheinen mir Stolley’s Beweisgründe für die entgegen- gesetzte Ansicht stark gekünstelt; ich wenigstens kann dessen Auffassung von der Siphoneennatur von Cyclocrinus nicht beistimmen. Nochmals will ich mich hier, wo ich die Stellung von Cyclocrinus zu anderen Thiergruppen zu besprechen habe, gegen den von Stolley wieder- holt in seiner Schrift mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Vorwurf verwahren, als ob ich die Gattungen Cyclocrinus^ Coelosphaeridium etc. zu den Cystideen rechnete. Hierbei sind einige Wiederholungen des bereits oben Angeführten im Interesse der Vollständigkeit leider nicht gut zu vermeiden. Die systematische Stellung der Receptaculitiden ist allerdings noch ganz problematisch; über die Zellendeckel von Apidium weiß man nichts Genaues. Die Gattung Coelosphaeridium besaß gewölbte und oberflächlich gelappte Zellendeckel von derber Beschaffenheit; es ist daher bei dem sonst sehr ähn- 14 91 liehen inneren Bau von Coelosphaeridium und Cyclocrinus äußerst wahrschein- lich, daß der Bau ihrer Zellendeckel gleichfalls ein ähnlicher gewesen ist; jedenfalls müssen nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft Coelo- sphaeridium und Cyclocrinus als sehr nahe verwandte Genera gelten, was man von der Gattung Apidium in Bezug auf jene beiden noch nicht mit Sicherheit behaupten kann. Auf pag. 78 meiner Abhandlung ist zu lesen: „auch erinnern die Sternchen der Zellendeckel von Cyclocrinus Spaskiiy da die Strahlen der benachbarten Deckel auf einander trelfen, bis zu einem gewissen Grade an die gestreiften Rhomben bei den Cystideen, und halte ich eine entfernte Beziehung der Gattung Cyclocrinus und der Cyclocrinus nahe stehenden Gattungen zu den Cystideen nicht für ausgeschlossen“. Ferner wies ich (pag. 79) darauf hin, daß bei den Ahnen der in Frage kommenden Gattungen Cyclocrinus etc. möglicherweise nur Täfelchen vorhanden waren, an welche sich vielleicht durch Neubildung Säulchen oder prismatische oder annähernd kegelförmige Zellen angliederten. Wegen des Umstandes, daß bei den Zellendeckeln von Cyclocrinus die Strahlen der benachbarten Deckel auf einander treffen, erschien mir eine entfernte Beziehung der Gattung Cyclocrinus und der Cyclocrinus nahe stehenden Gattungen zu den Cystideen wahrscheinlich. Der Bau der Täfelchen bei den Cystideen ist natürlich im Einzelnen von demjenigen der Zellendeckel von Cyclocrinus sehr abweichend; aber es ist doch recht auffällig, daß (man vergleiche besonders auch die entsprechenden Figuren bei Stolley) zwei benachbarte Felder zweier anstoßender Deckel von Cyclo- erinus in ihrer Strahlenschicht ganz ähnliche Figuren bilden, wie sie bei den Cystideen Vorkommen. Meine Ansicht ging nun dahin, und hierin bin ich durch die Klarlegung des Baues von Cyclocrinus noch bestärkt worden, daß muthmaßlich die Cystideen und Cyclocrinus sowie die Cyclocrinus nahestehenden Gattungen, von welchen ich zunächst die Gattung Coelosphaeridium ins Auge fasse, dieselben Ahnen hatten, welche gestielte und geschlossene kugelförmige oder annähernd kugelförmige Organismen waren und das Charakteristische hatten, daß ihre Oberfläche aus im Allgemeinen sechseckigen gleichartigen Täfelchen gebildet wurde, deren Kalkgerüst von strahliger Beschaffenheit und derartig angelegt war, daß durch Divergenz sich aus ihnen eiuerseits Täfelchen vom Typus der Cystideen und andererseits Täfelchen ähnlich den Zellendeckeln von Cyclocrinus und der diesem zunächst stehenden Gattungen entwickeln konnten. Fangarme wie bei den Cystideen waren, so nehme ich an, noch nicht vorhanden; ebenso fehlten Mund und After; alle diese Organe wurden von den Cystideen erst später erworben; dagegen traten durch die Täfelchen dieser hypothetischen Organismen wahrscheinlich Pseudopodien hindurch, welche die Ernährung besorgten; denn ich halte es auch für wahrscheinlich, daß die Trennung von Cystideen nnd Cyclocriniden, wie ich sie nennen will, anfing sich zu vollziehen, als die gemeinschaftlichen Ahnen beider sich noch im 15 92 Foraminiferen-Stadium befanden. Die Rölirenzellen von Coelosphaeridium und die Zellen von Cyclocrinus nebst ihren röhrenförmigen Fortsätzen nach dem inneren Centralkörper hin, sowie diesen selbst, halte ich natürlich gleichfalls für Neubildungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach entwickelten sich dann aus den Pseudopodien der Urform, wenn diese nicht bereits die derberen Tentakelchen besaß und demnach bereits einem höheren Thierstadium angehörte, welche Frage man als eine offene gelten lassen muß, bei Cyclocrinus etc. Tentakelchen; denn ich halte es bei der Größe der von mir beobachteten Maschen der oberen Zellendeckelschicht für wahrscheinlicher, daß sie kleine Tentakeln ge- tragen haben, als daß sie zum Durchtritt für Pseudopodien dienten. Schließ- lich möchte ich noch darauf hinweisen, daß bei der Annahme, die gemein- schaftlichen Ahnen der Cystideen und Cyclocriniden hätten sich im Foraminiferen- Stadium befunden, andererseits auch wohl noch anzunehmen ist, daß jene von verhältnißmäßig geringer Größe gewesen sind. Ueber die Form des Stiels des inneren Hohlkörpers eines Exemplars von Coelosphaeridium cyclocrinophilum aus dem hellgrauen dichten, etwas kicseligen Kalk von Zoppot xmi Illaenus RoemeriYow., Apidium Krausei Kiesow sp. etc., welcher zu den jüngeren Coelosphaeridienkalken gehört, will ich hier noch eine kleine Mittheilung machen. An einem die Mitte des Stieles ziemlich genau treffenden Schnitt (Längsschliff) läßt sich er- kennen, daß sich der Stiel zunächst allmählich nach außen hin ver- dünnt; nicht weit vom Außenrande der Versteinerung verengt sich dann die Stielröhre plötzlich und zieht sich zu einer Spitze in der Weise zusammen, daß die Seiten derselben im Längsschliff einen Winkel von etwa 95® bilden. Die Wände der Röhre sind hier recht dünn«, Dem Ende dieser Spitze ist eine andere mit jener ungefähr gleich lange sehr feine und nicht hohle Spitze aufgesetzt, welche in unserem Falle nicht genau in der Längsachse des Stieles gelegen ist und sich, allmählich dünner werdend, bis zum Außenrande der Versteinerung hinzieht (s. unsere Fig. 5). In der nächsten Nähe dieses Punktes haben wir die Anheftungsstelle des Fossils zu suchen. Diese meine Beobachtung steht mit denjenigen Stolley’s (s. pag. 182 (6) seiner Abhandlung aus dem Jahre 1896) in Widerspruch. St. sagt auf pag. 182 unten: „Zunächst halte ich es für nothwendig zu betonen, daß auch ich in allen genauer untersuchten Fällen einen Durchtritt des gewöhnlich etwas excentrischen Hohlraums nach außen beobachtet habe ; ich bin daher zu der Annahme gezwungen, daß nie eine innere, rings geschlossene Kugel vor- handen war, sondern stets eine solche Verbindung nach außen bestand.‘‘ Auch ich war früher derselben Ansicht wie Stolley, da die mir vorliegenden Exemplare diese Auffassung zu unterstützen schienen. Meine Beobachtung an dem Exemplar von Zoppot läßt jedoch nur die Deutung zu, daß der Stiel des Hohlkörpers dicht an der Außenfläche der Versteinerung sich plötzlich zu einer Spitze verengt und hier geschlossen ist. 16 93 Gegen meine Annahme einer Intercellularsubstanz zwischen den Röhren* zellen von Coelosphaeridium cyclo er inopliilum verhält Stolley sich (s. pag. 184) im Allgemeinen ablehnend; ich glaubte (s. pag. 75 meiner Abhandlung) nur so die sehr verschiedene Dicke der Kalksubstanz zwischen den Ausfüllungen der Röhrenzellen erklären zu können, bin auch heute noch derselben Ansicht. Die von Stolley auf pag. 184 vorgebrachten Beobachtungen sprechen ebenso gut für wie gegen meine Ansicht* Wären aber wirklich röhrenartige Lücken zwischen den Röhrenzellen vorhanden gewesen, so müßten diese mit der Masse des einschließenden Gesteins angefüllt sein, was meines Wissens nicht be- obachtet ist. Zu Apidium Krausei Stolley ist zu bemerken, daß diese Art von meinem Pasceolus Krausei (jetzt als Apidium Krausei Kiesow sp. zu bezeichnen) ver- schieden ist und neu benannt werden muß. Bei Apidium Krausei Kiesow sp. konnte ich trotz aller aufgewandten Mühe am Scheitel keine Einsenkung ent- decken. Für die Verschiedenheit beider Formen spricht auch der Umstand, daß die von mir beobachtete Form in einem jüngeren Coelosphaeridienkalke, welcher etwa das Alter der Lyckholmer Schicht besitzt, gefunden worden ist, während Stolley von der seinen auf pag. 262 sagt: Apidium Krausei findet sich in Geschieben , von Coelosphaeridien-Gestein der JEWE’schen Zone des baltischen Rußlands.‘‘ Lang fuhr, im April 1899. Erklärung der Figuren. Fig. 1. Cyclocrinus Roemeri Stolley aus Wesenberger Gestein von Spengawsken; obere Schicht eines Zellendeckels in lOfacher Ver- größerung. Fig. 2. Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis Kiesow von Hohenholm auf Dagö; untere Schicht zweier Zellendeckel in 11 facher Vergrößerung. Fig. 3. Cyclocrinus Roemeri var. mutahilis Kiesow von Hohenholm auf Dagö; Zellen der Oberflächenschicht, a) natürliche Größe, b) ver- größert. Fig. 4. Cyclocrinus porosus Stolley; untere Schicht eines Zellendeckels, vergrössert. (Copie nach Stolley.) Fig. 5. Coelosphaeridium cyclocrinopliilum F. Roemer von Zoppot; Stiel des inneren Hohlkörpers mit einem Rest des kugeligen Theiles (letzterer ist durch Punktirung ergänzt) in 3 facher Vergrößerung. 17 94 Bericht über die ) i Thätigkeit der Elbinger Alterthumsgesellschaft in den Vereinsjahren 1894/1899. i Diese Berichte haben mehrere Jahre hindurch aus verschiedenen Gründen eine Unterbrechung erfahren, weshalb jetzt eine zusammenfassende Darstellung über diesen ganzen Zeitraum erfolgt. Ueber die innere Geschichte der Gesellschaft während dieser Zeit ist mehreres zu berichten. Da im Herbst 1894 Herr Gymnasial-Oberlehrer Augustin, unser lang- jähriger Bibliothekar, vom hiesigen Königl. Gymnasium an das Königl. Gymnasium nach Danzig versetzt wurde, trat an dessen Stelle Herr Prof. Dr. Kausch vom Königl. Gymnasium als Bibliothekar in den Vorstand, der : seitdem aus folgenden Herren bestand: Dr. Robert Dorr, Professor am Realgymnasium, Vorsitzender, Carl Horn, Justizrath, Stellvertreter des Vorsitzenden, Dr. Eduard Kausch, Professor am Königl. Gymnasium, Bibliothekar, Arthur v. Schack, Rittmeister a. D., Schriftführer, Bruno Sieg, Kaufmann, Kassenführer. Als im Frühjahr 1895 das alte Polizei-Gebäude am Alten Markt mit dem Stadtverordneten-Saal, in dem wir bisher getagt hatten, abgebrochen wurde, mußte sich unsere Gesellschaft einen anderen Versammlungsraum suchen. Sie tagte zunächst während des Winters 1895/96 in einem Zimmer des Gewerbe- hauses (Kehrwiederstraße), und seitdem im großen Saal des Hauses des Gewerbe- vereins (Spieringstr. 10); in einem Nebenzimmer ist die Bibliothek der Gesell- schaft aufgestellt, die gegenwärtig 200 Werke umfaßt. Am 12. November 1898 feierte unsere Gesellschaft das Fest ihres 25 jährigen Bestehens. Zunächst fand um 7 Uhr Abends eine Festsitzung im kleinen Saal des Gewerbe- Vereinshauses statt, welche der Vorsitzende Prof. Dr. Dorr durch eine Ueber- sicht über die bisherige Geschichte des Vereins einleitete. Darauf beglück- wünschte die Gesellschaft zunächst Se. Excellenz der Ober-Präsident von Westpreußen D. Dr. v. Gossler, dann im Aufträge des Herrn Landeshaupt- manns und der Provinzial-Commission, sowie in seiner Eigenschaft als Director 1 95 des Westpr. Provinzial-Museums und als Secretär der Naturforsclienden Ge- sellschaft in Danzig Prof. Dr. Conwentz, ferner Archivar und Privatdocent Dr. Ehrenberg seitens der Alterthumsgesellschaft Prussia in Königsberg, Prof. Dr. Jentzsch namens der Physikal.-ökonomischen Gesellschaft, Gymnasial- Director Dr. Anger, Vorsitzender der Graudenzer Alterthumsgesellschaft, im Namen der letzteren, und Oberbürgermeister Elditt seitens der Stadt Elbing, worauf Prof. Dorr die zahlreich eingelaufenen Gratulationen aus anderen Städten und dem Auslande mittheilte. Um 8 Uhr fand die Festtafel im großen Saal statt, die durch zahlreiche ernste und launige Toaste gewürzt wurde und die Theilnehmer bis Mitternacht in heiterster Stimmung beisammenhielt. Am nächsten Tage fand um 1 1 Uhr Vormittags eine Besichtigung des städtischen Museums statt, worauf ein Frühschoppen in Eauch’s Hotel das schöne Fest beschloß. Kurz vor dieser Jubelfeier war dem Vorsitzenden der Gesellschaft Prof. Dr. Dorr von Sr. Majestät dem Kaiser der Rothe Adlerorden vierter Klasse verliehen worden. Zwei Festschriften waren von der Elbinger Alterthumsgesellschaft bei dieser Gelegenheit veröffentlicht worden: 1. Die Gi'äberfelder auf dem Silberberge bei Lenzen und bei Serpin, Kreis Elbing, aus dem V. — VII. Jahrhundert nach Christi Geburt. Von Prof. Dr. R. Dorr, mit 3 Tafeln und 7 Textfiguren. Elbing, Commissiousverlag von C. Meissner, 1898. 2. Kurze Geschichte der Elbinger Alterthumsgesellschaft (1873 — 1898), nebst Mittheilungen über das Städtische Museum und die CoNVENT-Sammlung. Von Prof. Dr. R. Dorr. Elbing, Commissions verlag von C. Meissner, 1898. In der Generalversammlung am 15. Dezember 1898 wurde Prof. Dr. CoNWENTZ -Danzig zum Ehrenmitgliede der Gesellschaft ernannt. Folgende Vorträge wurden in den Vereinssitzungen im obengenannten Zeitraum gehalten: Am 29. November 1894: Prof. Dr. Dorr: Nachgrabung beim Burgwall Lenzen, sowie Entdeckung eines neuen Begräbnißplatzes am Karlsberge bei Panklau. Am 13. December 1894: Rittmeister v. Schack: Josias v. Rantzau (1609 bis 1650). Ein deutsches Kriegerleben aus der Zeit des 30 jährigen Krieges. Am 1. Januar 1895: Prof. Dr. Conwentz- Danzig: Ueber seine Reise nach Russland und Finland. (Zu dieser Sitzung hatte die Alterthums- gesellschaft gemeinsam mit dem Gewerbe-Verein und dem Kauf- männischen Verein eingeladen.) Am 9. Mai 1895: 1) Prof. Dr. Dorr: Prähistorische Bedeutung von Willen- berg und Braunswalde. 2) Derselbe: Besuch im Danziger Provinzial- Museum. 3) Derselbe: Ueber Herkunft der Arier. Am 22; November 1895: Prof. Dr. Dorr: Rückblick auf die Forschungen der jüngsten Zeit. Details über neuere Funde (Silberberg bei Lenzen, Serpin, Karlsberg bei Panklau). 2 96 Am 6. Februar 1896: Prof. Dr. Kausch: lieber Pompeji. Am 12. März 1896: 1) Dr. OEHLSCHLAEGER-Danzig: Fahrt Wulfstans von Haethun nach Truso. 2) Prof. Dr. CoNWENTZ-Danzig: Das vor- geschichtliche Boot von Baumgarth a. d. Sorge. Am 19. November 1896: Prof. Dr. Dorr: Untersuchung mehrerer Hügel- gräber im Dörbecker Walde und dem daran grenzenden städtischen Rakauer Forst. Am 3. December 1896: Prof. Dr. CoNWENTZ-Danzig: üeber die vorgeschicht- lichen Moorbrücken im Thal der Sorge. Am 11. Februar 1897: 1) Prof. Dr. Dorr: Besuch des Provinzial-Museums. 2) Derselbe: Ausgrabungen des Director Dr. Anger im Kreise Schweiz (Grutschno-Topolno). 3) Derselbe: Gräberfeld bei Hansdorf. Am 29. April 1897: Prof. Dr. Kausch: Die Ruinen Roms. Am 2. December 1897: Prof. Dr. Dorr: üeber Verbreitung der Hallstatt- funde in unserer Umgebung, im Anschluß an diesjährige Unter- suchungen. Am 3. März 1898: Rittmeister v. Schack: Untergang des Templerordens. Am 12. November 1898: 25jähriges Stiftungsfest. Am 26. Januar 1899: Prof. Dr, Dorr: üeber die vom Westpr. Provinzial- Museum herausgegebenen prähistorischen Wandtafeln. Am 13. April 1899: 1) Prof. Dr. Dorr: Ueber neuere Funde aus der Stein- zeit in der Umgegend von Elbing. 2) Prof. Dr. GoNWENTZ-Danzig: Die steinzeitlichen Ansiedlungen in Westpreußen. Prähistorische Nachforschungen. 1. Neolithische Periode. Die Küchenalbfallhaufen bei Tolkemit. Die Haffküste macht hinter Tolkemit eine Biegung nach Nordost. Der Plateaurand fällt hier steil ab, fast bis zum Spiegel des Haffs, so daß nur ein schmaler, flacher Küstensaum übrig bleibt, über welchen jetzt die Haffuferbahn führt. Am oberen Rande des stellenweise 20 m und darüber aufsteigenden Abhangs zogen sich die Küchenabfallhaufen von Tolkemit hin, von denen heute nur noch wenige Spuren vorhanden sind. Im Sommer des vorigen Jahres (1898) wurde hier der Bahndamm geschüttet (die Stelle wird „Schweineläger^^ genannt), und zu diesem Zweck mußte, etwa 2 km von Tolkemit entfernt, durch den Abhang ein Einschnitt gelegt werden, der eine bis dahin noch nicht berührte neolithische Culturschicht durchsetzte und zahlreiche Scherbeufunde zum Vor- schein brachte; außerdem wurden auch drei Skelette von den Arbeitern unmittelbar unter der Culturschicht aufgefunden. Der eine Schädel, ohne Unterkiefer, ist in das Westpr. Provinzial-Museum gelangt; einen zweiten Schädel, ebenfalls ohne Unterkiefer, erhielt ich für das Elbinger Museum; den dritten haben die Arbeiter angeblich in das Haff versenkt. Diese Skelett- 3 97 funde interessirten mich lebhaft, doch vermochte ich nicht mehr volle Klarheit darüber zu erlangen, ob die Culturschicht über den Skeletten unberührt gewesen war, oder ob man sie behufs der Bestattung einst durchgraben hatte. Im erstem Falle mußten die Skelette von Leuten der Steinzeit herrühren, was diesen Funden eine besondere Wichtigkeit verliehen hätte. In der Hoffnung nun, vielleicht noch ein Skelett zu entdecken und die Fimdumstände dabei genau feststellen zu können, ließ ich dort arn 19. — 23 Juli eine umfangreiche Nachgrabung ausführen, die leider keinen neuen Skelettfund brachte, aber ein sehr reiches neolithisches Scherbenmaterial lieferte. Es wurden mehrere Hundert verzierte Scherben gefunden, die meisten mit dem für die Elbinger Gegend charakteristischen Schnurornament. Besonders interessant waren die Ueberreste von zwei Urnen mit Leichenbrand, deren Technik von der der neolithischen Gefäße auch in der Art der Verzierung abweicht, und welche be- weisen, daß man dort bereits zu der späteren Bestattungsart übergegangen ist. Von Schmuckgegenständen kamen an der einen Stelle cylindrische Bern- steinperlen und eine dünne Bernsteinlinse von violinstegartiger Form mit einer Durchbohrung an dem einen Ende, die zur Hälfte fortgebrochen ist, zum Vorschein; ferner von Gegenständen von Stein ein zierlicher Hohlmeißel aus Grünstein und ein größerer dreieckiger Schleifstein (0,4o m Seitenlänge) aus feinkörnigem Sandstein, Der im Elbinger Museum befindliche Schädel hat einer noch jugendlichen Person von 20 21 Jahren angehört, da die hintersten Backenzähne erst im Hervorbrechen begriffen sind. Seine größte Länge beträgt 174 mm; die größte Breite 140 mm, mithin der Längen- breitenindex 80,2; er ist daher bereits brachycephal. Pie Augenhöhlen sind rund (35x35 mm). Der Danziger Schädel, den ich im vorigen Winter sah, ist dem Anschein nach ebenfalls brachycephal und gehörte einem Erwachsenen, wohl einem Manne, an. Die übrigen Skelettreste des Danziger und des dritten verloren gegangenen Schädels, darunter ein Unterkiefer, welche der Todtengräber von Tolkemit in der Nähe der Stelle, wo ich graben ließ^ verscharrt hatte, wurden gleichfalls aufgefunden und werden im Elbinger Museum aufbewahrt. Ich habe leider keine volle Sicherheit über die Fundumstände, die bei der Bloßlegung dieser 3 Skelette obwalteten, schaffen können. Da jedoch die Arbeiter, welche bei der Auffindung zugegen waren, wie oben erwähnt, über- einstimmend aussagten, daß alle drei unmittelbar unter der neolithischen Cultur- schicht lagen, so neige ich zu der Ansicht hin, daß wir es hier mit Ueber- resten von Menschen aus der Steinzeit Westpreußens zu thun haben. Eine genaue Messung dieser Schädel durch einen Fachmann wäre sehr erwünscht, Lärchwalde. Das Gelände dieser 5 km nördlich von Elbing gelegenen Ortschaft hat bereits in früheren Jahren manche neolithische Funde geliefert, welche in den Jahresberichten unserei* Gesellschaft beschrieben sind (vergl. Schriften 4 7 98 der Naturf. Gesellschaft in Danzig N. F. VII. Bd. 2. Heft, 1889, S. 144; 3. Heft, 1890, S. 40, 41). Von dem dort gelegenen Landstück an der Hoppen- bäk, ferner von dem Sandberge des Herrn Fietkau, jetzt Herrn Krause gehörig, überbrachte mir der Gärtnerlehrling Rudolf in den letzten Jahren zu wiederholten Malen neolithische Scherben, Feuersteinschaber, resp. Splitter, und verschiedene Steinhämmer und Steinmeißel, die er dort, nachdem sie vom Pfluge an die Oberfläche gebracht oder vom Winde ausgeweht waren, gesammelt hatte. Die Scherben zeigen dieselbe Technik und dieselben Verzierungen wie die aus den Tolkemiter Küchenabfällen, während auf dem 15 km südw. von Elbing gelegenen Eichberg bei Katznase (vergl. Schriften der Naturf. Gesell- schaft in Danzig N. F. VII. Bd. 2. Heft, 1889, S. 143) bereits mehrfach eine abweichende Art der Verzierung auf den neolithischen Scherben hervortritt, 2. Hallstatt-Periode. Hügelgräber im Dörbecker Walde und im Städtisclien Hakauer Forst. Die Hügelgräber in der Elbinger Umgegend haben meines Wissens alle . bereits in früherer Zeit das böse Schicksal gehabt, von unkundiger Hand ausgeraubt zu werden. Auf Grabfunde ist daher bei Untersuchung der noch vorhandenen Ueberreste kaum zu rechnen; die centralen Steinkisten sind sämmtlich schon zerstört, höchstens findet man zuweilen eine seitliche, spätere Begräbnißstelle. Doch läßt sich durch eine Untersuchung noch manches über den inneren Bau der Gräber erfahren. Außerdem ist es auch von Werth die Lage der vorhandengewesenen Hügelgräber festzustellen. So constatirte ich 1892 östlich vom Fuchsberg bei Kadinen im Gelände der Rehberger Forsten die Ueberreste von 5 durchschnittlich je 250 Schritt von einander liegenden Hügelgräbern und entdeckte 1893 in dem Ueberrest des sogenannten Hünengrabes noch zwei im Westrande desselben befindliche Gefäße mit gebrannten Knochenresten in einer bereits stark verschobenen Steinkiste (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig N. F. VIII. Bd. 3. Heft). Die nämlichen Zwecke verfolgte ich 1896 in dem Dörbecker Walde östlich der Chaussee nach Tolkemit und dem daran stoßenden Städtischen Rakauer Forst. Die im Dörbecker Walde untersuchten Reste zweier Hügelgräber, dem Hofbesitzer Herrn BiNDiNG-Dörbeck gehörig, ließen nur noch wenige Spuren des einstigen innern Steinbaus erkennen, einige kleine werthlose Scherben- brocken kamen zum Vorschein. Interessanter waren die Feststellungen in den HügelgräbeiTi des Rakauer Forstes, die sich in gewissen Abständen in der Richtung von West nach Ost an jene anschlossen. Von diesen zeigten die beiden zuerst untersuchten auf dem gewachsenen Boden noch ein zu- sammenhängendes horizontales Steinpflaster und auf dessen Nordostende je eine Stelle, die als Verbrennungsplatz gedient haben muß, da sie mit einer dünnen Lage von Asche und Holzkohlengrus bedeckt war, in der sich hier ö 99 und dort noch einige gebrannte Knochenreste befanden. Das zweite dieser Gräber war an einer etwas abschüssigen Stelle errichtet, und zeigte dem ent- sprechend eine besondere Bauart. Der Hügel enthielt zwei rundliche Stein- pflaster aus Kopfsteinen. Das untere, ziemlich horizontale, nur gegen Süden, der Bodensenkung folgend, etwas geneigte Steinpflaster bildete das Fundament des ganzen Baues; darüber lagerte eine Erdschüttung von 0,75 m Dicke. Dann folgte die zweite Steinlage, welche der beabsichtigten Böschung entsprechend kleiner und nach der Mitte zu gewölbt war. Hierüber war die kegelförmige Spitze aus Erde aufgeschüttet. Um nun den Hügel auf dem nach Süden abschüssigen Terrain gegen Gleiten zu schützen, hatte man den äußeren Rand der beiden Stein- pflaster zickzackartig erweitert^ so zwar, daß die Zacken der oberen Steinlage mit ihren Spitzen gegen die Einbuchtungen der unteren Steinlage gerichtet waren. Außerdem hatte man auf der abschüssigen, der Südseite, im Niveau des unteren Steinpflasters diesem noch beträchtliche unregelmäßige Steinlagen, darunter einzelne kolossale Steinblöcke vorgelagert. Der Umfang des unteren fundamentalen Steinpflasters betrug 36 m, des oberen 13 m; die Höhe des Hügels auf der Nordseite U/g, auf der Südseite 2 m. Die Mitte war von oben her bereits bis zur Tiefe von 1 m ausgehoben und die centrale Steinkiste mit der Grab- urne nicht mehr vorhanden. Ein dritter, ostwärts von den beschriebenen gelegener Hügel war bereits so stark zerstört, daß über etwaige Besonder- heiten seiner Bauart nichts zu berichten ist. Wie die oben erwähnten 5 Hügel- gräber in dem Rehberger Forst in einer von Norden nach Süden gelegenen Reihe lagen, so zeigten diese 5 Hügel im Dörbecker und Rakauer Walde ebenfalls eine reihenförmige Anordnung in der Richtung von West nach Ost, nur lagen sie näher aneinander, in Abständen von etwa .je 50 m. Ueberreste einer Wohnstätte unter der Aufschüttung des Lenzener Burgwalls (Hünenbergs). Die dort unter dem Burgwall aus der Pruzzenzeit befindliche alte Cultur- schicht aus der Hallstatt-Periode habe ich zu verschiedenen Malen untersucht, 1892, 1894(vergl. Schriften der IS aturf Gesellschaft in Danzig, N.F.IX.Bd. l.Heft). Eine letzte Nachforschung führte ich hier im Sommer 1897 aus. Ich ließ die Schicht dort weiter bloßlegeu, wo ich 1894 damit aufgehört hatte, unter dem nordwestlichen Theile des Walls. Es war dazu nöthig, die Aufschüttung zu entfernen, um die alte Abfallschicht freizulegen. Daher war die Untersuchung sehr mühsam, doch ließ ich dieselbe so lange fortsetzen, bis der alte Abfall- haufen sich fast ganz uneigiebig erwies. Zu ähnlichen Funden, wie sie 1894 bereits gemacht waren, kamen interessante neue hinzu. Dazu gehörten einmal zwei größere Fragmente von Thougefässen mit rundlichem Boden ohne Stehfläche, eine Form, welche eine Anzahl von Hallstattgefäßen aus den Steinkistengräbern südlich vom Elbinger Bahnhof zeigt. Damit war die Zugehörigkeit der Abfallschicht zur Hallstattzeit noch sicherer bewiesen als durch die bisherigen Funde. Das 6 7* 100 wichtigste Stück war ein kleiner bronzener Armring aus mittelstarkem Bronze- draht. Herr Stadtrath l)r. HELM-Danzig, der die Metalllegierung dieses Ringes untersuchte, fand in demselben 89 % Kupfer, 9 % Zinn, 1 % Antimon, 1 % Blei, Das war fast dieselbe Zusammensetzung, welche die Bronzen aus den genannten Steinkistengräbern besitzen. Das in einem solchen Grabe gefundene Fragment eines bronzenen Ringhalskragens enthält nach Dr. Helm bei 88 % Kupfer 7 % Zinn. Zink fehlt in beiden Stücken ganz, tritt dagegen statt des Zinns in unseren römisclien Bronzesachen auf. Somit darf die alte Ciilturschicht unter dem Lenzener Burgwall zuverlässig als aus der Hallstattzeit (300—400 Jahre v. Chr. Geburt) herrührend betrachtet werden. Daß diese alte Abfall- schicht auch noch an anderen Stellen unter der Wallschüttung vorhanden ist, darf mit Sicherheit angenommen werden; doch es ist ihr in Zukunft nicht weiter beizukommen, was davon noch vorhanden ist, liegt zu tief. 3. Römische Periode. Im October des Jahres 1894 war auf einem Feldstück auf der Westseite des Karlsberges bei Panklau ein ürnenfund mit Beigaben aus der Römischen Periode ausgepflügt worden, welche die Alterthumsgesellschaft erwarb (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig, N. F. IX. Bd. 1. Heft, 1895. Eine genauere Untersuchung, die ich dort im Jahre iS9ö anstellte, verlief resultatlos. Es wurde kein neuer Fund gemacht, und es scheinen dort nur ein paar ver- einzelte Grabstellen sich befunden zu haben. Ein interessanter Münzfund aus der Römischen Periode wurde 1898 ge- macht. Ein Arbeiter aus der Elbinger Niederung, dessen Name und genauer Wohnort nicht mehr zu ermitteln war, fand in einem Garten beim Graben einen Goldsolidus des byzantinischen Kaisers Anastasius’ I. Er verkaufte das Goldstück in Elbing, und aus dritter Hand erwarb es unsere Gesellschaft. — Die Vorderseite der Goldmünze zeigt das Brustbild des Kaisers mit Helm und die Umschrift D, N. ANASTASIVS P. F. AVG. — Die Rückseite zeigt eine geflügelte Gestalt mit Kreuzstab und die Umschrift VICTORIA AVG. GGG, im Abschnitt COMOB. — Das 4,25 g wiegende Stück ist sehr wohl erhalten. Anastasius regierte von 491 — 518 nach Chr. G. Es ist dies unsere jüngste römische Münze, welche beweist, daß bis zum Anfang des VT. Jahrhunderts Handelsbeziehungen der Elbinger Gegend zum oströmischen Reich bestanden haben. 'i. Fünftes bis siebentes Jahrhundert n. Christi Geburt. Der Silberberg bei Lenzen. Bereits in den Jahren 1892/93 war ein größeres Gräberfeld aus diesem Zeit- raum auf dem Silberberge bei Lenzen sehr sorgfältig und planmäßig untersucht worden (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig N.F. VIII. Bd. 3. Heft), 7 101 doch hatte die üntersuchuug damals noch nicht zu Ende geführt werden können. Dies geschah im Jahre 1895. Ferner untersuchte ich damals den üeberrest eines größeren Begräbnißplatzes aus derselben Zeit bei Serpin (Kreis Elbing). Da in der oben erwähnten Festschrift diese beiden Gräberfelder erschöpfend behandelt worden sindj so genügt es an dieser Stelle auf jene Darstellung zu verweisen. Elbing, im Juli 1899. Prof. Dr. R. Dorr, Vorsitzender der Elbinger Alterthumsgesellschaft. Schriften der Naturforsch. Gesellsch. in Danzig. N. -F. Bd. X. H. 1. Taf. I f i. Ü[8!{ÜDBI{ ’^UHCR, ‘iÜAmiS. Q 49 N285 NH M; »I; ■' vfc' 'I »I 'fr,. DER NATUEFORSCHENDEN GESELLSCHAFT ^ [ Jv IN DANZIG. MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. 190So COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. MI Bitte die d. Seite dieses Umschlages zu hijaciiieii. ‘'i 4 ' I üoC 't3 SCHRIFTEN DER NATUßFOESCHENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. (☆ MAY 1 4 1926 ‘'-i^OiVAL NEUE EOLCxE. ZEHNTEN BANDES VIERTES HEFT. (HIERZU TAFEL I.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTÄGES HERAUSGEGEBEN. ÖAINZIO lOOta. COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. n. or ■ '7Je'a3 CCOC <^ C4D t c o « O c « c V' « t C .V < ' 1- ■ ' . , . .. Inhalt. Seite 1. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1901 ... I 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1901 . VIII Oehlschläger: Nekrolog auf Heinrich AbbegYIII; Evers: über Wesen und Bedeutung des Eeleplionograplien X; S. Meyer; Hypnotismus und Spiritismus im Lichte der wissenscliaftliclien Forschung XH; Dahms: zur Kenntniß der chemischen Constitution des Bernsteins XHI; Conwentz: Sula hassana Gray aus dem Kreise Laiienburg i. Pomm. XIV; Heecke: die Eiszeit im Ganzen, als geologische Epoche, nach ihrer Ursache, Dauer und Wirkung XIV; Conwentz: „Ferdinand Cohn, Blätter der Erinnerung“ XVI; Ganske: eine Osterreise in die Klöster des Hagion Oros (Athos) XVII; Conwentz: Nachruf für Professor Dr. J. Kiesow XVHI; Bail; über androgyne Blütenstände und über Pelorien XX; Bail: Blütenbildung von Collinsia bicolor und Be- merkimgen über die Unvollkommenheit des natürlichen Pflanzensystems XXIH; Oehlschläger; über Teredo navalis XXIH; Berent: Allerlei Fremdkörper im Auge des Menschen XXHI; Evers: Ueber die Ausnützung der Wasser- kräfte mit Hilfe der Elektricität, unter besonderer Bezugnahme auf die Kraftübertragungswerke Eheinfelden XXVII; Schumann: Nekrolog auf S. S, ScHULTZE XXX; Helm: neues Verfahren zur Enteisenung von Grund- wasser XXXIH; Kunath: die Anwendung des HELM’schen Verfahrens bei dem neuen städtischen "Wasserwerk an der Steinschleuse XXXVI; Conwentz: Zur Erinnerung an A. Treichel -Hoch Paleschken XXXVI; Ahrens: die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung XXXVH; Reinicke: „Nordatlantische Wetterausschau“ XL; Conwentz: Die Flora der Moore XLII; Barth: die Chirurgie des Herzens XLII; S. Meyer: die Entwickelung des Nervensystems und der Sinnesorgane XLIV; Dahms: eigenartige Licht- erscheinungen XLV. 3. üebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1901 behandelten Gegenstände XLIX 4. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section 1901 LH 5. Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie 1901 LIII 6. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section 1901 . . LIV 7. Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des "Vestpreußisclien Fischereivereins 1901 LVII 8. Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege 1901 LIX 9. Verzeichniß der im Jahre 1901 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher LX 10. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1901 LXXIV 11. Vermögensbestand der Naturforschenden Gesellschaft am L Januar 1902 LXXVI 12. Mitglieder -Verzeichniß der Gesellschaft, ihrer Sectionen und des Vorstandes LXXVII VI Seite Abhandlungen. 13. Zwei Reiseberichte Gustav Radde’s aus der Krinim vom Mai und November 1852 . 1 14. Bericht über die vierundzwanzigste Wander-Versammlung des West- preußischen Botanisch-Zoologischen V ereius zu Graudenz, am 28. Mai 1901 22 Allgemeiner Bericht 22 Bericht über die geschäftliche Sitzung 23 CoNWENTZ, Geschäftsbericht für 1900/1901 24 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung 29 Bail. Umschau in der Ordnung der Hülsengewächse 31 Grott, Ausstellung botanischer und zoologischer Lehrmittel 34 Eehberg. Ueber die schädlichen Insecten unserer Getreidearten und ihre Be- kämpfung 35 Schmidt. Ueber das Wetterschießen 30 Helm. Bei Danzig gesammelte eingeschleppte Pflanzen 37 Helm. Ueber die unter dem Kollektivnamen „Berjistein“ vorkommenden fossilen Harze 37 Scholz. Seltene Pflanzen aus der Umgegend von Marienwerder 45 CoNWENTZ. Bemerkenswerthe urwüchsige Bäume und Bestände im Kreise Graudenz 4.5 Henrici. Ueber die Bedeutung der Vogelwelt Westpreußens 49 Peil. Botanische Mittheilungen 61 Bericht über die Excursionen 62 15. Anlagen zu dem vorgenannten Bericht 64 A. Rehberg, A., Schädliche Insecten Westpreußens und deren Bekämpfung. 1. Die wichtigsten Schädlinge unserer Halmfrüchte. Mit 54 Einzel- bildern in 10 Textfiguren 04 B. Henrici, F., Beiträge zur Ornis Westpreußens. 1. Zarnowitzer See und Umgebung 82 C. Löns, H., Botanische Erinnerungen aus dem Kreise Deutsch Krone . . . 94 16. Gleichgewncht und Stabilität eines schwimmenden homogenen Würfels Mit einer Tafel (Tafel I). Von Professor E. Scheeffer .... 97 17. Die Chirurgie des Herzens. Von Professor Dr. Barth 124 Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1901. Erstattet von dem Director derselben, Professor A. MOMBER, am 3. Januar 1902. Meine Herren! Den Jahresbericht beginne ich, wie immer, mit dem Gedenken der in diesem Jahre gestorbenen Mitglieder der Gesellschaft. Von unseren Corre- spondirenden Mitgliedern starben die Herren HAZELius-Stockholm, Hartig- München und vor BoRRiES-Halle. In der Sitzung der Anthropologischen Section am 23. Oktober hat unser Secretär Herr Conwentz dem verstorbenen Dr. Arthur Hazelius, den unsere Gesellschaft zum 25jährigen Bestehen des Nordischen Museums zu Stockholm zum Correspondirenden Mitgliede ernannte, einen warmen Nachruf gewidmet, ln dem Nordischen Museum und in dem Ende der 80er Jahre ebenfalls von ihm gegründeten Freiluftmuseum auf Skansen unweit Stockholm hat Hazelius eine Fülle von Gegenständen zu- sammengebracht, welche das ganze Leben des schwedischen Volkes aus ver- schiedenen Zeiten veranschaulichen. Durch seine vielen Reisen durch nahezu alle Theile Schwedens kannte er Wohnungen, Sitten und Gebräuche des Volkes wie kein Anderer; ebenfalls aber wie kein Anderer hat er es verstanden, den Staat und die communalen Behörden Schwedens, wie alle Schichten der Be- völkerung für seine Ideen zu erwärmen und für seine groß angelegten Samm- lungen stets die nothwendige Unterstützung an Geldmitteln zu finden, sodaß man ihn scherzweise den „größten Bettler Schwedens“ genannt hat. Wir wollen hoffen, daß seine Schöpfungen in seinem Geiste werden weitergeführt werden. ' Robert Hartig entstammt einer alten forstlichen Familie Braunschweigs und hat sich hervorragende Verdienste um die Kenntniß der Waldbäume, namentlich deren Krankheitserscheinungen, erworben. Br wirkte zuerst an der Forstakademie Eberswalde und dann an der staatswissenschaftlichen Facultät der Universität München, wo er das durch reichhaltige Sammlungen ausgezeichnete forstbotanische Institut begründete. Eine beträchtliche Anzahl 1 II preußischer und baierischer Forstmänner verdanken ihm ihre botanische Bildung, aber auch zahlreiche Ausländer gehörten zu seinen Schülern. Unsere G-esell- schaft ernannte ihn bei Gelegenheit ihres 150jährigen Jubiläums zu ihrem Correspondirenden Mitgliede. Bei derselben Gelegenheit wurde auch Herr Oberst a. D. von Borries zum Correspondirenden Mitgliede ernannt. Den älteren Mitgliedern der Ge- sellschaft ist er eine wohlbekannte Persönlichkeit. Als Director der hiesigen Gewehrfabrik war er von 1859 bis 1867 einheimisches Mitglied und als solches besonders thätig für die damals durchgeführte Reorganisation der Gesellschaft. Die Statuten der Gesellschaft vom Jahre 1865 hat er im Verein mit Herrn Pro- fessor Dr. Bail in zahlreichen Sitzungen entworfen. In einem Liede, welches bei seinem Abschiedsessen gesungen wurde, heißt es von ihm nach einer Mit- theilung des Herrn Bail: „Er war es, der uns stieg aufs Dach, das schadhaft und defekt, und wacker stritt und ließ nicht nach, bis neu es war gedeckt.“ Von Danzig ging er zunächst nach Sprottau, dann als Oberst a. D. nach Weißenfels, und seit 1885 wirkte er in Halle a. S., so viel uns bekannt, bis zu seinem Tode als Director des dortigen Provinzial-Museums. Ferner haben wir den Verlust von drei Mitgliedern zu beklagen, welche regen Antheil an der naturwissenschaftlichen Durchforschung unserer Provinz genommen haben, der Herren Kiesow, Schultze und Treichel. Die großen Verdienste Kiesow’s hat Herr Conwentz in unserer Sitzung am 10. März näher geschildert. Seine geologischen Arbeiten, welche zum großen Theil in den Schriften unserer Gesellschaft veröffentlicht sind, beziehen sich hauptsäch- lich auf versteinerungsführende Geschiebe hiesiger Gegend. Durch sein frühes Hinscheiden hat unsere Gesellschaft, deren Mitglied er seit 24 Jahren war, wie die Landeskunde der Provinz einen schweren Verlust erlitten. — Dem am 14. April verstorbenen Realgymnasiallehrer a. D. Siegfried Schultze hat in der Sitzung am 1. Mai Herr Professor Schumann einen warmen Nachruf gewidmet, in dem er seine rastlose und erfolgreiche Thätigkeit in der Er- forschung der botanischen, zoologischen, geologischen und vorgeschichtlichen Verhältnisse der Provinz Westpreußen, besonders des Kreises Karthaus, rühmend hervorhob. — Ein ebenso eifriger Erforscher unserer Provinz war der ebenfalls in diesem Jahre gestorbene Rittergutsbesitzer TREiCHEL-Hoch Paleschken. Von seinem rastlosen Sammeleifer zeugen nicht nur die in unseren Schriften er- scheinenden Jahresberichte des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins, sondern auch die Altpreußische Monatsschrift und vor allen die Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie etc., welche durch Jahre fast in jeder Nummer einen oder mehrere Aufsätze oder Berichte Treichel’s ent- halten. Es starben ferner von unsern auswärtigen Mitgliedern die Herren Kreis- arzt Dr. Möbius in Berlin und Dr. med. Hirschfeld in Dirschau. Das Andenken der Entschlafenen wollen wir durch Erheben von unseren Sitzen ehren! III Wenn die Gesellschaft auch mehrere Mitglieder durch den Tod, etwa ebenso viele durch den Fortzug von Danzig verloren hat, so hat sich doch die Mitgliederzahl im Laufe des Jahres nicht unwesentlich vermehrt. Sie zählt jetzt 9 gegen 8 Ehrenmitglieder am Anfänge des verflossenen Jahres, 50 gegen 51 Correspondirende Mitglieder, 256 gegen 233 einheimische und 90 gegen 86 auswärtige Ordentliche Mitglieder. Das Ehrenmitglied, welches im Laufe des verflossenen Jahres von der Ge- sellschaft ernannt ist, ist der Geheime Medicinalrath Professor Dr. Rudolf ViRCHOW. Wie Ihnen Allen bekannt ist, beging dieser am 13. Oktober seinen 80. Geburtstag; ebenso bekannt ist Ihnen, daß am Vorabende des Tages Ver- treter fast aller inländischen und ausländischen medicinischen und naturwissen- schaftlichen Körperschaften zusammentraten, um dem Jugend frischen Greise für die Gaben zu danken, die er in seinem langen Geistesleben nicht nur der pathologischen Anatomie, sondern ebenso einer Reihe verwandter Wissen- schaften, nicht zuletzt der prähistorischen Forschung, dargebracht hat. So war eine Festfeier entstanden, die die Blicke der ganzen gebildeten Welt auf sich zog. Hier wurde der große deutsche Forscher gleichmäßig von allen Nationen gefeiert; Engländer, Franzosen, Italiener, Russen, alle waren in stattlicher Zahl zur Huldigung des Mannes und der von ihm vertretenen Wissenschaft erschienen. Als eine der ältesten deutschen gelehrten Gesellschaften durfte unsere Naturforschende Gesellschaft hier nicht fehlen, sie glaubte sich selbst zu ehren, wenn sie den großen Forscher der Reihe ihrer Ehrenmitglieder ein- fügte. Das Diplom, welches wir der kunstgeübten Hand unseres hochgeschätzten Dr. Korella verdanken, wurde dem Jubilar durch den Director der Gesell- schaft überreicht. Mit großem Interesse hat unsere Gesellschaft die Vorbereitungen und den Beginn der Deutschen Südpolar-Expedition verfolgt. Bei uns in Danzig auf der Naturforscher-Versammlung 1880 stellte unser verehrtes Ehrenmitglied Geheimer Rath von Neumayer, dem wir im verflossenen Jahre zum 25-jährigen Jubiläum der Deutschen Seewarte und seines Directorats Glück wünschen konnten, zum ersten Male die Forderung auf: ,, Nicht Polarreisen, sondern Polar- forschungund nach beendeten mehrjährigen systematischen Beobachtungen in der nördlichen Polarzone verlangte er das gleiche für den Südpol. Zwei- mal haben wir die Freude gehabt, den Leiter dieser neuen Expedition, Herrn Professor Dr. von Drygalski, unser Correspondirendes Mitglied, bei uns zu sehen. Das erste Mal berichtete er über seine beendete Grönland-Expedition, das zweite Mal über die geplante Südpolar-Expedition. Zum Stapellaufe des Expeditionsschiffes Gauss wie zu seiner Ausfahrt hatte ich als Director der Naturforschenden Gesellschaft Einladungen erhalten, konnte ihnen aber nicht Folge leisten, sondern mußte mich mit Glückwünschen begnügen. Wir wollen hoffen, daß nach glücklich erfolgter Rückkehr Herr von Drygalski auch uns von den Ergebnissen der Expedition persönlich wird berichten können. 1* IV Vor wenig Wochen hat der Vorstand im Namen der Gesellschaft unserem Ehrenmitgliede Radde zu seinem 70. Geburtstage herzliche Glückwünsche über- mittelt; das Antwortschreiben Radde’s, welches ich in der vorletzten Sitzung verlesen, hat uns zu unserer Freude wieder gezeigt, welche Frische des Geistes er sich in seinem hohen Alter erhalten hat, und mit welcher Wärme er seiner alten Vaterstadt, die er vor fast 50 Jahren verlassen, und unserer Gesellschaft gedenkt. Von den Gesellschaften, welche durch den Schriftenaustausch mit uns in Verbindung stehen, feierte die Nürnberger Naturhistorische Gesellschaft ihr hundertjähriges, die Socidtd des Sciences naturelles zu Cherbourg ihr 50-jähriges, und der Geschichts -Verein zu Marienwerder sein 25-jähriges Bestehen. Zu diesen Festen beglückwünschten wir die befreundeten Gesellschaften, in Cherbourg mit der Gesellschaft ihren langjährigen Vorsitzenden Herrn Pro- fessor Le Joli, der schon seit 1857 unser Correspondirendes Mitglied ist. Den Schriftführer des Marien werderer Vereins Herrn Prediger von Flansz erwählten wir bei dieser Gelegenheit zu unserem Correspondirenden Mitgliede. Ebenfalls zum Correspondirenden Mitgliede haben wir ferner in diesem Jahre unseren hochgeschätzten Landsmann, Herrn Professor Dr. F. Ahrens- Breslau, ernannt, der uns schon mehrmals bei dem Besuche seiner Vaterstadt durch interessante Mittheilungen aus der modernen Chemie und Technologie erfreut hat. Die Gesellschaft hat im verflossenen Jahre 14 Sitzungen abgehalten, über welche der vorliegende Bericht des Herrn Secretärs für innere Angelegenheiten das Nähere enthält. Von auswärtigen Vortragenden nenne ich hier die Herren Professor Dr. DEECKE-Greifswald, der über die Eiszeit, ihre Ursachen, Dauer und Wirkung, und Herrn Professor Dr. F. AHRENS-Breslau, der über die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung sprach. Von populär gehaltenen Vorträgen waren in diesem Jahre vier ver- anstaltet und in erster Linie von den Damen und Gästen unserer Mitglieder besucht. Am 30. Januar sprach Herr Oberlehrer Dr. GAEDE-hier über seine Reise durch den griechischen Archipel, am 25. Februar Herr Dr. Schwahn, Director der Urania-Berlin, über Werden und Vergehen im Weltenraum, am 15. April Herr Professor Dr. zur STRASSEN-Leipzig über das Thierleben der Tiefsee, und am 16. Oktober Herr Dr. Matsümura aus Hokkaido über die Natur seines Heimatlandes Japan. Ueber die Thätigkeit der Sectionen werden Sie das Nähere durch die Berichte der Herren Vorsitzenden erfahren, die vereinigt mit dem Jahres- berichte werden gedruckt werden. Von diesen Sectionen bestehen jetzt drei länger als ein Vierteljahrhundert ; zwei von ihnen, der als medicinische Section gegründete Aerzteverein und die Section für Physik und Chemie haben soeben, in der zweiten Hälfte des Dezember v. J., das erste Vierteljahrhundert ihrer Thätigkeit vollendet. Während die Section für Physik und Chemie ihres Jubiläums in einer Sitzung V in der nächsten Woche gedenken will, wurde das des Aerztevereins am 19. Dezember besonders würdig und feierlich begangen. Mit einem genaueren Bericht über diese Feier will ich dem Herrn Vorsitzenden des Aerztevereins nicht vorgreifen; hier weise ich nur auf das Bild unseres unvergeßlichen Abegg hin, welches der Aerzteverein zur Erinnerung an seinen Begründer von Künstler- hand hat malen lassen und in unserem Sitzungszimmer angebracht hat. Möge es noch lange von der innigen Verbindung des Aerztevereins mit unserer Ge- sellschaft Kunde geben! Unsere Bibliothek wächst zunächst durch den Schriftenaustausch mit einer großen Anzahl von einheimischen und fremden Akademien, Gesellschaften und Vereinen. Neu eingetreten in diesen Tauschverkehr sind im Laufe des letzten Jahres: Braunsberg Opr., Botanisches Institut des Lyceum Hosianum; Columbus ü. S. A., Ohio state university; Kristiania, Physiographisk forening; La Plata Argentinien, üniversidad de la Plata; München, Polytechnischer Verein: New York, Museum of the Brooklyn Institute of arts and Sciences; Novo Alexandria Rußland, Redaction des „Annuaire geologique et mineralogique^h — Außerdem sind eine große Reihe von größeren und kleineren Werken und Abhandlungen theils von den Autoren, theils auch von Nichtautoren als Geschenke der Bibliothek zugegangen. An dieser Stelle mögen nur die Namen der gütigen Geschenkgeber verzeichnet werden. Es sind Frau Dr. BEHRENDT-hier, Frau Geheimrath Ferdinand CoHN-Breslau und Frau Admiralitäts-Gerichts-Secretär SiELAFF-hier, ferner die Herren Professor Dr. CoNWENTZ-hier, Oberlehrer Dr. DAHMS-hier, Professor Dr. DEECKE-Greifs- wald, Landgerichtsrath EHMKE-Berlin, Professor Dr. FRANZ-Breslau, Ober- Präsident Dr. VON Gossler hier, Geheimrath Professor Dr. HAECKEL-Jena, Referendar Dr. HENRici-hier, Redacteur Dr. HERRMANN-hier, Director Holz- hier, Dr. JACOBSEN-Berlin, Professor Dr. KLUNZiNGER-Stuttgart, Dr. Krüger- Marienburg', Oberlehrer Dr. LAKOWiTZ-hier, Sanitätsrath Dr. LisSAUER-Berlin, Dr. Hermann MEYER-Berlin, Geheimrath Professor Dr. Möbius- Berlin, Dr. Neupert- Bamberg, Dr. PiNCus-hier, Geheimrath Dr. RADDE-Tiflis, Kapitän REiNiCKE-hier, Professor Dr. SoLGER-Greifswald und Professor E. Treptow- Freiberg i. S.; endlich das Königliche Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten in Berlin, die Ministerial-Kommission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere in Kiel und Helgoland, der Preußische Wasser- ausschuß in Berlin, die Königliche Preußische Geologische Landesanstalt und Bergakademie in Berlin, die Geschäftsführung des VH. Internationalen Geographen-Congresses in Berlin, der Aerzteverein in Danzig, der West- preußische Architecten- und Ingenieur-Verein in Danzig, das Bibliographische Institut in Leipzig und die Handelsabtheilung der Chicago und North-Western Eisenbahn. Ihnen Allen sei hiermit der wärmste Dank der Gesellschaft aus- gesprochen. Eine genauere Aufzählung der durch Tausch, Geschenk und Ankauf zugegangenen Bücher wird der Bibliotheks-Bericht enthalten. VI Unser Bibliothekar Herr Dr. Lakowitz hat im letzten wie schon im vorigen Jahre die Vorarbeiten für einen Zettelkatalog unserer Bibliothek so weit gefördert, daß wir vielleicht schon in diesem Jahr an den Druck eines neuen Katalogs, wenigstens für einige wichtige Disciplinen, werden gehen können. Demselben Herrn sind wir für die Leitung unseres Lesecabinets zu besonderem Dank verpflichtet; ich erwähne dies heute besonders, da diese Einrichtung unserer Gesellschaft am Anfänge dieses Jahres schon seit zehn Jahren besteht und diese ganze Zeit hindurch von Herrn Dr. Lakowitz verwaltet ist. Den großen Zuwachs unserer Bibliothek verdanken wir, wie schon gesagt, hauptsächlich dem eben erwähnten Schriftenaustausch, der die Ausgabe eigener Schriften zur Voraussetzung hat. Wieder konnten wir in diesem Jahre mit Hilfe der von der Provinz gewährten Unterstützung von 2000 M. ein Heft unserer Gesellschaftsschriften herausgeben. Da dieses Heft, das 2. und 3. des zehnten Bandes der neuen Folge, vor einigen Wochen in Ihre Hände ge- langt ist, verzichte ich darauf, die in ihm erschienenen Abhandlungen hier aufzuzählen. Zum ersten Mal haben wir im verflossenen Jahr vier statt drei Stipendien zu 150 M. aus unserer HuMBOLDT-Stiftung gewähren können, und zwar an die Herren cand. med. Meyrowski- Königsberg, stud. rer. techn. Steimmig- Dresden, cand. med. LiCK-Königsberg und stud. ehern. SoRKAU-Greifswald. Die Arbeiten auf unserer Sternwarte haben durch den schon in meinem letzten Bericht erwähnten schweren Unfall unseres Astronomen, des Herrn Dr. Kayser, eine unliebsame Unterbrechung erfahren. Leider ist Herr Kayser bisher nicht zum freien Gebrauch seiner Beine gelangt und deshalb in seinen astronomischen Beobachtungen sehr behindert; jedoch hat er den Muth zu neuen wissenschaftlichen Arbeiten nicht verloren, sondern neue Methoden ersonnen, um die Aufgabe, die er sich seit Jahren gestellt, die exakte Bestimmung der Lage der Erdaxe, durchzuführen, und zwar so, daß er am Fernrohr nicht selbst zu beobachten braucht. Ueber diese Beobachtungen und ihre Ergebnisse hoffe ich in meinem nächsten Jahresbericht Ihnen genaueres mittheilen zu können. Ohne den Mechaniker, der seit etwa sieben Jahren Herrn Dr. Kayser auch bei seinen Beobachtungen unterstützt, würde jetzt die Astronomie bei uns ganz darniederliegen, und wir sind deshalb dem Herrn Minister, dem Herrn Ober> Präsidenten, sowie der Provinzial -Commission zur Verwaltung der West- preußischen Provinzial-Museen für ihre immer von Neuem bewilligten Unter- stützungen, die wir in erster Linie zur Besoldung unseres Mechanikus benutzen, zu besonderem Danke verpflichtet. In meinem letzten Jahresbericht machte ich Ihnen Mittheilung von der Schenkung des Danziger Sparkassen -Actien -Vereins für die Herstellung des Nordgiebels unseres Gesellschaftshauses. Zur Annahme dieser Stiftung haben wir in diesem Jahre die Königliche Genehmigung erhalten und hoffen, schon in diesem Sommer an den Bau selbst gehen zu können. VII Aus meinem Bericht werden Sie, meine Herren, hoffentlich ei’sehen haben, daß die Gesellschaft im Rahmen ihrer bescheidenen Mittel in der bisherigen Weise weiter gearbeitet hat, daß sie aber bei größeren Mitteln ihre Aufgaben leicht erweitern könnte. Namentlich wäre es für unsere Bibliothek sehr wünschenswerth, wenn sie nicht nur durch den Schriftenaustausch und durch Schenkungen wachsen, sondern auch in den Stand gesetzt würde, größere naturwissenschaftliche Werke anzukaufen, wozu es bis jetzt an Mitteln gefehlt hat. Vorläufig sehen wir eine wesentliche Mehreinnahme nur durch eine Ver- mehrung der Mitgliederbeiträge ermöglicht, und wir wollen hoffen, daß unsere Mitgliederzahl sich wie im verflossenen Jahre, vielleicht noch stärker, von Jahr zu Jahr mehren möge. Hierzu, hoffe ich, werden für die Folge alle Mit- glieder unserer Gesellschaft so thätig sein, wie es Einzelne im Verlauf des letzten Jahres gewesen sind. VIII Bericht über die OrdLentliclieri Sitzuiig*oii dor G^esellsoliaft im Jahre 1901 » 1. Sitzung am 2, Januar 1901. Zu Beginn der Sitzung, die auf den Jahrestag des 158jährigen Bestehens der Gesellschaft fällt, wird zunächst des am 3. Oktober 1900 in Wiesbaden verstorbenen Geheimen Medicinalraths Dr. Abegg, des allverehrten früheren langjährigen Vicedirectors der Gesellschaft, gedacht. Ein langjähriger Freund des Verewigten Herr Dr. Oehlschläger trägt folgenden Nekrolog auf Heinrich Abegg vor. Geokg Fr. Heinrich Abegg ist der Sproß einer ans dem Badischen Lande hierher über- gesiedelten, angesehenen, alten Familie, ans welcher eine Reihe wissenschaftlich hervorragender lind in verschiedenen Beriifszweigen ausgezeichneter Männer hervorgegangen ist. Er wurde als der Sohn des in der juristischen Welt wolil bekannten Kriminalisten Heinrich Abegg zu Königsberg i. Opr. am 19. März 1826 geboren und verlebte dann seine Jugendjahre in Breslau, wohin sein Vater, einem elirenvollen Rufe der dortigen juristischen Facultät folgend, als Professor gegangen war. Aus dieser Zeit stammt die treue Anhänglichkeit Abegg’s an Schlesien, das er als seine Heimatprovinz betrachten konnte. Nachdem er Ostern 184J am Magdalenen-Gymnasium in Breslau sein Abiturienten examen gemacht, studirte er zunächst dort, ging dann aber nach Heidelberg, wo er in enge Beziehung zu dem dort gleichzeitig studirenden Victor Scheffel trat, eine Freundschaft, die auch in späteren Jahren fortdauerte, und die erst durch den Tod des Dichters getrennt wurde. In Breslau promovirte dann Abegg am 2, Juni 1848 auf Grund einer vorher mit dem akademischen Preise gekrönten Dissertation : de capacitate arteriarum et venarum pulmonalium. — Nach abgelegtem Staatsexamen machte er zur weiteren Ausbildung Reisen nach Prag und Wien, welche Orte damals unter der Aegide Skoda’s und Rokitanski’s als die hohe Schule für physikalische Diagnostik und pathologische Anatomie gelten konnten. Nachdem Abegg im Aufträge der Regierung bei der Bekämpfung der Cholera-Epidemie in Schlesien mitgewirkt, begann er seine ärztliche Laufbahn als Militär -Assistenzarzt in Breslau, Neiße und Schweidnitz und wurde als solcher im Jahre 1851 nach Danzig versetzt. Und hier ist er dann auch zum Segen der Stadt und Provinz dauernd geblieben. Hier begannen auch, wenn ich das bei dieser Gelegenheit berichten darf, meine ersten Beziehungen zu Abegg. Wir hatten zu gleicher Zeit die Universität bezogen, zu gleicher Zeit promovirt, denselben. Bildungsgang als Mediciner genossen, und da war es denn nicht verwunderlich, wenn zwischen den beiden jugendlichen, empfänglichen, gleich strebenden Collegen die Freundschaftsbande rasch geknüpft waren — eine Freundschaft, die fast 50 Jahre gedauert hat, die nie auch durch den leisesten Mißklang getrübt war, und die nur der Tod trennen konnte. IX Dem jungen Arzte wurde der schwere Anfang der ärztlichen Thätigkeit nicht erspart. Als Armenarzt — es gab damals nur drei solcher Stellen in der Stadt — wirkte Abegg mehrere Jahre, um dann 1857 die Leitung des Diakonissenhauses und. 1863 die Stellung als zweiter Lehrer der Hebammen-Lehranstalt zu übernehmen. Zum Director dieses Instituts wurde er dann nach dem Tode des Dr. Fischer 1866 berufen. Es ist dies dieselbe Anstalt, welche im Anfang der vierziger Jahre der berühmte, später in Erlangen und München wirkende Physiolog E. von Siebold geleitet hat. Leider waren die damals auf Langgarten befindlichen Räumlichkeiten dieser Anstalt durchaus unzulänglich. Schon 1860 hatte Abegg in Casper’s Yierteljahrsschrift auf diesen Uebelstand in seiner dort veröffentlichten Physikatsarbeit : „lieber Luftreinigung in Kranken- häusern“ mahnend hingewiesen; und so wurde denn sein sehnlicher Wunsch erfüllt, als, zum großen Theil Dank seinem persönlichen Einfluß, gleich nach der Begründung der Selbst- ständigkeit der Provinz Westpreußen, im Jahre 1878 mit dem Bau des jetzigen Hebammen- institutsgebäudes in der Sandgrube begonnen werden konnte. Dasselbe wurde 1880 bezogen. Abegg hat eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten veröffentlicht. Es seien besonders seine öfters citirten „Beiträge zur Geburtshülfe und Gynäkologie“, Danzig und Berlin 1873 und 1882, hervorgehoben. Weitere Aufsätze erschienen im Archiv für Gynäkologie, in der Monatsschrift für Geburtskunde, in der Berliner klinischen Wochenschrift, in der Festschrift zur Feier des 50jährigen Jubiläums der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie zu Berlin, im Centralblatt für Gynäkologie und in den Berichten über die von ihm geleitete Anstalt. Schon 1861 hat Abegg als einer der Ersten dem segensreichen „CREDfi’schen Handgriff“ zur Ent- fernung der Nachgeburt die jetzt allgemein anerkannten Wege gebahnt. Auch bei der Her- ausgabe der 3. Auflage des Lehrbuchs für Hebammen war er mit thätig. Diese wissenschaftliche Thätigkeit ist um so mehr anzuerkennen, als wohl kaum ein Mann in Abegg’s Stellung so sehr außerhalb seines Berufs in Anspruch genommen wurde. Allen diesen Anforderungen konnte er nur vermöge seiner unermüdlichen Arbeitskraft und seiner unverwüstlichen Arbeitsfreudigkeit gerecht werden. Allein — aliis serviendo consumor — , so schloß treffend der warme Nachruf, welchen der ärztliche Verein zu Danzig seinem lang- jährigen Vorsitzenden und Ehrenmitgliede widmete. Schon im Anfang des verflossenen Jahres erlitt der bis dahin so rastlos Thätige, der nie auf sich selbst Rücksicht nahm, eine leichte Schlagberiihrung, welche ihm eine längere und anhaltende geistige Thätigkeit unmöglich machte und ihn schließlich zur Niederlegung des Amtes zwang. Am 30. Mai v. J. verließ Abegg mit seiner treuen, seit Jahren leidenden Gattin für immer unsere Stadt und siedelte nach seiner schon lange in seinem Besitz befindlichen Villa in Wiesbaden über. Dort konnte er hoffen, in dem milderen Klima und in dem erheiternden Umgang mit seinem einzigen Sohne noch einige Jahre der Ruhe und des Behagens zuzu- bringen. Und wirklich fing er an sich zu erholen, seine Briefe an mich athmeten neue Lebens- hoffnung und Lebensfreudigkeit. Selbst eine Reise nach Trier unternahm er noch und schickte mir von dort aus, als theures Andenken, eine schöne Abbildung des alten Römerthors, der Porta nigra. Dann aber vollzog sich unerwartet das unabwendbare Lebensschicksal. Seine Gattin schreibt mir darüber: „Am 26. September wurde mit den Verwandten eine Partie nach dem Rheinstein gemacht, bei der leider viel zu steigen war. Mein Mann sagte freilich später, die Partie sei nicht Schuld an seinem Uebelbefinden, er sei schon vorher nicht ganz wohl gewesen. Doch Sie wissen, er war immer liart gegen sich und wollte nie von Schonung etwas wissen. Aber dennoch klagte er Abends über das viele Steigen und stand am folgenden Morgen nicht mehr auf.“ Die Kräfte sanken immer mehr; schon am 29. Sep- tember sprach er nur noch wenig, den Tag darauf gar nicht mehr; es trat Bewußtlosigkeit ein, und sanft ging dieser Zustand am 3. Oktober Abends in den ewigen Schlaf über Zu jeder Zeit hat der Entschlafene sein reiches Wissen und Können, überdies unabhängig gestellt durch günstige äußere Verhältnisse, in den Dienst wahrer Humanität gestellt. Wohl- thun war dieser edeln und selbstlosen Natur gradezu ein Bedürfniß. Für alle wohlthätigen X lind gemeinnützigen Veranstaltungen liat er stets eine offene Hand und werktüätige Theil- nalime gehabt. Seine aufopfernde Thätigkeit an der Spitze des Aufsichtsraths der „Abegg- Stiftung zur Einrichtung gesunder Familienwohnungen für Arbeiter und kleine Handwerker“ wird für alle Zeit unvergessen bleiben. Die Kinderheilstätte in Zoppot verdankt ihre Existenz hauptsächlich Abegg’s unermüdlichem Wirken. Dabei war er in dem hiesigen Aerzteverein seit seiner Gründung ununterbrochen Vorsitzender und in der Naturforschenden Gesellschaft seit Jahren stellvertretender Vorsitzender. So recht zur Erscheinung kam die Liebe und Verehrung, deren Abegg sich in allen Kreisen erfreute, bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctorjubiläums am 2. Juni 1898. Das war so zu sagen ein Familienfest der ganzen Stadt und der Provinz, und keinem Würdigeren konnte an diesem Festtage die Ernennung' zum Ehrenbürger der Stadt überbracht werden, als gerade ihm. Sein Andenken wird für alle Zeiten ein gesegnetes sein. Sodann spricht Herr Professor Evers in einem ausführlichen Vorfrage Uber Wesen und Bedeutung des Teiephonographen. . Diese neueste geniale Erfindung des dänischen Ingenieurs Valdemar Poulsen hat auf der Weltausstellung zu Paris sehr großes Aufsehen erregt. Einleitend erwähnt der Vor- tragende die Versuche von Edison, die Schwingungen einer Telephonplatte auf mechanischem Wege zu fixiren und zu reproduciren, welche zwar mißlangen, aber ihn zur Erfindung seines bekannten Phonographen führten, und die von Frölich, durch welche auf optisch-photo- graphischem Wege die Fixirung der Telephonschwingungen gelang, während wegen der Nicht- umkehrbarkeit dieses Vorganges eine Reproduction auf diesem Wege ausgeschlossen ist. Der Erfindung Poulsen’s liegt ein umkehrbarer, elektromagnetischer Vorgang zu Grunde. An der Hand von auf Glas ausgeführten Zeichnungen, die auf einen Schirm projicirt werden, erläutert der Vortragende dann das Wesen der Lautübertragung mit Mikrophon und Telephon, wobei er das vorzüglich wirkende neue Körner-Mikrophon (Patent Mix und Genest), das von der Reichspostverwaltung in großem Umfange für ihre Fernsprechanlagen eingeführt ist, eingehend erklärt. Wird in den Fernleitungskreis einer solchen Anlage statt des Telephons ein kleiner Elektromagnet eingefügt, vor dessen Polen ein Stahldraht gleichmässig vorbei- gezogen wird, so ist die „Schreib “-Vorrichtung des Teiephonographen oder Telegraphons im wesentlichen fertig. Die bei der Benutzung dieses Apparates sich abspielenden Vorgänge sind nun folgende : Spricht man in ein Mikrophon hinein, so wird dadurch eine Sprechplatte in Schwingungen versetzt, die den allen Lauten zu Grunde liegenden Luftschwingungen isochron verlaufen und auch der Stärke nach sich in demselben Maße wie jene ändern. Hierdurch wird aber der Contact der sich lose berührenden Kohlenkörner ein innigerer bezw. loserer, es treten also Widerstandsänderungen in einem die Kohlencontacte in sich enthaltenden Stromkreise und dementsprechend Stromschwankungen ein, die in einem kleinen Umformer durch Induction auf die Fernleitung übertragen werden. In den Windungen des im Fernleitungskreise ent- haltenen kleinen „Schreibmagneten“ verlaufen demnach Inductionsstöße, welche in den Eisen- kernen des Elektromagneten der Stärke und Polarität nach sich ändernde Magnetisirungen hervorrufen. Der Stahl besitzt nun die Eigenschaft, im Gegensatz zu weichem Eisen, die ihm ertheilten Magnetisirungen dauernd festzuhalten. Befindet sich also dicht vor den Polen ein Stahldraht, so wird ihm durch einen Inductionsstoß, der ja in den Eisenkernen bestimmte . Pole von bestimmter Stärke hervorruft, in Folge der sog. magnetischen Influenz eine dauernde Magnetisirung von bestimmter Richtung ertheilt; diese kann sich nach dem Prinzip der Super- position über eine anfängliche gleichförmige Magnetisirung überlagern. Es entsteht dadurch wenn wir bildlich diese anfängliche Magnetisirung als magnetische Hochebene bezeichnen, auf derselben ein magnetischer Berg bezw. ein magnetisches Thal. Und läßt man jetzt den Stahldraht mit passender Geschwindigkeit vor dem Elektromagneten vorbeiziehen, so wird dadurch die zeitliche Aufeinanderfolge der Inductionsstöße und Magnetisirungen des Elektro- XI magneten in einer örtlichen Aufeinanderfolge von Magnetisirungspunkten oder, in obigem Bilde, von magnetischen Bergen und Thälern auf dem Stahldraht fixirt. Diese magnetische „Schrift“ ist eine dauernde und kann nach einer beliebigen Zeit in Form von Sprachlauten, und zwar beliebig oft, reproducirt werden. Um letzteres auszufiihren, kehrt man den vorher beschriebenen Yorgang um, indem man den „beschriebenen“ Stahl- draht vor einem gleichen Elektromagneten und mit der gleichen Geschwindigkeit vorbeifiihrt und hierbei in den Leitungskreis des Elektromagneten ein Telephon einschaltet. Beim Vor- überziehen der magnetischen Berge und Thäler erhalten die Elektromagnetkerne durch Influenz dieselben kurzdauernden Polaritäten, die sie beim „Schreiben“ hatten, und es entstehen in den Elektromagnetwindungen wieder dieselben Inductionsstromstöße, in derselben zeitlichen Auf- einanderfolge. Diese umfließen auch die Telephonwindungen und bringen dadurch in dem eingeschlossenen Stabmagneten Yerstärkungen bezw. Schwächungen des Magnetismus hervor. Hierdurch wird endlich die davor befindliche Eisenmembran in Schwingungen versetzt, welche sich auch den daran stoßenden Lufttheilchen mittheilen, und so im Ohr als Töne wahr- genommen werden. Und da bei allen genannten Umformungen der Isochronismus der Schwin- gungen bewahrt wird und jede Umformung für alleTheile der Schwingungen im gleichen Intensitäts- verhältniß erfolgt, so muß das Telephon dieselben Töne bezw. Sprachlaute wiedergeben, welche ursprünglich die Mikrophonschwingungen verursachten. Wenn ein derartig „beschriebener“ Stahldraht für die Aufnahme einer neuen „Schrift“ geeignet sein soll, so muß, wie auf einer Schiefertafel, erst die alte Schrift „gelöscht“ werden. Dazu führt man den Draht vor dem kräftig magnetisirten Elektromagneten vorüber, wodurch ihm eine gleichförmige Magnetisirung ertheilt wird. Die magnetischen „Berge“ und „Thäler“ werden dabei eingeebnet, und so ist wieder eine magnetische „Hochebene“ hergestellt, die zur Aufnahme neuer magnetischer Eindrücke bereit ist. Nachdem der Yortragende die soeben skizzirte Theorie des Telephonographen dargelegt, geht er, nach einer Erläuterung der vorzunehmenden Umschaltungen, dazu über, die darauf basirten mechanischen und elektromagnetischen Constructionselemente des Apparats selber zu erklären. Zu dem Yortrage hat die durch ihre Erzeugnisse auf allen Gebieten des Schwach- stroms, ganz besonders durch ihre Fernsprech- und Haustelegraphen- Apparate einen Weltruf genießende Firma Mix & Genest zu Berlin, als Licenzinhaberin für Deutschland, in entgegen- kommendster Weise einen vorzüglichen Yersuchs-Apparat mit allem Zubehör zur Yerfügung gestellt. Eine genauere Beschreibung desselben würde zu weit führen. Seine Benutzung er- giebt eine reine und deutliche Lautwiedergabe, trotzdem vier fl’elephone nebeneinander ge- schaltet sind, was natürlich eine bedeutende Schwächung der wirksamen Stromstöße zur Folge hat. Yon den Anwendungen wird, außer der Aufbewahrung und Reproduction einer tele- phonischen Mittheilung, die Möglichkeit einer telephonischen Nachrichtgebung in Abwesenheit einer an das Fernsprechnetz angeschlossenen Person erwähnt. Yon weiteren Anwendungen des telegraphonischen Princips behandelt der Yortragende dann noch die Mittheilung derselben telephonischen Nachricht an eine ganze Reihe von Theilnehmern, wobei ein endloses rotirendes Stahlband zur Anwendung kommt, ebenso wie bei dem von Poulsen’s Mitarbeiter Pedersen darauf gegründeten System der Zweifach-Telephonie. Als voraussichtlich wohl wichtigste Anwendung dieses Princips, erläutert er endlich noch die Möglichkeit 'der Construction eines darauf beruhenden Telephon-Relais. Muß nun auch die Praxis erst darüber das entscheidende Wort sprechen, wie weit alle diese Anwendungen des telegraphonischen Princips sich für ihre Erfordernisse eignen und bewähren, so ist vom wissenschaftlichen physikalischen wie technischen Standpunkt aus die PouLSEN’sche Erfindung als eine höchst interessante und wichtige Erscheinung zu bezeichnen, der voraussichtlich auch ein nicht unwichtiger Platz in der Reihe der modernen Yerkehrsmittel ♦zu Theil werden wird. XII Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, erstattet sodann den Jahresbericht für das Jahr 1900 (vergl. diese Schriften, X. Band, 2./3. Heft, Seite LXX — LXXVI), und im Anschluß daran werden die Berichte über die Thätigkeit der Sectionen im Jahre 1900 (vergl. ebendort, Seite CX — CXVII) von den Vorsitzenden derselben vorgelegt. 