P 9 . NEUE FOLGE. — ELFTER BAND. ENTHALTEND VIER HEFTE MIT YIER TAFELN. MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR, PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. Inhalt. Seite 1. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1905 . . I 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1905 VII Buff: Über die Herstellung und Verwertung der flüssigen Luft VII; Hildebrand: Über den Hausschwamm XIV; v. Mangoldt: Neuere An- schauungen* über das Wesen der Elektrizität XV; Dahms: Einige Vor- gänge bei ungewöhnlicher Temperatur XVI; Wallenberg: Über die Entwickelung des Gehörorganes in der Wirbeltierreihe XIX; Bössler: Über die Spannungserhöhung des Elektrizitätswerkes in Danzig XX; Schellwien: Spuren einer alten Eiszeit auf der Erde XXIII; Mentz: Einführung in den Schilfsmaschinenbau XXV ; Evers : Über Besonanz- erscheii limgen bei elektromagnetischen Schwingungen XXVI; Dahms: Beziehungen zwischen Form und Größe bei Körpern XXVII. 3. Übersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1905 be- handelten Gegenstände XXXIV 4. Bericht über die Tätigkeit der Sektion für Physik und Chemie 1905 ................. XXXVI 5. Jahresbericht des Ärztlichen Vereins zu Danzig, medizinischer Sektion der Naturforschenden Gesellschaft 1905 XXXVII 6. Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins 1905 XXXIX 7. Jahresbericht über die Tätigkeit des Westpreußischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege 1905 XL 8. Verzeichnis der im Jahre 1905 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher XLII 9. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1905 LX 10. Vermögensbestand der Naturforschenden Gesellschaft am 1. Ja- nuar 1906 . LXIV 11. Mitglieder- Verzeichnis der Gesellschaft und des Vorstandes am 1. Mai 1906 LXV Abhandlungen. Seite 12. Die Entwickelung der staatlichen Forstwirtschaft in Westpreußen und ihre Beziehungen zur Landeskultur. Vortrag, gehalten im staats- wirtschaftlichen Verein höherer Beamter zu Danzig am 20. März 1905 von Regierungs* und Forstrat Dr. König 1 13. Mineralogische Untersuchungen über Bernstein. VIII. Über den Brechungsquotienten des Succinit und einige Erscheinungen, die sich bei der künstlichen Behandlung dieses Bernsteins zeigen. Mit drei Abbildungen. Von Dr. Paul Dahms 25 14. Mittlere Monatstemperaturen von Danzig. Mit einer Tafel. Von A. Momber 50 15. Die Cicadinen der Provinz Westpreußen und des östlichen Nachbar- gebietes. Mit Beschreibungen und Abbildungen neuer Arten auf einer Tafel. Von Dr. S. Matsumura 64 -\ SCHRIFTEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. j NEUE FOLGE. ELFTEN BANDES ERSTES UND ZWEITES HEFT. (HIERZU TAFEL I UND II.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PRO VINZIAL-L ANDT AGES HERAUSGEGEBEN. •9i DANZIG 1004. COMMISSIONS- VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG 7/7 N. a Bitte die 4. Seite dieses Umschlages zn beachten, SCHRIFTEN DER DANZIG. NEUE FOLGE. ELFTEN BANDES ERSTES UND ZWEITES HEFT. (HIERZU TAFEL I UND II.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZXAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DANZIG 1904. COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Druck von A. W. Kafemann in Danzig Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Inhalt. 1. Jahresbericht der Naturforscheüden Gesellschaft für 1902 . 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1902 . Süring: Erlebnisse und Ergebnisse von Ballonhocbfahrten VII; Evers: Demonstrationen elektrischer Gleich-, Wechsel- und Drehströme mit der BRAUN’schen Kathodenstrahlröhre VII; Petruschky: Bobert Koch’s neuere Forschungen auf dem Gebiet der Tuberkulose-Bekämpfung VIII; Bail: Botanische Mitteilungen XI; Valentin!: Über die Malaria XIV; Momber: Nernst-Lampe XVI; Petruschky: Die in den letzten beiden Monaten in Danzig erfolgten Erkrankungen an Influenza XVI; Zimmermann: Das Problem des lenkbaren Luftschiffes und der Flugmaschine XVII; Ross: Die Lebens- weise der Kletterpflanzen XVIII; Momber: Die mittleren Monatstemperaturen Danzigs im 19. Jahrhundert XX; Lakowitz: Über den bisherigen Verlauf der deutschen Südpolarexpedition XXII; Lange: Das Gold, seine Verbreitung und Gewinnung XXIII; Meyer: Die psychophysiologischen Experimente über die Wirkungen des Alkohols auf die geistige Tätigkeit XXV; Neumann: Lichttelephonie XXVII. 3. Übersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1902 behandelten Gegenstände 4. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Sektion 1902 5. Bericht über die Sitzungen der Sektion für Physik und Chemie 1902 6. Bericht über die Sitzungen der Medizinischen Sektion 1902 . . 7. Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreußischen Fischer eivereins 1902 8. Bericht über die Sitzungen der Sektion für Gesundheitspflege 1902 9. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1902 10. Vermögensbestand der Naturforschenden Gesellschaft am 1. Januar 1903 11. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1903 . . 12. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1903 . Pincus: Gedächtnisrede auf Rudolf Virchow LIV; Kumm: Neue Funde zur Vorgeschichte Westpreußens LIV; Petruschky: Über eine einfache Methode zur bakteriologischen Bestimmung des Verunreinigungsgrades von Trink- und Flußwässern LV ; Kumm: Mitteilungen aus der Vorgeschichte West- preußens LVI; Dahms: Beobachtungen und Betrachtungen an Danzigs Ostseeküste LVII; Lakowitz: Kunstformen der Natur LX; Jentzsch: Dünenbildungen LXI: Pompecki: Die Jurageschiebe Westpreußens und ihre Bedeutung für die Jurageographie LXIII; Sonntag: Die Pflanze eine Baumeisterin LXV ; Szpitter: Schuß Verletzung des Auges LXVI; Miethe: Über photomechanische Verfahren LXVII ; Dahms: Aus der Welt der kleinsten Körper LXIX. Seite I VII XXX XXXII XXX1I1 XXXIV XXXVII XXXIX XL XLII XL1II LIV IV Seite 13. Übersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1903 behandelten Gegenstände LXXIII 14. Bericht über die Sitzungen der Sektion für Physik und Chemie 1903 LXXV 15. Bericht über die Sitzungen der Medizinischen Sektion 1903 . . LXXVI 16. Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins 1903 LXXIX 17. Bericht über die Sitzungen der Sektion für Gesundheitspflege 1903 LXXX 18. Verzeichnis der in den Jahren 1902 und 1903 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher LXXXI1 19. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1903 C 20. Vermögensbestand der Naturforschenden Gesellschaft am 1. Januar 1904 C1I 21. Mitglieder- Verzeichnis der Gesellschaft, ihrer Sektionen und des Vorstandes am 1. Juni 1904 CI II Abhandlungen. Seite 22. Rudolf Virchow. Gedächtnisrede, gehalten am 160. Stiftungstage der Naturforschenden Gesellschaft, den 3. Januar 1903. Von Dr. med. Ludwig Pincus 1 23. Schiffahrt und Wind im westlichen Teile der Danziger Bucht. Von Kapitän Reinicke 19 24. Erlebnisse und Ergebnisse von Ballonhochfahrten. Von Professor Dr. R. Süring 26 25. Petrographische Untersuchung einiger Steinwerkzeuge aus Westpreußen. Von Dr. O. Hildebrand 40 26. Bericht über die fünfundzwanzigste Wander-Versammlung des West- preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Könitz am 29. Sep- tember 1902 51 Allgemeiner Bericht 51 Bericht über die geschäftliche Sitzung 52 Conwentz. Geschäftsbericht für 1901/1902 . 52 Satzung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins. E. V 60 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung 64 Bail. Mitteilungen über Pilze 65 Bockwoldt. Seltene Gefäßkryptogamen aus der Flora von Neustadt Wpr. . . 71 Conwentz. Einige in Westpreußen getroffene Maßregeln zum Schutz der ur- sprünglichen Pflanzenwelt 71 Herrmann. Über die Kernbildung der Rotbuche . 77 Lakowitz. Die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts an den höheren Lehranstalten . 82 Rehberg. Über den Rüsternsplintkäfer, Scolytus destructor. Oliv 92 Seligo. Über den Weitsee und andere Seen Westpreußens 92 Bock. Botanische Mitteilung 95 Conwentz. Bemerkenswerte angepflanzte Bäume in Könitz und Umgegend . . 96 V 27. Bericht über die Sitzungen des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins im Winterhalbjahr 1902/1903 . . . Bail. Über Erweiterung des Unterrichtsstoffes in seiner „Neuen Botanik“ . . Zimmermann. Unsere heimischen Drosseln Lakowitz. Die in westpreußischen Forsten gedeihenden fremden Nadelhölzer . Herrmann. Zur Kropf bildung bei der Eiche Dahms. Eine Beobachtung aus dem Leben der Meisen Kuhlgatz. Über Wanderheuschrecken Sonntag. Mechanische Zweckmäßigkeiten im Bau der Äste unserer Nadelhölzer Lange Botanische Beobachtungen im Kreise Putzig Seligo. Aus der Lebensgeschichte des Aals Scholz. Modepflanzen 28. Anlagen zu den vorgenannten Berichten .......... A. Wolterstorff, Willy, Beiträge zur Fauna der Tucheier Heide. Mit 1 Tafel und 5 Textfiguren B. Ahlfvengren, Fr. E., Die Vegetationsverhältnisse der westpreußischen Moore östlich der Weichsel, mit besonderer Berücksichtigung der Veränderung der Flora durch Melioration Seite 98 99 106 111 113 120 125 126 133 135 138 140 140 241 Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1902. Erstattet von dem Direktor derselben, Professor A. MOMBER, am 3. Januar 1903. Meine Herren! Ais wir heute vor 10 Jahren das hundert und fünfzigjährige Bestehen unserer Gesellschaft festlich begingen, erhielt unsere Feier einen besonderen Glanz durch den Vertreter der hohen Staatsregierung, unseren jetzt ver- ewigten Ober-Präsidenten von Gossler. Vor l1/ 2 Jahren war er damals nach Danzig gekommen, nachdem er eine Reihe von Jahren als Kultusminister dem Vaterlande seine Dienste gewidmet. Was er als solcher gewirkt, entzieht sich heute unserer Betrachtung; doch das eine will ich hier hervorheben, daß er, wie vor ihm kein zweiter in seiner hervorragenden Stellung, ein Vertreter der Wissenschaft und vor allen Dingen der Naturwissenschaft gewesen ist. Ob- gleich er auf der Schule ausschließlich eine klassische Bildung genossen, hatte ihn schon früh eine besondere Neigung zu den Naturwissenschaften getrieben. Als Landrat in Darkehmen durchsuchte er in seinen Mußestunden die dortigen Kiesgruben, und eine große Reihe von Geschieben des Ostpreußischen Pro- vinzial-Museums trägt seinen Namen als den des Finders. In seiner Berliner Zeit pflegte er innigen wissenschaftlichen Verkehr mit unseren ersten Physikern und Astronomen, mit Helmholtz, Auwers, Landolt u. a. So trat der mit der Doktorwürde aller Fakultäten gezierte neue Ober-Präsident 1891 sein Amt in Danzig an, und gleich in den ersten Tagen seiner Amtsführung be- teiligte er sich auf das lebhafteste an den Verhandlungen der damals hier tagenden Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. Unsere Gesellschaft glaubte damals sich selbst zu ehren, wenn 'sie dem gefeierten Manne der Wissen- schaft das Diplom eines Ehrenmitgliedes überreichte. Elf Jahre hat sie sich aber nicht bloß dieser Ehre zu erfreuen gehabt, sondern in ihrem Ehrenmitgliede für alle ihre Bestrebungen die kräftigste Unterstützung gefunden. Wenn es nur irgend seine Amtsgeschäfte oder seine gesellschaftlichen Pflichten ge- statteten, erschien er zu unseren Ordentlichen Sitzungen, besichtigte die neuen Eingänge für unsere Bibliothek und nahm regen Anteil an den Vorträgen und Demonstrationen. Vielen von Ihnen wird noch lebendig vor Augen stehen 1 II mit welchem Interesse er der ersten Vorführung der HERTZschen Wellen durch Herrn Professor Evers folgte. Unsere Bibliothek verdankt ihm eine Reihe von Geschenken; vor allen Dingen wandte er seine Fürsorge den Arbeiten auf unserer Sternwarte zu; und seinen unausgesetzten Bemühungen danken wir die laufende Unterstützung des Herrn Ministers, durch welche wir die mit der Sternwarte verbundene Werkstätte unterhalten können. Oft hat er sein Be- dauern ausgesprochen, daß die von ihm beantragte Unterstützung nicht reich- licher ausgefallen. So war er für alle unsere Bestrebungen ein unermüdlicher Förderer, der leider oft genug klagen mußte, daß einmal bei uns nur so wenig Leute wissenschaftlich arbeiten, und daß im allgemeinen auch die Wissenschaften in weiteren Kreisen nicht das genügende Verständnis und die nötige materielle Unterstützung fänden. Hierin, hoffte er, werde durch die Schaffung eines wissenschaftlichen Mittelpunktes, wie ihn die neue von ihm geplante Technische Hochschule bilden würde, eine Wendung zum Besseren eintreten und gleich- zeitig seine geliebte Provinzial- Hauptstadt auch in geistiger Beziehung der Mittelpunkt der Provinz werden. Mitten in diesen Plänen, bei denen er auch stets an eine neue Phase in unserem Gesellschaftsleben dachte, ist er aus diesem Leben abgerufen, viel zu früh für unsere Provinz, für unsere Stadt und unsere Gesellschaft. Wie schwer wir aber auch diesen Verlust empfinden, alle sind wir der Überzeugung, daß die Saat, die er gestreut, gut aufgehen und reiche Früchte bringen werde; die Pflicht unserer Gesellschaft aber wird es sein, auf dem von ihm gezeichneten Wege rüstig vorwärts zu schreiten. Ein zweites Ehrenmitglied unserer Gesellschaft ist uns ebenfalls durch den Tod entrissen. Welche Bedeutung Virchow für die Wissenschaft gehabt, haben wir soeben wieder aus dem warmen Nachruf des Herrn Dr. Pincus vernommen. Ebenso hochbetagt wie Virchow starb im Laufe des Jahres unser Kor- respondierendes Mitglied Herr Dr. Hugo Meyer von Klinggraeff, von vielen Beschwerden des hohen Alters durch den Tod erlöst. Eine stille Ge- lehrtennatur, ist er nach außen wenig hervorgetreten, doch hat er als einer unserer hervorragendsten Botaniker seit dem Jahre 1878 den Vorsitz in dem Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Verein geführt. Seine Beobachtungen und Erfahrungen auf dem Gebiete der Moose hat er in dem Werk: „Die Leber- und Laubmoose West- und Ostpreußens“ zusammengefaßt, welches zur Feier unseres 150 jährigen Gesellschafts- Jubiläums von dem genannten Verein herausgegeben wurde. Dann betrauern wir heute noch ganz besonders das Hinscheiden unseres allverehrten Dr. Helm, der seit dem Jahre 1855 unser Mitbürger, seit 1866 Mitglied der Gesellschaft gewesen ist. Gleich nach seinem Tode habe ich es in einer Ordentlichen Sitzung ausgedrückt, welchen Verlust unsere Gesellschaft durch seinen Tod erlitten. In jeder unserer Sitzungen sahen wir ihn hier auf seinem festen Platze, in jedem Winter stattete er mindestens einmal Bericht ab über seine neuesten chemischen Untersuchungen, und wohl in jedem Hefte III unserer Schriften finden wir eine größere oder kleinere wissenschaftliche Mitteilung von ihm. Hier finden wir seine Abhandlungen über die hygienischen Verbesserungen in unserer Stadt, für welche er in erster Linie arbeitete, hier seine Untersuchungen über den Bernstein, hier auch die Resultate seiner chemisch -prähistorischen Forschungen. Als Kustos unserer Sammlungen war er, ehe diese der Provinz zur Verwaltung übergeben wurden, eifrig tätig. Neben^dem eifrigen Arbeiter der Wissenschaft wird uns aber auch der Mann fehlen, der im Freundeskreise nach unseren Sitzungen niemals fehlte und stets auf Grund seiner reichen wissenschaftlichen Erfahrung, die er durch emsige Arbeit und auf vielen Reisen durch ganz Europa und die Mittelmeerländer siclF erworben, uns alle fesselte und zusammenhielt. Sein Lebensende war das denkbar schönste, da er mitten aus dem vollen Schaffen herausgerissen wurde, ehe sich irgend welche Spuren des Alters in körperlicher oder geistiger Beziehung bei ihm einstellten. Auf Grund seines Testamentes hat unsere Gesellschaft einen großen Teil seiner ansehnlichen Bibliothek erhalten, speziell die Werke chemischen Inhalts. Es starben ferner von unseren Mitgliedern die Herren Landesdirektor a. D. Rickert, Sudermann und Kabus. Dem ersten der genannten Herren ver- danken wir, wenn ich recht unterrichtet bin, die erhebliche Unterstützung, die wir im Jahre 1876 von seiten des Landtages der Provinz Preußen erhalten haben, und die dann von der neuen Provinz Westpreußen in derselben Weise uns weiter zuteil wurde. Das Andenken aller Entschlafenen wollen wir durch Erheben von unseren Sitzen ehren! Der Bestand unserer Gesellschaft ist genau derselbe geblieben, wie am Ende des vorigen Jahres. Die Gesellschaft zählt jetzt: 7 Ehrenmitglieder gegen 9 Ende 1901, 50 Korrespondierende Mitglieder ,, 50 „ „ 258 Ordentliche Mitglieder . . ,, 256 ,, „ 90 Auswärtige Mitglieder . . „ 90 ,, ,, Die Zunahme der Ordentlichen Mitglieder wäre durch die nicht unbe- trächtlichen Neuaufnahmen wesentlich größer gewesen, wenn nicht die Abmeldung bisheriger Mitglieder recht stark gewesen wäre. Wahrscheinlich ist von ver- schiedenen ausgetretenen Mitgliedern die Beteiligung an unserer Gesellschaft falsch aufgefaßt. Wenn auch viele Mitglieder durch geschäftliche oder gesell- schaftliche Verpflichtungen verhindert sind, an unseren Sitzungen teilzu nehmen, so besteht das wesentliche Motiv zur Zugehörigkeit zu unserer Gesell- schaft in der materiellen Unterstützung der Bestrebungen unserer Gesellschaft und in der moralischen Pflicht unserer Mitbürger, das von den Vätern über- lieferte Erbe in würdiger Weise weiter zu erhalten. Den Zweck, den die Naturforschende Gesellschaft nach ihren Statuten hat, die Naturwissenschaft nach allen Richtungen hin und unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse der Provinz Westpreußen zu fördern und 1* IV zur Erweiterung und Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse unter den Bewohnern der Provinz beizutragen, sucht sie zunächst durch die in ihren Ordentlichen Sitzungen gehaltenen Vorträge über die verschiedenen Zweige der Naturwissenschaft zu erreichen. Über die in den 11 Ordentlichen Sitzungen gehaltenen Vorträge wird Ihnen der Bericht unseres Herrn Sekretärs das Nötige mitteilen; hier will ich nur erwähnen, daß von auswärtigen Gelehrten die Herren Professor Dr. SüRiNG-Berlin und Dr. Ross-München in unseren Ordentlichen Sitzungen gesprochen haben Zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse haben dann auch die populären Vorträge beigetragen, die von auswärtigen Gelehrten vor einem großen Hörerkreise gehalten wurden. Solche Vorträge wurden gehalten von den Herren Dr. BELCK-Frankfurt a.M., Dr. BRÜHL-Berlin, Professor Dr. Credner- Greifswald, Professor Dr. DEECKE-Greifswald und Dr. WEGENER-Berlin. Die größte Fürsorge hat ferner die Gesellschaft der Vermehrung und Ver- vollständigung ihrer Bibliothek gewidmet, für welche sie im verflossenen Jahre ca. 2100 M. verausgabt hat. Da der bei weitem größte Teil dieser Summe für die zahlreichen Journale und Annalen wie für das Binden der im Schriften- austausch eingesandten Akademie- und Gesellschaftsschriften gebraucht wird, so hat die Gesellschaft für das nächste Jahr einen besonderen Posten von 250 M. in den Etat eingesetzt, der ausschließlich für Anschaffung von wissen- schaftlichen Einzelwerken verwandt werden soll Durch den Tauschverkehr erhalten wir neu die Jahresberichte für Vorgeschichte der sächsisch -thüringi- schen Länder, herausgegeben vom Provinzial-Museum der Provinz Sachsen. Als Geschenke gingen im Laufe des Jahres zahlreiche größere und kleinere Abhandlungen und Mitteilungen ein, die in dem Bibliotheksbericht näher werden bezeichnet werden, darunter solche von den folgenden Herren Autoren: ALMGREN-Stockholm, BACKHOUSE-Sunderland, Bail, v. Bockelmann, BRANCO-Berlin, ÜAPiTAN-Paris, H. CoHN-Breslau, CoMES-Neapel, Conwentz, DEECKE-Greifswald, DoRR-Elbing, v. Gossler, y. GRASS-Klanin, HÄCKEL-Jena, HENRici-Berlin, KLUNZiNGER-Stuttgart, KoLLM-Berlin, Münsterberg, Pincus, RADDE-Tiflis, Schueck- Hamburg, Schwarzzenberger, Speiser- Bischofsburg, STiATTESi-Florenz, Tornwaldt und ViRCHOW-Berlin. In den Etat des nächsten Jahres sind auch für den Neudruck des Katalogs unserer Bibliothek 500 M. aufgenommen, von dem zunächst die Teile „Mathe- matik, Astronomie und Meteorologie44 erscheinen sollen. Trotz der für unsere Verhältnisse sehr großen Aufwendungen sind wir uns wohl bewußt, daß unsere Bibliothek als die einzige größere auf dem Gebiete der Naturwissenschaft in unserer Provinz nur in bescheidenem Maße den an eine solche Büchersammlung zu stellenden Ansprüchen genügen kann. Drittens wollen wir den bezeichneten Zweck durch die Herausgabe unserer Schriften zu erreichen suchen, von denen das eben erschienene 4. Heft des 10. Bandes außer dem Jahresbericht des Westpreußischen Botanisch-Zoologi- V sehen Vereins drei wissenschaftliche Mitteilungen und Abhandlungen der Herren Radde, Barth und Scheeffer enthält. Mit der Veröffentlichung der Reiseberichte Radde’s aus dem Jahre 1852 wollten wir unserem alten Ehrenmitglieder das vor 50 Jahren von seiner Heimatstadt aus seine Forschungsreisen begann , herzliche Grüße und nach- trägliche Glückwünsche zu seinem 70. Geburtstage übersenden. Die Briefe, die wir seitdem von ihm erhalten haben, geben uns Kunde von seiner alten Geistesfrische. Gestatten Sie mir hier einzuschalten, daß noch eines unserer Ehrenmit- glieder in diesem Jahre im Oktober seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert hat, unser alter Freund Lissauer, der seine wohl verdiente Muße in würdiger Weise genießt, da er seine ganze Arbeitskraft seinem alten Lieblingsstudium, der Anthropologie und Ethnologie, gewidmet hat. Zu seinem Geburtstage, den er fern von Berlin in der Schweiz verlebte, hat der Vorstand ihm die Glückwünsche der Gesellschaft übermittelt. Endlich erwähne ich hier die Arbeiten auf unserer Sternwarte und in der mit ihr verbundenen Werkstätte. Wenn unser Astronom Herr Dr. Kayser nach dem schweren Unglücksfall, der ihn vor zwei Jahren betraf, auch nicht mehr imstande ist, auf der Sternwarte selbst zu beobachten, so werden doch die von ihm nach seiner Methode aufgenommenen Arbeiten zur exakten Be- stimmung der Schwankungen der Erdachse eifrig gefördert, da der Mechaniker der Gesellschaft Herr Krause die notwendigen Beobachtungen und Photo- graphien auf der Sternwarte nach genauer Angabe und unter fortwährender Kontrolle des Herrn Kayser ausführt. Die notwendigen Fehlerbestimmungen an den vorhandenen Meßapparaten sind durchgeführt, so daß beide Herren jetzt an die eigentlichen Messungen gehen können. Für die verschiedenen uns obliegenden Arbeiten hat die Gesellschaft sich der Unterstützung hoher und höchster Behörden, der Provinzial-Kommission zur Verwaltung der Westpreußischen Provinzial-Museen, des Provinzial- Aus- schusses, des Herrn Landeshauptmanns, des Herrn Ober-Präsidenten und des Herrn Kultusministers erfreuen können. Für die Unterstützung, die uns in derselben Weise wie in den vorigen Jahren zuteil geworden, sage ich ihnen allen hier an dieser Stelle unsern verbindlichen Dank. Im Laufe des vergangenen Jahres haben wir auch die Austeilung des Preises vornehmen können, den die Provinzial-Kommission bei der Feier des 150jährigen Bestehens der Gesellschaft, 1893, in Höhe von 1000 Mark mit der Bestimmung übergab ,, diese Summe zur Preiskrönung der besten Arbeit über eine von der Naturforschenden Gesellschaft demnächst zu stellende, die natur- wissenschaftliche Landeskunde der Provinz Westpreußen betreffende Aufgabe zu verwenden“. Das erste Preisausschreiben, dessen Aufgabe die Erforschung der Entstehung und Verbreitung von Pilzepidemien unter waldverheerenden in Westpreußen einheimischen Insekten verlangte, blieb ohne Erfolg, da Be- werbungen bis zum festgesetzten Termin, dem letzten Dezember 1898 nicht VI eingegangen waren. Es wurde dann am 2. Mai 1900 von neuem der Preis für „die beste neue Arbeit ausgeschrieben, die einen in sich abgeschlossenen wesentlichen Beitrag zur Kenntnis der norddeutschen Diluvialgeschiebe, mit besonderer Berücksichtigung des in Westpreußen vorkommenden Materials“ liefert. Die Arbeiten sollten bis zum 1. April 1902 cingesandt werden. Die einzige eingegangene Arbeit mit dem Motto : „Steine reden“ wurde dem Mit- gliede der in dem Preisauschreiben eingesetzten Kommission, Herrn Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Branco in Berlin, zu einem Gutachten vorgelegt, der dann im Einverständnis mit den andern Mitgliedern der Kommission die Verleihung des Preises an deu Verfasser der eingegangenen Arbeit beantragte. Dieser Antrag wurde in der Ordentlichen Sitzung der Gesellschaft am 28. Mai d. J. genehmigt; als Verfasser der Arbeit ergab das erbrochene Kuvert Herr Dr. J. P. Pompecki München. In derselben Sitzung hat die Gesellschaft den Druck der Preisarbeit beschlossen ; sie will aber mit diesem noch so lange warten, bis der Herr Verfasser eine in Aussicht gestellte Erweiterung der Arbeit ausgeführt hat. Durch eine Forschungsreise des Herrn Dr. Pompecki nach Südamerika ist allerdings die Drucklegung der Arbeit noch weiter hinausgeschoben. Herrn Geheimrat Branco hat die Gesellschaft durch Er- nennung zum Korrespondierenden Mitgliede ihren Dank für seine Bemühungen abgestattet. Unsere HüMBOLDT-Stiftung ist, wie Ihnen bekannt, so weit angewachsen, das wir seit zwei Jahren jährlich vier Stipendien in Höhe von 150 Mark verteilen können. In diesem Jahre wurden diese vergeben an die Herrn WuLF-Greifs- wald, KiESOW-Greifswald, JACOBi-Zürich und SCHOLZ-Marienwerder. Wie Ihnen bekannt, hat die Naturforschende Gesellschaft vor zwei Jahren von der hiesigen Sparkasse ein Geschenk von 10 000 Mark erhalten zur Renovierung des Nordgiebels unseres Hauses. Die Vorarbeiten für diesen größeren Bau sind jetzt so weit geführt, daß wir im Laufe dieses Jahres an diesen Bau herangehen werden. In der letzten Außerordentlichen Sitzung erfolgte die Neuwahl des Vor- standes. Dieselbe ergab die alte Zusammensetzung desselben bis auf unsern bisherigen Beisitzer Herrn Dr. Oehlschläger, der zu unserem großen Leid- wesen wegen seines schweren Augenleidens aus unserem Vorstande wie aus dem Vorsitze der Anthropologischen Sektion hat scheiden müssen. Wir hoffen, daß recht bald in seinem Befinden eine wesentliche Besserung eintreten werde. An seine Stelle wählte die Gesellschaft Herrn Stadtarzt Dr. Petruschky. ln derselben Sitzung wurde der Etat für 1903 genehmigt in Gesamthöhe von 11 652 Mark. So weit geht mein Bericht für das verflossene Jahr. Möge das nächste und alle folgenden Jahre die Gesellschaft wenn auch in langsamer, aber stetiger Entwickelung finden. VII Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gresellsclialt im Jahre 1902. 1. Sitzung am 3. Januar 1902. (Jahrestag des 159jährigen Bestehens der Gesellschaft.) Herr Professor Dr. Süring, Abteilungschef im meteorologischen Institut zu Berlin spricht über Erlebnisse und Ergebnisse von Ballonhochfahrten. Der voll- ständige Vortrag nebst erläuternden Abbildungen folgt als besondere Abhand- lung an anderer Stelle dieses Heftes (S. 26 — 39). Darauf erstattet der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber, den Jahresbericht für das Jahr 1901 (vergl. diese Schriften, N. F. X. Band, 4. Heft, Seite I — VII) und im Anschluß daran werden die Berichte über die Tätigkeit der Sektionen im Jahre 1901 (vergl. ebendort, Seite LII — LIX) von den Vorsitzenden derselben vorgelegt. Von diesen Sektionen bestehen jetzt drei länger als 25 Jahre, zwei von ihnen, der als medizinische Sektion gegründete Ärzteverein und die Sektion für Physik und Chemie hatten im Dezember 1901 das erste Vierteljahrhundert ihrer Tätigkeit hinter sich. Aus Anlaß seines Jubiläums hat der Ärzteverein dem von Künstlerhand ge- fertigten Ölgemälde seines Begründers, des ehemaligen Vizedirektors der Gesell- schaft, Geheimrats Abegg, im Sitzungssaale einen dauernden Platz gegeben. 2, Sitzung am 21. Januar 1902. Der Vorsitzende, Herr Professor Momber weist darauf hin, daß am 5. Februar Herr Dr. Petruschky über die neueren Forschungen Robert Koch’s über die Tuberkulosebekämpfung vortragen, und daß am 12. Februar Herr Dr. WEGENER-Berlin vor einem größeren Publikum über seine Erlebnisse mit den deutschen Truppen in Petschili sprechen wird. Darauf erläutert Herr Professor Evers eingehend eine Reihe von Demon- strationen elektrischer Gleich-, Wechsel- und Drehströme mit der BRAUN’schen Ka- thodenstrahlröhre. Werden die Elektroden einer sogenannten GElssLERschen Röhre, in der mit einer Queck- silberluftpumpe ein sehr hohes Vakumn hergestellt ist, mit den Polen einer Elektrizitätsquelle hoher Spannung (hier einer Influenzmaschine) in leitende Verbindung gebracht, so entsteht in der Röhre von der Kathode aus ein Strom negativ elektrischer Teilchen (sog. Elektronen), der, ohne Rücksicht auf die Lage der Anode, sich geradlinig bis zur gegenüberliegenden Röhrenwand bewegt. Da dieser „Kathodenstrahl“ in hohem Maße fluoreszenzerregende Wir- kungen ausübt, so ist sein Ende an einem lebhaft gefärbten Fluoreszenzfleck der von ihm VIII getroffenen AVandstelle kenntlich. Nun üben aber magnetische Kräfte auf einen solchen Strahl ablenkende Wirkungen aus, die aus der Verschiebung des Fluoreszenzfleckes zu ersehen sind. Diese Eigenschaften der Kathodenstrahlen sind von Professor BRAUN-Straßburg bei der Konstruktion seiner Röhren verwandt. In ihr werden die Kathodenstrahlen größtenteils durch ein Glasdiaphragma abgeblendet, und nur ein dünnes Bündel derselben wird durch eine kleine Öffnung in dieser Blende hindurchgelassen. Dieses dünne Strahlbündel erzeugt nun im vorderen, erweiterten Teil der Röhre auf einem mit BALMAiNscher Leuchtfarbe angestrichenen Glimmer- schirm einen schön blau leuchtenden kreisrunden Fluoreszenzfleck. Dieser Fleck liegt in gerader Linie mit der Blendenöffnung und der Kathode; aus seiner Verschiebung auf dem Fluorezenzschirm kann man eine Ablenkung des Kathodenstrahls von der geradlinigen Bahn erkennen. Vortragender zeigt zunächst die Ablenkung des Kathodenstrahls durch einen Dauermagnet und ihre Übereinstimmung mit dem elektrodynamischen Grundgesetz. Er ersetzt den Dauer- magnet dann durch von einem Gleichstrom durchflossene Drahtspulen, die an einem in der Werkstatt der Gesellschaft hergestellten Gestell in passender Weise verschiebbar angebracht waren. Eine Umkehrung der Stromrichtung ergibt hierbei eine Ablenkung des Kathodenstrahls nach der entgegengesetzten Richtung; in schneller Aufeinanderfolge bewerkstelligte Umkehrungen der Stromrichtung rufen eine pendelnde Bewegung des Lichtflecks hervor. In verstärktem Maße wird diese geradlinige Schwingung des Lichtflecks erzeugt, wenn in die Drahtspulen der Strom einer Wechselstrommaschine hineingeleit wird; wegen der Geschwindigkeit der Stromänderung und damit der Änderung der magnetischen Wirkung auf den Kathodenstrahl entsteht auf dem Fluoreszenzschirm eine Lichtlinie. Mit Hilfe eines rotierenden Spiegels wird diese Linie in ihre Bestandteile nach der zeitlichen Aufeinanderfolge ihrer Punkte aufgelöst, und es zeigt sich im Spiegel die charakteristische Form der Wellenlinie des Wechselstroms. In ähnlicher Weise wird mit den oszillierenden Strömen eines mit einem Hammerunterbrecher versehenen kleinen Induktoriums und einer STöHRERschen magnetelektrischen Maschine ver- fahren; wegen der Schwäche dieser Ströme muß hierbei die magnetische Wirkung auf den Kathodenstrahl durch Einführung von Eisenkernen in die Stromspulen verstärkt werden. Nun wird der Strom der letzterwähnten Maschine in ein Paar horizontal liegender Spulen, dagegen der von der Wechselstrommaschine in ein gleiches Paar vertikaler Spulen geführt. Unter der vereinigten magnetischen Wirkung beider Ströme entstehen dann Schwin- gungen des Kathodenstrahls, welche auf dem Fluoreszenzschirm mannigfaltig verschlungene leuchtende Figuren hervorrufen, deren in der mechanischen Verwandtschaft der Schwingungs- verhältnisse begründete Ähnlichkeit mit den LissAJONSschen Stimmgabelkurven deutlich hervor- tritt. Durch Änderungen in der Schwingungszahl und in dem Unterschiede der Schwingungs- phase der erzeugenden Ströme kann diese Erscheinung beliebig variiert werden. Zum Schluß entnimmt Vortragender der schon vorher benutzten Dynamomaschine drei- phasigen Wechselstrom, sogenannten Drehstrom. Er zeigt zunächst seine Eigenschaften an einem Drehstrommotor-Modell, wobei die Umkehrung zweier Stromphasen eine umgekehrte Drehungsrichtung des Motors bewerkstelligt. Derselbe Strom wird nun in drei unter Winkeln von 120° gegeneinander geneigte Stromspulen des Gestells der BRAUNschen Röhre hinein- geführt. Die vereinigte magnetische Wirkung der drei diese Spulen durchfließenden, in der Phase um je 120° gegeneinander verschobenen Stromteile führt eine Kreisschwingung des Kathodenstrahls herbei, und die im Kreise erfolgende Drehung des Lichtflecks auf dem Schirm demonstriert anschaulich die Natur des „magnetischen Drehfeldes“.. Auch hier ruft wieder eine Umkehrung zweier Stromphasen eine Drehung des Feldes in umgekehrtem Sinne hervor. 3. Sitzung am 5. Februar 1902. Der Leiter des städtischen hygienischen Instituts Herr Stadtarzt Dr. Petruschky spricht in längerem Yortrage über Robert Koch’s neuere For- schungen auf dem Gebiet der Tuberkulose-Bekämpfung. IX Vortragender führt aus, daß die naturwissenschaftliche Methode der Medizin durch das Studium dreier Forschungsgebiete in der Bekämpfung der Krankheiten vorwärts gekommen sei, durch das Studium 1) des menschlichen Körpers, 2) der Krankheitsursachen, 3) der Heilmittel. Zunächst stellt Vortragender drei von ihm nach der KocHschen Methode behandelte Herren vor, die bereits wesentliche Zerstörungen der Lungen durch Tuberkulose erlitten hatten, aus deren Sputum jedoch die anfänglich reichlich vorhandenen Tuberkelbazillen nunmehr seit Monaten völlig verschwunden sind. Er spricht die Hoffnung aus, dieselben Herren auch nach Jahreil wieder vorstellen zu können zum Zeichen dafür, daß sie die Krankheitsherde end- gültig abgestoßen haben. Ein vierter Fall betrifft einen jungen Menschen mit tuberkulöser Erkrankung der Bronchialdrüsen als Beispiel eines zu Lungentuberkulose „disponierten“ Menschen. Er erscheint auch äußerlich „disponiert“, weil er bereits einen tuberkulösen Krankheitsherd im Körper hat, der durch Giftwirkung Blässe und Magerkeit hervorruft. Diese „Disposition“ kann durch sachgemäße Tuberkulin -Behandlung beseitigt werden, und dann pflegt sich der ganze Habitus zu ändern, wenn auch erst im Verlauf einiger Zeit Vortragender gibt hierauf an der Hand von Zeichnungen eine Anschauung von den anatomischen Verände- rungen der Bronchialdriisen und der Lungen bei Tuberkulose, um die Ergebnisse der Erforschung des menschlichen Körpers bei dieser Krankheit zu erläutern. Die Heilung tuberkulöser Lungen kann, wie man jetzt weiß, in zweifacher Weise vor sich gehen, entweder werden die erkrankten Stellen von spontan sich bildenden Kalkkapseln eingeschlossen, oder aber sie werden abgestoßen und aus dem Körper völlig entfernt. Letzteres tritt durch die Tuberkulin-Behandlung ein, wobei die entstehenden Lücken durch festes Binde- gewebe geschlossen werden. Diese letztere Art der Heilung ist entschieden sicherer als die erstere; denn solange die Tuberkelbazillen — wenn auch in verkalkte Gewebspartien einge- schlossen — in der Lunge verbleiben, schwebt die Gefahr des Rückfalles gleich dem Damokles- schwert über dem Befallenem Vortragender geht sodann auf die Erforschung der Krankheitsursache über. Ist es das Verdienst Virchow’s, das morphologische Bild dieser seit Menschengedenken bekannten und weit verbreiteten Krankheit durch die Feststellung der Tuberkeln im Lungengewebe als Krankheitsherde fixiert zu haben, so ist es das viel größere Verdienst R. Koch’s, die wahre Ursache der Erscheinung, den Krankheitserreger, in Gestalt des Tuberkelbazillus und damit den eigentlichen Charakter der Lungenschwindsucht als Infektionskrankheit un- zweifelhaft nachgewiesen zu haben. Reinkulturen dieses gefährlichen Mikrofeindes der Menschheit zeigt Vortragender in sorgfältig verschlossenen Fläschchen, die als Nährboden für den Pilz Glyzerin-Agar bezw. Glyzerinbouillon enthalten. Die Wirkung dieses Bazillus im lebendigen Organismus besteht nun darin, durch ein von ihm erzeugtes Zellgift einen Reiz auf das Lungen gewebe auszuüben, der zunächst zu den bekannten Knötchen- und Tuberkelbildungen, spater zum Tode und Zerfall des Gewebes führt. Tn großen Mengen finden die Tuberkel-Bazillen sich in den durch die Auflösung des Gewebes entstehenden Kavernen innerhalb der Lungen, aus welchen sie durch das ausgeworfene Sputum zur Verbreitung und nach Verstäubung zu einer Übertragung auf andere Personen Gelegenheit erhalten. Meist werden diese in die Atmungswege Gesunder eingeführten Bazillen mit dem Schleime wieder ausgesondert. Gelingt es ihnen aber, tiefer einzudring"en, so finden sie ein zweites Hindernis in den wichtigen Bronchialdriisen, welche der Luftröhre und ihren Verzweigungen benachbart sind. Vermögen diese die in sie gelangten Bazillen nicht zu ersticken und aufzulösen, so werden sie selbst ein Opfer der Bazillen. Es entstehen in ihnen die ersten Tuberkeln; sie zerfallen und die erkrankten Partien können in die Lungen selbst gelangen nnd diese infizieren. Erfahrungsmäßig bilden sich weitere Krankheitsherde häufig in der Pleura, dem Gewebe zwischen Lunge und Rippen, und geben Anlaß zu der als Pleuritis bekannten Krankheit, welche aber glücklicherweise die Tendenz zur Heilung durch Vernarbung besitzt. Schlimmer ist es, falls die Bazillen in den gewöhnlich nur wenig X durchlüfteten Lungenspitzen sich festsetzen, von dort sich weiter ausbreiten und nach und nach das Gewebe zerstören. Zum Studium der Heilmittel übergehend, bespricht Vortragender zunächst die ersten erfolgreichen Versuche zur Heilung durch Sanatorien-Behandlung nach Brehmer’s Vorgang. Durch rationelle Pflege und durch rein negatives Fernhalten aller Schädlichkeiten und der Berufstätigkeit kann der Körper widerstandsfähiger gemacht und die Krankheit zum Stehen gebracht werden. Es kann dann bei langer Fortsetzung dieser Behandlung schließlich Ver- kalkung der Krankheitsherde eintreten. Wie erwähnt, besteht dann aber immer noch die Gefahr des plötzlichen Aufbrechens der Tuberkeln und erneuten Vordringens der befreiten Bazillen, z. B. im Gefolge einer sekundären Infektion, wie Influenza. Eine andere Art der Bekämpfung der Tuberkulose ist versucht worden auf dem Wege einer „inneren Desinfektion“ z. B. durch Kreosot-Präparate. Man ist hiervon wieder abge- kommen, da durch planmäßige Untersuchungen, besonders Behring’s, festgestellt ist, daß die zu tötenden Bakterien gegen das spezifische Desinfektionsmittel bei weitem widerstandsfähiger sind als der zu sanierende Organismus. Der dritte Weg ist der der Immunisierung. Mit großem Erfolge ist derselbe bekanntlich schon durch Jenner gegen die Pocke nkrankheit und von Pasteur gegen die Hundswut beschritten worden; er führt auch zum ersehnten Ziele bei der Bekämpfung der Tuberkulose des Menschen. Nach der Entdeckung des die Tuberkulose ver- ursachenden Tuberkelbazillus ging Koch mit dem aus Reinkulturen gewonnenen Bakteriengift als Immunisierungsmittel vor. Der Vortragende demonstriert die KocHschen Tuberkulin-Prä- parate und erläutert deren Darstellung. Das Tuberkulin hat drei wesentliche Wirkungen auf den tuberkulös erkrankten Körper: 1) es verleiht demselben eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen die Tuberkel-Gifte, 2) bewirkt es eine gesteigerte Blutzufuhr zu den tuberkulös erkrankten Organen und 3) fördert es die so überaus wichtige Demarkation und Abstoßung der erkrankten Organteile. Von hoher Bedeutung ist das Tuberkulin zur sicheren Erkennung der Tuberkulose in den frühesten Stadien der Erkrankung, wie gleichfalls Koch gelegentlich des Studiums der Wirkungen seines Tuberkulins auf Tier und Mensch fand. Dieser diagnostische Wert des Mittels ist nicht hoch genug' anzuschlagen, da die Frühstadien der Erkrankung, die vielfach schon, in das Kindesalter fallen, stets die günstigsten Heilungschancen geben. Bei ganz vorgeschrittenen Erkrankungsfällen darf man dagegen das Mittel nicht anwenden, da dann die zu erwartende Abstoßung des erkrankten Lungengewebes bei der großen Ausdehnung des letzteren eine tötlich wirkende Erschütterung zur Folge haben kann ; auch bliebe, selbst wenn Heilung noch möglich wäre, zu wenig gesunde Lungensubstanz übrig, um den Körper funktions- fähig zu erhalten. Die Dosenfolge bei Tuberkulin-Behandlung kann entweden schroff oder milde gewählt werden. Ist eine schroffe Dosenfolge bei Hauttuberkulose gut angebracht, so ist solche bei innerer Erkrankung zuweilen schädlich, da die zu starke Schwellung infolge übermäßigen Blutzuflusses und die zu kräftige Abstoßung der erkrankten Gewebe in Fällen erheblicher Erkrankung die Lunge zu gefährden geeignet sind. Die Dauer der Behandlung nimmt meist mehrere Monate in Anspruch. Stellt sich Unempfindlichkeit gegen die langsam gesteigerte Tuberkulininjektion ein, so muß eine Ruhepause eintreten, nach deren Ablauf die Tuberkulin-Behandlung mit Erfolg wieder fortgesetzt werden kann, bis Heilung erfolgt ist. So ergibt sich die rationelle Bekämpfung in Etappen, in deren Zwischenräumen der Aufenthalt in Sanatorien sich als besonders zweckmäßig erwiesen hat. Vortragender demonstriert sodann die neuesten Beobachtungen Koch’s über Aggluti- nation. Es ist dies die Fähigkeit, welche das Blut der Behandelten erlangt, in einer Lösung von Neutuberkulin Niederschläge zu erzeugen. Vortragender schließt mit dem Hinweis darauf, daß die elf Jahre seit der ersten An- w endung des Tuberkulins nicht nutzlos verstrichen sind, um dem wertvollen Mittel die rechte Würdigung zu geben. Ein Zauber mittel, das in wenigen Wochen eine schwere Tuberkulose beseitigt, ist das Tuberkulin nicht, wohl aber ein Mittel, das in der Prophylaxe, bei der Diagnose XI und bei der sachgemäßen Behandlung gelinder Erkrankung für die Menschheit unschätzbaren Wert besitzt und noch mehr Würdigung erlangen wird. Erforderlich ist es aber, daß diejenigen Ärzte, welche die Tuberkulin-Behandlung praktisch betreiben wollen, sich in einem geeigneten Institute darauf einarbeiten, gerade wie es in der Chirurgie, Augenheilkunde usw. schon lange üblich ist. An den Vortrag schließt sich eine längere Debatte, an der sich außer dem Vortragenden die Herren Sanitätsrat Dr. Freymuth, Dr. Oehlschläger und Regierungs- Assessor von Hedemann beteiligen. 4. Sitzung am 5. März 1902. Der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber, legt Geschenke des Herrn Ober-Präsidenten von Gossler, sowie eine Abhandlung des Herrn Dr. Pincus, für die Gesellschafts-Bibliothek vor. Sodann macht das Ehrenmitglied der Gesellschaft, Herr Professor Dr. Bail, mehrere botanische Mitteilungen. Die erste dieser Mitteilungen betrifft unsere heimische Mistel ( Viscum album L.). Danzig gehört zu den Orten, in welchen diese Schmarotzerpflanze eine besonders weite Ver- breitung besitzt. Die Mistel gelangt auf unsere Holzgewächse bekanntlich durch Vögel, vor allem durch die Mistel- oder Schnarrdrossel. Diese Vögel fressen die Beeren der Mistel, und in dem nunmehr zähflüssigen Kot bleiben die jetzt erst recht keimfähigen Mistel-Samen an den Stämmen und Ästen hängen, keimen und treiben ihre Wurzel durch die Rinde in das Holz. Wer im Winter die „Schwarzes Meer“ genannte Straße emporsteigt, hat Gelegenheit, ebenso üppige Mistelkolonien auf den breiten Kronen unserer Pappeln zu beobachten, wie sie Kerner von Marilaun aus dem Wiener Prater abbildet. Viele unserer alten Linden- bäume erscheinen im Winter infolge ihrer Besetzung mit Misteln geradezu grün. Wenn Kerner das Vorkommen der Mistel auf Ahornarten zu den Ausnahmen zählt, so ist es gerade bei Danzig sehr häufig, und gegen den auch von ihm erwähnten Umstand, daß Birken von ihr gemieden werden, spricht ein gewaltiger Mistelbusch auf einer alten Birke in Heiligen- brunn. Auch auf dem Haselstrauche hat Vortragender den in Rede stehenden Schmarotzer in reicher Entwicklung gesehen, wie auf zahlreichen anderen Holzgewächsen, zu denen auch die wilde Rose gehört. Da das Vorkommen der Mistel auf diesem Strauch von Professor Caspary, der sich mit der Verbreitung der Mistel viel beschäftigt hatte, bezweifelt wurde, legte Vortragender 1869 der Versammlung des Preußischen Botanischen Vereins mächtig ge- schwollene Äste der Rosa canina mit alten Mistelexemplaren vor. Es gehören zu den Bäumen, auf denen sich die Mistel ansiedelt, auch Nadelbäume, z. B. die Schwarzkiefer in Österreich, die Edeltanne im Schwarzwald und Pinus silvestris z. B. in der Provinz Posen. Von dort aus erstreckt sich die kleinblättrige oder Kiefermistel, Viscum album L. laxurri } Boiss et Reut. auch nach Westpreußen, bleibt aber hier, wie eine im Amtlichen Bericht des Westpreußischen Provinzial-Museums für 1901 veröffentlichte Karte zeigt, soweit sich bisher aus eingehenden Unter- suchungen schließen läßt, in einer etwa 100 km breiten Zone von der Küste der Ostsee entfernt. Wenn, wie es scheint, die Mistel auf der Rotbuche und Platane nicht vorkommt, so würde das einfach auf die für ihre Entwicklung ungeeignete Ripde zurückzuführen sein und keine weitere Bedeutung für uns haben. Ganz anders steht es mit der Frage, ob Viscum album auf der Eiche schmarotzt, da diese Frage ein großes historisches Interesse darbietet, wie sich aus folgenden Erwägungen ergibt. Natürlich mußte das ausschließliche Vorkommen unserer wintergrünen Mistel auf Holzgewächsen und ihre infolge der steten Zweiteilung der Äste wunderbar regelmäßige Form von alters her die Phantasie der Völker anregen, so daß diese in ihr allheilende und belebende Kräfte suchten. Ihre im Winter goldgrünen Zweige führten zur Entstehung von der Sage der Wünschelrute, ihre wundertätige Kraft XII wird von Vergil und Homer nicht minder verherrlicht, als in der Edda. Aus ähnlichen Gründen erklärt sich auch die Rolle, welche die Mistel im Kultus der Druiden spielte, und diesen galt gerade die auf der Eiche wachsende Mistel als ganz besonders heilig, wie uns das durch Bellini’s Oper „Norma“ vor Augen geführt wird, in der die Mistel mit goldener Sichel von der heiligen Eiche geschnitten wird. Sich mit eigenen Augen von dem Vorkommen der Mistel auf Eichen zu überzeugen, war seit Dezennien ein leb- hafter Wunsch des Vortragenden. Daß man eine derartige Überzeugung nur dann erlangen kann , wenn man den direkten Zusammenhang der Eiche mit der Mistel beobachtet, das können diejenigen Mitglieder des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins be- zeugen, welche auf einem Ausfluge von Elbing bei der Kolonie Pangritz auf einer hohen Eiche eine Mistel sahen, welche schließlich auf einem Lindenaste herabgebracht wurde, der vom Sturme verweht, der Länge nach auf dem breiteren Eichenaste gelegen hatte. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen ist es dem Vortragenden endlich gelungen, ein schönes, auf einer alten Eiche wachsendes Mistelexemplar zur Vorlegung und Einverleibung in unsere Sammlungen zu erhalten. Er dankt dasselbe den Nachforschungen des Chemikers und Orni- thologen Herrn Leonhardt in Schäßburg in Ungarn, der seiner Anregung auf einem botanischen Ausfluge in Abbazia folgend, ihm nicht nur das in Rede stehende, sondern auch noch ein anderes seltenes, sogleich zu besprechendes Exemplar geschickt hat. — Häufiger als Viscum album ist auf Eichen und eßbaren Kastanien im östlichen und südlichen Europa seine nächste Verwandte, die Riemenblume, Loranthvs europaevs. Die Wurzel dieses Parasiten treibt nicht, wie die der Mistel, senkrechte Aste, die sogenannten Senker, die im Holze der Nährpflanze stecken, sondern verbreitet sich nur in der eigentlichen Wachstumszone des Holzes, im Kambium. Der Loranthvs hält deshalb in der Entwicklung gleichen Schritt mit seinem Träger und teilt mit diesem die Zeit der Belaubung, d. li. er ist nur sommergrün. Auf diesem Loranthvs ist nun schon mehrmals unsere Mistel als Parasit beobachtet worden, also ein Schmarotzer auf dem anderen. Auch hierfür hat Herr Leonhardt ein prächtiges, zur Demonstration gelangendes Exemplar geschickt. Ein kräftiger, an seinen braunen, gleichfalls wiederholt gabelig ver- zweigten Ästen kenntlicher Loranthvs wächst auf der Eiche, und auf ihm ein noch üppigeres Exemplar unserer Mistel. Herr Leonhardt hat auch ein Verzeichnis der Holzgewächse bei- gelegt, auf welchen die Mistel und die Riemenblume beobachtet worden sind, und der Direktor des Naturhistorischen Museums in Hermannstadt, Herr M. VON Kimaltovicz, hat freundliehst einen Bericht über die Verbreitung der verschiedenen Eichenarten in Siebenbürgen übersandt. o Indem Vortragender beide seltene Exemplare für unsere Sammlungen übergibt, spricht er aufs neue den Wunsch aus, daß doch auch die an einheimischen und ausländischen Objekten reiche botanische Sammlung in derselben vortrefflichen Weise aufgestellt und dem Publikum zugänglich gemacht werden möchte wie die übrigen Sammlungen des Provinzial-Museums. Bei der seinerzeit vom Vortragenden ausgeführten Anlage der Fruchtsammlung hat sich gezeigt, daß bei sorgfältiger Behandlung sich von sehr vielen Früchten Trockenexemplare herstellen lassen. Als neuen Beweis dafür legt Vortragender eine ihm von einem früheren Schüler, Herrn Landgerichtsrat Ehmke in Berlin, übersandte 8—10 Jahre alte, 31 g wiegende Apfelsine vor, die unter Beibehaltung der ursprünglichen Form aufs gleichmäßigste getrocknet ist. Von demselben Herrn, dem wir für die Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte in Danzig 1880 die Bearbeitung der Danziger Vogel-Fauna verdanken, ist auch eine Haselnuß mitgeschickt worden, an deren Grunde zwei kleinere harte Nüßchen angewachsen sind, die jedenfalls von zwei benachbarten weiblichen Blüten herrühren. In diesem Jahre fand Herr Oberlehrer Dr. Korella eine Zitrone, in deren Innerem sich beim Aufschneiden viele gekeimte Samen mit völlig grünen Keimblättern zeigten. Diese Beobachtung reiht sich an die des Vortragenden an, der schon wiederholt in ganz frischen Äpfeln gekeimte Körner aber mit weißen Keimblättern angetroffen hat. Der Umstand, daß in jener Zitrone, wie in den Beeren der Mistel, in den Früchten von Evonymus und einigen anderen Pflanzen sich grüne Keimblätter finden, während zur Entwicklung des Blattgrüns xm sonst die Mitwirkung des Lichtes erforderlich ist, ist sehr bemerkenswert. Daß die Keim- linge der Nadelhölzer auch im Finstern ergrünen, hat schon Goethe in Rom beobachtet, als er Piniensamen zum Keimen angesetzt hatte. Wie die Nadelhölzer, so ergrünen auch die Farne in tiefster Dunkelheit. Der letzte Teil des in Rede stehenden Vortrages bezog sich auf durch Pilze erzeugte Fisch- und Krebs-Krankheiten. Aufgefordert durch den damaligen Besitzer von Hochwasser, Herrn Fischer, hatte Vortragender im Jahre 1868 daselbst eine Epizootie untersucht, welcher selbst die ältesten Karpfen eines Bassins zum Opfer fielen. Er stellte als Todesursache die Saprolegnia asterophora de Bary fest. In dieselbe Familie der wasserbewohnenden Sapro- legniaceen, mit deren Entwicklungsgeschichte sich Vortragender Jahre lang aufs eingehendste beschäftigt hat, gehört auch die Achlya prolifera, welche der berühmte Zoologe Leuckart als Ursache der berüchtigten Krebspest erklärte, durch welche seit einigen 30 Jahren an sehr vielen Orten die Krebse völlig oder fast ganz vernichtet worden sind. Dem Studium dieser nach Umfang und Intensität beispiellos dastehenden Seuche hat sich dann der Direktor der biologischen Station des deutschen Fischereivereins zur Untersuchung von Fischkrankheiten in München, Herr Professor Dr. Hofer, mit ganzer Hingabe gewidmet und den Beweis er- bracht, daß zwar entschieden Krebse durch Achlyn und auch andere Parasiten zugrunde gehen, daß aber jene wahrhaft verheerende, an sehr charakteristischen Merkmalen kenntliche Seuche durch das Bacterium pestis Astaci Hofer hervorgerufen wird. Spritzte er eine in Wasser verdünnte kleine Menge der Agar- oder Gelatine-Reinkultur dieses sicher zu er- kennenden Bakteriums gesunden Krebsen auf der Rückenseite des Schwanzes ein. so verloren diese meistens schon nach 12—30 Stunden das Vermögen, mit ihren Scheren zu kneifen, stellten sich oft hochbeinig, fielen dann auf den Rücken und verendeten; auch krampfhafte Zuckungen wie Abwerfen der Scheren und Beine wurden mehrfach beobachtet. Als Todes- ursache ergab sich die massenhafte Vermehrung des eingespritzten Bakteriums im Blut und den inneren Organen. Vor wenigen Wochen sandte nun Fräulein Dr. Marianne Plehn, die Assistentin des genannten Instituts, dem Vortragenden die hier vorliegende Abhandlung über „die Schuppen- sträubung der Weißfische, verursacht durch das Krebsbakterium“. Man erkennt die Krank- heit äußerlich durch eine Aufrichtung der Schuppen, welche daher rührt, daß sich in den Taschen, in welchen die Schuppen stecken, unter diesen ein Exsudat bildet. Dadurch er- scheint der Fisch geschwollen oder aufgeblasen, Verhältnisse, welche sich jeder aus den drei auf der ersten Seite der in Rede stehenden Abhandlung gegebenen Abbildungen klar machen kann. Diese Fischschuppensträubungs- Krankheit verdient volle Beachtung, einmal, weil gewiß sehr viele Fische durch dieselbe zugrunde gehen, sodann aber, weil sie ein Mittel liefert, „weitere Aufschlüsse über die Verbreitung der KrebSpestbakterien auch da zu erlangen, wo es keine Krebse mehr gibt“, aber auch eine Aussetzung derselben ganz nutzlos sein würde. Hoffentlich werden sich auch unter den Fischereiinteressenten unserer Provinz Herren finden, die der Bitte des Herrn Professor Dr. Bruno HoFER-Miinchen entsprechen, ihm Nachricht über ihre Beobachtungen der betreffenden Fischkrankheit unter Angabe der Gewässer zu geben, aus welchen solche Fische mit rauhen, aufgerichteten und blutig unter- laufenen Schuppen herstammen, auch wenn die Krankheit nur in den Hältern beobachtet sein sollte. Infolge seiner vorerwähnten eigenen Untersuchungen über eine Fische tötende Saprolegnia, erbat Vortragender sich Auskunft von Fräulein Dr. Plehn rücksichtlich der Erfahrungen der Münchener Station über Saprolegnia Anf Aktionen. Aus der ausführlichen Antwort sei hier mitgeteilt: „Saprolegnien-Infektion bei Fischen kommt in unserer Praxis außerordentlich häufig vor und zwar sowohl in Aquarien und Fischhältern als im freien Wasser. Wenn auch die Saprolegnien wahrscheinlich nicht eine primäre Krankheitsursache sind, so erscheint es doch als absolut sicher, daß sie die direkte Todesursache in sehr vielen Fällen darstellen. Sie können ja unter Umständen einen großen Teil des Körpers eines lebenden Fisches auf- XIV zehren; wir haben Exemplare von verpilzten Karpfen gehabt, denen nichtfnur Teile der Flossen und der ganze Schwanz durch Saprolegnien abhanden gekommen waren, sondern auch die Muskulatur in größeren Bezirken, so daß die Wirbelsäule auf 1— 2 cm völlig bloß- gelegt war und frei ins Wasser vorragte. — Solche Verstümmelungen ertragen nur zählebige Fische; empfindliche, wie etwa Forellen, gehen zugrunde, lange ehe es so weit kommt.“ Ob die Parasiten auf der Haut eines völlig gesunden Fisches nicht ebenso Fuß fassen können, wie die Empusa- Arten auf der Haut der Insekten, ist noch durch weitere Beobachtungen zu erweisen. Sind durch Ameisenpuppen in den Aquarien oder wie in dem vom Vortragenden untersuchten Falle durch die Fleischfütterung der Fische im Bassin Herde für umfangreichste Schwärmsporenbildung der Saprolegnien entstanden, dann werden letztere auch meist an den Fischen schadhafte oder dünne Hautstellen finden, die das Eindringen ihrer Keimschläuche ermöglichen. Hierauf hält Herr Professor Dr. Valentini einen ausführlichen Vortrag Uber die Malaria. Vortragender konstatiert zunächst, daß hier in Danzig die Malaria gegenwärtig nicht mehr existiert; die große, 1866 — 1870 ganz Europa durchziehende Malaria-Epidemie ist auch in ihren letzten Ausläufern längst erloschen. Ähnliches gilt übrigens auch von der Influenza- Epidemie der neunziger Jahre. Und doch beansprucht die Malaria unser Interesse, da die Existenz unserer Kolonien zum Teil von der glücklichen Bekämpfung dieser Krankheit ab- hängt und andererseits die naturwissenschaftliche Forschungsmethode der Medizin auch in diesem Falle reiche Erfolge eingebracht hat. Die auf Analogieschlüssen beruhende Annahme, daß die Ursache dieser Krankheit in einem das Blut bewohnenden Parasiten zu suchen sei, hat sich bestätigt, denn 1880 entdeckte Laverän bei Gelegenheit einer Malaria-Epidemie in Algerien im Blute der Kranken einen mikroskopischen Organismus, ein Plasmodium, welches die Blutkörperchen befällt und zerstört. Andere Forscher bestätigten und ergänzten die wichtige Entdeckung Laveran’s. Die künstliche Übertragung dieses spezifischen Plas- modiums auf Gesunde ruft, wie Versuche bewiesen haben, sicher das Malariafieber hervor. Der Entwicklungsgang dieses Krankheitserregers bedingt und erklärt den eigenartigen Phasen- verlauf der gefährlichen Krankheit. Man weiß, daß durch blutsaugende Insekten (Gattung Anopheles ) die Übertragung erfolgt; es ist dies die Moskito-Theorie Robert Koch’s, die nach den erfolgreichen Untersuchungen Koch’s als feststehende Tatsache angesehen werden muß. In südlichen Breiten bekommen sämtliche Bewohner in den Kinderjahren die Malaria; ein Teil stirbt, die Überlebenden sind immun und bleiben gesund, auch wenn sie in andere Malariagebiete kommen. Das ist die oft gerühmte Immunität der Neger und Malaien gegen die Malaria. Eingeborene, die aber aus malariafreien Gebieten in verseuchte Gegenden ge- bracht werden, gehen zumeist an Malaria zugrunde. Als wirksames Mittel gegen Malaria gilt Chinin, welches den Parasiten zerstört, durch welches Neuinfektionen aber natürlich nicht verhütet werden können. Durch gründliche Behandlung aller Kranken einer Malariagegend ist es Robert Koch gelungen, die Malaria in berüchtigten Malaria-Distrikten Neu Guineas völlig zu beseitigen. Denn, finden die Insekten kein Plasmodien-haltiges Blut, so kann eine Übertragung und Verbreitung der Krankheit nicht mehr stattfinden; erlischt die Infektion der Moskitos, so muß auch die Infizierung der Menschen schließlich aufhören. Die Be- gründung und praktische erfolgreiche Ausnutzung der Moskito theorie ist das große Verdienst Robert Koch’s. 5. Sitzung am 16. April 1902. Zunächst widmet Herr Professor Momber dem Ende März verstorbenen Stadtrat Dr. Helm warm empfundene Worte der Erinnerung. Er feiert in ihm eines der tätigsten Mitglieder der Gesellschaft, den für die Wissenschaft viel zu früh gestorbenen, erfolgreichen Forscher, deu treuen Freund. Mit XV Wehmut sehen die älteren Mitglieder den Platz verwaist, den der in den Sitzungen sonst nie fehlende Verblichene seit 1866 regelmäßig inne hatte. Seine Anhänglichkeit an die Gesellschaft hat Helm noch zuletzt durch die Überweisung des Hauptteils seiner Bibliothek an die Büchersammlung der Gesellschaft betätigt. Ein ausführlicher, für die Jahressitzung im Januar be- stimmter Nekrolog wird die vielseitigen Verdienste des schwer Vermißten eingehend würdigen, dessen Andenken seitens der Versammlung durch Erheben von den Plätzen geehrt wird. Noch eine schmerzlich empfundene Lücke hat der Tod während der letzten Wochen in die Reihen der älteren Mitglieder gerissen. Zu Anfang dieses Monats verstarb nach längerem Leiden auf seinem Familien-Stammgut Paleschken in Westpreußen das Korrespondierende Mitglied der Gesellschaft Herr Dr. Hugo Meyer von Klinggraeff. Diesem widmet Herr Professor Dr. Bail einen ausführlichen Nachruf. H. v. Klinggraeff war einer der Begründer und der I. Vorsitzende des nach der Teilung der Provinz durch den Vortragenden ins Leben gerufenen und mit der Naturforschenden Gesellschaft eng ver- bundenen Westpreußischen Botanisch -Zoologischen Vereins. Ein dauerndes Denkmal in der Wissenschaft hat der Verstorbene sich durch seine floristischen Arbeiten gesetzt, die sich vornehmlich auf die höheren und niederen Krypto- gamen Westpreußens beziehen, und unter denen vor allem das umfassende Werk „Die Leber- und Laubmoose West- und Ostpreußens“ zu nennen ist. Diese und ein von ihm veröffentlichter „Versuch einer Topographischen Flora der Provinz Westpreußen“ bilden dankenswerte Ergänzungen zu der von seinem älteren Bruder Carl Julius von Klinggraeff herausgegebenen, aus den Jahren 1848/54 stammenden, bekannten „Flora von Preußen“. Zahlreiche kleinere Artikel des Verstorbenen sind in den Schriften der Gesellschaft ent- halten. Mit einem Appell an die Mitglieder, immer neuen Nachwuchs der Ge- sellschaft zuzuführen, der in ähnlichem Sinne wissenschaftlich tätig sei wie der Verewigte, schließt Vortragender. Die Anwesenden erheben sich zur Ehrung des Verblichenen von ihren Plätzen. Nachdem Herr Professor Momber einige Geschenke an Druckschriften der Herren Oberlehrer von Bockelmann, Professor Dr. Dorr und Geheimer Rat Dr. Radde vorgelegt, ferner auf die diesjährige Verteilung des Humboldt- Stipendiums, sowie auf die Zuteilung des Preises von 1000 M. für eine von der Gesellschaft s. Z. gestellte Preisaufgabe in der Mai-Sitzung hingewiesen hat, demonstriert Herr Professor Bail ein Herbarium sizilianischer Pflanzen, welches sein Schüler Herr Dr. Ross, früher in Palermo, jetzt Kustos am botanischen Museum zuJMünchen, kürzlich der Gesellschaft geschenkt hat. Vortragender führt eine Auslese von Pflanzen vor, die in biologischer, systema- tischer und pflanzengeographischer Hinsicht besonderes Interesse beanspruchen. Ein anschauliches Bild von der Üppigkeit und dem Reichtum der Formen wird auf diese Weise entrollt, welches in dem Naturfreunde den stillen Wunsch wachruft, jene eigenartigen Kinder Floras auf dem Boden Siziliens in frischer XVI Vegetation Wiedersehen zu dürfen. - — Hieran schließt Herr Professor Bail noch die Vorführung zweier für den Unterricht bestimmter zoologischer Wand- tafeln an. die zu einer von Professor Pfurtscheller in Wien neu heraus- gegebenen Sammlung gehören. Die farbigen Darstellungen einer Weinberg- schnecke und einer Teichmuschel mit anatomischen Einzelheiten in stark ver- größertem Maßstabe fielen angenehm auf durch ihre saubere, naturgetreue und plastisch wirkende Durchführung. Herr Professor Momber demonstriert sodann die seit kurzem eingeführte NERNST-Lampe. Die Vorführung erfolgt mittels des elektrischen Stromes aus der Stadtleitung bei An- wendung einer Spannung von 200 Volt. An der Hand eines in den Stromkreis eingeschalteten Amperemeters kann die bedeutende Stromersparung bei Anwendung dieser Lampe im Ver- gleich mit einer Glühlampe — auf gleiche Lichtstärke umgerechnet — veranschaulicht werden. Auch kommt die bemerkenswerte Einwirkung des Stromes auf den der sauerstoffhaltigen Luft ausgesetzten Glühkörper der NERNST-Lampe zur Sprache. Das den Glühkörper bildende kleine Magnesiastäbchen wird nämlich durch den nach erfolgter selbsttätiger Erwärmung hindurch- passierenden elektrischen Strom in Sauerstoff und Magnesium zerlegt, letzteres aber sofort wieder durch die Berührung mit der freien Luft in Magnesiumoxyd, also Magnesia, um- gewandelt. So erklärt sich die Beständigkeit des aktiven Glühkörpers in der Luft, der ent- gegen dem Verhalten des Kohlefadens der EmsoNschen gewöhnlichen Glühlampe in eine kostspielige, luftleere Glasbirne nicht eingeschlossen zu werden braucht. An diese Vorführung schließt Herr Professor Momber noch die Demon- stration des HEFNER-ALTENECK’schen Variometers, eines für geringe Luft- druckschwankungen überaus empfindlichen Apparates an. Herr Dr. Petruschky macht Mitteilungen über die in den letzten beiden Monaten in Danzig erfolgten Erkrankungen an Influenza. Bis Mitte April sind im ganzen 60 Fälle bakteriologisch sicher vom Vortragenden kon- statiert worden. Vortragender zeigt kleine Kolonien des Influenzabazillus im Sputum und in Reinkulturen unter dem Mikroskop und Kulturen, die auf mit frischem Taubenblut be- strichenem Agar-Agarnährboden gezogen waren. Dieser Bazillus ist einer der kleinsten Spalt- pilze und erst 1892 im KocH’schen Institut nach mühevollen Versuchen als Krankheitserreger erkannt. Der bazillär-infektiöse Charakter der Influenza steht seitdem unzweifelhaft fest. In den neuerlich hier am Orte beobachteten Fällen wurde der Bazillus im Auswurf, in einem seltenen Falle auch in der Bindehaut des Auges, nachgewiesen. Dieser letztere Fall ist ein Zeichen für das Bestreben einer akuten Ausbreitung der Krankheit. Bemerkenswert ist das immer wieder von neuem erfolgende Aufflackern dieser bösartigen Krankheit. Die Frage, wo sich der spezifische Krankheitserreger in den Ruhepausen verborgen hält, ist auf Grund von Feststellungen dahin zu beantworten, daß der Influenzabazillus in den Höhlungen der Lungen Schwindsüchtiger wie in reiner Kultur still weiter wächst, von dort seinen Weg zu den Atmungsorganen anderer Personen findet, und hier bei passender Disposition der Befallenen zu einer akuten Erkrankung Anlaß gibt. Diese Disposition war aber hier in Danzig infolge des plötzlichen Temperaturwechsels in der zweiten Hälfte des Februar eingetreten, das Um- sichgreifen der Influenza eine weitere ganz natürliche Folgeerscheinung. Herr Dr. Kumm legt den Prospekt einer vom Botanischen Verein der Provinz Brandenburg geplanten, 5 Bände umfassenden „Kryptogamenflora der Mark Brandenburg“ vor, welche sich vor der älteren schlesischen Kryptogamen- flora durch eine reiche Ausstattung mit erläuternden Abbildungen auszeichnen XVII wird. Soeben ist ein erstes Heft der Bearbeitung der Moose von Warnstorf erschienen. 6. Sitzung am 14. Mai 1902. Herr Leutnant Zimmermann spricht über das Problem des lenkbaren Luft- schiffes und der Flugmaschinen. Vortragender gibt in seinem durch Lichtbilder und anderes Demonstrationsmaterial erläuterten Vortrage eine vergleichende Darstellung des lenkbaren aerostatischen Luftschiffes mit den projektierten Flugmaschinen an der Hand der gewonnenen praktischen Erfahrungen. Sport, Wissenschaft und militärische Erwägungen, letztere besonders seit der Belagerung von Paris 1870/71, haben das Interesse an dem Problem des lenkbaren Luftschiffes rege gemacht und eine stufenmäßige Entwickelung der Lufttechnik gezeitigt. Alle Bemühungen, ein praktisch verwendbares, lenkbares Luftschiff zu erzielen, sind zwar bis jetzt vergeblich gewesen, die bekannten Projekte des Grafen Zeppelin und des Franzosen Santos Dumont haben aber in jüngster Zeit die Frage von neuem in Fluß gebracht und die Klärung der Ansichten so weit gefördert, daß die Aussicht auf Herstellung brauchbarer Flugfahrzeuge gegen früher wesentlich besser geworden ist. Betrachtungen über die Entwickelung des lenkbaren Luftschiffes zwingen naturgemäß zur Klarstellung der wesentlichsten Bedingungen zur Lenkbarmachung des aerostatischen Luftschiffes. Entscheidend ist da die Frage, ob durch Lufträder, die mit Maschinenkraft getrieben werden, dem schwebenden Ballon eine von Luftströmungen unabhängige horizontale Eigenbewregung gegeben werden kann. Wie die Erfahrung gelehrt hat, ist diese Frage durchaus zu bejahen; es ist bereits möglich geworden, den gewöhnlichen Ballon durch Luft- schrauben bei Windstille und auch gegen Wind derartig vorwärts zu bringen, daß ein Steuer zwecks Drehung des Ballons um seine Achse wirksam wird. Die nach dieser Richtung hin verbesserte Technik hat in letzter Zeit entschiedene Erfolge aufzuweisen, wie folgende Bei- spiele beweisen. 1852 erzielte Giffard mit seinem Luftschiffe eine Geschwindigkeit von 3 m in der Sekunde, 1872 Dupuy de Lome 2,7 m. Diese steigerte Haenlein 1872 unter Benutzung einer Gaskraftmaschine auf 5,2 m, Renard und Krebs 1884 auf 5,5—6 m, 1900 Graf Zeppelin auf 7,5 — 9 m und Santos Dumont auf 9 — 10 m in der Sekunde. Vergleicht man mit diesen Zahlen die bei uns beobachteten Windgeschwindigkeiten nach Beobachtungen des Meteorologischen Instituts in Potsdam und der Seewarte in Hamburg, so ergeben sich 18,7 m als größte, sehr selten auftretende Windgeschwindigkeit; nur an 13 Tagen im Jahre wird die Geschwindigkeit von 13 m überschritten, während die mittlere Geschwindigkeit sich auf 4—6,5 m in der Sekunde stellt. Ein Luftschiff von 14 m eigener Geschwindigkeit würde hiernach also fast das ganze Jahr hindurch die Luftströmungen bei uns zu beherrschen imstande sein; ein solches Resultat wäre gleichbedeutend mit der Lösung des in Rede stehenden Problems. Da fragt es sich nun, wovon hängt die Eigengeschwindigkeit eines Luftschiffes ab? Die Untersuchung hat ergeben, daß dieselbe wie die damit in Beziehung stehende Lenkbarkeit von dem Verhältnis der Größe 'der Luftschraube nebst der Kraftentwickelung der diese treibenden Maschinen zu der Größe der vertikalen Querschnittsfläche des Luftschiffes abhängt. Man weiß ferner, daß der Luftwiderstand proportional der Größe der Querschnittsfläche des Apparates und proportional den Quadraten der beabsichtigten bezw. erzielten Geschwindig- keiten wächst. Aus diesen Erwägungen heraus läßt sich obiges Verhältnis günstig genug gestalten, um wünschenswerte Resultate zu erzielen, indem in erster Linie große Dimensionen gewählt werden, ferner für größte Leichtigkeit des Motors, für Vergrößerung der Luftschraube, gasdichte Ballonhülle, größeres Volumen des Gasbehälters in höheren Luftschichten ge- sorgt wird. An dem ZEPPELiN’schen Luftfahrzeuge hat dies alles sich deutlich gezeigt. Im Jahre 1898 hatte der Ballon 100 m Länge, 5 m Durchmesser und faßte ein Gasvolumen von 2000 cbm. 2 XVIII Die erzielte Eigengeschwindigkeit und Lenkbarkeit wurden aber wesentlich gesteigert, als 1899 der Ballon auf 128 m Länge und 11,3 m Durchmesser bei 10 000 cbm Rauminhalt ver- größert werden konnte. Leider ist die Instandhaltung, die Beherrschung eines solchen Riesen apparates bei zunehmender Windstärke, die Abdichtung des Gasbehälters, abgesehen von der Vermeidung der Feuersgefahr und manchen mehr untergeordneten Mängeln, mit der- artigen Schwierigkeiten verknüpft, daß seine Überführung in die Praxis noch für lange Zeit zurückgestellt werden muß. Das klägliche Ende, welches der Aluminium-Luftballon des Österreichers David Schwarz auf dem Übungsplätze der Militär-Luftschiffer-Abteilung bei Berlin nahm, bestätigt diese Annahme, die nicht erschüttert wird durch das nur bei ganz günstigen Windverhältnissen erfolgte Gelingen der Luftfahrten von S antos Dumont. Schon mehr Aussicht auf Erfolg haben nach den gegenwärtigen Anschauungen die Flug- maschinen ohne Ballon, besonders weil sie frei von all den Kalamitäten sind, welche die Mitführung des Wasserstoffgases im Gefolge hat. Hier sind zu nennen der Drachenflieger von Kress in Wien, der durch den Wind mittels dreier großer Flügelflächen an der Wasser- oder Eisoberfläche vorwärts getrieben wird, um dann bei zunehmender Geschwindigkeit einem Schwane gleich auch in die Luft emporgehoben zu werden; ferner der auf einem hochbeinigen, zurückschlagbaren Stativ ruhende Drachenflieger von Hofmann in Berlin, bei welchem gleich- falls die Tragfähigkeit mit seiner Geschwindigkeit zunimmt; schließlich der einfache, praktische Apparat des Kunstfliegers Ingenieur Lilienthal, der mit demselben in der Sekunde bis 10 m zurückzulegen vermochte. Das traurige Schicksal Lilienthal’s beweist aber, wie ge- fährlich diese Flugapparate werden können. Nennenswerte Erfolge sind auch mit diesen Flugmaschinen nicht erzielt. Bei allen Drachenfliegern ist der Aufstieg in die Luft ungünstig, und da erst durch die schnelle Vorwärtsbewegung die Tragkraft möglich wird, so gibt es kein -Stillstehen in der Luft. Noch bessere Aussicht auf Erfolg als diese Drachenflieger bieten die Schraubenflieger ohne Ballon. Das bekannte Kinderspielzeug, der Schraubenflieger, der, in Drehung versetzt, bei genügender Umdrehungsgeschwindigkeit von selbst leicht in die Luft emporsteigt, bietet die Grundlage für diese neuesten, im großen Maßstabe herzustellenden Flugapparate. Der an den Hohlflächen dieser Luftschrauben entstehende Luftüberdruck bildet die treibende Kraft, welche mechanisch leicht in jede Richtung gelenkt werden kann, so daß auch die Lenkbarmachung des aus vielen solchen Luftschrauben zusammengesetzten Apparates gut möglich wird. Das Verdienst, dieses Prinzip in die Lufttechnik ein geführt zu haben, ist Ganswindt zuzusprechen. Sein aus Aluminiumflügelschrauben (die von Petroleummotoren getrieben werden) zusammengesetzter Flugapparat zeichnet sich durch leichten, stets gesicherten Aufstieg, Lenkbarkeit und Schwebefähigkeit aus. In den auf diesem Prinzip beruhenden Flugapparaten scheint die Zukunft der Lufttechnik nach Ansicht des Vortragenden ge- sichert zu sein. 7. Sitzung am 6. August 1902. Unser Landsmann und Korrespondierendes Mitglied, Herr Dr. Ross, Kustos am botanischen Museum in München, spricht unter Vorführung eines vorzüglichen Demonstrationsmateriales und zahlreicher Lichtbilder in anregen- dem Vortrage über die Lebensweise der Kletterpflanzen. Die Kletterpflanzen oder Lianen sind im Kampfe um das Dasein, im Wettbewerb um Licht und Luft entstandene Gewächse mit verhältnismäßig dünnen, schwachen Stengeln. Sie liefern gute Beispiele, an welchen sich zeigen läßt, wie in der Natur mit den verschiedensten Mitteln derselbe Zweck (hier die dünne Pflanze an das Licht emporzuheben) erreicht wird, und Organe, welche im fertigen Zustande wenig oder gar nicht voneinander verschieden sind, den verschiedensten Ursprung haben können. Infolge seines langjährigen Aufenthaltes und seiner Tätigkeit im Botanischen Garten in Palermo, wo das' Klima einer stattlichen Entwickelung der Lianen günstig ist, beinahe schon so wie im eigentlichen Gebiet der XIX Lianen, den Tropen, und ferner infolge der Anlage der wohl einzig in solcher Vollständig- keit dastehenden biologischen Gruppen des Königlichen botanischen Gartens in München ist Vortragender in der Lage, über diese interessanten Verhältnisse durch eigene Beobachtung Auskunft zu geben. Eine Hauptgruppe der Lianen bilden die windenden oder Schling-Gewächse, deren klimmender Stamm an fremden Stützen sich emporarbeitet, wie z. B. der sogenannte Teufels- zwirn, der Hopfen, die Feuerbohne, die große Zaunwinde, Arten der Osterluzei u. a. Ihre fortwachsenden Triebe beschreiben von rechts nach links oder umgekehrt gerichtete rotierende Nutationen, und zwar schwingen der Hopfen, das Geisblatt von Osten durch Süden nach Westen, was man rechtswindend nennt; andere, wie die große Zaunwinde, die Feuerbohne, schwingen in umgekehrtem Sinne, linkswindend. Diese kreisende Bewegung vollzieht sich bei einzelnen Pflanzen mit beträchtlicher Geschwindigkeit, so macht bei warmem Wetter der Hopfen eine volle Kreisbewegung in 2 Stunden 8 Minuten, die windende Bohne in 1 Stunde 37 Minuten, manche tropische Lianen schon in 1 Stunde 17 Minuten, während andere windende Pflanzen hierzu allerdings bis 24, ja bis 48 Stunden gebrauchen. Gewinnt die kreisende Spitze einen passenden Halt, so geht das Vorrücken des windenden Stengels rasch vor sich unter günstiger Entwickelung der ganzen Pflanze, andernfalls wird diese gehemmt; junge Keimpflanzen der Winde gehen wohl geradezu ein, wenn sie nicht rechtzeitig eine Stütze finden, an der sie sich emporarbeiten können. Letztere, die durch ihre Berührung einen Druckreiz ausiibt, um die nun erfolgende schraubenlinige Aufwärtsbewegung des klimmenden Stengels zu fördern, muß bestimmten Bedingungen genügen. Hopfen und Bohne winden zum Beispiel nicht um Pfähle, die dicker als 10 cm sind. In tropischen Gegenden sieht man Lianen auch um dickere Baumstämme gewunden, dann aber in deren Rinde hinein- geschnürt infolge des Dickenwachstums des umwundenen, einst dünnen Stammes. Die Neigung der Stütze gegen den Erdboden darf nicht weniger als 45° betragen, lotrecht aufsteigende Pfähle werden am leichtesten, horizontale nur ausnahmsweise umschlungen. Besonders ange- paßt den eigenartigen Verhältnissen ist die Oberhaut der windenden Stengel durch allerlei Rauhheiten ihrer Oberfläche, bei dem Hopfen durch die Bildung zahlreicher Klimmhaare. Nicht minder angepaßt ist der anatomische Bau in bezug auf die günstigste Wasser- und Nahrungszufuhr aus dem Erdboden. In anderer Weise sucht der rankende Stamm ans Licht emporzukommen. Eigenartige fadenartige, ungeteilte oder verzweigte Organe, Ranken genannt, entspringen aus dem schlanken Stengel der betreffenden Pflanzen, greifen unter nutierenden Bewegungen nach passenden Stützen, umklammern diese, ziehen sich bei manchen Arten in ihrem mittleren Teile dicht schraubenzieherartig zusammen und heben den an sich fast ganz passiven Stengel zur Stütze energisch empor. Bald sind diese Ranken umgebildete Nebenblätter wie bei der am Mittel- meer wachsenden, rauhen Stechwinde, bald echte Blattranken wie bei der Erbse und der Platterbse, deren eine Art im Interesse der stattlichen Ausbildung ihrer Ranken auf eigent- liche Blätter ganz verzichtet und dafür die sonst unbedeutenden Nebenblätter blattartig ent- faltet, um durch sie als Organe der Aufnahme von Nahrung aus der Luft die fehlenden Blätter zu ersetzen. Bald werden Seitensprosse des Stengels zu empfindlichen Ranken um- gebildet, die dann selbst Blätter tragen können. Zeichnen die echte Weinpflanze Sproßranken einfacher Form aus, so haben manche unechte Weinarten zierliche verzweigte Ranken mit Haftscheiben an deren Enden, zum Festklammern an glatten Gegenständen. Wie weit hier die Anpassung geht, ergibt sich aus dem Umstande, daß diese Haftscheiben sich nur dann ausbilden, wenn die Berührung mit einem festen Körper stattgefunden hat. Für die Praxis ergibt sich, daß man bei den Blatt- und Sproßranken andere Verhältnisse anwenden muß als bei der Kultur der windenden Pflanzen. Sind im letzteren Falle aufrechte Stützen er- forderlich, so brauchen rankende Pflanzen horizontale oder schräge Stützen von geringer Dicke. Hiermit ist die Variationsfähigkeit der Pflanzen zwecks Ausbildung von Kletterorganen noch lange nicht erschöpft. Bei manchen tropischen Gewächsen übernehmen die jungen, mit 2* XX Dornen besetzten Zweige selbst die Aufgabe des Festhaltens, umwinden die Stütze und heben den aufstrebenden, schwanken Stamm, in anderen Fällen, z. B. bei einer tropischen Palme, übernimmt das verlängerte Fiederblatt diese Aufgabe, oder der Blattstiel wie bei der Kapuziner- kresse und der Waldrebe, Bemerkenswert sind noch die Wurzelkletterer, z. B. der Efeu, dessen kurze Adventiv- wurzeln nur zum Festhalten an der Unterlage, nicht aber zur Nahrungsaufnahme eingerichtet sind. Großartiger als diese Haftwurzeln des Efeus sind die gurtenförmigen Kletterwurzeln der indischen Feigenarten, die sich wie weit ausgreifende Klammern um den stützenden Baum- stamm herumlegen und wohl die Stärke eines menschlichen Armes erreichen können. Schließlich weniger zahlreich und interessant sind die Spreizkletterer, wie der holzige Bockshorn, zarte Labkrautarten, manche Bambusarten u. a. m., bei welchen aus dem jungen Stammende nahezu rechtwinklig oder gar stumpfwinklig abstehende beblätterte Seitensprosse mit harter Spitze entspringen, die sich in das benachbarte Gestrüpp hineindrängen und gleich ausgebreiteten Armen den Pflanzenkörper halten. An diese Ausführungen, die durch umfangreiches anschauliches Demonstrationsmaterial reich illustriert sind, schließt Vortragender noch die Vorführung einer Anzahl von Licht- bildern charakteristischer Pflanzen formen und Pflanzengruppen vom Golf von Neapel, aus den Gärten von Palermo, aus Urwaldpartien Ceylons und Javas an, durch welche die bisherigen Detailbilder der windenden, rankenden, kletternden Pflanzen eine wirkungsvolle Vervoll- ständigung zu stattlichen und überraschenden Gesamtgemälden erfahren. Herr Professor Momber zeigt sodann am Skioptikon einige gut gelungene photographische Aufnahmen des Mondes, die vor einiger Zeit auf der Stern- warte der Gesellschaft vom Mechaniker der Gesellschaft, Herrn Krause, ge- macht worden sind, und zwar durch freies Nachführen der Kamera. Ein für solchen Zweck unentbehrliches Uhrwerk wird demnächst in der Werkstatt der Gesellschaft unter Leitung des Herrn Astronomen Dr. Kayser konstruiert werden. 8. Sitzung am 15. Oktober 1902. Der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber, eröffnet die Sitzung, indem er dem Schmerze Ausdruck gibt, der, wie das ganze Land, die Provinz und Stadt, so nicht zum mindesten unsere Naturforschende Gesellschaft nieder- drückt infolge des Hinscheidens des Staatsministers und Ober-Präsidenten Dr. von Gossler, des langjährigen Ehrenmitgliedes der Gesellschaft. Noch eines zweiten Ehrenmitgliedes Verlust hat die Naturforschende Gesellschaft zu be- klagen durch den Tod des Geheimrats R. Virchow. In längerem Vortrage spricht sodann Herr Momber über das Thema: Die mittleren Monatstemperaturen Danzigs im 19. Jahrhundert. Zunächst streift Vortragender das mathematische Poblem, die Wärmemenge zu be- rechnen, welche ein Ort der Erde von gegebener geographischer Breite an einem bestimmten Tage oder in einer bestimmten Periode von der Sonne erhält. Ohne auf die Methode selbst hier näher eingehen zu können, ergibt sich nach Professor Wiener’s Berechnungen, daß z. B. gleiche Flächenstücke an den Polen im jedesmaligen Sommer eine größere Wärmemenge seitens der Sonne empfangen als am Äquator. Dort wird die empfangene Wärme durch Schmelzung des Eises absorbiert, so daß die Luftwärme doch weit zurücksteht gegen die- jenige am Äquator. Der wirkliche Wärmezustand eines Ortes wird durch die Lösung obigen mathematischen Problems keineswegs gefunden ; andere Faktoren, die sich mathematisch nicht berechnen lassen, wie Aufnahme- und Ausstrahlungsvermögen, unterstützt durch ungleiche XXI Beschaffenheit der Erdoberfläche und den Einfluß der Atmosphäre, verschiedene Ausstrahlung der Sonne in kürzeren und längeren Perioden, wirken bestimmend auf die Ausgestaltung des Wärmezustandes einer Gegend ein. Hierbei muß vielmehr die unermüdlich fortgesetzte Be- obachtung Platz greifen, nur sie kann brauchbare Daten liefern. Deshalb ist die Meteorologie, speziell die Klimatologie, eine Erfahrungswissenschaft und wird es immer bleiben. Bei der Bestimmung des Klimas eines Ortes treten sechs meteorologische Elemente auf, Temperatur, Feuchtigkeit, Bewölkung, Niederschlag, Luftdruck und Wind. Die Gesamtheit dieser Elemente für irgend einen Zeitpunkt oder Zeitabschnitt bezeichnet man als Witterung, während die durchschnittlichen Werte dieser Elemente für einen Ort oder Landstrich — her- geleitet auf Grund langjähriger Beobachtungen — das Klima der betreffenden Örtlichkeit bilden. In Vorliegendem sollen hiervon nur die Temperaturen, die den Hauptfaktor eines Klimas bilden, Berücksichtigung finden. Um ein anschauliches Bild von den Temperaturverhältnissen eines Ortes zu gewinnen, müssen Mitteltemperaturen für bestimmte Zeitabschnitte — Tag, Monat, Jahr — berechnet werden. Um dies tun zu können, müssen langjährige einschlägige Beobachtungsreihen vor- liegen. Solche existieren für Danzig bereits seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, dank der aufopfernden Tätigkeit verschiedener Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft. Waren diese Beobachtungen in den ersten Jahrzehnten mit mangelhaften Instrumenten angestellt — eine Zusammenstellung derselben existiert von Dr. Westfal — , daher jetzt wenig brauchbar, so sind von diesem Vorwurf frei Beobachtungen, die seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts, speziell seit 1807 zur Verfügung stehen. Nur wenige Orte der Erde besitzen eine über so lange Zeit ausgedehnte Temperatur-Beobachtungsreihe wie gerade Danzig. Die Reihe von 1807 bis 1845 rührt von dem Medizinalrat Dr. Kleefeld her. der dreimal täglich in seiner Wohnung in der Langgasse die betreffenden Ablesungen machte. Schon vor dem Tode Kleefeld’s beteiligte sich Dr. Strehlke an den Danziger meteorologi- schen Beobachtungen, und es liegen von ihm Beobachtungen aus den Jahrenl826 — 31 und 1841 — 78 vor. An diese schließen sich dann seit 1876 bis jetzt die Beobachtungen der Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahrwasser an. Die Beobachtungen bis 1878 sind im Archiv und in den Schriften der Gesellschaft deponiert und schon wiederholt zum Gegenstand weiterer wissen- schaftlicher Bearbeitung gemacht worden, so besonders vom Vortragenden. Jetzt hat derselbe aus der langen Beobachtungsreihe von 1815 bis 1900 Monatsmittelwerte der Temperatur Danzigs in Celsiusgraden berechnet und zusammengestellt. Ein Beweis für die Zuverlässigkeit der Beobachtungen Kleefeld’s und Strehlke’s ist in der Tatsache zu erblicken, daß die gleichzeitigen getrennten Ablesungen von 1841 — 45 beider im wesentlichen dieselben Mittelwerte ergeben. Die STREHLKE’schen Reihen lassen sich demnach ohne weiteres an die Kleefeld’ sehen anfügen, und beide an die mit noch mehr verbesserten Apparaten ausgeführten neuerlichen Beobachtungen der Neufahrwasser Station. Die erwähnten Monatsmitteltemperaturen für Danzig betragen innerhalb der Zeitspanne 1807 bis 1900 im Januar — 1,9; Februar —1,5; März 1,5; April 6,2; Mai 11,0; Juni 15,6; Juli 17,6; August 17,2; September 13,5; Oktober 8,6; November 3,2; Dezember — 0,i. Ver- gleicht man hiermit die Monatsmittel des Jahres 1902, so kommt für die Frühlings- und Sommermonate dieses Jahres die Rauheit der diesjährigen Witterung grell zum Ausdruck. 1902 hatten wir nämlich im Januar +2,7; im Februar — 3,3; im März 1,3; dagegen im April nur 3,7; im Mai 8,8; im Juni 14,2; im Juli 15,7; im August 14,6; im September 11,9 mittlere Temperatur. Von früheren Jahren ist nur noch das Jahr 1844 dem jetzigen in bezug auf die niedrige Sommertemperatur an die Seite zu stellen. Das Charakteristische der Danziger Mitteltemperaturen tritt besonders scharf hervor, wenn man die betreffenden Werte für die vier Jahreszeiten mit den entsprechenden Werten XXII anderer Orte vergleicht. Die hier der Frühling kühler, der Herbst dagegen folgende Tabelle läßt deutlich hervortreten, daß bei uns wärmer ist als in Orten des Binnenlandes. Unterschiede zwischen der mittleren Jahrestemperatur und der Mittel- temperatur der Jahreszeit ^ ^ £ •+■3 Winter Frühling Sommer Herbst Danzig . . . . . 7,60 — 8,7 — 1,5 + 9,4 + 0,8 Königsberg . . 6,7 — 9,7 — !,2 + 9,9 + 0,9 Posen . . . . . 8,1 — 9,5 — 0,6 + 9,8 + 0,3 Berlin . . . . . 9,i — 8,7 — 0,6 + 9,1 + 0,3 Breslau . . . . . 8,8 — 9,0 — 0,5 + 9,5 + 0,5 Eine ausführliche Zusammenstellung und Darlegung der Temperaturverhältnisse Danzigs nebst Schlußfolgerungen wird von Herrn Momber in den Schriften der Gesellschaft ver- öffentlicht werden. Die Anregung hierzu hat eine Publikation der SENCKENBEBGischen Ge- sellschaft in Frankfurt a. M., betitelt: Das Klima von Frankfurt, gegeben. Stützt sich diese auf bis 1826 zurückreichende Beobachtungen, so darf die zu erwartende Publikation auf ein weit umfangreicheres Material, wie oben erwähnt, zurückgreifen. Alsdann berichtet Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz über den bisherigen Verlauf der deutschen Südpolarexpedition. Die bezüglichen Nachrichten sind zum Teil aus Briefen des Expeditionsleiters, welche dessen Vater, Herr Geheimrat Dr. von Drygalski in Königsberg, gütigst zur Verfügung gestellt hat, entnommen, sowie aus offiziellen Berichten (einschließlich umfangreicher wissen- schaftlicher Sonderberichte), die von der Expedition an das Reichsamt des Innern gesandt und inzwischen in den Veröffentlichungen des neuen Instituts für Meereskunde in Berlin zum Abdruck gelangt sind. Eine Anzahl Postkarten von Expeditionsteilnehmern an Herrn Professor Momber und Herrn Rektor Erdmann hier konnten gleichfalls vorgelegt werden. Die auf die Expedition bezüglichen Schriften sind gegenwärtig im Lesezimmer der Gesellschaft für einige Zeit deponiert worden. Die letzte Nachricht stammt von der im südlichen Indischen Ozean gelegenen Kerguelen- Inselgruppe, und zwar wurde sie durch ein Schiff der Hamburger deutsch-australischen Linie dortselbst zu Anfang April aufgenommen und in die Heimat befördert. Im Auszuge sei hier kurz folgendes wiedergegeben. Nachdem das Expeditionsschiff, die „Gauss“, am 11. August Kiel, am 15. August die Elbmündung verlassen, ging es in ununterbrochener Fahrt nach den Kapverden, welche am 11. September erreicht wurden. Ein fünftägiger Aufenthalt dort gab Gelegenheit zu geologischen und biologischen Unter- suchungen der interessanten Insel St. Vincent. Südlich vom Äquator begannen bereits regelmäßige magnetische, meteorologische und ozeanographische Beobachtungen zur Schulung des Schiffspersonals und zur vergleichenden Prüfung der verschiedensten Apparate. Waren bis dahin nur die Oberflächenschichten des Ozeans nach Temperatur, Salzgehalt und Lebe- wesen untersucht worden, so dehnte man die Messungen nun auch auf die Tiefsee aus Auf der Linie Kapverden — Kap der guten Hoffnung wurde dicht unter dem Äquator das Vor- handensein einer bislang angezwei feiten Tiefe von 7370 m bestätigt und für den südatlantischen Ozean die obere Grenzlinie der Tiefsee in 800 — 900 m Tiefe festgelegt, auf Grand von Fest- stellungen, welche gezeigt haben, daß unterhalb jener angegebenen Tiefe die Salz-, Tempe- ratur-, Dichtigkeits- und biologischen Verhältnisse eine schnelle Veränderung gegenüber den Verhältnissen der oberen Schichten aufweisen. Interessante Grundproben wurden mit dem Tiefseelot heraufgeholt. Diese Arbeiten hielten länger auf, das Schiff unter Segel kam zudem langsamer vor- wärts, als erwartet war, so kam es, daß die „Gauss“ in Kapstadt über einen Monat später eintraf, als der anfängliche Reiseplan vorschrieb. Das Telegramm am 23. November aus XXIII Kapstadt zerstreute in der Heimat schnell die Befürchtungen, die über das lange Ausbleiben des Schiffes bereits laut geworden waren. Nach Reparaturen am Schiff, nach Vergleich der mitgeführten physikalischen Instrumente mit solchen des Kapstädter Observatoriums wurde am 7. Dezember die Fahrt fortgesetzt und am 25. Dezember wurden die unbewohnten und seit 1772 nicht wieder betretenen Crozet-Inseln im südindischen Ozean aufgefunden und zwecks Unter- suchung betreten. Am 2. Januar 1902 landete man nach stürmischer beschwerlicher Reise auf den Kerguelen-Inseln unter 50° s. Br. und 70° Ö. L. Unterwegs war eine Serie Tief- lotungen geglückt zur Feststellung des Bodenreliefs an wichtigen Stellen des Ozeans, die bei Gelegenheit früherer Expeditionen nicht hatten angese.gelt werden können. Auf Kerguelen war inzwischen am 9. November 1901 durch den Dampfer „Tanglin“ das Material zum Aufbau einer Beobachtungsstation dortselbst, außerdem für die Hauptexpedition eine Anzahl Polarhunde und Steinkohlen gelandet worden. Nach mehrwöchigem vergeblichen Warten auf die „Gauss“ verließ die „Tanglin“ am 21. Dezember Kerguelen. Die innere Einrichtung dieser Nebenstation, Aufstellung, Prüfung und Vergleichung der Apparate nahm einige Zeit in Anspruch. Mit dem Schluß des Januar konnte die Nebenstation auf den Kerguelen in Funktion treten und stellte nunmehr im internationalen Polarjahr Februar 1902 bis März 1903 ihre korrespondierenden meteorologischen und erdmagnetischen Beobachtungen an. Am 31. Januar verließ die „Gauss“ Kerguelen und nahm den Kurs nach Süden ins ewige Eis des Südpolargebietes, um dort an geeigneter Stelle eine Überwinterungsstation zu errichten und gegen den Südpol auf Schlitten vorzudringen. Die verhältnismäßig niedrigen Wassertemperaturen zwischen den Crozet- und den Ker- guelen-Inseln lassen auf weit nordwärts vorgeschobene Eismassen schließen, so daß nach dieser und nach auch von anderer Seite gemachten Beobachtungen im hohen Süden auf günstige Eis- verhältnisse in diesem Jahre nicht zu rechnen sein dürfte. Professor VON Drygalski, der Führer der Expedition, ist nach seinen Berichten frohen Mutes, ein nicht zu unterschätzendes Moment für das Gelingen der Expedition erblickt er in dem selten harmonischen Zusammen- leben der fünf Expeditionsteilnehmer, des Kapitäns Ruser, der SchifFsoffiziere und der wetter- harten, geschulten und willigen Mannschaft. Erforderlichenfalls wird der Aufenthalt im Eise bis zum Frühjahr 1904 ausgedehnt, die Ausrüstung und der Proviant sind für so lange Zeit reichlich vorhanden, frische Polarnahrung wird die Jagd ergeben. Sollte eine Hilfsexpedition im Sommer 1903 nachgesandt werden, so darf dieselbe kein Anlaß zu Befürchtungen in der Heimat für die Hauptexpedition sein. Möge die „Gauss“ weiter glückliche Fahrt haben, dann werden wir Gelegenheit haben, nach s. Z. gegebenem Versprechen aus dem Munde des Herrn Professor von Drygalski über das großartige nationale wissenschaftliche Unternehmen hier in Danzig im Winter 1904 oder früher ausführlichen Bericht entgegennehmen zu können. Kurz sei noch darauf hingewiesen, daß außer der deutschen noch eine englische, eine schwedische und eine nationalschottische Expedition den Kampf mit dem Eise um den Südpol aufgenommen haben und gegenwärtig ihre Überwinterungsstationen (bis auf die schottische Expedition) bereits erreicht haben. 9. Sitzung am 5. November 1902. Unter Vorführung von Golderzen, von Experimenten und von Lichtbildern, die Szenerien aus den Golddistrikten von Transvaal und Alaska zur Darstellung bringen, spricht Herr Oberlehrer Lange über das Gold, seine Verbreitung und Gewinnung. Zunächst weist Vortragender auf die weite Verbreitung des Goldes in den oberen Schichten der Erde hin; es ist in ihnen fast ebenso verbreitet wie das Eisen. Auch das Meereswasser enthält Gold. Wenn auf 1000 1 desselben zwar nur 0,oo6 g Gold entfallen, so ist die Gesamt- menge denn doch beträchtlich, und man hat berechnet, daß bei einer gleichmäßigen Ver- XXIV teilung des im Meereswasser enthaltenen Goldes unter die 1600 Millionen Bewohner der Erde jeder die hübsche Summe von 3V2 Millionen Mark zu beanspruchen hätte. Leider ist die Aussicht auf die Hebung dieser Schätze vorläufig noch gering. Gegenwärtig wird das Gold 1) aus dem natürlich vorkommenden Golde, 2) aus Gold- erzen, 3) aus goldhaltigen Erzen gewonnen. Gediegenes Gold wird in kristallartiger Form als „Berggold“, in Form kleiner Körnchen mit gerundeter Oberfläche als „Waschgold“, wie z. B. im Rheinsande, und in Form größerer Goldklumpen — nuggets, d. li. Nüsse, genannt — gefunden. Die Golderze, z. B. das Schrifterz oder Sylvianit und das Blättererz, sind zwar mineralogisch interessant, fiir die Technik aber von untergeordneter Bedeutung, da ihr Vor- kommen auf wenige Fundorte beschränkt ist. Goldhaltig endlich sind verschiedene Erze, besonders der Schwefelkies, ferner auch Arsen- kies, Kupferkies, Bleiglanz und Zinkblende. Im Gegensatz zu der eingangs angedeuteten allgemeinen Verbreitung geringfügigen Goldes müssen die eigentlichen Goldfelder hervorgehoben werden. Es kommt da das edle Metall auf primärer Lagerstätte vor, wie in Südafrika im Diabasgestein und bei Jekatarinen- burg in Rußland im Granit oder reichlicher auf sekundärer Lagerstätte überall da, wo die hydrochemischen Prozesse in der Erdkruste und die mechanischen Vorgänge an deren Ober- fläche für die Konzentrierung der Goldeinschlüsse gesorgt haben. Durch den alttestamentlichen Bericht über das Vorhandensein des Goldlandes Ophir, dessen Ruinenstätten zwischen Limpopo und Zambesi vor wenigen Jahren aufgefunden sind, wird man auf das Land hingewiesen, welches wirklich ein Goldland im wahren Sinne des Wortes ist, da dort in Südostafrika das Gold in allen möglichen Formationen und Lagerstätten auftritt. Unterdevonische Sandsteine und Kalksteine mit eingelagerten Massen von Eruptiv- gesteinen bilden den Boden, die Goldlager gehören den Erstarrungsgesteinen, Diabasen, und mächtigen Quarzgängen an. Bekannt sind ferner die Goldfelder bei Baberton westlich von der Delagoabai und im Küstengebiet zwischen Kapstadt und Port Elisabeth. Dazu kommen echte Goldseifen (goldhaltige Sandablagerungen) in Südafrika häufig vor; auch jene wichtigen Nuggets werden gefunden. Sie gaben den ersten Anstoß zu der großen Goldbewegung in Südafrika. Zu nennen sind noch die Lagerstätten südlich von Pretoria, in deren Nähe die Stadt Johannesburg entstanden ist. Dortselbst ist der Goldgehalt der mächtigen Konglomerat- schichten bis zur erbohrten Tiefe von 1000 m von größter Gleichmäßigkeit. Bergrat Schmeisser, der 1893 von der Deutschen Regierung zum Studium der Goldfelder nach Trans- vaal geschickt wurde, hat berechnet, daß dort ein Goldgehalt von 7000 Millionen Mark in einem Viertel der gesamten in Betracht kommenden Schichten zu verzeichnen ist. Bei 200 Tonnen täglicher Erzgewinnung ergibt sich ein Gewinn von 10 000 M. pro Tag. Aus den Konglomeraten wird freies Gold, vermischt mit goldhaltigem Schwefelkies, durch einen be- sonderen Schlemmprozeß lierauspräpariert. Das Erz wird zerstampft, das Gold durch Queck- silber aufgenommen, dieses Goldamalgam dann in Retortenöfen bei 500° in Gold und Queck- silber zerlegt, ersteres in Barren umgeschmolzen. Rein ist es noch nicht, erst in den Gold- und Silberscheideanstalten Europas, so z. B. in Frankfurt a. M., wird durch Elektrolyse das reine Gold abgeschieden. Billiger ist die Gewinnung des Goldes aus seinen Erzen mit Benutzung von Cyankalium, in welchem das Metall sich löst. Dieses Verfahren ist im Johannesburger Distrikt seit etlichen Jahren in erfolgreicher Anwendung, während es in Siebenbürgen und Amerika wieder ein- gestellt wurde, weil es dort keinen rechten Erfolg hatte. Diese auffallende Ungleichmäßigkeit des Verhaltens an jenen getrennten Örtlichkeiten erklärt sich aus einer Eigentümlichkeit des Goldes in seinem Verhalten gegen Cyankaliumlösung. Mag diese noch so stark sein, sie löst das Gold nur auf, wenn es in Pulver- oder Blättchenform, d. h. so dargeboten wird, daß jedes einzelne Teilchen des Metalls gut mit der Cyankaliumlösung in Berührung kommt; gröbere Körner werden nicht gelöst. Die Konglomeratflötze des Witwaterrandes bei Johannesburg enthalten das Gold gerade in nichtkristallisiertem, fein verteiltem Zustande. Hierin liegt das XXV Geheimnis des großen Erfolges, welchen die Cyanidlaugerei bei Johannesburg und in anderen Teilen Südafrikas aufzuweisen hat. Beim Auslaugen des Goldes mittels Cyankalium spielt der Sauerstoff eine bemerkens- werte Rolle Die Extraktionsresultate sind um so günstiger, je mehr Sauerstoff in Gestalt von Luft in die Laugenwässer geführt wird, wie Vortragender durch einen Versuch zeigt. Aus der Lösung wird dann das Gold elektrolytisch abgeschieden. Durch Amalgamation und den ttyanidprozeß wurden in Transvaal vor Ausbruch des unseligen Krieges 1898 allein für 213 Millionen Mark Gold gewonnen. Vortragender gibt nun noch kurz eine Schilderung der Gold-Lagerstätten und der Produktion der übrigen Goldländer. Die Bedeutung Kaliforniens und der übrigen nord- und südamerikanischen Staaten wird hervorgehoben, desgleichen Australiens, wo 1851 in Neu- Südwales die Periode des Goldsuchens begann. Eine bemerkenswerte Produktion hat Sibirien aufzuweisen; besonders reich sind die Minen im östlichen Küstengebiet. In jüngster Zeit ist Alaska hinzugekommen. In Ungarn und Siebenbürgen sind geologisch junge vulkanische Gesteine die Träger des Goldes. Erwähnt werden noch die Goldbergbaugebiete in Deutschland, die in früheren Zeiten günstige Erträge lieferten: die Tauernkette in den Alpen, Böhmen, das Rheinbett, Goldberg und Reichenstein in Schlesien, Freiwaldau und Freudenthal in Österreich-Schlesien. Die gesamte Goldproduktion betrug in etwa vier Jahrhunderten einen Würfel von 8,8086 m Kantenlänge. Uber die Verwendung des Goldes geben folgende Zahlen einen Anhalt. In dem Jahr- zehnt 1886 — 96 betrug der Wert der Goldproduktion 566OV2 Millionen Mark; Neuprägungen von Münzen wurden in dieser Zeit vorgenommen im Werte von 5091 Millionen Mark. — - Reinstes Gold findet bekanntlich nur geringe Verwendung; so braucht es der Zahnarzt zu seinen Plomben. Zur Verzierung von Ornamenten dient das Blattgold, von welchem sich 10 g zu einer Fläche von 56% qm ausschlagen lassen. 0,06 g Gold lassen sich zu einem Draht von 157 m Länge ausziehen. Die Münzen enthalten gewöhnlich 90 % Gold, während deutsche Goldwaren laut Reichsgesetz gestempelt sein müssen, z. B. 585 bedeutet den Gehalt auf 1000 Teile Legierung. Zum Schluß gibt Vortragender an der Hand von Bildern eine lebhafte Schilderung der Strapazen einer Reise in die Goldgebiete Alaskas, nach Berichten des Ingenieurs Wensky aus Berlin, der 1898 dieses jüngste Goldland besucht hat. Herr Forstmeister a. D. Liebeneiner -Oliva berichtet sodann über ein prächtiges Meteor von blaugrünem Licht, das am selben Abend kurz vor 6 Uhr niedergegangen ist. Herr Rektor Erdtmann hat es gleichfalls ge- sehen. Eine nähere Bestimmung seiner ostwestlich gerichteten Bahn war wegen anderweitiger störender Lichtverhältnisse nicht möglich gewesen. 10. Sitzung am 18. November 1902. Herr Professor Momber legt das soeben fertiggestellte Heft der „Schriften“ der Gesellschaft vor, in welchem außer dem allgemeinen Jahresbericht, den Berichten über die Tätigkeit der einzelnen Sektionen und über die Bibliothek noch der Bericht des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins und wissenschaftliche Abhandlungen der Herren Professor Dr. Barth und Pro- fessor Scheeffer hier, sowie Reisebriefe unseres Landsmannes, des Herrn Dr. Radde- Tiflis, Exzellenz, enthalten sind. Darauf spricht in längerem Vortrage Herr Dr. S. Meyer über die psycho- physiologischen Experimente über die Wirkung des Alkohols auf die geistige Tätigkeit. XXVI Die Anschauungen über die soziale und ethische, sowie über die hygienische Bedeutung der alkoholischen Getränke haben im Laufe der letzten 10 bis 20 Jahre eine vollständige Umwälzung erfahren. Früher hielt man den Alkohol, solange mit ihm kein sogenannter Mißbrauch getrieben werde, für ein ziemlich unschuldiges Gewürz- und Genußmittel, und man ärgerte sich höchstens über diejenigen Menschen, die von dieser an sich angeblich guten Gabe der Natur nicht den richtigen Gebrauch zu machen verstünden. Heute wissen wir, daß diese Menschen, die sogenannten Trinker oder Trunksüchtigen, durch den Alkohol krank geworden sind, und wir sind durch die neuen exakten und vorurteilsfreien Unter- suchungen einer ganzen Reihe von hervorragenden Forschern dazu genötigt, den Alkohol unter eine ganz andere Reihe von Stoffen, nämlich unter die lähmenden Gifte, einzureihen. Er lähmt zunächst durch seine Anwesenheit im Blute den Stoffwechsel, die Blutgefäße und das Herz und schließlich alle Körperzellen; er ist imstande, jedes Tier und jede Pflanze zu töten. Für den erwachsenen Menschen beträgt die tötliche Gabe 800— 1200 cbcm. Die Lähmung, welche kleinere, nicht todbringende Dosen hervorrufen, ist am deutlichsten erkennbar an den am feinsten organisierten Zellen des Körpers, an den Nervenzellen, die unser Gehirn, das Organ der geistigen Tätigkeit, zusammensetzen. Uber die Wirkung des Alkohols auf die Gehirntätigkeit sind sehr eingehende Unter- suchungen von Professor Kräpelin und seinen Schülern angestellt worden. Kräpelin hat eine große Reihe von psychologischen Messungen eingeführt, mit deren Hilfe es ermöglicht wurde, die geistige Leistung normaler und kranker Menschen exakt zu messen. Auf Grund dieser Versuche ist die moderne Schulpsychologie entstanden, die für die Pädagogik von größter praktischer Bedeutung zu werden verspricht. Kräpelin und nach ihm viele Lehrer und Psychologen prüften den Einfluß der verschiedensten Faktoren auf die geistige Leistungs- fähigkeit, zunächst den der Übung und Ermüdung, der Arbeit, des Hungers und schließlich auch den einer Reihe von Giftstoffen und darunter den des Alkohols. Hierbei nun stieß er auf so stark in die Augen springende schädliche Wirkungen schon ganz geringer Alkohol- gaben, daß er selbst aufhörte, Alkohol zu genießen, und in die Reihen der Alkoholgegner eintrat. Die KRÄPELlN’schen Methoden sind darauf berechnet, die Summe der in einer bestimmten Zeit geleisteten Arbeit zu bestimmen. Es werden z. B. Zahlenreihen auswendig gelernt oder Reihen zusammengezählt u. dergl. Dann aber wurden auch die neuen psychologischen Methoden der direkten Messung des zeitlichen Ablaufs geistiger Vorgänge herangezogen. Bekanntlich ist es heute ein leichtes, die Schnelligkeit des Gedankens und einer Willens- handlung zu messen. Die Zeit, die dazu nötig ist, um auf ein verabredetes Zeichen eine bestimmte Bewegung zu wollen und seinen Willen auszuführen, die sogenannte einfache Reaktionszeit, beträgt 0,2 — 0,4 Sekunden. Sie ist also, verglichen mit der Fortpflanzungs- geschwindigkeit der physikalischen Kräfte, des Lichtes usw., sehr groß, und es ist natürlich nicht schwer, etwa mit Hilfe von Uhrwerken so geringe Geschwindigkeiten zu messen. War nun auf Grund dieser und verschiedener anderer komplizierter Methoden bei einem Menschen die normale Leistungsfähigkeit genau bestimmt, so konnte man an derselben Person mit Leichtigkeit die Wirkung der Ermüdung, des Hungers u. dergl. feststellen, und so auch die des Alkohols. Es ergab sich nun, daß schon bei ganz geringen Alkoholgaben, bei 10 cbcm, die etwa in einem Wasserglase Bier enthalten sind, eine deutliche Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit auf sämtlichen Gebieten, also eine lähmende Giftwirkung des Alkohols, erkennbar ist, die bei größeren Gaben selbstverständlich immer stärker und andauernder wird. Steigerte man die Dosis auf 100 cbcm Alkohol (entsprechend etwa 2 1 echten Bieres oder 1 Flasche Moselwein), so wurde die geistige Leistung zunächst nahezu wertlos und die Herabsetzung der Leistungsfähigkeit war noch 48 Stunden lang deutlich erkennbar. Wurde an 12 — 18 Tagen regelmäßig Alkohol in mittleren Mengen in Gestalt von 400—800 cbcm Wein genommen, so fiel die Leistung auf allen Arbeitsgebieten während der ganzen Dauer der Alkoholzuführung ununterbrochen ab, um sich sofort wieder zu erhöhen, XXVII wenn kein Alkohol genossen wurde. Durch mikroskopische Untersuchungen, die Professor Niszl anstellen ließ, ist auch die anatomische Grundlage der Störungen in Gestalt von im Zerfall begriffenen Gehirnzellen aufgedeckt worden. Um dem Laien diese Erfahrungen des psychologischen Laboratoriums näher zu bringen, hat Aschaffenburg einen sehr glücklichen Griff ins praktische Leben getan. Er ließ Schrift- setzer mit und ohne Alkoholgenuß arbeiten, und er fand eine deutliche Verminderung der Zahl der gesetzten Silben und vor allem eine Verschlechterung der Leistung in Gestalt von zahlreicheren Druckfehlern bei Alkoholzuführung. Bei sämtlichen Experimenten trat ganz regelmäßig eine äußerst wichtige Erscheinung auf, die manche Erfahrung des praktischen Lebens erklärt. Sämtliche Personen nämlich, an denen die Versuche angestellt wurden, hatten das ganz bestimmte Gefühl während der Arbeit, daß sie leichter und besser von statten gehe. Es trat also regelmäßig durch den Alkohol eine vollkommene Selbsttäuschung über den Wert seiner eigenen Leistung ein, die hier nur durch die genauen Messungen widerlegt wurde. Bei körperlicher Arbeit wurden ganz ähnliche Verhältnisse gefunden, hier ist es ja aus den Erfahrungen der Sportsleute, die sich wochen- lang vor den Wettkämpfen jedes Alkoholgenusses enthalten müssen, längst praktisch erprobt^ wie der Alkohol die Arbeitsleistung herabdrückt. Wer glaubt, mit Alkohol besser zu arbeiten, unterliegt eben nur der erwähnten Selbsttäuschung. Die praktischen Folgerungen, die sich aus den geschilderten wissenschaftlichen Tatsachen ergeben, wird sich jeder besonnene Beurteiler selbst ziehen können. Hier sei nur besonders darauf hingewiesen, daß jeder Schaden, den beim Erwachsenen eine verkehrte Lebensweise anrichtet, doppelt und mehrfach sich geltend machen muß während der Entwickelung, also bei den Kindern. Daß die Kinder den Alkohol überhaupt nicht kennen sollten, darüber herrscht ja auch heute unter allen, die darüber zu urteilen berufen sind, volle Übereinstimmung, nur stößt leider die Durchführung dieser Erziehungsregel so lange auf die größten Schwierig- keiten, als die Erwachsenen den Kindern durch ihr Beispiel den Glauben aufdrängen, daß die Betäubung durch Alkohol zu den erstrebenswertesten Genüssen des Lebens gehöre. Solange kein Fest ohne Alkohol gefeiert wird, und in jeder Lebenslage der Trinkzwang und die Trinksitte ihren unheilvollen Einfluß ausüben, ist ja sogar für Schwächliche und Kranke die Enthaltung von Alkohol oft kaum durchführbar; deswegen sind jene Professoren, zum Teil Leuchten der medizinischen Wissenschaft, Führer einer Enthaltsamkeitsbewegung ge- worden, die den Zweck hat, zunächst die Trinksitten zu brechen. So steht bei uns in Deutschland die Enthaltsamkeitsbewegung durchaus auf wissenschaftlicher Grundlage, sie wird von Professoren und Ärzten geleitet, und diese gesunde Grundlage läßt hoffen, daß das Ziel, die Befreiung der Gesellschaft vom Trinkzwang, erreicht werden wird. 11. Sitzung am 17. Dezember 1902. Herr Professor Momber legt von neuen Zuwendungen zur Bibliothek unter anderem mehrere Abhandlungen gynäkologischen Inhalts des Herrn Dr. Pincus hier vor. Alsdann spricht Herr Direktor Dr. Neumann unter Vorführung instruktiver Experimente über das Thema: Lichttelephonie. Seit Marconi die HERTz’schen elektrischen Wellen praktisch verwertet hat zu der sogenannten Telegraphie ohne Draht, sind die Bestrebungen, Meldungen auf elektrischem Wege drahtlos auf alle mögliche Art weitergeben zu können, unaufhörlich fortgesetzt worden. Eine Gruppe dieser Bestrebungen, bei der das Licht eine Rolle spielt, macht Vortragender zum Gegenstand seiner Darlegungen. Hierher gehört das ZiCKLER’sche Verfahren, welches eine Beobachtung von Hertz benutzt. Hertz hatte gefunden, daß die Entladungen an einem Induktionsapparate begünstigt werden, wenn das Licht eines Entladungsfunkens aus anderer Quelle auf die negative Elektrode fällt; war das Induktorium in seiner Wirkung so weit XXVIII herabgemindert worden, daß die Funken gerade aufhörten, so traten sogleich wieder Ent- ladungen ein, wenn die negative Elektrode durch das Licht eines in der Nähe erzeugten Funkens getroffen wurde, und hielten nur ebenso lange an, als diese Belichtung selbst dauerte. Hierauf basiert Zickler sein Verfahren, Zeichen in die Ferne zu geben auf tele- phonische Art ohne eine Drahtverbindung zwischen Zeichenentsender und Zeichenempfänger. Er benutzt einen Scheinwerfer oder eine starke Lichtquelle anderer Art, wirft das Licht in kräftigem Strahl auf ein Induktorium, das gerade bis zum Auf hören der Funkenentladungen abgeschwächt ist, belichtet speziell dessen negative Elektrode und macht die hierdurch neu eintretenden schwachen Funkenentladungen hörbar, indem er ein Telephon (mit Mikrophon) in die sekundäre Leitung einschaltet. Abblenden des Lichtstrahles an der Sendestation bringt exakt das Telephon an der Empfangsstation zum Schweigen, ein Freigeben des Strahles macht das Telephon wieder vernehmbar. Kurze bezw. lange Belichtungen geben dem Ohre Zeichen, die den Punkten bezw. Strichen am MORSE-Schreibapparat entsprechen, Kombinationen derselben liefern die Buchstaben des Alphabetes. Zu bemerken ist noch, daß nur der ultraviolette Teil des erregenden Lichtstrahles brauchbar ist. Statt der ge- wöhnlichen Glaslinsen müssen daher beim Sammeln und Lenken der Strahlen der betreffenden Lichtquelle Linsen aus klarem Quarz, der ultraviolettes Licht hindurchläßt, zur Verwendung kommen. Ein anderes drahtloses telephonisches Verfahren stützt sich auf die Eigentümlichkeit eines seltenen Metalles, des Selens, je nach dem Grade der Belichtung einem hindurch- gehenden elektrischen Strom wechselnden Widerstand entgegenzusetzen. Das Selen setzt im amorphen Zustande elektrischen Strömen einen Widerstand von mehreren Millionen Ohm entgegen. Es sinkt dieser Widerstand bereits auf einige Hunderttausend Ohm, wenn das als Leitungsbahn gewählte Selen körniges, kristallinisches Gefüge angenommen hat. Wird das kristallinische Selen aber kräftig belichtet, so geht sein elektrischer Widerstand auf 1f5 — V20 des vorigen herab; nicht unbeträchtlich bleibt derselbe aber dennoch. Seit einigen Jahren werden nun sogenannte Selenzellen, das sind bestimmt gruppierte, in ein Kästchen einge- schlossene Selen streifen, in elektrische Leitungsbahnen eingeschaltet. Die von dem Vor- tragenden benutzte Seelenzelle besitzt in unbelichtetem Zustande einen Widerstand von ca. 10 000 Ohm, ihr Widerstand sinkt bei starker Beleuchtung schnell auf ca. 3000 Ohm herab. Wird die Zelle in einen starken Stromkreis eingeschaltet, der direkt (oder durch ein Relais indirekt) eine elektrische Glocke oder einen MoRSE-Schreibapparat zu treiben vermag, so geben diese Apparate bei Belichtung der Selenzelle Zeichen, die infolge Verdunkelung der Zelle von der Sendestation aus beliebig unterbrochen werden. Die Länge der Zeichen kann wieder wie im vorigen Falle willkürlich variiert, und aus der Kombination von kurzen und langen Zeichen können die Buchstaben des Alphabets zusammengestellt werden. Ein dritter vom Vortragenden vorgeführter Versuch betrifft die „sprechende“ Bogenlampe nach Professor Simon. Professor Simon hat an einer Bogenlampe in seinem Institut in Er- langen die Wahrnehmung eines deutlichen knatternden Geräusches gemacht, das nichts mit den sonstigen Geräuschen einer derartigen Lichtquelle zu tun hatte. Die Ursache jenes eigen- artigen Geräusches waren Funkenentladungen an einem Induktorium in einem Nebenraume, die deutlich von der Bogenlampe wiedergegeben wurden. Die Erklärung für diese Erscheinung fand Simon in dem Umstande, daß die Drähte des Induktoriums einige Meter neben der Speiseleitung der Bogenlampe einhergingen, die Stromschwankungen in jenen wieder Strom- auflagerungen in der Speiseleitung und dadurch Intensitätsschwankungen des Lichtbogens her- vorriefen, die schließlich akustisch wirkten. Er versuchte dies zu wiederholen und zwar künst- lich durch Auflagern eines Mikrophonstromes auf den Strom der Bogenlampe. Der Versuch gelang, und fortan konnte leises Sprechen, Singen usw. gegen ein Mikrophon durch eine Bogenlampe reproduziert werden. Diese Versuche gelangen um so besser, je mehr der wirk- same Lichtbogen der Lampe verlängert wurde. Durch besondere Zubereitung der Kohlestifte, Tränkung derselben mit Kochsalz und Kupfersalzen, erhält man Lichtbögen von 5 — 6 cm, ja XXIX von 10 cm Lange. Die Beseitigung der bei obigem Versuche natürlich höchst störenden Nebengeräusche während des Abbrennens der Kohlestifte gelang dem englischen Physiker Duddell durch sinnreiche Nebenapparate, durch welche die leisesten Schwankungen des Lampenspeisestromes beseitigt werden konnten. Die durch das Ansingen, Ansprechen des Mikrophons hervorgerufenen Mikrophonströme ließen sich dem nun äußerst gleichmäßig fließen- den Speisestrom exakt auflagern und durch Vibrationen des Lichtbogens akustisch recht deut- lich wahrnehmbar machen. In diesem Falle ist das Mikrophon der Entsender, die Bogen- lampe der Empfänger. Simon hat dann auch umgekehrt die Lampe als Entsender benutzt und dieselbe mit Hilfe der schon erwähnten Selenzelle telephonisch hörbar gemacht. Er hat zur Zeit telephonische Meldungen auf diesem Wege bis auf 2 V2 km Entfernung ermöglicht. Zum Schlüsse erwähnt Vortragender noch die interessante Tatsache, daß der Physiker Ruhmer- Berlin an der sprechenden Bogenlampe einen Film (ähnlich wie er im Kinemato- graphen zur Anwendung kommt) vorüberziehen läßt und auf diesem durch die wechselnde Verstärkung und Abschwächung der Lichtwirkung jener Lampe helle und dunkle Streifen er- hält. Die Intensitätsschwankungen der sprechenden Lampe können also photographisch fixiert werden. Läßt man dann denselben, inzwischen entwickelten Film vor einer konstanten Licht- quelle vorübergehen und das durch den Film hindurchgehende Licht auf eine Selenzelle fallen, so erreicht man, daß die Zelle in der Streifenlinie des Films in verschiedenem Grade belichtet wird. Die dadurch in einer Siromleitung, in welche die Selenzelle eingeschaltet ist, hervor- gerufenen Schwankungen können dann telephonisch abgehört werden. Ruhmer nennt seinen Apparat Pliotographophon. Außer diesen 11 Ordentlichen Sitzungen und den sich daran anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche der Erledigung geschäftlicher Angelegen- heiten dienten, fanden noch 6 Versammlungen der Gesellschaft statt, in welchen vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen durch Lichtbilder illustrierte Vorträge gehalten wurden. Es sprachen: 1) Montag, den 13. Januar 1902, im Apollosaale, unser Korrespondieren- des Mitglied Herr Professor Dr. Deecke- Greifswald über Vulkane und heisse Springquellen. 2) Mittwoch, den 26. Februar 1902, im Festsaale des Danziger Hofes, Herr Dr. Wegener- Berlin über das Thema: „Mit den deutschen Truppen durch Petschili“. 3) Donnerstag, den 20. März 1902, im Saale des Gewerbehauses, unser Landsmann Herr Dr. Belck- Frankfurt a. M. über die Ergebnisse seiner vorjährigen Forschungsreise durch Kappadozien. 4) Mittwoch, den 9. April 1902, im Apollosaale, Herr Dr. BRÜHL-Berlin über das Thema: „Kulturbilder von der Murmanküste (russische Eismeerküste)“. 5) Mittwoch, den 22. Oktober 1902, im Festsaale des Danziger Hofes, Herr Professor Dr. CREDNER-Greifswald über Gletscher. ß) Donnerstag, den 4. Dezember 1902, im Festsaale des Danziger Hofes, Herr *Dr. Wegener- Berlin über das Thema: „Samoa, ein Paradies der Südsee, Bilder von meiner Reise durch den Samoaarchipel“. XXX Übersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1902 behandelten Gegenstände. A. Allgemeines. 1. Der Direktor, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für das Jahr 1901 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sektionen vor; am 3. Januar. 2. Herr Momber widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Stadtrat Dr. Helm, einen Nachruf; am 16. April. 3. Herr Bail widmet dem verstorbenen Korrespondierenden Mitgliede der Gesellschaft, Dr. Hugo M. von Klinggraeff, einen Nachruf; am 16. April. 4. Herr Momber widmet den verstorbenen Ehrenmitgliedern der Gesell- schaft, Ober -Präsident Staatsminister Dr. von Gossler und Geheimrat Professor Dr. R. Virchow warme Worte der Erinnerung; am 15. Oktober. B. Physik und Chemie. 1. Herr Evers erläutert Demonstrationen elektrischer Gleich-, Wechsel- und Drehströme mit der BRAUN’schen Kathodenstrahlröhre; am 21. Januar. 2. Herr Momber demonstriert die Nernst - Lampe und das Hefner- ALTENECK’sche Variometer; am 16. April. 3. Vortrag des Herrn Neumann: ,,Über Lichttelephonie“, mit Demonstrationen; am 17. Dezember. C. Astronomie und Meteorologie. 1. Vortrag des Herrn Süring: „Erlebnisse und Ergebnisse von Ballonhochfahrten“, mit Demon strationen ; am 3 Januar. 2. Vortrag des Herrn Zimmermann: „Das Problem des lenkbaren Luftschiffes und der Flugmaschinen“, mit Demonstrationen; am 14. Mai. 3. Herr Momber legt auf der Sternwarte der Gesellschaft gefertigte photographische Aufnahmen des Mondes vor; am 6. August. 4. Vortrag des Herrn Momber: „Die mittleren Monatstemperaturen Danzigs im 19. Jahrhundert“; am 15. Oktober. 5. Herr Liebeneiner berichtet über ein Meteor von blaugrünem Licht; am 5. November. XXXI D. Mineralogie und Geologie. 1. Vortrag des Herrn Lange: „Das Gold, seine Verbreitung und Gewinnung“, mit Demonstrationen; am 5. November. E. Botanik und Zoologie. L. Vortrag des Herrn Bail: „Botanische Mitteilungen“, mit Demonstrationen; am 5. März. 2. Herr Bail legt ein Herbarium sizilianischer Pflanzen vor und bespricht zoologische Wandtafeln; am 16. April. 3. Herr Kumm legt den Prospekt der vom Botanischen Vereiu der Provinz Brandenburg herausgegebenen Kryptogamenflora der Mark Branden- burg vor; am 16. April. 4. Vortrag des Herrn Ross: „Die Lebensweise der Kletterpflanzen“, mit Demonstrationen; am 6. August. F. Medizin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Petruschky: „Robert Koch’s neuere Forschungen auf dem Gebiet der Tuber- kulose-Bekämpfung“, mit Demonstrationen ; am 5. Februar. 2. Vortrag des Herrn Valentini: „Über die Malaria“; am 5. März. 3. Herr Petruschky macht Mitteilungen über die in den letzten beiden Monaten in Danzig erfolgten Erkrankungen an Influenza, mit Demonstrationen ; am 16. April. 4. Vortrag des Herrn S. Meyer: „Die psychophysiologischen Experimente über die Wirkung des Alkohols auf die geistige Tätigkeit“; am 18. November. G. Geographie und Reisen. 1. Herr Lakowitz berichtet über den bisherigen Verlauf der deutschen Südpolarexpedition; am 15. Oktober. XXXII Bericht über die Sitzungen der Anthropologische n Sektion im Jahre 1902. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben. Dr. Oehlschlaeger. Die Anthropologische Sektion der Naturforschenden Gesellschaft zählte am Ende des Jahres 1902 31 einheimische und 10 auswärtige Mitglieder. Sie hielt im abgelaufenen Jahr folgende Sitzungen ab: Am 29. Januar berichtete zunächst der Vorsitzende über eine kürzlich erschienene Druckschrift des Herrn Professor Treptow in Freiberg i. S. über die Mineralbenutzung in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Sodann trug Herr Kustos Dr. Kitmm über die Ergebnisse seiner im vorigen Jahre im Aufträge des Provinzial-Museums ausgeführten Untersuchung eines Gräberfeldes aus der vorrömischen Zeit in Suckschin, Kr. Danziger Höhe, vor. Endlich be- sprach Herr Professor Dr. Conwentz zwei neue Druckschriften von Dr. Gunnar Andersson in Stockholm, deren eine einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis des Pferdes in der Steinzeit Schwedens bietet, während die andere die illustrierte Biographie A. E. von Nordenskiöld’s, des berühmten Polar- forschers, enthält. Am 12. März legte Herr Stadtrat Dr. Helm einige antimonhaltige vor- geschichtliche Bronzen aus Westpreußen vor und berichtete sodann über seine Untersuchungen altbabylonischer Bronzen. Hierauf sprach Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz über seine für das Provinzial-Museum ausgeführten Ausgrabungen von bronzezeitlichen Hügelgräbern in Mischischewitz, Kr. Karthaus. XXXIII Bericht über die Sitzungen der* Sektion lüi* Physik und Chemie im Jahre 1902. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EVERS. Am 9. Januar beging die Sektion die Feier ihres 25jährigen Bestehens durch eine Festsitzung. Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden, unter ihnen besonders diejenigen Herren, welche an der Gründung der Sektion be- teiligt waren, begrüßt hatte, erstattete der stellvertretende Vorsitzende, Herr Helm, einen Bericht über die Tätigkeit der Sektion während der 25 Jahre ihres Bestehens. Dann demonstrierte der Vorsitzende eine BRAUN’sche Röhre mit den dazu gehörigen, in der Werkstatt der Gesellschaft hergestellten Apparaten; er zeigte, wie schön und anschaulich mit ihrer Hilfe die Vorgänge in Stromkreisen, insbesondere für ein-, zwei- und dreiphasigen Wechselstrom sich darstellen lassen. 3 XXXIV Bericht über die Sitzungen der Medizinischen Sektion im Jahre 1902. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. TORNWALDT. Im Jahre 1902 sind in 8 wissenschaftlichen Sitzungen 36 Vorträge ge- halten beziehungsweise Demonstrationen vorgeführt worden. 1. Sitzung am 9. Januar. 1. Herr Dr. Adolf Wallenberg: Über Degeneration der Achsenzylinder- Endnetze (Osmium-Methode). 2. Herr Professor Barth: Über funktionelle Nieren-Diagnostik. 2. Sitzung am 30. Januar. 1. Herr Dr. Putzler: Vorstellung zweier Fälle tertiärer Lues, mit Jodipin- Injektionen behandelt. 2. Herr Dr. Stangenberg: Prostata- Hypertrophie und deren Behandlung mit dem BoTTiNi’schen Inzisor aus Platin-Iridium (galvanokaustisch wirkend). 3. Herr Dr. Semi Meyer: Eine neue Färbungsmethode der Nervenzellen (durch Bildung von Berliner Blau). 4. Herr Dr. Petruschky: Über Desinfektion mit feuchten Formaldehyd-Dämpfen. 3. Sitzung am 13. Februar. 1. Herr Dr. Adolf Wallenberg: a) Vorstellung eines Patienten, welcher * infolge einer Infektion am Nagel der großen Zehe mit Bildung einer Knochenanschwellung an aufsteigenden epileptischen Krämpfen leidet; b) Vorstellung eines Falles von Schädelverletzung mit nach- folgenden Nervenstörungen. 2. Herr Sanitätsrat Wallenberg: Über Herzfehlerzellen mit Demonstration mikroskopischer Präparate. XXXV 4. Sitzung am 13. März. 1. Herr Dr. Petruschky: Vorstellung mehrerer Kinder, welche prophylaktisch mit Tuberkulin behandelt sind. 2. Herr Dr. Semon II: Vorstellung eines Balles von Total-Exstirpation von Uterus und Vagina wegen Prolapses. 3. Herr Dr. Stangenberg: Vorstellung eines Falles von scheinbarer Hysterie, die nach operativer Entfernung eines Kotsteines vollkommen ver- schwand. 4. Herr Dr. Schourp: Vorstellung eines Falles schwerer Psoriasis totalis (auch der Nägel). 5. Herr Dr. Fischer: Demonstrationen: a) einer Steinniere, b) eines sehr großen Gallensteines. 6. Herr Dr. Semon II: Demonstration von Präparaten von Hydrosalpin. 7. Herr Dr. Petruschky: Die Ergebnisse der schulhygienischen Enquete. 5. Sitzung am 1. Mai. 1. Herr Oberstabsarzt Wilberg: Vorstellung eines Falles von Thrombose des Bulbus venae jugularis. 2. Herr Professor Valentini: a) Vorstellung eines Falles von beginnendem Aorten- Aneurysma, b) Bruch eines Lendenwirbels mit Folgezuständen. 3. Herr Professor Barth: a) über Leber -Echinococcus, b) über Darminvagination, c) über tabische Arthropathie mit Demonstrationen. 6. Sitzung am 30. Oktober. 1. Herr Dr. Fischer: Vorstellung eines geheilten Falles von doppelseitiger Kniegelenksluxation mit RoENTGEN-Bildern. 2. Herr Professor Valentini: Vorstellung eines Falles von Aorten-Aneurysma mit stereoskopischem RoENTGEN-Bilde. 3. Herr Oberstabsarzt Wilberg: Vorstellung eines Falles von Ectopia peri- nealis testiculi. 4. Herr Dr. Petruschky: Vorstellung zweier Tuberkulin-Fälle. 5. Herr Sanitätsrat Wallenberg: Über Schwarzwasserfieber. 6. Herr Professor Valentini: Über Malaria-Fälle aus der Umgebung von Danzig. 7. Sitzung am 13. November. 1. Herr Dr. Vorderbrügge: Über chirurgische Behandlung der Epilepsie (mit Krankenvorstellung). 2. Herr Dr. Putzler: a) Fälle von Trichophytie des Kopfes behandelt mit RoENTGEN-Strahlen, b) eine praktische Gonokokken-Färbung mit Eosin- Methylenblau (mit Präparat). 3. Herr Dr. Petruschky: Die bakteriologische Diagnose der Influenza. XXXVI 8. Sitzung am 11. Dezember. Herr Dr. Stangenberg: Der Bossi’sche Uterus-Dilatator, mit Demonstration des Instrumentes. Herr Dr. Panecki: Das RosENFELD’sche Zapfen-Pessar (mit Demonstration des Instrumentes) und die Paraffin-Injektion nach Kroenig zur Be- handlung inoperabler Prolapse. Herr Dr. Petruschky: Mitteilung eines Todesfalles an Influenza-Pneumonie bei einem sechs Wochen alten Kinde. Fortbildungskurse für die Mitglieder der Medizinischen Sektion. Januar bis Mai: Herr Dr. Helmboldt: Augenheilkunde. Herr Dr. Panecki: Gynäkologie. Herr Dr. Adolf Wallenberg: Neurologie. Oktober bis Dezember: Herr Professor Barth: Chirurgie. Herr Dr. Petruschky: Schulhygiene. XXXVII Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1902. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Regierungsrat BUSENITZ. Der Westpreußisclie Fischerei verein veröffentlichte im vergangenen Jahre im Anschluß an die im Jahre 1901 herausgegebene Fischereikarte der Provinz das vom Geschäftsführer bearbeitete spezielle Verzeichnis der Gewässer, welches mit kurzen, die Natur der einzelnen Gewässer kennzeichnenden Angaben über die Größe und Lage, die Gefälle- bezw. Tiefenverhältnisse, die Fischfauna, die Nutzungsberechtigungen und die Fangweisen versehen ist. Die ursprünglich geplante Ausdehnung der Gewässerbeschreibung auf die hydrologischen und biologischen Verhältnisse war nach Lage der verfügbaren Mittel zunächst noch nicht möglich und soll allmählich nachgeholt werden. In den „Mitteilungen“ des Vereins wurden die Berichte über die Ge- wässeruntersuchungen im Anschlüsse an die früheren Veröffentlichungen (Hydro- biologische Untersuchungen, Untersuchungen in den Stuhmer Seeen) wieder aufgenommen und zunächst namentlich einige Befunde bei abnormen Lebens- verhältnissen sowie die Zusammensetzung der Planktons in den Braheseeen mitgeteilt, welche bisher die einzige Fundstelle einer eigentümlichen Daphniden- form bilden. Die Untersuchungen über den Formenkreis dieser bei ihrem massenhaften Auftreten in den Seeen nicht unwichtigen Tiere konnten im Laufe des vergangenen Jahres weiter ausgedehnt werden. Von Interesse war ferner das Wiederauffinden des sonderbar gestalteten Holopedium gibberum, einer Krebsart, welche von Lievin im Jahre 1848 bei Danzig entdeckt, seitdem aber wohl in Süddeutschland, Böhmen und Skandinavien, nicht aber in West- und Ostpreußen wieder beobachtet war. Neu untersucht wurden von westpreußischen Seeen: der Kapellensee bei Berent, der Debrinosee, der Ogoninsee und der Bruchsee bei Rottenberg, der Kamionkensee bei Kulmsee, der Lappalitzer, Roeskauer und Große Miechutschiner See bei Karthaus, ferner Teiche bei Suckase, Neuhof, Spen- gawsken, Widno bei Bruß, Friedrichsmühle bei Schloppe. Hauptsächlich wurden Untersuchungen in den Gewässern bei Danzig, der Putziger Wiek, der Weichsel, Radaune, Rheda, angestellt. XXXVIII Ferner wurde Material, das von Herrn Kustos Dr. Wolterstorff in Magdeburg gelegentlich einer im Aufträge des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins ausgeführten Bereisung der Tucheier Heide aus einigen Torfbrüchen und Seeen der Kreise Tuchei und Schwetz gesammelt war, be- züglich der niederen Würmer und Kruster untersucht und dabei der ziemlich seltene Monospilus tenuirostris , ein entomostraker Krebs, in dem Blondzminer See gefunden. Auf der Internationalen Fischereiausstellung in Wien, an welcher sich der Verein beteiligte, wurde außer zahlreichen Modellen und den Veröffent- lichungen des Vereins eine Reihe von Präparaten zur Physiologie und Pathologie der einheimischen Wassertiere ausgestellt, welche Interesse erregten. An der Internationalen Fischereiausstellung in St. Petersburg beteiligte sich der Verein mit den von ihm herausgegebenen Werken und Karten. Für beide Ausstellungen erhielt der Verein Prämien in Form von Medaillen. XXXIX Bericht über die Sitzungen der ^Sektion für Gesundheitspflege im Jahre 1902. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medizinalrat Dr. BORNTRAEGER. Die Sektion zählte am Jahresschlüsse 54 Mitglieder. In den Sitzungen wurden folgende Gegenstände behandelt: 1. Sitzung am 18. Januar: Herr Berg: Korn, Mehl und Brot. 2. Sitzung am 22. Februar: Herr Eschricht: Die Bedeutung der Ratten für die Verbreitung der Pest auf dem Seewege. 3. Sitzung am 8. März: Herr Sander: Die Cholera in Danzig 1851; volks- tümliche Mitteilungen aus einer alten Chronik. 4. Sitzung am 22. März: Herr NASS-Charlottenburg: Über moderne Zimmer- und Wohnungsdesinfektion. 5. Sitzung am 12. April: Herr Buchholz: Lebenshaltung und Gesundheit des Arbeiters. 6. Sitzung am 1. November: Herr Borntraeger: Hygienisches und Ver- wandtes aus Italien. 7. Sitzung am 29. November: Herr Preusse: Die hygienisch wichtigen Punkte der Fleischbeschau nach den neuesten Bestimmungen. XL Jahresrechnung der Naturforschenden Einnahme. A. Allgemeine Bestand am 1. Januar 1902 ........ I Grundstück-Miete u. s. w. II. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken III. Beiträge von Mitgliedern IV. Provinzial-Zuschuß Y. Verkauf der Gesellschaftsschriften . . . VT. Insgemein . VII. Außerordentliche Einnahme .... Jl % 485 92 957 55 810 — 3 618 — 2 000 — 150 — 379 20 388 41 8 789 08 B. Wolff’sche Bestand am 1. Januar 1902 209 98 I. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken 1 624 50 II. Zuschuß des Herrn Ministers und der Provinzial-Kommission 500 — III. Erstattung von Auslagen der Werkstatt 43 40 2 377 88 C. Verch’sche Barbestand am 1. Januar 1902 — 70 I. Zinsen 577 50 II. Geschenk . — 62 578 82 Bestand . . . I. Zinsen . II. Geschenke Bestand Zinsen und besondere Einnahmen Überschuß aus Kasse A Titel II Bestand I. Zinsen II. Überweisung für 1902 D. Humboldt- 48 86 651 — 11 60 711 46 E. Bau= 498 78 335 70 5 96 840 44 F. Fonds für das neue 867 33 170 — 400 — 1 437 33 G. Masse des phy Bestand 42 19 I. Zinsen 3 50 II. Überweisung des Vorstands aus Kasse A Titel IV 4. 100 — 145 69 XLI Gesellschaft für das Jahr 1902. Ausgabe. JC. Sy I. Gehälter und Remunerationen 510 24 II. Grundstück 945 38 III. Sitzungen und Vorträge 762 81 IV. Bibliothek 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder ...... 1 491 15 2. Gehälter 600 — 3. Zu den Vorarbeiten für einen neuen Katalog 174 60 4. Zur Verfügung des Vorstands 100 — 5. Feuer- Versicherung 140 20 2 505 95 V. Druck der Gesellschafts-Schriften 1. Für das laufende Heft der Schriften 1 250 — 2. Für das neue CoNWENTz’sche Werk 400 — 1 650 — VI. Porti und Anzeigen 78 98 VII. Erhaltung des Inventars 42 45 VIII. Insgemein 590 99 Barbestand 1 702 28 Stiftung. I. Gehalt des Astronomen 1 100 — II. Astronomische Station 1 257 03 Barbestand 20 85 2 377 88 Stiftung. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek 578 82 Stiftung. Stipendien (einschl. Porto) 602 25 Barbestand . 109 21 711 46 Fonds. Barbestand (einschl. Mk. 800 auf Depositen-Konto der Privatbank) 840 44 Conwentz’sche Werk. Angekaufte Mk. 1000 Preuß. 3V2 % Konsols 970 — Barbestand 467 33 1 437 33 sikalischen Kabinets. Zur Beschaffung und Verbesserung von Instrumenten 19 05 Barbestand . 126 64 145 69 XL1I Vermögensbestand am 1. Januar 1903. I. A. Allgemeine Kasse. ^ ^ I. Das schuldenfreie Grundstück Frauengasse 26. II. Wertpapiere 5536 — III. Hypotheken 11 800 — IV. Barbestand 1 702 28 19 038 28 B. Wolff’sche Stiftung. I. Wertpapiere 7 439 — II. Hypotheken 31 900 — III. Barbestand 20 85 39 359 85 C. Verch’sche Stiftung. I. Wertpapiere 1455 — II. Hypotheken 10 500 - 11 955 - D. Humboldt=Stiftung. I. Wertpapiere 5 592 — II. Hypotheken 8 400 — III. Barbestand 109 21 14101 21 II. Folgende Massen, deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. 1. Bau-Fonds zur Wiederherstellung des Nord- und West-Giebels des Ges. -Gebäudes : I. Depositenschein der Danziger Privatbank 10 800 — II. Barbestand 40 44 10 840 44 2. Für das neue CoNWENTZ’sche Werk: I. Hypothek 3 400 — IT. Wertpapiere '. 970 — .III. Barbestand 467 33 4 837 33 4. Für das physikalische Kabinet 366 54 XLIII Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1903. Erstattet von dem Direktor derselben, Professor A. MOMBEß, am 2. Januar 1904. Meine Herren! In jedem Jahre muß ich leider meinen Bericht mit den Verlusten be- ginnen, die der Tod in unseren Reihen hervorgebrachf hat. Diesmal gedenken wir zunächst des Mannes, der zwar sein ganzes Mannesleben fern von uns verlebte, der aber mehr wie einer an der mütterlichen Scholle hing und sich bis zum letzten Atemzuge als der unsrige fühlte. Es starb am 15. März 1903 in Tiflis unser Ehrenmitglied Herr Gustav Radde. Am 27. November 1831 war er in Tiegenhof als Sohn des Lehrers Radde geboren, der kurze Zeit darauf nach Danzig an die hiesige Petrischule als Lehrer für die Elementar- fächer berufen wurde. Seine Ausbildung fand er auf derselben Schule, auf der seine wissenschaftliche Begabung erst spät von dem Direktor Strehlke nach der Abgabe eines deutschen Aufsatzes erkannt wurde. Außer Strehlke war es vor allen Dingen Menge, welcher sich des für die Naturwissenschaften begeisterten Knaben annahm und diesem eine feste Stütze war, bis er sich auf eigene Füße stellen konnte. Als ich Radde vor etwa vier Jahren den Abdruck der STREHLKE’schen Briefe übersandte, schrieb er über seine Schulzeit und seine Lehrer folgendes: „Doch nun zu Ihrem Vortrage über Strehlke. Er hat mich natürlich sehr interessiert und erfreut. Als dankbarem Schüler ist mir der Direktor nie aus dem Sinne gekommen, doch hat mir Menge viel näher gestanden. Im 6, Bande des Werkes, in welchem unter anderem auch mein Lebensweg von mir erzählt wird, werde ich sehr ausführlich über mein Verhältnis zu Menge sprechen. Strehlke bin ich in zweifacher Hin- sicht verpflichtet. Akustik und Optik spezieller, Physik im allgemeinen, dann aber auch namentlich unsere deutschen Klassiker und der deutsche Aufsatz wurzeln für mich in seiner Schule. In bezug auf den letzteren galt ich als bester Schüler und wenn ich jetzt, nachdem ich so viel druckte, bis auf XL1V Nachlässigkeiten, einen leidlichen Stil schreibe, so ist das mit Strehlke’s Verdienst. Ich hörte ihn gern und war in seinen Stunden ganz Ohr. Auch vergesse ich nie die Lektionen, in denen er mit uns die ,, Ansichten der Natur“ las. Es ist mir das ins Blut gegangen, und schon in meinen ersten Arbeiten über Sibirien (Berichte über die Expedition) hat kein geringerer als Murchison darüber Erwähnung gemacht. Ich bin sehr glücklich, wenn auch mir eine Spur jener Ideen in die Seele drang, wenn auch nur ein Tropfen jenes Blutes mir eingeimpft wurde. Menge stand mir im Wesen sowohl, als namentlich in den Gegenständen seiner Lehre natürlich viel näher. Den Menschen Menge habe ich mit jedem Tage mehr lieb gewonnen und lebe auch jetzt, da er doch lange schon ausruht, im intimsten Verkehr mit ihm. Diese feine, bescheidene Natur mit dem vielseitigen, durchgeistigten Wissen und dem fast kindlichen, reinen Wesen und unbegrenzten Wohlwollen, hat mich in der Zeit schwerer Bedrängnis — damals als meine Seele zu erwachen begann und ich mich über die Enge des Alltagslebens erheben wollte — gepflegt und gestärkt. Es rauschen immer noch in meinem Ge- dächtnisse die Kiefernwälder von Heubude, und es braust jenseits der Düne die Brandung der Ostsee auf flachem Strande aus — er steht getreulich an meiner Seite und er ist immer bei mir geblieben. Es handelt sich für meinen Lebenslauf durchaus nicht allein um das positive Wissen; es handelt sich vielmehr um die Tätigkeit des Sehens, der Auffassung, der Idee und Be- geisterung. Alles das verdanke ich ihm, nicht allein von der Schulbank, sondern von den Gängen in der Natur unter seiner Leitung bei verhältnis- mäßig karger Unterhaltung, dafür aber treffender und trefflicher Beobachtung. Für heute genug. Bleibe ich am Leben und beende ich mein Werk, so werden Sie im 6. Bande viel mehr finden, immer in großer Verehrung und herzlichster Hingebung vom dankbaren Schüler geschrieben, dem kein besseres Los beschieden sein konnte ,als ein Schüler Menge’s und Strehlke’s zu sein“. Meine Herren! Es kann heute nicht meine Aufgabe sein, eine genaue Lebensbeschreibung und eine Übersicht über die wissenschaftlichen Arbeiten des Entschlafenen zu geben; dazu fehlen mir in erster Linie die nötigen Fach- kenntnisse. Eine kurze Aufzählung seiner Reisen und seiner wissenschaft- lichen Arbeiten, die vor wenigen Jahren von ihm selbst entworfen ist, lege ich Ihnen hier zur Durchsicht vor. Heute haben wir es in erster Linie mit unserem Landsmann und dem vieljährigen Mitgliede unserer Gesellschaft zu tun. Zu seiner ersten Reise nach der Krimm im Winter 1852 unterstützte ihn sein Lehrer Menge und die Naturforscheude Gesellschaft; die ersten Reiseberichte, die in unserem Archiv auf bewahrt sind, haben wir im vorigen Jahre in unseren Schriften veröffentlicht. Noch während seiner Amurreise ernannte unsere Gesellschaft ihn 1859 zu ihrem Korrespondierenden Mitgliede. Seit seiner Rückkehr von dieser Reise, die ihn fast fünf Jahre in Anspruch nahm und seit seiner Übersiedlung nach Tiflis, das ihm eine zweite Heimat werden sollte, ist er oft zum Besuche seiner Vaterstadt zu uns gekommen XLV und stets hat er unserer Naturforschenden Gesellschaft einen Abend gewidmet. Im Jahre 1893 bei ihrem 150jährigen Stiftungsfest ernannte die Gesellschaft ihn zu ihrem Ehrenmitgliede; seitdem hatten wir noch einmal, und zwar im Jahre 1899, die Freude, Radde bei uns zu sehen. Die meisten der hier An- wesenden denken sicher noch mit besonderer Freude der schönen Tage, in denen er in Begleitung seiner treuen Lebensgefährtin bei uns weilte, an seinen köstlichen Vortrag in Zoppot, an seine humorvolle Tischrede ebendaselbst; und die näheren Freunde an die prachtvollen Stunden, die sie in kleinerem Kreise mit dem verehrten Ehepaar verleben durften. In solchen Stunden, wenn sich ihm die Erinnerung an gewaltige Naturszenen auftat, genügte ihm nicht mehr die Prosa des täglichen Lebens; dann floß die Rede in den schönsten Versen von seinem Munde. Die letzten Jahre seines Lebens waren durch sein körperliches Leiden recht getrübt; doch bricht bei ihm die alte Lebenskraft immer wieder hervor. Auf die Gratulation zu seinem 70. Geburts- tage schreibt er: ,,Ich kann nur sagen, daß ich, ferne von irgend welcher Selbstüberhebung mich an den Erfolgen meines langen und strebsamen Lebens in aller Bescheidenheit, aber mit Recht, freue. Auch sind Geist und Körper trotz der Jahre noch frisch - ersterer vollkommen, letzterer lokal defekt; der Zellenstaat im Pedal läßt viel zu wünschen übrig, indessen wird er seinen Herrn wohl noch einige Jahre geduldig tragen. — Jetzt geht es bergab. Ob die sinkende Sonne den Horizont mir rosig malen wird? Ob Nirwanas Ruhe mich bald umschließt? Wer kann das wissen? Aber so lange das Herz schlägt, will ich treu und dankbar sein und gerne zurückdenken an die Jugendzeit und meine ehrwürdige Vaterstadt. Ich zeichne den Herren der Gesellschaft fein brüderlich G. Radde, ein alter Pomuchel.“ Jetzt müssen wir auf sein lebendiges Wort, auf seine liebenswürdigen geistreichen Briefe verzichten; aber sein Ich wird in seinen Schöpfungen, seinem Kaukasischen Museum und den Resultaten seiner Forschungsreisen für lange Zeiten fortleben; und auf seinen Schultern werden andere Forscher in seinem Sinne, wenn auch nicht in seinen Formen, weiter arbeiten. Wir wollen hoffen — genaue Kunde habe ich nicht erhalten — , daß die noch nicht erschienenen Bände seines Museum Caucasicum so weit von ihm vorbereitet sind, daß ihrer Veröffentlichung nichts im Wege steht, daß vor allen Dingen der sechste Band mit seiner Selbstbiographie recht bald wird erscheinen können. Kurze Zeit vor Radde am 19. Januar starb ein zweites hoch verdientes Mitglied unserer Gesellschaft in seinem siebzigsten Lebensjahre, Herr Professor Dr. Hermann Lampe Schon drei seiner Ahnen finden wir unter unsern Mitgliedern, seinen Urgroßvater den polnischen und sächsischen Hof- und Kommerzien- rat Johann Lampe, der gleich nach der Gründung der Gesellschaft 1744 als freies Mitglied aufgenommen wurde, dessen Sohn den Gerichtsherrn Heinphch Lampe 1772 und den Dr. med. und Protopbysikus Philipp Lampe 1778, der 1792 seine Praxis aufgab, um 1796 eine Professur für Mathematik und Physik an dem damaligen akademischen Gymnasium zu übernehmen, und der 1818 XLVI zum Ehrenmitgliede unserer Gesellschaft ernannt wurde. Von ihm sind in den Wintern 1801 — 3 die vielgenannten Vorträge über die moderne Chemie Lavoisier’s gehalten nach der Antiphiogiston- Theorie, wie man sie damals bezeichnete. Unser in diesem Jahr verstorbenes Mitglied ist am 22. Mai 1833 hier geboren, machte hier 1853 sein Abiturientenexamen und studierte dann in Königsberg Mathematik und Physik unter Neumann und Richelot bis zu seinem Staatsexamen 1859. Seine wissenschaftlichen Arbeiten1) beziehen sich auf das Problem der inneren Reibung von Flüssigkeiten; und er hatte das besondere Glück an der neuen Wasserleitung unserer Stadt die von ihm ge- fundenen Gesetze zu prüfen und mit ihrer Hilfe neue Meßmethoden von Druck und Geschwindigkeit des Wassers bei seiner Bewegung in Wasserleitungs- röhren zu finden,, die auch für praktische Zwecke von besonderer Bedeutung sind. Im Jahre 1859 trat er in die Naturforschende Gesellschaft ein und gehörte in den sechziger Jahren zu den getreuen Mitarbeitern unseres Professor Dr. Bail bei der Neueinrichtung der Gesellschaft. 1876 gründete er die physikalische Sektion und von 1878 bis 1898 war er als Inspektor des physikalischen Kabinets Mitglied des Vorstandes, und recht oft, namentlich bei der neuen Einrichtung der Sternwarte, hat die Gesellschaft seine schätzenswerte Arbeitskraft in Anspruch genommen. In seiner Stellung als Lehrer der Mathematik und Physik war er 40 Jahre tätig. Als er 1899 in den Ruhestand trat und nach Zoppot übersiedelte, legte er auch sein Amt als Vorstandsmitglied nieder; nur wenige Jahre hat er sich der wohlverdienten Ruhe erfreuen können; ohne längeres Krankenlager ist er aus diesem Leben geschieden. Von unseren Korrespondierenden Mitgliedern starben im Laufe des Jahres Herr Fabrikdirigent Dr. Horn in Leopoldshall und Herr Professor Dr. Thorell in Helsingborg, von denen der erstere seit 1868, der zweite seit 1875 unserer Gesellschaft angehörte. Außerdem starben im letzten Jahre von unseren einheimischen Mitgliedern Herr Generalarzt a. D. Boretius, ein selten in unseren Sitzungen und in 0 1. Über die Bewegung einer in sicli schwingenden Scheibe in einer reibenden Flüssig- keit. (Theorie und Experimente.) Von der philosophischen Fakultät zu Königsberg gekrönte Preisschrift. 2. Bestimmung des Reibungskoeffizienten einiger Flüssigkeiten aus den Beobach- tungen an einer in ihnen rotierenden schwingenden zylindrischen Scheibe. (Auf diese Arbeit verlieh ihm die Universität Jena am 27. August 1861 die philosophische Doktorwürde.). 3. Über die Bewegung einer Kugel, welche in einer reibenden Flüssigkeit um einen senkrechten Durch- messer als feststehende Axe rotierend schwingt. Ein Beitrag zur Theorie der inneren Reibung der Flüssigkeiten. Danzig 1866. Programm des Städtischen Gymnasiums. 4 Lehre von den Dezimalbrüchen. 2. Auflage 1875. Danzig, Kafemann. 5. Allgemeine Bemerkungen über die Bewegung des Wassers in Röhren nebst Messungen von Druck und Geschwindigkeit in der ca. 45 000 Fuß langen neuen Danziger Wasserleitung. Schriften der Naturforschenden Gesell- schaft in Danzig, N. F. Bd. 3, H. 1, 1872; und im „Civilingenieur“, Jahrgang 19. 6. Lampe und Fahle, Physik des täglichen Lebens. Leipzig. Quandt und Hempel 1874. XLVII unserem Lehr zimmer fehlendes Mitglied, Herr Fabrikbesitzer Gustav David- sohn, Herr Sanitätsrat Dr. Glaser, Herr Dr. med. Goldschmidt, Herr Kommerzienrat Mix und Herr Konsul Otto; von unseren auswärtigen Mit- gliedern die Herren Kommerzienrat ßÖHM-Zoppot und Landschaftsdirektor PLEHN-Krastuden. Das Andenken aller dieser Entschlafenen wollen wir nach alter Sitte durch Erheben von unseren Plätzen ehren. (Geschieht.) Ich wende mich jetzt zur Tätigkeit der Gesellschaft im verflossenen Jahre. D<*r Bestand unserer Mitglieder ist nahezu derselbe geblieben. Die Gesellschaft zählt jetzt 8 Ehrenmitglieder gegen 7 Ende 1902 48 Korrespondierende Mitglieder ,, 50 „ ,, 258 Ordentliche Mitglieder ebenso wie 258 „ ,, 85 Auswärtige Mitglieder . . gegen 90 „ „ Von den 7 Ehrenmitgliedern, die wir am Anfänge des Jahres hatten, ist Gustav Radde gestorben; neu ernannt sind im Laufe des Jahres Herr Dr. Sven von Hedin- Stockholm und Herr Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Freiherr von Richthofen -Berlin. Den ersteren hatten wir die Freude nach seiner neuen großen Reise durch Ost-Turkestan und Tibet am 2. März bei uns zu sehen, wo er in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Schützenhaussaale von seinen Erlebnissen, von seinen Gefahren und seinen Resultaten in seiner ein- fachen aber besonders fesselnden Weise erzählte. Die Reihe unserer Ehren- mitglieder eröffnet 1776 Reinhold Förster, der Genosse Cook’s auf seiner Weltumsegelung; sie schließt jetzt Sven von Hedin und sein Lehrer wie auch sein Nachbar auf seinen Forschungsreisen, der ebenso durch seine chine- sischen Reisen wie durch seine geographische Lehrtätigkeit berühmte Freiherr von Richthofen. Ihn an seinem 70. Geburtstage am 5. Mai zu ihrem Ehren- mitgliede ernennen zu dürfen, rechnet sich unsere Naturforschende Gesellschaft zur besonderen Ehre an. An demselben Tage feierte ein älteres Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, Herr Professor Dr. Bail, ebenfalls seinen 70. Geburtstag, an welchem unter den vielen Glückwünschenden, seinen Schülern, den früheren Kollegen, den auf demselben Gebiete wissenschaftlich Arbeitenden, den Ver- tretern der städtischen Behörden, den verschiedenen Vereinen, auch die Natur- forschende Gesellschaft nicht fehlte,, die ihm durch Herrn Dr. Lakowitz, an Stelle ihres durch eine Badereise verhinderten Direktors, mit einer Blumen- spende ihre Glückwünsche überbrachte. Der Abend dieses Tages vereinigte alle Freunde des Gefeierten, Damen und Herren, im großen Saale des Schützen- hauses zu einem Festessen, bei dem der Senior unserer Gesellschaft, Herr Geheimer Sanitätsrat Dr. Semon den ersten Toast auf den Jubilar ausbrachte. Mögen diesem 70. Geburtstage noch viele folgen, die ihn in derselben körper- lichen Und geistigen Frische finden, deren er sich jetzt »erfreut. Auch unsere Gesellschaft hat Herrn Erich von Drygalski, nachdem die von ihm geleitete deutsche Südpolar-Expedition den heimischen Hafen wieder XL VIII erreicht, durch einen Brief ihres Direktors freundlichst begrüßt; nach rlom Dank, den wir telegraphisch erhielten, werden wir voraussichtlich noct diesem Winter von unserm verehrten Korrespondierenden Mitgliede Näh über die wissenschaftlichen Erfolge der großartig angelegten Expedition zu h< bekommen. Iliren äußeren Halt findet unsere Gesellschaft in den Ordentlichen Sitzungen, von denen, nach dem genaueren uns vorgelegten Berichte unseres Herrn Sekre- tärs, 10 im letzten Jahre stattgefunden haben. In ihnen haben von auswärtigen Gelehrten die Herren Professor Dr. Jentzsch -Berlin, Professor Dr. Pompecki- München und Professor Dr. Miethe- Charlottenburg gesprochen. Vor einem größeren Hörerkreise von Damen und Herren haben außerdem gesprochen am 2. Februar Herr Professor Dr. Schellwien- Königsberg über Katastrophen in der Erdgeschichte, am 2. März Herr Dr. Sven von Hedin- Stockholm über seine dreijährige Reise durch Ost-Turkestan und Tibet, am 6. November Herr BoRCHGREViNK-Christiania über seine Südpolarexpedition und am 2. Dezember Herr Dr. Georg Wegener- Berlin über seine Reise durch Martinique und seine Besteigung des Mont Pelö. Durch den Anklang, den diese Vorträge in den Kreisen unserer Gesellschaft und in weiteren gebildeten Kreisen gefunden haben, ermuntert, werden wir dieselben, die wir in erster Linie der unermüdlichen Tätigkeit des Herrn Dr. Lakowitz zu danken haben, in der gleichen Weise weiter fortzusetzen versuchen ; ich möchte aber hier einer irrigen Auffassung begegnen, als ob unsere Gesellschaft diesen Vorträgen eine wesentliche Ein- nahme verdanke. Nur bei solchem Andrange, wie wir ihn bei Hedin’s Vor- trägen zweimal gehabt haben, sind die Einnahmen wesentlich größer als die meistens unterschätzten Ausgaben gewesen. Unsere Bibliothek macht immer größere Aufwendungen notwendig; trotz- dem können wir es uns nicht verhehlen, daß wir mit unseren Mitteln durchaus nicht imstande sind, eine Büchersammlung herzustellen, wie sie auf naturwissen- schaftlichem Gebiete wohl in der Hauptstadt einer Provinz verlangt werden könnte, ln diesem Jahre sind zum ersten Male 250 Mark nur für Anschaffung neuerer Werke verausgabt worden. Wertvolle Geschenke an Druckschriften seitens der Autoren sind im Jahre 1903 eingesandt von den Herren: Professor Dr. H. CoHN-Breslau, Professor Dr. Credner- Greifswald, Geheimer Hofrat Professor Dr. Haeckel- Jena, Dr. Jacobi- Berlin, Professor Dr. Jentzsch - Berlin, Professor Dr. Klunzinger- Stuttgart, Dr. Pincus hier, Geheimer Re- gierungsrat Professor Dr. REiNCKE-Kiel, Geheimer Rat Dr. RADHE-Tiflis (f), Professor ScHEEFFER-Braun schweig, Oberlehrer Dr. Sonntag hier, Dr. Speiser- Bischofsburg, Dr. STRAND-Christiania. Außerdem sind Geschenke an Büchern gemacht worden von Herrn Geheimrat Damme, von Herrn Professor Momber, von unserem Korre- spondierenden Mitglied Herrn E. Reinicke (Verlagsbuchhandlung Wilhelm Engelmann) in Leipzig, von dem Bibliographischen Institut Leipzig, von der Universität Königsberg (eine Dissertation), vom Kgl. Ministerium für Land- XLIX Wirtschaft, Domänen und Forsten, von der Kgl. Preußischen Geologischen Landesanstalt und Bergakademie in Berlin und vom Allgemeinen Gewerbe- verein zu Danzig. Der in meinem vorjährigen Bericht in Aussicht gestellte Katalog, der zunächst die Teile ,, Mathematik, Astronomie und Meteorologie“ enthalten soll, wird in kurzem erscheinen. Für seine Weiterführung ist in den Etat 1904 ebenfalls die nötige Summe gesetzt worden. Im wesentlichen wird unsere Bibliothek, wie Ihnen bekannt, durch unseren großen Tauschverkehr vergrößert, in dem wir mit 263 Akademien, Gesell- schaften und Vereinen stehen. In diesen ^auschverkehr sind 1903 neu eingetreten : 1. Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“ in Meißen. 2. Physikalische Gesellschaft in Zürich. 3. Universität in Rennes. Eine derjenigen Gesellschaften, mit denen wir schon sehr lange in Ver- bindung stehen, mit der wir außer durch den Tauschverkehr der Schriften durch viele persönliche Beziehungen verknüpft sind, die Schlesische Gesell- schaft für vaterländische Kultur feierte am 18. Dezember ihr 100-jähriges Bestehen. Bei dieser Feier glaubte der Vorstand der Natur forschenden Ge- sellschaft sich nicht auf einen schriftlichen Glückwunsch beschränken zu dürfen, sondern er hielt es für seine Pflicht, sich persönlich vertreten zu lassen. Auf seine Bitte entschloß sich unser Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten, Herr Professor Dr. Conwentz, eine Glückwunschadresse persönlich zu überreichen. Die Feier ist in überaus würdiger Weise verlaufen; daß unsere Gesellschaft sich hat persönlich vertreten lassen, ist dort besonders anerkannt worden. Wie Ihnen aus den Zeitungen bekannt ist, hat Se. Majestät der Kaiser und König der Schlesischen Gesellschaft 30 000 M. und die Stadt Breslau Grund und Boden für den Bau eines Gesellschaftshauses als Festgeschenk übergeben. Einen genaueren Bericht über die Feier, der mir von Herrn Professor Dr. Conwentz zugegangen, lege ich hier für das Lesezimmer auf einige Tage zur Einsicht hin. Sein 75jähriges Bestehen feierte am 28. November der hiesige Allge- meine Ge werbe -V erein. In seinem Glückwunschschreiben konnte Ihr Vertreter bei dieser Feier hervorheben, daß die Gründer des Allgemeinen Gewerbe- Vereins fast ausschließlich Mitglieder der Naturforschenden Gesell, schaft gewesen sind, unter ihnen der leider so früh verstorbene damalige Leiter der Petrischule, Herr Direktor Nagel. Das in diesem Jahre fällige Heft unserer Gesellschaftsschriften, das leider bis zum Schluß des Jahres nicht hat fertiggestellt werden können, enthält außer den sehr umfangreichen Berichten und Abhandlungen des Westpreußi- schen Botanisch-Zoologischen Vereins eine Reihe von Abhandlungen der Herren Pincus, REiNiCKE-Hamburg, SüRiNG-Berlin und HiLDEBRAND-Greifswald. Da auch das nächste Heft unserer Schriften durch die Herausgabe einer umfang_ 4 L reichen Arbeit des Herrn Oberlandesgerichtssekretärs Scholz -Marien werder, eines genauen Kenners der westpreußischen Flora, mehr als die üblichen Geld- mittel beanspruchen dürfte, haben wir mit besonderem Dank in diesem Jahre die Mitteilung empfangen, daß der Gesellschaft aus dem Nachlasse unseres verstorbenen Ehrenmitgliedes und vieljährigen Vizedirektors, des Geheimrats Abegg, eine Summe von 600 M. zugefallen ist, die voraussichtlich ausreichend sein dürfte, den Mehrbedarf für unser nächstes Jahresheft zu decken. Seit Eröffnung des Westpreußischen Provinzial-Museums werden natur- historische Funde und Sammlungen meistens direkt dem Museum zugeführt. In diesem Jahre hat unsere Gesellschaft wieder einmal eine solche Zusendung erhalten, von Herrn F. de CuvRY-Schöneck Wpr. eine Sammlung Afrikanischer Schmetterlinge, die dem Provinzial-Museum übergeben ist. In meinem vorjährigen Berichte teilte ich mit, daß unser Astronom Herr Dr. Kayser unter Beihilfe des Mechanikers der Gesellschaft Herrn Krause an die photographischen Aufnahmen für die exakte Bestimmung der Schwan- kungen der Erdachse und auch schon an die Ausmessungen der Aufnahmen herangegangen sei. Diese Arbeiten gingen, da Herr Dr. Kayser die Folgen seines Beinbruches endlich möglichst überwunden, recht gut vonstatten, als ihn ein neuer Unfall traf. Im August d. J. wurde er von einem Schlaganfall getroffen, von dessen Folgen er noch nicht hergestellt ist. Deshalb ist die Arbeit, die im besten Gange war, noch nicht abgeschlossen; und wenn wir auch die Zusage des Herrn Professor Büttner haben, daß er die eigentliche Redaktion der Untersuchungen übernehmen wolle, so dürfte doch noch längere Zeit bis zur Herausgabe vergehen, da Herr Dr. Kayser auch in den nächsten AJonaten schwerlich eine geistige Anstrengung wird wagen können. Gerade unter diesen Umständen ist es für uns von besonderer Wichtigkeit, daß wir unserem Mechaniker Herrn Krause die Instandsetzung und Ergänzung unserer zum Teil recht kostbaren Instrumente vertrauensvoll überlassen können. Auch wenn wir sonst für ihn keine Beschäftigung hätten, würde seine Zeit hierdurch vollständig in Anspruch genommen werden können. Bis zu dem Unfälle des Herrn Dr. Kayser hat er nach Angabe desselben die Ausmessungen der vor- hin erwähnten photographischen Aufnahmen, die ein sicheres Auge und eine sichere Hand erfordern, ausgeführt. Nebenbei aber hat er das im Jahre 1902 von der Gesellschaft bewilligte Uhrwerk für die Drehung unseres großen öTEiNHEiL’schen Äquatorials mit dem Fernrohr in ganz besonders geschickter Weise in Verbindung gesetzt und ein Werk hergestellt, das die Anerkennung aller Sachverständiger in hohem Maße erworben hat. Sobald die Bauten auf unserem Beobachtungsturm beendet sein werden, wird das vervollkommnete Instrument wieder aufgestellt werden und hoffentlich recht vielen wertvollen Untersuchungen seine Dienste leisten. Ferner hat Herr Krause, da unser Projektionsapparat immer mehr in Anspruch genommen wird, für ihn eine solche Verpackung konstruiert, daß er auch bei weiteren Transporten gegen LI Beschädigungen ziemlich gesichert ist. Seine jetzt etwa noch freie Arbeitszeit will aber der Inspektor unserer physikalischen Sammlungen Herr Professor Evers in Anspruch nehmen. In dem nächsten Etat ist eine kleine Summe für das physikalische Kabinett ausgesetzt, die in Verbindung mit einem bestehenden kleinen Fonds dazu dienen soll, Demonstrations- und Meß-Apparate für phy- sikalische Untersuchungen herzustellen, die Herr Evers in der nächsten Zeit ausführen will. Wir hoffen, daß wir, unterstützt durch die Arbeitskraft des Herrn Krause, auch bei bescheidenen Geldmitteln doch Ersprießliches werden erreichen können; natürlich sind wir aber weit entfernt von der Annahme, daß unsere Gesellschaft etwa ein selbständiges physikalisches Kabinett sich verschaffen könne. Unsere HuMBOLDT-Stiftung, die ebenfalls durch eine Schenkung des Herrn Abegg einen Zuwachs von 300 M. erhalten hat, konnte in diesem Jahre wieder vier Stipendien verteilen, und zwar an die Herren prakt. Arzt Georg Arndt in Vandsburg, stud. rer. nat. Willy Günther in Danzig, cand. astron. Max Jacobi in München und stud. ehern. Franz Steimmig in Danzig. Für alle Aufgaben, die unserer Gesellschaft gestellt sind, hat sie sich der Unterstützung hoher und höchster Behörden zu erfreuen. Seit etwa 25 Jahren erhält sie jährlich eine bedeutende Unterstützung der Provinz West- preußen und seit bald 10 Jahren eine Beihilfe des Herrn Ministers, für die Arbeiten auf unserer Sternwarte, und eine weitere Unterstützung der Provinzial- Kommission zur Verwaltung der Westpreußischen Provinzial-Museen, die zu- nächst für die Wolkenhöhenmessungen ausgesetzt war. Für alle diese Unter- stützungen sage ich an dieser Stelle den Vertretern dieser Behörden, dem Herrn Minister, dem Herrn Ober-Präsidenten und dem Herrn Landeshauptmann im Namen der Gesellschaft verbindlichen Dank. Ebenso drücke ich heute nochmals der verehrten Direktion des Danziger Sparkassen- Aktien-Vereins den besten Dank aus für die große Unterstützung, die sie uns vor vier Jahren für die Herstellung des Nordgiebels unseres Gesell- schaftsgebäudes und des Turmes hat zugehen lassen. In diesem Jahre sind die Hauptarbeiten für die Erneuerung des Giebels beendet; leider gestattet es das für die Arbeiten am Turme noch stehen gebliebene Gerüst noch nicht, daß Sie, meine Herren, sich von der architektonischen Schönheit unseres er- neuerten Nordgiebels überzeugen können, der unter den Renaissancebauten unserer Stadt eine hervorragende Stelle einnimmt. Im nächsten Frühjahr hoffen wir mit der Entfernung des unschönen Holzbalkons an der Drehkuppel und mit seinem Ersatz durch einen würdigeren Ausbau diese Erneuerungs- arbeiten vorläufig zum Abschluß zu bringen. Wenn hierdurch die Festigkeit unseres Gebäudes und sein schönes Außengewand wiederhergestellt ist, so läßt sein Inneres recht viel zu wünschen übrig. Ich will gar nicht von der unzureichenden Größe unseres Sitzungszimmers sprechen, das gleichzeitig das Lesezimmer der Gesellschaft und des Ärztevereins und das einzige Arbeits- 4.* LII zimmer vorstellen maß; lieute denke ich in erster Linie an unsere Treppen, die im Falle eines Feuers unserer Bibliothek höchst verderblich sein könnten. Es ist deshalb schon seit längerer Zeit von uns der Ankauf der benachbarten Häuser geplant worden; doch hat dieser wegen der im Vergleich zu unseren geringen Geldmitteln hohen Forderungen der Besitzer vorläufig unterbleiben müssen. Sollten wir in den Besitz größerer Mittel gelangen, so dürfte es unsere nächste Aufgabe sein, unsere Bibliothek besser zu sichern und unsere knappen Räume zu vermehren. In der letzten Sitzung des verflossenen Jahres ist der Etat für 1904 in Höhe von 12 065 M. festgestellt und der Vorstand neugewählt. Bei dieser Neuwahl haben wir auf den Wunsch unseres Seniors, Herrn Geheimen Sanitätsrat Dr. Semon, von seiner Wiederwahl Abstand nehmen müssen und an seine Stelle haben wir Herrn Dr. med. Adolf Wallenberg gewählt, den ich im Namen des Vorstandes herzlich begrüße. Sein hohes Lebensalter und die mit ihm verbundenen Gebrechen nötigen Herrn Semon leider von seinem fast ein halbes Jahrhundert verwalteten Amte zurückzutreten. Am 1. März 1853 ist Herr Geheimrat Semon als Mitglied unserer Gesellschaft beigetreten, und seit dem Jahre 1858 hat er das wichtige Amt eines Sekretärs für innere Angelegenheiten bekleidet. In dieser Zeit hat er ein gutes Stück Geschichte unserer Gesellschaft mit erlebt. Bei seinem Eintritt umfaßte sie nur einen kleinen Kreis von Gelehrten, aus dem dann in den sechziger Jahren der weitere Rahmen geschaffen wurde, bei welcher Umwandlung der damalige Sekretär kräftig mitwirkte. Fs folgte dann die Zeit, in der die Gesellschaft dazu berufen war, in erster Linie an den hygienischen Verbesserungen unserer Stadt unter Winter mit Hand anzulegen; und daß damals Semon eine seiner zuverlässigsten Stützen gewesen ist, ist Ihnen Allen wohl bekannt. Die von Herrn Geheimrat Semon durchlebten Jubeltage seines Lebens sind stets auch Jubeltage unserer Gesellschaft gewesen, sein siebzigster Geburtstag, sein 50jähriges Doktorjubiläum, zu welchem die Gesellschaft ihn zu ihrem Ehren* mitgliede ernannte, sein achtzigster Geburtstag. Von heute an sollen wir nun darauf verzichten, unsern Semon an dieser Stelle zu sehen; wir müssen uns damit begnügen, ihm zu danken, wie wir es so oft getan haben, für alles, was er für die Gesellschaft in den vielen Jahrzehnten seiner Tätigkeit ge- leistet hat. Für den Vorstand war er von besonderem Werte, da er gewisser- maßen die Naturforschende Gesellschaft in den letzten 50 Jahren in sich verkörperte. Sein nie fehlendes Gedächtnis konnte uns von Beschlüssen und Ereignissen unserer Gesellschaft in diesen Jahren stets genaue Kunde geben. An diesen unsern Dank knüpfen wir den Wunsch, daß seine letzten Lebens- jahre recht ungetrübt dahingehen mögen, daß sein klarer Geist ihm erhalten bleibe und der Körper ihm nicht noch größere Beschwerden auferlegen möge. Wenn unsere Gesellschaft stets über Männer verfügen kann, welche, wie unser bisheriger Sekretär, so treu an ihr hängen, dann dürfen wir nicht LIII verzagen, sondern hoffen, daß sie sich immer reicher entwickeln werde, der Wissenschaft zu Frommen, unseren Vorfahren und unserer Stadt und Provinz zu Ehren! Mit dem Wunsche, daß auch das neue Jahr wieder einen Fortschritt in unserer Gesellschaft bringen möge, und daß die Wünsche, welche wir für sie bei Eröffnung der Danziger Technischen Hochschule hegen, in Erfüllung gehen mögen, schließe ich meinen Jahresbericht. LIV Bericht über die Ordentlichen Sitzungen clor* Gresellschait im Jahre 1903. 1. Sitzung am 3. Januar 1903. (Jahrestag des 160jährigen Bestehens der Gesellschaft.) Herr Dr. Pincus hält eine Gedächtnisrede auf Rudolf Virchow. Dieselbe ist an anderer Stelle dieses Heftes (Seite 1 — 18) wiedergegeben. Darauf erstattet der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber den Jahresbericht für das Jahr 1902 (vergl. dieses Heft, Seite I — VI), und im Anschluß daran werden die Berichte über die Tätigkeit der Sektionen im Jahre 1902 (vergl. dieses Heft, Seite XXXII — XXXVIII) von den Vorsitzenden derselben vorgelegt. Sodann berichtet der Kustos am Westpreußischen Provinzial-Museum Herr Dr. Kumm über neue Funde zur Vorgeschichte Westpreussens, unter Vorlage der einschlägigen Stücke. Ein ausführlicher Bericht über diese Funde erfolgt an anderer Stelle. 2. Sitzung am 21. Januar 1903. Der Direktor Herr Professor Momber widmet dem soeben gestorbenen langjährigen Mitglied und einstmaligen Vorstandsmitglied der Gesellschaft, Herrn Professor LAMPE-Zoppot, warm empfundene Worte der Erinnerung. Große Verdienste hat der Verstorbene sich um die Gesellschaft erworben. Vor 26 Jahren begründete er die physikalische Sektion und leitete sie viele Jahre hindurch. Für die physikalische Sammlung der Gesellschaft beschaffte er wertvolle Präzisionsinstrumente, deren eines, ein von ihm konstruiertes Kathetometer, gerade gegenwärtig bei wichtigen astronomischen Aufnahmen vortreffliche Dienste leistet. Eine wertvolle Abhandlung von ihm ziert die Schriften der Gesellschaft. Es ist dies seine aus Anlaß der Anlage der Danziger Wasserleitung Ende der 60 er Jahre ausgeführte Untersuchung über die Bewegung des Wassers in Röhren nebst Messungen von Druck und Geschwindigkeit an der Danziger Wasserleitung, auf Grund deren es möglich wurde, das der Stadt durch die Leitung in bestimmtem Zeitraum zugeführte Wasserquantum auf einfache Weise exakt zu bestimmen. Noch heute gilt LV Lampe’s Methode als maßgebend für die Beurteilung der Größe des zuzu- führenden Wasserquantums bei der Neuanlage von Wasserleitungen in fremden Städten. Das Andenken des Verstorbenen ehrt die Versammlung durch Erheben von den Plätzen. Herr Stadtarzt Dr. Petruschky spricht darauf über eine neue einfache Methode zur bakteriologischen Bestimmung des Verunreinigungsgrades von Trink- und Flusswässern, unter Demonstration einschlägiger Versuche. Es ist heute eine hygienisch hoch bedeutsame Frage, ob zu Trinkwasseranlagen Fluß- wasser ohne weiteres benutzt werden darf. Es ist bekannt, daß Hamburg die letzte größere Stadt Deutschlands war, die unfiltriertes Flußwasser hierzu verwertete, bekannt ist auch, welche Folgen diese Einrichtung zur Zeit der Cholera in den 90 er Jahren nach sich zog. Altona hatte damals bereits seine großen Filtrierwerke, und, obgleich es sein Trink wasser unterhalb der Hamburger Sielstelle der Elbe entnahm, war die Zahl der Cholerafälle in Altona gering gegenüber derjenigen Hamburgs. Ein Emporschnellen der Zahl der Er- krankungen trat auch in Altona ein, nachweislich aber erst infolge von Rißbildungen an den Filtern während der kalten Wintertage. Als dann Hamburg schleunigst seine Filtrieranlagen geschaffen hatte, trat ersichtlich die Sanierung der Wasserversorgung auch dadurch hervor, daß die bisher dort häufigen Typhuserkrankungen seitdem nur noch selten vorkamen. Aus jenen Beobachtungen ist ersichtlich, daß durch das gute Filtrieren die Krankheitskeime zurück- gehalten werden, andererseits, daß das unfiltriert genossene Fluß wasser eine der Haupt- ursachen der Typhuserkrankungen darstellt. Die Frage, woher die Typhuskeime in Fluß- und Brunnenwasser hineingeraten, ist dahin zu' beantworten, daß die Keime mit dem Urin und den Fäkalien von Kranken ausgeschieden und auf irgend eine ; Weise dem Wasser zugeführt werden. Daß Typhuserkrankungen infolge des Genusses von unfiltriertem Flußwasser im ganzen nicht häufiger sich einstellen, findet seine Erklärung in der tötenden Einwirkung der Magensäure auf den Typhusbazillus. Die Abtötung der Bazillen unterbleibt dagegen bei Verdauungsstörungen, bei welchen der Magensaft seinen saueren Charakter einbüßt; die Infizierung hat dann ihre gefahrbringenden Folgen. Städte, die ihre Fäkalien in den benachbarten Strom ablassen müssen, dem — wenn auch an entfernter Stelle — das Trinkwasser zu entnehmen ist, sind im Hinblick auf die Typhusgefahr für ihre Bewohner auf jeden Fall schlimm dran, unvergleichlich schlimmer gegenüber den Orten, die, wie Danzig, ihre gut funktionierenden Rieselanlagen besitzen. Die beste Art der Filtration vollzieht der Erdboden; das einsickernde bazillenreiche Oberflächenwasser kommt keimfrei im Grundwasser an. Daher ist die Entnahme von Grund- wasser für Zwecke von Trinkwasseranlagen hygienisch zu bevorzugen. Jeder Tiefbrunnen, der von Anfang an sauber gehalten wird, fördert auch einwandfreies Trinkwasser an die Oberfläche. Dieser ideale Zustand dürfte aber bald überall da aufhören, wo bei offenen Brunnen für die sichere Fernhaltung von menschlichen Verunreinigungen nicht unbedingt Sorge getragen wird; und das unterbleibt leider nur zu oft auf ländlichem Terrain, wie die Erfahrung lehrt. Die ländlichen Gemeinden verlieren daher eigentlich niemals den Typhus, zugleich bilden sie Ansteckungsherde für die benachbarte Stadt, die ihrerseits wieder mit den Abfallstoffen das flache Land leicht verseuchen kann. Wie kann man nun die Verunreinigung des Trinkwassers nachweisen? Früher be- gnügte man sich mit der chemischen Untersuchung und stellte fest, ob Ammoniumsalze oder auch salpetrige Säure in dem zu prüfenden Brunnenwasser enthalten sei. Bei quantitativen Feststellungen suchte man die Menge der Chloride (Kochsalz) oder durch übermangansaures Kali den Grad der Oxidierbarkeit des Wassers zu ermitteln, um daraus Rückschlüsse auf die Menge organischer Verunreinigungen ziehen zu können. Aus der Berücksichtigung mehrerer Kriterien konnte man sich ein annäherndes Bild von der Verum einigung des zu unter- LVI suchenden Wassers machen. Anders wurde es, als Robert Koch’s Methode der Bakterien- kulturen praktische Anwendung fand. Gegenwärtig werden die Filterwerke der Wasserleitungs- anlagen, z. B. von Berlin, Hamburg und anderen Städten, täglich auf Bakterien untersucht und, sobald mehr als hundert Keime auf 1 cbcm filtrierten Wassers kommen, mit Sicherheit erkannt, daß irgend etwas an den Filtern nicht mehr in Ordnung und das durchgehende Wasser zu beanstanden ist. Nach gleicher Methode wird heute jedes Brunnenwasser, jedes Flußwasser, wie überhaupt jedes Trink wasser bakteriologisch geprüft. Unser Prangenauer Leitungswasser enthält auf 1 cbcm 10 bis 20 Keime,, Radaunewasser in gleicher Menge bereits etwa 10 000 Keime; Vortragender zeigt zwei KoCH’sche Platten, denen je Vio cbcm Wasser zugeführt war. Nun brauchen die im Wasser enthaltenen Bakterien nicht gerade alle schädlich zu sein; es können aber mit ihnen auchTyphusbazillen hineingekommen sein, zumal wenn die V erunreinigungen von me nsch liehen Absonderungsstoffen herrühren. In letzteren findet sich nun regelmäßig ein der Blutwärme angepaßter Bazillus, das Bacterium coli , das jedesmal in Wasser anzutreffen ist, welches durch menschliche Fäkalien auch noch so wenig verunreinigt wurde. Ist dieses Bakterium durch seine Form von andern Bakterien nur schwer, so ist es doch durch be- stimmte Eigentümlichkeiten der Kulturen mit Sicherheit von anderen zu unterscheiden. Seine Brauchbarkeit als Indikator zum Nachweis der Verunreinigung von Trinkwasser ist durch eine Reihe von Untersuchungen im hiesigen bakteriologischen Institut erkannt worden. Die Anzahl der Bacterium co/i-Kolonien, die sich durch Aussaat aus bestimmten, durch progressive Ver- dünnung gewonnenen Mengen des frisch entnommenen Wassers erzielen lassen, zeigt zugleich den Grad der Verunreinigung an. Vortragender demonstriert dies an verschiedenen Ver- suchsserien. So läßt sich an der Hand dieser Bakterienprobe schrittweise verfolgen, wie von den fließenden Gewässern Danzigs die Beeke mit ihrem stark infizierten Wasser die Radaune, diese die Mottlau, diese die unterste Weichsel, letztere endlich sogar das brakige Seewasser an der Westerplatte verunreinigt. Es wird zweckmäßig sein, diese Untersuchungen nach derselben Methode auch auf die anderen deutschen Flüsse auszudehnen. Man wird gut den Quellen der Verunreinigung nach- spüren, eine Überwachung der Flüsse in hygienischer Beziehung durchführen und leicht be- urteilen können, wie weit die Fäkalien aus den Städten in die benachbarten Flüsse hinein- gelassen werden dürfen, ohne sanitäre Schädigungen befürchten zu müssen. Besonders wichtig ist diese Probe auch für Brunnenuntersuchungen, da reines Brunnenwasser Bacterium coli gar nicht zu enthalten pflegt, während verunreinigte Brunnen oft schon in Vioo cbcm dieses Bakterium aufweisen. Bei Brunnenwässern ist diese Prüfung auch nach Versendung der Wasserproben auf weite Strecken noch zuverlässig, da nur die unschädlichen Bakterien sich unterwegs vermehren, Bacterium coli aber nicht. Viele Brunnenwässer aus unserer Provinz sind schon dieser Prüfung unterworfen worden. Herr Kustos Dr. Kumm macht in Ergänzung seines Berichts in der vorigen Sitzung weitere Mitteilungen aus der Vorgeschichte Westpreussens. Im Anschluß an seine Vorführung von Gesichtsurnen in der ersten Januarsitzung weist Vortragender darauf hin, daß das Verbreitungsgebiet dieser dem Pommerellenlande angehörenden Erzeugnisse vorgeschichtlicher Keramik nach Osten hin auffallend mit dem Weichseltale ab- schneidet, denn links der Weichsel sind zahlreiche, rechts derselben nur einige wenige Gesichts- urnen gefunden worden. Man darf daraus schließen, daß zu jener Zeit, also um das fünfte Jahrhundert vor Christi herum, die Weichsel eine Völkerscheide war. Nach den anderen Seiten hin sind die Grenzen weniger scharf erkennbar; das Gebiet der pommerellischen Gesichtsurnen dehnt sich weit nach Pommern und nach Posen hinein aus. — Was die Herkunft der Gesichtsurnen anlangt, so ist zu bemerken, daß dieselben sicher hier im Lande selbst an- gefertigt worden sind. Die Idee dazu und Vorbilder dürften aus dem fernen Süden damals in unser Gebiet importiert sein, wenigstens sind ähnliche, keineswegs aber mit unseren Gesichtsurnen ganz übereinstimmende . Tongefäße von Etrurien und Hissarlik aus sehr viel älterer Zeit bekannt — ein derartiges Gefäß wird gezeigt — , und vereinzelte Funde ähnlicher LV1I Gefäße in Gegenden, die zwischen jenen südlichen Ländern und Pommerellen liegen, könnten al3 Etappen angesehen werden auf dem Wege, auf welchem jene Formen hierher gelangten. Hier erfahren dann diese Ürnenformen eine durchaus eigenartige Ausbildung. Als zweiten Gegenstand bespricht Vortragender die im Kulmer Lande vorkommenden ,, Glockengräber“, so genannt, weil die eigentliche Aschenurne statt von einer Steinkiste bei diesen Gräbern von einem glockenförmigen, umfangreichen Tongefäß umschlossen wird, das bei der Bestattung mit der Mündung abwärts über die Aschenurne zu deren Schutze gestülpt uud dann selbst von Erdreich überdeckt wurde. Diese Art der Beisetzung der Leichenbrand- reste ist in Westpreußen selten; die der terrinenförmigen Aschenurne beigegebenen Schmuck- und anderen Gebrauchsgegenstände, wie Ringe und Messer, bestehen teils aus Bronze teils aus Eisen und zeigen die Zugehörigkeit dieser Gräber zur Übergangszeit von der Bronze- zur Eisenzeit an, wohin auch die die Gesichtsurnen einschließenden Steinkistengräber gehören. Zum Schluß zeigt Vortragender noch einen umfangreichen, aus dem Kreise Neustettin herstammenden Bronzefund, der durch Herrn Schulrat Lettau in Schlochau dem Provinzial- Museum zugeführt wurde. Es ist ein sogenannter Depotfund, das ist eine Ansammlung von bronzenen Gerätschaften, die, einst wohl in Zeiten der Gefahr irgend wo vergraben, später der Vergessenheit anheimfielen, bis sie in der Gegenwart zufällig im Boden entdeckt wurden. Der Fund ist bemerkenswert durch die Fülle schöner und für unser Gebiet neuer Formen, z. B. von großen Gewandnadeln, Armringen und zwei Hängegefäßen, interessant, weil er eine Menge Typen in sich vereinigt, die bisher in der Sammlung des Provinzial-Museums noch nicht vertreten sind. 3* Sitzung am 25. Februar 1903. Herr Oberlehrer Dr. Dahms macht in längerem Vortrag Mitteilungen über Beobachtungen und Betrachtungen an Danzigs Ostseeküste. Die Strandbildungen unserer Ostseeküsrfe sind aus zerstörtem, nordischem Gesteins- material hervorgegangen, welches zur Eiszeit im Geschiebemergel aufgespeichert wurde. An der Küste oder in ihrer Nähe werden die zahlreichen von der Grundmoräne eingeschlossenen, Gesteinsblöcke herausgewaschen und zerkleinert. Dabei werden die leichteren Mineralien fort- geschwemmt, die weniger widerstandsfähigen zerstört und die übrigen an die Küste geworfen. Der Sand, welcher als gleichförmiger Streifen das Meer vom Kulturlande trennt, besteht deshalb auch vorwiegend aus gerundeten, glashellen oder milchweißen Quarzkörnern und zahl- reichen roten Granatresten. Gelegentlich findet man außerdem noch schwarze Körnchen von Magneteisenerz, denen sich bei mikroskopischer Betrachtung noch Zirkon, Rutil, Amphibol und andere Silikate zugesellen. Der Wind bläst aus diesen ausgeworfenen Mineraltrümmern die leichteren fort, so daß sich der dunkle Magneteisensand mehr und mehr von dem lichten Untergründe abhebt. Da aber auch die kleineren Individuen des Magneteisenerzes der treibenden Kraft des Windes Folge leisten, so zeigt der sog. Magneteisensand gewöhnlich die eigenartige Form von ver- waschenen Flecken, Streifen und Flammen. In der Umgebung von Danzig findet man ihn besonders häufig am Strande von Weichselmünde und Heia; er wird gesammelt und als Streu- sand verkauft. Da stärkerer Wellenschlag derartige Ablagerungen einleitet, so haben die ITelenser Fischer seinerzeit mit Recht in ihm den Vorboten eines reichlichen Bernstein- Auswurfes gesehen. Auch an vielen anderen Orten, wo Wind und Wetter Gesteinsmaterial verarbeiten, sind für ihn die Entstehungsbedingungen gegeben. So sind z. B. die bedeutenden Lager auf Long Island, von Kiautschou, auf Nordcelebes und an einem Teile der Nordküste der Gazelle-Halbinsel (Neu-Pomm,ern) gebildet worden. Derartige Ablagerungen, welche eine Dicke bis zu einem Fuß erreichen können, werden störend auf die Ablenkungen und Schwingungen der Magnetnadel ein wirken. Dieses ist um so weniger wunderbar, als nach den Untersuchungen des Direktors des dänischen meteorologischen Instituts, Adam Patjlsen, das Massiv der Insel Bornholm wie ein magnetischer Südpol wirkt. Da der hier anstehende Svanekegranit und LVIII besonders die verschiedenen Plagioklasaugitgesteine reich an Magneteisenerz sind, so reicht die Wirkung der Insel mehrere Meilen weit ins Meer hinaus, beeinflußt störend die Magnet- nadel und kann bei Dunkelheit und Nebel den Schiffen gefährlich werden. Bis eingehende Untersuchungen diese Verhältnisse nachwiesen, meinte man, die Insel sei auf den Seekarten falsch eingetragen. Außer dem dunklen und bunten Magneteisensand findet man an unserem Strande auch hier und dort Streifen von blauer Farbe. Mitunter bestehen diese vorwiegend aus dem zer- schroteten Schalenmaterial der Miesmuschel, Mytilus edulis L., mitunter kommt die Farben- tönung nach bestimmten physikalischen Gesetzen zustande, nämlich durch das Zusammen- wirken von dunklem, verrottetem Holz und von den schneeweißen, kalzinierten Schalenresten von Cardium und Tellina , welche durch die Wellenwirkung fein zermahlen sind. Eine Reihe von Erscheinungen am Strande läßt sich auf die Eigentümlichkeit des Sandes zurückführen, in feuchtem Zustande zusammenzusinken. Gibt man zu getrocknetem Sande Wasser tropfenweise hinzu, so findet eine Verkleinerung des Volumens statt. Wird das Wasser in größeren Mengen auf einmal zugesetzt, so wird es nur langsam aufgesaugt. Der Sand oder die Erde sinkt zuerst freilich zusammen, dehnt sich dann aber wieder aus und nimmt einen größeren Raum ein, als zu Anfang des Versuches. Genaueres über diese Vorgänge kann man erfahren, wenn man sie sich in Maßgläsern abspielen läßt. Van der Mensbrugghe hat diese Beziehungen studiert und eine Erklärung in den Bulletins der König- lichen Belgischen Akademie für Künste und Wissenschaften in den Jahren 1894 und 1901 niedergelegt. Nach ihm stellt jeder homogene Körper nicht eine vollständig gleichmäßig aufge- baute Masse dar, vielmehr ist, wie verschiedene Versuche zeigen, jeder Körper aus einer Reihe zarter Schichten aufgebaut, deren Dichtigkeit nach außen hin abnimmt. Bei der geringeren Dichte der äußeren Schichten können Luft oder gasförmige Stoffe sich zwischen den hier weiter auseinander stehenden Körperteilchen festsetzen. Die Körnchen des trockenen Sandes besitzen also einen Mantel, welcher gleichzeitig aus festen und gasförmigen Teilchen besteht. Kommt Wasser tropfenweise hinzu, so ist die Anziehung zwischen diesem und dem festen Körper größer, als zwischen dem festen und einem gasförmigen Körper. Die Luft oder Luft- art wird mithin dufch das Wasser ersetzt. Die neue Hülle wird nun aus festen und Wasser- teilchen bestehen und infolge ihrer größeren Dichtigkeit wird sie zu denjenigen der benach- barten, befeuchteten Körnchen eine viel stärkere Kohäsion zeigen, als vorher. — Wird das Wasser dagegen in größerer Menge auf einmal zugesetzt, so geht die Aufnahme der Flüssig- keit nur schwer vor sich, die zuerst befeuchteten Körnchen treten wegen der zwischen ihnen herrschenden Anziehungskraft dicht zusammen und versperren jeder neu zugesetzten Flüssig- keit den Weg. Da ein Überfluß von Wasser vorhanden ist, so schaltet sich dieses in dünnen Schichten zwischen den Körnchen ein, so daß sie weiter auseinanderriicken. Die Mässe, welche zuerst zusammengesunken war, dehnt sich jetzt wieder mehr und mehr aus und kann zuletzt größer sein als anfangs. Natürlich ist bei der Gegenwart überschüssigen Wassers, das zwischen die Körnchen tritt, auch die durch vorsichtigen Zusatz erhöhte Anziehungskraft zwischen diesen wieder herabgesetzt. Bei jedem Spaziergange am Strande bietet sich ein dreifacher Weg. Der Streifen, welcher fortgesetzt von den Wellen bespült wird, ist wenig gangbar. Hier befindet sich zwischen den Körnchen noch Wasser, so daß eine bemerkenswerte Anziehung zwischen ihnen nicht aufkommen kann. Auch der vollständig trockene Sand gibt einen wenig vorteilhaften Weg. Zwischen beiden zieht sich ein Pfad hin, der gerade noch feucht ist. Hier herrscht zwischen den Körnchen die stärkste Anziehung, und der Weg ist gelegentlich so fest, als wäre er chaussiert. Er ist leicht daran zu erkennen, daß er meist durch dünne, etwa 1 mm hohe Sandleisten mit netz- und girlandenförmigen Zeichnungen verziert ist. Diese Leisten heben sich von dem feuchten Sande des Untergrundes ab, weil sie aus bereits getrockneten Körnchen bestehen. Mit dem Trocknen der ganzen Sandmasse verschwinden auch diese zarten Zeichnungen, und der schöne Spazierweg verliert seine Festigkeit. LIX Laufen die Wellen am Strande höher und höher auf, so zeigt sich eine eigenartige Erscheinung auf den bisher trockenen Sandflächen. Unter der dünnen Wasserschicht fallen in dem feuchten Sande kleine Öffnungen von der ungefähren Größe eines Stecknadelkopfes ein, aus denen Luftblasen mit gurgelndem Geräusche aufsteigen. Die Körnchen in der durch- feuchteten Sanddecke treten dichter zusammen, so daß eigenartige Spannungserscheinungen auftreten. Die Luft unter diesen befeuchteten, niedersinkenden Uferstrecken erfährt einen Druck, der sich mit dem der Atmosphäre auszugleichen strebt. Wo Körnchen ihrer Form und Lage nach den geringsten Widerstand bieten, wird das Hemmnis fortgeschafft und so ein Ausgleich der Druckkräfte herbeigeführt. Die Form und Zahl der Luftkanäle ändert mit der Zeit ab. — Jedenfalls scheint hiernach die Frage berechtigt, ob die aus dem cambrischen Sandstein bekannten Wurmröhren sämtlich auf die Tätigkeit von Scolithus und Arenicola zurückzuführen sind. Besonders bei sonnigem Wetter und Wind trifft man an solchen Stellen, die kurz vor- her noch von den Fluten der zurückgetretenen See oder durch Regengüsse durchfeuchtet waren, auf eine andere beachtenswerte Erscheinung. Der schwach getrocknete Sand gibt bei jedem Tritt, besonders wenn er in schleifender, müder Weise ausgeführt wird, einen eigen- artigen, knirschenden bis klingenden Ton von sich, der an das Knirschen des Schnees bei Frostwetter, an das sogenannte Zinngeschrei oder das Froufrou der Seide erinnert. Dieser sogenannte „klingende Sand“ ist zuerst von Meyn erwähnt worden, welcher ihn bei dem Quarzsande des jurassischen Gebirges auf Bornholm — und zwar nur dort — wahrgenommen hat. Eine Erklärung dieser Erscheinung stand bis auf den heutigen Tag aus. Wie eine Prüfung ergab, kommt das Geräusch dadurch zustande, daß die noch etwas feuchten Sand- körnchen so fest aneinander hängen, daß sie bei gewaltsamer Trennung in ähnlicher Weise ein Geräusch verursachen, als würden die Teilchen eines festen Körpers aus ihrem Y erbande gewaltsam gelöst. Klingender Sand wurde sowohl auf feuchtem wie auf trockenem Unter- gründe nachgewiesen. Wie in manchen Gegenden der Nehrung am Fuße der Dünen, findet sich der berüchtigte Triebsand, freilich in kaum gefährlicher Ausdehnung, auch am Danziger Ostseestrande. An der Mündung der kleinen Bäche zwischen Glettkau.und Zoppot, wo ein Wasserstrom durch den Sand fließt, kann man ihn antreffen. Bei sehr kräftigem Seewind kommt befördernd noch ein von unten her wirkender Druck hinzu, so daß man beim Überspringen der schein- bar harmlosen Bachmündungen bis an die Knie einsinken kann. Der größte Teil der an- geführten Beobachtungen läßt sich im Laboratorium unter Benutzung von Standgläsern und Schalen an Versuchen wiederholen. — Vortragender geht dann auf die Besprechung einer schaumigen Masse ein, die sich nach stürmischem Wetter dort anstaut, wo Wasser mit Pflanzenresten in Berührung kommt. Dieser Schaum hält sich tagelang, um gelb, braun und schließlich schwarz zu werden und dabei je nach den Umständen zu zerfließen oder ein- zutrocknen. Läuft Wasser, welches derartige Pflanzenstoffe enthält, bei starkem Winde über den von Luftkanälen durchsetzten feuchten Sand, so entstehen buntschillernde Blasen. Diese erreichen 25 mm und mehr Durchmesser und können vom Sturme losgerissen und in die Luft emporgetrieben werden. 4. Sitzung am 21. März 1903. Herr Professor Momber widmet, vorbehaltlich eines ausführlichen Nekrologs für den Jahresbericht dem am 15. März verstorbenen allverehrten Ehrenmitgliede der Gesellschaft und weiland Direktor des Kaukasischen Museums in Tiflis, Geheimrat Dr. von Radde, warm empfundene Worte der Erinnerung, unter Vorlegung von Photographien und Druckschriften des Verstorbenen. LX Hierauf spricht Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz in längerem, von zum Teil farbenprächtigen Lichtbildern illustriertem Vorträge über das Thema: Kunst- formen der Natur. Eine unerschöpfliche Fülle von Gestalten erzeugt in ihrem Schoße die Natur, und ihre Formen übertreffen an Schönheit und Mannigfaltigkeit alle , von Menschen geschaffenen Kunst- formen, Daher hat die Kunst seit den ersten Anfängen bei ihren bildlichen Darstellungen aus dem reichen Schatz der Natur immer wieder geschöpft. Man beschränkte sich hierbei bisher fast ausschließlich auf die leicht zugänglichen makroskopischen Formen, vorzüglich auf Blüten- pflanzen und höhere Tiere. Da bietet die Natur schon viel, und doch nur einen kleinen Bruchteil ihrer Formenschätze. Größtenteils oder ganz unbekannt ist den meisten Menschen aber jenes unermeßliche Gebiet der niederen Lebensformen, die versteckt in den Tiefen der Meere wohnen oder wegen ihrer geringen Größe dem unbewaffneten Auge verschlossen bleiben. In umfangreichen wissenschaftlichen Prachtwerken finden sich diese Kunstformen der Natur verstreut vor. Da sucht nun Professor Dr. E. Hackel in Jena durch Herausgabe eines verhältnismäßig billigen Bilderatlasses unter dem Titel „Kunstformen der Natur“ diese Schätze dem größeren Publikum zugänglich zu machen. Obgleich noch nicht abgeschlossen und eines zusammenhängenden Textes bis jetzt entbehrend, ist die Fülle des auf den bisher erschienenen Tafeln Dargebotenen schon groß genug, um überreichen Stoff' zu einem Vor- trage zu liefern. Vierzig der schönsten Tafeln sind in der mechanischen Werkstatt der Naturforschenden Gesellschaft vom Mechaniker Herrn Krause photographisch aufgenommen, und Vortragender hat dann die hergestellten Diapositive mit hyalinen Farben angelegt, was so gut gelungen ist, daß auf der weißen Wand des Projektionsschirms teilweise überraschend schöne, naturwahre Farbengemälde zur Anschauung gebracht werden konnten. Es gelangen so unter erläuternden Bemerkungen über Ausbildung der Formen, über ihre ästhetische Bedeutung und eventuelle künstlerische Verwertung zur Vorführung: Kleinschmetterlinge, niedere Krebse, Schnecken, Muscheln, Ammonshörner, nackte Kopffüßer, Seeigel, Seesterne, Medusensterne, Seelilien, Seeanemonen, Korallen, Glockenpolypen, die zarten und doch üppigen und farbenprächtigen Quallen, z. B. Rüssel-, Taschen-, Blumen-, Scheibenquallen, und merkwürdige Tierstöcke der Röhrenquallen oder Siphonophoren, welche wie ein Spielwerk phantastischer Schöpfungslaune erscheinen. Es folgen die Meeresschwämme, unter denen sich die Glasschwämme durch die Zierlichkeit und den symmetrischen Aufbau ihrer wie aus gesponnenen Glasfäden zusammen- gefügten Skeletteile auszeichnen. Diesen makroskopischen Formen reiht sich nun eine Schar derjenigen niederen tierischen und pflanzlichen Organismen von zierlicher Gestaltung an, die erst das Mikroskop dem Auge enthüllt: Rädertierchen, Flimmerinfusorien, Geißelinfusorien, Desmidiaceen, Diatomeen und andere einzellige Algen, endlich Kreidetierchen oder Foraminiferen und Radiolarien oder Strahltierchen in reicher Auswahl. Keine Klasse der gestaltenreichen Tierwelt kann uns so sehr mit Staunen und Ehrfurcht vor der Vollkommenheit erfüllen, mit welcher die Natur in ihren kleinsten lebenden Wesen sich offenbart, wie gerade die zuletzt genannte Gruppe Jeder, der Gelegenheit hat, auch nur einen flüchtigen Blick auf diese unendliche Mannigfaltig- keit, Zierlichkeit und Regelmäßigkeit der Skelette der Radiolarien zu werfen, muß seiner Bewunderung Ausdruck geben, wie es möglich ist, daß so unvollkommene, nur aus einer einzigen Zelle bestehende Wesen solche reizenden Gebilde hervorzubringen imstande sind. Vortragender schließt mit dem Hinweise darauf, daß dem kunstsinnigen Beobachter bei der Betrachtung der vorgeführten Bilder unwillkürlich der Gedanke kommt, daß in vielen Fällen man die Natur eben nur zu kopieren braucht, um das Vollendetste zu erhalten. Die künstlerische Phantasie wird schwerlich Besseres schaffen* als was die zierliche Filigranarbeit der Radiolarienskelette, die geschmackvoll verflochtenen Nadeln der Seeschwämme oder der Körper einer Meduse und die prächtigen Formen der Korallen und Sterntiere darbieten. Dem kundigen Interpreten Hackel gebührt das Verdienst, diese herrlichen Kunstformen jedermann LXI zugänglich gemacht zu haben. Möge sein Wunsch in Erfüllung gehen, daß durch die Bekannt- schaft mit ihnen gleichzeitig das, künstlerische und wissenschaftliche Interesse an der herr- lichen uns umgebenden Gestaltenwelt gefördert werde. Reiner Kunst- und Naturgenuß wird aus der Betätigung dieses Interesses für jeden erwachsen. 5. Sitzung am 1. April 1903. Vor Eintritt in die Tagesordnung beglückwünscht Herr Professor Momber das Ehrenmitglied und den Senior der Gesellschaft Herrn Sanitätsrat Dr. Semon zu einem seltenen Jubiläum. Am 31. März d. J. waren gerade 50 Jahre seit dem Eintritt des Herrn Semon in die Naturforschende Gesellschaft verflossen. Mancherlei Veränderungen haben sich während der langen Zeit vollzogen, aber unverändert ist die Anhänglichkeit und der Eifer des Jubilars für die Gesellschaft geblieben; nicht weniger als 45 Jahre hat er das wichtige Amt des Sekretärs verwaltet. Gleichbleibende Frische auch fernerhin dem Gefeierten wünschend, schließt Herr Momber seine Ansprache. Herr Semon dankt mit bewegten Worten und wünscht der Gesellschaft ein kräftiges Vivat, Crescat, Floreat. Sodann legt Herr Professor Momber das soeben erschienene umfang- reiche Werk „Die Atmokausis und Zestokausis, eine neue Heilmethode“ von Dr. Pincus, sowie eine geologische Abhandlung von Professor Dr. Jentzsch vo,r. Hierauf hält Herr Landesgeologe Professor Dr. Jentzsch einen Vor- trag über das Thema: Dünenbildungen. Photographien, geologische Karten, darunter die neuesten, von Dr. 0. Zeise aufgenommenen, aber noch nicht ver- öffentlichten Blätter der geologischen Landesaufnahme, welche den um Danzig gelegenen Teil Westpreußens zur Darstellung bringen, endlich eine stattliche Reihe von Lichtbildern dienen zur Veranschaulichung der Ausführungen des Vortragenden. Vortragender weist zunächst auf die weit verbreitete, irrtümliche Auffassung hin, nach welcher die Dünen als eine Bildung zu betrachten seien, die lokal nur der Küste angehöre, daher eine verhältnismäßig geringe Verbreitung und demgemäß eine mehr untergeordnete Bedeutung unter den geologischen Erscheinungen habe. Dieser Irrtum beruht darauf, daß man viel zu wenig die Wirkung des Windes bei der ganzen Dünenfrage berücksichtigt hat. Jetzt weiß man, daß der Wind der Hauptfaktor bei der Bildung der Dünen, wie überhaupt ein wichtiger Faktor bei geologischen Umgestaltungen und Neubildungen ist. Das beweisen auch die Lößbildungen in Deutschland, Rußland. Ostasien und anderes* Teilen der Erde, berühmt durch ihre große Fruchtbarkeit (Magdeburger Börde), die nichts weiter sind, als durch Wind zusammengebrachte Staubansammlungen, die in geologischen Zeiträumen zu großer Mächtigkeit angewachsen sind. Wie diese, so sind auch die Dünen rein äolische Bildungen, nur ist das Material nicht leicht1 transportabler Staub, sondern gröberer oder feinerer Sand. Die schweren Sandkörnchen fallen aber wieder zu Boden und häufen sich zu den bekannten Hügeln an. Da ihr Baumaterial am massenhaftesten an der Küste sich be- findet, so liegt ihr Hauptverbreitungsgebiet eben auch an den Meeresküsten. Aber auch in den Wüsten Afrikas und anderer Erdteile findet man Dünen, die in diesen Fällen also rein kontinentale Bildungen sind. Bei uns in Deutschland kommen Dünen weit entfernt von der Küste vor, überall da, wo größere Flächen von Sand bedeckt sind, durch den Wind zu- sammengeweht. So treten Dünen an den Rändern von Flußtälern auf, wie z. B. im Weichsel- tal zwischen Graudenz und Marienburg. Die Diluvialgehänge des breiten Stromtales haben LXII durch immer feinere Zerbröckelung die Sandmassen geliefert, der Wind blies diese gegen den Fuß des Gehänges zurück, und so haben sich dort Dünen in langen Streifen gebildet. Ähn- liches ist am Memel, der Oder und dem Rhein festgestellt worden. Nun fragt es sich, welche Umstände haben die Ausbildung der Dünen begünstigt oder verhindert. Da ist zunächst das zur Verfügung stehende benachbarte Gesteinsmaterial zu berücksichtigen. Die losen Massen des Diluviums und des Tertiärs, die leicht vom Wasser zerstört und zu Sand zerlegt werden können, sind für weite Gebiete nach dieser Richtung von Wichtigkeit. Im scharfen Gegensatz dazu stehen die widerstandsfähigen Gesteine Granit, Diabas und Gneis, die ausreichendes Material zur Dünenbildung eben nicht geben können. Ebensowenig wird Tongestein, wie der Helgoländer Tonfels, Dünenmaterial geben können, da er sich zu zähem, klebrigem Schlamme auflöst, den der Wind nicht zu transportieren ver- mag. Wenn trotzdem am Helgoländer Strande Dünen sich bilden konnten, so liegt das daran, daß das Material dazu aus der Zertrümmerung von in der Nähe angesammelten nordischen Geröllsteinen reichlich genug zur Verfügung stand und noch steht. Ferner ist das Klima für eine Dünenentwickelung von Wichtigkeit, denn nur bei längere Zeit anhaltender Trockenheit kann der Sand durch den Wind in Bewegung gesetzt werden. Selbst Jahres- und Tageszeit mit ihren wechselnden Niederschlagsmengen, auch die Art und Wreise, wie diese Mengen herniederkommen, ob als Platzregen oder langsam und gleichmäßig, beeinflussen die Dünenbildung; der Sand ist eben nur im trockenen Zustande durch den Wind zu transportieren. Wenn wir nun wissen, daß das Klima großen Schwankungen unterliegt, so werden wir auch verstehen, daß die Dünenbildung gleichlaufenden Schwankungen ausgesetzt ist. In gewissen, klimatisch bestimmt gekennzeichneten Zeiten wird das Vordringen der Dünen stärker, in anderen schwächer sein. — Einen ferneren die Dünenbildung betreffenden Faktor stellen die Strandverschiebungen, Hebungen und Senkungen, dar, da die Menge des zur Verfügung stehenden Sandes von diesen Erscheinungen abhängt. Ähnliches bewirken Ebbe und Flut; auch die Vegetation, die den Sand mehr oder weniger zusammenhält, muß in der ganzen Frage von Wichtigkeit sein. Hierauf geht Vortragender zur eingehenden Besprechung der Küstendünen nach Ent- stehung, Verbreitung und Form über. Die zum Aufbau erforderlichen Sandmassen werden entweder durch Abnutzung der Küste infolge der Brandung und durch Zersetzung des Gesteins, also durch Erosion, zugleich durch die Abschürfung, Abhobelung des Meeresgrundes infolge der Wellenbewegung und Strömungen des Küsten wassers geliefert. Besonders diese Abrasion hat eine große Bedeutung, wie auch im Binnenlaiide vielfach beobachtet werden kann. Zu- nächst bilden sich hierbei Sandbänke, die oft zu Inseln anwachsen. Setzen sich diese direkt an den Strand an, so entstehen seewärts vortretende und sich mehr und mehr verlängernde „Haken“, die ihren Abschluß da erreichen, wo sie in tieferes Wasser hineinreichen. Als eine solche Hakenbildung ist die Halbinsel Heia zu betrachten. Mehrere solche von benachbarten Küstenpunkten ausgehende Haken können auch wohl noch durch Vermittelung dazwischen- liegender Inselchen miteinander verwachsen und schnüren kleinere oder größere Wasserflächen vom offenen Meere ab. So entstehen Nehrungen und hinter ihnen die Watten und die Haffe, erstere weniger, letztere stärker gegen das Meer abgeschlossen. Ganze Buchten können in dieser Weise abgeschnürt werden; Beispiele finden sich an der mecklenburgischen Küste, wo z. B. der Heilige Damm von Doberan, eine alte Nehrung, einen Fjord abgeschnürt hat, der allmählich ausgefüllt wird. Ähnliches findet sich bei Warnemünde und an der pommerschen Küste; durch Hakenbildungen ist die Insel Rügen aus mehreren kleineren Inseln zu einem cheinbar einheitlichen Inselkörper geworden. Überall in der Welt kommen diese Bildungen vor, falls gleiche Umstände günstig mit- wirkten. Quarzkörnchen, Feldspath und Glimmerstückchen, auch Hornblende, Augit, Titaneisen sind die Minerale, aus denen das Baumaterial besteht. Je älter, also je öfter umgelagert, die Düne ist, desto reicher an Quarz ist sie relativ, da dieser am längsten der mechanischen Zer- kleinerung und der Auflösung durch Wasser widersteht. Bei dieser stofflichen Umgestaltung ! LX1II wirkt außer dem auslaugenden Regen auch die selbst spärliche Vegetationsdecke mit, indem sie den Sandmassen bestimmte Stoffe entnimmt, andere zurückläßt. Diesen Zusammenhang hat in neuester Zeit Professor Dr. Reinke in Kiel nachgewiesen und gezeigt, daß je nach dem Alter der Dünen bestimmte Pflanzen auf diesen anzutreffen sind. Die Pflanzen lösen einander dort ab, in einer Reihenfolge, die bestimmt ist durch das Bedürfnis jeder Pflanzenart nach gewissen Salzen. Diese Auslaugung betrifft zuerst das Kochsalz, dann den kohlensauren Kalk, das Eisen und andere Substanzen, bis der reine Quarz übrig bleibt. Nach der Schilderung der Formgestaltung der Dünen, die andeutungsweise schon im flachen Wasser als jene bekannten Rippenbildungen (ripplemarks), dann als niedrige Strand- wälle an den Wasserrändern sich zeigen, und nach der Beschreibung der Eigentümlichkeiten der Wanderdünen führt Vortragender charakteristische Dünenformen im Bilde vor, Bilder von der mecklenburgischen und pommerschen Küste und schließlich von der Kurischen Nehrung, an denen die allgemeinen Gesetze der Dünenbildung kurz rekapituliert und lokale Eigentüm- lichkeiten eingehend erläutert werden. 6. Sitzung am 6. Mai 1903. Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz legt in Vertretung des durch Krankheit behinderten Vorsitzenden die neu eingegangenen Druckschriften vor und macht nähere Mitteilungen über dieselben. Darauf berichtet Herr Professor Dr. Bail über zahlreiche ihm zugegangene Mitteilungen verschiedener Art. In der auf die Ordentliche Sitzung folgenden Außerordentlichen Sitzung wird die Verleihung des HüMBOLDT-Stipendiums von je 150 M. an die Herren praktischer Arzt Georg Arndt in Vandsburg, stud. rer. nat. Willy Günther in Danzig, cand. astron. Max Jacobi in München und stud. ehern. Franz^ Steimmig in Danzig beschlossen. 7. Sitzung am 19. August 1903. Herr Professor Dr. Pompeck j- München gibt einen Überblick der allge- meinen Ergebnisse seiner noch nicht veröffentlichten, von der Naturforschenden Gesellschaft mit einem Preise von 1000 M. gekrönten Untersuchung der hiesigen jurassischen Diluvialgeschiebe. Das Thema des Vortrags lautet: Die Jurageschiebe Westpreussens und ihre Bedeutung für die Jurageographie. Unter Geschieben versteht man bekanntlich jene Gesteinsblöcke, die in unserem Diluvial- boden verstreut über das ganze norddeutsche Flachland Vorkommen und losgebröckelte Stücke von anstehenden Gesteinen Finlands, Gotlands, Schwedens und von Gebieten des heutigen Ostseebeckens sind. Sie wurden einstmals durch das große Inlandeis aus jenen Gebieten über das norddeutsche Tiefland bis an die deutschen Mittelgebirge und über einen großen Teil Rußlands wie anderseits Hollands und Englands verfrachtet. Als Zeugen der Eiszeit können dieselben Aufschluß geben zunächst über die Ausdehnung und die Bewegungsrichtung der damaligen Inlandgletscher. Hat man im einzelnen Falle das Ursprungsgebiet eines Geschiebes mit Sicherheit bestimmt, so kann es auch Aufschluß geben über die Beschaffenheit der Erd- oberfläche seines Heimatgebietes in längst vergangener Zeit. Das Studium der Diluvial- geschiebe also bietet die beste Gelegenheit zur Lösung geologischer und palaeogeographischer Fragen selbst für Gebiete, die wie das heutige Ostseebecken gegenwärtig unzugänglich sind. Diesem interessanten Gegenstände haben sich viele Forscher zugewandt, eine inhalt- reiche Literatur ist entstanden. Besonders die aus einer der ältesten Erdepochen, dem Silur, V LXI V herstammenden Geschiebe mit den in ihnen eingeschlossenen Versteinerungen sind eifrig studiert worden. Man weiß von sehr vielen genau, wo sie in Finland oder Gotland oder Schweden zur Eiszeit als Teile anstehenden Gesteins existiert haben, weiß auch, daß viele dem felsigen, heute unzugänglichen Untergründe des Ostseebeckens entnommen sein müssen, wodurch wieder manches früher Rätselhafte in der gegenwärtigen horizontalen, westöstlichen Verbreitung bestimmter Geschiebetypen aufgeklärt worden ist. Auch aus zeitlich anderen Ablagerungen der Erdkruste nordischer Gebiete stammende Geschiebe finden sich zahlreich in Westpreußen, und unter diesen beanspruchen die aus der Zeit der Juraformation herrührenden ein erhöhtes Interesse. Die Juraformation ist die zweite der drei großen, die Sekundärzeit der Erde bildenden Formationen und bildet stellenweise eine über 1000 m mächtige, in Mitteleuropa überwiegend aus tieferem Meere abgelagerte, vorherrschend kalkige oder tonigkalkige Schichtenfolge. Der Name für die Ablagerungen dieser Epoche ist dem Juragebirge entlehnt, in welchem charakteristische jurassische Bildungen in ausgezeichneter Weise zu beobachten sind. Auch in den Ostseeländern, über welche die Eis- ströme der Eiszeit hinwegglitten, kommen jurassische Ablagerungen als anstehendes Gestein vor, so im südlichen Schonen, Bornholm, bei Kolberg, bei Memel, in Kurland, doch nur eben an wenigen Punkten, denen gegenüber die in Westpreußen verstreuten Geschiebe aus jener Jurazeit, einstmals losgerissen von Juragesteinen des Ostseebeckens und seiner Umgebung, eine wichtige Rolle spielen, da ihre Anwesenheit auf das damalige Vorhandensein von ver- hältnismäßig tiefem Meere im Gebiet der Ostsee bis hinein in unsere Provinz schließen läßt, eines Meeres, das während der langen Juraperiode allerdings wechselnde horizontale Aus- dehnung gehabt hat. Etwaige Ergebnisse der jurageographischen Erforschung unserer Provinz haben auch außerdem insofern noch erhöhtes Interesse, als unser Land zwischen zwei aus- gedehnten Jurabecken liegt, einem westlichen, West- und Süddentschland. England und zum Teil Frankreich umfassenden, und einem östlichen, im Inneren des russischen Flachlandes weit sich ausdehnenden, die beide durchaus verschiedenen Charakters sind, wie das Studium der in ihnen enthaltenen tierischen Versteinerungen ergeben hat. Ob und wie weit nun unsere Provinz eine vermittelnde Rolle spielt bezw. gespielt hat, war festzustellen, und dazu gab das Studium unserer Jurageschiebe mit ihren Versteinerungen beste Gelegenheit. Zunächst kam es darauf an, die vorhandenen Geschiebe an der Hand ihrer ein- geschlossenen Versteinerungen und diese selbst nach Spezies und geologischem Alter genau zu bestimmen, d. h. festzustellen, welcher Stufe innerhalb der mächtigen Juraformation sie angehören. Das ist geschehen. Dabei hat sich herausgestellt, daß die in den hierher ge- hörigen Geschieben enthaltenen Versteinerungen sich auf die verschiedenen Altersstufen des Jura ganz ungleich verteilen. Die drei Hauptstufen des Jura von unten aufwärts heißen nach englischen Lokalbezeichnungen der Lias, der Dogger und der Malm. Aus dem unteren und mittleren Teil des Lias sind bei uns vereinzelte Juraversteinerun gen in Geschieben gefunden worden, die ihrem Ursprünge nach aus Südschweden und Teilen des Ostseebeckens stammen und beweisen, daß das Jurameer, in welchem diese Gesteine als Ablagerungen sich gebildet haben, sich weiter nach Osten und Süden bis in unsere Provinz erstreckte, als man früher annahm. Aus dem oberen Lias fehlen bei uns Geschiebe; man darf annehmen, daß das große westeuropäische Jurameer sich damals nach Westen zurückgezogen hatte, Westpreußen also trockenes Land war. Das Gleiche gilt wohl für die Zeit des untersten Dogger. Reich ist in Westpreußen der Vorrat an Geschieben, welche dem mittleren und besonders dem oberen Dogger entstammen, und zwar sind es Gesteine mit Versteinerungen ganz verschiedenen Charakters, die sich hier begegnen, solche, die auf westlichen, und dann solche die auf öst- lichen Ursprung hinweisen, in letzterem Falle sind es gewisse Ammoniten, die in ungeheurer Formenfülle die Schichten des russischen Jurabeckens erfüllen, in Deutschland aber nur spärlich Vorkommen. Es muß daher im mittleren Dogger sich von Westen her eine weit in unser Gebiet hineingreifende Jurameeresbucht vorgeschoben haben, worauf im oberen Dogger ein weiteres Vordringen stattgefunden hat, so daß das deutsche, westliche Jurameer geradezu LXV durch einen mehr oder minder breiten und tiefen Wasserstreifen durch unsere Provinz hin- durch mit dem russischen Jurabecken in Verbindung trat. Diese Verbindung hörte später infolge Niveauveränderungen wieder auf. Westpreußen wurde trocken gelegt, denn aus dem Malm, der jüngsten Jurazeit, sind Geschiebe mit Versteinerungen bei uns nicht bekannt. Spärlich sind die Reste aus jener weit zurückliegenden Zeit, doch für den Kundigen sind sie wertvolle Zeugnisse, die ihm Auskunft geben können über die Verteilung, und zwar die zu verschiedenen Zeiten wechselnde Verteilung, von Meer und Land in unserem Heimatgebiet bezw. in dessen nächster Nähe und über manche petrographische und geologische Fragen spezielleren Charakters. 8. Sitzung am 14. Oktober 1903. Der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt die An- wesenden und gibt den Vortragsplan für den bevorstehenden Winter bekannt. Darauf spricht Herr Oberlehrer Dr. Sonntag, unter Vorführung von Zeich- nungen, über das Thema: Die Pflanze eine Baumeisterin. Wie alle höher organisierten Wesen, so bedarf auch die Pflanze im entwickelteren Zustande eines festen Gerüstes für den Aufbau ihrer Organe. Die Ansprüche, die in mecha- nischer Beziehung an sie gestellt werden, macht man sich am besten durch die Betrachtung eines hohen Baumes klar. Hier muß der Stamm die ganze gewaltige Last der Krone mit Ästen, Blättern und Früchten tragen, wird also so in Anspruch genommen, wie etwa der Pfeiler, der das Gewmlbe eines Remters trägt. Die Äste, welche sich horizontal ausstrecken, werden durch ihre eigene Schwere oder Fremdbelastung (Schnee) heruntergebogen, also auf Biegungsfestigkeit erprobt; an langen Stielen herabhängende Früchte (Platane) müssen zug- feste Verbindungen haben. Bei Stürmen wird auch der Stamm, wie sonst die Äste, seine Biegungsfestigkeit zeigen müssen, während die Wurzeln, die ihn im Boden befestigen, meist wie Ankertaue gezerrt werden, also zugfest sein müssen. Wie der Baum im großen, so verhalten sich der Grashalm und die krautartigen Stengel im kleinen. Alle müssen ein festes Skelett besitzen, um den auf sie einwirkenden Kräften zu widerstehen, und, wie zuerst von Schwendener gezeigt wrurde, besitzt die Pflanze eine un- erschöpfliche Fülle von Konstruktions- und Bauplänen, nach denen sie ihre Gebäude errichtet. Das Material, welches von der Pflanze verwandt wird, ist die Zellulose und zwar in Gestalt besonderer mechanischer Zellen (Bast, Libriform, Kollenchym), welche sich durch ihre stark verdickten Zellwände, ihre langgestreckte Gestalt und kleine spaltenförmige Poren aus- zeichnen. Die Länge dieser Zellen ist sehr bedeutend; im Durchschnitt 2 — 4 mm lang, er- reichen sie beim Baste des Leins 20 — 40 mm, bei dem der chinesischen Nessel oder Ramie- pflanze sogar 200 mm Länge. Alle Gewebe und Stränge, die aus diesen Zellformen zusammen- gesetzt sind, zeichnen sich durch außerordentliche Zugfestigkeit aus. Dieselbe beträgt 20 kg pro qmm im frischen, wasserdurchtränkten Zustande, kommt also der des Schmiedeeisens gleich, während Messingdraht z. B. nur 13 kg tragen kann. Im ausgetrockneten Zustande erhöht sich die Festigkeit noch sehr bedeutend. Die Dehnbarkeit innerhalb der Elastizitäts- grenze ist aber beim Bast bedeutend größer als beim Schmiedeeisen, nämlich 12 — 14 pro Mille gegen 1 pro Mille. Wie wir das Material der Pflanze für Festigungszwecke mit dem Eisen als Baustoff ver- gleichen, so können wir auch die Form, in welcher das Eisen verwandt wird, den eisernen Träger von J Form, als Grundlage der Konstruktionen bei der Pflanze überall wiederfinden. In dem I Träger kommt das Prinzip des Ingenieurs zum Ausdruck, möglichst Material zu sparen, ohne daß dadurch die Festigkeit Schaden leidet. Die Mechanik zeigt, wie diesem Prinzip durch Verlegung der widerstandsfähigen Elemente nach außen (Gurtungen des Trägers, hohle Säule) entsprochen werden kann, und so sind denn auch die Stengel der Taubnessel o LXVI und anderer Labiaten mit zwei kreuzweise kombinierten X Trägern von Kollenchym ver- sehen, während die Liliaceen Hohlzylinder von Bast besitzen, ebenso viele Gramineen-Halme ( Molinia coerulea ), die aber hier noch mit vorspringenden Rippen versehen sind. Bei den Stämmen der Palmen verschmelzen die Baststränge zwar nicht miteinander, sie bilden aber ein System von Strängen, angelehnt an die Gefäßbündel, welche sich durch sehr starke Aus- bildung der Bastmassen und Lagerung an der Peripherie des Stammes auszeichnen. In dem Zentrum des Stammes sind nur wenige Baststränge und Bündel vorhanden. Hierher sind auch die Halme des Bambus zu rechnen. Anders als bei den Monocotylen und krautartigen Dicotylen muß die Pflanze ihren Bauplan bei den holzartigen Dicotylen gestalten. Die alljährliche Anlage eines neuen Ver- dickungsringes vom Kambium nach innen zu verbietet Konstruktionen nach Art der hohlen Säule. Dagegen tritt hier eine andere Zweckmäßigkeit um so deutlicher hervor, nämlich der Aufbau nach dem Prinzip des „Trägers von gleichem Widerstande“. Bei einem überall gleich starken, prismatischen Träger wird nämlich das Material nur in dem gefährlichen Querschnitt (Befestigungsstelle des einseitig eingemauerten, horizontalen Trägers) voll ausgenutzt. Man kann daher dem Balken eine nach dem freien Ende sich verjüngende Form geben, ohne die Festigkeit desselben zu vermindern. Solche Träger gleichen Widerstandes sind nun z. B. schlanke, große Fichtenstämme; sie verhalten sich, wie schon Sghwendener bemerkte, im großen wie Gras- und Binsenhalme im kleinen, nur daß sie voll konstruiert sind. Neuere Untersuchungen von Metzger (Hannoversch Münden) und Schwarz (Eberswalde) haben für die Fichte bezw. die Kiefer rechnungsmäßig und durch Messungen nachgewiesen, daß eine weitgehende Übereinstimmung der Form der Stämme mit solchen „Trägern gleichen Wider Standes“ vorhanden ist. Die angreifende Kraft dahei ist natürlich der Wind. Die sog. „Ab- holzigkeit“ freistehender Bäume, welche in geringerer Höhe und schnellerer Zuspitzung des Stammes besteht, und andererseits die „Vollholzigkeit“ der im dichten Bestände erwachsenen Stämme, wobei unter „vollholzig“ annähernde Zylinderform verstanden wird, erklärt sich aus der verschiedenen Form der Krone und der gänzlich verschiedenen Beanspruchung durch den Wind. Wird ein Baum, der im dichten Bestände groß geworden, durch Abholzung der Um- gebung plötzlich freigestellt, so beobachtet man an seinen unteren Stammteilen einen ganz besonders starken Zuwachs, die Jahresringe werden hier viel stärker. Die Ursache ist nicht in veränderten Ernährungsverhältnissen zu suchen, sondern in der Änderung der mechanischen Inanspruchnahme, welcher sich der Baum sofort anpaßt. Auch die Äste sind Träger gleichen Widerstandes, hier aber kommt hinzu, daß sie nicht homogen gebaut sind. Für die Koniferen wenigstens ist nachgewiesen, daß sie auf der Ober- seite aus anderem Material als auf der Unterseite bestehen. Die durch Zugspannungen gedehnte Oberseite besitzt in dem weißgefärbten Holze ein Material, das doppelt so zugfest ist wie das Rotholz der durch Druckspannungen gepreßten Unterseite. Letzteres ist aber druckfester. Auch die seitliche Abplattung der Äste erhöht die Biegungsfestigkeit. Der Vergleich mit Konstruktionen ähnlich den Kränen der Werften und Kais ist hier sehr zutreffend. Die Pflanze konstruierte schon lange vor dem Erscheinen des Menschen auf der Erde genau so, wie es jetzt der Ingenieur tut, und 4aucli an Kühnheit lassen sich ihre Bauten mit den bewundertesten Konstruktionen menschlicher Baukunst vergleichen. Die Herstellung der erforderlichen Festigkeit mit möglichst geringem Material-Aufwand ist das Ziel des Technikers sowohl als auch der Pflanze. Beide erreichen es durch Anwendung derselben Prinzipien der Mechanik. Hierauf demonstriert Herr Dr. Szpitter einen seltenen Fall von Schuss- verletzung des Auges. Der Fall ist in seiner Art ein sehr seltener und bietet in seinem Verlauf und Ausgang manches, was auch für den Nichtarzt von Interesse ist. Es handelt sich um eine direkte Schußverletzung des rechten Auges im Gegensatz zu der indirekten, bei welcher in der Regel ein Schrotkorn von einem harten Gegenstand abprallt und dann erst mit mehr oder LXYII weniger gelähmter Kraft das Auge trifft. Dem Verletzten flog auf eine Entfernung von etwa 50 m eine Gewehrladung von 30 bis 40 Schrotkörnern ins rechte Auge. Merkwürdig ist die Tatsache, daß dem Patienten weder die Verletzung selbst noch eine Schmerzempfindung zum Bewußtsein kam. Ersteres läßt sich wohl dadurch erklären, daß der Patient den Schützen nicht sah, daher auch die Schußrichtung nicht kannte, während für letzteres eine andere Erklärung gesucht werden muß. Durch den sogenannten „Choc“ läßt sich diese Erscheinung nicht erklären, denn der Verletzte hatte weder eine Ahnung, daß er angeschossen war, noch hatte er die Besinnung verloren; es fehlt also für die Annahme der Choc-Wirkung das äußere Motiv. Es ist vielmehr anzunehmen, daß durch die plötzliche Schußwirkung die sensitiven Elemente der Hornhaut und der übrigen Gewebe so schnell zerstört wurden, daß eine Schmerz- empfindung zentral nicht zum Bewußtsein kam. Es ist ja bekannt, daß die glatte Kontinuitäts- trennung im Gegensatz zur Dehnung und Zerrung in der Regel keine Schmerzen verursacht; man erinnere sich an dieser Stelle an den Bruch und die Verrenkung. Die erste Besichtigung des Verletzten ergab, daß durch die gewaltige Schußwirkung der Augapfel in eine breiige, blutige Masse verwandelt war; Schrotkörner waren nicht sicht- bar. Am nächsten Tage wurde die Röntgenaufnahme gemacht, die ich Ihnen hier vorlege. Im Bilde sind zwei Herde sichtbar; der eine langgestreckt, in sagittaler Richtung, dessen innerste Körner 7 cm tief liegen, der andere am Boden der Oberkieferhöhle; wahr- scheinlich wurde durch das Aufschlagen der Schrotkörner das knöcherne Fach derselben ein- gedrückt. Ob Schrotkörner in das Gehirn eingedrungen sind, ergibt das Röntgenbild nicht, wohl aber der klinische Verlauf. Der Verletzte hatte unter Schwindelerscheinungen und Kopf- schmerzen viel zu leiden; nach vierzehn Tagen waren diese Erscheinungen verschwunden. Da die Wunde nicht mißfarben aussah, begnügte ich mich mit einem aseptischen Verband. Es bleibt noch eine Frage zu erörtern, nämlich, ob durch das Verbleiben der Bleigeschosse das andere Auge geschädigt wird. Die Erfahrung, besonders der letzten Jahre, hat gelehrt, daß Bleigeschosse, im Gegensatz zu Eisen- und Kupfersplittern, welche durch ihre chemischen Zersetzungen deletär wirken, auch das sehende Auge in der Regel nicht schädigen; sie um- geben sich mit einer Schicht von Bindegewebe und bleiben meist reizlos liegen. Der Patient befindet sich sonst wohl; es ist zu erwarten, daß ernste Komplikationen den überaus günstigen Verlauf der Heilung nicht mehr stören werden. 9. Sitzung am 21. November 1903. Herr Professor Dr. MiETHE-Charlottenburg spricht über photomechanische Verfahren. Die Photographie als technische Wissenschaft ist in den letzten Jahrzehnten zu un- geahnter Bedeutung emporgestiegen; sie ist aber zu einem Gemeingut des Kulturmenschen erst dadurch geworden, daß es ihr gelang, sich dem Buchdruck und der Tagespresse unent- behrlich zu machen. Dies ist möglich geworden durch eine hohe Vervollkommnung der sogenannten photomechanischen Verfahren, Maßnahmen, bei welchen es sich darum handelt, aus einer photographischen Aufnahme ein druckfähiges Klischee herzustellen mit dem End- zweck, die Vervielfältigung einer photographischen Aufnahme mit Hilfe einer Buchdruck-, Steindruck- oder Kupferdruckpresse auf mechanischem Wege zu bewerkstelligen. Zur Einführung in dieses keineswegs leicht verständliche Gebiet gibt Vortragender zu- nächst einige Hinweise auf die üblichen drucktechnischen Verfahren, nämlich den Hoch-, den Tief- und den Flachdruck. Bei ersterem wird von den hochstehenden Teilen der Druckplatte die Reproduktion auf Papier erzielt, wie solches z. B. beim Letterndruck und Holzschnitt geschieht; bei dem Tiefdruck wird die Farbe aus den Vertiefungen der Druckplatte ent- nommen, hierher gehört der Kupferstich. Der Flachdruck endlich steht in der Mitte zwischen beiden Verfahren, dazu gehört der Steindruck. Entwirft man nämlich auf der polierten Kalk- 5* lxviii schieferplatte mittels lithographischer Kreide oder ähnlich aus seifenartigen, terpentinhaltigen Substanzen präparierter Tinte eine Zeichnung und tränkt die Platte mit Wasser, so wird dasselbe nur an den freien Stellen aufgesogen, und die nachher mit der Walze aufgetragene fette Druckfarbe haftet infolgedessen nur auf den Stellen der Zeichnung, so daß also auch nur diese Zeichnung beim Abdruck reproduziert wird. Das Wesen der photomechanischen Verfahren nun ist darin zu suchen, daß das, was bei den gewöhnlichen Druckverfahren, z. B. der Lithographie, der Steindrucker mit der Hand macht, die Herstellung der Zeichnung auf der Druckplatte, hier durch physiko-chemische Prozesse erreicht wird. Auch hier gelten der Hoch-, Tief- und Flachdruck, ersterer ist von größter Bedeutung, da wohl 95 % aller Reproduktionen durch das photomechanische Hoeh- druckverfahren gewonnen werden. Vorauszuschicken ist noch die Bemerkung, daß Kolloide, wie Dextrin, Gelatine, Leim, Eiweiß, Zuckerarten, die sonst in Wasser löslich sind, mit Kalium- bichromat getränkt und dem Lichte ausgesetzt, ihre Löslichkeit in Wasser verlieren, sogar auch ihre Klebrigkeit. Diese chemische Eigenschaft der Kolloide wird benutzt; sie gibt das Mittel an die Hand, Ätzungen auf Metallplatten, die mit solchen präparierten Kolloiden über- zogen sind, auszuführen. Am einfachsten gestaltet sich das Verfahren bei dem Zinkhochdruck oder der Zinkätzung. Vorliegen muß eine einfache Strichzeichnung. Diese wird zumeist mit Hilfe der Photographie auf die präparierte Zinkplatte übertragen. Auf dieser Platte entsprechen die durch das Licht unlöslich gewordenen Kolloidlinien den Linien der Originalzeichnung. Werden die nichtgedeckten Stellen auf der Zinkplatte durch Wasser von dem Kolloid befreit und nun durch eine Säure geätzt, so bleiben die Striche als niedrige Grate stehen und können, mit Druckerschwärze versehen, zur Reproduktion des Bildes auf der Papierfläche dienen. Ein solches Klischee kann also wie ein Holzschnitt benutzt werden, seine Her- stellung ist nur sehr viel billiger als die des Holzschnittes. Die Zinkätzung findet daher bei der Vervielfältigung von Linienzeichnungen weitgehende Anwendung. Diese Methode versagt bei der Vervielfältigung von allen Halbtonoriginalbildern, z. B. von photographischen Aufnahmen plastischer Objekte. Um hiervon ein druckfähiges Klischee zu erhalten, muß der Halbton „aufgebrochen“ werden, d. li. durch mehr oder minder hervor- tretende Schraffur ersetzt werden. Diese Schraffur besteht aus sich kreuzenden Reihen von Punkten, die je nach der Tiefe des Halbtones, dichter oder lockerer gestellt sind. Erreicht wird dieses eigenartige Zerlegen des Halbtones in Punktlinien durch Vorsetzen eines ,, Rasters“ bei der photographischen Aufnahme des Bildes; Ein Raster ist eine Glasplatte, die von dicht gestellten, rechtwinkelig sich kreuzenden, lichtundurchlässigen Linien (etwa 6 auf je 1 mm) über- zogen, gleichsam aus einer Unsumme winziger, quadratischer Fensterchen zusammengesetzt ist. Ein mit solchem Klischee hergestelltes Bild heißt eine Autotypie, an der man stets unter der Lupe die Punktierungen erkennen kann. Ehe man übrigens das Klischee als Druckplatte verwenden darf, muß man natürlich wiederum, wie bei der Zinkätzung, die nicht gedeckten Partien wegätzen, so daß jene Punkte aus der ganzen Platte allein emporragen. Diese Ätzung muß hier viel feiner und vorsichtiger ausgeführt werden als dort, da sie nur 0,2 — 0,3 mm tief eingreift. Zur Aufnahme der Autotypie ist daher nur feines, gut geglättetes Papier ge- eignet, sie ist deshalb nicht verwendbar für Zeitungsdruck. Günstig für ihre Verwendung ist es, daß die Autotypie in den Letternsatz eingefügt werden kann Übrigens werden bei starken Auflagen von dem Autotypie-Klischee zumeist ein oder mehrere galvanoplastische Abdrücke hergestellt und diese erst als eigentliche Druckplatten benutzt. — Bei vielen Halb- tönen im Original ist die Autotypie kein ideales Verfahren, da der regelmäßige Verlauf der Punktreihen störend wirkt; auch unregelmäßig gestellte Punktgruppen verbessern das Aussehen der Autotypie wenig. Störend ist ferner bei diesem Verfahren, daß weiße Flächen des Originals nie rein weiß in der Reproduktion herauskommen. Unvergleichlich besser, nur kostspieliger herzustellen, ist die Heliogravüre, ein Tief- druckverfahren. Hier wird bei der Herstellung des Klischees je nach der Verteilung von LXIX Licht und Schatten des Originalbildes in der präparierten Gelatineschicht der Kupferunterlage eine reliefartige Veränderung erzeugt, und bei weiterer Behandlung erhält dann die Kupfer- tafel ein eingeätztes Relief, welches dem Gelatinerelief entspricht. Die Druckfarbe wird in die vertieften Stellen gerieben, während die emporragenden Stellen infolge der Präparation und der Eigenschaft der Farbe von letzterer frei bleiben. Unter starkem Druck wird schließlich die Farbe aus den Vertiefungen des Klischees auf das Papier gepreßt, und zwar unter so vorzüglicher Wiedergabe aller Abstufungen von Licht zu Schatten, daß eine gut gelungene Heliogravüre dem echten Kupferstich zum Verwechseln ähnlich wird. Ein drittes Verfahren, welches Lichtdruck genannt wird, entspricht dem Flachdruck und wird neuerdings u. a. bei der Anfertigung der Ansichtspostkarten mit Erfolg verwandt. Hier er- hält das erzielte Bild ein unregelmäßiges, nach Licht und Schatten des Originals sich un- gleich verteilendes Runzelkorn, während die ähnliche Autotypie sich durch das regelmäßige Punktkorn gut kennzeichnet. Die Autotypie, ein Hochdruck, läßt sich viel öfter abziehen (mehr als 100 000 mal) als der Lichtdruck (zirka 6000 mal). Die neueste Anwendung findet das photomechanische Verfahren beim Dreifarben- druck, auf den Vortragender noch kurz eingeht. Bei diesem Verfahren werden durch optische Mittel die Farbentöne eines Originals nach der Richtung der drei Grundfarben rot, grün und blau zerlegt. Dies wird dadurch erreicht, daß das Original getrennt durch eine rote, eine grüne und eine blaue Glastafel hindurch von farbenempfindlichen Platten photo- graphisch aufgenommen wird. Es werden drei Klischees erzielt, die als roter, grüner und blauer Farbenanteil des Originals betrachtet werden können. Gedruckt wird mit den Komple- mentärfarben grün, rot, gelb übereinander. Dieser Dreifarbendruck hat durch die Bemühungen gerade des Vortragenden eine außerordentliche Vervollkommnung erlangt, wie an einer facsimiletreuen Reproduktion eines Gemäldes aus Venedig und an anderen Vorlagen gezeigt wird. 10. Sitzung am 16. Dezember 1903. Herr Oberlehrer Dr. Dahms hält einen durch Experimente erläuterten Vortrag über das Thema: „Aus der Welt der kleinsten Körper“. Der berühmte englische Chemiker Graham teilt die löslichen Stoffe in zwei Gruppen, je nachdem sie in Lösung tierische und pflanzliche Hautgebilde durchwandern oder nicht. Die ersteren nennt er Kristalloide, die anderen Kolloide. Die Lösungen der Kolloide be- sitzen die Eigenschaft durch Säuren, Basen und Salze, also durch gute Leiter der Elektrizität, ausgefällt zu werden. Befindet sich ein Kolloid in wässeriger Lösung, so heißt es Hydrosol, ist es durch Ausfällung in einen gelatineartigen Körper übergegangen, Hydrogel. Die Kolloide können nicht nur Wasser enthalten, sondern auch Alkohol, Glycerin, sogar Äther und Schwefelkohlenstoff; den Hydrosolen entsprechend, entstehen auf diese Weise Organosole. Kolloidale Lösungen sind bis jetzt bekannt von Hydroxyden, Sulfiden, Elementen, Halogen- und verschiedenen anderen Verbindungen. Wie Bodländer zeigte, stellen die Solzustände keine eigentlichen Lösungen, sondern nur mechanische Gemenge mit Flüssigkeit in äußerst feiner Verteilung dar. Auch hier ver- anlassen die guten Leiter des elektrischen Stromes ein Ausflocken der in geringen Mengen aufgeschlämmten festen Substanz; so vermag 1 g Salzsäure noch auf IV2 Millionen g Flüssig- keit in dieser Weise einzuwirken. Fein verteiltes Ultramarin läßt die Flüssigkeit tiefblau und klar erscheinen, hält sich in diesem Solzustände monatelang und geht beim Filtrieren durch Papier ungeändert hindurch. Da die kolloidalen Niederschläge ihrerseits große Mengen der ausfällenden Säuren, Basen und Salze niederreißen, so sind sie von großer Bedeutung für die Agrikulturchemie, die Physiologie und einige Industrien, wie Färberei und Gerberei. Bredig hat durch elektrische Zerstäubung von Metalldrähten Pseudolösungen dargestellt, die sich ganz wie kolloidale Sole verhalten. Die schön purpurrot gefärbte Goldlösung enthält LXX in 1 1 etwa 140 mg Gold und zerfällt besonders leicht mit Säure und Salzen. Dabei wird die Flüssigkeit zuerst blau, dann fällt ein blaugraues Pulver aus, das beim Reiben Goldglanz annimmt. Die Neigung zum Koagulieren wird verhindert, wenn dem Goldsol Spuren von Gelatine, Leim, Hausenblase oder ähnlichen Stoffen zugesetzt sind. Nach Faraday kann die Goldlösung auch durch die Einwirkung von gelbem Phosphor auf eine sehr verdünnte Lösung von Goldchlorid erhalten werden. Der Farbenumschlag bei der Ausscheidung der fein verteilten und nun zu größeren Molekularvereinigungen zusammentretenden Metallteilchen läßt sich ungefähr durch die Lösung von Brillantsäuregrün 6 B erläutern. Diese zeigt je nach ihrer Konzentration verschiedene Färbung. Vor einer elektrischen Lampe betrachtet, zeigen sich bei wachsender Schichten- dicke nacheinander grüne, blaugrüne, blaue, dunkelblaue, violette, purpurne und rote Töne. Wie Untersuchungen ergaben, kommt dieser Wechsel in der Färbung durch das Auftauchen und Wachsen von Streifen im Absorptionsspektrum zustande. Durch eine Reihe von Versuchen ist fesfgestellt worden, daß geringe Spuren von Silber auf Mikroben schädigend und sogar tötend einwirken. Dabei ist es gleichgültig, ob das Silber in Form von Höllenstein wirksam ist, da dieses Salz in Lösung sich sofort dissoziiert, oder ob Nährflüssigkeiten von Pilzen kaum nachweisbare Mengen vom Metalle selbst ablösen. Man verspricht sich deshalb große Wirkungen von der inneren Anwendung von ungelöstem Silber in feinst zerteilter Form, von sog. Protargol, bei allerlei Mikrobenkrankheiten. Dieses wird in großen Mengen, besonders nach der Methode des Amerikaners Carey Lea hergestellt und in den Handel gebracht. Auch kolloidales Quecksilber findet in neuerer Zeit in der Medizin Verwendung. — Nach den kürzlich angestellten Arbeiten und Messungen von Zsigmondy und Siedentopf sind die winzigen Teilchen im Goldsol kleiner als 0,oooi4 mm, und infolge der Unzulänglichkeit unserer bisherigen Apparate nicht mehr zu erkennen, wenn sie die Größe von 0, 00002 mm erreichen. Diese bereits für unser Auge als Individuen ver- schwindenden Teilchen, die bis an die molekularen Dimensionen herabgehen oder diese viel- leicht erreichen, lassen sich in ihrer Gesamtheit noch durch einen schwachen, polarisierten Lichtkegel erkennen. — Die Sole rufen eigenartige Reaktionen hervor, sie zeigen katalytische Wirkungen, d. li. sie veranlassen verhältnismäßig schnell verlaufende Reaktionen, ohne selbst im Endprodukt zu erscheinen. Man kann diese Wirkung mit der eines Schmiermittels ver- gleichen, das auch den Gang der Maschine lebhafter macht, ohne eine Veränderung zu er- leiden. Zu diesen Erscheinungen ist die Einwirkung fester Stoffteilchen auf Flüssigkeiten zu rechnen, die sich im Überkältungs- oder Übersättigungszustande befinden und durch winzige Mengen dieser festen Stoffe zum Kristallisieren gebracht werden. Das kleinste Stäubchen Glaubersalz, welches eine derartige Erscheinung auszulösen vermag, hat nach den Messungen von Ostwald 0,ooo 000 0001 bis 0,oooooooooooi g Gewicht. Da eine Flüssigkeit auch in bezug auf verschiedene Phasen gleichzeitig übersättigt sein kann, so wird jeder der entsprechenden Keime in ihr für sich wachsen. Auf diese Weise läßt sich annähernd erklären, wie die ver- schiedenartigsten Organe des menschlichen Körpers sich aus ein und demselben Blute auf- bauen können. Ein kräftig wirkender Katalysator ist Platinmohr, das Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasserdampf vereinigt. Andere Verbindungen werden durch fein verteilte Körper zerlegt, so zerspaltet sog. pyrophores Eisen Azetylen in seine Bestandteile. Eine periodische Kontaktanalyse weist kolloidales Quecksilber in Berührung mit dem- selben Superoxyde auf. Dabei bedeckt es sich mit einem glänzenden, goldbronzefarbigen Häutchen, und bald beginnt die Zerlegung. Nach einiger Zeit setzt die Gasentwickelung plötzlich aus, der Gasnebel in der Flüssigkeit verschwindet, der bronzefarbige Spiegel wird von neuem sichtbar und bald beginnt das Spiel von vorn. Dieser Vorgang ist deshalb inter- essant, weil er eine Arbeit zeigt, wie sie ähnlich von unseren Blutkörperchen geleistet wird, welche sich in den Lungen mit Sauerstoff beladen und diesen bald darauf bei ihrer Wanderung durch unseren Körper wieder abgeben. LXXI Zwischen der Wirkung der Katalysatoren und der organischen Fermente oder Gärungs- erreger besteht nun eine auffallende Übereinstimmung. Die letzteren besitzen bekanntlich die Eigentümlichkeit, komplizierter zusammengesetzte chemische Verbindungen in einfache zu zerlegen. Wie Platin wirken auch fermenthaltige Stoffe vereinigend auf die Bestandteile des Knall- gases, und beide verlieren in der Siedehitze ihre Wirksamkeit. Auch die Vergiftungs- und Lähmungserscheinungen verlaufen in beiden Fällen entsprechend. Knallgas, das durch Schwefelwasserstoff oder Schwefelkohlenstoff verunreinigt ist, wird von Platin nicht mehr katalysiert, und Spuren von Schwefelwasserstoff verhindern, daß organische Fermente Wasser- stoffsuperoxyd zerspalten. Dagegen wirkt Blausäure in beiden Fällen nur lähmend; nach einiger Zeit tritt eine Wiedergenesung und neues Arbeitsvermögen auf. Sehr feine Unterschiede, wie sie sich ähnlich vielleicht bei den katalytischen Versuchen des französischen Gelehrten Trillat zeigten, weist vor allem das Blut verschiedener Tiere auf. So ist in neuerer Zeit ein Verfahren bekannt geworden, Menschen- und Tierblut auch noch in getrocknetem Zustande von einander zu unterscheiden. Bei frischem Blute läßt sich aus der Größe der Blutkörperchen ein nicht sehr sicherer Schluß auf seine Herkunft ziehen, was bei eingetrocknetem ausgeschlossen ist. Uhlenhuth beobachtete nun, daß Hühnerblut, welches einem Kaninchen eingespritzt worden war, ein Serum oder Blutwasser lieferte, welches mit stark verdünnter Hühnerblutlösung zuerst eine schnell auftretende Trübung gab, aus der dann allmählich ein flockiger Niederschlag hervorging, während es gegen andere verdünnte Lösungen von Tierblut passiv blieb. Wird einem Kaninchen Menschenblut eingespritzt, so ergibt das gewonnene Serum nur mit der Lösung von Menschenblut den erwähnten Nieder- schlag. Aus 1 g Blutlösungen ließ sich die vom Menschen stammende klar herausfinden. Wird ein eingetrockneter Blutfleck mit etwa 1,6 J^iger Kochsalzlösung abgespült, so zeigt das Serum auch mit dieser Flüssigkeit die erwähnte Reaktion. Menschenblut enthaltendes Kaninchenserum wirkt freilich auch fällend auf das Blut einiger Affenarten ein. Die hierüber angestellten Versuche stammen von Friedenthal. Blut- körperchen eines Tieres können nur mit dem Blute eines anderen verwandter Art gemischt werden, ohne aufgelöst zu werden. Deshalb ist die Transfusion von Tierblut auf Menschen stets von Mißerfolg begleitet, weil die Blutkörperchen des Tieres von dem menschlichen Serum aufgelöst werden. Mit Hilfe dieser Erfahrungen kann man den Verwandtschaftsgrad von Tieren ermitteln, wie er sich sonst nur aus morphologischen, anatomischen und ent- wickelungsgeschichtlichen Merkmalen herleiten ließ. Maus und Batte zeigten bei der Ver- mischung keine Blutunterschiede, dagegen wurden die Blutkörperchen des Meerschweinchens vom Kaninchen, und umgekehrt, gelöst, während Hase und Kaninchen Blutvermischung ge- statteten. Menschenblutserum, welches die Blutkörperchen von Aal, Frosch, Ringelnatter, Taube, Pferd, Rind usw. auflöst, zeigt ein entsprechendes Verhalten gegen die des Vari, eines Klammeraffen, des Balbuin, des Hutaffen, des gemeinen Makak und Schweinsaffen. Die Blutkörperchen vom Orangutan und Gibbon werden dagegen nicht gelöst. Der Mensch steht mithin zu diesen Anthropomorphen in demselben verwandtschaftlichen Verhältnis, wie die Maus zur Ratte, der Hund zu Fuchs und Wolf und der Hase zum Kaninchen. Kehren wir zur Tätigkeit der katalysierenden Stoffe der unorganischen Welt und der organischen Fermente zurück, so müssen wir zugeben, daß der Organismus nicht nur seine ungeheuren Oberflächen in den Geweben und kolloidalen Fermenten besitzt, weil er osmotische # Vorgänge braucht, sondern auch wegen der möglichst großen katalytischen Wirksamkeit solcher Oberflächen. Die vereinte Wirkung eines organischen und eines unorganischen Fermentes besitzt das manganhaltige Ferment des Lackbaumes, die Lakkase, sowie das Blattgrün und die Körperchen des Blutes, welche beide Eisen enthalten. Zur Erklärung der katalytischen Erscheinungen ist eine große Menge von Hypothesen aufgestellt worden. Die chemische Industrie hat die Errungenschaften der Wissenschaft auf e LXXII diesem Gebiete sich bereits dienstbar zu machen gewußt. Auch die organische und die physiologische Chemie wird hier bedeutend gefördert werden, bietet doch die Katalyse ein vorzügliches Forschungsmittel, um in das Verständnis des Verlaufes von feinen chemischen Vorgängen, wie sie sich im Tier- und Pflanzenkörper abspielen, tiefer einzudringen. Außer diesen 10 Ordentlichen Sitzungen und den sich daran anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche der Erledigung geschäftlicher Angelegen- heiten dienten, fanden noch 4 Versammlungen der Gesellschaft statt, in welchen vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen durch Lichtbilder illustrierte Vorträge gehalten wurden. Es sprachen: 1. Mittwoch, den 4. Februar, im Apollosaale, Herr Professor Di\Schellwien- Königsberg über: ,, Katastrophen in der Geschichte der Erde“. 2. Montag, den 2. März, im großen Saale des Schützenhauses, unser Ehren- mitglied Herr Dr. Sven von HEDiN-Stockholm über das Thema: „Drei Jahre in Ostturkestan und Tibet“. 3. Freitag, den 6. November, im großen Saale des Schützenhauses, Herr Dr. ßoRCHGREViNK-Christiania über das Thema: „In Nacht und Eis des Südpolarlandes“. 4. Mittwoch, den 2. Dezember, im Festsaale des Danziger Hofes, Herr Dr. WEGENER-Berlin über das Thema: „Meine Reise durch Martinique und Besteigung des Mont Pele am Tage seines grossen Ausbruches im März 1903“. LXXIII Übersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1003 behandelten Gegenstände. A. Allgemeines. 1. Der Direktor, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für das Jahr 1902 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sektionen vor; am 3. Januar. 2. Herr Pincus hält eine Gedächtnisrede auf Rudolph Virchow; am 3. Januar. 3. Herr Momber widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. Lampe, einen Nachruf; am 21. Januar. 4. Herr Momber widmet dem verstorbenen Ehrenmitgliede der Gesell- schaft, Geheimrat Dr. von Radde, warm empfundene Worte der Erinnerung; am 21. März. 5. Herr Momber beglückwünscht das Ehrenmitglied der Gesellschaft, Sanitätsrat Dr. Semon, zum 50jährigen Jubiläum als Mitglied der Natur- forschenden Gesellschaft; am 1. April. 6. Herr Bail macht verschiedene Mitteilungen allgemeinen Inhalts; am 6. Mai. B. Physik, Chemie und Technologie. 1. Vortrag des Herrn Miethe: „Über photomechanische Verfahren“, mit Demonstrationen; am 21. November. 2. Vortrag des Herrn Dahms: „Aus der Welt der kleinsten Körper“, mit Experimenten; am 16. Dezember. C. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 1. Vortrag des Herrn Dahms: „Beobachtungen und Betrachtungen an Danzigs Ostseeküste“, mit Demonstrationen und Experimenten; am 25. Februar. 2. Vortrag des Herrn Jentzsch: „Dünenbildungen“, mit Demonstrationen und Lichtbildern; am 1. April. LXXIV 3. Yortrag des Herrn Pompecki: „Die Juragescbiebe Westpreußens und ihre Bedeutung für die Jura- geographie“, mit Demonstrationen; am 19. August. D. Botanik und Zoologie. 1. Vortrag des Herrn Lakowitz: „Kunstformen der Natur“, mit Lichtbildern; am 21. März. 2. Vortrag des Herrn Sonntag: „Die Pflanze eine Baumeisterin“, mit Demonstrationen ; am 14. Oktober. E. Anthropologie und Ethnologie. 1. Herr Kumm berichtet über neue Funde zur Vorgeschichte Westpreußens, mit Demonstrationen; am 3. Januar. 2. Herr Kumm macht Mitteilungen aus der Vorgeschichte Westpreußens, mit Demonstrationen; am 21. Januar. F. Medizin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Petruschky: „Eine neue einfache Methode zur bakteriologischen Bestimmung des Verunreinigungsgrades von Trink- und Fluß wässern“, mit Demonstrationen; am 21. Januar. 2. Herr Szpitter demonstriert einen seltenen Fall von Schußverletzung des Auges; am 14. Oktober. LXXV Bericht über die Sitzungen der Sektion liix* Physik vincl Ohexxiie im Jahre 1903. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EYERS. Uie Sektion für Physik und Chemie hat im Jahre 1903 zwei Sitzungen abgehalten. In der ersten, am 26. Januar, gedachte der Vorsitzende zunächst zweier verstorbener Mitglieder, die sich um die Sektion ganz besondere Verdienste erworben haben, des Herrn Professor Dr. Lampe, ihres ersten Vorsitzenden, und des Herrn Stadtrat Dr. Helm, der 25 Jahre lang das Amt des stellver- tretenden Vorsitzenden verwaltet hat; ihrem Andenken wurde durch Erheben von den Sitzen eine Ehrung dargebracht. Derselbe zeigte dann einen in der Werkstatt der Gesellschaft hergestellten, nach den Angaben von Weinhold in der Elektrotechnischen Zeitschrift, 22. Jahrgang, in der Form eines syn- chronen Wechselstrommotors gebauten Drehspiegel vor. Zuletzt zeigte er, wie man bei Anbringung eines zwei- und eines vierteiligen Kommutators an einer Dynamomaschine mit Hilfe der BRAUN^schen Kathodenstrahlröhre und eines Drehspiegels die Entstehung des Gleichstroms der Maschine aus der Wechsel- stromurform anschaulich demonstrieren kann. Am 4. Dezember sprach der Vorsitzende über die Theorie der elektrischen Schwingungen und ihre Anwendung in der drahtlosen Telegraphie, wobei er die Systeme von Braun und von Slaby besonders hervorhob. Außerdem beschloß in dieser Sitzung die Sektion, beim Vorstande der Gesellschaft die Einstellung von Geldmitteln zur Beschaffung physikalischer Apparate in den nächstjährigen Etat zu beantragen. LXXYI Bericht über die Sitzung*©!! der Medizinischen Sektion im Jahre 1903. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Sanitätsrat Dr. TOßNWALDT. 1. Sitzung am 8. Januar. 1. Herr Jelski: Die Begründung eines Säuglingsheims. 2. Sitzung am 22. Januar. 1. Herr Schroeter: Vorstellung eines Falles TALMA’scher Operation mit An- nähung des Netzes an die Parietalwand. 2. Herr S. Meyer: Vorstellung eines Falles von Paralysis agitans. 3. Herr A. Berent: Vorstellung eines Falles von einseitiger Granulöse. 4. Herr Panecki: Praktische Neuheiten aus der kleinen Gynäkologie (Aus- bürstung des Uterus u. a. m.). 5. Herr Lohsse: Über Zwerchfellhernien, mit Demonstrationen. 6. Herr Semon II: Demonstration von Abort-Präparaten. 3. Sitzung am 12. Februar. 1. Herr Philipp: Vorstellung eines Falles von Elephantiasis. 2. Derselbe: Vorstellung eines Falles von Aneurysma der Arteria ileofemoralis. 4. Sitzung am 26. Februar. 1. Herr Schroeter: Vorstellung zweier Fälle von operiertem Bezidiv von Leber -Echinococcus. 2. Derselbe: Demonstration uniloculärer Echinococcus-Blasen des Peritonaeums. 3. Herr Berent: Vorstellung eines operierten Granulosefalles. 4. Herr Th. Wallenberg: a) Vorstellung eines Falles von Dermatitis pig- mentosa, b) Eisensplitter-Extraktion aus dem Auge mittelst Magneten, c) Präparate von Iristuberkulose. LXXVII 5. Sitzung am 12. März. 1. Herr Schroeter: a) Vorstellung eines Falles von Oberkiefer-Resektion wegen Karzinom, b) Tumor des Oberkiefers. 2. Herr Glaeser: a) Vorstellung eines geheilten Falles von Prolapsus uteri, b) Die Prognose des Uterus-Sarkoms, c) Moderne Heilbestrebungen beim Uterus-Karzinom. 6. Sitzung am 2. April. 1. Herr Vorderbrügge: Demonstration eines Falles von operierter Extrauterin- Gravidität. 2. Herr Lohsse: Vorstellung eines Falles von spontaner Herzruptur nach Erkrankung der Wandung des linken Ventrikels. 7. Sitzung am 30. April. 1. Herr Pusch: Uber idiopathische tiefsitzende spindelförmige Ektasie des Oesophagus (mit Krankenvorstellung). 2. Herr Seyffarth: Über teratoide Geschwülste der Kreuzbeingegend (mit Präparaten). 8. Sitzung am 29. Oktober. 1. Herr Glaeser: Vorstellung einer Patientin mit Prolapsus uteri von unge. wohnlicher Größe. 2. Herr Lohsse: Ergänzende Mitteilung zu dem am 2. April vorgestellten Fall von spontaner Herzruptur. 3. Herr Barth: Über Lungenabsceß und dessen operative Behandlung (mit Krankenvorstellung). 4. Herr Ad. Wallenberg: Über Balkentumoren. 9. Sitzung am 12. November. 1. Herr Barth: Vorstellung eines Falls von Heilung einer großen Wundfläche durch Transplantation von Haut. 2. Herr Vorderbrügge: Über die Heilungsbestrebungen bei angeborner Hüft- gelenksluxation (mit Krankenvorstellung). 3. Herr Stangenberg: Vorstellung eines Falles von Reflex-Epilepsie. 4. Herr Th. Wallenberg: a) Vorstellung eines Falles von Trombose der Vena centralis retinae, b) Augenverletzung durch Eisensplitter mit sektorenförmiger Gesichtsfeldbeschränkung. 5. Herr Glaeser: Madrider Kongreß-Reisebericht. 10. Sitzung am 26. November. 1. Herr Ad. Schulz: Über Radikaloperationen im Bereiche des Ohres (STOCKE’sche Operation). LXXVIII 11. Sitzung am 17. Dezember. 1. Herr Th. Wallenberg: a) Über Siderosis bulbi mit Besprechung der Methoden zur Lokalisation der Eisensplitter im Auge, b) Bericht über drei Fälle von Choroideal-Sarkom. Fortbildungs-Kurse. Januar bis April. Herr Dr. Freymuth: Über Neurosen. Herr Dr. Ad. Wallenberg: Über topische Diagnostik der Nervenkrankheiten. Herr Dr. Petruschky: Schulhygiene. Während der Sommmermonate für die Arzte der Provinz: Herr Professor Dr. Barth: Chirurgie. Herr Dr. Glaeser: Geburtshilflicher Operationskurs. Herr Dr. Helmboldt: Opthalmologie. Herr Dr. Neumann: Kinderkrankheiten und Orthopädie. Herr Dr. Petruschky: Bakteriologie. Herr Dr. Schourp: Haut- und Geschlechtskrankheiten. Herr Dr. Semon II: Gynäkologie. Herr Professor Dr. Valentini: Innere Medizin. LXXiX Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1903. Erstattet von dem stellvertretenden Vorsitzenden desselben, Regierungs- und Baurat FAHL. In Fortsetzung der Gewässeruntersuchungen wurden in Westpreußen fol- gende Seen neu untersucht: Der Weiße See und der Schwarze See bei Pomietschiner Hütte (Kr. Kar- thaus), der Neu Grabauer See (Kr. Berent), der Zengersee, Starsener See, Deeper See, Dumensee und Darsener See (Kr. Schlochau), der Espenkruger See und der Wittstocker See (Kr. Neustadt), der Zempelburger See (Kr. Flatow), der Occipelsee, Zdroinosee' und Iwitzeksee (Kr. Pr. Stargard), die Lontkiseen t und der Rosenthaler See (Kr. Tuche!), der Hoch Zehrener See (Kr. Marienwerder) und der Hammermühler See (Kr. Dt. Krone). Außerdem wurden Untersuchungen in einer Anzahl von Seeen angestellt, deren Erforschung schon früher begonnen war. Auch die Untersuchungen in den fließenden Gewässern wurden fortgesetzt, namentlich in der Weichsel, der Leba, der Wengermutz, Stina, Kladau und dem Elbingflusse. Ferner wurden besondere Untersuchungen über die Lebens- verhältnisse des Krebses, sowie über die Lebensbedingungen in Moorgewässern angestellt. Die Veröffentlichungen über die Biologie der Westpreußischen Gewässer wurden fortgesetzt. Der Verein beteiligte sich an der von der Kaiserlich Russischen Akkli- matisationsgesellschaft in Moskau veranstalteten Hydrobiologischen Ausstellung im März 1903, sowie an einer Lehrmittelausstellung, welche der Westpreußische Botanisch-Zoologische Verein im Juni in Danzig veranstaltete. LXXX Bericht über die Sitzungen der Sektion iür Gresunclheitspflege im Jahre 1903. Erstattet von dem Schriftführer derselben, Stadtarzt Dr. PETRUSCHKY. lJer Verein hat im verflossenen Geschäftsjahr sechs Sitzungen abgehalten, darunter die Generalversammlung, eine öffentliche Versammlung vor größerem Publikum und vier ordentliche Sitzungen. In der Generalversammlung wurde der bisherige Vorstand, bestehend aus den Herren Borntraeger, Neumann, Petruschky, Preusse und Knochen- hauer wiedergewählt. Durch die Versetzung des Herrn Regierungs- und Medizinalrats Dr. Born- traeger verlor der Verein im Verlaufe des Sommers seinen Begründer und ersten Vorsitzenden. Derselbe ist vom Verein einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt worden. In den Sitzungen wurden folgende wissenschaftlichen Vorträge gehalten: Am 9. Februar, Herr Dr. Jelski: Über die Bedeutung der Säuglingsheime. (Öffentlich). Am 2. März, Herr Dr. Petruschky: Die wichtigsten Reinigungsverfahren für städtische Abwässer. Am 21. April, Herr Dr. Pusch: Die staatliche Überwachung von Privat- Kur- und Irren-Anstalten. Am 5. November, Herr Medizinal-Assessor Hildebrandt: Aus der Praxis des Nahrungsmittelchemikers. Im Oktober fand eine Sitzung zur Regelung geschäftlicher Angelegen- heiten statt, in welcher eine wesentliche Erweiterung des Vereins und seine Ausdehnung auf Westpreußen prinzipiell beschlossen wurde. Im weiteren Verfolg dieses Beschlusses fand eine Sitzung eines besonderen Ausschusses statt, zu welcher Einladungen an Vertreter weiterer Kreise er- LXXXI gangen waren. In dieser wurde der korporative Beitritt einer Anzahl hiesiger Vereine in Aussicht gestellt. Sr. Exzellenz dem Herrn Ober-Präsidenten Delbrück ist das Ehrenpräsidium des Vereins angetragen und von ihm bereitwilligst angenommen worden. Die Mitgliederzahl des Vereins ist durch Ausscheiden von drei Mit- gliedern und Aufnahme von sieben neuen Mitgliedern um vier vermehrt worden. Sie beträgt gegenwärtig 60 Mitglieder. 6 LXXXII Verzeichnis der in den Jahren 1902 und 1903 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. L Durch Tausch gingen ein: Nord=Amerika. Baltimore. Johns Hopkins university circulars vol. XXI N. 155. 1902; vol. XXII N. 161. 1903. Maryland geological survey vol. IV 1902; Garrett County & Cecil County and 2 Maps 1902. Berkeley. University of California publications. Zoology vol. I pp. 1 — 104. 1902. Boston. Proceedings of tlie american academy of arts and Sciences, vol. XXXVII N. 4 — 22/23. vol. XXXVIII N. 1—19. 22—25. Contributions from the zoological laboratory of tlie university of Pennsylvania 1902. Society of natural liistory: 1) Proceedings vol. 29 N. 15 — 18; vol. 30 N. 1, 2, 4 — 7. vol. 31 N. 1. 2) Occasional papers VI. 1901. 3) Memoirs vol. 5, 8, 9. Brooklyn. Tlie museum of tlie Institution of arts and Sciences vol. 1. N. 2, 3. 1902. Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College: 1) Bulletin vol. XXXIX N. 2—8; vol. XL N. 1—7; vol. XLI N. 1, Geological - series vol. V N. 5 — 8; VI, N. 1 — 4. 2) Memoirs vol. XXVI N. 1—4; vol. XXVII N. 1, 2; vol. XXVIII Text; vol. XXIX pl. 1—3. 3) Annual report for 1901 — 1902. Cliapel Hill. Journal of the Elisha Mitchell scientific society. Vol. XVIII p. 1, 2; vol. XIX, p. 1, 2. Chicago. The John Crerar library 7 annual report for 1901, 8 annual report for 1902. Academy of Sciences. Bulletin vol. II Nro. III. 1900 und Bulletin IV part I. of the nat. history survey. 1900. Cincinnati. Bulletin of the Lloyd library of botany, pharmacy and materia medica. 1) Mycological series N. 1, 2. 2) Pharmacy series N. 1. 3) Mycological notes by C. G. Lloyd, N. 5 — 8, 9. 1901. Davenport. Proceedings of the Davenport academy of Sciences. Vol. VIII. 1901. Halifax. Proceedings and transactions of the Nova scotia institute of Science. Vol. X p. 3, 4. 1902. Leon. Boletin mensual del observatorio meteorologico. Nov. Dec. 1901. Enero Feb., Marz, Abril, Junio, Julio, Agosto, Oct. Nov. Dez. 1902. Enero — Octubre 1903. Madison. Publications of the Washburn observatory of the university of Wisconsin. Vol. X, part. 2. 1901. vol. XI. Wisconsin geological & natur. hist, survey. Bulletin 8. 1902. LXXXIII Mexico. Observatorio astronomico nacional: Trabajos del estable cimento Julio 1899 — Dec. 1901. Memorias y revista di la sociedad cientifica „ANT0NI° Alzate“. T. XIII N. 3/4, 5/6; T. XY N. 11/12; T. XYI N. 1—5/6, 1901, T. XYII N. 1—6; T. XYIII N. 1, 2. T. XIX N. 1. 1902. Boletin del instituto geologico de Mexico. Num. 15. 1901. 16. 1902. Boletin mensual del observatorio raeteorologico central. 1901 Julio — Octob. Diciembre 1902. Febrero. Minnesota. Zoolog, ser. N. IY of the reports of tlie geolog. & nat. bist, survey. The collembola. Missomla (Montana). Bulletin of the university N. 3. Biological series Nro. 1. 1901. N. 10. Biolog. s. Nro. 3. 1902. N. 17 Geolog, ser. Nro. 1. 1903. New Haven. Transactions of the Connecticut academy. Yol. XI, p. I. 1901/3. New York. Annuals of the New York academy of Sciences. Yol. XIY part. I, II. Ottawa. Geological survey of Canada: 1) General iudex to the reports of progress 1863 — 1884. 2) Contributions to Canadian palaeontology. Yol. II p. II, 1900, 1902, vol. III. vol. IY. p. II. 1902. 3) Catalogue of the marine invertebrata of Eastern Canada. 4) Annual report and maps. Yol. XII. 5) Catalogue of Canadian birds p. II. 1903. Philadelphia. Proceedings of the academy- of natural Sciences. Yol. IY. p. 3. vol. LIII. 2, 3. 1901. LIY p. 1. 3. vol. LY. p. 1. Portland. Maine. Proceedings of the Portland society of natural history. Yol. II part. 5. 1901. Bochester. Proceedings of the Rochester academy of Science. Yol. 4. pp. 65 — 136. 1901/3. St. Louis. Transactions of the academy of Science. Yol. X N. 9 — 11; vol. XI N. 1 — 11; XII 1—4. 1901. Missouri botanical garden 13. annual report 1902. Tacubaya. Anuario del observatorio astronomico nacional; anno 1902 XXII. Mexico 1901; anno 1903 XXIII. Mexico 1902. Toronto. Transactions of the Canadian institute. Yol. YII, p. 2 and proceedings vol. II, p. 5. Tufts College Mass. Studies No. 7. 1902. Washington. U.-S. naval observatory: 1) Publications II Ser. Yol. II 1902, vol. III 1903. 2) Report of the Superintendent 30. June 1901 & 1902. Proceedings of the Americ, academy of arts and sc. Yol. 38, 20/21,26.1903, vol. 39,1 — 3. Smithsonian Institution : 1) Miscellaneous collections 14, 74, 1312 — 14. Yol. XLII. XLIII. 2) Miscellaneous collections 1372 (The internacional exchange Service) 1902. 3) Miscellaneous collections 1376 (List of publicat. 1846). 1903. 4) Annual report of the board of regents for 1901. 5) Annual report for 1900 and report of the U.-S. National Museum and N. 1259 (List of observatories). 6) Proceedings of the U.-S. National Museum. Yol. XXII. 1900, vol. XXIII, XXIY, XXY. 7) Bulletin of the U.-S. National Museum N. 39. 50. 51. 52. 8) Contributions to knowledge 1309. 1373. Hodgkins fund. Memoirs of the national academy of Sciences, Yol. YIII 5, 6. 1898. 1902. Department of the interior, U.-S. Geological survey: 1) Bulletin N. 177—207. 2) 21 annual report 1899—1900 part. II— IY (with maps) YII. 1900/1. 22 p. 1—4. 1901/2. 23. 6* LXXXIV 3) Mineral resourees of the United states 1900, 1901. 4) Reconnaissances in tlie Cape Nome and Norton bay regions, Alaska, in 1900. 5) The geological and mineral resourees of a portion of the copper river district, Alaska (Schräder and Spencer) 1901. 6) Geological map of daminion of Canada (Western swet) N. 783. 7) Monographs. Yol. XLI, XLII, XLIII. 1902. 1903. 8) Professional paper N. 1 — 8. 1902. 9) List of publications N. 2, 3. 10) Water-Supply. Paper 65—79. 1902/3. U.-S. department of agriculture: 1) North american fauna No. 22. 1902. 2) Yearbook. 1901. 3) Weather bureau: Bulletin 1. 1902. 4) Division of publications N. 472. 473. Süd=Amerika. Buenos- Aires. Direccion general de Estadistica de la provincia de Buenos Aires Anno III, 26—28. Anno I N. 4, 5; Anno II N. 6, 11—14. Anno IV N. 29—36. Boletin de la academia nacional de ciencias en Cordoba. T. XYII entrega 1, 2, 3. 1902. La PI ata. Revista del museo de La Plata. T. X. 1902. Montevideo. Anales del museo nacional deMontevideo. TomoIY, entrega 1901/2. p.Ia, Ha. 1903. Anales (Flora Uruguaya). Tomo II (p. I + XLIII — 1—160). 1903. Rio de J aneiro. 1) Boletin mensual do observatorio do Rio de Janeiro. 1902 Jan. — 1903 Marco. 2) Annuario XIX publ. p. observatorio 1903. 3) Archives do museo nacional. Yol. X 1899 u. vol. XI. 1901. St. Paulo. Revista do museo Paulista. Yol. Y. 1902. Asien. Calcutta. Proceedings of the asiatic society of Bengal. 1901. N. IX— XI; 1902, N. I— XI; 1903, I— Y. Tokyo. Mitteilungen aus d. medizin. Fakultät der Univers. Bd. Y, No. 2 — 4, 1901 u. 1902, Bd. VI No. 1. 1903. Mitteilungen d. deutsch Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Bd. VIII Teil 3; Bd. IX, Teil 1, 2, 3. 1902, 1903. Dazu Supplement: Geschichte des Christentums in Japan; außerdem Festschrift zur Erinnerung an das 25jährige Stiftungsfest. 29. X, 1898. Tokyo 1902. Belgien. Brüssel. Academie royale de Belgique: 1) Bulletin de la classe des Sciences 1901, 1902, No. 2 — 12. 1903, No. 1—9/10 2) Annuaire. 1902. (68. annee). 1903. (69. annee). 3) Memoires. T. LIY. fase. 1-5. 1900—1901. 4) Mem. cour. et mem. des savants etrangers. T. LIX, fase. 1 — 4, T. LX; LXI; LXII, fase. 1-4. 1902/3. 5) Mem. cour. et autres mem. collect in 8. T. LYI, LXI, LXII, 1—3. 1902. LXIII, fase. 1—7. Societe entomologique de Belgique: 1) Memoires IX. 1902. 2) Annales T. XLYI. 1902. Liege. Bulletin de la societe geologique de Belgique. T. XXIX. 1901/2. LXXXV Dänemark. Kopenhagen. D. k. danske videnskabernes selskabs: 1) forhandlingar 1901 N. 6, 1902 N. 1-6; 1903 N. 1-5. 2) skrifters. 6. R. naturv. Afd. IX, 8; X, 3, 4; XI, 2-6; XII, 1-3 1901/1902, 1903. Det kg. nordiske oldskrift selskab. (soc. roy. des antiquaires du nord). 1) Memoires Nouv. serie 1900—1901, 1902. 2) Aarber for nordisk oldkyndighed og historie 1901. II Räkke, 16 og 17 Bind. 3) Nordiske fortidsminder. 4.-6. Hefte 1903. Botanisk tidsskrift udgivet af den botaniske forening 24. Bd. 3. H. 1902, 25. Bd. H. 1 — 3. Deutschland. Aachen. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1901, Jahrgang VII, 1902. Alten bürg, S.-A. Mitteilungen aus dem Osterlande (Naturforsch. Gesellsch.). N. F. X. Bd. Augsburg. 35. Bericht des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben u. Neuburg. 1902. Berlin. Akademie der Wissenschaften: 1) Abhandlungen aus den Jahren 1901 und 1902. 2) Sitzungsberichte XXXIX— LIII. 1901. 1902 I— XLIII. 1903 I— XL. Deutsche entomologische Gesellschaft, Zeitschrift. Jahrg.1901, Heft 2; 1902, Heft 1, 2. 1903, Heft 1, 2. Kgl. geolog. Landesanstalt u. Bergakademie: 1) Lief. 87, 94, 96, 97. 98, 102, 104, 105, 111 und 116 der geolog. Spezialkarte von Preußen mit Erläuterungen. 2) Abhandlungen. N. F. H. 31, 35 — 38. Berlin 1900/1901. H. 18 u. 24 mit Atlanten. 3) Bericht über die Tätigkeit der geolog. Landesanstalt i. J. 1901 u. 1902 und Arbeitsplan für 1902 und 1903. 4) Jahrbuch für das Jahr 1900 u. 1901. Bd. XXII. für d. J. 1902. Bd. XXIII, 1 u. 2. 5) Abbildungen und Beschreibungen fossiler Pflanzen-Reste. Lfg. 1. 1903. Kgl. preuß. meteorologisches Institut: 1) Abhandlungen Bd. IT. N. 1. 1901. 2) Ergebnisse der meteorolog. Beobachtungen in Potsdam i. J. 1899, 1900. 3) Ergebnisse der magnetischen Beobachtungen in Potsdam i. J. 1900. 4) Deutsches meteorol. Jahrbuch für 1901. Preußen, Heft 1, 2 für 1902, H. 1 u. 2. 5) Ergebnisse der Niederschlags-Beobachtungen. 1897 — 1900. 6) Hellmann, Regenkarte d. Prov. Sachsen, Schleswig -Holstein, Hannover, Westfalen, Hessen-Nassau, Rheinland, Hohenzollern u. Oberhessen. 7) Ergebnisse der Beobachtungen an den Stationen II. u. III. Ord. i. J. 1897, 1898, Heft III. 8) Ergebnisse der Arbeiten am aeronautischen Observatorium in den Jahren 1900 u. 1901. 9) Bericht über die Tätigkeit des Instituts i. J. 1901 u. 1902. 10) Süring, Ergebnisse der Gewitterbeobachtungen i. J. 1898—1900. 11) Bericht des internationalen meteorolog. Komitees. Versammlg. z. St. Peters- burg 1899. Der Roland, Wochenschrift für Heimatkunde No. 50. Sitzungsberichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde, Jahrgang 1901 u. 1902. Verhandlungen d. botan. Vereins d. Prov. Brandenburg. 44. Jahrg. 1902. Verhandlungen der deutschen physikalischen Gesellschaft i. J. 1902. Jahrgang V. N. 1—3. 1903. % Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Bd. 19 u. 20. LXXXVI Bonn. Sitzungsber. d. niederrliein. Gesellschaft f. Natur- u. Heilkunde, 1901 I. u. II. Hälfte, 1902 I. u. II. Hälfte. Verhandlungen des naturhistor. Vereins der preuß. Rheinlande etc. 58. Jahrg., I. u. II. Hälfte. 59. Jahrg., I. u. II. Hälfte 1902, 1903. Braun schweig. 12. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft für 1899/1900 und 1900/1901. Bremen. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1901, Jahrgang XII u. 1902, Jhrg. XIII. Abhandlungen, herausgegeben vom Naturwissenschaft! Verein. XVII. Bd., 2. H., 1903. Breslau. Verein für das Museum schlesischer Altertümer: Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. N. F. II. Bd. 1902. 79. u. 80. Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft f. vaterländische Kultur in den Jahren 1901 u. 1902. Kgl. Oberbergamt: Produktion der Bergwerke, Salinen u. Hütten des preußischen Staats i. J. 1901. Verein für schlesische Insektenkunde. Zeitschrift f. Entomologie. N. F. 27. H. 1902, 28. H. 1903. Mitteilungen der Kgl. Universitätssternwarte. II. Bd. 1903. Danzig. Westpreußischer Fischerei verein : 1) Die Fischgewässer der Provinz Westpreußen (Seligo). 2) Mitteilungen Bd. XIV N. 1—4. XV, 1—4. XXII. u. XXIII. amtlicher Bericht über die Verwaltung der Sammlungen des Provinzial-Museums für 1901 u. 1902. Abhandlungen zur Landeskunde d. Prov. Westpreußen. H. 12. 1903. Bericht d. Provinzial-Kommission f.d. Verwaltung d.Westpr. Provinzial-Museums. 1902. Darm stadt. Notizblatt des Vereins fiir Erdkunde u. d. großh. geologischen Landesanstalt. IV. Folge, H. 22 u. 23. 1901 u. 1902. Dresden. Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Sitzungsperiode 1900 — 1901. Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft „Isis“. Juli — Dez. 1901, Jan. — Dez. 1902. K. sächsische Gesellschaft für Botanik u. Gartenbau „Flora“. 6. Jhrg. d. N. F. 1901/2. Dürkheim. Mitteilungen der Pollichia, naturwiss. Vereins der Rheinpfalz. No. 15, 16, 17 (LIX. Jahrg.) 1902. Ebers walde. K. preuß. Forstakademie: Bericht über die Untersuchung der Einwirkung des Waldes etc. Neudamm 1903. Elberfeld. Jahresbericht des naturwissenschaftl. Vereins. 10. H. 1903. Emden. 86. u. 87. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1900/01, 1901/02. Erfurt. Jahrbücher der k. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften. N. F. H. XXVIII. 1902, XXIX. 1903. Erlangen. Sitzungsberichte der physikalisch-medizinischen Sozietät. 33. H. 1901, 34. H. 1902. Frankfurt a. M. Bericht (1902) und Abhandlungen, herausgegeb. v. d. SENCKENBERGischen Naturforschenden Gesellschaft. 20. Bd. 3. 4. H., 25. Bd. 3. 4. H., 26. Bd. 4. H„ 27. Bd. 1. Heft 1902, 1903. Die periodischen Schriften der SENCKENBERGischen Bibliothek. 1903. Jahresbericht des Physikalischen Vereins für 1900/01, 1901/02. Frankfurt a. 0. Helios, Abhandlungen und Mitteilungen aus dem Gesamtgebiet der Natur- wissenschaften (Naturwiss. Verein). 19. Bd. 1902, 20. Bd. 1903. Freiburg. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft. 12. u. 13. Bd. Fulda. Zweites Ergänzungsheft des Vereins für Naturkunde. 1901. Giessen. 33. Bericht der oberhessischen Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde. 1899 — 1902. LXXXVII Görlitz. Jahreshefte der Gesellschaft für Anthropologie n. Urgeschichte. 5. Heft 1902. Neues Lausitzisches Magazin. 78. Bd. (Oberlaus. Ges. der Wissenschaften). 1902. Dazu Codex diplomaticus Lusatiae superioris. II. Bd. II. H. 3. GÖttingen. Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften: Nachrichten; Math.-phys. Kl. 1901 Heft 2—3, 1902 Heft 1 — 6, 1903 Heft 1 — 5. Geschäftliche Mitteilungen 1901 Heft 2, 1902 Heft 1, 2, 1903 Heft 1. Greifswald. Mitteilungen aus dem Verein für Neu-Vorp ommern u. Rügen. 33. u. 34. Jahrg. Kgl. Univers.-Bibliothek : 88 Dissert. der medizin. u. naturwissenschaftl. Fakultät. 1903. Greiz. Abhandlungen und Berichte des Vereins der Naturfreunde. IV. 1902. Guben. Niederlausitzer Mitteilungen. Zeitschrift der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthro- pologie und Altertumskunde. VII. Bd., 1. — 7./8. Heft. 1902, 1903. Güstrow. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 55. und 56. Jahrg. 1901—1902. 57. Jahrg. 1903, Abtlg. I. Halle. Jahresschrift für Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder. Herausgegeben vom Provinzial-Museum. 1. u. 2. Bd. 1902, 1903. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde. 1902, 1903. „Leopoldina“, amtliches Organ d. Kais. Leopold. -Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher. Heft 38 u. 39. Hamburg. Verhandlungen des Naturwissenschaftl. Vereins in Hamburg. 1879. N. Folge IV. 1901. N. F. IX. 1902. N. F. X. ü. Abhdlgn. Bd. XVII. 1902. Bd. XVIII. 1903 Deutsche Seewarte: 1) Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. 30. Jahrg. 2) Ergebnisse der meteorolog. Beobachtungen an 10 Stationen II. Ord. und an 50 Sturmwarnungsstellen. Jahrg. XXIII. 1901. 3) 24. Jahresbericht über die Tätigkeit der deutschen Seewarte für 1901. 4) Aus dem Archiv der deutschen Seewarte. XXIV. Jahrg. 1901. XXV. Jahrg. 1902. 5) IV. Nachtrag z. Katalog der Bibliothek der deutschen Seewarte. 1901/02. 6) Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. Heft XI. Ostafrika 1902. 7) Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1901. Beobachtungssystem d. See- warte. XXIV. Jahrg. Mitteilungen der mathematischen Gesellschaft. Bd. IV, Heft 2 u. 3. 1902, 1903. Bd. III, Heft 1 u. 2. 1891/2. Heft 10. 1900. Festschrift, herausgegeben von d. mathem. Gesellschaft, anläßlich des 200jährigen Jubelfestes 1890. I. u. II. Teil. Mitteilungen aus dem naturhistorischen Museum. XIX. Jahrg. Hanau. I. Nachtrag z. Katalog d. Bibliothek d. Wetteraui sehen Gesellsch. f. Naturk. 1902. Heidelberg. Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereins. N. F. 7. Bd. 1. und 2. Heft. 1902. Hildesheim. Mitteilungen aus dem ROEMER-Museum No. 14 — 16. 1902. Jena. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft (Medizinisch-naturwissensch. Gesellschaft). 36. Bd. Heft 3—4 und 37. Bd. N. F, 30. Bd. Heft 1—4. 1902. 38. Bd. N. F. 31. Bd. Heft 1—2. 1903. Insterburg. Jahresbericht der Altertumsgesellschaft für 1901. Katalog zur Bibliothek 1903. Jahresbericht für 1902. Zeitschrift der Altertumsgesellschaft. H. 8. 1903. Karlsruhe. Verhandlungen des Naturwissenschaftl. Vereins. 15. Bd. 1901/02. 16. Bd. 1902/3. Kassel. Abhandlungen u. Bericht XLVII des Vereins für Naturkunde. 66. Vereinsjahr. 1901/2. Kiel. Mitteilungen des Anthropologischen Vereins in Schleswig-Holstein. 15. u. 16. Heft. 1902, 1903. Schriften des naturwissenschaftl. Vereins f. Schleswig-Holstein. Bd. 12. H. 2. 1902. Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen, herausgegeb. von d. Kommission zur wissen- schaftl. Untersuchung der deutschen Meere etc. N. F. 7. u. 8. Bd. Abtlg. Kiel 1903. LXXXVIII Königsberg. Schriften der physikal.-ökonomisch. Gesellschaft. 42. Jahrg. 1901. 42. Jahrg. 1902. Oberländische Geschichtsblätter. Heft Y. 1903. Flora von Ost- und Westpreußen, herausgegeben vom preuß. botanischen Verein. 1. 2. Hälfte. I. Teil. 1903. Landsberg a. W. Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark. H. 14 u. 15. 1903. Leipzig. Berichte über die Verhandlungen der k. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Math.-phys. Klasse. 53. Bd. IV, V, VI. 1901. 54. Bd. III, IV, V und Sonderheft 1902. 55. Bd. No. 1-7. 1903. Jahresbericht der Fürstl. JABLONOWSKi’schen Gesellschaft. März 1903. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde. 1901. 1902. Zeitschrift f. wissenschaftl. Photographie, Photophysik u. Photochemie. l.Bd.l.H. 1903. Lübeck. Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums. 2. Reihe, Heft 16 u. 17. 1902. 1903. Magdeburg. Jahresbericht u. Abhandlungen des Naturwissenschaft! Vereins. 1900 — 1902. Marburg. Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissen- schaften. Jahrgänge 1901 u. 1902. Meißen. Mitteilungen aus den Sitzungen 1902/3 der naturwissen schaftl. Gesellschaft „Isis“. Mühlhausen. Oberländische Geschichtsblätter. Heft IV. Königsberg 1902. München. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsberichte der math.-phys. Kl. 1901. Heft IV. 1902. Polytechnischer Verein: Bayerisches Industrie- u. Gewerbeblatt. 1902. No. 1 — 31. Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde 1900 — 1901. München 1901. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie. XVII. 1901. Heft 1, 2. XVIII. 1902. Heft 1, 2. Sitzungsberichte der math.-phys. Klasse der Kgl. Akademie der Wissenschaften. 1902. Heft I, II, III. 1903. Heft 1—3. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften. 21. Bd. 3. Abteilung, 22. Bd. 1. Abtlg. und Akademie-Rede von C. v. Voit. 1902, Festrede von v. Zittel. 1902, Festrede von Knapp. 1903. III. Jahresbericht des ornithologischen Vereins (E. V.). 1901/2. Nürnberg. Festschrift zur Feier des 50 jährigen Bestehens des ärztlichen Vereins. 1852 — 1902. Germanisches Nationalmuseum : 1) Katalog der Gewerbesammlung. II. Teil. 1901. 2) Anzeiger. Jahrgang 1901. Heft 1 — 4. 1901. Jahrg. 1902. Heft 1 — 4. Naturhistorische Gesellschaft : 1) Abhandlungen. XIV. Bd. 1202. XV. Bd. H. 1. 2) Jahresbericht für 1900, 1902. Osnabrück. 15. Jahresbericht d. naturwissenschaftl. Vereins für 1901/02, 1903. Posen. Deutsche Gesellschaft für Kunst u. Wissenschaft. Naturwiss. Abteilung: Zeitschrift der Sektion für Botanik. VIII. Jahrg. 3. Heft. IX. Jahrg. 1. H. 2, 3. 1902. X. Jahrg. H. 1. Historische Gesellschaft für die Provinz Posen: 1) Zeitschrift. 16. Jahrg., 1. u. 2. Halbbd. ; 17. Jahrg., 1. u. 2. Halbbd., 1901, 1902. 2) Historische Monatsblätter. II. Jahrg. No. 4 — 12. III. Jahrg. No. 1 — 12. 1902. Regensburg. Berichte des naturwissenschaftlichen (früher zoolog. -mineralog.) Vereins. IX. Heft für 1901/02. Reichenbach i. Schl. 31. — 34. Jahresbericht der Philomathie. 1888 — 1902. Stettin. Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde: 1) Baltische Studien. N. F. Bd. V, VI. 2) Monatsblätter. 15. Jahrgang. 1901, 1902. No. 1 — 12. 3) Die Bau- u. Kunstdenkmäler des Reg.-Bez. Stettin (H.Lemcke) H. 5. .Stettin 1901. LXXX1X Entomologische Zeitung, lierausgegeben v. d. entomolog. Verein. 63. Jalirg. 1902. 64. Jalirg. H. 1 u. 2. 1903. Straßburg. Monatsberichte der Gesellschaft der Wissenschaften etc. im Unter-Elsaß. Bd. XXXV, H. 10; Bd. XXXVI, H 1—10. XXXVII. Bd. 1—6. 15 Dissertationen mathemat.-naturwiss. Inhaltes (Bibliothek der Universität). 1901. Ergebnisse d. meteorolog. Beobachtgn. i. Reichsland Elsaß-Lothringen i. J. 1898. 1899. Stuttgart. Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. 58. und 59. Jahrgang und Beilage (Literar. Verzeichnis). Thorn. Katalog der Bibliothek des KOPPERNIKUS-Vereins f. Wissenschaft u. Kunst. 1903. Ulm. Jahreshefte des Vereins für Mathematik u. Naturwissenschaften. 10. Jahrg. 1901. Wiesbaden. Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrg. 55. 1902. Jahrg. 56. 1903. Winterthur. Mitteilungen der naturwissenschaftl. Gesellschaft. IV. Heft. 1902. Wiirzburg. Physikalisch-medicinische Gesellschaft: 1) Sitzungsberichte. Jahrgang 1900, 1 — 5. 1902. No. 1 — 6. 2) Verhandlungen. N. F. Bd. XXXIV, 1—11. Bd. XXXV No. 1—8. Zwickau. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde für 1899, 1900. 1901. Zwickau 1901, 1902, 1903. Frankreich. Amiens. La societe Linneenne du nord de la France: 1) Memoires. T. X. 1899—1902. 2) Bulletin. T. XV. 323—332. Bordeaux. La societe des Sciences physiques et naturelles: 1) Memoires. 6. Ser. T. 1. 1901. T. II. 1. 1902. et appendice au t. II. 2) Proces-verbaux des seances. Annee 1900 — 1901. 1901/02. 3) Observations pluviometriques et thermometriques. 1900—1901. Cherbourg. Memoires de la societe nation. des Sciences natur. et mathem. T. XXXII. 1901/2. T. XXXIII. fase. 1. 1902. Lyon. Memoires de l’academie des Sciences etc. 3. Ser. T. 6. 1901. Annales de la societe d’agriculture Sciences et industrie. 7. Ser. T. 7, 8. 1901. Marseille. Annales de la faculte des Sciences. T. XII. T. XIII. Nancy. Bulletin des seances de la societe des Sciences et de la reunion biologique. Ser. III T. II fase. III, IV 1901, Tome III fase. I— IV. 1902. Tome IV fase. I, II. 1903. Nantes. Societe des Sciences naturelles de l’ouest de la France: 1) Bulletin. II. Serie T. I. 1—4 trim. 1901. T. II. 1—3/4 trim. 1902. T. III, 1 trim. 1903. 2) Table des matieres de la premiere. Serie T. I — X. 1891 — 1901. Paris. Journal de l’ecole polytechnique. II. Ser. 7 cah. 1902. Bulletin des publications nouvelles de la libraire Gauthier-Villars. 1903. 2, 3 trim. Rennes. Travaux scientifiques de Funiversite. T. I. fase. 1 — 3. 1902. Toulouse. Memoires de l’academie des Sciences inscriptions et belles lettres X. Serie T.1. 1901. Großbritannien. Belfast. Report and proceedings of the Belfast natural history and philosophical society for 1900/1901 & 1901/1902. Belfast and adjacent counties. 1902. Cambridge. Proceedings of the Cambridge philosophical society. Vol. XI, p. IV — VII. Vol. XII, p. I— III and Transactions. Vol. XIX, part. II. 1902. xc Dublin. The royal society: 1) The scientific transactions. Yol. YII (Ser. II), VIII, XIII— XYI. 1901, 1902. Yol. VIII, I. 1903. 2) The scientific proceedings. Yol. IX, part. 2, 3, 4. 1901. part. 5. 1903. 3) The economic proceedings. Yol. I, part. 2. 1899. part. 3. 1902. The royal irish society: 1) The transactions. Yol. XXXI, part. 12. 1901. Yol. XXXII. A. pt. II— YI, B. pt. I. 1902. C. pt. I. 1903. 2) The proceedings. Yol. XXIV. A. pt. 12. B. pt. 1—3. C. pt. 3. 3. Ser. Yol. YI. pt. 4. 1902. Edinburgh. Annals of the royal observatory. Yol. I. Glasgow 1902. The royal society: 1) Transactions. Yol. 50. p. I, II. Yol. 52. 1901/02. 2) Proceedings. Yol. 23. 1899/01. Glasgow. Transactions of the natural history society. Yol. Y. p. III. 1898/9. Yol. YI. p. I, II. 1899—1901. London. The royal society: 1) Reports of the Malaria committee. Ser. 6, 7, 8. 2) Proceedings. Yol. LXIX, N. 454—68. Yol. LXXI. N. 470—484. 3) Transactions. Ser. A. 197, 198, 201, 102. Ser. B. 194, 196. 4) Reports of the evolution committee. I. 1902. 5) y. Reykold, The sub. mechanics of the universe. 1903. 6) Reports of the sleeping sickness Commission. N. 1 — 4. 1903. The journal of the Linnean society. Botany yol. XXXI — XXXY. 1895 — 1901. Manchester. Memoirs and proceedings of the Manchester literary and philosophic. society 1901—1902. Yol. 46, part. II— YI. Yol. 47, part. I. 1902/03. Yol. 47. pt. 2-6. Holland, Amsterdam. K. Academie yan wetenschappen: 1) Yerslag van de gewone vergaderingen der wis-en natuurkundige afdeeling. 1901—1902. deel. X. 2) Verhandelingen. I. Sectie deel. VIII. N. 1 — 5. II. Sectie deel. VIII. N. 1 — 6; deel IX. N. 1—9. 1901—1903. 3) Jaarboek 1901, 1902. 4) Herdenking van het honderdrijftigjarig bestaan van de hollandsche maat- schappij der wetenschappen. 7. Juni 1902. 5) Knam, Catalog von Sternen. 1901. 6) Zittingsverslagen Afd. Naturkunde 1902/03. T. XI. Har lern. Archives neerlandaises des Sciences exactes et naturelles. Ser. II. T. YII. 1 — 5. livr. 1902. T. VIII. livr. 1—4. Archives du musee Teyler. Ser. II. vol. VIII. prem. partie. 1902. vol. VIII. 12, 13. 1902/03. Naturkundige Verhandlungen v. d. Holland. Maatschappij d. Wetensk. Derde Yerzmlg. deel. Y. Leiden. Universität. Neun Dissertationen. 1901, 1902. Tijdschrift der nederlandsche dierkundige vereeniging. 2. Ser. deel. YII. 2, 3, 4. VIII. 1. Sternwarte: 1) Yerslag von den Staat der sternwacht. 1900 — 1002. 2) Annalen. 8. Bd. 3) Katalog der Bibliothek. Suppl. 1892 — 1901. Rotterdam. Programme de la societe Batave de philosophie experimentale. 1902. XCI Italien. Bologna. Accademia delle scienze dell’istituto : 1) Memoire. Ser. V. T. VIII. fase. 1—4. 1900. 2) Rendiconto. Nnovo Ser. vol. IY. fase. 1 — 4. 1900. Catania. Accademia Gioenia di sicenze naturali: 1) Atti anno LXXYIII, LXXIX. 1901, 1902. Ser. IV, vol. XIV. Yol. XY. 2) Bollettino delle sedute. Fase. LXXI, LXXII, LXXIY— LXXYIII. 1902/03. Firenze. Biblioteca nazionale centrale. Bollettino 1902 & 1903. Mailand. Atti della societa italiana di scienze nat. et del innseo civico di storia naturale. Yol. XL, fase. 4, vol. XLI, fase. 1—4. 1902; vol. XLII, fase. 1—3. 1903. Neapel. Mitteilungen aus der zoologischen Station. 15. Bd. 3 u. 4. Heft. 1901. 16. Bd. 1.— 3. Heft. 1903. Padova. Atti della societa veneto trentina di scienze naturali. Ser. II, vol IY, fase. 2. Perugia. Annali della faccoltä di medicina di universitä. Ser. III, vol. II, fase. 1, 1902; vol. III, fase. 1, 1903. Pisa. Atti della societa Toscana di scienze naturali: 1) Processi verbali. Yol. XII, XIII. 1902, 1903. 2) Memorie. Yol. XVIII, XIX. Rom. Atti della reale accademia dei lincei. 1902 & 1903. Verona. Atti e memorie dell’ accademia d’agricoltura etc.: 1) Indici. Yol. 1—75. 1903. 2) Ser. IY. Yol. III. 1902/03. Luxemburg. Luxemburg. „Fauna“, Verein Luxemburger Naturfreunde. 11. Jahrg. 1901. 12. Jalirg. 1902. Österreich=Ungarn. Agram. Societas historico-naturalis croatica. XIII, 1 — 6. 1901. Brünn. Mährische Museumsgesellschaft: Zeitschrift des mährischen Landesmuseums. I. Bd., 1. u. 2. Heft. 1901. II. Bd., 1. u. 2. Heft. 1902. III. Bd. 1. u. 2. Heft. 1903. Verhandlungen des Naturforschenden Vereins. XXXIX. Bd. (1900). XIX. Bericht der meteorolog. Kommission des naturforsch. Vereins. (1899) 1901. Kgl. ungarische geologische Anstalt: 1) Jahresbericht für 1899. 2) Mitteilungen aus dem Jahrbuch. XIII. Bd., 4. Heft. 1902. Budapest. Bovartani lapok (Zeitschr. f. Insektenkunde). IV. kötet, 1 — 7. fiizet. 1902. YIII. kötet, 10 füzet, IX. kötet, fiiz. 1 — 2. X. kötet, fiiz. 1, 3, 4, 8, 9. Mathematikai es termeszettudomanyi ertesitö. XIX, 5; XX, 1 — 5; XXI, 1 — 4. Földtani közlöng. Zeitschrift der ungar. geologisch. Gesellschaft. XXXI, 10 — 12. 1901. XXXII, 1—9; XXXIII, 1-9. 1903 u. Generalregister zu XIII -XXX. 1903. Termeszetrajizi füzetek. Yol. XXV, 1 — 4. 1902. Mitteilungen aus d. Jahrbuche d. k. ungar. geolog. Anstalt. XIII, 5, 6. XIY, 1. 1902 Bovartani lapok. IY. kötet, 1. — 7. füzet. 1902. Mathematische und naturwissenschaftl. Berichte aus Ungarn. 17. Bd. für 1899. Leipzig 1902. 18. Bd. für 1900. Leipzig 1903. Rapport sur les travaux de l’academie hongroise des Sciences. 1901, 1902. Jahresbericht d. k. ung. geologischen Anstalt für 1900. 5. Nachtrag z. Katalog d. Bibliothek etc. der geolog. Anstalt 1897 — 1901. Annales historico-naturales Musei nationalis Hungarici. 1903. Yol. I, p. 1. Publikationen d. k. ung. geolog. Anstalt (v. Keleczinszky : die Mineralkohlen der Länder der ung. Krone). 1903. XCII Graz. Mitteilungen des Vereins der Ärzte. 38. Jalirg. 1901. 39. Jahrg. 1902. Mitteilungen d. Naturwissenscliaftl. Vereins für Steiermark. Jahrg. 1901. 1902, 39. H. Iglo. Jahrbuch des ungarischen Karpathenvereins. XXIX. Jahrg. 1902. XXX. 1903. Innsbruck. Berichte des naturwissenschaftl.-medizinischen Vereins 1901 — 1902. Kalocza Publikationen des HAYNALD-Observatoriums. VIII. Heft. Klagenfurt. Mitteilungen d. naturhist. Landesmuseums f. Kärnthen. 93. Jahrg. 1903. N. 1—4/5. Krakau. Rozprawy akademii umiejetnosci. Ser. II, T. XVIII, XIX; Ser.III, T.la, b. 1901 u. 1902. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1902 und 1903 Katalog II, 1—4. III, 1. Kremsmünster. Resultate aus den im Jahre 1902 auf der Sternwarte zu Kr. angestellten meteorologischen Beobachtungen. Wels 1903. Leipa. Mitteilungen des nordböhmischen Exkursionsklubs. 24. Jahrg., Heft 4. 1901. 25. Jahrg., Heft 1—4. 1902. 26. Jahrg., Heft 1—3. 1903. Linz. XXXI. u. XXXII. Jahresbericht d. Vereins für Naturkunde in Österreich ob der Enns. Museum Francisco-Carolinum. 59. u. 60. Jahresbericht. 1901/02. Prag. K. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften. Math.-naturwiss. Kl.: 1) Sitzungsberichte. 1901 und 1902. 2) Jahresbericht für 1901 und 1902. 3) Doppler, Über das farbige Licht der Doppelsterne etc. 1903. Sitzungsberichte des deutschen naturwiss. medizin. Vereins für Böhmen „Lotos“. Jahrg. 1901, 1902. K. k. Sternwarte: 1) Magnetische und meteorologische Beobachtungen im Jahre 1901. (62. Jahrg.), 1902. (63. Jahrg.). 2) Weinek, Definitive Resultate aus den Prager Polhölienmessungen v. 1889 — 92, 1895—99. 1903. 54. Bericht d. Lese- u. Redehalle der deutschen Studenten über 1902. Bulletin internat. de l’acad. des Sciences de Boheme. 1903. Preßburg. Verhandlungen des Vereins für Natur- u. Heilkunde. N. F. XIII. Bd. Jahrg. 1901. XIV. Bd. 23. 1902. Reich enberg. Mitteilungen aus d. Verein der Naturfreunde. 33. u. 34. Jahrg. 1902, 1903. Trenczen. Jahresheft des Naturwissenschaftlichen Vereins 1900 — 1901. Geologische Reichsanstalt: Verhandlungen. 1901, No. 15 — 18; 1902, No. 1 — 10. Jahrbuch. Jahrgang 1901, LI. Bd., 2. Heft. 1902. LII. Bd., 1. Heft. Triest. Atti del museo civico di storia naturale. 10. 1903. Vydano. Listy chemicke. Rocnik XXV, cislo 6 — 10. 1901. XXVI, cislo 1 — 10. 1902. Wien. K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft: 1) Verhandlungen. LI. Bd., Heft 9, 10; LII, 1—10. LIII, 1—8/9. 2) Abhandlungen. Bd. I, Heft 1—4. 1901—1902. Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums. Bd. XVI, No. 1 — 4. 1901. Bd. XVII, No. 1—4. 1902. XVIII, No. 1, 2/3. Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft. XXXI. Bd., VI. Heft. XII. Jahresbericht des Wiener entomologischen Vereins. 1901. K. Akademie der Wissenschaften: 1) Sitzungsberichte. Math.-physik. Klasse. CX. Bd. Abt. 1, Heft 1 — 10, Abt. 2a, Heft 4—10, Abt. 2b, Heft 2—10, Abt. 3, Heft 1—10. 1901—1902. CXI. Bd. Abt. 1, Heft 1—9, Abt. 2a, Heft 1/2—10, Abt. 2b, Heft 1-10, Abt. 3, Heft 4—10. 1902. 2) Mitteilungen der Erdbebenkommission. N. F. No. 1 — 13. 1901 — 1902/3. 3) Mitteilungen d. prähistor. Kommission. I. Bd. No. 6. 1903. 4) Register zu d. Sitzungsberichten. Bd. 106 — 110, No. XV. xcm Jahrbücher der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Jahrg. 1902, 1903. N. F. XXXVIII. Bd. u. Anhang u. XXXIX. Bd. Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwiss. Kenntnisse. 42. u. 43. Bd. 1902, 1903. K. k. geologische Reichsanstalt: 1) Jahrb. 1901. LI. Bd. 3. u. 4. H. LII. Bd. 2, 3/4. H. LIII. Bd. 1. H. 2) Verhandlungen. 1902. 11—18. 1903. 1—15. Rußland. Dorpat. Sitzungsberichte der Estnischen Gesellschaft 1901, 1902. Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität: 1) Schriften. X, XI. 1902. 2) Archiv f. d. Naturkunde Liv-, Est- u. Kurlands. 2. Serie. Bd. XII. Lief. 1, 2. 1902. 3) Sitzungsberichte. Bd. XIII. H. 1. 1901. Helsin gfors. Societas pro fauna et flora fennica: 1) Acta. vol. XVI, XVIII, XIX, XX 1900—1901. 2) Meddelanden 24, 25, 26, 27 Haft. 1900—1901. Kasan: 1) IIpoTOKOihi 3ac'LJiaöift oönjecTBa ecTeTBOHcnbueiieil 1901. 1902. TpimuaTb TpeTiö roipi 2) Tpynw 1901 r. 33, 4; 35, 6; 36, 1—3. 1902. 36, 4. 5. 1903. 36, 6. Krakau. Rozprawy wydzialn matematyczno-przyrodniczego acad. unicejetnosci. T.2. A.B. 1902. Moskau. Bulletin de la societe imperiale des naturalistes. 1902. Nro. 1, 2, 3/4. 1903. N. 1. Nov o- Alexandria. Annuaire geolog. et mineral, de la Russie. Yol. IV, liv. 10; vol. Y liv. 4—5, 8, 10; vol. YI liv. 1 — 5. St. Petersburg. Acta horti petropolitani. Tom. XIX fase. 1, 2, 3; Tom. XX. 1901. XXI. fase. 1, 2. 1903. Comite geologique: 1) Bulletins 1901 XX N. 7—10: 1902 N. 1—10. 2) Memoires. Yol. XY N. 4; vol. XYI N. 2; vol. XYII N. 1—3; vol. XVIII N. 3; vol. XIX N. 1; vol. XX, 1, 2; nouvelle Serie 1, 2, 4. 1902/03. Academie imperiale des Sciences: 1) Bulletin Y. Ser. T. XIII 4, 5; T. XIY 1-5; T. XY 1—5; T. XYI 1—3. 1900-1902. 2) Catalogue des livres publies par l’academie. I. 1902. 3) Memoires. 1901/03. VIII. Serie, vol. XI N. 1—11, vol. XII N. 1—11, vol. XIII N. 1—7, Y. Serie vol. XYI N. 4, 5, vol. XYII N. 1—4. Riga. Korrespondenzblatt des Natur forschervereins XLY. 1902. XLYI. 1903. Taschkent. Publications de l’observatoire astronomique et physique de Taschkent Nro. 3. Mit Atlas. Tiflis. Die Sammlungen des kaukasischen Museums. Bd. II. Botanik (Radde). Radde, Die Cypriniden des Kaukasus. Tiflis 1901. Bericht über das kaukasische Museum für 1901. Schweden-Norwegen. Bergen. Museum: 1) An account of the Crustacea of Norway. (Sars.) Yol. IY part. III — XIY. 1902. 2) Aarbog 1901, 1902, 1903. H. 1 u. 2/ 3) Aarsberetning for 1901 & 1902. Christian ia. The norwegian north-atlantic expedition 1876 — 78. XXVIII. Mollusca III. 1901. Foreningen tili norske fortidsmindesmärkers bevaring. Katalog der in Norwegen bis Juni 1878 beobachteten Nordlichter, zusammengestellt von S. Tromholt, herausgegeb. v. J. Schröter. 1902. (Acad. des sc. et lettres.) xcrv Nyt magazin for naturvedenskaberne. Bd. 40, 41. Aarsberetning for 1902. Publikation des Univers. Observatoriums: Schröter, Untersuchung über die Eigen- bewegung von Sternen in den Zonen 65° — 700 nördl. Deklination. Lund. Acta universitatis Lundensis. Lunds universitets ars-skrift XXXYI. 1900. XXXVII. 1901. Sveriges offentliga bibliotek. Stockholm, Upsala, Lund, Göteborg. Accessions- Katalog Nro. 14, 15. 1899. 1900. Meddelanden fran Lunds astronomiska Observatorium Nro. 19. Stockholm 1901. Stavanger. Stavanger Museum, Aarshefte for 1901. (12. Aarg.) 1902. for 1902. (13. Aarg.) 1903. Stockholm. Kgl. vitterhets historie och antiquitets akademiens manadsblad. 26. Arg. 1897. Entomologisk tidskrift, utgiven af entomologiska föreningen. 1901. Arg. 22. Haft 1 — 4. Arg. 23. Häfc 1—4. Geologiska föreningens i. Stockholm. Förhandlingar Bd. 23, 24. Nordiska museet: 1) Meddelanden 1899, 1900, 1901. 2) Bidrag tili var odlings häfdeer. 3) Samfundet. 1901/02. 4) Skansen. Sommer- u. Winterbilder, utgifna af Artur Hazelius. Kgl. svenska vetenskaps-akademien : 1) Handlingar Bd. 35. Bd. 36. Bd. 37. 1, 2. 2) Bihang tili handlingar 27. I— IV. 1902. 28. I-IV. 3) Oversigt af förhandlingar 58. 1901. 59. 1902. 4) Meteorologiska jakttagelser i Sverige. II. Ser. Bd. 25 — 28. 1897 — 1900. 5) J. Berzelius själf biografiska anteckningar & reseanteckningar. 6) Tal vid k. vet. akad. minnesfest 24. X. 1901. 7) Lefnadsteckningar. Bd. 4. H. 3. 8) Af handling : Filosofiska gradens erhällende, enteromorpha. 9) Aarbok för 1908. 10) Arkiv för matematik, astron. och fysik. Bd. 1. 1, 2. — - kemi, mineralogi och geologi. Bd. 1. 1. — — botanik. Bd. 1. 1 — 3. — — zoologi. Bd. 1. 1, 2. Tromsoe. Museums aarshefter. 21/22. 1898/99. 24. 1901. Trondhjem. Det. k. norske videnskabers selskabs skrifter 1901, 1902. Upsala. Bulletin of the geological Institution of the university. Vol. V. N. 2, 10. 1901. Observatoire meteorolog. de l’universite : Etudes internationales des nuages 1896 — 97 ; Observations et mesures de la Suede I, II, III. Schweiz. Basel. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. Bd. XIII, Heft 3. 1902. Bd. XV, Heft 1. Bd. XVI, 1903. Jahresbericht der schweizerischen Universitätsschriften. 1901 — 1902. 1902—1903. B ern. Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft. 1901. N. 1500 — 1518. 1902. N. 1519—1550. Berichte der schweizerischen botanischen Gesellschaft. Heft XII. 1902. Chur. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubiindens. N. F. XLV. Bd. 1902. Frauenfeld. Mitteilungen der Thurgauischen Naturforschenden Gesellschaft. 15. Heft. 1902. Genf. Annuaire du conservatoire et du jardin botanique. 5me annee. 1901. 6me annee. 1902. Memoires de la societe de physique et d’histoire naturelle. Vol. 34, fase. 1, 2, 3. Actes de la societe helvet. des Sciences naturelles. 85. sess. 1902. Neufchätel. Societe neuchateloise des Sciences naturelles. Bulletin. T. XXVII, Annee 1898 — 99. xcv Schaffhausen. Mitteilungen der schweizerischen entomolo gischen Gesellschaft. Yol. XI, Heft 1, 1903. Sion. Bulletin de la Murithienne, societe valaisanne des sc. nat. fase. XXIX — XXXI. (1900—1901). fase. XXXII (1903). St. Gallen. Bericht über die Tätigkeit der St. Gallischen Naturwissenschaft! Gesellschaft für 1899—1900. 1900—1901. Winterthur. Mitteilungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft. III. Heft, Jahrgang 1900 u. 1901. Zo fingen. Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft. 84. Jahres- versammlung 1902. Zürich. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft. 46. Jahrg. 1901, 3. u. 4. Heft. 47. Jahrg. 1902, 1.— 4. Heft. 48. Jahrg., 1. u. 2. Heft, 1903. Mitteilungen der physikalischen Gesellschaft Nr. 5. 1903. Spanien. Madrid. 1) Resumen de las observaciones meteorologicas 1897 — 1898. 2) Observaciones meteorologicas efectuadas en el observatorio de Madrid. 1898 — 99. Madrid 1902. II. Geschenke. Von den Herren Verfassern. Ahrens, Chemische Zeitschrift. 1. u. 2. Jahrgang. Almgren, 0., Studien über nordeuropäische Fibelformen der ersten nachchristlichen Jahr- hunderte. Mit 11 Tafeln. Stockholm 1897. 8°. Backhoüse, Publications of west hendon house observatory. Sunderland. N. II, 1902. Bail, 10 Separatabzüge botanischen Inhalts. von Bockelmann, Versuch einer Monographie des Kiwu-Sees und seiner Umgebung als Begleitwort zu Dr. Kandt’s Karte. (Sep.-Abdr.) Branco, W., Wirkungen und Ursachen der Erdbeben. (Rede 27./I, 02 Univ. Berlin). — Der fossile Mensch. (Sep.-Abdr.) Capitau, L. et H. Breuil, Les figures peintes ä l’epoque paleolithique sur les parois de la grotte de Fout-de-Gaume. Dordogne. (Sep.-Abdr.) Clemm, Die Gallensteinkrankheit, Häufigkeit, Entstehung, Verhütung und Heilung der innern Behandlung. Berlin 1903. Cohn, H., Breslau, 3 Separatabdrücke ophtalmologischen Inhalts. 1902. — Vortrag: Virchow’s Verdienste um die Schulhygiene. 1902. — Blendung und Finsternis im Theater. (Sep.-Abdr.) 1903. — Die Verhütung der Augeneiterung der Neugeborenen in Preußen und in Spanien. (Se^p.-Abdr.) Dresden 1903. — Warum müssen besondere Schul- Augenärzte angestellt werden? (Sep.-Abdr.) 1903. Comes, Chronological table of tobacco in Oceanie. Napöli 1900. Conwentz, Uber die Einführung von Kauris und verwandten Schneckenschalen als Schmuck in Westpreußens Vorgeschichte. Credner, Das Eiszeitproblem. (Sep.-Abdr.) 1902. Deecke, Neue Materialien zur Geologie von Pommern. (Sep.-Abdr.) 1902. Dorr, Die jüngste Bronzezeit im Kreise Elbing. (Sep.-Abdr.) 1902. von GRASS-Klanin. Naturgeschichte des menschlichen Verkehrslebens. Berlin 1902. Hackel, E., Kunstformen der Natur. 7. — 9. Lief. Bibliographisches Institut Leipzig. — Die Welträtsel. Verlagsbuchhandlung Strauss. Bonn 1903. — Anthropologie. 1. u. 2. Bd. Verlagsbuchhandlung Engelmann. Leipzig 1903. XCVI Henri ci, Brüten der Brandente an der westpreußischen Küste. (Sep.-Abdr.) Jacobi, Oyrano de Bergerac als Vertreter des coppernikanischen Weltsystems. (Sep.-Abdr.) — Zwei Studien über Otto von Guericke als Physiker und Astronom. (Sep.-Abdr.) Jentzsch, 4 Separatabdrücke geologischen Inhalts. — Über die Kalklager im Diluvium bei Zlottowo W./Pr. (Sep.-Abdr.) Klunzinger, 6 Abhandlungen naturkundlichen Inhalts. (Sep.-Abdr.) — Sprachsünden in der Zoologie. (Sep.-Abdr.) 1902. — Gangfisch und Blaufelchen. (Sep.-Abdr.) 1903. — Über Melanismus bei Tieren im allgemeinen und bei unseren einheimischen insbesondere. (Sep.-Abdr.) 1903. — Die zoologische Sammlung der Technischen Hochschule Stuttgart. 1903. — Über des Hohenstaufenkaisers Friedrich II. Werk über die Vögel und die Jagd mit Falken. (Sep -Abdr.) 1903. Lakowitz, Der biologische Unterricht an unseren höheren Lehranstalten. Lohmann, Probleme der Orientforschung. (Ein Vorwort.) Penzig, 9 Separatabzüge botanischen Inhalts. Pincüs, 5 Separata gynäkologischen Inhalts. — Atmokausis und Zestokausis. Wiesbaden 1903. — Die Stellung des Arztes zur Atmokausis und Zestokausis. (Sep.-Abdr.) — Rud. Virchow, Gedächtnißrede. (Sep.-Abdr.) Radde-Kaminsky. Die Cypriniden des Kaukasus. Tiflis 1902. — Die Sammlungen des kaukasischen Museums. Bd. II. Botanik. Tiflis 1901. Bd. V. Archäologie (Uwarow). Tiflis 1902. Reinke, Die Welt als Tat. Berlin 1902. 2. Aufl. Scheeffer, Gleichgewicht und Stabilität eines schwimmenden homogenen Würfels. (Sep.-Abdr.) — Über stabiles Schwimmen homogener Körper. (Programm-Beilage.) Danzig 1902. Schück, A., Magnetische Beobachtungen an der deutschen Ostseeküste. II a. Hamburg 1902. Sonntag, Über die mechanischen Eigenschaften des Rot- und Weißholzes, der Fichte und anderer Nadelhölzer. (Sep.-Abdr.) Leipzig 1903. Speiser, Studien über Diptera pupipara. (Sep.-Abdr.) 1902. — Über die Prognose der Nervennaht. (Sep.-Abdr.) 1902. — Besprechung einiger Gattungen und Arten der Diptera pupipara. (Sep.-Abdr.) 1902. — 4 Separatabzüge entomologischen Inhalts. 1902. — Diptera pupipara. (Sep.-Abdr.) 1902. — 3 Separatabdrücke zoologischen Inhalts 1903. — 5 Separatabdrücke zoologisch-botanischen Inhalts 1903. Stiattesi, Spoglio delle osservazioni sismiche dall agosto 1901 — 1902. (Bolletino sismografico dell osservatorio di Quarto-Castell o Firenze). Strand, Theridiiden und Argiopiden, gesammelt von Mr. H. Seebohm in Krasnojarsk (Sibirien) 1878. (Sep.-Abdr.) 1903. Tornwaldt, Die ersten 25 Jahre des Ärztlichen Vereins in Danzig. (Vortrag in der Fest- sitzung 19. XII. 1901.) Virchow, Zur Erinnerung, Blätter des Dankes an meine Freunde. Berlin 1902. Wittmack, Die in Pompeji gefundenen pflanzlichen Reste. (Sep.-Abdr.) Leipzig 1903. Vom Kgl. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Landwirtschaftliche Jahrbücher, XXX. Bd. Ergänzungsband II, III u. IV. 1902. XXXI. Bd., Heft 1, 2/3, 4, 5/6. Ergänzungsband I, II, III, IV. XXXII. Bd., H. 1—4. Ergänzungsband I u. II. XCVII Von der Provinzial=Kommission zur Verwaltung der Westpreußischen Provinzial=Museen. Abhandlungen zur Landeskunde der Provinz Westpreußen, Heft XI. (Engel, Mittelalterliche Siegel). Danzig 1902. Bericht über die Tätigkeit der Provinzial-Kommission i. J. 1901. Von der Universität Königsberg i. Ostpr. Gustav Braun. Ostpreußens Seen, geograph. Studien (Dissert.). Von der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und der biologischen Anstalt auf Helgoland. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. N. F. 5. Bd., Heft 1. 6. Bd. Abt. Kiel. 1902. Von der deutschen Seewarte. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. 30. u. 31. Jahrg. Vom Institut für Meereskunde in Berlin. Veröffentlichungen. Heft 1 — 5. Von der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie. Meteorologische Zeitschrift. 19. u. 20. Bd. Von Herrn Professor Dr. Bail. Zimmermann, Eine Methode zur Berechnung spezieller Störungen durch Variation der kanonischen Elemente. (Diss.) Breslau 1902. Von Herrn Geh. Kommerzienrat Damme. Die goldene ViRCHOW-Medaille. 13. X. 1891. Berlin 1893. Von Herrn Ober=Präsidenten Dr. v. Gossler. Th. Albrecht, Anleitung zum Gebrauch des Zenitteleskops auf den internationalen Breiten- stationen. 2. Ausgabe. Berlin 1902. Schönemann, Ermittelung von Entfernungen und Höhen durch perspektivische Beziehungen. Soest 1901. Schultz, A. W. v. Hofmann’s Tischrede bei der KEKULß-Feier. (Sep.-Abdr.) Von Herrn Hauptmann a. D. Kollm, Generalsekretär der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin. Verhandlungen des 13. deutschen Geographentages zu Breslau. Von Herrn Professor Momber. 12 Abhandlungen mathematischen u. phvsikal. Inhalts. 2 Abhandlungen geographischen Inhalts. Bericht über die Wanderversammlung des westpreuß. botan.-zoolog. Vereins 1896. Von Herrn Kommerzienrat Münsterberg. Das germanische Nationalmuseum 1852 — 1902. Festschrift von Dr. Hampe. 7 XCVIII Von Herrn Reinicke (in Firma Wilhelm Engelmann). Botanische Jahrbücher für Systematik, Pflanzengeschichte u. Pflanzengeographie. 27. — 32. Bel. Leipzig 1898—1903. Von Herrn Major Schwarzzenberger. „Die Flotte“, Monatsblatt des deutschen Flottenvereins. IV. Jahrgang. 1901. III. Angekauft wurden folgende Werke: a) Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. Altpreußische Monatsschrift. Bd. XXXIX, XXXX. American Journal. Vol. XI, XII, XIII, XV. Biologisches Centralblatt. Bd. XXII, XXIII. Comptes rendus. T. 134 — 137. Dann'emann: Grundriß der Geschichte der Naturwissenschaften. I. Bd. Leipzig 1900. Gaea. Jahrg. 1902, 1903. Grimm, Deutsches Wörterbuch, XIII. Bd., Lief. 1, 2. X. Bd., Lief. 8, 9. IV. Bd., 1. Abt. Teil III, Lief. 3/4. X. Bd., Lf. 10-12. XIII. Bd., Lfg. 3. „Himmel und Erde“, populäre Monatsschrift. XIV. u. XV. Jahrg. Königsberger: H. v. Helmholtz. T. Bd. Braunschweig 1902. Naturwissenschaftliche Rundschau. 17. u. 18. Jahrg. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. N. F. Bd. 1, 2. Naturae novitates (Friedländer). Jahrg. 1902, 1903. „Prometheus“, Illustrierte Wochenschrift über die Fortschritte der angewandten Naturwissen- schaften. Jahrg. 1902, 1903. Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. 73. Versammlung in Hamburg 1901. 74. Versammlung in Karlsbad. 1. u. 2. J'eil, 1. u. 2. Hälfte. Leipzig 1903. Geschäftsbericht des Vorstandes der Gesellschaft der deutschen Naturforscherund Ärzte. 1902. b) Physikalisch=chemischen Inhalts. Annalen der Physik und Chemie. IV. Folge. Bd. 3, 10. — Beiblätter. Bd. 25--27. Berichte der deutschen chemischen, Gesellschaft. 35. u. 36. Jahrg. Elektrotechnische Zeitschrift. Bd. 23, 24. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie für 1894 H. 1 — 9; 1895 H. 1 — 10 ; 1897 H. 9, 10. 1898 H. 1—6. Journal für praktische Chemie. N. F. Bd. 66 u. 67. La Cour: Theorie der Wechselströme und Transformationen. Die Wechselstromtechnik. I. Bd. Berlin 1902. Righi und Dessau : Telegraphie ohne Draht. Braunschweig 1903. Sammlung eloktrotechnischer Vorträge. Band XII, H. 7. Sammlung chemischer und chemisch-technologischer Vorträge. Bd. 7 u. 8. Zeitschrift für Instrumentenkunde. Jahrg. 22, 23. c) Astronomischen und meteorologischen Inhalts. Astronomische Nachrichten. Bd. 155—163. Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1904, für 1905 mit Angabe für die Oppositionen der Planeten für 1903. XCJX „Das Wetter“. 19. u. 20. Jahrgang. Konkoly, Praktische Anleitung zur Himmelsphotographie. Halle 1887. Mitteilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie. XII. u. XIII. Jahrg. „Sirius“, Zeitschrift für populäre Astronomie. Jahrgänge 1901 — 1903. d) Botanisch=zoologischen Inhalts. Annales des Sciences. Botanique. Ser. 2. Annee 78. Ser. 8. T. 15, 16. Paris 1902. Archiv für Naturgeschichte. Jahrgang 66 Teil II, 2, 1; 67 Teil I; 64 Teil II, 2; 61 Teil II, 1, 2; 62 Teil II, 3; 65 Teil II, 2, 2; 68 Teil I, 1, 2, 3, II, 2, 1 ; 69 Teil I, 1—3. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. (Cohn-Brefeld.) 8. Bd., H. 2, 3. Botanisches Centralblatt. Bd. XC. u. XCI. Botanische Beihefte. Bd. 12 — 15. Botanischer Jahresbericht. 1899 II, 3, 4; 1900 I, II; 1901 I, II; 1902 I. Botaniska notiser (Wittrock). Jahrg. 1902. Bronn’s Klassen u. Ordnungen des Tierreichs. 6. Bd., 1. Abt., Lief. 2 — 12; 5. Abt., Lief. 61 — 64. 2. Bd., 2. Abt., Lief. 1, 18—21. 4. Bd. Suppl.-H. 18—22. Engler, Das Pflanzenreich, regni vegetabilis conspectus. H. 7 — 18. Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. Lief. 213 — 218. Fauna und Flora des Golfs von Neapel. 27. Monographie: Mytiliden. Journal für Ornithologie. 1902. H. 1. Ornithologische Monatsberichte. 10. u. 11. Jahrg. Kjellmann, Handbok i Skandinaviens Hafsalgflora. I. Fuc. Stockholm 1890. Kryptogamenflora von Schlesien. III. Bd., 2. Hälfte, Lief. 3, 4. Rabenhorst. Kryptogamenflora von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Pilze. Lief. 81 — 91. Laubmoose. Lief. 37 — 40. Weismann: Vorträge über Descendenztheorie. I. II. Bd. Jena 1902. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 70 — 75. Zoologischer Anzeiger. Bd. 25, 26. e) Anthropologisch=ethnographischen Inhalts. Archiv für Anthropologie. Bd. 28, 29. Internationales Archiv für Ethnologie. Bd. XV, XVI, 1 — 3. Zeitschrift für Ethnologie. 1902. 34. u. 35. Jahrgang. — Ergänzungsblätter. XII. f) Geographischen Inhalts. Ackermann, Beiträge zur physischen Geographie der Ostsee. 2. Aufl. Ludw. Amad. v. Savoyen, Die Stella polare im Eismeer 1899 — 1900. Leipzig 1903. Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde. Bd. XIII, XIV 4 — 6, XV 1 — 3. Geographische Zeitschrift (Hettner). Jahrg. 8 u. 9. „Globus“, Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. 82. u. 83. Bd. g) Mineralogischen, geologischen und paläontologischen Inhalts. Central blatt für Mineralogie, Geologie etc. Jahrg. 1902, 1903. Kayser, Lehrbuch der Geologie. I. Teil. Stuttgart 1893. II. Teil. Stuttgart 1902. Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1902. I, II. 1903. I, II. - — Beilageband XIV, XV, XVI, XVII. h) Medizinischen Inhalts. Archiv fiir Anatomie und Physiologie. 1902, 1903. 7* c Jahresrechnung der Naturforschenden Einnahme. A. Allgemeine JL d). Bestand am 1. Januar 1903 1 702 28 I. Grundstücks-Miete usw. 1032 70 II. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken 565 — III. Beiträge von Mitgliedern 3 564 — IY. Provinzial-Zuschuß 2 000 — Y. Verkauf der Gesellschaftsschriften 54 80 YI. Insgemein 1 451 06 10 369 84 B. Wolff sehe Bestand am 1. Januar 1903 20 85 I. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken 1 427 — II. Zuschuß des Herrn Ministers und der Provinzial-Kommission 730 — III. Erstattung von Auslagen der Werkstatt 4 — IY. Beiträge zur Krankenkasse 10 52 Y. Fehlbetrag zu decken 1904 874 — | 3 066 37 C. Verch’sche Bestand am 1. Januar 1903 — — I. Zinsen 577 50 577~ D. Humboldt= Bestand am 1. Januar. 1903 109 21 I. Zinsen 651 — II. Geschenke , 336 75 1 096 96 E. Bau- Bestand am 1. Januar 1903 * . . 40 44 I. Zinsen und besondere Einnahmen 6 304 1 5 II. Überschuß aus Kasse A Titel II 257 65 6 602 TÜ F. Fonds für das neue Bestand am 1. Januar 1903 467 33 I. Zinsen 137 50 604 83 ^ Q. Masse des phy» Bestand am 1. Januar 1903 I. Zinsen 3 50 II. Yon der Sparkasse ,\ 33 — 36 50 CI Gesellschaft für das Jahr 1903. Ausgabe. Kasse. Jt d>. I. Gehälter und Remunerationen 581 65 U. Grundstück 962 14 III. Sitzungen und Yorträge 835 44 IV Bibliothek: 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder 1 657 13 2. Gehälter 600 — 3. Zu den Vorarbeiten für einen neuen Katalog 85 — 4. Zur Verfügung des Vorstands — 5. Feuer-Versicherung 153 30 2 495 43 V. Druck der Gesellschafts-Schriften Für das laufende Heft der Schriften 2 953 62 VI. Porti und Anzeigen 250 56 VII. Erhaltung des Inventars 84 40 VIII. Insgemein 1711 62 Barbestand 1 622 48 11 497 34 Stiftung. I. Gehalt des Astronomen . 1 100 — II. Astronomische Station 1 966 37 3 066 37 Stiftung. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek 572 46 Barbestand 5 04 577 50 Stiftung. Stipendien (einschl. Porto) 601 40 Barbestand 495 56 1096 96 Fonds. Ausbesserung des Nordgiebels 6 167 97 Barbestand . . 434 27 6 602 24 Conwentz’sche Werk. Angekaufte Mk. 500 Preuß. 3V2 % Konsols 497 90 Barbestand 106 93 604 83 35 91 . 59 36 50 > sikalischen Kabinetts. Zur Beschaffung und Verbesserung von Instrumenten Barbestand Vermögensbestand am 1. Januar 1904 I. A. Allgemeine Kasse. If I. Das schuldenfreie Grundstück Frauengasse 26 31 950 — II. Wertpapiere . . . ' 6 528 50 III. Hypotheken 11 800 — IV. Barbestand 1622 48 V. Hierzu Forderung an die VERCH’sche Stiftung 262 50 52 163 48 B. Wolff’sche Stiftung. I. Wertpapiere 7 439 — II. Hypotheken 31 900 — 39 339 — dagegen Fehlbetrag 1904 zu decken 874 - 38 465 - C. Verch’sche Stiftung. I. Wertpapiere 1 455 — ■ II. Hypotheken 10 500 — III. Barbestand 5 04 11 960 04 dagegen Schuld an Kasse A 262 50 11 697 54 D. Humboldt=Stiftung. I. Wertpapiere 5592 — II. Hypotheken 8 400 — III. Barbestand 495 56 14487 56 II. Folgende Massen, deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. 1. Bau-Fonds zur Wiederherstellung des Nord- und West-Giebels des Ges.-Gebäudes : I. Depositenschein der Danziger Privatbank 4 800 — II. Barbestand 434 27 5 234 27 2. Für das neue CONWENTZ’sche Werk: I. Hypothek 3 400 — II. Wertpapiere 1 466 25 III. Barbestand . 106 93 4 973 18 334 13 3. Für das physikalische Kabinett . 4. Zur Verrechnung auf Titel A V: Restausgabe aus 1903 . . 1 750 — cm A. Mitglieder-V erzeichnis der I\ aturforschenden Gesellscliaft zu Danzig, 1. Juni 1904. I, Ehrenmitglieder. Elu'enmitglied seit : Ascher son, P Dr., Frof. an der Universität in Berlin (Korresp. Mitglied 1893) 1904 Bail , Dr., Prof.,, in Danzig (Ordentl. Mit- glied 1863) . . 1894 Dohrn, Anton, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rat, Direktor der Zoologischen Station in Neapel (Korresp. Mitglied 1876) . 1897 v. Drygalski, E., Dr., Professor an der Uni- versität in Berlin (Korresp. Mit- glied 1897) 1904 v. Redin. Sven, Dr., in Stockholm (Korresp. Mitglied 1898) 1903 Lissauer, Dr., Prof., Sanitätsrat, in Berlin (Ordentliches Mitglied 1863) . . . 1892 Ehrenmitglied seit- Möbius, K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, Direktor des Königl. Zoologischen Museums in Berlin (Korresp. Mit- glied 1871) 1893 v. Neumayer, Dr., Prof., Wirk]. Geheimer Rat, in Neustadt a. Haardt (Pfalz a. Rh.) Hohenzollernstraße 9 (Korresp. Mit- glied 1880) 1893 v. Piichthofen, Ferdinand, Freiherr, Dr., Prof., Geh. Reg.-Rat, Direktor des Instituts für Meereskunde in Berlin 1903 Semon, Dr., Geh. Sanitätsrat, in Danzig (Ordentliches Mitglied 1853) . . . 1898 II. Korrespondierende Mitglieder. Korresp. Mitglied seit.- Ahrem , F, Dr., Prof, an der Universität in Breslau 1901 JBerendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrat, Landesgeologe a. D., in Berlin . . 1893 Bezzenberger, Dr., Geh. Regierungsrat, Prof, an der Universität in Königs- berg i/Pr 1894 Branco, Dr., Geb. Bergrat, Professor an der Universität in Berlin Buchenau, Dr., Prof., Gymnasial-Direktor a. D., in Bremen 1889 Colin, Hermann, Dr., Professor an der Uni- versität in Breslau 1880 Conwentz, Dr., Professor, Direktor des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) ...... 1878 Deecke, Dr., Professor an der Universität in Greifswald 1898 Dorr, Dr., Prof., in Elbing 1898 Korresp. Mitglied seit : v. JFlansz, Superintendent in Marienwerder 1901 Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül- hausen im Elsaß 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock 1897 Grempler,D r., Prof., Geheimer Sanitätsrat, in Breslau 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Dozent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medizinalrat in Hildesheim . 1877 llaeckel, Dr., Hofrat, Professor an der Universität in Jena 1868 tfacobsen, Emil, Dr., Chemiker in Char- lottenburg bei Berlin ...... 1870 Jentzsch, Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 Le Joli, Professeur des Sciences in Cher- bourg ..... 1857 CIV Korresp. Mitglied seit : Kehding, Konsul in Radebeul bei Dresden 1894 Klein, Herrn., Dr., Prof., in Köln . . . 1873 Klunzinger, C. B., Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart 1875 Kollm, Georg , Hauptmann a. D., General- sekretär der Gesellschaft für Erd- kunde in Berlin 1893 Lemcke , Dr., Professor, Gymnasial-Direktor in Stettin 1898 Liebeneiner, Forstmeister a. D., in Oliva bei Danzig 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Luerssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr 1893 JWagnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin 1893 Mestorf, Fräulein Johanna , Prof., Direktor des Kgl. Museums vaterländischer Altertümer in Kiel 1899 Meyer, 0. E ., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität in Breslau 1896 Müller, Paul A., Dr., Hofrat, Gehilfe des Direktors des Magnet.-Meteorol. Observatoriums in Jekaterinenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Nathorst, A. G., Dr., Prof., Direktor der phytopalaeontologischen Abteilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Korresp. Mitglied seit: JPenzig, Dr., Professor an der Universität in Genua 1888 Poelchen, Dr., dirigierender Arzt des Städt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) 1893 H einicke, E„ Verlagsbuchhändlerin Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität in Kiel . . . 1893 Remele, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Forstakademie in Eberswalde 1894 Ross, Dr., -Privatdozent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover 1897 Schröder , Hugo, Dr., in London SW., Whetstone House 1880 Schumann , K„ Dr., Prof., Kustos am Bota- nischen Museum in Berlin . . . 1893 Schweder, G., Gymnasial-Direktor a. D. in Riga 1895 Strasburger , Dr., Geh. Regierungs -Rat, Professor an der Universität in Bonn a. Rh 1880 Treptow, Emil, Oberbergrat, Prof, an der Bergakademie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) .... 1893 Wittmack, L., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Landwirtschaft!. Hochschule in Berlin 1893 III. Ordentliche Mitglieder. a. Soweit nicht anders Aufgen. im Abraham, Dr., Arzt in Langfuhr . . . Adam , Regierungs-Baumeister . . Althaus , Dr., Arzt Anton, Regierungsrat Auwers, Dr., Regierungs- Assessor . Baatz, Franz, Kaufmann ...... Badt, Frido, Kunstmaler Bail, Dr., Stadtrat ........ Barth, Dr., Prof., Medizinalrat u. Oberarzt Beck , Oberregierungsrat ...... Behrendt, Dr., Arzt Behrendt, Rechtsanwalt Behrendt, J., Kaufmann ....... Bereut, A., Dr., Arzt ....... Berenz, Emil, Kaufmann Einheimische. bemerkt, ist der Wohnort Danzig. Jahre 1899 Berger, J. J., Kommerzienrat Bertling, A., Buchhändler Bialk, Vikar Bischoff, Landgerichtsrat Bischoff , Oscar, Stadtrat v. Bockeimann, Oberlehrer v. Bötticher, Buchhändler Brandt, Konsul Breidsprecher, Geh. Baurat v. Braunschweig, General der Brinckmann , Dr., Chemiker Brodnitz, Dr., Rechtsanwalt Büttner, Prof., Oberlehrer Caskel, Max, Fabrikbesitzer Citron. Justizrat, Rechtsanwalt 1896 1874 1899 1901 1896 1899 1897 1896 1901 1893 1895 1903 1901 1882 Aufgen. Infanterie im Jahre . 1873 . 1892 . 1901 . 1901 . 1878 . 1888 . 1896 . 1896 . 1892 . 1903 . 1901 . 1904 . 1903 . 1903 . 1885 cv Aufgen. im Jahre Claassen, Adolf , Stadtrat 1896 Claassen, Albert, Kommerzienrat .... 1886 Cohn , Bruno, Dr., Arzt 1904 Conrodinum , Realschule in Langfuhr . . 1901 Conu'entz, Dr., Prof., Direktor des West- preußischen Provinzial-Museums . 1878 v. Czigler , Dr., Arzt 1903 Dohms, Dr., Oberlehrer . 1892 Damme , Geh. Kommerzienrat 1867 Damme, Dr., Kaufmann 1897 Debbert, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1895 Delbrück, Ober-Präsident 1894 Dommasch, Rendant 1874 Dreyling, Dr., Arzt ........ 1889 Effler, Dr., Arzt 1897 Ehlers, Oberbürgermeister 1876 Eins, Oberlehrer 1901 Eller , Dr 1888 Engler, Georg , Kaufmann 1896 Erdmann, Rektor der Rechtstädtischen Mittelschule 1898 Eschert , P., Dr., Fabrikbesitzer .... 1901 Evers, Prof., Oberlehrer 1878 Emert, Vorsteher der General- Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahrwasser 1902 Fahl, Regierungs- und Baurat .... 1892 Farne, Dr., Arzt 1878 Fechner, Zahnarzt 1894 Fischer, Dr., Oberarzt 1890 Fischer, G., Brauereibesitzer in Neufahr- wasser 1893 Fleck, Dr., Arzt 1902 Fleischer, 77. , Zahnarzt 1892 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer . . . 1896 Flemming, Dr., Chemiker 1904 Francke , Dr., Arzt 1896 Freitag, Dr., Sanitätsrat 1871 Freudenthal , Dr., Rabbiner 1901 Freymuth, Dr., Sanitätsrat, Oberarzt . 1876 Fricke, Dr., Direktor des Realgymnasiums zu St. Johann 1898 Friedländer , Dr., Sanitätsrat 1883 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer . . 1898 Fuchs, Vermessungssekretär 1903 Gaebler, Fabrikbesitzer 1892 Gartenbauverein 1890 Gehrke, W., Maurermeister ...... 1882 Aufgen. im Jahre Gehrke, Dr,, Arzt 1895 Gerlach, Oberleutnant 1903 Gieldzihski, Kaufmann 1875 Ginsberg, Dr., Arzt 1890 Gläser , Dr., Arzt 1894 Goebel, Geh. Regierungs- und Gewerberat 1901 Goetz, Dr., Sanitätsrat, Arzt 1882 Goldhaber, Dr., Kaufmann 1900 Grentzenberg, Dr., Oberlehrer in Langfuhr 1900 Günther, Dr., Stadtbibliothekar .... 1903 Baase, Dr., Kreisarzt 1901 Hägele, Dr., Chemiker 1899 Hamann, Optiker •. . . . 1901 Han ff, Dr., Arzt 1874 Hardtmann, Franz, Kaufmann .... 1900 Hasse, Franz, Kaufmann 1877 Hein, Stadtrat 1901 Hehnbold, Dr., Arzt 1897 Hesekiel, Landgerichtsrat 1874 Hess, Oberlehrer 1891 Hevelke, Heinrich , Kaufmann 1900 Hezel, Dr., Chemiker . t 1904 Hildebrand, Medizinal-Assessor .... 1883 Hillger, Prof., Oberlehrer . . . . ' . . 1902 Hobein, Dr., Oberstabsarzt 1897 Hoepffner, Dr., Generalarzt a. D 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1898 Holmberg, Kaufmann 1901 Holtz, J., Rentner 1871 Holz, Direktor derKönigl. Navigationsschule 1901 Hopp, Dr., Arzt 1899 Horn, Buchhändler . 1901 Ibarth, Oberlehrer 1896 Jelski, Dr., Arzt 1892 Jork, Landesrat 1901 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer . 1886 Kayser, Dr., Astronom 1859 Keil, Dr., Assistenzarzt 1902 Keil, Oberlehrer 1885 Kickhefel, Dr., Arzt 1899 Kiesling, Direktor 1903 Kist, Rentner 1891 Klawitter, Willy, Kaufmann 1897 Kleefeld, Stadtbauinspektor 1902 Klett, Dr., in Langfuhr 1901 Knocli, Prof., Oberlehrer in Langfuhr . . 1880 KÖstlin, Dr., Direktor der Provinzial-Heb- ammen-Lehr- Anstalt 1898 I Aufgen. im Jahre Kokte) Dr., Arzt 1881 Korella, Dr., Oberlehrer ' . 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer 1884 Kosmack , Stadtrat 1882 Kossel , Kaufmann 1901 Kraft , Dr., Arzt in Schidlitz 1903 Kretschmarin, Dr., Direktor des König!. Gymnasiums 1884 Kruse, Landesrat 1899 Kvhnke, Regierungsbaumeister .... 1903 Kulemann, Baumeister, Kgl. Baugewerks- schullehrer a. D., in Langfuhr .19)1 Kumm, Dr., Kustos am Westpr. Provinzial- Museum 1892 Kunath, Direktor der städtischen Gas^- und Wasserwerke ........ 1881 Laasner, Uhrmacher 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer 1885 La.nge , P ., Oberlehrer 1892 Lautz, Dr., Regierungsrat 1900 Lehmann, Eisenbahnsekretär 1896 Lehmann, Major . 1903 v. Leibitz, Major a. D., in Langfuhr . . 1892 v. Lengerken , Dr., Oberlehrer 1902 Lentz, Dr., Prof., Oberlehrer 1902 Lewy, J., Dr., Arzt 1887 Li er au, Dr., Oberlehrer 1888 Lietzau, Herrmann , Apothekenbesitzer . 1879 Lietzau, Victor, Optiker 1898 Lietzau, Willy, Dr., Ingenieur .... 1901 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt . . . . .1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann .... 1891 Lohsse, Dr., Arzt 1903 Lukat, Oberlehrer 1901 JMannhardt, Prediger 1894 Marx, Konsul, Generaldirektor .... 1898 Mau, Regierungs- und Geh. Baurat . . . 1901 Meckbach, Stadtrat 1903 Mehrlein, Landesrat 1903 Mendel, Kaufmann 1904 Meyer, Albert, Konsul 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . . 1896 Meyer, Hermann, Dr., Arzt . . . . . 1902 Meyer , Semi, Dr., Arzt . . . . . . . 1901 Möller, Paul, Dr., Arzt 1899 Mornber, Prof., Oberlehrer 1867 Munsterberg, Otto, Kommerzienrat . . . 1877 Muscate, Kommerzienrat 1894 Aufgen. im Jahre Nagel, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat . . 1867 Nass, C., Oberlehrer 1894 Neumann , Dr., Generaloberarzt .... 1901 Neumann, Dr., Direktor der Viktoriaschule 1896 Oehlschläger, Amtsgerichtsrat . Oetting, Staatsanwaltschaftsrat v. Palubicki, Major a. D. . Penner, W., Stadtrat .... Penner, Dr., Arzt Pertus, Ingenieur Petruschky, Dr., Stadtarzt, Vorstehe Bakteriologischen Instituts Petschow, Dr., Chemiker . . . Philipp, Dr., Arzt Pincus, Dr., Arzt Plagemann, Landgerichtsrat . . Prevsse, Departements - Tierarzt und rinär-Assessor Putzier, Dr., Arzt . .... . Redmer, Dr., Arzt Rehbein , Apothekenbesitzer . . Reichenberg, Robert , Kaufmann . Reimann, Dr., Arzt ..... Reimann, Justizrat, Rechtsanwalt Reimann, Edmund, Kaufmann Reinke, Dr., Arzt ...... Richelot, Dr., Marine-Oberstabsarzt Rickert, Franz, Dr. ..... v. Riesen, E., Rentner in Langfuhr Rochs, Dr., Korps- Generalarzt Rodenacker, Ed., Stadtrat . Rodenacker, Tli., Reeder Röhlke, Regierungsbaumeister Rosenstein, Dr Ruhm, Rechtsanwalt . Runde, Eugen, Kaufmann . Saage, Geh. Justizrat Salzmann, Carl, Kaufmann Sander, Georg, Redakteur . Sauer, Julius, Lithograph . Scliaefer, Kaufmann . Scharffenorth, I)r., Arzt . . Sclieeffer, Prof., Oberlehrer Scheller , Apothekenbesitzer Schlüter, Prof., Oberlehrer . Schmechel, Landschafts - Sekretär SchmÖger, Dr., Prof., Vorstand der Versuchs- station der Westpreuß. Land' schaftskammer Vete- 1901 1897 . 1876 . 1872 . 18S4 . 1902 des . 1897 . 1892 . 1898 . 1883 . 1901 1890 1894 1903 1896 1896 1894 1901 1904 1891 1903 1903 1896 1901 1873 1896 1903 1895 1904 1900 1880 1875- 1900 1872 1885 1889 1878 1882' 1879 1868 irt- 1900 CVII Aufgen. im Jahre v. ftchnetzer, Stabsarzt 1903 Schoenberg, Kaufmann 1874 Schopf, Dr., Kaufmann 1901 Sehr eg, Regierungsrat, Direktor der Waggonfabrik ........ 1898 Schröder , Paul, Dr., Arzt 1890 Schütte, Ingenieur 1899 Schultz, Dr., Arzt 1896 Schulz, Ad., Dr., Arzt 1904 Schumann, E., Prof., Oberlehrer .... 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt ...... 1892 Schwär zenberger, Major a. D 1900 Seemann, Dr., Regierungs- und Medizinalrat 1903 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi- schen Fischerei-Vereins . . . . 1898 Semon, Max, Dr., Arzt 1893 Siede, Carl, Ingenieur 1898 Simon, I)r., Arzt 1879 Sohnsen, Dr., Arzt 1899 Sonntag, Dr., Oberlehrer iu Langfuhr . . 1902 Spendlin , Oberlehrer 1898 Staberow, Victor, Apotheker 1893 Staeck, Ad., Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 v. Stangen, Oberst 1903 Stangenberg , Dr., Arzt 1899 Steffens, Otto, Kaufmann 1877 Steinbrecher , Oberlehrer 1901 Stentzier, Oberlehrer 1900 Stepphuhn , Dr., Geh. Sanitätsrat .... 1902 Stoddart, Francis Blair, Kommerzienrat, Stadtrat 1877 Stornier, Albert, Kaufmann 1898 Suckau , Rechtsanwalt 1903 Aufgen. im Jahre Suhr, P., Direktor der Ober-Realschule . 1890 Szpitter, Dr., Arzt 1900 Terletzki, Dr., Oberlehrer 1902 Thomas, Gust., Vorsteher der landschaft- lichen Darlehnskasse 1893 Tornwaldt, Dr., Sanitätsrat, Arzt . . . 1870 Trampe, Bürgermeister 1898 Treitel, Gerichtsrat 1901 Unruh , Adolf, Konsul, Kaufmann . . . 1896 Talentini, Dr., Prof., Oberarzt .... 1899 T Vachsmann, Oberingenieur 1899 Wallenberg, Abrah., Dr., Sanitätsrat, Arzt 1865 Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt 1887 Wallenberg, Th., Dr., Arzt 1897 Wanfried, Kommerzienrat 1892 Wedding, W., Rentner in Langfuhr . . 1897 Weiss, Rechtsanwalt 1890 Wernicke, Schulamtf kandidat 1903 Wessel, Polizei-Präsident ...... 1894 Westpreussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure 1890 Willers, Dr., Regierungsrat 1892 Winkelhausen, Rudolf, Kaufmann . . 1901 Wischke, Zeichenlehrer 1903 Wisselinck, Dr., Arzt 1904 Wittich, Regierungsrat 1902 Wittkowski, Reichsbank-Direktor .... 1899 Wittstock, Oberlehrer 1903 Wolff, August, Kaufmann 1875 Ziegenhagen, Kaufmann . . . .' . . 1875 Zimmermann, Aug., Ingenieur .... 1883 Aufgeu. im Jahre b. Auswärtige. Aufgen. im Jahre Ahegg, Dr., Kgl. Kommerz- u. Admiralitäts- rat a. D., Bankdirektor in Berlin W., Tiergartenstraße 17 A .... 1893 Altertumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Direktor in Graudenz 1872 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 Bindemann, Baurat in Charlottenburg, Goethestraße 83 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu- stadt Westpr 1882 Böhm, Joh., Dr., Kustos der Sammlungen an der Kgl. Geologischen Landesanstalt in Berlin N , Invalidenstraße 44 . 1884 Bonatz, Tierarzt, in Oliva 1904 Borchardt, W., Apothekenbesitzer in Berent Westpr 1878 Bremer, Emil , Dr., Kreisarzt in Berent Westpr 1886 Domnick, Eerd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg' Westpr. . . . 1885 Ehlers, Buchdruckereibesitzer in Kartbaus 1896 Fuersi, Dr., Arzt, in Königsberg i. Pr., Tragheimer Kirchenstraße 68 . . 1901 Gräbner, P., Dr., Assistent am Kgl. Botani- schen Garten in Dahlem bei Steglitz 1894 CVIII Aufgen. im Jalire v. Grass, Präsident des Westpreußischen Provinzial- Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Gr ott, Direktor der Ober -Realschule in Graudenz 1885 Gymnasium, Königliches, in Marienburg . 1900 Gymnasium, Königliches, in Neustadt Wpr. 1900 Gymnasium , Königliches, in Graudenz . . 1900 Gymnasium, Königliches, in Strasburg Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Pr. Stargard . 1900 Hartingh, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin 1879 Heil, Königl. Wasserbauwart in Kulm. . 1900 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg. Capland 1897 Hennig, Dr., Arzt in Ohra 1887 Hennig, Dr., Prof., Oberlehrer in Marienburg 1901 Henrici, Dr., Gerichtsassessor in Stras- burg Wpr 1901 v. Heyden, Dr., Major z. D., Prof., inBocken- heim bei Frankfurt a. M. . . . . 1867 Hilbert , Dr , Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 Hinkelmann, Lehrer in Niederfischbach, Rheinland 1899 Höcherl, Gutsbesitzer in Pelonken bei Oliva 1903 Hohnfeldt , Dr., Oberlehrer in Thorn . . 1884 Hoyer, M., Direktor der landwirtschaftlich. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hüge , Apothekenbesitzer in Berlin N. Augustastraße 60 1895 Kämpfe, Dr., Kreisarzt in Karthaus Westpr 1895 Kaufmann , Walter, Direktions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr. 1892 Kreis-Ausschuss in Karthaus Wpr. . . . 1902 Kreis-Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kressmann, Arthur, Konsul a. D. in Groß Lichterfelde bei Berlin .... 1880 Kroemer, Dr., Medizinalrat, Direktor der P ro vinzial -Irrenanstalt inKonradstein bei Pr. Stargard 1884 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau 1879 Luchs, Lehrer in Kiichwerder bei Brunau 1901 Mac Lean Lochlan , Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau 1879 Aufgen. im Jahre Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Schwetz . . . 1877 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister a. D. in Liegnitz 1874 Meschede, Dr., Professor, Direktor derStädt. Krankenanstalt und der Psychiatri- schen Universitätsklinik in Königs- berg Opr 1872 Moeller, Dr., Sanitätsrat, Kreisarzt in Czarnikau Ostpr. ....... 1879 Morwitz, Jos., Kaufmann in Philadelphia, 614. Chesterroad U. S. A. . . . 1871 Morwitz, Mart., Kaufmann in Halensee, Kurfiirstendamm 132 a ..... 1873 Müller, Güter-Expeditionsvorsteher a. D. in Oliva 1903 Nast, Oberstleutnant z. D., in Oliva bei Danzig 1901 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oberbergamt, Königl., in Breslau . . . 1890 Halm, Kreisschulinspektor in Karthaus Westpr 1901 Peters, Rentner in Zoppot . . . ■ . . . 1880 Poppo, Dr., Sanitätsrat, in Marienwerder . 1886 Praetorius , Dr., Prof., Oberlehrer in Graudenz 1878 Progymnasium, Kgl., in Loebau .... 1900 Progymnasium in Neumark 1897 Progymnasium, Kgl., in Pr. Friedland . . 1900 JRabbas, Dr., Direktor der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Realschule, Kgl., in Kulm 1900 Realschule, Kgl., in Dirschau 1900 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 Reinicke, Kapitän, Hilfsarbeiter an der Kais. Deutschen Seewarte in Ham- burg 1899 Roepell, Kammergerichts-Senatspräsident in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 31 . 1889 v. Rümcker, Landschaftsrat, Ritterguts- besitzer a. Kokoschken 1880 Ruttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S. . 1892 Schahnasjan , Landtags - Abgeordneter, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig 1882 Schimanski, Dr., Sanitätsrat in Stuhm . . 1886 Schlucker, Zivilingenieur, in Stangenwalde bei Kahlbade Westpr 1886 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1883 CIX Aufgen. im Jahre Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmühl . , 1883 Scholz , Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder 1897 Schubart , Dr., Prof., in Zoppot .... 1860 Schultz, Dr., Wirkl. Geheimer Rat, Regie- rungs-Präsident a. D. in Potsdam, Kurfürstenstraße 31 ..... 1879 Schultz, Kgl. Forstmeister in Oliva . . 1904 v. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in Waplitz, Kr. Stuhm 1890 Speiser, Dr., Arzt in Bischofsburg Ostpr. 1901 Aufgen. im Jahre Stadtbibliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Vereinigung der Altpreussen in Leipzig, (Adr. Musikdirektor A. Schvveigert, Leipzig-Gohlis, Langestraße 70) . 1901 Wagner, Dr., Arzt in Zoppot .... 1890 Wocke, Kgl. Gaiten-Inspektor in Oliva . 1900 Zehr, Photograph in Elbing 1896 Zynda, Lehrer in Stuhm ...... 1883 B. Mitglieder der Anthropologischen Sektion. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Anger, Dr., Gymnasial-Direktor in Graudenz. Bail, Dr., Professor. Conwentz, Dr., Prof., Direktor des Westpreußi- schen Provinzial-Museums. Damme, Paul, Dr., Kaufmann. Dommasch, Rendant. Friedländer, Dr., Sanitätsrat. Gehrke, Dr., Arzt. Goldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. v. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanff, Dr., Arzt. v. Haustein, Provinzial-Sekretär. Holtz, J., Rentner. Hoyer, Direktor der Landwirtschaftsschule in Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt. Kafemann, Buchdruckereibesitzer. Kaufmann, Walter, Direktions-Mitglied des Nord- deutschen Lloyd in Bremen. Kayser, Dr., Astronom. Kornstaedt, Apothekenbesitzer. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro- vinzial-Museum. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lemke, E., Fräulein, in Oschekau bei Gilgen- burg Ostpr. Lissauer, Dr., Prof., Sanitätsrat, in Berlin W., Lützowstraße 20. Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien, Kr. Schwetz. Meyer, Consul. Nauck, Rektor a. D., in Schlochau. Oehlschläger, Dr., Arzt. Otto, Baumeister in Langfuhr. Sander, Redakteur. Schmecket, Landschafts-Sekretär. Schwandt, Prediger in Gr. Loßburg, Kr. Flatow. Semon, Dr., Geh. Sanitätsrat. Semon jun., Dr., Arzt. Simon, Dr., Arzt. Steinwender, Prof., Oberlehrer. Stryowski, Professor. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrat. Wallenberg , Dr., Sanitätsrat. Wessel, Polizei-Präsident. C. Mitglieder der Sektion für Physik und Chemie. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Bail, Th., Dr., Professor. Bertling, A., Buchhändler. Dahms, Dr., Oberlehrer. Dommasch, F., Rendant. Eller, Dr. Evers, H., Prof., Oberlehrer. Fricke, Dr., Realgymnasial-Direktor. GÖbel, Geb. Regierungs- und Gewerberat. cx Hess, Oberlehrer. Holtz , John, Rentner. Kayser, E ., L)r., Astronom. Keil, P., Oberlehrer. Laköwitz, Dr., Oberlehrer. Lange , P., Oberlehrer. Lietzau, V., Optiker. Meyer , E., Apotheker. Momber , A., Prof., Oberlehrer. Nass, Oberlehrer. Neumann, Dr., Direktor der Viktoriaschule. Scheeffer, E., Prof., Oberlehrer. Schlüter, Prof., Oberlehrer. Schmöger, Dr., Prof., Leiter der landwirtschaft- lichen Versuchsstation. Schumann, E., Prof., Oberlehrer. Suhr, P., Ober Realschul-Direktor. Wedding, W., Rentner. Zimmermann, Aug., Ingenieur. D. Mitglieder der Medizinischen Sektion Dr. Abraham . ,, Althaus. ,, Barth, Prof., Medizinalrat. , , Becker. ,, Behrendt. ,, Bereut. ,, Boecker. ,, Bönheim. ,, v. Bönigk. ,, Briehn. „ Briesewitz. ., Cohn. „ v. Czigler. ,, Dreyling. * - Effler . Erich. ,, Eseln icht, Kreisarzt. ,, Farne. ,, Fast. „ Fey er abend. „ Fischer I, Oberarzt. „ Fleck. „ Francke. ,, Freitag, Sanitätsrat. „ Freymuth, Oberarzt, Sanitätsrat. ,, Friedländer, Sanitätsrat. ,, Oehrke I. ,, Gehrke II. ,, Ginsberg. ,, Glaeser. „ Goetz , Sanitätsrat. ,, Grunau. ,, Haase . Medizinalrat, Kreisarzt. „ Han ff. ,, Hartmann. Dr. Heckmann, Oberstabsarzt. ,, Helmbold. „ Hennig. ,, Hobein, Oberstabsarzt. ,, Hoepffner, Generalarzt a. D. ,, Hohnfeldt. „ Hopp. ,, Jelski. ,, Karpinski „ Kathke. „ Keil, Assistenzarzt. ,, Kickhefet. ,, KÖstlin, Direktor der Provinzial-Hebammt ti- Lehranstalt. „ Kohtz. ,, Kraft. ,, Kubacz. » Lewy. ,, Lievin. „ Linck. „ Litewski. ,, Lohsse. ,, Magnussen. ,, Masurke . „ Meyer, H. „ Meyer, Semi. ,, Mierendorff. ,, Minssen. ,, Möller. „ Mohr. „ Neumann, General-Oberarzt. ,, Neumann. „ Oehlschläger. „ Ortmann. CXI I)r. Panecki . ,, Penner. ,, Petruschky. ,, Philipp. ,, Pieper , Generaloberarzt a. IJ. „ Pincus. ,, Puscli. , , Putzier. Radefeldt. „ Redmer. , , Reimann. ,, Reinke. Richelot, Marine-Oberstabsarzt. ,, Rocks, Korps-Generalarzt. , , Rudolph. ,, Saling er. ,, Scharjfenorth. ,, Schoffer, Oberstabsarzt. ,, Schomhurg. ,, Schourp. ,, Schröter. , , Schulz I. ,, Schulz l[. ,, Schulz III. ,, Schustehrus. „ Semon , Geb. Sanitätsrat. ,, Semon jun. ,, Semrau, Sanitätsrat. Dr. Seyffarth. „ Siegmund. ,, Simon. „ Singer. ,, So Imsen. „ Stangenberg. ,, Stanowski. „ Stein. „ Stepphuhn, Geh. Sanitätsrat. ,, Swieczewski. ,, Szpitter. „ Szubert. ,, Thun. ,, Tornwaldt, Sanitätsrat. ,, Valentini, Prot., Oberarzt. , , Vorderbruegge. ,, Wagner. „ Wallenberg Sanitätsrat, „ Wallenberg II. ,, Wallenberg 111. ,, Wegeli. ,, Wisselinck. „ TW. „ u. Wybicki. ,, Ziem, Sanitätsrat. „ £i7Za. 5, Zusch. E. Mitglieder der Sektion für Gesundheitspflege. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Barth, Dr., Professor, Medizinalrat. Berg, Dr., Arzt. Blasche, Polizeirat. Bleich, Korpsroßarzt. Bremer, Dr., Kreisarzt in Berent. Buchholtz , Redakteur. Damus, Dr., Stadtschulrat. Döring, Navigationslehrer. Eller, Dr., Ingenieur. Eschricht, Dr., Kreisarzt. -Fa///, Regierungs- und Baurat. Farne, Dr., Arzt. Fischer, Dr. Oberarzt. Flater, Amtsgericbtsrat. Fortenbacher, Kreistierarzt. Freitag, Dr., Sanitätsrat. Freymuth, Dr., Sanitätsrat. Friedländer, Dr., Sanitätsrat. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Gehrke, Dr., Arzt. Giesebrecht, Kaufmann. Gläser, Dr, , Arzt. Haase, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt. Herrmann, Dr., Kreisarzt in Dirschau. Hildebrand, Medizinal- Assessor. Hobein, Dr., Oberstabsarzt. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe, Dr., Kreisarzt in Karthaus Wpr. Knochenhauer, Apothekenbesitzer. Krause, Anstaltsdirektor in Tempelburg. Krause, Stabsveterinär. Krupka, Kaufmann in Neufahrwasser. Kunath, Gasanstalts-Direktor. Kutzky, Dr., Arzt in Neustadt Wpr. Lautz , Dr., Regierungsrat. Meckbach, Stadtrat. CXII Neumann , Dr., Direktor. Nickel, Dr., Chemiker. Petruschky, Dr., Stadtarzt, Vorsteher des bak- teriologischen Instituts. Preusse, Veterinär- Assessor. Pusch, Dr., Arzt. Rehbein, Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Rousselle, Rentner. Sander, Redakteur. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Direktor des städtischen Schlacht- und Viehhofs. SchÖmann, Dr., Prof., Gymnasialoberlehrei. Schwonder, Rentner. Seemann, Dr., Regierungs- und Medizinalrat. Semon, Dr., Geh. Sanitätsrat. Semon, Dr., Arzt. Toop, Stadtrat. Tornwaldt , Dr., Sanitätsrat. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrat, Arzt in Praust. Wolf, Dr., Arzt. F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für das Jahr 1903 sind gewählt worden als: Direktor: Professor Momber. Vizedirektor: Sanitätsrat Dr. Tornwaldt . Sekretär für innere Angelegenheiten: Geh. Sanitätsrat Dr. Semon. Sekretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: Kommerzienrat Otto Münsterberg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträge). Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Stadtarzt Dr. Petruschky. Vorsitzender der Anthropologischen Sektion: vakat. Vorsitzender der Sektion für Physik und Chemie: Professor Evers. Vorsitzender der Medizinischen Sektion: Sanitätsrat Dr. Tornwaldt. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins: Regierungsrat Busenitz. Vorsitzender der Sektion für Gesundheitspflege: Regierungs- und Medizinalrat Dr. Bornträger . Für das Jahr 1904 sind gewählt worden als: Direktor: Professor Momber. Vizedirektor: Sanitätsrat Dr. Tornwaldt. Sekretär für innere Angelegenheiten : Dr. Adolf Wallenberg. . Sekretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: Kommerzienrat Otto Münsterberg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträge). Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Stadtarzt Dr. Petruschky. Vorsitzender der Anthropologischen Sektion: vakat. Vorsitzender der Sektion für Physik und Chemie: Professor Evers. Vorsitzender der Medizinischen Sektion: Sanitätsrat Dr. Tornwaldt. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins: Regierungs- und Baurat Fahl. Vorsitzender der Sektion für Gesundheitspflege: Regierungs- u. Medizinalrat Dr. Seemann^ Rudolf Virchow. Gedächtnisrede, gehalten am 160. Stiftungstage der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig, den 3. Januar 1903, von Dr. med. Ludwig Pincus, Danzig. M. H. Der Geist bewegte die Wässer — und die Menschen wurden gesund. f Rudolf Virchow, erhabener Geist, Fürst der Wissenschaft, Meister positiver Forschung, Meister klärender Kritik! Als um die Mitte des vorigen Jahrhunderts der von Würzburg auf Drängen der Berliner medizinischen Fakultät und auf stürmisches Verlangen der gesamten medizinischen Welt nach Berlin zurückgerufene junge Professor der pathologischen Anatomie — Rudolf Virchow — , der zweifellos begab- teste Schüler des berühmten Physiologen Johannes Müller, unter großem Andrang der Ärzte und nach Wahrheit strebender Männer aller Forschungs- gebiete seine Vorlesungen über eines der an sich nüchternsten Gebiete der Medizin hielt, da gab’s ein Wetterleuchten am medizinischen Horizont wie nie zuvor. Man fühlte sofort heraus: Hier spricht ein Reformator großen Stils, — hier handelt es sich nicht mehr um die überlieferten Vorträge, um die her- kömmliche Lehre von den Geweben des menschlichen Körpers im gesunden und kranken Zustande; sondern hier begann ein Läuterungsprozeß, eine wirk- same Fermentirung der seit Jahrtausenden, ja, m. H., seit Jahrtausenden, auf- gehäuften Gährungsprodukte. Man sehnte sich allgemein nach einer Reform, man suchte allgemein nach einem zuverlässigen, überragenden Führer. Männer der Wissenschaft, welche selbst Bedeutendes geleistet hatten, saßen zu Füßen des unvergleichlichen Lehrers, dessen schmuckloser Vortrag durch die überwältigende Fülle des tatsächlichen Materials, nicht etwa durch den Brustton der Überzeugung wirkte. Man folgte den Vorträgen und Demonstrationen wegen der ganz ungewöhnlichen Art der Darbietung und wegen der Fülle des Neuen mit Staunen, mit Bewunderung und angespannter 2 Aufmerksamkeit. Aber viele, fast die Mehrzahl der Ergebnisse und Tatsachen standen im Widerspruch und Gegensatz zu den herrschenden Dogmen der spekulativ aufgebauten, medizinischen Systeme. Und so entstand anfangs eine heillose Verwirrung in den mit allerlei wissenschaftlich sein sollendem Wust vollgepfropften Köpfen der Zuhörer. Die scheinbar festgefügten Lehrgebäude und Lehrsysteme stürzten in ein Nichts zusammen. Mit unerbittlicher Logik, welche auf Tatsachen fußte, von Tat- sachen ausging, nur Tatsachen gelten ließ, Tatsachen, welche in müh- seliger Einzelarbeit alle Phasen wirklich wissenschaftlicher Kritik bereits bestanden hatten, wurde weitklaffende Bresche gelegt in alle scheinbar festge- fügten, aber von unbewiesenen und falschen Voraussetzungen ausgegangenen „Systeme“. Doch Virchow war ein Baumeister von unerschöpflicher Produktivität, ein Künstler, kein Mann negirender Kritik, so weit es sich um wissen- schaftliche Dinge handelte. Er riß das alte Gebäude erst nieder, als er den wohldurchdachten Plan eines stolzen Neubaues in der Mappe hatte. Hier gab’s für ihn keine Doktrin, keine Überzeugung, wie vielleicht in der Politik; — nur Tatsachen und darauf fußende Schlußfolgerungen erkannte er an: ,,Ohne Gründe befriedigt man Caesar nicht“. Neidlos und unbedingt erkannte er an, was Gutes vor ihm bestand; er suchte es mit Bienenfleiß zu ergründen. Aber das Mangelhafte, Unlogische, Unbewiesene riß er nieder und zergliederte es, bis es in Atome zerfiel. Der weit überragende Meister führte seine begeisterten Zuhörer mit sicherer Hand in die sonnedurchglänzten Gefilde wissenschaftlicher Wahrheit. Das war eine erlösende Tat, welche die seit Jahrtausenden wurzelnden, künstlich gezogenen, künstlich gepflegten, einem wirklichen Sturmwind nicht gewachsenen Baumriesen der an Gedanken wohl, nicht aber an Tatsachen reichen medizinischen ,, Systeme“ wie ein Sturmwind wegfegte. Und der Sturmwind erhob sich zu einem Orkan, das von den mißgünstigen Leitern der medizinischen Schulen und Schulchen Deutschlands ängstlich beobachtete Wetterleuchten entlud sich in einem den Horizont zerreißenden, dräuenden Unwetter, als die gesammelten Vorträge im Druck erschienen: es war die Cellular pathologie! — Es klingt aus den Worten des Vortragenden Begeisterung. Es ist die Folge der auch in ihm tief wurzelnden Verehrung für den seltenen Mann. Und deswegen weiß der Vortragende dem Vorstande der Naturforschenden Gesellschaft wärmsten Dank für den ehrenvollen Auftrag, Ihnen an dem heutigen Stiftungsfeste den bahnbrechenden Einfluß des verewigten illustren Ehrenmitgliedes unserer Gesellschaft auf die medizinische Wissenschaft und deren Grenzgebiete zu schildern. Sie werden nicht erwarten, m. H., daß ich Ihnen heute in herkömm- licher Weise den Lebensgang dieses einzigen Mannes schildere. Derselbe ist 2 3 Ihnen Allen gegenwärtig. Denn Virchow war ganz der Unsere, er gehörte der Nation, er gehörte der Welt. Nur die charakteristischen und grund- legenden Momente aus dem Entwicklungsgänge mögen festgehalten werden. Aber die Begeisterung darf speziell in diesem Falle nicht zur Übertreibung verleiten. Denn Virchow war der Typus eines einfachen, deutschen Gelehrten, ein Forscher von unermüdlicher Arbeitsfreudigkeit, nie versagender Arbeits- kraft. Die Wahrheit schwebte ihm bei allen seinen Arbeiten als einziges Ziel vor. Seine Kritik wurde nur dann scharf, wohl auch überlegen ironisierend, wenn der Weg zur Wahrheit durch mehr oder minder geistreiche, aber unbe- wiesene Spekulationen verlegt wurde. Zu dem Typus eines deutschen Gelehrten gehört eben auch die Gründ- lichkeit, welche sich namentlich bei der historischen Aufrichtigkeit und Treue zeigt, welche Virchow allzeit betätigte. Auch sie war der Ausdruck seiner besonderen, die Zeitgenossen weit überragenden Größe. Denn, m. H., man muß ernstlich die Zeitumstände und äußeren Verhältnisse berücksichtigen, in welchen Virchow’s Lebensarbeit sich zu entfalten begann. Noch im Vorworte zu dem großangelegten Handbuche der speziellen Pathologie uud Therapie^ welches unter seiner meisterhaften Redaktion im Jahre 1854 zu erscheinen begann, und in welchem der junge pathologische Anatom berufen wurde, die berühmtesten der zeitgenössischen Kliniker zur Gestaltung eines grundlegenden Werkes .von nationaler Bedeutung, wie es die deutsche medizinische Literatur bis dahin noch nicht gekannt hatte, zu ver- einigen, gab er diesen äußeren Verhältnissen lebhaften Ausdruck, diesen leidigen Verhältnissen, welche im wesentlichen wohl entstanden waren durch den Bann, welchen die vielen Autoritäten mit ihrem sich gegenseitig befeh- denden Anhänge um die zeitgenössische Forschung gelegt hatten. Im Auslande, namentlich in England und Frankreich, verhöhnte man die deutsche Medizin, aber dennoch entblödete man sich nicht, ihr das Gute zu rauben und für eigenen Erwerb auszugeben. Es handelte sich bei den Streitigkeiten der Schulen meistenteils nur um Einseitigkeiten der Auffassung, um eine ge- wisse Schroffheit der Formulierung, häufig nur um eine Starrheit der Termi- nologie. Für Männer, welche im Besitze von empirischem Material und in der Gewohnheit wissenschaftlicher Untersuchung sind, bedarf es nur eines geringen Mutes, frühere Irrtümer einzugestehen. Deshalb bemühte sich Virchow als Herausgeber des Handbuchs, so weit es ihm als dem Jüngsten von allen gegenüber den berühmten Mitarbeitern möglich war, das Ganze auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen, nach Kräften losgelöst von den damals fast allein herrschenden Dogmen, losgelöst von allem Willkürlichen und Schulmäßigen. Deshalb auch hält VirOhow mit möglichster Konsequenz an der historischen Darstellung fest. Aber ,, Niemand ist selbständig genug, um überall konsequent zu sein und die Konsequenz 3 4 wurde selbst ein Vorwurf sein, wenn es unmöglich ist, den Tatsachen Schritt um Schritt nachgehen zu können“. Virchow hat seine Aufgabe vollkommen gelöst. M. EL, es war kein Zufall, daß gerade Virchow ausersehen wurde, das große, für die damalige Zeit hochbedeutsame Werk von nationaler Bedeutung zu redigieren. Er selbst trug lebhafte Bedenken, eine solche Aufgabe zu über- nehmen; galt es doch eine vermittelnde Bolle zwischen hochstehenden Autori- täten durchzuführen. Er selbst fühlte sich noch nicht reif dazu. Ebenso, wie er noch kurz zuvor einen an ihn ergangenen, ehrenvollen Ruf als klinischer Lehrer glaubte ablehnenzu müssen, weil er noch, wie er selbst sagt, „weiterer Vorbereitung“ bedürfe. Aber sein Ruf als Redakteur war bereits ein so gefestigter und allgemein rückhaltlos anerkannter geworden, daß er sich dem Drängen des Verlegers und der Mitarbeiter nicht zu entziehen vermochte. Ganz ähnlich so vollzog sich bald darauf sein Eintritt in die Redaktion der Jahresberichte über die Fortschritte der gesamten Medizin. Das Alles war wie gesagt kein Zufall. Denn schon war eine stattliche Reihe des von ihm anfangs gemeinsam mit Reinhardt,, einem persönlichen Freunde und begabten, wissenschaftlich tätigen praktischen Arzte in Berlin, im Jahre 1847 begründeten Archivs für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin erschienen. Und die medizinische Welt hatte er- kannt, daß es sich hier nicht um eine herkömmliche, redaktionelle Tätigkeit des eben erst 25 Jahre alt gewordenen Prosektors am Charite-Krankenhause zu Berlin handelte, sondern daß hier zielbewußt eine groß angelegte Reform des medizinischen Unterrichts, des medizinischen Denkens, der theoretischen und der praktischen Medizin in die Wege geleitet werden sollte und tatsächlich vorbereitet und durchgeführt wurde. „Wer eilig will ein mächtig’ Feuer machen, Nimmt schwaches Stroh zuerst. . .“ Hier aber entstand die Alles versengende Flamme aus kerniger Glut! M. H. Sie wollen bedenken, Virchow war eben 25 Jahre alt geworden, er hatte sich eben erst, am 6. November 1847, 4 Jahre nach dem Staats- examen, als früherer Zögling der Militärärztlichen Bildungsanstalten, der sog. Pepiniere, in Berlin, auf Befehl des Generalstabsarztes der Armee an der Berliner Universität habilitiert. Und schon sprach er zur Überraschung der Autoritäten in einem „Prospectus“ davon, daß er zur Gründung der neuen Zeitschrift bestimmt werde, weil es an einer charaktervoll geleiteten Zeit- schrift fehle. Charaktervoll? Virchow hat uns das Wort in diesem Zusammenhänge nicht speziell definiert. Aber was bedeutet es anderes, als daß er den Mut besaß, seine Kraft zu gebrauchen? Aufrichtigkeit ist die Quelle aller Genialität. Der Standpunkt, welchen das Archiv innehalten sollte, war der natur- wissenschaftliche. Die praktische Medizin als die angewandte theoretische, 4 5 die theoretische als pathologische Physiologie, d. h. als die naturwissen- schaftliche Erforschung des kranken Lebens, sie schwebten ihm als zu erstrebendes Ideal vor. Die pathologische Anatomie und die Klinik galten ihm vorzugsweise als die Quellen für neue Fragen. Und die neuen Fragen sollten durch umfassendes Einzelstudium der Erscheinungen am lebenden Körper und der Tatsachen an der Leiche beantwortet werden. Eine gesunde Erfah- rung sollte die Grundlage der theoretischen Medizin, und die pathologische Phy- siologie die wahre Theorie der Medizin sein. Das war für die damalige Zeit ein unerhörtes, reformatorisches Programm. Aber der bald eintretende Erfolg hat gelehrt, daß Yirchow auf dem richtigen Wege war. Aus Zweiflern und Gegnern wurden bald überzeugte Anhänger. Und wer anfangs nicht zu folgen vermochte, wurde durch die Wucht der Tat- sachen bezwungen. Schon die ersten Bände des Archivs legten Zeugnis ab für die erstaunliche Produktivität seines Herausgebers, für seine Arbeitskraft, für seinen durch- dringenden, überragenden Verstand. Man muß sich im Geiste hineinversetzen in jene Zeit der Gährung, um ermessen zu können, welchen gewaltigen Eindruck die Bestrebungen machen mußten, die theoretische und praktische Medizin auf eine naturwissen- schaftliche Grundlage zu ‘steilen. Virchow hat das Programm tatsächlich charaktervoll durchgeführt. Es wurde ihm nicht schwer. Denn er selbst war sein fruchtbarster und tüchtigster Mitarbeiter. Und bald strömten ihm von allen Weltgegenden Beiträge zu, welche geeignet waren, wissenschaftliche Fragen durch Tatsachen zu fördern. Das Archiv erreichte in kurzer Zeit eine Höhe, wie kaum eine andere Zeit- schrift je zuvor. Und dieses Ansehen hat es sich dauernd zu wahren gewußt. Es war für jeden medizinischen Schriftsteller eine Ehre, sich in Virchows Archiv, wie es allgemein kurz genannt wurde., gedruckt zu sehen. Seine Aus- wahl war eine sehr strenge. Das Naturwissenschaftliche in der Forschung wirkte belebend und anregend auf die durch die vielen verworfenen und immer wieder durch neue ersetzten Systeme erschöpften Geister1). Nur das treue Werk der Beobachtungen und Experimente, welches Virchow unermüdlich und mit überzeugender Kraft der Worte anregte, behielt dauernden Wert. Beobachtungen und Experimente, sie bildeten die naturwissenschaftliche Basis, auf welcher die moderne Medizin unter Virchows energischer Führung heranwuchs. — Die pathologische Phy- siologie, also, m. H., die naturwissenschaftliche Erforschung des kranken Lebens, des Lebens unter veränderten Bedingungen, die Erforschung des Ablaufs der Lebenserscheinungen unter veränderten Bedingungen, durch Beobachtung, Kritik und Experimente, sie sollte die Feste der wissen- schaftlichen Medizin bilden, an welcher die pathologische Anatomie und die Klinik nur Außenwerke sind. J) „Über die Standpunkte in der ■wissenschaftlichen Medizin.“ Archiv, Bd. I, 5 6 Es war natürlich, daß er Widersacher fand. Man verstand ihn nicht, und - — man wollte ihn nicht verstehen. Aber Virchow war eine freudige Kampfesnatur; er liebte den Kampf. Denn die Wucht der in ernster, müh- samer Arbeit gewonnenen, kritisch gesichteten Tatsachen sagte ihm, daß er Sieger bleiben werde und müsse. Der ihm eigene sarkastische Zug, die ungewöhnlich fließende und logische Dialektik und Diktion, sie bezwangen alle Gegner. Es war unmöglich, ihm auf die Dauer zu widerstehen, — so ge- waltig war die Fülle der Tatsachen, welche dieser einzelne Mann gesehen, entdeckt und gedeutet hat, — so vernichtend war die überlegen ironi- sierende Kritik. Immer noch den alten Kohl Kochen faule Bäuche, Neuer Wein geziemt sich wohl In die neuen Schläuche. — Man sieht das charakteristische feine Lächeln über sein Gesicht huschen, als er diese Reime Limbergs zitiert1). Es wird uns Epigonen nicht schwer, die versunkenen Systeme im Sinne Virchow s, unseres großen Meisters und Lehrers, zu bewerten; denn schon die weitere Entfernung vom Ausgangspunkt gestattet eine freiere Übersicht. Aber damals lebte man von dem alten Kohl; er war das tägliche Gericht der Ärztegeneration in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, bis in die Zeiten hinein, da Virchow s Archiv gegründet wurde. Leitende Zeitschriften verhöhnten das Mikroskop und die Ergebnisse der Mikroskopiker. Die angesehene Wochenschrift für die gesamte Heilkunde versah in den Kritiken das Wort Mikroskop mit einem vielsagenden (!). Es paßte eben nicht in ihren Kram, es paßte nicht in das System, in die philo- sophisch aufgebauten Lehrsätze. Man fürchtete die Tatsachen, man fürchtete das Licht, — und man bekämpfte es aphoristisch. Virchow kämpfte mit Kraft und Wucht, welche aus dem Besitze sicheren Materiales quoll, für das Recht des Einzelnen. Er bekämpfte die Autorität, indem er die Voraussetzungen zergliederte. Nicht Logik, nicht Philosophie, nicht Schule, nicht System war ihm von Wert; — er faßte es an den Wurzeln, an den fehlerhaften Prämissen. „Die Prämissen aber sind stets empirisch, das Werk der Anschauung, am besten der eigenen, allenfalls der beglaubigten fremden 2)“. Darum forderte er die freie Entwicklung des Individuellen. Er wollte den einzelnen Forscher absolut frei machen von der Willkür und der Doktrin eines andern. Er bekämpfte die Autorität, aber auch die Schule. Die Vernichtung der Autorität war gleichbedeutend mit der inviduellen Entwick- lung des Einzelnen. Der einzelne Forscher konnte sich betätigen, konnte x) Über die Reform der pathologischen und therapeutischen Anschauungen durch die mikroskopischen Untersuchungen. Archiv, Bd. I., H. 2, S. 207. 2) Autoritäten und Schulen. Archiv, Bd. V., H. 1. 6 7 tatsächliches Material herbeischajffen, konnte Bausteine liefern zu dem geplanten großen Neubau der medizinischen Wissenschaft. Und die Schule bekämpfte er, damit sie die Methode der Forschung ändere. Es sollte für Alle ohne Ausnahme nur einen gangbaren Weg zur Förderung der Wissenschaft geben: ,, Sichere und vollständige Prämissen; Tatsachen, welche durch die sinnliche Beobachtung, durch Autopsie und Ex- perimente erkannt und geprüft worden und mit allen Bürgschaften glaubhafter, zuverlässiger Gewährsmänner umgeben sind.“ Und das Streben nach Erlangung sicherer Tatsachen schärfte die Kritik. Auch sie wurde empirisch, nicht räsonnierend. Die Negation der philo- sophischen Richtungen in der Medizin, der Rationalismus der sogenannten rationellen Medizin, ■ — sie erlagen dem Ansturm der Empirie. Die natur- wissenschaftliche Richtung gewann die Oberhand und mußte sie gewinnen : aber sie wurde im Sturmlauf Siegerin. Denn in Rudolf Virchow war der rechte Mann am rechten Ort und zur rechten Zeit erstanden, — ein Refor- mator großen Stils, — eine Persönlichkeit! — Er war ein Reformator im besten Sinne des Wortes; — er war durchaus kein Revolutionär. Er fürchtete sogar die Revolution in der Medizin: „Die Revolution frißt ihre eigenen Kinder.“ Er erstrebte die Entwicklung durch mühsame, sorgfältige Einzelarbeit, er forderte den Zweifel, das Mißtrauen, und wollte durch Zweifel und Mißtrauen zur Überzeugung und zum Vertrauen, zur Ruhe, führen. Und so erstrebte er nach Vernichtung der oktroyierten Autorität die Wiederherstellung der Autorität auf naturwissenschaftlicher Basis. „Die empirische, naturwissenschaftliche Methode erkennt Autoritäten an, aber nur für die Beobachtung.“ Doch für die Schlüsse, für die Verwertung des Beob- achteten weist er die Autorität zurück. „Die Möglichkeit der Er- klärung ist kein naturwissenschaftliches Kriterium, denn wir wissen vieles em- pirisch, für welches uns die Erkenntnis des Grundes abgeht. Vieles Uner- klärliche und Wunderbare ist möglich.“ — Sie haben erkannt, m. H., daß es sich hier nicht um einen Werdeprozeß auf der Basis geistvoller Einfälle handelt, sondern daß Virchow die Fülle des lebendigen Wissens, den großen Besitzstand an wissenschaftlicher Er- kenntnis, durch welche er bis in sein hohes Alter hinein jede Diskussion, jeden Gegenstand seines ungemein großen Arbeitsgebietes meisterhaft be- herrschte, durch kühl abwägende Arbeit, durch eisernen Fleiß und durch ein ungewöhnliches Maß kritischer Begabung erwarb. Unterstützt wurde er darin durch ein starkes und treues Gedächtnis, in welchem selbst flüchtige Eindrücke dauernd hafteten. Mit erstaunlicher Sicherheit fand er bei allen ihn be- schäftigenden Fragen diejenigen Punkte heraus, an welchen der Hebel zur weiteren Erkenntnis anzusetzen war. Bei Virchow zeigte sich so recht die Wahrheit des bekannten Spruches Bacons, des Philosophen der Induktion: Prudens interrogatio est quasi dimidium 7 8 scientiae, ■ — eine kluge Fragestellung ist gleichsam die halbe Wissenschaft. Durch kluge Fragestellung und kritische Arbeit drang Virchow, wie niemand zuvor, in die Erkenntnis der Dinge ein. Der Weg war ein mühseliger. Aber das „Vere scire est per causas scire“ desselben Bacon, das „Warum ?“ in der Erforschung und Deutung der Tatsachen, barg für ihn den Anreiz zu unermüdlicher Arbeit. Sie war und wurde ihm Bedürfnis. Noch im hohen Alter, als bei Gelegenheit der Festfeier des 80sten Geburtstages das Mitglied des Festausschusses, Herr Ministerialdirektor Althoff, die Festversammlung durch Überreichung der mit besonderer Freude aufgenommenen Druckschrift „Der kleine Virchow“ überraschte, welche die Meldung zur Reifeprüfung am Gymnasium zu Köslin, Ostern 1839, und den deutschen Examens-Aufsatz enthielt, erinnerte sich Virchow mit Freude und Stolz der von ihm nieder* geschriebenen Ausführungen. Das Thema des Aufsatzes lautete: „Ein Leben voll Arbeit und Mühe ist keine Last, sondern eine Wohltat.“ Die Dar- legungen des jungen Abiturienten atmen einen hohen Grad sittlicher Kraft. Und der werdende Mann und der Mann in der Vollkraft der Produk- tivität, sie lebten getreu diesen Worten. Der Aufbau der medizinischen Wissenschaft auf dem Wege der Induktion war ein unendlich mühseliger, aber Virchow hat ihn mit einer Tatkraft durchgeführt, welche schon die Zeitge- nossen staunen machte, welche den Epigonen heroisch erscheinen muß. Schon sein Werdegang glich einem Siegeszuge, und einem Triumphator gleich um- jubelte ihn die Kulturwelt bei Gelegenheit seines 80sten Geburtstages. Seine Erfolge waren unbestritten — sie mußten unbestritten bleiben; denn sie gingen hervor aus richtig gedeuteten Beobachtungen und Tatsachen. — Johannes Müller, der berühmte Physiologe, sein großer Lehrer und Förderer, ein scharfer und klarer Beobachter, hatte ihm die Wege geebnet, hatte ihn vor allen Dingen mit der naturwissenschaftlichen Forschungs- methode vertraut gemacht. Als der wegen seines agitatorischen, politischen Auftretens bei seinen Vorgesetzten Behörden mißliebig gewordene junge Virchow im Jahre 1849 einen Ruf als Ordinarius nach Würzburg annahm, gezwungen war ihn anzu- nehmen — man darf mit Hamlet sagen: „Er hatte keine Rent’ als seinen muntern Geist, Um sich zu nähren und zu kleiden . . .“ — , da entließen ihn seine Mitarbeiter und Freunde in der Hoffnung auf baldige Wiederkehr. Die Rückkehr wurde vor allem durch seinen Lehrer Johannes Müller vorbereitet. Derselbe verzichtete freiwillig auf einen Teil seines Lehrauftrags, welcher auch die pathologische Anatomie umfaßte, und stellte in der Fakultät den dringlichen Antrag auf Virchow s Rückberufung und Auf- richtung eines besonderen Lehrstuhls für pathologische Anatomie. Es ist be- kannt, daß Friedrich Wilhelm IV. die Berufung anstandslos genehmigte, als seine Frage, ob man Virchow in Berlin nötig habe, vom Minister bejaht wurde. 9 So kehrte Virchow im Jahre 1856 nach Berlin zurück, an die Stätte seiner ersten Erfolge, seines Weltruhms, seiner Unsterblichkeit. Nimmer hat er seines großen, warmherzigen Lehrers vergessen; — er ehrte sich selbst, als er 1858 in der Aula der Universität seines Lehrers Gedächtnis in form- vollendeter, geistvoller Rede feierte. Virchow war inzwischen herangereift. Er hatte eine überwältigende Fülle von Beobachtungen gesammelt und hatte im anregenden Verkehr mit Kölliker, dem großen Würzburger Anatomen und Begründer der Entwick- lungsgeschichte, seine Vorliebe für die naturwissenschaftliche Forschungs- methode noch weiter befestigt. Und in Berlin fand er nun Gelegenheit, seinen Genius zu entfalten. Hier erstand unter seiner zielbewußten und energischen Führung in herrlicher Blüte die Pflanzschule einer großen Zahl akademischer Lehrer der anatomischen und zahlreicher klinischer Fächer, eine Bildungsstätte von vorbildlicher, internationaler Bedeutung. Hier hielt er unter großem Zustrom von Ärzten aus aller Welt seine berühmten Vorlesungen über die von ihm begründeten, neuen Anschauungen in der Lehre von den Krankheiten. Hier erschien im Jahre 1858, hervor- gegangen aus den Stenogrammen seiner Vorträge, sein berühmtes Lebenswerk: die Cellularpathologie, ein Buch von epochemachender Bedeutung, welches von beispiellosem Erfolge gekrönt war. Schon 1861 waren drei Auflagen und Über- setzungen in fünf fremden Sprachen erschienen, von welchen namentlich die eng- lische von Chance, die französische von Picard und die holländische von Gunning und van Trigh weite Verbreitung fanden. Während des großen amerikanischen Krieges wurde das Buch in mehreren Auflagen für die Militärärzte gedruckt. Es ist nicht übertrieben, wenn der Vortragende sagt, daß dieses Buch, zum wenigsten sein Titel, weit über die Fachkreise hinaus populär wurde. M. H. Das Buch enthält ein Programm, ein wissenschaftliches Glaubensbekenntnis, — eine Weltanschauung. Aber diese Weltanschauung wurde nicht durch geistreiche Einfälle, sondern durch aufopfernde Einzelarbeit und durchdringende Kritik, durch strengste Selbst- kritik, mühsam errungen. Und die Folge war eine Umwälzung in den An- schauungen aller wissenschaftlich denkenden Ärzte Deutschlands, Europas, der Kulturwelt. Es war keine Revolution, es war zielbewußfce Reform. Denn aus den Aschenhaufen erstanden allgemeine Gesetze, welche Rudolf Virchow aus vorsichtigen Deutungen und Schlußfolgerungen hatte formulieren können. Man hat wohl gesagt: Virchow lehrte hier die Biologen cellular denken. Sie wollen mir gestatten, m. H., daß ich hierzu eine Erklärung gebe. Den Begriff der Zelle darf man wohl als bekannt voraussetzen. Zellen sind die mit Hilfe des Mikroskops erkennbaren, kleinsten Teile des Körpers, welche, wie zuerst Virchow bewiesen hat, bei allen Geweben im großen und ganzen über- einstimmende Struktur zeigen. Sie stellen ein Bläschen dar, welches mit einem dünnen Häutchen umgeben ist, einen mehr oder weniger gekörnten 9 10 oder auch gleichmäßigen Inhalt und einen Kern enthält. Ganze Zellterritorien ähneln den Bienenwaben, — daher der Name Zelle. Virchow konnte nun zunächst auf Grund seiner positiven Forschungs- ergebnisse das wichtige Grundgesetz von der Kontinuität der Zellbildung be- weisen; er konnte beweisen, daß die Zelle nicht aus dem Gewebe entsteht, sondern daß eine Zelle, durch den Reiz des Samens angeregt, anfängt sich zu teilen und dann fortgesetzt neue Zellen bildet. Es ist das berühmte Gesetz, welches Virchow mit den Worten in die Wissenschaft einführte: Omnis cel- lula e cellula, d. h. es besteht eine kontinuierliche Entwicklung neuer Zellen aus alten. Die Tochterzelle entsteht aus der Mutterzelle durch Teilung dieser oder durch Knospung. Diese Wahrheit hatte er bereits 1855 erkannt, sie wurde hier nur im Zusammenhang wiederholt und ausführlicher begründet. Es ist mithin historisch nicht ganz richtig, wenn man sagt, daß der inhaltsschwere Spruch: „Omnis cellula e cellula“ zuerst in der Cellularpathologie niederge- schrieben wurde. Schon 1855 sagte Virchow: „Ich formuliere die Lehre von der pathologischen Generation, von der Neoplasie einfach: omnis cellula e cellula. Ich kenne kein Leben, dem nicht eine Mutter, ein Muttergebilde gesucht werden müßte.“ Virchows unsterbliches Verdienst ist, daß er übernatürliche und wunderbare Vorgänge durch natürliche und begreifliche ersetzte. Dann aber wiederholte er die Fragestellung Morgagnis, des großen Bo- logneser Anatomen des 18ten Jahrhunderts, welchen er noch in den letzten Jahren seines Lebens, auf dem internationalen Kongreß zu Rom, 1894, in einer pietätvollen Gedächtnisrede feierte, — er stellte die Frage: ubi est morbus, wo ist der Sitz der Krankheit? Und wiederum brachte die Antwort ein epochales Grundgesetz: Die Krankheit ist kein ontologischer Begriff, wie man bis dahin glaubte, kein Wesen für sich, welches in den Körper eindringt und sich bald hier, bald dort bemerkbar macht; sondern die Krankheit, die krankhaften Veränderungen gehen zurück auf Störungen im Aufbau und in der Funktion der Zellen. Die Zellen, die feineren organischen Vorgänge des Zellenlebens bilden die einzige Grundlage einer vernunftgemäßen Krankheitslehre. Dieselben sind die Trä- gerinnen der normalen, aber auch der krankhaften Lebensvorgänge. Die Krankheit ist ein Leben unter veränderten Bedingungen, unter Bedingungen, welche denselben Gesetzen, wie der lebende Körper überhaupt, unterliegen. Der Körper erscheint als eine Summe vitaler Einheiten, von denen jede den vollen Charakter des Lebens an sich trägt. Die Cellularpathologie war Virchows grundlegendes Lebenswerk. Sie gab den Anstoß zu unzähligen wissenschaftlichen Arbeiten und Erfolgen. Sie hat siegreich die Kritik bestanden, welche die neueste Epoche der Medizin, die von Pasteur, Robert Koch und seiner Schule begründete Bakteriologie, herbeiführte. Virchow selbst fühlte die Erschütterung seiner Lehre, aber das schwankende, stolze Gebäude war zu fest fundamentiert. Es bedurfte nur solange einer Stütze, bis eine Klärung in den Anschauungen eingetreten war, 10 11 bis die neue Errungenschaft, welche die Bakteriologie der Welt gebracht, von allem Unbewiesenen befreit war. Es war für Virchow eine große Freude, als ihm von seiten der Bakteriologen zugestanden wurde, daß zwischen der Bakteriologie und der Cellularpathologie erhebliche Berührungspunkte vor- handen sind, daß zwischen der Entstehung der spezifischen Immunität, d. h. der Unempfänglichkeit für gewisse Krankheiten, und den einzelnen Zellarten ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Virchow selbst erkannte, daß dei der Infektion ein Kampf der Bakterien mit den Zellen stattfindet. Und bei dem heutigen Stande der Lehre von der Immunität darf man darauf zurückgehen, daß bei der Bildung der Stoffe, welche die von den Bakterien gebildeten Gifte vernichten oder die Bakterien selbst hemmen oder abtöten, die Zellen eine Hauptrolle spielen. Wir wissen nicht, m. H , was in der Zeiten Schoße ruht; das aber wissen wir, daß die Lehre von den Zellen mit fortschreitender Erkenntnis sich weiter entwickeln wird. Dabei wäre es ziemlich belanglos, wenn man mit verbesserter Untersuchungstechnik schließlich noch auf eine kleinere vitale Einheit, als es die Zellen sind, zurückgeht. Denn, m. H., das wäre eine Fort- entwicklung der Lehre Virchows, durchaus keine Widerlegung. Und eine in der Entwicklung und Ausbildung fortschreitende Wissenschaft bleibt zum mindesten in relativer Gültigkeit bestehen. Wahrlich hier gilt das Wort: Veritas nova divina quadam necessitate coacta emerget, die neue Wahrheit, sie entsprang einer göttlichen Vorsehung. Und die neue Wahrheit, sie wurde errungen durch rastlose, beharrliche, bewundernswerte Arbeit, sie wird bleiben und befruchten, sie wird die Jahrhunderte überdauern, — per aspera ad astra, durch Kampf zur Erleuchtung! — Man hat wohl gesagt, die Cellularpathologie habe die theoretische, die wissenschaftliche Medizin auf eine naturwissenschaftliche Basis gestellt, sie neu geschaffen, sie von allem Übernatürlichen, Mystischen befreit; aber für die Praxis, für die praktische Medizin sei sie steril, wertlos geblieben! Mit Un- recht! Virchow selbst glaubte an Therapie, er hat es selbst wiederholt aus- gesprochen; besonders nachdrücklich hat er es im Vorworte seines Handbuchs betont, als seine Cellularpathologie schon fast durchgebildet war. Und in einem damals Aufsehen erregenden Leitartikel im zweiten Bande seines Archivs, also schon im Jahre 1848, sprach er sich scharf gegen das ewige Abwarten, gegen den Zweifel in der Therapie, gegen die therapeutische Verzweiflung der damaligen Arzte aus1). Virchow selbst war viele Jahre leitender Arzt einer Kranken- abteilung an der Charitö, er stand also mitten in der Praxis. Noch bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein machte er gelegentlich Kon- sultationsreisen. So weilte er in jenen aufgeregten und denkwürdigen Tagen, als die bekannte Duellangelegenheit zwischen Bismarck und ihm schwebte, zwecks eines Krankenbesuchs in Elberfeld. 0 „Über die Standpunkte in der Therapie “ Archiv, Bd. II., auch „Spezifiker und Spezifisches.“ Archiv, Bd. VI. n 12 Und in der Tat gelang es ihm, auch der Therapie, also der prak- tischen Medizin, ganz neue Bahnen zu weisen. Durch den anatomischen Gedanken, durch den Nachweis des Sitzes der Krankheiten in den Zellen, wurde den Praktikern überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, gegen die Krankheitsveränderungen direkt vorzugehen. Das gilt von den Krankheiten im allgemeinen, das gilt im besonderen von den krankhaften Geschwülsten. Auch die Lehre von den krankhaften Geschwülsten befreite Virchow in mühseliger Einzelarbeit von allem Mystischen und Uebernatürlichen. Er zeigte, daß die Geschwülste aus denselben, oder doch sehr ähnlichen Geweben bestehen, wie die normalen Teile des Körpers. Dadurch vor allem gewannen die Chirurgen den Mut, gegen die Geschwülste operativ und zielbewußt vorzugehen. Virchow s Riesenwerk über die Geschwülste übertrifft an Glanz fast noch die Cellularpathologie. M. H., Alles unter der Sonne entwickelt sich historisch. Auch die Cellular- pathologie hatte ihre Vorläufer: „ ... so schreiten auch den großen Geschicken ihre Geister schon voran.“ Das hellleuchtende Dreigestirn: Aristoteles, Bacon, Newton, hatte die induktive Forschungsmethode in die Naturwissenschaft eingeführt. Bichat und John Hunter erkannten sie auch für die Förderung der medizinischen Wissenschaften als die allein richtige Methode an. Bichat vor allem war seinen Zeitgenossen weit vorausgeeilt, in ihm regte sich ein umfassender Genius. Doch das Schicksal hatte ihm nur 31 Lebensjahre zugemessen. Und nur 2 Jahre seines Lebens konnte er in leitender Stellung als Chefarzt am Hotel Dieu zu Paris wirken. Diese zwei Jahre hatten zur Publikation bahn- brechender und grundlegender Arbeiten im Sinne der positivistischen Richtung Virchows genügt. Sein Andenken wird nicht erlöschen. Soeben feierte man in Frankreich die Hundertjahr erinnerung seines Todestages. — Aber erst unserm Virchow war es beschieden, auf dem Wege der Induktion alle die Lehren, Meinungen und Glaubenssätze, welche bis auf die Mythen grauer Vorzeiten zurückreichen, vollkommen zu vernichten uni die neuen Wahrheiten zum Siege zu führen. Von seinen unmittelbaren Vorgängern war Rokitansky in Wien, der Vater der pathologischen Anatomie, und Schwann, der Portentwickler der Lehren Schleidens und Begründer der tierischen Zellenlehre, die bedeutendsten. Man hat Rokitansky nicht selten auch als den Begründer der neuen Richtung in der Medizin bezeichnet. Mit Unrecht. Denn, m. H., für Rokitansky war die pathologische Anatomie das eigentliche Ziel der Entwickelung, für Virchow war sie dagegen nur ein Mittel zum Ziel: für Virchow war die Medizin eine Naturwissenschaft, und die Methode der Forschung eine natur- wissenschaftliche. 12 13 Virchows treuer historischer Sinn — man hat ihn nicht mit Unrecht einen der besten zeitgenössischen Kenner der Geschichte der Medizin genannt — schützte ihn vor Prioritätsstreitigkeiten. Er ward seinen Vorgängern ge- recht. Er stellte sich auf ihre Schultern. Aber er war nicht etwa größer als sie, weil er auf ihren Schultern stand, sondern weil er mühsame Unter- suchungsreihen an die Stelle von Vermutungen, positive Leistungen an die Stelle von Meinungen setzte. Das eben war ja das Geheimnis seiner Arbeiten und Erfolge. Dadurch gelang es ihm, auch in zahlreiche andere, wichtige Gebiete der Pathologie Klarheit zu bringen. Es würde jedoch zu weit führen, hier auf Einzelheiten einzugehen; es seien aus der fast unübersehbaren Reihe seiner grundlegenden Studien nur seine schönen Arbeiten über die Blutkrankheiten, die Trichinen, über Tuberkulose, Cholera, Syphilis und Rhachitis genannt. — Mit den beiden bahnbrechenden Büchern der Cellularpathologie und der Lehre von den krankhaften Geschwülsten schloß im wesentlichen die produktive Arbeit Virchows auf dem Gebiete der Pathologie ab. Seinem weitausgreifenden, umspannenden Genius genügte es nicht mehr, den Gesetzen des menschlichen Körpers auf der breitgebahnten und leicht gangbaren Land- straße, deren Bau sein eigenes Werk war, nachzuforschen. Die naturwissen- schaftliche Richtung in der Medizin war längst Allgemeingut geworden, an allen Hochschulen der Kulturwelt arbeitete man im Sinne der von ihm gewiesenen Richtung weiter. Sein schöpferischer Geist verlangte nach Höherem; — er suchte eine Beschäftigung und Tätigkeit, welche seinen universellen Gedanken- flug anregte; — er widmete sich der Erforschung, der Fortbildung ganzer Volksstämme, des gesamten Menschengeschlechts. So wurde er Ethnolog, Anthropolog, Archäolog; — so Hygieniker und Politiker, Sozialpolitiker und — ein Mann des Volkes; auf jedem Gebiet eine geistige Individualität: ein Aristoteles. Was Virchow in Angriff nahm, ward wie bei Aristoteles von Erfolg gekrönt. Virchow übertrug die naturwissenschaftliche Methode der For- schung auch auf die Anthropologie, die scharfumgrenzte Fragestellung, die Induktion. Er gewann aus umfassenden Einzelstudien bescheidene Schluß- folgerungen und aus der Summe der Schlußfolgerungen allgemeine Gesetze. So ward er der Begründer, der Vater der modernen Anthropologie, ihr ziel- bewußter, tatkräftigster Förderer und Führer. Er gründete die Berliner Anthropologische Gesellschaft und erreichte allmählich durch seine Tatkraft und seinen persönlichen Einfluß den Zusammenschluß aller Vereine für Anthro- pologie, Ethnologie und Prähistorie des deutschen Sprachgebiets zu einer Ge- sellschaft mit gemeinsamem Arbeitsprogramm. Virchows Einfluß ist es zu verdanken, daß an den meisten deutschen Universitäten die Anthropologie offiziell gelehrt wird. Das Ausland beneidet uns darum, ln der Sitzung der französischen Akademie der Medizin vom 21. Dezember 1902 sagte Pozzi als 13 14 Berichterstatter über das große Werk Testuts, man solle sich ein Beispiel an Deutschland nehmen. Unser früherer, hochverdienter Kollege Lissauer schrieb in der Festnummer der deutschen medizinischen Wochenschrift zum SOsten Geburtstage Yircho ws : „Wer Virchows Verdienste um die Anthropologie ganz würdigen wollte, der müßte eine Geschichte der deutschen, und damit eines großen Abschnitts der Anthropologie überhaupt schreiben.“ Die Zahl seiner Abhandlungen und Mitteilungen aus dem Gebiete der Anthro- pologie beträgt über 1000. Viele von ihnen berühren wichtige prinzipielle Fragen, viele sind von ausschlaggebender Bedeutung. Schon während seiner Würzburger Zeit, im Jahre 1851, erschien seine grundlegende Arbeit: „Über den Kretinismus und über pathologische Schädelformen.“ Und eben begann der Druck seiner Cellularpathologie, als im Jahre 1857 seine berühmten Unter- suchungen über die Entwicklung des Schädelgrundes im gesunden und kranken Zustande und über den Einfluß derselben auf Schädelform, Gesichtsbildung und Gehirnbau erschien. Diese Untersuchungen gewannen, ganz abgesehen von den positiven Er- gebnissen, eine prinzipielle Bedeutung für die Anthropologie. Denn hier zum ersten Male wurde der anatomische Gedanke auch auf die Anthro- pologie übertragen. Auch finden sich hier bereits seine ersten systematischen Schädelmessungen, durch deren typische Ausbildung Virchow später den Grund zum Ausbau der Kraniologie, der vergleichenden Schädellehre, legte. Er übertrug den anatomischen Gedanken auch in die Ethnologie und suchte durch Auffindung typischer Merkmale am Schädel und in der Ent- wicklung des Knochengerüstes für die wissenschaftliche Erkenntnis ganzer Volksstämme sichere Anhaltspunkte zu gewinnen. Seine Abhandlung über einige Merkmale niederer Menschenrassen am Schädel, über die ethnologische Bedeutung des os malare bipartitum, über Schwanzbildung, und viele andere, geben für ähnliche Forschungen seitdem die Richtung an. Von klärender Bedeutung waren seine Untersuchungen der Skelettknochen aus den alt- trojanischen Gräbern; von derselben vornehmen Wissenschaftlichkeit getragen waren seine schönen Arbeiten zur Kraniologie, der vergleichenden Schädel- lehre, durch welche es ihm gelang überlieferte Irrtümer in der Charakteristik des germanischen Schädels zu beseitigen. Er erbrachte den Beweis, daß die Dolicliocephalie, die Langschädeligkeit, demselben durchaus nicht ausschließlich eigentümlich ist, daß im Allgemeinen das Verhältnis der Höhe zur Länge wichtiger ist als das der Breite zur Länge. Seine Darstellung der Schädel- verbildungen in seiner umfassenden Untersuchung über die amerikanischen Schädel darf wegen ihrer Klarheit als vorbildlich für ähnliche Untersuchungen bezeichnet werden. Bewunderung in allen Kulturstaaten erregte seine Massen- umfrage über die Farbe der Haare, Haut und Augen der Schulkinder, welche zur Feststellung der Ausbreitung des germanischen Urtypus unternommen wurde. Dieselben wurden später auch auf Oesterreich und die Schweiz aus- gedehnt. Mit besonderer Wärme ' erinnerte sich Virchow, wie aus seinen 14 15 „Blättern des Dankes“ hervorgeht, noch bei Gelegenheit seines SÖsten Geburts- tages dieser Umfrage. „Wo immer die Gelegenheit sich darbot,“ schreibt Lissauer, „da dehnte Virchow seine Untersuchungen auch auf die Lebenden aus. Seine anthropo- logischen Analysen der Lappen, Eskimos, Patagonier, Feuerländer, Kaffern, Australier und anderer Stämme sind mustergültig geworden. Die Frage der Akklimatisation der verschiedenen Rassen, die Fragen der Kriminalanthropo- logie, der Volkskunde beschäftigten ihn eingehend . . .“. Wer von den Teil- nehmern an dem Danziger Anthropologen-Kongreß, 1891, erinnert sich nicht mit Freude jener Scene, als Virchow gleich nach der Landung auf der Halbinsel Heia mit dem anscheinend mißtrauischen alten Helenser Fischer zwecks Vor- nahme von Schädelmessungen verschwand? Seine wertvollen Studien über das deutsche Haus und das von ihm be- gründete und gepflegte Volkstracliten-Museum legen u. A. Zeugnis ab für sein reges Interesse an der Erforschung des deutschen Volkstums. Seine Erfolge auf dem Gebiet der Urgeschichte beruhen ebenfalls darauf, daß er die naturwissenschaftliche Methode auch hier verwertete. Durch seine bezüglichen, das ganze Gebiet der Urgeschichte umfassenden Arbeiten und nicht minder durch seine persönlichen Anregungen wurde die Prähistorie zu einem wichtigen Zweige der Kulturgeschichte erhoben. Seiner durchdringenden Sachkenntnis und sicheren Kritik ist es zu verdanken, daß der anfangs allgemein verspottete Heinrich Schliemann zur Anerkennung gelangte. Der Umschwung in der Beurteilung des großen Pfadfinders knüpfte sich hauptsächlich an Virchow’s „Beiträge zur Landeskunde der Troas£f, welche 1879 in Berlin erschienen, und an seine persönliche Parteinahme für Schliemann. Seine weiten Reisen durch ganz Europa und wichtige Teile von Afrika und Asien, welche im wesentlichen durch seine leitende Stellung zur Anthro- pologie, Ethnologie und Urgeschichte bedingt wurden, bilden ein belebendes Element in der schöpferischen Produktivität der letzten Jahrzehnte seines Lebens. Ein Kongreß ohne Virchow an der Spitze war undenkbar. Er war der berufene Präsident. Noch kurz vor seinem tötlichen Unfälle plante er mit seinen Freunden die Reise zum Ägyptischen medizinischen Kongreß, welcher in diesen Tagen in Kairo tagte, und dessen Ehrenpräsidium er auf direkte Einladung des Khedive übernommen hatte. Auf keinem seiner Forschungsgebiete hatte Virchow noch bis in die letzten Jahre seines Lebens hinein so viele und harte Kontroversen als auf dem Gebiete der Anthropologie. Der Grund lag einzig und allein an dem naturgemäßen Mangel positiver Tatsachen. Denn für Virchow waren Tat- sachen, sachliche Argumente, die Vorbedingung eines wirklichen Fortschritts, wenn er auch schließlich anerkennen mußte, wie z. B. bei seiner Kritik des Darwinismus, daß „durch Vermutungen die Wege der Forschung in unbekannte Gebiete vorgezeichnet werden“. Aber bei allen Kontroversen gab’s für Virchow 15 16 nur ein Gesetz, das immer und durchaus konstante. Die Gesetze der Natur besaßen für ihn keine Ausnahmen wie die Regeln der Grammatik. Hatte ein Gesetz Ausnahmen, so war’s „prätendiert“1); es war falsch und mußte gestrichen werden. — Die dritte Hauptsphäre seines Lebenswerkes war die Hygiene. Was Virchow auf dem Gebiete der Gesundheitslehre und der praktischen öffent- lichen Gesundheitspflege geleistet hat, ist grundlegend und bahnbrechend für die Entwicklung dieser Wissenschaft geworden. Wegen der Fülle des Materials können wir auch hier nur in großen Zügen zeichnen. Seine gesammelten Ab- handlungen aus dem Gebiete der öffentlichen Medizin und der Seuchenlehre bilden ein umfangreiches, zweibändiges Werk, von welchem sein Nachfolger im Amte, Professor Orth, sagt, daß in demselben ,,ein Maß von guter Arbeit geleistet worden ist, welches für sich allein genügend wäre, das ganze Lebens- werk eines bedeutenden Mannes auszumachen“. Virchow selbst schreibt im Vorwort2): „Durch eine Reihe besonderer Umstände wurde ich frühzeitig berufen an der Lösung wichtiger Fragen teilzunehmen, bald im amtlichen Aufträge, bald durch den Zufall der Er- eignisse, bald in freiwilliger Entschließung. Angesichts bedeutender Erschei- nungen kam ich dahin, eine Reihe verwickelter Probleme zum Gegen- stand meiner Studien zu machen, welche mit meinen sonstigen Arbeiten manchmal einen sehr losen Zusammenhang hatten. Eine ganze Reihe der schwersten Epidemien ist unter meinen Augen verlaufen. Harte Kalamitäten, von denen ganze Bevölkerungen heimgesucht wurden, habe ich als offizieller Berichterstatter zu erforschen gehabt. Krieg, Hunger und Pestilenz wurden der Gegenstand meiner Betrachtungen. Diese Studien haben einen entscheiden- den Einfluß ausgeübt auf die Stellung, welche ich im öffentlichen Leben ein- genommen habe. Sie waren es, die mich zuerst in die praktische Politik führten; sie lenkten die Aufmerksamkeit meiner Mitbürger auf mich, als es sich darum handelte, große Aufgaben der kommunalen Tätigkeit zu lösen; sie brachten mich in amtliche Stellungen, durch welche ich die Pflicht übernahm, in mancherlei Geschäften der Verwaltung und der Gesetzgebung einen Einfluß auszuübenV M. H.! Hier finden Sie in den eigenen Worten des Meisters die Richtung seiner Bestrebungen im Dienste des öffentlichen Wohles vorgezeichnet. Wenn sie auch manchmal nur im losen Zusammenhang mit seinen sonstigen Arbeiten standen, dennoch wurzelten sie alle im Grunde seiner medizinisch- wissen- schaftlichen Forschung. Sie leitete ihn, als er seinen berühmten Bericht über den oberschlesischen Hungertyphus erstattete; sie leitete ihn bei seiner Erforschung der Cholera; — sie leitete ihn, als er berufen wurde, an der Kanalisation Berlins, an dem Ausbau der Fleischbeschau, des Schulwesens, an J) „Spezifiker und Spezifisches“. Archiv, Bd. VI. 2) Gesammelte Abhandlungen aus dem Gebiete der öffentlichen Medizin und der Seuchen- lehre. Bd. I, 1879. 16 17 der hygienischen Einrichtung der neu erstehenden Schulpaläste, bei der Be- gründung und dem Ausbau der Medizinalstatistik und an vielen anderen, wichtigen Fortschritten des Gemeinwohls an ausschlaggebender Stelle mit- zuwirken. Sie leitete ihn bei der später vorbildlich gewordenen Umgestaltung des Krankenhauswesens. Die Entwicklung des Barackensystems ist in der Hauptsache sein Werk. Das im Bau befindliche Rudolf Virchow- Kranken- haus in Berlin wird späteren Geschlechtern von seinen Bestrebungen und Er- folgen Kunde geben. Und in seiner medizinisch-wissenschaftlichen Forschung wurzelte mit den letzten Fasern der Entschluß, im deutsch-französischen Kriege, 1870/1871, als erfahrener Organisator an der Spitze eines Sanitätszuges über den Rhein, bis unter die Wälle französischer Festungen, zu ziehen. Denn die medizinisch- wissenschaftliche Forschung hatte ihn menschliches Elend kennen gelehrt, — aber auch die Mittel ihm zu begegnen, Und diese Mittel wußte er warmherzig und mit überzeugender Kraft aus- itzen, — sei es in der praktischen Politik, sei es in der aufreibenden igkeit sozialer Reformen. Er lieh sein Herz und seinen Verstand der Flebung des ärztlichen Standes, uer Gesundheit, der Hebung der Kultur, den Fortschritten in der Bildung des Volkes. Hier suchte er, hier fand er seine Erholung. Seine segensreiche Arbeit bei der Begründung und Fortentwicklung des Kaiser und Kaiserin FRiEDRicu-Kinderkrankenhauses zu Berlin wird unvergessen sein. Er trug mit Stolz die Bürgerkrone, welche die dankbare Stadt Berlin ihm verlieh. — M. H. Man hat Virchow wol getadelt, daß er seine Kräfte zer- splittert habe. Man verstand ihn nicht. Darf man von Zersplitterung der Kräfte sprechen, wrenn die Summe der Forschungsergebnisse auf jedem einzelnen seiner Arbeitsgebiete der Unsterblichkeit angehört?! Er folgte einem inneren Drange; — er fühlte sich berufen. Auf jedem einzelnen seiner Forschungs- gebiete bedeutet sein Name eine Epoche. Man hat ihn ehrgeizig genannt. Man verstand ihn nicht. Er fühlte sich berufen. Er forderte nur sein Recht und mußte es fordern. Er gab auch andern ihr Recht und half ihnen das bestrittene erreichen. „Ich halte auf mein Recht/4 sagte Virchow1) einmal, „und darum erkenne ich auch das Recht der Andern an. Das ist mein Standpunkt im Leben, in der Politik., in der Wissenschaft. Wir sind es uns schuldig unser Recht zu verteidigen, denn es ist die einzige Bürgschaft unserer individuellen Entwicklung und unseres Einflusses auf das Allgemeine. Eine solche Verteidigung ist keine Tat eitlen Ehrgeizes, kein Aufgeben des rein wissenschaftlichen Strebens. Denn wenn wir der Wissenschaft dienen wollen, so müssen wir sie auch ausbreiten, nicht blos in unserm eigenen Wissen, sondern auch in der Schätzung der Anderen. Diese Schätzung aber beruht zum großen Teil auf der Anerkennung, die unser l) Cellularpathologie. Vorwort zur 1. Auflage, 1858, 17 2 18 Recht, auf dem Vertrauen, das unsere Forschung bei den Anderen findet, und das ist der Grund, warum ich auf mein Recht halte.“ Wir Danziger hatten das Glück den Anthropologen Virchow bei Gelegen- heit des Kongresses 1891 in unsern Mauern begrüßen zu dürfen und ihm näher zu treten. M. H.! Der Zauber seiner Persönlichkeit beruhte neben einer an- genehmen und anspruchslosen Liebenswürdigkeit vor allem auf der geistigen Überlegenheit. ,, Seine packende Individualität, die Sicherheit und überzeugende Kraft seiner Sachlichkeit and seiner Argumente nahm alle gefangen.“ ,,Wer jemals Rudolf Virchows Auge geschaut, der ist sein Geistes- verbündeter geworden“, so sagte an der Totenbahre Waldeyer, sein lang- jähriger wissenschaftlicher und persönlicher Freund. — M. FL! Man hält den Vater Homer nicht für einen einzelnen Meister der Dichtkunst; — man bestreitet, daß alles, was unter dem Namen des Hippokrates der Nachwelt überliefert wurde, das geistige Eigentum des großen griechischen Arztes ist; — man bestreitet, daß der Germanen Helden- sang, das Nibelungenlied, eines einzelnen Dichterfürsten Meisterwerk; — man bestreitet dem großen Briten die alleinige Autorschaft der gewaltigen Königs- dramen; — wird man, so darf man füglich fragen, in fernen Jahrhunderten oder Jahrtausenden glauben, daß die unsterblichen Leistungen Virchows der schöpferischen Geistesarbeit eines einzelnen Forschers entstammen? Wird man nicht annehmen wollen, daß der Name Virchow, schon für die Zeitgenossen das Symbol wissenschaftlichen, kulturellen und sozialen Fort- schritts, an der Wende des 20. Jahrhunderts ein Kollektivbegriff war? — Rudolf Virchow! — Erhabener Geist, Heros der Wissenschaft! — Durch die Kraft des Gedankens hast Du die Welt vereinigt! Ein strahlendes Gestirn am Firmament der Wissenschaft, bist Du in das tiefe Dunkel der Nacht versunken. Aber in weiten Bahnen zieht Dein leuchtender Genius durch die Jahrhunderte! — Nimmer naht Deines Lebenswerkes Ende. Immortali tua gloria! 18 19 Schiffahrt und Wind im westlichen Teile der Danziger Bucht. Von Kapitän ßEINICKE, Assistent bei der Seewarte in Hamburg. Die Tatsache, daß im westlichen Teile der Danziger Bucht so häufig Schiffe in ernstliche Verlegenheit gerathen, aus der sie nur mit Hilfe von Schleppern gebracht werden können, die aber auch leider oft zu Strandungen in der Nähe der Weichseimündungen geführt hat, gab Veranlassung, die Windverhältnisse in diesem Teile der Bucht zu untersuchen. Diese Unter- suchungen bieten dem Nicht-Seemann vielleicht manches Interessante, dem Seemann, der mit den Verhältnissen der Danziger Bucht weniger bekannt ist, können sie vielleicht aber auch vorteilhafte Fingerzeige geben. Die Resultate der Untersuchungen sind in den beifolgenden Tabellen A, B, C und D gegeben. Vorweg mag bemerkt werden, daß ein Zeitraum von 10 Jahren, über den sich die Untersuchung erstreckt, für praktische Zwecke genügend erschien, obwohl zugegeben werden muß, daß die Zahlen, sofern ein größerer Zeitabschnitt zu den Untersuchungen herangezogen worden wäre, etwas anders ausgefallen sein könnten. Die Entstehung der Tabellen ist die folgende: Zunächst wurde die Häufigkeit der Windrichtungen nach 16 Kompaß- strichen, wie in der Meteorologie üblich, an den 3 Beobachtungsterminen 8h vorm., 2h nachm, und 8h abends getrennt, für jeden Monat der Jahre 1891 bis 1900 ausgezählt, dann wurden die so erhaltenen Werte für jeden einzelnen Monat der 10 Jahre zusammengestellt, so daß sich daraus der 10jährige Wert, oder durch Abstreichen einer Dezimale die mittlere Häufig- keit der Winde für die Beobachtungstermine 8h vorm., 2h nachm, und 8 h abends ergab. Siehe Tabelle A. Die Tabelle B ergibt sich dann aus den Endreihen der Tabelle A, wenn man diese, wie üblich, in Prozenten ausdrückt. Dann wurde in der Tabelle C die Häufigkeit der Windrichtungen nach Quadranten zusammengefaßt, aber getrennt nach Tageszeiten, zur übersicht- lichen Darstellung gebracht; und endlich wurden in der Tabelle D, der die Mittelwerte der monatlichen Windstärken aus denselben Jahren zu Grunde liegen, die Schwankungen der durchschnittlichen Windstärke im Laufe des Jahres und des Tages veranschaulicht. Es ist besonders die Tabelle C, die uns über den Gang der Windrichtungen manches Interessante bietet. Wir sehen daraus ohne weiteres, daß in allen Monaten 1 20 Windstillen am Abend häufiger sind als am Morgen und kurz nach Mittag, und daß sie um 2h nachm, besonders selten sind in den Monaten, in denen nordöstliche Winde vorherrschen. Betrachten wir nun aber die Zahlen für nordöstliche Winde näher, so sehen wir aus Tabelle C, daß sie nachmittags viel häufiger, und nach Tabelle D, daß sie nachmittags viel kräftiger sind als früh und abends, und erkennen daraus, daß die nordöstlichen Winde in den Monaten April bis August mit ziemlicher • Regelmäßigkeit auftretende Seebrisen sind. Im August gewinnen allmählich die südwestlichen Winde das Übergewicht und herrschen dann den ganzen Winter hindurch vor, bis mit schnell zunehmender Erwärmung des Landes im April die über der dann noch kalten See ausge- kühlten Luftmassen wieder anfangen nach dem wärmeren Lande zuzuströmen, und zwar am kräftigsten im April und Mai, wenn der Temperaturunterschied zwischen See und Land am größten ist, und wieder am kräftigsten mittags, wenn die tägliche Erwärmung des Landes ihren Höhepunkt erreicht. Sehen wir vornehmlich auf den letzten Umstand, so müssen wir dieses Auffrischen wohl denselben Ursachen zuschreiben, die an tropischen und subtropischen Küsten den bekannten, dort allerdings viel regelmäßigerenWechsel von Land- und .Seebrise hervorrufen. (Daß die Seebrise in der Danziger Bucht um 8 h abends oft noch nicht aufgehört hat, sondern recht oft, durch Ost und Süd- ost zurückdrehend, zur Landbrise wird, braucht uns nicht abzuhalten, den Vergleich zu machen, wir müssen uns nur vergegenwärtigen, daß in unsern Breiten die Sommersonne bis nach 8h über dem Horizonte steht.) Landbrise, als solche deutlich erkennbar, kommt nicht selten, aber doch im ganzen nur schwach und mit viel geringerer Regelmäßigkeit als die See- brise zur Geltung; doch ist das eben auch nur wie in den Tropen, wo die Landbrisen nirgends mit der Kraft und Regelmäßigkeit der Seebrisen wehen. An bergigen Küsten, z. B. in der Sundastraße, setzt ja die Land- brise allerdings oft genug mit einer Bö ein, die Scharen von Faltern und Heuschrecken verhängnisvoll wird, das dürfte aber auch nur an hohen bergigen Küsten Vorkommen, und jeder Segelsohiffführer weiß, wie bald meist diese schöne frische Landbrise wieder zum leisen Zug herabzusinken pflegt. Sehen wir uns nun aber das Vorherrschen der nordöstlichen Winde noch einmal in Bezug auf die Jahreszeit, an, so sehen wir auch noch eine Ähnlich- keit mit den Jahreszeitenwinden oder Monsunen, und werden getrost den- selben Ursachen, die z. B. an der westafrikanischen Küste den Passat auf- heben oder sein Umbiegen veranlassen und einen Wind verursachen, der als SW- Monsun monatelang auf die Küste zu weht, auch die Frühjahrs- und Sommer- Nordostwinde an der Danziger Bucht zuschreiben müssen, so daß es ganz statthaft erscheint, von einem dort wehenden Nordost-Monsun zu sprechen. Im August oder September vollzieht sich wieder der Übergang zum Vorherrschen der westlichen oder südwestlichen Winde. Diese wird man aber viel weniger als lokale Winde ansprechen dürfen. Die an Spätsommer- 2 21 und schönen Herbstabenden oft eintretenden Windstillen, die den durch die Lage an der See bedingten milden Herbst dort oft zur schönsten Jahreszeit machen, verdankt die Danziger Bucht allerdings wohl Örtlichen Ursachen, nämlich den bewaldeten Höhen im Westen der Bucht; im allgemeinen ent- sprechen aber die Winde dort vom Hexdbst bis zum Frühjahr vielmehr der allgemeinen über dem nördlichen Europa herrschenden Wetterlage, die vor- wiegend durch mehr oder weniger schnell auf einander folgende, meist nördlich von uns ostwärts ziehende Depressionen ihren Charakter erhält. Auf der Tabelle D sehen wir, daß die Windstärkenwerte zwar in allen Jahreszeiten für die Abendbeobachtungen am niedrigsten sind, daß aber die von der Tageszeit abhängenden Schwankungen der Windstärke geringer sind, wenn uns von Oktober an große Luftdruckschwankungen unruhiges Wetter bringen, ja daß sie im Dezember bis zum März fast ganz verschwinden, während sie zur Zeit der Nordostwinde sehr deutlich hervortreten, was deren lokalen Ursprung bestätigt. Faßt man die obigen Betrachtungen kurz zusammen, so wird man sagen dürfen: die Winde in der Danziger Bucht sind vom September bis März vor- herrschend westlich, entsprechend der Zone, in der die Bucht liegt. In den Monaten April bis August sind sie vorwiegend nordöstlich mit ziemlich deutlich hervortretendem Monsuncharakter, wobei sie an die regelmäßigen See- und Landwinde der Tropen erinnern. Nach dem Vorhergehenden ist es auch verständlich, warum bei den vielen auflandigen nordöstlichen Winden in der Danziger Bucht nur selten Schiffe in Gefahr geraten. Jene Winde sind vorwiegend Frühjahrs- und Sommerwinde, die allerdings oft recht frisch wehen, aber selten mit wirk- licher Sturmstärke, die den Schiffen bei dem dann klaren Wetter nicht ge- stattete, die Hafeneinfahrt zu finden und hinein zu laufen. Nordöstliche Stürme kommen allerdings auch vor, doch können sie mit ziemlicher Sicher- heit unter Heia abgewartet werden1). Südöstliche Winde sind überhaupt selten; und vergegenwärtigt man sich, daß diese an sich seltenen Winde fast nie mit beträchtlicher Stärke wehen, so ist es klar, daß sie in der Bucht kaum je Gefahr bringen, und daß Schiffe, die weit westlich in der Bucht ankern, wo sie bei westlichen und nordwestlichen Winden den besten Schutz finden, auch kaum Gefahr laufen, !) Die Häufigkeit der stürmischen Winde (BEAUFORT-Skala 8 und darüber) in den Jahren 1878 — 1887 nach den Terminbeobachtungen auf das Tausend berechnet, beträgt nach Dr. E. Herrmann: Die stürmischen Winde an der deutschen Küste in den Jahren 1878 bis 1887, N NNE NE ENE xE ESE SE SSE zu Neufahrwasser ..... 1.0 0.1 0.1 0.1 0.3 0.2 — — zu Heia 2.7 6.2 4.0 10.9 4.6 6.7 3.8 S SSW SW WSW w WNW NW NNW zu Neufahrwasser 0.2 0.4 0.9 0.8 2.1 1.4 0.3 0.4 zu Heia 10.7 5.1 7.5 11.7 21.9 4.7 8.2 1.9 3 22 von Winden überrascht zu werden, die ihnen nicht gestatteten, mit Bequem- lichkeit unter Segel oder Dampf zu gehen oder, wenn es Seeleichter sind, in Buhe die Ankunft eines Schleppdampfers abzuwarten. Das entspricht in der Tat den Erfahrungen. Es sind allerdings Fälle bekannt, in denen unter Oxhöft ankernde Steinfahrzeuge in die Gefahr des Strandens durch Ostwind gekommen sind, aber größere Fahrzeuge mit gutem Ankergeschirr hätten auch da keine Besorgnis zu haben brauchen. Südwestliche Winde bringen in der Bucht keinerlei Gefahr, es sei denn, daß sich ein Schiff verleiten ließe, weit nach Südosten überzustehen, und daß der Wind dann westlich oder nordwestlich holte. Diese letzteren Winde sind es, bei denen wieder und immer wieder Schiffe zu weit nach Osten geraten. In manchen Fällen mag es nicht anders möglich sein, in recht vielen mag es aber auch in mangelnder Kenntnis der Verhältnisse in der Bucht seine Ursache haben. Wenn nämlich bei westlichem bis nordwestlichem stürmischem Winde die Schiffe dicht um Heia herum kommen, so mögen sie sich wohl in dem dort ziemlich ruhigen Wasser zunächst in gewisser Sicherheit fühlen; sie werden auch vorerst, weil sie der Strom dort dann ungefähr in der Richtung auf Neufahrwasser setzt, wenig Abtrift merken und sich dadurch verleiten lassen, die kleinen Segel, die sie außerhalb Heia wegen der dort hohen See nur fahren konnten, auch in der Bucht beizubehalten; liegen sie dann aber auf Steuerbord Halsen unter kleinen Segeln über, so werden sie sich, wenn sie das Südufer in Sicht bekommen, um beträchtlich mehr als ihre Abtrift ost- wärts versetzt finden; denn unter solchen Umständen läuft im südlichen Teile der Bucht stets ein starker östlicher Strom. Fremde Schiffe merken das gewiß oft erst recht spät, selbst wenn sie das Land sehen können, weil sie zunächst den Pfarrturm von Danzig ziemlich weit unter lee haben, und weil sie deshalb glauben, die Hafeneinfahrt bequem anholen zu können. Aber die Hafen- einfahrt liegt dann, wie ein Blick auf die Karte zeigt, beträchtlich weiter luvwärts als der Pfarrturm, und, um jene anzuholen, ist es notwendig, beim Passieren von Plela so viel Segel zu setzen, wie die Schiffe irgend vertragen können, so viel Luv zu halten wie möglich, und bei zu schralem Winde nicht zu weit überzustehen, sondern unter Heia aufzuarbeiten. Ein Schiff das dort nicht aufarbeiten kann, wird am Südufer der Bucht im östlichen Strome noch viel weniger dazu im Stande sein. Auch Dampfer sollten sich nicht täuschen lassen und gut nach der Westseite der Bucht steuern, wo sie bei Aufmerksamkeit keinerlei Gefahr laufen, und wo sie. von den Lotsen wahrscheinlich bald gesehen und binnen geholt werden, während sie in östlicher Stellung viel später, bei dickem Wetter vielleicht gar nicht, gesehen werden können 1). Hierin liegt aber gerade die Gefahr, die natürlich für den Segler am größten ist. 3) Schiffe in zu östlicher Stellung nahe unter Land können vom Lotsenberge aus wegen des Waldes auf der Westerplatte nicht gesehen werden. 4 23 Allen Seeleuten, die die Danziger Bucht kennen, werden die empfohlenen Maßnahmen selbstverständlich scheinen, allen aber, die zuerst die Bucht zu befahren haben, möchte zugerufen werden, bei nordwestlichen Winden so viel Luv wie möglich, und ganz allgemein sich in der Danziger Bucht westlich zu halten. Tabelle A. Mittlere Häufigkeit der Windrichtungen zu Weufahrwasser nach den Terminbeobachtungen von 1891 bis 1900 (10 Jahre). Die Zahlenreihen hinter den Monaten geben unmittelbar die Häufigkeit in 10 Jahren. Um die mittlere Häufigkeit zu erhalten, müssen sie demnach durch 10 dividiert werden. N NNE NE ENE E ESE SE SSE s SSW SW WSW w WNW NW NNW Stille Januar . . 4 5 20 1 6 10 19 18 70 31 36 22 25 11 8 4 20 Februar . 11 8 12 5 9 4 16 18 47 16 25 19 36 13 12 13 18 März . . . 14 15 10 9 17 5 21 14 52 22 27 2.4 27 16 10 9 18 April . . . 28 28 16 13 16 12 10 13 32 15 24 13 27 13 7 10 23 Mai .... 33 43 34 11 23 10 12 14 27 15 13 16 23 7 12 7 10 Juni . . . 8a 43 28 20 10 16 7 2 16 24 12 11 24 25 13 18 11 20 Juli .... 25 36 12 7 9 3 10 11 35 18 28 26 31 15 11 6 27 August . . 21 13 12 5 7 2 10 16 56 17 36 28 27 15 15 4 26 September 1 7 5 8 5 3 8 15 48 25 41 34 40 16 17 4 23 Oktober . 5 6 6 5 10 9 16 25 68 29 31 22 30 19 12 4 13 November 12 0 4 2 7 .5 17 20 73 32 29 19 28 15 10 2 25 Dezember 8 1 10 2 8 6 27 22 65 26 31 35 27 14 9 5 14 20.5 19.0 16.1 7.8 13.3 7.6 16.8 20.2 59.7 25.8 33.2 28.2 34.6 16.7 14.1 7.9 23.7 Januar . . 6 9 8 6 14 9 19 18 57 30 36 32 24 17 6 8 11 Februar . 9 11 18 5 12 4 16 13 43 17 24 28 31 21 12 12 6 März . . . 23 18 16 12 28 7 12 11 36 32 27 21 28 9 13 10 7 April . . . 42 22 38 26 39 12 4 7 14 17 13 21 20 10 10 0 5 Mai ... . 49 45 51 14 41 6 3 10 22 10 9 8 17 12 7 3 3 Juni . . . 2p 37 33 50 28 30 2 8 8 15 4 11 19 18 8 14 10 5 Juli .... 34 28 48 22 34 4 4 4 15 16 17 29 26 17 5 4 3 August . . 31 14 32 15 32 2 7 5 29 22 31 27 24 16 14 7 2 September 14 12 18 8 24 8 4 5 31 21 45 31 26 17 19 8 9 Oktober . 16 16 10 10 19 9 15 16 49 36 39 19 22 11 15 4 4 November 10 5 3 9 7 10 13 18 68 27 28 19 36 13 10 4 20 Dezember 9 2 11 3 5 9 19 24 56 29 38 37 26 14 8 7 13 28.0 21.5 30.3 15.8 28.5 8.2 12.4 13.9 43.5 26.1 31.8 29.1 29.8 16.5 | 13.3 7.7 88 Januar . . 6 3 10 5 17 7 22 17 46 23 45 22 26 14 10 5 32 Februar. . 14 8 18 6 12 2 8 12 32 17 26 17 40 25 17 2 26 März . . . 18 15 18 4 19 2 16 6 43 16 19 17 34 15 12 9- 47 April . . . 46 20 31 13 29 9 13 4 12 10 18 16 17 13 9 9 31 Mai .... 52 47 35 11 31 4 14 6 15 8 5 9 10 7 11 12 33 Juni. . . . 8p 42 23 38 11 25 7 13 9 7 1 11 8 27 17 14 10 37 Juli .... 35 20 23 10 33 7 7 3 22 8 24 12 30 12 14 12 38 August . . 31 14 28 8 20 4 7 1 21 11 31 17 26 13 8 6 51 September 13 6 14 2- 15 4 11 5 32 15 36 20 29 21 18 7 52 Oktober . 15 3 8 12 13 6 15 11 55 28 27 18 17 12 10 8 52 November 9 2 4 5 8 4 13 12 66 23 30 19 36 8 12 2 47 Dezember 3 7 7 1 8. 8 13 10 66 28 30 28 27 15 14 8 37 28. 7 1 16.8 23.4 8.8 23.0 6.4 | 15.2 10.6 41.7 18.8 30.2 20.3 31.9 17.2 1 14.9 9.0 48.3 5 Tabelle B, Prozentische Häufigkeit der Windrichtungen zu Neufahrwasser nach den Beobachtungen von 1891 — 1900» Vs (8a + 2p + 8p). N NNE NE ENE E ESE SE SSE s SSW sw WSW w WNW NW NNW Stille % % % % % '£ % % '% % % «y /0 % % %' 0/ /o Januar . . 2 2 4 1 4 3 6 7 19 9 12 8 8 4 2 2 7 Februar . . 4 3 6 2 4 1 5 5 14 6 9 7 13 7 5 3 März . . . 6 5 5 3 7 1 5 3 15 7 8 7 9 4 4 3 April . . . 13 8 9 5 9 4 3 3 6 5 6 6 7 4 3 2 1 Mai . . . 14 15 13 4 10 2 3 3 7 4 4 3 5 3 3 2 Juni . . . 13 9 12 5 8 2 3 4 5 2 4 6 8 4 5 3 '7 Juli . . . 10 9 9 4 8 2 3 2 8 5 7 7 9 5 3 2 August . . 9 5 8 3 6 1 3 3 11 5 11 8 8 5 4 2 8 September . 3 3 4 2 5 2 2 3 12 7 14 9 11 6 6 2 9 Oktober . . 4 3 9 3 4 3 5 6 19 10 10 6 7 4 4 2 7 November . 3 1 1 2 2 2 5 6 23 9 10 11 11 4 4 1 10 Dezember . 2 1 3 1 2 2 6 6 20 9 11 11 9 5 3 2 7 J alir . . . 7 5 6 3 6 2 j 4 4 13 7 9 7 9 5 4 2 7 21 16 36 20 7 Tabelle C. Prozentische Häufigkeit der Winde zu Neufahrwasser nach lOjäLi^n ucuuauhtungen von 1891 bis 1900. 25 o> tH 17 50 19 t'- _tg a oc iß CM rH I 49! CM CM CM rH cö „V ft Ob CO tH QO HS 0 CM tH X_ 03 ■SS 2.8 £ cö CO * rH rH iß 18 GO U-K cm’ O CM 2.4 St?x Ol i- CO GO ih sz CU 03 rJ? a oo 12 14 42 15 t— rH "3 CÖ Dezbr 0 co GO s * rH bb 2.2 1.6 CM CO 13 0- CM 20 00 e CD 05 CM* cd a GO CM CD rH CM co CM rH c ft Ol CO HS rH iß CM 1- rH O «M 1> GO CD 26 o HS CO CM 03 -£E 0 CÖ >ß CM CM* rH CM S*X 40 CO rH CD rH (M 1- Ö 03 J2 0 GO rH 'S ft CO 39 GO GO co CM (M rH 03 «n Ol (M 2.7 2.2 •ß ft Q O cp 2«X QO T“H ih tH 36 rH (M GO CÖ n CD CO CM (j^l BJ U ft CO GO tH 14 30 co CM iß a c© CM* § ft Ol 22 19 38 19 CM 03 • rH tH N r*° GO CM GO r öS a oo GO 20 44 18 01 03 s U-. £ 03 05 rH 50 GO rH Hs a :cö cS CO 10 t- tH 50 CD H tH co -0 'S w 03 § .2 g rJi HZ 02 S.a Quadrant s WSW Quadrant is NNW s n £ 03 a 03 M-fc 7 Bemerkung: Zur Herstellung der Tabelle D wurden aus den Meteorologischen Jahrbüchern die Monatsmittel der Windstärken an den Terminbeobachtungen entnommen, die Summen durch 10 dividiert und auf 1 Dezimale abgerundet. 26 Erlebnisse und Ergebnisse von Ballonhochfahrten.15 Von Professor Dr. R. SPRING, (Hierzu Tafel I.) Im vorhergehenden Jahre wurde in dieser Gesellschaft von berufenster Seite, von Herrn Geheimrat Assmann -Berlin, ein Vortrag gehalten über den Stand der modernen wissenschaftlichen Luftschiffahrt. In Ergänzung hierzu werde ich mein Thema etwas persönlicher und spezieller fassen. Den Kern- punkt meines Vortrages bilden Ballonhochfahrten, und ich muß daher zunächst diesen Ausdruck etwas erklären. Ähnlich wie unter den Alpenfreunden die Hochtouristen eine besondere Gruppe bilden, kann man auch Ballonhochtouren von den üblichen Luftfahrten absondern, aber entsprechend der Mühelosigkeit, mit der man im Ballon Höhen erreicht, rückt auch die Grenze dessen, was man in der Luftschiffahrt Hoch- touren nennt, höher hinauf als im Gebirge. Während man in den Alpen viel- fach schon den einen Hochtouristen nennt, welcher die Grenze des ewigen Schnees oder einen Berg von 3000 m erreicht hat, beginnt man in der Aero- nautik erst dann von Hochfahrten zu sprechen, wenn sie das Doppelte, also etwa 5 — 6000 m übertreffen. Es ist dies keine willkürliche Zahl, sondern die Natur selbst zieht hier — sowohl in physiologischer wie in physikalischer Hinsicht — eine ziemlich deutliche, wenn auch natürlich nicht scharf festge- legte und in jedem einzelnen Fall gültige Grenze. Ungefähr in dieser Region wird auch ein widerstandsfähiger Körper in seiner Leistungsfähigkeit beschränkt, wenn nicht künstliche Hilfsmittel dagegen angewendet werden; infolge der Luftverdünnung stellen sich besonders Störungen des Atmungsmechanismus ein. Für die Meteorologie liegt in dieser Höhe insofern eine Grenze, als unter 5000 m in den weitaus meisten Fällen alle diejenigen atmosphärischen Vor- gänge sich abspielen, welche mit der Beschaffenheit der Erdoberfläche in Beziehung stehen: aufsteigende Luftströmungen und deren Wolkenbildungen, Unterschied von Wasser und Land, Gebirge und Ebene u. dergl., also alle sekundären und tertiären Störungen des Witterungsverlaufes, während über 6000 m der große Kreislauf der Atmosphäre mit seinen in unsern Breiten so wichtigen Schicht- und Wirbelbildungen sich zeigt, welcher, abgesehen von Wolkenmessungen, nur durch aeronautische Hilfsmittel zu erforschen ist. Dieser zwiefachen Bedeutung der Höhen über 5 — 6000 m liegt auch die Zweiteilung meines Vortrages zu Grunde. Als Laie in medizinischen !) Vortrag, gehalten in der Sitzung am 3. Januar 1902 zur Feier des 159jährigen Be- stehens der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. 27 Dingen teile ich über die physiologische Wirkung der Höhe größtenteils nur persönlich Erlebtes mit und im Anschlüsse daran kurz das, was Fachleute daraus geschlossen haben. Unter den Ergebnissen versuche ich das Wichtigste der Beiträge zusammenzufassen, welche meine engeren Fachgenossen für die Physik der Atmosphäre geliefert haben. Ich würde die persönlichen Erleb- nisse nicht so in den Vordergrund gestellt haben, wenn es nicht meinem Kollegen Berson und mir vergönnt gewesen wäre, am 31. Juli 1901 eine Ballonfahrt bis auf 10 800 m zu unternehmen, also bis zu einer Höhe, welche um etwa 1500 m jene Grenze übertrifft, welche bisher von Menschen erreicht war. Die Vorkommnisse bei dieser Fahrt haben daher einiges Interesse erregt. Ich bemerke vorweg, daß ich mich bemühen werde, eine nach bestem Wissen möglichst korrekte, also vielleicht etwas nüchterne Beschreibung dieses Auf- stieges zu geben, denn nur aus solcher einfachen Schilderung lassen sich wissenschaftliche Schlüsse ziehen und damit ältere, falsche Vorstellungen beseitigen. Gerade über Ballonhochfahrten sind so viele, teils bewußt, teils unab- sichtlich verbreitete Irrtümer vorhanden, daß ich bei meiner Schilderung etwas weiter zurückgreifen muß. Es liegt ja die Versuchung nahe, über das, was Andere nicht leicht kontrollieren können, also in diesem Falle über die Er- lebnisse in* sehr großen Höhen, phantastisch und übertrieben zu berichten, aber es ist dies vor nahezu 100 Jahren leider so ausgiebig geschehen, daß die Märchen, welche die Aeronauten damals ihren Zeitgenossen aufgebunden haben, sich noch heute in dem Wissensschatze fast eines Jeden, der etwas von Luft- schiffahrt gehört hat, finden. Dahin gehört vor allem die Sage, daß den Luftschiffern in großen Höhen Blut aus Nasen und Ohren, wohl gar aus den Augen träte. Ungefähr das Gegenteil ist der Fall. Eines der ersten sicht- baren Zeichen der Höhenkrankheit, die nur eine Abart oder Steigerung der Bergkrankheit ist, sind der blasse, wachsfarbene Gesichtsausdruck und die bleichen Lippen; dies steigert sich zur Leichenfarbe, d. h. die Bleichsucht geht über in Blausucht. Trotz der allgemeinen Verbreitung dieser Geschichte vom Blut- austritt habe ich nur einen Luftschiffer gefunden, der dafür verantwortlich zu machen ist. Das ist Robertson, der in den Jahren 1804 bis 1807 in ver- schiedenen größeren Städten Aufstiege machte und so fabelhafte Geschichten herunterbrachte, — z. B. behauptete er, sein Kopf sei ihm so stark an- geschwollen, daß er seinen Hut nicht habe aufsetzen können — daß die Ge- lehrten der damaligen Zeit sofort seine Glaubwürdigkeit anzweifelten. Da er aber die Reklame mit einer geradezu modernen Virtuosität handhabte, so ist es offenbar nur den Zeitungen und Journalen zu verdanken, daß sich seine Geschichten länger als sein Name erhalten haben. Im Laufe des vorigen Jahrhunderts sind aber auch zahlreiche sorgfältig vorbereitete, streng wissenschaftliche Fahrten ausgeführt, von denen hier nur zwei erwähnt werden sollen, die eine, weil bei ihr die Maximalhöhe meist um 2000 m zu hoch angegeben wird, die zweite, weil sie infolge eines falschen 2 28 Experiments ein tragisches Ende fand und so eine richtige Theorie der Höhen- krankheit um etwa 20 Jahre in ihrer Anerkennung zurückhielt. In den sechziger Jahren wurden 28 wissenschaftliche Ballonfahrten durch die Engländer Glaisher und Coxwell ausgeführt. Dabei wurde auch ver- sucht, so hoch wie möglich vorzudringen, und es gelang Glaisher im Sep- tember 1862 noch in 8500 m Höhe eine Ablesung seiner Instrumente vorzu- nehmen. Unmittelbar darauf fiel er infolge der dünnen Luft in Ohnmacht, sein Ballonführer Coxwell wollte Ventil ziehen, jedoch seine beiden Hände waren erfroren. Er ergriff die Ventilleine mit den Zähnen, und es gelang ihm, den Ballon zum Abstieg zu zwingen. Glaisher erwachte bald und nahm sofort seine Beobachtungen wieder auf. Aus der Fallgeschwindigkeit des Ballons beim Wieder-Erwachen und aus der Angabe eines Minimumthermometers berechnete Glaisher die Maximalhöhe seiner Fahrt zu 11300 m. Wäre diese Angabe richtig, dann wären Glaisher und Coxwell diejenigen, welche am höchsten in die Atmosphäre emporgedrungen wären. Aber schon seit ca. 15 Jahren hat man diese Höhenberechnung angezweifelt — nicht etwa, weil man sie für absichtlich übertrieben hielt, sondern weil falsche Voraussetzungen, die bei den damaligen geringeren aeronautischen Kenntnissen ganz begreiflich waren, zu Grunde gelegt worden sind — - und man nimmt jetzt allgemein an, daß Glaisher, höchstens 9000 m erreicht hat. Die zweite der hier zu erwähnenden Fahrten ist die von Tissandier, Sivel und Croce-Spinelli am 15. April 1875. Trotzdem nur etwa 8000 m erreicht wurden, und trotzdem zur künstlichen Atmung Sauerstoff mitgenommen wurde, büßten zwei der Teilnehmer ihr Leben unter Erstickungserscheinungen ein. Über 7000 m trat bei Allen größere Erschlaffung ein; von Zeit zu Zeit erwachte Einer aus der schlafähnlichen Betäubung, und in einem solchen lichten Augenblick, als der Ballon schon im Abstieg war, warf Croce-Spinelli, da ihm der Fall zu schnell dünkte, Alles was in seiner Nähe war — Sandsäcke, Instrumente, Decken — über Bord. Der Ballon ging rapide in die Höhe, alle Teilnehmer fielen in Ohnmacht, aus der beim Abstieg nur Tissandier erwachte; seine Begleiter lagen mit blauschwarzem Gesicht leblos im Korbe. Der Sauerstoff bei dieser Fahrt war mitgenommen auf Grund der Empfehlungen des Pariser Physiologen Paul Bert, welcher in dem Sauerstoffmangel der höheren Luftschichten die alleinige Ursache für die hier eintretenden Beschwerden sah. Der Mißerfolg sprach natürlich gegen die Sauerstoff- Theorie, und doch kann jetzt als erwiesen gelten, daß nur die unzweckmäßige Anordnung oder vielleicht auch Anwendung der Sauerstoffatmung der Grund für die Katastrophe war. Nach etwa dreißigjähriger Pause gelangten Ballonhochfahrten erst dann wieder in ein neues Stadium, als in Berlin durch Geheimrat Assmann wissen- schaftliche Aufstiege ins Leben gerufen wurden, deren Ausführung durch die reiche Unterstützung und das lebhafte persönliche Interesse Seiner Majestät des deutschen Kaisers in besonders großartiger Weise ermöglicht war. Dabei 3 29 wurden Höhen bis zu 9150 m erreicht. Damit war die Atmosphäre bis hinauf in die Region der Cirruswolken erforscht, aber die interessanten Einblicke, welche man hierbei in die Natur der obern Luftschichten erhielt, erzeugten nur die Begierde nach weiteren Aufschlüssen. Wie hoch man mit einem Ballon kommt, darf man nicht einfach als eine sportliche, auch nicht als eine persönliche Leistung auffassen, sondern das ist eigentlich eine Geldfrage und hängt zunächst ab von der Größe des Ballons. Bisher hatte man, wenigstens bei uns, alle Ballons voll ausgenutzt; man kam eben nicht höher, weil der Ballon nicht höher steigen konnte. Der Mensch war noch nicht an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gelangt, denn Berson hatte sich in 9150 m noch leidlich wohl, wenigstens noch genügend arbeits- tüchtig erwiesen. Im Jahre 1901 kam nun das preußische meteorologische Institut durch Schenkung des Baumeisters Enders in Potsdam in den Besitz eines Ballons, der einen siebenmal so großen Inhalt wie die üblichen Militär- ballons, einen mehr als dreimal so großen Inhalt wie die größten bisher von uns benutzten Ballons hat1). Damit konnte bei Wasserstoff-Füllung eine Höhe von mindestens 12000 m erreicht werden; das sind etwa 3000 m mehr, als bisher möglich war, also ein recht weites, neues Forschungsgebiet, das die Aufwendung bedeutender Mittel wohl lohnte. Es war von vornherein zweifel- haft, ob der Mensch noch V3 mehr an Höhe leisten könne als bisher; es war sogar wahrscheinlich, daß diesmal die Rückkehr zur Erde notwendig würde, nicht weil der Ballon, sondern weil der Mensch nicht höher kommen könne. Es galt also den Kampf mit der Natur bis auf das Äußerste zu treiben, und in dem Bewußtsein dieses Kampfes liegt zum großen Teil das Interesse ge- gründet, welches der letzten Hochfahrt von Berson und mir in so weiten Kreisen entgegengebracht wurde. Eine kurze Schilderung dieser Fahrt soll im folgenden gegeben werden. Ich übergehe die vielfachen, zeitraubenden Vorarbeiten und Vorbereitungen. Alles konnte sehr gründlich und ohne ängstliche pekuniäre Beschränkung aus- geführt werden, denn der deutsche Kaiser hatte wieder sehr reichliche Geld- mittel für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. Vor Allem galt es, noch einmal zu untersuchen, welchen Gefahren man in der Höhe ausgesetzt ist, und wie man ihnen am besten begegnet. Daher wurde durch den Wiener Physiologen Dr. Hermann von Schrötter im Laboratorium unter der Luftpumpe der Einfluß verdünnter Luft an uns experimentell festgestellt, und die Versuche wurden dann im Ballon bei einer Probefahrt bis zu 7500 m Höhe von uns wiederholt. Mitte Juli war Alles zur Hauptfahrt bereit, aber die Ausführung mußte wegen der Ungunst der Witterung bis zum 31. Juli verschoben werden. 9 Der Ballon hat einen Inhalt von 8400 cbm, das entspricht einem Durchmesser von 25 m. Vom obern Ventil bis zum Boden der Gondel hat das Luftschiff eine Höhe von ungefähr 40 m. Voll gefüllt mit Wasserstoff trägt es außer seiner eigenen Last von 3000 kg noch 7000 kg, d. h. es kann ca. 100 Mann ä 70 kg, also eine ganze Kompagnie Soldaten, bequem in die Höhe heben. 4 Bö Auch dann war das Wetter noch so zweifelhaft, daß erst am selben Tage um 6 Uhr Morgens von uns die Fahrt beschlossen wurde. Die Füllung und Montierung des Riesenballons hatte das Militär-Luftschiffer-Bataillon übernommen und führte diese Arbeit in der fabelhaft kurzen Zeit von 4x/2 Stunden aus. Für das Bataillon war dies jedenfalls eine ganz wertvolle Übung, zu der nicht nur die ganze Truppe und sämtliche Fahrzeuge, sondern noch Hilfsmann- schaften vom Eisenbahn-Regiment erforderlich waren; für uns aber war diese Hilfe eine Notwendigkeit, und das Gelingen der Fahrt verdanken wir daher zum nicht geringen Teile dem Entgegenkommen und der Geschicklichkeit des Luftschiffer-Bataillons. Obgleich wir uns um die Füllung des Ballons garnicht zu kümmern brauchten, fanden wir während der Vorbereitungen doch nicht viel Ruhe, und so stiegen wir denn bereits etwas ermüdet kurz vor 11 Uhr vormittags auf. Es war ein heißer, ruhiger Sommertag; der Ballon stieg nahezu senkrecht in die Höhe. In 5000 m Höhe, die in 40 Minuten erreicht waren, begann die ernste Arbeit. Die Temperatur, welche unten 25° C betrug, war auf — 7° gesunken; es wurde Zeit, daß man sich auf die großen Höhen vorbereitete. Die Pelze (schwere Renntierpelze, wie sie für die Südpolar- Expedition her- gestellt sind) wurden hervorgeholt; in die Taschen und in die weiten Filz- schuhe wurden Thermophorkörper gesteckt, welche stundenlang eine Tempe- ratur von 30 bis 40° behalten; die Atmungsschläuche wurden klar gemacht. Die künstliche Atmung geschieht einfach dadurch, daß man aus einer Stahl- flasche mit reinem, auf 100 Atmosphären komprimiertem Sauerstoff durch ein Reduktionsventil und Gummischläuche den Sauerstoff langsam in den Mund einströmen läßt. Das in die Lungen eintretende Luftgemisch kann man durch Stellung der Hähne beliebig regulieren. In 6000 m Höhe, wo das Thermo- meter auf — 12° gesunken war, war das Befinden noch immer tadellos, aber es stellte sich schon etwas Schläfrigkeit ein. Der Ballon bewegte sich hier in horizontaler Richtung abnorm langsam; Berlin schien noch immer fast direkt unter uns zu liegen. Die Luft war sehr rein und durchsichtig. Sehr kleine Haufenwolken hinderten den Blick nach unten kaum, so daß man dort die Landschaft genau erkennen und sich orientieren konnte, aber am Horizont schoben sich diese Wölkchen zu dichten Bänken zusammen, so daß man trotz der klaren Luft keine weite Fernsicht hatte. Gerade dies hätte vielleicht er- frischend und belebend gewirkt, denn ein Rundblick aus großen Höhen ist überwältigend. Aus 10 000 m Höhe kann man theoretisch ein Gebiet von der Größe des Königreichs Preußen (ca. 400 000 qkm) überblicken. Um 23/4 Uhr — 4 Stunden nach dem Aufstieg — bei 9000 m und — 30° hatten wir das stolze Bewußtsein, höher als alle Erhebungen der Erde zu sein, aber es machte wenig Eindruck. Schematisch wurde das vorgeschriebene Arbeitspensum erledigt; zur Unterhaltung spürte keiner von uns Lust; es war auch schwer, sich bei den über die Ohren gezogenen Pelzkappen verständlich zu machen. Eine Verschlechterung des Befindens war noch immer nicht fest- Bl zustellen, aber es wurde immer schwerer, die Müdigkeit zu bekämpfen. Mir fielen sogar einmal die Augen zu, aber, wieder aufgewacht, fühlte ich mich vollkommen frisch, und wir führten zwischen 9000 und 10000 m in Abständen von ca. 6 Minuten noch vier Beobachtungsreihen aus. Die Temperatur betrug hier zwischen 30 und 40° Kälte. Ein anscheinend nebensächlicher Umstand beförderte nun vielleicht die Abnahme unserer Kräfte: das registrierende Barometer, welches uns die Höhe des Ballons durch den Luftdruck selbst- ständig anzeigte, war eingefroren, sowohl das Uhrwerk wie die Dinte. Berson bemühte sich — wie vorauszusehen war vergebens — , die Apparate wieder in Ordnung zu bringen; ich hatte in der Zwischenzeit nichts zu tun; meine Müdigkeit wurde daher wieder größer. Nachdem diese Versuche aufgegeben waren, machten wir noch eine gemeinschaftliche Ablesung in 10 230 m Höhe. Bemerkenswert — weil abweichend von früheren Erfahrungen — ist die Sicherheit, man kann fast sagen Mühelosigkeit, mit welcher diese Beobachtung ausgeführt werden konnte. Die meisten Berichte von früher stimmen darin überein, daß Körper und Geist dem Willen nicht mehr ganz gehorchten. Die Ablesungen waren schwer durchführbar, dem Beobachter wurde zeitweise schwarz vor den Augen, und mit nahezu unleserlicher Schrift kritzelte er schließlich seine Aufzeichnungen an irgend eine ganz falsche Stelle seines Beobachtungsformulars. Nichts von alledem bei dieser um mehr als 1000 m höheren Ablesung, als früher möglich gewesen war. Die Einstellung und Beobachtung des Quecksilberbarometers, welche eine ganz ruhige und etwas unbequeme Stellung verlangte, war exakt durchführbar; der Stand der Thermo- meter, welcher durch ein astronomisches Fernrohr, also mit umgekehrtem Bilde, abgelesen wurde, war klar erkennbar, und das Beobachtungsprotokoll konnte von mir mit größerer Sauberkeit geführt werden als bei mancher anderen Fahrt. Der Grund für das Wohlbefinden waren offenbar die konsequent durch- geführte Sauerstoff-Atmung und der gute Schutz gegen die Kälte; man kam infolge dessen garnicht erst in den Zustand von Atemnot und Schwäche, man hatte garnicht das so gefährlich abstumpfende Kältegefühl. Kein Wunder, daß man glaubte, noch viel mehr ertragen zu können! Und doch befand sich der Körper nicht mehr im normalen Gleichgewicht. Uber 10 250 m Höhe werden plötzlich die bis dahin so deutlich in der Erinnerung haftenden Vorgänge unklar; die Erinnerungen sind infolge dessen bei uns beiden scheinbar etwas abweichend. Zweifellos fest steht, daß Berson das Ventil zog und dadurch den Ballon zum Fallen brachte. Kurz vorher hatte er mit schnellem Blick am Barometer einen Luftdruck von 202 mm — - das entspricht einer Höhe von 10 500 m - — abgelesen. Diese Höhe ist somit sicher festgestellt. Naturgemäß hat das Ventilziehen nicht sofort gewirkt, um so weniger, weil unmittelbar vorher Ballast geworfen war. Der Ballon ist also noch gestiegen wir nehmen aus verschiedenen Gründen an bis zu etwa 10 800 m - — , aber das ist eben nur eine Schätzung, keine Tatsache. Berson zog das Ventil, weil er auf Anruf und Schütteln von mir keine Antwort G erhielt und daher eine Katastrophe befürchtete; das Ventilziehen verbrauchte aber den Rest seiner Kräfte, er brach erschöpft zusammen und fiel in eine lange, schwere Ohnmacht. Meine Erinnerungen besagen, daß ich meinen Kollegen anscheinend schlafend in sitzender Stellung vorfand, als ich — anscheinend noch ganz frisch — mich nach ihm umsah, um zu einer neuen Beobachtungsreihe aufzufordern. Schütteln war vergeblich; auch als ich ihm meinen Atmungsschlauch in den Mund steckte, um ihm mehr Sauerstoff zuzuführen, blieb er regungslos. Ich wollte daher das Ventil ziehen, dessen Leine für mich ziemlich schwer zu erreichen war, mußte aber wieder umkehreu, um zunächst meinen bei Berson zurückgelassenen Atmungsschlauch zu holen. Mit der noch ganz deutlichen Erinnerung, daß die Kräfte rapide abnehmen, ergriff ich auch noch den Schlauch, aber dann schwand das Bewußtsein. Ob das vor oder nach Berson’s Ventilziehen war, ist ziemlich nebensächlich; jedenfalls waren wir schließlich beide ohnmächtig. Indessen fiel der Ballon, und ziemlich gleichzeitig, aber erst nach einer halben bis dreiviertel Stunde, erwachten wir in ca. 6000 m Höhe aus der Ohnmacht, bezw. dem daran sich anschließenden Schlafe. Jetzt war das Befinden ein ganz anderes als vorher: Nichts von anscheinender Frische, sondern zunächst Atemnot und Angstgefühl, die allerdings nach starker Sauerstoffatmung bald wieder verschwanden, dann aber eine bleierne Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schlaffheit, eine Art See- krankheit oder richtiger Luftkrankheit, die auch ihren Tribut verlangte. Es kostete eine sehr bedeutende Überwindung, jetzt die notwendigsten Arbeiten zu tun, also vor allem den übermäßig schnellen Absturz des Ballons durch Sandwerfen zu verlangsamen, sich selbst aus den Pelzen herauszuwickeln, die Instrumente zu verpacken u. dgl. Aber alles gelang; wir bekamen den Ballon vollkommen in unsere Gewalt und fuhren noch etwa zwei Stunden, bis der Ballon ganz sanft auf ein abgeerntetes Feld aufsetzte. Wo wir waren, wußten wir vor der Landung nicht. Bis fast zu den größten Höhen hatten wir unsern Weg ziemlich genau verfolgt; wir waren durchschnittlich nach S bis SSW gefahren und mußten, wenn wir diese Richtung beibehielten, etwa bei Witten- berg über die Elbe kommen. Als wir aus der Ohnmacht erwachten, sahen wir eine ganz veränderte Landschaft; viel Wasser, besonders Seen waren zu erblicken, aber wir suchten vergebens die Elbe. Wie sich nachher herausstellte, waren wir, im Gegensatz zu der schwachen Luftströmung bis 8000 m, darüber plötzlich in einen stürmischen Westwind geraten, der uns in einer Stunde etwa 100 km nach Ost versetzte. In ganz sicherer Weise läßt sich dies durch die zu gleicher Zeit am Potsdamer Observatorium angestellten Messungen von Höhe und Geschwindigkeit der Cirruswolken kontrollieren, denn bei 10 000 m Höhe notierten wir, daß wir uns in annähernd gleicher Höhe mit den Cirruswolken befanden. Wir gelangten infolge dieser Richtungsänderung der oberen Luft- strömungen also nicht an die Elbe, sondern nach dem Spreewald, und landeten bei Briesen unweit von Kottbus. Hilfe zum Verpacken des Riesenballons war sofort zur Stelle, aber unsere Kräfte reichten für diese mühselige und lang- Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Bd XI, Heft 1. Tafel I. Wolkenmeer aus 6000 m Höhe. No. 4. Wolkenwogen. Höhe i. ui 33 wierige Arbeit doch nicht mehr aus. Um so mehr wußten wir die herzliche und unermüdlich sorgsame Pflege im Hause des Herrn Pastor Bolte in Briesen zu würdigen. Dank dieser freundlichen Aufnahme fühlten wir beide uns am nächsten Tage wieder vollkommen frisch, sodaß das Verpacken und Verladen des Ballons verhältnismäßig schnell von statten ging. Ich gehe nun dazu über, einiges von den Ergebnissen der Ballonhochfahrten mitzuteilen. In erster Linie interessierten sich die Physiologen für unsere Hochfahrt, wo die Leistungsfähigkeit des Körpers bis aufs Äußerste angespannt wurde. Das Wesen der Höhenkrankheit mußte sich hier besonders rein zeigen, da bei Experimenten im Gebirge meist die körperliche Anstrengung des Berg- steigens als störendes Moment hinzukommt. Unsere Aufzeichnungen über die physiologische Wirkung der Höhenluft sind — wenigstens für weitere Kreise — insofern überraschend gewesen, als sie in ihrer Gesamtheit ergaben, daß alle diejenigen Erscheinungen, welche man meist als typisch für die Höhenkrankheit ansah: Atemnot und Herzbeschwerden, im Ballon bei künstlicher Atmung verschwanden, während das, was man in erster Linie auf die Anstrengung beim Bergsteigen schob, nämlich die allgemeine Erschlaffung, zwar auch im Ballon zunächst durch Sauerstoffatmung gehoben wurde, in den größten Höhen aber als wesentlichste, vielleicht einzige Krankheitserscheinung bestehen blieb. Während durch Luftverdünnung bei Sauerstoff- Atmung Pulsfrequenz, Blutdruck, Tiefe der Atmung u. dgl. nicht erheblich beeinflußt werden, tritt immer ein sich stetig steigernder Mangel an. Energie ein. Die Erfahrungen bei Ballon- hochfahrten haben sicherlich dazu beigetragen, eine große Zahl von Theorien über die Ursachen der Bergkrankheit zu beseitigen. Insbesondere gilt dies von den sogenannten mechanischen Theorien, welche als Krankheitsursache die großen Druckdifferenzen innerhalb und außerhalb des Körpers oder ver- änderte Lungenstellung oder geänderte Blutverteilung u. dgl. annehmen. Dagegen erscheint die Anschauung von Paul Bert, wonach für das Verhalten des Organismus bei Luftverdünnung nur die Spannung des Sauerstoffs ent- scheidend ist, nunmehr völlig bestätigt. Der Sauerstoff ist also der wesentliche pathologische Faktor der Höhenkrankheit. Mit zunehmender Höhe nimmt — nach den Untersuchungen von Schrötter’s — die Dauer der günstigen Wirkung des Gases ab. Die Atmung wird flacher, die Anreicherung der Lungen mit Sauerstoff hält weniger lange vor, ihre Wirkung wird durch Muskelarbeit, welche sich eben doch nicht ganz vermeiden läßt, schneller vernichtet als unten1). ]) Zur weiteren Orientierung über diese Frage dürften vor allem folgende beiden Abhandlungen geeignet sein: Hermann von .Schrötter. Zur Kenntnis der Wirkung bedeutender Luftverdünnung auf den menschlichen Organismus. Sonderabdruck aus: Die medizinische Woche. No. 38. 1901. H. von Schrötter und N. Zuntz. Ergebnisse zweier Ballonfahrten zu physiologischen Zwecken. Pflüger’s Archiv für Physiologie. Band 92. S. 479. 1902. 8 3 34 Es ist nun von Physiologen die Frage aufgeworfen, weshalb wir denn trotz genügenden Sauerstoff- Vorrates ohnmächtig geworden sind, und es ist darauf geantwortet: Weil wir nicht gezwungen waren, Sauerstoff zu atmen, sondern nach Belieben die Atmung aussetzen konnten. Dies würde also zu dem Schlüsse führen, daß man bei gesteigerter, kontinuierlicher Sauerstoffzufuhr noch höher steigen könnte. Es ist das vielleicht richtig, hat aber doch wohl mehr theoretisches als praktisches Interesse, denn von dem Augenblicke an, wo man nicht mehr die Kraft und die Fähigkeit hat, seine Atmung selbst zu regulieren, ist man nicht im stände, eine einwurfsfreie wissenschaftliche Beobachtung zu machen, und dann ist, wenigstens für meteorologische Forschungen, der unbe- mannte, nur mit Begistrier-Instrumenten versehene Ballon dem Menschen überlegen. Vom meteorologischen Standpunkte aus betrachtet, hat diese Hochfahrt, von der ich berichtete, keine unmittelbar unerwarteten Resultate ergeben; sie ist vielmehr nur als ein Glied in der systematisch entwickelten Kette von wissenschaftlichen Ballonfahrten zu betrachten und hat wie jede andere Fahrt nur einige Bausteine zu der Erforschung der Atmosphäre geliefert. Sie hatte vor allem instrumentelle Bedeutung dadurch, daß sie zur Kontrolle der Apparate in den gleichzeitig aufgelassenen unbemannten Ballons diente. Die Registrier- instrumente der letzteren arbeiten in großen Höhen häufig unzuverlässig; erstens, weil die Elastizität der Metalle bei sehr niedrigen Temperaturen zuweilen plötzliche Veränderungen erfährt, und zweitens, weil die in der dünnen Luft sich steigernde Intensität der Sonnenstrahlung die Instrumente über die Lufttemperatur erwärmt, falls nicht für eine sehr ausgiebige Lufterneuerung gesorgt ist. Die Thermometer wirken dann gleichzeitig als Strahlungsmesser, geben also zu hohe Temperaturen an. Den unausgesetzten Bemühungen, diese Instrumente zu verbessern, wobei sich vor allem Professor Assmann Verdienste erworben hat, ist es zu danken, daß z. B. bei unserer letzten Hochfahrt bis zu 10 000 m Höhe im bemannten und im unbemannten Ballon nahezu identische Temperaturen aufgezeichnet wurden. Die Unterschiede gehen kaum über einen Grad hinaus. Von den metereologischen Ergebnissen dieser einzelnen Hochfahrt vom 31. Juli will ich also nicht weiter sprechen, dagegen dürfte es Interesse bieten, ganz kurz etwas von dem hervorzuheben, was wir jetzt über die Meteorologie der oberen Luftschichten wissen, also gewissermaßen die Klimatologie dieser wenig zugänglichen Höhen zu skizzieren. Ich schicke eine kleine Tabelle voraus, welche die mittleren Jahreswerte von Luftdruck, Temperatur, Feuchtig- keit und Wind für je 1000 m bis zu 10 000 m Höhe enthält. Die für den Erdboden angegebenen Werte entsprechen ungefähr den klimatischen Verhält- nissen im mittleren Nord-Deutschland. 9 35 Höhe Luftdruck Temperatur Feuchtigkeit Windstärke in m. in mm. 00. g Wasser im kg Luft. m pro Sekunde. 0 762 10 5.9 5 1000 675 5.5 4.5 9 2 000 597 0.5 3.i 10 3 000 527 —5 2.2 12 4 000 464 —10 1.7 14 5 000 407 —16 1.2 17 6 000 355 —23 0.7 20 7 000 309 —31 0.3 23 8 000 268 —39 0.2 26 9 000 231 —46 — 29 10 000 198 —53 — 32 Hie Luftdruckwerte dieser Tabelle sind natürlich nicht beobachtet — es ja umgi ekehrt die Höhen erst aus den Barometerangaben abgeleitet — , sondern nach der barometrischen Höhenformel unter Benutzung der bei- stehenden Temperaturen berechnet worden; sie dienen zur Belebung des Bildes, sind aber auch physikalisch lehrreich. Man sieht aus ihnen, daß in etwa 5500 m Höhe der Barometerstand nur halb so groß ist wie unten; hier lastet also über uns nur eine halbe Atmosphäre und in 10 000 m nur noch eine Viertel-Atmosphäre. Ha die Zusammensetzung der Luft bis in große Höhen hinauf anscheinend ziemlich die gleiche bleibt, so erhält man in 10000 m bei einem Atemzuge auch nur */4 so viel Sauerstoff wie unten. Hieraus folgt u. a., wie wichtig es ist, daß man die ruhige, gleichmäßige Atmung in der Höhe beibehält und jede Aufregung vermeidet. Ha jedermann bei seinen ersten Ballon-Aufstiegen erregt sein wird durch die Großartigkeit der ungewohnten Eindrücke, so sollte man sich erst dann an Hochfahrten wagen, wenn man das Ballonfahren mit einer beinahe geschäftsmäßigen Ruhe betreibt. Auch auf die körperliche Konstitution kommt es an; Fettmassen erschweren die Atmung, korpulente Leute sind daher für Hochfahrten fast durchweg ungeeignet. Hie Luftdruckwerte erhalten dadurch noch eine besondere Bedeutung, daß sie uns im Zusammenhang mit den gleichzeitigen Temperaturen Aufschluß geben über die in verschiedenen Höhen zur Geltung kommenden Wärmemengen. Lufttemperatur und Luftwärme sind nicht als identische Begriffe anzusehen. Stiege z. B. in der ganzen Luftsäule von 0 bis 5500 m die Temperatur um den gleichen Betrag, , etwa von — 20° bis 0°, so ist dazu am Erdboden doppelt so viel Wärme nötig als in 5500 m Höhe, denn hier beträgt der Luftdruck nur eine halbe Atmosphäre und die zur Erwärmung eines gleichen Luftvolumens um 1° notwendige Wärme ist dem Luftdruck proportional. Für den Wärme- austausch in der Atmosphäre sind also Temperaturschwankungen in den oberen Luftschichten viel weniger bedeutungsvoll als unten. Hie Temperaturwerte der vorstehenden Tabelle sind hauptsächlich auf grund der neueren Ballonfahrten abgeleitet und nach den Aufzeichnungen unbemannter Ballons für die größeren Höhen ergänzt. Von der mittleren io 3* 36 Jahrestemperatur in Berlin mit 10° ausgehend, haben wir in 4000 m im Jahres- mittel — 10°, in 8000 m — 40° zu erwarten. Es ist erst im letzten Jahrzehnt festgestellt, daß es in den obern Luftschichten so kalt ist, wie unsere Tabelle besagt; man glaubte vorher, die Temperatur nähme über 5000 m nur noch ganz langsam ab und bliebe schließlich ganz konstant, so daß dort oben Temperaturen unter — 50° überhaupt nicht mehr vorkämen. Nach Glaishers Beobachtungen während der sechziger Jahre nahm man bis vor kurzem die Temperatur in 8000 m um etwa 25° zu hoch an ( — 15° statt — 40°). Der prinzipielle Fehler, den man früher machte, beruht darauf, daß man im Ballon eine freie Luftzirkulation annahm. Der Ballon schneidet aber nicht wie ein Schiff durch immer andere Teile des Luftozeans, sondern er schwimmt ja in der Luft, die ihn weiter führt, bleibt also unter Umständen — wenn man von vertikalen Änderungen absieht — immer in derselben Luftmasse, und die Instrumente werden dann nicht nur durch die Lufttemperatur, sondern auch durch künstliche Erwärmung infolge der Rückstrahlung von Ballonkorb, In- sassen u. dgl. beeinflußt. Will man einwandfreie Resultate erzielen, so muß man eine künstliche Ventilation der Thermometer einführen, und das ist ja in dem bekannten AssMANNschen Aspirationspsychrometer verwirklicht. Auf der ersten internationalen aeronautischen Konferenz für Luftschiffahrt in Straßburg im Frühjahr 1897 wurde daher beschlossen, im bemannten Ballon nur noch diese Aspirationspsychrometer zu benutzen. Die neueren Temperaturwerte für die oberen Luftschichten deuteten zu- nächst anscheinend darauf hin, daß allerdings die Temperatur nach oben rasch abnähme, daß aber in einem und demselben Niveau immer annähernd dieselben Temperaturen vorkämen, daß also in 8000 m Höhe das ganze Jahr hindurch gleichmäßig etwa — 40° herrschten. Als jedoch das Beobachtungsmaterial, namentlich bei häufigerer Benutzung unbemannter Ballons, größer wurde, zeigte sich, daß in 10 000 m Höhe noch fast ebenso große Temperaturschwankungen Vorkommen wie unten. Von den diesbezüglichen Ermittelungen will ich nur zwei Punkte, welche mir von besonderem Interesse erscheinen, hervorheben. Die Erwärmung der Erde geht hauptsächlich von der Oberfläche aus und pflanzt sich von hier aus nach oben in die Luft, nach unten in den Boden fort. Diese Fortpflanzung braucht Zeit, besonders im schlecht leitenden Boden, und das Eintreten der jährlichen Temperaturextreme verzögert sich daher um so mehr, je tiefer man in den Erdboden eintritt. ln 4 m Tiefe ist es im Herbst am wärmsten und in 6 m Tiefe werden die höchsten Temperaturen im Dezember oder Januar, die niedrigsten im Juli oder August abgelesen. Etwas Ähnliches, wenn auch zum Teil aus andern Ursachen, findet nach oben hin statt. Der Juli ist durchaus nicht in der ganzen Atmosphärenschicht die wärmste Zeit des Jahres, sondern je höher wir hinaufsteigen, desto mehr bleiben die Jahres- zeiten zurück. In 5000 m Höhe z. B. ist es am sommerlichsten Ende September oder Anfang Oktober, am winterlichsten Anfang April. Durch solche Ver- schiedenheiten erklärt sich zum Teil der bei uns so v^ohiedene Witterungs- Charakter von Frühling und Herbst. Das Gleichgewicht einer Luftmasse ist dann am beständigsten, wenn die relativ warmen, also leichten Schichten oben liegen, dagegen die schweren, kalten Schichten unten. Im Herbst haben wir oben relativ warme Luft, demnach beständiges Wetter, im Frühling oben relativ kalte Luft, also unbeständiges Wetter. Das sogenannte „April- Wetter“ erklärt sich demnach teilweise durch die vertikale Temperaturverteilung. Andrerseits haben die Hochfahrten — hier allerdings besonders die unbemannten — er- geben, daß einige Witterungsstörungen, z. B. die Kälterückfälle des Mai nicht ein ganz lokales, auf die untersten Luftschichten beschränktes Phänomen sind, sondern daß sie sich durch die ganze Atmosphäre mindestens bis zu 10000 m Höhe erstrecken. Man ist dadurch darauf aufmerksam geworden, daß bei Witterungsumschlägen den oberen Luftschichten eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden ist. Neben der Temperatur interessieren uns noch die Windverhältnisse und die Feuchtigkeitsverteilung in den oberen Luftschichten. Bezüglich des Windes fällt sofort die rasche Zunahme nach oben hin auf. Schon in 2000 m Höhe ist der Wind doppelt so stark wie unten, und in 5000 m weht er im Jahres- durchschnitt mit Sturmesstärke — die Meteorologen definieren als Sturm eine Windgeschwindigkeit von 16 — 20 m p. s. — ; dieser Wert wird bei uns nur an etwa 4 — 5 Tagen des Jahres erreicht. Eine Windgeschwindigkeit von über 30 m. p. s., die für 10 000 m das Normale ist, gehört auf dem Festlande zu den allergrößten Seltenheiten. Die große mechanische Energie der oberen Luft- schichten, welche sich in diesen Zahlen ausspricht, ist früher, als man annahm, daß die Witterungsveränderungen sich im wesentlichen auf Schichten von 6 —7000 m Mächtigkeit beschränken, viel zu wenig berücksichtigt worden. Die Zunahme der Windgeschwindigkeit nach oben ist jedoch keineswegs eine stetige, sondern erfolgt sprungweise. Besonders dort, wo sich die untern Wolken entwickeln — zwischen 1500 und 3000 m — bleibt die Windstärke nahezu konstant oder nimmt sogar ab, wenn man emporsteigt. Auch die Wind- richtung übt hierbei großen Einfluß aus. Westliche Winde zeigen eine rasche und stetige Zunahme nach oben, so daß in 5000 m die Geschwindigkeit vier- mal so groß ist wie unten; bei östlichen Winden ist hier die Windstärke nur iy2 mal so groß wie unten. Die Feuchtigkeitswerte in unserer Tabelle sind in einer bisher allerdings noch wenig gebräuchlichen, aber in der für diese Zwecke wissenschaftlich allein korrekten Weise angegeben; sie bezeichnen die Zahl der Gramm Wasser, welche ein Kilogramm Luft im Jahresdurchschnitt enthält. Auch hier fällt vor allem die rasche Abnahme des Feuchtigkeitsgehalts nach oben hin auf; in 6000 m Höhe beträgt die Feuchtigkeitsmenge nur noch 1/10 von der am Erdboden und noch höher hinauf werden die Beträge so gering, daß unsere Apparate zu einer genügend sicheren Messung nicht ausreichen. Dementsprechend sind auch die Wolken in den größten Höhen — die Cirruswolken — fast durchweg sehr dünn und meist nur so zarte Eisnadelgebilde, daß man kaum merkt, wenn 38. man sich in denselben befindet, ganz im Gegensatz zu den untern Wolken, die zuweilen mehrere 1000 m dick sind, so daß der Ballon Mühe hat, sich hindurch zu kämpfen. Die Feuchtigkeitsverhältnisse der oberen Luftschichten sind bisher wenig beachtet worden; sie lassen uns aber zum Teil besser als die Temperatur die Struktur der Atmosphäre erkennen. Die Abnahme der Feuchtigkeit nach oben, ebenso wie die der Windgeschwindigkeit und der Wolkenhäufigkeit erfolgt nämlich nicht gleichmäßig, sondern sprungweise, und es wird dadurch schon angedeutet, daß der natürliche Gleichgewichtszustand der Atmosphäre nicht nach einer allgemeinen Durchmischung der obern und untern Luftmassen strebt, sondern nach einer Schichtbildung, derart, daß immer über kalten, wolkigen Zonen trockene, relativ warme lagern. Es scheint, daß in dieser Schichtung der Grund für die so deutlich ausgesprochene Erhaltungstendenz des Wetters liegt, und die rechtzeitige Erkennung solcher Schichtung verspricht große praktische Bedeutung für die Wetterprognose zu gewinnen. Hier liegt auch vielleicht ein Feld für praktische Verwertung der Wolkenmessungen, nachdem die Versuche, schematisch aus dem Aussehen der Wolken oder deren Zug- richtung Schlüsse auf das kommende Wetter zu. ziehen, sich als wenig lohnend erwiesen haben. Die Zonen maximaler Wolkenhäufigkeit — 2000, 4300, 6500, 8300 und 10 000 m — bezeichnen die durchschnittliche Höhenlage dieser Grenzschichten. Die Umbildung solcher Diskontinuitätsflächen in Wogen und Wirbel und die dadurch herbeigeführte Durchmischung der Atmosphäre ist durch von Helmholtz auch theoretisch verfolgt worden; ich muß mich jedoch hier mit einem Hinweis darauf begnügen. Die Ergebnisse der aeronautischen Wolkenforschung lassen sich tabellarisch schlecht wiedergeben; ich beschränke mich auf einige kurze Hinweise über den Anblick der W olken vom Ballon aus ; die V eröffentlichung der beigegebenen W olken- bilder (Tafel I, Fig. 1 — 4) geschieht mit liebenswürdiger Erlaubnis der Verlags- buchhandlung von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig1). Sind wir an einem schönen, leicht bewölkten Sommertage aufgestiegen, so gelangen wir zunächst in die Haufenwolken. Der Eintritt in dieselben ist meist wenig deutlich: man ist ziemlich unerwartet von leichtem Nebel umgeben, so daß die Erde leicht verschleiert erscheint. Der Nebel wird schnell dichter, die Erde verschwindet; man spürt feinen Regen. Nähert man sich der oberen Grenze der Wolken, so nimmt die Stärke des Nebels wieder ab, und er wird schließlich so dünn, daß die ersten Spuren des Sonnenscheins bis zu 500 m in die Wolken eindringen. Trotzdem ist der obere Wolkenrand im Gegensatz zu dem unteren scharf abgegrenzt. Die zwei ersten Bilder (Fig. 1 und 2) zeigen den oberen Rand von solchen Cumuluswolken. Die glatte, obere Begrenzung, das Kenn- zeichen dafür, daß zwei Luftschichten von verschiedener Dichte über einander 0 Die Bilder sind dem großen dreibändigen, von Assmann und Berson herausgegebenen Werke: Wissenschaftliche Luftfahrten, ausgeführt vom Deutschen Verein zur Förderung der Luftschiffahrt in Berlin, Braunschweig 1900, entnommen. 13 39 gelagert sind, tritt am deutlichsten auf dem zweiten Bilde hervor, das von einem etwas hohem Standpunkte aus aufgenommen ist. Eine solche Wolke löst sich häufig nachmittags von unten her auf, so daß nur eine Strato-Cumulus- Wolke oder gar nur eine trockene Dunstschicht übrig bleibt. Am nächsten Tage dringen dann häufig neue Cumuluswolken direkt durch diese Schichten hindurch und finden eventuell erst Widerstand an der nächst höheren Unstetig- keitsschicht in etwa 4000 m Höhe. Mehrere Wolkenschichten übereinander sind eine häufige Erscheinung. Das dritte Bild (Fig. 3) zeigt zwei solche Wolken- schichten. Schon hier ist erkennbar, wie die untere Wolkenschicht sich wellen- förmig furcht, infolge der verschiedenen Luftdichte oben und unten. Sind die Dichtigkeitsunterschiede noch schroffer, so ist die Analogie mit den Wasser- wellen eine vollkommene. Solche Wolkenwogen zeigt die Figur 4. Wolken dieser Art, zu deren näherer Verfolgung insbesondere die thermodynamischen Untersuchungen des Geheimrats von Bezold veranlaßt haben, sind häufig auch von unten in den sogenannten Schäfchenwolken zu sehen; nur stören hier manchmal die perspektivischen Verzerrungen. Nachdem durch Ballonfahrten die Struktur dieser Wolken .genauer erforscht ist, gewinnen auch deren Höhen- messungen von unten erheblich an Wert. Oberhalb dieser Region der Schäfchen- wolken finden sich — abgesehen von ausnahmsweise hohen Gewitterwolken — nur noch dünne Schichten von Eis- oder Schneegebilden, die aus der Nähe betrachtet kaum auffallen und daher photographisch schwer wiederzugeben sind. Die Ihnen bekannten phantastischen, abwechselungsreichen Formen der Cirrus- wolken verschwinden, je mehr man sich ihnen nähert; hier an der Grenze des Lebens wendet die Natur keine Verschönerungskünste an. Unbenutzt strömt die Fülle des Lichts und der Kraft der Sonne vorüber; farblos und kalt ist die Signatur der großen Höhen. — Bei dem Überfluß an Stoff, welcher sich aufdrängt, sobald man etwas von den Ergebnissen der Ballonfahrten erzählt, ist es schwer das am meisten Inter- essierende auszuwählen. Ich habe mich bemüht, einen Einblick in das Arbeits- gebiet der aeronautischen Metereologen zu gewähren und zu zeigen, daß wir nicht Ballon fahren, nur um zu wissen, wie kalt und windig es da oben ist, sondern daß zahlreiche physikalische Probleme von Bedeutung ihre Lösung durch die Höhenforschung finden können. Ich habe mich auch bemüht, darauf hinzuweisen, wie die uns beschäftigenden Fragen auf andere Gebiete hinüber- spielen, und es bedurfte keines Zwanges, um darzutun, wie sehr wir uns interessieren müssen für die Wolkenforschung, die gerade in Danzig eine so gute Pflegestätte und einen so unermüdlichen Förderer gefunden hat. 14 40 Petrographische Untersuchung einiger Stein Werkzeuge aus Westpreußen. Von Dr. 0. Hildebrand. Von dem Westpreußischen Pro vinzial-Museum in Danzig wurde dem Mineralogischen Institut der Universität Greifswald auf Vorschlag des Herrn Professor Dr. Deecke eine Suite von fünfzehn prähistorischen Stein- werkzeugen übersandt. Es sollten diese Instrumente petrographisch daraufhin untersucht werden, ob ihr Material von den in Westpreußen selbst vorkommenden Geschieben herstammt, oder ob es etwa aus einer anderen Gegend eingeführt worden ist. Demgemäß waren aus dem großen Bestände des Westpreußischen Provinzial- Museums durch den Kustos, Herrn Dr. Kumm, möglichst verschiedenartige Typen ausgesucht oder solche gewählt worden, die nach ihrem Habitus ab- weichend erschienen. Die kleine Zahl von fünfzehn Stück hat daher eine größere Bedeutung, als ihr sonst gegenüber dem reichen, in Danzig ange- sammelten Material zukäme. Von den Instrumenten wurde je eine Ecke oder ein seitliches Stück mit der Diamantscheibe auf einer Steinschneidemaschine abgetrennt und dieses zu Dünnschliffen verarbeitet. Man kann auf diese Weise die Objekte schonen und besonders charakteristische Teile völlig unverletzt lassen. Infolge der Auswahl der zu untersuchenden Gegenstände spielte deren Form, Bohrung und Politur nur eine untergeordnete Rolle, so daß darüber mit den folgenden Worten kurz hinweggegangen werden kann. Die Form läßt zwei verschiedene Bearbeitungsarten unterscheiden. Erstens: Die Waffen sind schmal und ohne Loch, sie waren wohl mit Stricken an den Stielen befestigt (Meißel-Form). Zweitens: Die Waffen sind breit und haben ein ziemlich symmetrisch liegendes Loch, dasselbe ist sorgfältig und konisch gebohrt und innen gut poliert (Hammer-Form). Nur bei einem Stück (V. S. 7780) ist das Loch nicht fertiggestellt. Bei einem anderen, auch sonst wesent- lich abweichenden Stück (I. 579) scheint auf die Bohrung des Loches weniger Wert gelegt zu sein, während die übrige Bearbeitung auf eine höhere Fertig- keit des Arbeiters schließen läßt. Alle fünfzehn Stücke sind poliert gewesen, was trotz der Zersetzung der Rinde an Spuren noch zu sehen ist. Petrographisch sind sie hauptsächlich zu kristallinen Schiefern oder zu derartig umgewandelten Massengesteinen, ferner zu Dioriten, Diabasen und 41 Porphyren zu stellen. Die Schiefer haben sich im ganzen nicht so gut bewährt wie die massigen Gesteine, da sie nach der Schicht* resp. Schieferungsfläche meistens zersprungen sind. Die Beile sollen so beschrieben werden, wie sie petrographisch zu einander gehören, und da die kristallinen Schiefer überwiegen, mag mit ihnen begonnen werden. V. S. 7780. Rehden, Kr. Graudenz. Hammer: Länge 9 cm, Breite 4,5 cm; im Loche geborsten; das polierte Loch ist nicht vollständig durchgebohrt. Die durch die Verwitterung wieder rauh gewordene, graue Oberfläche läßt keinen bestimmten Gemengteil hervortreten, sondern mit dem bloßen Auge nur helle und dunkle Partien und schiefrige Struktur erkennen. Unter dem Mikroskop zeigt das Gestein ein hypidiomorph körniges Gefüge von Feldspat, Glimmer und Quarz. Der Feldspat besteht aus wenigem, frischem Orthoklas und aus viel Plagioklas, dessen feine Zwillingslamellen an unzersetzten Stellen auffallend verbogen sind. Der Glimmer ist ein ziemlich frischer, brauner Biotit mit streifenartiger Anhäufung der Schuppen. Der Quarz füllt die Lücken zwischen den Feldspäten und Glimmern aus und besitzt Mörtelstruktur. Als Einschlüsse treten Apatit und Zirkon auf. Die Umbiegung der Plagioklas-Lamellen und die Mörtelstruktur des Quarzes lassen auf einen durch Pressung schiefrig gewordenen Biotitgranit schließen. V. S. 3265. Gross Radowisk, Kr. Briesen. Hammer; Länge 12 cm, Breite 7,5 cm; senkrecht zur Schneide zersprungen, das Loch ist konisch und sorgfältig gebohrt. Die Oberfläche des Gesteins mit Spuren von Politur hat schwarz -graue Farbe mit einigen bräunlichen, von zersetztem Eisenerz herrührenden Schlieren. Die schiefrige Struktur des Gesteines bewirkt, daß der Hauptgemengteil, die Hornblende, in der Form von gedrungenen Säulchen schon makroskopisch an der Spaltung nach dem Prisma und an der dunkelgrünen Farbe gut zu be- stimmen ist. Neben ihr sieht man zuckerkörnigen, aber nach der Masse sehr zurücktretenden Feldspat. Unter dem Mikroskop beobachtet man außerdem Augit, Biotit, Eisenerz und „ Quarz. Die Hornblende, nach Absorption, Pleochroismus und Auslöschung die ge- meine Hornblende, tritt im Gestein in idiomorpher Begrenzung, gelappt und in schilfiger Form auf und ist an manchen Stellen mit einem zweiten, strahlstein- artigen, hellgrauen Amphibol gesetzmäßig verwachsen. Sie beherbergt als Einschlüsse Eisenerz, welches manche Individuen staubartig und in Haufen erfüllt, so daß dieselben einen schwarzen Kern umschließen. Als weitere, aber geringfügige Einschlüsse erscheinen Apatite. Der Augit, der sich an manchen Stellen durch seine charakteristischen Umrisse zu erkennen gibt, ist meistens zersetzt. Der Plagioklas kommt im Schliff teils in Form zersetzter, kaolinisierter, größerer Individuen, teils in kleineren, frischeren Körnern vor, welch letztere 2 42 zuckerkör nig struierte Streifen oder Nester zwischen den Hornblenden bilden. Das Eisenerz durchzieht teils als Brauneisenerz schlierenweise das Gestein, teils tritt es als idiomorph begrenzte Individuen und zwar meist in Gestalt des Würfels auf, dürfte demnach Pyrit gewesen sein. Andrerseits erfüllt es in Form eines feinen Staubes einige Hornblende-Individuen (Magnetit). Mit dem Eisenerz verwachsen und wohl aus demselben teilweise hervorgegangen, bemerkt man dunkelroten Eisenglimmer. Der Quarz, welcher an Masse zurück- tritt, zeigt Mörtelstruktur und beschränkt sich auf Körner in den Feldspat- partien. Das Gestein ist demnach entweder als ein quarzführender Amphibolit oder, wenn man auf die Druckerscheinungen und die amphibolen Neubildungen mehr Gewicht legen will, als ein schiefrig gewordener, augit- und quarzführender Diorit aufzufassen. I. 388. Pelplin, Kr. Dirschau. Hammer; Länge 10 cm, Breite 4 cm; wenig beschädigt, das Loch ist etwas unsymmetrisch, aber sorgfältig und konisch gebohrt. Das Gestein, welches ein streifiges Aussehen hat, läßt bei der makrosko- pischen Betrachtung auf frischem Bruch gedrungene, dunkle Hornblendesäulclien erkennen, die auf den Spaltflächen stark glänzen, und dazwischen eingeklemmt kleine, weiße Feldspatkörnchen. Unter dem Mikroskop treten außerdem Titanit und Augit auf. Die Horn- blende, welche der vorherrschende Gemengteil des Gesteines ist, erscheint in zwei Varietäten. Die vorwaltende gemeine Hornblende, kenntlich an ihrem Pleochroismus, Absorption und Auslöschung, ist teilweise in Zersetzung be- griffen. Die zweite untergeordnetere Art ist hellgrün, strahlsteinartig, tritt regelmäßig verwachsen mit der erster en auf und mag aus einem augitischen Mineral hervorgegangen sein, das an anderen Stellen noch in frischem Zu- stande mit diallagartigem Charakter erhalten blieb. Apatit kommt in beiden als Einschluß vor. Der Plagioklas hat, wo er noch frisch ist, feine Lamellen und ist somit ein Oligöklas. Trotzdem ist er meist kaolinisiert. Der Titanit ist nur in einer Anzahl von bräunlich gefärbten, idiomorph begrenzten Individuen mit der charakteristischen Keilform vorhanden. Das Gestein ist als ein geschieferter Diorit aufzufassen. I. 278. Podwitz, Kr. Kulm. Hammer; Länge 12 cm, Breite 6,5 cm; der Länge nach durchgeschlagen, das Loch konisch gearbeitet und poliert. Da auch in diesem Stück der Hauptgemengteil die leicht spaltbare, parallel angeordnete Hornblende ist, so ist der Hammer nach der Spaltungs- richtung fast ebenflächig zersprungen. Infolgedessen glänzt auch die Bruch- fläche, wenn man sie spiegeln läßt. Neben der Hornblende gewahrt man in geringer Menge und in ganz kleinen Körnern weißlichen Feldspat, speisgelben 3 43 Eisenkies und kleine Knauern von Quarz, kenntlich an seinem muscheligen Bruch und fettigen Glanz. Unter dem Mikroskop tritt kein neuer Bestandteil hinzu. Die Hornblende bildet auch im Schliff den vorherrschenden Gemengteil und weist dort gelappte und schilfartige Formen auf. Wo sie noch nicht zersetzt ist, zeigt sie deut- lichen Pleochroismus, schwache Absorption und Auslöschung, wie sie der ge- meinen Hornblende zukommt. Als Einschlüsse führt sie Apatit und Eisenerze. Der Plagioklas ist zwar meist in muscovitartiges Mineral umgewandelt, an einzelnen Individuen läßt er aber noch erkennen, daß schmalgestreifte, ge- bogene Zwillingslamellen vorhanden waren. Das Eisenerz, das hauptsächlich als Gast der Hornblende auftritt, zeigt nur an wenigen Individuen regelmäßige Würfelumrisse, meistens ist es an den Rändern zerfressen. Als staubartige Mikrolithe durchzieht es perlschnurartig den Amphibol. Der Quarz ist teils bei der Zersetzung des Plagioklas hervorgegangen, teils hat er sich als pri- märer accessorischer Gemengteil zuletzt ausgeschieden und besitzt Mörtel- struktur und undulöse Auslöschung. Das Gestein ist ebenfalls ein Amphibolit bezw. ein gepreßter Diorit. V. S. 4122. Königlich Neudorf, Kr. Briesen. Hammer; Länge 17,5, Breite 7,5; am stumpfen Ende etwas beschädigt; das Loch ist konisch. Das schwarzgraue Gestein ist von breiten, gelben Adern durchzogen und hat einen schiefrigen Habitus. Durch Zersetzung ist die Oberfläche rauh geworden. Auf frischem Bruch beobachtet man verwiegend Hornblende in gedrungenen Säulchen, die auf den Spaltflächen glänzen, und daneben etwas Feldspat. Der Quarz, welcher in den gelben Adern das Gestein durchzieht, tritt auch auf frischem Bruche mit seinem ihm eigenen fetten Glanze auf. An manchen Stellen sind glänzende Täfelchen von Glimmer bemerkbar. Unter dem Mikroskop lassen sich Hornblende, Plagioklas, Biotit, Quarz und Eisenerz bestimmen. Die hellgelb bis dunkelgrüne Hornblende, der hauptsächliche, basische Gemengteil, durchzieht reihenweise den Schliff. Sie tritt in idiomorph begrenzten und gelappten Formen auf und ist gesetzlos und gesetzmäßig unter sich und mit Biotit verwachsen. Nach Pleochroismus, Absorption und Aus- löschung ist es die gemeine Hornblende. Als Einschlüsse führt sie Eisenerz, Apatit und an einigen Stellen chloritische Substanz. Der Biotit mit brauner Farbe und starkem Pleochroismus erscheint in idiomorplien, dünnen Tafeln, die manchmal zerfresssen aussehen. Er ist, wie schon erwähnt, mit Hornblende gesetzmäßig und ungesetzmäßig verwachsen. Der Orthoklas tritt an manchen Stellen in idiomorph begrenzten Formen auf. Der Plagioklas hat schmale und breite Lamellen und zeigt bisweilen undulöse Auslöschung. Vielfach ist er in kaolinartige Substanz umgewandelt. Der Quarz, welcher neben der Hornblende den größten Teil des Schliffes füllt, ist in allotriomorpher Form ausgebildet und läßt die charakteristische Mörtelstruktur erkennen. Staub- und nadel- 4 44 förmige Mikrolitke (Apatit, Zirkon, Eisenerz und Flüssigkeitsporen) treten teils in wirren Häufchen auf, teils durchziehen sie ihren Wirt perlschnurartig. Das Eisenerz besitzt die Gestalt größerer idiomorpher Körner von zum Teil regelmäßiger, dodekaedrisclier Gestalt, hat aber oft auch ein gelapptes Aus- sehen. Brauneisenerz durchzieht schlierenartig manche Stellen des Schliffes. Demnach scheint das Gestein ein dynamometamorpkosierter Quarzhorn- blendediorit oder ein Amphibolbiotitgranit zu sein. I. 507. Alt ianischau, Kr. Marienwerder. Hammer; Lätfge 13 cm, Breite 6 cm; Hinterende und Schneide sind etwas beschädigt, eine Wange etwas gewölbter als die andere, das Loch ist glatt und konisch. Das Gestein mit parallel angeordneten Streifen läßt auf frischem Bruche ein feinkörnig schiefriges Gemenge von weißlichem Feldspat, Quarz und einer glimmerartigen Substanz erkennen. Im Schliff fehlt eine bezeichnende Primärstruktur, so daß augenscheinlich eine starke Dynamometamorphose Platz gegriffen hat. Daraufhin deuten folgende Eigenschaften der Mineralien: Der Plagioklas zeigt, wo er noch frisch ist und seine feine Lamellierung sehen läßt, ein merkwürdig zerrissenes Aussehen seiner früher idiomorpk begrenzten Individuen. Begleitet wird er von Mikroklin. Der Quarz macht den Hauptbestandteil des Gesteins aus, er ist teils in ein- zelnen rundlichen Partien entwickelt, teils, und zwar in der Hauptmasse, zu kleinen bis kleinsten Körnern zerdrückt, welche die durch die Pressung ent- standenen Risse und Spalten ausfüllen. Zwischen dem Quarz und den Feld- spaten zieht sich schlierenartig Brauneisenerz und chloritische oder sericitische Substanz hin, die ersteren netzförmig umschließend und zweifellos hervorge- gangen aus den verquetschten, basischen, ursprünglichen Gemengteilen, von denen sich noch winzige, bräunliche Biotitblättchen erkennen lassen. In lang- gestreckten Körnerpartien erscheint Titaneisen mit Leukoxen, begleitet von idiomorpkem Eisenkies, beide zum Teil die . Muttermineralien des Limonit. Apatit, Zirkon und anscheinend auch Titanit gesellen sich in den Streifen zu den Eisenerzen. Wie aus dieser Beschreibung hervorgeht, ist als Material für den Hammer ein starkgepreßtes Gestein verwandt worden, welches vor der Metamorphose wohl apiitisch war. Es gleicht in mancher Hinsicht den schwedischen Hälleflinten oder hälleflintartigen Graniten, stimmt nach der Beschreibung Sederholm’s in vielen Dingen mit den starkgequetschten Gesteinen der Tammerforszone überein und erinnert makroskopisch etwas an die von jenem Forscher Leptite genannten Gesteine. V. S. 3305. Klein Schwenten, Kr. Schwetz. Hammer; Länge 8 cm, Breite 4 cm; beiderseitig abgebrochen, mit einem unsymmetrisch liegenden, sorgfältig gebohrten, konischen Loch. 45 Vorherrschender Gemengteil ist vollständig frische, grünlich schwarze Hornblende mit sehr vollkommener, prismatischer Spaltbarkeit. Es sind teils langgestreckte Säulen, teils große, breite Individuen, beide häufig kleine Körner von Eisenkies einschließend. In untergeordneter Menge beteiligt sich auf Bruch- flächen frischer Feldspat an der Zusammensetzung in unregelmäßig gestalteten, ziemlich gleichmäßig verteilten Körnern. Die Oberfläche ist stark angewittert, dabei ist die Hornblende auffallenderweise unverändert und ragt in flachen Höckern hervor, während der Feldspat vollständig in eine gelbe, tonige Masse umgewandelt und zum Teil fortgeführt ist, so daß an seiner Stelle flache Ver- tiefungen liegen und die Oberfläche wie angenagt aussieht, Nach dem mikroskopischen Befunde liegt ein typischer, lediglich aus Horn- blende, Plagioklas und etwas Eisenerzen bestehender Diorit vor. Die Horn- blende bildet große, aus unregelmäßig begrenzten, mannigfach miteinander verwachsenen und sich durchdringenden Individuen bestehende Partien. Der Pleochroismus ist kräftig, die Absorption mäßig, a. grünlichgelb, b. gelb- grün, c. biaugrün; c >* b > a. Die Auslöschungsschiefe wurde bis 29° gemessen. Kleinere Individuen sind meist einschlußfrei, die größeren reich an opaken Stäbchen, die sich gern zu Häufchen scharen und zu paralleler Anordnung neigen. Von den größeren Erzkörnern sind manche von Titanitkörnern kranz- förmig umgeben, und letztere kommen auch ohne opaken Kern, sonst in genau gleicher Ausbildung, als Einschlüsse vor, so daß man kaum daran zweifeln kann, daß auch letztere Umwandlungs-Produkte von Titaneisen oder titansäure- haltigem Magneteisen sind. Der Plagioklas füllt in Form von Leisten und Körnern die Lücken zwischen der Hornblende aus; er ist meist wasserklar, selten getrübt und beherbergt, teilweise in großer Anzahl, Kriställchen und Mikrolithe von Hornblende. Nach der Breite der Zwillingslamellen, der großen Auslöschungs- schiefe und der leichten Angreifbarkeit durch Atmosphärilien dürfte eine recht basische Mischung vorliegen. Zuweilen bildet der Plagioklas ein aus rundlichen, kleinen Körnern bestehendes, mosaikförmiges Aggregat. Größere, unregelmäßig begrenzte Individuen löschen undulös aus. Sowohl das mosaikförmige Aggregat, als auch die undulöse Auslöschung sind Kennzeichen, daß das Gestein einem starken Drucke ausgesetzt war. Zersetzungsprodukt des Plagioklas scheint teilweise Muscovit zu sein, neben einer kaolinischen Substanz. In Betreff der petrographischen Klassifikation gilt dasselbe wie vom vorigen Instrument. Makroskopisch sieht es wie ein schiefriger Diorit oder ein Feld- spatamphibolit aus. V. S. 3430. Eibendamm, Kr. Pr. Stargard. Meißel; Länge 6 cm, Breite 4,5 cm; ohne Loch, an der Schneide be- schädigt. Das Gestein besteht aus einem kleinkörnigen Gemenge von dunkelgrünen, gedrungenen Hornblendesäulchen und weißlichen Plagioklaskristallen, welche an einigen Stellen porphyrartig hervortreten. Auf frischem Bruch bemerkt 6 46 man eine 1 mm breite, bräunliche Zersetzungsrinde, der Feldspat nimmt grün- liche Farbe an. Unter dem Mikroskop wurden beobachtet: Hornblende, spärlicher, gebleichter Biotit, Plagioklas und Eisenerz in hypidiomorph körniger Struktur. Die Hornblende tritt in idiomorphen, teils einzeln liegenden, teils gruppenweise zusammengewachsenen Individuen auf, und zwar als dunkelgrüne gemeine Hornblende. Als Einschlüsse beherbergt sie Eisenerz und Apatit Der allotriomorphe Plagioklas bildet eine Art Grundmasse, in der die Horn- blenden liegen, und ist vollständig saussuritisiert. Das Eisenerz, wenn noch frisch, besteht aus idiomorph begrenztem Magnetit. Es ist aber meist in Braun- eisenerz umgewandelt und durchzieht auf einzelnen Rissen schlierenartig das Gestein. Nach dieser Mineralkombination ist das Gestein ein Hornblendediorit. V. S. 2796. Golotty, Kr. Kulm. Bruchstück eines Hammers. Das Gestein hat ein dunkelgraues Aussehen, mit hellgrauen Flecken und führt als Einsprenglinge einzelne, rosa gefärbte, größere Kristalle. Auf frischem Bruch kann man in der feinkörnigen Masse weiße Feldspatkörnchen und gedrungene Hornblendesäulchen erkennen. Unter dem Mikroskop gesellt sich noch Eisenerz als wichtiger Bestandteil hinzu. Die sehr frische Hornblende kommt, außer in einzelnen Individuen, in schilfartigen Büscheln gruppiert vor und ist wieder die gemeine Hornblende. Der Feldspat, als Plagioklas in idiomorpher Ausbildung, wechselt in seiner Größe, hat grobe Zwillingslamellen, ist meist in ein als kurze Säulen oder als Körner erscheinendes epidotartiges Mineral umgewandelt und steckt lokal voll von Hornblendekriställchen. Das Eisenerz ist in kleinen, strichweise verteilten Körnern vorhanden und meistenteils zersetzt. Wir haben es also hier mit einem bereits stark zersetzten Diorit oder einem stark metamorphosierten Gestein zu tun. V. S. 3920. Piontkowo, Kr. Kulm. Meißel; Länge 9 cm, Breite 5 cm. Das Werkzeug hat eine scharfe Schneide und ist glatt poliert, hat aber kein Loch. Das grauschwarze Gestein, dessen Politur noch gut erhalten ist, zeigt auf frischem Bruch ein feinkörniges Gemenge von dunkelgrünen, schwach- glänzenden und von weißlichen Individuen. Diese lassen sich unter dem Mikroskop als Hornblende, Plagioklas und Quarz erkennen. Daneben zeigen sich noch zahlreiche, zierliche, säulenförmig in den Feldspat eingebettete Apatite und Eisenerz. Die Struktur ist hypidiomorph körnig. Die Hornblende ist isometrisch mit Plagioklas und Quarz, nach Pleo- chroismus, Absorption und Auslöschung die gemeine Hornblende, und tritt in idiomorph begrenzten Formen auf. Der Plagioklas hat, wenn noch frisch, feine 7 47 Lamellierung, sonst ist er getrübt. Der Quarz ist in mäßiger Menge als ein- gestreute Körner vorhanden und führt als Einschlüsse kleine Hornblende- kristalle, Magnetit und Apatit, auch kommt etwas, anscheinend primärer Epidot vor. Das Gestein ist als quarzführender Hornblendediorit anzusehen. V. S. 2744. Alyem, Kr. Stuhm. Meißel ; Länge 9 cm, Breite 6 cm ; ohne Loch. Das Gestein, welches ungewöhnlich schwer in der Hand liegt, ist schwarz und weiß gesprenkelt und hat eine rauhe, körnelige Oberfläche, welche wohl durch Herauswitterung eines Gemengteiles entstand. Auf frischem Bruch tritt die Hornblende in dunkelgrünen, fast schwarzen, derben Säulchen auf. Da- neben läßt sich Feldspat in frischen, weißen Körnern erkennen. Er ist wohl der Bestandteil, durch dessen Herauswitterung das Gestein die rauhe Oberfläche erhalten hat. Die geringe Festigkeit bewirkte, daß im Schliff das Gestein wie ein schwach- gekitteter Sand zerfiel. Soweit das mangelhafte Präparat es gestattet, beobachtet man gemeine Hornblende in idiomorph begrenzten Individuen, ferner etwas Plagioklas mit groben Lamellen und an einigen Stellen idiomorphen Augit. Das Gestein ist wohl als Amphibolit oder Diorit anzusehen. V, S. 2977. Fürstenau, Kr. Graudenz. Meißel; Länge 12 cm, Breite 6 cm; hat eine scharfe Schneide und ist ohne Loch. In der graubraunen Zersetzungsrinde des Gesteins heben sich kleine, helle Leistchen heraus, die auf ophitische Struktur des Gesteins schließen lassen. Auf frischem Bruch ist die Farbe schwarzgrau, mit einzelnen glänzenden Partien. Unter dem Mikroskop ist die für Diabas typische, ophitische Struktur un- verkennbar, desgleichen die Bestandteile Plagioklas, Augit, Olivin und Eisenerz. Der Plagioklas ist in leistenförmigen Individuen ausgebildet, er schwankt sehr in seinen Dimensionen (einige Kristalle sind dreimal so groß wie die Durch- schnittsgröße) und neigt daher zu Einsprenglingsbildung. Die großen Kristalle sind rissig und frisch und mit groben Zwillingslamellen versehen (Labradorit). Der Augit füllt die Lücken zwischen den Plagioklasleisten und tritt in Form von größeren Individuen auf, die durch die eingelagerten Plagioklasleisten wie zerhackt aussehen, so daß der sogenannte Kinnediabastypus beinahe heraus- kommt. Der unzersetzte Augit ist entweder violett gefärbt, was schließen läßt, daß er titanhaltig ist, oder er ist farblos. Das Eisenerz (Titan- und Magnet- eisen) tritt in größeren isolierten Körnern oder Gruppen im Schliff gleich- mäßig verteilt auf. Das Titaneisenerz lieferte bei der Umwandlung kein Leu- koxen, sondern Limonit und Eisenglimmer, von denen der erstere als braunes Netzwerk, der zweite als kleine Schuppen in der Nähe der Erzpartien er- scheint. Der Olivin in ursprünglich gut ausgebildeten Kristallen ist voll- 8 48 ständig zersetzt und nur an der Form und seinen charakteristischen Umwand- lungsprodukten erkennbar. An vielen Stellen beobachtet man Reste einer Glasbasis, die schmutzig-grüne Farbe hat und in der Regel zwischen den Plagioklasleisten eingeklemmt ist. Das Gestein ist somit als ein olivinführender Diabasporphyrit anzusehen. V. S. 4866. Rewa, Kr. Putzig. Hammer; Länge 10 cm, Breite 6 cm; im Loche durchgebrochen, die größere und spitzere Hälfte mit scharfer Schneide ist vorhanden. Das Loch ist glatt und konisch. Das dunkelgrüne Gestein, dessen Politur nur wenig gelitten hat, besitzt auf frischem Bruch feinkörniges Gefüge, mit eingesprengten, kleinen Körnern von Eisenerz, und durch die Leistenform der Feldspate eine undeutlich ophitische Struktur. Unter dem Mikroskop tritt diese deutlich hervor, indem zwischen den Plagioklasleisten ein hellgrünes, wohl aus Augit hervorgegangenes Mineral eingeklemmt vorkommt. Eisenerz war spärlich nachzuweisen, während Olivin und Apatit fehlen. Die Plagioklasleisten zeigen grobe Zwillingslamellen und haben eine große Auslöschungsschiefe. Fast alle Kristalle enthalten hell- bräunliche Trübungen, und einige zwischen den Zwillingslamellen Brauneisen- erz. Die hellgrüne Substanz in den Lücken zwischen den Plagioklasleisten ist hauptsächlich uralitische Hornblende. Das in größeren, isolierten Körnern gleichartig verteilte Eisenerz besteht teils aus Eisenkies mit seinen regulären Formen, teils aus Titaneisen oder titanhaltigem Magnetit, und haben diese beiden reichlich Leukoxen gebildet. Das Gestein ist mithin ein uralitisierter Diabas. V, S. 3421. Eibendamm, Kr. Pr. Stargard. Hammer; Länge 8 cm, Breite 7 cm; das hintere Ende erhalten, im Loche durchgebrochen. Das graue Gestein zeigt makroskopisch porphyrische Struktur mit 1 — 2 cm langen Einsprenglingen von Feldspat, einigen dunkeln, achtseitig be- grenzten Partien (Augit). Durch das Gestein ziehen einzelne dunkle Adern. Infolge der Verwitterung hat die früher glattpolierte Oberfläche einige Ver- tiefungen bekommen. Auf frischem Bruch beobachtet man in einer grau- schwarzen Grundmasse Einsprenglinge von grünlich-weißem Feldspat und glänzendem, sechsseitig begrenztem, dunkeim Glimmer. Nach dem Resultat der mikroskopischen Untersuchung besteht das Ge- stein aus einer sehr feinkörnigen Grundmasse und Einsprenglingen von Feldspat, Biotit sowie Hornblende, Eisenerzen und Apatit. Die Grundmasse löst sich bei starker Vergrößerung in ein Aggregat lappiger, verschwimmen- der Feldspate, wahrscheinlich Orthoklas, auf, mit eingestreuten, etwas größeren Quarzkörnern, und ist durch eine Menge grünlicher Körner und Blättchen und 9 49 winzige Eisenerzkörner getrübt. Der Feldspat als Einsprengling ist entweder lang säulenartig, und dann oft zerbrochen, oder von rectangulärem Umriß. Als Einschluß tritt meist nur Grundmasse auf und bildet sowohl rundliche, isolierte Partien als auch Einbuchtungen. Die Zersetzung ist in manchen Individuen so stark vorgeschritten, daß sich in gewöhnlichem Lichte infolge der Trübung ihre Umrisse gegen die Grundmasse verwischen, und hat eine kaolinische Substanz erzeugt. Zwischen gekreuzten Nikols lassen sich trotz- dem Orthoklas und ein saurer Plagioklas bestimmen. Kleinere Feldspate zeigen undulöse Auslöschung oder sind parallel miteinander verwachsen oder als Leisten ausgebildet und zeigen an manchen Stellen durch ihre parallele An- ordnung Fluidalstruktur. Die hellgrüne Hornblende, ebenfalls idiomorph aus- gebildet, ist nach Pleochroismus, Absorption und Auslöschung die gemeine Hornblende. Ihre Individuen sind stark gebleicht und haben augenscheinlich schon eine Zersetzung unter Verlust des Eisenmoleküls erfahren. Die größeren Einsprenglinge sind von Magnetit in scharfbegrenzten Körnern umgeben, sie führen Apatit und Zirkon oder zeigen Umsetzungen in Epidotaggregate. Der deutlich kristallisierte Biotit mit sechsseitiger Form ist gleichfalls stark zersetzt und gebleicht, unter Ausscheidung von Eisenerzen. Der Quarz kommt nur in einzelnen körnigen Partien, mandelartig, und vor allem in der Grundmasse als isolierte Körnchen vor, er spielt aber keine bestimmende Rolle. Das Gestein ist als ein Hornblendesyenitporphyr anzusehen. I. 579. Kollenken, Kr. Kulm. Hammer; Länge 10,5 cm, Breite 4 cm; weicht in der Form vollständig von den andern dadurch ab, daß die Schneide stumpf, pfeilförmig verbreitert ist und zwei stumpfe Kanten auf den die Schneide bildenden Flächen trägt; er ist im Loch zersprungen, dieses ist ausnahmsweise nicht konisch. Makroskopisch betrachtet besteht das Gestein aus einer dunkelgrünen, durch Zersetzung außen gebräunten Grundmasse, in welcher scharfabgegrenzte, gelbgrüne, einschlußreiche Feldspateinsprenglinge von wechselnder Größe, manche bis 3 cm, und kleinere, dunkelgrüne Kristalle eingebettet sind. Unter dem Mikroskop tritt die porphyrische Struktur noch schärfer zu Tage, da sich das Gestein aus einer feinen, ophitischen Grundmasse mit Einsprenglingen von Plagioklas und serpentinisierten Resten einer Glasbasis zusammensetzt. Der porphyrische, idiomorph begrenzte Plagioklas ist in den großen Exemplaren saussuritisiert, während die kleineren, leistenförmigeu Individuen der Grund- masse fast frisch zu sein pflegen. Der schmutzig violettgefärbte Augit tritt meist in idiomorph begrenzten Körnern und Säulchen auf. Das reichlich vor- handene Eisenerz bildet lauter isolierte Körnchen, die zwischen Augit und Plagioklas liegen, in ersterem häufig, in letzterem nie als Einschlüsse vor- kommend. Die Grundmasse erfüllt die letzten übrig gebliebenen Lücken und ist vollständig in serpentinartige Substanz übergegangen. io 4 50 Das Gestein ist somit ein Diabasporphyrit. Im Habitus und in der Struktur wie mineralogischen Zusammensetzung schließt es sich an die Labradorporphyrite an, die als Geschiebe große Verbreitung haben und anstehend in Schweden und nördlich von Gotland zusammen mit den Oejediabasen bekannt sind. Das vor- liegende Gestein könnte sehr wohl zu den Ostseelabradorporphyriten gehören. Freilich ist das Hauptkennzeichen derselben, die dritte Generation von Feldspat in der Grundmasse, hier wegen starker Zersetzung nicht mehr zu konstatieren. * -x- * Nach diesen Untersuchungen stammt das Material der Steinwaffen von Geschieben her, die wahrscheinlich aus dem südlichen Finland (Nystad), dem mittleren Finland (zwischen Helsingfors und Tammerfors) und aus dem nord- östlichen Teil von Schweden auf natürlichem Wege im Gletscherstrom an die deutsche Ostseeküste gelangt sind. Obgleich einzelne Gesteine denen sehr ähnlich sind, die in Finland und Schweden gesammelt wurden und in der Greifswalder Sammlung liegen, so konnte man sie nach dem mikroskopischen Befunde doch nicht mit absoluter Sicherheit identifizieren. In jedem Falle sieht man, daß Hornblendegesteine oder uralitisierte Diabase das Hauptmaterial lieferten, eine Erscheinung, die sich in ganz gleicher Weise in anderen Gegenden wiederholt, da z. B. in dem Stralsunder Museum unter den nicht aus Feuerstein hergestellten Werkzeugen die oben genannten Ge- steinsarten bei weitem überwiegen. Dies hängt damit zusammen, daß die Horn- blendegesteine und die uralitisierten Diabase zwar nicht durch große Härte, wohl aber durch einen besonders hohen Grad der Zähigkeit ausgezeichnet sind, der sie für viele Zwecke als passende Ergänzung des harten, spröden Feuer- steins eintreten läßt. Gröbere quarzhaltige Geschiebe hat man anscheinend vermieden oder nur zu ganz groben, großen Instrumenten verarbeitet; dagegen scheinen sich quarzhaltige Prophyre mit feiner Grundmasse, die ja ebenfalls als zäh bekannt sind, als zu einer beschränkten Verarbeitung brauchbar herausgestellt zu haben. Eine gründliche, das ganze Material umfassende petrographische Durcharbeitung wird wahrscheinlich weitere Stützen für diese Schlußfolgerungen liefern. 