2. Sitzung am 23. Januar 1901. Herr Professor Momber legt neue Druckschriften des Herrn Dr. Pincus vor und theilt mit, daß am Mittwoch, den 30. Januar, Abends 7 Uhr, in der Aula des Königlichen Gymnasiums (Weidengasse) Herr Oberlehrer Dr. Gaede über seine vorjährige Reise durch den griechischen. Archipel sprechen wird, unter Vorführung von Lichtbildern. Hierauf spricht in längerem Vortrage Herr Dr. S. Meyer über Hypnotismus und Spiritismus im Lichte der wissenschaftlichen Forschung. Es ist ein großes Verdienst der medicinisclien Wissenschaft, daß es ihr gehmgen ist, aus den unzähligen Behauptungen der sogenannten okkulten Wissenschaften wichtige Thatsachen herauszufinden, deren Gesetzmäßigkeit nachzuweisen und sie praktisch und theoretisch zu verwerthen. Es ist dies vor allem die Thatsache, daß es möglich ist, jeden geistig gesunden Menschen durch sogenannte „Suggestion“ in einen veränderten Geisteszustand zu versetzen, welchen wir Hypnose nennen, und dessen wichtigste Eigenschaft darin besteht, daß er eine Erhöhung der Aufnahmefähigkeit für weitere Suggestionen bewirkt. ,, Suggestion“ ist die Jemandem beigebrachte Vorstellung einer nervösen Function von genügender Leb- haftigkeit, um die betreffende Function wirklich auszulösen. Ein Beispiel aus dem täglichen Leben ist die bekannte Erfahrung, daß Gähnen, Jucken und dergleichen ansteckend wirken. Erweckt man absichtlich in Jemandem die Vorstellung des Juckens, des Müdeseins und weiter des Schlafens mit solchem Erfolge, daß wirklicher Schlaf eintritt, so ist der Betreffende hypnotisirt, und dieses Vorgehen ist bei jedem geistig gesunden Menschen möglich, die Hypnose aber eine normale, und nicht, wie man zuerst glaubte, eine krankhafte Erscheinung, Die Hypnose unterscheidet sich aber vom Schlafe vornehmlich dadurch, daß eine Ver- bindung zwischen dem Hypnotisirten und dem Hypnotiseur hergestellt wird, die man Rapport nennt, und die es ermöglicht, sämmtliche Functionen, die dem Nervensystem unterworfen sind, in der Hypnose durch Suggestion zu beeinflussen. Damit sind alle Erscheinungen, die in der Hypnose hervorzurufen sind, zu erklären, und dieselben verlieren jeden Anschein des W^under- baren und üebernatürlichen. Nur muß man sich vergegenwärtigen, daß nicht etwa bloß die- jenigen Functionen beeinflußt werden können, welche dem Willen unterworfen sind, sondern auch eine Anzahl solcher, welche wohl dem Nervensystem, nicht aber der Willensbestimmung unterstellt sind, wie Erröthen und Erblassen, die Darmbewegungen u. s. w. — Aus dem Vorstehenden ergiebt sich von selbst, wie man die Hypnose für Heilzwecke bei nervösen Störungen verwerthen kann. — Zu den Erscheinungen der Hypnose gehört der Somnambulismus, das Schlafwandeln, ein Zustand von unbewußtem, traumhaften Handeln, in welchem oft die complicirtesten Dinge verrichtet werden, die nach der Ansicht der Spiritisten auf eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit in diesem Zustande schließen lassen. Verführerisch genug für diese Annahme sind allerdings viele Beobachtungen an Somnambulen, bei genauerer Untersuchung jedoch hat es sich bisher immer noch herausgestellt, daß bei all den beschriebenen Wunderthaten nur eine Einschränkung der Geistesthätigkeit vorhanden ist. Hierin liegt aber die ganze wissenschaftliche Frage des Spiritismus, denn sämmtliche behaupteten übernatürlichen Leistungen der spiritistischen Medien werden im somnambulen Zustande voll- bracht. Zum Schlüsse betont Vortragender, daß mit Unrecht bisher alle spiritistischen Experimente in das Gebiet des Humbugs verwiesen wurden, neuerdings geht man von wissen- schaftlicher Seite an die Nachprüfung derselben. XIll An den fesselnden Yortrag schließen die Herren Sanitätsrath Dr. Semon und Dr. Oehlschläger Mittheilungen über interessante einschlägige Begeben- heiten an. Herr Oberlehrer Dr. Dahms macht sodann Mittheilungen zur Kenntniß der chemischen Constitution des Bernsteins. Die Zahl der Analysen über fossile Harze ist eine recht bedeutende. Ist die Zusammen- setzung schon für sich interessant, weil sie den chemischen Bau der Bernstein arten zum Ausdruck bringt, so vermag sie außerdem noch wichtige Aufschlüsse für die vorgeschichtliche Forschnng zu geben. Man glaubt u. a ans der bloßen zahlengemäßen Zusammensetzung leicht entscheiden zu können, ob der in alten Grabstätten der verschiedenen Länder angetroftene Bernstein der preußischen Küste oder dem Boden entstammt, wo er aufgefunden wurde. Da aber ein fossiles Harz leicht der Verwitterung anheimfällt und damit auch seine chemische Zusammensetzung ändert, so ist jede chemische Analyse für spätere Verwerthung unbrauchbar, wenn nicht hinziigefügt wird, wie die Substanz sich in physikalischer Hinsicht verhält. Farbe, Durchsichtigkeit, Schmelzpunkt und specifisches Gewicht sind znm vollen Yerständniß einer solchen Untersuchung unbedingt nothwendig; sie geben erst Gelegenheit, über den Grad der Zersetzung, die Eigenthümlichkeit der Lagerstätte oder andere interessante Daten Schlüsse zu ziehen. Ebenso geben Formeln, welche für verschiedene Bernsteinarten aufgestellt wurden, nicht ohne weiteres die Zusammensetzung an; auch hier sind nähere Angaben nothwendig. Der Vortragende hat versucht, aus den vorhandenen Analysen die Beziehungen heraus- zufinden, welche während des fortgesetzten Wechsels in der Zusammensetzung unverändert bleiben Nach verschiedenen vergeblichen Yersuchen gelang es ihm, mittels einer graphischen Methode den gewünschten Einblick zu gewinnen. Die Untersuchungen erstreckten sich zu- nächst nur auf den baltischen Bernstein in engerem Sinne, den Succinit. — Trägt man auf Millimeter-Papier in horizontaler Richtung die für Kohlenstoff ermittelten Werthe auf, errichtet in den gefundenen Punkten Lote, welche gleich den für Wasserstoff’ niedergelegten Zahlen gemacht werden und verbindet die nunmelir erhaltenen Punkte durch eine Linie, so muß diese die Beziehungen zwischen den Werthen für Kohlenstoff’ und den zugehörigen für Wasserstoff’ angeben. Es ergiebt sich in diesem Falle eine gerade Linie. Aus einfachen trigonometrischen Betrachtunge]! läßt sich dann ferner folgern, daß diese Gerade unter einem Winkel von 70 33' 30" gegen die Horizontale verläuft, und daß man den für Kohlenstoff ermittelten Werth am klaren Succinit nur mit der constanten Zahl 0,13269 zu multipliciren hat, um für jeden Yerwitterungszustand des klaren Steins den zugehörigen Werth für Wasserstoff zu finden. Man ist deshalb in der Lage, die chemische Constitution in einfacher Weise so zum Ausdruck zu bringen, daß sie für alle Fälle Giltigkeit hat. Nach diesem günstigen Ergebniß hat der Vortragende, soweit es ihm möglich war, das vorhandene Material von Analysen über fossile und recente Harze und ähnliche Körper ge- sammelt und ebenfalls in Rechnung gezogen. Von den vorliegenden 76 Resultaten geben die äußersten W erthe der Siegburgit und der Geomyricit. Die für sie gefundenen Linien bilden mit der Horizontalen Winkel von 3^ 41' 54", beziehungsweise 9^ 32' 22". Für ca. 4/g der Analysen haben die so gebildeten Winkel aber eine Größe von ungefähr 6^ 17' bis 70 58', so daß auf dem Flächenraum zwischen den Schenkeln eines Winkels vön nur lo 41' die für 64 Analysen ermittelten Linien verlaufen. Zeigt sich hieraus schon die nahe Verwandtschaft in der Zusammensetzung einer großen Menge von fossilen Harzen, so wird die überaus große Ueber- einstimmung in der Zusammensetzung noch besonders dadurch ersichtlich, daß nicht weniger als 22 Analysen der verschiedenartigsten Körper von denen des baltischen Bernstein nicht verschieden sind. Mit Hilfe der oben beschriebenen Methode läßt sich ermitteln, daß auch für andere in Betracht kommende Körper das Verhältniß zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff im Laufe der Verwitterung dasselbe bleibt. Es ergiebt sich, daß auch die für Schraufit gewonnenen Zahlen gut übereinstimmen, weil nur verschiedene Erhaltungszustände vorliegen, und daß bei der XIV Verwitterung’ des Ozokerit keine Verfliiclitiguug leicht flüchtiger Kohlenwasserstoffe stattfindet. Es zeigt sich ferner, daß der baltische und der sicilianische Bernstein einerseits, der rumänische und birmanische andererseits eng geschlossene Gruppen bilden, zwischen denen eine große Kluft liegt Yor allem ergiebt sich aber, daß die chemische Analyse allein außer Stande ist, ein fossiles Harz ohne weiteres der einen oder anderen Art zuzugesellen.*) An diesen Vortrag schließt Herr Dr. Helm in Kürze einige Bemerkungen an. Schließlich demonstrirt Herr Professor Dr. Conwentz einen seltenen Gast aus der nordischen Vogelwelt, einen sogenannten Tölpel, Sula hassana Gray, aus der Verwandtschaft der Cormorane und Pelikane, der 1899 im Lauen, burger Kreise gefangen wurde. Es ist das erste Exemplar dieser Art, das hier im Gebiet bisher beobachtet wurde. 3. Sitzung am 4. Februar 1901. Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt das Correspondirende Mitglied, Herrn Professor Dr. DEECKE-Greifswald, der trotz Eis und Schnee die Reise zum Vortrage nicht gescheut hat. Nachdem Herr Professor Deecke seinen Dank ausgesprochen für seine vor zwei Jahren erfolgte Ernennung zum Correspondirenden Mitgliede, begründet er die Wahl des Themas mit der von der Gesellschaft zum 1. April 1902 gestellten Preis- aufgabe, die sich auf eiszeitliche Erscheinungen bezieht. Er spricht sodann über die Eiszeit im Ganzen, als geologische Epoche, nach ihrer Ursache, Dauer und Wirkung. Zunächst wird die Eiszeit charakterisirt als die dem Auftreten des Menschen in Europa unmittelbar vorangegangene Periode, ja es hat der Mensch schon während der Vereisung in milderen Zwischenzeiten auf unserem Oontinent gewohnt. Dann folgt eine Schilderung der Ausdehnung der Eismassen in Europa und Nordamerika. Im Norden beider Festlandsmassen hatten wir enorme Inlandeisdecken, von denen uns Grönland heute ein schwaches Abbild giebt. Die liöheren Gebirge, wie die Alpen, das Felsengebirge, lagen unter tief herunter- reichenden Gletschern, die u. a. die ganze Mittelschweiz erfüllten und über den Bodensee bis in das Donaugebiet vorgedrnngen waren. Auch die Mittelgebirge, wie Schwarzwald, Vogesen, Harz, trugen ihre kleinen Firnmulden auf den Höhen und kurze Eisströme in den Phälern. Die Spuren dieser Vergletscherung sind uns in den erratischen Blöcken, End- und Grand- moränen mit gekritzten, fremden Gesteinen, in den Schliffen auf festem Fels, in den Rund- höckern erhalten und geben uns durch den Vergleich mit den heutigen Gletschern und deren Bewegung oder Gesteinstransport die sicheren Hilfsmittel an die Hand, uns auch die früheren geologischen und glacialen Verhältnisse zu reconstruiren. Wodurcli ist diese gewaltige Ansammlung von Eis entstanden? Zur Erklärung hat man erstens angenommen, daß die Erdwärme nachgelassen hätte, dann müßte aber heute das Eis noch vorhanden sein; zweitens ist die Vermuthung ausgesprochen, das Sonnensystem passirte kalte und warme Räume im Weltenall; das hieße aber eine Hypothese auf die andere pfropfen. Drittens hat man die Stellung der Erdachse und deren Wandelbarkeit in Folge der Präcession der Tag- und Nachtgleichen herangezogen. Das erfordert wegen der Periodicität aber eine Wiederkehr der Vereisung, von der wir bisher keine Spuren kennen. Nur im Karbon Indiens, Südafrikas und Australiens sollen glaciale Wirkungen nachweisbar sein, also unter dem Aequator und in der warmen Zone, woraus völlig andere klimatische Bedingungen sich ergeben *) Eine ausführlichere Arbeit des Vortragenden über diesen Gegenstand findet sich in diesen Schriften, X. B.and, 2./3. Heft, Seite 243—2.57. XV müßten Dann hat man neuerdings, von den heutigen Gletscliern ausgehend, mit dem Glauben an große Kälte während der Eiszeit gebrochen. Die Eiszeit ist vielmehr eine Zeit von ziemlich beträchtlicher mittlerer Wärme gewesen, was die Pflanzen der sog. Interglacial- perioden beweisen. Aber es müssen große Niederschläge (Schnee) auf den polaren Höhen und den Gebirgen Europas und Nordamerikas niedergefallen sein, mehr als wegthauen konnten, so daß die daraus entstandenen Gletscher allmählich weit gegen Süden Vordringen konnten. Die Gründe dieser heftigen Schneefälle liegen vielleicht in der Zerstörung der atlantischen Landbrücke und in dem Eindringen des Golfstroms in das Polarraeer. Hierfür werden vom Vortragenden die verschiedenen geologischen Thatsachen angeführt. Sobald sich ein Aus- gleich der Wasser vollzogen hatte, mußten die Schneemassen und damit auch die Gletscher zurückgellen; es trat eine gewaltige Abschmelzperiode ein, wo sich in allen Glacialgebieten starke Ströme entwickelten, welche das Relief des Bodens wesentlich umgestalteten. Die Eiszeit war insofern nicht einheitlich, als sich auch während derselben bedeutende Schwankungen des Eisrandes vollzogen. Auf weite Landstrecken wich der Gletscher zurück, um dann wieder vorzustoßen. Man unterscheidet meist zwei solche Interglacialperioden mit drei- maligem Vordringen. Die Zahl dieser Oscillationen wechselt selbstverständlich mit der Gegend; in Schweden ist vielleicht nur eine Eiszeit vorhanden gewesen, in Norddeutschland im allge- meinen drei Eisbedeckungen, in Schottland hat Geikie gar fünf unterschieden. Die Zeit seit der letzten Vereisung und die Dauer der Eiszeit hat man versucht, auf verschiedene Weise zu berechnen. Die aushobelnde Wirkung der Alpengletscher kann zur Eiszeit die Delta- und Schuttmassen des Kanderbaches, des Bödeli bei Interlaken und des Meiringer Thaies nicht haben bestehen lassen; diese sind also erst seit der letzten Vereisung entstanden, und unter Zugrundelegung ihres gegenwärtigen Anwachsens gelangt man zu Zahlen zwischen 12- und 15000 Jahren. Zu ähnlichen Ergebnissen führten die Untersuchungen Heim’s über das Delta des Muottaflusses am Vierwaldtstädter See; sowie über die Braunkohlen der Schweiz, die zwischen Moränen liegen. Diese Braunkohlen müssen nach der Berechnung von Heer 6000 Jahre zu ihrer Bildung gebraucht haben. Nimmt man zwei derartige Inter- glacialzeiten an, so könnte man eine Mindestdauer von 12000 Jahren für die Vergletscherung der Schweiz erhalten, aber da man über die Zeit des Vorrückens und des Beharrens nichts weiß, hat diese letzte Zahl recht wenig Werth. Dagegen kennt man sehr genau die Wirkungen der Eiszeit. Dieselben bestehen in allen von ihr betroffenen höheren Gebieten in einer vollständigen Forträumung alles Ver- witterungsscliuttes, in der Bloslegung und Rundung des festen Gesteins und in der Fort- schaffung aller Trümmer in die tiefer gelegenen Abschmelzdistricte in, auf oder unter dem Eise. Schweden und Finland verdanken ihre Schärengürtel und die zahllosen runden Buckel dieser modellirenden Thätigkeit des großen Ostseegletschers und seiner Zuflüsse, ja die Ostsee- rinne selbst ist in ihrer heutigen Gestalt ein Product derselben. Das ursprünglich fertige Flußsystem ist durch die Schaffung zahlloser Riegel wieder ein primitives mit zahllosen Seen geworden, deren Ausflüsse jetzt in all den Stromschnellen und Wasserfällen daran arbeiten, den geregelten Lauf zum Meere aufs Neue herzustellen. In der norddeutschen Tiefebene, die vorher ein Hügelland gewesen sein wird, haben die Eismassen alle losen Schichten der Ober- fläche aufgewühlt und zum Theil abgetragen, landeinwärts bis an den Faß des Mittelgebirges geführt und mit all dem mitgeführten nordischen Schutt die Unebenheiten ausgeglichen. Im Durchschnitt bedecken 50 m solcher Glacialproducte den alten Boden im Bereiche der Tief- ebene. Der vorrückende Gletscher schuf die Geschiebemergel, der stillstehende geschwungene Schutthügel in seinen Endmoränen, der weichende enorme Sand- und Geröllmassen durch seine Schmelzwasser. Geschiebemergel und Sande wechseln im Untergründe der Ebene mit einander und enthüllen uns deren Geschichte und Entstehung. Die Endmoränen schüttete das Eis zu langen, nur durch die Schmelzwasserpforten unterbrochenen Hügelketten auf. Die der letzten Vereisung sind uns genau bekannt und lassen sich von Jütland über Holstein, MeckleJiburg und Pommern bis in die Provinzen Ost- und Westpreußen verfolgen. Da das Ostseebecken XVI mit Eis erfüllt war und die Endmoräiienbogen den Abfluß der Scbmelzwasser und der ost- deutschen Flüsse hinderten, so muß das Flußsystem ganz anders gewesen sein. An der Hand der von Berendt, Wahnschaffe und Keilhack gelieferten Arbeiten wird dieses Flußsystem, welches alle Wasser der Elbe zufiihrte, kurz geschildert. Sobald in der Schweiz und in Norddeutschland die Wasser sich verlaufen hatten, wurden die weit ausgedehnten, unbewachsenen Flußbetten mit ihren Sandmassen trocken gelegt, und nun konnte sich in diesem wüsten, vegetationslosen Lande die Kraft der Winde frei entfalten. Sandschliffe, Dreikanter und wahrscheinlich die Lößbildung in allen Thälern und Tiefen Mitteldeutschlands sind deren Spuren. Biszeitlicher Entstehung sind ferner die Flußterrassen des Khein-, Donau- und Rhonegebiets, ein Theil der oberbaierischen und fast alle norddeutschen Seen. Letztere gliedern sich in Stauseen hinter den Moränen und in Flußthalseen, welche an den tieferen ausgekolkten Stellen der Schmelzwasserrinnen zurückgeblieben sind. Die zahlreichen kleinen rundlichen Wasserlöcher erklärt man am besten als Einbruchstrichter über todtem Eis in der Grundmoräne. Was vom Norden Europas gilt, kann man ohne Aenderung direct nach Nordamerika übertragen, alle Erscheinungen finden sich dort wieder. Zum Schlüsse wird dann an dem Beispiel des Schwarzen Meeres und des Missisippi gezeigt, welche großartigen Yerschiebungen in dem Abfluß der Niederschläge die Vereisung hervorgebracht hat. — Durch Landkarten, Kartenskizzen und Photographien wird der fesselnde Vortrag reich illusfcrirt. 4. Sitzung am G. März 1901. Zunächst überreicht Herr Professor Dr. Conwentz das von Frau Geheim- rath Cohn in Breslau eingesandte Buch ,, FERDINAND COHN. Blätter der Erinnerung. Zusammengestellt von seiner Gattin Paüline Cohn. Mit Beiträgen von Professor P. Rosen. Breslau 1901.^^, worin sie ihrem verewigten Gatten, dem Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, in liebevoller Verehrung ein literarisches Denkmal setzt. Die Schrift war ursprünglich nur für die Familie bestimmt, jedoch hat sich die Verfasserin auf den Rath wohl- meinender Freunde dazu entschlossen, sie auch einem größeren Kreise zugänglich zu machen. Zum großen Theil sind Aufzeichnungen des Ver- storbenen selbst benützt und durch weitere Ausführungen von der Hand der Herausgeberin zu einem vollständigen, lebensfrischen Bilde vereinigt. Kein Anderer wäre hierzu so berufen gewesen, als die ihm geistig ebenbürtige Frau, welche als Schutzgeist in seinem Hause gewaltet und als bester Freund an seinen Arbeiten wie Unternehmungen einen verständnißvollon, vielfach auch fördernden Antheil genommen hat. Das in stattlichem Gewände erschienene Buch ist mehr als eine einfache Biographie; es bietet auch culturhistorische Ausblicke auf vergangene Zeiten und anziehende Schilderungen von Reisen, im Engeren und Weiteren, die von Beiden immer gemeinsam unternommen wurden. Dazu erfährt es eine Ergänzung durch besondere Würdigung der rein wissenschaftlichen Thätigkeit Cohn^s von Seiten eines B'achmanns, Pro- fessor Rosen, welcher des Verstorbenen langjähriger letzter Assistent gewesen ist. Ein Abschnitt enthält interessante Mittheilungen über die von Cohn mit Opfern lange energisch betriebene und nach mancherlei Schwierigkeiten endlich durch- gesetzte Gründung des Pflanzenphysiologischen Instituts zu Breslau, des ersten der Art in Deutschland. In einem andern Abschnitt sind seine Beziehungen XVII zu Robert Koch zum ersten Mal für weitere Kreise erörtert. Dieselben wurden eingeleitet durch einen Brief Koch’s aus Wollstein, vom 22. April 1876, worin er mittheilt, daß er durch Cohn’s Arbeiten über Bacterien angeregt, sich mit der Untersuchung der Entwickelung des Milzbrand-Bacillus beschäftigt habe; bevor er jedoch damit an die Oeffentlichkeit trete, möchte er Cohn um die Brlaubniß bitten, nach Breslau kommen zu dürfen, um ihm im Pflanzen- physiologischen Institut während einiger Tage die nothwendigen Experimente vorzuführen. Cohn erkannte in der ersten Stunde des Zusammenseins mit Koch in ihm einen Forscher von hervorragender Begabung und hat ihn in der Folge unablässig gefördert. Die Erinnerungsblätter sind mit trefflichen Bildern ausgestattet; zu einem derselben, welches den malerischen Blick von Cohn’s alter Wohnung auf den Schweidnitzer Stadtgraben darstellt, ist an- scheinend eine von der kunstgeübten Hand der Verfasserin einst ausgeführte Vorlage benutzt worden. Das Buch wird von Allen, die an des Verewigten wissenschaftlicher oder menschlicher Persönlichkeit Interesse genommen, mit leb- hafter Freude begrüßt werden; besonders auch in unserer Stadt und Provinz, wo ihm über das Grab in zahlreichen Schülern und Freunden dankbare Herzen schlagen. Hierauf spricht Herr Oberlehrer Ganske in längerem, von Lichtbildern illustrirtem Vortrage über eine Osterreise in die Klöster des Hagion Oros (Athos). Der Vortragende, der vom 1. April 1896 bis 30, Juni 1900 in Konstantinopel lebte, liat schon im Sommer 1897, während eines längeren Aufenthaltes auf der Insel Lesbos den Plan gefaßt, den Athos zu besuchen. Erst Ostern 1900 war ihm die Ausführung möglich. Die Klöster sind sehr interessant. Die Halbinsel Athos, 50 km lang, 5 — 10 km breit, steht durch einen 2 km breiten Isthmus mit der Halbinsel Chalkidike in Verbindung. Sie stellt einen Bergrücken von 200 — 1200 m Höhe dar, an dessen südlichem Ende der 2000 m hohe Marmor- kegel des Athosberges schroff emporsteigt und ebenso schroff zum Meere sich senkt. Der Bergrücken ist bewaldet, Wasser ist reichlich vorhanden. Da nur wenig Ackerboden zu finden ist, so sind die den Athos bewohnenden Menschen (ca, 10 000 Mann, nämlich ca. 7000 Mönche und ca. 3000 Koc^lxoI, Nichtgeistliche, dienende Leute) auf äußere Hilfe angewiesen, In der That besitzen die 21 Klöster des Athos bedeutende Liegenschaften in Makedonien, Rumänien, Rußland etc., von deren Ertrage alle Bedürfnisse bestritten werden. Etwas ver- dienen die Mönche durch Herstellung von Schnitzereien und Malereien, sowie durch Betteln. Das Betreten des Athos ist für Personen weiblichen Geschlechts verboten. Selbst weibliche Thiere werden nicht gehalten. Die Klöster bilden eine Republik unter türkischer Hoheit. Der Hauptort, der aus wenigen einzelnen Gehöften besteht, Karyes, ist Sitz der regierenden Synode, zu der jedes Kloster ein Mitglied stellt. Die laufenden Geschäfte er- ledigt ein Ausschuß von vier Personen. Als Vertreter des Sultans und als Aufsichtsbehörde fungirt ein ebenfalls in Karyes ansässiger Kaimakam (Landrath), der, den Ordnungen des Athos entsprechend, seinen Harem nicht mitbringen darf. Im Alterthum war der Athos be- kannt wegen seiner Höhe sowie Avegen der mannigfachen Schiffbriiclie an seiner Küste (die persische Flotte 492 v. Chr.). Im 5. oder 6. Jahrhundert entstanden die ersten Klöster, mancher Fürst suchte in ihnen Ruhe und beschloß in ihnen sein Leben, so Konstantin Monomaches (11. Jahrhundert) und ein serbischer König. 1453 schlossen die Mönche mit Mohammed H., dem Eroberer, einen günstigen Vertrag, dessen Bestimmungen im wesentlichen noch jetzt gelten: Selbstverwaltung und, als Anerkennung der türkischen Hoheit, Tribut- zahlung, Im griecliischen Freiheitskriege haben sich die Mönche etwas compromittirt, doch kamen sie mit einer zeitweiligen strafweisen Einquartirung von Albanesen glimpflich davon. 2 XVIII Die Reisevorbereitungen wurden selir erleichtert durch die g tige Hilfe Sr. Excellenz des Herrn Kaiserl. Botschafters Marschall von Bieberstein. Ihm verdankte die aus sechs Herren bestehende Reisegesellschaft Empfehlungsbriefe von Sr. Heiligkeit dem Oekumeni sehen Patriarchen und Sr. Excellenz dem Kaiserlichen Russischen Botschafter sowie Erleichterung der Paßscherereien. Am 11. April traten die Theilnehmer auf dem kleinen griechischen Dampfer „Chios“ die Reise an. Die Fahrt berührte Gallipoli (Landung der Türken 1356) und Tschanak-Kalessi (Dardanellen). Nach stürmischer Fahrt landete mau am 12. April Abends. Am 13. früh wurde das russische Kloster St. Panteleimon besucht, in dem man großartige Gastfreundschaft fand. Pater Paissy, der früher in München und in Berlin russischer Botschaftsprediger gewesen ist, übernahm die Führung durch die ausgedehnten Anlagen seines Klosters — die der Yortragende eingehend schildert — und sodann nach Karyes, der russischen ,,Skiti“ (Nebenkloster) St. Andreas, dem griechischen Kloster Yato- pedi und dem bulgarischen Kloster Zographu. Yatopedi ist besonders interessant wegen seines Reichthums, seines ’ hohen Alters, seiner Reliquien und seiner Organisation. Es ist „idiorhythmisch“, d. h. die Mönche leben völlig für sich und erhalten vom Kloster nur die zum Leben nothwendigen Dinge. Ueberall traf der Yortragende eine geradezu fürstliche Gastfreundschaft. Das ist um so mehr anzuerkennen, als gerade die strengen Fasten herrschten. Der Yortragende giebt Bericht von dem Leben und Treiben der Mönche. Yom bulgarischen Kloster aus ging es mit Segelboot zur Dampferstation Daphni, von der aus die Weiterfahrt nach Salonicki und die Rückkehr nach Konstantin opel erfolgte. 5. Sitzung* am 20. März 1901. Vor Eintritt in die Tagesordnung widmet Herr Professor Dr. Conwentz dem am 10. März verstorbenen, langjährigen Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. J. Kiesow, folgende Erinnerungswerte: Der Hingeschiedene war am 27. Mai 1846 in Yorbein, Kreis Grimmen in Neuvorpommern, geboren. Nachdem er das Gymnasium zu Greifswald Ostern 1866 absolvirt hatte, lag er dem Studium der Naturwissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Greifswald und Göttingen ob und wurde im Herbst 1869 in Göttingen auf Grund einer chemischen Dissertation (üeber einige vom Aethyl-Benzol sich ableitende Verbindungen) zum Dr. phil. promovirt. Sodann nahm er an dem Feldzug in Frankreich 1870/71 Theil und kämpfte in 14 Gefechten und Schlachten mit, darunter auch bei Mars la Tour, St. Privat und Noisseville. Ostern 1872 bestand er das Staatsexamen in Göttingen und wurde in den folgenden Jahren an verschiedenen Lehranstalten in Königsberg i. Pr., Guben, Marienburg Westpr. und Hattingen a. d. Ruhr als Probecandidat bezw. Hilfs- lehrer beschäftigt. Am 1. Januar 1877 erfolgte seine Anstellung in Danzig an der Realschule zu St. Peter; er übernahm den Unterricht, welchen so lange unser unvergeßlicher Menge dort ertheilt hatte. Gleich in demselben Jahr trat Kiesow in die Naturforschende Gesellschaft ein, und er ist seitdem, durch einen Zeitraum von 24 Jahren, eins ihrer arbeitsamsten Mitglieder geblieben. Ein Schulprogramm vom Jahre 1878 behandelt noch, wie seine Dissertation, einen chemischen Gegenstand: Bedeutung des Stickstoffes für die Pflanzenwelt; aber darauf wandte er sich geologischen Studien zu und hat dieselben weiter bis an sein Lebensende verfolgt. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen sind zumeist in den von unserer Gesellschaft herausgegebenen, ,Schriften^^ niedergelegt; XIX die Gesellschaft bat auch durch Aufwendungen für die Bibliothek seine Arbeiten gefördert. Zunächst beschrieb er 1879 zwei Backzähne von Rhinoceros ticho- rliinus aus dem hiesigen Diluvium, in den Schriften der Naturforschenden Gesell- schaft (N. F. lY. Band, 4. Heft). Als in dem nächsten Jahre die Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Danzig tagte, lieferte er für die aus diesem Anlaß herausgegebene Festschrift (Danzig in naturwissenschaftlicher und medicinischer Beziehung 1880) einen Aufsatz über die geologischen Ver- hältnisse der Umgebung Danzigs, und hielt bei der Versammlung selbst, in der Section für Mineralogie etc., einen Vortrag: Ueber palaeozoische Ver- steinerungen aus dem Diluvium der Umgegend Danzigs. Seitdem beschäftigte er sich weiter eingehend mit versteinerungsführenden Geschieben hiesiger Gegend aus verschiedenen Formationen und hat eine Reihe von einschlagenden Abhandlungen mit Tafeln über diesen Gegenstand veröffentlicht, ln den Jahren 1881 und 1882 erschienen die Arbeiten über Cenoman - Versteinerungen (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft N. F. V. Band, 1., 2. und 3. Heft), deren Originale er dem Provinzial-Museum überwies. Weiter veröffentlichte er: Ueber silurische und devonische Geschiebe Westpreußens, 1884 (ebendort, N. F. VI. Band, 1, Heft); Ueber Gotländische Beyrichien, 1888 (Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft); Beiträge zur Kenntniß der in west- preußischen Silurgeschieben gefundenen Ostracoden, 1889 (Jahrbuch der Geolo- gischen Landesanstalt); Die Coelosphaeridiengesteine und Backsteinkalke des westpreußischen Diluviums, 1894 (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft N.F. VHI. Band, 3./4. Heft) ; Das geologische Alter der im westpreußischen Diluvium gefundenen Coelosphaeridiengesteine und Backsteinkalke, 1896 (ebendort N. F. IX. Band, 2. Heft). Auch das vorletzte Heft unserer Schriften (N. F. X. Band, 1. Heft) enthält noch eine Arbeit Kiesow’s vom Jahre 1899: Bemerkungen zu den Gattungen Cyclocriniis etc. Zu all diesen Untersuchungen benutzte er auch die Sammlungen des Provinzial-Museums; hauptsächlich hat er jedoch in der Umgegend Danzigs, vornehmlich in den Kiesgruben von Langenau, Schönwarling, Hohenstein etc., selbst und gemeinsam mit seinen Schülern ge- sammelt. Zwecks vergleichender Studien unternahm er zweimal eine Ferien- reise nach Schweden und trat mit dem Palaeontologen der Stockholmer Akademie, Professor Lindström, welcher später auch unserer Stadt einen Besuch abgestattet hat, in Beziehung. Ebenso stand er mit dem Petersburger Akademiker Fr. Schmidt und anderen Fachmännern in regem Verkehr. Durch Kiesow’s frühzeitiges Hinscheiden hat die Naturforschende Gesellschaft und die Landes- kunde der Provinz einen herben Verlust erlitten; der Name des eifrigen Forschers wird in unseren Kreisen unvergessen bleiben. Die Versammlung ehrt das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von den Plätzen. Hierauf legt Herr Professor Momber zunächst eine Anzahl von Drucke-- Schriften vor, welche in diesen Tagen von Frau Dr. Behrendt hier und von Frau Geheimrath CoHN-Breslau der Gesellschaft geschenkt sind, und kündigt 2* XX für den 15. April den populärwissenschaftlichen Vortrag über das Thier- leben in den Tiefen des Oceans von Herrn Professor Dr. zur Strassen- Leipzig an. Herr zur Strassen war der Zoologe der ergebnißreichen deutschen Valdivia-Tiefsee-Expedition des Jahres 1899. Dieser durch Lichtbilder reich illustrirte VoiTrag soll eine wünschenswerthe Ergänzung der Mittheilungen sein, \\’sers an der Oberfläche, die Mittelwerthe für Luft- temperatur im Monat — , alle diese Werthe repräsentiren eine ganz außerordentlich große Summe von Beobachtungen, die seit 32 Jahren von Hunderten deutscher und holländischer Seeleute gemacht und von der Seewarte gesammelt sind. Von ganz besonderem Werth für die praktische Schiffahrt sind natürlich möglichst genaue Angaben über etwaige Schiffahrtshindernisse; dementsprechend finden wir auf unseren Karten auch die Grenzen des Treibeises und des Nebels; ferner Angaben über Wracks, Trift- stücke u. s. w. in einer beigedruckten Legende. Auf der Rückseite der Hauptkarte sind kleine Karten über Luftdruck und Temperatur für Dekaden der zwei letzten Monate beigegeben, deren Werthe aus den inzwischen von Schiffen eingelieferten Beobachtungen abgeleitet und die für den Schiffer werthvoll sind zum nachträglichen Verständniß der Wetterlage auf seinen Reisen. Die ebenfalls auf den Karten gegebenen magnetischen Werthe sind nothwendig zum Verständniß der Aenderung der Ab- weichung der Magnetnadel an Bord, insofern nämlich diese Aenderung durch den veränderten Schiffsort hervorgerufen wird. Endlich finden sich noch praktisch wichtige Mittheilungen von nautischem Interesse aus den neuesten Kapitäns- und Konsulats-Fragebogen auf der Rückseite der Karte. XLIl Alles in allem genommen stellen diese Karten eine bedeutende Erweiterung und Sicherung unserer Kenntniß von dem Atlantischen Meere dar, das für uns Europäer das wichtigste ist, weil unser Wetter in ihm seinen Ursprung nimmt, Herr Professor Dr. Conwentz spricht hierauf in längerem Vertrag über die Flora der Moore in ihrer gegenwärtigen und einstmaligen Zusammensetzung und illustrirt sie durch Abbildungen und Herbarpflanzen. Im Anschluß daran erläutert Vortragender die hohe wirthschaftliche Bedeutung der Moore, die in Folge der Werthsteigerung der Brennmaterialien und in Folge der Land- meliorationen von Jahr zu Jahr zunimmt. Vom wissenschaftlichen Stand- punkt ist die hierbei unvermeidliche Vernichtung mancher seltenen Pflanzenart in unserem Gebiet zu beklagen. Im Hinblick hierauf empfiehlt Vortragender eine beschleunigte, gründliche floristische wie faunistische Untersuchung der noch erhaltenen Moore, wie anderseits die dauernde Conservirung einzelner Moore als eigenartiger Denkmäler der Natur, durch welche die Physiognomie einer Landschaft in charakteristischer Weise gekennzeichnet wird. Ein ausführliches Beferat über diesen Voi’trag ist später im „Prometheus'^ veröffentlicht worden^). Herr Professor Momber berichtet über den Verlauf der Virchow - Feier in Berlin, welcher er als Vertreter der Gesellschaft beiwohnte. Außer mehreren Druckschriften, die sich auf diese denkwürdige Feier beziehen, legt Vortragender auch eine Photographie des von der kunstgeübten Hand des Herrn Oberlehrer Dr. Korella ausgeführten Diploms vor, welches Vor- tragender dem jüngsten Ehrenmitgliede der Gesellschaft in Berlin persönlich überreicht hat. 10. Sitzung am 21. November 1901. Herr Medicinalrath Professor Dr. Barth spricht in längerem Vortrage über die Chirurgie des Herzens. Die Chirurgie des Herzens ist das jüngste Kapitel der chirurgischen Wissenschaft, und wenn ihr auch naturgemäß sehr enge Grenze gezogen sind, so hat sie doch in den fünf Jahren ihrer Entwickelung glänzende Erfolge aufzuweisen und sich das Bürgerrecht in der Heilkunde gesichert. Und nicht durch blinden Wagemuth des Chirurgen ist das Organ, welches mit einem gewissen Recht als der Sitz des Lebens gegolten, seiner Hand anheim- gefalleii, sondern folgerichtiges Denken hat die Lehre von der Unantastbarkeit des Herzens widerlegt, und folgerichtiges Handeln hat die günstigen Resultate geliefert. Seit den homerischen Zeiten haben die Verletzungen des Herzens als unbedingt tötlich gegolten, und auch die Aerzte aller Kulturvölker haben bis in die Neuzeit an dieser Ansicht festgehalten. Zwar tauchten im 17. und 18, Jahrhundert Mittheilungen von Fällen auf, in denen eine Herzverletzung erst nach Tagen tötlich endete oder gar zur Heilung kam. Wie es scheint, vermochten aber solche Beobachtungen die alte Ansicht nicht zu beeinflussen. Und noch im Anfang des 19. Jahrhunderts, nachdem das Interesse für die Herzverletzungen, namentlich in Frankreich, durch die Arbeiten Larrey’s und Düpuytren’s lebhaft erwacht und ein größeres Beobachtungsmaterial geliefert war, hielt man die Möglichkeit der Heilung einer Herzwunde für höchst fraglich und war geneigt, positive Beobachtungen für Täuschungen anzusehen. Inzwischen suchte man der Frage durch Thierversuche näherzutreten. Man stellte b CONWENTZ. Die Gefährdung der Flora der Moore. Prometheus. Xo. 635. XIII. Jahrg. 1901/1902. No. 11. XLTIT fest, daß das Einstechen einer Nadel in das Herz eines Thieres ohne Schmerzensäußerung’ ertragen 'wurde, und daß die Thiere ungestört am Leben blieben, ja, selbst Yerletzungen mit gröberen Instrumenten erwiesen sich nicht als unbedingt tödtlich (Bretonneau 1818, Larrey 1829, Velpeau 1833, Jung 1835). Die Zahl der Herzschläge war bei diesen Yersuchen im Moment des Einstichs beschleunigt, kehrte aber bald zur Norm zurück. Wirkliche Klarheit in die Angelegenheit brachte indessen erst die im Jahre 1868 er- schiene Arbeit von Georg Fischer in Hannover, welche sich auf das stattliche Material von 401 aus der Literatur zusammengestellten Fällen von Yerletzungen des Herzens und 51 des Herzbeutels stützte. 44 Mal handelt es sich um Stichwunden mit Nadeln oder ähnlichen Instrumenten, 260 Mal um Stichschnittwunden mit Messern u. s. w., 72 Mal um Schuß- verletzungen und 76 Mal um Zerreißung durch stumpf einwirkende, schwere Gewalten. Nur in 26 % der Fälle trat der Tod sofort ein, in 55 % erfolgte er später nach Stunden, Tagen oder Monaten, und in 10,7 % der Herzverletzungen wurde dauernde Heilung festgestellt. Darunter befinden sich 12 Fälle, in denen Fremdkörper (Nadeln, Kugeln) im Herzen eingeheilt v/aren, ohne Störungen zu verursachen. Selbst eine Yerletzung der Kranzader, das heißt der Ernährungsarterie für das Herz, braucht nicht unbedingt tötlich zu sein, da ein sicherer Fall von spontaner Heilung nach Yerletzung derselben beschrieben worden ist. Das praktische Ergebniß der FiscHER’schen Untersuchungen für die Chirurgie war ein erstaunlich geringes, und es bedurfte erst noch eines w^eiteren Anstoßes, um die Chirurgen zu einer activen Be- handlung der Herzverletzungen zu veranlassen. Im Jahre 1884 erschien eine Arbeit von E. Rose, welche an der Hand von 20 eigenen Beobachtungen nachwies, daß der Spättod nach Herz Verletzungen meist durch Nachblutungen in den Herzbeutel und durch die pralle Aus- füllung desselben zu erfolgen pflege. Rose forderte deshalb für diejenigen Fälle, in denen sich die Compression des Herzens in Folge zunehmenden Blutergusses in den Herzbeutel durch diätetische Maßnahmen nicht verhindern lasse, die operative Eröffnung des Flerzbeutels, um das Herz von dem Drucke zu entlasten. Das war aber der erste und bedeutsamste Schritt zur Herzchirurgie selbst. Denn was sollte den Chirurgen w^ohl abhalten, nach kunstvoller Eröffnung des Herzbeutels, falls er der tödtlichen Blutung aus der Herzwunde durch Tampo- nade nicht Herr wird, die directe Blutstillung durch die Naht der Herzwunde zu versuchen? Wenn das Herz nach der Yerletzung durch ein Messer oder eine Revolverkugel weiter schlägt und in einer gewissen Anzahl von Fällen zur Heilung gelangt, warum sollte es den Nadelstich des Chirurgen nicht vertragen? Das Yerdienst, diese logische Schlußfolgerung gezogen zu haben, gehört einem Italiener DelYechio, welcher 1895 durch Thierversuche die Zulässigkeit der Herznaht darthat und ihre Anwendung in geeigneten Fällen von mensch- lichen Herzwunden forderte. In der That geht aus seinen und den späteren Yersuchen von Bode, Elsberg, Wehr und Anderen hervor, daß man an jeder Stelle der Herzoberfläche die Naht unbeschadet ausführen kann, ohne die Herzaction zu gefährden. Farina in Rom war der erste, welcher die Herznaht am Menschen im Jahre 1896 ausführte. Leider starb der Kranke, welcher einen Dolchstich in die linke Herzkammer erhallen hatte, mehrere Tage später an einer hinzutretenden Lungenentzündung. Auch der zweite Fall von tierznaht, welcher Cappelen in Christiania gehört und ebenfalls den linken Ventrikel betraf, endete nach drei Tagen tötlich. Fast gleichzeitig mit diesen Fällen glückte es Rehn in Frank- furt a. M., einen Kranken durch die Herznaht zu retten, und seitdem haben sich die Mit- theilungen über die Herzchirurgie schnell gemehrt. Im ganzen ist bis heute die Herznaht achtzehnrnal ausgeführt worden mit einer Heilungsziffer von 50 An diesen Zahlen parti- cipirt Vortragender mit zwei Fällen, über die er kurz berichtet. Im ersten Fall handelt es sich um einen 28jährigen Mann, der auf der Straße einen Messerstich in die Magengrube erhalten hatte. Derselbe war schräg nach oben durch Zwerch- fell, Brustfell und Herzbeutel bis in die rechte Herzkammer eingedrungen. Eine halbe Stunde nach der Yerletzung wurde an dem bewußtlosen Kranken das Herz frei gelegt und die 2 cm lange Herzwunde durch vier Seidennähte geschlossen. Der Kranke erholte sich, starb aber XLIV nach 31/2 Tagen in Folge doppelseitiger Brustfell- und Herzbeutelentzündung. In dem anderen Fall glückte es, den Verletzten durch die Herznaht zu retten. Der 28jährige Mann hatte sich in selbstmörderischer Absicht drei Messerstiche in der Herzgegend beigebracht, von denen einer die linke Herzkammer verletzt hatte, und war ohnmächtig aufgefunden worden. Eine halbe Stunde nach der Verletzung wurde die Operation ausgeführt, nach welcher sich der Kranke sofort erholte. Die Heilung erfolgte in fünf Wochen, und der Mann ist seitdem bei voller Gesundheit. So darf die Herznaht heute als eine bewährte und direct lebensrettende Operation an- gesehen werden. Ob von der Herzchirurgie noch weiteres zu erwarten ist, steht dahin. An vereinzelten Vorschlägen zu anderweitigen Herzoperationen fehlt es heute schon nicht, und die Möglichkeit weiterer Fortschritte muß zugegeben werden. 11. Sitzung am 4. Dezember 1901. Herr Professor Momber legt den jüngsten Band der von der Holländischen Gesellschaft der Wissenschaften neu herausgegebenen Werke von Hüyghens vor. Es ist dieses großartigen Werkes neunter Quartband, der die Corre- spondenzen des berühmten Physikers aus der Zeit von 1685 — 1690 enthält. Eine Abhandlung des Correspondirendeii Mitgliedes, Herrn Professor Treptow- Freiberg, über die Metallgewinnung in vor- und frühgeschichtlicher Zeit gelaugt gleichfalls zur Vorlage in der Versammlung. Hierauf spricht in längerem Vortrage, unter Vorführung zahlreicher, vom Vortragenden zum größten Theil selbst hergestellter mikroskopischer Präparate, die mittels des Scioptikons der Gesellschaft zur Anschauung gebracht werden, der Nervenarzt Herr Dr. S. Meyer über die Entwickelung des Nervensystems und der Sinnesorgane. So lange sich die anatomische Wissenschaft mit der Betrachtung des Baues der fertigen Organismen begnügt, kann sie sicli von der bloßen Beschreibung zu einer Erklärung der Formen der Lebewelt nicht erheben, und nur das Studium der Entwickelung der Geschöpfe führt zu einem erklärenden Verständniß der Formen. Für kein Organsystem trifft dies aber mehr zu als für das Nervensystem des Menschen und der höheren Thiere. Nur die Ent- wickelungsgeschichte vermag hier für die grundlegenden Thatsachen des Aufbaues wie für eine große Anzahl von Einzelheiten eine genügende Erklärung zu geben. Will man die Entstehung des Nervensystems von seinen ersten Anfängen an verfolgen, so muß man zu außerordentlich frühen Stadien der Entwickelung zurückgehen, denn schon wenige Stunden nach der Befruchtung des Eies und dem Beginn der Entwickelung, zu einer Zeit, wo der durch Theilungen der Eizelle entstandene Keim nur aus zwei in einander ge- schachelten Zellschichten, dem sogenannten inneren und äußeren Keimblatt, besteht, wird die erste Anlage des Centralnervensystems sichtbar. Es erheben sich dann nämlich an der Rückenseite des äußeren Keimblattes beiderseits von der Mittellinie zwei leisten förmige Zell- wucherungen, die im Laufe der nächsten Stunden sich weiter erheben, um schließlich zu einem Rohre zusammenzuwachsen. Dieses wird dann durch das darüber sich wieder schließende äußere Keimblatt in die Tiefe versenkt. So entsteht ein die ganze Längsachse des Keimes durchziehendes Rohr, das bestimmt ist, aus sich durch weitere Umbildungen das ganze Oentralnervensystem hervorgehen zu lassen. Aus dieser Art der Entwickelung erklärt es sich in ganz natürlicher Weise, daß das Gehirn- und Rückenmark des Menschen und der Wirbel- thiere von einem Hohlkanal durchzogen ist. Bevor man diesen grundlegenden Entwickelungs- gang kannte, legte man irrthümlicherweise den bekannten Hohlräumen des Gehirns die aben- teuerlichsten Functionen bei. So wurde z. B. ernstlich behauptet, daß in der Flüssigkeit, welche diese Räume erfüllt, die Seele wohne, also — schwimme. Während sich aus dem hinteren Theil des Nervenrolires durch verhältnißmäßig einfache Waclisthums Vorgänge das Rückenmark bildet, erfährt der vorderste Theil des Rohres sofort nach seiner Entstehung eingreifende Umgestaltungen, die ihn befähigen, das complicirteste Organ des Körpers, das Gehirn, aus sich hervorgehen zu lassen. Das Nervenrohr bildet zu diesem Zweck im vorderen Theil fünf hinter einander liegende Aussackungen, die soge- nannten Hirnbläschen, das sind fünf in offenem Zusammenhang stehende, mit Flüssigkeit gefüllte Hohlkügelchen. Sämmtlichen Wirbelthieren und dem Menschen ist ein solcher Urzustand des Gehirns gemeinsam, und es giebt kaum einen interessanteren Gegenstand der Forschung, als zu ver- folgen, wie sich aus diesen fünf einfachen Hirnbläschen der ungeheuere Formenreichthum der verschiedenen Wirbelthiergehirne und schließlich die Krone der Schöpfung, das menschliche Gehirn, entwickelt. Wieder sind die Vorgänge, welche aus einer so einfachen Anlage zu solchem complicirten Bau hinführen, verhältnißmäßig einfacher Natur; das Wesentliche sind hierbei Yerschiedenheiten im Wachsthum der einzelnen Bläschen. Es ist hier nicht der Ort, dies im Einzelnen zu verfolgen, aber eine Vorstellung von der ungeheuren Verschiedenheit der Wachsthumsenergie der Bläschen kann man durch den Hinweis darauf geben, daß das ganze riesige Großhirn aus der oberen und Seitenwand des vordersten Hirnbläschens entsteht. Das Großhirn aber überwiegt beim Menschen so sehr, daß es alle anderen Hirntheile überdeckt und an Masse um ein Vielfaches übertrifft. Was die Entwickelung der Sinnesorgane betrifft, so ist diejenige des Auges am lehr- reichsten. Seine erste Anlage finden wir ebenfalls sehr früh; sie besteht aus einer Aus- stülpung des zweiten Hirnbläschens, die sich dicht unter die Haut legt, — dem Augenbläschen. Die darüber hinzieliende Haut sendet in das Augenbläschen hinein ebenfalls eine kleine Aus- stülpung, die Anlage der Glaslinse. Hierbei muß natürlich das Augenbläschen selbst eine Einstülpung erfahren, so daß aus der Blase ein Becher mit doppelter Wandung wird, dessen Umschlagstelle die Anlage der Linse umgreift. Ein Blick auf das fertige Auge lehrt, daß hiermit seine wesentlichen Theile gebildet sind. Die weiteren Wachsthumsvorgänge lassen sich ohne Zuhilfenahme von Bildern kaum darstellen, und ebenso verhält es sich mit der Ent- wickelung der anderen Sinnesorgane. Hier sei nur noch darauf hingewiesen, mit wie ungemein einfachen Mitteln die Natur die allercomplicirtesten Organe entstehen läßt. Ueberall sehen wir, wie durch einfache Ein- und Ausstülpungen und Abschnürung der so entstandenen Anlagen die erste Entwickelung von Organen sich vollzieht, die im fertigen Zustande einen schier unentwirrbar complicirten Bau zeigen. Freilich, so weit unsere Kenntnisse auf diesen Gebieten gediehen sind, es bleibt, wenn man den Dingen auf den Grund geht, des Unerklärten noch genug, ja, je weiter unsere Kenntnisse Vordringen, desto zahlreicher und schwieriger werden mit dem wachsenden Wissen auch die neu auftauchenden Fragen — eine unerschöpfliche Quelle reichster Anregung und auch reinsten und idealsten Naturgenusses. 12. Sitzung am 18. Dezember 1901. Herr Oberlehrer Dr. Dahms hält einen Vortrag über eigenartige Licht- erscheinungen. Unter den weniger bekannten Lichtquellen bilden die sogenannten Luminescenzerscheinungen eine größere Gruppe. Sie entstehen beim Lösen von Körpern in Flüssigkeiten, bei der Aus- scheidung von gewissen krystallisirten Körpern aus Lösungen, bei der Umlagerung innerhalb der Moleküle, bei Druck, bei Einwirkung von Licht und Wärme, sowie bei vielen anderen Gelegenheiten. In allen Fällen ist hierbei die Lichtstärke viel größer, als sie nach der Temperatur des Körpers sein sollte. Vortragender berichtet über die einzelnen Erscheinungen und die Erfahrungen, welche er beim Wiederholen der Experimente gemacht hat, und führt einige augenfälligere, zur Demonstration geeignete Versuche vor. XLVI Bei der Liclitentbindnng während der Krystallisation, wie man sie mittels geeigneter KnnstgrifFe erhalten kann, entsteht das Leuchten entweder durch die Krystallhildiing selbst, oder bei dem Zusammentreten der verschieden elektrischen Jonen, welche bei der Lösung von Sal/.en in Folge der elektrolytischen Dissociation entstanden. Einige Mineraben und Salze werden unter der Einwirkung von Röntgenstrahlen leuchtend. Bei Platin-Barium-Cyanid ist diese Eigenthümlichkeit bereits seit längerer Zeit bekannt, und seine praktische Yerwerthbarkeit ist hauptsächlich auf diese Fähigkeit zurückzuführen. Da das als Scheelit bezeichnete Mineral ebenfalls unter Einwirkung der X-Strahlen zu leuchten l)eginnt, in gepulvertem Zustande sogar stärker wie Platin-Barium-Cyanid, so hat Keilhack etwa 120 Minerale nacli dieser Richtung hin untersucht Mittels eigenartiger Strahlenfiiter aus Stanniol vermoclite er 64 verschiedene Grade der Lichtstärke aufzustellen und gelangte im Laufe seiner Arbeit zu den interessantesten Ergebnissen. De Hemptinne versuchte zu erforschen, wie die elektrische Energie sich Gasen gegenüber in Lichtenergie umsetzt Bei eigenartiger x\nordnung der mehr oder weniger evacuirten Glas- röhren und des TESLA’schen Transformators fand er eine Reilie von Beziehungen zwischen der Luminescenz einerseits und der Concentration leitender Flüssigkeiten, Druck und Molekular- gewicht anderseits. Die am Chinin zuerst beobachtete Eigenart, beim Erwärmen leuchtend zu werden, hat bei dem Meteorstein von Middlesborough zu eigenartigen Schlüssen Yeranlassung gegeben. Wurden bei dem Gang der Untersuchung Staubtheile und Brocken dieses Gesteins auf roth- glühendes Eisen gestreut, so sandten sie ein schwaches, gelblich-weißes Licht aus. Die einzelnen, nachweisbaren Bestandtheile konnten dieses Phänomen nicht hervorrufen, später ergab jedoch die chemische Analyse, daß in den Fundstücken merkliche Mengen von Labradorit, einem Kalkfeldspath, enthalten waren. Kalkhaltige Gesteine und Mineralien leuchten freilich beim Erhitzen in licht- und röthlichgelben Schattirungen, so daß durch die beobachtete Luminescenz der erst nachträglich ermittelte Bestandtheil sich bereits vorher bemerkbar gemacht hatte. Da bei längerem Erhitzen dieses Leuchtvermögen verloren geht, so ließ sich ferner folgern, daß der Meteorstein seit jener Zeit, als er sich als Trüramerstück von einem Himmelskörper ablöste und selbständig seinen Weg begann, keine Einwirkung von hoher J'emperatur auf sein Inneres erfahren hatte. Das war selbst da nicht der Fall, als der Stein bei seinem Sturz durch die Atmosphäre außen glühend wurde. Glas- und Feuersteinsplitter strahlen beim Wetzen gegen einen Schleifstein unter starkem Druck ein röthliches Licht aus. Dieses ist einzig als eine Wirkung der Reibung, der Friction der kleinsten Theilchen aufzufassen, denn es entsteht in gleicher Weise unter Wasser an einem vollständig nassen, wie an einem trockenen Steine. Nöggerath berichtet von inter- essanten Schleifversuchen in den Achatschleifereien zu und bei Oberstein und Idar im Olden- burgischen Fürstenthum Birkenfeld an der Nahe. Beim Zerreiben und Zerstoßen krystallini scher Substanzen zeigt sich ebenfalls eine Luminescenzerscheinung. Tschugaeff fand zwischen dieser und der chemischen Zusammensetzung bezw. Constitution eigenartige Beziehungen. Es bestehen sogenannte „luminophore“ Atomverbindiingen, zu denen besonders das Hydroxyl, das Carbonyl und der tertiär und secundär gebundene Stickstoff gehören. Auch durch starke Kälte läßt sich Licht hervorrufen. Becquerel berichtet über einen bereits von Dewar angestellten Yersuch, nach welchem ein Krystall von Urannitrat beim Eintauchen in flüssige Luft, oder besser in flüssigen Wasserstoff zu leuchten begann. Otto machte die Entdeckung, daß ozonisirte Luft gewöhnliches Wasser zum Leuchten bringt. Wie die ausführlich angestellten Yersuche ergaben, handelt es sich hier um eine Oxydation winziger organischer Theilchen. Man hat sogar versucht, diese Thatsache zu einer allgemeingiltigen Erklärung für das Leuchten des Meeres zu verwerthen, doch besitzen wir aus der letzten Zeit verschiedene Arbeiten, welche uns in dieser Beziehung ohne Schwierig- keiten zum Ziel führen. E. Süchsland hat uns ein Bild entworfen, wie starr früher selbst hervorragende Gelehrte an der Ansicht festhielten, daß ein Leuchten des Meeres nur thierischen XL VII Ursprunges sein konnte. Dünn brach sich mehr und mehr die Ansicht durch, daß man es mit Leuclitbacterien zu thun habe, bis schließlich durch planvolle Versuche diese winzigen Geschöpfe thatsächlich nachgewiesen und Zuchtversuche von günstigem Erfolge mit ihnen angestellt wurden. Interessant ist die Thatsache, daß Beyerinck die Beziehungen zwischen verschiedenen Nährböden und Leuchtbacterien so genau erforscht hat, daß er die einzelnen Arten der letzteren nach ihrem Leuchten oder Nichtleuchten direct zu Indicatoren für bestimmte Substanzen machen konnte. Besonders wenn nur geringe Mengen, die sich chemisch nicht mehr nachweisen lassen, vorhanden sind, ist diese Methode bei ihrer hohen Empfindlichkeit von der größten Bedeutung. Larchanoff in Petersburg hat über die Leuchtbacterien der Ostsee und Suchsland in Halle über seine physikalischen Experimente mit Photobacterium phosphorescens berichtet. Das beste Leuchten findet bei ungefähr 7 bis 8® 0, statt, gegen Wärme ist es empfindlicher als gegen Kälte. Bei ungefähr 36,50 C. erlischt es. Wird einem lebenden Frosche eine Gabe von einigen cbcm leuchtender Bouillon in den dorsalen Lymphsack eingespritzt, so dringt die Flüssigkeit in die benachbarten Lymphsäcke und in das Blut, und erleuchtet nach und nach den Körper des Thieres. Nach ungefähr 3 bis 4 Ta, gen hört diese Lichtentbindung auf, jedenfalls deshalb, weil dann die Phagocyten (Freßzellen) die Bacterien vernichtet haben. Erwähnenswerth ist die Erklärung, welche Suchsland für das Zustandekommen des Pflüger- schen Phänomens giebt. Wie Dubois bereits früher nachgewiesen hat, besitzt das physiologische Licht dieser kleinen Lebewesen fast ausschließlich Strahlen mittlerer Wellenlänge, er versuchte nun dieses Licht praktisch zu verwerthen und stattete zur Zeit der Pariser Weltausstellung über den Stand seiner Arbeiten Bericht ab. Im Monat April stellte er sogar in den Räumen des Palais d’Optique seine praktischen Ergebnisse aus. Seine Oulturen befanden sich in geeigneten Glasgefäßen und erleuchteten den Saal mit mondscheinartigem Glanz, so daß man die Züge einer Person auf mehrere m Entfernung erkennen und Druckschrift, sowie die Zahlen auf dem Zifferblatte einer Uhr lesen konnte. Der Gelehrte hofft, die Intensität dieser originellen Licht- quelle derart verstärken zu können, daß ihre praktische Verwerthung bald erkannt werden wird. Der Gedanke, das Licht organischer Wesen zu verwerthen, ist übrigens nicht neu, Pasteur züchtete bereits vor einigen Jahren Leuchtbacterien in Gelatine und stellte aus diesem Nährboden kleine Lampen her, die in ihrer Wirkung am besten mit Nachtlämpchen verglichen werden konnten. Hatte Radziszewski bereits daraufhingewiesen, daß eine Reihe organischer Verbindungen beim Erwärmen mit alkoholischer Kalilauge unter langsam fortschreitender Oxydation lumines- cirten, so gelang es Dubois vor kurzem bei Fortsetzung dieser Studien eine interessante That- sache festzustellen. Das in der Rinde unserer Roßkastanie enthaltene Glycosid, das Aesculin, giebt mit kalter Kalilauge eine kräftige Lichterscheinung, die eine ganze Nacht hindurch zu dauern vermag. Eigenartige Phänomene fand Tommasi, als er auf geschmolzenes Kaliumnitrit verschiedene Ammoniumsalze warf, während von zwei anderen Verfassern gemeinsam eine originelle Entzündung und Verbrennung geschildert wird, wenn Schwefelwasserstoff auf Blei- superoxyd geleitet wird. Das Zustandekommen dieser Lichterscheinungen ist nur zum Theil, und auch hier vielfach nicht zur Genüge bekannt. Erst neue, umfangreiclie Erfahrungen und Arbeiten werden uns auf diesem Gebiete der Optik die nöthige Klarheit verschaffen können. — Vortragender zeigt eine schön grünlich luminescirende Cultur von Photobacterium phosphorescens Beyerinck, die ihm durch Vermittelung des Herrn Professor Suchsland von Seiten des Bakteriologen Herrn Dr. Kuntze in Leutzsch für den Vortrag zur Verfügung gestellt worden ist. Außer diesen 12 Ordeiitliclien Sitzungen und den sich daran anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche letztere lediglich der Berathung geschält- XLVIII lieber Ai]gelegenheiten dienten, fanden noch vier Yersammlungen der Gesellschaft statt, in welchen vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen reich durch Lichtbilder illustrirte Vorträge gehalten wurden. Es sprachen: 1) Mittwoch, den 30. Januar 1901, in der Aula des Königlichen Gymnasiums, Herr Oberlehrer Dr. Gaede über seine Reise durch den griechischen Archipel; 2) Montag, den 25. Februar 1901, im großen Saale des Friedrich Wilhelm- Schützenhauses, Herr Dr. Schwahn, Director der LTrania- Berlin über das Thema: „Ueber Werden und Vergehen im Weltenraum“; 3) Montag, den 15. April 1901, im Festsaal des Danziger Hofes, Herr Pro- fessor Dr. ZUR STRASSEN-Leipzig über das Thema: „Aus den Tiefen des Oceans“, nach den Ergebnissen der vom Vortragenden mitgemachten deutschen Tiefsee-Expedition 1899/1900; 4) Mittwoch, den 16. Oktober 1901, in der Aula des Städtischen Gymnasiums, Herr Dr. Shonen Matsumura aus Sapporo, Japan, über das Thema: „Aus der Natur Japans“. XLIX Uebersicht über die in den. Ordentliclien Sitznng-en lOOl behandelten Gregenstände* A. Allgemeines. 1. Der Director, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für das Jahr 1900 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sectionen vor; am 2. Januar. 2. Herr Oehlschläger trägt einen Nekrolog auf Heinrich Abegg'^ vor; am 2. Januar. 3. Herr Conwentz überreicht und bespricht das Werk ,, Ferdinand Cohn, Blätter der Brinnerung^^; am 6. März. 4. Herr Conwentz widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. J. Kiesow, einen Nachruf; am 20. März. 5. Herr Schumann trägt einen ,, Nekrolog auf S. S, Schultze^‘ vor; am 1. Mai. 6. Herr Conwentz widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Rittergutsbesitzer Alexander Treichel, einen Nachruf; am 2. Oktober. 7. Herr Momber berichtet über den Verlauf der ViRCHOW-Feier in Berlin; am 6. November. B. Physik und Chemie. 1. Vortrag des Herrn Evers: ,, lieber Wesen und Bedeutung des Telephonographen^^, mit Demon- strationen; am 2. Januar. 2. Vortrag des Herrn Dahms: ,,Zur Kenntniss der chemischen Constitution des Bernsteins“; am 23. Januar.' 3. Vortrag des Herrn Evers: ,, lieber die Ausnützung der Wasserkräfte mit Hilfe der Blectricität, unter besonderer Bezugnahme auf die Kraftübertragungswerke Rheinfelden“, mit Demonstrationen; am 3. April. 4. Vortrag des Herrn Ahrens: ,,Die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung“, mit Demonstrationen; am 2. Oktober. 5. Vortrag des Herrn Dahms: ,, Eigenartige Lichterscheinungen“, mit Demonstrationen; am 18. Dezember. 4 L C. Astronomie und Meteorologie. 1, Herr Reinicke erläutert die von der Deutschen Seewarte seit dem Beginn dieses Jahres allmonatlich unter dem Namen ,, Nordatlantische Wetter- ausschau‘^ herausgegebenen Seekarten; am 6. November. D. Mineralogie und Heologie. 1. Vortrag des Herrn Deecke: ,,Die Eiszeit im Ganzen, als geologische Epoche, nach ihrer Ursache, Dauer und Wirkung^^, mit Demonstrationen; am 4. Februar. E. Botanik und Zoologie. 1. Herr Conwentz demonstrirt einen Tölpel, Sula hassana Gray, aus dem Kreise Lauenburg i. Pomm.; am 23. Januar. 2. Vortrag des Herrn Bail: ,,Ueber androgyne Blutenstände und über Pelorien^‘, mit Demon- strationen; am 20. März. 3. Herr Bail bespricht die Blütenbildung von Collinsia bicolor und weist auf die Unvollkommenheit der sog. natürlichen Pflanzensysteme hin; am 20. März. 4. Herr Oehlschläger legt Spiritusexemplare des Schiffsbohrers, Teredo navalis L., vor; am 20. März. 5. Vortrag des Herrn Conwentz: ,,Die Flora der Moore^^, mit Demonstrationen; am 6. November. 6. Vortrag des Herrn S. Meyer: „Die Entwickelung des Nervensystems und der Sinnesorgane^^, mit Demonstrationen; am 4. Dezember. F. Medicin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn S. Meyer: ,, Hypnotismus und Spiritismus im Lichte der wissenschaftlichen Forschung“; am 23. Januar. 2. Vortrag des Herrn A. Berent: ,, Allerlei Fremdkörper im Auge des Menschen“, mit Demonstrationen- am 20. März. 3. Vortrag des Herrn Helm: ,,Ein neues Verfahren zur Enteisenung von Grundwasser“; am 1. Mai. 4. Herr Kunath berichtet über die Anwendung des HELM’schen Ver- fahrens bei dem neuen städtischen Wasserwerk an der Steinschleuse; mit Demonstrationen; am 1. Mai. 5. Vortrag des Herrn Barth: ,,DiG Chirurgie des Herzens“; am 21. November. LJ Gl. Geographie und Reisen. 1. Vortrag des Herrn Ganske: ,,Eine Osterreise in die Klöster des Hagion Oros (Atlios)“, mit Demonstrationen; am 6. März. 2. Herr Momber macht Mittheilungen über den Stapellauf des für die deutsche Südpolar-Expedition bestimmten Schiffes „Gauss“; am 3. April. 3. Herr Sander legt Aquarellmalereien und Seidenstickereien aus China vor; am 3. April. 4* Lll Bericht über die Sitziiiig*oii. der ^ntlxropolog-isclieii Seetion im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. OEHLSCHLAEGER. Uie Anthropologische Section der Naturforschenden Gesellschaft zählte am Ende des Jahres 1901 36 einheimische und 8 auswärtige Mitglieder. Sie hielt im abgelaufenen Jahr folgende Sitzungen ab: Am 9. Januar erstattete Herr Oberlehrer Dr. Gäde, an der Hand eigener Reiseerinnerungen, einen ausführlichen Bericht über Dr. Dörpfeld’s, des Vor- sitzenden des Deutschen Archaeologischen Instituts in Athen, neueste Ansichten über die Heimat des Odysseus. Am 13. März sprach 1. Herr Stadtrath Dr. Helm über altbabylonische und dakische Bronze-Funde und ihre durch ihn ausgeführte chemische Unter- suchung. 2. Herr Kustos Dr. Kumm berichtete über einen Silberfund aus der arabisch-nordischen Zeit in Ohra bei Danzig. Am 23. Oktober machte 1. Herr Professor Dr. Conwentz biographische Mittheilungen über den vor Kurzem verstorbenen Begründer des Nordischen Museums in Stockholm, Arthur Hazelius. 2. Der Vorsitzende brachte ein Referat über die Arbeit von Johannes Ranke in München über die vor- geschichtlichen Bewohner der Ostalpen. 3. Herr Professor Dr. Conwentz sprach über die Renthierdose von Scharnese, Kr. Kulm a. W. LIJI Bericht über die Sitzung-eifi der* Section für* Physik und Ohemie im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EVERS. Die Section für Physik und Chemie hat im Jahre 1901 eine Sitzung abgehalten. In dieser, am 20. Dezember, fand zunächst die Beamtenwahl für das Jahr 1902 sowie eine Besprechung über die Feier des 25jährigen Bestehens der Section statt. Dann berichtete der Vorsitzende über die neuesten Unter- suchungen der BECQUEREL-Strahlen und verwandter Erscheinungen, wobei die Schwierigkeit, diese Erscheinungen mit dem Princip der Erhaltung der Energie in Einklang zu bringen, besonders hervorgehoben wurde. Weiterhin führte Herr Dr. Helm einen Versuch zur Erläuterung des von ihm erfundenen Wasser- Enteisenungsverfahrens vor. LIV Bericht über die Sitziing-oix doi:* I^edicinij^dion Section im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. TORNWALDT. Im Jahre 1901 sind folgende 18 wissenschaftliche Vorträge in 8 Sitzungen gehalten worden : 1. Sitzung am 10. Januar. 1. Herr Professor Barth: Heber Blasentumoren. 2. Herr Professor Valentini: Heber Fortschritte der Boentgenskopie. 3. Herr Sanitäts-Eath Freymuth: Demonstration einer Plica polonica. 2. Sitzung am 7. Februar. 1. Herr Dr. Wallenberg IL: Demonstration eines Kaninchens nach Zerstörung des vorderen Theiles des Sehhügels. 3. Sitzung am 7. März. 1. Herr Dr. Francke: Vorstellung von drei Fällen perforirender Verletzung des Bulbus durch Eisensplitter mit Heilung und Erhaltung des Seh- vermögens. 2. Herr Dr. Petruschky: Vorstellung von sechs mit Tuberculih behandelten Fällen von Tnberculose. 3. Herr Dr. Wallenberg II.: Heber Stichverletzung des Nervus dorsalis III mit Krankenvorstellung. 4. Sitzung am 21, März. 1. Herr Dr. Goetz: Fall von Ichthyosis. 5. Sitzung am 18. April. 1. Herr Dr. Berent: Vorstellung von Kranken: 1) Retrobulbäre Neuritis, 2) Xerosis conjunctivae bulbi. 2. Herr Dr. Semon H.: PeritoniDs und Ovarial-Abscess nach Abort, operative Entfernung des Krankheitsheerdes. 3. Herr Dr. Wallenberg HI.: Fremdkörper im Auge: a) Blaserohr-Projectil, b) kleiner;, 3 mg schwerer Eisenkörper mit nachfolgender Siderosis bulbi. (). Sitzung um 31. Oktober. 1. Herr Professor Barth: Demonstration eines aus der Schulter exstipirten Tumors von Schilddrüsencharakter. 2. Herr Dr. Petruschky: lieber Wohnungsdesinfection. 7. Sitzung am 12. Dezember. 1. Herr Dr. Wallenberg II.: lieber Degeneration der Axencylinder-Endnetze. 2. Herr Dr. Philipp: Demonstration einer Fibrin-Ausscheidung durch den Urin. 8. Sitzung am 19. Dezember. Festsitzung zur Feier des 25jährigen Bestehens des ärztlichen Vereins. 1. Herr Sanitäts-Rath Tornwaldt: Die ersten 25 Jahre des ärztlichen Vereins zu Danzig. 2. Herr Professor Valentini: Rückblick auf die in den letzten 25 Jahren neu gefundenen Krankheitsbilder. 3. Herr Dr. Wallenberg II. : Eine neue Verbindung des Riechfeldes beim Kaninchen. Zu diesen Vorträgen, welche in den Sitzungen der Medicinischen Section gehalten wurden, kommen hinzu die Fortbildungskurse für Aerzte, eine neue Einrichtung des vergangenen Jahres, welche eine erhebliche Erweiterung der wissenschaftlichen Thätigkeit der Mitglieder der Section bedeutet. Die bisher gehaltenen Fortbildungskurse waren folgende: A. Winterkurse für die Mitglieder der Medicinischen Section in Danzig. Von März bis Mai 190i. 1. Herr Professor Barth: Ueber moderne chirurgische Behandlungsmethoden. 2. Herr Dr. Semon II.: Ueber praktische Bedeutung und Behandlung der Blutungen in der Geburtshilfe und Gynäkologie. 3. Herr Dr. Petruschky: Der gegenwärtige Stand der bacteriologischen Diagnostik und der specilischen Therapie bei Infections- Krankheiten. B Sommerkurse für die Aerzte der Provinz Westpreußen. Vom 16. bis 28. Juli 1901. 1. Herr Dr. Helmbold: Pathologie und Therapie der wichtigsten Augen- krankheiten mit Demonstrationen. 2. Herr Professor Barth: Ausgewählte Kapitel der Chirurgie mit Kranken- vorstellungen. 3. Herr Professor Valentini: Klinik der inneren Krankheiten. 4. Herr Dr. Petruschky: Ausgewählte Kapitel der Bacteriologie. 5. Herr Dr. Glaeser: Asepsis und Antisepsis in der Geburtshilfe. Demon- strationen von gynäkologischen Operationen. LVI 6. Herr Dr. Semon IL: Neuere und praktisch wichtige Behandlungsmethoden in der Geburtshilfe und Gynäkologie. 7. Herr Dr. Singer: Die wichtigsten Kapitel aus der Behandlung von Zahn- und Mundkrankheiten mit Demonstrationen. C. Winterkurse seit Oktober 1901. 1. Herr Professor Valentini: Ausgewählte Kapitel aus der inneren Medicin. 2. Herr Sanitäts-Eath Freymuth: Ausgewählte Kapitel aus der Psychiatrie. LVII Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Regierungsrath BüSENITZ. Uer Westpreußische Fischerei verein konnte im Jahre 1901 die von ihm unter freundlicher Beihilfe des Königlichen Meliorationsbauamtes I in Danzig entworfene Fischereikarte der Provinz Westprepßen im Druck heraus- geben. Als Grundlagen für die Karte dienten die die Provinz Westpreußen umfassenden Blätter der von dem Königlichen Landwirthschaftsministerium herausgegebenen ..Wasserkarte der Norddeutschen Stromgebiete^^, nach welchen eine Karte aller Fischgewässer, namentlich auch aller Seeen der Provinz, im Maßstabe 1 : 400000 hergestellt wurde. In diese Gewässerkarte, welche auch die für die Fischerei hauptsächlich in Betracht kommenden Ortschaften ent- hält, wurde durch Buntdruck in 11 Farben das Vorkommen derjenigen haupt- sächlichen Nutzfische eingetragen, welche nicht den meisten Gewässern ge- meinsam sind, nämlich Aal, Forelle, Aesche, Maräne, Stint, Lachs, Zander, Karpfen, Barsch und Stör. Die Karte weist ferner die für die Fischer wichtigsten Seezeichen nach, die Leuchtfeuer, die Sturmwarnungsstellen und die Semaphore. Von besonderen Einrichtungen zur Fischerei sind die vorhandenen Fischbruthäuser, Laichschonreviere und Teichwirthschaften angeführt. Endlich sind die Stauwerke, welche im Laufe der fließenden Gewässer den Wechsel der Fische verhindern, bezeichnet und an den Zeichen danach unterschieden, ob der Stau zu einem Turbinenwerk gehört, ob an ihm eine Aalleiter oder eine Fischleiter, ein Aalfang oder ein Lachsfang angebracht ist. Die Karte, zu welcher in Band XIII No. 3 der „Mittheilungen des Westpreußischen Fischereivereins^^ eine ausführliche, mit statistischen Nachweisen versehene Er- läuterung gegeben ist, wird an alle Mitglieder des Vereins kostenlos übersandt und ist auch durch den Buchhandel zu geringem Preise zu erhalten. Der^Fischereiverein ist bemüht, seine wissenschaftliche Thätigkeit in der eingeschlagenen Richtung fortzusetzen, hat aber im abgelaufenen Kalenderjahre sein Augenmerk in erster Linie auf die Untersuchung, Ueberwachung und LVIII Ergänzung seiner Fischzuchtanlagen zu richten gehabt. Die Untersuchung Westpreußischer Gewässer durch den Geschäftsführer betraf den See bei Lubicki, die Tote Weichsel, den Weitsee, den Zarnowitzer See und die Seeen bei Sietzenhütte, inbesondere den Sominkosee. Ueber diese Untersuchungen wird nach Bearbeitung des gewonnenen Materials in den Mittheilungen des Vereins berichtet werden. LIX Bericht über die der* Section iiii:- Gresuindlieitspflege im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medicinalrath Dr. BORNTRAEGrER. Der Verein zählte am Jahresschluß 56 Mitglieder. 1. Sitzung am 19. Januar: Herr Dr. Gehrke: Heber Bleivergiftung und deren Verhütung. 2. Sitzung am 9. Februar: Diskussionsabend: Besprechung über Besserung der Wohnungsverhältnisse. 3. Sitzung am 2. März: Herr Departements-Thierarzt Preusse: Welche Be- deutung haben die Schlachthäuser für die gesundheitliche Beschaffenheit der Fleischnahrung? 4. Sitzung am 30. März: Herr Dr. Petruschky: Fortschritte im Des- infektionswesen. 5. Sitzung am 27. April: Herr Dr. Gehrke: Schluß seines Vortrages vom 19. Januar. 6. Sitzung am 2. November: Herr Apotheker Hildebrand: Die eßbaren Pilze und ihre Bedeutung als Nahrungsmittel. 7. Sitzung am 30. November: Der Vorsitzende: Direkte Ansteckungskraft des Typhus. 8. Sitzung am 14. Dezember: Diskussionsabend: a) Entwurf eines Gesetzes gegen Heber tragung von Geistes- und Geschlechtskrankheiten in Minnesota; b) Vorzeigung schwarzer Aepfel; c) Förderung des Pilze- essens. LX Verzeichniss der im Jahre 1901 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. I. Durch Tausch gingen ein; Nord -Amerika. Baltimore. Maryland geological survey 1) Maryland and its natural resources. 1901. 2) Allegany county. 1900 mit Atlas. 3) Eocene. 1901. Memoirs of tlie biological laboratory of the John Hopkins university. Bd. lY, 5. 1900. Boston. Proceedings of the american academy of arts and Sciences. Yol. XXXVI, No. 5 — 29. Yol. XXXYIl, No. 1-3. Society of natural history. 1) Memoirs, Yol. 5, No. 6, 7. 2) Occasional papers lY. 3) Proceedings, Yol. 29, No. 9 — 14. Buffalo. Bulletin of the Buffaly society of natural Sciences. Yol. YII, No, 1. Albany 1901. Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College. 1.) Bulletin. Yol. XXXYI, No. 5, 6, 7, 8; Yol. XXXYIl, No. 1,2, 3; Yol. XXXIX, No. 1. — 2.) Zoological series. Yol. Y, 1, 2, 3, 4. — 3.) Annual report of the assistent in Charge for 1899- 1900; 1900-1901. — 4.) Memoirs, Yol. XXY, No. 1. 1901. Philosopliical society: Proceedings, Yol. X, part. YII; Yol 51, part. I. 1901. List of members. Jan. 1901. Cliappel Hill. Circulars from the John Hopkins university. No. 151 (The oyster reefs of north Carolina [Caswell]). Charlottesville. Publications of the Leander Mc. Cormick observatory of the university of Virginia. Yol, H, p. 1. 1901. Chicago. The John Crerar library. 6. annual report for 1900. Cincinnati. Bulletin of the Lloyd library of Botany, Pliarm.acy and materia medica. Bull. No. 2. 1901. Columbus. Thirtieth annual report of the board of trustees of the Ohio state university for 1900. Halifax. The proceedings and transactions of the Nova Scotian Institute of Science. Yol. X, p 2. 1899—1900. Leon. Observatorio meteorologico. Resumen, Decembre 1900, Boletin mensual’^del observ. meteor. 1901. Enero. — No. 1901. Madison. Wisconsin geological and natural history survey. Bulletin, No. III, Y, Yl, YII. 1900— 1901. Transactions of the Wisconsin academy of Sciences etc. Yol. XH, part H. (1899); Yol. XIII, part I. 1901. LXI Mexico. Boletin mensual del observatorio central de Mexico. Junio 1900 — 1901. Memorias y revista de la sociedad cientifica „Antonio Alzate“. T. XIII und XIV. Boletin de agricultura, mineria e industrias, Anno IX, X. 1901. Boletin del instifcuto geolo^ico de Mexico. No. 14. 1900. Milwaukee. Bulletin of tlie Wisconsin natural bistory society. Vol. I. No. 3, 4. 1900. Montevideo. Anales del museo nacional. T. II fase. XYII. 1901. T. III fase. XVIII. 1901. New Haven. Transactions of the Connecticut academy of arts and Sciences X, 2. 1900. New York. Academy of Sciences. 1) Memoirs. Vol. II, part. 3. 1901. 2) Annals. Vol. XII, parts. II and III. 1899—1900. Vol. XIII, part. I. 1901. The rauseum of the Brooklin Institute of arts and Sciences. Bulletin. Vol. I, No. 1. 1901. Ottawa. Geological suvoey of Canada. 1) Annual report. (Nw. series.) Vol. XI. 1901. 2) Catalogue of canadian birds part. I. 1901. Philadelphia. Proceedings of the academy of natural Sciences. 1900. Vol. LII. part. II, IIP Vol. LIII. p. 1. Raleigh. Journal of the Elisha Mitchell scientific society. 1901. 27. year, part 11. Rochester. Proceedings of the Rochester academy of Science. Vol. 4. pag. 1 — 64. 1901. St. Louis. Transactions of the academy of Science. Vol. IX. No. 6, 8, 9; Vol. X. 1 — 8. 1899—1900. Missouri botanical garden, ]2th annual report. 1901. Tacubaya. Boletin del observatorio astronomico — nacional Tomo II. No. 6, 7, Annuario del observatorio astronomico nacional; anno 1901. XXI. Toronto. Canadian institute. 1) Proceedings. New Series. Vol. II. part. 4. 1901. 2) Transactions. No. 13. Vol. VII. part. 1. 1901. Washington. Report of the secretary of agriculture. 1900. Report of the Superintendent of the U-S. naval observatory for fiscal eiiding 30. June 1900. Yearbook of the U-S. department of agriculture 1900. U-S. department of agriculture, Division of biological survey. Bull. 14, 16. North american fauna. No. 20 --21. Smithsonian Institution. a) Annual report of the board of regents for 1899. b) U-S. National Museum. 1) Special Bulletin. (American hydroids.) 2) Bulletin No. 47. (The Fishes of N. and M. America.) 3) Miscellaneons collections. 1253, 1258. 4) Anrual report of the board of regents. 1897. part. II for 1899. Annals of the astrophysical observatory. Vol. I. 1900. Astronomical magnetic and meteorological observations 1891 at the U-S. naval observatory. 1899. Publications of the U-S. naval observatory. II Series. Vol. I. 1900. U-S. geological Survey. 1) 20. annual report, part. I, II, III, IV, V, VII. 1900. 21. report part. I, VI (a, b). 1901. 2) Monographs. Vol. 39, 40. 3) Bulletin No. 163 — 176. 4) Preliminary report on the cape nome gold region Alaska. Mittel -Amerika. San Salvador. Anales des observatorio astronomico y meteorologico. Süd-Amerika. Cordoba. Boletin de la academia nacional de ciencias en Cordoba. XVI. 2, 3, 4. Buenos Aires T900. La Plata. Publicaciones de la universidad de la'’'^Plata. No. 1. Julio 1901, Direccion general de estadistica de la provincia de Buenos Aires: Estudio sobre las enfermedades infecto contagiosas 1889—1898 (C. P. Salas). 1901. LXIl Montevideo. Anales del miiseo nacional. T. III, entrega XX, XXI. 1901. S. Paulo. Revista do museo Paulista (Ihering). Vol. III. 1898. Yol. lY. 1900. Asien. Oalcutta. Proceedings of tlie asiatic society of Bengal. 1900. No. IX — XII. 1901. No. 1— YIII. Tokyo. Mittlieilungen der deutsclien Gesellschaft für Natur- und Yölkerkunde Ostasiens. Bd. YIII. Theil 2. Supplement. (K. Florenz, Japanische Mythologie.) 1901, Mittheilungen aus der medicinischen Fakultät der kaiserl. japanischen Universität, Bd. Y, No. 1. Belgien. Brüssel. Societe entomologique de Belgique: 1) Annales T. XLIY. 1900. 2) Memoires YIII. 1901. Academie royale de Belgique: 1) Bulletin de la classe des Sciences. 1899, 1900, 1901. 2) Annuaire. 1900, 1901. 3) Mem. cour. et autres mem. T. 58, 59, 60. 4. Mem. cour. et mem. des savants etrangers. T. 57, 58. Liege. Annales de la societe geologique de Belgique. T. XXYl, XXYII. Bulletin 1898-1901. Dänemark. Kopenhagen. Memoires de l’academie royale des Sciences et des lettres de Dänemark. 6. Ser. Tome IX, No. 7. Tome X, No. 2. Tome XI, No. 1. Botanisk tidsskrift, udgivet af den botaniske forening. (Rosenvinge.) 23. Bind. 2. Hefte. 1900. 24. Bind. 12. Hefte. 1901. Aarboger for nordisk oldkyndighed og historie udgivne af det kgl. nordiske old- skrift. selskab. 1900. II Räkke. 15. Bind. 34 Hefte. Oversigt over det k. danske videnskabernes selskabs, forhandlinger. 1900. No. 6. 1901. No. 1-5. Fortegneise over det k. danske vid. selsk. forlagsskrifter. Januar 1901. Tychonis Brahe Dani de nova stella (edid. regia societ. scient. danika) Hamiae 1901. Deutschland. Aachen. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1900. Jahrgang YI. 1901. Altenburg. S. A. Mittheilungen aus d. Osterlande, herausgegeben v. d. naturf. Ges. des Osterlandes. N. F. IX. Bd. 1900. Bamberg. XYIII. Bericht der naturforschenden Gesellschaft. 1901. Berlin. Sitzungsberichte der kgl. preuß. Akademie d. Wissenschaften. 1900: XXXIX — LIII; 1901: I -XXXYIII. — Abhandlungen der Akademie d. Wissenschaften aus d. Jahren 1899—1900. Yerhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde. Bd. XXYII. No. 9 u. 10; Bd. XXYIII. No. 1. Yerhandlungen des botanischen Yereins der Prov. Brandenburg. 42. Jahrg. 1900. Yerhandlungen der deutschen physikalischen Gesellschaft. J. 1901. Deutsche entomologische Zeitschrift (Deutsche entomologische Gesellschaft). Jahrg. 1900. 2. Heft. Jahrg. 1901. 1. Heft. LXIII y eröflfentlichungen des kgl preiiß. meteorolog. Instituts. 1900. Heft 1, 2. Ergeb- nisse der Beobachtungen an d Stationen II. u. III. Ordnung i. J. 1900 u. 1896. Bericht über die Thätigkeit des kgl. preuß. meteorolog. Instituts i. J. 1900. Hellmann, Kegenkarte von Brandenburg u. Pommern. Berlin 1901. Abhand- lungen des kgl. preuß. meteorolog. Instituts (Bezold). Bd. I. No. 6—8. 1901. Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie u. Urgeschichte. Octob. Nov. 1900. Sitzungsber. d. Gesellsch. Naturforschender Freunde. Jahrg. 1900. Bonn. Verhandlungen des naturhistor. Vereins der preuß. Rheinlande etc. 57. Jahrg. 1. u. 2. Hälfte. Sitzungsberichte der niederrhein. Ges. für Natur- u. Heilkunde. 1900. 1. u. 2. Hälfte. Braunsberg. Arbeiten aus dem botanisch. Institut des Lyceum Hosianum. I. De genere Byrsonima (autore Niedenzu). 1901. Bremen. Naturwissenschaft!. Verein. Bd. XVII, Heft 1. Abhandlungen XV, 3: Beiträge zur nord westdeutschen Volks- u. Landeskunde, 3. 1901. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1900. Freie Hansestadt Bremen. Jahr- gang XI. 1901. Breslau. Verein für d. Museum schlesischer Alterthümer: Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. N. F. 1. Bd. Mittheilungen der k. Universitäts-Sternwarte. I. Bd. 1901. Kgl. Oberbergamt: Produktion der Bergwerke, Salinen u. Hütten d. preuß. Staates i. J. 1900. Zeitschrift für Entomologie, herausgegeben vom Verein für schlesische Insektenkunde. N. F. 26. Heft. 1901. 78. Jahresbericht der schlesischen Gesellsch. f. vaterländ. Oultur (1900) nebst Er- gänzungsheft (Schube). 1901. Danzig. Mittheilungen des westpreußischen Fischereivereins. Bd. XIII. No. 1 — 4 und Fischereikarte der Provinz Westpreußen. XXI. amtlicher Bericht des westpreußischen Prov.-Museums für 1900. Dresden. Sitzungsberichte u. Abhandlungen der naturwissensch. Ges. „Isis“. Jahrg. 1900 Juli — Dez.; 1901 Jan. — Juni. Genossenschaft „Flora“, Sitzungsberichte u. Abhandlungen. 4. u. 5. Jahrgang der neuen Folge. 1899—1901. Jahresheft der Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde. 1899 — 1900. Dürkheim a. d. H. Mittheilungen der Pollichia. No. 13. LXII. Jahrg. 1900. Emden. 85. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1899 — 1900. Erfurt. Jahrbücher der k. Akad. gemeinnütziger Wissenschaften. N. F. Heft XXVII. 1901. Erlangen. Sitzungsberichte der physikalisch-medicinischen Societät. 32, Heft, 1900. Frankfurt a. M. Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft: 1) Abhandlungen. 25. Bd. 1. u. 2. Heft; 26. Bd., 2. Heft; 28. Bd. 1900. 2) Bericht 1900 u. 1901. Physikalischer Verein: 1) Jahresbericht für 1899 — 1900. 2) Klima von Frank- furt a. M. Nachtrag von Ziegler u. König. 1901. Frankfurt a. 0. Naturwissenschaftlicher Verein des Reg.-Bezirks : 1) Helios. 18. Bd. 2) Societatum litterae. XIV. Jahrg. 1900, Freiburg i. B. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft. XI. Bd, 3. Heft. 1901. Görlitz. Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. 23. Bd. 1901. Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften: 1) Neues Lausitzisches Magazin. 76. u. 77. Bd. 1900. 2) Codex diplomaticus Lusatiae superioris II. Bd. 11. H. 1 u. 2. 1900. Göttin gen. Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften: 1) Geschäftliche Mitteilungen. 1900, H. 2; 1901, H. 1. 2) Nachrichten. Math, physik. Klasse. 1900, H. 3, 4;]1901, H. 1. LX1\ Greifswald. Kgl. Universitäts-Bibliotliek : 47 Dissertationen inediciniscli-natiirwiss. Inhalts ans 1900 u. 1901. Mittlieilnngen des Naturwissenschaftlichen Yereins für Neu-Vorpommern und Rügen. 32. dahrg. 1900. Guben. Niederlausitzische Gesellschaft für Anthropologie u. Altertumskunde: Niederlausitzer Mitteilungen. YI. Bd. H. 6 — 8. 1901. Güstrow. Arcliiv des Yereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 54. Jahrg. II. Abtlg.; 55. Jahrg. I. Abtlg. 1901. Halle. Abhandlungen d k. Leopold. Carol. deutsch. Akademie der Naturforscher. 77., 78. und 79. Bd, 1901. Abhandlungen der Natorforschenden Gesellschaft. XXII. u. XXIII. Bd. 1901. Mittheilungen des Yereins für Erdkunde. 1901. Hamburg. Mittheilungen aus dem naturhistorischen Museum. XYI, XY.II, XX HI. Naturwissenschaftlicher Yerein. 1) Yerhandlungen 1900. 3. Folge YIII. u. Ab- handlungen XYI. Bd. 2. Hälfte. ’2) Broschüre über die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts an höheren Schulen. Deutsche Seewarte; 1) Aus dem Archiv. XXIII. Jahrg. 1900. 2) III. Nachtrag zum Katalog der Bibliothek. 3) Deutsches meteorologisch. Jahrbuch für 1899. Beobachtungssystem der Seewarte. Ergebnisse Jahrg. XXII. 1900. 4) Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. Heft X. (Deutsch-Ost-Afrika.) 5) Annalen der Hydrographie u. maritimen Meteorologie. 29. Jahrg. 1901. Mittheilungen der mathematischen Gesellschaft. Bd. lY. H. 1. Yerhandlungen des Yereins für naturwissenschaftl. Unterhaltung. Bd. XI. 1901. Hannover. 48. u. 49. Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft für 1897/98 u. 1898/99. Heidelberg. Yerhandlungen des naturhistorisch-medi ein. Yereins. N. F. 6. Bd. 4. u. 5. Heft. Jena Jenaische Zeitschr. für Naturwissenschaft. 35. Bd. N. F. 28. Bd. 1.— 4. Heft. 36. Bd. N. F. 29. Bd. 1.— 2. Heft. 1901. Insterburg. Jahresbericht der Alterthumsgesellschaft für 1900. Zeitschrift der Alterthums- gesellschaft Insterburg. Heft 7. 1901. Karlsruhe. Yerhandlungen des Naturwissenschaftl. Yereins. 14. Bd. 1900 — 1901. Kassel. Abhandlungen u. Bericht XLYI des Yereins f. Naturkunde. 1900 — 1901. Kiel. Schriften des Naturwissenschaftl. Yereins für Schleswig-Holstein. XII, 1. Heft. 1901. Mitteilungen des anthropologischen X^ereins 14. Heft. 1901. Königsberg. Schriften der physikal. Ökonom. Ges. 41. Jahrg. 1900. Lands hu t. Sechzehnter Bericht des botanisch. Yereins. 1898 — 1900. Leipzig. Berichte über die Yerhandlungen der k. sächs. Ges. d. Wissenschaften. Mathem. Physik. Kl. 52. Bd. 1900: YI, Yll; 1901: No. I, II, III. Jahresbericht der Fürstl. Jablonowski’schen Gesellschaft. 1901. Mittlieilnngen des Yereins für Erdkunde. 1900. u. Wissenschaftl. X'eröflfentlichungen. Bd. 4. (Ule, Würmsee.) Sitzungsberichte der Naturforsch. Gesellschaft. 26. u. 27. Jahrg. 1899 — 1900. Lübeck. Mittheilungen der geograph. Gesellschaft u. des naturhistor. Museums in Lübeck. II. Reihe. Heft 14, 15. 1900. Lüneburg. Jahreshefte des Naturwiss. Yereins f. d. Fürstenthum Lüneburg. XY. 1899 — 1900 und Festschrift. 1851 — 1901. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwiss. 1) Sitzungsberichte. Jahrg. 1899—1900. 2) Schriften. Bd. 13. 1900. Metz. XXIII Jahresbericht d. Yereins für Erdkunde f. d. Jahr 1900 — 1901. München. Abhandlungen der k. bair. Akademie d. Wissensch. 21. Bd. 2. Abthlg. 1901 Sitzungsber. d. math. physik. Kl. d. k. bair. Akad. d. Wissenschaften. 1900, Heft HI; 1901, Heft I, II, HI: u. Inhaltsverzeichniss zu Jahrg. 1886 — 1899. LXV Sitzungsbericlite der Ges. für Morphologie u. Physiologie. XVI. 1900, Heft 1, 2. II. Jahresbericht des ornithologischen Vereins für 1899 u. 1900, Nürnberg. Anzeiger n. Mittheilungen des germanischen Nationalmuseiims. Jahrg. 1900. Heft 1-4. 1900. Naturhistorische Gesellschaft. Festschrift zur Säcularfeier. 1901. Offenbach. 38.-42. Bericht des Vereins für Naturkunde (1895 — 1901), Osnabrück. Vierzehnter Jahresbericht des Naturwiss. Vereins f. d. J. 1899 u. 1900. Posen. Naturwissenschaft!, Verein. Zeitschr. d. botanisch. Abtheilung. VH, 3; VIII, 1, 2. Historische Gesellschaft: 1) Zeitschrift. 15 Jahrgang, 1, u. 2. Halbbd. 1900, 1901. 2) Historische Monatsblätter f. d. Prov. Posen. I, 8 — 12; H, 1—3. 1901. Pr. Holland. Oberländischer Geschichtsverein, Oberländ. Geschichtsblätter. Heft HI. Königsberg. 1901. Regens bürg. Berichte des naturwissenschaftl. Vereins. VIII. Heft. Stettin. Bntomologische Zeitung, herausgegeben v. d. entomolog. Verein. Jahrg. 20 — 27, 30, 31, 39, 44, 55. 61. Jahrg. No. 7—12, 1900; 62. Jahrg. No. 1—12, 1901. Gesellschaft für pommersche Geschichte. Baltische Studien. N. F. Bd. IV. Die Bau- u, Kunstdenkmäler d. Reg.-Bez. Stettin (Lemke). Heft 4. Monatsblätter. 1900, No. 1—12. Straßburg. Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften etc. im U.-Blsaß. XXXIV. Bd., Heft 7, 10. 1900. XXXV Bd., Heft 1—9. Ergebnisse der meteorolog Beobachtungen im Reichsland Elsaß - Lothringen im J. 1897. (Hergesell, Direktor d. met. Landesdienstes Elsaß-Lothringen.) Stuttgart. Jahreshefte d, Vereins f. vaterländ. Naturkunde. 57. Jahrg. 1901. XVH., XVHI. u. XIX. Jahresbericht (1898, 99, 1900) des württembergischen Vereins für Handelsgeographie u. Förderung deutscher Interessen im Auslande. 1901, Wiesbaden. Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrg. 54. 1901. Frankreich. Bordeaux. La societe des Sciences physicpies et naturelles: 1) Memoires. Tome V (Ser. 5), 2 call. 1901, 2) Appendice au tome V. (observat, pluviometriques 1899—1900.) 3) Proces-verbaux 1899 — 1900. Cherbourg. Memoires de la koc. nation. des sc. nat. et math. Tome XXXI. 1898 — 1900. Marseilles. Annales de la faculte des Sciences, Tome XI, fase. 1—9. 1901. Nancy. Bullet, des seances de la soc, des Sciences et de la reunion biologique de Nancy. Ser. HI, Tome I, fase. IV, V, VI. 1900; Tome II, fase. I, H. 1901. Nantes Bulletin de la soc. des Sciences naturelles de l’ouest de la France. Tome 10. 1900. Paris. Journal de l’ecole polytechnique H. Ser. 5|_ et 6^ cahier. 1900, 1901. Toulouse. Bulletins et memoires de l’academie des Sciences, inscriptions et belles lettres 1899—1900. Qrossbritannien. Belfast. Report and proceedings of the Belfast natural history & philosophical society for 1899-1900. Cambridge, Proceedings of the Cambridge philosoph society. Vol. XI, part II, IH, 1901. Dublin. 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II, Tome Y, Tome YI. 1901. 2) Oeuvres completes de Chr. Huyghens, Tome IX. (Corre- spondance 1685 — 1690.) 1901. Leiden. Yerslag van den Staat der Sterrenwacht. 1896 — 98; 1898 — 1900. Tijdsclirift der nederlandsclie dierkundige vereenigung. 2. Serie, deel YII, aflev, 1. 1901; Aanwinsten van de bibliotliek 1. Jan,— 31. Dec. 1900, Italien. Bologna. R. accademia delle scienze dell instituto di Bologna. Rendiconto delle sessioni. Nuova ser, Yol. II. (1897—98), Yol, III (1898 —99). Memorie, Ser. Y, Tomo XII, fase. 1 — 4. 1898 — 99. Catania. Accademia Gioenia di scienze naturali. Atti, anno LXXYII. 1900. Ser. IV. Yol. XIII. Bolletino, 1900, fase. LXIY-LXIX, LXX. Florenz, Bolletino sismografico dello observatorio di quarto-Castello. 1 . No v. 1900 — 3 1 . Lugl. 1901. Biblioteca nacionale centrale. Bolletino delle publicazioni italiane. 19C0. No. 360. Mailand. Societa italiana di scienze naturali e del museo civico di storia naturali, Atti. Yol. XXXIX, XL, fase. 1—3. Memorie. Yol. YI, fase. 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Bovartani lapok. YII. kötet, füzet 9, 10, (Nov., Dez.) 1900. 1901 Jan.— Nov. Mathematikai es termeszettudomanyi ertesitö. XYIII. kötet, 5. füzet. 1900. XIX. kötet, füzet 1 — 4. Mittheilungen aus dem Jahrbuch der kgl. ungarischen geolog. Anstalt. XH, 3,4,5. 1901. Jahresbericht der kgl. Ungar. geologischeiFAnstalt für 1898. 1901. Földtani közlöny. XXX. kötet, füzet 10—12. XXXI. kötet, füzet 1—4, 5-6, 7—9, Termeszetrajzi füzAek. XXIY. kötet. 1901. Lxvir Rapport sur les travanx de l’acad. liongroise des Sciences en 1900. — Daday: Ostracoda Himgariae 1900. Kgl. nngarische naturwissenscli. Gesellschaft. 1) A. Hejas, Die Gewitter in Ungarn 1871 — 95. 2) Abafi-Aigner, Alepkeszet törtenete magyarorszagon. 1898. Graz. Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Jahrg. 1900. Mittheilungen des Vereins der Aerzte in Steiermark. 37. Jahrg. Innsbruck Berichte des naturwiss. medicinischen Vereins. XXVI. Jahrg. 1900/1901. Iglo. Jahrbuch des ungarischen Karparthenvereins. XXVIII. 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Aars- beretning for 1900. Meeresfauna von Bergen (Appellöf) H. 1. 1901. Christiania. Nyt magazin for naturvidenskaberne (Mohn, Hiortdahl, Broger, Nansen, AVille). Bd. 26—37. Bd. 38, H. 1, 2, 3. Foreningen til norske fortidsmindesmaerkers bevaring. Aarsberetning for 1898, 1899 & 1900. „Kunst og haandverk“ fra Norges fortid (Nicolaysen). 2. Räkke, 4. Hefte, 1899. Archiv for mathematik og naturvidenskab. (A. Helland. G. Sars, S. Torüp.) Bd. XXI, 7. 1899. Bd. XXH, No. 1, 2. 3. 1900. Lund Meddelanden frän Lunds astronomiska Observatorium. No. 13 — 18. Series H. No. 2, 3. Lund 1901. Festskrift fran ky fysiografiska sällskapet in anledning af 300. arsdagen af 'Lycho Brahe’s Död. Stavanger. Museum. Aarshefte for 1900. (11. Aargang.) Stockholm, Kgl. svenska vetenskaps-akademien : 1) Meteorologiska jakthagelser i. Sverige, 2 Ser. 23., 24. Bd. 1895. 1896. Yol. 37, 38 Stockholm 1900. D901. 2) öfversigt af förhandlingar. Bd. 57. 3) Handlingar. Bd, 33, 34.'^"Stockholm 1900. 1901, 4) Bihang tili handlingar. Bd. 26. Afdelning I, H, HI, lA^, 1901. 5) Lefnadsteckningar. Bd. 4, H. 1, 2. 1899. 1901. Geologiska föreningen. Förhandlingar. Bd. 22. Entomologisk tidskrift, utegiven af entomologiska föreningen. Arg. 21. Häft'l, 2, 3, 4. ^1900. Kg. vitterhets historie och antiquitets akademiens Mänadsblad 1896. 1900. Tromsö. Museum, 1) Aarshefter 21 & 22, 23. (1898 — 1900.) 2) Aarsberetning 1898 99, 1900. Trondhjem. Det kongelige norske videnskabers selskabs skrifter. 1900. Upsala. Bulletin of the geological institution of the university. Yol. Y, part 1. Schweiz. Basel. Jahresverzeichniß der schweizerischen Universitätsschriften. 1900 — 1901. Naturforschende Gesellschaft: 1) Yerhandlungen. Bd. XIII, Heft 1, 2. Bd XIX. 19cl und Register (1875-1900). 2) Ruetimeyer. Gesammelte kleine Schriften. Bd. I u. n. 1898. LXIX Bern. Mittlieiliing-en der Naturforschenden Gesellschaft ans 1898 No. 1-151 — No. 1463 bis 1499 aus 1900, Berichte der schweizerischen botanischen Gesellschaft, Heft XI. 1901. Universität. 72 Dissertationen mathein. -naturwissenschaftlichen Inhalts. 1900. Chur. Jahresbericht der Naturforsch. Gesellschaft Graubündens. N. F. XLIV. Bd. Yer- einsjahr 1800 — 1901. Frauenfeld, Mittheilungen der thurgauischen Naturforsch. Gesellschaft. 14. Heft. 1901. Genf. Memoires de la societe de physique et d’histoire naturelle. T. XXXHI, 2. 1899 — 1900. Schaffhausen. Mittheilungeu der schweizerischen entomologischen Gesellschaft. Band X, Heft 8. 1901. St. Gallen. Bericht über die Idiätigkeit der St. Gallischen Naturwissenschaftlichen Gesell- schaft während des Jahres 1898 — 99. Zürich. Yierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft. 45. Jahrg. 1900, H. 3—4. 46. Jahrg. 1901, H, 1 — 2. Yerhandlungen der schweizerischen Naturlbrschenden Gesellschaft, 82. Jahresvers. (Neuchatel) 1900. 83. Jahresvers. (Thusis) 1901. n. Geschenke. Geschenke der Autoren. Eadde, Die Sammlungen des kaukasisclien Museums in Tiflis, Bd. HI,Geologie von Lebedew. 1901. Deecke, Führer durch Campanien Berlin 1901. — Fünf Separatabdrücke geologisch-paläontologischen Inhaltes. Franz, Ueber die Figur des Mondes. (Sep.-Abdr ) 1900. Meyer, Die Privatkolonien von Dr. H, Meyer in Rio grande do Sul. Treptow, Die Geschichte des Bergbaues im 19. Jahrhundert (Sep -Abdr.) 1901. — Die Mineralb enutzimg in vor- und frühgeschichtlicher Zeit (Sep.-Abdr.) 1901. Neupert, Mechanik des Himmels und der Moleküle. Bamberg. Horn, (Saunier’s Buchhandlung) Systematisches Yerzeichniß gebundener Bücher, Atlanten u. s. w. 1901/2. Jacobsen, Lyra philosophica. Berlin 1901. Schräder, Neu-Guinea-Kalender (17. Jahrgang). 1902, Cohn, Paula, Ferdinand Cohn, Blätter der Erinnerung, Breslau 1901. Krüger, Die chilenisclie Reiiihüe-Expedition, ein Beitrag zur Erforschung der patagonischen Anden. (Sep.-Abdr.) Berlin 1900. Möbius, Gedanken über die ästhetischen Eigenschaften der Mollusken. (Sep.-Abdr.) Dahms, Ueber das Yorkommen und die Yerwendung des Bernsteins. (Sep.-Abdr) PiNCUS, L., Heinrich Abegg f. (Sep.-Abdr.) — Sechs Separatabdrücke gynäkologischen Inhaltes. PoLis, Das meteorologische Observatorium Aachen. (Sep.-Abdr.) SoLGER, Demonstration der Spongiosa-Architektur in einer geheilten Fraktur des Oberschenkel- halses etc. (Sep.-Abdr.) Klunzinger, Ueber die physikalisclien, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer. (Sep.-Abdr.) CoNWENTZ, Die Gefährdung der Flora der Moore. (Sep.-Abdr.) — Wissenschaftlicher Ausflug der Geographen durch Ost- und Westpreussen. 22. bis 27. September 1899. (Sep.-Abdr.) Lakowitz, Zum Gedächtniß Ferdinand Cohn’s. (Sep.-Abdr.) Reinicke, Die Meteorologie in der modernen Schiffahrt. (Sep.-Abdr.) LXX Zernecke. Gescliichte der Familie Zernecke. Graudenz 1900. Henrici, Was verstehen wir unter logischer Naturbeschreibung. (Sep.-Abdr.) Holz, Lehrbuch der Navigation und ihrer mathematischen Hilfswissenschaften von Albrecht und Yierow. 8. Auflage; neubearbeitet von Holz. 1901. Müttrich, Ueber den Einfluß des Waldes auf die Lufttemperatur (Sep.-Abdr. Meteorolog. Zeitschr. 1901). Geschenk des prenssischen Wasserausschusses in Berlin. Keller, H., Memel-, Pregel- und Weichselstrom, ihre 'Stromgebiete und ihre wichtigsten Nebenflüsse. Bd. 1, II, HI, IV. Atlas und Tabellenband. 1899. Beantwortung der Frage: Welche Maßregeln können angewendet werden, um für die Zukunft der Hochwassergefahr und den Ueberschwemmungsschäden soweit wie möglich vorzubeugen? für das Memel-, Pregel- und Weichselstromgebiet (durch Beschluß des Ausschusses vom 15. März 1901 festgestellt). Geschenk des Herrn Oher-Präsidenten Dr. von Gossler, hier. ScHtiCK, Magnetische Beobachtungen an der deutschen Ostseeküste. II. Hamburg 1901. Braun, W. 0., Untersuchungen über das Tegument der Analissung. Dissert. 1901. Potsdam (Astrophysikalisches Observatorium). Sep.-Abdr. Geschenk der Geschäftsführung des VII. internation. Geographenkongresses in Berlin (Kollni). Verhandlungen des VH. internationalen Geographenkongresses. Berlin 1899. Theil I und II. 0. Baschin, Die deutsche Südpolar-Expedition, mit 3 Tafeln. Geschenk der Frau Sielafif, hier. Glaser, Die allgemeine Wirthschaftslehre oder Nationalökonomie. Berlin 1858. Wiel u. Gnehm, Handbuch der Hygiene Karlsbad 1878—80. Die Berichte über die 1. — 8. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheits- pflege. Braunschweig 1873—81. Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie etc. 10 Bd. Geschenk des Herrn Sanitätsrath Dr. Tornwaldt, hier. Exposition universelle 1900 ä Paris. Empire dAllemagne. Catalogue des travaux et objets exposes dans la classe hygiene par le Kaiserl. Gesundheitsamt. Geschenk des ärztlichen Vereins zu Danzig. Katalog der Bibliothek des ärztlichen Vereins zu Danzig. Geschenk des Herrn Prof. Conwentz, hier. 0. Schräder, Neu-Guinea-Kalender. 1901 (16. Jahrgang). Berlin 1901. Geschenk der Handelsah theilnng der Chicago & North Western Eisenbahn. „Mais und wo er wächst“. Geschenk des Herrn Landgerichtsrath Ehmcke-Berlin. Kleinschmidt, Der Falkenbussard, Buteo Zimmermannae Ehmcke. S. Abdr, — Beschreibung von Buteo Zimmermannae Ehmcke und V ergleich mit Buteo Menestrieri und derictorum. LXXI Geschenk des k. Miiiisteriiinis für Landwirtlischaft in Berlin. Landwirthschaftliche Jalirbücher XXIX. Bd. (1900) Ergänzungsbd. III. IV. V. XXX. Bd., H. 1 — 6. Ergänzungsbd I. (1901). Die deutsche Landwirtlischaft auf der Weltausstellung in Paris 1900. Wetterkunde und Landwirtlischaft (Festrede von Prof. Dr. R. Börnstein). 1901. Geschenk des Herrn Prof. Grieshach-Mühlhansen i. E. „Gesunde Jugend“, Zeitschrift für Gesundheitspflege in Schule u. Haus. I. Jahrg., Heft 1—6. 1901. Geschenk der Frau Geheimr'äthin Cohn-Breslau. Dreizehn kleine Abhandlungen botanischen und allgemein naturwiss. Inhaltes von Prof. Ferd. Cohn. Geschenk des westpreuss. Architekten- u. Ingenieur-Vereins in Danzig. Der Westpreußische Architekten- und Ingenieur-Verein zu Danzig 1860 — 1900. (Festschrift E. Habermann). Geschenk des Herrn Sanitätsrath Dr. Lissauer-Berlin. Beiträge; zur wissenschaftl. Medizin. (Festschrift. XXIX. Vers, d. Naturf. u. Aerzte in Braunschweig.) Führer durch Braunschweig (A. Böhme). Adamy u. Wagner, Die ehemalige frühromanische Centralkirche des Stiftes St. Peter zu Wimpfen im Thal. Das märkische Provinzial-Museum der Stadtgemeinde Berlin von 1874 — 1899. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Jahrg. 1895 — 1900. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Jahrg. 1895 — 1900. Geschenk des Herrn ßedacteur Dr. Herrmann, hier. Petermann’s Mittheilungen 1863, 1871, 187’2 und Ergänzungshefte No. 28, 33. Geschenk des Herrn Navigationsschul-Director Holz, hier. Nautische, astronomische und logarithmische Tafeln von Domke. 10. Aufl., neu bearb, von 0. Canin. Berlin 1900. Ebsen’s Azimuth-Tabellen von Oo — 72 o N oder S. Hamburg 1899. Geschenk der kgl. preuss. geolog. Laiidesanstalt und Bergakademie in Berlin. Jahrbuch der k. preuß. geologischen Landesanstalt und Bergakademie f. d. Jahr 1899. Geologische Karte von Preußen und den Thüringischen Staaten. Lief. 79, 86, 90, 93, 99, nebst Erläuterungen. Berlin 1900. Abhandlungen der k. preuß. geologischen Landesanstalt. N. F. Heft 30, 34. 1900 — 1901. Geschenk der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung deP^deutschen Meere in Kiel und Helgoland. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. N. F. IV. Bd., H. 2; V. Bd., H. 2. 1900. 1901. Geschenk des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien. E. Hackel, Kunstformen der Natur. Lief. 6. LXXII III. Angekauft wurden folgende Werke: a. Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. AltpreuI3ische Monatssclirift. Bd. XXXyill. American Journal. Vol X. Biologisches Centralblatt. Bd. XXI. Comptes rendus. T. 132, 133, Gaea. Jalirg. 1901. Grimm, Deutsches Wörterbuch (bis Bd. X, 7. Heft), „Himmel und Erde“, populäre Monatsschrift XIII. Jahrg. „Natur“, Zeitung zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Jahrgang 50. Naturwissenschaftliche Rundschau. 16. Jahrgang. Naturwissenschaftliche AVochenschrift. Bd. XA^I. Naturae novitates (Friedländer}, Jahrgang 1901. „Prometheus“, Illustrirte AVochenschrift über die Fortschritte der angewandten Naturwissen- schaften. Jahrg. 1901. Sammlung gemeinverständlicher Vorträge, 15. Serie. A^erhandlungen der Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte. 72. Versammlung in Aachen. h. Physikalisch-cheinischen Inhalts. Annalen der Physik und Chemie. IV. Folge, Bd, 2. — Beiblätter. Bd. 24. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 34. Jahrg. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie für 1893, Heft 8; für 1896, Heft 5 — 8; für 1897, Heft 1—8. Journal für praktische Chemie. Bd. 61. Samiulung elektrotechnischer Vorträge. Bd. XH, FI. 1 — 6. Sammlung cliemischer und chemisch-technologischer Vorträge, Bd. VI. Das Wetter, meteorologische Zeitschrift. 18. Jahrg. Zeitschrift für Instrumentenkunde. 21. Jahrg. — deutsche meteorologische Bd. XVII. — elektrotechnische. XXI f. Jahrg. c. Astronomischen Inhalts. Astronomische Nachrichten Bd. 153 u. 154. Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1903. Berlin 1901. Mittheilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie, XI. Jahrg. ,, Sirius“, Zeitschrift für populäre Astronomie. Jahrg. 1901. de Botanisch-zoologischen Inhalts. Annales des Sciences. Botanique. Ser. 2. Tome IH — VIH. Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 64, II, 2; 66, H, 1; 67, I, 1—3. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 8. Bd., H. 2. Botanisches Centralblatt. Bd. LXXXV— LXXXVH. Botanische Beihefte. Bd. X. Botanischer Jahresbericht für 1898, Schluß; für 1899. Botaniska notiser (Wittrock). Jahrg. 1901. FIngler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. Lief. 206 — 212. Engler, Das Pflanzenreich. Heft 1 — 3, 5, 6. Fauna u. Flora des Golfs von Neapel. 26. Monographie: Die Rhodomelaceen v. Falkenberg- LXXIII \ Kjellmann, Bidrag* üll kännedomen om Skandinaviens Ectocarpeer och Tilopterider. Stock holm 1892. — Handbok i. Skandinaviens hafsalgflora. I, Fucoideae. Leukart, Die Parasiten des Menschen. Bd. I, Lief. 5, 6. Rabenhorst, Kryptogaraenflora ; Pilze Lief. 75 — 81; Laubmoose Lief. 36. Yries, H. de, Die Mntationstheorie, Versuche und Beobachtungen über die Entstehung der Arten im Pflanzenreich. Leipzig 1901. I. Band. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 68, 69. e. Anthropologisch-ethnographischen Inhalts. Archiv für Anthropologie. Bd. 27, II — IV ; Bd, 28, I. Internationales Archiv für Ethnologie. Bd. XIV. — Ergänzungsblätter. X, XI. Zeitschrift für Ethnologie. 1901. Band XXX II 1, Heft 1 — 4. f. Gleographischen Inhalts. Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde (Kirchhofe). Bd. XIII, 3 -6. Geographische Zeitschrift (Hettner). Jahrg. 7. Globus, Illustrirte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. Bd. LXXIX, LXXX. g. Mineralogischen, geologischen und paläontologischen Inhalts. Centralblatt für Mineralogie, Geologie etc. Jahrg. 1901. Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1901. I, II. — — Beilageband. XIII, 2; XIV, 1. — — Repertorium für die Jahrgänge 1895 — 99 und die Beilagebände IX— XII ZiTTEL, Handbuch der Paläontologie. Leipzig 1880 — 93. h. .Medicinischen Inhalts. Archiv für Anatomie und Physiologie. Physiologische Abtheilung. Jahrg. 1901. Ana- tomische Abtheilung 1901. LXXIV Jahresrechnung der Naturforschenden Einnahme. Bestand am 1. Januar 1901 I. Grundstück-Mietlie u. s. w II. Zinsen von Werthpapieren und Hypotheken III. Beiträge von Mitgliedern IV. Provinzial-Zuschuß V. A'' erkauf der Gesellschaftsschriften . . . VI. Insgemein YII. Erlös aus verkauften Wertlipapieren . . VIII. Reste aus 1900 A. Allgemeine JC. ^ ... 432 85 ... 743 82 ... 807 — ... 3 420 — ... 2 000 — . . . 225 20 ... 369 45 ... 11 05 • • • 1 — 9 229 37 B. Wolff’sche Bestand am 1. Januar 1901 51 10 I. Zinsen von Werthpapieren und Hypotheken 1 624 50 H. Zuschuß des Herrn Ministers und der Provinzial-Commission 730 — HI. Erstattung von Auslagen der Werkstatt 141 90 2 547 50 C. Verch’sche Zinsen 577 50 Bestand . . . I. Zinsen . H. Gesclienke Bestand Zinsen und besondere Einnahmen Bestand I. Zinsen II Ueberweisung für 1901 Bestand D. Humboldt= 29 46 609 — 11 60 650 06 E. Bau= 10112 18 ....... 386 60 10 498 78 F. Fonds für das neue 97 33 170 - 600 - 867 33 Q. Masse des phy 183 30 3 50 Zinsen 186 80 LXXV Gesellschaft für das Jahr 1901. Kasse. Ausgabe. Ji I. Gellälter und Remunerationen 509 52 II. Grundstück 846 16 III. Sitzungen und Vorträge 1 007 81 IV. Bibliothek 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder 1 556 77 2 Gehälter . 600 — 3. Zu den Vorarbeiten für einen neuen Katalog 147 20 4. Feuer-Versicherung 140 20 2 444 17 V. Druck der Gesellschafts-Schriften 1. Für das laufende Heft der Schriften 2 493 23 2. Für das neue OoNWENTZ’sche Werk 600 — 3 093 23 VI. Porti und Anzeigen 299 50 VII. Erhaltung des Inventars 80 03 VIII. Insgemein 463 03 Baarbestand 485 92 9 229 37 Stiftung. I. Gehalt des Astronomen 1 100 — II. Astronomische Station 1 237 52 Baarbestand 209 98 2 547 50 Stiftung. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek 576 80 Baarbestand ^ — 70 577 50 Stiftung. Stipendien (ein seid. Porto) 601 20 Baarbestand ^ 48 86 650 06 Fonds. Baarbestand (einschl. Mk. 10 000 auf Depositen-Konto der Privatbank) . , . 10 498 78 Conwentz’sche Werk. Baarbestand 867 33 sikalischen Kabinets. Zur Beschaffung und Verbesserung von Instrumenten 144 61 Baarbestand 42 19 186 80 LXXVI Vermögensbestand am 1. Januar 1902, I. A. Allgemeine Kasse. ^ ^ I. Das schuldenfreie Grundstück Frauengasse 26. II. Wertlipapiere 5 536 — III. Hypotheken 11 800 — Baarbestand 485 92 17 821 92 Davon ab baar eingezahlte Mieths-Kaution 174 — 17 647 92 B. Wolff’sche Stiftung. I. Werthpapiere 7 439 — II. Hypotheken 31 900 — Baarbestand 209 98 39 548 98 C. Verch’sche Stiftung. I. Werthpapiere 1 455 — H. Hypotheken 10 500 — Baarbestand — 70 11 955 70 D. Humboldt=Stiftung. I. Werthpapiere 5 592 — H. Hypotheken 8 400 — Baarbestand 48 86 14 040 86 II. Folgende Massen^ deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. 1. Bau-Fonds zur Wiederherstellung des Nord- und West-Giebels des Ges.-Gebäudes : Depositenschein der Danziger Privatbank 10 000 — Baarbestand 498 78 10 498 78 2. Stiftung der Provinz Westpreussen für eine Preisaufgabe: Mk. 1000 Preußische 2)^1%% Konsuls zu 95^ 950 — 3. Für das neue Conwentz ’sclie Werk: Hypothek 3 400 — Baarbestand 867 33 4 267 33 4. Für das physikalische Kabiiiet 282 09 A. Mitglieder-Verzeichniss der O t zix Danzig-, 15. August 1902. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit; Bail, Dr., Prof., in Danzig (Ordentl. Mit- glied 1863) 1894 Dohrn, Anton, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rath, Director der Zoologischen Station in Neapel (Oorresp. Mitglied 1876) . . 1897 V. Gossler, D. Dr., Staatsminister und Ober- Präsident der Provinz Westprenßen, Excellenz, in Danzig 1891 Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin (Ordent- liches Mitglied 1863) 1892 Möbius, K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrath, Director der Zoologischen Sammlung des Kgl. Museums für Naturkunde in Berlin (Corresp. Mitglied 1871) . 1893 Ehrenmitglied seit: V. Neumayer, Dr., Prof., Wirkl. Geh. Admiral.- Rath, Director der Deutschen Seewarte in Hamburg (Corresp. Mitglied 1880) 1893 Radde, Dr., Geh. Rath, Excellenz, Director des Kaukasischen Museums in Tiflis (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig (Ordent- liches Mitglied 1853) 1898 Virchow, R., Dr. Prof., Geb. Medicinalrath, Director des Instituts für patholo- gische Anatomie in Berlin . . . 1901 II. Correspondirende Mitglieder. Corresp. Mitglied seit : Ahrens, F., Dr., Prof, an der Universität in Breslau 1901 Asclierson, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin 1893 Berendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrath, Landesgeologe a. D., in Berlin . . 1893 Bezzenherger, Dr., Geh. Regierungsrath, Prof, an der Universität in Königs- berg i/Pr 1894 Buchenau, Dr., Prof., Gymnasial-Director in Bremen 1889 Cohn, Hermann, Dr., Professor an der Uni- versität in Breslau 1880 Conwentz, Dr., Professor, Director des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) 1878 Deecke, Dr., Professor an der Universität in Greifswald 1898 Dorr, Dr., Prof., Oberlehrer in Elbing . 1898 V. Drygalski, E., Dr , Professor an der Universität in Berlin, z, Zt. Leiter der Den' sehen Südpolarexpedition . 1897 Corres]'. Mitglied seit : iK Flansz, Superintendent in Marienwerder 19>il Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül- hausen im Elsaß, z. Z. in Sumatra 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock 1897 Grempler, Dr., Geheimer Sanitätsrath, in Breslau 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Docent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medicinalrath in Hildesheim 1877 Tlaeckel, Dr., Hofrath, Professor an der Universität in Jena 1868 V. Hedin, Sven, Dr., in Stockholm . . . 1898 Horn, Dr., Fabrik-Dirigent in Leopoldshall 1868 Jacobsen, Emil, Dr., Chemiker in Char- lottenburg bei Berlin ..... 1870 Jentzsch, Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 Lxxvm Corresp. Mitglied seit : Le Jol'i, Professeiir des Sciences in Cher- bourg 1857 Kehch’ng, Consiil in Medan/Deli, Sumatra 1894 Klein, Herrn., Dr., Prof., in Köln . . . 1873 Klnnzinger, C. B., Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart 1875 KoUm, Georg, Hauptmann a. D., General- secretär der Gesellschaft für Erd- kunde in Berlin 1893 Lemcke, Dr., Professor, Gymnasial-Director in Stettin 1898 Liebeneiner, Forstmeister a. D., in Oliva bei Danzig 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 J^juerssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr 1893 Magnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin 1893 Mestorf, Fräulein Johanna, Prof., Director des Kgl, Museums vaterländischer Alterthümer in Kiel 1899 Meyer, 0. E , Dr., Geh. Regierungsrath. Professor an der Universität in Breslau 1896 Müller, Paul A., Dr., Hofrath, Gehilfe des Directors des Magnet.-Meteorol. Observatoriums in Jekaterinenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Nathorst, A. G., Dr., Prof., Director der phytopalaeontologischen Abtheilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Corresp. Mitglied" seit r Penzig, Dr., Professor an der Universität in Genua 1888 Poelchen, Dr., dirigirender Arzt des Städt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) 1893 Reinicke, E., Verlagsbuchhändler in Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrath, Pro- fessor an der Universität in Kiel . 1893 Remele, Dr,, Geh, Regierungsrath, Professor an der Forstakademie in Eberswalde 1894 Ross, Dr., Privatdocent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover 1897 Schröder, Hugo, Dr., in London SW,, Whetstone House 1880 Schumann, K., Dr,, Prof., Kustos am Bota- nischen Museum in Berlin . . . 1893 Schweder, G., Gymnasial-Director a. D., in Riga 1895 Strasburger, Dr., Geh. Regierungs-Rath, Professor an der Universität in Bonn a. Rh 1880 Thorell, Dr., Professor in Helsingborg (Schweden) 1875 Treptow, Emil, Professor an der Bergaka- demie in Freiberg i, S. (Ordentl. Mitglied 1890) 1893 Wittmack, L., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Landwirthschaftl, Hochschule in Berlin 1893 III. Ordentliche Mitglieder. a. Einheimische. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnort Danzig. Aufgen. im Jahre Abraham, Dr,, Arzt in Langfuhr .... 1899 Adam, Regierungs-Baumeister .... 1896 Adler, Ingenieur 1895 Althaus. Dr., Arzt 1874 Anton, Regierungsrath 1899 Auwers, Dr., Regierungs- Assessor . . . 1901 Paatz, Franz, Kaufmann 1896 Badt, Frido, Kunstmaler 1899 Bail, Dr,, Stadtrath 1897 Barth, Dr., Prof., Medicinalrath u. Oberarzt 1896 Bech, Oberregierungsrath 1901 Behrendt, Dr., Arzt 1893 Behrendt, Rechtsanwalt . . Bereut, A., Dr., Arzt . . Berenz, Emil, Kaufmann Berger, J, J., Oommerzienrath Bernicke, J. C., Kaufmann . Bertling, A., Buchhändler . Bialk, Vicar Itischoff, Landgerichtsrath . Bise hoff, Oscar, Stadtrath . V. Bockeimann, Oberlehrer . V. Bötticher, Buchhändler . Boretius, Dr , Generalarzt a. D Aufgen. im Jahre . 1895 . 1901 . 1882 . 1873 . 1896 . 1892 . 1901 . 1901 . 1878 . 1888 . 1896 . 1883 Bornträger, Dr., Regierungs- u. Medicinalrath 1895 LXXIX Aufgen. im Jahre Brandt, Consul 1896 Breidsprecher, Geh. ßaiirath, Eisenbahn- Director 1892 Brinchnann, Dr., Chemiker 1901 Busenitz, Regierungsrath 1900 Citron, Rechtsanwalt 1885 Claassen, Adolf, Stadtrath ..... . 1896 Claassen, Albert, Commerzienrath, . . . 1886 Conradinwn, Realschule in Langfuhr . . 1901 Conwentz, Dr., Prof., Director des West- preußischen Provinzial-Museums . 1878 Czisclike, Oberlehrer 1901 Dalims, Dr., Oberlehrer ....... 1892 Damme, Geh. Commerzienrath 1867 Damme, Dr., Kaufmann 1897 Davidsohn, G., Fabrikbesitzer .... 1901 Dehbert, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1895 Delbrück, Oberbürgermeister 1894 Dommasch, Rendant 1874 Dreyling, Dr., Arzt 1889 Effler, Dr., Arzt 1897 Ehlers, Stadtrath . 1876 Eins, Oberlehrer 1901 Eller, Dr 1888 Engler, Georg, Kaufmann 1896 Erdmann, Rector der Rechtstädtischen Mittelschule 1898 Eschert, P., Dr., Fabrikbesitzer .... 1901 Evers, Prof., Oberlehrer 1878 Ewert, Vorsteher der General-Agentur der Deutschen Seewarte in Neu fahrwasser 1902 Fahl, Regierungs- und Baurath .... 1892 Farne, Dr., Arzt 1878 Fechner, Zahnarzt 1894 Fischer, Dr., Oberarzt 1890 Fischer, G., Brauereibesitzer in Neufahr- wasser 1893 Fischer, Director der staatlichen Fort- bildungsschule 1899 Fleck, Dr., Arzt 1902 Fleischer, H., Zahnarzt 1892 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer . . . 1896 Francke, Dr., Arzt 1896 Freitag, Dr., Sanitätsrath 1871 Freudenthal. Dr., Rabbiner 1901 Freymuth, Dr,, Sanitätsrath, Oberarzt . 1876 Fricke, Dr., Director des Realgymnasiums zu St. Johann ....... 1898 Aufgeu. im Jahre Friedländer, Dr., Sanitätsrath .... 1883 Fuchs, Gwsföü, Buchdrnckereibesitzer . . 1898 Gaebler, Fabrikbesitzer 1892 Gartenbauverein 1890 Gehrke, W., Maurermeister 1882 Gehrke, Dr., Arzt 1895 Gieldzinski, Kaufmann 1875 Ginsberg, Dr., Arzt . 1890 Gläser, Dr., Arzt . 1894 Glaser, Dr., Sanitätsrath 1859 Goebel, Regierungs- und Gewerberath . . 1901 Goetz, Dr., Arzt 1882 Goldhaber, Dr., Arzt 1900 Goldschmidt, Dr., Arzt 1892 Grentzenberg, Dr., Oberlehrer in Langfuhr 19Ü0 Haase, Dr., Kreisarzt 1901 Hägele, Dr., Chemiker 1899 Hamann, Optiker 1901 Hanff, Dr., Arzt 1874 Hardtmann, Kaufmann 1900 Hasse, Franz, Kaufmann 1877 V. Hedemann, Regierungs- Assessor . . . 1902 Hein, Stadtrath 1901 Helmbold, Dr , Arzt 1897 Hesekiel, Landgerichtsrath 1874 Hess, Oberlehrer 1891 Hevelke, Heinrich, Kaufmann ..... 1900 Hildebrand, Medicinal-Assessor .... 1883 Hillger, Prof., Oberlehrer 1902 Hobein, Dr., Oberstabsarzt 1897 Hoepffner, Dr. Generalarzt a. D 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1898 Holmberg, Kaufmann 1901 Holtz, J., Rentner 1871 Holz, Director derKönigl. Navigationsschule 1901 Hopp, Dr., Arzt 1899 Horn, Buchhändler . 1901 Ibarth, Oberlehrer 1896 Jelski, Dr., Arzt 1892 Jork, Landesrath 1901 Kabus, Rentner 1892 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer . 1886 Kaufmann, E., Landgerichtsrath .... 1899 Kayser, Dr., Astronom 1859 Keil, Dr., Assistenzarzt 1902 Keil, Oberlehrer . ■ . 1885 Kickhefel, Dr., Arzt 1899 LXXX Aufgen. im Jahre Kist, Rentner 1891 Klawitter, Willy, Kaufmann 1897 Klett, Dr., in Langftihr 1901 Klingbeil, Oberlehrer 1891 Knoch, Prof., Oberlehrer in Langfuhr . . 1880 König, Dr., Regierungs- und Forstrath . 1899 KÖstlin, Dr., Director der Provinzial-Heb- ammen-T.ehr-Anstalt 1898 Kohtz, Dr,, Arzt 1881 Korella, Dr., Oberlehrer 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer 1884 Kosmack, Stadtrath 1882 Kossel, Kaufmann 1901 Kowalleck, Prof., Oberlehrer 1902 Kretschmann, Dr., Director des Königl. Gymnasiums 1884 Kruse, Landesrath 1899 Kullmann, Baumeister, Kgl. Bangewerks- schullehrer a, D., in Langfuhr . . 1901 Kumm,\)\:., Kustos am Westpr. Provinzial- Museiim 1892 Kunath, Director der städtischen Gas- und Wasserwerke 1881 Laasner, Uhrmacher 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer 1885 Lange, P., Oberlehrer 1892 Lautz, Dr., Regierungsrath 1900 Lehmann, Eisenbahnsekretär 1896 V. Leihitz, Major a. D., in Langfuhr . . 1892 V. Lengerken, Dr., Oberlehrer 1902 Lewy, J., Dr., Arzt 1887 Lierau, Dr., Oberlehrer 1888 Lietzau, Herrmann , Apothekenbesitzer . 1879 Lietzau, Victor, Optiker 1896 Lietzau, Willy, Kaufmann 1901 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann .... 1891 Lukat, Oberlehrer 1901 Magnussen, Dr., Arzt . 1896 Mannhardt, Prediger 1894 Marx, Consul, Generaldirector .... 1898 Mau, Regierungs- und Baurath .... 1901 Meyer, Albert, Consul 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . . 1896 Meyer, Hermann, Dr., Arzt 1902 Meyer, Semi, Dr., Arzt 1901 Mix, Commerzienrath 1865 Möller, Paul, Dr., Arzt 1899 Momber, Prof., Oberlehrer 1867 Aufgen. im Jahre Münsterberg, Otto, Commerzienrath . . .1877 Muscate, Commerzienrath 1894 Nass, C., Oberlehrer 1894 Neumann, Dr., Generaloberarzt .... 1901 Neumann, Dr., Director der Victoriaschule 1896 Oehlschläger, Amtsgerichtsrath .... 1901 Oehlschläger, Dr., Arzt 1867 Oetting, Staatsanwaltschaftsrath .... 1897 Otto, Baumeister in Langfuhr 1872 Otto, Robert, Consul . 1879 V. Halubicki, Major a. D 1876 Penner, W., Stadtrath 1872 Penner, Dr., Arzt 1884 Pertus, Ingenieur 1902 Petruschky, Dr., Vorsteher des Bakteriolo- gischen Instituts 1897 Petschow, Dr., Chemiker 1892 Philipp, Dr., Arzt 1898 Pincus, Dr., Arzt 1883 Plngemann, Landrichter 1901 Preusse, Departements-Thierarzt und Vete- rinär-Assessor . 1890 Puttkammer, Franz, Kaufmann .... 1887 Putzier, Dr., Arzt 1894 Hehbein, Apothekenbesitzer 1896 Reichenberg, Robert, Kaufmann . . . 1896 Reimann, Dr., Arzt . 1894 Reimann, Rechtsanwalt 1901 Reinke, Dr., Arzt 1891 Rickert, H., Landesdirector a. D.. Mitglied des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten 1869 V. Riesen, E., Rentner in Langfuhr . . . 1896 Rochs, Dr., Generalarzt 1901 Rodenacker, Ed., Stadtrath 1873 Rodenacker, Th., Rheder 1896 Rosenstein, Dr 1895 Runde, Eugen, Kaufmann 1900 Saage, Geh. Justizrath 1880 Salzmann, Carl, Kaufmann 1875 Sander, Georg, Redacteur 1900 Sauer, Julius, Lithograph 1872 Schaefer, Kaufmann 1885 Scharffenorth, Dr., Arzt 1889 Scheeffer, Prof., Oberlehrer 1878 Scheller, Apothekenbesitzer ..... 1882 Schlucker, Kaufmann in Langfuhr . . . 1886 LXXXI Aufgen. im Jahre Schlüter, Prof., Oberlehrer 1879 Schmechel, Lanclschafts-Secretär .... 1868 Schmöger, Dr., Prof., Vorstand der Versuchs- station der Westpreuß. Landvvirth- schaftskammer 1900 Schoenberg, Kaufmann 1874 Schopf, Pr., Kaufmann 1901 Schrey, Regierungsrath, Pirector der Waggonfabrik 1898 Schroeter, Paul, Dr., Arzt 1890 Schütte, Ingenieur 1899 Schultz, Dr., Arzt 1896 Schumann, E., Prof., Oberlehrer .... 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt 1892 Schwär zenberg er, Major a. D 1900 Selige, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi- schen Fischerei- Vereins .... 1898 Seinen, Max, Dr., Arzt . 1893 Siede, Carl, Ingenieur 1898 Simon, Dr., Arzt 1879 Solmsen, Dr., Arzt . . 1899 Sonntag, Dr., Oberlehrer in Langfuhr . . 1902 Spendlin, Oberlehrer 1898 Staberow, Victor, Apotheker 1893 Staeck, Ad , Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 Stangenberg, Dr., Arzt 1899 Steffens, Hauptmann a. D 1901 Steffens, Otto, Kaufmann 1877 Steinbrecher, Oberlehrer 1901 Steinicke, Ingenieur 1896 Stentzier, Oberlehrer 1900 b. Aus Aufgen. im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Commerz- u. Admiralitäts- rath a. D., Bankdirector in Berlin W., Thiergartenstrasse 17 A .... 1893 Albrecht, Dr., Ober-Reg.-Rath in Bromberg 1888 Alterthumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz 1872 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 Bindemann, Bauinspector in Charlottenburg, Goethestraße 83 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu- stadt Westpr 1882 Böhm, Commerzienrath, in Zoppot . . . 1865 Böhm, Joh., Dr., Kustos der Sammlungen an der Kgl. Geologischen Landesanstalt in Berlin N., Invalidenstraße 44 . 1884 Borchardt, W., Apothekenbesitzer in Berent Westpr 1878 Aufgen. im Jahre Stoddart, Francis, Commerzienrath, Stadtrath 1877 StÖrmer, Albert, Kaufmann 1898 Suhr, P., Director der Ober-Realschule . 1890 Szpitter, Dr., Arzt 1900 Thomas, Qust., Vorsteher der landschaft- lichen Darlehnskasse 1893 Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath, Arzt . . . 1870 Trampe, Bürgermeister 1898 Treitel, Gerichtsrath 1901 Unruh, Kaufmann . 1896 Talentini, Dr., Prof., Oberarzt .... 1899 JVachsmann, Oberingenieur 1899 Wallenberg, Abrah., Dr., Sanitätsrath, Arzt 1865 Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt 1887 Wallenberg, Th., Dr., Arzt 1897 Wanfried, Commerzienrath 1892 Wedding, W., Rentner in Langfuhr . . 1897 Weiss, Rechtsanwalt 1890 Wessel, Polizei- Präsident 1894 Westpr eussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure 1890 Wilberg, Dr., Oberstabsarzt ..... 1901 Willers, Dr., Regierungsrath 1892 Wittich, Regierungsrath 1902 Wittkowski, Reichsbank-Director .... 1899 Wolff', August, Kaufmann 1875 Ziegenhagen, Kaufmann 1875 Zimmermann, Aug., Ingenieur .... 1883 Aufgen. im Jahre Bremer, Emil, Dr., Kreisarzt in Berent Westpr 1886 Domnick, Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Ehlers, Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 Fürst, Dr., Arzt in Heubude bei Danzig 1901 Gräbner, P., Dr., Assistent am Kgl. Botani- schen Garten in Berlin W., Grune- wald Straße 4 — 6 1894 V. Gross, Präsident des Westpreußischen Provinzial-Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Director der Realschule in Graudenz 1885 Gymnasium, Königliches, in Marienburg . 1900 6 LXXXII Aufgen. im Jahre Gymnasium, Königliches, in Neustadt Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Giaudenz , . 1900 Gymnasium, Königliches, in Strasburg Wpr. 1900 ^ Gymnasium, Königliches, in Pr. Stargard . 1900 Hartingh, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin 1879 Heil, Königl. Wasserbaurath in Kulm . . 1900 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg, Capland 1897 Hennig, Dr., Arzt in Ohra 1887 Hennig, Dr., Prof., Oberlehrer in Marienburg 1901 Henrici, Dr., Referendar in Berlin W. Köthenerstraße 17 1901 V. Heyden, Dr., Major z. D., in Bocken- heim bei Frankfurt a. M. . . . . 1867 Hilbert, Dr., Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 Hinkelmann, Lehrer in Wonno bei Schwarze- nau Wpr 1899 Hohnfeldt, Dr., Oberlehrer in Marien werder 1884 Hoyer, M., Director der landwirthschaftlich. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hiige, Apothekenbesitzer in Berlin N. Augustastraße 60 1895 Kämpfe, Dr. , Kreisarzt in Karthaus Westpr 1895 Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klehs, R., Dr., Prof., Laudesgeologe in Königsberg Ostpr. 1892 Kr eis- Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kresin, Dr., Arzt in Zoppot ...» 