11 51 Bericht über die fünfundzwanzigste Wander -Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Könitz am 29. September 1902. Im Aufträge des Vorstandes ausgeführt von Dr. Paul Kumm -Danzig. Uurch den auf der vorjährigen Versammlung in Graudenz gefaßten Vereinsbeschluß war Könitz, wo unser Verein noch nicht getagt hatte, für dieses Jahr zum Versammlungsort gewählt worden. Auf Anregung hatte sich dort ein Ortsausschuß zur Erledigung der an Ort und Stelle erforderlichen Vorbereitungen gebildet, dem die Herren Praktischer Arzt Dr. Bleske, Ritter- gutsbesitzer Beyrich- Zandersdorf, Pfarrer Boenig, Ökonomierat Borrmann- Groß Paglau, Bürgermeister Deditius, Zimmermeister Gebbert, Gynmasial- Direktor Dr. Genniges, Korrigenden- Anstalts- Direktor Grofebert, Land- gerichts-Präsident Hahn, Pfarrer Hammer, Stadtrat Heise, Anstaltsinspektor Kempe, Landrat Kreidel, Professor Lüke, Töchterschul-Direktor Marquardt, Medizinalrat Dr. Müller, Baurat Otto, Professor Dr. Rehd ans, Kreisschul- inspektor Rohde, Apotheker Schultze, Kreistierarzt Uhl und Rechtsanwalt Vogel angehörten. Unter der rührigen Geschäftsführung des Herrn Professor Dr. Rehdans hatten diese Herren in dankenswerter Weise eine eifrige Tätig- keit entfaltet, um das Interesse für die Versammlung bei den Bewohnern von Könitz und Umgegend zu wecken. Leider war die Entwickelung der Vege- tation in diesem Frühjahr eine so langsame und ungünstige, daß es bereits Ende April mit Sicherheit vorauszusehen war, wie schwer es sein würde, an dem üblichen Termin unserer Tagungen, dem dritten Pfingstfeiertage, der diesmal auf den 20. Mai fiel, erfolgreiche botanische Exkursionen auszuführen. Dazu kam, daß mehrere der tätigsten Mitglieder des Vereins durch Reisen und andere dringliche Abhaltungen verhindert waren, zu Pfingsten an einer Versammlung teilzunehmen, wogegen sie für einen späteren Termin ihre Teil- nahme in Aussicht stellen konnten. Unter diesen Umständen faßte der Vor- stand den Beschluß, die diesjährige Wanderversammlung ausnahmsweise auf die letzten Tage des September zu verlegen und machte den Mitgliedern davon durch ein Rundschreiben vom 2. Mai ds. Js. Mitteilung. Als endgültiger Termin wurde dann der 29. September gewählt. i 4* 52 Bereits am Nachmittag des 28. September traf eine Anzahl von Mit- gliedern von auswärts ein, die sich abends 8 Uhr mit zahlreichen Herren und einer Dame aus Könitz im großen Saale des Hotel Krebs zu einer gemüt- lichen Zusammenkunft vereinigten. Herr Professor Dr. Rehdans begrüßte die Auswärtigen in herzlichen Worten und sprach die Freude der Konitzer darüber aus, daß der Verein seine 25. Wanderversammlung gerade nach diesem Städtchen verlegt habe, und Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz dankte für den freundlichen Empfang, gleichzeitig mit dem Hinweis darauf, daß es sich zwar um die 25. Versammlung, aber nicht um das 25. Stiftungsfest des Vereins handele, da dieses erst im nächsten Jahre gefeiert werden könne. In angeregter Unter- haltung über persönliche, wissenschaftliche und allgemeine Angelegenheiten verging der Abend schnell, und eher, als geglaubt, war die Stunde des Aus- einandergehens gekommen. * * ■5fr Die Hauptversammlung des Vereins begann am Montag, den 29. Sep- tember, morgens 8V4 Uhr mit der geschäftlichen Sitzung, die in dem Konferenz- zimmer des Königlichen Gymnasiums stattfand. Da der I. Vorsitzende ver- storben und der II. Vorsitzende durch schwere Krankheit behindert ist, leitet der I. Schriftführer, Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig, die Beratungen. Nach Begrüßung der Erschienenen erstattet Herr Conwentz folgenden Geschäftsbericht für 1901/1902. Meine Herren! Die diesjährige Jahresversammlung, welche in üblicher Weise zu Pfingsten stattfinden sollte, ist wegen des damals auffallenden Rückstandes der Vegetation auf den jetzigen Termin verlegt worden. Der Verein beklagt das Hinscheiden von vier ausgezeichneten Mitgliedern, welche ihm seit der Gründung angehört haben. Am 4. August v. Js. starb Rittergutsbesitzer Treichel im Alter von nahezu 64 Jahren auf seinem Gut Hoch Paleschken im Kreise Berent. In Berlin hatte er Jura studiert und sich daneben auch den beschreibenden Naturwissenschaften zugewendet; mehrere Jahre hindurch bekleidete er das Amt eines Schriftführers im Botanischen Verein der Provinz Brandenburg. Nachdem er 1876 nach Westpreußen zu- rückgekehrt war, entfaltete er eine sehr rührige publizistische Tätigkeit über einheimische Pflanzen, sowie Sitten und Gebräuche, welche damit Zusammen- hängen; auch die Berichte unseres Vereins enthalten sehr zahlreiche kleinere und größere Aufsätze von ihm. Daneben war er einer der eifrigsten Förderer des Provinzial - Herbariums wie anderer Sammlungen der Provinz. Zwei Pflanzen tragen seinen Namen: Treichelia longibracteata Vtke., eine Campa- nulacee vom Kap, und Calicium Treichelianum St., eine bei Groß Plöchotschin Westpr. aufgefundene Flechtenart. Treichel besuchte häufig botanische und 2 53 prähistorische Kongresse und war auf denselben eine gern gesehene, typische Persönlichkeit geworden. Am 24. März ds. Js. verschied Stadtrat Dr. Helm in Danzig. Geboren am 21. Februar 1826 als Sohn eines Kreisphysikus in Stolp, wurde er 1855 Apothekenbesitzer in Danzig und blieb hier bis an sein Lebensende. An dem wissenschaftlichen Gemeinleben Danzigs hat er Jahrzehnte hindurch einen sehr tätigen Anteil genommen; und sein Name wird auch außerhalb unserer Pro- vinz stets einen guten Klang behalten. Zunächst richtete er sein Augenmerk auf die Pflanzenwelt, besonders die eingewanderten Gewächse; nicht selten legte er hier neu entdeckte Pflanzen in den Sitzungen unseres Vereins vor. Ebenso eifrig betrieb er das Studium der Insekten weit, vornehmlich der Käfer; seine einschlagende Sammlung ist eine der größten in den östlichen Provinzen überhaupt. Aber die hauptsächlichsten Verdienste liegen in anderer Richtung. Er hat die verschiedenen Bernsteinarten und Bernstein-ähnlichen fossilen Harze in chemischer und physikalischer Hinsicht untersucht und unterscheiden ge- lehrt, worüber zahlreiche Abhandlungen von ihm veröffentlicht wurden. Nicht minder wichtige Arbeiten führte er auf prähistorischem und chemischem Ge- biete aus und hat deren Ergebnisse in einer großen Anzahl von Aufsätzen, Vorträgen und kürzeren Mitteilungen niedergelegt; ein Verzeichnis seiner Publi- kationen überhaupt folgt hierunter. Angesichts seiner Verdienste um die Untersuchung des Bernsteins und der vorgeschichtlichen Bronzefunde wurde Helm an seinem 73jährigen Geburtstage zum Ehrendoktor der Philosophischen Fakultät der Universität Königsberg ernannt. Ferner tragen eine Pflanze und zwei Tiere im Bernstein seinen Namen: Stephanostemon Helmi Conw., Palaeomastigus Helmi Schaitf. und Arthropterus Helmi Schauf. II. Mit Helm ist eine ebenso verdiente wie beliebte Persönlichkeit dahingegangen: sein heiteres, liebenswürdiges Wesen berührte Alle sympathisch. Otto Helms Publikationen.1) 1. Über die chemische Zusammensetzung des Wassers der neuen Wasserleitung und Ver gleich desselben mit anderen Trinkwässern Danzigs. — N. G. D. Bd. II, H. 3/4. 1871. (5 Seiten). 2. Über einen Fund in Nogathau in der Elbinger Niederung. — A. S. 1. August 1872. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 9—10. 3. Über die chemischen Bestandteile der Graburnen. — N. G. D. Bd. III, H. 2. 1873. (3 Seiten). 4. Über die Resultate seiner chemischen Untersuchung von Graburnen. — A. S. 27. März 1873. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 24. J) Dieses Verzeichnis ist unter Herrn Dr. Kumm ’s Mitwirkung zusammengestellt. Die Anordnung ist chronologisch. Die Abkürzungen haben folgende Bedeutung: N. G. D.: Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge. A. S. : Sitzung der Anthropologischen Section der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. W. B. Z. V.: Wander-Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins. Z. f. E. : Zeitschrift für Ethnologie. B. A. G. : Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 3 54 5. Über ein Urnenfeld in S traschin. — A. S. 27. März 1873. — N. G. I). Bd. IV, H. 1. 1876. S. 24. 6. Über Steinkistengräber in Karlikau und Nenkau. A. S. 13. August 1873. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 27. 7. Über Ausgrabungen im Kreise Karthaus. — A. S. 9. Juli 1874. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 42—43. 8. Über die chemische Analyse des Goldklümpchens aus Münsterwalde. — A. S. 9. Juli 1874. — N. G. D. Bd. I V, H. 1. 1876. S. 43—44; 9. Über einen bei Putzig entdeckten Fund von 27 kg antiker Bronzebarren. — A. S. 9. Juli 1874. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 44. 10. Über ein unweit von Mewe gefundenes, flaches, aus Bronze getriebenes Gefäß mit Bronzestiel. — A. S. 26. Februar 1875. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 54. 11. Über die chemische Analyse zweier aus westpreußischen Graburnen stammender Bronzen. — A. S. 26. Februar 1875. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 54— 55. 12. Über bearbeitete Bernsteinstücke. — A. S. 27. Oktober 1875. — N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. S. 58. 13. Die Danziger Wasserleitungs-, Kanalisations- und Riesclanlagen und darauf bezügliche chemische Analysen. — Archiv der Pharmazie. Bd. IV, H. 6. 1875. (18 Seiten). 14. Über die chemische Beschaffenheit der Kanalflüssigkeit und des Abflußwassers der Danziger Rieselanlagen. — Viertel] ahrschrift für Gesundheitspflege 1875. 15. Einige auf die Danziger Kanalisations- Anlagen bezügliche chemische Analysen. - N. G. D. Bd. IV, H. 1. 1876. (6 Seiten). 16. Notizen über die chemische und physikalische Beschaffenheit des Bernsteins. — Archiv der Pharmazie. Bd. VIII, H. 3. 1877. S. 229—246. 17. Über die mikroskopische Beschaffenheit und den Schwefelgehalt des Bernsteins. — Archiv der Pharmazie. Bd. X, H. 6. 1878. (8 Seiten). 18. Gedanit, ein neues fossiles Harz. — Archiv der Pharmazie. Bd. X, H. 6. 1878. (5 Seiten). 19. Beiträge zur Untersuchung des Asphalts und anderer Retinalithe. — Archiv der Pharmazie. Bd. X, H. 6. 1878. (8 Seiten). 20. Über die mikroskopische Beschaffenheit und den Schwefelgehalt des Bernsteins. N. G. D. Bd. IV, H. 3. 1878. S. 209—213. 21. Gedanit, ein neues fossiles Harz. — N. G. D. Bd. IV, H. 3. 1878. S. 214 — 216. 22. Beiträge zur Untersuchung des Asphalts und anderer Retinalithe. — N. G. D. Bd. IV, H. 3. 1878. S. 217—221. 23. Über die Gräberfelder in Jakobsmiihle bei Mewe. — A. S. 5. Februar 1879. — - N. G. D. Bd. V, H. 1/2. 1881. S. 34. 24. Über die Generalversammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft in Straß- burg i. E. — A. S. 3. Oktober 1879. — N. G. D. Bd. V, H. 1/2. 1881. S. 42. 25. 26. Mitteilungen über Bernstein. III. Glessit, ein neues in Gemeinschaft von Bernstein vorkommendes fossiles Harz. — IV. Über sicilianischen und rumänischen Bernstein. — N. G. D. Bd. V, H. 1/2. 1881. S. 291—296. 27. Chemische Analyse des Abwassers der Danziger Rieselfelder. — N. G. D. Bd. V, H. 1/2. 1881. S. 297. 28. Die chemische Beschaffenheit verschiedener Bernsteinarten. — Z. f. E. Bd. XIII, B. A. G. Jahrg. 1881. S. 55. 29. 30. 31. Mitteilungen über Bernstein. V. Über sicilianischen Bdrnstein. — VI. Über die elementare Zusammensetzung des Ostsee-Bernsteins. — VII. Über Apenninen-Bernstein. — N. G. D. Bd. V, H. 3. 1882. S. 8—14. 32. Über Bernstein artefacte aus den prähistorischen Nekropolen Ober- und Mittelitaliens. — A. S. 10. Mai 1882. — N. G. D. Bd. VII., H. 2. 1889. S. 32— 33. 4 55 33. Beitrag zur Kenntnis der Zusammensetzung der Steinkohle. — Archiv der Pharmazie. 1882. S. 37—39. 34. Über eine in der Nähe von Oliva gefundene Statuette aus Bronze. A. S. 10 Januar 1883. — N. G. D. Bd. VII, H. 2. 1889. S. 44. 35. Über die deutsche Anthropologen-Versammlung in Breslau. 4— A. S. 12. November 1884. — N. G. D. Bd. VH, H. 2. 1889. S. 75. 36. Über seine chemischen Untersuchungen des Bernsteins aus den alten Königsgräbern von Mykenae. — A. S. 17. Dezember 1884. — N. G, D. Bd. VII, H. 2. 1889. S. 75—76. 37. 38. 39. 40. Mitteilungen über Bernstein. VIII. Über einige Einschlüsse im Bernstein A. Schneckengehäuse. B. Wassertropfen etc. — IX. Über die Holzreste im Bernstein und unter Bernstein. — X. lieber blaugefärbten und fluoreszierenden Bernstein. — XI. Über knochenfarbigen und bunten Bernstein. — N. G. D. Bd. VI, H. 1. 1884. S. 125—138. 41. Über die Bestandteile der Kanalflüssigkeit und des Abwassers der Danziger Rieselanlagen. N. G. D. Bd. VI, H. 1. 1884. S. 139—148. 42. Mitteilungen über Bernstein. XII. Über die Herkunft des in den alten Königsgräbern von Mykenae gefundenen Bernsteins und über den Bernsteinsäuregehalt verschiedener fossiler Harze. — N. G. D. Bd. VI, H. 2. 1885. S. 234—239. 43. Über die in Westpreußen und dem westlichen Rußland vorkommenden Phosphoritknollen und ihre chemischen Bestandteile. — N. G. D. Bd. VI, H. 2. 1885. 8, 240—242. 44. Mitteilungen über Bernstein. XIII. Über die Insekten des Bernsteins. N. G. D. Bd. VI, H. 3. 1886. S. 267—277. 45. Süll’ ambra di Sicilia. — Studi di 0. Helm e H. Conwentz. — Malpighia. Anno I. Fase. II. Messina 1886. 46. Über einen Besuch der alten Trümmerstätte von Tiryns im Jahre 1883. — A. S. 24. No- vember 1886. — N. G. D. Bd. VII, H. 2. 1889. S. 102—103. 47. Über die V erwertung der silberhaltigen photographischen Rückstände und Siliciumsilber. — Archiv der Pharmazie. 1886. S. 41 — 43. 48. Über die Analyse eines prähistorischen Metallmeißels. — A. S. 5. Oktober 1887. — N. G. D. Bd. VII, H. 2. 1889. S. 110. 49. Herkunft des Bernsteins an einigen Fibeln im Museum zu Klagenfurt. — Z. f. E. Bd. XIX, B. A. G. Jahrg. 1887. S. 604—605. 50. Über Bernsteinuntersuchungen. — A. S. 24. Februar 1888. — N. G. D. Bd. VII, H. 2. 1889. S. 122—123. 51. Über die chemische Untersuchung von Grundwässern aus Danzig und Elbing. — N. G. D. Bd. VH, H. 2, 1889. S. 157—161. 52. Über ein Stück Bernstein aus Polzin. — A. S. 13. Februar 1889. 53. Über einen Löffel aus Bronzeblech nebst 2 Fibeln aus den Brandgruben der La-Tene- Periode bei Rondsen. — A. S. 9. Oktober 1889. 54. Über die in Spanien und Japan vorkommenden fossilen bernsteinartigen Harze. — A. S. 12. Februar 1890. 55. Mitteilungen verschiedenen Inhalts (Käfer, Pflanzensamen, künstlicher Bernstein). — 13. W. B. Z. V. Schwetz 27. Mai 1890. N. G. D. Bd. VII, H. 4. 1891. S. 34—35. 56. Über die Resultate der chemischen Untersuchung von Teilen des Silberfundes von Nei> krug, Kr. Berent. — A. S. 11. Februar 1891. 57. 58. Mitteilungen über Bernstein. XIV. Über Rumänit, ein in Rumänien vorkommendes fossiles Harz. — XV. Über den Succinit und die ihm * verwandten fossilen Harzt. — N. G. D. Bd. VII, H. 4. 1891. S. 186—203. 59. Über die chemische Analyse westpreußischer Bronzen (Antimongehalt). — Korrespondenz- blatt der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. 1891. No. 10. S. 105 — 108. 5 56 60. Über die im Erdboden befindlichen Mikroorganismen. — N. G. D. Bd. VIII, H. 1. 1892. S. XII— XIII. 61. Über die Resultate der chemischen Analyse zweier prähistorischer Bronze- Angelhaken des Westpreußischen Provinzial-Museums. — A. S. 17. Februar 1892. 62. Über die chemische Analyse dreier Bronzeartefacte aus Westpreußen. — A. S. 13. April 1892. 63. Über den im Handel vorkommenden Bernstein, seine Nachahmungen und Abarten. — Industrieblätter. Jahrg. XXIX, No. 27, Berlin 1892. S. 209 — 211. 64. Drei Bronze- Analysen. — Z. f. E. Bd. XXV, B. A. G. Jahrg. 1893, S. 130 — 131. 65. Über das Vorkommen von Markasit im Succinit und über Markasitinkrustationen. — N. G. D. Bd. VIII, H. 3/4. 1894. S. XVII— XVIII 66. Über die verschiedenartige Beteiligung des Quecksilbers an chemischen Prozessen. — N. G. D. Bd. VIII, H. 3/4. 1894. S. XXIV— XXV. 67. Mitteilungen über Bernstein. XVI. Über Birmit, ein in Oberbirma vorkommendes fossiles Harz. — N. G. D. Bd. VIII. H. 3/4. 1894. S. 63—66. 68. Über die chemischen Bestandteile der Auswitterungen an Ziegelsteinmauern (Mauerfraß) und die damit verbundene Salpeterbildimg. — N. G. D. Bd. VIII, H. 3/4. 1894. S. 168—179. 69. Über die chemischen Bestandteile westpreußischer prähistorischer Bronzen. — A. S. 7. März 1894. 70. Über den Verlauf der Versammlung deutscher und österreichischer Anthropologen in Innsbruck im August 1894. — A. S. 31. Oktober 1894. 71. Über die Ergebnisse der chemischen Untersuchung alter Bronzemünzen. — A. S. 31. Oktober 1894 72. Über die chemischen Bestandteile westpreußischer prähistorischer Bronzen. — Z. f. E. Bd. XXVI, B. A. G. Jahrg. 1894. S. 270—271. 73. Chemische Untersuchung westpreußischer vorgeschichtlicher Bronzen und Kupferlegierungen, insbesondere des Antimongehalts derselben. — Z. f. E. Bd. XXVII. 1895. S. 1 — 17, 74. Chemische Untersuchung alter Bronzemünzen. — Z. f. E. Bd. XXVII. 1895. S. 17 — 24. 75. Chemische Analyse eines Bronzeklumpens von Buchenrode bei Klanin, Kr. Putzig, (Nachtrag zu den beiden vorigen Arbeiten). — Z. f. E. Bd. XXVII. 1895. S. 37. 76. Bernstein-Perlen vom Glasinäc (Bosnien). — Z. f. E. Bd. XXVII, B. A. G. Jahrg. 1895. S. 300. 77. Chemische Zusammensetzung einiger Metalllegierungen aus der altdakischen Fundstätte von Tordosch in Siebenbürgen. — Z. f. E. Bd. XXVII, B. A. G. Jahrg, 1895. S. 619-627. 78. Chemische Untersuchung vorgeschichtlicher Metalllegierungen aus Siebenbürgen und Westpreußen. — Z. f. E. Bd. XXVII, B. A. G. Jahrg. 1895. S. 762—768. 79. Über den Gedanit, Succinit und eine Abart des letzteren, den sogenannten mürben Bernstein. — Archiv der Pharmazie. 1895. (9 Seiten). 80. Über einige Käfer aus Westpreußen. — 18. W. B. Z. V. Christburg 4. Juni 1895. — N, G. D. Bd. IX, H. 1. 1896. S. 187—188. 81. Beiträge zur Kenntnis der Insekten des Bernsteins. — 18. W. B. Z. V. Christburg 4. Juni 1895. — N. G. D. Bd. IX, H. 1. 1896. S. 220—231. 82. Mitteilungen über Bernstein. XVII. Über den Gedanit, Succinit und eine Abart des letzteren, den sogenannten mürben Bernstein. — N. G. 1). Bd. IX, H. 1. 1896. S. 52 — 57. 83. Über seine chemischen Untersuchungen vorgeschichtlicher Tongefäße (Graburnen) und der in ihren Ornamenten eingelegten weißen Substanz. — A. S. 18. März 1896. 84. Tierische Einschlüsse im Succinit. — 19. W. B. Z. V. Karthaus 26. Mai 1896. — N. G. D. Bd. IX, H. 2. 1897. S. 88—89. 85. Die Otiorrhynchus- Arten West- und Ostpreußens. — 19. W. B. Z. V. Karthaus 26. Mai 1896. — N. G. D. Bd. IX, H. 2. 1897. S. 89—91. 6 57 86. Über Acetylengas. — N. G. D. Bd. IX, H. 2. 1897. S. XVI. 87. Über neuere Untersuchungen vorgeschichtlicher Bronzen. — N. G. D. Bd. IX, H. 2. 1897. S. XVIII— XXIV. 88. Über die chemischen Bestandteile einiger vorgeschichtlicher Tongefäße Westpreußens und der in ihren Ornamenten befindlichen weißen Substanz. — N. G. D. Bd. IX, H. 2. 1897. S. 41—47. 89. Über vorgeschichtliche Bronzen, ihr Alter, ihre Herkunft und ihre chemische Zusammen- setzung. — A. S. 10. Februar 1897. 90. Die weiße Substanz in den Ornamentritzen vorgeschichtlicher Tongefäße Westpreußens. — Z. f. E. Bd. XXIX, B. A. G. Jahrg. 1897. S. 35—36. 91. Chemische Untersuchung vorgeschichtlicher Bronzen. — Z. f. E. Bd. XXIX, B. A. G. Jahrg. 1897. S. 123—129. 92. Mitteilungen über Einschlüsse von Wasser und anderen Flüssigkeiten im Bernstein. — Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg. Jahrg. XXXIX. 1897. S. XXIII-XXVI. 93. Das Antimon und seine Benutzung zur Herstellung von Bronzen bei den alten Völkern. — Prometheus. Jahrg. IX, 3; No. 419. 1897. S. 41—44. 94. Über die durch eingeschlossenes oder eingedrungenes Wasser und andere Flüssigkeiten im Succinit hervorgebrachten Erscheinungen. — 20. W. B. Z. V. Kreuz a. Ostbahn 8. Juni 1897. — N. G. D. Bd. IX, H. 3/4. 1898. S. 20—23. 95. Über die Vermehrung des Danziger Leitungswassers durch Wasser aus Röhrenbrunnen. — N. G. D. Bd. IX. H. 3/4. 1898. S. XIX— XXI. 96. Über die Kenntnis der alten Völker vom Zink. — N. G. D. Bd. IX, H. 3/4. 1898. S. XXXXIV— xxxxv. 97. Über eine vermehrte Zufuhr von Trinkwasser für die Danziger Wasserleitung. — N. G. D. Bd. IX, H. 3/4. 1898. S. 143—163. 98. Über die Zusammensetzung vorgeschichtlicher Bronzen. — A. S. 23. März 1898. 99. Geschichtliches über die Apotheken in Danzig. — Apothekerzeitung, Berlin 1898. No. 12. (8 Seiten). 100. Bemerkenswerte Käfereinschlüsse in Succinit.- — 21. W. B. Z. V. Stuhm 31. Mai 1898. — N. G. D. Bd. X, H. 1. 1899.. S. 37—38. 101. Insekteneinschlüsse in Gedanit. — 21. W. B. Z. V. Stuhm 31. Mai 1898. — N. G. D. Bd. X, H. 1. 1899. S. 38. 102. Über die Beschaffenheit des zur Vermehrung des Danziger Leitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Steinschleuse. — N.G.D. Bd.X, H. 1. 1899. S. XXIII — XXIV. 103. Über die Bedeutung der chemischen Analyse in der vorgeschichtlichen Forschung. — A. S. 22. Februar 1899. 104. Über die Verhandlungen der III. gemeinsamen Versammlung der Deutschen und der Wiener Anthropologischen Gesellschaft in Lindau am Bodensee. — A. S. 25. Oktober 1899. 105. Über die Bedeutung der chemischen Analyse bei vorgeschichtlichen Untersuchungen. — Korrespondenzblatt der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. 1899. No. 9. S. 97—101. 106. 1897 und 1898 bei Zoppot gefangene Käfer. — 22. W. B. Z. V. Flatow 23. Mai 1899. — N. G. D. Bd. X, H. 2/3. 1901. S. 14—15. 107. Donacien der Provinz Westpreußen. — 22. W. B. Z. V. Flatow 23. Mai 1899. — N. G. D. Bd. X, H. 2/3. 1901. S. 15. 108. Über Phacelia tanacetifolia Benth. bei Danzig. — 22. W. B. Z. V. Flatow 23. Mai 1899. — N. G. D. Bd. X, H. 2/3. 1901. S. 15. 109. Über chemische Analysen vorgeschichtlicher Metallgegenstände. — A. S. 12. April 1900. 110. Chemische Analyse vorgeschichtlicher Bronzen aus Velem St. Veit in Ungarn. — Z. f. E. Bd. XXXII, B. A. G. Jahrg. 1900. S. 359—365. 58 111. Über die Enteisenungsanlagen der städtischen Wasserwerke in Charlottenburg und M.-Glad bach. — N. G. D. Bd. X, H. 2/3. 1901. S. XI— XIII. 112. Über seine Untersuchungen zur Enteisenung von Tiefbrunnenwasser. — N. G. D. Bd. X, H. 2/3. 1901. S. XXXIV. 113. Über seine Untersuchungen dakischer und altbabylonischer Bronzen. — A. S. 13. März 1901. 114. Über die chemische Untersuchung von altbabylonischen Kupfer- und Bronze-Gegen- ständen und deren Altersbestimmung. — Z. f. E. Bd. XXXIII, B. A. G. Jalirg. 1901. S. 157—164. 115. Chemische Untersuchung von Bernsteinperlen aus alten Tempelruinen Babyloniens und aus Gräbern Italiens, sowie Verfahren zur Bestimmung der Bernsteinsäure im Bernstein. — Z. f. E. Bd. XXXIII, B. A. G. Jahrg. 1901. S. 400—403. 116. Über die chemische Zusammensetzung und Bildung der Asphalte. — „Natur“. 1901. No. 27. (2 Seiten). 117. Über ein neues Verfahren zur Enteisenung von Grundwasser. — „Gesundheit.“ Jahrg. XXVI, No. 9. 1901. (8 Seiten), 118. Über bei Danzig gesammelte ein geschleppte Pflanzen. — 24. W. B. Z. V. Graudenz 28. Mai 1901. — N. G. I). Bd. X, H. 4. 1902. S. 37. 119. Über die unter dem Kollektivnamen „Bernstein“ vorkommenden fossilen Harze. — 24. W. B. Z. V. Graudenz 28. Mai 1901. — N. G. D. Bd. X, H. 4. 1902. S. 37—44. 120. Über sein neues Verfahren zur Enteisenung von Grundwasser. — N. G. D. Bd. X, H. 4. 1902. S. XXXIII— XXXVI. 121. Über die chemische Untersuchung einiger vorgeschichtlicher Bronzen aus Westpreußen und Babylonien. — A. S. 12. März 1902. Am 3. April ds. Js. entschlief auf Paleschken, Kr. Stuhm, im 82. Lebens- jahr Dr. phil. Hugo Meyer von Klinggraeff der Jüngere, welcher den Vorsitz unseres Vereins seit 1878 geführt hat. Obschon seine Doktor-Disser- tation vom 9. April 1846 einen zoologischen Gegenstand (De foraminibus in animalium vertebratorum cranio comparentibus eorumque ratione ad nervös et sanguisera vasa) behandelt, wandte er sich später, wie sein älterer Bruder Carl Julius, ganz dem Studium der Flora, und zwar besonders der Laub- und Lebermoose, zu. Seine Beobachtungen und Erfahrungen auf diesem Ge- biet sind zusammengefaßt in dem Werk: „Die Leber- und Laubmoose West- und Ostpreußens. Danzig 1893“, weiches zur Feier des 150 jährigen Be- stehens der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig von unserem Verein heraus- gegeben wurde. Daneben hat er auch die Phanerogamenflora in mehreren Kreisen der Provinz eingehend untersucht und Abhandlungen darüber in den Berichten des Vereins veröffentlicht. Schon früher, im Jahre 1880, war von ihm ein „Versuch einer Topographischen Flora der Provinz Westpreußen“ zu- sammengestellt worden. H. von Klinggraeff war eine stille Gelehrtennatur, welche nach außen wenig hervortrat; der Name des vortrefflichen Mannes wird mit der Geschichte unseres Vereins und der Floristik unserer Provinz aufs engste verknüpft bleiben. Am 7. Mai ds. Js. verstarb im 74. Lebensjahr Probst Joseph Preuschoff in Frauenburg Opr. Während seiner früheren Amtstätigkeit in Tannsee, Kr. Marienburg und in Tolkemit, Ldkr. Elbing, hat er stets lebhaftes Interesse der Flora seiner Umgebung entgegengebracht und eifrig Exkursionen ausgeführt. Die 8 ( 59 Ergebnisse pflegte er in den Sitzungen unseres Vereins vorzulegen und Mit- teilungen in den Berichten zu veröffentlichen. Unter seiner Geschäftsführung fand 1889 in Tolkemit die Jahresversammlung des Vereins statt, deren wohl- gelungener Verlauf noch allen Teilnehmern in bester Erinnerung steht. Das Andenken der Verstorbenen lassen Sie uns durch Erheben von den Sitzen ehren. (Geschieht.) Der Bericht über die 24. Versammlung des Vereins in Graudenz 1901 liegt heute gedruckt vor; derselbe enthält Abhandlungen der Herren: Refe- rendar Dr. Henrici: Beiträge zur Ornis Westpreußens; Schriftsteller Löns: Botanische Erinnerungen aus dem Kreise Dt. Krone; Oberlehrer Rehberg: Schädliche Insekten Westpreußens und deren Bekämpfung, mit 10 Figuren. Im vorigen Jahr hat Herr Dr. Ahlfvengren eine etwa siebenwöchige Bereisung der Moore im südöstlichen Teil der Provinz ausgeführt, um vornehmlich die durch Kultur hervorgerufenen Veränderungen in deren Flora zu untersuchen. Hierüber liegt von ihm bereits ein umfangreicher Bericht vor, welcher reich an bemerkenswerten Beobachtungen ist und demnächst gedruckt werden soll. Ferner wurden von Herrn Dr. Kuhlgatz, Assistenten am Königl. Zoologischen Museum in Berlin. Moore und Gewässer im südöstlichen Teil der Provinz auf ihre Kleinfauna untersucht. Auch diese Exkursionen sind von besonderem Erfolg begleitet gewesen, und über ein kleines Gebiet, nämlich über die Fauna des Betula nana- Hochmoores im Kulmer Kreise, hat er soeben eine vorläufige Mitteilung veröffentlicht (Naturwissenschaftliche Wochenschrift N. F. Band I. Berlin 1902. In Verfolg einer 1898 von unserem verewigten Mitglied, Herrn Reichs- gerichtsrat von Bünau gegebenen Anregung, hat der Vorstand neue Satzungen entworfen, auf Grund deren nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches jetzt Korporationsrechte nachgesucht werden sollen. Der Entwurf ist schon im Frühjahr den Mitgliedern zugegangen, so daß hier die Beratung und Be- schlußfassung erübrigt. Der Kassenbestand am Ende des Etatsjahres 1901/02 betrug 2186,84 M. Hierbei erachtet es der Verein als eine angenehme Pflicht, der Provinzial- Verwaltung für die bisher stets gewährte jährliche Subvention von 1000 M. besonderen Dank abzustatten. Im Anschluß an die Erstattung des Geschäftsberichts regt der I. Schrift- führer an, eine ausführliche Lebensbeschreibung H. von Klinggraeff’s mit einem Bilde des Verstorbenen sowie ein Verzeichnis der wissenschaftlichen Publikationen Helmes1) in den Berichten des Vereins zu veröffentlichen, ein Vorschlag, dem die Versammlung lebhaft zustimmt. Ebenso legt er das in dem Geschäftsbericht erwähnte Manuskript des von Herrn Ahlfvengren erstatteten 0 Vgl. weiter oben S. 53 — 58. 60 % Berichts über seine vorjährige Reise, sowie die Arbeit des Herrn Dr. Kuhlgatz „Vorstudien über die Fauna des Betula nana- Hochmoores im Kulmer Kreise in Westpreußen“ der Versammlung vor. Auch das kürzlich eingegangene Manuskript des von Herrn Dr. Wolterstorff erstatteten Berichts über seine Reisen in der Tucheier Heide wird der Versammlung vorgelegt. Die beiden Manu- skripte sollen demnächst in unseren Berichten zum Abdruck gelangen. Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig verliest sodann in Vertretung des an der Teilnahme behinderten Schatzmeisters, Herrn Konsul Meyer- Danzig, den Kassenbericht für das Jahr 1901/02, zu dessen Prüfung drei Revisoren, gewählt werden. Es folgt sodann die Beschlußfassung über die neuen Statuten deren vom Vorstand festgestellter Entwurf den Mitgliedern bereits Anfang Mai zur Kenntnisnahme übersandt war. Als Resultat der Beratungen ergibt sich nachfolgende Satzung des Westpreussischen Botanisch -Zoologischen Vereins. E. V. Die heutige Mitgliederversammlung des am 6. April 1878 in Danzig be- gründeten Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins hat beschlossen, für denselben statt seines bisherigen Statuts vom 6. April 1878 die nach- stehende Satzung anzunehmen. Name. § 1. Der Verein führt den Namen ,, Westpreußischer Botanisch-Zoologischer Verein“ und hat seinen Sitz in Danzig. — Er soll in das Vereinsregister in Danzig eingetragen werden. Zweck. § 2. Der Verein hat den Zweck, die Pflanzen- und Tierwelt zu er- forschen und zu schützen, besonders auch zum Wohl der Provinz, und zur Verbreitung der naturwissenschaftlichen Interessen im allgemeinen beizutragen. § 3. Dieser Zweck soll hauptsächlich erreicht werden: a) durch Abhalten von Versammlungen mit wissenschaftlichen Vorträgen; b) durch Anregung bezw. Beauftragung einheimischer und auswärtiger Kräfte zu bestimmten botanischen wie zoologischen Beobachtungen und Sammlungen, vornehmlich in der Provinz ; c) durch Veröffentlichung der Sitzungs- und Reiseberichte, nebst weiteren Beiträgen zur Flora und Fauna; d) durch Unterstützung naturwissenschaftlicher Unternehmungen, nament- lich im Vereinsgebiet. Mitglieder. § 4. Der Verein besteht aus korporative und persönlichen Mit- gliedern; letztere sind: a) Ordentliche Mitglieder, b) Korrespondierende Mitglieder, c) Ehrenmitglieder. io 61 Ordentliches Mitglied kann jeder werden, der sich im Besitz der bürger- lichen Ehrenrechte befindet und durch ein Mitglied angemeldet wird. — Zu Korrespondierenden Mitgliedern können vom Verein solche, außerhalb der Provinz ansässige Personen gewählt werden, die sich durch Leistungen auf botanischem oder zoologischem Gebiet ausgezeichnet haben. — Zu Ehren- mitgliedern können vom Verein solche Personen gewählt werden, welche sich hervorragende Verdienste um die Pflanzen- und Tierkunde erworben oder in hochsinniger Weise die Zwecke des Vereins gefördert haben. § 5. Korporative Mitglieder zahlen einen Jahres-Beitrag von mindestens 10 M. ; Ordentliche Mitglieder einen Jahres-Beitrag von 3 M. oder einen einmaligen Beitrag von 50 M.; Korrespondierende und Ehrenmitglieder sind davon gänzlich befreit. § 6. Eintritt und Austritt der Mitglieder erfolgt auf deren Erklärung durch Eintragung und Löschung in der Mitgliederliste. — Die Löschung kann vom Vorstände auch bei Nichterfüllung der in §§ 4 und 5 bezeichneten Be- dingungen der Mitgliedschaft beschlossen werden. Vorstand. § 7. Der Vorstand besteht aus: a) dem Vorsitzenden, b) dessen Stellvertreter, c) dem Schriftführer, d) dessen Stellvertreter, e) dem Schatzmeister. Der Vorsitzende überwacht die Führung der Geschäfte und leitet die Versammlungen, die Stimme des Vorsitzenden gibt im Vorstande und in den Mitglieder - Versammlungen bei Stimmengleichheit den Ausschlag. - — Der Schriftführer besorgt die Korrespondenz und erstattet den Jahresbericht, besonders liegt es ihm ob, im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden, geeignete Kräfte zur Ausführung der wissenschaftlichen Arbeiten des Vereins zu ge- winnen. — Der Schatzmeister sorgt für die Einziehung der Beiträge; Zahlungen werden von ihm auf Anweisung des Vorsitzenden bezw. dessen Stellvertreters geleistet. Rechnungen und Kasse werden in jeder Jahres- versammlung durch zwei von dieser zu wählende Revisoren geprüft. — Der Vorstand beschließt über alle Vereinsangelegenheiten, welche nicht der Beschluß- fassung der Mitglieder-Versammlung Vorbehalten sind, insbesondere über die Verwendung der Vereinsmittel innerhalb des Etats und über die Anlegung des Vereinsvermögens. § 8. Die Wahl des Vorstandes erfolgt in der Jahresversammlung geheim durch Stimmenmehrheit der anwesenden Ordentlichen Mitglieder; wenn sich kein Widerspruch erhebt, ist die Wahl durch Zuruf statthaft. Zum Vor- sitzenden darf ein und dasselbe Mitglied nur zwei Jahre hintereinander ge- ii 62 wählt werden. — Ehemalige Vorsitzende können vom Verein zu Ehren- vorsitzenden ernannt werden; dieselben haben lebenslänglich Sitz und Stimme im Vorstand. § 9. Die Vertretung des Vereins nach außen erfolgt durch den geschäfts- führenden Vorstand, welcher als der Vorstand des Vereins im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt. Derselbe wird gebildet vom Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter und vom Schriftführer oder dessen Stellvertreter. — Jedes Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes ist ermächtigt, die Anmel- dungen zum Vereinsregister zu bewirken. Versammlungen. § JO. Die Versammlungen finden jährlich regelmäßig einmal, tunlichst innerhalb der Provinz, an einem jährlich wechselnden Ort statt; derselbe wird von der vorangehenden Jahresversammlung oder, auf deren Wunsch, vom Vorstand bestimmt. Die Versammlungen sollen gewöhnlich nur einen Tag dauern und aus folgenden Teilen bestehen: a) geschäftliche Sitzung, nur für Mitglieder; b) wissenschaftliche Sitzung, auch für Gäste; c) Exkursion. §11. In der geschäftlichen Sitzung sind hauptsächlich folgende Punkte zu erledigen: a) der Jahresbericht über das verflossene Jahr; b) der Kassenbericht über das verflossene Jahr und die Entlastung des Schatzmeisters; c) der vom Vorstand aufzustellende Etat für das laufende Jahr; d) der allgemeine Arbeitsplan für das laufende Jahr; e) etwaige Anträge des Vorstandes oder einzelner Mitglieder; f) die Wahl des nächsten Versammlungsortes; g) die Wahl des Vorstandes für das laufende Jahr. § 12. Für jede Jahresversammlung wird eine am Ort derselben ansässige Persönlichkeit zum Geschäftsführer ernannt, welcher die Vorbereitungen übernimmt. § 13. Die Jahresversammlung wird durch den Vorstand berufen. Außerdem finden Mitglieder-Versammlungen statt, wenn der Vorstand die Berufung für erforderlich erachtet, oder wenn mindestens der zehnte Teil der Vereins- mitglieder dieselbe beim Vorstand schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe beantragt. § 14. Die Einladungen zu den Versammlungen müssen die Angabe der pur Verhandlung gelangenden Gegenstände im allgemeinen enthalten und er- folgen durch Zusendung einer gedruckten Einladung mittels der Reichspost. § 15. Die Beschlüsse der Versammlungen werden — soweit erforderlich — durch eine Verhandlung beurkundet, welche von den beiden Mitgliedern des geschäftsführenden Vorstandes zu unterschreiben ist. 12 63 Sammlungen. § 16. Der Verein besitzt keinerlei Sammlungen; die ihm von Mitgliedern, Sendboten oder sonst zugehenden Naturkörper etc. werden an das West- preußische Provinzial-Museum in Danzig abgegeben. Auflösung. § 17. Bei Auflösung des Vereins geht dessen Vermögen und Bestand an Vereinsschriften an eine in der Provinz Westpreußen ansässige naturwissen- schaftliche Gesellschaft oder Anstalt über. Satzungs=Anderung. § 18. Eine Änderung dieser Satzung darf nur von der Jahresversamm- lung beschlossen werden; zu einem Beschlüsse hierüber ist eine Mehrheit von drei Vierteilen der erschienenen Mitglieder erforderlich. Bei der nun folgenden Wahl des Vorstandes für 1902/3, die geheim durch jedesmalige Abgabe von Stimmzetteln erfolgt, werden nacheinander folgende Herren gewählt: Oberlehrer Dr. Conrad LAKOWITZ-Danzig als Vorsitzender, Professor Dr. Georg BocKWOLDT-Neustadt Wpr. als stellvertretender Vorsitzender, Professor Dr. Hugo CoNWENTZ-Danzig als Schriftführer, Rektor Friedrich KALMUSZ-Elbing als stellvertretender Schriftführer, Consul Albert MEYER-Danzig als Schatzmeister. Die genannten Herren erklären, die auf sie gefallene Wahl annehmen zu wollen. Was den Arbeitsplan für 1902/3 anbetrifft, so wird zunächst Herr Dr. KuHLGATZ-Berlin seine Untersuchungen über die Fauna des Betula nana- Hochmoores in Neulinum-Damerau im Kreise Kulm fortsetzen und voraus- sichtlich beendigen. Die Gewinnung weiterer wissenschaftlicher Kräfte für Arbeiten in der Provinz, vor allem zu botanischen Untersuchungen, wird dem Vorstande überlassen. Zum Versammlungsort für 1903 wird, entsprechend dem Anträge des Vorstandes, Danzig gewählt, um dort, wo der Verein 1878 begründet ist und seine erste Versammlung abgehalten hat, und wo gelegentlich der 11. Ver- sammlung 1888 sein zehnjähriges Bestehen gefeiert wurde, nun auch bei der 26. Versammlung die Feier seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens zu be- gehen. Und zwar soll die Versammlung wie bisher üblich am dritten Pfingst- feiertage stattfinden. Auf Antrag des Vorstandes wird sodann beschlossen, anläßlich der 25jährigen Stiftungsfeier den Begründer und langjährigen früheren II. Vor- sitzenden Herrn Professor Dr. Bail zum Ehrenmitglied zu ernennen und ihm auf der Versammlung in Danzig ein künstlerisch ausgestattetes Diplom zu überreichen. Die dafür erforderlichen Mittel werden bewilligt. 13 64 Gleichfalls auf Antrag des Vorstandes wird der I. Schriftführer des Ver- eins zur 25 jährigen Versammlung mit einem Gesamtbericht über die Tätigkeit des Vereins nebst einem Verzeichnis der bisher veröffentlichten Arbeiten betraut. Entsprechend weiteren Anträgen des Vorstandes beschließt die Versammlung 1) dem Vorsitzenden bezw. dessen Stellvertreter sowie dem Schriftführer bezw. dessen Stellvertreter von nun an beim jedesmaligen Besuch der Jahres- versammlung die Eisenbahnfahrten II. Klasse und außerdem je 15 M. Un- kosten zu ersetzen; 2) dem Westpreußischen Provinzial- Museum als weitere Beihilfe zum Aufziehen und Einordnen von Pflanzen für das Provinzial-Herbarium die Summe von 300 M. zur Verfügung zu stellen; 3) die Druckberichte über die Jahresversammlungen möglichst schon nach längstens sechs Wochen an die Mitglieder zur Versendung gelangen zu lassen und etwaige Reiseberichte nach Eingang besonders zu veröffentlichen; 4) die Jahresberichte in weiteren Kreisen, vornehmlich bei Mitgliedern des Provinzial-Landtages, zu verbreiten. Auf Anregung aus der Mitte der Versammlung beschließt der Verein weiter, in seinen Berichten in Zukunft die neue amtliche Rechtschreibung, wie sie jetzt allgemein in den Schulen des Deutschen Reiches gelehrt wird und auch durchweg für den Gebrauch der Behörden vorgeschrieben ist, anzuwenden. — Ferner soll der Versuch gemacht werden, in Danzig auch Winter- Sitzungen mit wissenschaftlichen Vorträgen zu veranstalten,' um eine noch regere Tätigkeit des Vereins zu ermöglichen und den Zusammenhalt unter den Mitgliedern noch mehr zu festigen. Damit ist die Tagesordnung der geschäftlichen Sitzung erledigt und die- selbe wird bald nach 9 Uhr geschlossen. * * * Die wissenschaftliche Sitzung fand in der Aula des Königlichen Gymnasiums statt, wo Dank der eifrigen Bemühungen und der aufopferungsvollen Tätigkeit des Herrn Professor Dr. Rehdans eine vortreffliche Sammlung botanischer und zoologischer Lehrmittel in übersichtlicher und zweckmäßiger Weise Aufstellung gefunden hatte. Ausgestopfte oder anders präparierte Tiere, gepreßte Pflanzen, vergrößerte Modelle ganzer Lebewesen oder einzelner Teile von solchen, Ab- bildungen, Wandtafeln und Karten in reicher Anzahl gaben ein wohlgelungenes Bild von den Hilfsmitteln, durch die gegenwärtig unserer Jugend das Ver- ständnis der Lebewelt beim Schulunterricht erleichtert wird. Um 9 V2 Uhr eröffnet der neuerwählte Vorsitzende Herr Oberlehrer Dr. LAKOWITZ-Danzig die Sitzung mit einer herzlichen Begrüßung der zahl- reich erschienen Mitglieder und Gäste. Die so überaus rege Beteiligung auch von Nichtmitgliedern und Damen sei ein erfreuliches Zeichen des Interesses, das den biologischen Wissenschaften auch von weiteren Kreisen neuerdings 14 65 entgegengebracht werde. Er wünsche, daß dieses Interesse immer mehr wachsen möge, und daß die heutige Versammlung für alle Teilnehmer reich an Belehrung und geistigen Genüssen sein werde. Namens der Stadt Könitz begrüßt Herr Bürgermeister DEDiTius-Konitz den Verein mit dem Wunsche, daß die Arbeiten der Versammlung zum Segen der Heimatprovinz ausfallen mögen, daß aber auch die in Könitz verlebten Stunden angenehm für die Versammlungsteilnehmer und förderlich für die Wirksamkeit des Vereins selbst, und daß die Ausflüge von gutem Wetter begünstigt sein mögen, so daß die Auswärtigen später mit Vergnügen an die Konitzer Versammlung zurückdenken können. Als Leiter der Anstalt, in deren Räumen die Versammlung tagt, begrüßt ferner Herr Königlicher Gymnasialdirektor Dr. GENNiGES-Konitz den Verein mit folgender Ansprache: Meine hochgeehrten Herren vom Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Verein ! Gestatten Sie mir, Ihnen den herzlichsten Dank dafür auszusprechen, daß Sie uns die Ehre gegeben haben, Ihre 25. Jahresversammlung iD der Aula des Königlichen Gymnasiums abzuhalten. Hält es doch diese alte humanistische Anstalt für ihre Pflicht, neben den sprachlich-historischen Fächern auch die mathematisch-naturwissenschaftliche Seite des Unterrichts eifrig zu pflegen. Wir glauben, damit auch dem großen staatlichen Ganzen zu dienen. Indem wir unsere Schüler daran gewöhnen, die sie umgebenden Schönheiten und Wunder der Natur mit liebevollem Auge zu betrachten, sich darin zu ver- senken, helfen wir mit dazu, daß unsere Jugend, wenn sie das Gymnasium verläßt, um in die führenden Kreise unseres Volkes einzutreten, ihre Heimat- provinz kennt, sie liebt und sich nur gezwungen entschließt, sie zu verlassen, sondern daß sie hier bleibt und ihre Kräfte der Kulturarbeit des Ostens widmet. Sie aber, meine hochgeehrten Herren, verfolgen dasselbe Ziel, das Ziel, die Kenntnis von der Fauna und Flora und der ganzen natürlichen Be- schaffenheit unserer noch so oft verkannten Provinz in weiteren Kreisen zu verbreiten und allseitiges, reges Interesse dafür zu erwecken. Das Königliche Gym- nasium in Könitz hat daher wahrlich alle Ursache, sich Ihrer Tagung zu freuen und Ihnen zu danken. So begrüße ich Sie denn von Herzen, bitte Sie, die natur- wissenschaftliche Ausstellung, die wir veranstaltet haben, gütig zu beurteilen, und wünsche Ihrer Versammlung den schönsten Verlauf. Der Vorsitzende dankt herzlich für die Begrüßungen. Darauf beginnen die wissenschaftlichen Mitteilungen mit einem durch reiches Demonstrationsmaterial belebten Vortrage des Herrn Professor Dr. BAIL-Danzig: Mitteilungen über Pilze. Geleitet von dem Wunsche, auch in den Damen und Herren seines heutigen Zuhörerkreises die Lust an der Naturbetrachtung zu fördern, hat Vortragender 15 5 66 sich dafür entschieden, denselben Mitteilungen aus dem Gebiete zu machen, das ihm selbst während eines langen Lebens den reichsten Beobachtungsstoff geboten hat und noch bietet, nämlich aus dem der Filze. Wohl würde es ihm hohen Genuß bereiten, sein Auditorium im Geiste teilnehmen zu lassen an seinen diesem Gegenstände gewidmeten Streifereien in der Nähe und Ferne, unter anderm an dem Gletscherfuße des Ortler oder dem reizenden Gestade des Gardasees und bis an die Küste des Adriatischen Meeres. Gern würde er ihm auch Einblick in die Genugtuung gewähren, welche bei den betreffenden mikroskopischen Untersuchungen die Erlangung der Antwort auf diese oder jene an die Natur gestellte Frage bereitet, allein die Kürze der Zeit und die Länge der im Programm der Versammlung ge- druckten Rednerliste verhindert die Erfüllung seines Wunsches. Er behandelt demnach zunächst in Kürze das Vorkommen der Pilze. Pilze finden sich allenthalben, sowohl in und über der Erde wie im Wasser. An unterirdischen Pilzen ist unsere Provinz, wie Vortragender selbst nach- gewiesen hat, recht reich. Für die Bewohner von Könitz dürfte es von besonderem Interesse sein, daß wir z. B. aus der Gattung Tuber , außer der eßbaren Trüffel, Tuber aestivum mesentericum Ed. Fischer, in der Kühner Nonnenkämpe, und der ebenda vom Vortragenden nachgewiesenen Tuber ruf um, in Westpreußen noch eine dritte Tuber- Art, nämlich die von ihrem langjährigen Mitbürger, Professor Praetorius, zwischen den Heidekrautwurzeln bei Könitz entdeckte Tuber Borchii kennen. Von der Anwesenheit von Pilzen im Wasser belehren uns die ertrinken- den Fliegen, da sie bald mit einem zierlichen Pilzfadenballen eingehüllt werden, und geben ferner Zeugnis die an schwimmende Felle erinnernden weißlichen Pilzmassen, die sich in den Gewässern entwickeln, welche durch bestimmte Fabrikabflüsse verunreinigt werden. Wie ungeheuer die Zahl der Pilzarten ist, erhellt aus dem Umstande, daß Pilze Erreger der Gärung, Verwesung und Fäulnis sind, und daß es sicher keine Pflanzen- und Tierarten gibt, die nicht von einem, meistens sogar von mehreren Pilzen heimgesucht werden. Die schwarzen, tintenklecksartigen Flecke auf den Blättern unserer Ahornarten wie die weißen, scheinbar mehlbestäubten Flecke auf ebendenselben und auf den verschiedenartigsten anderen Gewächsen, die sog. Meltauarten, sind Pilze. Die Kulturgewächse aller Zonen werden von Pilzkrankheiten befallen, und selbst große, mehrhundertjährige Bäume können durch bestimmte Pilze vernichtet werden. Als Beispiel der Verbreitung eines Pilzes im lebenden Baume wird der Spaltblattpilz, Schizo'phyllum commune Fr., herumgezeigt, dessen Wurzelgeflecht in einigen lebenden Linden auf den Straßen Danzigs sich vom Grunde des Stammes aus bis in die Enden einzelner Äste unter der Rinde hinzieht und aus allen Rissen der letzteren seine halbkreisförmigen Hüte entwickelt, sodaß dieselben in Längsreihen am Baume gruppiert sind. 16 67 Insekten und andere niedere Tiere werden oft durch verheerende Pilz- epidemieen dahingerafft. Wie ausgedehnt bereits die Kenntnis der Pilze ist, welche auch in den andern Erdteilen solche Tiere toten, davon überzeugte sich Vortragender besonders, als er das reiche, darauf bezügliche Material des Berliner Botanischen Museums unter Leitung des Bearbeiters desselben, Herrn Professor Hennings, durchmusterte. Endlich sind, wie jetzt jedermann weiß, die schrecklichsten Seuchen der warmblütigen Tiere und der Menschen auf die Wirksamkeit der zu den Pilzen gehörenden Bakterien zurückzuführen. Was zweitens die Beschaffenheit der Pilze anbelangt, so bieten sie rück- sichtlich ihrer Dichtigkeit, ihrer Farben und Formen die denkbar größte Mannigfaltigkeit dar. Es gibt schleimartige, gallertartig-zitternde und häutige Pilze, während andere brüchig, zähe, holzig, manche sogar fast steinhart sind. — Allen Farben, auch den schönsten und lebhaftesten, begegnet man in den Reihen der in Rede stehenden Organismen, aber geradezu bewundernswürdig ist ihr Formen- reichtum. Unter den Schimmeln sind alle Typen unserer Bäume vertreten, in scharfem Gegensätze zu den unterirdischen, meistens als Knollen erscheinenden Pilzen. Während die bekanntesten Fleischpilze einen in der Mitte oder seit- lich gestielten Hut besitzen, gleichen andere Keulen oder lösen sich, wie die sog. Ziegenbärte, in immer feiner werdende Verzweigungen auf. Der Füllhorn- pilz oder die Totentrompete erscheint als langes trichterförmiges Gefäß, und zahlreiche Becherpilze haben die Form von Tellern oder tiefen, oft halbkugel- förmigen Schüsseln. Hunderte von Gestalten der Schimmel-, Meltau- und Schleimpilze könnten Ernst Haeckel zur Aufnahme in seine prächtigen Kunstformen der Natur empfohlen werden, und wer recht absonderliche und prunkhafte höhere Pilze kennen lernen will, sei auf die Tafel ,, Pilzblumen“ im 18. Bande der 5. Auflage von Meyer’s Konversationslexikon verwiesen. Vortragender kann die Naturtreue jener Darstellungen bezeugen, da er in Genua die stattlichsten jener Pilze, unter anderen die ,, Schleierdame“, aus den wie lebend erscheinenden, von Professor Dr. 0. Penzig aus Buitenzorg in Java mitgebrachten Präparaten kennen gelernt hat. Die dritte Gruppe der Mitteilungen des Vortragenden bezieht sich auf die Entwicklungsgeschichte einzelner Pilze. Mit vollem Rechte leitete derselbe seine im September 1855 in der Berliner Botanischen Zeitung erschienenen Mykologischen Berichte mit den Worten ein „Noch in keiner Zeit haben die Pilze so allgemein die Aufmerksamkeit der Botaniker auf sich gezogen, als gerade in der unsern“. In jene Zeit fiel nämlich der Beginn der Erforschung der Entwicklung der Pilze, ein Gebiet, auf dem seither von vielen berufenen Forschern unermüdlich weiter gearbeitet und nach und nach die Fülle wert- voller Resultate gewonnen worden ist, welche vor allem zur Erkenntnis der Ursache der gefürchtetsten Krankheiten der Organismen geführt haben. Gerade aus diesem interessantesten, ungemein ausgedehnten Gebiete der Mykologie greift der Redner nun noch einige Gegenstände heraus. Während 17 5* 68 in dem vorgenannten Jahre (1855) Tulasne’s Entdeckung der Entwicklung des Mutterkorns ( Sclerotium cornutum) in Deutschland schon bekannt war und den Sprechenden zur Bestätigung jener Ergebnisse und zur Auffindung anderer aus Sclerotien hervorgehender Pilze führte (Hedwigia 1856, No. 14, und Bota- nische Sektion der Schlesischen Gesellschaft für Vaterländische Kultur zu Breslau 1856), vergingen noch 10 Jahre bis zu De Bary’s wissenschaftlichem Nachweise der Entstehung des häufigsten Getreiderostes aus den Sporen des Berberitzen-Becherrostes, eine Entstehung, an welche die Empiriker schon im 18. Jahrhundert geglaubt hatten. Den Formenkreis der genannten Pilze findet heutzutage die Jugend in Wort und Bild schon in ihren Schulleitfäden. Erst seit 1865 also kennt man bei den Pilzen einen Generationswechsel und weiß, daß ein und derselbe Pilz in ganz verschiedenen Formen auf zwei nicht mit einander verwandten Nährpflanzen (Wirten) erscheint, und daß seine Sporen in ständigem Wechsel die Erkrankung eines Wirtes auf den andern übertragen. Als Beispiel eines solchen wirtwechselnden Pilzes wird der Rost der Korb- und Reifweiden, Melampsora salicina (s. Hartigii) vor- gelegt, der als Caeoma Ribesii auf Stachel- und Johannisbeerarten übergeht. Die herumgereichten Exemplare rühren von einem Gebüsch der Reifweide, Salix pruinosa , her, durch welches das Zoppoter Familienbad den Blicken vom Strande aus fast ganz entzogen wird. Dieses Weidendickicht gewährte im Herbst unseres feuchten Jahres durch die rostfarbene Zone, zu der sich alle Enden seiner gestreckten Ruten vereinten, einen höchst eigenartigen Anblick. Unter den 1300 bekannten Rostpilzen hat man bisher bei mehr als 60 Arten den Wirtwechsel nachgewiesen. Man weiß jedoch von einzelnen andern, welche man bisher nur auf einer Blütenpfianze kennt, daß sie sich auch auf einem oder auf mehreren noch nicht erkannten Wirten entwickeln müssen. Da nämlich ihre auf dem einen Wirte erzeugten Fortpflanzungsorgane auf diesem selbst niemals keimen, so muß ihre Weiterentwicklung auf einem andern Gewächse erfolgen. Vortragender will nun heute seine Zuhörer noch mit drei solchen Rostpilzen bekannt machen, für welche die Auffindung einer zweiten Wirtsfamilie zu den neuesten Errungenschaften der Mykologie gehört. Seine Mitteilungen werden gleichzeitig einen tieferen Einblick in das ebenso zielbewußte wie sorgfältige und mühevolle Arbeiten in unserm Wissenschafts- zweige ermöglichen. Zunächst soll von den Hexenbesen der Edeltanne die Rede sein, deren Vorkommen der Sprechende bereits am 28. November 1894 gelegentlich in der Danziger Naturforschenden Gesellschaft behandelt hat. Da das Referat über jenen Vortrag in den Schriften der Gesellschaft nicht zum Abdruck ge- langt ist, wird die auf jene Hexenbesen bezügliche Stelle desselben aus der Danziger Zeitung mitgeteilt: „Zu den Rostpilzen gehört auch das Aecidium elatinum, welches Herrn Professor Bail die erste Anregung zu seinem Vortrage lieferte, da er die für 18 69 die Gesellschaftssammlung von ihm eingesandten Hexenbesen zu erläutern wünschte. Sobald derselbe auf seiner diesjährigen Reise nach Wildbad in Württemberg im Schwarzwalde die ersten Wälder der Edeltanne begrüßte, fielen ihm schon aus ziemlich weiter Entfernung die hellgelben Büsche auf derselben auf, welche er später auf jedem Spaziergange antraf. Es sind die Hexenbesen oder Donnerbüsche, verursacht durch das Aecidium elatinum , welches gezeigt und genauer, auch unter Hinweis auf die Lücken unseres Wissens über seinen Entwicklungsgang, besprochen wurde, und welches außer den mit Hexenbesen besetzten Astbeulen (den Astkrebsen) auch Geschwülste an den Stämmen (Stammkrebse) hervorbringt. Diese erstrecken sich meist rings um den Stamm, der hier bis zur doppelten Dicke anschwillt, besonders starke, schwammig aufgetriebene Rinde und wenig entwickeltes Holz liefert. Die Rinde löst sich leicht an den Krebsstellen ab, wodurch der Fäulnis des Holzes die Wege gebahnt werden. Auch sind die krebskranken Stämme leicht windbrüchig, und die Tragkraft der betreffenden Stellen ist gering, so daß dieselben ausgeschnitten werden müssen, wodurch schwächere Balken entstehen. Die erste eingehende Untersuchung der in Rede stehenden Krankheit danken wir De Bary. Ganz neuerdings ist eine sehr umfangreiche Arbeit des Herrn Oberförster Heck mit prachtvollen Abbildungen, besonders Photo- graphieen, und mit Tabellen erschienen. Es ist zu beklagen, daß, obwohl wir jene verderbliche Krankheit bereits seit 27 Jahren genauer kennen, wenigstens in Wildbad und Umgegend selbst das allernächstliegende Mittel zur Bekämpfung des Übels, die Entfernung der sogar mit der Hand erreichbaren Hexenbesen, verabsäumt wird. Es wurde noch besonders auf das Lichtbedürfnis der Hexenbesen hin- gewiesen. Wenn Heck dieselben bisweilen geradezu als lichtbedürftige Ge- wächse bezeichnet, so ist das nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Jedenfalls ist durch die Verschmelzung der Säfte von Pilz und Tanne aus dem eigentlich Lebenden in jeder einzelnen Zelle (dem Protoplasten) ein anderer Organismus geworden, der sich auch sein Haus (die Zelle) anders baut, und wir können den Hexenbesen wegen der anderen Richtung seiner Achse, der veränderten Stellung der Zweige, wie wegen der Färbung und Ein- jährigkeit der (sonst 6— 8jährigen) Nadeln nicht mehr schlechtweg als Tannen- zweig bezeichnen. Es erinnert vielmehr die Verschmelzung der Bestandteile jenes Zweiges mit denen des Pilzes vielfach an das Convivium von Algen und Pilzen, welches wir „Flechte“ nennen. Der älteste bekannte lebende Hexenbesen ist 16 jährig und 60 — 70 cm (nicht wie in Heck’s Arbeit und in einem Referat über dieselbe zu lesen ist, 60 — 70 m) hoch. Ein und derselbe Stamm kann gegen 50 Krebsbeulen zum größten Teil mit Hexenbesen tragen. So bespricht Heck eine Tanne, welche 45 Ast- und 4 Stammbeulen und außerdem noch 5 Mistelexemplare trug“. 19 70 Soweit das betreffende Referat. De Bary hatte im Jahre 1867 das Aecidium elatinum aufs genauste studiert und den Nachweis geführt, daß dessen Sporen sich auf der Edeltanne nicht weiter entwickeln, daß dasselbe also durch Übertragung von einer andern Pflanze auf die hldeltanne gelangen müsse. Er selbst also hatte schon auf die erwähnte Lücke unserer Kenntnis in der Ent- wicklung jenes Aecidium hingewiesen. 34 Jahre lang sind nun von mehreren Gelehrten vergebliche Aussaat- versuche des Aecidium elatinum unter den erforderlichen Vorsichtsmaßregeln auf die verschiedensten anderen Gewächse gemacht worden, von Klebahn allein auf mehr als 33 Arten, und erst jetzt wissen wir, daß kleine, sehr bescheidene Blütenpflanzen, nämlich unsere Vogelmiere, Stellaria media, und ihre nächsten Verwandten, den Ansteckungsstoflf züchten, durch welchen die urwüchsigen, himmelanstrebenden Edeltannen in so grausamer Weise entstellt und geschädigt werden. Liegt hier nicht d^r Vergleich mit der Übertragung der Malaria durch die Mücken auf den Menschen nahe? Der Forscher, welchem es im vorigen Jahre gelungen ist, die Zugehörig- keit der auf verschiedenen Stellarien lebenden, unscheinbaren Melampsorella Caryophyllacearum DC. zu dem Aecidium elatinum unumstößlich zu beweisen, ist Professor Dr. Ed. Fischer in Bern. Derselbe hat durch Aussaaten des Aecidium elatinum auf Stellaria- Arten die Melampsorella Caryophyllacearum hervorgerufen und umgekehrt durch diese die bekannte Erkrankung der Edel- tanne herbeigeführt. Seine Entdeckung ist durch v. Tubeuf und Klebahn bereits aufs bestimmteste bestätigt worden. Die liebenswürdige Erfüllung seiner Bitte durch Professor Dr. Ed. Fischer in Bern und Professor Dr. Freiherrn von Tubeuf in München setzt den Vortragenden in den Stand, der Versammlung heute Exemplare der Stellaria nemorum und St. Holostea vorzulegen, auf denen sich die Melampsorella Caryophyllacearum infolge der Aussaat des Edeltannenrostes, Aecidium elatinum, entwickelt hat. Gleichzeitig werden Separatabzüge der Abhandlungen von Professor Ed. Fischer über Gang und Erfolg der erwähnten Untersuchungen vorgelegt, welche Redner gleichfalls der freundlichen Übersendung des Entdeckers verdankt. Noch zeigt der Vortragende einen der interessanten Fichtenzapfen vor, die er oftmals in seiner Heimat, dem Riesengebirge, z. B. in den schönen Nadelwäldern am Zackenfall, gesammelt hat. Auf jeder Schuppe eines solchen Zapfens befinden sich mehr als 100 der kugeligen Sporenbehälter des Aecidium strobilinum, deren jeder unzählige Sporen einschließt. Der Pilz zerstört die weiblichen Blüten der Fichte, so daß die befallenen Zapfen unfruchtbar sind. Bei feuchtem Wetter erkennt man die am Boden liegenden schon aus der Ferne, da ihre Schuppen dann sich nicht wie die der Samen tragenden an- einander legen, sondern auseinander gesperrt bleiben. Zur heut erfolgten Besprechung dieses Pilzes veranlaßte der Umstand, daß auch für ihn Professor Dr. Ed. Fischer diejenige Blütenpflanzen-Gattung ermittelt hat, welche seine 20 71 bisher unbekannten anderen Wirtspflanzen birgt, indem die Aussaat seiner Sporen auf Prunus viryiniana auf dieser die Thecaspora Padi erzeugt hat. Endlich legt Vortragender noch von seiner am letzten Mittwoch unter- nommenen Pilzexkursion das Cronartium ribicola Dietr, vor, indem er darauf hinweist, daß auf Sträuchern der Schwarzen Johannisbeere am Heubuder See jetzt die Unterseite sämtlicher Blätter, wie die der herumgereichten, vollständig mit jenem Rostpilz bekleidet ist, welcher nachgewiesenermaßen auf die Weymouthskiefer übergeht und deren sehr auffallenden Stamm-Blasenrost hervorruft. Namens der Versammlung dankt der Vorsitzende dem Herrn Vortragenden für seine anregenden und lehrreichen Ausführungen. Herr Professor Dr. BocKwoLDT-Neustadt legt Seltene Gefässkryptogamen aus der Flora von Neustadt Wpr. in gepreßten Exemplaren vor, und zwar: 1. Einige Wedel des sehr seltenen Aspidium lobatum Sw., das nach Ascherson-Gräbner : „Flora des nordostdeutschen Flachlandes“ in West- preußen nur in der Forst Buchwalde bei Jastrow, bei Mariensee im Kreise Karthaus, bei Königsthal unweit Danzig und am Schloßberg bei Neustadt vorkommt, und zwar von dem zuletzt genannten Fundort. Er bemerkt hier- bei, daß leider seit wenigen Jahren ein Rückgang des Vorkommens am Schloßberg konstatiert werden muß, daß aber augenblicklich wieder eine An- zahl junger Pflanzen vorhanden ist. Der Rückgang kann wohl nur erklärt werden durch die sehr langen und sehr .schneereichen Winter oder durch zu starke Beschattung unter der dichten, etwa 25—30 Jahre alten Buchenschonung, in welcher die Pflanze wächst. 2. Einige Exemplare des im sonstigen Deutschland äußerst seltenen Equisetum silvaticum L. polystachyum Milde, das von ihm und Anderen seit dem Jahre 1891 regelmäßig in mehreren Exemplaren im Neustädter Stadt- wald gefunden ist. Diese Form ist nur eine Spielart, ließen sich doch an demselben Grundstock ein- und mehr-ährigie Pflanzen nachweisen. Merkwürdig bleibt jedenfalls das ständige Vorkommen auf einem nur wenige ha großen Gebiet. Sodann spricht der Direktor des Westpreußischen Provinzial- Museums, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig in längerem Vortrage über Einige in Westpreussen getroffene Massnahmen zum Schutz der ursprünglichen Pflanzenwelt. Von den Pflanzenarten und Beständen, welche die ursprüngliche Vegetation unserer Heimat bilden, geht unter dem Einfluß des Menschen eine nach der anderen zurück. Selbst der Wald ist teilweise eine rein künstliche Forst geworden, in 21 72 welcher nur die ertragreichsten Holzarten gehegt und gepflegt werden; mit dem natürlichen deutschen Wald hat sie wenig oder garnichts mehr zu tun. So liegt denn die Gefahr nahe, daß — falls nichts zur Abhilfe geschieht — die Natur immer mehr zurückgedrängt, teilweise beeinträchtigt und vernichtet wird. Diese Erkenntnis hat bei uns und anderswo dazu geführt, auf wirksame Maßnahmen zum Schutz der ursprünglichen Natur Bedacht zu nehmen, und auch unser Verein hat in seiner neuen Satzung den Schutz der heimischen Pflanzen- und Tierwelt in den Bereich seiner Aufgaben gezogen. Im Auslande sind bereits mehrfach Schutzmaßnahmen getroffen worden. So wurde in Dänemark, wo der Frauenschuh, Cypripedium calceolus L., nur noch an einer einzigen Stelle urwüchsig vorhanden ist, dieses Gelände angekauft und dem Botanischen Verein in Kopenhagen zur dauernden Erhaltung geschenkt. Ferner wurden auf Anregung Warming’s ein Stück Heide, nicht etwa zur Kultivierung, sondern ausdrücklich zur Er- haltung als Heide, und eine Wanderdüne angekauft, um vor der Aufforstung bewahrt zu bleiben. Weiter hat z. B. der Präfekt von Savoyen Vorschriften zum Schutz seltener Alpenpflanzen erlassen, und in den österreichischen Ländern bestehen gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des Edelweiß, Gna- phalium Leontopodium Scop. Auch in der Provinz Westpreußen sind bereits Schutzmaßregeln für die ursprüngliche Pflanzenwelt getroffen, und zwar handelt es sich teils um Vor- kehrungen im Gelände selbst, teils um Maßnahmen im Verwaltungswege. Be- trachten wir zunächst die im Gelände selbst getroffenen Maßnahmen. Vor allem die Männer der grünen Farbe haben ein warmes Herz für die Seltenheiten ihres Reviers und lassen denselben gerne ihren Schutz angedeihen. Ein solcher, einfacher aber ganz wirksamer Schutz wird dadurch erreicht, daß die seltenen Holzarten auf irgend eine Weise gekennzeichnet werden, damit sie nicht dem Holzfäller zum Opfer fallen. So sind am Festungsberg in Graudenz (Feste Courbiere) die Elsbeeren, Pirus torminalis Ehrh., seitens der Fortifikation mit einem Farbenring versehen, und in der Gutsforst Sypniewo, Kr. Flatow, Schutzbezirk Dorotheenhof, Jagen 34 und 44, hat Herr Rittergutsbesitzer Wilckens an jedem Baum der Elsbeere einen Strohring anbringen lassen. In ähnlicher Weise sind die jungen Bäumchen der Elsbeere in der Oberförsterei Wilhelms- walde, Kr. Pr. Stargard, Schutzbezirk Scharnow, Jagen 59, 60, 76 und 77, durch angelegte Papierringe gekennzeichnet. — Einen wirksameren Schutz gewährt natürlich eine Umfriedigung der bemerkenswerten und zu schonenden Pflanzen. So ist die durch ihren besonders schönen und eigenartigen Wuchs aus- gezeichnete Trauerfichte, Picea excelsa Lk. pendula Jacq. et Her., von Stellinen, Ldkr. Elbing, Oberförsterei Pelplin, Schutzbezirk Hohenwalde, Jagen 167 b, mit einer Umzäunung versehen, da Gärtner, welche Zweige entnahmen, um die Spiel- art künstlich zu vermehren, die Schönheit des Baumes erheblich bedrohten, ln der Oberförsterei Junkerhof in der Tucheier Heide (Kr. Schwetz), Schutzbezirk Bismarckheide, Jagen 38, ist eine Zweibeinige Kiefer umzäunt; ebenso sind im Revier Königsbruch im Kreise Tuchei, Schutzbezirk Grünthal, Jagen 136b, 22 73 zwei urwüchsige Exemplare der Eibe, Taxus baccata L., und im Revier Osche, Kr. Schwetz, Schutzbezirk Sobbin, Jagen 209, wo ehedem ein größerer Eibeuhorst vorhanden war, vod dem noch zahlreiche im Boden steckende Stubben herrühren, die letzte kleine Eibe, jetzt die einzige lebende dort, eingefriedigt. Des weiteren sind in der Oberförsterei Hammerstein, Kr. Schlochau, im Schutzbezirk Georgen- hütte, wo in mehre- ren Jagen sich zusam- men über 600 Exem- plare der Eibe befin- den, so daß die Stelle den zweit- größten Ei- benstand- ort in unse- rer ganzen Provinz darstellt, im Jagen 140 b zahl- reiche ein- zelne Säm- linge und kleine Exemplare der Eibe durch Fig. 1. — Elsbeere, Pirus torminalis Elirh. Einziges Exemplar in dem ehemaligen Walde von Czystochleb, Kr. Briesen. Behufs besseren Schutzes mit einem Holzzaun umgeben. Etwa V« 5 der natürl. Größe. Aus dem XXII. Verwaltungsbericht des Westpreußischen Provinzial-Museums. Pfählchen geschützt und außer- dem meh- rere Flä- chen von einigen qm Größe mit dem natür- lichen Eibenauf- schlag mit- tels 1 m hoherHolz- pfähle ein- gezäunt. Ein noch weiter gehender Schutz fin- det sich in der Ober- försterei Drewenz- wald, Kreis Strasburg, Schutzbe- zirk Eich- rode, wo eingesteck- te niedrige das Jagen 25 ganz umzäunt ist, um die vorhandenen etwa 20 Exemplare der Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., vor Beschädigungen zu schützen. — Auch außerhalb der Königlichen Forst sind ähnliche Schutzvorrichtungen getroffen; auf dem der Königlichen Ansiedelungs-Commission gehörigen An- siedelungsgut Czystochleb, Kreis Briesen, ist eine beim Abholzen des Bestandes stehen gelassene Elsbeere durch einen Holzzaun eingefriedigt (Fig. 1). Ferner hatte die Eisenbahnverwaltung die auf dem Planum des Bahnhofs Sedlinen, Kr. Marienwerder, früher stehende Kleinblätterige Linde, Tilia parvifolia Ehrh., von einem eisernen und einem hölzernen Zaune umgeben 23 74 lassen. Bei einem Stammumfang von 7,5 m in 1,5 m Höhe war diese Linde die stärkste in der ganzen Provinz Westpreußen; leider wurde sie 1901 durch einen Sturm umgebrochen. Auch die in der Stadtforst Dt. Krone im Bürgerforst Klotzow befindliche alte starke Eiche, Quercus pedunculata Ehrh., die mit 7,43 m Stammumfang in 1 m Höhe die zweitgrößte in der Provinz ist, wird durch eine sie umgebende Hecke geschützt. — Eine von den bisherigen ab- weichende, aber in manchen Fällen sehr geeignete Schutzmaßregel findet sich in der Gutsforst Nielub, Kr. Briesen, angewendet. Dort ist in zahlreichen Exemplaren die Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., vorhanden, und zu ihrer Kennzeichnung und ihrem Schutz sind um den Stamm im Boden je vier Steine in den vier Ecken eines Quadrats gesetzt. Was die Maßnahmen im Verwaltungswege betrifft, so sind hier die Polizei Verordnungen zum Schutze der Stranddistel oder Seemannstreu, Eryngium maritimum L., zu erwähnen, die zunächst seitens des Herrn Amts- vorstehers von Zoppot für das Zoppoter Gebiet und dann seitens des Herrn Regierungs-Präsidenten in Danzig für den Strand des ganzen Regierungsbezirks erlassen sind. Diese Verordnungen, nach welchen das Abpflücken, Ausreißen und Feilhalten der Stranddistel bei Strafe verboten ist, haben sehr gut gewirkt. In Zoppot z. B., wo insbesondere infolge der unsinnigen Sammelwut der Badegäste die Pflanze anscheinend vollkommen ausgerottet war, haben sich wieder neue Exemplare davon eingefunden, und es steht zu hoffen, daß die schöne und für das Strandbild charakteristische Pflanze auf diese Weise dauernd unserer Flora erhalten bleibt. Weiterhin sind seitens der Forstverwaltung Verordnungen zum Schutze der ursprünglichen Pflanzenwelt getroffen. So ist neuerdings die Eintragung seltener und bemerkenswerter Pflanzen in die Forstrevierkarten verfügt worden, damit die Forstschutzbeamten auch genau wissen, was in ihrem Amtsbereich zu schützen und zu erhalten ist; die einzelnen Vorkommnisse sind dabei auf dem Rande der Karten angegeben. Ferner ist an verschiedenen Stellen zwecks Erhaltung seltener Pflanzenarten oder bemerkenswerter Bestände der Ausschluß des Kahlhiebs angeordnet und eine plänterartige Bewirtschaftung eingeführt worden, so z. B. zum Schutz der reichen Eibenbestände im Ziesbusch, Kr. Schwetz, Oberförsterei Lindenbusch, Schutzbezirk Lindenbusch, Jagen 61a, und in der Oberförsterei Hammerstein (Kr. Schlochau), Schutzbezirk Georgen- hütte, Jagen 139b, 140b und 141a. In ähnlicher Weise ist in der Oberförsterei Wilhelmsberg (Kr. Strasburg), Schutzbezirk Goral, Jagen 145 d, zum Schutze der Kleinblätterigen Mistel, Viscum album L. laxum Boiss. vorgesehen, daß ein Horst anderer Kiefern rings um den die Mistel tragenden Kiefernstamm stehen bleibt. Endlich ist zum Schutz bemerkenswerter Pflanzenstandorte im Privatbesitz von einzelnen Behörden das betreffende Gelände übernommen bezw. er- worben. So hat der Kreis Strasburg Wpr. eine Landfläche in Karbowo, Kr. Stras- burg, zwecks dauernder Erhaltung einer dort befindlichen bemerkenswerten Beut- 24 75 kiefer in seinen Besitz genommen, waltung neuerdings ein Stück Moor angekauft, um die dauernde Erhal- tung eines eigenartigen Y orkommens derZ werg- birke, Betula nana L., sicher zu stellen. Diese niedrige , strauchige Birke (Fig. 2) mit kleinen annähernd m kreisrunden, fast leder- artigen Blättern, die meist sogar etwas brei- ter als lang sind, war zur Eiszeit auch bei uns weit verbreitet, wie aus fossilen Funden hervor- geht, während sie gegen- wärtig hauptsächlich den hohen Norden be- wohnt. In Deutschland war sie lebend bisher nur an einigen eng be- grenzten Standorten im Gebirge beobachtet, im ganzen norddeutschen Flachland bis vor kur- zem unbekannt. Aller- dings war die Zwerg- birke 1837 durch von Nowicki bei Gzin (jetzt Kisin) im Kulmer Lande gesammeltworden, aber in neuerer Zeit war das Vorkommen dort nicht wieder beobachtet, und auch keiner der die Gegend besuchenden Fig- 2* Botaniker hatte die Pflanze dort wieder- A-d-XXII*Verw.-Berichtd. Wpr.Prov.-Museums Ferner hat die Königlich Preußische Forstver- gefunden, obwohl der Vortragende seit mehr als zwei J ahrzehnten alle in Betracht kommen- den Persönlichkeiten zu Nachforschungen dar- aufhin angeregt hat. Endlich sind die fort- gesetzten Bemühungen des Vortragenden, der auch die Forstleute des Bezirks für den Gegen- stand zu interessieren wußte, von Erfolg ge- krönt worden ; im vori- gen Jahre gelang es, das Vorkommen der Zwergbirke auf einem zum Teil zur König- lichen Forst, Ober- försterei Drewenzwald, Schutzbezirk Neulinum, Distrikt 106b, zum Teil zur Gemarkung Dame- rau gehörigen klei- nen Hochmoor festzu- stellen. *) Da das Hoch- moor nur teilweise in fiskalischem, teilweise aber im Privatbesitz war und zur Torfgewinnung genützt wurde, lag die Befürchtung nahe, daß gelegentlich einmal nicht nur der im Privat- besitz befindliche Teil des Zwergbirkenbestan- des vernichtet, sondern daß unter Umständen durch Entwässerung des N atürwissenschaftliche Zweig der Zwergbirke, Betula nana L. von Neulinum-Damerau. Natürliche Größe. x) Vergl. Conwentz, Betula nana lebend in Westprenssen Wochenschrift. N. F. Band I, Seite 9 ff. Berlin 1901. 25 76 privaten Mooranteils auch die Bodenfrische des fiskalischen Moores erheblich herabgesetzt und damit auch das Gedeihen des dortigen Zwergbirkenbestandes beeinträchtigt bezw. ganz in Frage gestellt werden könne. Um dieser Gefahr von vornherein endgiltig vorzubeugen und jede Entwässerung von dem Moore fernzuhääten, hat der Forstfiskus den im Privatbesitz befindlichen Mooranteil angekauft, nachdem der Vortragende in diesem Sinne bei dem Chef der Preußischen Forstverwaltung Herrn Oberlandforstmeister Wesener auch münd- lich vorstellig geworden war. Dieser Vorgang ist auch insofern bemerkens- wert, als der preußische Fiskus hier Grund und Boden erworben hat, nicht um ihn zu nützen, sondern im Gegenteil um aus rein idealen Zwecken jede Nutzung von demselben fernzuhalten. — Neuerdings sind nun auch in anderen Provinzen ähnliche Schritte in Vorbereitung, und es steht zu hoffen, daß diese Maßnahmen zum Schutz der ursprünglichen Natur erfolgreich sein werden. Im Anschluß an diesen Vortrag weist Herr Professor Dr. BAIL-Danzig auf die Wichtigkeit und die vorbildliche Bedeutung der von den preußischen Verwaltungsbehörden getroffenen Maßnahmen hin und beantragt, auch seitens des Vereins dem Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, sowie dem Herrn Regierungs-Präsidenten in Danzig für den wirksamen Schutz der ursprünglichen Pflanzenwelt schriftlichen Dank auszusprechen. Die von ihm verlesenen Entwürfe zu den beiden Adressen, welche von der Versamm- lung genehmigt werden, haben folgenden Wortlaut: An den Königlichen Staatsminister, Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Herrn von Podbielski, Exzellenz. Berlin W. Könitz, den 29. September 1902. Euerer Exzellenz beehrt sich der Unterzeichnete Verein für den wirksamen Schutz eines in seiner Art einzigen Pflanzenbestandes seinen wärmsten Dank auszusprechen. Mit dem Fortschreiten der Kultur wird unsere einheimische Flora und Fauna mehr und mehr dezimiert. Diese Tatsache wird ganz besonders von den naturwissenschaftlichen Vereinen beklagt, welche nicht nur die Erforschung sondern auch die Erhaltung der ursprünglichen Natur zu ihrer Aufgabe gemacht haben, damit unserem Volke auch Freude und Genuß an derselben dauernd ermöglicht wird. Bei dem kürzlich in Neulinum — Damerau aufgefundenen Hochmoor mit Betula nana hätte leicht der Fall eintreten können, daß dieser noch lebende Überrest der Eiszeit aus unserem Vaterlande verschwunden wäre, bevor er noch von der Wissenschaft entdeckt war. Euer Exzellenz haben 26 77 durch Ankauf des diese Pflanze beherbergenden privaten Hochmoor-An- teils deren Erhaltung gesichert. Die zur 25. Jahresversammlung hier vereinigten Mitglieder und Freunde des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins fühlen sich daher gedrungen, Euerer Exzellenz für diese Tat ihren lebhaftesten und ergebensten Dank auszusprechen und glauben, daß dieses Vorgehen in den weitesten Kreisen Anerkennung finden und vorbildlich wirken wird. (Unterschriften) An den Königlichen Regierungs-Präsidenten Herrn von Holwede, Hochwohlgeboren Danzig. Könitz, den 29. September 1902. Euerer Hochwohlgeboren fühlt sich der Unterzeichnete Verein für die von Ihnen angeordneten Maßnahmen zur Erhaltung einer hervor- ragenden Pflanzenart zu besonderem Dank verpflichtet. Zu den interessantesten Pflanzen unseres Strandes gehört die blaugraue Seemannstreu, im Volksmunde Stranddistel genannt. Das stattliche Gewächs ist seiner eleganten Formen und der langen Dauer seiner abgeschnittenen, vielfach dekorativ verwendeten Exemplare halber allgemein beliebt. Daher wurde der Pflanze der- artig nachgestellt, daß ihre baldige Ausrottung zu befürchten stand. Die zur Zeit hier versammelten Mitglieder und Freunde des West- preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins, dem naturgemäß in erster Linie auch die Sorge für das ungeschädigte Fortbestehen unserer Flora und Fauna obliegt, empfinden es daher als eine ange- nehme Pflicht, Euerer Hochwohlgeboren für die Polizeiverordnung zum Schutz der Stranddistel im Regierungsbezirk Danzig den wärmsten Dank abzustatten. (Unterschriften.) Darauf spricht Herr Oberförster HERRMANN-Wirthy über die Kernbildung bei der Rotbuche. Der Holzkörper unserer Waldbäume behält entweder seine lebenden Eie- mente in größerer oder geringerer Vollständigkeit bis an das Mark heran bei, oder es sterben nach einer gewissen Lebensdauer die zentralen, um das Mark gelagerten Holzelemente ab, werden aus dem System der Leitungsbahnen aus- geschaltet und dienen nur noch der Befestigung. In vielen Fällen erscheinen derartige Holzpartien von anderer Färbung als der äußere, noch lebenstätige Ring, der sog. Splint, einer Färbung, die durch Imprägnation der Zell- membran durch Gerbstoffe oder Derivate derselben, wie Holzfarbstoffe, und durch Verschluß der Zelllumina durch Thyllen und Gummi- oder Bassorin- 27 78 artige Substanzen, die man unter dem Namen Kerngummi zusammengefaßt hat, hervorgerufen wird. Dieser tote und farbige Holz teil wird mit Kernbezeichnet, die einen Kern ausbildenden Hölzer nennt man Kernhölzer im Gegensätze zu den kernlosen Splinthölzern. Das Kernholz zeichnet sich vor dem Splintholz durch größere Druckfestigkeit, höheres spezifisches Gewicht und Un- durchdringbarkeit für Wasser und Luft aus, physikalische Eigenschaften, welche den hohen Gebrauchswert des Kernholzes bedingen. Eiche, Akazie, Lärche, Kiefer mögen als Beispiele für Kernholzbäume, Buche, Birke, Fichte, Tanne für Splintholzbäume genannt werden. Bei einigen Bäumen verändert sich die Farbe des abgestorbenen, zentralen Holzkörpers nicht, es fehlen dann auch in der Regel die schützenden Stoffe. Derartige Bäume werden im Alter leicht hohl, ich erinnere an Weiden, Linden u. a. m. Wenn ein Stamm verletzt wird, erfahren die unter der Wunde gelegenen Holzelemente alsbald eine chemische und physikalische Veränderung: die Ge- fäße schließen sich durch Thyllen, die Rohnährstoffe werden mit Hilfe des plasmatischen Inhalts der Zellen in eine Gummi- oder Bassorin-artige Masse umgewandelt. Auch die Stärke verwandelt sich direkt oder indirekt in einen derartigen Stoff, der in Form von Körnchen, Kugeln, die Zellwände tapeten- förmig auskleidenden Bändern, an der Zellwand haftenden in das Lumen hin- einragenden Tropfen, oder vollständigen Pfropfen die Zellen erfüllt und ver- stopft. Da diese Füllmassen für Wasser und Luft undurchdringbar sind, er- schweren sie das Eindringen von Fäulnis von den Wunden aus in den Holz- körper, Frank bezeichnete daher diese Füllmassen mit Wundgummi. Temme hat nachgewiesen, daß Wund- und Kerngummi identisch sind; die normale Kernholzbildung und die Schutzholzbildung verfolgen also denselben Zweck, die chemischen und physikalischen Veränderungen, die der Holzkörper dabei erfährt, sind in beiden Fällen die gleichen. Um die Haltbarkeit des S'plintholzes von Kernholzbäumen oder von Splinthölzern überhaupt zu erhöhen und sie zu Verwendungen, bei denen sie leicht der Fäulnis ausgesetzt sind, geeignet zu machen, werden die Hölzer mit fäulniswidrigen Stoffen, wie Chlorzink, Wasserglas, Kupfervitriol, Teeröl, imprägniert. Das Imprägnationsmittel durchsetzt die Zellwände und verstopft die Zelllumina dann ähnlich, wie die Verkernungsubstanzen. Wie wir eingangs meines Vortrags sahen, gehört die Rotbuche zu den Splintholzbäumen. Soll Buchenholz z. B. zu Eisenbahnschwellen verwendet werden, so muß es imprägniert werden. Nun verwenden die Bahnver- waltungen alljährlich viele Tausende von cbm Buchenholz zu gedachtem Zwecke, da Eichenholz und Kiefernholz nicht überall in genügender Menge vorhanden ist. Natürlich kann hierzu nur gesundes Buchenholz ver- wendet werden. Es finden sich aber vielerorts neben den normalen Buchen auch solche, die einen sog. falschen Kern besitzen, d. h. einen nicht mit der Jahresringgrenze abschließenden und nur gelegentlich, also nicht regelmäßig, auftretenden Kern. 28 79 Dieser falsche Kern läßt sich, wie nach den Erfahrungen und den Unter- suchungen Straszburger’s feststeht, nicht imprägnieren. Da außerdem Hartig diese falsche Kernbildung als beginnende Zersetzung bezeichnet hatte, nahm die Eisenbahnverwaltung Anstand, rotkerniges Buchenholz zu Schwellen zu verwenden. Bei meinen im Eberswalder Botanischen Institut gemachten Untersuchungen alter imprägnierter, aber verfaulter Eisenbahnschwellen hatte ich nun gefunden, daß gerade das rote Buchenkernholz sich gut gehalten hatte, obgleich nicht eine Spur von dem Imprägnationsmittel mikrochemisch darin nachgewiesen werden konnte, während das angrenzende, mit Chlorzink imprägnierte Splint- holz total verfault war. Dieser dem Ministerium in meinem Berichte mitgeteilte Befund veranlaßte nun, daß ich mit der Untersuchung der Kernbildung bei der Rotbuche be- traut wurde. Zwei Fragen waren zu beantworten: 1) Was veranlaßt die Kernbildung? 2) Worin besteht sie? Zur Lösung der ersten Aufgabe ließ ich eine Reihe von Buchen fällen und von der Wurzel bis zur Krone aufspalten. Das Resultat war folgendes: Alle Stämme, auch die anscheinend ganz gesunden mit festem Kernholze, zeigten bei genauer Besichtigung eine Stelle, von welcher aus die Verkernung ihren Anfang nahm. Diese Ausgangspunkte konnten in den verschiedensten Stammeshöhen, vom Wurzelanlaufe bis zur Krone, beobachtet werden; bald waren es überwallte Verletzungen und kleinereFaulstellenimlnnern des Stammes, um welche herum sich das Holz gebräunt und verkernt hatte, bald weit gehende Zersetzungen, die von ausgefaulten Aststummeln oder Wasserlöchern in Zwieseln und Astgabeln ausgingen und sich bis in die inneren, nicht mehr lebenstätigen Stammteile erstreckten, und gegen welche der Baum sich durch ein festes, braunes Kernholz abzuschließen versuchte. Die Verkernung erstreckte sich von der Infektionsstelle stammauf- und -abwärts, sehr häufig durch die ganze Schaftlänge. — Bei der Betrachtung der Stammquerschnitte fand ich, daß der Kern sicji nicht an eine Jahresringgrenze anschloß - — oder wenigstens nur in seltenen Ausnahmefällen — , vielmehr ganz unregelmäßig begrenzt war, und oft strahlenförmig Ausläufer in die Splintteile entsandte. Der Kern war ferner in der Regel von dem normal gefärbten Splint durch eine breite Zone rötlich verfärbten Holzes getrennt, und es konnten drei T}^pen der Kernbildung unterschieden werden: 1) Kern gleichmäßig gefärbt, 2) Kern mit rotbraunem Centrum und braunem unregelmäßigem Ringe, 3) Kern gezont. Von diesem festen, rotbraunen Kern unterschied sich deutlich der von Aststummeln und Wasserlöchern ausgehende, hellere, streifig gezonte, poröse Faulkern. Dieser Faulkern war immer von einem mehr oder minder breiten, rotbraunen, festen Holzringe umgeben, der sich dann weiterhin zu dem im Querschnitt kreisförmigen Buchenkern schloß. 80 Die mikroskopische Untersuchung ergab folgendes Resultat: In der Nähe von Faulästen, Wasser löchern und sonstigen Wundstellen, welche den Eintritt von Pilzen gestatten und durch die Feuchtigkeit ihr Gedeihen befördern, erfolgt alsbald eine mehr oder weniger weitgehende Zersetzung des Holzes, welche sich in einem schon äußerlich deutlich erkennbaren „Faulkern“ doku- mentiert. Das Holz desselben ist — soweit es nicht bereits vollständig zerstört und zu einem mehr oder minder dunkel gefärbten Mulm zerfallen ist — meistens hellgelblichbraun gefärbt, oft dunkel gestreift. Das mikroskopische Bild zeigt Zellen mit wasserklaren oder nui' wenig gefärbten Wänden ohne oder nur mit wenig Inhalt, dagegen durchzogen von zarten oder derberen Mycelfäden, welche in den Gefäßen und breiten Markstrahlen vielfach knäuel- förmig angehäuft sind. Etwas weiter vom Infektionsherde ab erscheint der Faulkern oft dunkeier gefärbt oder in dunkeier umränderte Zonen geteilt. Die Zellwände sind hier gelbbraun gefärbt, und in den Markstrahl- und Parenchym- zellen — besonders der dunkelen Zonenwände — findet sich körniger, kugeliger oder tropfiger Inhalt von gelber bis tiefbrauner Farbe. Ein oder das andere Gefäß ist streckenweise durch Thyllen geschlossen. In den dunkelen, den ganzen Faulkern gegen das nach außen liegende, noch normal gefärbte Holz abgrenzenden Grenzlinien, die mit der Entfernung von der Invasionsstelle der Pilze sich verbreitern und schließlich einen mehr oder minder breiten kompakten Zylinder von oft recht hartem Holze bilden, welcher den Faulkern um- und von dem hellen Splintholz abschließt, nimmt der Inhalt in der Zelle in dem gleichen Maße zu, wie die Mycelfäden abnehmen. Oft ist das Mycel in den Randpartien des Faulkerns selbst nach Färbung der Schnitte mit Haema- toxylin garnicht mehr nachzuweisen. Die Markstrahl- und Parenchymzellen sind von Füllmassen, welche nach den angestellten Reaktionen "zweifellos mit dem Wundgummi Frank’s identisch sind, oft ganz angefüllt. Diese Wund- gummimassen kommen in den mannigfachsten Farbenabstufungen vom leuchtenden Goldgelb bis zum tiefen Sepiabraun vor und fmden sich auch neben und zwischen den Thyllen in den Gefäßen, dieselben pfropfenartig verschließend. Sind die Grenzschichten schmal und wuchert das Mycel sehr üppig, so vermag es auch die Thyllenhäute zu durchbrechen und die benachbarten Holzschichten zu zersetzen, bis neue und breitere durch Wundgummimassen und Thyllen verschlossene Zonen ihm erfolgreicheren Widerstand entgegensetzen. Diese dunkelen, festen, den Faulkern einschließenden Holzringe mit ihren durch Wundgummi uud Thyllen, welche die für die Entwickelung des Pilzes notwendige Wasserzufuhr erschweren oder gar verhindern, geschlossenen Zellen möchte ich daher als eine Schutzbildung des Baumes gegen das Ein- dringen der Holz-zerstör enden Pilze ansehen. Das Holz des weiter von den Faulkernpartien entfernt gelegenen ge- schlossenen Kerns ergab im allgemeinen dieselbe chemische Veränderung wie das Holz in diesen Randpartien des Faulkerns. Je weiter von der Infektions- stelle entferntes Holz untersucht wurde, um so mehr nahm das Mycel ab, und 30 81 im gleichen Maße nahmen die Verschlußmassen zu. Schließlich konnte das Mycel nur noch nach Auflösung der Wundgummimassen und Färbung der Schnitte in Haematoxylin nachgewiesen werden. Das Holz machte den Ein- druck des normalen Kernes und unterschied sich von diesem nur durch ver- einzeltes Auftreten von Mycelfäden in den Gefäßen, wo sie aber kein Gedeihen mehr finden können, da die Thyllen und Wundgummimassen ihnen Feuchtigkeit und Luft, die Lebensbedingungen, rauben. — Neben den Wundgummimassen konnte ich auch Konglomerate von Calciumoxalat nachweisen. Bezüglich der Entstehung der Wundgummimassen gelang es mir, die An- gaben Temme’s, wonach das Wundgummi zum Teil durch direkte Umwandlung von Stärke in den sekretführenden Zellen entsteht, zu bestätigen. Ich fand in einzelnen Markstrahlzellen alle Abstufungen von den noch unversehrten Stärkekörnern bis zu dem vollständig umgebildeten Wundgummi, was besonders deutlich durch Jodreaktion gezeigt werden konnte. Daß die Zellmembran bei der Sekretbildung unbeteiligt ist, geht daraus hervor, daß der Wandbelag stets gegen die Zellwand scharf abgegrenzt ist, und daß, bei Ausfüllung der Tüpfel, die Mittellamelle stets intakt bleibt. Neben der chemischen Veränderung der Holzelemente erfahren dieselben auch eine physikalische Veränderung, indem das Kernholz eine größere Druck- festigkeit und ein höheres spezifisches Gewicht als normales Buchenholz hat und ferner undurchdringbar für Luft und Wasser ist, Eigenschaften, die es so recht als Schutzholz kennzeichnen. Darnach können die oben gestellten- Fragen nunmehr wie folgt beant- wortet werden: Der sog. falsche Kern der Rotbuche wird durch Verletzungen veranlaßt und ist als eine Schutzholzbildung des Baumes im Kampfe gegen die von diesen Wunden hereindringenden holzzerstörenden Pilze aufzufassen. Die Verkernung besteht in einer Anfüllung der Parenchym- und Mark- strahlzellen und zum Teil auch der Libriformfasern mit einer dem Wundgummi Frank’s identischen Masse und in der Verstopfung der Gefäße durch Thyllen allein oder zusammen mit Wundgummipfropfen. Mitunter finden sich in den Gefäßen auch Kristallmassen von oxalsaurem Kalk. — Das Wundgummi wird innerhalb der sekretführenden Zellen ohne Beteiligung der Zellmembran gebildet und entsteht zum Teil durch direkte Umwandlung der Stärke in einen gummi- artigen Körper, zum Teil aus in gelöstem Zustande den sekretbildenden Zellen zugeführten Rohnährstoffen unter Beteiligung des lebenden Plasmas der Zelle. 31 6 Nach diesen einen speziellen Einblick in das Leben unserer Waldbäume gewährenden Mitteilungen spricht Herr Oberlehrer Dr. LAKOWiTZ-Danzig eingehend über: Die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts an den höheren Lehranstalten. Meine verehrten Damen und Herren! Der Sinn für die Natur, für das Walten der Naturkräfte außer- halb des Rahmens direkter praktischer Verwertung, für die Beziehungen der Organismen zu einander und zum Menschen, geht bei der heranwachsenden Jugend in unverkennbarer Weise mehr und mehr verloren. Eine nicht selten zur Schau getragene Nichtachtung der Natur ist das bedrohliche Anzeichen für eine Verrohung der jugendlichen Gemüter. Bisweilen nur hat sich bei den besseren Elementen ein Rest von Liebe zur Natur erhalten. Zugleich empfinden diese, wie wenig, zu wenig ihnen die Schule nach dieser Richtung geboten1). Der Versuch, das Versäumte nachzuholen, scheitert zumeist, denn die im Unterricht einst gewonnenen Grundbegriffe sind längst verloren ge- gangen. Der Grund hierfür liegt in einer unzulänglichen Einrichtung der höheren Schulen. Ich holfe Ihr Interesse zu gewinnen, wenn ich heute über ein Thema spreche, das dem ausübenden Naturforscher und Schulmanne wie auch dem Naturfreunde — und als solche darf ich Sie Alle hier doch anrufen — in nahezu gleicher Weise wichtig und der Erörterung bedürftig erscheint. Ich meine die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts auf unseren höheren Schulen, des Unterrichts, der sich mit den Lebewesen der Erde im weitesten Umfange beschäftigt. Bei oberflächlicher Betrachtung möchte es scheinen, als ob unser Verein, der die Erforschung der Tier- und Pflanzenwelt der Provinz sich zum Ziele gemacht hat, nicht die rechte Stätte wäre für die beabsichtigte Besprechung. Der innere Zusammenhang ist indessen schnell gefunden, wenn wir bedenken, daß Forscher auf diesem Gebiete in genügender Zahl nur zu erwarten sind, wenn die rechte Anregung dazu frühzeitig und gründlich durch die Schule, unterstützt durch das elterliche Haus, gegeben wird. Und das ist leider nicht der Fall. Die Hauptschuld hieran tragen die höheren Lehranstalten. Die gegenwärtige Lage des Unterrichts in den sogenannten beschreibenden Naturwissenschaften ist eine geradezu klägliche, während die Physik und Chemie einer ungleich besseren Stellung sich erfreuen. Es ist bekannt, daß gegenwärtig bei wöchentlich zwei Stunden der Unter- richt in den beschreibenden Naturwissenschaften auf den Realanstalten in der U II, im Gymnasium gar schon nach dem ersten Halbjahr der 0 III seinen !) Reinke, „Biologie und Gymnasium“ in „Monatsschrift für den gesamten Unterricht an höheren Lehranstalten“ 1902. 83 endgiltigen Abschluß erreicht, auf den höheren Töchterschulen gleichfalls mit der 3. Klasse. Von den oberen Klassen ist dieser Unterricht prinzipiell ausgeschlossen. Welche mangelhafte Nachwirkung muß ein derart gestellter Unterricht zeitigen, für dessen richtigen Ausbau gerade erst in den oberen Klassen der geeignete Platz wäre, nachdem durch die inzwischen erfolgte Einführung in Physik und Chemie ein Verständnis für die Lebensvorgänge angebahnt ist. Denken wir doch vergleichsweise, was aus dem lateinischen oder französischen oder Geschichtsunterricht würde, wenn er auf der U II oder 0 III ein für allemal abschlösse. Freilich wollen viele der hier versammelten Herren und namentlich Damen sich frei machen von der Erinnerung an selbst erlebte Unterrichtsstunden ihrer früheren Schülerlaufbahn, wo es im botanischen Unterricht auf das Zählen der Staubgefäße, auf das peinliche Einprägen der mannigfaltigsten Blattformen und überhaupt auf trockene äußere Beschreibung ausschließlich ankam und in der Zoologie etwa heute die vordere, in der nächsten Stunde die hintere Hälfte, sagen wir einmal, der Katze beschrieben wurde. Solchen Unterricht meine ich nicht, sondern den, welchen einst schon Alexander y. Humboldt und nach ihm andere weitschauende Männer zum Mittelpunkt des gesamten Schulunter- richts gemacht und als Grundlage der allgemeinen Bildung betrachtet wissen wollten, den Unterricht, von welchem es in These 3 des in Ihrer Hand be- findlichen Blattes heißt, er habe die Aufgabe, die heranwachsende Jugend zunächst mit den wesentlichsten Formen der organischen Welt bekannt zu machen, dann die Erscheinungen des Lebens in ihrer Mannigfaltigkeit auf Erden zu erörtern, die Beziehungen der Organismen zur unorganischen Natur, zu einander und zum Menschen darzulegen und einen Ueberblick über die wichtigsten Perioden der Erdgeschichte zu geben, und zum Schluß den Menschen als vollendetstes Lebewesen der Erde nach jeder Richtung zum Mittelpunkt der Betrachtung zu machen. Ein verständnisvoller Einblick in dieses weite herrliche Gebiet, das sich durch Selbststudium später schwer er- schließen läßt, wenn nicht gefestigte Grundbegriffe durch einen guten Unter- richt gerade im reiferen Knabenalter gegeben wurden, ist nun den jungen Leuten leider verschlossen, und doch lechzen diese danach, wie eigene Er- fahrung bei Gelegenheit einzelner Vertretungsstunden im Oberkursus des Gymna- siums gelehrt hat, und wie die Erinnerung an selbst genossenen Unterricht dieser Art in den höheren Klassen eines Realgymnasiums, an welchem unser ver- ehrter Herr Professor Dr. Bail unterrichtete, nahelegt. Diese Erinnerung an das in den 70er Jahren- auf der Schule selbst Er- lebte zeigt, daß es nicht immer so traurig bestellt war mit diesem anregenden, didaktisch hoch stehenden biologischen Unterricht. In den 60 er und 70 er Jahren war die Biologie ein integrierender Teil des Unterrichtes der Realschulen und Realgymnasien und gelangte zu hoher Blüte. Viele junge Leute wandten sich dem Studium der Biologie auf der 33 6* 84 Hochschule zu; die damals neu ausgestalteten botanischen und zoologischen Universitätsinstitute erfreuten sich einer steigenden Frequenz. Zahlreiche Kandidaten für das höhere Lehrfach gingen daraus hervor, durfte man doch hoffen, daß wie die Realanstalten so auch die humanistischen Gymnasien der siegenden Kraft des neuen Bildungselementes der Biologie nicht länger wider- stehen und den gesamten naturkundlichen Unterricht, nicht blos Physik und Chemie, in den Lehrplau auch der obersten Klassen aufnehmen würden, wozu neue Lehrkräfte in Menge erforderlich gewesen wären. Da brachte das Jahr 1879 einen unerwarteten Rückschlag, der auch heute noch nicht überwunden ist. Durch Erlaß des Kultusministers Falk wurde die Beseitigung des biologischen Unterrichts aus den oberen Klassen der höheren Lehranstalten ausgesprochen, nachdem kurz zuvor aus besonderem Anlaß allen Lehrern in Preußen verboten war, die DARWiN’sche Descendenzlehre in der Schule vorzutragen. Also die damals Propaganda machenden Ideen Darwin’s vom Kampf ums Dasein, der natürlichen Zuchtwahl und der Vererbung er- worbener Eigenschaften trugen die Schuld an jenem Rückschläge, zwar nur indirekt, aber immerhin merkwürdig genug. Es kam so: Das, was der große Forscher als Hypothese aufgestellt hatte, wurde von fanatischen Anhängern kritiklos zur positiven Tatsache gestempelt, nach ihnen war die lange ge- suchte Erklärung alles Lebenden auf Erden aus rein mechanisch wirkenden Prinzipien nunmehr endgiltig gefunden. Daraus entwickelten sich die Lehren eines radikalen Materialismus, der die Grundlage zu einer neuen herrschenden Weltanschauung bilden sollte. Materialismus und der sich daraus entwickelnde Atheismus setzten die Gemüter in Bewegung. Nicht Darwin’s Lehre selbst, sondern jene durch sensationseifrige Literaten vollzogene Verquickung athe- istischer und materialistischer Anschauungen mit der Theorie Darwin’s hatte jenes Unheil angerichtet. Populäre Schriften Unberufener sorgten für die Verbreitung solcher Irrlehren. Unter den Folgen des Unrechten Verständnisses eines Teiles der Mitwelt für die weltbewegenden Ideen jenes bedeutenden Forschers hat während zweier Jahrzehnte die aufwachsende Jugend zu leiden gehabt, in- dem man ihr die Augen verschloß gegen die Wunderwerke der Natur, fürch- tend, es könnte ihr religiöser Sinn Schaden nehmen. Merkwürdig, heute ist solcher Zusammenhang uns schier unverständlich. Darwin’s Lehre widerstreitet nicht den Grundlehren des Christentums, auch nicht einmal der biblischen Schöpfungslehre1), läßt im Gegenteil die Macht einer alles durchdringenden, zielbewußten, göttlichen Weltweisheit glänzend hervortreten (war doch Darwin selbst ein kirchlich gesinnter, frommer Christ) und ist außerdem wahrhaftig eine schlechte Grundlage • für materialistische, mechanistische Glaubenssätze. Alle jene die Gemüter damals in heftiger Erregung haltenden literarischen Kämpfe, die in Broschüren, Zeitschriften und Tagesblättern ausgefochten *) Vergi. Waagen, „Das Scköpfüngsproblem“ in der Zeitschrift „Natur und Offenbarung“, 44. Bd. 34 85 wurden, sind in der Hauptsache beendet. Als ein letztes Aufflackern kann das Erscheinen der „Welträtsel“ Haeckel’s und die Polemik dagegen angesehen werden. In den letzten zwei Dezennien haben sich die Meinungen geklärt, wie immer ist auch hier die Wahrheit als lauterer Kern aus der rauhen Schale der sich bekämpfenden Gegensätze und Irrungen hervorgetreten. Der Materia- lismus wie der Atheismus sind als wissenschaftlich widerlegt zu betrachten; was Wahres und Falsches an Darwin’s Lehre ist, hat man längst erkannt Dringend erforderlich wäre es daher, wenn von fachkundiger Seite den jungen Leuten in der Schule jene weltbewegenden Ideen in ihrer Erhabenheit wie in ihrer Schwäche dargelegt würden, anstatt daß der leseeifrige Teil der Jugend rettungslos, weil ohne feste einschlägige Grundbegriffe, einer längst überjährigen ^naturwissenschaftlichen Hintertreppenliteratur“ zum Opfer falle1 * * *). Der Grund dafür, daß der biologische Unterricht aus den oberen Klassen der höheren Lehranstalten verbannt wurde, ist somit wirklich hinfällig ge- worden. Durch das, was von der DARwm’schen Lehre Brauchbares übrig geblieben, — noch einmal sei es laut gesagt — ist das Christentum in seinen Grundlehren nicht erschüttert und der religiöse Sinn nicht gefährdet. Außerdem bildet doch die DARWiN’sche Lehre nicht etwa den Gesamtinhalt der Biologie, anderseits stützt sich der gefürchtete Materialismus mehr auf physikalische und chemische Tatsachen als auf biologische. Jene Theorie ist nicht identisch mit der biologischen Wissenschaft; man darf also letztere nicht verdammen, weil erstere nicht gefällt. Man hat wieder einmal das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und beginnt erst jetzt endlich auch in den maß- gebenden Kreisen einzusehen, welch5 köstliches Gut man der Schuljugend vor- enthalten hat, die erst später im Leben, empfindet, wie arg sie einst geschädigt wurde, zumeist zu spät, denn durch einfache Lektüre ist dann, wie erwähnt, die vorhandene Lücke in der allgemeinen Bildung eben schlecht auszufüllen. Gestatten Sie mir jetzt kurz darzulegen, eine wie hohe pädagogische Be- deutung dem Unterricht in der Biologie zuzumessen ist. Nicht zu bestreiten ist, daß der Unterricht in den Naturwissenschaften ein Lernen aus, wenn irgend möglich, selbst beobachteten Tatsachen bedeutet. Er lehrt beobachten, l) Wenn Prof. Dahl in einem beachtenswerten Aufsatze (Nat. Wochenschrift N. F. II. Bd., No. 8) über das Thema: „Wie ist der Lehramtskandidat auf der Universität für seinen Beruf in Zoologie vorzubereiten?“ verlangt, daß die Descendenztheorie vorläufig von der Schule fern- gehalten werden möchte, so kann ich ihm im Hinblick auf das soeben von mir Ausgesprochene nicht beipflichten. Einfach zu übergehen ist diese Theorie auf der höheren Schule eben nicht, genau so wenig wie die großen Theorien auf astronomischem und physikalischem Ge- biete. Und wenn D. an anderer Stelle seines Aufsatzes sagt: Soweit aber müssen wir sie (die Schüler) zu bringen suchen, daß sie die zoologische, namentlich die populär gehaltene Literatur verstehen können, so scheint er mir hier etwas still vorauszusetzen, was er dort verwirft. Denn gerade die populär gehaltene einschlägige Literatur webt mit Vorliebe descendenztlieoretische Sätze in ihre Betrachtungen hinein, und da will es mir wichtig er- scheinen, daß der junge Leser auf Grund eines guten Unterrichtes imstande sei, jene Be- trachtungen auch zu verstehen und vielleicht gar kritisch zu mustern. 35 86 vergleichen, Wichtiges vom Unwichtigen scheiden, verlangt gute, geordnete Beschreibung in gewähltem sprachlichen Ausdruck, Wiedergabe des Beobachteten, Zusammenfassung verwandter Einzelfälle unter einen allgemeinen Gesichtspunkt und leitet vom Denken im Anschauen des vorhandenen Objektes zum abstrakten Denken über. Welche gewaltige Kraft steckt hiernach im richtig geleiteten naturgeschichtlichen Unterricht! Der Unterschied zwischen Ursache und Wirkung wird hier so handgreiflich zum Verständnis gebracht und ein sicheres Erfassen gerade dieser beiden im Leben wichtigen Prinzipien durch frühzeitige Uebung erzielt, wie durch keinen anderen Unterricht1). Man lernt selbst beobachten, selbst denken, selbst sprechen, und nicht blos die Beobachtungen, Gedanken und sprachlichen Darstellungen Anderer in anderen Sprachen wiederholen (wie im fremdsprachlichen Unterricht) sagt Mühlberg in einem beachtenswerten Aufsatz über die Möglichkeit der Durchführung des naturhistorischen Unter- richts in den oberen Klassen des Gymnasiums (,, Natur und Schule“). Sind alle diese hier berührten Denkoperationen in ihrer Stufenfolge doch so charakteristisch für den naturwissenschaftlichen Unterrichtsbetrieb, daß sie ge- radezu als naturwissenschaftliche Lehrmethode bezeichnet werden. Längst haben andere Lehrfächer, wie besonders die Sprachen bei Anwendung der sogenannten neuen Lehrmethode, gewaltige Anleihen gemacht bei dieser natur- wissenschaftlichen Methode, ein sicheres Zeichen dafür, daß sie die beste ist. Dazu kommt, daß das Denken im Anschauen des Gegenstandes in der Biologie ein prächtiges Gegengewicht gegenüber dem fast ausschließlich abstrakten Denken in den sprachlichen Lehrfächern darstellt. — Noch einen Punkt möchte ich hervorheben. Es ist bekannt, daß die für die Schule passend gemachten Lehrgebäude der alten Sprachen und der Mathematik etwas Sicheres und Abgeschlossenes haben, während in den Naturwissenschaften, besonders in der Lehre vom Lebenden, noch manches sich im Flusse ewigen Wechsels befindet. Man hat daher gesagt, jenes ist für den Unterricht allein zweckdienlich, letzteres wegen der vielfach hypothetischen Unterlagen wenig geeignet. Wenn dieses Moment wirklich ausschlaggebend sein darf, so hätte man ja auch Physik und Chemie nicht als Lehrfächer in die Schule aufnehmen sollen, können doch deren Grundlagen gewiß nicht der Hypothesen entbehren; und doch denkt niemand daran, diese beiden Unterrichtszweige wieder zu entfernen. Anderseits giebt es denn doch schon genug sichere biologische Grundgesetze, so daß der Boden da fester ist, als der Fernerstehende vermutet. Eine schwerwiegende Hauptsache läßt man aber bei diesen abwägenden Vergleichen gewöhnlich außer acht. Jene künstlich geschaffene innere Festi- gung und Abgeschlossenheit der oben erwähnten Lehrfächer birgt für den Schüler eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Sie schafft nämlich die törichte Vorstellung, daß mit der vom Schüler aufgenommenen festgefügten, lückenlosen Schulweisheit die höchste Weisheit überhaupt auf ihn übergegangen sei. Ein J) Vergl. J. .Reinke, „Biologie und Gymnasium“ in „Monatsschrift für den gesamten Unterricht an höheren Lehranstalten“. 1902. 36 87 gewisser geistiger Hochmut stellt sich da unfehlbar ein. Die unausbleiblichen Nackenschläge bringt dann erst das Leben, das die Folgen einer überreif machenden Lehrmethode beseitigt und ad oculos demonstriert, wie lückenhaft das Wissen des Unbescheidenen ist, und auf wie schwachen Füßen sein Können steht. Kein anderer Lehrgegenstand als gerade die Biologie kann hier das richtige Gegengewicht gegen frühzeitige Blasiertheit schaffen. Es ist gut,, wenn, wie es im biologischen Unterricht geschehen muß, im sprachlichen und mathematischen geschehen sollte, der Schüler über die Unvollkommenheit mensch- lichen Wissens und der Schulgelehrsamkeit nicht im Zweifel gelassen wird. Das ethische Moment im Unterricht, die Erzielung echter Bescheidenheit und Achtung vor dem redlichen Schaffen Anderer, springt als goldene Frucht hervor. Ein wichtiges anderes Moment wird von dem berühmten Berliner Physiologen Geh. Rath Waldeyer zu Gunsten der Biologie angeführt, das ich hier am Schluß dieser Betrachtung nicht unterdrücken möchte. Er führt Folgendes aus: ,,Die rücksichtslose, hastende, treibende Ausbeutung der uns dienstbar gemachten Naturkräfte, die durch Physik und Chemie der Jugend nahe ge- führt werden, hat sich auf die Menschen und Tiere übertragen, und alles zur Arbeit taugliche Lebendige wird in Anspruch genommen wie nie zuvor, wobei ideale Bestrebungen und Auffassungen vielfach zurückgedrängt und ^nebenbei unausrottbare Nervenkrankheiten gezeitigt werden. Führen wir da- her in das Bewußtsein der gebildeten Stände — denn so dringt es am besten weiter zum Volk — einen dritten Faktor unserer allgemeinen Bildung, die Pflege der biologischen Wissenschaften! ,, Diese Pflege wird wieder ein ver- feinerndes, ein veredelndes und schützendes Moment in unsere Erziehung hin- eintragen — ja das Beste, was dem Menschen gegeben werden kann.“ Zusammenfassend darf man also sagen, daß der biologische Unterricht in formaler, logischer und ethischer Hinsicht eine nicht länger zu entbehrende Ergänzung der übrigen wissenschaftlichen Unterrichtsfächer darstellt. Daß er ein wichtiger Bestandteil unserer gegenwärtigen Bildung ist, darüber brauche ich wohl kein Wort zu verlieren. Und wollen unsere höheren Lehranstalten allgemeine Bildungsanstalten sein — und das gilt auch vom Gymnasium, das bei zu einseitiger Hervorkehrung seiner sprachlichen Tendenz auf das niedrigere Niveau einer philologischen Fachschule herabsinken würde — , so müssen Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule die Zurückdrängung des in Rede stehenden, wichtigen modernen Bildungsstoffes nicht länger dulden. Die meisten der vorstehenden Gedanken sind zerstreut in Broschüren, Fach- und Tageszeitungen schon seit lange in Bewegung gewesen, manches heiße Wortgefecht hat darüber in den Kreisen der Gebildeten stattgefunden, besonders als die neuen Lehrpläne von 1892 und 1901 in Sicht waren. Da- bei blieb es aber, der Einzelne kann da auch wenig ausrichten. Jene oben geschilderte Zurückdrängung der Biologie an unseren Schulen, 1879, an denen man sich allgemach daran gewöhnte, diesen Unterrichtsgegen- stand als eine wenig nützliche Zugabe zu betrachten, mußte natürlich auch auf 37 88 die Hochschulen rückwirkende Kraft äußern. Wer von Studierenden, welcher die inzwischen veränderten Verhältnisse kannte, mochte noch nach 1880 (als die Streichung der Biologie aus dem Lehrplan der oberen Klassen erfolgt war) dieses Fach zum Hauptstudium machen, es müßte denn sein, daß er der Hoch- schulkarriere sicher war! Die Folge war eine mehr und mehr eintretende Verödung der betreffenden Universitätsinstitute. Demgemäß begannen biologisch ausgebildete Fachlehrer an den Schulen zu fehlen. Die weitere Folge war, daß Oberlehrer und Kandidaten, die früher nur nebenher oder gar nicht sich mit Biologie beschäftigt hatten, von ihrem Direktor, der Not gehorchend, zu diesem Unterricht gepreßt wurden und noch werden. Was da aus dem biologischen Unterricht werden muß, ist leicht einzusehen. Es ist alles in allem ein nachgerade unerträglicher Tiefstand in Bezug auf diesen edlen Bildungszweig an unseren Schulen zu verzeichnen. In dieser Bedrängnis haben sich herzhafte Männer zusammengetan, um zu kämpfen und nicht eher zu ruhen, als bis Wandel hierin geschaffen ist. Auf der vorjährigen Naturforscherversammlung in Hamburg war es, wo unter der Führung des Direktors des dortigen Naturhistorischen Museums, Professor Dr. Kraepelin, eines bewährten Pädagogen, in einer Sitzung der vereinigten Abteilungen für Zoologie, Botanik, Geologie, Anatomie und Physiologie der Gegenstand ein- gehend erörtert wurde, nachdem Oberlehrer Ahlborn ein sachlich wie formal vor- zügliches, im Vorstehenden auch benutztes Referat vorgetragen hatte. Schul- männer wie Universitätsprofessoren beteiligten sich an der Debatte, und man war einig darin, daß alle Hebel in Bewegung zu setzen seien, um dem gegen- wärtigen, unhaltbaren Zustande des biologischen Unterrichtes ein Ende zu machen. Man einigte sich auf die Ihnen vorliegenden 9 Thesen, von denen für den Fortgang der Angelegenheit These 7 die bedeutungsvollste ist, daß es nämlich dringend nothwendig sei, den biologischen Unterricht an den höheren Lehr- anstalten mit etwa zwei Stunden wöchentlich — durch alle Klassen zu führen* Ich bitte auch Sie, dieser 7. und auch den anderen Thesen zuzustimmen. Es hat sich in Hamburg ein Komitee zur Förderung des biologischen Unterrichts an höheren Schulen gebildet. Ende vorigen Jahres wurden jene Thesen versandt und in kurzem 700 Unterschriften gesammelt. Alsdann er- folgte eine Eingabe an die deutschen Kultusministerien mit der Bitte um Prüfung der Angelegenheit, worauf auch bald von Preußen, Württemberg, Koburg-Gotha, Meiningen, Anhalt, Elsaß-Lothringen und inzwischen auch wohl von anderen Regierungen zustimmende Antworten mit der Aussicht auf weitere Erwägung eingegangen sind. Eine große Anzahl naturwissenschaftlicher Vereinigungen, so in Stuttgart, Zwickau, Braunschweig, Hannover, Bonn, Düsseldorf und anderen Städten, hat bereits den Hamburger Thesen ihre Zustimmung erteilt, noch andere werden folgen. In Berlin hat sich eine Vereinigung von naturwissenschaftlichen Lehrern gebildet, deren Zweck es ist, die zeitgemäße Aus- und Umgestaltung des biologischen Unterrichts gemeinsam zu erkämpfen. Auch das preußische 38 89 Abgeordneten- wie das Herrenhaus haben sich im März bezw. Mai d. J. mit dem Gegenstände beschäftigt, wobei dort die Abgeordneten Wetekamp und Dr. Friedberg, hier der Vertreter der Universität Kiel, Geheimrat Reinke, überzeugende Reden hielten. Der Regierungskommissar Geheimrat Althoff antwortete zustimmend. Auch auf literarischem Wege wird der Gegenstand weiter verfolgt, eine nicht unbeträchtliche Zahl von Referaten und selbständigen Aufsätzen ist in diesem Jahre bereits veröffentlicht, eine neue Zeitschrift „Natur und Schule“, die bei Teubner in Leipzig erscheint, stellt sich in den Dienst der guten Sache; sie will nach Kräften dafür sorgen, daß die von den Fachgenossen mit allgemeiner Zustimmung begrüßte Bewegung nicht ins Stocken gerät. Von den erwähnten Aufsätzen ist der entschieden bedeutungsvollste derjenige von Geheimrat REINKE-Kiel „Gymnasium und Biologie“ in der von zwei Vor- tragenden Räten des preußischen Kultusministeriums herausgegebeneu „Monats- schrift für den gesamten Unterricht an höheren Lehranstalten“, besonders deshalb wichtig, weil er auf direkte Anregung aus dem preußischen Ministerium verfaßt ist. Sichtbare Erfolge sind bereits zu verzeichnen. Herr Professor Dr. Kraepelin schrieb mir vor einigen Tagen, daß er in Hamburg viel zu erreichen hoffe, indem schon jetzt von der dortigen Oberschulbehörde eine baldige Einführung der Biologie in die oberen Klassen von Oberrealschule und Realgymnasium zu erhoffen sei. Außerdem besteht die Absicht, in dem in der Entwicklung begriffenen Mädchengymnasium in Hamburg den biologischen Unterricht mit zwei Stunden wöchentlich bis zum Maturitätsexamen durchzuführen. Das" Herzogliche Staatsministerium in Meiningen hat dem Komitee mitgeteilt, daß es hoffe, den naturwissenschaftlichen Unterricht zunächst am dortigen Lehrer- seminar bis zur II. Klasse einschließlich nach biologischen Gesichtspunkten auszugestalten und in der I. Klasse Vorträge über Gesundheitspflege dauernd einführen zu können. Endlich die Anhaitische Regierung ist am energischsten vorgegangen; sie hat zn Ostern 1902 an die Direktionen der ihr unterstellten vier Gymnasien, zwei Realgymnasien und einen Realschule ein wichtiges An- schreiben erlassen, in welchem es heißt: „Bereits wiederholt ist von sach- kundiger Seite als ein Uebelstand bezeichnet worden, daß in den Lehrplänen der höheren Lehranstalten die Biologie nicht diejenige Beachtung findet, welche dieser Wissenschaft nach ihrer Bedeutung als hervorragendem Erziehungs- mittel des menschlichen Geistes und als Schlüssel für das Verständnis der gesamten Lebewelt — einschließlich des Menschen — zusteht. . . . , wie ernste Schäden für unser gesamtes Volksleben aus dieser Vernachlässigung eines so hervorragenden Bildungsstoffes . . . sich zu entwickeln beginnen“'. Als vorläufiger Notbehelf wird angeordnet, daß in den oberen Klassen, durch bezügliche Belehrungen entweder in Verbindung mit dem physikalischen bezw. chemischen Unterricht oder in einer Anzahl besonderer, von diesem Unter- richt abgezweigter Lehrstunden eine Auswahl der für allgemeine Bildung wichtigsten und bedeutungsvollsten Lehren der Biologie in einer dem Lebens- 39 90 alter und der Bildungsstufe der betreffenden Schüler stets sich anpassenden Art und Weise zur Besprechung gelangt (von Ostern 1902 ab). „. . . Auf die Hin- führung der Schüler zu der Erkenntnis, daß die Lehren der Biologie nicht den Grundlehren des Christentums widerstreiten, vielmehr die Weisheit und Macht des Weltschöpfers noch weit großartiger und vollkommener erscheinen lassen, ist besonderes Gewicht zu legen.“ Es steht zu hoffen, daß diesen so schnell gekommenen Erfolgen weitere sich anschließen werden. Die Frage, wie die geforderten zwei biologischen Wochenstunden in den Stundenplan der oberen Klassen einzufügen sind, kann, weil rein schultechnischer Art, hier nicht erörtert werden (vgl. These 8). Daß sie auch selbst auf dem Gymnasium sich lösen läßt, beweist die Tatsache, daß bereits auf einer ganzen Reihe solcher Anstalten in der Schweiz der naturgeschichtliche Unterricht bis in die obersten Klassen mit meist 2 Stunden wöchentlich seit Jahren besteht, zur Zufriedenheit aller dabei Beteiligten. Wo ein Wollen ist, da ist ge- wöhnlich auch ein Können. Zum Schlüsse bitte ich Sie nochmals, stimmen Sie den Thesen bei, damit diese Zustimmung als weiteres belangreiches Material dem Hamburger Komitee zur Verfügung gestellt werden kann. Thesen über den biologischen Unterricht an höheren Schulen, angenommen auf der 73. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte zu Hamburg am 25. September 1901. 1. Die Biologie ist eine Erfahrungswissenschaft, die zwar bis zur jeweiligen Grenze des sicheren Naturerkennens geht, aber dieselbe nicht über- schreitet. Für metaphysische Spekulationen hat die Biologie als solche keine Verantwortung und die Schule keine Verwendung. m 2. In formaler Hinsicht bildet der naturwissenschaftliche Unterricht eine notwendige Ergänzung der abstrakten Lehrfächer. Im besonderen lehrt die Biologie die sonst so vernachlässigte Kunst des Beobachtens an konkreten, durch den Lebensprozeß ständigem Wechsel unterworfenen Gegenständen und schreitet, wie die Physik und Chemie, induktiv von der Beobachtung der Eigenschaften und Vorgänge zur logischen Begriffsbildung vor. 3. Sachlich hat der naturgeschichtliche Unterricht die Aufgabe, die heran- wachsende Jugend mit den wesentlichsten Formen der organischen Welt bekannt zu machen, die Erscheinungen des Lebens in ihrer Mannigfaltigkeit zu erörtern, die Beziehungen der Organismen zur unorganischen Natur, zu einander und zum Menschen darzulegen und einen Überblick über die wichtigsten Perioden der Erdgeschichte zu geben. Besonderer Berücksichtigung bedarf auf der Grundlage der gewonnenen biologischen Kenntnisse die Lehre von der Einrichtung des menschlichen Körpers und der Funktion seiner 40 91 Organe, einschließlich der wichtigsten Punkte aus der allgemeinen Ge- sundheitslehre. 4. In ethischer Beziehung weckt der biologische Unterricht die Achtung vor den Gebilden der organischen Welt, das Empfinden der Schönheit und Vollkommenheit des Naturganzen und wird so zu einer Quelle reinsten, von den praktischen Interessen des Lebens unberührten Lebensgenusses. Gleich- zeitig führt die Beschäftigung mit den Erscheinungen der lebenden Natur zur Einsicht von der Unvollkommenheit menschlichen Wissens und somit zu innerer Bescheidenheit. 5. Eine solche Kenntnis der organischen Welt muß als notwendiger Bestandteil einer zeitgemäßen allgemeinen Bildung betrachtet werden. Sie kommt nicht etwa nur dem zukünftigen Naturforscher und Arzt zu gute, dem sie den Eintritt in sein Fachstudium erleichtert, sondern sie ist in gleichem Maße für diejenigen Abiturienten der höheren Schulen von Wichtigkeit, denen ihr späterer Beruf keinen direkten Anlaß zum Studium der Natur bietet. 6. Der gegenwärtige naturgeschichtliche Unterricht kann dieses Ziel nicht erreichen, weil er von der Oberstufe ausgeschlossen ist, und weil die Lehre von den Lebensvorgängen und den Beziehungen der Organismen zur um- gebenden Welt erfahrungsgemäß nur von Schülern reiferen Alters verstanden wird, denen die physikalischen und chemischen Grundlehren bereits bekannt sind. 7. Aus diesen Gründen ist es dringend notwendig, daß der biologische Unterricht an den höheren Lehranstalten — mit etwa zwei Stunden wöchentlich — durch alle Klassen geführt werde, wie es früher am Realgymnasium der Fall war. 8. Die erforderliche Zeit dürfte sich voraussichtlich durch eine geeignete Verteilung der für den mathematisch -naturwissenschaftlichen Unterricht vor- gesehenen Stundenzahl, eventuell durch Abgabe einer sprachlichen Stunde, gewinnen lassen. 9. Der jetzt bestehende Mangel geeigneter Lehrkräfte wird verschwinden, sobald sich den Studierenden die Aussicht eröffnet, die für Oberklasscn erworbene facultas docendi in den beschreibenden Naturwissenschaften in ihrem späteren Lehramte auch wirklich ausnützen zu können. In der an den Vortrag sich anschließenden Diskussion, an welcher die Herren Prof. Dr. Bail- Danzig, Prof. Dr. BoCKWOLDT-Neustadt, Gymnasial- direktor Dr. Genniges- Könitz und der Vortragende sich beteiligten, wurden folgende Abänderungsvorschläge zu den obenstehenden „Hamburger Thesen“ gemacht: In These 7 ist der Passus „ — mit etwa zwei Stunden wöchentlich—“ und ebenso ist die ganze These 8 fortzulassen, da es gegenwärtig nur darauf ankommt, die prinzipielle Bedeutung des biologischen Unterrichts für die oberen Klassen 41 92 der höheren Lehranstalten zum Ausdruck zu bringen, wogegen alle mehr schul- technischen Spezialfragen späteren Vereinbarungen Vorbehalten bleiben dürfen. Mit diesen Abänderungen werden die Thesen dann einstimmig angenommen. Herr Oberlehrer REHBERG-Marienwerder spricht darauf über den Rüsternsplintkäfer, Scolytus destructor Oliv. Vortragender bespricht die Lebensweise und den Entwicklungsgang dieses bei uns nicht seltenen Tieres und erläutert seine Ausführungen durch Vorlage schöner Fraßstücke von Rüsternästen, die er bei einer im Aufträge des Westpreußischen Provinzial-Museums in diesem Sommer ausgeführten Reise nach Böslershöhe bei Graudenz gesammelt hat. Unter normalen Verhältnissen ist der Käfer bei uns kaum ernstlich schädlich, sondern begnügt sich damit, in den trockenen Ästen der Rüstern seine Gänge zu ziehen. Durch die große und anhaltende Dürre dieses Frühjahrs ist seine Entwicklung aber so begünstigt worden, daß er z. B. bei Böslershöhe einen großen Teil des dortigen schönen alten Rüstern- bestandes zum Absterben gebracht hat. An den vorgelegten Rüsternästen ist deutlich die große Anzahl und der eigenartige Verlauf der von den Tieren zwischen Rinde und Holz angelegten Gänge und Kammern nebst ihren die Rinde durchsetzenden Ausgängen sichtbar. Außerdem legt der Vortragende eine Anzahl seltener, von unserem Mit- glied, Herrn Oberlandesgerichtssekretär ScHOLZ-Marienwerder, im südlichen Teil der Provinz gesammelter Pflanzen vor, die dem Provinzial-Herbarium überwiesen werden. Sodann macht Herr Dr. SELIGO-Danzig ausführliche Mitteilungen Uber den Weitsee und andere Seen Westpreussens. Die Provinz Westpreußen ist sehr gewässerreich, denn, wie sich aus dem kürzlich erschienenen, vom Westpreußischen Fischerei-Verein in Danzig heraus- gegebenen Werk des Vortragenden ergibt1), enthält dieselbe außer dem zuge- hörigen Teil der Ostsee bezw. der Danziger Bucht, dem Frisehen Haff und den zahlreichen fließenden Gewässern nicht weniger als 2060 Seen, die einen Flächenraum von 62 092 ha oder 2,4 % der 2 552 414 ha betragenden Gesamt- fläche der Provinz einnehmen. Die Seen haben daher bei uns auch eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung. — Unter den Kreisen Westpreußens steht der Konitzer Kreis, was den Seenreichtum anbetrifft, absolut genommen, obenan, indem seine 149 Seen einen Flächenraum von 6791 ha bedecken, während die 194 Seen des Karthäuser Kreises nur 6666 ha, die 218 Seen des Schlochauer Kreises nur 5776 ha, die 67 Seen des Rosenberger Kreises nur 5461 ha, die 200 Seen des Dt. Kroner Kreises nur 5168 ha und die 193 Seen des Berenter Kreises nur 5030 ha einnehmen. Mit Rücksicht auf das Verhältnis der Seenfläche zur Gesamtfläche des Kreises steht der Konitzer Kreis allerdings erst an zweiter Stelle, da die Seenfläche in ihm nur 4,8 % 9 Die Fischgewässer der Provinz Westpreußen. Danzig 1902. 42 93 der Gesamtfläche ausmacht, während im Rosenberger Kreise die Seenfläche, obwohl an und für sich erheblich kleiner, doch infolge des relativ noch kleineren Flächeninhalts des Kreises 5,2 % desselben darstellt. Unter den Seen des Kreises Könitz beansprucht nun der Weitsee, an der Grenze der Kreise Könitz und Berent gelegen und mit etwa 3/7 seiner Fläche zum Konitzer, mit etwa 4/7 zum Berenter Kreise gehörig, in ver- schiedentlicher Hinsicht unser besonderes Interesse. Zunächst ist er mit einem Flächeninhalt von 1444 ha der zweitgrößte unter den westpreußischen Seen, nur der Zarnowitzer See im Kreise Putzig mit 1470 ha ist größer. Sodann hat er eine überaus mannigfaltige Gliederung und Ufergestaltung, in- dem sich an den nordsüdlich gerichteten Hauptsee an seinem Nordende ein westlicher Arm, der Radolni-See, ein nördlicher Arm, der Gelino-See, und ein östlicher Arm, der Golluhn-See, anschließen, so daß der ganze See eine aus- gesprochene Kreuzform besitzt. Außerdem enthält der Hauptsee vier größere und eine kleine Insel und auch der östliche Arm (Golluhn-See) noch eine kleine Insel. Weit in den See hineinreichende Halbinseln machen die Ufer- bildung noch verwickelter. Auch die Bodengestaltung und Tiefe des Sees ist eine sehr verschiedene. Während der Radolni-See bis 9 m Tiefe, der Gelino- See bis 13 m und der Golluhn-See bis 14 m Tiefe erreicht und die Vereinigungs- Stelle der vier Teile des Weitsees, das sogenannte Kreuz, 10 m Tiefe aufweist, ist der südliche Teil, der Hauptsee, in dem westlich der Inselreihe befindlichen Teil bis 33 m und in dem östlichen Teil gar bis 55 m tief und erreicht damit die größte, bisher in einem westpreußischen See gemessene Tiefe. In der ganzen horizontalen Gliederung und vertikalen Bodenbildung des Weitsees spricht sich unverkennbar der Einfluß der Schmelzwasser des diluvialen Inland- eises aus. Der See wird fast in seiner ganzen Länge vom Schwarzwasser durchströmt, das in das Nordwestende, den Radolni-See, einmündet und nahe dem Südende den Weitsee verläßt. Entsprechend seiner Größe, Tiefe und vielgestaltigen Gliederung finden sich in dem Weitsee sehr mannigfaltige Lebensbedingungen, und er birgt in- folgedessen auch eine reiche Tierwelt. Von Fischen finden sich in ihm Kaul- barsch, Barsch, Quappe, Wels, Karausche, Schlei, Gründling, Plötze, Rotauge, Ucklei, Döbel, Hecht, Bressen, Maräne und Forelle, von sonstigen Nutztieren der Krebs. Vielfach erreichen die Tiere eine ansehnliche Größe, bekannt ist der See durch seine besonders großwüchsigen kleinen Maränen, Coregonus albula, und Bachforellen, Trutta fario ; von letzteren sind dort bis zu 24 Pfund schwere Exemplare gefangen worden. Auch die Kleintierwelt des Sees ist reich entwickelt; von interessanten Vorkommnissen mag hervorgehoben werden, daß das für gewöhnlich unsymmetrisch ausgebildete Rädertier Schizocerca diver- sicornis im Weitsee fast ausschließlich in der durch gleichmäßig entwickelte und gleichlange Hinterstacheln ausgezeichneten var . homoceros vorkommt. Ebenso ist die Mikroflora des Sees von Interesse. 43 94 Der Kustos am Westpreußischen Provinzial-Museum Herr Dr. Kumm- Danzig legt sodann eine von dem Schüler Hevelke bei Zoppot gesammelte Bachnelkenwurz, Geum rivale L., mit charakteristischer Durchwachsung der Blüte vor und erläutert im Anschluß daran die verschiedenen Formen der Blütenprolifikationen überhaupt. — Weiterhin legt derselbe die erst ganz kürzlich im Verlage von Gebrüder Borntraeger, Berlin SW., erschienene Nordostdeutsche Schulflora von Ascherson, Graebner und Beyer vor. Dieses Werk stellt einen sorgfältig bearbeiteten, kurzen und handlichen Auszug aus der umfassenden vortrefflichen Flora des Nordostdeutschen Flachlandes von Ascherson und Graebner (Berlin, Gebrüder Borntraeger, 1898 — 99) dar, die auf früheren Versammlungen des Vereins mehrfach besprochen ist und allen Mitgliedern bekannt sein dürfte. Die neue Schulflora unterscheidet sich von dem umfassenderen Hauptwerk, abgesehen von der Kürze, dadurch, daß einerseits auch Ostpreußen mit in den Bereich gezogen ist, das bei der Bearbeitung des Hauptwerks aus mehr praktischen Gründen unberücksichtigt geblieben war, andererseits auch das LiNNE’sche System kurze Berücksichtigung gefunden hat, indem eine kurzgefaßte Bestimmungstabelle der Familien und abweichenden Gattungen nach diesem System vorausgeschickt ist. Im übrigen ist die Bearbeitung der Schulflora durchaus auf dem natürlichen Pflanzen- system, dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft entsprechend, aufgebaut. Abweichend von dem Hauptwerk, wo sie nur stellenweise Verwendung ge- funden hatte, ist in der Schulflora die durch vielfache Erfahrung als zweck- mäßig befundene Tabellenform allgemein durchgeführt, sowohl für die Bestimmung der Familien wie auch der Gattungen und Arten. Bei ihrem handlichen Format eignet sich die Schulflora ganz besonders zum Mitnehmen auf Ex- kursionen und wird, auch infolge des billigen Preises (in Ganzleinwand gebunden 2,50 M.), nicht nur Schülern, sondern allen denen eine willkommene Gabe sein, die sich mit unserer Pflanzenwelt beschäftigen, und denen das Hauptwerk zu umfangreich und zu kostspielig (in Ganzleinwand gebunden 20 M.) war. Diesem weiteren Kreise von Pflanzenfreunden wird das Buch um so willkommener sein, als trotz der Kürze des Textes nirgends für die Bestimmung der Pflanzen unentbehrliche Merkmale weggelassen sind, ebenso auch die wenig verbreiteten einheimischen Arten in kleinerem Druck Aufnahme gefunden haben und auch die wichtigsten Formen der aufgeführten Arten in gedrängter Kürze mitgeteilt sind. Im Anschluß an diese Mitteilungen bemerkt Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig, daß in den Verbreitungsangaben der Schulflora noch vielfach die Provinzen Westpreußen und Ostpreußen nicht auseinandergehalten, sondern unter der Bezeichnung „Preußen“ zusammengefaßt sind, obschon es seit 25 Jahren keine Provinz dieses Namens mehr gibt. Redner spricht den Wunsch aus, daß bei einer hoffentlich bald notwendig werdenden neuen Auf- lage des vortrefflichen Buches dem kleinen Übelstande abgeholfen werde. 44 95 Herr Oberlehrer Professor Dr. Rehdans- Könitz nimmt infolge der vor- gerückten Tageszeit Abstand davon, die von ihm angekündigten Bemerkungen zur Flora von Könitz und Graudenz mitzuteilen. Auch hat der regne- rische Sommer ihn gehindert, all zu viel des Interessanten aus der Konitzer Flora zu sammeln; immerhin hat er eine Ranunculus- Art bei Könitz gefunden, die in den Pflanzenverzeichnissen von Haub, Lucas und Prätorius nicht aufgeführt ist. Er hofft in Zukunft noch mehr zur Erforschung der Konitzer Flora beitragen zu können. — Ferner legt Herr Professor Dr. Rehdans eine Anzahl seltener Pflanzen vor, die Herr Schulrat LETTAU-Schlochau zur Verteilung an Interessenten mitgebracht hat. Es werden sodann die zahlreich eingelaufenen telegraphischen und brief- lichen Begrüßungen verlesen, die von dem regen Interesse, das auch die der Tagung ferngebliebenen Mitglieder dem Verein entgegenbringen, lebhaftes Zeugnis ablegen. Herr Oberlehrer BocK-Bromberg macht im Anschluß an 'sein Begrüßungs- schreiben folgende kleine botanische Mitteilung. Als ich am 8. Juni ds. Js. mit Herrn Oberlehrer Rückert- Bromberg den Standort der Betula nana bei Neulinum besuchte, fand ich an einem Waldwege im Bezirke Schemlau, nördlich vom Forstgarten, Latliyrus hetero - phyllus in etwa sechs Exemplaren. Die Pflanze ist für die Provinz West- preußen neu und meines Wissens bisher rechtsseitig der Weichsel noch nicht beobachtet worden. Sie kommt nach Ascherson und Graebner, Flora des Nordostdeutschen Flachlandes, bisher nur bei Bromberg vor und findet sich dort bei Thiloshöhe, Oberförsterei Rosengrund; doch habe ich sie auch in der Oplawitzer Forst, Oberförsterei Jagdschütz, an mehreren Stellen beobachtet. Während an diesen Standorten eine breitblätterige Form wächst (Länge zu Breite in der Regel wie 4:1), ist die westpreußische Form sehr schmal- blätterig (Länge zu Breite bei den untersten Fiederblättern wie 10:1, bei den mittleren wie 6:1 bis 9 : 1). Wie mir Herr Oberlandesgerichtssekretär Scholz- Marienwerder, dem ich ein Exemplar sandte, mitteilt, hat er die Pflanze nachträglich auch besucht, und meint derselbe, daß sie wegen des dichten Schattens nicht zur Blüte komme. — Leider habe ich kein Vorlage- Exemplar zur Verfügung, sende aber die Karte von Herrn Scholz mit, in der er den Fund bestätigt1). 0 Die bezügliche Stelle in der „Marienwerder, 20. September 1902“ datierten Karte des Herrn Scholz lautet: „In Neulinum habe ich den Lathyrus gefunden. Er wächst haupt- sächlich am Graben im Gehölze! Auf den Weg ist er lediglich durch das Auswerfen der Erde gelangt. Des dichten Schattens wegen kommt er nicht zur Blüte! Ich habe kein einziges Exemplar davon gesehen“. 45 96 Darauf legt Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig Exemplare der durch ihre drüsig-zottige Behaarung klebrigen und durch ihren angenehmen Zitronen- geruch ausgezeichneten Salvia glutinosa L. von der sog. Plantage an der Feste Courbiere bei Graudenz vor, wo die ursprünglich im Alpen- und Karpatengebiet heimische Pflanze verwildert vorkommt, und wo sie Herr Oberlehrer R. Böhm- Graudenz, der auch die vorliegenden Exemplare über- sandte, kürzlich aufgefunden hat. Schließlich macht Herr Professor Dr. Conwentz noch folgende Mitteilungen über bemerkenswerte angepflanzte Bäume in Könitz und Umgegend. Ein schöner alter Eibenbaum, Taxus baccata L., steht in dem früher dem Maurermeister Pilz gehörigen jetzigen Garten des evangelischen Krankenhauses in Könitz, Sein Stamm, der bis zur Höhe von 2 m astfrei ist, hat einen Um- fang von rund 1 m. — Sehr schöne alte Eiben birgt auch der Park des Herrn Dr. Baron von Eckardstein gehörigen Rittergutes Krojanten, ca 6 km nord- östlich von Könitz gelegen. Der eine Baum hat bei einer Gesamthöhe von 9 m einen am Boden 1,9 m im Umfang messenden Stamm, ein zweiter Baum von 8,5 m Höhe hat am Boden einen Stammumfang von 1,5 m, die dritte Eibe ist schwach und im Absterben. Auch drei starke Lebensbäume, Thuja occidentalis L., befinden sich in dem Park. Der eine davon hat bei 12 m Höhe einen 4 m langen Schaft, der 20 cm über dem Erdboden 1,96 m Umfang und in 1 m Höhe noch 1,57 m Umfang aufweist. Der zweitstärkste Lebensbaum dort hat gleichfalls 12 m Höhe und sein 4,5 m langer Schaft hat am Boden 1,64 m und in 1 m Höhe 1,28 m Umfang. — Eine seltene Spielart der Esche, Fraxinus excelsior L., die var. heterophylla ( monophylla ) Vahl., -mit meist ungeteilten, eiförmigen, unregelmäßig eingeschnitten-gesägten, seltener am Grunde gefiederten Blättern findet sich in dem Gutspark von Groß Paglau etwa 5 km ostsüdöstlich von Könitz. Vortragender legt frische Zweige des Baumes vor, die er der Güte des Herrn Ökonomierat BoRRMANN-Groß Paglau verdankt. — Endlich legt Vortragender noch gepreßte beblätterte Zweige eines bemerkenswerten Baumes aus dem Garten des Landratsamts in Flatow vor. Nach kürzlich veröffentlichten Zeitungsnachrichten sollte der Baum ge- wissermaßen einen Bastard von Eiche und Rüster darstellen, und teils Zweige der einen, teils solche der anderen Pflanzenart tragen, ln Wirklichkeit handelt es sich um eine Weißbuche, Carpinus betulus L., auf welche seinerzeit die geschlitztblätterige Spielart derselben Pflanze (1. incisa ) aufgepfropft ist, und die nun infolge teilweisen Rückschlags auf die Stammform bunt durcheinander die ungeteilten, nur doppeltgesägten Blätter der normalen Weißbuche und die tief eingeschnittenen Blätter der Spielart trägt. Weitere wissenschaftliche Mitteilungen liegen nicht vor, und mit dem Aus- druck des Dankes an alle Erschienenen und insbesondere an Herrn Gymnasial- direktor Dr. Genniges, der die Aula für die Sitzung zur Verfügung gestellt 46 97 hat, und an Herrn Professor Dr. Rehdans, der sich der vielen Mühen der Vorbereitung unterzogen und auch die Lehrmittelausstellung veranstaltet hat, schließt der Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz, um 12V2 Uhr mittags die wissenschaftliche Sitzung. Schnell wurden nun die mitgebrachten oder neu erworbenen Pflanzen- schätze verpackt und, nach kurzer leiblicher Stärkung, die freundlichst ge- stellten Wagen bestiegen, und fort ging es nach dem etwa eine Meile entfernten Forsthaus Buschmühl im Konitzer Stadtwald. Die etwas einförmige Chausseestrecke wurde zu Wagen zurückgelegt, aber bald nach dem Eintritt in den Konitzer Stadtwald, dort wo der Weg von der Chaussee abzweigt, stieg man aus, und in fröhlicher Unterhaltung schritten die Teilnehmer, eifrig botanisierend, durch den Kiefernwald ihrem Ziele entgegen. Allzu reich war bei der vorgeschrittenen Jahreszeit die Flora zwar nicht mehr, aber noch leuchteten hie und da die goldgelben Blütentrauben von Solidago Virga aurea L., die blutroten Blütensterne von Dianthus Carthusianorum L., die himmelblauen Glocken von Campanula persicifolia L. und die blauen Köpfchen von Succisa pratensis Mnch., selbst Vaccinium vitis Idaea L. hatte seine rötlich weißen Blüten zum zweiten Male im Jahr zur Entwickelung gebracht. Andere Pflanzen waren fruchtend vertreten, wie — um nur einige zu nennen — - Calarnagrostis epigeios Rth., Lathyrus vernus Bernh., Peucedanum Oreoselinum Mnch., Chimophila umbellata Nutt., Veronica spicata L. und Monotropa hypopitys L., deren braune, blattlose Stengel mehrfach beobachtet wurden. Von Farnen zierte besonders Polypodium vulgare L. den Boden des Kiefernwaldes. In Buschmühl selbst war die rotblütige Impatiens balsamina L. in zahlreichen Exemplaren, aus dem Garten verwildert, überall um das Forsthaus zu finden. Nach kurzer Rast unter einem mächtigen alten Baume ging es auf einem etwas anderen Wege, der mehrfach wunderschöne Ausblicke auf die weite Wasser- fläche des Müskendorfer Sees bot, zu den Wagen und auf diesen nach Könitz zurück. Gegen 6 Uhr fand dann im Hotel Krebs ein gemeinsames Essen statt, an dem außer den Mitgliedern auch zahlreiche Damen und Herren aus Könitz und Umgegend teilnahmen. Durch ernste und launige Reden gewürzt, verlief das Mahl in angeregtester Stimmung, und nur zu schnell war die Stunde ge- kommen, wo die auswärtigen Mitglieder sich von ihren neuen Freunden trennen mußten, um noch die letzten Züge zu erreichen und mit denselben der Heimat zuzueilen. 47 98 Bericht über die Sitzungen des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins im Winterhalbjahr 1902/3. Im Aufträge des Vorstandes ausgeführt von Dr. Paul KüMM-Dauzig. 1. Sitzung am 10. Dezember 1902. Abends 7 Uhr, im Saale der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Der Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz, eröffnet die Sitzung, begrüßt die zahlreich erschienenen Damen und Herren und spricht seine Freude und Befriedigung darüber aus. daß der, gemäß früheren Besprechungen im Vorstande und entsprechend einem Vereinsbeschluß auf der letzten Wander- Versammlung in Könitz, nunmehr durchgeführte Versuch, fortan auch Winter- versammlungen zu veranstalten, so augenscheinlich geglückt ist. Den Anlaß zu diesem Versuch gab der Wunsch, den Zusammenhang unter den Mitgliedern noch mehr zu heben und zu beleben und ihnen noch vielseitigere wissenschaft- liche Anregung zu bieten, als es durch die alljährlich nur einmal stattfindenden Wanderversammlungen bislang möglich war. Die in erfreulicher Fülle ein- gelaufenen Anmeldungen zu Vorträgen, der über Erwarten zahlreiche Besuch der heutigen Versammlung und eine angeregte Stimmung vom ersten Augen- blick der Zusammenkunft beweisen, daß der Vorstand mit seiner Anregung das Richtige getroffen hat, und daß die neue Einrichtung den Mitgliedern willkommen ist, sodaß das Zustandekommen der Sitzungen auch für die Zu- kunft gesichert erscheint. Beabsichtigt ist noch je eine Versammlung im Februar und April 1903, welchen sich dann die Hauptversammlung am Pfingst- dienstag (2. Juni 1903), zugleich die Feier des 25jährigen Bestehens des Vereines, anreihen soll. Im weiteren Verlauf sind dann im Sommer auch noch botanische Excursionen in die Provinz geplant. Sodann teilt der Vorsitzende hocherfreut mit, daß seit der Versammlung in Könitz 29 neue Mitglieder eingetreten sind, darunter der Volksschul- lehrerinnen-Verein Danzig als korporatives Mitglied. Er heißt die neuen Mit- glieder herzlich willkommen und spricht die Hoffnung aus, daß sich noch viele andere ihnen anschließen werden. Denn der Verein kann einen Zuwachs an Arbeitskräften und Mitteln, wie er ihm durch recht zahlreiche neue Mitglieder i I 99 zuteil wird, sehr gut gebrauchen, um seine Zwecke tatkräftig zu fördern. — In Beantwortung verschiedener aus der Mitte der neuen Mitglieder an ihn gerichteter Anfragen macht der Vorsitzende schließlich bekannt, daß ältere Jahrgänge der Vereinsberichte, soweit noch in genügender Anzahl vorhanden, an Interessenten gegen ein mäßiges Entgelt abgegeben werden können. Dies- bezügliche Wünsche bittet er, ihm direkt mitzuteilen. Herr Professor Dr. Bail eröffnet darauf die Reihe der Vorträge und spricht Uber Erweiterung des Unterrichtsstoffes in seiner „Neuen Botanik“ unter Demonstrationen mit Hilfe des Skioptikons, welches er dann noch zur Erläuterung einiger zoologischer und botanischer Mitteilungen verwendet. Der staunenerregende Fortschritt der Naturwissenschaften und die sofortige Einbürgerung ihrer Errungenschaften ins tägliche Leben machen die Erweiterung des naturwissenschaftlichen Schulunterrichts zur unabweislichen Pflicht. Dies gilt in hervorragendem Maße für die in unsern Lehrplänen besonders ungünstig behandelte Naturgeschichte, welche zunächst, und zwar mehr als alle andern Unterrichtsfächer, die Aufgabe hat, die Jugend beobachten zu lehren, und ihr endlich, was natürlich nur in den obersten Klassen mit Hilfe der gewonnenen physikalischen und chemischen Kenntnisse möglich ist, das Verständnis der Lebensvorgänge und der Beziehungen der Organismen zur leblosen Natur zu erschließen. Wie stark der Mangel an naturgeschichtlichen Kenntnissen in weitesten Kreisen auch der Gebildeten empfunden wird, und wie sehr auch das Volkswohl durch seine Abstellung gefördert werden würde, dafür vermag Jeder beredtes Zeugnis abzulegen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in den weitesten Kreisen der Bevölkerung Sinn für die Beobachtung der Natur und Verständnis für ihre Erscheinungen zu erwecken. In dankenswerter Weise ist auf der 73. Versammlung Deutscher Natur- forscher und Ärzte zu Hamburg der Beschluß gefaßt worden, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln auf Beseitigung des gerügten Übelstandes hinzu- wirken, und das reiche Verzeichnis von Lehrern an Universitäten und höheren Schulen wie von Institutsleitern, die sich alle zu den Hamburger Thesen be- kennen, wird sicher auch die deutschen Kultusministerien, an welche die Thesen mit einer Eingabe gesandt worden sind, veranlassen, die Beseitigung jenes Notstandes in ernste Erwägung zu ziehen. Daß übrigens unter ,,dem biologischen Unterrichte an höheren Schulen“ nichts Anderes als naturgeschichtlicher Unterricht zu verstehen ist, welcher den biologischen Verhältnissen so viel als möglich Rechnung trägt, geht aus den erwähnten Thesen selbst wie aus den Verhandlungen des Vereins zur Förderung des Unterrichts in der Mathematik und den Naturwissenschaften in Wiesbaden und Düsseldorf (1902) klar hervor. Bei den zuletzt genannten 2 7* 100 Verhandlungen hat auch der Vortragende den Gegenstand ausführlicher er- örtert (Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, 1902, No.6)1). Da mit der Vermehrung des Lehrstoffes auch die des Inhalts der Schul- bücher Hand in Hand gehen muss, so wird es nicht wundernehmen, wenn der Vortragende heute, wo sich die 10. Auflage seiner neuen Botanik im Druck befindet, ebenso wie bei der Überreichung des 1894 erschienenen Buches von der darin stattfindenden Erweiterung des botanischen Unterrichtsstoffes spricht. Der Verfasser hat mit Rücksicht auf die Anstalten, in denen seine Bücher eingeführt sind, oft mit sehr großer Mühewaltung dafür gesorgt, daß auch bei Behandlung neuer Tatsachen und Gesichtspunkte eine Änderung in den Seiten- zahlen des Registers vermieden wird. An diesem Grundsätze ist auch in den ersten 203 Seiten der 10. Auflage festgehalten worden. Der Vortragende hat von jeher die Erfahrung gemacht, daß nichts mehr geeignet ist, das Interesse an irgend einer Pflanze und an der Pflanzenwelt überhaupt zu wecken, als wenn bei der Besprechung einzelner Arten nach und nach und in wohlerwogener Abmessung eine immer klarere Erkenntnis der Wirksamkeit der Organe und ihrer Bedeutung für ihre Träger wie des Verhältnisses der Lebewesen zu einander und zur leblosen Natur vermittelt wird. Deshalb kann er einer Behandlungsweise nicht beipflichten, welche von vornherein die morphologischen, systematischen und biologischen Ver- hältnisse zusammenhängend in Paragraphen behandelt. Dagegen verkennt er nicht die Wichtigkeit eines von mehreren hervorragenden Fachgenossen ge- forderten Überblicks über die in Rede stehenden Verhältnisse. Einen solchen hat er in der 10. Auflage über einzelne Lebenserscheinungen der Pflanzen gegeben. Dieser Überblick soll gleichzeitig als Anregung zu Beobachtungen außerhalb der Schule dienen. Dürfte auch bei der bisher noch unzulänglichen Zeit die vollständige Behandlung desselben in der Schule, mit Ausnahme der rücksichtlich der naturwissenschaftlichen Stunden am besten gestellten Oberrealschule, oft kaum möglich sein, so wird ihn doch der Lehrer bei häuslichen Wiederholungen und andern Gelegenheiten verwerten können. Dem Schüler soll er zur Auffrischung der im Unterricht gewonnenen Anschauungen und Kenntnisse dienen und ihn durch den Hinweis auf ver- wandte fesselnde Erscheinungen zur eigenen Prüfung derselben anregen. Haben doch auch wir Lehrer das, was wir jetzt freudig Andern vor Augen führen, meistens früher selbst erst durch ähnliche Hinweise kennen gelernt. Bei der kurzen Besprechung des reichen Inhalts des ersten Paragraphen dieses Abschnitts „Von der Vermehrung der Pflanzen“, wird mit Hilfe des Skioptikons ein vivipares Blatt des schon von Goethe vielbesprochenen 0 Vergl. auch den weiter oben, Seite 82 ff., abgedruckten Vortrag von Br. Lakowitz. auf der Wanderversammlung unseres Vereins, 1902, in Könitz. 3 101 Sproßblattes, Bryophyllum calycinum , vorgeführt. Dasselbe ist wie alle Blätter der Dickblattgewächse durch seine für Wasser wenig durchlässige Oberhaut und durch die schleimige Beschaffenheit seiner Säfte gegen Verdunstung ge- schützt. Vor mehr als 20 Jahren traf man Exemplare dieser Pflanze in verschiedenen Häusern Danzigs an. Sie entstammten sämtlich einem Blatte, welches dem Vortragenden in einem gewöhnlichen Briefe aus Amerika gesandt worden war, und das dann auf feuchtem Boden durch Sprossung neue Pflanzen erzeugte, welche selbst und deren Nachkommen immer wieder Blätter zu weiterer Kultur hergeben mußten. In einem andern Paragraphen wird das so wichtige Verhalten der Pflanzen im Regen besprochen. Hier handelt es sich zunächst um die verschiedenen Mittel, durch welche das aus der Luft kommende Wasser zu den allein für seine Aufnahme geeigneten Saugwurzeln geführt wird (Tropfspitzen unserer Bäume und Sträucher, Rinnen- und Haarleisten zur Leitung nach den in der Nähe der Hauptachse befindlichen Saugwurzeln u. a.). Besonders reichen Stoff für diesen Paragraphen bietet der Schutz des Blütenstaubes und des Honigs, doch verbietet uns heut die Zeit ein weiteres Eingehen auf diese wie alle in den betreffenden Paragraphen behandelten Einzelheiten, welche förmlich zum Selbstsehen herausfordern. # In sehr ausgedehntem Maße ist endlich der sechste Abschnitt des Buches, welcher die Anatomie und Physiologie behandelt, erweitert worden. Die großartige Vertiefung, welche gerade diese Teile der Botanik und der Zoologie der unermüdlichen Tätigkeit unserer bedeutendsten Forscher verdanken, be- rechtigt gegenwärtig die Naturgeschichte zu dem Ansprüche, rücksichtlich ihres Bildungswertes der Physik und Chemie gleichgeachtet zu werden und gemeinsam mit ihnen beim Abschlüsse des gesamten naturwissenschaftlichen Unterrichts zur Geltung zu kommen. Der bisherige Text des sechsten Abschnittes ist zum größten Teile unverändert geblieben, aber durch umfangreiche Einfügungen wesentlich be- reichert worden. Dazu gehören zunächst zahlreiche auf die wichtigsten Lebenserscheinungen bezügliche Versuche. Bei ihrer Bearbeitung ist darauf Gewicht gelegt worden, daß sie von dem Lehrer auch an andern Stellen verwendet werden können. Sie sind so genau besprochen, daß ihre Anstellung dem Schüler selbst zu Hause keine Schwierigkeit bereitet, und im Buche durch Bilder erläutert, welche meistens während der Ausführung des Versuches durch Zeichnung oder Photo- graphie hergestellt worden sind. Hier gedenkt Vortragender dankend der Unterstützung, welche ihm sein früherer Schüler, Herr Glaubitz, durch Assistenz, wie am heutigen Abend so auch bei allen vorangehenden Versuchen, und durch Herstellung der meisten neuen Bilder für diesen Abschnitt des Buches (einige rühren von einem andern seiner Schüler, Herrn stud. Kurz, her) geleistet hat. Auch ist die Arbeit durch unsere Naturforschende Gesell- schaft gefördert worden, deren elektrische Beleuchtungsapparate dem Vor- 4 102 tragenden zur Verfügung standen, und deren Mechaniker, Herr Krause, ihn gleichfalls freundlich unterstützt hat. Alle an diesem Abend durch das vor- zügliche Skioptikon der Gesellschaft zur Demonstration gelangenden Bilder rühren von Herrn Glaubitz her. Ihre Reihe eröffnet das des Apparates zum Nachweise der Diosmose, den der Vortragende stets bei seinen Schul versuchen verwendet hat, und der dann den Schülern zu fortgesetzter Beobachtung längere Zeit zur Schau gestellt war. Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß die Leiter und Lehrer aller höheren Anstalten, in denen noch kein eigenes naturgeschichtliches Lehrzimmer eingerichtet ist, mit aller Kraft die Gewinnung eines solchen anstreben möchten. Wie im eben behandelten Falle ermöglicht dasselbe die Aus- führung längere Zeit in Anspruch nehmender Versuche und eine mehrfach zu er- neuernde Betrachtung der Zeichnungen an der Tafel und andrer Anschauungs- mittel; aber seine größte Bedeutung besitzt dasselbe in der steten Ge- genwart und in der nur in ihm möglichen Scho- nung aller der Sammlungsgegen- stände, welche einen wertvollen Schatz jeder unse- rer Schulen bil- den sollten. An die Er- läuterung der Di- Fig. 1. Wiederbelebung von Senecio vulgaris durch Wassereinpressung. osmose schließt sich die der durch Diosmose erzeug- ten Zellhautspan- nung oder des Turgors an. Der- selbe wird an einer mit konzen- trierter Zucker- lösung gefüllten Schweinsblase de- monstriert, wel- che noch weich und elastisch in destilliertes Was- ser von 40° C. gelegt bis zum nächsten Tage durch Eindringen des Wassers durch ihre Haut so prall geworden ist, daß sie beim Anstechen mit einem Zirkel einen bogenförmigen Strahl von anfänglich 1 m Sprungweite entsendet. Vergleich der Pflanzenzellen mit dieser Blase! Abnahme des Turgors beim Verwelken: Neubelebung verwelkter Pflanzen 1. nachdem sie mit frischer Schnittfläche in Wasser von 40° C gesetzt worden sind, und 2. durch Einpressen von Wasser mit Hilfe von Quecksilber. Die lehrreiche Abbildung Fig. 1 A und B, welche der 10. Auflage von Bail’s Neuer Botanik entlehnt ist, und die zur Darstellung mit dem Skioptikon gelangt, zeigt ein im November gepflücktes gemeines Kreuzkraut, das nach dem ersten Verwelken durch Wasser von 40° C, nach dem zweiten im Vor- versuch durch den besprochenen Quecksilberdruck neu belebt worden war und nach dem darauf folgenden lßstündigen Liegen im geheizten Zimmer in kaum einer Stunde durch Einpressen von Wasser auf demselben Wege die 103 Frische wiedererlangte, in der es bei der photographischen Aufnahme „Ba erschien. Es folgt die Besprechung der Assimilation. Bekanntlich reichen zur Ernährung der blattgrünhaltigen Pflanzen Wasser und Erde nicht aus. Es werden vielmehr die organischen Stoffe unter dem Einfluß des Sonnenlichts von dem Blattgrün erzeugt, indem dasselbe die Kohlensäure der Luft zersetzt, den Kohlenstoff zur Herstellung neuer orga- nischer Verbindungen, der Assimilate, verwendet und den Sauerstoff wieder ausscheidet. Durch diesen wird fortgesetzt die Luft verbessert, welche sonst bald ihren Wert als Lebensluft für sämtliche Organismen infolge der Anhäufung der Kohlensäure einbüßen würde, die durch Verbrennungsprozesse wie durch die Atmung der Menschen, Tiere und Pflanzen entsteht. Um seinem Auditorium diese Ausscheidung des Sauerstoffs bei dem Assimilationsprozesse unmittelbar vor Augen zu führen, wendet der Vortragende an Stelle des Sonnenlichts elektrisches Licht an. Zunächst wird ein Zylinder- glas mit einem in kohlensäurehaltigem Wasser befindlichen Wasserpestzweige zwischen das Kondensorsystem und das Objektiv des Skioptikons gestellt. Die Blasenentwicklung aus der nach oben (im Skioptikonbilde also nach unten) gerichteten Schnittfläche des Zweiges erfolgt wie im Sonnenlichte und nimmt kaum an Stärke ab, nachdem das Zylinderglas in ein zweites gesetzt und mit einer Lösung von doppeltchromsaurem Kali umgeben worden ist. Dagegen hört die Entwicklung sofort vollständig auf, wenn in demselben Apparate das elektrische Licht durch die prächtig dunkelblaue Flüssigkeit geleitet wird, welche man durch reichlichen Zusatz von Ammoniakwasser zu verdünnter Kupfervitriollösung erhält. Während also die Assimilation hauptsächlich unter dem Einfluß der roten, orangefarbenen und gelben Lichtstrahlen erfolgt, sind die bei Herstellung von Photographieen chemisch wirksamsten blauen Strahlen für die Assimilation wertlos. Dagegen kann man an keimendem Weizen oder keimenden Wicken in dem eben besprochenen oder einem ähnlichen Apparate nachwcisen, daß nur die blauen Strahlen die Wendung der Pflanzen nach dem Lichte bewirken, und daß also erst durch die Vereinigung sämtlicher Lichtstrahlen das Blattgrün zur vollen Lösung seiner Aufgaben befähigt wird. Ein anderes Skioptikonbild erläutert die Aufsammlung des von vielen Wasserpestzweigen ausgeschiedenen Sauerstoffs im Reagensglase. Vortragender hat seine Versuche ebenso erfolgreich mit elektrischem Glüh- wie Bogen- lichte angestellt und mit ersterem mehrere Reagensgläser mit Gas gefüllt. Dabei war die Entwicklung oft eine sehr lebhafte, da bei Oberlicht einer 32 kerzigen und gleichzeitigem Seitenlicht einer 16 kerzigen Lampe ein einzelner Wasserpestzweig aus der Schnittfläche nicht nur in der Minute bis 6 104 150, sondern schließlich so viele Blasen entsandte, daß sie nicht mehr zu zählen waren und geradezu eine aufsteigende Kette bildeten1). Ein Skioptikonbild (nach Detmer) zeigt ferner die durch Assimilation im Sonnenlichte erfolgte Stärkebildung an allen Stellen eines Kapuzinerkressen- blattes, mit Ausnahme der zwei Tage lang durch aufgesteckte Korkscheiben verdunkelten. Nach Auf kochen in Wasser, Ausziehen des grünen Farbstoffs durch absoluten Alkohol und Anwendung der Jodreaktion färben sich alle beleuchtet gewesenen und deshalb stärkehaltigen Teile tief dunkelblau, während die bedeckt gewesenen farblos bleiben. Auch von der Bildung anderer Assimilate wird gesprochen unter Hinweis auf die Bestandteile einer früher im Buche behandelten künstlichen Nährlösung, welche zum Aufbau jener Assimilate verwandt werden. In einem besondern Abschnitte des in Bede stehenden Leitfadens werden die Anpassungsverhältnisse der grünen Pflanzenteile an das Licht übersichtlich zusammengefaßt. Kohlensäure aus, doch über- wiegt bei den blattgrün- haltigen Teilen am Tage die bereits erläuterte Sauer- stoffausscheidung während der Assimilation. Daß die chlorophyll-freien oder -ar- men Pflanzenteile auch im Tageslichte Kohlensäure ausatmen, beweist das aus dem Skioptikonbilde Fig. 2 zu ersehende bedeutende Steigen des Quecksilbers (Q). Die in dem umgekehrten Kolben enthaltenen Crysänthemum- Blüten haben den Sauerstoff der Luft ein- und dafür Kohlen- säure ausgeatmet, welche von Kalilauge (K) verschluckt worden ist. (Photo- graphische Aufnahme fast 24 Stunden nach Einleitung des Experiments.) Bei der Behandlung des Stoffwechsels wird auch der auf denselben gegrün- deten Würzebereitung als Anfang der Biergewinnung gedacht, deren Behandlung im nächsten Paragraphen „die Atmung der Pflanzen“ zum Abschluß gelangt. Auch die Pflanzen atmen wie alle lebenden Wesen Sauerstoff ein und Fig. 2. Nachweis stetiger Kohlensäure- Ausatmung auch durch die Pflanzen. A) Wenn es auch wegen der vollständigen Übereinstimmung der erwähnten Erscheinungen bei Anwendung von elektrischem Lichte an Stelle des Sonnenlichts kaum zweifelhaft sein konnte, daß auch in diesem Falle das ausgeschiedene Gas Sauerstoff sei, so ließ sich dasselbe anfangs nicht, gleich dem im Sonnenlicht erzeugten, durch das Aufflammen eines hinein- gehaltenen glühenden Holzspanes als solcher nachweisen. Nach reiflicher Erwägung erschien als Ursache dieses Mißerfolges die Beimengung größerer durch die erhebliche Wärmeerhöhung erzeugter Wasser dampfmengen. Deshalb wurde bei sonst unverändertem Apparate das freie Ende des Reagensglases durch ein Papierblatt gesteckt und oberhalb desselben mit Schnee umgeben. Jetzt verdichtete sich der größere Teil des Wasserdampfes zu tropfbar flüssigem Wasser, welches sich an der Innenwand des Gläschens absetzte, und nunmehr wurde durch das Aufflammen mehrerer, nach einander in das Gläschen gehaltener, glühender Späne sein Inhalt wirklich als Sauerstoff erwiesen. 7 105 Alle bisher besprochenen Versuche eignen sich, vorausgesetzt, daß man dieselben erforderlichenfalls längere oder kürzere Zeit vorher eingeleitet hat und seinem Hörerkreise nur ihren Abschluß vor Augen führt, vorzüglich zur Demonstration im Unterrichte wie bei öffentlichen Vorträgen. Von dem aus- gedehnten Gebrauche, welchen man dabei von dem elektrischen Lichte machen kann, haben sich die anwesenden Damen und Herren heute persönlich überzeugt. Im Anschluß an die Atmung sei noch erwähnt, daß das größte Bedürfnis nach dem Sauerstoff die Hefepilze bekunden. Dieselben entziehen bekanntlich dem Zucker gekochter Würze oder einer Zuckerlösung den Sauerstoff und führen dadurch die Bildung von Kohlensäure und Alkohol herbei (Abschluß der Biergewinnung). Zum Nachweise der Kohlensäureentwicklung dient jedes brennende Streichholz, das in den Hals einer eben geöffneten Bierflasche ge- halten wird. Eine Erweite- rung hat in der neuen Auflage des Buches noch die Besprechung der fleischfressenden Pflanzen und der Bewegungserschei- nungen erfahren. Das demnächst vorgeführte Skiopti- konbild Fig. 3 ist nicht mehr dem Buche entlehnt, son- dern bezieht sich auf Fig. 3. 1. Mucor racemosus. a. Sporangium mit Sporen. b. Gonidie. 2. sprossende und keimende Gonidien (a), stärker vergr. 3a. mit Kugelhefe angesetzte Würze, b. Fläschchen mit Kalkwasser zur Kohlen- säurefällung. frühere Arbeiten des Vortragenden. Der- selbe hatte 1856 ge- funden, daß die Spo- ren verschiedener Mucor- Arten und die für die betreffenden N ach weise besonders wertvollen in den Stielen eingeschlos- senen Gonidien des Mucor racemosus (Fig. 3, 1 b) in gä- rungsfähige Flüssig- keiten eingesenkt nicht wie sonst in Schläuche auskeimen, sondern Kolonieen runder Sprosse er- zeugen. Diese sind morphologisch als Hefe zu bezeichnen und vom Redner „großzellige Kugelhefe“ genannt worden. Fig. 3, 2 zeigt zwei in Würze aufgeschwollene, Kugelhefe erzeugende Gonidien a. Die in der Abhandlung des Vortragenden „Über Hefe“ (Regensburger Flora, 1857, No. 27 und 28) zuerst gegebene Abbildung ist einer Würzekultur unter Deckglas entlehnt, an dessen Rande infolge der Berührung mit der Luft statt der Kugelhefe Schläuche (Fig. 3 ^ 2b, c und d ), wie bei der gewöhnlichen Keimung, entstehen. Bisher nicht im Bilde veröffentlicht, aber im Osterprogramm des Real- gymnasiums zu St. Johann in Danzig 1867 beschrieben,, ist der in Fig. 3, 3 dargestellte, vom Vortragenden mit Stadtrat Helm zum Nachweise der Kohlensäureerzeugung durch die Kugelhefe konstruierte Apparat, welcher hier im Zusammenhänge mit dem vorher über Gärung Gesagten zur An- schauung gebracht wird. Da damals gleichzeitig durch Behandlung des Destillats mit doppelt -chromsaurem Kali und Schwefelsäure der Nachweis des 8 106 aus der Würze durch reine Mucor- Kugelhefe erzeugten Alkohols erbracht wurde, war also nunmehr bewiesen, daß gewisse Pilze, von deren Be- ziehungen zur Gärung man vorher keine Ahnung hatte, Entwicklungsformen besitzen, welche nicht nur morphologisch, sondern auch in chemischer Beziehung als Hefe zu bezeichnen sind, während man bisher die Hefepilze ohne Aus- nahme als durchaus selbständige Organismen betrachtet hatte. Endlich führt Vortragender noch ein Skioptikonbild vor, das sich auf einen zoologischen Gegenstand bezieht. Es stellt einen Flußkrebs dar, dessen rechte, blaue Seite sich in der Mittellinie scharf von der linken, braunen Seite ab- grenzt (rechtsseitiger Albinismus), während besonders an den Gelenken einzelne rein rote Stellen vorhanden sind. Solche Vorkommnisse beweisen, daß die beiden Farben, welche sich zu dem bekannten Braun unseres Flußkrebses ver- einen, blau und rot sind. Da beim Kochen die blaue Farbe verschwindet, sind die gekochten Krebse rot. Das eben besprochene, interessante Exemplar, welches Herr Glaubitz gleichzeitig mit einem lebenden, ganz blauen erhalten hatte, wird in der Zoologischen Sammlung des Königl. Museums für Naturkunde in Berlin aufbewahrt. Hierauf spricht Herr Apotheker Zimmermann, unter Vorführung aus- gestopfter Exemplare aus seiner eigenen Sammlung und aus dem West- preußischen Provinzial-Museum, über unsere heimischen Drosseln. Von den über die ganze Welt verbreiteten verschiedenen Drosseln brüten in Nord-Deutschland nur vier Arten, und zwar die Misteldrossel, Turdus viscivorus , die Wacholderdrossel, Turdus pilaris , die Schwarzdrossel, auch Amsel genannt, Turdus merula, und die Singdrossel, Turdus musicus. Alle genannten Drosseln sind Zugvögel, die im Herbst ihre Heimat verlassen, um in südlicheren Breiten den Winter zu verleben. Im großen und ganzen ähneln sich die verschiedenen Drosseln in Lebensweise und Lebensführung ziemlich untereinander. Der Wald, vom lichten, gemischten Vorholz bis zum tiefen, dunkeln Hochwald, bietet ihnen Aufenthalt. Es sind hurtige, gewandte und in ihren Bewegungen anmutige, scheue, kluge und mitunter sehr mißtrauische Vögel; Sing- und Schwarzdrossel werden als vorzügliche Sänger geschätzt. Ihre Nahrung besteht in allerlei Insekten und deren Verwandlungsstufen, Larven, Maden, Raupen, Puppen, in Würmern und Nacktschnecken, im Herbste auch in Beeren der verschiedenen Bäume und Sträucher. Sie brüten schon früh im Jahre, einzelne Arten sogar zweimal. Das Nest steht selten hoch auf den Bäumen, meistens in dichten Büschen oder im geschlossenen Stangenholz, es ist aus schmiegsamen Reisern, Stengeln, Halmen und Würzelchen geflochten, mit Moos und Flechten durchwebt, schalenförmig, bei der Singdrossel, wie an einem vorgelegten Neste zu sehen, mit faulem Holz, bei der Amsel mit 9 107 Lehm ausgeglättet, bei den andern Arten mit Grashalmen und zarten Stengeln ausgerundet. Das Gelege besteht aus 4 — 6 bläulichen oder grünlichen Eiern, die mit dunkleren Flecken und Punkten versehen sind. Gelege und einzelne Eier unserer heimischen Drosselarten werden vorgelegt. Vortragender geht nun noch kurz auf die einzelnen Arten ein. Die Mistel- drossel ist mehr ein Gebirgsvogel ; sie brütet wohl auch in unseren Wäldern, ist aber nicht gerade häufig; in größerer Anzahl kommt sie auf dem Zuge im Herbste von Norden her bei uns durch. Sie gilt für die tätigste Verbreiterin der Mistel, davon hat sie wohl auch ihren Namen erhalten. Die Mistel, ein strauchartiges Gewächs, welches auf den Asten verschiedener Laub- und Nadel- bäume vorkommt, trägt im Herbst weiße Beeren, die einen zähen, klebrigen Schleim enthalten, in den die Samenkerne eingebettet sind; verzehrt nun eine Mistel- drossel diese Beeren, so gehen die unverdauten Samenkerne mit den Exkre- menten ab, die dann wohl auch einmal auf einen Baumast fallen, dort liegen bleiben und ankleben. Im Frühjahr, wenn die Vegetation beginnt, entwickeln sich auch die Samenkerne der Mistel dort oben auf den Bäumen, die feinen Würzelchen dringen durch die Rinde der Aste, ziehen von dort Nahrung, und im Laufe der Zeit wächst der Schmarotzer zu ziemlichen Büschen heran. Ob nun die Misteldrossel allein in der geschilderten Weise bei der Verbreitung der Mistel tätig ist, erscheint doch fraglich; alle anderen Drosselarten sind ebenfalls Beerenfresser und dürften die Mistelbeeren ebenso gerne verspeisen. Auch der Seidenschwanz und vielleicht auch der Star werden wohl ebenso- gut zur Verbreitung der Mistel beitragen. Der Gesang der Misteldrossel soll recht angenehm klingen und aus flötenden Tönen zusammengesetzt sein. In Ostpreußen hat Vortragender die Misteldrossel mit großer Regelmäßigkeit bei erstem Schneefall beobachtet. Die zweitgrößte Drossel ist die Wacholderdrossel, sie wird auch Krammets- vogel genannt. Diese Art ist bei uns sehr zahlreich vertreten, sie brütet mit- unter in ganzen Kolonieen sogar in ziemlicher Nähe des Menschen, in größeren Gärten, Parks und Anlagen. Große Scharen dieser Vögel ziehen im Herbst durch unsere Provinzen, besonders dort, wo die Wege mit Ebereschen bepflanzt sind, deren Beeren wie die Beeren des Wacholder ihre* Hauptnahrung bilden. Den 'Namen Krammetsvogel führt diese Drossel wohl, weil die Wacholderbeeren in Mitteldeutschland Krammetsbeeren genannt werden. In Ostpreußen heißt der Wacholder im Volksmunde Kaddik, weshalb die Wacholderdrossel dort auch Kaddikheister, d. i. Kaddikelster, genannt wird. Die in der Zeichnung der Misteldrossel ähnliche aber kleinere Singdrossel ist noch ziemlich häufig in unsern Waldungen, allerdings lange nicht mehr so zahlreich wie vor 30 — 40 Jahren; sie, wie auch die Schwarzdrossel, sind die beiden ersten wahren Frühlings-Verkünderinnen. Schon zu Ende des März, wenn oft noch Schnee und Eis die Wälder deckt, hört man ihren Gesang, voll und reich ist beider Lied, wechselvoll und melodienreich, und ertönt be- sonders lieblich und anhaltend in der Frühe des Morgens und gegen Abend hin. 10 108 Die Schwarzdrossel ist übrigens in neuerer Zeit vielfach eine Bewohnerin der Städte geworden, sie läuft z. B. im Berliner Tiergarten und in den Anlagen anderer großer Städte, wie in Dresden, Frankfurt a. M , in Halle, Cassel, ohne Scheu vor den Füßen der Spaziergänger herum; es wird dort überall für Winterfütterung gesorgt, infolgedessen bleiben die Amseln denn auch den Winter über dort. — Dann ist noch eine fünfte Drosselart zu erwähnen, die Rot- oder Weindrossel, Turdus iliacus. Sie ist der Singdrossel ähnlich, nur ein wenig kleiner, und die Unterflügel-Deckfedern sind nicht gelblich wie bei der Sing- drossel, sondern rostrot. Sie brütet nicht bei uns, sondern erscheint zu Anfang Oktober auf dem Zuge aus Lappland und Nordost-Rußland in ziemlicher Auzahl in unsern Provinzen. Für etwa hier anwesende Gourmands ist zu bemerken, daß diese Drossel vor allen anderen den feinsten und schmackhaftesten Braten liefert. — Hin und wieder wird auch noch eine sechste Art bei uns beobachtet, die Ringdrossel, Turdus torquatus. Sie bewohnt die Gebirgswälder Mittel- und Süddeutschlands, zu uns kommt sie vereinzelt im Herbst auf dem Zuge aus den Gebirgen Schwedens und Norwegens; sie geht die schleswig-holsteinische, ostfriesische und holländische Küste entlaus: weiter nach Süden. — Nicht allzu selten werden in Deutschland noch weitere fremde Drosseln aus Mittel- und Ost-Asien, sogar aus Mittel- und Nord Amerika, gefangen oder geschossen. Es sind Vögel, die, in der Aufregung des Zugtriebes oder durch elementare Gewalten verschlagen, als seltene Wandergäste erscheinen, hochinteressant dem Ornithologen. Merkwürdigerweise ist Helgoland ein ganz besonders günstiger Anflugspunkt für solche Irrlinge; in den letzten 50 Jahren sind dort allein 14 verschiedene fremde Drosselarten beobachtet bezw. erlegt worden. Vortragender macht noch ganz besonders aufmerksam auf einige teilweise Albinos von Ringdrossel, Wacholder- und Singdrossel, seltene Erscheinungen in der Vogelwelt, welche die Leitung des hiesigen Provinzial-Museums freund- lichst zu dem Vortrage zur Verfügung gestellt hat. Alle Drosselarten, sowohl die heimischen wie die im Oktober aus dem Norden bei uns durchziehenden Weindrosseln, werden im Herbst massenhaft in sogenannten Dohnen gefangen und als Krammetsvögel zum Verkauf ge- bracht und verspeist. Da manche Mitglieder eine Dohne, diesen grausamen Vogelgalgen, garnicht kennen werden, hat Vortragender eine solche zur An- sicht mitgebracht. Der Bügel, aus einem Fichtenaste bestehend, ist an beiden Enden zugespitzt, und wird etwa 1 V4 m über der Erde in einem Baume befestigt. In dem oberen Teile des Bügels macht man einen Spalt, durch welchen die beiden Schlingen aus Roßhaar hindurchgezogen werden, in den unteren Bügelteil, den man in der Mitte etwas einschneidet, wird ein Strauß schöner roter Ebereschen hineingeklemmt. Jetzt ist die Dohne zum Fange fertig. Kommt nun eine Drossel, um sich an den Ebereschen, ihrer Lieblings- speise, zu sättigen, so setzt sie sich auf den unteren Bügelteil, und indem sie sich nach den verlockenden Beeren herunterbeugt, gerät sie wohl in eine Schlinge und ist gefangen. Viele tausende dieser Dohnen werden in unsern ii 109 Waldungen vom 21. September bis 15. Oktober zum Fange hergerichtet. Die Zahl der in preußischen Forsten von den Forstbeamten im Herbste 1899 ge- fangenen Krammetsvögel betrug nach Angabe des. Kgl. Preußischen Ministeriums des Innern 1 519 796 Stück; und in den Privatwaldungen dürften wohl noch ebenso viele dieser Vögel gefangen sein. Es ist wohl zu merken, daß unter dem Namen Krammetsvögel also unsere vier heimischen Drosselarten und die durchwandernde Rotdrossel zu verstehen sind, die je nachdem sie mehr oder weniger häufig Vorkommen, oder je nachdem die eine oder die andere Art sich den lockenden Beeren und den verfänglichen Schlingen gegenüber mehr oder minder mißtrauisch verhält, in einem gewissen prozentualen Verhältnis gefangen werden. Nach den wiederholt angestellten Ermittelungen des V ortragenden sind unter den gefangenen Krammetsvögeln etwa 70 % Singdrosseln, 5 % Schwarz- drosseln und etwa 20% Weindrosseln, während Mistel- und Wacholderdrosseln mit kaum 5 %. vertreten sind. Diese Zahlen stimmen mit den für Mittel- deutschland von anderer Seite ermittelten Zahlen fast genau überein. Unter den vor drei Jahren in Preußen gefangenen 3 Millionen Drosseln befanden sich also 2 250000 Stück Sing- und Schwarzdrosseln, unsere geschätztesten Sänger. Vortragender hat sich in Ostpreußen jahrelang mit ornithologischen Beob- achtungen beschäftigt, und speziell dem Krammetsvogelfange seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Herbst 1878 hat er die allein in Königs- berg zum Markt gebrachten Krammetsvögel auf 25 bis 30000 Stück geschätzt,, eine Schätzung, die eher zu niedrig, als zu hoch war. Es ist nicht recht zu begreifen, wie sich eine solche gesetzlich gestattete Massenvertilgung von Singvögeln mit den, auch von den Behörden geübten,. Vogelschutzbestrebungen vereinbaren läßt, besonders wenn man sich vergegen- wärtigt, daß der Vogelliebhaber, der sich etwa eine Singdrossel für den Käfig fangen will, mit empfindlichen Polizeistrafen bedroht wird. Zwar haben sich die Vertreter der ornithologischen Wissenschaft wie auch die Bevollmächtigten der ornithologischen Vereine, Vogelliebhaber- und Vogelschutz-Vereine auf den Kongressen zu Wien, Budapest und Paris stets und immer wieder gegen den Fang der Wachteln, Lerchen und Drosseln ausgesprochen, ohne aber bei den Regierungen betreffs des Drosselfanges Wesentliches zu erreichen. Das Dohnenstellen bezw. der Drosselfang gehört zum Jagdrecht, das den Berechtigten allerdings nicht so ohne weiteres genommen werden kann, es müßte denn durch ein Reichsgesetz geschehen. Leider fand sich aber auch bei der Be- ratung über ein Reichsgesetz zum Schutze der Vögel im Reichstage im Jahre 1888, wo auch speziell über das Dohnenstellen und den Massenfang von Drosseln verhandelt wurde, keine Majorität, die für das Verbot des Drosselfanges gestimmt hätte. Um so erfreulicher ist es nun, daß der orni- thologische Verein in Dresden doch einen Erfolg in dieser Angelegenheit errungen hat. Es gelang dem Vorsitzenden des genannten Vereins, dem Herrn Dr. Braess an maßgebender Stelle zu beweisen, daß nach den ältesten Natur- geschichtsbüchern unter dem Krammetsvögel nur die Wacholderdrossel zu 12 110 verstehen sei, und daß also diese allein nur gefangen werden dürfe. Aber wenn es überhaupt gestattet ist, Dohnen zu stellen, so ist auch nicht zu verhindern, daß sich neben der Wacholderdrossel andere Drosseln, wie Sing- und Schwarzdrossel, mitfangen lassen. Der Fang dieser letzteren Drossel- arten konnte mithin nicht verboten werden, und so wurde denn von der Königl. Sächsischen Regierung bestimmt, daß die mit den Wacholderdrosseln, also den eigentlichen Krammetsvögeln, mitgefangenen anderen Drosselarten nicht öffentlich verkauft werden dürfen1). An maßgebender Stelle kalkulierte man, daß, wenn von 100 gefangenen Drosseln nur die, wie früher angeführt, etwa h% betragenden Wacholderdrosseln verkäuflich, die etwa 95% anderen Drosseln aber nicht zu verwerten sind, der Drosselfang allmählich als nicht mehr lohnend eingestellt werden würde. Und diese Kalkulation dürfte richtig sein. Übrigens fingen schon in grauer Vorzeit Griechen und Römer Drosseln massenhaft zu Speisezwecken und die römischen Schlemmer hatten bereits Vogelhäuser, in welchen Drosseln und andere Vögel für die Tafel gemästet wurden. Es gab aber auch damals bereits Verbote gegen den Drosselfang. Nach den Beobachtungen des Vortragenden sind übrigens die Drosseln in den letzten 30 Jahren, wenigstens in Ostpreußen, an Zahl erheblich zurückgegangen; der Fang ist lange nicht mehr so lohnend als früher. Verschiedene Forst- beamte, die früher viele hundert, ja mehrere tausend Dohnen stellten, haben den Fang ganz aufgegeben, da der Ertrag nicht mehr der aufgewendeten Mühe und Arbeit entspricht. Erwähnt möchte noch werden, daß sich neben den Drosseln auch eine Menge anderer kleiner Sänger, als Rotkehlchen, Schwarz- plättchen usw., fangen, öfter auch Eichel- und Tannenhäher, Kernbeißer und namentlich Dompfaffen. Ein Forstbeamter in Westpreußen klagte, daß sich vor zwei Jahren weit über 1000 Dompfaffen in den Dohnen gefangen hätten, was ihm sehr verdrießlich gewesen sei, da sie ihm dabei stets die Ebereschen- beeren ausgefressen, die er dann immer wieder erneuern mußte. Als Kuriosum mag noch hinzugefügt werden, daß einmal bei Vierbrüderkrug nahe Königsberg ein Vierfüßler in einer Schlinge gefunden wurde, ein Siebenschläfer. Vortragender schließt mit dem Wunsche, daß wie im Königreich Sachsen auch bei uns in absehbarer Zeit Maßregeln gegen den Massenfang von Sing- und Schwarzdrossel getroffen werden, damit allen, die Freude an der Natur haben, und Herz und Sinn für Vogellied und Vogelleben besitzen, auch ferner- hin der Drosselschlag im deutschen Walde erhalten bleibe. Als dritter Redner des Abends legt Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz zu- nächst einen Ta eine R. temporaria , einen Bombinator igneus juv. (diese wohl versprengt!). Das Ufer des Sees war an der besuchten Stelle flach, sandig und fest, daher leicht zu begehen, wo das Schilf entfernt war. Nur dies ermöglichte den Fang einer größeren Anzahl junger Frösche. Die Gräben und Torfstiche südlich vom Decznosee, von diesem durch eine kleine Wasserscheide getrennt, lieferten nur wenige Rana temporaria. Die Ausbeute war, von einigen Entomostraceen (Siehe im Anhang Dr. Seligo’s Liste, Glas 5) abgesehen, mehr als dürftig. Die erst erwähnte Schlucht Sulnowko-Schwetz entspringt in diesem Moor- und Torfgebiet. Yon hier ging es im scharfen Trabe nochmals zum Schützenhaus Schwetz und zu dem nahen, auf einem Hügel liegenden Gute Marienhöhe, bei welchem uns noch ein Tümpel signalisiert war*. Die Ausbeute bestand wiederum in einigen jungen Rana esculenta typica und R. temporaria. Ich schätze die Höhe des Fundortes auf 50 — 60 m über dem Meere. Es war bereits Nacht und empfindlich kühl, als wir nach Schwetz zurückkehrten. In bezug auf das Sammeln alter Exemplare von Rana esculenta verlief also diese Tour resultatlos. 40 i 9* 180 Hiervon abgesehen war das Ergebnis dieser beiden Exkursionen, wo ich auf kleinem Raume neun verschiedene Fundstellen für Frösche kennen lernte, von hohem Interesse für die Frage der Lokalverbreitung der drei esculenta- Formen, obwohl nicht ganz erschöpfend. Rana esculenta subsp. typica var. Lessonae wurde nur in einem hoch* gelegenen Punkt (Tümpel I) bei Sulnowo nachgewiesen, ist aber sicher weiter verbreitet. Rana esculenta typica wurde in dem ganzen hügeligen Gelände von 50 — 90 m Meereshöhe nachgewiesen, z. B. im Dorfteich Sulnowo, Decznosee, Tümpel II und III, Tümpel bei Marienhöhe. Im Tümpel III fand sich die Form mit der subsp. ridibunda (ein junges Stück!) zusammen, wurde dagegen in Tümpel V, in geringerer Höhe über dem Tale, entschieden vermißt und hier, wie in der Weichsel- und Schwarzwasserniederung dicht bei Schwetz, von R. ridibunda vertreten. Diese Abstufungen der lokalen Verbreitung werden und können sich selbstverständlich nicht überall in gleicher Weise wiederholen, gerade wie keine Gegend der andern völlig gleicht. Die Natur hält sich eben an kein Schema, und ein Frosch, der sich durch Austrocknung des Gewässers zur Auswanderung veranlaßt sieht, fragt nicht viel darnach, ob ein neu entdeckter Tümpel hoch oder tief liegt, wenn er nur Wasser führt. Im ganzen genommen stimmt das Ergebnis jedoch vortrefflich mit den Resultaten der Heideforschung selbst — völliges Fehlen der echten Rana esculenta subsp. ridibunda — überein, ebenso auch mit dem Ergebnis meiner Untersuchungen in Mittel- und Süddeutschland. Jedenfalls ladet es zur Nachprüfung und weiterer Verfolgung ein. Ein merkwürdiges und scheinbar abweichendes Vorkommen von Rana esculenta subsp. typica läßt sich jedoch unter den Teufelsbergen bei Schwetz konstatieren. Teufelsberge nennt man den schroffen Abfall des Diluvialplateaus zur Weichsel unterhalb Schwetz. Der Gegensatz zu dem allmählich ansteigenden Terrain oberhalb Schwetz ist auffällig. Von ihrer Höhe genießt man einen prächtigen Blick auf das Weichseltal, am jenseitigen Ufer heben sich Kulm und Graudenz scharf ab. Die Molluskenfauna der Teufelsberge hat schon Protz gesammelt und hier reiche Funde gemacht. Aber auch herpetologisch sind sie sehr interessant. Vor allem sind sie überaus reich an Zauneidechsen, Lacerta agilis. Schon vom 8. September brachten mir Knaben eine Menge alter und junger Tiere, mehr als ich bisher in der ganzen Heide erbeutet hatte. Am Vormittag des 9. September besuchte ich den Platz mit Herrn Pompecki und einigen Schülern selbst. Er liegt er. 1 km von Schwetz ent- fernt, hier ist der hohe Steilhang durch eine für norddeutsche Verhältnisse großartige Schlucht unterbrochen, durchrieselt von einem Bächlein, welches in einem kleinen Moor auf der Hochfläche bei Jungen entspringt. Die berasten, ziemlich steilen Hänge dieser Schlucht wimmelten von Eidechsen, unter welchen ich merkwürdigerweise die var. erythronotus völlig vermißte. Auch die Blindschleiche soll hier Vorkommen, doch erlangte ich kein Stück. Da- 41 181 gegen gelang es Herrn Pompecki, eine Ringelnatter aufzustöbern. Leider entwischte sie in ein Erdloch und ließ sich auch durch ein Feuerchen nicht ausräuchern. Nur die kürzlich erst abgestreifte Haut, das Natternhemde, wurde vorgefunden und als Jagdtrophäe mitgenommen. Her Untergrund des Steilhanges besteht meist aus diluvialem Lehm (Ge- schiebelehm etc.) mit zahlreichen nordischen Geschieben, namentlich Silurkalk, welche sicher den Reichtum der Gegend an recenten Schnecken in günstigem Sinne beeinflussen. Das erwähnte Bächlein mündet nicht direkt in die Weichsel, sondern speist zuvor noch einige kleine, von Weiden umstandene Tümpel. In einem derselben fanden sich zu meiner Überraschung neben einer unverfälschten Rana esculenta subsp. ridibunda, welche ich zuerst fing und leider in Freiheit setzte, ein zweites Stück mit relativ stärkerem Tuberkel und eine große Rana esculenta subsp. typica mit gelben Flecken auf Schenkeln und Weichen. Zwei andere Exemplare hatte ich schon tags zuvor vom gleichen Ort erhalten. Ein Exemplar ist sehr merkwürdig. Man möchte es fast für einen Bastard zwischen Rana esculenta subsp. ridibunda und der subsp. typica var. Lessonae halten (vergl. ausführlicher im systematischen Teil bei R. esculenta typica und var. Lessonae). Ich vermute stark, daß die var. Lessonae in der Schlucht bezw. im Moor auf dem Plateau vorkommt. Ich erhielt sogar junge Tiere, die vermutlich hierher gehören, versäumte aber leider bei der Überfülle an Material ihre Konservierung. Der 10. September, ein trüber Regentag, war wenig erfreulich, da ich bei der zeitraubenden Arbeit des Packens ganz auf mich selbst und Herrn P ompecki’s Hilfe angewiesen war. Selbst die Kisten und das Packmaterial mußten wir uns in der Stadt selbst zusammensuchen. So konnte ich statt mittags erst spät abends nach herzlichem Abschied von den beiden Herren P ompecki nach Bahnhof Laskowitz fahren, wo ich übernachtete, um am andern Morgen nach Osche und Adlershorst zurückzukehren. Zum zweiten und letzten Male galt es am 16. September von den mir lieb und vertraut gewordenen Menschen in Adiershorst zu scheiden. Dann fuhr mich Herr Lange selbst nach Osche. Es war ein herrlicher, sonniger Tag, zum Reisen und Wandern wie geschaffen! Der Abstecher zur Cirkowskiwiese wurde schon geschildert. In Osche verbreitete sich rasch das Gerücht meiner Wiederkehr — wennschon nur für einige Stunden - — und leicht gelang es mir heute, bei dem Prachtwetter in Begleitung einer Schar von Dorfbuben so viele Frösche zu erlangen, als ich nur wollte. Freilich war ein scharfes Auseinanderhalten der Fundplätze, welche übrigens alle in oder dicht bei Osche lagen, unmöglich, ich mußte ohnedies viele Tiere wieder in Freiheit setzen, um die andern gut unterbringen zu können. — Die Moorwiese in Osche selbst lieferte große Larven von Rana esculenta , viele in Verwandlung nach dem kleinen Tuberkel zu schließen, meist subsp. typica , ein kleiner Ententeich am Ende der Dorf- straße (im Nordosten) Larven und junge Tiere von Rana esculenta subsp. 42 182 typica. Mehrere Torfausstiche und Gruben im Felde, teilweise trocken gelegtr ergaben Rana esculenta subsp. typica (spärlich), var. Lessonae, alt und jungr zahlreiche Rana arvalis , drei Bombinator igneus, sämtlich in einem Loch ge- funden, die größte bis 53 mm lang. Am 17. September fuhr ich, wieder bei herrlichstem Sonnenschein, in der Frühe mit Wagen nochmals nach Marienfelde, um den See eingehender zu untersuchen. Da ich mich angemeldet hatte, wurde mir ein Arbeiter zur Verfügung gestellt, und es begann ein fröhliches Jagen. Die Ausbeute war diesmal — in der Zeit von 1/29 — ^ll morgens — vortrefflich, trotz des zum Fang etwas schwierigen Terrains. Rana esculenta subsp. typica war in alten großen Stücken häufig, auch Rana esculenta subsp. typica var. Lessonae fand sich hier, doch vorwiegend in der Moorlache und in den Gräben im Westen des Sees. Außerdem sammelten wir Rana arvalis , typica > striata und nigromaculata , alt und jung, sowie Bombinator igneus , endlich ein Gläschen voll niederer Organismen (Vergl. Anhang, Dr. Seligo’s Liste, Glas No. 10). Der Besuch hatte die Lücke in meinen früheren Beobachtungen ausgefüllt; ich bestieg, hochbefriedigt von diesem Abschluß der Forschungsreise, welche mir zoologisch wie landschaftlich so viel des Neuen und Interessanten geboten, den Wagen und fuhr nach Lianno, um nach glatter Erledigung der letzten Expeditionsangelegenheiten den heimischen Penaten und der Tätigkeit de& Alltagslebens zuzustreben. 43 183 Verzeichnis der gesammelten Tiere. Mammalia, Säugetiere. Bestimmt von Barrett-Hamilton in London. Microtus arvalis Pall. Brunstplatz bei Blondzmin. Mehrere erwachsene Exemplare, sowie einige junge, welche vermutlich dieser Art angehören. Mus minutus Pall., mutmaßlich forma (subspecies) agilis Dehn. Brunst- platz. Ein Weibchen mit sieben noch blinden Jungen, im Nest gefangen, wurde mir am 28. August 1900 von Herrn Hammler überbracht, welcher die- selben bei der Ernte auf einer Wiese nahe am Walde gefunden hatte. Das Nest der Zwergmaus befand sich zu ebener Erde, es war kunstlos aus ,,Kub- blumenflocken“ (Leontodon Taraxacum L.) gebaut. Herr Barrett-Hamilton schreibt mir über dies Tier unter dem 8. Dezember 1900: „Ihr mus minutus scheint die forma agilis Dehn, (siehe G-. E. H. Barrett-Hamilton, further note on the Harvest-Mouse \_Mus minutus Pall.] and its Geographical Variations. Ann. Nat. Hist. ser. 7, Vol. V, 1900, pg. 527) zu sein. Es ist jedoch zu bemerken, daß kleine Säugetiere, in Alkohol konserviert und ohne präparierte Schädel, sich nicht zur näheren Bestimmung eignen, nur als Bälge mit den ge- reinigten Schädeln lassen sie sich sicher determinieren.“ Mus minutus agilis bewohnt Nordeuropa. Barrett-Hamilton sah nur Exemplare von Braunschweig. Mus musculus L. Brunstplatz. Auf Feld und Wiese wurden mehrere junge Tiere gefangen. Mus sylvaticus L. Brunstplatz. Ein erwachsenes Tier am Wege zum Walde. Welcher Form oder Unterart die Waldmäuse angehören — Barrett- Hamilton unterscheidet nicht weniger als 18 Unterarten in der paläarktischen Region — ließ sich an den Spiritusexemplaren nicht bestimmen. Die kleine Ausbeute an Nagern stammt ausschließlich von Brunstplatz, wo Herr Gastwirt Hammler meine Aufsammlungen — in der Zeit vom 19. bis 31. August — aufs eifrigste unterstützte1). 9 Inmitten der Chirkowa stieß mir auf einer Waldwiese eine mächtige Wühlmaus auf. Ich war eines Spätnachmittags damit beschäftigt, die Steine wegzuräumen, welche über einen Baumstumpf angehäuft waren, um nach Eidechsen zu suchen, als ganz unvermutet unter einem Stein eine große Maus mich anstarrte. Im ersten Moment waren Mensch und Tier aufs höchste erschrocken, doch die Maus faßte sich rascher wie ich und war wie der Blitz in einem Erdloch verschwunden, bevor ich mit der ungeschützten Hand zugreifen konnte. Alles Graben half nichts mehr, und fluchend konnte ich den Heimweg antreten. Ob Feldmaus (. Microtus nrvahs ) oder die große Wasserratte vorlag, ist mir ungewiß. 44 < 184 Reptilia, Reptilien. Lacerta cigilis L., Zauneidechse. a) Stammform, typica. Tuchei. Einzelne alte und junge Stücke, von ver- schiedenen Lokalitäten erhalten. Halbwüchsig, Weg nachRudabrück. Bei derOber- försterei Schwiedt, ein Exemplar. Brunstplatz. Mehrere alte und junge Exem- plare erhalten, bezw. selbst gesammelt, z. B. Waldrand Brunstplatz. Adlershorst und Umgegend, mehrfach gesammelt, z. B. bei der Försterei, alt und jung, junge Stücke Waldlichtung oberhalb Adlershorst, Graben am Waldrand am Miedzno- see, Weg Adlershorst-Chirkowa im Heidekraut, in Kiefernschonung, alt und jung in der Chirkowa bei Försterei Eichwald, junge Stücke nördlich Adlers- horst im Haselgesträuch, am Weg Adlershorst-Swatno (ein Exemplar Übergang zu erythronotus). Um Schwetz. An den Teufelsbergen, sehr häufig, alt und jung, in verschiedenen Zeichnungsvarietäten, var. erythronotus wurde entschieden vermißt! Chaussee nach Sulnowo, junge Stücke. Var. erythronotus. Feldrain am Rittergut Neutuchei, ein altes Stück. Weg Tuchel-Schwiedt, an einem Abhang im Walde, näher dem letzteren Ort, ein junges Stück. Große Waldwiese zwischen Trutnow und Brunstplatz, altes Stück. Waldsaum bei Brunstplatz, ein altes Stück, mit spärlichen, kleinen Flecken. Ferner einzelne junge Stücke von gleichem Ort, erhalten. Trockener Graben am Waldrand bei Adlershorst. Die Form bewohnt also mit Aus- nahme von Schwetz die gleichen Örtlichkeiten mit der Stammform, ist aber seltener. Auf ihr merkwürdiges Verhältnis zu der Stammform kann ich hier nicht näher eingehen, ebensowenig auf die Abänderungen in der Zeichnung der typischen Stücke. Die var. erythronotus ist neu für Westpreussen, war aber von Pommern, Ostpreußen, Brandenburg längst bekannt. Lacerta vivipara Jaqu. Die Wald- und Bergeidechse, welche man jedoch ebenso gut Mooreidechse nennen könnte, wurde von mir bei Tuchei und Schwetz nicht gesammelt. Die spärlichen Funde beschränken sich auf Brunstplatz, Adlershorst, Chirkowa. Hierunter fanden sich jedoch zwei Riesen- stücke, das eine, I4V2 cm lang, auf der kleinen Wald wiese bei Brunstplatz, das andere, 153 mm lang, auf der Cirkowski wiese bei Adlershorst erbeutet. Ein drittes Riesenstück in der Chirkowa entwischte mir leider, wie berichtet. Die Normalgröße der Art beträgt, in Norddeutschland wenigstens, 10 — 12, seltener 14 — 15 und nur ausnahmsweise 16 cm, wie Dürigen (1. c.), pg. 168, richtig angibt. Auf der kleinen Waldwiese bei Brunstplatz wurden noch einige junge und ein erwachsenes Stück, Schwanz regeneriert, beobachtet; im Erlen- bruch in der Chirkowa sah ich eine mittelgroße und mehrere junge Stücke, andere junge Stücke fingen wir im Haselgesträuch nördlich Adlershorst, drei ältere und junge am Entwässerungsgraben am Miedznosee, sowie ein junges am Wege Adlershorst-Swatno. Ein Exemplar ward an den Zatokken gefangen. Wie im Reisebericht ausgeführt, kommt sie häufig mit Lacerta agilis ver- gesellschaftet vor. 45 185 Anguis frag Ms L., Blindschleiche. Von dieser gemeinen Wühleidechse erhielt ich nur drei Exemplare vom Moor nordwestlich Brunstplatz, die Trocken- heit hatte auch sie verscheucht! Für die Chirkowa und die Teufelsberge bei Schwetz wurde mir ihr Vorkommen mit Bestimmtheit angegeben. Tropidonotus natrix L., Ringelnatter. Auch diese weitverbreitete Art liegt mir nur in einer abgezogenen Haut von den Teufelsbergen bei Schwetz vor. Hie betreffende Natter selbst wurde von Herrn stud. Pompecki auf- gestöbert, verschwand aber in einem Erdloch. Wie Knaben berichteten, hatten sie eine Natter, sicher das gleiche Tier, Tages zuvor im nahen Tümpel be- merkt* Vipera berus L., Kreuzotter. Aus dem Moorgebiet nordwestlich Brunst- platz erhielt ich zur Zeit meiner Anwesenheit drei erwachsene Exemplare, deren nähere Fundorte im Reisebericht angegeben sind. Zwei weitere Exemplare erhielt ich nachträglich von Fräulein Hedwig Hammeler in Brunstplatz, hierunter ein Exemplar der ,, Höllennatter“, var. prester , mit völlig schwarzer Oberseite. Das Tier war in Häutung begriffen. Beide Tiere wurden, nach freundlicher, brieflicher Mitteilung, im September 1900, also kurz nach meiner Abreise, nordwestlich von Blondzmin, jedenfalls am gleichen Fundort, gefangen. Amphibia, Amphibien. Kana esculenta L., grüner Wasserfrosch. Dieser fast in der ganzen paläarktischen Region, mit Ausnahme des hohen Nordens, weit verbreitete Formenkreis zerfällt in mehrere scharf geschiedene Varietäten oder Unter- arten, deren Abgrenzung jedoch den Forschern schon viel zu schaffen gemacht hat, da sie durch Zwischenglieder miteinander verknüpft sind. Boulenger, welcher dieser Frage ein besonderes Augenmerk widmete, unterscheidet in seinen Veröffentlichungen über diesen Gegenstand1) vier Varietäten, die var. ridibunda Pall., var. typica , var. Lessonae, var. chinensis. Letztere, welche durch einen äußerst starken Metatarsaltuberkel gekennzeichnet ist, bewohnt mit Sicherheit nur Japan, Korea sowie Teile Chinas und Siams. Mit der Ver- breitung der drei übrigen, auch in Deutschland vertretenen Formen habe ich mich vor langen Jahren eingehend befaßt und ein großes Material zusamjnen- getragen, ohne zu einem rechten Abschluß zu gelangen. Die reichen Funde in der Tucheier Heide veranlaßten mich, die Untersuchung unter ausschließ- licher Beschränkung auf das frischgefangene, von mir Stück für Stück an Ort und Stelle noch lebend geprüfte Material meines Reisegebietes wieder auf- zunehmen. Das Resultat war nicht ohne Interesse. Alle drei sogenannten Varietäten finden sich in der Heide oder in der nahen Weichselniederung bei Schwetz in wohl charakterisierten, durchaus . , typischen“ Exemplaren, welche A) Boulenger, the tailless Batrachians of Europe. Roy. Society. Part II, for 1897, erschienen 1898, pg. 265 ff, Taf. XVI und XVII; siehe auch a contribution to the knowledge of the races of Rana esculenta , Proc. Zool. Soc. London 1891, pg. 374. 46 186 gar keinen Zweifel an der Berechtigung der Scheidung in Varietäten auf- kommen lassen, teils für sich, teils vergesellschaftet im gleichen Gewässer. Daneben finden sich relativ spärlich Individuen mit unbestimmten Charakteren, welche man ebenso wohl als „Übergangsform“ wie als ,, Bastarde“ bezeichnen könnte, nach anderer Auffassung aber auch den Rückschlag auf die ursprüng- liche Stammform darstellen. (Beides deckt sich im Grunde. Haben sich aus einer Form b zwei extreme Formen, a und c, entwickelt, so dürfte die Kreuzung von a und c ein Produkt ergeben, welches der Form b mehr oder weniger nahe kommt.) Die drei Formen der Tucheier Heide sind übrigens in der Gegenwart keinenfalls als geographische Varietäten, vikariierende Formen, welche nur auf einem schmalen Grenzrayon nebeneinander Vorkommen, zu betrachten: Denn die echte Rana esculenta typica und var. ridibunda kommen nach Ausweis meiner Belegstücke von Moskau bezw. der Wolga an bis Kreuznach an der Nahe nebeneinander vor, und anderseits bewohnen Rana esculenta typica und var. Lessonae ein Gebiet von — nach meiner Schätzung — 20 000 □Meilen gemeinsam! Eher könnte man sie als Standortsformen betrachten. Doch stehen wir auch hier vor manchem Rätsel. Eine andere Frage ist, ob die Varietäten nicht verschiedenen geographischen Ursprungs sind, eine Frage, die bei dem nachweislich hohen, geologischen Alter der ganzen esculenta- Gruppe nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Kennen wir doch aus der Miocänperiode bei Rott und Mainz vollständige Froschskelette und einzelne Knochen, die von Rana esculenta kaum zu unter- scheiden sind, sicher aber dieser Art näher stehen als z. B. die Knochen der Rana arvalis jenen von Rana temporaria1). (Leider ist der Metatarsaltuberkel, welcher uns die schönsten Hypothesen ermöglichen würde, im Knochen noch nie tadellos erhalten gefunden!) Seit jener Periode hat Europa, namentlich nördlich der Alpen, so beträchtliche, klimatische Änderungen durchgemacht, daß in dem Bestände seiner Tierwelt mehrfach große Umwälzungen eintraten. Bei der Bestimmung dieser drei Formen sind nach Boulenger besonders folgende Merkmale zu beachten: 1. Die Entwicklung des inneren Metatarsaltuberkels (siehe Tafel, T), welcher groß oder klein, stumpf oder zusammengedrückt ist. Die Länge wird längs der Anheftung des Tuberkels an den Fuß gemessen, und die Länge des letzteren wird auch mit jener des Unterschenkels (im Fleisch) verglichen. 2. Das Verhältnis der Länge des Unterschenkels zum Oberschenkel. Dies ersieht man, wenn man beide Schenkel aneinander legt und die Unterschenkel im rechten Winkel zur Achse des Körpers hält. Dann findet man, daß die Unterschenkel mit ihren Enden übereinander hinausragen, oder sich berühren, oder sich überhaupt nicht erreichen. Das erstere Verhältnis trifft man nur bei var. ridibunda , und nur dies Merkmal unterscheidet sie scharf von den anderen. i) Wolterstorff, über ein Exemplar von Rana Meriani v. M. im Senckenb er gischen Museum zu Frankfurt a. M. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M. für 1900. 47 187 3. Die Gegenwart oder das Fehlen des lebhaft gelben Pigmentes in der Gegend der Weichen und auf den „Hinterbacken“, der Rückseite der Ober- schenkel. Dies Pigment fehlt bei Rana esculenta ridibunda stets, bei typica sehr selten. Leider verblaßt diese Farbe bei Spiritusexemplaren in der Regel. Mittels der erstgenannten beiden Charaktere sind wir nach Boulenger imstande, „folgende Bestimmungstabelle zu entwerfen, welche nur insofern unvollständig ist, als Form 2 [var. typica] und Form 3 [var. Lessonae ] nicht absolut sicher zu unterscheiden sind. Diese Schwierigkeit kann auch nicht überwunden werden, da beide Formen vollständig ineinander übergehen und künftige Forschungen vielleicht ihre Trennung als nicht ratsam erweisen werden“. Metatarsaltuberkel Unterschenkel überragend Unterschenkel nicht über- ragend (Aus Boulenger, tailless Batrachians.) Nach meiner Auffassung besteht zwischen der Größe des Metatarsal- tuberkels und der Länge des Unterschenkels Wechselbeziehung, Korrelation. Je kürzer der Schenkel, um so kräftiger ist der Tuberkel, wohl behufs Er- höhung der Sprungfertigkeit. In ähnlicher Weise kann man bei künstlicher Verstümmelung eines Bewegungsorganes eine stärkere Entwicklung anderer Partien behufs des Ausgleiches, der Kompensation, beobachten. Auf diese noch wenig berührte interessante Seite der E'scw/enfa-Varietäten-Frage sei hier wenigstens kurz verwiesen. Welche Umstände oder Lebensbedingungen seiner- zeit diese Variationen veranlaßten, darüber läßt sich jetzt, wie bemerkt, noch gar nichts angeben. Der obigen Einteilung Boulenger’s kann ich nicht in allem beipflichten. Zum ersten gebührt der var. ridibunda und der var. typica, sowie der var. chinensis durchaus der Rang einer Subspecies im Sinne moderner, systematischer Forschung. Die var. chinensis könnte sogar, als systematisch und geographisch völlig geschieden, den Rang einer Art wieder erhalten. Dagegen betrachte ich die var. Lessonae als einfache Varietät oder extremste Form der subspecies typica , da im Gesamthabitus und der Färbung keine sicheren Unterschiede bestehen. In einer kurzen Übersicht der Amphibien Westpreußens1) schied ich die Form überhaupt nicht besonders aus. In- zwischen hat Boulenger obige etwas veränderte und genauere Abgrenzung vor- genommen, welche es ermöglicht, typica und Lessonae vorbehaltlich aller Über- gänge in der Regel gut auseinanderzuhalten und den eigenen Namen für die merkwürdige, extreme Form gerechtfertigt erscheinen läßt. Davon überzeugten mich auch die eigenen Funde in der Tucheier Heide, ließen sich doch selbst die jungen, eben verwandelten Frösche wenigsteus teilweise sofort richtig bestimmen. 1. ridibunda 2 72 — 4 III § 87,-14 1 2. typica 2 — 3 fäll 7-10 3. Lessonae 1 1/2 — 2 S :5s S "a 5 — 8 G +j ö cS •rH 'oß £ 0) ^3 ’cS :c3 >— ) ’ü 'S £ h-3 m ® *) Schriften Naturforsch. Ges. Danzig 1889, siehe pg. 264. 48 188 Unter dem Namen var. ridibunda vereinigt Boulenger sämtliche Esculenta- Formen Westasiens, Nordafrikas, Spaniens und die langbeinigen Formen Ost- und Mitteleuropas. Dies geht aber wohl zu weit. Nach meiner Ansicht werden sich bei fortschreitender Kenntnis doch mehrere gut charakterisierte geo- graphische Varietäten oder Lokalrassen innerhalb der subspecies ridibunda unterscheiden lassen, welche durch klimatische und physikalische Verhältnisse bedingt werden. Den Namen Rana esculenta subsp. ridibunda im engeren Sinne würde ich nur der wohl ausgesprochenen Riesenform zuerkennen, welche mir von Ostrußland bis zum Mittelrhein1) bekannt ist. Innerhalb dieses Gebietes sah ich, von den ,, Übergängen zu typica “ abgesehen, keine triftigen Unter- schiede, und auch die Lebensbedingungen sind ziemlich die gleichen, da die Frösche am Mittelrhein nur in den weiten Ebenen des Rheins und Unter- Mains häufig sind. Nachstehend gebe ich Boulengers Diagnosen (Tailless Batrachians 1898), soweit nicht schon in obiger Tabelle enthalten, abgekürzt wieder, im übrigen sei auf dies Werk, und Brehm-Böttger, Tierleben verwiesen. Rana esculenta subsp. ridibunda Pall. Innerer Metatarsaltuberkel klein, stumpf, schwach hervorragend. Schnauze meist etwas kürzer und weniger vorspringend als in der subsp. typica. Haut meist mehr oder weniger warzig. Oberseite olivenfarben oder bronze - olivenfarben bis dunkelbraun. Heller Vertebralstreifen. An den Schenkeln und Weichen niemals gelb gefleckt. Schallblasen schwärzlich bis grau. Rana esculenta subsp. typica. Metatarsaltuberkel stark zusammengedrückt, vorspringend. Haut glatt oder mit kleinen Warzen. Vorspringende Seiten- wülste. Oberseite lebhaft grün oder braun, einfarbig oder (meist!) schwarz- gefleckt. Weichen und Hinterseiten der Oberschenkel meist mehr oder weniger intensiv gelb und schwarz gefleckt. Schallblasen weißlich oder etwas grau. Rana esculenta subsp. typica var. Lessonae Cam. Metatarsaltuberkel sehr stark zusammengedrückt, hart, halbmondförmig; seine Höhe (in der Wölbung) beträgt die Hälfte seiner Länge. Färbung kaum verschieden vom Typus (aber meist lebhafter, intensiver). Hinterseite der Schenkel und Weichen auf intensiv gelbem oder orangegelbem Grunde zierlich schwarz gefleckt. Englische Exemplare sind nach Boulenger oben olivenbraun oder bronzebraun, schwarz gefleckt, Seitenwülstelichter gefärbt, mit blaßgelber oder blaßgrüner Vertebral- linie. (Ganz gleiche Exemplare kenne ich sowohl von Norditalien wie aus der Tucheier Heide). ln folgender Zusammenstellung der Funde in meinem Reisegebiet rechne ich alle Individuen, deren Maße innerhalb der angegebenen Grenzen (siehe Tabelle!) liegen, den betreffenden Formen bei, alle irgend zweifelhaften Stücke betrachte ich als Übergänge. *) d. h. bis zum nördlichsten Teil der Oberrheinischen Tiefebene. 49 189 Rana esculenta subsp. ridibunda Pall. Siehe Taf., Fig. VII. Die beste existierende Abbildung gibt Boulenger, a Description of the German River-Frog, ( Rana esculenta var. ridibunda ), Proc. Zool. Soc. 1885, Taf. XL reproduziert tailles Batrachians, Taf. 16. Da der Metatarsaltuberkel auf dieser Tafel nicht deutlich abgehoben und im Holzschnitt nur schematisch wiedergegeben ist, gebe ich eine farbige Skizze des Fußes von der Hand Lorenz Müller’s. Mit Sicherheit ist Rana esculenta ridibunda nur aus der Weichselniederunsr und dem unmittelbar anstoßenden Gelände bei Schwetz nachgewiesen. Schwarz- wassertümpel bei Schwetz, mehrere alte und viele junge, diesjährige und halb- wüchsige Stücke. Ein altes Exemplar weist folgende Maße auf: Länge 90, Unterschenkel 47, Innenzehe lU/g, Metatarsaltuberkel (sehr schwach!) 4l/2 mm1). Ein Exemplar, ca. 5/4 Jahr alt, mißt 30, 14, er. 4, er. lx/4 mm. An der toten Weichsel (2 halbwüchsige Stücke). Tümpel unter den Teufelsbergen bei Schwetz, ein Stück typisch, ein anderes Stück, sehr warzig, mit grauen Schallblasen, weist einen kurzen, aber relativ kräftigen Tuberkel auf, Maße: 82, 42, 11, 4. Der starke Tuberkel deutet vielleicht auf Kreuzung mit Rana esculenta typica hin, welche den gleichen Tümpel bewohnt. Schützenhaus Schwetz (Tümpel V), zahlreiche junge Tiere, meist eben verwandelt, z. T. noch mit Stummelschwänzchen, Länge 18 — 22 mm, ferner zwei- und vierbeinige Larven. Tümpel III zwischen Sulnowo und Schwetz, ein diesjähriges Stück, versprengt. Aus der Tucheier Heide selbst liegt mir keine einzige echte ridibunda vor, doch treten an manchen Orten — Sadwornisee, bei Brunstplatz — Frösche mit relativ sehr schwachem Tuberkel und recht blassen, gelben Flecken vor, welche vielleicht von einer Kreuzung von Rana esculenta typica mit ridibunda abstammen. Aus Westpreußen kenne ich Rana esculenta subsp. ridibunda nur noch von Kurzebrack/ Weichsel. (Rehbebg coli.!), also ebenfalls aus der Weichsel- niederung. Dem gleichen Stromgebiet gehören auch Exemplare an, welche Boulenger von Warschau anführt. Rana esculenta subsp. typica . Taf., Fig. V (Fuß). Eine der ältesten und besten Abbildungen dieser Form gibt Rösel in seiner Historia Ranarum unter dem Namen Rana viridis , Taf. XIII und XI Y. Der kräftige Tuberkel, die weißen Schallblasen, die tiefgelben Flecken schließen Verwechslung mit ridibunda aus. Rösel’s Bilder haben vielen Zeichnern, gewöhnlich ohne Namensnennung, zur Vorlage gedient. Ich gebe daher nur die Abbildung des Fußes. — Eine gute Abbildung bringt ferner u. a. Boulenger, Proc. Zool. Soc. 1884, pg. 573, Taf. 55, Fig. 3; reprod. in „Tailless Batrachians“. 0 Die gleiche Reihenfolge gilt für alle weiteren Messungen, der Kürze halber fallen die näheren Bezeichnungen, „Länge“ usw., weg. 50 190 a) Die nachstehend angeführten Tiere sind im Aussehen der subsp. ridibunda ähnlich, fallen aber nach Boulenger’s Abgrenzung noch unter den Begriff der subsp. typica. Sadwornisee bei Polnisch Cekzin. Mehrere etwas düster gefärbte Tiere, Tuberkel schwach, stumpf, ridibunda-^ hnlich, aber lang. Maße eines §: 76, 35, 10 V„ 5 mm. Daneben finden sich ganz typische Exemplare. Carlshorst am Bagno bei Ebensee. Ein mageres (krankes?) Tier, 5, im Äußern ähnlich einer nicht voll erwachsenen Rana esculenta subsp. $ ridibunda-, Tuberkel lang, aber schwach. Schenkel für ridibunda zu kurz. Maße: 68, 34, 8 1/2 , 4 mm. Zwischen dem kleinen Moor westlich Brunstplatz und dem Blondzminer Dorfteich fanden sich in Torfstichen 6 Exemplare, welche mehr oder weniger an ridibunda erinnern. No. 3, grünlich gefärbt, Schenkel gelblich-grün und z. T. weißlich gefleckt1) Maße: 95, — , 10y2, 5 mm. No. 5: Graugrün, Rücken- streifen gelblich-grün, Schenkel gelblich-grün bis gelb gefleckt, Maße: 76, 35, 9V2, 4V4. No. 6, Oberseite grün, Schenkel gelblich-grünlich gefleckt, Tuberkel schwach. Maße: 76, 34, 10, 4V2. No. 7: Ganz ähnlich. No. 8: Graubraun, Schenkelflecken blaßgelblich bis gelblich -grünlich. 63, 28, 7%, 33/4. No. 9 wie No. 5. Tuberkel schwach. — Ein anderes Exemplar vom gleichen Platze (No. 4) ist völlig typisch, als dritte Abstufung fand sich die echte var. Lesso?iae! b) Reiner Typus. Hierzu rechne ich alle Wasserfrösche, deren Meta- tarsaltuberkel kräftig, dick, aber nicht deutlich halbmondförmig gewölbt ist und etwa die Hälfte der Innenzehe mißt, bei welchen sich ferner die Schenkel noch berühren und deren Kolorit, ein mehr oder weniger lebhaftes Grün, deutlich gelbes Pigment jede Verwechslung mit ridibunda auch äußerlich ausschließt. Die Summe von Merkmalen ist es, welche meines Erachtens den reinen Typus kennzeichnet. Doch führt unter den nachstehend aufgezählten Exemplaren manches noch zu a) hinüber, und bei anderen, namentlich jungen Stücken ist die Abgrenzung von var. Lessonae schwierig. Von West nach Ost beobachtete ich die Form an folgenden Orten: Um Tuchei. Kleiner See westlich Tuchei, drei Exemplare. Maße. J 80, 38, 10, fast 5 mm. 3V2 mm. Grube auf Wiese bei Tuchei 8 Exemplare. Tuberkel meist kräftig, bei manchen Stücken schwächer. Größtes §: 83, 36, 10, 5 mm. Hier auch eine Larve, 85 mm lang (11. August 1900). Um Brustplatz und Blondzmin. Inselchen im Blondzminer See. cT 68, 32, 872, 4V2 mm, den Dimensionen nach bereits an der Grenze zu var. Lessonae , aber die Schenkel berühren sich noch! Dorfteich Blondzmin, ein 5, Tuberkel kräftig. Entspricht in den Maßen völlig der Berliner Form, für welche Boulenger seinerzeit zuerst den Namen typica an wandte, 83, 36, 10 — 10x/2, 5 mm. 0 Diese Angaben sind unmittelbar nach dem Tode verzeichnet. 191 Westufer des Blondzminer Sees, ein 5, Tuberkel kräftig, doch nicht groß, 78, 35, 9, 4V2 mm. Torfausstiche zwischen dem kleinen Moor, Brunstplatz und dem Dorfteich Blondzmin, einzelne Stücke mit kräftigem Tuberkel. Gräben zwischen Brunstplatz und Blondzmin, einzelne Stücke, z. T. ähnlich Form a). Ein J, 77, 33, 972, über 4 mm, besitzt eine verstümmelte und verdickte Hand- wurzel, aus welcher drei abgestorbene Fingerglieder, einer Totenhand ähnlich, frei hervorstehen. Meine Vermutung, daß die schwere Verletzung (an Ge- schwürbildung dieser Art erkrankte Tiere sterben in der Gefangenschaft stets) ausgeheilt sei, erwies sich doch als irrig. Gelegentlich der Messung nahm ich das Exemplar mit der Pinzette aus dem Glase, da brach der Arm glatt ab und das Innere des Oberarms erwies sich als völlig morsch. — Ferner um Brunstplatz einige junge Stücke, 22 — 29 mm lang, und Larven. Salescher See, ein 2, 75, 34, 10, 47? nun, sechs eben verwandelte junge Tiere, 23, 10 V9, 3, U/4 mm (26. August 1900). Zwischen Brunstplatz und Osche. Torfstich am Bagno bei Carls- horst, ein 86, 36, 11, 5 mm (also im Unterschenkel relativ kürzer als Form a) vom gleichen Platze) und junge, eben verwandelte Tiere (28. August). Kleiner See nördlich Pniewno, zwei junge Stücke, Tuberkel ziemlich stark, Übergang zu Lessonaef 29, 13, 372, wenigstens ls/4 mm. Tümpel nördlich Ebensee, ein §, reiner Typus, 79, 34, 9, 4Y2 mm. Ententümpel an der Straße nach Lianno, zwischen Ebensee und Andreasthal, zahlreiche junge Stücke, eben verwandelt, z. T. noch mit Schwänzchen (28. August). Kleiner See nördlich von Lianno, ein junges Stück, mit var. Lessonae vergesellschaftet, 30, 14, 4, 1 mm. Ententümpel etwas südlich von Marienfelde, Larven vor der Verwandlung, Maße ohne Schwanz 25, 1172? 3? U/u 25, 12. 372, 1V2> und viele junge, kräftige Stücke, 27, 12, 372, mindestens l1/* mm (31. August 1900). Tümpel dicht südlich Marienfelde ein interessantes „abirrendes“ Individuum, §, der Tuberkel ist im Verhältnis zu anderen Heidestücken auffällig klein — Boulenger gibt solche Stücke nur von Italien und Frankreich an — , aber die kurzen Schenkel und die Färbung, ganz grün; schwache, gelbe Schenkelflecken sprechen für die var. typica. Maße 69, 32, 9, 3 3/4 mm. Marienfelder See (Original zur Taf., Fig. V) J, 78, 34, 9l/2, 41/2 mm. Ein anderes J mißt 79, 36, 10, 5 mm, ein drittes 5, Färbung typisch grün, schwarzgefleckt, Schenkel mäßig gelb gefleckt, 86, 37, 1072, 5 mm, ein viertes, ebenso gefärbt, aber mit leb- haft gelben Schenkelflecken, 83, 35, 1072, 5 mm. Ein Exemplar, grün, ins Oliven- bräunliche spielend, mit lebhaft gelben Flecken, 72, 33, 10, 4Y2 mm. Ein Exemplar ist bräunlich bis braun gefärbt, schwarz gefleckt, der Rückenstreifen gelblich, die Schenkelflecken lebhaft gelb, Länge 75 mm, Innenzehe 9V2, Tuberkel 47 2 mm (Unterschenkel nicht notiert). Am gleichen Fundort noch viele junge Stücke. — Alle diese Maße stimmen vortrefflich mit den Dimensionen großer norddeutscher Stücke, wie sie Boulenger von Berlin und Lolland angibt, über- ein. Der Marienfelder See ist fast der einzige Platz, wo sich zahlreiche große Exemplare des reinen Typus erbeuten ließen, ohne Zwischenformen, trotz des 52 192 gemeinsamen Vorkommens mit der var. Lessonae, welche aber die wenige Schritte entfernten Moorlachen bevorzugte. Ös che und Miedznosee. Moorwiesen um Osche. Ein S, etwas warzig, graugrün, schwach gelb gefleckt, 63, 29, 8, 4 mm, <5, 61, 29, 7, 3x/2 — 33/4 mm. Moorwiese in Osche selbst, viele junge Tiere, gesammelt am 6. September, teils frisch verwandelt, teils etwas älter. Schenkel berühren sich. Tuberkel in der Stärke etwas wechselnd. Maße einiger Stücke: 29, 13, 3x/2, über lx/2 mm; 35, 15, 4x/2, fast 2 mm; 40, 18, 5, 2x/4 mm; 40, 18, 5, 2x/2 mm. Am 16. September wurden in zwei Tümpeln, wenn ich nicht irre, viele Larven, zweibeinig, vierbeinig, 55—78 mm lang, in allen Übergängen und in Ver- wandlung, gesammelt, leider nicht auseinander gehalten. Die größten erinnern z. T. an var. Lessonae , sind heller gefärbt, aber die noch schwachen Tuberkel erschweren die Bestimmung. Sie messen bis 78 mm (Körperlänge 30 mm), ein Stück mit Schwanzstummel mißt 31, 14, 4, lx/2 mm. Die kleineren Larven sind dunkler gefärbt, eine Larve von 55 mm Länge mißt im Körper 25 mm. Am 16. September wurden an verschiedenen Stellen noch zahlreiche junge und halbwüchsige Stücke in und um Osche gesammelt, Maße eines Exemplars: 37, 16x/2, 4x/2, über 2 mm. Graben am Miedznosee bei Adlershorst: zwei Exemplare, 1. September 1900. No. 4 : (5, oben ganz grasgrün, fast fleckenlos, Schenkel mäßig intensiv gelb- gefleckt, Tuberkel ziemlich schwach, 59, 28, 8, 33/4 mm. No. 5 vom 1. Sep- tember 1900: oben fahlbräunlich, Schenkel gelbgefleckt, Tuberkel eine Spur stärker, cf1, 64, 29, 8, 4 mm. Ein 5 mißt 72, 33, 8x/2, 4x/4 mm. Mehrere andere Stücke zeigen ähnliche Maße. Kalter Quellsumpf bei der Försterei, ein $, 76, 33, 9, 4x/2 mm. An der Halbinsel (Erlenhochmoor) im südlichen Teil des Miedznosees viele junge Stücke und Larven (13. September 1900). Erstere messen 15, 16, 18, 19, 20, 20, 23 mm, die größten sind wohl schon einjährig? Auch die Larven sind klein, eine zweibeinige mißt 42 mm, zwei vierbeinige 40 bezw. 50 mm. Es liegt hier sicher eine Hungerform vor. Ein Exemplar scheint einen großen parasitischen Wurm zu bergen; ein anderes, an einem nahen Bootsausstich gesammelt, war auf einem Auge völlig erblindet, sicher bereits vom Larvenzustand her. Umgebung von Schwetz. Decznosee, viele junge Tiere, 9. Sep- tember 1900. Das kleinste, eben verwandelte Stück mißt 24, 11, 3, lx/2 mm, das größte 32, 15, 4, 2 mm. Tümpel 11 bei Sulnowo-Schwetz: drei junge Stücke, in der Tuberkeliänge etwas verschieden. Tümpel III: ein junges Stück. Torf- stich Sulnowo: zwei Larven, vierbeinig, eine 67 mm lang; ein eben verwan- deltes, ein halbwüchsiges Stück. Kleiner Teich bei Marienhöhe, viele, junge Stücke. Tümpel unter den Teufelsbergen bei Schwetz, Weichselniederung. Ein $: 81, 37, 9, 5 mm, ein ?: 70, 33, 8x/2 — 9, 4x/2 — 43/4 mm. Ein drittes Exemplar, großes cf, sehr warzig mit grauen Schallblasen, langen Unter- schenkeln, aber gelben Schenkelflecken, und starkem Tuberkel, vermag ich 53 193 an keiner bestimmten Stelle unterzubringen. Man möchte es für Bastard zwischen Kana, esculenta ridibunda und der var. Lessonae halten! Maße: 81, 38, 8 V2, 5V2 mm. Der Metatarsaltuberkel ist offenbar weit länger als die Hälfte der Innenzehe, aber minder stark als bei var. Lessonae . Zwei junge Stücke des gleichen Fundortes gehören der subsp. typica an. c) Übergangsform zwischen Kana esculenta subsp. typica und der var. Lessonae , aber meines Erachtens dem Typus noch näher stehend, namentlich in bezug auf den allgemeinen Habitus und die Länge der Schenkel. Der Tuberkel ist jedoch kräftiger. Solche Stücke beobachtete ich namentlich an der Cirkowskiwiese und am Graben bei Adlershorst. Der Übergang voll- zieht sich ganz allmählich. Cirkowskiwiese. Ein §, (Nr. 9 vom 1. September 1900) mißt 72, 29, 7V2 und 4x/4 mm. Ein schön braun, ganz wie die braune Form von var. Lessonae gefärbt: 64, 29, 7 V2, 33/4. Ein 5 vom 16. September, warzig, grün, hinten bräunlich überflogen, mit kräftigem, doch nicht gewölbtem Tuberkel, mißt 69, 31, 8 bis höchstens 8 Lg, 4Y2mm. Andere Stücke zeigten ähnliche Maße. Am gleichen Orte große Larven, bis 75 mm lang, am 14. September be- obachtet, welche var., ist unsicher. Graben am Miedznosee. Ein cf1: 64, 29, 8, 4V2 mm, ein §: 74, 31, 8 V2, 4 72 mm. Kana esculenta subsp. typica var. Lessonae , Cam. Tafel, Fig. IV (ganze Figur) und VI (Fuß). Boulenger’s Abbildung in Proc. Zool. 1885, pg. 573, Taf. 55, Fig. 1, 2, reproduziert in „Tailless Batrachians“, Taf. XVII, gibt nur die braune Form Englands wieder, die gelben Schenkelflecken, der Metatarsal- tuberkel werden nicht erkannt. Ich gebe daher Lorenz Müller’s schöne Abbildung eines grünen § und eine kolorierte Figur des Fußes, welche besser als schematisierende Holzschnitte das wirkliche Aussehen des Metatarsal- tuberkels zeigen. Die var. Lessonae ist nicht nur die kleinste, sondern auch schönste und, ich möchte sagen, ebenmäßigst gebaute Form unserer Wasser- frösche. Trotz oder gerade wegen der kürzeren Hinterbeine ist ihr ganzer Habitus zierlich. a) Übergangsform, Kreuzung mit subsp. typica*! Die folgenden Exemplare schließen sich unmittelbar an Form c) der subsp. typica an, die Trennung ist im Grunde willkürlich. Meines Erachtens stehen sie an der Grenze, bezw. der Lessonae näher. Moorwiese Os che. Ein §: Schenkel berühren sich nicht. Tuberkel mäßig gewölbt. Anscheinend bleiben die Tuberkel bei sehr alten Tieren im Wachstum zurück. Maße: 83, 34, 10, 5 mm. Cirkowskiwiese. Ein §, Tuberkel wohl vom Alter stumpf, mißt 82, 34, 9— 93/2, 5 mm. Ein zweites § mißt 76, 31, 9, 43/2 — 43/4 mm. Bei diesen großen, alten Tieren ist scharfe Unterscheidung ebenso schwierig wie bei den Jungen. b) Reine Form. Zu var. Lessonae im engeren Sinn des Wortes rechne ich nur jene Wasserfrösche der Heide, deren Tuberkel, kurzgesagt, 2/3 der 54 13 194 Innenzehe mißt. Das Verhältnis schwankt jedoch zwischen 3 : 5 und 5 : 7, gelegentlich wird der Tuberkel noch größer. Das zweite charakteristische Merkmal, die relative Kürze der Unterschenkel, ist nicht stets zuverlässig. Um Tuchei und Polnisch Cekzin fand ich noch keine hierzu gehörende Tiere, bei Schwetz beobachtete ich die Form nur einmal sicher, ihr Ver- breitungsgebiet ist das Zentrum der Heide, die Gegend von Brunstplatz, Osche, Adlershorst, wo sie oft mit der subsp. typica zusammen vorkommt und an Häufigkeit mit ihr und der Rana arvalis wetteifert. Zum ersten Male entdeckte ich zwei Exemplare am kleinen Moor am Cisbusch, weitere Fundorte sind z. B. Kleines Moor dicht westlich Brunst- platz, Moorgebiet nordwestlich Brunstplatz; häufig, nur einige Stücke ge- sammelt. Ein cT von letzterem Orte, sehr dunkel bräunlich, selbst am Tuberkel dunkel gefärbt, mißt 59, 25, 6, 4V2 mm. Gräben zwischen Brunstplatz undBlondzminer See (Nachtjagd am 19. August), mit typica vergesellschaftet. Torfausstiche zwischen Kleines Moor Brunstplatz und Blondzminer Dorfteich; ein grünes, ein schön braunes (wie bei Boulenger abgebildet) Exemplar. Im Blondzminer See, wo Wasserfrösche überhaupt selten waren, vermißt. Salescher See, ein altes J : 61, 26, 63/4, 4 V2 mm. Ein junges Stück, mit Schwänzchen, mißt 23, 10, 3, mm, gehört vielleicht noch zu typica ? Die übrigen Stücke des Fundortes haben jedoch einen schwächeren Tuberkel. Zwischen Brunstplatz und Osche. Torfstich am Bagno bei Carlshorst, ein cT: 65, 27, 7 1/2 , 5 mm. Moortümpel nördlich Ebensee, ein Stück. Kleiner See nördlich von Pniewno, ein altes, ein halbwüchsiges Stück. Kleiner See nördlich von Lianno, ein cf: 60, 26, 7, 43/4 — 5 mm, mehrere junge Stücke, 23, 10, 21/ 2, l3/.i? 26, 11, 3, fast 2 mm. Marienfelder See, häufig, aber großen- teils nicht im See selbst, sondern in einer Moorlache und Gräben. Original zur Tafel, Fig. IV, §, mißt 61, 24, 672, über 5 mm! Original zu Fig. VI, 5, mißt 66, 28, 61/2 , 5 mm. Ein anderes Stück, lebhaft grün, im hinteren Teil des Rückens graubraun überflogen, 59, 26, 672, 43/4 mm. Ein viertes Stück war völlig braun, wie Boulenger angibt. Einige andere Tiere zeigen ähnliche Maße. Im Schwarz wasser bei Osche (Zatokken) ein 65, 30, l1/2, 5 mm. Osche und Miedznosee. Moorwiesen in und um Osche, häufig. Ein $, schön braun, hellgestreift: 66, 27, 7, über 5 mm; ein 63, 27, 7, 5; ein §, prächtig grün, stark orangegelb gefleckt, Tuberkel vom Alter etwas ab- gestumpft, mißt 75, 29, 7, 5 mm; ein anderes §: 65, 28, 7, 5 mm; ein J: 67, 28, 772, 5 mm; ein d* grün: 53, 22, 6, 4 mm. Am gleichen Ort finden sich viele junge Stücke, welche z. T. schwer von Jungen der subsp. typica zu unterscheiden sind, die an gleichem Platz vor- kommt, Maße z. B. 36, 15, 4, 274 mm; 36, 16, 33/4, fast 3 mm; 36, 16, über 4, fast 3 mm; 41, 17, 5, über 3 mm usw. Cirkowskiwiese. Die großen, zweifelhaften Stücke sind schon erwähnt. Mehrere Exemplare, am 1. September gefangen, messen: ein J 63, 26, 7V2, 55 195 5 mm; ein 61, 24, 6V2, 4V2; ein braunes J: 69, 27, 7 V2 , 5 mm; ein cf: 56, 24, 6, 4 mm. Eine Anzahl weiterer Stücke, 57 — 64 mm lang, weisen eine Zehenlänge von 6, 6l/2, 7 mm und eine Tuberkellänge von mindestens 4}/2 mm auf. Alle diese Stücke repräsentieren den reinsten, unvermischten Lessonae- Typus, ebenso viele junge Tiere von gleicher Art. Ein Frosch weist am rechten Fuß eine merkwürdige Verstümmlung auf, die fünfte Zehe fehlt, der Metatarsaltuberkel ist regeneriert, aber schwach, stumpf, nur 3 mm lang. Miedznosee. Am Molchgraben bei Adlershorst mehrere Exemplare, Maße z. B. ein §: 64, 26, 71/2, 43/4 mm; ein §• 64, 26, 7, über 5 mm; ein §: 61, 24, 672, 4 mm; ein §: 61, 25, 6 72, 43/4. Diese Angaben beweisen deutlich die Schwankungen in der Größe des Tuberkels selbst bei Tieren von dem- selben Plätzchen! Im trockenen Entwässerungsgraben am Waldrand fing ich ein cf mit relativ kolossalem Tuberkel, Maße: 56, 24, 51/2, 43/4 mm, der Tuberkel ver- hält sieb also zur Zehe wie 19:22! Es ist wohl die stärkste Abweichung von der Normalform ( esculenta typica ), welche mir in der Heide aufstieß. Moorwiesen nördlich Adlershorst, einige junge Tiere. Um Schwetz. Mit Sicherheit nur im Tümpel I bei Sulnowo-Schwetz gefunden, Tuberkel nicht sehr groß, aber halbmondförmig, 30, 12, 372, 2 mm. Vermutlich kommt die Form aber auch in der Schlucht an den Teufelsbergen vor, wenigstens in ihrem oberen Teil bezw. in dem Hochmoor, welchem das Bächlein entspringt. Wie oben erwähnt, gehört das bei „ typica “ erwähnte große rätselhafte Tier von dem Tümpel an den Teufelsbergen, mit langen Unterschenkeln, aber großem Tuberkel als Bastard zwischen ridibunda und Lessonae vielleicht hierher. Überblick. Fassen wir die Sammelergebnisse, welche an ungezählten einzelnen Ge- wässern erzielt wurden, zusammen, so ergibt sich zunächst: Rana esculenta subsp. ridibunda wurde mit Sicherheit nur in der Weichselniederung und in dem unmittelbar anstoßenden Gelände nachgewiesen, nur in einem Fall, an den Teufelsbergen, vergesellschaftet mit erwachsenen Tieren der subsp. typica . Dagegen finden sich an mehreren Orten, so am Sadwornisee, bei Brunst- platz, Individuen der subsp. typica , welche in dieser oder jener Hinsicht an ridibunda erinnern. Rana esculenta subsp. typica fand sich sonst fast allent- halben, wo überhaupt Wasserfrösche gesammelt wurden, und oft mit der var. Lessonae vergesellschaftet. Nur an wenigen kleinen Gewässern fand sich die var. Lessonae ausschließlich, anderseits scheint letzere Form große Seen und Teiche zu meiden. Um Tuchei, Polnisch Cekzin, im Blondzminer See sah ich sie noch nicht, ebenso scheint sie im Miedznosee selbst selten zu sein, während sie in den anstoßendenGräben nicht fehlt und auf der Cirkowskiwiese die häufigere Form ist. 56 13* 196 Fig. 1. Fuß von Rana temporaria L. Betreffs der Übergangsformen zwischen der subsp. typica (Form c) und var. Lessonae (Form a) bin ich mir selbst noch nicht klar geworden. Sichere Resultate würden hier nur durch mühevolle und jahrelange Kreuzungs- und Zuchtversuche in eingefriedigten Tümpeln und Gräben zu erzielen sein. Doch ist die Zahl der Tiere, welche ich nicht sicher zu bestimmen vermochte,, verschwindend klein. Rana temporaria L., Brauner Grasfrosch (vergl. Fig. 1). Allerorts ver- breitet! Meist fand ich diesen Kosmopoliten mit Rana arvalis Nilss. vergesellschaftet, hin und wieder aber ward nur eine von beiden Arten angetroffen, oder die eine überwog die andere an Zahl der Indi- viduen. Ich bin mir nicht klar geworden, ob Rana temporaria in der Tucheier Heide be- sondere Örtlichkeiten bevorzugt. Beide Arten sind gleich häufig, doch habe ich von R. tempo- raria meist nur einzelne Belegstücke konser- viert. Fundorte z. B.; See westlich Tuchei, Weg zum Glebozeksee, Glebozeksee, Hölle b. Schwiedt, alt und jung; Sadwornisee b. Polnisch Cekzin, Cisbusch, Westufer des Blondzminer Sees, am hochge- legenen Felde, zahlreich, groß, Ostufer des Suchauer Sees, Seebruck b. Suchau,. Moorwiesen am Miedznosee, Erlenhochmoor im südlichen Teil des Seesr Chirkowa, ein Exemplar; Entwässerungsgraben am Waldrand des Miedznosees, ein schwarzgeflecktes Exemplar, ähnlich Rana arvalis var. nigromaculata Cirkowskiwiese, zahlreich, bis 72 mm lang; Zatokken b. Osche, alt und jung, bis 71 mm lang; Dorfteich Sulnowoko; Tümpel II bei Sulnowo, hier ein junges, schwarzgeflecktes Stück; Tümpel I, Tümpel III bei Sulnowo -Schwetz, alt und jung; Schützenhaus b. Schwetz; Weichselniederung bei Schwetz auf einer Schilfwiese an der toten Weichsel, viele halbwüchsige Stücke. Besondere Eigentümlichkeiten bot das vorliegende Material nicht. Rana arvalis Nilss., Moorfrosch. (Taf., Fig. I — III und nebenstehende Fig. 2). Der Moorfrosch, welcher bis vor etwa 20 Jahren oft mit dem Grasfrosch verwechselt wurde, ist jetzt durch die Werke von Brehm-Böttger (Tierleben) und Dürigen, Deutschlands Reptilien und Amphibien1), auch den Fernerstehenden zur Genüge bekannt ge- worden. Mit seiner Verbreitung in Deutsch- land habe ich mich wiederholt näher beschäf- tigt und längst die Ansicht ausgesprochen, daß wir in dieser Art nicht etwa eine nordische Form, ein Relikt der Eiszeit, sondern viel- mehr eine Charakterform der großen, nordostdeutschen Tiefebene anzusehen Fig. 2. Fuß von Rana arvalis Nilss. Männchen in Brunst. 9 Magdeburg, ÜREUTZsche Buchhandlung, abgeschlossen 1897. S7 197 haben1), eine Ansicht, welche jetzt allgemein geteilt wird, auch Boulenger hat sie in ,,the tailless ßatrachians“ adoptiert. Ich nahm früher an, daß Rana arvalis vorzugsweise auf die großen Fluß- täler selbst, das Alluvialgebiet, beschränkt sei. Das trifft in dieser Form nicht zu. Als ich im Jahre 1888 mein vorläufiges Verzeichnis der Reptilien und Amphibien der Provinz Sachsen2) veröffentlichte, hatte ich die Art außer im Alluvialgebiet der Elbe und Saale, bei Magdeburg und Halle, nur auf den Uröllwitzer Höhen (Brandberge) mit dem Überrest eines ehemaligen Moor- terrains gefunden, vergesellschaftet mit Rana esculenta subsp. typica var. Lessonae 3). Seitdem beobachtete ich die Art in der Provinz Sachsen wieder- holt auch auf diluvialem Boden, so bei Möser, nahe Magdeburg. Die neuen Funde in der Tucheier Heide bewiesen mir schließlich, daß Rana arvalis wenigstens im Nordosten Deutschlands ebenso gut auf der Hochfläche bezw. im Hügellande von 100 bis 150 Meter Meereshöhe vorkommt, wie Bombinator igneus. Dagegen ist Rana esculenta subsp. ridibunda in jener Gegend, wie erwähnt, fast ausschließlich auf die Niederung beschränkt. Das Verhältnis der lokalen Verbreitung der Rana arvalis zu R. temporaria ist noch nicht völlig aufgeklärt. Häufig kommen sie gemeinsam vor. Aber ich traf merkwürdigerweise Rana arvalis (wörtlich: Feldfrosch) bei Magdeburg in der landwirtschaftlich hoch kultivierten Börde viel seltener als R. temporaria , und entsinne mich noch einiger ähnlicher Beispiele. Insofern hat Boulenger wohl recht, wenn er annimmt, daß der Moorfrosch die Kultur meidet. In der Weichselniederung bei Schwetz fand ich R . arvalis gelegentlich der oben geschilderten kurzen Tour nicht, sondern nur R. temporaria. Es wäre jedoch falsch, aus diesem zufälligen Umstande nun auf ihr Fehlen im Weichsel tal schließen zu wollen. Gleich die erste Exkursion bei Tuchei brachte mir in anderer Hinsicht eine Überraschung. Wie im „Reisebericht“ bemerkt, stieß ich am großen Dombrowskasee auf einen Frosch, den ich im ersten Moment wegen seiner lebhaft schwarzen Zeichnung für Rana temporaria , dann für einen Bastard an- sprach. Weitere Forschungen ergaben, daß diese Farbenspielart, welche ich als var. nigromaculaia zu bezeichnen vorschlage, in der Tucheier Heide ziemlich verbreitet ist. Vielleicht ist mir diese Form schon früher in der Provinz Sachsen aufgestoßen, jedenfalls habe ich sie aber dann übersehen und bin überzeugt, daß sie einen eigenen Namen verdient. Hiernach unterscheide ich J) Wolterstorff, die geographische Verbreitung der Amphibien Deutschlands, ins- besondere Württembergs, Jahreshefte d. Ver. f. vaterländ. Naturkunde Württembergs. Stutt- gart 1890. Dürigen, 1. c. pg. 400, hat die hier zum ersten Male in Zusammenhang ver- öffentlichten Ansichten über die geographische Verbreitung unserer Amphibien teilweise fast wörtlich wiedergegeben, ohne allerdings die Quelle im Text anzugeben. 2) Zeitschrift für ges. Naturwissenschaften, Halle 1888. Auch separat erschienen, Verlag Tausch & Grosse. 3) Dem treuen Begleiter des Moorfrosches in der Tucheier Heide. 58 198 in der Tucheier Heide die drei Farbenspielarten (forma oder var.) typica T striata , nigromaculata. Die var. typica ist auf der Oberseite meist braun oder graubraun, rötlichbraun, ungestreift und schwach gefleckt. Die Flecken bilden eine A förmige Figur im Nacken. Dürigen hat unter dem Namen var. maculata oder fusca wohl diese Form im Auge gehabt, b) var. striata : Die bekannte und charakteristisch gestreifte Form, welche auch Brehm-Böttger und Dürigen abbilden. var. a) und b) sind auf der Tafel XV1I1 bei Boulenger, Tailless Batra- chians, nach Exemplaren der Magdeburger Gegend, welche ich Boulenger übersandte, gut abgebildet. c) var. nigromaculata , Tafel, Fig. I — III. Die Oberseite ist lebhaft schwarz, gefleckt. Die A förmigen Flecken im Nacken sind hier nicht abgehoben, auch die hellen Seitenstreifen treten häufig ganz zurück (Fig. III). In andern Stücken sind sie und der Mittelstreifen schwächer (Fig. I) oder stärker (Fig. II) abgehoben. Fig. II betrachte ich als Übergang zur var. striata. Die Originale zu Fig. I und III lassen sich, von oben gesehen, selbst für den Geübteren schwer von manchen schwarzgefleckten Individuen von R. temporaria unter- scheiden, die Sprenkelung ist aber, so zu sagen, feiner, zierlicher. Das grob gefleckte Exemplar Fig. I ist eine Ausnahme. Der starke Metatarsaltuberkel (auf der Tafel nicht scharf genug abgehoben) macht Verwechslung mit R. temporaria unmöglich. Im übrigen enthebt mich Lorenz Müller’s meister- hafte Darstellung einer weiteren Beschreibung, welche hoffentlich zur Bekannt- gabe weiterer Fundorte dieser Spielart beitragen wird. Ich bin überzeugt, daß var. nigromaculata z. B. an der Ostseeküste weit verbreitet ist. Aus der Provinz Sachsen sind mir solche Stücke, wie erwähnt, nicht erinnerlich. Auch mein leider zu früh heimgegangener Freund Westhoff gibt in seiner wichtigen Arbeit1) nur ein stark schwarzbraun geflecktes Exemplar vom Voerder Moor, nördlich von Osnabrück, an. Eine Beschränkung der var. nigromaculata oder striata auf bestimmte Gebiete oder Bodenformationen der Tucheler Heide habo ich nicht beobachtet, vielfach traf ich alle drei Formen in demselben Ge- wässer! Die Moorfrösche vermögen eben — im Gegensatz zu den Wasser- mollusken - — in dem von Tümpeln, Seen und Gräben erfüllten Gebiete leicht Wanderungen auszuführen, so daß es nicht zur Bildung von Lokalrassen im engeren Sinne des Wortes, wie in Westfalen (Westhoff, 1. c.) kommen kann. Fundorte: Gr. Dombrowskasee bei Sommersinmühle (Grenze der Provinz Posen!), ein Exemplar var. nigromaculata; kl. Moor nördlich von Tuchei, Straße nach Retz, drei alte (zwei typica , ein striata ), viele junge Exemplare, von welchen ich leider nur zehn Stücke konservierte, und zwar vier typica , eine striata , fünf nigromaculata (hierunter das Original zu Taf., Fig. III). Nach meiner Erinnerung hätten sich leicht noch mehr Exemplare der var. nigromaculata !) Westhoff: Über die Neigung zu Rassebildungen durch lokale Absonderung bei Rana arvalis Nilss., 20. Jahresbericht des Westfälischen Provinzialvereins für Wissenschaft und Kunst, 1892, pg. 52. 59 199 sammeln lassen. Jedenfalls traf ich sie später nie mehr so zahlreich auf einem Platze an. — Glebozeksee bei Tuchei, eine nigromaculata. See westlich Tuchei, eine typica. Sadwornisee, viele junge Stücke, hiervon acht typica , eine striata , ein Übergang zu nigromaculata. Brunstplatz: erhalten, eine nigromaculata. In den Gräben eine typica. In der Mergelgrube dicht östlich Bruustplatz eine striata juv. Im Moor und den Moorgräben nordwestlich von Brunstplatz acht Exemplare, davon fünf typica , eine striata , ein Übergang zu nigromaculata , eine nigromaculata , stark gefleckt (Taf., Fig. I), 50 mm lang, und mehrere Stücke aller Formen. Kleine Waldwiese bei Brunstplatz, eine nigromaculata , Übergang zu striata (Taf., Fig. II!), zwei typica , unerwachsen, eine striata. Große Waldwiese zwischen Trutnow und Brunstplatz eine typica, eine striata. Westufer Blondzminer See eine striata. Salescher See drei typica, alt und jung. Cisbusch eine typica , eine striata, 61 mm lang. Bagno bei Carlshorst eine typica, eine striata, beide jung. Kleiner See nördlich Pniewno mehrere junge Stücke, typica und striata . Tümpel nördlich Ebensee typica juv. Tümpel zwischen Ebensee und Andreasthal mehrere typica und striata juv. See nördlich Lianno : typica juv. Tümpel südlich Marienfelde eine typica, eine nigromaculata juv . Marienfelder See: viele alte und junge Stücke der var. typica , zwei alte, drei junge striata , ungefleckt und schwach gefleckt, ein altes, ein junges Stück nigromaculata , sehr zierlich gesprenkelt. Moorwiesen in und um Osche, mehrere alte und junge Stücke, typica und striata , das größte 60 mm lang. Cirkowski- wiese bei Adlershorst: drei typica , zwei striata , bis 54 mm lang. Graben am Miedznosee eine typica. Dorfteich Sulnowo, alt und jung, sechs striata , eine typica. Decznosee bei Schwetz. Tümpel I Sulnowo- Schwetz: eine striata juv., Tümpel II: vier striata , eine typica , alle jung. Tümpel III: eine striata , 60mm lang. Die Art ist hiernach an mehr als 25 verschiedenen Fundplätzen, welche sich auf ein Gebiet von vielen Quadratmeilen verteilen, beobachtet und kann als eine der Charakterformen der Tucheier Heide betrachtet werden; sie hält sich mit Vorliebe, aber nicht ausschließlich, in der Nähe der Gewässer auf. Ihr Aussterben ist noch lange nicht zu befürchten! Nur in der Weichsel- niederung bei Schwetz traf ich sie auf der kurzen Nachmittagsexkursion, wie mitgeteilt, nicht an, sondern nur, und zwar rein zufällig, R, temporaria. Bufo vulgaris Laur., gemeine Kröte. Überall gemein, doch nur bei Brunstplatz in größerer Anzahl erhalten. Fundorte: z. B. Tuchei (Hausgarten), am großen Dombrowskasee, Hölle bei Schwiedt, Brunstplatz, Cisbusch, Zatokken, Moorwiesen, Graben am Miedznosee, Moorwiesen nördlich Adlershorst, Dorf- teich Sulnowo, Tümpel III Sulnowo-Schwetz, Weichselniederung bei Schwetz an der toten Weichsel. In der Regel wurden nur junge, doch häufig auch alte Tiere beobachtet. Von Interesse ist nur der Fund einer erwachsenen Kröte, in deren Nasenlöchern Larven von Lucilia sylvarum. nach meiner Schätzung zwei Tage alt, herumkrochen. Einen derartigen Fall hatte ich bereits 1880 beobachtet (am Hautsee bei Dönges [Eisenach]), inzwischen und namentlich in den letzten Jahren sind sehr zahlreiche Mitteilungen über das KO 200 Vorkommen der Fliegenmaden in den Nasenhöhlungen der Kröte veröffentlicht worden, z. B. in den ,, Blättern für Aquarien- und Terrarienkunde“. Eigen- tümlich bleibt, daß dieser furchtbare Parasit, der binnen weniger Tage den Tod des gequälten Tieres durch Eindringen in die Gehirnhöhlung herbeiführt, bisher fast nur bei Bufo vulgaris nachgewiesen wurde! Bufo viridis Laur., grüne Kröte. Die grüne Kröte ist in ganz Mittel- und Ostdeutschland häufig, will aber gesucht sein. Sie ist eine vorwiegend östliche Form, die z. B. westlich des Harzes recht selten vorkommt. Ich fand sie nur bei Tuchei, Brunstplatz und Schwetz, vermißte sie aber bei Osche und Adlershorst. An Gärten bei Tuchei, Weg zum Glebozeksee, vier alte und halbwüchsige Exemplare, nach Kegen auf der Nachtjagd mit Blendlaterne erbeutet. Hausgarten Brunstplatz, ein Exemplar. Weg westlich von Brunst- platz, ein großes, altes J, 72 mm lang. Dorfteich Sulnowo und Tümpel III an der Schlucht Sulnowo-Schwetz, einige junge Stücke. Nach meinen Er- fahrungen bei Halle und Magdeburg, wo sie sich zur Paarungszeit massenhaft in von Schilf und Weiden umgebenen Kolken und Gräben der Niederung findet, bin ich überzeugt, daß sie in der Weichselniederung bei Schwetz häufig vorkommt und mir hier nur wegen des trockenen, kühlen Wetters entging. Wie ich aus meinem früheren Schriftchen (Amphibien Westpreußens) ersehe, findet sie sich tatsächlich auch bei Kurzebrack a. d. Weichsel (Rehberg coli.). Hyla arborea L., Laubfrosch. Ist mir der allbekannte und beliebte Wetterprophet in der Tucheier Heide nur entgangen dank seiner markanten Schutzfärbung? Oder ist er hier tatsächlich eine Seltenheit? Ich weiß es nicht, jedenfalls traf ich ihn erst bei Schwetz, hier aber relativ häufig, an, da er gleich an vier Plätzen beobachtet wurde: Dorfteich Sulnowo bei Schwetz drei Exemplare. Tümpel III Sulnowo-Schwetz: ein Exemplar. Moorterrain (mit Schilf) nördlich Schützenhaus Schwetz (IV): fünf Exemplare, ziemlich erwachsen. Tümpel V am Schützenhaus Schwetz: zwei Larven. Pelobates fuscus Laur., Knoblauchskröte (vergl. Fig. 3). Die Art ist bei ihrer nächtlichen, grabenden Lebensweise außer der Laichzeit stets schwer in erwachsenen, bezw. ausgebildeten Exem- plaren zu erlangen. Ich fing nur ein solches nach Gewitterregen am Glebozeksee bei Tuchei. — Nachtjagd mit Blendlaterne! Auch die riesig großen Larven, welche im Sommer häufig ihr Vorkommen in einer be- stimmten Gegend verraten, wurden nur an einem einzigen Platz, im tiefen Tümpel V, am Schützenhaus bei Schwetz, gefangen, hier aber massenhaft, teilweise schon in Verwandlung. Eine Larve weist die interessante, kürzlich von Tornier1) beschriebene Schwanzgabelung infolge Fig. 3. Fuß von Pelobates fuscus Laur. D Tornier, Zoolog. Anz. 1900, pg. 240. 6 t 201 Verletzung auf. Sonst traf ich die Larven in der Heide nie an, es muß aber berücksichtigt werden, daß ich Amphibienlarven überhaupt ziemlich spärlich antraf, da die meisten Jungen des Jahres sich schon verwandelt hatten. Bombinator igneus Laur., Feuerkröte, Unke (vergl. Fig. 4). Die echte rotbäuchige Feuerkröte oder Tieflandsunke wurde erst vor 15 Jahren von der Bergunke oder gelbbauchigen Feuerkröte der Gebirge und Hochebenen Mittel- und Süddeutschlands abge- trennt. In Westdeutschland und Frankreich bewohnt die Berg- unke B. pachypus als einziger Vertreter der Gattung auch die Ebene. Bombinator igneus ist Östlich von der Elbe und Saale bis tief nach Rußland hinein weit verbreitet, nimmt aber schon vielerorts bei der fort- schreitenden Kultivierung des Geländes an Individuenzahl ab, Fig. 4- Unterseite von Bombinator igneus Laur. , , i i • t-» i Nach Boulenger. ebenso aber auch die Bergunke. In der Tucheier Heide ist die Feuerkröte in den kleinen Gewässern und Ausstichen noch weit verbreitet und meines Erachtens häufig. Viele Tiere dürften während der Dürre, wie ich es in trockenen Hochsommern bei Magdeburg wiederholt feststellte, das Wasser verlassen und versteckte Schlupf- winkel aufgesucht haben. Fundorte: Tümpel (Ausstich) auf der Wiese bei Tuchei, an einem Garten. Moorgräben und kleine Ausstiche um Brunstplatz, Moor nordwestlich Brunstplatz: mehrere alte und junge Exemplare. Marien- felder See bei Lianno: ein junges Stück. Moorwiese in Osche: ein junges Stück. In einem tiefen, kleinen Wasserloch, 1/2 qm groß, in einem aus- getrockneten Torfstich auf der Moorwiese bei Osche fanden sich gleich drei alte Exemplare beisammen, ein zufälliger, glücklicher Fund. Das größte maß 53 mm, übertrifft also Boulenger’s höchstes Maß (50 mm) noch etwas. Bei Adlershorst, am Miedznosee, wie auf der Cirkowskiwiese wurde die Art da- gegen noch nicht beobachtet. Herr Förster Lange, welcher die Unke genau kennt, bestätigte mir ihr Fehlen. Dagegen wimmelt das Hügelgelände um Schwetz von Unken, der Dorfteich bei Sulnowo, der Decznosee, die Tümpel I, II, III, V enthielten sämtlich ein, mehrere oder viele junge Exemplare. Das kleinste Exemplar, eben verwandelt, in Tümpel V am Schützenhaus Schwetz, maß 12 mm, die Exemplare in Tümpel II: 17 — 20 mm und mehr. Jedenfalls ist dies offene Gelände auch für die Unke, wie für Hyla und manche andere Arten, noch immer ein vorzügliches Wohngebiet. Mögen die zahlreichen kleinen Moorgewässer nicht zu bald der Kultur zum Opfer fallen! In den großen Seen und Teichen habe ich sie nicht gefunden, entsprechend früheren Beobachtungen. 62 202 Triton cristatus Laür., subsp. typica , Kammolch. Für den Fang dieser mich speziell interessierenden Art, wie der Molche überhaupt, war die späte Jahreszeit sehr ungünstig. Die alten Individuen waren, wie dies die Regel ist, meist ans Land gegangen, die Larven hatten sich an- scheinend großenteils schon verwandelt. Bei Osche fing ich — am 6. September — ein einziges junges Tier. Der Graben am Miedznosee bei Adlershorst,, welchen ich als den ,, Molchgraben“ par excellence in der Heide bezeichnen möchte, lieferte eine große Anzahl Larven, mittelgroß und groß, bis 82 mm lang. Ein Exemplar in Verwandlung, also ohne Schwanzfaden, erreichte 78 mm Länge. Die kleinen verwandelten Kammolche, welche ich z. B. bei Magdeburg fing, bleiben in der Größe meist zurück. Sicher gewährt dieser Graben daher den Molchen besonders günstige Lebensbedingungen. Ganz unvermutet fing ich am 1. September auf der Cirkowskiwiese in einem der ca. mannstief ausgehobenen schmalen Moorgräben ein prächtiges er- wachsenes Männchen der Art, er. 130 mm lang, eine für die typische Form und bei Männchen beträchtliche Größe. Der gezackte Rückenkamm war 3Y2 bis 4 mm hoch, das Tier also in voller Wasser- (nicht aber Brunst-) Tracht. Ob es den ganzen Sommer im Wasser verweilt oder erst kürzlich wieder das feuchte Element aufgesucht hatte, läßt sich nicht sagen. Ich vermute das erstere. Weitere emsige Nachforschungen waren vergeblich, erst am 16. September wurde am gleichen Orte ein schönes § dazu erbeutet. Larven, junge Tiere fanden sich hier nicht, auch das Absuchen der ausgeworfenen Torfstücke und Erdklumpen blieb ergebnislos. — Meiner Überzeugung nach ist Triton cristatus im Frühjahr vielerorts häufig! Triton vulgaris L. subsp. typica. Teichmolch. In meinen früheren Arbeiten bezeichnete ich die Art noch als Triton taeniatus Schneid. Dem Vorgang Boulenger’s folgend, adoptiere ich jetzt Linnee’s alten Namen, obwohl die richtige Deutung nicht zweifelsohne ist. Erwachsene Exemplare dieser gemeinen Art fanden sich unter Steinen und Brettern am Sadwornisee, mehrere andere im Hausgarten und Keller des Herrn Hammlfr zu Brunstplatz; Larven und junge Tiere in Verwandlung fing ich im „Molchgraben“ bei Adlershorst am 1., 13. und 15. September, außerdem erhielt ich viele Larven von schmalen, kleinen Gräben nördlich von der Försterei. — Im Jahre 1901 sandte mir Herr Lange noch einige erwachsene Molche beider Arten. Triton cristatus typ. und Triton vulgaris typ. sind in Deutschland allgemein verbreitet, namentlich in der Ebene; in Gebirgsgegenden leben sie teils mit den Bergformen vergesellschaftet, werden aber in größerer Höhe und in großen Bergwaldungen viel seltener angetroffen oder ganz vermißt, ln Zentralfrank- reich erreichen sie die Grenze ihrer Verbreitung nach Südwesten zu. Ihre weite Verbreitung in Rußland charakterisiert auch sie als ursprünglich öst- liche Formen. Im Süden der Alpen, des Balkans, des Kaukasus werden beide Arten durch andere subspecies vertreten, Triton cristatus subsp. carnifex und 63 203 Triton vulgaris subsp. meridionalis , doch ist die geographische Abgrenzung erst unvollkommen bekannt. Jedenfalls findet sich Triton cristatus subsp. carnifex noch am Ostrande des Alpengebietes und dringt von hier bis zum Wiener Walde und darüber hinaus vor, entsprechend dem Verhalten mehrerer anderer südlicher Tiere1). Zusammenfassung. Das von mir besuchte Sammelterrain läßt sich in bezug auf die Reptilien und Amphibien ziemlich ungezwungen in vier Gebiete zerlegen. 1. Westen der Tucheier Heide, die Umgebung von Tuchei, Polnisch Cekzin, nach Süden bis zum Gr. Dombrowskasee, das Brahegebiet. 2. und 3. liegen im Zentrum der Heide. 2. Das Gebiet westlich des Schwarzwassers, mit dem anstoßenden offenen Gelände, die Gegend von Brunstplatz bis Suchau, bis Pniewno und dem Klingel* Krug. 3. Das Forstgebiet östlich des Sch warzwassers, die Umgebung von Osche und Adlershorst. 4. Der Abfall der Pommerellen bei Sch wetz mit der Weichsel- niederung. 1. Im Westen der Heide wurden beobachtet: Lacerta agilis typica und var. erythronotus , Rana esculenta subsp. typica , mit Anklängen an die subsp. ridibunda , Rana temporaria, R. arvalis , Bufo vulgaris , Bufo viridis, Bombinator igneus , Pelobates fuscus , Triton vulgaris. Mehrere Arten, wie Hyla arborea , Triton cristatus, wurden gewiß nur übersehen. 2. Westlich des Schwarzwassers sammelten wir Lacerta agilis typ. und var. erythronotus, Lacerta vivipara , Anguis fr agilis, Vipera berus mit var. prester, Rana esculenta, subsp. typica und var. Lessonae, erstere mit Anklängen an subsp. ridibunda, Rana temporaria , R. arvalis, Bufo vulgaris, Bufo viridis , Bombinator igneus , Triton vulgaris. Hyla arborea, Triton cristatus , wurden auch hier sicher nur ihrer versteckten Lebensweise und der Dürre halber nicht beobachtet. — Pelobates vermute ich wenigstens in dem offenen Gelände im Südosten. 3. Östlich des Schwarzwassers, im echten Wald- und Moorgebiet, wurden beobachtet: Lacerta agilis typ. und var. erythronotus, Lacerta vivipara , Rana esculenta subsp. typica und var. Lessonae , Rana temporaria , R. arvalis, Bufo vulgaris , Bombinator igneus, Triton cristatus , Triton vulgaris. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Fauna von Osche und Adlers- horst besteht höchstens in dem Fehlen des Bomb, igneus an letzterem Orte. Lacerta agilis, Triton vulgaris fand ich bei Osche nicht, habe aber auch nicht darnach gesucht. Anguis fragilis, Vipera berus werden sich hier gewiß noch D W olterstorff, Die geographische Verbreitung der altweltlichen Urodelen. Verhand- lungen des V. internationalen Zoologen-Kongresses, Berlin 1901. pg. 585. 64 204 finden, ob Hyla arborea und Bufo viridis, ist mir noch ungewiß. Möglicher- weise scheuen sie die weitgedehnten, düsteren Kiefernbestände. Das Fehlen des Pelobates fuscus auch hier, bei Adlershorst und Osche, ist mir einigermaßen auffällig, auch in Larven wurde die Art nicht beobachtet. Die Möglichkeit, daß die Art in der Gegend doch hier und dort vorkommt und die Larven ihre Verwandlung bereits beendet hatten, ist aber nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch betreffs dieser Art wären weitere Nachforschungen angebracht! Bei Schwetz fing ich die Larven der Knoblauchskröte ja auch nur zufällig in einem Tümpel, hier aber massenhaft! 4. Umgebung von Schwetz. Drei verschiedene Bodenformationen sind hier zu unterscheiden, das sanfter ansteigende Hügelgelände in voller Kultur, der Steilabfall der Teufelsberge mit ihren grasigen Rainen, die Niederung. Interessant ist im Hügelland das massenhafte Vorkommen des Laubfrosches, sowie das Auftreten der seit Tuchei vermißten Knoblauchskröte und der grünen Kröte, überhaupt ist der Artenreichtum jedes Tümpels groß! Das in voller Kultur stehende Hügelland lieferte Lacerta agilis , Rana esculenta subsp. ridibunda, subsp. typica , und var. Lessonae , Rana temporaria , R. arvalis, Bufo vulgaris , Bufo viridis , Hyla arborea , Bombinator igneus, Pelobates fuscus , also an einem einzigen Nachmittage sämtliche auf meiner Reise beobachteten Frosch- lurche (wenn auch zum Teil nur in jungen Stücken), und überhaupt alle im norddeutschen Tiefland beobachteten Frösche mit einziger Ausnahme der Bufo calamita , so daß es als ein Eldorado für Froschlurche bezeichnet werden kann. Die Molche — Triton cristatus und vulgaris — werden hier gewiß auch nicht fehlen, die alten Tiere dürften in den Erdlöchern versteckt sein, und die Larven hatten sich jedenfalls schon verwandelt. Die Teufelsberge und ihre Umgebung lieferten Lacerta agilis in großer Menge, aber nur in der typischen Form, Tropidonotus natrioc , Rana esculenta ridibunda und typica (siehe oben!). Auch Anguis fr agilis soll hier Vorkommen. In der Weichselniederung selbst fand sich bei flüchtiger Umschau nur Rana esculenta subsp. ridibunda , massenhaft, alt und jung, an vielen Orten, R. temporaria , Bufo vulgaris. Eingehende Durchforschung namentlich der zahlreichen Entwässerungsgräben, alten Flußarme und Kolke ober- und unter- halb Schwetz würde aber noch viele Arten ergeben und interessante Resultate zeitigen ! Von den aus Westpreußen sicher bekannten Reptilien und Amphibien habe ich zwei, Goronella austriaca und Bufo calamita , in der Tucheier Heide nicht gefunden. Erstere Art liegt mir in einem jungen Exemplar des Magdeburger Museums mit der Fundortangabe „Zoppot bei Danzig“ und zwei alten Tieren von dem Truppenübungsplatz bei Thorn, gesammelt von Herrn Hauptmann Uebe, ebenfalls im Besitze des Magdeburger Museums, vor. Letztere Art ist mit Sicherheit von Herrn Prof. Conwentz für Pietzkendorf, Kreis Danziger Höhe, festgestellt. G5 205 Außerdem sollen Emys europaea (mündliche Mitteilung), Salamandra maculosa , Triton alpestris in Westpreußen heimaten. Von Coronella austriaca , der Schlingnatter, bin ich überzeugt, daß sie auch in der Tucheier Heide sich noch finden wird. Erhielt ich doch von der gemeinen Ringelnatter auch nur ein Natternhemde als Belegstück1). Auch Bufo calamita wird sich vielleicht noch zeigen. Sie ist aber eine vorwiegend westliche Form und schon in der Provinz Sachsen die seltenste Krötenart. Berücksichtigt man, an wie wenigen Orten und in wie spärlichen Exemplaren sich Bufo viridis , eine in Westpreußen sicher gemeine , spezifisch osteuropäische Art, fand, so kann das Fehlen der Kreuzkröte nicht befremden. Sammelte ich doch die urgemeine Bufo vulgaris nur an einem Ort, bei Brunstplatz, in größerer Anzahl. Die einst in ganz Ostdeutschland verbreitete Sumpfschildkröte, Emys europaea , ist ein sehr seltenes und scheues Tier geworden, kein Wunder, daß ich, von einer unkontrollierten Angabe abgesehen, nichts von ihr erfuhr. Bei den gelegentlichen Funden ist es auch sehr schwer, zu unterscheiden, ob es sich um einheimische oder verschleppte Exemplare handelt, da die Sumpf- schildkröte massenhaft aus Italien importiert wird und recht häufig aus der Gefangenschaft wieder entwischt oder in Freiheit gesetzt wird und sich dann oft lange Zeit im Freien hält. Der Feuersalamander, Salamandra maculosa , spielt in den faunistischen Verzeichnissen eine ähnliche Rolle wie Emys europaea . Sein Vorkommen in Westpreußen gibt Treichel, Zoologische Notizen VII (pg. 257 der Schriften der Naturforsch. Ges. Danzig, 1889) an, er nennt als Fundort Neustadt, „in ver- schiedenen Kellern von Wohnhäusern“. Auch diese Mitteilung wird man auf verschleppte Tiere zurückführen müssen, solange keine besser beglaubigten Funde aus freier Natur und unter Bedingungen, wie sie dem Tiere sonst Zu- sagen, bekannt geworden sind. Auch die Feuersalamander des westpreußischen Provinzialmuseums mit der Aufschrift „Danzig“ sind gewiß aus der Gefangen- schaft entlaufene Tiere. Gerade der Feuersalamander wird wegen seines eigenartigen Wesens gern von Sommerfrischlern aus dem Gebirge, z. B. Harz, Riesengebirge, mitgebracht oder in den Aquarienhandlungen gekauft. Übrigens halte ich das Vorkommen der Art keineswegs für unmöglich, wo sich große, alte Laubwaldungen, von Quellen durchrieselt, finden. Die kleinen Laub- bestände der Tucheier Heide z. B. gewähren diese Existenzbedingungen aber nicht. Ähnlich verhält es sich mit Triton alpestris , welchen Treichel an gleichem Orte anführt. Ich vermute stark Verwechslung mit jungen, halbwüchsigen Exemplaren von Triton cristatus mit fleckenlosem, matt orangefarbenem Bauch. D Bei besserem Jagdwetter zum Reptilienfang wäre die Schlangenausbeute sicher größer gewesen. Sehr reich an Schlangen ist die Heide aber wohl nirgends. Nur die Kreuzotter ist, wie erwähnt, bei Brunstplatz häufiger. 66 206 Mollusca, Weichtiere. A. Gasteropoda, Schnecken. 1. Nacktschnecken. Bestimmt von Prof. SiMROTH-Leipzig. Agriolimax agrestis Müll. Hölle bei Schwiedt, am Blondzminer See (je ein Stück). — laevis L. Bauplatz inTuchel, Chirkowa, unter moderndemLaub (je einStück). Limax maximus L. Dunkle, einfarbige Form. Je ein Stück Chirkowa und auf einer Waldwiese im Kiefernwalde nahe der Zatokkenschlucht bei Osche. Frisch abgelegte Eier, fast sicher dieser Art angehörend, fanden sich im Cisbusch. Avion empivicovum Fer. Schwarze Form. Waldwiese nahe der Zatokken- schlucht (ein Stück). — subfuscus Drap. typ. Ein altes, ein junges Stück im Cisbusch. — ■ var. brunneus Lehm. Ein Stück Cisbusch. — minimus Simroth. Ein Stück Hölle, ein Stück (juv.) Cisbusch. Neu Uir Westpreussen. Unter den spärlichen Nacktschnecken - — bei der Dürre wurden im ganzen ja nur 12 Individuen zusammengebracht — ist Avion minimus Simr, für West- preussen und vermutlich ganz Nordostdeutschland neu. Sonst schreibt mir Herr Professor Simroth u. a.: „Ihre Fauna ist die echte Wald- und Heide- fauna. Es fehlen von Avion: A. Bouvgnignati und hovtensis , von Limax: L. avbovum und tenellus. Die beiden letzteren wären sicher zu finden, avbovum nach Regen an Baumstämmen, tenellus an Pilzen. Das Wichtigste war für mich, daß Avion empivicovum festgestellt wurde. Ebenso hat es ein gewisses Interesse, daß Limax maximus nur in der verbreitetsten, dunkel einfarbigen Form vorzukommen scheint.“ (Simroth, briefl. Mitteil., 17. März 1901). Schon Protz hat Avion empivicovum und Limax maximus gefunden, letztere Art in der Heide gleichfalls nur in der schwarzen Form (var. cineveo-nigev Wolf), die var. cineveus nur von Schwetz (Weichseltal!). Ebenso hat Protz Limax avbovum und tenellus in der Heide mehrfach gefunden und Simroth’ s Vermutung bestätigt. Avion Bouvgnignati , A. hovtensis fehlen auch bei Protz. 2. Gehäuseschnecken. Bestimmt von S. Clessin in Ochsenfurt und 0. Goldfuss in Halle a. Saale.1) Vitvina pellucida Müll. Hölle bei Schwiedt (Eier), alter Kirchhof Tuchei, Cisbusch, Adlershorst. !) Auch Herrn Geh. Rat VON MARTENS-Berlin und Dr. phil. E. Wüst in Halle bin ich für manche wertvollen Winke und Ratschläge verbunden. Literatur: Clessin, deutsche Exkursions-Molluskenfauna. 2. Auflage 1884 (Nürnberg, Küster). Goldfuss, Binnenmollusken Mitteldeutschlands. (Leipzig, Engelmann. 1900.) 67 207 Hyalina nitidula Drap. Cisbusch, Wiese am Cisbusch, Chirkowa. — nitens Mich. Chirkowa. — pura Ald. Cisbusch. — petronella Charp. Hölle bei Schwiedt, häufig. — crystallina Müll. Zatokken bei Osche. Conulus fulvus Müll. Hölle bei Schwiedt, Chirkowa. Patula rotundata Müll. Verbreitet: Hölle bei Schwiedt, Cisbusch, Chirkowa, am Räude des Sobbiutales bei Adlershorst. — rüder ata Stud Cisbusch ein Stück, Chirkowa zahlreich. Helix costata. Müll. Chirkowa. — ( Petasia ) bidens Chemn. Hölle bei Schwiedt zahlreich, Cisbusch, Wiese am Cisbusch. — hispida L. Cisbusch, Chirkowa (in trocknem Lehmausstich) zahlreich. — rubiginosa Zgl. Wiese am Schützenhaus Tuchei. — strigella Drap. Im Cisbusch und auf der Wiese am Rand des Cis- busches auf Wiesenkalk, am Rand des Sobbiutales nördlich Adlers- horst auf Wiesenkalk. An beiden Orten nur abgestorbene Gehäuse aber zahlreich und sehr große Form, bis 17 mm Durchmesser. — incarnata Müll. Hölle bei Schwiedt, Cisbusch und Wiese am Cis- busch, zahlreich. — fruticum Müll. Hölle bei Schwiedt zahlreich, Cisbusch und Wiese am Cisbusch zahlreich (auch Eier), Chirkowa und am Sobbintale nörd- lich Adlershorst. — lapicida L. Chirkowa und am Rand des Sobbintales, zahlreich. — arbustorum L. Ordensburg bei Schwetz, im Gebüsch, unter altem Gemäuer. — hortensis Müll. Hölle bei Schwiedt, Cisbusch und Wiese am Cisbusch, überall zahlreich. — pomatia L. Hölle bei Schwiedt. Ein junges Stück. Pupilla muscorum Müll. Am Schützenhaus Tuchei. Vertigo edentula Drap. Hölle bei Schwiedt (ein Exemplar). Balea perversa L. Chirkowa, ein Exemplar am Rande des Laubwaldes. Neu für Westpreussen? Clausilia laminata Mtg. Chirkowa, auch in einem Lehmausstich. — orthostoma Mke. Chirkowa, zahlreich, auch am Rande des Laubwaldes (mit Balea). — biplicata Mtg. Cisbusch, ein Exemplar. Neu für Westpreussen. — bidentata Ström. Chirkowa. Cionella lubrica Müll. Alter Kirchhof Tuchei, zahlreich, groß, am Schützen- haus Tuchei, Hölle bei Schwiedt zahlreich, Cisbusch. — var. minima. Chirkowa bei Osche. Succinea elegans Riss. Am Sadwornisee. — Pfeifferi Rossm. Häufig am Glebozeksee bei Tuchei und am kleinen See westlich Tuchei zahlreich, am Gr. Dombrowskasee, Sadworinsee, 68 208 Hölle bei Schwiedt zahlreich, namentlich auf den Wiesen an der Brahe, am Mukrzsee, Ordensburg bei Schwetz. Succinea oblonga Drp. Chirkowa (im Lehmausstich). Limnaea stagnalis L. Mein Material von dieser Art ist ziemlich reichhaltig, bietet aber nicht die Formenfülle, welche wir bei Clessin ange- geben finden. Ich beschränke mich daher hier auf Angabe der Fundorte. Die Lokalitäten sind im Reisebericht bezw. bei ,, Planorbis corneus 11 meist ausführlich beschrieben. ■ — stagnalis typ. Häufig. Sommersinmühle südlich Tuchei, Sadwornisee, Mukrzsee bei Lianno, Torfstich am Bagno bei Carlshorst, große Waldwiese bei Brunstplatz, Ostufer des Blondzminer Sees, Moor- lache im südlichen Teil des Miedznoseees (an der Halbinsel), Schwarzwassertümpel bei Schwetz. — var. zwischen typ. und colpodia stehend (Clessin determ.). Salescher See. — var. turgida Menke. Graben ain Quellsumpf, Miedznosee (2 Exemplare). — var. producta Colb. Insel im Blondzminer See, zahlreich. — var. typ. bis producta. Westufer des Blondzminer Seees, — auricularia L. Gr. Dombrowskasee, Brahe, an der Hölle bei Schwiedt, Sadwornisee, Blondzminer See zahlreich, Insel, Ostufer („etwas längere Gewinde, neigt etwas zur var. lagotisu Clessin), Westufer. — ovata Drap. Sommersinmühle, kleiner See westlich Tuchei, kleines Moor am Cisbusch, zahlreich. Mukrzsee. — var. patula da Costa. Sadwornisee. — peregra Müll. Cirkowskiwiese bei Adlershorst, ziemlich zahlreich, Chirkowa in trockenem Lehmausstich sehr klein, Kummerform. — palustris Müll. typ. Kleiner See westlich Tuchei, Sadwornisee, kleines Moor am Cisbusch, Inselu im Blondzminer See, Cirkowskiwiese bei Adlershorst. — var. corvus Gmll. Sommersinmühle südlich Tuchei, Gr. Dombrowskasee, kleines Moor am Cisbusch, Graben am Miedznosee bei Adlershorst, Cirkowskiwiese bei Adlershorst, Moorlache an der Halbinsel im südlichen Teil des Miedznoseees. — var. turricula Held. Kleiner Erlenbruch in der Chirkowa (sehr ge- streckt, größere aber Kummerform). Physa fontinalis L. Kleiner See westlich Tuchei, Sadwornisee, kleines Moor am Cisbusch, Moorlache an der Halbinsel im südlichen Teil des Miedznoseees. JPlanorbis corneus L. (Tellerschnecke) Bei Planorbis (Cor etis) corneus lassen sich mehrere verschiedene Formen unterscheiden, welche aber nach Ansicht der meisten Autoren, namentlich nach Clessin (briefliche Mitteilungen) so eng mit einander verknüpft sind, daß sie einen eigenen Namen nicht ver- dienen. Ich selbst hatte in früheren Jahren die mir gelegentlich aufstoßenden Abweichungen nicht beachtet. Da regte mich der zufällige Fund von teils 69 209 stark bauchigen, teils flachen Tellerschnecken im Griebnitzer See bei Potsdam (Frühjahr 1900) zu weiteren Nachforschungen an. Daher widmete ich auch in der Tucheier Heide dieser Art bei meinen Aufsammlungen besondere Aufmerk- samkeit und achtete, dem Hat des Herrn Geh. Rat v. Martens- Berlin folgend (briefliche Mitteilung vom 16. August 1900), namentlich auf das gemeinsame Vorkommen beider Formen in demselben Gewässer, auf das Auftreten von Zwischenformen und auf die Beschaffenheit des Fundortes. Als wesentliches Ergebnis meiner Aufsammlungen ergab sich, daß, wie schon im Reiseberichte mitgeteilt, Gewässer mit scharf ausgesprochenen Eigentümlichkeiten im All- gemeinen auch charakteristische Formen aufweisen, und zwar fanden sich in flachen, sumpfigen Gewässern, Gräben und Mooren der Hochfläche fast ausschließ- lich flache Formen, in tiefen Gewässern mit klarem Wasser und relativ ge- ringem Pflanzenwuchs bauchige Formen; in Seeen und Kolken mit hohem Wasserstande, aber pflanzenreichen Buchten, wurden Übergänge beobachtet. Die entscheidende und hochinteressante Frage: Sind diese verschiedenen Formen lediglich durch den Fundort bedingt, oder existieren 2 oder mehr verschiedene Arten des Formenkreises des Planorbis corneus , welche im All- gemeinen verschiedene Standorte bewohnen, aber, in dieselben Gewässer ver- schlagen, ähnliche Gestalt annehmen?1), vermag ich auf Grund meiner der- zeitigen Kenntnisse trotz des relativ reichen Vergleichsmaterials nicht zu lösen. Hierzu würden genauere, anatomische Untersuchungen der Thiere, weitere eigenhändige Aufsammlungen auch in anderen Gegenden, eingehender Vergleich der Jugendzustände und endlich ausgedehnte Zuchtversuche im Aquarium, durch mehrere Generationen fortgesetzt, erforderlich sein, auf deren Wert mich mein Freund, Herr Dr. Wüst in Halle, besonders hinweist. Auch Kreuzungsversuche würden interessante Ergebnisse liefern. Bei der großen Verschiedenheit der extremen Formen würde es jedoch unrecht sein und dem jetzt allgemein anerkannten Satze, daß abweichende Formen, seien es nun Arten oder Varietäten, mit eigenem Namen zu belegen sind, widersprechen, wollten wir alle Formen der Tucheier Heide schlechtweg als Planorbis corneus typ. bezeichnen. Ich gebe daher nachfolgend die Liste der Formen nach den sorgfältigen Bestimmungen meines Freundes Herrn O. Goldfusz und Dr. Wüst in Halle unverändert wieder. Doch betrachte ich Planorbis elophilus vorläufig nur als Subspecies. Innerhalb des Formenkreises Planorbis corneus L. lassen sich unterscheiden: 1. Planorbis corneus subsp. typicus , die bauchige Form, deren extremste Varietät die var. pinguis Westld. darstellt, welche mit der var. grandis Dunk. (MARTixi-Chemnitz) vermutlich identisch ist2). x) Bei den Ammoniten der älteren Erdschichten habe ich ein ähnliches Verhalten mehr- fach beobachtet. 2) Da mir die ältere Litteratur zur Zeit nur unvollständig zu Gebote steht, muß ich an dieser Stelle von einer kritischen Untersuchung der Originalbeschreibungen Abstand nehmen. 70 14 210 2. Die Subsp. elophilus Bgt., die flache, niedergedrückte Form. In ihrer extremsten Varietät, Planorbis corneus subsp. elophilus var. ammonoceras Westld., ist das Gehäuse bisweilen äußerst flach. Eine Zwergform dieser Unterart stellt die var. banaticus Lang, welche ich von der Tucheier Heide nicht kenne, dar. Wie nochmals betont werden muß, finden sich unter den Individuen von Planorbis corneus subsp. typicus , Planorbis corneus subsp. elophilus und var. ammonoceras Exemplare, welcheUbergangsformen, Zwischenglieder repräsentieren. Aber in der Tucheier Heide treten sie gegenüber den scharf ausgesprochenen Fromen an Anzahl sehr zurück. Liste der Fundorte. I. Umgebung von Tuchei. Somersinnmühle (siehe Reisebericht) : vier Planorbis corneus (GowyAqI.), bauchige, jüngere Stücke. Gr. Domb rowskasee (siehe Reisebericht): drei Planorbis corneus (Goldf. det.). Bauchig. Größter Durchmesser 33 mm, Höhe 15 mm. See westlich Tuchei: zwei Planorbis elophilus (Goldf. det.) Größter Durchmesser 34 mm, Höhe 13 mm. Das Material von Tuchei, dem Ausgangspunkt der Reise, ist ungenügend, besonders an Individuenzahl, weil ich den Funden anfänglich wenig Bedeutung beimaß. II. Umgebung von Brunstplatz, Blondzmin. Blondzminer See. Tiefes, klares Gewässer3). Tellerschnecken wurden an drei Plätzen gesammelt, a) Ostufer des Sees* 2). Sandiger Grund, mit vielen Geschieben und erratischen Blöcken. Vegetation: Wasserpest in langen, frisch- grünenden Ranken. Sieben Exemplare von Planorbis corneus subsp. typicus , meist bauchig, b) Inselchen im Blondzminer See: drei Exemplare, hiervon zwei corneus typicus , ein Übergang zu subsp. elophilus (Goldf. det.). c) Westufer. An der besuchten Stelle war der Strand frei, schwach bewachsen, anscheinend sandig. Beim Baden sinkt man jedoch fußtief in den Schlamm ein. (In nächster Nähe wächst am Ufer viel Schilf, und 3/2 Kilometer weiter nordwestlich stößt ein ausgedehntes Sumpfterrain an den See.) Hier brachte ich mit badenden Knaben 25 Exemplare, teils lebend, teils abgestorben, zusammen, welche bis auf zwei Stücke sämtlich zu Planorbis corneus subsp. typicus gehören. Herr Goldfuss schreibt mir hierüber: „Reiner Typus. Diagnose: 43/2 bis 5 Um- gänge, oben tief, unten schwach eingesenkt! Umgänge sehr erweitert und an- geschwollen, letzter über den viel schmäleren vorletzten weit erhöht. Mündung !) Ausführlicheres siehe oben im Reisebericht. 2) Ostufer und Westufer sind in der Luftlinie etwa 800 Meter voneinander entfernt. Oie größte Längserstreckung des Blondzminer und Ebenseeer Sees beträgt etwa 8V2 Kilometer, der Biegung nach gemessen. 71 211 höher wie breit!“ Die erwachsenen Exemplare des Planorbis corneus typicus vom Blondzminer See stellen eine scharf charakterisierte Form dar. Es ist die gewölbteste (bauchigste) und engnabeligste Form des Formenkreises Planorbis corneus , welche ich in der Tucheier Heide antraf. Ob und inwiefern die Größe und Tiefe des Seebeckens, der Wellenschlag auf die Gestalt von Einfluß ist, darüber ließen sich nur Vermutungen aussprechen. — Die Gehäuse sind sehr zart, dünn, hornfarben braun, nicht zerfressen. Größter Durchmesser zweier Stücke 35 und 33 mm, Höhe 16 und 15V2 mm. Drei flachere Gehäuse vom Blondzminer See gehören nach Goldfuss’ Bestimmung der subsp. elophilus an. Seine Vermutung: „möglicherweise vom anderen Fundort“ trifft insofern zu, als sie zwar an Ort und Stelle, aber angetrieben, gefunden wurden. Bekanntlich schwimmen leere Planorbis- Gehäuse oft lange auf dem Wasser. Sowohl das Stück von der Insel „ corneus , Übergang zu elophilus “, wie die zwei typischen Exemplare elophilus vom Westufer mit 30 mm größtem Durchmesser und 1 llj2 mm Höhe mögen aus der Schilf- region oder aus dem von mir leider nicht abgesuchten, unmittelbar am Strande belegen en Sumpfterrain im Nordwesten verschlagen sein. Dagegen sammelte ich 1 Kilometer westlich vom Strande auf diesem Sumpf- und Moorgebiet, welches in alten Zeiten zu dem großen diluvialen Staubecken Blondzminer See- Mukrzsee gehörte, im Kleinen Moor von Cisbusch. Ich habe den interessanten kleinen Moor- tümpel und Graben nebst seiner Fauna im Reiseberichte bereits charakterisiert. Hier fand sich ausschließlich Planorbis corneus subsp. elophilus var. ammono- ceras Westld. Goldfuss teilt mir folgende Diagnose mit: „6 — 7 Umgänge, enger aufgerollt, Höhe (= Dicke) geringer wie bei der Stammform. Die var. ammonoceras liebt Sümpfe und moorige Gewässer.“ Hier wurden etwa 30 Exemplare, vom Moorwasser braun gefärbt, gesammelt. Größter Durchmesser bei zwei Exemplaren 30 und 28, Höhe 11 1/i und 10 mm. Wie erwähnt, führt ein Wiesengraben durch den Moortümpel, welcher die Wiese nach dem Blondz- miner bezw. Ebenseesee zu entwässert. Während der trockenen Zeit ist die Bewegung des Wassers natürlich minimal oder ganz unterbrochen. Ganz ähnlich schildert schon Kobelt in seinem Werk „Fauna der nassauischen Mollusken“ Wiesbaden 1871, pg. 190 das Vorkommen einer flachen Form von Planorbis corneus bei Schwanheim a. Main: „Eine sehr interessante Form findet sich im großen Abzugsgraben der Schwanheimer Wiesen, der schlammigen Boden und ziemlich reichhaltige Vegetation hat und sein Wasser aus moorigen Wiesen und einigen Waldquellen erhält. Diese ist konstant flacher als die Exemplare aus dem Main, analog der schwedischen var. ammonoceras “ usw. Mukrzsee. Auch dieser See gehört zu dem erwähnten großen, diluvialen Staubecken. Leider konnte ich an diesem interessanten, nicht tiefen, teilweise versumpften Gewässer nur flüchtig sammeln. Auch war das Sammeln der Planorbis bald durch dichtes Schilf, bald durch völlige Entfernung des Pflanzen- wuchses erschwert. Es ist dies um so mehr zu bedauern, als von den vier an 72 24* 212 verschiedenen Stellen gesammelten Exemplaren drei von Interesse sind. Gold* FUSS bestimmte zwei Individuen als Planorbis corneus, wovon das eine der var. pinguis Westld. durch starke Streifung und breite weiße Innenlippe nahe steht. Größter Durchmesser 35, Höhe 16 mm. Planorbis corneus var. pinguis liegt mir zurzeit von Königsberg i. d. Neumark und von Coswig in Anhalt vor. Die Varietät dürfte mit der var. grandis Dunk, identisch sein. Das Exemplar aus dem Mukrzsee ist noch bauchiger als die mir vorliegenden Typen von var. pinguis . Zwei andere Tellerschnecken, die eine schwach, die andere stark verkrümmt, ja wie gequetscht aussehend, gehören nach Goldfuss zu Planorbis elophilus (?). Größter Durchmesser 34, Höhe 14 mm. Die Untersuchung aller einzelnen Fundstellen für Planorbis corneus und Limnaea stagnalis in dem gesamten Gebiete des alten Staubeckens, das syste- matische Abgehen der ausgedehnten Uferstrecken würde gewiß eine dankbare Aufgabe sein, aber auch bei Beschränkung auf diese beiden Wassermollusken eine Arbeit von Wochen erfordern. Salescher See. Das nördliche, von mir allein besuchte Endstück des Salescher Sees besitzt, wie erwähnt, keinen scharf ausgesprochenen Charakter. Es bildet eine Art Zwischenstufe zwischen dem Moor im Norden und dem eigentlichen See. So weisen auch die Tellerschnecken keinen ausgesprochenen Charakter auf. Goldfuss bezeichnet meine 13 stark mit Algen besetzten und zerfressenen Exemplare als „ Planorbis corneus mit Übergängen zu PI. elophilus “. Ich finde die Stücke mäßig flach, ziemlich flachmündig, weit genabelt. Einzelne Exemplare kann ich von Planorbis elophilus Bgt. (Goldfuss) nicht unter- scheiden, die meisten sind jedoch etwas stärker gewölbt. Der letzte Umgang ist aber nicht, wie bei PI. corneus typ. vom Blondzminer See aufgeblasen, sondern meist etwas abgeflacht. Größter Durchmesser bei zwei Exemplaren: 34mm, Höhe: 14 mm. Es wäre interessant, festzustellen, ob andere ähnliche „Über- gangsgebiete“ ähnliche Formen beherbergen. See bei Lianno. Dicht nördlich Lianno liegt ein kleiner See, an den Rändern mit viel Schilf bewachsen, übrigens mit starkem Wellenschlag, Tiefe mir unbekannt. Mit dem Blondzminer See besteht indirekte Wasserverbindung. Sieben Exemplare Planorbis corneus (Goldfusz det.), zu eingehendem Vergleich ist die Suite zu klein. Die jungen Stücke recht bauchig, die älteren etwas weiter genabelt und flacher als die extreme Form des Blondzminer Sees. Größter Durchmesser: 35 mm, Höhe: 15 mm. III. Umgebung von Osche (Sobbinerfließ und Miedznosee). Moor im südlichen Teil des Miedznosees. Terrainschilderung siehe im Reisebericht. Etwa 40 flache Teilerschnecken mit zum Teil auffällig ver- breiteter, oben abgeflachter Mündung, stark mit Algen bewachsen, Schalen zum Teil, noch am lebenden Tiere, zerfressen. Goldfuss bestimmte dieselben als Planorbis corneus subsp. elophilus Bgt. und gibt folgende Diagnose: ,,5Y2 bis 6 Umgänge. Oben in der Mitte tief trichterförmig genabelt, Umgänge 73 213 abgeflacht, nicht so schnell zunehmend wie bei Planorbis corneus typ., von Höhe geringer als bei PI. corneus , Mündung breiter wie hoch (= dick). Größte Durchmesser und Höhen 33 und 13 mm, 32 und 13, 33 und 12 V2, 31 und 12%, 32 und 1272, 29 und liV2 nun“. Bemerkung. Die Unterscheidung zwischen subsp. elophilus und var. ammonoceras ist nach den Literaturangaben und dem mir vorliegenden Material, einschließlich einer kleinen Originalsuite Goldfuss’, doch recht schwierig, und kann man die Grenze ziemlich willkürlich ziehen. So hat Goldfuss selbst ein Exemplar des gleichen Fundortes mit abwärts gebogener Mündung an- scheinend versehentlich als var. ammonoceras bezeichnet. Nach den angegebenen Dimensionen erreichen meine Tellerschnecken, sowohl jene vom Moor im Cis- busch (var. ammonoceras) als jene vom Miedznosee ( elophilus ) etwas bedeutendere Höhe, als Goldfuss für die Fauna der Provinz Sachsen angab. Jedenfalls stellen aber die Exemplare vom Miedznosee, mag man ihnen einen Namen geben, wie man will, eine ausgeprägte Lokal- oder Standort -Form dar, von der reichen Suite vom kleinen Moor im Cisbusch unterschieden durch die starke Abflachung des letzten Umganges an der Oberseite und etwas bedeutendere Höhe. Goldfuss gibt als Standortsangabe für Planorbis elophilus an: Pflanzen- reiche Wasserbehälter, für var. ammonoceras Sümpfe und moorige Gewässer. Man sollte hiernach im Miedznosee, der größtenteils nichts anderes ist als ein riesiger Sumpf, eher die var. ammonoceras als elophilus selbst vermuten. Die eigenartigen, oben geschilderten Verhältnisse dieses versumpften Sees lassen sich eben im obigen Schema nicht unterbringen. Weitere Forschungen würden hier noch manche interessanten Aufschlüsse ergeben. Ein Exemplar besitzt, wie erwähnt, eine abwärts gebogene Windung, so daß die Schnecke auf den ersten Blick lebhaft an manche flache Helix- Arten erinnert. Goldfuss schreibt mir hierüber: ,, Exemplare mit herabsteigender letzter Windung sind nicht selten. Mir ist ein Fundort bekannt, wo das Verhältnis der normalen zu den verkrüppelten Exemplaren wie 1 : 17 war“. Ebenso bemerkt Kobelt, 1. c. pg. 190 von der flachen Planorbis- Form bei Schwanheim (cf. ammonoceras): ,, Dabei waren sämtliche Exemplare, etwa 20, mehr oder weniger abnorm ge- wunden, indem die Windungen an ein und demselben Exemplar bald über, bald unter die normale Windungsebene hinausgingen. “ Sumpfiger Graben am nördlichen Teil des Miedznoseees. Nahe dem Forsthaus Adlershorst zieht ein ausgestochener Graben, ca. 2 Meter breit, welcher in einem Sumpf mit kaltem Wasser (Quellsumpf?) am diluvialen Ufer- rande seinen Anfang nimmt, zum See. Der Graben ist stark bewachsen, führt aber wenigstens etwas freies Wasser, am Grunde werden viel Wurmröhren bemerkt. Die acht hier gefundenen Tellerschnecken sind meist unerwachsen und wenig charakteristisch, mäßig flach, doch nicht flachmündig, wie am Moor im Südteil. Goldfuss bezeichnet sie als Planorbis corneus typicus7 doch dürften sie besser als Ubergangsform zu Planorbis corneus subsp. elophilus zu bezeichnen 74 214 sein. Größter Durchmesser bei zwei Exemplaren 30 und 28 mm, Höhe 14 bezw. 12 mm; das kleinere besitzt also die gleiche Höhe wie die jungen Stücke aus dem Moor. Sauren bei Osche. Ein stark bewachsener, kleiner, flacher Kolk, Alt- wasser des Sobbinfließes, an seiner Mündung in das Schwarzwasser belegen, lieferte nur zwei Planorbis corneus subsp. elophilus (GoldfüSS det.). Die Exemplare sind flach niedergedrückt, aber nicht so auffällig flachmündig wie die Stücke vom Miedznosee und gehören sicher zu elophilus. Größter Durch- messer 32, Höhe 1272 mm. IY. Umgebung von Schwetz. Ein Altwasser tümpel (Kolk) des Schwarzwassers, an der toten Weichsel in der Weichselniederung belegen, ergab fünf Tellerschnecken, welche Goldfuss als Planorbis corneus bezeichnet. Dimensionen 33 und 30, bezw. 14 und 13 mm. Jedenfalls ist diese Form flacher, weniger hoch, als die ßlondzminer Seeform und weist keinen bestimmten Typus auf. Ähnliche indifferente Flußformen dürfte man häufig im Alluvialgebiet der großen Flüsse antreffen. Moortümpel bei Sulnowo. Das ausgetrocknete kleine Moor an der Straße von Schwetz nach Sulnowo, wohl 70 Meter über dem Weichseltal be- legen, enthält wieder die flache Moorform, Planorbis corneus subsp. elophilus var. ammonoceras. Wir erhalten hiernach folgende Übersicht: Planorbis corneus subsp. typicus , gewölbteste Form: ßlondzminer See. — — subsp. typicus , der var. pinguis nahe stehend: Mukrzsee. - — — subsp. typicus , zum Teil nicht näher untersucht, bezw. nur unerwachsene Stücke: Sommersinmühle, Gr. Dombrowska-See, See bei Lianno, Mukrzsee, Altwasser bei Schwetz. — — subsp. typicus (vermutlich Übergang zu elophilus ): Gr.'Miedzno- see, Graben am nördlichen Teil. - — — subsp .typicus, Übergang zu elophilus lt. Goldfuss: Salescher See. — - — ■ subsp. elophilus: See westlich Tuchei, Altwasser bei Sauren ; Mukrzsee (hier vermutlich Übergang zu typicus ?), Blondz- miner See (angetrieben und selten). — — subsp. elophilus1! , jedoch auffällig flache Form. Moor im südlichen Teil des Miedznoseees. — — subsp. elophilus var. ammonoceras : Kleines Moor am Cisbusch, Moortümpel bei Sulnowo. - — carinatus Müll. In der Brahe an der Hölle bei Schwiedt, Sadworni- see, Insel im ßlondzminer See, Moorlache im südlichen Teil des Miedznosees an der Halbinsel (Riesenstücke bis 21 mm Durchmesser). — marginatus Drap. Kleiner See bei Tuchei, hierunter die im Reise- bericht erwähnte Skaiaride, völlig aufgerolltes Stück; Schützen- 75 215 haus bei Tuchei, kl. Moor am Cisbusch, Bagno bei Carlshorst, Cirkowskiwiese bei Adlershorst. Planorbis vortex L. Sadwornisee, kl. Moor am Cisbusch, Moorlache im südlichen Teil des Miedznosees. — contortus L. Sommersinmühle südlich Tuchei, Sadwornisee, Kietschfließ am Schützenhaus Tuchei, kl. Moor Cisbusch, Moorlache im süd- lichen Teil des Miedznosees. — albus Müll. Sadwornisee. — Clessini Westld. Hölle bei Schwiedt ein Exemplar, kl. Moor am Cis- busch zwei Exemplare, Bagno bei Carlshorst ein Exemplar. Vivipara ( Paludina ) fasciata Müll. In ausgeworfener Moorerde am kleinen See westlich Tuchei, zahlreich; gr. Dombrowskasee, zahlreich; Sad- wornisee (ein junges Stück), Hölle bei Schwiedt, Schwarzwasser- tümpel bei Schwetz. Bithynia tentaculata Drap. Häutig. Sommersinmühle, Sadwornisee, Hölle bei Schwiedt, gr. Dombrowskasee, kl. Moor am Cisbusch, Blondz- miner See, an Phryganeengehäusen, Salescher See, Moor im süd- lichen Teil des Miedznosees. Valvata piscinalis Müll. Insel im Blondzminer See, an Phryganeengehäusen. Neritina fluviatilis L. In der Brahe an der Hölle bei Schwiedt. B. Acephala^ Muscheln. Bestimmt von S. Clessin. Unionidae (Unio. und Anodonta). Die Gattungen Unio und Anodonta weisen eine außerordentliche Ver- änderlichkeit der Formen auf, da im Grunde jeder See, fast jedes Gewässer, seine besondere Abänderung beherbergt. Was bei diesem Formenreichtum als Art, was als geographische Varietät oder Standortsform zu bezeichnen ist, darüber gehen die Meinungen seit Bossmässler’s Zeiten bis heutzutage weit auseinander, wie schon ein Vergleich der Werke so vorsichtiger und gewiegter Kenner wie Clessin und Goldfuss zeigt. Nur am Blondzminer See und bei Schwetz hatte ich Gelegenheit zu reicheren Aufsammlungen an diesen Muscheln, mir entgingen daher manche von Protz verzeichnete Arten. Auf den Blondzminer See war ich durch Protz’ Mitteilungen besonders hingewiesen, und in der Tat fand Clessin in meinem Material alle von hier angegebenen interessanten Formen wieder. Indessen weisen mehrere Formen der Tucheier Heide nach Clessin doch ge- wisse Eigentümlichkeiten auf, welche bei eingehendem Studium vielleicht zur Aufstellung neuer Varietäten, hier stets im Sinne von Standortsformen, ver- anlassen könnten. Ich habe über diese Fragen wiederholt mit Herrn Clessin korrespondiert und gebe nachstehend seine Bemerkungen und brieflichen Mit- teilungen fast unverkürzt wieder. 76 216 TJnio tumidus Retz, (welche var.? Wolt.) Glebozeksee bei Tuchei. Ziemlich zahlreich. — — var. lacustris Rossm. Großer Dombrowskasee, ziemlich zahlreich. — — Retz, (welche var.? Wolt.) Sadwornisee, ziemlich zahlreich. — — var. lacustris Rossm. oder nov. var.? „Schmal, auffallend langer, zugespitzter Hinterteil. Paßt nicht zu den häufiger vorkommenden Varietäten“ Clessin1). Mukrzsee, zahlreich. — — var. lacustris Rossm. oder nov. var.? Insel im Blondzminer See, einige Exemplare. „Es sind einige längliche Exemplare darunter, die sich in der Form an die var. limosus der Unio pictorum an- schließen.“ Cless. (In der Tat für den minder Geübten kaum unter- scheidbar. Siehe Anmerkung1) Wolt.). — pictorum L. (var.? Wolt.) Glebozeksee bei Tuchei, einige Exemplare. — — var. limosus Nils. Mukrzsee, Blondzminer See — Insel, Ostufer, Westufer — sehr zahlreich. Hierbei bemerkt Herr Clessin: „Die Unio pictorum hat gleichfalls eine etwas eigentümliche Form, die sich am meisten der var. limosus nähert.“ „Sie lebt jedenfalls in einem mit tiefem Schlamm besetzten Wasser. Es ist mir dies insofern von Interesse, weil Muscheln derselben Art, welche im Schlamm der oberbayrischen Seen leben, die gleiche Form bekommen.“ Diese Annahme Clessin’s trifft für den Mukrzsee und das von Schlamm erfüllte Westufer des Blondzminer Sees völlig zu. Am Westufer des letztgenannten Sees sind die Schalen relativ groß, Aberrationen fehlen. Am Ostufer und an der Insel finden wir etwas andere Verhältnisse. Am Ostufer herrschen kleine, zierliche Schalen vor, „kleine Form“, schreibt Clessin. Ich sammelte dieselben zwischen Steinen auf sandigem Grunde in einer Wassertiefe von 30 — 50 cm. An der Insel fand sich die gleiche, kleine Form, da- neben aber große, alte Schalen mit verschmälertem Hinterteil. Eine davon „neigt zur var. arca“, Cless. Das Hinterteil krümmt sich nach abwärts, so daß der Unterrand eine konkave Linie bildet. Clessin bezeichnete die Form früher als eigene Varietät, faßt sie jetzt aber als Abnormität auf und bestätigt meine Ansicht, daß speziell in diesem Falle eine individuelle Aberration von var. limosus , man kann sagen Krüppelform, vorliegt. Auch Protz hat die gleiche Abänderung an zwei Exemplaren, welche ich vergleichen konnte, ge- funden. Mehrere andere Schalen — 11 Stück — sind, wie erwähnt, ebenfalls groß und langgestreckt, hinten schmal, der Unterrand ist !) Brieflicher Zusatz vom 19. März 1901 : „Die Form der Unio tumidus mit verlängertem Hinter- teil entspricht im ganzen der var. lacustris Rossm.“ — Dieselbe entspricht der var. limosus von Unio pictorum und wird jedenfalls durch dieselben Bodenverhältnisse des Grundes, in dem die Muscheln stecken, erzeugt! 77 217 nicht deutlich konkav, sondern fast gerade. Sie bilden zweifellos den Übergang, die Stammform der Aberration. Unio pictorum L. var. limosus Nils. Schwarzwasser bei Schwetz. (Ich bin trotz Clessin’s Determination von der Identität mit den Blondzminer Exemplaren nicht recht überzeugt. Wolt.). Anodonta mutabilis Cless. var. cellensis Schroet. Nur eine Klappe. Am Schwarz wasser bei Grzybek. (Dr. Maas coli.) — — var. piscinalis Nils. (nov. forma? Wolt.) Glebozeksee bei Tuchei. Ziemlich zahlreich. — — var. piscinalis , nov. forma? „Vielleicht neue Form, bleibt auffallend rundlich und hat nur verhältnismäßig schmale Jahresringe. Das Wachstum der Muscheln scheint nicht in demselben Maße zuzu- nehmen, wie bei anderen Formen.“ „Die Anodonten haben ein un- gewöhnliches Aussehen, da sie die piscinalis- Form auch im höheren Alter beibehalten und dabei so aufgeblasen werden, wie ich es bei dieser Form nie gefunden habe.“ Clessin1). Mukrzsee, zahlreich. Insel im Blondzminer See, 3 Exemplare. — — var. piscinalis ad anatina. Übergangsform von var. piscinalis zu var. anatina , verschieden von der Form des Mukrzsees usw. Schwarzwasser bei Schwetz, ziemlich zahlreich. — — var. anatina L. Ein jüngeres Exemplar vom großen Dombrowska- see gehört nach Clessin zu dieser Form. — — Zwischenform zwischen var. cellensis und piscinalis , nicht ausge- wachsen Ein Exemplar. Schwarzwasser bei Schwetz. Schon aus diesen kurzen Angaben geht hervor, wie wertvoll die eingehende Bearbeitung der Wassermollusken und speziell auch der Unioniden, unter Beigabe zahlreicher guter Abbildungen, für die Wissenschaft sein würde. Hierzu würde aber ein weit größeres Material und genauere Bekanntschaft mit dem Gegenstände erforderlich sein. Ich kann mir nicht versagen, an dieser Stelle Clessin’s letztes Schreiben über diese Frage (vom 19. März 1901) wieder- zugeben: „Eine eingehende Bearbeitung der Muscheln aus den verschiedenen Seen würde allerdings eine sehr dankbare Aufgabe sein. Ich vertrete den Standpunkt, daß die verschiedenen Formen unserer Unio- und Anodonta- Avtexi nur Standortsformen sind, welche sich bei nahezu übereinstimmenden Stand- ortsverhältnissen von verschiedenen Fundorten in ziemlich ähnlichen Gestalten ausbilden, völlig gleiche Formen kann es ebensowenig geben, wie es völlig übereinstimmende Verhältnisse der Wohnorte der einzelnen Arten gibt. Des- halb lege ich auch großen Wert auf die genaue Beschreibung der Fundorte, chemische Beschaffenheit des Wassers, Bodenformation, Beschaffenheit des 9 Spätere briefliche Mitteilung: „Wenn ich mich recht erinnere, habe ich eine ähnliche Form schon von Norddeutschland gesehen, finde sie aber nicht mehr in meiner Sammlung und weiß nicht, ob sie schon benannt ist.“ Ol. 78 218 Grundes, ob steinig, schlammig, sandig, ob der Schlamm mit Humus gemischt ; selbst die Tiefe des Wassers am Fundorte, ob der Wogenschlag die Tiere berühren kann, ist von Bedeutung (vergl. oberbayrische Seen).“ Cless. Obiges deckt sich völlig mit meinen Anschauungen, und suchte ich, wie aus dem Reisebericht hervorgeht, diesen Anforderungen möglichst gerecht zu werden. Nur auf chemische Untersuchungen mußte ich verzichten. Wolt. Yon Muscheln wurden ferner gesammelt: Sphaerium corneum L. Häutig. Kleiner See westlich Tuchei, jung. Großer Dombrowskasee. Brahe. Großer Okoninsee bei Poln. Cekzin. — — var. nucleus Stüd. Kl. Sumpf in der Hölle bei Schwiedt (ausge- trocknet), kleines Moor am Cisbusch, Blondzminer See (an Phry- ganeengehäusen), Bagno bei Carlshorst, Moortümpel nördlich von Ebensee, zahlreich, Torfgräben auf der Cirkowski wiese, sehr zahlreich. Calyculina lacustris Müll. Lehmausstich in der Chirkowa. Ein abgestorbenes Exemplar. Pisidium amnicum Müll. An Phryganeengehäusen, Ostufer des Blondzminer Sees. — fossarinum Cless. (s. wahrscheinlich, aber jung). Sadwornisee. — obtusale C. Pfeiff. Mukrzsee am Rand des Cisbusches. — pusillum Gmel. Trockener Sumpf in der Hölle. Insel im Blondzminer See, an Phryganeengehäusen. Neu für Westpreussen, wenigstens von Protz noch nicht angegeben. Myriopodct. Chilopoda. Determiniert von Herrn Dr. Yerhoeff. Lithobius forficatus L. Bauplatz und alter Kirchhof Tuchei, Ordensburg bei Schwetz, Zatokken bei Osche, Chirkowa. — erythro cephalus C. K. Am großen Dombrowskasee, Cisbusch, Hölle bei Schwiedt. — mutabilis L. K. Bauplatz Tuchei (wohl eingeschleppt mit Kiefernstämmen). Diese wenigen Arten waren bereits früher nachgewiesen. Yon Interesse sind dagegen die wenig zahlreichen, aber teils neuen, teils bisher ungenau bekannten Diplopoden. Über einige Diplopoden aus Westpreußen. Yon Carl W. Yerhoeff, Dr. phil. Dazu eine Abbildung. Herr Dr. Wolterstorff (Magdeburg) übersandte mir einige von ihm in Westpreußen gesammelte Diplopoden, die recht beachtenswert sind und auch der deutschen Fauna einen Zuwachs bringen. Weitere Sammeltätigkeit dort wäre sehr erwünscht. 79 219 1895 hat Dr. Grentzenberg aus dem Kreise Carthaus neun Diplopoden angegeben, A. Protz aus andern westpreußischen Kreisen 13 Diplopoden. Von den GRENTZENBERG’schen sind vier bei Protz nicht angegeben, so auch Iulus vagabundus Latz., eine Angabe, die man ruhig streichen kann. Diese Art ist ein Angehöriger der schwierigen Untergattung Leptoiulus Verh. 1894, von welcher G. offenbar gar nichts bekannt war. Da er aber (ebenso wie Herr Protz) den Diplo- und Chilopoden nur einen kleinen Gelegenheitsbesuch abstattete, kann man die Kenntnis schwierigerer Formen schließlich auch nicht von ihnen erwarten oder verlangen. Sie haben daher auch beide fälschlich den Polydesmus complanatus ange- geben. Bei Craspedosoma Rawlinsii hat Protz keine Rasse vermerkt. „ Atracto - soma marmoratum 11 ist ein undeutbares, obskures Tier. Es wäre sehr wünschens- wert, zu erfahren, was für ein Tier in Wirklichkeit hinter diesem Namen steckt. An Iulus fallax ist zwar nicht unbedingt zu zweifeln, doch wäre eine erneute Prüfung sehr wünschenswert. Als zweifellos richtig können folgende Formen gelten, wobei ich teilweise die Gattungsnamen den neueren Fort- schritten gemäß verbessere: 1. Polyxenus lagurus Latr. 2. Glomeris connexa C. K. 3. Strongylosoma pallipes Oliv. 4. Brachydesmus superus Latz. 5. Chordeuma silvestre C. K. 6. Isobates varicornis C. K. 7. Oncoiulus foetidus C. K. 8. Schizophyllum sabulosum Latz. 9. Cylindroiulus londinensis Le ach. 10. Polyzonium germanicum Bra. * x- •x- Herr Dr. Wolterstorff sammelte folgendes: Polydesmus illyricus Verh. Chirkowa 1 c?\ 2 $. Zatokken 1 d» Hölle bei Schwiedt mehrere Exemplare. Glomeris hexasticha, Bra. Hölle bei Schwiedt, ein Exemplar. Isobates varicornis C. K. Chirkowa 2 J. Blaniulus venustus Mein. Mehrere §§ von Chirkowa. JBrachy iulus Wolter stör ffi n. sp. Chirkowa bei Osche 1 cT, 1 §. Iulus ciliatus bukkensis Verh. Chirkowa bei Osche 1 d, 6 J, 2 j. J, $ braun, Rücken mit dunkler Mittellinie, d schwarz, 221/2 mm, mit 48 Rumpf- segmenten, 85 Beinpaaren. Iulus sp. ( fallax ?). 1 § von Chirkowa. Schizophyllum sabulosum Latz. var. bilineatum C. K. Mehrere §5, Hölle bei Tuchei. Försterei Adlershorst am Miedznosee. Chirkowa Sept. 1 cf, zahlreiche § 24 V2 mm, 47 S., § 18 mm, 46 S., d 2572 mm, 80 220 48 S., 85 Beinpare. Mehrere Stücke von der Insel im Blondzminer See. Cisbusch 6 § (das größte 44 mm mit 57 S.), Endfortsatzspitze immer deutlich nach oben gekrümmt. Schizophyllum var. bifasciatum Fanz. Hölle bei Tuchei 7 §, Endfortsatz wenig oder gar nicht nach oben gekrümmt. — var. punctulatum Fanz. Von der Blondzminer Seeinsel und der Försterei Adlershorst je 1 §, 1 Schalt- cT von 47 Rumpfsegmenten. Cisbusch. — var. Borussorum mihi. Die zwei seitlichen Rückenbinden ziegelrötlich, die schwarze Mittelbinde schmäler als gewöhnlich, blasser und öfters in Flecke aufgelöst. Flanken ebenfalls mehr oder weniger mit rötlichem Schimmer, bisweilen erscheinen schwarze abgerundete Wehrdrüsen- fleckchen. Endfortsatz mit feiner Spitze nach oben gebogen. Chirkowa, eine Anzahl die aber anscheinend noch nicht ausgewachsen. Brachyiulus Wolterstorffi n. sp. ; cf1 von 23 mm mit 44 Rumpfsegmenten, § etwas größer und dicker mit 43 R., cT und § sind nahezu gleich gefärbt, im Gegensätze zu vielen Arten dieser Gattung. Die Art gehört in die Untergattung Chromatoiulus. Scheitelgruben sehr deutlich. Kollumseiten mit einer Anzahl abgekürzter Furchen. Vorderringe der Doppelsegmente fein und etwas geritzt punktiert, Hinterringe sehr dicht und deutlich gefurcht. Wehrdrüsenöffnungen klein, dicht an der Naht gelegen. Letztes Körperviertel deutlich be- borstet, besonders lang das Analsegment. Dorsaler Fortsatz des- selben spitz, kräftig, dreieckig und etwas dachig, deutlich vorragend. Ventrale Analplatte mit kleinem, vorragendem Spitzchen. Rücken mit tiefschwarzer, ziemlich breiter Mittelbinde, die bis zum Anal- segment reicht. Jederseits dieser schwarzen Binde ein graugelbes Längsband. Die Flanken sind in der oberen Hälfte graubraun, in der unteren grau- gelblich. Erstes und zweites Beinpaar des cT wie gewöhnlich. Vordcrblätter der Gonopoden gegen das Ende allmählich und ziemlich gleichmäßig verschmälert, also läng- lich dreieckig und am Ende völlig abge- rundet. Auf der Hinterfläche die bekannte Längskante, gleich vor dem Ende beginnend und bis in die Grundhälfte gerade ver- laufend, dort aber nach außen abbiegend. Hinterblätter (deren Endhälfte aus der beistehenden Abb. 5 ersichtlich) mit leicht gebogenem Hauptabschnitt b, der am Ende drei kleine Fortsätze aufweist und innen einige kleine, spitze Höckerchen. Der Außenarm a ist schlank und am Ende beinahe zugespitzt. Vorkommen: 1 cT, 1 J fand 81 Fig. 5. Brachyiulus Wolterstorffi n. sp. Endhälfte der Hinterblätter. 221 Dr. Wolterstorff bei Osche (Chirkowa) in Westpreußen. Dem Finder ist auch die Art gewidmet. Anmerkung 1. Unter den bekannten Brachyiulus- Arten stellt trans- silvanicus Verh. dem Wolterstorfß am nächsten, unterscheidet sich aber leicht durch die Kopulationsorgane. Die Rückenbinden sind bei W. einheitlicher ausgeprägt. (Vergl. No. 527 und 528 des Zoolog. Anzeigers.) Anmerkung 2. Aus Rußland hat kürzlich Herr T. Timothenus (1897, Charkow) einen vIulus rossicus“ beschrieben, allerdings ohne die neuere Literatur zu beachten. Auf der beigegebenen Tafel sind zwar eine Reihe zu diesem Tiere gehöriger Abbildungen, auch von den Gonopoden, aber dieselben sind derart, daß man über die Gruppenzugehörigkeit keine genügende Klarheit er- langen kann. Es scheint mir, daß es ein Brachyiulus ist. Wie dem aber auch sei, mit Wolterstorfß hat er auf keinen Fall etwas zu tun. Eher wäre daran zu denken, daß unser Tier mit ,, Iulus austriacus u Tim. von Latzel zusammenfiele. Dieser austriacus Tim. ist nämlich ganz zweifellos falsch be- stimmt, da der Brachyiulus austriacus Latz. (u. Verh.) eine endemische Form des mediterranen Teiles von Istrien-Kroatien ist! Vielleicht kann der austriacus Tim. auch mit projectus Verh. zusammenfallen. Den Entscheid kann nur eine genaue Untersuchung der Tiere bei Charkow bringen. Bemerkungen. 1. Nach den vorstehenden Ausführungen des Herrn Dr. Verhoeff sind mithin Brachyiulus Wolterstorffii Verh. und die varietas Borussorum von Schizo- phyllum sahulosum ganz neu, Julus ciliatus Bükkensis Verh. und die Varietäten von Schizophyllum sahulosum: var. bilineatum C. K., hifasciatum Fanz., punctu- latum Fanz. neu für Westpreussen bezw. früher nicht unterschieden, während Polydesmus illyricus Verh., Glomeris hexasticha Bra., Blaniulus venustus Mein., bisher zum Teil unter anderem Namen aufgeführt wurden und erst jetzt als sicher festgestellt betrachtet werden können. Durch die lange anhaltende Trockenheit wurde das Sammeln der Diplo- poden sehr erschwert. Nur an einer Örtlichkeit, das Chirkowa, war die Aus- beute an Individuen reicher. Hier war ich zu Beginn einer kurzen Regen- periode eingetroffen, welche wenigstens einen Teil der niederen Landtiere wieder aus ihren Verstecken hervorlockte und mich zu wiederholten Besuchen der Fundplätze veranlaßte. 2. Übersicht der Fundorte. (Wald.) Hölle bei Schwiedt (urwüchsiger Waldbestand): Glomeris hexasticha Bra., Polydesmus illyricus Verh., Schizophyllum sahulosum var. bilineatum , var. hifasciatum Fanz. Cisbusch (urwüchsiger Mischwald). Schizophyllum sahulosum var. bili- neatum C. K., var. punctulatum Fanz. Meine Besuche in Cisbusch fielen in die heißesten Tage des August. 82 222 Chirkowa (urwüchsiger Laubwald). Polyclesmus illyricus Verh., Schizo- phyllum sabulosum var. bilineatum C. K., Schiz. sabul. var. Borussorum Verh., Isobates varicornis C. K., Blaniulus venustus Mein., Brachyiulus Wolterstorffii Verh., lulus ciliatus bükkensis, Iulus ? fallax. Zatokken (Wald, Talschlucht). Polydesmus illyricus , Iulus juv. (Nur gelegentlich gesammelt!) Auf Kulturland fanden sich: Inselchen in Blondzminersee (bebautes Stückchen Acker): Schizophyllum sabulosum var. bilineatum C. K. und var. punctulatum Fanz. Försterei Adlershorst und Miedznosee: Ackerstück. Die gleichen Formen. Auf Moorboden beobachtete ich nur am Miedznosee: Schizophyllum sabulosum var. an der kleinen Halbinsel. Hydrachnidae, Wassermilben. Bestimmt von A. Protz, Königsberg. Eulais rimosa Piers. Cisbusch. August 1900. 6 Exemplare. Neu für Westpreussen. Hydryphantes ruber de Geer. Cisbusch. Diplodontus despiciens 0. Fr. Müll. Sadwornisee bei Polnisch Cekzin, sehr zahlreich; Graben auf der Cirkowski wiese nahe Adlershorst. Arenurus crassicandatus Kramer. Sadwornisee. Marica musculus 0. F. Müll. Sadwornisee. Limnesia maculata 0. F. Müll. Sadwornisee. Uydrochoreut.es ungulatus C. L. Koch. Sadwornisee. Herr Protz schreibt mir: „Es sind meist häufigere Arten, nur Eulais rimosa Piers, ist bisher nur aus Sachsen (Umgebung von Leipzig) bekannt, dürfte jedoch weiter verbreitet sein. Vielleicht ist sie unter den von mir 1894 und 1895 in Westpreußen gesammelten, dem damaligen Stande unserer Kenntnisse entsprechend als Eulais extendens bezeichneten Individuen mitent- halten. Jetzt sind von Eulais 35 Arten beschrieben, von welchen etwa 20 in Deutschland sich finden.“ Ich fing Eulais rimosa in einem Moortümpel an dem Wege, welcher vom Ostrande des Cisbusches nach einem kleinen Fried hofe (der Kolonie Eiben- horst) und weiter nach Brunstplatz führt (siehe Reisebericht!). Liste des Crustaces Isopodes de la Prusse Occidentale recueilles par le I)r. Wolterstorff en 1900 par Adrien Dollfus. Armadillidium pictum Brandt. Hölle beiSchwiedt. Cisbusch. Neufür Westpreussen. — pulchellum Zencker sp. ( Oniscus ). Cisbusch (avec l’espece pröcödente). Chirkowa bei Osche. Neu für Westpreussen. — opacum C. Koch. Hölle bei Schwiedt. Neu für Westpreussen. 83 223 Cylisticus convexus de Geer sp. ( Oniscus ). Tuchei, auf einem Bauplatz. Ordens- burg bei Schwetz. Neu für Westpreussen. Porcellio Rathkei Brandt. Tuchei (auf einem Bauplatz. — Alter Kirchhof. — Schützenhaus). Chirkowa, bei Osche. Cisbusch. Adlershorst (am Miedzno- see). Moorwiesen am Miedzuosee bei Adlershorst. Neu für Westpreussen. ■ — affinis C. Koch. Hölle bei Schwiedt. Neu für Westpreussen. — conspersus C. Koch. Hölle (Wald). Zatokken, bei Osche. Chirkowa, bei Osche. Cisbusch. Neu für Westpreussen. — scaber Latz. Tuchei (Bauplatz, alter Kirchhof). Schwetz, an der Ordensburg. — pictus Brandt. Tuchei (alter Kirchhof). Ordensburg bei Schwetz. Neu für Westpreussen. Oniscus asellus L. Tuchei (auf einem Bauplatz). Schwetz, an der Ordensburg. Ligidium hypnorum Cuvier. Hölle bei Schwiedt (Wald). Chirkowa. Cisbusch. Neu für Westpreussen. Asellus aquaticus L. See, westlich Tuchei. Kietschfließ (Bach), südlich Tuchei. Mukrzsee am Cisbusch. Graben am Miedznosee bei Adlershorst. Sadwornisee bei Poln. Cekzin. Une premiere liste des Crustacös de la Prusse occidentale a etö donnöe en 1899 par le Dr. Seligo (Dr. A. Seligo, Westpreußische Krebstiere, Schrift, der Naturf. Ges. in Danzig, Bd. X, Heft 1). Cette liste ne comprend que quatre especes d’Isopodes terrestres ou d’eau douce: Armadillidium vulgare, Porcellio scaber, Oniscus murarius (0. asellus L.), Asellus aquaticus. — Les recherches plus completes de M. le Dr. Wolterstorff nous permettent de preciser le caractere de cette faune isopodique; bien qu’il n’ait pas trouvö Armadillidium vulgare signale par le Dr. Seligo, les especes recoltöes par le Dr. Wolterstorff s’elevent a 12. — En laissant de cötö les especes tres- communes dans toute l’Europe moyenne et septentrionale, nous constatons la presence de certaines especes interessantes a noter, telles que Armadillidium pictum, pülchellum, opacum, Porcellio conspersus, qui se retrouvent par ci par la surtout dans les forets dela majeure partie de PEurope centrale et septentrionale (Jles Britanniques exceptees); ces especes ont meme un caractere septentrional bien marquö car si Ton s’avance vers le Sud, on ne les retrouve plus qu’ä une assez grande altitude: Porcellio conspersus dans les Yosges, et les rögions montueuses du Nord et de l’Est de la monarchie Austro-Hongroise, — Arma- dillidium pictum dans les Alpes, les Vosges, les Jura, les monts d’ Auvergne, es Pyrönöes (jusqu’ä 2000 metres), — il est commun en Suede et en Norvege. — A. pulchellum, moins r dp an du que le prdcddent dont il se distingue par la forme, nettement arrondie du pleotelson, se retrouve en Norvege, en Dänemark, en Suisse, dans les Alpes francaises, et plus rarement encore dans les grandes forets ä faune septentrionale du Nord de la France et de la Belgique. — A. opacum , signald en Dänemark, en Allemagne et en Boheme, s’avance jusqu’au Jura et dans les Alpes Dauphinoises oü il est tres-commun a une grande altitude (plus de 2000 metres). — 84 224 Enfin, la prösence de Porcellio affinis (espece 5 trachiate comme P. Rathkei et conspersus) est aussi importante ä signaler, car c’est la seule espece de la liste ci-dessus qui ait un caractere oriental: eile est tres-repandue en effet dans toute la rögion du bas Danube el de la haute Vistule, ainsi que j’ai pu le constater en ötudiant les collections des musöes de Budapest, de Bukarest, de Cracovie et de Sarajewo. Adrien Dollfus, Correspondant du Museum de Paris. Bemerkungen zu vorstehender Mitteilung. 1. Nach der Liste des Herrn A. Dollfus sind mithin neu für Westpreussen : Armadillidium pictum , pulchellum , opacum , Cylisticus convexus , Porcellio Rathkii ' affinis, conspersus , pictus , Ligidium hypnorum. Diese relativ beträchtliche Zahl neuer Formen erklärt sich leicht aus dem Umstande, daß bisher in Westpreußen die Isopoden noch nicht systematisch gesammelt sein dürften. Ich selbst war von der Menge „Neuheiten“ am meisten überrascht, da bei der lange anhaltenden Dürre nur an wenigen Orten eine größere Anzahl Individuen gesammelt werden konnten. Es muß dabei bemerkt werden, daß die Zahl der bekannten Land- Isopoden- Arten, z. B. aus Frankreich, über 100 beträgt! 2. Die Verteilung der gesammelten Arten auf die einzelnen Örtlichkeiten und ihre relative Häufigkeit erhellt aus folgender Übersicht. a) Städte, Ruinen, Schutt- und Bauplätze. Tuche!, Bauplatz. Cylisticus ( Oniscus olim) convexus de Geer (1 Exempl.), Porcellio Rathkii Brdt. (4 Ex.), Porcellio scaber Latr. (Sehr zahl- reich!), Oniscus asellus L. (3 Ex.). — alter Kirchhof. Porcellio Rathkii Brdt. (2 Ex.), Porcellio scaber Latr. (6 Ex.), Porcellio pictus Brdt. (4 Ex.). — nahe am Schützen haus. Porcellio Rathkii Brdt. (20 Ex.). Schwetz, Ordensburg (teilweise restau rierte Ruine). Cylisticus convexus de Geer (4 Ex.), Oniscus asellus L. (Sehr zahlreich!), Porcellio scaber Latr. (6 Ex.), Porcellio pictus Brdt. (5 Ex.). b) Urwüchsiger Wald. Hölle bei Schwiedt. Armadillidium pictum Brdt. (1 Ex.), Armadillidium opacum C. Koch (1 Ex.), Porcellio affinis C. Koch (2 Ex.), Por- cellio conspersus C. Koch (5 Ex.), Ligidium hypnorum Cuv. (20 Ex.). Cisbusch. Armadillidium pictum Brdiv (3 Ex.), Armadill. pulchellum Zenck. (2 Ex.), Porcellio conspersus C. Koch (6 Ex.), Porcellio Rathkii Brdt. (6 Ex.), Ligidium hypnorum Cuv. (2 Ex.). Chirkowa. Armadillidium pulchellum Zenck. (vieleEx.), Porcellio Rathkii Brdt. (viele Ex.), Porcellio conspersus C. K. (4 Ex.), Ligidium hypnorum Cuv. (4 Ex.). Zatokken. Porcellio conspersus C. Koch (2 Ex.). 85 225 c) Am Moor. Adlers hörst. Porcellio Rathkii Brdt., sowohl auf den Moorwiesen als am Forst- haus je V2 Dutzend. d) Im Wasser. Überall gemein: Asellus aquaticus L. (siehe Dollfus Liste). Nematodes1). Gordius Villoti Rosa (— Gordius aquaticus L. partim). Das einzige Exem- plar dieser Art fand sich am 19. August 1900 in einer abgestorbenen Muschel aus dem Mukrzsee. Beim Waschen der zahlreichen mitgebrachten Muscheln ( Anodonta , Unio) ward mit vielem anderen Kleingetier auch dieser merk- würdige, in seiner Gestalt an ein Roßhaar erinnernde Wurm zutage gefördert. Sonst beobachtete ich in der Heide trotz besonderer Aufmerksamkeit nirgends Gordiidae. Protz war glücklicher, er fand Gordius sp. in Schwarzwasser bei Osche, im Schechausee, im Kietschfließ, doch unterblieb nähere Bestimmung, so daß bei der Menge verwandter Arten Gordius Villoti als neu für West- preussen bezeichnet werden kann. Nach den Mitteilungen des Herrn Professor Lor. Camerano in Turin, des besten Kenners dieser Familie, welcher die Determination freundlichst übernommen hatte, ist Gordius Villoti Rosa (Came- rano, Monografia dei Gordii, Mem. Acad. Torino, 1896/97, pg. 407) in der palearktischen Region weit verbreitet. Übersicht der Arten und Fundorte. Microtus arvalis . Mus minutus f. agilis ,, musculus ,, sylvaticus Mammalia. Brunst- p’latz + + + + Reptilia. Um Tucliel i zr: a> 9 „ var. pücinalis ( nov . forma?) „ „ var. anatina . ,, var. piscinalis ad anatina . „ „ Zwischenform zwischen var. cellensis n. piscinalis Sphaerium corneum .... „ yy var. nucleus Calyculina lacustris .... Pisidium amnicum .... yy fossarinum .... yy obtusale ,, pusillum .... + + f1)! + +2) + | + ! + I • 1 + + + + 4- + + 3) i) Ferner Kl. See Tuche]. 2) Im kleinen ausgetrockneten Sumpf. 3) Lehmausstich Chirkowa. 233 Myriopoda. pipnjj Hölle | Cisbusch Blondzminer See (Insel) J Zatokken Adlersliorst 1 Chirkowa Am M iedznosee ! Ordensburg bei Schwetz Lithobins forficatus 4- 4- 4- 4- „ erythrocephalus1) 4- + ,, mutabilis + Polydesmus illyricus 4- 4- + Glomeris hexasticha + lsobates varicornis . + Blaniulus venustus • 4~ Brachyiulus Wolterstorf fii + Julus ciliatus bükkensis + „ sp. (fallax) + Schizophyllum sabulosumystr. bilineatum . ~r 4- + 4- + v v „ bifasciatum + + • ,, v ,, punctulatum + 4- + „ 1 ,, Bomssorum V + 1 4- Isopoda. j 1 Ärmadillidium pictum + + ,, pulchellum 4- . + | * v opacum , + . . • Cylisticus convexus 4- * . + Porcellio Rathkii + . + 4- , 4- „ affinis + „ conspersus + + 4- + ,, scaber 4- . + „ pictus + ■ + Oniscus asellus 1 . 4- Ligidium hypnorum i + + • “f* Asellus aquaticus 2) *) Gr. Dombrowskasee. 2) In den meisten + i Gewässei m. 4- 94 234 Hydrachnidae. £ Q 4 m er Eulais rimosa . Hydryphantes ruber Diplodontus despiciens Arenurus crassicaudatus . Marie ci musculus . . . . Limnesia maculata Hydrochoreutes unguiaüis Nematodes. Gordius Vilotti .... + + + + + + + 95 Cirkowskiwiese 235 Anhang. Zur Mikro-Fauna und -Flora der Gewässer der Tucheier Heide. Bearbeitet von Dr. A. Seligo. Vorbemerkung. Dem Wunsche der Museumsdirektion entsprechend? sammelte ich in allen untersuchten Gewässern, wo sich Zeit und Gelegenheit bot, auch Larven, Eier und Fraßstücke von Wasserinsekten, Laich von Wasserschnecken, ferner Entomostraken, Bryozoen usw. Außerdem wurde der Schlammrückstand aller ergiebigen Molluskenfänge in Formol bezw. Sprit aufbewahrt — ich hatte die Mollusken großenteils in Formolgläsern konserviert, und die trockene Präparation erfolgte erst später. Manches dieser 78 „Sammel- gläser“ ergab eine ganz gute Ausbeute an Organismen verschiedenster Art, andere erwiesen sich freilich bei der durch Herrn Dr. A. Seligo, den besten Kenner der Seen-Fauna Westpreußens, vorgenommenen mühevollen Unter- suchung als völlig leer von tierischen oder pflanzlichen bestimmbaren Resten. Die Liste der übrigen Funde lasse ich — von einzelnen schon oben ange- führten Arten abgesehen — unter Beibehaltung der Numerierung Dr. Seligo’s unverändert folgen. Es ist jedoch zu bemerken, daß Herr Dr. Seligo die Fundorte meist in der Reihenfolge von Ost nach West — von Sch wetz bis Tuchei — anordnete, während ich im allgemeinen Teil, dem Gang der Reise entsprechend, die umgekehrte Anordnung befolgt hatte. Dr. WOLTERSTORFF. 2. „V. Tümpel am Schützenhaus bei Sch wetz“. Fast ausschließlich Daphnia pulex in allen Entwickelungsstadien, auch Ephippien. Diaptomus graciloides. Ganz vereinzelt Cyclops serrulatus. 3. „V. Tümpel am Schützenhaus bei Schwetz. 8. Sept. 1900“. (Gleicher Fundplatz). Daplmia pulex , Cyclops serrulatus } Diaptomus graciloides. 4. „Dorfteich bei Sulnowo. September 1900.“ Plumatella repens mit Stato- blasten. Zwischen den Ästen auf den Röhren u. s. zahlreiche Rotatorien. Limnias sp. (wahrscheinlich ceratophylli). Die Hüllen schwach konisch, 540 p lang, 100 p breit. Aus Schlammteilchen. Tier gestielt. Eier länglich. 5. „Moorausstich Sulnowko. Cyclops, Daphnien.“ Große Daphnia pulex. Simocephalus vetulus. Cloeiarven. Notoclromas monacha. 7. „Kleines Moor am Cisbuscli bei Lianno. August 1900.“ Nephelis- Coeons. Laich von Bitliynia tentaculata. Asellus aquaticus. Tubifex rivulorum. Cyclops viridis. Glossiphonia bioculata. Ca lojiteryx-L ar V e . 96 236 8. „Kleines Moor am Cisbusch.“ Gleicher Tümpel. Viele große Cyclops viridis , die § ohne Eier, 3,3 mm lang. Simocephalus vetulus. Viele Daphnia pulex. Asellus aquaticus. Segmentina nitida. 0. „Kleines Moor am Cisbusch. 19. August 1900. Gleicher Tümpel. Rück- stand von Schnecken.“ Chaetogaster limnaei. Asellus aquaticus. Glossiphonia hioculata. 10. ,, Marienfelder See. 17. Sept. 1900.“ Clathrocystis aeruginosa. Pilzhyphen. Difflugia acuminata. Arcella vulgaris. Tubifex rivulorum. Stylaria lacustris. Asplanchne Brightwellii. Simocephalus vetulus. Bosmina longirostis. Ghydorus sphaericus. Alona testudinaria ! Pleuroxus truncatus. Cyclops viridis, C. serrulatus. Cloe Larven. 12. „Mukrzsee bei Lianno.“ Nephelis vulgaris. Dorylaimus sp. Chaetogaster limnaei. 14. „Mukrzsee. 19. August 1900.“ Hydrocharis- Blatt mit einer Schmetterlings- larve, wahrscheinlich Hydrocampa sp., und mit Milbeneiern. | Rivularia minutula an Holz. Ein zersetzter Binsenstengel mit Chironomus- Larven. Im Bodensatz Chironomus- Larven, Stylaria lacustris, P/wmate//a-Statoblasten, Chaetogaster limnaei, Eier von Bithynia tentaculata am Holz, Glossiphonia hioculata. Alona costata. 15. ,, Rückstand vom Mukrzsee. August 1900.“ Stylaria lacustris. Chironomus - Larven. Glossiphonia hioculata. Tubifex rivulorum. Glossiphonia complanata, Bithynia tentaculata. Larven von Cayethira sp. und Ceratopogon sp. 16. ,, Mukrzsee am Cisbusch, August 1900.“ Gammanis pulex. 17. „Tümpel nördlich von Ebensee. 28. August 1900.“ Weni qq Daphnia pulex. Scapholeheris obtusa und Sc. mucronata. Cyclops Leuckartii, C. serrulatus. Diaptomus Zachariasi. Viele Anuraea aculeata. 18. „Tümpel nördlich Ebensee. 28. August 1900.“ (Gleicher Tümpel). Viele Scapholeheris obtusa, viele Daphnia pulex. Cyclops Leuckartii , C. viridis. Cypria ophthalmica. Corethra- Larven. 19. „Torfstich bei Carlshorst, bei Ebensee.“ Myriophyllum- Stengel mit zahl- reichen Rivularia- Kugeln. Leere Gehäuse von ^Melicerta ringens. Viele Chaetogaster limnaei, Ein Carassius vulgaris, 28 mm lang. 20. „Blondzminer See, Westufer, August 1900.“' Viele kleine Chironomus- Larven. Viele Chaetogaster limnaei. Asellus aquaticus. Gammarus^ pulex- Glossiphonia hioculata , viele sehr junge mit ausgestülpten Rüsseln. v 21. „Insel im Blondzminer See.“ Sandiger, algenreicher Kalkmergel. Viele Asellus aquaticus. Alona affinis. Ghydorus sphaericus. Canthocamptus^Jon - tinalis. Chaetogaster limnaei. Nephelis vulgaris. Denclrocoelum lacteum. 22. „Insel im Blondzminer See, 23. August 1900. An Muscheln (leere Unio- Gehäuse).“ Gammarus pulex. Asellus aquaticus. Chironomus motilator , Larven. Dorylaimus sp. Nephelis vulgaris. Nais elinguis. 97 237 23. „Insel im Blondzminer See. Viel Kalkschlamm.“ Dorylaimus sp. Meist große, mit Kalk inkrustierte Rivularia- Kugeln. Sicla crystallina, Asellus aquaticus. Chironomus- Larven. Nais elinguis. Planaria torva. 24. „Ostufer des Blondzminer Sees. Muscheln, Gammarus, Cyclops. 22. August 1900.“ TJnio pictorum , Unio tumiclus, daran Laich von Limnaea , eine ganz in einen Sandhaufen fest eingebettete Trichopteren-P u p p e . Rivularia- colonie , Cladophora- Büsche. Asellus aquaticus. Bosmina longirostris. Alo- nopsis elongata. Monospilus tenu i r o s tri s ! Cyclops viri dis, C. macrurus. Chironomus- Larven. Nephelis vulgaris . Stylaria lacustris. 25. „Blondzminer See, Ostufer. 22. August 1900.“ Chara und Elodea fast ohne tierischen Inhalt. Im Bodensatz: Ganz junge Limnaeen und Pisidien. Chironomus- Larven. Asellus aquaticus. Gammarus pulex, Alonopsis elongata. Sicla crystallina. Canthocamptus staphylinus , Cypria ophthalmica. Tubifex rivulorum, Glossiphonia bioculata, Nephelis vulgaris. 26. „Blondzminer See, Ostufer. 22. August 1900.“ Chironomus - und Dixa- Larven. Alonopsis elongata. Cyclops servulatus. Tubifex rivulorum. 27. „Blondzminer See, Insel. 23. August 1900“. Gloiotrichia pisum auf Unio. Nais elinguis , Chironomus Aj&yvqw. 28. „Blondzminer See, Cyclops.“ Cyclops viridis. Monospilus tenuirostris Alonopsis elongata. Alona lineata, A. guttata. Glossiphonia complanata. 29. „Blondzminer See, Ostufer.“ Agrion Larve. Gammarus pulex. Land- insekten. 30. „Dorfteich bei Blondzinin. 27. August 1900.“ Anabolia laevis- Larven. Chironomus monilis- Larven. Tanypus- Larven. Cloe- Larven. Gammarus pulex. Pleuroxus truncatus. Cyclops viridis, C. serrulatus. Glossiphonia bioculata. 32. „Salescher See. 26. August 1900.“ Bithynia tentaculata. An einem Ny mp h aea- Blatt Laich von Limnaea und PI an orbis corneus. Phryganiclen- Laich. Milbeneier. Hyclrachna globosa. Caloptei'yx-Larven. Asellus aquatictis. Nephelis vulgaris. 34. „Salescher See. 26i August 1900. Rückstand von Wasserrosenblättern.“ Chironomus-harveii. Sicla crystallina. Ceriodaphnia laticaudata meist. Simocephalus vetulus. Scapholeberis mucronata. Cyclops viridis. Nesaea sp. Hydra grisea. 35. „Salescher See. 26. August 1900.“ Larven von Chironomus plumosus. 36. „Salescher See. 26. August 1900.“ Eier von Planorbis , Limnaea. Physa an Mummelblättern. 37. „Salescher See. 26. August 1900. Stamm bzw. Wurzelstück von Insekten- larven zerfressen.“ Im Zerfall begriffener Wurzelstock von Schilf, darin Chironomus- Larven, Tubifex rivulorum, Ceriodaphnia pulchella. Ein Binsen- stück mit Chiro?iomus-1L&vven. Puppenhüllen von Trichopteren- Larven und Chironomus plumosus. Im Bodensatz: Simocephalus vetulus, Ceriodaphnia es 238 pulchella , Cyclops viridis , Planaria torva, Nephelis vulgaris , Nais elinguis , Hydra fusca. 38. „Salescher See. 26. August 1900. “ Scapholeberis mucronata. Ceriodaphnia pulchella . 41. „Salescher See. 26. August 1900.“ Puppe von Ilydrocampa nymphaeata, hellbräunlich mit dunklen Malen, 13 mm lang, 3 m breit, in einem durch- sichtigen flachen Gespinnst, das 26 mm lang, 13 mm breit ist, und bedeckt von einem ovalen, ziemlich regelmäßig ausgeschnittenen Blattstück von 33 mm Länge und 14 mm Breite. 42. „Salescher See. 26. August 1900. “ Larven von Chironomus plumosus und von Sericosioma sp. mit Gehäusen. 43. „Salescher See. 26. August 1900. “ Larven von Calopteryx. 44. „Salescher See, Larven.“ Larven von Calopteryx. 47. „Cirkowski wiese bei Adlershorst, Moorgraben.“ Utricularia sp. mit vielen dunkel gefärbten Blasen, Inhalt außer viel Schlamm Cladoceren und Cyclops. Außerdem Daphnia pulex , Simocephalus vetulus , Ceriodaphnia reticulata mit Ephippien, Scapholeberis obtusa , Diaptomus graciloides , Culex- Larven. 48. „Cirkowskiwiese bei Adlershorst, 16. September 1900.“ Loser Pflanzen, moder. Culex Larven. Plu7natella- Statoblasten. Große Daphnia pulex , teilweise mit Ephipprien. Simocephalus vetulus, Scapholeberis mucronata. Cyclops strenuus , C. serrulatus Diatomus graciloides. Eine kleine Karausche. 49. „Cirkowskiwiese, 14. September 1900. Rückstand.“ Cladophorawatten. Chydorus sphaericus vereinzelt, sonst leer. 50. „Sumpf am Miedznosee bei Adlershorst, 5. September 1900.“ 4 kl. Chironomus -Larven, 1 Asellus aquaticus. 51. „Moor am südlichen Teil des Miedznosees, 13. September 1900.“ Wenige kleine Chironomus- Larven und Chaetogaster limnaei. 52. „Graben am Miedznosee bei Adlershorst, September 1900.“ Agrion-LaYven. 53. „Graben bei Adlershorst am Miedznosee.“ 6 ^mm-Larven, 1 Naucoris cimicoides, Asellus aquaticus. 54. „Graben am Miedznosee bei Adlershorst, 4. September 1900.“ 2 Simocephalus vetulus , 1 Succinea putris. 55. „Graben am Miedznosee, 4. Sept. 1900.“ Simocephalus vetulus und Cyclops viridis ziemlich zahlreich. 56. „Aus schneckenarmem Graben am Miedznosee bei Adlershorst, 13. Sept. 1900.“ 21 Asellus aquaticus , acht Agrion- Larven, sechs Naucoris cimicoides , eine Notonecta glauca. 58. „Sumpfgraben (kaltes Wasser) am Miedznosee bei Adlershorst, 4. Sept. 1900.“' Zu erkennen: Simocephalus vetulus , viele Dipteren-L&YYen. 59. „Moor an der Halbinsel im südlichen Teile des Miedznosee. 13. August 1900.“ Algenwatten von Spirogyra. Lumbriculus variegatus. Stratiomys- Larven. 99 239 60. „Sadwornisee bei Altsummin. August 1900.“ Einzelne Melosira, — Ganthocamptus staphylinus, Pleuroxus hastatus, Arcella dentata. 61. , .Sadwornisee bei Altsummin, 17. August 1900.“ 2 Chironomus-LsLrven. 2 Nais elinguis. 1 Stylaria lacustris. 1 Alona affinis. 62. „Ibd., Pflanzenreste mit Insektenfraß und Algen.“ Ein Weidenblatt mit Nephelis-Cocons. Eine Binse mit Chironomus- Larven, Cladophora-Büschm, Rivnlaria minutula. Schilfblatt mit einem länglichen Turbellarien- Cocon. 63. „Ibd., Insektenlarven.“ Polycentropus-Larve, zwei SfafoVLarven, Calopt.eryx - Larve. 64. „Ibd., 17. Sept. 1900.“' Chironomus- Larven. 65. „Ibd„ August 1900. Wurm.“ Lumbriculus variegatus. 68. „Ibd., August 1900.“ Tipuliden- Larve. 69. „Ibd., August 1900, Larven von Köcherfliegen und andere Insektenlarven am Rohr unter Wasser.“ Meist Chironomus plumosus- Larven frei und in Gespinnsten am Rohr, Ceratopogon- Larven, S ericostoma sp. -Larve. Hygro- bates sp. Ceriodaplmia pulchella , Chydorus sphaericus . 70. „Ibd., Bryozoen?“ Cristatella mucedo. Milbeneier. 71. „Ibd.“ Rivularia-TLoXome an einem Nuphar- Blatt. 73. „Brahetal, Hölle bei Schwiedt.“ Gammarus pulex. 75. „Kietschfließ nördlich von ’Tuchel.“ Gammarus pulex. Das ziemlich häufige Auftreten des Monospilus tenuirostris im Blondzminer See ist von Interesse. Dr. Seligo. JL00 240 Erklärung der Tafel. Fig. I. Rana arvalis Nilss., var. nigromaculata. Moorwiese nord- westlich Brunstplatz pg. 198. Fig. II. Rana arvalis Nilss., var. nigromaculata , Übergang zu var. striata. Kleine Wald wiese bei Brunstplatz . . , 198. Fig. III. Rana arvalis Nilss., var. nigromaculata jur. Kleines Moor nördlich Tuchei „ 198. Fig. IV. Rana escw^wfafsubsp. typica var. Lessonae , ganze Figur. Marienfelder See bei Lianno „ 193. Fig- V. Rana esculenta subsp. typica , Fuß, mit mittelgroßem Metatarsaltiiberkel. Marienfeldcr See bei Lianno . . * 189. Fig- VI. Rana esculenta subsp. typica var. Lessonae , mit starkem, kräftigen Metatarsaltiiberkel. Marienfelder See . . . , 193. Fig. VII. Rana esculenta subsp. ridibunda Pall., mit kleinem, schwachen Metatarsaltuberkel. Weichselniedcrung bei Schweiz . „ 189. T. — Metatarsaltiiberkel. Die Reproduktion der Tafel erfolgte im Vierfarbendruck, sie ist gut, nur etwas zu matt, ausgefallen. So ist das Grün und Orangegelb der Fig. IV. in Wirklichkeit lebhafter, greller. Die Metatarsaltiiberkel auf Fig. V, VI, VII treten nicht plastisch genug hervor. Indessen wird die charakteristische Gestalt des Tuberkels der var. Lessonae auf Fig. XV, wö er von der Seite dargestellt ist, deutlich erkannt. 101 Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig, N. F. Bd. 11, Heft 1. 2. Tafel I. 241 Die Vegetationsverhältnisse der westpreussischen Moore östlich der Weichsel, mit besonderer Berücksichtigung der Veränderung der Flora durch Melioration. Bericht über die im Aufträge des Westpreußischen Botanisch -Zoologischen Vereins in der Zeit vom 2. Juli bis zum 18. August 1901 ausgeführte botanische Forschungsreise. Von FR. E. A HLF Y EN GREN- Y stad (Schweden). JJurch Eingreifen des Menschen, und besonders des Kulturmenschen, ist, wie bekannt, die Pflanzenwelt eines Landes in ihrer Zusammensetzung und ihrem Aussehen großen und durchgreifenden Veränderungen unterworfen. Durch Mittel, die ihm zu Gebote stehen, bringt er in sehr kurzer Zeit, selbst nur in einigen Jahren, Veränderungen hervor, welche durchzuführen die Natur, sich selbst überlassen, Jahrhunderte, ja Jahrtausende gebraucht haben würde. In den letzten Jahrzehnten gilt dies besonders für die Moore, welche durch Entwässern und Melioration der Kultur zugänglich gemacht werden. Und welchen nationalökonomischen Gewinn bedeutet dies nicht, unzugängliche und wertlose Gebiete in fruchtbare Getreidefelder verwandeln zu können! Auch hat sich diese Melioration in Westpreußen, wie auch in anderen Pro- vinzen und Ländern, so verbreitet, daß bald kein einziges Moor in seinem natürlichen Urzustände mehr übrig geblieben ist. Von den Mooren, welche der Verfasser im vorigen Sommer in Westpreußen, östlich der Weichsel, be- suchte, war kein einziges vollständig intakt, sondern alle mehr oder weniger entwässert und trockengelegt. Nur sehr winzige Gebiete an den Ufern gewisser Seen konnten als Urmoore angesehen werden. Gleichzeitig mit dem durch Trockenlegung verminderten Wasserzufluß und Sinken des Grundwassers verändert sich auch das Tier- und Pflanzenleben der Moore. Wasserliebende Gewächse müssen vor solchen weichen, welche weniger Wasser erfordern. Verschiedene Pflanzenformationen bedürfen un- gleicher Wassermengen und eben auch ungleicher Ernähiungsbedingungen. Die eine Pflanzenformation löst deshalb die andere ab. Ordnet die Natur die Bedingungen selbst, so vollzieht sich die Reihenfolge verschiedener Formationen auch auf eine bestimmte Weise. So zum Beispiel ist die ganze 1 16 Entwicklungsreihe vom Rohrsumpfe zum Kiefernwald oder zu einem anderen mesophilen Pflanzenvereine ziemlich klar wissenschaftlich erwiesen. Durch Trockenlegung dagegen wird die natürliche Entwicklung unterbrochen, so daß verschiedene Zwischenstadien in ihr einfach übersprungen werden; die ursprünglichen Gewächse werden plötzlich in andere Bedingungen versetzt und können nicht mit hinreichender Widerstandskraft den Kampf ums Dasein gegen neue eindringende Arten führen, welche sich mehr für die neuen Verhältnisse eignen, und welche deshalb allmählich die Überhand gewinnen und hierdurch die früheren Bewohner verdrängen. Im Frühjahr 1901 erhielt der Verfasser vom Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Verein in Danzig den ehrenden Auftrag, die recente Vegetation auf westpreußischen Mooren zu untersuchen, mit besonderer Berücksichtigung gerade der Veränderungen in der Zusammensetzung der Moorvegetation, die durch Melioration hervorgerufen werden. Zu diesem Zwecke hielt ich mich in der Provinz im Sommer 1901 nahezu sieben Wochen — vom 2. Juli bis zum 18. August — auf, während welcher Zeit ich Torfmoore in den Kreisen Thorn, Culm, Briesen, Strasburg, Löbau, Rosenberg und Stuhm besuchte und studierte. Das Resultat dieser Untersuchungen soll nun in diesem Bericht zusammen- gestellt und vorgelegt werden, aber es ist selbstverständlich, daß auf Voll- ständigkeit Anspruch nicht gemacht werden kann. Zuerst will ich eine all- gemeine Schilderung der verschiedenen Pflanzenvereine geben, welche auf diesen Mooren unterschieden werden konnten, danach die geographische Ver- breitung dieser Vereine auf den besuchten Mooren schildern und in Zu- sammenhang damit etwas über deren Entwicklungsfolge, soweit man derselben folgen konnte, mitteilen, und endlich soll eine systematische Aufzählung der Pflanzen, welche auf Mooren und Moorboden angetroffen wurden, sowie eine Darstellung von deren Vorkommen in den verschiedenen Formationen folgeu. Ehe ich zu dem eigentlichen Berichte übergehe, ist es mir eine dringende Pflicht, Herrn Professor Dr. II. Conwentz meinen herzlichsten Dank für die wertvollen Ratschläge und Aufklärungen auszusprechen, mit welchen er mir stets bereitwilligst zur Seite gestanden hat. Ebenso statte ich allen den- jenigen Personen, mit welchen ich während meiner Reise zusammentraf und die mir auf die eine oder andere Art bei meinen Untersuchungen und Be- strebungen behilflich waren, meinen besten Dank ab. Betreffs der Nomenklatur ist für die Phanerogamen und Farnpflanzen Ascherson und Graebner: ,, Flora des nordostdeutschen Flachlandes“ und für die Moose II. von Klinggraefe: ,,Die Leber- und Laubmoose West- und Ostpreußens“ befolgt worden, weshalb alle Autornamen ausgelassen sind. Nur in wenigen Fällen ist die Nomenklatur abweichend, und dann sind dort die Autornamen angeführt, wenigstens immer in dem am Ende dieses Berichts folgenden systematischen Verzeichnis der beobachteten Moorpflanzen. Ystad, den 29. April 1902. 243 I. Allgemeine Übersicht und Schilderung der Pflanzenformationen auf Mooren und dem daraus hervorgegangenen Moorboden. Das Wasser ist, wie oben erwähnt wurde, der einflußreichste und wichtigste der ökologischen Faktoren, welche für die verschiedenen Pflanzenformationen bestimmend sind. Die Vegetation der Moore können wir in dieser Hinsicht in zwei größere Fflanzenvereine ein teilen, Hydrophyt- und Mesophytver- eine, von welchen beiden es mehrere Unterabteilungen gibt. Die Hydro- phytvereine bedürfen reichlichen Wasserzutrittes, und wenn eine Moor- bildung zu stände kommen soll, muß das Wasser auch stagnierend sein. Nur in diesem Fall erhalten die Pflanzenteile unter Wasser keinen oder geringen Luftzutritt, so daß dieselben beim Absterben nicht vermodern, sondern vertorfen; die Pflanzen sind, wie bekannt, unter diesen Umständen einer Art langsamen Trockendestillation ausgesetzt. Die Mesophytvereine da- gegen haben geringeren Wasserzutritt, und der Boden wird deshalb auch besser von Luft durchdrungen, so daß die Pflanzen beim Absterben vermodern und Plumus bilden. Diese verschiedenen Bedingungen verursachen eine ganz verschiedene Vegetation mit ihrem eigenartigen Gepräge. Zu den Hydrophyt- klassen gehören Rohrsümpfe, Grünlandsmoore und Hochmoore, zu den Meso- phytklassen: Laubmoore und Wiesenmoore, obgleich die Grenze zwischen diesen nicht immer scharf markiert ist. Besonders gilt dies für einen Teil der Laub- moore (Saliceta, Alneta), welche oft mit gleichem Recht zu der Klasse der Hydrophytvereine gerechnet werden können. Eine andere Zwischen- formation ist diejenige, welche ich Rohrsumpfmoor nenne, eine Art Grünlands- moor mit reichlicherem Wasserzutritt, aber das Wasser ist hier nicht voll- ständig stagnierend, Sauerstoffzutritt deshalb nicht ausgeschlossen, und eine eigentliche Torfbildung findet nicht statt. Die auf den besuchten Mooren vorkommenden Pflanzenvereine dürften auf folgende Art zusammengestellt werden können: 1. Rohrsümpfe, 2. Grünlandsmoore {Amblystegium- Moore): a. Rohrsumpfmoore (hauptsächlich Cariceta, von dem Carex panni- culata- Typus), b. Rohrmoore (Phragmiteta), c. Seggenmoore (Cariceta, von dem Carex rostrata- Typus), d. Juncusmoore (Junceta), e. Mischmoore (hauptsächlich von Beständen kleinerer Cyperaceen), 3. Hochmoore {Sphagnum- Moore): a. Seggenhochmoore (Cariceta, von dem Carex stfm^a-Typus), b. Gesträuchhochmoore (Andromedi-Oxycocceta), c. Hügelhochmoore (Eriophoreta), d. Waldmoore (mit verschiedenen Baumarten), 244 4. Laubmoore (Arboreta): a. Weidenmoore (Saliceta), b. Birkenmoore (ßetuleta), c. Erlenmoore (Alneta), 5. Wiesenmoore: a. Torfwiesen, b. Kulturwiesen, 6. Mischformationen, 7. Kultur- oder Ackerformationen. 1. Rolirsiimpfe. Die Wasservegetation selbst liegt eigentlich außerhalb des Planes für diesen Bericht, aber ich will dieselbe doch mit einigen Worten berühren, im Hinblick auf eine Anzahl sehr seichter Seen oder Wasseransammlungen, welche im Begriff sind durch aufwuchernde Pflanzen zuzuwachsen und zu verlanden. Hierdurch entsteht eine Pflanzenformation, Rohrsumpf genannt, welche aus Bohrgräsern und anderen Bohrpflanzen zusammen mit vollständig unter- getauchten oder schwimmenden zur Klasse der Limnaen oder Hydrochariten x) gehörenden Pflanzenarten besteht. Besonders diese beiden letzteren Pflanzen- gruppen bilden beim Absterben einen moorigen Schlamm, welcher sich nach und nach auf den Seeboden und zwischen den Kohrpflanzen ablagert, wodurch der See allmählich verseicht wird. Neue Arten kommen nunmehr hinzu, und die reine Sumpfvegetation geht in die eine oder andere Moorformation mit geschlossener Pflanzendecke über. Folgende Arten bilden in diesen Gegenden die Vegetation der Bohrsümpfe: Acorus calamus. Alisma plantago. Arundo phragmites. Bielens cernuus B. tripar- titus. Callitriche polymorpha Lönnr. Calla palustris. Caltha palustris. Carex acuta. C. acutiformis. C. diandra. C. lasiocarpa. C. panniculata. C. paradoxa. C. pseudo- cyperus. C. rostrata. C. vesicaria. Ceratophyllum demersum. Cicuta virosa. Co- marum palustre. Epilobium hirsutum. E. palustre. E. parviflorum. Equisetum lieleo- cliaris. E. palustre. Eriophorum polystachyum. Galium palustre. Glyceria aquatica. Gl. fluitans. Gl. plicata. Iieloclea canadensis. Hottonia palustris. Ilydrocharis morsus ranae. Iris pseudacorus. Lemma minor. L. polyrrhira. L. trisulca. Lysi- machia thyrsiflora. Mentha aquatica. M. aquatica X arvensis. Menyanthes trifoliata. Myriophyllum spicatum. M. verticiilatum. Nasturtium amphibium. Nuphar luteum. N. pumilum. Nymphaea alba. N. candida. Oenantlie aquatica. Phalaris arundi- nacea. Polygonum amphibium f. aquaticum. Potamogeton • compressus . . P.f lucens P. natans. P. pectinatus. P. perfoliatus. P. pusillus. Ranunculus circinatus. R. lingua. Rumex hydrolapathum. R. limosus Thuill. R. maritimus. Sagittaria sagittifolia. Scirpus acicularis. Sc. lacustris. Sc. maritimus. Sc. palustris. Sc. Silvester. Senecio paluster. Sium latifolium. Sparganium minimum. Sp. ramosum. Sp. simplex. Stachys palustris. Stratiotes aloides. Typha angustifolia. T. latifolia. Utricularia vulgaris. — Hypnum fluitans. H. giganteum. FI. palustre. — Chara, contraria. Ch. fragilis. Ch. intermedia. ]) Siehe Warming, Plantesamfnnd. Kjöbenhavn 1895. p. 110 u. 127. 4 245 Alle diese Arten kommen natürlich nicht gleichzeitig in denselben Rohr- sümpfen vor, sondern meistens treten sie nur mehr vereinzelt auf, welche vor- herrschend werden und eigene Bestände bilden. Die meisten besitzen nämlich eine starke vegetative Vermehrung. Als Beispiel für solche Rohrsümpfe seien folgende erwähnt: Der ziemlich große Karrasch -See im Kreise Rosenberg ist in starkem Zuwachsen begriffen und kann als größerer Rohrsumpf bezeichnet werden. Die größte Tiefe in demselben ist nur 2 m. Die seicht abgedachten und schlammigen Ufer werden von großen reinen Beständen von Arunclo phragmitis , Scirpus lacustris, stellenweise auch Typha angustifolia eingenommen; innerhalb derselben, manchmal recht weit im See, zeigen sich richtige, grüne Wiesen von Stratiotes aloides , und im übrigen ist der ganze Seeboden mit einer "dichten Matte von Chara contrario,, Ch. fragilis und CU. intermedia bewachsen. Be- sonders reichlich finden sich die beiden letzteren Arten, welche oft bis zum Wasserspiegel hinaufreichen und dem Äußern des Sees einen grauen Farben- ton geben, der nur hie und da von einer glänzenden Wasserrinne durch- schnitten ist, verursacht durch einen Fischerkahn oder einen Schwan, welche sich hier einen Weg gebahnt haben. Außer den oben genannten Pflanzen finden sich, bloß vereinzelt, Nymphaea alba, Nuphar luteum, Potamogeton perfoliatus und P. natans vor, sowie ein wenig Lemna minor, schwimmend unter den Rohrpflanzen. Der Gauden-See in demselben Kreise ist wiederum mit Helodea canadensis vollständig angefüllt. Außer dieser Alles einnehmenden Pflanze sah man nur an vereinzelten Stellen einige Stratiotes aloides hervorragen. Auch hier kamen in der Helodea- Matte Wasserrinnen vor, die auf ganz dieselbe Weise wie im Karrasch-See, besonders durch die hier sich auf mindestens dreihundert be- laufenden Schwäne, entstanden waren. Die Ufer waren von Arundo phrag- mites mit einer Anzahl Begleitpflanzen, z. B. Alisma plantago , Cicuta virosa , Glyceria aquatica , Scirpus silvaticus, Sparganium ramosum, Stachys palustris u. s. w., eingesäumt. Auch einige kleinere Seen in der Umgegend von Briesen wurden näher untersucht, hauptsächlich um dort möglicherweise Aldrovandia vesiculosa an- zutreffen. Leider gelang es mir nicht, diese hochinteressante Pflanze hier auf- zufinden, ebensowenig wie im Okunek-See, wo Caspary sie im Jahre 1882 fand, welcher See aber nunmehr durch Trockenlegung in ein fast völlig zu- gewachsenes Grünlandsmoor umgewandelt ist, wodurch die Pflanze ihrer natür- lichen Lebensbedingungen beraubt worden und sicherlich für immer ein- gegangen ist.1) Im kleinen Ottowek-See unweit Briesen war der Boden mit Chara fragilis ganz bedeckt, welche Pflanze bis zum Wasserspiegel oder nur einige Centi- meter unterhalb desselben reichte, so daß man oft nur mit Mühe den Kahn x) Vergl. hierüber: Conwentz, Die Gefährdung der Flora der Moore. „Prometheus“ No. 635. 5 246 vorwärts bringen konnte. Helodea kam vor, war aber doch ziemlich schwach vertreten. Außerdem fanden sich mehr vereinzelt Ceratophyllum demersum, Potamogeton pectinatus und Stratiotes aloides; die Ufer waren von Beständen von Arundo phragmites und Typha angustifolia bekränzt. Ein anderer See, Zydroino-See, enthielt sehr wenig Wasser, war nun fast zur Hälfte trocken, so daß der moorige Bodenschlamm, von armdicken großen Rhizomen von Nuphar luteum durchflochten, frei zu Tage lag. Wo sich noch Wasser vorfand, zeigte sich eine dicht verfilzte Matte von Chara contraria in reinem Bestände. Im übrigen war die Vegetation wie beim Ottowek-See. Eine seichtere Bucht des nördlichsten Teiles des Schloss-Sees bei Briesen enthielt auch eine reiche und sehr üppige Vegetation von mehr heterogener Beschaffenheit und hauptsächlich von Limnaeen, die eine halbschwimmende Matte bildeten. Hier kamen Cerato- phyllum demersum} Lemna polyrrhiza , L. minor und L, trisulca , Myriophyllum verticillatum und M. spicatum } Nuphar luteum , Nymphea candida , Potamogeton lucenSy P. perfoliatus und P. pectinatus und Ranunculus circinatus vor. Die Ufer waren wie gewöhnlich mit dichten Beständen von Arundo phragmites , Scirpus lacustris und Typha angustifolia bekleidet. Gerade an dieser Stelle glaubte ich Aldrovandia finden zu können, aber das Suchen war ohne Erfolg. Ein von den soeben beschriebenen, durch Mangel an höheren Rohrhalmen abweichender Rohrsumpf ist ein kleiner See (ca. 70X50 m) in der Raudnitzer Forst, 3 km SSO. von Deutsch Eylau, Kreis Rosenberg, auf der westlichen Seite der Chaussee. Der See ist interessant, weil hier Nuphar pumilum 9 sowie dessen Bastard mit N. luteum vorkommt, der einzige Ort des bereisten Ge- bietes, wo ich diese Art gesehen habe. Die hier vorkommenden Pflanzen waren: Carex rostrata (sehr wenig), Menyanthes trifoliata y Nuphar pumilum , N. luteum und N. luteum X pumilum (alle drei über den ganzen See zerstreut), Scutellaria galericulata, Sparganium minimum und Typha latifolia. Die Ufer selbst gehen hier unmittelbar in Hochmoore über. Ein zweiter, nur ein wenig von dem vorigen entfernter, etwas größerer See ist mit diesem sehr übereinstimmend, doch mit der Abweichung, daß Nuphar pumilum und folglich auch N. luteum X pumilum fehlen, und daß sich eine recht dichte Carex lasiocarpa- Formation am Seerande vorfindet. In Mooren von größerer Ausdehnung sind typische Rohrsümpfe ziemlich selten, und dieselben finden sich nur in Ausnahmefällen als ein geringes Über- bleibsel des Seebeckens, aus welchem das Moor selbst hervorgegangen ist, wie z. B. in dem Sphagnum- Moore in der Forst Raczyniewo, Kreis Culm. Da- gegen kommen sie nicht so selten in oft recht ansehnlicher Größe in Torflöchern und Gräben, welche bisweilen den ganzen Sommer hindurch Wasser enthalten, sekundär vor. Ein des Anführens werter Umstand dürfte es sein, daß in der Nähe der Weichsel saline Pflanzen, wie Rumex maritimus und Scirpus mari- timuSj Vorkommen. Im übrigen sind die Arten, welche die Vegetation bilden, die gewöhnlichen Rohrsumpfpflanzen. Von den Typha- Arten scheint nur 6 247 T. latifolia liier vertreten zu sein, T. angustifolia dagegen scheint sich mehr ausschließlich an den Rändern eigentlicher Seen aufzuhalten. Sobald der Wasserstand in diesen Rohrsiimpfen so weit sinkt, daß der Torfmull zu Tage tritt und einige Zeit der Luft ausgesetzt ist, linden sich sofort andere Arten ein, besonders Agrostü stolonifera , welche Pflanze ver- mittels ihrer reichlichen Entwicklung langer, sproßbildender Ausläufer bald die ganze entblößte Torferde mit einer dichten Matte bedeckt. 2. Grünlamlsmoore. Unter solchen versteht man die Moore, deren Vegetation in den Feld- schichten hauptsächlich aus Cyperaceen besteht und in der Bodenschicht in der Regel reichlich Laubmoose enthält, hier besonders Hypnum cuspidatum. Oder die Bodenschicht fehlt ganz, wie in vielen Phragmiteten, weil verwelkte Rohrhalme jährlich den Boden mit neuen Lagen bedecken, wodurch jede niedrige Vegetation erstickt wird und nicht Zeit findet, sich neu zu bilden. Im Winter, Herbst und Frühjahr stehen diese Moore unter Wasser, aber im Sommer sind sie in der Regel mehr oder weniger ausgetrocknet und können dann meistens betreten werden, falls sie nicht aus allzu schaukelndem Bebe- land bestehen. Ganz nach denjenigen Charakterpflanzen, welche den Total- eindruck hinterlassen, teilen wir dieselben in 5 Kategorien ein, nämlich a. Rohrsumpfmoore, b. Rohrmoore (Phragmiteta), c. Seggenmoore, d. Juncus - Moore und e. Mischmoore. a. Rohrsumpfmoore. Diese Pflanzenformation, welche eine Übergangsform zwischen Rohrsumpf und Grünlandsmoor ausmacht, tritt besonders auf bestimmten See- und Fluß- ufern auf, wo das Wasser nicht ganz stagnierend ist. Die Pflanzen, welche dieser Formation ihr Aussehen geben, sind großgewachsene, hügelbildende Carex-Avten , wie C. diandra , C. pannieulata, C. paradoxa, C. pseudocyperus, C. vulpina u. a. m., noch mit reinen Rohrsumpfpflanzen vermischt, wie Acorus calamns , Calla palustris, Glyceria aquatica, Gl. plicata, Gl. fluitans , Rumex hydrolapathum u. a. m. Moose fehlen gewöhnlich. Zwischen den Pflanzen- hügeln liegt der Torfschlamm bloß und bar oder mit etwas Wasser bedeckt, in welchem noch Limnaeen und Hydrochariten Vorkommen können. Auch findet sich Agrostis stolonifera hier oft ein. Die Vegetation ist daher nicht vollständig geschlossen. Diese Formation entwickelt sich am meisten zu Erlenmoor. Als Beispiel für solche Rohrsumpfmoore seien folgende angeführt: Moor an der nördlichen Ecke des Grösseren Sees beim Gute Osieczek, Kreis Briesen. (Aufzeichnung vom 29. Juli 1901.) Das Seeufer war mit riesigen Beständen von Typha angustifolia und auch mit einigen geringen von Arundo phragmites bewachsen. Außerhalb dieser breitete sich ein Moor von einigen Ar aus, hauptsächlich mit Car ex pseudo- 7 248 cyperus bewachsen, aber zurzeit beinahe ganz abgemäht. Hier kommen folgende Pflanzen vor: Alisma plantago . Acorus calamus. Agrostis stolonifera (stellenweise deckend). Arundo phragmites. Bidens cernuus. B. tripartitus. Cardamine pratensis. Car ex pseudo- . cyperus (reichlich). Ceratophyllum deiner sum. Cicuta virosa. Equisetum heleocharis. Galium palustre. Glyceria aquatica. Iris pseudacorus. Lemna minor. L. trisulca. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Malachium aquaticum. Menyanthes trifoliata. Myosotis palustris. Nasturtium amphibium. Nympliaea candida. Oenafithe aquatica. Boa palustris. Polygonum amphibium f. coenosum. P. hydropiper. Ranunculus lingua. Rumex hydrolapathum. Sagittariasagittifolia. Scirpus palustris. Sc. silvaticus. Senecio paluster. Sium latifolium. Solanum dulcamara. Sparganium ramosum. Stellaria palustris. Teucrium scordium. — Keine Moose. fVloor entlang dem Ufer des Grossen Stan-Sees beim Gute Bialitz, Kreis Löbau. (Aufzeichnung vom 14. August 1901.) Hier machten die hügelbildende Carex panniculata und €. pseuclocyperus den Totaleindruck aus, und das Moor hatte sich teilweise zu einem Alnetum ausgebildet. Die Zusammensetzung der Vegetation war folgende: Acorus calamus. Alisma plantago. Ainus glutinosa. Arundo phragmites (vereinzelt). Aspidium tlielypteris. Caltha palustris. Cardamine pratensis. Carex acutiformis. C. panniculata. C. pseudocyperus. C. rostrata. C. vulpina. Cicuta virosa. Glyceria ßuitans. Hottonia palustris. Iris pseudacorus. Mentha aquatica. M. austriaca. Menyanthes trifoliata. Myosotis palustris. Nasturtium amphibium. Oenanthe aquatica. Plialaris arundinacea. Ranunculus lingua. Salix cinerea. Scirpms paluster. Sc. sil- vaticus. Sparganium ramosum. Typha angustifolia. — Hypnum cuspidatum. IVIoor beim Bacchott-See, Kreis Strasburg. (Aufzeichnung vom 14. Juli 1901.) Agrostis stolonifera. Alisma plantago. Ainus glutinosa. Arundo phragmites (beson- ders gegen den See hin). Aspidium tlielypteris . Caltha palustris. Carex acutiformis. C. pseudocyperus. C. rostrata. C. stricta. Cicuta virosa. Epilobium palustre. E. parvi- florum. Equisetum heleocharis. Galium palustre. Glyceria aquatica. Gl. ßuitans. Hydrocharis morsus ranae. Iris pseudacorus. Juncus lamprocarpus. Lemna minor. L. trisulca. Lycopus europaeus. Mentha aquatica. M. austriaca. M. gentilis. Meny- anthes trifoliata (reichlich). Myosotis palustris. Nasturtium amphibium. Nuphar luteum. Peucedanum palustre. Ranunculus flammula. R. lingua. R. repens. Rumex hydrolapathum. Sium latifolium. Solanum dulcamara. Stellaria palustris. Typha latifolia. — Hypnum cuspidatum. H. ßuitans. H. giganteum. Mnium cuspidatum. Zu diesen Rohrsumpfmooren, obgleich mit gewissem Zweifel, rechne ich auch gewisse Formationen, welche bisweilen auf dem geebneten Boden alter Austorfungen Vorkommen. Der Boden ist naß, und die Vegetation ist sehr üppig und hoch, aber die Cyßeracmi sind wenig zahlreich vorhanden und treten meistens in den Hintergrund. An deren Stelle ist eine Mischvegetation von hochgewachsenen Gräsern und Kräutern vorherrschend, sowie reine Rohrsumpf- pflanzen. Das Ganze macht eher den Eindruck einer Übergangsform zum Wiesenmoor. 8 249 Eine derartige Formation kommt in einer älteren, ziemlich ausgedehnten Austorfung, teilweise mit Wasser, in der Drewenzniederung zwischen Neuhof und Bahnhof Broddidamm im Kreise Strasburg vor. Die Zusammensetzung der Vegetation ist hier folgende (Aufzeichnung vom 15. Juli 1901): Agrostis stolonifera. Anthriscus silvestris. Caltha palustris (meterhoch). Carex acuti- formis. C. rostrata. Cirsium palustre. Eupatorium cannabinum. Filipendula ulmaria. Qlyceria aquatica. Holcus lanatus. Hypericum acutum. Lotus uliginosus. Lysimacliia vulgaris. Mentha aquatica. Myosotis palustris. Phalaris arundinacea. Ranunculus lingua. Rhinanthus major. Rumex acetosa. R. aquaticus. R. crispus. R. hydro- lapathum. Senecio paluster. Stachys palustris. Urtica dioica. Valeriana officinalis. Veronica longifolia. Ähnliche Formationen auf ebensolchen Stellen sind auf dem Ksionsker Bruch im Kreis Briesen und auf dem Schwarzbruch im Kreis Thorn an- getroflen worden. b. Bohrmoore ( Phragmiteta ). Größere oder kleinere Bestände von Arundo phragmites nehmen die Ufer von Flüssen und Seen ein, teilweise weit ins Wasser hinein, bis zu 1 — X1/2 m Tiefe, reine Rohrsümpfe, teilweise auch ein Stück ins Land hinein, wirkliche Grünlandsmoore. Kleinere Flächen der letzteren Art kommen hie und da auf den Mooren vor, besonders oft in alten, feuchten Torfgrubec. Deutliche Ein- teilung in verschiedenen Feldschichte ist stets vorhanden. Phragmiteten von mehreren Hektaren Größe habe ich im Kreise Rosenberg in einem Moore süd- lich von Groß Brunau, im ehemaligen Gunthofka-See, um den Gaudensee herum, auf der östlichen Seite des Karrasch-Sees, m. m. 0. gesehen. Das große Phragmitetum bei Gross Brunau hatte folgende Zusammensetzung. Dichter, fast undurchdringlicher Bestand von Arundo phragmites mit niedrigeren Feldschichten von anderen Pflanzen. Keine Bodenschicht ist ausgebildet, sondern der Boden ist beinahe nur mit verwelkten Resten der Vegetation vom vorhergehenden Jahre bedeckt. (Aufzeichnung vom 7. August 1901.) Die obere Feldschicht, 2 — 3 m hoch, besteht aus: Arundo phragmites. Iris pseudacorus. Phalaris arundinacea. Die mittlere und untere Feldschicht, V2 — 1 m hoch, ohne scharfe Grenze n einander übergehend, bestehen aus: Caltha palustris. Carex acutiformis. C. rostrata. Comarum palustre. Equisetum heleocharis. Glyceria aquatica (nur am Rande). Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Lysimacliia thyrsißora. Solanum dulcamara. Die Bodenschicht besitzt vereinzelte Galium palustre (steril, kriechend), Lysimachia nummularia , aber keine Moose. Ehemaliger Gunthofka-See. Der Phragmites- Bestand ist hier etwas dünner als im vorigen, wTeshalb hier auch mehrere Arten auftreten und die Bodenschicht auch Moose besitzt (Aufzeichnung vom 8. August 1901). 9 250 Die obere Feldschicht, ca. meterhoch: Arundo phragmites. Betula pubescens. B. verrucosa. Calamagrostis neglecta. Cicuta virosa. Equisetum heleocharis. Peucedanum palustre. Salix amygdalina. S. cinerea (vereinzelt). S. pentandra (vereinzelt). S. purpurea (vereinzelt). S. repens (vereinzelt). Typha latifolia. Die mittlere und untere Feldschicht, 30 — 40 cm hoch, unter sich ohne scharfe Grenze. Carex acutiformis. Comarum palustre. Galium palustre. G. uliginosum. Iris pseuda- corus. Lycopus europaeus. Lysirnachia thyrsißora. L. vulgaris. Lythrum salicaria. Menyanthes trifoliata. Ranunculus lingua. Salix repens. Stachys paluster. Sparganium ramosum. Die Bodenschicht: Blätter der vorigen Arten. O Lysirnachia nummalaria. — Hypnurn cuspidatum (sehr üppig, deckend). Sphagnum acutifolium (an den äußersten Rändern). Die Phragmites- Formation um Gauden-See herum (Aufzeichnung vom 7. August 1901): Arundo phragmites. Aspidium cristatum. A. thelypteris. Betula pubescens. Cala- magrostis neglecta. Carex acuta. C. pseudocy perus. Cirsium palustre. Equisetum heleocharis. Füipendula ulmaria. Lysirnachia vulgaris. Lythrum salicaria. Nasturtium amphibium. Peucedanum palustre. Rumex hyclrolapathum. Salix cinerea (hier und da Gebüsch bildend). Scutellaria galericulata. Solanum dulcamara. Typha latifolia. Viola palustris, — Keine Moose. Mit diesem letzten Phragmitetum stimmt das beim Karrasch-See fast voll- ständig. Ein kleineres Phragmitetum auf einer ausgetorften Fläche im Ksionsker Bruch hatte folgendes Aussehen (Aufzeichnung vom 29. Juli 1901): Agrostis stolonifera. Aera caespitosa. Arundo phragmites. Carex lasiocarpa. C.pseudo- cyperus. C. rostrata. Cirsium palustre. Glyceria plicata. Galium palustre. G. uli- ginosum. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Mentha aquatica (teilweise reich- lich). Poa palustris. Rhinanthus major. Sium latifolium. Solanum dulcamara. Sonchus arvensis. Valeriana officinalis. Keine Moose. Sich selbst überlassen, wachsen dieselben rasch in die Höhe infolge des reichlichen Materials, welches eine derartige Formation beim Verwelken und Verfaulen liefert. Der Boden wird höher und höher. Tn der Regel liegen deshalb auch diese Phragmites- Formationen etwas höher als die umgebenden, andersartigen Formationen, welche zu der Torfbildung mit kleineren Pflanzen- massen beitragen. Daß solche Rohrmoore auch in einer früheren geologischen Periode bei der Torfbildung tätig gewesen sind, geht aus dem zahlreichen Phragmites -Port hervor, welcher sich in tieferen Torflagern auf jetzigen, höher gelegenen Torfwiesen vorfindet, wie z. B. Zgnielka- Bruch im Kreise Briesen, wo solcher Phragmites- Torf, leicht erkennbar an seiner in frischem Zustande gelbbraunen Farbe, durch seine zähe, fibröse Beschaffenheit sowie durch seine breiten, bis zu Papierdünne zusammengepreßten Wurzelstöcken, bis beinahe 3 m tief lag. io 251 C. Seggenmoore (Cariceta vom C. rostrata- Typus). Unmittelbar vor den soeben beschriebenen Phragmiteten befindet sich fast ohne Ausnahme ein mehr oler weniger breiter Gürtel, welcher noch während des Sommers Wasser hält oder wenigstens sehr feucht ist, weil er tiefer als dieselben und auch als das übrige Grünlandsmoor liegt. Dieser Gürtel ist mit einer sehr homogenen Pflanzenformation von Carex rostrata bewachsen. Reich- liche, bodendeckende Moose, hauptsächlich Hypnum cuspiclatum , bilden zusammen mit den höheren Pflanzen eine vollständig geschlossene Vegetation, welche in der Regel durch die Wurzeln und Wurzelstöcke der vorkommenden Pflanzen- arten sehr oft so verfilzt ist, daß dieses Moor, obgleich sehr schaukelnd, ohne größere Gefahr begangen werden kann. Ebenso wie die Phragmiteten, sind diese Caricetcn ziemlich arm an Arten. Einige Aufzeichnungen über die Standorte mögen hier angeführt werden. In erster Linie sei der zentrale Teil des Okunek-Sees im Kreise Briesen hervorgehoben. Dieser See ist jetzt so trockengelegt, daß er nicht läuger den Namen See verdient, da er mit Ausnahme einiger Quadrat- meter an einer Stelle ganz und gar, hauptsächlich mit Carex rostrata , zu- gewachsen ist. Aber dieser Car&r-Bestand ist noch nicht dazu gekommen, sich mit seinen Wurzeln so zu verfilzen, daß es möglich ist, diese Vegetation zu betreten. Der moorige Schlamm, welcher sich ursprünglich auf dem Seeboden fand, füllt noch die Zwischenräume zwischen den Pflanzen aus, einige Moose sind noch nicht hinzugekommen, diesen Zwischenraum einzunehmen. Das Ganze ist eine Übergangsformation vom Rohrsumpf zum Seggenmoor. Eine Anzahl Rohrsumpfpflanzen finden deshalb' noch die notwendigen Bedingungen für ihr Gedeihen. Keine eigentliche Schichteinteilung ist vorhanden, sondern alles ist zu der mittleren Feldschicht zu rechnen. Die Zusammensetzung der Vegetation war folgende (Aufzeichnung vom 19. Juli 1901): Agrostis stolonifera (auf einem Hiigelchen). Arundo phragmites (stellenweise reichlich;. Bidens cernuus. B. tripartitus. Carex diandra. C. paradoxa. C. pseudocyperu). C. rostrata (reichlich). C. stricta. Cicuta virosa. Juncus lamprocarpus. Oenantlie aquatica. Phalaris arundinacea. Scirpus lacustris , Senecio paluster. Typha latifolia. Eine Carex rostrata-For mation von dem soeben angeführten Phragmitetum südlich von Gross Brunau im Kreise Rosenberg (Aufzeich- nung vom 7. August 1901). Die Vegetation ist völlig geschlossen. Alle Arten außer Carex rostrata nur vereinzelt bis zerstreut vorkommend. Arundo phragmites. Caltlia palustris. Carex pseudocy perus. C. rostrata. Comannn palustre. Equisetum heleocharis. Galium palustre. Qlyceria aquatica. Iris pseuda- corus. Lycopus europaeus. Lysimachia thyrsißora. Lytlirum salicaria. Oenantke aquatica. Peucedanum palustre. Rumex hydrolapathum. Scutellaria galericulata. Sium latifolium. Die Bodenschicht: Agrostis stolonifera (steril). Hypnum cuspidatum (reichlich). Mnium cuspidatum. Marchantia polymorpha. li 252 Ein anderes Caricetum beim Schloss-See bei Riesenburg, Kreis Rosenberg (Aufzeichnung vom 8. August 1901). Agrostis stolonifera (stellenweise reichlich). Alisma plantago. Carex rostrata (reichlich). Cicuta virosa. Equisetum heleocharis. Galium palustre. Glyceria aquatica. Hottonia palustris (in kleinen Löchern). Iris pseudacorus. Lysimachia nummulär ia. L. thyrsi- fiora. Menyanthes trifoliata (reichlich). Mentha aquatica. Myosotis palustris. Poly- gonum minus. Rumex hydrolapathum. Sium latifolium. — Hypnum cuspidatum. H. .finit ans. H. intermedium. Diese Formation geht, wie gewöhnlich, in eine Mischvegetation (Misch- moor) unvermerkt über. d. Juncusmoore (Junceta). Auf Grünlandsmooren, auch auf Hochmooren, kommen im allgemeinen vereinzelte bis verstreute kleine Käsen von Juncus conglomeratus , eventuell J. effusus , bei Ostrow Lewark unweit Stuhm, außerdem J. filiformis vor, aber mehr selten treten diese in geschlossenen Beständen von größerer Ausdehnung auf. Ein solcher, mehrere Ar (ca. 100 X 50 m) großer Juncus conglomeratus- Bestand fand sich in der Nähe des Dorfes Schemlau, Kreis Kulm, vor. Der Bestand setzte sich fast nur aus J. conglomeratus zusammen, obgleich hie und da durch kleinere Flächen von Torfwiesennatur unterbrochen. Die dort vor- kommenden Pflanzen waren (Aufzeichnung vom 11. Juli 1901): Aera caespitosa. Betula pubescens (jung). Galium palustre. Calamagrostis lanceolata (?, steril). Juncus conglomeratus. Lysimachia vulgaris. Molinia coerulea (stellen- weise bestandbildend). Potentilla silvestris. Polygonum convolvulus. Salix cinerea. Scutellaria galericulata. e. Mischmoore. Der gemeinsame Hauptzug dieser Pflanzenverein besteht darin, daß die Bodenschicht aus Laubmoosen gebildet ist, vorzugsweise aus Hypnum cuspidatum und anderen Hypnum- Arten, welche reichlich bis bodenbedeckend vorhanden sind, die Feldschiehten dagegen überwiegend aus mehr klein- gewachsenen Cyperaceen und Agrostis stolonifera zusammengesetzt sind, aber keine Art hat hier irgend welche dominierende Stellung auf größeren Flächen. Stellenweise kann man wohl über besondere Bestände sprechen, aber da keine derselben im großen ganzen Totaleindruck macht, ziehe ich es vor, alle auf einmal als zusammengehörige Teile eines Ganzen zu behandeln. Außer den Cyperaceen kommen noch viele zerstreute bis vereinzelte Monokotylen und Dikotylen hinzu. Wenigstens während der Winterzeit steht dieses Moor unter Wasser. Vereinzelte Birken, Zitterpappeln, Weidensträucher fangen hier an, festen Fuß zu fassen, aber führen deutlich ein noch hinsiechendes Leben. Als Beispiele und Typen für solche Mischmoorformationen seien hier einige angeführt. Ehemaliger Gunthofka-See, Kreis Rosenberg (Aufzeichnung vom 8. Augustl901): Achillea millefolium. Agrostis stolonifera (reichlich). Arundo phragmites (vereinzelt). Aspidium thelypteris. Betula pubescens. Bidens cernuus. B. tripartitus. Ccdtha 12 25?» palustris. Car ex flava. C. Goodenoughii. C. lasiocarpa. C. Oederi. C. panicea. C. panniculata. C. paradoxa. C. rostrata (vereinzelt). C. stricta. C. vesicaria (nur an einer Stelle). Cerastium caespitosum. Comarum palustre. Drosera anglica. D. obovata. D. rotundifolia. Epilobium palustre. Equisetum heleocharis. E. palustre. Eriophorum polystachyum. Galium palustre. G. uliginosum. Juncus fuscoater. J. lamprocarpus. Linum catharticum. Lycopus europaeus. Mentha aquatiea. M. austriaca. M. palustris. Menyanth.es trifoliata. Naumburgia, thyrsiflora. Parnassia palustris. Pedicularis palustris. Peucedanum palustre. Populus tremula (jung). Ranunculus flammula. R. lingua. Sagina nodosa. Salix repens. Scirpus multicanlis (stellen- weise bestandbildend). Scutellaria galericiäata. Senecio paluster. Stellaria palustris. Triglochin palustre. Vaccinium oxycoccus (am liebsten, aber nicht abschließend, auf Sphagnumflecken). Viola palustris. — Hypnum cuspidatum. H. inter medium. H. stellare. Marchantia polymorpha. Mnium cuspidatum. Polytrichum strictum. Sphagnum acutifolium (kleinere Flecke). Dieses Moor ist im beginnenden Übergangsstadium zur Torfwiese be- griffen. Das Vorkommen von Cerastium cacspitosum >, Linum catharticum und Sagina nodosa deutet darauf bin. Pelm-Wiese, Kreis Rosenberg. (Aufzeichnung vom 7. August 1901). Acliillea millefolium. Agrostis stolonifera. Aera caespitosa. Alisma plantago. Aspidium thelypteris. Betula pubescens. B. verrucosa. Calamagrostis neglecta (oft reichlich). Cardamine pratensis. Carex acutiformis. C. pseudocy perus. C. rostrata. Cirsium palustre. Comarum palustre. Epilobium palustre. E. parviflorum. Equisetum heleo- charis. Galium palustre. Glyceria, plicata (in Gräben), flottonia palustris (in Gräben). Iris pseudacorus. Juncus fuscoater. ,J. lamprocarpus. Leontodon auctumnalis. Lychnis flos cuculi. Lycopus europaeus. Lysimachia thyrsiflora. Lythrum salicaria. Mentha aquatiea. M. austriaca. Nasturtium amphibium. Peucedanum palustre. Phalaris arundinacea. Ranunculus flammula. R. lingua. Rumex hydrolapathum. Sagina nodosa . Salix cinerea. S. pentandra. S. repens. S. rosmarinifolia. Sium latifolium. Veronica scutellata. — - Hypnum cuspidatum. Marchantia polymorpha. Mnium cuspidatum. Auch dieses große Areale einnehmende Moor beginnt durch Abflußgräben in Torfwiese überzugehen. Die ganze Vegetation war sehr üppig und wurde als Futter abgemäht. Bemerkenswert ist, daß Arundo phragmites auf dem ganzen Moor gar nicht zu finden war, kam aber doch in dem großen Abfluß- kanal spärlich vor. Moor am Grossen Stan-See, Gut Bialitz, Kreis Löbau. (Aufzeichnung vom 14. August 1901). An der Südwestseite dieses Sees liegt ein längliches Grünlandsmoor von einigen Hektaren Größe, welches Moor noch sehr feucht war und teilweise nicht ohne Gefahr betreten werden konnte. Ein kleiner Graben, fast bis an den Rand mit Wasser gefüllt, durchzog ein Stück desselben. Die Boden- schicht wurde von sehr üppigem Hypnum cuspidatum gebildet, Sphagnum fehlte, und vereinzelte Birken und Weiden fanden sich vor. Die hier auf- gezeichneten Pflanzen sind: 13 254 Agrostis stolonifera (oft reichlich). Aera caespitosa. Arundo phragmites (vereinzelt). Aspidium thelypteris. Betula odorata. Bidens cernuus. B. tripartitus. Calla palustris. Caltha palustris. Carex acuta. C. acutiformis. C, lasiocarpa. C. rostrata. Cicuta virosa. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epilobium palustre. Epipactis palustris. Equisetum heleocharis. E. palustre. Frangula alnus. Galium palustre. G. uliginosum. Hydrocharis morsus ranae (im Graben). Juncus fuscoater. J. lampro - carpus. Juniperus communis. Lemna trisulca (im Graben). Linum catharticum. Lychnis flos cuculi. Lycopus europaeus. Lysimachia tliyrsißcra. Mentha austriaca. M. palustris . Nuphar luteum (im Graben). Parnassia palustris. Peucedanum palustre. Populus tremulci (jung). Potentilla anserina. P. silvestris. Ranunculus acer. R. lingua . R. repens. Rumex hydrolapatlium (im Graben). Sagina nodosa. Salix cinerea. S. repens. Scutellaria galericulata. Sparganium ramosum (im Graben). Stellaria gramin ea. Stratiotes aloides (im Graben). Triglochin palustre. Vaccinium oxycoccus (um die Birken herum). Veronica scutellata. Viola palustris. — Gamptothecium nitens. Dicranum palustre. Hypnum cuspidatum. H. giganteum. Polytrichum strictum. Jeziorek-Bruch im Nieluber Wald, Kreis Briesen. Das Moor war durch einen kleineren Kanal nur unbedeutend entwässert, übrigens ganz urwüchsig. In der Mitte des Moores liegt ein kleiner (100X50 m) See, der Jeziorek-See, welcher jetzt ganz trocken war, und dessen schlammiger Boden mit vertrocknetem Stratiotes aloides bewachsen. Im Rande bildeten Lemna minor und L. polyrrhiza eine grüne Decke, auch einige Bidens cernuus und B. tripartitus, Carex pseudocyperus , Senecio paluster und Typha angustifolia kamen hier vor; ein sehr dicker Phragmites- Bestand, teilweise mit Urtica dioica gemischt, bekleidete das Ufer ringsum. Auf dem Moor bildeten 1 — 2 m hohe Jungbirken einen lichteren Bestand, und üppige Hypnum cuspidatum , stellen- weise auch Sphagnum squcirrosum die Bodenschicht, die übrige Vegetation eine Mischung von verschiedenen vereinzelten bis zerstreuten Pflanzenarten. Die Zusammensetzung war folgende (Aufzeichnung vom 23. Juli 1901): Agrostis stolonifera. Arundo phragmites. Aspidium thelypterus. Betula pubescens. B. verrucosa. Carex acutiformis. C. lasiocarpa. C. pseudocyperus. C. rostrata. Cicuta virosa. Cirsium palustre. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epipactis palustris. Equisetum heleocharis. E. palustris. Eriophorum gracile. E. polystachyum. Galium palustre. G. uliginosum. Juncus effusus. J. fuscoater. Liparis Loeselii. Luzula, multißora. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Microstylis monophyllos. Menyanthes trifoliata. Orchis incarnatus. Parnassia, palustris. Pedicularis palustris. Peucedanum palustre. Potentilla silvestris. Ranunculus ßammula. R. lingua. Salix aurita. S. cinerea. S. nigricans. S. pentandra. S. repens. Scirpus palustris. Scutellaria galericulata. Typha angustifolia. T. latifolia. Vaccinium oxycoccus (auf Sphagnum). Viola palustris. — Hypnum cuspidatum. H. intermedium. H. stellare. Marchantia polymorpha. Sphagnum squarrosum. Ein Hymenomycet. Zgnielka-Bruch, Kreis Briesen. Dieses große Moor ist jetzt durch Entwässerung fast ganz und gar in Torfwiesen umgewandelt, kleinere Teilchen desselben sind doch als wirkliche Grünlandsmoore übrig geblieben. Besonders war dies das Verhältnis in der Nähe einer kleineren Anhöhe, Schloßberg genannt, wo ein solches Mischmoor, 14 255 doch im Übergangsstadium zum Hochmoor begriffen, noch existierte. Auf den äußeren Teilen desselben waren die Gewächse von der Sonne beinahe ganz verbrannt, mit Ausnahme doch von einigen frischen Beständen von Car ex stricto . Daß dieser Teil des Moores während des Winters und des Frühjahrs doch unter Wasser steht, geht daraus hervor, daß viele Conchylien, wie Limnaea stagnalis, Planorbis- Arten, Pisiclium sp. m. m., sich auf dem Boden vorfanden. Lichtere Bestände von Jungbirken kamen auch vor. Hier wurden aufgezeichnet (vom 23. Juli 1901): Aera caespitosa. Agrostis stolonifera.. A. vulgaris. Andromeda polifolia (mit Sphagnum) . Arundo phragmites (verkümmert). Betula pubescens. B. verrucosa. Calamagrostis neglecta (oft reichlich). Carex echinata. C. lasiocarpa. C. Oederi. C. panicea. C. stricta. Cirsium arvense. C. lanceolatum. C. palustre. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epilobium palustre. Epipactis palustris. Galium uliginosum. Juncus fuscoater. Leontodon hispidus (nur ein Individuum). Linum catharticum. Luzula multißora. Lysimachia nummularia. L. thyrsiflora. Menyanthes trifoliata. Orchis incarnatus. Parnassia palustris. Pedicularis palustris. Peucedanum palustre. Pinus silvestris (sehr jung). Poa palustris. Potentilla silvestris. Salix pentandra. S. repens. S. rosmarinifolia. Scutellaria galericulata. Senecio silvaticus. Sonchus arvensis. Taraxacum officinale. Vaccinium oxycoccus. Viola epipsila. V. palustris. — Hypnum cuspidatum. Gymnocybe palustris. Sphagnum acutifolium. 3. Hochmoore. Auch diese können in mehrere Unterabteilungen eingeteilt werden. Ge» meinsam für alle ist nur die Bodenvegetation von Sphagnummoosen, oft vermischt mit Gymnocybe 'palustris und Polytrichum commune , juniyerinum und strictum , wohingegen die höheren Vegetationsschichten verschiedenartig sein und als Einteilungsgrund der Unterabteilungen dienen können. Ich unterscheide Seggenhochmoore mit hochgewachsenen Carex- Arten und ohne Ericineen, Ge- sträuchhochmoore hauptsächlich mit Ericineen, Hügelhochmoore mit Eriophorum vaginatum und Waldhochmoore mit Baumbestand Je nach dem Überwiegen der Holzart kann man von diesen letzten mit C. Warnstorf x) unterscheiden: Kiefernhochmoore, Erlenhochmoore, Birkenhochmoore, Mischwald- hochmoore. Alle diese Typen sind jedoch selten richtig rein, sondern mehr oder weniger in einander übergehend. a. Seggenhochmoore ( Cariceta sphagnosa). Ein solches Moor habe ich nur ein einziges im Forst Raczyniewo, Kreis Kulm, angetroffen, und ist dieser Pflanzenverein sicherlich im großen gauzen sehr selten. Dieses ziemlich kleine (ca. 150 X 80 m) Moor war jetzt ausge- trocknet mit Ausnahme jedoch der Torfgruben und stellenweise zwischen Carex- Hügeln. Die Hauptvegetation bestand aus Carex lasiocarpa (doch meistens 1) 0. Wi.RNSTORF: Die Moor-Vegetation der Tucheler Heide. Schriften der Naturf. Ges. in Danzig. Neue Folge. Bd. IX. H. 2. S. 134. 15 256 abgemäht und das unberührte immer steril) und C. stricta. Folgende Pflanzen kommen hier vor: (Aufzeichnung vom 9. Juli 1901.) Aera caespitosa (im Rande des Moors). Agrostis stolonifera. Arundo phragmites (vereinzelt). Carex lasiocarpa. C. leporina. C. stricta. Cirsium arvense. Comarum palustre. Equisetum heleocharis. G.alium palustre. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Nymphaea candida. Peucedanum palustre. Potamogeton gramineus (auf nacktem Schlamm). Potentilla silvestris. Ranuriculus flammula. Salix nigricans. Sieglingia decumbens. Sparganium minimurn. Typha latifolia. TJtricularia vulgaris. Veronica scutellata. Viola palustris. — Sphagnum acutifolium. b. Gesträuchhochmoore. Das meist Charakteristische für diese Art Hochmoore ist das reichliche Vorkommen kleinerer Gesträuche, wie Vaccinium oxycoccus, V. uligino surrt, Andromeda polifolia : in seltenen Fällen Calluna vulgaris t Empetrum nigrum und Ledum palustre , und der Mangel an Eriophorum vaginatum. Vaccinium oxycoccus und Andromeda begleiten einander gewöhnlich, wohingegen das Vor- kommen von V. uliginosum und der andern zwei, Empetrum und Ledum , nicht typisch ist. Außerdem finden sich spärliche Bestände von ziemlich niedrigen Pflanzen. Da dieses Moor sehr bald in darauf folgendes Eriophorum- Moor über- geht, ist dasselbe selten vollständig rein, sondern mehr oder weniger im Übergang zu diesem begriffen. Echte Gesträuchmoorflecken kommen nicht so selten stellenweise in Grünlandsmooren vor. Die Ufer der zwei kleinen vorher an- geführten Rohrsumpfseen im Raudnitzer Forst sind auch von reinem Typus und werden hier angeführt werden. Das Gesträuchmoor an den Ufern des kleineren Sees hatte folgende Zu- sammensetzung (Aufzeichnung vom 9. August 1901): Agrostis stolonifera. Andromeda polifolia. Aspidiwm thelypteris. Bielens cernuus. Calamagrostis neglecta. Calla palustris. Calluna vulgaris. Carex acutiformis. C. canescens. C. lasiocarpa. C. rostrata (im Seerande). Cicuta virosa. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epilobium palustre. Eriophorum polystachyum. Galium palustre. Juncus effusus. Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Menyanthes tri- foliata. Peucedanum palustre. Populus tremula (jung). Potentilla silvestris. Pyrola rotundifolia. Rhynchospora alba. Salix cinerea. Scheuchzeria palustris. Scutellaria galericulata. Vaccinium oxycoccus (reichlich). — Polytrichum strictum. Sphagnum acutifolium. Die Ufer des größeren Sees waren folgenderweise bewachsen: Andromeda polifolia (reichlich). Anthoxanthum odoratum, Carex echinata. Leontodon auctumnalis. Liizula pallescens. Nardus stricta. Prunella vulgaris. Potentilla silvestris. Ranunculus flammula. Rhynchospora alba. Scheuchzeria palustris. Vaccinium oxycoccus (reichlich). Viola palustris. — Gymnocybe palustris. Polytrichum commune. P. stric- tum. Sphagnum acutifolium. — Cladonia gracilis. Zunächst dem Seerande ist das Torfmoos vorherrschend und gibt den Totaleindruck, aber etwas weiter davon verleihen die Gesträuche mit Drosera und Potentilla, das eigentliche Aussehen der Vegetation. 16 257 C. Hügelhochmoore ( Eriophoretä vom E. vaginatum-Typns). Diese kennzeichnen sich, wie schon oben gesagt, durch bestandbildende Eriophorum vaginatum , welche Pflanze mit ihrer Wachstumsform dem ganzen Moore ein hügeliges Aussehen gibt. Hier fangen Leclum palustre und Kiefern an, in größeren Mengen aufzutreten, und die vorigen Gesträuche sind auch vorhanden. Als Beispiel eines solchen Moores mögen angeführt werden: Ein kleines Hochmoor beim Dorfe Schemlau, Kreis Kulm. Das Moor war gegenwärtig (am 11. Juli 1901) sehr trocken und von Yieli stark abgeweidet. Aufgezeichnete Pflanzen sind: Agrostis stolonifera. Andromeda polifolia (spärlich). Arundo phragmites (verkümmert). Car ex Goodenoughii. C. panicea. Cirsium arvense. C. lanceolatum. Comarum palustre. Eriophorum vaginatum. Galium palustre. Junens conglomeratus. Menyanthes trifoliata. Molinia coerulea. Pinus silvestris (7 — 8jährig). Ranunculus flammula. R. repens. Salix aurita. S. pentandra. S. repens. Scabiosa ochroleuca (nur ein Individuum). Senecio vulgaris. Vaccinium oxycoccus (reichlich). Veronica chamaedrys. — Poly- trichum commune. Sphagnum acutifolium. Ein anderes, etwas feuchteres und weniger abgeweidetes Hochmoor, teil- weise echtes Bebeland, liegt in der Nähe des vorigen auf der westlichen Seite der Chaussee im Walde. Kleine Birken und vereinzelte Kiefern wachsen hier auf den höheren Hügeln empor. Die Vegetation im übrigen ist der vorigen sehr ähnlich, doch kommen noch hinzu: Aera caespitosa. Alopecurus fulvus. Carex canescens. C. echinata. Chrysanthemum inodorum. Drosera rotundifolia. Epilobium palustre. Malachium aquaticum. Plantago major. Polygonum per&icaria, Ranunculus sceleratus. Vicia hirsuta. Viola palustris. Hochmoor zwischen Tillwalde und IVIeSchertswalde, Kreis Rosenberg. Dieses war ein sehr ausgeprägtes und sehr üppiges Hügelmoor, doch im beginnenden Übergangsstadium zum Waldmoore. Spärliche kleine Birken und ca. 10jährige Kiefern kommen vor. Hier wuchsen (Aufzeichnung vom 12. August 1901): Agrostis stolonifera. Andromeda polifolia. Calluna vulgaris. Carex lasiocarpa. C. rostrata. Calamagrostis neglecta. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epilobium palustre. Equisetum heleoc-haris. Eriophorum polystachyum. E. vaginatum (reichlich). Empetrum nigrum (nur an einer Stelle). Juniperus communis. Ledum palustre. Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Mentha austriaca. Menyanthes trifoliata. Peucedanum palustre. Plantago major. Potentilla silvestris. Scheuchzeria palustris. Vaccinium oxycoccus. V. uliginosum. — Gymnocybe palustris. Polytrichum commune. P. juni- perinum. P. strictum. Sphagnum acutifolium. Cladonia rangiferina (unter Calluna ). Stehen die Kiefern dichter zusammen, so wird I^edum das vorherrschende Gesträuch, Calluna dagegen spärlicher, aber viel höher. Stellenweise über- wachsen Gymnocybe und Polytrichum das Sphagnum- Polster, und an solchen Flecken kommen auch Viola, palustris, Ranunculus acer und flammula vor. 17 17 258 d. Waldhochmoore. Dieses ist das trockenste aller Hochmoore und unterscheidet sich von den vorhergehenden durch bestandbildende Bäume, gewöhnlich Kiefern ver- mischt mit Birken. Außerdem ist Ledum sehr reichlich vertreten. Als Beispiel für Waldhochmoore mögen angeführt werden: Torfbruch bei Reptowo, Kreis Kulm, entlang der Eisenbahn unweit Damerau. Ein Kiefernhochmoor mit 30jährigen Kiefern und dazwischen eingestreuten kleinen Birken, Betula verrucosa. Die vorkommenden Pflanzen waren (Auf- zeichnung vom 12. Juli 1901): Andromeda polifolia. Betula verrucosa. Carex ecliinata. C. canescens. Clienopodium album. Eriophorum vaginatum . Ledum palustre. Senecio silvaticus. Vaccinium myrtillus, V. oxycocc-us. V. uliginosum. Veronica officinalis. — Polytriclium strictum. Sphagnum acutifolium. In einem Außenrande, wo keine Bäume vorhanden sind, ist eine Agrostis stolonifera-F ormation entstanden. Plier schwindet Sphagnum allmählich, aber Vaccinium oxycoccus kommt noch reichlich vor. Waldmoor bei Neulinum unweit Damerau, Kreis Kulm. Dieses Moor, nunmehr durch das Vorkommen der Betula nana den Botanikern wohlbekannt, ist zum größten Teile ein vollständig ausgebildetes Kiefern- hochmoor mit Unterholz von Betula pubescens, verucosa und bestandbildender B. nana nebst deren Kreuzung mit B. pubescens. Aber da dieses hoch- interessante Moor anderswo1) sehr ausführlich beschrieben ist, will ich das- jenige hier nur erwähnen. Eine Berichtigung des Pflanzenverzeichnisses des- selben dürfte vielleicht an ihrem Platze sein. Die von mir dort bestimmte Carex acuta ist bei näherer Untersuchung nicht diese Art, sondern Carex acutiformis. Waldmoor entlang des Theerofener-Sees im Raudnitzer Forst, Kreis Rosenberg. An den Ufern dieses Sees war ein Erlenhochmoor stellenweise entstanden. Die hier vorkommenden Pflanzen waren (Aufzeichnung vom 9. August 1901): Aera caespitosa. Ainus glutinosa. Anthoxanthum odoratum. Aspidium thelypteris , Calamagrostis neglecta. Calla palustris. Caltha palustris. Carex ßliformis. Cerastiurn caespitosum. Cicuta virosa. Cirsium palustre. Comarum palustre. Drosera rotundi- folia. Equisetum heleocharis. E. palustre. Hieracium pilosella. Juniperus communis. Juncus conglomeratus. Luzula pallescens. Lycopus europaeus. Lysimachia thyrsiflora. Malaxis paludosa. Mentha aquatica. Menyanthes trifoliata. Molinia coerulea. Peuce- danum palustre. Phalaris arundinacea. Pinus silvestris (4— 5 jährig). Poa pratensis. Potentilla silvestris. Salix pentandra. S. repens. Scheuchzeria palustris. Scutellana galericulata. Stellaria palustris. Vaccinium oxycoccus. — Polytriclium commune. Sphagnum acutifolium. S. cymbifolium. 9 H. Conwentz, Betula nana lebend in Westpreußen. Natur w. Wochenschrift. Neue Folge. I. Bd. Ii. I. 1901. 18 259 Dieses Erlenhochmoor geht in ein höher liegendes, unten erwähntes Erlen- laubmoor über. Die Endformation der Waldhochmoore ist Wald. Im letzten Übergangs- stadium dazu befinden sich z. B. ein Kiefernhochmoor zwischen Tillwalde und Melchertswalde, Kreis Rosenberg, neben dem oben erwähnten Hügelhochmoore, und ein gleichartiges im Raudnitzer Forst bei den oben beschriebenen Rohr- sumpfseen. Das Kiefernhochmoor zwischen Tillwalde und Melchertswalde. Das Holz besteht aus ca. 40jährigen Kiefern mit eingemischten Birken und Erlen, das Unterholz aus Juniperus communis und Frangula alnus. Boden- vegetation fehlt, wo Bäume und Sträucher dicht stehen, ist aber sonst vor- handen. Die aufgezeichneten Pflanzen sind (vom 12. August 1901): Agrostis stolonifera. Aera caespitosa. Ainus glutinöser. Aspidium cristatum. A. thelyp - teris. Athyrium filix femina. Betula pubescens. B. verrucosa. B. glutinosa. Calama- grostis lanceolata. C. neglecta. Calluna vulgaris. Centaurea jacea. C'erastium caespi- tosum. Comarum palustre. Equisetum silvaticum. Frangula alnus. Oaleopsis tetrahit. Hieracium pilosella. H. vulgatuin. Juniperus communis. Ledum palustre (meterhoch). Ly copodium annotinum. L. clavatum. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Mentha austriaca. Nardus stricta. Peucedanum palustre. Pinus silvestris. Poa palustris. P. pratensis. Polygonum lapathifolium Ait. Populus tremula. Potentilla anserina. P. silvestris. Rubus idaeus. R. plicatus. Rumex acetosella. Salix cinerea. Sieglingia decumbens. Stellaria media. Vaccinium myrtillus. V. uliginosa. V. vitis idaea. Veronica officinalis. Viola palustris. — Dicranum scoparimn. Hypnum Schreberi. Polytrichum commune. Sphagnum acutifolium. — Cladonia gracilis. C. rhangiferina. Wenn die Torferde auf irgend eine Weise, beispielsweise durch Wagenräder oder durch Graben, entblößt wird, schleichen sich andere Pflanzen ein, wie: Bidens cernuus. B. tripartitus. Carex Goodenoughii. C. Oederi. C. panicea. Equi- setum palustre. Juncus bufonius. Leontodon auctumnalis. Linum catharticum. Mentha parietariifolia. Polygonum hydropiper . P. minus. Radiola linoides. Triglochin palustre. uebst einigen von den oben aufgezählten. Das Waldhochmoor im Raudnitzer Forst. Das Holz besteht aus einem ziemlich dichten Bestände von ca. 30jährigen Kiefern und Birken, die Sphagna sind meistens verschwunden und die noch übrig gebliebenen führen ein sehr kümmerliches Leben, aber das Kleingesträuch ist noch recht reichlich zurück. Aufgezeichnet sind (^om 9. August 1901): Aspidium spinulosum. Betula pubescens. B. glutinosa. Calluna vulgaris. Frangula alnus. Ledum palustre. Vaccinium myrtillus. V. uliginosum ♦ V. vitis idaea. — Dicranum scoparium. Hypnum Schreberi. Polytrichum commune. P. strictum. Sphag- num acutifolium. — Cladonien. Der Boden ist im übrigen mit herabgefallenen Kiefernadeln und Birken- blättern bedeckt. Erst gegen das abschüssige Seeufer wird das Sphagnum- Polster frischer, und hier treten auch reichlich Vaccinium oxycoccus und spär- licher Andromeda polifolia auf und die Vegetation geht zum obenerwähnten Gesträuchmoore über. 17* 19 260 4. Laubmoore. Unter Laubmooren verstehen wir hier solche Moore, welche mit bestand- bildenden Laubhölzern oder Gebüsch bewachsen sind. Je nach den verschiedenen vorherrschenden Arten dieser können und müssen diese Moore jedes für sich behandelt werden, weil auch die Feldschichten und die Bodenschicht be- deutende Verschiedenheiten zeigen. Wir unterscheiden Weidenmoore ( Saliceta ), Birkenmoore ( Betuleta ) und Erlenmoore (Alneta). Gemeinsam für diese alle ist die Beschaffenheit des Bodens in der Hinsicht, daß die Torfbildung ganz oder beinahe ganz aufgehört hat, und anstatt dieser durch den reichlichen Laubfall eine Humusbildung eingetreten ist. Diese Pflanzenvereine ent- wickeln sich bald, besonders das Birkenmoor, zum Laubwald. a. Weidenmoore (Saliceta). Auf gewöhnlichem Grünlandsmoore und auch Hochmoore treten meistens vereinzelte niedrigere Büsche von Salix amygdalina, aurita) cinerea , nigricans pentandra , repens und rosmarinifolia auf, ohne bestandbildend zu werden. Aber auch auf den Stellen, wo ein solcher vereinzelter Busch sich fest einge- wurzelt hat, ist der Boden gewöhnlich so verändert, daß die Torfbildung auf- gehört hat, und in der unmittelbaren Nähe des Busches ist die umgebende Vegetation von anderer Beschaffenheit als auf dem offenen Moore und bildet eine erste Andeutung eines Laubmoores. Man trifft deshalb solche immer auf etwas höher gelegenen Plätzen oder an den Rändern ausgehobener Gräben. Erst wenn diese /Safe-Arten, vorzugsweise die großgewachsene S. cinerea , seltener S. caprea oder baumartige S. pentandra , einen mehr geschlossenen Bestand bilden, wird die Untervegetation mehr ausgeprägt hainartig, haupt- sächlich bestehend aus breitblättrigen Stauden und Gräsern. Solche Salix- Bestände bekleiden oft die Ufer der Seen oder begleiten die der Flüsse. Auf Mooren sind sie eigentlich nur in alten Torfgruben zu finden. Als Bei- spiel für diese letzteren wollen wir folgende zwei anführen, nämlich:. Salicetum bei Steinau, Kreis Thorn. Die Salices waren 3 — 4 m hoch und die Zusammensetzung der Vegetation wie folgt: (Aufzeichnung vom 25. Juli 1901). Arundo phragmites. Aspidium filix mas. Calamagrostis neglecta (reichlich).^ Caltha palustris. Cirsium arvense. C. palustre. Filipendula ulmaria. Frangula alnus. Galium aparine . Iris pseudacorus. Lathyrus silvester (am Rande). Lysimachia vulgaris. Lythrum salicaria. Menyanthes trifoliata. Molinia coerulea (am Rande). Peucedanum palustre. Potentilla silvestris. Ranunculus repens. Kubus idaeus. Salix cinerea. S. pentandra. S. repens . Sanguisorba officinalis. Selinum carvifolia. Stachys paluster. Thalictrum angustifolium. Urtica dioica. Valeriana officinalis. Vicia cracca. V. sepium. — Keine Bodenschicht von Moosen, sondern nur verwelkte Reste von den vorj ährigen Calamagrostis. 20 261 Salicetuni auf einem Moor südlich des Rittergutes Tillwalde und im nördlichen Teile des labenz-Sees, Kreis Rosenberg. (Aufzeichnung vom 12. August 1901.) Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Ainus glutinosa. Angelica silvestris. Anthoxanthum odoratum. Arundo phragmites (gegen den See). Betula glutinosa. B. pubescens. Calamagrostis neglecta. Carex paniculata. Cirsium palustre. Epilobium palustre. Fili- pendula ulmaria. Frangula alnus. Galium palustre. Geum rivale. Gleclioma hederacea. Glyceria aquatica (in Torfgruben). Heracleumspondylium. Holcus lanatus. Iris pseudacorus . Lythrum salicaria.. Peucedanum palustre. Prunus padus. Ranunculus acer. R. repens. Rhamnus cathartica. Rubus idaeus. Rumex acetosa. R. liydrolapathum. R. limosus. Salix aurita. S. aurita X cinerea. S. caprea. S. cinerea. S. cinerea X nigricans. S. nigricans. S. pentandra. S. purpurea. S. repens. S. rosmarinifolia. Scirpus silvaticus. Solanum dulcamare. Succisa pratensis. Taraxacum. officinale. Trifolium repens. Typha latifolia. Urtica dioica. Valeriana ofßcinalis. Viburnum opulus. Viola palustris. — In den liier oft sehr großen Torfgruben, die noch viel Wasser enthielten, war eine gewöhnliche Rohrsmnpfvegetation entwickelt. b, Birkenmoore ( Betuleta ). Birkenbestände auf den Mooren selbst treten eigentlich nur in alten aus- gefüllten Torfgräben auf. Sie kommen auch recht gewöhnlich vor, wo das Grünlandsmoor im Übergangsstadium zum Hochmoore begriffen ist. Im Zgnielka-Bruch, Kreis Briesen, fand sich auch ein junger, dichter Birken- bestand auf einem Teile des Moores, wo er vor einigen Jahren dem Brande aus- gesetzt war, — 1 was eine gewöhnliche Erscheinung ist, da die Birke eine der ersten Pflanzen ist, welche sich auf solchem Boden einfinden, welcher vom Feuer übergangen und darnach sich selbst überlassen ist. Ein so vorbereiteter Boden scheint ein günstiges Keimbeet für Birkensamen zu sein. Folgende Beispiele der Birkenmoore dürften eine Vorstellung der Zusammensetzung der- selben beibringen. Das oben erwähnte Birkenmoor im Zgnielka-Bruch. Der Birkenbestand ist sehr dicht, fast undurchdringlich, und besteht aus mannshohen oder etwas höheren Jungbirken. Die Untervegetation ist gemischt, (Aufzeichnung vom 23. Juli 1901): Achillea millefolium. Agrostis stolonifera (reichlich). Arundo phragmites. Aspidium thelypteris. Betula glutinosa. B. pubescens. B. verrucosa. Cirsium palustre. Comarum palustre. Epilobium palustre. Frangula alnus. Festuca ovina. F. rubra. Galium uliginosum. Luzula pallescens. Lychnis flos cuculi. Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Mentha parietariifolia. Molinia coerulea. Peucedanum palustre. Pirola rotundifolia. Poa pratensis. Potentilla silvestris. Ranunculus acer. Salix pentandra. S. repens. Thalictrum angustifolium. Vaccinium oxycoccus. — Dicranum scoparium. Polytrichum gracile. Die Bodenschicht besteht hauptsächlich aus welker Agrostis stolonifera, die Moose sind dagegen wenig vertreten. 21 262 Birkenmoor an der Nordwestseiie des Karrasch-Sees, Kreis Rosenberg. Der Birkenbestand ist aus 5 — 8 m hoben Birken gebildet, teilweise ziemlich licht und gemischt mit vereinzelten anderen Laubhölzern und Kiefern. Der Boden ist sehr uneben, weil die alten Torfgräben nicht ganz ausgeglichen sind. Die aufgezeichneten Pflanzen sind (vom 10. August 1901): Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Ainus glutinosa. Angelica silvestris. Anthoxanthum odoratum. Arundo phragmites. Aspidium thelypteris. Betula glutinosa . B. pubescens. Bidens cernuus. B. tripartitus. Briza media. Brunella vulgaris. Calamagrostis neglecta. Caltha palustris. Carex ßava. C. Goodenoughii. C. Oederi. C. panicea. C. rostrata. C. pseudocyperus. Cirsium palustre. Comarum palustre. Drosera rotundifolia (auf Sphagnum-Flecken). Epipactis palustris. Epilobium palustre. E. parvißorum. Equisetum heleocharis. Eriopliorwn latifolium. E. poly- stachyum. Euplirasia stricta. Festuca rubra. Filipendula ulmaria. Frangula alnus. Galium uliginosum. Geum rivale. Holcus lanatus. Inula britanica. Iris pseudacorus. Juniperus communis. Juncus lamprocarpus. Linaria vulgaris. Linum catharticum. Luzula pallescens . Lycopus europaeus. Lysimachia nummularia. L. vulgaris. Lythrum salicaria. Mentha aquatica. M. aquatica X arvensis. M. austriaca. Menyanthes irifoliata. Oenanthe aquatica (in Torfgräben). Orchis incarnata. Parnassia palustris. Peucedanum palustre. Pinus silvestris. Pirola rotundifolia. Plantago lanceolata. Potentilla anserina. P. silvestris. Rurnex acetosa. R. hydrolapathum (in Gräben). Salix aurita. S. cinerea. S pentandra. S. repens. Scutellaria galericulata. Stachys palustris. Succisa pratensis , Typha angustifolia. T. latifolia (die beiden letzteren in Gräben). Urtica dioica. Vaccinium oxycoccus (auch auf Hypnum ). Valeriana officinalis. Viola palustris. — Camptotliecium nitens. Climacium dendroides. Gymnocybe palustris. Hypnum cuspidatum. Marchantia polymorpha. Mnium cuspidatum. Sphagnum acutifolium. S. cymbifolium. Birkenmoor auf dem Okunek-See, Kreis Briesen. Die Birken waren hier 3 m hoch, und von Pflanzen waren vorhanden (Aufzeichnung vom 19. Juli 1901): Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Ainus glutinosa. Betula glutinosa. B. pubescens. B. verrucosa. Calamagrostis lanceolata. C. neglecta. Caltha palustris. Carex paradoxa (? steril). Chenopodium album. Cirsium palustre. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epipactis palustris. Equisetum palustre. Erigeron acer. E. canadensis. Eupatorium cannabinum. Euplirasia nemorosa (?) Galeopsis bifida. Galium palustre. Q. uliginosum. Linum catharticum. Liparis Loeselii. Luzula multiflora. L. pallescens. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Menyanthes trifoliata. Parnassia palustris. Pinus silvestris (sehr jung). Polygala comosum. Populus tremida. Potentilla silvestris. Rumex acetosa. Sagina nodosa. Salix aurita. S. repens. Scutellaria galericulata. Selinum carvifolia. Senecio silvaticus. Sonclius arvensis. Taraxacum officinale. Triglocliin palustre. Vaccinium oxycoccus. — Gymnocybe palustris. Hypnum cuspi- datum. Kein Sphagnum. Birkenmoor bei Kosten, Schutzbezirk Ellengrund, Kreis Löbau. Der Holzbestand ist ziemlich licht und die Untervegetation eine völlig geschlossene Grasnarbe (Aufzeichnung am 2. August 1901). Aera caespitosa. Anthoxanthum odoratum. Brunella vulgaris. Carex Goodenoughii Cirsium palustre. Epilobium palustre. Equisetum heleocharis. Frangula alnus. Galium *2 263 uliginosum. Geum rivale. Juncus conglomeratus. Leontodon auctumnalis. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Mentha austriaca. Parnassia palustris. Plantage lanceolata. P. major. Potentilla silvestris. Ranunculus flammula. R. repens. Rumex acetosa. Sagina nodosa. Valeriana excelsa. Viola palustris. Am Rande des Jeziorek-Bruchs im Nieluber Walde, Kreis Briesen, befindet sich ein altes Birkenmoor, welches im letzten Übergangsstadium zum gewöhnlichen Birkenwalde begriffen ist. Hier war auch eine .ganz andere, nicht voll geschlossene Untervegetation von folgender Zusammensetzung (Auf- zeichnung vom 23. Juli 1901): Actaea spicata. Aera caespitosa. Arundo phragmites (sehr verkümmert). Brachy- podium silvaticum. Cirsium oleraceum. C. palustre. Convallaria majalis. Cypripedium calceolus. Daphne mezereum. Galeopsis bifida. Galium uliginosum. Majanthemum bifolium. Microstylis monophyllos. Rubus caesius. R. idaeus. R. saxatilis. Sanicula europaea. Stellaria inedia. Valeriana officinalis. c. Erlenmoore (Alneta). Die Erlenformationen erhalten je nach einem größeren oder geringeren Feuchtigkeitsgrad des Bodens und auch je nach dichteren oder spärlicheren Beständen eine ganz verschiedene Feldvegetation. Man kann deshalb mehrere Typen derselben aufstellen. Die Erlenbestände werden niemals so dicht wie die Birkenbestände. Solange die Erlen noch jung sind, ist die Bodenvegetation dicht geschlossen, aber sobald diese eine größere Höhe erreicht haben und mit deutlichen Kronen, deren Laubwerk sehr dicht sein kann, ausgestattet worden sind, wird wegen mangelnden Lichtzutritts die Bodenvegetation auch nicht länger geschlossen und deckend, sondern es treten an vielen Stellen große Flecken entblößten Bodens auf. Diese entblößten Flecke sind sogar vor- herrschend, so daß nur zerstreute Gruppen irgend eines kleineren Hainkrautes, wie Circaea alpina , Oxalis acetosella u. a. m., und einiger Laubmoose hier ihr Leben im tiefen Schatten führen können. Ein Teil mehrjähriger Arten führt hier noch ein dürftiges Dasein und vermehrt sich nur auf vegetativem Wege, da man dieselben selten oder niemals zum Blühen, noch weniger zur Samen- bildung kommen sieht, mit Ausnahme natürlich der echten Hainkräuter. Hier einige Beispiele: Erlenmoor bei Kosten, Schutzbezirk Ellengrund, Kreis Lübau. Das Moor ist entwässert und jetzt in einem sehr weit vorgerückten Über- gangsstadium zum Laubholzwalde versetzt. Die Untervegetation besteht haupt- sächlich aus Urtica dioica und der Boden ist stellenweise nackt. Aufgezeich- nete Pflanzen sind (vom 2. August 1901): Aera caespitosa. Ainus glutinosa. Athyrium filix femina. Aspidium thelypteris. Betula pubescens. Brunelia vulgaris. Calamagrostis lanceolata. Car ex rostrata (in einem Graben). Cerastium caespitosum. Chrysosplenium alternifolium. Circaea alpina. Cirsium arvense. C. palustre. Equisetum silvaticum. Filipendula ulmaria. Frangula alnus. Galeopsis bifida. Galium uliginosum. Geranium robertianum. Impatiens noli tangere. 23 264 Juncus effusus. Lactuca muralis. Malachium aquaticum. Oxalis acetosella. Paris quadrifolia. Peucedanum palustre. Potentilla silvestris. Ranunculus auricomus. R. repens. Rumex acetosa. Scirpus silvaticus. Solanum dulcamara. Stellaria graminea. S. holostea. TJrtica dioica. Veronica cliamaedrys. Viola canina. V. palustris. — Bryum sp. Dicranum scoparium. Hypnum cupressi forme. Alnetum im Raudnitzer Forst beim Theerofener See, Kreis Rosenberg. Die Erlen sind mit mehr vereinzelten Kiefern vermischt, Sphagnum kommt stellenweise noch vor, und die Bodenvegetation ist nicht deckend. Diese Erlen- formation ist aus einem Erlenhochmoor, welches noch näher an dem See existiert, entstanden. Aufgezeichnete Pflanzen sind (vom 9. August 1901): Aera caespitosa. Ainus glutinosa. Athyrium filix femina. Aspidium filix max. Cala- magrostis lanceolata. Circaea alpina. Equisetum silvaticum. Frangula alnus. Juni- perus communis. Ledum palustre. Lycopodium annotinum. Lysimachia thyrsidora. Malachium aquaticum. Menyanthes trifoliata. Oxalis acetosella. Peucedanum palustre. Pirola rotundifolia. Potentilla silvestris. Pteridium aquilinum. Ranunculus repens. Ruhus idaeus. Salix aurita. Scutellaria galericulata. Trientalis europaea. Urtica dioica. Vaccinium myrtillus. V. oxycoccus (kümmerlich). Viola palustris. — Hypnum cupressiforme. Leucobryum glaucum. Mnium cuspidatum. M. hornum. Polytrichum gracile. P. juniperinum. Sphagnum acutifolium. Erlenmoor am Rande der Pelmwiese in der Nähe der Wegescheide nach Riesenkirch und Liebenau, Kreis Rosenberg. Die Erlen sind ca. 20 m hoch in ziemlich lichtem Bestand und mit ver- einzelten Birken und Kiefern von derselben Höhe gemischt. Das Unterholz besteht aus Erlen, Birken, Frangula alnus und Gebüsch von Ruhus idaeus und R. plicatus, die Feldvegetation hauptsächlich aus Calamagrostis lanceolata und ist geschlossen. Aufgezeichnet wurden (am 7. August 1901): Aera caespitosa. Alnus glutinosa. Aspidium thelypteris. Betula glutinosa. B. pubescens. Calamagrostis lanceolata (?) (steril). Carex Goodenoughii. C. rostrata (steril). Fran- gula alnus. Galeopsis bifida. Galium aparine. Iris pseudacorus. Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Lythrum salicaria. Peucedanum palustre. Pinus silvestris. Populus tremula (ein einziger Banm). Potentilla silvestris. Rubus idaeus. R. plicatus. Salix cinerea. Scutellaria galericulata. Stachys palustris. Urtica dioica. Vaccinum myrtillus (an Birkenwurzeln). Viola palustris. - — Dicranum scoparium. Hypnum cupressiforme. Polytrichum commune. P. strictum. Kleines Erlenmoor bei Steinau, Kreis Thorn. Ein in seiner Art einzig dastehendes Erlenmoor hatte sich hier in einer ehemaligen, nunmehr durch eine Sandbank abgeschiedenen Bucht desKamionkener Sees entwickelt. Ca. 10 m hohe Erlen von ziemlich dichtem Bestände wuchsen hier mit einer üppigen, aber an Arten armen Untervegetation von fast aus- schließlich meterhohen Urtica dioica und Calamagrostis lanceolata. Die Boden- schicht bestand nur aus welken Überresten der vorjährigen Feld Vegetation nebst Erlenblättern und spärlichem Nepeta glechoma. Moose waren nicht vor- handen. Aufgezeichnete Pflanzen sind (vom 25. Juli 1901): 24 265 Achillea millefolium (aiji Rande). Acra caespitosa. Ainus glutinosa. Calamcigrostis lanceolata. Carex acuta. _ Equisetum heleocharis. Galium aparine. Iris pseudacorus. Nepeta glechoma. Stachys palustris. Triticum repens. TJrtica dioica. Gegen Westen geht dieses Erlenmoor in ein Rohrmoor über und ist wahr- scheinlich auch aus einem derartigen hervorgegangen. 5. Wiesenmoore. Ebenso wie Laubmoore hat dieser Pflanzen verein sich auf eiuem Boden ausgebildet, welcher immer höher als der Wasserstand oder wenigstens nur kürzere Zeit und mehr zufällig unter Wasser steht. Infolge des relativ geringen Wasserzutritts hat auch die Vertorfung vollständig aufgehört. Der Boden ist immer fest und hart, nicht oder sehr wenig schaukelnd. Die Vegetation besteht aus einer dicht geschlossenen Matte höherer Pflanzen, wie vorzugsweise Gräser und dikotyle Kräuter, von welchen einige stellenweise vorherrschend sein können und dadurch eigenartige Unterformationen bilden, z. B. PoteMilla anserina , Succisa pratensis } Agrostis stolonifera , Aera caespitosa , Nardus stricta , Molinia coerulea , u. a. in., aber in der Regel sind die die Pflanzenmatte bildenden Arten so verteilt, daß keine in so großer Menge vorkommt, daß sie der Vegetation ihr sonderartiges Gepräge gibt. Charakteristisch ist auch, daß die Cyperaceen vollständig verschwunden sind oder eine sehr untergeordnete Rolle spielen, und wenn sie bisweilen auftreten, sind sie nur durch kleingewachsene Arten vertreten, wie z. B. durch Carex flava , C. Oederi , C. panicea. Das Vorkommen der Moose ist auch infolge der geschlossenen dichten Pflanzendecke in den Hinter- grund getreten. Nur einige feine Hypnum filicinum kriechen auf dem Boden zwischen den Gräsern und Kräutern, andere Moose sind kaum nennenswert, und nicht selten fehlen sie ganz und gar. Dies gilt besonders, wenn die Wiesenmoore sich ungestört von menschlichem Eingreifen — von der Ent- wässerung jedoch abgesehen — entwickeln. Wir nennen solche Torfwiesen. Diese werden vom Landmanne zur Gewinnung von Heu, zu Weiden und zur Torf- bereitung verwendet, aber mit der intensiveren Landwirtschaft der Jetztzeit gibt sich der Landmann mit den relativ mageren Ernten solchen Bodens nicht zufrieden, weshalb er diese Erde zu verbessern sucht, um dadurch auch bessere Ernten zu gewinnen. Zu diesem Zweck düngt er die Erde sowohl mit natürlichem als auch mit Kunstdünger und besäet sie außerdem mit erträg- licheren Gräser- und Kräuterarten. Solche meliorierten Wiesenmoore nennen wir Kulturwiesen. Manchmal — ganz den Umständen nach — wird die Torferde auch mit Sand oder Lehm vermischt, und so behandelte Erde wird hauptsächlich zur Gewinnung von Getreideernten angewandt und bietet voll- ständig reine Kultur- oder Ackerformationen dar. Die für den Botaniker am meisten in die Augen fallende Ungleichheit zwischen diesen beiden Arten Moorwiesen, Torf- und Kulturwiesen, ist die oft bedeutend größere Artenarmut, der freudigere Wuchs der Pflanzen und das vollständige Fehlen der Moose bei letzteren. Betreffs der Artenanzahl scheint bisweilen das umgekehrte Verhalten 25 266 stattzufinden, so daß die Kulturwiese viel artenreicher ist. Dies trifft ein, wenn eine durch Kultur hervorgebrachte Wiese mehrere Jahre sich selbst über- lassen ist, wodurch die eingesäeten Pflanzen allmählich zurücktreten, aber in der Kegel nicht ganz eingehen, die ursprünglichen dagegen Hand in Hand damit besser gedeihen und sich vermehren, und außerdem noch andere neue hinzu- kommen. Beispiele derartiger Wiesen sind unten augeführt bei Deutsch Eylau und Gut Stein A, Kreis Rosenberg, und zwischen Neumark und Kauernich, Kreis Löbau. In hoher Kultur werden oft bloß eine oder zwei Arten herrschend, z. ß. Rotklee und Timotheegras, und wir haben vor uns eine reine Ackerformation, ein gewöhnliches Klee- oder Timotheegrasfeld, welches sich in nichts von einem solchen anderen auf Nichtmoorboden unterscheidet. Ist die Wiese dagegen noch ziemlich sauer, so wie es in größeren Austorfungen der Fall ist, so wird diese doch ohne vorhergegangene Samenaussaat mit Kunstdünger, Thomas- phosphat und Kainit, verbessert, wobei sie noch eine Zusammensetzung hat, welche an die natürliche Torfwiese erinnert, aber ärmer an Arten ist. Es ist klar, daß gewisse Pflanzenarten durch die zugeführte Nahrung überhand nehmen, andere hinausdrängen und ersticken. Eine solche ist beispielsweise die unten bei Schwarzwald, Kreis Thorn, angeführte. Wir wollen jetzt einige Beispiele dieser beiden Arten Wiesenmoore her- vorheben. a. Torfwiesen. Am häufigsten waren diese so abgeweidet und teilweise von der anhalten- den Dürre so vertrocknet, daß sich vollständige Pflanzenaufzeichnungen nicht machen ließen. Als Beispiele dieses Pflanzenvereins mögen folgende Torf- wiesen dienen. Eine kleine, urwüchsige, frische Torfwiese an der fVlUhle bei der Stadt Neumark, Kreis Löbau. (Aufzeichnung vom 1. August 1901.) Agrostis stolonifera (reichlich). Alisma plantago. Brunella vulgaris. Caltha palustris. Cardamine pratensis. Car ex hirta ß. hirtiformis. Equisetum palustre. Oalium palustre. Inula britanica. Leontodon auctumnalis. Lychnis flos cuculi. Lysimachia nummularia. L. thyrsiflora. Lythrum salicaria. Mentha austriaca. M. palustris. Menyanthes trifoliata. Myosotis palustris. Odontites rubra. Peucedanum palustre. Plantago niajor. Poly- gonum amphibium f. terrestre. Potentilla anserina. Ranunculus repens. Sium lati- folium (verkümmert). Sonchus arvensis. Taraxacum ofßcinale. Thalictrum flavum. Trifolium hybridum. T. repens. Vicia cracca. — Hypnum filicinum. Ausgedehnte Torfwiesen in der Drewenzniederung, nahe dem Eisenbahnhofe Broddydam, Kreis Strasburg. Die Wiesen sind in der Regel von frischer Vegetation. Zahlreiche Torf- stiche kommen vor (Aufzeichnung vom 15. Juli 1901). 26 267 Aera caespitosa. Agrostis stolonifera (reichlich). Alisma plantago. Angelica silvestris. Arundo pliragmites (vereinzelt). Atriplex hastatum. A. patulum. Bidens cernuus. B. tripartitus. Caltlia palustris. Cardamine pratensis. Cerastium caespitosum. Cheno- podium albüin. Ch. polyspermum. Cirsium palustre. Convolvulus sepium. Epilobium palustre. E. parviflorum. Equisetum heleocharis. E. palustre. Erysimum cheiranthoides. Galium palustre. G. uliginosum (oft reichlich). Glyceria aquatica. Holcus lanatus. Iris pseudacorus (steril). Juncus fuscoator Schreb. J. lam procar pus. Lathyrus palustris. Leontodon auctumnalis. Linaria vulgaris. Linum catharticum. Lychnis flos cuculi. Lythrum salicaria. Mentha arvensis. M. austriaca. Myosotis palustris. Nasturtium anceps. N. amphibium. N. palustre. N. silvestre. Oenanthe aquatica. Odontites rubra. Peucedanum palustre. Phalaris arundinac-ea. PloMago lanceolata. P. major. P. meclia . Polygonum bistorta. P. hydropiper. P. lapathifolium Ait. P. persicaria. Potentilla anserina. Ranunculus acer. R. repens. Rhinanthus major. Rumex acetosa. Sagina nodosa. Salix amygdalina. S. aurita. S. caprea. S. caprea X cinerea. S. cinerea. S. pentandra. S. repens. S. viminalis. Sonchus arvensis. S. oleraceus. Thalictrum flavum. Triglocliin palustre. Typlia latifolia (in Gräben). Urtica dioica. Valeriana officinalis. Veronica anagallis. V. longifolia. V. scutellata. — Moose sehr spärlich, eigentlich nur Hypnum filicinum. Torfwiesen bei Kosten, entlang dem Wellefluss, Kreis Löbau. (Aufzeichnung vom 2. August 1901.) Achiltea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Angelica silvestris. Arundo pliragmites (spärlich). Betula pubescens (2 m hoch, in Gräben). Bidens cernuus. Briza niedia. Brunelia vulgaris. Calamagrostis neglecta. Caltha palustris. Campa - nula glomerata. Carex Goodenougliii. C. panicea. C. panniculata. C. rostrata (stellenweise echte Griinlandsmoore bildend). Cerastium caespitosum. Chaerophyllum silvestre. Cirsium oleraceum. C. palustre. Comarum palustre. Diantlius superbus. Epilobium palustre. E. parviflorum. . Epipactis palustris. Equisetum heleocharis. E. palustre. Erysimum cheiranthoides. Euphrasia stricta. Festuca elatior. Filipenclula ulmaria. Galium palustre. G. uliginosum (oft deckend). Geum rivale. Herniaria glabra (auf entblößten Flecken). Hieracium cymosum. Holcus lanatus. Hypericum acutum. H. perforatum. Juncus lamprocarpus. Leontodon auctumnalis. Linum catharticum. Lychnis flos cuculi. Lysimachia vulgaris (verkümmert). Lythrum salicaria. Menyanthes trifoliata. Molinia coerulea. Myosotis palustris. Nasturtium palustre. Odontites rubra. Orchis incarnata. Parnassia palustris. Plantago lanceolata. Poly- gonum bistorta. P. hydropiper. P. lapathifolium Ait. P. persicaria. Potentilla anserina. P. silvestris. Ranunculus acer. R. lingua (verkümmert). R. repens. Rhinanthus major. Rumex acetosa. Sagina nodosa. Salix cinerea. S. pentandra. S. repens. Saxifraga hirculus. Scrophularia nodosa. Scutellaria galericulata. Trifolium repens. Triglocliin palustre. Valeriana offlcinalis. Veronica longifolia. Vicia cracca. Viola palustris. — Climacium dendroides „ Hypnum filicinum. H. cuspidatum. Mar- chantia polymorpha. Mnium cuspidatum. M. hornum. Torfwiesen auf der Pelm-Wiese, Kreis Rosenberg. Die Pelm-Wiese besteht größtenteils aus Grünlandsmooren, aber die Ränder derselben sind zur mageren Torfwiese ausgebildet worden. Der Boden ist etwas kupiert, kleine Hügel von ca. 1 dm Höhe sind zahlreich, und die Pflanzendecke ist völlig geschlossen. Laubmoose sind noch ziemlich reichlich vorhanden. Die hier auftretenden Pflanzen sind (Aufzeichnung vom 7. August 1901): 27 268 Achillea millefolium. Aera caespitosa (jetzt meist vertrocknet). Agrostis stolonifera (jetzt meist vertrocknet). Bidens cernuus. Brunella vulgaris. Calamagrostis neglecta. Capsella bursa pastoris. Carex flava. C. Goodenoughii. C. Oederi. C. panicea. C. rostrata (stellenweise bestandbildend auf niedrigeren Griinlandsmoor-Resten). C. vesi- caria. Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Cirsium arvense. Comarum palustre. Epilobium palustre, E. parviflorum. Equisetum heleocharis. Galium palustre. G. uliginosum. Glyceria fluitans. G. plicata. Iris pseudacorus. Juncus conglomeratus. J. lamprocarpus. Lathyrus pratensis. Leontodon auctumnalis (oft reichlich). Lotus corniculatus. Luzula pallescens. Lycopus europaeus. Lysimachia thyrsiflora. Malachium aquaticum. Mentha austriaca. Myosotis palustris. Nasturtium amphibium. Oenanthe aquatica (verkümmert). Odontites rubra. Ophioglossum vulgatum. Parnassia palustris. Phalaris arundinacea. Phleum pratense. Plantago major. Polygonum aviculare. P. amphibium f. terrestre. Potentilla anserina (stellenweise deckend). P. silvestris. Ranunculus flammula. II. repens. Rumex acetosa. Scirpus palustris. Scutellaria galericulata. Sium latifolium (verkümmert). Taraxacum officinale. Trifolium repens. Urtica dioica. Veronica scutellata. Viola ; canina. V. palustris. — Climacium dendroides. Dicranum scoparium. Hypnum cuspidatum. H. stellatum. Ksionsker Bruch, Kreis Briesen. Dieses umfangreiche Areal von trockengelegtem Moore wird nunmehr zum größten Teile von Torfwiesen und auch reinen Kulturformationen auf Ackerland eingenommen, und nur unbedeutende Reste sind als echtes Grün- landsmoor übrig. Der Wasserstand ist sehr niedrig, liegt in Torfgruben ca. 2 m unter der Erdoberfläche; die Vegetation der Wiesen ist daher auch während trockener Sommer gewöhnlich verbrannt, und außerdem ist sie früher abgeweidet worden. Die Torfwiese war hier von folgenden Pflanzen bewachsen (Aufzeichnung vom 29. Juli 1901): Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis spica venti. A. stolonifera. A. vulgaris. Alisma plantago (kleinere Gräben). Artemisia campestris. A. vidgaris. Arundo phragmites (verkümmert). Atriplex hastatum. A. patulum. Briza rnedia. Brunella vulgaris. Calamagrostis neglecta. Campanula rotundifolia. Carex Oederi. C. panicea. C. panniculata (in Gräben). Carduus crispus. C. nutans. Carum carvi. Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Chenopodium alburn. C. glaucum. Chrysanthemum inodorum. C. vulgare. Cichorium intybus. Cirsium arvense. C. lanceolatum. C. palustre. Daucus carota. Epilobium parviflorum. Equisetum heleocharis. Erigeron canadensis. Eriophorum polystachyum. Erythraea pulchella. Euphrasia stricta. Festuca elatior, Galium uliginosum. Hypericum perforatum. lnula britanica. Juncus bufonius. J. lamprocarpus. Juniperus communis. Lappa tomentosa. Leontodon auctumnalis. Linum catharticum. Lotus corniculatus. Lycopus europaeus. Lysimachia nemorum. Lythrum salicaria. Medicago lupulina. M. sativa. Melilotus albus. Mentha austriaca. Molinia coerulea. Nasturtium palustre. N. silvestre. Nepeta glechoma. Odontites rubra. Ononis arvensis. Parnassia palustris. Phleum pratense. Plantago lanceolata. P. major. P. rnedia, Poa compressa. P. palustris. P. pratensis. Polygonum aviculare. P. convolvulus. P. persicaria. Potentilla anserina, P. reptans. Ranunculus acer. R. auricomus. R. flammula. R. repens. Rhinauthus major . Rumex acetosella. R. limosus. . Sagina nodosa. S. procumbens. Salix cinerea. Scirpus palustris. Scleranthus annuus. Sieglingia decumbens . Sisymbrium sophia. Sonchus arvensis. Taraxacum officinale. Thymus chamaedrys. T. Serpyllum. Tr agopogon pratensis. Triticum repens. Tussilago farfarus. Valeriana offcinalis. Veronica arvensis. Viola arenaria. V. canina. 28 269 V. stagnina. — Climacium dendroides. Hypnum filicinum. ( Camptothecium nitens : sub- fossil im Torfe.) Torfwiese bei Gut Steinau, Kreis Thorn. (Aufzeichnung -vom 25. Juli 1901.) Achillea millefolmm. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. A. vulgaris. Arundo phragmites (sehr verkümmert). Briza media. Brunelia vulgaris. Calam agrostis epigeios. Centaurea jacea. Cerastium arvense. C. caespitosum . Chenopodium album. Chrysan- themum inodorum. Cirsium acaule. C. arvense. C. lanceolatum. Dactylis glomerata. Equisetum arvense. Erysimum cheiranthoides. Euphrasia stricta. Festuca elatior. F. ovina. Filipendula ulmaria. Qalium mollugo. G. idiginosum. G. verum. Geum rivale. IJeracleum sibiricum. Hieracium auricula. Inula britanica. Iris pseudacorus (steril, in einem zugewaclisenen Graben). Leont.odon auctumnalis. Linum catharticum. Lolium perenne. Luzula multiflora. Lytlirum salicaria. Mölinia coerulea. Nepeta glechoma. Odontites rubra. Phleum pratense. Pimpinella saxifraga. Plantago lanceolata. P. majbr. Polygonum aviculare. P. convolvulus. Potentilla anserina. P. reptans. Ranunculus acer. R. repens. Rumex acetosa. Salix repens. Sanguisorba officinalis. Selinum carvifolia. Sinapis arvensis. Sisymbrium sophia. Stachys palustris. Succisa pratensis. Taraxacum officinale. Thalictrum an gustifolium . T. minus (nur Blätter). Thymus serpyllum. Urtica dioica. Valeriana officinalis. Vicia crac-ca. Viola canina. Keine Moose. b. Znlturwiesen. Wäesenmoor bei Schwarzbruch, Kreis Thorn. Dieses war sehr feucht, stellenweise naß, und nach Angabe des Besitzers mit Kainit und Thomasphosphat gedüngt, aber nicht besäet. Kleinere Gräben, deren Ränder oft mit Weidengebüsch 'und großen Erlen bewachsen waren, durchkreuzten diesen Teil des Moores, welcher eigentlich aus alten eben ge- machten Austorfungen bestand. Hier wuchsen (Aufzeichnung vom 27. Juli 1901) : Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Angelica silvestris. Arabis arenosa. Atriplex patulum. Bidens certvuus. B. tripartitus. Brunella vulgaris. Caltha palustris. Campanula patula. Carex Goodenoughii. C. pseudocyperus. C. vulpina. Cerastium caespitosum. Chaerophyllum silvestre. Chenopodium rubrum. Cirsium oleraceum. C. palustre. Epilobium palustre. E. parvifiorum. Equisetum heleocharis. Galium palustre . G. uliginosum. Geum rivale. Geranium robertianum. Holcus lanatus. Inula britanica. Juncus lamprocarpus. Leontodon auctumnalis. Linum catharticum. Lychnis flos cuculi. Lytlirum salicaria. Medicago lupulina. Mentha austriaca. M. palustris. Polygonum lapathifolium Ait. Ranunculus acer. R. repens. Rumex acetosa. R. crispus. Sagina nodosa. Solanum dulcamara (an Erlen). Taraxacum officinale. Trifolium repens. Triglochin palustre. Urtica dioica (an Erlen). Valeriana officinalis. Veronica scutellata. Vicia cracca. — Mnium cuspidatmn (spärlich). In den Gräben, die viel Wasser enthielten, außerdem eine reine Wasser- vegetation von Limnaeen und Hydro Chariten. Die Weichselniederung bei IVIontauerweide, unweit des Bahnhofes Rehhof, Kreis Stuhm. Auf den hier sehr ausgedehnten, jetzt meliorierten Moorwiesen, welche mit Naturdünger verbessert und mit verschiedenen Samen von Futterpflanzen 29 270 besäet wurden, hatte die Vegetationsmatte folgende Zusammensetzung (Auf- zeichnung vom 17. August 1901): Achillea millefolium. A. sali cif olia. Aero. caespitosa. Agrostis stolonifera (reichlich). Alopecurus pratensis. Arabis arenosa,. Atriplex patulum. Brunelia vulgaris. Caltha, palustris. Capselia bursa pastoris. Carduus crispus. Carex hirta. C. pseudocy perus. Cerastium caespitosum. Chenopodium album. Ch. polyspermum. Cirsium arvense. C. lanceolatum. C. oleraceum. Erysimum cheiranthoides. Festuca elatior. F. rubra. Galeopsis speciosa. Galium aparine. Heracleum sibiricum. FIolcus lanatus. Inula britanica. Juncus fuscoater Schreb. J. lamprocarpus. Lamium album. L. purpureum. Lathyrus pratensis. Leontodon auctumnalis. Linaria vulgaris. Lolium perenne. Mala- chium aquaticum. Medicago lupulina. Melandrium album. Mentha austriaca. M. palustris. Myosotis palustris. Nasturtium palustre. N. silvestre. Nepeta glechoma, Odontites rubra. Phleum pratense (stellenweise reichlich). Plantago lanceolata. Pt. major. PI. media. Polygonum aviculare. P. bistorta. P. convolvulus. P. hydro- piper. P. lapathifolium Ait. P. minus. P. persicaria. Potentilla anserina (stellen- weise reichlich). Ranunculus acer. R. repens. Rumex acetosa. R. crispus. R. crispus X limosus. R. limosus. Scirpus palustris. Sinapis arvensis. Sonchus arvensis. Stachys palustris. Symphytum ofßcinale. Taraxacum ofßcinale. Trifolium pratense. T. repens. Triglochin palustre. Triticum repens. Urtica, dioica. Veronica chamaedrys. Vicia cracca. V. sepium. — Moose fehlen. In den Gräben wuchsen außerdem: Alisma plantago , Bidens cernuus , Cicuta virosa, Epilobium palustre, E. palustre X parviflorum, E. parviflorum, Equisetum heleocharis , Galium palustre , Glyceria aquatica , Gl. fluitans und Gl. plicata, Oenanthe aquatica, Scirpus lacustris und S. maritimus, Scrophularia alata und Sium latifolium. Eine besäete Moorwiese zwischen Tillwalder See und Dorf Geserich, Kreis Rosenberg, war folgenderweise zusammengesetzt (Aufzeichnung vom 12. August 1901): Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. A. vulgaris. Alisma plantago (in Gräben). Bellis perennis. Bidens cernuus (an Grabenrändern). B. tri- partitus (an Grabenrändern). Brunella vulgaris. Cerastium caespitosum. Cirsium palustre. Epilobium palustre. Euphrasia brevipila. E. curta. E. stricta. Galium. uliginosum . Juncus lamprocarpus. Lathyrus pratensis. Leontodon auctumnalis. Linum catharticum (reichlich). Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Lythrum salicaria. Mentha austriaca. Myosotis palustris. Odontites rubra.. Phleum pratense (ziemlich reichlich). Plantago lanceolata. Polygonum hydropiper (an Grabenrändern). P. per- sicaria (an Grabenrändern). Ranunculus acer. R. ßammula. R. repens. Rumex acetosa. Sonchus arvensis. Stellaria palustris. Taraxacum ofßcinale. Trifolium pra- tense. T. repens (reichlich). Vicia cracca. Viola palustris. — Keine Moose. Wiesenmoor zwischen Deutsch Eylau und Gut Stein A, Kreis Rosenberg. Eine an Arten, von welchen einige deutlich bestandbildend sind, ziemlich reiche Moorwiese breitet sich hier aus. Größtenteils ist sie eine echte Kultur- wiese, d. h. sie ist gedüngt und besäet, aber es gibt auch Teile derselben, die als magere Torfwiese bezeichnet werden müssen. Übrigens sind hier allerlei Übergänge zwischen diesen beiden Formationen vorhanden, so daß es schwer, 30 27 i wenn überhaupt möglich ist, bestimmte Grenzen aufzustellen. Dazu kommt, daß mehrere von den ursprünglichen Kulturwiesen längere Zeit deutlich sich selbst überlassen sind, wodurch die meisten der eingesäeten Futterpflanzen allmählich eingegangen sind und die ganze Vegetation zu der einer natürlichen Torfwiese zurückgeht. Auf einigen winzigeren Flecken, die durch Dünger- haufen entstanden waren, hatte sich eine von der übrigen Vegetation ganz verschiedene Pflanzenformation ausgebildet, eine Formation von lauter ein- jährigen Ruderalpflanzen. Die hier angetroffenen Pflanzen sind (Aufzeichnung vom 11. August 1901): Achillea millefolium. A. salicifolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera . A. vulgaris. Alopecurus fulvus. Anthoxanthum odoratum. Artemisia vulgaris. Arundo phragmites (vereinzelt und verkümmert). Atriplex patulum. Aspidium thelypteris. Avena pubescens. A. sativa (in einem Wagengeleise). Briza media. Brunelia vidgaris. Calamagrostis neglecta. Caltlia palustris. Campanula patula. Capselia bursa pastoris (Ruderal- flecken). Carex ecliinata. C. ßava. C. ßava X Oederi. C. Goodenoughii f. juncella. C. hirta. C. Oederi. C. panicea. C. rostrata (vereinzelt). Centaurea cyanus (Ruderal- flecken). C. jacea. Cerastium caesqntosum . Chenopodium album (Ruderalflecken). Chrysanthemum inodorum. Cirsium arvense. C. lanceolatum. C. palustre. Cuscuta epithymum. Dactylis glomerata. Daucvs earota. Epilobium palustre. E. palustre X parviflorum. E. parvißorum. Equisetum palustre. Eriophorum polystachyum. Erodium cicutarium (Ruderalflecken). Euphrasia curta. E. stricta. Festuca elatior. F. rubra. Filipendula ulmaria. Galeopsis pubescens (Ruderalflecken). Galium uliginosum. Geranium palustre. Geum rivale. Heracleum sibiricum. Ilolcus lanatus. Hypericum perforatum. Inula britanica. Iris pseudacorus. Juncus fuscoater Schreb. J. lampro- carpus. Lappa tomentosa (Ruderalflecken). Latliyrus pratensis. Leontodon auctum- nalis. Linaria vulgaris (auf höheren Grabenrändern). Linum catharticum. Lotus corniculatus. Luzula multiflora. L. palle.scens. Lychnis flos cuculi. Lycopus euro- paeus. Lysimachia nummularia. L. vulgaris. Lythrum salicaria. Medicago lupu- lina. Melampyrum cristatum. Melandrium album (Ruderalflecken). Mentha, austriaca. Molinia coerulea. Myosotis palustris. Nasturtium palustre. Nepeta glechoma. Odontitis rubra. Parnassia palustris. Phleum pratense. Pisum arvense (in Wagenspuren). Plantago lanceolata. PI. major. PI. media. Poa pratensis. Polygonum amphibium f. terrestre. P. lapathifolium Ait. P. persicaria. Potentilla anserina (stellenweise deckend). P. silvestris. Ranunculus acer. R. ßammula. R. reptans. Rumex acetosa. R. crispus. Scutellaria galericulata. Sieglingia decumbens. Sisymbrium officinale (Ruderalflecken). S. sophia (Ruderalflecken). Sonchus arvensis. S. oleraceus. Stachys palustris. Stellaria graminea. St. palustris. Succisa pratensis (bestandbildend). Taraxacum officinale. Thlaspi arvense (Ruderalflecken). Trifolium hybridum. T. minus. T. pratense. T. repens. Triglochin palustre. Urtica dioica. Valeriana officinalis. Veronica scutellata. Vicia angustifolia. V. cracca. V. hirsuta. — Moose sehr wenig vorhanden. Hypnum cuspidatum. H. filicinum. Marchantia polymorpha. Mniurn cu spi datum. Wiesenmoor zwischen Neumark und Kauernich längs der Drewenz, Kreis Löbau. Auch dieses ist größtenteils eine ältere Kulturwiese, die im Rückgang zur Torfwiese begriffen ist, und die Vegetation erinnert sehr an die der vorigen Moorwiese. (Aufzeichnung vom 4. August 1901.) Achillea millefolium. A. salicifolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Alche- milla pastoralis Buser. Älisma plantago (in untiefen Gräben). Ainus glutinosa (ver- 31 272 einzelt). Alopecurus pratensis. Angelica silvestris. Anthoxanthum ocloratum. Armeria elongata. Artemisia vulgaris. Arundo phragmites (spärlich). Atriplex patulum (auf Grabenrändern). Berula angustifolia (in Gräben). Bidens tripartitus. Brunella vulgaris. Calamagrostis negleeta. Caltha palustris. Campanula glomerata. C. patula. Capselia bursa pastoris. Carex flava. C. hirta f. hirtiformis. C. pseudocy perus. C. rostrata. Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Chenopodium album. Chrysanthemum ■inodorum. C. leucanthemum. Cicuta virosa (in untiefen Gräben). Cirsium arvense. C. lanceolatum. C. oleraceum. C. palustre. Comarum palustre. Convolvulus sepium (in Äz/tv-Gebüsch). Daucus c-arota. Dianthus superbus. Fpilobium palustre. E. parvi- florum. Epipactis palustris. Equisetum arvense. E. palustre. Euphrasia curta. E. rost- koviana. E. stricta. Festuca elatior. Filipendula ulmaria. Oalium aparine. G. palustre. G. uliginosum. G. verum. Geranium palustre. G. pratense. Geum rivale. Glyceria aquatica (in und an Gräben). Heracleum sibiricum. Ilolcus lanatus. Hydrocharis morsus ranae (in kleineren, nur feuchten Gruben). Hypericum acutum. Inüla brita- nica. Iris pseudacorus. Jun cm fuscoater Schreb. J. lamprocarpus. Lathyrus pa- lustris. L. pratensis. Lemna minor (mit- Hydrocharis). Leontodon o.uctumnalis. Linaria vulgaris. Linum catharticum. Lotus corniculatus. L. uliginosus. Lychnis flos cuculi. Lycopus europaeus. Lysimachia thyrsiflora. Lythrum salicaria. Medicago lupulina cum var. Melandrium album. Mentha aquatica. AI. austriaca. Menyanthes trifoliata. Molinia coerulea. Myosotis palustris. Nasturtium amphibium. N. palustre. ' N. silvestre. Nepeta glechoma. Odontites rubra. Oenanthe aquatica. Parnassia palustris. Phalaris arundinacea. Phleum pratense. Pimpinella magna. Plantago lanceolata. PI. ma,jor. PI. media. Poa palustris. P. pratensis. Polygonum amphibium f. terrestre. P. bistorta,. P. persicaria. Potentilla anserina. P. reptans. P. silvestris. Ranunculus acer. B. auricomus. R. ßammula. R. repens. Rhmanthus major. Rumex acetosa. R. acetosella. R. auricu latus (Wallr.) Murb. R. c-rispus. R> hydro- lapathum (in Gräben). Sagina nodosa. Salix amygdalina (vereinzelt in Gräben). S. cinerea (vereinzelt in Gräben). S. fragilis (vereinzelt in Gräben). S. purpurea (vereinzelt in Gräben). S. repens (vereinzelt in Gräben). Scrophularia alata (in Gräben). Scutellaria galericulata. Selinum carvifolia. Senecio jacobaea. S. paludosus (in Weidengebüsch). Sium lati/olium (in Gräben). Stachys palustris. Stellana graminea,. St. media. Succisa pratensis. Symphytum offlcinale. Taraxacum officinale. Thalictrum angustifolium. Th. flavum. Thymus serpyllum. Trifolium hybridum. T. pratense. T. repens. Typha latifolia (in Gräben). Urtica dioica (in Gebüsch). Veronica anagallis. V. chamaedrys. V. longifolia. Vicia cracca. V. sepium. — Climacium dendroides. Ilypnum fllicinum. Marchantia polymorpha (stellenweise reichlich). Kulturwiese beim Gute Wiesenburg (Przysiec), Kreis Thorn. (Aufzeichnung vom 27. Juli 1901.) Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Angelica silvestris. Anthoxanthum odoratum. Arabis arenosa. Armeria elongata. Bidens cernuus. B. tripartitus. Briza media. Brunella vulgaris. Capsella bursa pastoris. Carex hirta. C. muricata. C. pseudocyperus. Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Chrysan- themum leucanthemum. Cirsium arvense. C. lanceolatum. C. palustre. Cynosurus cristatus. Daucus carota. Epilobium palustre. E. parviflorum. Equisetum arvense. E. heleocharis. E. palustre (stellenweise reichlich). Erigeron acer. Euphrasia stricta. Festuca elatior. Galium palustre. G. verum. Heracleum sibiricum. Holcus lanatus. Hypericum acutum. Inula britanica. Juncus effusus. J. fuscoater. J. lamprocarpus. Lathyrus pratensis. Leontodon auctumnalis . Linaria vulgaris. Linum catharticum. Lotus corniculatus. L. uliginosus. Lychnis flos cuculi. Lycopus europaeus. Lysimachia 32 273 nummularici. L. thyrsiflora. Lythrum salicaria. Medicago lupulina. Mentha aquatica X arvensis. M. austriaca. M. palustris. Menyanthes trifoliata. Myosotis palustris. Nepeta glechoma. Odontites rubra. Parnassia palustris. Peucedanum palustre. Phleum pratense. Plantago lanceolata. P. major. P. media. Poa pratensis. Polygonum aviculare. P. hydropiper. P. lapathifolium. P. persicaria. Potentilla anserina. P. reptans. Rcinun- culus acer. R. repens. Rhinanthus major. Rumex acetosa. R. crispus. Scirpus palustris. Scutellaria galericulata. Sonchus arvensis. Succisa pratensis. Symphytum officinale. Trifolium arvense. T. fragiferum. T. hybridum. T. minus. T. pratense. 7. repens . Triglochin palustre. Urtica dioica. Vicia cracca. In den Gräben und Torf löchern wuchsen: Carex a,cutiformis , C. vesicaria, Cicuta virosa, Glyceria aquatica , Helodea canadensis , Potamogeton natans, Ranunculus circinatus, Rumex hydrolapathum, Salix purpur ea, S. viminalis und Typha latifolia; Conferva - und Spirogyra-Evten. Kulturwiesen in der Weichselniederung um Dolken und andere Plätze herum, Kreis Kulm. (Aufzeichnung vom 8. Juli 1901.) Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis canina. A. stolonifera. Angelica silvestris. Arabis arenosa. Armeria etongata. Atriplex hastatum. A. patulum. Avena pubescens. Bellis perennis. Brunella vulgaris. Caltha palustris. Carex muricata. C. pseudocyperus (steril). Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Cirsium oleraceum. C. palustre. Coronilla varia (auf dem Bande eines Fahrweges). Crepis biennis. Daucus carota. Euphrasia rostkoviana. Filipendula ulmaria. Galium uliginosum. G. verum. Geranium palustre. G. pratense. Geum, rivale. Heracleum sibiricum. Holcus lanatus. Juncus bufonius. J. fuscoater Schreb. J. lamprocarpus . Lathyrus pratensis. Linum catharticum. Lychnis ßos cuculi. Lysimachia nummularia. Lythrum salicaria. Medicago lupulina. Odontites rubra. Phleum pratense. Pimpinella, magna. Plantago lanceolata. P. major. P. media. Poa, pratensis. Polygala comosum. P. vulgare. Polygonum amphibium f. terrestre. P. bistorta. Potentilla anserina. P. reptans. Ranun- culus acer. R. repens. Rhinanthus major. Rumex acetosa. Sagina nodosa. Sangui- sorba officinalis. Scirpus silvaticus. Silene venosa. Sonchus arvensis. Symphytum officinale. Trifolium pratense. T. repens. Triglochin palustre. Urtica dioica. Veronica anagallis. In kleineren Gräben kommen vor: Alisma plantago , Arundo pliragmites, Bidens cernuus , B. tripartitus, Carex acutiformis , C. panniculata , Iris pseuda- coruSy Mentha aquatica , Oenanthe aquatica , Rumex hydrolapathum } Salix aurita} S. cinerea und S. purpurea. Kulturwiese bei Golkowko neben der polnischen Grenze, Kreis Strasburg. Achillea millefolium. Aera caespitosa. Alchemilla pastor alis Büser. Avena pubescens. Brunella vulgaris. Caltha palustris. Carex pseudocyperus. Cirsium oleraceum. Equi- setum palustre. Euphrasia tenuis (?). Geranium pratense. Geum rivale. Heracleum sibiricum. Linum catharticum. Lysimachia nummularia. Medicago lupulina. Odontites rubra. Phleum pratense. Plantago lanceolata. P. media. Polygonum bistorta. Ranun- culus acer. R. repens. Stellaria graminea. Trifolium hybridum. T. pratense. 6. Miscliforrnationeii. Wie vorher hervorgehoben ist, kommen oft Pflanzenvereine vor, welche zu keiner der obengenannten Formationen gezählt werden können, sondern 274 welche in einer Art Übergang von der einen zur anderen begriffen sind. Diese Unbestimmtheit in ihrer Physiognomie beruht hauptsächlich auf zwei Umständen. Die eine und keineswegs ungewöhnliche Ursache ist das ver- schiedene Höhenverhältnis des Bodens, welches in eine Art Kupierung im kleinen schnell wechselt. Da nun die Pflanzen gegen die Lage des Wasser- standes äußerst empfindlich sind, so daß nur einige Zentimeter größerer oder geringerer Höhe über dem Grund wasser, besonders in dessen Nähe, für die Lebensbedingungen der meisten Pflanzen bestimmend sind, so ist es selbst- verständlich, daß ein so beschaffener Boden auch Gelegenheiten und Existenz- bedingungen für Pflanzen aus ganz verschiedenen Vereinsklassen bietet. Die andere Ursache ist die durch die Torfbildung allmählich bewirkte Hebung oder Entfernung der Grasmatte vom Grundwasser, sei es nun, daß dies durch die Hebung der Pflanzenmatte durch sich selbst geschieht oder durch Senkung des Wasserstandes durch Ausgrabung. Pdine sichere Folge davon ist, daß weniger wasserliebende Pflanzen hinzukommen und der Vegetation eine ver- änderte Physiognomie geben. Eine Pflanzenformation ist in der Entwicklung begriffen und befindet sich im Übergangsstadium zu einem anderen, wodurch sogenannte Mischformationen entstehen. Die zu der ersten Kategorie ge- hörenden Formationen kommen recht oft auf dem Boden alter Torfgräben vor, welcher gewöhnlich sehr uneben ist, wenn keine Nivellierung desselben ge- macht worden ist. Hier einige Beispiele! Die ehemalige Stromrinne des Drewenzflusses bei der Mühle neben der Stadt Neumark, Kreis Löbau. Hier ist eine Übergangsform zwischen Rohrsumpf und Grünlandsmoor festzustellen. Die meisten Pflanzen sind die des Rohrsumpfes, aber die ganze Vegetation ist beinahe A^ollständig geschlossen, warum auch Grünlandsmoor-, ja sogar Wiesenmoorpflanzen sich eingefunden haben. Die vorkommenden Pflanzen sind (Aufzeichnung vom 1. August 1901): Acorus calamus. Agrostis stolonifera. Alisma plantago. Arundo pliragmites. Bidens cernuus. B. tripartitus. Butomus umbella.tus. Caltha palustris. Carex hirta f. hirti- formis? (fast meterhoch, steril). C. panniculata. C. pseudocy perus. Cicuta virosa. Cömarum palustre. Convolvulus sepium (unter Salix). Epilobium hirsutum. E. palustre. Equisetum heleocharis. Galium palustre. Glyceria aquatica. Helodea canadensis. Heracleum sibiricum. Hydrocharis rnorsus ranae. Iris pseudacorus. Lemna, minor. L. polyrrhiza. L. tnsulca. Lycopus europaeus. Lysimachia thyrsiflora. L. vulgaris. Lythrum salicaria. Mentha aquatica. Menyanthes trifoliata. Myosotis palustris. Na stur - tium amphibium. N. armoracia ( L.) Fr. Nuphar luteum. Panicum crus gallil Pastinaca sativa. Polygonum lapathifolium. Ranunculus lingua. R. repens. Rn/mex hydrolapathum. Salix amygdalina. S. purpurea, Scirpus facustris. S. palustris. Scutellaria galeri- culata. Senecio paludosus. Solanum dulcamara. Sparganium ramosum. Stellaria palustris. Stratiotes aloides. Symphytum officinale. Typlia latifolia. Veronica ana- gallig. Vicia cracca. — lJypnum cuspidatum. H. ßuitans. H. palustre. — Chlor o- pliyceen. 34 275 Auf weniger zugewachsenen Flecken herrscht Equisetum lieleocharis, auf mehr zugewachsenen Scirpus palustris und anderswo Mentha aquatica vor. Agrostis stolonifera rückt auf einem Bette von Spirogyren und Lemnen vor. Gut Golkowko, Kreis Strasburg. Oberhalb des Entwässerungskanales liegt ein noch unberührter Teil des Moores, welcher sehr uneben ist und eine Mischung von Grünlandsmoor und Torfwiese mit Spuren von Rohrsumpf zeigt. Hier kommen folgende Pflanzen vor (Aufzeichnung vom 16. Juli 1901): Acliillea millefolium. Aerct caespitosa. Agrostis stolonifera. Alchemilla vulgaris. Alisma plantago. Alopecurus fulvus. Anthemis arvensis. Ara bis Gerardi. Artemisia vulgaris. Atriplex patulum. Avena pubescens. Brunella vulgaris. Calamagrostis epigeios. Capselia bursa pastoris. Carex acutiformis. C. pseudocy perus. C. rostrata. Cerastium caespi- tosum. Chrysanthemum vidgare. Cirsium arvense. C. palustre. Epilobium palustre. E. parviflorum. Equisetum palustre. Qnaphalium uliginosum. Glyceria ßuitans. G. plicata. Hieracium praealtum. Juncus conglomeratus. J. lamprocarpus. Lemna minor. Leontodon auctumnalis. Linum catharticum. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Medicago lupulina. Melandrium album. Mentha sp. (zu jung, um sicher bestimmt zu werden). Myosotis palustris. Nasturtium palustre. Plantago lanceolata. Poa compressa. P. pratensis. Polygonum lapathifolium. Potentilla anserina. P. norvegica. P. silvestris. Ranunculus ßammula. R. repens. R. sceleratus. Rumex acetosella. R. crispus. R. hydrolapathum. Sagina nodosa. S. procumbens. Salix viminalis. Senecio palustris. Sonchus arvensis. Stellaria media. Taraxacum officinale. Thymus chamaedrys. Tri- folium pratense. Tussilago farfarus. Typha latifolia. Veronica anagallis. — Chara fragilis. — Hypnum cuspidatum. Marchantia polymorpha. Polytrichum gracile. Kleines Mischmoor auf den beiden Seiten der Chaussee, etwas nordwestlich von Brattian, Kreis Löbau. I)as Ganze besteht aus einem viel ausgetorften Moorstück (ursprünglich sicherlich Hochmoor), wo verschiedene kleine Formationen, wie solche von Scirpus palustris, Carex rostrata, Sphagnum in Polstern (mit oder ohne Vaccinium oxycoccus ), Juncus conglomeratus , u. a. m., schnell miteinander wechseln. Hier findet sich also sowohl ein Gemisch von ungleichartigen Grünlandsmoorformationen als auch und vorzugsweise von Hochmoorformationen. Moose spielen eine sehr bedeutende Rolle, und kleinere Sümpfe sind nicht selten. Das Pflanzen- verzeichnis hat folgendes Aussehen (Aufzeichnung vom 31. Juli 1901): Achillea millefolium. Agrostis stolonifera. Andromeda polifolia. Aspidium thelypteris. Betula pubescens (sehr jung). B. verrucosa (sehr jung). Bidens cernuus. Brunella vulgaris. Calla, palustris. Caltha palustris. Calluna vulgaris. Cardamine pratensis. Carex canescens. C. echinata. C. Goodenoughii. C. pseudocyperus. C. rostrata. Cicuta virosa. Cirsium palustre. Comarum palustre. Drosera rotundifolia. Epilobium palustre. Eriophorum polystachyum . E. vaginatum. Euphrasia stricta. Galium palustre. Hie- racium pilosella. Juncus conglomeratus. J. fuscociter. J. lamprocarpus . Ledum palustre. Lemna minor. Leontodon auctumnalis. Lychnis flos cuculi. Lycopodium clavatum. L. mundatum. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Lysimachia thyrsißora. Mentha austriaca. Menyanthes trifoliata. Myosotis palustris. Odontites rubra. Pinus silvestris (ca. 4 — ßjährig). Populus tremula (ca. 4 — ßjährig). Potentilla anserina. P. silvestris . Ranunculus acer. R. ßammula. Rumex acetosella. R. crispus. Sagina nodosa. Salix 35 276 aurita. S. cinerea . S. nigricans. Scirpus palustris. Scutellaria galericulata. Stellaria palustris. Trifolium repens. Typha latifolia. Utricularia vulgaris. Veronica anagallis. V. scutellata. Viola palustris. — Brachythecium rivulare. Camptothecium nitens. Gymnocybe palustris. Iiypnum cuspidatum. H. ßuitans. H. giganteum. Marchantia polymorpha. Polytriclium commune. P. strictum. Sphagnum acutifolium. Sph. cymbi- folium. Sph. laxifolium. Sph. squarrosum. IVIischmoor zwischen der Stadt Rosenberg und IVlichelau, Kreis Rosenberg. Hier findet sich eine Mischformation von Grünlandsmoor, Hochmoor und Laub- (Birken-) Moor, welche sich in alten Austorfangen entwickelt hat, deren Boden mehr oder weniger planiert ist. Der Höhenunterschied der Uneben- heiten des Bodens übersteigt jedoch nicht 1/3 m. Auf dem Bücken treten auch Flecken von Torfwiesennatur auf. Das Pflanzenverzeichnis ist wie folgt (Auf- zeichnung vom 5. August 1901): Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Alopecurus pratensis. Andromeda polifolia. Angelica silvestris. Anthoxanthum odoratum. Aspidium crista- tum. A. thelypteris. Athyrium filix femina. Betula glutinosa. B. pubescens. B. verrucosa. Bidens cernuus. B. tripartitus . Briza media. Brunelia vulgaris. Calamagrostis neglecta. Calla palustris. Caltha palustris. Calluna vulgaris. Capselia bursa pastoris. Carduus crispus. Carex ßava. C. Goodenoughii. C. Oederi. C. panicea. C. panni- culata. C. pseudocy perus. C. rostrata. C. stricta. Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Cicuta virosa. Cirsium arvense. C. palustre. Comarum palustre. Epi- lobium palustre. E. parviflorum. Equisetum lieleocharis. Eriophorum polystachyum. Euphrasia stricta. Festuca elatior. F. rubra. Filipendula ulmaria. Frangula alnus. Qalium mollugo. G. palustre. G. uliginosum. G. verum: Glyceria aquatica (in Wasserlöchern). Heracleum sibiricum. Hieracium praealtum. H. umbellatum. Holcus lanatus. Juncus conglomeratus. J. fuscoater. J. lamprocarpus. Leontodon auctumnalis. Linaria vulgaris. Linum catliarticum. Luzula multidora. Lychnis flos cuculi. Lycopus europaeus. Lysimachia nummularia. L. vulgaris. Lythrum salicaria. Melampyrum pratense. Melandrium album. Mentha aquatica. M. austriaca. M. palustris. Menyanthes trifoliata. Molinia coerulea. Nardus stricta. Nepeta glechoma. Odontites rubra. Orchis incarnata. Parnassia palustris. Peucedanum palustre. Phalaris arundinacea. Phleu.m pratense. Pinus silvestris (mannshoch). Plantago lanceolata. Poa palustris. P. pratensis _ Populus tremula (meterhoch). Potentilla anserina. P. silvestris. Ranun- culus acer. R. ßammula. R. lingua. R. repens , Rubus plicatus. R. idaeus. Rumex acetosa. R. crispus. Sagina nodosa. Salix aurita. S. cinerea. S. nigricans. S. repens. Scirpus silvaticus. Scutellaria galericulata. Stellaria graminea. St. palustris. Succisa pratensis. Taraxacum officinale. Trifolium hybridum. T. minus. T. pratense. Typha latifolia. Urtica dioica. Vaccinium myrtillus. V. oxycoccus, V. uliginosum. Valeriana officinalis. Vicia cracca. Viola epipsila. V. palustris. — Dicranum scopa- rium. Gymnocybe palustris. Hypnum cuspidatum. H. filicinum. H. intermedium. H. palustre. H. stellare. Marchantia polymorpha . Polytriclium strictum. Sphagnum acutifolium. In den von Gebüsch bewachsenen Teilen spielen die Moose eine viel größere Bolle als auf den offenen Moorformationen, wo die Gräser das Über- gewicht haben und eine vollständig geschlossene Narbe bilden. Gymnocybe palustris ist reichlich verbreitet und leistet die eigentliche Unterlage für das Gesträuch, welches hier durch Calluna am meisten vertreten ist. Bemerkens- wert ist, daß Calluna und Comarum hier untereinander gesellig wachsen. 36 277 Mischformation bei Ostrow-Lewark, unweit Stuhm, Kreis Stuhm. Hier finden wir eine Mischung von Laubmoor ( Betuletum ) und Waldhoch- moor, eine Formation, die ganz gewiß ein späteres Entwicklungsstadium eines der vorigen ähnlichen Pflanzenvereins darstellt. An der nördlichen Seite des großen Sandhügels, welcher in der Mitte des ganzen Moores liegt, findet sich auch eine Pflanzenformation, welche fast vollkommen mit der soeben bei Rosenberg beschriebenen übereinstimmt. Das Holz besteht aus 2 — 3 m hohen, oft zu einem Dickicht zusammen- gestellten Birken und Kiefern von gleicher Höhe. Die Feldschicht ist vorzugs- weise durch sehr üppige, oft meterhohe und noch höhere .Molinia coerulea charakterisiert, auf anderen Stellen kommen Sphagnum und Polytrichum mit aufrecht gewachsenem Gesträuch vor. Wo Molinia herrscht, gibt es keine Moose. Der Boden ist sehr uneben und kleinhügelig. Die vorkommenden Pflanzen sind (Aufzeichnung vom 16. August 1901): Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera (vereinzelt). Andromeda polifolia. Anthoxanthum odoratum. Aspidium cristatum. Betida glutinosa. B . pubescens. B. verrucosa. Calamagrostis lanceolata. C. neglecta. Calluna vulgaris. Carex rostrata. C. Goodenoughii (auf offenen Stellen). Comarum palustre. Eriopliorum vaginatum. Frangula alnus. Galium uliginosum. Holcus lanatus. Juniperus communis. Ledum palustre. Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Mentha austriaca. Molinia coerulea. Nardus stricta (stellenweise reichlich). Peucedanum palustre. Boa pratensis (auf offenen Stellen). Potentilla silvestris. Ranunculus flammula. Rubus idaeus. R. plicatus. Rumex acetosa. Salix aurita. S. cinerea. S. nigricans. S. pentandra. S. repens. Scutellaria gaJericulata. Sieglingia decumbens (offene Stellen). Stellaria graminea. Vaccinium myrtillus. V. oxycoccus. V. uliginosum. V. vitis idaea (an größeren Kiefern), Viola palustris. — Gymnocybe palustris-, Hypnum Schreberi. Polytrichum commune. Sphagnum acutifolium. — Cladonia rhangiferina (auf Polytrichum- Polstern). An diesem Ort ist auch Trapa natans subfossil gefunden. Mischmoor bei Kosten neben der Unterförsterei Kosten, Kreis Löbau. Hier kommt eine Mischformation von Grünlands-(Misch-)moor und Torf- wiese vor, dadurch entstanden, daß das ursprüngliche Grünlandsmoor vor einigen Jahren entwässert worden ist. Die hydrophilen Pflanzen führen hier jetzt ein kümmerliches Dasein und sind stark rückgängig, vorhingegen die meso- philen nach und nach einwandern. Die Moose sind noch reichlich vorhanden und manchmal allein herrschend, aber sehr klein und von der anhaltenden Dürre so vertrocknet, daß sie leicht zu Staub zerbröckelt werden konnten. Sogar Strauchflechten waren herbeigekommen. Hier sind aufgezeichnet (vom 2. August 1901): Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Angelica silvestris. Anthoxanthum odoratum. Arundo phragmites. Aspidium cristatum. Betula pubescens (jung, vereinzelt). Calama- grostis neglecta. Caltha palustris. Campanula patula. Cardamine pratensis. Carex Goodenoughii. C. liirta. C. Oederi. C. rostrata. C. stricta. Centaurea jacea. Cerastium caespitosum. Chenopodium album. Chrysanthemum leucanthemum. Cirsium oleraceum. C. palustre. Comarum palustre. Epilobium palustre. Equisetum arvense. E. heleocharis. E. palustre. E. silvaticum. Euphräsia stricta. Festuca efatior. F. ovina. F. rubra. 37 278 Fili pendula ulmaria. Frangula alnvs. Go, lium mollugo ß. angustifolium. G. uliginosum, Geranium palustre. Hieracium pilosella. Iris pseudacorus. Juncits conglomeratus. J. lamprocarpus. Knautia arvensis. Latliyrus pratensis. Leontodon auctumnalis. Linaria vulgaris. Linum catharticum. Lotus tenuifolius. Lychnis flos cüculi. Lycopus euro- paeus. Lythrum salicaria: Mentha austriaca. Molinia coerulea. Odontites rubra. Orchis incarnata. Panicum viride. Pinus silvestris ( 2 m hoch). Plantago lanceolata. Poa pratensis. Polygala vulgare. Polygonum bistorta. P. convolvulus. P. persicaria. Populus tremula (sehr jung). Ranunculus acer. R. ßammula und ß intermedius Hartm. R. repens. Rhamnus ca, tharticus. Sagina nodosa. Salix purpurea. S.repens. Scutellaria galericulata. Selinum carvifolia. Senecio silvaticus. Sinapis arvensis. Taraxacum officinale. Urtica, dioica. Valeria, na excelsa. Veronica chamaedrys. Viola palustris. — Climacium dendroides. Dicranum scoparium. Hypnum cuspidatum. — Cladonia gracilis. G, rhangiferina. IVlischformation im Forst Raczyniewo, Kreis Kulm. In diesem Walde finden sich jetzt entwässerte Moorstückchen, welche vor der Entwässerung deutlich Erlenhochmoor gewesen, nunmehr außer mit ver- kümmertem Sphagnum mit Hainkräutern bewachsen sind. Auch Kiefern kommen vor. Die ganze Vegetation zeigt sich als eine Übergangsformation vom Erlenhochmoor zum Misch walde von Erlen und Kiefern. Hier wachsen (Aufzeichnung vom 9. Juli 1901): Aera caespitosa. Agrostis stolonifera (stellenweise Matten). Ajuga reptans. Ainus glutinosa. Alopecurus fulvus (stellenweise Matten). Arundo phragmites. Aspidium filix mas. Bidens tripartitus. Calamagrostis epigeios. Carex paradoxa. C. pseudo- cyperus. C. vulpina. Chenopodium alburn. Cirsium arvense. Comarum palustre. Epilobium angustifolium. E. palustre. Fragaria vesca. Frangula alnus. Galeopsis speciosa. Galium palustre. Geranium robertianum. Glyceria plicata. Hieracium pilo- sella. Iris pseudacorus. Lactuca muralis. Lycopus europaeus. Lysimachia vulgaris. Majantliemum bifolium. Malachium aquaticum. Melica nutans. Mentha sp. Myosotis palustris. Nasturtium amphibium (Blattrosette). Oenanthe aquatica. Oxalis acetosella. Phalaris arundinacea. Pinus silvestris. Pirus aucuparia. Poa palustris. Polygonum convolvulus. Populus tremula. Potentilla, anserina. P. silvestris. Pteridium aquilinum. Ranunculus ßammula. R. repens. Rubus idaeus. Salix aurita. S. cinerea. S. repens. Scutellaria galericulata. Senecio silvaticus. Solanum dulcamara. Stellaria media. Typha latifolia. Urtica dioica. Veronica chamaedrys. Viola epipsila. — Hypnum cupressiforme. H. cuspidatum. H. ßuitans. Mnium cuspidatum. Sphagnum acutifolium. 7. Kultur- oder Ackerformationen. Die Äcker auf Moorboden können betreffs der Bodenbeschaffenheit zu zwei Kategorien gezählt werden, nämlich zu solchen, deren Boden aus reiner Torferde ohne Zusatz anderer Erdarten besteht, und zu solchen, deren Boden mit Sand oder Lehm gemengt ist. In den Vegetationsverhältnissen gibt es wohl kaum einen Unterschied, vielleicht gedeihen unter den Getreidearten die Wiesenmoorpflanzen etwas besser in reinem Torfmull als in der sand- oder lehmgemengten Erde, und nicht selten können andere mehr xerophile Pflanzen auf dem letztgenannten Boden hinzukommen, wie Potentilla argentea , Trifolium 'procumbens, Artemisia absinthium, Xanthium strumarium) welche ich nur auf so bereitetem Moorboden angetroflfen habe. Das mehr oder weniger reichliche 38 279 Vorkommen des Ackerunkrautes beruht natürlicherweise auch auf der höheren oder niedrigeren Kultur, in welche das Ackerland versetzt ist, und auf dem Alter, weil durch die Ackergerätschaften die mehrjährigen Pflanzen vertilgt werden. Die Vegetation des Ackerfeldes hat fast keinen entwickelungsgeschicht- lichen Zusammenhang mit derjenigen der vorherigen Torfwiese, welche durch das Anbauen ausgerottet wird. Ich habe deshalb auf diese Ackerformationen geringere Aufmerksamkeit verwendet. Auf reiner ungemengter Torferde habe ich Gerste, Hafer, Buchweizen, Mengkorn, Runkelrüben und auch Roggen bauen sehen. Hier einige Beispiele: Ein Roggenfeld auf reiner Torferde bei IVSontauerweide, Kreis Stuhm. (Aufzeichnung vom 17. August 1901.) Der Roggen selbst war jetzt geerntet. Unter den Stoppeln wuchsen ver- einzelt folgende Pflanzen: Agrostis stolonifera. Arabis arenosa. Chenopodium album. Ch. polyspermum. Ch. rubrum. Cirsium arvense. C. lanceolatum. Convolvidus arvensis. Malachium aquati- cum. Mentha arvensis. Nepeta glechoma. Plantago lanceolata. PI. major. Polygonum convolvulus. P. lapathifolium. P. persicaria. Potentilla anserina. Ranunculus repens. Solanum nigr-um. Sonchus arvensis. Stachys palustris . Symphytum officinale. Taraxacum officinale. Triticum repens. Urtica dioica. Ein SVIengkornfeld in einer Austorfung auf Ksionsker Bruch, Kreis Briesen. (Aufzeichnung vom 29. Juli 1901.) Gerste, Hafer, Erbsen und Wicken waren gesäet. Außerdem fanden sich auf dem sehr feuchten Torfboden folgende Pflanzen vereinzelt: Achillea millefolium. Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Atriplex hastatum. Centaurea cyanus. Chenopodium cdbum. Ch. polyspermum. Chrysanthemum inodorum. Cirsium arvense. Fctgopyrum esculentum. Galium mollugo. Lycopus europaeus. Lythrum salicaria. Mentha austriaca. Plantago lanceolata. PI. major. Poa compressa. Poly- gonum aviculare. P. lapathifolium. P. persicaria. Potentilla anserina. Rumex crispus. Salix cinerea. Sinapis arvensis. Sonchus arvensis. Taraxacum officinale. In einem Buchweizenfelde ebendaselbst kamen ganz dieselben Pflanzen vor, abgesehen von den Getreidearten. Ein Gerstenfeld auf mit Sand verbessertem IVIoorboden bei Steinau, Kreis Thorn. (Aufzeichnung vom 25. Juli 1901.) Als Verunreinigungen in der Saat kamen vor: Agrostis stolonifera. Anagallis arvensis. Artemisia vulgaris. Atriplex patulum. Capsella bursa pastoris. Centaurea cyanus. Chenopodium album. Chrysanthemum inodorum. Cirsium arvense. Crepis tectorum. Equisetum. palustre. Heracleum sibiricum. Lithospermum arvense. Melandrium album. Nasturtium silvestre. Panicum crus galli. P. vinde. Papaver rhoeas. Plantago major. Polygonum aviculare. P. convolvulus. P. lapathifolium. P. persicaria. Potentilla anserina. Ranunculus repens. Rumex crispus. Silene noctifiora. Sinapis arvensis. Sonchus arvensis. S. oleraceus. Thlaspi arvense. Veronica cigrestis. V. arvensis. V. serpyllifoiia. Xanthium strumarium. 39 280 Ein mit Sand melioriertes Feld gleich in der Nähe des Schlossberges im Zgnielka- Bruch, Kreis Briesen. Der Platz schien kaum besäet zu sein (möglichweise doch mit Phleum pra- tense , aber dieses Gras kam sehr spärlich vor) und hatte sich deutlich nach der Besandung in voller Freiheit entwickelt. Hier wuchsen (Aufzeichnung vom 23. Juli 1901): Aera caespitosa. Agrostis stolonifera. Artemisia absinthium. A. campestris. Arundo phragmites (sehr verkümmert). Calamagrostis neglecta. Carex leporina. Chenopodium alhum. Cirsium arvense. Erigeron canadensis. Festuca rubra. Inula britanica. Leontodon auctumnalis. Linaria vulgaris. Phleum pratense. Poa pratensis. Poteniilla anserina. P. argentea. P. reptans. Rumex acetosella. Salix repens. Senecio vernalis. Triticum repens. Viola canina. Ein ebenfalls mit Sand melioriertes Feld in der Königl. Änsiedlung Czystochleb, Kreis Briesen. Der Sand war vor drei Jahren zugeführt und das Feld vor zwei Jahren mit verschiedenen Grassamen besäet worden. Hier wuchsen (Aufzeichnung vom 23. Juli 1901): Agrostis stolonifera. Campanula latifolia. Cerastium caespitosum. Cirsium arvense. Crepis tectorum. Dactylis glomerata. Erigeron canadensis. Festuca elatior. Galium uliginosum. Hypericum acutum. Inula britanica. Linum catharticum. Lycopus euro- paeus. Mentha arvensis. Peucedanum palustre. Plantago lanceolata. Poa pratensis. Potentilla silvestris. Rubus idaeus. Salix repens . Scutellaria galericulata. Sonclms arvensis. Stellaria palustris. Trifolium hybridum. T. pratense. T. procumbens. In den ca. 30 cm tiefen Gräben fanden sich: Comarum palustre , Cirsium palustre, Juncus lamprocarpus , Menyanthes trifoliata, Vaccinium oxycoccus (aber kein Sphagnum). II. Die Verbreitung der verschiedenen Pflanzenvereine auf den von mir besuchten Mooren. Im Kreise Thorn. Bei Schwarzbruch und Neubruch: Ein mehrere km langes und ungefähr 1 km breites Moor zwischen zwei mit dem Weichselstrom gleichlaufenden Bergrücken von Sand ist nun ganz entwässert und trockengelegt, weshalb es nur aus Wiesenmooren besteht, sowohl Torfwiesen und besonders Kulturwiesen als auch mit Sand meliorierten Ackern. Auf den Torfwiesen sind zahlreiche Torfstiche und nach der Austorfung teils Rohrsümpfe (Torfsümpfe), teils Mischformationen zwischen diesen und Grünlandsmoor, teils auch geebnete, gedüngte Kulturwiesen entstanden (siehe Seite 269). Gut Wiesenberg (Przysiec): Ein Moor von einigen ha Ausdehnung und von gleicher Beschaffenheit wie voriges (siehe Seite 272). Gut Steinau: Ein ziemlich großes, entwässertes und melioriertes Moor, teil- weise in hoher Kultur (sogenannter Dammkultur) und meistenteils aus Acker- 40 281 land, aber auch stellenweise aus ziemlich trockener Torfwiese (siehe Seite 269) bestehend. Die Torfaufnahme hat nun aufgehört, aber in den alten Torfgräben finden sich nunmehr einige dicht bewachsene Weidenmoore (siehe Seite 260) und außerhalb eines solchen eine Mischformation von Grünlandsmoor und Torfwiese. Das Moor ist von Lehmäckern umgeben. Bei dem Kamionkener See liegt, getrennt von dem vorigen Moor, ein eigentümliches Erlenmoor (be- schrieben Seite 264) und seitlich von diesem ein Rohrmoor ( Phragmitetum ), beide eigentlich seichte und zugewachsene Buchten des Sees, nunmehr von diesem durch eine niedrige Sandbank getrennt. Im Kreise Kulm. Die Weichselniederung südlich und nordöstlich der Stadt Kulm (bei Kokotzko, Wilhelmsbruch, Friedrichbruch; Gr. Neugut, Klammer, Dolken u. a. Orten) besteht fast ausschließlich aus mit Sand oder Lehm meliorierten Äckern und Kulturwiesen, nur in Torfgruben und Gräben zeigt sich ein sekundäres Auf- treten mehr hydrophiler Pflanzenformationen von geringer Ausdehnung. Im Forst Raczyniewo, südlich des Bahnhofes Unislaw, finden sich einige moorige Teile, teilweise schon längst trockengelegt, welche jetzt mit recht alten Erlen und eingesprengten Kiefern bewachsen sind und welche eine Endformation eines Erlenhochmoores im letzten Stadium zum Erlen-, be- ziehungsweise Kiefern wal de darstellen (Beschreibung Seite 278). Dahingegen befindet sich in demselben Walde in einer kleineren Bodensenkung ein nahezu urwüchsiges Hochmoor von einigen ha Größe. Nahe dem einen Rande liegt ein kleiner See (fast ein Rohrsumpf) ohne Ablauf, dessen Wasserspiegel kaum niedriger als das Moor war. Einige Gräben führen freilich durch das Moor zu diesem See, so daß das Moorland während des Sommers trocken ist, aber im Winter unter Wasser steht. Dieses Moor besteht ganz und gar aus dem vorher (Seite 255) beschriebenen Seggenhochmoor, einer sicher ziemlich einzig dastehenden Formation. Die höheren Ränder sind doch zur Torfwiese ausgebildet. Moorformationen in der Gegend um Damerau. Etwas südlich von Kisin liegt eine kleinere, ungefähr 1/2 ha große Torfwiese, teilweise zum Weidenmoor und Birkenmoor umgewandelt; doch sind die Birken angepflanzt. Der südliche Teil desselben Moorlandes war zu einem Erlenmoor ausgebildet, aber die Erlen sind neuerdings abgehauen und nur einige hohe, aber spärliche Birken übrig geblieben. Die Bodenvegetation ist deshalb deckend und hauptsächlich aus sterilem Carex stricta bestehend. Nordöstlich, unweit des Dorfes Damerau, liegt am Rande des Schönseeer Forstes bei Neulinum das nunmehr durch das Vorkommen der Betula nana sehr bekannte Hochmoor, größtenteils zum Kiefernhochmoor ausgebildet. Bei Schemlau, gleich südlich des Dorfes, liegt östlich von der Chaussee beim Waldrande ein kleines Hochmoor, typisches Gesträuch- bis Hügelhochmoor; diesem schräg gegenüber, westlich der Chaussee, im Walde, ein etwas größeres Hoch- 41 282 moor, meist Gesträuchmoor. Durch das Moor geht ein kleinerer Waldweg, auf dessen Östlicher Seite sich eine Übergangsformation zwischen Rohrmoor (Phragmitetum) und Torfwiese findet. Arundo phragmites , gemischt mit Typlia latifolia, war in raschem Aussterben begriffen, altes Stroh bedeckte nun das meiste, und nur vereinzelte sterile Halme von Arundo waren noch lebend. Dagegen überwogen Hypnum- Arten und andere Moose sowie Torfwiesenkräuter. Auf der östlichen Seite der Chaussee, gleich am Wege, etwas mehr süd- lich von Schemlau, findet sich die auf Seite 252 beschriebene Juncus-conglo- meratus- Formation. Bruch bei Reptowo: An der östlichen Seite der Eisenbahn, ca. 3 km von Damerau, liegt im Forste Ostrometzko ein langes und schmales Hochmoor, ein typisches Kiefernhochmoor (beschrieben Seite 258): Im Kreise Briesen. Der sogenannte Okunnek-See, 5 km südlich der Stadt Briesen, ist jetzt so entwässert, daß er ganz und gar in Grünlandsmoor übergegangen ist. Die Mitte besteht aus einem jungen, noch nicht vollständig geschlossenen Caricetum und kann nicht betreten werden, da die Wurzeln des Gar ex- Rasen sich noch nicht zu einer tragenden Matte zusammengefilzt haben, denn der in dem ehe- maligen See gebildete moorige Schlamm tritt entblößt und breiartig dazwischen hervor. Hier treten noch keine Moose auf (siehe Seite 251). Rund um diese zentrale Partie liegt ein typisches Grünlandsmischmoor auf stark schaukelndem Boden, welche Formation am Rande zu einem Laubmoor (hauptsächlich Betuletum) übergeht. An der südlichen Seite, nahe bei dem kleinen Ottowek-See, 2,5 km süd- lich von Briesen, sind einige reine Formationen von Grünlandsseggenmoor und außerdem Torfwiesen mehr oder weniger im Übergangsstadium von Grünlands- moor gelegen. Ganz ebenso am Zydroino-See unweit Okunnek-See. Die beiden Seen selbst sind sehr seicht und mit schlammbildenden Characeen reichlich bewachsen, weshalb sie ganz gewiß schleunigst vermooren würden, wenn sie des Fischfangs halber nicht von Zeit zu Zeit geräumt würden. Jeziorek-Bruch im nördlichen Teile des Nieluber Waldes: In der Mitte ein kleiner, nun vollständig ausgetrockneter See, dessen schlammiger Boden hier und da mit jetzt ganz verwelkten Stratiotes aloides bewachsen ist, im übrigen fast ohne Vegetation, mit Ausnahme des Randes, wo einige Moderpflanzen, wie Bidens cernuusy Senecio palustris und Lemna minor , als Ansiedler sich ein- gefunden hatten. Rund um den See sind dichte Phragmiteten gelegen. Der übrige Teil des Moores besteht aus einem Grünlandsmoor (Mischmoor, be- schrieben Seite 254), teilweise im Übergangsstadium zum Hochmoor und fast vollständig zum Birkenmoor, da 1 — 2 m hohe Birken oft bestandbildend auf- treten. Auf der südlichen Seite befindet sich ein altes Birkenmoor (beschrieben S. 263), fast ganz in Birkenwald übergegangen, mit lauter Hainkräutern (unter anderen Cypripedium). In westlicher Richtung geht ein Ablaufskanal, weshalb 42 283 dieses Moor samt dem zentralen See deutlich in rascher Entwicklung zu trockneren Pflanzenformationen begriffen ist. Die Vegetation ist im übrigen vollständig urwüchsig. Die größeren Seen bei der Stadt Briesen hatten mehr oder weniger hohe Ufer, weshalb hier keine nennenswerten Moorbildungen stattgefunden haben. Nur im nördlichen Teile des Schloßsees finden sich recht bedeutende, weit in das Wasser hineinreichende Phragmiteten, und die ganze schmale Bucht ist mit schlammbildender Rohrsumpfvegetation angefüllt (siehe Seite 245. 246). Zgnielka Bruch : Entwässert und teilweise mit Sand melioriert. Der nörd- liche Teil, der Königl. Ansiedlung Czystochleb gehörig, war ganz und gar vor drei Jahren melioriert und vor zwei Jahren mit allerlei Grassamen besät (siehe Seite 280). In den Gräben wachsen noch einige von den ursprünglichen Moor- pflanzen und mehrere Sumpfpflanzen, unter anderen auch Vaccinium oxycoccus, aber kein Sphagnum. Das Übrige, welches von mir überschritten wurde, war nicht versandet und besteht hauptsächlich aus Torfwiesen, mit zahlreichen Torf- stichen. Ein Stück in der Nähe des Nieluber Waldes war nach Angabe des dortigen Försters vor einer Reihe von Jahren in Brand geraten. Dieser Teil ist jetzt mit einem aus Anflug hervorgegangenen Birkenbestand von manns- hohen Jungbirken mit fast undurchdringlichem Dickicht bedeckt (siehe Seite 261). Weiter ins Moor hinein, nahe einem Hügel, Schloßberg genannt, eine mehr grünlandsmoorartige Formation, teilweise in Entwicklung zu Laubmoor und Hochmoor begriffen (siehe Seite 254. 255). Gross Ksionsker Bruch: Ebenso wie vorige entwässert und teilweise mit Sand melioriert. Große Areale sind in Ackerland umgewandelt und mit Buchweizen und Mengkorn besäet, das meiste des Moores jedoch besteht aus sehr trockenen Torfwiesen. Das Wasser steht 1% m unter dem oberen Rande der Torfgruben, ln einer Austorfung von recht großer Ausdehnung fand sich eine mehr hydrophile Formation, eine Art Rohrsumpfmoor (siehe Seite 248. 249), und auch ein ausgeprägtes Rohrmoor. Bei Osieczek im nordöstlichen Teile des Kreises liegen drei Seen, deren Ufer wie gewöhnlich mit Phragmites- und Typha-Be stand bewachsen sind. Auf der westlichen Seite des südlichsten Sees ist ein recht großes Grünlands- mischmoor, welches an dem äußeren Rand zur Torfwiese übergegangen ist. Auf der Grenze gegen die Phragmites- Formation befindet sich ein Gürtel von Seggen- (Carex rostrata-) Moor. Die beiden südlichen Seen werden durch einen kleinen Bach vereinigt, und auf beiden Seiten desselben finden sich zahlreiche Torfbrüche, die meisten mit ihrer gewöhnlichen Rohrsumpfmoorvegetation ( Carex pseudocyperus besonders reichlich) bewachsen. Im nördlichen Ende des nörd- lichsten Großen Sees breitete sich eine riesige Tijpha angustifolia-B ormation von ungefähr 1 ha Weite aus; auch kleinere Phragmiteten treten hier auf. Außerhalb dieser Formationen findet sich ein typisches Rohrsumpfmoor (siehe Seite 247. 248), welches jedoch stellenweise in Wiesenmoor (mit Agrostis stolonifera- Matte) übergegangen ist. 43 284 Etwas mehr nördlich oberhalb dieser Seen lag ein größeres entwässertes Moor zwischen Klein Brudzaw (im Kreise Briesen) und Gross Brudzaw (im Kreise Strasburg) und bestand, in das Gebiet innerhalb dieser beiden Kreise fallend, zum größten Teile aus jetzt sehr abgeweideten Torfwiesen, teilweise auch aus Ackerland. Im Kreise Strasburg. In diesem Kreise wurde hauptsächlich die Drewenzniederung um die Stadt Strasburg herum untersucht, besonders beim Bahnhofe Broddydam, wo diese Niederung auf der südlichen Seite des Drewenzflusses eine große Ausdehnung hat. Das ganze Gebiet ist entwässert und teilweise melioriert, so daß ein großer Teil desselben zu Ackerland verwendbar ist. Der größte Teil jedoch ist als Wiesenmoor übrig geblieben, von welchem das meiste besäete Kultur- wiesen sind, und nur gewisse Partien scheinen sich auf eigener Hand zur Torfwiese entwickelt zu haben. Zahlreiche Torfstiche kommen hier vor, und auf dem Boden dieser Austorfungen hat sich wie gewöhnlich an Plätzen, wo viel Torf gestochen ist, eine Art Rohrsumpfmoor (siehe Seite 248. 