1885 Kressmann, Arthur, Consul a. D. in Groß Lichterfelde bei Berlin .... 1880 Kroemer, Dr., Medicinalrath, Director der Provinzial -Irrenanstalt inKonradsteiu bei Pr. Stargard 1884 hampe, Dr., Prof., Oberlehrer a. D. in Zoppot 1859 Landwirthschaftliche Schule zu Marienburg 1885 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau 1879 Lecks, Lehrer in Küchen werder bei Brunau 1901 Möc Lean Lochlan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Schweiz . . . 1877 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister in N eufabrwasse 1874 Aufgen. im Meschede, Dr., Professor, Director der Stadt. Krankenanstalt und der Psychiatri- schen Universitätsklinik in Königs- berg Moeller, Dr., Sanitätsrath, Kreisarzt in Czarnikau Ostpr Marwitz, Jos., Kaufmann in Philadelphia, 614. Chesterroad U. S. A. . . . Marwitz, Mart., Kaufmann in Halensee, Kurfnrstendamm 132 a Nagel, Dr., Prof., Director des Realgym- nasiums in Elbing Nast, Oberstleutnant z, D., in Oliva bei Danzig Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg Oherbergamt, KÖnigl., in Breslau . . . Halm, Kreisschnlinspector in Karthaus VV estpr Peters, Rentner in Zoppot Plehn, Landschaftsdirector, Rittergutsbesitz. aufKrastudenb.Nikolaiken,Kr.Stuhm Poppo, Dr., Sanitätsrath, in Marienwerder. Praetorius, Dr.,Prof., Oberlehrer in Graudenz Progymnasium, Kgl., in Loebau .... Progymnasium in Neumark Progymnasium, Kgl., in Pr. Friedland . . Kabbas, Dr., Director der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. Realschule, Kgl., in Kulm Realschule, Kgl., in Dirschau Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . Reinicke, Kapitän, Hilfsarbeiter an der Kais. Deutschen Seewarte in Ham- burg Roepell, Kammergerichts-Senatspräsident in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 31 . Rittergutsbesitzer a. Kokoschken Ruttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S Schahnasjahn, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig Schimanski, Dr., Sanitätsrath in Stuhm Schmidt, August, Dr., Professor, Oberlehrer in Lauenburg in Pommern . . . Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmühl . . Jahre 1872 1879 1871 1873 1867 190l 1881 1890 1901 1880 1878 1886 1878 1900 1897 1900 1895 1884 1900 1900 1890 1899 1889 1880 1892 1882 1886 1879 1883 1883 LXXXIII Aufgen. im Jahre Scholz, Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder 1897 Schubart, Dr., Prof., in Zoppot .... 1866 Schultz, Dr., Wirkl. Geh. Ober-Regierungs- rath, Regierungs-Präsident a. D. in Hannover, Arnswaldstraße 5 , . 1879 V. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in Waplitz, Kr. Stuhm 1890 Solger, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Aufgen. im Jahre Speiser, Dr., Arzt in Bischofsberg Ostpr. 1901 Stadthihliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Vereinigung der Altpreussen in Leipzig . 1901 Wagner, Dr., Arzt in Zoppot .... 1890 Wocke, Kgl. Garten-Inspector in Oliva . . 1900 Zehr, Photograph in Elbing » . . . . 1896 Zynda, Lehrer in Stuhm 1883 B. Mitglieder der Anthropologischen Section, Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Anger, Dr., Gymnasial-Director iri Graudenz. Bail, Dr., Professor. Borntraeger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Conwentz, Dr., Prof., Director des West preußi- schen Provinzial-Museums. Damme, Paul, Dr., Kaufmann. Dommasch, Rendant. Friedländer, Dr., Sanitätsrath. Gehrke, Dr., Arzt. Ooldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. V. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanff, Dr., Arzt. V. Hanstein, Provinzial-Secretär, Holtz, J., Rentner. Hoyer, Director der Landwirthschaftsschule in Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt. Kafemann, Buchdruckereibesitzer. Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Nord- deutschen Lloyd in Bremen. Kayser, Dr., Astronom. Kornstaedt, Apothekenbesitzer. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro- vinzial - Museum. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lemke, E., Fräulein, in Oschekau bei Gilgen- burg Ostpr. Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin W., Lützow- straße 20. Märker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien. Kr. Schwetz. Meyer, Consul. Momber, Prof., Oberlehrer. Nauck, Rector a. D., in Schlochau. Oehlschläger, Dr., Arzt. Otto, Baumeister in Langfuhr. Rickert, Landesdirector a. D., in Zoppot. Sander, Redacteur. Schmechel, Landschafts-Secretär. Schwandt, Prediger in Gr, Lossburg, Kr.Flatow. Semon, Dr., Sanitätsrath. Semon jun., Dr., Arzt, Simon, Dr., Arzt. Steinwender, Prof., Oberlehrer. Stryowski, Professor. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath. Wallenberg, Dr., Sanitätsrath. Wessel, Polizei-Präsident. Witt, Geometer. C. Mitglieder der Section für Physik und Chemie, Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Bail, Th., Dr., Professor. Bertling, A., Buchhändler. Dahms, Dr., Oberlehrer. Dommasch, F., Rendant. Eller, Dr. Evers, H., Prof., Oberlehrer. Fricke, Dr., Realgymnasial-Director. Göbel, Regierungs- und Gewerberath. Hess, Oberlehrer. 6* LXXXIV Uoltz, John, Kaufmann. Kayser, E., Dr., Astronom. Keil, P., Oberlehrer. Klingheil, Oberlehrer. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lampe, 11., Dr., Prof., in Zoppot. Lange, P., Oberlehrer. Lietzau, V., Optiker. Marschalk, C., Kaiserlicher Maschinenmeister in Neufahrwasser. Meyer, E., Apotheker. Momber, A., Prof., Oberlehrer. Nass, Oberlehrer. Neumann, Dr., Director der Victoriaschule. Scheeffer, E., Prof., Oberlehrer. Schlüter, Prof., Oberlehrer. SchmÖger, Dr., Prof., Leiter der landwirthschaft- lichen Versuchsstation, Schumann, E., Prof., Oberlehrer. Steinike, Ingenieur. Suhr, P., Realschul-Director. Wedding, W., Rentner. Zimmermann, Äug., Ingenieur. D. Mitglieder der Medicinischen Section. Dr. Abraham. „ Althaus. „ Barth, Prof., Medic.-Rath. ,, Behrendt. „ Bereut. ,, Boecker. ,, Bönheim. „ V. BÖnigk. „ Böther. „ Boretius, Generalarzt a. D. ,, Bornträger, Reg.- u. Med.-Rath. „ Briesewitz. „ Cohn. „ Dreyling. „ Effler. „ Farne. „ Fast. „ Fethke. „ Feyerabend. „ Fischer I, Oberarzt. „ Fleck. „ Franke. ,, Freitag, Sanitätsrath. „ Freymuth, Oberarzt, Sanitätsrath. „ Friedländer, Sanitätsrath. ,, Fuerst. „ Qehrke I. „ Gehrke II. „ Ginsberg. „ Glaeser. „ Goetz. ,, Goldschmidt. „ Haase, Kreisarzt. Dr. Hanf. „ Hartmann. „ Helmhold. „ Hennig. „ Hohein, Oberstabsarzt. „ Hoepffner, Generalarzt a. D. „ Hohnfeldt. „ Hopp. ,, Jelski. „ Karpinski. „ Kathke. „ Ketz. „ Kickhefel. „ Aös^/m, Director der Provinzial-Hebammen- Lehranstalt. „ Kohtz. „ Kraft. ,, Kubacz. „ Lewy. „ Lievin. „ Litewski. „ Lohse. „ Magnussen. „ Masurke. „ Mleyir. „ Semi Meyer. „ Michelsen. ,, Mierendorff. „ Möller. „ Neumann, General- Oberarzt. „ Neumann. „ Oehlschläger. „ Ortmann. LXXXV Dr, Pan eck i. ,, Penner. ,, Pctrnschky. .. Philipp. ,, Pincus. Pusch. Putzier. ., Radefeldt. ,, Re dm er. ,, Reimonn. Reinke. ,, Rochs, Generalarzt. Rodenacker . Rudolph. ,, Saling er. ,, Scharf enorth. ,, Schaff er, Oberstabsarzt. Schombvrg. ,, Schourp. „ Schröter. ,, Schutz I. ,, //. III. ,, Schustehrus. ,, Semon, Sanitätsrath. ,, Semon jun. ,, Semrau. Sanitätsrath. Dr. Siegmund. „ Simon. ,, Singer. ., So Imsen. ,, Stangenberg. Stanowski. ,, Swieczewski, ,, Szpitter. ,, Szubert. ,, Thun. ,, Tornwaldt, Sanitätsrath. ,, Valentini, Prot., Oberarzt. ,, Vorderbruegge. ,, Wagner. „ Wallenberg I., Sanitätsrath. ,, Wallenberg 11. ,, Wallenberg III. ,, Wegeli. ,, Wiedemann, Sanitätsrath. ,, Wilberg, Oberstabsarzt. „ Wo//. ,, lPor/;es. ,, Ziem. „ Zilla. Ziisch. E. Mitglieder der Section für Gesundheitspflege Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Barth, Dr., Professor, Medicinalrath. Berg, Dr., Arzt. B lasche, Polizeirath. Bleich, Corpsroßarzt. Bornträger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Bremer, Dr., Kreisarzt in Berent, Buchholtz, Redactenr. Damus, Dr., Stadtschulrath. Döring, Navigationslehrer. Eller, Dr., Ingenieur. Eschricht, Dr., Kreisarzt. Eahl, Regierungs- und Bauratb. Farne, Dr., Arzt. Flater, Amtsgericbtsrath. Freitag, Dr., San. -Rath, Arzt. Freyrnuth, Dr., Sanitätsrath. Friedländer, Dr., Sanitätsrath. Frömmelt, Apothekenbesitzer in Zoppot. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Gehrke, Dr., Arzt. Giesebrecht, Kaufmann. Gläser, Dr. , Arzt. V. Gossler, Ober-Präsident. Ilaase, Dr., Kreisarzt. Ilerrmann, Dr., Kreisarzt in Dirschau. Hildebrand, Medicinal-Assessor. Hobein, Dr., Oberstabsarzt. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe, Dr., Kreisarzt in Karthaus Wpr. Knoclienhauer, Apothekenbesitzer. Krause, Anstaltsdirector in Tempelburg. Kutzky, Dr., Arzt in Neustadt Wpr, Lauer, Dr., Kreiswundarzt in Schöneck. Lautz, Dr., Regierungsrath. Lehmbeck, Baurath, Neumann, Dr., Director. Nickel, Dr., Chemiker. LXXXYI Petruschky, Dr., Vorsteher des Bacteriologisohen Instituts. Prevsse, Veterinär- Assessor. Rehbein., Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Rovsselle, Rentner. Sander, Redacteiir. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Director des städtischen Schlacht und Viehhofs. Schräder, Chemiker in Neufahrwasser. Schwonder, Rentner. Semon, Dr., Sanitätsratb. Senion, Dr., Arzt. Toop, Stadtrath. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Pranst. Wilberg, Dr., Oberstabsarzt. Wolf, Dr,, Arzt. F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für das Jahr 1902 sind gewählt worden als: Director: Professor Momber. Vicedirector: Sanitätsrath Dr. Tornwaldt. Secretär für innere Angelegenheiten: Sanitätsrath Dr. Semon. Secretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: CommerzieuVath Otto Miuisterberg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträge), Hausinspektor: Ingenieur August Zimmer mann. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Anthropologischen Section ist Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Section für Physik und Chemie ist Professor Evers. Vorsitzender der Medicinischen Section ist Sanitätsrath Dr. Tornwaldt. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins ist Regierungsrath Busenitz. Vorsitzender der Section für Gesundheitspflege ist Regierungs- und Medicinalratb Dr. Bornträger. Zwei Reiseberichte GUSTAV Radde’s aus der Krimm vom Mai und November 1852. M itte Januar d. J. sind 50 Jahre verflosseuj seitdem unser verehrtes Ehrenmitglied Dr. v. Radde seine Vaterstadt verlassen, um fremde Länder als Naturforscher zu durchwaudern. In dem’ Archiv der Naturforschenden Gesellschaft befinden sich zwei umfangreiche Reiseberichte, die er aus der Krimm an die Gesellschaft sandte. Trotzdem seit ihrer Abfassung 50 Jahre vergangen sind, dürfte es sich doch empfehlen, diese Berichte des jungen Naturforschers aus ihrem Versteck hervorzuholen und der Oeffentlichkeit zu übergeben. Wir glauben, daß wir hiermit nicht nur der Wissenschaft einen Dienst leisten, sondern auch den zahlreichen Freunden und Verehrern Radde’s, deren warme Theilnahme und Anhänglichkeit sich vor kurzem wieder bei Gelegenheit seines 70jährigen Geburtstages gezeigt hat, eine besondere Freude zu bereiten. Dem treuen Freunde aber seien diese Berichte als ein Zeichen der Ver- ehrung von der Naturforschenden Gesellschaft, die stets auf ihr langjähriges Mitglied stolz sein wird, mit herzlichem Gruße übersandt. I. Simferopol, den 1. Mai 18. April 1852. Nachdem ich mich nunmehr bereits zwei Monate an dem einstweiligen Ziele meiner Reise befinde und in dieser Zeit einigermaßen das Terrain in meiner nächsten Nähe und dessen naturwissenschaftliche Schätze im Frühjahr kennen gelernt habe, erlaube ich mir einer Wohllöblichen Naturforschenden Ge- sellschaft einen kurzen Bericht, sowohl über meine Einreise ins südliche Rußland, als auch über das, was ich seit meinem Aufenthalt bis jetzt sammelte, zu erstatten. Ein Blick auf die beifolgende Tabelle^), welche meteorologische Beobach- tungen, die bei Simferopol gemacht wurden, enthält, wird Sie in Stand setzen^ sich einen ungefähren Begriff von dem Zustande der Atmosphäre zu machen. 1) Diese Tal)elle ist ebenso wie die weiter unten erwälinteirV'erzeiclinisse der vom \"er- lasser gesainmelten ''lUiiere und Pflanzen liier nicht abgedruekt, da sie zum \^erständniß der lieiden hier vorliegenden Berichte nicht unliedingf erforderlich sind. ( Anmerkung den* lledjiction.) 1 wie sie in diesem Frühjahr hier ist, und Sie werden hieraus zugleich ersehen, daß ich mitten im Winter hier anlangte; wenigstens einen Monat zu früh meine Heimat verließ. Bei meinem achttägigen Aufenthalt in Berlin erfreute ich mich eines besonderen Wohlwollens der Herren Geheimräthe Lichtenstein und Klug; mußte jedoch, nachdem ich manchen theuren Rath und mannigfache Auf- munterungen erhalten, meine Eeiseroute anders nehmen, als ich in Danzig beschlossen hatte; nämlich anstatt über Wien und Gallatz nach Odessa durch Galizien und Bessarabien reisen, da ich leider erfuhr, daß zur Winterszeit die Donau, obgleich gegenwärtig nicht zugefroren, und auch das Schwarze Meer nicht befahren werden. In Breslau besuchte ich Herrn Professor von Siebold und zeige zugleich seinen naturwissenschaftlichen Freunden in Danzig an, daß er in diesem Sommer seinen früheren Aufenthaltsort einige Zeit besuchen wird. Erfreut über seine Aufträge, die er mir zum Theil fürs Museum der Universität, zum Theil für sich gab, und von Neuem über dies und jenes belehrt, bestieg ich Sonntag, den 25. Januar, die Eisenbahn und erreichte am 26. Krakau. Da hatten aber die Freuden auf eine gute Zeit ein Ende. — Vom 26. bis 31. fuhr ich Tag und Nacht durch das hauptsächlich von schmutzigen Juden be- wohnte Galizien, passirte in dieser Zeit Lemberg und Czernowicz und ging am 1. Februar bei Novoscelia über die Grenze ins jetzt sehr winterliche Rußland. Den 2. trat ich im russischen Kibitka, einer Art halbgedeckter Wagen, wie man sie in Danzig oft bei polnischen Juden sieht, meine weitere Reise durch Bess- arabien an, mich einzig auf die Ehrlichkeit meines jüdischen Fuhrmanns und auf ein Paar russische Worte verlassend, die ich zu sprechen verstand. Es herrschte hier in der traurigen Einöde ein strenger Winter. Da mir Meßinstrumente fehlten, die Kälte -Grade zu erfahren, so kann ich nur einen Versuch mit* theilen, den ich am 4. Februar Abends anstellte, um einigermaßen zu wissen, wie kalt es sei. Drei Fuß hoch von der Erde goß ich Wasser in einem dünnen Strahl auf dieselbe, und es kam als Eis zu Boden. Mein Weg führte mich unaufhörlich durch unabsehbare Steppen, auf denen oft meilenweit die Flora des vorjährigen Sommers dürre dastand; die Gräser hatten gewöhnlicli eine Höhe von 4' und darüber erreicht, an den Wegen fand ich stets im nördlichen Bessarabien in großer Menge Xanthium spinosum^ im südlichen Theile wurde es seltener, hingegen finde ich es hier sehr oft. Das einzig Belebende für diese Gegenden im Winter sind große Heerden von Trappen und gesellig lebenden Lerchen-Arten, von denen ich deutlich Melanocorypha calandra und Phileremos alpestris unterscheiden konnte. Ab und zu sieht man die Steppen- Weihe {Circus pyg arg us, cyaneus Pall.) niedrig über den Boden fliegen, und Nachts bemerkt man oft Strix hracliyotus auf den Werstzeichen. Selten nur schleicht ein Fuchs, den Leib auf die Erde drückend, über die Felder, und noch seltener sieht man eine Heerde der kleinen Steppenwölfe. Kischenew wurde erreicht, dann Bcnderi und später der Dnjestr passirt. Wir langten Freitag, den 6. an dem Ufer dieses mächtigen Flusses an, und ich mußte mich 2 B in den Willen meines Fulirmanns, eines strenggläubigen Hebräers, fügen, hier den Sonnabend zu bleiben. Ich benutzte die Zeit zum Jagen in der Steppe, aber es zeigten sich neue Schwierigkeiten; das russische Pulver ist für die Piston-Gewehre nicht gemacht, weder polirt noch auch nur fein gekörnt. Ich mußte daher Abends meinen Pulvervorrath zerreiben und begab mich erst am folgenden Morgen in das Geröhr, welches zu jeder Seite des Flusses oft eine Werst weit ins Land hinein wächst. Dieses Rohr erreicht eine Höhe von 8 — 10' und nimmt besonders große, unabsehbare Flächen an den so- genannten Limans, den Ausflüssen der Ströme ins Meer, ein; es ist so dicht gewachsen und dabei so kräftig im Halm, daß man ohne Beil oder Sichel nicht hindurch kommen kann. Die Tataren sowohl als auch die Russen holen es Winters als hauptsächlichstes Heizmaterial und bringen es in kleinen Fuhren auf die Märkte aller südrussischen Städte. Nur da, wo es in so un- geheurer Menge wächst, daß es trotz des großen Bedürfnisses nicht consumirt werden kann, zündet man große Flächen, die zuvor umgraben wurden, an und macht so den Boden für den nächsten Sommer nur noch um so frucht- barer. Ich sah einen solchen Brand am Dnjepr unweit Cherson. Auf meiner Jagd, die ich am Dnjestr machte, schoß ich eine Bartmeise {Gala- mophilus biarmicus), welche Species, wie ich jetzt gesehen, in Nordmann’s Ver- zeichniß der Vögel Odessa’s und Bessarabien’s nicht aufgeführt wurde, und die, wie ich weiß, in Holland vorkommt. Trotz meiner Mühe, die ich Nachmittags darauf verwandte, noch einige Exemplare zu erhalten, gelang es mir nicht, das Geschossene in diesem undurchdringlichen Dickicht aufzufinden. Gegen Abend schwärmen hier Millionen der Fringilla montana^ ungefähr eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang, und machen dabei während ihres Fluges ein unangenehmes lautes Geschrei. Die Nacht über bleiben sie hier im Rohr, woselbst ihre Nester in Unzahl vorhanden waren. Am nächsten Tage ging es weiter, ich passirte bald darauf Tiraspol, die Monotonie der Steppe blieb dieselbe. Alle 60 Werst (9 Meilen deutsch) findet man, wenn man sonst den Weg nicht verfehlt, was leider bei ver- schnecten Wegen in dieser endlosen Ebene nur zu leicht geschieht, ein kleines russisches Dorf oder einen am Wege liegenden Gasthof, in dem man aber weiter nichts, als die harte Erde zum schlafen, einen Heering zu essen und einen Wotky (Schnaps) zu trinken erhält; wofür man gewöhnlich, da man gezwungen ist zu übernachten, einen halben Rubel Silber zu zahlen hat. Daß unter solchen Verhältnissen mein Muth mehr und mehr schwand, glaube ich nicht noch be- sonders bemerken zu dürfen; allenfalls hält man es 4 — 5 Tage in den Steppen stillschweigend aus und sucht sich in dem Wenigen, was man hier überhaupt außer Himmel und platter Erde sieht. Einiges zur Zerstreuung und Unter- haltung hervor; aber ich blieb fast vierzehn Tage unterwegs und langte dann recht mißgestimmt und mit meinen Mitteln auf Null reducirt in Odessa an. Nach einem ersten Besuche, den ich meines Wechsels wegen dem Herrn Ban((uier Euhrussi machte, an den ich durch die Gebrüder Meyer in Berlin 4 gewiesen war, erhielt ich einige Einladungen zu Herrn Consul Triton und Professor Jacoby, die, erfreut über meine Absichten, gerne über meine weitere Reise Rücksprache nahmen. Leider erfuhr ich auch durch sie, daß zu dieser Jahres- zeit weder Handelsschiffe noch Kronsdampfböte an die Krimmsche Küste fahren, und sah mich daher genöthigt, eine der hier üblichen tatarischen Fuhren zu micthen (Furgon genannt), um über Cherson meine Reise nach Simferopol fortzusetzen. Am 16. Februar durfte ich, nachdem ich an der Tamoshne (Zollamt, da Odessa damals einen zur Hälfte freien Hafen hatte) genau revidirt worden, Odessa verlassen. Von hier fährt man eine Strecke von circa 70 Werst ziemlich nahe dem Meere, dann wendet man nordöstlich, um auf dem nächsten Wege Nikolajew zu erreichen, woselbst ich nach drei Tagen anlangte. Der Bug, der sich 60 Werst südlich dieser Stadt ins Meer ergießt, hat hier eine an- sehnliche Breite erreicht. Wir brauchten mit den freilich sehr plumpen Fahr- zeugen, deren sich hier die Russen zum Uebersetzen bedieneu, drei Stunden und kehrten erst Abends 10 Uhr, da die Revision unserer Gepäcke wiederum 2 Stunden in Anspruch genommen hatte, bei einem Karaiten ein. Am nächsten Mittage ging cs weiter durch die unabsehbare Steppe. Freitags den 20. Februar erreichte ich Cherson, eine, wie alle südrussischen Städte, sehr weit- läufig gebaute Stadt, und mußte dort bis Montag verweilen, da der Besitzer einer andern Fuhre, die ich hier miethete, noch mehr Passagiere suchte. Montag fuhr ich weiter, und da bei Cherson, der Macht des Wassers wegen, der Dnicpr nicht zu passiren war, so mußten wir 70 Werst nordöstlich fahreu, um uns bei Berislaw übersetzen zu lassen. Ich brauchte für diese 10 Meilen, des er- weichten, fast unfahrbaren Steppen weges und eines aus NO tobenden fürchter- lichen Sturmes wegen, zwei Tage, obgleich der Furgon mit vier guten tatarischen Pferden bespannt war. Am ersten Tage wurden 25 Werst zurückgelegt; ich hatte auf dieser Strecke Gelegenheit, die vorjährigen Steppengewächse, namentlich unter ihnen Centaurea ovina Pall., Gi/psopJtila paniciilata^ Xantliium und einige Salsolen, mit unglaublicher Schnelligkeit vom Winde getrieben über die Steppe rollen zu sehen. Alles bewegt sich in einer Richtung, fern am Horizont sieht man die zu kleinen Kugeln zusammengeballten Gewächse sich bewegen, welche, wenn sie näher kommen, oft einen Durchmesser von 3 — 4 Fuß haben, da sie bei ihrer Bewegung alles andere mit aufnahmen, was nicht gar zu fest am Boden haftete. In Berislaw, wo ich am 24. anlangte, legte sich der Sturm, und wir konnten ohne Gefahr den folgenden Tag Mittags den Dniepr passiren. Das rechte Ufer dieses mächtigen Stromes ist durch steilabfallende, oft 150 ' hohe Kalkfelsen und verschiedenartige Muschelkalke gebildet, während das linke Ufer, nachdem es sich in einer Strecke von 3 — 4 Werst etwas erhoben, terrassenartig zur Steppe ansteigt. Die flachen Niederungen zwischen Steppe und Fluß sind reichlich mit Weiden und Ellern bewachsen und bieten dadurch dem Auge eine angenehme Abwechselung. Von Berislaw fuhren wir in südlicher Richtung, um Perekop zu erreichen, und kamen dorthin Donnerstags Nachts 3 Uhr. Von hier hat man noch 5 120 Werst ziirückzulegen, um nach Simferopol zu kommen; wir setzten daher, um noch am Freitag in dieser Stadt anzulangen, 8 Uhr früh unsern Weg fort. Auf dem Wege dorthin sah ich große Mengen der Zieselmäuse, die, da die Witterung etwas gelinder geworden war, ihre Winterbaue verlassen hatten und sich in einer Entfernung von 6—7 ' von ihren Schlupfwinkeln sonnten. Beim jedesmaligen Bemerken dieser Thiere verließ ich das Fahrzeug, um sie von ihren Verstecken abzuhalten und zu erschlagen. Meine Versuche blieben diesmal fruchtlos, jedesmal waren sie eher in ihrer Behausung, als ich an der- selben. Ihr Bau krümmt sich erst, nachdem er 4 — 6 ' senkrecht in die Erde gemacht wurde, die Oeffnung hat 2 — 3 Zoll im Durchmesser. Wie ich später erfuhr, kann man sie nur durch Ausgießen ihrer Wohnung erhalten, und ich will diese Methode, sobald ich Eupatoria besuche^, woselbst sie häufig ver- kommen sollen, in Anwendung bringen. Schon bei Cherson sah ich Tataren, ihre Fahrzeuge und ihr Zugvieh, das vornehmlich in Kamelen besteht. Von Perekop an begegnet man ihnen öfters, ja oft sieht man ganze Karawanen, die entweder Wein, Leder oder Fleisch und Fische transportiren. In einem solchen Zuge zählte ich 74 Wagen, und ehe ich ihn sah, auf eine Entfernung von 6—7 Werst, konnte ich schon hören, daß er sich nähere, da die Bäder, ungeschickt geformt, sich auf hölzernen Axen bewegen, und so bei der langsamen Bewegung ein lautes Knarren stattfindet. Endlich am 27. früh morgens sah ich im Süden das taurische Gebirge. Noch am Abend desselben Tages erreichte ich die Stadt. Die Sonne ging gerade unter. Eine Menge tatarische Minarets, von denen um diese Zeit die Mullas (tatarische Priester) durch lautes Singen zum Gebet auffordern, dann die großen hellgrünen Kirchen -Kuppeln, geschmückt auf ihrer Spitze durch ein Kreuz, dabei die niedrig gebauten Häuser, in den Vorstädten fast durchgängig Hütten, deren Dach, beinahe flach, bei den Armen mit Erde, bei den Reichen entweder mit Holz oder Ziegeln gedeckt ist, die entlang der Straße frei dastehenden Kaufläden der Tataren, Alles dies verlieh der Stadt ein eigenthümliches, orientalisches Aussehn, das noch erhöht wird, wenn man die Bewohner und ihre Gebräuche kennen lernt. Auf dem großen Basar hat man dazu die beste Gelegenheit. Dort sieht man träge Zigeuner neben betriebsamen Tataren stehn, hier eine Griechin ihre Einkäufe besorgen und dort einen Russen Fische von Dniepr zum Kauf ausbieten, ab und zu bemerkt man einen Armenier, Perser oder Tscherkessen, schon durch die Gesichtszüge, aber noch mehr durch ihre spitzzulaufenden Kopfbedeckungen aus schwarzem Lammpelz charakterisirt. Nur ausnahmsweise eilt durch die wogende, handelnde Menge eine verschleierte Tatarin, fast wie ein Gespenst erscheinend, aber stets ihren Kopfüberwurf sowohl, als auch die Bedeckung des Körpers aus feinem, blendend weißem Leinenzeug tragend. Ich hatte hier für den ersten Augenblick meines Verweilens genug zu sehen und ging erst Sonntag zu meinem jetzigen Wohlthäter, ohne alle Empfehlungen. 5 ß Der wirkliclie Staatsratli Herr Christian von Steven, ein lioclibejalirter Mann, wohnte auf seiner Villa, circa 3 Werst von Simferopol, an dem hier herr- lichen Salghir-Ufer. Er erlaubte mir, nachdem ich ihm meine Absichten und die biS’ herigen unerfreulichen Erfahrungen in den Steppen mitgetheilt hatte, bei ihm zu wohnen, und ich erfreute mich seit jener Zeit unaufhörlich seines Wohlwollens. Bis Ende März blieb ich bei ihm, da ausnahmsweise der Winter in diesem Jahre hier spät endigte, machte meine täglichen Jagdexcursionen, zeichnete für ihn die Genera Xiphocoma und Ceratoceplialus, welche beiden er neuerdings mono- graphisch bearbeitete, benutzte seine ausgezeichnete Bibliothek und machte dann Anfang April eine Excursion an die Alma, einen Gebirgsbach, der in einem üppigen Thale, vom Tschatyrdagh kommend, seinen Lauf nach NW nimmt. Hier verweilte ich H/s Woche bei Herrn von Steven’s Schwiegersohn, machte dort einige Sammlungen, kehrte dann nach Simferopol zurück, um eine Woche später die gimße Tataren-Stadt und ehemalige Residenz der Chane zu besuchen (Bakschischarei). Hier im hochgelegenen Gebirge gab es jedoch noch viel weniger für mich zu thun, es herrschte fortwährend ein aus SO kommender Wind. Ich beeilte mich daher wieder zurückzukehren, machte einige Ausflüge in die Steppen und ging vor Kurzem an die Alma, von wo aus ich mit dem 12. Mai zurückkehre, um zunächst die Steppe bei Perekop und dann die Südküste zu bereisen. Die beifolgenden Verzeichnisse^) enthalten dasjenige meiner bis zum 1. Mai gemachten Sammlungen, was ich kenne. Die Masse des mir Un- bekannten ist glücklicher Weise größer, und hoffe ich, daß der Sommer und die Südküste reichlichere Beute liefern werden, als das Frühjahr und die bis jetzt abgesuchten Gegenden. II. Jenisala, November 1852. Einer Wohllöblichen Naturforschenden Gesellschaft sende ich jetzt erst den schon für den August bestimmten Reisebericht. Der Grund einer so langen Verzögerung ist ein doppelter. An der Südküste, die ich Ende Juli und August durchwanderte, waren die Geschäfte für mich zu bedeutend und die Landschaft oft zu reizend, als daß ich nicht schon manches Stündchen bei ihrer Betrachtung verloren hätte. Erst Anfang September verließ ich die Paradiese der Krimm, um so rasch als möglich, da der Herbstzug der Vögel bereits begonnen (Wachteln und Kraniche verließen die Steppe), mich in die traurigen Einöden an den Siwasch (faules Meer) zu begeben und dort in 14 Tagen tüchtig für die Ornithologie zu sorgen. So gut mein Vornehmen war, so sollte es diesmal ganz anders werden. Nach 4 Tagen erreichte ich meinen Bestimmungsort 1) \Trgi, Aiiiiierkiing- 1 uiif Seite 1. (Red.) 6 7 Toiiko lind nacli noch 4 Tagen, die ich gesund verlebte, nöthigte mich schwere Krankheit (Typhus), das Bett zu hüten, welches ich erst nach 4 Wochen ver- ließ, obwohl ich noch so geschwächt war, daß ich an keine Arbeit denken durfte. Dies der zweite Grund für das Ausbleiben meines Berichtes, den ich den verehrten Herren Mitgliedern mir jetzt vorzutragen erlaube. Eine im Ganzen wohl verunglückte Steppenreise, die ich am 18. Mai in Gesellschaft eines wortbrüchigen Polen antrat, möge den Anfang machen. Ich folgte allein dem Ratiie meines guten Wohlthäters, Herrn von Stp:ven, und begab mich am besagten Tage zu jenem Polen, der mit mir über Perekop das ganze taurische Gouvernement in Zeit von höchstens 14 Tagen bereisen wollte. Von Mittheilungen in Worten zwischen uns Beiden konnte keine Rede sein, da ich nur einige Worte Russisch schlecht aussprechen konnte und mein Reise- gefährte vom Deutschen keine Idee hatte. So saßen wir still im Wagen und ßogen förmlich durch die Steppe dahin, denn die Landposti)ferde sind hier überall in gutem Stande, und die leimige Steppenerde auf den Wegen ist im Frühjahr glänzend glatt gefahren. Wem ist es aber möglich, unter solchen Be- dingungen botanische Ausbeute zu machen? Ich schrie alle Augenblicke: Stoi (halt), denn die Flora der Steppe war zu jener Zeit recht entwickelt, und ich hätte gar zu gerne bald dies bald jenes mir davon zugeeignet; aber der Pole sagte meistens: posle budet (später giebts dies auch noch), und wir fuhren, ohne zu halten, weiter. Die ersten Tage glaubte ich dem verheißenden ,, posle bildet“^, als ich aber sah, daß die Reise stets in gleicher Weise fort- gesetzt wurde, ich beim besten Willen nur geringe botanische und keine zoologischen Sammlungen machen konnte, erklärte ich dem Herrn, ich würde im nächsten Dorfe bleiben, um dort so rasch als möglich eine Rückreise- Gelegenheit zu suchen. Davon wollte er nichts wissen, er würde mich, so bedeutete er mir, zu einem Gutsbesitzer in Zeit von 10 Tagen bringen, dort könnte ich bleiben, und nach noch 10 Tagen wolle er mich, um nach Hause zu fahren, abholen. Was sollte ich machen? Gelegenheit, die ich im Dorfe suchen wollte, hätte ich schwerlich gefunden, ja selbst, wenn eine Fuhre zu miethen gewesen wäre, so müßte doch zum Yerständnisse zwischen mir und den Tataren ein Dolmetscher vorhanden gewesen sein, denn die Dörfer der krimmschen Steppen sind ausschließlich vor denen des übrigen Gouvernements von Nogaiern bewohnt. Ich blieb also im Wagen und sah mit Sehnsucht auf den üppigen Pflanzenwuchs der Erde. Endlich aber mußten die Pferde halten, denn eine lang erwünschte botanische Erscheinung zeigte sich meinen Blicken. Es war Tulipa Gesneriana. Leider war das Frühjahr schon zu weit vor- gerückt, und ich fand in der Eile nur ein blühendes und einige Fruchtexemplare. Auffallend war mir, daß hier schon in dieser Zeit (20. Mai n. St.), gleichzeitig m\\j Miiscari ciliata und Tulipa, auch Verbascttm phoe^viceum und Salvia verticillata blühten. Von Insecten zeigten sich besonders Canthariden und unter ihnen Mylahris in Mengen, aber nicht viel Species-Verschiedenheit. 0 Tonko liegt am Zusammeiifiusse des Siwascli und des Asowschen Meeres. 7 8 Uiii>;eduldig durch ein 3 Minuten langes Warten, nöthigtc mich mein Be- gleitei-, öfters rufend, in den Wagen zurückzukehreu, worauf wir unsere Keise rasch fortsetzten. Es war heute recht warm, und daher konnte man eine Er- scheinung oft beobachten, die in den Steppen ganz besonders häufig anzutreffen ist. Ich meine die Luftspiegelungen, die sich hier aber höchst einfach darstellen. Gewöhnlich sieht man beim üeberblick des ganzen Horizonts 6—7 dieser Phänomene, von denen die meisten sich als ausgedehnte Wasserflächen zeigen; nur selten, wenn sie sehr entfernt sind, glaubt man baumartige Formen, in Nebel gehüllt, zu erblicken. Wenige Tage nach unserer Abreise erreichten wir Kachowka, ein am Hniepr gelegenes großes Dorf, in welchem um diese Zeit gerade Jahrmarkt war. Man staunt über die vielen Tausende der hier zum Verkauf gebotenen Pferde, deren einige mit 500 Silber-Rubel und noch darüber bezahlt werden. Interessant war es, hier das Treiben der Kleinrussen bei ihren Vergnügungen zu beobachten. Besonders zeichnen sie sich im Tanze aus, den sie zwar meistens nach einfachen Melodien ausführen, wobei sie jedoch einen solchen Eifer entwickeln, daß man oft veranlaßt wird, zu glauben, es hätten geistige Getränke sie in diesen Zustand versetzt. Die Lebhaftigkeit erstreckt sich über den ganzen Körper, nicht nur die Füße werden in die verschiedensten Stellungen gebracht, auch die Arme müssen, besonders gegen das Ende der Vorstellung, rasen, und selbst der Kopf hat seine regelrechten Touren. Man sieht gewöhnlich zwei junge Leute miteinander tanzen, von denen jedoch jeder sich allein bewegt. Die Zelte, in denen Thee getrunken wurde, boten hier einen ganz besonders bunten Anblick. Auf einer Bank, die breit genug ist, beim Sitzen die Füße zu kreuzen, sitzt, gemächlich gegen die Wand gelehnt, der bequeme Tatar, einen hohen Turban auf dem Kopfe, und raucht behaglich seinen türkischen Tabak aus langem Rohr, nur von Zeit zu Zeit einen Schluck dunkelbraunen Thee’s dazu schlürfend. Wenige Schritte davon entfernt, zeigt sich der betriebsame griechische Kaufmann in seiner besten Tracht. Die weiten, fein mit Silberfaden garnirten Aermel seiner fast zur Jacke gewordenen Kutte hängen offen herunter und lassen die rothseidenen Unterärmel blicken. Eine saubere, fein tuchene Weste bedeckt die BrusL sie ist bis oben an den Hals durch kleine runde Silber-Knöpfe geschlossen. Der Mann selbst, dem zur Seite wohl sein Geschäftsfreund sitzt, ist sehr gesprächig, er ist Wirth und schenkt seiner Gresellschaft fleißig und geschickt Thee ein. Weiter in dunkler Zelt-Ecke sehen wir ein anderes Bild: arme Russen sind’s,. die hier beim heißen Wasser ihre Sorgen wohl vergessen, wenigstens machen sie so J'röhliche Gesichter, als seien sie durchaus aller Noth überhoben, und das timt gewiß der Thee, den sie in bedeutender Quantität, aber höchst verdünnt, hier zu sich nehmen. Noch viele andere Gruppen, die jede ihren besonderen Charakter deutlich ausgeprägt zeigt, hat man hier Gelegenheit zu ])eobachten. Perser und Tataren, Groß- und Kleinrussen, Deutsche und Griechen, alles findet sich hier zusammen. Man kann leicht denken, daß die 8 9 Geschäfte eines Theehansbesitzers gut ausfallen müssen. Setzen wir die Zahl der Besucher auf 3000 täglich in dieser Zeit fest, was nicht zu viel ist, so wäre die Einnahme 300 Rubel Silber pro Tag, von denen wenigstens 100 verdient wurden. Auf den Straßen drängen sich dichte Menschenmengen, die sich bald hier um ein großes Faß mit Kwas^) einfinden, aus dem sie sich für wenige Kopeken einige Maße geben lassen, bald der Musik, die aus einem Tataren-Zelt schallt, zuhören. Diese Musik aber ist so jämmerlich eigen* thümlicher Art, daß jeder, der je eine bessere hörte, gerne davonläuft, seine Ohren zu schonen. Gewöhnlich wird sie durch drei Leute gemacht, eine schrillend tönende erste Geige, mit altem Bogen gestrichen, macht stets den Anfang, bald fällt, den Takt bestimmend, entweder das Tambourin oder die große paukenartige Trommel, die beide sehr geschickt, oft schon durch Kinder, gehandhabt werden, ein, und diesem schließt sich ein Klarinett oder ein nur mit drei Saiten versehener kleiner Baß an. Andere Gruppen beten und lassen sich die Sünden vergeben; mitten unter allem Jubel, umbaut mit Branntwein- Buden und Bublikzelten erblickt man einen kleinen, aber ganz offen gebauten Tempel, der, besetzt mit Heiligenbildern, den Ort der Gnade vorstellt. Es brennen Wachskerzen vor den Bildern, die jeder, der hier Trost empfängt, besonders bezahlen muß, welche Einnahme der Kirche zufließt. — Nach- dem ich den ersten Tag dazu verwendet, mir Alles dies anzusehen, dachte ich am folgenden an meine Excursionen, deren erste ich beschloß den Dniepr hinunter eine Strecke zu machen. Malerisch in dem ewigen Einerlei der Steppe markiren sich die Ufer dieses mächtigen Stromes, aber noch mehr als diese, die mit herrlichen Ellern und Weiden bewachsenen Inselchen in demselben. Columba oenas und eine große Zahl Hasen bewohnen diese schönen Plätze, außerdem sah ich hier den Falco rufipes Beciist, wieder, und zwar nicht, wie bei Simferopol, auf dem Zuge^ sondern die Nester bauend. Von Insecten wäre besonders der großen Zahl einer Pimelien-Species zu erwähnen, die sich vorzüglich unter dem, hier den Boden bedeckenden Polih gonum ameulare fand. Äteuclius-Kvim waren ebenfalls, laufend und oft das in große Mistballen gelegte Ei, mit dem letzten Fußpaar gefaßt, wegrollend, an- zutreffen. Euphorhia Gerardiana diente als Rastpflanze verschiedener schöner Ciyptocephalen, die davon gekäschert wurden. Am nächsten Tage setzten wir unsere Reise fort und langten Montag, den 23. Mai, ich recht krank, da mich, seitdem ich im Dniepr gebadet, ein heftiges Gallenfieber quälte, in der Besitzung des Herrn Vasall, eines Franzosen, an. Hier fand ieh eine Pharmacie, schlechtes Chinin und einen alten russischen Soldaten vor, der als einziger Provisor, mir gerne 5 Gran Tartarus emeticus auf einmal gegeben hätte. Ich war vorsichtiger und nach 2 Tagen, die ich hier verweilte, gesund. Diese und noch einige den Deutschen und Franzosen gehörenden Besitzungen sind 1) Kill aus groliein geliackeiieii Brode durch Gälirung bereitetes säuerliches Getränk. ?) Biildik heißen die tatarischen, kreisförmig gebackenen Kringel, y 10 in den hier sonst so wenig bebauten Gegenden wahre kleine Reiche für sich. JJerr A^asall z. B. besitzt nach preußischem Maß 15 000 Hufen Land, deren theilweise Wirthschaft durch 300 leibeigene Bauern besorgt wird. 150000 Schafe, die er hält, bringen gewiß eine bedeutende jährliche Revenue, nicht der vielen andern Einnahmen zu gedenken, die das Gut siehert. Die Wirthschafts- gebäude waren in bester Ordnung, eine Eisengießerei ist fortwährend nur für das Gut in Thätigkeit; man findet hier alle Handwerke vertreten, Tischler, Schlosser, Stellmacher u. s. w. haben Jahr aus Jahr ein täglich zu thun, um Alles in dem Stande seiner jetzigen Beschaffenheit zu erhalten. Kommt zu diesen Dingen, die den Reisenden sehr erfreuen, der nur selten auf seinen Wegen in russischen Dörfern etc. eine Idee solcher Ordnung und Reinlichkeit sahj, kommt dazu noch die große Freundlichkeit des Wirthes, den er zum ersten Male sah, wie es mir geschah, so ist das Maß der Freude voll, man sehnt sich, hier zu weilen. Mir wurde dies sehr leicht gemacht, da Herr Vasall mir selbst vorschlug, ganz bei ihm zu bleiben, aber ich dachte an die Südküste, an die schon vorgerückte Jahreszeit und mußte, wenn ich das mir Vorgenommene leisten wollte, meine Rückreise beschleunigen. Schon am nächsten Tage reisten wir weiter. Die Steppe zeigte auch hier, als wir sie zwei Tage durchfuhren, eine üppige A^egetation, die Gräser waren oft 3' hoch, und darüber ragte überall Verhasciim Phoeniceum in Blüthe hervor. A^on Thieren sah man in dieser Zeit hier wenig. Otis tetrix und tarda brüteten versteckt im üppigen Grase, Grus Virgo paarte sich und war für mich unerlegbar, da Alle bei jedem Versuche schon auf 500 Schritt scheu davonflogen. Nur Alauda calandra wurde geschossen, sie findet sich hier ziemlich oft, hat einen der Haubenlerche ähnlichen Gesang und wird im Herbste und Winter viel für die Tafel Vornehmer gefangen. Am 27. er- reichten wir das Gut eines Russen. Ich erklärte nunmehr meinem Begleiter, daß ich, um nicht Zeit zu verlieren, unter jeder Bedingung von hier meine Rückreise antreten würde, und sei es auch zu Fuß. ,,Nein, Nein, sie bleiben hier, bei diesem Alanne^*, war seine Antwort, ,,ich reise weiter und hole Sie nach 10 Tagen ab^h Ich blieb, sammelte, was es gab, an Insecten, besonders Clytren, Chrysomelen, Cryptocephalen, Cetonia viridis^ einige Saperden, Mordelia- und i/a/ßr/m/s-Species; die Pflanzen vvurden eingelegt, auch zwei Otis tetrix präparirt und einige Eier derselben gefunden. Die 10 Tage verstrichen, und der Pole erschien nicht, mich zur Rück- reise abzuholen; nachdem ich noch einige Zeit gewartet, entschloß ich mich daher nach Tonko, einem amSiwasch (faulen Meer) gelegenen Städtchen zu fahren. Hier, versicherte man mir, würde ich entweder, wenn ich dort bliebe, reiche Sammlungen machen, oder jedenfalls sehr bald eine Tatarenfuhre (Majare) miethen können, die mich nach Simferopol bringen werde. Die Bewohner dieses kleinen Ortes sind zum größten Theil sehr freundliche Kleinrussen, die hier bei der großen Salzstraße als Coiitrolleure angestellt wurden. Ich fand bei ihnen Quartier, so lange ich wollte, und beschloß, da es wohl selten ein besseres 10 11 Terrain für ornitliologisclie Sammlungen geben kann, einstweilen noch 14 Tage hier zu verweilen. In dieser Zeit präparirte ich 30 Bälge, vorzüglich Recurvirosira avocetta, eine Anas Tadorna und einen ganz alten Felekan, der leider schon während des Trocknens ein Raub der Fliegen wurde. Cetonia viridis wurde hier häutiger, außer ihr fand ich eine große Zahl Agapanthia carduelis auf Diestel-Arten. Nach verflossenen 14 Tagen verließ ich diesen Ort, fest ent- schlossen, ihn im Herbst bei der Zugzeit der Vögel wieder zu besuchen. In eine Majare, die mit Ochsen bespannt war und durch einen alten weißbärtigen Tataren aus der ehemaligen Residenz der Krimmschen Chane, Bakschischarei, geführt wurde, packte ich meine Schätze und bettete mich dann selbst hinein, lieber mir ein altersschwaches, durchlöchertes Bastgeflechte und vor mir ent- weder die unabsehbare Steppe oder den alten Wagenführer, langweilte ich mich natürlich auf dem 20 Meilen weiten Wege. Fünfmal am Tage wurde gehalten, der Tatar breitete eine Becke über die schöne Flora des Bodens und verrichtete, sich zuvor Gesicht und Hände waschend, sein Gebet mit großer, den Mohamedanern allgemein eigener Andacht. Ich sammelte in derselben Zeit die zahlreich auf Diesteln sich findenden Mylahris^ und, als wir beide geendet, wurde geschmaust. Gesalzene Oliven und ein Stück Brod, dazu ein Trunk salzes Wasser aus den Brunnen der Steppe war Alles, was ich hatte. Nachts blieb ich in meinem Häuschen bei den Sammlungen, der Alte legte sich auf seinen Barannenpelz an die Erde, und beide schlummerten wir ebenso sanft, als ob wir auf weiche Daunen gebettet wären. Nach drei Tagen zeigte sich endlich unsern Blicken das Gebirge, und bald erreichten wir die Stadt. Ich überraschte Herrn von Steven in seinem Garten, erklärte ihm mein langes Ausbleiben, worauf ich seinen Rath empfing, der dahin lautete, daß ich so rasch als möglich ins Gebirge zu eilen hätte, um dort Sammlungen zu ver- anstalten. Eilig packte ich das Nöthigste der mitgebrachten Insecten fort und konnte nach fünf Tagen die Equipage eines freundlichen Herrn besteigen, den ich auf sein Gut begleiten wollte, um dort einige Zeit zu bleiben. Herr Nestor Groten, bei dem ich seit November ganz bin, um seinen Kindern den nöthigen Unterricht zu ertheilen, wohnt mitten im Gebirge, am Fuße des Vaters der taurischen Berge,, am Tschatyrdagh. Die großartig schöne Natur rings um seine Besitzung entzückte mich, als ich Mittwmch den 30. Juni Abends, bei Sonnenuntergang, seine Wohnung betrat. Der Blick vom Balkon nach Süd-West auf die herrlichsten Laubwälder, hinter denen man die aus festem Kalkstein ])estehenden Bergkuppen sieht, die alle durch den nach Osten schroff abfallenden Tschatyrdagh, dessen Spitze sich fast immer in Nebel verhüllt hält, üheiTagt werden, ist unvergleichlich schön. Ich blieb bei den freundlichen Bewohnern in dieser Landschaft vierzehn Tage, machte in dieser Zeit täglich Excursionen in die Wälder und einmal sogar bis an die Südküste, die 25 Werst von hier entfernt ist. Schöne Orchideen, so die seltene Orchis caprina^ und Orobanchen (vorzüglich Orobanche cocemea) lohnten in 0 Scluifpelz, 11 12 botanischer Hinsicht die oft nicht geringe Mühe, welche Ausflüge ins Gebirge machen. Den Waldwiesen verlieh die hier gemeine Polygala major einen großen Reiz. Procerus tauricus^ im Mai in manchen Jahren häufig, war wohl schon zum größten Theil (es war Mitte Juli) gestorben. Einige Exemplare dieses Prachtthieres fand ich zwar noch, aber im Ganzen ist die Zahl, die sich auf 12—15 Stück belaufen mag, doch gering. Dagegen sammelte ich den Carahus Dejanii gegen Ende des Monats unter gemähtem Gras ziemlich häufig und werde wohl gegen 40 Exemplare zusammengebracht haben. Pimelien und Dorcadien waren ebenfalls schon für dies Jahr vorbei, hingegen Mylahris, Clytus und eine GalerucaSipedies häufig auf blühenden Umbelliferen und der Spiraea Filipendula auzutreffen. Es war am Sonntag den 18. Juli, als ich Nachmittags 2 Uhr auibrach, eine Fußreise an die Süd-Küste zu machen, die sich von Aluschta bis Sewastopol erstrecken sollte. Gekleidet in einen langen, weißen Staubmantel, dessen Taschen reichlich gefüllt, so daß sie beim Gehen schlotternd gegen die Kniee schlugen, um den Leib meine Wandertasche mit den nöthigen Instrumenten und Gläsern zum Insectenfang, über die linke Schulter die große Jagdtasche, welche den Wäsche- und Kleider bedarf, sowie Ries Papier zum Pflanzen -Trocknen enthielt, jind dann endlich über die rechte Schulter an einem Riemen die Schreibe- und Zeichenmappe nebst ßotanisirtronimel und einem Säckchen, welches mein Handwerkzeug zum Balgen barg, wanderte ich um 2 Uhr Nachmittag, herzlich beglückwünscht von den Jenisalaern, fort. Der harte Schieferboden, den ich jenseits des Gebirges zu erwarten hatte, veranlaßte mich, als Fußzeug meine hohen, bis an den Leib reichenden Stiefel anzuziehen. Bald erreichte ich den Kamm des Gebirges, nachdem ich schöne Buchen- und Eichenwaldungen durch- schritten und oft in engen Felsrinnen fließende Gebirgsbäche passirt hatte. Ungefähr 2500' über dem Meere mich befindend, konnte ich in der Ferne mein erstes Ziel, Aluschta, erblicken. Der Weg, der sich von jetzt an 15 Werst bergab erstreckte, führte mich durch schöne Laubwaldungen am östlichen Abhang des Tschatyrdagh fort. Zur Linken ist ein schönes Thal gelegen, stark durch die Bewohner mehrerer darin gelegenen Tatarendörfer angebaut. Das helle Grün großer Weinberge contrastirte, weiter entfernt, angenehm mit dem dunkler gefärbten Eichenlaube, aus dem hie und da schon das Haupt der taurischen Fichte sich blicken ließ. Die Vegetation, bis dahin auf dieser Höhe in vieler Hinsicht mit der norddeutschen übereinstimmend, veränderte sich jetzt bedeutend. Jenseits der Berge sieht man keine Kiefern, diesseits, an der Küste, fehlt, besonders mehr westlich, fast alles geschlossene Laubholz, und ausgedehnte wilde Pwws- Waldungen bedecken die Waldstrecken. Paliurus- Gesträuche an den Hecken und Tbmarfa;-Gebüsche an fast allen feuchten Orten fielen mir, da sie mir neu waren, besonders auf. Salvien und Altliaea ficifolia und A. liirsuta bedecken die steinigen Felder. An Insecten war, wenigstens in dieser Jahreszeit die Gegend sehr arm, ich sammelte nur einige Chrysomelen. Bald nun ebnete sich die Poststraße mehr und mehr, ich befand mich in dem 12 IB Alnschtaerthale selbst. Links bildeten hohe nackte Felsen den Hintergrund der Landschaft, an deren Siidabhang man in collossaler Größe deutlich das Brustbild eines Weibes, nach dem Meere das Gesicht gewendet, erblickt. Die Natur hat aber nur, wenn man die Seiten-Ansicht wählt, so trefflich und klar die einzelnen Züge geschaffen, daß durchaus keine Phantasie dazu gehört, die Gestalt und deren einzelne Theile zu erkennen. Anders verhält es sich mit dem vielfach gerühmten Alexander-Kopf in Ursuf, auf den ich später zurück- komme. Noch sechs Werst legte ich zurück und langte Abends in Aluschta bei einem sehr reichen Weingartenbesitzer an. Nachdem ich am folgenden Tage zuerst eine Excursion in den geräumigen Wein-Keller dieses Herrn gemacht, und mich verschiedene Muskate etc. in einen so vergnügten Zustand gesetzt, daß ich am Liebsten ganz unten geblieben wäre, ging ich in die Wein- gärten, um dort die Cicaden, welche sich mir durch ihr lautes Lärmen bereits angezeigt hatten, zu fangen. Es gelang, wenn auch schwer. Diese Thiere setzen sich nämlich stets in der Richtung der Aeste und sind so, da sie grau, sehr schwer zu sehen, zumal das Geräusch, von verschiedenen Seiten gleich- zeitig ertönend, Täuschungen unvermeidlich macht. Die großen schwarzen Maulbeeren, sowie Cupressus liorizontalis und pyramidalis gedeihen hier vor- trefflich. Selbst Liriodendron tulipifera sah ich als hohen Baum, Mimosa Julihrissin und Bignonia Catalpa standen in schönster Blüte da. Der Gemüse- Garten zeigte viele dem Norden fremde Gewächse, von denen ich, als die Vorzüglichsten, folgende erwähne: Solanam Melongena und S. Lycopersicum, Hyhiscus esculeniiis und die vielen Spielarten von Melonen und Arbusen. Flaschen- Kürbisse und Herkules-Keulen waren, um sie später als Gefäße zu benutzen, ebenfalls angepflanzt. Tags darauf verließ ich Aluschta, um weiter der Küste entlang bis gegen Karabagh (tatarisch, zu deutsch; schwarzer Weinberg) zu wandern. Hier auf dem Gute Sajani wohnte ein hochbejahrter ehemaliger Moskauer Fabrikant, den ich bereits kannte, und bei dem ich mich einige Zeit aufzuhalten gedachte. Die Küste fällt hier, wie überall gegen Süden, in schroffen Absätzen terrassenförmig ab, und zwar sind besonders zwei Terrassen dem Auge überall sichtbar. Die obere besteht aus hartem Kalkstein und hat wohl an einzelnen Stellen eine Höhe von 2500' bis 3000', oft in zackigen Vorsprüngen und schräge geneigten Ab- flachungen zur Oberfläche der zweiten Terrasse abfallend. Diese erhebt sich vom Meeresspiegel an einzelnen Orten nur einige 100', an andern 1000' bis 1500'. Ihre Oberfläche, oft sehr schmal, ist in einen geräumigen Postweg ver- wandelt, der entlang der Küste die einzige Verbindung mit den jenseits des Gebirges liegenden Orten bildet. Das Gestein ist ein verschieden roth und grau gefärbter Schiefer, dessen Lagen auf die mannigfachste Weise durch einander geworfen sind, so daß man oft, z. B. in Magaratsch, rosetten- artige Figuren mit concentrischer Schichtung bemerkt. Die gewöhnlichste Neigung gegen den Erdboden ist die unter einem Winkel von 30^, jedoch sah ich bei Massandra auch Schichten, deren Ansteigen 65^ mindestens betrug. 13 14 Nur an einzelnen Stellen, so bei Ursuf und Jalta, erbebt sieb am Fuße des böbern Gebirgsabsatzes zu wilden Waldungen berangewaebsenes Nadelbolz, jedoeb sind die böebstens 4000' hoben Spitzen der Gebirge gewöbnlicb schon von 3000' Höbe an baumlos. Es war bereits 6 Uhr, als ich von Alusebta ausging. Da ich vermutbete, daß das Gestade wandelbar sei, auch keinen bessern Weg wußte, so verfolgte ich zunächst einen schmalen Fußsteg, dessen Richtung mir die richtige zu sein schien. Er führte mich aber hart an das Meer und hörte, großer Felsen wegen, bald ganz auf; ich überstieg sie und befand mich nun in einem Labyrinth von Felsblöcken, an denen sich die brausende Fluth schäumend brach, und die, so weit sie naß, von Taschenkrebsen bewohnt waren, die, sich seitwärts bewegend, die Steinblöcke zu erklettern strebten. Von Fels zu Fels springend hatte ich bis zur Dunkelheit eine Strecke von 4 Werst zurückgelegt, dann befand ich mich in der Gegend, in welcher die Besitzung des Herrn, den ich besuchen wollte, sich befinden mußte. Aber ich fand, da es dunkler Abend war (das Dämmerungslicht fehlt hier, es stellt sich 5 Minuten nach Sonnenuntergang Dunkelheit ein, und nur der Westen flammt oft im herrlichsten Purpurschein), nicht den Weg, der bergan zum Hause führte. Daher versuchte ich, die steilen, mit Eichengestrüpp besetzten Schieferberge zu erklimmen, um aufs Gerathewohl dem Hause zuzueilen. Einen Theil meiner Bürde legte ich ins hohe Gras, das ich fühlend an einem Eichen- stamme entdeckte, merkte mir den Platz und stolperte über Stein und Strauch weiter den Berg hinan. Es half nichts, ich fand das Haus nicht und mußte schwitzend den Rückweg antreten, der gefährlicher war, als das Hinaufsteigen. Ueberall finden sich nämlich in diesem Schieferboden 8 — 10' tiefe Schluchten, die oft steile Wandungen haben. Immer erst mit Hand und Fuß fühlend, ob der nächste Schritt sicher sei, befand ich mich wohl schon auf der Hälfte dieser nächtlichen Excursion, als mich ein Gesträuch täuschte. Ich glaubte sicher zu treten und fiel, kaum dem Fuße vertrauend, in eine dieser Schluchten, deren Boden mich höchst unsanft berührte. Geduld brachte mich, freilich scheltend, an das Meeres-Ufer, worauf ich, vom Durste getrieben, einem Gebirgsbache zueilte, an dessen Rande ich mich unter das dichte Laub der hier oft verwilderten Weinrebe bettete, um, da die Nacht Regen versprach, meinen Transport und mich einigermaßen zu schützen. Mit dem ersten Morgenroth brach ich auf, um mein gestern verstecktes Gepäck zu suchen, aber die ganze Gegend sah mir bei Tage so verändert aus, daß ich mich nicht orientiren konnte und erst mit Llülfe einiger Leute später meine Sachen wiederfand. Natürlich lachte der alte Herr, den ich nach drei Stunden sah, herzlich über mein Abenteuer. Schöne immergrüne Rhamnus- Axim, sowie Lorbeergesträuche und die verschiedenen Bignonien, als vorzüglich: Bignonia radicans^ B. capensis und B. grandißora, untermischt mit Aia«s-Arten, bildeten bei Herrn Schleiden’s Besitzung herrliche Gruppen. Als größere Bäume sieht man hier Sorbus (Jomesiira. und Pisfacea. muiica^ sowie Pyrits Cydonia. überall. Aus diesem n 15 Vordergrund überschaut man die sauber gehaltenen Weinberge, dann das Meer und rechts die Karabagher Besitzung, in der sich zuerst Diorit- (Grünstein-) Felsen finden. Ein kleiner Vorsprung, der hier ins Meer steil ab fällt, ist bepflanzt mit jetzt schon ziemlich herangewachsenen Feigen und Oelbäumen, und ein Cypressen-Hain gedeiht ebenfalls gut. Die nacktesten Stellen des abschüssigen Gestades sind von Aluschta bis hier mit Kaperngesträuclien (aber nicht Cay- paris spinosa, sondern C. Im'hacea) bedeckt, deren große, schöne Blumen eine wahre Zierde des kahlen Gesteins bilden. Schon von Karabagli aus er- blickt man die weißen Kalksteinfelsen, welche sich 5 Werst entfernt befinden, und deren größte Zahl, pyramidenartig geformt, unzusammenhängend aus dem Boden sich erhebt, oft 15 — 20' hoch. Zwischen beiden Plätzen, diesem stei- nigen und Karabagh, erheben sich im Meere in 3 Werst weiter Entfernung vom Lande zwei mächtige Grünsteinblöcke, die wohl 40 — 50' hoch sein mögen und den Brutplatz wilder Tauben {Columba oenas) bilden, auch soll Caprimulgus Melba sich hier antreffen lassen. Ich erreichte bald jene beschriebenen Kalk- steinfelsen und fand zwischen ihnen eine nur an dieser Stelle vorkommende merkwürdige Vegetation. Ueberall sah ich Rhus taurica^) und Jasminum fruticans zu eng verwickelten Knäulen von heckenartiger Ausdehnung. Zw^ei Werst vor mir erhob sich der Karasaner Berg, der bei allmählichem Ansteigen von Norden gegen Süden steil ins Meer abfällt und durch ein Denkmal und kräftige Cypressen- Alleen geziert ist. Erstaunt war ich, als ich die Höhe erstiegen hatte, vor mir eine Landschaft mit neuen Beizen zu sehen, es zeigte sich meinen Blicken die Bucht von Karasan. Im Hintergründe sah ich den collossalen Ajudagh (Bärenberg), der sich, wohl 4 Werst lang, bedeckt mit Waldungen, steil in die Fluth absenkte. Dann übersieht man das flach anstei- gende und sich in 8 — 10 Werst weiter Entfernung zur obersten Terrasse er- hebende Karasaner-Thal, welches, schon ziemlich angebaut, einen erfreulichen Anblick bietet. Dieser cultivirten Gegend folgt, höher gelegen, wilder Laub- holz- und später Nadelholz -Wald, und über alles ragt, fast immer mit Nebel bedeckt, der Rand der Jaila^), zackig geformt, hervor. Maulbeerbäume bilden stellenweise die Einfassung der Landstraße, dem erhitzten Wanderer ihre er- quickende, oft IV2Z0II lange, fast schwarze Frucht bietend, die hier einen so über- aus milden Geschmack und eine so angenehme Säure hat, daß sie jedem andern Obst dieser Art vorgezogen wird. Mit Ausnahme eines der Fürstin Gagarin gehörenden Gartens, dessen Orangerie und Oleander- Flor vorzüglich war, wird hier wenig Gartenbau getrieben, dagegen sind ausgedehnte Wein- berge, oft auch von Tataren schon bewirthschaftet (obgleich diese den Wein, gegohren, nach ihrer Religion sehr meiden), überall anzutreffen. Um weiter zu meinem Ziele (ürsuf) zu kommen, mußte ich den bedeutenden Umweg von G— 7 Werst an der Nordabdachung des Bärenberges (Ajudagh) wählen, da 1) = Rhiis coriaria li. Jailu lieiÜun die Olierfiüc'heii der Ge1)irge, zieinlkdi g‘leield)edentend mit Alpen. 1 5 16 die schroff abfallende Südseite keinen passirbaren Weg hat. Heber die Ab- leitung des tatarischen Namens dieses Berges sind die Gelehrten im Zweifel. Die meisten Orte, die sich hier in der Nähe befinden, haben die Silbe Aij, d. h. heilig; (z. B. Aijdaniel, Aijthodor, Heiliger Daniel, Heiliger Theodor), daher es wahrscheinlich ist, daß auch dieser Berg einst Aijdagh, heiliger Berg, genannt wurde. Aju jedoch heißt ein Bär, und da, von den Höhen eines in der Nälie gelegenen Dorfes betrachtet, die Form des Berges einige Aehnlichkeit mit einem sich schräge gegen das Meer legenden, trinkenden Bären hat, so verwandelte sich Aij in Aju, und jetzt hört man allgemein nur vom Bärenberge sprechen. Nach 4 ständigem Wandern zwischen (des felsigen Bodens wegen) kränkelnden Buchen und Eichen erreichte ich die höchste Stelle der Passage^, und die reizende Ursufer Bucht lag vor mir. Diese Einschnitte und geschützten Buchten be- dingen wohl mit den Reiz der Küstenlandschaft; denn jede von ihnen bietet neue Eigenheiten, und die üeberraschung nach mühevollem Bergansteigen erhöht den Genuß bedeutend. Der Aijdaniler Bergrücken erhob sich in 5 Werst weiter Entfernung vor mir, üppige Laub Waldungen bedeckten seinen Rücken, dann folgt das große Ursufer Thal, dessen prachtvolle Gärten sich bis hart an den flachen Meeresstrand erstrecken, so daß bei hoher See die Brandung gegen die niedrige Mauer einiger Besitzungen schlägt. Im Vordergründe links bemerkt man, dem Meere zu, die alten aus der Genueser Zeit stammenden Ruinen einer Burg. Zur Rechten bietet sich der überraschende Anblick eines Gebirgstataren- Dorfes, das terrassenförmig mit dem gegen SO ansteigenden Thale sich erhebt. Die Dächer der Häuser sind hier stets flach, mit gestampfter Erde bedeckt, so daß man über eine Reihe Häuser dahinwandeln kann und oft auf einem an ein Dach stoßenden Fußsteg mitten in das Dorf gelangt. Die regelmäßige Bauart und große Ausdehnung Ursufs machen es zu einem der schönsten Dörfer, die in der Krimm liegen. Im Meere davor, in 4 Werst weiter Ent- fernung, erheben sich 3 große Grünstein -Felsen, an denen sich die Wogen krachend brechen. Mein Brief, an den Verwalter des Herren-Gutes (dem Grafen Fundukle gehörend) adressirt, verschaffte mir bei ihm Alles, was ich brauchte. Müde durch die an diesem Tage gemachte Wanderung ruhte ich aus, und erst am folgenden sah ich die herrlichen Anpflanzungen, welche dieses Gut vor vielen andern an der Küste auszeichnen. Blühende Granatenbüsche wechseln mit Elaeagnus (besonders hortensis flava) und der eleganten Glycine cliinensis. deren violette, in Trauben gestellte Blüthen einen angenehmen Gerucli verbreiten, ßalix hahylonica^ oft 60' hoch, beschattet blühende, Erythrinen und Hyhiscus-kxiQiL, beide hier im Winter im Freien ausdauernd. An den todten Stämmen rankt sich der großblättrige kaukasische Epheu {Heclera Regneriana), und die äußeren Wände des Palais sind bedeckt mit sauber geschorenen klein- blättrigen Arten, besonders mit Ficus stipulacea^ und der zierlichen Rosa hracteata. Aber noch tropischere Gewächse gedeihen in der geschützten Bucht so schön, daß ich sie zu nennen nicht unterlassen kann. Viele duftende, weiße Blumen der Älagnolien zierten die oft 2.b Fuß hohen Bäume, deren lederartige große 10 17 Blätter in den Gruppen einen vorzüglichen Anblick gewährten. Unter diesen Prachtbäumen, in den Duft ihrer Blüten gehüllt, erheben sich mächtige Agaven (beide Varietäten), oft ein Blatt von 3 — 4' tragend. Von den großem Bäumen, die hier wohl eben so gut als in ihrer Heimat gedeihen, sind ganz beson- ders Platanen und Sterculia platanifolia zu erwähnen, deren verschiedenes Grün angenehm mit Elaeagnus und den großen (vom Herzog v. Richelieu gepflanzten) Cypressen contrastirt. Jetzt, nachdem ich mir die stets im Freien bleibenden Gewächse angesehen, die alle hier zu nennen zu weit führen würde, trat ich in die Orangerie. Die Passifloren^ unter ihnen besonders schön Passiflora quadrangularis und P. fllamentosa^ bedeckten die Wandungen. Die Exposition lag frei gegen Süden offen. Außer den starken, 4 — 5 Zoll dicken Stämmen verschiedener Citrus-Arten, die alle reichlich mit Blüten und Früchten besetzt waren, fielen mir folgende Gewächse besonders auf: Yucca gloriosa, Yucca filamentosa und Canna indica in schönster Blüte, Ceratonia Siliqua mit Früchten (zum ersten Male in diesem Jahre in der Krimm), Arum odo7'um mit 8 Zoll dickem Trieb und vor allen Dingen Pointiana Gilliesii, die, erst seit 4 Jahren aus Ostindien gebracht, hier reichlich blühte und Schoten angesetzt hatte. Die Lage des Gutes selbst ist eine vorzüglich schöne. Auf der Südabflachung des Ürsufa-Thals befinden sich die Gebäude, der Park und die Gärten bis zum Meeres-Ufer, dessen oft schäumende Wogen man zwischen dem bewegten Grün der Gewächse überall bemerken kann. Die Anberge sind in Weinberge verwandelt, und die oberen, wohl 1000' — 1200' hohen, steilen, felsigen Erhebungen zieren, jetzt noch junge Coniferen-Anpflanzungen, die aber seltene Species, so Pinus lanceolata, P. Nordma7iiaua und die schöne P. Sahiniana, enthalten. Nach zweitägigem Aufenthalte wanderte ich am 25. Juli nach dem in derNähe liegenden Aijdaniel, einem Gute, das dem Fürsten Woronzhof gehört, reich an Weinbergen ist und eine Champagner-Fabrik besitzt, die ein vorzügliches Product liefert. Laubwaldungen bedecken hier überall die niederen Gebirge, aber kaum ging ich 3 Werst weiter westlich, als mich der Anblick eines Juniperus -Y^Ade^ überraschte. Es ist Juniperus excelsa, der hier zu (oft 30 — 35') hohen Bäumen sich erhebt; als kleiner Busch bedeckt den Boden hie und da eine andere Jwmperws-Species, nämlich Junife7'us oxycech'us. Dieses -Wäldchen hat eine Ausdehnung von 4 Werst, hört dann aber plötzlich auf, was wohl auf eine große Verschiedenheit des Bodens schließen läßt, der jetzt folgt, da in dem sich dann wieder erhebenden Laubwald sich kein einziges, auch nur kleines Exemplar beider Species zeigt. Spät am Abend des 26. erreichte ich Magaratsch, nachdem ich den bekannten Nikitaer Kronsgarten passirt hatte. Magaratsch erstreckt sich mit seinen Besitzungen längst der Poststraße, also an der Höhe der untersten Terrasse. Von Nikita 2 — 3 Werst bis zum Meere verbreiten sich die reichen Weinberge, die auf hartem Schieferboden, der oft durch tiefe breite Schlünde und Spalten zerrissen erscheint, angepflanzt sind. Hier hielt ich mich einige Tage auf, sammelte Clytus plehejus und CI. or7iatus, einige 17 2 18 Pflanzen, unter andern Cistus tauricus^ und wanderte dann weiter nach Jalta hin, das ich schon von den Höhen in Magaratscli in seiner malerischen Lage bemerkt hatte. Zwischen Lorbeer- Gesträuchen sieht man zunächst auf lachende Weinberge, später über Waldungen hinweg nach Massandra, einem dem Fürsten WoRONZHOF gehörenden Gute, und erblickt dann einen Theil des kleinen Städtchens Jalta mit seiner nicht sichern Rhede. In weiter Ferne übersieht man als Hintergrund der Landschaft die südwestlich ins Meer laufende Fortsetzung der Küste mit den auffallenden Besitzungen Livadia und dem Kaiserlichen Schloß ürianda (vom Großfürsten Konstantin bewohnt). Man denke sich dazu einen ziemlich heitern Himmel, ein ganz ruhiges Meer und den Sonnenuntergang im Westen und Süden, die in den verschiedensten Nuancen von gelb zu roth und violett bis endlich in grau übergehende Färbung der Wolken und die in Nebel gehüllten Spitzen der Jaila, so wird man sich einen ungefähren Begriff von der Schönheit dieser Gegend machen können, die ich zu betrachten Muße genug beim Wandern nach Jalta hatte. Es war schon dunkel, als ich den mir dort empfohlenen Mann, fröhlich mit den Seinen unter hohem Wallnußbaume sitzend, fand. Ein Brief und die mündliche Mit- theilung meiner Absichten machten ihn noch fröhlicher und verschafften mir ein gutes Quartier. Nach eintägigem Aufenthalt in dem kleinen Städtchen, während dessen ich eine Bekanntschaft mit dem dortigen Apotheker machte, brach ich auf, um noch am Abend das Gut des Grafen Pototski, 4 Werst west- lich gelegen, zu erreichen. Ein Brief von Herrn v. Steven empfahl mich an den Gärtner und Verwalter dieses großartigen, schönen Gutes, und da er zu mir sehr freundlich war, beschloß ich hier einstweilen zu bleiben und später ohne Gepäck eine Reise nach Sewastopol anzutreten. Während meines dreiwöchent- lichen Aufenthaltes bestieg ich einmal in Gesellschaft einiger Herren und Damen die Jaila, um auf ihr bis in die Alupkaer Gegend zu reiten, dort vom obern Gebirge herunter zu gehen und auf der breiten Landstraße den Rückweg anzutreten. Bei heiterm Wetter bestiegen wir die Tataren-Pferde schon 3 Uhr früh und ritten, geführt durch 2 Tataren, die den Weg kannten, zwischen kränkelndem Eichen- und Buchengestrüpp bergan, bis wir nach 4 Stunden den Hochwald, nur aus Nadelholz bestehend, erreichten. Nach eingenommener Mahlzeit ritten wir weiter; die Wildniß dieses Waides war an einzelnen Stellen so groß, daß man diese nur mit Mühe passiren konnte. Umgestürzte mächtige Kiefern (Pinus taurica), zum Theil vom Winde geworfen oder auch der Axt erlegen, lagen bisweilen 4 — 5 aufeinander quer über dem Wege. Dabei herrschte im Walde überall völlige Stille, kein Vogel ließ sich sehen noch hören. Endlich erreichten wir die Jaila selbst. Das sind die oft 6 — 7 Werst breiten, wellenförmigen Randebenen des Gebirges, die zwar überall mit kräftiger Viehweide bewachsen sind, aber großen Mangel an Wasser haben. Etliche Tataren und Russen, die hier ansässig, benutzen den in einigen Fels- spalten, auch im heißesten Sommer, bleibenden Schnee zum Kochen, während ihnen im Sommer besonders durchgesäuerte Schafmilch (Katick) zum Löschen 18 H) des Durstes dient. Gentiana cruciata blühte hier ziemlich oft, Galium Mollvgo und Teucrinm Chamaedrys bedeckten ganze Strecken. Man übersieht von diesen Höhen einen großen Theil der Küste. Bis Sudak hin erscheint die Landschaft zur Linken ziemlich deutlich und reizend, das tiefe große Jaltaer Thal mit seinen Tataren-Dörfern und Besitzungen, die aus üppigen Waldungen hervor- blicken, lag unmittelbar vor unsern Augen. Zackige, oft 100' senkrecht ab- fallende Kalksteinfelsen bildeten die zuletzt erstiegenen Höhen, auf ihnen ver- suchten unsere Führer herumzuklettern, was sie mit großer Geschicklichkeit thaten, und nur mit Mühe lockten wir sie von den gefährlichsten Stellen ab. Wir brachen auf, ein ziemlich starker NW-Wind wehte uns entgegen, der die große Hitze des Tages einigermaßen erträglich machte. Nach zweistün- digem Traben erreichten wir einen geschützten Ort, der ziemlich reichlich mit Buchenwaldung besetzt wai-, hier sollte gerastet werden, und bald loderte ein lustiges Feuer auf, an dem ich Kartoffel kochte, weshalb sofort die ganze Gesellschaft mich mit dem hier allgemein für Deutsche gebräuchlichen Spott- namen dieser Pflanze neckte. Auf grünem Basen wurde später ein Stündchen geschlafen und dann aufgebrochen, um Alupka noch bei Tage zu erreichen. Die Sonne aber sank mehr und mehr, während wir uns noch im dichtesten Walde befanden, bald wurde es ganz dunkel, wir ließen den Pferden ihren Willen (diese treten außerordentlich sicher), und nach 2 Stunden, 11 Uhr Nachts, begrüßten wir den deutschen Gastwirth in Alupka. Müde durch die ungewohnte langzeitige Bewegung zu Pferde, war die ganze Gesellschaft verstimmt. Die Damen setzten sich in die hier schon wartenden Equipagen, und wir bestiegen die ermüdeten Pferde, um die letzten 17 Werst nach Livadia zurückzu- legen. Reichlich belohnt für die Mühen durch eine ziemlich bedeutende botanische Ausbeute und die verschiedensten Naturgenüsse, kam ich wohlgemuth, wenn auch müde in Livadia an. Am andern Tage gab es neue Freuden, ich fand das erste Exemplar des durch v. Steven benannten Elater Pareysii, eine große Selten- heit, die er mir, beim letzten Sehen in seiner Sammlung, ganz besonders empfohlen hatte. 