249) aus- gebildet. Eigentliches Grünlandsmoor findet sich nur in einem schmalen Gürtel längs des Flusses, Phragmiteten an dessen Rändern und danach eine Carex rosfrata-Formation. Ähnliche Formationen treten auf der südlichen Seite des Bacchott-Sees und NiskebrodnoSees auf, ebenfalls derselben Niederung zugehörig. Bei Golkowko, 15 km südlich von der Stadt Strasburg und unmittelbar an der polnischen Grenze bei dem Pissafluß, findet sich ein entwässertes Moor, zumeist in Kultur. Ein kleinerer Teil zu Anfang des Entwässerungskanals ist noch unberührt, wird aber doch von dem Kanal so beeinflußt, daß das Grundwasser bedeutend gesunken ist und sich deshalb in einer Art Übergang zu Torfwiesen befindet. Der Boden ist aber bedeutend uneben, sogar geringere Wasserlöcher kommen vor, weshalb eine Mischformation (beschrieben Seite 275) entstanden ist. Der Torf ist an diesem Ort stark kalkhaltig, in gewisser Tiefe unter dem Torf findet sich eine fast reine Kalkschicht, welche stellen- weise durch Wegnahme des Torfes freigelegt und ganz ohne Vegetation war. Der größte Teil des Moores bestand aus Kulturwiese (siehe Seite 273), worunter sich eine recht große Austorfung befand, deren Vegetation jetzt im Begriff war, sich zum Rohrsumpfmoore (vergleiche Seite 248) zu entwickeln. Im Kreise Löbau. Gleich östlich der Stadt Löbau eine Kulturwiese in kräftigem Wachstum. Die Drewenzniederung um Neumark und Kauernich herum besteht aus Kultur- und Torfwiesen mit Übergangsformen von der einen zu der anderen (siehe Seite 271), samt geringem Überbleibsel von Grünlandsmoor, Carex rostrata- Formationen. Bei der Stadt Neumark (bei der Mühle) befindet sich eine ehemalige, jetzt meist zugewachsene Stromrinne der Drewenz, die in Hinsicht auf die Ent- wicklung der Formationen besonders interessant war (siehe Seite 274). 44 285 Ungefähr mitten zwischen Brattian und Bahnhof Weissenburg liegt ein kleines Moor, welches von der Chaussee durchschnitten wird. Dieses war fast durchgehends ausgetorft. Ursprünglich war es gewiß ein Hochmoor gewesen, aber jetzt besteht das Moor aus allen möglichen Formationen von reinen Wasserlöchern bis zum Hochmoor und Torfwiesenhügeln. Die Vegetation ist auf Seite 275 angeführt. In dem auf der östlichen Seite der Chaussee liegenden Teile des Moores liegt ein sehr kleiner See. Das Moor selbst ist durch und durch mehr gleichartig, und besteht hauptsächlich aus Gesträuchhochmoor. Eine größere Fläche (auf neulich ausgegrabenem Torfboden) war von einer reinen Lysimachia thyrsiflora- Formation mit Sphagnum als Bodenschicht in Besitz genommen worden (siehe Seite 275). Bei Kosten, im Schutzbezirke desselben Namens, liegt gleich am Wohnhause, ein kleineres Moor von ungefähr 1 ha Größe, ein vor kurzem trockengelegtes Grünlandsmoor, welches nach der Trockenlegung noch nicht zu typischer Torfwiese geworden war, sondern sich in einem Ubergangsstadium befand. Der Boden ist sichtbarlich sehr mager und noch mit reichlichem, aber ver- kümmertem und jetzt vollständig ausgedörrtem Hypnum cuspidatum , sogar mit Strauchflechten bedeckt, wohingegen die Torfwiesenpflanzen nicht dazu ge- kommen waren, eine zusammenhängende oder deckende Matte zu bilden (siehe Seite 277). Außerhalb des fiskalischen Gebietes beim Wellefluß in der Gegend um Werry und Grondy finden sich ausgedehnte Torfwiesen. Im Schutzbezirke Ellengrund finden sich einige Laubmoore, teils Alneta, teils Betuleta auf Moor- boden (siehe Seite 262. 263), und ebenfalls außerhalb des fiskalischen Gebietes bei Welle ausgedehnte, entwässerte Torfwiesen (siehe Seite 267), teilweise auch Kulturwiesen und Ackerland. Längs des Flusses: oft Phragmiteten von beträchtlicher Größe, und oft schwer zugänglich, außerdem auch Grünlands- moore von verschiedener Beschaffenheit, hauptsächlich Seggenmoor. Beim Gute Biaiitz und Gross Stan-See, welcher selbst in der langen, schmalen, nordwestlichen Ecke einen vollständigen Rohrsumpf aufweist, befinden sich auf der südwestlichen Langseite des Sees Rohrsumpfmoorbildungen (siehe Seite 248), hie und da, besonders auf der südlichen Seite, mit dichtem Erlen- und Salixbestande bewachsen. Ungefähr in der Mitte und senkrecht zur Lang- seite des Sees liegt ein ziemlich großes Moor von fast typischem Grünlands- mischmoorcharakter (siehe Seite 253), an den Rändern jedoch in Torfwiese übergegangen und auf einer Stelle mehr rohrsumpfmoorartig. Die nordöstliche Seite des Groß Stan-Sees, ebenso wie die beiden anderen hier liegenden Seen, Kakei-See und Dembno-See, hatten recht hohe Ufer und deshalb unbedeutende Moorbildungen an ihren Rändern. Im Kreise Rosenberg. Ein Moor östlich der Stadt Rosenberg, gleich südlich von Michelau, ist nunmehr entwässert und größtenteils ausgetorft; ein recht großer Teil desselben hat jedoch zur Torfgewinnung noch reichlichere Verwendung. Eine Misch- 45 286 formation von jungem und teilweise lichtem Birkenmoor und zwischen den Birkenbeständen mehr offenem Felde mit starker Mischvegetation von ver- schiedenen Grünlandsmooren und Hochmoorformationen (siehe Seite 276). Hier wachsen Calluna vulgaris und C omarum palustre beisammen auf demselben Platz. Torfgruben mit Wasser kommen hie und da vor. Nordwestlich der Stadt Rosenberg, südlich von Groß Brunau, liegt ein ent- wässertes Moor, bestehend aus einem Rohrmoore von mehreren ha Ausdehnung;, von dichtem und sehr kräftigem Wachstum (siehe Seite 249) und außerhalb dieses aus einer Zone von Seggen- (Gar ex rostrata -) Moor mit starker Ver- mischung von Glyceria aquatica und Carex pseudo cyperus: folglich noch von Rohrsumpfmoornatur, und auch mit dichter Bodenschicht von Agrostis stoloni- fera (siehe Seite 251). Diese Formation geht unvermerkt in einer Torfwiese über uud die äußersten, etwas höher gelegenen Ränder sind wenigstens teil- weise deutlich besäete und gedüngte Kulturwiesen. Vereinzeltes Weidengebüsch kommt auch vor. Nördlich von Groß Brunau liegt die Pelmwiese, auf der westlichen Seite von Wald begrenzt und von einer Größe von ungefähr 3x1 km. Dieses Moor besteht zum allergrößten Teil aus Grünlandsmischmoor im beginnenden Übergangsstadium zur Torfwiese (siehe Seite 253). Am Waldesrande befindet sich ein Erlenmoor (siehe Seite 264) mit Brombeergesträuch und reichliche Urtica dioica als Untervegetation. Am östlichen Rande wird dieses Moor durch den hier kanalisierten Liebefluß durchlaufen, und das ganze Moor ist von kleinen Gräben durchkreuzt. Die Hauptvegetation besteht aus Carex rostrata und Calamagrostis neglecta mit Hypnum cuspidatum als Bodenschicht. Im nördlichen Teile wird die Torfwiese mehr typisch (Torfstiche gibt es noch nicht), und hier treten große Gebüsche (Saliceten) von fast mannshohen, baum- artigen Salix repens und rosmarinifolia auf, die größten Exemplare, welche ich jemals von dieser Art gesehen habe und welche an den Wurzeln einen 3 — 4 cm dicken Stamm hatten. Die Ränder des Moores sind zu Torfwiesen ausgebildet. Südlich und westlich des Gaudensees bei Finkenstein (bekannt durch seine Schwäne) breiten sich ziemlich ausgedehnte, jetzt etwas entwässerte Moor- bildungen aus. Dem See am nächsten, welcher selbst in Verlandung be- griffen und deshalb rohrsumpfartig und mit Heloclea canaclensis ganz angefüllt ist, befinden sich große Rohrmoore, teilweise auch andere Griinlandsmoore und Weidenmoore. Die peripheren Teile sind zu Torfwiesen ausgebildet. Der Schloss-See bei der Stadt Riesenburg ist auch in Verlandung be- griffen, und große Phragmiteten, sowohl echte Rohrsümpfe als Rohrmoore, bekränzen die Ufer, besonders die südlichen und nördlichen. Auf der west- lichen Seite finden sich Grünlandsmoorformationen, teils Rohrsumpfmoor, teils Seggenmoor ( Carex rostfmta-Formation), teils Grünlandsmischmoor, und an den äußersten Rändern Torfwiesen. Der gleich nördlich davon liegende große Sorgensee hat hohe Ufer und Sandboden, weshalb wenige oder keine Moor- bildungen, selbst fast keine Rohrsumpfvegetation, Vorkommen, jedoch mit 46 287 Ausnahme eines kleinen Teils der südwestlichen Ecke beim Ausflusse des Liebeflusses, wo sich dichte Phragmiteten des Terrains bemächtigt haben. Ehemaliger Gunthofka-See, nordöstlich von Riesenburg, besteht in der Mitte aus mehreren ha Rohrmoor. Rund um diese liegen Grünlandsmoore von wechselnder Beschaffenheit, meist ein stellenweise in Hochmoor übergehendes Mischmoor (siehe Seite 252), welches wiederum von Torfwiesen umgeben ist. In diesem Moore befanden sich fast keine Gräben. An dem östlichen Rande wird das Moor vom Liebefluß durchschnitten, und in dessen Nähe kommt eine recht ausgedehnte Carex rustfratfa-Formation vor. Auf dem Mischmoor wurden große Flächen von Scirpus multicaulis eingenommen. Keine Torf- gruben. Südöstlich von Deutsch Eylau am Anfang des Raudnitzer Forstes, unge- fähr 3 km von der Stadt, liegen auf der südwestlichen Seite der Chaussee zwei kleine Seen (ca. 5ÖX30 und 100x100 in) mit dickem Schlammboden, die fast gänzlich Rohrsümpfe sind. An deren Ufern tritt eine schmälere oder breitere Zone von Hochmoor in den verschiedenen Entwickelungsstadien auf, und auf den höheren Bodenpartien ist dieses Hochmoor fast in einen wirk- lichen Kiefernwald übergegangen. Hier führt Ledum palustre aber noch ein kümmerliches Leben, die Sphagna sind dahingegen vollständig ver- schwunden. Der kleinere dieser Seen ist auch interessant als Fundort für Nuphar pumilum und dessen Bastard mit N. luteum. Ein paar km südlicher, bei der Unterförsterei Grünkrug, liegt ein schmaler, langgestreckter See, Theerofener See, dessen Ufer auch mit einem schmalen Rande von Moorbildungen umgeben sind. Die meisten derselben waren Grünlandsmoore von verschiedener Art. Auf einer Stelle der östlichen Seite kam auch ein Hochmoor vor und zwar ein junges Erlenhochmoor (siehe Seite 258), welches in ein altes Erlenmoor im Endstadium zum Wald über- geht (siehe Seite 264). Der Karrasch-See an der Grenze gegen Kreis Löbau ist ein ziemlich seichter See — seine größte Tiefe beträgt 2 m f — mit sehr niedrigen und flachen Ufern, von welchen die östlichen und nördlichen von Mooren eingenommen werden, das westliche dagegen ist sandig und nicht moorig. Der See selbst ist im Verlanden stark begriffen. Riesige Phragmites-Be stände — wie auch Scirpus lacustris - und Typha angustifolia- Bestände — rücken vorwärts und er- obern den See Schritt für Schritt durch Landgewinnung; der offene See ist mit Chara- Arten, welche nicht selten zur Oberfläche hinaufreichen, beinahe ausgefüllt. Das umgebende Moor besteht dem See zunächst aus großen Rohr- mooren, danach Grünlandsmooren, hauptsächlich Carex ro$£mta-Formation; auf der nördlichen Seite: zuerst Anfang zum Hochmoor, dann Torfwiesen mit zahl- reichen Torfstichen, teilweise auch Kulturwiesen, und Laubmoor (meist Birkenmoor) mit 5 — 8 m hohen Birken und Kräutervegetation (siehe Seite 262) auf alten Austorfungen. Der Groß-Herzogswalder Forst stößt auf der nordwestlichen Ecke daran und besteht hier aus Birkenschonungen auf Torfgrund. 47 288 Nördlich von Deutsch Eylau liegt ein ausgedehntes, langgestrecktes Moor bis zum Stein A, von einem größeren Kanäle durchzogen und zum größten Teil aus Torfwiesen, bezw. aus Kulturwiesen, und aus vereinzelten Weidenmoor- flecken bestehend. In der Nähe des Gutes Stein A kommt ein solches von recht großer Ausdehnung vor. Nordwestlich vom Labenz-See, in der Richtung gegen Tillwalde, liegt auch ein entwässertes Moor, welches aus Kulturwiesen und näher am See auf einem ausgestochenen Teil des Moores aus einem ausgedehnten Weiden- moor besteht. Im letzten befinden sich große wasserhaltende, rohrsumpfartige Torfgruben. Zwischen Tillwalde und IVSelchertswalde befindet sich ein Moor von wechselnder Beschaffenheit, zum größten Teil ist es ein Hochmoor in ver- schiedenen Entwickelungsstadien, teils typisches Gesträuchmoor (siehe Seite 257), teils Hügelmoor im Übergange zum Kiefernhochmoor — die hier wachsenden Kiefern sind noch spärlich und klein, 1 — 2 m hoch — teils eine Partie mit Mischwaldhochmoor aus erwachsenen Kiefern, Birken und Erlen, die ersteren ungefähr 40 — 60 Jahre alt und überwiegend. In dem am dichtesten mit Bäumen bewachsenen Teile dieses Kiefernhochmoores (siehe Seite 259) gibt es keine Bodenvegetation, aber auf lichteren Plätzen ist Sphagnum- Moos und meterhohes Ledum palustre noch übrig. Dieses ganze Hochmoor, welches unbedeutend entwässert zu sein scheint, wird von Torfwiesen mit zahlreichen Torfstichen umgeben. Beim südlichen und südwestlichen Teile des Geserich-Sees, in der Nähe von Deutsch Eylau befindet sich eine kleinere, nur ein paar ha große Kulturwiese, welche näher am Seerande in Grünlandsmischmoor und Rohrmoor übergeht. Ein Moor bei Friedrichhof, 6 km von Deutsch Eylau und 3 km vom Bahn- hof Sommerau, wird vom Ossafluß durchschnitten und besteht aus Torfwiesen, die durch Entwässerung entstanden sind, beziehungsweise aus Kulturwiesen. Nördlich davon liegt ein Moor zwischen Klein Stärkenau und Peterkam, haupt- sächlich bestehend aus ausgedehntem Rohrmoore und Torf- oder Kulturwiesen, teilweise auch aus Weidenmoor. Im Kreise Stuhm. Ostrow Lewark, 4 — 5 km westlich von der Stadt Stuhm, besteht in der Mitte aus einem Sandhügel und rund um diesem aus entwässertem und teilweise melioriertem Moor. Dieses wiederum besteht aus Torfwiesen mit zahlreichen Torfstichen, teils auch aus recht ausgedehntem Hochmoor: meist baumbewachsen und im letzten Stadium zum Kiefern- oder Birkenwald. Wo die Birken über- wiegen, ist das Sphagnum- Moos meistens verschwunden, und die Untervegetation besteht fast ausschließlich aus kräftiger, mannshoher, Molinia coerulea in dichtem Bestände. Wo die Kiefern wiederum überwiegend werden, sind auch noch Sphagnum und hochgewachsene Ledum palustre vorhanden, wohingegen das übrige Gesträuch vollständig in den Hintergrund tritt. Auf der nördlichen 48 289 Seite des Hügels, auf ansgestochenem Boden: eine Mischmoorformation, be- stehend aus Hochmoor, Grünlandsmoor, Torfwiesen und jungem Birkenmoor — - alle in rascher Abwechselung. Nahe der südlichen Seite des Parletten-Sees, zwischen Ostrow-Lewark und Stuhm, liegt ein Stück Torfwiese, welches zeitweise mit Sand überschwemmt und melioriert wird; diesen Sand führt das Regenwasser von den umliegenden Höhen mit. Zunächst dem See sind große Phragmites- Bestände und außer- halb derselben ein Grünlandsmoor, hauptsächlich Rohrsumpfmoor mit dicht ge- wachsenem Car ex pseudocyperus . Im südwestlichen Teile des Kreises, in der großen Weichselniederung bei Montauerweide, findet sich ein weit ausgedehntes Feld von entwässerten und gedüngten (aber nicht besandeten) Mooren: nur Kulturwiesen und Ackerfelder. III. Die Entwickelungsfolge der Moorformationen und das Auftreten der besonderen Pflanzen in den verschiedenen Pflanzenvereinen. Die Reihenfolge, in welcher die eine Pflanzenformation eine andere ab- löst, scheint ziemlich klar zu liegen, wenn auch dasselbe Endresultat auf ver- schiedenen Wegen gewonnen werden kann. Jedes Moor ist deutlich aus einem ursprünglichen Seebecken hervorgegangen, welches mehr und mehr durch ver- schiedene zusammenwirkende Ursachen verseicht wurde und schließlich einen Rohrsumpf bildete. Dieser wächst recht schnell zu, vermoort und geht in Formationen über, deren Pflanzenwuchs den Boden deckt. Aber von jetzt an kann die Entwickelung zwei oder — wenn man so will — drei Wegen folgen. Entweder stellen sich Sphagnum- Moose ein, und der Rohrsumpf geht dann direkt in ein Hochmoor über, wie es z. B. der Fall ist bei den Seen im Raudnitzer Forst südlich von Deutsch Eylau im Kreise Rosenberg, oder wenn die Sphagna oder Torfmoose ausbleiben, entsteht aus dem Rohrsumpf eine Art Grünlandsmoor, oder auch direkt eine Torfwiese, wenn Agrostis stolonifera in Menge auftritt. Dieser letztere Entwickelungsweg scheint mir jedoch nur künstlich hervorgebracht zu sein, bewirkt durch Trockenlegung. Welche Art Grünlandsmoor dem Rohrsumpfe nachfolgen soll, ist wiederum von der besonderen Beschaffenheit des letzteren abhängig. Ist der Rohrsumpf — was meistens an See- und Flußufern die Regel ist — ein Phragmites- Bestand, so bildet er sich auch zum Rohrmoor aus. Besteht er wiederum aus anderen Pflanzen, so geht er in ein Rohrsumpfmoor über, was wohl selbst nur als eine kurzdauernde Übergangsform zum Grünlandsmischmoor zu betrachten ist. Dieses entsteht auch nicht allzu selten direkt aus dem Rohrsumpfe, was mit Leichtigkeit an Rändern vieler Sümpfe zu sehen ist. Das Seggenmoor vom Car ex . April. Der Direktor, Herr Professor Momber, bringt Herrn Geheimen Sanitäts- Rat Dr. Semon zu seinem 60jährigen Doktor-Jubiläum die Glückwünsche der Gesellschaft dar. In tiefbewegten Worten spricht Herr Geheimer Rat Dr. Semon der Gesellschaft seinen Dank für ihre Wünsche aus. Herr Professor Momber ladet die Versammlung ein, sich an dem zu Ehren des Herrn Professor Dr. von Drygalski, anläßlich seines Vortrages am 11. April, stattfindenden Essen zu beteiligen. Herr Direktor Professor Dr. Conwentz stellt im Namen des Vorstandes der Gesellschaft darauf den Antrag, Herrn Professor Dr. Ascherson in Berlin, anläßlich seines 70. Geburtstages, und Herrn Dr. Oehlschläger in Danzig, anläßlich seines 80. Geburtstages, zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft zu ernennen. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Dann hält Herr Dr. Adolf Wallenberg einen Vortrag über „ Einige anatomische Grundlagen für die Erhaltung des Gleichgewichtes“ mit Demonstrationen: Zu den Reflexbewegungen, auf die bis zu einem gewissen Grade auch der Wille einzu- wirken vermag (im Gegensatz zu den rein reflektorischen Muskelkontraktionen des Herzens, der Blutgefäße, des Darms u. a.), gehören alle Muskelkontraktionen, durch die wir imstande sind, bei jeder Stellung und jeder Bewegung unseres Körpers das Gleichgewicht aufrechtzu- erhalten, das heißt den Schwerpunkt unseres Körpers nie soweit von der Unterstützungsebene zu entfernen, daß die von uns eingenommene Stellung gegen unseren Willen durch die Schwer- kraft in eine andere verwandelt wird. Je kleiner der relative Abstand des Schwerpunktes von der Unterstützungsfläche und je größer diese selber ist, desto leichter wird die Aufgabe der Gleichgewichts-Erhaltung gelöst werden können, und umgekehrt. Von diesem Gesichts- punkte aus läßt sich eine Skala der Wirbeltiere aufstellen, auf deren unterster Stufe etwa die Schlangen und Amphibien, auf deren oberster Stufe die Vögel stehen. Dementsprechend sind auch die dem Gleichgewicht dienenden Teile des Nervensystems bei Reptilien und Amphibien viel weniger als bei Vögeln ausgebildet. Als recepto risch es Gleichgewichts- 2* XX organ des Nervensystems muß das Kleinhirn angesehen werden, denn es erhält auf drei Wegen in jedem Augenblicke Nachrichten über den gegenwärtigen Gleichgewichtszustand des Körpers: 1. Nervenleitungen von allen Muskeln, Knochen und Gelenken her orientieren über den Grad der Muskelkontraktion und über die gegenseitige Stellung der Skeletteile; 2. durch Verbindungen mit den Augenmuskeln wird das Kleinhirn von der Stellung der Augen unter- richtet; 3. durch nervöse Verbindungen mit den „Bogengängen“ oder „halbkreisförmigen Kanälen“, die auf beiden Seiten des Schädels im Felsenbein zusammen mit der „Schnecke“ das innere Ohr bilden, mit Flüssigkeit gefüllt, von Flüssigkeit umgeben sind, die je nach der Kopfstellung einen variablen Druck auf die Endausbreitungen der Bogengangsnerven ausübt, werden dem Kleinhirn Meldungen über diese Stellung und indirekt auch über das jeweilige Verhältnis des Körpers zur festen Unterlage zugeführt. Die Myxinen, niedere Fische, besitzen auf jeder Seite nur einen Bogengang, Petromyzonten zwei, die anderen Wirbeltiere drei Bogen- gänge, zu denen sich erst von den Amphibien aufwärts auch die Schnecke, das eigentliche Hörorgan, addiert. Der Vortragende demonstrierte die Bogengänge vom Menschen und vom Vogel. Das Kleinhirn überträgt die aus den beschriebenen drei Quellen stammende Nachricht von dem gegenwärtigen Gleichgewichtszustände des Körpers reöhts und links auf einen im verlängerten Marke gelegenen Haufen großer Ganglienzellen, den man nach seinem Entdecker den „DEiTERS’schen Kern“ nennt. Mächtige Verbindungen dieses Kernes mit den motorischen Zentren vermitteln eine Spannung aller Muskeln, welche den Kopf, die Augen und den Rumpf nach der gleichen Seite drehen (der rechte DEiTERS’sche Kern spannt die Rechtsdreher, der linke die Linksdreher). Bei jeder Rechtsdrehung wirken auch Muskeln der linken Seite mit und umgekehrt, also auch mit diesen muß der Kern in Verbindung stehen. Der Grad der Muskel-Spannung wechselt mit den vom Kleinhirn dem DEiTERS’schen Kerne zugeführten Nach- richten, und auf diese Weise wird das Gleichgewicht unbewußt, reflektorisch aufrecht erhalten. Der Vortragende schilderte dann die Ausfallserscheinungen, welche auftreten, wenn das Kleinhirn oder seine Muskel-Knochen-Gelenkverbindung oder der Bogengangsapparat oder die Augenmuskulatur erkrankt. — Das Organ des Bewußtseins und des Willens, die Groß- hirnrinde, besitzt zur gekreuzten Kleinhirnhälfte dreifache Beziehungen: 1. Ein Weg vom Kleinhirn zum Großhirn vermittelt bewußte Empfindungen über den gegenwärtigen Gleich- gewichtszustand und bewirkt, daß jede willkürliche Bewegung durch die augenblickliche Gleichgewichtslage in ihrer Richtung und Intensität beeinflußt werden kann. 2. Ein Weg“ vom Großhirn zum Kleinhirn und von dort zum DEiTERS’schen Kerne ermöglicht willkürliche Änderungen des Gleichgewichtszustandes, eine bewußte Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. 3. Die Bahn, welche die motorischen Teile der Großhirnrinde mit den Muskelzentren ver- bindet, besitzt Abzweigungen zum Kleinhirn und DEiTERS’schen Kern, die bei plötzlichen, willkürlichen Bewegungen gleichzeitig die zur Gleichgewichtserhaltung unbedingt nötige Spannung* der Antagonisten (gegenwirkenden Muskeln) auslösen. Als wichtigster Gleichgewichtsfaktor muß neben dem Kleinhirn der DEiTERS’sche Kern angesehen werden. Ist er auf einer Seite erkrankt, dann überwiegt die Spannung der Muskeln, welche Augen und Kopf nach der ge- sunden Seite drehen, während der Rumpf nach der kranken Seite hin den Halt verloren hat. Diese Störungen der Gleichgewichtshaltung werden an einem Goldfisch und an einer Taube mit einseitiger Verletzung des DEiTERS’schen Kernes demonstriert. 7. Sitzung am 12. Oktober. Der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt zur Eröffnung der ersten dieswinterlichen Sitzung die zahlreich erschienenen Mitglieder und teilt dann mit, daß am 24. Oktober Herr Professor Dr. Conwentz über das Thema : „Schutz der natürlichen Landschaft, ihrer Pflanzen- und Tierwelt“, und am 28. No- vember der bekannte Forschungsreisende Dr. Georg Wegener über „Tibet und Lhassa“ sprechen werden. Beide V orträge sollen durch Lichtbilder erläutert werden. XXI Am 5. November soll eine Fest-Sitzung und ein Festmahl zur Begrüßung des Lehrkörpers der Technischen Hochschule in Langfuhr im DanzigerHofe stattfinden. Der Direktor Herr Professor Momber fordert zu zahlreicher Beteiligung auf. Herr Professor Momber teilt dann mit. daß das 1. Heft des Katalogs der Bibliothek der Gesellschaft, welches die Kapitel: Astronomie und Mathematik enthält, soeben erschienen ist und spricht dem Bibliothekar, Herrn Oberlehrer Dr. Lakowitz, den Dank der Gesellschaft für seine große Mühewaltung aus. Herr Professor Momber legt dann von neuen Schenkungen für die Bibliothek die umfangreiche Biographie des verstorbenen großen, Königsberger Physikers Geheimrat Franz Neümann vor, welche von der Verfasserin, Fräulein Luise Neumann, einer Tochter des Verewigten, übersandt worden ist, außerdem ein vom Verleger Herrn Kafemann für die Bibliothek der Gesellschaft gestiftetes Exemplar der „Festschrift zur Eröffnung der Technischen Hochschule in Lang- fuhr“. Für diese Schenkungen spricht Herr Professor Momber den Dank der Gesellschaft aus. Herr Konsul Meyer berichtete dann über ein von ihm am 1. Oktober d. J., abends 63/4 Uhr, hier beobachtetes glänzendes Meteor, welches auch von anderen Herren und, nach Zeitungsnachrichten, in Ostpreußen ebenfalls ge- sehen worden ist, und fordert auf, Nachrichten über diese Erscheinung an die Urania-Sternwarte in Berlin zu senden. Herr Oberlehrer Dr. Terletzki hielt hierauf einen Vortrag über die Ent- stehung der Südtiroler Kalkalpen, erläutert durch herrliche Lichtbilder, die er selbst aufgenommen und bearbeitet hat. Der Vortragende behandelte das Gebiet der Geisler-Spitzen, die durch das Vilnöß- Tal und das Gröden-Tal zugänglich sind, ganz ausführlich und übertrug die gewonnenen Tatsachen dann auf die ganzen Dolomit-Alpen, wobei auch die Entstehung der Zentral- Alpen und der Nordtiroler Kalkalpen kurz erwähnt wurde. Zunächst wurden die landschaftlichen Szenerien und ihre Gesteine vorgeführt: archäischer Glimmerschiefer, roter Quarzporphyr, Grödener Sandstein, dann die Gesteine der unteren Trias-Periode, nämlich Kalke, Mergel, Sandseine, darüber die festen Kalke und Dolomite der oberen Trias-Zeit. Diese letzteren sind aus alten Korallenriffen durch mechanische und chemische Veränderungen entstanden. Redner schilderte eingehend, wie die bis zu 900 Meter hohen Kalkrifife nur bei fortgesetzter Senkung des Meeresbodens sich bilden konnten, wozu etwa 100 000 Jahre erforderlich gewesen sein mögen. Dann entwarf der Vortragende etwa folgende Entstehungsgeschichte der Südalpen: In der Steinkohlenzeit bestand in der Gegend der heutigen Zentral alpen ein schmales Festland, im Süden und Norden vom Meer umrahmt. Die nun folgende Zeit, die permische, wurde für die Alpen eine sehr unruhige. Der Boden des südlichen Meeres senkte sich, die Erdkruste platzte auf, und die hervorquellende Lava bildete den Quarz-Porphyr, der dann noch vom Grödener Sandstein bedeckt wurde. Dann folgte die Zeit der Trias, in deren späterem Teile die Riffe durch Korallen und andere Lebewesen aufgebaut wurden. Die nun folgende Epoche des Jura deckte die Riffe mit ihren Kalkmassen zu. Die Kreidezeit hob das ganze Terrain aus dem Meere hoch empor und legte es trocken. Zahlreiche Brüche und Verwerfungen bildeten damals Täler. In der Tertiär-Zeit erlitt das Gebiet eine weitere Auffaltung und wurde der Schauplatz großer vulkanischer Eruptionen. Die nun folgenden Eiszeiten entfernten die jüngeren Laven-Gesteine, sowie die Massen aus der Zeit der Kreide und des Jura fast gänzlich und legten die jetzigen Dolomitberge bloß. XXII 8. Sitzung am 5. November. Wie in dem Jahresbericht erwähnt ist, veranstaltete die Naturforschende Gesellschaft am 5. November zu Ehren des Lehrkörpers der Technischen Hoch- schule im großen Saale des Danziger Hofes eine Festsitzung, ln seiner Be- grüßungsrede gab der Direktor einen kurzen Überblick über die Geschichte der Gesellschaft, die, seit sie 1743 von dem späteren Bürgermeister Daniel Gralath gegründet wurde, im Laufe von mehr als IV2 Jahrhunderten ihr altes Gefüge bis heute bewahrt hat. Die sorgfältig geführten Acta Societatis Phy- sieae experimentalis, die in den ersten dreißig Jahren des Bestehens in drei Teile zerfielen, die Historia, die Mphemerides und die Commentaria, geben Zeugnis von dem Ernste der wissenschaftlichen Arbeit, mit dem die Gründer der Gesellschaft an ihre Aufgabe herangingen. Diesen, unter denen besonders Gralath als Verfasser einer Geschichte der Elektrizität und der Zoologe Jacob Theodor Klein hervorzuheben sind, folgte fast ununterbrochen eine Reihe von Gelehrten und Forschern, die in der Geschichte der Wissenschaft stets ihren Platz behaupten werden. Von ihnen seien hier nur Nath. Matth, v. Wolfe, der Gründer der Sternwarte, der Meteorologe Kleefeld, der Zoologe Rathke, der Astronom Anger und der Physiker Strehlke erwähnt. Die Geschichte unserer Gesellschaft ist aber stets mit der Geschichte der Stadt Danzig ver- knüpft gewesen. Als sie gegründet wurde, stand Danzig unter polnischer Ober- hoheit, und viele Auszeichnungen und Ehrungen sind ihr von den letzten polnischen Königen zuteil geworden. Bei ihrem 50-jährigen Stiftungsfeste huldigte die Gesellschaft ihrem neuen Herrscher, dem Könige von Preußen, durch die Widmung ihrer Festschrift. Die schwere Zeit der französischen Besitzergreifung hat auch sie dem Untergang nahe gebracht; aber gerade in den schlimmsten Tagen der Belagerung von 1813 scharten sich ihre Mitglieder wieder enger zusammen und führten sie bald danach zu hoher, wissenschaftlicher Blüte. Als ferner die Gesellschaft, die bis dahin ^ausschließlich Gelehrte zu ihren Mitgliedern zählte, 1864 nicht mehr die genügenden Mittel zur Heraus- gabe ihrer Schriften fand, war es der damalige Oberbürgermeister v. Winter, nach dessen Vorschlägen sie sich auf eine weitere Basis stellte und dadurch ihren Aufgaben gerecht werden konnte. So hat die Gesellschaft während der ganzen Zeit ihres Bestehens Leid und Freude mit der Stadt geteilt, und so will sie auch bei dem neuesten freudigen Ereignisse in unserer Stadt, bei der Errichtung der Technischen Hochschule, ihrer Freude Ausdruck geben, und deshalb hat sie es als ihre Ehrenpflicht angesehen, den Lehrkörper der neuen Hochschule in ihrer Mitte zu begrüßen. Die Hochschule hat eine doppelte Aufgabe; zunächst soll sie die Jugend fähig machen,, die technischen Aufgaben zu lösen, die ihr der Staat oder ein anderes Gemeinwesen über- weisen wird. Dann aber soll sie die technischen Wissenschaften und ihre, wie aller exakten Wissenschaften Grundlage, die Mathematik, weiter pflegen und fördern. Von dieser wissenschaftlichen Tätigkeit der Hochschule hofft die Gesellschaft auch für sich reichen Gewinn davonzutragen. Wie sich XXIII ein Zusammenwirken beider Institute gestalten werde, darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Daß aber ein solches Zusammenwirken eintreten werde, das ist die feste Meinung aller Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft. Darauf hielt Herr Professor Evers einen Vortrag über photographische Aufnahmen von Stromkurven mit Hilfe der BRAUN’schen Röhre. Er erläuterte zunächst kurz die Konstruktion und Wirkungsweise dieser Röhre, indem er hierbei wie bei den anderen Teilen des Vortrages seine Ausführungen an die Projektion von Glaszeichnungen anknüpfte. Er zeigte, wie eine unter der Einwirkung eines veränderlichen Stromes auf einem fluoreszierenden Schirm erzeugte gerade Lichtlinie mit Hilfe eines rotierenden Spiegels in eine periodisch verlaufende Lichtkurve übergeführt werden kann, deren örtliche Konfiguration einen Schluß auf den zeitlichen Verlauf des Stromes gestattet. Die Bedingung, welcher die Umdrehungszeit des Spiegels im Verhältnis zur Stromperiode genügen muß, damit eine für das Auge und die photographische Platte feststehende Lichtkurve zustande kommt, wurde dann entwickelt und die Apparatenzusämmenstellung für die photo- graphische Aufnahme erläutert. Als Beispiele für die Anwendung dieser Methode führte der Vortragende einige Diapositive von Stromkurven vor. Diese, die eine zusammengehörige Gruppe bilden, sollen demonstrieren, daß die Theorie der Entstehung des Gleichstromes einer Dynamomaschine durch Interferenz von Stromwellenzügen den Tatsachen entspricht. Zur Herstellung der hierbei benötigten, in ihrer Schwingungszahl sukzessive gesteigerten Stromwellen dient eine vom Vortragenden konstruierte, im Bilde vorgeführte Vorrichtung, die einen mit zwei Wechsel- stromringen verbundenen variablen Kommutator darstellt. Zwei auf den erstgenannten Ringen schleifende Federn liefern den Strom zum Betriebe des Drehspiegels, während von zwei anderen auf den Segmenten des Kommutators schleifenden Bürsten der pulsierende Gleich- strom den Drahtspulen der BRAUN’schen Röhre, deren Wirkung die Lichtlinie auf dem Fluores- zenzschirm herrührt, zugeführt wird. Durch diese Einrichtung ist die genaueste Über- einstimmung in der Periodizität der Spiegeldrehung und der Schwingung des die Lichtlinie hervorbringenden Fluoreszenspunktes, wie sie für photographische Aufnahmen der Kurven un- erläßliche Bedingung ist, gesichert. Herr Professor Momber schloß einen Vortrag au über Danziger Tempe- raturSieobachtungen des 19. Jahrhunderts. In dem Archiv der Naturforschenden Gesellschaft befinden sich zusammenhängende Wetter-Beobachtungen, die bis auf das Jahr 1685 zurückgehen; die bei uns aufbewahrten Thermometer- und Barometer- Aufzeichnungen gehen bis auf das Jahr 1739 zurück. Hanow beobachtete von diesem Jahre bis 1752, ihn löste Reinick ab bis 1788. Dann folgten die Beobachtungen Füllbach’s und Kleefeld’s. Diese Beobachtungen sind aber bis zum Jahre 1807 mit unvollkommenen Instrumenten angestellt und zu verschiedenen Tageszeiten, bei recht vielen Beobachtungen fehlen die Mittagsbeobachtungen gänzlich. Es hat zwar Westphal nach diesen älteren Beobachtungen die Mitteltemperaturen für die einzelnen Tage und für das ganze Jahr herechnet; doch weichen seine Resultate aus den angedeuteten Gründen so wesentlich von den später gefundenen ab, daß sie für die Klimatologie keine besondere Bedeutung haben. Seit 1807 hat aber Dr. Kleefeld mit den für seine Zeit besten Instrumenten bis zu seinem Tode 1845 ganz regelmäßige Beobachtungen des Barometers, Thermometers, Hygrometers, des Windes und des allgemeinen Charakters der Witterung dreimal täglich ausgeführt, morgens, mittags und abends. Die Zeit der Morgenbeobachtungen schwankt in den ersten Jahren etwas; von 1813 bis 1845 hat Kleefeld sich aber genau an die Mannheimer Zeiten, 6 Uhr vormittags, 2 und 10 Uhr nachmittags, gehalten. Größere Lücken treten nur in den ersten Beobachtungsjahren auf. Für uns Danziger sind gewisse BeobachtunS8^cken von besonderem Interesse, so die der Abendbeobachtungen vom 24. Apri[ bis zum 26. Mai 1807 zur Zeit des großen Bombardements während der ersten Belagerung XXIV und einige aus derselben Ursache während der zweiten Belagerung im Oktober und November 1813 entstandenen Lücken. Einen besonderen Wert erhalten diese Beobachtungen dadurch, daß sie in 38 Jahren an derselben Stelle, in demselben Hause, das jetzt in der Langgasse die Nummer 51 trägt, und von demselben Beobachter angestellt sind. Die Beobachtungen bis zum Jahre 1838 sind in zwei verschiedenen Reihen in unseren Schriften herausgegeben, die bis zum Jahre 1845 sind in unserem Archiv vollständig druckfertig zusammengestellt. Die KLEEFELD’schen Beobachtungen sind von verschiedenen Gelehrten zu wissenschaftlichen Arbeiten vielfach benutzt worden. So konnte Erman aus den Danziger Barometer-Beob- achtungen, in Verbindung mit den zu Mitau angestellten, den Höhenunterschied zwischen dem Kaspischen Meer und der Ostsee bestimmen. Buys-Ballot fand in ihnen die Bestätigung der auf Grund der Temperaturperioden ermittelten Rotationszeit der Sonne. Galle bediente sich ihrer, um die Richtigkeit des DovE’schen Drehungsgesetzes der Winde nachzuweisen. Zum Teil gleichzeitig mit Kleefeld hat Strehlke ebenfalls mit unermüdlicher Ausdauer bei seinem ersten Aufenthalt in Danzig 1826 — 1831 und dann, als er von Berlin wieder nach Danzig zurückgekehrt war, von 1839 bis zu seinem letzten Lebensjahre (1880) beobachtet. Bis zum Jahre 1850 beobachtete er zunächst von 8 Uhr morgens, dann von 6 Uhr morgens bis 10 Uhr abends in zweistündigen Intervallen Lufttemperatur, Barometerstand, Richtung und Stärke des Windes, Regen, Gewitter und etwaige außergewöhnliche, meteorologische Er- scheinungen. Ein Teil dieser Beobachtungen, die von 1841 — 1843 und die von 1844 — 1848, ist ebenfalls in den Schriften unserer Gesellschaft von Direktor Neumann bearbeitet. Sie haben eine besondere Bedeutung für die Darstellung des Temperaturganges im Laufe der einzelnen Tage. Diese Beobachtungen sind von mir früher benutzt worden zur Darstellung der so- genannten Chronoisothermen. Von 1849 bis 1880 hat Strehlke für das Preuß. Meteorologische Institut dreimal täglich beobachtet, und es sind die mittleren Monatstemperaturen für Danzig, die in Doves Klimatologie mit etlichen Rechenfehlern übergegangen sind, aus diesen Beobach- tungen abgeleitet. Seit 1876 haben wir in unserem Vorort Neufahrwasser eine Agentur der Deutschen Seewarte, in der zu den bekannten Zeiten, 8 Uhr vormittags, 2 und 8 Uhr nach- mittags, und außerdem das Tages-Maximum und -Minimum beobachtet wird. Vortragender hat nun diese drei Serien von Beobachtungen miteinander zur Darstellung der mittleren Monatstemperaturen Danzigs vereinigt. Größere Differenzen finden sich in den Wintertemperaturen für Januar und Februar, die nach den STREHLKE’schen Beobachtungen wesentlich höher sind wie nach den KLEEFELD’schen und den Beobachtungen zu Neufahrwasser. Es ist aber wirklich in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts und ebenso in den neunziger Jahren eine Reihe so intensiv kalter Winter gewesen, wie sie in dem Zeitraum von 1850 — 1880 nicht vorgekommen ist. Dieselben Differenzen ergeben sich auch aus den Frank- furter Beobachtungen für dieselben Zeiträume. Für die Darstellung des Ganges der mittleren Tagestemperaturen im Laufe eines Jahres hdt V ortragender ausschließlich die KLEEFELD’schen Beobachtungen von 1807 — 1841 benutzt, auf Grund deren früher schon eine tabellarische Zusammenstellung hergestellt und nunmehr vorgeführt wurde. Die Pentadenmittel sind in eine graphische Darstellung gebracht, verbunden mit einer solchen des von Hellmann herausgegebenen Berliner Temperatur-Kalenders, der sich aber auf die Zeit 1849 — 1895 bezieht, so daß die absoluten Werte nicht vergleichbar sind, wohl aber der Gang der Temperaturen an beiden Orten. In beiden sieht man ziemlich dieselben zu kalten Perioden im Februar, März, Juni, Juli und zu warmen Perioden im August, September. November und Dezember. Während aber die Einwirkung der bekannten Kälterückfälle im Mai (11. — 13. Mai) auf die 48jälirigen Mittelwerte für Berlin fehlt, macht sie sich in der Danziger Kurve recht bemerkbar. Im allgemeinen ist wohl der Gang der Danziger Kurve etwas gleichmäßiger als der der Berliner. Auffallen dürfte wohl das wesentliche Zurückbleiben der Danziger Temperatur in den Frühlingsmonaten und ihre große Annäherung, ja zum Teil Uberragung in den Herbstmonaten. Das kalte Frühjahr und der warme Herbst sind ja für unser Klima charakteristisch. XXV An die Sitzung schloß sich ein Festmahl, dessen Verlauf bereits in dem Jahresberichte des Direktors, Herrn Professor Momber, geschildert worden ist. 9. Sitzung am 7. Dezember. Der Direktor, Herr Professor Momber, legt die für die Bibliothek be- stimmten Eingänge, besonders ein von Herrn Dr. Pinkus in Danzig verfaßtes und der Gesellschaft gewidmetes Buch vor und macht Mitteilungen über die im Dezember und Januar zu erwartenden Vorträge (am 21. Dezember Herr Dr. Gordan über „die Tätigkeit der Bodenbakterien“, am 4. Januar Herr Professor Dr. Ruff in der Technischen Hochschule über „Flüssige Luft“, am 9. Januar Herr Professor Dr. SpiES-Posen über „Radioaktive Stoffe“). Herr Dr. Semi Meyer hält hierauf einen Vortrag über „Übung und Gedächtnis“. Fast alle unsere Betätigungen nach außen hin sind im letzten Grunde nichts anderes als Bewegungen. Auch unser geistiges Leben kann sich nach außen nur durch Sprache und Schrift kund tun, also durch Bewegungsformen, deren geistige Bedeutung nur durch die sym- bolische Beziehung möglich wird, die bestimmte Bewegungserfolge, die gesprochenen oder geschriebenen Worte, Eindrücken und Empfindungen zuordnet. Was wir üben, kann des- wegen auch im wesentlichen nichts anderes sein als Bewegungen. Die Organe der Bewegung sind die Muskeln, das sogenannte Fleisch. Sie sind jedoch vollständig unterstellt unserem Nervensystem, von dem aus das Zusammenwirken der vielen einzelnen Muskeln geregelt wird, die bei jeder Bewegung zur Tätigkeit kommen. Aller Ubungserfolg beruht aber ausschließlich auf der Verbesserung dieses Zusammenwirkens. So- lange eine Bewegung nicht geübt ist und ungeschickt ausgeführt wird, arbeiten sich die Muskeln nicht so gegenseitig in die Hände wie bei der gut gelernten Tätigkeit. Daher ist notwendig der eigentliche Angriffspunkt der Übung nicht das Muskel-, sondern das Nervensystem. Wir alle wissen aus eigener Erfahrung und aus Beobachtungen an Kindern, daß wir eine Bewegung stets durch Probieren ein üben. Wir schnallen uns Schlittschuhe an, versuchen dann zu stehen, fallen hin, probieren wieder und so fort, bis wir uns ganz leidlich fortbewegen und schließlich, wenn wir nur dazu begabt genug sind, die elegantesten Schlittschuhläufer werden. Nicht anders haben wir greifen, laufen, sprechen und schreiben, radfahren und schließlich leider fast alle klavierspielen gelernt. Wir haben immer probieren müssen und haben erst unzählige mehr oder weniger böse Erfahrungen machen müssen, ehe wir unsere Muskeln für jede Art Bewegung, die zu lernen uns reizte, genügend in unsere Gewalt be- kommen haben. Bekanntlich haben es in diesem Punkte die meisten Tiere weit besser. Das neugeborene Hühnchen läuft munter umher und pickt nach Körnern, die man ihm vorwirft. Es bringt also eine große Anzahl von Bewegungen fertig zur Welt, die wir uns erst mühsam durch Übung aneignen müssen. Aber dafür lernt auch das dumme Huhn sein Lebtag fast nichts zu dem hinzu, was es mit auf die Welt bekommen, also ererbt hat. Die ererbte Bewegung ist nicht durch die Erfahrungen des Lebens abzuändern und auszugestalten, sie ist einfach eine Auslösung einer fest bestimmten Reihe von Muskelwirkungen durch einen Sinnesreiz, und sie läuft unter allen Umständen in derselben Weise ab, während die Bewegung, die erst gelernt werden muß, dafür auch so erlernt wird, daß damit, je nach den Umständen, unter denen sie ausgeführt wird, die verschiedensten Ziele erreicht werden können. Das Kind, das greifen gelernt hat, was bekanntlich erst sehr langsam und mit großer Mühe geschieht, kann nun nicht bloß alles in den Mund stecken, sondern bald kann es mit den Händen beliebige Bewegungen ausführen, die ihm gerade nützlich erscheinen. Es führt auch die Greif bewegung nicht einfach auf einen äußeren Reiz oder Antrieb hin aus, sondern es tut es nur dann, wenn XXVI es irgend ein Ziel vor sieh sieht, das es ergreifen will. Unsere erlernten Bewegungen sind sämtlich Zielbewegungen, uns schwebt stets ein Zweck vor, den wir erreichen wollen, und die. Einrichtung, vermittels deren wir zu diesem Ziel kommen, müssen so getroffen sein, daß wir jede beliebige Bewegung, die wir brauchen, mit unseren Muskeln ausfiihren können. Tatsächlich ist nun ein Nervenapparat vorhanden, der durch seine besondere Bauart es gestattet, daß wir unsere Muskeln in den Dienst beliebiger Zielbewegungen stellen können. Wenn wir unsere Bewegungen durch Probieren erlernen, so kann das Probieren natürlich nur einen Zweck haben, wenn unser Gehirn gewissermaßen weiß, was unsere Muskeln tun. Es besteht nun die Einrichtung, daß durch einen besonderen Nervenmeclianismus unser Gehirn stets benachrichtigt wird von der Lage unserer Glieder im Raume und von dem Tätigkeits- zustand unserer Muskeln. Dadurch kann ein Vergleich stattfinden zwischen dem gewünschten Ziel einer Bewegung und dem durch die ersten ungeschickten Versuche meist sehr mangelhaft dem Ziel genäherten tatsächlichen Erfolg unserer sogenannten Willensimpulse, die den Anreiz zur Bewegung aus dem Gehirn zu den Muskeln tragen, Durch unzählige Einzelerfahrungen gewinnen wir mit Hilfe dieser Einrichtung allmählich die Möglichkeit, unsere Muskeln das tun zu lassen, was zur Erreichung des uns vorschwebenden Zieles nötig ist. Daß dies nur durch Probieren geschehen kann, liegt an der eigenartigen Funktionsweise des Regulierapparates. Aber dafür, daß wir alles erst lernen müssen, gewinnen wir auch den Vorteil, daß wir so vieles erlernen können, was die Tiere, die zum größten Teil nur über angeborene Bewegungen verfügen, nicht können. Wir verdanken demnach alle unsere erlernten Tätigkeiten der Erfahrung, diese aber ist nicht möglich ohne das Gedächtnis, also gibt es auch keine Übung ohne Gedächtnis. Nur dieses bewahrt ja irgendwelche Spuren von unseren Eindrücken für die Zukunft auf, nur ihm verdanken wir die Fähigkeit, überhaupt Erfahrungen machen zu können. All unser Wissen ist durch das Gedächtnis vermittelt, es allein setzt einen Zusammenhang zwischen dem Gestern und Heute, ohne Gedächtnis gäbe es kein Selbstbewußtsein, keine Persönlichkeit, keinen Blick zurück oder nach vorwärts. Dieser Bedeutung des Gedächtnisses für unser Leben entsprechend, ist natürlich die Frage nach dem Zustandekommen dieser Funktion eines der wichtigsten wissenschaftlichen Probleme. Trotzdem sind wir von seiner Lösung vorläufig noch so weit entfernt, daß bis jetzt auch noch nicht einmal der Versuch gemacht worden ist, eine Theorie der Gedächtnis- funktion aufzustellen, die uns die Art und Weise, wie diese Arbeit von unserem Nervensystem geleistet wird, einigermaßen verständlich machen könnte. Selbstverständlich muß aber die Gedächtnisarbeit von unserem Gehirn geleistet werden, sie wird durch Schädigungen des Gehirns beeinträchtigt, wie jede andere Gehirnfunktion. Es müssen also von den Eindrücken, die dem Gedächtnis einverleibt werden, in irgend, welcher Weise Spuren im Gehirn Zurückbleiben, die eine spätere Wiedererweckung der Em- pfindungen ermöglichen. Welcher Art nun diese Aufbewahrung sein könnte, das ist das große Rätsel. Zu dem Versuch seiner Lösung sei hier nur kurz gesagt, daß eine in vielen Punkten sehr befriedigende Erklärung in der Annahme gefunden wäre, daß es Nervenelemente gibt, deren Arbeitsweise insofern eine besondere ist, als in ihnen der Spannungszustand, der zu jeder Entladung, also zum Weiterwirken, nötig ist, nur dann entsteht, wenn ihnen Er- regungen von außen Zuströmen. Die Ladung der das Gedächtnis vermittelnden Nervenelemente wäre dann der physiologische Vorgang, der der Aufbewahrung der Eindrücke entspräche, die das Gedächtnis genannt wird. 10. Sitzung am 2L Dezember. Der Direktor, Herr Professor Momber, macht zunächst geschäftliche Mit- teilungen. Darauf hält Herr Dr. Gordan einen Vortrag „Ober die Tätigkeit der Boden- bakterien“. XX VII Es sind jetzt über 220 Jahre vergangen, seit der holländische Naturforscher Leuwenhoek mit selbstgeschliffenen Linsen kleine Organismen im Munde der Menschen fand, denen er wegen ihrer Beweglichkeit den Namen Animalula, Tierchen, gab. Aus seinen Schilderungen und Zeichnungen ist mit Sicherheit zu entnehmen, daß er Bakterien vor sich hatte, wahr- scheinlich den Bacillus buccalis und den Vibrio buccalis. Es ist die erste verbürgte Nach- richt über Bakterien, deren Erforschung später so gewaltige Umwälzungen in der Medizin und den Naturwissenschaften hervorgerufen hat. Hundert Jahre später untersuchte der Gelehrte Müller diese kleinen Lebewesen und gab ihnen Namen, die heute noch geläufig sind, wie Vibrio , Bacillus und Spirillum. Auch Ehrenberg (1838) beschäftigte sich in seinem Infusorienwerk mit den Bakterien und teilte sie der Gruppe der Zittertierchen, Vibronia , zu. Von jetzt ab verschwinden die Bakterien nicht mehr aus dem Gesichtskreis der Naturforscher. Neben den krankheiterregenden Bakterien, an denen die Medizin ihre Kräfte erprobte, erweckten die zahlreichen, teils schädlichen, teils unentbehrlichen Bakterien und Hefen das Interesse der Gärungschemiker und Physiologen. Wie die praktische Medizin mit Hilfe der Reinkultur der Krankheitserreger und des Tierexperimentes bis zu den neuen Heilmethoden der Serumtherapie und künstlichen Immunität aus kleinen Anfängen emporgehoben wurde, so gelang es auch mit Hilfe der Reinkultur der Gärungsorganismen die Prozesse der Wein- und Bierbereitung, des Brennerei- und des gesamten Molkereibetriebes, deren Verlauf früher dem blinden Zufall überlassen war, zu einem reinlichen, in allen seinen Phasen wohlverstandenen V organg umzugestalten. Aber erst in Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fängt die Medizin mit Erfolg an einzugreifen und hat von da an den Hauptanteil an dem Ausbau der Bakteriologie zu einer neuen Wissenschaft. Erst nach dem Erscheinen Robert Koch’s erster Arbeit über den Milzbrandbazillus begann jene ergiebige Tätigkeit zahlreicher Forscher, durch die die großen Werke der Bakteri- ologie gefüllt wurden. Einen weiteren Anteil an den Errungenschaften der Bakteriologie erstrebt die Land- wirtschaft seit den letzten Jahren durch die Erforschung der Bodenbakterien, und gestatte ich mir, heute Ihnen einen kurzen Überblick zu geben über das, was bisher auf diesem Ge- biete geleistet worden ist. Der Boden ist stark bevölkert, er ist kein totes Material, er bildet eine lebende Masse. Während im Gramm Dünensand nur etwa 1000 Bakterienkeime sind, befinden sich in guter Acker- und Gartenerde mehrere Millionen solcher kleinen Lebewesen in einem Gramm, namentlich dort, wo Reste verwesender Pflanzen ihnen reichlich Nahrung gewähren. Die oberste Erdschicht zeigt nicht die meisten Bakterien, denn hier wirkt das Sonnen- licht und der Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit schädigend ein, In einer Tiefe von 10 — 20 Millimeter befindet sich die Hauptmenge der Mikroorganismen, die nach der Tiefe zu immer mehr abnehmen. Einen wesentlichen Einfluß auf die Zahl der Bakterien übt die mechanische Boden- bearbeitung aus. Man fand, daß der Gehalt an Bakterien am geringsten ist, wenn Halm- frucht auf Halmfrucht folgte, am bedeutendsten, wenn Hackfrucht eingeschoben wurde. Auch die Beschattung des Bodens kann von Vorteil sein. Im Kleefeld z. B. ist der Boden feucht, locker, nicht verkrustet, die Luft kann eindringen, die die Bakterien brauchen, um zu atmen, oder chemisch ausgedrückt, um Sauerstoff aufzunehmen. Ist hieran Mangel, so fühlen sie sich nicht wohl und ist ihre Vermehrungsfähigkeit beschränkt. Alle Bakterien, mit Ausnahme einer Art, der Salpeterbakterien, nähren sich von Kohle- hydraten oder Zersetzungsprodukten, ferner von stickstoffhaltigen Stoffen, welche, wenn der Boden nicht mit Stallmist gedüngt ist, den Pflanzenresten entnommen wird. Wird daher das Getreidefeld nicht bald nach der Ernte gepflügt, und bleiben die Stoppeln stehen, dann unter- liegt ein Teil der organischen Nahrung, und zwar der beste, der leicht lösliche Anteil, der XXVIII Zersetzung durch die Luftbakterien. Außerdem werden die Wurzeln und Stoppeln ungenügend zersetzt. Der nicht gepflügte Acker bleibt geschlossen, die Luft kann nicht eindringen, und die Bakterien erzeugen eine geringere Menge von Gärungsprodukten, als wenn sie ungehindert atmen können. Nur ein Teil der Nahrung dient zum Aufbau der Leiber der Mikroorganismen, ein anderer Teil wird zersetzt unter Umwandlung der in der Nahrung befindlichen, chemischen Kraft in Wärme und Bewegung. IsUdie Ernährung der Bakterien eine sehr reichliche, so können wir die Wärme messen, wie beim gärenden Mist. Auch durch Zufuhr von Kalk wird der Boden wärmer, denn der Kalk veranlaßt im schwereren Boden eine Lockerung des Gefüges, die Entstehung der Krümelstruktur. Hier- durch kann die Luft besser eindringen, die Oxydationen verlaufen besser, die Bakterien entwickeln reichlich Wärme. Wie Mensch und Tier atmen die Bakterien Kohlensäure aus. Da dies in den feinsten Partikelchen des Bodens geschieht, findet eine Lockerung des Gefüges statt, und ist diese Lockerung eine wesentliche Ursache der Gare des Bodens. Außerdem wirkt die Kohlensäure zersetzend auf die Mineralstoffe des Bodens ein, namentlich auf den Kalk, und verwandelt den unlöslichen, kohlensauren Kalk in leicht löslichen, doppelkohlensauren Kalk, der sich dann gleichmäßig in der Ackerkrume verteilt. In einer großen Stadt würden die Menschen bald zugrunde gehen, wenn der Unrat nicht weggeschafft würde, ähnlich geht es den Bakterien, die größtenteils saure Stoffwechselprodukte ausscheiden, wenn nicht dafür gesorgt wird, daß die Ausscheidungsstoffe chemisch an Kalk gebunden werden. Die sauren Produkte werden durch den Kalk neutralisiert, es entsteht buttersaurer Kalk, der den Bakterien nicht schadet. Aber die Bakterien brauchen auch Feuchtigkeit. In einem völlig trockenen Boden können sie nicht leben, ist aber der Wassergehalt zu groß, so gehen sie auch zugrunde, weil dann die Luft nicht zu ihnen gelangen kann; die Drainage ist deshalb von wesentlicher Be- deutung, sie macht den Boden tätiger. Außer den Kohlehydraten erleidet auch die stickstoffhaltige Nahrung, die den Bakterien zugeführt wird, weitgehende Zersetzungen. Im Eiweiß oder Protein ist der Stickstoff noch mit anderen Elementen, wie mit Sauerstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff, Schwefel, manchmal auch noch mit Phosphor verbunden. Alle diese Elemente sind in einem Molekül vereinigt, das ehemals in der Pflanze aufgebaut worden ist. Die Bakterien zerstören das Molekül, sie nehmen ein Element nach dem anderen daraus fort. Schließlich bleibt nur der Stickstoff mit einem Teil des Wasserstoffes zurück, das Endprodukt ist Ammoniak. Aber nicht alle Bak- terien sind imstande, das Eiweißmolekül abzubauen, manche erlahmen bei der Arbeit vor ihrer Vollendung. Deshalb befindet sich im Boden eine Anzahl halbzersetzter stickstoff- haltiger Produkte. Der Stickstoff ist dann mit Besten des Kohlenstoffes, Sauerstoffes usw. verbunden. Diese Verbindungen sind aber für die Pflanze wertlos, die ja nur imstande ist, von unorganischen Stoffen sich zu nähren. Ammoniak wird nur von den Pflanzen als Stickstoffnahrung aufgenommen, wenn man sie dazu zwingt, lieber ist ihnen der Salpeter, der in den regenlosen Distrikten Südamerikas durch Bakterien, nicht durch chemische Prozesse entstanden ist. Ohne die emsige Arbeit dieser Bakterien, die Lebewesen aus einer früheren EnL wickelungsperiode der Erde zu sein scheinen, da sie nicht auf Pflanzenstoffe angewiesen sind, ja sogar zugrunde gehen, wenn organische Nahrung vorhanden ist, wäre das Schießpulver nie erfunden und wahrscheinlich die ganze Staatenentwickelung anders geworden. Jährlich gehen Unsummen deutschen Nationalvermögens ins Ausland, und man hat aus- gerechnet, daß in zirka 25 Jahren der Salpeter abgebaut sein wird, den der Landwirt so nötig braucht. Freilich ist es der Chemie mit Hilfe der Elektrizität gelungen, ähnliche Produkte herzustellen, aber hierzu ist Kraft nötig, die Geld kostet. Billiger als die Elektrotechniker XXIX und Chemiker arbeiten die Bakterien. Der Landwirt ist schon heute in der Lage, mit Hilfe von schwefelsaurem Ammoniak und anderen stickstoffhaltigen Stoffen den Salpeter, den er für die Pflanze braucht, selbst herzustellen. Im Ammoniak ist der Stickstoff* an Wasserstoff, im Salpeter außerdem noch an Sauer- stoff gebunden. Um diese anscheinend große Arbeit zu leisten, treten zwei Arten von Bakterien in Aktion. Zunächst die Nitritbildner, die Ammoniak in salpetrige Säure ver- wandeln, dann aber ermatten. Jetzt erst beginnt die Tätigkeit der Salpeterbildner, und es ist unumgänglich nötig, daß die gebildete Salpetersäure, das Endprodukt der Tätigkeit der Bakterien, an Kalk gebunden wird, weil sonst die Pflanze nicht in der Lage ist, dies End- produkt zu verwerten. Noch kurz muß ich auf die Gruppe der Denitrifikationsbakterien eingehen, die imstande sind, den Salpeter zu zerstören, und in niedrigere Oxydationsprodukte, zum Teil zu Stickstoff* zu reduzieren, wenn ihnen reichlich organische Nahrung zu Gebote steht. Zum großen Glück für die Landwirtschaft gelangen diese Bakterien meistens nur unwesentlich zur Wirkung, da es in der Praxis wohl nur selten vorkommt, daß gleichzeitig mit Salpeter und Stallmist ge- düngt wird. Es ist schon lange bekannt, daß die Leguminosen den Boden nicht ärmer machen, daß im Gegenteil die Nachfrucht besser gedeiht. Trotzdem trifft der Ausdruck „bodenbereichernd*4 für diese Pflanzen nur im beschränkten Maße zu. Denn die Leguminosen entnehmen dem Boden große Mengen von Phosphorsäure und Kali, manchmal auch von Kalk; die Bereicherung erfolgt ausschließlich an Stickstoff. Es ist schon durch die Versuche Hellriegel’s zweifellos nachgewiesen worden, daß der Stickstoff der Luft mit Hilfe von Bakterien der Pflanze nutzbar gemacht wird, und zwar nur dann, wenn im Boden Mangel an diesem wichtigen Pflanzennährstoff* vorhanden ist. Sobald Salpeter in reichlicher Menge vorhanden ist, tritt diese Gruppe von Bakterien überhaupt nicht in Tätigkeit. Die Knöllchenbakterien scheiden einen Stoff aus, der die Oberhaut der Wurzelhaare zum Aufquellen bringt. Sie schlüpfen dann in die aufgequollene Masse hinein und gelangen von hier in das Innere der Wurzelhaare, von dort aus in das Innere der Wurzel. Sie vermehren sich und geben dann Anlaß zu eigentümlichen Verdickungen, den sogenannten Knöllchen, die wir oft in großer Zahl an den Wurzeln der Erbsen und anderer Hülsenfrüchte beobachten können. Nun beginnt ein eigentümliches Leben in den Knöllchen. Die Bakterien vermehren sich, sie nehmen zunächst von der Pflanze die nötige Nahrung, Kohlehydrate und Eiweiß. Wird die Pflanze aber kräftiger, so wird der Widerstand der Wurzelzellen gegen die Ein- dringlinge gestärkt, und die Pflanze wird befähigt, von den Bakterien gewisse Teile, die durch einen höheren Gehalt an Eiweiß sich auszeichnen, aufzusaugen. Die Bakterien haben jetzt das Bestreben, den Verlust wieder zu ersetzen, und es kommt dann zu den Auftreibungen und zweigartigen Ansätzen, welche man Bakteroiden nennt. Nun erst sind die Bakterien fähig, den freien Stickstoff aufzusaugen und zur Herstellung von Eiweiß zu benutzen. Früher bezeiclinete man diesen Vorgang als Symbiose. Man nahm an, daß die Bakterie der Pflanze im Austausch gegen Kohlehydrate Stickstoff liefere. Nach den jetzigen Erfahrungen der Wissenschaft muß man den Vorgang aber als Parasitismus bezeichnen. Denn für die geringe, anfangs erhaltene Nahrung müssen die Bakterien später mit hundertfältigen Wucher- zinsen Stickstoff“ hergeben. Die Leguminose ist also der Parasit, der auf den Knöllchen- bakterien lebt. Bald nachdem die ersten Erfahrungen über die Knöllchenbakterien bekannt waren, stellten die Höchster Farbwerke Reinkulturen unter dem Namen Nitragin her. Letzteres hat aber nicht den gehegten Erwartungen entsprochen, und mußte der Vertrieb bald wieder ein- gestellt werden. Trotzdem beschäftigten sich die Bodenbakteriologen unentwegt mit der Frage der Bodenimpfung weiter, und vor kurzem ist es Hiltner gelungen, durch Impfungen von Samen mit virulenten Knöllchenbakterien günstige Ernteresultate zu zeitigen. Ebengenannter XXX Forscher liat den Beweis erbracht, daß die morphologisch ähnlichen Bakterien, je nach ihren Lebensbedingungen, verschiedene Grade stickstoffbindender Energie zeigen. Noch einige Worte über die Brache. Es muß zugegeben werden, daß die Verwitterung der Mineralien nicht ohne Einfluß auf die Fruchtbarkeit ist. Die Hauptwirkung der Brache beruht aber auf der Tätigkeit von Bakterien, die reichliche Mengen von Stickstoff aus der Luft aufnehmen und daraus Stickstoffverbindungen bilden, die von den folgenden Kultur- pflanzen verwendet werden können. Nach langen Irrfahrten gelang es schließlich Beyerink, den Nachweis zu liefern, daß der Azotobakter, der sich fast in jedem Boden befindet, dazu befähigt ist. Voraussichtlich werden bald mehrere solche Bakterien gefunden haben, vielleicht im Wald, der nie gedüngt, jährlich neue Mengen von Stickstoff festlegt, und ist die Bakterien- kunde wohl einst berufen, dem Landwirte eine wichtige Waffe im Kampfe ums Dasein in die Hand zu geben. Außer diesen zehn Ordentlichen Sitzungen und den sich anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche der Erledigung geschäftlicher Angelegen- heiten dienten, fanden noch fünf Versammlungen der Gesellschaft statt, in welchen folgende vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen durch Lichtbilder illustrierte Vorträge gehalten wurden: 1. Vortrag des Herrn Professor Dr. Scheiner-P otsdam : ,,Die Photographie im Dienste der Astronomie“; mit Demonstration von Lichtbildern mittelst Skioptikon; am 18. Januar im ,,Danziger Hof“. 2. Vortrag des Herrn Professor Dr. PoMPECKi-München: ,,Eine Studien- reise durch Bolivia“; mit Lichtbildern mittelst Skioptikon; am 12. Februar im „Apollasaale“. 3. Vortrag des Herrn Professor Dr. von DRYGALSKi-Berlin: ,, Deutsche Männer im Südpolar -Eise“; mit Lichtbildern mittelst Skioptikon; am 11. April im Schützenhause. 4. Vortrag des Herrn Professor Dr. Conwentz: ,, Schutz der natürlichen Landschaft, ihrer Pflanzen- und Tierwelt“; mit Demonstration von Licht- bildern mittelst Skioptikon; am 24. Oktober im ,,Danziger Hof“. 5. Vortrag des Plerrn Dr. Wegener-Poscii: ,, Tibet, Lhassa und die eng- lische Expedition“; mit Demonstration von Lichtbildern mittelst Skiop- tikon; am 28. November im ,,Danziger Hof“. XXXI Übersicht über die in den Ord entliehen Sitzungen 1£H>4 behandelten Gegenstände» A. Allgemeines. 1. Der Direktor, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für das Jahr 1903 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sektionen vor; am 2. Januar. 2. Herr Dr. Lakowitz berichtet über das Stiftungsfest des Coppernicus- Vereins in Thorn, dem er als Delegierter der Gesellschaft beiwohnte; am 22. Februar. 3. Der Direktor, Herr Momber, spricht Herrn Geheimen Sanitätsrat Dr. Semon die Glückwünsche der Gesellschaft zum 60. Doktor-Jubiläum aus; am 6. April. 4. Herr Momber teilt mit, daß das erste Heft des Katalogs der Bibliothek (Astronomie und Mathematik) erschienen ist; am 12. Oktober. 5. Der Direktor, Herr Momber, begrüßt in einer Festsitzung den Lehr- körper der Technischen Hochschule zu Danzig; am 5. November. B. Physik, Chemie und Technologie. 1. Mitteilung des Herrn Momber über einen von Herrn Sanitätsrat Dr. Szymanski in Stuhm übersandten Tenax -Apparat zur Sauerstoff- Bestimmung in Seen; am 22. Februar. 2. Vortrag des Herrn ÄHRENS-Breslau: „Anwendung der Elektrizität in der chemischen Technik“; mit Demonstrationen; am 3. März. 3. Vortrag des Herrn Hess: „Das Farbenthermoskop und seine Anwendung auf Wärmeerschei- nungen“; mit Demonstrationen ; am 16. März. 4. Mitteilung des Herrn Momber über die von der Verfasserin Fräulein Luise Neumann der Gesellschaft übersandten Erinnerungsblätter an Franz Neumann; am 12. Oktober. 5. Vortrag des Herrn Evers: „Photographische Aufnahmen von Stromkurven mit Hilfe der BRAUN’schen Röhre“; mit Demonstrationen mittelst Skioptikon; am 5. November. XXXI L C. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. 1. Vortrag des Herrn KüRZ-Königsberg: ,,Die Landschaftsformen des Dinarischen Faltengebirges“ mit De- monstration von Photographien eigener Aufnahme mittelst Pro- jektionsapparat; am 3. Februar. 2. Vortrag des Herrn Terletzki: „Die Entstehung der Südtiroler Kalkalpen“ mit Demonstration von Lichtbildern eigener Aufnahme mittelst Skioptikon; am 12. Oktober. D. Meteorologie und Astronomie. 1. Herr Momber zeigt eine von Herrn Kapitän Reinke entworfene Karte „Über Gezeitenströmung“; am 3. Februar. 2. Herr Meyer spricht über ein von ihm beobachtetes Meteor; am 12. Oktober. 3. Vortrag des Herrn Momber: „Danziger Temperaturbeobachtungen des 19. Jahrhunderts“; am 5. November. E. Botanik und Zoologie. 1. Herr Bail legt ein Werk des Herrn Dr. Ross-München über „Gallen- bildung“ vor. 2. Vortrag des Herrn Gordan: „Die Tätigkeit der Bodenbakterien“; am 21. Dezember. F. Anthropologie and Ethnologie. 1. Vortrag des Herrn Kumm: „Kulturbilder aus der Vorgeschichte Westpreußens“ mit Demon- strationen; am 2. Januar. G. Medizin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Fischer: „Fortschritte der Röntgen-Untersuchung und Behandlung“ mit Demon- stration von Lichtbildern mittelst Skioptikon; am 22. Februar. 2. Vortrag des Herrn Adolf Wallenberg: „Einige anatomische Grundlagen für die Aufrechterhaltung des Gleich- gewichts“ mit Demonstrationen; am 6. April. 3. Vortrag des Herrn S. Meyer: „Übung und Gedächtnis“; am 7. Dezember. ' XXXIII Bericht über die Tätigkeit der Sektion für Physik und Chemie im Jahre 1904. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben. Professor H. EVERS. Die Sektion für Physik und Chemie hat im Jahre 1904 eine Sitzung abgehalten. In derselben, am 19. Dezember, demonstrierte der Vorsitzende eine von Hartmann und BRAUN-Frankfurt a. Main für die hiesige Oberrealschule ge- lieferte erschütterungsfreie Aufstellung für empfindliche Spiegelinstrumente. In der sich daran schließenden Diskussion wurden die Vorzüge wie die Mängel dieser Einrichtung eingehend besprochen. Darauf fand die Beamtenwahl für das Jahr 1905 statt. 3 XXXIV Bericht über die Sitzungen der Medizinischen Sektion im Jahre 1904. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor Dr. BARTH. 1. Sitzung am 17. Januar. 1. Herr Professor Barth: a) Resektion einer tuberkulösen Hufeisenniere (mit Krankenvorstellung; b) Dermoid der Nierenkapsel (Demonstration). 2. Herr Professor Valentini: Über die klinische Bedeutung der beweg- lichen Niere. 2. Sitzung am 28. Januar. 1. Herr Professor Valentini: Über Aneurysma der Aorta abdominalis mit klinischer und anatomischer Demonstration. 3. Sitzung am 18. Februar. 1. Herr Dr. Linck: a) Ungewöhnliche Pyonephrose mit Präparatdemonstration und Krankenvorstellung; b) Chorionepitheliom der Scheide mit Prä- paratdemonstration . 2. Herr Professor Barth: Über Kehlkopfexstirpation mit Krankenvorsteilung. 3. Herr Dr. Ad. Wallenberg: Über Brückenblutungen mit Präparatdemon- stration. 4. Sitzung am 9. März. Herr Oberlehrer Dr. Dahms: Experimental- Vortrag im physikalischen Kabinett des Städtischen Gymnasiums: Über colloidale Verbindungen, Katalyse und Fermentwirkungen. 5. Sitzung am 17. März. 1. Herr Dr. Goetz: Über einen Fall von Beri-Beri (mit Krankenvorstellung). 2. Herr Professor Barth: a) Vorstellung eines 76jährigen Patienten, bei welchem er vor 7 Jahren wegen Carcinom die Kehlkopfexstirpation gemacht hat. Derselbe kann sich durch Pharynxsprache gut ver- ständlich machen, b) Über Pancreatitis chronica (mit Demonstration von makroskopischen und mikroskopischen Präparaten). XXXV 6. Sitzung am 14. April. 1. Herr Dr. Francke: Demonstration einer Augenverletzung, bei der sich kleine Fremdkörper (Holzstückchen) von selbst ausstießen. 2. Herr Dr. A. Behrendt: Über KiLLiAN’sche Bronchoskopie mit Demon- stration von zwei Fällen. 3. Herr Dr. Fuchs berichtet über ein neues, sehr zu empfehlendes Catgut- Präparat. 7. Sitzung am 2. Juni. 3 . Herr Dr. Schroeter stellt eine Patientin vor, bei welcher er ein manns- kopfgrößes Sarkom des Humerus mit der Scapula so exstirpiert hat, daß der Arm gebrauchsfähig geblieben ist. 8. Sitzung am 18. Juni. Vorstellung eines Mannes, welcher eine ungewöhnliche Fähigkeit besitzt, einzelne Muskeln und Muskelgruppen des Rumpfes in Aktion zu setzen und dadurch eine Verlagerung der Bauchorgane und selbst des Herzens herbeizuführen. 9. Sitzung am 3. November. 1. Herr Dr. Wallenberg I: a) Luxation des Nervus ulnaris mit Kranken- vorstellung. b) Vorstellung eines Falles von Aneurysma tortae. 2. Herr Professor Barth: Unsere Fortschritte in der Beurteilung und Be- handlung der eitrigen Bauchfellentzündung. 10. Sitzung am 24. November. 1. Herr Dr. Mazurke: Vorstellung eines Falles von sogen. Hochstand des rechten Schulterblattes. 2. Herr Dr. Fuchs: Plastische Verwendung des Uterus bei Operationen großer Prolapse. 3. Herr Dr. Goetz: Über Lungensequester mit Demonstration eines Präparats. 4. Herr Dr. Ad. Wallenberg II: Beitrag zur Entstehung und Bedeutung der cerebralen Tr ige minus wurzel. 11. Sitzung am 8, Dezember. 1. Herr Dr. Schroeter: Vorstellung eines Falles von Kehlkopf-Exstirpation 2. Herr Dr. Th. Wallenberg III: a) Heilung eines Augenlid-Ektropiums durch Transplantation aus der Haut des Oberarms, b) Fremdkörper- verletzung des Auges durch Eisensplitter, c) Verletzung der Cornea mit Jriscolobom durch einen 9 mm langen Glasdraht. 3. Herr Professor Barth: Zur Pankreaschirurgie. 4. Herr Dr. S. Meyer: Versuch einer physiologischen Erklärung des Ge- dächtnisses. XXXVI Fortbildungskurse für die Mitglieder der Medizinischen Sektion. Januar bis April: Herr Dr. Helmbold und Dr. Francke: Über Augenheilkunde. Herr Dr. Glaeser: Über geburtshilfliche Operationen am Phantom. Herr Dr. Schourp: Über Haut- und Geschlechtskrankheiten. Während der Sommermonate für die Ärzte der Provinz: Herr Professor Dr. Barth: Chirurgie. Herr Dr. Helmbold und Dr. Francke: Augenheilkunde. Herr Professor Dr. Valentini: Innere Medizin. Herr Dr. Semon: Geburtshilflicher Operationskursus. Herr Dr. Fuchs: Gynäkologische Behandlungsmethoden für die Praxis. Herr Dr. Glaeser: Forensische Geburtshilfe mit praktischen Übungen am Phantom und Gynäkologie für den praktischen Arzt. Herr Dr. Schourp: Gonorrhoe uud Syphilis. Herr Dr. Kickhefel: Poliklinik der Ohren- und Nasenkrankheiten. Herr Dr. Ad. Schulz: Wichtige Kapitel aus dem Gebiete der Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten. Oktober bis Dezember: Herr Professor Dr. Barth: Chirurgische Klinik. Herr Dr. Helmbold und Dr. Francke: Über Augenheilkunde. Herr Dr. Kickhefel: Über Nasen- und Ohrenerkrankungen. XXXVII Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreussischen Fischer ei Vereins im Jahre 1904. Erstattet von dem Geschäftsführer desselben, Dr. SELIGO. Uer Westpreußische Fischereiverein veröffentlichte im vergangenen Jahre eine Schrift ,,Die Fischerei in Moorgewässern von Dr. Seligo“, in welcher eine Reihe von Untersuchungen des Geschäftsführers über das Verhalten des Wassers und der Organismenwelt in flachen Gewässern mit moorigem Grunde, namentlich im Winter unter der Eisdecke, mitgeteilt wurde. Eine zweite, mehr die praktische Seite der Gewässerkunde betreffende Veröffentlichung des Vereins, ,, Kurze Belehrung über die Binnenfischerei in Westpreußen von Dr. A. Seligo“, gibt, außer Anleitungen zur Nutzung der Gewässer durch Fischerei, eine Übersicht über die Eigenschaften des Wassers und der Gewässer, welche für die Wasserlebewesen von besonderer Bedeutung sind, sowie eine Anleitung zur Bestimmung der einheimischen Süßwasserfische nach den leichter erkennbaren Merkmalen. Die Untersuchungen über die Lebewesen des Wassers wurden fortgesetzt. Von Seen wurden in Westpreußen neu untersucht: die Seen der Kleinen Ferse bei Neupaleschken, die Seen des Lebagebietes und des Lupowgebietes im Kreise Karthaus, der Große und der Kleine Marcheisee, sowie der Gardschauer See bei Locken, der Wietschnosee im Kreise Briesen, der Kantziger See im Kreise Marienwerder. Der Verein beteiligte sich an der Ausstellung für Moorkultur und Torf- industrie in Berlin mit der eingangs erwähnten Schrift über die Fischerei in Moorgewässern, welche mit anderen Gegenständen dieser Ausstellung auch auf der Weltausstellung in St. Louis auslag, ferner an der Ausstellung der Deut- schen Landwirtschaftsgesellschaft im Juni zu Danzig mit eine Reihe von Prä- paraten von Wassertieren und Pflanzen, sowie mit Bildern und Karten west- preußischer Gewässer und Modellen von Fang- und Zuchtgeräten. XXXVIII Jahresbericht des Westpreussischen Vereins für öffentliche Gesundheits- pflege in Danzig für das Geschäftsjahr 1904-. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Regierungs- und Medizinalrat Dr. Seemann. Oer Verein hat im verflossenen Geschäftsjahr sechs Sitzungen abgehalten, darunter die Generalversammlung am 30. Januar, eine öffentliche Sitzung am 9. Mai vor größerem Publikum und vier ordentliche Sitzungen. In der Generalversammlung wurde die Umwandlung des „Vereins für Gesundheitspflege in Danzig“ in die eines „Westpreußischen Vereins für öffent- liche Gesundheitspflege“ vollzogen und die anliegenden neuen Satzungen an- genommen. Die Neuwahlen ergaben: 1. Vorsitzender: Regierungs- und Medizinalrat Dr. Seemann, 2. stellvertretender Vorsitzender: Direktor Dr. Neumann, 3. Schriftführer: Professor Dr. Petruschky, 4. stellvertretender Schriftführer: Medizinalrat Dr. Haase, 5. Kassenführer: Apothekenbesitzer Knochenhauer, 6. Beisitzer: Departementstierarzt Preusse, 7. Beisitzer: Stadtrat Toop. In den Situngen wurden folgende wissenschaftliche Themata besprochen: 1. Sitzung am 30. Januar: ordentliche Sitzung, Diskussion über jDispen- saires, Referent: der Vorsitzende. 2. Sitzung am 26. März: ordentliche Sitzung, Diskussion über Säuglings- pflege, Referent: Professor Dr. Petruschky. 3. Sitzung am 9. Mai; öffentliche Sitzung, Vortrag für Damen und Herren: „Die Nutzanwendung der neueren Tuberkuloseforschung“ (mit Licht- bildern), Professor Dr. Petruschky. 4. Sitzung am 13. Juli: ordentliche Sitzung, Besprechung des Projekts der Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft für Milchausschank in Danzig. 5. Sitzung am 8. Oktober: ordentliche Sitzung, Vortrag des Herrn Haupt- lehrer Hoch aus Schloppe; „Zur Lösung der Schulbankfrage“. XXXIX 6. Sitzung am 14. Dezember: ordentliche Sitzung, Kommissionsbericht über Milchverkaufsstellen in Danzig und Diskussionsabend. In letzgenannter Sitzung wurde beschlossen, die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister zu bewirken. Die Zahl der Mitglieder betrug zu Beginn des Geschäftsjahres 60, 2 Mit- glieder traten aus und 15 neue Mitglieder ein, darunter 2 Vereine korporativ, so daß die gegenwärtige Mitgliederzahl 73 beträgt. Satzungen des Westpreussischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. § 1. Der Verein hat seinen Sitz in Danzig. Er bildet eine Sektion der natur- forschenden Gesellschaft zu Danzig und hat zum Zweck die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege. § 2. Mitglied des Vereins kann jeder Bewohner der Provinz Westpreußen auf Grund vorhergegangener Meldung durch Versammlungsbeschluß (§ 8) werden. Vereine der Provinz Westpreußen können als korporative Mitglieder auf- genommen werden. Den Mitgliedern der naturforschenden Gesellschaft steht der Besuch der Vereinssitzungen frei. § 3\ Der Beitrag beträgt für die in Danzig wohnenden Mitglieder 4 Mark, für die übrigen 2 Mark jährlich. § 4. Der Vorstand besteht aus 1 Vorsitzenden, 1 stellvertretenden Vorsitzenden, 1 Schriftführer, 1 stellvertretenden Schriftführer, 1 Kassenführer und 2 Beisitzern. Scheidet im Laufe des Jahres ein Vorstandsmitglied aus, so hat der übrig bleibende Vorstand das Recht der Zuwahl. Vorsitzender und Schriftführer (Vorstand im engeren Sinne) müssen Mit- glieder der naturforschenden Gesellschaft sein. § 5- Der Vorsitzende ist befugt, für den Verein Verpflichtungen einzugehen bis zur Höhe von 10 Mark vierteljährlich, der Vorstand bis 30 Mark viertel- jährlich; über höhere Summen entscheidet die Versammlung. XL Die Rechnungen werden auf Anweisung des Vorsitzenden vom Kassen- führer bezahlt. § 6. Die Versammlungen finden in der Regel während der Winterszeit einmal im Monat statt, außerdem wenn nach Ansicht des Vorsitzenden ein Bedürfnis dazu vorliegt, sobald 8 ordentliche Mitglieder unter Angabe eines bestimmten Zweckes den Antrag stellen. Die Einberufung erfolgt durch den Vorsitzenden unter Angabe der Tagesordnung. § 7. Bei Bekanntmachungen ist der Zusammenhang des Vereins mit der natur- forschenden Gesellschaft hervorzuheben. § 8. Die Beschlüsse werden im Vereine wie im Vorstande nach einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden gefaßt; bei der Abstimmung über die Auf- nahme eines neuen Mitgliedes (§ 2), Satzungsänderung und über die Auflösung des Vereins ist zur Annahme Zweidrittelmehrheit der Anwesenden erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Der Vorstand ist beschlußfähig, wenn 3, die Versammlung, wenn 12 stimm- berechtigte Mitglieder anwesend sind. Im Falle der Beschlußunfähigkeit einer Versammlung ist die nächste mit derselben Tagesordnung einberufene Versammlung unbedingt beschlußfähig. § 9. Im Laufe jedes Januars findet eine Hauptversammlung statt, in welcher a) der Bericht über die vorjährige Tätigkeit des Vereins erstattet wird; b) die Rechnung vom Kassenführer vorgelegt, und nach erfolgter Prüfung Entlastung erteilt wird; c) der neue Vorstand gewählt wird, und zwar der Vorsitzende durch Stimmzettel. § 10. In der Jahresversammlung der naturforschenden Gesellschaft erstattet der Vorsitzende des Vereins oder sein Vertreter einen Bericht über die Tätigkeit des Vereins im verflossenen Jahre zu den Akten der erstgenannten Gesellschaft. § ii. Bei Auflösung des Vereins fällt das Vermögen der Naturforschenden Gesellschaft zu. XL1 Verzeichnis der im Jahre 1904 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. I. Durch Tausch gingen ein: Nord=Amerika. Bluffton; Indiana. Entomological News. Jan. 1903. Boston. Proceedings of the American academy of arts and Sciences. Vol. XXXIX N. 5 — 24; vol. XL N. 1—5. 1903. 1904. Brooklyn. Cold spring Harbor monographs I and II. 1903. The Museum of the Br. Institute of arts and Sciences. Memoirs of natural Sciences. Vol I N. 1. 1904. Buffalo. Bulletin of the society of natural Sciences. Vol. VIII N. 1 — 3. 1903. Cambridge. The Museum of comparative zoology at Harvard College: 1) Annual report for 1902/03. 1903/04. 2) Bulletin vol. XLV N. 1—3; XLIII N. 1-3; XXXIX N. 9; XLI N. 2; XLIV (VII); XLII (VI N. 5); XL VI N. 1. 2. 1904. 3) Memoirs vol. XXIX; Text and Maps 1903. vol. XXX N. 1. 1904. Chapel Hill. Journal of the Elisha Mitchell scientific society. Vol. XX N. 1. 2. 1904. Chicago. The John Crerar library 9 annual report for 1903. 1904. Cincinnati, Ohio. Bulletin of the Lloyd library of botany, pharmacy and materia medica Bull. 6. Reproduct. — Serie 3. Leon. Boletin mensual del observatorio meteorologico 1904. Enero — Septiembre. Madis'on; Wis. Wisconsin geological and natural history survey. Bulletin IX N. 5, X N. 6, XI N. 7, XII N. 3. 1903. Mexico. Memorias y revista de la sociedad cientifica „Antonio Alzate“, T. XVIII N. 3 — 8, T. XIX N. 2—10, T. XX N. 1—10. 1902—1904. Boletin mensual del observat. meteorotog. magnetico central de Mexico 1902. Marzo — Julio. Observatorio astronomico nacional: 1) Annario. Ano de 1904. XXIV. 2) Informes pres. a la secretaria de Fomento sobre les trabajos del estableci- mento. 1903. Instituto geolögico de Mexico: Parergones T. I N. 1 — 5. 1903. 1904. New York. Annuals of the academy of Sciences. Vol. XV. p. 1. 2. 1902. Vol. XIV. p. 3. 4. 1903. 1904. The astronomical and astrophvsical society of America. 2 — 4 mect. 1900/02. Ottawa. Geological survey of Canada: 1) Altitudes in the dominion of Canada with 4 profiles. 1904. 2) Annual report (new ser.) 1900. Vol. XIII with maps 1904. 3) Catalogue of Canadian Birds p. III. 1904. XLII Department of the Interior : 1) Dictionary of altitudes in Canada. 1903. 2) Report on the Great Landslide at Frank, Alta. 1903. 1904. Philadelphia. Transactions of the Wagner free institute of Science. Yol. III p. YI. 1903. Proceedings of the academy of natural Sciences. Yol. LY p. 2. 3. LYI p. 1. 1903. 1904. University of Pennsylvania: 1) Contributions from the zoological laboratory 1903. Yol. X. Philadelphia 1904. 2) Supplement to Yol. X, Jena 1903. St. Louis. Missouri Botanical Garden 14. 15 annual report 1903. 1904. Transactions of the academy of Science. Yol. XII N. 9 — 10; XIII N. 1 — 9; XIY N. 1—6. 1902/04. Toronto. Canadian Institute: 1) Transactions N. 15. Yol. YII p. 3. 1904. 2) Proceedings. New ser. N. 12. Yol. II. p. 6. 1904. Tufts College. Studies N. 8 (scient. ser). 1904. Washington. Proceedings of the American academy of arts and Sciences. Vol. XXXIX N. 4. Proceedings of the U. S. National Museum. Yol. 26. 27. 1904. U. S. Department of agriculture: 1) Yearbook for 1903. 2) Division of publications N. 469, 478/9, 482, 485, 487, 490, 495/7, 501, 504, 506. U. S. Geological Survey: 1) Department of the Interior. public. N. 4. 5. 1903. 2) Monographs XLIY, XLY (and Maps), XLYI. 1903. 1904. 3) Bulletin 1901. N. 182. 1902 N. 193. 1903 N. 208-221. 1904 N. 222—232. 4) Professional paper N. 9—23. 28. 1903. 1904. 5) Water-supply paper N. 80 — 95. 1903. 1904. 6) Annual report 24. 25. 1901/02. 1902/03. 7) Mineral resources 1902. U. S. Naval Observatory: 1) Report. 1903. 1904. 2) Publications ser II. Yol. Y. 1903. Smithsonian Institution : 1) Annual report 1902. 2) Annual report 1901 (TT. S. nat. mus.) 1903. 3) Special bulletin 4 p. II. 1902 (U. S. nat. mus.) 1904. Smithsonian contributions to knowledge: 1) Yol. XXIX. 1903. 2) Hodgkins Fund — 1413 — 1903. Smithsonian miscellaneous collections : part of vol. XLIY (1374) 1903 (1417) 1904. Yol. XLY (1410 and 1445) 1903. Yol. 1 p. 1—4. 1904. part of vol. XLYI (1441) vol. XLYII (1467). Süd=Amerika. Buenos- Aires. Direcciön general de estadistica de la provincia de B. A. Boletin mensual. Aho IY N. 38—41. 1903. Ano Y N. 42. 44. 48. Aho YI N. 43. 1904. Montevideo. Museo nacional : 1) Anales ser. II entrega 1. 1904. 2) Anales. Seccion hist.-filosofica. T. 1. 1904. Rio de Janeiro. Observatorio : 1) Boletin mensal. Abril — Junho 1903. 2) Annuario 1904. Anno XX. XLTII Santiago de Chile. Verhandlungen d. deutschen wissenschaftl. Vereins. B. IV, H. 6_ B. V, H. 1. V alpariso 1902, 1904. Asien. Calcutta. Proceedings of the Asiatic society of Bengal. 1903 N. VI— XI. 1904 N. I — V. Taschkent. Publications de l’observatoire astronom. et physique. N. 4. 5. 1904. Tokyo. Universite imperiale: 1) Annales de l’observatoire astronomique. 1894. T. II fase. 1. 1903. T. II fase. 2. 2) Mitteilg. d. medizin. Fakultät. B. VI N. 2. 1903. Supplement der „Mitteilungen d. deutschen Gesellschaft für Natur- u. Völkerkunde Ostasiens“: Geschichte d. Christentums in Japan. 1904. Australien. Melbourne. Report of the trustees of the public library, museums and national gallery of Victoria for 1903. 1904. Europa. Belgien. Brüssel. Aeademie royale des Sciences etc.: 1) Annuaire pour 1904. 2) Bulletin de la classe des sc. 1903 N. 11 et 12. 1904 N. 1 — 11. 3) Memoires. T. LIV fase. 6. 1904. 4) Memoires couronnes et autres memoires T. LXIV 1903. T. LXV fase. 1, 2, 8. T. LXVI. 1904. 5) Memoires couron. et memoires des savants etrangers. T. LXII, fase. 5 — 7. 1904. Societe entomologique de Belgique: 1) Annales. T. XLVII. 1903. 2) Memoires. X, XI. 1903. Bulletin de la societe royale de botanique de Belgique. T. XXXX. 1903. Federation pour la defense des interets beiges ä l’etranger. N. 11. 1904. Librairie ancienne et moderne de Louis de Meulen£ere. Catalogue. N. 99, p. 1. 1904. Liege. Bulletin de la soc. geologique de Belgique. T. XXX. 1002/03. 1904. Dänemark. Kopenhagen. Kongelige Danske videnskabernes selskabs: 1) Oversigt over forhandlinger. 1903. N. 6. 1904. N. 1 — 5. 2) Memoires. 6. ser. sect. des sc. T. XII, N. 4. 7. ser. sect. des sc. T. I, N. 1 — 3. T. II, N. 1—3. 1904. Botanisk Forening: 1) Botanisk Tidsskrift. 26. B., 1—2. H. 1904. 2) Indholdsforfegnelse til botan. tidsskrift. 1. — 25. Bd., meddelelser 1. — 2. Bd. og festskrift 12. Ap. 1890. 1904. Aarboger for nordisk oldkyndighed og historie (kgl. nord. old. selskab.) 1903. II. Bd. 18. Deutschland, Aacheu. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für Aachen. Jahrg. VIII. 1902. Karls- ruhe. 1903. XL IV Annaberg. XI. Bericht üb. d. Annaberg-Buchholzer Verein f. Naturkunde (1898 — 1903). 34. — 38. Geschäftsjahr. 1903. Augsburg. 36. Bericht d. Naturwissensch. Vereins für Schwaben und Neuburg (a. V.), früher Naturhistor. Vereins in Augsburg. Veröffentl. 1904. Berlin. Kgl. preußische Akademie d. Wissenschaften: 1) Sitzungsberichte. 1903. XLI— LIII. 1904. 1—40. 2) Abhandlungen für 1903. Kgl. Preuß geolog. Landesanstalt und Bergakademie: 1) Jahrbuch f. 1901, Bd. 22, H. 4; f. 1902, Bd. 23, H. 3; f. 1903, Bd. 24, H. 1—2. 2) Geolog. Karte v. Preußen u. benachbarten Bundesstaaten. Lfg. 42, 84, 106, 107, 112, 115, 121 nebst Eräuterung u. 2 Beilagen zu d. Flachlandblättern. 3) Tätigkeitsbericht d. Kgl. geolog. Landesanstalt f. 1903. 4) Arbeitsplan d. Kgl. geolog.-Landesanstalt f. 1904. 5) Abhandlungen. N. P. H. 39. 40. 42. 1904. 6) V eröffentlichungen 1904. 7) Abbildungen und Beschreibungen fossiler Pflanzen-Reste. Lfg. II. 1901. Kgl. Preuß. meteolog. Institut: 1) Abliandluugen Bd. II N. 3 u. 4. 1902. 1904. 2) Deutsches meteorolog. Jahrbuch f. 1903. 3) Bericht üb. d. Tätigkeit i. J. 1903. 4) V eröffentlichungen : Sprung & Süring, Assmann-Berson, Sprung, Wilh. y. Bezold. 1899. H. 3. 1903. 1904. Produktionen d. Bergwerke, Salinen u. Hütten d. preußischen Staates i. J. 1903. (Sep.-Abdr.) Berliner Zweigverein d. deutschen meteorologischen Ges. Jahresber. 1890, 1892 bis 1896, 1898—1903 (1903 2 Exempl.) [7., 9.— 13., 15.— 20. Vereinsjahr]. Deutsche entomologische Zeitschrift, herausgegeben v. d. deutschen entomologischen Gesellschaft. Jahrg. 1904. H. 1. Sitzungsbericht der Gesellschaft naturforschender Freunde. Jahrg. 1903. Verhandlungen d. botanischen Vereins d. Provinz Brandenburg. 1903. XLV. 1904. Berlin-Charlottenburg. „Der Orient“. 5. Jahrg. Jahrbuch d. „Deutsch - Österreich. Orientklubs“. 1903. Berlin-Potsdam. Zentralbureau d. internationalen Erdmessung: Resultater af Vandstands-Observationer paa den Norske Kyst. H. VI. Kris- tiania. 1 904. Bonn. Sitzungsberichte der Niederrheinischen Ges. für Natur- und Heilkunde. 1903. I. Hälfte, II. Hälfte. 1903. 1904. Verhandlungen d. naturhistor. Vereins d. preußischen Rheinlande, Westfalens u. des Reg.-Bez. Osnabrück. 60. Jahrg. 1903. 1. Hälfte, II. Hälfte. 1903. 1944. Braunschweig. Jahresbericht d. Vereins f. Naturwissenshaft. IX. 1893/94. 1894/95. 1903. XIII. 1901/02. 1902/03. 1904. Bremen. Abhdlgen. herausgeg. v. Naturwissenschaftl. Verein. XVII. Bd., H. 3. 1903. Deutsches meteorolog. Jahrbuch f. 1903. Jahrg. 14. 1904. Breslau. Schlesische Gesellschaft f. vaterländische Kultur: 1) Hundertjahrfeier. — Geschichte d. Gesellsch. 1904. 2) Festgabe zur 100. Jahrfeier d. Ges. 1903. 3) 81. Jahresber. f. 1903. 1904. Zeitschrift f. Entomologie, herausgeg. v. Verein für schlesische Insektenkunde. N. F. 29. H. 1904. Schlesiens Vorzeit in Bild u. Schrift. N. F. 3. Bd. 1904. XLV Chemnitz. 15. Bericht d. natnrwiss. Gesellschaft. 22. /X. 1899 — BÖ./9. 1903. 1904. Danzig. Jahresbericht d. Allgemeinen Gewerbe- Vereins. 1902/03. Katalog d. Handschriften d. Danziger Stadtbibliothek. Teil 2. 1903. Bericht d. Provinzialkommission für die Verwaltung des Westpreuß. Provinz.-Mus- über ihre Tätigkeit usw. i. J. 1903. Westpreuß. Fischerei -Verein: 1) Mitteilungen. Bd. 16. N. 1 — 4. 1904. 2) A. Seligo: Kurze Belehrung über die Binnenfischerei in Westpreußen. 1904. Kgl. Technische Hochschule: Programm f. d. Studienjahr 1904/05. Darmstadt. Notizblatt d. Vereins f. Erdkunde u. d. Großh. geolog. Landesanstalt. IV. F. 24. H. 1903. Donaueschingen. Schriften d. V. fiir Geschichte u. Naturgeschichte der Bayer, u. d. an- grenzenden Landesteile. X, 1. H. 1904. Tübingen. Dresden. Jahresber. d. Ges. f. Natur- u. Heilkunde. 1902/03. München. 1904. Literatur d. Landes- u. Volkskunde d. Königreichs Sachsen. Nachtrag 4. 1903. Sitzgsber. u Abhdlg. d. naturwiss. Ges. „Isis“. 1903, Juli — Dez. 1904, Jan. — Juni.. Sitzgsber. u. Abhdlg. d. Kgl. sächs. Ges. für Botanik u. Gartenbau „Flora“. N. F. 7. Jahrgang. 1902/03. 1904. Dürkheim a. d. H. 1) Pollichia, naturwiss. V. d. Rheinpfalz. Mitteilungen. LX. Jahrg. 1903. N. 18. 19. Ludwigshafen a. Rh. 1904. 2) Schaefer, Über die StirnwafFen der Zweihufer usw. (Sep.-Abd.) Erfurt. Jahrbücher d. k. Akademie gemeinnütziger Wiss. N. F., H. 30. Festschrift z. Feier d. 150 j ähr. Bestehens d. Akad. 1904. Erlangen. Sitzungsberichte d. physik. -medizin. Sozietät. 1903. H. 35. 1904. Frankfurt a. M. Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft: 1) Bericht. 1903. 1904. 2) Abhand lg. 27. Bd., H. 2, 3. 1903. 29. Bd., H. 1. 1904. Jahresber. d. physikal. Vereins f. d. Rechnungsjahr 1902/03 nebst Beilage : Zurhellen, Darlegung u. Kritik der zur Reduktion photograph. Himmelsaufnahmen aufgest. Formeln und Methoden. 1904. Frankfurt a. O. Helios, Abhdlg. u. Mittig, aus d. Gesamtgebiete der Naturwiss., Organ des naturwiss. Vereins d. Regierungsbez. Frankfurt (Museums-Ges.) 21. Berlin 1904. Frei bürg i. Br. Berichte d. naturforsch. Ges. 14. Bd. 1904. Freienwalde a. 0. Anatole, Zeitschrift für Orientforschung (Belck-Lohmann) H. 1. 1904. Görlitz. Oberlaus. Ges. der Wissenschaften. 1) Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 79. 80. 1903/04: 2) Codex diplomaticus Lusatiae superioris II. Bd. 2. H. 4. (1434 — 1437) Heft 5 (Register). 1904. Abhandlg. d. Natforsch. Ges. 24. Bd. 1904. Göttingen. Nachrichten v. d. Kgl. Gesellschaft d. Wissenschaften: 1) Geschäftl. Mitteilungen 1903 H. 2, 1904 H. 1, 1903/04. 2) Mathemat.-pliysik. Klasse 1903. Heft 6. 1904. 1904. II. 1, 2, 3, 4, 5. Greifswald. 8 Jahresber. d. geographischen Gesellschaft 1900/03. 1904. 144 Stck. Dissertationen d. philos. u. medizin. Fakultät der Univers. 1904. Mitteilg. a. d. naturwiss. Verein f. Neu- Vorpommern u. Rügen 1903. 35 Jahrg.. Berlin 1904. Guben. Niederlausitzer Mitteilungen, Zeitschrift d. Niederlaus. Ges. für Anthropologie u. Altertumskunde. VIII. B. H. 1/4. 5/6. 1904. Güstrow. Archiv d. Vereins d. Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 57. Jahrg. (1903) II. Abt. 58. Jahrg. (1904) I Abt. 1903/04. Halle. Abhandlungen der Kaiserl. Leopoldinischen-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Bd. 80 u. 81. 1903. XLVI Mitteilungen des Vereins für Erdkunde 1904. Jahresschrift f. d. Vorgeschichte d. sächsisch-thüringischen Länder, herausgegeben von dem Provinzial-Museum der Provinz Sachsen. 3. ßd. 1904. Hambur g. Deutsche See warte : 1) Aus dem Archiv der deutschen Seewarte. XXVI. 1903. 2) 26. Jahresbericht über die Tätigkeit der deutschen Seewarte für 1903. 3) 5. Nachtrag zum Katalog der Bibliothek. 1903. 4) Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. H. 12. 1904. 5) Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1902. XXV. 1903. 6) Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im System der deutschen Seewarte für das Lustrum 1896/1900 und für die 25 Jahre 1876/1900. 1904. Verhandlungen des Vereins für naturwiss. Unterhaltung. 1900/03. Bd. XII. 1904. Mitteilungen a. d. naturhistorischen Museum. XX. Jhrg. 1002. XXI. Jhrg. 1903. Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins 1903. 3. Folge XI. 1904. Mitteilungen der mathematischen Gesellschaft. Bd. IV, FI. 4. Leipzig 1904. 2. Bericht des ornithologisch-zoologischen Vereins. 1902/03. Hanau a. M. Bericht der Wetteraui sehen Gesellschaft für die gesamte Naturkunde vom 1. April 1899 bis 30. September 1903. Heidelberg. Verhandl. des naturhistor.-medizin. Vereins. N. F. Bd. 7. H. 3/5. 1904. Jena. Jenaische Zeitschrift f. Naturwissenschaft, herausgegeben von der medizinisch-natur- wissenschaftlichen Gesellschaft. 38. Bd. N. F. 31. Bd. H. 3, 4 und 39. Bd. N. F. 32. Bd. H. 1. 1904. Insterburg. Jahresbericht der Altertumsgesellschaft für das Vereinsjahr 1903. Karlsruhe. Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins. 17. Bd. 1903/04. Kassel. Gesellschaft deutscher Naturforscher und Arzte: 1) Geschäftsbericht des Vorstandes 1903. 2) Verliandlg. üb. 75. Vers. Kassel. Teil I. u. II. (1. u. 2. Hälfte) Leipzig 1904. Abhandlungen und Bericht (XL VIII) des Vereins für Naturkunde über das 67. Vereinsjahr 1902/03. Kiel. 43. Bericht des Schleswig-Holsteinischen Museums vaterländischer Altertümer bei der Universität. 1901. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, herausgegeben von der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere usw. N. F. Abtl. Helgo- land V. Bd. H. 2. VI. Bd. H. 1. u. 2. Kiel u. Leipzig 1904. Königsberg. Oberländ. Geschichtsverein: Conrad, Oberländ. Geschichtsblätter. H. 6. 1904. Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft. 44. Jahrgang. 1903. Landsberg a. W. Verein für Geschichte der Neu mark: 1) Schriften. H. 16. 1904. 2) Vereinsbericht für 1903. 3) Bücher-Verzeichnis der Bibliothek 1904. Landshut (Bayern). 17. Bericht des naturwissensch. (vorm, botan.) Vereins 1900/03. 1904. Leipzig. Verein für Erdkunde: 1) Wissenschaftliche Veröffentlichungen. 6. Bd. 2) Mitteilungen 1903. H. 1. Sitzungsberichte der Naturforschenden Gesellschaft. 28./9. Jahrgang. 1901/02. Berichte d. Verhandlungen d. Königl. sächsischen Gesellschaft d. Wissenschaften: Mathem.-physikal. Klasse. 25. Bd. 1903. N. VI. 26. Bd. 1904. N. I — IV. Lübeck. Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums. 2. Reihe, H. 18 u. 19. 1904, nebst Beiheft: Erdmagnetische Station. H. 6. 1903. Lüneburg. Jahreshefte des naturwiss. Vereins f. d. Fürstentum Lüneburg XVI. 1902/4. Magdeburg. Jahresbericht und Abhandlungen des naturwissensch. Vereins 1902/04. 1904. XL VII Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft: 1) Sitzungsberichte. Jahrgang 1903. 1904. 2) Schriften. Bd. 13. Abt. 5. 1904. Metz. XXIV. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde für das Vereinsjahr 1901/04. 1904. München. Sitzungsberichte d. Gesellschaft für Morphologie und Physiologie. XIX. 1903. H. 1. 2. 1904. Kgl. B. Akademie der Wissenschaften: Sitzungsbericht der mathemat.-physik. Klasse. 1903. H. 4. 5. 1904. H. 1. 2. Verhandlungen der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern. 1903. Bd. 4. (N. F. 1 Bd.). 1904. Nürnberg. Germanisches Nationalmuseum: 1) Anzeiger, Jahrgang 1903. H. 1 — 4 (Januar-Dezember). 2) Katalog der mittelalterl. Miniaturen (Bredt). 1903. Posen. Deutsche Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft. Zeitschrift der naturwiss. Abt. Botanik. X. Jahrg. 2 — 6 H. XI. Jahrg. 1 H. (Entomologie II. Jalirg. 1 H.) H. 2. (Botanik XI. Jahrg. H. 1). 1904. Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen usw. 18. Jahrgang. I. u. II. Halbbd. 1903. Historische Monatsblätter für die Provinz Posen. IV. Jahrg. N. 1—12. 1903. Regensburg. Denkschriften der Kgl. botanischen Gesellschaft. VIII. Bd. N. F. II. Bd. 1903. Schwerin. Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde: 1) Register über die Jahrgänge 41 — 50 der Jahrbücher und Jahresberichte. 1904. 2) Jahrbücher und Jahresberichte. 1904. 69. Jahrg. Stettin. Gesellschaft für Völker- u. Erdkunde. 1902/03. Greifswald 1903. Gesellschaft für pommersche Geschichte u. Altertumskunde: 1) Monatsblätter 1903. N. 1—12. 1903. ' 2) Baltische Studien. N. F. Bd. 7. 1903. Stettiner entomologisclie Zeitung. 65. Jahrg. 1994. H. I. 2. 32. Jahresbericht d. V. zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. 1904. Straß bürg i. E. Gesellschaft z. Förderung d\ Wissenschaften, des Ackerbaues u. der Künste im Unter-Elsaß. Bd. 37. H. 8, 9, 10. Bd. 38. H. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. Deutsches meteorologisches Jahrbuch f. 1900. Beobachtungssystem von Elsaß- Lothringen. 1904. Stuttgart. Kosmos, naturwiss. Literaturbl. von d. Ges. der Naturfreunde. Bd. 1 H. 1 m. Beiblatt 1. 1904. Jahreshefte d. V. f. vaterländ. Naturkunde in Württemberg. 60. Jahrg. und Bei- lage II dazu 7. 1904. Thorn. CoppERNicus-Verein f. Wissenschaft u. Kunst: 1) Jahresbericht XIX/XX. XXI. XXIV. 1875. 1886. 2) Mitteilungen H. 7, 9, 10, 13. 1892. 1894. 1895. 1904. 3) Geschichte d. Copp.-V. in dem 1. halben Jahrh. seines Bestehens. Fest- schrift. 1904. Ulm a. D. Jahreshefte d. Vereins f. Mathematik u. Naturwiss. XI. Jahrg. 1903. Wiesbaden. Jahrbücher d. Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrg. 57. 1904. Würz bürg. Physikalisch-medizin. Gesellschaft: 1) Sitzungsberichte 1903. N. 1 — 8. 2) Verhandlungen. Bd. XXXVI. N. 1—7. 1903. 1904. Frankreich, Bordeaux. Societe des Sciences physiques et naturelles: 1) Memoires. 6. serie. T. III et appendice au t. III. 1903. 2) Proces-verbaux des seances. 1902/03. XL VIII Cherbourg. Mein, de la soc. nationale des sc. natur. et mathematiques. T. XXXIII, fase. 2 1903. Lyon. Memoires de l’acad. des Sciences, belles-lettres et arts. III. ser. T. VII. Lyon-Paris 1908. Annales de la soc. Linneenne. 1902. T. 49, 50. Lyon-Paris 1903/04. Annales de la soc. d’agriculture siences et industrie. VII. Ser. T. 9, 10. 1901/02. Lyon-Paris 1902/03. VIII. ser. T. 1. 1903. Lyon-Paris 1904. Nancy. Bulletin des seances de la societe des Sciences. Ser. III T. IV, fase. III, fase. IV. T. V., fase. I. 1903. 1904. Nantes. Bulletin de la societe des sc. naturelles de l’ouest de la France. Ser. II T. III. 2 — 4 trimestres. 1903. T. IV. 1/2 trimestre. 1904. Paris. Annales des sc. naturelles. VIII. serie. Botanique. T. XVIII. N. 4 — 6. T. XIX. N. 1—6. T. XX. N. 1/4. 1903/04. Bulletin mensuel du bureau central meteorologique de France. 1903. N. 12. Bulletin des publications nouvelles de la librairie Gauthier- Villars. 1904. I. trimestre. Annales de l’observatoire municipal. T. 1. 1900. Keimes. Travaux scientifiques de l’universite. T. II, fase. 1 — 3. 1903. Toulouse. Memoires de l’academie des Sciences. Ser. X. T. II. 1901/02. T. III. 1903. Großbritannien. Belfast. Report and proceedings of tlie B. nat. hist, and philos. society. Session 1902/03. 1903. Cambridge. Philosophical society: 1) Proceedings. Vol XII. p. 4 — 6. 1904. 2) Transactions. Vol. XIX. p. III. 1904. Dublin. The Royal Irish academy: 1) Proceedings. Vol. XXIV. Section A, p. 3, 4. B. p. 4, 5. C. p. 4, 5. 1903* Vol. XXV. Section A. p. 1, 2. C. p. 1—4. 1904. 2) Transactions. Vol. XXXII. Section A. p. 7—10. B. p. 3/4. C. p. 2/3. 1903. 1904. Royal Dublin society : 1) The economic proceedings. Vol. I. p. 4. 1903. 2) The scientific proceedings. Vol. X. (N. S.) p. 1. 1903. 3) The scientific transactions. Vol. VIII. Nr. 1 — 5. 1903. London. The Royal society: 1) Proceedings. Vol. LXXII and LXXIII. Nr. 485—496, 497—502. 2) Philos. transactions. 1904. Ser. A. vol. 203, 204. Ser. B. vol. 196, 197. 3) Obituary notices of fellows of the roy. soc. P. I — III. 1904. Manchester. Memoirs and proceedings of the Literary and philos. society. Vol. 48. p. 1—3. 1903/04. Holland. Amsterdam. Königliche Akademie der Wissenschaften: 1) Jaarboek 1903. 2) Zittingsverslagen Afd. Naturkunde Th. XII. 3) Verhandelingen Afd. Naturkunde 1. Sect. Dl. VIII, N. 6 u. 7. 4) Verhandelingen Afd. Naturkunde 2. Sect. Dl. X, N. 1 — 6. 1093/04. Koninklijk Zoologisch Genootscliafs „Natura Artis Magistra“ : Biydragen tot de Dierkunde 17/18 Afl. Leiden 1893 — 1904. Haarlem. Archives Neederlandaises des scienses exactes et naturales. Seriell. Tome VIII. Livr. V. T. IX. L. 1—5. La Haye 1903. Archives du Musee Teyler. Serie II vol. VIII p. 4. 5. Vol. IX. p. 1. 2. Fondation Teyler: Catalogue de la bibliotheque. T. III. 1888 — 1903. XLIX Leiden. Tyidsckrift d. Nederlandsche Dierkundige Yereeniging. 2. Ser. Seel. VIII. Afl. 2. 1903. Universität: 4 Doktordissertationen. 1904. Rotterdam. Programme de la societe batave de pliilosophie experimentale. 1904. Italien. Catania. Bollettino delle sedute della accademia gioenia: Dicembre 1903. Fase. LXXIX. 1904. Febbraio 1904. Fase. LXXX. 1904. Maggio 1904. Fase. LXXXI. 1904. Luglio 1904. Fase. LXXXII. 1904. Florenz. Pubblicazioni del r. istituto di studi super, pratici e di perfezion: 1) Sezione di medicina e chirurgia. (Ferdinando Livini.) 1897. 2) Laboratorio di patologia generale. (Galeotti e Polverini.) 1898. 3) Sezione di scienze fisiclie e naturali. (Oreste Mattirolo.) 1899. Bollettino dell’osservatorio di Quarto -Castello. Mugello 1903. Mailand. Atti della societa italiana di scienze naturali e del museo civico di storia naturale. Vol. XLII, fase. 4. Yol. XLJII, 1, 2, 3. 1904. Neapel. Mitteilungen aus der zoologischen Station. 17. Bd. 1/2 H. Berlin 1904. Padova. Atti della accademia scientifica veneto-trentino-istriana. N. S. Anno 1, fase. 1. 1904. Pisa. Atti della societa toscana di scienze naturali: 1) Processi verbali. Yol. XIY. 1903/05. N. 1—5. 1904. 2) Memoire. Yol. XX. 1904. Verona. Atti e memorie dell’accademia d’agricoltura scienze lettere arti e commercio. Ap- pendice al vol. III. Ser. IV. 1903. Ser. IY, vol. IV. 1903/04. Luxemburg. Luxemburg. „Fauna“, Verein L. Naturfreunde: Mitteilungen aus den Vereinssitzungen. 13. Jakrg, 1903. Publications de l’institut Grand-Ducal de Luxembourg. (Section des sc. natur. et matkem.) Tome XXYII (B.) 1904. Österreich=Ungarn. Brünn. Zeitschrift des Mährischen Landesmuseums. 4. Bd. H. 1. u. 2. 1904. Naturforsch. Verein: 1) Verhandlungen. XVI. Bd. 1902. 1903. 2) XXI. Bericht d. meteorologischen Kommission. Ergebnisse von 1901. 1903. Budapest. Rovartani Lapok. X. köt., füz. 10. XI. köt, füz. 1 — 9. 1903. 1904. Mathematikai es termeszettudomänyi ertesitö. XXI. kötet, fiizet 5. XXII. köt., füz. 1—4. 1903. 1904. Annales historico-naturales Musei nation. Hungarici. Vol. 1. 1903. p. 2. Vol. II. 1904. p. 1. 2. K. Ungar, geologische Anstalt: 1) Földtani Közlöny (geologische Mitteilungen). XXXIII. köt., füz. 10/12. XXXIV. köt., füz. 1-10. 1903. 1904. 2) Jahresbericht für 1901. 1903. 3) 4. Nachtrag zum Katalog der Bibliothek usw. 1802 — 1896. 1897. 4) A magyar kir. földtani intezet kiadvanyai. (Publikationen.) Halavants Gyula. 1904. 5) Erläuterungen zur agrigeologischen Spezialkarte der Länder der ungarischen Krone: Die Umgebung von Magyarszölgyen usw. 1904. 4 L A cademie hongroise : 1) Rapport sur les travaux en 1903. 1904. 2) Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. 17. — 19. Bd. 1899/1901. Leipzig. 19. Bd. 1901. 1903. 1904. Aquila, a magyar madärteni központ folyöirata. VII. 1900. N. 1; VIII. 1901. N. 1—4; IX. 1902. N. 1—4 u. Suppl. X. 1903. N. 1-4. Graz. Mitteilungen des Vereins der Ärzte in Steiermark. 40. Jahrg. 1903. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Jahrg. 1903. H. 40. 1904. Iglo. Jahrbuch des ungarischen Karpatenvereins. XXXI. Jahrg. 1904. Innsbruck. Berichte des naturwissenschaftl.-medizinischen Vereins. XXVIIE. Jahrg. 1902/03. Klagenfurt. Carintliia II. Mitteilungen des naturhistorischen Landesmuseums für Kärnten 93. Jahrg. N. 6. 1903. 94. Jahrg. N. 1-5. 1904. Krakau. Rozprawy matemat. T. 43. A. 1. B. 1993. (Kaiser!. Akademie d. Wissenscli.). Leipa. Mitteilungen des nordböhmischen Exkursions-Klubs. 26. Jahrg. 4. H. 27. Jahrg. I. — 4. H. 1903. 1904 u. Beiblatt (v. Zimmermann, Über die Bildung v. Ortstein usw.) Linz. 62. Jahresbericht des Museums Francisco-Carolinum 1904. 33. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde in Österreich ob der Enns. 1904. Prag. Königlich Böhmische Gesellschaft der Wissenschaft: 1) Jahresbericht für 1903. 1904. 2) Sitzungsberichte. Mathem.-nat. Klasse. 1903. Sitzungsberichte des deutschen naturwiss.-medizin. Vereins für Böhmen ,, Lotos“. Jahrg. 1903. N. F. 23. Bd. 55. Bericht der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten. 1903. 1904. Magnetische und meteorologische Beobachtungen an der k, k. Sternwarte im Jahre 1903. 64. Jahrg. Listy Chemicke. Rocnik XXVII, N. 1—10. XXVIII, N. 1. 1903. 1904. Preß bürg. A orvos-termeszettud. egyesiilet közlemenyei. 1903. Uj folyam XV. köt. 1904. Reichenberg. Mitteilungen aus dem Verein der Naturfreunde. 35. Jahrg. 1904. Trencsen. Jahresheft des naturwissenschaftlichen Vereins des Tr. Komitates. 1902/03. XXV./XXVI. Jahrg. 1904. Turin. Accademia reale delie scienze: 1) Memoria — anno 1900/01, 1901/02, 1902/03, 1903/04. 2) R. osservatorio : 2 nota del Balbi. 1902. 1903. 3) Carnera, Le condizioni climatiche de Torino neiranno 1899. 1900. Wien. K. k. zoologisch. -botanische Gesellschaft: 1) Verhandlungen. Bd. 53, H. 10. 2) Abhandlungen. Bd. II, H. 3 u. 4. 1904. K. k. geologische Reichsanstalt: 1) Verhandlungen. 1903. N. 1—18. 1904. N. 2—12. 2) Jahrbuch 1903. LIII. Bd., H. 2—4. 1904. LIV. Bd., H. 1. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften: 1) Sitzungsberichte. Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Abteilung I, CXI. Bd., 10. H. 1902; CXII. Bd, l.— 3. H. 1903; Abteilung Ha, CXII. Bd, 1.— 6. H. 1903; Abteilung II b, CXII. Bd, 1—6. H. 1903. 2) Mitteilungen der Erdbeben-Kommission. N. F. Nr. 14 — 21. 1903. Bericht über das 27. und 28. Vereinsjahr 1900/01 und 1901/02 des Vereins der Geographie an der Universität. 1903. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins an der Universität. 1904. Nr. 1—8. Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums. 1903. Bd. XVIII, Nr. 4. 1904. Bd. XIX, Nr. 1. LI XIY. Jahresbericht des Wiener entomologischen Vereins. 1903, Jahrbücher der k. k. Zentral- Anstalt für Meteorologie und Erd magnetismus. Offizielle Publikation. 1902. N. F. XXXIX. Bd. 1904. Zagreb (Agram). Glasnik hovatskoga naravoslovnoga drustva. XIY, 1/2. XY, 1 — 3. 1903. 1904. Portugal. Lissabon. XY. Congres international de medecine. Bulletin official. N. 4. Rußland. D or p a t. Naturforscher-Gesellschaft : 1) Sitzungsberichte. 1902. XIII. Bd., H. 2. 1903. 2) Schriften. N. XTI. 1903. Helsingfors. Societas pro fauna et flora Fennica: 1) Meddelanden 28 (1901/02). 2) Acta 21—23 (1901/02). Catalogue photographique du Oiel: Zone de Helsingfors. Ser. I, vol. IY. 1903. Kasan. OBUl,ECTßA ECTECTBUHCIIBITATEJIEM : 1) TPyilbl. tomt> XXXYII, 1—6. 1903. 2) nPOTOKOnbl 1902/03. 1904. Kiew. 3AIIHCKH KlEBCKArO OEIUECTBA ECTECTBOHCnblTÄTEJIEH. tomt, XVIII. 1904. Moskau. Bulletin de la societe imperiale des naturalistes. 1902. 1903. N. 2/3, 4. 1904. N. 1. No vo- Al exandria. Annuaire geologique et mineralogique de la Russie. Yol. YI, livr. 7 — 10. VII, 1—3. 1904. Riga. Korrespondenzblatt des Naturforscher -Vereins. XLVII. 1904. St. Petersburg. Acta horti Petropolitani. T. XXI, fase. III. T. XXII, fase. I, II. T. XXIII, fase. I, II. 1904. Comite geologique: 1) Bulletins. XXII, 1—4 10. 1903. 2) Memoires. N. s., livr.’ 5-13. 1903. Yol. XIX, N. 2. 1902. Vol. XY, 1. 1903. Yol. XIII, N. 4. 1903. Memoires de l’academie imperiale des Sciences. VIII. Serie, vol. 13, N. 6; vol. 14, N. 1—10; vol. 15, N. 1—11; vol. 16, N. 1—3. 1903/04. Schweden-Norwegen. B er gen. Museum : 1) An account of the Crustaeea of Norvay. (Sars.) Yol. Y, p. 1 — 6. 1903. 2) Aarbog 1903. H. 3. 1904. H. 1, 2. 1904. 3) Aarsberetning for 1903. 1904. Kristiania. Universite Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. (Helland.) 1901/03. Bd. 23, 1—4; Bd. 24, 1—4; Bd. 25, 1—4. Foreningen til norske fortidsmindesmaerkers bevaring. Aarsberetning for 1903. Lund. Lunds Universitets Ars-skrift. XXXVIII. 1902. Andra Afdelningen. Meddelanden frän L. astronomiska Observatorium. N. 20 — 24. 1904. Stavanger. Museum: Aarshefte för 1903. 14. Aargang. 1904. Stockholm. Academie royale suedoise (k. svenska vetenskapsakademien): 1) Handlingar. (Memoires.) Bd. 37, 4—8; Bd. 38, 1—5. 2) Meteorolog. jakttagelser i Sverige. Bd. 34 — 45. 3) Astronom, jakttagelser och undersökningar a St. Observatorium. Bd. 8, N. 1. 1903. 4) Arsbok för 1904. 4* LII 5) Arkiv för botanik, Bd. I, 4; Bd. II, 1 — 4; Bd. III, 1 — 3. 1904 6) — — matematik, astronomi och fysik, särtryk. Bd. 1. 1904. 7) — — kemi, mineralogi och geologi. Bd. 1, H. 2. 1904. 8) — — zoologi. Bd. I, H. 3 u. 4. 9) Les prix nobles en 1901. 1904. Kongl. vitterhets historie och antiquitets akademiens mänadsblad. 1898/99. 1901/02. 1904. Nordiska museet: 1) Meddelanden. 1902. 2) Skansens zoologi ska trädgärd. 1903. Entomologisk tidskrift. Arg. 24, H. 1 — 4. 1903. Geologiska foreningens I. Förliandlingar 25. 1903. Sveriges offentliga Bibliothek: Stockholm, Upsala, Lund, Göteborg, Accessions- Katalog 16. 1901. 1902/03. Trondhjem. Det kongelige norske videnskabers selskabs skrifter. 1903. 1 — 7. 1904. Upsala. Egl. Universit. Bibliothek: Jägerskiöld, Results of the Swedish zoolog. expedition to Egypt and the White Nile. 1901. pt. 1. 1904. Schweiz. Basel. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. Bd. XV, H. 2, 3. 1904. Jahresverzeichnis der schweizerischen Universitäten. 1903/04. Bern. Berichte der Schweizerischen botanischen Gesellschaft. H. 13. 1903. Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft aus dem Jahre 1903. N. 1551 bis 1564. 1904. Chur. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. N. F. XLVI. Bd. 1902/03 u. 1903/04. 1904. Genf. Memoires de la societe de physique et d’histoire naturelle. Vol. 34, fase. 4. 1904. Locarno. Atti della societä elvetica di sciense naturali. 86. sess. Zurigo 1904. Neuchatel. Bulletin de la societe Neuchateloise des Sciences naturelles. T. XXVIII. 1899/1900. St. Gallen. Jahrbuch der St. Gallischen naturwiss. Gesellschaft für 1901/02. 1903. Winterthur. Mitteilungen der Naturwiss. Gesellschaft. H. V. Jahrg. 1903 u. 1904. Zürich. Vierteljahrsschrift der Naturforsch. Gesellschaft. 1903. 48. Jahrg., 3./4. H. 1904. 49. Jahrg., 1./2. H. 1904. Physikalische Gesellschaft: Mitteilungen. 1903. II. Geschenke: Von den Herren Verfassern. Arendt, Th., Zur Gewitterkunde in Nord- und Mitteldeutschland. (Sep -Abdr.) Assmann, Die Temperatur der Luft über Berlin in der Zeit vom 1. X. 1902 bis 31. X. 1904. Berlin 1904. Freiherr von und zu Aufsess, Die Farbe der Seen. (Dissert.) München 1903. Bail, Eine Käfer vernichtende Epizootie und Betrachtungen über die Epizootie der Insekten im allgemeinen. (Sep.-Abdr.) Berlin 1904. — Neuer methodischer Leitfaden für den Unterricht in der Zoologie. 12. Aufl. Leipzig 1905. Bischoff, K., Die Bedeutung des Brennereigewerbes für Westpreußen. (Dissert.) Leipzig 1904. v. Bockelmann, A., Wirtschaftsgeographie von Niederländisch-Ostindien. (Angewandte Geographie, 2. Serie, H. 2). Halle a. d. S. 1904. Boulanger, E., Germination de l’ascospore de la Truffe. Rennes-Paris 1903. LIII Cohn, H., Über die Notwendigkeit von Schul- Augenärzten in Breslau. (Sep.-Abdr.) — Über Schulaugenärzte. (Sep.-Abdr.) — Hygienische Sektion der schlesischen Gesellschaft in Breslau. (Sep.-Abdr.) Conwentz, Denkschrift über die Erhaltung der Naturdenkmäler. Berlin 1904. Deecke, W., Geologische Miscellen aus Pommern. (Sep.-Abdr.) — Das Miocän von Neddemin (Tollensethal) und seine sibirischen Gerolle. (Sep.-Abdr.) — Säugetiere aus dem Diluvium und Alluvium der Provinz Pommern. Mit 1. Tafel. Greifswald 1904. — 2 Separat-Abdrücke meteorologischen Inhalts. — Das skandinavische Erdbeben vom 23. X. 1904 und seine Wirkungen usw. (Sep.-Abdr.) Greifswald 1904. Elias, C., Beiträge zur Kenntnis der Diphenylenglycolsäure. (Dissert.) Königsberg 1904. Friedländer & Sohn, Bericht über ihre Yerlagstätigkeit. 1903. N. L. Berlin. Haeckel, Stammesgeschichte des Menschen. 2 Bd. Leipzig 1903. — Kunstformen der Natur. Lief. 10, 11. (Suppl.) (Zugleich Geschenk des Bibliograph. Instituts Leipzig). Hall, A., Determination of the aberration constant from zenith distances of polares etc. (Transaction.) Michigan 1904. Hallock, M., Greenewalt, Pulse and rhythm. (Sep.-Abdr.) Jentzsch, A. u. Michael, J., Über die Kalklager im Diluvium bei Zlottowo in Westpreußen. (Sep.-Abdr.) Berlin 1902. Klose, H., Die alten Stromtäler Vorpommerns, ihre Entstehung, ursprüngliche Gestalt usw. Greifswald 1904. Klunzinger, Entgegnung auf Nüsslin’s Ausführungen in der Gangfisch- usw. Frage vom September 1903. (Sep.-Abdr.) — Zum Andenken an f Dr. med. Wilhelm Stendel. (Sep.-Abdr.) Kollm, H., Verhandlung des 14. Deutschen Geographentages zu Cöln am 2./4. Juni 1903. Berlin 1903. Lietzau, W., Beiträge zur Kenntnis der disruptiven Entladung. Freiburg 1904. Lohest, M., Habets, A. et Forir, H., La geologie et la reconnaissance du terrain Houiller du Nord de la Belgique. Liege 1904. Lorenz, H , Die spezifische Wärme des überhitzten Wasserdampfes. (Sep.-Abdr.) Leipzig 1904. Ludwig, Fr., Die Milbenplage der Wohnungen, Entstehung und Bekämpfung. (Naturwissen- schaftlich-pädagogische 4bhandlung. Bd. I, H. 9.) Leipzig-Berlin 1904. Möbius, K., Die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet. (Sep.-Abdr.) Neumann, L. : Franz Neumann, Erinnerungsblätter. Tübingen-Leipzig 1904. Pincus, L., Belastungslagerung. Wiesbaden 1905. Polis, Ergebnisse der Niederschlags-Registrierungen von Aachen. (Sep.-Abdr.) Reinicke, Vierteljahrskarte für die Nordsee und Ostsee. Winter 1903/04. Schmidt, Gebrauchsfertige Nährklystiere. (Sep.-Abdr.) Schmoeger, M., Bericht über die Tätigkeit der Versuchs- und Samenkontroll-Station der Landwirtschaftskammer für die Provinz Westpreußen zu Danzig 1903/04. Schräder, 1903, Neu-Guinea-Kalender. (18. Jahrg.) Berlin 1902. Schubert, J., Der Wärmeaustausch im festen Erdboden, in Gewässern und in der Atmosphäre. Berlin 1904. — Die Witterung in Eberswalde im Jahre 1903. Berlin 1904. Schwab, P. F., Über das phototechnische Klima von Kremsmünster. (Sep.-Abdr.) Wien 1904. -Speiser, P., Insekten als Krankheitsüberträger. (Sep.-Abdr.) — Typenuntersuchungen an Hippobosciden. (Sep.-Abdr.) — 3 palaearktische Hippobosciden. (Dipt.) ' (Sep.-Abdr.) — Die Hemipterengattung Polyctenes Gigl und ihre Stellung im System. (Sep -Abdr.) LIV Treptow, E., Der altjapanische Bergbau und Hüttenbetrieb, dargestellt auf Rollbildern. Freiberg i. S. 1904. Zölss, B., Beiträge zur Kenntnis der atmosphärischen Elektrizität. XIII. Messungen der Elektrizitätszerstreuung in Kremsmünster. (Sep.-Abdr.) XI V. Messungen des Potentialgefälles in Kremsmünster. (Sep.-Abdr.) Wien 1903. Vom Kgl. Preuß. Kultusministerium, Berlin. Conwentz, H., Naturdenkmäler. Denkschrift. Berlin 1904. Vom Kgl. Preuß. Ministerium der Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Landwirtschaftliche Jahrbücher, XXXII. Bd., H. 5/6 und Ergänzungsband III; XXXIII Bd.,. H. 1 — 6, 1904 und Ergänzungsband I. Vom Kgl. meteorologischen Institut Berlin. Schmidt, Archiv des Erdmagnetismus. H. 1. Potsdam 1903. Von den botanischen Staatsinstituten zu Hamburg. Jahresberichte der Hamburger botanischen Staatsinstitute für 1902. Beihefte zum Jahrbuch der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten. XIX., 1901, N. 2” (Hamburger Elb-Untersuchung) und XX., 1902, N. 3 (Mitteilungen aus den botanischen Staatsinstituten in Hamburg). Voigt, A., Die botanischen Institute der Freien und Hansestadt Hamburg 1901. Voigt, A„ Heinsen, E., Sadebeck, R., Je 1 Separat-Abdruck botanischen Inhalts. Hallier, H., 8 Separat-Abdriicke botanischen Inhalts. Von der Stadtbibliothek in Danzig. Günther, Katalog der Handschriften der Danziger Stadtbibliothek, 2. Teil. 1903. Von Herrn Professor Conwentz, Direktor des Westpreuß. Provinzial = Museums. 24. amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistörischen, archaeologischen und ethno- logischen Sammlungen des Westpreuß. Provinzial-Museums für 1903. Danzig 1904. Von der Verlagsbuchhandlung Engelmann, Leipzig. A. Engler, Botanische Jahrbücher, 33. Bd. 1904. Vom Herrn Hintze, Landeshauptmann der Provinz Westpreußen. Brunatti (Köstlin), Die Entbindungs-Lehranstalt von Westpreußen bis zum Jahre 1825. (Sep.-Abdr.) 2 Exemplare. Von Herrn Konsul Jörgensen. Gustav Sundbarg, Sweden, its people and its industry. Stockholm 1904. Von der Verlagsbuchhandlung A. W. Kafemann, Danzig. Dorr, R., Mikroskopische Faltungsformen. Danzig 1904. Technische Hochschule in Danzig, Eestschrift zur Eröffnung am 6. X. 1904. Von Herrn Luks, Assistent der landwirtschaftlichen Verbands=Station. Goldfuss, Naturhistorischer Atlas, nebst den ausführlichen Erläuterungen. Düsseldorf 1826.. LY Von Herrn Kommerzienrat Münsterberg, Danzig. Hugo Münsterberg, Die Amerikaner. 2 Bände. Berlin 1904. Von Herrn Dr. P. Speiser, Bischofsburg. Arthur Lusrssen, Beiträge zur Biologie des Influenzabacillus. III. Angekauft wurden folgende Werke: a) Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. Altpreußische Monatsschrift; Bd. XXXXI. American Journal. Vol. XVI, XVII. Biologisches Centralblatt. Bd. XXIV. Comptes rendus. T. 138 — 139. Gaea. Jahrg. 1904. Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch, X. Bd., Lief. 13, 14. IV. Bd., 1. Abt., 3. Teil, Lief. 5. Leipzig 1904. „Himmel und Erde“, populäre Monatsschrift. XVI. Jahrg. Naturwissenschaftliche Rundschau. 19. Jahrg. Naturae novitates. (Friedländer.) Jahrg. 1904. b) Physikalisch=chemischen Inhalts. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 37. Jahrg. Curie, S. Radioaktive Substanzen. Braunschweig 1904. Elektrotechnische Zeitschrift. Bd. 25. Generalregister der Elektrotechnischen Zeitschrift 1890 — 1902, herausgegeben vom Elektro- technischen Verein. Berlin 1904. Y. Helmholtz, Vorträge und Reden. 2 Bände. Braunschweig 1903. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie usw. 1895, H. 11 ; 1898, H. 7 — 10 ; 1899, H. 1—8; 1903, H. 1—5. General-Register 1887—1896, I. Teil, H. 1—2; 1904. Marckwald, Über Becquerelstrahlen und radioaktive Substanzen. Berlin 1904. Sammlung chemischer und chemisch-technologischer Vorträge. Bd. 9. Zeitschrift für Instrumentenkunde. Jahrg. 24. c) Astronomischen und meteorologischen Inhalts. Astronomische Nachrichten. Bd. 164 — 168. Berliner astronomisches Jahrbuch für 1906, mit Angaben für die Oppositionen der Planeten (1)— (485) für 1904. Berlin 1904. Pernter, Julinek’s Psychrometertafeln, erweitert und vermehrt von J. Hann, neu heraus- gegebeben und mit Hygrometertafeln versehen. Leipzig 1903. „Das Wetter“. 21. Jahrg. Mitteilung der Vereinigung von Freunden der Astronomie. XI V. Jahrg. „Sirius“, Zeitschrift für populäre Astronomie. Jahrg. 1904. d) Botanisch=zoologischen Inhalts. Botanisches Centralblatt. Bd. XCII. Botanische Beihefte. Bd. 16 — 17. Botanischer Jahresbericht 1902 II, 1903 I, II. H. G. Bbonn’s Klassen und Ordnungen des Tierreiches. 6. Bd., 1. Abt. Pisces 13. — 15. Lief.; 4. Bd. Würmer 63. /64. Lief. Leipzig 1904. LVI Drude, Der Hercynische Fiorenbezirk. (Die Vegetation der Erde VI). Leipzig 1902. A. Engler, Das Pflanzenreich. 19. Lief. (IV, 61); 20. Lief. (IV, 46). Leipzig 1904. Engler- Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien. 219. Lief., 220. Lief. Leipzig 1904. Haberlandt, Sinnesorgane im Pflanzenreich. C. Keller, Das Leben des Meeres. Leipzig 1895. — Naturgeschichte der Haustiere. Berlin 1905. Knuth, P., Grundriß der Blüten-Biologie. Kiel-Leipzig 1894. L. Babenhorst’s Kryptogamen-Flora. Laubmoose 41. Lief.; Pilze Lief. 92 — 94. Leipzig 1904. Wallace, Der Darwinismus. Braunschweig 1891. Warnstorf, Leber- und Torfmoose. Leipzig 1903, Weber, Über die Vegetation und Entstehung des Hochmoors von Augstumal im Memeldelta. Berlin 1902. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 76 — 78. Zoologischer Anzeiger. Bd. 27. e) Anthropologisch=ethnographischen Inhalts. Archiv für Anthropologie. Bd. 30. Anthropologische Gesellschaft, Mitteilungen. 34. Bd., H. 1 — 5. 1903. 1904. Hoernes, Der diluviale Mensch in Europa. Braunschweig 1903. Internationales Archiv für Ethnologie. Bd. XVII. Zeitschrift für Ethnologie. 36. Jahrg. f) Geographischen Inhalts. Cook, Die erste Südpolarnacht 1898/99. (Übersetzung ins Deutsche.) Kempten 1903. Geographische Zeitschrift. (Hettner.) Jahrg. 10. Forschungen zur deutschen Landes- und Völkerkunde. -15. Bd., H. 2 — 5. Stuttgart 1903. „Globus“, Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde, 84. Bd. g) Mineralogischen, geologischen und paläontologischen Inhalts. 'Centralblatt für Mineralogie, Geologie usw. Jahrg. 1904. Kayser, Lehrbuch der allgemeinen Geologie. Stuttgart 1893. — Lehrbuch der geologischen Formationskunde. Stuttgart 1902. Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1904. I, II. Beilageband XVIII, XIX. h) Medizinischen Inhalts. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1904. LVIII Jahresrechnung der N aturfor sehen den Einnahme. Bestand am 1. Januar 1904 . . Resteinnähme aus 1903 I. Grundstücks-Miete usw II. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken III. Beiträge von Mitgliedern IV. Pr o vinzial-Zu schuß Y. Yerkauf der Gesellschaftsschriften . . YI. Insgemein YII. Ertrag von Yorträgen YIII. Rückzahlung einer Hypothek A. Allgemeine Jt. & 3 634 98 1 034 95 1 144 40 3 690 — 2 000 — 29 — 198 35 393 32 600 — 12 725 — 1 884 98 | 1 750 — j B. Wolff’sche I. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken 1 822 — II. Zuschuß des Herrn Ministers und der Provinzial-Kommission 730 — III. Erstattung von Auslagen der Werkstatt 62 60 IY. Fehlbetrag zu decken 1904 512 48 3 127 08 C. Verch’sche Bestand am 1. Januar 1904 5 04 Zinsen 577 50 582 54 D. Humboldt- 495 56 .... 567 75 .... 279 65 .... 11 60 ... 8 400 — 9 754 50 E. Bau- 434 27 4 800 — 5 234 27 F. Fonds für das neue Bestand am 1. Januar 1904 106 93 Zinsen 307 50 411 -i3 G. Masse des phy= Bestand am 1. Januar 1904 — 59 I. Zinsen . 3 50 II. Von der Allgemeinen Kasse Zuschuß . . . 200 — “ 204 09 Bestand am 1. Januar 1904 . Vom Depositenkonto erhoben Bestand am 1. Januar 1904 I. Zinsen: a) laufende b) außerordentliche Zinsvergütung II. Geschenke III. Zurückgezahlte Hypothek LIX Gesellschaft für das Jahr 1904. Ausgabe. Kasse. M. % I. Gehälter und Remunerationen 573 60 II. Grundstück 1 013 36 III. Sitzungen und Vorträge 1024 55 IV. Bibliothek: 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder 1 673 49 2. Gehälter 600 00 3. Zu den Vorarbeiten für einen neuen Katalog 100 00 4. Zur Verfügung des Vorstandes — 5. Feuer- Versicherung 152 80 2 526 29 V. Bruck d. Gesellschafts-Schriften : a) für d. laufende Heft d. Schriften 3 100 30 b) für den neuen Katalog, I. Band 975 30 4 075 60 VI. Porti und Anzeigen 71 05 VII. Erhaltung des Inventars 38 90 VIII. Insgemein 1 348 06 IX. Physikal-Kabinett . 200 — Barbestand 1 853 59 12 725 — Stiftung. Fehlbetrag aus 1903 874 — I. Gehalt des Astronomen 1 100 — II. Astronomische Station 1 153 08 3 127 08 Stiftung. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek 477 14 Barbestand 105 40 ~~ 582 54 Stiftung. I. Stipendien (einschl. Porto) , 601 40 II. Ankauf von 8400 Jl. 3V2 % Danziger Stadt- Anleihe 8 359 60 Barbestand 793 56 ~~ 9 754 56 Fonds. Ausbesserung des Nordgiebels, Schlußabrechnung 4 639 37 Barbestand 594 90 5 234 27 Conwentz’sche Werk. Barbestand 414 43 sikalischen Kabinetts. Zur Sparkasse 200 — Barbestand . 4 09 " 204 09 LX Vermögensbestand am 1. Januar 1905. I. A. Allgemeine Kasse. u ( I. Das schuld enfreie Grundstück Frauen gasse 26 31 950 — II. Wertpapiere 7 125 50 III. Hypotheken 11 200 — IV. Barbestand 1 853 59 52 129 09 B. Wolffsche Stiftung. I. Wertpapiere 7 439 — II. Hypotheken 31 900 — 39 339 — hiervon ab Fehlbetrag der Rechnung 1904 512 48 38 826 52 C. Verch’sche Stiftung. I. Wertpapiere 1455 — II. Hypotheken 10 500 — III. Barbestand 105 40 12 060 40 D. Humboldt=Stiftung. I. Wertpapiere 13 950 — II. Barbestand 793 56 14 743 56 II. Folgende Massen, deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. 1. Bau-Fonds: Barbestand 594 90 2. Für das neue CONWENTZ’sche Werk; I. Hypothek . 3 400 — II. Wertpapiere 1 466 25 III. Barbestand 414 43 5 280 68 3. Für das physikalische Kabinett . . . 537 63 m. In Rest gestellt zur Verrechnung in 1905 bei der Allgemeinen Kasse 1 950 — LXI A. Mitglieder- V erzeichnis der N aturfor sehenden Gesellschaft zu Danzig*. 1. April 1905. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit: Ascher son, P., Dr., Geheimer Regierungsrat, Prof, an der Universität in Berlin (Korresp. Mitglied 1893) .... 1904 Bail, Dr., Prof., in Danzig (Ordentl. Mit- glied 1863) 1894 Dohm, Anton, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rat, Direktor der Zoologischen Station in Neapel (Korresp. Mitglied 1876) . 1897 v. Drygalski, E., Dr., Professor an der Uni- versität in Berlin (Korresp. Mit- glied 1897) 1904 v. Redin, Sven, Dr., in Stockholm (Korresp. Mitglied 1898) 1903 Lissauer, Dr., Prof., Sanitätsrat, in Berlin (Ordentliches Mitglied 1863) . . . 1892 Ehrenmitglied seitr Möbius , K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, Direktor des Königl. Zoologischen Museums in Berlin (Korresp. Mit- glied 1871) 1893 v. Neumayer, Dr., Prof., Wirkl. Geheimer Rat. in Neustadt a. Haardt (Pfalz a. Rh.) Hohenzollernstraße 9 (Korresp. Mit- glied 1880) 1893 Oehlschläger, Dr. med,, in Danzig (Ordent- liches Mitglied 1867) 1904 v. Richthofen, Ferdinand, Freiherr, Dr., Prof., Geh. Reg.-Rat, Direktor des Instituts für Meereskunde in Berlin 1903 Semon, Dr., Geh. Sanitätsrat, in Danzig (Ordentliches Mitglied 1853) . . . 1898 II. Korrespondierende Mitglieder» Korresp. Mitglied seit: Ahrens , F., Dr., Prof, an der Universität in Breslau 1901 JBerendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrat, Landesgeologe a. D., in Berlin . . 1893 Bezzenberger , Dr., Geh. Regierungsrat, Prof, an der Universität in Königs- berg i/Pr 1894 Branco, Dr., Geb. Bergrat, Professor an der Universität in Berlin 1903 Buchenau, Dr., Prof., Gymnasial-Direktor a. D., in Bremen 1889 Cohn, Hermann . Dr., Professor, Geheimer Medizinalrat in Breslau .... 1880 Conwentz, Dr., Professor, Direktor des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) 1878 Deecke, Dr., Professor an der Universität in Greifswald 1898 Korresp. Mitglied seit: Dorr, Dr., Prof., in Elbing 1898 v. JFlansz, Superintendent in Marienwerder 1901 Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül- hausen im Elsaß 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock 1897 Grempler, Dr., Prof., Geheimer Sanitätsrat, in Breslau 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Dozent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medizinalrat in Hildesheim 1877 Uaeckel, Dr., Hofrat, Professor an der Universität in Jena 1868 J acobsen, Emil, Dr., Chemiker in Char- lottenburg bei Berlin 1870 Jentzsch, Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880' LXII Korresp. Mitglied seit : Kehding, Konsul in Radebeul bei Dresden 1894 Klein , Herrn., Dr., Prof., in Köln . . .1873 Klunzinger, C. B., Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart 1875 Kol Im, Georg, Hauptmann a. D., General- sekretär der Gesellschaft für Erd- kunde in Berlin 1893 JLemcke, Dr., Professor, Gymnasial-Direktor in Stettin . 1898 Liebeneiner, Forstmeister a. D., in Oliva bei Danzig 1893 Ijudwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Luerssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr 1893 Magnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin 1893 Mestorf, Fräulein Johanna , Prof., Direktor des Kgl. Museums vaterländischer Altertümer in Kiel 1899 Meyer, 0. E ., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität in Breslau 1896 Müller , Paul A., Dr., Hofrat, Gehilfe des Direktors des Magnet.-Meteorol. Observatoriums in Jekaterinenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Korresp. Mitglied seit: Natliorst, A. G., Dr., Prof., Direktor der phytopalaeontologischen Abteilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Penzig, Dr., Professor an der Universität in Genua 1888 Poelchen, Dr., dirigierender Arzt des Stadt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) 1893 Peinicke, E.. Verlagsbuchhändlerin Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Universität in Kiel . . . 1893 Remele, Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Forstakademie in Ebers walde 1894 Ross, Dr., Privatdozent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover 1897 Schellwien, Dr., Prof, in Königsberg i. Pr. 1904 Schweder, G.,Gymnasial-Direktora.D.inRiga 1895 Strasburger, Dr., Geh. Regierungs -Rat, Professor an der Universität in Boan a. Rh 1880 Treptow, Emil , Oberbergrat, Prof, an der Bergakademie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) .... 1893 Wittmack i, L., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor an der Landwirtschaft!. Hochschule in Berlin . . , . 1893 III, Ordentliche Mitglieder. a. Einheimische. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnort Danzhr. Aufgen. im Jahre Abraham, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1899 Ackermann, Dr., Stadtrat 1904 Adam , Regierungs-Baumeister .... 1896 Althaus, Dr., Arzt 1874 Anton, Regierungsrat 1899 JBaatz, Franz, Kaufmann 1896 Badt, Frido, Kunstmaler 1899 Bail, Dr., Stadtrat 1897 Barth, Dr., Prof., Medizinalrat u. Oberarzt 1896 Beck, Leo, Kaufmann 1905 Beck , Oberregierungsrat 1901 Behrendt, Dr., Arzt 1893 Behrendt , Rechtsanwalt 1895 Behrendt, J., Kaufmann 1903 Berent, A., Dr., Arzt 1901 Berenz, Emil, Kaufmann 1882 Berger, J. J., Kommerzienrat 1873 Aufgen. im Jahre Bertling, A., Buchhändler 1892 Bialk, Vikar 1901 Bischof, Oscar, Stadtrat 1878 v. Bockeimann , Oberlehrer, Professor . . 1888 v. Bötticher, Buchhändler 1896 Böttcher, Dr., Korps-Generalarzt .... 1904 v. Brandis, Professor 1905 Brandt, Konsul 1896 v. Braunschweig , General d. Infanterie, Exc. 1903 Br eidspr edier, Geh. Baurat 1892 Brinckmann, Dr., Chemiker 1901 Brodnitz, Dr., Rechtsanwalt 1904 Büttner, Prof., Oberlehrer 1903 Caskel, Max, Fabrikbesitzer 1903 Citron , Justizrat, Rechtsanwalt .... 1885 Glaassen, Adolf, Stadtrat 1896 Claassen, Albert, Kommerzienrat .... 1886 LXIII Aufgen. im Jahre Cohn , Bruno, Dr., Arzt 1904 Cohn , J„ Dr 1904 Conradinum, Realschule in Langfuhr . . 1901 Conwentz, Dr., Prof., Direktor des West- preußiscben Provinzial-Museums . 1878 v. Czigler, Dr., Arzt ........ 1903 Dahms, Dr., Oberlehrer . 1892 Dalitz, Herrn., Kaufmann 1905 Damme , Geh. Kommerzienrat 1867 Damme, Dr., Kaufmann ....... 1897 Debbert, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1895 Delbrück, Ober-Präsident, Exc 1894 Dolezalek, Dr., Professor 1904 Dommasch, Rendant 1874 Dreyling, Dr., Arzt 1889 Düformantel , Paul, Kaufmann .... 1904 Effler, Dr., Arzt 1897 Eggert, Professor 1905 | Ehlers, Oberbürgermeister 1876 Eller, Dr 1888 Engler, Georg, Kaufmann 1896 Erdmann, Rektor der Rechtstädtischen Mittelschule 1898 Eschert , P., Dr., Fabrikbesitzer .... 1901 Evers, Prof., Oberlehrer 1878 Ewert, Vorsteher der General-Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahrwasser 1902 Fahl, Regierungs- und Baurat .... 1892 Farne, Dr., Arzt 1878 Fechner, Zahnarzt 1894 Fischer, Dr., Oberarzt 1890 Fleck, Dr., Arzt 1902 Fleischer, H., Zahnarzt 1892 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer . . . 1896 Flemming , Dr. , Chemiker 1904 Francke, Dr., Arzt 1896 Freitag, Dr., Sanitätsrat 1871 Freudenthal , Dr., Rabbiner 1901 Freymutli, Dr., Sanitätsrat, Oberarzt . 1876 Fncke, Dr., Direktor des Realgymnasiums zu St. Johann 1898 Friedländer, Dr., Sanitätsrat 1883 Fröhlich, Rechtsanwalt 1904 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer . . 1898 Fuchs, Vermessungssekretär 1903 Oaebler, Fabrikbesitzer 1892 Gartenbauverein zu Danzig 1890 Gehrke, W., Maurermeister ...... 1882 Gehrke, Dr., Arzt 1895 Aufgen. im Jahre Gerlach , Oberleutnant d. L 1903 Gieldzihski, Kaufmann ....... 1875 Ginzberg, Dr., Arzt 1890 Gläser , Dr., Arzt 1894 Glimm , Dr., Dipl. -Ing 1905 Goebel, Geh. Regierungs- und Gewerberat 1901 Goetz, Dr., Sanitätsrat, Arzt 1882 Goldhaber, Dr., Kaufmann 1900 Gramberg , Dipl.-Ing 1905 Grentzenberg, Dr., Oberlehrer in Langfuhr 1900 Gromsch, Marine-Oberbaurat 1904 Günther, Dr., Stadtbibliothekar .... 1903 Haase, Dr., Medizinalrat 1901 Habermann, Kgl. Baurat 1905 Häg eie, Dr., Chemiker 1899 Hahn , Fabrikbesitzer 1905 Hamann, Optiker 1901 Hanff, Dr., Arzt 1874 Hardtmann, Franz, Kaufmann .... 1900 Hasse, Franz, Kaufmann 1877 | Hein, Stadtrat 1901 Helmbold, Dr., Arzt 1897 Hesekiel, Landgerichtsrat 1874 Hess , Oberlehrer 1891 Hevelke, Heinrich, Kaufmann ..... 1900 Hezel, Dr., Chemiker 1904 Hildebrand, Medizinal-Assessor .... 1883 ’ Hillger, Prof., Oberlehrer 1902 Hobein, Dr., Oberstabsarzt 1897 Hoepffner, Dr., Generalarzt a. D 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1898 Holtz, J., Rentner 1871 Holz, Direktor der Königl. Navigationsschule 1901 Hopp, Dr., Arzt 1899 Horn , Buchhändler 1901 Hosfeldt, Geh. Marinebaurat 1904 Ibarth, Oberlehrer . 1896 Jeckstadt, Dr. med 1905 Jelski, Dr., Arzt 1892 Jork, Landesrat 1901 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer . 1886 Kayser, Dr., Astronom 1859 Keil, Dr., Assistenzarzt ... .... 1902 Keil, Oberlehrer 1885 Kickhefel, Dr., Arzt 1899 Kist, Rentner 1891 Klawitter, Willy, Kaufmann 1897 Kleefeld, Stadtbauinspektor 1902 Klett , Dr., in Langfuhr 1901 LXIV Aufgen. im Jahre Knock, Prof., Oberlehrer in Langfuhr . .1880 Knochenhauer, Stadtrat 1905 Koepper, Dr., Assistent a. d. Kgl. Hoch- schule . . . . 1904 KÖstlin, Dr., Direktor der Provinzial-Heb- ammen-Lehr- Anstalt 1898 Kohtz , Dr., Arzt 1881 Korella, Dr., Oberlehrer 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer 1884 Kosmack, Stadtrat 1882 Kossel, Kaufmann 1901 Kraft , Dr., Arzt in Schidlitz 1903 Kretschmann , Dr., Direktor des Königl. Gymnasiums 1884 Kronheim , Georg 1904 Kruse, Landesrat . 1899 Kuhnke, Regierungsbaumeister .... 1903 Kulemann, Baumeister, Kgl. Baugewerks- schullehrer a. D., in Langfuhr . . 1901 Kumm, Dr., Professor, Kustos am Westpr. Provinzial-Museum ...... 1892 Kunath , Direktor der städtischen Gas- und Wasserwerke 1881 Laasner, Uhrmacher ........ 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer 1885 Lange, P., Oberlehrer . 1892 Lautz, Dr., Regierungsrat 1900 Lehmann , Eisenbahnsekretär ..... 1896 Lehmann, Major 1903 v. Leibitz, Major a. D., in Langfuhr . . 1892 Lemme, Dr., Oberlehrer 1904 v. Lengerken, Dr., Oberlehrer 1902 Lentz, Dr., Prof., Oberlehrer 1902 Lewschinski, Dr., Apotheker 1905 Lewy, J., Dr., Arzt ......... 1887 Lierau, Dr., Oberlehrer 1888 Lietzau, Herrmann, Apothekenbesitzer . . 1879 Lietzau, Victor, Optiker 1896 Lietzau, Willy, Dr., Ingenieur .... 1901 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann .... 1891 Lohsse, Dr., Arzt 1903 Lorenz, Dr., Professor 1901 Lucks, Lehrer . 1904 Lukat, Oberlehrer 1901 JS YLagnussen, Dr., Arzt . . ... . . . 1904 v. Mangoldt, Dr , Professor, Geh. Reg.-Rat, Magnifizenz . 1904 Mannhardt, Prediger 1894 Aufgen. im Jahre Marx , Konsul, Generaldirektor .... 1898 Mau, Regierungs- und Geh. Baurat . . . 1901 Meckbach, Stadtrat 1903 Mehrlein, Landesrat 1903 Mendel, Kaufmann 1904 Meyer, Albert, Konsul 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . .1896 Meyer, Hermann, Dr., Arzt 1902 Meyer, Semi, Dr., Arzt 1901 Mierendorff , Dr 1905 Möller, Paul, Dr., Arzt 1899 Mornber, Prof., Oberlehrer 1867 Münsterberg, Otto, Kommerzienrat . . . 1877 Muscate, Kommerzienrat 1894 Nagel, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat . . 1867 Nass, C., Oberlehrer 1894 Neumann, Dr., Generaloberarzt .... 1901 Neumann, Dr., Direktor der Viktoriaschule 1896 Oehlschläger, Amtsgerichtsrat 1901 Oetting, Staatsanwaltschaftsrat .... 1897 v. Palubicki, Major a. D 1876 Penner, W., Stadtrat 1872 Penner, Dr., Arzt 1884 Pertus, Ingenieur 1902 Petruschky, Dr., Stadtarzt, Vorsteher des Bakteriologischen Instituts, Prof. . 1897 Petschow, Dr., Chemiker 1892 Philipp, Dr., Arzt 1898 Pincus, Dr., Arzt 1883 Plagemann, Landgerichtsrat 1901 Plate, Dr., Techn. Hochschule .... 1905 Preusse, Departements - Tierarzt und Vete- rinär-Assessor ........ 1890 Putzier, Dr., Arzt 1894 j Redmer, Dr., Arzt 1903 Rehbein , Apothekenbesitzer 1896 Reichenberg, Robert , Kaufmann .... 1896 Reimann, Dr., Arzt . 1894 Reimann, Justizrat, Rechtsanwalt . . . 1901 Reimann, Edmund, Kaufmann .... 1904 Reinke, Dr., Arzt 1891 Riclielot, Dr., Marine-Oberstabsarzt . . . 1903 Rickert, Franz, Dr 1903 v. Riesen, E., Rentner in Langfuhr . . . 1896 Rodenacker, Ed., Stadtrat 1873 Rodenacker, Th., Reeder 1896 Röhlke, Regierungsbaumeister 1903 ! Rössler, Dr., Professor 1904 I Rosenstein, Dr 1895 LXY Aufgen. im Jahre Ruff, Dr.. Professor 1905 Ruhm, Rechtsanwalt 1904 Runde, Eugen, Kaufmann 1900 Salzmann, Carl, Kaufmann 1875 Sauer, Julius, Lithograph 1872 Schaefer, Kaufmann . 1885 Scharffenorth, Dr., Arzt 1889 Scheeffer, Prof., Oberlehrer 1878 Scheller, Apothekenbesitzer ..... 1882 Schlüter, Prof., Oberlehrer 1879 Schmechel, Landschafts -Sekretär .... 1868 SchmÖger, Dr., Prof., Vorstand der Versuchs- station der Westpreuß. Landwirt- schaftskammer 1900 v. Schnetzer , Stabsarzt 1904 Schoenberg, Kaufmann 1874 Schopf, Dr., Kaufmann 1901 Schrey, Regierungsrat, Direktor der Waggonfabrik 1898 Schroeler, Paul, Dr., Arzt ..... 1890 Schütte, Ingenieur 1899 Schultz, Dr., Arzt 1896 Schulz, Ad., Dr., Arzt 1904 Schumann, E., Prof., Oberlehrer .... 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt ...... 1892 Schwarze, Dr., Oberlehrer in Laugfuhr . . 1904 Schwär zenberger , Major a. D. . . . . . 1900 Seemann , Dr., Regierungs- und Medizinalrau 1908 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi- scben Fischerei-Yereins .... 1898 Semon, Max, Dr., Arzt 1898 Siede, Carl , Ingenieur ....... 1898 Simon, Dr., Arzt 1879 Simons, Dr., Techn. Hochschule .... 1904 Solmsen , Dr., Arzt 1899 Sommer, Dr , Professor 1905 Sonntag, Dr., Oberlehrer ....... 1902 Spendlin , Oberlehrer 1898 Staberow, Victor, Apotheker 1893 Staeck, Ad., Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 v. Stangen, Oberst u. Brigade-Komm. . . 1903 Stangenberg, Dr., Arzt 1899 Steinbrecher , Oberlehrer 1901 b. Aus Aufgen. im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Kommerz- u. Admiralitäts- rat a. D., Bankdirektor in Berlin W., Kurfürstenstraße 126 I .... . 1893 Altertumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Aufgen. im Jahre Stentzier, Oberlehrer 1900 Stoddart, Francis Blair, Kommerzienrat, Stadtrat 1877 Stürmer, Albert, Kaufmann 1898 S-uckau t Rechtsanwalt . 1903 Suhr, P., Direktor der Ober-Realschule . 1890 Szpitter, Dr., Arzt 1900 Tappen, Dr., Techn. Hochschule .... 1904 Terletzki, Dr., Oberlehrer 1902 Thomas, Cust., Vorsteher der landschaft- lichen Darlehnskasse 1893 Tornwaldt, Dr., Sanitätsrat, Arzt . . . 1870 Trampe, Bürgermeister 1898 Treitel, Gerichtsrat 1901 Unruh , Adolf, Konsul, Kaufmann . . . 1896 Valentini, Dr., Prof., Med .-Rat, Oberarzt 1899 Vorderbrügge, Dr. 1905 Wachsmann, Oberingenieur 1899 Wagener, Professor 1904 Wallenberg, Abrah ., Dr., Sanitätsrat, Arzt 1865 Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt ..... 1887 Wellenberg, Th., Dr., Arzt 1897 Wanfried, Kommerzienrat 1892 Wedding, W., Rentner in Langfuhr . . 1897 Weiss, Justizrat 1890 Wessel, Polizei- Präsident 1894 Westpreussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure 1890 Wien, Dr., Professor 1904 Wilfers, Dr., Regierungsrat 1892 Winkelhausen, Rudolf, Kaufmann . . . 1904 Wischke, Zeichenlehrer 1903 Wisselinck, Dr., Arzt 1904 Wittich, Regierungsrat . 1902 Wittkowski, Reichsbank-Direktor .... 1899 Wittstock, Oberlehrer 1903 Wohl, Dr. Professor 1904 Wolff, August, Kaufmann 1875 Wülfing, Dr., Professor 1904 Ziegenhagen, Kaufmann 1875 Ziegenhagen, Dr., Arzt 1904 Zimmermann, Aug., Ingenieur, Stadtrat . 1883 Aufgen. im Jahre Anger, Dr., Gymnasial - Direktor in Grau- denz . 1872 Auwers , Dr., Landrat in Stuhm W.-Pr. . 1901 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 5 LXVI Aufgen. im Jahre Bindemann , Banrat in Charlottenburg, Goethestraße 83 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu- stadt Westpr 1882 Böhm, Joli., Dr., Kustos der Sammlungen an der Kgl. Geologischen Landesanstalt in Berlin N., Invalidenstraße 44 . 1884 Bonatz , Tierarzt, in Oliva 1904 Bremer , Emil , Dr., Kreisarzt in Berent Westpr. 1886 Domnick , Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Ehlers , Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 Feyerabend, Professor, Zoppot .... 1905 Fuerst, Dr., Arzt, in Königsberg i. Pr., Tragheimer Kirchenstraße 68 . . 1901 Grabner , P., Dr., Assistent am Kgl. Botani- schen Garten in Dahlem bei Steglitz 1894 v. Grass, Präsident des W estpreußischen Provinzial- Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Direktor der Ober -Realschule in Graudenz 1885 Gymnasium, Königliches, in Marienburg . 1900 Gyymnasium, Königliches, in Neustadt Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Strasburg Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Pr. Stargard . 1900 Hartingh, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin 1879 Heil, Königl. Wasserbauwart in Kulm. . 1900 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg. Capland 1897 Heintz, Sekretär, Zoppot ...... 1905 Hennig, Dr., Arzt in Ohra 1887 Hennig, Dr., Prof., Graudenz 1901 Henrici, Dr., Gerichtsassessor in Graudenz 1901 v. Heyden, Dr., Major z. D., Prof.,inBocken- heim bei Frankfurt a. M. . . . . 1367 Hilbert , Dr., Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 Höclierl , Gutsbesitzer in Pelonken bei Oliva 1903 Ilolinfeldt, Dr., Oberlehrer in Thorn . . 1884 lloyer, M., Direktor der landwirtschaftlich. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hüge, Apothekenbesitzer in Berlin N. Augustastraße 60 ...... 1895 Kämpfe, Dr., Kreisarzt in Karthaus Westpr 1895 Aufgen. im Jahre Kaufmann, Walter, Direktions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr 1892 Kr eis- Ausschuss in Karthaus Wpr. . . . 1902 Kreis- Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kressmann, Arthur, Konsul a. D. in Groß Lichterfelde bei Berlin .... 1880 Kroemer, Dr., Medizinalrat,. Direktor der Provinzial-IrrenanstaltinKonradstein bei Pr. Stargard 1884 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau 1879 Mac Lean Lochlan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Schwetz . . . 1877 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister a. D. in Liegnitz 1874 Meschede, Dr., Geheimer Medizinalrat und Professor an der Universität in Königsberg i. Pr 1872 Morwitz, Jos., Kaufmann in Philadelphia, 614. Chesterroad U. S. A. . . . 1871 Morwitz, Mart., Kaufmann in Charlotten- burg, SchUiterstraße 45 .... 1873 Müller , Güter-Expeditionsvorsteher a. D. in Oliva 1903 Nast, Oberstleutnant z. D., in Oliva bei Danzig 1901 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oberbergamt, Königl., in Breslau . . . 1890 Palm, Kreisschulinspektor in Karthaus Westpr 1901 Peters, Rentner in Zoppot 1880 Poppo, Dr., Sanitätsrat, in Marienwerder . 1886 Praetoriusf) r.,Prof., Oberlehrer in Graudenz 1878 Progymnasium, Kgl., in Loebau .... 1900 Progymnasium in Neumark ..... 1897 Progymnasium, Kgl., in Pr. Friedland . . 1900 j Rabbas, Dr., Direktor der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Realschule, Kgl., in Kulm ...... 1900 Realschule, Kgl., in Dirschau . . . . . 1900 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 LXVII Aufgen. im Jahre Reinicke, Kapitän, Hilfsarbeiter an der Kais. Deutschen Seewarte in Ham- burg 1899 Roepell, Kammergerichts-Senatspräsident in Berlin SW., Kreuzbergstraße 73 . 1889 v. Rümcker, Landschaftsrat, Zoppot . . . 1880 Ruttke, Alfred , Generalagent des Nordstern, Halle a. S 1892 Saager , Geh. Justizrat, Zoppot .... 1904 Schahnasjan , Landtags - Abgeordneter, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig 1882 Schiinanski, Dr., Sanitätsrat in Stuhm . . 1886 Schlucker, Zivilingenieur, in Stangenwalde bei Kahlbade Westpr 1886 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1883 Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmühl . . 1883 Aufgen. im Jahre Scholz , Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder 1897 Schroter, Pfarrer, Dr., Oliva 1905 Schubart , Dr., Prof., in Zoppot .... 1866 Schultz , Dr., Wirkl. Geheimer Ober-Regie- rungsrat, Regierungs-Präsident a. D. in Potsdam, Kurfürstenstraße 31 . 1879 Schultz , Kgl. Forstmeister in Oliva . . 1904 v. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in Waplitz, Kr. Stuhm 1890 Speiser, Dr., Arzt in Bischofsburg Ostpr. 1901 Stadtbibliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Wagner, Dr , Arzt in Zoppot .... 1890 Woche, Kgl. Garten-Inspektor in Oliva . 1900 Wernicke, Oberlehrer, Thorn 1903 Zehr, Photograph in Elbing ..... 1896 Zynda, Lehrer a. I). in Zoppot .... 1883 B. Mitglieder der Anthropologischen Sektion. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Anger, Dr., Gymnasial-Direktor in Graudenz. Bail, Dr., Prof. Conwentz, Dr., Prof., Direktor des Westpreußi- 1 sehen Provinzial-Museums. Damme, Paul, Dr., Kaufmann. Dommasch, Rendant. ■ Friedländer, Dr., Sanitätsrat. Gehrke, Dr., Arzt. Goldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. v. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanff, Dr., Arzt. v. Ranstein, Provinzial-Sekretär. Holtz, J., Rentner. Hoyer, Direktor der Landwirtschaftsschule in j Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt. Kaf emann, Buchdruckereibesitzer. Kauffmann, Walter, Direktions-Mitglied des Nord- i deutschen Lloyd in Bremen. Kayser, Dr., Astronom. Kornstaedt, Apothekenbesitzer. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro- vinzial-Museum. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lemke, E., Fräulein, in Oschekau bei Gilgen- burg Ostpr. Lissauer, Dr., Prof., Sanitätsrat, in Berlin W., Lützowstraße 20. Mär eher, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien, Kr. Schwetz. Meyer, Consul. Nauck, Rektor a. D., in Schlochau. Oehlschläger, Dr., Arzt. Otto, Baumeister in Langfuhr. Sander, Redakteur. Schmechel, Landschafts-Sekretär. Schwandt, Prediger in Gr. Loßburg, Kr. Flatow. Semon, Dr., Geh. Sanitätsrat. Semon jun., Dr., Arzt. Simon, Dr., Arzt. Steinwender, Prof., Oberlehrer. Stryowski, Professor. Tornwaldt , Dr., Sanitätsrat. Wallenberg, Dr., Sanitätsrat. Wessel, Polizei-Präsident. lxviii C. Mitglieder der Sektion für Physik und Chemie. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Bail, Th., Dr., Prof. Bertling , A., Buchhändler. Büttner, Prof., Oberlehrer. Dahrns, Dr., Oberlehrer. Dommasch, F., Rendant a. D. Eller, Dr., Direktor der Westpr. Bohrgesellschaft. Evers, H., Prof., Oberlehrer. Fricke, Dr., Realgymnasial-Direktor. GÖbel, Geh. Regierungs- und Gewerberat. Hess, Oberlehrer. Holtz, John, Rentner. Kayser, E., Dr., Astronom. Keil, P., Prof., Oberlehrer. Knoch , Prof., Oberlehrer. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lange, P., Oberlehrer. Lemme, Dr., Oberlehrer. Liebeneiner, Forstmeister a. D. Lietzau, V., Optiker. Lorenz, Dr., Professor. Lukat, Oberlehrer. Meyer , E., Apotheker. Momber, A., Prof., Oberlehrer. Nass, Oberlehrer. Neumann, Dr., Direktor der Viktoriaschule. Röhlke, Marine-Baumeister. Scheeffer, E., Prof., Oberlehrer. Schlüter, Prof., Oberlehrer. Schmöger, Dr., Prof., Leiter der landwirtschaft- lichen Versuchsstation. Schumann, E., Prof., Oberlehrer. Schwarze, Dr., wissenschaftlicher Hilfslehrer. | Sonntag, Dr., Oberlehrer, j Spendlin, Oberlehrer. | Steinbrecher, Oberlehrer. Suhr, P., Ober Realschul-Direktor. Wedding, W., Rentner. I Wien, Dr., Professor. ! i Zimmermann, Aug., Ingenieur und Stadtrat. D. Mitglieder der Dr. Abraham. „ Althaus. „ Baatz. „ Barth , Prof., Medizinalrat. , , Becker. „ Behrendt. „ Bereut. „ Boecker. „ Bönheim. „ v. Bönigk. ,, Böttcher, Korps-Generalarzt. ,, Cohn. „ v. Czigler. „ Diegner, Generaloberarzt. ,, Dreyling. ,, Dütschke, Assistenzarzt. „ Effler. ,, Eschiicht, Kreisarzt. „ Farne. ,, jPasi-Praust, Medizinischen Sektion. Dr. Feyerabend. ,, Fischer, Oberarzt. „ Fleck. „ Francke. ,, Freitag, Sanitätsrat. „ Freymutli, Oberarzt, Sanitätsrat. ,, Friedländer, Sanitätsrat. ,, Fuchs. „ Gärtner. „ Gauer. „ Gehrke I. „ Gehrke II. „ Ginzberg. ,, Glaeser. ,, Goetz, Sanitätsrat. „ Grunau. „ Haase , Medizinalrat, Kreisarzt. „ Hanf. „ Hartmann. , Helmbold. L XIX Dr. Hennig. ,, Hobein , Oberstabsarzt. ,, Hoepffner , Generalarzt a. D. „ Holmfeldt. „ Hopp. ,, Jeckstädt. „ Jelski. „ Karpinski. „ Kathke. „ Keil, Oberarzt. „ Kickhefel. „ KÖstlin, Direktor der Provinzial-H ebammen* Lehranstalt. „ Kohtz. „ Körte. ., Kraft. ,, Kubacz. ,, Knicke, Oberstabsarzt. ,, Lewy. ,, Liek. ,, Lievin, Sanitätsrat. „ Litewski. „ Lohsse. ,, Magnussen. „ Maikowski. „ Mankiewitz, Oberstabsarzt. „ Masurke. „ Meierfeldt. „ Meyer, H. „ Meyer , fai. ,, Mich eisen. ,, Mierendorff , ,, Möller. ,, Neumann. „ Oehlschläger. „ Ortmann. „ Panecki. „ Penner. „ Petruschky, Professor, Stadtarzt. ,, Philipp. ,, Pieper , Generaloberarzt a. D. „ Pincus. „ Putzier. „ Redmer. ,, Reimann. ,, Reinke. ,, Richelot, Marine-Oberstabsarzt. Dr. Marine-Oberarzt. ,, Rudolph. „ Saling er. „ Scharff enorth. „ v. Schnizer, Stabsarzt. „ Schoffer, Oberstabsarzt. ,, Schomburg. „ Schourp. „ Schroter , Oberarzt. Schulz I. ,, Schulz ll. „ Schulz III. „ Schustehrus. „ Semon, Geh. Sanitätsrat. ,, Semon jun. ,, Semrau. Sanitätsrat. ,, Seyffarth. „ Siegmund. „ Simon. „ Singer. ., So Imsen. „ Stanowski. „ „ Steinhausen, Generaloberarzt. ,, Stepphuhn, Geh. Sanitätsrat. ,, Swierczewski , Gr. Zünder. „ Szpitter. „ Szubert. „ Thun. „ Tornwaldt, Sanitätsrat. ,, Vaerting, Neufahrwasser. ,, Valentini, Prof., Oberarzt, Medizinalrat. ,, Vorderbruegge. ,, Wagner , Zoppot. „ Wallenberg I, Sanitätsrat „ Wallenberg II. „ Wallenberg 111. Wegeli. „ Wisselinck. „ Wobbe , Neufahrwasser. ,, Oberarzt. „ "W. „ v. Wybicki. „ Ziegenhagen. ,, Ziem, Sanitätsrat. ,, Zilla. . , Zusch. LXX E. Mitglieder des Westpr. Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Arbeit , Dr., Medizinalrat und Kreisarzt in Marienburg. Barth, Dr., Professor, Medizinalrat. Berg , Dr., Kreis-Assistenzarzt in Neufahrwasser. Blasche, Polizeirat. Bleich, Korps-Stabsveterinär. Bremer, Dr., Kreisarzt in Berent. Brinn, Dr., Kreisarzt in Putzig. Buchholtz , Redakteur. Damus, Dr., Stadtschulrat. Effler, Dr., Arzt. Ehrhardt, Regierungs- und Baurat. Eller, Dr., Direktor. Eschricht, Dr., Kreisarzt. Fischer, Dr., Oberarzt. Flater , Amtsgerichtsrat. Flos, Ingenieur. Fortenbacher, Kreistierarzt. Freitag, Dr., Sanitätsrat. Freymuth, Dr., Sanitätsrat. Friedländer, Dr., Sanitätsrat. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Frau Johanna Fischbeck, Witwe. Gehrke, Dr., Arzt. Geppert, Vorsitzender des Schwimmvereins. Giesebrecht, Kaufmann. Gläser, Dr. , Arzt. Gibsone, Geheimer Kommerzienrat. Haase, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt. Hasse, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt in Neustadt Westpr. Herrmann, Dr., Kreisarzt in Dirschau. Hildebrand, Medizinal-Assessor. Hobein, Dr., Oberstabsarzt. Hoch, Hauptlehrer in Schloppe Westpr. Hochmann, Dr., Arzt, in Marienburg. v. Hake, Regierungs-Medizinalrat in Marienwerder. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe , Dr., Kreisarzt in Karthaus Wpr. Knochenhauer, Apothekenbesitzer, Stadtrat. Krause, Stabsveterinär. Krämer, Dr., Direktor, Medizinalrat in Gonradstein. Kroschel, Vorsitzender des Molkereibesitzer- Vereins. Krupka, Kaufmann in Neufahrwasser. Kunath , Gasanstalts-Direktor. Kutzky, Dr., Arzt in Neustadt Wpr. Lautz, Dr., Regierungsrat. Lievin, Dr., Sanitätsrat. Linse, Kaufmann. Meckbach, Stadtrat. Neumann, Dr., Direktor. Nickel, Dr., Chemiker. PetruscliKy, Dr., Professor, Direktor des Bak- teriologischen Instituts. Preusse, Veterinär- Assessor, Departements- Tierarzt. Rathmann, Gastwirt. Rehbein, Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Salinger, Regierungs- und Schulrat. Sander, Redakteur. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Direktor des städtischen Schlacht- und Viehhofs. Schmidt, Dr., Kreisarzt in Elbing. Schömann I, Dr., Prof., Gymnasialoberlehrer. Scliömann II. Schwonder, Apotheker. Seemann, Dr., Regierungs- und Medizinalrat. Semon, Dr., Geh. Sanitätsrat. Semon, Dr., Arzt. Toop, Stadtrat. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrat. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Volksschullehrerinnen- Verein zu Danzig, Vor- sitzende Frl. Stelter. Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrat, Arzt in Praust. Wolff, Dr., Arzt. LXXI F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für das Jahr 1905 sind gewählt worden als: Direktor: Professor Momber. Vizedirektor: Sanitätsrat Dr. Tornwaldt. Sekretär für innere Angelegenheiten : Dr. Adolf Wallenberg . Sekretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz, Schatzmeister: Kommerzienrat Otto Münsterberg Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträgej. Hausinspektor: Ingenieur August Zimmerrnann, Stadtrat. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Professor Dr. Petruschky. Vorsitzender der Anthropologischen Sektion: vakat. Vorsitzender der Sektion für Physik und Chemie: Professor Evers. Vorsitzender der Medizinischen Sektion: Professor Dr. Barth. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins: Regierungs- und Baurat Fahl. Vorsitzender des Westpr. Vereins für öffentliche Gesundheitspflege: Regierungs- und Medizinalrat Dr. Seemann. Die Entbindungs-Lehranstalt von Westpreußen bis zum Jahre 1825, ein Bericht des Dr. FRANZ CHRISTIAN BrüNATTI. Nach seiner Original-Handschrift veröffentlicht von Dr. RUDOLF KÖSTLIN, Direktor der Provinzial-Hebammen-Lehranstalt zu Danzig. A.m 1. Dezember 1904 sind 100 Jahre vergangen, seit die erste Heb- ammen-Lehranstalt Westpreußens in Danzig gegründet ist. Zwar hatte schon in frühereu Jahren eine Lehranstalt in kleinem Maßstabe bestanden, in welcher theoretischer Unterricht ohne praktische Unterweisung erteilt wurde, aber erst 1804 wurde der Anstalt die Gestalt gegeben, welche sie noch heute besitzt, sie wurde eine Entbindungs- und Lehranstalt. Ist somit der 1. Dezember 1804 als der Geburtstag der jetzigen Anstalt anzusehen, so traten in den Kinderjahren elementare Ereignisse ein, welche ihre Existenz schwer bedrohten und ein zeitweiliges Schließen und Verlegen der Anstalt nach Elbing notwendig machten. Der damalige Direktor Dr. Brunatti hat der Hebammen-Lehranstalt eine Handschrift hinterlassen, welche die Gründung der Anstalt behandelt und so viel des Interessanten in bezug auf die damaligen Zeitverhältnisse bietet, daß ich es mit Freuden begrüßte, als die Naturforschende Gesellschaft sich bereit erklärte, die Handschrift in ihren Berichten veröffentlichen zu lassen. Enthält sie doch nicht nur ein Stück der Geschichte der Anstalt, sondern auch der Stadt Danzig und der Natur forschenden Gesellschaft. Ist die Abhandlung auch teilweise etwas weitschweifig, so hielt ich mich doch nicht für berechtigt, Kürzungen daran vorzunehmen. Ich lasse sie unge- kürzt und ohne Erläuterungen folgen. Erwähnen muß ich noch, daß nach einigen Andeutungen Brunatti’s die Schrift für den Druck bestimmt war, jedoch scheint aus nicht näher bekannten Gründen die Drucklegung unterblieben zu sein. Wenigstens sind alle Nach- forschungen, welche ich in dieser Beziehung, in dankenswerter Weise von der Universitäts-Bibliothek zu Berlin unterstützt, angestellt habe, erfolglos gewesen. Auch ist nicht anzunehmen, daß die Angehörigen Brunatti’s nach dessen 1 Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 2 Tode die Handschrift der Anstalt geschenkt hätten, wenn sie vorher ver- öffentlicht worden wäre. Das Journal, welches Brunatti anführt, ist das SiEBOLD’sche. In ihm hat er, von dem Herausgeber Elias von Siebold 1825 zum jährlichen Bericht über die Danziger Hebammen-Lehranstalt aufgefordert, bis zum Jahre 1830 Jahresberichte veröffentlicht, aber nicht die Handschrift. Noch einige Worte über den Verfasser füge ich an: Fran« Christian Brunatti wurde am 30. März 1768 in Danzig geboren, studierte seit 1790 in Jena und Würzburg, promovierte in Jena (Dissertatio sistens historiam cancri mammae), ließ sich 1796 in Danzig nieder, wurde 1816 Direktor der Hebammen-Lehranstalt in Elbing, ging mit ihr 1819 nach Danzig zurück und starb daselbst am 31. Januar 1835. Ein Vermächtnis von ihm, welches noch in der Gegenwart segensreich wirkt, ist die BRUNATTi’sche Stiftung: Die Zinsen eines Kapitals von jetzt 129 800 Mk. werden für Kinder verwendet, welche in der Hebammen-Lehranstalt geboren werden, und deren Mütter aus Danzig oder dessen Territorium herstammen. Voraussetzung ist Hilfsbedürftig- keit der Eltern und Mütter, bezw. das Unvermögen, Schul- und Lehrgelder, sowie die Kosten zur Erlernung eines Gewerbes zu bestreiten. Zurzeit können jährlich 50 — 60 Kinder Spenden in Höhe von 72 bis 90 Mk. pro Jahr erhalten. Historischer Bericht über die Entbindung^ - Lehranstalt von Westpreussen von Dr. FRANZ CHRISTIAN BRUNATTI, Direktor derselben. Angefertigt im Dezember 1825. Nach seinem Tode — den 31. Januar 1835 — der Anstalt überliefert. Vor dem Jahr 1780 finden wir in der Provinz Westpreußen sowie in dem von ihr umgrenzten Freistaat Danzig keine Spur einer wahren Hebammen- kunst. Der Tempel der wohltätigen, den Frauen im würdevollsten Augenblick ihres Lebens so heilbringenden Lucina war fest verschlossen und Personen, die sich nicht entblödeten, sich Priesterinnen derselben zu nennen, hatten nie einen Blick in denselben getan, noch weniger sich auch nur leisen Schrittes dem inneren Heiligtum genähert. Finsternis lag chaotisch über diesem Zweige der Heilkunst, und Schwangere, Kreißende, Wöchnerinnen und ihre neu- geborenen Kinder waren Spielbälle in der Hand der Roheit, Dummheit und des Vorurteils und — hätten Frauen mit dem sich entwickelnden neu klopfenden Leben unter dem eigenen Herzen ahnen können, welche Nachteile die Unwissen- heit mit ungebildeter Hand in den feinsten Gebilden ihres Körpers oder in den zarten Lebensäußerungen ihrer Kinder hervorbringen kann, der Zweck ihres Daseins würde noch schmerzhafter von ihnen empfunden worden sein, und sie würden wohl nicht anders als mit Schauder an den Augenblick haben denken können, wo sie der Welt einen neuen Bürger darbieten sollten. Aber zum Glück waren auch sie mit Finsternis umfangen, konnten also bei einem so naturgemäßen und durch die ganze animalische Welt auf eine fast gleiche Weise verbreiteten Lebensprozeß keine besondere Gefahr ahnen und hielten jede Frau, die selbst Kinder geboren hatte oder anderen Frauen bereits bei der Geburt Beistand geleistet hatte, für vollkommen berufen, um ihr unbedingt Zutrauen zu schenken. Ja die kräftigere Natur, die noch wenig durch Luxus und Verbildung auf der einen Seite, sowie durch Mühseligkeit, Kummer und unverhältnismäßige körperliche Anstrengung auf der anderen Seite zu Ab- normitäten mancher Art in den verschiedenen Lebensäußerungen geneigt war, hat die bessere Hebammenkunde weniger fühlbar gemacht, da jene mächtig genug war, gegen alle groben Eingriffe ihren Gang sicher zu verfolgen und 3 4 noch wohl überdies die Beleidigungen auszugleichen, die mit frecher Stirn sich die geburtshilfliche Unkunde erlaubt hatte. Das Hebammenwesen unserer Provinz hatte also in früherer Zeit dasselbe Schicksal, was sich auch in anderen Gegenden vorgefunden hat. Gab es doch nur wenig Arzte, die von der Sache viel mehr wußten als den Namen, wie hätten also Frauen Gelegenheit haben sollen, eine wissenschaftliche Bildung zu bekommen. Frauen lernten von Frauen, d. h. die Einfalt und Dummheit von Vorurteil und Aberglauben, und es konnte also nicht fehlen, daß letztere sich tausendfach verbreiteten und einwurzelten und auch bis jetzt noch im Finstern fortschleichen und nicht ganz ausgerottet sind. Die Physiker und Arzte, die hin und wieder aus eigenem Antrieb der heiligen Not sich ange- nommen haben und privat Unterricht erteilten, konnten in der allgemeinen Dunkelheit kein besonderes Licht anzünden, da es ihnen teils selbst an geburts- hilflicher Kenntnis, teils an allen Mitteln zum theoretischen und praktischen Unterricht fehlte. Bei dieser Lage der Dinge, wo Unwissenheit und Vorurteil der Hebammen sowie die Naturkräfte im Schwangerschaftsleben der Frauen in immer stärker divergierende Bahnen überging, dort alles in Zunahme begriffen, hier nur immer mehr Abnahme und Abnormität zu bemerken war, dort unverschämte und freche Dummheit sich immer mehr erhob, während hier durch mannigfache Einflüsse die normale Wechselwirkung der Organe zum festen Wohlsein der Frauen in den verschiedenen Verhältnissen ihres Lebens sich immer mehr abänderte und verminderte — bei dieser Lage der Dinge war es natürlich, daß die unglücklichen Geburten immer häufiger wurden, die Ungeschicklichkeit der Hebammen bei schlechten Kindeslagen sich immer mehr verdeutlichte, viele Mütter in Geburt und Wochenbett ihren Tod fanden und manches kraft- volle Kind entweder schon während der Entwickelung aus mütterlichem Schoß gemordet wurde oder doch durch mangelnde Kenntnis nach der Geburt aus seinem Scheintod nicht geweckt oder durch Vernachlässigung und falsche Be- handlung noch späterhin dem Grabe übergeben wurde. Eine Mortalitätsliste der Königl. Preußischen Länder aus dem Jahr 1787 zeigt, daß gerade in der Provinz Westpreußen in Beziehung der übrigen Provinzen des Preußischen Staates die mehresten Frauen in der Geburt gestorben sind. Unter solchen Umständen mußte denn doch einmal die Sache zur allge- meinen Sprache kommen und der Wunsch immer lebendiger werden, den Lieblingen unseres Lebens, die mit so vielfachen Leiden und Schmerzen unser Dasein verschönen, eine höhere Sicherheit bei Geburt und Wochenbett zu ver- schaffen und nicht alles hier dem blinden Ohngefähr oder der rauhen und groben Hand der plumpen Gemeinheit zu überlassen. Schade nur, daß die gerechtesten Wünsche für das höhere Wohl der Menschen, die richtigsten Pläne zur Verminderung des Leidens und der Tränen so viele Schwierigkeiten in der Ausführung finden und viel umfassende Einrichtungen zur Verbesserung irriger Begriffe, Ausrottung schädlicher Vorurteile und zur höheren Bildung 4 der psychischen Anlagen auch große Opfer verlangen, zu denen die Fonds nicht immer aufzufinden sind und daher hierin oft ihren Untergang finden. Doch das Gute und Herrliche entsteht selten plötzlich, es geht gewöhnlich nur stufenweise, ehe es den Sonnenhügel erreicht. Dies war auch der Fall mit dem Hebammenwesen der oben genannten Gegenden. In der Provinz Westpreußen kam die Verbesserung und höhere Sicher- stellung der Frauen zur Zeit der Geburt und des Wochenbettes zuerst im Jahre 1785 unter dem Kammerdirektor Herrn von Korkwitz zur Sprache, und es wurde deshalb am 20. Juni an Se. Kgl. Majestät ein ergebener Bericht abgestattet und auf Unterricht der Hebammen durch einen besonders anzu- stellenden Lehrer angetragen, wozu man den Dr. Graf in Vorschlag brachte. Es wurde darauf höheren Orts unter dem 7. Juli 1785 der Befehl erteilt: es solle vorläufig durch die Königl. Kriegs- und Domänenkammer mit Zuziehung des Dr. Graf ein Plan wegen Errichtung eines Hebammen-Instituts entworfen und zur Approbation eingeschickt werden. Der Dr. Graf fertigte diesem zufolge einen solchen Plan an, nach welchem sich der praktische Unterricht auf einer Gebäranstalt gründete, und der mehrere sehr zweckmäßige Vorschläge enthielt, die indessen nicht mit dem Beifall von der Kriegs- und Domänenkammer aufgenommen wurden, teils wegen der damit verbundenen Kosten und Weitläufigkeiten, wie die Begutachtung sich erklärt, teils wegen der noch stattfindenden Vorurteile unter der mittleren und niederen Klasse, die vieles für unnütze Geldschneiderei und für verhaßten Zwang sowohl in Beziehung der Gemeinden überhaupt, als der Hebammen und unehelichen Schwangeren insbesondere halten würden, teils auch wohl wegen des Antrages, daß er als Vorstand einer solchen Gebär-Lehranstalt nicht nur freie Wohnung und ein gutes Gehalt, sondern auch überdies noch von den Städten und Dorf- schaften, denen er unterrichtete Hebammen ablassen würde, eine besondere Belohnung als Schadloshaltung für seine Bemühungen erhielte, wobei er noch Vorspann und Diäten verlangte, um in die verschiedenen Gegenden der Provinz Beisen machen und die zum Unterricht tauglichen Subjekte selbst auswählen zu können. Es kamen daher mehrere andere Pläne zum Vorschlag, die aber nur einen bloß theoretischen Unterricht beabsichtigten, und unter denen einige sich durch unzeitige Ansichten auszeichneten, dahin gehört: daß die Schülerinnen nicht zum Lehrer, sondern dieser zu ihnen reisen und ein ambulatorischer Unterricht eingeführt werden sollte, bei dem der Lehrer sich immer in einer andren Gegend der Provinz aufhielt, um vorläufig die bereits approbierten Hebammen in einem Umkreis von vier Meilen zu sich kommen zu lassen, zu welchem Zweck aber der Lehrer, da ihm alle Praxis in loco domicilii ent- ginge, ein ansehnliches Gehalt und dabei Fuhrkosten und Diäten erhalten müsse, sowie an den verschiedenen Orten seines Aufenthaltes freie Wohnung. Ein dritter Plan bezog sich ebenfalls auf einen bloß theoretischen Unterricht, wobei indessen der Lehrer seinen beständigen Wohnsitz in Marienwerder haben nnd gegen Vergütung ein paar Stuben in seiner Behausung abgeben sollte. Die bereits approbierten Hebammen sollten aber nicht gezwungen werden, den Unterricht zu genießen, sondern diese Einrichtung solle nur Bezug haben auf die Frauen, die sich für die Folge dem Hebammendienst widmen wollen, und diese sollten auf eigene Kosten die Schule zu besuchen verbunden sein, dabei sollte der Lehrer Mitglied des Provinzial- Coli. med. werden, ein Gehalt aus öffentlichen Fonds beziehen und von jeder Hebamme, wenn sie in ihrer Kunst völlig fertig wäre und zur Ausübung approbiert woi’den, ein douceur von 10 10% erhalten. Die beiden ersten Pläne fanden teils wegen der großen damit verbundenen Kosten, teils aus anderen sehr begreiflichen Ursachen, als sie höheren Orts zur Begutachtung und Approbation eingeschickt worden waren, keinen Beifall, und nur der dritte wurde unter der Bedingung genehmigt, daß die Schülerinnen dabei weder für den Unterricht etwas zu zahlen hätten, noch die 10 «0% zu geben verpflichtet würden, und die Kriegs- und Domänenkammer erhielt daher den Auftrag, zweckmäßige Vorschläge in dieser Hinsicht zu machen und die notwendigen Fonds auszumitteln, um die Sache so viel als möglich zu erleichtern. Zufolge dieser Aufforderung schlug die Kriegs- und Domänenkammer vor, daß den Frauen zum Unterricht freier Vorspann zur Reise nach und aus der Schule eingewilligt würde, daß sie wöchentlich 1 »0% zum Unterhalt erhielten, und daß diese Verpflegungsgelder sowohl als auch die douceur- Gelder für den Hebammenlehrer resp. für die nach den Städten bestimmten Hebammen aus der Kämmereikasse, für die vom platten Lande aber aus den in den Kontributions-Etats zu Kreisangelegenheiten ausgesetzten Fonds ge- nommen werden möchten. Diese Vorschläge wurden darauf höheren Orts unter dem 12. November 1785 genehmigt und der Dr. Graf zum Hebammen- lehrer gewählt mit einem Gehalt von 140 »0% aus den Kämmereien der West- preußischen Städte, einer Wohnungsmiete von 60 «0%, 4 Achtel Brennholz und außerdem noch für eine jede Hebamme nach ihrer Approbation gegen Attest des Provinzial-Coll. med. 10 *0% durch die König!. Westpreußische Kammer. Er wurde darauf noch vom Ober-Coll. med. den 14. September 1786 mit einer Instruktion versehen und öffnete den ersten Unterricht mit dem 1. Dezember 1786. Der jedesmalige Kursus sollte mit Ausnahme der Sommer- monate, wo Ferien eintraten, einen Monat dauern. Bald nach Eröffnung der Schule, nämlich den 17. Januar 1787, machte der Dr. Graf einen neuen Plan wegen eines mit der Lehranstalt zu ver- bindenden Gebär- und sogar wegen eines damit zu verknüpfenden Findel- Hauses. Wahrscheinlich glaubte er aber mit diesem Plane wegen des dabei stattfindenden bedeutenden Kostenaufwandes keinen Eingang bei der Königl. Kriegs- und Domänenkammer zu erhalten und wandte sich daher mit seinen 1 Anträgen an den Wirklichen Geheimen Etats-Minister Herrn von Gaudi, ja selbst an Sr. Majestät Höchsteigene Person, ohne die Kammer von seinem Unternehmen in Kenntnis zu setzen. 7 Dieser Plan enthielt nun, wie schon sein früherer, manche brauchbare Vorschläge und zur Vervollkommnung der Hebammenkunst und deren Be- kennerinnen sowie zum Wöhle armer unehelich geschwängerter Personen und deren Kinder viele sehr das Wohl der Menschheit fördernde Ideen, die für die Folge in verschiedenen Provinzen und Ländern mehr oder weniger, sowie auch späterhin in der Provinz Westpreußen ins volle Leben getreten sind. Der Plan war nur zu kostspielig, besonders für die damalige Zeit, wo man noch wenig vollkommen eingerichtete Entbindungs-Lehranstalten hatte und also die damit verbundenen Ausgaben scheute, auch noch keine Fonds dazu kannte; doch war bei diesem Plane ein ziemlicher Grad von Eigennutz, der aus den höchst schlechten ökonomischen Umständen des Dr. Graf entsprungen sein mag, nicht zu verkennen und daher alles nach einem sehr hohen und kost- baren Maßstab und zwar für Ost- und Westpreußen zugleich berechnet. Er wurde daher auch höheren Orts verworfen, indem man ihm zwar in vielen Stücken Gerechtigkeit widerfahren ließ, aber zu seiner Ausführung keine disponiblen Fonds hätte, und es wurde dem Dr. Graf dabei angedeutet, er solle sich künftighin mit seinen Vorschlägen zur Verbesserung des Hebammen- wesens Westpreußens an die Königl. Kriegs- und Domänenkammer wenden. Doch wurde sein Plan dem Ober-Coll. med. zur Begutachtung mitge- teilt, welches sich in seinem Bericht dahin erklärte: Die Hauptabsicht des Dr. Graf bei Anfertigung seines Planes wäre nur, sich ein gutes Gehalt, Ansehen und Unabhängigkeit vom Provinzial -Coli. med. zu verschallen, und er wäre daher ebenso kostbar und auf Rechnungen ohne Wirt gegründet als voller Hirngespinste und unausführbar und unüberlegt, und der Dr. Graf erhielt für seinen, freilich mit etwas Eigennutz und für die damaligen Zeiten und Ansichten mit unrichtigem Maßstab, aber mit Sachkenntnis entworfenen und den eigentlichen Zweck der Verbesserung des Hebammenwesens West- preußens sowie das Wohl der neugeborenen Kinder, die elternlos dem offenen Verderben preisgegeben werden, wahrhaft befördernden Plan von der Königl. Kriegs- und Domänenkammer, an die vom Ober-Coll. med. der genannte Plan mit Gutachten geschickt wurde, folgende, wie es scheint, harte und vielleicht durch gereizte Empfindlichkeit niedergeschriebene Andeutung: Wir raten Euch, Euch in der Folge mit dergleichen unüberlegten Anträgen nicht aus Eurem Zirkel zu wagen sondern dankbar und ruhig das Brot zu genießen, so Euch unverdienter Weise zu teil geworden ist. Die Schule beschäftigte sich daher nur dem approbierten Plane gemäß mit einem bloß theoretischen Unterricht, der teils in deutscher teils in polnischer Sprache gegeben wurde. Indessen konnte dieser erste Versuch, das Hebammenwesen Westpreußens zu verbessern, keine erwünschten Resultate erzielen, da er in vielen Fehlern verwebt war, wie aus folgendem erhellt: 1) Abgesehen davon, daß der Unterricht bloß theoretisch war, wurde jährlich ein achtmaliger Kursus gehalten und jeder zu vier Wochen. 7 8 2) Es wurde ganz der Willkür der Pfuscherinnen, d. h. derjenigen Per- sonen, die weder Unterricht erhalten hatten noch approbiert waren, über- lassen, sich zur Schule einzufinden. 3) Eine gewisse Laxität der Behörden war nicht zu verkennen, welche die Aufnahme der Schule sehr behinderte und Pfuscherei begünstigte, da man teils nicht mit Strenge verfuhr, um taugliche Subjekte aufzufinden, teils nicht zweck- mäßige Mittel wählte, um die Tauglichen zur Schule zu fördern, teils geradezu durch Nachsicht die Pfuscherei begünstigte. So ließ das Provinzial- Coli, med. sogar Personen zum Examen zu und approbierte sie, ohne daß sie vorher die Schule besucht hatten, worüber der Dr. Graf die bittersten Klagen bei der Kriegs- und Domänenkammer führt, und der Magistrat zu Neuenburg zeigt dem Dr. Graf unter dem 15. Dezember 1789 sogar an, daß es der Hebamme Kraynicka, weil sie weder Unterricht genossen noch examiniert und appro- biert sei, zwar untersagt wäre, die Geburtshilfe auszuüben, daß ihr aber vom Provinzial- Coli. med. zu Marienwerder dieses Geschäft zu trei&en frei- gegeben worden und dabei festgesetzt sei, sie hierin zu schützen. Der Physikus Alberti in Könitz bei seiner Anzeige der so weit verbreiteten Pfuscherei zeigt an: daß bei dem gänzlichen Mangel gut unterrichteter Hebammen der größte Teil der Gebärenden nur Gott danke, wenn irgend ein Beistand ihnen zuteil werde, ohne sich darüber zu kümmern, ob sie sich geschickten Händen anvertrauen, daher man sich auch selbst im unglücklichen Fall nicht einmal darüber beschwerte, sondern es als eine Schickung des Himmels betrachtete. Auch klagt er in seinem Anschreiben an die Kriegs- und Domänenkammer, daß, wenn er den Unfug und die unerlaubten gewissenlosen Handlungen und Vorfälle der Justizbehörde anzeigte, um zu strafen, man darauf entweder gar- nicht hörte oder unentschlossen wäre, ob auf Bequisition des Kreisphysikus dergleichen Untersuchungen vorgenommen werden könnten, oder ob man nicht erst höheren Orts darum ersucht werden müßte. 4) Auch war das Vorurteil selbst unter der gebildeten Klasse und den Kunstverständigen gegen die Anstalt gerichtet. So z. B. entblödete sich der Dr. und Kreisphysikus Schulz aus Stargard nicht, bei einer Aufforderung von Seiten der König]. Kriegs- und Domänenkammer an den Magistrat von Stargard, die dortige Hebamme Hamann zum Unterricht zu schicken, der Königl. Kammer in seinem Anschreiben die unverschämte Bemerkung zu machen: was die Hamann und noch drei andere von ihm benannte Frauen anbeträfe, so wären sie so geschickt, daß sie vom Hebammenlehrer nichts mehr lernen könnten. Ja auch irriger und lächerlicher Wahn trug Vieles dazu bei, die Schule in den Schatten zu stellen. So meldet der Beamte in Strasburg im Jahre 1790 au die Kriegs- und Domänenkammer, daß es ihm bei aller Mühe doch unmöglich sei, Frauen zum Unterricht zu schicken, und daß die dazu designierten Frauen nach Polen übergegangen wären und sich dabei hätten verlauten lassen, daß der Hebammen-Unterricht bloß ein leeres Vorgeben sei, sie wüßten nämlich, daß diese Frauen zu einem anderen Behuf bestimmt sein 8 9 müßten, um so mehr, da sie mit Sicherheit erfahren hätten, daß Se. Königl. Majestät von Preußen die letzthin zn Artillerie -Knechten ausgehobene junge Mannschaft nicht zum Kriege, sondern zur Bevölkerung der verwüsteten Gegenden in der Türkei bestimmt hätten und hierzu auch noch Frauen dahin abschicken würden, und es wurde dabei zugleich angezeigt, daß seit kurzem schon eine große Menge junger Weibspersonen, und zwar aus manchen Dörfern bis vier und mehrere Personen, ja sogar ganze Familien, dieser Furcht wegen sich entfernt hätten. Hebamme notwendigen Utensilien 9 13 5) Auffallend waren auch die Kosten, die für den kurzen Zeitraum des Unterrichts eine Schülerin zu tragen hatte. Es gehörten nämlich dazu: a) Aufenthalt während eines Monats am Orte der Schule und Verzehrungskosten auf der Reise . ^ 6 — ,, — ,, b) dem Dr. Graf pro tentamine ,, 2 c) Examinationsgebühren dem Provinzial-Coll. med. ,, 6 d) Approbationsgebühren dem Ober-Coll. med. . „ 6 e) An anderweitigen Kosten als aa) Extra ord „ 1 bb) für verschiedene hierbei vorfallende Korrespondenz ,, 3 — 30 cc) Stempelbogen ,, 1 — 45 dd) Botenlohn ,, ,, — 39 ee) Rezeptur-Gebühren ,, ,, — 75 ff) Vereidigungsgebühren ,, ,, — 30 gg) Postporto . . „ — '63 f) Dazu kamen noch zur Anschaffung der einer y> 22 — 42 — 45 13 13 36 33 12 Diese bedeutenden Kosten erregten natürlich viel Schwierigkeiten, und es wurden wiederholentlich die Beamten aufgefordert, den Kommunen den großen Nutzen wohlunterrichteter Hebammen zu schildern, um sie zu dem Entschluß zu bringen, diese Kosten zu tragen. Es fanden aber auf diesem Wege zu viel Widersprüche statt, und es wurde deshalb ein anderer Vorschlag zur Sprache gebracht, nach welchem nämlich auf dem platten Lande Distrikte von 200 bis 300 Familien gebildet werden sollten, die dann für die genannten Kosten ihrer approbierten Hebammen sorgen sollten. Auch sollte von diesen Familien jährlich 3 gr. pro Familie als ein fixes Gehalt für die Hebammen gegeben und ein sostrum für dieselben nach folgenden Sätzen bestimmt werden: 30 gr. von Freischulzen und Müllern, 18 von anderen Huben -Inhabern, 12 von Eigenkätnern und Handwerkern und 6 von Einliegern. Bei der Aussicht auf solche Auslagen war es wohl zu erwarten, daß von den Hebammen, besonders von denen, die bereits schon in Diensten standen, überall Widerspruch stattfinden und die mehresten von ihnen sich teils mit 9 10 Armut, teils mit Alter, teils damit entschuldigen würden, daß sie weit mehr aus christlicher Liebe sich bisher diesem mühseligen Geschäft unterzogen, als daß sie dabei auf einen besonderen Erwerb hätten sehen sollen, zumal die Belohnung, auf welche dabei zu rechnen wäre, durchaus in keinem Verhältnis mit dem Zeit- und Kräfte- Aufwand stände, der mit diesem Geschäft verbunden wäre, und sie müßten daher weit mehr der Meinung sein, dasselbe ganz auf- zugeben. Nicht besser fielen die Berichte der Amtsvorstände in Beziehung der Einsassen bei den ihnen gemachten Vorschlägen aus, diese Kosten zum Unterricht ihrer Hebammen aus eigenen Mitteln selbst zu tragen. Nirgends fand sich nämlich guter Wille, und man war in seinen lieblosen Empfindungen gegen schwangere Frauen mehr geneigt, dem bisher bestandenen Unfuge sowie der Unwissenheit und Roheit kostenlose Altäre zu errichten als einige Gelder herzugeben, um Sicherheit über die Geburten zu verbreiten und in den Tränen der Geretteten sich freudig spiegeln zu können. Fast aber sollte man glauben, es habe auch an der Art und Weise gelegen, wie von seiten der Ortsbehörden diese neue Sache dargestellt wurde, und es scheint, als wären sie selbst von der Notwendigkeit der Verbesserung des Hebammenwesens nicht überzeugt, oder als scheuten sie jede energische Kraftentwicklung, um aus einer zur Natur gewordenen Lethargie nicht zum regen Leben geweckt zu werden. Als Beweis dient der Amtmann Kummer in Brück, einer Gegend, die nur zu den ärmeren Westpreußens gehört, und doch hatte er auf seine Untergebenen so zu wirken gewußt, daß man zur Aufbringung der Kosten allgemein ent- schlossen war, nur die Bemerkung sich erlaubte: daß eine Hebamme bei den niedrigen Entbindungssätzen selbst in Verbindung des projektierten Fixums nicht würde bestehen können, daher die ergebene Bitte dahin ging, eine kleine Beisteuer aus Königl. Kasse noch herzugeben. In Beziehung der oben genannten bedeutenden Kosten, die den Schülerinnen zur Last fielen, berichtete auch die Kriegs- und Domänenkammer an den Minister von Mauschwitz Exzellenz unter dem 22. Oktober 1790 und hielt um Verminderung der Exminations- und Approbationskosten an, die auch ein- gewilligt wurde. Bei der Einrichtung eines solchen Instituts zur Verbesserung des Hebammen- wesens, dem nirgends eine richtige Idee zur Erreichung des wahren Zweckes zum Grunde lag, wo die ganze Organisation nur Irrtum war, ohne einmal eine feste Grundsäule zu haben, und der höchsten Behörde, die, wie man bei so vielen Fällen in dieser Angelegenheit deutlich sehen konnte, mit dem herr- lichsten Eifer für das Wohl der Untertanen ergriffen war, nur nicht die richtigsten Pläne und durchdachtesten Anträge gemacht wurden — bei der Einrichtung eines solchen Instituts, wo nirgends Einklang zu bemerken war und die Unterbehörde keinen Eifer, desto mehr aber Widerspruch und Kälte blicken ließen und dem Lehrer, zumal bei seinen ökonomisch schlechten Um- ständen ein weites Feld geöffnet war, derselben eine bessere Außenseite zu geben — , bei der Einrichtung diner solchen Lehranstalt mußte leichter Nachteil 10 11 als Nutzen für die Sache entstehen. Allein wäre der Dr. Graf mit seiner starken Familie nur in glücklicheren Lebensverhältnissen gewesen und hätten ihm seine ewigen Verlegenheiten für das Bessere nicht die Hände gelähmt, er hätte doch bei seinem wahrhaft regen Eifer und bei seinen klaren An- sichten und überhaupt bei seiner wissenschaftlichen Bildung viel Gutes bewirkt, und es wäre ihm gewiß geglückt, nur nach und nach durch wiederholte An- träge eine vollkommenere Anstalt zu errichten, und was die spätere Zeit erst entstehen ließ, nämlich eine Gebäranstalt, wäre wahrscheinlich schon unter seiner Mitwirkung entstanden, aber so drückte ihn Not, und alle seine Unter- nehmungen und Vorschläge trugen den Stempel von Mangel, und Druck und, als daher sein größerer Plan zur Verbindung einer Gebäranstalt mit der Lehranstalt von allen Seiten Widerspruch fand und er auf diese Weise durch Vervollkommnung der Schule auf Aussicht zur eigenen Verbesserung Verzicht leisten mußte: so entwickelte sich bei ihm der Wunsch, die Lehranstalt nach Culm zu verlpgen, weil er in Marienwerder zu einer lukrativen Praxis wegen der Konkurrenz von älteren Ärzten keine Hoffnung hatte, auf die er aber an einem anderen Orte volle Rechnung machen zu können sich schmeichelte. Allein wie überall die enge Grenze seiner politischen Existenz ihn im Schwanken erhielt, so konnte er auch über den Ort des künftigen domicilii nicht mit sich einig werden. Doch blieb er zuletzt in der Wahl zwischen Culm und Elbing stehen und machte seine Anträge bei der König!. Kammer, die ihm zwar die Verlegung der Anstalt bewilligte, aber nicht an die genannten Orte, da sie an den Grenzen der Provinz sich befänden und die Anstalt nur in die Mitte derselben zu verlegen wäre. Er brachte daher den 1. September 1787 Riesen- burg in Vorschlag, doch ehe er darauf beschieden war, leitete sein Wankelmut ihn wiederum dahin, Elbing bei der Behörde in Erinnerung zu bringen, und er suchte alle, größtenteils Scheingründe hervor, um die Kriegs- und Domänen- kammer dafür zu stimmen und seinen Zweck zu erreichen, da er in Elbing Familie hatte und gerade hier seine Umstände am frühesten zu verbessern glaubte. Er erhielt auf diesen wiederholten Antrag wegen Elbing aber zum Bescheide: daß seine Verlegenheit eine natürliche Folge seines Wankelmutes und seiner Unbedachtsamkeit wäre, und daß es ihm nie erlaubt werden könne, die Anstalt nach Elbing zu verlegen, zumal seine Submission jährlich die drei Sommermonate in jedem Kreise Schule zu halten und sich deshalb mit Kosten von Elbing, wo er auf lukrative Praxis rechne, zu entfernen, ein wiederholter Beweis bleibe, mit wie wenig Überlegung und Vorsicht er seine Schritte abmesse. Es bleibe also dabei, daß die Anstalt nur in der Mitte des Departe- ments ihren Sitz hätte und daß, wenn er es seinen Privatverhältnissen an- gemessen fände, sein domicilium in Elbing zu nehmen, die Kriegs- und Domänen- kammer darauf antragen würde, daß ihm die Anstalt abgenommen werde. Auf diese Antwort schrieb er an die Königl. Kammer, daß er bei solchen Gesinnungen und Entschlüssen Hochderselben entschlossen wäre, seine Familie, die er durchaus hier zu erhalten nicht imstande wäre, zu seinen Verwandten ii 12 nach Elbing zu schicken, für sich aber in Marienwerder Zurückbleiben würde, um die Lehranstalt fortzusetzen, bat aber, ihm bei irgend einer Vakanz ein Physikat zu erteilen, doch so, daß er es mit seinem gegenwärtigen Posten verbinden könne. Er begleitete seine Familie nach Elbing, hielt von hier aus um Verlängerung seines Urlaubes an, und als in dieser Zeit das Physikat in Marienburg erledigt wurde, so trug er darauf an, es ihm zu erteilen und die Lehranstalt nach Marienburg zu verlegen, wo er dann beide Stellen mitein- ander verbinden möchte. Nach mehreren Schwierigkeiten wurde endlich sein Gesuch genehmigt, und so kam die Lehranstalt von Marienwerder nach Marien- burg, wo sie den 1. Mai 1788 eröffnet und nur in den drei Sommermonaten ein dreimaliger Kursus gehalten wurde und die übrigen neun Monate Ferien waren. Da dem Dr. Graf bei dieser Anstalt so Vieles eingeräumt war, was gar nicht zu seinem Ressort hätte gehören sollen, z. B. das Auffinden der Schüle- rinnen, die Berichte und Aufforderungen an die Beamten, Frauen zur Schule zu schicken, die Listen, die er sich von allen Orten kommen ließ, um die Personen zu erfahren, die bis jetzt die Hebammenkunst ausgeübt hatten, sich überdies wohl gar die Freiheit nahm, die Schülerinnen selbst zu examinieren und gegen Gebühr zu vereiden, so war es bei seiner Geldnot und bei den Emolumenten, die ihm aus einer großen Anzahl der Frauen, die sich bei ihm zum Unterricht einfanden, zuteil wurden, ganz natürlich, daß seine Schule zu einer wahren Hebammen-Schmiede herabsank, und daß es ihm weit mehr darum zu tun sein mußte, recht viel Hebammen zu fabrizieren, als daß es sein Stolz hätte sein sollen, tüchtige, wohlgeübte und mit dem ganzen Umfang der Kunst voll- kommen vertraute Subjekte aus seinem Unterricht zu entlassen. Es findet sich daher auch unter seinen Berichten vom Jahre 1790 eine namentlich aufgeführte Liste von 152 Personen, die in dem genannten Jahr in Marienburg den Unterricht genossen haben, und diese waren nur aus wenigen Kreisen zusammengebracht worden, denn hätten alle Beamten Westpreußens seinen Wünschen Genüge geleistet, und wären sie nicht vielleicht zum Glück hierin etwas saumselig gewesen, es hätten beinahe noch einmal soviel Frauen zum Unterricht sich einfinden können. Nimmt man nun die Frauen der niederen Stände aus der Provinz Westpreußen, besonders noch der damaligen Zeit, die von aller höheren Kultur entblößt, dabei plump und ohne körperliche Gewandtheit und in Aber- glauben und Vorurteil versunken waren, und auf der anderen Seite den kurzen Zeitraum von drei Sommermonaten, in welchem während eines dreimaligen Kursus, jeder zu einem Monat, eine Anzahl von 152 Frauen der genannten Art zu Geburtshelferinnen erhoben werden sollten, so konnte die ganze Schule wohl nicht anders benannt werden als ein unglücklicher Versuch, das Hebammen- wesen Westpreußens zu verbessern. Der Dr. Graf starb den 5. August 1792, und an dessen Stelle wurde im August 1793 der Dr. Gerth zum Physikus und Hebammenlehrer für West- preußen ernannt. Dieser stand der Lehranstalt bis zum Jahre 1804 vor, in welchem Jahre, wie später erwähnt werden wird, eine Entbindungs Lehranstalt 12 13 für Westpreußen eingerichtet wurde, die in Danzig den Mittelpunkt ihres Wirkungskreises erhielt. Was übrigens, der Dr. Gerth in der Zeit von 1793 bis 1804 als Hebammenlehrer geleistet hat, ob er nach Art seines Vor- gängers mehr dem Multa als dem Multum in Hinsicht der Zahl der jährlichen Schülerinnen huldigte, oder ob er längere Lehrkursus gehalten und andere * möglichst zweckmäßige Einrichtungen getroffen hat, um die Absichtzu erreichen, ob er schriftliche Anträge und Vorschläge an die höhere Behörde gemacht hat, den höchst unvollkommenen Unterricht in ein besseres Gewand zu kleiden, und was er überhaupt getan hat, um der Geburtshilfe in Westpreußen durch höhere Bildung mehr Achtung zu verschaffen, — darüber habe ich nichts erfahren können, da über ..seine Amtsführung aus den mir vorgelegten Akten durchaus gar nichts hat entnommen werden können. Da er übrigens ein Mann war, an den seine Zeitgenossen, die ihn noch bis jetzt überlebt haben, mit Achtung, Dankbarkeit und Liebe denken, so läßt es sich auch wohl ver- muten, daß er mancher Vorarbeit sich wird unterzogen und manchen noch rohen Stein wird bearbeitet haben für das bessere Lehrgebäude, das mit dem Jahre 1804 in Danzig ins Leben trat, und daß er auch in Beziehung auf die Lehrtöchter wird geleistet haben, was der eng begrenzte Unierrricht des damaligen Lehrinstituts nur immer erlaubt hat. Während in Westpreußen das Hebammenwesen in den rohen Händen ungebildeter Frauen sich befand, auch der erste Versuch, dasselbe zu ver- bessern, nicht geeignet war, den Wolkenschleier zu lüften, um die wahre Ge- burtshilfe im Glanz einer höheren wissenschaftlichen Bildung hervorkommen zu lassen, Vorurteil, Aberglauben und Unwissenheit in das Reich der Schatten zu treiben und lichtvoll die Gefahren zu verscheuchen, die in gräßlichen Ge- stalten das Leben und Wohlsein der Kreißenden umlagerten — während für die ganze Provinz Westpreußen das Bessere in diesem Betracht noch in weitem Hintergründe lag, ging es in dem von der genannten Provinz begrenzten Freistaat Danzig nicht erfreulicher. Auch hier häuften sich die unglücklichen Geburten, Mütter wurden Opfer der privilegierten Unkunde, und wo neues Leben sich entwickeln sollte, mähte furchtbar der Tod mit unerbitterlicher Sense, und der Frevel schlich mit frecher Stirn sich dorthin, wo nur die höchste Milde, Kunst und Gemütlichkeit mit geübtem Finger den Zutritt sich hätte verschaffen sollen. Die erste Idee, den bisherigen Irrtum zu erkennen und Aussicht zu eröffnen, um das Feld der Wahrheit und Kunst betreten zu können und der Frauen Heil in den schönsten Momenten ihrer Bestimmung zu schonen und zu fördern, entwickelte sich nicht in den Köpfen der damaligen Repräsentanten der Danziger Freiheit, deren Pflicht es doch wohl gewesen wäre, auch auf die Klagetöne der Frauen zu hören, die, von Schmerzen für das Wohl der Menschheit um- lagert, in den Fesseln der Unwissenheit seufzten. Man begnügte sich lieber, den Flitterstaat einer republikanischen Freiheit zu genießen, als kräftig ihr Schranken zu setzen, wo sie in Willkür und Frechheit ausartete. is 14 Von Mitleid für die Begleiterinnen unsrer Tage bei Geburt und Wochen- bett ergriffen und von dem Wunsch beseelt, der unter den verschiedenen Zweigen der Heilkunde fast überall so sehr vernachlässigten Geburtshilfe auch in Danzig einen höheren Standpunkt anzuweisen, faßte die hiesige Natur* m forschende Gesellschaft im Jahre 1779 unter ihrem damaligen Direktor, Dr. und Professor Sendel, den ersten Entschluß zur Verbesserung des hiesigen Hebammenwesens und machte ihre Anträge an den Senat, um ihn zur Teil- nahme aufzufordern, der sich auch bereitwillig dazu erklärte, nur vorher von der Gesellschaft schriftliche Vorschläge erwartete. Die Gesellschaft wählte zu diesem Zweck eine Kommission aus ihren Mitgliedern, nämlich die Doktoren Krüger, de la Motte, Reinick und Lampe mit dem Aufträge, einen Plan zu entwerfen, über den mau sich indessen unter den Kommissarien nicht bald vereinigen konnte, da auf der einen Seite die schlechten Finanzumstände des in seinem Wohlstände sinkenden Freistaates enge Grenzen vorschrieben, auf der andern Seite aber die rasche Erreichung eines edelen Zwecks ein offenes Feld ohne ängstliche Schranken forderte. Der Plan konnte daher erst im Jahre 1781 vorgelegt werden. Nach demselben war ebenfalls wie früher aller- orten nur ein theoretischer Unterricht bestimmt, um ihn aber auch in praktischer Beziehung nützlich zu machen, sollte der Lehrer mit seinen Schülerinnen überall, wo nur Eingang möglich war, sich hinbegeben, sowie ihm nach diesem Plane überhaupt die Pflicht oblag, überall zu erscheinen, wo die Armut rief, um teils den Lehrlingen Gelegenheit zu verschaffen, richtige Handgriffe zu erlernen, teils den Unfug zu hemmen und Tränen und Gefahren zu vermindern. Nach diesem Plane stand der Naturforschenden Gesellschaft bei der Vakanz der Stelle eines Lehrers sowie bei der ersten Besetzung derselben, das Präsentationsrecht zu, und der Magistrat sollte aus den drei von ihr vor- geschlagenen Ärzten die Wahl veranstalten. Dem Lehrer war ein Gehalt von 400 Thlr. ausgesetzt , wozu die Gesellschaft aus dem VERCH’schen Legat 1/4r hergeben wollte und die Kämmerei die übrigen 3/4 tragen sollte. Zu diesem Plane fügte die Gesellschaft noch eine Hebammenordnung sowie eine Instruktion für den anzustellenden Lehrer bei und überschickte denselben dem Senate zur Begutachtung und Genehmigung. Der Plan wurde durchweg approbiert, es kamen die Doktoren Kubas, Wittwerk und Kulmus zur Präsentation, aus denen darauf der Senat den Dr. Kubas wählte und ihn auf die ihm vorgelegte Instruktion vereidete, nach welchem ihm mit der Benennung Hebammenmeister nicht nur die Pflicht oblag, Hebammen zu bilden, sondern auch das ganze Hebammenwesen der Stadt und deren Territorium in besondere Aufsicht zu nehmen und sämtliche Hebammen einer strengen Ordnung zu unterwerfen, ja zum Wohl der Kreißenden und zum Nutzen der Lehrlinge auf lukrative Ge- schäfte größtenteils Verzicht zu leisten und nur dorthin zu eilen, wo unent- geltlich beide Zwecke sich mit einander verbinden lassen. Wenn nun gleich bei diesem Plan keine Gebäranstalt, den praktischen Unterricht zu erteilen, zu Grunde lag, so enthielten doch die genannten In- 14 15 struktionen für den Hebammenmeister und die Hebammen sehr zweckmäßige und die höhere Bildung derselben kräftig befördernde Vorschläge: So war der Lehrer angewiesen, seine anderweitigen Geschäfte sehr einzuschränkeu, um mehr dem Unterricht und dem Hauptzweck seiner Anstellung zu leben und Schwangere und Kreißende in den Wohnungen der Armut mit seinen Schülerinnen aufzu- suchen und sogar gegen Vergütung ihnen Gelegenheit zu verschaffen, bei normalen Fällen Handgriffe und Behandlung kennen zu lernen und, wo Ab- normitäten sich vorfanden, sie erst mit Gefühl und Verstand aufzufassen und dann das technische Verfahren von kunstgeübter Hand in der Anschauung zu erhalteu. Den geschworenen Stadthebammen, von denen vorausgesetzt werden konnte, sie würden bei der sich ihnen darbietenden Gelegenheit der Schule sich schnell eine höhere Kunstfertigkeit verschaffen, wurde es zur Pflicht ge- macht, die Lehrlinge auf Antrag des Lehrers sich zuzugesellen, um sie wo immer möglich unter ihrer Aufsicht zu Kreißenden zuzulassen, damit sie bei regelmäßiger Geburt dem Verlauf derselben und dem, was von Seiten der dabei notwendigen Hilfe zu beobachten ist, immer näher auf die Spur kämen. Was die den Hebammen so unentbehrlichen und auf das ganze weibliche Leben so stark einfließenden Untersuchungen in Schwangerschaft oder bei Abweichungen aller Art in den Gebilden der weiblichen Geburtswege anbetrifft, so hatte jede Person, ebenfalls gegen Vergütung, freien Zutritt zur Schule und konnte auf Schonung bei der Untersuchung sowie zugleich auf Bat und Hilfe Rechnung machen. Die Geburtsteile wurden den Lehrlingen durch anatomische Demon- strationen verdeutlicht, wozu das Städtische Lazarett die Leichen lieferte. Der Unterricht dauerte Y2 Jahr. Schülerinnen aber, die einst auf eine vakante, mit einem Gehalt verbundene Stelle als geschworene Stadthebamme Anspruch machen wollten, mußten 3 Jahre hintereinander den Unterricht besuchen und sie sowie jede andere Hebamme mußte jährlich sich einer Prüfung unterwerfen und alle 4 Jahre den Unterricht wiederholen, um mit den Fortschritten ihrer Kunst bekannt zu werden. Bei tödlich abgelaufenen Fällen von Geburt und Wochenbett sollte der Lehrer die Schülerinnen sowie die schon älteren Heb- ammen zusammenberufen lassen, um sie über die Ursachen der Schwierigkeit der Geburt und des Todes zu belehren und womöglich durch Zergliederung des Leichnams alles zu verdeutlichen und zu versinnlichen, was zur Belehrung gereichen möchte. Es war ihm auch bei Personen, die in der Geburt vor der Entwickelung des Kindes verstorben waren, die lex regia zum unver- brüchlichen Gesetz gemacht. Um in kein dem Zweck der höheren Bildung der Hebammen zuwiderlaufendes Verhältnis mit ihnen zu stehen, wurde ihm streng verboten, von denselben weder Geld noch Geldeswert zu nehmen. Sie hatten nur an ihn bei der Annahme Einschreibegebühren und am Ende des Unterrichts pro tentamine etwas zu zahlen sowie späterhin an ihn und die beiden Physiker der Stadt, die die Prüfungskommission bildeten, pro exami- natione, und um die mehrfachen Ausgaben zu decken, die zu ihrem Besten an Schwangeren, Kreißenden und an Frauen mit oder ohne Abweichungen 15 16 an den Geburtswegen gezahlt wurden, mußte jede Schülerin einen Geldbeitrag zur Schulkasse machen, aus der diese Vergütungen genommen wurden. Auch waren kleine Strafen eingeführt, denen bei Versäumnis und anderen Fehlern, die auf Vernachlässigung der Gelegenheit zur höheren Bildung Beziehung hatten, selbst diejenigen Hebammen ausgesetzt waren, die bereits die Schule verlassen hatten, welche Strafen an Geld dann zur Schulkasse kamen, um die Gelegenheit zu vermehren, mehrere arme Frauen geneigter zu machen, sich als Gegenstand des Unterrichts zu gestellen. Da dre Schule nur für die Stadt und deren nahe gelegenes Gebiet bestimmt war, nicht aber für eine ganze Provinz, wo aus weiter Ferne die Lehrlinge zu dem Ort des Unterrichts kostbare Reisen machen mußten: so enthielten die Instruktionen allerdings viele treffliche Anordnungen, um der Kunst über- haupt als dem praktischen Unterricht der Hebammen insbesondere einen sehr zweckmäßigen Wirkungskreis zu geben und dabei den armen Frauen in Schwangerschaft und Wochenbett sowie bei gewissen in der Natur ihrer Weiblichkeit gegründeten Krankheiten heilbringenden Schutz zu verschaffen und eine Aussicht zu eröffnen, bei der das Auge vor Furcht und Zagen und banger Ahnung nicht in Tränen sich badet. Doch aber auch dieser Versuch, das Hebammen wesen in Danzig zu ver- bessern, hat so rein gar keine Früchte getragen, da der Dr. Kubas durchaus nicht der Mann muß gewesen sein, die der ganzen Einrichtung zum Grunde liegenden Ideen ins eigentliche Leben zu rufen und selbst in den ersten Jahren eines für das Wohl der Frauen und der Fortbildung des Geburtshelfers gleiche Gelegenheit darbringenden Amtes, wo doch wenigstens im Anfänge der wissen- schaftlich Gebildete und für seine Kunst ein gewisses Interesse fühlende Arzt von Feuereifer ergriffen sein sollte, um hohe Zwecke möglichst zu erreichen — selbst in den ersten Jahren seines Amts findet sich keine Spur, als hätte der Geist ihn beseelt, der in den ihm übergebenen Instruktionen nicht zu verkennen war. Das Hebammenwesen blieb daher, was es war, machte noch Rückschritte und sank zu einem heillosen Streben herab, sich immer mehr vom rechten Wege zu entfernen. Er selbst gefiel sich mehr in dem Aufsuchen der Pflanzen und in dem Farbenspiele der Blumen als in dem Bestreben, Vorurteile aus- zurotten, falsche Ansichten zu bessern, den Verstand von rohen Frauen des niederen Standes zu bilden und den richtigen Gebrauch ihrer Hände sie zu lehren oder gar in nächtlicher Stille mit den Lehrlingen hinzueilen, wo Not und Schmerz ihn hinrief, um zu helfen und zu unterrichten. Es blieb daher Alles beim Alten, die Zahl der unglücklichen Geburten vermehrte sich noch, das Unglück häufte sich, die Frechheit der Hebammen trat gestützt auf ihren Hebammenmeister mit mehr Kühnheit hervor, der selbst in den sich ihm dar- bietenden Geburtsfällen den hohen Beruf zum Priester Lucinen’s nicht recht- fertigte, die Klagen über ihn und seine Zöglinge wurden daher immer all- gemeiner und die Naturforschende Gesellschaft sah nach einer mehrjährigen 16 17 Erfahrung mit vielem Schmerz sich in ihren Hoffnungen getäuscht und mußte sich beinahe den Vorwurf machen, daß sie durch gänzliche Verfehlung des beabsichtigten Guten mehr Schaden als Vorteil bewirkt und ein Häufchen von unwissenden und rohen Weibern zu Grausamkeiten und Morden privilegiert hatte. Doch nicht nur die Gesellschaft sondern auch das Publikum wurde durch die traurigsten Erfahrungen von 10 Jahren endlich enttäuscht und der gebildete, von seinen Hausärzten darüber belehrte Teil desselben entzog sich fast ganz dem weiblichen Beistände in der Geburt und vertraute sich dagegen männlicher Hilfe an. Dieser Ausweg aber stand den Minderbegüterten und Armen nicht offen, und sie blieben noch immer einem traurigen Schicksal überlassen, waren aber auch um so mehr ein Gegenstand der heißesten Wünsche und des sorgsamsten Streben«, die bisher bestandenen Fehler und Irrtümer auszurotten und zu verbannen. Eine im November 1791 unglücklich abgelaufene Geburtsgeschichte, wo bei vorliegendem Kindesarm und Nabelschnur eine privilegierte Hebamme Beweise der höchsten Unwissenheit gegeben hatte, aber die auch der Hebammen- meister weder für sich allein noch in Verbindung mit einer anderen von ihm dazu gerufenen Hebamme, ja auch nicht in Gesellschaft des Dr. Sommer, den er zum Beistände sich erbeten hatte, zu beendigen imstande gewesen war, und bei der nach tagelangen Martern die Mutter, die schon früher mehrmals glücklich geboren hatte, zuletzt unentbunden als Opfer der unzarten und un- kultivierten Behandlung fiel und trotz der lex regia, die ihm zur heiligen Pflicht gemacht worden war, auch unentbunden begraben wurde — diese Geburtsgeschichte, die bei einer näheren Darstellung den Widerwillen gegen die Unkunde an der Seite einer unglücklich Kreißenden zu hoch mochte gesteigert haben, enthielt indessen reichlichen Stoff zu näherer Betrachtung und machte das Mitleid des Menschenfreundes wie den gerechten Unwillen des patriotisch gesinnten Bürgers rege, und das Unglück kam zur allgemeinen Sprache, zumal der Witwer, der in der Blüte der Jahre sein häusliches Glück verloren hatte, öffentlich klagbar wurde und auf Untersuchung und Bestrafung eines ihm und seinen Kindern geschehenen Frevels antrug. Auch erhielt die Gesellschaft als erste Stifterin und Miterhalterin der Hebammenlehranstalt eine detaillierte Schilderung des besagten Falles zur beliebigen Beurteilung der Großtaten, die aus dem mit so großen Hoffnungen und Erwartungen von ihr mit eingerichteten Institute hervorgingen. Dort geschah nichts, man fragte zwar beim Hebammenmeister deshalb an, er wußte aber sich und selbst die Hebamme zu entschuldigen und alles auf die Verstorbene zu schieben, die freilich aus Grabeshöhle ihre Verteidigung nicht mehr führen konnte, und ohne fernere Untersuchung wurde alles mit Stillschweigen verschleiert. Nicht so bei der Gesellschaft, sie hielt es wegen des von ihr aus menschenfreund- lichen Absichten gestifteten Lehrinstituts für ihre Pflicht, wenn jene Ab- sichten nicht ganz verfehlt werden sollten, eine sorgfältige Beleuchtung an- zustellen. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 17 2 18 • Vorzüglich erklärte sich der Dr. Dauter in der Gesellschaft kraftvoll und mit Würde über das, was nach den der bisherigen Lehranstalt zum Grunde gelegten Instruktionen hätte geleistet werden sollen und können, wenn mit Energie auf Ausführung dessen wäre hingewirkt worden, wozu eine freie Aussicht eröffnet war und Hoffnung berechtigt hatte, und was dann leider in dem verflossenen Zeitraum wirklich bisher geleistet worden war, wobei sich dann ergab, daß die Geburtshilfe in Danzig, statt durch die Schule sich zu erheben, noch tiefer unter Null gesunken war. Es kamen mehrere Fälle bei dieser Gelegenheit zur Sprache, die den Dr. Kubas nicht als Mann schilderten, der sich auf dem rechten Wege befände, der seine Hauptpflicht aus den Augen setzte, die ihm vorgeschriebenen Instruktionen nicht sorgfältig beachtete, sich weder Mühe gab, brauchbare Subjekte zum Unterricht auszuwählen, noch die Kunst verstand und die Arbeit liebte, den Geist und das Gefühl ungebildeter Frauen durch Wort und Tat zu formen und zu üben, um dem rohen Stein eine möglichst freundliche Gestalt zu geben. Auch wurde es gerügt, daß die Hebammen, die er doch unter strenger Observanz halten sollte, seine Gunst- bezeugungen auf Wegen zu erschleichen wußten, die ihm ausdrücklich ver- boten waren, wobei noch bemerkt wurde, daß die Prüfungen zur Approbation vom Hebammenmeister höchst oberflächlich abgehalten wurden, zumal die Physiker, die dabei gegenwärtig und mitprüfen sollten, auch hierin ihre Pflicht verletzten und das Geschäft dem Hebammenmeister allein überließen. Man faßte bei der Gesellschaft daher den Entschluß, dem Senat seine Ansichten und Wünsche für die Zukunft zu eröffnen, und schrieb an denselben gegen Ende des Jahres 1791, daß, da die Klagen über Unglück bei Geburt und Wochenbett sich nicht minderen, Todesfälle von Mutter und Kind sich häufig ereigneten, wo durch richtige und zur rechten Zeit angewandte Hilfe Rettung gewiß zu erwarten gewesen wäre, die Unwissenheit also noch ebenso nicht im Finstern, sondern unter den Augen aller Menschen fortschleiche wie früher, es wohl geraten wäre, von seiten des Senats eine Revision der bisher bestandenen Hebammenlehrschule vorzunehmen, und man trug vorläufig wenigstens darauf an: die große Unwissenheit der öffentlich angestellten Hebammen in genaue Erwägung zu ziehen, sie nochmals prüfen zu lassen, um die Fähigen kennen zu lernen und den unbrauchbar Befundenen die Ausübung dieser Kunst zu untersagen, welche Prüfung aber von den Physikern in Gegenwart des Hebammenmeisters abzuhalten wäre, und damit erstere von unangenehmer Heftigkeit des Letzteren nichts zu fürchten hätten, im Beisein eines Deputierten des Senats. Überhaupt war man einstimmig der Meinung, den Senat aufzu- fordern, daß er den Hebammenmeister zur Befolgung der von ihm beschworenen Verordnung strenge und ernstlich anhalten möge, besonders in Beziehung des immer fortgehenden unentgeltlichen Vortrages der Hebammenkunst sowohl des mündlichen als auch des praktischen in den Häusern der Armen und des größeren Fleißes bei Entbindungen nach der lex regia sowie der genauen Befolgung der Vorschrift, daß Lehrlinge nach dem ersten Kursus noch fort- 18 19 während zu einer dreijährigen Benutzung seines öffentlichen Vortrages ver- pflichtet wären, und daß er durchaus nicht unterlassen dürfe, durch die ihm anbefohlenen anatomischen Demonstrationen die Hebammen mit den weiblichen Organen vertrauter zu machen, die bei deren Geschäft ihre volle Aufmerksamkeit und Schonung in Anspruch nehmen. Es wurde auf dieses Anschreiben an den ■Senat von demselben zwar geantwortet, daß sämtliche Hebammen, die drei .Stadtgeschworenen ausgenommen, nach dem Anträge der Gesellschaft nochmals geprüft werden sollten, aber die Folge lehrte, daß dieses garnicht geschah und daß sie privilegiert ihr Unwesen forttrieben. Das Anschreiben der Gesellschaft an den Senat war indessen nur als vorläufige Einleitung zu betrachten, mit der man sich aber bei der Gesellschaft nicht begnügte. Man wünschte eine Revision der Instruktion, die der bis- herigen Schule zum Grunde lag, um zu erfahren, wo sie etwa fehlerhaft wäre, wo Verbesserungen stattfinden müßten, und was die Erfahrung über diesen mißlungenen ersten Versuch, die Geburtshilfe in Danzig zu verbessern und die Fortschritte der Kunst überhaupt in dem verflossenen Zeitraum von zehn Jahren angeben möchten, um auf den Trümmern des alten ein neues besseres Gebäude zu erbauen. Man wählte in dieser Absicht zur Berichterstattung die Doktoren Dauter, Behrend und Blech, die dann auch den 20. September 1792 ihre Revision und ihren anderweitigen Plan der Gesellschaft vorlegten. Was die frühere Instruktion anbetrifft, die der bisherigen Schule zum Grunde lag, so enthielt sie so gediegene Momente für den Hebammenunterricht ohne Gebär- anstalt, daß bei der Revision derselben die Kommissarien auch nur wenige Veränderungen aufführten, und diese wenigen bezogen sich mehr auf außer- wesentliche die eigentliche Bildung der Hebammen und die Kultur der Geburts- hilfe überhaupt nicht betreffende Gegenstände. Weit mehr aber bezog sich ihr Plan auf die Darstellung der Notwendigkeit, eine Gebäranstalt mit der bisherigen Schule zu verbinden, um dem Unterricht den wahren Kreis zu eröffnen, in welchem Lehrlinge der Geburtshilfe nur allein den ersten Grund legen können, das Leben der Frauen in Schwangerschaft und Wochenbett kennen zu lernen, sowie die richtige Handlungsweise nach Lage der Sache bei Müttern und Kindern. Nach diesem Plan sollten ungefähr 5 — 6 Schülerinnen jährlich in der Gebär anstalt erzogen werden, in der auf 50 Geburten jedes Jahr gerechnet war, sodaß jede Schülerin etwa 9 bis 10 Geburten zur eigenen Übung erhielt, abgerechnet die übrigen, bei deren Behandlung sie Zeuge war. Während nun die oben kurz angegebene Geburtsgesehichte in Verbindung mehrerer Beleuchtungen der Schule mit dem Dirigenten derselben an der Spitze, zur allgemeinen Sprache kamen, und gekränkte, getäuschte und zer- rissene Liebe der Gatten und der Väter, aber mitunter vielleicht auch die Schadenfreude mit grelleren Farben das Gemälde schmückten — während in der Naturforschenden Gesellschaft manche bittre Wahrheit ausgesprochen wurde und ein neuer Plan im Werk und tüchtigen Männern der Auftrag geworden war, das Alles genau zu sichten und aus demselben mit Umgehung 19 2* 20 der Fehler das Bessere aufkeimen zu lassen, — während von allen Seiten der Himmel sich gleichsam umwölkte und dem bisherigen Vorstand der Schule die Sonne seines Lebens verdunkelte, hielt er im August 1792 bei dem Rat um Entlassung oder doch wenigstens um einen Substituten an. Der Rat willigte in das letztere Gesuch, stand ihm ad dies vitae das halbe Gehalt zu und schrieb an die Gesellschaft, er zweifle nicht, diese werde dem Beispiel folgen und dann ihrem Vorrechte gemäß drei Subjekte zu Substituten vorschlagen. Die Gesellschaft erkannte dem Dr. Kubas ebenfalls das halbe Gehalt per plurima vota zu, was aber die Präsentation dreier Subjekte als Substituten beträfe, so baten sie um eine Frist von drei Monaten, weil ihrer Meinung nach in dieser Zeit der oben angegebene Plan in Ordnung gebracht sein würde, der dann mit der Präsentation zugleich zur Begutachtung und Genehmigung vorgelegt werden sollte. Dieses geschah den 15. November 1792, und zur Wahl wurden die hiesigen Doktoren Kleefeld, von Duisburg und Wolf aus Kopenhagen aufgesetzt. Die große Staatsveränderung aber, die dem Freistaat Danzig bevorstand, bei der er auf seinen bisher genossenen politischen Wert Verzicht leisten sollte und die besser Gesinnten in Danzig, da die Stadt schon seit langer Zeit vom preußischen Gebiet umschlossen in ihrem Handel und ihrer Bevölkerung so tief gesunken war, es als den vernünftigsten Wunsch ansahen, unter Preußische Herrschaft zu kommen — die wichtige Staatsveränderung, auf die die Stadt gefaßt sein mußte bei der Erklärung des Königs von Polen, die Stadt ihrem Schicksal überlassen zu müssen, und auf der anderen Seite bei der kategorischen Aufforderung Preußens sich zu unterwerfen — bei dieser wichtigen Katastrophe, wo alle Gemüter aufgeregt und die Ansichten höchst verschieden waren, wo alle Ordnung sich anfing aufzulösen und Anarchie, und Willkür ihr Haupt erhob und gerade die Väter der Stadt der größten Gefahr und den Drohungen des nicht mehr zu zügelnden Pöbels ausgesetzt waren — bei dieser wichtigen Katastrophe war es dann wohl sehr natürlich, daß die Vorschläge zur Ver- besserung des Hebammenwesens, die die Gesellschaft dem Senat gemacht hatte, vor der Hand ganz ruhig in den Archiven liegen blieben und erst auf die Zeit warteten, wo die Hauptfrage über politische Existenz beantwortet war. Im Mai 1793 hörte der Freistaat Danzig auf und wurde der Provinz West- preußen einverleibt. Es verging jetzt freilich einige Zeit, ehe die viel besprochene Verbesserung der Geburtshilfe für Danzig und dessen Umgegend wieder zum Vortrag gebracht werden konnte, und während derselben sanken die Hebammen in ihrem Treiben immer tiefer und tiefer, und des Unfugs wäre kein Ende gewesen, wenn der Beistand bei Geburten nicht jetzt schon bereits größtenteils in den Händen menschenfreundlicher Geburtshelfer und geübter Entbinder ge- wesen wäre. Als ich im Jahre 1796 meine Studien vollendet hatte und nach Danzig zurückkehrte, fand ich das Hebammenwesen in der oben angegebenen Art und lernte dasselbe durch meinen früheren Lehrer, den Dr. und Professor Blech,. 20 21 der zugleich als erster Physikus angestellt war, noch näher kennen. Er forderte mich bald nachher auf, Schülerinnen der Stadt und ihres Territoriums in Unterricht zu nehmen, indem er der Meinung war: daß, da von Seiten der Preußischen Regierung versprochen war, die Stadt möglichst in ihren bisher bestandenen Privilegien zu schützen, die Hebammen auch nicht nötig hätten, die bis jetzt für Westpreußen bestehende Schule zu Marienburg zu besuchen. Er versprach mir wenigstens, mich überall zu vertreten, wolle die zum Unter- richt tauglichen Subjekte der Stadt und ihres Weichbildes selbst aussuchen und sie mir zuschicken, indem er mich mit den Verordnungen bekannt machte, nach welchen früher der Dr. Kubas den Unterricht zu leiten verpflichtet worden war, da er glaubte, nach dieser Art, wenn das ganze Geschäft nur mit Eifer und Liebe betrieben würde, vorläufig wenigstens sich dem Zwecke zu nähern, bis vielleicht mit der Zeit durch Einrichtung einer Gebäranstalt eine höhere Vervollkommnung des Unterrichts erreicht werden könnte. Wenn ich nun zwar weder auf den Gehalt des früheren Hebammenmeisters noch auf irgend einen lukrativen Gewinn Anspruch machen konnte, so war mir doch der Antrag meines ehemaligen Lehrers und jetzigen Freundes Aufforderung genug, mich diesem höchst beschwerlichen Geschäfte, bei welchem das prak- tische Verfahren nur nach einer geburtshilflichen Poliklinik zu erreichen war, mit aller Energie zu unterziehen. Nur höchstens drei Schülerinnen waren die Zahl, die täglich vier Monate hindurch den Unterricht erhielten, und mit denen gewöhnlich jeden zweiten Tag, zuweilen auch täglich, oft in der Nacht und nicht selten zweimal in einer Nacht in der Stadt und ihren weitläufigen Vorstädten eine geburtshilfliche Runde gehalten wurde, um zu belehren, wo immer Gelegenheit sich fand, hier um Geburten, regelmäßige oder abnorme, zu leiten und zu beenden, dort um Nichtschwangere sowie Schwangere in ihren verschiedenen Zeiträumen oder andere Frauen bei Abweichungen in den Ge- burtswegen zu untersuchen, wobei auch häufig Reisen auf das Land vorfielen. Die dazu notwendigen Präparate wurden von mir entweder angefertigt, oder der Dr. Blech teilte sie mir aus seinem Vorrat mit sowie auch dazu gehörige Kupferwerke. Auch wurde das Museum der Naturforschenden Gesellschaft zu diesem Zwecke benutzt. Als Lehrbuch wählte ich den Oslander’ sehen Unter- richt für Hebammen. Außer den bedeutenden Ausgaben, die dabei aus meiner Tasche flössen, da das kleine Honorar, was die Schülerinnen für diesen Unterricht zahlen sollten, oft wegen gänzlichem Mangel garnicht zahlen konnten, durchaus nicht hinreichte, die Frauen geneigt zu machen, sich als Automat gebrauchen zu lassen und einem solchen Unterricht sich hinzu- geben — außer diesen Geldbeiträgen aus eigenen Mitteln mußte meine Privatpraxis darunter leiden, zumal das Jagen durch die Straßen der Stadt bei Hitze und Kälte, bei Nässe und Schmutz sowie bei der ungünstigsten Witterung, der öfter rasche Wechsel zwischen Wärme und Kälte Blutspeien für mich im Gefolge hatte sowie Gicht und Podagra, die noch bis jetzt meine Quälgeister sind. Bis zum Jahre 1802 habe ich aber mit möglicher Treue 21 22 und Hintenansetzung meines ganzen Ichs die von mir einmal übernommene Aufgabe zu lösen gesucht, so gut es unter den genannten Umständen nur möglich war. Ob ich bei diesen Bemühungen etwas Gutes gestiftet habe, um die augenblickliche Verlegenheit zu mindern, und ob es mir einigermaßen geglückt ist, den Vorhang ein wenig zu lüften, hinter dem das damalige Hebammenwesen in Unwissenheit sich verkrochen hatte, zumal unsere Heb- ammen bei aller Aufforderung nicht dazu zu bringen waren, die Schule zu Marienburg zu besuchen, und lieber auf alle Geschäfte dieser Art Verzicht leisten wollten als einen Weg zu betreten, der von dem bisherigen verschieden war — ob es bei dieser Halsstarrigkeit, gegen die nie ernstliche Maßregeln ergriffen wurden, mir zuteil würde, den Knoten zu lösen, der gordisch die Geburtshilfe in den Händen ihrer Bekennerinnen fesselte, werden folgende Umstände, die ich zugleich als eine reichliche Belohnung für meine gebrachten Opfer betrachte, verdeutlichen: 1. Der Magistrat der nunmehr sich des Preußischen Adlers erfreuenden Stadt gab mir durch mehrere Anschreiben an mich den deutlichsten Beweis der Anerkennung meiner bisherigen Bemühung, forderte mich zur Ausdauer auf begonnenem Wege auf und öffnete mir die Aussicht, sich höheren Orts für mich zu verwenden, um dafür auf irgend eine Weise aus öffentlichen Fonds ein Gehalt für die Folge zu beziehen. Er schrieb auch wirklich an die Kriegs- und Domänenkammer zu Marienwerder, um zu verfügen, daß mir wenigstens ein Teil des Gehalts jährlich ausgezahlt werden sollte, der aus hiesiger Kämmerei in früheren Zeiten für den angestellten Hebammenmeister bestimmt war, und der sich jetzt bedeutend angesammelt hatte, da seit langer Zeit kein Gehalt mehr verausgabt worden war. Man nahm darauf indessen keine Rücksicht unter dem Vorwände, daß die vorhandene Summe nur ad depositum verbleiben sollte und zwar zum Nutzen der Entbindungs-Lehranstalt Westpreußens mit Einschluß von Danzig und dessen Territorium, die jetzt schon mehrfach zum Vortrage gekommen war. Man unterließ darauf von Seiten des Magistrats sogar nicht, sich in Beziehung dieser Anstalt bei der Kriegs- und Domänenkammer zu verwenden mit dem Anträge, auf mich bei Besetzung der Lehrstelle zu reflektieren, da ich mich schon so lange zum wahren Nutzen des Publikums und so uneigennützig diesem Zweige der medizinischen Polizei unterzogen und in dem ganzen Geschäft eingearbeitet hatte, worauf zwar die Antwort erfolgte, daß dieses geschehen solle, wenn ich praestanda zu praestieren gesonnen und imstande wäre, und der bis- herige Lehrer in Marienburg nicht geneigt sein sollte, sich versetzen zu lassen, falls die neue Anstalt nach Danzig käme. Indessen als dieselbe wirklich ihre Existenz im Jahre 1804 hier erhielt, habe ich doch nie eine Aufforderung erhalten, mich als Lehrer und Geburtshelfer zu qualifizieren und trotzdem, daß der bisherige Lehrer Dr. Gerth in Marienburg zurückblieb, wurde der Dr. Müller als Direktor der Anstalt gewählt und kam nach Danzig. 22 23 2. Als nun die Entbindungs-Lehranstalt, von der späterhin gesprochen werden wird, in Wirksamkeit trat, wählte das nunmehr auch in Danzig ein- gerichtete Coli. med. nach nochmaliger vorhergegangener Prüfung als .Haus- hebamme der Anstalt eine von meinen Schülern, und als diese nach Jahres- frist ihre Entlassung nahm, wurde bei der neuen Besetzung wieder niir auf eine Schülerin aus meiner Schule Rücksicht genommen und alle, die sich aus der früheren GRAr’schen und GERTH’schen Lehranstalt dazu gemeldet hatten, und selbst die, welche aus der neu errichteten Lehranstalt unter der Direktion des Dr. Müller bereits hervorgegangen waren, mußten zurückgewiesen werden und, wie gesagt, es wurde die von mir unterrichtete Gerner gewählt, die bis zum Jahre 1818 der Anstalt Vorstand und jetzt noch als sehr geschätzte Geburtshelferin in Elbing in dem Kreise der gebildeten Bewohner ihre Kunst mit Glück ausübt, da sie sich nicht entschließen konnte, Elbing, wohin die Anstalt nach dem ersten Kriege verlegt worden war, zu verlassen, um wieder nach Danzig zu gehen, wo von neuem die Anstalt bei ihrer Reorganisation im Jahre 1818 ihren Sitz nahm, durch welche Verzichtleistung die Anstalt einen wahren Verlust erlitten. In dem Zeitraum, daß der Dr. Gerth in Marienburg vom Jahre 1793 bis zum Jahre 1804 die Hebammen-Lehrschule für Westpreußen nach dem einmal stattfindenden Plan, d. h. nach einem bloß theoretischen Unterricht fortsetzte, und ich seit dem Jahre 1796 teils durch den theoretischen Vortrag, teils und vorzüglich aber durch poliklinische Übungen bemüht war, die Ge- burtshilfe in den Händen der Hebammen für Danzig und dessen Umgegend wohltätiger zu machen und sie doch einigermaßen auf den Standpunkt zu er- heben, wo sie von neuem auf Zutrauen und Achtung hier Anspruch machen konnte, wurde man, aufgeregt durch die Vervollkommerung, die man in anderen Provinzen den Lehranstalten dieses Zweiges des medizinischen Wissens und der polizeilichen Sicherheit angedeihen ließ, vielleicht auch durch die Ver- handlungen, die zu diesem Zweck noch von früher her zwischen dem ehemaligen Magistrat Danzigs und der Naturforschenden Gesellschaft stattgefunden hatten und nun aus den Archiven hervorgesucht wurden und zum Vortrag kamen, bei der Königl. Kriegs- und Domänenkammer aufmerksamer, und das Bedürfnis, die bisher bestandene Lehranstalt in Marienburg zu vergrößern, sie mit einer Gebäranstalt zu verbinden und auch für Danzig nutzbar zu machen, ja sie nach diesem Orte als dem volkreichsten zu verlegen, wurde demzufolge immer fühlbarer. Auch war die Gesellschaft keineswegs ganz ruhig; sie kannte das Bedürfnis einer vollkommen eingerichteten Entbindungs- Lehranstalt, die* sie schon unter der freistädtischen Verfassung zur Sprache beim Seuat gebracht hatte, viel zu genau, als daß sie nicht von neuem mit ihren Wünschen, An- trägen und Vorschlägen hätte hervortreten sollen. Sie wandte sich daher zu- nächst mit denselben an den damaligen Departements-Chef, den Minister Frei- herrn von Schroetter, Exzellenz, und bald darauf an das General-Direktorium mit dem gehörig motivierten Vorstellen: dieses für das Wohl der Menschheit 23 24 so heilsame Institut bald möglichst zu befördern. Den 11. Februar 1797 erhielt darauf die Kriegs- und Domänenkammer zu Marienwerder auf Königl. Aller- höchsten Spezialbefehl die Vorschläge der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig zugefertigt mit der Anzeige: daß die in denselben geschilderten Vor- teile unverkennbar wären, und daß daher die Kriegs- und Domänenkammer sich mit einer näheren Beleuchtung der denselben zu Grunde liegenden ökono- mischen Partie vorläufig beschäftigen und die Mittel untersuchen solle, diese Anstalt zur Ausführung zu bringen, endlich erhielt sie noch die Weisung, sich mit der genannten Gesellschaft sowie mit dem Magistrat in Danzig in näheren darauf Bezug nehmenden Briefwechsel einzulassen. Auch erfolgte ein Anschreiben vom Minister von Schroetter an die Gesellschaft mit der Aufgabe, einen detaillierten Plan zur Errichtung einer Entbindungs-Lehranstalt nach ihren An- sichten einzuschicken, zugleich mit Vorschlägen, wie wohl nach ihrer Meinung die dazu erforderlichen Kosten herbeizuschaffen wären, und öffnete ihr dabei auch die Aussicht, das schon früher besessene Präsentationsrecht zu behalten mit dem Wunsch, daß die Gesellschaft auch für die Zukunft wie ehemals Anteil an der ferneren Direktion des Hebammenwesens nehmen möchte. Die Gesellschaft wählte zur Lösung dieser Aufgabe ihr Mitglied, den Dr. Kleefeld, der bei der jetzigen Regierung in Danzig als Regierungs- Medizinalrat angestellt ist, und niemand konnte wohl besser dazu gewählt werden als dieser Mann, der bei seiner hohen wissenschaftlichen Bildung, bei seiner ausgebreiteten medizinischen und geburtshilflichen Praxis, bei seinem regen Eifer für alles Gute, bei seinem Scharfblick, überall die Fehler aufzu- finden und die Mittel der Verbesserung zu entdecken, wohl am besten wissen mußte, was in dem Lieblingsfach seiner medizinischen Wirkungssphäre, nämlich in der Geburtshilfe, vorzüglich not tat. Er fertigte darauf einen weitläufigen Plan aus, in welchem er von den Ursachen des Verfalls des Hebammenwesens ausging und zeigte, daß sie ebenso- sehr in dem Mangel einer Entbindungsanstalt, die dem bisherigen Unterricht ganz abgegangen war, gegründet wären, als in dem Mangel einer gehörigen Medizinal-Polizei und speziellen Aufsicht über das Hebammenwesen, wodurch alle Mißbräuche sowohl von Seiten des Hebammenlehrers in Ansehung des Unterrichts als der Hebammen in der Praxis veranlaßt und begünstigt wurden, und gründete darauf sein Urteil, daß bessere Aussicht hierin nur zu hoffen wäre teils durch Verbesserung des Unterrichts, sowohl in Beziehung der sorg- sameren Wahl der Subjekte als in Beziehung der größeren Ansprüche, die die so sehr kultivierte Geburtshilfe in neueren Zeiten an die Personen mache, die sich mit derselben beschäftigen, teils durch eine zweckmäßige Direktion des Hebammenwesens. Zu letzterem Zweck schlug er vorläufig eine Hebammen- Kommission vor, bis einst der Ort so glücklich sein würde, ein Colleg. medic. zu erhalten, welches, bei dem Verfall unseres Medizinalwesens in allen seinen Teilen und dem gänzlichen Mangel einer gehörigen Aufsicht darüber, zu den gerechtesten Wünschen gehörte. Diese Kommission, die aus zwei Mitgliedern 24 2 5 des Magistrats, zwei Mitgliedern der Natiprforschenden Gesellschaft, dem Heb- ammenlehrer und einem Vorsteher aus der Bürgerschaft zu bilden wäre, sollte nicht nur mit der ersten Einrichtung der notwendig zu errichtenden Ent- bindungs-Lehranstalt beauftragt werden, sowie mit der ferneren Verwaltung derselben, sondern sie sollte auch auf die Befolgung der neu entworfenen Hebammenordnung zu sehen haben und daher autorisiert sein, sowohl Geld- strafe als Haft aufzulegen, weil nur von einer strengen Aufsicht und Be- strafung bei der unglaublichen*"Nachlässigkeit unserer Hebammen etwas zu er- warten wäre, und nur die kriminellen Fälle müßten der Justiz übergeben werden. Sie sollte demnach einen weiteren und engeren Wirkungskreis er- halten. Dieser sollte Beziehung haben auf den theoretischen und auf den mit ^ einer Entbindungsanstalt zu verbindenden praktischen Unterricht und auf alles dazu gehörige sowohl wegen des dazu notwendigen Lokals als der darin zu erhaltenden inneren Einrichtung, Ordnung und Verwaltung. Jener aber sollte die Aufsicht über alles umfassen, was nur Einfluß haben könne auf die Ge- schäfte der bereits angestellten oder noch anzustellenden Geburtshelferinnen. Diese Kommission sollte in wissenschaftlicher Hinsicht unter dem Ob. Coli, medic. stehen, bis einmal ein Colleg. med. in loco eingerichtet werden würde. Auch befanden sich in diesem Plane genaue Instruktionen für ein jedes Mit- glied der Kommission, die viel treffende Anforderungen an dieselben enthielten und den Gegenstand, wovon hier eigentlich die Rede ist, nicht anders als kräftig und schnell hätten befördern müssen. Über das Hauptmittel zur Ver- besserung des Hebammenwesens, nämlich über die Errichtung einer Entbindungs- Lehranstalt, befanden sich in diesem Plan Vorschläge nach einem wahren Ideal, bei welchem nur die wahrhafte Erreichung des fraglichen Zwecks dem Ver- fasser vor Augen gestanden hatte, daher auch die Vorschriften für den Unterricht nach einem Musterbilde entworfen worden sind, ohne den Einwand zu beachten, der aus fehlender Energie oder aus Egoismus des dabei anzustellenden Lehrers fließen möchte, aber auch ohne eben große Rücksicht zu nehmen auf die engen Schranken, die der Mangel an Fonds zuweilen vorschreibt. Auch lieferte dieser Plan noch eine, wenigstens dem Bedürfnisse der da- maligen Zeit sehr gemäße Hebammen Ordnung, die nämlich mehrere Vorschriften gegen allgemein herrschende Mißbräuche und Gewohnheiten der Hebammen enthielt und daher wie alle Polizeigesetze eines Orts den Charakter der Zeit an sich trug, und bei welcher der Wunsch hinzugefügt wurde, daß sie für die Zukunft als überflüssig erkannt werden möchte. Zuletzt gab der Plan der Aufforderung des Ministers von Schroetter Erzellenz zufolge auch noch Vor- schläge, die Kosten der ersten Gründung und ferneren Unterhaltung dieser Anstalt zu decken. Überhaupt enthielt der Plan so trefflich durchdachte Ansichten, Vor- schläge, Maßregeln und Verordnungen, daß nichts zu wünschen übrig gewesen wäre als dessen baldige Realisierung, um dem gesunkenen hiesigen Hebammen- wesen eine raschere Erhebung und wohltätigere Gestaltung zu verschaffen. 25 26 Der Plan wurde den 11. März 1796 an das Königl. Generaldirektorium ein- geschickt, von demselben dem Ob. Coli, medic. zur Begutachtung übergeben und darauf überall und in allen seinen Punkten mit dem Anschreiben an die Gesellschaft genehmigt: daß die Beweise ihres rühmlichen Bestrebens, die wissenschaftlichen Beschäftigungen, welche den Zweck ihrer Verbindung aus- machen, zu gemeinnützigen Verbesserungen mitwirken zu lassen, mit Wohl- gefallen erkannt werden. Die Kriegs- und Domänenkammer aber erhielt die Aufforderung, daß der Ausführung der Sache näher getreten werden sollte. Allein der Plan war in allen seinen Beziehungen nur auf Danzig und dessen Umgegend berechnet, die höchste Staatsbehörde wollte aber noch nähere Einsicht, wie notwendig die Verbesserung des Hebammenunterrichts für Westpreußen überhaupt war, daß bei Einrichtung einer neuen, mit einer Gebäranstalt verbundenen Hebammenschule die ganze Provinz daran teilnehmen sollte, um überall gebildetere und praktisch geübtere Geburtshelferinnen zu haben und gerade in den Gegenden, wo wegen Entfernung von Städten die Hilfe der Geburtshelfer und Arzte um so schwieriger ist, dem Hebammen- wesen eine notwendige Reform zu gewähren. In diesem Umstande indessen, nach welchem die Gesellschaft in ihrem Plan nur auf Verbesserung der Ge- burtshilfe für Danzig und dessen Territorium hinarbeitete und auch nur in- sofern ihre bisherigen Beiträge zu leisten und eine Mitwirkung bei Errichtung einer Entbindungs-Lehranstalt zu übernehmen sich für verpflichtet hielt, — - die höhere Staatsbehörde aber die Wohltat einer verbesserten Lehranstalt auf die ganze Provinz ausdehnen wollte, in diesem Umstande, wobei das Auffinden der Fonds eine Hauptschwierigkeit machte, um diesen letzteren so weit um- fassenden Vorschlag zu realisieren, lag die Ursache, daß sich die ganze Ange- legenheit so sehr verzögerte, so dringend auch immerhin die Aufforderung der höchsten Staats-Behörde an die Kriegs- und Domänenkammer war, die Sache in rasche Überlegung zu nehmen, um ihr eine baldige Existenz zu geben. Der Kriegsrat Bohlius erhielt von seiten der Kammer den Auftrag, bei seiner Anwesenheit in Danzig wegen dieser Angelegenheit mit dem Magistrat zu Danzig und der Naturforschenden Gesellschaft in nähere Konferenz zu treten, teils um ein passendes Lokal aufzufinden und dessen jährliche Unter- haltungskosten kennen zu lernen, teils um die ganze Einrichtung einer solchen Anstalt mit all ihrem Bedarf zu besprechen und die dazu notwendigen Mittel in Anregung zu bringen und einen förmlichen Etat zu entwerfen. Den ersten Gegenstand der Konferenz machte das Auffinden der Ponds. Hier zeigte sich aber so viel Schwierigkeit, daß der Kriegsrat Bohlius sich in einem seiner Berichte an die Königl. Kammer dahin erklärte, daß er in dieser Hinsicht wenig vorzuschlagen wisse. Da das Institut aber einen der wichtigsten Gegenstände beträfe, nämlich die Bevölkerung der Provinz, und der Depart. -Minister Freiherr von Schroetter auch lebhaft von dem Nutzen desselben durchdrungen wäre und die sprechendsten Beweise von einer auf- merksamen und tätigen Sorgfalt gegeben habe, so ließe sich um so mehr 26 27 hoffen, daß die dazu nötigen Fonds ausgemittelt werden würden. Man überließ daher das Auffinden derselben dem höheren Ermessen dieses erfahrenen Staats- ministers. Von demselben wurde darauf nach Einrichtung des Königsberger Instituts eine mäßige Auflage auf Trauungen und Taufen in Vorschlag gebracht, dabei sollten die Kämmereien der Städte aufgefordert werden, nach der Ver- schiedenheit ihrer Einnahme kleine Beiträge zu liefern, wobei es sich ergab, daß die Ausgaben für die zu errichtende Anstalt vollkommen gedeckt wurden, und da man mit dem Einfordern dieser Beiträge einen baldigen Anfang machte, die Anstalt selbst aber erst wegen vieler Hindernisse im Jahre 1804 eröffnet werden konnte, so entstand dadurch ein kleines Kapital, welches der Anstalt beim Ankauf des Hauses, bei dessen Ausbau, sowie bei der ganzen inneren Einrichtung sehr zustatten kam, ja wovon ihr noch bis jetzt ein kleines Vermögen in Pfandbriefen übrig geblieben ist. Zur Vergrößerung dieses Kapitals trug der Umstand bei, daß seit dem 13. Januar 1794, wo der bis- herige Hebammenlehrer, Dr. Kubas in Danzig gestorben war, das Gehalt des- selben von 225 Mfo jährlich bis zum Jahre 1798, wo die sämtlichen disponiblen Fonds zuerst zur Sprache kamen, sich schon auf die ersparte Summe von 1069 belief. Ein zweiter Gegenstand dieser Konferenzen bezog sich auf das Aufsuchen eines zweckmäßigen Lokals, wozu der Magistrat in Verbindung mit der Ge- sellschaft autorisiert war. Aber auch hier zeigten sich der Schwierigkeiten gar viele. Die Gesellschaft brachte einen Teil des ehemaligen Münzgebäudes in Vorschlag, welches zufolge ihres Planes groß genug war, um eine Ent- bindungs-Lehranstalt für Danzig und dessen Territorium einzurichten, auch nur sehr wenige Reparaturkosten forderte, allein für den vergrößerten Plan einer Anstalt für ganz Westpreußen nicht den gehörigen Umfang hatte und in Ver- bindung mit dem übrigen größeren Teil des Münzgebäudes einen zu kostbaren Bau verlangte. Es kamen nun mehrere Gebäude zur Sprache, besonders das Altstädtische Rathaus und das Findelhaus. Jenes war aber auch teils zu groß, teils zu baufällig, und dann machte auch das hiesige Königl. Land- und Stadt- gericht darauf Anspruch, da sein bisheriges Lokal zu beschränkt war. Das Findelhaus aber sollte erst nach Tempelburg1) verlegt werden, und es gehörten dazu Ankäufe und kostspielige Einrichtungen, zu denen die Stadt- Kommune die Gelder herbeischaffen sollte, wodurch aber ebenfalls die Sache so vielen Widerspruch fand, daß, wenngleich den Kindern durch diese Versetzung in eine freiere Luft eine große Wohltat erzeigt worden wäre und die Lehranstalt der Hebammen ein schnelles Entstehen hätte erhalten können, auf diesem Wege keine Aussicht zur Auffindung eines Lokals zu dem genannten Zweck vorhanden war. Nach sehr langwierigen Verhandlungen in dieser Hinsicht zwischen der Kriegs- und Domänenkammer und dem Danziger Magistrat, wobei mehrere Jahre !) Ein ehemaliger Sitz der Tempelritter, eine halbe Meile von der Stadt. 27 28 vergingen, wurde endlich auf Zweiten Neugarten, einer Vorstadt Danzigs, im Jahre 1803 ein Haus von dem Major v. Raabe angekauft und dem Zwecke gemäß eingerichtet. Der Einkauf dieses Hauses nebst der baulichen Einrichtung erforderte einen Aufwand von 10000 Diese bedeutende Summe wurde teils aus den Geldern genommen, die durch Beiträge von Taufen und Trauungen seit dem 1. Januar 1801 aus der ganzen Provinz gesammelt waren, sowie aus den Beiträgen der Kämmereien sämtlicher in Westpreußen und dem Netze- Distrikt gelegenen Städte, und worauf überhaupt in Verbindung mit den Bei- trägen der Naturforschenden Gesellschaft der Einnah me -Etat basiert werden sollte. Ein dritter Gegenstand der oben genannten Konferenzen betraf die Ver- waltung des Hauses und der ganzen Anstalt, wobei die Einrichtung getroffen war, daß das bereits schon interimistisch angeordnete Colleg. medic. die medi- zinischen und das Polizei-Direktorium die ökonomischen Angelegenheiten des Hauses dirigieren und letzteres dabei zugleich die Polizeiaufsicht über dasselbe führen sollte. Die spezielle Verwaltung aber wäre dem Oberlehrer und der Haushebamme zu übertragen, und die jährlichen Rechnungen müßten durch den Rendanten der Kasse bei der Königl. Kammer abgelegt werden oder bei dem Magistrat und sodann durch die Kammer zur Weiterbeförderung an die Oberrechnungskammer eingeschickt werden. Die Annahme der Schwangeren hinge vom Polizeidirektorio ab sowie die Wahl der Lehrlinge nach den Be- richten der Unterbehörden von der Königl. Kriegs- und Domänenkammer. Um der Naturforschenden Gesellschaft, die in so vieler Hinsicht zur Ver- besserung des Hebammenwesens für Danzig und dessen Territorium teils durch ihre früheren Berichte und Aufforderungen, teils durch Beiträge und gediegene Pläne so tätig mitgewirkt hatte und sich dadurch hohe Verdienste erworben hatte, auch einen verdienten Einfluß auf die neue Anstalt zu geben, wurde entschieden, daß sie 1. für das Institut das Reglement projektieren, es aber zur Revision dem Ober Coli, medic. einschicken solle, 2. daß ein medizinisches Mitglied aus der Gesellschaft alles, was zum Besten der Anstalt gereicht, bei den Sitzungen des Provinzial-Coll. med. proponieren könne, aber keine Codirektion, sondern bloß eine konsultative Mitwirkung er- halte. Der Zuschuß aber von 75 der früher von der Gesellschaft zum Gehalt des Lehrers gegeben worden war, solle angenommen werden. Ob die Gesellschaft das jus praesentationis wie früher bei Vakanzen auch jetzt be- halten solle, hänge lediglich von höherer Bestätigung ab. Zur vorläufigen Entscheidung mehrerer in diesen Konferenzen besprochenen Gegenstände und vor Anfertigung der sämtlichen Einnahme- und Ausgabe-Etats und eines ausführlichen Reglements wurde Bericht über die Verhandlungen und Vorschläge an das General-Direktorium gefordert, welche hier sowohl als vom Minister von der Schulenburg Excellenz als Chef des Medizinal-De- partements mit Beifall aufgenommen wurden, nur wollte letzterer der Natur- 28 29 forschenden Gesellschaft keinen Einfluß auf die Verwaltung und Einrichtung der Anstalt einräumen, auch sollten die 75 ^ Beitrag zum Fond nicht ange- nommen werden, da es zu Inkonvenienzen Gelegenheit geben würde, wenn man einer anderen Gesellschaft außer den Behörden noch einen Einfluß auf ein solches Institut zugestehen wollte. Dagegen äußerte aber das General-Direk- torium, daß, da die Denkungsart der Danziger bekannt wäre und es sehr geraten wäre, sie nicht nur in der jetzigen guten Stimmung zu erhalten, sondern sie auch für das Institut geneigt zu machen, man wenigstens der Naturforschenden Gesellschaft, da sie die Einrichtung des Hebammeninstituts in Anregung gebracht, einigen Anteil an den Geschäften des Instituts einräumen müsse. Der jährliche Beitrag der Gesellschaft aber sei auch nach der Meinung des General-Direktorii nicht anzunehmen. Die Gesellschaft, die bei den sämtlichen Konferenzen, die zwischen dem Kriegsrat Bohlius und dem Magistrat stattfanden, anfänglich zugezogen, nachher aber auch wieder ausgelassen wurde, mußte bald merken, daß man ihr bei dieser Provinzial-Anstalt nur eine überflüssige Nebenrolle zuteilen wollte, und als man nach etlichen Jahren — * in welchen keine weiteren Anträge an sie geschehen waren und sie also der Meinung sein mußte: die Anstalt sollte ohne ihre Mitwirl/ung eingerichtet werden, zumal das Provinzial-Coll. med. in dieser Zeit seinen Sitz in Danzig genommen hatte und sie mithin den für diesen Zweck angeordneten Geldern schon anderweitige Bestimmung gegeben hatte — ihr den Antrag machte, für die nunmehr bald in Aktivität tretende Entbindungs- Lehranstalt ein Reglement anzufertigen, um es mit den Instruktionen für die bei der Administration kooperierenden Behörden, deren Anfertigung der KönigL Kriegs- und Domänen-Kammer aufgetragen war, zu verbinden und es als ein vollständiges Ganze dem Hofe zur Revision vorzulegen, sagte sie sich in ihrer Antwort mit dem Bemerken von aller Teilnahme los: daß, da schon seit vielen Jahren garnichts darüber zu ihren Händen gekommen wäre, sie diese für die Menschheit so wohltätige Anstalt längst beendet glaubte, und sie müßte um so mehr dieser Meinung sein, da trotz der Approbation ihres eingereichten Planes, in welchem sich auch das Reglement für das projektierte Institut für Danzig und dessen Territorium befände, keine weitere darauf Bezug habende Rücksprache mit ihr genommen wäre. Von einem anderen Plane wisse sie nichts, da ihre ergebene Bitte um Mitteilung der Akten über die auf dem hiesigen Rathause unter dem Präsidio des Kriegsrats Bohlius mit den deputierten Mitgliedern der Gesellschaft gehaltene Verhandlung unerfüllt geblieben sei. Sie sehe sich daher ganz außerstande, ein Reglement für eine Anstalt anzu- fertigen, über die sie ganz in Ungewißheit gelassen worden. Überhaupt habe sich ihr Plan nur auf die traurigen Zeitbedürfnisse beim ehemaligen Magistrat bezogen, die jetzige menschenfreundlich sorgende Landesregierung zeige aber großmütig ihre Bekanntschaft mit jenen traurigen Zeitbedürfnissen, indem Aller- höchst dieselbe durch Errichtung einer Provinzial-Hebammenanstalt, an welcher Danzig und seine Umgegend teilnehmen soll, demselben eine wohltätige Zukunft 29 30 eröffne. Teils aus den genannten Ursachen, teils aber auch, weil bereits ein Coli. med. in loco angestellt worden, welches den besten medizinisch-politischen Anteil daran nehmen könne, teils weil die privatisierende Naturforschende Gesellschaft sich nicht auf öffentliche Angelegenheiten erstrecken könne, müsse die Gesellschaft auf die Ehre Verzicht leisten, mit dem Coli. med. in konsul- tativer Mitwirkung zu stehen und mit der Entbindungs-Lehranstalt in irgend eine Verbindung zu treten. Was nun den kleinen Beitrag anbeträfe, den die Gesellschaft zur Zeit des Danziger Freistaats gegeben habe, so bezöge sich derselbe nur auf den Plan der Gesellschaft und könne jetzt in gar keinen Betracht kommen, wo die höchste Staatsbehörde mit so vieler Großmut und Kostenaufwand eine Anstalt im Großen für die ganze Provinz ins Leben wolle treten lassen. Auch habe die Gesellschaft, bei der jahrelangen Ungewißheit, in der sie wegen dieser Angelegenheit gelassen war, über die genannten Gelder zu einem anderen Zweck disponiert. Die Gesellschaft wurde hierauf höheren Orts von der Abfassung eines Reglements sowie von der konsultativen Mitwirkung bei den Versammlungen des Provinzial-Coll. med. entbunden. Die Ansprüche aber auf den Zuschuß sron 75 aus dem VERCH’schen Legat zu dem Gehalt des Hebammenlehrers bliebe vor der Hand noch dem Institut Vorbehalten. Worauf das Kirchen- und Schul-Colleg zu Danzig, zu dessen Ressort auch die Verwaltung der milden Stiftungen gehört, den Auftrag erhielt, eine nähere Recherche über die 75 ^ zu veranlassen und überhaupt von der Gesellschaft eine Nach Weisung zu erfordern, in welcher Art die Zinsen des gedachten Vermächtnisses verwandt werden, wobei aber die Gesellschaft genügend darlegte, daß sie ganz dem Sinn des Testators gemäß verfahren wäre und noch verfahre. Das Haus, welches für die Entbindungs-Lehranstalt auf dem Zweiten Neu- garten angekauft und dem Zweck gemäß eingerichtet worden war, hatte eine sehr gesunde Lage, geräumigen Hofplatz, Garten und Wasser und in seinem Innern einen so vollständigen Raum, daß der Lehrer darin eine anständige Wohnung fand, ebenso das Dienstpersonal. Überdies war eine Reihe passender Zimmer für Schwangere, Wöchnerinnen und Schülerinnen, dabei abgesonderte Wochenstuben, ein Entbindungssaal und Lehrzimmer und gewährte dadurch jedem Kenner Befriedigung und genügende Hoffnung für Erreichung der daran haftenden Absicht. Auch fehlte es nicht an gehörigen Möbeln, Betten, Wäsche und anderen für eine solche Anstalt unentbehrlichen Utensilien. In den auf diese Anstalt Bezug habenden und durch mehrere Jahre statt- gefundenen Konferenzen zwischen dem Kriegsrat Bohlius, dem Magistrat und dem Provinzial-Coll. med. waren dann auch bei der Königl. Kammer die übrigen äußeren und inneren Verhältnisse der Anstalt, sowie die Einahme- und Aus- gabe-Etats ins reine gebracht, und die Anstalt war auf 8 Schülerinnen und 20 Schwangere eingerichtet, die in derselben freie Verpflegung genossen. Dabei erhielt der Dr. Müller aus Marienburg die Stelle als Direktor und 1. Lehrer, da der bisherige Lehrer Dr. Gerth auf die Stelle Verzicht leistete. Nachdem BO 31 nunmehr das Finale der ganzen Organisation dieser Anstalt nach Berlin zur Beurteilung und Begutachtung geschickt worden war, erhielt sie die Aller- höchste Approbation, und so konnte die Anstalt einer baldigen Eröffnung ent gegen sehen. Wenn wir den langen Zeitraum von 1795 bis 1804 betrachten, der gebraucht wurde, ehe die für die Provinz so hochnötige, von allen Seiten so sehr gewünschte Entbindungs-Lehranstalt, deren Nutzen selbst vom Hofe so lebendig und tätig erkannt wurde, ihr endliches Entstehen erhielt, so findet derselbe zwar seine Bedingung in den mancherlei Schwierigkeiten und Hindernissen, die zu besiegen und zu beseitigen waren, in den vielfachen Konferenzen, die an mehreren Orten abzuhalten, sowie in den Widersprüchen, die zu bekämpfen und zu widerlegen, nicht weniger in den Etats, die in Übereinstimmung zu bringen waren, und in den Berichten, die an die verschiedenen Behörden gemacht werden mußten, — aber auf der anderen Seite wurde dann doch wieder die Angelegenheit mit etwas Nachlässigkeit betrieben, und so unver- kennbar die Mühe ist, die der pp. Bohlius hierbei gehabt, so laut wie die Akten für ihn und für alle seine Arbeiten sprechen, um zum Ziele zu kommen, und so wenig ihm die Ehre abgesprochen werden kann, durch seine rastlosen Arbeiten der Anstalt das Dasein gegeben zu haben, so sah sich doch der Hof, dem dieser Schneckengang anfing verhaßt zu werden, genötigt, der Kriegs- und Domänenkammer unter dem 30. Oktober 1803 die Weisung zu geben, daß wenn vor dem 1. Dezember a. c. nicht den Reskripten vom 22. Oktober a. p. und vom 20. August a. c. eine Genüge geleistet sein sollte, der Referent dieser Sache in eine Strafe von 10 und das Präsidium in eine Strafe von 30 ganz unausbleiblich genommen werden würde. Indessen waren die Vorarbeiten bereits soweit gediehen und die Schwierigkeiten soweit beseitigt, daß die Akten zum Spruche lagen und nur das erkaufte Haus, das mehr Reparatur bedurfte, als anfangs geglaubt wurde, konnte in dem gehörigen baulichen Zustande nicht früher übergeben werden als mit dem Ende des Jahres 1804, und es wurde der erste Lehrkursus den 1. Dezember des genannten Jakres eröffnet. So stand die Provinzial-Gebär-Lehranstalt Westpreußens nach mehrfachen Bemühungen und Arbeiten, nach vieljährigen Konferenzen und Berichten, nach vieler zeitraubenden Widerlegung von Widerspruch, Vorurteil und irriger An- sicht, ja nach manchen Kämpfen, um das Widerstrebende in harmonischen Einklang zu bringen — so stand die Anstalt nach Überwindung aller sich dargebotenen Schwierigkeiten endlich in jugendlicher Fülle da und bot für Land und Städte eine erfreuliche Aussicht auf reiche Ernte. Die sämtlichen Behörden waren in regem Eifer, die junge Pflanze zu pflegen und sie dem höheren Gedeihen entgegenzuführen; wo es noch fehlte, wo Mangel in Gegen- ständen des Unterrichts oder der Ökonomie sich blicken ließ oder Verbesserung in der Lokalität nötig war, wurden die Hände dargeboten zum schönen Bunde, um das Mögliche zu gestatten und das Höchste zu erreichen, und der Dr. Müller, außer daß er seine ganze Aufmerksamkeit und Tätigkeit auf die Erfüllung seiner 31 32 ihm obliegenden Pflichten richtete, erhöhte den Nutzen der Anstalt auf eigenen Antrieb noch dadurch, daß er eine Impfanstalt bei sich einrichtete, in die die Armut freien Zutritt fand und die Arzte Danzigs und der fernen Orte der Provinz Lymphe zur Vaccination stets erhalten konnten. Ein sehr fühlbarer Nachteil lag nur teils in dem Umstande, daß in dem Reglement für die kooperierenden Behörden, vielleicht aus kleinlicher Ordnungsliebe, manche nachteilige Anordnung sich eingeschlichen hatte, sodaß die Aufnahme der Schwangeren vom Polizeidirektorio abhängig war, teils in der Einrichtung, daß die Administration zersplittert war und sich nicht gleichsam in einem Brennpunkt konzentrierte und Colleg. med. und Polizei und Rendantur abge- sonderten Einfluß hatten, die zwar ihren Reflex in der Königl. Kriegs- und Domänenkammer fanden, von wo dann alles wieder in den Wirkungskreis des Departement-Chefs, des Ob. Coli. med. und Generaldirektor fiel, aber es wurde das Gute auf diesem Wege oft sehr verschleppt, und der Dr. Müller, dem als Vorstand der Anstalt die nächste spezielle Verwaltung übertragen war, und der in diesem Verhältnis am besten wissen mußte, was der Anstalt zur Er- reichung ihres Zweckes oft augenblicklich not tat, hatte mit so manchen ganz unnötigen Weitläufigkeiten zu kämpfen, die noch deutlicher zum Nachteil der Anstalt hervorgetreten wären, wenn, wie gesagt, der rege Eifer, der alle Be- hörden beseelte, die kaum entstandene Anstalt in ihrem Aufkeimen mit aller Sorgfalt zu begünstigen, sich nicht so kräftig bekundet hätte, das Gedeihen rasch zu beflügeln, und so stand wirklich die Anstalt bei ihrem anfänglichen Auftreten als eine junge aber knospenreiche Pflanze da, für deren reiche Blüte und Frucht von allen Seiten gesorgt wurde. Aber sie teilte leider auch das Schicksal des blütenreichen und hoffnung- erregenden Baumes, wenn der feindliche Wurm seinen Blättern sich naht oder der wuterfüllte Sturm ihn bis in sein Innerstes ergreift und ihm nur noch ein dürftiges Leben läßt oder ihn wohl gar verdorren macht und entwurzelt. Ein ähnliches Schicksal lag aüch für die sich eben nur entfaltende Entbindungs- Lehranstalt im Zeitenhintergrunde. Kaum hatte sich der verhängnisvolle Vor- hang gelüftet und der Krieg über das teure Vaterland sich verbreitet, als er auch mit allen Furien im Gefolge Westpreußen in seinen verpestenden Strudel schleuderte und sich der Stadt Danzig als einem so bedeutungsvollen Orte, einer so wichtigen Feste mit Feuer und Brand und mit der Fackel der Ver- nichtung und Verheerung in verruchter Hand näherte. Die Verteidigungs- maßregeln der Festung machten es bei den weitläufigen Vorstädten Danzigs, die dem Feinde so vielfachen Vorteil zur leichteren Erreichung seines Zweckes darboten, notwendig, rund um die Wälle einen freien Spielraum zur besseren Beobachtung der feindlichen Operationen zu haben, um seine Absichten leichter zu vernichten, und die Kommandantur erklärte deshalb den Eigentümern der Vorstädte: von ihren Grundstücken durch Abbrechen zu retten, was zu retten war, um so plötzlich den Rest den Flammen übergeben zu können. Der Befehl mußte befolgt werden, und gleiches Los teilte auch das Lokal der Anstalt. 32 Türen, Fenster, Öfen und andere ähnliche Stücke wurden in der schnellsten Eile fortgeschafft, und bald stand mit den übrigen Vorstädten auch Neugarten als wogendes Feuermeer, das in finsterer Nacht aus tief dunkler Flamme mit einem schauderhaften Wolkenwirbel von Rauch die Gegend bedeckte und noch den Morgen begrüßte, an welchem die wohlhabenden Bewohner einer reizend sehönen Vorstadt nur rauchende Trümmer fanden, wo einst das Asyl für sie und ihre Kinder und die Werkstätte gewesen war, in der Fleiß und Betrieb- samkeit den Herd sich erbaut hatten und hunderte von Familien, die noch einmal mit dankerfülltem Herzen auf die Stelle blickten, wo einst unter dem friedlichen Schutz eines hochverehrten Monarchen häusliches Glück und gedeihlicher Wohlstand geblüht hatte, aber auch — * voll Fluch und bitterem Haß in Mund und Auge über die Hydra des Krieges, die den Fremdling aus westlicher Ferne in seinen Tod und Verderben sprudelnden Plänen bis in die Nähe ihrer erwerbsreichen und stillen Wohnungen geführt hatte, sich voll Ver- zweiflung an der Seite ihrer Frauen und Kinder und mit Säuglingen auf dem Arm von den Trümmern ihrer früheren Habe abwandten, ohne zu wissen, wo sie eine freundliche Aufnahme finden und suchen sollten. Auch das Gebäude der Anstalt, das kaum zwei Jahre dem theoretischen und praktischen Unterricht der Hebammen gewidmet gewesen war und mit so bedeutenden Kosten sein Entstehen erhalten hatte, wurde in wenigen Stunden das Opfer des furchtbarsten Elements und liegt sowie die ganze Gegend noch jetzt zum schauderhaften Vergleich von Vergangenheit und Gegenwart und läßt den Unkundigen keine Vermutung mehr von dem, was einst hier den inneren und äußeren Menschen so voll in Anspruch nahm und seinen Sinn bezauberte. Schon vor dieser trauererfüllten Katastrophe mußte darauf Bedacht ge- nommen werden, der Anstalt mit allen ihren Utensilien und ihren Bewohnern ein ferneres Unterkommen zu verschaffen. Gewöhnlich hat ein unglücks- schweres Verhängnis, das eine Gegend belastet und die Bewohner derselben in seine Knoten verflicht, der trüben Ereignisse mehrere in seinem Gefolge und gibt noch außerdem zu Irrtum und Mißgriffen in den Mitteln Veranlassung, die gewählt werden, um die unvermeidliche Gefahr mit Klugheit und raschem, wohl überlegtem Entschluß zu mildern. Das Polizei-Direktorium in Danzig wählte zum ferneren Aufenthalt der Anstalt bei dem Verlust des eigenen Lokals ein Haus auf Erstneugarten, welches von der Witwe des bei Halle von dem Feinde verwundeten und bald darauf verstorbenen Hauptmann v. Glassow gegen eine halbjährige Miete von 250 gemietet und den 27. Februar 1807 bezogen wurde. Es war dieses aber eine sehr unglückliche Wahl, da das Haus nur 40 Schritte von den Außenwerken lag und sich in der Mitte zwischen dem Hagelsberg und dem Bischofsberg befand, gegen welche die Franzosen ihr Belagerungsgeschütz vorzugsweise wirken ließen. Die Anstalt befand sich also recht mitten im Kriegsgetöse. Kanonendonner und klein Gewehrfeuer sowie Ausfälle aus dem ganz nah gelegenen Tor und Waffengeklirr und Schar- 33 3 Sehr. d. N. G. Bd. Xh Heft 3. 34 mützel zwischen den entgegengesetzten Truppen auf den durch die Brände ganz offen gewordenen Plätzen rund um die Wälle — waren die fast täglichen Morgen- und Abendtöne, in denen die Bewohnerinnen der Entbindungslehr- anstalt Trost, Buhe und Aufmunterung für alles das finden sollten, was sie im bangen Vorgefühl von Schwangerschaft und Wochenbett oder beim Anblick eines vaterlosen Kindes, das eben ihrem Schoße sich entwickelt hatte, er- wartete. Ja es blieb nicht bloß bei diesen Kriegestönen, wobei alles in Furcht und Zagen versetzt wurde, oftmals bahnten auch feindliche Kugeln sich Eingang in die Wohnung der Frauen, um durch bange Schrecken und gespenstergleiche Gestalten noch mehr die Ruhe zu verscheuchen, zu der die Natur in Schwanger- schaft, Geburt und Wochenbett so laut und kraftvoll auffordert. Dazu kam noch das häufige tumultuarische Eindringen des eigenen Militärs, das als Piquet für diesen Platz angewiesen war, und dem garnicht Einhalt getan werden konnte, sondern zu verdrießlichen Vorfällen mancher Art die Veranlassung wurde, indem eigenmächtige Einquartierungen ins Lokal der Anstalt selten abgehalten werden konnten. Als nun aber vollends der eigentliche Mörser- und Haubitzendonner seinen Anfang nahm und die feindlichen Feuerschlünde, zwar in den ersten Tagen mit Schonung der nahgelegenen Vorstadt, die eigent- liche Stadt durch das Krachen und Zerplatzen verheerungsschwangerer Bomben und Granaten begrüßten, um anzukünden, was zu fürchten und zu hoffen war, darauf aber sich auch mit gleicher Wut den 28. April über die Vorstadt Erst- neugarten ergossen und das Gebäude der Anstalt, das fast zuerst dem Wurf- geschütz der Franzosen in seinem kriegerischen Spiel ausgesetzt war, erschütterten und durchlöcherten, Fenster und Dächer zerstörten und Türen krachend zer- schmetterten— da überließen sich die sämtlichen Bewohnerinnen dem ergreifenden Gefühl einer nahen Vernichtung und hofften einzig noch auf eine wenngleich nur kurze Ermüdung der Blut triefenden Hände Bellonens, um aus den tiefen Schlupfwinkeln eine sichere Stätte zu suchen. Sie kam, diese kurze ersehnte Ruhe, und jetzt suchte eiligst der Dr. Müller ganz eigenmächtig und ohne weitere Anfrage ein anderweitiges Unterkommen für die Anstalt und fand es auf dem Eimermacherhofe, einer Gegend der Stadt, die das feindliche Ge- schütz weniger zu erreichen imstande war. Hierher wurde nun das weibliche Personal schnell versetzt, von Utensilien mitgenommen, was höcht notwendig war und leicht und inEile fortgeschafft werden konnte. Die übrigen zumlnventario der Anstalt gehörigen Stücke sowie ein großer Teil der eigenen Geräte, Möbel, Wäsche und Bücher mußten Zurückbleiben, und was nicht schon am früher geschilderten 28. April zerstört war, mußte jetzt dem bloßen Ungefähr über- lassen werden, um nur das eigene und anvertraute Leben möglichst zu retten. Der Dr. Müller hat sich hier als ein wahrhaft wackerer Mann gezeigt, dem das Wohl der ihm anvertrauten Anstalt am pflichterfüllten Herzen lag, indem er weniger auf sich und seine Familie Rücksicht nahm als nur auf das ihm übergebene Pfand, da er getrennt vom Schutz seiner höheren Behörde und selbst verlassen vom Polizei-Direktorio in Danzig, das im Drange so wichtiger 34 35 Ereignisse die Anstalt in ihrer höchst bedrängten Lage, in die dasselbe sie doch selbst durch schlechte Wahl des Hauses versetzt hatte, vergessen zu haben schien, der Anstalt mit aller Treue ergeben blieb und bei dieser neuen Versetzung der Anstalt die drohende Gefahr nicht achtete und die mehrfachen Gänge, die dabei von dem entferntesten Ende einer Vorstadt bis in das Innerste der Stadt nötig waren, unter dem Zischen der Paßkugeln unter- nahm. Sein schönster Lohn für diese Opfer blieb aber das Glück, das Leben der sämtlichen Bewohner der Anstalt, welche sich mit Einschluß der eigenen Eamilie auf etwa 30 Köpfe belief, in sicheren Hafen gebracht zu haben, und daß kein teures Haupt gefallen war. Traurig mag es nur für sein Gefühl gewesen sein, daß er noch späterhin für manche eigenmächtige Handlung, zu der ihn aber die verhängnisvolle Zeit gezwungen hat, zur Verantwortung ge- zogen wurde und selbst auf die Erstattung einer baren Auslage von 200 jahrelang warten mußte und sich doch nur eine teilweise Zahlung von Vs jährlich mußte gefallen lassen, welches seine Verhältnisse um so mehr verwickelte, da er ohne Vermögen und in Schulden war, die sich durch die letzte Zeit von Belagerung und Bombardement bei einer großen Eamilie mit unerzogenen Kindern bedeutend vermehrt haben müssen. Es war also wohl ein höchst unglücklicher und unüberlegter Entschluß, wenn nach dem Brande des der Anstalt gehörigen Gebäudes das Polizei- direktorium ein anderes für dieselbe mietete, das ganz nahe dem Waffen- getümmel mitten im Kugelregen von Tod und Verderben umlagert war, denn außer all den übrigen zum Teil geschilderten Leiden gingen noch viele Utensilien entweder ganz verloren oder wurden mehr oder weniger beschädigt, ja ein großer Teil der Viktualien, die vor Sperrung der Stadt reichlich hatten für die Anstalt angekauft werden müssen, da der terminus ad quem in unbekannter Ferne lag, wurde zerstört und zwar um so leichter, da das Gebäude nicht einmal Keller hatte, um sie mit Sicherheit unterbringen zu können. Auch wurde dem Dr. Müller sein karges, ihm aber nicht leicht wieder zu ersetzendes Eigentum ein Raub der Krieg dürstenden Zeit sowie ein Opfer der schlechten Wahl des Hauses. Was die Geschäfte der Entbindungs-Lehranstalt anbetrifft, so konnte der Unterricht, der in seinem siebenten Lehrkreise mit dem 1. Januar hätte be- ginnen sollen, nicht früher angefangen werden als in der Mitte Februar, da die Schülerinnen wegen der Kriegsunruhe, die sich schon bis nach der heimat- lichen Gegend gewälzt hatte, sehr unordentlich sich einfanden. Von der genannten Zeit an aber hatte die Lehre mit Ausnahme jener Tage, wo der allgemeine Brand die Ruhe der Anstalt störte und Verlegung derselben in -ein anderes Gebäude nötig machte, mit einigen kleinen notwendigen Unterbrechungen bis zum 25. April unausgesetzt fortgedauert, an welchem Tage das Bombardement seinen Anfang nahm, und bei dessen lautem Gebrüll alles Übrige verstummen mußte. Auch Entbindungen und Vaccinationen fielen in der Anstalt noch Tor bis zu dem furchtbaren 28. April, nach welchem alles von Neugarten 35 .3* 36 entfloh, was vor der Wut der Feuerschlünde nur immer entfliehen konnte, und so leistete der Dr. Müller bis zu dem entscheidensten Momente das Mögliche,, um nach seiner Ansicht und Pflicht das einmal begonnene Gute nicht ganz sinken zu lassen und ohne Befehl nicht eigenwillig in der seiner Sorgfalt nun allein überlassenen Anstalt volle Ruhe und Stillstand eintreten zu lassen. Auch konnte der Unterricht sowie das übrige an der Anstalt gebundene Geschäft nicht eher wieder fortgesetzt werden als den 15. Junius. Zwar ging die Stadt schon den 24. Mai durch Kapitulation über, aber das oft erwähnte Haus hatte im Innern soviel gelitten, einen Teil der vorderen Front sowie viele Fenster verloren, dabei war vieles fortzuschaffen und manches neu zu gestalten, ehe es wieder bezogen werden konnte, und so dauerte es bis zum 15. Juni, ehe der Dr. Müller seine Schülerinnen wieder um sich versammeln und das Haus auf Erst-Neugarten wieder notdürftig beziehen konnte. Doch mußte die Haushebamme Gerner wegen Mangel an Frauen Zurückbleiben. Die Kasse der Anstalt war indessen wegen des gänzlichen Mangels an Einnahme als Folge der unterbrochenen Kommunikation mit den einzuzahlenden Behörden ganz außerstande, Zahlungen zu machen. Aber selbst, nachdem die Stadt wieder offen war, wurden die Gelder entweder garnicht an die Kasse der Anstalt eingeschickt oder an die verschiedenen Behörden, die mit der Einforderung der hierher gehörigen Gelder beauftragt waren, nicht eingezahlt, vielleicht mit aus der Ursache, weil bei der projektierten Zersplitterung der Provinz Westpreußen, die in dem Plan des Eroberers lag, man nicht wissen konnte, welche Bestimmungen auch in dieser Hinsicht gefaßt werden würden. Da aber die ganze Provinz für die Erhaltung der Anstalt bis zur völligen Grenzberichtigung oder doch bis zur Auswechselung der Ratifikationen des Friedensschlusses verpflichtet war, so wurden die protestantischen Inspektionen und katholischen Dekanate, die Magistrate und anderen Beamten, die die Gehälter von den jüdischen und mennonitischen Kopulationen und Geburten einzufordern hatten, von der Kriegs- und Domänenkammer ernstlich aufgefordert, sogleich die Rückstände einzusenden. Es geschah hierdurch wohl etwas, aber im allgemeinen muß es damit doch nur langsam gegangen sein, da seit dem Juni durchaus keine Verpflegungsgelder mehr gezahlt werden konnten und selbst die Gehaltszahlung ins stocken gekommen wäre, wenn der Polizei- präsident Bax nicht die Aufforderung erhalten hätte, auf alle Weise Sorge dafür zu tragen, daß die Anstalt bis zur künftigen Organisation nicht gänzlich aufgelöst würde und nötigenfalls mit dem Kaufmann Labes die Mittel in Überlegung zu nehmen, um den gänzlichen Untergang der Anstalt zu verhindern. Es wurde darauf auch wirklich mit dem genannten Kaufmann ein Geldgeschäft von mehreren 100 ^ negoziiert, um die notwendigsten Bedürfnisse zu be- friedigen. Allein der passive Zustand der Institutskasse mußte sich dadurch immer mehr und mehr verschlechtern, und sie hatte nicht nur diese Schuld an den Kaufmann Labes zu zahlen, sondern war auch noch für Leistungen: während der Belagerung und des Bombardements an den Dr. Müller und 36 37 Haushebamme Gerner und an die Frau Hauptmann von Glassow für das gemietete Haus verpflichtet sowie an das Ober-Oolleg. med. für ein großes Phantom und an den Med.-Rat J)r. Blech für mehrere geburtshilfliche Instrumente und außerdem noch an eine große Anzahl Handwerker, sodaß ihre Schulden, als die Anstalt mit dem 27. Oktober 1807 suspendiert und die Kasse ge- schlossen wurde, eine Summe von 2270 betrug. Dagegen hatte nun freilich auch die Kasse ein Aktivum von 3325 Mfo .in Pfandbriefen, das auch nach der Besitznahme Danzigs von den Franzosen nicht mit Beschlag belegt wurde, da sie das Institut als keine Königliche, sondern als eine der ganzen Provinz gehörige private Anstalt betrachteten. Auf diese Summe aber machte die Stadt Danzig, nachdem sie zum Freistaat erhoben worden war, einen nicht unbedeutenden Anspruch, da sie zu diesem Activo, welches durch Beiträge entstanden war, verhältnismäßig das Mehreste glaubte beigetragen zu haben. Diese Differenz wurde zwischen der König!. Regierung zu Marienwerder und dem Senat der Stadt Danzig den 18. Mai 1811 auf Vs bestimmt, welches der Senat erhielt, und wodurch alle hierin geführten, zum Teil weitläufigen Verhandlungen geschlossen und die wechselseitigen Ansprüche definitiv ent- schieden wurden. Allein teils der neu entstandene Krieg, teils der schlechte Kurs der Papiere behinderte noch immer die Berichtigung der Schulden, die endlich nur dadurch basiert wurden, daß es den Gläubigern überlassen wurde, Zahlungen in Pfandbriefen zum Nennwerte anzunehmen oder sich Partial- zahlungen von jährlich V5 ihrer Forderung gefallen zu lassen; und als die Mehresten das Erstere einwilligten, fanden sich neue Schwierigkeiten darin, daß für die großen, der Anstalt zugehörigen Pfandbriefe, keine kleineren ein- zuwechseln waren, um dadurch Zahlungen leisten zu können, sodaß diese Sache , sich bis in den April 1817 verschleppte, wo die alte in Danzig durch den Krieg aufgelöste Anstalt durch Berichtigung ihrer Schulden endlich ganz in Ordnung kam. Wenn der letzte Lehrkreis vom 1. Januar bis Ende September 1807, also 9 Monate hindurch gedauert hatte, ehe der Dr. Müller die Lehrtöchter ent- lassen konnte, und er sich auch darüber Verantwortung zuzog, obgleich eine freie Verpflegung nur eine kurze Zeit hatte stattfinden können und statt deren Selbstverpflegung bei freier Wohnung hatte eintreten müssen, so fand er in Krieg, Belagerung, Brand, Bombardement, Versetzung der Anstalt in ein auderes Lokal, Zerschmetterung desselben und Wiederverlegung der Anstalt in ein noch entfernteres Gebäude sowie in einem Heer von Krankheiten und in den mehrfachen Furien, die im Gefolge des Kriegsdämons sich befinden, eine reiche Gelegenheit, sich vollkommen zu rechtfertigen, und hatte dabei das Glück, daß die weiblichen Bewohnerinnen, obgleich die herrschende Ruhr und das Nervenfieber auch die Anstalt heimsuchten, dieselbe doch vollkommen hergestellt verlassen haben. Kränkend muß es nur für ihn gewesen sein, daß von den sieben Schülerinnen, die an diesem langen Unterricht teilgenommen hatten, zwei bei der Prüfung abgewiesen werden mußten, vielleicht nur ein Beweis, wie 37 38 nachteilig die großen Ereignisse auf die psychischen Fähigkeiten dieser an sich nur auf einer sehr niederen Stufe der Geistesbildung stehendeu Personen mag gewirkt haben. So war also mit dem 27. Oktober 1807 die Anstalt wieder bis auf weitere Bestimmung aufgehoben, nachdem sie nur zwei Jahre und zehn Monate in Aktivität gewesen war und in der Kürze der Zeit viel Gutes geleistet hatte und noch zu mehrerem reiche Hoffnung darbot, wenn der Zerstörungsgeist mit der Brandfackel in den Händen sich nicht auch über unsere Gegend so gräßlich verbreitet hätte. Man war aber höheren Orts von dem Nutzen einer Ent* bindungs-Lehranstalt zu sehr überzeugt, um sie nicht dem Verhältnis einer jetzt verminderten Einnahme gemäß in einer kleineren Gestalt fortzusetzen, und ließ daher das sämtliche der Anstalt gehörige und noch gerettete Inventarium nach Elbing an den Kriegsrat Beyme schicken, der zu dessen Entgegennahme autorisiert war, zugleich mit dem Aufträge, ein Lokal für dieses Institut zu besorgen, da es beschlossen war, dasselbe in Elbing, freilich nach einem ver- jüngten Maßstabe, nämlich, auf drei Schülerinnen und vier Schwangere fort- zusetzen. Da man indessen glaubte, daß der eigentliche Hauptzweck zu sehr durch eine so starke Verminderung der Lehrlinge beeinträchtigt werden dürfte, und da man hoffte, den Einnahme-Etat, dadurch zu verbessern, daß die bis- herigen Beiträge von Trauungen und Taufen erhöht wurden, auch die Kämmereien aufgefordert werden sollten zu einer verhältnismäßigen Erhöhung ihrer bis- herigen Leistungen, insofern dieses ohne Nachteil ihrer übrigen etatsmäßigen Ausgaben zu ertragen wäre, so erhöhte man späterhin die Anzahl der Lehrlinge für jeden Lehrkreis auf sechs. Wenngleich das Haus dazu schon mit dem 1. Mai 1808 gemietet wurde, so konnte die Anstalt doch wegen Maugel an Fonds nicht früher als mit dem 10. April 1809 wieder eröffnet werden. Allein das wiederbegonnene Leben, welches der Anstalt in Elbing von neuem zuteil geworden war, glich nur der schwachen Dämmerung, wenn bei Nebel und Dünsten die Lichtstrahlen nur wenig die Umgegend beleuchten, und es traf so vieles zu- sammen, was ein rascheres und heilbringendes Emporkeimen verhinderte. Die Fonds gering, das Gebäude in Beziehung auf den Zweck höchst schlecht, der Schwangeren nur wenig, der Schülerinnen zuviel, da außer den sechs mit freier Beköstigung noch mehrere ohne dieselbe bloß mit freiem Unterricht geschickt wurden, ja eine gewisse Verstimmung war an dem Dr. Müller nicht zu verkennen, lag sie nun in dem Vergleich der Anstalt, wie sie ehemals ihrem Kulminationspunkte entgegenstrebte und jetzt kaum nur den Horizont berührte, oder lag es in einem Vorgefühl der Krankheit, die ihn auch in wenig Jahren zu Grabe führte, oder in einer größeren .Stadtpraxis, die ebenso sehr seine Gesunheit untergrub, als ihn von seinem Hauptgeschäfte als Vorstand einer ihm anvertrauten Entbindungs-Lehranstalt ableitete — genug, eine gewisse Verstimmung, Gleichgültigkeit und Vernachlässigung gegen die Anstalt war nicht zu verkennen, die besonders in seinen letzten Lebensjahren sehr in den Vordergrund trat, daher er auch die höhere Behörde, die für das Wohl der 38 39 Anstalt von jeher mit dem besten Willen beseelt war, garnicht kräftig genug für die Anstalt zu gewinnen wußte, um größere Mittel für ihre bessere Ge- staltung aufzufinden und sich ihrer mit größerem Ernst anzunehmen, und es mußten daher noch erst so manche Hindernisse fortgeräumt werden, so manche glückliche Momente zusammentreten, so manche Vorarbeit unternommen werden, ehe die bessere Aussicht sich eröffnete und die Anstalt ihren jetzigen Stand- punkt einnehmen konnte. Während der Zeit, daß die Anstalt in Elbing in ihrem Vegetationsprozeß' nur wenig sich erheben konnte und die Stadt Danzig vom Preußischen Staate getrennt wurde, um nach Napoleons Willen den Namen eines Freistaats zu führen, war auch für diesen Ort mit seinem Territorio von neuem die Aussicht verschwunden, bessere Geburtshelferinnen zu erhalten. Nur wenige konnten aus der Schule, so wie sie vor dem französischen Kriege in Wirksamkeit getreten war, hervorgehen, da dieselbe für die ganze Provinz bestimmt war, und wenn- gleich späterhin nach der Verlegung der Anstalt nach Elbing die Königl. Preußische Regierung es mit hoher Liberalität dem Danziger Magistrat ange- boten hatte, ihre Lehrlinge gegen eine kleine Vergütung nach Elbing zum Unterricht zu schicken, ^so ist davon doch nie Gebrauch gemacht worden, und es fehlte daher in diesem Freistaat durchaus jede Gelegenheit, vom Schlechten sich nur zum Mittelmäßigen zu erheben, geschweige denn gar zum Bessern übergehen zu können und — hätte sich nicht damals die Geburtshilfe wenigstens für die höheren Stände ganz in den Händen der Arzte befunden, der Mangel guter Hebammen würde weit fühlbarer geworden oder doch wenigstens mehr zur lauten Sprache gekommen sein. Nirgends aufgefordert, sich einem sorg- samen Unterricht und nachheriger strenger Prüfung zu unterwerfen, lebten die Frauen, die zur Hilfe bei Geburten übergehen wollten, das sorgenloseste Leben und trieben ihr Geschäft entweder ganz nach Willkür oder gaben sich höchstens in die Lehre eines Geburtshelfers oder anderen praktischen Arztes, der sich die bare Bezahlung gefallen ließ, um sie so viele Blicke in die Kunst machen zu lassen, als notdürftig erforderlich waren, um bei der etwaigen Prüfung nicht ganz zu verstummen. Der jetzige Regierungsrat Dr. Kleefeld hatte als vielbeschäftigter Arzt und Geburtshelfer von jeher die beste Gelegenheit, in den ganzen Umfang des medizinisch-praktischen Wirkungskreises durchdringend blicken zu können, um alle Flecken aufzufinden, wodurch unsere Wissenschaft und Kunst bei all ihren wohltätigen Einflüssen zum Heil der leidenden Menschheit verdunkelt wird. Er war aber auch von jeher ebenso voll glühenden Eifers, das Bessere zu ge- stalten, ohne die Opfer zu achten, die er seinen Kräften und seiner durch seinen Geschäftskreis so sehr beschränkten Zeit dabei zu bringen genötigt war, und er konnte daher nicht gleichgültig bleiben, sein Lieblingsfach, die Geburtshilfe, in den Händen unberufener und unausgebildeter Frauen zu sehen und auch ohne Bildungsschule, um wenigstens eine bessere Zukunft zu hoffen. Er machte mir daher den Antrag, eine kleine Entbindungs-Lehranstalt, der 39 40 Größe unseres Wohnorts und seines Territoriums und des Bedarfs desselben an Hebammen gemäß, gemeinschaftlich mit ihm beim Senat in Vorschlag zu bringen und, um die Schwierigkeiten zumal bei dem Geldmangel der öffent- lichen Lasten nicht zu häufen, wurde sein schon früher als Mitglied der Natur- forschenden Gesellschaft entworfener Plan, von dem schon gesprochen ist, mit mehrfachen Einschränkungen und einigen anderen Modalitäten zum Grunde gelegt, wobei wir uns wechselseitig beim theoretischen und praktischen Unterricht unterstützen wollten und auf alle Remuneration Verzicht leisteten und, damit auch wegen eines Gebäudes, welches in der damaligen Zeit, da die Vorstädte abgebrannt waren, und eine größere Menge Menschen mit einer starken Garnison in den Ringmauern der Stadt sich befand, kein Einwand gemacht werden durfte, erbot ich mich, ein mir gehöriges Haus zu diesem Endzweck unentgeltlich herzugeben. Der Magistrat sollte nur für die Verpflegungsgelder einer kleinen Anzahl von Schwangeren Sorge tragen und 300 zur ersten Einrichtung hergeben. Nach diesen Andeutungen wurde der Plan entworfen und dem Senat über- geben, der denselben dem Stadtrat Trendelenburg zur Begutachtung vorlegte. Dieser, ein wissenschaftlich hochgebildeter Mann, der zu früh für seine Familie sowie für die Literatur und das Wohl der Stadt gestorben ist, ergriff mit offenen Sinnen die dargebotene Gelegenheit zur besseren Bildung der Geburtshelferinnen und zur größeren Sicherheit schwangerer Frauen, wenn ihre höhere Bestimmung zum Wöhle der Menschheit ihnen den bitteren Kelch der Gefahr und des Schmerzes reicht. Er stimmte daher in all unsere Vorschläge freudig ein, und sein desfalsiger Bericht an den Senat ' schilderte die daraus zu hoffenden Vorteile so deutlich, daß die Genehmigung in pleno beschlossen wurde und die Fonds besprochen werden sollten, um die Sache möglichst schnell ins Leben treten zu lassen. Allein die Finanzen der Stadt waren zu schlecht und sanken zu tief unter den Nullpunkt, eine Folge des verderblichen Geschenks, welches der Macht- haber der Franzosen aufgedrungen hatte. Wir sahen uns daher zwar wieder in den Händen eines freistädtischen Senats und eines Schöppengerichts mit der Willkür an der Spitze, trafen dafür aber auch überall auf eine glanz- geschmückte Garnison als Wächter unserer Freiheit und, während der Handel als Hauptquelle des Dan ziger Erwerbs ganz darniederlag und die großen Handlungshäuser und die Kapitalisten durch die vielen Millionen zu Grunde gerichtet wurden, die hergegeben werden mußten, um die wiedergeborene Republik samt ihren kaiserlichen Wächtern zu erhalten, versank der Freistaat in so große Schulden, daß noch jetzt ihr Druck größer ist als an irgend einem anderen Orte. Alle Kassen waren leer und konnten nicht hergeben, was der Geschenkgeber durch Kontribution und Requisition aller Art und unausgesetzt und fortwährend selbst durch Exekution und Festungsarrest erforderte. Es ist ein bedeutungsvoller Beweis des damaligen Zeitgeistes, der un& mit seinen Gift hauchenden Flügeln beschattete, daß nicht einmal 300 ^ zum genannten Zweck von einer Stadt hergegeben werden konnten, die seit Jahrhunderten 40 41 unter die reichsten des Ostseestrandes gezählt wurde, und so fand der ent- worfene Plan zur Verbesserung der Geburtshilfe in den erschöpften und in ein so sehr negatives Verhältnis versunkenen öffentlichen Kassen seinen Untergang. Die Aussicht auf eine zweckmäßige und dauernde Ausbildung der Heb- ammen war also bei allen Opfern, die der Staat und die Provinz gebracht hatten, mit dem unseligen Kriege von neuem für Westpreußen verbannt und zerstört und konnte auch nicht früher eröffnet werden, als bis die alte Ord- nung der Dinge wiederum in ihre Rechte trat, Leipzig und Belle-Alliance deren Übermut Schranken gesetzt hatte und der Friede auch über unsere Gegend sich verbreitete, um unter seinen einflußreichen Schatten von neuem zu gestalten, was eine verhängnisvolle Zeit so schonungslos in ihre Strudel gerissen hatte. Viel war wieder herzustellen und groß das Feld voll Trümmern und Ruinen, mächtig daher die Ansprüche und noch größer die Hoffnung auf den Staat, um die Hieroglyphen zu vertilgen und die Charaktere zu verwischen, die der zerstörende Griffel des Krieges überall so tief eingegraben hatte. Es mußten daher auch mehrere Jahre vergehen, ehe an die Verbesserung auch dieses Zweiges der medizinischen Polizei gedacht werden konnte. In dieser Zwischenzeit, nämlich am Ende des Jahres 1815, starb der Dr. Müller und ich wurde bei Er. Allerhöchsten Behörde von der Königl. Regierung zu Marienwerder zum Direktor der Anstalt in Vorschlag gebracht, erhielt die Allerhöchste Bestätigung und trat mein Amt mit dem 1. April 1.816 an, indem ich Danzig verließ, um meinen Wohnort mit Elbing zu vertauschen. Nur wenige Blicke in die mir anvertraute Anstalt, und es wurde klar, was überall fehlte, um dieselbe auch nur in ihrer damaligen kleinen Sphäre mit Anstand und Würde auftreten zu lassen, geschweige denn was geschehen müsse, um ihren eigentlichen Zweck für die ganze Provinz gehörig und vollkommen zu erfüllen. Ich ließ es meine erste Pflicht sein, in beiden Hinsichten Er. Hohen Regierung meine Ansichten zu eröffnen und, konnte man sich auf die Vergrößerung der Anstalt auch vorläufig noch nicht einlassen, so war man um so bereitwilliger, meine Vorschläge in ersterer Hinsicht vollständig zu ge- nehmigen. Es wurde ein besseres Haus gemietet, in welchem besonders eine zweckmäßigere Verteilung der Schwangeren, Wöchnerinnen und Kreißenden möglich wurde, die Wäsche und alle .Utensilien wurden einer strengen Revision und darauf einer notwendigen Ausbesserung oder dem Neuankauf unterworfen, und was an Bettgestellen, Tischen und Stühlen noch zu gebrauchen war, wurde in Ölfarbe gestrichen, um zu erhalten, was noch dem Zahn der Zeit entgangen war, oder um die Schlupfwinkel der fremden Gäste zu zerstören, die auf das Wochenbett von außen her so störend einwirken. Was an Lehrgegenständen, besonders Kupfertafeln, nötig war oder an Instrumenten fehlte, da sämtliche vorhandenen verrostet und unbrauchbar geworden waren, wurde aus meiner privaten Sammlung hergegeben. Genug, es vergingen nur wenig Wochen, und die Anstalt hatte eine solche Metamorphose erhalten, daß, wenngleich zu klein 41 42 zur Erreichung ihres Zweckes für die ganze Provinz, sie sich doch in ihrem äußeren Gewände dem Auge eines kritischen Beurteilers nicht entziehen durfte und auch von mehreren Einheimischen und Fremden, sowie von mehreren Regierungsmitgliedern und Kunstverständigen besucht worden ist, die ihr ihren Beifall nicht versagen konnten In der Mitte des Jahres 1816 trat die neue Regierung in Danzig ins Leben, und mit ihr datiert sich auch eine neue Periode der Entbindungs-Lehr- anstalt und eröffnet sich ein weiteres Feld für die Bildung angehender Geburts- helferinnen. Der Wirkliche Geheimrat von Schoene, Exzellenz, für das wahre Gute ebenso empfänglich, als von dem Wunsch und Eifer beseelt, dasselbe überall zu verbreiten, wußte als Oberpräsident der Regierungen von West- preußen bald seine Blicke dorthin zu lenken, wo sie das Mehreste vorfanden, seine volle Tätigkeit in Anspruch zu nehmen. Freilich fand er zur Wieder- herstellung und notwendig neuen Einrichtung der in seinen weiten Wirkungs- kreis fallenden Gegenstände wahrscheinlich weit mehr, als er vermutet haben mag, aber dafür ist ihm auch das Verdienst zuteil geworden, was in Jahr- hunderten und in der blühendsten Zeit nicht zur Sprache kam und trotz des großen Nutzens und der hohen Bequemlichkeit für alle Reisenden damals viel- leicht unmöglich zu sein schien, oder was grobe Barbarei und kalte Vernach- lässigung an den Prachtkunstwerken der deutschen Heldenzeit zerstört und in Schutt vergraben hatte, oder was zur höheren Verbreitung von Kunst und Wissenschaft beitrug und das wahre Beste der Provinz nur entfernt befördern möchte, in wenigen Jahren entstehen zu lassen. Der Dr. Kleefeld, der als Regierungs-Medizinalrat ins Collegium eintrat, gleich nachdem die Regierung ihren Wirkungskreis in Danzig eröffnet hatte, wußte die Aufmerksamkeit des hochverehrten Oberpräsidenten auf alles das zu lenken, was seinen ihm an- gewiesenen Kreis des Medizinalwesens nur immer berührte. Es wurden Anträge zu Verbesserungen gemacht, die überall mit Beifall aufgenommen und kräftig unterstützt wurden; es entstanden neue wohltätige Medizinal- Anstalten und Einrichtungen, und die GesundlieRspolizei erhielt für unser Departement eine Gestalt, bei der sie sich ehrenvoll an die jedes anderen Ortes reihen kann und viele Gegenden weit hinter sich läßt, die schon weit früher in dieser Hinsicht die Bahn gebrochen hatten. Die Verbesserung des Hebammen wesens der Provinz und der Lehranstalt in Elbing mußte unter diesen Umständen daher bald ein Gegenstand sorgsamer Prüfung werden und, nachdem die Vorarbeiten in Beziehung der höheren Fonds zur Vergrößerung dieses Instituts beendet waren, wurde dessen Verlegung nach Danzig als der volkreichsten Stadt der Provinz von neuem beschlossen. Ich erhielt den ehrenvollen Auftrag, einen auf die Vergrößerung und Verlegung der Anstalt nach Danzig Bezug habenden Plan anzufertigen zugleich mit An- gabe der dazu notwendigen Geräte, Utensilien aller Art und Lehrgegenstände, sowie der erforderlichen Ausgabe-Etats, um die Anstalt nach dem vergrößerten Maß stabe in Aktivität zu setzen und die dazu gehörigen Fonds auszumitteln. 42 43 Mit einigen Modalitäten wurde der Plan höheren Orts genehmigt. Se. Majestät unser Allergnädigster König hatte die Gnade, die dazu erforderlichen jährlichen Gelder auf die Regierungs-Hauptkasse anzuweisen und außerdem ein KönigL Gebäude1) zu diesem Zweck herzugeben, welches zweckmäßig und baulich ein- gerichtet wurde, und die Entbindungs-Lehranstalt konnte in ihrer jetzigen neu wiederhergestellten Lage mit dem 1. Juni 1819 eröffnet und den 31. März durch einen feierlichen Akt, wozu die sämtlichen Behörden mittelst eines Pro- gramms2) von mir eingeladen waren, eingeweiht werden. In ihrem jetzigen Umfang ist die Anstalt berechnet auf einen dreimaligen jährlichen Lehrkreis, jeder zu vier Monaten, zu welchem jedesmal 16 Lehr- töchter und 32 Schwangere bestimmt sind. Es befindet sich demnach täglich in der Anstalt ungefähr ein Personal von 28 bis 30 teils Lehrlinge teils Schwangere und Wöchnerinnen. Zum Aufenthalt dieser Personen ist ein sehr passendes Gebäude eingeräumt, das mit wahrhaft Königl. Freigebigkeit dem Zweck gemäß eingerichtet worden ist. Es befinden sich in demselben vier Zimmer zur Aufnahme von Lehrlingen und Schwangeren, zwei Wohnstuben, eine Entbindungsstube, ein Lehrsaal und eine Krankenstube zur möglichen Trennung gefährlich erkrankter Wöchnerinnen fin- den Fall der Not. Dabei hat der Direktor der Anstalt eine anständige Wohnung, nicht weniger die Haushebamme, und auch der Hofknecht hat seine Stube und Kammer auf dem geräumigen Hofplatze. Außerdem sind alle zu einer Ökonomie gehörigen Räume, Kammern und Ställe eingerichtet, ein freundlicher Garten im englischen Geschmack, von mir angelegt, befindet sich am Ende des Hofes zum Gebrauch und Nutzen sämtlicher Bewohnerinnen, und hinter demselben wird das Ganze durch eine Bleiche mit laufendem Wasser begrenzt. Zur möglichen Verhütung des in Entbindungsanstalten so leicht sich entwickelnden und für dieselbe so gefahrvollen Kindbettfiebers und zu einer allgemeinen schnelleren Reinigung der Wohnstuben, in denen wegen des Beisammenseins mehrerer ganz ungleichartiger Kindbetterinnen das verderbliche Kontagium so schnell oft ent- stehen und um sich verheerend greifen kann, habe ich gleich bei der ersten Einrichtung der Anstalt in den Wochenstuben nicht nur die Fußböden sondern auch die Wände in Ölfarbe streichen lassen, um mit Leichtigkeit auch die Wände mit nassen Tüchern ganz rein waschen zu können, ebenso wie man sonst in Ölfarbe gestrichene Tische und Möbel anderer Art reinigen kann. Das zu diesem Gebäude gehörige Meublement an Tischen, Bettstellen und Stühlen ist vollständig, zweckmäßig und ebenfalls in Öl gestrichen, und ebenso- wenig fehlt es an gehörigem Vorrat von Haarmatratzen, die sämtlich dreiteilig sind, von Seegrassäcken, Deckbetten, wollenen Decken, Kopfkissen, gehörigen Bezügen und Wäsche aller Art sowohl für Wöchnerinnen als deren Kinder. Auch Küchengeräte und Waschutensilien sind dem Bedarf gemäß für die 9 Langgarten Nr. 33 (bestand bis 1880). 2) Brunatti, Abnormität der Placenta durch ihren Sitz auf dem orificio uteri, Danzig, gedruckt bei Carl Heinrich Eduard Müller 1819. 43 44 Ökonomie angekauft worden, und was jährlich in; Abgang kömmt, kann mit Berücksichtigung des, Etats wieder ersetzt werden. Was die Gegenstände zum Gebrauch der praktischen Geburtshilfe anbe- trifft, so hat die Anstalt einen Stärk’ sehen und von SiEBOLD’schen Stuhl, ebenso dessen Geburtskissen und ein von mir eingeführtes Kissen zur Bequemlichkeit und Erhaltung von Reinlichkeit beim Entbinden im Bett, da trotz des un- verkennbaren Nutzens der Stühle bei gewissen Gelegenheiten und aus gewissen Rücksichten, doch vorzugsweise das Bett meinen Schülerinnen zur Zeit der Geburt empfohlen wird. Auch hat die Anstalt eine gehörige Sammlung von Instrumenten für die höhere Geburtshilfe, und zwar sowohl ältere als neuere. Letztere wurden durch die. Güte des Hochverehrten Herausgebers dieses Journals bestellt und sind trefflich ausgefallen. Zu den Lehrgegenständen der Anstalt gehören Phantome, weibliche Becken, die weichen Geburtsorgane und Kupferwerke, ein weibliches und ein Kinder- Skelett und die Hysteroplasmen des Herrn von Siebold. Was hier aber noch am mehresteii fehlt zum vollkommen instruktiven Unterricht für Lehrtöchter, sind Präparate aus der menschlichen Anatomie, besonders trockene oder, wenn möglich, in Wachs nachgebildete Formen der weiblichen Geburtswege in ihrer wechselseitigen Lage gegeneinander, ferner eine Sammlung normalwidriger Becken und anderer zum Unterricht der Geburtshilfe gehöriger Dinge als Embryonen, mißgestaltete Kinder, regelwidrige und schwangere Gebärmütter und ähnliche Sachen. Wer daher solche zur Geburtshilfe und ihrem deutlichen Unterricht gehörige Gegenstände besitzt und Schulen richtig würdigt, die zur Bildung von Personen dienen, . welche unseren Frauen Beistand leisten sollen in den wichtigsten Stunden ihres Lebens, der übersende sie unserer Anstalt zum Angebinde oder rechne dabei auch auf eine billige Geldvergütung, und er wirkt mit zur Erreichung eines menschenfreundlichen Zwecks, während un- gebraucht so mancher Schatz für die Wissenschaft nur dem Staub und Ver- derben anheimfällt. Ubersendungskosten sowie Postporto wird dabei gern von mir getragen. Wer aber Dinge genannter Art nur gegen geprägtes Metall ver- tauschen will, muß vorläufig portofrei an mich schreiben, um die Gegenstände des so sehr heterogenen Tauschhandels nach den Grundsätzen der Anstalt und meinen eigenen vorher erst genau abzuwägen und in Harmonie zu bringen. Zu dem Personalien Anstalt gehören: 1. Der Direktor derselben, der nicht nur den Hauptuntefricht leitet, sondern auch die übrigen Personen und alle Geschäfte unter seiner speziellen Aufsicht hat, damit nach dem der Anstalt zum Grunde liegenden Regulativ jene streng ihre Pflichten erfüllen und diese genau nach der Ordnung und zur Erreichung des Zwecks gehörig ihren Gang fortschreiten und der Etat niemals überschritten werde. Er nimmt die Schwangeren ohne Einmischung eines Dritten allein für sich und nur nach den ihm gemachten Vorschriften und nach Verhältnis des Etats und den Bedürfnissen der Lehrlinge auf und entläßt sie gewöhnlich 14 Tage nach der* Geburt, oft auch früher, zuweilen 44 45 aber auch nach Umständen später und zeigt Aufnahme und Abgang dem Polizei- präsidio an. Die Annahme der Lehrtöchter ist aber ganz allein Sache der respektiven Regierungen und nur, wenn sie zur Anstalt kommen, prüft er sie nochmals, und findet er sie durchaus: qualifikationswidrig, so schickt er sie mit Angabe seiner Gründe an die Unterbehörden zurück, die ihre Aufnahme bei der Regierung veranlaßt haben, und welcher er seine desfalsige Anzeige macht. Er hat also zu seinem Wirkungskreis das ganze Wohl der Anstalt, es betreffe den Unterricht oder das Gebäude, die Lehrgegenstände oder die Utensilien, die Kontrolle bei der Verpflegung oder die genaue Befolgung der einmal bestehenden Gesetze, es betreffe endlich die Korrespondenz mit den Regierungen oder mit anderen Behörden, wozu es gerade wegen der unehelich Schwangeren oder auch aus anderen Ursachen eine reiche Gelegenheit gibt» Für seine ganze Handlungsweise ist er der Königl. Regierung zu Danzig ver- antwortlich, an sie macht er alle seine Anträge, alle seine Vorschläge zur Verbesserung der Anstalt, von ihr erhält er Befehle und Verfügungen, legt ihr die justificierten Liquidationen zur Decharge vor, muß bereit sein, wegen seiner ökonomischen Führung jeden Augenblick Rechenschaft zu geben, wird jährlich in Beziehung auf das Inventarium einer Revision unterworfen und stattet am Schluß jedes Jahres an dieselbe einen ausführlichen Bericht ab über alles, was in wissenschaftlicher Hinsicht in der Anstalt vorgefallen ist, der dem hohen Ministerio der geistlichen und Medizinal-Angelegenheiten zur näheren Ansicht vorgelegt wird. 2. Der zweite Lehrer, der früher nicht war und nur seit dem Jahre 1820 angestellt worden ist, wo der Umfang der Anstalt dadurch zunahm, daß auch die Regierung zu Köslin die Befugnis erhielt, zu jedem Kursus vier Schülerinnen zu schicken — unterstützt den Direktor im theoretischen und praktischen Unterricht. 3. Die Haushebamme. Sie hat die sämtlichen Utensilien, insofern sie sich nicht auf den Unterricht beziehen, unter sich, besorgt Wäsche, Reinlichkeit, Verpflegung, hält überall auf Ordnung unter den weiblichen Bewohnerinnen, führt überhaupt die ganze Ökonomie, steht aber mit ihren Handlungen und Auslagen für die Anstalt unter Kontrolle des Direktors und ist bei den Geburten besonders in dem Falle gegenwärtig, wenn der Direktor oder der zweite Lehrer abwesend sein sollte. Auch steht die Hausmagd unter ihrem unmittelbaren Befehle, und ihre Annahme und Entlassung hängt von ihr ab» 4. Der Hausknecht sorgt für Reinlichkeit des Hofes und der Straße, und Holz, Wasser und Feuerung ist seiner besonderen Aufsicht anvertraut. Er steht unmittelbar unter dem Direktor und muß desselben Befehle, insofern sie sich auf die Anstalt beziehen, unweigerlich volltühren. 5. Die Lehrlinge haben in der Anstalt Unterricht und Wohnung sowie auch Verpflegung, Heizung, Licht und Wäsche frei, müssen dafür aber mit für die Reinlichkeit des Hauses sorgen, die zur Anstalt gehörige Wäsche nähen, für ihre Wöchnerinnen und deren Kinder in aller Hinsicht auf das 45 46 Strengste sorgen, in der Küche mit behilflich sein und der Reihe nach auf den Wochenstuben während der Nacht Wache halten und für diesen Fall durchaus nicht schlafen, mit aus der Ursache, sich bei Zeiten an das Wachen zu gewöhnen, aber auch immer bei der Hand zu sein, wenn etwa Kreißende von der Straße ankämen oder sonst irgend etwas vorfiele, das Bezug auf das Wohl der Anstalt oder ihre eigene Bildung hätte. Unsere Anstalt, die sowohl in deutscher als auch in polnischer Sprache den Unterricht erteilt, dient nicht nur zur Bildung von Hebammen der beiden Westpreußischen Regierungs-Departements Marienwerder und Danzig, sondern die pommersche Regierung zu Köslin schickt ebenfalls vier Lehrtöchter zu jedem Kursus, sodaß sechzehn Schülerinnen, nämlich sieben aus dem Regierungs- Departement Marienwerder, fünf aus dem Regierungs-Departement Danzig und vier aus dem Regierungs-Departement Köslin sich einstellen, zuweilen aber auch mehrere. Bisher wurden jährlich drei solche Kreise gehalten, jeder zu vier Monaten, aber mit dem September dieses Jahres finden jährlich nur zwei Lehrvorträge statt, jeder zu sechs Monate, wodurch eine wesentliche Ver- besserung des Unterrichts herbeigeführt werden wird, indem die Unkultur den zur Schule geschickten Frauen und der Umfang der Kunst und alles dessen, was schon nach dem zum Grunde liegenden Lehrbuch von ihnen gefaßt und begriffen werden soll, zu grell gegen einander absticht, um in vier Monaten die schwere Aufgabe genügend lösen zu können. Vier Stunden waren tagtäglich dem Unterricht gewidmet, zwei in der Morgenzeit von mir, zwei von dem Unterlehrer Dr. Fischer in der Nachmittagszeit von 4 — 6, und bei den Ge- burten ist einer von uns in der Regel gegenwärtig, um sie für die Schülerinnen praktisch so nützlich als möglich zu machen, bei welcher Gelegenheit dann alles zur Sprache gebracht wird, was Einfluß auf die Kunst und den künftigen Hebammenberuf hat. Was beim demonstrativen Unterricht nur leise die schwachen Verstandeskräfte der Lehrtöchter berührt hat, wird hier am Geburts- bette durch vielseitige Fragen von neuem angefacht, um die Urteilskraft zu schärfen und den eigenen Antworten der Gefragten mehr Umfang zu geben, damit mehr Klarheit in den ihrem Geiste gegebenen Materialien entstehe und die der besseren Geburtshilfe zum Grunde Mögenden Wahrheiten für sie nach und nach ein solches Eigentum werden, als hätten sie sie durch eigenes Nachdenken aus sich selbst entwickelt. Auch außer den gewöhnlichen Stunden und der Zeit, wo Geburten stattfinden, wird jede Gelegenheit sowie noch manche andere Tageszeit von mir zum Vorteil der Lehrtöchter benutzt, da ich größtenteils meine Privatpraxis aufgegeben habe, weil ich sie mit meinen amtlichen Verhältnissen nicht in Übereinstimmung finde und ich es für durchaus notwendig halte, zur Erreichung des Zwecks weit öfter durch Wort und Tat auf die Schülerinnen zu wirken, als durch einige geregelte tägliche Stunden, die nur hinreichend sein mögen, wo eine höhere und längere allgemeine Geistesbildung vorher schon die Einleitung gemacht hat, um aus kurz entworfenen Umrissen durch eigene Kraft in kurzer Zeit das Gemälde 46 47 zu vollenden. Wo aber wie bei uns der Elementar -Unterricht in seiner größeren Allgemeinheit erst seit kurzer Zeit in Wirksamkeit getreten ist und die zum Unterricht der Hebammenkunst geschickten Frauen daraus für sich noch keinen Nutzen haben ziehen können, kann nur durch öftere Wiederholungen und Beleuchtungen aus verschiedenen Gesichtspunkten und von allen Seiten bald in diesem bald in einem anderen Gewände der fragliche Gegenstand zum klaren Bewußtsein kommen. Dabei werden auch Lese- stunden gehalten, wobei das Lehrbuch zugrunde gelegt wird, und diejenigen Schülerinnen dazu gewählt, die größere Fertigkeit im Lesen haben, um die schwächeren zu üben. Auch wird in anderer Hinsicht die LANCASTER’sche Methode benutzt. Untersuchungen an den Hysteroplasmen sowie an den Schwangeren der Anstalt fallen so oft vor, als es Zeit und Umstände erlauben, und um ihnen den möglichst weiten Kreis zu eröffnen, werden auch andere Personen, die irgend ein Interesse für den Unter- richt haben, gegen Vergütung zur Anstalt eingeladen. Die Geburten, wenn sie normal sind, werden den Lehrlingen der Reihe nach übertragen, in der Regel, wie schon oben bemerkt, unter stets belehrender Aufsicht von mir oder dem Dr. Fischer oder auch der Haushebamme von Anfang bis zu Ende der Geburt mit wenigen Unterbrechungen, zuweilen aber auch gegen Schluß des Kursus, ohne daß wir ihnen zur Seite sind, um dadurch auch schon in der Schule ohne Gegenwart der Lehrer den Schülerinnen Gelegenheit zu geben, mitunter ihre Kräfte, wenn vorher durch Unterricht die gehörige Richtung ihnen ist gegeben worden, allein und ohne uns zu prüfen, damit schon früh- zeitig eine vernünftige Dreistigkeit ihnen für den Fall zuteil werde, wenn aus beständiger Aufsicht sie übergehen in den eigenen Wirkungskreis. Auch außer der Anstalt wird den Lehrlingen nicht selten Gelegenheit verschafft, Geburten machen zu sehen oder auch selbst zu machen oder in anderen zur Geburtshilfe gehörigen Vorrichtungen sich zu üben. Die öffentlichen Prüfungen finden vor einer eigens dazu ernannten Prüfungs- Kommission statt, die aus dem Regierungs-Medizinalrat einer der drei Regierungen von Marienwerder, Danzig und Köslin, der jedesmal der Reihe nach dazu ein- geladen wird, ferner aus einem Mitgliede des Provinzial-Coll. med. und aus dem Direktor der Entbindungs-Lehranstalt besteht. Die Prüfungen werden genau nach den Vorschriften des neuen Reglements für die Staatsprüfungen abgehalten. Dieser kurzen geschichtlichen Erörterung zufolge hat die Hebammenkunst in Westpreußen manche Schwierigkeit zu überwinden gehabt, und ihre Schule, aus der sie geläutert ins allgemeine Leben heilbringend übergehen soll, hat hier viele Schicksale erlebt und viele Hindernisse und Störungen besiegen müssen. Krieg, Feuer und Verwüstung durch feindliche Kugelregen griff in ihre stille Wirksamkeit so mächtig ein, trennte sie aus ihren Fugen und erschütterte sie von Grund auf, und es dürften wohl wenige ihrer Schwestern in anderen Ländern und Provinzen ähnliche Ereignisse erlebt haben und sie selbst darum nicht ganz ohne Interesse sein, und zwar um so weniger, da sie bei all den Stürmen und 47 Gewittern, von denen sie umlagert war, und die sich gegen sie verschworen hatten, sieggekrönt aus ihren Trümmern wieder erstanden ist und sich jetzt nicht scheuen darf, sich jeder anderen entgegenzustellen und in ihrem glück- lichen Erfolg vielleicht manche übertreffen möchte, wie eine kurze Übersicht der vorzüglichen Ereignisse im allgemeinen vom 1. April 1816 bis ultimo Dezember 1825 als das erste Decennium angeben wird, welches seit dem mir anvertrauten Direktorat verflossen ist, wobei ich nur noch bemerke, daß von 1816 bis zum 1. Januar 1819 die Anstalt noch in Elbing in ihrem verjüngten Maßstabe sich befand. Diese Übersicht gewährt beifolgende Tabelle, die einer näheren Erklärung nicht bedarf, und bei der ich nur noch anführe, daß die einzelnen Fälle, die ein wissenschaftliches Interesse darbieten möchten, gele- gentlich für dieses Journal bearbeitet werden sollen. Übersicht der Ereignisse in der Kgl. Westpr. Entbindungs-Lehransta Zahl der Entbundenen Lage der Ki ndesteile zur Geburt: Geburten: Mütter gestorbei : überhaupt in in Steiß- in i Quer- und mittelst wä re d( w| ch(j bet J Jalir primi- multi- einer der vier in der Schei- tel- lage in der Ge- sichts- lage Fuß- und Knielagen ohne Kunst- einer Kunsthilfe in der Ge- parae parae Hinter- haupts- lagen C3 ‘J3 OQ «3 £ 1 •§ ! Ö 1 Schief- lagen hilfe CU &p cä N Ö :■ Mädchen davon sind : totgeboren gestorben gesund entlassen 14 — 2 28 Die Mutter, die während der Geburt starb, war eine von einem öchiffskapitän sehr genrißhandelte Steuermannsfrau. Sie wurde in Epilepsie des Morgens zur Anstalt gebracht, des Nachmittags wiederholten sich die epileptischen Zufälle auf eine gräuliche Weise, sie hatte 35 mal Anfälle und starb nachts 12 Uhr. Die nähere Ge- schichte dieser Geburt bei einer anderen Gelegenheit. — Die 2 ge- storbenen Kinder waren frühzeitig und schwächlich. 27 17 — — 32 Eine Zwillingsgeburt mit 2 Knaben. Die Wendung wurde durch Rückenlage indiciert. 31 11 2 2 29 Eine Zwillingsgeburt mit 2 Knaben. Die Wendungen wurden indiciert durch Brust- und Bauchlage. Die 2 totgeborenen Kinder waren frühzeitig und schon vor der Geburt gestorben. Die Mütter kamen in Wehen vom Lande zur Anstalt Die 2 nach der Geburt gestorbenen Kinder: davon starb eines in Convulsionen, das andere an Schwäche. 27 35 6 1 54 3mal Zwillinge, lmal Knaben, 2 mal Mädchen. Die Weiidungen fanden ihren Grund in Querlagen. Unter den 6 totgeborenen waren 5 schon vor der Geburt gestorben Das 6. fand während der Ge- burt bei einer schweren Wendung seinen Tod. 42 30 3 2 65 Die Wendung bei Bauchlage. Die Zange bei Gesichts’lage. Von den 3 totgeborenen Kindern waren 2 bei der Geburt schon in Verwesung übergegangen. Das 3. starb während der Geburt ohne deutlich in die Augen fallende Ursachen. 47 46 5 4 79 Eine Zwillingsgeburt mit 2 Mädchen. Unter den 5 totgeborenen starb ein Kind während der Fuf3geburt. Die anderen waren schon früher abgestorben oder kamen frühzeitig mit zu schwachen Lebens- zeichen auf die Welt, um vollkommen ins Leben überzugehen. 49 34 6 1 68 Unter den totgeborenen Kindern waren 4 frühzeitig, 1 Acephalus, 1 faul. Die Wöchnerin starb an febris puerperalis. Die eine von den 2 Wendungen war auf den Kopf mit nachher angelegter Zange. 43 I 41 7 2 72 Bei 2 von den totgeborenen Kindern lag die Ursache in der vorgefallenen Nabelschnur. Einmal lag sie neben dem Kopf, das andere Mal neben dem Steiß. In beiden Fällen wurde die Zange gebraucht, die Kinder aber kamen ohne Lebenszeichen auf die Welt. Das 3. totgeborene Kind war 10 berl. Pfund schwer und hatte eine schwierige Zangengeburt überstehen müssen. Die übrigen totgeborenen Kinder waren schon vor der Geburt gestorben 40 38 4 4 75 Eine Zwillingsgeburt mit 1 Knaben und 1 Mädchen. Die Wendungen fanden ihre Bedingungen in Lagen mit dem irm und dem Kreuz vor. Die totgeborenen Kinder waren schon früher ab- gestorben und zum Teil in Verwesung übergegangen. Nur ein Kind fand während der Geburt seinen Tod, da bei seiner Größe die Entwickelung der Schultern eine ganz ungewöhnliche Schwierigkeit machte. 29 1 44 9 5 85 2 Zwillingsgeburten. Unter den totgeborenen Kindern fanden folgende während der Geburt den Tod: das eine wegen Gesichts- geburt, ein zweites von 1 1 ll2 Pfund berl. bei der Wendung, ein drittes wegen neben dem Kopf vorgefallener Nabelschnur. Die anderen waren schon vor der Geburt abgestorben. Unter den nach der Geburt gestorbenen Kindern starben 3 in Krämpfen, 1 an Schwäche, 1 am Pemphigus. 43 2 j 310 42 | 23 p: QP7 378 3552 65 Oö< ' Übersicht der Ereignisse in der Kgl. Westpr. Entbindungs-Lehranstaltwährend eines Zeitraums von 10 Jahren von 1816 bis ult. Dezbr. 1825. Zahl der Entbundenen überhaupt Lage der Kiudesteile zur Geburt: Geburten: Mütter gestorben- Summe aller in den Id Jajiren vorgefaUenen Bemerkungen Anzahl in in der h> der 1 in Steiß- Fuß- und Quer- und Scliief- ohne mittelst einer in der wäli. Geburten: einer davon sind: pÜ multi- parae va." Scliei- Hinter- te*- haupts- läge lagen | Ge- sichts- lage ' Knielagen Kunst hilfe Kunsthilfe Ge- burt des w°. che». Lettes | 1 § 1 jgestorben 1 1 Lehr- töchter 1 x |<ä 5 N fl 1816 16 17 0 28 - 1 > - 27 3 - 1 - , 14 L Die Mutter, die während der Geburt starb, war eine von einem öchiffskapitän sehr gemißhandelte Steuermannsfrau. Sie wurde in Epilepsie des Morgens zur Anstalt gebracht, des Nachmittags wiederholten sich die epileptischen Zufälle auf eine gräuliche Weise, sie hatte 35 mal Anfälle und starb nachts 12 Uhr. Die nähere Ge- schichte dieser Geburt bei einer anderen Gelegenheit. — Die 2 ge- storbenen Kinder waren frühzeitig und schwächlich. 27 1817 15 | 16 31 30 1 - - - - 1 30 1 1 - - [lo i 17 - 32 Eine Zwillingsgeburt mit 2 Knaben. Die Wendung wurde durch Rückenlage indieieri 31 1818 15 17 2 30 - i - - >• * . 2 - - 22 11 • 29 Eine Zwillingsgeburt mit 2 Knaben. Die Wendungen wurden indiciert durch Brust- und Bauchlage. Die 2 totgeborenen Kinder waren frühzeitig und schon vor der Geburt gestorben. Die Mütter kamen in Wehen vom Lande zur AnstaltT Die 2 nach der Geburt gestorbenen Kinder: davon starb eines m Convulsionen, das andere an Schwäche. 27 1819 31 | 27 58 56 - 1 • - 3 58 - 3 - - 2H 35 0 1 54 3 mal Zwillinge, lmal Knaben, 2 mal Mädchen. Die Wehdungen fanden ihren Grund in Querlagen. Unter den 6 totgeborenen waren 5 schon vor der Geburt gestorben Das 6. fand während der Ge- burt bei einer schweren Wendung seinen Tod. 42 1820 40 30 70 65 1 2 1 ■ - 1 68 i 1 ■ - 40 aj 3 2 65 1 Die Wendung bei Bauchlage. Die Zange bei Gesichtslage. Von den 3 totgeborenen Kindern waren 2 bei der Gebürt schon in Verwesung übergegangen. Das 3. starb während der Geburt ohne deutlich in die Augen fallende Ursachen. 47 1821 49 8 38 7 81 2 - ■j 4 - - - 5 - - - 42 46 5 4 79 Eine Zwillingsgeburt mit 2 Mädchen. Unter den 5 totgeborenen starb ein Kind während der Fußgeburt. Die anderen waren schon früher abgestorben oder kamen frühzeitig mit zu schwachen Lebens- zeichen auf die Welt, um vollkommen ins Leben überzngehen. 49 1822 44 31 75 70 1 i 1 -1 2 69 4 2 - 1 ll j 34 6 1 68 Unter den totgeborenen Kindern waren 4 frühzeitig, 1 Acephalus, 1 faul. Die Wöchnerin starb an febris puerperaiis. Die eine von den 2 Wendungen war auf den Kopf mit nachher angelegter Zange. 43 1823 46 I 8 35 1 77 • 3| - - 1 > 73 7 1 - - r 41 7 2 72 Bei 2 von den totgeborenen Kindern lag die Ursache in der vorgefallenen Nabelschnur. Einmal lag sie neben dem Kopf, das andere Mal neben dem Steiß. In beiden Fällen wurde die Zange gebraucht, die Kinder aber kamen ohne Lebenszeichen auf die Welt. Das 3. totgeborene Kind war 10 berl. Pfund schwer und hatte eine schwierige Zangengeburt überstehen müssen. Die übrigen totgeborenen Kinder waren schon vor der Geburt gestorben. 40 1824 38 | 8: 44 2 " - ■ 1 4 1 J 1 6 * - - M 38 4 4 75 Eine Zwillingsgeburt mit l Knaben und 1 Mädchen. Die Wendungen fanden ihre Bedingungen in Lagen mit dem Arm und dem Kreuz vor. Die totgeborenen Kinder waren schon früher ab- gestorben und zum Teil in Verwesung übergegangen. . Nur ein Kind fand während der Geburt seinen Tod, da bei seiner Größe die Entwickelung der Schultern eine ganz ungewöhnliche Schwierigkeit machte. 29 1825 5G 9' 41 1 93 2 * - - « 10 > - }5 44 9 5 ■- 2 Zwillingsgeburten. Unter den totgeborenen Kindern fanden folgende während der Geburt den Tod: das eine wegen Gesichts- geburt, ein zweites von lll/2 Pfund berl. bei der Wendung, ein drittes wegen neben dem Kopf vorgefallener Nabelschnur. Die anderen waren schon vor der Geburt abgestorben. Unter den nach der Geburt gestorbenen Kindern starben 3 in Krämpfen, 1 an Schwäche, 1 am Pemphigus. 43 643 607 * 4 1 10 8 i — | 15 601 | 38 | 13 i 1 j 142 | 310 42 23 587 378 652 652 2 652 65 49 Die Pflanzengenossenschaften Westpreussens. Vom Oberlandesgerichts- Sekretär JOSEF B. SCHOLZ in Marienwerder. Mit 24 Abbildungen. I. Einleitung. Wenige Gebiete der deutschen Flora sind so planmäßig und sorgfältig durchforscht worden wie die Provinz Westpreußen. Das hierdurch gewonnene Material und die hierüber veröffentlichten Einzelarbeiten liefern wertvolle Unterlagen, auf denen sich weitere Forschungen innerhalb der verschiedenen Zweige der Pflanzenkunde bewegen können. Auf dem weiten Arbeitsfelde der botanischen Forschung hat neben der beschreibenden Botanik besonders die Pflanzengeographie eine wesentliche Förderung erfahren. Leider beschränken sich viele Berichte der einzelnen Beobachter auf eine bloße Aufzählung der gesammelten Pflanzenarten, ohne Rücksicht zu nehmen auf die so überaus wichtige Besiedelungsweise, die geologischen Verhältnisse und andere Um- stände, die für die Lösung der dunkelen Fragen über die Entwickelungs- geschichte des einheimischen Pflanzenkleides von Wichtigkeit sind. Wir haben alle Ursache, uns an der Klärung der schwebenden Fragen nach Kräften zu beteiligen, so lange dazu noch die günstige Gelegenheit ge- boten wird. Denn immer mehr schrumpfen die urwüchsigen Pflanzenbestände zusammen. Unerbittlich reißt der Pflug in die spärlichen Reste des jung- fräulichen Bodens klaffende Lücken, um sie dem hochentwickelten landwirt- schaftlichen Betriebe nutzbar zu machen. Deshalb wurden von berufener Seite, teilweise mit günstigem Erfolge, Stimmen laut, um die interessantesten Teile der natürlichen Pflanzendecke der Nachwelt unangetastet zu erhalten. Sogar die bisher am wenigsten gestörte Stromtal-Flora im Weichseltale wird gegenwärtig hat bedrängt und zeigt bereits auf weiten Strecken ein ganz verändertes Bild. Zur Regulierung des Stromlaufes werden nämlich ver- schiedene, das Flußbett einengende Kämpen abgetrieben, Baumgruppen und umfangreiche Weidengebüsche ausgerodet. Es erschien daher erforderlich, von den ehemaligen und teilweise noch jetzt bestehenden Verhältnissen eine möglichst getreue Schilderung zu entwerfen. Eine besondere Sorgfalt wurde auf die Moor-, Heide- und Waldflora verwendet, da sich hauptsächlich von den Gliedern dieser Pflanzenformationen wichtige Aufschlüsse über ihre Auf- einanderfolge in den letzten Perioden der Erdgeschichte und ihre Einwande- rungswege erwarten lassen. i 4 50 In der einheimischen Flora nehmen die zur osteuropäischen (ponti- schen) Pflanzengenossenschaft gerechneten Arten eine bevorzugte Stelle ein. Am stärksten sind von ihnen die Ränder der hohen Weichselufer und der bedeutenderen Seitentäler besetzt. Hier namentlich kommt das eigenartige Mischungsverhältnis in der Zusammensetzung der Pflanzendecke ganz besonders zur Geltung. Hier prangen die heimatlichen Fluren in so farbenprächtigen Gewändern, daß ihre Leuchtkraft nur von der Flora auf den lichten Matten der Hochgebirge übertroffen wird. Eine wesentlich andere Zusammenstellung zeigt die Flora auf den am höchsten gelegenen Teilen der Provinz, im nord- westlichen und nordöstlichen Waldgebiete. Überraschend zahlreiche Glieder einer alpin -nordischen Flora gesellen sich hier der baltischen Flora hinzu. Offenbar beruht diese verschiedenartige Verteilung der einzelnen Pflanzen- genossen auf bestimmten Gesetzen, wobei klimatische und physikalische Ver- hältnisse einen hervorragenden Einfluß ausüben. Klimatische Verhältnisse. Der Einrichtung meteorologischer Beobachtungs- stationen verdanken wir wichtige Aufschlüsse über einzelne Fragen zur Ent- wickelungsgeschichte der einheimischen Pflanzenwelt. Nach den Regenkarten Hellmann’s !) umfaßt der südöstlichste Teil Westpreußens und ein Teil der Provinz Posen das räumlich größte Trockengebiet Norddeutschlands. In das ehemalige Kulmerland und den Kreis Strasburg fällt die geringste Nieder- schlagsmenge mit etwa 450 mm mittlerer Regenhöhe, während Regenstufen von 550 — 600 mm auf dem pommerisch-westpreußischen Landrücken, dem Westabhange der Kernsdorfer Höhen im Kreise Löbau und auf der Trunzer Höhe (Kreis Elbing) liegen. Die niederschlagreichsten Gebiete aber sind längs der bewaldeten Höhen nordwestlich von Karthaus und nördlich von Elbing mit mehr als 700 mm mittlerer Jahresmenge zu suchen. Im Laufe der vorliegenden Arbeit wrird noch öfter darauf hingewiesen werden, wie diese ungleichmäßige Verteilung der Niederschläge im Verein mit der wechselnden Höhenlage die Zusammensetzung der Pflanzendecke beeinflußt. Was die Wärmeverteilung betrifft, so haben die bahnbrechenden Arbeiten von Drude, Fritsch, Hoffmann, Ihne auf phänologischem Gebiete wertvolle Beiträge zur Klärung mancher dunkelen Punkte geliefert. Jentzsch 2) hat die für West- und Ostpreußen gemachten, allerdings noch kein ab- schließendes Urteil gestattenden Beobachtungen zusammengestellt. Hiernach schreitet das Erwachen des Pflanzenlebens zwischen den Beobachtungsstationen: Thorn — Marienwerder — Danzig in Zeitabschnitten von durchschnittlich fünf Tagen fort. Erheblich ungünstiger liegen die Verhältnisse auf den höchsten Teilen der Provinz. Die Höhenunterschiede machen sich hier recht auffallend bemerkbar. Am kältesten ist es im Kreise Karthaus, in dem sich bekanntlich die be- J) Regenkarte der Provinzen Westpreußen und Posen. Berlin 1900, S. 10. 2) Der Frühlingseinzug des Jahres 1893. Festschrift der Phys. Ökon. Ges. 1894. 51 deutendste Erhebung zwischen Harz- und Waldaihöhe mit 331,34 m im Turm- berge befindet. Die wärmsten Striche enthalten die südlichen Weichsel- gegenden. Es sind dies die meist von Süd und Südwest streichenden Talstufen der Weichselberge. Mit überraschender Schnelligkeit entwickelt sich in den sonnigen Tälern und romantischen Schluchten im Frühlinge das Pflanzen- leben. Sie liegen vielfach unter dem günstigsten Einfallswinkel der Sonnen- strahlen, geschützt von kalten, austrocknenden Winden. Ungemein rasch saugt der schwarze, humusreiche Boden die Wärme auf, die ihm in seltenen Fällen durch überschüssige Nässe entzogen wird. Und welche Fülle landschaftlicher Reize hat die Natur über weite Gebiete unserer heimatlichen Gefilde ausgestreut! Allerdings begegnen wir auch unab- sehbaren Sandeinöden von ermüdender Eintönigkeit, wo der Wind die gelblichen Flugsandwellen über die spärlichen Grasbüschel einherjagt. Einen minder trostlosen Eindruck gewähren die ernsten, schweigsamen Kieferwaldungen, oft von gewaltiger Ausdehnung, mit ihren ärmlichen Walddörfern, dunkelen, träumerischen Waldseen und Heidemooren. Uber weite Flächen webt die genügsame Bärentraube ihr dunkelgrünes, schimmerndes Blattwerk, untermischt mit Horsten rötlichen Heidekrautes oder duftigen Polstern des weitverbreiteten Quendels. Welch herrliches Landschaftsbild breitet sich aber von den Weichsel- bergen vor unseren Augen aus! Majestätisch wälzt der gefesselte Strom seine gelblichen Fluten zu Tal, belebt von Fahrzeugen der verschiedensten Art, umsäumt von freundlichen Niederungsdörfern, wogenden Getreidefeldern, saftigen Wiesen, den Zeugen unermüdlichen Fleißes eines zähen, kerndeutschen Menschen- schlages. In buntem Wechsel begleitet uns das friedliche Bild, unterbrochen von trotzigen Trümmern alter Ordensburgen, umweht von dem Odem einer großen Vergangenheit, bis zur altehrwürdigen Hansestadt Danzig — an das meer umrauschte Gestade. Fernblicke von ungeahnter Großartigkeit eröffnen sich uns von den waldgekrönten Höhen. In dem Wogen von Farben haftet schließlich der Blick auf den am Horizonte verschwimmenden, fahlen, lang- gestreckten Dünenketten, die im Morgensonnenschein wie in flüssiges Gold getaucht erscheinen. Einen unerschöpflichen Born des edelsten Naturgenusses enthält aber die nördliche Laubwaldzone. Wahrer Perlen landschaftlicher Reize erfreut sich die Umgegend von Elbing mit ihren wildzerklüfteten Waldschluchten, schäumenden Bächen; und in den prachtvollen Wäldern der kassubischen Schweiz, im Kreise Karthaus, kann man noch jetzt den stolzen Auerhahn als Standwild bei seinem Liebeswerben belauschen1) und das rege Leben unzähliger Scharen von Wasser- vögeln auf den von rosigen Glutwellen überfluteten pflanzenreichen Seen beob- achten. !) Auf dem Abschüsse stellt der Auerhahn z. B. auch in der Oberförsterei Darslub (Kreis Putzig), Gfnewau (Kreis Neustadt), wo er überall ständiger Brutvogel ist (Henrici br.). 3 52 II. Stromtalflora. 1. Einfluss der Ströme auf die Flora im allgemeinen. Auf die Entwickelungsgeschichte der Pflanzen- und Tierwelt haben die Stromgebiete aller Weltteile von jeher einen wesentlichen Einfluß ausgeübt. Gleichwie sich der Mensch dieser wichtigen Verkehrsadern seit altersgrauer Zeit auf seinen Wanderzügen zu bedienen pflegte, so benutzen sie auch gewisse Pflanzen als Einwanderungswege. Das trifft nicht allein auf die höher organi- sierten Pflanzen, sondern auch auf die kleinsten Lebewesen zu, die als Erreger verheerender Seuchen mit Vorliebe die großen Völkerstraßen und Wasserwege als Einfallspforten zu benutzen gewohnt sind. Verschiebungen in der ein- heimischen Flora vollziehen sich durch Vermittlung des Wassers unaufhörlich. Sie beruhen also nicht auf klimatischen Ursachen, die in verflossenen Zeit- abschnitten die Pflanzengenossen erregt und zu Wanderungen nach Maßgabe der veränderten Lebensbedingungen veranlaßt haben. Zunächst sind die in den Stromtälern geschaffenen Veränderungen des Pflanzenbestandes mehr örtlicher Natur. Allerdings kann dadurch ein Anstoß zur Besiedelung weiterer Gebiete gegeben werden. Mit den Fluten werden hauptsächlich beim Eisgang und Hochwasser ungezählte Samen oder lebende Pflanzenteile aus dem Oberlaufe und den Nebenflüssen herabgeschwemmt. Die Mehrzahl geht verloren, weil die Samen, soweit sie nicht auf Vermehrung durch die bewegende Wasserkraft von Natur aus eingerichtet sind, während der langen Reise meistens ihre Keimkraft einbüßen oder im Meere ihren Unter- gang finden. Die Menge der längs der Stromrinne verlandeten Samen hängt mit der Breite der zu Tal fließenden Wassermasse und ihrer Geschwindigkeit zusammen. Nach dieser Richtung hin hat sich im Laufe der Jahre mancherlei geändert. Es erhöhen nämlich die weit ins Strombett vorgetriebenen Buhnen oder Steinwälle, Deiche und sonstigen Wasserwerke die Bewegungsgeschwindig- keit der Schlammteilchen in dem künstlich verengten Talprofile. Daher sind in unmittelbarer Nähe solcher Anlagen oder in besonders schmalen Wasser- pässen, die durch das nahe Zusammenrücken der diluvialen Höhenränder ge- schaffen werden, Verlandungen ausgeschlossen oder erschwert. Wir finden die ausgedehntesten Kämpen meist nur an den breitesten Stromstellen. Je nach Beschaffenheit der örtlichen Verhältnisse wechselt auch die Anhägerung der Sinkstoffe und der darin enthaltenen Samen. Nach Maßgabe der verschiedenen Strömungen werden dann bald feine Sande, grobe, von Uferabbrüchen her- rührende Grande, bald tonige, fette Schlickmassen abgelagert. Die abgesetzten Samen gelangen in den Rissen der später verhärtenden Schlicklage massenhaft zum Keimen. Die angeschwemmten Samen umfassen Glieder der verschiedensten Florengenossenschaften, Vertreter der Wasser-, Laubwald-, Alpen- und sog. Schuttflora. Viele von ihnen räumen entweder bald oder erst nach einigen Jahren das Ftdd, weil ihnen die klimatischen oder geologischen Verhältnisse nicht behagen. Andere, nicht in den Rahmen der Flußuferflora hineinpassende 4 53 Arten, z. B. Wald-, Hochgebirgs- oder Hügelpflanzen bequemen sich dem neuen Standorte an (sog. sekundäre Standorte). In allen größeren Strom- gebieten, meist bis zum Mittelläufe, pflegt sich eine Anzahl solcher zur unfrei- willigen Ansiedelung bestimmter Pflanzen vorzufinden, die man zunächst als fremde Bestandteile der einheimischen Flora zu betrachten hat. Verluste an Pflanzen durch Hochwasser. Bei dem unausgesetzten Schwanken des Wasserstandes in großen Stromgebieten bleibt zwar der Haupt- bestandteil der Stromtalflora unangetastet. Dennoch können den wenig ver- breiteten oder nur an gewissen Stellen angesiedelten Arten herbe Verluste zugefügt werden, namentlich bei schweren Eisgängen und Hochwasser-Gefahren. Manche Lücke bleibt für später unausgefüllt, während wiederum an Stelle der eingegangenen Standorte neue, von bisher nicht vertretenen Arten hinzukommen. So ist z. B. die im russischen Weichselmittellaufe (Piotrowin, Opole usw.) verbreitete Waldrebe ( Clematis recta) durch einen Dammbruch bei Schwarz- loch (Kreis Thorn) zerstört worden, durch reißende Hochwasserwellen ferner die Spargelerbse (Tetragono lo b us siliquosus) bei Thorn. Vielleicht hat ein gleiches Schicksal Myricaria germanica erreicht, falls der schöne, die Kiesbette von Gebirgsbächen mit Vorliebe besiedelnde Strauch überhaupt jemals das westpreußische Gebiet erreicht haben sollte, wie Fr. Blonski angibt1). Auf keinen Fall konnte er von ,, einem neuen Bürger der preußischen Flora“ sprechen, da gar nicht feststeht, wo die Pflanze, wann und wie lange bei Thorn gelebt hat. Übrigens wächst sie bereits in Schlesien am Weichselufer des Oberlaufs. 2.EFremde Bestandteile der Stromtalflora (Wanderflora). Zu ausgesprochenen Stromtalbewohnern hat sich eine Anzahl ursprünglich bei uns nicht heimischer Arten herangebildet. Zunächst sind die Nachtfackel ( Onothera biennis) und der ebenfalls aus Nordamerika stammende Erigeron canadensis zu erwähnen, die im Flußsande der Kämpen überaus häufig sind und sich auch den freien Formationen der Höhe hinzugesellen. Wie lange der nordamerikanische Erigeron annuus (— Stenactis bellidiflora ) im Stromgebiet einheimisch ist, läßt sich schwer sagen. Er stammt jedenfalls aus früherer Gartenkultur und war nach Rostafinski 2) bereits als Aster varsaviensis bei Warschau von Jastrzebowski gesammelt worden. Während die Pflanze in Polen sonst auf Grasplätzen und an Waldrändern vorkommt, kennen wir sie im Weichselgebiete ausschließlich aus dem Weidengebüsche des Stromtales, wo sie hin und wieder, z. B. bei Thorn, in Gesellschaft von Aster salicifolius zwischen Weiden wächst. Bei Thorn haben sich dort an einigen Stellen an- gesiedelt die gern in alten Gärten gehaltenen Astern: Aster tardifloras Nees 1) Zur Chronik der Preuß. Flora. A. B. Z. 1900, Nr. 9, 10. 2) Florae Polonicae Prodromus. Verhandl. d. k. k. zoologisch - bot. Gesell. Wien. [Jahrg. 1872.] 5 54 und Novi Belgii L., jene auch im Großen Werder bei Platenhof. Einen weitaus stärkeren Ausbreitungstrieb besitzt die schöne Goldrute, Solidago serotina Ait., die sich binnen kurzer Zeit fast durch das ganze polnische und preußische Weichselgebiet verbreitet hat und wohl den meisten Lokalfloren bis nach Mewe und Marienburg angehören dürfte. Nach Ascherson hat sich die Pflanze am Spreeufer und nach Schube an der Oder bei Scheitnig angesiedelt. Eine nahe Verwandte — Solidago canadensis — hat im Ufergebüsch bei der Alten- dorfer Fähre (Kreis Marienburg) mit Senecio sarracenicus Wohnplätze bezogen. Die an Flußufern Virginiens und Kanadas heimische Rudbeckia laciniata macht stellenweise bei uns den Eindruck einer urwüchsigen Pflanze (Konrads- hammer bei Danzig, Tiegenhof) und verdrängt bei Tiegenhof nach und nach rücksichtslos die Pflanzen ihres Standortes. R. hirta dagegen, wohl mit fremdem Grassamen auf Dämme gelangt, scheint unbeständig zu sein. Zu einer Stromtal- pflanze könnte sich vielleicht, wie z. B. im Rhein- und Nahetale, die aus Kalifornien stammende Collomia grandiflora späterhin entwickeln, wreil sie ihren alten Standort bei Grünhof (Kreis Thorn) bis jetzt zu behaupten vermocht hat. Als bezeichnende Flußtalpflanze kann das zur südosteuropäischen Pflanzengenossenschaft gerechnete Sisymbrium altissimum kaum angesehen werden. Sie gehört zwar als eine mit dem Strome wandernde Pflanze mehreren deutschen Stromgebieten an, erscheint aber auch eingeschleppt an neugeschütteten Eisenbahndämmen, in Kiesgruben. An hochgelegenen Stellen der Ufersande, z. B. bei Münsterwalde (Kreis Marienwerder), ist die Pflanze seit Jahren seß- haft. Das gleiche ist der Fall am Pionierübungsplatze auf der Bromberger Vorstadt bei Thorn, auf verschiedenen Dünenplätzen längs der Nehrung und bei Danzig. Der in Deutschland seit einigen Jahren bemerkte Bidens fron- dosus (aus Nordamerika) hat mehrere einheimische Flußgebiete erobert. Da er bereits in Ciechocinek (Rußland) unweit unserer Grenze, auf einer Kämpe bei Schwetz und im Kreise Elbing nachgewiesen ist, so wird die Zahl seiner Standorte schnell im Wachsen begriffen sein. Auch B. connatus , bereits fest eingebürgert an den Bromberger Schleusen, bei Ciechocinek und Schwetz, ist sicherlich anderwärts gleich der vorigen Art bei uns übersehen worden. Zuerst für das Weichselgebiet richtig erkannt wurde der im atlantischen Amerika ver- breitete Schmarotzer Cuscuta Gronowii durch Graebner1) unweit des mehr- fach erwähnten russischen Solbades Ciechocinek. Bereits im Jahre 1893 hatte f Pervo gleichfalls unfern der westpreußischen Grenze an der Chaussee von Schneidemühl nach Koschütz eine zweifelhafte Cuscuta- Form entdeckt, die neuerdings als die gedachte Wanderpflanze unterschieden wurde. Der Umstand, daß sich auffallend viele Glieder der nordamerikanischen Flora in unserer Heimat ansiedeln, steht mit dem regen überseeischen Verkehre im Zusammenhänge. !) Gliederung der westpr. Vegetations-Formen. Sehr. d. Naturf. Ges. Danzig. Bd. IX, S. 62. 6 55 Wahrscheinlich ebenfalls von dort stammt das im Weichseltal als Flußufer- Pflanze eine bedeutende Rolle spielende Xanthium italicum , das als festes Glied dieser Flora behandelt worden ist. Damit ist die Reihe der Fremdlinge nicht erschöpft. Auf die aus anderem Anlaß (z. ß. Eisenbahnverkehr) einge- schleppten Arten wird bei den einzelnen Abschnitten später Rücksicht ge- nommen werden. 3. Eingebürgerte und urwüchsige Stromtalflora. Ebenso wie das Alluvium zu den jüngsten geologischen Bildungen gehört, so umfassen die festangesiedelten, im Laufe der Jahre seßhaft gewordenen Stromtalpflanzen die jüngeren Glieder der einheimischen Flora. Viele der mit dem Strome eingewanderten Arten bleiben dauernd an das Flußtal gebunden, sie zeigen keine oder eine nur unbedeutende Neigung, ihre Standorte nach dem Binnenlande auszudehnen. Immerhin gewährt es ein großes Interesse, das schritt- oder sprungweise Vorrücken gewisser Arten auf dem heimatlichen Boden zu verfolgen. Als Ausbreitungsmittel kommen alle diejenigen Verhält- nisse in Betracht, unter denen sich gegenwärtig die noch nicht völlig zum Abschlüsse gelangte Pflanzenwanderung innerhalb der natürlichen Grenzen vollzieht. Nicht immer fällt die Verschiebung, das allmähliche Vordringen sofort ins Auge. Bei manchen geht es unmerklich, bei manchen schneller vorwärts. Sobald jedoch durch unsere modernen Verkehrsmittel der natürliche Vorgang beschleunigt wird, z. B. durch Eisenbahnen oder Dampfschiffe, werden oft ganz erhebliche Entfernungen überwunden. Wir sprechen dann von einer Verschleppung der betreffenden Art. Allerdings kann auch bei freier, ungehinderter Entwickelung der jüngst eroberte Standort von den übrigen durch einen beträchtlichen Zwischenraum getrennt sein. Wir sprechen dann von einem vorgeschobenen Posten der natürlichen Verbreitungs- linien. Solche Lücken können mancherlei Ursachen haben. Sie werden entweder durch die mechanische Kraft von Wind und Wasser oder umher- streichende Tiere veranlaßt, also Verbreitungsmittel, worauf manche Früchte eigens eingerichtet sind. Vielfach mögen die jetzt bestehenden weiten Lücken in der Verbreitung aber durch eingegangene Zwischenstationen ausgefüllt worden sein. Der Pflanzenzuwachs hängt mit den in den einzelnen Stromtälern be- stehenden Verhältnissen zusammen. Bedingt wird er, wie bereits hervorge- hoben, durch die Breite der Stromrinne, die Bewegungsgeschwindigkeit des Wassers, das Alter der Verlandungen. Am ungestörtesten wird die Entwicke- lung der angesiedelten Pflanzen dort von statten gehen, wo Kämpen oder Uferstrecken von der Höhe des Wasserstandes wenig beeinflußt werden. Der Nährstoffgehalt der abgelagerten Sande unterliegt vielfachen Schwankungen. Namentlich an alten Bruchstellen sind sie ebenso unfruchtbar durch Auslaugung wie an der Küste. Oft aber trügt der Schein. Es pflegen 7 56 darin Beimengungen von fein verteilten Abschlemmmassen und organischen Stoffen (Schlick) enthalten zu sein, die auf das Wachstum der Pflanzenwelt einen wunderbar belebenden Einfluß ausüben. 4. Die Bauiiifiora der Stromtäler. Der reichsten Pflanzendecke erfreuen sich die ältesten Verlandungen, die Kämpen, weil sie sich auf ihnen am längsten und ungestörtesten zu entwickeln vermochte. Leider wird darin in kurzem ein völliger Umschwung eintreten, der sich bereits jetzt empfindlich bemerkbar macht. Da viele Kämpen das Fr. Goerke-Berlin phot. Abb. 1. Kämpenlandschaft nahe der russischen Grenze (Kreis Thorn). Hochwasserbett einengen, so ist die Strombau -Verwaltung auf ihren Abbruch bedacht. Damit wird das auch in landschaftlicher Beziehung so anziehende Strombild eine durchgreifende Umgestaltung erfahren. Verschwunden ist be- reits die früher mit einem gutwüchsigen Auwalde bedeckt gewesene Schön- eicher Herrenkämpe unweit Kulm. Abgetrieben ist ferner schon vor längerer Zeit der alte Baumbestand im sogenannten Eichwäldchen bei Fidlitz (Kreis Marienwerder). Hoffentlich entgeht dem gleichen Schicksale die Bazarkämpe gegenüber Thorn, die dem Landschaftsbilde der ehrwürdigen Weichselstadt ein eigenartiges Gepräge verleiht. Ähnliche Kämpen von kleinerem Umfange gibt es noch an der russischen Grenze. Eine von ihnen wird durch Abb. 1 teil- weise veranschaulicht. 8 57 Zusammensetzung der Baumflora. Als urwüchsig können im Weichsel- tale und im Unterlaufe der großen Nebenarme betrachtet werden: Silber- und Schwarzpappel ( Populus alba , P. nigra), Espe (P. tremula ), Schwarz- und Weiß- erle (Ainus glutinosa, incana), Rüster oder Ulme (Ulmus campestris). Unter den Pappeln gibt es auch heute noch wahre Riesenexemplare. Bäume, die in Brusthöhe 7 — 10 m Stammumfang haben, wurden mehrfach auf Kämpen gemessen1). Im Schutze alter Bäume pflegten früher öfter Ansiedler ihre bescheidenen Wohnstätten aufzuschlagen. Sie waren, obwohl dazu hoch- gelegene Plätze ausgewählt wurden, bei schweren Eisgängen doch stark ge- fährdet. Die alten Baumrecken rechtfertigten zwar das in sie gesetzte Ver- trauen im allgemeinen, indem sie die fürchterliche Gewalt der Schollen brachen, dabei aber mitunter bedenkliche Eisverstopfungen verursachten. Unter den Weiden pflegen Silber- und Bruchweide (Salix alba , fragilis) häufig baum- artig aufzutreten, während Eichen und Weißbuche sich an der Zusammen- setzung der Kämpen- oder Auwälder beteiligen. Der Pappelbastard Populus alba -f- tremula = P. canescens gehört zu den seltenen Baumarten2). Erlen. Kreuzungen zwischen Rot- und Weißerle == Ainus pubescens sind dagegen erheblich häufiger. Sträucher und ansehnliche Bäume stehen z. B. auf der Bazarkämpe bei Thorn. Beide Eilenarten bilden entweder schöne Baumgruppen oder umfangreiches Gebüsch. Reine Erlenformatiouen fehlen in unmittelbarer Stromnähe, namentlich den Kämpen, da das Hochwasser diese eigenartige For- mation in der Entwickelung stört, namentlich die ihr eigentümliche Moosflora. Nach Grütter herrscht im Kreise Schwetz die kleinfrüchtige Spielart der Schwarzerle var. microcarpa Uechtr. vor mit nur 0,7 1,3 cm langen Früchten. Wahrscheinlich nur verwildert werden sein: die eichenblättrige Spielart var. quercifolia Willd. (an Seen von Lipno und Zbrachlin, Kreis Schwetz) und die kleinblätterige Form var. microphylla Call., die sich in ihrer Nähe bisweilen vorfindet. 5. Weiden(Strauch-)känipeii (Fluren mit Hochstauden). Bezeichnend für das Weichseltal sind die ausgedehnten Weidenbestände. Eingefaßt von Gebüsch werden in der Regel die Altwässer und Bruchkolke. Dort bilden Schwarz- und Weißerle, Gesträuch von Bruch-, Silberweide und allerlei Pappeln oft undurchdringliche Bestände. Die Flora dieser nassen Formationen wird später behandelt werden. Hier sollen nur die eigentlichen Weidenkämpen auf trockener Unterlage besprochen werden. Entweder treten die Weiden bestandbildend auf, was namentlich längs der unteren Talstufen, in der Stromnähe der Fall ist, oder sie lassen so viel Zwischenraum frei, daß 0 Nähere Angaben hierüber vergleiche J. Scholz, Vegetation s Verhältnisse des preußischen Weichselgeländes, Mitteilungen des Coppernicus-Vereins für Kunst und Wissenschaft in Thorn (1896). Heft XI, S. 31. 2) Kokotzko, Blotto, Friedrichsbruch (Kreis Kulm), Bialken (Kreis Marienwerder), am Festungsberge von Graudenz. 9 58 sich eine andere Flora entfalten kann, an der die Hochstauden am auf- fälligsten in die Erscheinung treten. Diese Formation läßt sich schwer bei einer anderen unterbringen. Namentlich deckt sie sich nicht mit dem land- läufigen und botanischen Begriff einer Wiese, verdient sogar vielfach nicht einmal den Namen Strauch wiese, obwohl dieser auf einzelne Teile paßt. Abtreiben der Weiden. Ebenso wie die Bäume werden die fiskalischen Weidenkämpen an den niedrigen Uferrehnen niedergelegt, weil sie gleichfalls die Abflußgeschwindigkeit hemmen, die Sinkstoffe abfangen und das Vorland erhöhen. Das Stromtal wird also in Kurzem ein von den jetzigen Zuständen wesentlich verändertes Bild zeigen. Schon jetzt sind weite Strecken zur Grasnutzung hergerichtet worden. Daß diese Maßnahmen auf die gesamte Flora von nach- teiligem Einfluß sein werden, erscheint zweifellos. Auf den Gesundheitszustand der Niederungsbewohner hat die Gebüschflora stets eine wohltätige Wirkung ausgeübt. Denn die Wurzeln entziehen dem Boden die überschüssige Feuchtig- keit und verhüten die Bildung schädlicher Sumpfgase. Die urwüchsigen Weiden pflegen sich von den aus Anzucht hervor- gegangenen leicht zu unterscheiden. Jene bestehen gewöhnlich aus minder- wertigen Arten wie: Salweide ( Salix Caprea), Bruchweide (S fragilis ), Silber- weide (S. alba ), S. cinerea, S. aurita. Ursprünglich sind aber auch Edelweiden, nämlich Korb- und Purpurweide (S. viminalis , 8. purpurea), 8. amygdalina *), die zu Korbflechtereien am besten geeigneten und gesuchtesten Sorten. Die durch ihr glänzend-dunkelgrünes Laub ausgezeichnete, schöne Lorbeerweide (8. pen- tandra) mischt sich dem Ufergebüsch des Weichseltales selten bei. Die in Kiesbetten der Gebirgsbäche und im hohen Norden einheimische Schimmel- weide (8. daphnoides ) ist ins Weichseltal vom Oberlaufe aus eingewandert. An der Küste wurde sie schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts zur Festlegung der Düne angepflanzt und teilweise aus den dort bereits vorhandenen ur- wüchsigen Beständen entnommen* 2). Auf Sandfeldern und an Eisenbahndämmen wird diese Weide zusammen mit der kaspischen Weide (8. acutifolia Willd ) häufig angebaut. Baumartig tritt die Schimmelweide selten auf, z. B. am Altstädtischen Kirchhofe in Thora (ob urwüchsig?). Sie hat dort schmälere Blätter und scheint der 8. pommeranica anzugehören. Zu den seltenen Arten Westpreußens überhaupt zählt die vielfach verkannte, formenreiche 8. dasyclaclos , die ebenfalls an der Küste vorkommt3 * * * * * * io). !) In den Formen c-oncolor und discolor. 2) Die Dünenformen haben in der Regel schmälere Blätter = var. pommeranica. 3) Wahrscheinlich eine sogenannte „gute“ Art, früher öfter als Bastafd angesprochen, so als S. viminalis -J- cinerea von Kerner, S. ( Caprea -f- viminalis) -j- cinerea von WiCHURA. Bereits Wimmer hielt sie für eine selbständige Art (Fl. von Regensburg). Seine späteren Zweifel hatte Heidenreich durch seine sorgsamen Anbauversuche gehoben (vergl. Das Art- recht d. S. dasyclaclos in Ö. B. Z. 1874, S. 325 ff.). Sichere Standorte sind bekannt, abgesehen von zahlreichen Standorten aus dem russischen und preußischen Weichseltale, z. B. von Bobrowo, Robakowo (Kreis Kulm), aus den Kreisen Rosenberg, Christburg. Strasburg und von der Küste. io 59 Nach anhaltendem Sommerhochwasser werden viele Weidenarten zu einer zweiten Blüte gereizt. Besonders reichlich blühen und fruchten: Bruch- und Mandelweide. Der Sammler ist dann in der angenehmen Lage, Blüten und völlig entwickelte Blätter zu gleicher Zeit zu erhalten, was ihm sonst bei manchen frühblühenden Arten nicht so bald geboten wird. Weidenbastarde gehören in der Kegel zu den häufigen Erscheinungen. Aus der großen Anzahl der beobachteten Fälle mögen nur die wichtigsten erwähnt sein: Salix cinerea -j- viminalis, S. aurita -f- viminalis , S. viminalis -f- Caprea, S,fragilis -)- alba, S. amygdalina -f- viminalis, S.purpurea -j- fragilis , S. vimi- nalis -f- purpurea. Auf eine nähere Standortsangabe kann verzichtet werden, weil mit der Vernichtung vieler Weidenkämpen auch die Bastarde zu Grunde gehen müssen. Das sonstige Ufergesträuch setzt sich zusammen aus Ahlbeere (Ribes nigrum)1 seltener Johannisbeere ( R . rubrum ), Hartriegel ( Cornus sanguinea) und nur sehr vereinzelt aus Ahlkirsche ( Prunus Padus). Die Ahlbeere1) wird noch jetzt von Landleuten und Schilfern gegen Gicht und Wassersucht angewendet. Die Johannisbeere mit filzig behaarten Blättern (var. silvestre) gehört mehr den Schluchten an, dagegen tritt die var. purpur ascens J. Lange bisweilen, z. B. auf der Bazarkämpe bei Thorn, sogar bestandbiidend auf, in mäßiger Anzahl auf der Westerplatte, hin und wieder in Wäldern und feuchten Ge- büschen. Eine unbestritten wilde Pflanze ist auch eine Stachelbeer-Form mit krausen und etwas behaarten Blättern R. Grossularia var. Uva crispa. Sie liebt beschatteten Humusboden der Schluchtwälder und scheint im Stromtale zu fehlen. Zu den gemeinsten und bezeichnendsten Kämpenpflanzen gehören Kratz- beere ( Rubus caesius ) und Hopfen ( Humulus Lupulus ), der oft bis in die Baumkronen hinauf rankt. Hochstauden. Die wunderbare Fruchtbarkeit des mit Nährstoffen ange- reicherten, jungfräulichen Boden gelangt weiterhin durch eine Reihe von Hochstauden in wirkungsvoller Weise zum Ausdrucke. Zu erstaunlicher Größe wachsen heran Kletten ( Lappa tomentosa , officinalis ), Brustwurz ( Angelica silvestris2) und Bärenklau ( Heracleum sibiricum ), mitunter noch über das Weidengebüsch ihr mächtiges Blattwerk wölbend. Wir treffen auf manchen Kämpen bisweilen auf Stellen, die lebhaft an die von Kittlitz so anziehend geschilderten Hochstauden-Landschaften Kamtschatkas erinnern oder auch an die Fluren mit Riesenstauden am Fuße des Kaukasus. Das ist namentlich dann der Fall, wenn sich jenen Stauden die Engelwurz ( Archangelica officinalis ) beigesellt, deren kraftstrotzende Blattformen sich durch ein vollendet schönes Ebenmaß auszeichnen. 9 Auch bei uns Ahlbesen genannt, wohl verstümmelt aus der westdeutschen Bezeichnung: Beesebeere. 2) Fast ausschließlich in der var. möntana Schleicher. ii 60 Die hervorragend schöne Pflanze liebt feuchten Boden und hat bei uns ihre reichsten Standorte längs der Hälfe, im Schwarzwasser- und Fersegebiete, um Thorn bis in die Nähe von Kunkelmühle1). Im Kunstgewerbe verdienen die edelgeformten Blätter dieser Doldenpflanzen eine viel größere Beachtung, als man ihnen bisher angedeihen ließ. Das zierlichste Blattwerk unter den Stromtalpflanzen schmückt aber den Kälber- kropf (Chaerophyllum bulbosum ), das wie ein fein gearbeitetes Spitzengewebe anmutet. Die in Nordwest- und Süd-Europa fehlende Pflanze liebt Halbschattten, tritt aber auch bei Mewe als höchst lästiges Getreideunkraut auf. Mehr oder minder schutzbedürftig sind: Giersch (Aegopodium Podagraria ), S crofularia nodosa , Ulmaria pentapetala die prächtige Veronica longifolia2 3), Honig- oder Steinklee ( Melilotus altissimus } albus ) — auf schlickigen Fluß- sanden, aber in freien Lagen in prächtigen Exemplaren — Lysimachia vulgaris , Baldrian ( Valeriana exaltata ), häufig begleitet von Rumex crispus , obtusifolius. Zur pon tischen Florengenossenschaft zählen die überall im Stromtale häufigen Arten: Achillea cartilaginea und Senecio sarracenicus , der bisweilen mit dem gleichfalls dort vertretenen S. paludosus verwechselt wird. Nachdem die Weiden abgeblüht haben, tritt ein kleiner Stillstand im Blütenreigen ein. Ungemein häufig zeigen sich Gundermann (Glechoma Hederacea) , Männertreu ( Veronica Chamaedrys ), der gewöhnlich am Fuße von Weiden- gesträuch seine prachtvollen blauen Blütenähren entfaltet. Auf weite Strecken aber pflegt die Vogelwicke (Vicia Cracca ) das Gebüsch in leuchtende violette Gewänder zu kleiden, denen bald die gelben Trauben von Lathyrus pratensis oder an nassen Stellen die schneeigen, großen Trichter der Zaunwinde (Con- volvulus sepium) in lieblicher Abwechselung ein geflochten sind. Rote Muster fehlen und werden nur sehr selten in der Nähe von Waldungen durch die wenig zur Geltung gelangenden Blumen der Waldplatterbse ( Lathyrus Silvester) ergänzt, während L. paluster5) mit ihren trübblauen Blüten nur vereinzelt im Gesträuche rankt und nirgend häufig ist. Ein förmliches Gewirr bilden öfters Kratzbeere, Hopfen, Klebkraut ( Galium Aparine) und Polygonum dumetorum, bisweilen verstärkt durch die in Dörfern gern an Lauben gezogene Zaunrübe ( Bryonia alba ), so daß an ein Vorwärtskommen selbst mit größter Anstrengung nicht zu denken ist, namentlich wenn sich noch Bestände von Brennnesseln hinzugesellen. Hier wuchert auch mit Vor- liebe der durch seine sparrigen, spröden Äste leicht kenntliche Cucubalus baccifer. Er fehlt wenigen Weichseldörfern, dringt aber selten ins Innere der Provinz (z. B. Zgnilka-Bruch bei Schönsee)4). b Tiegenhof, Elbing, um Danzig, sehr zerstreut in den Kreisen Rosenberg, Könitz, Dt. Krone. -) Bisweilen in der Form maritima. 3) Auch längs der größeren Nebenflüsse, noch um Zoppot, Heisternest — fehlt im Binnenlande. 4) In Ostpreußen nur im Memelgebiete. 12 61 In ähnlicher Weise klimmen im Gebüsch an trockenen Plätzen gelegentlich Galium boreale und Trifolium medium. Das als Wiesenpflanze auftretende Veilchen, Viola persicifolia , wird in der Stromnähe vorzugsweise durch die hochwüchsige Form elatior Fries ersetzt. Das oft mit Epilobium obscurum Schreb. verwechselte E. adnatum Griseb. wächst im Schutze von Weidengebüsch, als Einfassung von Wasser- gräben der Niederungen, am häufigsten im Gr. Werder, bisweilen, aber sehr zerstreut, im Binnenlande1). Jene Art dagegen tritt anscheinend erst um Danzig, auf der Frischen Nehrung auf und gehört auch einzelnen Kreisen des Binnenlandes an2). Eine bezeichnende Ufergebüschpflanze ist das stattliche Allium Scordo- prasum. Dieser Lauch pflegt an den Standorten nach der Gewohnheit der meisten Zwiebelgewächse sehr gesellig zu sein, am häufigsten in den städti- schen Anlagen auf der Bromberger Vorstadt bei Thorn, wo er von der Weichsel- seite her sich ausgebreitet hat, ferner bei Warmhof3). Die meist auf Weiden, aber auch auf Ahlbeere, Ballota nigra , schmarotzende Cuscuta lupuliformis wechselt häufig ihre Standorte. An den durch Dämme geschützten bleibt sie jedoch beständig (Thorn, Münsterwalde bis Fidlitz, Kreis Marienwerder). Eine sehr bescheidene Rolle spielt Euphorbia lucicla. Sie scheint in letzter Zeit recht selten geworden zu sein, während die für den Spreewald so bezeichnende JE, palustris überhaupt bei uns zu den größten Seltenheiten gehört. Für das Fersegebiet am Dlugi-See, Kreis Pr. Stargard, ist die in Ost- preußen als Ufergebüschbewohnerin stellenweise häufige Asperula Aparine neuerdings durch Preuss festgestellt worden — allerdings unter etwas anders gearteten Verhältnissen. Durch den Strom angeschwemmt ist sicher Dipsacus pilosus an Zäunen bei Gr. Nebrau und Weichseltal (Kreis Marienwerder) — sonst bei Grebin verschwunden, wie das früher bei Marienburg beobachtete Galium Cruciata, das aber noch von Polen her zu erwarten wäre. Abgesehen von Dipsacus pilosus werden gewöhnlich, ihren sonstigen Stand- ortsverhältnissen entsprechend, der Ufergebüsch-Formation zugezählt: D. laci- niatus und Chaeturus Marrubiastrum. Bei uns verhalten sich diese seltenen Arten anders und werden daher an den betreffenden Stellen behandelt werden. Bazarkämpe. Die vielleicht nächstens aus dem Strombette verschwindende Bazarkämpe bei Thorn kann als wahre Pflanzenschatzkammer bezeichnet werden, weil sie die angeschwemmten Pflanzenformen fast aus erster Hand von dem unregulierten, wild aus Rußland daherstürmenden Stromlaufe empfängt. Als L Kreis Stuhm bei Palleschken, Kl. Wattkowitz, Kreis Putzig. 2) Kreis Briesen, Stuhm, Dt. Krone, Flatow, Könitz und Nordwest-Ecke der Provinz von Karthaus ab. 0 Im Stromtale auf weite Strecken fehlend, im Drewenzgebiete bis Osterode, ferner Pelplin, Rosenberg. 13 62 Weidengebüschpflanze tritt hier die sonst schattige Bergwälder bewohnende Scrofularia Scopolii auf. Wahrscheinlich wurde sie aus den Karpathen vom Hochwasser angeschwemmt; sie kann also nicht als ein vorgeschobener Posten im streng pflanzengeographischen Sinne betrachtet werden1). Von seltenen Ampferarten weist die Kämpe auf: Rumex aquaticus und maximus , mehrfach von den bereits erwähnten Hochstauden begleitet, denen hier noch Cirsium silvaticum Tausch und die hochwüchsige Lappa tomentosa var. clenu data Lange hinzutreten, zwei Formen, die uns noch später beschäftigen werden. Die gedachten Ampferarten wurden auch für die Nonnenkämpe bei Kulm nachgewiesen, Rumex aquaticus sonst z. B. für die Bromberger Schleusen und für Polen. Anscheinend sind diese Arten anderwärts übersehen oder nicht unterschieden. 6. Kämpenfluren. Absichtlich habe ich hierfür die Bezeichnung als Strauch wiese nicht wählen wollen, weil ich dann die Beschreibung für die Wiesenflora hätte auf- sparen müssen, jener Name übrigens diese eigenartige Formation nicht er- schöpfend umschreibt. Immerhin kann sie von der vorigen, mit der sie natürlich innig verbunden ist, abgetrennt werden. Sie unterscheidet sich von ihr hauptsächlich durch die neben dem Gesträuch vorherrschende Gras- flora, der allerlei Stauden und Stromtalpflanzen reichlich beigemischt sind. Gewöhnlich findet man diese Zone hinter den eigentlichen Weidenkämpen. Das Gras kann meist nur mit der Sichel geworben werden, weil die Sense des vielen Gebüschs wegen nicht genügend in Tätigkeit treten kann. Eine Beweidung verbietet sich wegen Beschädigung der Edelweiden von selbst. Aus diesen beiden Gründen wird das Wachstum der Gräser nicht in gleichem Maße begünstigt wie auf einer Wiese. Es treten also mit ihnen allerlei Stauden in erfolgreichen Wettbewerb. Verpachtet werden solche — kurzweg auch Kämpen genannte Fluren — jetzt vom Strombaufiskus nur unter der Bedingung, das Gesträuch zu ent- fernen und den Boden zur ausschließlichen Grasnutzung herzurichten. Um das alte Florenbild daher für die Folge feztzuhalten, empfahl es sich schon deshalb, diese Unterformation etwas eingehender ins Auge zu fassen. Die Grasflora setzt sich zusammen aus einer Anzahl guter Futtergräser: Poa to'ivialis, P. palustris vorherrschend, P. pratensis , Dactylis glomerata, Plileum pratense, Festuca elatior , Bromus inermis , Triticum repens , Agrostis alba, Lolium !) Wir kennen die seltene Pflanze aus den östlichen Provinzen, z. B. aus dem mährischen Gesenke bei Einsiedel, am Altvater, Bybnik, Batibor, Brieg und Breslau. Sie blüht früher als S. nodosa und hat sich seit ihrem ersten Aufflnden bei Tliorn im Jahre 1882 zahlreich vermehrt. 14 63 perenne, Alopecurus pratensis , geniculatus , Avena elatior , selten Holcus lanatus , Ruchgras [Anthoxanthum odoratum ), Agrostis vulgaris , Zittergras [Briza medio ), Schmiele (Hern caespitosa) und an Wegerändern das gemeinste aller Gräser: Poa annua mit dem Vogelknöterich [Polygonum aviculare). Gegen die Ufer hin wird der feuchte Schlickboden mitunter wiesenartig von Glyceria fluitans, Alopecurus fulvus bedeckt oder von dicht geschlossenen Beständen von Nasturtien- Arten wie: N. silvestre , N. pcdustre L., N. armoracioicles , N. barbaraeoicles Tausch, N. anceps Rchb. Als Leitpflanzen treten einige im Stromtale eingewanderte Glieder der pon tischen Floreugenossenschaft ein. deren Verbreitung späterhin näher an- gegeben werden wird, nämlich: Silene tatarica , Falcaria vulgaris , Eryn- gium planum, denen sich als besonders häufig beigesellen: Equisetum arvense, E. hiemale*) gern zwischen Weiden, Sauerampfer [Rumex Acetosa)2), Seifenkraut [Saponaria officinalis ), Arabis arenosa oft in ungeheuren Mengen, Stenophragma Thalianum , Trifolium rep ens[ Weißklee), T. procumbens, T. mmwsKoCH, T.pratense vielfach ursprünglich, Hornklee ( Lotus corniculatus ), Wiesenstorchschnabel [Geranium pratense), Euphorbia Esula 3 4), Kümmel [Carum Carvi), Pastinak [Pastinaca sativa), Anthriscus silvestris , Rainfarn [Tanacetum vulgare) und Ono- thera biennis. Außerdem pflegen mehr oder minder zahlreich zu sein: Silene inflata , Siellaria graminea , Cerastium triviale , Ranunculus Flammula , Ononis repens mit der dornenlosen Form mite Gmel., 0. arvensis , Vicia sepium, V. tetrasperma , V. hir- suta , Hypericum perforatum (Hartheu), Epilobium roseum an feuchten Plätzen, Bibernell [Pimpinella Saxifraga) mit der unsicher begrenzten Rasse nigra Willd., Menta arvensis, Scrofularia nodosa , Leinkraut [Linaria vulgaris), Augentrost [Euphrasia Odontites , E. stricto1), ebenso Halbschmarotzer, wie der Klappertopf [Alectorolophus major ), Wegerich [Plantago lanceolata , P. medio), Labkraut [Galium verum , G. Mollugo) in ungleicher, mitunter die eine die andere Art ausschließender Verteilung5), Campanula rapunculoides, Erigeron acer (besonders an Dämmen), Inula britannica. Schafgarbe in viel- gestaltigen Formen [Achillea Millefolium ), großes Maßliebchen ( Chrysanthemum J) Die melirährige Form var, polystachyum Milde — mit unverletzter Hauptaxe — bei Münsterwalde, Kreis Marienwerder; var. Schleichen z. B. bei Graudenz und Weißenberg (Kreis Stulim). 2) Einschließlich der hier verbreiteten Abart thyrsiflorus Fingerhüt. 3) Vielleicht in den meisten der von Boissier und Schur aufgestellten Formen; außer- dem var. Mosana Lej., salicetorum Jord. — während eine andere mit fast gelappten, länglich- lanzettlichen Vorblättern var. lobato — bracteata J. Scholz sehr selten ist. 4) Nach der klassischen Monographie dieser Gattung v. Wettstein’s gehören die groß- blütigen, drüsigen Formen in Westpreußen wohl meist zu E. Rostkoviana , die kleinblütigen zu E. stricta und E. nemorosa. 5) Zu achten ist auf die nicht genügend bei uns unterschiedenen Abarten elatum und erectum von G. Mollugo. 15 64 Leucanthemum) , Beifuß ( Artemisia vulgaris , A. campestris ), Senecio Jacobaea, Ackerdistel (Cirsium arvense), C. acanthoides,C. oleraceum, Flockenblume (Centaurea Scabiosa , C.Jacea), Cichorie ( Cichorium Intybus ), Leontodon auctumnalis , L, hispidus uebst der kahleren Unterart hastilis , Bocksbart (Tragopogon pratensis ): haupt- sächlich in der prächtigen und für das Weichseltal bezeichnenden Form orientalis , seltener minor, Löwenzahn meist in Menge ( Taraxacum ofßcinale ), Habichts- kraut ( Hieracium pratense ), und häufig in Heerden — sowohl auf fetten Fluß- lehmen wie Flußsanden — P etasites tomentosus. Die häufige Onothera biennis tritt bisweilen in einer großblütigen, der var. grandiflora Ait. nahe- stehenden Form auf. Die kleinblütigen, auch im Diluvium beobachteten Formen gehören nach Abromeit zur var. parviflora Torr, und A. Gray, nach Ascherson zu 0. muricata1). Mehr zerstreut treten auf: Thalictrum angustifolium , seltener flavum, Spargel ( Asparagus altilis ), Barbar aea stvicta besonders zahlreich im Großen Werder, dort stellenweise ein lästiges Unkraut feuchter Äcker, meist in der Abart arcuata Rchb.2), Biebernell (Pimpinella magna), Euphrasia Rostkoviana mehr auf Moorwiesen, Alectorolophus minor3), AUium oleraceum . Weite Strecken pflegt der Erdbeerklee ( Trifolium fragiferum) in dichtgeschlossenen Teppichen zu überziehen. Von hervorragenden pon tischen Pflanzen sind zu erwähnen Beut eil aria hastifolia 4) und Artemisia scoparia . Jene Art gehört zu den Fluß- wiesenpflanzen und erscheint in den Kämpen gern am Fuße der Weiden- horste, selten an Dämmen, mehr auf feuchten Stromtalwiesen. A. scoparia dagegen, eine Leitart der Artemisia- Steppe, bekundet bei uns nirgend Neigung, ähnliche Formationen im Diluvium auf Sand oder Geschiebemergel aufzusuchen. Ihre Einwanderung hat in Westpreußen also lediglich längs des Stromtales stattgefunden. Wiesenorcbideen fehlen zwar den eigentlichen Strauchkämpen nicht ganz, siedeln sich aber mehr auf feuchten Stromtalwiesen an, besonders in der Nähe der Diluvialhöhen, oder an sumpfigen Plätzen der Gehänge, wo der Boden stärkeren Kalkgehalt hat. Nur Platanthera montana, eine vom Strome ange- schwemmte Orchidee schattiger Bergwälder, zeigt sich hin und wieder bis oberhalb Mewe — auf der Bazarkämpe zahlreich zwischen den Weiden. Schließlich mag als seltener Grasbastard Lolium perenne -f- Festuca elatior von Thymau bei Mewe erwähnt sein. x) Interessante Ausführungen über die Bewertung der Onothera -Formen enthält das Werk von Hugo de Vries: Die Mutationstheorie. Versuche und Beobachtungen über die Entstehung von Arten. Leipzig 1901. (Bd. I). 2) Nach Regel nur in dieser Form im nordwestlichen Rußland — anscheinend also geographische Rasse. 3) Fehlt nach Bock im Kreise Bromberg — auch bei uns nicht gleichmäßig verbreitet. 4) Nebenflüsse von Narew, Drewenz, Schwarzwasser etwa bis zum Mittelläufe, Memel- und Pregelgebiet — fehlt in Westeuropa, Norwegen und im arktischen Rußland. 16 65 7. Flora der trockenen Flussufer-Sande. Die von den Hochwasserfluten aufgeschütteten Sande des Weichseltales zeigen bloß dort keine Spuren eines Pflanzenwuchses, wo besonders schwere Deichbrüche oder Hochwasserwellen ihre verheerenden Bahnen genommen haben. Dann bietet sich ein ähnlich ödes Bild dem Auge dar, wie auf den unfruchtbaren Dünenketten der Küstenstriche. Bei Michelau, gegenüber Grau- denz und bei Podwitz, Kreis Kulm, liegt z. B. der Sand viele Meter tief, so daß eine Urbarmachung des Bodens die Kosten nicht lohnen würde. Der Nährstoffgehalt der Ufersande wechselt oft ungemein rasch. Er schwankt nach dem Grade ihrer Anreicherung durch Schwemmstoffe und nach der Korn- größe. Obwohl das Wasser den Kalk in der Regel in gelöstem Zustande ent- führt, so sind trotzdem davon mitunter Spuren zu bemerken. Kalklieferanten für diesen Boden sind übrigens auch Krähen, die Entenmuscheln durch das Stromtal bis auf die benachbarten Höhen verschleppen. Manchmal liegen ganz ansehnliche Schalenreste umher, die den politischen Pflanzengenossen auf den Flußsanden recht willkommen sein mögen. In Betracht kommen als Glieder dieser Flora namentlich: Artemisia campestris , Salsola Kali — oft in Menge, Eryngium planum , Silene tatarica, Sisymbrium altissimum (wohl richtiger S. Sinapistrum) und Erysimum hi eracifo lium. Die beiden letzterwähnten Arten wandern zwar häufig mit dem Strome, bleiben aber an hochgelegenen Stellen seßhaft. Die besseren Sandstellen werden meist besiedelt von Hügelrohr ( Calama - grostis Epigeios ), Carex arenaria , C. hirta — (auf feuchtem Grunde mit der var. hirtiformis) , Festuca rubra , Arabis arenosa , Onothera biennis, Ackerwinde ( Convolvulus arvensis ), Königskerzen ( Verbascum thapsiforme , selten V. Thapsus ), Erigeron canadensis , Natternkopf ( Echium vulgare ), Hundszunge ( Cynoglossum officinale ), Ochsenzunge ( Anchusa officinalis ), Hieracium umbellatum zuweilen in Prachtexemplaren und Petasites tomentosus , der aber hauptsächlich in den Kämpen und auf Dämmen blüht. Die Pflanze bildet oft mit Xanthium italicum kleine Bestände und fällt schon von weitem durch ihr unterseits schneeweiß-filziges Blattwerk auf. Auf nahrhaften Bodenlagen, die bei oberflächlicher Betrachtung als solche nicht zu erkennen sind, erreichen eine erstaunliche Üppigkeit: Königskerzen, Steinklee ( Melilotus albus 9 altissimus ), Natternkopf, Onothera , Artemisia vul- garis (Beifuß) und die wohl aus ehemaliger Kultur hervorgegangene Reseda luteola. In Begleitung von Carex arenaria findet sich hier wie im Diluvium und auf Dünen C. ligerica. Dagegen bleibt Calamagrostis litorea ähnlich wie Artemisia scoparia streng ans Stromtal gebunden, begleitet aber den seltenen Humex ucranicus1) (abgesehen von Silene tatarica) bis an die !) Für die deutsche Flora nur im Weichselgebiete. 17 Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 8. 5 66 Nogatmündungen und das Frische Haff sowie an die Nehrung unweit Kahlberg. Von Standortsangaben kann für diese Arten abgesehen werden, weil sie ziemlich gleichmäßig über das Stromtal verteilt sind. Minder verbreitet sind: Linaria minor, Lappula Myosotis } die zweifellos nur verwilderte Osterluzei ( Aristolochia Clematitis), die zwar in feuchten Bruchkolken und Mulden blüht, aber höchst selten fruchtet. An mäßig feuchten oder meist nur kurze Zeit benetzten, sonst ober- flächlich ganz trocken erscheinenden Plätzen siedeln sich gern an: Juncus bufonius , J. ranarius herdenweise, minder häufig J. alpinus , dagegen wiederum in größter Menge: Gypsophila muralis , Herniaria glabra , die bereits genannten Nasturtien , Chenopodium glaucum , Ch. rubrum (besonders form, humile), Ch. album meist in niedrigen Formen, während Ch. ficifolium — eine über- haupt seltene Gänsefußart — am Weichselufer bloß hie und da unbeständig auftritt und mehr auf Schutt und Gemüseäckern zu suchen ist. An feuchten, grasigen Stellen pflegt sich Sagina nodosa mitunter massen- haft einzustellen, weniger zahlreich Pulicaria vulgaris , gern an Rändern der Dorfteiche in den Niederungen; P. dysenterica dagegen, von Graebner bei Schwetz beobachtet, ist sicher nur ein ge schleppt. Die im Flußsande an höher gelegenen, dünn begrasten Stellen, auch in den Kämpen vorkommenden Hauhechel-Arten Ononis spinosa und 0. repens werden gewöhnlich voneinander nicht gehörig unterschieden. Von der Mark an, wo sie häufiger als bei uns sind, nehmen ihre Standorte nach Osten zu rasch ab. 0. spinosa — im Kreise Inowrazlaw zerstreut — gehört fast nur dem Weichselgebiete an: im Küstengebiete von Danzig bis Putzig auf Dünen weniger verbreitet als 0. repens , die weiter nach Norden längs der Haffe nach Ostpreußen vordringt (Kreise Braunsberg, Königsberg, Fischhausen). In Ost- preußen fehlt 0. spinosa nach x^bromeit als urwüchsig sicher. Im Ufersande der Weichsel findet sich zerstreut im südlichen Teile Ver- bascum phlomoides1). 8. Zusammenstellung der wichtigsten und bezeichnendsten Stromtalpflanzen. a) ausschließlich in Deutschland dem engeren Weichselgebiete angehörig. 1. Humex ucranicus, von Polen einschließlich einiger Nebenarme der Weichsel (z. B. des Wieprz) bis zu den Mündungen und auf dem Frischen Haffe; im mittleren und südlichen Rußland, uralischen und östlichen Sibirien. Es steigt von den Höhen dort nach dem Stromtale herab; im Kreise Inowrazlaw gleichfalls nur in den Weichselgegenden, im Drewenzgebiet vereinzelt bei Strasburg, nordöst- lich bis Neidenburg, nordwestlich bei Neustadt, sonst sehr vereinzelt im Innern von West- und Ostpreußen. — Der Bastard V. Ly chnitis -j- phlomoides wächst auf der Bazarkämpe und zwischen Schadon und Pien (Kr. Kulm). 18 67 2. Artemisia scoparia, meidet streng die diluvialen Talränder, obwohl die Pflanze in Südost-Europa Steppenleitpflanze für die Artemisia- Steppe ist und sonst mit Vorliebe sonnige, kiesige Höhen besiedelt1). Eine Form mit seidig behaarten Blättern (var. villosa G. Froelich) bei Thorn und wohl auch anderwärts. Die Behaarung verschwindet selbst zur Blütezeit nicht ganz. b) Arten, die zwar auch andern deutschen Stromgebieten eigentüm- lich sind, in Westpreußen jedoch den Seitentälern oder den Mündungsarmen folgen. Ausgenommen hiervon sind diejenigen Pflanzen, welche mit Ausschluß der Strandzone nicht oder nur vereinzelt die Wanderung auf die diluvialen Höhen nach dem Innern angetreten haben. 1. Calamagrostis litorea in den meisten Ortsfloren im Weichseltale, auf Dünen; sonst kiesige Alpenbette, Rhein- und Elbtah Bei uns meist mit C. Epigeios , weshalb der Bastard zwischen beiden — C. Wirt - geniana zu erwarten wäre. 2. Silene tatarica 2) höchst selten (z. B. auf den Bingsbergen) längs der Diluvialränder, sonst streng ans Stromtal gebunden, folgt den Neben- flüssen auf weite Strecken, der Drewenz sogar bis in den Kreis Löbau hinein, auch auf Dünen um Danzig und längs der Frischen Nehrung. 3. Erysimum hier acifolium , oft unbeständig, aber bisweilen an ungestörten Plätzen fest eingebürgert, fehlt in West- und im größten Teile Süd- Europas3). 4. Nasturtium armoracioicles Tausch, auch in Niederungsdörfern einge- bürgert, bisweilen ins Innere der Provinz verschleppt, auch am Frischen Haff, im Kreise Braunsberg (Passargegebiet) in zahlreichen Formen4). Ob die Deutung der Pflanze als Bastard N. austriacum -f silvestre einwandfrei ist, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls fehlt bei uns N. austriacum , da die bisher dafür ausgegebenen Pflanzen nach Abromeit unrichtig bestimmt sind. Auch in Polen fehlt nach Rostafinski diese Pflanze. Es ist daher wohl wenig wahrscheinlich, daß eine derartige Hoch- flut von Bastarden der gedachten mutmaßlichen Stammform vorausgeeilt ist, obwohl die Möglichkeit einer solchen Erscheinung nicht in Abrede !) Verbreitet in Mittel- und Süd-Rußland, im altaischen und baikalischen Sibirien, in* Kamtschatka, Persien, Kleinasien, Mongolei bis China, sonst in Steiermark, Unter-Österreich, Croatien, Dalmatien, Ungarn, Mähren, Böhmen. 2) Oder mit Warthe, Obra und Netze, Memelgebiet, sonst arktisches Rußland, Sibirien bis Süd-Rußland, von den baltischen Provinzen bis Ingermanland, Olonetz und nach Archangel vordringend, in Polen erst vom mittleren Weichselgebiete bei Pulawy. 3) Die den Kalkhügeln eigentümliche Form E. strictum Fl. W. fehlt bei uns an der W eichsei. 4) Integrifolhm und pinnatifidum Tausch in allen Ubergangsformen. 19 5* 68 gestellt werden kann. Denn gerade die zur Gruppe Roripa gehörigen Formen bilden unter sich eine Menge, in der Regel reichlich fruch- tender Mischlinge. Simonkai folgert die Bastardnatur aus dem gewiß bemerkenswerten Umstande, daß längs der Maros, wenigstens 30 — 40 km weit keine anderen Arten als N. austriacum , N. silvestre und N. palustre wachsen1). 5. N. anceps Rchb. ob N. amphibium + silvestre f neigt in der Tracht zu der vorigen Art, häufiger im Gr. Werder in ähnlichen Formenaus- strahlungen, im Drewenz- und Pregel-Gebiete, sowie am Haff mit N. armoracioides , selten im Innern außerhalb der Nebenströme2). 6. N. barbaraeoides Tausch ob N. palustre -j- silvestre ?, im Innern von West- und Ostpreußen mehr beobachtet als Nr. 5. 7. Eupliorbia lucida , eine seltene Stromtalpflanze, oft jahrelang verschwin- dend und auf weiten Strecken fehlend; in Polen z. B. am Wieprz. (E. lucida -f- Cyparissias bei Parlin, Kreis Sch wetz.) 8. Euphorbia palustris , lange nicht mehr im Weichselgebiete gefunden, jedenfalls äußerst selten, Montau und Konschütz bei Neuenburg, Neu- fähr früher; bezeichnend für die havelländischen Niederungen (Ascherson). 9. Cuscuta lupulif ormis , auf Gesträuch (Weiden, Johannisbeere usw.), höheren Stauden, wie Königskerzen, Ballota nigra , schmarotzend, selten ortsbeständig, aber längs des ganzen Stromlaufes hie und da. Die Pflanze folgt den Zuflüssen auf kurze Strecken. Bei Amsee am Trlonger See (Kreis Mogilno) nach Spribille wohl mit Weidenstecklingen ver- schleppt3). 10. Verbascum Blattaria , nur in der Nähe des Hauptstromes und dann selten. Ottowitz, Kokotzko (Kreis Kulm), Nieder-Gruppe, Treul (Kreis Schwetz), Niederungsgräben bei Marienwerder unweit Kurzebrack sehr selten, Mewe4). V. Blattaria -f- nigrum unter den Eltern bei Ottowitz. 11. Dipsacus laciniatus , meist in freien Lagen auf frischem, selbst moorigem Boden, zwischen Pien und Mosgowin, Kl. Bolumin bis Siemon (Kreis Kulm), Kurzebrack, überhaupt Kreis Marienwerder in den Niederungen mehrfach, bei Mewe, Kl. Grünhof (Kreis Dirschau). 12. Petasites tomentosus , Seestrandpflanze, untergeordnet in Stromtälern, an der Küste von Pommern und Rügen, an den Haffen und Nehrungen bis nach Livland und Kurland, vom Strande stromaufwärts gewandert. 0 Schedae ad Flor, exsicc. Austr.-Hung. VI. Nr. 2070. 2) Hierher gehört vielleicht N. camelinicarpum Gr. Froel. (Phys. Ökonom. Ges., Königs- berg 1883.) — Ob sprungweise Variation? 3) Sonst Memel, Oder (Bober), Elbe. 4) Bereits von Polen ab sehr zerstreut, Oder, Elbe, Saale, fehlt in den Kreisen Brom- berg und Inowrazlaw (jetzt Ilohensalza). 20 69 Folgt an der Weichsel nicht den Nebenflüssen wie im Memel-Pregel- Gebiete (Angerapp, Pissa, Goldap usw.)1). 13. Xanthium italicum , überall, auch in allen Weichseldörfern häufig, an der Küste bis Pillau, auf Heia als Dünenpflanze; selten nach dem Innern und dann meist mit Floßholz verschleppt (z. B. ziemlich weit strom- aufwärts am Schwarzwasser). 14. Senecio sarracenicus, überall im Gebüsch, folgt der Brahe, der Drewenz bis Osterode, Drausensee, Sorgeufer bei Christburg. In Ostpreußen im Gebiete von Pregel (Inster, Rominte) und Passarge, meist mit S. paludosus , der aber in unserer Flora verbreiteter ist. 15. Achillea cartilaginea Ledeb., nach Ascherson und Graebner wohl nur Rasse von A. Ptarmica , begleitet die meisten Zuflüsse auf kurze Strecken (Narew, Drewenz, Brahe, Liebe, Montau), am Kurischen Haff und Memel- Pregel-Gebiet. Die sonst abseits der Ströme, z. B. bei Poledno (Kreis Schwetz), Schorellener Forst in Ostpreußen, beobachteten Standorte können sowohl auf Verschleppung als auf Verbreitung auf natürlichem Wege beruhen2). A. Ptarmica ist im Stromtale ein seltener Gast, Nieder-Gruppe (Kreis Schwetz), Tannenrode und Mockrau (Kreis Graudenz), im Kreise Inowrazlaw bei Argenau-Lipie. Die Pflanze gehört mehr dem Nord- westen der Provinz an und tritt zerstreut auf Strandtriften bei Zoppot und Glettkau auf. c. Arten mit ausgesprochener Neigung zur Ausbreitung im Binnenlande. 1. Salsola Kali auch Dünenpflanze, hier in der kräftigen Form vulgaris Koch, in fast allen Weichselstädten und -Dörfern vielfach in der Form tenuifolia M. T., aber auch lästiges Unkraut auf Sandäckern (z. B. bei Voßwinkel, Kreis Graudenz). 2. Falcaria vulgaris dringt unaufhaltsam in das Innere der Provinz, mit- unter schwer zu bekämpfendes Acker (-Getreideunkraut). Die Pflanze wird im Mündungsbecken etwas seltener, geht im Westen bis Pelplin- Putzig, im Südwesten bis Flatow-Vandsburg, im Osten noch in den Kreisen Strasburg, Briesen, Rosenberg in vorgeschobenen Posten nachgewiesen; in Ostpreußen nach Abromeit nur Wanderpflanze3). 3. Eryngium planum : sowohl auf reinem Schlick* als ödem Sandboden, so- wohl im Stromtale als auf einer verhältnismäßig schmalen Zone der Diluvialhöhen eine Leitpflanze der freien Formationen. Sie begleitet J) Oder bis Küstrin, Warthe, Elbtal stellenweise, Süd- und Mittel-Rußland (Wolgagebiet). 2) Nach Ascherson tritt die Pflanze je weiter im Odertale desto weniger rein auf und ist von A. Ptarmica kaum zu unterscheiden. Bei uns überwiegen Formen mit breiten Blättern. 3) In der Provinz Posen im Kreise Inowrazlaw gemein; sonst bei Gnesen, Jutroschin, Mogilno, Ostrowo. 21 70 die Drewenz bis über Gollub, die Soldau bis Soldau hinaus. Zum Teil auf dem Landwege ist sie östlich bis Nielub (Kreis Briesen), westlich bis in die Kreise Tuchei (durch Brahe und Schwarzwasser) und Könitz vorgedrungen *). 9. Wanderwege der Stromtalpflanzeu. Aus der Verteilung der Stromtalpflanzeu im weiteren Weichselgebiete erhellt, daß das Weichseltal selbst ziemlich gleichmäßig mit den ihm eigen- tümlichen Arten besiedelt ist, daß dagegen die Ufer der Nebenflüsse nur am Unterlaufe von ihnen am stärksten besetzt werden. Stromaufwärts nimmt die Zahl der Standorte längs der Seitenarme schnell an Häufigkeit ab, weil die Einwanderung natürlich nach der entgegengesetzten Richtung nicht in dem gleichen Maße von der bewegenden Wasserkraft begünstigt wird. Über- raschend schnell hat sich jedoch Petasites tomentosus , die Strandpflanze, von der Küste längs der Weichsel verbreitet. Wahrscheinlich haben dazu, abge- sehen von anderen Ursachen, besonders die umfangreichen Erdbewegungen beigetragen, wodurch bei Deich- und sonstigen Wasserbauten Wurzelteile ver- schleppt zu werden pflegen. Ebenso wie in den übrigen deutschen Stromgebieten, endigen die Strom- talpflanzen auch in Westpreußen, der geographischen Richtung unserer großen Flußläufe entsprechend, mit einer Nord west- Grenze* 2). Eine Reihe von pontischen Arten, die sonst in erster Reihe nicht Stromtalpflanzen, vielmehr Steppenbewohner sind, hat fast ausschließlich die Stromrinne als Wanderweg be- nutzt. Das ist z. B. der Fall bei Artemisia scoparia , Silene tatarica , Falcaria vulgaris, Eryngium planum. Hiervon haben die beiden letztgedachten in hohem Grade die Fähigkeit, im Diluvium sich auszubreiten, während A. scoparia dort nirgend auf ihren Lieblingsplätzen — auf kiesigem, sandigem Boden — zu finden ist. Das Meer, nicht klimatische Verhältnisse, haben der Ausbreitung der Fluß- talpflanzen bei uns ein Ziel gesetzt. Daß sie auch in höheren Breiten gedeihen können, beweist ihr Vorkommen im nördlichen Rußland. 10. Flora der nassen Formationen in Flusstälern. a) An den freien Uferrändern. In Betracht kommen hier die nicht vom Ufergebüsch besetzten Stellen. Pflanzenwuchs entsprießt dem Boden, sobald die Uferränder wasserfrei werden, im Verhältnis zum Stande des Wasserspiegels. Auf den oberen, sandigen Uferstrecken, die eher trocken werden, entfaltet sich der bescheidene Flor eher als auf den schlammigen, schlickigen, untersten Rändern. Hier pflegt sich das Wachstum oft sehr spät zu entwickeln und erreicht in günstigen J) In Rußland gellt die Pflanze bis in die Gouvernements Mohilew - Jaroslaw - Kostroma-Perm. (Boris v. Fedtschenko br.) 2) Loew. Über Perioden und Wege ehemaliger Pflanzen Wanderungen. Linnaea XLII. 22 71 Jahren seinen Höhepunkt erst dann, wenn die Wanderspinne ihre Silberfäden über die im bunten Herbstkleide prangenden Gebüsche zieht. Schlamm- und Uferpflanzen. Die Mehrzahl der Glieder dieser Flora ist auch für ähnliche, nicht bloß den Stromtälern eigentümliche Formationen (Teiche, Seen usw.) bezeichnend. Viele Pflanzen setzen sich nur aus ein- jährigen, kurzlebigen Arten zusammen, die während der kurz bemessenen Zeit ihrer Entwickelung blühen und auch fruchten können. Den mehrjährigen bringt eine zeitweise Überflutung bei steigendem Wasser keinen wesentlichen oder erkennbaren Nachteil. Allgemein und in Menge verbreitet sind: Juncus bufonius , J. effusus , J. glaucus , J. compressus , J. lamprocarpus , J. alpinus , Scirpus paluster , Equisetum palustre, Rumex Hydrolapathum , R. crispus , R. obtusifolius , Poly- gonum aviculare (Vogelknöterich) ungemein vielgestaltig1), P. Persicaria , P. amphibium 2), P. tomentosum, P. Hydropiper , P. nodosum , Clienopodium glaucum, Ch. rubrum auf feuchtem Schlick vielfach in Zwergformen, die mehr als bloße Standortsformen zu sein scheinen, Gypsophila muralis , Spergularia campestris , Sagina procumbens , Herniaria glabra, Hahnenfuß ( Ranunculus repens ), R. scele- ratus , Gänsefingerkraut ( Potentilla Anserina), Medicago lupulina , Veronica Anagallis, V. Beccabunga , Bidens tripariitus , B. cernuus , Gnaphalium uliginosum nebst var. pseudopilulare. Minder häufig sind: Cy perus fuscus an der Weichsel oft in großer Masse, Polygonum minus3), P. mite , Epilobium roseum9 Limoselia aquatica sehr gesellig, Myosotis caespitosa , M. arenaria , seltener M. versicolor , Juncus Leersii, Scirpus uniglumis , Rumex maritimus, seltener R. paluster , R. sanguineus , Poten- tiila supina. Am Weichselufer pflegen stellenweise Rumex ucranicus in Zwerg- formen massenhaft aufzutreten, ferner Gnaphalium luteo-album und zwar Juncus ranarius in Formen, die sich von denen am Strande kaum oder garnickt unter- scheiden. Vom weißen Ufersande heben sich wie zierliche Mosaikmuster die bald schwarz oder kastanienbraun und braunschwarz betupften Blätter der Knöteriche ( Polygonum tomentosum , P. nodosum , P. Persicaria ) recht wirkungsvoll ab4). Der seltene Juncus atratus (in der Weichselnähe bei Luschkowko) gehört mehr der Höhe an, während die Wanderbinse J. tenuis bereits an verschiedenen Stellen sich vollständig eingebürgert hat (z. B. Dragaß, Gruppe) und selbst auf Waldwiesen auftritt. 1) var. neglectum, angustissimum, erectum, monspeliense. 2) In den Formen coenosum, terrestre. 3) Bastarde zwischen manchen Knöterichen sind wohl sicher vorhanden, nur nicht gehörig unterschieden, z. B. P. minus -j- Persicaria bei Pr. Stargard. 4) Diese drei Arten kommen in Formen mit unterseits weißlich filzigen Blättern vor, häufig in niederliegenden Formen, beschrieben als: P. tomentosum var. prostratum Aschers., var. incanum Rchbr., P. nodosum var. prostratum Wimm., var. incanum Asch, und P. Persicaria var. ruderale Meiss. 23 72 Die von Graebner an der Weichsel bei Ciechocinek zuerst nachgewiesene Spergularia ecliinosperma Cel. wird sich sicher auch bei uns finden. In anderen großen Stromgebieten (z. B. an der Elbe bei Arneburg) wächst die Pflanze zusammen mit Limosella , Juncus bufonius, Veronica Anagallis1) nach Graebner in feuchten, schlickigen Lachen. Riesen- und Zwergformen. Ein so üppiger, das Maß des Herkömmlichen weit überschreitender Planzenwuchs wie auf den mit Abschwemmstoffen an- gereicherten Sanden der Flußufer darf an den niederen Talstufen nicht er- wartet werden. Dort überraschen manche Arten durch ihr Höhen- und Breiten- wachstum, hier mehr durch das Bestreben, niedrig zu bleiben dafür aber die Zweige nach allen Richtungen weithinkriechend auszusenden. In diesem Sinne kommen gleichfalls Riesenformen in der Längsrichtung zustande. Das ist z. B. der Fall beim Vogelknöterich, bei Potentilla supina, Chenopodium rubrum , Ch. glaucum, zurückzuführen wohl zum Teil auf überreichliche Nahrungs- aufnahme. Ob eine auffallend kräftige und hochwüchsige Form von Plan- tago lanceolata — form, maxima G. Froel. ein Ergebnis reichlicher Er- nährung ist, erscheint zweifelhaft. Bemerkenswert ist die Form jedenfalls; vielleicht aus Südost-Europa eingeschleppt, und wie Ascherson und Graebner vermuten, vielleicht die echte P. altissima. Im Gegensätze dazu stehen die zahlreichen an feuchten Stellen allenthalben — nicht nur an Strömen — beobachteten wirklichen Zwergformen. Es handelt sich hier wahrscheinlich keineswegs durchweg um Kümmerlinge, viel- mehr um Formen, die ihre durch allmähliche Anpassung an geologische und physikalische Verhältnisse erworbenen Eigenschaften auf ihre Abkömmlinge zu übertragen befähigt sind. Manchmal macht ein vorzeitiges Steigen des Stromes im Herbste der ganzen Blütenherrlichkeit ein schnelles Ende. — Bald steht längs der höheren Uferstufen das dichtverschlungene Gewirr der hochwüchsigen, im vollsten Blütenschmucke prangenden Knöteriche unter Wasser. Sobald jedoch die Sonnenstrahlen das Stromtal mit ihrem Glanze überfluten, bietet sich dem Auge ein ebenso fremd- artiges wie anmutiges Bild. Aus dem nassen Elemente ragen unzählige rote Blütenrispen hervor und werfen purpurfarbene, zitternde Lichter auf den Wasser- spiegel. Die untergetauchten, knotigen und ineinander verschränkten Aste der Knöteriche erwecken aber den Anschein, als wenn aus dem sonnigen Süden Korallenbänke an unseren Weichselstrand versetzt worden wären. b. Flora der Sumpf-Stellen. Manche Altwässer sind jetzt vom Hauptarme vollständig abgeschnürt und gewähren ein seeartiges Aussehen, z. B. der Rondsner See, Kreis Graudenz. An der Weichsel mitunter die Abart mit lockeren Blütenständen und wagerecht ab- stehenden Blütenstielen var. ciquatica Bernh., während var. anagalloides Guss, bei uns nirgend typisch vorkommt. 24 73 Die [hier, an alten Bruchkolken, Nebenarmen und den zahlreichen Wasser- becken der Niederungen die Randeinfassung bildenden Arten haben zumeist eine weitausgedehnte geographische Verbreitung und leiten die Verlandung ein. In bezeichnender Weise gelangt eine solche Formation auf dem beigefügten Bilde (Abb. 2) zum Ausdruck. Abb. 2. Weiden- und ßöhrichtbestände au der Trinke unterhalb Kulm a./W. 74 Die Formation der Röhricht- und Sumpfbinsen-Bestände tritt oft ganz rein in Erscheinung ohne die sonst häufige Einmischung von Erlen- und Weidengesträuch. Je nach der Beschaffenheit des Untergrundes setzt sich das Gehälin aus Dickichten von Phragmites communis, Glyceria aquatica, Phalaris arundinacea zusammen, untermischt mit Rohrkolben ( Typha latifolia, seltener T. angustifolia). Die Binsenformation dagegen besteht aus: Scirpus lacuster, S. paluster , S. maritimus , S. silvaticus, während die Steinbinse ( S . Tabernaemontani)) am Haff und in den Niederungen viel häufiger zu finden ist als auf der Höhe. Gewöhnlich pflegen Herden von Sumpfschachtelhalmen ( Equisetum heleocharis in Henrici phot. Abb. 3. Wiesenartiger Bestand von Wasseraloe ( Stratiotes aloides) am Drausensee. (Ornitholog. Monatsschrift XXVIII, 1903, zu Seite 420.) tiefem Morast, E. palustre an seichten Stellen) nirgend zu fehlen. Auch Scnpus uniglumis kommt bisweilen ungemein gesellig, mit Ausschluß von S. paluster vor. Verschiedene Wasserbecken sind in förmliche Riede umgewandelt und werden hauptsächlich durch Seggen, wie Carex acutiformis , C. Goodenoughii, C. stricta, C . riparia zum Verlanden gebracht. In zahlreichen kleinen Teichen und Tümpeln, nicht allein im engeren Weichselgebiete, wird diese Arbeit durch die Wasseraloe fast allein bewältigt, deren wiesenartige Massen durch kein Krauten ganz vertilgt werden können. (Vergl. Abb. 3.) Die Randeinfassungen weisen gewöhnlich in gleicher Zusammen- setzung stetig wiederkehrende Arten auf, die sich dem Röhricht bisweilen 26 75 beigesellen, nämlich: die gewöhnlichen Ampfer- und Knöterichgewächse, Pfeil- kraut (/S agittaria sagittifolia ), Wasserliesch ( Butomus umbellatus ), selten größere Gruppen bildend, Igelkolben ( Sparganium ramosum), Schwertlilie {Iris Pseuda- corus ), Kalmus (Acorus Calamus )1), Froschlöffel (Alisma Plantago), Malachium aquaticum, Ranunculus Lingua , R. sceleratus, Cochlearia Armoracia, Ulmaria pentapetala 2), Epilobium hirsutum, Weiderich ( Lythrum Salicaria), Wasserschier- ling (Cicuta virosa), Oenanthe aquatica , Sium latifolium , Berula angustifolia: gern mit Sium in Gräben, Convolvulus sepium, Beinwell ( Symphytum officinale), Ver- gißmeinnicht (Myosotis palustris), Menta aquatica, M . arvensis , Lycopus europaeus, Stachys palustris, Solanum Dulcamara, Lysimachia vulgaris, Scrofularia nodosa, Veronica scutellata, Galium palustre , Eupatorium cannabinum, Bidens cernuus, B. tripartitus und nach Maßgabe der unter Nr. 15 (Seite 69) angegebenen Ver- breitung die pontische Achillea cartilaginea , ferner Carex vulpina, C. disticha, C. panniculata, C. gracilis , seltener C. Pseudocyperus und Glyceria fluitans. Mehr zerstreut sind vorhanden: Stellaria glauca, Thalictrum angusti- folium, mit dem bei uns viel selteneren Th. fiavum, Baldrian ( Valeriana officinalis), Barbaraea stricta, Scutellaria galericulata besonders an Ufern der Nebenflüsse, Sparganium simplex , Glyceria plicaia. An nassen, seichten Stellen fehlen wohl wenigen Ortsfloren: Catabrosa aquatica, Stellaria uliginosa, seltener Peplis Portula, und in den Niederungen in ihrer Gesellschaft hin und wieder: der knoblauchduftende Gamander ( Teucrium Scordium3) und das Gottes- gnadenkraut (G ratiola officinalis) , beide selten im Binnenlande. Auch der Tannenwedel ( Hippuris vulgaris) scheint die Niederungstümpel und Gräben zu bevorzugen. Unter dem Gehälm im Ufergebüsch zeigen sich hier wie auf der Höhe an Seen und Teichen mancherlei Seltenheiten. Die Standorte von Oryza clandestina , einer gewöhnlich sehr geselligen Art, kennen wir nicht erschöpfend, weil sie angeblich nur in feuchtwarmen Sommern zur Blüte ge- langt4). Wahrscheinlich mehr längs der größeren Stromtäler als im Innern der Provinz ist Scirpus raclicans Schk.5) zu finden, jedenfalls selbst vom Innern Polens ab bis Kulm, am Unterlaufe der Drewenz selten, sehr häufig z. B. unweit des südlichen Teiles der Bazarkämpe und des Hauptbahnhofes, !) Er soll erst im 13. Jahrhundert durch Tartaren nach Europa verschleppt sein. Sie führten ihn nach Clusius (I, 2, rar. plant, hist.) als Trinkwasser-Würze mit sich, also gleich einer Art Desinfektionsmittel. Im Polnischen heißt diese bei uns nie fruchtende Pflanze: Tatarak = tatarische Pflanze. 2) var. discolor Koch häufiger als denudata Presl. 3) Auch auf der Frischen Nehrung, im Kreise Flatow, nach Abromeit in Ostpreußen selten (Pregel-, Memeltal und Kreis Neidenburg). 4) Sicher in den Kreisen Elbing (Drausensee), Neustadt, Bereut (Kischau), Schöneck, Flatow, Löbau, Marienwerder längs der Liebe (selten). Die neuerdings aufgestellten Abarten beruhen auf anscheinend schwankenden Merkmalen. 5) Von Polen bis Kulm, Dragass, Kurzebrack, Gr. Werder bei Tiegenhagen, Wachtbude bei Danzig, Schöneck, Stuhm, Christburg, Bromberg; im Kreise Graudenz mehrfach: Parsken, Thiemau, Burg Belchau, Waldowken. 27 76 bei Kaszorek usw. Ob die auf der Thorner Fischerei -Vorstadt unweit des Hafens wiederholt als S. radicans -f- silvaticus angesprochene Pflanze wirklich den gewiß zwischen beiden Arten möglichen Bastard darstellt, mag dahingestellt sein. Wahrscheinlich handelt es sich bloß um eine lockerblütige Form des S. silvaticus (— var. effusus C. J. v. Klingg.). Das entgegengesetzte Glied der Formenkette, var. compactus mit kopfig gehäuften Blutenständen, ist viel seltener (Marienwerder). Die manchen Kreisen fehlende Calamagrostis neglecta tritt mitunter sogar bestandbildend auf, z. B. als Randeinfassung hin und wieder am Schwarzwasserufer, Lügnersee bei Freystadt usw. Ein erst im Jahre 1893 in den Ostprovinzen unterschiedenes, neues Glied der Flora, S parganium neglectum Beeby1), kennen wir noch nicht aus allen Teilen der Provinz. Der bei uns seltene Sonchus paluster liefert einen wesentlichen Bestand- teil der Ufergebüschflora des Drausensees, an schwer zugänglichen tiefen Stellen des Röhrichts. Einzelne, bereits von Warschau ab beobachtete Standorte längs der Weichsel scheinen verschwunden zu sein2). Das etwas rätselhafte Thalictrum medium Jacq. [nach Ascherson und Gräbner Bastard von Th. flexuosum -j- flavum, nach Ritschl. Th. angusti- folium -f- (J acquinianum) minus\ ist sicher nur auf Buhnen zwischen Plehnen- dorf und Weßlinken gefunden worden. Land- und Wasserformen. Manche der in den beiden letzten For- mationen behandelten Pflanzen würden durch die Schwankungen des Wasser- spiegels arg gefährdet werden, wenn sie nicht befähigt wären, sich den je- weiligen Umständen anzupassen. Das im Uferschlamm wachsende Pfeilkraut mit seinen spießförmigen Blättern bekommt in fließenden Gewässern langgestreckte, bandförmige Spreiten (var. vallisnerifolia Goss, und Germ.) von großer Zug- festigkeit. Dasselbe ist beim Igelkolben ( Sparganium ) der Fall, beim Tannen- wedel ( Hippuris ), dessen flutende Achsen oft viele Meter lang werden. Lehr- reiche Beispiele liefern ferner z. B. Knöterich ( Polygonum amphibium), Frosch- löffel, Limosella aquatica, Veronica Beccabunga usw. Verbreitungsmittel. Während verschiedene Leitpflanzen des Stromtales, wie Weiden, Pappeln, mit Flugvorrichtungen an den Samen ausgerüstet sind, be- sitzen die Früchte mancher Flußufer- und Wasserpflanzen vorzüglich wirkende Schwimmvorkehrungen. Die rot oder gelblich gefärbten Schwielen an den inneren Hüllblättern einiger Ampfergewächse, z. B. Rumex conglomeratus , R. maritimus , R. obtusifolius, geben wegen ihrer schwammigen Beschaffenheit wassertüchtige Fahrzeuge ab. Ihre Beweglichkeit wird in stillen Gewässern unterstützt durch das eine häutige Perigonblatt, das als Segel dient. Natürlich reicht die geringe, auf diese Weise entwickelte Kraft nicht aus, um den Wellen- 9 Kreis Schwetz: Surawer-Miihle, Teichgraben von Bagniewo, um Riessnburg, Rosen- berg in den Formen microcarpum und oocarpum. 2) Graudenz, früher an der Eisenbahnbrücke, Elbingfluß, mehrfach bei Danzig am Sasper See, sicher bei Broddydamrn, Kreis Strasburg, am kleinen See von Melno (Kreis Graudenz). 28 77 widerstand bei bewegtem Wasser zu brechen1), Schwimmblasen fehlen aber den auf andere Standorte berechneten Arten, z. B. dem weitverbreiteten Rumex Acetosa. Ebenso zweckdienlich erweisen sich die borstenförmigen Zähne einiger Ampferarten, wofür ich alsBeispiel für das Weichseltal R. ucranicus , R.maritimus und R.paluster anführen will, indem sie die verlandeten oder abgefallenen Samen an dem schlammigen Keimbette verankern. Sie erfüllen also denselben Zweck wie die mit Federkronen oder Haarschöpfen ausgestatteten Samen von Weiden, Pappeln, Baldrian und Pestwurz. Ähnlich wie die Ampferfrüchte werden auch die Samen der Knöteriche von luftgefüllten Hüllen bedeckt, vor Nässe be- wahrt und über Wasser gehalten2). Das Gleiche ist der Fall bei anderen Arten: Froschlöffel, Pfeilkraut, Wasserliesch, Igelkolben, Seggen usw. Ich glaube die Schilderung dieses Abschnittes nicht besser als mit der Erwartung schließen zu können, daß sich das liebliche Weichselland mehr wie bisher des Fremdenzuspruches erfreuen möge. Es bietet nach den verschie- densten Richtungen hin eine Fülle von Anregung und Abwechselung, die allerdings leider selbst von Einheimischen nicht in gebührendem Maße ge- würdigt wird. Von der Höhe der mächtigen Weichseldämme aus schweift der Blick über das saftige Grün der Gebüsche und die blumigen Kämpen auf die breite, glitzernde Wasserfläche. Langsam, ungeheuren Schwänen gleich, ziehen schwerbeladene Oderkähne ihre Bahnen, bald überholt von keuchenden Last- dampfern oder flinken Dampfbooten. Aus dem Gesträuch dringt ein tausend- stimmiges Frühkonzert unserer lieblichsten gefiederten Sänger an unser Ohr. Bald ist es der getragene Gesang des Sumpf- oder Schilfrohrsängers ( Acroce - phalus palustris , A. schoenobaenus ), das klagende Lied unzähliger Weichsel- nachtigallen, richtiger Sprosser genannt ( Lusciola philomela ), bald der Buch- finken, untermischt mit dem Geschwätze des Rohrsperlings (Emberiza schoeniclus) oder dem ängstlichen Geschrei der um ihre Brutstätten besorgten Kiebitze. Selbst ein Besuch des fast aller dieser landschaftlichen Reize entkleideten Weichel- Nogat-Deltas gewährt nach anderer Richtung hin reichlichen Ersatz durch den Anblick unübersehbarer, wogender Getreidefelder, sorgsam gepflegter Gemüse- und Obstgärten, sauberer, von Fleiß und Wohlstand zeugender Dörfer. Schnell versöhnt man sich mit den schnurgeraden, sich häufig kreuzenden Wasser- gängen, den abenteuerlichen Formen der sie begleitenden Kropfweiden. Un- willkürlich aber wird unser Herz von Dankbarkeit geschwellt gegen jenen Mann, durch dessen weitblickende, weise Fürsorge die ehemalige Strauch- wildnis zu einer unerschöpflichen Kornkammer unserer Heimat umgewandelt ist, den edlen Hochmeister Meinhard von Querfurt. 1) Dämmer in Engler’s Botan. Jahrb. XV, 1893. 2) Bei einer Entfernung der Hülle sinkt der Same sofort unter. 29 78 III. Gewässerflora. A. Die Wasserbecken der Niederungen^ Meerespflanzen. Flüsse mit starkem Gefälle und die Wasseransammlungen der alluvialen Bildungen beherbergen keine reiche Wasserflora. Der oft plötzlich wechselnde Wasserstand, insbesondere die Hochwasserwellen bilden für Schwimm- und Tauchpflanzen schwer zu überwindende Hindernisse. Außerdem sind viele Wasserbecken im Überschwemmungsgebiete verhältnismäßig jungen Ursprungs, so daß sie erst neu besiedelt werden mußten; Reste einer älteren Flora darf man daher hier mit geringerer Sicherheit erwarten, als auf der Höhe. Im offenen Wasser der stehenden oder langsam fließenden Gewässer erscheinen häufig als Leitpflanzen Laichkräuter wie: Potamogeton natans , P. crispus , P. pusillus , P. lucens , vielfach in wiesenartigen Massen die Wasserpest (Elodea canadensis ), die durch ihre starren, stachligen Blätter auf- fallende Wasseraloe (mehr am Rande), Froschbiß ( Hydrocharis Morsus ranae ), Wasserlinsen: Lemna trisulca , L. minor , seltener L. gibba , L. polyrrhiza , Polygonum amphibium , Seerosen: Nymphaea alba, iV. candida , die in den Kreisen Thorn und Kulm und weiter nach Osten jene wohl ganz ausschließt, Nuphar luteum 9 der vielgestaltige Wasserhahnenfuß ( Ranunculus aquatilis *), R. circinatus, Hornkraut (Ceratophyllum demersum ), Callitriehe verna , Tausend- blatt ( Myriopliyllum spicatum ), namentlich in Gräben und Teichen: Hottonia palustris und Utricularia vulgaris. Minder häufig treten auf: Potamogeton alpinus , P. compressus, P.perfoliatus, P.pectinatus, Callitriehe hamulata und besonders an den Mündungen der Neben- flüsse Ranunculus fluitans (z. B. Drewenz, Montau2), Myriopliyllum verticillatum. Was die weißen und gelben Seerosen anbetrifft, so habe ich die auf schwan- kende Merkmale von Blüten und Früchten gegründeten Unterschiede unberück- sichtigt gelassen. Von der äußerst seltenen, rosafarbenen Spielart unserer gewöhnlichen weißen Seerose hatte Caspary zwei Standorte im Kreise Könitz und im Ziegenflusse (Kreis Dt. Krone) ermittelt. Ausschließlich auf das Mündungsgebiet — Gr. Werder, Weichselhaff-Kanal — und das ruhige Wasser im Frischen Haffe bleibt Limnanthemum nymphaeoides beschränkt. Wenigstens sind außer von hier und einem Altwasser auf der Sq,ska-Kämpe bei Warschau keine Zwischenstationen bekannt geworden. Gegen das Mündungsbecken hin erhöht sich die Reichhaltigkeit an Wasser- pflanzen. Der Einfluß der alten Stauseen im Nordwesten der Provinz ist be- reits unverkennbar, von dem des Meeres abgesehen. Die pflanzenreichen Wasserläufe am Holm und bei Neufahrwasser bergen zwar noch manche Selten- heiten, verschwinden aber bei der regen Bautätigkeit allmählich. Potamogeton !) R. heterophyllus Web., R. tripliyllos, R. submersus Godr., R. quinquelobus Koch, R. longi- folius Rossm. usw. 2) Sonst Schwarz wasser, Ferse, Küddow, Pilow. 30 79 densus und P. obtusifolius1), P. acutifolius 2) sind aber noch nicht ganz aus- gerottet. P. mucronatus hat wie diese Art wahrscheinlich eine weitere Verbreitung, dasselbe trifft zu bei P. trichoides, der gewöhnlich mit acutifolius zusammen lebt, während P. pusillus var. Berchtoldii im Gr. Werder häufig zu sein scheint. Auch der zierliche Wasserfarn Salvinia natans bevorzugt auffallend die kleinen Wassergänge im Gr. Werder3) (z. ß. Lichtenauer Vorflut, Neunhuben, Ladekopp), in Menge selbst in der Tiege, Fischau um Tiegenhof, bei Elbing. Durch den Schiffsverkehr wird die Pflanze, wohl auch durch Wasservögel, ver- schleppt. Mit Floßholz ist sie nach Bromberg und Brahemünde gelangt. Der alte Fundort in einem Tümpel bei Wiesenburg unweit Thorn besteht noch, wie neuere Nachforschungen ergeben haben. Manche Wassergräben und Wasser- becken der Niederungen füllen bisweilen Armleuchtergewächse in dichtgedrängten Massen an, hauptsächlich bestehend aus Chara fragilis , Ch. foetida , Ch. contrario , während die selteneren Arten dem Diluvium angehören. Von Nixkräutern wächst Najas marina im Stromtale bei Bienkowko (Kreis Kulm) in einem Wasserloche am Binnendeiche. Sie könnte übrigens für die Küstenstriche erwartet werden, weil sie im Brackwasser längs der pommerschen Strandzone beobachtet worden ist. Meerespflanzen. Abgesehen von der niederen Pflanzenwelt leben im offenen Meere nur die beiden „Seegräser“ Zostera marina und Z. nana. An das Brack- wasser der Küste bleiben gebunden Ruppia spiralis und R. rostellata (Putziger Wiek). Keine echte Meeresbewohnerin ist Zannichellia palustris , obwohl sie geringen Salzgehalt (Riffsee auf der Westerplatte) verträgt, hauptsächlich aber im Süß wasser des Binnenlandes sehr zerstreut vorkommt4). Eine Ostgrenze scheinen Zostera nana und Ruppia maritima (als Gesamtart) an unserer Küste zu erreichen, denn jene fehlt in den russischen Ostseeprovinzen, diese bereits in Ostpreußen, beide aber nehmen von Westen nach der westpreußischen Küste zu an Häufigkeit ab. Höck glaubt dafür als Grund den geringeren Salz- gehalt des Meerwassers verantwortlich machen zu müssen. Der zweifelhafte Ranunculus confusus Godr. ist bisher erst vom Kreise Putzig bekannt und scheint Brackwasser dem Süß wasser vorzuziehen. B. Gewässer auf dem Diluvium. Die hier zu behandelnden Wasserbecken zeichnen sich durch eine an- sehnliche Reihe dem Stromtale der Weichsel fremder Glieder dieser Flora aus. Eine besondere Mannigfaltigkeit ist den Stauseen auf dem pommerisch-baltischen a) Legan. Schleusendamm bei Elbing, Montaner Spitze. 2) Von Thorn anscheinend im ganzen Weichseltale (Langenau, Kulm, Graudenz) bis Danzig und auf der Höhe. 3) Das Wort Werder ist eine Weiterbildung vom mittelhochdeutschen wert, althoch- deutsch warid == Insel, angelsächsisch warod. Yon Kluge (Etymol. Wörterb. Seite 421) wird es zum angelsächsischen woer, altnordischen ver = Meer gestellt. Das süddeutsche Woertli geht auf das mittelhochdeutsche Wort zurück, ebenso wie Werth in Kaiserswerth. 4) Nogataußendeich bei Ellerwald, Dirschau. 31 80 Landrücken eigentümlich. Hier greift eine Flora Platz, unter der sich ver- schiedene nordisch-alpine Formen befinden; das ist hauptsächlich der Fall in den romantischen Seengruppen der Kreise Karthaus und Neustadt. Nicht immer sind es die größten Seen oder Teiche, worin hervorragende Seltenheiten Vorkommen. Häufig handelt es sich bloß um unscheinbare Weiher oder Tümpel. In den letzten Jahrzehnten hat auch hier die Wasserpest stellenweise die meisten anderen Wasserpflanzen zeitweise verdrängt. Im Vereine mit der Wasseraloe ( Stratiotes aloides) und gewissen Riedgräsern trägt sie ganz besonders zur Torf- bildung in den stark von ihr heimgesuchten Gegenden bei. Offenes Wasser. Die Grundformen sind von den Seite 78 aufgezählten Arten nicht wesentlich verschieden. Die weiße Seerose Nymphaea candida schließt hier ebenfalls auf weite Strecken die sonst gewöhnliche Art ( N . alba ) aus. Wo beide ausnahmsweise zusammen leben, pflegt der Bastard zwischen beiden nicht zu fehlen, der wiederholt bei uns sicher nachgewiesen werden konnte. Haupt- sächlich im Nordwesten, minder häufig im Westen, äußerst selten im Osten1) tritt als nordisch-alpine Genossin das zierlich Nuphar pumilum hinzu. DiePflanze besitzt ebenso edelgeformte Blätter wie ihre Verwandten und geht nach deren Gepflogenheit mit N. luteum leicht Kreuzungen ein. Der Bastard N. intermedium Led. verhält sich bei uns genau wie in seinem nördlichsten Verbreitungsgebiete, wo er mitunter ohne die Stammeltern wie eine selbständige Art auftritt. Andere nordisch-alpine Genossen. Eine im Westen der Provinz in der gleichen Zusammensetzung wiederkehrende Genossenschaft derselben nor- dischen Herkunft bilden: die Iso et es -Arten, Myriophyllum vertic illatum , M. alterniflorum , Callitriche auctumnalis. Als seltenstes Glied dieser Flora erscheint in den Kreisen Putzig und Neustadt (Ostrau und im Wook-See) — Sparganium affine , während Lobelia Dortmannia viel häufiger be- obachtet worden ist und mit Callitriche auctumnalis 2) und M. alterniflorum bis in den Kreis Dt. Krone eindringt. Diese Art geht etwas über die Weichsel nach Osten hinaus (Kreis Graudenz, z. B. Kunterstein), während Alisma natans 3) in dem nordwestlichen Teile ihre Ostgrenze erreicht. Das Brachsenkraut ( Isoetes lacustre) scheint längs der Küstenstriche stark verbreitet zu sein. Es liebt Seen mit sandigem Untergründe und ändert je nach dessen Beschaffenheit ab. Wir kennen die sehr gesellige Pflanze noch aus demKreise Schlochau, dagegen das viel seltenere I. echinospermum Durieu bloß aus dem Kreise Neustadt (Wook, Karpionki, — Grabowke-See). Von der Küste scheint einstweilen noch ausgeschlossen Ceratop h yllum sub- mersum , verbreitet in den Kreisen Dt. Krone, Könitz, Briesen (z. B. hier in den Seen von Blachta und Czistochleb). !) Torfseen der Kreise Putzig, Neustadt, Bereut, Karthaus, (z. B. Kna-See), Danzig (z. B. Gr. Leesen), Schlochau und Flatow (Branna-See), östlich von der Weichsel nur in einem See der Raudnitzer Forst (Kreis Rosenberg) nach Ahlvengreen. 2) C. stagnalis fehlt nach Caspary in West- und Ostpreußen. 3) Kreise Schlochau, Flatow, Könitz, Pr. Stargard (Gast-See), Berent (Gora-See). 32 81 Die Wasserhahnenfuß=Gewächse (Gruppe Batrachium) stehen ihren Verwandten zu Lande an Formenreichtum wenig nach, der auf den Einfluß von Kreuzungen mit Sicherheit nicht zurückzuführen ist. Bestimmend für die Ausbildung der bald als Unterarten oder Rassen, bald als selbständige Arten be- schriebenen Formen — je nachdem man den Artbegriff weit oder eng faßt — sind hauptsächlich wohl Standortsverhältnisse, Nährstoffgehalt des Wassers und Höhe des Wasserspiegels. Ranunculus confervoides scheint gleichfalls dem Westen der Provinz eigentümlich zu sein1). Von manchen Schriftstellern wird die Pflanze ebenso wie R. paucistamineus — eine wahrscheinlich mehr gleich- mäßig verteilte Art — als Unterart zur Leitart R , aquatilis gezogen. Von Wasserschlauchgewächsen aus der Gattung Utricularia werden gern Tümpel der Heidemoore und Torfgräben besiedelt. Allgemein verbreitet sind U. vulgaris und U. minor. Eine mehr westliche Art, die in vielen Seen vom Kreise Putzig bis nach Dt. Krone oft in Menge beobachtet wurde, ist U. neglecta , während U. intermedia — mehr im Nordosten und Südosten2) der Provinz, von Ostpreußen abgesehen, — bisweilen in der Form Grafiana (z. B, bei Hagenort) auftritt. Laichkräuter und Armleuchtergewächse sind unsere hervorragendsten Kalkbildner. Potamogeton acutifolius wird wenigen Ortsfloren fehlen, seltener ist P. fluitans , der bisweilen mit P. perfoliatus und ähnlich wie Ranunculus fluitans selbst in Flüssen mit starkem Gefälle (z. B. in der Passarge, Ferse) dichtgedrängte, flutende Massen bildet. In ähnlicher Menge erscheint bisweilen der zierliche Scirpus acicularis. P. mucronatus und obtusifolius sind, wie bereits bemerkt (Seite 79), jeden- falls weiter verbreitet und in den Kreisen Sch wetz (z. B. Suchau, Luschkowko, Tannsee), Tuchei, Flatow usw. zusammen mit P. gramineus gesammelt worden. Dieser Art steht übrigens der vielgestaltige P. Zizii W. u. K. recht nahe, übrigens von den breitblätterigen Formen des P. gramineus (var. heteropliyllus Schreb.) schwer zu unterscheiden. Ich glaube daher auch von P. Zizii annehmen zu dürfen, daß er sich nicht blos auf die bisher bekannt gewordenen Fund- orte in den Kreisen Dt. Krone, Schlochau, Berent und Karthaus beschränken wird. Ebenso scheint der dem Stromlaufe der Weichsel (von Thorn-Langenau- Dirschau-Marienburg usw.) sprungweise folgende P. trichoides durch die preußi- schen Seengruppen im Nordwesten der Provinz nach Pommern hineinzuragen. Nach Westen zu wird ferner P. rutilus häufiger, der durch die Seen im Kreise Briesen (z. B. Sittno-See) mit der ostpreußischen Seenplatte in Beziehung steht. Von sonstigen seltenen Laichkräutern wurden nachgewiesen: P. polygonifolius Pourret. im Kreise Putzig bei Ostrau, wo er nach Graebner manche Tümpel dicht erfüllt; 1) Karthaus, Berent, Schlochau (z. B. Zittno-, Borowno-, Pniewno-Seen) — zusammen an etwa 11 Standorten; aber sonst im Kreise Goldap (Ostpreußen). 2) Kreis Briesen, z. B. in den Seen von Blachta und Czystochleb, Kreis Kulm (Neulinum). 33 6 Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 82 P. nitens Willd. b. curvifolius Hartm. von nicht erschöpfenden Stand- orten festgestellt in den Kreisen Tuchei (Studzno-See), Flatow, Schlochau an 2 Stellen; — praelongus Wulf, sicher im Kreise Graudenz (Schwentener See, Thiemau), Schlochau und jedenfalls noch anderwärts; — marinns , wahrscheinlich mehrfach übersehen, in den Kreisen Danzig, Neustadt, Putzig. Die bisherigen Forschungen haben eine stattliche Reihe von Bastarden ergeben, wovon aus den selteneren Verbindungen nur genannt sein mögen: P. decipiens Nol. (— P. praelongus -f- lucens ), z. B. Kreis Bereut, Schlochau an 3 Stellen; — unclulatus Wolfg (— P. praelongus -j- crispus ): Kreis Graudenz (Schwen- tener See). Alisma natans überschreitet die Weichsel nicht nach Osten. An besonderen Seltenheiten wären zu erwähnen die bis nach Australien vordringende Aldrovandia vesiculosa und das bisher nur aus zwei Tümpeln bei Pniewitten, Kreis Kulm, und einem Graben zwischen Laskowitz und Lipno, Kreis Schwetz, nachgewiesene Alisma parnassif ölium , Die kleinen im Vertorfen begriffenen Wasserbecken im Kreise Kulm haben lehmigen Unter- grund und um Pniewitten keine Einfassung von Moostorf (Sphagneten). Jene, mit den Utricularien zu den tierfangenden Pflanzen gehörende Art lebt gern in stark versumpften Wasserbecken, zwischen Binsenbeständen. Bei uns wurde sie in einem solchen See bei 1,5 km Südost von Czystochleb, Kreis Briesen, von Caspary entdeckt. Es scheint sich um den jetzt trocken gelegten Okunek-See zu handeln, der in ein Grünlandmoor umgewandelt ist1). Characeen und Najadaceen. Die Armleuchtergewächse haben an der Flora des Seegrundes einen erheblicheren Anteil als die Isoetes- Arten und wachsen so wie diese in oft beträchtlicher Tiefe. Die am stärksten verbreiteten Arten, wie Ch. fragilis, Ch. contrario, Gin. intermedia, Ch. ceratophylla , Ch. aspera, Ch. foetida bilden förmliche unterseeische Wiesen, in denen sich ein überaus mannigfaltiges Tierleben abspielt. Minder häufig scheinen zu sein: Ch. stelligera , Ch. hispida,Ch.jubata , während Ch. delicatula bloß im Wieczno-See, Kreis Briesen, und an vier Stellen im Kreise Schlochau nachgewiesen ist. Die Q&itxmg Nitelia ist minder reich vertreten, meist durch N. gracilis , N. opaca , N. syncarpa , N. mucronata A. Br. Die seltene N. b atrachosperma wurde im Dranczt-See aufgefunden. Alle drei in Deutschland lebenden Nixkräuter sind bei uns vertreten. Die häufigere Najas marina wird nach Nordosten zu seltener2), im Kreise Tuchei und Strasburg, hier im Niskebrodno-See in der var. intermedia Wolfg. Viel seltener ist N. minor , sicher im Kleinen Wieczno-See, aber nicht wie vorige fi Fr. B. Ahlvengreen in Schrift, d. Nat. Ges. Danzig. N. F. XI. Bd., 1. u. 2. Heft, S. 245. 2) Dt. Krone, Schlochau, Könitz, Tuchei, Kulm, Elbing (im Drausensee) und Ostpreußen (S. 79). 34 83 im Drausensee, in Ostpreußen nur im Mucker-See (Kreis Orteisburg). Die seltenste dagegen, -ZV7, flexilis 9 scheint außer vom Wakunter-See im Kreise Flatow bei uns anderweit nicht nachgewiesen zu sein. Seen im Kreise Schlochau. Der nordwestliche Teil der Provinz zeigt in der Zusammensetzung der Wasserflora mit dem südwestlichen eine große Über- einstimmung. Die in jener Gegend vielfach vertretenen seltenen Formen, wie Isoetes lacustre, Alisma natans , Lobelia Dortmannia , Litorella uniflora, Sparganium simplex und Nuphar pumilum wiederholen sich namentlich im Kreise Schlochau. In mehr als 2 m Tiefe wächst dort das Brachsenkraut im Kraasensee auf schwarzem Moorboden. Besonders Litorella und Lobelia überraschen nächst Isoetes durch die Massenhaftigkeit ihres Vorkommens. Am Kleinen Barschsee z. B. umsäumt Lobelia das trockene, sandige Ufer. Auffallend reich sind die Seen auch an Armleuchtergewächsen. Caspary hat die seltenere Chara delicatula an vier, Ch. intermedia an zwei und Ch. jubata an drei Orten festgestellt, während Zannichellia nur im Kladauer- und Springsee beobachtet wurde; var. pedicellata bei uns sehr selten, z.B. bei Stuhm nach H. v. Klinggraeff. TJm Peterswalde konnte noch Myriophyllum verticillatum ermittelt werden. Es scheint bereits zu den Seltenheiten zu gehören, ebenso wie Najas marina , N. minor und Hippuris vulgaris , die nur spärlich vertreten sind. An sonstigen seltenen, im Kreise Schlochau aber mehr oder minder ver- breiteten Pflanzen seien erwähnt: Potamogeton nitens , P. Zizii, P. praelongus (an 24 Stellen), P. gramineus, Nuphar luteum -j- pumilum zahlreich, Ranunculus confervoides und die noch später zu erwähnenden Uferpflanzen Cladium Mariscus und Graphephorum arundinaceum. Im Rückgänge begriffene Wasserpflanzen. Schon lange scheint bei uns die Wassernuß ( Trapa natans ) ausgestorben zu sein. Im nordöstlichen Deutsch- land gibt es bloß einen von Seligo *) im Linkehner See (Kreis Tapiau, Ostpr.) entdeckten Standort. Noch immer so zahlreich, daß sie z. B. in Rybnik auf dem Markte feilgehalten werden kann, bevölkert die Wassernuß die ober- schlesischen Seen. Von einem Rückgänge ist dort bis jetzt nichts zu bemerken (Schube br.). Ausgestorben ist sie in Schweden, während sie merkwürdigerweise auch nach Prein in Sibirien und nach Tanfiljew* 2) im südlichen Rußland ständig zurückgeht. Ob der Mangel an Mangan — wie dieser Forscher angiebt — als Grund für ihr allmähliches Aussterben angeführt werden kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Die im nördlichen Schonen, Ost-Smäland und bei uns3) im subfossilen Zustande gefundenen Früchte zeichnen sich durch großen Formenreichtum aus, !) Conwentz. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. X. (1895), S. 341. 2) Bote für Naturkunde, St. Petersburg (1890), Nr. 1, (Ref. in Just, Bot. Jahrb. Nr. 300, XIX (1891), 2. Abt.) 3) Conwentz. Bericht der Verwaltung des Provinzial-Museums in Danzig, woselbst mindestens 15 westpreußische Fundorte angegeben werden. 35 6* 84 wovon Nathorst1) 19 verschiedene, durch unmerkliche Übergänge miteinander verbundene Spielarten unterscheidet. Auch von Aldrovandia vesiculosa glaubt Korschinsky2) ein langsames Verschwinden feststellen zu können. Die z. B. noch in Mittelafrika, Australien, Kalkutta, im Amur- und Wolga-Delta nachgewiesene Art hält sich dort, wie bei uns in den einheimischen Gewässern, höchstens in Binsenbeständen lebensfähig. Auffallend erscheint dabei der Umstand, daß es sich in beiden Fällen um solche Arten handelt, die im System eine abgesonderte Stelle ein- nehmen, denn die Gattung Trapa umfaßt bloß sieben Arten, während Aldro- vandia nur eine enthält. Die Flora der Uferränder wird genau in der Weise gebildet, wie sie auf Seite 71, Abs. 2, geschildert ist. Namentlich pflegen Cirsium palustre, Angelica silvesti'is , Selinum carvifolia den bereits verlandeten, sumpfigen Stellen nirgend zu fehlen, dagegen im tiefen Morast: Peucedanum palustre , Lysimachia thyrsi- flora, C omarum palustre, Calla palustris, Aspidium Thelypteris mehr oder minder häufig zu sein. Vom Baldrian ( Valeriana officinalis ) ist außerhalb der Weichsel die var. exaltata , die in den Niederungen bisweilen die Hauptform vertritt (Seite 60), wenig beobachtet worden. Der seltene Scirpus Kalmussii ist nicht bloß an das Brackwasser der Haffe gebunden, da er am Pregelufer unweit Königsberg unter Sumpfbinsen- beständen wächst. Dagegen bleibt &. parvulus einstweilen auf das Putziger Wiek beschränkt. Diese zierliche Binse übergeht Ostpreußen und taucht erst wieder bei Reval (Estland) und Dago auf. Einen wesentlichen Anteil an der Bildung der Ufereinfassung der Seen im Kreise Pr. Stargard nimmt das seltene Cladium Mariscus. Nach Preuss gehört es dort vielen der abflußlosen Stauseen im Schwarzwassergebiete, ein- schließlich der Prussina an3). Die Verbreitung erstreckt sich von den Kreisen Neustadt, Berent, Karthaus (z. B. Rhedatal bei Prissnau) bis nach Schlochau, Dt. Krone (z. B. Schulz- und Büssen-See). Die Pflanze folgt anscheinend den größeren Nebenflüssen bis in den Mittellauf auf der linken Weichselseite. Rechts wurde sie nur längs der Drewenz beobachtet4), an welcher sie bis in die Kreise Osterode, Neidenburg vordringt und woselbst sie für Deutschland ihre Ostgrenze erreicht. An vier Stauseen im Kreise Pr. Stargard wurde im feuchten Ufersande das gleichfalls seltene Equisetum variegatum beobachtet5), außerdem 1) Om de fruktformer of Trapa natans. Bihang tili Svenska Vet. Akad. Handb. Bd. 13. (Stockholm 1883). — Ref. in Just, Bot. Jahresbericht, a. a. 0. 2) Die sporadisch-geographische Verbreitung von Aldrovandia vesiculosa. Natur. XXX. VII (1888, S. 610). 3) Besonders häufig nm den Niedatz-Pischnitza-See. 4) Selbst trockene Standorte auf den Drewenzwiesen zwischen Populke und Pasiekau ferner am Seeufer bei Gajewo, Kreis Strasburg. 5) Lubiki-, Okonowek-, Niedatz-, Bordzichow-See. 36 85 um den Laskowitzer- und Stelchno-See (Kreis Schwetz), im Kreise Löbau bei Kirschenau, am Abflüsse des Tillitzer Sees, im Wellegebiete, z. B. bei Lorken Mühle, Rohrfelde, Mroczenko : hier — nach Preuss — sogar im Moostorfe ( Sphagnetum ). Das einer lockerblütigen Glyceria aquatica ähnliche Graphephorum arundinaceum nimmt als sehr seltenes Glied an der Bildung der Röhricht- bestände teil, so am nordwestlichen und südwestlichen Ufer des Rudnicker Sees bei Graudenz, im Kreise Schlochau an sechs Waldseen1 2), sonst erst in der Provinz Posen wieder auf den Montwy-Wiesen und am Goplo-See, häufiger in Ostpreußen. Über die Verbreitung von Oryza clandestina und Scirpus radicans ist bereits Seite 75 das Erforderliche mitgeteilt worden, ebenso über die seltene Asperula Aparine vom Dlugi-See (Kreis Pr. Stargar d) Seite 61. Quellbachbestände machen sich im Frühjahre durch ihr saftiges Grün und zeitiges Blühen bisweilen schon Ende März bemerkbar, weil das aus dem Erdboden hervorrieselnde Wasser eine höhere Temperatur hat als die Erdober- fläche und die Luft. Zuerst blühen Huflattig ( Tussilago Farfara), dann Goldmilz (Chrysosplenium alternifolium ), Scharbockskraut ( Ranunculus Ficaria ), viel später Veronica Beccabunga , Epilobium palustre, E . parviflorum, E. roseum , Vergiß- meinnicht, Sium latifolium, Hypericum tetrapterum, Malachium aquaticum. Minder häufig ist Stellaria uliginosa , während die zur nordisch-alpinen Ge- nossenschaft gehörige St. crassifolia Lücken in der Verbreitung zeigt. Eins der ausgezeichnetsten Glieder der Quellbachbestände, Nasturtium fontanum , kennen wir aus West- und Ostpreußen als ursprünglich nur aus dem Kreise Putzig zwischen Putzig und Schwarzenau und dem Werbeliner Moor, ferner aus dem Kreise Dt. Krone (z. B. See von Neu-Golz), wo die Pflanze ziemlich häufig vorkommt. Die Pestwurz ( Petasites ofßcinalis) ist an manchen Stellen, jedenfalls aus früherer Kultur, verwildert, namentlich in der Nähe alter Burgen (z. B. Roggenhausen, Engelsburg). Sandige und schlammige Ufer bewohnt die Mehrzahl der bereits vom Weichselstrande her bekannten gewöhnlichen Arten, namentlich die allgemein verbreiteten Binsen, ferner Alopecurus fulvus, Alisma Plantago*), Gypsophila muralis , Ranunculus sceleratus , Gnaphalium uliginosum , Minze ( Menta arvensis , und M. aquatica) vielfach in Formen, die aus einer Kreuzung beider Arten hervorgegangen zu sein scheinen und noch weiterer Beobachtung bedürfen3). Minder verbreitet sind: Menta silvestris, Scrofularia alatay gern an Bächen, sehr zerstreut aber wohl mehrfach übersehen: der auf der west- preußischen Seenplatte ziemlich häufige Ranunculus reptans. Dort, ebenso wie J) Eisenbrücker Forst, z. B. Kleiner G-luchi- und Kleiner Röske-See. 2) Die beiden Formen oder Unterarten A. Michaletii und A. arcuatum zerstreut, aber wohl in zahlreichen Seen mit sandigem Untergründe. 3) Der angebliche Bastard M. verticillata sicher, z. B. an Radauneseen. 37 86 auf feuchten Strandtriften und Brachen erscheinen manchmal massenhaft: Ra - diola linoides meist in Gesellschaft von Centunculus minimus oder des zierlichen Juncus capitatus , während Gnaphalium luteo-album oft dichte Bestände bildet. Schlammige Stellen bevorzugen die zur Gattung Elatine gehörigen Arten. Hiervon kennen wir E. Alsinastrum aus den Kreisen Danzig (bei Neufähr), Briesen, Kulm, Schwetz und Graudenz, am zahlreichsten aus den jetzt teil- weise abgelassenen Tümpeln, die in der Richtung Kornatowo-Lissewo-Pnie- witten unweit der Bahnstrecke liegen. Die Pflanze ist westlich bis in den Kreis Flatow hinein beobachtet worden und scheint mehrfach übersehen zu sein. Die bereits in Polen unweit Warschau (Kampinos) vorkommende Elatine Hydropiper liebt die Gesellschaft von Litorella. uniflora , Peplis Portula, Juncus capitatus und Scirpus setaceus , eine häufig auf der pommerisch-westpreußischen Seenplatte zu findende Zusammenstellung. E. hexandra scheint von der Przemsa in Polen bis zum Kreise Tuchei durch keine Zwischenstation ver- bunden zu sein. Vielleicht hat man die Pflanze wegen ihrer Unbeständigkeit oder Ähnlichkeit mit Landformen von Callitriche verna übersehen. Als einzigen Standort der zierlichen E. triandra kennen wir nur die sumpfigen Ufer des stark im Verlanden begriffenen Sees von Espenkrug bei Danzig. Dort wächst sie zusammen mit der neuerdings durch Graebner vom Tupadeler Moore fest- gestellten Montia lamprosperna. Auch Scirpus setaceus und Juncus obtusiflorus haben ihre haupt- sächlichste Verbreitung im Nordwesten der Provinz. Denn S. setaceus wird vom Kreise Dt. Krone nach der Küste zu häufiger und gehört zahlreichen kleinen Wasserbecken an1). Ähnlich liegt der Fall bei J. obtusiflorus. Längs der Küste erscheint die anderwärts zu den Waldbachbeständen gehörige Binse am Saume der Küstenbäche. Kürzlich wurde sie von Lettau am Ufer des Gr. Lekarth-Sees (Kreis Löbau), dem ersten Standorte östlich der Weichsel, ent- deckt2). Cyperus flavescens scheint zwar nicht selten aber unbeständig zu sein. Juncus silvaticus — im Kreise Graudenz mit J. atratus verwechselt — wächst nur in dem Kreise Neustadt an einem Waldbache, während diese bei uns häufigere Art nur aus den Kreisen Graudenz und Kulm bekannt3), wahr- scheinlich aber mehrfach übersehen ist. Im nördlichen Teile der Provinz fehlen: J.Tenageia und Carexcyperoides. Jene seltene Binse besitzt ihre Hauptverbreitung im Südosten4), ferner in den Kreisen Tuchei, Schwetz bis in die Gegend von Schloppe. Gewöhnlich pflegen sich in ihrer Nähe auf feuchtem Boden zu zeigen J. capitatus. Centunculus minimus, Radiola linoides. Eine fast ständige Begleiterin im Südosten der Provinz !) Namentlich in den Kreisen Putzig, Neustadt, Berent, Karthaus, sehr selten im Kreise Thorn. 2) Sehr zerstreut im Kreise Dt. Krone, z. B. Fließ bei Gollin — nach Klinge aber noch im Kurland. 3) Paparczyn, Linietzer Wald, Kamlarken bei Kulm, vergleiche übrigens Seite 71. 4) Strasburg, Briesen, Kulm, Graudenz. 38 87 bildet die seltene Segge Car ex cyperoides. Reiche Standorte befinden sich am Wieczno-See und um Gurczno (Kreis Briesen und Strasburg), ebenso am Pfaffensee, Kreis Schlochau; in letzterem dürfte die unbeständige Pflanze noch mehrfach Vorkommen 1). Der seit langer Zeit um Bielawy (Kreis Thorn) verschwundene Scirpus supinus tritt außerhalb der Provinz im Kreise Strelno (Provinz Posen) wieder auf und ist aus unserer Flora zu streichen. Niedere Flora und Fauna. Plankton. Die Erforschung der deutschen Süßwasserbecken macht neuerdings erfreuliche Fortschritte. Erwünscht wäre auch für unseren Osten die Errichtung einer biologischen Station, wodurch unsere Kenntnis von den niederen, organischen Tier- und Pflanzenformen wesent- lich bereichert werden möchte. Hier eröffnet sich den Forschern auf beiden Gebieten noch ein reiches Feld zu gemeinsamer, dankbarer Arbeit. Eine strenge Arbeitsscheidung scheitert nämlich am Bau der kleinen Lebewesen, der häufig keine Grenze zwischen Tier- und Pflanzenreich erkennen läßt. Wertvolle Auf- schlüsse über den Planktongehalt einzelner Seen verdanken wir den Arbeiten von Lakowitz2) und Seligo. Jener hat in Gewässern des Kreises Karthaus während des ganzen Winters ein natürlich minder bewegtes Leben als im Sommer beobachtet. An niederen Pflanzen fand er noch: Algen, hauptsächlich viele Ulothrix-Fäden, Formen von Coelosphaerium , Botryococcus y Pedastrum , Anabaena und Pandorina , dicht unterm Eise besonders Rädertierchen aus den Gattungen Anuraea Triarthra , Brachionus, Polyarthea, Asplachna , ferner Protozoen wie Codonella , Peridinivm , Krebstierchen und Daphnia- Arten. Vielleicht zeigen sich in der Verteilung der Dichtigkeit des Planktons ähnliche Schwankungen bei uns in größeren Seebecken wie in manchen Strichen der Hochsee. Seligo3) hat gleichfalls über das Mengeverhältnis des Planktongehaltes, der bekanntlich für die Ernährung der Fische eine so wichtige Rolle spielt, bemerkenswerte Mitteilungen veröffentlicht. Sie bestätigen die bekannte Tat- sache, daß zwischen den kleinsten Lebewesen keine festen Grenzen bestehen, daß also einzelne mit demselben Rechte in das Tier- oder Pflanzenreich ver- wiesen werden können. Der Plankton verirrt sich in den untersuchten Seen nur wenig zwischen die Tauchpflanzen. In dem Gewirre der Wasserpflanzen finden die Wassertiere reichliche Nahrung und erwünschte Verstecke. Vorzugs- weise reich an Rpibionten zeigten sich die Dickichte von Myriophyllum (Tausendblatt), Hornkraut und Wasserpest. Insoweit dieses gefürchtete Kraut in bescheidenen Grenzen bleibt, erweist es sich einigermaßen nützlich. Sonst erstickt es jedes höhere Tier- und Pflanzenleben. Namentlich gehen Fische aus Nahrungsmangel und Bewegungsfreiheit zugrunde. b Fronau, Burak-See (Briesen), Waldowken, Rudnick-See (Kreis Graudenz). 2) „Die winterliche Mikrofauna und Mikroflora des Klostersees bei Kartliaus“ und „die niedersten Pflanzen- und Tierformen usw.“ Schriften der Naturforschenden Gesellschaft, Danzig, N. F. Bd. X, Heft 1, 2 (1899/90). 3) Untersuchungen in den Stuhmer Seen. Danzig 1900. 39 88 Die mühevollen Beobachtungen werden von beiden Forschern fortgesetzt und hoffentlich noch wichtige Aufschlüsse über das eigenartige Leben und Treiben in dem nassen Elemente gewähren, worüber so lange ein geheimnis- voller Schleier gebreitet war. Weitere Untersuchungen sind aber auch in ornithologischer Hinsicht er- wünscht. Denn auf unseren einheimischen Gewässern entfaltet sich an den von der Außenwelt abgeschnittenen Strichen mitunter ein überaus interessantes Vogel- leben, dessen Studium gleichfalls eine unerschöpfliche Quelle des reinsten Naturgenusses darbietet. Auf dem Drausensee z. B. hat Henrici Brutplätze der Zwergmöve entdeckt. Ein wahres Vogelparadies beherbergt jedoch der Karrasch unweit Dt. Eylau, der einer Anzahl bei uns sehr seltener Arten Schutz vor Verfolgung gewährt, wie dem Höckerschwan ( Cygnus olor ), Kranichen und Fischreihern, Graugänsen (Anser anser) und zahlreichen sonst anderwärts eben- falls nicht seltenen Rohrdommeln. Wiesenkalk-Bildung. Viele der in diesem Abschnitte behandelten Wasserpflanzen spielen im Haushalte der Natur, abgesehen von ihrer Rolle als Torfbildner, an geeigneten Orten noch eine weitere gewichtige Rolle: als Erzeuger des Wiesenkalkes. — Die an qu eiligen Abhängen sich bisweilen in mächtigen Lagern ansammelnden und als Baustoffe verwendbaren Kalktuff- lager sind auf rein chemische Vorgänge zurückzuführen. Die kreidigen Wiesenkalklager rühren jedoch von Tier- und Wasserpflanzenresten her. Hierzu liefert die Fauna Muschelschalen und Trümmer von Süßwassertieren, die Flora besonders die Armleuchtergewächse und Laichkräuter. Alle diese Wasserpflanzen entziehen dem im Wasser gelösten doppelkohlensauren Kalke die zu ihrem Leben erforderliche Kohlensäure. Der freiwerdende einfach- kohlensaure Kalk schlägt sich als dünne Kruste auf den Blättern und Stengeln nieder und gelangt im Herbste beim Absterben der Pflanzen auf den Grund der Wasserbecken. Im Laufe langer Zeiträume vermögen sich dann umfang- reiche Süßwasser-Kalkbänke zu bilden, wie z. B. am Rudnicker See, wo ihre Dichtigkeit mehr als 3 m beträgt. Der Landwirt nutzt diese wertvollen An- speicherungen an Dungstoffen häufig nach Kräften aus, und so entsproßt auf den Ruinen untergangener Tier- und Pflanzenformen neues Leben im großen Kreisläufe der Natur. Hervorgehoben muß werden, daß die Wiesenkalklager stetig weiterwachsen und oft durch eine leichte Pflanzendecke vor Verwitterung geschützt sind. Eine nennenswerte Flora vermag sich jedoch wegen des zu hohen Kalkgehaltes nicht zu entwickeln, und solche Stellen machen sich vielfach durch ihre weißliche Färbung an den diluvialen Seebecken von weitem bemerkbar. IV. Wiesen, Grünmoore, Hochmoore. Nach der Zusammensetzung der Pflanzendecke und der geologischen Be- schaffenheit des Bodens hat man eine Reihe von Formationen unterschieden. Der gegenwärtigen Schilderung sollen, um einer zu weit gehenden Zersplitterung 40 89 vorzubeugen, nur die Hauptformationen im Zusammenhänge besprochen werden, weil auch hier die eine mit der anderen durch unmerkliche Übergänge ver- bunden zu sein pflegt. Unter Ausschluß der reinen Kulturwiesen werden daher nur berücksichtigt werden: Süßgraswiesen (Halb-Kulturen) und echte Naturwiesen mit überwiegenden Süßgräsern, Torfwiesen, Grünmoore (= Gras- oder Wiesenmoore, worunter die von Weber1) unterschiedenen Niederungs- und Flachmoore inbegriffen sind) und die Hoch-(Moos-) Moore. A. Süssgraswiesen (Halbkulturen). Hutwiesen oder Dauerweiden von vorzüglicher Beschaffenheit werden im Weichsel-Nogat-Delta — hier hauptsächlich im Einlagegebiete bei Elbing — gepflegt. Die meisten hierunter gerechneten Halbkulturen werden als Schnitt- oder Mähwiesen (Mahdwiesen) zur Erzeugung des nötigen Rauhfutters während des Sommers genutzt, im Herbste dagegen als Weide. Es handelt sich durch- weg um keine wirklichen Flußtalwiesen, da sie durch Dämme vor einer Über- flutung gesichert sind. Die auf solchen Wiesen befindliche Grasnarbe ist teil- weise ein Ergebnis künstlicher Aussaat, wie sie eine regelrechte Wiesenwirt- schaft vorschreibt. Auf diese Art wird einer Reihe von guten Futtergräsern das Übergewicht vor schlechteren Gräsern gesichert. Angesät werden von fremden Grassorten: italienisches Raygras ( Lolium multiflorum ), Goldhafer ( Trisetum flavescens), außerdem ausländische Kleearten. Wenn die unter Land- wirten verbreitete Ansicht richtig ist, wonach in den Weichselniederungen kein so starkknochiger Yiehschlag wie in Ostpreußen gezüchtet werden kann, so mag daran die Armut an natürlichem Phosphor- und Kalkgehalt schuld sein2). Dem Übelstande muß jedoch durch zweckmäßige Kunstdüngung abgeholfen werden, die auf Wiesen noch manches zu wünschen übrig läßt. Eine so weitgehende Gliederung der Grasformationen, wie sie Weber3) durchgeführt hat, würde über den Rahmen der vorliegenden Arbeit hinaus- gehen. Außerdem haben wir bei uns wohl nirgend einen, der berühmten Gras- wirtschaft in den Marschen Nordwestdeutschlands gleichkommenden Betrieb. Die Rispengrasformation ( Poa pratensis ) herrscht auf den besseren Weiden vor, untermischt mit Agrostis alba, Wiesenfuchsschwanz {Alopecurus pratensis), Schwingel ( Festuca elatior), Poa trivialis , Lolium perenne , französi- sches Raygras {Avena elatior),. Quecke ( Triticum repens) — • vielfach mit Phleum pratense, Alopecurus geniculatus , Bromus mollis, Juncus compressus, Weißklee ( Trifolium repens) durch Aussaat ergänzt. In feuchten Lagen tritt 1) C. A. Weber: Über Torf, Humus und Moor. Naturw. Yer. Bremen, Bd. XVII, Heft 2. 2) Daß diese Ansicht zutrifft, bestätigt mir ein Aufsatz: Dahms, „Wechselbeziehungen zwischen der belebten und unbelebten Natur“. (Natur, 48. Jahrg. Nr. 26.) K) Über die Zusammensetzung des natürlichen Graslandes in Westholstein, Ditmarschen und Eiderstedt. Sehr. d. naturw. Ver. f. Schleswig-Holstein. Bd. IX, Heft 2 — und Emmerling u. Weber: Beiträge zur Kenntnis der Dauerweiden der Marschen Nord- deutschlands. Arbeiten der deutschen Landwirtsch.-Ges. Heft 61 (Berlin 1901). 41 90 mitunter Agrostis alba als Leitgras auf, dem dann der gefürchtete Duwock (j Equisetum palustre) den Rang streitig macht. Sonst sind die höher gelegenen Wiesen trocken, während andere nur zeitweiliger Benetzung durch Quellwasser ausgesetzt sind. Die gedachten Wiesenpflanzen sind jedenfalls auch im ur- wüchsigen Zustande vorhanden, nur ihr Mengenverhältnis wird zum Nachteile der schlechteren Sorten durch die Hand des Landwirts bestimmt. Im übrigen besteht die übrige Pflanzendecke aus: Hahnenfuß (Ranunculus acer, R. repens), Löwenzahn ( Taraxacum officinale ), Kuckucksblume ( Coronaria Flos cuculi ), Cerastium triviale , Potentilla Anserina , Wiesenstorchschnabel ( Gera- nium pratense) am häufigsten in den Niederungen, Weiderich ( LytJirum Sa- licaria) vereinzelt, Klappertopf (Alectorolophus major, selten A. minor), Achillea Millefolium , Flockenblume ( Centaurea Jacea ), Bocksbart ( Tragopogon pratensis), Chrysanthemum Leucanthemum, Leontodon auctumnalis, Crepis biennis1), Cirsium arvense , C. oleraceum (beide vereinzelt), Plantago lanceolata, selten die durch den züchtenden Einfluß der Sense unterdrückten dornigen Hauhechelarten ( Ononis arvensis , 0. repens , diese bisweilen unbewehrt, var. mitis Gmel.). Dämme. Junggeschüttete Weichseldämme bedeckt gleichfalls — ebenso wie z. B. Eisenbahndämme — keine naturwüchsige Grasnarbe. Die fremden Bestandteile verlieren sich hier wie auf Flußtalwiesen mit der Zeit. Es ent- stehen sogenannte Hungerstellen, die nach und nach von den ursprünglichen Arten der nächsten Umgebung eingenommen werden. Um den Damm wehr- fähig zu erhalten, muß auf eine geschlossene Pflanzendecke gesehen werden. Angesät werden daher die bereits erwähnten Futtergräser, worunter manchmal Bromus erectus in Menge vorhanden ist, der dann aber (z. B. Thorn und Münsterwalde) einen bleibenden Bestandteil der Grasnarbe bildet, ferner Knäul- gras ( Dactylis glomerata). Sonst erscheinen häufig auf der Dammkrone: Poa annua, P. compressa , an den Böschungen in Menge Cichorie, Bromus inermis, seltener B. arvensis , B. secalinus, B. tectorum und bisweilen B. sterilis 2). Ur- wüchsig sind wohl hin und wieder: Klee ( Trifolium arvense ), Sichelklee (Medicago falcata 3), angebaut: Luzerne ( M . sativa) und Esparsette ( Onobrychis vicifolia). Eingeschleppte Arten gehören auf den Dämmen nicht zu den Selten- heiten, ebenso auf Rasenplätzen. Eingebürgert ist Lepidium Draba (z. B. Grenz und Michelau, Kreis Kulm und Schwetz); L. campestre dagegen scheint unbeständig zu sein wie Rudbeckia hirta und Chrysanthemum Myconis (das meist in Kleefeldern auftaucht). Auf Eisenbahndämmen und Festungs wällen um Schlüsselmühle bei Thorn wachsen an mehreren Stellen seit Jahren wie völlig urwüchsig: Sanguisorba minor und S.polygama var. platy lopha (Spach) Casp , Asperula glauca und Galium silvestre Poll. var. hirsutum Koch, 9 Hin und wieder die Abart C. lodomieriensis. 2) Glacis und Wälle bei Thorn, Kulm, Graudenz, Marienwerder und Mewe, meist in Menge. 3) Ungemein formenreich und in überraschenden Farbenschattierungen — vielleicht mit Bastarden M, falcata -J- sativa , die einer genauen Sichtung bedürfen. 42 91 an einer Stelle Galium Wirtgeni Fr. Schultz. Diese Form blüht etwa 3 — 4 Wochen früher als die Leitart G. verum und unterscheidet sich sonst nach Ascherson von ihr durch den Mangel des Honigduftes. Die Pflanze duftet nämlich „bockig“. Crupina vulgaris und Alopecurus agrestis sind aus unserer Flora verschwunden, während sich auf Rasen bisweilen Thrincia hirta völlig einbürgert. B. Naturwiesen. 1. Flußtalwiesen. Die Fruchtbarkeit der Flußtalwiesen im gesamten einheimischen Strom- gebiete hängt ab von einem günstigen Grundwasserstande, dem Fehlen eines Rück- staus und einer ordnungsmäßigen Abwässerung. Hiernach richtet sich der Reich- tum an Süßgräsern. Gesträuch tritt nur untergeordnet an nassen Stellen auf. Dadurch unterscheiden sich die hier zu behandelnden Wiesen von den Kämpen- Fluren (Seite 57), bei denen die Hochstauden eine wichtige Rolle spielen. Dafür herrschen bei den Flußtalwiesen langhalmige Gräser vor. Von er- staunlicher Üppigkeit strotzen weite Striche der Weichselniederungen — außer- halb der Mündungsgebiete — sofern sie durch die regelmäßig eintreffenden Hochwasserwellen bloß vorübergehend überflutet werden. Die Zufuhr reichlicher Schwemmstoffe macht eine künstliche Düngung bis auf eine etwaige Beigabe von Phosphor und Kalk überflüssig. Gute Süßgraswiesen derFlußtäler können also nur bedingt als echte Naturwiesen angesprochen werden. Erforderlich und unent- behrlich bleibt die schaffende Hand des Menscben. Denn sobald die Ent- wässerungsverhältnisse vernachlässigt werden, übernehmen die sogenannten „sauren Gräser“ die Führung. Abgesehen von der Weichsel erfreuen sich solche Flußtäler derartiger Wiesenformationen, wo sich Entwässerungsgenossenschaften gebildet haben. Dort, wo die Nebenarme träge und in gewundenem Laufe durch das Gelände schleichen, gibt es entweder nur Grünmoore oder höchstens bessere „Pferdewiesen“. Das Mengenverhältnis der Leitgräser auf den Süßgraswiesen hängt vom Feuchtigkeitsgehalte des Bodens ab. Auf trockeneren Lagen herrscht Poa trivialis vor. Daneben treten in wechselndem Mengeverhältnis auf: P. palustris, Festuca elatiorl\ Holcus lanatus, Poa pratensis, Dactylis glomerata und die übrigen bereits von den Halbkultur- Wiesen (Seite 90) bekannten Arten, untergeordnet ferner: Ruchgras, ( Antho - xanthum odoratum), Agrostis vulgaris , Kammgras ( Cynosurus cristatus), Schmiele (Aera caespitosa), Festuca rubra , an Seggen etwa nur: Carex muricata , C. leporina , C. echinata, G. pallescens und C. hirta. Abgesehen von den Seite 90 gleichfalls erwähnten, gewöhnlichen Arten sind hier häufig: Ranunculus auricomus , Potentilla reptans, Trifolium pratense, 0 Bisweilen mit fast traubenförmigen Rispen var. pseudololiacea Fr. — ähnlich dem Bastarde F. elatior -f- Loli um p'erenne — der aus Westpreußen nur von einer Weichsel- wiese bei Mewe bekannt ist. 43 92 T.procumbens, T.repens , selten „schwedischer Klee“(T’. hybridum ), Ononis arvensis , Medicago lupulina , Lotus corniculatus , Vicia sepium, die vom Vieh widerwillig genommene Vogelwicke (V. Cracca), Lathyrus pratensis , Hartheu ( Hypericum perforatum), Heracleum sibiricum, Angelica silvestris, Kümmel ( Carum Carvi), Mohrrübe ( Daucus Carota), Anthriscus silvest7'is: unsere am frühesten blühende Doldenpflanze, Bibernell ( Pimpinella Saxifraga ), Männertreu ( Veronica Cha- maedrys *); JEuphrasia Odontites * 2), E. stricta , Plantag o media, Labkraut (Galium Mollug 6), Knautia arvensis, Leontodon hastilis, Hypochoeris radicata , Hieracium pratense) Gänseblümchen ( Bellis perennis)3) und Alchemilla vulgaris. Lücken in der Grasnarbe werden schnell von Wiesenunkräutern, besonders gern vom Gänsefingerkraute ( Potentilla Anserind) ausgefüllt. Wiesenmoose fehlen gewöhnlich guten Wiesen. In bescheidener Anzahl werden sie sogar gern gesehen, weil sie die Feuchtigkeit länger festhalten und dadurch das Wachstum der Gräser befördern. Die häufigsten Arten sind: Hylocomium squarrosum , Hypnum filicinum ; H. cuspidatum. Diese Wiesen bieten also keine nennenswerte Ausbeute an botanischen Seltenheiten. Solche stellen sich mehr auf frischen Stellen, besonders dort ein, wo Flußtal -Wiesen häufig in Grünmoore übergehen. Das geschieht auf den niedrigen, uneingedeichten Talstufen der Weichsel und den meisten un- regulierten Nebenflüssen. Bestände der nassen Flußtalwiesen. Die Führung haben hier feuchtig- keitliebende Rispengräser mit Poa palustris , untergeordnet P. trivialis, Agrostis alba, A. canina, Promus secalinus, Alopecurus geniculatus , Aera caespitosa. Von sog. sauren Gräsern wären zu erwähnen: Carex vulpina, C. Goodenoughii , C. muri- cata, C. pallescens, C. leporina, seltener C. vesicaria , C. echinata — häufiger an den mit Erlen- und Weiden-Gebüscli eingesäumten Gräben, wo in der Weichselnähe sich gern Nasturtien der gewöhnlichen Art und die an das Stromtal gebundenen selteneren Formen einzufinden pflegen. Hier wird stellen- weise Barbaraea vulgaris (die Winterkresse) bisweilen ebenso wie in den Niederungen durch die var. arcuata Rchb. ersetzt, während B. stricta etwas stärker verbreitet scheint als jene. Im Frühjahre stehen solche Wiesen häufig auf kurze Zeit unter Wasser. Einen reizvollen Anblick bieten sie dann, wenn die zahllosen Blütenaugen der Sumpfdotterblume ( Caltlia palustris) auf der glitzernden, von Wasservögeln reich belebten Fläche gleich goldenen Sternen zu schwimmen scheinen. Bis- 1) Auffallend tief fiederspaltig ein geschnittene Blätter /. incisa G. Froel. und /. pinnati • fida Aschers. 2) Hin und wieder var. serotina Lam. mehr auf Moorwiesen. 3) Fehlt nach Abromeit (siehe Flora Seite 381) nördlich der Linie Labiau-Wehlau-Inster- burg-Gumbinnen in Ostpreußen; nach Klinge (Flora von Liv-, Est- und Kurland) zwar in den baltisch-russischen Gouvernements vorhanden, jedoch sicher nur verwildert (Rapp. Festschrift des Naturwissenschaftlichen Vereins in Riga; 1895, Seite 59 ff.). Im Süden (Krim) und Trans- kaukasien tritt die Pflanze wieder auf. (Fischer v. Waldheim br.). 44 93 weilen wird an qu eiligen Stellen diese Pflanze durch das Scharbockskraut ( Ranunculus Ficaria) ersetzt, zu dem die weißen Blütensterne des Gänse- blümchens oder Scharen von weißen Anemonen (Anemone nemorosa) in angenehmem Gegensätze stehen. Durch Massenwirkung fällt etwas später das Wiesenschaum- kraut (Cardamine pratensis) auf, dem sich Kuckucksblumen ( Coronaria Flos cuculi ) und Hahnenfuß (Ranunculus acer, R. aucricomus) in ähnlich überwältigender Menge beigesellen. Als Leitpflanzen treten im Sommer gewöhnlich auf: Euphrasieu (Euphrasia stricta, seltener E.Rostkoviana )1), Weiderich (Lythrum Salicaria ), mit- unter Campanula patula 2), Cirsium oleraceum, selten Inula britannica3) . An sonstigen Arten sind, abgesehen von einzelnen bei der vorigen Unterformation namhaft gemachten Pflanzen, überall häufig: Rumex conglomeratus in den Fluß- tälern mehr als anderwärts, Ranunculus repens, Geum rivale , Ulmaria pentapetala besonders im Gebüsch, Trifolium hybridum, Linum catharticum aber auch auf trockenen Triften, Lysimachia Nummularia, Hypericum quadr angulum, H. tetra- pterum: beide vereinzelt, Selinum carvif olia, Beinwell (Symphytum officinale), Menta aquatica, Brunelia vulgaris , Ajuga reptans , Glechoma Hederacea , Veronica serpyllifolia , Valeriana officinalis, Succisa pratensis , Galium palustre , Hieracium Auricula . Minder verbreitet sind: Thalictrum angustifolium 4), seltener Th.flavum-, Ranunculus sardous (in den Niederungen bis Marienburg häufig)5 6), Dianthus superbus, Pimpinella magna, Lotus uliginosus . ein wertvolles Futterkrautr Tausendgüldenkraut (ErytJiraea Centaureum , E. pulchella ), Bromus racemosus. Auf weiten Strecken fehlen: Valeriana dioeca, das Wiesenknöpfchen (S anguis- orba officinalis)3), das z. B. schon im südlichen Teile der Provinz Posen mit Silaus pratensis und Heracleum Sphondylium eine bezeichnende Wiesenpflanze ist. Mehrfach übersehen scheint Festuca arundinacea zu sein, die schützendes Gebüsch liebt. Namentlich im Weichseltale, aber auch in den Seitentälern erinnern manche Wiesen ungemein an die Formation der Straucbkämpen (S. 59) durch das zahlreiche Auftreten von Hochstauden. Für die Gegend um Nessau-Niedermühl (Thorner Niederung), das Fersetal und Haffwiesen ist die Engelwurz (Arcliangelica officinalis) am bemerkenswertesten. An Graben- rändern erscheint im engeren Weichselgebiete bisweilen der stattliche Dipsacus laciniatus , der als Gartenpflanze gezogen an Höhe den Riesenmais fast erreicht. 9 Mit der nicht seltenen var. verna Bell. 2) Ist im Großen Werder sehr selten. 3) Unter dem Namen Arnika von der Dorfbevölkerung auch bei uns als heilkräftig an- gesehen. 4) Fritsch tritt lebhaft für den Namen Th. lucidum ein. (Verhandlungen der kaiserlich- königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft. Wien 1894.) 5) Im Innern der Provinz sonst sehr zerstreut, gern auf fettem, feuchtem Lehm- und Wiesenboden. 6) Fehlt anscheinend westlich von der Weichsel mit Ausnahme von Dt. Krone ; bei Marienwerder nur bei Rachelshof (selten), Stuhmer, Thorner Niederung, Christburg, Elbing,, bei Freystadt, Danziger Höhe sehr selten. 45 94 Seltene Ufer-Wiesen -Pflanzen. Zu den ausgesprochenen Gliedern der Uferwiesen zählt ferner das mit kleinen Exemplaren von Angelica silvestris leicht zu verwechselnde Ostericum palustre. Rostafinski gibt die Pflanze zwar für das südliche und südwestliche Polen an, läßt es aber unentschieden, ob sie dort schon im Weichseltale wächst. Bei Thorn hat sie ihre zahlreichsten Standorte auf der Ziegeleikämpe, den Klosterwiesen bei Podgorz, den Kosacken- wiesen bei Rubinkowo, Schloß Birglau, Kreis Kulm bei Klammer1). Trockenere Lagen zieht der bei uns seltene Silaus pratensis vor. Diese Pflanze be- schränkt sich wie die vorige nicht allein auf Ufer wiesen. Ihre haupt- sächlichsteVerbreitung hat sie aber gleichfalls im Kreise Thorn und im Drewenz- Gebiete2), wo sie bisweilen mit der vorigen zusammen wächst. Das im Memel- gebiete verbreitete Cenolophium Fischeri fehlt unserer Flora und ist mit der vorigen Art bei Thorn nach Abromeit verwechselt worden. Pontische Wiesenpflanzen treten nur in untergeordnetem Grade auf. Die im Stromgebiete verbreitetste, Scutellaria hastifolia , dringt von der Weichsel bis nach Kahlberg vor (wohl mit Weichselschlamm, der zu Kulturen Anwendung gefunden hat, verschleppt), längs des Schwarzwassers dann bloß eine kleine Strecke stromaufwärts, gern im Schutze von Weidengebüsch3). Von Cirsium canum dagegen kennen wir nur einen von Grütter ent- deckten Standort auf Weichsel wiesen zwischen Sartowitz und Jungensand (Kreis Schwetz), woselbst die Pflanze, die Gepflogenheit ihrer Gruppe nicht verleugnend, Bastarde mit C. oleraceum gebildet hat. Das auf Riesel wiesen bei Schwarzwasser (Kreis Pr. Stargard) beobachtete Cirsium rivulare 4) könnte mit Grassamen eingeschleppt sein wie ihre Begleit- pflanze Senecio harbaraeifolius. Diese Art wird vom Großen Werder ab, wo sie sich in der Nähe der Dämme aufhält, gegen die Mündung und die Haffe hin zusehends häufiger und tritt auf Wiesen von Heubude, Neufahrwasser sogar im Spätsommer als Leitpflanze auf. Sonst geht sie wenig über das engere Weichselgebiet hinaus5). In Süd-Europa ist sie ziemlich weit verbreitet, teilweise in Formen, die dem verwandten S. aquaticus Hüds. nahe stehen. !) Kreis Kartliaus bei Babental? — neuerdings in Ostpreußen nicht mehr wiedergefunden; Kreis Bromberg in der Schlucht von Pawlowke — im Kreise Inowrazlaw anschließend an den Kreis Thorn längs der Grünfließniederung, Jesuiterbrucli, Montwy - Wiesen meist in Menge (nach Spribille). 2) Podgorz, Kaschorek bis nach Rußland hinein, Mocker, Schloß Birglau, Ostaszewo, Lulkau, zwischen Gr. Radowisk und Bahrendorf, Kreis Strasburg — Kreis Putzig nach Abromeit nur eingeschleppt. 3) Ostpreußen: im Memel-Pregel-Gebiete, — fehlt in West-Europa, Norwegen und dem arktischen Rußland. 4) In Ostpreußen ziemlich verbreitet. 5) Von Thorn bis Marienwerder anscheinend fehlend, bei Christburg, Marienwerder sehr selten, auch vielgestaltig. Vergl. über diese Art Polak: Über S. erraticus Bert. (Ö. Bot. Z. 1896, S. 168 — 17*2), J. Scholz: Über das Artenrecht von S. erraticus Bert, und S. barbaraei- folius Krocker a. a. 0. 1899, Nr. 8 u. 9. ■ — Abromeit: Flora S. 421. 46 95 2. Salzwiesen. Salzstellen haben wir bei uns entweder längs der Küste, bedingt durch den Salzgehalt der See, oder im Binnenlande. Obwohl bei uns keine Salinen vorhanden sind, wie unweit der Grenzen unserer Provinz bei Cichocinek (in Rußland) und Inowrazlaw (Provinz Posen), so zeigt der Boden weitab vom Strande bisweilen doch erheblichen Kochsalzgehalt an. Das ist z. B. der Fall bei Tiegenhof und Thora, wo der Kreide eine Chlornatriumlösung entsteigt. In der Weichselniederung von Thorn gibt es eine Reihe von Stellen, wro nach der Besiedelung durch salzliebende Pflanzen zu urteilen, Salz zu ver- muten ist. Diese Salzzone reicht etwa von Czernewitz ab bis nach der Ruine Dybow hin und läßt auf einen starken Gehalt des Stromtales oder der benach- barten Diluvialhöhen an Sole schließen. Eine sogar die Inowrazlawer Solquellen an Salzreichtum übertreffende Salzquelle wurde in einer Tiefe von 126 m bei Czernewitz erschlossen. Sie enthält in 1 Liter Wasser 4,086 g Chlornatrium und hat zur Gründung eines noch in den ersten Anfängen stehenden Bade- ortes verholfen. Selbst wenn längs der Stromrinne kein Salz anstehen sollte, so genügt vielleicht schon jene Quelle, um eine Salzflora durch die nach der Talsohle abwässernden und teilweise mit Salz angereicherten Grund wasser- ströme zur Entfaltung zu bringen. Einteilung der Salzpflanzen. Die an die äußere Strandzone gebundenen Strandpflanzen scheiden bei der Beschreibung der Salzwiesen aus und bleiben späterer Betrachtung Vorbehalten. Unter den übrigen Salzpflanzen, die bald Salzwiesen oder Salzsümpfe bewohnen, gibt es eine Reihe von Arten, die man als halophile bezeichnet. Im Gegensätze zu den echten, Küste und Binnenland bewohnenden Salzpflanzen zeigen sie nicht immer den Salzgehalt des Bodens an, weil für sie Salz kein unbedingtes Lebensbedürfnis bildet. Wohl aber geben sie unter mehreren Bodensorten dem Salzboden den Vorzug. Salzwiesen bei Danzig. Als eingeschleppt betrachtet man auf der Westerplatte S alicornia herbacea und Suaecla maritima. Beide Salz- pflanzen sind für die Gradierwerke am Soolbade Ciechocinek (Rußland) unweit unserer Grenze bezeichnend, jene Art außerdem für Inowrazlaw. Auf den Wiesen um Legan, Neufahrwasser, an Grabenrändern hat sich eine reiche Salz- flora angesiedelt, die mit Ausschluß der obigen Arten darbietet: Melilotus denta Lus , Glaux maritima , Plantag o maritima , Sp ergularia sali na , Aster Tripolium, Triglochin maritima . Die Strandwiesen enthalten außer zahlreichen Sand- und Heidegenossen gleichfalls mitunter Glaux , Spergularia salina, Salsola Kali, Juncus Gerardi mit dem namentlich an feuchten Dünentälern häufigen J. balticus , Festuca distans namentlich in der var. capillavis 9 während JF. thalassicd östlich von Putzig nicht typisch oder urwüchsig zu sein scheint, ferner Lotus corni - 47 96 culatus in der var. tenuifolius und die häufig nicht richtig unterschiedene Erythraea litoralis1). Von den durch Fettdruck hervorgehobenen Strandpflanzen abgesehen, zeigt die Salzflora bei Inowrazlaw und Ciechocinek eine ähnliche Zusammen- setzung. Der Kreis Inowrazlaw hat vor uns übrigens, voraus Car ex secalina , Althaea officinalis und die bei Thorn längst verschwundene Spargelerbse ( Tetragonolobus siliquosus). Die Thorner Salzflora im Weichseltale von der Grenze bis in die Gegend von Podgorz trägt kein so reiches Gepräge und be- steht bloß noch aus Glaux } Melilotus dentatus , Triglochin maritima , welchen Arten an sogenannten halophilen Pflanzen hinzutreten: Erdbeerklee ( Trifolium fragiferum), Glyceria distans und zwei von manchen Schriftstellern hierher ge- rechnete Pflanzen: Carex distans und Lotus uliginosus. Als seltenster Bestandteil der salzliebenden Arten unserer Provinz tritt Samolus Valerandi im Kreise Putzig auf, eine Pflanze, die Graebner zahlreich an Grabenrändern am Wiek bei Großendorf entdeckt hat und die hier für die deutsche Flora ihre Ostgrenze erreicht, da ein weiter östlich ge- legener angeblicher Standort am Drewenzseeufer zwischen Grünort und Pillauken (Kreis Osterode) bisher nicht bestätigt werden konnte. Die über fast ganz Europa, mit Ausnahme des hohen Nordens, auch im Binnenlande sehr zer- streut vorkommende Art taucht an der Ostseeküste unter Ausschluß von Ost- preußen erst wieder in Livland und Estland2 3 * *) auf und dringt östlich — über Grodno in Polen — bis nach China (Australien)8) vor. InBußland sind von Grodno bis nach der Krim, dem Kaukasus und Bessarabien keine Zwischenstationen nachgewiesen. Die Pflanze hat vielleicht ebensogut Anrecht auf die Bezeich- nung einer „atlantischen Art“ als auf Einreihung unter die „Genossenschaft mitteleuropäischer Strand-Steppenpflanzen“ im Sinne Höcks. Dieser verdienst- volle Forscher leitet den Ursprung der Mehrzahl der vorerwähnten Salzpflanzen aus den südosteuropäischen Steppengebieten ab, wo sie allerdings bereits von Ungarn ab salzauswitternde Plätze besiedeln. Bei der Dünenflora spielen die echten Salz-Pflanzen und die salzliebenden Arten gleichfalls eine wichtige Rolle und wir werden ihnen daher im Laufe der Schilderung noch weiter begegnen, um die aufgestellte Einwanderungs-Theorie näher zu würdigen. 3. Moorwiesen (Torfwiesen). Die Moorwiesen ruhen ebenso wie die Grünmoore, in die sie häufig über- gehen, auf torfiger Unterlage, oft von beträchtlicher Mächtigkeit. Sie unter- scheiden sich aber von ihnen durch einen hohen Grad von Trockenheit. Ge- J) Für das westpreußische Binnenland sehr zweifelhaft. 2) (Oesel, Ristlaend, Dagoe). 3) Nach Hock verbreitet von den Canaren über Nordafrika bis nach Vorderasien; ver- gleiche „Die Verbreitung der Meerstrandpflanzen Norddeutschlands“. Botanisches Centralblatt, Beihefte, Band X., Heft 6 (1901). 48 97 wohnlich entstehen Moorwiesen durch entwässerte Grünlandmoore. Das für diese Moore bezeichnende Erlen- und Weidengebüsch tritt aber nur vereinzelt auf, ob- wohl die Moorwiesen im Frühjahre vorübergehend an Feuchtigkeit zu leiden pflegen. Als Leitpflanzen kommen in Betracht: weiße ( Anemone nemorosa ), seltener die gelbe Anemone (A. ranunculoides ), Himmelschlüssel ( Primula offi- cinalis ), Gelbsterne ( Gagea 'pratensis, seltener G. lutea), später Orchis latifolia für manche Wiesen, 0. maculata , besonders aber Teufelsabbiß ( Succisa pratensis ), Parnassia palustris , Polygonum Bistorta und recht häufig eine aus Weiderich (Lythrum Salicaria ), Cirsium oleraceum und Triglochin palustris bestehende hochwüchsige Unterformation, der eine niedrige Formation auf kurzgrasigen Stellen mit Euphrasia , Potentilla Anserina und Vagina nodosa gegenübersteht. Riedgräser treten nur untergeordnet auf. Anemonen-Formen. Die Anemonen bilden eine hervorragende Zierde vieler Wiesen im Frühjahre. Das ist namentlich der Fall auf Torfwiesen. Mitunter schließt A. nemorosa ihre Gattungsgenossin A. ranunculoides aus. Rotblütige Formen der weißen Anemone zeigen sich am häufigsten und zahl- reichsten sowohl auf Weichselwiesen wie Moorwiesen am Leibitschbache im Kreise Thorn (var. purpurea Gray): vom zartesten rosa bis zum gesättigten purpurrot. Zweiblütige Spielarten gehören zu den Seltenheiten *). Eine rasen- bildende, in allen Teilen gedrungenere Form von A. ranunculoides , var. Wockeana Aschers, und Gr., wie sie zuerst für die Rudower-Wiesen bei Berlin beschrieben ist, habe ich von einer Moorwiese am Stadtvorwerke Lieben- tal bei Marienwerder beobachtet. Sie scheint mehr als eine gewöhnliche Standortsform der überaus formenreichen Leitart zu sein. Die var. suhintegra Wiesbaur, der ich eine integrifolia an die Seite stellen könnte, fehlt den offenen Lagen und ist mir als große Seltenheit nur aus Schluchten und Erlen- mooren bekannt. Dagegen zeigen Wiesenformen mitunter von außen prächtig orangerot gefärbte Blumen. Der Farbstoff rührt von Anthokyan her, einer ihrer chemischen Zusammensetzung nach ziemlich rätselhaften Verbindung. Ihm kommt die Fähigkeit zu, Licht in Wärme umzusetzen. Sehr schön nehmen sich auch ähnlich gefärbte Perigone einiger Gelbsterne ( Gagea pratensis und G. lutea ) aus. Ob die Form dieser Art mit blaugrünbereiften Blättern var. glaucescens Lge. wirklich eine nordische Form ist, mag dahingestellt bleiben. Übergänge habe ich nicht wahrgenommen. Beide, die blaugrüne und grasgrüne, stehen in Trupps gesondert oft dicht nebeneinander. Die Grasnarbe wird gewöhnlich gebildet aus: Agrostis vulgaris , bis- weilen var. stolonifera vorherrschend, Aera caespitosa, Molinia coerulea, Luzula campestris , L. multiflora , nicht immer gemischt mit Careoc muricata , C. vulpina , C. Goodenoughiif C. canescens , häufiger mit G. flava , C. Oederi, C. panicea und Juncus compressus. Bisweilen fehlen Cyperaceen ganz. !) Vergleiche J. Scholz: der Formenkreis von A. ranunculoides und A. nemorosa. Deutsche Botanische Monatschrift, Jahrgang 17, Nr. 7 — 11. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 7 98 Sehr zerstreut treten auf: Carex distans1), — etwas häufiger als C. glauca Scop. 2) — die sogar auf fruchtbaren Weichselkämpen bei Kulm mit Orchis coriophora und bei Tursnitz (Kreis Graudenz) beobachtet worden ist. Dem Alluvium scheint bei uns C. Buxbaumii zu fehlen3), welche Seggenart aber in Ostpreußen eine Leitpflanze vieler Jurawiesen bildet. Zahlreich wuchs sie früher auf Sumpfwiesen um Kisin (Kreis Kulm), scheint dort aber in letzter Zeit im Rückgänge begriffen. Die vielfach nicht sicher unterschiedene C. caespitosa gehört jedenfalls zu den wenig verbreiteten Arten. Orchideenwiesen. Unsere Wiesenorchideen bevorzugen den Kalkgehalt des Bodens. In günstigen Jahren, wenn Spätfröste oder kalte Ostwinde aus- geblieben sind, entfaltet sich oft ein entzückender Blütenflor, der an Leucht- kraft und Farbenpracht zu keiner anderen Jahreszeit übertroffen wird. Be- sonders auf der hier geschilderten Wiesenformation treten Orchis latifolia und 0. maculata ungemein formenreich auf. Gegen Witterungseinflüsse erweist sich 0. incarnata 4) ziemlich unempfindlich. Zwischen Gehälm der Grün- und Gehängemoore erreichen die beiden letzterwähnten Arten längs des Liebe* flusses an torfigen Abhängen bei Gorken (Kreis Marienwerder) eine Höhe bis zu 70 cm und zeichnen sich durch große Üppigkeit aus. Eine der reichsten Orchideenwiesen unseres Ostens liegt im Kreise Graudenz bei Tursnitz. Außer den oben erwähnten häufigeren Arten erfreuen das Auge 0. Morio, die wanzenduftende 0. coriophora , 0. militaris und 0. mascula5) durch ihr lebhaftes Farbenspiel. Hin- und wieder trifft man 0. coriophora allein oder in Gesellschaft der durch den lieblichen Kumarinduft der getrockneten Blätter ausgezeichneten 0. militaris auf feuchten Weichsel- wiesen, früher besonders zahlreich bei Zlotterie unweit der russischen Grenze, auf Wiesen bei der Nonnenkämpe (Kreis Kulm) und bei Neufähr6 7). Die vielgestaltige 0. militaris'1 ) bewohnt aber bisweilen ebenso wie 0. Morio} 0. maculata und Gymnadenia conopea sogenannte „gute“ Wiesen. Reiche Standorte für die erste Art sind die Wiesen bei Klammer und Dolken (Kreis Kulm), wo sie mit Crepis succisif olia zusammen wächst. So häufig, !) z. B.Fordon; Marienwerder mehrfach, aber vereinzelt in der Elbinger Niederung, um Danzig, Thorn. 2) Um Danzig z. B. bei Brentau, Jenkau, Oliva, im nordwestlichen Teile der Provinz, Leibitsch bei Thorn, Kreis Bromberg bei Rinkau in der var. erythrostachys , in den Kreisen Flatow, Schlochau, Drewenzwiesen am Niskebrodno-8ee mit C. distans. 3) Sonst bei Luschkowko, Kreis Schweiz, in den Kreisen Tuchei, Flatow und sehr zer- streut bis zur Küste, östlich der Weichsel in Westpreußen sehr selten. 4) Die Form foliosa Rchb. fil. — neu für Preußen — auf den Wellewiesen bei Grabacz, Kreis Löbau (H. Preuss br.). 5) Auch auf Waldwiesen, z. B. bei Heinen, Kreis Stuhm, Damerau bei Elbing, Christ- burg, Pelplin. 6) Sonst bei Birglau, Lissomitz (Kreis Thorn), Kreis Flatow usw. 7) Sehr zerstreut, gern an Schluchtenrändern längs der Weichselberge. 50 99 wie das gesellige Vorkommen dieser Arten im Vorgebirge, ist es jedoch bei uns keineswegs. Bastarde zwischen den häufigeren Orchis- Arten sind sicher bei Gorken und auf den Wellewiesen (Kreis Löbau) beobachtet worden. Vielleicht ge- hören hierher manche der vielfach beobachteten Abänderungen. Auf einer durch Artenreichtum sich auszeichnenden Wiese bei Kopaniarze (Kreis Löbau) entdeckte H. Preuss außer der in der Provinz sehr zerstreut vorkommenden 0. Traunsteineri den Bastard mit 0. incarnata, sowie die interessante und seltene Verbindung Gymnadenia conopea -j- Orchis in- carnata. Enzian* Wiesen. Unsere einheimischen Enzian-Arten bewohnen nur teil- weise Moorwiesen, wie Gentiana Pneumonanthe J), unsere großblütigste Art, die am meisten an den herrlichen Flor ihrer berühmtesten Verwandten auf den lichtumflossenen Alpenmatten erinnert. Besonders zahlreich ist diese in Ostpreußen stärker verbreitete Art z. B. auf den Montwy-Wiesen (Kreis Inowrazlaw) und auf den Wiesen am Dreilinden- und Wieczno-See (Kreis Briesen). Gewöhnlich sind hier Begleitpflanzen: Erythraea pulchella , Radiola linoides, Centunculus minimus , Gentiana uliginosa1 Cnidium venosum. In der Nähe von G. uliginosa pflegt selten zu fehlen die ihr nahestehende G. axillaris'RcwR., so z. B. auf Ossa-Wiesen bei Mühle Slupp (Kreis Graudenz), Seewiesen bei Lappalitz (Kreis Karthaus), im Kreise Tuchei mit G. Pneumonanthe''1 2). Auf Torfunterlage wurden ferner beobachtet G. haltica Murbeck:, eine westlich von der Weichsel wohl in den meisten Kreisen — hauptsächlich in den Küstenprovinzen — verbreitete Art und G. Amarella fr. pyramidalis Willd3). Die letztgedachte Art gedeiht aber viel besser auf mergelhaltigem Boden an Berglehnen, in Schonungen, wie auch die anderen hier geschilderten Arten (ausgenommen G. Pneumonanthe) ebenso gut an ähnlichen Standorten fortkommen. Seltene Bestandteile der Flora. Meist in Gesellschaft von Crepis palu- dosa findet sich C. succisifolia in einer Anzahl von Kreisen (Thorn, Strasburg, Briesen, Kulm, Schwetz, Tuchei, Berent und Danzig) — bisweilen in feuchtem Gehölz und auf Waldwiesen. Die Pflanze steigt auf Gebirgswiesen bis 1800 m und wäre ebensogut bei den Grünmooren zu erwähnen gewesen. Dasselbe hätte ferner bei Cnidium venosum geschehen können. Auch diese Art ge- hört den Teilen der Provinz an, wo bereits fester Torfboden ansteht4), besiedelt gern die Ränder von Mooren und Wald wiesen trockener Mischwälder. Ähnliche Standorte bevorzugt das in unserer Provinz nur an sehr wenigen Standorten vorhandene Melampyrum cristatum. Ausgestorben ist es auf 9 Fehlt in den Küstenprovinzen. 2) Sonst Kreis Schwetz, Schlucht bei Luschkowko — ob noch bei Danzig? 3) Kreis Kulm: Lorenzberg, Graudenz: Slupp, Marienwerder, Kreis Karthaus: Ostritz- See, Berent, Pr. Stargard, Schwetz. 4) Kreise Thorn, Schwetz, Tuchei, Briesen, Pr. Stargard, Karthaus, Putzig. 100 den Kosakenwiesen bei Rubinkowo (Kreis Thorn) und der Montauer Spitze, vielleicht auch auf einer Wiese im „Klotzow“ (Bürgerwald, Kreis Dt. Krone), südlich von der Försterei Middelfurth am Pilow-Fließ, wo es vor Jahren Abraham in einem einzigen Stücke mit Arabis arenosa , Succisa , Thalictrum angustifolium gefunden hatte. An dieser Stelle würden vielleicht noch zu berücksichtigen sein: Tofieldia calyculata und Hydrocotyle vulgaris. Weil sie aber auch auf Grünmooren nicht fehlen, mag hier darauf nicht näher eingegangen werden. Auf nassen Wiesen, die also nicht unbedingt der in Rede stehenden Formation anzugehören brauchen, vielmehr zwischen der vorigen und der nächstfolgenden (Grünmoore) die Mitte zu halten pflegen, erscheinen als Selten- heit, gern auf Seeuferwiesen: Allium acutangulum , Gladiolus imbri- catus und Iris sibirica. Von Allium fallax ist A. acutangulum gut, nicht bloß durch den Standort unterschieden. Beide leben nirgend bei uns zusammen. Eine Reihe gut besetzter Standorte weisen die Kreise Graudenz und Kulm auf1). Die anderen beiden Pflanzen bewohnen außerdem mit Vorliebe feuchte Waldgebüsche und Waldsümpfe. Auf den Weichsel wiesen unweit der russischen Grenze gab es von Gladiolus imbricatus früher viel mehr Standorte. Stärker ist er in Ostpreußen verbreitet, bei uns sonst sicher am Wieczno-See (Kreis Briesen), auf Piasnitz-Wiesen (Kreis Putzig)2). G. paluster dagegen tritt bei uns nur als Waldpflanze auf — aber stets auf trockenen Lagen im Gegensätze zu Iris sibirica. Beobachtet wurde diese schöne Art auf Wiesen am Rudnicker See, bei Lulkau, Kreis Thorn, westlich bis Flatow — nördlich bis zur Küste im Kreise Putzig. 0. Grün- (oder Grünland-) Moore. Entstehungsart. Die Grünmoore, auch Grünland-Wiesen oder Gras- moore genannt, ruhen wie die Moorwiesen auf Torflagern und leiden ohne Unterbrechung an einem Übermaß von Nässe. In welcher Weise dieser For- mationswechsel zustande kommt, wurde bereits bei derGewässerflora (S. 88) ange- deutet. Die absterbenden Wasserpflanzen erhöhen den Grund der Wasserbecken und vertorfen unter günstigen Verhältnissen. Durch die Erhöhung des Bodens wird das Wasser verdrängt, welchen Umstand sich die Uferpflanzen: Röhricht, Binsen und Seggen, zu Nutze machen und gegen die Mitte vorrücken, wie dies Abbild. 4 erkennen läßt. Schließlich verwächst der immer seichter werdende Wasserspiegel. Auf lange Zeit hinaus bleibt die Pflanzendecke dünn, schwankend, in der Mitte inselartig, und trügerisch. Nach dem Grade der bei der Ver- torfung mitwirkenden Humussäuren wird das Verwachsen beschleunigt. Unter- 4 Kreis Graudenz: Rudnicker See, Gehlbude, Rondsen, Mischke, am Stadtwalde von Graudenz, Parsken, Kreis Kulm: bei Podwitz — ob noch bei Danzig? — Alles Alluvium. 2) Früher bei Danzig, Bromberg an der Ober-Bralie. 52 101 stützt wird der Vorgang durch Staub- und Abschlemmmassen, die durch Wind und Tageswässer zugeführt werden und das Ganze zu einer dichten Masse verkitten. Solche Sümpfe in allen Entwickelungsstufen hat es im Weichseltale vor der Eindeichung und an den Nebenflüssen — - wie zum Teil vereinzelt noch jetzt — in Menge gegeben. Die Verlandungen gehen manchmal überraschend schnell vor sich. Die vielen auf Lache oder Lake1) endigenden westpreußischen Ortsnamen deuten auf derartige Morräste hin. Fr. Goerlce-Berlin phot. Abb. 4. Lagunenbildung nahe der Weichselmündung bei Neufähr. Bevor man diese im Entstehen begriffenen Bildungen als Grünmoore be- zeichnen kann, machen einige erst eine Übergangsformation als moosfreie Rohr- und Seggensümpfe oder als Erlenbruch durch. In ausgedehntem Maß- stabe geschieht dies z. B. in der Tuchler Heide, da hier neben der Kiefer die Schwarzerle den größten Flächenraum einnimmt. Durch Entwässerung pflegt man Erlenmoore, die oft mit Moorbirke durchstellt sind, in Wälder und ander- wärts in gute Torfwiesen umzu wandeln. Versagen die Abzugsgräben, so tritt der frühere Zustand wieder ein. Im Weichseltale sind alte Grünmoore bisweilen auf weite Strecken mit starken Schlickschichten überlagert, die ein noch lange nicht gehobenes, gewaltiges National -Vermögen in sich bergen. Um Schinkenberg, J) z. B. Jungfern sehe und Schadwalder Laclie, Ziegellack = Ziegenlache usw. 53 102 Ellerwalde (Kreis Marienwerder) stehen Torfbänke von hervorragender Güte und auffallender Mächtigkeit an. Da hier der Boden an überschüssiger Nässe leidet, so sind die weiten Grünmoorflächen in der Weiterbildung begriffen. Auch durch übermäßige Nässe gehen, wie schon hervorgehoben, gute Wiesen in Grünmoore über. Ausgedehnte Moore solcher Beschaffenheit begleiten gewöhn- lich schlecht regulierte Nebenflüsse. Am gefährlichsten sind solche Zuflüsse, die in Schlangenwindungen träge das Gelände durchziehen, stellenweise sogar in ihm kurze Zeit verschwinden. Dann überwuchern Seggen und Binsen die besseren Grassorten, bis sie schließlich die Alleinherrschaft ausüben1). Chemische Bodenbeschaffenheit. Kalkgehalt. — Der Kalkgehalt des Bodens soll die Entstehung von Grünmooren begünstigen2). Die im nächsten Abschnitte zu besprechenden Hochmoore sind, wie chemische Untersuchungen ergeben haben, kalkärmer. Die Unterschiede zwischen beiden Bildungen hat für Oberbayern Sendtner3) zuerst näher begründet. Inwieweit sie von den einheimischen Verhältnissen abweichen, müssen spätere Untersuchungen ergeben. Wenn sich trotz der wiederholt betonten Kalkarmut des Stromtales darin derartige Moore bilden können, so steht dies damit keineswegs im Widerspruche. Kalk wird überall dort abgesondert, wo Wasserpflanzen leben, denn sie be- sitzen die Eigenschaft, die zu ihrem Gedeihen erforderlichen chemischen Ver- bindungen dem sie umspülenden Wasser selbst dann zu entziehen, wenn sie in kaum nachweisbaren Spuren vorhanden sind. Die Altwässer und sonstigen Ansammlungen sondern daher auch hier Süßwasserkalke ab, wenn auch in ge- ringerem Maßstabe wie im Diluvium. Eine andere Erklärung für das Vor- handensein von Grünmooren auf der linken Uferseite bei Czernewitz bis Pod- gorz bildet der Kalkreichtum der hohen Uferränder. Das unterirdisch strömende Grundwasser laugt nicht nur die anstehenden Kalisalze aus, sondern enthält auch Lösungen vom kohlensauren Kalke der Silurgeschiebe. Deshalb darf z. B. der Characeen-Reichtum an manchen Stellen des Stromtales in Niederungs- gräben nicht befremden. Die Armleuchtergewächse zählen zu den Pflanzen, die bekanntlich besonders viel Kalk verbrauchen, dafür aber bei ihrem Absterben zur Kalkabscheidung beitragen. Wo also solche Bedingungen vorhanden sind, wird die Entstehung von Grünlandmooren auf Grund von chemischen Vor- gängen sich ungezwungen mit der aufgestellten Hypothese in Einklang bringen lassen. Eisenhaltige Beimengungen. Vielfach sind die sumpfigen Wiesen mit eisenhaltigen Verbindungen gesättigt. Das Sieker- und Grundwasser führt Lösungen von kohlensaurem Eisen ähnlich wie kohlensauren Kalk mit sich. J) Ahlvengreen teilt die Grünmoore ein in: a) Rohrsumpfmoore (hauptsächlich Cariceta , vom Carex panniculata- Typus), b) Rohrmoore ( Phragmiteta ), c) Seggenmoore ( Cariceta vom C. rostrata- Typus), d) «Tw/icws-Moore, e) Mischmoore. Vergl. Schriften der Naturf. Ges. N. F. XI. Bd. Danzig 1904. 1. und 2. Heft, das mir erst während des Druckes meiner Arbeit vorlag. 2) Klinge. In Bot. Jahrb. für Systematik und Geographie. XIV. S. 433 (1891). 3) Vegetations-Verhältnisse Südbayerns. Seite 622. 54 103 Durch Quellen gelangt es an die Oberfläche als Eisenocker (Eisenoxydhydrat). Seine Gegenwart macht sich als rotgelb gefärbter Schlamm bemerkbar. Die Wassergräben sind oft bis obenan damit angefüllt und überziehen die darin lebenden Pflanzen mit einer dicken Kruste. Beschleunigt wird nach Keilhack x) und Dahms2) die Eisenabsonderung durch Algen und begünstigt durch Zer- setzung von Pflanzen- und Tierleichen. Für die Kenntnis der Entwickelungsgeschichte der Pflanzen- und Tierwelt haben die Torfmoore eine weittragende Bedeutung. Die Einschlüsse an organi- schen Resten zeigen oft eine wunderbare Erhaltung, so daß sich selbst sogar noch Pollenkörner auf ihren Ursprung hin bestimmen lassen. Der Erhaltungs- zustand hängt von der Menge der vorhandenen Humussäuren ab, die in einzelnen Lagern sehr wechselt. Die Bestände der Grünmoore werden in der Hauptsache aus den gewöhn- lichen Vertretern von Seggen, Binsen, Schachtelhalmen, Wollgras, sogenannten sauren Gräsern, gebildet, indem bald die eine oder andere Gattung überwiegt. Zwischen den einzelnen, von rotbraunem Schlamme umgebenen Bülten und Rasen steht meist vereinzeltes Weidengebüsch, durchsetzt von Ufergebüsch- pflanzen, umher. Die Weiden gehören den verbreiteten Arten an, wie Salix Caprea, S. aurita , S. cinerea, S. repens 3), in deren Schutz häufig der Sumpffarn, Aspidium Thelypteris, wächst. An Riedgräsern sind vertreten: Carex stricta, C. Goodenoughii , C, acutiformis, C. gracilis, C.panicea, C. panniculata, C.rostrata , C. vesicaria, C. echinata, an Binsen: Juncus effusus, J. lamprocarpus, Scirpus paluster, S. compressus, S. silvaticus, an Schachtelhalmen : Equisetum palustre , E. heleocharis , oft begleitet von Schilf ( Phragmites ), selten vom Hügelrohr {Calamagrostis Epigeios ), ferner Molinia coerulea, Triglochin palustris , Wollgras (meist Eriophorum polystachyum, seltener E. latifolium), Ulmaria pentapetala, Sumpfauge ( Comarum palustre ), vereinzelt Geum rivale, Sumpfstorchschnabel ( Geranium palustre), Selinum carvif olia, Peucedanum palustre, Fieberklee (Menyanthes trifoliata ), Minze ( Menta aquatica ), Weidenröschen ( Epilobium pa- lustre, E. hirsutum ), Pedicularis palustris, Lysimackia vulgaris, L. Nummularia, Klebkraut ( Galium palustre ), Cirsium palustre, C. oleraceum, Senecio paluster. Minder häufig sind: Calamagrostis lanceolata, C. neglecta, Lysimachia thyrsiflora selten in geschlossenen Beständen, Crepis paludosa mit der selten beobachteten Abart brachyotus Cel., Ophioglossum vulgatum, Carex elongata. An tiefen Stellen erheben sich Rohrkolben ( Typha angustifolia und T. latifolia), die vielleicht häufiger, als man vermutet, den hochwüchsigen Bastard T. glauca Godr., nach Ascherson leicht kenntlich an den blaugrünen Blättern, bilden mögen4). Einführung in das Verständnis der geologisch -agronomischen Spezialkarten des nord- deutschen Flachlandes. Berlin, 1901. Seite 41. 2) Dahms. Westpreußische Mineralien. Sehr. d. Naturf. Ges. Danzig (1896). Seite 79. 3) Bisweilen in der var. rosmarinifolia Koch, ansehnliche Sträucher bildend. 4) Schloppe, Dt. Krone, Zarnowitz-Bruch (Kreis Putzig) nach P. Graebner. 