8 Exemplare habe ich im Ganzen zusammengebracht, von denen jedoch zwei geschenkt und eins gekauft wurde. Nach noch zwei Tagen aber verbot mir der Zustand meines linken Fußes das Gehen ganz und gar, ich mußte eines Geschwürs wegen IV2 Woche das Bett hüten und verlor dadurch bedeutende Zeit, meine Sammlungen zu fördern. Nachdem ich gesund geworden, machte ich eine Reise nach Sewastopol, zu der mich besonders Herr Professor Becker aus Odessa veranlaßte. Es befinden sich nämlich 25 Werst südwestlich von der Stadt viele Baureste aus ältester Vorzeit, und ich sollte die Ruinen der cyclopischen Mauern, die Herr Becker hier zuerst entdeckt hatte, zeichnen. Die sehr geringen üeberreste des Tempels der Iphigenie fand ich nach er Beschreibung auch, jedoch ist es wahrscheinlicher, da nach den Ansichten des Herrn von Koppen, der die Alterthümer der Krimm beschrieben hat, der Diana in Höhlen geopfert wurde, daß sich der Tempel in der Erde befinde und die Be- hauptungen anderer Forscher irrig sind. In drei Tagen kehrte ich aus 10 >2^ 20 Sewastopol zurück und wauderte dauu, am 3. September, von Livadia aus, um wieder nach Jenisala zu kommen. Am 12. erreichte ich es, und schon am 15. fuhr ich mit Nogaiern in einer durch Kamele gezogenen Majare fort, um an den Siwasch bei Tonko zu kommen. Unsere Karawane vergrößerte sich auf dem Wege mehr und mehr, so daß zuletzt wohl 20 Fuhrwerke und 30 Tataren dabei waren. Abends wurde gelagert; beim Feuer, durch Mist unterhalten, kochten sich die einzelnen Gruppen ihr Essen. Ich machte mit meinen Nogaiern Gemeinschaft, da meine Arbusen verzehrt waren und man in den Steppen nichts für den Hunger erhält. Diese Leute kochen, wie die Zigeuner in einem Kessel, der an drei gegeneinander gestellten Stäben hängt, sind aber sehr unsauber; niemals wird ein Kochkessel gereinigt, stets kommt in das daran haftende Fett Schaffleisch, mit Staub besudelt, dazu ein Quantum Wasser und eine Prise Salz. Ist das Wasser im schönsten Sieden, so nimmt man das Fleisch halb gar heraus und thut in die Brühe eine Portion Hirse, die zuvor mit Wasser und den schmutzigen Händen tüchtig gerieben wurde. Obgleich die Zubereitung dieser Speise höchst unsauber war, so setzte ich mich dennoch in den Kreis der Mohamedaner und dankte Gott, daß über- haupt nur etwas in den Magen kam, denn Hunger thut weh. Tn der vierten Nacht hatten wir den Siwasch erreicht, ich verließ mein Fuhrwerk und blieb auf der Steppe, in der fürchterliche Winde tobten, allein. Die Karawane zog weiter. Hinter einer kleinen Erhöhung bettete ich mich, mein Gewehr zur Seite. Am Morgen wanderte ich dann nach Tonko, einem von hier 35 Werst entfernten Oertchen, um daselbst zu bleiben. Nur 4 Tage befand ich mich wohl, erfreut über das reichlich sich bietende Material für Ornithologie. Drei Platalea leucorodia^ ein Pelecanus onocrotalus, ein junger Ardea nycticorax waren präparirt; da wurde ich, nachdem ich eine Nacht mit einem Schützen auf die Pelekans-Jagd gegangen war, mich dabei heftig erkältet hatte und Tags zuvor die Fasten der Kleinrussen mitmachen mußte, die mir Leinöl und Fische vorsetzten, so krank, daß ich in der Thal glaubte, nicht mehr aufzukommen, in der ersten Zeit oft bewußtlos und phantasierend. Ein russischer Arzt behandelte mich falsch, erst dem deutschen Doctor, Herrn Eink, der zufällig hier durchreiste, gelang es, mich einiger- maßen wiederherzustellen. Einen Monat lebte ich, ohne das Bett zu verlassen, in diesem Orte, in dem kein Mensch deutsch verstand. Man hatte mich in ein Hospital gebracht, welches namentlich für die Kranken der durchziehenden Salzkarawanen nothdüiftig eingerichtet war. Ohne mich mittheilen zu können, nur die nöthigste Pflege genießend, gesundete ich langsam und bestieg daher noch halb krank eine Britschka, die nach Simferopol fuhr. Einige Nächte mußten Avir im Freien bei starkem Eegen zubringen, da sich der Fuhrmann in den wegarmen Steppen verirrt hatte. Seit meiner Ankunft in Simferopol nöthigte mich mein Zustand noch 14 Tage den größten Theil des Tages im Bette zu bleiben. Daher konnte ich erst Ende Oktober nach meinem jetzigen Aufenthaltsorte, Jenisala, reisen und mußte die beabsichtigte 20 21 Fahrt nach Odessa, dort meine zwei Collis plombiren zu lassen und sie dem deutschen Consul zur Expedition zu übergeben, unterlassen. Erst im April oder frühestens Ende März, nach wiedereröffneter Dampfschifffahrt, werde ich dorthin und das Nöthige zur Fortschaffung der Sammlungen besorgen. Vom Transport zu Lande kann für zerbrecliliche Sachen nicht die Rede sein. Erstens würde der Posttransport zu theuer und zu rasch sein, zweitens aber würden alle Gegenstände an der Grenze untersucht und der größte Theil derselben dabei leicht verdorben werden. Bis zum Frühjahr kann ich daher nur die Verzeichnisse mittheilen und sende hiemit das der bestimmten Gegenstände ein^). Was ich für die Zukunft hier unternehmen werde, kann ich jetzt noch nicht gewiß sagen. Empfohlen durch zwei Personen, deren Fürsprache, wie man mich versichert, großen Werth hat, hoffe ich entweder als Conservator und Zeichner die geographische Expedition mitzumachen, die unter Direction des Herrn Professor v. Nordmann, jetzt in Helsingfors, Ende März aufbrechen wird, um das ganze asiatische Rußland zu bereisen; oder ich begleite vielleicht Herrn Akademiker v. Baer, der den Fischfang in den russischen Meeren beobachten soll, und mit dem ich bereits in Briefwechsel deshalb stehe. Erhalte ich den ersten Platz, so habe ich für 5 — 6 Jahre ein gutes Engagement und den großen Vortheil der Be- kanntschaft verschiedener^, hochgestellter Fürsprecher auf welche hier zu Lande Alles ankommt. Außer diesen beiden, mir als vortheilhaft erscheinenden Anerbieten, fanden sich genug andere. Als Pharmaceut könnte ich einträgliche Stellen beziehen, da mir solche schon bereits augeboten wurden, auch beab- sichtigt mich Herr v. Steven, falls aus den Reisen nichts wird, mit festem Gehalt als seinen botanischen Zeichner zu beschäftigen. Meine erste Probe- arbeit dieser Art, die jetzt im Moskauer Bulletin gedruckt wurde und die Genera Xiphocoma und Ceratoce^phalus in Abbildungen darstellt, scheint ihn ver- anlaßt zu haben, mehr zu veröffentlichen, obgleich er oft gegen mich äußerte, sein hohes Alter erschwere ihm die Beschreibungen sehr. Jetzt zeichne ich für ihn die Asperifolien, über die er einen Aufsatz dem botanischen Publikum bereits mitgetheilt hat, in welchem er zwei, dem Heliotropium europaeum ver- wandte Species beschreibt. Auch von Arguzia Messer schmidtii^ die ich am Asowschen Meere sammelte, kommt die erste Abbildung jetzt zu Stande. 1) Vergi. Anmerkung 1 auf Seite 1. (Red.) 21 22 i \ Bericht ül)er die vierundzwanzigste Wancler-VersammluDg des Westpreussischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Graudenz, am 28, Mai 1901. Im Aufträge des Vorstandes ausgeführt von Dr. Paul KuMM-Danzig. br raudenz, die viertgrößte Stadt unserer Provinz, obwohl gleich ausgezeichnet durch seine centrale Lage wie durch seine schöne und botanisch interessante Umgegend, war bislang noch nicht von unserem Verein besucht und deshalb für dieses Jahr zum Versammlungsort ausersehen worden. Auf Anregung des Vorstandes hatte sich in der Stadt ein Ortsausschuß gebildet, dem die Herren Kommandant Aldenkrott, Rector Ambrassat, Grymnasial-Director Dr. Anger, Greheimer Regierungsrath Landrath Conrad, Oberrealschul- Director Grott, Sanitätsrath Dr- Heynacher, Oberlehrer Hugen, Schulrath Kaphahn, Director Knuth, Oberlehrer Kronke, Erster Bürgermeister Küiinast, Fabrikant Kyser, Stadtverordneten-Vorsteher Mehrlein, Professor Dr. Reimann, Oberlehrer Dr. Rosikat, Seminar-Director Dr. Rudenick, Apothekenbesitzer Stricker und Handelskammer -Präsident Ventzki an- gehörten. In den Händen dieser Herren, vornehmlich in denen des rührigen Geschäftsführers Herrn Fritz Kyser, lagen die in der Stadt selbst erforder- lichen Vorbereitungen für die Tagung, und der eifrigen und erfolgreichen Thätigkeit dieser Herren ist der wohlgelungene Verlauf der Versammlung hauptsächlich zu danken. Bereits am frühen Nachmittag des Vorversammlungstages, Montag, den 27. Mai, trafen einige auswärtige Mitglieder in Graudenz ein und unter- nahmen, begünstigt vom schönsten Frühlingswetter, einen Spaziergang zu der südlich am hohen Steilufer der Weichsel belegenen Böslershöhe. Der reiche Mischbestand, der hier die diluvialen Abhänge bedeckt, bot mannig- fache Gelegenheit zu botanischen Beobachtungen; vor allem fielen die zahl- reichen schönen, alten und starken Rüstern den pflanzenkundigen Besuchern auf. Nicht minder aber fesselte der herrliche Blick über die Weichsel und das jenseitige Ufer des Stromes, wie er sich aus dem Garten des beliebten Aus- flugsortes dem Auge darbietet, ihre Aufmerksamkeit, Gegen Abend trafen \, 1 23 weitere Mitglieder in Graudenz ein, und spät am Abend, mit dem letzten von Laskowitz kommenden Zuge, hielten noch einige Herren ihren Einzug in Graudenz, unter Donner und Blitz und in einem wolkenbruchartigen Regen- guß, der stellenweise die Straßen der Stadt in Bäche verwandelte, so daß z. B. vor dem ,, Schwarzen Adler“ das Aussteigen aus dem Hötelwagen nur unter Zuhilfenahme einiger als Nothbrücke dienender Bretter möglich war. Von 8 Uhr Abends ab entwickelte sich im ,, Schwarzen Adler“ ein fröh- liches Treiben. In der gedeckten Veranda des dortigen Gartens versammelten sich die auswärtigen Theilnehmer mit Graudenzer Damen und Herren zu einem gemüthlichen und zwanglosen Beisammensein. Geschützt vor der Unbill der Witterung und unbekümmert um das Toben der Elemente draußen, fanden sich hier alte und neue Freunde und Bekannte zusammen, und eine angeregte Unterhaltung über botanische und zoologische Themata, über Vereinsfragen und über Alles, was sonst das Herz bewegte, vereinigte die Erschienenen noch lange. Als die Letzten aufbrachen, um zur Ruhe oder „behufs Be- reicherung ihrer Lokalkenntniß“ ins Cafe zu gehen, hatte das Unwetter längst ausgetobt, und ein sternenklarer Himmel verhieß für die beiden folgenden Versammlungstage prächtiges Wetter und einen schönen Verlauf der ge- planten Excursionen. Früh am Morgen des Flauptversammlungstages, Dienstag, den 28. Mai, trafen sich die Mitglieder des Vereins in dem Conferenzzimmer der Ober- realschule zur geschäftlichen Sitzung, die um 8V4 Uhr durch den H. Vorsitzenden Herrn Professor Dr. SctiMiDT-Lauenburg i. P. mit dem Wunsche, daß der gemeinsamen Arbeit ein guter Erfolg beschieden sei, eröffnet wurde. Der T. Schriftführer Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig legt zunächst das erst in den letzten Tagen im Druck fertig gestellte Heft der Vereinsberichte vor, welches die Berichte über die Versammlungen in Flatow 1899 und in Putzig 1900, nebst den zugehörigen Anlagen, umfaßt und den stattlichen Umfang von 186 Druckseiten besitzt. Das verspätete Erscheinen dieses Heftes erklärt sich vornehmlich daraus, daß die Drucklegung des umfangreichen und durch zahlreiche wohlgelungene Abbildungen illustrirten Berichts des Herrn Ew. H. Rübsaamen über seine Reisen in der Tucheier Heide eine schwierige und zeitraubende Arbeit war, die erst kürzlich abgeschlossen werden konnte. Wie das vorliegende, so umfaßte auch schon ein früheres Heft der Vereinsschriften die Berichte über zwei Wanderversammlungen (XVII. in Stargard 1894 und XVIH. in Christburg 1895), doch dürfte es sich im Interesse des Vereins nicht empfehlen, dieses Verfahren zur Regel werden zu lassen; im Gegentheil spricht Redner den Wunsch und die Floffnung aus, daß in Zukunft immer alljährlich der Bericht fertiggestellt und den Mitgliedern* übersandt werden möge. 2 24 Der I. Schriftführer Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Dauzig verliest sodann nachfolgenden Geschäftsbericht für 1900/1901. Meine Herren, auch in dem verflossenen Jahr hat der Verein zwei Mitglieder durch den Tod verloren. Am 3. Oktober v. Js. starb im 75. Lebensjahr der frühere Director der Proviuzial-Hebammen- Lehranstalt in Danzig, Geheimer Medizinaliath Dr. Abegg, welcher seit der Gründung unserem Verein angehört und dessen Bestrebungen eine besondere Theilnahme entgegengebracht hat. Sodann ver- schied am 1. Dezember v. Js. in Danzig Major a. D. Runge, der viele Jahre hindurch mit Eifer an unseren Versammlungen theilgenommen und zu deren Belebung beigetragen hat. Geboren am 10. September 1847 zu Löwenberg in Schlesien, studirte er in Berlin fünf Semester Naturwissenschaften und Mathematik. Er widmete sich später zwar der militärischen Laufbahn, ver- folgte jedoch daneben auch seine naturwissenschaftlichen Neigungen Nachdem er schon in jungen Jahren eine Pflanzen- und eine Käfersammlung begonnen hatte, die aber verdorben waren, legte er 1881 in Metz zum zweiten Mal ein Herbarium an, welches durch seine Reisen in das Riesengebirge und in die Schweiz bereichert wurde. Dabei verwendete er große Sorgfalt auf das Ein- legen und Pressen der Pflanzen, sodaß dieselben stets einen sehr sauberen Eindruck machten. Während der letzten fünf Jahre begann er mit gleicher Sorgfalt eine Käfersammlung von Neuem anzulegen, welche schon zwanzig Glas- kasten anfüllt. Mitten im Dienst, durch einen Sturz auf der Treppe, ereilte ihn ein frühzeitiger Tod, nachdem er am Abend zuvor noch einen zoologisch- botanischen Reiseplan für dieses Jahr entworfen hatte. Lassen Sie uns das Andenken der Verewigten durch Erheben von unseren Plätzen ehren, (Geschieht.) Der Bericht über die XXH. und XXIII. Versammlung des Botanisch-Zoolo- gischen Vereins in Flatow bezw. Putzig liegt jetzt in einem stattlichen Druck- heft mit 19 Textfiguren vor. Dasselbe enthält besonders auch den ausführ- lichen Bericht des Herrn RüBSAAMEN-Berlin über seine bemerkenswerthen Beobachtungen über Insecten, Thiergallen, Arachniden etc. in der Tucheier Heide vom Jahre 1896 und 1897. In dem letzten Jahr hat Herr Fritz Braun durch neun Tage ornithologische Excursionen auf der Elbinger Höhe unternommen; das Ergebniß ist in dem bereits erschienenen Heft mitgetheilt. Ferner ist Herr Dr. Wolterstorfe, Kustos am Städtischen Museum in Magdeburg, nahezu sechs Wochen in der Tucheier Heide gereist, um die Fauna der Amphibien, Reptilien und wirbel- losen Thiere zu untersuchen. Auch diese Excursionen waren von reichem Erfolg begleitet, jedoch ist der Bericht hierüber noch nicht abgeschlossen. Der Kassenbestand am Ende des Etatsjahres 1900/01 betrug 2559,29 M. Dazu kommt für das neue Jahr die Subvention von 1000 M., wofür der Pro- 3 25 vinzial-Verwaltung der lebhafteste Dank des Vereins auch an dies(*r Stelle abgestattet sein mag. Angesichts dieser günstigen Finanzlage wird unser A^erein im Etatsjahr 1901/02 seine Ziele in ausgedehntem Maße verfolgen können. Derselbe verliest weiterhin in Vertretung des am Erscheinen behinderten Schatzmeisters Herrn Consul MsYER-Danzig den von demselben erstatteten Kassenbericht für das verflossene Jahr. Behufs Prüfung desselben werden, den Vorschriften der Statuten entsprechend, drei Rechnungsrevisoren ernannt, und zwar die Herren Professor Dr. ßAiL-Danzig, Stadtrath Dr. Helm- Danzig und Oberlehrer REHBERG-Marienwerder. Im Anschluß an die Vorlage des Kassen- berichts wird — in üebereinstimmung mit einem seit Jahren schon öfters geübten, aber bisher nicht formell sanctionirten Verfahren — der I. Schriftführer er- mächtigt, in Behinderung der beiden Vorsitzenden, die etwa für den Verein eingehenden Rechnungen zur Zahlung durch den Schatzmeister anzuweisen. Durch diese Bestimmung soll unliebsamen Verzögerungen im Geschäftsgang vorgebeugt werden, wie sie bei genauer Befolgung der bisher gütigen Vor- schriften unvermeidlich wären, sofern beide Vorsitzende ihren Wohnsitz außer- halb Danzigs haben. Der I. Schriftführer trägt sodann den vom A^orstande vorgeschlagenen Arbeitsplan für 1901/1902 vor. Seit dem Jahre 1898 hat kein Botaniker im Aufträge des Vereins die Provinz bereist. Dieser Umstand erklärt sich vor allem aus der Schwierigkeit, geeignete Kräfte für diesen Zweck zu ge- winnen. Die wenigen einheimischen Pflanzenkenner sind zumeist viel zu sehr durch ihre Dienst- oder Berufsgeschäfte in Anspruch genommen, um mehrere Wochen hindurch andauernde botanische Excursionen, wie sie zur gründlichen Durchforschung eines bestimmten Gebietes erforderlich sind, ausführen zu können. Auch die an Berliner Museen angestellten Herren, die in früheren Jahren zuweilen unseren Wünschen entsprochen haben, sind zur Zeit aus dem gleichen Grunde unabkömmlich. Da aber eine erneute botanische Bereisung dringend erwünscht erschein^ um so mehr als wichtige botanische Fragen eine baldige umfassende Bearbeitung erfordern, hat der A^orstand sein Augenmerk auf einen auswärtigen jungen Botaniker, Herrn Dr. Ahlfvexgren in Ystad, gelenkt, der durch die Herren Akademiker A. G. Nathorst in Stockholm und Professor Svante Murbeck in Lund warm empfohlen ist. Herr Dr. Ahlfvengren hat sich bereit erklärt, unter den im Verein üblichen Be- dingungen in diesem Sommer eine 7 — 8 wöchige botanische Reise in der Provinz behufs Bearbeitung bestimmter, ihm vom Verein näher zu bezeichnender Auf- gaben auszuführen. Der Vorstand beantragt nun, Herrn Dr. Ahlfvengren mit einer botanischen Bereisung in dem angegebenen Umfange zu betrauen und ihm als Aufgabe die Untersuchung der Pflanzenformationen der Moore im südöstlichen Theil der Provinz zu stellen. Diese Aufgabe erscheint besonders dringlich, weil durch die rapide fortschreitende Meliorirung und 4 26 Kultivirung der Moorfläclien deren Beschaffenheit so verändert wird, daß auch die ursprüngliche Pflanzendecke schwindet und bald schneller bald langsamer einer oft völlig anderen Platz macht. Schon jetzt ist es bei uns schwer, ein ganz ursprüngliches Moor aufzufinden, und die Erforschung der Pflanzen- gemeinschaften der Moore muß daher bald ins Werk gesetzt werden, wenn wir nicht zu spät kommen wollen^'). — Nachdem Herr Professor Dr. ßAiL-Danzig den Antrag warm empfohlen hat, wird derselbe von der Versammlung an- genommen, die sich auch damit einverstanden erklärt, daß dem Sendboten Reisekostenentschädigung s^on dem Ort an, wo er deutschen Boden betritt bezw. bis zu dem Ort hin, wo er denselben verläßt, gewährt wird. Es gelangt sodann ein Schreiben des Directors der Naturforschenden Ge- sellschaft zur Vorlage, worin derselbe dem Verein ein ursprünglich an die Naturforschende Gesellschaft gerichtetes, von derselben aber aus Mangel an verfügbaren Mitteln mit Bedauern abschlägig beschiedenes Gesuch des Herrn Referendar Dr. HENRici-Langfuhr um Gewährung eines Stipendiums zur Unter- stützung seiner ornithologischen Studien warm zur Berücksichtigung empfiehlt. Nach den vom Vereinsvorstand mit Herrn Dr. Henrici gepflogenem Verhand- lungen beabsichtigt derselbe, seine schon seit längerer Zeit betriebenen ornitho- logischen Studien — bei denen er unter Anderem die höchst interessante Thatsache feststellen konnte, daß die bisher nur vor mehr als fünfzig Jahren am Drausensee als ßrutvogel beobachtete Zwergmöwe, Larus minutus Pall., auch jetzt noch dort in ziemlicher Anzahl brütet • — auf ein weiteres Gebiet unserer Provinz auszudehnen. So plant er, abgesehen von einer Vervoll- ständigung seiner Durchforschung des Drausensee-Gebiets eine ornithologische Untersuchung des Durchbruchsgebiets der Nogat bei Jonasdorf, des Neustädter Gebiets und der Umgegend des Zarnowitzer Sees, ganz im Norden unserer Provinz. Da diese Arl)eiten des Herrn Dr. Henrici ganz in den Rahmen der Vereinsthätigkeit fallen, so beantragt der Vorstand, demselben als Bei- hilfe zu seinen ornithologischen Studien 150 M. zu bewilligen, mit der Bedingung, daß er seine Berichte darüber für unsere Vereinsschriften zur Ver- fügung stellt. Die Versammlung beschließt dementsprechend'^'^'). Außerdem schlägt der Vorstand auch noch eine ento mologische Be- reisung eines Theiles der Provinz vor. Abgesehen von der Umgegend einiger Städte, insbesondere Danzig’s, sind bisher nur ganz wenige Theile unserer Provinz eingehend und planmäßig auf ihre Insectenfauna und ihre niedere Thierwelt überhaupt untersucht worden. Und doch zeigen die Resultate derartiger Bereisungen, wie z. B. der im letzten Vereinsheft publicirten RÜBSAAMEN’schen Reisen durch die Tucheier Heide, wie viel des Interessanten *) Aiisfülirlicli'^re Angaben über die einsclilägigen Y erliältnisse finden sich in deniYor- trage: Oonwentz. Die Gefährdung der Flora der Moore. Prometheus. No. G35. — XIII. Jahr- gang 1901/1902. No. 11. Bericht über die Umgegend des Zarnowitzer Sees folgt bereits weiter unten hier bei (Anlage B). 27 und für die Provinzialfauna, ja selbst für die Wissenschaft überhaupt Neuen bei zweckentsprechend und von geeigneten Kräften durchgeführten Sammel- reisen bei uns noch zu finden ist. Nachdem schon früher Verhandlungen angeknüpft waren, ist es nunmehr gelungen, Herrn Pr. Kuhlgatz- Berlin, Assistenten am Königlichen Zoologischen Museum, für eine mehrwöchige ento- mologische Bereisung der Provinz in diesem Sommer zu gewinnen. Der Vorstand beantragt daher bei der V^ersammlung die Bewilligung der für eine solche Reise erforderlichen Mittel mit der Maßgabe, daß Herr Dr. Kuhlgatz den südöstlichen Theil der Provinz auf seine Insecten- und Kleinthierfauna durchforschen soll, unter besonderer Berücksichtigung der bisher bei uns wenig beachteten Insecten-Ordnungen der Ortlioptera^ Neuroptera und Hemiptera. Die Versammlung beschließt entsprechend dem Anträge des Vorstandes. Was endlich die vom Verein bereits auf seiner vorjährigen Versammlung in Putzig in Aussicht genommene Publication der Untersuchungen des Herrn Oberlehrer Dr. Lakowitz - Danzig über die Flora der Danzig er Bucht anbetrifft, so ist Weiteres darüber nicht zu berichten, da die betreffende Arbeit noch nicht fertig vorliegt. Im Hinblick darauf, daß die Arbeil jedoch ziemlich umfangreich zu werden verspricht, und daß ihre Drucklegung daher voraussichtlich nicht unerhebliche Kosten verursachen wird, ermächtigt die Versammlung auf Antrag des Vorstandes den I. Schriftführer, an den West- preußischen Fischerei- Verein mit der Frage heranzutreten, ob derselbe, mit dessen Arbeitsgebiet die Untersuchungen des Flerrn Dr. Lakowitz ja vielfach in inniger Beziehung stehen, sich etwa gemeinsam mit unserem A^erein an der Herausgabe des Werkes und der Tragung der dadurch entstehenden Kosten zu betheiligen geneigt ist. ln ähnlicher Weise hat sich seiner Zeit unser Verein an der Herausgabe der im Aufträge des Westpreußischen Fischerei- Vereins durch Herrn Dr. Seligo ausgeführten ,, Untersuchungen in den Stuhmer Seeen^^ betheiligt. Es folgt nunmehr die AVahl des Vorstandes für 1901/1902. Nach den Statuten soll eigentlich Zettelwahl stattfinden, doch erklärt die A^er- sammlung einstimmig die auch in früheren Jahren geübte Wahl durch Zuruf für zulässig. Der I. und H. Vorsitzende werden nunmehr durch Zuruf einstimmig wiedergewählt; ebenso wird der bisherige I. Schriftführer einstimmig wiedergewählt, jedoch erklärt sich derselbe außer Stande, das Amt unter den bisherigen A^oraussetzungen weiterzuführen. Nach seiner Ansicht sei der I. Schriftführer für die rechtzeitige Fertigstellung der jedesmaligen A^ereins- • berichte verantwortlich, aber wie die Vorkommnisse der letzten Jahre gezeigt haben, ist dieselbe nicht immer thatsächlich erfolgt. Einerseits wären nicht immer die Referate der A^ortragenden und die Reiseberichte der Sendboten pünktlich eingegangen, und andererseits habe er, seitdem die A^ersammlungs- berichte nicU mehr von ihm, sondern von einem andern, besonders damit be- trauten Mitglied zusammengestellt und bei der Drucklegung überwacht werden, auch auf die Fertigstellung dieser nicht mehr einen genügend bestimmenden G 28 Einfluß, um für ein rechtzeitiges Erscheinen derselben einstehen zu können. Er könne daher die vorerwähnte Verantwortlichkeit und 'damit das Schriftführer- amt nicht mehr übernehmen. Die Versammlung wünscht jedoch, daß der I. Schriftführer die Wiederwahl annehmen möchte, und beschließt, ihn von der speciellen Verantwortung für die Berichterstattung, insbesondere für die recht- zeitige Fertigstellung der Vereinsberichte, zu entbinden; hierauf nimmt Herr Professor Dr. Conwentz die Wiederwahl an. Endlich werden auch der II. Schriftführer und der Schatzmeister durch Zuruf einstimmig wiedergewählt, und der Vorstand setzt sich demnach aus folgenden Herren zusammen: Dr. H. VON KLiNGGRAEFF-Paleschken (I. Vorsitzender), Professor Dr. ScHMiDT-Lauenburg i. P. (11. Vorsitzender), Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig (I. Schriftführer), Oberlehrer Dr. LAKOWITZ-Danzig (H. Schriftführer), Consul MEYER-Danzig (Schatzmeister). Zum Versammlungsort für 1902 wird vom Vorstand Konitz in Vor- schlag gebracht und vom Verein gewählt, mit der Maßgabe, daß der Vorstand berechtigt ist, auch einen andern Ort für die Versammlung zu bestimmen, falls sich ihrer Abhaltung in Konitz etwa unvorhergesehene Schwierigkeiten in den Weg stellen sollten. — Hierbei maeht der Director des Provinzial- Museums, Herr Professor Dr. Conwentz - Danzig die Mittheilung, daß der Herr Landeshauptmann der Provinz Westpreußen es für die Zukunft als nicht angängig bezeichnet habe, daß zur Pfingstzeit beide wissenschaftlichen Beamten des Provinzial-Museums — wie bisher zur Theiluahme an der Ver- eins-Versammlung — von Danzig abwesend sind. Gerade um diese Zeit finde ein reger Besuch Danzigs von auswärts statt, und leicht könnten auch aus- wärtige Fachgelehrte zu Studienzwecken ins Museum kommen, wo sie das Fehlen jeglicher wissenschaftlicher Führung mit Recht unliebsam empfinden würden. Der Herr Landeshauptmann hat daher die Erwägung nahe gelegt, ob der Verein seine Versammlungen nicht von den Pfingsttagen — etwa auf den Herbst — verlegen w^olle. — Der Veiein hat aus anderen Gründen schon vor längerer Zeit wiederholt die Frage einer Verlegung der Versammlungen erörtert. Er konnte dabei aber nicht die üeberzeugung gewinnen, daß der Herbsttermin für das Vereiusleben besonders günstig sei. Auch jetzt vermag sich die Versammlung so schnell nicht über diese Frage schlüssig zu werden, und verschiebt die Entscheidung darüber bis auf das nächste Jahr. Endlich berichtet, Namens der Rechnungsrevisoren, Herr Stadtrath Dr. HELM-Danzig über die Prüfung der Kasse und beantragt, dem Schatzmeister Decharge zu ertheilen. Die Versammlung beschließt demgemäß und spricht dem Schatzmeister für seine Mühevraltung den Dank des Vereins aus. Damit ist das Arbeitspensum der geschäftlichen Sitzung erledigt, und dieselbe wird um 9b 2 Uhr vom Vorsitzenden geschlossen. * * 29 Die öffentliche Hauptversammlung des Vereins fand in der prächtigen Aula der neuerbauten Oberrealschule statt. Auf Anregung hatten hier die Herren Oberlehrer Kronke^ Professor Dr. Praetorius und Oberlehrer Dr. Tümmler eine umfangreiche Ausstellung botanisch-zoologischer Unterrichtsmittel veranstaltet. Auf zwei langen Tischen an den beiden Längsseiten des geräumigen Saales waren hier zahlreiche ausgestopfte Thiere und Thiergruppen, Spirituspräparate, Skelete und Skelettheile, anatomische, biologische und entwickelungsgeschichtliche Präparate, botanische Objecte und Producte unserer Colonien u. a. m. aufgestellt, und zahlreiche farbige Wand- tafeln ergänzten und vervollständigten das dargebotene Bild. Alles in Allem war es eine Sammlung, wie sie nicht all zu viele höhere Lehranstalten unserer Provinz zusammenzustellen in der Lage sein dürften. Und eine zahlreiche Menschenmenge, vor allem Damen und Herren aus Graudenz, daneben die Vereinsmitglieder, füllte den Raum, bald in eifriger Unterhaltung, bald mit sichtlichem Interesse die ausgestellten Gegenstände betrachtend. Gegen 10 Uhr Vormittags eröffnet, in Abwesenheit des durch sein schweres Augenleiden an der Theilnahme leider verhinderten I. Vorsitzenden, Herrn Dr. von KLiNGGRAEFF-Paleschken, und auf den Wunsch des 11. Vor- sitzenden, Herrn Professor Dr. Schmidt - Lauenburg, der I. Schriftführer Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig die wissenschaftliche Sitzung und erklärt, die Erschienenen herzlich begrüßend, die vierundzwanzigste Wanderversammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins für eröffnet. Gleich darauf, noch vor Eintritt in die specielle Tagesordnung, ergreift Herr Erster Bürgermeister KÜHNAST-Graudenz das Wort zu folgender Ansprache: Hochgeehrte Versammlung! Als Erster Bürgermeister dieser Stadt habe ich die angenehme Aufgabe, Sie hier aufs herzlichste zu begrüßen und Ihnen Namens des Magistrats und der Bewohnerschaft für Ihren Besuch unserer Stadt zu danken. In der letzten Zeit haben wir hier häufig auswärtige Gäste begrüßen können; bald waren es politische, bald sozial wirkende, bald sportliche Vereine. Heute sind es Männer der Wissenschaft, die hier tagen und uns mit den neuesten Fort- schritten auf dem Gebiete der Botanik und Zoologie bekannt machen wollen. Wenn wir Graudenzer auch wissen, daß nicht die Schönheit unserer Stadt und die Reize ihrer Umgebung Sie hergelockt haben dürften, sondern die günstige Lage unseres Ortes im Centrum der Provinz, so freuen wir uns doch nicht minder Ihrer Anwesenheit. Wie sympathisch die Bevölkerung der Stadt den Besuchern und ganz besonders diesem Verein gegenübersteht, dafür haben Sie mannigfache Beweise : das zeigt Ihnen in erster Linie der stattliche Neubau der Oberrealschule, in der wir tagen, die aus städtischen Mitteln erbaut und in hervorragendem Maße dem Unterricht in den Naturwissenschaften zu dienen bestimmt ist, das zeigt Ihnen die reiche Sammlung von Lehrmitteln für diesen Unterricht, die Sie hier ausgestellt sehen, das beweist Ihnen nicht zum letzten 8 V BO auch der zahlreiche Besuch der Eiuheimischen iu dieser Versammlung. Wir Graudenzer wünschen Ihnen, meine Herren vom Botanisch-Zoologischen Verein, alles Gute und hoffen, daß Ihre Verhandlungen für den Verein und für weitere Kreise nutz- und segenbringend sein werden. Möge Ihnen nach Ihrer Aibeit in unseren Mauern aber auch die Erholung winken, damit Sie sich bei uns wohl fühlen. Dann wird aucli unser Wunsch in Erfüllung gehen, daß Sie beim Scheiden von hier mit Befriedigung auf Ihren Aufenthalt zurückblicken und unserer Stadt ein gutes und freundliches Angedenken bewahren mögen. Im Namen des Vereins dankt Herr Professor Dr. BAIL-Danzig dem Herrn A^orredner für die warme Begrüßung. Er weist darauf hin, daß der Verein schon lange den Wunsch gehegt hat, die Stadt Graudenz zu besuchen, schon deshalb, weil sich hier, besonders unter der Aegide Scharlok’s, die Natur- beschreibung eifriger Pflege erfreut habe. Wie gerechtfertigt dieser Wunsch war, das zeige sich auch in den zum Empfange des Vereins getroffenen Vor- kehrungen, zu denen vor allem die reichhaltige Ausstellung naturwissenschaft- licher Sammlungen gehöre. Zu dem Besitz dieser Sammlungen, wie zu dem neuen Oberrealschul-Gebäude, in dessen schöner Aula er soeben spreche, be- glückwünsche er die Stadt Graudenz aufrichtig. Vor allem aber freue ihn die rege Betheiligung einheimischer Damen und Herren an der Versammlung. Gehöre es doch mit zu den Zielen des Vereins und zu den Hauptzwecken seiner öffentlichen A^ersammlungen, die Schönheiten, die seine Mitglieder bei der liebevollen Beschäftigung mit der Pflanzen- und Thierwelt kennen lernen, und die hehren Genüsse, die ihnen aus dieser Thätigkeit erwachsen, auch Anderen, dem Studium der Natur noch Pernerstehenden, zugänglich zu machen und sie so für dasselbe zu gewinnen. Er wünsche, daß die zahlreichen Gäste aus der heutigen Versammlung reiche Anregung mit nach Hause nehmen möchten. Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig setzt nun die Präsenz- und die Vortragsliste in Umlauf, bringt eine Anzahl der Berichte über die vorjährige Wander-A^ersammlung des A^ereins in Putzig zur Vertheilung unter die An- wesenden und verliest die zahlreich eingegangenen telegraphischen und brief- lichen Beglückwünschungen, darunter auch solche von Fräulein Elisabeth IjEMKE-Oschekau und von den Herren: Professor Barthel- Breslau, Oberlehrer BocK-Bromberg, Professor Dr. BocKwOLDT-Neustadt, Prokurant Walter KAUFFMANN-Bremen, Oberlehrer Dr. KoRELLA-Danzig, Oberlehrer Dr.LAKOwiTZ- Danzig, Professor MoMBER-Danzig (zugleich im Namen der Naturforschenden Gesellschaft), Probst a. D. PREUSCHOFF-Erauenburg, Professor Dr. Winkelmann- Stettin und Kustos Dr. WoLTERSTORFF-Magdeburg. — Derselbe macht sodann bekannt, daß das Alterthums- Aluscum der Stadt Graudenz, unter Führung des Herrn Director Dr. Anger, für die Versammlungstheilnehmer heute geöffnet sei, und schließt daran Mittheilungen über das nach Schluß der Sitzung im Restaurant Seick stattfindende Frühstück, sowie über die für den heutigen Nachmittag geplante Dampferfahrt nach Sartowitz. Bl Hierauf hält Herr Professor Dr. BAiL-Dauzig einen durch viele lehrreiche Demonstrationsobjecte erläuterten Vortrag: Umschau in der Ordnung der Hülsengewächse. So sehr wir auch der genannten Pflanzenordnung im täglichen Leben zu Dank verpflichtet sind, ist Vortragender bei der Wahl seines Stoffes doch nicht durch praktische, sondern durch ästhetische und wissenschaftliche Gesichts- punkte geleitet worden. Zunächst sind es zwei Gewächse aus jener Ordnung ge- wesen,die ihm an den herrlichsten und berühmtesten Punkten seiner eben beendeten Reise — in Pegli, Genua, am Comersee, in Miramar, Abbazia und Wien — reiche Augenweide gewährt haben. Es waren dies die wegen ihrer langen Trauben großer hellblauer Blüten allgemein beliebte Glycine, Wistaria sinensis^ und die über und über im, Schmuck ihrer rosa gefärbten Blüten prangende Gerds ßüiquastriim. Aber auch auf die Formvollendung und Farbenschönheit der Blüten unser einheimi- schen Hülsengewächse, der Papilionaceen oder Schmetterlingsblütler, weist Vor- tragender hin, ebenso wie auf den fesselnden Anblick, den selbst noch im Winter unsere Robinien (falsche Akazien) durch ihre kühn und kraftvoll hin- und hergebogenen Aeste gewähren. Außer 1. den Schmetterlingsblütlern gehören zu den Hülsengewächsen noch 2. die Familie der Caesalpiniaceen (Beispiele: der Johannisbrotbaum, die Cassia, der Heuschreckenbaum, die Gerds, die Gleditsdiia und die Erd- nuß) und 3. die Familie der Sinnpflanzen oder Mimosaceeii, welche hauptsäch- lich die Mimosen und echten Akazien umfaßt. Wie reich der wissenschaftliche, besonders in biologischer Beziehung durch die Ordnung der Hülsengewächse gebotene Stoff ist, weist Vortragender nach, indem er der Reihe nach von jedem einzelnen der Organe besonders interessante Thatsachen hervorhebt, worüber hier nur andeutungsweise be- richtet werden kann. Dahin gehören die Wurzelknöllchen der Bohnen, Erbsen, Lupinen und des Klees, welche von Bacterien erzeugt werden, die den freien Stickstoff der Luft in eine Form überführen, in der er erst von der Pflanze verarbeitet werden kann. — Bei der Besprechung der oberirdischen Achsengebilde gelangt wieder Gerds Siliquastrum, der Judasbaum (an dem sich, dem Volksmunde nach, Judas Ischariot aufgehaugen haben soll), zur Besprechung. Br ist dadui’ch gekennzeichnet, daß seine büschelig gestellten Blüten nicht wie die der meisten anderen Gewächse aus den Blattwinkeln, sondern, nach Art der- jenigen des Kakaobaumes, aus jeder beliebigen Stelle der Rinde, selbst aus der des Stammes, hervorbrechen. Ferner kommen die oft verzweigten Ast- dorne der nordamerikanischen Gleditsdiia triacanthos, fälschlich Christusakazie genannt, zur Demonstration. Während die Blätter der meisten Hülsengewächse einfach-, die mancher auch doppelt- gefiedert sind, hat Vortragender schon bei früheren Vereinsversamm- lungen (in Tuchei 1893 und iu Stuhm 1898) darauf aufmerksam gemacht, daß die TU 32 eben erwähnte Gleditschia einfache, einfach- und doppelt-gefiederte Blätter und Uebergangsformen zwischen denselben trägt. Cercis^ von welcher Präparate aller Theile herumgezeigt werden, hat nur einfache, verkehrt herzförmige Blätter, und die Blätter der Lupinen sind bekanntlich gefingert. — In der Familie der Mimosaceen sind die Blattstiele der gefiederten Blätter oft blattartig er- weitert und vertreten häufig, als sog. Phyllodien, die Blätter vollständig oder erscheinen, wie bei der verschiedenblättrigen Akazie, Acacia hetero'pliylla^ untermengt mit doppelt gefiederten Blättern. Am Grunde der Blätter mehrerer echten Akazien sitzen Dorne, welche bei Acacia sphaerocephala hohl sind und gewissen Ameisen als Wohnung und Wachtlokal dienen, aus dem, bei Annäherung von Blattschneiderameisen, die Insassen hervorbrechen, um jene zu vertreiben. Solche Ameisenpflanzen, die mit bestimmten Ameisenarten in einer Art Trutz- und Schutzbündniß leben, indem sie den Thieren Nahrung und Wohnung gewähren und dafür von denselben gegen ihre Feinde geschützt werden, sind auch aus anderen Pflanzenfamilien bekannt geworden. — ■ Die uns bei den Akazien bekannte Schlafstellung der Blätter verhindert eine zu starke Wärmeausstrahlung und befördert die für das Zuströmen neuer Nahrungs- säfte sehr wichtige Verdunstung. Außer den periodischen Bewegungserschei- nungen, welche die Blätter vieler Hülsenfrüchtler allabendlich beim Ueber- gang in die Schlafstellung ausführen, sind bei manchen Mimosaceen auch momentane Bewegungserscheinungen zu beobachten, am schönsten und augen- fälligsten bei der brasilianischen Schamhaften Sinnpflanze, Mimosa puclica, deren Blätter aufs Lebhafteste durch jede Berührung oder Erschütterung beeinflußt werden, wie Vortragender des genaueren schildert. Gehen wir zu den Blüten über. Fahne, zwei Flügel und das Schiffchen sind die charakteristischen Theile der Schmetterlingsblüte, doch treten bei der großblütigen Erythrina die Flügel zurück (Nachweis am Präparat) und können auch schon ganz fehlen. Die Caesalpiniaceen haben meist noch Schmetterlings- blüten, das Johannisbrot, Cerat07iia siliqua^ aber entbehrt der Blumenkrone ganz, und die Mimosaceen haben nie Schmetterlings- sondern stets ringsum gleiche Blüten. — Der Hauptunterschied in den Blüten der drei Familien liegt in den Staubgefäßen. Die Mehrzahl der Papilionaceen hat zehn Staubgefäße. Von diesen sind bei allen Arten, bei denen die Innenseite der Staubfäden Honig abscheidet, neun in ein Bündel verwachsen, während das zehnte, obere, frei ist und an seinem Grunde durch Einbuchtung auf beiden Seiten Spalten bildet, durch welche Insectcnrüssel zum Honig gelangen können. Bei den honiglosen Arten, mit Ausnahme der Kronwicke, Coronilla varia, bei der aber die nun überflüssigen Spalten am Grunde des zehnten, freien Staubgefäßes fehlen, sind dagegen alle zehn Staubgefäße verwachsen. Höchst interessant sind die mechanischen Einrichtungen (Hebelwerke) der Blumenblätter, welche das Beschießen oder Bestäuben besuchender lusecten mit Blütenstaub be- wirken, das die Befruchtung der Stempel ermöglicht. Ist diese bei unserem an Blütenstaub armen Besenstraucli, ßai^othamnus scopaidusy erfolgt, dann künden 11 3B die herabhängenden Flügel als optischer Telegraph anderen, Beute suchenden Insecten an, daß aus der betreffenden Blüte nichts mehr zu holen ist. — Die Caesalpiniaceen haben meist zehn freie Staubgefäße, das Johannisbrot sogar nur fünf; die Mimosaceen dagegen besitzen viele freie Staubgefäße. Die Früchte der in Rede stehenden Pflanzen sind Hülsen, die sich meistens wie die unserer Erbse in zwei Klappen öffnen und bei ihrer spiraligen oder kreisförmigen Binrollung die Samen häufig fortschnellen, bei der Wistaria sinensis sogar bis 9 m weit, eine Einrichtung, die ein wirksames Verbreitungsmittel der betreffenden Arten bildet. Viele andere Gattungen dagegen haben Gliederhülsen, so die Gattung Ornithopus, zu der die Serradella gehört, deren drei bis vier, dicht bei einander entspringende Gliederhülsen oft täuschend einem Vogelfuß ähneln, ferner die Kronwicke, Coronilla^ und endlich der Hufeisenklee, Hippocrepis, mit hufeisenförmigen Hülsengliedern. Diese Hülsen zerfallen in ihre Glieder, welche durch den Wind verbreitet werden. Dagegen werden die kreisförmig aufgerollten Hülsen, z. B. des Schneckenklees, Medicago, vom Winde wie Rädchen am Boden umhergerollt. Ändere Hülsen wieder werden durch Flügel verbreitet, und manche sind ge- dornt, so die des Kleinsten Schneckenklees, Medieago minima^ und werden durch Haarthiere fortgeführt. — Vorgelegt werden die über 1 m lange Hülse von Entada scandens und ihre 5 cm im Längsdurchmesser haltenden kastanien- braunen Samen, die durch den Golfstrom aus dem tropischen Amerika und von den Canaren bis nach Nowaja Semlja geführt werden, wo die Kastanien- bai nach ihnen genannt ist. Gezeigt werden ferner noch die nicht aufsprin- genden Hülsen (und die Samen) des Heuschreckenbaumes, Hymenaea, und die der Erdnuß oder Erdeichel, Arachis hypogaea. Letztere bilden sich, wie die des Trifolium suhterraneum^ nur aus, nachdem sich ihre Träger in den Boden ver- senkt haben. Die Brdeichel, deren Hülsen, neben dem Gummi arabicum der echten Akazien, den Haupthandelsartikel Alexandriens bilden, und aus deren Samen man feinstes Speiseöl gewinnt, wird in Bildern der vom Vortragenden er- zogenen Keim- und blühenden Pflanzen vorgeführt. Auch die bis 70 cm laugen, stielrunden Hülsen der Röhrenkassie, Cassia fistula, und ihre Längs- und Querschnitte, wie viele schön gefärbte Samen aus Hülsenfrüchten werden herumgereicht. Der außerordentliche Nutzen der Hülsenfrüchtler, in Bezug auf Ernährung der Menschen und Thiere, ferner als Lieferer von Heilmitteln, Gummi arabicum, werthvollen Nutzhölzern, Färb- und Gerbstoffen, wie von feinem Oel, wird vom Vortragenden in Anbetracht der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nur angedeutet, dagegen werden als giftige Arten besonders hervorgehoben: 1) der allbekannte Goldregen, Cystisus Lahurnum^ dessen Rinde, Blätter und Samen lähmend auf Rückenmark, motorische Nerven und das Athmungscentrum wirken; 2) die Calabarbohne, Physostigma renenosum, welche das zur Verengerung der Pupille verwandte Physostigmin liefert, und deren große, auf der Rückseite mit zwei hervorspriugenden Leisten versehene 34 Samen gleichfalls gezeigt werden; endlich 3) der aus Indien stammende Paternosterstrauch, Ahrus precatorius. Seine kaum erbsengroßen, lebhaft rothen, mit glänzend schwarzem Nabelfleck versehenen Samen, die wir als Zierde von Muschelkästchen, leider aber auch als Kinderspielzeug antrefi’en, sind so giftig, daß, wie Dr. Schmorl im Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden 1900 mittheilt, schon das bloße Zerkauen eines halben Samens schwere Vergiftungserscheinungen herbeiführt. Die Vor- zeigung einer prächtigen Fruchttraube dieses Gewächses, mit aufgesprungenen Hülsen, bildet den Schluß des Vortrages. Herr Oberrealschul-Director GROTT-Graudenz erläutert sodann in gedrängter Form die reichhaltige, im Sitzungssaale befindliche, der Oberrealschule gehörige Ausstellung botanischer und zoologischer Lehrmittel. In der alten Schule war die Sammlung wegen des engen Raumes nur recht beschränkt, erst das neue, geräumige Gebäude hat es möglich gemacht, sie so auszudehnen, wie es für eine höhere Schule — besonders aber für eine Oberrealschule — nöthig ist. Wünschenswerth ist es, die Thiere den Schülern nicht nur in einzelnen Exemplaren, sondern möglichst häufig auch in Lebens- gemeinschaften vorzuführen. Von diesen sind in der hiesigen Sammlung besonders bemerkenswerth: ein Fuchs, der eine Waldschnepfe zerfleischt, zwei Iltisse, die um einen erbeuteten Specht streiten, ein schöner Auerhahn und ein Birkhahn mit ihren Weibchen. Schöne Gruppen weist die Samm- lung in Raben, Lerchen, Meisen, Spatzen und Kolibris auf. — Auch für den Vergleich der Thiere mit ihrem inneren Knochenbau ist genügend gesorgt. Es sei hier verwiesen auf eine Katze, eine Fledermaus, einen Hamster, einen Seehund, eine Schlange, einen Frosch und einen Dorsch mit ihren Skeleten; ein Tümmler, der noch im Frühjahr d. J. in der Danziger Bucht gelebt hat, ziert mit seinem Handskelet die Sammlung. — Auch Skelettheile, wie die Schädel eines Pferdes, Widders, Ebers, ein Pferdehuf, ein Elephantenzahn, eine Walfischbarte und eine Reihe von schönen Geweihen und Gehörnen sind vorhanden. Von einzelnen seltenen Säugethieren enthält die Sammlung ein Gürtel- thier und einen Fliegenden Hund. Die Vögel sind in großer Zahl vertreten. Von besonderem Interesse sind die in der Umgegend von Graudenz gefundenen Nester einer Beutelmeise*), eines Rohrsperlings und einer Elster; ferner eine der Schule geschenkte Sammlung exotischer Vögel (aus Neu - Guinea). Unter den Reptilien sind sicher Seltenheiten für Schulsammlungen die in Spiritus aufbewahrten Exemplare einer Riesenschlange, eines Kaimans und von drei Spielarten der Kreuzotter, der gewöhnlichen, der Teufelsotter, die *) Das Provinzial-Museum in Danzig besitzt drei Nester der Beutelmeise, Aegithalm pendulinus VlG., die von der Bazarkämpe und von einer anderen Weicliselkämpe bei Thorn sowie von einer Nogatkämpe unweit Zeyer im Landkreis Elbing lierstammen. (Anmerkung der Redaction.) 13 35 sicli mit ihrem schwarzen Kleide dem Moorboden^ und der Kupferotter, die sich mit ihrer rothen Farbe dem Sandboden anpassen. — Fische enthält die Sammlung in Spiritus und ausgestopft. Hier sind bemerkenswerth ein Stör und ein Dornhai, ferner das Gebiß des großen Hundshais. Für den Unterricht in den niederen Thier en hat die Schule reichhaltige Sammlungen von Insecten, Spinnen, Krebsthieren und einzelne Yertreter der Würmer, Quallen bis herunter zu den Protozooen. Besonders wichtig sind auch die Präparate der inneren Organe und der Entwickelungsstadien einzelner Thiere. So besitzen wir Situs-Präparate der Ratte, Taube, des Frosches, Barsches, einer Schnecke und einer Teichmuschel, Präparate zum Nachweis der Blutgefäße (durch Doppelinjectionen) einer Ratte und eines Hechtes, Die Entwickelung kann an einer Ente im Ei, einer Schlange, (Ei, auskriechende und junge Schlange), einem Frosche, Goldkäfer und einer Schmeißflitige (vom Ei, zur Larve und dem entwickelten Thier) erklärt werden. Zum Nachweis der Anpassung dient außer einzelnen schon früher ge- nannten Präparaten eine Zusammenstellung von mehreren Insecten mit den Gegenständen, denen sie sich anpassen (Mimicry). — Ferner dient eine reich- haltige Sammlung von Producten unserer Colonien dazu, das Interesse der Schüler für diese wachzurufen und zu erhalten. — Auch hier mag den Städtischen Behörden der Dank für das Interesse, das sie der Schule durch Anschaffung der schönen Sammlung gezeigt haben, ausgesprochen werden. Herr Professor Dr. Conwentz - Danzig spricht im Namen des Vereins denjenigen Herren, welche sich der Mühe unterzogen haben, die Ausstellung zu Stande zu bringen, den wärmsten Dank aus, und weist darauf hin, daß auch andere Graudenzer Lehranstalten schöne naturgeschichtliche Sammlungen besitzen, so das Gymnasium und vor allem die Höhere Töchterschule, die eine besonders schöne entomologische Sammlung ihr eigen nennt. Darauf hält Herr Oberlehrer REHBERG-Marienwerder einen längeren, durch zahlreiche, von ihm selbst gezeichnete, sehr instructive, farbige Tafeln erläuterten Vortrag lieber die schädlichen Insecten unserer Getreidearten und ihre Bekämpfung. Der Vortrag ist in etwas erweiterter Ausführung und mit zahlreichen Abbildungen diesem Bericht als Anlage A beigegeben. Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig bringt alsdann einige bemerkens- -werthe botanische Objecte zur Demonstration, die von Herren aus Graudenz und der Umgegend zur Versammlung mitgebracht sind. So hat Herr Major vom Platz Joachim - Graudenz Zweige der Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., und ein ganz ungewöhnlich großes Blatt der Linde, vom Graudenzer Festungs- berge, und Herr Lehrer ZoDROW-Roggenhausen blühende Zweige der Elsbeere aus dem die Hänge des Gardenga- Thaies bei Roggenhausen, Kr. Graudenz, bedeckenden Mischwalde mitgebracht. 14 36 Im An.^chruß an seinen auf der vorjährigen Versammlung in Putzig ge- haltenen Vortrag „über Blitzschläge in Bäume^^ macht Herr Professor Dr. ScHMiDT-Lauenburg i. P. sodann einige Mittheilungen Ueber das Wetterschiessen. In den österreichischen und baierischen Gebirgsländern ist es eine uralte Sitte, zur Erhöhung der Feststimmung bei religiösen und sonstigen Feier- lichkeiten tüchtig mit Böllern zu schießen. Es mag nun wohl vorgekommen sein, daß sich gelegentlich einer solchen Festlichkeit bei drohendem Gewitter der Himmel klärte, woraus dann das Volk die Meinung gewann, daß das Schießen, bezw. die durch dasselbe bewirkte Erschütterung der Luft, einen gewichtigen Einfluß auf das Verschwinden der Gewitterwolken übe. Setzt 'doch schon Schiller seiner Glocke den Sinnspruch vor „Vivos vbeo, mortuos plango, fulgura frango‘‘. So entstand denn aus dem festlichen Brauch der Glaube, daß man durch recht geräuschvolles Schießen das Wetter aufhellen könne. Da diese Gewohnheit vielfach zu einem gefährlichen Unfug ausartete, wurde das Schießen zeitweilig von der österreichischen Regierung verboten, hat sich aber gleichwohl in manchen Gegenden bis in die neueste Zeit erhalten, und die Bevölkerung glaubt fest an seine wohlthätige Wirkung. Da mancherlei Erfahrungen diese Ansicht zu unterstützen schienen, machten sich vor einigen Jahren der Bürgermeister Stieger in Windisch Feistritz und sein Vertrauter, der Leiter der Greinitz-Hammerwerke, SüSChnig, daran, durch planmäßige Versuche festzustellen, ob denn Böllerschüsse wirklich einen Einfluß auf die Zertheilung der Gewitterwolken ausüben können. Bei seinen Versuchen brachte Suschnig auf den Rath des Obersten Mündy auf der Mündung seiner Böller einen 4 m hohen Trichter an. Beim Schießen flog dann aus der so ver- längerten und erweiterten Mündung ein deutlich sichtbarer, laut sausender Wirbelring, der auch mechanische Wirkungen auszuüben vermochte. So wurden in größerer Entfernung aufgestellte Scheiben sammt ihren Gestellen zerrissen, und Hunde und Schwalben, die in den Wirbelring geriethen, wurden mit fort- gerissen. Je stärker der Wirbel, je länger und lauter das Sausen war, desto größer war auch die Kraft der Wirbelringe, und desto höher stiegen sie in die Luft. Eingehende Versuche zeigten, daß die Wirbelringe 400 m bis mehr als 1200 m weit vordrangen. Nach diesen Versuchen schien in der That die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, durch derartige zweckmäßig geleitete Böllerschüsse vor Beginn des Gewitters die bekanntermaßen niedrig ziehenden Gewitterwolken in wirk- samer Weise zu beeinflussen. Nachdem die nöthigen Erfahrungen über die zweckmäßigste Größe und Beschaffenheit der Böller und Trichter, über die anzuwendende Pulvermenge u. a. m. gesammelt waren, gingen Stieger und Suschnig an die Einrichtung von Schießstationen, die derartig vertheilt wurden, daß ihre Wirbelringe die erfahrungsmäßig in bestimmten Lagen und Höhen vorüberziehenden Gewitterwolken erreichten und so Störungen in der Electricitäts- 15 37 Entwickelung verursachten. Besonders in gebirgigen Gegenden ist der Zug der Gewitter, der sie begleitenden Hagelwolken und deren Höhe der Bevölke- rung aus langjähriger Erfahrung genau bekannt. In solchen Gewitter zug- strichen wurden mehrere Schießstationen eingerichtet, über deren erforderliche Zahl und Entfernung im Laufe der Versuche nähere Erfahrungen gewonnen wurden. Diese Schießstationen werden von den umwohnenden kleinen Be- sitzern mit militärischer Pünktlichkeit bedient, da sie ja ihr eigenes Interesse zur Wachsamkeit treibt. Sobald das Gewitter mit den erkennbaren Hagel- wolken naht, beziehen die Bedienungsmannschaften ihre Posten und das Schießen beginnt. Auf diese Weise ist es in manchen Gegenden angeblich gelungen, die früher alljährlich in großer Zahl über den hochkultivirten Weinbergen hin- ziehenden Gewitter, welche durch die sie begleitenden Hagelschläge die größten Zerstörungen anrichteten, unschädlich zu machen, sodaß Wetterschäden seit dem Bestehen der Schießstationen nicht wieder eingetreten sind. Nach den vorliegenden Berichten soll das in den Jahren 1899 und 1900 planmäßig durchgeführte Schießen das mit Schießstationen besetzte Gebiet in Steiermark, Ober-Italien und Kroatien die ganze Zeit über hagelfrei gehalten haben, während früher keine Woche des Sommers ohne schwere Gewitterschäden vorübergegangen war. Daher setzen auch die Gemeinden und Behörden der vorzugsweise von Gewitter und Hagel bedrohten Gegenden in dem gonannten Gebiet das plan- mäßige Schießen trotz dePnicht unbedeutenden Kosten mit aller Sorgfalt ins Werk. Demnach scheint es, daß dem alten Volksglauben doch ein richtiger Kern zu Grunde gelegen hat. Immerhin bedarf es noch weiterer exakter Versuche und Erfahrungen, um den Zusammenhang zwischen dem Schießen und der Gewitterbildung bezw. -Verhütung mit Sicherheit und bis in die Einzelheiten hinein einwandsfrei klarzulegen. Herr Stadtrath Dr. HELM-Danzig legt sodann einige von ihm bei Danzig gesammelte eingeschleppte Pflanzen vor. Da dieselben in der Nähe, bezw. nicht weit vom Güterbahnhofe gefunden sind, ist anzunehmen, daß sie durch den Güterverkehr verbreitet wurden. Es sind: 1. Echinops sphaerocephalus L., in großer Anzahl auf dem Ravelin am Leegethor gefunden; : 2. Hy ssopus officinalis L., vor dem Leegethor auf den Wällen; t 3. Borago officinalis L., in Groß Walddorf bei Danzig; 4. Melilotus coerulea L., ebendaselbst gefunden; 5. Phacelia tanacetifolia Bentham, auf dem Wege nach Krampitz in großer Anzahl verbreitet. Weiterhin berichtet Herr Dr. Helm in längerem Vortrage lieber die unter dem Kollektivnamen „Bernstein“ verkommenden fossilen Harze, unter denen der in den Ostseeländern vorkommende Succinit das bemerkens- wertheste ist. Vortragender benutzt zu seinem Vorfrage eine reichhaltige Sammlung dieser Harze, an welcher er die Eigenschaften derselben demonstrirt. 6t 38 Vom Succinit zeigt Vortragender mehr als 100 Stücke von Farben- varietäten, klare vom hellsten Weingelb bis Goldgelb, röthliche, rothe, grünlich schimmernde und hellblaue Stücke, dann durchscheinende und undurchsichtige, kumst- und knochenfarbige, kreideweiße, bräunliche, honigfarbige, dunkel- bis schwarzbraune Stücke. Der Succinit zeichnet sich vor allen andern fossilen Harzen durch seinen hohen Gehalt an Bernsteinsäure, welcher 3 — 8 % beträgt, aus. Der Fundbezirk des Succinits erstreckt sich der Hauptsache nach von den ost- und westpreußischen Küstenländern durch Pommern bis nach Holstein und den friesischen Inseln. Kleinere Fundbezirke befinden sich in den russi- schen Ostsee-Provinzen, in Polen und Wolhynien. Selten kommt er in Süd- schweden, Holland und an der Ostküste Englands vor. Nach Süden hin findet das Vorkommen des Succinits in vereinzelten Funden seine Grenze an den großen Gebirgszügen der Provinzen Schlesien und Sachsen. Von den, dem Succinit äußerlich ähnlichen fossilen Harzen, welche nicht allein in Europa, sondern auch in anderen Erdtheilen verbreitet sind, legt Vortragender einige zwanzig Sorten vor. Von diesen steht dem Succinit am nächsten ein in Rumänien vorkommendes fossiles Harz, der Rumänit (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. VH. Band, 4. Heft. 1891. Seite 186 — ^189), welcher, wie der Succinit, Bernsteinsäure, wenn auch in geringerer Menge, enthält. Vortragender zeigt von verschiedenen Bezugsquellen Stücke von Bumänit vor, welche er chemisch untersucht hat. Sie unterscheiden sich vom Bernstein schon durch ihr Aussehen, in chemischer Beziehung namentlich durch ihren geringeren Gehalt an Bernsteinsäure. Er fand in ihnen 0,3 , 0,9 , 1,35 und 3,2 % Bernstein- säure. Klees in Königsberg untersuchte sechs verschiedene Proben Rumänit nach einer von ihm angegebenen Methode auf nassem Wege und bezeichnete die Proben als frei von Bernsteinsäure (Klees, Cedarit, ein neues bernstein- ähnliches fossiles Harz Canada’s. Jahrbuch der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt und Bergakademie. XVII. 1896. Seite 199 — 230). Vortragender hat sich in Folge dieser Mittheilung nochmals Probestückchen von Rumänit verschafft, und zwar aus ganz zuverlässiger Quelle, von Gangel- EERGER in Bukarest. Er untersuchte einen Theil derselben auf trockenem Wege durch Destillation, einen anderen auf nassem Wege nach der von ihm im Archiv der Pharmazie (Band VHI, Heft 3. 1877) angegebenen Methode und fand im Widerspruch zu den Resultaten des Herrn Klees in ihnen auf trockenem Wege l,8o % Bernsteinsäure, auf nassem Wege fast ebenso viel. Wenn sich diese Differenzen in der chemischen Untersuchung nicht auf- klären, kommt in Rumänien sowohl ein bernsteinsäurehaltiges wie ein bernstein- säurefreies fossiles Harz vor. — Die Farbe des Rumänits ist gewöhnlich bräunlichgelb bis braun, selten gelb, und undurchsichtig; es kommen aber auch durchsichtige, durchscheinende bis undurchsichtige braune Stücke vor; sie haben gewöhnlich im Innern eine rissige Beschaffenheit, oft sind die Risse dunkeier gefärbt, und das Stück sieht dann schön dunkelgeadert aus. Der 17 39 Kumänit ist so hart wie Succiiiit, läßt sich auch ebenso gut wie dieser be- arbeiten. Er wird in Rumänien in kehligen, blättrigen Schiefern und in Sand- schichten gefunden, auch auf secundärcr Lagerstätte, namentlich zwischen Bachgeröllen. Den Succinit an Schönheit übertreffend, wenn es geschliffen und polirt wird, ist ein in Sizilien vorkommendes fossiles Harz, der Simetit (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Y. Band, l,/2. Heft. 1881. Seite 293-295, und Y. Band, 3. Heft. 1882. Seite 8—9; Malpighia. 1886. Ann. 1, fase. 2). Yortragender zeigt eine Anzahl prächtiger Stücke davon vor, namentlich hellweinrothe, rothgelbe, rein rothe durchsichtige bis granat- rothe, ferner prächtig grünlich und blauschillernde, hell- und dunkelbraune undurchsichtige und ganz schwarze glänzende Stücke. Der Simetit enthält keine Bernsteinsäure; er giebt durch trockene Destillation nur ein wenig Ameisensäure ab. Die durchsichtigen Stücke zeichnen sich durch ihre lebhafte Fluoreszenz aus. Im polarisirten Licht zeigt der Simetit sehr lebhafte Inter- ferenzfarben, welche zweimal bei einer vollen Umdrehung des Polarisators wechseln, blau und gelb, grün und orange, violett und roth. Der Simetit trägt seinen Namen von dem Flusse Simeto, am Fuße des Aetna, wo er auf secun- därer Lagerstätte nicht häufig gefunden wird. Dieselbe Eigenschaft, zu fluoresziren, schön blau und grünlichblau, und unter dem Polarisator lebhafte Interferenzfarben, blau und orange, zu zeigen, besitzt ein in Birma vorkommendes, in mehreren Stücken vom Yortragenden vorgeführtes fossiles Harz, der Birmit (Schriften der Naturforschenden Gesell- schaft in Danzig. N. F. YHL Band, 3./4. Heft. 1894. Seite 63—66). Der Birmit findet sich nach Dr. Fritz Nötling in posteoeänen Schichten nördlich von Mogaung in Oberbirma. In den Farbentönen dieses Harzes, welches eben- falls frei von Bernsteinsäure ist, herrscht verhältnißmäßig Monotonie. Yor- wiegend sind die dunkelbraunen undurchsichtigen Farbentöne, seltener rubin- rothe durchsichtige und durchscheinende, sehr selten goldgelbe klare und weingelbe fluoreszirende Stücke, welche von den Birmanen am höchsten ge- schätzt und theuer bezahlt werden. Yortragender zeigt von letzterem ein scliönes, geschliffenes Ohrpflöckchen von etwa 3 cm Länge und 1,5 cm Breite vor. Der Birmit ist etwas härter als Succinit, er setzt dem Drechsler oder Schnitzer deshalb einen größeren Widerstand entgegen. Yon bernsteinähnlichen fossilen Harzen aus Galizien zeigt Yortragender eine große Anzahl, die von verschiedenen Orten dieses Landes ihren Ursprung herleiten. Zwei bei Lemberg im tertiären Sandstein eingelagerte, dunkelrothe, undurchsichtige Stücke enthalten 4 % Bernsteinsäure, ein drittes bei Eisen- bründel ebenfalls in Sandstein vorkommendes, helldurchsichtiges, röthlichgelb gefärbtes Stück enthält 3,35 % Bernsteinsäure; ein viertes, von demselben Fundorte aus Thonlagern entnommenes enthält 5 % Bernsteinsäure; letzteres hat die Härte von Succinit und eine röthlichgelbe Farbe. — Dann stammen noch zwei, wie Succinit aussehende fossile Harze aus Galizien, welche Yor- 18 40 tragender von Herrn Professor J. Nied^wiedski in Lemberg erhalten hat, und welche den untertertiären Schichten der Karpathenränder bei Delanyn in Ostgalizien entnommen waren. Das eine ist von hellgelber Bernsteinfarbe, ziemlich hart und enthält 0,74 % Bernsteinsäure, das andere, ebenfalls ziemlich harte, von dunkler undurchsichtiger Beschaffenheit enthält 1,67 % Bernstein- säure. Beide geben bei der trockenen Destillation noch etwas Ameisensäure ab. • — Aus Galizien liegen noch einige bernsteinsäurefreie fossile Harze vor, vor allem der auch in der Bukowina vorkommende Sehr auffit, von dunkel- rother undurchsichtiger Farbe. Ihm ähnlich, vielleicht identisch, sind drei in Eisenbründel und in Mizun bei Lemberg im unter tertiären Karpathensandstein vorkommende, ebenfalls dunkelroth bis rothgelb aussehende, undurchsichtige fossile Harze. Aus Spanien hat Vortragender einige Stücke eines fossilen Harzes erhalten, welche in der Kreideformation in der Nähe von Oviedo gefunden worden waren. Die Stücke zeigen dunkele Farbentöne, in roth und bräunlich, sind undurchsichtig, weniger hart als Succinit und enthalten keine Bernsteinsäure. Nach Dr. Francisco Quinoza in Madrid kommen auch in Asturien und bei Valencia bernsteinälmliche fossile Harze vor, welche frei von Bernsteinsäure sind. Sehr ähnlich dem spanischen Bernstein sind fossile Harze, die in den Apenninen gefunden werden, und welche Vortragender genauer untersucht hat (Schriften der Natuifforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. V. Band, 3. Heft. 1882. Seite 11 — 14). Stücke aus dem Sitta- und dem Sillarothale bei St. Clemente sind zum Theil braunroth und undurchsichtig, zum Theil honigfarbig und halb- durchsichtig; sie sind stark verwittert. Andere Stücke, bei Scanello gefunden, sind klar und durchsichtig, schön orangeroth bis weinroth. Letztere gleichen dem Succinit schon mehr, sind jedoch lauge nicht so hart als dieser und zu Drechslerarbeiten deshalb wenig geeignet. Die untersuchten Proben enthalten keine Bernsteinsäure. Aus Syrien legt Vortragender einige Stücke von bernsteinähnlichen fossilen Harzen vor, welche er seiner Zeit von Herrn Professor Dr. Fraas in Stuttgart erhalten hat, der größere Mengen davon aus Kreideschichten im Libanon gesammelt hatte. Alle hierher gesandten Stücke sind wenig zu- sammenhängend. Ihre Farbe ist theils honiggelb bis bräunlichgelb, theils orange- bis hellblutroth; einige sind durchsichtig, andere nur durchscheinend. Die vom Vortragenden chemisch untersuchten Stücke enthalten keine Bern- steinsäure. Aus Japan zeigt Vortragender einige Stücke sogenannten Bernsteins, welche Herr Dr. Carl Gottsche dem Westpreußischen Provinzial -Museum übersandt hat. In Nordjapan kommt dieses Harz in jungtertiären Sanden bei Kuji, Regierungsbezirk Iwatekun, vor; ein Stück ist von tertiärer Kohle ein- geschlossen und stammt aus Inotani. Alle Stücke enthalten keine Bernstein- säure (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. VH. Band, 4. Heft. 1891. Seite 199 — 201). Ihre Farbe ist hellgelb bis gelbbraun und un- 19 41 durchsichtig. Vortragender hat durch Herrn Dr. 0. Schneider in Dresden zwei schöne Götterstatuettenj welche aus japanischem Bernstein geschnitten waren, zur Ansicht erhalten; dieselben sind vom Succinit in Farbe, Härte und Glanz nicht zu unterscheiden. Aus China stammend zeigt Vortragender ein Stückchen eines dunkel- rothen fossilen Harzes vor, welches wahrscheinlich identisch ist mit Birmit, vielleicht auch einst aus Birma bezogen wurde. Dann legt Vortragender noch eine Anzahl schön dunkelrother, durch- sichtiger und durchscheinender Stücke vor, welche aus IVlexico stammen. Sie gleichen an Farbe, Härte und Feuer außerordentlich dem in Sizilien vorkommen- den Simetit, zeichnen sich auch, wie dieser durch Fluoreszenz aus. Sie sind frei von Bernsteinsäure. Aus Frankreich erhielt das Westpreußische Provinzial-Museum mehrere bei Havre (Seine införieure) gefundene Stücke eines bernsteinähnlichen fossilen Harzes, welches in seiner Mikrostruktur Aehnlichkeit mit dem vom Vortragen- den beschriebenen Glessit hat. Auch in der Härte stimmt es mit diesem unter Succinit sehr selten vorkommenden Harz überein. Bernsteinsäure fand sich in den hellgelben Stücken nicht, in den dunkelgefärbten nur in Spuren. Aus Belgien hat Vortragender ein bernsteinähnliches fossiles Harz durch Herrn F. Meunier in Brüssel zur üntei-suchung erhalten, welches aus dem belgischen Laudenien bei Brabant stammt. Es besitzt eine wasserhelle bis hellweingelbe Farbe, ist so hart wie Succinit, jedoch frei von Bernsteinsäure. Aus Kanada stammen Proben eines bernsteinähnlichen fossilen Harzes, welches Vortragender von Fräulein Lemke, unserem Mitgliede, erhielt. P. Klees in Königsberg hat dieses fossile Harz eingehend untersucht, seine chemischen und physikalischen Eigenschaften festgestellt (Jahrbuch der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt und Bergakademie. XVII. 1896. Seite 199 — 230). Er gab ihm den Namen ,,Cedarit^^, weil es am Cedar Lake und in dessen Umgebung in großer Menge gefunden wird, und zwar im Alluvium, wahrscheinlich aus dem Tertiär stammend. Es finden sich unter dem Harz klare gelbe Stücke, selten sind sie röthlichgelb; die trüben Stücke zeigen meist eine dunkelbraune Farbe. Die Härte des Cedarits ist geringer als die des Soccinits. Klees fand in dem Harz keine Bernstein- säure. Aus Fehlenberg im Canton Genf in der Schweiz legt Vortragender einige klare, goldgelbe Stücke eines fossilen Harzes vor, welches wie Succinit aussieht. Das Harz ist unter dem Namen „Allingit*^ von Dr. A. Bilfinger in Heilbronn untersucht und beschrieben worden. Dr. Bilfinger fand in ihm eine flüchtige organische Säure, welche er für Bernsteinsäure hält. Chemische Reaktionen auf diese Säure giebt er jedoch in seinem Bericht nicht an. Vortragender hat in den ihm vorliegenden Stücken keine Bernsteinsäure finden können. 20 42 Des Weiteren führt Vortragender nocli aus, daß auch in der eigentlichen Heimat des Succinit, Ost- und Westpreussen, und mit ihm zusammen, aller- dings sehr selten, zwei fossile Harze Vorkommen, die dem Succinit iin Aeußern ähnlich sind, aber keine Bernsteinsäure enthalten. Sie wurden von ihm unter dem Namen ,,Gedanit“ und ,,Glessit‘^ beschrieben (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. lY. Band, 3. Heft. 1878, Seite 214 — 216, und Y. Band, 1./2. Heft. 1881. Seite 291 — 293; Archiv der Pharmacie. 1878. X. Band, 6. Heft), Ersterer sieht gewöhnlich hellweingelb aus und ist durchsichtig, seltener hat er eine schmutziggelbe Farbe und ist dann undurchsichtig. Auf der Oberfläche sieht er wie abgerieben und bestaubt aus; es ist das eine dem Gedanit eigenthümliche Yerwitterungserscheinung. Er ist weicher als Succinit, splittert leicht beim Brechen und Schneiden, der Bruch sieht muschelig aus und ist glänzend. Beim Erwärmen bläht sich der Gedanit schon bei einer Temperatur Von 140 — 180^ C. blasig aut und schmilzt dann bei weiterer Temperaturerhöhung allmählich unter Ausstoßung von Dämpfen, welche die Schleimhäute der Nase und des Schlundes, da sie keine Bernsteinsäure enthalten, nur wenig reizen. Nicht zu verwechseln mit dem Gedanit ist eine häufiger unter dem Succinit vorkommende Abart des letzteren, der sogenannte ,, mürbe Bernstein‘^, welcher weniger hart und widerstandsfähig ist, als der eigentliche Succinit, aber auch Bernsteinsäure enthält (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, N. F. IX. Band, 1. Heft. 1896. Seite 52—57). Der Glessit ist ebenfalls frei von Bernsteinsäure, besitzt eine gelbliche bis gelblichbraune Farbe, ist gewöhnlich undurchsichtig und weicher als Succinit. Er charakterisirt sich durch seine eigenthümliche Mikrostruktur. In Dünnschliffen dieses Harzes sind nämlich bei etwa 200-facher Vergrößerung zahlreiche kugelrunde zellige Gebilde wahrzunehmen; sie wechseln darin in allen Größen ab und sind mit einem körnigen Inhalt angefüllt, welcher sich bei stärkerer Vergrößerung wieder in kleine runde Zellkörperchen auf lösen läßt. Der Glessit ist nach dieser seiner Beschaffenheit als ein ehemaliges Gummiharz anzusprechen. Nach diesen Ausführungen unterscheidet sich der eigentliche Bernstein, der Succinit, von allen anderen unter dem Namen ,,Bernstein‘^ vorkommenden fossilen Harzen recht wesentlich, namentlich durch seinen hohen Gehalt an Bernsteinsäure (3^ — 8 %). Diese vom Vortragenden durch Jahre fortgesetzten Untersuchungen haben wesentlich zur Klärung und Kenntniß der unter dem Kollektivnamen ,, Bern- stein“ io den verschiedenen Ländern der Erde vorkommenden Harze bei- getragen; namentlich sind die Resultate seiner Untersuchungen von großer Tragweite für die vorgeschichtliche Forschung; denn man kann jetzt, leichter als früher, die in verschiedenen Ländern in alten Grabstätten gefundenen Artefakte von Bernstein auf ihre Abstammung untersuchen und erkennen. 21 43 Es ist eine bekannte Thatsache, daß außerordentlich häufig Schmuck- gegenstände, aus Bernstein angefertigt, in alten Grabstätten gefunden werden, nicht allein bei uns, wo der Bernstein zu Hause ist, sondern auch in anderen, weitab belegenen Ländern, namentlich des Mittelmeergebietes. Der Bernstein ist zu diesen Völkerschaften schon seit den ältesten Zeiten durch den Handel hin- gekommen und hat ihre Aufmerksamkeit in hohem Grade erregt; denn die wunderbar geheimnißvolle Natur dieses Körpers, verbunden mit seiner glänzenden Erscheinung, machten ihn allgemein beliebt und begehrenswerth sowohl als Gegenstand des Schmuckes, wie auch als Schutzstein. Der Bernstein ver- einigte nach der Ansicht der Alten in sich alle Eigenschaften, die bei den andern Schutzsteinen nur vereinzelt hervortraten; er verband die Anziehungs- kraft des Magneten mit dem Lichtglanze der Edelsteine und dem Schimmer des Goldes. Sie schrieben ihm wegen seiner Anziehungskraft eine Seele zu. Die wunderbare Erhaltung der in ihm oft eingeschlossenen Thiere bestärkte die Alten in ihrer Annahme, daß der Bernstein die Lebenskraft und Lebens- frische erhalte. Aus diesen Gründen war der Bernstein bei ihnen ein ge- suchter und gutbezahlter Handelsartikel. Handelsstraßen führten von der fernbelegenen baltischen Küste auf mühsamen und beschwerlichen Wegen nach dem Süden. Wäre es möglich gewesen, daß die alten Völker den geschätzten Stein aus näher belegenen Orten hätten beziehen können, so hätten sie solches sicher gethan. Es gilt das namentlich von den in Sizilien, Ligurien, Rumänien und Oberbirma gefundenen sogenannten Bernsteinen, welche hart und gut be- arbeitungsfähig sind; es gilt auch bedingungsweise von den weniger gut zu bearbeitenden fossilen Harzen, welche in den Apenninen, in Syrien, Spanien und in andern vorhin angeführten Ländern verkommen. Es war deshalb sehr natürlich, daß Prähistoriker die Ansicht aussprachen, daß das Rohprodukt der in den alten Grab- und sonstigen Fundstätten der Mittelmeerländer gefundenen bearbeiteten Bernsteingegenstände nicht den weiten Weg von der Ostsee bis dorthin gemacht habe, sondern dr.ß es aus heimischen oder näher belegenen Ländern stamme. Es wurde das namentlich behauptet von den aus den mehr als 3000 Jahre alten Königsgräbern von Mykenae entnommenen Bernsteinperlen und von den in den Grabstätten der italisch- keltischen und der etrurischen Epoche Italiens vorkommenden Bernsteinschmuck- gegenständen. Vortragender trat diesen Ansichten in den Jahren 1872 und 1874 zuerst entgegen. Er hatte sich zur Begründung seiner entgegenstehenden Ansicht aus den vorbezeichneten Ländern die dort natürlich vorkommenden bernsteinähnlichen fossilen Harze kommen lassen und sie chemisch untersucht. Ebenso hatte er sich zahlreiche Bernsteinartefakte, namentlich aus den Mitiel- meerländern und den dortigen alten Fundstätten verschafft, wobei ihn die Herren Virchow, Schliemann, Gozzadini und Pryorini wesentlich unter- stützten. Er untersuchte diese alten aus Bernstein gefertigten Grabfunde dann ebenfalls chemisch. Hierbei stellte sich einerseits die Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung und physikalischen Beschaffenheit heraus, welche 22 44 zwischen dem nordischen Bernstein, dem Succinit, und den in andern Ländern vorkommenden Harzen bestand. Namentlich enthielt der Succinit größere Mengen Bernsteinsäure (3 — 8 %), während die anderen fossilen Harze frei davon waren oder nur eine kleine Menge davon enthielten. Anderseits hatten die aus den alten -Grabstätten Italiens, Griechenlands und anderer benachbarter Länder entnommenen Bernsteingegenstände genau dieselbe chemische Beschaffen- heit wie der nordische Succinit. Das Rohmaterial zur Anfertigung derselben muß also einst aus denjenigen Ländern bezogen worden sein, wo_ das bernsteinsäurehaltige Harz, der Succinit, gefunden wird, und dieses Land ist das entfernte baltische Küstengebiet. Andere Länder, in denen Succinit in vereinzelten Stücken oder kleinen Beständen gefunden wird, kommen hier, schon deshalb nicht in Betracht, weil die alten Grabstätten, z. B. die der Villanova-Periode in Italien, welche etwa von 800 bis 1000 vor Ohr. Geb. anzusetzen ist, so außerordentlich reich an verarbeitetem Succinit sind, daß schon dieser Umstand allein genügen würde, die Herkunft desselben aus einem Lande abzuleiten, in welchem dieses Produkt in großer Menge gewonnen wird. Es ist denn auch, dank den Untersuchungen des Vortragenden, heute allgemein anerkannt, daß der in den alten Nekropolen der Mittelmeer- und anderen Ländern vorkommende Bernstein Succinit ist Endlich legt Herr Dr. Helm noch eine größere Bernsteinperle, eine so- genannte Koralle, vor, wie sie auch in Danzig gefertigt werden und, auf Schnüre ' gezogen, zum Tauschhandel mit Völkerschaften in Afrika dienen. Diese im Preise recht gut bezahlten Perlen unterliegen nun auch schon, wie andere Bernsteinartefakte, der Verfälschung. Die vorliegende, nicht aus Danzig sondern von auswärts bezogene Koralle ist aus Kopal gefertigt, der wahr- scheinlich aus Afrika stammt und recht geschickt und dem Succinit ziemlich ähnlich zubereitet ist. Im Anschluß an diese ausführlichen Mittheilungen des Herrn Stadtrath Dr. Helm giebt Herr Professor Dr, Conwentz- Danzig eine kurze Darstellung der Verbreitung des Succinits im Ostseegebiet*). Dieselbe reicht im Norden bis nach Finland und Norwegen, im Westen bis zur englischen Küste, im Süden bis zu den mitteldeutschen Gebirgen und im Osten bis tief nach Rußland hinein. Allerdings sind diese äußersten Vorkommnisse des Succinits auf die Verbreitung desselben durch das Inlandeis während der Glacialzeit zurück- zuführen. Die eigentliche Heimat der Bernsteinbäume und des Bernsteins war das heute vom südöstlichen Ostseebecken und seinen südlichen Rand- ländern eingenommene Gebiet, auf dessen vorgeschichtliche Entwickelung die in seinem Boden vorhandenen Bernsteinschätze einen so großen Einfluß gehabt haben. *) CoNWENTZ, H., Ueber die Yerbreitung des Succinits, vornehmlicli in Schweden und Dänemark. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. YII. Band, 3. Heft, Seite 165—176. Tafel Y. Danzig 1890. 23 45 Herr Ob’erlandesgericlits- Sekretär ScHOLZ-Marienwerder legt ' , ^ Seltene Pflanzen aus der Umgegend von Marienwerder in frischen Exemplaren vor, nämlich ' das erdbeerblütige Fingerkraut, ^Potentilla rupestris L., und das Federgras, Stipa pennata L. Beide Pflanzen stammen von den sonnigen Abhängen des Cypelle-Thales bei Lieben- thal, Kr. Marienwerder, woselbst die erstere auf weiten Strecken in Menge die' Abhänge ziert, während letztere dort an nur einer Stelle recht zahlreich vorkommt. Leider scheint dieser Standort des Federgrases bereits weiteren Kreisen bekannt geworden zu sein, wie die vielen nutzlos niedergetretenen Rasen erkennen lassen. Vortragender hebt hervor, wie das erdbeerblütige Fingerkraut in West- preußen nur in den Kreisen Strasburg, Thorn, Graudenz, Marienwerder, Danzig, Pr. Stargard, Schlochau und Dt. Krone an sehr vereinzelten Stand- orten beobachtet worden ist und anscheinend keine große Ausbreitungsfähigkeit besitzt. — Das Federgras dagegen, in Ungarn Waisenmädehaar genannt, ist eine echte Steppenpflanze, die mit dem Leben der Pußtenbewohner aufs innigste verwoben ist. Bei uns bildet das durch seine silbernen und federartigen ^ Grannen ausgezeichnete Gras den Ueberrest jener Steppenflora, die nach der letzten Eiszeit den größten Theil Mittel- Europas besiedelt hatte. Eine nahe -Verwandte dieses schönen Grases, Stipa capillata L, die bei uns wild z. B. am Lorenzberge bei Althausen, Kr. Kulm, vorkommt, hat ebenfalls lange Grannen aber mit scharfer Spitze. Sie bohren sich in Folge ihrer hygroskopi- schen Beschaffenheit zum Schrecken der Hirten in den Steppen Südrußlands, wo die Pflanze bestandbildend auftritt, den weidenden Schafen durchs Pell tief in den Leib, woran die Thiere mitunter elendiglich zu Grunde gehen müssen. Anschließend an die Mittheilungen des Vorredners macht Herr Professor Dr. CoNWENTZ darauf aufmerksam, daß, wie ehedem eine Steppenflora bei uns vorkam, als deren Rest u. a. die beiden -Arten anzusehen sind, so auch eine Steppenfauna unsere Provinz bevölkert hat. Zu den charakte- ristischsten Vertretern dieser Fauna zählt die Saigaantilope, Saiga prisca Nehring, von welcher Schädelreste nicht all zu weit von Graudenz, in der Kies- grube Gruppe, Kr. Schwetz, und ferner in Osnowo bei Kulm im Boden gefunden sind, während ihre jetzt lebenden Verwandten, Saiga tatarica Gray, die Steppen Süd- und Ostrußlands bewohnen. Sodann spricht Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig in längerem Vor- trage über Bemerkenswerthe urwüchsige Bäume und Bestände im Kreise Graudenz. 5 Wenn wir von Graudenz ans auf die Suche nach bemerkenswerthen Bäumen gehen, so haben wir es gar nicht weit;, denn die nächste Stelle liegt gleich im Norden der Stadt auf dem Graudenzer Festungsberg, welcher die von (len Napoleonischen Kriegen her berühmte Feste Courbiere trägt. Hier 24 46 kommt eine unserer seltensten Baumarten, die Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., vor. Der Festungsberg war ursprünglich mit dichtem Walde bestanden, und erst bei der Belagerung der Festung durch die Franzosen im Jahre 1807 wurde der Berg zwecks besserer Vertheidigung abgeholzt. Aber die Stubben der Bäume wurden damals nicht gerodet, und so hat sich denn im Laufe der Zeit aus denselben durch Stockausschlag ein neuer Wald erhoben. In ihm findet sich nun auf dem Südabhang des Festungsberges die Elsbeere in etwa zwanzig, zum Theil fruchttragenden Bäumen und zahlreichen Sträuchern. Um dieses Vorkommen besser schützen zu können und vor einer gelegentlichen Abholzung zusammen mit anderen Bäumen des Bestandes sicher zu stellen, sind auf Anregung des Vortragenden die Eisbeer- Bäume neuerdings Seitens der Kommandantur in dankenswerthe Weise durch einen weißen Ring gekennzeichnet. — Gehen wir etwas weiter nördlich, so kommen wir nach Sackrau, das auf den benachbarten Bingsbergen eine reiche Flora beherbergt, die u. A. von Herrn Hauptlehrer PsiL-Sackrau sorgfältig durchforscht wird. Wie schon der Name des Ortes (Sackrau, zusammengesetzt aus sa = nach, hinten, und te hre — Gebüsch) erkennen läßt, war das Gebiet ursprünglich von Gehölz bedeckt, das aber vor längerer Zeit abgetrieben ist. Hier steht auf der Feldmark des Besitzers Karl Zobel ein 3 m hohes Stämmchen der Kurznadeligen Kiefer, Pinus silvestris L. parvifolia^ deren Nadeln — wie bei der gewöhnlichen Kiefer zu zweien in einer Scheide sitzend — nur 10 bis 15 mm lang sind. Vortragender wurde im Jahre 1898 durch Herrn Hauptlehrer Peil auf diese sehr seltene Baumform aufmerksam gemacht, von der bereits früher einmal in Westpreußen am linken Ufer der Weichsel, Thorn gegenüber, einige Exemplare beobachtet wurden, die aber nicht mehr erhalten sind. Sonst findet sich dieselbe in Deutschland z. B. bei Wendisch Wilmersdorf in der Mark Brandenburg. — Setzen wir unsere Wanderung noch weiter nördlich fort, so gelangen wir in das König- liche Forstrevier Jammi. Gleich am Rande der Jammi’er Forst im Schutzbezirk Walddorf stand bis vor wenigen Jahren eine botanische Merkwürdigkeit, ein Wacholderbaum, communis h., von 10 m Höhe, dessen Stamm Im über dem Erdboden noch 77 cm Umfang hatte. Da der Baum abgestorben und der Gefahr des Windbruchs ausgesetzt war, mußte er 1891 abgeholzt werden, so daß sich jetzt dort nur noch der 1,22 m Umfang aufweisende Stubben befindet. Dieser Wacholderbaum war der größte in Westpreußen; ein gleichfalls sehr starkes Exemplar steht in der Tucheier Heide. — Das Revier Jammi ist auch sonst ausgezeichnet und zwar durch das reich- liche Vorkommen der schon weiter oben erwähnten Elsbeere. Dieselbe findet sich besonders in den Schutzbezirken Jammi, Walddorf und Wolz in zahlreichen Exemplaren, darunter mehreren fruchttragenden Stämmen, vor. Früher scheint dieselbe noch reichlicher vorhanden gewesen zu sein; zum wenigsten deutet darauf der Umstand hin, daß in den Wirtschaftsbüchern der Oberförsterei erwähnt wird, daß im Jahre 1885 ein Elsbeeren -Nutzholz- ende von 8 m Länge und 25 cm mittlerem Durchmesser zur Versteigerung 2.5 47 gelangte. Die stärkste jetzt lebende Elsbeere im Scbutzbezirk Jammi hat etwa 80 cm Stammumfang in 1 m Höhe. Unsere Wanderung nach Norden hat uns bereits aus dem Graudenzer Kreise herausgeführt, denn der Haupttheil des Forstreviers Jammi liegt schon im Marienwerderer Kreise. Ebenso wie in nördlicher Richtung stoßen wir, von Graudenz ausgehend, auch nach Osten hin auf eine Anzahl bemerkens- werther Baumvorkommnisse. Zunächst steht bei Mühle Klodtken an der Ossa, wo auch die oben gedachte Stipa pennata L. vorkommt, eine schöne alte Linde von 6,8 m Stammumfang in 1 m Höhe. Die Urwüchsigkeit dieses Baumes ist allerdings nicht ganz einwandsfrei nachweisbar; jedenfalls ist es eine der stärksten Linden in der Provinz Westpreußen. Die stärkste Linde Westpreußens, die bei Sedlinen auf oder z. Th. in dem Bahnplanum steht und in 1,5 m Höhe 7,5 m Umfang hat, ist neuerdings von der Eisenbahn-Ver- waltung in dankenswerther Weise mit einem eisernen Gitter und weiter aus- wärts noch mit einem Holzgitter umfriedigt worden^). — Folgen wir dem Lauf der Ossa weiter ostwärts^ so erreichen wir dort, wo die Gardenga einmündet, Schloß Roggenhausen, eines der^ schönsten Plätzchen im Kreise Graudenz. Hier erhebt sich auf dem linken steilen Ufer der Gardenga ein ur- .wüchsiger Waldbestand von etwa 125 ha Größe, in dem so ziemlich alle Baumarten verkommen, die bei uns heimisch sind. Es befinden sich dort: .Ahlkirsche, Frunm Padus L , Apfel, Birke, Birne, Eberesche, Eiche, Elsbeere, Esche, Espe, Feldahorn oder Maßholder, Geißblatt, Lonicera Xylosteum L., Hartriegel, Cornus sanguinea L., Hasel, Holunder, Samhucus nigra L., Kiefer, Kleinblättrige Linde, Pfaffenhütchen, Rothbuche, Rothdorn, Rüster, ülmus campestris L. und Ulmus effusa V/illd., Sahlweide, Spitzahorn, Wacholder, Weißbuche u. a. m. Die Elsbeere, die hier in zahlreichen Exemplaren, zumeist Stockausschlägen, aber auch Fruchtbäumen, vorkommt, ist zuerst im Jahre 1900 durch Herrn Lehrer ZoDROW-Roggenhausen beobachtet worden. Bei der sehr bemerkenswerthen Zusammensetzung des Waldes wäre es höchst wünschens- werth, den ganzen Bestand zu erhalten, und es steht zu hoffen, daß sich das erreichen lassen wird, da Roggenhausen eine königliche Domäne ist. — Gehen wir noch weiter an der Ossa ostwärts, so erreichen wir bei Mühle Slupp den Mendritzer Wald, jetzt Herrn von BiELER-Melno gehörig. Das ist ein etwa 70 ha großer urwüchsiger Bestand aus Kiefer, Eiche, Weißbuche und Roth- buche, in dem sich die Elsbeere in etwa zwanzig, theilweise fruchttragenden Stämmen vorfindet. Dieser bereits 1877 durch Scharlok beobachtete Stand- ort ist deshalb bemerkenswerth, weil er das östlichste Vorkommen der Els- beere überhaupt darstellt; dieselbe erreicht im Mendritzer Walde die Ost- grenze ihrer Verbreitung. — Endlich ist hier noch ein bemerkenswerther Baum zu erwähnen, eine sog. Beutkiefer, die allerdings nicht mehr von *) Bedauerlicherweise ist dieser schöne Baum im Herbst 1901 vom Sturm gebrochen worden. 2ß 48 Bienen bewohnt wird. Der Baum, eine starke alte Kiefer von 23 m Hohe und 2,55 m Stammumfang in Brusthöhe, steht ganz im Nordosten des Graudenzer Kreises, nahe der Grenze gegen den Rosenberger Kreis, in dem zum Majorat Klein Ludwigsdorf gehörigen Schutzbezirk Bischdorf. Die noch gut erkenn- bare Beute liegt 4,5 m über dem Boden und ist, wie schon erwähnt, un- bezogen. — Zum Vergleich mit dem aus dem Graudenzer Kreise aufgeführten Vorkommen der Elsbeere legt Vortragender vom Schwarzwasser in der Tucheier Heide Zweige derselben Baumart vor, die von Herrn Lehrer Behrend- Konimerau mitgebracht sind. Außer den vorgenannten urwüchsigen Bäumen in der Umgebung von Graudenz besitzt die Stadt in ihrem Innern eine sehr bemerkenswerthe, hier allerdings angepflanzte Baumart, die Schwedische Mehlbeere, Pirus suecica Grcke. Exemplare davon stehen dort an drei Stellen, auf dem Bahnhof, in der Schützenstraße und in der Amtsstraße. Wild kommt die Pflanze in West- preußen nur an wenigen Oertlichkeiten im Norden der Provinz, zumeist dicht am Meere, vor, außerdem in Deutschland nur noch in dem angrenzenden pommer- schen Gebiet. Ihre Hauptverbreitung und eigentliche Heimat hat Pirus suecica dagegen weiter nördlich, in Schweden, Bornholm, Öland, Gotland u. s. w., wo sic bestandbildend auf tritt. In Graudenz sind die Bäume seiner Zeit auf An- regung Scharlok’s gepflanzt worden. Mit ihren glatten grauen Stämmen und dichtbelaubten rundlichen Kronen schön geformter, oben glänzend dunkel- grüner, unten dagegen gi-auweißer Blätter, zwischen denen die weißen Blüten- rispen oder glänzend orangerothen Fruchtstände hervorlugen, bilden sie eine Zierde der Stadt. Wenden wir schließlich unseren Blick nach rückwärts, auf vergangene Zeiten. Auch lange vor unserer Zeit hat ^ es in unserem Lande Wälder gegeben, aber dieselben haben vielfach eine andere Zusammensetzung gehabt, wie diejenigen, die heute gedeihen. In unseren Torfmooren finden wir nicht selten Reste von Bäumen und anderen Pflanzen, die heute weit und breit in der Gegend nicht mehr Vorkommen. Eine möglichst genaue Untersuchung der in den Torfmooren enthaltenen Pflanzenreste ist daher das beste Hilfsmittel, um einen Einblick in die frühere Flora unserer Wälder zu gewinnen und die Wandlungen kennen zu lernen, welche die Pflanzendecke unserer Heimat im Laufe der Zeiten durchgemacht hat. Wichtige Fingerzeige in dieser Hinsicht können uns aber zuweilen auch die Ortsnamen gewähren, die vielfach noch aus einer Zeit herstammen, wo die Pflanzendecke und die Wald Verhältnisse von dem gegenwärtigen Zustande erheblich abwichen. Um nur einige Bei- spiele anzuführen, so weist der Namen Lessen (von lesso) auf einen Laubwald in bruchigem Gelände hin, der Ortsname Dombrowken hängt mit Eiche, Bukowitz mit Rothbuche, Grabau und Grabowitz mit Weißbuche, Lipowitz mit Linde und Jablonowo mit dem wilden Apfelbaum zusammen Der Name Tannenrode, verdeutscht aus Schwirkoschin, deutet auf das Vorkommen der Rothtanne oder Fichte, unseres Weihnachtsbaumes, hin und legt die Frage 27 49 nahe, ob" die Fichte, die sich bei uns zwar überall angepflanzt findet, aber in urwüchsigem Zustande gegenwärtig nur im äußersten Osten der Provinz auf- tritt, früher nicht vielleicht in weiteren Gebieten Westpreußens wild vorkam. Im Hinblick auf die Mittheilungen des Herrn Vorredners über unge- wöhnlich starke Wacholderbäume macht Herr .Schulrath KAPHAiiN-Graudenz darauf aufmerksam, daß auch auf den Wolzer Bergen große Wacholderbäume stehen, die bis 7 m Höhe erreichen. Herr Referendar Dr, HENRiCi-Langfuhr ergreift sodann das Wort zu einem eingehenden Vor trage Ueber die Bedeutung der Vogelwelt Westpreussens. Die meisten Gebiete unseres deutschen Vaterlandes sind in Bezug auf die Erforschung ihrer Avifauna erheblich weiter vorgeschritten, wie unsere engere Heimat, die Provinz Westpreußen. Wohl nur noch die Provinz Posen ist in einem gleich geringen Maße der Gegenstand fachmännischer ornithologischer Durchforschung gewesen. Wenn man sich nach dem Grunde fragt, weshalb denn bisher nicht mehr Nachrichten über die Vogelwelt gerade unserer Provinz in die Oeffentlichkeit gedrungen sind, sodaß man noch weit davon entfernt ist, eine genaue Uebersicht über unsere Brut-, Durchzugs- und Strichvögel geben zu können, so ist jedenfalls die Erklärung zurückzuweisen, daß unsere Avi- fauna eine alltägliche sei, sie daher kein Interesse für den Forscher biete. Meines Erachtens liegt der Grund einzig und allein darin, daß es während der letzten Jahrzehnte zu wenig Fachleute gegeben hat, die in unserer Provinz wohnhaft gewesen sind, und die mithin am besten Gelegenheit gehabt hätten, an Ort und Stelle das ganze Jahr hindurch ornithologische Studien zu treiben. Andere Gebiete des östlichen Deutschlands — ganz abgesehen von dem Westen, der auch in dieser Beziehung kultivirter ist — sind glücklicher daran. In erster Linie ist hier die Provinz Pommern zu nennen, wo die Orni- thologie schon seit langen Jahren zu hohen Ehren gekommen ist. Ich brauche nur an Eugen Ferdinand v. Homeyer, einen unserer hervorragendsten Ornithologen überhaupt, zu erinnern, der bereits im Jahre 1837 seine syste- matische Uebersicht der Vögel Pommerns herausgab. Außer ihm waren noch viele Andere, so Dr. Schilling, die Gebrüder Hintz, Forstmeister Wiese, Major Alexander v. Homeyer dort thätig bezw. sind es jetzt noch. Auch die beiden Großherzogthümer Mecklenburg sind seit langer Zeit Gegenstand ornithologischen Interesses gewesen. In allerneuester Zeit ist eine Avifauna dieses Gebiets durch die beiden rühmlichst bekannten Männer Baurath Wüstnei und Pfarrer Clodius erschienen. Schlesien ist durch Gloger erforscht, der im Jahre 1833 sein Werk ,, Schlesiens Wirbelthierfauna‘^ herausgab. Seit einer Reihe von Jahren macht sich u. A. Rechtsanwalt Kollibay in Neiße besonders um die Kenntniß der schlesischen Vogelwelt verdient. 28 4 il 50 Auch Ostpreußen ist nicht zurückgeblieben. Durch eine ganze Anzahl einzelner Beobachtungen ist uns die Vogelwelt dieser in Bezug auf ihre Fauna überhaupt äußerst interessanten Provinz ziemlich bekannt geworden, wenngleich als sicher angenommen werden kann, daß es auch dort noch viel zu erforschen giebt. 1887 veröffentlichte Brätst Hartert, der jetzige Director des PoTHSCHiLD’schen Zoologischen Museums in Tring bei London, seinen „vorläufigen Versuch einer Ornis Preußens^b Er faßt unter dieser Bezeichnung die beiden Provinzen Ost- und Westpreußen zusammen, da er diese beiden Provinzen in Bezug auf ihre Fauna nicht trennen zu dürfen meint, weil die Orenze eine ganz willkürliche und durch irgendwelche Boden Verschiedenheiten nicht bedingt sei. Hartert hat gewiß insofern Recht, als die politische Grenze zwischen Ost- und Westpreußen, die vielfach durch zusammenhängende ausgedehnte Forsten läuft, die auch das Frische Haff und die Frische Nehrung in zwei Theile theilt, für die Fauna keine Grenze bildet. Dennoch ist der Charakter unserer Vogelwelt bereits ein anderer wie der Ostpreußens. Die nordöstlichen Theile Ostpreußens sind von der westpreußischen Grenze 200 km entfernt, um soviel sind sie bereits weiter nach Nordosten vorgeschoben. Es ist daher verständlich, wenn sich dort bereits Vogelformen finden, die uns hier unbe- kannt sind. Wenn wir die beiden Provinzen in dieser Hinsicht mit einander vergleichen, so müssen wir unumwunden eingestehen, daß Ostpreußen der Vorrang gebührt. Diese Provinz steht in ornithologischer Beziehung einzig da, im Verhältniß zum übrigen Deutschland. Ich brauche nur an folgende drei Arten zu erinnern: Carpodacus erythrinus Pall., den Carmingimpel, Nucifraga caryocatactes L., den Tannenhäher, Syrnium uralense Pall , die Habichtseule, die sämtlich als Brutvögel in Ostpreußen verkommen. Es sind dies Vogelarten, deren Brut- gebiet im Allgemeinen erheblich weiter nördlich und nordöstlich liegt, ja die dem hohen Norden Europas und Asiens noch angehören. In Westpreußen haben wir diese Vögel als Brutvögel bereits nicht mehr, wenigstens sind sie bisher nicht als solche festgestellt. Wenngleich Hartert beide Provinzen behandelt hat, so war er selbst doch nur in Ostpreußen thätig und hat für Westpreußen nur einige ihm ge- machte Mittheilungen verwendet. Außer ihm ist besonders Pastor Dr. Lindner für Ostpreußen zu nennen Er war es, der als Königsberger Student Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre den großartigen Vogelzug auf der Kurischen Nehrung bei Rossitten feststellte. Hierdurch hat sich recht bald die Aufmerksamkeit aller Ornithologen auf jenen weltentlegenen Ort ge- lenkt. Rossitten ist im Begriff eine zweite Vogelwarte Deutschlands — ebenso wie Helgoland für die Nordsee — zu werden. Es ist von der Deutschen Orni- thologischen Gesellschaft mit Unterstützung seitens des preußischen Staates dort eine Beobachtungsstation errichtet und am 1. Januar dieses Jahres (1901) insLeben getreten. — Durch Hartert’s, Lustdner’s und Anderer Mittheilungen hat Ost- preußen für Deutschland gewissermaßen ornithologische Berühmtheit erlangt, 29 51 und so kommt es, daßj, wenn einmal Jemand im Westen den Entschluß faßt, die Vogelwelt im Osten Deutschlands kennen zu lernen, er sich nach Ost- preußen begiebt. Westpreußen wird von auswärtigen Forschern nur selten besucht, da man von Westpreußens Ornis in weiteren Kreisen nur wenig kennt. Ein- heimische Ornithologen hat es aber nur einzelne gegeben, und besonders in neuerer Zeit ist auf ornithologischem Oebiet hier nicht viel veröffentlicht. So ist also nach wie vor unsere Provinz in dieser Hinsicht wenig gekannt und wird demgemäß wenig berücksichtigt. Als erster Ornithologe Westpreußens ist der berühmte Naturforscher Jakob Theodor Klein (geb. 1685, gest. 1759) zu nennen, der wegen seiner Vielseitigkeit auf naturwissenschaftlichem Gebiet den Namen ,,Gedanensium Plinius^^ erhielt. Er schrieb u. A. einen Prodromus avium und ferner Ova * avium, Werke, die für uns nur noch einen historischen Werth haben. Die ornithologische Wissenschaft war zu jener Zeit erst im Entstehen. Man findet „die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung mit Mythen und Legenden ge- mischt, die aber als wahre Thatsachen hingestellt werden. So befand sich der gelehrte Klein in dem großen, uns unerklärlichen Irrthum, daß die Vögel, die man zur Winterzeit in unseren Breiten nicht bemerkt (Zugvögel), einen Winterschlaf in Höhlen und Winkeln, unter Wurzeln von Bäumen und gar im Wasser hielten. Das Letztere behauptet er von den Schwalben, die im Herbste zu mehreren an Rohrhalmen unter die Wasseroberfläche hinab- kletterten, sich dort gegenseitig verkrallten, in einen lethargischen Schlaf ver- fielen und im Frühjahr, wenn durch laue Lüfte die Eisdecke zum Schmelzen gebracht sei, wieder an die Oberfläche kämen. Klein hält es für völlig aus- geschlossen, daß Vögel wie die Wachtel oder der Kuckuck über das .Mittel- meer zu fliegen vermögen und ließ sieb trotz vieler Bekämpfungen seiner An- nahme nicht von derselben abbringen. Der zweite Ornithologe unserer Provinz und gleichzeitig der einzige, der in neuerer Zeit von namhafter Bedeutung gewesen ist, ist Prediger Boeck, der durch seine ornithologischen Berichte und durch seine Tauschobjekte (besonders Enten) bald rühmlichst bekannt wurde. Er lebte in Danzig um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Boeck ist zwar nie Biologe gewesen, er hat nicht Wald und Busch, See und Sumpf durchsucht, sondern er beschränkte seine Thätigkeit im Wesentlichen darauf, daß er den damals überaus reichen Danziger Vogelmarkt besuchte. Dennoch hat er Großes geleistet. Er war selbst Präparator, und durch das große Material, insbesondere von Entenarten, das ihm zu Gebote stand, brachte er es als Balgzoologe zu einer bedeutenden Kenntniß. Die Mauser, die gerade bei den Enten so wesentlich auf die Färbung des Gefieders einwirkt, die verschiedenen Kleider des Männchens, des Weibchens und des jungen Vogels wurden theilweise erst durch Boeck festgelegt. Seine Samm- lung, die er sowohl für die unter seiner Leitung stehende höhere Knabenschule als auch für jeden Interessenten gern zur Verfügung stellte, wurde durch Zu- 30 52 aenduDg von außerhalb immer mehr bereichert und allmählich so bedeutend, daß sie grundlegend für die Ornis Westpreußens geworden ist. Gar mancher Ornithologe stand mit Boeck in Beziehungen und Tauschverbindung, und mancher — unter ihnen auch E. F. v. Homeyer — kam lediglich zu dem Zwecke nach Danzig, um sich die BoECK’sche Sammlung anzusehen, die den Grundstock der \^ogelsammlung unseres heutigen Provinzial- Museums ge- bildet hat. Wir sind daher dem Prediger Boeck zu großem Danke verpflichtet, daß er diesen Schatz der Wissenschaft uns hinterlassen hat. Auf dieser Grundlage läßt sich wohl ein Werk aufführen, dessen Vollendung dem westpreußischen Ornithologen am Herzen liegen muß und für ihn ein überaus erstrebenswerthes Ziel bildet. — Leider sind die Notizen Boeck’s über die vorhandenen Exemplare häufig recht dürftig. Denn wenn wir einen Vogel mit der Bezeichnung ,,Danzig^‘ vor uns haben, so kann insofern noch ein Zweifel obwalten, ob der Vogel in der nächsten Umgebung Danzigs erlegt, oder ob er nur in Danzig auf dem Markte erstanden, sein eigentlicher Fundort aber ein ganz anderer ist. Boeck theilt z. B. in seinem ornithologischen Bericht vom Jahre 1844 mit, daß es häufiger vorkäme, daß auf dem Danziger Markte Vögel (Schneehühner) feilgehalten würden, die in Norwegen erlegt seien. Man kann daher nur solche Exemplare der BoECK’schen Sammlung für eine Ornis Westpreußens verwerthen, bei denen der Fundort genau bezeichnet ist. Anderenfalls würde man leicht zu falschen Resultaten kommen. Auch das Datum, welches in der BoECK’schen Sammlung manches Mal fehlt oder unvollständig ist, ist ebenso von eminenter Wichtigkeit für das Object wie der Fundort. Denn es ist ein großer Unter- schied, ob ich einen Eudytes arcticus L. (Polartaucher) aus dem Dezember oder aus dem Mai oder Juni aus Westpreußen vor mir habe. Die erstere Notiz würde kein besonderes Ereigniß darstellen, da dieser Vogel in den Winter- monaten häufig an den deutschen Küsten gesehen wird. Erhalte ich aber einen solchen im Mai oder Juni, so spricht dieser Umstand mit einiger Ge- wißheit dafür, daß der Vogel auch Brutvogel bei uns gewesen ist; zum mindesten dürfte diese Notiz aber zu weiteren Nachforschungen in dieser Richtung Veranlassung geben. Gewiß sind nach Boeck’s Tode noch allerlei wichtige Entdeckungen auf unserem Gebiete in Westpreußen gemacht, aber es sind doch nur vereinzelte, und an einer einheitlichen zusammenfassenden Behandlung des gesamten Stoffes fehlt es bisher vollkommen. Ende der siebziger Jahre verfaßte der jetzige Land- gerichtsrath Ehmcke ein Verzeichniß der bei Danzig vorkommenden Vögel, das gelegentlich der in Danzig tagenden Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte veröffentlicht wurde. In neuerer Zeit hat Oberlehrer Ibarth manche interessante Notiz über unsere heimische Vogelwelt mitgetheilt, von der die Beobachtung; daß der Girlitz, Serinus serinns L., seit einer Reihe von Jahren bei Danzig Brutvogel ist, die hervorragendste ist. Außer ihm hat Professor CoNWENTZ in den jährlichen Verwaltungsberichten des Westpreußischen Pro- 31 53 vinzial-Miiseums und in den Schriften der Danziger Naturforschenden Gesell- schaft regelmäßig einschlägige Mittheilungen veröffentlicht, die aber in der ornithologischen Fachwelt anscheinend wenig bekannt geworden sind. Der Gymnasiallehrer Fritz Braun, der durch seine Uebersiedelung nach Kon- stantinopel der heimischen Forschung leider wieder entzogen ist, hat ins- besondere bezüglich des Yorkommens der Sperlingsvögel uns manche Mit- theilung gemacht. Wenn ich Ihnen nun Einiges über unsere westpreußische Vogel weit mit- theile, so möchte ich damit das Interesse für diesen Zweig der Naturwissen- schaften, der bei uns noch eifriger Pflege bedarf, zu einem regeren machen, als es bisher gewesen ist. Daß es sich der Mühe lohnt, unsere Provinz auf ihre Vogelwelt zu untersuchen, rechtfertigt sich allein schon aus dem Grunde, daß bisher nur wenig in dieser Richtung geschehen ist. Daß aber unser Gebiet auch des Interessanten genug bietet, also von diesem Ge- sichtspunkte aus die Durchforschung der Provinz dem Forscher lohnt und ihm Freude macht, das will ich Ihnen an der Hand einiger Beispiele zu erläutern versuchen. Wir wissen, daß die Thiere und insbesondere auch die Vögel, die die Erde, und speciell auch diejenigen, welche Deutschland bewohnen, an das Gebiet, das ihre Fortpflanzung ermöglicht, ganz verschiedene Anforderungen stellen. Die einen lieben tiefen, zusammenhängenden Wald, die anderen freies Feld, diese Moräste und Sümpfe, jene Steppen, die einen bevorzugen das Tief- land oder wenigstens die Ebene, andere wieder das schroffe Gebirge, die einen halten sich nur im Binnenlande, andere vorzugsweise an den Meeresküsten auf, einige folgen dem Menschen an dessen Kulturstätten, andere fliehen ihn u. s. w. Wir können daraus wohl den allgemeinen Schluß ziehen, daß ein Gebiet, welches alle derartig verschiedenen Gestaltungen der Erdoberfläche aufzuweisen hat, die qualitativ reichste Thierwelt enthält. Wenn wir uns von diesem Gesichtspunkt aus unsere Provinz ansehen, so werden wir finden, daß wir mit derselben, wenn auch nicht an der Spitze Deutschlands marschiren, so doch den Durchschnitt der einzelnen Gebiete weit überragen. Schon die nordöstliche Lage unserer Provinz im Gegensatz zum übrigen Deutschland läßt erwarten, daß wir hier manche Art antreffen, die in anderen Gegenden Deutschlands nicht gefunden wird. Außerdem ist die Boden- gestaltung und Vegetation unserer Provinz eine durchaus mannigfaltige und keineswegs so eintönig und gleichmäßig wie sie auf den ersten Blick zu sein ^ scheint, wenn man, von Berlin kommend, die schier endlosen Kiefernheiden auf der Strecke Schneidemühl-Dirschau durchschneidet. Westpreußen hat im Norden eine Meeresküste. Dazu kommt noch die eigenthümliche Bildung eines Haffs mit davorgelagerter sandiger schmaler Nehrung, theils bewaldet, theils unbewaldet. In dem Marienburger großen und kleinen Werder, sowie in dem Danziger Werder haben wir ein Marsch- land, das an üeppigkeit der Vegetation in Deutschland seines Gleichen 32 5i sucht. Durch die ganze Provinz erstreckt sich der Lauf eines großen Stromes, der Weichsel, deren Ufer und Mündungsgebiet geeignet sind, besonderen An- sprüchen gewisser Arten zu genügen. An kleineren Flüssen und Bächen, selbst Gebirgswassern ähnlichen — wie uns das Vorkommen der Gebirgs. bachstelze im Gebiete lehrt — , mangelt es dabei nicht. Der uralisch-baltische Höhenzug, der die Provinz der Länge nach durchzieht, zeigt sich im hügeligen Gelände und vielen Seen, die theils frei daliegen, theils von tiefen Wäldern umschlossen sind, und deren Flora gar manchen Vogel zu längerem oder kürzerem Aufenthalt verleitet. Wir haben in den Gebieten links der Weichsel, der Tucheier Heide, in den Kreisen Pr. Stargard, Könitz, Schlochau, Flatow große zusammenhängende Kiefern Waldungen, die als Unterholz häufig den Wacholderstrauch, Juniperus communis L., aufweisen, ein Umstand, der für manche Vogelart von Bedeutung ist. Auf den Höhen, die sich von Danzig nach Neustadt längs der Danziger Bucht erstrecken, auf der Elbinger Höhe, in vielen Theilen des Kreises Rosenberg, auch im Schlochauer Kreise und bei Karthaus haben wir bedeutende Laubwälder bezw. gemischten Wald. In Theilen der Kreise Loebau und Strasburg, sodann Graudenz gegen- über am linken Weichselufer, ferner in Theilen der Tucheier Heide und in der sogenannten Kassubei, besonders auch zwischen Könitz und Bereut, finden wir dürre Heidestrecken und Sand flächen, auf denen kaum die an- spruchslose Kiefer gut fortkommt. Die zahlreichen Durchbrüche der Weichsel und Nogat, das Mündungsgebiet der letzteren, sodann die Gegend nördlich des Zarnowitzer Sees, Kreis Neustadt, Theile des Rosenberger Kreises (z. B. der Karrasch-See mit der angrenzenden Groß Herzogs walder Forst), die Ufer vieler Seeen mit ihren ausgedehnten Rohrwäldern bilden Sümpfe und Moräste verschiedener Art in größerer und kleinerer Ausdehnung. Nur Gebirge hat die Provinz nicht aufzuweisen, denn wenn auch die höchste Höhe des uralisch-baltischen Höhenzuges, der Thurmberg, gerade in unserer Provinz liegt, so ist die Höhe von 330 m doch zu gering, um auf die Existenzbedingungen der Vogelwelt wesenilich einzuwirken. Im Allgemeinen aber kommen wir zu dem Resultat, daß die verschiedenartige Bodengestaltung und Flora unserer Provinz den verschiedenen Ansprüchen der einzelnen Vogelarten in hohem Maße Rechnung trägt. Das Interesse, welches ich unserer heimischen Vogelwelt entgegengebracht habe, hat sich in erster Linie darauf gerichtet, möglichst die Brutvögel fest- zustellen, denn nur diese sind doch die Vögel, die in einem Gebiet heimats- berechtigt sind. Den Höhepunkt des Lebens eines Geschöpfes macht die Fort- pflanzung aus. Dort, wo ein Thier sich fortpflanzt, wo wieder für neue Individuen seiner Art ein Leben beginnt, sucht man mit Recht die Heimat dieses Thieres. Ich meine, gerade bei den Vögeln, die vermöge ihrer Flugfähigkeit so leicht den Ort wechseln können, ja von denen einzelne Arten, wie wir wissen, vom hohen Norden bis zu dem Aequator und darüber hinaus wandern, ist es wichtig, die Brutvögel von solchen Vögeln zu unterscheiden, die nur ge- 33 55 legentlich' ihres Zuges, sei es auf längere oder kürzere Zeit, ein bestimmtes Gebiet besuchen, oder von solchen, die gar nur zufällig dorthin verschlagen werden. Immerhin ist es aber auch nicht zu unterlassen, Beobachtungen über Zag- und Wandervögel zu machen, da wir hierdurch über Zugstraßen und Zugzeit der Vogelarten unterrichtet werden. Dazu kommt noch die Kenntniß der Unterarten (Subspecies), die hierdurch wesentlich gefördert wird. Einige interessante Brutvögel unserer Provinz will ich Ihnen nun im Folgenden vorführen, deren Bälge ich Ihnen theilweise gleichzeitig zeigen kann, und Sie darauf aufmerksam machen, was diese Vögel für unsere Provinz be- sonders bemerkenswerth erscheinen läßt. Daß der Girlitz, ßerinus 8erinu8 L., jetzt Brutvogel unserer Provinz ist, bemerkte ich schon bei der Erwähnung des Herrn Oberlehrer Ibarth, dem das Verdienst gebührt, diesen Vogel in unserer Provinz zuerst konstatirt zu haben. Diese Thatsache ist insofern interessant, als der Girlitz ursprünglich ein — von uns aus betrachtet — südwestlicher Vogel war. Zu Naumann’s Zeiten (etwa 1824) war er noch im südlichen und südwestlichen Deutschland wenig häufig, in Anhalt kam er noch garnicht vor. Das Exemplar der BoECK’schen Sammlung stammt aus Frankreich, wo er damals — wie auch jetzt noch — ein häufiger Vogel war. 1876 wurde er in der Mark Brandenburg festgestellt, aber auch da noch ziemlich selten, während er jetzt dort an geeigneten Orten allgemein vorkommt. In Russisch Polen soll er seit 1877 Brutvogel sein, und in neuester Zeit ist er also auch bereits bei uns angekommen. In den Vor- orten Danzigs, in Langfuhr, Pelonken, Oliva, Zoppot ist er überall zu hören; auch hörte ich ihn in Klein Katz^). Doch scheint er noch nicht bis Elbing vorgedrungen zu sein, denn sowohl Braun wie ich konnten ihn dort nicht fest- stellen. Es ist somit bei diesem Vogel die merkwürdige Thatsache zu konsta- tiren, daß er zu ornithologisch historischer Zeit sein Wohngebiet von Südwesten ganz erheblich nach Nordosten hin ausgedehnt hat, und zwar in verhältniß- mäßig sehr kurzer Zeit. Das Umgekehrte scheint bei der Wachholderdrossel, dem Krammetsvogel, Tivrclu8 pilaris L., der Fall zu sein, der ursprünglich ausschließlich im hohen Norden (Sibirien, Skandinavien, Rußland) brütete und allmählich in südwest- licher Richtung sein Brutgebiet erweiterte, sodaß er bereits im mittleren Deutschland, im Thüringer Walde, als Brutvogel gefunden wurde. Auch für Westpreußen ist er als solcher, und zwar von Oberlehrer Ibarth festgestellt worden. Ibarth fand die Wachholderdrossel im Kulmer Kreise, wo sie nach seiner Angabe seit 1892 regelmäßig, wenn auch in beschränkter Anzahl, brütet. Ein anderer Vogel, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, der lange — und auch jetzt noch — selbst von Fachleuten wenig gekannt wurde, *) Am Tage nach der Yersammlung (29. Mai 1901) stellte ich den Girlitz in Graudenz fest, und zwar am Eisenbahnübergange der Chaussee, die durch den Stadtwald führt. 3t 56 der Zwerg fliegen fang er, Muscicapa parva Bechst., ist ebenfalls ein Be- wohner unserer Provinz, und zwar gar kein so seltener. Dieses kleine zierliche Vögelchen hat eine ungeheure Literatur in den Fachzeitschriften hervorgerufen. Es wurde so wenig gekannt und demgemäß entdeckt, daß man jedes Vorkommen desselben der Veröffentlichung werth hielt. Exemplare und Eier dieses Vogels waren und sind auch jetzt noch so gut wie garnicht erhältlich. Der Zwergfliegenfänger ist hin und wieder als Brut- vogel in Deutschland gefunden^, so z. B. in Mecklenburg, in Pommern, speziell auf Rügen, auch in der Mark Brandenburg und in den schlesischen Gebirgen, zweifellos ist er aber an viel mehr Oertlichkeiten vorhanden wie man vermuthet. Er ist aber im Allgemeinen eine seltene Erscheinung, die stets das regste Interesse bei jedem Ornithologen hervorruft. Der König- liche Oberförster Henrici war der erste, der den Vogel in neuerer Zeit in unserer Provinz, und zwar in seinem Reviere, das im Schlochauer Kreise gelegen ist, feststellte und mich gleichzeitig auf ihn aufmerksam machte. Das seltene Vögelchen hält sich im Hochwalde, und zwar besonders im Buchenhochwalde, auf. Meistens befindet es sich in einer ziemlichen Höhe im grünen Laube der hohen Bäume und läßt von dort aus seine wenig ab- wechselungsreichen, aber glöckchenrein klingenden Strophen ertönen, die von der Höhe zur Tiefe herabgehen und einen melancholischen Klang haben. Es wechselt dabei fast ständig seinen Ort, indem es zwischen dem Singen stets dem Insectenfange nachgeht, und da es sich obendrein, wie schon bemerkt, meist in bedeutender Höhe befindet, das Thierchen aber äußerst klein ist, so bekommt man es, selbst wenn man darauf aus ist, nur selten zu Gesicht, Nach meinen Beobachtungen ist der Zwergfliegenfänger nun durchaus keine Seltenheit in unserer Provinz. Ueberall, wo er der Oertlichkeit entsprechend zu vermuthen war, habe ich ihn gefunden. Besonders häufig ist er in den Laubwäldern des Höhenzuges zwischen Danzig und Neustadt. So fand ich ihn bei Pelonken, gleich hinter dem Waisenhause, ferner bei Zoppot, wo ein Pärchen sogar in der Schlucht, die vom sogenannten Kaiserthal aus zum großen Stern führt, sich angesiedelt hatte und sich durch die vielen Spaziergänger nicht stören ließ. In sehr großer Zahl, dennoch aber in den weiten Waldungen nicht gerade dicht gedrängt, kommt er in der Oberförsterei Kielau vor. So- dann fand ich ihn in den Abhängen der Höhen an der Westseite des Zarno- witzer Sees (zur Oberförsterei Gohra gehörig). Ich zweifle daher durchaus nicht, daß der Vogel überall in Westpreußen, wo ihm die Lebensbedingungen gegeben sind, in durchaus nicht geringer Zahl vorkommt. Mit ziemlicher Sicherheit vermuthe ich ihn z. B. in den prachtvollen Laub- und gemischten Waldungen bei Dt. Eylau. Eine noch viel größere Seltenheit für Deutschland ist ein anderer kleiner Vogel, die Beutelmeise, Äegithalus pendulinus Boje, die ihren Namen be- kanntlich daher hat, daß sie beutelförmige, und zwar überaus kunstvolle Nester baut. Sie ist — von uns aus gerechnet — im Allgemeinen ein östlicher bezw. 35 57 ein südöstlicher Vogel. Ihr Aufenthalt sind besonders mit Weiden und Pappeln besetzte Ströme. So ist sie an der Donau von Ungarn bis in die Dobrudscha gemein, ferner ist sie im Delta der Wolga, des Ural, des Irtisch u. s. w. ein häufiger Vogel. Wir können nun auch diese seltene Art für unsere Provinz, und zwar auch als Brutvogel verzeichnen, da wir drei Nester in unserem ProvinziahMuseum haben, von denen zwei von den Weichselkämpen bei Thorn stammen, während eins im Nogatdelta unterhalb Zeyer gefunden ist. Die beiden ersten Nester stammen aus den Jahren 1865 und 1868, während das letztere 1882 aufgefunden ist. Sehr freudig überrascht war ich heute früh, hier in Graudenz in der Sammlung der Oberrealschule noch ein weiteres Nest vorzufinden, das im Jahre 1899 bei Sanskau, Kr. Schweiz, unweit Graudenz an der linken Weichselseite gefunden ist. Durch diese Funde ist zweifellos nachgewiesen, daß die Beutelmeise bei uns zur Fortpflanzung geschritten ist. Ob aber unser Vogel nicht regelmäßig bei uns Brutvogel ist — wie es zunächst allerdings den An= schein hat — oder ob er dauernd, wenn auch nur in geringerer Zahl bei uns brütet, läßt sich noch nicht mit Gewißheit sagen. Bei den wenigen Kennern unserer Vogel weit und bei dem abgelegenen und wenig von Menschen be- suchten Gelände, in dem der Vogel sich aufhält, ist es jedoch möglich, daß die Beutelmeise ständiger Brutvogel unserer Provinz ist, und daß sie nur nicht bemerkt wird. Immerhin aber kann unsere Provinz stolz darauf sein, daß in ihr die einzigen Brutplätze der Beutelmeise innerhalb Deutschlands liegen, die bisher mit Sicherheit nachgewiesen sind. Ebenso interessant wie das Vorkommen der Beutelmeise als Brutvogel bei uns ist die Mittheilung des Major Alexander v. Homeyer, nämlich daß die Gebirgsbach stelze, Motacilla hoarula Bechst., ebenfalls in Westpreußen brütet, ln dem Park des Grafen von Kayserlingk in Neustadt, in dem sich klare, schnell fließende Forellenbäche befinden, hat sich danach die Gebirgs- bachstelze angesiedelt und im Sommer 1897 glücklich Junge ausgebrütet. Die am weitesten nördlich gelegenen Wohnplätze der Gebirgsbachstelzo inner- halb unseres Vaterlandes sind in den Gebirgen des Harzes, Thüringer Waldes und Riesengebirges zu finden. Wie ihr Name sagt, verlangt die Gebirgsbach- stelze gebirgiges, mindestens hügeliges Terrain, in dem kleine, klare Gebirgs- wasser eilig zu Thale rieseln. Wenn danach die Gegend von Neustadt auch wohl im Allgemeinen als Brutplatz für diesen Vogel geeignet erscheinen mag, so ist doch insofern das Vorkommen desselben an dieser Stelle überaus be- merkenswerth, als der zunächst gelegene Brutplatz, der bis jetzt wenigstens bekannt ist — nämlich der in den Sudeten — etwa 450 km in südlicher ^ Richtung von diesem entfernt liegt. — Am 10. Oktober 1898 sah ich im Garten des Gastwirths Kühl in Klein Katz an dem durch denselben fließenden Bache, dem Katzfließ, gleichfalls eine Gebirgsbachstelze, von der wohl anzu- nehmen ist, daß sie von dem Neustädter Brutplatz aus auf der Heimreise begriffen war. \ 36 58 Ein anderer Kleinvogel, der zwar für viele Gegenden Deutschlands durch- aus keine Seltenheit ist, der aber insofern Interesse bietet, als er die Oert- lichkeiten seines Vorkommens wechselt, ist der Ortolan oder die Garten- ammer^ Emheriza hortulana L, Dieser Vogel findet sich bald an einer Stelle, und an einer anderen, die denselben Charakter hat und unter demselben Himmelsstriche liegt, fehlt er völlig. In unserer Gegend wird eigenthümlicher- weise und irrthümlich häufig die Grauammer, Emheriza miliaria L-, für den Ortolan gehalten, eine Thatsache, die auch Boeck schon ervvähnt. Wer aber nur einmal seine überaus melodischen, im Moll gehaltenen Strophen — im Gegensatz zu dem schirkenden Geleier der Grauammer — vernommen hat, wird den Vogel nie wieder verkennen. Während Boeck den Vogel für seine Sammlung nicht aus Preußen (d. h. aus Ost- und Westpreußen) hat erhalten können, wenngleich er angiebt, daß er bei Thorn häufig Vorkommen solle, so scheint der Vogel in unserer Provinz jetzt überall zu finden zu sein. Ich habe ihn bisher nirgends ver- mißt, ja in einer Gegend war er so enorm häufig, daß er doi't geradezu Charaktervogel ist. Dies ist das südöstliche Westpreußen und südwestliche Ostpreußen, insbesondere ist er mir an der Chaussee, welche die Städte Lautenburg — Soldau — Neidenburg mit einander verbindet, überall aufgefallen. Dort hört man seine Stimme, ich möchte fast sagen von jedem zehnten Chaussee- baum. Der im Allgemeinen wenig gekannte Vogel war dort auch Personen aufgefallen, die sich sonst durchaus nicht um die Vögel kümmern. Ferner fand ich den Ortolan bei Elbing, und zwar besonders an der Chaussee zwischen Elbing und Güldenboden, sehr vereinzelt in der Niederung des Marienburger Werders, sodann bei Pelonken und Zoppot, an der Chaussee von Danzig nach Karthaus (bei Nenkau, Gr. Leesen), zwischen Neustadt und Lauenburg, an der Dirschau- Bromberger Chaussee, sodann ira Schlochauer, Graudenzer und Kulmer Kreise. Man hat wohl gesagt, daß der Ortolan besonders an Oertlichkeiten mit fruchtbarem Boden vorkomme, und daß sich danach sein mehr oder weniger zahlreiches Vorkommen beurtheilen ließe. Nach meinen Erfahrungen ist das durchaus nicht der Pall, denn sonst müßten wir ihn besonders viel in unserer Niederung haben, was nicht zutrifift; und die Gegend, wo ich ihn am häufigsten gefunden habe, die Umgegend von Soldau, ist nichts weniger wie fruchtbar. Der Ortolan legt vielmehr nach meinen Beobachtungen in erster Linie Werth auf dichtbelaubte, verhältnißmäßig vereinzelt stehende Bäume, die in der Nähe von Getreidefeldern stehen, wie wir sie an Chausseen, Wegen und Alleen häufig finden. Die Bäume dürfen nicht so dicht stehen, daß die Sonne nicht mehr recht bis auf den Boden dringen kann, und daher Feuchtigkeit vorhanden ist. Er liebt eine buschige Baumkrone, in der er sich einerseits gut verbergen kann, die aber anderseits auch frei genug steht, um recht der Sonne ausgesetzt zu sein. Ueberhaupt scheint er sehr die Wärme zu lieben. An heißen sonnigen Tagen hört man seinen schönen Gesang immerfort, ist dagegen trübes, kühles Wetter, so schweigt er vollkommen. 37 59 Mein Aufenthalt in Elbing hat mich noch mit einem anderen Vogel be- kannt gemacht, der als Brutvogel innerhalb Deutschlands bei jedem Ornithologen das größte Interesse wachrufen muß. Es ist die Zwergmöwe, Larus mimdus Pall. Zwar kannte Boeck dieselbe bereits als westpreußi- schen Brutvogel, aber später betrachtete man sie als bei uns ausgestorben. Jedenfalls scheint sie zu Boeck’s Zeiten auch bereits ziemlich selten als Brut- vogel gewesen zu sein, denn unter den fünf Exemplaren der BoECK’schen Sammlung, die sich im Provinzial-Museum befinden, ist kein einziges Exemplar im Sommerkleide. Das eigentliche Brutgebiet der Zwergmöwe ist Rußland und Sibirien, das Brutcentrum dürfte nach Brehm in West- Sibirien zu suchen sein. In Rußland fand man sie als Brutvogel auf dem Onega- und Ladoga-See, ferner am Kaspischen Meer, und im vorigen Sommer wurden von einem See in Livland Bälge und Eier dieser Möwe nach Berlin gebracht. In Deutsch- land ist sie in Litthauen und bei Rossitten auf der Kurischen Nehrung be- obachtet Daß sie dort Brutvogel ist, wird man wohl annehmen können Wir können uns aber rühmen, den westlichsten Punkt des Brutbezirks dieser Möwe, der zur Zeit bekannt ist, und den es überhaupt wohl geben wird, innerhalb unserer westpreußischen Grenzen zu haben. Im Jahre 1847 unternahm Eugen Ferdinand von Homeyer gemei’nschaft- lich mit Prediger Boeck einen ornithologischen Ausflug nach dem Drausensee um — wie er schreibt — „die zierlichste, lieblichste aller Möwen, die Zwerg- möwe, am Nistplatze aufzusuchen^b Schon hieraus können Sie ersehen, welches große Interesse man diesem Vogel schon damals entgegenbrachte. Von Homeyer, der in der Stolper Gegend wohnte, unternahm diese Reise, der damaligen Zeit entsprechend, zu Pferde, begleitet von seinem Bruder, der ebenso wie er selbst, ein tüchtiger Jäger war, und einem anderen guten Schützen. In Danzig schloß sich Boeck an, der nun der eigentliche Führer der Expedition wurde. Die Reise war insofern von Erfolg gekrönt, als es von Homeyer gelang, ein Pärchen dieses Vogels zu erlegen und ein Gelege von drei Eiern zu erbeuten. Er konnte aber trotz zweitägigen eifrigen Suchens außer diesen beiden kein weiteres Exemplar auf dem See feststellen, und es schien ihm deshalb zweifel- haft, ob „diese liebliche Möwe den See im nächsten Jahre wieder besuchen wird‘b Im Jahre 1874 besuchte von Homeyer den Drausensee zu derselben Jahreszeit wie früher (Juni) von neuem, fand aber kein Exemplar unseres Vogels mehr vor. Auch Hartert berichtet in seiner Ornis Preußens 1887, daß die Zwergmöwe auf dem Drausensee nicht mehr bemerkt werde. Um so erfreulicher ist es daher, daß ich Ihnen mittheilen kann, daß diese Möwe in den letzten Jahren wieder in einer ziemlichen Anzahl von Pärchen den west- preußischen Theil des Drausensees bewohnt hat. Es ist meines Erachtens äußerst interessant, daß die Zwergmöwe den Drausensee, auf dem sie nachweislich vor mehr als 50 Jahren schon ihre Brutstätte aufgeschlagen hatte, um ihn darauf aber zu verlassen, in neuster Zeit wieder aufgesucht hat. Sic hat sich durch die in nächster Nähe vorbeigeführte Eisenbahn nicht abschrecken lassen, ihren 38 60 altgewohnten Brutplatz von Neuem zu erobern. Ich glaube diese Anhänglich- keit der Zwergmöwe auf eine Eigenthümlichkeit des Drausensees zurückführen zu müssen, die ihn vor allen anderen mir bekannten westpreußischen Seen aus- zeichnet. Die geringe Tiefe des Sees verursacht, daß er im Laufe der Sommer- monate vollständig zuwächst. Rohr, Schilf, Binsen^ die gelben und auch be- sonders die herrlichen weißen Wasserrosen mit ihren breiten, flachen Blättern bedecken die Wasseroberfläche durchweg. Außerdem scheint mir aber eine Pflanze von besonderer Wichtigkeit zu sein, die Wasseraloe, Stratiotes alo'ides L., von den Fischern Sichelkraut genannt, welche an manchen Stellen auf der Wasseroberfläche große Flächen bildet. Hier befinden sich ausschließlich die Nester der Zwergmöwe. Während die Nester der Lachmöwe, Larus ridihun- dus L., auf einigermaßen festen Schilfkufen, sozusagen auf kleinen Inselchen, stehen und dort einen umfangreichen Bau bilden, sind die Nester der Zwerg- möwe völlig in der dichten Fläche der Blätter der Wasseraloe angebracht. Da sie ebenfalls aus grünem Material erbaut sind, so kann man sie, selbst wenn man in der Nähe derselben sich befindet, noch leicht übersehen. Im Gegensatz zu den Nestern der Seeschwalben, die bekanntlich kaum Anspruch auf die Bezeichnung „Nest‘‘ haben, ist es aber ein ordentlicher Bau, und ob- wohl die Nester gleichsam schwimmen, habe ich doch nur selten in denselben Feuchtigkeit gefunden. Im Anfang des Frühjahrs sieht man die Zwergmöwen noch häufig unter sich zu mehreren über den See streichen, später zur Brut- zeit aber findet man sie meist in der Nähe von Brutcolonien der Lachmöwe. Sobald man sich von fern den gemeinsamen Brutstätten nähert, fliegt der ganze Schwarm in die Luft, und es ist für den Laien dann zunächst garnicht so leicht, die Zwergmöwen von den Lachmöwen zu unterscheiden, da beide das bekannte helle Mövvengefieder mit schwarzem Kopf (bei der Zwergmöwe geht das Schwarz etwas tiefer herunter und bedeckt auch noch den Hals) haben und der Größenunterschied, der ja ziemlich bedeutend ist (die Lachmöwe hat 95 cm, die Zweigmöwe 67 cm Flugbreite) bei den Thieren, die theils höher theils niedriger in der Luft sich befinden, nicht auffällt. Ein untrügliches Kennzeichen sind jedoch die dunkeln ünterflügel der Zwergmöwe, die beim cT völlig schwarz, beim J dunkelgrau bis schwarz sind. Leider steht die unverständige Eierräuberei auf dem Drausensee in hoher Blüte, und hierdurch haben die Zwei’gmÖwen wie viele andere Vögel auf dem See sehr zu leiden. Die Unkenntniß unserer Vogelwelt ist ja aber leider so verbreitet, daß sich wohl keiner der Eierräuber bewußt ist, welchen Schatz der westpreußischen Fauna er mitvernichten, zum mindesten mitvermindern, hilft, und der Gourmand, dem es auf ,,Möweneier^^ nur im Allgemeinen an- kommt, weiß nicht, welche Seltenheiten er vertilgt. Möchte doch ein wenig mehr auf unsere Vogelwelt geachtet werden, damit sich die Kenntniß der einzelnen Arten immer mehr verbreitet, denn ein Vogelschutz ist nur auf der Basis einer gründlichen Kenntniß unserer A^ögel zu erzielen. 