55 104 Moose. Einen Hauptanteil am Florenkleide nehmen die Moose zwischen und an den Bülten der Woll- und Riedgräser. Als hervorragendste Vertreter sind zu erwähnen: Hypnum cuspidatum, H. giganteum minder häufig, H. ftli- cinum, H. stellatum , Bryum pseudotriquetrum, Gymnocyhe palustris, Dicranum palustre und Marchantia polymorpha. Dem Auge des Bryologen erschließen sich besonders auf den Grünmooren wahre Moosparadiese, deren Schätze selbst in unserer teilweise recht eingehend untersuchten Provinz noch keineswegs vollständig gehoben sind und die auch in pflanzengeographischer Hinsicht mancherlei bemerkenswerte Aufschlüsse liefern können. Häufig gesellen sich jenen Moosen bleiche Torfmoospolster ( Sphagnum ) hinzu, die Übergänge zu den später zu besprechenden Moosmooren darstellen und wiederum eine anders geartete Phanerogamen-Flora bedingen. Andere Bestandteile der Flora. Gegen den Artenreichtum der Moosflora stehen die Blütenpflanzen auf den Grünmooren allerdings zurück. Immerhin findet sich an günstigen Plätzen eine Reihe interessanter Arten, oft in reicher Auswahl, ein. Was zunächst die Weiden betrifft, so fehlt an minder ver- breiteten Arten Salix nigricans wohl keinem Kreise, während die für manche ostpreußische Wiesenmoore bezeichnende S. livida von dort aus nach Süden an Häufigkeit rasch abnimmt und bei uns ebenso wie in der Provinz Posen sehr zerstreut vorkommt. - — Reiche Standorte gibt es namentlich in den Kreisen Thorn *), Strasburg, Schwetz und Tuchei, wo auch die Bastarde mit S. aurita oder S. repens kaum fehlen werden. Auf einem Moore im Kreise Schwetz bei Miedzno wurde der ersterwähnte Bastard ohne die Eltern gefunden. Mitunter übertrifft der Orchideenflor der Grünmoore an trockeneren Stellen den der Torfwiesen. In kleinen eingesprengten Moostorfpolstern findet sich selten Orchis Tr aunst einer i, die später als 0. latifolia blüht und schon von weitem an der lockeren Blütentraube und den leuchtend karminroten Blumen kenntlich ist. Gymnadenia conopea erscheint in westpreußischen Grün- mooren seltener, wenigen Ortsfloren fehlt aber Epip actis palustris im Ried oder Sphagnum mit dem weitverbreiteten Sumpfveilchen ( Viola palustris ) oder der selteneren V. epipsila* 2). Seggen. Von selteneren Arten sind zu erwähnen: Carex diandra, stellen- weise wohl nicht gehörig unterschieden, bisweilen häufig, und C. paradoxa 3) x) z. B. Nessau, Judamiihle, Kreis Kulm bei Ostrometzko, Kreise Schwetz und Tucliel mehrfach, z. B. am Laskowitzer See, bei Cisbusch, Kreis Könitz bei Landkrug, Fersegebiet, Kreis Löbau im Wellegebiete bei Kopaniarze, Kreis Stulim bei Neuhakenberg. In der Provinz Posen in den Kreisen Hohensalza (Inowrazlaw), Bromberg — nach Schube in Schlesien ver- schollen. (Beiträge zur -Kenntnis der Gefäßpflanzen usw., Ergänzungsheft zum 78. Jahrbuch der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur.) 2) Gewöhnlich von dem Bastarde V. palustris 4~ epipsila begleitet. 3) Dort mehrfach festgestellt — wie dies bei anderen Seltenheiten der Fall zu sein pflegt — wo die Flora ständig kontrolliert worden ist, z. B. in den Kreisen Schwetz, Tucliel (an mehreren Stellen), ebenso Pr. Stargard: Hartigstal, Pisclinitza-Wiesen, Flatow, Könitz, Neu- stadt, Danziger Höhe, Löbau (Wellewiesen), Dt. Eylau bei Raudnitz und anderwärts. 56 105 auf weiten Strecken fehlend, während C. dioeca und G. pulicaris hauptsächlich für die Heidemoore im Nordwesten der Provinz bezeichnend sind und nur zerstreut Grünmoore im Innern der Provinz besiedeln. C. lasiocarpa gehört mehr den tiefen Torfsümpfen an, wo sie oft weite Flächen allein für sich oder auch mit C. diandra gemeinschaftlich in Anspruch nimmt. Übersehen scheint hin und wieder zu sein C. Hornschuchiana. In den Brüchen des Küsten- gebietes wird sie sicher mehrfach zu finden sein, wie man es nach den Funden , im Piasnitz-Bruche, Kreis Neustadt, und am Zarnowitz-See erwarten darf. Wichtig ist die Entdeckung von Scirpus multicaulis Sm. auf einem Grünlandmischmoor in einer größeren Fläche des ehemaligen Guntkofka-Sees (Kreis Rosenberg)1). Seggenbastarde kennen wir ebenfalls noch lange nicht im erforderlichen Maße. Erwähnt zu werden verdienen: C. paradoxa -f- panniculata bei Falkenhorst, Kreis Schwetz, C. paradoxa -f- diandra vom Laskowitzer See, C. rostrata -f- vesicaria bei Lianno, C. riparia + rostrata , C. muricata -j- vulpina bei Luschkowko (sämtlich Kreis Schwetz), C. vesicaria -|- hirta — C. pilosiuscula bei Tiegenhof von Gross entdeckt, durch H. Preuss dagegen C. filiformis + rostrata bei Steegen (Kreis Danziger Niederung). An seltenen Formen wurden neuerdings von H. Preuss gefunden: C. diandra b. major Koch auf dem Czochai-Bruch bei Locken und in Sümpfen bei Straszewo, sowie C. vesicaria b. robusta Sonder bei Montowo, Kreis Löbau. Auf Grünmooren stellt sich bisweilen Polygala amara ein, so z. B. auf Wiesen am Schwarz wasser der Kreise Schwetz, Tuchei, ferner sehr zerstreut um Karthaus, Danzig, Neustadt, teilweise auf guten Wiesen und feuchten Strandtriften mit P. vulgaris. Nordische und alpine Glieder treten auf Grünmooren in beträchtlicher Anzahl hinzu. Zu den bezeichnendsten gehören Polemonium co eruleum , bis- weilen wie in Ostpreußen Waldpflanze, Saxifraga Hirculus, Tofieldia cdly - culata , Pedicularis Sceptrum Carolinum } Sweertia perennis. Zum bessern Verständnisse des eigenartigen Pflanzenkleides empfiehlt es sich, einige der interessantesten Standorte aus dem einheimischen Florengebiete herauszu- greifen und wenigstens in allgemeinen Zügen näher zu schildern. Das Grünmoor bei Gorken (Kreis Marienwerder) könnte man als Gehänge- moor bezeichnen, da es die stark versumpften, quelligen Abhänge längs des Liebeflusses zwischen Gorken und Hammermühle einnimmt. Der obere Rand wird von Schlehdorn- und Rosengestrüpp, untermischt mit Faulbaum, Salix aurita und S. Caprea , eingefaßt. Eine zweite Zone trägt Röhrichtbruch (Phragmites und Phalaris arundinacea untermischt mit Calamagrostis lanceolata ), ferner Scirpus silvaticus , Schwertlilie ( Iris Pseudacorus ), Ulmaria pentapetala , Wiesenraute *) Ahlvengreen : Die Vegetations-Verhältnisse der westpreußischen Moore östlich der Weichsel. Sehr. d. Nat. Ges. Danzig. N. F. XI. Bd. 1. u. 2. Heft. Ob die sonst bei uns fehlende mehr in Westdeutschland verbreitete Pflanze urwüchsig oder mit fremdem Gras- samen dorthin gelangt ist, wird noch zu prüfen sein. 57 106 ( Thalictrum angustifolium in den Formen stenophyllum und heterophyllum Wimm, et Grab.). Eine dritte Zone stellen die bereits Seite 103 aufgeführten Riedgräser dar, als Leitart Carex rostrata. Besonders zahlreich und üppig gedeihen in den gelblichroten, überall hervorquellenden Tümpeln Aspidium Thelypteris, Crepis paludosa und Sumpfstorchschnabel. Als besonders auf- fallendes Glied dieser Genossenschaft ist Poa Chaixii1) zu erwähnen, welches Gras mit Festuca rubra in hochwüchsigen Exemplaren dem Riede und Röhricht beigesellt ist. P. Chaixii gehört sonst zu den Bewohnern schattiger Wälder und Bergschluchten; das Auftreten in freien, sonnigen Formationen der Ebene ist also recht bemerkenswert. Ein ungemein liebliches Bild bieten die Gehänge um Johannis, wenn die stattliche Himmelsleiter ( Polemonium co eruleum)2) ihre blauen Blumensträuße entfaltet. — Eine ähnliche Zusammensetzung bat eine Sumpfwiese am Fuße der großen Parowe am Stadtvorwerke Liebenthal, wo die Himmelsleiter im Schutze von Weiden- und Schwarzerlengebüsch wächst. Unter den hier in Masse vorkommenden Cirsien sind die Bastarde C. oleraceum -f- palustre und C. palustre -f- lanceolatum , ferner die rotblütige Form (amarantinum Lange) von C. oleraceum , endlich die drüsig behaarte Rasse von Euphrasia nemorosa var. brevipila Burn. u. Gremli beobachtet worden. Die Grünmoore längs des Cypelle-Flüßchens in der Nähe sind durch ihren Orchideenflor berühmt. Es gedeihen hier in Unmasse Orchis maculata, 0. latifolia, 0. incarnata, selten 0. militaris , Epipactis palustris und als besondere Selten- heit 0. Traunsteineri Saut. Diese durch ihre leuchtend karminroten Blüten ausgezeichnete Art blüht hier etwa vom 6. Juni ab, wenn die viel kräftigere und reichblütigere 0. latifolia bereits fruchtet. Sie ist sonst für die Schwarz- wasserwiesen in den Kreisen Tuchei und Pr. Stargard festgestellt und viel- leicht anderwärts übersehen (s. Seite 104). iVfoorwiese bei Judamühle (Kreis Briesen). Sie leidet unter dem Rückstau des Mühlenfließes. Ausgedehnte Cariceten wechseln mit Wollgras-Riedbeständen (Eriophorum polystachyum) ab; unter den sehr vereinzelten Weiden gewöhnlicher Arten wächst die seltene Salix livida. Zwischen den übrigen Blütenpflanzen, wie Dianthus superbus, Succisa pratensis, Crepis paludosa , C. succisifolia aber viel Saxifraga Hirculus 3) und in Moospolstern Liparis Loeselii und Stellaria crassifolia. Eine ähnliche Zusammensetzung haben manche Wiesen längs der Welle (Kreis Löbau), wo noch Polygala amara, Polemonium , Orchis Traunsteineri hin- zutreten. ]) In der in West- und Ostpreußen ausschließlich vorkommenden Abart remota Fr. 2) Diese nordische Art wurde festgestellt für die Kreise Thorn (ob urwüchsig bei Griin- hof?), Strasburg, LÖbau, Tuchei, Rosenberg (Drewenzwiesen bei Grämten und Dt. Eylau), Danziger Höhe sowie in der nordwestlichen Ecke der Provinz. 3) Leitpflanze der Moore in den Kreisen Strasburg, Löbau, ziemlich verbreitet in den Kreisen Schwetz, Tuchei, Könitz bis in die Kreise Berent, Putzig, fehlt anscheinend im Kulmer und Graudenzer Kreise. 58 107 Saxifraga Hirculus fehlt verschiedenen Kreisen ; es besiedelt am liebsten, wie andere Glieder der nordischen Flora, z. B. die soeben erwähnte Stellaria crassifolia, die kältesten Standorte und findet sich auch in Torfmoospolstern eingebettet. Auf sumpfigen Wiesen am Liebeflusse bei Rospitz (Kreis Marien werder) wächst S. Hirculus in allerlei Sumpfmoosen mit schön entwickelten Exemplaren von Hieracium floribundum, das gewöhnlich fruchtbare Wiesen vorzieht. Auf solche Standorte beschränkt sich ferner fast immer die alpine Tofieldia calycu- lata im norddeutschen Flachlande, wie aus ihrem Vorkommen, z. B. auf den Abrauer Moorwiesen (Kreis Könitz), erhellt. In den Kreisen Inowrazlaw (Berg- bruch — früher Bachorzebruch) *), Bromberg, Schubin zieht sie aber nasse Standorte vor. Um Thorn (bei Mocker) ist sie längst verschwunden und kaum mehr zu erwarten. Die Torfwiesen bei Abrau (Kreis Tuchei) zeichnen sich durch einen über- raschenden Reichtum an seltenen Pflanzen aus. Das hängt jedoch hauptsächlich von der verschiedenartigen Bodenunterlage ab, indem diese Formation häufig sowohl mit Wiesenmooren und besseren Wiesen, als mit den Hochmooren durch Übergänge verbunden ist. Die ausgedehnten Torfflächen von Damerau, Schlagenthin, Drausnitz, Sicinoy, Dt. Cekczyn, von Kensau bis Abrau wechseln gleichfalls, oft in schroffer Weise, in der Form ihres Florenkleides. Offenbar liegt das Gelände im Bereiche einer längeren Stillstandslage des Inlandeises während seiner letzten Rückzugsbewegung. Gegen den Abrauer See hin lösen sich Cariceten und Rohrsümpfe mit ziemlich guten Schnitt- und Hutwiesen ab. Da die mächtigen Torflager in größerem Umfange ausgebeutet werden, so ist die Pflanzendecke in ihrer natürlichen Entwickelung gestört. Weiden- und Erlengebüsch ist in vereinzelten Trupps gewöhnlich über das Moor zerstreut. Von minder häufigen Blütenpflanzen sind zu erwähnen: Orchis incarnata , 0. latifolia , 0. macul ata, 0. Morio, Listera ovata , Gymnadenia conopea , Pedicularis silvatica* 2), die östlich der Weichsel bis in das. nördliche Ost- preußen hinein fehlt. An mehr trockenen Wiesenrändern ist Centaurea austriaca ziemlich verbreitet. Von hervorragenden Seltenheiten wurden beobachtet: Anacamptis pyramidalis 3) an ähnlichen, grasreichen Plätzen zwischen Kensau und Dt. Cekczyn, welche seltene Orchidee in Westpreußen sonst bloß noch bei Ebensee (Kreis Schwetz) festgestellt wurde, ferner Tofieldia calyculata an den vom Vieh durchgetretenen Kämpen in Menge, Pedicu- laris Sceptrum Carolinum mit Epipactis palustris , Dianthus superbus und Saxifraga Hirculus, sowie die alpine Sweertia perennis vom Südost-, Südwest- und Südufer des Sees in dichten Scharen (Praetorius br.). !) Hier mit Salix livida und dem unserer Provinz fehlenden Schoenus ferrugineus , der aber unweit der westpreußischen Grenze in Pommern wächst. 2) Ob in den Kreisen Neustadt und Karthaus? — jedenfalls Kreis Putzig. 3) In der Provinz Posen im Kreise Schrimm, an den anderen Standorten ausgestorben. 59 108 Abgesehen von diesem Standorte kennen wir die in Ostpreußen stärker vertretene Pflanze von den Mooren im Kreise Strasburg, noch jetzt lebend vom Torfmoore bei Wilhelmstal längs des Branitza-Kanals, einer vorwiegend von Hoch- und Heidemooren durchsetzten Grünmoorfläche. Von der stattlichen, einer Orobanche ähnlichen Pedicularis Sceptrum C arolinum1) wird noch später die Rede sein. Sie gehört zur subalpinen (nordischen) Genossenschaft und findet sich besonders in den schwammigen, den Grünmooren häufig eingesprengten Torfmoospolstern. Betula humilis. Es empfiehlt sich, diesen der nordischen Flora an- gehörigen Kleinstrauch bereits hier zu besprechen. Seine Verbreitung reicht vom Norden her durch die baltischen Provinzen Rußlands nach Ostpreußen (z. B. Kreis Osterode), bis nach den Kreisen Briesen2), Strasburg und die Provinz Posen. Die am weitesten nach Süden vorgeschobenen Posten liegen im Talzuge des ehemaligen Urstromes bei Slesin (Kreis Bromberg) auf Moor- wiesen und bei Brzosowiec (Kreis Tremessen). Hier erreicht die durch ihre glänzend dunkelgrünen Blätter leicht kenntliche Birke ihre Südgrenze im norddeutschen Flachlande. Das Zgnielka-Bruch im Kreise Briesen war in alter Zeit ein Seebecken. Es bildet einen Teil des großen Wieczno-Bruches, das zur Zeit der Prutenen die gefährlichste Stelle der „großen Wildnis“ war. Jetzt ist das 1066 ha um- fassende Grünmoor teils urbar gemacht, teils wegen der grundlosen Rohr- brüche und Weiden- und Birkenmoore noch ganz unzugänglich. Nach einem mir vorliegenden Gutachten der Moor-Versuchsstation gehören die eingesandten Bodenproben zu den besten der jemals in Bremen untersuchten Moore. Denn 1 ha (bis auf 20 cm Tiefe) enthält 23823 kg Stickstoff, 50287 kg Kalk und 1650 kg Phosphor3). Das Kulturwerk wurde schon von Friedrich dem Großen begonnen, der das Bruch samt den Seen bei Schoensee nach der Drewenz ableiten ließ. Die in ihm aufgedeckten vorgeschichtlichen Funde sind insofern von größerem Interesse, als sie einen Einblick in den Entwicke- lungsgang der Grünmoore gestatten. Torfstecher förderten vor etwa 15 Jahren einen Einkahn ans Tageslicht, den sie leider zerschlugen. Unter Boleslaus IV. (im Jahre 1160) war das seeartige Bruch an seinen höchsten Stellen wahr- scheinlich schon ein Grünmoo^. Nachdem man die unter Friedrich dem Großen angelegten und später in Verfall geratenen Abzugsgräben wiederhergestellt hatte, konnte der Nieluber Anteil bereits mit Gras bestellt werden. An den feuchten Stellen wächst aber noch ein dichtes Buschwerk aus Weiden, Erlen, Faulbaum ( Frangula Ainus), Weiß- und Moorbirke ( Betula verrucosa und B. pubescens ), durchsetzt von Baldrian, bittersüßem Nachtschatten (Solanum Dulcamara ), Epilobien , Lysimachia vulgaris, Eupatorium, Comarum und Thalictrum. 0 Mehrfach in den Kreisen Tuchei, Schwetz (z. B. Hutta, Ebensee), Flatow (Vandsburg), Fersetal bei Kischau, Kreis Rosenberg in den Mooren bei Neu-Liebenau und Badein. 2) Brüche zwischen Sittno und Mischlewitz. 3) Das Drömlingsmoor bei Cunrau weist auf nur 16 000, bezw. 30 000 und 1200 kg. 60 109 Selbst die tiefsten Stellen verdienen bereits jetzt nicht mehr die Be- zeichnung „See“, da sie von Cyperaceen, Rohrkolben, Characeen (Armleuchter- gewächsen), Wasseraloe und anderen Wasserpflanzen vollkommen eingenommen sind und verlandet werden. Diese breiartigen, von einem gasreichen Schlamme angefüllten Flächen sind weder zu Fuß noch auf dem Boote zu besuchen. Auf schwimmenden Sphagneten gedeihen hier, soweit oberflächlich festgestellt: Droseraceen , Orchideen der gewöhnlichen Arten, Schwertlilien, Senecio paluster , in den Tümpeln Utricularien. Das morastige Gelände, worin sich noch Moosbeere, Trunkeibeere auf Hochmooranfängen findet, leitet hier wie häufig anderwärts zu den Hochmooren über. An den trockenen, höher gelegenen Plätzen pflegt aus natürlicher Ansamung immer wieder Gesträuch emporzusprießen. Das Gleiche ist der Fall an urbar gemachten Stellen. Dann stellen sich gewöhnlich Brennesseldickichte ein, viel Giersch ( Aegopodium Podagraria ), Knöteriche, dreien usw. Das kann man sowohl hier wie z. B. an dem abgelassenen Krobennest-See (Kreis Rosenberg) beobachten, wo weite Flächen meist auf noch schwankender Unterlage in ertragversprechende Moor- wiesen umgewandelt sind1). D. Hochmoore. Allgemeine Schilderung. Grünmoore gehen in Hochmoore über, so- bald die Erhöhung des Torfbodens so weit vorgeschritten ist, daß die kapillare Aufwärtsbewegung des nährstoffreichen Grundwassers geringer wird als die Zufuhr von Wasser aus atmosphärischen Niederschlägen (Regen und Schnee). Das im Entstehen begriffene Hochmoor ist zunächst mit reiner Moostorf- (Sphagnum-) Decke überzogen. Am großartigsten sind solche Formationen aus- gebildet in den trostlosen Tundren oder Moossteppen Nordrußlands und Nord- Sibiriens. Die reinsten und ausgedehntesten Moosmoorflächen Deutschlands weist Ostpreußen auf. Nach Weber (br.) werden die hauptsächlichsten Gebiete durch eine Linie daselbst begrenzt, die vom nördlichsten Zipfel des Kreises Friedland einerseits nach Nordnordwesten zum Kurischen Haff und andererseits nach Nordnordosten zu Osten bis zur russischen Grenze gezogen wird. Gewöhnlich bildet ein noch im Wachstum begriffenes Hochmoor einen in der Mitte ge- wölbten Hügel. Er unterliegt nach dem Umfange des Moores und der Menge der jährlichen Niederschläge gewissen Schwankungen. Der das ganze Jahr hin- durch herrschenden Nässe sind die für Hochmoore bezeichnenden und sehr artenreich auftretenden Sumpfmoose durch ihren Bau vorzüglich angepaßt. Die unten abgestorbenen Stämmchen vertorfen unter Abschluß der Luft, während der obere Teil lustig weiter wächst. Es erfreuen sich also die Sphagnum- Arten eines fast unbegrenzten Wachstums, sie sind vielfach verzweigt und be- fähigt, dem Untergründe das Wasser zu entziehen. Das in die Höhe gepumpte !) Angaben über dieses Moor verdanke ich den Herren Rektor Heim in Briesen und Dekan Labunski in Scbönsee. 61 110 Wasser lassen sie dann in ziemlich klarem Zustande am Rande des Moores wieder ablaufen. Es entsteht hier eine Sumpfzone, die dem Vorrücken der Sphagnum-Arten, also dem Moosmoore, die Wege ebnet. In der Nähe befind- liche Ländereien werden daher der Gefahr des Versumpfens ausgesetzt. Der darangrenzende Wald kann unter Umständen ganz dem Untergange verfallen. Die gegen Nässe empfindlichen Waldbäurae sterben nach und nach ab, sinken zu Boden und werden von den Sumpfmoosen überwuchert. Spuren unter- gegangener Wälder finden sich häufig in den großen Moorbezirken. Mitunter besitzt das Moor offene Wasseransammlungen, Teiche oder Seen, oder es ent- springen aus ihm Quellen und Bäche. Die Torfmassen bilden gewissermaßen gewaltige Schwämme, die auf den Grundwasserstand und den Wasserreichtum der Flußgebiete keinen gering anzuschlagenden Einfluß ausüben. Das einzige Moor, das an Umfang und Dichtigkeit der zusammenhängenden Sphagnum- Decke mit den ostpreußischen Mooren1) verglichen werden könnte, wäre in West- preußen das Bielawa-Bruch bei Karwenbruch (Kreis Putzig). Stellenweise hat es jedoch nach künstlicher Abwässerung den Charakter eines Heidemoores angenommen. Es entscheidet nach Weber (br.) der Grad der Feuchtig- keitsverhältnisse, ob auf einem Hochmoor bloß eine Pflanzengenossenschaft, bestehend aus fast ausschließlichen Torfmoosen, oder eine solche unter- mischt mit Zwerggesträuch, von Heidekraut ( Calluna , Erica), Sumpfporst usw. leben kann2). Leitmoose. Die Moos- und Hochmoore, besonders die reinen Moosmoore, zeichnen sich durch eine eintönige Pflanzendecke aus. Die Sphagnum- Arten bestehen hauptsächlich aus: Sphagnum acutifolium , S. cymbifolium, S. medium , S. recurvum var. parvifolium) S. subsecundum , S. Girgensohnii , in tiefem Wasser: S. laxifolium. Nebenher tritt eine beschränkte Anzahl von Laub- und Leber- moosen auf, wie: Polytrichum gracile , P. strictum , Dicranella cermculata , Weber a nutans, Marchantia. Eine wahre Schatzkammer für den Moosforscher bildet da- gegen die feuchte Randzone, das Wasser in den Abzugsgräben und Torflöchern. Verschiedene Bryum- und Meesea- Arten kommen, wie H. v. Klinggraefe hervor- hebt, nur hier vor. Häufig sind der Sphagnum-Decke Rentiermoose, Cladonia pyxidata und CI. rangiferina , eingeschaltet, die den Eindruck der braunen und weißlichgrünen Fläche noch einförmiger gestalten. Von Blütenpflanzen sind es hauptsächlich — und vielfach ausschließlich — die Sonnentaugewächse, die hier in überwältigender Menge den Moospolstern eingebettet sind. Der Moostorf zeichnet sich durch hellere Farbe vor dem schwärzeren Torfe der Grünmoore aus. x) Die Kacksche Balis beim Dorfe Kakschen (Balä == Moor im Litauischen) in den Kreisen Ragnit und Pi likallen ist 2000 ha groß. 2) Fr. E. Ahlvengreen unterscheidet: Seggenhochraoore mit hochwüchsigen Carex- Arten, Gesträuchhochmoore hauptsächlich mit Ericineen, Hügelhochmoore mit Eriophorum vaginatum und Waldhochmoore mit Baumbestand. Sehr. d. Nat. Ges. N. F. XI. Bd. Heft 1 u. 2 S. 255. In ähnlicher Weise ist diese Formation von mir unterschieden. 62 111 Jedes Hochmoor kommt zum Stillstand, sobald durch Austrocknen den Moosen ein Weiterleben verwehrt wird, mag nuu die Wasserentziehung durch künstliche Entwässerung, Torfgräberei — bei kleinen Hochmooren durch Beseitigung des sie ursprünglich umgebenden Waldes oder durch sonstige Umstände bewirkt worden sein. Ob sich das Hochmoor dann mit Heide, Wald oder Wiese bedeckt, hängt von den weiteren Kultureingriffen ab. Gegenwärtig werden ausgedehnte Hochmoorstrecken erfolgreich in Wiesen- moore umgewandelt. Unterbleiben solche Maßnahmen durch die Hand des Menschen, so entwickelt sich auf den trockenen Flächen nach und nach ein Heidemoor von dem vorher kurz angedeuteten Charakter. Alle Moorböden sind in ihrer natürlichen Lagerung schwer durchlässig. Sobald daher die Entwässerungsanlagen in Verfall geraten, kehrt der ehe- malige Zustand wieder. Die von dem trocken gelegten Boden in Beschlag genommene Pflanzendecke wird von den überhandnehmenden Moosen verdrängt, das Hochmoor ist wiederum in seine alten Rechte eingetreten. Ist die entwässerte Humusschicht stark mit Sand oder Ton durchsetzt, so entsteht Moorerde. Wenn aber Dünen über Torfmoore wandern, was längs der Küste häufig der Fall ist, so werden sie stark zusammengepreßt und treten an der Küste als Meertorf wieder hervor1). In Westpreußen gibt es zahllose vertorfte Wasserbecken, meist in Boden- senken und Talmulden, bald in Wäldern oder an Seeufern, bald im offenen Gelände — besonders im Bereiche der Grundmoränenlandschaft — die als Hochmoore anzusprechen sind. Übrigens braucht sich das Hochmoor nicht durchweg auf ehemaligen Stau -Wasserseen aufzubauen. Auffallend zahlreiche Heidemoore sind der Tuchler Heide eingesprengt. In der Mehrzahl nehmen sie hier ehemalige Heidetümpel, Teiche oder Seen ein. Im Belaufe Doberau z. B. können solche Bildungen sehr schön in allen Entwickelungsstnfen beob- achtet werden. Hier gibt es reine Moosmoore mit unmerklichen Übergängen zu Heidemooren, die in besonders ausgeprägter Form die Küstenstriche begleiten. Klein- und Zwerggesträuch auf Hochmooren. Den tonangebenden Moosen gesellt sich mit Ausnahme der Moosmoore in ihrer reinsten Form, eine Pflanzengenossenschaft hinzu, deren Glieder in gleicher oder ähnlicher Zu- sammensetzung fast regelmäßig wiederzukehren pflegen. Die keinem derartigen Moore fehlende Leitpflanze bildet das durch seine hohen Bülten leicht kenntliche Wollgras, Eriophorum vaginatum , vielfach unter Ausschluß von E. polystachyum und E. latifolium , sowie von jeglichem Kleingesträuch. In unendlicher Menge sind den Moospolstern die rötlichen Blattrosetten des gemeinen Sonnen- taus ( Drosera rotundifolia ) eingebettet, während D. anglica erheblich seltener ist, dann aber mit jener gewöhnlich zu Kreuzungen schreitet. Es bestätigt sich die Angabe H. v. Klinggraeff’s, wonach der Bastard D. obovata !) Gerhardt. Handbuch des Dünenbaus. Berlin 1900. Seite 100. G3 112 stellenweise die vermeintlichen Stammeltern an Häufigkeit übertrifft. D. inter- media1) dagegen, unsere seltenste Art, bevorzugt die Küstenmoore der Kreise Putzig und Neustadt, scheint östlich von der Weichsel gegenwärtig zu fehlen und ist westlich sehr zerstreut in den südwestlichen Kreisen beobachtet worden 2). An Riedgräsern bildet Carex lasiocarpa (= C. filiformis ) namentlich an unzugänglichen Stellen, oft dichte Bestände, hier meist begleitet von C. stricta, C. rostrata , C. Pseudocyperus, während die für die Heidemoore bezeichnende C. limosa , unsere schönste einheimische Segge, manchen Kreisen fehlt. Mit ihren zarten Faserwurzeln und fadenförmigen Erdstämmchen durch- spinnt das bezeichnendste Zwerggesträuch, die Moosbeere ( Vaccinium Oxycoccos ), die schwammigen Moospolster, ihnen dadurch eine größere Widerstandskraft verleihend. Ungemein häufig sind die übrigen Leitpflanzen: Sumpfporst ( Ledum palustre ), Gränke {Andromeda polifolia ), Sumpfheidelbeere {Vaccinium uligi- nosum ), Kriechweide {Salix repens) im Gelände verbreitet, meist in losen Gruppen, durchstellt von Gebüsch aus Moor- und Weißbirke {Betula pubescens3) und B. verrucosa ), Weiden wie Salix aurita , S. Caprea , Schwarzerle und Faulbaum. Namentlich gegen die trockeneren Ränder bilden diese weitverbreiteten Arten dichte, oft mit Brombeergestrüpp untermischte Einfassungen, aus denen sich die gedachten Birken auch baumartig erheben. Wenigen Mooren pflegt das Heidekraut {Calluna vulgaris) zu fehlen, während den bereits völlig entwickelten Hochmooren die krüppelhaften Formen der Moorkiefer {Pinus silvestris var. turfosa ) ihr eigentümliches Gepräge verleihen. Sie gewähren einen um so seltsameren Eindruck, als ihre Aste gewöhnlich in einen dichten Mantel von bleichen Bartflechten eingehüllt sind. Zum A bschlusse gelangte Hochmoore werden bisweilen allmählich von Brüchern mit Moorbirken und Ellern abgelöst, indem diese Holzarten vom Rande aus nach der Mitte Vordringen. Von beide über- flügelt im günstigen Falle die Moorbirke die Schwarzerle. Sehr häufig be- gegnet man solchen Brüchern in der Tuchler Heide, z. B. auch im Forstrevier Neulinum, Kreis Kulm. Einen überaus anziehenden Anblick gewährt das sonst öde Moor, wenn Sumpfporst und Gränke in Blüte stehen. Die Sumpf- porststräucher erreichen mitunter einen beträchtlichen Umfang und ragen bei niedrigem Wasserstande aus dem Moor dann in halber Manneshöhe empor. Die Blätter verschwinden fast unter der Fülle der schneeweißen Blütenbüschel, und bei klarem Sonnenschein brütet eine erstickende, von dem betäubenden Dufte der Blumen und Blätter geschwängerte Luft über der braunen Fläche, die kein langes Verweilen geraten erscheinen läßt. !) Nach Norden vereinzelt in Süd-Finnland, Gouvernement Petersburg, Twer, Podolien, sonst in Polen, Minsk, Wolhynien, Kiew und Gouvernement Tschernigon (ob daher atlantische Genossenschaft ?). 2) Kreise Dt. Krone, Könitz, Flatow, Tuchei, Schwetz, z. B. bei Linsk und Okonin in Teichen mit der Schwimmform. 3) In den Küstenstrichen vorwiegend die Passe carpathica Willd., selten im Binnenlande. 64 113 Id tiefen Moossümpfen wuchern üppig Rohrkolben, Schilf, Schwertlilien und andere Sumpf- und Wasserpflanzen. An nassen Stellen, jedoch nicht in allen Ortsfloren, zeigt sich häufig in Begleitung des sehr geselligen Eriophorum gracile : Scheuchzeria palustris. Den Heidemooren der Tuchler Heide und den Küstenkreisen scheinen beide nirgend zu fehlen. Sie sind jedoch, ebenso wie Carex limosa der Trockenlegung wegen in steter Abnahme begriffen. Als sonstige hierher gehörige Begleitpflanzen sind zu nennen: Carex dioeca , Scirpus pauciflorus , wovon diese Binsenart an ihren Standorten mitunter geschlossene und ausgedehnte Bestände bildet. Bezeichnend für viele Heidemoore in der Tuchler Heide, hauptsächlich jedoch für die Nähe der Küste und Hochmoore Ostpreußens ist Rynchospora alba. Die herdenweise auftretende Pflanze gehört vom Bromberger Kreise ab bis zur Küste den meisten Kreisen an. Bei seiner großen Verbreitung in Westpreußen nehme ich keinen Anstand, Aspidium cristatum als Leitpflanze vieler Moore zu bezeichnen. In den Kreisen Marienwerder, Rosenberg, Stuhm, Graudenz und Schwetz ist kaum ein Heidemoor ohne diesen schönen, gewöhnlich von A. spinulosum begleiteten Farn denkbar. Seltener tritt er im Nordwesten der Provinz auf, fehlt jedoch auch den Küstenmooren nicht bis in die Gegend von Cranz. Er siedelt sich gern an vermorschten Stubben der Moorkiefern oder anderer Holzarten an. Hier auf humusreicher Unterlage, die im Notfälle auch durch alte Bülten der Wollgräser ersetzt werden kann, gedeiht er augen- scheinlich üppiger wie im kalten Sumpfwasser. An den trockenen Rändern, die den Charakter einer Torfwiese tragen, findet man bisweilen, abgesehen von dem bereits erwähnten Strauchwerk, eine Ein- fassung von Brombeergestrüpp (meist Rubus plicatus ), außerdem Cirsium lanceolatum , Potentilla reptans , P. silvestris1), P. Anserina , P. silvestris , Poly- gonum Bistorta , Rurnex Acetoselia auf kahlen Flächen bestandbildend, Linaria vulgaris , Silene inflata , Inula britatinica , Hieracium Auricula , seltener H . Pilo- sella. Die stellenweise vorhandene, dichte Grasnarbe wird zusammengesetzt in der Regel aus Borstengras ( Narclus stricta), Schmiele ( Aera caespitosa), Agrostis canina (als Leitgräser), untergeordnet A. vulgaris var. stolonifera , S ieglingia decumbens, hin und wieder Aera flexuosa , untermischt mit verschiedenen Seggen, wie z. B. Carex muricata , C. echinata , C. Oederi , ferner mit Luzula campestris und L. multiflora , während L. pallescens Whlbg. an den Rändern mancher Heidemoore, z. B. vielfach in der Tuchler Heide und sonst zerstreut, beobachtet wurde. An Torfstichen und Rändern von Heidetümpeln pflegt sich eine meist gleich- artige Gesellschaft einzufinden. Frisch gestochene Plätze liebt der stattliche S enecio paluster. In den Löchern und Abzugsgräben streiten Wasser- und Sumpf-Moose mit den allgemein verbreiteten Wasserpflanzen um den Vorrang. !) Der Bastard beider, procumbens -f- silvestris = P. suberecta Zim. vergleiche Angaben in Abromeit: Flora, Seite 248, ebenso über P. mixta — P. reptans -j- procumbens , 85 s Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 114 Überall häufig sind: Calla palustris , Fieberklee (. Menyanthes ), Sumpfauge (Comarum), Weiderich und besonders Bidens cernuus, mitunter Igelkolben ein- schließlich des in manchen Kreisen vermißten Sparganium minimum. Die Moore von Neu-Liebenau und Badein im Kreise Rosenberg verlieren, wie überhaupt auch anderswo, im Laufe der Jahre mehr und mehr von ihrer Eigen- schaft als Hochmoor, da sie bereits teilweise trockengelegt sind. Auf weiten Strecken steht ziemlich dichtes Gebüsch von Schwarzerle, Moorbirke, Purpur- und Lorbeerweide. Sumpfporst ( Ledum ) scheint selten zu sein, dagegen ist das übrige Klein- und Zwerggesträuch ( Salix repens, Andromeda , Vaccinium uligi- nosum und V. Oxycoccos, Galluna ) massenhaft vertreten. In der reichlich vor- handenen Sphagnum - Decke stecken wie gewöhnlich: Sonnentau (Drosera rotundifolia) , Sumpfveilchen ( Viola palustris und V. epipsila ). Die Farne Aspidium cristatum1) und A. spinulosum 1), jener vielfach in den besonders ihm eigentümlichen Gabelung der Wedel, gehören auch hier zu den häufigsten Moor- begleitern. Die interessanteste Pflanze ist jedoch die seltene, hier aber in Menge vorhandene Pedicularis Scepirum Carolinum. Gegen die Ränder hin leitet das Hochmoor infolge der Entwässerung zu den Formationen der Grünmoore und Moorwiesen hinüber mit der hierfür bezeichnenden Pflanzendecke. Ungemein zahlreich vertreten sind im Riede, also in einem Grünmoore: Peucedanum palustre , Aspidium Thelypteris , Cirsium, palustre , Valeriana officinalis , V. dioeca , Epipactis palustris , Menyanthes , Lysi- machia thyrsiflora , Pedicularis palustris , auf trockenen Stellen Inula hritannica. Eine ähnliche Zusammensetzung — mit Ausnahme von P. Sceptrum Carolinum — zeigen die vielen Moore der Kreise Graudenz, Marienwerder, Stuhm und Rosenberg. Moore im Kreise Strasburg. Ein durch hervorragenden Pflanzenreichtum ausgezeichnetes Gelände erstreckt sich etwa von der Kolonie Bartnitzka bis nach Grondzaw und Radosk längs der Braniza. Das zum Drewenzgebiete gehörige Flüßchen bewässert ein weites, bruchiges Grünmoor, dem Hochmoor- bildungen und tiefe Tümpel (Solle) mit dichten Schilf- und Rohrbeständen eingesprengt sind. Neben dem überall verbreiteten Leitgesträuch (Sumpfporst, Moosbeere usw.) tritt hier zahlreiches Zwerggesträuch von Krähenbeere ( Empetrum nigrum) auf. In einem vom Kiefernwalde eingeschlossenen Moore, ferner am Ostrande des Jagens 243 Dlugimost und sonst an noch drei Stellen, findet sich das seltene Sedum villosnm, dem einzigen be- kannten Standorte aus ganz West- und Ostpreußen. Die andere Seltenheit betrifft die bereits (Seite 105, 107) erwähnte Sweertia pevennis unweit der Unterförsterei Dlugimost und auf Torfwiesen bei Wilhelmstal unter viel Dianthus superbus, Saxifraga Hirculus und Liparis Loeselii. b Der Bastard zwischen beiden Arten A. Bootii wurde wohl mehrfach übersehen; bei bei Ileubude und an der Küste (früher im Lunauer Walde, Kreis Kulm) mehrfach beobachtet. Die Gabelung erstreckt sich bald auf das Ende des Wedels, bald auf eine Reihe von Segmenten; vergl. hierüber HaHN: Gabelung der Farnwedel. A. Bot. Z. ; 1904, S. 106. 66 115 Das mit dem Braniza-Kanal im Zusammenhänge stehende Brinsker Fließ berührt ein gleiches Gelände von ähnlicher Mannigfaltigkeit in der Pflanzen- decke. Die bemerkenswertesten Striche zwischen Borek und der Oberförsterei Ruda weisen auf: Betula humilis , Pedicularis Sceptrum Carolinum , Polemonium coeruleum. Moore im Kreise Löbau. Obwohl auch hier die Moore stark zur Torf- gewinnung und zu gewerblichen Zwecken ausgebeutet werden, weisen dennoch einzelne Striche eine urwüchsige, von Menschenhand kaum angetastete Pflanzen- decke auf. Viele größere und kleinere Moore tragen eine stark ausgeprägte Hochmoorflora. Besonders reich sind die vertorften Kessel in den muldenförmigen Bodensenken. Zu den gewöhnlichen Sumpfmoosen gesellt sich das sehr seltene Sphagnum molluscum Bruch., das H. v. Klinggraeff l) für Westpreußen bloß für ein Torfbruch bei Kossi angibt und das jetzt im Kreise Löbau von Hans Preuss2) festgestellt worden ist. Zu den Leitpflanzen dieser Moore zählt die Prachtnelke ( Dianthus superbus) wie sonst stellenweise auch ander- wärts und Saxifraga Hirculus , während Gymnadenia conopea mehr auf Grünmooren, jedoch minder häufig wie auf Diluvialabhängen auftritt. Weissenburger Moor. Eines der größten und bemerkenswertesten Hoch- moore stößt an den Weißenburger See. Es erstreckt sich von Norden nach Süden und wird durch hohe, mit Kiefern bestandene Talwände begrenzt, die sich aus sandig-mergeligen Diluvial- Geschieben aufbauen. Auf den schwammi- gen Torfmoospolstern wächst hier in ziemlicher Anzahl die noch weiterhin zu erwähnende Gletscher- Weide Salix myrtilloides mit ihrem gewöhnlichen Begleiter, dem Bastarde mit S. aurita. Die reine Art fällt durch eine höchstens 30 — 40 cm hohe, kleinblätterige Zwergform auf. Der in die Moor- heideformation übergehende Rand des Moores trägt Trunkei-, Moos- und Heidel- beere mit Besenheide und Himbeergestrüpp. Die Heidelbeere ( Vaccinium Myrtillus) und die Himbeere (Rubus Idaeus) treten hier in weißfrüchtigen Spielarten3) auf. Die Krähenbeere (Empetrum) konnte im Kreise Löbau nur für ein Moor am Grondy-See nachgewiesen werden, kommt jedoch im benachbarten Kreise Rosenberg auf dem Tillwalder Hochmoor und am Waldsee bei Gr. Brausen ziemlich zahlreich vor. Weit nach Süden vorgeschobene Posten liegen im Kreise Schlochau (Weißer und Großer Kuhnke-See) und im Kreise Czarnikau (Provinz Posen). Moore in den Küstengebieten. Sie nehmen unter den einheimischen Mooren eine Sonderstellung ein. Denn hier tritt bereits eine Anzahl nordatlantischer Arten ein, die ein hohes Maß von Luftfeuchtigkeit beanspruchen. Davon be- !) Die Leber- und Laubmoose West- und Ostpreußens, Danzig 1893, S. 97. 2) Die für diese Moore erforderlichen Angaben verdanke ich mündlichen und brieflichen Mitteilungen des Herrn H. Preuss. 3) Var. leucocarpum Dumortier. 67 8* 116 sitzt die liebliche Glockenheide ( Erica Tetralix)1) ein weit größeres Ver- breitungsgebiet in Nordwest-Deutschland, wo sie mit Krähenbeere ( Empetrum nigrum ) und Myrica Gale die weiten Heideflächen beherrscht. Glockenheide und Krähenbeere gehören mit Moosbeere zu den immergrünen Pflanzen, während die aromatisch duftenden, Manneshöhe erreichenden Sträucher von Myrica (Gagel) das Laub zum Winter abwerfen. Die gedachten Pflanzen überziehen gemeinsam mit Besenheide ( Calluna ) und dem übrigen Klein- und Zwerggesträuch der Hochmoore oft weite, schwer zu betretende Flächen. Nur Myrica fehlt hier bisweilen auf größere Strecken. An der Moosdecke nimmt Sphagnum fimbriatum gewöhnlich den stärksten Anteil, sodann S . cymbifolium, Eriophorum vaginatum , abgesehen von den Seite 111, 112 aufgeführten Leitpflanzen. Bezeichnend für weite Striche sind Tricho- pliorum g ermanicum Palla (== Scirpus caespitosus auct.), Rhynchospora alba , Scirpus pauciflorus , Carex dioeca, C. pulicaris — auf trockeneren Plätzen Juncus squarrosus, — J. filiformis, J. effusus , teilweise einzeln für sich bestandbildend. Auch Rhynchospora fusca nimmt hauptsächlich den sandigen Moorboden, ähnlich wie Juncus squai'rosus , mitunter allein in Beschlag. Im Binnenlande gehört Rynchospora fusca zu den Seltenheiten, pflegt dann aber gesellig aufzutreten (Kreis Schlochau bei Grünchotzen und Adl. Briesen). Zu erwarten wäre bei uns der seltene Schoenus ferrugineus , weil ihn Graebner unweit unserer Grenze auf pommerschem Gebiete gesehen hat und er übrigens bereits für den Kreis Inowrazlaw im Bergbruche festgestellt worden ist. Die vielen, den Heidemooren eingestreuten Wasserlöcher und Torftümpel beherbergen gleichfalls zahlreiche seltene Wasserpflanzen, unter denen z. B. Litorella uniflora, Lobeiia Dortmannia , Potamogeton polygoni- folius eine wichtige Rolle spielen, wie bereits Seite 80, 83 erwähnt wurde. Zu den eintönigen Heidemooren gehört das von Graebner eingehend untersuchte Bielawa-Bruch, das den einzigen westpreußischen Standort von Sparganium div ersifolium enthält. Erheblich mannigfaltigerer Pflanzenwuchs besitzt das Klein Starsiner Moor. Auf den braunen, von Moorkiefer, W^achholder, Sumpfporst, Glockenheide usw. besetzten Flächen, die stellenweise dicht von Carex dioeca, C. pulicaris , C. Oederi bestanden sind, zeigen sich vielfach Wollgras, Eriophorum gracile , und Juncus supinus, eine auch die Heidetümpel in der flutenden Wasserform oft massenhaft einnehmende Binse. Carex pauciflora wächst nur in einem Heidemoore (Bel. Hagen), Kreis Karthaus. Strandheide-Flächen. Sie bilden eine besondere Nebenformation, besonders in den Dünentälern, wo der Boden stark durchfeuchtet ist. Der Untergrund besteht aus Sand oder sandigem Moorboden. Glockenheide und Krähenbeere haben hier in Moospolstern ihre hauptsächlichste Standorte, namentlich längs der Küste bei Rixhöft und auf der Halbinsel Heia, hier oft auf trockenen Stellen 2) In Westpreußen der südlichste vorgeschobene Posten im Kreise Karthaus. 68 117 begleitet von Juncus filiformis , J. balticus. In unglaublicher Menge ist der Sonnen- tau, Drosera rotundifölia , meist in der Form maritima Graeb. vorhanden. Nament- lich um Glettkau und Zoppot gibt es eine Reihe von kleinen Strandmooren, die reiche Pflanzenschätze einschließen. Im Moose wachsen z. B. Salix repens var. argentea und var. fusca) Lycopodium clavatum} L. inundatum , Viola palustris , Ophioglossum vulgatum , Empetrum , Galluna, Carex Oederi , Pinguicula vul- garis — nach Graebner am weitesten vom Meere entfernt bei Klutschau. Die auf ostpreußischen und pommerschen Mooren, namentlich längs der Küste stellenweise einen wichtigen Bestandteil der Moorflora bildende Molte- beere — Rubus Chciniaemorus ist neuerdings wieder auf dem Werbeliner- Moor (Kreis Putzig) gesammelt worden, wo sie lange Zeit hindurch vergeblich gesucht wurde. Vielleicht taucht sie auch im Kreise Schlochau bei Neuwelt wieder auf, einem zweiten als verschollen zu betrachtenden Standorte West- preußens. Die etwas fade schmeckenden Früchte werden im nördlichen Europa zu Muß gekocht und frisch schon in Riga feilgehalten. Angeblich sollen die Früchte von Kranichen bevorzugt und verschleppt werden. Spurlos verschwunden bleibt für die einheimische Flora Primula fari- nosa 1), eine im nördlichen Ostpreußen auf Moorwiesen mitunter so ungemein häufige Primel, ferner das von v. Nowicki für die Umgegend Thorns an- gegebene nordisch-alpine Polygonum viviparum. In pflanzengeographischer Beziehung ist das ehemalige Vorkommen dieser Knöterichart besonders wichtig und bemerkenswert. Auf unbedingte Zuverlässigkeit hat aber v. Nowicki insofern Anspruch, als sich seine Fundorts-Angaben, wie dies erst kürzlich sich bei der länger als 50 Jahre für verschollen gehaltene Zwergbirke gezeigt hat, bisher stets bestätigt haben. Die hier behandelten Formationen weisen wenig seltene Seggen auf. Abgesehen von Carex Buxbaumii wäre nur C. chodorrhiza zu erwähnen. Von den Küstengebieten, wo diese Segge mehrfach beobachtet wurde, geht sie ins Binnenland, anscheinend ausschließlich links von der Weichsel. Am Niedatz-See (Kreis Pr. Stargard) wächst sie gesellig mit C. dioeca , G. pa- nicea , C. limosa, Scirpus paucißorus , und in ähnlicher Gemeinschaft auf Moos- torfsümpfen des Kreises Schwetz bei Wirwamühle, bei der Försterei Rosental (Kreis Tuchei), im Moore von Runow (Kreis Flatow), im Düsterbruche (Kreis Schlochau) und wohl sonst noch in diesen Kreisen hie und da. Den Moospolstern der Küstenstriche ist mit den hier ungemein häufigen Sonnentau-Gewächsen recht zahlreich die nordatlantische Hy drocotyle vulgaris eingebettet, welches unscheinbare Pflänzchen im Binnenlande selten vorkommt, aber leicht übersehen sein kann. Seine Verbreitung geht durch die Küsten- provinzen, die Kreise Karthaus, Bereut nach dem südwestlichen Zipfel der Provinz — über Schwetz — Tuchei nach dem Küddowgebiete und der Mark. Auf der rechten Weichselseite ist es sehr selten, im Kreise Marienwerder b Früher auf der Saspe bei Danzig. 69 118 (bei Groß Krebs). Am Rande von Seeufern, Heidetümpeln hält es sich (z. B. in der Tuchler Heide) mit Vorliebe auf, oft in Gesellschaft des namentlich an der Küste verbreiteten Ly copodium inundatum , und auf sandig- moorigen Stellen mit dem ziemlich zerstreut vorkommenden Hypericum humifusum. In den schwellenden Sphagnummassen sind manchmal recht interessante und seltene Orchideen vorhanden, die teilweise zugleich als Nadelwaldpflanzen auftreten : a) Liparis Loeselii am Nordrande des öfters genannten Sasper Sees, am See von Lonk und Nielub (Kreis Briesen), Strasburg (Bartnitzka-Moor), am Metsch-See. b) Malaxis paludosa mehrfach in den Heidemoorgebieten, z. B. Tuchler Heide am Bülowsheide, Doberau, Stadtwaldsümpfe bei Neuenburg, Warlubien, Schlochau (Klein Karlinken-, Linowke- und Kuhnke-See usw.), Fronauer Wald (Kreis Briesen), Neulinum (Kreis Kulm). c) Coralliorhiza innata auch im Moose feuchter Nadelwälder wie die folgende, Moosbruch am See von Czystochleb (Kreis Briesen), Wirwa- mühle (Kreis Schwetz) mit Car ex chodorrhiza , früher mehrfach bei Zoppot. d) Li st er a cor data früher in Moostorfsümpfen bei Heubude (nach Bail), ziemlich häufig auf der frischen Nehrung und wohl auch im nordwest- lichen Küstengebiet, z. B. viel im Wierschutziner Moor (Graebner). Zwergbirken-Hochmoor von Neulinum. Ein eigenartiges Hochmoor, berühmt durch das Vorkommen der nordischen Zwerg birke (Betula nana), liegt im Kreise Kulm im Schutzbezirke Neulinum (Oberförsterei Drewenzwald, unweit Gollub). Bei dem großen wissenschaftlichen Interesse, das die Wiederauffindung des verschollenen Standortes im norddeutschen Flachlande erweckt, wird eine nähere Beschreibung des von mir in letzter Zeit wiederholt besuchten Hoch- moores am Platze sein. Es besitzt eine geringe Ausdehnung von rund 4 ha, nachdem der bisher im Privateigentume befindlich gewesene Teil, dank der Bemühung des Professors Conwentz von der Verwaltung der Staatsforsten angekauft worden ist, um den ganzen vorhandenen Zwergbirkenbestand unver- sehrt zu erhalten. Hie Gegend um Neulinum, Damerau und Kisin gegen die Weichsel hin, ist auf den diluvialen Höhen außerordentlich reich an Torf- lagern. Weite Flächen sind inzwischen entwässert und entweder ausgebeutet oder in grasreiche Wiesen umgewandelt worden. Auf manchen ehemaligen Mooren erhebt sich gegenwärtig Hochwald; ein beträchtlicher Teil des Schutz- bezirkes Neulinum war ehemaliges Hochmoor, besonders da, wo Moor- und Weißbirke geschlossene Bestände bilden. Bereits zu Anfang des 19. Jahr- hunderts wurden von der Regierung Ansiedler aus dem Spreewalde heran- gezogen, die mit der Torfgewinnung aus ihrer Heimat her vertraut waren. Die Spuren ihrer Tätigkeit sind noch heute vorhanden. Das schwierigste Werk war wohl die Anlage eines sehr tiefen Abzugsgrabens, der allerdings mehr den Namen eines Kanals verdient. 70 119 Bereits im Jahre 1837 wurde die Zwergbirke vom verstorbenen Ober- lehrer von Nowicki aus Thorn entdeckt. Er gab als Fundort an „bei Gzin (Kisin) im Bruche zwischen Thorn und Kulm44 — und ein andermal „im Grunde bei Gzin“. Seitdem blieben die Nachforschungen nach der Zwerg- birke erfolglos, hauptsächlich deshalb, wreil sie sich durchweg auf die Feld- mark Kisin erstreckten, das in der Nähe belegene Hochmoor von Neulinum aber damals kaum oder garnicht zu begehen war. Dahingestellt kann bleiben, ob Nowicki hier oder wirklich auf Kisiner Gebiet seinen wichtigen Fund gemacht hat. — Für Zwergbirkenbestände war hier früher ein recht geeigneter Standort. Gegenwärtig sind diese weiten Moorflächen in Moorwiesen um- gewandelt worden. Das Zwergbirken-Hochmoor ist bei Neulinum völlig in sich abgeschlossen und liegt zum Teil auf der Feldmark Damerau und in dem Forst- schutzbezirke Neulinum, hart an der Kisiner Grenze. Bekannt scheint der seltene Kleinstrauch den Forstbeamten schon lange gewesen zu sein, denn es wird erzählt, daß Zweige davon sogar den Anwärtern für den Forst- schutzdienst bei der Prüfung zur Bestimmung vorgelegt worden seien. Jeden- falls legte von den damaligen Forstbeamten niemand besonderen Wert auf das Vorkommen dieser seltenen Holzart. Erst als der Revierförster Holzerland vor einigen Jahren nach Neulinum versetzt wurde und die Grenzen seines Bezirkes besichtigte, stieß er dabei auf den Zwergbirkenbestand. Da ihm der Fund von Wichtigkeit erschien, so machte er davon dem Oberförster Effenberger Mitteilung. Als später Professor Conwentz1) die Forstbeamten bei der Regierung in Marienwerder auch für die verschollen gehaltene Zwergbirke zu interessieren suchte und daraufhin in Neulinum Nachfrage gehalten wurde, gelangte die Neuentdeckung in die Öffentlichkeit. In den früheren Jahren war das Moor des hohen Wasserstandes wegen nach Angabe der Forstleute fast unzugänglich. Erst nach einer Reihe trockener Sommer im Jahre 1900 war ein gefahrloses Betreten möglich. Trotz der ver- schiedenen Abzugsgräben T hat das Gelände seine ursprüngliche Frische zum größten Teile bewahrt. Eine meist dicht geschlossene Decke von Sumpfmoosen der gewöhnlichen Arten überzieht die Oberfläche; sehr häufig sind Sphagnum acutifolium , S. medium Limp., S. cymbifolium , S. recurvum var. mucronatum Russ., S. Girgensohnii usw. Die Zwergbirke erhebt sich bald in dichten Beständen, bald in einzelnen verstreuten Gruppen etwa 1 m hoch über die smaragdgrünen Moospolster, die bei der hohen Bodenfeuchtigkeit und der Zusammensetzung der charakteristischen Moosflora hier meist die bleichen oder braunen Farben- töne vermissen lassen. Für jungen Nachwuchs hat die Zwergbirke massen- haft gesorgt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sie sich stark vermehren würde, wenn ihrem Bestreben der Wald ringsumher keine Hindernisse entgegen- stellen würde. Eine Verschleppung durch Vögel hat bisher nicht stattgefunden, 0 „ Betula nana lebend in Westpreußen“. Naturwissenschaftliche Wochenschrift 1901, S. 9. 71 120 wenigstens ist auf dem eingehend abgesuchten Gelände in der Nähe keine Spur von anderweiten Zwergbirkenbeständen entdeckt worden. Die Zwerg- birke verlangt Licht und Luft und verträgt keinen Druck durch anderes Ge- sträuch. Sie dringt zwar vom Rande des Moores nach der einen Seite in den Kiefernbestand ein, in welchen junge Fichten eingebaut sind; sie zeigt hier jedoch ein krankhaftes Aussehen. Mit der in weit geringerer Anzahl vor- kommenden Moorbirke bildet die Zwergbirke hier Bastarde (Betula inter- niedia Thom.), die bald der einen, bald der anderen Stammform nahestehen. Bisweilen sind Übergänge an einem einzigen Strauche vorhanden. Mir liegen Zweige vor, bei denen das typische Zwergbirkenblatt nach der Spitze zu in das der Moorbirke übergeht. In der Größe übertrifft der Bastard die Zwerg- birke, bleibt jedoch immer strauchartig und wächst nie zu einem Baume heran, wie dies die Moorbirke gelegentlich auch in recht nassen Lagen zu tun pflegt. Die auf unserem Moore lebenden Mischlinge weichen, worauf ich besonders hinweise, nicht im geringsten von den im nördlichen Rußland beobachteten Bastarden ab. Mir hat umfangreiches Vergleichsmaterial aus dem Kaiserl. botanischen Garten in St. Petersburg Vorgelegen; ich konnte jedoch darunter keine Form ausfindig machen, die nicht auch bei uns vertreten wäre. Der Formenkreis umfaßt also einerseits die als B. intermedia Thomas, anderer- seits die als B. alpestris Fries beschriebenen Formen. An manchen Sträuchern waren die Zweige der Bastarde reichlich mit Kätzchen besetzt. Mischlinge, woran die im Moore sich dem Bestände untergeordnet beigesellende Weißbirke beteiligt wäre, fehlen. Eine solche Verbindung würde bei der etwas ver- schiedenen Blütezeit wohl auch schwerlich zustande kommen. Im übrigen setzt sich der Bestand zusammen aus Gesträuch von Schwarz- erle, Faulbaum, Purpur- und Salweide, Salix aurita , hauptsächlich gegen die Ränder hin, wo ferner Knack- und Lorbeerweide zu finden sind, während die Sträucher nach der Mitte hin Zurückbleiben und freie Flächen für Ried- und Wollgräser offen lassen. Stellenweise hat sich einförmiges Heidemoor heraus- gebildet, wo Heidekraut ( Calluna ), Sumpfporst, Sumpf- und Moosbeere, Andro- meda, nebenbei Bruchkiefer und Wacholder eine Hauptrolle spielen. Nächst dem Strauchwerke beherrscht auch hier Eriophorum vaginatum das Landschaftsbild; E. angustifolium und E . latifolium wachsen in tiefen Gräben. Die weithin sichtbaren, weißen Helmbüsche leiteten bei meiner Anwesenheit fortwährend brummend anfliegende Insekten, meist Hummeln und Honigbienen, irre, die in dem schimmernden Weiß wohl Blumen zu finden vermeinten. Sobald sie ihren Irrtum gewahrten, machten sie plötzlich kehrt und verschwanden in entgegengesetzter Richtung, ohne das blütenarme Moor weiter zu berühren. An Riedgräsern waren vorhanden: Carex stricta, C. panicea, G. Goodenoughii nebst der var. juncella Fr., C. acutiformis , C . lasiocarpa, sonst Aera caespitosa, Molinia coerulea , Nardus stricta , Calamagrostis neglecta, Aspidium cristatum } A. Thelyp- terisy Comarum palustre, Menyanthes trifoliata, Lysimachia thyrsiflora in auf- fallend schmalblättrigen Formen mit am Rande umgerollten Blättern, Drosera 72 121 rotundifolia , Malaxis paludosa. In den Torfgräben schwammen massenhaft: Utricularia vulgaris , U. minor, seltener U. intermedia , teilweise mit schmal- zipfeligen Blattformen. Salix myrtilloides. Am Rande gegen die junge Fichtenschonung zu wuchs eine Anzahl Sträucher der seltenen myrtenblättrigen (Gletscher-) Weide (Salix myrtilloides ), darunter einige mehr als mannshohe, stark gealterte Exemplare, und in der Nähe der Bastard S. myrtilloides -f- aurita. Die Gletscherweide war hier zu erwarten und wurde von mir auch planmäßig ge- sucht, weil sich besonders der nördliche Teil des Kulmer Kreises durch eine Anzahl von Moosbrüchen auszeichnet, die auf den Feldmarken von Gogolin, Gottersfeld und Radmannsdorf den gedachten Kleinstrauch, bisweilen an schwer zugänglichen Stellen, auf schwimmendem Moore enthalten. Hier sind seine gewöhnlichen Begleiter: Carex limosa , Eriophorum' vaginatum 3 E. gracile. Ab- gesehen von dem Weidenbastarde Salix myrtilloides -f- aurita wurden um Radmannsdorf und Gottersfeld von anderweiten Mischlingen festgestellt: Salix myrtilloides -f- repens, S. repens cinerea, S. aurita -f- Caprea. Ähnliche Zusammensetzung lassen die Standorte der Gletscherweide im Kreise Schwetz bei Schiroslaw, Grutschno, Laskowitz und bei Neuenburg in den Kreisen Tuchei, Strasburg, Brieseu, Löbau erkennen. Den stärksten Rückgang dieser Weide zeigen die Moore um Neuenburg, den am weitesten nach Norden gelegenen Fundorten in der Provinz. Am Doberauer See scheint sie ganz ausgestorben zu sein. Gefunden wurde sie neuerdings aber unweit davon wiederum in Moosbrüchen des Neuenburger Stadtwaldes und auf einem Bruche unweit der Bahnstrecke Dirschau-Bromberg in der Nähe des Reviers Doberau (Oberförsterei Bülowsheide). Ob die in einigen Mooren, sogar in reinem Moostorf beobachteten zweifel- haften Eieracium- Formen, die zwischen H. Pilosella und H. Auricula die Mitte halten oder anscheinende Übergänge bilden, wirkliche Bastarde darstellen, kann vielfach nach trockenem Material gar nicht beantwortet werden. Bastarde zwischen diesen Arten gibt es bei uns sicher häufiger. Sie scheinen aber kaum zum echten H. auriculif orme Fries zu gehören, das in Westpreußen auf einem Bruche bei Freideck (Kreis Rosenberg) im Moostorfe wächst. Peter ist der Ansicht, daß ähnliche Formen wahrscheinlich als keine Bastarde gelten können, vielmehr aus Umbildung unbekannter Urformen entstanden sein mögen. Für das norddeutsche Flachland wurde im Juli 1902 durch Plettke1) ein zweiter, vermutlich gleichfalls urwüchsiger Standort der Zwergbirke an der Ilmenau bei Schafwedel entdeckt, auf dem sich etwa 24 m über die Moor- wiesen erhebenden Zipollenberge. Nach der Beschreibung entspricht die Pflanzendecke im allgemeinen unserem Zwergbirken-Hochmoore. Auch der 0 Botanische Skizzen vom Quellgebiet der Ilmenau, insbesondere über das Vorkommen von B. nana usw. Abhandlung des Naturwissenschaftlichen Vereins in Bremen, Band XVII, Heft 2. 73 122 Bastard Betula intermedia Thom., der in dem Fundberichte als B. alpestris Fries bezeichnet wird, war in jenem westdeutschen Moore vorhanden. Die mir davon vorliegenden Proben gleichen einigen unserer westpreußischen Formen, ebenso nordrussischen und schwedischen Pflanzen, wovon ich mich an getrocknetem Material überzeugt habe. Eiszeit-Reste. Der letzte Zwergbirken-Fund hat bereits Gelegenheit ge- boten, die Frage zu erörtern, ob die neuerdings bekannt gewordenen nord- deutschen Standorte tatsächliche Eiszeit-Beste darstellen1). Bei allen Stand- orten, an welchen sich nordische Pflanzenformen angesiedelt haben, trifft dies jedenfalls nicht durchweg zu. Denn die Einwanderung kann erst in weit späterer Zeit erfolgt sein. Vielleicht recht lange nach dem Rückzuge des Inlandeises mögen sich nordische Wasserpflanzen, z. B. Nuphar pumilum , eingefunden haben, ebenso Litorella uniflora oder Stellaria crassifolia. Zumeist wird die Frage bei jenen Pflanzen überhaupt kritisch zu prüfen sein, die auf natürlichem Wege leicht und schnell ihr Verbreitungsgebiet zu erweitern bestrebt und geeignet sind. Neue Standorte der Moltebeere ( Rubus Chamaemorus) können mit Leichtigkeit von den zunächstgelegenen Stellen, wo diese von Vögeln gern angenommene Art ihren Wohnsitz hat, ihren Ausgang genommen haben2). Wie schnell solche und ähnliche Früchte an weitentfernten Gegenden abgesetzt werden, kann z. B. an der Moosbeere, an der später 'mehrfach zu erwähnenden Bärentraube ( Arctostaphylus uva ursi) und am Traubenholunder (Sambucus racemosa) beobachtet werden. Bei dem Vordringen der nordischen Gletscherströme, selbst während des Höhepunktes der Eiszeit, werden die heimatlichen Fluren schwerlich ohne jegliche Pflanzendecke an geeigneten Stellen geblieben sein. Eine derartige Annahme wird auch von maßvollen Forschern abgelehnt. Es brauchte daher, nachdem sich das Klima gebessert hatte, keine Neubesiedelung von Grund aus stattfinden. Welche Arten überhaupt sich aus jener Zeit bis auf die Gegenwart hin- übergerettet haben, darüber werden wir wohl niemals sichere Kunde erhalten. Daß damals am Bande der Gletscher eine hochnordische Flora sich entfaltet hat, davon gibt uns aber das Innere der heimatlichen Torfmoore hinreichenden Aufschluß, deren Untersuchung auf nordische Leitpfhmzen noch in den ersten Anfängen begriffen ist. Abgesehen von verschiedenen Funden in den russi- schen Ostseeprovinzen und in Nord Westdeutschland, kennen wir einige Moore unserer Provinz mit ausgesprochener Glazialflora. Bei Schroop (Kreis Stuhm) wurden Blätter von Dryas octopetala, Salix polaris und Betula nana 1) H. v. Klinggraeff bejaht diese vielumstrittene Frage bezüglich einiger hochnordischer Moose, die nach seiner Ansicht auf erratischen Blöcken zn uns gelangt sein können (Die Leber- und Laubmoose. Danzig 1893, S. 17). 2) Sollte die in Ostpreußen auf der Kackschen Balis vorkommende Andromeda calyculata bei uns in Westpreußen auftauchen, so möchte ich schon jetzt ihre Urwüchsigkeit bezweifeln, weil sie an einer gewissen Stelle absichtlich angepflanzt sein soll. 74 123 im kalkhaltigen Ton gefunden, später auch auf der Feldmark Saskoschin (Kreis Danziger Höhe) und Stangenwalde (Kreis Karthaus) unter dem Leber- torf in einer hellbläulichen, feintonigen Glazialgytja zum Teil durch Nathorst und Conwentz. Es läßt sich bestimmt erwarten, daß im Laufe der Jahre zu diesen Fund- stellen zahlreiche neue hinzutreten werden. Zunächst müßte der Versuch bei dem Zwergbirkenmoor in Neulinum selbst gemacht werden, weil dann der unumstößliche, tatsächliche Nachweis geliefert wäre, daß wir es hier mit urwüchsigen Trümmern der nordischen Flora aus der Eiszeit zu tun haben. Theoretisch läßt sich die hierfür sprechende Annahme jedoch, abgesehen von den subfossilen Nachweisen, durch die eigenartige Zusammensetzung der einheimischen, zum Teil noch lebenden Moorflora begründen. Wie wir ge- sehen haben, treten bei uns die nordatlantischen Arten gegen die nordischen, besonders im Binnenlande, erheblich zurück. Von großer Bedeutung für das Überleben der Glazialflora ist das ehemalige Vorkommen des jetzt bei Thorn ausgestorbenen Polyg onum viviparum — und zwar an Stellen, wo der Einfluß der Weichsel ausgeschlossen ist. Es läßt sich kaum annehmen, daß die Pflanze durch Vögel erst in neuerer Zeit Eingang gefunden hat, obwohl dies keineswegs in das Bereich der Unmöglichkeit zu verweisen wäre. Kerner v. Marilaun nämlich gibt an, daß die Brutknospen an der Ähre von Schneehühnern leidenschaftlich gekröpft werden. Selbst wenn die Tiere einmal aus ihrer Heimat nach der Weichsel sollten verschlagen worden sein, so würden sie bei ihrem etwas schwerfälligen Fluge die erhebliche Entfernung kaum in einem Zuge bewerkstelligt haben. Eine Verschleppung der Pflanze würde auf diese Weise daher nur gezwungen zu erklären sein. Angeblich soll sie, wie Kugellan berichtet, bei Osterode einmal gefunden worden sein. War dies tatsächlich der Fall, dann scheint es sich um zwei ehemalige Standorte zu handeln, die man zugleich als weit nach Süden vorgeschobene Posten der hochnordischen Flora auffassen könnte. Für die Urwüchsigkeit des Zwergbirkenbestandes bei Neulinum spricht ferner die Anwesenheit eines anderen seltenen Gliedes der nordischen Flora — die Gletscherweide, Salix myrtilloides, die übrigens gerade im Kreise Kulm eine Reihe anderer reicher Standorte besitzt. Wir dürfen daher wohl mit Recht die angeregte Frage in vollem Umfange bejahen. Beziehungen der Zwergbirke1) zu Insekten. Auf Anregung von Conwentz wurde das gedachte Hochmoor darauf näher untersucht, ob darin vielleicht Spuren einer nordischen Insektenwelt nachzuweisen wären. Die Ergebnisse !) Nach den von Drude und mir gemeinsam unternommenen Untersuchungen fehlt die Zwergbirkelebend im Moore bei Warneinen unweit Osterode. Wie Abromeit mir neuerdings mitteilt, soll die unzutreffende Stand Ortsangabe auf eine Verwechselung mit Betula lmmilis zurückzuführen sein. 75 124 der von Kuhlgatz angestellten Ermittelungen sind noch nicht abgeschlossen1). Allein schon jetzt haben sie merkwürdige Beziehungen zur heimischen Tierwelt ergeben, die hier nicht stillschweigend übergangen werden dürfen. Obwohl die Zwergbirke an den Blättern keine Süßigkeit ausscheidet, auch nicht von Blatt- läusen befallen wird, wie Moor- und Weiß-Birke, weil die Pflanzenläuse ( Aphiden und Cocciden ) die dicke Oberhaut der Blätter nicht mit ihrem Säugrüssel durch- bohren können, so wird sie doch in großer Menge von Ameisen besucht. Dr. Kuhlgatz, der sich zu gleicher Zeit mit mir im Bruche aufhielt, machte mich darauf aufmerksam, wie die Ameisen in den inselartigen Bülten von Wollgras, Ledum und Andromeda Bauten in den trockeneren, oberen Schichten angelegt hatten. Angelockt werden die Tierchen durch die harzig-klebrigen Ausschwitzungen der Blätter, woran sie sich zu schaffen machten und dabei allerdings gelegentlich mit den Füßen haften blieben. In die Wollgrashügel baut übrigens ferner die Labyrinthspinne (Agalena labyrinthica) ihre schräg abwärts gerichteten Trichter mit einem Netze zwischen der Öffnung und dem Grase. Was den biologischen Wert der klebrigen Ausscheidungen an den Zwergbirkenblättern betrifft, so scheinen sie gleichwie bei den Blättern von manchen Weiden -Arten zur Regulierung der Verdunstung zu dienen. Obwohl unsere Birke auf durchnäßtem Boden wächst, so kann in ihrem gegenwärtigen Hauptverbreitungsgebiete, in den Tundren des hohen Nordens, dennoch Wassermangel eintreten. Her Frost verhindert hier den größten Teil des Jahres jeglichen Pflanzenwuchs, und selbst während der kurzen Sommer- monate stellen sich häufige Nachtfröste ein, die das Wachstum ohne Schutzmittel empfindlich schädigen würden. Die Wurzeln vermögen nicht den grünen Pflanzen- teilen das Betriebswasser aus dem gefrorenen oder mindestens stark abgekühlten Boden zuzuführen. Daher wären die Blätter dem Verdorren ausgesetzt, wenn Wasserabgabe und Wasserzufuhr zueinander im Mißverhältnisse stehen möchten. Hier spielt nun der Harzüberzug der Blätter eine wichtige Rolle, indem er die Verdunstung auf ein geringes Maß herabsetzt oder zeitweise auf hebt. Auch nach ähnlicher Richtung hin regen die Moorpflanzen zu biolo- gischen Studien an. Die Rollblätter der Krähenbeere und Glockenheide ver- dunsten wenig Wasser, befördern dagegen auch schlecht das Wachstum, wie überhaupt die Ericaceen zu den schwerwüchsigen Pflanzen gehören. Sie lieben hauptsächlich Luftfeuchtigkeit und bevorzugen deshalb auch die Nähe der Küste. Blätter mit stark nach innen gebogenen Rändern — als Schutzmittel einer zu weit gehenden Verdunstung durch Verkleinerung der Blattoberfläche — besitzen Sumpfporst, Moosbeere und Gränke ( Andromeda ). Die des Sumpfporstes sind außerdem auf der Unterseite dicht mit rotbraunem Filze überzogen, um die L Vergleiche Kuhlgatz, Th.: Vorstudien über die Fauna des Betula mma-Hochmoores im Kulmer Kreise in Westpreußen. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. N. F. Bd. 1, Nr. 52, S. 613-619. 76 125 darunter befindlichen Spaltöffnungen vor Nässe zu sichern. Bei der Moosbeere dagegen leistet der weißliche Wachsüberzug denselben Dienst, ähnlich wie bei Salix myrtilloides, Vaccinium uliginosum. Auf dem Moore herrschen nämlich ebenso wie im Stromtale zum Teil die gleichen physikalischen Verhältnisse. Dem feuchten Boden entsteigen ausgiebige Nebel, und die Pflanzen sind einen großen Teil des Tages mit Tau beschlagen. Die Bahn für den Wasserdampf muß daher freigehalten werden. Im Moore erwacht die Pflanzenwelt aus Gründen physikalischer Natur erheblich später aus dem Winterschlafe, wie im Stromtale. Daher gilt es, die den Moorpflanzen knapp bemessene Zeit nach Möglichkeit auszunutzen. Diese Aufgabe zu erfüllen, eignen sich aber ganz besonders solche Pflanzen, die mit immergrünen Blättern ausgestattet sind, wie Glockenheide und Krähenbeere. Sie können nämlich bei der ersten besten Gelegenheit sofort mit der Bautätigkeit beginnen und brauchen nicht zunächst darauf bedacht sein, sich ein neues Blätterkleid zuzulegen, wodurch viel kosD bare Zeit nutzlos verstreichen würde. Geographische Verbreitungsgrenzen. In Westpreußen tritt, worauf schon in den vorhergehenden Abschnitten gebührend aufmerksam gemacht worden ist, die bemerkenswerte Erscheinung hervor, daß hier kurz vor oder hinter der Weichselmündung manche Pflanzen eine teilweise nur relative Ostgrenze erreichen, wofür als Beispiele Scirpus parvulus (S. 84), Samolus Valerandi , Plantago maritima , Festuca thalassica , Melilotus dentatus angeführt sein mögen. Auch die in diesem Kapitel mehrfach erwähnte Glockenheide [Erica Tetralix) übergeht Ostpreußen und erscheint erst wieder in Estland (wenigstens bis zum Jahre 1854) und Kurland, wo sie auf Strandheiden häufig ist, auch im Oberland (nach Lehmann). Früher soll die schöne Pflanze nach unbeglaubigten Angaben um Cranz einmal gefunden worden sein. Viel- leicht sind ihre dereinstigen Standorte, ähnlich denen anderer von der ost- preußischen Küste ausgeschlossener Arten, durch Küsten- Abbruch verloren gegangen. Klimatische Verhältnisse kommen wohl kaum in Betracht und er- klären die Lücke nicht, weil die russischen Standorte erheblich mehr nach Norden hinaufragen. Jedenfalls stellt die Glockenheide an die Luftfeuchtigkeit hohe Ansprüche, weil sie mit Ausnahme weniger vereinzelter Orte (Kreis Czarnikau, Provinz Posen) an die Küstenzone gebunden bleibt. V. Kulturunkräuter, Schuttflora. 1. Wanderflora. Begriff der Wanderflora. Unter Adventivflora versteht man die Gesamtheit derjenigen Pflanzenarten, die sich unabhängig von den natürlichen Verbreitungs- mitteln in fremden Florenbezirken dauernd oder vorübergehend ansiedeln. Hauptsächlich vollzieht sich diese gewaltsame Verschiebung der Pflanzenwelt gegenwärtig durch die modernen Verkehrsmittel. In geschichtlicher Zeit nahm sie ihren Anfang, als die großen Völkerzüge aus Südost-Europa die klassischen 77 126 Stätten überschwemmten. Geisenheyner x) versucht nachzuweisen, daß die Hunnenzüge noch heute durch gewisse Steppenpflanzen zu erkennen sind — ebenso wie die Lagerplätze der Kosaken während der Befreiungskriege durch Bunias orientalis und Corispermum sich bemerkbar machen. Der Zuwachs, den wir in dem letzten Jahrhundert allein in Westpreußen an fremden Floren- bestandteilen erhalten haben, ist ganz beträchtlich. Darunter nehmen aus nahe liegenden Gründen die ost- und südost-europäischen Arten bei uns eine bevor- zugte Rolle ein. Seitdem der ehemals mit Rußland bestehende regere Schiffs- verkehr auf andere Wege gelenkt ist, hat die Einwanderung etwas nachgelassen. Dauernde Bestandteile der Flora. — Dauernde Wohnsitze haben sich schon seit langer Zeit erobert: Diplotaxis tenuifolia, D.muralis, Galin- soga parviflora und Impatiens parviflora. Die erstgedachte, auch in Polen längs der Weichsel verbreitete Art* 2) hat sich an den größeren Weichsel- städten: Thorn (besonders am Bahnhofe), Dirschau, Elbing, Marienburg und Danzig angesiedelt, meist mit der etwas selteneren D. muralis. Die nach Buchenau3) etwa um das Jahr 1798 aus Peru in Deutschland eingewanderte Galinsoga parviflora ist mit wenigen Ausnahmen als Garten- unkraut in den Weichsel-Gegenden verbreitet und ebenso lästig wie Impatiens parviflora , die um Marienwerder, auf der Westerplatte, Weichselmünde, Zoppot im Kurgarten und Oliva jeder Bekämpfung spottet. Mit überraschender Schnelligkeit hat sich Matricaria discoidea D.C.in unserem Osten eingebürgert, manchmal so stark, daß sie alle anderen Pflanzen in ihrer Nähe unterdrückt. Minder stürmisch dringen die meist mit russischem Getreide eingeführten Arten, wie Lepidium apetalum^NiLW.^ Potentilla intermedia L. und Euphorbia virgata W. R. vor. Am zahlreichsten erscheinen sie da, wo der Schiffsverkehr mit Rußland noch jetzt am regsten ist, bei Thorn und Danzig. Bei dem häufigen Wechsel der Wohnplätze verzichte ich auf eine genauere Angabe der einzelnen Standorte. E. virgata zeigt übrigens ein stark ausgeprägtes Bestreben, sich den urwüchsigen Formationen auf Sand- und Heideboden anzuschließen. fSie erweckt daher (ähnlich wie die erheblich seltenere Salvia silvestris ) den Ein- druck einer einheimischen Art, so z. B. bei Thorn, Mewe, Freudenthal (unweit Oliva) und Putzig. Schmalblätterige Formen sehen hochwüchsigen Exemplaren von Euphorbia Esula L. var. pinifolia Lam. ungemein ähnlich, die beide am Thorner Winterhafen früher zusammen standen. Keine besondere Bedeutung hat die in Mitteldeutschland heimische Fumaria Vaillantii Loisl. erlangt, die in den Weichsel-Städten und -Dörfern sich hie und da angesiedelt hat4). Der Fumaria Schleicheri aus den Mittelmeerländern war in Westpreußen keine bleibende Stätte beschieden, da sie um Thorn eingegangen ist. Eine Zeitlang 9 Irmischia 1881, Seite 3. 2) Beobachtet sonst z. B. Bahnhof Weichseltal, Brahnau und Kreis Schwetz bei Neunliuben. 3) Zur Geschichte der Einwanderung von G. parviflora Cav. aus Peru. Abhandl. des Naturf. Ver. zu Bremen. Bd. XII. Seite 551 — 554. 4) Thorn, Fordon Trensatz, Nieder-Strelitz, im Kreise Schwetz, Kulm, Mewe usw. 78 127 schien es, als ob das mit russischem Getreide eingeführte und bisweilen auf Brachen und an Bisenbahndämmen auftauchende Drcicocephalum thymiflorum sich an -einzelnen Standorten behaupten würde. Der älteste, mir über 10 Jahre bekannte Standort am Bahndamm bei Marienfelde (Kreis Marienwerder) ist jedoch durch Umbau vernichtet worden. Auch das Feld, auf welchem mit der vorigen Art, in Gemeinschaft mit Anthemis ruthenica und Achillea nohilis , eine zottig-behaarte Rasse von Leonurus Cardiaca — ß. villosus Desf.1) wuchs, ist größtenteils in den Bereich der Bahnstrecke Marienwerder-Freystadt ein- bezogen worden, so daß die gedachten Fremdlinge bis auf Anthemis ruthenica untergegangen sind. Diese Kamillenart paßt sich jedoch unseren Verhältnissen fast ebenso gut au, wie Eiiphorbia virgata , mit der sie um Thorn an ziemlich zahlreichen Stellen vorkommt, während Achillea nohilis bald wieder auszu- sterben pflegt. Sie ergänzt sich schließlich wieder durch neue Einschleppung, wie man dies z. B. an Vaccaria parviflora und an einigen Gräsern, Bromus patulus 2 3), B. patulus und Anthoxantlium aristatum , beobachten kann. An mehreren Orten, namentlich in den Weichselgegenden, z. B. sehr häufig um Thorn, hat sich Oxalis stricta als Gartenunkraut eingebürgert, seltener Elssholzia Patrinis), Mercurialis annua (Thorn, Marienburg und Danzig), Pani- cum sanguinale und Setaria verticillata. Die Bluthirse ( Panicum sanguinale) bildet in den Gärten von Thorn und fast allen Vororten mit Galinsoga das gemeinste Gartenunkraut, während Setaria noch jetzt am ” Schloßberge von Graudenz häufig ist, sonst noch für Thorn und Fordon angegeben wird. Als Gartenflüchtling breitet sich um Podgorz bei Thorn Artemisia annua recht auffallend aus, während A. pontica bisweilen an Begräbnisstätten verwildert. Wenn auf Grasplätze mit fremdem Samen Tlirincia lürta gelangt, so dauert sie gewöhnlich bei uns aus (Neuenburg, Marienwerder). Zwei inter- essante Fremdlinge wachsen an dem durch seine hochromantische Lage weit- berühmten Karlsberge von Oliva: Teucrium Scorodonia und Hypericum pul- chrum. Vielleicht hat aber Teucrium Beziehungen zu der schwedischen Flora gehabt, eine Annahme, die späterhin bei einer anderen Gelegenheit berührt werden wird. Verwilderte Zierpflanzen. Nicht eingehender erwähnt werden sollen die in Parkanlagen selbst verwilderten Pflanzen, wie z. B.: Doronicum Pardalianches in Oliva. Geflüchtet von da ist aber die Alpensockenblume {Epimedium alpinum) und fest eingebürgert um Königsthal und Jenkau. Zu verwildern pflegen ebenso: Silene Armeria , Hesperis matronalis , Clematis Vitalha , Sedum spurium , Vinca minor , Sempervivum tectorum , diese letzterwähnten drei Arten gern an Kirch- höfen, Hyssopus ofßcinalis (z. B. Garnsee, Festung Graudenz), Chrysanthemum !) Diese Pflanze wurde bereits früher von Abromeit auf dem Kaibahnliofe in Königs- berg festgestellt, wo sie sich zu vermehren scheint. 2) Danzig. Dt. Eylau. 3) Thorn-Otlotschin, Graudenz, Marienwerder selten. 79 128 Balsamita, Heracleum pubescens. Die Bartnelke ( Diantlius barbatus) tritt sogar mitunter wie eine einheimische Pflanze in Wäldern auf (z. B. zwischen Bischofs- werder und Freystadt). Dauernde Ansiedlungsversuche scheitern bei: der Mariendistel ( Silybum Marianum), Totenblume ( Calendula officinalis), Studenten-Blume ( Tagetes erectus ), Sonnenblume ( Helianthus annuus ), Reseda ( Reseda odorata , R. alba ), Löwenmaul (Antirrhinum majus) usw. Es empfiehlt sich daher, nicht solche, meist unfreiwillig durch ausgeworfene Gartenerde oder mit Kompost ins Freie gelangte Gäste in den Ortsfloren-Ver- zeichnissen weiterzuführen, weil ihre Unbeständigkeit längst außer Zweifel steht. Die zur Bekleidung von Lauben bisweilen gezogene Linaria Cymbalaria dauert aus an einigen Stellen der Festungsmauern von Thorn und Graudenz (scheint in Neuenburg durch den Kirchenbrand vernichtet zu sein). Die zu demselben Zwecke gehaltene Lonicera caprifolium ist bei Rothhof (Kreis Marienwerder) in einer Parowe, bei Danzig und an einer Stelle des Graudenzer Festungswäldchens verwildert. Hier an dessen Südende hat sich seit länger als 50 Jahren der Blasenstrauch ( Colutea arborescens) massenhaft vermehrt. Ziergesträuch wird besonders dann verschleppt, wenn die Früchte den Vögeln zur Nahrung dienen. In der Thorner Bazarkämpe wächst z. B. der Schneebeerenstrauch ( Symphori - carpus racemosus) mit Lonicera tatarica, der auch sonst gelegentlich zu finden ist, während L. pyrenaica im Weidengebüsch bei Kulm sich wie eine urwüchsige Pflanze verhält. Auf Schutt in der Nähe der Weichselstädte, z. B. um Thorn, Graudenz an den Schloßbergabhängen und Neuenburg, bildet oft der Bocksdorn ( [Lycium halimifolium) undurchdringliches Gestrüpp, während das mit ihm ver- wechselte L. rhombifolium (Mill.) Dippel blos vereinzelt als verwildert nach- gewiesen ist. Auf einer Kämpe unterhalb des Wäldchens in Thorn wächst Ainus auctumnalis zwischen einheimischen Erlen wie urwüchsig. Die in Grasgärten, z. B. in Unmasse um Thorn, Elbing, Danzig am Bischofsberge, wuchernde Gartentulpe ( Tulipa silvestris ) ist nach Schube auch in Schlesien kaum einheimisch gewesen. Verwildernde Nutzpflanzen bilden einen ziemlich erheblichen Bestand der sogenannten Ruderalflora. Auf Sehuttplätzen, an Wegen, finden sich oft in Menge ein: Mohn ( Papaver somniferum ), Buchweizen ( Fagopyrum esculentum ), Hirse ( Panicum miliaceum), weißer Senf ( Sinapis alba), Kanariensamen ( Phalaris canariehsis), Rübsen ( Brassica Rapa mit der Form campestris ). Mit Ausnahme dieser verwilderten Rübsenformen und des weißen Senfs sind sie bloß vorübergehende Irrgäste, ebenso Dill (Anelhum graveolens ), Koriander (Coriandrum sativum, z. B. Mewe, Marienwerder), Garten- melde (Atriplex hortense), während wiederum Kerbel ( Anthriscus ceref olium)1) i) Kerbel und „Guter Heinrich“ ( Chenopodiwm Bonus Henricus ) wurden zur Ordens zeit und später vielfach angebaut und gaben vorzügliche Gemüsesuppen ab, die leider in Ver- gessenheit geraten sind. 80' 129 massenhaft verwildert und unausrottbar bleibt (Thorn, Sartowitz). Der Hanf ( Cannabis sativa) bildet in den Weichseldörfern einen wesentlichen Bestandteil der Schutt- und sogenannten „Ruderal“-Flora. Esparette ( Onobrychis vicifolia) und Seradella ( Ornithopus sativus) gesellen sich häufig den urwüchsigen Pflanzen- Genossenschaften zu. Die mitunter als Futterpflanze gebaute Zackenschote ( Bunias orientalis) bleibt beständig (Thorn, Pieckei, Marienburg), was von dem schwarzen Senf ( Brassica nigra) nicht gesagt werden kann, obwohl er in Polen, z. B. um Warschau, Sandomierz, manchmal eine sehr häufige Flußtal- pflanze ist. Unbeständig scheint ferner der mit Sämereien eingeschleppte Sarepta-Senf ( Brassica lanceolata Lange) zu sein. Schwer von weißblütigen Formen des gemeinen Hederichs unterscheidet sich verwilderter Ölrettig. Unter der einheimischen Flora zeigt sich ferner die aus ehemaligen Kulturen stammende Kleeart ( Trifolium pratense b. americanum Harz), die neuer- dings, aber mit geringem Erfolg, gebaut wird, ferner sogenannter Inkarnat- oder Tannenklee ( Trifolium incarnatum ) und die um Thorn und Ostrometzko festgestellte Valerianella carinata Loisl. Der ehemalige, namentlich in Thüringen im Großen gebaute Waid (Isatis tinctoria) wird in Thorn an den Bingchausseen durch Kulturarbeiten stark bedrängt. Besonders die „Fünf- Waidstädte“ — Arnstadt, Erfurt, Gotha, Langensalza und Tennstädt — be- faßten sich ehemals mit dem Anbau der berühmten Färberpflanze. Ein ebenso lehrreiches wie bezeichnendes Beispiel, wie die Verwilderung einer Pflanze unmittelbar auf die Hand des Menschen zurückgeführt werden kann, liefert ein absonderliches Verfahren der streitbaren Erfurter im Mittel- Alter. Sie pflegten nämlich auf den Trümmern der von ihnen erbrochenen Burgen Waidsamen auszustreuen: wahrscheinlich als Beweis dafür, daß sie nötigenfalls auch nachhaltiger, als es ihr Hauptgewerbe erforderte, zu färben gewillt seien. Als Honigpflanzen werden ihrer honigreichen Blüten wegen häufig gebaut: Borago officinalis, Phacelia tanacetifolia , Melilotus coeruleus , Echinops sphaero- cephalus, Ascelepias Cornuti. Obwohl alle mehr oder minder häufig aus Gärten flüchten, halten manche im Freien durchweg kaum aus. Die letztgedachte, früher als „Seidenpflanze“ gezüchtete Art bildet stellenweise (z. B. im Gutsgarten in Münsterwalde) ein unvertilgbares Unkraut. Zu ähnlicher Plage entwickelt sich bisweilen die Judenkirsche ( Physalis Alkekengi), z. B. einmal um Neuenburg, oder die in Polen stellenweise häufige Nicandra physaloides in einigen Ort- schaften des Großen Werders. Um Wohnplätze verwildern bekanntlich auch häufig verschiedene Obstsorten, wie Haferschlehe ( Prunus insititia ), Pflaume, Süß- und Sauerkirschen (P domestica, P. avium, P. Cerasus). Die früher mehr- fach gebaute Rapunzel ( Campanula Rapunculus) scheint bei uns in Obstgärten kaum mehr vorhanden zu sein, Fremde Ackerunkräuter in Kleefeldern haben selten eine bleibende Stätte, ln letzter Zeit verbreitet sich jedoch auffällig Silene dichotomaJ mit ihren, gegen Abend einen betäubenden, an Platanthera bifolia erinnernden Duft aus- 81 q Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 130 strömenden Blüten *). Auch Silene gallica bleibt beständig, nach Graebner z. B. bei Karwenbruch, Kreis Putzig. — Ambrosia artemisifolia und Centaurea solstitialis nebst C. Calcitrapa dagegen verschwinden nach kurzer Frist spurlos. Ballastpflanzen sind häufig gleichfalls nur Irrgäste. Die um Weichselstädte bisweilen beobachtete Spitzklette Xanthium spinosum* 2) hat niemals lange aus- gehalten, wahrscheinlich weil bei uns ihre Samen zu spät reifen. Das bereits vor langer Zeit auf Ballast bei Neufahrwasser beobachtete, seitdem verschwundene Corispermum Marschallii hat sich neuerdings mehrfach um Thorn und Fordon am Weichselufer und auf Kämpen gezeigt und scheint sich auszubreiten. Von der ehemals artenreichen Ballastflora um Danzig ist wenig übrig geblieben. Abgesehen von Salicornia herbacea , Suaeda maritima erwiesen sich beständig: das durch seine dunkelvioletten Blüten ausgezeichnete, nach Spribille um Inowrazlaw bereits als urwüchsig zu betrachtende Ver- bascum phoeniceum (am Ganskruge), Centaurea nigra aus Anlagen auf der Westerplatte und Eryngium campe st re auf Fes tungs wällen bei Neufahr- wasser. Einheimisch war sicherlich auch nicht die um Danzig, Kulm und Schwetz an Ackerrändern beobachtete Caucalis daucoicles , deren Heimatsrecht Bock (br.) gleichfalls für Bromberg bezweifelt. Neuerdings wurde die Pflanze bei uns nicht mehr gesammelt. Durch wiederholte Einschleppung ergänzt sich die an manchen Hafenplätzen erscheinende südeuropäische Portulacca oleracea. Der zuerst von Bail für die Provinz bei Zoppot auf Wiesen, später mehrfach anderwärts (Graudenz, Schwetz, Marienwerder) festgestellte Ranunculus Steveni war ebenfalls kein urwüchsiges Glied unserer Flora. Seine Unter- scheidung von R. acer bereitet Schwierigkeiten, da beide Pflanzen durch Zwischenformen miteinander verbunden sind, die vielleicht zum Teil einer Kreuzung ihre Entstehung verdanken. Auf Einschleppung deuten die um Thorn, Fordon, Danzig und sonst in der Provinz bekannt gewordenen Standorte von Reseda lutea hin. In der Haupt- sache ist nunmehr die sogenannte Wanderflora erschöpft. Es wäre vielleicht noch diese oder jene Art zu erwähnen, wie z. B. verwildernde Rosen: Rosa Eglanteria , R. cinnamomea , die wohl aus dem Sartowitzer Park geflüchteten Crataegus brevispina G. Kuntze, verwilderter Liguster und Sanddorn (Ligustrum vulgare , Hippophaes rhamnoides) , Malva moschata von Andreashof (Kreis Schwetz),, Geranium macrorrhizum aus dem Großen Werder bei Petershagen, das vielfach verwilderte G. pyrenaicum) Hesperis tristis von Neufahrwasser, Acker- (Klee-) Unkräuter wie Crepis setosa , C. nicaeensis} das unbeständige Erucastrum Pollichii usw. Nötigenfalls wird später an geeigneter Stelle darauf zurück- gekommen werden. Eine große Anzahl von Ackerunkräutern war gleichfalls bei uns ehemals nicht einheimisch; die ursprüngliche Heimat mancher von !) In Wäldern, z. B. bei Mircliau, wahrscheinlich auf Dienstland der Förster. 2) Nach Australien 1850 verschleppt, soll sie nach Lendenfeld den Gesamtwert der Wollerträge an den von ihr heimgesuchten Orten um 50 % herabsetzen. 82 ihnen läßt sich mit Sicherheit überhaupt nicht mehr angeben, weil die darauf hindeutenden Spuren fast ganz verwischt sind. 2. Ackerunkräuter. Einzelne Kultur-Begleiter. Bei der Abhängigkeit verschiedener Glieder der hierher gerechneten Flora von den Kulturen empfiehlt es sich, einige kurze Bemerkungen über einzelne Zweige des landwirtschaftlichen Betriebes voran- zuschicken. Der Anbau reiner Erbsen wird mehr und mehr durch lohnendere Gemengeaussaat von Erbsen und Hafer oder Gerste und Hafer verdrängt. In Überschwemmungsjahren wird in der Weichselniederung Sommergetreide nach dem 1. Juni nur mit noch zweifelhaftem Erfolge gebaut. Zwischenfrüchte werden durch die fast ständige Sommerdürre gefährdet, ausgenommen etwa Johannis-Roggen mit Zottel wicke ( Vicia villosa ). In der Marienwerderer Niederung steht seit länger als 100 Jahre der Tabakbau auf Moormergel mit im Vordergründe des landwirtschaftlichen Betriebes, besonders um Gr. Wolz, Schinkenberg, Eller walde, Treugenkohl. Bewährt haben sich bisher bloß die gewöhnlichen Sorten: Rund- und Spitzblatt ( Nicotiana rustica, N. tabacum). Obwohl Boden und Klima bei uns der Kultur des Flachses nicht entgegen stehen, so wird der gewiß recht lohnende Anbau nirgend mehr versucht. Es fehlen daher gewöhnlich die an diese Nutzpflanze gebundenen Unkräuter, wie Lolium remotum und die Flachsseide ( Cuscuta Epilinum). Die auf Flachsfeldern sonst so häufige Camelina sativa nebst der var. dentata drängt sich hin und wieder in andere Kulturen. Obwohl in Westpreußen kein Hanf gebaut wird, so könnte sich doch der anderwärts von Landwirten gefürchtete Hanftod ( Orobanche ramosa) von neuem1) zeigen, weil Hanf in den Weichseldörfern oft massenhaft an Wegen und auf Schutt verwildert und längst völlig eingebürgert anzu- treffen ist. Die früher Kleeschläge schwer heimsuchende Kleeseide ( Cuscuta Epithymum ß. Trifolii) ist durch sorgsamere Samenauswahl stark eingedämmt. Als Unkräuter in Saaten zeigen sich im Frühlinge meist in Menge: Stellaria media) Hirtentäschchen ( Capselia bursa pastoris ), Lamium purpureum , L. amplexi - caule, Thlaspi arvense , Veronica hederifolia2): das am meisten für die junge Saat schädliche Unkraut, V. tripliyllos, V. agrestis , V. arvensis , Reiherschnabel ( Erodium cicutarium ), Anchusa arvensis , Lithospermum arvense und hauptsächlich auf leichterem Boden Schachtelhalm ( Equisetum arvense ), Erophila verna, Papaver Argemone, Holosteum umbellatum} Cerastium semidecandrum. Später erscheinen: Neslea panniculata , Erysimum cheiranthoides , Spergula arvensis (gern auf Sand), Sinapis arvensis , meist in Westpreußen Raphanus Raphanistrum ausschließend, ferner die charakteristischen Getreideunkräuter: Papaver Rhoeas, P. dubiurn , Kornblume (CentaureaCyanus) , Rittersporn (Delphinium 1) Früher bei Groch unweit Thorn und im Fribbetale bei Kulm, befällt auch Tabakpflanzen. 2) Mitunter in den var. triloba und lappago. 83 9 182 Consolida), Kornrade ( Agrostemma Gitliago ), ferner Myosotis arenaria auf Sand, M. intermedia , Cirsium arvense (die Formen incanum und complanatum z. B. bei Thorn und Marien werder, sonst selten), S onchus arvensis , Matricaria iriodora, Anthemis arvensis (im Großen Werder spärlich), Crepis tectorum, Allium vineale. und meist gegen die Ernte reifend: Agrostis spica venti als überaus lästiges Unkraut, Bromus arvensis , B. mollis, B. secalinus. Mehr zerstreut kommen vor: Linaria minor , Myosotis hispida , auf Rainen und am Rande der Getreidefelder bisweilen Melampyrum ' arvense. Gewöhnlich nach der Ernte finden sich auf der Stoppel ein: Silene noctiflora , gern auf Lehm, Filago arvensis , Stachys annua sehr zerstreut, Centunculus vnnimus in Furchen oder auf feuchten, sandigen Brachen mit Alchemilla arvensis. In den Weichselgegenden bildet die im II. Abschnitte bereits erwähnte Fal- caria vulgaris im Getreide ein oft gefährliches Unkraut. Heimat einiger Getreide-Unkräuter. Über einzelne fast streng und mit ge- ringen Ausnahmen an die Getreidefelder gebundene Unkräuter bleiben ver- schiedene, zum Teil recht interessante Angaben nachzuholen. Was zunächst den Mohn betrifft, so ist in Nordwest-Deutschland, Neu- Pommern, Mecklenburg und an der Elbmündung P. duhium nach Hellwig häufiger als P. Rhoeas. Im Großen Werder fehlt jene Art, während diese wahrscheinlich wegen der dort hochentwickelten Bodenkultur und sorgsamen Behandlung des Saatgutes nebst Kornblume und Kornrade niedergehalten wird. P. dubium lebt in der Rheinprovinz auf unbebautem Boden häufiger als im Getreide. Jedenfalls ist die Pflanze schon in Böhmen, Kroatien, Nieder- österreich auf grasigen, buschigen Orten nach Hellwig einheimisch. Bei uns besitzt sie gleichfalls entschieden mehr Befähigung, sich den urwüchsigen Formationen dort anzuschließen, wo die Grasnarbe den Boden nicht geschlossen in Beschlag genommen hat, als P. Rhoeas. An den Weichselabhängen bei Mewe bis oberhalb Warmhof, auf der Bromberger Vorstadt in Thorn (Gymnasial- Garten) scheint P. dubium sich aus eigener Kraft zu vermehren. Ob und innerhalb welcher Grenzen auch anderwärts, entzieht sich der Beurteilung, weil sich der Nachwuchs meist wieder durch frische Ansamung aus Kulturen ergänzt. Hier wären leicht durch Anbauversuche interessante Aufschlüsse zu erzielen. Der Klatschmohn (P. Rhoeas) ist nach v. Heldreich (br.) in Griechenland eine Charakterpflanze der berüchtigten Phrygana- Formation. Seine Heimat dürfte im östlichen Mittelmeer-Gebiete zu suchen sein, denn er bildet in Klein- asien und Syrien einen Bestandteil der urwüchsigen Formationen. Östlich geht er, von Westpreußen aus gerechnet, nach Ostpreußen, wo er jedoch auf weite Strecken fehlt und ebenso selten ist, wie die bei uns im Getreide mit- unter reichlich verbreitete Kamille {Matricaria Chamomilla ) und der den leichten Boden schwer schädigende Windhalm {Agrostis spica venti). In Rußland dringt der Klatschmohn bis Wilna, Minsk, Mohilew, Smolensk, Nischni-Nowgrod, zum unteren Don und zur unteren Wolga (Fischer von Waldheim br.). 84 133 Eine Abart oder Rasse des gemeinen Klatschmohns1) — var. strigosum Boenn. bekundet ein hohes Maß von Selbständigkeit. Auf wüsten Plätzen, an Wegen auf der Bromberger Vorstadt von Thorn erschien sie alljährlich, aus eigener Aussaat, an denselben Stellen, Die Heimat der Kornrade2) ist unbekannt. Hierfür scheint auch das be- reits in Griechenland einheimische Agrostemma gracile keinen sicheren Anhalt zu bieten. Die Kornblume bewohnt nach Halascy3) dort das Felsgeröll der unteren Berggegenden und hat im Morgenlande nahe Verwandte, ln Deutsch- land zeigt der Rittersporn ähnliche Verbreitungslücken, wie der Klatschmohn. Unbeständig ist er in Hannover und Westfalen; in Südwest-Deutschland wächst er auf Löß — einer in Westpreußen fehlenden Bodenart. Vielleicht lassen sich aus diesem Vorkommen Schlüsse auf die Heimat des Rittersporns ziehen, die auf die südost-europäischen Steppengebiete hindeuten. Unterstützt wird diese Annahme durch einen Bericht Lindholm’s4), wonach .er Unmengen von Rittersporn ( Delphinium Consolida) in der Kargalinskaja-Steppe, nordwestlich von Orenburg, (wahrscheinlich auf Löß) gesehen hat. Übrigens ist D. Consolida Leitpflanze in manchen ostrussischen Kreisen, z. B. in Tjumen. Die Heimat der erwähnten, sowie einer Reihe anderer Getreideunkräuter weist zugleich auf die Heimat unserer meisten Getreidesorten hin, die vermutlich im west- lichen Asien — zwischen Persien und dem Mittelmeere — zu suchen ist. Unmöglich ist es nicht, daß einzelne Getreidebegleiter von den einst- maligen Stammformen abweichen, daß sie sich innerhalb der Kulturen verändert haben und mit den wilden, urwüchsigen Formen nicht mehr übereinstimmen. Auch die Getreidearten haben ja im Laufe der Zeit verschiedene Wandlungen durchgemacht, wobei allerdings nicht vergessen werden darf, daß sorgsame Auslese und Kreuzung dabei eine wichtige Rolle gespielt haben. Echte und unechte Wucherblume. Die echte Wucherblume, Chrysanthemum segetum , hat in Westpreußen eine bloß örtliche Bedeutung um Danzig, Putzig, selten in der Niederung (Maibaum usw.), in Ostpreußen zwischen Frauenburg und Wehlau. Die unechte Wucherblume, Senecio vernalis , sucht dagegen nur Kleeschläge, Dämme, Schonungen, Brachen und Sandfelder heim, bevorzugt als echtes Steppenkind also leichten Boden. Die Ausrottung beider Unkräuter ist bei uns polizeilich geboten. Ein höchst bedenkliches Verfahren schlagen manche Landwirte ein, worauf ich immer wieder von neuem hinweise, indem sie die Pflanzen nach dem Jäten auf Haufen liegen lassen. Senecio vernalis reift noch auf dem Totenbette eine Unzahl keimfähiger Samen aus, die der Wind nach allen Himmelsgegenden entführt. Der Bastard S. vernalis -f- vulgaris x) Der am Weichselufer bei Thorn von mir beobachtete mutmaßliche Bastard Papaver Rhoeas + dubium ist dort wohl eingegangen. Vergl. Scholz, Veget. Verh. Seite 93. 2) Bei Marienwerder: Formen mit auffallend langen und kurzen Kelchzipfeln. 3) Consp. Flor. Graec. Seite 151. 4) Kobelt: Verbreitung der Tierwelt. Leipzig 1901, Verlag von Teichnitz, Seite 190. 85 134 tritt besonders im Herbste, manchmal ohne die Stammformen allein auf und fruchtet ziemlich reichlich1). Flughafer, Adonisröschen, Erdnuss. Stellenweise macht sich der Flughafer (. Avena fatua) lästig, vz. B. um Wossarken (Kreis Graudenz), während A. strigosa in manchen Gegenden fehlt oder selten ist (z. B. bei Thorn). Der wohl überall im Hafer sich einstellende Taumellolch ( Lolium temulentum ) ist nirgend zu einer Plage ausgeartet, wie Windhalm oder Flughafer. Dagegen macht sich der Acker- hahnenfuß ( Ranunculus arvensis ) auf schwerem Boden mitunter recht unangenehm bemerkbar, namentlich in trockenen Frühjahren. Dann überwuchert er die junge Saat und bildet ein dichtes, schwer zu durchdringendes Gewirr. Früher hatten die Gegenden um Warmhof, Neu-Liebenau im Großen Werder schwer darunter zu leiden; sonst fehlt das Unkraut auf weite Strecken in der Provinz. Das Adonisröschen ( Adonis aestivalis) und die Erdnuß ( Lathyrus tuberosus) be- vorzugen gleichfalls strengen Lehmboden und bleiben mit wenigen Ausnahmen auf die Weichselgegenden beschränkt. Der Adonis2) endigt in unserer Provinz bereits mit einer, dem Stromlaufe entsprechenden Nordwest-Grenze und zwar schon vor dem Mündungsdelta. Die durch den lieblichen Benzoe-Duft ihrer rosafarbenen Blüten ausgezeichnete Erdnuß war vor 30 — 40 Jahren um Mewe eine Landplage, jetzt tritt sie gleich dem Adonis nur in unbedeutendem Maße auf. Um Mewe auf Schwarzerde (Diluvium) macht sich, was wohl anderwärts selten der Fall sein dürfte, im Getreide die Kerbelrübe ( Chaerophyllum bulbosum) ungemein lästig. Wahrscheinlich ist dieses Doldengewächs aus den benach- barten Schluchten auf die Äcker verschleppt worden. Die süßlich schmecken- den Knollen werden hier von der Dorfjugend begierig verspeist und sind unter einem erotischen Namen als Leckerbissen bekannt. Im Getreide halten sich ferner mit Vorliebe auf: Vicia angustifolia, einschließ- lich der var. segetalis, V. hirsuta , die meist aus Anbau stammende Zottelwicke ( V. villosa ), deren Urwüchsigkeit in den freien Formationen nicht zu bezweifeln ist. Obwohl viele Ackerunkräuter gegen hohe Kältegrade dermaßen unempfindlich sind, daß schon im zeitigsten Frühjahre bei manchen Arten, z. B. Veronica, Lamium und Stellaria media , die überwinterten Knospen ihre Blüten entfalten, so ist jedoch auch ihnen ein Ziel gesetzt. Der fürchterliche Blachfrost im Jahre 1901 hatte selbst die winterhärtesten Arten samt den üppig entwickelten Saaten mehrfach von Grund aus zerstört. Unkräuter auf Sandäcker, Brachen. Solche Stellen bevorzugen Panicum lineare , der Knäul ( Scleranthus annuus , S. perennis )3), Hungerblümchen (Ero- 0 Nach Aromeit wird Senecio vernalis bereits von dem ältesten preußischen Botaniker, dem Propste Hellwing, um das Jahr 1726 für den Kreis Angerburg angegeben und genannt: Jacobaea senecio folio incano perennis ; Raji Hist. 258, Tourn. 485 Majo. 2) Um Danzig vielleicht nur Adventivpflanze, sonst Neustadt und Deutsch Krone in früheren Jahren. 3) Die Bastarde (oder Übergangsformen?) zwischen beiden Arten sind im Gebiete vor- handen, wohl aber häufig nicht unterschieden. 86 135 phila verna), Sandvergißmeinniclit ( Myosotis arenaria), Spurre ( Holosteum um - bellatum), Cerastium semiclecandrum , Spergula arvensis, seltener S. vernalis , und bisweilen Spergularia campestris , mit Alsine viscosa meist in Menge, und Cerastium glomeratum sehr zerstreut. Von seltenen Gliedern dieser Gruppe ist Linaria arvensis in ziemlich zahlreichen Kreisen1) vereinzelt beobachtet worden, während L. Elatine bis- her bei uns nur um Ostrometzko und Thorn mehrfach, sowie am Laskowitzer See festgestellt ist. Eine in gleicher Zusammensetzung, besonders auf etwas feuchten Stoppel- feldern wiederkehrende Gesellschaft bilden: Gypsophila muralis , Centunculus minimus, Radiola linoides , Alehemilla arvensis, Herniaria glabra , also Arten, die auch gelegentlich mit Potentilla norvegica feuchte Uferplätze besiedeln (Seite 66, 86). Mehr in den Weichselkreisen bis Marienburg, einschließlich des Drewenz- gebietes2), findet sich auf Sandäckern, in der Stoppel gern mit dem Vogel- knöterich, Polycnemum arvense, stellenweise z. B. auf den Bingsbergen (Kreis Graudenz) und Wengern unter der urwüchsigen Sandflora. Antirrhinum Orontium 3) kann wohl kaum als einheimisch gelten; auch die bei Luschkowko (Kreis Schwetz) beobachtete Herniaria hirsuta scheint hinsichtlich ihrer Heimat höchst zweifelhaft. Auf Gemüseäckern pflegen weitverbreitet zu sein: Vogelmiere, rote Taub- nessel, Hirtentäschchen, Kreuzkraut (Senecio vulgaris), Vogelknöterich, Acker- winde, Quecke, Gänsefußarten: wie Chenopodium album, C. rubrum, Geranium pusillum — und meist nicht in so erdrückender Masse: Panicum crus galli, Setaria viridis , S. glauca, Polygonum Persicdriä und P. Convolvulus, Erdrauch ( Fumaria officinalis), Euphorbia helioscopia , E. Peplus , Menta arvensis, Galeopsis Tetrahit , seltener G. bifida, schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum), Galium Aparine , Campanula rapunculoides , Veronica liederifolia , V. polita, V. agrestis, V. arvensis , Lampsana communis , Anthemis arvensis , Sonchus oleraceus, S. asper, Ackerdistel, Crepis tectorum, vielfach auch Anagallis arvensis 4), Stachys palustris und auf feuchten Stellen bisweilen Galium uliginosum. Minder häufig sind: Chenopodium polyspermum var. acutifolium, Malva silvestris, Crepis virens, Galeopsis pubescens bei Marienwerder unter Kartoffeln, Albersia Blitum und Amaranthus retroflexus : beide aber im Großen Werder sehr selten, Myosurus minimus, Galeopsis speciosa auf nassem, quelligem Boden, im Großen Werder z. B. sehr häufig. (Der Bastard G. pubescens 1) Thorn, Kulm, Flatow, Schlochau, Dt. Krone, Pr. Sfcargard, überhaupt wohl in den meisten Kreisen westlich der Weichsel, Strasburg (Drewenzgebiet). 2) Kreis Bromberg bis Fordon, Löbau, Thorn (namentlich längs der russischen Grenze), Kreis Tuchei, ferner Schwetz, seltener Kreis Kulm und Graudenz und bei Schloppe — fehlt anscheinend von den Bingsbergen bis nach Wengern, Kreis Stuhm. 3) Kreis Thorn früher bei Weißhof, Lissomitz, Renczkau, Zlotterie — anscheinend ehe- mals häufiger, nach Bock auch bei Bromberg nur eingeschleppt. 4) Die blaublütige Abart coerulea Schreb. bei Gollub wohl nur eingeschleppt. 87 136 + Tetrahit) bei Wossarken (Kreis Graudenz) und von mir bei Marienwerder beobachtet. Von den Ehrenpreisarten breitet sich V. Tournefortii Gmel. immer weiter aus, fast gemein um Marienwerder, während V. opaca vielfach übersehen worden ist. Sehr vereinzelt, vielleicht mehrfach eingeschleppt, erscheinen: Geranium dissectum , Sherardia arvensis wohl in den meisten Lokalfloren der Weichsel- nähe, während Gagea arvensis1) zwar auf Dämmen und Gartenland an den Standorten gesellig nach Art der Zwiebelgewächse auftritt, jedoch mit Ausnahme des Großen Werders zu den Seltenheiten gehört. Hier pflegt auf schwerem Boden auch Picris hieracioides häufiger zu sein als anderwärts. Fast ausschließlich den Weichselkreisen gehören an: Eup horhia platyphyllos auch an Deichen, Wegen, durchaus nicht häufig und in manchen Gegenden fehlend — und E. exigua) gern auf Kartoffelland, überspringt die Kreise Kulm, Graudenz, dringt jedoch bis nach Neustadt vor. Die Bastarde zwischen Lamium amplexicaule und L. purpureum treten überaus vielgestaltig, oft in ungeheurer Menge, in Brachen auf. Die eine Form L. intermedium Fr. entwickelt sich ungemein üppig und steht dem L. amplexicaule näher; sie wurde von mir bei Thorn, Graudenz mehr- fach (z. B. Nitzwalde, Engelsburg), Marienwerder wiederholt beobachtet und beschränkt sich sicherlich nicht auf die sonst bekannten Standorte in den Kreisen Briesen und Karthaus. L. dissectum With. dagegen, dem L. pur- pureum nahestehend, schließt bisweilen den vorigen mutmaßlichen Bastard aus. Die links der Weichsel besonders in den Kreisen Könitz, Flatow, Dt. Krone, auch Neustadt ziemlich verbreitete Stachys arvensis scheint östlich davon zu fehlen, tritt allerdings wieder in Ostpreußen sehr vereinzelt auf im Kreise Pr. Holland. Die vielleicht nicht von Stellaria media zu trennende St. pallida Pire ist wahrscheinlich mehrfach übersehen worden. Auffallend schöne Exemplare fand ich im Kreise Stuhm bei Boenhof (sonst in den Provinzen Ostpreußen, Posen beobachtet). Wenig geachtet ist ferner auf die zuerst für Westpreußen von Grütter festgestellten Bastarde Anthemis arvensis -j- Matricaria inodora (= Anthe-Matricaria Gruetteriana Aschers.) und A. Cotula -f- M. inodora (= Anthe-Matr. Celak). Sie werden sich nicht bloß auf den Kreis Schwetz beschränken, wo sie bei Luschkowko und Prust gefunden sind. An dieser Stelle mag gleich eines dritten Bastards A. Cotula -f- tinctoria (== A. Bollei Schultz Bip.) gedacht werden, den Froelich am Bahndamm bei Ottlotschin entdeckt hat. Die verschiedenen sogenannten „kleinen Arten“ eingehend zu behandeln, muß einer andern Gelegenheit Vorbehalten werden2), zumal manche recht zweifelhafter Natur *) Thorn, Podgorz, Altliausen, Graudenz, um Mewe, Klein Garz, Marienwerder und Danzig mehrfach, Könitz, Dt. Krone. 2) z. B. Veronica polita ß. calycida Abr. und Scholz, Pölygonum Convolvulus ß. subalatum Lej. et Court., Lamium album form, lycopifolium usw. 88 137 sind1). Sagina apetala b. ciliata Fr. zwischen Neuhof und Zakrzewke im Kreise Flatow -wurde seit dem Jahre 1877 (nach Abromeit) nicht mehr gesammelt und scheint in der Flora von West- und Ostpreußen zu fehlen. Lebensdauer der Unkrautsamen. Bei Erdarbeiten kann man regelmäßig bei uns eine eigenartige Beobachtung machen, die leicht zu Irrtümern Anlaß geben kann. Frisch geschüttete Dämme pflegen sich nämlich in überraschend kurzer Zeit in dichtgeschlossenen Beständen mit jungen Hederichpflanzen (: Sinapis arvensis) zu bedecken, untermischt häufig mit Erdrauch ( Fumaria ofßcinalis ), Klatschmohn, Anchusa arvensis , Melde ( Chenopodium album , Ch. glaucum , Ch. rubrum ), Senecio vernalis , seltener Raphanm Raphanistrum. Der Landwirt erklärt diese wohl überall, nicht nur bei uns sich abspielende Erscheinung dadurch, daß er den Unkrautsamen eine fast unbeschränkte Lebens- dauer beimißt. In seiner Ansicht wird er weiterhin noch dadurch bestärkt, daß nach einem Tiefpflügen schweren Bodens, nicht beim bloßen sogenannten „Schälen“, seine Felder vom Ackersenf oft dermaßen befallen werden, daß es den An- schein gewinnt, als wenn er absichtlich ausgesät worden wäre. Leider fehlen uns abschließende Urteile über die Lebenskraft der Samen. Angeblich sollen Samen aus alten Herbarien gekeimt haben, die darin nachweislich länger als 100 Jahre gelegen haben. Die Keimfähigkeit des Hederichs oder Ackersenfs soll gleichfalls nach einem so langen Zeitraum nicht leiden. Jedenfalls liegen hierüber keine über jeden Zweifel erhabenen Versuche vor. Es würde aber von unschätzbarem Werte sein, wenn nach dieser Richtung hin umfassendere Versuche2) als bisher nach einem gleichartigen Plane in großem Umfange ange- stellt werden möchten. Von unseren einheimischen Pflanzen behalten nach den bisherigen Erfahrungen Schmetterlings- und Kreuzblütler wohl am längsten — bis zu 20 Jahren — ihre Keimkraft. Es wird behauptet, daß Hederich in diese langlebige Gruppe gehöre. Unter allen Umständen sind die selbst von gebildeten Landleuten hierüber gehegten Ansichten stark übertrieben und erheblich einzuschränken. 3. Flora in der Nähe von Wohnplätzen (Schuttflora usw.). An Wegen stellen sich viele zu den sogenannten Allerweltspflanzen ge- hörige Arten ein, auf die neuerdings mehr als bisher die Aufmerksamkeit durch die hervorragenden Arbeiten Höcks gelenkt worden ist. Die gemeinsten Glieder dieser Gruppe sind: Vogelknöterich ( Polygonum aviculare) mit Poa annua wohl im Gebiete am weitesten verbreitet, Wegebreit ( Plantago major)} Hirtentäschchen ( Capselia bursa pastoris), Lepidium ruderale , Brennessel ( Urtica 0 So soll z. B. Veronica agrestis ß. calycida Fr. mit eingesclmittenen Kelchzipfeln nach Juel eine Jugendform der Hauptart darstellen (Jaktagelser öfver Veronica-arter. Botan. Not., 1891, S. 130—133 — Deutsch im Bot. Zentr. Blatt. Bd. 47.) 2) Etwa nach dem Vorgänge von Edmond Gain : Über das Altern des Embryos der Gräser in Comptes rendus 1901, S. 1248. (Ref. in der Naturw. Rundschau). 89 138 urens), Löwenzahn ( Taraxacum officinale ), Kreuzkraut ( Senecio vulgaris ), Acker- winde, alle so ziemlich gleich häufig, ferner Stellaria media — mehr auf Garten- land, Poa compressa, Bromus mollis, B. tectorum, die gewöhnlichen Ampferarten, Cerastium triviale , Melandrium album , Nasturtium silvestre, Fingerkraut ( Potentilla Anserina , P. argentea ), Sichelklee ( Medicago falcata), Trifolium repens Plantago lanceolata , Anthemis arvensis , Cirsium arvense (die gemeine Ackerdistel), Grepis biennis, Carduus acanthoides. Auf Rainen erscheinen ebenso wie an Wegen gern außer Mohrrübe: Heracleum sibiricum , Beifuß ( Artemisia vulgaris ), Cichorie, Schafgarbe, Rainfarn ( Tanacetum vulgare ), Cirsium lanceolatum und bisweilen Berteroa incana. Das an Wegen und Dämmen in Westpreußen vereinzelt auftretende Trifolium elegans ist nur die Form trockener Standorte von T. hybridum. Zaun- und Mauerränder besiedeln abgesehen von den oben aufgeführten ge- meinen Arten: Sisymbrium officinale , S. Sophia , Geum urbanum, Malva neglecta, Geranium pusillum , Vicia sepium) Giersch ( Aegopodium Podagraria ;), Hunds- petersilie ( Aethusa Cynapium ), Nachtschatten ( Solanum nigrum) *), an feuchten Stellen die v^r. memphiticum , Ballota nigra , Leonurus Cardiaca , weiße und rote Taubnessel ( Lamium album und L. purpureum ), große Brennessel ( Urtica dioeca ), Carduus crispus , bisweilen Nepeta Cataria , Malva silvestris und an Wegen, auf Angern die nicht überall verbreitete, z. B. im Kreise Bromberg fehlende Anthemis Cotula und noch seltener Verbena officinalis. Den Schutz von Hecken suchen: Klebkraut (Galium Aparine ), Schell- kraut ( Chelidonium majus ), Torilis Anthriscus) Chaerophyllum temulum, während hauptsächlich auf Schutt, wüsten Plätzen in oft überraschender Üppigkeit eine Anzahl von Arten gedeiht, die große Ansprüche an salpetersaure Salze stellen. Es sind dies in erster Reihe: schwarzer Nachtschatten, Bilsenkraut ( Hyoscyamus niger )2), Stechapfel ( Datura Stramonium ), bisweilen gefleckter Schierling ( Conium maculatum) und die überall verbreiteten Gänsefuß- und Meldengewächse (wie Chenopodium album} Ch. hybridum , Ch.glaucum , Ch. rubrum , Atriplex patulum , A. hastatum , diese Art in einer auffallend dickblätterigen Form bei Marienwerder). Außerdem bemerkt man hier gewöhnlich riesige Kletten ( Lappa tomentosa, L. minor , L. officinalis ), Eselsdistel ( Onopordon Acanthium ), Hundszunge (Cynoglossum officinale ) und mancherlei verwilderte Nutzpflanzen, um Danzig: Atriplex litorale. Klettenbastarde zwischen den gedachten Arten gehören keineswegs zu den Seltenheiten. Zerstreut treten auf: Coronopus Ruellii 3), Melilotus officinalis (gern in Kleeschlägen), Geranium molle , Malva rotundifoliaA)} Asperugo procumbens nicht ]) Nach Abromeit scheinen die vor langer Zeit bei Weissenberg (Kreis Stulim) ge- sammelten Blütenexemplare zn S. villosum Lam. zu gehören. 2) Nebst den var. agrestis und der selteneren pallida. 3) Fehlt wohl im Großen Werder. 4) Der Bastard M. rotundifolia -f- neglecta, z. B. Thorn, Marienwerder, wohl sonst übersehen. 90 139 überall, dann aber gesellig, Wermut {Artemisia Ab sinthium) besonders um Weichsel- dörfer dermaßen gemein, daß er früher in Kahnladungen von Mewe und Warmhof aus versandt werden konnte, Spitzklette ( Xanthium Strumarium) — und in der unmittelbaren Weichselnähe X. italicum. — Marrubium vulgare scheint sich hauptsächlich von der Weichsel und seinen Nebentälern aus verbreitet zu haben. Es fehlt nach Abromeit1) kaum einem Kreise, ist jedoch nach meinen Beobachtungen nirgend häufig, meistens sehr vereinzelt oder auf weite Strecken fehlend. Bromus sterilis und Horcleum murinum bleiben mit geringen Ausnahmen auf das Weichselgebiet beschränkt. Das erstgedachte schöne Gras (Seite 90) fehlt manchen Ortsfloren dieses Gebietes, pflegt aber dann meist häufig zu sein (Thorn, Marienwerder und Mewe stellenweise), viel- fach wohl nur mit Grassamen verschleppt. II. murinum dagegen ist abseits des Stromes nur um Neustadt beobachtet worden. Abgesehen von den Seite 136 aufgeführten Wolfsmilcharten bleiben aufs engere Weichselgebiet folgende, sonst in der deutschen Flora überhaupt seltene Arten beschränkt: 1. Chaeturus Marrubiastrum ■ — keine eigentliche Stromtalpflanze, obwohl sie bis zum Mündungsbecken die Weichseldörfer bewohnt und sich sogar im Diluvium anderwärts den freien Formationen anschließt; in Galizien z. B. gern in Gipstrichtern nach Rostafinski. 2. Parietaria officinalis 2), wahrscheinlich überall aus alten Kulturen herrührend; ähnlich der quellige Orte, Bachufer mit ihrem mächtigen Blattwerk überspannenden Pestwurz ( Petasites officinalis ), besonders in der Nähe alter Burgen und Schlösser. 3. Die an dieser Stelle zu erwähnenden seltenen Gänsefuß- und Melden- gewächse werden weiter unten kurz besprochen werden. In Vergessenheit geratene Nutzpflanzen. Ebenso wie Parietaria (das Glas- kraut) hat sich der Alant ( Inula Helenium) aus ehemaligem Anbau in Baum- gärten der Weichseldörfer, seltener im Binnenlande (z. B. Dorfanger in Mahren, Kreis Marienwerder) erhalten. Nur hin und wieder wird die schöne, einer Sonnenblume ähnliche Pflanze gegen Lungenleiden und Atmungs-Beschwerden von Dorfbewohnern noch jetzt angebaut. Sie liebt gleich jener frischen, morastigen Boden. Auf solchem wächst sie z. B. bei Pien und Schadon, Kr. Kulm; in der Krausenhofer Forst gelangt sie sogar im Halbschatten zur Blüte. Der Holunder ( Sambucus nigra) ist in Dörfern, namentlich in den Niederungen, an Zäunen, Wasserläufen, Kirchhöfen und verlassenen Wohnsitzen, bisweilen als Unterholz in Wäldern, eine häufige Erscheinung. Absichtlich gehegt wird er jetzt nirgend mehr — und doch wurde sein Ruhm dereinst nur vom Wacholder überstrahlt. Leider werden bei uns die reifen Holunder- beeren verschmäht, während man in Schlesien, Schleswig-Holstein und Sachsen J) Flora Ost- und Westpreußens, S. 672. 2) Warschau, Marienburg am Hochsclilosse, Oliva im Klostergarten. 91 140 daraus eine wohlschmeckende Fruchtsuppe bereitet, die der ßlaubeersuppe an Wohlgeschmack nichts nachgibt1). Ganz unbekannt bei uns ist Salat aus Löwenzahnblättern ( Taraxacum officinale). ln Frankreich bilden die ge- bleichten Blätter einen schwungvollen Handelsartikel, um den lebhaften Bedarf für das in hohem Ansehen stehende Nationalgericht zu decken2). Selbst die Blätter verschiedener Melden, wie Chenopodium album) Ch. rubrum, der gute Heinrich {Ch. Bonus Henricus) können wie Spinat genossen werden. Die deutschen Ansiedler an der Wolga schätzen sie hoch und vermahlen selbst die Samen in Notstandsjahren mit Getreide. Die Samen des Schwadens oder der Mannagrütze ( Glyceria fluitans) werden ferner stellenweise noch heute in Ostpreußen vor Tagesanbruch mit Käschern in der Nähe der Uferränder von Kähnen aus eingesammelt. Gänsefuss-Gewächse. Von unseren Chenopodium- Arten sind Ch. album, Ch. rubrum , Ch. hybridum , Ch. glaucum , das keineswegs bei uns häufige und vielen Kreisen fehlende Ch. murale , mit der Kultur über den größten Teil der be- wohnten Erde verbreitet, ebenso wie das nach Heringslake stinkende Ch. Vulvaria , dessen Gedeihen mit den Weichselstädten (mit Ausnahme von Graudenz und Marienwerder) verknüpft ist. Das Hauptverbreitungsgebiet dieser artenreichen Gattung scheint in den Salzsteppen Asiens, Südost-Europas, überhaupt an salzhaltigen Stellen der europäischen Steppen zu liegen. Etwas Genaues über die eigentliche Heimat unserer einheimisch gewordenen Arten hat man bisher nicht in Erfahrung gebracht. Es sind schwankende Ge- stalten, zum Teil überaus formenreich und an unsere Wohnplätze gebunden, wo der Boden an Rinnsteinen, Dung- und Schutthaufen mit Kochsalz- und salpeterhaltigen Lösungen angereichert ist. Mit manchen Allerwelts-Unkräutern hat besonders Ch. album3) einen fast unerschöpflichen Formenreichtum gemeinsam. Besonders diese Art erzeugt eine Reihe von Rassen und Formen, die zum Teil durch Bodeneinflüsse bedingt sein könnten. Sie scheint eine Sammelart zu sein, deren geschichtliche Ent- wickelung sich kaum mehr bis zu den Grundformen verfolgen läßt. Hier versagen selbst Kulturversuche, die allerdings nach anderer Richtung hin einige Aufklärung zu geben geeignet sind. Was das lebhaft umstrittene Cheno- podium striatum (Kras.) Murr4) betrifft, so glaubt Murr jetzt darin das !) J. Scholz. Der Holunder. Abh. d. Nat. Yer. in Bremen 1900, Bd. XY, Heft 3. 2) Die Blätter des Scharbockskrautes, Ranunculus Ficaria, geben, vor der Blüte ge- sammelt, gleichfalls einen zarten, wohlschmeckenden Salat, der z. B. in Schlesien hie und da gern genossen wird; das gleiche gilt von der „falschen Brunnenkresse", Cardamine amara , einer häufigen Bewohnerin von Quell- und Waldbächen. 3) Die Formen glomerulosum, viride, lanceolatum häufig, hastatum v. Klinggr. mehr zer- streut, während die kleinblätterige Abart microphyllum Goss, et Germ, dem Sandboden an- gehört und selten beobachtet ist. 4) Über die hierüber bekannt gewordene Literatur vergleiche: Krasan: Fragmente aus der Flora von Steiermark. Mitteil. d. naturw. Y. Steiermark 1893. Murr: Über einige kritische Chenopodien-F ormen . D. Bot. Monatsschrift (1896), Nr. 2, 3. 92 141 echte Ch. purpur ascens Jacq. (= Ch. Atriplicis L. fil.) ß. lanceolatum MoCQ. in D. C. Procl. XIII, 2, S. 67 erkannt zu haben. Ähnliche, für einzelne Gegenden Süddeutschlands nachgewiesene Formen treten auch in der nordost- deutschen Flora auf. In einzelnen, vielleicht erheblichen Punkten weichen sie von typischen Formen allerdings ab. Besonders die oberen Blätter der Zweig- spitzen von einheimischen Pflanzen sind zugespitzt, während sie bei jenen ab- gestumpft sein sollen. Weitere Beobachtungen müssen lehren, inwieweit die süddeutschen zu den norddeutschen Formen in Beziehung stehen. Die Frage, ob zwischen den einzelnen Chenopodium- Arten Bastarde möglich sind, ist unbedenklich zu bejahen. Jedenfalls gehören sie aber zu den größten Seltenheiten. Nach Durchsicht eines großen Materials einheimischer Pflanzen wäre ich geneigt, nur eine Form als eine Verbindung zwischen Ch. album und Ch. ficifolium anzuerkennen. Ganz unbeteiligt bleibt an solchen Kreuzungen für unseren Osten das nur gelegentlich auftauchende und sicher nicht einheimische Ch. opulifolium. Es beschränkt sich meist auf Schutt- und Komposthaufen der Weichselstädte, bleibt jedoch stets unbeständig und verschwindet schließlich, bis eine neue Einschleppung stattfindet. Ch. ficifolium dagegen tritt bis- weilen selbst an den Weichselufern auf und erscheint mitunter in Gemüse- äckern massenhaft. Die Unbeständigkeit dieser in den Weichselgegenden meist überall zerstreut vorkommenden Art hängt von der Fruchtfolge ab. Bisweilen hält sie sich auf Schutt- und Komposthaufen oder an frisch ge- schütteten Dämmen auf. Noch seltener als die letztgedachte Art ist bei uns Ch. urbicum, das immer nur vereinzelt zu finden ist. Neuerdings wird Ch. denn datum in unseren Osten eingeschleppt (bisher Kreis Bromberg Bock!). Melden-(Atriplex-)Arten. Was nun die Meldengewächse anbetrifft, so fehlt Atriplex roseum verschiedenen Lokalfloren (z. B. Thorn, Marienwerder, Graudenz) und ist auch im Binnenlande ein seltener Gast (Ohristburg, Rosenberg, Dt. Krone). Das von manchen Schriftstellern als Unterart der gewöhnlichen Garten- melde angesehene schöne Atriplex nitens Schk. erweckt den Eindruck einer eigenen Art. Es gehört in Westpreußen und Polen der Schuttflora der Weichselgegenden an, wo es auf dem mit salpetersauren Salzen durchtränkten Boden zur üppigsten Entfaltung gelangt. Bei Graudenz und Neuenburg bedeckt die Pflanze nach der Weichselseite hin weite Flächen und macht sich schon von fern durch den Glanz ihrer dunkelgrünen Blattoberflächen bemerkbar. Hin und wieder wächst sie an den diluvialen, kalkreichen Ab- hängen, weitab von menschlichen Niederlassungen — im Stromtale. Das bei uns lange als Form von A. patulum betrachtete A. oblongifolium W. u. K. wurde erst im Jahre 1895 richtig von Abromeit unterschieden. Jos. Scholz: Yegetations-Verliältnisse des preußischen Weichselgeländes (1896), S. 79. Derselbe: Studien über Ch. opulifolium usw. Ö. Bot. Z, (1900), Nr. 2 — 4. Murr: Zur Chenopodien-Fr&ge. A. Bot. Z. (1900), Nr. 10. Issler : Chenopod. Striatum Kras. usw. A. B. Z. (1901) Nr. 10. Murr: Agnoszierte Chenopodien a. a. 0. (1903), S. 91. 93 142 An den Hafenanlagen, auf den Vorstädten überhaupt, ist diese seltene Meldenart überaus häufig. Wahrscheinlich reicht ihre Verbreitung bis nach Polen hinein. Längs der Weichsel ist sie bereits für einzelne Kreise festgestellt1). Vielleicht hat eine Einwanderung aus dem westdeutschen Verbreitungsgebiete (Rhein- und Nahetal) durch die Warthe, wo die Pflanze z. B. bei Landsberg beobachtet ist, stattgefunden. Ein lokalisiert gebliebenes Glied der sog. Schuttflora ist das aus Polen auf dem Wasserwege eingeschleppte Sisymbrium Loeselii. Es beschränkt sich als eines der gemeinsten Unkräuter auf Danzig und Umgegend (Oliva usw.); im übrigen Teile der Provinz nur unbeständig. Eingewanderte Arten? Wahrscheinlich aus Osteuropa eingewandert scheint eine kahle Abart unserer gewöhnlichsten Klettenart zu sein: Lappa tomensosa var. glaberrima Fries. Sie zeichnet sich durch glänzend dunkel- rote Hüllkelche und kräftigen Wuchs aus und ist bereits vor längerer Zeit, aber immer vereinzelt — auch in Ostpreußen — gesehen worden. Ihre Haupt- verbreitung hat sie im östlichen und südlichen Rußland. Hier erreicht sie im Kaukasus eine selbst für Kletten ungewöhnliche Höhe (Fischer v. Waldheim br.). Ob auch eine von G. Froelich (Seite 72) zuerst am Thorner Hafen gesammelte hochwüchsige Form oder Rasse des Spitzwegerichs ( Plantago lanceolata ): P. altissima L.2) mit siebennervigen Blättern und sehr verlängerter Ähre hierher gehört, wage ich nicht zu entscheiden. Künftig zu erwartende Arten. Für die einheimische Flora wäre zu erwarten: das bereits in Polen, z. B. um Sandomierz und Warschau verbreitete Atriplex laciniatum , das sich schon bei Königsberg eingebürgert hat. Für den süd- lichen Gebietsteil steht das Erscheinen von Anthriscus vulgaris bevor, da diese Pflanze bereits durch Bock für Langenau (Kreis Bromberg) festgestellt ist. Zur Dorfflora gehörte bei uns ferner nur das um Gremboczyn (Kreis Thorn) an einem Graben beobachtete und später vernichtete Lythrum hyssopifolia , Da diese seltene Art nach Rostafinski bereits um Warschau, nach Spribille mehrfach im Kreise Inowrazlaw vorkommt, so erscheint es zweckmäßig, sie einstweilen als Glied unserer Flora weiterzuführen und eine abwartende Haltung einzunehmen. Bodenaufschluss durch Schuttpflanzen. Die hier mit Vorliebe ihren Wohnsitz aufschlagenden Arten werden nach geraumer Zeit, manchmal schon am Ende des zweiten Jahres, verdrängt, obwohl besonders die Melden eine ungeheure Menge Samen reifen. Es stellen sich Gräser ein, und zwar zunächst Poa annua} die mit fabelhafter Geschwindigkeit eine dichte Grasnarbe schafft. Vorbereitet wird der rohe, nährstoffreiche Boden durch die scharfen, Alkaloide enthaltenden Unkräuter, wie Schell- und Bilsenkraut, Nachtschatten, Schierling, Stechapfel. Nach Senff sollen diese als Kultur-Pioniere zu betrachtenden Arten vermöge D Kreis Scliwetz (z. B. Grutschno, Topolinken), Kreis Kulm (Bienkowo, Kokotzko). 2) Form, maxima G. Froelich. 94 143 der ätzenden Wirkung ihrer Wurzeln den Boden schneller zersetzen und auf- schließen. Die Flora an Fuchsbauen ist so interessant, daß es sich der Mühe lohnt, ihr einige Aufmerksamkeit zu schenken. In der Nähe der Röhren siedeln sich nämlich häufig Arten an, die nicht zu ihrer Umgebung im freien Felde passen. Es sind dies hauptsächlich: Kletten, Spitzklette, Klebkraut, Oder- mennig, Hundszunge, also Arten, deren Früchte durchweg mit Klett-Vor- richtungen ausgerüstet sind. Wahrscheinlich hat sie der schlaue Räuber auf seinen nächtlichen Streifzügen aufgeladen und sich ihrer beim Einfahren in den Bau entledigt. Flora der Bauergärten. Ein vom kulturgeschichtlichen Standpunkte ver- dienstvolles Unternehmen würde die Bearbeitung der in den Dorfgärten ge- haltenen Flora bieten. Es verlohnt das schon deshalb, weil die Geschmacks- richtung in unserer gemischtsprachigen Dorfbevölkerung besondere Arten und Farben bevorzugt. VI. Pflanzengenossenschaften freier Formationen im Diluvium (Sand- und Heideflora). 1. Besiedelungsweise der pontischen Arten. Im diluvialen Hügellande gewinnt die baltische Flora durch den Eintritt einer großen Anzahl von Gliedern ost- und südosteuropäischer Pflanzen- genossen an Reichhaltigkeit und hervorragender Bedeutung in pflanzen- geographischer Hinsicht. Während unsere Grün- und Hochmoore stellen- weise von Vertretern arktisch-alpiner Herkunft besiedelt werden, deren Ein- wanderung sich mit hoher Wahrscheinlichkeit, teilweise mit Sicherheit bis zur Eiszeit hinauf verfolgen läßt, so setzt sich der Hauptbestandteil der Heidegenossen aus Arten zusammen, die vermutlich wohl der Mehrzahl nach jüngeren Datums sind. Ihre Einwanderung fällt entweder durchweg oder zum größten Teil in die Steppenzeit, *als nach der Besserung des Klimas seit dem Rückzuge des Inlandeises die heimatlichen Fluren unter dem Einflüsse eines kontinentalen Klimas standen. Die Frage, ob in Westpreußen die wärmebedürftigen, pontischen Arten die letzte Eiszeit oder eine ihr etwa folgende kalte Periode über- standen haben, kann hier nicht näher erörtert werden, weil sich nach dem Stande unserer jetzigen Kenntnis von den einschlägigen Verhältnissen in geologischer und floristischer Beziehung die Antwort nur zu sehr auf dem schwankenden Boden von Annahmen und bloßen Anschauungen bewegen würde. Unmöglich erscheint ein Überleben einzelner Arten an geschützten Orten an und für sich nicht. Man hat die den Erdboden bekleidende Pflanzendecke mit einem Teppiche verglichen. Den Grundton der sich darin zu einem farbenreichen Muster ver- einigenden Pflanzenformen bilden auf den heimatlichen Fluren vielfach be- 95 144 sonders die sogenannten politischen Genossenschaften, die ein ganz eigenartiges Mischungsverhältnis, oft von bestrickender Anmut und Mannigfaltigkeit, in unsere Flora hineingetragen haben. In unserer Provinz zeichnen sich vor- nehmlich die südlichen Weichselkreise und hier wiederum zunächst die Diluvial- ränder längs des Stromes durch Pflanzenreichtum aus. An diesen Stellen haben sich die bezeichnendsten Glieder der Steppenflora erhalten, die in den unabseh- baren ost- und südosteuropäischen Steppengebieten zu den Leitpflanzen gehören. Steppenähnliche Verhältnisse im südlichen Weichselgebiete. Die Gründe für die Erhaltung jener Einwanderer in der baltischen Flora be- ruhen auf verschiedenen Ursachen physikalischer und geologischer Natur. Innerhalb welcher Grenzen sich bei uns einstmals das Kontinental-Klima bewegt hat, darüber besitzen wir keine festen Anhaltspunkte. Man wird jedoch kaum fehlgehen, als Maßstab hierfür die noch gegenwärtig in jenen Steppen herr- schenden Temperatur -Verhältnisse anzulegen. Dort bilden trockene Sommer und harte Winter die Regel, regenreiche Sommer und milde Winter die Aus- nahme. Auch das mittlere und südliche Westpreußen sowie der größte Teil der Provinz Posen stehen noch jetzt unter dem Einflüsse eines fast kontinentalen Klimas (Seite 50). Nach Hellmann erstreckt sich nämlich eine Trockenzone von der mittleren Warthe über die obere Netze und das Weichselknie bis tief in unsere Provinz hinein, etwa zur Ossa-Mündung. Schon von jeher war das alte Kulmerl and als das trockenste bekannt. Die angestellten Beobachtungen ergeben aber, daß dieses Trockengebiet viel umfangreicher ist, als bisher an- genommen wurde, daß es das räumlich größte Trockengebiet Norddeutsch- lands dar-stellt. Die geringste durchschnittliche Regenmenge von 450 — 550 mm wird sogar stellenweise in besonders dürren Jahren nicht einmal erreicht. Viel schärfer gelangen solche Verhältnisse in den ost- und südosteuropäischen Steppengebieten zum Ausdrucke. Sie sind aber keineswegs, wie manche glauben, nach ein und demselben Muster zugeschnitten und unterliegen in einzelnen Jahren bedeutenden Schwankungen. Man unterscheidet je nach der Bodenbeschaffenheit oder der Leitpflanze, z. B.: Tschernosem-, Lehm-, Sand- und Salzsteppen, Strauch-, Wiesen- und Wermutsteppen1). Es herrscht also eine erhebliche Abwechselung in den einzelnen Formationen. Nehring2) hat die vielfach eingebürgerte irrige Vorstellung von solchen Steppengebieten zer- stört, indem er eine Reihe von Reiseberichten hierüber veröffentlicht hat. Danach wechseln z. B. im Baschkirenlande anmutige Berge, Hügel und Wälder mit fetten Wiesengründen ab, und viele Bäche und Flüsse durchziehen das Land. Die von Nehring zusammengestellten Mitteilungen ließen sich leicht durch andere gleichlautende Berichte russischer Forscher erweitern. Aller- dings gibt es auch unabsehbare Flächen und Gebiete, die an das äußerste Glied der Steppenform — die Wüste erinnern. 0 Tschernosem gleichbedeutend mit der berühmten Schwarzerde; Lehm im Lößgebiete. 2) Über Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit. (1890), S. 48, 125 usw. 96 145 Eine besonders artenreiche und üppige Flora bevölkert aber das Schwarz* erdegebiet. Wir werden dieser eigenartigen Erdmischung bei der Schilderung der Heideformation Westpreußens noch mehrfach begegnen. Aber bereits jetzt muß hervorgehoben werden., daß einige Leitpflanzen der russischen Tschernosemsteppe, z. B. die Pfriemengräser (Stipa), Adonis vernalis auf unserem heimatlichen Boden nur am Rande dieses Gebietes (Kreis Kulm) gedeihen, sonst aus seinem übrigen Bereiche aber verdrängt sind. Auf Sand- boden zeigen sich bei uns ferner nur Anklänge an die ^femma-Steppe. Die Leitpflanze auf Sand- und Heideboden bildet A. campestris , gewöhnlich nur an Rainen durch A. vulgaris , an Weichselabhängen selten durch A. Absinthium verstärkt, während in Osteuropa noch A. scoparia — eine auf das Weichseltal beschränkt bleibende Art — und A. austriaca hinzutreten. Strauchsteppenfluren hat es zur Kontinentalzeit bei uns zweifellos gegeben, denn Reste von Zwergkirschenbeständen haben sich bis auf die Gegenwart an einzelnen Stellen zu erhalten gewußt, während die Zwergmandel bei uns längst ausgestorben ist, die bisweilen in den russischen Steppen von Caragana frutescens begleitet wird. Geologische Beweise für die Steppenzeit. Die Annahme, daß die hervorragendsten Vertreter der pontischen Pflanzengenossenschaft etwa erst nach Schluß der Steppenzeit zu uns eingewandert sind, ist ausgeschlossen: Denn wir sind in der Lage, das Vorhandensein alter Steppengrasfluren sowohl in Westpreußen sowie längs des alten Urstromtales in der Provinz Posen nachzuweisen. Der Geschiebemergel zeichnet sich nämlich bisweilen durch eine auffällig schwarze Farbe aus. Beispiele hierfür liefern z. B. die Schwarzerde- Zonen in Kujavien, im Kreise Kulm um Plutowo, Watterowo, Althausen, im Kreise Marienwerder von Warmhof bis Neu-Liebenau. Diese, von dem be- rühmten, bereits vorher erwähnten Tschernosem nicht oder nur unwesentlich verschiedene Bodensorte ist stark mit Humus durchsetzt. Er rührt bei uns nach Keilhack1) von unzähligen aufeinander folgenden Geschlechtern verwester Steppen-Gräser her. Weitere wichtige Beweise für das dereinstige Bestehen eines Steppen- klimas liefern Funde von Schädelresten der Saiga-Antilope bei Osnowo, Kreis Kulm, und Gruppe, Kreis Sch wetz. Es läßt sich aus der Lagerung der Reste folgern, daß dieses hervorragende Leittier mancher Steppengebiete tat- sächlich an den Fundstellen gelebt hat. Die Verteilung der Steppenpflanzen über unsere Provinz ergibt, daß die reichsten Fundorte das südliche und mittlere preußische Weichsel- gelände umfassen. Besonders die kalkreichen Kuppen längs der Diluvialhöhen werden von den berühmtesten Leitpflanzen besetzt gehalten, wie bereits vor- her (Seite 144) betont wurde. Eine ähnliche Erscheinung wiederholt sich l) Einführung in das Verständnis der geologisch-agronomischen Spezialkarte des nord- deutschen Flachlandes. Berlin, 1901, S. 49. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 97 10 146 auch in den übrigen großen deutschen Stromgebieten einschließlich ihrer bedeutendsten Seitentäler. Die in den südlichen Teilen mehr geschlossenen Bestände lockern sich und lösen sich nach Norden zu allmählich auf. Die bezeichnendsten Leitpflanzen der Steppe machen schon weit vor der Küste Halt, während andere politische Arten selbst die Dünenketten besetzt halten, eine Erscheinung, die sogar viel nördlicher an der russischen Ostseeküste be- obachtet werden kann und zuerst von Litwinow zum Gegenstände interessanter pflanzengeographischer Studien gemacht worden ist. Die Frage, weshalb sich die Glieder der pontisclien Floren- genossenschaft im allgemeinen von den deutschen Küstenstrichen fernhalten, ist wiederholt erörtert worden. Die einen glauben, klimatische Einflüsse, namentlich den höheren Feuchtigkeitsgehalt der Luft dafür verantwort- lich machen zu dürfen. Andere wiederum sind der Ausicht, daß der nördliche Waldgürtel dem Vordringen einen Riegel vorgeschoben hat. In welcher Weise und durch welche Lücken eine Reihe von Steppenpflanzen, die zum Teil noch im südlichen Schweden vorhanden sind, z. B. Oxytropis pilosa , einige Pulsatilla- Arten, den Weg dorthin gefunden haben, als die Landverbindung mit unserem Festlande noch bestand, mag hier unerörtert bleiben. Was dagegen die hochge- legenen Gebiete zu beiden Seiten der Weichsel in den Kreisen Berent, Karthaus, Neustadt, Danzig, Putzig und Elbing anbetrifft, so scheint dem Zuzuge der pontisclien Pflanzen-Vereine tatsächlich der Wald Einhalt geboten zu haben. Die beträchtliche Höhenlage bedingt eine rauhe und feuchte Temperatur und somit eine Begünstigung des Waldes. Das Eis auf der baltischen Seenplatte muß bei seinem Rückzüge eine erheblich längere Zeit zum Abschmelzen ge- braucht haben, wie im wärmeren Binnenlande der Provinz. Vielleicht haben Eisverhältnisse dort oben noch bis weit in die Kontinentalzeit hinein geherrscht. Später aber war namentlich die Nord west-Ecke der Provinz im Bereiche der aufgetürmten Grundmoränenlandschaft mit Morästen und Wasserbecken durch- setzt, wovon noch jetzt Moore und abflußlose Stauseen Zeugnis ablegen. Nicht nur die pontische Heideflora, sondern sogar die pontische Waldflora ist aber im Kreise Elbing viel schwächer entfaltet als westlich von der Weichsel. Die Gründe hierfür müssen aber, um dem Gange der Schilderung nicht vorzugreifen, einstweilen zurückgestellt werden. 2. Der Einfluss des Kalkgehalts im Boden auf die pontischen Arien. Gleichartige physikalische und geologische Verhältnisse vereinen die Pflanzenformen zu geselligen Verbänden. Daher bildet die Kenntnis von der Bodenbeschaffenheit einen wichtigen Maßstab für das nähere Verständnis der einzelnen Pflanzengenossenschaften. Die Besiedelungsweise des dürren Sand- und nährstoffreichen Mergelbodens gelangt vielfach in scharf ausgeprägter Weise zum Ausdrucke. Trotzdem läßt sich nach dem Stande neuerer Forschung eine strenge Scheidung der Pflanzen in sand- und kalkholde Arten nicht durch- 98 147 führen. Für die pontischen Arten bilden in erster Reihe Wärme und Trocken- heit ein Lebensbedürfnis. Sodann bevorzugen sie aber den Kalkgehalt des Bodens, ohne jedoch den reinen Sandboden gelegentlich zu verschmähen. Das umgekehrte Verhältnis zeigt sich bei den echten Sandbewohnern in den- selben eng gezogenen Grenzen. Danach kommt also einzelnen Pflanzen ein hoher Grad von Wablvermögen zu, so daß die verschiedenartige Bodenunter- lage auf sie eine überraschende Anziehungskraft auszuüben imstande ist. Nach der Ansicht einzelner hervorragender Forscher soll der Kalkgehalt des Bodens die Steppe begünstigen. Darüber herrscht aber wohl volle Über- Fr. Goerke-Berlin phot. Abb. 5. Vegetationsbild von den Steilabbängen am hoben Weichselufer unterhalb Schwetz. ein Stimmung, daß die osteuropäischen Arten in den weiten Lehm-, Steppen- und Schwarzerde-Gebieten einen hohen Kalkgehalt beanspruchen 1). Es darf somit nicht Wunder nehmen, daß die an solche Bodenansprüche gewöhnten Pflanzen sich bei uns unter ähnlichen Bedingungen zusammenschließen. Die Schwankungen des Kalkgehalts im Erdreich entziehen sich häufig der oberflächlichen Betrachtung und können nur durch Untersuchung von Bodenproben nachgewiesen werden. Die Anreicherung mit Kalk hängt überdies von der Korngröße der Sande ab. Feinsande besitzen manchmal bloß 2 % in den oberen, durch die Atmosphärilien ausgelaugten Schichten. Nach fl Die entgegengesetzte Ansicht Miljutins (Bot. I. Moskau 1890) ist wiederholt widerlegt worden. 99 10* 148 Keilhack gibt es aber auch Schichten, wo der Kalkgehalt bis auf 60 % in die Höhe schnellt. Die Leitpflanzen der Steppe pflegen sich bei uns auf den kalkreichen Hügeln und kahlen Bergkuppen des diluvialen Geländes, ferner an Abhängen der sonnigsten Stellen anzusiedeln. Das sind zu gleicher Zeit die trockensten und wärmsten Standorte. Am trockensten müssen sie schon deshalb sein, weil in dem von Schluchten und Tälern durchsetzten Hügellande der Grundwasser- stand tiefer ist, wie im ebenen Gelände. Dieses eigenartige Verhalten der Steppenpflanzen kann man besonders schön im Kreise Kulm — auch längs des Schwarzerdegebietes — beobachten. Nur wenige haben sich auf diesem hoch- kultivierten Flächen behauptet, da sie hauptsächlich der Pflug an die Ränder der Diluvialhöhen verdrängt hat. Da aber auch an den vou der Kultur hier und anderwärts unberührten Stellen die Steppen- Leitpflanzen in ihrer über- wiegenden Mehrzahl die oben erwähnten Plätze bewohnen, so kann man daraus schließen, daß den kalkhaltigen Bodenverhältnissen eine hervorragende Erhaltungskraft innewohnt. Ihr ist die hervorragende Erhaltungskraft zuzuschreiben, der wir die interessanten Reste aus einem längst entschwundenen Zeitabschnitte verdanken.. Die Steilgehänge der Weichselberge entbehren oft jeglichen Pflanzen- schmuckes. In welcher Weise sich die kahlen Stellen nach und nach mit ihm bekleiden, zeigt das eigenartige Vegetationsbild von den Weichsel-Abhängen unterhalb Schwetz (Abb. 5). 3. Formationswechsel, Übergang der Steppe zum Walde. Die Untersuchung der für die Pflanzengeschichte wichtigen Frage: welche Teile unseres gesamten, heimatlichen Bodens vor und nach der Steppenzeit bewaldet waren, würde zu weit führen. Wir können aber ohne weiteres an- nehmen, daß außer dem nördlichen Waldgürtel zu jener Zeit noch andere ge- eignete Striche: Wälder, lichte Haine und Vorgehölzgruppen getragen haben, wie dies noch in vielen Steppengebieten der Gegenwart der Fall ist. Auch dort machen sich häufig Spuren einer ersten Bewaldung auf dem Steppenboden bemerkbar, die unter Umständen zu einer völligen Besitznahme führen. Nach Korschinsky entziehen die Wälder dem Boden den Humus. Die schwarze Farbe geht dann in eine rötliche über. Daraus glaubt dieser Forscher folgern zu müssen, daß die Schwarzerdegebiete Rußlands früher waldfrei gewesen sind. Die Richtigkeit dieser Hypothese vorausgesetzt, hätten wir also an den Stellen, wo bei uns Schwarzerde vorkommt (Kreis Kulm, Marienwerder) keine Waldbedeckung gehabt. Mit Sicherheit ist dies mindestens für die Gegend von Warmhof bei Mewe nachzuweisen, weil die reichen, vorgeschichtlichen ßegräbnisstäten keine Be- schädigungen durch Baumwurzeln erkennen lassen1). J) Mir ausdrücklich durch den Altertumsforscher, Herrn Gutsbesitzer Fibelkorn d. A., bestätigt. 100 149 Selbst aber dort, wo längs der hohen Weichselnfer jetzt Hochwald wächst, spricht mancherlei dafür, daß hier zur Steppenzeit freier Heideboden bestanden, den dann der Wald erst nach Ende der Kontinentalzeit eingenommen hat. Wenigstens ist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem großen Teile der Schirpitzer und Krausenhofer Forst (Kreis Thorn, Inowrazlaw und Marien- werder) der Fall. Denn die besonders jenem mächtigen Kiefernheide -Walde eingesprengten Leitpflanzen der Steppe, wofür ich als Beispiele nur Stipa pennata (das Federgras), den Lupinenklee ( Trifolium Lupinaster ), Oxytropis pilosa, Scorzonera purpurea anführen will, legen die Vermutung nahe, daß der Wald die pontischen Arten von ihren Wohnsitzen nicht ganz hat verdrängen können. Für eine Reihe von besonders reichen Kolonien ehemaliger Steppen- grasfluren scheint faßt jeder Zweifel ausgeschlossen. Abgesehen vom Schwarz- erdegebiete muß aber die von Einschnitten und Hügeln durchsetzte Zone längs der hohen Ufer der Weichsel und seiner Nebenarme schon deshalb waldlos geblieben sein, weil auf diesem ungünstigen Boden kein Baumwuchs ge- deihen konnte, was später noch erörtert werden wird. Die alten Kultur- stätten auf dem von Schluchten umgebenen Lorenzberge bei Kulm werden schwerlich ebensowenig im Waldgebiete angelegt gewesen sein wie die bei Warmhof. Daß sich an den erwähnten Stellen kein wesentlicher Formationswechsel nachweisen läßt, beweisen ferner die geologischen Aufschlüsse. Ähnliche wald- freie Zonen haben wahrscheinlich auch weiter im Binnenlande bestanden. Er- halten haben sich einige, z. B. längs des Cypelletales im Kreise Marienwerder. Die ausge ührten umfangreichen Erdbewegungen beim Bau der Eisenbahnstrecke Marien werder-Freystadt bieten nämlich keinen Anhalt für das Gegenteil — und hier werden wir wiederum von den Resten einer reichhaltigen Steppenflora überrascht, die in dem Federgrase ihre hervorragendste Vertreterin stellt. 4. Politische Hügel, Heideboden. Bei dem Abschmelzen des Inlandeises türmten die Gletschermassen ein gewaltiges Material an Sanden und Mergel auf. Die sich damals abspielenden Vorgänge aus der Sturm- und Drangperiode unserer Heimat haben der Ober- fläche ihre unvertilgbaren Spuren aufgeprägt. Sie zeigt uns häufig ein Antlitz, das man mit einer erstarrten Wellenbewegung des vom Sturme aufgeregten Meeres verglichen hat. Namentlich für den Bereich der Grundmoränenland- schaft trifft der Vergleich zu, ebenso für weite Striche des diluvialen Weichsel- geländes. Diesem entfesselten Kampfe der Elemente während der Diiuvialzeit verdankt ein Teil unserer Provinz seine hohen landschaftlichen Reize. In ver- schwenderischer Fülle sind sie vorzugsweise dem Nordwesten verliehen, wo bald majestätische Hochwälder, bald ein reicher Kranz glitzernder Seen um den Preis der Schönheit streiteu und wunderliebliche Landschaftsbilder sich in reicher Abwechselung vor unseren Augen entrollen. 101 150 Im Weichselgelände, wie auch sonst im Binnenlande, erregen vielfach die aus dem Hügellande plötzlich emporsteigenden Kuppen oder Kupsten x) unsere Aufmerksamkeit. (Yergh Abb. 6.) Graebner nennt sie politische Hügel, weil sie die bevorzugtesten Wohnplätze unserer pontischen Pflanzengenossen sind. Gegen den Windschatten pflegen manche Erhöhungen steil abzufallen. Ihre Sättel dagegen sind häufig mit Geschiebemergel durchsetzt. Dies sind hauptsächlich die von mir vorher (Seite 149) angedeuteten Plätze, auf denen sich kein Baumwuchs dauernd behaupten kann, selbst wenn er in seinem Be- streben durch Menschenhand unterstützt werden möchte. Der mit erhöhter ^ i.Goerke-Berlin phot. Abb. 6. Weichselanhöhen bei Weissenberg (Kreis Stuhm). Gewalt um das Gesträuch blasende Wind unterkehlt die Wurzeln, so daß die halb oder ganz ausgewehten Bäumchen oder Sträucher verdorren müssen. Besonders in strengen Wintern vermögen nur wenige eigens dazu befähigte Pflanzen den heftigen, rauhen Ostwinden Widerstand zu leisten. Heideboden. Im gewöhnlichen Sprachgebrauche versteht man in Nordost- Deutschland unter Heide einen Nadelwald, wo entweder Kiefer oder Fichte vor- herrscht, z. B. die Tuchler und die Rominter Heide. In Nordwest-Deutschland dagegen ist es ein Gelände, worin die nordatlantische Ericaceen- Formation zum Ausdrucke kommt (Lüneburger Heide). Gradmann* 2) und Sendtner *•) Litauisch küpstas = kleine Hügel, Maulwurfsliaufen (Abromeit bi\). 2) Flora der schwäbischen Alb. Tübingen 1900. 102 151 bezeichnen mit dem Begriff Heide jede wilde, ungepflegte, staudenreiche Grasflur. Ich habe keinen Anstand genommen, diese Bezeichnung gelegentlich auf die pontischen Kraut- und Staudenfluren anzuwenden. Der nord- westdeutschen Heide aber entspricht bei uns eine fast reine Formation, an der sich Heidekraut ( Galluna ) und Bärentraube (Arctostaphylos uva ursi ) vor- zugsweise zusammen oder getrennt beteiligen. Diese genügsamen Pflanzen bereiten den Sandboden für andere anspruchsvollere Arten vor, indem ihre schwer verwesenden Blätter eine dürftige, filzartige Humusschicht erzeugen. Mitunter ist dem nahrstoffarmen Heideboden Ortstein1) untergelagert, wodurch der Sand verkittet und zur Aufnahme von Pflanzenwurzeln untauglich gemacht wird. Urzustand des Heidebodens. Borggreve hat die Behauptung aufgestellt, daß die Heide erst durch verwüsteten Waldboden geschaffen worden sei. Für einzelne Teile Westpreußens trifft dies zwar ebenso zu, wie z. B. für gewisse Striche der Lüneburger Heide2). Alte Brandflächen in der Tuchler Heide pflegen sich zuerst mit vereinzeltem Gesträuch von Espe und Weißbirke kümmerlich zu bedecken. Unaufgeforstete Kahlschläge von Kieferwald bilden, z. B. im Thorner Kreise, binnen kurzer Frist bewegliche Flugsandflächen, die sich im günstigen Falle in der später zu beschreibenden Weise in Sandgras- fluren umwandeln und dann beim Formationswechsel in unabsehbarer Zeit, nach gehöriger Anreicherung mit Humus, als Heideboden im Sinne Gradmann’s angesprochen werden können. Es ist jedoch an der Ursprünglichkeit unseres Heidelandes an und für sich, wie schon näher betont wurde, nicht zu zweifeln, womit natürlich nicht ausgedrückt werden soll, daß es von jeher das gleiche Gepräge besessen hat. Naturwiesen, Grünmoore, Hochmoore, Wälder sind ebenso urwüchsige Forma- tionen wie der Heideboden; sie alle sind im Wechsel der Zeiten — beschleunigt durch Übergänge vom feuchten zum trockenen, vom warmen zum kalten Klima — der Veränderung unterworfen. A. Sandflora. Die Reichhaltigkeit der Flora hängt vom Nährstoffgehalte des Bodens ab. Die unfruchtbarsten Sandeinöden liegen größtenteils innerhalb der von den Schmelzwässern zur Eiszeit aufgeschütteten Sandlandschaften (Sandr). Je fein- körniger und ärmer an Feldspatmineralien, desto unfruchtbarer sind die Sande. Dann hebt selbst ein leiser Lufthauch die leicht bewegliche Masse empor und treibt sie wirbelnd vor sich her. An solchen Orten kann sich die Ober- fläche nicht einmal mit den genügsamsten Flechten und Moosen kümmerlich bedecken. Wir haben Sandfelder, wo der Quarzgehalt bis zu 97 % beträgt. fl Eisenschüssiger Sand mit etwas Kalk und Magnesia. 2) Weber. Über die Zusammensetzung des natürlichen Graslandes in Westholstein usw. Schriften d. naturw. Yer. für Schleswig-Holstein. Kiel, 1892, S. 179 ff. 103 152 Bin Teil solcher geologischen Bildungen scheint seit langer Zeit der Besitz- ergreifung durch die Flora getrotzt zu haben, also eine ursprüngliche Formation darzustellen. Zwischen ihr und verwüstetem Waldboden besteht aber vielfach kein Unterschied. Wir haben leider in Westpreußen noch er- hebliche Ödländereien, z. B. vom Kreise Thorn aus bis tief in die Provinz Posen hinein, in den Kreisen Scliwetz um Terespol, Marien werder bei Sedlinen und Rehhof usw., die einen traurigen Anblick gewähren. Die Sanddecke ruht hier stellenweise auf aufgebrochenem Waldboden. Nach rücksichtslosem Ab- holzen von Privatforsten dörrt die dünne Humusschicht schnell aus. Sie bröckelt ab oder wird mit Flugsand überweht. Bald entstehen die gefürchteten, bei ihrer Beweglichkeit dem Kulturboden gefährlichen Binnendünen, deren Wiederaulforstung nötigenfalls im Wege der Enteignung geregelt werden sollte. Große Ähnlichkeit hat der Sandboden vielfach mit den Sandsteppen Osteuropas, denn bei uns gesellen sich der Sandflora Glieder der pontischen Flora bei, die allerdings die hervorragendsten Leitpflanzen der Steppe ver- missen lassen. Die für Sand- und Salzsteppen bezeichnende Salsola Kali erscheint zwar bisweilen auf den Sandfeldern (z. B. bei Voßwinkel, Kreis Graudenz), spielt aber keine so bedeutende Rolle, wie auf den Flußufer Sanden der Weichsel, geschweige in ihrer eigentlichen Heimat. Zu den Leitpflanzen der ödesten Striche gehören an Moosen: Racomitrium canescens, Syntrichia ruralis, an Flechten: Vertreter aus der Gattung Gladonia , Cetraria und S tereocaulon. Das knirschende Geräusch der splitternden, kleinen Rasen ist bei trockenem Wetter auf Schritt und Tritt zu hören. Ver- einzelt gesellen sich ihnen unsere bedürfnislosesten Gräser hinzu, allen voran: Koeleria glauca) Schafschwingel ( Festuca ovina var. vulgaris) und Silbergras (W eingaertneria eanescens). Auf besseren Stellen bildet dieses Gras als Leit- pflanze mit den übrigen Gräsern ziemlich umfangreiche Bestände in losen Ver- bänden. Sie verleihen dem Landschaftsbilde ein eigenartiges Gepräge, das durch den Eintritt von zahllosen Scharen des Hungerblümchens ( Erophila verna) wirkungsvoll erhöht wird. Besonders dieses Pflänzchen bedeckt den dürftigen Boden von Sändfeldern und Brachen oft wie mit einem Silberschleier. Der Frühlingsflor setzt sich aus meist einjährigen Arten zusammen mit un- scheinbaren, weißen Blüten, die erst, wie z. B. beim Hungerblümchen, durch ihre dichtgeschlossenen Massen auffallen. An gewöhnlichen Pflanzen sind zu nennen: Holosteum umbellatum: Cerastium semidecandrum , Spergula arvensis , Arenaria serpyllifolia , Stenophragma Thalianum , Veronica verna, während die reichlich 8 — 10 Tage später blühende V. Dillenii1) wohl den meisten Orts- floren angehören dürfte. An sonst bezeichnenden Arten treten auf: Viola tricolor mit gelblichen bis weißlichen Blüten, Erodium cicutarium , Mäuseklee ( Trifolium arvense ), 0 Wurde für Nordost-Deutschland zuerst von V. verna durch G. Froelich unterschieden. 104 153 Immortelle ( Helichrysum arenarium ) bisweilen orangeblütig, Quendel ( Thymus Serpyllum gewöhnlich die schmalblätterige Form angustifolius )*), Natternkopf ( Echium vulgare ), Jasione montana, Erigeron canadensis mit der Nachtfackel ( Onothera biennis) auf etwas kiesigem Boden häufig bestandbildend — ferner Mauer-Pfeffer ( Sedum acre , seltener S. mite und S. seocangulare ), Myosotis arenaria, Herniaria glabra , Rumex Acetosella mit Mäuseklee eine Charakterpflanze sandiger Brachen, Hieracium Pilosella , H. umbellatum , Scleranthus annuus , S. perennis. Mehr zerstreut erscheinen: Spergularia campestris , Arabis arenosa stellen- weise gemein, in den Weichselkreisen häufig Plantago arenaria und Astragalus arenarius , der auf größeren Strecken im Binnenlande zu fehlen scheint. Die unechte Wucherblume (Senecio vernalis) schließt sich häufig solchen Formationen sonniger Lagen an, namentlich in der Nähe von Kulturland. Sie ändert ab von ein- und zweiblütigen Zwergformen bis zu kraftstrotzenden, in ein dichtes Wollkleid gehüllten Exemplaren, die im Schatten gewöhnlich ver kahlen. Sonst bietet die unter der Sonnenglut flimmernde, fahlgelbe Fläche dem ermüdeten Auge wenig Abwechselung. Nur hin und wieder haftet es auf an- sehnlichen Rasen des Sandfingerkrautes ( Potentilla arenaria ), einer ausgesprochen pontischen, bis Südschweden reichenden Art, oder an kleinen Stöcken unseres genügsamsten Veilchens, der mit einer Fülle blaß violetter Blüten geschmückten Viola arenaria. Sandbindende Arten. Die sehr versprengt und in Gruppen verstreuten Pflanzen nehmen erst dann geselligere Formen an, sobald dem unstäten Boden durch sandbindende Arten etwas Festigkeit verliehen wird. Die selbst den toten Bleisand der Dünen bezwingende Car ex arenaria* 2), die deutsche Sarsa- parille, bildet im Sande schnurgerade Reihen. Ihre an der Spitze Erdbohrern gleichenden Wurzelsprosse werden bis 10 m lang und unterscheiden sich durch ihren terpentinartigen Duft von der an ähnlichen Orten bisweilen lebenden C. hirta und C. praecox Schreb. — C. arenaria ist von Ost-Friesland bis nach Mittel-Rußland hinein häufig, gemein sogar an den Küstenstrichen. Nach Süden zu nimmt sie schnell ab und ist bereits vom Kreise Inowrazlaw ab in den Provinzen Posen und Schlesien selten. In den Weichselgegenden geht sie selbst ins Flußtal hinab, folgt den diluvialen Rändern und tritt im Binnen- lande vereinzelt auf, besonders spärlich im Osten der Provinz. Das Verbreitungsgebiet der selteneren C. ligerica Gay deckt sich un- gefähr mit dem der vorigen. Um Thorn fehlt sie ebenso wie auf den Dünen nicht, dagegen schon von Inowrazlaw ab, wird jedoch von Schube für einige J) Bisweilen var. Chamaedrys Fr. und lanuginosus Schk. 2) Eine von Spribille bei Getau (Kreis Inowrazlaw) am Weichselabhange gesammelte Form mit hellen, dünneren Ährchen, weniger spreizenden und länger gestielten Schläuchen zieht Kückenthal neuerdings zu C. repens Bell. Sie bildet nach Ascherson und Graebner (Fl. nord. Fl. S. 146) einen Übergänge von C. arenaria zu C. praecox oder C. brizoides (früher als C. arenaria var. umbrosa Sprib. m C. Posnaniensis Spr. ; A. B. Z. II 1896, S. 184). 105 154 Striche des nördlichen Schlesiens angegeben, sich auf das Stromgebiet der Memel. In Ostpreußen beschränkt sie Einer Anzahl echter Dünen- gräser begegnet man bisweilen im Binnenlande, so dem Strand- loggen, Elymus arenarius (Abb. 7) und dem Helm- oder Strandhafer Ammophila are- naria L. Die ähnlich wie bei Car ex arenaria mit pfri emen- artigen Spitzen versehenen Aus- läufer des Strandroggens krie- chen weit im Sande hin, wäh- rend der Helm mit seinem faden- förmigen Wurzelstocke so tief und fest darin wurzelt, daß es große Kraftanstrengung kostet, um ihn herauszuheben. Beide Arten eignen sich vorzüglich zum Binden des Dünen- und Flugsandes. Ob der Strand- roggen außerhalb der Küsten- striche als wild — und nicht bloß als verwildert zu be- trachten ist, muß von Fall zu Fall entschieden werden. Viel- fach wird sich die Frage gar nicht sicher beantworten lassen. Im Weichselgebiete gibt es zweifellos Stellen, wo seine Ur- wüchsigkeit kein Bedenken er- regt (z. B. bei Thorn). Hier ist auch der Helm am zahlreichsten im Binnenlande vertreten, wild wohl z. B. bei Bromberg, Kulm, Neuenburg, Sprindt; ob ebenso in den Kreisen Könitz und . T Flatow, erscheint fraglich. Beide Abb. 7. Elymus arenarius L» 7 ° a) Unterer Teil und Ähre der Sandgerste nebst Blütenährchen. Gräser bezeichnen bisweilen im b) Emzeibiutchen. Mündungsdelta die Stellen, wo (Ongmalzeichnungen des Verf. aus dem Handbuche des Deutschen ° 7 Dünenbaues von Paul Gehrhardt). bei Deichbrüchen Sturzfluten ihre verheerenden Bahnen genommen haben. Der am weitesten von der Küste beobachtete Standort von Ammophila baltica (— Calamagrostis Epigeios -{- 106 155 Ammophila arenaria ) liegt etwa 5 km davon entfernt bei Junkeracker, in Westdeutschland bei Celle. Die wegen ihrer frühen Blütezeit — April bis Mitte Mai — wahrscheinlich mehrfach übersehene Aera praecox besiedelt die Strandtriften der Küste und am Haff oft in Menge, selten im Binnenlande (im Kreise Schwetz wohl am häufigsten, Marienwerder bei Gr. Krebs) gern in Gesellschaft von A. caryophyllea. Mit dem ärmsten Sandboden nehmen vorlieb: Sandnelke ( Dianthus arenarius) und der Besenginster ( Sarothamnus scoparius ), der allerdings bisweilen mit dem Stechginster (TJlex europaeus ) als Wildfutter angebaut wird und dann leicht verwildert. So dichte Bestände, wie der Besengiuster an der Küste (Kreis Putzig) bildet, gibt es im Binnenlande nicht mehr. Die wohlriechende Sand- nelke dagegen bewohnt gleich dem gedachten Ginster außerdem Waldränder, junge Schonungen und ist in den Kreisen Thorn und Graudenz anscheinend am weitesten verbreitet. Sie zeigt in ihrer Verbreitung in der Provinz mehr- fach Lücken, dringt jedoch an der Küste längs der Dünen wälder nach Osten und Westen vor. Seltene Sandpflanzen. Zu den bedeutsamsten Gliedern der südosteuropäischen Genossenschaft auf dieser Bodenunterlage, also zur echten Sandflora, gehören: A lyssum montanum und Euphorb ia Cyparissias in dem südlicheren Weichsel- gebiete der Provinz. Alyssum montanum ist um Thorn auf Sand und Kies, ebenso in dürren Kieferwäldern geradezu gemein und beginnt etwas früher als Potentilla arenaria zu blühen. Bis in den Kreis Kulm hinein zu beiden Seiten des Stromes ver- breitet, tritt die Pflanze erst wieder im Kreise Stuhm bei Boenhof und nament- lich an den mergelhaltigen und sandigen Anhöhen bei Weißenberg massenhaft auf. Die Pflanze wird auf Mergel und Grand *) viel üppiger und reichblütiger. Die Form arenarium Gmel. stellt wohl eine Hungerform dar. In Ostpreußen wurde A. montanum an den am weitesten nach Norden vorgeschobenen Standorten zwischen Krug Nimmersatt und Strand und Immersatt und Szurlig (Kreis Memel) beobachtet. Dieser jetzt eingegangene Standort war der am weitesten nach Norden vorgeschobene Posten in der deutschen Flora, die Pflanze geht aber noch weiter nordwärts längs der Küste bis Ösel, Riga* 2). Dieses Vorkommen ist nicht allein in pflanzengeographischer Hinsicht von Wichtigkeit. Es zeigt, daß sich Steppenpflanzen sehr wohl an das feuchte Seeklima gewöhnen können, daß davon allein die pontischen Pflanzengenossen nicht am weiteren Vor- dringen zur Küste abgehalten werden. An anderen Beispielen wird späterhin noch auf diesen wichtigen Punkt zurückgekommen werden. Euphorbia Cyparissias endigt in Deutschland mit einer Nordost-Grenze im Kreise Elbing. In der Provinz Posen, bei uns in den Kreisen Thorn, Kulm und *) Bei Halle wächst sie auf Porphyr, sonst gern auf Zech- und Buntsandstein. 2) Außerdem Wilna, Grodno, Orel, Tula, Süd-Moskau, Tambow, Atkarsk (Gouvernement Saratow). 107 156 Schwetz, gehört sie noch zu den häufigen Pflanzen, sie fehlt jedoch bereits vom Gardengatale (Kreis G-raudenz) ab mit mehrfacher Unterbrechungen nach Norden hin1). In Ostpreußen tritt sie sicher nur als Wanderpflanze auf. Bis- weilen findet sich diese Art in ihrem Hauptverbreitungsgebiete auch in trockenen Kiefer Wäldern, bildet aber auch in den südlichen Weichselkreisen bisweilen eine häufige Begleiterin von Grabenrändern auf fruchtbarem Boden. B. Gras-Triften auf Sandboden. Sobald die bezeichnendsten Sandpflanzen den Sand beruhigt und ihm etwas Humus zugeführt haben, gestaltet sich das Florenkleid bedeutend bunter, auf kalkhaltigen Sandflächen bisweilen im Frühjahre sogar bewegt und farben- prächtig. Man sieht häufig große Herde von Seggen wie Garex praecox Schreb., G. verna , C. ericetorum , hier ebenso gern wie in dürren Kiefernheiden. Reichere Abwechselung bietet die hier gewöhnlich eine hervorragende Stelle im Landschaftsbilde einnehmende Grasflora durch: Koeleria cristata , Tri - ticum repens (Quecke), Bromus tectorum , Poa pratensis var. angustifolia , Festuca rubra , Phleum pratense ß. nodosum , Brachypodium pinnatum 2) und die kalkliebende Poa compressa. Die Gräser stehen hier bereits in geringeren Zwischenräumen voneinander und bilden mitunter umfangreiche Sandgrasfluren, in die häufig im Sommer eine Reihe von Hochstauden eintritt. Sie setzen sich, abgesehen von der Nachtfackel ( Onothera )_, Königskerzen ( Verbascum thapsi- forme , selten V. Thapsus ) zusammen aus einer Anzahl von Leitpflanzen, die in den osteuropäischen Steppengebieten weit verbreitet sind: Peucedanum Oreo - selinum , Scabiosa Columbaria ß. ochroleuca L., Centaurea rhenana , untermischt mit Artemisia campestris. An geeigneten Plätzen hat das Sandfingerkraut ( Potentilla arenaria) seine Hauptstandquartiere bezogen und entfaltet einen wahrhaft blendenden Blüten- flor, der namentlich die Abhänge in einen, mit goldigen Blütenaugen übersäten Mantel bekleidet. Daneben pflegen Scharen der zur gleichen Genossenschaft gehörigen Sandkücbenschelle ( Pulsatilla pratensis ) sich einzufinden, emsig um- worben von unzähligen Bienen, Hummeln und bunten Faltern. Einer besonderen Beliebtheit erfreuen sich die hier in Menge auftretenden Sandveilchen unter der Insektenwelt. Die Sporne der Blüten sind nämlich hinten in der Regel durchgebissen. Hauptsächlich rühren die Verletzungen wohl von Ameisen und anderen Insekten her, die ihres kurzen Säugrüssels wegen den so heiß be- gehrten Honig aus den Honigbehältern nicht erreichen können. Aber es mag dieses Einbrechertum auch gelegentlich auf reiner Bequemlichkeit beruhen — und als Hauptübeltäter habe ich die Hummeln im Verdachte. Minder häufig werden übrigens in gleicher Weise die Blüten von Gorydalis cava und C. solida !) Kreis Marienwerder bei Liebental, Boggusch, Gr. Bandken und am Südrande der Krausenliofer Forst an der Schwetzer Kreisgrenze. 2) Selten in den Kreisen Thorn und Inowrazlaw. 108 157 angegriffen. Ein erheblicher Nachteil erwächst den geschädigten Pflanzen nicht, denn es bleiben noch genug unverletzte Blüten zur ordnungsmäßigen Be- fruchtung übrig. Im Mai hat die Blütenpracht ihren Höhepunkt überschritten. Es blühen dann außer den im vorigen Kapitel benannten Arten noch: Silene inflata , Dianthus Carthusianorum . Cerastium arvense , Spergula vernalis , Ranunculus bulbosus1), Berteroa incana , Potentüla argentea , Ononis arvensis } Helianthemum vulgare 2), Ackerwinde ( Convolvulus arvensis ), Lappula Myosotis , Ochsenzunge (Anchusa officinalis), Lithospermum arvense ; Galeopsis Ladanum} Ajnga gene- vensis} Linaria vulgaris , Galium verum , G. Mollugo — nebst dem nicht seltenen Bastarde beider Arten, Campanula rotundifolia , Erigeron acer, Schafgarbe (Achillea millefolium ), Senecio viscosus1 besonders in der Nähe von Kiefer- wäldern, S. Jacobaea> Centaurea Scabiosa , die von allen Flockenblumen am längsten blühende Art, und mitunter als Leitpflanzen: Pimpinella Saxifraga 3), Viola canina var. V. flavicornis , Armeria vulgaris 4). Mehr zerstreut treten auf: Allium vineale , Silene Otites 4), Alsine viscosa^j, Sedum maximum, Galium boreale, Erigeron Droebachiensis — selten die hoch- wüchsige Form podolicus — Hypochoeris glabra , Arnoseris minima 4), während sich folgende Pflanzen bloß in der Weichselnähe zeigen: Ononis repens, Eryngium planum } Falcaria vulgaris 4), Verbascum phlomoides , Lactuca Scariola (mehr auf Mergel). — Chondrilla juncea dagegen ist nur im Nordosten des Stromes selten und fehlt in Ostpreußen. Übergänge zum Heideboden. Eine angenehme Abwechselung bringen mit- unter inselförmig eingeschaltete Moosdecken in das eintönige Landschaftsbild. Das ist gewöhnlich dort der Fall, wo die Feuchtigkeit näher an die Oberfläche tritt. Denn oft kann man sich schon durch leichtes Graben mit der Hand von dem Wassergehalte des anscheinend so dürren Sandbodens überzeugen. Wenn sich aber umfangreiche Moosrasen auf längst abgestorbenen Geschlechtern in weiterer Aufeinanderfolge aufbauen, so daß weniger genügsame Arten durch den erhöhten Humusgehalt hier ihr Fortkommen finden, so entstehen überaus malerische Farbentöne, die an die Palette eines Malers erinnern. Die Rasen von Syntrichia ruralis bilden die Grundtöne von gelblich- oder braungrün, die sich mit dem purpurroten, allgegenwärtigen Ceratodon purpureus, den blaß- gelben Erdstämmchen von Brachythecium albicans und graugrünen Kolonien von Racomitrium canescens mischen. Häufig sind der zusammenhängenden Decke noch Gruppen hellgrüner, zierlicher Bryum- Formen5) eingesprengt, die zu den sattgrünen Farben von Polytrichum piliferum oder den schwärzlichen Behängen !) Selten die kahle Form. Vergleiche Scholz: Vegetationsverhältnisse etc., Seite 113 (var. glaberrimus Hüth). 2) Im nördlichen Ostpreußen selten, fehlt nach Kalmuss im Kreise Elbing. 3) Die Form mojor wohl mehr Schattenform und selten, z. B. bei Könitz. 4) Diese Arten fehlen nach Kalmuss (br.) im Kreise Elbing. 5) B. caespiticium var. ericetorum H. v. Klingg., B. pendulum. 109 158 von Thuidium abietinum in auffallendem Gegensätze stehen. Das Ganze, ge- wöhnlich noch von weißen Strauchflechten durchbrochen, vereinigt sich zu einem stimmungsvollen Mosaikboden von wirkungsvollen und mitunter sogar fein abgetönten Farbenübergängen. Aber selbst die Blutenpflanzen tragen ein gutes Teil zu diesem eigenartigen, bei feuchter Witterung erst zur rechten Geltung gelangenden Teppiche bei. Im Frühjahre treten daraus die durch Anthokyan blutrot gefärbten Sprosse des Mauerpfeffers oder die Blattrosetten der Nachtfackel (Onothera) hervor, denen sich sammetweiße Muster von Immor- tellen-Rasen oder violette Rosetten von Arabis arenosa anschließen. Auf dem so vorbereiteten Boden pflegen sich dann Heidekraut und andere Arten einzufinden und Übergänge zu der Heideformation einzuleiten. Seltene Glieder der Trift- (Sand-) Grasfluren bilden die beiden bereits Seite 155 erwähnten Glieder der pontischen Genossenschaft. Ihnen gesellt sich in den süd- lichen Weichselgegenden hier wie auf sandigen Brachen die zur nordischen Flora gehörige An d rosa ce septentrionalis J) hinzu. Ihre vielleicht nicht einmal ursprünglichen Standorte auf den Dünen bei Danzig und bei Dziubellen in Ostpreußen sollen eingegangen sein. Bei ihrer Verbreitung im hohen Norden (Nowaja-Semlja) braucht der ostpreußische Standort nicht ohne zwingende Gründe auf Verschleppung zurückzuführen* 2), vielmehr als ein die russischen Standorte vermittelnder Zwischenposten zu betrachten sein. Die eigenartigen, geo- graphischen Verbreitungslinien dieser Art scheinen in gewisser Beziehung die in den verdienstvollen Arbeiten von Schulz3) niedergelegten Hypothesen zu bestätigen. Auf trockenen Sandstellen und Bergkuppen begegnet man im Weichselgelände bisweilen einer weiß wolligen Form unserer gewöhnlichen Schafgarbe mit dichtgedrängtem Blütenstande. Jedenfalls handelt es sich um die var. contracta Schlecht4). Nach dem mir vorliegenden Material weichen unsere Pflanzen wenig, zum Teil gar nicht von den im östlichen Ungarn ver- breiteten Formen ab. Nach A. v. Kerner sind sie dort bezeichnend für die grasigen Abhänge. Die Verbreitung dieser Pflanze zeigt offenbar Beziehungen zu anderen osteuropäischen Arten, die bei uns mit einer ausgesprochenen Nordost-Linie endigen. Dem könnte man entgegenhalten, daß ähnliche Formen auch auf Dünen beobachtet worden sind. Ein Widerspruch liegt darin jedoch keineswegs, weil so manches andere Glied dieser Genossenschaft die Dünen p In Rußland noch Gouvernement Olonetz und Archangelsk (Nowaja-Semlja), Finland, sonst von Polen in die Kreise Bromberg, Inowrazlaw, Scliwetz eindringend, hier bis nach Wilhelmsmark und Schönau; im Kreise Kulm in der Stromnähe nicht selten — nördlich bis ins Rondsner Wäldchen (Kreis Graudenz). 2) Sicher z. B. im Großen Werder bei Lindenau und Halbstadt und bisweilen am Weichselufer auf Flußsanden. 3) Schulz. Grundzüge einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt von Mitteleuropa seit dem Ausgange der Tertiärzeit. Jena 1894. 4) Syn. var. lanata Koch (1843); nach A. v. Kerner i. d. Schedae ad Fl. exsicc. Austro- Hung. Nr. 992, S. 117 für die echte Achillea pannonica Scheele gehalten. 110 159 besiedelt — obwohl die Mehrzahl derselben allerdings die Küste aus Gründen meidet, die weiterhin noch besprochen werden sollen. Königskerzen. Von unseren Verbascum Arten bleibt der Haupttrupp von V. Lychnitis bereits nördlich vom Kreise Kulm zurück, während die Pflanze in den Kreisen Bromberg und Thorn auf Sand-, Grandfeldern und Grastriften häufig ist1). Für Putzig und Marienburg wird je ein Standort angegeben, wovon der letztgedachte auf den Einfluß des Stromes zurückzuführen ist. Ebenso nehmen nach der Küste zu auffallend an Häufigkeit ab: V. phlomoides und V. thapsiforme. Jene Art herrscht im Weichselgelände sowohl als Fluß- uferpflanze als auf den Höhen vor, selten im Innern, ist sie jedoch im Nord- westen der Provinz mehr verbreitet als V. Lychnitis , in Ostpreußen seltener als V. thapsiforme , die nach Abromeit dort nur in Masuren und am Frischen Haffe vorkommt2). Die Verbreitung der genannten Königskerzen ist im Nordosten von Ost- preußen ab jedoch nicht abgeschlossen. Die letzterwähnte Art geht in Rußland aber mehr nach Nordwesten3). Fingerkräuter. Die Formenausstrahlung der Potentillen fällt um so mehr in die Augen, sobald verschiedene Arten an ein und demselben Standorte vereinigt sind. Obwohl bereits eine Anzahl von Formen neuerdings veröffent- licht worden sind4 5), harrt dennoch ein umfangreiches Material der Sichtung und Bearbeitung. Es enthält sicherlich eine Reihe von Formen, namentlich aus der arenaria-, argentea- und collinab)- Gruppe, die neu oder jedenfalls sehr selten sind. Nach meinen Beobachtungen will es mir scheinen, als ob die Umgebung Thorns nach dieser Richtung hin eine bevorzugte Stelle einnimmt. Hier sind besonders die Diluvialhöhen der Weichselhöhen fast unerschöpfliche Fundgruben. Beachtung verdient eine zu Potentilla arenaria gehörige Form mit schmalen gefalteten Blättchen {plicata G. Froel.), die vielleicht eine eigene Rasse darstellt. Der verstorbene PotentiUen-Keimer Zimmeter hat eine An- zahl der ihm zur Begutachtung durch Froelich übersandten, wahrscheinlich !) Nacli Abromeit (Flora Ost- und Westpreußens, S. 597) im Kreise Graudenz nur ein Standort, sehr wenige in den Kreisen Pr. Stargard, Schwetz, Tuchei, Könitz, mehrere in Flatow, Sclilochau, Dt. Krone. 2) Standortsangaben bei Abromeit S. 594, 595. 3) Süd -Livland, Polen, Wilna, Minsk, Mohilew, Smolensk, Kaluga, Moskau, Riason (ob Kasan?). 4) Abromeit. Flora Ost- und Westpreußens. Berlin 1898, S. 282 — 248. — Scholz. Vegetations-Verhältnisse. Tafel I., woselbst eine form, trisecta von P. arenaria abgebildet ist. 5) z. B. P. praecox F. Schulz — mehrfach um Thorn; kaum mit P. verna aut. verwandt, die dort sicher fehlt — ferner P. thyrsißora Hülsen, P. leucopolitana P. Müller = P. Johanni- niana , P. conßnis Jordan. — Die von Zimmeter als P. praecox gedeuteten Pflanzen gehören jedenfalls zu einer anderen Unterart, da diese Pflanze nach Ascherson und Graebner (Synopsis Band I, S. 787) bisher nur aus der Schweiz bekannt ist. Im übrigen stehen die mir bekannt gewordenen anderen Bestimmungen mit der ausgezeichneten Bearbeitung der Gattung Potentilla durch Ascherson und Graebner dergestalt im Widerspruch, daß darauf nicht näher einger gangen zu werden braucht. in 160 zu verschiedenen Jahreszeiten gesammelten Formen für „neu“ erklärt. Nach einer anderen Bestimmung eines gleich ausgezeichneten Kenners dieser schwierigen Gattung, Siegfried in Winterthur, befanden sich unter dem von ihm geprüften Material: P. arenaria -f- collina von Thorn, ferner Bastarde von P. arenaria -f- argentea und die in unserem Osten wahrscheinlich noch nicht nachgewiesene Verbindung P. subargentea aut. -j- arenaria — P. Slendzinskii Blocki von den Abhängen bei Krowiniec unweit Thorn. Die echte P. Tabernaemontani Aschers. (= verna aut.) dringt nur wenig in die Südwest-Ecke der Provinz ein. Anderweitige Standortsangaben beruhen offenbar auf einer Verwechselung mit P. arenaria , die ebenso stark zum Saison- Dimorphismus neigt wie P. argentea. Jedenfalls bedürfen unsere Fingerkräuter einer eingehenden längeren Be- obachtung an Ort und Stelle, bevor über den Wert der Formen ein einiger- maßen sicheres Urteil gebildet werden kann. Was nun die Sandflora im allgemeinen betrifft, so fällt die Menge der frühblühenden einjährigen Arten auf, die auf keinen Insektenbesuch berechnet, vielmehr auf Selbstbefruchtung angewiesen sind (Erophila, Holosteum , Cerastium , Veronica ). Sogar die Gräser enthalten kurzlebige Arten, wie Aera caryophyllea und A. praecox , deren Blütezeit im Juni endigt. Die Mehrzahl der in diesem Abschnitte erwähnten Arten besiedelt auch Sandstellen in Wäldern, Waldlichtungen, ohne dadurch feste Beziehungen zum Nadelwalde zu bekunden. Von seltenen Pflanzen, die jedoch ziemlich engen Anschluß an die Kiefer zeigen, aber ebenso gut auf Sand und Kies, trockenen Hügeln der freien Lagen gedeihen, sind zu nennen: Sedum reflexum1), eine Begleiterin von Androsace septentrionalis um Thorn und Scabiosa suaveolens. Beide Arten fehlen in Ostpreußen und haben bei uns ihre Hauptverbreitung im Weichselgelände, jedoch Verbindung mit dem Westen der Provinz. Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Besiedelungsweise der durch ihren süß- lichen Duft ausgezeichneten Scabiose bei der Kieferwaldflora besprochen werden. 0. Dünenforination. Auf den ersten Blick gewähren die weißen Strandflächen, die endlosen, gleich riesigen Schneewehen am Horizonte verschwimmenden, gelben Dünen- ketten einen trostlosen Eindruck. Trotz der tiefen, wohltuenden Stille, die uns bei einer Dünenwanderung umfängt, spielt sich doch, namentlich in den Dünentälern ein reges Leben und Treiben ab, an dem die Insektenwelt den regsten Anteil hat. Die Flora selbst ist verhältnismäßig artenarm, da nur eine geringe Anzahl ihrer Vertreter unter den hier obwaltenden harten Da- !) Am zahlreichsten in den Kreisen Thorn und Kulm, aber wenig über die Stromnähe hinausgehend, dann fast immer längs der Seitentäler (z. B. Judamühle), fehlt schon von der Nordgrenze des Kulmer Kreises, da die wenigen Standorte in den Kreisen Graudenz und Marienwerder jetzt zweifelhaft sind — sonst Kreis Flatow und Dt. Krone. 112 161 Seinsbedingungen ihr Leben zu fristen vermag. Der von den anrollenden Wellen ausgeworfene Sand und Kies ist ganz unfruchtbar, Salzgehalt ist in ihm nur längs der von der Dünung mit ihren weißen Schaumkämmen be- rührten äußeren Strandlinie nachweisbar. Ein bei der Sandmasse wenig ins Gewicht fallender Nährstoffgehalt wird dem Boden durch Muschel- trümmer , inVerwesung übergehende Pflanzen- und Tierkörper, wie Algen, Seegras, Quallen, zugeführt. Einteilung des Seestran- des. Nach Maßgabe der verschie- denen Pflanzenformen hat Warming den Strand in drei Zonen einge- teilt: den eigentlichen Sandstrand oder die salzhaltige Vordüne, die weiße oder Wanderdüne und die graue oder festliegende Düne. Vordüne. Sie wird vorzugs- weise von Salzpflanzen bewohnt. Überall wachsen in Menge Meer- senf ( Cakile maritima ), Honc- kenya peploides , minder häufig Atriplex hastatum var. salinum. Östlich von der Weichselmündung findet sich vereinzelt im Sande Corispermum inter medium, während der gern die feuchten Mulden der Vordünen besiedelnde Strand weizen, Triticum jun - ceum1), Abb. 8, an den Nordsee- gestaden viel häufiger auftritt, bei uns sogar recht selten ist gleich den wohl als Bastarde aufzufassenden Formen T. strictum und T. acutum. Die von den Weichsel -Fluß- sanden her bekannte Sand- und Steppenpflanze Salsola Kali pflegt in gedrungenen Exemplaren bis zu den Dünenkronen hinauf nirgend zu fehlen. Die weisse und Wanderdüne entsteht dadurch, daß die landeinwärts wehen- den Seewinde die Sandmassen vor sich her jagen. Es bilden sich so die dem All Abb. 8. Triticum junceura. Links Ähre, rechts Spindel- stücke mit Ährchen verschie- dener Grösse. (Originalzeichnung von Jos. Scholz, im Handbuche des Deutschen Dünenbaues von P. Gerhardt.) Abb. 9, Arnmophila baltica. Blütenrispe (3/4). (Originalzeichnung des Verf. im Handbuche des Deutschen Dünenbauos von P. Gerhardt. j Auch in kaukasischen Steppen. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 113 11 1 62 Strande ihr eigenartiges Gepräge verleihenden, zur See flach abfallenden, fahl- gelben Dünenketten. Gefährlich und gefürchtet ist hauptsächlich die in steter Bewegung befindliche Wanderdüne. Die interessantesten Dünenbildungen der Erde besitzt nach Jentzsch1) die Kurische Nehrung. Sie begleiten die Küste meilenweit und erreichen im Petschberge bei Pilikoppen die beträchtliche Höhe von 62,5 m. Bei günstiger Beleuchtung der Morgensonne erwecken diese gewaltigen Sandberge einen geradezu überwältigenden, geisterhaften Eindruck. Unbarmherzig schreiten sie landeinwärts vor, Häuser, selbst ganze Dörfer und Wälder unter ihren Massen begrabend. Minder großartig sind die west- preußischen Wanderdünen, z. B. auf Heia, der Frischen Nehrung, wo der so- genannte Kamel rücken bei Kahlberg bis auf 52 m ansteigt. Eingeleitet wird die Beruhigung der leichtbeweglichen Massen durch Ansiedelung genügsamer, sandbindender Gräser. Die brauchbarsten unter ihnen: Ammophila avenaria und A. baltica (Abb. 9) am tauglichsten für die Luvseite, Elymus arenarius dagegen für die Leeseite, werden in besonderen Pflanzgärten gehegt. Ihr Vorzug beruht nach Bock darin, daß sie sich um so stärker entwickeln, je heftiger sie dem Sandanfluge ausgesetzt sind. AmStrande und an den Dünenabhängen bilden häufig Petasites tomentosus, Xanthium italicum mit der Salzpflanze Salsola Kali dichte Bestände, bisweilen auch die von Badegästen begehrte Stranddistel (Eryngium maritimum ), die in geschützten Dünentälern zur schönsten Entwickelung gelangt (Abb. 10). 0 Vergleiche Paul Gerhardt: Handbuch des deutschen Dünenbaus. Berlin 1900. 114 163 Für Salzstellen des Strandes und der Strandtriften ist bezeichnend: Atriplex litorale, Scirpus rufus, Festuca distans var. capillaris , deren Leitart gern Salzstellen des Binnenlandes besiedelt; F. thalassica dagegen gehört kaum unserer Küste an und scheint nach der pommerschen Grenze hin verbreiteter zu sein, während Poa pratensis var. costata wohl vielfach übersehen ist. Die Sand -Dünen- flora setzt sich sonst aus den von Sandfeldern her bekannten Arten zusammen. Am häufigsten sind: Festuca ovina , F. rubra var. are- naria , Weingaertneria canescens , Koeleria glauca , Triticum repens (Abb. 11) — sehr vielgestaltig, bald in Formen, die dem Bastarde T. junceum -)- repens — T. acutum , bald der var. gl au cum Döll (Abb. 12) ähnlich sind — ferner Car ex arenaria , C. ligerica , Jasione monto.na und Hieracium umbellatum in Strandformen, ebenso Artemisia campestris , Linaria vul- garis, Campanula rotundifolia , Astragalus arenarius. Von pon- tischen Arten gehören nur wenigen Stellen an: Peucedanum Oreoselinum , Potentilla arenaria (Bohnsack), Centaurea rhenana (Nickelswalde): hier wohl bloß verschleppt. Eine ungemein häufige Er- scheinung auf der grauen Düne ist das Strandstiefmütterchen ( Viola trieolor var. maritima ), das bis zum Spätherbste seine dunkel- und hellvioletten, leuchtenden Blüten entfaltet. In feuchten Dünentälern pflegen sich einzufinden: Juncus lamprocarpus , J. filiformis, J, balticus ’), ferner hin und wieder die auch an Teich- und Seeufern oft gesellig zusammen vorkommenden Fingerkräuter: Potentilla supina und norvegica. Abb. 11. Triticum repens. Grannenlose Strandform (Ähre). (Originalzeichnung des Verf. im Handbuche des Deutschen Dünenbaues von P. Gerhardt.) Abb. 12. Triticum repens. b. glaucum. Blühende Ähre. (Originalzeichnung des Verf. im Handbuche des Deutschen Dünenbaues von P. Gei'hardt.) i) Der Bastard J. inundalus Dreyer wird für den Kreis Putzig angegeben. 115 11* Diesen Arten gesellen sich zwei weniger verbreitete, aber an den Stand- orten reichlich vorhandene Strandpflanzen hinzu: lAnaria odora und Lathyrus mariti- mus (Abb. 13), gern an Vordünen (z. B. Heia am Leuchtturme). Der auf der Kurischen Neh- rung häufige Tragopo- gon floccosus erreicht unsere Provinz nicht. Der im Binnenlande bis- weilen auf Sand ange- pflanzte Sanddorn(ZD‘p- pophaes rhamnoides) bildet an Dünenabhän- gen, auch an romanti- schen Strandabhängen (z. B. bei Adlershorst, Abb. 14) mitunter dichte Bestände1). Strandformen. Nament- lich auf der sogenann- ten „grauen Düne“ entwickelt sich eine reichhaltige Flora, da der Sand hier bereits festliegt, wozu die künstlichen Sandgras- bestecke wesentlich bei- tragen. Der Boden er- langt nach und nach mehr Humusgehalt und wird zur Anlage des Dünenwaldes — der allerdings bloß Schutz- wald sein soll - — be- Wir begegnen auf Schritt und Tritt einer Reihe eigenartiger Pflanzenformen, die sich im Laufe langer Zeit- räume wohl aus den Grundformen herausgebildet haben, also das Ergebnis einer Abb. 13. Lathyrus maritimus, Dünenerbse. (Originalzeichnung des Verf. im Handbuche des Deutschen Dünenbäues von P. Gerhardt.) fähigt. hier L Sucteda maritima, Salicornia herbaeea gelten nur für eingeschleppt, auch das atlantische Phleum aren avium , das von den Ballastplätzen verschwunden ist. 165 geschichtlichen Entwickelung sind. Manche Arten zeichnen sich bei gedrungenem Wüchse durch auffallend große, an Hochgebirgsformen erinnernde Blumen aus. Das schönste Beispiel liefert das Strandstiefmütterchen ( Viola maritima ), das zudem durch eine Reichblütigkeit glänzt, die der Strandflora in solchem Maße fast fremd ist. Dabei pflegen aber die Farben viel lebhafter zu sein, genau wie bei der nordischen und Alpen-Flora. Von großblumigen Formen seien nur erwähnt: Campanula rotundifolia , Cerastium arvense , Hieracium umbellatum , Linaria oclora , welche Art übrigens noch in einer kleinblütigen Art auftritt. Auffallend kleine Blumen trägt ferner hier die vanilleduftende Epipactis rubiginosa , und der Wundklee, AntJiyllis Vulneraria c. maritima. Es berühren sich also hier scheinbar Gegensätze innerhalb derselben Pflanzen- arten. Worauf diese Verhältnisse berechnet sind, kann hier nicht näher erörtert werden. Bemerkenswert sind die von P. Knuth seit Jahren gepflogenen Untersuchungen über die Beziehungen der Blumen zu der Insektenwelt 1). Von mancher Seite wird behauptet, daß die (angebliche) Insektenarmut mit der Großblütigkeit im Zusammenhänge steht. Von einer Insektenarmut kann jedoch bei unserer Küstenflora, einzelne Inseln ausgenommen, kaum die Rede sein. Dagegen möchte ich darauf hinweisen, daß die Strandformen um so größere b Blumen und Insekten auf den nordfriesischen Inseln; Kiel und Leipzig, 1894, Bot. Jaarbock, IV. Jalirg. 1892, S. 48—51 und V, 1894, S. 68—71, Blütenbiologische Beob- achtungen auf der Insel Rügen X, 1897 usw. Fr. Goerlce-Berlin phot. ; Abb. 14. Strandabhaug bei Adlershorst. 117 166 Blüten zeitigen, je weniger von ihnen an den betreffenden Stöcken zur Ausbildung gelangen. In der Regel geht also — mit gewissen Ausnahmen — Arm- und Großblütigkeit Hand in Hand, wofür ich als Beispiel hauptsächlich die ein- köpfigen, großen Formen von Hieracium umbellatum c. linarifolium anführen möchte. Die Gärtner wenden einen eigenen Kunstgriff an, wenn sie große Blumen, z. B. an Nelken- und Rosenstöcken, erzielen wollen, indem sie nur wenige Knospen zur Ausbildung gelangen lassen. Das lebhaftere Farbenspiel wird dagegen vermutlich durch die stärkere Beleuchtung ausgelöst, obwohl am Strande die Besonnung nicht mit ähnlichen Verhältnissen des hohen Nordens und der Hochgebirge verglichen werden kann. In welcher Weise sich an all diesen Orten der Einfluß der Sonnenstrahlen auf die Haut oft in recht empfindlicher Weise bemerkbar macht, ist eine bekannte Tatsache. Von der See werden aber die Lichtstrahlen teilweise nach dem Strande hin wie von einem Spiegel zurückgeworfen, und es kann wohl mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß wenigstens von einem Teile dieser Strahlen zu gewissen Tageszeiten die Strandpflanzen nach der ange- deuteten Richtung beeinflußt werden. Schutzmittel gegen Winde und Dürre erheischen andere Formen. Von hochwüchsigen Gräsern abgesehen, die durch ihren anatomischen Bau gegen die schädlichen Seewinde und den Sandanflug geschützt sind, herrschen gedrungene, niederliegende Formen binnenländischer Arten, häufig mit Haar- überzügen, vor. Niederliegende und niedrige Formen haben z. B. Jasione montana c. litoralis , Matricaria inodora var. maritima , Hieracium umbellatum, das sich durch fast lineale, fadenförmige Blätter vor ähnlichen Formen der Sandfelder auszeichnet. Durch schöne, seidige Haarkleider glänzen Anthyllis Vulneraria c. maritima und ganz besonders die Sandform der Kriechweide, Salix repens var. argentea , mit beiderseits dicht weißbehaarten Blättern, während var. fusca mehr grauhaarig erscheint1). Weiden duldet außer der Kriechweide die Dünenverwaltung nicht auf der Vordüne. Die Weidenhorste begünstigen nämlich wie jedes andere Hindernis den Sandanflug. Urwüchsig sind auf den mehr landeinwärts gelegenen Dünen Salix aurita, S. Caprea, vielleicht S. purpurea und S. nigricans, selten S. dasyclados , während gewöhnlich S. viminalis und S. daphnoides nur an- gebaut sind2). In Dünentälern pflegt sich mitunter der seltene Bastard S. repens -f daphnoides einzustellen. Das auf Heia gesammelte nordische JAoly gonuni Maji3) ist neuerdings dort vergeblich gesucht worden. Beachtenswert ist das Vorkommen von Botrychium ramosum auf der grauen Düne bei Glettkau, wo es jahrelang bei ungünstiger Witterung aus- -1) Beide Formen sind im Binnenlande nicht so schön ausgeprägt, wo auch Artemisia campestris var. sericea nicht so prächtig behaart auftritt, wie am Strande. 2) Diese Weide war am Strande vor ihrer Kultur bereits urwüchsig. 3) Wohl mehr mittelatlantische Art, die bis Lappland und Grönland verbreitet ist. 118 167 zubleiben pflegt. Das seltenere B. simplex1) dagegen liebt an demselben Standorte mehr Strandtriften mit Aera praecox , seltener mit Erythraea litoralis. Steppenpflanzen auf Dünen. Die hervorragendsten Leitpflanzen der Steppe fehlen allerdings auf der Düne und halten sich an wärmeren, nicht so rauhen Orten im Süden der Provinz zurück (Seite 145). Vom Weichseltale aus haben die Dünen aber erhalten Eryngium planum , Silene tatarica , Centaurea rhenana 9 vielleicht auch Eierochloa odorata, während das eingeschleppte Eryn- gium campestre bis zu den Strandwiesen von den Wällen Neufahrwassers vorgedrungen ist und zwar zu der Stelle, wo seit langer Zeit Senecio Jacobaea var. discoideus beobachtet [wurde. Viel reicher an Steppenpflanzen sind die unter dem Namen „Glint“ bekannten Dünenabhänge in Estland, die gewöhnlich in eiue mit Nadelhölzern bestandene Hochebene übergehen. Litwinow2) glaubt in den hier reichlich vorhandenen Steppenpflanzen Reste aus der Eis- zeit erblicken zu können. Einige Dünenpflanzen erreichen an unserer Küste eine relative Westgrenze, wie Linaria odora und Corispermum intermedium — zwei von Ungarn aus- geschlossene Arten — und Tragopogon ßoccosus. Diese für Pommern zweifel- hafte Art ist eine Leitpflanze der Kurischen Nehrung und erreicht die west- preußische Grenze überhaupt nicht, während C, intermedium über das rechte Weichselufer nicht nach Westen hinausgeht. Höck3) ist der Ansicht, daß Corispermum mit Linaria odora aus West- und Mittel-Asien eingewandert, daß ferner eine von ihm unter der Bezeichnung „mitteleuropäische Strand-Steppenpflanzen“ zusammengefaßte Gruppe aus den südosteuropäischen Steppen vorgedrungen ist. Er rechnet unter diese Einwanderer eine Anzahl der bereits früher erwähnten Salzpflanzen, z. B. Juncus Gerardi , Spergularia salina , Melilotus dentatus , Glaux , Plantago maritima , Aster Tripolium, namentlich aber Tragopogon fl, occosus. Für die meisten Strandpflanzen, die nicht zugleich Salzstellen des Binnenlandes bewohnen, lassen sich die Einwanderungswege nicht mehr erkennen, weil viele Zwischen- stationen, vom Hauptverbreitungsgebiete abgerechnet, eingegangen sind und manche erst wieder in sehr beträchtlicher Entfernung an der Küste erscheinen. Ein Bindeglied scheint bei Tragopogon ßoccosus in Ostpreußen zu bestehen, da er außer auf dem Rombinus (Tilsit) noch im Kreise Ragnit — etwa 82 km vom Strande entfernt — gesammelt worden ist. Andererseits ist allerdings die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die binnenländischen Standorte Ost- x) Sonst in den Kreisen Karthaus, Schwetz, Strasburg und Graudenz (Stadtwald). 2) Geologische Notizen über die Flora des europäischen Rußlands. Beitrag zur Kenntnis der Flora von Rußland. (Bull, de la Societe des Naturalistes de Moscou, 1898, Nr. 3 und ebenda: Flora des Okatales; 1895, Heft 3). 3) Die Verbreitung der Meerstrandpflanzen Norddeutschlands. Bot. Zentralblatt, Bei- hefte, Band X, Heft 6 (1901). 119 168 preußens jüngeren Datums sind, da sich die Pflanze von der Küste land- einwärts1) verbreitet haben kann. Ob einzelne der einheimischen Strandpflanzen auch das Stromtal der Weichsel als Wanderweg benutzt haben, ist gegenwärtig schwer festzustellen. Unwahrscheinlich klingt es nicht, denn eine Verwandte von Corispermum intermedium, das in den osteuropäischen Steppen beheimatete C. Marschallii (Seite 130) wurde neuerdings mehrfach auf Flußsanden beobachtet. Für ein- zelne aber deuteten alle Anzeichen darauf hin, daß die Verbreitung von der russischen Ostseeküste durch Ostpreußen westwärts längs der Küste statt- gefunden hat. Die von Hock vertretene Ansicht wird übrigens in einer späteren Arbeit von A. Schulz im wesentlichen geteilt2). Die mit Hippophaes zur arktisch-alpinen Flora gehörige Rosa pimpi- nellifolia ist bei uns nur verwildert oder verschleppt. D. Die wichtigsten poetischen Heidegenossen. Formation der Kalkhügel. Die reichsten Standorte der bezeichnendsten pontischen Arten, der Steppen- Leitpflanzen, sind auf den vielfach moränenartig von Nordwesten nach Südosten streichenden Bergrücken vorzugsweise im engeren Weichselgebiete zu suchen. Wie bereits Seite 148 hervorgehoben, übt hier der hohe Kalkgehalt des Bodens eine große Anziehungskraft auf die Steppenpflanzen aus. Es treten also bei uns dieselßen Erscheinungen im Vegetationsbilde zutage, wie im übrigen Ver- breitungsgebiete dieser Pflanzen in Mittel- und Süddeutschland, wo die haupt- sächlichsten Fundstellen im Lößgebiete liegen. An den Steilrändern der Weichselberge hat die Pflanzendecke gewöhnlich ihr Ende erreicht. Nur dort, wo Erdmassen abgestürzt sind, setzt sie sich auf den sanftgeneigten Gehängen fort, die im günstigsten Falle selbst Baumwuchs und Gebüsch zu tragen ver- mögen (Abb. 15). a. Steppenleitpflanzen des engeren Weichselgebiets (mit Ausschluß von Ostpreußen). 1. Stipa pennata . Federgrasfluren, ähnlich wie in den osteuropäischen Steppengebieten, gibt es bei uns nicht mehr. Mit dem Volksleben der Ungarn ist bekanntlich das schöne Gras aufs innigste verbunden. Die weißen, an Reiherfedern erinnernden Grannen bilden einen Nationalschmuck der rauhen Pußtenbewohner, in deren schwermütigen Liedern das „Waisenmädchen- haaru verherrlicht wird. Wer daher den einzigartigen, erhabenen Eindruck fl Binnendünen bei Unter- und Ober-Eisseln, sowie noch auf dem Blocksberge von H. Preuss gesammelt. 2) Die Verbreitung der halophilen Phanerogamen in Mitteleuropa nördlich der Alpen. Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde. XIII, Heft 4, Stuttgart 1901. 120 169 genießen will, den eine im Winde wogende Federgrasflur im schimmernden Glanze der Morgensonne hervorruft, der wird von den spärlichen Resten bei uns arg enttäuscht sein. Immerhin beherbergt besonders das Weichselgelände des Kreises Kulm eine Anzahl stattlicher Bestände, die dem Florenbilde ein fremdartiges Gepräge verleihen. Leider besitzt das Federgras bei uns gleich- falls warme Verehrer, deren Sammeleifer aber einen stark metallischen Bei- geschmack hat, ich meine Frauen, die Sträuße feilbieten. Es wären daher ähnliche Schutzmaßregeln erwünscht, wie sie die Polizeibehörde zur Sicherung der Stranddistel (. Eryngium maritimum ) ergriffen hat. Fr. Goerke-Berün phot. Abb. 15. Vegetationsbild vom hoben Weichselufer bei Fiecllitz, Kreis Marienwerder. Eine Reihe von Standorten weist die Schirpitzer-Wodeker Forst, schon von der russischen Grenze ab, auf1). An dem erst neuerdings im Kreise Marienwerder längs der Cypelle-Abhänge hinter Liebental entdeckten Stand- orte erreicht die Pflanze ihre Nordostgrenze für Deutschland. Einen östlichen Ausläufer sendet das Federgras in den Kreis Briesen nach Wangerin. Mit dem von Caspary angegebenen Standorte „Kiesschanze“ soll wohl der Begriff einer diluvialen Grandkuppe oder eines Sattels umschrieben werden. Alle Standorte des Kulmerlandes führen im Untergründe Mergel. Das trifft auch 9 Ottlotschin, Belaufe Catrinchen, Kunkel, Grünfließ, Argenau teilweise schon zum Kreise Inowrazlaw; rechts vom Strome zwischen Lonczyn und Schloß Birglau, Kreis Kulm, der Strich bis Althausen, Kreis Schwetz, zwischen Luschkowko und Grutschno. 121 170 für die Cypelle-Abhänge im Kreise Marienwerder zu, denn hier steht vielfach Geschiebemergel in beträchtlichen Schichten an. Außerdem herrscht ein großer Reichtum an Lese-, Kalk- und Feldspat-Geschieben vor. Die Begleitpflanzen bilden hier Orchis Morio , Gymnadenia conopea Karthäusernelke ( Diantlius Carthusianorum nebst D. deltoides ), Centaurea rhenana , Asperula tinctoria usw. Als Standort gibt Rostafinski für das südwestliche Polen das durch seine Pflanzenschätze berühmte Tal Ojcöw an, ferner Sandomierz. Es läßt sich an- nehmen, daß diese wenigen Standorte jenes Gebiet nicht erschöpfen werden1). Das Vorkommen für Südschweden findet durch die ehemals zwischen diesem und dem norddeutschen Festlande bestehende Landverbindung hinreichende Erklärung. 2. Stipa capillata. Die Verbreitungsgrenzen des Pfriemengrases decken sich ungefähr mit denen des Federgrases. In Deutschland ist S. capillata jedoch verhältnismäßig stärker vertreten. Bei uns erreicht es am Lorenzberge bei Kulm eine Nordostgrenze. In der Nähe gibt es eine Reihe anderweitiger Fundstellen in den Schluchten von Kielp und Plutowo, in fast gerader Luft- linie mit den Standorten auf dem jenseitigen Ufer im Kreise Schwetz zwischen Topolinken und Grutschno. Auch im Kreise Inowrazlaw liegen die Standorte in der Weichselnähe, im Kreise Schubin unweit des alten Urstromtales und im Kreise Schrimm im Wartegebiete. Bei beiden Sfapa-Arten zeigen sich Fundorte auch in dürren Kieferwäldern. Dadurch werden sie durchaus zu keinen echten Waldpflanzen. In Westpreußen haben diese Gräser wahrscheinlich ihre Wohnsitze lange vor der Besitznahme des Bodens durch die Kiefer gehabt. Die Reste dieser Standorte haben in den Kieferwäldern eine derartig günstige Lage, meist auf waldfreien Berg- kuppen, daß ihr Untergang einstweilen nicht zu befürchten steht. Eine Begleitpflanze in den Kreisen Kulm und namentlich Schwetz ist die zur mitteleuropäischen Gruppe gehörige Avena pratensis 2). Sie bildet bisweilen mit dem bedürfnisloseren Schafschwingel in ihrem Hauptverbreitungs- gebiete eine Leitpflanze im sonnigen Hügellande. 3. Allirmi fallax ist wesentlich auch in seinen Lebensbedürfnissen von A. acutangulum verschieden. Es zieht scheinbar Sand- dem Kalkboden vor. Die Stellen, wo dieses Zwiebelgewächs das Weichselgelände bewohnt, zeichnen sich jedoch häufig durch ausgesprochenen Kalk-Gehalt aus: so in Schonungen der Krausenhofer Forst, längs der Steilränder in sonnigen Lagen3). Beziehungen 1) Wegen der geographischen Verbreitung vergleiche Ascherson und Graebner: Synopsis der mitteleuropäischen Flora, Leipzig 1898—1902, Seite 103. Nach Osten hin verbreitet durch Südwest-Polen, Kiew, Kursk, Orel, Tula, Süd-Moskau (Okafluß), Tambow, Kasan, Süd-Wiatka, Süd-Perm (Boris Fedtschenko bi\). 2) Zerstreut in den Kreisen Thorn, Kulm, häufig Schwetz, fehlt auf weite Strecken, verbreitet um Mewe — sonst noch bei Dirschau (Ludwigstal), Kreis Graudenz sehr selten. 3) Kreis Thorn (z. B. Niedermühl), Kulm mehrfach, Graudenz, Marienwerder haupt- sächlich auf der linken Weichselseite, Stuhm bei Weissenberg, Wengern bei Marienburg, Kreis Bromberg bei Thalheim und Rinkau. 122 171 zur Kiefer können, obwohl die Pflanze gleichfalls untergeordnet dürre Kiefer- wälder besiedelt, kaum hergeleitet werden. Nach Rostafinski fehlt sie im nördlichen und östlichen Polen, sonst mehr im mittleren Teile Czenstochau, Warschau, Ojcöw. Unweit Weißenberg lebt A. fallax auf den Diluvialhöhen im Sande gesellig mit Atyssum montanum , Hierochloa odorata und Vincetoxicum officinale. Obwohl Alyssum bald in dürren Nadelwäldern, unfruchtbarem Sand- oder kalkhaltigem Kiesboden auftritt, zeigt Hierochloa einen noch viel unsicheren Anschluß an eine bestimmte, chemische Bodenunterlage. Trotzdem dieses durch seinen kräftigen Waldmeisterduft ausgezeichnete Gras in Westpreußen auf moorigen Wiesen beobachtet worden ist, so bildet sein Vorkommen auf Sand im Weichselgelände fast die Regel, wie es ferner selbst auf Dünenketten längs des Frischen Haffs keine allzu seltene Erscheinung ist. Es besitzt eine ausgezeichnet sandbindende Kraft, da die Wurzelausläufer auf weite Strecken den Sand durchziehen 1). Der Schwalbenwurz ( Vincetoxicum ) dagegen kann leicht eine Sandpflanze Vortäuschen. Sein mächtig entwickelter Wurzelstock dringt bis in die unteren, mergeligen Schichten. Ebenso häufig ist die Pflanze auf dem schweren, fast pechschwarzen Boden bei Warmhof anzutrefifen, der zu den schwersten Boden- sorten überhaupt gehört. In Mitteldeutschland ist der Schwalbenwurz Be- wohner des Gerölls von Basalt und Muschelkalk. 4. Adonis vernalis . Wegen seiner auffallenden Blütenpracht beeinflußt der Frühlingsadonis viel mehr das Landschaftsbild als die Steppengräser. In der Provinz hat nur der Kreis Kulm eine Reihe meist reicher Standorte auf- zuweisen. Sie umfassen die Weichselberge und Schluchten von Schönborn bis zum Rande der großen Parowe bei Kulm. Der Standort bei Plutowo, einer der reichsten von allen, ist überaus mergelhaltig. Im übrigen liegt dieser, worauf ich nachdrücklich hinweise, ebenso wie der bei Althausen in nächster Nähe des Schwarzerdegebietes, das dereinst eine viel reichere Steppenflora getragen hat. Die Pflanze folgt dem Zuge des alten Urstromtales bei Slesin und Trzeciewnica im Regierungsbezirk Bromberg2). Im Rheingebiete bildet sie auf dem Hardtwalde bei Heitern ähnliche ausgedehnte Bestände wie im Kreise Kulm. 5. Zwergkirsche (1 Prunus fruticosa). Bezeichnend für die Fribbe- abhänge sind die meines Wissens trotz der überreichen Blütenfülle noch nicht fruchtend beobachteten Zwergkirschenbestände, in deren Schutz hier der Adonis geflüchtet ist, da er aus dem freien Gelände durch den Pflug ganz zurück- gedrängt worden ist. Von diesem Strauche, der mit der Zwergmandel in den Steppengebieten ausgedehnte Bestände bildet, wird bei der Waldflora noch die Rede sein. 1) Selten im Binnenlande, geht nördlich bis Island. 2) Provinz Posen, sonst bei Meseritz, fehlt in Schlesien und Sachsen; Verbreitungs- linien verlaufen bis nach Ostspanien, nördlich bis Öland und Gotland. 123 172 6. Campanu la sibirica1). Diese durch eine lange Pfahlwurzel aus- gezeichnete Pflanze beteiligt sich gleich dem Adonis wesentlich an der Zu- sammensetzung der Pflanzendecke. Sie blüht bereits gegen Ende Mai und umsäumt bei Hohenhausen die Hügelterrassen in dichtgedrängten Scharen, ebenso die Diluvial-Ränder in den Kreisen Kulm, Schwetz (namentlich bei Sartowitz), die Abhänge der Ossa und Gardenga einschließlich der Seitentäler im Kreise Graudenz bei Klodtken, Roggenhausen, Bingsberge. 7. Scorzonera purpurea. Diese durch ihre zart nach Vanille duftenden, lilafarbenen Blüten ausgezeichnete Pflanze gehört zu den schönsten der ein- heimischen Flora und beginnt schon gegen Ende Mai zu blühen. Sie kommt auch an den Rändern von Kiefer- und Mischwäldern oder in jungen Schonungen vor, vielfach in Gesellschaft von Allium fallax und Asperula tinctoria. Ihre Standorte sind durchaus nicht zahlreich. In fast freien, d. h. durch lichtes Gebüsch leicht geschützten Standorten, wird sie ziemlich hoch. Sie liebt freies, sonniges Gelände und bildet da, wo sie in Menge auftritt (Rondsner Wäldchen mit Anemone silvestris , Abhänge bei Mewe in den sogenannten ,, städtischen Anlagen“), eine eigenartige und überaus anmutige Zierde im Florenbilde. In der großen Schirpitzer Forst gibt es eine Anzahl gesicherter Standorte (z. B. Kuchnia, Niedennühl, Getau), ferner im Forst von Barbarken, Krausenhof. Vom Rondsner Wäldchen (Kreis Graudenz) bis nach Weissenberg fehlt sie, und ebenso von Mewe nach Norden zu. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß sie durch das Drewenzgebiet vom Kreise Strasburg (Gurzno) nach Ost- preußen eingedrungen ist, obwohl sichere Standortsangaben bisher fehlen2). Nach dem Westen der Provinz hat die Pflanze durch Vermittlung der Brahe Posten bis in den Kreis Tuchei vorgeschoben und ist vielleicht teils durch Nebenflüsse, teils durch Seitenwanderung in die Gegend von Könitz gelangt. b) Leitpflanzen in minder scharf abgegrenzten Verbreitungs- gebieten (mit Einschluß von Ostpreußen). In der vorher erwähnten Gruppe sind uns hauptsächlich solche Leit- pflanzen begegnet, die unverkennbare Beziehungen zu den Diluvialhöhen des Weichselgeländes einschließlich seiner Seitentäler bekunden, außerdem in der Mehrzahl wenig oder gar nicht über den südlichen und mittleren Teil des preußischen Weichselgebietes hinausgehen, jedenfalls von Ostpreußen aus- geschlossen sind. Die drei folgenden Arten sind jedoch in Ostpreußen mehr oder minder verbreitet. Ihre Einwanderungswege deuten aber teilweise nach anderer Richtung hin. 1. Silene chlor antha gelegentlich, wie die übrigen beiden Arten (Nr. 2 und 3), in dürren Kieferwäldern, an Rändern oder Waldblößen, gern auf Grand fr Meist auf Kalk, selten Sand, z. B. auf den Bingsbergen. 2) Sonstige Verbreitung: Polen, Böhmen, Ungarn, Thüringen, Harz, Oder-, Netze-, Warthe-Gebiet, Österreich südlich bis Macedonien und Italien, westlich bis Frankreich, durch das russische Steppengebiet bis in den Kaukasus (Terek). 124 173 und Kalk. Die Standorte längs der Cypelle-Abbänge im Kreise Marienwerder, wo der Kalkgehalt des Bodens auffallend hoch ist, zeichnen sich durch wahre Prachtstücke mit mächtig entwickelter Pfahlwurzel aus. Das Schwarzerde- gebiet bei Warmhof wird jedoch von ihr streng gemieden. Ihre Begleit- pflanzen pflegen zu sein: Silene Otites , Scabiosa ochrolenca, Centaurea rhenana , Car ex arenaria, Peucedanum Oreoselinum , Artemisia campestris , DiantJius Car- thusianorum, Spiraea Filip endul a, alles Glieder der pontischen Genossenschaft, die mit Ausnahme der beiden letztgedachten Pflanzen gleichfalls schweren Kalkboden bei uns (Schwarzerde) verschmähen1). Die Pflanze blüht zum zweiten Male im Herbste und duftet abends fast wie Platanthera bifolia, aber viel zarter. 2. Anemone silvestris , bisweilen auch in trockenen Mischwäldern auf- tretend (häufig in Gesellschaft von Scorzonera purpurea ), auf kurzgrasigen Kuppen aus mergelhaltigem Diluvialsande. Diese prachtvolle, durch ihre großen, weißen Blüten schon von fern auffallende Pflanze ist auf das südliche und mittlere Weichselgebiet für Westpreußen beschränkt, am häufigsten in den Kreisen Thorn und Kulm, hier an den Abhängen und Bändern der Höhen von Rentschkau, Birglau, Althausen, Kulm, an fast allen Schluchten sehr gesellig. An günstigen Stellen im Rondsner Wäldchen gelangte manches Jahr Anemone silvestris mit Scorzonera purpurea und Salvia pratensis zu gleicher Zeit zur Blüte. Die Vereinigung von weiß, lila und blau bis violett schafft so wechselnde und leuchtende Farbenabstufungen, wie sie in ähnlicher Zusammenstellung wenigen Standorten beschieden sind. Auf den Bingsbergen und bei Carlshof unweit Lessen liegen die nördlichsten Standorte der Pflanze in Westpreußen. Sie folgt dem alten Urstromtale im Kreise Bromberg (Talheim, Rinkau) und ist von der russischen Grenze bis in den Kreis Schwetz hinein an ziemlich zahlreichen Stellen beobachtet worden. Vom Briesener Kreise ab (Nieluber Wald) dringt sie nach Ostpreußen vor, wo sie zwischen den Seengruppen in den Kreisen Sensburg, Angerburg, Oletzko und Neidenburg auf sonnigen An- höhen wächst2). 3. Oxytropis pilosa. Diese gelegentliche Begleiterin der großen Wald- anemone hat bei uns eine etwas weitere Verbreitung. Auf der rechten Weichsel- seite ist sie am zahlreichsten im Kreise Kulm vertreten, bald auf mergelhaltigem Grande, bald auf Sand, wie auf den Bingsbergen. Durch das Drewenzgebiet ist sie von den Kreisen Strasburg (Lautenburg), Osterode mit Ostpreußen ver- bunden; mehrfach mit der vorigen Art im Bereiche der Seenplatte der ge- dachten Kreise. Die Pflanze gehört ebenfalls dem Weichselgebiete in Polen an, den Seitentälern von Brahe (Wielonnek und Hammer-Mühle), Schwarz- x) In Ostpreußen in den Kreisen Lötzen, Angerburg, Lyck; westlich der Weichsel: Kreise Könitz, Flatow, Dt. Krone, Brandenberg, wo sie ihre Westgrenze erreicht, sonst Ungarn, Süd-Polen, Galizien, im östlichen Weichselgebiete, Siebenbürgen, Rußland. 2) Mittel-, Süd-Rußland, Ungarn, Galizien, Polen, Balkanländer (Schweiz bei Basel) Frankreich, Belgien, nördlich bis Öland und Gotland ; erreicht in Anhalt eine Nordwestgrenze. 125 174 wasser und Kamionka und sendet einen Ausläufer in den Kreis Dt. Krone (Schloppe und Jastrow). Der am weitesten nach Norden vorgeschobene Stand- ort in Westpreußen liegt im Kreise Bereut bei Kischau1). Seitenwanderung finden vom Weichselgebiete her längs der großen Nebenflüsse statt; sie sind gerade bei dieser Art unverkennbar. Gewöhnlich werden die vorerwähnten Steppenpflanzen von zahlreichen anderen, weit mehr verbreiteten pontischen Arten begleitet. Eine Anzahl von den bereits von der Sandflora her bekannten Pflanzen bildet auch hier den Hauptbestandteil der Pflanzendecke wie: Fotentilla arenaria , Pulsatilla pratensis, Dianthus Carthusianorum, Peucedanum Oreoselinum , Scabiosa ochroleuca , Arte- misia campestris. Von den nachbenannten, im allgemeinen im Weichselgelände nicht seltenen Arten schließt mitunter die eine die andere aus: Spiraea Fili- pendula, Salvia pratensis, Geranium sanguineum, Origanum vulgare2). Die bisweilen auch in dürren Kieferwäldern (einschließlich der Kreise Berent und Karthaus) zu findende Fotentilla rubens erzeugt mit P. arenaria Bastarde, z. B. im Kreise Kulm und Schwetz. Zur westeuropäischen Gruppe wird der bei uns mit Ausnahme der Strandtriften3) seltene Ornithopus perpusillus gerechnet. Er überschreitet die Weichsel nur bei Graudenz, wo er einmal am Zuchthauskirchhofe gefunden wurde. Seltene pontische Arten von geringer Verbreitung. — In der Regel sind die hier aufzuführenden Arten der Flora bloß an einzelnen Stellen in untergeordnetem Grade eingesprengt. Nur eine der seltensten Arten der deutschen Flora überhaupt Car ex humilis gehört nicht dem Weichsel- gelände an. Sie wurde von Graebner an einem niedrigen Diluvial-Abhange südlich von Schloppe entdeckt, weitab von den nächsten, bereits im Odergebiete liegenden, drei schlesischen Standorten. C. supina Whlbg., früher irrtümlich als C. obtusata Lilj. für die Provinz angegeben, sicher am Rande der Schlucht zwischen Plutowo und Kielp4). JPoa bulbosa , eine für die osteuropäischen Steppen bezeichnende Grasart, bedeckt ziemlich dicht den Standort von Adonis vernalis an den Abhängen bei Plutowo; in der Form vivipara aber in der Schlucht daselbst gesammelt (bis Mittel-Asien beobachtet). Lavatera thuringiaca am zahlreichsten bei uns an den sonndurch- glühten Flanken der Abhänge am Lorenzberge (Kreis Kulm), in Gruppen an den Standorten der Steppengräser, aber nie bestandbildend; ferner im Kreise Schwetz5). fl Felilt in Schlesien und im Königreich Sachsen. 2) Im Nordwesten fast nur im Radaunegebiete. 3) Zoppot, Glettkau, Putzig, von hier durch alle Küstenforsten, Könitz, Dt. Krone. 4) Provinz Posen nur bei Inowrazlaw und Orlowo, fehlt in Schlesien. 5) Topolinken, Maleschechowo, Damm bei Grutschno (Kreis Schwetz); nach Rostafinski in Polen (z. B. bei Warschau, Kaliscli, Sandomierz), in den Kreisen Inowrazlaw und Strelno nach Spribille an mehr als 30 Stellen. 120 175 Thymelea Passerina ein einjähriges Glied der pontischen Flora, sehr vereinzelt im Kreise Inowrazlaw bei Lipie und Getau, im Kreise Schwetz bei Grutschno und Mühle Wilhelmsmark. Hieracium echioides , häufiger in den Steppen Ungarns, Mittel- und Süd- rußlands; bereits im Weichselgebiete Galiziens und Polens, bei uns im Weichsel- gelände vereinzelt und nur in den Kreisen Bromberg (Forstrevier Brenkenhof), Thorn mehrfach, Kulm, Marienwerder (Krausenhofer Forst), Stuhm bei Weissen- berg wie die vorigen Arten an den heißesten Stellen. Orobanchen. Die Glieder dieser rätselhaften Pflanzen-Gruppe umfassen einige ausgesprochen pontische Arten, die mit Ausnahme von 0. alsatica F. Schultz den vorerwähnten Pflanzen allerdings nicht ganz zwangslos an- gereiht werden können, weil sie nicht streng pontischen Ursprungs sind. Es empfiehlt sich jedoch, die seltsamen Schmarotzergewächse hier an dieser Stelle im Zusammenhänge zu besprechen. Zahlreich kann man Orobanche coeru- lescens auf den öden Sandflächen hinter der Feste Courbiere beobachten, wo außer Sandgräsern, Quendel, Immortelle, Jasione, Sandnelke und Feldbeifuß kaum eine andere Blütenpflanze sich zu ernähren vermag. Ähnlich ist es auf den Bingsbergen, während die Standorte zwischen Gronowo und Judamühle (Kreis Thorn) und bei Jacobsmühle unweit Mewe mehr grandig sind1). Diese von Beck zur östlichen Genossenschaft gerechnete Art schmarotzt auf Arte- misia eampestris und erreicht zwischen den Vogesen und Regensburg ihre Westgrenze. Strenger hält sich nach dem bisherigen Stande der Forschung 0. caryophyllacea an Westpreußen, da kein Standort für Ostpreußen bekannt ist. Alljährlich erscheint sie auf Labkraut schmarotzend, zerstreut längs der Abhänge: Kielp-, Plutowo-, Lorenzberg-, Fribbe-Abhang (Kreis Kulm), Abhänge am Festungsberge von Graudenz, auf den Bingsbergen und im Kreise Elbing zwischen Cadinen und Tolkemit, vielfach in der Farbe wechselnd. Seit fast 30 Jahren ist 0. lutea Baumg. in der Provinz nicht mehr nachgewiesen worden und vielleicht an der einzigen Stelle im Kreise Karthaus verschwunden2) — während die var. pallens (A. Br.) Solms - Laubach von Treichel auf Sichelklee bei Chwarznau gefunden wurde. Auch 0. pallidiflora hat ihren Wohnsitz vorwiegend in Westpreußen3). Der gesichertste und kaum selbst durch Kultur zu vernichtende liegt im Schwarzerdegebiete nördlich von Mewe bei Warmhof. Hier schmarotzt die Pflanze hauptsächlich auf der Ackerdistel (Cirsium arvense) uud erscheint mit überraschender Geschwindigkeit bald nach der Getreideernte auf Stoppeln. Sie wächst aber in der Nähe gleichfalls zwischen freien Formationen, z. B. auf Carduus acanihoides; von mir selbst noch Ende September blühend gesehen. Von hier aus könnte die Pflanze nach dem !) Die anderen Fundorte bei Lessen, Dirscliau (Gerdien), Danzig sind anscheinend ver- schollen, in Ostpreußen nach Abromeit (Flora S. 643) im Allegebiete, Kreis Wehlau. 2) Abromeit. Flora Ost- und Westpreußens S. 642. — Zwischen Karthaus und Lappalitz. 3) In Ostpreußen, Kreis Rastenburg, zwei Stellen (Abr.). 127 176 Weichseltale (Ziegellack bei Marienwerder) und dem Außendeiche bei der Gemlitzer Wachtbude gelangt sein. Im Gegensätze zu den meisten anderen Orobanche- Arten erweist sich diese ganz besonders wetterfest, weil sie in kalten, regnerischen Jahren nicht völlig aussetzt und sogar noch im Herbste ihre Blüten entfaltet. 0. coerulescens z. B. war im naßkalten Sommer 1903 überall bei uns ausgeblieben, ebenso seit zwei Jahren 0. alsatica F. Schultz in der Krausenhofer Forst. Ö. purpurea Jacquin, zu welcher Art Abromeit nach dem Vorgänge v. Beck’s 0. arenaria zieht, hat in Ost- preußen zahlreichere Standorte als bei uns (Kreis Graudenz, Marienwerder und Schwetz) *). Die letzte einheimische Art: 0. major L., am Nieluber Walde (Kreis Briesen) unter Kiefern am Zgnielka-Bruehe gesammelt, scheint beständig zu sein* 2). Die übrigen Fundorte sind neuerdings nicht mehr be- glaubigt. Auch diese auf Centaurea Scabiosa schmarotzende Art ist in der Wahl ihrer Standorte wenig wählerisch, weil sie bald als Wald- und Gebüschpflanze auftritt, bald auf Ackern, die mit Kartoffeln und Gerste bestellt sind, auf- taucht, wie früher im Kreise Karthaus. Nur gelegentlich unterhalten Medicago minima und Tragopogon major Beziehungen zu den soeben namhaft gemachten Arten. Beide sind Glieder der gleichen Genossenschaft und fehlen in Ostpreußen im urwüchsigen Zustande. Die an sonnigen, mergelhaltigen Lehnen und auf lehmigem Boden lebende Arten beschränken sich aufs engste Weichselgebiet und scheinen vom Stromtale nach den Diluvialhöhen gewandert zu sein. Tragopogon major nämlich ist auf Weichseldämmen in dem Kreise Kulm, Schwetz (hier bisweilen die schmal- blätterige Form graminifolius) und Graudenz stellenweise recht verbreitet3). Reiche Standorte befinden sich namentlich zwischen Sartowitz und Neunhuben (Kreis Graudenz). In großer Anzahl bekleidet die Pflanze die Weichselabhänge bis zur Talsohle bei Sartowitz und gesellt sich dort der reich entwickelten Gebüsch- und Laubwaldflora bei. Häufig ist die Pflanze ferner um Warmhof an Wegerändern mit Picris hieracioides , Cichorie usw. auf strengstem Lehm- boden. Auffällig ist die Seitenwanderung längs der Ossa, Gardenga und Radaune. Ähnlich verhält es sich mit Medicago minima. Sie bekleidet nämlich die Weichselberge bei Thorn an der Jakobsvorstadt, Sartowitz und Warmhof an einigen Stellen gleichfalls bis hinab zur Stromrinne. Im übrigen fehlt sie (vielleicht mit Ausnahme einiger Stellen an den Dämmen) im Strom- tale selbst4). Sie ist in der deutschen Flora erheblich seltener als Tragopogon D Schloßberg bei Roggenhausen, bei Lessen (Kreis Graudenz), Oypelle-Ufer bei Liebental (Kreis Marienwerder), früher bei Neuenburg. 2) Nach Abromeit ebenso im Kreise Braunsberg bei Frauenburg; jetzt zweifelhaft für die Kreise Graudenz (Gr. Schönwalde), Danzig und Karthaus. 3) Danzig bei Praust am Radaunedamm, sonst bei Danzig? 4) In den Formen mollissima Roth und viscida Koch — an den Fribbeabhängen bei Kulm, mehrfach an Diluvialabhängen bei Schwetz; bei Danzig mehrfach wohl verschleppt. 128 major , die stellenweise in Mitteldeutschland zu den häufigeren Pflanzen gehört, und endigt in der Mark mit einer Nord west-Grenze. Aus dem gleichen, vorher entwickelten Gesichtspunkte wäre endlich hier noch der deutschen Kompaßpflanzen zu gedenken — Lactuca Scariola und Chondrilla juncea. Beide waren ursprünglich nicht in Ostpreußen einheimisch, Chondrilla nach Abromeit jetzt bloß verschleppt und unbeständig. Auch in diesem Falle zeigt sich das offenbare Bestreben, längs der Stromtäler und Ver- kehrsstraßen zu wandern. L. Scariola hat ihre Hauptverbreitung in den Weichsel- kreisen1) und tritt hin und wieder wie Tragopogon major im Alluvium auf, selten im Binnenlande (bisweilen in der Form integrifolia). Ferner scheint der sowohl auf sonnigen Hügeln und an Wegrändern und buschigen Lehnen sehr zerstreut vorkommende Astragalus Cicer sein Haupt- verbreitungsgebiet im Weichselgelände zu haben2), einschließlich der Seiten- täler von Brahe, Schwarzwasser, Ferse, Liebe — aber in Ostpreußen gleich- falls unbeständig und angeblich nur verschleppt zu sein. — Verdächtig ist dagegen bei uns im Kreise Berent A. danicus an Abhängen des Garczin-Sees, weil die hier vorkommende Form zu ß. polyspermus Torr. u. Gr. gehört und nach Abromeit3) wahrscheinlich mit Klee aus Nord-Amerika eingeschleppt ist. Beide Astragalus- Arten finden sich zuweilen anderwärts in trockenen Kiefer- oder Mischwäldern. Abhänge bei Plutowo. Der aus dem Urzustände herrührende Standort bei Plutowo flößt seiner seltenen Pflanzenschätze halber ein solches botanisches Interesse ein, daß es sich empfiehlt, ihn etwas näher zu besprechen. Südlich von dem Gute und der daran grenzenden großen Schlucht öffnen sich die Tal- ränder plötzlich zu einem breiten, steilen Durchlässe nach der Niederung. Der alte Wasserriß ist der Gegenwart insofern gut zustatten gekommen, als durch ihn die Chaussee in mehrfachen Zickzacklinien (Serpentinen) nach Wilhelmsbruch gelegt ist. Am äußersten Flügel des Abhanges, der aus grandigem Lehm besteht, stehen mindestens gegen 1000 umfangreiche Stöcke des Frühlingsadonis. Der Anblick dieser ziemlich dicht geschlossenen Kolonie im vollsten Blütenschmucke ist von einer fast überwältigenden Schönheit. An manchen Exemplaren haben 15 und mehr ihre bald gold- bald blaßgelben, großen Blüten entfaltet, die wegen ihrer auf weite Entfernung wirkenden Leuchtkraft von zahlreichen Insekten umschwärmt werden. Die Begleitpflanzen bilden ausgesprochene Steppenkinder wie: Potentilla arenaria meist in der Form plicata G. Froel., P. rubens Crntz., viel Wiesensalbei (Salvia pratensis ), Camp anula sibirica. Anthemis tinctoria , Ulmaria Filipendula , Oxytropis pilosa , viel Königskerzen, Poa bulbosa, Alyssum calycinum. Es wäre 0 Vereinzelt bei Christburg, Kreis Rosenberg, zerstreut z. B. am Geserichsee. 2) Aber vereinzelt in den Kreisen Könitz, Flatow, Dt. Krone vielfach an Abhängen zwischen Seengruppen, nur einmal östlich an der Weichsel im Kreise Löbau: am Waldrande von Iwanken. 3) Flora Ost- und Westpreußens S. 188. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 129 12 178 wünschenswert, wenn dieses eigenartige Gelände und vielleicht noch einige ähnliche Standorte unserer Steppenpflanzen gehegt würden, um die zweifellos urwüchsigen Reste aus einer denkwürdigen Vergangenheit unseres heimatlichen Bodens vor gänzlichem Untergange zu erretten. E. Heideformation. Die ostdeutsche Heideformation unterscheidet sich wesentlich von derjenigen der west- und nordwestdeutschen Heidegebiete. Denn diesen Gebieten fehlen unsere bezeichnendsten politischen Arten, die auf ihrem Wanderzuge vielfach das linke Elbufer einstweilen noch nicht erreicht haben. Fraglich ist es allerdings, ob sie z. B. in der Lüneburger Heide geeignete Wohnplätze würden beziehen können, ob ihnen hier nicht die chemischen Bodenverhältnisse ein schwer zu beseitigendes Hindernis bereiten möchten. Dagegen treten dafür im Westen atlantische Arten ein, während bei uns die Heideflächen eine Reihe von Steppenpflanzen aufnebmen. Die Heideformation gelangt bisweilen in fast reiner Form bei uns zum Ausdrucke. Je nach dem Vorwiegen der einen oder anderen Leitpflanze kann man zwei Gruppen unterscheiden: nämlich die Arctostaphylos- und die Calluna - Heide. In der einen herrscht also die nordisch-alpine Bärentraube vor ( A . uva ursi), in der anderen Besenheide oder Heidekraut (C. vulgaris) vor. Eine dritte Gruppe umfaßt als Mischformation beide Leitpflanzen, die häufig von Preißelbeeren ( Vaccinium vitis Idaea ) herdenweise durchdrungen werden. Das Heidekraut stellt im allgemeinen geringere Bodenansprüche als die Bären- traube. Es besiedelt, wie wir bereits gesehen haben, die Heidenmoore in den Kreisen Neustadt und Putzig, verträgt also sowohl Nässe wie Trockenheit und steigt im Hochgebirge viel weiter hinauf als Arctostaphylos. Diese bleibt bei 2000 m meist zurück und bildet nach Drude in den Westalpen um 1400 m über dem Buchen- und Tannenwalde eigene Bergheiden. Beide Arten bewohnen aber auch bei uns mitunter zusammen die feuchten und trockenen Torfheiden. Eine Unterabteilung könnte man durch den Eintritt des Adlerfarns ( Pteridium aquilinum) schaffen, der vielfach in geschlossenen Beständen den dürren Boden überzieht. Sandheiden um Thorn. Nach detfi Verlassen des eintönigen, sonnendurch- glühten Stangenholzes an der russischen Grenze betritt man eine weite, etwas wellige Sandfläche. In geräumigen Abständen sind Krüppelkiefer, Wachholder-, Weißbirken- und Berberitzengestrüpp, abwechselnd mit wirrem Brombeer- gesträuch ( Rubus plicatus)1), über das Gelände verteilt. Auf Schritt und Tritt wandelt man über würzige Polster von Quendel ( Thymus anguslifolius) und splitternde Rentierflechten. Hier wie im armseligsten Kiefernwalde ist die Bärentraube heimisch. Weithin bedeckt sie sorgsam den Boden mit ihrem schimmernden, immergrünen Blattwerk. Meilenweit kann man die gleiche, den 3) Fehlt jedoch auf weite Strecken. 180 trefflichsten Bodenschutz bildende Formation mit geringen Unterbrechungen verfolgen. Daneben stellt sich die Preißelbeere in größeren eingesprengten Trupps ein, der sich nur selten im Gebüsch die Blaubeere hinzugesellt. Die von den Erdstämmchen der Bärentraube freigelassenen Zwischenräume füllen die gewöhnlichen Sandpflanzen aus, namentlich Jasione, Habichtskräuter (Hieracium Pilosella1 H. umbellatum) • sowie S cleranthus perennis und S. annuus , bisweilen in Menge Filago arvensis und F. minima. Die Bärentraube hat eine verhältnismäßig weite Verbreitung. Begünstigt wird diese durch Wander- vögel, die im Herbste den roten Beeren begierig nachstellen. Flächen, wo die Besenheide (Galluna) ausschließlich vorherrscht, haben keine große Ausdehnung. Mitunter ist jedoch der Wuchs so dicht, daß kein anderer Pflanzenwuchs in den gedrängten Beständen aufzukommen vermag. Daneben finden sich, mitunter in zusammenhängenden Rasen eingesprengt, ein: Carex ericetorum , C. verna , außerdem C. praecox Schreb., C. arenaria , Luzula campestris, viel seltener und vereinzelt L. pallescens Bess.1). Zwischen dem losen Heidekraut pflegt Euphrasia gracilis , eine Leitpflanze der Heidefläche, oft mit E. strieta2) ungemein verbreitet zu sein. Lebhafter, sogar anziehend wirken die wenigen inselförmig eingestreuten Fleckchen, wo Sandveilchen ( Viola are- naria), Sandnelke (Dianthus arenarius), Goldrute ( Solidago virgaurea ), Senecio Jacobaea, Glockenblume (Gampanula rotundifolia ) oder Immortelle und Katzen- pfötchen ( Helichrysum und Antennaria dioeca) Gelegenheit zur Entfaltung haben; ihnen schließt sich bisweilen Carlina vulgaris an. Bezeichnende politische Arten. Ihren lieblichsten Schmuck legen diese Heideflächen aber im Frühjahre an, wenn an einzelnen Stellen Pulmonaria angustifolia und Pulsatilla patens in der Blütenfülle wetteifern. Beide Pflanzen bilden zugleich einen hervorragenden Schmuck unserer Kiefernwälder, während P. vernalis nur im westlichen Teile der Provinz als ähnliche Leit- pflanze der offenen Heidefläche — - oft mit Ausschluß von P. patens und P. pra- tensis auftritt. Bastarde zwischen den gedachten Arten pflegen gelegentlich die Eltern zu begleiten. Mitunter geht die Calluna- Heide allmählich in ein von kurzgrasigen Heide- triften unterbrochenes Gelände über. Es zeigen sich dann Übergänge von recht verwickelter Form, die häufig einer erlesenen Gesellschaft merkwürdiger und seltener Kinder Floras zum Wohnsitze dienen, deren Schilderung in einigen Beispielen Vorbehalten bleibt. Dort, wo die Galluna- Heide nicht mehr in ihrer reinsten Form vorhanden ist, treten zu den beiden erwähnten pontischen Arten (Pulmonaria angustifolia und Pulsatilla patens) noch einige andere bezeichnende Pflanzen hinzu: Asperula !) Nach Murbeck eine östliche Art, deren Y erbreitungsgrenze in der Richtung: Kristianiafjorden-Smäland-Brandenburg-Thiiringen-Böhmen-Bosnien verläuft. 2) Eine kurzdrüsige Rasse oder Form (var. brevipila) sehr zerstreut im Weichselgelände bis zur Küste (Zoppot). 131 12* 180 tinctoria1) und meist in ungeheurer Menge Tliesium ebracteatum. Beide senden vorgeschobene Posten bis zur Nähe der Küste vor und namentlich T. ebracteatum scheint den meisten Ortsfloren anzugehören. Auf das südliche Weichselgebiet beschränkt bleibt Tliesium intermedium • Es kann bereits hier berücksichtigt werden, weil es sowohl sonnige Hügel, wie buschiges und waldiges Gelände bewohnt, ähnlich wie die vorerwähnten Arten. Die Pflanze gesellt sich als seltenes Glied zu der ponti- schen Genossenschaft den bereits bekannten Standorten erlesener Steppenpflanzen in den Kreisen Thorn, Kulm und Schwetz an gewissen Stellen hinzu2). Zur mitteleuropäischen Gruppe wird die bei uns jetzt sehr zweifel- hafte Asperula cynanchica gezogen, eine Leitpflanze des südlichen Böhmens. Der Standort im sogenannten Rondsner Wäldchen, das den Be- wohnern offener Heideflächen weiten Spielraum läßt, scheint durch Festungs- anlagen vernichtet zu sein, ebenso der hinter der Feste Courbiere angegebene Standort bei Parsken. Der Verlauf der geographischen Verbreitungslinien. Mit ausge- sprochenen Nordwest-Grenzen verlaufen: A. tinctoria , A. cynanchica und Thesium intermedium und zwar mit einer Linie, die bei Thesium in der Nähe von Hamburg, bei den anderen nördlich von Garz im deutschen Florengebiet endigt. Auch unsere drei Pulsatilla- Arten zeigen eine ähnliche Nordwest-Grenze, deren Verlauf von Ascherson und Graebner3) genauer angegeben wird. Richtig ist es allerdings, daß P. patens die Küste nicht erreicht wie P. pratensis . Der Grund dafür ist wahrscheinlich darin zu suchen, daß diese bei ihrer reichlicheren Verbreitung und längeren Blütedauer vor jener leicht das Über- gewicht erlangen konnte und im Vorrücken entschieden begünstigt war. F. Grasfluren auf Heideboden. Die hier zu behandelnde Formation trägt das Gepräge einer durchaus selbständigen im Landschaftsbilde. Sie unterscheidet sich von den bereits be- sprochenen durch das Vorhandensein einer mehr oder minder geschlossenen Grasnarbe, die jedoch dem Heidekrautgesträuch ( Calluna ) nicht ganz den Eintritt verwehrt. Natürlich steht die Dichtigkeit der Grasnarbe mit dem Nährstoffgehalte, der Humusanreicherung des Bodens im Zusammenhänge. Ge- büsch pflegt sich vereinzelt hie und da einzustellen, es besteht dann aus: Wacholder, Weißbirke, Espe, Berberitze ( Berberis vulgaris ), Schleh- und Weiß- dorn ( Prunus spinosa und Crataegus monogyna , seltener C. Oxyacantha ) und 1) Kreis Bereut, also anscheinend noch nicht im Kreise Danzig, wie Th. ebracteatum, — geht durch die Kreise Tuchei und Flatow nach der Provinz Brandenburg und der Lüneburger Heide. 2) Niedermühl und Getau, Katarinchen, Ostaschewo; fehlt im Norden Polens; in den Steppen von Rußland und im Kaukasus verbreitet. 3) Flora des nordostdeutschen Flachlandes, S. 330. 132 181 verschiedenen Wildrosen, wie Rosa canina1), R. dumetorum , R. tomentosa 2), zerstreut: R. rubiginosa , R. glauca. Die Sandflora und die Calluna- Heide greifen vielfach zungenförmig in das Gelände ein oder sind ihm inselförmig eingespreugt. Besonders in solchen Fällen pflegt der Pflanzenreichtum seinen Höhepunkt zu erreichen. Und da sind es vorzugsweise wiederum die Weichselkreise, über die Flora an besonders bevorzugten Stellen ihre Gaben in verschwenderischer Weise ausgestreut hat. Die Dichte der Grasnarbe hängt von der jeweiligen Bodeubeschalfenheit und den daran beteiligten Gräsern ab. Es bilden sich dann zwei mitunter wohl- umgrenzte Unterformationen heraus, die man als kurzgrasiges und lang- halmiges Hügelgelände bezeichnen könnte. Auf kurzgrasigen Triften pflegt die Grasnarbe zusammengesetzt zu werden aus: Luzula campestris , vielfach vorherrschend, Garex verna, C. praecox Schreb., Agrostis vulgaris , Poa pratensis var. angustifolia, P. compressa , Anthoxanthum ocloratum, Zittergras (Briza media), Phleum pratense var. noclosum, unter- geordnet Brachypodium pinnatum , und hier wie bisweilen auf trockenen Torf- wiesen Avena pubescens. Im Frühjahre sind hier oft in Menge zu beobachten: Pulsatilla pratensis , Viola arenaria in kleinen Rasen, V. canina , seltener V. hirta 3 4), Potentilla arenaria meist in einer kahleren Form, deren gelbe Blütensterne mit den weißen Blumen der P. alba und seidig behaarten Blättern im auffallenden Gegensätze stehen. Schlüsselblumen ( Primula offi- cinalis ), selbst Waldanemone (Anemone nemorosa ), Ehrenpreis (Veronica Gha- maedrys ), Ranunculus bulbosus gehören hier oft zu den Frühlings-Leitpflanzen, denen sich häufig die Hügelerdbeere (Fragaria viridis ), seltener F. vesca in Scharen beigesellt. Einen hervorstechenden Zug im Florenbilde bilden stellen- weise gesellige Arten wie: Steinbrech (Saxifraga granulata), Karthäusernelke, Grasnelke (Armer ia vulgaris ), Kronenwicke (Goronilla varia)5 ), Pechnelke ( Viscaria vulgaris ), Medicago lupulina, Ti'ifolium montanum , T. agrarium, seltener T. minus , Polygala vulgaris , Labkräuter ( Galium verum und G. Mollug o), Johanniskraut (Hypericum perforatum ), Pimpinella Saxifraga, Peucedanum Oreoselinum , Quendel, Galamintha Acinos, Ajuga genevensis) selten A. reptans , Veronica officinalis , Euphrasia stricta oft in Unmenge, Erigeron acer auch mit der var. Droebachiensis , Schafgarbe und Silene nutans. Mehr zerstreut treten auf: Phleum Boehmeri , Tunica pro lifera, Geranium columbinum , Polygala comosa, Saxifraga tridacty litis, Vicia lathyroides, Anthyllis Vulneraria (bei Mewe in einer blaßgelben, der var. ajfinis nahestehenden Spielart), Galium boreale, Veronica spicata oft in Menge, V. Teucrium , Epip actis latifolia var. 1) Mit den Formen lutetiana LfiM. und dumalis Bechst. 2) form, andegavensis Bast, zwischen Gottersfeld und Sarnau, Kreis Kulm. 3) Die kahle Form fraterna Rchb. bei Gorken (Kreis Marienwerder). 4) Mitunter auf weite Strecken fehlend. 5 ) Gleichfalls in der deutschen Flora mit einer Westgrenze endigend, nach der Küste hin zurückbleibend; fehlt im mittleren und nördlichen Ostpreußen als urwüchsig. 133 182 viridans, Orchis Morio) Gymnadenia conopea. Der Goldhafer ( Trisetum flavescens) ist jedenfalls selten urwüchsig, z. B. sicher im Kreise Graudenz und Marien- werder (hier bei Gr. Ottlau). Selten scheint ferner Euphrasia curta zu sein, die z. B. im Weichselgelände an einigen Stellen, sodann für Strandtriften und den Kreis Berent1) nachgewiesen ist. Stellenweise sind zu bemerken: Boirychium Lunaria , Seseli annuum häufig bei Marienwerder, Scorzonera humilis, Achyrophorus maculatus , ebenso gern an Waldrändern und in Gebüschen, und Hieracium cymosum. Hauptsächlich auf die unmittelbaren Weichselgegenden bleiben angewiesen: Stachys recta2)} jedoch noch bei Danzig, und Vicia temiifolia, welche Art in Ostpreußen sehr selten ist, an den sonnigsten Stellen gern in Gesellschaft von Kronenwicke (Coronilla), Wiesensalbei ( Salvia pratensis ) und Spiraea Filipendula ; sie blüht früher als V. Cracca , manchmal schon gegen Ende Mai. Langhalmige Grasfluren gelangen an den Orten zur besten Entwickelung, wo Geschiebe-Mergel ansteht. Den Bestand bilden: Hügelrohr ( Calamagrostis Epigeios ), selten C. arundinacea, beide auch gern auf reinem Sandboden, ferner Poa pratensis in hochwüchsigen und ausnehmend reichhalmigen Formen, die der form, hirtula Aschers, und Graeb.3) nahestehen, P. compressa (meist zur var. polynoda gehörig), viel Bracliypodium pinnatum, Avena pubescens, Dactylis glomerata , während D Ascher soni an a4) mehr feuchten Mergelboden und Wald- lichtungen vorzieht und bei uns sicher an zahlreichen Stellen nachzuweisen sein wird. Sonst vermögen nur solche Pflanzen aufzukommen, die wie hoch- wüchsige Stauden den Wettbewerb mit dem Gehälm aufnehmen können, wie z. B. Centaurea Scabiosa , C. rhenana, Solidago virgaurea , Senecio Jacobaea, Hieracium umbellatum , Königkerzen und Nachtfackel (V erbascum und Onothera). Solche Grasfluren gehören längs der Seitentäler der Weichsel nicht zu den Seltenheiten. Der Graswuchs ist mitunter in feuchten Jahren so üppig entwickelt, daß es Schwierigkeiten bereitet, in ihm vorwärts zu kommen. Als bezeichnend hierfür erwähne ich das langhalmige, schluchtenreiche Gelände an den Weichselbergen bei Thymau und Jacobsmühle bei Mewe, wo Mergel- und Sandzone dicht miteinander Zusammenstößen. Mit der gewöhnlichen Schluchten- und Parowenbildung hat dieses Gelände nichts gemein. Das Heidekraut darin erreicht mitunter, falls es nicht von dem überwuchernden Pflanzengewirr ganz erstickt wird, eine ungewöhnliche Stärke und Höhe. Abweichend davon sind die langhalmigen Grasfluren längs des Schwarz- erdegebietes nördlich der Linie Mewe-Warmhof-Liebenau-Sprauden. Hier 0 Hier nach Abromeit auch eine der var. coerulea Tausch nahestehende frühblütige Rasse: die var. crenata Casp. 2) Fehlt im Kreise Elbing (nach Kalmuss), dringt aber längs der Drewenzliöhen nach Ostpreußen vor. 3) Synopsis Seite 432; in typischer Ausbildung bei Liebental, Kreis Marienwerder. 4) Ascherson und Graebner. Synopsis Band I, Seite 381. Sicher festgestellt für die Kreise Elbing und Löbau. 134 183 schneidet die Genossenschaft: Calluna- Pulsatilla- Helichrysum- Filago scharf ab. Trotzdem herrscht ein seltener Reichtum an gewissen Gliedern des ponti sehen Pflanzenverbandes vor, die hier ähnlich wie in der Tschernosemsteppe einen überaus üppigen Blumenflor entfalten. Eine kurze Besprechung dieses Ge- ländes bleibt Vorbehalten. Rosenformen. Hervorragende Seltenheiten fehlen unserer Flora. Ab- weichungen stellen sich natürlich auch bei uns ungemein häufig ein, die sich aber doch auf gewisse Leit- oder Grundformen zurückführen lassen. Bei Warmhof z. B. fehlen, wie sonst auch anderwärts neben den weitverbreiteten Arten, Rosa canina , R. dumetorum nicht; dagegen sind R. tomentosa und R. rubiginosa vorhanden. Hie Weinrose gedeiht also auf dem schwersten unserer Bodensorten ebenso schön, teilweise noch besser, wie auf Heideboden. Viel- fach übersehen sind R. corifolia , recht häufig um Neuenburg, an den Liebe- abhängen bei Gorken (Kreis Marienwerder), und R. graveolens1) mitunter in lichten Wäldern. R. pomifera scheint bei uns eine ursprüngliche, keine ver- wilderte Art zu sein, obwohl sie gewöhnlich hin und wieder einen Bestand- teil von Dorfhecken bildet. H. micrantha erreicht an dem einzigen Stand- orte zwischen Neufahrwasser und Westerplatte ihre Nordgrenze. Sonstige seltene Glieder der Hügelflora. Hierunter gehören einige, bisweilen auf Einschleppung zurückzuführende Pflanzen, deren Urwüchsigkeit überhaupt bezweifelt wird. Für einwandsfreie glaube ich, wenigstens bis zum mittleren preußischen Weichselgelände (Kreis Graudenz), die Wanderpflanze Salvia verticillata halten zu müssen, zumal sie nach Rostafinski seit langer Zeit im Bug-Gebiete einheimisch ist. An Verkehrswegen zeigt sie sich manchmal mit Euphorbia virgata und Nonnea pulla2). Diese aufFestungs- wällen in Graudenz ziemlich häufige Pflanze wird hier bloß eingebürgert sein. Ein altes Glied unserer Flora ist jedenfalls Carduus nutans , allerdings auf Schutt verdächtigen Ursprungs, im übrigen deshalb als urwüchsig anzu- sprechen, weil sich die Pflanze den natürlichen Formationen, weitab von Ver- kehrswegen anschließt, z. B. in der Tuchler Heide bei Babenthal, bei Schloppe mit Car ex humilis , auch sonst in den Kreisen Schlochau, Flatow, Dt. Krone gern an Abhängen von Flußufern und Seen. Auf Schwierigkeiten stößt in den weitaus meisten Fällen die Frage bei Vicia villosa (Zottelwicke), deren Bürgerrecht für das Weichselgebiet im all- gemeinen angenommen wird (Seite 134), und bei der Esparesette, Onobrychis vicifolia. Abromeit3) neigt der Ansicht zu, daß die Abart var. arenaria D.C. ebenso wie die typische Form bei uns ursprünglich einheimisch ist, weil die Abart bereits im Jahre 1712 von Hellwing nach Ausweis seines Herbars L Thorn an den Weichselbergen, Kulm, Schweiz, Graudenz (Festungsberg), Dt. Krone, Marienwerder. 2) Verschleppt auch in den Kreisen Bromberg, Inowrazlaw, Thorn. 3) Flora Ost- und Westpreußens S. 191. 