39 61 Ich hoffe, daß ich Ihnen schon an den wenigen hier vorgeführten Vogel- arten gezeigt habe, daß Westpreußen eine Yogelfauna besitzt, die der Be- achtung werth ist. Da dieselbe aber noch bei Weitem nicht vollständig be- kannt ist, so ist es unsere Pflicht, fleißig an die Arbeit zu gehen und die Lücken unserer Kenntniß auszufüllen. Das Arbeitsfeld ist ein großes und reiches. Der Lohn der Arbeit ist der Mühe werth: Er stellt sich dar in der hohen Befriedigung, die Jeder empfindet, der in dem großen Reiche der Natur thätig ist. Nach ihm macht Herr Hauptlehrer PEiL-Sackrau einige Botanische Mittheilungen. 1. Beim Wohnhause der katholischen Pfarre zu Mockrau, Kr. Graudenz, befindet sich ein kleiner Park mit seltenen Bäumen und Sträuchern. Nicht weit vom Eingänge stehen zwei etwa 6 m hohe Exemplare von Gingko biloba, einer Conifere aus China mit breiten, verkehrt -keilförmigen, lederartigen Blattgebilden, die zur Tertiärzeit auch in Nord-Europa einheimisch war. — An einer quelligen Stelle breitet sich Polygonum cuspidatum Sieb., ein krautiges Gewächs mit hohlen Stengeln, das in China und Japan wild vorkommt, manns- hoch aus. — Weiterhin steht ein Exemplar von Magnolia glauca, etwa 3 m hoch. — Der in zwei Exemplaren vorhandene Gewürzstrauch, Calycanthus floridus, scheint hier nicht zu gedeihen, da größere Triebe vertrocknet sind. An einer anderen Stelle sieht man einige Exemplare von Juniperus Sabina und der Eibe, Taxus baccata, ferner zwei Tulpenbäume, Liriodendron tulipi- fera, einen Platanus orientalis und verschiedene Tannen. Sodann sind noch zu erwähnen: Gleditschia triacanthos mit so wechselvollen Blattgebilden, wie sie Herr Professor Dr. BAiL-Danzig vorhin vorlegte, ein Exemplar der rothen Maulbeere, Morus rubra, und mehrere Exemplare von Robinia hispida und R. Pseudacacia, letztere dornenlos. 2. Vortragender überreicht ein Exemplar von Ceterarch officinarum Willd. und berichtet über das Vorkommen dieser Pflanze an den Pestungsmauern von Graudenz. Nachdem mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit ein noch auf dem Programm stehender Vortrag zurückgezogen ist, spricht Herr Professor Dr. CoNWENTZ Allen, die zum Gelingen der Tagung beigetragen haben, den Dank des Vereins aus und schließt gegen 1 Uhr die wissenschaftliche Sitzung. •K- * -H- Schnell wurden nun die für die wissenschaftliche Sitzung mitgebrachten Schätze von den Theilnehmern zusammengepackt und in Sicherheit gebracht, denn die Zeit drängte, da bereits für 2 Uhr Nachmittags die Fahrt nach Sartowitz angesetzt war. Nachdem ein Theil der Versammlung noch die 40 62 städtische Alterthumssämmlung unter Führung des Herrn Gymnasialdirector Dr. Anger besichtigt und sich einen, wenn auch nur flüchtigen Einblick in die reichen Schätze derselben, besonders aus dem vorrömischen Gräberfelde von Rondsen bei Graudenz, verschafft hatte, trafen Alle bei Seick zusammen ; hier wurde eilig ein Imbiß eingenommen, der durch frohe Unterhaltung gewürzt war und nach der anstrengenden wissenschaftlichen Arbeit des Vormittags doppelt gut mundete. Um 2 Uhr ging es dann hinunter zur Weichsel, wo der kleine Dampfer schon zur Abfahrt bereit lag. Zahlreiche Damen und Herren aus Graudenz hatten sich den Versammlungstheilnehmern angeschlossen, so daß das Boot voll besetzt war. Bald setzte sich der Dampfer in Bewegung, und unter der stolzen Weichselbrücke hindurch ging es in mäßiger Eile strom- aufwärts. Trotz dräuender Gewitterwolken hielt sich das Wetter vortrefflich, so daß die Theilnelmier die wechselvollen schönen Landschaftsbilder, welche die dreistündige Weichselfahrt bot, voll genießen konnten. Vor Sartowitz etwa um 5 Uhr angelaugt, stieg man aus. Nach einem Gange durch das Weiden- gebüsch des Weichselhoch Wasserbetts wurde zunächst in dem an der Straße liegenden Gasthaus ein kurzer Halt gemacht, und dann ging es auf vielfach gewundenem Fußpfad mit prächtigen landschaftlichen Ausblicken allmählich den Steilabhang hinauf. Die reiche Pflanzenwelt der diluvialen Abhänge fesselte bald Sinn und Auge der Botaniker, für welche die Sartowitzer Gegend in der That ein wahres Dorado darstellt. Als die Höhe erklommen war, lohnten herrliche Aussichten über das Weichselthal und das jenseitige Ufer die Mühe des Aufstiegs. Der große, der Gräfin von Schwanenfeld gehörige Park mit seinen wohlgepflegten Anlagen und schönen alten Bäumen, unter denen manches botanisch Interessante sich befindet, sowie die ausgedehnten Gewächs- häuser, besonders die weit und breit bekannten Ananasculturen, wurden unter sachkundiger Führung durchschritten und eingehend besichtigt. Ein längerer Aufenthalt war leider nicht möglich; denn die Zeit drängte. Auf kürzestem Wege, der großen Straße folgend, gingen die Theilnehmer hinunter, um im Gasthaus in Eile den Kaffee einzunehmen und dann wurde, später als geplant, der Dampfer bestiegen. Die Rückfahrt, obwohl zum Theil im Dunkeln vor sich gehend, zeigte neue Bilder, denn die von Holztraften und Flößen belebte Weichsel wurde durch die auf denselben lodernden Feuer malerisch beleuchtet. Erheblich später als im Programm vorgesehen, wurde Graudenz wieder erreicht, und Alle eilten schnell zum ,, Schwarzen AdlePh wo das gemeinsame Mahl unserer bereits länger, als ängstlichen Gemüthern lieb war, harrte. Zahl- reiche Toaste würzten das Mahl, und auch nachher blieben die Theilnehmer noch lange in frohem Gespräch beim kühlen Trunk beisammen, sodaß sich erst spät die Auswärtigen von den zahlreich anwesenden Graudenzer Damen und Herren trennten. 41 63 Früh am nächsten Morgen stand der geräumige Wagen zur Fahrt nach Roggenhausen bereit; an der sich neun Herren betheiligten. Begünstigt vom schönsten Wetter ging es durch die prangende Frühlingslandschaft, vorbei an dem Graudenzer Festungsberg ins Ossathal, das bei Klodtken erreicht wurde. Immer schöner gestaltete sich die Gegend, und ein anmuthiges Landschaftsbild wechselte mit dem andern. Nach zweistündiger Fahrt wurde Roggenhausen erreicht, und nach kurzer Stärkung in dem dortigen Gasthause ging es sodann zu Fuß unter Führung des Herrn Lehrer Zodrow^ in das Gardengathal. Der Gang durch den unteren Theil des höchst malerischen, schluchtenartig einge- schnittenen Thaies gestaltete sich nach den starken Regengüssen der ver- gangenen Nächte stellenweise etwas schwierig, und mancher Fehltritt in Sumpf und Morast wurde zur Erheiterung der gerade nicht davon Betroffenen gethan. Stellenweise versagte der Fußpfad völlig, und es hieß dann sich ohne ihn behelfen. Doch ging Alles gut und ohne ernste Gefährdung der Wanderer ab, und eine reiche botanische Ausbeute lohnte mehr als genug die kleinen Mühen des Weges. Mählig wurde der dicht bewaldete Abhang erstiegen und dann die nahe dem oberen Rande desselben in mehreren Exemplaren gedeihende Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., besucht. Heber eine verfallene Mauer hin- weg ging es sodann in den die Reste des alten Ordensschlosses umgebenden Park. Die auch in ihren Trümmern noch großartigen baulichen Anlagen, von denen nur noch ein mächtiger Thorthurm einigermaßen erhalten ist, fesselten aufs lebhafteste das Interesse aller Auswärtigen. Und der von der Höhe sich bietende herrliche Blick auf die von dem tiefen, in malerischen Windungen sich erstreckenden Ossathal durchzogene Landschaft hätte die Ausflügler noch lange festgehalten, wenn nicht auch hier Eile geboten gewesen wäre. So aber mußte nur zu bald der Abstieg vor sich gehen; nach einem einfachen Frühstück in dem ländlichen Gasthause wurde der Wagen wieder bestiegen, und fort gings nach Graudenz, das etwa um 2 Uhr erreicht wurde. Schnell wurde nun das Ränzel geschnürt, einzelne Auswärtige unternahmen noch einen Gang zum Schloßberg, um dort den schönen Rundblick auf die Stadt, das Weichsel- thal und die auf 12 Pfeilern ruhende mächtige Eisenbahnbrücke — eine der längsten im Reiche — zu genießen, darauf ein herzlicher Abschied von den Graudenzern, und dann entführten die Nachmittagszüge die Auswärtigen in ihre Heimat. Die Graudenzer Versammlung aber wird allen Theilnehmern in schönster Erinnerung bleiben. 4-' Schädliche Insecten Westpreussens und deren Bekämpfung. Von A. REHBEEG-Marienwerder. 1. Die wichtigsten Schädlinge unserer Halmfrüchte. Mit 54 Einzelbildern in 10 Figuren. Die Untersuchungen über die Verbreitung der Thier- und Pflanzenwelt haben ergeben, daß die jetzige Yertheilung vieler Lebewesen auf der Erde nicht allein durch die physikalischen Verhältnisse der gegenwärtigen Periode bedingt ist, sondern daß auch die Thätigkeit des Menschen mannigfache Ver- änderungen und abnorme Erscheinungen in den Verbreitungsgebieten der Pflanzen und Thiere hervorgebracht hat. Es ist erwiesen, daß mit dem herrschenden Auftreten des Menschen eine Menge von Thier- und Pflanzen- formen theils ganz vernichtet, theils sehr selten geworden sind. Mit Schrecken haben alle wahren Naturfreunde erkannt, daß es in den Kulturländern bald keine Stelle mehr geben wird, an der sich Pflanzen- und Thierleben unter natürlichen Verhältnissen entfalten kann, und Pflanzenschutzgenossenschaften und andere Vereine sind bestrebt, wenigstens an einzelnen Punkten der Erde die im Untergang begriffenen Pflanzen- und Thierformen möglichst lange zu erhalten. In den früheren Entwickelungsperioden der Erdoberfläche ver- schwanden freilich auch tausende von Arten im Kampf ums Dasein, aber es traten an deren Stelle eine große Anzahl neuer, kräftigerer Formen auf, die es verstanden, sich den veränderten physikalischen Bedingungen anzupassen. In der Jetztzeit jedoch findet ein Ersatz durch neue Arten nicht mehr in dem Maße statt, und nur diejenigen organischen Gebilde, die durch und von dem Menschen leben, erfreuen sich einer immer größeren Verbreitung. Besonders in den dicht bevölkerten Kulturländern ist eine vollständige Umwandelung der ursprünglichen Verhältnissj herbeigeführt worden. Aber nur ein Theil dieser in abnormer Anzahl vorhandenen Geschöpfe ist dem Menschen von Nutzen. Gleichzeitig mit den für unseren Unterhalt gepflegten Gewächsen und Hausthieren hat sich eine Anzahl von anderen Arten vermehrt, deren Bestehen und deren Verbreitung uns durchaus keinen Nutzen bringt, im Gegentheil oft sehr zum Schaden gereicht, wenn durch besondere Verhältnisse eine außergewöhnliche Vermehrung dieser schädlichen Arten begünstigt wird. Wie durch besondere Einflüsse die normale Fluthwelle des Meeres zur ver- heerenden Springfluth heranwächst, so entstehen auch gewisse organische " 65 Formen durch das Zusammentreffen mehrerer, ihre Vermehrung begünstigender Momente in kurzer Zeit zu Legionen. Ein lehrreiches Beispiel hierfür konnte in dem durch große Trockenheit ausgezeichneten Sommer des Jahres 1901 wahrgenommen werden. An verschiedenen Orten unserer Provinz hatte sich, begünstigt durch die große Dürre, eine kleine Zikade, Jassus sexnotatus, in so gewaltiger Weise vermehrt, daß die Sommerungen, besonders der Hafer, an vielen Stellen vollständig vernichtet wurden. Dieses unscheinbare Insect ist in jedem Jahre auf Wiesen und an anderen Orten auf Gräsern zu finden. Tritt daselbst jedoch ein Nahrungsmangel ein, so wandert es in die Getreide- felder aus und richtet dort große Verwüstungen an. Solche Jßssws-Perioden sind in den Jahren 1863, 1869, 1892 und 1893 auch schon beobachtet worden. Gewisse Insecten werden erst dann verderblich, wenn in den von ihnen heimgesuchten Gewächsen die Widerstandskraft durch besondere Einwirkungen geschwächt wird oder ganz erlischt. Auch hierfür hat der vorjährige Sommer (1901) ein gutes Beispiel in unserer Provinz geliefert. Auf der Rüster kommt - gar nicht selten ein kleiner Käfer vor, dessen Larven zwischen Rinde und Splint ähnliche Gänge einfressen, wie die auf Coniferen lebenden Bosfri/chus- Arten. Es ist dies der Rüsternsplintkäfer, ScolyUis destructor L., der lange schon in den schönen Anlagen des Vergnügungsortes Böslershöhe bei Graudenz sein behagliches Dasein führte, ohne den schönen und oft recht alten Bäumen gefährlich zu werden. Er begnügte sich mit abgestorbenen oder im Absterben begriffenen Aesten. Nachdem aber die große Dürre einmal die Vermehrung des Käfers ganz besonders begünstigt hatte, andererseits der Feuchtigkeits- gehalt der Bäume vermindert war, gelang es diesen bisher dort unschädlichen Insecten in kurzer Zeit den größten Theil des so schönen Rüsternbestandes vollständig zum Absterben zu bringen. Solch ein epidemisches Auftreten des Riisternsplintkäfers ist in unserer Provinz bisher nie beobachtet worden. Die Kälte und Feuchtigkeit des folgenden Frühjahrs wird hoffentlich dazu bei- getragen haben, die Vermehrung dieses Käfers auf die früheren Verhältnisse zu beschränken. Die große Gefahr, die das epidemische Auftreten derartiger Insecten den Kulturpflanzen bringen kann, hat Veranlassung gegeben, die Verbreitung der- selben auf jede erdenkliche Art zu verhindern, und nach Erfindung der Drucker- schwärze sind zahlreiche Bücher erschienen, die sich nicht nur mit der Be- schreibung dieser verderblichen Plagegeister beschäftigen, sondern auch Mittel angeben, dem Ueberhandnehmen derselben zu steuern! In späterer Zeit sind dann von einzelnen Landwirthen, Fachvereinen, landwirthschaftlichen Schulen u. a. m. zahlreiche Versuche angestellt, um die geeignetesten Vertilgungsmethoden heraus zu finden. Das Reichsgesundheitsamt, die biologischen Institute und Landwirthschaftskammern und die Deutsche Landwirthschaftsgesellschaft geben dem um Verhaltungsmaßregeln anfragenden Landwirth nicht nur bereitwilligst Auskunft, sondern entsenden in wichtigen Fällen auch Fachleute an Ort und Stelle und veröffentlichen in besonderen Zeitschriften die Erfolge ihrer Versuche. 2 5 66 Besonders bervorzuheben sind die Bemühungen der Deutschen Landwirthschafts- gesellschaft, die einmal durch ein im Aufträge ihres „Sonderausschusses für. Pflanzenschutz^^ herausgegebenes Buch*) die Kenntniß der geeignetesten Be- kämpfungsmethoden verbreitet, außerdem aber viele Auskunftsstellen für das gesammte Deutsche Reich errichtet hat, bei denen der anfragende Landwirtli unentgeltliche Auskunft erhalten kann Dank dieser Einrichtungen ist ein Fortschritt in Bezug auf die Schutzmittel für die gedeihliche Entwickelung unserer Kulturpflanzen unverkennbar. Noch größere Erfolge könnten jedoch erzielt werden, wenn außer den vorhandenen Auskunftsstellen zahlreiche Beobachtungsstationen eingerichtet würden, auf denen das Leben und Treiben der wichtigsten Schädlinge genau controliert würde. Von diesen Pflanzenschutz- stationen müßten, wie es zur Zeit von den meteorologischen Stationen geschieht, regelmäßige Berichte an eine Centralstelle geliefert werden, von der aus dann rechtzeitig Winke und Maßregeln für die Bekämpfung der Schädlinge aus- gehen könnten. Ferner müßte in den Landschulen auf den naturwissenschaftlichen Unter- richt mehr Zeit wie bisher verwendet werden, um die heranwachsende Generation über die schädlichen Insecten, ihre Lebensweise und Vertilgungsmethoden gründlich zu belehren. Mit Hilfe geeigneter Sammlungen und guter Wand- tafeln, die in keiner Dorfschule fehlen sollten, müßten die Schüler im Winter die wichtigsten Schädlinge genau kennen lernen und im Sommer zum selbst- ständigen Beobachten angehalten werden. Wenn später im Laufe der Zeit auch Vieles davon in Vergessenheit geräth, so werden doch manche Erinne- rungen von dem in der Schule Gelernten und Gesehenen erwachen, wenn der ehemalige Schüler als praktischer Landwirth sein Feld durchwandert, und derselbe wird vor allem befähigter sein, sich in der vorhandenen Literatur zurecht zu finden, als es viele kleine Landwirthe von heute sind, die leider oftmals wenig Interesse zeigen, wenn es sich um Förderung des Pflanzen- schutzes handelt. Auch der nachstehende Aufsatz, der in wissenschaftlicher Hinsicht dem Eingeweihten nichts Neues bietet, soll dazu dienen, die Kenntniß der schäd- lichen Insecten unserer Heimatsprovinz und ihrer Bekämpfung zu erweitern. Er behandelt die wichtigsten Schädlinge unserer Halmfrüchte, und weitere Auf- sätze über die Schädlinge der anderen Fruchtarten sollen folgen. Die Ab- bildungen sind nicht von bereits vorhandenen Clichös gedruckt, sondern nach Originalzeichnungen des Verfassers gefertigt und bieten insofern etwas Neues, als sie nicht nur die Insecten und ihre verschiedenen Entwickelungsstadien, sondern auch die von denselben verursachten Schäden darstellen. Die Zeich- *) Pflanzenscliiitz. Anleitung für den praktischen Landwirth zur Erkennung und Be- kämpfung der Beschädigungen der Kulturpflanzen. Im Aufträge der Deutschen Landwirth- schaftsgesellschaft, Sonderausschuß für Pflanzenschutz, bearbeitet von Professor Dr. A. B. Frank und Professor Dr. Paul Sorauer. 2. Auflage. Berlin 1896. 3 67 nungen sind angefertigt nach Wandtafeln, die vom Verfasser auf der Wander- versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins im Jahre 1901 in Graudenz vorgezeigt wurden und später in Marienwerder zu einem Vortrage im dortigen Landwirthschaftlichen Verein ß Verwendung fanden. Unter den heimischen Käfern werden den Halmfrüchten besonders die Larven des Maikäfers, des Saatenschnellkäfers und des Getreidelaufkäfers gefährlich, im entwickelten Zustande sind der Maikäfer und der Saatenschnell- käfer ungefährlich, dagegen greift der Getreidelaufkäfer auch die Aehren an. 1. Der Maikäfer und seine Larve, der Engerling, ist von Jedermann gekannt und gehört entschie- den zu den populär- sten Thieren, sodaß mir eine genauere Be- schreibung und Ab- bildung desselben überflüssig erscheint. Man unterscheidet be- kanntlich zwei Arten, Melolontha vulgarish., Flügeldecken u. Beine rothgelb, und M. hippocmtani Fabr., mit rothem Halsschild und schwarzen Beinen. Ersterer hält sich mehr auf dem Felde, der zweite mehr im Walde auf. An Wald- rändern werden beide im Großen. In den Morgenstunden lassen sich die im schlaftrunkenen Zustand befindlichen Thiere am leichtesten von den Bäumen abschütteln und einsammeln. Zur Tötung derselben empfehlen sich leere Petroleumfässer, in welche die Säcke mit den gefangenen Käfern gebracht werden, die dann mit ca. 70 ccm Schwefel- kohlenstoff übergossen werden, worauf die Fässer zu schließen sind. 2. Der durch die Larven der Saatenschnellkäfer {Ägriotes lineatm\i, (Fig. 1) midiAgriotes ohscuruslj.) verursachte Schaden zeigt sich, wenn die jungen Getreide- pfläuzchen ein oder nur wenige Blätter getrieben haben, also bei den Winter- saaten im Oktober oder November, bei den Sommersaaten im April oder Mai. Wir bemerken dann, daß die Pflänzchen gelb aussehen, sich umlegen, und daß 4 5* Pig. 1. Ägriotes lineatus L., Saatenschnellkäfer. Käfer (3/, d. n. Gr.), Larve, sog. Drahtwurm (Vi d. n. Gr.) und von letzterem angefressenes Getreidepflänzchen (2/1 d. n. Gr.). Arten angetroffen. Die Naturgeschichte des Maikäfers, die Dauer seiner Entwickelung und die Erfolge der verschiedenen Vertil- gungsmethoden sind in sehr gründlicher Weise von Forstrat Feddersen (t 1898 in Marien wer der), einem früheren Mit- gliede des Westpreuß. Botanisch - Zoologi- schen Vereins, in einer längeren Abhandlung, veröffentlicht in der Zeitschrift für Forst- u. Jagdwesen, XXVIH. Jahrgang, Mai 1896, behandelt worden. — Das erfolgreichste Mittel zurBekämpfung ist der Maikäferfang man sic leicht meist ohne Wurzel herausziehen kann. In der Regel ist das angefressene Pflänzchen unrettbar vernichtet. Sucht man im Boden umher, so findet man dort auch die IV2 — 2 cm langen, walzenförmigen Larven, die sog. Drahtwürmer. Sie haben eine lebhaft gelbe, glänzende Oberfläche, auf der feine Borstenhärchen zu erkennen sind, und laufen hinten in eine stumpfe Spitze aus, auf der sich zwei dunkele Grübchen befinden (Fig. 1, rechts). Vier bis fünf Jahre vergehen, ehe diese Larven zur Verpuppung schreiten, und deshalb sind sie besonders gefährlich. Im Juni erfolgt die Verpuppung der reifen Larve, im Spätsommer kommt bereits der unschädliche Käfer zum Vorschein, der nach der üeberwinterung seinem Brutgeschäft nachgeht. Der entwickelte, 12 mm lange Käfer ist leicht kennt- lich. Die Körper- form ist gestreckt, die Farbe hellgrau mit weißen Längs- Streifen, Agriotes lineatiis L. (Fig. 1 , links), oder bräun- lich grau, A. oh- scurus L., gefärbt. An der Vorder- brust besitzen sie einen stiel artigen Fortsatz und eine entsprechende Grube am Vorder- rande der Mittel- brust. Dadurch werden sie be- Fig. 2. Getreidelaufkäfer, Zabrus gibbus Fahr. Käfer (2/2 d. n. Gr.), Puppe (n. Gr.), Larve (n. Gr.) und von letzterer angefressenes Roggenpflänzclien (n. Gr.) fähigt, sich mit knipsendem Ton in die Höbe zu schnellen, wenn sieaufdemRücken liegen und wieder auf die Beine kommen wollen. Verschiedene Mittel werden zur Bekämpfung des Drahtwurms em- pfohlen. Chilisal- peter oder Vieh- salz, 150 kg pro ha untergehackt, sollen ein gutes Vertilgungsmittel sein. In kleineren Gärten empfiehlt es sich, die Larven durch Kartoffelstücke anzulocken, die auf die Oberfläche des Bodens ausgelegt und später wieder abgesammelt werden. In Amerika werden im Frühjahr kleine Kleebündel, die vorher mit Arsensalz besprengt sind, in gleichmäßigen Ab- ständen auf die Felder gelegt und dadurch die angelockten Käfer vor dem Ablegen der Eier getötet. Auch das Walzen der Saat wird als Mittel empfohlen, die Verbreitung des Drahtwurms zu behindern. Die Larven lieben nämlich ganz besonders lockeren Boden. Ist derselbe aber fest, so wird ihre Fortbewegung von Pflanze zu Pflanze erschwert und die Beschädigung der Felder wird weniger empfindlich. 3. Weniger gefährlich ist die Larve des Getreidelaufkäfers, Zahrus gihhus Fabr. (Fig. 2), falls sie nicht in sehr großen Mengen auftritt Die 2 — 2,5 cm lange Larve (Fig. 2, rechts unten) ist 3 mm breit, mit schwarzem Kopf, 69 braunem Rücken, verschmälert sich allmählich nach hinten und endigt in zwei gegliederte Zäpfchen. Sie gräbt sich fast senkrechte Erdröhren, die dem sehr scheuen Thier während des Tages zum Aufenthalt dienen. Die Fraßweise ist eine sehr eigenthümliche. Mit den kräftigen Oberkiefern werden die zarten Blätter, meist das Herz der jungen Pflanze, zerkaut, und der dabei gewonnene Saft wird aufgesogen. Es bleiben dadurch austrocknende, in der verschiedensten Weise zerfleischte und zerzauste Pfröpfclien zurück, die zum Theil in die Mündung der von der Larve bewohnten Röhre hineingezogen werden. (Fig. 2, rechts.) Wo die Larven des Getreidelauf käfers hausen, verschwinden besonders von den Rändern der Felder die Pflänzchen und lassen nur braune, dürre Büschelchen zurück. Mitte Mai sind die meisten Larven erwachsen und ver- puppen sich in dem etwas erweiterten Grunde ihrer Röhre. (Fig. 2^ links unten.) Nach einer vierwöchigen Puppenruhe kommt der Käfer aus der Erde ge- krochen. Das entwickelte Insect (Fig. 2, links oben) ist 15 mm lang, matt- schwarz, auf der Bauchseite dunkelbraun und hat ebenfalls eine nächtliche Lebensweise. Während des Tages hält es sich gern unter Steinen auf. Nach Untergang der Sonne klettert der Käfer an den Halmen von Weizen, Roggen und Gerste in die Höhe und benagt die noch weichen Körner, meist am unteren Aehrentheile beginnend. Während dieses nächtlichen Treibens erfolgt auch die Paarung. Das Weibchen legt vom Juni an seine Eier in die Erde, wo die Larven drei Jahre für ihre Entwickelung brauchen und während dieser Zeit ihre Zerstörung ausüben. Tritt das Insect in großer Menge auf, so müssen Larven und Käfer durch Absammoln vernichtet werden. Nach ümpflügen einer zerstörten Getreideart muß eine Nicht- Halmfi'ucht folgen. Unter den Schmetterlingen ist für die Halmfrüchte am gefährlichsten: 4. die Wintersaateule, Agrotis segetum W. V. (Fig. 3, Abb. 1), deren Larve unter dem Namen Erdraupe ihre Zerstörungsarbeit nicht nur an den Wurzeln der Wintersaaten, sondern auch an Raps, Rübsen, Kartoffeln und selbst an Zucker- und Futterrüben ausübt. Diese ungefähr 5 cm langen Raupen (Fig. 3, Abb. 1 a) sind von graubrauner Farbe, auf dem Rücken ist ein blasser Längs- streifen zu erkennen. Sie entwickeln sich aus kleinen Eiern, welche ein 2 cm langer Schmetterling (Fig. 3, Abb. 1) besonders im August und September an die Erdoberfläche ablegt. Nach 1 — 2 Wochen kommen die jungen Raupen zum Vorschein und beginnen ihr Zerstörungswerk bis zum Eintritt des Winters. Dann ziehen sie sich tiefer in die Erde zurück, um im Frühling noch eine Zeit lang weiter zu fressen. Meist schon im Frühjahr ist die Raupe ausgewachsen, sie verwandelt sich unterhalb der Erde in eine Puppe, aus der im Sommer, bei uns besonders im August, die Schmetterlinge anskommen, die ebenso wie die Raupen eine nächtliche Lebensweise führen und sich am Tage unter Blättern versteckt halten. Zur Vertilgung der Raupen wird empfohlen, Hühner auf die Felder zu fahren, die die Raupen aus ihren Schlupfwinkeln herausholen und mit gutem Appetit verspeisen. Man hat zu die.sem Zweck, zuerst wohl in Sachsen, ganz (i, 70 Fig. 3. Unseren Halmfrüchten schädliche Schmetterlinge. 1. Wintersaateule, Agrotis segetum W. V. (^/a d. n. Gr.); 1 a. Erdraupe (®/4 d. n. Gr.), 2. Queckeneule, Hadena hasilinea W. V, (^/a d n. Gr,); 2a. Raupe (Ys d. n, Gr); 2b. Beschädigte Weizenähre (n. Gr.); 2c. Angefressenes Weizenkorn (^/j d. n, Gr.); 2 d. Angefressenes Roggenkorn (7i d. n. Gr.). 3. Kornmotte, Tinea granella L. (^/i d. n. Gr.); 3a. Raupe, sog, weisser Kornwurm (7i d. n. Gr.) ; 3 b. Roggenähre mit Eiern der Kornmotte (7i d. n. Gr,). und gleiche Bedachung, die anderen Seiten werden aus dünnem Drahtgeflecht gebildet. Diese fahrbaren Hühnerställe lassen sich so praktisch einrichten, daß sich bis 200 Hühner in denselben unterbringen lassen. Mit diesem Wagen werden in einem Tage ca. 20 Morgen doppelt überfahren Ein Junge fährt alle Viertelstunde eine Strecke weiter, und die Hühner folgen, Raupen sammelnd, 7 besondere, fahrbare Hühnerställe gebaut; kleine zweirädrige Karren, die mit geringer Kraft vorwärtsgeschoben werden können, tragen einen großen Kasten, in dem passende Sitze für die Hühner und auch einige Nester ange- bracht sind. Der Kasten hat eine Wand aus dünnen Brettern, gleichen Boden 71 dem Karren, wenn einzelne von ihnen in demselben ausgebrütet sind. Den Schmetterling vernichtet man am besten mit Hülfe einer Fanglaterne. Auf einem aus vier Füßen bestehenden Gestell von 1,5 rn Höhe steht auf einer wagerechten Platte eine große, hell leuchtende, mit Reflectoren versehene Laterne, die oben einen Blechschornstein trägt. Am unteren Theil der Laterne werden vier längliche Blechkästen befestigt, die man am besten mit verdünnter Melasse füllt. Ist die Laterne des Abends angezündet, so werden von derselben die Nachtschmetterlinge aus allen Himmelsrichtungen herbeigelockt, sie fliegen gegen die etwas schräg gestellten Scheiben und fallen dann in die Kästen, wo sie ertrinken. 5. Weniger gefährlich wird den Getreidearten die Queckeneule, Hadena hasilinea W. Y. (Fig. 3, Abb. 2), ein 2 cm langer Nachtschmetterling mit leder- braunen Yorderflügeln und gelbbraunen Hinterflügeln, der bei uns besonders im Juni in der Dämmerung auf Wiesen häufig zu finden ist. Zuweilen legt diese Eule ihre Eier auch an Getreideähren. Die auskommenden Raupen (Fig. 3, Abb. 2 a) sind von graubrauner Farbe, durch 3 weißliche Längslinien gezeichnet und im erwachsenen Zustande 3 cm lang. Dieselben fressen beim Roggen und der Gerste den oberen Theil der Spelzen ab, so daß die meisten Grannen abbrechen. Alsdann wird beim Roggen der obere Theil des noch weichen Kornes angenagt (Fig. 3, Abb. 2d). Am Weizen erscheint die Ver- letzung in anderer Form; das Räupehen frißt hier nicht erst die Spelzen ab, sondern erzeugt ein Loch in der Spelze und frißt von hier aus weiter in das Korn hinein (Fig. 3, Abb. 2b und 2c). Als Vertilgungsmittel ist auch hier das Aufstellen von Fanglaternen, wie sie gegen die Wintersaateule gebraucht werden, am geeignetesten. Ist das eingefahrene Getreide noch mit Raupen be- setzt, so ist sofortiger Ausdrusch vorzunehmen, um die Raupen dadurch in ihrer ferneren Entwickelung zu behindern. 6, Als dritter schädlicher Schmetterling ist die Kornmotte, Tinea granella L. (Fig. 3, Abb. 3), zu erwähnen, deren Raupe auf den Getreidemagazinen oft erheblichen Schaden anrichtet. Die kleine, silberfarbige, dunkelgezeichnete Motte (Fig. 3, Abb. 3) legt im Juli und August die Eier an das aufgespeicherte Getreide (Fig 3, Abb. 3b). Aus denselben entstehen weiße Räupehen (Fig. 3, Abb. 3a), die einen gelbgrauen Kopf nebst ebenso gefärbtem Nackenschild, im übrigen eine beinfarbene Körperhaut besitzen. Dieser sog. weiße Kornwurm frißt unter dem Schutze eines von ihm erzeugten schleierartigen Seiden- gespinnstes die Körner der verschiedensten Getreidearten auf den Schüttböden und auch die Körner der in den Scheunen aufbewahrten unausgedroschenen Aehren auf. Die im August erwachsene Raupe sucht sich zwischen den Dielen, in den Ritzen der Balken oder sonstwo geeignete Verstecke, spinnt sich hier ein und ruht unverwandelt bis zum April nächsten Jahres Alsdann wandelt sich die Raupe zu einem schlanken Püppchen um, das vom Mai ab die Motte entläßt. 8 72 Durch öfteres Reinigen der Scheunen und Schüttböden, wobei es besonders auf die Zerstörung der an den Wänden und in den Fußböden befindlichen Cocons ankommt, läßt sich das üeberhandnehmen dieser Motte leicht ver- meiden. Aus der Klasse der Zweiflügler sind den Getreidearten besonders schädlich die Fritfliege, die Hessenfliege, die Weizengailmücke und die scheckige Halm- fliege, die alle vier mit dem gemeinsamen Namen ,,Getreidefliegen‘‘ bezeichnet zu werden pflegen. Fig. 4. Fritfliege, Oscinis frit L. 1. Entwickeltes Insect mit ausgebreiteten und 2. mit anliegenden Flügeln (’“/i d. n. Gr.); 3. Larve d. n. Gr.); 4. Puppe ('“/i d. n. Gr.); 5, Junges Roggenpflänzcben mit Larven und 6. mit Puppen (Vi d. n. Gr.j ; 7. Beschädigtes Haferkorn (s/i d. n. Gr.); 8. Dasselbe, aufgescbnitten (^/i d. n. Gr.) 7. Von der Fritfliege (Fig. 4) kommen bei uns zwei Arten vor, Oscinis frit L. (Fig. 4, Abb. 1 und 2) und Oscinis pusilla Meig., die aber in ihrer Lebensweise keine Verschiedenheiten erkennen lassen. Sie entstehen aus sehr kleinen, weißen Maden (Fig. 4, Abb. 3j, die im ausgewachsenen Zustande nur 2 — 3 mm lang sind. Da dieses Insect während eines Jahres drei Generationen hervorbringt, sind die Erscheinungen, die seine Anwesenheit auf den Feldern bekunden, verschiedenartig. 9 73 Bei der jungen Wintersaat befinden sich die Maden dicht über dem Wurzelknoten hinter den Blattscheiden (Fig. 4, Abb. 5) und nagen dort an dem iungen Stengelchen nach unten abwärts bis zu dem jüngsten Herzblättchen, sodaß die Pflanze gelb wird oder umfällt. Nicht immer tritt eine vollständige Vernichtung ein; nach der Zerstörung des Haupttriebes kann das Pflänzchen aus einem tieferen, unberührt gebliebenen Wurzelknoten einen neuen, gesunden Trieb hervorbringen, oder es kann ein oder der andere Trieb unversehrt bleiben, wenn sich das Pflänzchen vorher schon etwas bestockt hatte. Solche Pflanzen haben dann sogar die Neigung, eine Mehrzahl neuer, oft etwas zwiebelartig anschwellender Stocktriebe zu bilden, sodaß sie eine gewisse Aehnlichkeit mit den krankhaft verändertenPflan- zen erhalten, die von einem Faden- wurm, Tyllinchus devastatrix be^; fallen sind, der die sog. Stock- krankheit verur- sacht. Ebenso wie im Herbst äußert sich die Thätig- keit der Fliegen auch bei denFrüh- jahrssaaten. Be- sonders sind es in dieser Jahreszeit die Haferfelder, für welche die Fritfliege große Vorliebe zeigt. Die im Frühjahr ausgekommenen Weibchen legen ihre Eier auf die Blätter des jungen Hafers, die Larven kriechen nach unten und setzen sich an und hinter den Blattscheiden fest und verpuppen sich auch dort (Fig. 4, Abb. 6). Ganz anders sind jedoch die Beschädigungen der zweiten Generation, die während des Sommers an der im Wachsthum bereits weiter vorgeschrittenen Pflanze sichtbar werden. Da die Fritfliege ihre Bier nur an weiche Theile absetzt, so werden jetzt die noch weichen Körner angegriffen (Fig. 4, Abb. 7). Aus den in die Blüte gelegten Eiern nagen sich dann die Maden in die Frucht- knoten hinein und zerstören diese von innen her vollständig (Fig. 4, Abb. 8). Die Spelzen werden jedoch in ihrer normalen Entwickelung nicht beeinflußt 10 Fig. 5. Hessenfliege oder Getreideverwüster, Cecidoiuyia destructor Say. 1. Entwickeltes Insect Q-Ji d. n. Gr.); 2. Larve (’^i d. n. Gr.); 3. Puppe (’7i d. n. Gr,); 4. Beschädigtes Weizenpflänzcheu (n. Gr.); 5. Bruchstelle eines Halms mit Puppe (Vi d. n. Gr.). 74 und erst bei der Ernte entdeckt man, daß die Körner leicht und leer sind. In Schweden wird diese Beschädigung der Körner des Hafers, der Gerste und des Weizens „Frit^^ genannt, was soviel als „leichte Waare^^ bedeutet. Von diesem schwedischen Wort stammt der Name der Fliege. Ein vollkommen wirksames Mittel zur Bekämpfung der Fritfliege giebt es nicht. Es wird empfohlen, die Wintersaaten so spät wie möglich, und nicht vor Mitte September zu bestellen. Umgekehrt ist für das Sommergetreide eine möglichst frühe Bestellung angezeigt. Ist ein Winterkornschlag von Fritfliegen sehr mitgenommen, so empfiehlt es sich, in un- mittelbarer Nähe desselben kein Sommergetreide zu bauen, da hier- durch der Ver- breitung der Fliege Vorschub geleistet würde. 8. Noch zier- licher als die Frit- fliege ist die Hessenfliege oder der Getreidever- wüster (Fig. 5), Cecidomyia de- structor^AY. Dies Insect soll mitder Bagage der hessi- schen Truppen bei Gelegenheit des amerikani- schen Befreiungs- krieges nach Fig. fi. Weizengallmücke, Diplosis tritici Kirby. Entwickeltes Insect (’o/i d. n. Gr.); 2. Puppe (’% d. n. Gr.); 3. Larve (’®/i d. n. Gr.); 4. deformirte Weizenähre mit Larven (n. Gr.) Nordamerika ver- schleppt sein, und dort ist der Name „Hessenfliege^^ zuerst entstanden. Nachdein die Le- bensgeschichte dieses zu den Gall- mücken gehören- den Kerbthieres jedoch genauer erforscht ist, weiß man, daß diese ge- schichtliche Ab- leitung des Na- mens unzutreffend ist, da eine Ver- breitung durch das Stroh nicht stattfinden kann. Die Larven (Fig. 5, Abb. 2) des Getreidever- wüsters sind schwer kenntlich, da sie außerordentlich klein sind. Sie verwandeln sich in eine braune Töunchenpuppe(Fig.5, Abb. 3), in der sie überwintern. Das nur wenigeTage lebende, entwickelte Insect (Fig. 5, iibb. 1) verläßt seine Puppe meistens zu einer Zeit, wenn die Getreidearten den Halm zu treiben beginnen. Das Weibchen legt dann nur ein oder zwei Eier an die unteren Blattscheiden. Nach acht Tagen schlüpfen die Larven aus und dringen in den unteren Theil des Halmes ein. Dadurch werden die Halme einmal im Wachsthum geschädigt (Fig. 5, Abb. 4), andererseits aber auch leicht zerbrechlich. Durch starken Wind oder Regen werden sie oft an den Stellen, wo sich die Puppe befindet, umgeknickt (Fig. 5, Abb. 5), und ein solches Feld macht dann den Eindruck, als ob es verhagelt 11 75 wäre. — In den Sep- tember fällt die Haupt- flugzeit der zweiten, winterlichen Brut, wel- che die Stoppelfelder zu ihrer Geburtsstätte hat, und für deren Weibchen die Winter- saaten des Weizens und Roggens geeigneteBrut- plätze darbieten. Diese besitzen zu der Zeit nur Blätter, und die Larve gelangt, an diesen hin- abgleitend, in das Herz des Pflänzchens. Trifft die Larve dabei auf den Yegetationskegel, so ist die ganze Pflanze ver- loren, im günstigsten Falle sind es einzelne Triebe. Schon vor Be- ginn des Winters ver- wandelt sich die Made in eine Scheinpuppe, um zu überwintern ; erst im Frühjahr ver- wandelt sie sich in eine eigentliche Puppe, und aus dieser kommt nach 14 Tagen die Som- mergeneration zumVorschein. Tiefes Um- pflügen oder Verbrennen der Stoppel gleich nach der Ernte kann allein das ver- derbliche Auf- treten des Ge- treideverwüs- ters verhindern. 9. Es giebt noch einige andere am Ge- treide lebende Gall- mücken, unter ihnen ist die wichtigste die Weizengallmücke, Diplo- sis fn7mKiRBY(Fig.6). Diese bringt jedoch nur eine Generation im Laufe eines Jahres her- vor und ist deshalb nicht so schädlich wie der Getreide Verwüster. Die sehr kleine, etwa 2 mm lange, citronen- gelbe, schwach behaarte Mücke (Fig. 6, Abb. 1) ' legt zu der Zeit, wenn derWeizen seine Aehreii hervorgetrieben hat, bis zu zehn Eier in die Blü- ten desselben. Nach etwa zehn Tagen kom- men die goldgelb ge- färbten Larven (Fig. 6, Abb. 3) aus, die nicht bloß den Blütenstaub verzehren, son- dern auch die jungen Frucht- knoten angrei- fen, was eine Schädigung der Körnerbil- dung (Fig. 6, Abb. 4) zur Folge hat. Wenn die Lar- Fig. 7. Scheckige Halmfliege, Cklorops taeniopus Meig. 1, Entwickeltes Insect (®/] d. n. Gr.); 2. Aehre eines Halms nach Entfernung der Blattscheide, mit Frassgang und Made (7i d. n. Gr.); 3. Puppe (®/i d. n. Gr.) ; 4. Umhüllung derselben (®/i d. n. Gr.j ; 5. Weizenhalm mit steckengebliebener Aehre (n. Gr.) ; 6. defor- mirtes (sog. gichtisches) Weizenkorn (7i d. n. Gr.), ven ausge- wachsen sind, lassen sie sich 12 76 aus den Aehren auf den Erdboden fallen. Den Winter verbringen die Larven unter der Erdoberfläche; erst im Frühliug geht die Verwandlung in das Puppen- stadium vor sich. Aus diesen Puppen (Pig. 6, Abb. 2) kommt das entwickelte Insect im Juli zum Vorschein. Zur Bekämpfung wird empfohlen, den geernteten Weizen bald aus- zudreschen, die Körner zu reinigen und den Abfall zu zerstören, sobald noch etwa Maden in demselben sich finden sollten. Die Stoppel ist bald nach der Ernte zu stürzen, um die in den Boden gegangenen Maden für das nächste Jahr unschädlich zu machen, indem dieselben durch die Bodenbearbeitung in ihrer Entwickelung gestört werden und in eine Lage kommen, in der nur wenige zur normalen Ausbildung gelangen können. 10. Eine der schädlichsten Dipteren ist ferner die scheckige Halmfliege, Chlorops taeniopus Meig. (Fig. 7). Sie kommt im Mai aus ihrem Winterlager zum Vorschein und legt dann ihre Eier an die Blätter des Weizens und der Gerste an solche Stellen, wo die Aehre noch tief zwischen den inneren Blatthüllen sitzt oder eben erst ansetzt. Die ausgeschlüpfte Larve dringt sofort in das Innere ein und gelangt an den sich entwickelnden Halm. Hier nagt sie zwischen der Aehre und dem obersten Knoten von oben nach unten eine Rinne (Fig. 7, Abb. 2). Durch diese Verletzung wird das Längenwachsthum unterdrückt, so daß die Aehre meist garnicht aus der verdickten Scheide heraustritt (Fig. 7, Abb. 5) und entweder ganz taub wird oder nur wenige verkümmerte Körner (Fig. 7, Abb. 6) zur Reife bringt. In England ist der Name Gicht oder Podagra für diese Krankheitserscheinung gewählt worden. Anfangs wird nur die Oberfläche des Halms beschädigt, im weiteren Verlauf dringt die Larve tiefer ein, an den Rändern entsteht eine wallartige An- schwellung, und die Länge des Kanals kann bis 9 cm betragen. Ende Juni, auch in der ersten Julihälfte, findet man die gelbbraune Tönnchenpuppe (Pig. 7, Abb. 3 und 4) an der tiefsten Stelle oberhalb des höchsten Knotens vor, wo sie meist drei Wochen ruht, ehe die Fliege (Fig. 7, Abb. 1) auskommt. Die befruchteten Weibchen der Sommergeneration legen ihre Eier an Gräsern ab und sind dem Getreide nicht verderblich, nur wenn bei etwas verspäteter Flugzeit die Wintersaaten bereits vorhanden waren, können diese Schaden nehmen. Die Sommerbrut ist also weit gefährlicher als die Winterbrut, zumal erst die steckenbleibenden Aehren die Gegenwart des Feindes verrathen. , Die Bekämpfung ist die gleiche, wie bei den vorerwähnten Getreidefliegen, also möglichst späte Bestellung der Wintersaat und ünterpflügen derselben, wenn die Fliegen in großer Zahl vorhanden waren. Aus der Klasse der Hautflügler die sich von den Fliegen durch die> Vierzahl der Flügel leicht unterscheiden, ist für die Getreidearten besonders gefährlich : 11. die Getreidehalmwespe, Cephus pygmaeus L. (Fig. 7i h. n. Gr.); 2. Dasselbe, Rückenansicht d. n. Gr.); 3. Larve (12/j d. n. Gr.); Haferpflanze, von Zwergzikaden befallen (n. Gr.); 5. Blattscheide mit Eiern (^/j d. n. Gr.); 6. Stark vergrössertes Ei mit durchschimmerndem Embryo, im Gewebe der Blattscheide (^s/i d. n. Gr.) Unterpflügen der am stärksten angegriffenen Pflanzen ist da unerläßlich. Bei geringerem Auftreten kann ein Abfangen der Insecten versucht werden. Zu dem Zwecke wird eine Fangmaschine hergestellt, die aus zwei leichtpn hohen Rädern besteht, die durch eine lange Axe verbunden sind. An letzterer be- festigt, hängt ein gleichlanger Streifen eines derben Stoffes, so breit, daß die Pflanzen davon gestreift werden. Wird nun dieser Stoff mit Raupenleim, Melasse oder ähnlichem Klebematerial überstrichen, so bleiben beim langsamen 17 81 Üeberfahren die aufspringenden Thiere daran kleben. Audi Besprengen mit Gaswasser und einprocentiger Karbollösung werden empfohlen. Außer den hier beschriebenen Schädlingen leben auf unseren Getreide= arten noch eine Menge anderer Insecten, die einen bald mehr, bald weniger nachtheiligen Einfluß auf die Entwickelung der Halmfrüchte ausüben. Es sind dies aber nicht so arge Gesellen, die ganze Felder vernichten, sondern sie begnügen sich meistens mit einem kleinen Antheil der Ernte. Die Schäden dieser kann der Landmann daher leichter ertragen, und es ist von einer Be- schreibung derselben Abstand genommen, zumal eine Aufzählung und kurze Beschreibung sämmtlicher Insecten, die den Kulturpflanzen unserer Provinz verderblich werden, bereits in dem Bericht über die fünfte Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Kulm a. W., am 30. Mai 1882, von C. G. A. Brischke veröffentlicht ist*). *) C. G. A. Bkischke: „Beschreibung der forst-, garten- und landwirthschaftlichen Feinde und Freunde unter den Insecten“. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band V, Heft 4. Danzig 1883. Seite 97—125. ' 18 6 82 Beiträge zur Ornis Westpreussens.'^ 1. Zarnowitzer See und Umgebung. Von De. F. Heneici. Für das Jahr 1901 hatte ich mir behufs Inangriffnahme der von mir ge- planten ornithologischen Durchforschung weiterer Theile unserer Provinz — in dankenswerther Weise wesentlich unterstützt durch eine finanzielle Beihilfe seitens des Westpreußischen Botanisch -Zoologischen Vereins — . u. A. vor- genommen, den Zarnowitzer See und seine Umgebung aufzusuchen. Ver- anlaßt dazu wurde ich zunächst dadurch, daß mir diese Gegend bis dahin noch vollkommen unbekannt war, und daß das Unbekannte mich reizte, und andererseits konnte dies Gebiet von Danzig aus, meinem damaligen Auf- enthaltsorte, verhältnißmäßig schnell erreicht werden. Ich führte meine Absicht denn auch gar bald aus, um so eher, als Herr Hauptmann Mielke auf Burgsdorf mich freundlichst einliid, bei ihm Quartier zu nehmen und von dort aus meine ornithologischen Streifzüge zu unternehmen. Für seine große Liebenswürdigkeit, mit der er wie seine Familie in jeder Weise meine Bestrebungen unterstützt hat, sage ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank. Die von Neustadt aus bis zum Dorf Bohlschau in westlicher Dichtung, dann von der nach Lauenburg führenden Chaussee sich abzweigend in nordwest- licher Richtung laufende Chaussee, die weiter nach Mersin und Zelasen führt, läuft zunächst an dem südlichen Rande des durch den Rhedafluß gebildeten Thaies entlang. Bei Ueberbrück überschreitet sie in gerader Linie das hier nicht ganz 2 km breite Flußthal, das fast durchweg von moorigen Wiesen aus- gefüllt ist, und steigt dann von Riebenkrug aus in sanften Windungen all- mählich auf die hier befindlichen Höhen hinauf. An dieser Straße bemerkte ich vereinzelt die Gartenammer, Emheriza hortulana L., jenen Vogel, den ich bereits früher wegen seiner eigenartigen Verbreitung besonders erwähnt 1) Icli bemerke, daß icli bei meinen Streifzügen in der Umgebung des Zarnowitzer Sees häufiger die Provinz Pommern, nämlich die nordöstlichen Theile des Kreises Lauenburg, berührt habe und auch die dort gemachten Beobachtungen mit in den Kreis meiner Skizze gezogen habe. Da die verschiedenen Bodenformen aber hier von einer Provinz in die andere ohne irgend welche markante Unterschiede übergehen, so wird darauf kein entscheidendes Gewicht zu legen sein, ob ich eine Art im nordwestlichen Theile des Kreises Neustadt (West- preußen) oder im nordöstlichen Theile des Kreises Lauenburg (Pommern) festgestellt habe. 1 habe. Er ist hier aber bei weitem nicht so häufig wie z. B. in der Umgegend von Danzig (Pelonken) und im Süden und Südosten unserer Provinz. Abseits von der Chaussee, auf dem Plateau westlich des Zarnowitzer Sees, habe ich ihn überhaupt nicht mehr bemerkt. Um nun in unser Gebiet zu gelangen, muß man die Chaussee verlassen und auf mehr oder weniger guten Landwegen -nach Norden sich wenden. In schmalen Hohlwegen erreicht man ein im Durchschnitt etwa 100 m über dem Meeresspiegel gelegenes Plateau, das nach Nordosten und Osten hin in ziemlich steilen, mit Laubwald bewaldeten Schluchten nach dem Zarnowitzer See hin abfällt. Nach Norden hin dacht es sich allmählich ab und geht in die der Ostsee vorgelagerten Moore über. An klaren Tagen hat man von hochgelegenen Punkten des Plateaus eine herrliche Aussicht nach Norden: Unmittelbar vor sich hat man die üppigen Getreidefelder, die dann allmählich in Wiesen und das Große Wierschutziner Moor übergehen. Dieses wieder wird begrenzt von dem niedrigen Kiefernwald, der sich längs der Düne hinzieht, und aus dem die hohen weißen Dünenkuppen leuchtend hervorblicken, üeber dem Allen erblickt man die blaue See, die weit in der Ferne der Horizont begrenzt. Der Zarnowitzer See hat etwa die Gestalt eines länglichen Rechtecks und dehnt sich in der Hauptrichtung von Süden nach Norden aus. Er ist etwa 7,5 km lang und durchschnittlich 2 km breit. Durchflossen wird er von dem Piasnitzfluß, der in die vom Nordrande des Sees etwa 4 km entfernte Ostsee mündet. Ebenso wie die Westseite ist auch die Ostseite des Sees mit vollkommen bewaldeten nach dem See zu abfallenden Höhen eingefaßt, unter denen der sogenannte Schloßberg, auf dem eine alte Burg gestanden haben soll, besonders hervorragt. Tritt man oberhalb des hart am See gelegenen Dorfes Nadolle aus dem Walde und erblickt plötzlich die breite blaue Wasserfläche mit den gegenüberliegenden bis zum See hinabreichenden Höhen, die das helle Grün der Laubwälder tragen, auf dem See die weißen Segel der Fischerboote, zu den Füßen die rothen Dächer des Dorfes, unter den blühenden Obstbäumen halb versteckt, so bleibt man gebannt stehen, um die schöne Landschaft in Ruhe zu genießen. Im Norden hat der See flache Ufer. Zwischen seinem nördlichen Ende und der Ostsee dehnt sich das Große Wierschutziner Moor aus, ursprünglich ein ungangbares Gelände, jetzt aber durch Entwässerung zu moorigen Wiesen umgestaltet. Früher muß diese Gegend ein Dorado für Kraniche, Schnepfen, Wasserläufer und andere Sumpf- und Wasser vögel gewesen sein, wie man noch an dem, was geblieben ist, feststellen kann. Heute sind durch die fortschreitende Kultur vielen Thieren ihre Brutstätten genommen. Schreitet man durch das Moor der Ostsee zu, so kommt man, bevor man die Dünen erreicht, in ein mehr oder weniger sumpfiges Terrain. Den Unter- grund bildet Moorboden, aber die Winde haben den Dünensand schon weit ins Land geweht und dadurch ist der Boden, der an und für sich fast nur Heidekraut hervorbrachte, noch steriler gemacht. Die Vegetation ist äußerst 2 ßHc 84 dürftig. Auch die Heide ist theilweise verschwunden, die Kiefer und der Wacholderstrauch sind hier hauptsächlich die Vertreter der Bäume und Sträucher. Es ist dies eine Gegend, von der gelegentlich eines unserer Aus- flüge der uns begleitende Plofmeister von Burgsdorf mit Humor, aber nicht mit Unrecht, sagte, daß hier ein Plase 30 Morgen zur Sommerweide gebrauche. Dann kommen die Dünen, dürftig mit Sandgräsern bewachsen oder auch vollständig ohne jede Vegetation. Sie erreichen z. Th. eine ganz ansehnliche Höhe (die Lübtower Düne ist z, B. über 30 m hoch), und man hat von ihnen eine herrliche weite Aussicht: nach Norden auf das unermeßliche Meer und nach Süden auf die Sümpfe und Brüche, den Ossecker Wald, den Zarnowitzer See und das allmählich ansteigende Gelände. Unweit des Gutes Lübtow findet man auch die eigenartige Erscheinung der Wanderdüne. Ebenso wie an der Küste der Frischen nnd Kurischen Nehrung (vergl. Paul Gerhardt, Handbuch des deutschen Dünenbaues, 1900, Seite 132), so herrschen auch hier die westlichen Winde vor, mit einer ge- ringen nördlichen Abweichung. Da nun die Küste hier etwa von Westsüd- west nach Ostnordost verläuft, so werden nothgedrungen die Wanderdünen immer mehr landeinwärts getrieben. Die Lübtower Düne befindet sich denn zur Zeit auch bereits mehr als 1 km vom Strande entfernt. Langsam schreitet sie in den vor ihr liegenden Kiefernwald vor. Alles, was ihr entgegentritt, unter sich begrabend, ein Bild des Todes hinter sich zurücklassend. Die jetzt abgestorbenen Kiefernstämme, die vorher von der Düne bedeckt waren, und nun aus dem beinahe jeder Vegetation baren Boden emporragen, bieten einen trostlosen Anblick. Die Düne selbst stellt lediglich einen hohen breiten Rücken mit einer weißgelben Sandfläche dar, ohne jede Vegetation. Ebenso wie die Flora ist auch die Fauna an dieser Oertlichkeit beinahe völlig erstorben. Nur einige Kranichspuren, die sich in den weißen Sand deutlich eingedrückt hatten, belehrten uns, daß diese Vögel aus ihren nahen Verstecken auch einmal auf die kahle Düne sich hinauswagen. Wie gewaltig der Sturm den Sand am Strande und in den Dünen in Be- wegung versetzen kann, hatten wir am 5. April zu beobachten Gelegenheit. Wir besuchten an diesem Tage die Ostseeküste nördlich des bereits im Lauen- burger Kreise gelegenen Dorfes Wittenberg. Ein großartiges Naturschauspiel bot sich uns dar. Es war ein Frühlingstag, wie man sie hier an der Ostsee- küste häufig hat: Kein Wölkchen war am blauen Aether sichtbar, die Sonne schien den ganzen Tag unverhüllt wie im Hochsommer, dennoch war es kühl, und ein starker Sturm aus Westen, der gegen Abend noch immer mehr zunahm, wehte den ganzen Tag. Wir erreichten die Dünenkette etwa gegen 6 Uhr Nachmittags. Schon von ferne hörten wir das Getöse des aufgeregten Meeres und sahen den Sand über die Dünen meterhoch dahinjagen. Als wir eine der höchsten vor uns liegenden Dünen bestiegen hatten, bot sich uns ein über- wältigender Anblick. Vor uns lag die weite See. Die Wellen gingen hoch und brachen sich schon weit im Meere. Am Ufer mischte sich der auf- d 85 wirbelnde Gischt nait dem dahinfegenden Sande, sodaß man nicht erkennen konnte, wo die See die Küste bespülte. Es war ein wirres Durcheinander. Der ganze Strand schien in Bewegung zu sein. Selbst auf den hoch gelegenen Dünen war es kaum möglich, den Blick nach Westen zu richten, weil der wirbelnde Sand sofort die Augen füllte. Noch viel weniger war es am Strande möglich. Die ins Gesicht schlagenden Sandkörner verursachten einen prickelnden Schmerz. lieber uns der blaue Aether und im Westen der feurige Ball der bald ins Meer tauchenden Sonne. Dazu das gewaltige Brausen der See und das Getöse des Sturmes. Kein lebendes Wesen ließ sich blicken. Der uns begleitende Hund suchte eiligst Schutz hinter dem hier befindlichen Rettungs- schuppen und schloß vor dem fliegenden Sande die Augen. Auch wir konnten wegen des Sandes, der alsbald Augen, Mund. Nase und Ohren füllte, nicht lange das gewaltige Schauspiel bewundern. Wir hatten aber wohl einsehen gelernt, wie die Stürme die gewaltigen Dünen allmählich vorwärts zu bewegen vermögen, und wie die Wanderdünen entstehen. Wenn ich nun im Folgenden eine Uebersicht der von mir beobachteten Vögel des Gebiets gebe, so muß ich von vornherein betonen, daß dieselbe auf Vollzähligkeit keinen Anspruch machen kann. Wenn ich auch das Gebiet in der für die Beobachtung am günstigsten gelegenen Jahreszeit, im Frühling, mehrere Male, und zwar jedesmal acht Tage lang besucht habe, so reicht diese Zeit zu einer abschließenden Beurtheilung einer Avifauna doch nicht aus. Dazu gehören abgesehen von Besuchen in verschiedenen Jahreszeiten auch Besuche in mehreren Jahren. Immerhin aber glaube ich die Gegend einiger- maßen skizziren zu können. — Da das Gebiet sehr verschiedene Bodenformen und somit auch verschiedenartige Flora hat, so erklärt es sich, daß wir hier auf verhältnißmäßig engem Raum sehr verschiedenartige Vogelformen haben. Von Raubvögeln brütet in den Wäldern am Zarnowitzer See der Mäuse- bussard, Buteo huteo L., der auf den anliegenden Feldern des Plateaus und auf dem schmalen Streifen Feld und Wiese, der zwischen dem Walde und dem See liegt, ausgiebig Nahrung findet. Unter mehreren anderen Horsten sah ich einen, der recht eigenartig angelegt war. Während der Bussard im All- gemeinen möglichst starke, hohe Bäume zur Anlage seines Horstes benutzt und weniger damit rechnet, daß man den Horst nicht sieht, als damit, daß er nicht oder nur recht schwierig erklettert werden kann, hatte hier ein Pärchen seinen Nistplatz offenbar zu verstecken gesucht. Der Horst war in einem sogenannten Hexenbesen angelegt, der sich in einem schräg nach unten stehen- den Ast einer Kiefer befand. Er war, obwohl er nur etwa 6 bis 8 m hoch über dem Erdboden stand, durchaus nicht sichtbar. — Aber auch noch in einem ganz anderen Gelände des von mir besuchten Gebiets traf ich den Mäusebussard an. In jenem der Düne vorgelagerten sterilen Terrain, in dem die Kiefer nur kümmerlich gedeiht, fanden wir auf einem leicht zu erklettern- den Stamm etwa in einer Höhe von nur 8 — 10 m einen besetzten Bussard- horst. — Leider wird der harmlose Geselle auch hier wie an vielen anderen 4 86 Orten von den Jägern emsig verfolgt, die es nun einmal nicht glauben können, daß der Bussard mehr nützlich wie schädlich ist. Ich fand einmal in einem Bussardhorste neben den offenbar bereits gesättigten Jungen 21 Mäuse und ein Wiesel aufgespeichert liegen. Das beweist doch genug. Ein anderer Brutvogel in den Wäldern am Seejst die Schwarze Gabel- weihe, Milvus migrans die ja häufig in der Nähe von einem Gewässer ihr Heim aufschlägt, da sie neben der Nahrung an warmblütigen Thieren auch gern Fische zu ihrer Speise wählt. Die Bote Gabelweihe, Milvus milvus L., scheint dagegen nicht vorzukommen. Eine andere Gruppe der Raubvögel, die ziemlich häufig vertreten zu sein scheint, sind die eigentlichen Weihen. Von der Wiesenweihe, Circus pygargus L., erhielt ich ein altes Männchen, und von der Rohr weihe, Circus aeruginosus L., ein Weibchen, beide im Sommer geschossen. Die Wiesenweihe ist in der dortigen Gegend unter dem Namen „Blaufuß“ als gefährlicher Räuber bekannt, und es wird ihr energisch nachgestellt. Es ist wohl mit voller Bestimmtheit anzunehmen, daß beide Arten, die ich auch im Wierschutziner Moor bemerkte, im dortigen Gebiet Brutvögel sind. Über das Vorkommen der Kornweihe, Circus cyaneus L., habe ich nichts erfahren. Dagegen glaube ich den Wanderfalken, Falco peregrinus Tunst., in den Wäldern am Zarnowitzer See mehrmals bemerkt zu haben. Wenngleich wir seinen Horst nicht feststellen konnten, so ist sein Nisten in der Nähe doch durchaus wahrscheinlich, zumal der See eine große Anzahl von Enten und anderem Wassergeflügel hervorbringt. In den Feldhölzern, die auf dem Plateau hin und wieder zwischen den Feldern und Wiesen eingesti’eut liegen und fast durchweg aus Kiefern bestehen, kommt ziemlich häufig unser zierlicher Turmfalke, Falco tinnunculus L., vor. Sein Nest befindet sich stets in den Zopfenden der schlanken Kiefern, indem er wohl meistens die ursprünglich von Krähen gebauten Nester benutzt. Besonders häufig fanden wir diesen Vogel in den sog. ,,Bychower Fichten“, einem kleinen Feldgehölz nordwestlich von Burgsdorf. Es gewährt einen herrlichen Anblick, wenn man diese Vögel am Nistplatz beobachtet. Während das Weibchen auf dem Neste sitzt und brütet, führt der männliche Falke hoch in den blauen Lüften seine zierlichen Flugspiele aus, bald auf einer Stelle hoch über dem Neste rüttelnd, bald im sanften Bogeu ohne Flügelschlag pfeil- schnell durch die Luft gleitend. Stört man das Weibchen durch Klopfen an den Stamm auf, so hat es sich bald zum Männchen gesellt, und beide treiben nun gemeinsam ihr Spiel in den Lüften, aber immer wieder den Horstbaum überfliegend, um nachzusehen, ob die Brut etwa gefährdet wird. Von Eulen bemerkten wir mehrfach den Waldkauz, ßyrnium aluco L., der in den Wäldern am Zarnowitzer See in hohlen Eichen, wie wir feststellen konnten, brütet. ■ — Gelegentlich einer Treibjagd im Winter 1898/99 ist in der Nähe von Schluschow ein Uhu, Bubo huho L. geschossen; doch ist mir 5 87 nichts davon bekannt geworden, daß dieser Vogel, der überhaupt wohl nur noch in sehr wenigen Paaren in Westpreußen brütet, hier zur Brut schreitet. An Singvögeln sind die in unserer Provinz überhaupt vorkommenden meistens vertreten. Ich will aber doch die Arten, die von mir festgestellt sind, hier aufzählen, um das Gesamtbild zu vervollständigen. Auf dem Plateau ist ein Vogel charakteristisch, dem wir sonst nicht so häufig in unserer Provinz begegnen. Es ist der graue Steinschmätzer, ßaocicola oenanthe L., der uns gar bald durch seine wiederholten Verbeugungen, die er uns macht, auffällt. Die Gegend ist aber auch für ihn sehr geeignet. Man hat im Laufe der Zeit die vielen auf dem Felde umherliegenden Steine und erratischen Blöcke gesammelt und an den Wegen aufgehäuft, z. Th. auch zu regelrechten cyklopischen Mauern aufgeschichtet. Auch kleine, von den Dörfern entfernt liegende Kirchhöfe, Erbbegräbnisse und Schonungen hat man mit diesen Steinen eingefriedigt. Außerdem haben sie zur besseren Markirung der Grenzraine Verwendung gefunden. Dadurch sind dem Steinschmätzer ge- eignete Nistplätze in Menge gegeben, und die Schlupflöcher zwischen den Steinen sind durch die hohen Büsche des Besenginsters, Sarothamnus scoparius Wimm., der längs der Wege in Menge wuchert, noch obendrein verdeckt. — Auch der braunkehlige Wiesenschmätzer, Fratincola ruhetra L., ist vor- handen, doch nicht in solcher Zahl wie z. B. im Weichseldelta. lieber den Feldern und Wiesen sieht und hört man die Feldlerche, Alauda arvensis L., in bedeutender Zahl, und in den dürren Kienheiden vor den Dünen ist auch die Heidelerche, Alauda arhorea L., vertreten. Ferner sieht man Grauammer, Emheriza miliaria L., und Goldammer, Emberiza citrinella L., an den Wegen und an den die Felder trennenden Grenzrainen, jedoch nicht die Gartenammer, Emberiza hortulana L. Am Zarno witzer See und an den mit Schilf und Bohr bestandenen Wassergräben in den Brüchern brütet die Eohrammer, Emberiza sclioeniclus L. Von finkenartigen Vögeln ist im Walde und auch in den größeren Baum- gärten überall der Buchfink, Eringilla coelebs L., vorhanden. Dieser Vogel ist auch einer der wenigen Vertreter, der die mit kümmerlichen Kiefern be- standene Gegend vor den Dünen mit seinem Schlage belebt. Er ist also wenig wählerisch, denn er bewohnt sowohl die üppigen Laubwälder, die größeren Obstgärten, wie die auf sterilem Sand- und Moorboden kaum fortkommenden Kiefernwälder. — In den Baumgärten und in den Fichtenschonungen, in den Feldern und am Waldrande ist der Grünfink, Chloris cJüoris L., in bedeuten- der Zahl vertreten. Hänfling, Acanthis cannabina L., und Stieglitz, Car- duelis carduelis L., fehlen nicht. Dagegen habe ich nirgends, wie sehr ich auch danach gefahndet habe, den Girlitz, Serinus serinus L., bemerkt, wie- wohl in einigen zu den Gutshöfen führenden Baumalleen und in den größeren Baumgärten m. E. geeignete Wohnplätze vorhanden gewesen wären. Er scheint also von seinem im Nordosten Deutschlands vorgeschobenen Posten bei Danzig noch nicht bis hierhin vorgedrungen zu sein. — Am 4. April be- G '88 merkte ich in einem nahe am Zarno witzer See gelegenen Erlenwäldchen ein Paar Dompfaffen, wahrscheinlich von der im Osten vorkommenden größeren Art Fyrrlnila major Bkehm, doch glaube ich nicht, daß diese Vögel hier brüten. Ich konnte auch nichts darüber erfahren. In den Wäldern kommen sodann die in Westpreußen überhaupt vor- kommenden Meisenarten, ferner die Spechtmeise, Sitta europaea L., und der Baumläufer, Certhia familiaris L., vor. Ebenso trifft man die drei Laubvögel; den Weidenlaubsänger, Phylloscopus rufus Bechst., den Fitis- laubsänger, Phylloscopus trochilus L., und den Waldlaubsänger, Phyllos- copus sihilatriw Bechst., in den Wäldern fast durchweg an, wenn ihr Vor- kommen auch gerade nicht häufig genannt werden kann. Phylloscopus trochilus und hin und wieder auch Ph. rufus kommen selbst in den öden Kiefernwäldern vor den Dünen vor. — Ein anderer in den Laubwäldern am Zarnowitzer See überall vorkommender Waldbewohner ist der niedliche Zwergfliegenfänger, Muscicapa parva Bechst., über den ich an anderer Stelle bereits ausführlich gesprochen habe. Zwei bis drei singende Männchen kann man des Abends, wenn es im Walde schon anfängt ruhig zu werden, häufig von einem Platze aus hören, indem sie entweder noch ihre melancholische Strophe oder ihren klagenden Lockruf ertönen lassen. Drosseln sind recht selten. Die Singdrossel^ Turdus musicus L., die für Westpreußen am häufigsten vorkommende Art, hört man nur wenig. Anfang April bemerkte ich wiederholt große Schwärme Wacholder- drosseln (Krammetsvögel), Turdus pilaris L., die aber offenbar auf dem Zuge begriffen waren. — In den Torfmooren zwischen dem Zarnowitzer See und den Dünen fanden wir die gelbe Bachstelze, Budytes flavus L., die dort als ziemlich häufiger Brutvogel aufzutreten scheint. Auch der Wiesen- pieper, Änthus pratensis L., ist dort Brutvogel, wie uns ein mit vier Jungen und einem Ei aufgefundenes Nest bewies. — Eine eigenartige Erscheinung trat mir hier in den Moorwiesen entgegen. An einem Wassergraben, der sparsam mit Weidenbüschen besetzt war, hielt sich eine ziemliche Anzahl Ga rtenroth Schwänzchen, Erithacus phoenicurus L., auf, die eine längere Strecke stets vor uns herflogen, indem wir sie immer wieder von Neuem aus den Büschen aufscheuchten. Sie machten den Eindruck, als ob sie sich noch auf dem Zuge befänden, obwohl die Jahreszeit — es war der 12. Mai — bereits recht vorgeschritten wai-. Nisten konnten die Rothschwänzchen an dieser Oertlichkeit jedenfalls nicht, denn abgesehen davon, daß die ganze Gegend überhaupt nicht recht für diese Art paßte, waren auch vor allem gar keine Bäume (Weidenköpfe u. s. w.) vorhanden. — Im Rohr an der Insel im Zarno- witzer See konnte ich von Rohrsängern mit Sicherheit nur den Drosselrohr- sänger, Acrocephalus turdoides Wolf, feststellen, der auch bestimmt hier brüten wird. In den Feldern auf dem Plateau kommt das Rebhuhn, Perdix perdix L., ziemlich häufig vor, wogegen der Bestand an Wachteln, Coturnix coturnix 7 89 der, nach mir gewordenen Mittheilungen, noch vor 15 bis 20 Jahren recht bedeutend gewesen sein soll, ganz erheblich zurückgegangen ist. Heute kann man sich glücklich schätzen, wenn man in dortiger Gegend überhaupt den Wachtelschlag hört. — Ebenso soll der Wachtelkönig (Wiesenschnarre), Crea; crex L., bedeutend seltener geworden sein. Er kommt aber noch dort vor, denn ich habe sein Schnarren hin und wieder vernommen. — Das Hasel- huhn, Tetrao honasia L., das in den Oberförstereien um Neustadt herum ein garnicht so seltener Brutvogel ist, kommt in unserem Gebiete nicht vor. Doch ist einmal eins, das wahrscheinlich verschlagen war, bei Burgsdorf erlegt. Der weiße Storch, Ciconia ciconia L., ist auf dem hochgelegenen, meist trockenen Gelände ziemlich selten. Nur hin und wieder sieht man hier ein Storchuest. Doch ein Dorf, Wierschutzin, unweit vom Nordwestrande des Zarnowitzer Sees gelegen, macht in dieser Beziehung eine bemerkenswerthe Ausnahme. Der Grund dafür ist offenbar der, daß sich östlich und nord- östlich des Dorfes ein ziemlich großer Komplex feuchter, sumpfiger Wiesen befindet, in denen die Störche genügend Nahrung finden können. Hier in Wierschutzin sieht man sogar auf recht niedrigen, kleinen Häuschen ein Storchnest. Ein besonderer Reiz wird unserem Gebiet dadurch verliehen, daß es einen Reih erstand aufzuweisen hat. Etwa 1 km nördlich des Dorfes Wierschutzin befindet sich in den etwa 25 bis 30 m hohen Kiefern eine jetzt leider nur noch kleine Kolonie unseres Fischreihers, Ardea cinerea L. Als ich am 5. April 1901 zum ersten Mal die Kolonie besuchte, war ich in gewisser Weise enttäuscht. Ich hatte davon gehört, daß ein starker Reiherstand vor- handen sei; nach den wenigen Reihern zu urtheilen, die bei unserer Ankunft unter dem Stande sichtbar wurden, war dies aber nicht der Fall. Es mochten denn auch wohl nur etwa 40 Horste vorhanden sein, von denen aber höchstens die Hälfte besetzt war. Nach glaubwürdigen Mittheilungen soll der Stand in früheren Jahren bedeutend größer gewesen sein, ja, noch vor 4 bis 5 Jahren soll er mindestens noch einmal so stark gewesen sein. Die Gewinnsucht der Menschen vertreibt unseren armen Vogel immer mehr aus den deutschen Wäldern. Behörden und Fischerei vereine haben Prämien auf jeden erlegten Fischreiher ausgesetzt, weil dieser Vogel nun einmal das Unglück hat, seiner Natur nach sich in der Hauptsache von Fischen zu ernähren. Hat man sich wohl schon einmal die Frage vorgelegt, ob der Mensch ein Recht hat, in dieser Weise die Natur korrigiren zu wollen! Zeugt es nicht von einer unglaub- lichen Gefühllosigkeit, wenn man das brütende Reiherweibchen auf seiner Brut erschießt? Oder wird das einem waidgerechten Jäger Vergnügen bereiten, die eben flügge gewordenen Jungen, die noch unsicher auf ihren schwachen Beinen auf dem Horstrande und in den Zweigen sitzen, in Massen herabzu- schießen? Die auf dem Stande auf der Erde umherliegenden Flügel und ver- faulten Kadaver und die in den Aesten noch hängenden Skelette bewiesen, in welcher Weise man auch hier den Reihern zu Leibe gegangen war. 8 90 Wenn der Fischreiher in großen Mengen an einem Orte auftritt, so mag immerhin darauf gesehen werden, daß seine Zahl in bescheidenen Grenzen bleibt, weil er fraglos der Fischerei schädlich werden kann, aber rücksichtslos den Reiher, wie so manchen anderen sogenannten „schädlichen“ Vogel, aus- rotten zu wollen — dafür spreche ich dem Menschen die Berechtigung ab. ' Soll auch unser deutscher Osten, der in dieser Beziehung vor dem kiiltivirteren Westen bis jetzt noch einen nicht zu unterschätzenden Vorzug hat, in Wald und Flur immer eintöniger werden und seine Reize verlieren? Muß es nicht jeden Naturfreund mit Freude erfüllen, wenn er an einem stillen Sommerabend in einem einsamen Weiher im Walde tief im Schatten der überragenden Bäume einige Reiher unbeweglich stehen sieht, die sich noch ein Paar Fischchen zum Abendimbiß fangen wollen? Wird durch ein solches Bild nicht die Scenerie unseres deutschen Waldes bedeutend belebt, und verliert er nicht ein gutes Stück Poesie, wenn diese geheimniß vollen scheuen Vögel verschwinden? — Wenn aber in der jetzt betriebenen Art und Weise fortgefahren wird, dem Reiher nachzustellen, dann wird es nicht mehr lange dauern, daß wir auch bei uns den Reiher aus der Reihe der Brutvögel streichen können, und jeder echte Naturfreund wird mit Wehmuth daran zurückdenken, daß dieser stolze Vogel auch einmal bei uns heimatsberechtigt war. Im Westen Deutschlands ist der Reiher als Brutvogel bereits ziemlich selten anzukeffen, in einigen Staaten ist er schon ganz ausgerottet, so z. B. im Königreich Sachsen, wo jetzt kein Reiher mehr brütet, und es sogar schon zu den Seltenheiten gehört, wenn man einen Reiher zu Gesicht bekommt, während noch vor einem Menschern alter der Reiher dort gar kein seltener Brutvogel war. Soll es uns ebenso gehen? Ich meine: Nein. Deshalb möchte ich an alle, die einen Einfluß in dieser Richtung geltend machen können, die Bitte richten, sich des Fisch- reihers anzunehmen. Ein noch seltenerer stattlicher Vogel, der unser Gebiet bewohnt, und der leider auch immer mehr der vordringenden Kultur weichen muß, ist der Kranich, Grus grus L., in der Gegend des Zarno witzer Sees Truratsch ge- nannt. Die Paare, welche jetzt noch dort brüten, haben ihren Standort in dem Terrain nördlich und nordwestlich des Zarno witzer Sees, in den Mooren und Brüchern, die nach Norden durch die Dünen von der See getrennt werden, so in dem Wierschutziner Moor und in dem sogenannten Schnittbruch. Es kann wohl mit Sicherheit angenommen werden, daß dieses Gebiet in früherer Zeit, als die Moore noch nicht entwässert waren, eine bedeutend größere Zahl von Brutpaaren dieses stattlichen Vogels enthielt, wie dies heute der Fall ist. In neuerer Zeit dringt die Wanderdüne zudem immer weiter in das Schnitt- bruch ein und verschüttet die dort für unseren Vogel so geeigneten Plätze. Es brütet aber der Kranich auch jetzt noch in dortiger Gegend. Leicht ist es zwar nicht, ein Nest des heimlichen Vogels aufzufinden, denn das brütende Weibchen schleicht schon lange vorher, ehe man in die Nähe des Nestes kommt, von dem.selben fort. Außerdem steht es meist an unzugänglichen 9 91 Stellen im Sumpfe. Wenngleich wir zu mehreren Personen zwei Tage lang, und zwar einmal unter sachkundiger Führung eines mit der Oertlichkeit und den Lebensgewohnheiten der Kraniche vollkommen vertrauten Mannes, nach einem Neste gesucht haben, so konnten wir doch nichts mehr als die Fuß- spuren von Kranichen entdecken, die sich in dem feuchten Moorboden gut abgedrückt hatten. Jedoch brachte uns unser Führer nach einigen Tagen doch noch ein einzelnes vollkommen unbebrütetes Ei unseres Vogels, welches er nachträglich gefunden hatte. Auch lieferte er nach einiger Zeit zwei junge Kraniche auf dem Gutshofe ab, von denen einer vorzüglich gediehen sein soll. Im Spätsommer sollen die Kraniche, nach mir gemachten Mittheilungen, oft in starken Scharen in die Erbsenfelder kommen und dort ziemlich arge Ver- heerungen anrichten. Andere Bewohner des Wierschutziner Moores sind die Bekassine, Galli- nago gallinago L., der Kiebitz, Vanellus vanellus L., und der r oth sehen k- lige Wasserläufer, Totanus totanus L., die wohl sämtlich hier brüten. Die Rothschenkel flogen bei unserer Annäherung schon von weitem vom Boden auf und warnten mit ihren charakteristischen Flötentönen die übrige Vogel- welt. Die Kiebitze hatten noch am 12. Mai frische Eier, ein Zeichen, daß sie auch hier in dieser abgelegenen Gegend vor den Verfolgungen der Menschen nicht sicher sind. Den Kiebitz und den Rothschenkel fand ich ferner als Brutvogel auf der im nördlichen Theile des Zarnowitzer Sees gelegenen kleinen Insel, wohin wir bei prachtvollem Frühlingswetter am 14. Mai eine Segelbootfahrt von Nadolle aus unternahmen. Da die Entfernung beinahe 6 km beträgt, und der Wind immer mehr abflaute, hatten wir schließlich zu thun, unser Ziel zu erreichen. Die kleine Insel ist ganz flach, fast ringsum von Rohr und Schilf umgeben. Sie ist nur mit einer Grasdecke überzogen, kein Baum oder Strauch ladet die über den See fliegenden Landvögel zu einer Ruhepause ein. Fluß- seeschwalben, Sterna hirundo L., flogen in einer Anzahl von etwa 30 Exemplaren über der Insel und ließen ihre kreischende Stimme ertönen. Sie sind jedenfalls hier Brutvögel. Wenngleich wir beim späteren Absuchen der Insel noch keine Eier fanden, so schien es mir doch, als wenn bereits einige leichte Vertiefungen, die wir in dem feuchten Sande fanden, von den See- schwalben zur Anlage der Niststätte hergerichtet waren. Die Lachmöve, Larus ridihundus L., bemerkte ich Anfang April in einzelnen Exemplaren über dem See, ich glaube aber nicht, daß sie im Gebiet des Zarnowitzer Sees brütet, denn der Brutplatz, der Mitte Mai doch bestimmt besetzt gewesen wäre, dürfte mir kaum entgangen sein. Nach einer Weile, bevor wir sozusagen auf der Rhede vor Anker gingen — wegen des flachen Ufers mußten wir das Segelboot etwa 30 m vom Ufer entfernt verlassen — , stiegen einige Rotschenkel mit ihrem nicht zu ver- kennenden Ruf Didel — lidel — lidel — lidel u. s. w. von der Insel aus in die Lüfte. Obwohl man nun mit ziemlicher Sicherheit annehmen konnte, daß 10 92 diese Yögel hier brüteten, wollte ich mir doch hierüber, wenn es irgend ging, Gewißheit verschaffen. Ich richtete denn, während meine Begleiter nach Enten- und Wasserhühner-Nestern suchten, meine Aufmerksamkeit lediglich auf das Suchen nach Rothschenkel-Nestern. Meine Ausdauer wurde auch belohnt, denn nach einiger Zeit fand ich unter dem Grase in einer Vertiefung, von einem Grasbüschel überdeckt, ein Nest dieses Vogels mit 4 wenig an- gebrüteten Eiern. — Auch der Kiebitz war hier wieder Brutvogel, und zwar wurde ein ganz eigenartig angelegtes Nest gefunden. Dasselbe befand sich nämlich nicht auf dem trockenen festen Boden, wo sonst dieser Vogel zu brüten pflegt, sondern über völlig moorigem Grunde auf stehendem Schlamm am Bande der Insel. Man sank an der betreffenden Stelle beinahe bis zu den Knieen in den Morast ein. Der Kiebitz hatte aber so viel Hälmchen und Würzelchen zusammengetragen, daß die Eier völlig trocken dalagen. — Im Uebrigen fanden wir noch eine ganze Anzahl Nester vom Schwarzen Wasserhuhn, Fulica atra L., (meist mit 8 Eiern belegt), welcher Vogel auf dem Zarnowitzer See recht häufig zu sein scheint, und ein Märzentennest Anas hoschas L., mit 3 Eiern. An dem kiesigen nordwestlichen Ufer des Sees sah ich mehrere Male den Halsbandr egenpfeifer, Charadrius hiaticula L., von dem wir ein Exemplar erlegten, um uns über die Art völlige Gewißheit zu verschaffen. Da wir die Vögel z. Th. bereits einzeln, und zwar noch Mitte Mai hier antrafen, so ist die Annahme wohl berechtigt, daß dieser Vogel hier ebenfalls zur Brut schreitet. — Der Goldr egenpfeifer, Charadrius pluvialis L., hier irrthümlich Brachvogel genannt, kommt sowohl im Frühjahrs- wie im Herbstzuge ziemlich häufig hier vor. Noch am 3. Mai ließen sich in diesem Jahre drei Stück dieser Art auf einer Brache bei Burgsdorf sehen, von denen ein Exemplar geschossen wurde. Man theilte mir mit, daß der Vogel ebenfalls im großen Wierschutziner Moore brüte. Ich habe deshalb bei unseren mehrfachen Streifereien durch das Moor besonders nach diesem Vogel ausgespäht, da es von bedeutendem Interesse gewesen wäre, wenn diese Art als Brutvogel für unser Gebiet festgestellt würde. Jedoch habe ich nichts von dem Vogel ent- decken können und muß daher die mir gemachte Mittheilung vorläufig be- zweifeln. Von Enten bemerkte ich auf dem Zarnowitzer See außer der bereits erwähnten Märzente, die neben der Krickente im Sommer und Herbst in ziemlich erheblicher Zahl hier geschossen werden soll, auffällig viel die Schellente, Fuligula clangula L. Am 4. April bemerkte ich mehrere Exemplare dieser Art paarweise beisammen, woraus man schließen muß, daß die Vögel bereits gepaart waren. Dennoch aber erscheint es mir recht fraglich, ob diese Ente hier brütet. Ich habe nichts darüber feststellen können. Im Mai bemerkte ich die Vögel nicht mehr. Von Tauchern scheint nur der Haubentaucher, Podiceps cristatus L., auf dem See zu brüten. Dieser ist allerdings in ziemlicher Anzahl vertreten. 11 93 Er hält sich besonders an der Nordwestseite des Sees (nordöstlich Reckendorf) auf, wo der See am Rande von einem breiten Rohrgürtel eingefaßt wird. An der Ostseeküste bemerkte ich im April außer der Weißen Bach- stelze, Motacilla alha L., die wohl unter dem Dach eines nahe gelegenen Rettungsschuppen brütete, häufiger die Sturmmöve, Larus canus L., ver- einzelt über der See längs der Küste dahinfliegen. Ein Fischer behauptete, daß diese Möve in den Dünen niste, ja daß er selbst schon Eier davon gefunden habe. Wenn auch die Oertlichkeit dieser Angabe nicht zu widersprechen schien, so stehe ich dieser Mittheilung doch äußerst skeptisch gegenüber. Angaben in dieser Richtung von nicht als ganz zuverlässig verbürgten Leuten sind nur mit größter Vorsicht hinzunehmen. Selbst wenn derartige Leute nicht dolos handeln, so irren sie sich doch gar zu sehr und verwechseln die einfachsten Sachen. — Das häufige Vorkommen der Sturmmöve an unserer westpreußischen Ostsee- küste, und zwar auch im Mai und Juni, also während der Brutzeit dieses Vogels, bedarf noch der Erklärung, denn es ist kaum anzunehmen, daß soviel Individuen, wie man z. B. häufig auf der sog. Messinainsel bei Oestlich Neufähr Ende Mai sieht, alle als ungepaarte Exemplare eines Geschlechts umherstreifen. Damit sind meine diesjährigen ornithologischen Beobachtungen im Gebiete des Zarnowitzer Sees erschöpft. Ich hoffe aber, daß ich später diese inter- essante Gegend noch häufiger besuchen kann, um insbesondere auch die vom Zarnowitzer See nordöstlich gelegenen Moore und Brücher kennen zu lernen, in denen doch vielleicht noch irgend ein seltener Brutvogel festgestellt werden kann. 94 Botanische Erinnerungen aus dem Kreise Deutsch Krone. Von Hermann LÖNS, Hannover. Dis zu meinem achtzehnten Jahre, bis 1884, war ich in Dt. Krone und beschäftigte mich neben Zoologie auch mit Botanik. Mir stand fast gar keine Anleitung zur Seite und auch an Literatur gebrach es mir sehr, da die Gymnasialbibliothek so gut wie keine naturwissenschaftlichen Bücher enthielt. Meine Kenntnisse erstreckten sich darum nur auf besonders auffallende und leicht bestimmbare Arten. Da aber meines Wissens bei Dt. Krone wenig ge- sammelt ist, und da die Flora Valciensis von Professor Dr. Krause schon zu meiner Zeit ganz veraltet war, so haben diese Erinnerungen aus der Knaben- zeit vielleicht einigen Werth für die Floristen Westpreußens, wenn auch nur den, daß sie zu planmäßigem Sammeln anregen. Und das verdient die Umgegend der hübschgelegenen Stadt, denn sie ist vielgestaltig in ihren geologischen Formationen und besitzt deshalb eine reiche Flora. Allerdings will es mir so Vorkommen, als ob manche Pflanze nicht urwüchsig sei, sondern angepflanzt ist. Die Seeabhänge des Buchwaldes haben einige Arten, die einen subalpinen Charakter tragen und mehr der mittel* und süddeutschen Flora angehören. Da ich aber die Flora des übrigen West- preußens und seiner Nachbargebiete fast garnicht kenne, so mag das nur eine Yermuthung sein. Zu diesen mir fremd vorkommenden Pflanzen der Uferflora des Buch- waldes gehören Thalictrum aquilegifolium L., die schönste und eleganteste unserer Wiesenrauten — sie war nicht selten im Erlengebüsch des Seeufers — , ferner Aquilegia vulgaris L., die am Abhange des Buchwaldes nach der Seufzerlaube hin mehrfach vorkam, und die ich sonst bei Dt. Krone nicht fand, und schließlich Dianthus superhus L., die den Standort von Thalictrum aquilegifolium L. theilte. Auch Filipendula hewapetala GiLiB., die an dem alten Scheibenstande vor dem Buchwald vorkam, kam mir immer etwas exotisch vor. Dieser alte Scheiben- stand war auch der mir bekannte einzige Standort von Orchis morio L , die schon zu meiner Zeit von den Zwangsbotanikern des Gymnasiums ausgerottet wurde. 1 95 Der Buchwald beherbergte von interessanteren Gewächsen ferner noch Turritis glahra L. auf kahlen, lehmigen Stellen, in Birkenstangenörtern an der linken Seite Ledum palustre L., Saxifraga granulata L. auf steinigen Blößen, und eine Scorzonera spec. im Buchenstangenholz in der Nähe der Seufzerlaube, und mehrere Pirola-kvim. Von dieser Gattung fand ich im ßuchwald, Klotzow und in den Sagemühler Kiefern folgende Arten: Pirola chlorantha Swartz, P. rotundifolia L., P. media Swartz, P. minor L., Ramischia secunda .Garcke und Chimophila umbellato Nütt. Nur von letzterer weiß ich den Standort noch, rechts vorn in den Sagemühler Kiefern, bei den übrigen weiß ich den Standort nicht mehr genau. Im Buchwald kamen ferner vor Pulmo- naria angustifolia L., aber viel seltener wie die gemeine Art, Melampyrum nemorosum L , Daphne Mezereum L., Plathantera hifolia Rchb. und Paris quadri- folia L. Der durch den Stadtsee vom Buchwald getrennte Klotzow beherbergte einige Arten, die dem Buchwald fehlten; so wuchsen an sandigen Gräben Pulsatilla vulgaris Mill., P. pratensis Mill. und P. vernalis Mill. neben den Charakterpflanzen dieser Sandwege Viola arenaida DC. und Änthericum ramo- sum L. Am Stadtseeufer wuchsen häufig Äctaea spicata L., Rhamnus cathar- tica L., Rihes nigrum L. und Humulus Lupulus L. Am kleinen Radunsee wuchs Calla palustris L., an einer lehmigen Stelle unter Buchen fand sich noch Asperula odorata L., Anemone ranunculoides L., Daphne Mezereum L. und Adoxa moschatellina L., vor der Försterei am Seeufer noch Origanum vulgare L. Die Sagemühler Kiefern beherbergten wieder einige Pflanzen, die ich sonst nicht fand, so Cirsium oleraceum Scop., Vincetoxicum officinale Moench, links von der Chaussee an der linken Seite des kleinen Sees im Schlehen- gebüsch, Ranunculus Lingua L. am Ufer desselben Waldsees und Polygonum Bistorta L., ferner noch Daphne Mezereum L. und Paris quadrifolia L. Eine sehr interessante Flora muß Viermühlen haben. Ich fand an einem Morgen dort in einem Bachthale Anemone ranunculoides L., Adoxa moscha- tellina L., Lathraea squamaria L. und Lycopodium complanatum L. Letzteres sandte ich dem Provinzial-Museum, da ich es nicht bestimmen konnte. Von Pflanzen, die mir sonst noch auffielen, erwähne ich ein kleines, gelb- blühendes Thalictrum, ob simplex L. oder minus L., weiß ich nicht, das mit Gratiola officinalis L. auf einer Wiese an einem Tümpel zwischen der Chaussee und dem Weg nach Gut Mariensee häufig war, Ranunculus Lingua L., der verbreitet war, Anthyllis vulneraria L. am Lehmabhang des Galgenberges, Sedum holoniense Loisl. und S. reflexum L., deren Standorte mir entfallen sind, Aster salicifolius Schott am Seeufer, Asperugo procumhens L., intermittirend an Gartenhecken, Lysimachia thyrsiflora an Seeufern, Stratiotes aloides L. in versumpften Gräben und Seebuchten, Epipactis palustris Crantz am Stadtsee, Ornithogalum umhellatum L. in Grasgärten, Petasites officinalis bei der Stadt, und ein Botrychium^ das ich nicht näher bestimmte, am Stadtseeufer vor dem Buchwald. 2 96 Trollius europaeus L. und Pinguicula vulgaris L. fand ich in frischgepreßten Stücken mit der Fundortsbezeichnung ,,Kroner Fier‘‘ in dem Herbarium eines Mitschülers. ’ Ich selbst kam in die Gegend nicht. Auffallend war mir — doch bitte ich, meine mangelhafte Kenntniß der Flora der Provinz zu berücksichtigen — das Fehlen folgender sonst sehr ver- breiteter Gewächse: Clematis Vitalha L., aller Corydalis-KYiQn^ Impatiens Noli tangere L., Ononis spinosa L., aller Circaea- Arten, Achillea ptarmica h., Vinca minor L., aller Gentiana - Arten, Viscum alhum L., ^agittaria sagittifolia L., Butomus umhellatus L. und Arum maculatum L. An Orchideen kamen meines Wissens nur die gemeinsten Arten vor. 3 97 Gleichgewicht und Stabilität eines schwimmenden homogenen Würfels. Von Professor E. Scheeffer in Danzig. Mit einer Figurentafel. Uas Schwimmen homogener, mehr oder weniger regelmäßiger Körper ist meines Wissens nur in zwei in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten^) eingehender behandelt. In diesen sind auch bereits einige Gleichgewichtslagen des Würfels, sowie deren Stabilität untersucht. Die vorliegende Arbeit soll diese Aufgabe weiterführen und zu einem gewissen Abschluß bringen. In den nachstehenden Ausführungen wird als Flüssigkeit Wasser vom spec. Gewicht 1 vorausgesetzt und das spec. Gewicht des schwimmenden Körpers mit s bezeichnet. Der Kauminhalt des Körpers soll mit Y, der des eintauchenden Theils mit Yj, der des nicht eintauchenden Theils mit Yg be- zeichnet werden und die entsprechenden drei Schwerpunkte mit S Sj Sg. Nach dem Archimedischen Princip ist dann Yj = Ys, Yg = Y(1 — s) = Yö'. Für den Würfel soll die Kante = 1 angenommen werden, also auch Y = 1, Yj = s, Yg = d. Das spec. Gewicht s soll stets >• also < -vorausgesetzt wer- den, denn für s < bleibt Alles unverändert, wenn der eintauchende Körper- Li theil mit dem nicht eintauchenden vertauscht, d. h. wenn 1 — s = statt s ge- setzt wird. I. Gleichgewicht und Stabilität eines geraden Prismas. Jedes gerade (homogene) Prisma hat eine Haupt- oder Schwimmachse, welche die Schwerpunkte der beiden Grundflächen verbindet und den Seiten- kanten parallel ist. Es schwimmt in aufrechter Lage (d. h. bei vertikaler 1) G. SCHÜLEN (in Erlangen): „Das Scliwimmen, theilweise von einem neuen Stand- punkt aus bearbeitet“ in Hoffmann’s Zeitschrift f. math. u. natnrw. Unterricht, Jahrg. 31, Heft 7, 8. Jahrg. 32, Heft 2. E. Scheeffer: „Ueber stabiles Schwimmen homogener Körper“ Programmschrift des Realgymnasiums St. Johann in Danzig. Ostern 1902. 1 7 98 Hauptachse) im Gleichgewicht, da die drei Schwerpunkte S Sj Sg in derselben Vertikallinie liegen. Jede neue Gleichgewichtslage kann mit Hülfe äußerer Kräftepaare durch Drehung des Prismas um eine horizontale Achse von konstanter Dichtung er- reicht werden. Der veränderliche Drehungswinkel sei cp. Der Körper gelangt dabei nach einander in drei wesentlich verschiedene Drehungsgebiete. Im ersten wird keine der Grundflächen, im zweiten eine, im dritten werden beide Grundflächen vom Wasserspiegel durchschnitten. Stellt Fig. 1 die obere Grundfläche vor, 0 ihren Schwerpunkt, A 0 B die Richtung der Drehungs- achse und ist C 0 D J|_ A 0 B, so müssen in der neuen Gleichgewichtslage (^ — g)j) die Schwerpunkte Sj Sg in der durch C D gelegten Vertikalebene liegen, d. h. das statische Moment von V^ oder Vg für diese Ebene muß gleich Null sein. Dies ist die 1. Gleichgewichtsbedingung. 1. Sie wird in verschiedenen Gleichungen zum Ausdruck gebracht, je nach- dem das Prisma sich im 2^^^ oder 3^®^ Drehungsgebiet befindet. Wie man leicht einsieht, wird für das Drehgebiet, wenn 0 C als (+ x) Achse, 0 B als (4-y) Achse angenommen und ein Element der Grundfläche (mit den Coord. xy) durch df bezeichnet wird, das statische Moment von Vg 2. Liegt das Gleichgewicht im 2^®^ Drehungsgebiet, so werde die obere Grund- fläche (Fig. 1) in der Geraden MN ( || AB) vom Wasserspiegel durchschnitten. Wird P, der Schnittpunkt von COD und MN, jetzt als Coordinatenanfangs- punkt angenommen, so wird bei derselben Richtung der Coordinatenachsen die 1. Gleichgewichtsbedingung 3. wo nun über die Fläche M N A C B zu integriren ist. Für das 3^® Gebiet endlich möge Mg Ng die Projektion der Wasserschnitt- linie M^ Ni der unteren Grundfläche auf die obere und Pg ihren Schnittpunkt mit C D bezeichnen. Dann lautet die I. Gleichgewichtsbedingung 4. wo die Summe / wie in 3, die Summe / aber auf die Fläche Mg Ng C und ./ 1 .7 g . den Coordinatenanfangspunkt Pg zu beziehen ist. In der Gleichgewichtslage des Prismas müssen die drei Schwerpunkte S Si Sg aber auch in der durch A B (Fig. 1) gelegten Vertikalebene liegen, d. h das statische Moment von V;^ (oder Vg) für diese Ebene muß gleich Null sein. Dies ist die II Gleichgewichtsbedinguug. 5. 2 99 Üm sie zu formnliren^ bestimmen wir für einen beliebigen Drehungswinkel q) (C cpi) das statische Moment von V^. In Fig. 2 sei Z Z die Yertikallinie, die mit der Hauptachse S 0 den Drehungswinkel g) bildet und S S seien die Projektionen von Sg auf die 1 2 1 1 1 Ebene der Zeichnung. Wird und Pg senkrecht zu Z Z gezogen, Pj mit mj, Pg mit mg bezeichnet, so sind mj == mg Yg die statischen Momente, die in der Gleichgewichtslage verschwinden müssen. Wird Q ( _L 0 S ) mit q und S Q mit p bezeichnet, so ist nach bekannter Coordinaten-Transformation mg = q cos g) — p sin 9 folglich die II. Gleichgewichtsbedingung: mg Yg = mj Yi = Yg (q cos g)^ — p sin =0 6. Das statische Moment m^ Yj ist zugleich das Drehungsmoment des wirken- den Kräftepaars (der in S nach unten wirkenden Schwerkraft und des in Sj nach oben wirkenden Auftriebes) für die mit A B (Fig. 1) parallele Drehungs- achse. Hat dieses beim Yerschwinden (also beim Durchgänge durch die Gleichgewichtslage) den Zeichenwechsel -|- — , so ist 7. das Gleichgewicht labil, im entgegengesetzten Falle für diese Achse stabil. Man kann dies auch dahin aussprechen, daß in der stabilen Gleichgewichtslage die kleinste Aenderung des Drehungsmoments, d. h. also der Differentialquotient von m^ Yj (nach g) genommen) positiv, im labilen Gleichgewicht negativ ist. Ist ersteres für alle horizontalen Achsenrichtungen der Fall, so findet voll- kommene Stabilität statt. Diese Bedingung für die Stabilität hat zuerst Duhamel in seinem Lehrbuch der Mechanik in folgende Form gebracht: T — Yj e^ )> 0 (DuHAMEL’scher Satz). 8. Hierin ist T das Trägheitsmoment des Wasserschnitts ^) für jede durch seinen Schwerpunkt gehende Drehungsachse und e^ = SSj. Natürlich ist diese Bedingung für alle Schwerpunktsachsen erfüllt, wenn sie für die Achse des kleinsten Trägheitsmoments erfüllt ist. Zum Zweck der Bestimmung des letzteren in den einzelnen Fällen werden hier folgende Sätze vorausgeschickt und bewiesen: Erster Satz. Hat eine ebene Figur eine Symmetrieachse 9. und für diese und irgend eine andere Achse (Aj) gleiches Trägheitsmoment, so hat sie für alle durch den Schnittpunkt 0 der beiden ersteren gehenden Achsen auch dasselbe Trägheitsmoment. Beweis. Das Trägheitsmoment für die Symmetrieachse (X-achse) sei Tx , das T. M. für die in 0 auf ihr senkrechte (Y-)Achse Ty und das T. M. für 1) Wasser schnitt soll die Fläche heißen, in der der Körper von der Ebene des Wasserspiegels geschnitten wird. 3 LofC. loö irgend eine mit der X-achse den Winkel co bildende Achse Tw, so erhält man durch Drehung des Coordinatensytems die Gleichung Tw = Tx • cos ^0) 4“ ^0) + sin 2 CO * y • d f wo das auf die ganze Fläche zu beziehende J' xy*df=0 ist, also Tw — Tx • cos ^co -j“ Ty • sin ^co 10. Bildet nun die Achse A^ mit der X-achse den Winkel co^, so ist ebenso Twj = Tx — Tx • cos ^coj -f- Ty • sin ^co^ Hieraus folgt aber Tx = Ty und folglich (aus 10): Tw— Tx=Ty. w. z. b. w. Zweiter Satz. Von allen die Symmetrieachse einer ebenen Fläche in demselben Punkte schneidenden Achsen haben die Symmetrieachse und die auf ihr senkrechte das größte und kleinste Trägheitsmoment der Fläche. 11. Beweis. Unter Beibehaltung der Bezeichnungen des ersten Satzes gilt auch hier für eine beliebige Achse (co) die Gleichung 10. Tw — Tx • cos ^co 4“ Ty • sin ^co Soll Tw ein Minimum oder Maximum sein, so muß der erste Differential- quotient (nach co) verschwinden, also (Ty — Tx) • sin 2 co = 0 sein. 11a. Diese Gleichung hat für 0 co 180® die beiden Lösungen co = 0 (oder 180®) und co = 90® oder (11a) Tw = Tx und Tw = Ty. w. z. b. w. In der Folge soll ein Gleichgewicht nur dann kurz mit labil bezeichnet werden, wenn es für alle Schwerpuuktsachsen des Wasserschnitts labil ist (all- seitig labil). Ist das Gleichgewicht aber für die Drehungsachse stabil, für die darauf senkrechte Achse labil, so soll es teilweise stabil (tw. st.) und im umgekehrten Falle teilweise labil (tw. 1.) genannt werden. II. Der Würfel im ersten Drehungsgebiet. Aus den beiden anfangs erwähnten Schriften ist Folgendes zu entnehmen : 1) Wenn s zwischen 1 und 0,7887 ^genau:^4“ oder zwischen 0 und 0,2113, so schwimmt der Würfel auf- recht stabil. 12. 2) Wenn s zwischen 0,7887 und 0,7735 (genau: 1 (^4 \ T ; oder zwischen 0,2113 und 0,2265, so schwimmt er aufrecht labil, schief stabil. 13. Die schiefe Lage wird durch Drehung um eine beliebige horizontale Achsenrichtung erreicht. Bestimraungsgleichung für den Drehungswinkel 9, : tg ^ g)i = 12 s (1 — s) — 2. 14. 101 3) Wenn s zwischen 0,7735 u. 0,7500 oder zwischen 0,2265 u. 0,2500, so schwimmt er aufrecht 15. labil, schief stabil. Die schiefe Gleichgewichtslage wird durch Drehung um eine horizontale Achsenrichtung erreicht, die mit einer Kante den Winkel eo bildet. Obere Grenze für co: Bestimmungsgleichung für wie in 2). 4) Wenn s zwischen 0,7500 u. 0,5000 oder zwischen 0,2500 u. 0,5000, so schwimmt er aufrecht 17. labil. III. Der Würfel im zweiten und dritten Drehungsgebiet. Im zweiten und dritten Drehungsgebiet ist der Wasserschnitt der Gleich- gewichtslage ein Dreieck, Viereck, Fünfeck oder Sechseck. Das Viereck ist ein Eechteck, wenn die Drehungsachse einer Würfelkante parallel ist, andern- falls ein Trapez. A. Der Rechteckschnitt. Diesen Fall hat Schülen (a a. 0.) für ein quadratisches Prisma be- handelt, dessen Drehungsachse einer Quadratseite parallel ist. Die Anwendung auf. den Würfel ergiebt mit Rücksicht auf die Grenzbedingungen folgende von einander verschiedene Gleichgewichtslagen (0 g)^ ^45®): 1) Wenn s zwischen 1 u. 0,8750 oder zwischen 0 u. 0,1250 theilw. labil 18. (91 = 45») 2) s zwischen oder zwischen 0,1250 u. 0,2500 labil 19. = 45») 3) 8 zwischen 0,7500 u. 0,7187 oder zwischen 0,2500 u. 0,2813 theilw. stabil, labil (5P,<45») (y, = 4 Der Drehungswinkel cp^ für die erstere Lage ist 1 für die erstere Lage ist bestimmt theilw. stabil, labil 20. (9^, <45«) (9^1-45«) — 16 s — 7 — 3]/32s — 23/ 16 (1 — s) \ oder zwischen 0,2813 u. 0,5000 5 teilw. stabil 22. (cp, = 45«) 102 B Der F üufeck schnitt. Iii Fig. 3 sei (entsprechend Fig. 1) M N die Wasserschnittlinie der oberen Grundfläche E F G H, 0 ihr Schwerpunkt^ A B || N die Richtung der Drehungsachse, C D AB, so ist die Bedingung dafür, daß die Schwerpunkte S Sj Sg in der durch 0 D gelegten Yertikalebene liegen, (s, 2)1 xy . d f=0, wo die Integration über die Fläche N M H E F auszudehnen ist und die (+ x) und (+ y) Achse die Richtungen wie in Fig. 1 haben. Diese Bedingung kann leicht in folgende umgeformt werden*): 28. wo nun P D die (+ x) Achse, P M die (+ y) Achse und die Integration über die Fläche N M G auszudehnen ist. Wird der kleinere N der beiden Dreieckswinkel N und M mit co be- zeichnet (also a) ) R Bildet man nun (in 46) den Differentialquotienten von — , setzt in der Paranthese (aus 40, 49, 50) die Werthe ein und reducirt, so wird 2y ) i +5y + Uf i- 32y^+60y^ + 52 - 20 y« | * I - 60y^- 33 y« + I9y«-2y^« ) 2y ( 1 + 5y + 14y^ + y^ (32 - 20 y^) + 60 y" (1 - y^) 2y) R 74 49. 50. 51. (R )' ^ yl * I +y^(52 - 33y^) + yMl9- d. i. aber stets positiv (für y zwischen 0 und l), also nimmt auch wachsendem y zu. yl ^ R 52. mit 53. Da die Größen y und — mit wachsendem y zunehmen und selbst positiv 74 sind, so muß (s. 46) auch J beständig zunehmen. 54. Aus 44 folgt: (T = 73 3 74 Vr = 1 . 1/z' . 3 r 74 ’ 74 Dieser Ausdruck ist nach dem Vorhergehenden stets positiv und nimmt zu. Folglich müssen die beiden Curvenäste mit wachsendem y sich immer w^eiter von einander entfernen. 55. Aus 45 und 55 geht hervor, daß von den Wurzeln der Gleichung ^(0, y) = 0 bei konstantem erste (kleinste) auch (die einzige) Wurzel der Gleichung = u, alle folgenden dagegen Wurzeln der Gleichung ö = u sein müssen. Um den Verlauf von q- zu erkennen, differentiireu wir die Gleichung (ö'y) — 0 nach y: r (y) + ö'.r ((;):= 0 .f __ -F' (y) woraus Aus 42 folgt oder (40) P'(i) zwischen der Wurzel von q- = o" und der ersten Wurzel von ^ — a wenigstens einen Zeichen Wechsel und zwar — + erleidet. 67. Wieviel weitere Zeichenwechsel der Funktion f (y) eintreten können, soll nun untersucht werden. Bildet man aus 62 die abgeleiteten Functionen (bei konstantem a) und bestimmt für jede das Vorzeichen des Anfangs- (y = 0) und des Endwertes (y = 1), so weit es möglich ist, so erhält man mit Unter- drückung des positiven Zahlenfactors: f(y)= (72g^-36g + 4) + (15-72 g) y + (9 -f- 36 g) y^ — 20 y3 — 12 y^ + 21 y'^ — 5 f ? — f'(y) = (5 - 24 g) + (6 + 24 g) y - 20 yM6 yä + 35 y‘ - 10 y^ ? 0 f"(y) = (3 + 12 - 25 y" + + f "(y) = — 10 — 24 y + 105 y2 — 50 y^ f"^(y) = f'^Cy) = — 4 + 35 y — 25 y^ — + 7-lOy + - 12 109 Wie aus vorstehender üebersicht hervorgeht, hat zwischen y — 0 und y “ 1 f"(y) 1 Zeichenwechsel + — f'^(y) 1 77 — + f'"(y) 1 77 — + f"(y) nicht mehr als 2 V + - + . f'(y) „ » » 2 77 - + — f(y) >, o >, 3 V + - + — 68. letzte Maximalzahl vermindert sich auf 2, da f am Anfänge negativ^) ist ( — -1“ — )• Da nun nach 67) der erste dieser beiden Zeichen- wechsel bereits zwischen der Wurzel von ö* = ö* und der ersten Wurzel von ^ — ö* liegt, so kann f und folglich auch u' außer diesem nur noch einen Zeichenwechsel + — haben. Die Curve ^ kann daher zwischen y = 0 und y = 1 nur ein Maximum, aber kein Minimum haben. Sie hat bis auf etwaige Zeichenwechsel des zweiten Differentialquotienten die Gestalt C H D in Fig. 5. Hierin ist A ß die (-|- y) Achse, A K die (+ ö*) Achse, A C = B D = (Xj = y (3 - i2) = 0,2265 (s. 45). 69. Die größte Ordinate H G = E B werde mit (Tm bezeichnet. Durch An- wendung einer Näherungsmethode fand ich (Tm = 0,2377 und den zugehörigen Werth von y zwischen 0,5969 und 0,5970. 69a. Jetzt soll die Grenzbedingung 37 berücksichtigt werden: (2 — x) ö* z oder, wenn 1 — x — y und z = yg gesetzt wird: 6 (1 + y) < 73 69a. Diese Bedingung ist für ^ und für zu untersuchen. Für a — ^ ergiebt sich (aus 44) (i + y) (73 — tR) oder 0 < — (] + y) 73 + 0 + y) ^ R 0<2y^ + (l +y)l/R^ Diese Bedingung ist stets erfüllt. Für a — a dagegen ergiebt sich (44, 69a) die Bedingung (1 + y) (yy+ tRX 74 oder (1 4-y) ]/R < 2y5 und wenn die beiden (positiven) Seiten quadrirt werden und (49) R = y^ • u gesetzt, (1 + y)^ • y^ u 4 y®, also (den Werth für u eingesetzt) (1 + y)^ • (1 + 2 y -|- 3 y^ + 4 y^ + 3 y^ — ^ y^ + y^) 0. 12 • cos g)^ •Jede der drei Gleichgewichtslagen (71) ist daher für die Symmetrie- achse stabil. 75. Da (nach 69 und 69 a) — 0,2265 und öm = 0,2377, also die zugehörigen Werthe s^ = ^ — 0,7735 und Sm = 0,7623, so ergeben sich aus 71 und 75 für den Fünfeckschnitt folgende Gleichgewichtslagen: 1) Wenn s zwischen ^ 0,8333 und 0,7735 oder zwischen 0,1667 und 0,2265 liegt, so hat der Würfel eine teilweise labile Gleichgewichtslage. 76. 2) Wenn s zwischen 0,7735 und 0,7623 (sm) oder zwischen 0,2265 und 0,2377 ((/m) hegt, so hat er eine stabile und eine teilweise labile Lage. 76a. Die Bestimmungsgleichung für den Drehungswinkel ist für beide Fälle (31. 40, 44) 6 0- }/ T lg fpi = Ja wo ~ {2 — x)^ — 2 • (1 — x)^, y^ = (2 — x)^ — 2 (1^ — x)^, und x eine zwischen 0 und 1 liegende Wurzel der Gleichung — jg • ]/ Vg — + 2 jg y^ (1 — x) = 6 ö'y4 ist. C. Der Dreieckschnitt. Im vorigen Abschnitt (B) wurde gezeigt, daß, wenn der Wasserspiegel von der oberen Würfelfläche ein Dreieck abschneidet, letzteres in der Gleich- gewichtslage ein gleichschenkliges sein muß. In dem vorliegenden Falle tritt dies in jeder der drei oberen Flächen ein, folglich ist der dreieckige Wasser- schnitt senkrecht zu einer Würfeldiagonale. Die beiden Gleichgewichts- bedingungen sind dann von selbst erfüllt, es ist daher nur die Frage der Stabilität zu untersuchen. 15 112 Ist X die Kathete des abgeschnittenen Dreiecks, so ist der über dem Wasser befindliche Würfeltheil eine reguläre gerade S-seitige Pyramide mit der Grund- / — X / — kante x y 2, der Höhe h = — y 3 und dem Rauminhalt Yg — -g- = ö. 77. Der Schwerpunkt der Pyramide hat von der Spitze die Entfernung y^ 3, folglich ist )/3 X" 12 (‘ - 1) 78. und (1) V2 62 = V, 61 Das Trägheitsmoment eines gleichseitigen Dreiecks (mit der Seite a) hat für alle Schwerpunktsachsen denselben Werth, nämlich T = gg ^ da a = X T = || • / 3 79. Aus 2 und 3 folgt also T - V. f’ (i - J) o (, - ,) y-ir d. i. aber 0. Folglich ist nach dem DuHAMEL’schen Satze das Gleich- gewicht allseitig labil. . 80.. 1 5 Als Grenzbedingung für s ergiebt sich aus 1) ö oder s ^ — (für s > - } und s < * (fi„. s < t j 81, D. Der Trapezschnitt. Fig. 6 stelle Fig. 1 für den vorliegenden Fall dar. Yon der oberen Grundfläche E F G H wird das Dreieck E M N abgeschnitten, in dem der kleinste Winkel E M N (<^ 45®) mit o) bezeichnet ist. E Mg Ng sei die Pro- jection des von der unteren Grundfläche durch den Wasserspiegel abgeschnittenen Dreiecks Ej Mj Nj auf die obere Grundfläche. Wird E M mit Xj, E^ = E Mg mit Xg (<^ Xj) bezeichnet, so ist der nicht eintauchende Theil des Würfels ^1 eine abgestumpfte 3seitige Pyramide mit den Grundflächen g^ ~ — tg co, gg == -^ tg €0 und der Höhe h = 1. Das Yolumen dieses Körpertheils ist: ^2 = y (gl + )/gi g2 + 82) = ^ (^I + X2 + Xä) tg w ~ a oder was der Bedingung 101 widerspricht. Und für t = tg erhält man aus der Bedingung Xi i V,) = (« — y) (n^ + -^ u — 3 ff ) = deren reelle Wurzeln = Y Uo = •2 4 Aus 96 folgt ferner v^ = 6 (X — 3 u^ 48 (X — 1^ sind. 103. 104. 105. ~ 106. wo die Quadratwurzel mit dem absoluten Werthe zu nehmen ist. Die bereits oben benutzte Grenzbedingung 0 Xo Xj 1 soll nun zu- nächst auf die Wurzel u = Ug angewendet werden. und aus 93: — u-f-y6(X — 3u‘ Xo — u y 6 (X — 3 u‘ Die Bedingung X2 ^ 0 ergiebt nach 106 und wenn hierin u = Ug (104) gesetzt wird, (X >• Die Bedingung Xj 0 also das Gleichgewicht stabil. 24 121 Da für s = der Sechseckschnitt in den Dreieckschnitt übergeht, so findet dieses stabile Gleichgewicht für oder 2 6 IV. (< 45®). A. Für die schiefe Gleichgewichtslage des ersten Drehgebietes ist die Bestimmung des Drehungswinkeis aus Abschnitt II (13 — 16) zu ersehen. ^) Hier fallen zwei Gleichgewi clitsarten zusammen. 2) Hier fallen vier (bezw. zwei) Gleichgewichtslagen zusammen und das teilweise stabile Gleichgewicht ist auf eine der beiden Drehungsrichtungen beschränkt. 3) Hier fallen unendlich viele Gleichgewichtsarten zusammen. b Die Stabilität bleibt bestehen, wenn der Würfel beliebig weit um seine Schwimm- achse gedreht wird. 26 123 ß. Für den Recbteokschnitt ergiebt sich aus UI A 20, 21, wenn darin to statt gesetzt und der Drehungswinkel nun mit (p\ bezeichnet wird, eine labile (teilweise stabile) Gleichgewichtslage, wenn 0,7600 ^ s > 0,7187 oder 0,2500^8 <0,2813 tg m 16 s — 7 — 3 ]/ 32 s — 23 (für s > I) 16(1 — s) C. Der Trapezschnitt bildet mit zwei znsammenstoßenden Würfelflächen eine rechtwinklige körperliche Ecke, und es ergiebt sich daher mit Hilfe der sphärischen Trigonometrie aus Abschnitt III D tg CO ]/ 2 • cotg (f^ oder tg co = }/ 24 u — 3 tg g)J — — ^ — oder tg w\ — 1^24 a — 2 Specifisches Gewicht: 0,8750 ^ s ^ 0,8333 oder 0,1250 < s <2 0,1667 Das Gleichgewicht ist labil (teilweise stabil). D. Für den Fünfeck schnitt ergiebt sich ebenfalls mit Hilfe der sphärischen Trigonometrie aus Abschnitt HI B. tg CO = y 2 tg oder tg co = ^ ^ Js tglP} = Vl+2cotg^ oder tg yj = V 36 Das Nähere (über s und y^) ist aus 76 und 76a zu ersehen. Druckfehler-Berichtigung. S. 102. Z. 4 von unten lies: 4 f2 statt ö •— V2. S. 103. Z. 10 u. 14 von oben lies: w statt co. S. 105. No. 45 letzte Zeile lies: 0,2265 statt 2265. S. 110. Z. 14 von oben lies: o;, (x) — er statt (X (x). 27 124 Die Chirurgie des Herzens. Voi'trag, gehalten in der Naturforschenden G-esellschaft am 21. Novembe 1 Von Professor Dr. BAßTH in Danzig. Unter dem Schutze der aseptischen Wundbehandlung, die den Wund- verlauf nach Verletzungen und operativen Eingriffen seiner schlimmsten Gefahr, der Wundinfection, entkleidet hat, sind die Aufgaben der Chirurgie in ganz ungeahnter Weise erweitert und verschoben worden. Ein ganzes Heer von Verletzungen, Schäden und Erkrankungen der inneren Organe ist dem Messer des Chirurgen zugänglich geworden, und ungezählte Kranke, die ehedem bei den unzulänglichen Mitteln einer internen Behandlung verloren gewesen oder einem traurigen Siechthum anheimgefallen wären, verdanken heute dem recht- zeitigen, entschlossenen Eingriff des Chirurgen ihr Leben oder ihre Gesundheit. Es giebt heute kein Organ des menschlichen Körpers, welches nicht seine Chirurgie hätte, wenn wir darunter die Lehre von den wissenschaftlich be- gründeten und zum Zwecke der Heilung berechtigten Operationen verstehen. Die Chirurgie des Gehirns, der Lungen, der Nieren und der verschiedenen Organe der Leibeshöhle hat sich zu umfangreichen Wissenschaften heraus- gebildet, und es ist nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß heute das Gebiet der internen Medicin zum großen Theil in die Hände des Chirurgen übergegangen ist. Das jüngste Kapitel der Organ -Chirurgie ist die Chirurgie des Herzens. Freilich sind derselben von der Physiologie des Organs sehr enge Grenzen gezogen, sie beschränkt sich fast ausschließlich auf das Gebiet der Verletzungen; nichtsdestoweniger hat sie in den fünf Jahren ihrer Entwickelung die glänzend- sten Erfolge aufzuweisen und sich das Bürgerrecht in der Chirurgie gesichert. Es dürfte Sie interessiren, einen Einblick in dieses jüngste Gebiet meiner Fachwissenschaft zu thun, und sich zu überzeugen, daß das Organ, welches mit einem gewissen Recht als der Sitz des Lebens gegolten, und von den Dichtern aller Zeiten, wenn auch mit Unrecht, als die Stätte des Gemüths, der Leidenschaften und des Charakters besungen und gepriesen wurde, nicht durch blinden Wagemuth des Chirurgen seiner rauhen Hand anheimgefallen ist, sondern, daß folgerichtiges Denken die Lehre von der Unantastbarkeit des Herzens widerlegt und folgerichtiges Handeln die schönsten Erfolge erzielt hat. 1 125 Es ist ihnen bekannt, daß die Verletzungen des Herzens von Alters her als unbedingt tötlich gegolten haben. Ich erinnere Sie da nur an die wunderbare Beschreibung Homer’s, wie Alkathoos, von der Lanze des Idomeneus ins Herz getroffen, stirbt, während der Schaft des Speers von der Pulsation des Herzens erzittert. „Dumpf hin kracht er im Fall, und es steckte die Lanz in dem Herzen, „Daß von dem pochenden Schlage zugleich der Schaft an dem Speere ,, Zitterte. Doch bald ruhte die Kraft des mordenden Erzes^^ — Solche Beispiele aus der klassischen Literatur ließen sich leicht vermehren. Und noch heute ist der Dolchstoß ins Herz der beliebte Gewaltakt, durch den die Helden der Tragödie ihr Schicksal auf der Bühne erfüllen. Daß ein Mensch, dem der Stahl ins Herz gestoßen, sofort stirbt, gilt als so selbstverständlich, daß der Dichter den schnell vor den Augen des Zuschauers sich abspielenden Tod garnicht besser wahrscheinlich machen kann. Auch die Aerzte aller Zeiten bis in die Neuzeit haben an der Tötlichkeit der Herzverletzungen festgehalten. Hippokrates, Celsüs, Galen, letztere auf Grund eigener Beobachtungen, lassen sich in ihren medicinischen Werken hierüber aus- drücklich aus, und ihre Lehren waren ja bis ins späte Mittelalter absolut maß- gebend. Erst im 17. und 18. Jahrhundert fing man an, eigene Beobachtungen zu sammeln, und es tauchen nun Mittheilungen von Fällen auf, in denen eine Herzverletzung erst nach Tagen tötlich endete oder gar zur Heilung führte. Der älteste Fall dieser Art stammt aus dem Jahre 1642 und ist von Idonis Wolf berichtet. Vier Jahre nach der Verletzung durch ein Schwert wurde bei der Section des Betreffenden eine Narbe an der Herzspitze gefunden. Wie es scheint, vermochten solche Beobachtungen die alte Ansicht nicht zu beeinflussen. Und noch im Anfang des 19. Jahrhunderts, nachdem das Interesse für die Herzverletzungen namentlich in Frankreich durch die Arbeiten Larrey’s und Dupüytren’s lebhaft erwacht war und ein größeres Beobachtungsmaterial geliefert hatte, hielt man die Möglichkeit der Heilung einer Herzwunde für höchst fraglich und war geneigt, positive Beobachtungen für Täuschungen anzusehen. Inzwischen suchte man der Frage durch Thierversuche näher zu treten. Man stellte fest, daß das Einstechen einer Nadel in das Herz eines Thieres ohne Schmerzensäußerung ertragen wurde, und daß die Thiere unge- stört am Leben blieben; ja, selbst Verletzungen mit gröberen Instrumenten erwiesen sich nicht als unbedingt tötlich. (Bretonneau 1818, Larrey 1829, Velpeau 1833, Jung 1835.) Die Zahl der Herzschläge war in diesen Ver- suchen im Moment des Einstichs beschleunigt, kehrte aber bald zur Norm zurück. Zweifellos kam man durch diese Arbeiten in der Beurtheilung der Herz- verletzungen einen tüchtigen Schritt vorwärts, aber einen bleibenden Eindruck hinterließen sie, so interessant sie waren, bei den Aerzten nicht. Und so blieb es, bis im Jahre 1868 eine Studie von Georg Fischer in Hannover erschien, die als wirklicher Markstein in dieser Frage gelten muß. In der 2 m That förderte dieselbe ganz überraschende Thatsachen zu Tage. Irischer stützte sich auf das stattliche Material von 401 aus der Literatur zusanimen- gestellten Fällen von Verletzung des Herzens und 51 des Herzbeutels, welche nach Yerletzungsart, anatomischem Sitz, klinischen und pathologisch-anato- mischen Erscheinungen und Endausgang analysirt wurden. 44 Mal handelte es sich um Stichwunden mit Nadeln oder ähnlichen Werkzeugen, 260 Mal um Stich-Schnittwunden mit Messern u. s. w., 72 Mal um Schußverletzungen und 76 Mal um Zerreißung durch stumpfeinwirkende Gewalten, also Quetschung, Erschütterung und dergl. Nur in 26^ der Fälle trat der Tod sofort ein, in 55 % erfolgte er später, nach Stunden, Tagen oder Monaten, in 10,7 % der Herzverletzungen wurde die Heilung sicher constatirt. Darunter befinden sich 12 Heilungen, bei denen fremde Körper längere Zeit im Herzen gesteckt hatten, ohne Beschwerden zu verursachen. 6 Mal wurde eine Nadel, 5 Mal eine Kugel im Herzen nach erfolgter Heilung gefunden und ein Mal ein Dorn. Bemerkenswerth ist dabei, daß der Fremdkörper nicht etwa nur in der Herz- wand, sondern gelegentlich auch in einer der Herzhöhlen bei der Section entdeckt wurde, ohne daß derselbe während des Lebens Erscheinungen gemacht hatte. Dieser Toleranz des Herzens gegen Verletzungen steht auf der andern Seite die Empfindlichkeit desselben gegenüber, denn unter den Fällen, welche unmittelbar nach der Verletzung tötlich endeten, befinden sich solche, welche durch den Stich einer Stecknadel verursacht wurden, einmal sogar, ohne daß die Nadel die Herzwand perforirte. Ob es sich hierbei um die Verletzungen von Herznervenganglien gehandelt hat, ist unsicher. In summa kommt Fischer zu dem Schluß, daß jede Herzverletzung gefährlich ist, daß aber Heilung ein- treten kann, und zwar bei der Verletzung jedes Herzabschnittes, mit Ausnahme der der Vorhöfe. Am günstigsten sind ‘die Stichwunden mit Nadeln oder ähnlichen Instrumenten, dann folgen die Stich-Schnittwunden mit Messern etc., ungünstiger sind die Schußwunden und am ungünstigsten die Rupturen in Folge stumpf einwirkender schwerer Gewalten. Was die Localisation anlangt, sb sind am gefährlichsten die Wunden des linken und rechten Vorhofs, dann folgen die Wunden des linken und die des rechten Ventrikels, am günstigsten sind die der Ventrikelscheidewand und der Herzspitze. Eine Verletzung der Kranzader, d. h. der Ernährungsarterie für das Herz, braucht nicht unbedingt tötlich zu sein, da ein sicherer Fall von spontaner Heilung nach Verletzung derselben beschrieben worden ist. Interessant ist es, daß eine im Jahre 1899 erschienene Arbeit von Loison, welche die FisCHER’sche Statistik in ähnlicher Weise fortsetzt und um 277 Beobachtungen aus der Literatur vermehrt, zu ganz ähnlichen Schlüssen gelangt und fast dieselben Procentsätze für die ein- zelnen Rubriken herausrechnet. Das praktische Ergebniß der FisCHER’schen Untersuchungen für die Chirurgie war ein erstaunlich geringes. Ueber den Aderlaß und allgemeine diätetische Maßnahmen, welche die Blutung aus der Herzwunde zum versiegen bringen und die sich anschließende Entzündung verhindern oder verringern sollten, 127 kam man nicht hinaus, und es ist dies bei dem damaligen Stand der Chirurgie, welche keine Mittel besaß, die Wunden vor einer gefährlichen Infektion zu schützen, immerhin begreiflich. Hatte sich doch kurze Zeit zuvor kein Ge- ringerer als Billroth gegen die Zulässigkeit der relativ gefahrlosen Herz- beutelpunktion bei Herzbeutelwassersucht mit den Worten gewandt: ,,die Para- centese des hydropischen Herzbeutels ist eine Operation, welche meiner An- sicht sehr nahe an dasjenige heranstreift, was einige Chirurgen Prostitution der chirurgischen Kunst, andere chirurgische Frivolität nennen. Vielleicht werden spätere Generationen anders darüber denken ; die innere Medicin wird ja immer chirurgischer, und die Aerzte, welche sich vorwiegend mit innerer Medicin beschäftigen, pflegen die kühnsten Operationspläne zu machen. Es bedurfte erst noch eines weiteren Anstoßes, um die Chirurgen, selbst der antiseptischen Aera, aufzuwecken und zu einer activen Behandlung der Herzverletzungen zu veranlassen. Im Jahre 1884 erschien eine Arbeit von Rose, welche an der Hand von 20 eigenen Beobachtungen nachwies, daß der Spättod nach Herzverletzungen meist durch Nachblutungen in'den Herzbeutel und die pralle Ausfüllung desselben, die sogenannte Herztamponade, zu er- folgen pflege. Rose forderte deshalb für diejenigen Fälle, in denen sich die Compression des Herzens in Folge zunehmenden Blutergusses durch diätetische Maßnahmen nicht verhindern lasse, die operative Eröffnung des Herzbeutels, um das Herz von dem Druck zu entlasten. Das war aber der erste und be- deutsamste Schritt zur Herzchirurgie selbst. Denn was sollte den Chirurgen wohl abhalten, nach kunstvoller Eröffnung des Herzbeutels, falls er der tötlichen Blutung durch Tamponade nicht Herr wird, die direkte Blutstillung durch die Naht der Herzwunde zu versuchen? Wenn das Herz nach der Verletzung durch ein Messer oder eine Revolverkugel weiterschlägt und in einer gewissen Anzahl von Fällen zur dauernden Heilung gelangt: warum sollte es den Nadelstich des Chirurgen nicht vertragen? Und wenn es Fremdkörper wie Nadeln oder gar Bleikugeln durch Monate und Jahre in seinem Muskel schad- los beherbergt hat: warum sollte es den geknoteten Seiden faden des Chirurgen nicht dulden? Aber trotzdem dauerte es fast dreißig Jahre, ehe diese ein- wandsfreie Logik auf das Ergebniß der Fischer’ sehen Untersuchungen an- gewendet wurde. Das Verdienst gehört dem Italiener Del Vecchio, der im Jahre 1895 durch Tierversuche die Zulässigkeit der Herznaht darthat und ihre Anwendung in geeigneten Fällen von menschlichen Herzverletzungen forderte. In der That geht aus seinen und den späteren Versuchen von Bode, Elsberg, Wehr u. a. hervor, däß mau an jeder Stelle der Herzober- fläche unbeschadet die Naht ausführen kann, ohne die Herzaction zu gefährden. Momentanen tötlichen Herzstillstand hat allein die Verletzung des von Kronecker und Schmey entdeckten Bewegungscentrums, welches im Septum auriculorum gelegen ist, zur Folge, und dieses kommt, da es im Herzinneren liegt, für die Nadel des Chirurgen nicht in Betracht. Farina in Rom kam als erster der Forderung Del Vecchio’s nach bei einem Manne, der einen 128 Dolchstich in die linke Herzkammer erhalten hatte. Leider starb der Kranke nach mehreren Tagen an einer hinzutretenden Lungenentzündung. Auch der zweite Fall von Herznaht, welcher Cappelen in Christiania gehört und eben- falls den linken Ventrikel betraf, endete nach drei Tagen tötlich durch Sepsis. Hier war sogar die Unterbringung der verletzten Kranzarterie ohne direkte Folgeerscheinungen für das Herz ausgeführt worden. Fast gleichzeitig mit jenen Fällen und ohne ihre Kenntniß glückte es Kehn in Frankfurt, im Jahre 1896 einen Kranken durch die Herznaht zu retten. Der Fall lag insofern verhältnißmäßig günstig, als sich die Herz- compressionserscheinungen bei dem jungen Manne, der einen Messerstich in den rechten Ventrikel erhalten hatte, sehr langsam ausbildeten. Erst am Ende des zweiten Tages entschloß sich Eehn zur Eröffnung des Herzbeutels und führte die Naht der blutenden Herzwunde aus. Der Kranke, der kurz vorher wegen eines Herzleidens vom Militär entlassen worden war, kam nicht nur zur Heilung, sondern verlor auch seine Herzbeschwerden und ist vollständig gesund und arbeitsfähig geworden. Seit der REHN’schen Veröffentlichung haben sich die Mittheilungen über die Herzchirurgie schnell gemehrt. Im Ganzen ist die Herznaht bis heute 18 Mal ausgeführt worden mit einer Heilungs- ziffer von 50 %. Ich selbst participire an diesen Zahlen mit zwei Fällen, die mir die Anregung zu dem heutigen Vortrag gegeben haben, und über die ich Ihnen folgendes berichten möchte. Am 22. April d. Js. wurde der 28jährige Arbeiter Paul Burandt des Abends nach meinem Krankenhaus gebracht. Er hatte eine halbe Stunde vorher auf der Straße einen Messerstich in die Magengrube erhalten, war noch zwanzig Schritt gegangen und dann zusammen- gebrochen. Es war ein außerordentlich kräftiger Mann, sein Blutverlust war erheblich gewesen, er befand sich in vollständiger Apathie, stöhnte und gab keine verständlichen Antworten. Er sah blaß aus und rang augenscheinlich mit Athemnoth, sein Puls war kaum zu fühlen. Die 2 cm lange Stichwunde führte durch den Schwertfortsatz des Brustbeins, und als ich dieselbe bei der sofort nach seiner Aufnahme ausgeführten Operation erweiterte, um die Quelle der offenbar stattgehabten inneren Blutung zu suchen, gelangte ich nicht, wie ich erwartet hatte, in die Bauchhöhle, sondern nach oben durch eine breite Oeffnung der rechten Brusthöhle und des Herzbeutels an das Herz. Ich ent- schloß mich sofort zu einer Freilegung des Herzbeutels und des Herzens und resecirte zu diesem Zweck den fünften, sechsten und siebenten linken Rippen- knorpel und das angrenzende Stück des Brustbeins. Nun lag die Verletzung vor mir, und nach breiter Erweiterung der Herzbeutelwunde lag das ungestüm pulsirende Herz zu Tage, mit einer 2 cm langen, etwas schräg gestellten Schnittwunde des rechten Ventrikels, welche nur wenig klaffte. Bei jeder Systole entleerte sich Blut in mäßiger Menge. Hinter dem Herzen lagen im Herzbeutel zwei kleinfaustgroße Blutgerinnsel, welche sich leicht entfernen ließen. Mit einiger Mühe wird eine Seidennaht durch die Herzmuskelwund- 5 129 ränder gefülirt, dabei steht das Herz einen Moment still, um dann um so schneller und stürmischer weiterzuschlagen. Die Bewegungen setzen sich aus einer Summe complicirter Einzelbewegungen zusammen, welche sich kaum gegen einander abgrenzen und beschreiben lassen, ein wunderbares Spiel, das den complicirten Mechanismus der Herzaction dem beobachtenden Arzt noch sehr viel verwickelter erscheinen läßt, als er ihm ohnehin bekannt ist. Die Anlegung der folgenden drei Nähte hat keine Schwierigkeit, da die geknoteten Fäden der ersten Naht als Leitzügel dienen und das stürmische Herz für den entsprechenden Moment einigermaßen zu fixiren ermöglichen. Die Blutung steht jetzt vollkommen, die Herzbeutelwunde wird bis auf eine kleine Oeffnung zur Einführung eines Jodoformgazestreifens vernäht, ebenso die Brustfellwunde durch die Naht geschlossen. Die äußere Wunde wurde zum Theil offen ge- lassen. Die ganze Operation wurde bei der Apathie des Patienten fast ohne ' Chloroform zu Ende geführt, es wurden nur im Anfang einige Tropfen Chloro- form verabreicht. — Die Operation war für die darniederliegende Herzthätig- keit von geradezu verblüffender Wirkung. Am Schluß der Operation hatte der Kranke 72 gut fühlbare Pulse. Leider gelang es nicht, den Patienten über die vielerlei Oefahreu, welche aus den Complicationen der Herzverletzung sich entwickelten, hinüberzubringen, es stellten sich unter mäßigem Fieber eine fibrinöse Herzbeutelentzündung und doppelseitige Brustfellentzündung ein, der der Kranke nach 3V2 Tagen erlag. Die gerichtliche Section erwies die Herzwunde vollständig verklebt und in Heilung begriffen. Der Stich hatte die rechte Kammer eröffnet und einen starken Trabekel im Innern des Herzens vollständig und den vorderen Zipfel der dreizipfligen Klappe zur Hälfte durch- schnitten. In beiden Brustfellsäcken fanden sich blutige Ergüsse, während der Herzbeutel fast in ganzer Ausdehnung durch Fibrin mit dem Herzen verklebt war. In dem zweiten Fall, der in der folgenden Nacht nach Mitternacht ein- geliefert wurde, war ich glücklicher. Der 28jährige Mann Otto Orünke hatte sich J/2 Stunde zuvor drei Stichwunden im linken vierten Zwischen- rippenraum mit einem Taschenmesser beigebracht und war ohnmächtig auf- gefunden worden. Die Diagnose der Herzverletzung war hier einfach und - nahezu sicher, der Puls war nicht zu fühlen, der Patient blaß, kurzathmig und etwas cyanotisch, die Herztöne leise, der Spitzenstoß des Herzens nicht zu fühlen. Der linke Brustfellraum war mit Luft erfüllt. In Chloroformnarkose legte ich mit einem hufeisenförmigen Schnitt, der den 4. und 5. linken Rippen- knorpel und das angrenzende Brustbeinstück provisorisch nach rechts hin aufklappte, den Herzbeutel frei, dann wurde die Oeffnung im Brustfell vernäht und die Herzbeutelwunde erweitert. Die Verletzung des Herzens fand sich diesmal in der linken Kammerwand, war 1 cm laug und nicht weit von der Coronar- arterie entfernt. Ob der Stich die Kammer eröffnete, ist nicht sicher, wenigstens war eine stärkere Blutung während der Operation aus der Herzwunde nicht vorhanden. Das ist allerdings nicht beweisend gegen eine perforirende Ver- 6 130 letzung, da sich schmale Wunden durch die dicke und sich in ihrem Faser- verlauf vielfach kreuzende Muskulatur der linken Kammerwand verhältniß- mäßig schnell zu verlegen pflegen. Jedenfalls war der Herzbeutel auch hier hinter dem Herzen mit massenhaftem geronnenem und flüssigem Blut erfüllt, und daß in der That, wie Rose behauptet, diese Ansammlung von Blut es ist, welche die Herzthätigkeit behindert, konnten wir hier einwandsfrei nachweisen, denn nach Entfernung dieser Blutmassen kehrte der Puls in der Speichenschlagader sofort zurück. Hie Naht der Herzwunde war in diesem Fall schwieriger, weil der linke Ventrikel nur während der kurzen Systole an die Vorderseite trat und zugänglich wurde, während er in der Diastole zurücksank und mit der Wunde vollständig verschwand. Die Naht gelang erst als ich das Herz auf einen krummen, kurzen Haken gelegt und nach vorn gedrängt hatte. In diesem Fall nähte ich die Herzbeutelwunde vollständig, ohne zu drainiren, und diesem Verfahren schreibe ich nicht zum wenigsten den günstigeren Verlauf als im vorigen Falle zu. Die Heilung erfolgte mit geringen Zwischenfällen bis zum 28. Mai. Beschwerden hat der Kranke seit- dem nicht mehr gehabt. So dürfen wir heute die Herznaht als eine bewährte und direkt lebens- rettende Operation ansehen. Es ist dabei selbstverständlich, daß wir von ihr absehen, wo die Verhältnisse nicht absolut dazu zwingen und eine Spontan- heilung möglich erscheint, denn der Eingriff ist auch heute noch bei allen uns zu Gebote stehenden Hülfsmitteln ein gewaltiger, und zwar gilt dies nicht sowohl für die Herznaht selbst, als für die erforderliche Voroperation, die Freilegung des Herzbeutels und des Herzens. Der Zustand der Herzaction wird dabei für unseren Eingriff das maßgebende sein. Stellen sich nach einer perforirenden oder nicht perforirenden Verletzung der Herzgegend Er- scheinungen von Herzcompression ein, so ist die Indication zum Herzbeutel- schnitt ohne weiteres gegeben, und auch ohne sich anschließende Herznaht hat derselbe in vielen Fällen vortreffliche Resultate ergeben, das gilt sogar für Schußverletzungen und für die Contusionen des Herzens mit Bluterguß im Herzbeutel, welche au sich sehr viel ungünstiger sind und zu chirurgischem Eingreifen am wenigsten verlocken. Haben wir nun von der Herzchirurgie noch weiteres zu erwarten? An Vorschlägen zu anderweitigen Herzoperationen fehlt es heute schon nicht, Delorme hat den Rath gegeben, die Verwachsungen des Herzbeutels mit dem Herzen, die bekanntlich recht schwere Störungen verursachen können, operativ zu trennen. Watson und Senn haben auf Grund experimenteller Studien empfohlen, bei Chloroformsynkope und bei Lufteintritt in die Venen die Punktion des Herzens in einem der Vorhöfe auszuführen, und dieser physio- logisch nicht ganz einwandsfreie Rath ist von amerikanischen Chirurgen bereits befolgt. Und schon bemühen sich kühne und übereifrige Experimentatoren, die Möglichkeit einer Herzwandresection im Thierversuch darzuthun. Unter elastischer Abschnürung des betreffenden Herzabschnittes ist das Elsberg 7 4 IBl beim Kaninchen in der That gelungen. G-roße Hoffnungen an diese gewagten Versuche zu knüpfen, dürfte heute wohl nicht am Platze sein. Aber der- jenige, welcher die Möglichkeit weiterer Fortschritte in der Herzchirurgie gänzlich leugnen wollte, dürfte vielleicht ähnlich wie unser Altmeister Billroth in die Lage kommen, sich gewaltig zu irren. Meine Herren! Ich bin am Schluß. Vielen von Ihnen werden vielleicht meine Mittheilungen die Poesie des Herzens genommen haben, denn der letzte Rest davon, den die Physiologie des Herzens noch gelassen hatte, die Unantast- barkeit des Organs, ist durch die Hand des Chirurgen gewaltsam zerstört. Aber mit mir brauchen Sie über diesen Verlust nicht ernstlich zu trauern — um des großen Fortschrittes willen, den die naturwissenschaftliche Heilkunde hier gemacht hat. 8 un: ■ '-a'/; ''■• 'Llo’-v’ /'i:Uji£^,!! ; .,5i'/'i;;^it;l ' r-:: ■i' V:wid;',:"^*vfjU i:.;!> , /r -Olor-ib^^ ':oph‘'.^ j.l ^-H) /^;;;;3<:;oi;^| ?jji:!.)ik!r.nri ^i/)Ja^;:Wi-;i.fA i:>k?:i7 or./ ;] ;nri;::a;Jab!nfi^;i7a;ol^(kb nkff-v^noJ'kal^iife ; ';' ;■ . . 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Die Flora des Bernsteins und ihre Beziehungen zur Flora der Tertiärformation und der Gegenwart von H.B.Oöppert und A. Menge. 1. Band. Göppert, Von den Bernstein-Coniferen. Mit dem Porträt Men ge’s und 16 lithogr. Tafeln. Danzig 1883; gr. Quart. — YIII und 63 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10, ! 2. Band. Cpnwentz, Die Angiospermen des Bernsteins. Mit 13 lithogr. Tafeln. Danzig 1886; gr. Quart. — IX und 140 S. Ladenpreis Mk. 30. Für die Mitglieder Mk. 15. II. Die prähistorischen Denkmäler der Provinz Westpreussen und der angrenzenden Gebiete von Dr. A. Lissauer. Mit 5 Tafeln und der prähistorischen Karte der Provinz Westpreussen in 4 Blättern. Danzig 1887; gr. Quart. — XI und 210 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. III. Monographie der baltischen Bernsteinbäume von H.Conwentz. Mit 18 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Danzig 1890; gr. Quart. — lY und 151 S. Ladenpreis Mk. 50. Für die Mitglieder Mk. 25. Der Betrag nebst Porto für die gewünschte Zusendung ist an den Schatzmeister der Gesellschaft, Herrn Commerzienrath Ott o^ Münsterberg in Danzig, einzuschicken. Von den älteren Schriften der Naturforschenden Gesellschaft sind hauptsächlich das 1. Heft des III. Bandes (1872) und das 2. Heft des IV. Bandes (1877) vergriffen. Daher würden die Herren Mitglieder, welche diese Hefte etwa abgeben können, uns hierdurch zu besonderem Dank verpflichten. Der Vorstand. Druck von A. W. Kafcmaun G. m. b. H in Danzig. ■ J <