135 184 bei Sens bürg weitab von jeglicher Kultur mit Oasytropis pilosa , Anemone silvestris usw. gefunden worden ist. Stachys germanica mehrfach in den Kreisen Inowrazlaw und Bromberg1), wo die zahlreichsten Standorte liegen, folgt dem linken Ufer bis zum Kreise Schwetz bei Sartowitz; sie gehört dort jedoch überall zu den seltensten Pflanzen. Veronica austriaca dagegen, eine von V. Teucrium mit Recht zu trennende Art, kennzeichnet sich als ein selbständiges Glied der südosteuropäi- schen Genossenschaft mit ausgeprägter geographischer Verbreitung. Sie ist sicher keine Waldpflanze, obwohl sie Waldblößen, Schonungen besiedelt. Beobachtet wurde sie in der Forst von Barbarken bei Fort IV auf freiem Gelände, auf Abhängen bei Schlüsselmühle und längs der Abhänge von Niedermühl bis Getau im Kreise Thorn-Inowrazlaw (Wymislowo und Katarinchen), sonst längs des Urstromtales in der Oplawitzer Forst und im Kreise Schubin, also im Netzegebiete. Hieracien- Formen. In der Bewertung dieser schwierigen Gattung greift neuerdings eine mehr auf einheitlicheren und klareren Grundsätzen beruhende Auffassung Platz, obwohl hier ebenso wie bei den Rubus- Arten der persönlichen Ansicht des Einzelnen noch immer ein weiter Spielraum gelassen ist. Nach- dem A. Peter2) das gesammelte Material des Preußischen Botanischen Vereins durchgesehen hat, ergeben sich folgende bemerkenswerte Formen: Hieracium flagellare bei Palleschken (Kreis Stuhrn) und Könitz, H. prussicum N. P. = collinum + Pilosella um Thorn, Festungsberge von Graudenz, Tannsee (Kreis Marienburg); H. spathophyllum N. P. = collinum — Auricula auf Pilow-Wiesen, Kreis Dt. Krone, H. glomeratum — H. cymosum — collinum bei Graudenz, Fersegebiet, TI. setig erum — H. echioides — Pilosella auf dem Altstädtischen Kirchhofe in Thorn, bei Ottlotschin und Kulm, H. floren - tinum 3)y H. leptophyton = H. magyaricum Pilosella bei Graudenz, H. aurantiacum ist bei Gorken (Kreis Marienwerder) nur verwildert. Auftreten von Felsfarnen. In Gebirgsgegenden pflegen sich mit überraschen- der Schnelligkeit zwischen Steinhaufen, in Ritzen von Gemäuern, besonders zwischen Steinmauern, wie man sie um Gehöfte zu errichten liebt, allerlei Farne anzusiedeln. Lebhaft daran erinnern die alten Festungsmauern auf der Feste Courbiere in Graudenz, denn überall sprießen, namtlich aus den Fugen der Steinmauern hervor: Cystopteris fragilis und die Mauerraute ( Asplenium ruta muraria )> mitunter die auch auf Torfwiesen heimische Arabis Gerardi. Einen ähnlichen Schmuck tragen mitunter alte Ordensschlösser (Hochschloß !) Schulitz, Fordon, Ober-Strelitz, Dt. Czersk, Jaruschin, Koselitz. — Kreis Thorn am Ziegelei wäldchen, Kulm zwischen Pien, Schadon, Ostrometzko, Mosgowin. Die übrigen Stand- orte sind unsicher oder eingegangen. 2) Vergl. Abromeit: Flora von Ost- und Westpreußen. S. 482 — 504. 3) Thorn, Strasburg, Schwetz, wahrscheinlich auch anderwärts, mit H. magyaricum , auch auf Torfwiesen. Der Name TI. collinum muß nach Asch, und Gr. dem Namen H. pratense weichen. 13« 185 Marienburg, Schloß von Schlochau), alte Kirchen (früher Neuenburg, Mewe). Die Verbreitung geschieht offenbar durch den Wind, der die Sporen weithin mit sich führt. Als Ausgangsherde werden wahrscheinlich die in Westpreußen zahlreich vorhandenen Ordensburgen aus der Zeit der Deutsch-Kitterherrschaft gedient haben. Welche Farnflora das alte Gemäuer dereinst nach dem Ver- falle des Ordens getragen hat, steht allerdings nicht fest. Jedenfalls werden die gewöhnlichen Arten vorgeherrscht haben. Ich glaube, das Vorkommen von Aspidium Robertianum an der Gasanstalts-Mauer von Thorn auf die Nähe solcher alten Bauwerke zurückführen zu dürfen, denn der alte Junker- hof, die Ruine Dybau (eine polnische Burg) liegen in so geringer Entfernung, daß die Sporen auf der Luftreise ihre Lebensfähigkeit erst recht nicht ein- büßen konnten. Vielleicht hat es mit dem rätselhaften Standorte des Milz- farns ( Ceterach officinarum)1) an der Nordseite der Festungsmauer in Graudenz eine gleiche Bewandtnis. Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß er die Ruinen des Graudenzer Ordensschlosses auf dem Klimeck ehemals ge- schmückt hat. Durch Bauholz heimischen oder ausländischen Ursprungs wrird der seltene Farn kaum an den so weit abgelegenen Standort gelangt sein. Übrigens wurde einem Kabinettsbefehle zufolge zum Festungsbau von Graudenz nur inländisches Material verwendet, das zumeist Findlingsblöcken entnommen zu sein scheint. Einen gewissen Anhalt für die Beantwortung der Frage nach der Her- kunft verschiedener Farne gewährt die Flora einer alten Endmoräne im Kreise Karthaus bei Meisterswalde. Zwischen dem Gestein leben hier: Poly- podium vulgare, Asplenium Trichomanes und das in Westpreußen bloß hier beobachtete A. septentrioncile . Eine ähnlich zusammengesetzte Farnflora könnten auch andere Endmoränen, z. ß. die um den Ruduicker See bei Graudenz ehemals gehabt haben. Diese sind später als erwünschte Fund- gruben für wertvolles Baumaterial samt ihrer Flora vernichtet worden. Schilderung einiger besonders wichtiger Standorte. Abhänge von Klodtken bis Vorschloß Roggenhausen (Kreis Graudenz). Das Gardengatal bietet nicht nur durch die wechselvollen, an- mutigen Bilder seiner romantischen Lage einen hohen Naturgenuß: sondern auch durch die reichen Pflanzenschätze. Hiervon können nur die Hügel- pflanzen berücksichtigt werden, da die Bewohner der versteckten Schluchten späterer Besprechung Vorbehalten bleiben müssen. Im Juni herrschen blau oder violette und rote Blütenfarben vor. Als Leitpflanze kann wohl die Wiesensalbei gelten, die jedoch in auffallend zahlreichen Fällen auch blaß- blau, rosen- bis dunkelrote Blüten hervorbringt, während Vogelwicke ( Vicia Cracca } V. tenuifolia ), Camp anula sibirica2) hier ausschließlich durch bläuliche *) Im Jahre 1901 waren noch einige lebende Stöcke vorhanden. 2) Weißblütig bei Hohenhausen, Kreis Thorn. 137 186 oder blau violette Farben vertreten sind. Durch ihr massenhaftes Vorkommen zeichnen sich aus: Blutstorchschnabel ( Geranium sanguineum ), Origanum vulgare , Coronilla varia, Steinbrech ( Saxifraga gr anul ata) 1 Goldklee ( Trifolium agrarium) und Wolfsmilch ( Euphorbia Cyparissias ): an ihrem nordöstlichsten Verbreitungsgebiete noch in Menge. Der Standort von Stipa penn ata er- scheint gefährdet, da er das Material zu Sträußen liefern muß, die in der Umgegend feilgehalten werden. Abhänge bei Liebental (Kreis Marienwerder). Die ungemein kalk- reichen Kuppen und Lehnen längs der Cypelle tragen eine viel reichhaltigere Pflanzendecke als die eben besprochenen Abhänge, die an etwas buschigen Stellen in ihren farbenprächtigsten Mustern das Auge entzückt. Von den Seite 181 aufgeführten Arten dürften wenige fehlen1). Heidekraut steht überall in Gruppen umher, mitunter weite Strecken geschlossen überziehend. Je nach der Blütezeit lösen sich als Leitpflanzen ab : Potentilla arenaria , P. alba, Saxi- fraga granulata , Trifolium montanum , T. alpestre , Ulmaria Filipendula , Viscaria vulgaris. Origanum vulgare. Auch hier hat das Federgras bedenkliche Liebhaber gefunden, obwohl es völlig abseits der Verkehrswege wächst. Sonst sind zu bemerken: Pulmonaria angustifolia2), Orchis Morio (selten) und in unglaublichen Mengen Thesium ehracteatum. Später erscheinen: Vicia cassubica , V. tenuifolia , Lathyrus Silvester , Ajuga genevensis in ungemein reichblütigen Stöcken, Thalictrum minus , Trifolium rubens 3), Verbascum nigrum mit Türkenbundlilie (Lilium Martagon), Anthericum ramosum , Stachys Betonica , Turritis glabra , Arabis Gerardi und auf- fallend reichblütigen Stöcken von Campanula persicifolia 4), durchweg auf sonnigstem, freiem Gelände. An solchen Stellen prangen auch die Tüpfel der Blattrosetten des hier teilweise häufigen Hachelkopfes ( Achyrophorus maculatus) in ihrem schönsten Rotbraun. Der Reiz, den dieser sehenswerte Blumengarten auf den Besucher ausübt, bleibt sich während des Frühlings und Sommers bei dem ununterbrochenen Wechsel des Blütenreigens ziemlich gleich. Am reichsten ist hier aber die Blumenpracht, wenn die Pechnelke nebst Veronica Teucrium ihre prachtvollen Blüten entfalten und unzählige Stöcke von Potentilla rupes- tris 5) im vollsten Schmucke ihrer weißen, Erdbeerblüten täuschend ähnenden Blumen stehen. Auch die zur Abänderung so gern geneigte Glockenblume, Campanula glomerata , hat in ihrer großblumigsten Form — var. speciosa Hornem. — hier zahlreiche Standorte. 1) Die Wiesensalbei fehlt auf der rechten Weichselseite im Kreise Marienwerder fast überall. 2) Bisweilen in sehr breitblätterigen, an den Bastard P. notha Kerner erinnernden Formen. 3) Fehlt auf manchen Strecken, z. B. im Kreise Schwetz. 4) Aber hier stets in der Form mit schuppenartigen Kelchanhängseln var. eriocarpa. 5) Kreis Strasburg, Thorn, Graudenz bei Marusch, Pr. Stargard im Fersegebiet, Danzig bei Jäschkental, Schlochau: Dobrinkaabhänge und Dt. Krone (Schloßberg bei Stranz). 138 187 Veronica spicata- Formen. Einen fast unerschöpflichen Formenreichtum zeitigt hier längs der Abhänge Veronica spicata. Die meisten der bisher unter- schiedenen Abarten und Formen dürften sich feststellen lassen1). Es sind darunter Exemplare vorhanden, die einer Verbindung von V. spicata -f- longi- folia entsprechen2), dabei sich jedoch durch große Vielgestaltigkeit und Frucht- barkeit auszeichnen, so daß sie den Eindruck vollkommen selbständiger Arten gewähren. Die Pflanzen bewohnen durchweg die sonnigsten Stellen an den grasigen Lehnen und erreichen mitunter eine erstaunliche, auf Rechnung des Geschiebemergels zu setzende Üppigkeit und Höhe. Da sich in unserem Osten Anklänge an pontische Formen erwarten ließen, so habe ich das reichhaltige, einheimische Material mit dem des Museums des K. K. botanischen Gartens in Wien einschließlich des KERNER’schen Herbars verglichen. Ohne der späteren Veröffentlichung wesentlich vorzugreifen, möchte ich schon jetzt bemerken, daß eine Form mit unregelmäßig gekerbten, bisweilen lappig eingeschnittenen, filzhaarigen Blättern der V. pallens Host (— V. incana W. K. non L.) zu entsprechen scheint. Selten befanden sich darunter Stöcke mit dreizähligen, seicht ge- kerbten, lederartigen Blättern, häufiger solche, die mehr an V. longifolia erinnern und der V. elatior Ehr. var. cartilaginea Led. ungemein ähnlich sehen. Abhänge bei Thyrnau (unweit Mewe). Von einem Teile der sonnigen Abhänge soll nur im Anschlüsse an die soeben kurz angedeuteten Veronica- Formen eine bisher meines Wissens nirgends beschriebene Abart mit völlig und durchweg ganzrandigen Blättern und kräftigen Blüten- stengeln erwähnt werden. Besonders groß und lederartig sind die breitovalen Grundblätter. Ich nenne die Form var. integrifolia J. Scholz. Kalkige Weichsel-Abhänge bei Warmhof. Dieses auch geologisch und für den Altertumsforscher hochinteressante Gelände im Schwarzerdegebiete am hohen Weichselufer hinter Mewe verdient als Standort einzelner, wichtiger Pflanzen- formen eingehender besprochen zu werden. Das fast wildromantisch zu be- zeichnende Schluchtengewirr hinter Warmhof würde einen dankbaren Stoff zu einer der bezeichnendsten Weichsellandschaften abgeben. Die Gehänge sind vielfach durch atmosphärische Einwirkung zerklüftet, und merkwürdige, an Zacken und Felsgrate erinnernde Gebilde — hie und da eine seltsame Erd- pyramide — fesseln angesichts des majestätischen Stromes und des herrlichen Weichselpanoramas unsere Aufmerksamkeit. Schwere Erdblöcke, oft von fast quadratischer Form, von Abstürzen herrührend, liegen am Flußbette zerstreut. Bald hinter Mewe ziehen sich an den sanftgeneigten Weichselbergen üppige Obsthaine hin, die in dem mit Humus stellenweise kräftig durchtränkten schweren Mergelboden aufs schönste gedeihen. Der Boden zeigt vielfach die Eigenschaft P z. B. var latifolia, lancifolia Koch, orcliidea, Crantz, nitida Host (annähernd). 2) Ähnliche Formen bei Wiesenburg (Kreis Thorn). 139 188 sich zu senken, zu spalten oder zu wandern, weshalb er wegen der vielen Risse und Löcher schwierig zu passieren ist. Verursacht wird diese Erscheinung durch unterirdische Grundwasserströme. Am bedenklichsten sind die von dem hohen Gras wüchse überwucherten breiten und tiefen Spalten. Der Kalk- gehalt des zähen, an Flußlehme erinnernden Bodens schnellt stellenweise so stark in die Höhe, daß ihn früher eine Dirscliauer Fabrik mit Zusatz von Wiesenkalk zu Zement verarbeitet hat. Die eigenartigen, geologischen Ver- hältnisse bringen es mit sich, daß hier nach nassen Frühjahren kein Wasser- mangel zu befürchten ist. Selbst wenn die Oberfläche steinhart und kreuz und quer zersprungen ist, so leidet die Pflanzenwelt trotzdem keine Not, weil die Wurzeln die wasserführenden Schichten entweder erreichen, oder weil die Feuchtigkeit vermöge der Haarröhrchen-Wirkung nach oben steigt. Die aus den Begräbnisstätten fast aller Perioden zutage geförderten Urnen waren des- halb auch meist wohlerhalten. Jedenfalls zeigten sie niemals auf Einwirkung von Baumwurzeln zu rückzu führ ende Beschädigungen — ein Beweis dafür, daß hier kein Hochwald gestanden hat. Der Graswuchs erreicht im Sommer eine Üppigkeit und Höhe, die lebhaft an den Grasreichtum der fruchtbaren Steppengebiete erinnern. Beteiligt sind daran hauptsächlich Poa pratensis , P. trivialis , Phleum pratense , Alopecurus geniculatus , seltener Festuca arundi- nacea und viel Knäulgras: Dactylis glomerata. Wegen der schwer zugänglichen, bisweilen durch Schlehdorn1), Rosen- und Weißdorn-Gestrüpp abgesperrten Schluchten und Bergkuppen, wird die nahrhafte, kräuterreiche Grasnarbe nur stellenweise vom Vieh beweidet. Die eigenartige, unregelmäßige Terrassen- bildung an den Flanken mancher Hügel haben Hufe weidender Viehherden geschaffen, indem auf dem Weidegange die Tiere in die Fußspuren der andern zu treten pflegen. Die Pflanzendecke setzt sich aus folgenden Arten zusammen: Ranunculus bulbosus , Veronica Chamaedrys , Euphorbia Esula , Alyssum calycinum , Cerastium arvense, Vincetoxicum officinale , alles im Frühjahre massenhaft mit ganzen Herden von Himmelschlüssel, Fragaria viridis und Wiesensalbei. Bereits hinter dem ersten Burgwalle bis nach Sprauden hin sind die Kuppen und Abhänge überaus reichlich mit dem seltenen Cerastium brachy - petalum bedeckt, wovon schon Mitte Juli der überwuchernden Gräser wegen kaum eine Spur mehr zu sehen ist. Dieses Glied der pontischen Genossen- schaft pflegt die meisten Schluchtenränder im Kreise Kulm zu begleiten2) und scheint in Polen bloß im südwestlichen Gebiete vorhanden zu sein. Stellen- weise recht zahlreich findet sich an den Standorten die in der Provinz bloß hier und bei Thytnau in den Weichselbergen beobachtete Cavex tonientosa 3) — selten mit der bereits erwähnten Medicago minima (Seite 176). Alle drei *) Hier ist besonders die var. coaetanea Wimm. u. Grab, zahlreich vertreten. 2) Sonst Kreis Schwetz bei Grutschno, Fersegebiet bis Pelplin, (Mühle Owitz und Klo- nowken), Wengern, Kreis Marienburg, Elbinger Höhe, ferner Elbe, Oder, Warthe mit Prosna und Cybina. 3) In der Provinz Posen mehrfach in den Kreisen Bromberg und Inowrazlaw. 140 189 Pflanzen erreichen in Westpreußen ihre Nordgrenze für Deutschland, sind also von Ostpreußen ausgeschlossen. Die übrige Flora setzt sich zusammen aus: Dianthus Carthusianorum , Trifolium montanum, Centaur ea Scabiosa, Ulmaria Filipendula, Saxifraga granu- latay Wiesensalbei, Campanula glomerata, Veronica Teucrium , durchweg in größter Fülle, — untergeordnet: Coronilla varia , Geranium columbinum , Turritis glabra 9 Silene nutans, Hieracium pratense , H. magyaricum, Malva Alcea, Galium verum , G. Mollugo nebst den Bastarden zwischen beiden Arten, Trifolium rubens, Polygala comosa , Allium vineale , Anthemis tinctoria , ungefähr nach der Häufig- keit ihres Vorkommens geordnet — vereinzelt Gentiana cruciata1) und Arabis hirsuta. Auffällig erscheint das Auftreten sandliebender Arten wie Erodium cicutarium, Arenaria serpyllifolia und Ajuga genevensis , sowie einiger kräftiger, alter Wacholderbüsche. Arabis hirsuta , noch in den Kreisen Thorn und Bromberg ziemlich verbreitet, wird nach Norden selten und fehlt in vielen Ortsfloren. Das bei Warmhof beobachtete Galium silvestre Poll. var. glabratum Schräder scheint hier urwüchsig zu sein. GL Buschiges Gelände. Besiedelungsweise. Sobald die über die Heideflächen in der Regel zer- streuten Gebüsche näher zusammenrücken und umfangreichere Gruppen oder lichte Bestände bilden, ändert sich sofort das Geselligkeitsverhältnis der Pflanzengenossen. Es gewinnt an Reichhaltigkeit, indem sich eine Reihe schutzbedürftiger Arten einstellt. Vielfach wechselt die Formation auch hier, indem mitunter die Bewohner sonniger Hügel, der offenen Heide, ja sogar bezeichnende Sandpflanzen an geeigneten Stellen Aufnahme finden. Man könnte daher noch einige Unterformationen unterscheiden z. B. Busch triften, Buschheide, buschige Abhänge und lichte Vorgehölze. — Besonders die Vorgehölz-Formation leitet häufig unmerklich in den Laub- und Mischwald hinüber. Das Buschwerk setzt sich aus unseren gewöhnlichen Laubhölzern: Eichen, Ulme (Korkrüster), Weißbuche, kleinblätteriger Linde zusammen, woran häufig Wacholder, Spindelbaum ( Evonymus europaeus ), Berberitze, Weißdorn ( Crataegus monogyna, seltener 6'. Oxyacantha ), Heckenkirsche ( Lonicera Xylosteum ), Wild- rosen, Kreuz- und Schlehdorn ( Rhamnus cathartica und Prunus spinosa ), bis- weilen auch Kiefern beteiligt sind. Hin und wieder erheben sich einzelne Bäume der gedachten Laubhölzer über das Gebüsch, die nicht als Über- ständer eines ehemaligen Waldbestandes aufzufassen sind, vielmehr als der Beginn einer künftigen Waldbedeckung. Die Weiterentwickelung hängt jedoch, wie ich bereits (Seite 150) ausgeführt habe, von der Bodenbeschaffenheit ab. Die heißen Kuppen und Berglehnen eignen sich für keine Bewaldung; nur in seltenen Fällen kann auf ihnen überhaupt ein Baum gedeihen. Ebenso ge- D Zweifelhaft für den Westen der Provinz, zerstreut im Weicliselände und in Ostpreußen. 141 190 langen auf Heideboden, wo Besenheide oder Bärentraube, mitunter Equisetum hiemale dichtgeschlossene Bestände bilden, schwer Samen von Holzgewächsen zur Entwickelung. Bisweilen erinnert ein von Gebüsch und Baumgruppen besetztes Gelände an die Strauchsteppen-Formation Rußlands, besonders dort, wo bei uns Wild- rosen- und Schlehdorn -Gestrüpp größere Flächen überzieht. Sie gewähren zur Blütezeit einen überaus anmutigen Anblick. Dann erscheinen manche Ab- hänge, z. B. an der Schwarzwassermündung unterhalb Schwetz, die sogenannten „Teufelsberge“, in leuchtend weiße oder rosafarbene Schleier gehüllt, deren Bestand leider bloß von kurzer Dauer ist. Die uns erhalten gebliebenen Reste der Zwergkirsche ( Prunus fruticosa) lichten sich im Kreise Thorn immer mehr und mehr. Ansehnliche, damit be- setzte Flächen sind durch Waldbrände dort vernichtet worden. Stellenweise wird ein Gelände, worauf die hier zu besprechende Formation paßt, durch eine Art Niederwald- oder Plänterbetrieb genutzt (z. B. der „Schanzenwald“ unweit Rosenberg). An abgelegenen Plätzen bleibt die natür- liche Entwickelung sich selbst überlassen. Wenn die Weichselabhänge Bäume und Sträucher tragen, so geschieht dies nur unter besonders günstigen Verhält- nissen. Gewöhnlich zeigen dann die Abhänge durch Abstürze hervorgerufene Terrassenbildungen, z. B. bei Niedermühl, Getau im Kreise Thorn am Rondsner Wäldchen, auf denen der Baumwuchs sicheren Fuß fassen kann. Die eigentliche Laubwaldflora beteiligt sich an der Bildung der Pflanzen- decke nicht durchweg. Nur einzelne Vertreter dieser Flora nehmen hier ge- eignete, bisweilen entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit sogar ziemlich sonnige Wohnplätze ein, z. B. Maiglöckchen ( Convallaria majalis ), Erdbeere, an frischen Orten Lungenkraut ( Pulmonaria obscura ), selbst an den freien Standorten von P. angustifolia , von Pulsatilla patens und Melampyrum nemorosum. Im übrigen besteht die Flora aus den meisten der Seite 188 auf- geführten Gräser, denen sich Calamagrostis arundinacea und C. Epigeios bei- zugesellen pflegen, begleitet vom Adlerfarn ( Pteridium aquilinum), Winter- schachtelhalm, Blau- und Preißelbeere und hochwüchsigem Heidekraut (Galluna). An besonders hier häufigen Pflanzen sind sonst zu nennen: Polygonatum officinale , Turritis glabra, Anthericum ramosum , Ranunculus polyanthemus , Vicia tetrasperma, V. hirsuta, V. sepium , Lathyrus Silvester , Astragalus glycy- phyllos 9 Agrimonia Eupatoria1), Torilis Anthriscus , Origanum vulgare , Glino- podium vulgare , Stachys Betonica, Valeriana officinalis, Veronica Chamaedrys , Ajuga reptans, Gampanula persicifolia, Serratula tinctoria — seltener Allium oleraceum. Mehr zerstreut treten auf: Geranium columbinum , Succisa pratensis, Liba- notis sibirica in den Weichselgegenden häufig, sonst die Hauptart L. montana 9 Form, connivens G. Fkoel. mit gerade vorgestreckten äußeren Hakenstacheln bei Wiesenburg, Kreis Thorn. 142 191 wohl in den meisten Ortsfloren, Pimpinella magna, Astrag alus Cicer in manchen Kreisen fehlend, Türkenbund ( Lilium Martagon) selbst auf offener Heide, Thalictrum minus1), Th. aquilegifolium , Aquilegia vulgaris , Inula salicina, Carlina vulgaris , Crepis praemorsa, Hieracium cymosum. Gelegentlich zeigen sich im lichten Gebüsch: Lithospermum officinale und Arabis Gerardi, ein Kreuzblütler, der auch Moorwiesen und Mauerritzen (z. B. Festung Graudenz) besiedelt. Wahrscheinlich ist es kaum, daß Astragalus danicus am Ostabhange des Garczin-Sees (Kreis Bereut) wirklich urwüchsig ist. Sicher aus Ver- wilderung rührt aber die wiederholt bei uns gefundene Potentilla recta her2). Im übrigen pflegen in sonnige oder leichtbeschattete Lagen die meisten der auf Seite 181, 189 angeführten Arten einzutreten und schaffen an gewissen bevorzugten Plätzen förmlich Naturgärten, die durch Aufnahme vieler Steppen- leitpflanzen an Mannigfaltigkeit und Farbenpracht ihres Gleichen suchen. Man begegnet hier ferner einigen Arten, die außerdem lichte Nadel- und Mischwälder bewohnen. Die hervorragendsten davon: Aster Amellus, Inula hirta und Cimicifuga foetida — - echte pontische Heide- und Waldpflanzen — haben nach Norden in Ostpreußen ein weiteres Verbreitungsgebiet und ge- hören bei uns hauptsächlich dem Weichselgelände an. Was das Wanzenkraut ( Cimicifuga ) betrifft, so folgt es den Seitentälern fast an allen Zuflüssen, vielleicht mit Ausnahme der Radaune. Längs der Drewenz dringt die stattliche Pflanze bis in die Kreise Orteisburg, Neiden- burg und Osterode (nach Ostpreußen). Dieses Gebiet umfaßt zugleich die Ver- breitung von Aster Amellus, Inula liirta , .Peucedanum Cervaria 3), dreier Pflanzen von erheblich stärkerem Lichtbedürfnisse. Ebenso wie im vorigen Abschnitte soll auch hier die Eigenartigkeit der Pflanzendecke an einigen wenigen Beispielen dem Verständisse näher gerückt werden. Beschreibung einzelner, wichtiger Standorte. Rondsner Wäldchen (Kreis Graudenz). An einigen Stellen hätten Gehölz- gruppen den Boden wahrscheinlich schon längst bedeckt, wenn das Gebüsch nicht künstlich niedergehalten worden wäre. Die, über das wellige, von Einschnitten durchzogene Gelände zerstreuten, jungen Kiefernschonungen und Gebüsche recht- fertigen nicht ganz die Bezeichnung „Wäldchen“. Ich glaube jedoch, die hier vorhandene Formation, die alle Stufen von der Sandflora bis zur Vorgehölz- Formation durchläuft, am besten der letztgedachten zurechnen zu dürfen. An den sehr den Abstürzen ausgesetzten Weichselbergen wachsen vereinzelte Kiefern, untermischt mit Schwarz- und Weißpappeln und dichtem Unterholz. 9 Seltener die var. flexuosum. 2) Um Graudenz und Könitz verschwunden, Pr. Stargard, Schlochau. um Danzig mehr- fach (z. B. Jäschkental), Bereut bei Strugga. 3) Ragt aber weiter nach Norden und Westen als Cimicifuga (Kreis Bereut und Schlochau). 143 192 J) var. polystachya Coss., triplocomposita Scharl. nebst der häufigen polystachya Lej. 144 Früher war das an den Ausflugsort Boeslershöhe nach Norden grenzende so- genannte Wäldchen von der Landseite leicht zu betreten. Jetzt ist es zum Festungsgebiete gezogen und mit Draht umzäunt worden. Dank dieser Maß- regel erholt sich die durch Erdbewegungen verschiedener Art gestörte Flora überraschend schnell, was namentlich den erlesenen Gliedern der pontischen Flora zustatten kommt. An den Gehängen zwischen Boeslershöhe und Rondsen gelaugt die Pflanzendecke zu keiner rechten Ent- wickelung. Es rinnen hier zahlreiche Wasseradern hinab,, die mitunter um- fangreiche Bergabstürze verursachen (vergleiche Abb. 16). Die reichen, in anmu- tigen Gruppen verteilten Gebüsche bestehen aus Wacholder, Berberitze, Hartriegel, Heckenkirsche, warzigem Pfaffenhütchen und den übrigen, überall vertretenen Arten, zwi- schen denen sich die be- reits namhaft gemachten, gewöhnlichen Stauden zum Lichte drängen. An die- ser Stelle hat Scharlok reiche Gelegenheit ge- habt, Beobachtungen über Riesenformen anzustellen. Schon ein flüchtiger Blick genügt, um die wunder- bare Wachstumsfreudig- keit auf dem nährstoff- reichen Geschiebemergel zu erkennen, denn z. B. Centaurea rhenana , Onothera werden hier mindestens so stattlich wie auf den schlickigen Flußsanden im Weichseltale. Auf reichlicher Ernährung beruhen vielleicht üppige Formen der Karthäuser -Nelke ( Dianthus Carthusianorum form. Scharlokii Casp. mit mehr als 70 kopfig gehäuften Blüten). Die von Scharlok nur hier ge- fundenen Formen von Veronica spicata1) mit verästelten Trauben erweisen sich als samenbeständig. Verschwunden bleibt jedoch der durch denselben eifrigen Fr. Goerke-Berlin phot. Abb. 16. Bergabsturz bei Böslershöhe (Kreis Graudenz). 193 Forscher ehemals entdeckte, sehr seltene Bastard V. spicata var. orchidea -f- Teucrium. Die Stammeltern gehören hier wie bisweilen anderwärts zu den hervorragendsten Leitpflanzen sonniger Hügel und Lehnen. Besonders zahlreich sind vertreten: Puhatilla patens , Ajuga reptans, Anemone silvestris , Scorzonera purpur ea, Salvia pratensis , Aster Amellus, Lilium . Martagon , Brunelia grandiflora, Asperula tinctoria, Inula hirta , Anthericum ramosum , Melampyrum nemorosum. Selten sind: Androsace septentrionalis , Genista tinctoria , G. germanica , während jetzt Asperula cynanchica zu fehlen scheint (Seite 180). Schanzenwald bei Rosenberg. Das im Niederwaldbetriebe von den Bürgern der Stadt genutzte, buschige Gelände wird leider auch zu Kulturland umge- wandelt. Vertreten sind hier gleichfalls die Seite 189, 190 benannten Grund- formen, einschließlich Laserpitium prutenicum , Peucedanum Cervaria , Cimicifuga, Centaurea Phrygia 1), einer vielen Ortsfloren fehlenden Flockenblume, und der schönsten aller einheimischen Doldenpflanzen: Astrantia major2). Dagegen konnte das von dem unzuverlässigen Kuhnert angegebene Anthericum Liliago ebensowenig wieder aufgefunden werden, wie manche andere von ihm angeblich als urwüchsig gesammelte Seltenheit. Abhänge bei Niedermühl. Die Weichselberge bei Niedermühl setzen sich nörd- lich bis in den Kreis Inowrazlaw hinein fort. An den beiden genannten Orten bieten die sanftgeneigten Abhänge günstige Wohnplätze für eine Reihe von auserlesenen, pontischen Arten. Die Laubwaldflora stellt sich auf schattigem, frischem und humusreichem Boden ein, während oben an den von Kiefer- und Mischwald eingefaßten Rändern die Sand- und Hügel-Flora in ihre Rechte tritt. Der Strom hat auf weite Strecken stark an den Ufern genagt, denn sie fallen mitunter so steil zur Stromrinne ab, daß sie den Eindruck von schroffen Sand- steinfelsen gewähren. Wenn ich bei den hier vereinigten Pflanzengenossen auch der Laubwald- flora flüchtig gedenke, so geschieht dies allerdings auf die Gefahr hin, der weiteren Schilderung vorzugreifen. Andererseits scheint es geboten, das eigen- artige Florenbild möglichst im Zusammenhänge vorzuführen, denn es gibt in Westpreußen nur sehr wenige Stellen, die an Großartigkeit und Pflanzenreichtum die einsam am hohen Weichselufer in idyllischer Umgebung belegenen Stand- orte übertreffen. Die Abhänge bei Niedermühl selbst tragen verschiedene, von Alter und Witterungsunbilden arg mitgenommene Laubbäume (kleinblätterige Linde und Eiche). Manche schweben in Gefahr abzustürzen und behaupten sich nur mühsam an ihrem Platze. Überall ist reichliches Gebüsch vorhanden, bestehend aus Hasel, Berberitze, Weiß- und Schlehdorn, Heckenkirsche, wildem !) Mehr verbreitet im Nordwesten mid Südosten der Provinz und in Ostpreußen; die Standorte nehmen von Osten nach Westen schnell ab. 2) In Ostpreußen stärker verbreitet, hauptsächlich im Passargetale. Bei uns sonst im Kreise Schwetz in der Schlucht von Topolinken und im Kreise Tuchei auf einer Moorwiese als Wiesengebüschpflanze bei Kl. Kensan. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 145 13 194 Sckneeball, Faulbaum, Kreuzdorn, Aklkirscke ( Prunus Padüs), Evonymus verrucosa und Ribes alpinum. Den Blütenreigen eröffnet das hier massenhaft und weiterhin bei Getau vorkommende Schneeglöckchen (Galanthus nivalis). Anscheinend hat der Strom die Zwiebeln ursprünglich hier angeschwemmt. Wir werden späterhin noch auf einige andere einwandsfreie Standorte (Ostro- metzko, Elisental) treffen. An den Bromberger Schleusen ist das liebliche Frühlingskind längst verschwunden, dagegen noch bei Janowo und Mühltal vorhanden. Bald erscheinen Lungenkraut ( Pulmonaria ofßcinalis ß. obscura ), Milchstern ( Gagea lutea , G. minima ), weiße und gelbe Anemone (A. nemorosa und A. ranunculoides ), Leberblümchen ( Hepatica nobilis), Feigwurz ( Ranunculus Ficaria), eine Menge Veilchenarten mit den unvermeidlichen Bastarden ( Viola arenaria , V. hirta , V. silvatica, V. mirabilis , V. collina, V. canina , V. odorata). Von unserem Gartenveilchen läßt es sich schwer entscheiden, ob es hier als urwüchsig zu betrachten oder aus Kulturen verwildert ist. Für Westpreußen könnten als unverdächtige Standorte höchstens die Weichselgegenden in Betracht kommen1). Das Gartenveilchen verhält sich hier wie eine völlig einheimische Art, die mit ihren Verwandten bisweilen Bastarde bildet. Von der fast voll- zählig vorhandenen, übrigen Laubwaldflora mögen nur besonders erwähnt sein: Actaea spicata , Stellaria nemorum , St. Holostea , Lathyrus vernus, L. niger, Epilobium montanum , Lerchensporn ( Corydalis intermedia und C. solida) 2), Aspidium filix mas , Athyrium filix femina. Von seltenen Farnen wachsen hier im Schatten alter Eichen: Asplenium Trichomanes und im grasigen, sonnigen Gelände ßotrychium ramosum. An besonderen, pontischen Genossen sind hervorzuheben: Scorzonera purpur ea, Thesium intermedium , Vero- nica austriaca, Potentilla rup estris 7 Peucedanum Cervaria in Begleitung vieler, auf Seite 181 aufgeführten, Hügelpflanzen. Auffallend erscheint das zu den pontischen Laubwald- und Quellbachbeständen gehörige Muschelblümchen, Isopyrum thalictroides , das auf frischem, nicht nassem Boden seine zier- lichen Blüten entfaltet, und das stattliche Pleurospermum austriacum im feuchten Gebüsch. Das Gelände bei Getau unterscheidet sich im allgemeinen wenig von dem soeben beschriebenen. Hinzu tritt aber die bei uns sehr seltene Thymelaea Passerina (Seite 175). Wahrscheinlich würde das schluchtenartige Gebiet südlich von Mewe bei Thymau ergiebiger sein, wenn es nicht beweidet werden möchte. Auf buschigen, mit Heidekraut bewachsenen Abhängen konnte ich hier die wohlriechende Form von Orchis maculata var. fragans Gren. u. Godr.3) feststellen, die Schulze bloß für einen Standort bei Partenkirchen in Ober-Bayern angibt, die wohl aber auch anderswo Vorkommen dürfte. J) Fidlitz, Schlucht im Kreise Kulm (z. B. Pluto wo, Kielp), Pulvergrund bei Elbing usw. 2) Über die hier beobachtete seltene Form mit ganzrandigen Deckblättern — var. integrata Godr. s. J. Scholz: Vegetationsverhältnisse, S. 134. 3) Schulze. Nachträge z. d. Orchideen Deutschlands. Mitt. d. Tlhiring. bot. Ver. N. F. Heft X. (1897) — eine Parallelform zu 0. coriophora var. fragans Oben. u. Godr. 146 195 Abhänge bei Konschlitz. Es handelt sich weniger darum, die hier vor- handenen Arten näher zu schildern, als des Standortes einer verschollenen Pflanze zu gedenken, von der man annahm, daß sie hier lediglich aus Ver- wilderung hervorgegangen war. An den mit allerlei Buschwerk bewachsenen Abhängen zwischen Konschütz und der Schlucht von Unterberg, südlich von Neuenburg, hatte nämlich bereits der Pfarrer v. Duisburg im Jahre 1845 Stöcke des Diptams — - Dictanmus albus — beobachtet. Nachdem ich das Gelände, an dem Geschiebemergel zutage tritt, und das durch das häufige Vorkommen von Anthemis tinctoria , Picris hieracioides , Lactuca Scariola aus- gezeichnet ist, wiederholt näher in Augenschein genommen habe, halte ich den Standort für einen urwüchsigen. Bestärkt wurde ich durch Angaben solcher Leute, die von hier noch Wurzelsprossen für ihre Hausgärten geholt hatten. Wie umfangreich der Diptam-Bestand gewesen sein muß, geht daraus hervor, daß z. B. ein Gärtner, wie er mir selbst versicherte, dereinst einen ganzen Sack von Wurzeln ausgegraben hat. Dieses interessante Glied der pontischen Buschwald-Flora wuchs am Rande eines inzwischen abge- triebenen, ziemlich ausgedehnten Eichenhorstes. Das Abholzen und die starke Ausplünderung durch die Anwohner haben leider das Aussterben der schönen, jetzt noch zur Zierde gehaltenen, angeblich heilkräftigen Staude beschleunigt. Gegen eine ehemalige Verwilderung spricht der Umstand, daß früher weit und breit keine Gartenanlagen bestanden haben, daß erst lange nach dem Be- kanntwerden des Diptam-Standortes nach und nach mit der Einrichtung von Hausgärten bei Neuenburg begonnen wurde. Jedenfalls herrschtedort damals eine Buschwildnis vor, die jetzt leider .stellenweise in eine Kulturwüste um- gewandelt ist, denn die Abhänge sind selbst an abschüssigen Lagen zu Acker- land hergerichtet worden. Nachträglich teilte mir Abromeit mit, daß in den kürzlich Vorgefundenen Notizen der Pfarrer v. Duisburg selbst den zwischen ,, Hasel- *und anderem Gesträuch“ vorkommenden Diptam für wildwachsend gehalten hat. Ich glaubte die an dem romantisch gelegenen Standorte herrschenden Ver- hältnisse deshalb sorgfältiger behandeln zu müssen, weil nach dem ermittelten Befunde der Standort an Bedeutung gewinnt und der frühere Steppencharakter der einheimischen Fluren durch ein wichtiges Glied dieser Flora bestätigt wird. Zu erwartende Pflanzenarten. An einzelnen Beispielen wurde wiederholt gezeigt, daß sogar die hervorragendsten Steppenpflanzen bei uns noch heute ihr Gebiet zu erweitern bestrebt sind, in diesem Sinne also wandern. Unmöglich wäre es daher nicht, daß vielleicht unter Beihilfe des Weichselstromes solche Arten sich bei uns einfinden werden, die nahe an der westpreußischen Grenze Halt gemacht haben. In Betracht kämen: Clematis recta (Seite 53), Hypericum hirsutum , angeblich einmal bei Oliva gefunden, einheimisch bereits in Ost- preußen, Campanula bononiensis von ebendaher oder aus der Provinz Posen (Kreis Inowrazlaw : früher bei Nieder-Strelitz); Verbascum phoeniceum wäre aus der Provinz Posen zu erwarten wie auch Aster Linosyris (Kreis Schubin: 147 13* 196 vier Stellen im Netze-Gebiete), oder die bei uns eingegangenen pontischen Arten: Nigella arvensis und Veronica prostrata. Bodenschutz. Leider sind die Aussichten zu einer auf natürlichem Wege sich vollziehenden Vermehrung unserer Flora bei der gegenwärtigen, auf das geringste Fleckchen Erde bedachten Bodennutzung gering. In vielen Fällen kann von einer ordnungsmäßigen Nutzung der zu Kulturland be- stimmten Heideflächen keine Rede sein. Das ist namentlich dort der Fall, wo Unverstand und Gewinnsucht den Landmann bestimmen, die urwüchsige Pflanzendecke an den Steilgehängen und Bergkuppen aufzubrechen. An den Weichselabhängen bei Thymau z. B. ist in einer geradezu unverant- wortlichen Weise von den Eigentümern der aus natürlichem Anfluge hervor- gegangene junge Kiefern-Bestand ausgerodet worden, so daß der Wolkenbruch am 17. Juni 1903 hier furchtbare Verheerungen angerichtet hat. Die ihres Schutzes beraubte Humusdecke dörrt nämlich in kurzer Frist aus, die Tag- wässer laugen die aufgespeicherten Nährsalze aus, und Wind und Regen ver- nichten oft über Nacht, was das stille Walten der Natur dem kahlen Boden im Laufe von Jahrhunderten abgerungen hat. Das Gleiche gilt von dem Sandboden, der bereits durch die wichtigsten Pioniere der Sandflora gebunden ist. Der gewaltige Unterschied zwischen jungfräulicher und von Menschenhand aufgebrochener Pflanzendecke trat nach dem gedachten Wolkenbruche im Kreise Marienwerder recht auffallend hervor. Nicht eindringlich genug muß daher schon vom national-ökonomischen Standpunkte gefordert1) werden: Die Pflanzen- decke zu schonen und Bodenschutz zu üben, gleichgültig — ob es sich um Wald- oder Heideboden handelt. H. Lebensbedingungen der Pflanzen auf Sand- und Heideboden, a) Ernährung der Hügelpflanzen. Auf anscheinend ganz ödem und unfruchtbarem Gelände im Diluvium wird man bisweilen durch üppige Pflanzenformen überrascht, die durchaus nicht in den Rahmen ihrer Umgebung passen wollen. Der verstorbene Botaniker Scharlok in Graudenz hat solchen Riesen im Pflanzenreiche seine besondere Aufmerksamkeit gezollt (Seite 192). Bereits früher habe ich aus dem hierüber von ihm gesammelten reichhaltigen Material einige der bemerkenswerteren Fälle mit- geteilt2). Es mag auffallen, daß die meisten dem Weichselgebiete angehören. Das liegt jedoch wohl daran, daß anderwärts nach dieser Richtung hin keine eingehenderen Untersuchungen angestellt sind. Immerhin scheint das nähere Weichselgebiet eine bevorzugte Stelle einzunehmen, denn es wollte mir bei meinen zahlreichen Ausflügen nach den verschiedensten Gegenden Westpreußens nicht glücken, die Funde Scharlok’s zu überholen. So z. B. bleiben un- !) Vergleiche meinen Aufsatz: „Übt Bodenschutz“ — Neue Westpreußische Mitteilungen vom 28. Juli 1903, Nr. 174. Scholz. Veget. Verh. S. 129. 148 197 übertroffen: Weingaertneria canescens mit 449 Blütenstengeln von 0,45 m Höhe, Jasione montana mit 87 Blütensten^eln, Dianthus Carthusianorum mit 74 nnd mehr kopffg gehäuften Blüten auf etwa 30 Stengeln von 0.67 m Länge (= form. Scharlokii Casp). Diese Nelkenform ist zwar auch anderwärts beobachtet worden, die reichblütigsten Exemplare im Weichselgelände sind jedoch nirgend erreicht worden. Der Grund für die wunderbare Erscheinung liegt in chemi- schen und physikalischen Standortsverhältnissen. Der Boden ist manchmal nur scheinbar nahrstoffarm. Er mag in den oberen Schichten durch Aus- laugung verarmt sein. Mit zunehmender Tiefe bessert sich jedoch stellen- weise das Mischungsverhältnis mit den fruchtbaren Mineralbestandteilen: dem Kalk und den Silikaten. Diese Verhältnisse entziehen sich der oberflächlichen Beobachtung und können erst durch eingehende Untersuchung ermittelt werden. Um die tieferen Bodenlagen aufzuschließen und die hier aufgespeicherten Pflanzennahrstoffe zu verarbeiten, sind die auf heiße, trockene Standorte ange- wiesenen Glieder vieler poetischer Arten mit ausnehmend stark entwickeltem Wurzel vermögen ausgestattet. Die Pfahlwurzeln von Campanula sibirica, Silene chlorantlia , Peucedanum Cervaria , Oxytropis pilosa, Centaurea rhenana } Scabiosa ochroleuca gehen sehr tief, manchmal bis 1,25 m in den Boden hinein. An der aus Amerika eingebürgerten Onothera biennis habe ich einmal noch bei 1,50 m das Wurzelende nicht ganz zu erreichen vermocht. Alyssum montanum treibt zwar keine besonders lange Pfahlwurzeln. Von ihnen laden jedoch fast rechtwinkelig Seitenwurzeln nach allen Richtungen und auffallend reich ent- wickelte Faserwurzeln aus, die an der Oberfläche die spärlichen Baustoffe aufschließen. Daß die Wurzeln die ihnen zusagenden Stoffe sich selbst dann nutzbar machen können, wenn sie in kaum nachweisbaren Spuren im Boden verborgen sind, dafür liefert das Pflanzenleben oft überraschende Beweise. Die langen Hauptwurzeln verfolgen außerdem noch einen anderen wichtigen Zweck. Sie bilden die Saugrohre, durch welche der Wasservorrat aus der Tiefe herauf- gepumpt und dem Stoffwechsel dienstbar gemacht wird. Mit dem Feuchtig- keitsgehalte ist es mitunter durchaus nicht auf Sandboden überall gleich übel bestellt. An den Abhängen, den Flanken der Kuppen stößt man bis- weilen schon in geringer Tiefe auf feuchte Sandlager selbst nach wochenlanger Dürre (Seite 157). Wahrscheinlich spielen hier unterirdische Grundwasserströme eine bedeutendere Rolle, als man gewöhnlich annimmt. Vielleicht liegen auch Fälle von Bodentau vor, wie sie Jentzsch1) für ungarische Binnendünen vermutet. b) Schutzmassregeln gegen Witterungseinfluss. Die soeben besprochene Ausrüstung der Steppenpflanzen bildet zugleich ein wichtiges Glied in der Kette jener Vorkehrungen, die unsere Sand- und Hügelpflanzen zum Aushalten auf ihren, den Witterungsunbilden stärker als anderswo ausgesetzten Standorten befähigen. Die Pflanzenwelt muß gleich- !) Jentzsch in Gerhardt: Handbuch des deutschen Diinenbaus. Berlin 1900, S. 104. 149 198 mäßig gegen die Gefahren von Trockenheit und Kälte geschützt werden, denn die Kuppen und Hügelrücken entbehren im Winter meist der schützenden Schneedecke. Wurzelschopf. In vorsorglicher Weise ist der mit der Oberfläche des sonnen- durchglühten Bodens zunächst in Berührung kommende Pflanzenteil — der Soge- nannte Wurzelhals — versichert. Abgestorbene Blattreste umhüllen vielfach diese Stellen mit einem mehr oder minder gut entwickelten Faserschopfe, wofür Hackel die Bezeichnung ,,Tunik abildung“ in die botanische Kunstsprache eingeführt hat. Als Vorbilder können die Wurzelschopfe von Peucedanum Cervaria , Scorzonera purpurea, Pulsatilla pratensis dienen, während diese Schutz- ausrüstung weniger auffallend bei Seseli annuum , Libanotis montana , Falcaria vulgaris , Eryngium planum ausgebildet ist. Gleich einem Panzer bedecken die vorjährigen Blattreste die Horste der Steppengräser Stipa pennata , S. capillata , der zur mitteleuropäischen Gruppe gehörigen Avena pratensis , die Rasen von Carex ericetorum und C. verna. Das cumarinduftende Gras Hierochloa odorata schiebt seine Blütenstiele aus einer Hülle trockener Wurzelblätter hervor und blüht oft schon in Stöcken, die noch kein einziges grünes Blatt tragen. Rasen und Horste. Die aus einem gemeinschaftlichen Wurzelstocke hervor- treibenden Pflanzenteile sind ferner sehr oft so fest zu einem Ganzen ver- bunden, daß die Gräser umfaugreiche Rasen und Horste bilden, z. B. bei Ammophila arenaria, Schafschwingel ( Festuca ovina), Pfriemengräsern (Stipa). Dank derselben Maßregel wachsen bisweilen Pulsatilla pratensis , P. patens, Anemone silvestris , Adonis vernalis zu umfangreichen Büschen heran. Es er- heischt eine bedeutende Kraftanstrengung, um einzelne Teile der gedachten Arten vom Stocke abzutrennen oder ihn selbst aus der Erde herauszubekommen. Sogar die Zwiebeln von Allium fallax sind zu festgeschlossenen Massen ver- einigt, während bei anderen Arten dieser Gattung die Brutzwiebeln viel williger dem Wurzelzuge folgen und nur lose mit dem Mutterstocke verbunden sind. Pfriemen- und Rollblätter. Um die der Verdunstung ausgesetzte Blattober- fläche auf das geringste Maß zu beschränken, sind manche Grasblätter in eine lange Röhre ausgezogen, was besonders schön bei Stipa und Ammophila arenaria hervortritt. Die Blätter verändern ihre Lage, indem sie sich dem Feuchtig- keitsgrade der Luft gemäß schließen oder öffnen. Mit Ausnahme des genüg- samen Schafes werden ferner vom Vieh ängstlich ältere Rasen des Schaf- schwingels (. Festuca ovina) und des Silbergrases ( Weingaertneria canescens) ge- mieden, die gleichfalls mit Borstenblättern bewehrt sind und ähnlich den vor- gedachten Arten oder dem auf Torfmooren heimischen Borstengrase ( Nardus stricta) empfindliche Stichwunden verursachen. Saftpflanzen. Verschmäht werden durchweg von weidenden Tieren die von schleimigen Säften strotzenden Fett- oder Saftpflanzen, woran die Gattungen Sedum und Sempervivum hauptsächlich im Gebirge mit so zahlreichen Ver- tretern beteiligt sind. Diese Schutzvorkehrung erweist sich zudem als be- sonders wirksam bei anhaltender Dürre. In gleicher Weise bilden die harzigen 150 199 Milchsäfte, z, B. bei den Wolfsmilcharten und bei Lactuca Scariola , nach beiden Richtungen hin ähnliche Schutzmittel, denen noch andere Beispiele aus der einheimischen Pflanzenwelt leicht angereiht werden könnten. Mimikry. Von verschiedenen Forschern wird die Ansicht verfochten, daß es im Pflanzenreiche ähnliche Fälle von Mimikry gäbe, wie im Tierreiche. Um gewisse Pflanzen nämlich vor dem Abweiden zu bewahren, soll die Blatt- form der zu schützenden Gewächse der Blattgestalt giftiger, überhaupt den Tieren nachteiliger Arten nachahmen. Daß bisweilen überraschende Ähnlich- keiten vorhanden sind, ist unbestritten. Friedrich Hildebrand1) stellt aber durchweg in Abrede, daß Ähnlichkeiten von Pflanzen, die nicht nahe ver- wandten Gruppen angehören, etwas mit Mimikry zu schaffen haben. Von seinen Gegnern wird als Beispiel für die Richtigkeit ihrer Meinung das Leinkraut ( Linaria vulgaris) angeführt. Meines Dafürhaltens ist dieses Beispiel nicht glücklich gewählt. Die Pflanze wird wohl überall vom Vieh gemieden — aber nicht deshalb, weil ihre Blätter den Tieren eine Wolfsmilchart Vor- täuschen. Denn namentlich im Osten Westpreußens und in dem weitaus größten Teile Ostpreußens hat das Vieh, ebenso das Wild, keine Gelegenheit, Er- fahrungen auf diesem Gebiete zu sammeln. In Ostpreußen fehlt überhaupt die Cypressen-Wolfsmilch (Euphorbia Cyparissias ), mit der das Leinkraut die meiste Ähnlichkeit hat — und E. Esula , die sonst noch zum Vergleiche herangezogen werden könnte, ist auf weite Strecken ebenfalls nicht anzutreffen. Trotzdem bleibt das Leinkraut unberührt. Am einfachsten und naheliegendsten ist wohl der Gedanke, daß die auf Pflanzenkost angewiesenen Säugetiere — die genäschige Ziege vielleicht ausgenommen — beim ersten Genüsse des Leinkrautes schlimme Erfahrungen gemacht haben, daß sie also später die ihnen unbekömmliche, widerliche Pflanze wittern und leicht von anderen zu unterscheiden vermögen. Wollhaare, Schutzfarben. Pflanzen, bei denen die Blätter vollständig fehlen, gibt es in unserer Flora nicht. Nur bei dem Besenginster ( Sarothamnus scoparius) und bei der Waldpflanze Cytisus ratisbonensis werden die Aufgaben der spärlich ausgebildeten Blätter durch das grüne Gewebe der Stengel ersetzt. Die Bedeutung des Wollüberzuges auf den Blättern ist bereits bei einer anderen Gelegenheit berührt worden (Seite 124). Ähnliche Ausrüstungen haben in größerer Abwechselung die Pflanzen an heißen Standorten, z.B. Verbascum- Arten, Helichrysum, Antennaria, Marrubium usw. Dort im Stromtale und[im Moore galt es, das Eindringen von Nässe zu hindern, den Weg für die Verdunstung freizu- halten; hier soll das grüne Gewebe vor den nachteiligen Wirkungen der sengenden Sonnenstrahlen geschützt werden! Die in schlichtes Grau oder schmutziges Weiß gehaltene Bekleidung mancher Arten, wie Potentilla arenaria , Alyssum montanum , Cerastium arvense, Ajuga genevensis, Helichrysum, Anten- naria usw., steht mit dem gleichfarbigen Grundtone des Bodens, wo diese Arten ihren Wohnsitz aufzuschlagen belieben, auffallend im Einklänge. Vielleicht 9 Uber Ähnlichkeiten im Pflanzenreiche. Leipzig 1902. 151 200 ist damit nebenher noch beabsichtigt, jene Pflanzen so wenig auffallend wie möglich zn machen, um sie den Angriffen pflanzenfressender Tiere in pflanzen- armen Gegenden vorsorglich zu entrücken. Helle Farben besitzen außerdem die Eigenschaft, die Sonnenstrahlen zurückzuwerfen und somit ihre Schärfe zu mildern. Übrigens wird der manchen Arten eigene würzige Duft, z. B. bei dem Thymian, als ein ähnliches Schutzmittel aufgefaßt. Fast durchweg herrschen bei den Sandpflanzeu, insbesondere den Gräsern, matte Farben vor. Der Strandroggen (Elymus arenarius) zeigt eine bläulich- graue, der Helm ( Ammophila arenaria) eine weißlich-graugrüne Farbe, während die Pfriemengräser, Silbergras und Schafschwingel ( Festuca ovina var. glauca ), in eintöniges Graugrün gekleidet sind. Diese Farben werden durch feine, wachsartige Überzüge hervorgerufen, ähnlich denen von Salix daphnoides , Lactuca Scariola, und sind dazu bestimmt, die Verdunstung herabzusetzen. Der gleiche Zweck wird bei unseren einheimischen „Kompaßpflanzen“, L. Scariola und Chondrilla juncea, durch ihre eigenartige Blattstellung erreicht. Die Blätter sind hier nämlich hoch kantig in die Mittags-Ebene eingestellt und deshalb den einfallenden Sonnenstrahlen nicht voll ausgesetzt. Eine merkwürdige Wechsellage zeichnet die lederartigen, dreifach ge- fiederten Blättchen von Feucedanum Oreoselinum aus. Die an den abwärts ge- bogenen Blattstielen ausladenden Blätter erinnern an ein zierliches Spitzen- gewebe. Es liegt jedoch nicht in einer Ebene, sondern die Blättchen sind besonders an den Stengelblättern bald horizontal, bald vertikal gerichtet. Das feinzerteilte Blattwerk läßt außerdem einen Teil der Lichtstrahlen hindurch- fallen, nutzt sie also nicht vollständig aus. Dasselbe kann man ferner bei anderen Arten mit fiederig - zerteiltem Laube beobachten, z. B. bei Scabiosa ochroleuca, Libanotis montana , Centaurea rhenana. Die Lichtempfindlichkeit der leicht beweglichen Blättchen vieler Schmetter- lingsblütler ist zu bekannt, als daß einzelne Beispiele eingehend besprochen zu werden brauchen. Besonders schön kann die Lageveränderung unter dem Einflüsse verschiedener Lichtstärke beobachtet werden bei Coronilla varia , Vicia villosa , V. Cracca , V. tenuifolia , Oxytropis pilosa. Verdickte Oberhaut-Zellen. — Verholzende Stämmchen. Die spiegelnden, mit verkieselten Oberhautzellen versehenen Blätter der Bärentraube und Preißel- beere bilden einen förmlichen Panzer, um die Erwärmung auf das für eine regel- rechte Stoffwandlung erforderliche Maß zu beschränken. Auffallend reich sind ferner niedrige Erdsträucher vertreten, z. B. Bärentraube, Quendel, Alyssum montanum , Helianthemum Chamaecistus. Die meist flach auf dem kahlen Boden ausgebreiteten Erdstämmchen genießen durch diese Lage zugleich einen aus- giebigen Schutz gegen Kälte oder rauhe, austrocknende Winde. Bisweilen ist nur der untere Stengelteil verholzt, also die am meisten den Witterungs- einflüssen ausgesetzte Stelle, z. B. bei Stachys recta , Origanum vulgare , Calamintlia Acinos. den Trifolium - Arten, namentlich bei T. alpestre und T. rubens. 152 201 J. Pflanzenwanderungen im Weichselgebiete. Im Stromgebiete der Weichsel, bereits vom Oberlaufe ab, wiederholt sich die auch anderen großen Flußgebieten eigentümliche Erscheinung (Seite 143, 145), daß die Steppenpflanzen den Diluvialrändern folgen. Daher entspricht ihre Wanderrichtung der geographischen Richtung der Hauptströme von Südosten nach Nordwesten. Da in Deutschland eine Anzahl Vertreter der pontischen Flora tatsächlich mit einer ausgesprochenen Nordostgrenze endigt, so hat Löw die Meinung vertreten, daß bei der Verbreitung dieser Pflanzen die Ströme in umfangreichster Weise eine Rolle gespielt haben. Eine ähnliche Nordwestgrenze erreichen sie übrigens, worauf beiläufig aufmerksam gemacht werden mag, auch in Frankreich an der Rhone, von wo eine andere Linie nach Belgien abzweigt. Die Gründe für das Fernhalten der hervorragendsten Steppenpflanzen von der Küste sind bereits (Seite 146) besprochen worden. Ob aber die von dem russischen Forscher Litwinow vertretene Ansicht — wonach die Steppen- flora Estlands an gewissen Orten die Eiszeit überdauert hat — auf unsere ein- heimische Küstenflora zutrifft, kann hier nicht näher erörtert werden. Viel- leicht sind die für das Fernhalten einzelner Steppen-Pflanzen von der Küste in Betracht kommenden Verhältnisse viel verwickelter als manche Forscher anzunehmen gewillt sind (v. Radde br.). Für die Mehrzahl der pontischen Genossen erklärt sich das Fehlen: aus der rauhen, ihnen nicht zusagenden Temperatur, aus Einflüssen der höheren Luftfeuchtigkeit und der ehemals vor- handenen, viel strengeren Absperrung der Küste durch eine unwegsame Moor- und Waldwildnis. Ebenso arm, wie das nördliche Waldgebiet Westpreußens an ponti- schen Heidepflanzen, sind die hochgelegensten Teile der Kreise Löbau und Osterode. Auch hier hat der Gletscherstrom auf seinem Rückwege unge- mein lange in der Stillstandslage verharrt, hier haben die gleichen physikali- schen Verhältnisse bestanden, wie im Nordwesten der Provinz und im Kreise Elbing. Aus der Besiedelung der pontischen Heideflora und ihrer Begleitpflanzen ergibt sich die beachtenswerte Tatsache, daß im Kreise Elbing (Seite 146) eine Anzahl Arten fehlt, die dennoch den höher gelegenen Teilen im Nordwesten der Provinz angehören. Es werden in jenem Kreise vermißt: Pulsatilla pjitens, Potentilla alba, P. rubens, Ulmaria Filipendula , Seseli ännuum , Trifolium rubens , Peucedanum Cervaria) Libanotis montana , Inula salicina , Pulmonarüa angustifolia , Salvia pratensis , Armeria vulgaris , — meist erst um Tolkemit erscheinen als Seltenheiten: Pulsatilla pratensis (auf den Katzenbergen bei Elbing früher), Asperula tinctoria , Silene Otites — von den seltenen Gliedern überhaupt abgesehen. Nur vereinzelt wurden nach Kalmuss (br.) gefunden: Anthericum ramosum, Arabis hirsuta , Galium verum , Verbascum thapsiforme, 153 202 Thesium ebracteatum, Centaurea rhenana, Chondrilla juncea , wovon einzelne schon wieder verschwunden sind. So schroffe Unterschiede zeigt aber nicht der nordwestliche Teil, obwohl einige Arten schon vom Kreise Karthaus ab ausgeschlossen sind. Woraus erklärt sich nun der Vorzug dieses Teiles vor der rechten Weichsel- gegend im Nordosten Westpreußens? - - Wesentlichen Einfluß übte das Fluß- gebiet von Schwarzwasser und Brahe aus. Beide Weichselnebenflüsse laufen mit- einander fast in gleicher Richtung und konnten bereits vom südlichen, preußischen Gebiete aus einer Reihe von pontischen Arten den Wanderweg nach Norden erleichtern. Damit soll durchaus nicht zum Ausdrucke gebracht werden, daß die pontischen Heidepflanzen mit den Stromtalpflanzen gleichgestellt werden sollen. Namentlich längs der Schwarzwasser- Höhen kann das Vorrücken bis tief in den Kreis Pr. Stargard verfolgt werden. Von hier aus war durch eine Quer- wanderung Anschluß nach dem Radaunegelände vorhanden. Nicht zu unter- schätzen ist ferner das Fersetal, dessen unterer Teil bereits mit reichen Kolonien osteuropäischer Genossen (z. B. Mewe) längs der Diluvialhöhen besetzt ist. Das Stromnetz auf der rechten Weichselseite dagegen hat eine für West- preußen ungünstigere Lage. Vorteil davon hat mehr Ostpreußen, indem das Quellgebiet des bedeutendsten Zuflusses auf dieser Seite, die Drewenz, in die ostpreußische Seengruppe hineinragt. Hier aber finden sich sofort wieder Steppenpflanzen ein, wovon ich nur Anemone silvestris und Oocytropis pilosa hervorheben will. In welcher Weise die zurück weichenden Gletscherströme im Zuge der langhin sich erstreckenden Endmoräne auf dem preußisck-pommerschen Land- rücken die Bildung von diluvialen Stauseen und Moore begünstigt haben, wurde bereits bei der Moorflora nachgewiesen. Da die Waldschranken erhebliche Lücken erhielten, konnte die Ausbreitung der Steppenpflanzen nach Norden ungehindert von statten gehen. Nach dem nordwestlichen Zipfel der Provinz führte aber noch ein anderer bequemer Wanderweg von der Oder her. Keilhack bezeichnet ihn als pommersches Urstromtal. Durch seine Vermittelung vollzog sich wahrscheinlich ein Austausch von pontischen und westeuropäischen Wald- pflanzen. Auffallend ist der bereits hervorgehobene Umstand, daß in diesem Gebiete mehrere Ostgrenzen westeuropäischer, atlantischer Arten verlaufen. Sie fanden aber hier meist eine relative Ostgrenze aus dem besonderen Grunde, weil sie wahrscheinlich der im Mündungsbecken herrschenden Wildnis wegen sich nicht auszubreiten vermochten. Klimatische Verhältnisse haben bei dieser Gelegenheit schwerlich eine wesentliche Rolle gespielt, und die von Schulz1) für ähnlich verlaufende geographische Verbreitungslinien aufgestellten Hypothesen verdienen eingehende Beachtung und Prüfung nach Maßgabe der jeweiligen örtlichen Verhältnisse. b Grundzüge einer Entwickelungsgescliichte der Pflanzenwelt usw. Jena 1894. 154 208 -Von einem unbedingten Abschlüsse solcher Linien kann daher für ver- schiedene Arten kaum die Rede sein. In welcher Weise Hochwasserwellen in der Vorzeit einen unmittelbaren Einfluß auf die Besiedelung des diluvialen Geländes ausgeübt haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Darüber können wir höchstens Vermutungen hegen. Wenn man aber die gegenwärtigen Verhältnisse auf die Vergangenheit über- trägt, so wird man zu der Annahme genötigt, daß die Weichsel besonders an den Seitentälern, da wo die Nebenflüsse einmünden, durch das Hoch- wasser einen gewaltigen Rückstau ausgeübt haben wird. Damals wälzten sich aber im Strombette viel gewaltigere Wassermassen zu Tal als gegenwärtig, jedenfalls doch zu Beginn des Kontinental-Klimas, wobei die Abwässerung nach der Eiszeit einen recht langen Zeitraum beansprucht haben mag. Es läßt sich daher vielleicht annehmen, daß infolge von Ausuferungen sich die Hochwasser- fluten über niedrigere Stellen der Diluvialränder ergossen haben mögen. Vielleicht erklärt sich daraus zum Teil auch die Reichhaltigkeit der Ufer an Steppen- pflanzen vor und hinter der alten Durchbruchstelle der Weichsel, als sie sich nach Abschluß der Diluvialzeit von Fordon ab ein neues Bett erzwang. Hierbei konnte es nicht ausbleiben, daß von den verlandeten Samen pontische Arten, namentlich auch Steppenleitpflanzen, unmittelbar auf die Diluvialhöhen gelangten. Im Verlaufe der Schilderung wurde aber wiederholt darauf hingewiesen, wie leicht solche Pflanzen durch das Wasser ihre Verbreitung finden. Bei russischen großen Stromgebieten kommt noch der Umstand in Betracht, daß die meisten im Flachlande entspringen, und daß daher Samen von Landpflanzen reichlich bei Hochwasser verschleppt werden müssen. Verbreitung durch Tiere. Als ein zweites wichtiges Verbreitungsmittel kommt die Tierwelt in Betracht. Von den Scharen der, in die vom Eise befreiten Gefilde eindringenden Tiere können wir uns eine annähernde Vorstellung machen, wenn wir den Tierreichtum in Ostasien zum Vergleiche heranziehen. Ich habe zunächst die auf Pflanzenkost angewiesenen Säugetiere im Auge, die in der Verbreitung der Samen durch die Vögel lebhaft unterstützt sein werden. Nach Kobelt1) führen gegenwärtig Wanderstraßen für die Vogelwelt längs der Weichsel von Süden nach den baltischen Gestaden. Die Tiere unter- brechen bei kaltem Wetter tagelang ihre Reise, die sie übrigens im Frühjahre und Herbst nicht in der gleichen Flugrichtung, also auf verschiedenen Wegen zurücklegen. Es läßt sich annehmen, daß nach den Eiszeiten, insbesondere bei Beginn der letzten Kontinentalzeit, ähnliche Verhältnisse bei uns bestanden haben. Verbreitung durch Winde. Für ein Kontinentalklima sind bekanntlich trockene, starke, aus Südost wehende Winde und Staub -Stürme bezeichnend. Wahr- scheinlich haben sie an der Lößbildung einen wesentlichen, nach manchen Forschern den alleinigen Anteil. Wenn erst neuerdings wieder mit heftigen !) Kobelt. Die Verbreitung der Tierwelt. Leipzig 1901. S. 462. 155 204 Winden Wüstensande bis in unsere Gegenden entführt worden sind, so ist nicht abzusehen, weshalb nicht zur Steppenzeit Samen — namentlich solche mit Flugvorrichtungen — den Weg durch die Lüfte bis in unsere Gegenden ge- funden haben könnten. Die Regel wird allerdings wohl mehr ein staffel- förmiges, als sprungweises Vordringen gebildet haben. Einwanderungs-Richtung. Schulz ist der Ansicht, daß z. B. Adonis vernalis , Stipa pennata und S. capillata in postglacialer Zeit von Westen her, etwa vom Saalegebiete nebst den anstoßenden Elbgegenden — oder wenigstens vom Oder- bruche her — eingewandert seien. Ich vermag dieser Meinung nicht beizu- pflichten, stimme vielmehr mit Löw1) darin überein, daß die geographische Lage der Oder und ihrer Nebenflüsse, besonders der Lauf der Warthe, auf eine stärkere Beeinflussung der Flora von der Weichsel hinweisen. Die Oder hatte hiernach bei einem gegenseitigen Austausche mehr Aussicht, Florenelemente von der Weichsel, überhaupt von Südosten oder Osten, zu empfangen, als umgekehrt ans Weichselgebiet abzugeben (Löw). Lebenskraft der Steppen-Pflanzen. Von manchen Seiten werden die bis auf die Gegenwart erhalten gebliebenen Kolonien der Steppenpflanzen in Deutsch- land als wenig lebenskräftige Glieder unserer einheimischen Flora hingestellt, die bloß darauf bedacht sind, ihre Standorte zu behaupten. Das scheint tat- sächlich vielfach der Fall zu sein. In Wirklichkeit aber sind die Glieder dieser Genossenschaft bestrebt, sofern ihnen bloß die Gelegenheit dazu ge- boten wird und sie durch die örtlichen Verhältnisse unterstützt werden, sich weitere Standorte zu erobern, sich auszubreiten. Ihre Bemühungen bleiben natürlich in der Regel fruchtlos, z. B. wenn die Kolonien rings von Kulturland umgeben sind, wodurch urwüchsige Bestände selbst einer ständigen Ver- nichtungsgefahr ausgesetzt sind. Ich habe zahlreiche Standorte der Steppen- pflanze jahrelang fortgesetzt fest im Auge behalten und bin von der Lebens- fähigkeit der südosteuropäischen Genossen, namentlich der bedeutsamsten Leit- pflanzen vollkommen überzeugt. Einen sicheren Beweis liefert das sogenannte Rondsner Wäldchen bei Graudenz. Hier waren Scorzonera purpur ea und Anemone silvestris dem Aussterben nahe, weil den schönen Pflanzen in be- sorgniserregender Weise von einer gefürchteten Sorte von Naturfreunden nach- gestellt wurde. Seitdem die Militär-Behörde das ganze Gelände abgesperrt hat, ist sofort ein Umschwung zum Bessern eingetreten. Das Vordringen und die lebhafte Vermehrung beider Arten ist geradezu auffallend. Mit Freude wäre es zu begrüßen, wenn sich die Staatsregierung bereit finden ließe, die bedeutendsten Standorte der Steppenflora etwa im Kulmer Kreise zu hegen, in besondere Obhut zu nehmen und der Nachwelt zu er- halten. 0 Über Perioden und Wege ehemaliger Pflanzen Wanderungen im norddeutschen Tief- lande. Linnaea XLII. 15G 205 VII. Waldflora. 1. Urwald und Forst. Der Wald war mit dem Gemütsleben der Deutschen von jeher aufs engste verknüpft. Er bildete bekanntlich den Zufluchtsort der Germanen, deren Stärke in sinniger Weise mit dem berühmtesten einheimischen Waldbaume, der knorrigen Eiche, verglichen wird. In den ehrwürdigen, grünen Hallen opferten sie ihren Göttern, und zwischen den himmelanstrebenden Riesensäulen, den modernden Baumleichen, wurde jene fürchterliche Schlacht geschlagen, die dem geknechteten Volke seine Freiheit wiedergab und dem Varus seine Legionen kostete. In unzähligen Liedern ist der Wald verherrlicht worden, ist er doch der Schau- platz jener uns aus der Jugendzeit so lieb und vertraut gewordenen köstlichen Gestalten aus Sage und Märchen. Der altgermanische Wald besteht bei uns nicht mehr. Seine Großartig- keit und Schrecken haben Tacitus und spätere Geschichtsschreiber jedenfalls einseitig und übertrieben geschildert. Wirkliche Urwälder, d. h. solche un- gepflegte Wälder, wo sich die einzelnen Bäume ohne Rücksicht auf ihre Ge- nossen frei und ungebunden entwickeln können, gibt es, abgesehen vom nörd- lichen europäischen Sibirien, nur noch an wenigen Orten. In Deutschland z. B. kann man im Böhmer Walde — an einzelnen Stellen — die unerschöpf- liche, kraftstrotzende Waldwildnis, wie sie in der Vorzeit geherrscht hat. be- wundern. Hier gedeiht kein Baum unter der pflegenden Hand des Forst- manns, bis die Axt seinem Leben ein Ziel setzt. Entweder erliegt er den Angriffen von Wind und Wetter oder der zahllosen Feinde im Pflanzen- und Tierreiche. So war es schon in altersgrauer Zeit im Bernsteinwalde. Denn Conwentz gelangte bei seinen eingehenden Untersuchungen des Bernsteins zu der Überzeugung^ daß damals kein älterer Baum gesund gewesen ist. An Stelle des Urwaldes ist jetzt der von der Hand des Menschen sorgsam behütete Hegewald, die Forst, getreten mit möglichst gleichmäßiger Verteilung von Licht und Schatten. Die zahlreichen, fossilen Funde berechtigen zu der Annahme, daß bereits vor der ersten Eiszeit, im letzten Tertiär (Pliocän), Wälder in Westpreußen bestanden haben, und daß die im versteinerten Zustande gefundenen Hölzer auch an Ort und Stelle gewachsen sind. Das in jener Zeit herrschende, wärmere Klima zeitigte eine wesentlich anders zusammengesetzte Waldflora. Sie setzte sich zusammen aus buntem Gemisch von Laub- und Nadelbäumen, nahe ver- wandt mit den früher im nördlichen Asien, arktischen Amerika, in Grönland und Island lebenden Arten. Von da aus scheint sich die Laubwaldflora über die Färöer und die britischen Inseln längs der zwischen Nordamerika und dem europäischen Festlande bestehenden Landbrücke nach Süden ausgebreitet zu haben. Jetzt sind die meisten Arten, nachdem die Erdoberfläche wiederholt eingreifend umgestaltet worden ist, ausgestorben. Lange Zeit wird der Boden 157 m nach dem endgiltigen Rückzüge des Inlandeises ohne Waldbedeckung geblieben sein. Auch zur Steppenzeit war der Wald auf gewisse, eng begrenzte Striche beschränkt (Seite 148). Erst das Ende der Kontinentalzeit dürfte die Ausbreitung der Wälder begünstigt haben. Die spätere Abnahme der Wälder beruht nicht auf klimatischen Schwankungen, sondern auf rücksichtslosem Ausroden. Auch das Mischungsverhältnis der einzelnen Holzarten hat sich zu Ungunsten dieses oder jenes Waldbaumes verschoben. So trat z. B. seit dem 16. Jahrhunderte eine ständige Abnahme der Eichenhaine ein. In Westpreußen fanden die ersten deutschen Ansiedler ebenfalls ausgedehnte Urwälder vor. Je nach dem vorherrschenden Waldbaume benannten sie ihre neue Heimat. Die Ortsnamen Tannen- und Eichen-Damerau, Buchwalde usw., deuten auf den ehemaligen Waldreichtum hin. Aus den alten Urkunden und Geschichtswerken geht hervor, daß die Eichte östlich von der Weichsel weiter, als gegenwärtig, verbreitet gewesen ist. Um die Ortschaften Klodtken und Bialochowo (Kreis Graudenz) z. B. dehnten sich weite Fichtenwälder aus1). Leider fehlt uns ein genaues Verzeichnis der auf die Mischung der Waldbäume anspielenden Ortsnamen slavischen Ursprungs. Slavische Ortsnamen. Die polnische Bezeichnung für Nadelwald — bör — kehrt in Dorfnamen wieder, wie z. B. in Borowno (Kreis Kulm, Graudenz, Briesen), Borreck (Kreis Briesen, Löbau, Karthaus). Auf die Eiche (dab) haben Bezug: Dombrowo, Dombrowken, auf die Rotbuche (buck): Buck (Kreis Briesen), auf die Weißbuche (grab): Grabowo, Grabowitz, (Kreis Graudenz, Pr. Stargard), auf die Fichte (= swierk): Swierczynko. Nach dem heiligen Baume der Slaven, dem Ahorn (= klon), sind die Ortschaften Klonia und Klonowo (Kreis Tuchei) benannt, während auf ein ehemaliges, reiches Vorkommen des Weißdorns (= glög) das Dorf Glugowko (Kreis Schwetz) schließen läßt. Leicht ließen sich diese wenigen Beispiele durch eine Reihe anderer vermehren. Selbst einige, für das betreffende Gebiet besonders häufige oder bezeichnende Pflanzen, wie z. B. der Ginster — in Janowiec enthalten — haben zur Ableitung von Ortsnamen Anlaß gegeben. Schon zur Ordensherrschaft und später unter den polnischen Königen wurde eine gewisse Waldpflege geübt. Sie entsprach natürlich nicht entfernt den heutigen, hohen Anforderungen an einen sachgemäßen forstwirtschaftlichen Betrieb. Die Erbpachtgüter wurden nach den alten Verschreibungs-Urkunden aber doch unter der Verpflichtung verliehen: Wolfsjagden abzuhalten und Kienraupen zu sammeln. Beutner-Bäume. Eine Haupteinnahmequelle bildete unter der polnischen Herrschaft für die Waldeigentümer die gegen Entgelt erteilte Erlaubnis zum Halten von Bienenbeuten. Sie wurden von Imkern oder Beutnern an lebenden, J) Froehlich. Geschichte des Kreises Graudenz. Bd. I. S. 79. Allerdings dürfen derartige Nachrichten nicht allzuhoch angeschlagen werden, weil noch jetzt: Fichte, Tanne und Kiefer miteinander verwechselt werden. 158 2 07 starken Kiefern eingerichtet, mitunter zwei, selten drei Baue in einem einzigen Stamme. In Livland galt ein Honigdiebstahl zeitweise für ein todeswürdiges Verbrechen. Die Honig- oder Beutkiefern lieferten damals höhere Erträge, als die heutigen Bienenstöcke. Das hatte nach Klinge1) seinen Grund darin, weil die Baue da angelegt wurden, wo reichliche Frühlingsweide vorhanden war, während jetzt die Bienen einen viel zu weiten Weg einschlagen müssen und dabei den Nachstellungen ihrer zahlreichen Feinde zu sehr ausgesetzt sind. Die Waldbienenzucht scheint nicht nur in den baltischen Gegenden und Polen, sondern über den größten Teil Europas im Mittelalter für die damalige Zeit hoch entwickelt gewesen zu sein. Welchen Umfang sie z. ß. allein in der Tuchler Heide hatte, geht daraus hervor, daß bei der Übernahme Westpreußens durch den preußischen Staat im Jahre 1772 in den Forsten 20000 Beutstämme vorhanden waren2). Davon sind uns wenige erhalten geblieben. Die Bienen- zucht in dieser Form wird hier nicht mehr betrieben, weil sie den Zielen einer modernen Waldwirtschaft zuwiderläuft. Bloß in der Finckensteiner Forst werden zwei noch lebende und von Bienenvölkern besetzte Beutkiefern absichtlich geschont. 2. Bedeutung des Waldes im Haushalte der Natur. Bodenschutz durch den Wald. Die Bedeutung des Waldes in national- ökonomischer Hinsicht ist früher bei den verschiedensten Völkern erheblich unterschätzt worden. Erst der Neuzeit ist es Vorbehalten gewesen, den Wert der Waldbedeckung gebührend zu würdigen. Durch das Abfangen des Regens seitens der Laubkronen wird die Fallgeschwindigkeit der Wassertropfen und der Anprall auf den Boden bei starken Regengüssen abgeschwächt. Ausgezeichnete Sammel- behälter atmosphärischer Niederschläge bildet die Moos- und Streudecke. Den wohltätigsten Einfluß üben die Moose aus. Vermöge ihres eigenartigen Baues saugen sie gleich Schwämmen ganz erhebliche Feuchtigkeits-Mengen auf und verhindern dadurch eine zu rasche Verdunstung. Roth3) hält die Moose für die besten Feuchtigkeits-Messer und ihre Kenntnis bei der Wahl der anzu- bauenden Holzart für unentbehrlich. Mithin übt die natürliche und unverletzte Streudecke, überhaupt der Wald, einen hervorragenden Bodenschutz aus. Die Folgen seiner Verwüstung bleiben nicht aus. Mit allzu großer Schnelligkeit werden die Niederschläge abgeleitet, der Grundwasserstand sinkt, die Humus- schicht wird ausgelaugt und durch schädliche Einwirkung von Wind und Wetter aufgebrochen. Auf ähnliche Weise gehen weite Landstriche ihrer Ver- armung entgegen. !) Die Honigbäume des Ostbaltikums und die Beutkiefern. Naturforscliende Gesellschaft in Danzig, Band X, Heft 2/3. Danzig 1901. Mit unserer einheimischen, nach allen Regeln der modernen Bienenwirtschaft betriebenen Imkerei dürfte die Ansicht Klinge’s nicht ganz in Einklang zu bringen sein. 2) Conwentz. Forstbotanisches Merkbuch. Berlin 1900, S. 52. 3) Die europäischen Laubmoose. Leipzig 1903, S. 74. 159 208 Eine ausgedehnte Bewaldung ist somit auch von großer Wichtigkeit für die Ernährung der Quellgebiete, für Flußgebiete geradezu eine Lebensfrage. Durch eine gleichmäßige Speisung der Ströme werden natürlich Hochwasser- gefahren vermindert. Zugleich wird aber der von jeder zielbewußten Wasser- wirtschaft erstrebte Zweck erreicht: Verringerung des Hochwassers und Erhöhung des Nieder wassers. In welcher Weise sich verwüsteter Waldboden in trostlosen Sandboden verwandelt, wurde bereits früher näher geschildert (Seite 152). Am nachdrück- lichsten und empfindlichsten rächt sich eine Entwaldung im Gebirge. Von den Mittelmeerländern ist ihre Wirkung durch die Geschichte verbürgt. An dem Niedergange des Kulturlebens auf dem klassischen Boden mag der sinnlose Raub- bau im Walde ein gutes Teil dazu beigetragen haben. Ebenso wird der rasche Verfall der Kulturstaaten im Morgenlande, z. B. im Tieflande von Mesopotamien, in Persien, damit in Zusammenhang gebracht. Die wunderbaren Cederwälder und Olivenhaine im gelobten Lande sind vom Erdboden bis auf kümmerliche Reste verschwunden. Das heiße Klima in Nord -Afrika und Mexico scheint erst seit der Verwüstung der herrlichen Waldungen eingesetzt zu haben. Die rücksichtslosen Verwüstungen der Wälder des Karstes und Dalmatiens durch die Venetianer haben sich nie wieder gut machen lassen. Wieder-Aufforstung. Italien macht auf den nackten Felsen von Unter- und Mittel-Italien gewaltige und von Erfolg gekrönte Anstrengungen, um die Sünden der Väter auszutilgen, nach dem Vorbilde der Franzosen in der Provence, Dauphinee und Gascogne. Dank der Fürsorge unserer Regierung schreitet die Wiederaufforstung des von der Wanderdüne bedrohten Ostseestrandes rüstig vor1). Zum Glück hat die russische Regierung dem schmählichen Raubsysteme in ihrem Lande einen Riegel vorzuschieben versucht, was wir deshalb mit Freude begrüßen müsser, weil wir durch den Weichselstrom an dieser heilsamen Maß- regel stark beteiligt sind. Wir in Westpreußen müßten jedes Stück Ödland, sofern es irgend lohnt, zur Waldnutzung herrichten, die durch Raubbau bedrohten Privatforsten ent- eignen und in Staatsforsten um wandeln! Wald und Klima. Brückner hat den tiefeingreifenden Anteil des Waldes am Geschicke der Völker durch Beispiele aus der alten und neuen Welt belegt und zugleich Klimafragen mit der Entwaldung in Verbindung gebracht. Die Ansichten über den Einfluß der Wälder auf das Klima sind noch immer geteilt, stehen sich sogar vielfach schroff gegenüber. Eine maßvolle Mittel- stellung unter den neueren Forschern nimmt Ebermayer ein2). Er meint, daß in Ebenen von allgemeinem Charakter der Einfluß des Waldes !) Der Mer vorhandene Wald soll übrigens nicht als Nutz-, sondern nur als Schutz- wald dienen. 2) Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden usw. Berlin 1873, S. 202. IGO 209 auf die Regenmenge sehr gering sei, mit der Erhebung über die Meeresoberfläche aber zunehme. — Daß aus dem mit Feuchtigkeit ge- sättigten Waldboden ein ununterbrochener, feuchter Luftstrom in die Höhe steigt, und daß durch die Verdunstung in den Blättern dem Boden gleichfalls beträchtliche Wassermengen entrissen werden, steht unzweifelhaft fest. Ob aber der Wald die Wolken zur Regenabgabe zwingt, kann meines Erachtens nur nach den einzelnen, örtlichen Verhältnissen beantwortet werden, worüber die Beobachtungsreihen keinen sicheren Aufschluß geben. Was den Zug der Regen- und namentlich der Gewitterwolken anbetrifft, so spielen die elektrischen Ladungen der Wolken und des Erdbodens eine gewichtige Rolle. Beide sind mit entgegengesetzter Elektrizität geladen und ziehen sich daher gegenseitig an. Bewaldeter Erdboden begünstigt aber die elektrische Ausstrahlung und bewirkt dadurch eine gegenseitige Anziehung der mit entgegengesetzten Elektrizitäten geladenen Wolken und Baumwipfel. Daher erklärt sich der Zug der Gewitter längs der Waldzonen. Die Annahme, daß hierauf haupt- sächlich die Ströme bestimmend einwirken, trifft nicht zu. Von wesent- lichem Einflüsse dagegen sind die den Stromlauf begleitenden be- waldeten Höhen, die der Richtung der Gewitter vielfach ihre Bahnen ver- schreiben. Einfluss auf die Regenmenge. Unter diesem Gesichtspunkte zunächst be- trachtet, wird dem Walde eine regenbildende, oder richtiger - — eine regen- m ehren de — Kraft nicht abzusprechen sein. Er wird die Regenmenge gleichförmiger gestalten und verheerenden Wolkenbrüchen Vorbeugen, keineswegs sie verhindern. In Waldgebieten wurden mitunter ganz gewaltige Regenhöhen gemessen. Nach der HELLMANN’schen Regenkarte betrug die Monatsmenge im August 1896 in Wildgarten (Kreis Tuchei) 241 mm, in Schönberg (Kreis Karthaus) im Juli 1855 sogar 272 mm. An einem der nieder- schlagreichsten Tage, am 2. August 1896, wurden in Wildgarten allein 154 mm beobachtet. Die Frage nach dem Grunde der schwankenden Niederschlags- menge und die dem Walde zufallende physikalische Bedeutung würde besser beantwortet werden können, wenn die Regenstationen in den Waldgebieten vermehrt würden. Hellmann ist der Ansicht, daß die Regenarmut der Nehrungen auf die kleinere Anzahl ergiebiger Gewitterregen zurückzuführen ist. Eine regenreiche Zone liegt unweit der See auf der Trunzer Höhe. Hier wird die Regenhöhe zunächst durch die Höhenlage bestimmt. Die nieder- schlagreichsten Gebiete befinden sich auf dem pommerellischen Landrücken, nordwestlich von Karthaus, also da, wo Wald und Bodenerhebung Zusammenwirken.. In Westpreußen sind dies außerdem hauptsächlich die Westabhänge der Höhenzüge, die dem Anpralle der Hauptregenwinde am stärksten ausgesetzt sind. Regenkarte in Waldgebieten. Der folgende Auszug aus Hellmann’s Regen- karte zeigt am treffendsten die Unterschiede zwischen unbewaldetem Flachlande und Höhenwaldungen in Westpreußen. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 161 14 210 A. Waldzone m über dem Meere Regen - höhe mm B. Meist un bewaldetes Flachland m über dem Meere Regen- höhe mm Doerbeck 1 140 630 Danzig 5 558 m ( Kreis Elbing Trunz 1 6 195 761 Marienburg 12 487 Miliscliewo (Kreis Neustadt) . . 120 661 Kurzebrack (Kr. Marienwerder) 13 488 Bereut 165 603 Marienwerder 495 Karthaus . . . . 218 656 Bienkowko (Kreis Kulm) . . 25 465 Schönberg (Kreis Kartliaus) . . 275 625 Kulm. Roßgarten ..... 20 463 Lob au 143 606 Graudenz 20 482 Wildgarten Forsthaus (Kr. Tuchei) 118 620 Osche (Kreis Scliwetz) .... 100 528 Riesenburg 500 Mewe (Kreis Marienwerder) . . 20 509 Die Ergebnisse der Regenstation Danzig sind für den vorliegenden Zweck allerdings insofern wenig zu verwerten, als hier die Seenähe eine wichtige Rolle spielt. Für Thorn, Graudenz, Marienwerder, Kulm ergeben sich schon deshalb ungünstige Werte, weil diese Striche bereits in der kontinentalen Trockenzone liegen (Seite 50). Im übrigen tritt der Vorsprung der bewaldeten Höhe vor dem waldarmen Flachlande aus der mitgeteilten Tabelle mit Deut- lichkeit hervor. Vergleiche mit Ostpreussen. Ostpreußen erfreut sich eines feuchteren Binnen- klimas. Der größte Teil der Provinz gehört der Regenstufe von 550 — 600 mm an. Abgesehen von den regenreichen Küstengebieten in den Kreisen Heyde- krug und Memel, liegt eine Zone von 650 — 700 mm Jahresmenge südlich vom Pregel im Hügellande zwischen Guttenfeld und Pr. Eylau, in den höchsten Lagen der Seesker Höhe und im östlichen Teile der Rominter Heide, im Quellgebiete von Rominte und Pissa (Hellmann). Auf das Mischungsverhältnis der Waldbäume sind diese beträchtlichen Jahressummen von großer Wichtigkeit, sie begünstigen wahrscheinlich, wie gleich hier bemerkt sein mag, das Gedeihen der Fichte. Die HELLMANN’schen Regenkarten lassen zwar über den physika- lischen Einfluß des Waldes noch kein abschließendes Urteil zu, weil der Kreis der Regenstationen nach Zahl und Lage erweitert werden muß. Die bisher gewonnenen Ergebnisse sind jedoch so interessant, daß sie an dieser Stelle nicht mit Stillschweigen übergangen werden durften. 3. Zusammensetzung der Waldbäume, a. Nadelhölzer. Nach Maßgabe der an der Bestandbildung in Frage kommenden Wald- bäume teilt man die Wälder ein in Nadel-, Misch- und Laubwälder. Haupt- sächlich für unsere Provinz kommt in Betracht der Kieferheidewald, der die größte Bodenfläche bedeckt. Als Unterabteilung kann der Dünenwald betrachtet werden, während die Laubwaldformation bei uns sonst noch im Kämpen- und Schluchtwalde rein in Erscheinung tritt. Die von Rossmaessler eingeführte, an 1G2 211 sich zutreffende Bezeichnung „Auwald“ habe ich im Anschlüsse an die bereits geschilderten Kämpenlandschaften durch Kämpen wald ersetzt. Der Schlucht- wald dagegen bildet eine Eigentümlichkeit der Schluchten oder Parowen in der Weichselgegend. Kiefer (. Firnis silvestris). Die vorherrschende Holzart der Provinz ist die Kiefer. Nach Middendorff *) sollen Kiefer und Fichte Steppenbäume sein. Yon allen Bäumen wagt sich die Kiefer am weitesten in die baumlosen Tafel- land- und Hochsteppen. So sind der Kirgisensteppe z. B. zahlreiche Kiefern- bestände inselförmig eingeschaltet. Schon aus dem Verhalten auf den ein- heimischen Fluren geht ihre seltene Genügsamkeit und ihr wunderbares An- passungsvermögen an die verschiedensten Bodenverhältnisse hervor. Sie gedeiht auf dürrem Sand- und Heideboden, nimmt sogar mit dem der naßkalten Moore vorlieb und erträgt sowohl hohe Kältegrade wie den heißesten Sonnenbrand2). Über den 70.° nördlicher Breite im westlichen Norwegen und über den 66.° um das Weiße Meer herum tritt unser Baum nicht mehr bestandbildend auf. Nach Hock3) deckt sich seine Südgrenze anscheinend mit dem Nordrande der mittelasiatischen Steppe; sie dringt jedoch tief in Persien, Klein-Asien, türkisch- Armenien und den Kaukasus ein. Die Westgrenze verläuft in Deutschland zweifelhaft. An vielen Stellen, wo die Kiefer jetzt nur gebaut wird, war sie früher sicher urwüchsig gewesen. Im nördlichen und nordöstlichen Teile Ost- preußens macht sie mehr der Fichte Platz. Die Verbreitungsgrenzen scheinen noch nicht endgiltig festgelegt zu sein. Weitere Spuren des dereinstigen Vor- kommens der Kiefer werden sich jedenfalls für die Folge feststellen lassen. Schütte4) rühmt den wertvollen Nadelbaum, indem er sagt, daß er für den Wald auf Sandboden das sei, was Roggen und Kartoffel für den Acker — nämlich genügsam und brauchbar. Formen der Kiefer. Bei dem Anschmiegen der Kiefer an so verschieden- artige Bodenverhältnisse läßt sich ein großer Formenkreis erwarten. Das ist tatsächlich der Fall. Auf dürrem Sand- und Heideboden zeigt sie einen knickigen, kümmerlichen Wuchs. Ähnlich wie bei der Legföhre oder Latsche im Hochgebirge liegen die unteren Äste fest dem Boden auf, und ebenso wie bei den krüppelhaften Formen der Moorkiefer bleiben die Nadeln kurz. Die seltsamsten Krüppelformen auf Sandboden habe ich bei Thorn auf den Bäcker- bergen beobachtet5). Neuerdings schenkte man ihnen eingehendere Beachtung. So beschreibt Conwentz6) eine merkwürdige Form aus derselben städtischen Oberförsterei zu Thorn (Schutzbezirk Olleck). Der schraubig gedrehte Stamm *) Sibirische Reisen. Band II, Teil 2, Seite 750. 2) Steigt in den Vogesen bis etwa 1200 m, in den Ostpyrenäen bis 2000 m. 3) Studien über die geographische Verbreitung der Waldpflanzen Brandenburgs. Abh. d. Bot. V. d. Pr. Brandbg. XLIII, Seite 1 ff. 4) Die Tuchler Heide usw. Abh. z. Landeskunde d. Prov. Westpr. Heft V. Danzig 1893. 5) J. Scholz. Veget. Verhält. S. 165. 6) Verwaltungs- Bericht des Westpreußischen Provinzial-Museums für 1901, S. 17 — 25. 163 !4* 212 bat unten einen Umfang von etwa 1 ,50 in und biegt in einer Höbe von l,4om wahrscheinlich in Folge einer Gipfelverletzung wagerecht um. Der reich ver- zweigte Baum besitzt mehr oder minder geneigte, etwas hängende Aste mit derselben Neigung, sich um ihre Achse zu drehen. Nicht zu verwechseln mit dieser Hungerform ist die Trauerkiefer (form, pendula Casp.) mit Hänge- ästen und die sogenannte Schlangenkiefer {vir g ata Casp.) mit wenig ver- zweigten Hauptästen. Eine Parallelform der Moorkiefer bildet die kurznadelige Kiefer var. parvifolia Heer. Auf dürren Heideflächen Ostdeutschlands ist sie mehrfach beobachtet worden ; wenigstens dürften die wiederholt in der Literatur er- wähnten kleinblätterigen Formen hierher gehören, z. B. die von Rosenbohm1) zwischen Rudak und Thorn bemerkten vier Exemplare. Bei der Anlage des Artillerie-Schießplatzes sind sie später leider vernichtet worden. Von Conwentz wird ferner eine interessante Abänderung beschrieben und abgebildet aus Sackrau (Kreis Graudenz)2 3). In der Tracht erinnert das Bäumchen mehr an die Fichte, zumal die Nadeln bloß 10 bis 15 mm lang sind. Ein ähnliches Exemplar wurde bei Sternbach (Kreis Schwetz) aufgefunden. Die Zapfenbildung schwankt bekanntlich bei Kiefer und Fichte stark. Recht bemerkenswert erscheinen die Zapfen bei einer Dünenform, die an der Lichtseite nach aufwärts gekrümmte Endlappen hat8). Auf welche Ent- stehungsursachen die z. B. in den Forstrevieren Wirtby, Eisenbrück, Zanderbrück beobachtete Knollenbildung an den Stämmen zurückzuführen sind, ist einstweilen nicht völlig aufgeklärt. Vermutlich beruhen sie auf krankhaften Anschwellungen. Nach Ratzeburg4) ruft die in der Weißtaune lebende Raupe der Sesia cephiformis Ochs, umfangreiche Maser- knollen hervor. Auch Herrmann spricht die Ver- mutung aus, daß die Kropf bildung bei der Eiche, abgesehen von der Maserung, die sich durch das gedrängte Auftreten von Adventivknospen entwickelt, durch den Stich eines Insekts verursacht wird5 * *). In welcher Weise die Zapfen der Strandform abändern, veranschaulicht die obenstehende Abb. 17. 1) Schriften der Phys. Ökonom. Ges. XXII. 1882, S. 58, 215. 2) XX. Verwaltungs-Bericht des Westpreußischen Provinzial-Museums für 1889, S. 18, 19. 3) Wahrscheinlich werden dieFormen gibba Christ und liamata Steven bei uns vertreten sein. 4) Ratzeburg. Die Waldverderbnis. Bd. II, S. 397. Koeppen. Die schädlichen Insekten Rußlands. Beiträge zur Kenntnis des Russischen Reichs, II. F. Bd. III, 1880, S. 328. 5) Sehr. d. Nat. Gesellschaft in Danzig. N. F., IX. Bd., S. 113-119. 164 Abb. 17. Pinus silvestris, Zapfen der Strandform. (Originalzeicbnung des Verf. im Handbuche des Deutschen Dünenbaues von Paul Gerhardt.) 213 Wacholder ( Juniperus communis). Dieser unzertrennliche Begleiter der Kiefer wurde als ein Fürst unter den Heilpflanzen bis zum Anfänge des vorigen Jahrhunderts gefeiert. Seiner wunderbaren Kraft vertraute man in allen Volkskreisen unbedingt. Bezeichnend für sein Ansehen war das alte Sprichwort: „Vor Holunder soll man die Mütze abnehmen und vor Wacholder die Knie beugen“. Unter dem Namen Kaddig1) genießt er noch jetzt bei der Landbevölkerung einen guten Ruf. Baumartige Exemplare gehören gegen- wärtig zu den Seltenheiten. Der Wacholder wächst sehr langsam, uud selbst kleine Bäumchen haben daher ein hohes Alter. Von den wenigen absichtlich als Naturmerkwürdigkeit geschonten Stücken steht eines der stärksten bei Plietnitz (Kreis Dt. Krone). Es ist von schöner Pyramidenform, 6,70 m hoch bei einem Stammumfange von 1,21 m. Ein anderes tadellos gewachsenes Exemplar bildet eine Sehenswürdigkeit der Oberförsterei Jammi. Früher lieferten Wacholderstämme ein gesuchtes Material zu Wagendeichseln, da sie dazu wegen ihrer Zähigkeit und Härte geeigneter waren als Weißbirken. Prächtige Stämme kamen vor etwa 70 Jahren noch mit Tratten aus Rußland. In Ostpreußen scheinen auffallend starke Stämme vorhanden zu sein2). Denn die von Jentzsch mitgeteilten Größenverhältnisse übertreffen die übrigen, bisher anderwärts von der Axt verschonten Stücke Westpreußens. Durch klimatische Verhältnisse beeinflußt, nehmen manche Wacholder- sträucher abenteuerliche, gewundene Gestalten an. Besonders die nach der Windseite ausladenden Äste werden am ärgsten mitgenommen und sehen daher zerzaust, manchmal drehwüchsig und verkrüppelt aus. Durch den Anprall der vom Winde in wirbelnder und stiebender Bewegung gehaltenen Sandkörner oder Eiskristalle auf offenen Sandflächen wird das Wachstum der Zweige ge- hemmt. Durch Ausbildung von zahlreichen Seitensprossen an den Wundstellen sucht die Natur die Verletzungen zu heilen. Solche Äste sind daher dicht mit kleinen Zweigen besetzt. Wenn diese Bemäntelung auch einen struppigen Eindruck gewährt, so schützt sie doch hinreichend vor Witterungsunbilden. Die Hochgebirgsrasse mit am Boden aufliegenden Ästen (J. nana Willd.) könnte bei uns erwartet werden, weil sie bereits an einigen Stellen Ostpreußens gefunden wurde. Nicht gehörig beachtet und unterschieden sind ferner in Westpreußen die mannigfachen auf Blatt- und Zapfenformen begründeten Ab- änderungen. Fichte. Nächst der Kiefer ist die Fichte ( Picea excelsa) der wichtigste Nadelholzwaldbaum unseres Osten3). Sie verlangt zu ihrem Gedeihen einen höheren Feuchtigkeitsgehalt der Luft, weshalb die Verbreitungsgrenzen beider Bäume sich bei uns nicht gegenseitig decken. Die Westgrenze der Fichte in 0 Altpreußisch: kadegis, litauisch kadagys, auch Einbeere z. B. bei den Deutschen Kur- lands, dänisch: enebaerke, norwegisch eeneber, in Island einisber. 2) Jentzsch: Beiträge zur Naturkunde Preußens Nr. 8 (Phys.-Ökon. Gesell. 1900, S. 79). 3) Nach Abromeit nimmt sie in Westpreußen 3 % der Grundfläche ein. 165 214 unserer Provinz bedarf noch der näheren Feststellung. Im allgemeinen ver- läuft sie zwischen Weichsel und der ostpreußischen Grenze. In Ostpreußen sagt ihr der stärkere Feuchtigkeitsgehalt entschieden zu, und hier fällt ihr Haupt- verbreitungsgebiet in die aus der HELLMANNSchen Regenkarte (Seite 210) ersicht- liche Zone einer höheren Niederschlagsmenge. Von Ostpreußen aus greift das Fichtengebiet zungenförmig nach Westpreußen ein. Als urwüchsig ist sie sicher nachgewiesen für das Forstrevier der Majoratsherrschaft Schoenberg in den Beläufen Feldchen, Lannoch^ für die zum Majorate Finckenstein gehörige, gleichnamige Oberförsterei (Kreis Rosenberg) und den Landkreis Elbing, wo sie am Haff, im Panklauer Walde und an verschiedenen Stellen der Elbinger Kämmerei- forst, mit Kiefern gemischt, ausgedehnte Bestände bildet. Westlich von Cadinen fehlt die Fichte gegenwärtig im ganzen deutschen Küstengebiete, ebenso in Belgien, Holland, auf den dänischen und britischen Inseln, im größten Teile von Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland. Früher hatte sie im Ost- seegebiete weiter nach Westen vorgeschobene Posten, wie Fichtenreste im Wiesenkalke von Rehhoff (Kreis Karthaus) ergeben. Wachstum und Nutzen. Die Fichte treibt nicht wie die Kiefer tief in die Erde dringende Pfahlwurzeln. Diese verlaufen vielmehr flach unter der Ober- fläche und bieten daher dem Sturme keinen genügenden Widerstand. Bei einem W’indbruche pflegt daher der Baum mit seinem Wurzelballen geworfen zu werden. Diese Art des Tiefenwachstums befähigt die Fichte, auf morastigem Boden zu leben, während Bäume mit tiefgehenden Wurzeln im kalten Unter- gründe absterben. Auf magerem Boden wird sie von der Kiefer übertroffen. Auf Bodenklasse IV braucht die Fichte nach Schütte etwa 100 Jahre, bevor ihr Stamm einen Durchmesser von 30 cm erreicht. Auf Bodenklasse I und II ist sie in diesem Alter schon hiebreif. Man sagt ihr nach, daß sie in vor- gerücktem Alter schnell kernfaul wird. Es gibt jedoch Ausnahmen. In der Majoratsforst Schoenberg stehen im Belaufe Lannoch prachtvolle Bestände, etwa 100 — 150 Jahre alt, im Gemisch mit Kiefern. Die längst hiebreifen, älteren Stämme werden in anerkennenswerter Weise auf Anordnung des jetzigen Majoratsherrn geschont. Trotzdem sind die Stämme innen gesund. Ein am 12. Februar 1894 vom Sturme gefällter Stamm war 40 m hoch und lieferte sieben Festmeter tadelloses Derbholz. In der Tuchler Heide, wo die Fichte nur gebaut wird, ist sie nach Schütte gegen Druck weniger empfindlich als in der Mark. Wegen ihres raschen Wachstums überflügeln Fichte und Kiefer die meisten anderen Holzarten und werden daher im forstwirtschaft- lichen Betriebe den Laubhölzern vorgezogen. Beide Holzarten vertragen die Seenähe gleich schlecht. Sie bleiben dort niedrig, Zweige und junge Triebe sterben ab, weshalb diese Baumsorten zur Wiederaufforstung der Düne ungeeignet sind. Formen der Fichte. Die Fichte ändert gleich der Kiefer stark ab. Von großer Schönheit sind pyramiden- und säulenförmige Exemplare. Wir besitzen bei uns hervorragend schöne Bäume, nämlich: 166 215 a) die schwedische Hängefichte P. excelsa form, viminalis (Sparm.) Casp. mit horizontalen Haupt- und schlaffen Nebenästen, b) die Trauerfichte (form .pendula Jacq. und Herincq) mit dünnen, strick- artig am Stamme herabhängenden Haupt- und Nebenästen, wovon ein prachtvolles, 25 m hohes Exemplar von säulenförmiger Gestalt im Pelpliner Forst, Schutzbezirk Hohenwalde *), vorhanden ist, c) die Schlangenfichte form, virgata (Jacq.) Casp. mit schlanken, wenig oder gar nicht verzweigten Hauptästen. Die von Caspary* 2 3 *) beschriebene und abgebildete Krummfichte (form. aegra myeloplithora) aus dem Belaufe Lucknojen (Ostpreußen) ist weiter nichts als eine seltsame Standortsform. Weitere Unterschiede beruhen auf der gleich- falls veränderlichen Zapfenfarbe (form, erythrocarpa , chlorocarpa ), Formen, die sich wohl auch bei uns ermitteln lassen werden. Die Lärche, Larix decidua Mill., fehlt im Gebiete als zweifellos ein- heimischer Baum, wächst jedoch nach Conwentz nahe der Grenze urwüchsig im Kreise Rypin (Gouvernement Plock). Die Eibe ( Taxus baccata) war ehemals in Deutschland kein seltener Wald- baum, ist jedoch jetzt leider im Aussterben begriffen. Die lateinische Be- zeichnung ( taxus ) findet sich bereits bei Caesar. Auf das frühere, häufige Vorkommen in unserem Osten deuten die Ortsnamen: Ibenhorst, Eibenwerder, Ibenwald usw. hin. Ebenso ist das slawische Wort cis (= Eibe) in Cisbusch (Kreis Tuchei), Cissenwerder (— Ibenwerder) enthalten. Nach Conwentz8) reicht die Verbreitungsgrenze in Schottland bis zum 58°, in Norwegen bis zum 62°, in Schweden bis zum 61° und auf den Alands-Inseln bis zum 60° nördlicher Breite. Ihre Ostgrenze verläuft durch West-Estland und Livland, nach Süden über Grodno-Volhynien-Podolien bis zur Krim und quer über den Kaukasus. Verschiedene Standorte des seltenen, frischen Boden bevorzugenden Baumes sind in Westpreußen erst neuerdings entdeckt worden, weil sie von hochwüchsigen Waldbäumen stark gedrückt und daher übersehen worden waren. Am zahlreichsten kommt die Eibe bei uns in dem zur Oberförsterei Lindenbusch (Tuchler Heide) gehörigen Jagen Cisbusch oder Ziesbuch vor. Auf einem 18,5 ha großen, welligen Gelände herrscht dort die Eibe mit Kiefer gemischt vor. Nebenher treten verschiedene Laubhölzer mit Gebüsch aus Traubenkirsche, Pfaffenhütchen und Wildapfel auf. Dieser Eibenbestand wird sorgsam geschont und der Nachwelt möglichst unversehrt erhalten werden. Abgesehen von ver- schiedenen eingegangenen Standorten in der Provinz, kennen wir die Eibe lebend auch noch aus einigen andern Stellen der Tuchler Heide : aus der Ober- försterei Wilhelmswalde, aus dem Kreise Bereut (bei Lubianen), Kreis Karthaus (Miechutschin), Oberförsterei Hammerstein in mehr als 600 Exemplaren. Conwentz. Forstbotanisches Merkbuch, Abb. 2. 2) Schriften der Phys. Ökonom. Ges. XV, Tafel III. 3) Die Eibe in Westpreußen. Abhandlung der Landeskunde .Westpreußens, III. 167 216 Die Eibe ist in Ostpreußen gleichfalls mehrfach nachgewiesen worden; sie ist auch dort ein ausgesprochener Schattenbaum. Vielleicht steht ihre Ver- breitung mit der der Schwarzerle im Zusammenhänge; die zahlreichen Funde von Stubben in Mooren lassen eine gewisse Lebensgemeinschaft ihrerseits mit diesem Baum vermuten; Beziehungen zur Fichte oder Rotbuche scheinen bei den anders gearteten Wachstums- Verhältnissen ausgeschlossen. Vermutlich ist die Eibe während der Tertiärzeit aus Ostasien eingewandert. b) Laubhölzer. Reine Laubwälder bevorzugen bei uns die mit stärkerer Luftfeuchtigkeit gesättigten Küstenstriche. Weissbuche. Dia herrschende Laub-Holzart in unserem Osten, die Weiß- oder Hainbuche (Carpinus Betulus), kommt bisweilen auch in fast reinen Beständen vor, in der Regel im Gemisch mit Eiche oder Kiefer. Im Miocän wurde die Weiß- buche durch G. grandis ersetzt, wovon sie vielleicht eine Umformung darstellt. Bei uns ist sie ebenso wie in Ostpreußen und Pommern als urwüchsig zu betrachten. Sie liebt frischen, humusreichen Boden und bildet in Flußtälern gern mit Eichen und Pappeln herrliche Au-(Kämpen-) Wälder. Nach Norden geht sie nicht weit über Ostpreußen hinaus. Bereits um Dorpat (Jurjew) kommt sie bloß noch als Strauch vor und um Petersburg friert sie in strengen Wintern bis zur Schneedecke zurück. Nach Koeppen ist die Weißbuche im Südosten von Rußland auf weite Strecken an der Wolga und im Gouvernement Charkow rücksichtslos ausgerottet, in der Krim jedoch und im Kaukasus stellt sie einen sehr häufigen Waldbaum dar. Ihre äußerste Ostgrenze scheint im nördlichen Persien in der Provinz Asterabad zu liegen. Die Rotbuche (Fagus silvatica ), kurzweg nur Buche genannt, hat in West- preußen wegen ihres hohen Anspruches an den Feuchtigkeitsgehalt der Luft ein sehr beschränktes, urwüchsiges Verbreitungsbiet. Sie bevorzugt zwar tiefgründigen, frischen Boden, meidet jedoch im Gegensätze zur Hainbuche Auwälder oder Sümpfe. Obwohl die Buche an den Kalkgehalt des Bodens nicht streng gebunden ist, bevorzugt sie dennoch derartige Bodensorten. Nach Kerner wechselt daher mit der Gesteinsart die Zusammensetzung der Wald- bäume im Gebirge. In ihrer Verbreitung folgt sie in Südeuropa den Gebirgs- zügen. Ihrer Raschwüchsigkeit halber überflügelt die Buche in der Jugend andere Laubhölzer; nötigenfalls schafft sie sich rücksichtslos Platz. Gegen rauhe Witterung zeigt sie sich äußerst empfindlich und verlangt im Jugend- Zustande Schutz und ausgiebige Beschattung. Reine Buchenbestände gibt es bei uns selten, fast rein z. B. in der Oberförsterei Jamrni (Schutzbezirke Jammi und Ulrici). Gewöhnlich steht sie gemengt mit Hainbuche und Eiche, seltener mit Kiefer und Fichte (z. B. im Schönberger Forst). Urwüchsig kennen wir die Buche besonders aus den Kreisen Danzig, Neustadt, Karthaus, Tuchei, Flatow, Dt. Krone, Rosenberg, Graudenz, Marien- werder, Elbing, ln der Tuchler Heide gab es früher stellenweise namhafte 168 217 Buchenbestände. Jetzt haben wir nur geringe, immerhin beträchtliche Über- bleibsel in der sogenannten „Chirkowa“ und in den ,,Zatocken“, ferner ver- einzelt in den Revieren Czersk und Wirthy. Hock hat in seinen verdienstlichen, pflanzengeographischen Arbeiten die Verbreitungslinien der Buche festzulegen versucht. Wild1) und Koeppen2) sind beide der Ansicht, daß die Winterkälte der Ausbreitung der Buche gegen Osten und Norden Einhalt gebietet. Um die Lösung der Frage nach den richti- gen Ursachen jener eigenartig verlaufenden Buchengrenze hatten sich vor ihnen schon bedeutende Forscher, z. B. Alph. de Candolle und Grisebach, bemüht. Grisebach kam zu dem Ergebnisse, daß strenge Winter, verbunden mit einer Verkürzung der Wachstumszeit, das Aufhören der Buche nach Nordosten hin bedingen. Dieser Schluß erscheint einleuchtend, wenigstens steht er mit dem Abfrieren der Weißbuche (Seite 216) im Einklänge. Andere Forscher wiederum machen ein weiteres, unüberwindliches Hindernis als Hauptursache verantwort- lich: die der Buche unzuträgliche Trockenheit der Luft. Auch bei uns in Westpreußen würde ihre natürliche Verbreitung geringe Fortschritte zu verzeichnen haben. Ein Hauptübelstand bildet hier nämlich die große Unfruchtbarkeit der Buche. Sie ist fast einzig und allein auf die beinahe regelmäßig eintretenden Maifröste zurückzuführen, die Blüten und Fruchtansatz zerstören. Durch Umfrage habe ich festgestellt, daß in niedrigen Lagen manche Reviere in 10 — 25 Jahren überhaupt kein oder kein namhaftes 'Samenjahr gehabt haben. Eine Ausnahme machen hochgelegene Stellen. So fruchtet z. B. die Buche im Doehlauer Forste (Kreis Osterode) und im angrenzenden Teile des Löbauer Kreises tadellos. Es wäre von Interesse festzustellen, zu welcher Zeit die Buche hier zur Blüte gelangt und wie weit ihr Wachstum beim Eintritte der gefürchteten Maifröste vorgeschritten ist. Unsere einheimischen Buchenwälder können zwar mit den südeuropäischen Gebirgswäldem, wo in den unteren Höhenlagen die Buche vorherrscht, keinen Vergleich aushalten. Trotzdem' erfreuen sich unsere Forsten mancher Bestände, die uns den überwältigenden Eindruck jener Buchenhaine lebhaft vor Augen führen. Berühmte Buchenbestände haben wir auf der Insel Rügen, alte, riesige Exemplare in den Wäldern um Karthaus, die hier allerdings im allgemeinen unter den rauhen, klimatischen Verhältnissen zu leiden haben, während auf Rügen das milde Seeklima das Gedeihen der Bäume ungemein begünstigt. Weissbirke. Dieselbe Rolle, wie unsere Kiefer unter den Nadelhölzern, spielt die Weißbirke ( Betula verrticosa) unter den Laubbäumen. Sie ist der genügsamste unter ihnen, und von sämtlichen Birkenarten am weitesten ver- breitet. Gleich der Kiefer besitzt sie eine ausgesprochene Steppennatur, indem sie noch tiefer als diese in die russischen Steppengebiete eindringt. In der ]) Die Temperaturverhältnisse des russischen Reichs; S. 349. 2) Geographische Verbreitung der Holzgewächse des europäischen Rußlands usw. 1I.T., S.149. 169 218 Ischim- und Baraba-Steppe bildet sie nach Middendorff den ausschließlichen Baum wuchs, da ihr die gewöhnlichen Begleiterinnen, Eichen, Linden, Aspen und Weiden, nicht so weit zu folgen imstande sind. Der Steppenflora ist sie schon durch ihre reichliche Verjüngung und Widerstandsfähigkeit gegen Witterungs- und Insekten-Schäden vorzüglich angepaßt. Für den forstwirt- schaftlichen Betrieb in unserem Osten kann sie gar nicht entbehrt werden. Sie übt nämlich für empfindliche Holzarten einen hervorragenden Bodenschutz aus und wird darum gern in Fichtenschonungen zwischengebaut. Langsam wachsenden Hölzern gegenüber zeigt sie sich bei ihrer eigenen Schnellwüchsig- keit so unduldsam wie die Buche. Von Natur ist die Birke auf leichtem Boden allen Nadel- und Laubholz-Beständen einzeln oder in Horsten ein- gesprengt. Obwohl ihr trockenes Holz leicht vom Bohrkäfer angegangen wird, widersteht das Laub den Insektenangriffen im allgemeinen gut, sogar während 'der Fraßzeiten der Nonnenraupe. Das zähe Holz besitzt eine aus- gezeichnete Heizkraft und wird für Stellmacherarbeiten stark begehrt. Bei ihren bescheidenen Bodenansprüchen will die Weißbirke nicht auf der Düne aushalten; sie kann nämlich die rauhen, heftigen Seewinde schwer vertragen und somit auch nicht zur Festlegung der Wanderdüne verwendet werden. Man pflegt sie gern auf Sand als Lückenbüßer da anzupflanzen, wo Nadel- hölzer versagen. Sogar mit nassen Lagen findet sie sich ab, bleibt jedoch auf kaltem Moore strauchartig. Ihre Nordgrenze scheint noch nicht ganz genau festgelegt zu sein1), vielleicht weil die einzelnen, geographischen Rassen nicht scharf gegeneinander abgegrenzt sind, oder weil sie von ungenauen Beobachtern mit der folgenden Art verwechselt sein mag. Die SVioorbirke ( Betula pubescens) Ehrh. — bei uns hauptsächlich in der Form odorata Bechst. — verschmäht den Lieblitf'gsstandort der Weißbirke, den Höhensand, ragt aber nach Norden weiter vor, als diese Art, mit der sie bis- weilen Kreuzungen eingeht. Mit Sicherheit haben wir solche in Westpreußen nicht beobachtet. Am weitesten verbreitet ist im nördlichen Europa der mit der Zwergbirke ( B . nana ) gebildete Bastard, der auch dem einheimischen Standorte dieses nordischen Kleinstrauches nicht fehlt (Seite 118/9). Die wohl lediglich eine geographische Rasse darstellende B. carpathica Willd. wächst zu einem kleinen Baume oder Strauche heran und bildet auf einzelnen Küsten- mooren (Bielawa- und Brücksches Moor, in Pommern nach GIraebner im Wierschutziner Moore) stellenweise dichte Bestände. Im Binnenlande ist sie sicher in mehr oder minder gut ausgeprägter Form mehrfach vorhanden, z. B. in Neulinum (Seite 118). Ihre Blätter verkahlen zuletzt in den Blattachseln. Die Form der Seitenlappen der Fruchtschuppen ist veränderlich, ebenso deren Richtung, doch stehen sie bei B. carpathica niemals aufrecht. Zurück- x) Sie gellt durch Skandinavien, Vesterbotten, Piteä, Lappmarken, fehlt aber nach Nyman im größten Teile Lapplands, reicht weiter nach Süden als R. 'pubescens. Ihr Haupt- verbreitungsgebiet umfaßt sonst ganz Mitteleuropa. Im Süden und im Orient tritt sie als Gebirgsbaum auf, in Sizilien z.B. selbst auf dem Ätna als ß. aetnensis Raff. 170 219 gebogene Seitenlappen kommen auch sonst bei der Leitart gelegentlich vor. In sumpfigen Wäldern lebt die Moorbirke häufig als Baum zusammen mit der Erle und Weißbirke, bildet aber bisweilen eigene, reine Bestände oder Horste. Die Schwarzerle ( Ainus glutinosa) pflegt den wenigsten Wald- und Wiesen- Mooren zu fehlen, wo sie gewöhnlich eine besondere Formation — die der Ellern- brüche — bildet. Nach Abromeit und Regierungs- und Forstrat Bock1) gehört sie zu den bei der Bindung und Wiederbewaldung des Dünensandes unentbehrlichsten und wichtigsten Holzarten. Man weist ihr hauptsächlich die feuchten Dünentäler an, wo sie den Seestürmen und dem Sandgebläse gleich gut Trotz bietet. Durch reichliche Belaubung versteht sie sich an ihrem ungastlichen Standorte überraschend schnell gegen Witterungsunbilden zu schützen. In der Tuchler Heide zählt die Schwarzerle zu den am weitesten verbreiteten Laubbäumen der zahlreichen Brüche, Moore usw. Einen wesent- lichen Bestandteil des Baum Wuchses bildet sie im Stromtale der Weichsel, an allen einheimischen Fluß- und Bachufern. Die hier mitunter sich einstellende Weiß- oder Grauerle flieht gewöhnlich die Wälder, wird übrigens auch nicht, wie die Schwarz- (Rot-) Erle angebaut, weil ihr Holz minderwertig ist. Eichen. Zünden hervorragendsten Waldbäumen gehörten früher Stieleiche (' Quercus pedunculata ) und Traubeneiche ( Q . sessiliflora ), deren Rückgang im deutschen Walde seit dem 16. Jahrhundert beobachtet werden kann. Selbst die Nordgrenze der Eichen scheint allmählich zurückzuweichen. Darauf deuten nicht allein alte Flurnamen hin, sondern auch Funde subfossiler Hölzer in Gegenden, wo diese beiden Eichen jetzt ausgestorben sind. In den Gouvernements Twer, Wologda, an der Kamela und am Südufer des Ladoga-Sees, den Fund- orten solcher Hölzer, leben die Eichen entweder überhaupt nicht mehr oder bilden bloß niedriges Gesträuch. (Fischer v. Waldheim u. Boris Fedtschenko br.) Kleine Eichenhorste gibt es wohl hie und da in unserem Osten, größere Eichenhaine aber nirgend mehr, wie reine Bestände einer Laubholzart, von den immerhin beschränkten Erlen-, Birken-, Rotbuchenbeständen abgesehen, in der freien Natur bei uns fast unbekannt sind. Anders wird es allerdings, sobald die Hand des Forstmannes dem Waldboden seine Holzart vorschreibt. Die Kronen der Eichen erreichen oben keinen so dichten Schluß wie bei Buche oder Fichte. Daher hat das Licht mehr Zutritt, und in solchen lichten Hainen pflegt sich der Boden schnell mit einer geschlossenen Grasnarbe zu bedecken. Obwohl alte Eichbäume gewöhnlich ihre knorrigen Äste wagerecht nach allen Richtungen hin ausladen und sich schon dadurch den erforderlichen, weiten Luftraum schaffen, gibt es auch Ausnahmen. Am auffallendsten tritt der mehr gabelförmige Wuchs der Äste im Gouvernement Tula hervor. Tiefgründiger Boden befördert das Wachstum der Eiche ungemein. Conwentz2) zählte auf !) Gerhardt. Handbuch des deutschen Diinenbaues. Berlin 1900, S. 225, 469. 2) Forstbotanisches Merkbuch Seite 44. 171 220 der Nonnenkämpe an einem 2, io m dicken Stamme — 115 Jahresringe. An lebenden; alten Eichen läßt sich das Alter schwer schätzen. Eine der stärksten Eichen Deutschlands ( Q . pedunculata) am Wege von Elbing nach Tolkemit ist 25 m hoch und hat in 1 m Höhe einen Umfang von 8,75 m, am Boden von 12,40 m. Der hohle, durch eine Tür verschließbare Innenraum bietet für li Soldaten mit vollem Gepäck Platz. Eine noch stärkere, weniger gut er- haltene Eiche steht bei Bergfriede (Kreis Allenstein)1). Erwähnt zu werden verdient eine sehr alte, neuerdings vom Sturm geworfene Traubeneiche im Bürgerforste von Dt. Krone mit 7,43 in. Auch der Schutzbezirk Kämpe in der gräflichen Forst von Ostrometzko und die Schönberger Forst in der Nähe des Geserichsees beherbergen eine Anzahl steinalter, wetterharter Rieseneichen. Verbreitungs-Grenzen der Eichen. Ascherson und Graeber2) heben hervor, daß die Traubeneiche die Bezeichnung ,, deutsche Eiche“ viel eher verdient, als die Stieleiche, da ihre Verbreitung über die Grenzen der deutschen Flora nicht allzuweit hinausgeht. Das trifft besonders auf die nördliche Verbreitungs- linie zu. In West- und Ostpreußen kommen beide edlen Holzarten urwüchsig und in gleichem Verhältnisse verteilt vor. Nach Willkomm ist die Traubeneiche in Hannover gleichfalls noch im wilden Zustande anzutreffen, erreicht nach Blasius im Osten nicht den Dnjepr und nach Schmalhausen nicht den Bug; dagegen tritt sie wiederum vereinzelt in der Krim auf und überwiegt im Kaukasus alle anderen Eichenarten. Die Nordgrenze der Stieleiche bildet nach Engler zugleich die Scheide zwischen Laub- und Nadelwaldgebiet. „Im nordischen Waldgebiete zieht sich von Schottland, dem mittleren Skandinavien und Rußland zum Ural eine Scheide- linie, die das Gebiet in zwei ungleiche Teile spaltet: das ist die Nordgrenze der Eiche (Q. pedunculata), zugleich Nordgrenze des Laubwaldes über- haupt. Polwärts behaupten Nadelholz, Fichte und Kiefer, von Birken abgelöst, das Feld. Die nördliche Hälfte ist das subarktische oder Koniferengebiet, das südliche davon das mitteleuropäische Gebiet“ (Engler). Im allgemeinen sind Angaben über das Vorkommen der beiden einheimischen Eichen mit Vorsicht aufzunehmen, weil Förster und Laien häufig bei der Unterscheidung sich auf unzuverlässige und schwankende Merkmale stützen3). Ulmen. Die in Deutschland einheimischen Ulmen- oder Rüster-Arten sind sämtlich in West- und Ostpreußen vertreten. Die Feldrüster ( Ulmus campestris) besiedelt mit Vorliebe Flußtäler, Brücher und Abhänge, seltener Wälder. Die diluvialen Abhänge sind oft längs der Haupt- und Nebenströme mit dichtem Rüstergesträuch bedeckt, woraus sich hin und wieder ein Stamm zur Höhe b Jentzsch. Beiträge zur Naturkunde Preußens. Königsberg 1900. 2) Flora des nordostdeutschen Flachlandes (Berlin 1898/9) Seite 257. 3) Jedenfalls gibt es Zwischenformen in West- und Ostpreußen, die wiederholt als Bastarde (Q. pedunculata -f- sessilißora) gedeutet worden sind (Abr.). Manche Forscher, z. B. Krasan, bezweifeln überhaupt die Echtheit der Mischlinge. Unumstößliche Beweise für die Bastard- natur scheinen bisher nicht erbracht worden zu sein. 172 221 ringt Die Abart mit korkig geflügelten Ästen, var . suberosa, gehört nicht ausschließlich den Flußlandschaften an, da sie die diluvialen, trockenen Boden- arten keineswegs verschmäht. Übergänge zur Leitart mit gänzlich ungeflügelten Ästen kann man häufig, bisweilen an ein und demselben Stocke beobachten. Irrtümlich wird mitunter Ulmusmontana, die zutreffender als U. scabra Miller zu bezeichnen sein möchte, zu U. campestris gestellt, von der sie durch die Form ihrer Zweige und Früchte hinlänglich verschieden ist. Sie kommt mit U. effusa — wohl richtiger U. pedunculata Fougeroux — sehr zerstreut in den Wäldern unseres Ostens vor und wächst auch an Abhängen, besonders in einzelnen ost- preußischen Gemarkungen und Ortschaften zu starken und hohen Bäumen heran. Linden. Als Waldbaum spielt die kleinblätterige Linde (Tilia cordata) eine nur untergeordnete Rolle. Ihr weiches Holz erweist sich gegen die zahlreichen Feinde im Tier- und Pflanzenreiche wenig widerstandsfähig. Als früher noch die Bienenzucht in Beutnerbäumen betrieben wurde, bildete die Linde einen wesent- licheren Bestandteil der Wälder. Sie wird jetzt wegen ihres schnell kernfaul werdenden Holzes nicht gebaut, mehr jedoch in Anlagen gehalten. Die stärkste Linde in Sedlinen auf dem Bahnhofe besaß einen Stammumfang von 7,5 m und eine Höhe von 23 m. Leider haben sie die Herbststürme im Jahre 1901 ge- brochen. Ein Seitenstück zu ihr, die längst Wipfeldürre, uralte Riesenlinde auf dem Bahnkörper der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in Dortmund geht gleichfalls schnell ihrem Ende entgegen. Die großblätterige Linde ( Tilia platyphylla) , auch Sommerlinde genannt, fehlt bei uns als wildwachsender Baum. Die Linde im Volksleben. Der durch seinen anmutigen Bau ausgezeichnete Lindenbaum ist mit dem deutschen Gemütsleben durch viel festere Fäden ver- knüpft wie die Eiche. Unter alten, den Göttern geweihten Linden brachten die alten Deutschen ihre Opfer dar und hielten ihre Volks- und Gerichts Ver- sammlungen ab. Die geheimnißvollen Fehmgerichte fanden vielfach unter ihrem breiten Laubdache statt. Noch jetzt erinnern aus jener Zeit erhalten gebliebene Stämme in Westfalen, die Fehmlinden, an die einstmals so gefürchteten Volks- gerichte. Ahorn. Der Spitzahorn (Acer platanoides) hat, nach den vorhandenen, alten Stubbenresten in unseren Wäldern zu schließen, früher eine größere Verbreitung gehabt. Vereinzelte Bäume finden sich noch jetzt hin und wieder; hauptsäch- lich tritt er aber als Unterholz auf. Auch der Bergahorn (A. Pseudopla- tanus) war offenbar früher viel häufiger. Sein zahlreiches Vorkommen im Klonauer Walde1) des benachbarten Kreises Osterode in alten, hochwüchsigen Stämmen, läßt sichere Schlüsse auf unsere Provinz zu. Tatsächlich weisen der Bürger- und Stadtwald von Freystadt, der Gutswald von Traupel, in den sogenannten ,, Müllerbergen“ viele alte Stubben und Stockausschläge des seltenen Waldbaumes auf. Ansehnliche Bäume stehen z B. am hohen Weichselufer bei J) Bis 1,50 m Stammumfang und 20 m Höhe, 173 222 Thorn im ehemaligen Wäldchen von Trepposch, etwas jüngere bei Fidlitz in der Krausenhofer Forst. An allen diesen Orten, wie an einzelnen Stellen der Tuchler Heide (z. B. Ziesbusch), in den Kreisen Löbau und Strasburg steht die Urwüchsigkeit des Bergahorns außer Zweifel. Allerdings wird er häufig als Wegebaum angepflanzt und mag dann gelegentlich verwildern, besonders wenn sich Wald in der Nähe befindet. Das Holz des Bergahorn ist weich und als Nutzholz minderwertig, ein triftiger Grund, um ihn aus der Waldwirtschaft zu entfernen. Dadurch erklärt sich jedenfalls der starke, einem Aussterben ähnliche Rückgang in unseren Wäldern1). Der Feldahorn {Acer campestre) bringt es selten zu einem baumartigen Wüchse. Ansehnliche, tadellose Stämme kennen wir aus dem Walde auf der Kulrner Nonnenkämpe, sonst z. B. aus den Auwäldern um Leipzig. Auf dem fetten Boden der Flußniederungen überwindet der Feldahorn seine gewöhnliche Schwerwüchsigkeit. Auf der Nonnenkämpe erreichen manche Stämme eine Höhe bis zu 15 m bei lm Umfang2). Der Feldahorn oder Masholder fehlt in Ostpreußen als urwüchsig und kommt im Weichselgelände von Thorn (hier namentlich an den Abhängen von Kaschorek) bis in die Gegend von Schwetz hin und wieder an buschigen Lehnen strauchartig und als wirklich wild vor, ebenso nach Praetorius im Zandersdorfer Wäldchen und bei Bergelau (Kreis Könitz). Esche und Eberesche. Beide Holzarten {Fraxinus exceUior , Pirus Aucu- paria) fehlen an ihnen zusagenden Orten wenigen größeren Wäldern. Auf frischem, liumosem Boden zeichnet sich die Esche durch überraschende Schnell- wüchsigkeit aus. Beide werden häufig als Park- und Wegebäume angepflanzt. Elsbeere. Das Schicksal der Eibe teilt die Elsbeere ( Pirus torminalis ), indem sie gleich ihr im Aussterben begriffen ist. Ohne den ihr neuerdings von der Staats-Forstverwaltung zuteil werdenden Schutz würde sie binnen wenigen Jahrzehnten aus der deutschen Flora verschwinden. Jetzt besteht be- gründete Aussicht, daß die schöne und dankbare Holzart als eine der hervor- ragendsten Zierden der Waldflora erhalten bleibt. Die Mischwälder im Strom- gebiete der Weichsel und weit darüber hinaus enthalten noch eine recht stattliche Anzahl gesunder und kräftiger Stücke. In der Tuchler Heide gibt es in den Oberförstereien Bülowsheide, Osche und Jägertal viele hunderte Stämme in verschiedenen Lebensaltern. Mehr als 100 Stämme bis zu 26 m Höhe stehen im Schutzbezirk Sobbin, etwa 50 fruchttragende, bis zu 24 m hohe Bäume im Schutzbezirk Charlottental. Minder zahlreich ist die Elsbeere in der Oberförsterei Pelplin, wo Exemplare von 24 m Höhe und l,is m Stamm- umfang dauernd erhalten werden, ferner in den Oberförstereien Wildungen, 0 Verbreitet durch Polen, Süd- und West-Wolhynien, Süd-Kiew (Uman), Podolien, am Dnjestr; Bessarabien und Kaukasus (Bor. Fedtschenko br.), im Gouvernement Poltawa wohl nur verwildert im Walde von Verejaslaw. 2) Conwentz, Forstbotanisches Merkbuch S. 45. 174 223 Wirtby und Lorenz (Kreis Pr. Stargärd und Berent). Eine Reihe von Stand- orten enthält die Krausenhofer Forst, von reichlicher Wurzelbrut an bis zu 15 m hohen Fruchtbäumen, und die Oberförsterei Marienwerder im Schutzbezirk Dianenberg mit den angrenzenden Revieren Jammi und Rehhof. Andere Standorte sind ferner bekannt aus dem Festungswäldchen in Graudenz, dem Mendritzer Walde (Kreis Graudenz), den Kreisen Briesen und Strasburg. Eine Anzahl von Sträuchern wächst an den buschigen Lehnen der Diluvialhöhen nördlich von Warmhof, wohin die Elsbeere durch Vögel aus dem Kirchhofe von Warmhof, woselbst ein altes, jetzt kränkelndes Exemplar steht, oder von der Rehhofer Forst verschleppt sein wird. Die Standorte in den Kreisen Flatow und Dt. Krone (Schloppe) scheinen Ausläufer aus dem Verbreitungs- gebiete Mittel-Deutschlands zu sein. Virus suecica , die schwedische Mehlbeere, hat im deutschen Floren- gebiete bloß ein ziemlich eng begrenztes Gebiet, im Nordwesten der Provinz, in welchem sie urwüchsig vorkommt. In der Oberförsterei Karthaus (205 m) steht ein 11 m hoher, gut fruchtender Baum. Einige Bäumchen und etwas Stockausschlag weist der Gutsforst von Hoch-Redlau auf, auch im Kreise Putzig sind zwei Standorte der seltenen Baumart nachgewiesen. Die Espe ( Populus tremula ) zeigt eine weitgehende Anspruchslosigkeit an Boden und Klima. Sie gedeiht auf Moor und Sand, in der Ebene und im Hochgebirge1). Den höchsten Grad ihrer Vollkommenheit erlangt sie auf den Weichselkämpen. In den Wäldern tritt sie meistens als Unterholz auf. Sie ist hier für die Durchwinterung des Rotwildes ungemein wichtig. Seiner Weichheit halber findet das Espenholz wenig Verwendung. Es empfiehlt sich deshalb, bei uns ein in Rußland2) seit langer Zeit geübtes Verfahren anzu- wenden, um diesem Übelstande abzuhelfen. Der Stamm muß nämlich im Früh- jahre entrindet und erst im nächsten Jahre geschlagen werden. Da- durch erlangt das Holz einen hohen Festigkeitsgrad, der es länger als 100 Jahre brauchbar erhalten soll. Die Espe dringt bis nach Lappland, in die Nähe der Baumgrenze, vor, meidet aber die Sandsteppen. Die seltene Abart Freynii Herv. == acuminata Abr. wächst sicher bei Neulinum (Kreis Kulm) und wird auch wohl noch anderwärts vorhanden sein3). Die Schwarzpappel beschränkt sich aufs Stromtal, während die Silber- pappel mitunter an Waldrändern, Berglehnen und Erlenmooren wächst. Wildäpfel, Wildbirne ( Pirus communis und Malus silvestris ) sind oft auch als Gesträuch jedem Walde eingesprengt. Häufig stehen große Bäume an Feldwegen, Abhängen und in Dörfern. Nach Schube und meiner eigenen Wahrnehmung, z. B. noch auf dem Kiesberge (etwa 1500 m) im Riesengebirge. 2) Koeppen. Geographische Verbreitung der Holzgewächse des europäischen Rußlands und des Kaukasus. Beitrag zur Kenntnis des russischen Reichs usw., 3. Folge, St. Petersburg 1889. 3) Die form, villosa Lang bei Morsk (Kreis Scliwretz). 175 224 4. Allgebaute fremde Hölzer. Seit längerer Zeit stellt die Forstverwaltung mit fremdländischen Holzarten Versuche an, um ihre Verwendbarkeit für unser Klima zu erproben. Bei der Fülle des zur Beobachtung stehenden Materials läßt sich über die meisten Ausländer noch kein endgiltiges Urteil fällen. Sicherlich wird manchen eine Zukunft beschieden sein, da sie, soweit es sich bereits jetzt übersehen läßt, durch williges Wachstum die gehegten Erwartungen zu rechtfertigen scheinen. Vielfach angebaut werden Lärchen ( Larix decidua und L. leptolepis), die Weymouthskiefer ( Pinus Strobus). Diese Holzart zeichnet sich durch besondere Genügsamkeit aus und wird mit Vorliebe zur Einfassung von Jagen verwendet. In manchen Park- anlagen, z. B. bei Spengawsken (Kreis Pr. Stargard) und im Logengarten der Stadt Marienwerder, stehen auffallend starke, kerngesunde Bäume. Der Anbau der Edeltanne (Abies alba) scheitert häufig an Nachtfrösten, die ihr im Jugend- zustande empfindlich schaden. Frischer, lehmiger Boden sagt ihr bei uns außerordentlich zu. Angebaut werden ferner: Abies Nordmamiiana1), die Douglastanne ( Pseudotsuga Douglasii ), Schimmelfichte ( Picea alba Lk.), Pech- kiefer ( Pinus rigicla ), Schwarzkiefer (P. Laricio Poir. b. austriaca Endl.), ferner Picea sitchensis , Pinus ponderosa, P. Jeffreyi , Riesen-Lebensbaum (Thuja gigantea), Bluteiche (Quercus rubra), der durch ihr eisenhartes Holz bekannten Hikory- bäume ( Hicoria alba Britton, H. acuminata). Als besonders dankbar hat sich die Anzucht der Bergkiefer (Pinus montana) erwiesen. Keine andere Holzart eignet sich zur Bindung des Dünensandes in demselben Maße. Ihre Ver- zweigung beginnt schon am Boden und schützt den Stamm durch eine auffallend dichte Bemäntelung vor Witterungsschäden. Obwohl die Robinie (Robinia Pseudacacia) ein schönes, festes Holz liefert, paßt sie für den forst- wirtschaftlichen Betrieb nach den gemachten Erfahrungen schlecht. Dagegen verdient sie auf mageren Böden, wie das z. B. häufig in den Pußten Ungarns geschieht, angepflanzt zu werden, da ihr raschwüchsiges, zartes Laub ein vor- zügliches Viehfutter liefert. Auch zur Festlegung von Eisenbahndämmen könnte sie in viel höherem Maße herangezogen werden, vielleicht zusammen mit Wildrosen und Weißdorn, um nebenbei der Vogelwelt gesicherte Brutplätze zu verschaffen. Amerikanische Zedern. Seitdem die sogenannten amerikanischen Zedern rücksichtslos aus reiner Gewinnsucht ausgebeutet worden sind, hat sich in der Bleistiftfabrikation ein empfindlicher Mangel an gleichwertigen Hölzern fühlbar gemacht. Die bekannte Weltfirma Faber hat deshalb zwei hierzu besonders geeignete wertvolle Hölzer erfolgreich bei Nürnberg angepflanzt: die soge- nannte virginische und die bermudische Zeder, Juniperus virginiana und J. ber- mudiana. Nach den sonstigen, mit diesen wertvollen Hölzern in unserem Osten gemachten Erfahrungen steht ihnen unser Klima nicht hinderlich entgegen. Es *) Die aus Japan stammende Nikko-Tanne (Abies brachyphylla Maxim.) gedeiht bei uns besser, als die Nordmannstanne. 176 225 empfielilt sich daher zur Befriedigung der stets für die Folge rege bleibenden Nachfrage auf dem Weltmärkte- den Anbau in Staats- und Privatforsten in Angriff zu nehmen. Im übrigen sollte man bei solchen und ähnlichen Ver- suchen nur solchen ausländischen Sämereien den Vorzug geben, die unter gleichen oder annähernden klimatischen Verhältnissen in ihrer Heimat gereift sind, weil sonst unliebsame Enttäuschungen (wie z. B früher bei der Douglas- tanne) nicht ausbleiben können. 5. Schilderung der niederen Fonnationsstufen. Im vorgerückten Lebensalter baut sich der Wald aus mehreren scharf von einander abgegrenzten Formationsstufen auf. Man kann darin Ober- und Unterholz, Schlingpflanzen und Niederwuchs unterscheiden — oder, wenn man die Einteilung Kerner’s auf unsere einheimischen Verhältnisse anwendet: 1. Decke aus den beiden Hauptwaldformationen (Nadel- und Laubwald) eigentümlichen Moosen und niedrigen Kräutern, z. B. Leberblümchen, Anemonen, Erdbeeren, Sauerklee, Maiglöckchen ( Hepcttica nobilisj Anemone nemorosa , Frctgaria vesca , Oxalis Acetoselia , Convallaria majalis ). 2. Niedriges und niederliegendes Gesträuch aus Blau- und Preißelbeere, Heidekraut, Bärentraube. 3. Gehälm und Farnbestände. 4. Unterholz. 5. Hochwald. Einen wohltätigen Einfluß auf das Wachstum und Gedeihen übt das nicht zu unterschätzende Unterholz aus. Den hervorragendsten Bodenschutz gewährt allerdings die Decke von Waldstreu und Moos. Immerhin gewinnt das Erd- reich beim Vorhandensein von reichlichem Gesträuch ungemein an Frische. Die einzelnen Formationsstufen haben untereinander eine förmliche Arbeits- teilung eingeführt. Die atmosphärischen Niederschläge werden von der einen zur andern übergeleitet. Sie durchlaufen somit einen recht langen Weg, bevor sie nach unten gelangen und in die Tiefe sickern. Das Unterholz bekundet ein mehr oder minder großes Lichtbedürfnis. Am üppigsten pflegt es im Mischwalde an den Rändern, überhaupt an den Lichtungen entwickelt zu sein. In der Hauptsache wird es durch junge, aus natürlicher Ansamung oder aus Stockausschlag und Wurzelbrut hervorgegangene Laubholzarten gebildet, zu denen Wacholder- und Haselgesträuch hinzutritt. In reinen Laubwäldern vermißt man den Wacholder, während er in lichten Mischwäldern oder frischen Kiefernheiden bisweilen prachtvolle pyramiden- förmige Gruppen schafft. Sonst besteht das übrige, gewöhnliche Gesträuch aus: Himbeere ( Rubus Idaeus), Salweide, Scbleh- und Kreuzdorn, Hartriegel, Weißdorn, Heckenkirsche (LoniceraXylosteum)1 Berberitze oder Sauerdorn, Pfaffen- hütchen ( Evonymus europaeus) — im frischen Boden aus wildem Schneeball und auffallend viel Faulbaum. Mit Ausnahme der reinen Kiefernheide durchdringt 177 15 Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 226 meist überall der frühblühende Seidelbast {Daphne Mezereum ) das Gebüsch. Seine strengduftenden, fliederähnlichen Blüten erscheinen gewöhnlich bereits zu Anfang März und werden mit Leberblümchen, Haselnußblüten und Bärlapp von der armen Bevölkerung zu Sträußen vereinigt und feilgehalten. Häufig pflegt sich der Holunder, wahrscheinlich von Krähen verschleppt, im Unterholze einzufinden, seltener sowohl östlich wie westlich der Weichsel der Traubenholunder ( Samhucus racemosa) mit seinen scharlachroten Beeren. Stellenweise bildet er in Ostpreußen sogar das gemeinste Unterholz. Ob er an den einzelnen Standorten wirklich urwüchsig oder bloß verwildert ist, kann, wie in so manchen ähnlich liegenden Fällen, garnicht sicher beantwortet werden (Seite 122). Im Hinblick auf die Verbreitung des Traubenholunders in Polen, Litauen, Galizien könnte man ihn im östlichen Westpreußen viel- leicht als wild betrachten1). Einheimisch wird die Johannisbeere ( Ribes rubrum) sein, zumal sie weiter durch den Nordosten Europas bis nach Finnland und Kola verbreitet ist. Zweifelhaften Ursprungs bei uns ist die oft weitab von Wolinplätzen in Ge- büschen und Waldlichtungen wie wild wachsende Stachelbeere (R. Grossularia). Arer wilde rtes Gesträuch, von dieser oder jener soeben erwähnten Art abgesehen, gesellt sich mitunter zwanglos den urwüchsigen Beständen bei. Der Blasenstrauch {Golutea arborescens) bildet mit Wildrose, Berberitze usw. ein häufiges Unterholz im südlichen Teile des Graudenzer Festungswäldchens. Auf Verwilderung beruht das Vorkommen des Waldgaisblattes ( Lonicera Peri- clymenum) in der Provinz2). Zu erwarten wäre dieser zur atlantischen Gruppe gehörige Schlingstrauch möglicherweise von Pommern aus, da er an der Küste bereits bis Rügenwalde nach Osten vorgedrungen ist. Auch die schon in Nord- Europa einheimische L. coerulea erscheint bisweilen im Walde und Gebüsch. Das warzige Pfaffenhütchen {Evonymus verrucosus )3) ersetzt im Osten der Provinz häufig die sonst gewöhnliche Art E. europaeus, die als beliebte Brut- stätte von Raupen den Gartenanlagen oft große Nachteile bringt. Einstweilen endigt der durch Schönheit von Blüte und Frucht gleich ausgezeichnete pontische Strauch im Kreise Flatow (Belauf Lutau) mit einer Westgrenze, der jedoch bei der Beliebtheit seiner Früchte unter der Vogelwelt bald weiter vorgeschobene Posten nach Norden und Westen aussenden wird. Ribes alpinum gehört zwar hauptsächlich dem engeren Weichselgebiete an, dringt jedoch durch den Kreis Pr. Stargard bis zur Küste. L Ob in der Finckensteiner Forst? Hier steht in der Nähe ein alter, baumartiger Strauch, im Dorfe selbst, der wohl die Forst mit jungem Nachwuchs versorgt hat. 2) Glacis um Thorn, Graudenz Festungswäldchen, Rothof bei Marienwerder (Schlucht). 3) In den Weichselkreisen auch auf der linken Stromseite häufig, nimmt nach Westen zu ab, aber noch in der Vandsburger Forst; südlich im Kreise Inowrazlaw und Bromberg. Über die Verbreitung in Schlesien vergleiche Schube: Die Verbreitung der Gefäßpflanzen in Schlesien. Breslau 1903, Seite 214 — Sonstige Angaben s. K. R. Kupffer: Bemerkenswerte Vegetationsgrenzen im Ost-Balticum. (Abli. d. Bot. Ver. f. Brandenb. XLVI, S. 69.) 178 227 Moosflora. Die oft weite Strecken überziehenden, schwellenden Moospolster zeigen in den verschiedenen Waldformationen eine ungleichartige Zusammen- setzung. Im Nadelwalde herrschen vor: Hypnum Schreberi , Hylocomium splendens häufig in Gesellschaft von H. triquetrum , H. squarrosum , Polytrichum commune , P. juniperinum , Hypnum crista castrensis lager weise, H. purum , Dicranum sco- parium, D. undulatum) D. montanum , Plagiothecium denticulatum. Der Laubwald begünstigt die Entwickelung einer verhältnismäßig reicheren Anzahl. Eine hervor- ragende Stelle nehmen ein die zur Gattung Brachythecium , Eurhynchium , Thuidium und Mnium gehörigen Arten. Während die rissigen Stämme der alten Kiefern von dem vielgestaltigen Hypnum cupressiforme im unteren Teile oft wie in einen dichten Mantel eingehüllt erscheinen, gewähren die glatten Buchenschäfte ein höchst eigenartiges Bild, indem sie von Lebermoosen wie Radula complanata , Frullania dilatata mit zierlichen Mustern in braunen, grünen oder weißlichgrauen Farbentönen bemalt sind. An der rauhen Borke pflegen sich gerne anzuheften: Anomodon attenuatus , A. longifolius , Leucodon sciuroicles, Antitrichia curtipendula , verschiedene Neckera Ulota- und Orthotrichum- Arten, ferner die smaragdgrüne Homalia trichomanoides. Die Moose bilden eine in sich abgeschlossene Lebewelt und tragen un- gemein zur Belebung der anziehenden Waldlandschaft bei. Gleich den Blüten- pflanzen unterliegen sie gewissen, pflanzengeographischen Gesetzen, die auch bei uns in einzelnen Gegenden mit überraschender Schärfe zum Ausdrucke gelangen. Bereits in den moosreichen Elbinger Forsten zeigen sich etwa bei 200 m Formen, die der Ebene fehlen und erst im Gebirge wieder auftreten, wie z. B. Timmia megapolitana. Aus - der Anwesenheit dieser oder jener Moosart lassen sich Schlüsse auf die Bodenbeschaffenheit ziehen. Gewisse Moose scheinen ständige Begleiter mancher Holzarten zu sein, so soll z. B. Dicranum longifolium den Bergahorn anzeigen (Roth). Leider ist die Moos- forschung noch nicht so weit gediehen, daß sich wie bei den Blütenpflanzen bestimmte, für die erdgeschichtlichen Vorgänge wichtige Schlußfolgerungen daran knüpfen ließen. Pilzflora. Im geschlossenen Fichtenwalde treten selbst die an Luft und Licht recht bescheidene Ansprüche erhebenden Moose vollständig zurück, ebenso in dichtem Kiefernstangenholze. Aus der braunen Streudecke erheben im Herbste höchstens bleiche Hutpilze ihre Häupter, ein Zeichen, daß sich auch im tiefsten Waldesdunkel ein geheimnisvolles Stück des Pflanzenlebens ab- spielt. Mitunter entwickelt sich eine recht reiche Pilzflora. Selbst der edle Speisepilz Lactarius deliciosus wurde wiederholt in düsteren Fichtenschonungen in Menge bemerkt. Dem Forscher eröffnet sich auf diesem Gebiete ein weites, noch wenig betretenes Feld, auf dem noch unendlich viel zu leisten ist. Wir wissen sehr wenig über die verborgenen Fäden, wodurch die einzelnen Pflanzenklassen der Wald- flora miteinander in Beziehung stehen. Offenbar herrscht zwischen einzelnen Waldpflanzen eine innige Lebensgemeinschaft, ähnlich wie bei den niederen 179 15* 928 Tier- und Pflanzenformen der Gewässer (Seite 87), Anscheinend spielen die unterirdisch lebenden Pilzmycelien eine wichtige Rolle, vielleicht eine viel be- deutendere, als manche Forscher anzunehmen geneigt sind. Vereint mit den Fäulnisbakterien arbeiten die Pilzfäden an der Zersetzung und Ummodelung organischer Stoffe. Sie durchsetzen und durchlöchern Holz und andere Pflanzen- teile im lebenden oder toten Zustande und sorgen dafür, daß dem Kreis- läufe die nötigen Baustoffe in der erforderlichen Menge verfügbar bleiben, damit das alte, verbrauchte Material zum Schaden der Pflanzenwelt nicht brach liegt. Symbiose. Durch verschiedene Untersuchung, gilt es als ausgemacht, daß gewisse Heide- und Waldpflanzen an Mycelien von Scheiben-, Schleim- und Fadenpilzen gebunden sind. Aus dem Gesellschaftsverbande getrennte Stöcke kränkeln und gehen meistens ein. Einen Standortswechsel vertragen Preißel- und Heidebeere, Heidekraut und Wintergrünarten (Pirola) nur dann, wenn ihnen gleiche oder ähnliche Boden-Unterlagen geboten werden. Nach den schönen Beobachtungen von Boudier, Rees1) und Frank stehen einzelne Waldbäume, namentlich Kiefern und Sträucher durch ihre Wurzeln mit Pilzmycelien in symbiotischen Beziehungen. Die Pilzfäden versehen förmliche Ammendienste, indem sie Nahrung aus der Umgebung herleiten. Durch Versuche mit natürlichem und erhitztem Waldhumusboden haben sich wichtige Ergebnisse herausgestellt. Budhensämlinge wachsen nämlich im gewöhnlichen, von Pilz- fäden durchsetzten Boden gesund und kräftig heran, während sie in erhitzt gewesenem Boden, worin alle Pilzkeime getötet sind, bald absterben. Sie vermögen also von dem durch Erhitzung besser aufgeschlossenen Humus, der autophage Pflanzen vorteilhafter ernährt, ohne Pilzammen nur geringen Gebrauch zu machen 2). Ähnlich verhält es sich mit Pflanzen der offenen Berg-Heide. So haben Pirotto und Albini 3) Beziehungen der gelben Trüffel zu Eelianthemum guttatum nachgewiesen. Beiläufig sei erwähnt, daß der bleiche Fichtenspargel ( Monotropa Hypopitys) unter den Blütenpflanzen insofern eine Sonderstellung einnimmt, als er die zum Aufbau seines Körpers benötigten Stoffe durch das dichte Mycel- gespinnst bezieht, das seine Wurzeln einhüllt. Eine scharfe Grenze zwischen den ausschließlich von Verwesungs- stoffen und den von anorganischen Verbindungen lebenden Gewächsen läßt sich nicht ziehen, weil die einzelnen Lebensbedingungen recht verwickelter Natur sind, und uns hierüber die nötigen Aufschlüsse fehlen. !) Das Mycel der Hirschtrüffel ( Elaphomyces ) steht hiernach mit Sangwurzeln der Kiefer in organischer Verbindung. Zu gleichem Ergebnisse kam Frank im Jahre 1886 bezüglich der echten Trüffel. 2) Frank. Lehrbuch der Pflanzenphysiologie 1890, S. 135 ff. 3) Beobachtungen über die Biologie der gelben Trüffel. (Rendiconti della Reale Aca- demia dei Linnaei, 1900, Ser. 5, Vol. IX.) Referat in der Naturwissenschaftlichen Rund- schau 1900, Nr. 19, S. 238. 180 229 Mistel Eine ähnliche, seltsame Lebensgemeinschaft wie im Moder des Waldbodens besteht hoch oben in den Baumwipfeln zwischen der Mistel (Viscum album) und verschiedenen Holzarten. Bei uns bevorzugt der mitunter recht lästige Schmarotzer weiche Hölzer, namentlich Pappeln — 1 unter ihnen wiederum die angebaute Rosenkranzpappel ( Populus monilifera ) — und Linden. Außerdem kommen als Wirtpflanzen in Betracht: Ahorn, Weiden, Schwarzerlen, Apfel- und Birnbäume, Eschen, Ebereschen, Hasel, Birken, Robinien, Weißdorn, wilde Rosen, selten die Kiefer. In Deutschland lebt die Mistel nirgend auf Eichen, wenigstens sind bisher keine Fälle bekannt geworden. Yon der Mistelverehrung, wie sie die Druiden im alten Gallien pflegten, verdanken wir Plinius1) nähere Mitteilungen. Kleinblättrige Mistel. Auf der Kiefer wurde die Mistel mehrfach in Nord- deutschland nachgewiesen, z. B. in den Provinzen Brandenburg, Posen und in einzelnen Kreisen Westpreußens (Thqrn, Kulm, Dt. Krone, Danziger Niederung). Weitere Beobachtungen nach Norden hinauf fehlen, zumal die Mistel ihre Ostgrenze überhaupt in den russischen Ostseeprovinzen erreicht. Boissier und Reuter haben die kleinblättrige Form als eigene Art, V. laxum , beschrieben, während sie von Caspary als Unterart zu V. album (var. microphyllum Casp.)2) gestellt wird. Yon der Leitart unterscheidet sie sich durch schmälere Blätter und grünlich-weiße Beeren. In Steiermark, namentlich um Graz, bilden Kiefern den bevorzugten Aufenthalt für die Mistel, ebenso in Südtirol (z. B. bei Klausen nach Fritsch br.). Auch in Schlesien scheint sie nach Schube Kiefern nicht allzu selten zu befallen. In Nieder-Österreich kommt der lästige Schma- rotzer hauptsächlich auf der Schwarzföhre vor (z. B. Kalkberge um Mödling, Baden). Misteln auf Eichen. Für Süddeutschland, Österreich und die Schweiz sind mehrfach unzutreffende Angaben über ein solches Vorkommen veröffentlicht worden, die zum Teil auf Verwechselungen mit der Riemenblume ( Loranthus europaeus) beruhen. In einzelnen Fällen ist aber jeder Zweifel ausgeschlossen. Hausmann3) sah Misteln auf Eichen Südtirols bei Kaltem, (Bail aus Sieben- bürgen). Weitere Mitteilungen hierüber verdanken wir Kronfeld4), Staritz und Brochon5). Verbürgt sind ferner Beobachtungen aus der Schweiz, England und Nordfrankreich. Schmalhausen endlich gibt den Schmarotzer auf Eichen für das Gouvernement Wolhynien (Kreis Ostrog) an. 9 Y erg] . hierüber Schenkling-PkEvöt „Mistelzauber“. Am „allheil enden" Tage wurde die Mistel mit einer goldenen Sichel geschnitten und vom Oberpriester in einem weißen Tuche aufgefangen, damit die „himmlisch über der Erde Erzeugte“ nicht durch irdischen Staub verunreinigt werde. Spuren des. alten Kultus leben fort in verschiedenen Gebräuchen zu Weihnachten und Neujahr, z. B. in Frankreich und Wales. 2) . Auch V. austriacum Wiesbäur unterscheidet sich von .< microphyllum. nicht. 3) Flora von Tirol, I, S. 389. 4) Zur Biologie der Mistel. Biolog. Centralbl. 1887, D. B. Monatschr. I, S. 7G. 5) Act. de la societe Lin. de Bordeaux XXXVII, 1884. 181 230 6. Einfluss von Licht und Schatten. Bei den Waldpflanzen bietet sich reichliche Gelegenheit, die auf ungleich- mäßiger Verteilung von Licht und Schatten beruhenden Unterschiede ein- gehend zu studieren. Ein und dieselbe Pflauzenart gewinnt ein ganz verändertes Aussehen, man glaubt in sonnigen Lagen eine andere Art vor sich zu haben wie im Waldesdunkel. Hier herrschen nämlich große, durchsichtigere Blatt- formen vor, darauf berechnet das spärlich einfallende Sonnenlicht nach Kräften auszunutzen, damit der Transpirationsstrom auf der erforderlichen Höhe er- halten bleibt. Im Schatten und zerstreuten Lichte wetteifern hochwüchsige Pflanzen, um sich zum Lichte zu drängen und machen sich einander rücksichts- los den Rang streitig. Blattformen von erstaunlicher Größe, vielfach Kletten, selten der Pest- wurz angehörig, wölben sich über schattige Bäche, während im Waldesschatten an etwas sumpfigen Stellen förmliche Dickichte durch den Adlerfarn gebildet werden. Das schirmförmige Blattwerk erreicht Größenverhältnisse, die von keinen anderen Blättern der einheimischen Pflanzenwelt übertroffen werden. Im Verhältnis zum vorschreitenden Waldesdunkel nimmt der Blütenreichtum schnell ab. Nur wenige genügsame, mit geringer Besonnung auskommende Arten gelangen noch zur Blüte, z. B. einige bleiche Waldorchideen, der ge- heimnisvolle Haselwurz und der Fichtenspargel. Häufig bringen es manche Pflanzen nicht erst zum Knospenansatze. Sie müssen sich geduldigen, bis wieder eine Durchforstung oder etwa ein Windbruch den Boden genügend durchleuchtet. Inzwischen geht die Vermehrung auf ungeschlechtlichem Wege von statten, z. B. bei Anemonen, Maiglöckchen, Zwiebelgewächsen. Der Waldboden birgt eine unerschöpfliche Fülle von allerlei Sämereien, die aus den soeben entwickelten Gründen nicht keimen können. Bei den wenigen Untersuchungen besitzen wir immer erst noch spärliche Anhaltspunkte innerhalb welcher Zeiträume die Keimkraft erlischt (Seite 137). Schlagpflanzen. Mit der Freistellung des Bodens, also nach einem Kahl- schlage, vollzieht sich ein Wechsel des Pflanzenkleides. Es stellen sich zu- nächst Pflanzen von starkem Lichtbedürfnisse ein. Zumeist sind es einjährige, kurzlebige Arten, denen später zweijährige und ausdauernde Stauden nach- folgen. Die Zusammensetzung der ersten Ansiedler auf Waldblößen, in Schonungen, Pflanzgärten bleibt sich in Nord- und Mitteldeutschland und weit darüber hinaus mit geringen Ausnahmen ziemlich gleich. Bezeichnend hierfür sind: Senecio silvaticus gewöhnlich die vorherrschende Art, S. vernalis meist auf Sandboden, Erigeron canaclensis , Agrostis vulgaris. So lange diese in Menge auftretenden Arten die Kulturen nicht rücksichtslos „verdämmen“, wie dies zum Verdruß des Forstmannes häufig geschieht, gewähren sie den angeschonten Pflänzchen in den ersten Jugendjahren den nötigen Bodenschutz. Daneben treten in dem- selben Jahre auf: Epilobium angustifolium} Erigeron acer, Achillea Millefolium, 182 231 Galeopsis Tetrahit , bisweilen G. pubescens , Echium vulgare , Stockausschlag von Himbeere und eine Anzahl von Arten, deren Vermehrung bisher auf un- geschlechtlichem Wege vor sich gegangen war. Auf frischem Boden pflegen sich einzustellen: Poa annua , Stellaria media ]), Polygonum Gonvolvulus, P. nodosum , P. tomentosum Schrank, P. Persi- caria , und viel P. aviculare mit Chenopodium album , Galium Aparine, Potentilla Anserina , Lactuca muralis, seltener Rumex crispus, R. obtusifolius . Mageren Boden bevorzugen Cerastium semidecandrum , Setaria viridis, S. glauca und Panicum lineare. Im 2. Jahre entsprießen auf leichtem Boden vielfach in überschwenglicher Menge: Aera flexuosa 7 Calamagrostis arundinacea, C. Epigeios, insoweit die letzteren beiden Arten sich nicht schon vorher aus Wurzelbrut gezeigt haben, Festuca gigantea aber nur im Schatten, Veilchen in Unmasse wie Viola, arenaria, V. canina, V. silvatica mit ihren Bastarden, Pulsatilla pratensis , Brombeeren: Rubus caesius, R. plicatus , R. fissus, R. Idaeus) Wildrosen-Gebüsch, Jasione montana, Verbascum thapsiforme, V. Thapsus selten, Onothera biennis) Hunds- zunge ( Gynoglossum ofßcinale ), Cirsium lanceolatum} bisweilen Kletten: meist Lappa officinalis. Die Glieder der Waldflora setzen sich aus verschiedenartigen Pflanzengenossen zusammen. In Kiefer- und trockenen Mischwäldern finden selbst Vertreter der Sandflora, namentlich aber pontische Heidegenossen* 2) geeignete Wohnplätze, denen sich hier ebenso wie in Laub- und Mischwäldern pontische Wald- pflanzen hinzugesellen. Daneben treten noch Glieder der mitteleuropäischen und einzelne Arten der nordischen, seltener der atlantischen und subatlantischen Flora auf. Auffallend stark ist die Besiedelung an lichten Stellen, Waldblößen, waldigen Lehnen, Waldrändern. Und da sind es wiederum die Weichselgegenden, in denen längs der bewaldeten Diluvialhöhen sich die einzelnen Pflanzenverbände zu Blumengärten vereinigen, die an Farbenpracht und Artenreichtum von keiner anderen Gegend im norddeutschen Flachlande übertroffen werden. Forst und Flora. Mit dem heranwachsenden Hochwalde verschwinden scheinbar viele der lichtbedürftigen Gewächse. Trotzdem übt der in Staats- forsten hoch entwickelte forstwirtschaftliche Betrieb auf die Waldflora im all- gemeinen einen wohltätigen, erhaltenden Einfluß aus. Die sich in gewissen Zeiträumen vollziehenden Übergänge vom stärksten Sonnenlichte zum Waldes- dunkel gefährden kaum ernstlich die verschiedenen angesiedelten Pflanzen- genossen. Sie bescheiden sich mit den jeweilig obwaltenden Beleuchtungs- verhältnissen. Die schattenliebenden Arten nehmen eine abwartende Haltung ein, so lange noch Schonungen die Blüte der sonneliebenden Kinder Floras begünstigen, und umgekehrt räumen diese wiederum jenen den Vorrang ein. Im D Namentlich var. neglecta Weihe. 2) Briquet unterscheidet ein xerotliermes Florenelement mit 2 Untergruppen: pontische und mediterrane Flora. — Yergl. auch Hegi: Mediterrane Ausstrahlungen in Bayern. (Abh. d. Bot. Yer. f. Brandenb. XLYI, S. 4.) 183 232 Urwalde dagegen würden wahrscheinlich unzählige Arten zugrunde gehen, weil sie nicht so lange warten können, bis vielleicht Windbrüche oder Wäldbrände ähnliche Verhältnisse schaffen. Obwohl also die Kultur an Stelle des Waldes den Forst gesetzt hat, ist dennoch der eigenartige Fall ein getreten, daß davon die Pflanzenwelt nicht benachteiligt wird. 7. Mitteilungen über das westpreussisclie Waldgebiet, Die von Wald bedeckte Bodenfläche schwankt in den einzelnen Kreisen erheblich. Von dem Flächenraume des Regierungsbezirks Danzig mit 795515 ha entfallen auf den Wald 151 372 ha und vom Regierungsbezirk Marienwerder mit 1757556,5 ha rund 403 274 ha1). Zu den waldärmsten Bezirken gehört bekanntlich der Kreis Kulm. Durch Ankauf von kleinen Privatwäldern sucht die Staats-Forst Verwaltung die fiskalischen Forsten stetig zu vergrößern. Außer in Notstandsjahren findet keine Streunutzung statt, und Waldweide wird nur ausnahmsweise, besonders um Waldfreveln vorzubeugen, zu billigen Preisen abgegeben. Der in manchen Privatforsten leider noch immer aus Gewinnsucht betriebene Raubbau schädigt nicht allein den Bodenertrag, sondern verarmt auch den Boden und seine Pflanzendecke (Seite 152). Schlrpitzer Forst- Die bedeutendste Waldzone liegt auf der linken Weichsel- seite. Sie greift bereits von Rußland aus in den Kreis Thorn ein und setzt sich hier, von kleineren Privatwäldern unterbrochen, in der großen Schirpitzer Forst — zwischen Weichsel und kujavischer Hochebene — bis tief in die Kreise Inowrazlaw und Bromberg fort. Der Wald besteht hauptsächlich aus Kiefern, häufig gemischt mit Laubhölzern und eingesprengten kleinen, reinen Laubholzbeständen. Das meist sandige Gelände wird stellenweise vom Trieb- sande heimgesucht und zeigt dann die aus der Schilderung der Sandflora ersichtliche Beschaffenheit. Im Bereiche der Bäche wird, wie gewöhnlich, der Boden frischer, und auf dem humusreicheren Untergründe löst Laubholz die eintönige Kiefernheide ab. Die Rotbuche scheint überall als urwüchsig zu fehlen, und auch Unterholz bleibt auf den minderwertigen Böden IV. — V. Boden- klasse fast ganz zurück, während sonst der Wachholder hier eine gewichtige Rolle spielt. Tuchler Heide. Im Norden hat die Schirpitzer Forst Anschluß an das ausgedehnteste Waldgebiet Deutschlands überhaupt, die Tuchler Heide. Sie erstreckt sich durch fünf westpreußische Kreise: Könitz, Tuchei, Schweiz, Pr. Star gar d und Berent und im Süden nach der Provinz Posen, welcher Teil zwar unter besonderer Verwaltung steht2), jedoch von diesem Waldgebiete unzertrennbar ist. Es kann keine ins Einzelne gehende Beschreibung dieses mindestens 280 qkm umfassenden, gewaltigen Gebietes gegeben werden, weil ein solches Unternehmen über den Rahmen und den Zweck dieser Arbeit 9 Kuhnert. Die Fideikommisse in Preußen im Jahre 1900. Berlin 1902. 9 Die Reviere Rosengrnnd, Crone und Wtelno mit. 19 qkm. 184 233 hinausgehen würde. Außerdem würden nähere Angaben über die einzelnen Kulturflächen in geraumer Zeit veralten. Sie sind übrigens schon ausführlicher behandelt in der schönen Abhandlung Schütte’s1), in welchem bewährten Forstmanne die weit über Gebühr verrufene Heide einen warmherzigen Schilderen gefunden hat. Wenn ich daraus einzelne Mitteilungen entlehne, so geschieht es hauptsächlich deshalb, um das in weiten Kreisen über diese entlegene Gegend unseres Vaterlandes eingewurzelte Vorurteil zu beseitigen und die bereits (bei der Moor- und Heideflora) zum Teil dargestellten botanischen Verhältnisse besser zu würdigen. Maas2) bemerkt, daß das Gelände stellenweise den Eindruck einer ge- stauchten Moränenlandschaft hervorruft, obwohl die wallartige Packung der Moränenlandschaft fehlt. Nach demselben Forscher stellt die Heide kein diluviales Tal dar, vielmehr ein Gelände, worin fließendes Wasser neben dem nordischen Eise mitwirkten. Der Boden ist meist leichtgewellt, mitunter eben. Namentlich in der Nähe von Brahe und Schwarzwasser wechseln in rascher Aufeinanderfolge Täler und Höhen von überraschender, wild- romantischer Schönheit, die sich selbst auf die Seitentäler dieser Heide- flüsse erstreckt. Obwohl die Kiefer als ausgesprochene Leitpflanze der Heide auf Sandboden gilt, fehlen Laubhölzer in ausgedehnterem Maßstabe keines- wegs. Sie treten überall dort auf, wo Geschiebemergel seinen belebenden Einfluß ausübt, wie in den Feldmarken Tuchei, Gr. Schliewitz, Osche, Dritschmin und in den Flußtälern. Hier stellen sich noch gewöhnlich Eichen und Weiß- buche ein. In den sogenannten Zatocken und der Chirkowa bildet sogar die Rotbuche, die hier urwüchsig ist, mit diesen Waldbäumen ausgezeichnete mitunter fast reine Laubwaldbestände. Von Natur beigemengt ist sie ferner den Schutzbezirken Charlottental, Wilhelms walde, Hartigstal und Schechausee. Hier hat sich eine reiche Laubwaldflora entwickelt, die man in solcher Reich- haltigkeit in der Heide nicht erwartet hätte. Bezeichnend für die Heide sind die ihr überall eingesprengten Moorheideflächen und die zahlreichen, abflußlosen, manchmal bereits völlig verlandeten Stauseen diluvialen Charakters, umsäumt von welligen Talterrassen. Wasserreiche Seebecken am Nordrande der Heide (z. B. Radsee, Udschitz- und Gr. Kalemba-See) speisen das Schwarzwasser mit seinemsteilenweise sehr starken Gefälle durch ansehnliche Wassermengen. An solchen moorigen und sumpfigen Orten bildet die Schwarzerle die Leitpflanze der Heide und nimmt oft ansehnliche Flächen in geschlossenen Beständen ein. Das allerdings seltene Vorkommen von myrtenblätteriger Weide ( Salix myrtilloides), Eriophorum gracile , Rhynchospora alba , Tofieldia caly- culata usw. an den bereits (Seite 113, 121) angegebenen Standorten läßt auf eine Besiedelung von altersher schließen. Wir haben es zweifellos mit Trümmern B Schütte. Die Tuchler Heide. Abhandl. zur Landeskunde der Prov. Westpreußen. Heft V. 2) Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide. Schriften der Natur forschenden Ge- sellschaft N. F. X. Bd, S. 1 ff. (1899). 185 234 der nordischen, leider stark im Schwinden begriffenen Flora zu tun, die bei der gesteigerten Torfnutzung arg gefährdet ist. Unzweifelhafte Heidemoore, also Bildungen, die jünger sind als der sie umgebende Wald, scheinen der Tuchler Heide fremd zu seim, ebenso nach Maas der Ortstein, die vom Forst- mann gefürchtetste Bodenbildung. Jedenfalls ist die Heide besser als ihr Ruf. Deutsche Arbeitskraft hat seit der preußischen Herrschaft in den früher trost- losen Gebieten ganz Hervorragendes geleistet. Der Forstverwaltung ist es gelungen, einen seßhaften Stamm von Waldarbeitern heranzubilden und die von ihnen bewohnten Heidedörfer machen im allgemeinen einen sauberen, freundlichen Eindruck, der den ernsten Charakter der unabsehbaren Kiefern- landschaft wohltuend mildert. Leider suchten sie alljährlich größere und kleinere Waldbrände heim. Mitunter nehmen sie einen erschreckenden Um- fang an. Die in der Regel auf Unachtsamkeit zurückzuführende Feuersgefahr ist deshalb so bedrohlich, weil oft meilenweit kein Dorf zu erreichen ist. Einen guten Maßstab für die Längenausdehnung der Heide bilden die nach Schütte bisweilen 90 km weit ohne Unterbrechung fortlaufenden Gestell- linien. Es gibt allerdings auch umfangreiche Flächen, wo der Wind ausge- laugte Flugsandmassen stiebend vor sich her treibt und wo die Kuselkiefer dem Landschaftsbilde ihr charakteristisches Gepräge verleiht. Mit Recht macht Maas geltend, daß dies lediglich nur der Fall ist in der Umgegend alter königlicher Dörfer, vornehmlich solcher, die an früheren oder noch be- stehenden Talrinnen und Seen liegen, ebenso in ehemaligen Honigbeut- Gebieten und auf vernachlässigten Brandflächen. Die unfruchtbare Heide, in der Rentierflechte, Sandgräser und Krüppelkiefer vorherrschen, kennzeichnet hier jedenfalls stets das Gebiet, wo durch absichtliche oder un- absichtliche Bodenentblößung eine Verarmung eingetreten ist. Übriges Waldgebiet westlich der Weichsel. Das sich zwischen Tucheier Heide und Weichselstrom hin ziehende Waldgelände habe ich bereits an anderer Stelle1) eingehend geschildert. Ich kann mich daher hier lediglich darauf beschränken hervorzuheben, daß in der Sartowitzer Forst (Fideikommißgut), im Neuenburger Stadtwalde und Kgl. Forstreviere Krausenhof weder Fichte noch Rotbuche als unzweifelhaft urwüchsig nachgewiesen sind. Bezüglich der Fichte scheint dies überhaupt ausgeschlossen; dagegen deutet Stockausschlag vor Buche um Fidlitz und Kl. Krug auf ihr ehemaliges Vorkommen hin. In sämt- lichen Wäldern herrscht die Kiefer vor, im Walde von Sartowitz mit 95^ der Gesamtfläche, während im Revier Krausenhof vielfach der Mischwald überwiegt und selbst da, wo Kiefernhochwald steht, auf dem meist frischen sandig-lehmigen Boden Unterholz in überraschender Üppigkeit auftritt, be- stehend hauptsächlich aus Stockausschlag der vorhandenen Laubbäume, Wach- holder, warzigem Pfaffenhütchen (Evonymus verrucosus) und Seidelbast (Daphne Mezereum). Nach den von mir eingesehenen alten Forstbeschreibungen gab ß Scholz, Vegetations-Verhältnisse des preußischen Weichselgeländes. S. 167 ff. 186 235 es noch in den Jahren 1840 — 47 zahlreiche Linden ( Tilia cor data ), wovon gegenwärtig am hohen Ufer bei Fidlitz noch einige alte Überständer am Leben sind. Die im Norden daran grenzende Ober försterei Pelplin stößt bereits an die Elbinger Stiftsforst und in ihrem Schutzbezirke Hohenwalde an das Frische Haff und die königliche Forst Cadinen. Sie weist prachtvolle Misch- bestände von Kiefern und urwüchsigen Fichten, Weiß- und Rotbuchen auf. Die (Seite 215) erwähnte Trauerfichte ( Picea excelsa pendula ) mit ihrem regel- mäßigen, säulenförmigem Wüchse bildet eine Sehenswürdigkeit des Bezirkes Hohenwalde. Das Revier hat allerdings auch reine Kieferbestände namentlich im südlichen Teile. Im Nordwesten der Provinz tritt im allgemeinen die Kiefer zurück, besonders nach der Küste zu, weil das feuchte See-Klima die Laubhölzer bevorzugt. Ausgedehnte Mischwaldungen finden sich in den Kreisen Neustadt, Putzig, Danzig. Karthäuser Wälder. Der Kreis Karthaus zeichnet sich gleichfalls durch gutwüchsige Laubwaldpartien aus. Die Kiefer gemischt mit der hier bloß an- gebauten Fichte überwiegt jedoch die Laubbäume. Die Laubwaldzone umfaßt die hochromantische Umgebung der Seengruppen, das pflanzenreiche Radaune- gebiet. Ein von der Forstverwaltung geschonter Rotbuchenbestand ist wegen seiner hohen Lage über dem Meere (222 m) bemerkenswert1). Nach Conwentz hat ein am Westufer des Klostersees, im Gemisch von Eiche, Buche und Kiefer stehender Rotbuchenstamm einen Umfang von 5,36 m und 23,5 m Höhe. Die zusammenhängenden Reviere Karthaus und Mirchau nehmen einen Flächenraum von (6283 -f- 6310) 12593 ha ein. Von vorherrschendem Laubwald kann im Reviere Karthaus eigentlich kaum die Rede sein; das ist nur der Fall in geringem Umfange (Schutzbezirke Karthaus, Dombrowo, Bülow, Schmentau, Kossau) bei einzelnen Jagen. Der Wuchs der Rotbuche befriedigt die vom Forstmanne gestellten An- forderungen nicht ganz. Schuld daran trägt die rauhe Witterung. Schroffe Übergänge und Nachtfröste schädigen das Wachstum ungemein. Dazu kommt, daß die große Mehrzahl der jetzigen, insbesondere älteren Buchenbestände aus Stockausschlägen entstanden ist, die an Stärke und Form nicht dasselbe leisten, wie die aus Kernwüchsen (Samenabfall) hervorgegangenen Bäume. Stellen- weise geht der sandig-lehmige bis lehmig-sandige Boden auf dem stark welligen Gelände in strengen Lehmboden über. Olivaer Forst. Zum Vergleiche mit den hier bestehenden Verhältnissen dürfte eine kurze Schilderung des königlichen Forstreviers Oliva von Interesse sein. Es ist rund 4000 ha groß und grenzt im Osten an die Gemarkungen Brentau, Strieß, Oliva, Zoppot, im Süden an Matern, Kelpin, Brentau, im Norden an Gr. Katz. Die Bestände sind größtenteils Mischwaldbestände aus Buchen, Eichen, Kiefern, Espen. Die Eichen und Buchen, namentlich in den 0 Conwentz. Forstbotanisches Merkbuch, Seite 16. 187 236 südlichen Söhützbezirken, haben sich aus Stockausschlag ergänzt und sind daher häufig minderwertig. Reine Kiefernbestände höheren Alters sind ziemlich selten. Fichten und Lärchen wurden vor etwa 40 Jahren angebaut und stehen im Gemisch mit Kiefern. Die Nachzucht der Buche wird durch natürlichen Samenabfall via Lichtschlägen - herbeigeführt.' Die Spätfröste schaden der An- zucht von Buche und Edeltanne. Wacholder findet' sich bloß in den Kiefern- beständen. Die einzelnen, seltenen Laubbäüme im nordwestlichen Teile der ' Provinz (Eibe, Elsbeere,' schwedische Mehlbeere) sind bereits erwähnt worden. Auf die übrigen, dem Westen der Provinz ungehörigen Forsten, wie z. B. die Forstreviere Kujan, Kreis Flätow, Oberförsterei Schloppe und den pracht- vollen Bürgerforst von Dt. Krone (den sogenannten Klotzow), wird im Laufe dieser Schilderung wiederholt die Sprache gebracht werden. Die Rotbuche ist an einzelnen Stellen, z. B. in der Oberförsterei Hammer- stein, mitunter in geschlossenen Beständen vorherrschend, selten ganz rein. Reste von Eiben, Eisbeere haben sich zerstreut an vielen Stellen zum Teil noch lebend nach weisen lassen. Forsten östlich der Weichsel. Eine eingehende Beschreibung der einzelnen Waldreviere kann hier gleichfalls unterbleiben. Es soll ausnahmsweise bloß dort geschehen, wo die einzelnen Gebiete in botanischer Beziehung von besonderer Wichtigkeit sind. Den Anfang im Weichsel-(Drewenz-)Gelände macht die Königliche Oberförsterei Drewenzwald mit einem Flächenraume von 2627,6 ha. Die Abhänge nach der Drewenz sind meist -steil, nach dem Leszno- (oder Struga-)Bache allmählich abgedacht. Der Boden wechselt von tiefgründigem bis niittelkörnigem Diluvialsand mit Lehmbeimischung. Im ganzen Reviere liegen kleinere Moore und Torfbrüche zerstreut, die zum Teil hervorragende Seltenheiten beherbergen. Die Kiefer herrscht mit 95/8 ^ vor; die Eiche nimmt nur 1,5 %- in Anspruch, während der Rest sich unter Laubbäume, wie Weißbuche, Espe, Rüster, verteilt. In älteren Beständen zeichnet sich die Kiefer in auffallender Weise durch eigentümliche Stammformen, gedrehten und gewundenen Wuchs, sowie Kurzschäftigkeit aus. Rotbuche und Fichte fehlen hier, ebenso in der- Stadtforst von Thorn, den angrenzenden Forstrevieren von Bolumin und Ostrometzko (Majoratsforsten), dem königlichen Schutzbezirke in Neulinum bis hinauf zum königlichen Revier Jarnmi. Der Boden in der Thorner Stadtforst durchläuft alle Stufen von reinem Flugsande (z. B. in den Bäcker- bergen) bis zum Lehmboden und Schwemmlande. Im Schutzbezirk Guttau steht ein zum Teil reiner Eichenhorst. Sonst , herrscht überall die Kiefer vor. Ein angenehmer Wechsel macht sich bereits im Walde, von Ostrometzko bemerkbar, weil die vielen. Einsenkungen des Bodens mit frischer, bum°ser Unterlage den Übergang von reinem Nadel- zum Laubwalde gestatten. Noch schärfer kommen diese Bodenverhältnisse im Schutzbezirke Neulinum zum Ausdrucke, das den berühmten Zwergbirkenbestand einschließt (Seite 118). Der Wald ist rund 1140 ha groß und reichlich mit Mooren, Schwarzerlen-, Weiß- und Moorbirken- 188 287 Beständen durchsetzt. Im Jagen 109 herrscht ein ziemlich reiner Eichenbestand vor. Die üppig entwickelte Grasdecke schmücken zahlreiche Farne der gewöhnlichen Art und merkwürdigerweise viel hochwüchsiger Wacholder. Das Graudenzer Festungswäldchen und der aus gutwüchsigem Mischwalde bestehende Mendritzer Wald1), bekannt durch das Auftreten der Elsbeere, erfreuen sich mit Recht des Rufes hervorragender botanischer Schatzkammern. Von dem im Kreise Graudenz; beginnenden Forst von Jammi sind verschiedene Bezirke zu der neu eingerichteten Oberförsterei. Marienwerder abgetrennt;, ebenso wie von der Rehhofer Forst. Es wiederholt sich in beiden Forsten dasselbe wechselvolle Bild — reine, dürftige Kiefernheide auf leichtem Boden bis zu fast reinem Laubwalde mit- eingesprengten Ellerbrüchen. Die, Rotbuche kommt im Osten der Jammi er Forst bereits urwüchsig vor, ebenso im Rehhofer Forst und von da nach Osten in wohl allen Wäldern in mehr oder minder großer Anzahl. Prächtige Stämme im Gemisch mit Eiche, Weißbuche, ' seltener Birke, teilweise in kleinen, reinen Beständen enthält das Forstrevier Finckenstein, woselbst ich den Traubenholunder (Sambucus-7'acem^ß) als Unterholz, im Walde bemerkt habe (Seite 226), ferner zweifellos als urwüchsig die Esche. Die Fichte wird hier nur angebaut. Als von Natur vorkommend tritt sie bereits in der anstoßenden Pröckelwitzer Forst auf, im königlichen Revier Alt-Christ- burg (Ostpr.) und der Oberförsterei Schoenberg (Kreis Rosenberg). In all diesen Forsten stehen zerstreut Beutkiefern, meist unbewohnt und abgestorben, ebenso in der Oberförstei Waplitz. In den Wäldern längs des Geserichsees bis nach Ostpreußen hinein müssen früher Eiben häufig gewesen, sein, wie Sträucher in der Försterei Neu-Schwalge und subfossile Stubben in der Gutsforst Peterkau (Kreis Rosenberg) erkennen lassen. A. Kieferwald-Formatioxx (Kieferheidewald). Besiedelungsweise. Die hier zur Spräche kommende. Formation umfaßt eigentlich alle Genossenschaften, der Nadelwälder — also auch die der Fichte. Als herrschender Waldbaum tritt jedoch die Kiefer in den Vordergrund des Interesses. Eine scharfe Trennung der Nadel- und Laubwaldformation findet zwar bei einigen empfindsamen Arten statt. Aber, da; beide häufig einander durch- dringen, so zeigen sich unter reinen Kieferbeständen e c h t e Laubholz-Bewohner und umgekehrt. Am unduldsamsten erweist sich der Laubwald gegen die, ein hohes Lichtbedürfnis beanspruchenden KieferwaMpflaUzen. . Die trockenen Mischwälder dagegen pflegen in der. Regel an . geeigneten Orten alle hier und später bei den; Laubwäldern zu behandelnden Arten auf- zunehmen. Kieferbegleiter, d. h, solche Pflanzenarten, die. Beziehungen zur Kiefer, mit ihr gemeinsame; Lebensbedürfnisse bekunden, haben seit ...einiger; Zeit- -diu-.. Auf- merksamkeit auf sich gezogen. Welche Arten hierunter zu rechnen sind, fl In ihm erreicht die Elsbeere ihre Ostgrenze. 189 soll nicht näher erörtert werden, da die nach den wichtigen und grundlegenden Arbeiten Höck’s angestrebten Forschungen wohl noch kein abschließendes Urteil gestatten. Auf manche Pflanzen will die Bezeichnung „Kieferbegleiter 1,4 hin und wieder nicht recht passen, wie weiterhin an mehreren Beispielen gezeigt werden soll. Die bei uns bestehenden Verhältnisse sind aber zur Klärung der vermuteten Beziehungen zu den verschiedenen Leitbäumen deshalb von Wichtigkeit, weil unser Osten auch darin vielfache Anklänge und Be- rührungspunkte mit der pontischen Flora in Rußland gemeinsam hat. Dürre Kiefernheide. Die auf verarmtem Sand- oder dürrem Heideboden wachsenden Kiefern bleiben niedrig und bilden oft ausgedehnte, lockere Bestände von ermüdender Eintönigkeit. Sie führen die volkstümliche Bezeichnung „Kuseln“, zeigen mitunter verkrüppelte, gewundene Formen (Seite 201), und nicht selten sind die Aste in einen dichten, weißlichen Mantel der Bartflechte ( TJsnea barbata) eingehüllt, namentlich nach der Wetterseite hin, wodurch die Bäume einen greisenhaften Anstrich erhalten. Tatsächlich befinden sich dar- unter bemoste Häupter, deren wirkliches Alter man erst an den Jahresringen gefällter Exemplare erfahren kann; jedenfalls pflegt man es meist erheblich zu unterschätzen. Den Boden deckt, ähnlich wie auf freien Heideflächen, dürftiger Überzug von Strauchflechten: Cladonia gracilis , CI. fimbriata , CI. furcata Schrb., CI. rangiferina Schaer., untermischt mit duftigen Polstern des schmalblättrigen Thymians oder aschgrauen Rasen von Potentilla arenaria. Etwas besseren Boden verraten Gruppen oder Partien von schlankerem, sich oft schlecht reinigendem Stangenholz, das von vereinzelten alten Stämmen mit ihren be- zeichnenden rotbraunen, rauhen Rinden, knorrigen Asten und schirmförmigen Kronen unterbrochen wird. Unbarmherzig sendet die Sonne in trockenen Perioden1) von einem wolkenreinen Himmel ihre glühenden Strahlen auf den ausgedörrten, verschmachteten Boden. In den von lieblichem Wohlgeruche durchwürzten Lupinenfeldern am Waldessaume stimmen ungezählte Scharen von Cikaden ihr ohrenbetäubendes Konzert an, während den sonnendurchglühten Schonungen ein durchdringender Harzduft entströmt. Vergeblich späht das vom weißen, mahlenden Sande geblendete Auge nach einem schattenspendenden Laubdache. Der Harzduft im schwülen Waldesinnern benimmt bei herrschender Windstille fast den Atem, so daß man den Aufenthalt im Freien als eine Wohltat empfindet. Um die Mittagszeit hat die Gluthitze ihren Höhepunkt erreicht. Die Luft ist in zitternde, flirrende Bewegung geraten, und ein fleckenloser, blaßblauer Himmel spannt sich gleich einer metallenen Scheibe über die melancholische Landschaft. Nur einzelne Kuckucksrufe und jubilierende Lerchenstimmen dringen an unser Ohr. Aus der Höhe jedoch tönt ein eigen- artiges Summen und Brausen, als wenn dort oben zahllose Insektenschwärme ihr Spiel treiben. Trotzdem ist nicht das geringste Anzeichen davon zu Ein Wechsel von heißen und trockenen Sommern soll sich in Zwischenräumen von 30 — 35 Jahren wiederholen. 239 entdecken, zumal die Insekten bei der ausgesprochenen Blumenarmut im Sommer die öde Kiefernheide im allgemeinen meiden. Die eigenartige, an Äolsharfen erinnernde Musik1) rührt vielmehr von den aufsteigenden, stark erwärmten Luftströmen her. Nur selten begegnet man einem lebenden Wesen. Meist sind es ärmlich gekleidete, sonnverbrannte Weiber, die unter der schweren Bürde von gesammeltem Leseholz oder von Waldfrüchten schweigsam durch den heißen Sand wanken. Solche Landschaftsbilder sind allerdings weuig geeignet, Stimmung für unsere Provinz zu machen und gehören haupt- sächlich den ödesten Strichen der Tuchler Heide, etwa früheren Brand- stellen, und den trostlosen Kiefernheiden in den Kreisen Thorn und Brom- berg an. Zwerggesträuch. Bezeichnend für die Kieferwaldflora sind Heidekraut (Calluna), Preißelbeere, an minder dürren Stellen Blaubeere, meist weite Strecken teppichartig überziehend (aber in der Tuchler Heide oft ganz fehlend), Ramischia secunda2), Pirola chlorantha und hin und wieder, in kleinen Trupps oder ver- einzelt: Chimophila umbellata 3) und ähnlich wie auf offenen Heideflächen die Bärentraube ( Arctostaphylos ) bis in die Nähe der Küste im Kreise Putzig. Brombeeren bilden mit Wildrosen und Wacholder oft undurchdringliches Gestrüpp. Erhebliche Lücken in seiner Verbreitung zeigt der sonst häufige Rubus plicatus , während R. fissus Lindl. nicht überall gehörig unterschieden ist, und R. saxatilis mehr vereinzelt auftritt, aber doch stärkere Beziehungen zu frischen Kieferwäldern unterhält. Die Roseuflora setzt sich aus den auch auf der Heide und sonst allgemein verbreiteten Arten zusammen. Es gilt von ihr das bereits Seite 183 hierüber Gesagte. Rosa mollis wächst im Weichselgelände, Kreise Thorn, Schwetz, Graudenz am Festungswäldchen, Berent und Pr. Stargard. Gehälm. Die auf Sand- und dürrem Heideboden lebenden Gräser sind hier an den trockensten und lichtesten Stellen ausnahmslos in wechselnder Besiedelungsform vertreten. Dasselbe trifft übrigens auch für die übrige allgemein verbreitete Sand- und Heideflora zu, die schon vorher Seite 152/3, 156/7 aufgezählt worden ist. Besonders verbreitet pflegen zu sein: Calamagrostis Epigeios , C. arundinacea 4), Schafschwingel ( Festuca ovina mit der minder häufigen var. duriuscula L. syst, nat .)5), Aera flexuosa, W eingaertneria canescens , Luzula pilosa , L. multiflora L., seltener Ruchgras ( Anthoxanthum odoratum ), Phleum Boehmeri und namentlich in Lichtungen Hierochloa australis, die wohl !) Von englischen Naturforschern humming in the air genannt. 2) Aber auch in trockenen Laubwäldern, z. B. gern unter Birken. 3) Fehlt nicht in der Tuchler Heide, aber im Nordwesten des Kreises Berent wie jede andere Pirola-Art, dann wieder zerstreut im Kreise Karthaus. 4) Der Bastard C. Epigeios + arundinacea wohl mehrfach übersehen; sicher im Kreise Rosenberg, Forstrevier Alteiche. 5) Festuca amethystina L. (nicht Höst.) wäre bei uns zu erwarten, da sie im Kreise Bromberg bereits nachgewiesen ist. 191 240 den meisten Qrtsfloren angehören wird — ferner 'Car ex pilulifera , C. ericetorum vielfach am Waldessaume Sonstige Bestände, Unter den gewöhnlichen Vertretern der oben Seite 1.52/7 namhaft gemachten Arten1) sind besonders auffällig: Pulsatilla pratensis, Arabis arenosa , Viola canina var. ericetorum Schrad.. Silene nutans, Dianthus Carthusianorum , D. arenarius 2), Peucedanum Oreoselinum, Geranium sanguineum , Melampyrum pratense selten mit rotgefleckter Lippe, Veronica offtcirialis, Erigeron Droebachiensis, Filago minima , an Farnen: Pteridium aquilinum und Athyrium filix femina , Aspidium filix mas mehr an etwas frischeren Plätzen, während das -„Schlangenmoos“ ( Lycopodium clavatum) auch an heißen Stellen zu finden ist. Minder häufig sind: Camelina microcarpa , Silene Otites , Sedum bolo- niense , S. maximum , Lathyrus Silvester besonders in der Form ensifolvus Bu eck, L. montanus Bernh. in meist schmalblättrigen Formen, Ulmaria Filipendula, Astragalus arenarius var. glabrescens , Monotropa Hypopitys (öfters die form. glabra ), Pulmonaria angustifolia gern in Gesellschaft von Pulsatilla patens nach Maßgabe der Verbreitung beider Arten, Scorzonera humilis vielfach schmalblättrig, Carlina vulgaris nebst var. nigrescens und außerdem die als zerstreut Seite 157 angegebenen Arten. Als Glied der atlantischen Flora hat Sarothamnus scoparius an Küsten- strichen seine hauptsächlichste Verbreitung. Als ziemlich selten zu bezeichnen sind: Lycopodium annotinum , aber auch unter Buchen L. complanatum meist in der Form L, anceps oft, wie z. B, in der Tuchler Heide, im Kreise Pr. Stargard weithin den Boden überziehend, Potentilla rubens (Seite 174) scheint auf der rechten Weichsel- seite vom Graudenzer Kreise ab sehr selten zu sein3), Achyropliorus maculatus in Wäldern mit minder schönen rotbraunen Flecken auf den Blättern, Gypso - phila fastigiata , eine ziemlich ausgesprochene Kieferbegieiterin und fast aus- schließlich bei uns unter Kiefern, selten auf Sandhügeln offener Lagen, die osteuropäische Silene chlor antha gern in Gesellschaft von S. Otites , Sempervivum soboliferum (nach Kupfer zur südosteuropäischen Flora gehörig) hier schwer zur Blüte gelangend und Cirsium acaule übrigens auch bisweilen im Alluvium. Wenigen Ortsfloren dürfte Luzula pallescens Wahlbg. fehlen, die sich durch ihre kleinen, dichtgedrängten Blütenstände und schmalen Blätter von ähnlichen Formen der L. multiflora unterscheidet. Pulsatilla vernalis , im Westen der Weichsel häufig eine Leitpfianze der offenen Heide, erreicht noch den Kreis Putzig4), z. B. in den Kreisen Pr. Stargard, Tuchei, Dt. Krone verbreiteter als P. pratensis oder P. patens x) Ausgenommen Salsola Kali , die den Wald meidet wie Lactuca Scariola. 2) Der Bastard D. Carthusianorum + arenarius Mn und wieder unter den Eltern. 3) Sicher bei Christburg. 4) Olivaer Forst mehrfach ; blühend in Menge traf ich die Pflanze z. B. noch Mitte Jnni 1.903 im Neuenburger Stadtwalde. 192 241 (Seite 179) mit denen sie in unseren Wäldern hin und wieder Bastarde von großer Schönheit erzeugt. Auf der rechten Weichselseite nördlich vom Kreise Graudenz ab begegnet man der schönen Pflanze schon sehr selten. Die große Marienwerderer und Rehhofer Forst weist nur äußerst wenige Standorte auf, und auch in der Krausenhofer (Münsterwalder) Forst bleibt sie auffallend zu- rück. Sie meidet also keineswegs das Küstenklima. Bemerkenswert ist aber immerhin die stärkere Besiedelung des nordwestlichen Teiles der Provinz, das Fehlen vom Kreise Stuhm ab auf der rechten Seite und die Beschränkung in Ostpreußen auf die Kreise Osterode und Mohrungen (Drewenzgebiet). Für die Kieferwaldflora in Betracht kommen mitunter Cynanchum Vincetoxicum , Potentilla rupestris, die man als eigentliche Waldpflanze1) kaum bezeichnen kann (Seite 186), ferner Laserpitium prutenicum 2) bis- weilen mit Peucedanum Cervaria , und die Wetterdistel ( Carlina acaulis). Sie bewohnt gern die trockenen Waldränder, selbst freie Heideplätze und fehlt nach Abromeit im nördlichen Teile der Provinz rechts von der Weichsel, während sie links davon etwa mit dem Verbreitungsgebiete der Glocken - beide ( Erica Tetralix) abschneidet3). Die Wetterdistel zeigt also bei uns in ihrem Vorkommen große Übereinstimmung mit dem mancher anderer Heidepflanzen, namentlich mit Pulsatilla vernalis. Beziehung zur Kiefer bekundet entschieden die stark nach Vanille duftende Epipactis rubiginosa, die sogar den heißen Dünen nicht fehlt (Seite 165), während die schöne Cephalanthera rubra frischeren Boden beansprucht und mehr den Mischwäldern angehört. Die reichsten Standorte hat sie in Schonungen der Krausenhofer Forst, wo der Boden humusreich ist, im Gegensätze zu den Bingsbergen, auf denen sie auf sandigem Mergel wächst; im übrigen zählt sie zu den sehr zerstreut auftretenden Waldpflanzen. Wegen ihrer wechselnden Bodenunterlagen, Moor, feuchte Wiesengründe, Sand und Kieferwälder, hat die zur südosteuropäischen Gruppe gehörige Hierochloa odorata keinen ausgesprochenen Anschluß an die Kiefer. In offenbarem Zusammenhänge, wenigstens auf gewisse Striche, steht mit ihr H. australis. Bei uns bevorzugt sie frischen Kieferwald oder Mischwald, worin Kiefer vorherrscht. Im östlichsten Teile der Provinz Brandenburg er- reicht sie gleich anderen pontischen Genossen eine Nordwest-Grenze, um Puschdorf Ostpreußen eine relative Nordost-Grenze4). 0 Auf der linken Weichselseite häufiger in Wälder eintretend: Schirpitzer Forst, bei Rinkau, Strehlau, Slesin. 2) Mit auffallend breiten Blattabschnitten im Liebentaler Wäldchen, Kreis Marienwerder. 3) An der russischen Grenze und der Grabier-Schirpitzer Forst, Tuchler Heide nament- lich in den Kreisen Tuchei und Schwetz, westlich bis Schlochau, Dt. Krone (Bürgerwald), Drewenzgebiet bis Osterode, Mohrungen, rechts von der Weichsel (Ostrometzko-Thorner Stadtforst) sehr selten, Kreis Graudenz bei Marusch. 4) Weiter nördlich in Estland (über Reval), Livland, weiter durch Polen, Litauen (Wilna- Grodno-Minsk), Gouvernement Mohilew nach Bessarabien. Im Ural ist sie ausschließlich Kieferb egleiterin . Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 193 16 242 Es wurde bei Besprechung der Sand- und Heideflora darauf hingewiesen, daß die dort namhaft gemachten, hervorragendsten Glieder dieses Pflanzen- verbandes geeignete Stellen im Kieferwalde beziehen. Für den vorliegenden Zweck genügt es daher kurz auf das Vorkommen teils pontischer, teils xerothermer Arten (im Sinne Hegis), wie: Allium fallax , Alyssum montanum , Androsace septentrionalis, 0 xytropis pilosa , Thesium intermedium , Scorzonera purpurea , Hieracium echiodes Stipa pen- nata (Seite 155, 168, 172/5, 180 ff.) hinzuweisen. Auf Lichtungen gesellen sich ihnen nach Maßgabe ihres Verbreitungsgebietes im südlichen preußi- schen Woichselgelände (Seite 160) Sedum reflexum und Scabiosa suave- olens hinzu, Arten, die gleich den meisten der vorgedachten Pflanzen von Ostpreußen ausgeschlossen sind. Was die Standorte von Scabiosa suaveolens anbetrifift, so liebt diese seltene Pflanze trockene Wälder und heiße Bergkuppen in den südlichen Weichselkreisen. Im Gegensätze zu Sedum reflexum meidet sie die Tuchler Heide. Trotzdem hat sie einige vorgeschobene Posten in den Kreisen Pr. Stargard und Berent1). Auch diese Art hat ihre Hauptverbreitung auf der linken Weichselseite, da die wenigen Standorte auf der rechten vom Kreise Kulm ab auf hören. Ähnlich hält sich Scabiosa Columbaria von der Östlichen Hälfte der Provinz fast gänzlich fern, da sie von hier bloß aus einem abgelegenen Standorte bei Gr. Roebern, Kreis Elbing, bekannt ist2) und bei- nahe überall durch die bei uns weitverbreitete S. ochroleuca ersetzt wird. Keinen festen Anschluß an die Kiefer haben Ornithopus perpusillus, Aster Amellus und Inula hirta. Der zur westeuropäischen Gruppe ge- hörige Ornithopus wächst nicht nur auf offenen Heideflächen, sondern auch unter Kiefern3). Seine Verbreitung ist Seite 174 näher angegeben, die mit der Weichsel nach Osten ihren Abschluß findet. Von Ostpreußen sind jedoch nicht ausgeschlossen: A. Amellus und /. hirta. Beide endigen mit einer allen pontischen Wald- und Heidegenossen eigentümlichen Nordwest -Grenze. Sie bewohnen Kalkhügel, buschige Lehnen (Seite 191). Beide beanspruchen viel Licht und unter Kiefern mindestens eine leichte Humusdecke, wenn Geschiebe- mergel fehlt. Die Vergilsaster4) dringt tiefer nach Ostpreußen hinein als Inula hirta. Die Standorte gehören dem Drewenz-Narew-(Soldau-)Gebiete an, in Westpreußen fast ausschließlich dem engeren Weichselgelände5) und fallen !) Forstrevier Okonin bei Unterförsterei Klein Barthel, Königswalde, in allen Forsten der Kreise Bromberg, Inowrazlaw. 2) In Ostpreußen jetzt nur in den Kreisen Osterode und Johannisburg an je einem Standorte, dagegen westlich der Weichsel von der Küste bis in die Tuchler Heide (Kreis Tuchei) und von da südwestlich abschwenkend durch die Kreise Könitz, Sclilocliau, Deutsch Krone, fehlt also in den Kreisen Thorn, Inowrazlaw; dann aber wieder bei Nakel. 3) z. B. Teufelsheide bei Zippnowo, Kreis Dt. Krone. 4) Bis Lyck (Lycker See), Sensburg, also südöstliches Ostpreußen. 5) Thorn, Kulm, Graudenz, Marienwerder, Stuhm. Inula hirta aber noch Kreis Strasburg in den Forsten von Lautenburg und Gollub, hier wie in den großen Forsten der Kreise Thorn, Bromberg (Rinkau, Thiloshöhe) recht häufig unter Kiefern. 194 243 zusammen mit den Standorten von Hieracium echioides, Scorzonera purpurea , Oxyiropis pilosa. I. hirta bildet mit I. salicina, sobald beide Zusammentreffen, was namentlich in trockenen Mischwäldern der Fall zu sein pflegt (z. B. in der Krausenhofer Forst) Bastarde. Sie gleichen manchmal verkahlenden Formen jener oder behaarten dieser Art, die in fast ganz West- und Ost- preußen zerstreut vorkommt. Beziehung zum Nadelwald bekundet ferner eine Anzahl von Arten, die der besseren Übersicht halber in nachstehender Reihenfolge besprochen werden mögen: Genistet germanica1) unter reinen Kiefern in Wäldern des südlichen Weichselgebietes auf der rechten Stromseite bis nach dem Graudenzer Stadt- walde und Rondsner Wäldchen und zwar an Häufigkeit von der Nordgrenze des Kulrner Kreises abnehmend. Die Pflanze besiedelt auch buschige Lehnen und verträgt auch unter Kiefern viel Schatten (Barbarken, Thorner Stadtforst, Wald von Ostrometzko und Neulinum). Auf der linken Weichselseite scheint nur ein Standort im Kreise Schweiz (Gehölz von Niewitschin) zu bestehen, da die übrigen wahrscheinlich eingegangen sind. Die Pflanze teilt häufig die Standorte von G. tinctoria, die in trockenen Wäldern und Gebüschen wohl in allen Ortsfloren hin und wieder zu finden sein wird. Cytisus ratisbonensis häufiger um Warschau und Ostpreußen, bei uns nur im Kreise Strasburg (Drewenzgebiet) Forstrevier Ruda, Brinsk, Gurczno mit der vorigen. C. nigricans fehlt bei uns als urwüchsig, findet sich aber bereits bei Warschau nach Rostafinski. Trifolium Lupinaster ist in Westpreußen ausschließlich Bewohnerin trockener Kiefernwälder im südlichsten Teile des Kreises Thorn. Hier tritt die Pflanze, und zwar fast durchweg in der rotblütigen Rasse, aus Polen in die Scbirpitzer Forst bis in den Kreis Inowrazlaw ein. Bloß vereinzelt hat Spribille einige weißblütige Stöcke der Pflanze gefunden, welche Farbe aber im ostpreußischen Verbreitungsgebiete 2) überwiegt und dann nur höchst selten die rote Blütenfarben aufkommen läßt. Diese seltene, sonst in ganz Deutschland fehlende Kleeart ist in Mittelrußland weit verbreitet und geht bis zur Kama, dem Baikalsee und nach Dahurien. Der Umstand, daß beide Rassen oder Spielarten sich bei uns ausschließen, deutet vermutlich auf zwei selb- ständige Einwanderungswege aus dem östlichen Europa hin. Denn auch in Rußland leben sie gewöhnlich nicht zusammen. So herrscht z. B. im Gouverne- ment Perm die weißblütige Form vor, die überhaupt viel weiter nach Norden vordringt als die andere, woraus sich vielleicht das Vorkommen dieser Form in Ostpreußen erklären läßt. Nach der Flora von Polesje hat Paczorski im Gouvernement Ufa weißblühende Exemplare an nur zwei Stellen x) In Ostpreußen Kreise Mohrungen und Neidenburg bei Saalfeld und an den Mayna- bergen (Drewenz-Soldau Gebiet); auch in Schweden. 2) Kreise Lyck, Johannisburg, Orteisburg, Neidenburg, Allenstein, Osterode. 195 244 gesehen, während eine var. purpurascens in jener Gegend überwiegend war. Etwas Ähnliches berichten andere Forscher. Es gibt aber auch hin und wieder Fälle, wo die einzelnen Rassen unweit voneinander leben1). Von Interesse wäre es zu erörtern, ob weiß oder rot die ursprüngliche Grundfarbe gewesen ist. Aus der weiter nach Norden in Rußland vorgeschobenen Ver- breitung der var. albiflorum könnte man sich für die weiße entscheiden. Bei dieser Gelegenheit mag darauf hingewiesen werden, daß Fälle von Albinismus gelegentlich bei einzelnen Kleearten zu verzeichnen sind, daß jedoch unter solchen, deren gewöhnliche Farbe weiß ist, rotblütige Stöcke zu den größten Seltenheiten zählen. So zeigte sich unter Trifolium montanum auf einem sogenannten „pontischen Hügel“ bei der Grützmühle (Kreis Marienwerder) ein Exemplar mit rosenroten Blüten (form, roseum J. Scholz). Dracocephalum Huyschiana erreicht in Deutschland bei Puschdorf (Ostpreußen) im Kreise Insterburg eine Nordgrenze, wird aber weiter nördlich für Ostfinland und Süd-Skandinavien angegeben. Nach der Besiedelungsweise in Ostpreußen lassen sich Einwanderungsstraßen längs des Pregel- und Memel- gebietes annehmen, die diese durch ihre prachtvollen hellblauen (an Scutellaria galericulata erinnernden) Blumen ausgezeichnete Pflanze aus ihrer ursprüng- lichen Heimat in Osteuropa gleich anderen pontischen Waldgenossen benutzt hat. Die Verbreitung im engeren Weichselgebiete endigt mit der Krausen- hofer Forst (Kreis Marienwerder) auf der linken Seite2), auf der anderen in der Thorner Stadtforst bei Barbarken — außerdem im Drewenzgebiete (Kreis Strasburg) in den Forstrevieren Ruda, Lautenburg, Adl. Brinsker Wald meist mit Inula hirta, im Kreise Löbau (Forstrevier Kosten, Belauf Kielpin). Der Drachenkopf blüht mit der Wiesensalbei in den mittelrussischen Steppen bereits gegen Mitte Mai, bei uns in sonnigen Lagen und bei günstiger Witterung im ersten Drittel des Juni. Bei starker Beschattung in Misch- wäldern pflanzt er sich auf ungeschlechtlichem Wege fort. Die reichsten Standorte in der Krausenhofer Forst bleiben auf die Weichselnähe beschränkt. Eine ausgesprochene Beziehung zur Kiefer kann aus ihrer Besiedelung der ost- und westpreußischen Standorte nicht gefolgert werden. Bei Puschdorf wächst sie sogar auf Pregel wiesen in sogenannten Eichenhöveln, d. h. kleinen mit Eichen bestandenen Bodenerhebungen3). Bemerkenswert für die Wander- richtung ist das Vorkommen bei Wilhelmshöhe (Rinkauer Forst) im Zuge des alten Urstromtales (Kreis Bromberg). Die Zwergkirsche ( Prunus fruticosa) unter Kiefern in der Schirpitzer Forst unweit des Artillerie-Schießplatzes von Rudak ist durch die häufigen Waldbrände stark gefährdet, die durch sogenannte Blindgänger entfacht werden !) Olga und Boris Fedtschenko: Flora des Gouvernements Ufa. Herausgegeben von der Naturf. Ges. Moskau 1894. 2) Aber nur in der großen Schirpitzer Forst an mehreren Stellen itn Anschlüsse an die Kreise Inowrazlaw und Schubin. 3) Abromeit. Flora Ost- und Westpreußens. S. 659. (Wohl angeschwemmt.) 196 245 und schon Hunderte ha gutwüchsigen Hochwaldes eingeäschert haben. Die übrigen Fundorte in der Provinz haben mit der Kiefer anscheinend nichts gemein (Seite 171, 190). Ausnahmslos in den Kieferbereich fällt der früher bei uns bloß an vier Stellen (jetzt nur noch an einer) beobachtete Königsfarn ( Osmunda regalis). Die stattliche Pflanze könnte um Barbarken und Ostrometzko zwar wieder auftauchen, kaum jemals bei Heubude, wo sie vielleicht doch urwüchsig gewesen sein kann. Dagegen besteht noch ein beträchtlicher Standort in der Kujaner Heide (Kreis Flatow). Er liegt in einem von Moor- kiefer und Moorbirke bewachsenen Heidemoore, unweit des Wersk-Sees. Der Standort hätte daher folgerichtig bei der Moorflora berücksichtigt werden müssen; er wurde aber deshalb für diesen Abschnitt zurückgestellt, weil die früheren Thorner und Kulmer Fundstätten im feuchten Kieferwalde selbst sich befunden haben. Nadelwälder bevorzugt entschieden Blechnum spicant , im Gebirge ein Fichtenbegleiter. Der Farn lebt bisweilen auch in Laub- und Mischwäldern, so bei uns längs der feuchten Küstenzone. Dort scheint sich die zur nordi- schen Florengenossenschaft gehörige Linnaea borealis besonders wohlzu- fühlen1). Reichlich fruchtet das zierliche Pflänzchen z. B. in den Wäldern auf der Frischen Nehrung. Es liebt moosige Stellen zwischen Heidel- und Preißelbeergesträuch; in Ostpreußen ist es aber häufiger, als in unserer Provinz. Ähnliche Standorte besiedeln Coralliorhiza innata und Goodyera repens. Diese Orchidee bekundet an unserer Küste Beziehungen zum Nadelwalde (z. B. Dünen- wälder von Heia, Kahlberg, Karlsberg). Im Binnenlande kommt sie selten vor2). Keinen Unterschied macht die Korallenwurz zwischen Erlen-, Moos- und Waldmooren, moosigen Plätzen in reinen Nadelwäldern oder Humus von Mischwäldern. Sie wird jedenfalls häufig übersehen worden sein, weil die unscheinbare Pflanze im Mischwalde bereits gegen Mitte Mai zur Blüte gelangt, wenn der Boden noch von dürrem Laube bedeckt ist (z. B. bei Kosielec- Jagowshöhe). Angebaut als Wildfutter werden, abgesehen von Besen- und Stechginster ( Sarothamnus scoparius und Ulex europaeus ), noch Lupinus poly- phyllus. Auch der Stranddorn ( Hippophaes ) ist bei Wirthy in der Tuchler Heide wahrscheinlich nur angepflanzt oder verschleppt. In welcher Weise sich fremde Bestandteile der einheimischen Waldflora hinzugesellen, z. B. Euphorbia virgata , Silene conica (z. B. Tuchler Heide bei Schwiedt), Juncus tenuis (Miradau bei Pr. Stargard), wurde bereits an einzelnen Beispielen nachgewiesen. Dünenwald. In seiner heutigen Gestalt ist der Dünenwald längs der west- preußischen Küste keine urwüchsige Formation, vielmehr ein dem unfrucht- Ü Von der Tuchler Heide an gegen Norden und Westen wohl in allen großen Waldungen, im Osten in den Kreisen Strasburg, Rosenberg (z. B. Alt-Eiche, Raudnitzer Forst), Kreis Marien- werder bei Honigfelde. 2) Kamnitzer Forst (Tuchler Heide), Mewe bei Jacobsmühle, Pelplin, Könitz, Dt. Krone, Christburg. 197 246 baren Sande und den feindlichen Elementen mühsam und mit zäher Ausdauer abgerungenes Kulturerzeugnis. Dennoch bedeckte früher die Küstenzone ein prachtvoller Laub- oder Mischwald. Jentzsch x) tritt der allgemein verbreiteten Ansicht entgegen, wonach der Aufbruch des alten Waldbodens der Geldnot der ehemaligen preußischen Fürsten zuzuschreiben ist. Er meint vielmehr, daß das beklagenswerte Versanden der Dünenwälder unter allen Umständen eingetreten wäre, weil sich vielfach Mißbräuche in der Durchforstung, bei Teerschwelereien usw. eingeschlichen hatten. Bei Rixhöft, Vogelsang, Pröbber- nau ruhen bis über die Wipfel verschüttete Wälder im Dünensande. Ja, auf der Kurischen Nehrung konnte sogar eine vierfache Waldbedeckung über einander nachgewiesen werden. Das von der Dünenbau- Verwaltung seit länger als 100 Jahren streng verfolgte Ziel, den Flugsand zu bändigen, hat Abb. 20. Zapfen von Pinus montana c. Pumilio Haenke. (Originalzeichnungen des Verf. im Handbuche des Deutschen Dünenbaues von P. Gerhardt.) jetzt bereits sehr beachtenswerte Erfolge zu verzeichnen. Unsere gewöhnliche Kiefer gedeiht erst hinter der grauen Düne (Seite 161). Auf den Dünen- ketten selbst stellt sie sich bald licht und verkümmert. Dagegen gedeiht hier die Bergkiefer ( Pinus montana)1 2) vorzüglich (vergl. Abb. 18, 19, 20). Zwar liefert ein so beschaffener, an die Legföhrenbestände der Hochgebirge er- innernder niedriger Dünenwald überhaupt keine Erträge. Das wird auch nicht beabsichtigt, weil er zunächst ein Schutzwald und kein Nutzwald sein soll. Hochwald kann hier erst festen Fuß fassen, sobald der Boden hinreichend mit Humus angereichert ist. Die Anlage von Kiefernschonungen geschieht in der Regel im Schutze von angepflanzten Sandgräsern (Sandgrasbestecken), wie dies Abb. 21 ersehen läßt. Die hier sich ansiedelnden Pflanzenformen um- fassen hauptsächlich die genügsamen Glieder der Sand-, seltener der Strand- 1) Gerhardt, Handbuch des Dünenbaus. Seite 146. 2) Ebenfalls in der Zapfenform veränderlich var. rostratci rotundata Aut., Pumilio Haenke, wie die beigegebenen Abbildungen lehren. 198 247 flora (Seite 152/3). Auf Heia, wo bereits die Kiefer augebaut werden konnte, zeigt sich auf den moorigen Waldrändern häufig die Glockenheide ( Erica Tetralix ) mit großen Herden von Juncus squarrosus und J. filiformis. Über- haupt tritt die Bildung von Strandmooren überall in Senken und Mulden her- vor. Goodyera repens und Coralliorrhiza pflegen sich hier gerne einzustellen. Manchmal sind die Waldwege teppichartig mit Polytrichum-Tlaseii und Drosera rotundifolia var. maritima eingefaßt. Gern stellen sich unter der jungen Schonung ein: Solanum Dulcamara und Cynanchum Vincetoxicum. In jungen Anpflanzungen zeigt sich bisweilen Valerianella olitoria, die besonders Abb. 21. Kiefernpflauzen zwischen Sandgräsern bei Neutief auf der Frischen Nehrung. (Aufnahme von P. Gerhardt im Handbuche des Deutschen Dünenbaues.) häufig die benachbarten Strandtriften (z. B. bei Zoppot) besiedelt, und sonst zerstreut in der Provinz, auch an Dämmen und unter der Saat, zuweilen mit F dentata, seltener F. rimosa zu finden ist. Selbst die Weinrose wagt sich bis an den Strand. Die auf der Westerplatte beobachtete Hosa micrantfoa Sm. ist hier wohl urwüchsig. Sonstige Holzgewächse auf Dünen sind außer der unentbehrlichen Schwarzerle und im günstigsten Falle der Weißbirke über- haupt nicht vorwärts zu bringen. B. Mischwald. Allgemeine Beschreibung. Der Mischwald ist kein Erzeugnis der modernen Forstwirtschaft, vielmehr ein den reinen Nadel- und Laubwald verbindendes i9y 248 Mittelglied, eine selbständige, urwüchsige, ohne Zutun des Menschen sich ausbildende Formation, wie sie jetzt allerdings mehrfach künstlich vom Forstmanne gehegt wird. An den ihnen am meisten zusagenden Stellen siedeln sich die Bewohner des Laub- und Nadelwaldes getrennt an oder bilden häufig, mit Ausschluß dieser oder jener, gegen Boden- und Temperatureinflüsse besonders empfindlichen Art gesellige Verbände. Die Zusammensetzung des Florenkleides wird natürlich zunächst durch das Vorherrschen der einen oder anderen Baumart bedingt. Meist bildet die Kiefer mit Weißbuche, Eiche, seltener mit Rotbuche gemischte Bestände. Selten wird die Kiefer durch die Fichte ersetzt, die mit jener in den Beläufen Lannoch, Feldchen der Oberförsterei Schönberg (Kreis Rosenberg), sowie in der Kämmereiforst zu Elbing prächtige Mischbestände bildet. Nebenher treten die Seite 217 — 222 aufgeführten Holzarten auf. Beim Vorwiegen des Laubholzes werden die Heide- und Kiefer- wald-Bewohner in den Hintergrund gedrängt oder halten sich ganz fern. Der Reiz, den gerade dieses Bindeglied zwischen den beiden großartigsten Pflanzen- vereinen der Erde auf den Naturfreund ausübt, kommt bereits im zeitigen Frühjahre zum Ausdrucke und bleibt so lange rege, bis die rauhen Herbst- stürme durch die Baumkronen brausen. Während das Pflanzenleben des Nadel- waldes im Frühjahre noch in festem Schlummer befangen zu sein scheint, regt sich bereits im Misch walde ein geheimnisvolles Leben. Rasch tritt die Laubwaldflora in ihre Rechte, und in schneller Aufeinander- folge wechselt das farbenreiche, beide Formationen umfassende Blütenkleid. Es übt deshalb auf das Auge einen um so nachhaltigeren, bestrickenderen Zauber aus, als zu gleicher Zeit im Mischwalde der Frühlingsflor der offenen Heide mit den übrigen Pflanzengenossen in eifrigen Mitbewerb tritt. Bald schmückt die jungen Schonungen ein kostbarer Blumenteppich, dessen einzelne Muster und Grundfarben bald der offenen Heide, bald der Vorgehölz-Formation entlehnt zu sein scheinen. Dem schmalblätterigen Lungenkraute ( Pulmonaria angustifolia) mit seinen azurfarbenen Blumen, den Blütenkelchen der Küchenschellen ( Pulsatilla patens , P.pratensis oder P.vernalis), den goldigschimmernden Rasen von Potentilla arenaria auf sandiglehmigem Untergründe, sind in überwältigen der Menge die weißen Blüten- sterne von Anemone nemorosa eingestreut, die sich etwas später als die prachtvoll violetten Blütenaugen des Leberblümchens (Hepatica nobilis) zu öffnen pflegen. Gewöhnlich hat die Blütenpracht gegen Anfang Mai für den Vorfrühling ihren Glanzpunkt erreicht. Der unvergleichliche Schmuck unserer Heide- und Kiefer- heide-Flora, die stolze Pulsatilla patens pflegt bisweilen 10 — 20 ihrer rot-, später dunkelvioletten Blumen zu gleicher Zeit im Sonnenlichte leuchten zu lassen. An ein und demselben Stocke befinden sich unbefruchtete, und dann in der Regel grade aufrecht stehende Blumen und solche, die nach eingeleiteter Befruchtung an dem Blütenstiele eine mehr oder minder nickende Stellung einnehmen. Ob die von G. Froelich als form, nutans beschriebene Pflanze damit in Zusammenhang gebracht werden kann, muß eingehendes 200 249 Studium lehren. Schon vom ältesten preußischen Botaniker Hellwing wird eine solche nickende Abart erwähnt (Abromeit br.). Beck1) führt übrigens die aufrechte und die nickende Blütenstellung bei den Pulsatillen als Unter- scheidungsmerkmale an. Hiernach müßte die FROELiCH’sche Pflanze, falls die an ihr beobachtete Erscheinung bald nach dem Erblühen eintritt, mehr als eine gewöhnliche Standortsform aufzufassen sein. Veilchenflor. Unmittelbar an den soeben geschilderten, einleitenden Blüten- abschnitt schließt sich die Veilchenblüte an. Hauptsächlich die lichten, jungen Schonungen stehen kurze Zeit im Zeichen dieses anmutigen Flors. Eingeleitet wird er stellenweise durch die unscheinbare, im Kreise Elbing fehlende Viola hirta , der sich im Schatten und an humosen Stellen das Wunderveilchen V. mirabilis vereinzelt beigesellt. Hauptsächlich beteiligen sich daran: V. silvatica, V. Riviniana und späterhin V. canina, die untereinander zahlreiche Bastarde erzeugen 2), die an Reichblütigkeit die Stammformen bisweilen übertreffen. Die für Ostpreußen bisher nicht nachgewiesene V. collina scheint sich von der Nordgrenze des Kreises Marienwerder ab nach der Küste hin fern- zuhalten und beschränkt sich auf das Gebiet von mittlerer (preußischer) Weichsel, Drewenz, Brahe und Schwarz wasser. Der an den bewaldeten, romantischen Weichselabhängen bei Fidlitz und Kl. Wessel im Forstreviere Krausenhof beobachtete Bastard V. collina + hirta ist an dem schwachen Dufte kenntlich und fast ebenso zahlreich wie die Stammeltern. Die Blütezeit dieser Arten fällt mit der unseres Gartenveilchens V. odorata3) zusammen, das an den Abhängen bei Fidlitz unter den erwähnten Arten wie wild wächst und wohl auch mit ihnen Kreuzungen eingeht. Das gewöhnliche Lungenkraut, Pulmonaria officinalis , kennen wir in unserem Gebiete nur in der Abart obscura Dumort. Wo es z. B. an schattigen Stellen der Waldränder längs der Weichsel mit P. angustifolia zusammentrifft, pflegt der Bastard P. not ha A. Kerner selten zu fehlen. Nicht zu verwechseln mit ihm sind reichlich fruchtende, auffallend breitblätterige Formen von P. angusti- folia (Seite 186), die von älteren Botanikern wahrscheinlich für die, unserer Flora nicht angehörende P. tuberosa Schrank gehalten worden sind. Im übrigen stellen sich an lichten Orten ein: Carex digitata , Luzula pilosa, L. multiflora und Melica nutans 4) in Menge, und zwar längs der Weichsel ebenso häufig Eierochloa australis, ferner Carex verna , C. pallescens, C. muricata, Anthoxanthum odoratum , Polygonatum officinale — häufig auch unter reinen Kieferbeständen, Viscaria vulgaris , Stellaria Holostea , Turritis glabra , Agri- monia Eupatoria , viel Erdbeere, Potentilla silvestris7 Polygala vulgaris, Lathyrus Flora von Nieder-Österreich. 2) Seltene Bastarde : Viola mirabilis -f- hirta, z. B. Forstrevier Krausenhof, Kreis Marien- werder bei Kl. Wessel, V. mirabilis -f* Riviniana Radaunental,. V. mirabilis -f- silvatica Gar- dengatal, Kreis Graudenz. 3) Auf V. maderensis im Gebiete bleibt zu achten. 4) Nach Spribille selten im Kreise Inowrazlaw. 201 250 vernus, Astragalus glycyphyllus, Pirola minor , Brunelia vulgaris , Verbascum nigrum , Plantago lanceolata, Gnaphalium silvaticum, Schafgarbe, Chrysanthemum vulgare , Hypochoeris radicata , Solidago virgaurea, Hieracium murorum , H. vulgatum , seltener H. laevigatum , H. silvestre und wohl sonst die meisten der gewöhnlichen Heidepflanzen einschließlich Teesdalea nudicaulis. Minder verbreitet sind: Thalictrum minus, Ranunculus polyanthemus, Rubus suberectus, Agrimonia odorata, Potentilla alba, Vicia cassubica, Lathyrus niger an trockenen Stellen, Polygala comosa , Seseli annuum, Libanotis montana, Digitalis ambigua, Serratula tinctoria (vom Kreise Elbing ausgeschlossen). Sehr zerstreut und nach Maßgabe ihres bereits angegebenen Ver- breitungsbezirks kommen vor: Peucedanum Cervaria , Laserpitium prutenicum (beide gleichfalls in Elbing fehlend), Trifolium rubens, Brunelia grandiflora1), Crepis praemorsa und Pirola rotundifolia , Fragaria elatior. Zwischen dem, die Mischwälder besonders auszeichnenden Blau- und Preißel- beergesträuch mag der Bastard V accinium intermedium Ruthe mehrfach übersehen worden seien2). Zu achten ist ebenfalls auf weiß- und rotfrüchtige, sowie unbereifte Spiel- arten der Blaubeere3 4), deren Vorhandensein von manchen Förstern mir aus- drücklich bestätigt wurde. Sträucher. An lehmig-sandigen oder humusreichen Stellen zeigt das Unterholz meist einen üppigen Wuchs. Es besteht gewöhnlich aus Stock- ausschlag, Wurzelbrut oder natürlicher Ansamung der vorhandenen Laubbäume, denen sich Gesträuch aus den Seite 225 erwähnten Arten hinzugesellt, ein- schließlich von Evonymus verrucosus und Ribes alpinum , deren Verbreitung (Seite 226) angegeben ist. Namentlich die Waldränder sind bisweilen von förm- lichen Hecken eingefaßt, die besonders dann geeignete Brutstätten für Sing- vögel abgeben, wenn Wildrosengestrüpp dazu kommt. Waldmeister pflegt im Mischwalde nicht überall verbreitet zu sein. In Lichtungen bedeckt bisweilen ein üppiger Graswuchs den Boden; es beteiligen sich daran meistenteils Formen des vielgestaltigen Schafschwingels ( Festuca ovina), ferner Festuca rubra, Poa nemoralis, Knäulgras (Dactylis glomeratafl). Hier wie vielfach am Waldessaume, längs der Gestelle, auf frischem, humusreichem Boden finden sich in der Regel Arten ein, die mit den Beständen des „buschigen Geländes, der Vorgehölz-Formation“, vollkommen übereinstimmen (Seite 190) und daher nicht nochmals einzeln namhaft gemacht zu werden brauchen. Dann spielen im Frühjahre Seidelbast, Leberblümchen ( Hepatica ), Anemonen, Schlüsselblumen ( Primula officinalis), später Maiglöckchen und viele andere 9 Der Bastard ß. vulgaris -f- grandiflora sicher bei Gr. Wessel an Waldrändern (Kreis Marien werder). 2) Wald von Oliva, Kreis Neustadt, Schlochau öfter, z. B. Kgl. Forstrevier Eisenbrück. 3) V. leucocarpmn D umort, V. erythrocarpum Aschers, n. Magnus (Knjaner Heide), V. epruinosum Asch, und M. 4) Die seltene Form pendula Dumort im Forstrevier Kosten, Kreis Löbau. 202 251 Arten eine führende Rolle, denen wir im reinen Laubwalde gleichfalls be- gegnen. Efeu. Eine ziemlich häufige Erscheinung auf beschattetem Boden bildet der Efeu ( ffedera-, , Helix). Vielfach klettert er zwar an den Stämmen in die Hohe, gelangt aber nur höchst selten zur Blüte, da er oben in strengen Wintern abfriert. An geschützten Orten gelingt es ihm bisweilen doch, so am hohen Weichselufer bei Klein Fidlitz, wo zwei ziemlich starke Stämmchen beobachtet wurden, wovon das eine leider unten am Boden abgeschnitten war, ferner in der städtischen Forst Damerauer- Wüsten bei Elbing1). Auffallend zahlreich und hoch klimmt der Efeu z. B. in den Wäldern von Freystadt und Traupel (Kreis Rosenberg). Wahrscheinlich würden Fälle von blühendem Efeu in Wäldern häufiger zu verzeichnen sein, wenn nicht bei einzelnen ihm feindlich gesinnten Forstbeamten die irrige Ansicht verbreitet wäre, daß die Waldbäume unter der Umklammerung leiden, die Kletterwurzeln ihnen den Saft entziehen2) und dadurch eine tötliche Wirkung ausüben. Nach K. R. Kupfer kommt Efeu nur bis 58 0 57 ' blühend vor. Es bleibt an dieser Stelle eine in Ostpreußen erheblich weiter verbreiteten hochwüchsigen Doldenpflanze Laserpitium latifolium zu erwähnen, die lichte Schonungen liebt. Ihre Hauptstandorte in Westpreußen hat sie westlich von der Weichsel3), östlich von ihr wurde sie früher für die Rehhofer Forst an- gegeben. Vorliebe für den Mischwald, waldige Lehnen zeigt die wohl öfter nicht gehörig unterschiedene, anscheinend in Ostpreußen ebenfalls weiter verbreitete Pirola media. — Sie fehlt vielleicht allen großen Nadelwaldungen, z. B. der Tuchler Heide und den Forsten von Thoxn und Flatow. C. Laubwaldflora. 1. Hauptformation. Reine Laubwaldbestände gehören, wie schon hervorgehoben, bei uns zu den Seltenheiten. Sie sind blos inselförmig den Misch- oder Nadelholzwäldern eingesprengt. Die Hauptblütezeit der Laubwaldpflanzen fällt in die Frühlings- monate und entfaltet sich in rascher Aufeinanderfolge in bunten, wechselvollen Bildern. Die den lieblichen Frühlingskindern gewährte Frist zu blühen und zu fruchten, ist nur kurz bemessen und muß von ihnen nach Kräften ausgenutzt werden. Später nämlich beschattet ein dichtes Blätterdach den humusreichen Waldboden oft dergestalt, daß nur wenige oder keine Blütenpflanzen bestehen !) Ein dritter Standort im Linietzer Walde scheint ein gegangen zu sein; auch das Stämmchen bei Damerau ist jetzt abgeschnitten (Kalmuss bi\). 2) Etwas ähnliches kann man sogar in Zeitungen oder Zeitschriften lesen, z. B. im „Neuen Blatte“ Nr. 33 für 1903, S. 528. 3) Kreis Neustadt, Putzig, Karthaus, Berent (Radaunegebiet), Tuchei (Brahegebiet), Könitz, Schlochau, in den Formen glabrum und asperum — ebenso im Drewenzgebiete vom Forstreviere ßuda bis nach Ostpreußen«hinauf. 203 252 können. Ja nicht einmal den bescheidenen Moosen ist auf dem Boden an besonders schattigen Stellen Gelegenheit zur Entwickelung gegeben. Sofort aber ändert sich das Bild, wenn ein genügender Luftraum geschaffen wird. Das ist z. B. der Fall in Eichen- oder Birkenhainen, in denen sich der Wald- boden gewöhnlich mit Laubwaldgenossen, namentlich mit einer üppigen Gras- flora, zu bedecken pflegt. (Yergl. Abb. 22). An allgemein verbreiteten Pflanzen sind zu nennen: Milium effusum , Agrostis alba1), Calamagrostis arundinacea 2), an feuchten oder moorigen Plätzen Aera caespitosa, Molinia coerulea mitunter in einer der var. arundinacea Schrk. nahestehenden oder gleichkommenden Form, wie sie von den Vorgebirgsformen Mittel- und Süddeutschlands kaum zu unterscheiden ist, Melica nutans , Dactylis glomerata in verschiedenen Schattenformen, Poa nemoralis , Festuca gigantea , F. rubra oft in Menge, Triiicum repens , Holcus mollis, Carex muricata, seltener C. pallescens , besonders häufig C. digitata , Luzula pilosa , L. multiflora , Ma- janthemum bifolium , Convallaria majalis, beide Arten oft in dichtgedrängten Herden, Polygonatum multiflorum , Paris quadrifolia , namentlich auf morastigen Stellen fünf- und mehrblätterig, Platanthera bifolia , Epipactis latifolia in der grünblütigen Spielart viridiflora , Asarum europaeum , Adoxa Moschatellina, Moeh - ringia trinervia , Stellaria nemorum , Cerastium caespitosum , Actaea spie ata, Hepatica nobilis , Anemone nemorosa , oft die etwas seltenere A. ranunculoides ausschließend, die z. B. im Kreise Inowrazlaw fehlt, Ranunculus auricomus , R. acer , jß. lanuginosus , Alliaria officinalis , Geum urbanum , Rubus Idaeus) in dessen Nähe mitunter der sicher häufig nicht erkannte Bastard i2. caesius + Idaeus zu finden sein wird, ferner meist Scharen von Sauerklee (Oxalis Aceto- sella), Bingelkraut (Mercurialis perennis), gewöhnlich mit nach Geschlechtern geord- neten Trupps, Waldveilchen der gewöhnlichen Arten (Seite 249), Aegopodium Podagraria, der nordische Siebenstern ( Trientalis europaea ), Himmelschlüssel und Lungenkraut ( Primula officinalis und Pulmonaria obscura), Gundermann ( Glechoma hederacea ), Wald Wachtelweizen ( Melampyrum nemorosum ), Waldmeister ( Asperula odorata ), oft mit Leberblümchen große Strecken allein in Beschlag nehmend — minder stark vertreten: Trifolium medium , T. alpestre in Herden, Vicia silvatica , V. sepium , Lathyrus vernus , L. pratensis , Epilobium montanum , Geranium Rober - tianum, Circaea lutetiana gesellig, Efeu, Sanicula europaea , Chaerophyllum temulum, Pirola minor , Clinopodium vulgare , Galeobdolon luteum 3 4), Lactuca muralis. An Waldwegen stellen sich ein: Cerastium caespitosum^) , Brunelia vulgaris , Galeopsis pubescens (gern in Pflanzgärten) — und an Waldsümpfen oder feuchten, schattigen Orten: Binsen, Waldschachtelhalme ( Equisetum J) Hier auch in der hochwüchsigen Form gigantea GrAUD. 2) (7. lanceolata + arundinacea C. Hartmanniana ) wohl öfters nicht unterschieden, sicher in der Königsbrucher Forst bei Schlachta. 3) Die var. montanum Pers. scheint längs der Weichsel nicht selten zu sein (z. B. Ostro- metzko, hier wohl zuerst von Bock richtig erkannt, Fidlitz, Gr. Wessel). 4) var. nemorale. Dort ebenfalls mehrfach. 204 253 L. Basilius-Elbing phot. Abb. 22. Laubwaldformation in der Doerbecker Schweiz (Landkreis Elbing). 205 254 silvaticum ), bisweilen E. hiemale1), Springkraut ( Impatiens noli tangere ), Stachys silvatica , Lamium maculatum , Cardamine amara, Teufelskralle ( Phyteuma spi- catum ), Carex remota , Listera ovata und Aspidium Thelypteris. Zerstreut treten auf: Equisetum pratense , Triticum caninum besonders in Haffwäldern, Brachypodium silvaticum , Aquilegia vulgaris2), Thalictrum aqui- legifolium , T. minus var. silvaticum, Rubus suberectus, Agrimonia odorata, Hypericum montanum nach der Küste hin wie Carex montana spärlicher, Neottia nidus avis , Dianthus Armeria (an Waldrändern), Pimpinella magna, Libanotis montana , Chaero- phyllum aromaticum 3), Pirola uniflora sehr gesellig, P. rotundifolia, Myosotis sil- vatica und nach Maßgabe ihrer Verbreitung Cimicifug a foeticla (Seite 193). Als sehr zerstreut sind zu betrachten: Poa Chaixi, Bromus asper var. Benekenii (Lange) Syme, Carex silvatica nach Norden hin häufiger, Poten- tilla procumbens , Platanthera montana , Cephalanthera rubra mit Ausschluß des nördlichen Gebietes, Cypripedilum Calceolus , z. B. häufiger im Radaunetale und noch bei Rixhöft (Kreis Putzig), Rumex sanguineus meist in der Form viridis, Circaea alpina mitunter häufiger als C. lutetiana, während C. inter- media auf der linken Weichselseite, erheblich seltener östlich4), an feuchten bis quelligen Plätzen festgestellt worden ist — bisweilen herden weise ohne die vermutlichen Stammeltern. Feuchtschattige Stellen liebt ferner abgesehen von Lycopodium Selago, der Sturmhut, Aconitum variegatum. Sein Hauptver- breitungsgebiet umfaßt den nordwestlichen Teil der Provinz und die Weichsel- nähe einschließlich der größeren Seitentäler. Ein eigenartiger Standort liegt an einer Stelle der quelligen Abhänge längs der Cypelle hinter Liebental (Kreis Marienwerder), wo die Pflanze in Menge sich den sogenannten Quellbach- beständen sonniger Lagen hinzugesellt. » Für bergige Laubwälder, buschige Abhänge ist in manchen Weichsel- wäldern, namentlich für die Krausenhofer Forst der Waldstorchschnabel (Geranium silvaticum )5 6) bezeichnend, der jedoch auch an den bewaldeten Abhängen der größeren Nebenflüsse und sehr zerstreut in den westlichen, übrigen Kreisen der Provinz beobachtet ist. Wenig über die Weichselnähe hinaus geht Ervum pisiformeQ), es ist aber noch vorhanden in den Brahe- und Schwarzwasserschluchten, an Ferseabhängen (Kreis Pr. Stargard und Berent) bis in die Forst von Oliva, hin und wieder mit der bei uns ver- hältnismäßig selteneren Vicia dumetorum 7). 9 Beide fast immer auf lehmig-sandigem Untergründe. 2) In der Reliliofer Forst auch rot- und gelbbliitig. 3) Zu beiden Seiten der Weichsel häufig, aber dann weiter nach Westen nur im Kreise Flatow und Dt. Krone an einigen wenigen Standorten; bei Danzig kaum noch vorhanden. 4) Sicher in feuchten Wäldern von Löbau und wohl auch Elbing. 5) Selten die kleinblütige Form, parvißorum Knaf. 6) Fehlt ebenso wie Geranium silvaticum im Kreise Elbing, in Ostpreußen nur im Alle- und Angerapp-Gebiete. 7) In Westpreußen nur in einigen Schluchten der Kreise Kulm, Graudenz bei Roggen- hausen, Klostersee bei Marienwerder, Schlucht von Wengern bei Marienburg. 206 255 Arten mit wechselndem Lichtbedürfnisse. Ein verschiedenartiges Maß von Licht beansprucht eine Anzahl von Arten wie Poa Chaixi , Melandryum rubrum , bei uns gewöhnlich an Bachufern und Waldbächen, Geranium silvaticum, Trientalis europaea und Trollius europaeus. — Poa Chaixi verläßt den Schatten selten bei uns, um sich den sonnigen Quellbachbeständen anzuschließen, wie sie dies z. B. im Riesengebirge häufig zu tun pflegt. Mit Ausnahme von Trollius bilden die übrigen Pflanzen auf Gebirgs-Wiesen oder zwischen Felsgeröll bis zur Hochgebirgsregion einen wesentlichen Bestandteil der Flora — als aus- gesprochene Kinder des Lichtes. Die Trollblume dagegen tritt in Westpreußen höchst selten als Wiesenpflanze auf, z. B. um Strasburg und Lautenburg. Listera ovata wiederum verhält sich an hochgelegenen Standorten, z. B. Freudental, unweit Oliva, genau wie an ähnlichen Stellen im Vorgebirge, da sie hier wie dort noch Anfang August in voller Blüte steht, während sie in den Weichsel- wäldern schon Mitte Juni abgeblüht hat. Was nun die einzelnen sonst zu berücksichtigenden Laubwaldgenossen anbetrifft, so ergeben sich derartig bemerkenswerte Unterschiede in der Be- siedelungsweise, daß es sich empfiehlt, jede Gattung einzeln für sich zu be- sprechen. Farne. Athyrium filix femina pflegt im Laubwalde ebenso stark ver- treten zu sein, als Aspidium filix mas- verbreitet sind ferner: A. spinulosum1), oft in großen Herden der Buchenfarn (A. Dryopteris) , an torfigen Stellen nicht zu selten das von der Moorflora her bekannte A. cristatum (Seite 113). An Hohl- wegen und Baumwurzeln pflegt sich Polypodium vulgare einzustellen^ bis- weilen begleitet von Cystopteris fragilis. Die Küstenwälder scheint Phegopteris polypodioides vorzuziehen, da es im Binnenlande ziemlich selten ist und manchen Kreisen fehlt. Das seltene Bl echnum spicant kennen wir gleichfalls nur aus der Seenähe und dem feuchten, kühlen, nordwestlichen Teile der Provinz2). Bei Rauschen in Ostpreußen erreicht es auf einem durch keine weitere Zwischenstation mit unserer Provinz verbundenen Standorte für die deutsche Flora eine Nordost-Grenze. In Rußland wird der Farn für das obere Weichselgebiet (Tal Ojcöw nach Karo), (russisch) Litauen im Kreise Pinsk bei Welesnica, Kabillen in Kurland und den Kaukasus angegeben. Den stattlichsten aller deutschen Farne, den Straußenfarn ( Onoclea Strutiopteris) hat fast das ganze westpreußische Küstengebiet, einschließ- lich der Radaunetäler des Kreises Karthaus und der Elbinger Flora gemein- sam3). Nach Westen erstreckt sich seine Verbreitung durch das pommersche Waldgebiet und nach Osten durch Ostpreußen, das an Farnen vor West- preußen bloß das sehr seltene Botrychium virginianum voraus hat. !) Besonders die Form elevatum , seltener dilatatum. 2) Um Danzig bei Bärenwinkel, Strauchmühle, Pelonken, Kreis Neustadt, Putzig und nördlichen Teile von Kartliaus. — Vergl wegen der Verbreitungs-Grenzen auch: K. R. Kupffer, Bemerkenswerte Verbreitungsgrenzen im Ost-Balticum. Abh. d. Bot. V. f. Brandenb. XLVI, S.75. 3) Kreis Neustadt bei Bohlschau und Gossentin. 207 256 Das zierliche Asplenium Trichomanes , bereits von den buschigen Ab- hängen von Niedermühl erwähnt (Seite 194), besiedelt in der Ebene durchaus nicht immer Baumwurzeln. In der Tuchler Heide wächst es längs der Brahe- schluchten, z. B. bei Pillamühle, ferner bei Fidlitz an schattigen Abhängen und Hohlwegen. Ähnliche Fälle sind aus der Rehhofer Forst, aus den Kreisen Berent, Putzig und Karthaus bekannt geworden. Das an die Mauer der Gasanstalt von Thorn verschlagene Aspidium Robertianum (S. 183) wird außerdem für die Argenauer Forst, den Kreis Dt. Krone (am Fließ bei der Salmer Glashütte) und das Schwarzwassertal zwischen Pulko und Sauren im Kreise Schwetz (auch für Ostpreußen) angegeben. Die Küstengebiete überschreitet das angenehm duftende Aspidium montanum wenig. Wir kennen es aus feuchten Wald- schluchten der Kreise Neustadt1) und Danzig — hier namentlich von der Olivaer Forst. H. v. Klinggraeff gibt es zwar für den Kreis Allenstein an, wo es jedoch später nicht mehr gefunden werden konnte. An der Küste erscheint der seltene Farn dann erst wieder in den russischen Ostseeprovinzen, ferner in russisch Litauen, Wolhynien, Transkaukasien und im Tale Ojcöw. Hier tritt es ebenso wie in den mitteldeutschen Vorgebirgen als Gebirgspflanze zwischen Felsgeröll auf. Die für Aspidium löbatum in den Floren2 3 * *) angegebenen westpreußischen Standorte scheinen bis auf einen einzigen — den Schloßberg von Neustadt — untergegangen zu sein. Neuerdings wurde es durch Abromeit in der Majorats- forst von Doehlau, Kreis Osterode, entdeckt. Hier gedeiht es unter Buchen an schattigen Abhängen ungemein üppig. Auf die schöne Pflanze, die nach Kupffer im Ost-Balticum bei Dodangen-Schlieterhof (Kurland) mit einer Nordostgrenze endigt, wäre daher im angrenzenden Kreise Löbau zu achten. Die zahlreichen, zumeist auf schwankende Unterscheidungsmerkmale begründeten Formen, solcher durch Einwirkung von Frostschäden gar nicht zu gedenken, glaube ich ohne weiteres übergehen zu können8). Dasselbe gilt für die viel- fach ebenso unbeständigen Abänderungen der Schachtelhalmgewächse. Als beständig erweist sich die immer wieder an demselben Standorte erscheinende vielährige Abart des Waldschachtelhalms, Equisetum silvaticum var. poly- stachyum Milde bei Pentkowitz, Kreis Neustadt. Das stattliche E. maximum, in Waldsümpfen oder auf quelligem und mergelhaltigem Boden der Weichsel- wälder, z. B. längs der Abhänge von Fidlitz bis Klein Wessel mitunter sehr häufig, nimmt als wärmebedürftige Pflanze nach Norden rasch ab und ist in den Elbinger Bergwaldschluchten bloß an wenigen Stellen vorhanden, ebenso in Ost- preußen, wo nach Kupffer die Grenze unterm rechten Winkel nach Süden wendet. Kellerberg. 2) z. B. Ascherson und Graebner: Flora des nordostdeutschen Flachlandes. Berlin 1898/99, Seite 10. 3) Interesse beansprucht eine sehr seltene — angeblich nur in der Grafschaft Jorkshire beobachtete Abänderung von Athyrium filix femina — - var. latipes Moore aus der Stagnitter Schlucht, Kreis Flbing. 208 A 257 Seltenes Gehälm. Einen wesentlichen Bestandteil der Flora trockener Laubwälder westlich von der Weichsel bildet die wohl hin und wieder nicht richtig erkannte Festuca hetei'ophylla , z. B. auch im Laubwaldgebiete der Tuchler Heide, in der Krausenhofer Forst, Kreis Marienwerder, hier stellen- weise als Leitpflanze namentlich um Groß Wessel. . Den nördlichen Gebiets- teil1) bevorzugt F. silvatic a und die hochgelegenen Striche der östlichen Waldzone (Kreis Löbau). Auf die Laubwaldzone, hauptsächlich das Buchengebiet der Provinz, be- schränkt sich die mitunter kleine Bestände bildende Meli ca uniflora. Am zahlreichsten findet man das bei uns seltene Gras im Badaunetal, überhaupt im hochgelegenen nordwestlichen Teile der Provinz, im Kreise Elbing wohl nur bei Yogelsang und in der Schlucht von Stagnitten. Es fehlt sogar nicht der Buchenzone in der Tuchler Heide, z. B. längs des Kamiontka- und Minikowo- Sees, ferner im Kreise Marienwerder (Kröxener Wald) und weiter östlich im Görlitzer Walde (Kreis Löbau). Aus dem Waldgebiete Pommerns scheinen wir Luzula nemorosa empfangen zu haben, da es von dort nach den Kreisen Schöneck, Danzig (Pelonken) bis zur Elbinger Höhe ausstrahlt, bald unter Laub-, bald unter Nadelhölzern. Im Binnenlande hat die Pflanze wohl keine als urwüchsig zu betrachtenden Standorte. Sie wäre aber doch für den Löbauer Kreis zu erwarten, weil sie z. B. bereits im hochgelegenen Teile des Kreises Osterode (Wald von Klonau) einheimisch ist. Auf dieselbe Einwanderungsrichtung aus dem westlichen baltischen Waldgebiete weist Luzula silvatica hin, die im Kreise Karthaus bei Mirchau unter Buchen von Graebner festgestellt worden ist und hier für Deutschland eine Ostgrenze erreicht. Ein Seitenstück zu diesem Vorkommen bildet Hordeum europaeum im schluchtenreichen Cedrontale des Kreises Neustadt. Mit der Buche hat das in schattigen Laubwäldern Mitteldeutschlands einheimische Gras wohl nichts gemeinsam, da es zwar vom Schatten, aber nicht von einer einzelnen Holzart abhängig ist. Sein zweiter Standort im ehemaligen Grebiner Walde ist durch Abtrieb verloren gegangen2). Er würde auch kein besonderes pflanzengeographisches Interesse beanspruchen, weil dieser Wald dem Stromtale angehört hat und daher eine Herabwanderung aus den Karpathen- Wäldern an- zunehmen ist. In die Buchenzone fällt jedoch ein unweit der westpreußischen Grenze belegener Standort im Doehlauer Walde (Kreis Osterode), während die andern ostpreußischen Standorte, Rominter Heide und Gauleder Forst, in das Fichtengebiet gehören. Nach Boris Fedtschenko (br.) wächst die in der Tracht an Triticum caninum erinnernde Pflanze im Gouvernement Kaluga (Rußland) unter Eichen. Wir könnten sie bei uns im Kreise Löbau, vielleicht wiederum für die Elbinger Waldschluchten erwarten, wo sie seit mehreren !) Kreis Karthaus, Neustadt, Danzig (z. B. Olivaer Forst), Elbing (bei Cadinen). 2) Ebenso wie Carex brizoides , die übrigens schon früher durch v. Nowitzki nach Be- lagsexemplaren im Provinzial-Museum zu Danzig für den Kreis Thorn, jedoch ohne Fundorts- bezeichnung angegeben wurde. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 209 17 258 Jahren vermißt wird. Ergänzt wird diese eigenartige, gewöhnlich Gebirgs- wälder bewohnende Genossenschaft von Gräsern, die sich auf den höchsten Teilen der Provinz wiedertindet, durch die recht gesellige Carex pilosa. Erheblich verbreiteter als bei uns ist die seltene Segge in Ostpreußen, namentlich in Litauen, sonst beobachtet im Kreise Thorn, Roggenhausen (Kreis Graudenz), im Grenzgrunde bei Elbing und im Saskoschiner Walde (Kreis Danzig). Brombeeren. Die bei uns obwaltenden klimatischen Verhältnisse gelangen in der Verteilung der Brombeer- Arten in bemerkenswerter Weise zum Ausdrucke. Schon die Provinz Posen hat eine Reihe interessanter Vertreter dieser schwierigen Gattung vor Westpreußen voraus. Noch artenärmer aber tritt sie in Ostpreußen auf, wo die Schößlinge gewöhnlich abzufrieren pflegen. Die Verbreitung scheitert also tatsächlich an der Witterungsungunst. Einzelne Ausnahmen ge- stattet das mildere, feuchte Seeklima im westpreußischen Küstengebiete. Wir zählen hier einige dem Binnenlande sicher fehlende Arten wie: Rubus Radula1), R.Sprengelii , R.macrophyllus , der mit R. pyr ami da lis Kaltenberg verwechselt werden könnte und sich von der Küste etwas mehr längs der Weichsel landeinwärts erstreckt. Diese Art herrscht vor auf der Frischen Nehrung (z. B. bei Lipp und Langhaken), bei Tolkemit, während R. Sprengelii nicht bloß hier, sondern auch westlich von Danzig mehrfach festzustellen sein wird. R. Radula fehlt vermutlich im Kreise Elbing, ebenso wie R. Wahlbergii Arh. b. borussicus Focke. der vom südwestlichen Zipfel der Provinz durch den Kreis Pr. Stargard nach der Küste vordringt. Ob R. thyrsoideus Wim. von der Luftfeuchtigkeit bei uns abhängig ist, mag dahingestellt bleiben, weil die Pflanze nicht überall gehörig unterschieden worden ist2). Dagegen hat der an feuchte Wälder gebundene R. Bellardii in Westpreußen seine hauptsächlichste Verbreitung im nördlichen Waldgürtel, ohne jedoch in einzelnen Kreisen des Innern zu fehlen, wo Misch- und Laub- wälder überwiegen. Diese Art kommt sogar von Memel ab erheblich nörd- licher vor und ist vor Frostgefahren durch ihre auf dem Waldboden weit- umherkriechenden Ausläufer hinlänglich gesichert, die im Winter unter dem dürren Laube geborgen sind. Zu achten bleibt auf den früher bei Pelonken unweit Danzig gesammelten R. sulcatus Vest. und den um Ostrometzko fest- gestellten R. villicaulis Koehler. Über einen erheblichen Teil des Gebietes verstreut sind die schier un- erschöpflichen Formen der Sammelart R . dumetorum Weihe. Auf die viel- umstrittenen Mittel- oder Übergangsformen und Bastarde einzugehen, muß ich verzichten, weil dabei der persönlichen Auffassung der einzelnen Forscher ein zu weiter Spielraum gelassen ist. Ich kann jedoch nicht umhin, auf den wichtigen Umstand aufmerksam zu machen, daß Ostpreußen ganz bedeutend !) Talmühle bei Danzig, Kreise Putzig, Neustadt. 2) Anscheinend von Elbing bis zur Prökelwitzer Porst stärker verbreitet, als in den drei westlichen Küstenkreisen — sicher um Zoppot bei Talmühle. 210 259 weniger von solchen schwankenden, zweifelhaften Formen aufzuweisen hat, da sich dort das Vorkommen der spärlichen Rubus- Arten auf die formen- armen Arten wie R. saxatilis, R. Idaeus, R. caesius , R. suberectus beschränkt. Kreuzblütler. Bei dieser Familie stellen sich minder scharfe Unterschiede heraus. Immerhin sind einige ihrer Vertreter offenbar an die feuchte Laub- waldzone gebunden. Fast auf die Küstenstriche in Westpreußen beschränkt sich Cardamine silvatica1), deren Eindringen von dem Elbinger Wald- gebiete (Vogelsang, Cadinen) nach der Prökelwitzer-Finckensteiner Forst, bis in die Gegend von Dt. Eylau längs des Laubwaldgürtels an den Seengruppen, nicht unwahrscheinlich wäre, aber neuerdings dort keine Bestätigung erfahren hat2). In derselben Richtung soll ferner C. hirsuta beobachtet worden sein. Sicher kennen wir sie nur aus den Waldschluchten im Kreise Karthaus (Leba- und Dambitza-Tal) und dem Fersetal, z. B. bei Owidz. Die ostpreußischen Stand- orte im Forstrevier Goldap und im Kreise Orteisburg deuten auf einen Zu- sammenhang mit der russischen Flora hin, da sowohl diese Art wie C. impatiens in den benachbarten großen Waldgebieten anscheinend stärker vertreten ist. In Westpreußen erreicht diese Art jedoch die Küste nicht; denn, indem sie durch den Kreis Dt. Krone, das Schwarzwassertal (Zatocken bei Osche, Minikowo-See) nach Norden vordringt, berührt sie kaum den nördlichen Teil des Kreises Pr. Stargard. Ein vereinzelter Standort im Kreise Graudenz (Insel im Schloß-See) liegt im Bereiche des Ossagebietes. Dagegen fällt die Hauptverbreitung von Dentaria bulbifera und Lunaria rediviva in die nördliche Waldzone. Dentaria kennen wir aus den Kreisen Neustadt, Karthaus und Elbing (hier von Cadinen und den Rehbergen), ferner aus ver- schiedenen Stellen des Schwarzwassergebietes inmitten der Laubwaldzone der Tuchler Heide (Cisbusch, Zatocken). Nach Abromeit macht die Pflanze zwischen Weiß- und Rotbuche oder Linde keinen Unterschied. Der von Winkelmann angegebene Standort bei Boeslershöhe unweit Graudenz scheint sich früheren, sehr eingehenden Beobachtungen entzogen zu haben. L. rediviva bewohnt die Bergschluchten von Cadinen und Umgegend und das Wengorniatal bei Swaroschin im Kreise Pr. Stargard3). Subalpine Formation. Bereits bei der Besprechung der Farnflora (Seite 255, 257) und der Gräser ergaben sich lebhafte Anklänge an die Flora der süd- und mitteldeutschen Gebirgswälder. Verstärkt wird dieser Eindruck durch eine Reihe anderer, für die Vorgebirgsflora bezeichnender Arten, die in das nord- westliche Waldgebiet eintreten. Hier nimmt besonders das romantische Radaunetal eine Sonderstellung ein. Bemerkenswert erscheint zunächst Me- !) Kreise Danzig (Oliva, Pelonken), Putzig, Neustadt (Cedrontal), Karthaus (Forstrevier Mirchau). 2) In Ostpreußen um Schlobitten — also unweit der Finckensteiner Forst, sonst für Ostpreußen außer dem Kreise Königsberg zweifelhaft. 3) Angeblich den Finckensteiner Wald, wo die Pflanze, vergeblichen Suchens ungeachtet, doch vorhanden sein könnte. 211 17* 260 lampyrum silvaticum , das vorgeschobene Posten bis ins Fersegebiet aus- sendet1). Die Pflanze pflegt die Gesellschaft von Lysimachia nemorum2) zu lieben, die ihrerseits wiederum in den Küstengebieten westlich von der Weichsel von Veronica montana begleitet wird. Auch diese, feuchten Humus- boden beanspruchende Art hat ihre Hauptverbreitung längs der nördlichen Waldzone bis in das Passarge- und Allegebiet (Braunsberg und Pr. Eylau), einige vereinzelte Standorte in den Kreisen Briesen (Frohnauer Wald) und Marienwerder (bei Kröxen). Jedenfalls ist sie nicht immer an die Buche ge- bunden. Das die Eandeinfassung vieler Gebirgsbäche (z. B. im Riesengebirge) bildende Chaerophy llum hirsutum hätte in der vorliegenden Schilderung schon früher berücksichtigt werden können, weil die Pflanze im Radaunegebiete3) sogar Erlenmoore bewohnt. Da sie aber von dort auf Waldwiesen Übertritt und schließlich in den Laubwald selbst hineinragt, so wurde ihre Besprechung bis jetzt verschoben. Jedenfalls gewinnt die im Nordwesten unserer Provinz vereinigte eigenartige Laubwaldgenossenschaft durch das Vorkommen dieser Art an Be- deutung. In den Rahmen des gedachten alpin-nordischen Verbandes gehören endlich noch zwei andere seltene Doldengewächse hinein: Bupleurum longi- folium und Pleurospermum austriacum. Sie passen jedoch nur insofern hinein, als die beiden Pflanzen pon tisch er Herkunft sich den Felspartien höherer Gebirgslagen beigesellen. Es bekundet aber z. B. im Riesengebirge B. longifolium ebenso wie bei uns ein etwas stärkeres Lichtbedürfnis, während Pleurospermum Feuchtigkeit und Schatten vorzieht. Beide bewohnen das Radaune- gebiet (Drahthammer bis Ünter-Kahlbude) und dringen bis in die Olivaer Forst vor (Freudental). Erheblich zahlreichere Standorte hat Pleurospermum von Polen ab in den meisten Misch- und Schluchtwäldern des weiteren Weichsel- gebietes, einschließlich der großen Elbinger Waldschluchten4). Längs der Drewenz (bis Saalfeld) und Passarge sendet die stattliche Staude vorgeschobene Posten bis in den Kreis Braunsberg, wo sie ihre Nordwestgrenze für die deutsche Flora erlangt. Mit einer ähnlichen Nordwest-Grenze, die sich aber bereits bei Oliva verläuft, endigt das von Ostpreußen ausgeschlossene B. longifolium. Diese Pflanze überschreitet nicht die Weichsel nach Osten, beschränkt sich vielmehr auf das linke Weichselgelände einschließlich Radaune, Brahe und Lobsonka5). 1) Kreis Danzig bei Heubude, Oliva usw., Neustadt mehrfach, am häufigsten in Kreis Karthaus, auch im Stolpetal, ferner im Strugatal, Kreis Berent; fehlt in Ostpreußen. 2) Neuerdings für die Heiligenwalder Schanzen (Kreis Pr. Holland) festgestellt. 3) Einschließlich Kladau und Fietze, überhaupt beobachtet: in Kreis Karthaus, Berent, Danziger Höhe (z. B. Jenkau); in Ostpreußen im Alle- und Passarge-Gebiete. 4) Thorn bei Niedermühl, Krausenhofer Forst bei Gr. Wessel, Kozielec, z. B. Heidemühl im Forst von Rehhof, Weißenberg, Wengern, Schanzen wald bei Rosenberg, Christburg (Sorgefluß), Welleabhänge, Kreis Löbau. 5) Kreis Marienwerder bei Klein Krug, Kreis Schwetz bei Poledno (Bachufer im süd- lichen Teile des Gehölzes), Kreis Tuchei bei Pilla-Mühle und Kreis Flatow in der Kujaner Heide. 212 261 Mit dem bereits (Seite 251) erwähnten stattlichen Laserpitium latifolium schließt die Reihe der hier im Nordwesten unserer Provinz beobachteten Hochstauden. Elbinger Waldgebiet. Eine Eigentümlichkeit des wegen seiner wildromantischen Schönheit weitberühmten Waldschluchten-Gewirrs von Elbing um Vogelsang und Stagnitten, bildet die weiße Pestwurz (. Fetasites albus), gleich häufig sonst als Einfassung der Gebirgsbäche in der Vorgebirgsregion wie unter den Formationen der feuchten Felspartien (vergh Abb. 23). Die wenigen Stand- orte längs der Ostseeküste beschränken sich auf Rügen, Klein Katz, Kreis Neustadt und in Ostpreußen auf die Kreise Braunsberg, Pr. Holland, Heils- berg und Heiligenbeil, wo die Pflanze tiefer landeinwärts dringt als in West- preußen. Diese Verbreitungslinie entspricht ungefähr der letzten Stillstands- lage des Eisrandes während der letzten Eiszeit. Sie fällt auf dem pomme- rellisch-preußischen Landrücken etwa mit der von Keilhack1) angedeuteten Lage dieses Eisrandes zusammen. Namentlich bei Elbing kann man leicht die Beobachtung machen, wie die weiße Pestwurz hier die kältesten Stellen in den Rinnsalen und im Gerolle der Waldbäche einnimmt. Vergleiche mit der schwedischen Flor a. Die eigenartige Verteilung einzelner Waldpflanzen längs der Küstenprovinzen, namentlich in der Nord- westecke der Provinz, fordert zu Erklärungsversuchen nach Herkunft und Einwanderuugswegen dieses fremdartigen Gemisches von subalpin-nordischen Arten auf. Von den deutschen Mittelgebirgen aus mag diese oder jene Art ihre Stand- orte nach Norden erweitert haben. Das gilt hauptsächlich für solche, die z. B. in den Provinzen Brandenburg oder Posen durch Zwischenstationen mit der westpreußischen Flora verbunden sind. Für eine Reihe von Pflanzen spricht aber die Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenhang mit der schwe- dischen Flora. Denn bereits im Süden Schwedens zeigt sich im Waldgebiete vielfach eine ähnliche Genossenschaft, woran sich z. B. beteiligen: Blechnum spicant , ( Asplenium septentrionale), Hordeum europaeum Luzula silvatica , L. nemorosa , Cardamine hirsuta 2), C. silvatica , Melampyrum silvaticum , Lysimachia nemorum , Veronica montana , Ajuga pyramidalis und begünstigt durch das milde Seeklima: Rubus Radula , R. Sprengelii , R . Wahlbergii , das später noch zu er- wähnende Polygonatum verticillatum sowie Hypericum pulchrum und H. hir- sutum. Dadurch gewinnen die beiden zuletzt gedachten Pflanzen, wovon II. pulchrum am Karlsberge wächst und II. hirsutum für die Umgegend von Oliva gleichfalls von früher her nachgewiesen ist, an erhöhter Bedeutung. Es läßt sich daher nicht ohne weiteres bei jener auf Verschleppung schließen (Seite 195). J) Tal- und Seebildung im Gebiete des baltischen Höhenrückens. VI. Internationaler Geographen-Kongreß, Berlin 1899. 2) Eine allerdings auch in Süd-Europa, Nord-Afrika verbreitete, kaum als nordische Pflanze zu betrachtende Art. 213 262 L. Basilius-Elbing phot. Abb. 23. Nordisch-subalpine Quellbach-Genossenschaft in Damerauer-Wüsten (Landkreis Elbing). Bemerkenswert ist endlich der Umstand, daß fast alle soeben aufgeführten Arten z. B. auf der Insel Bornholm wiederkehren, deren Flora in vielfacher Hinsicht auf die Küstenflora im norddeutschen Waldgebiete hinweist. 214 263 Die Weichsel als Pflanzenscheide. An einzelnen Beispielen wurde wieder- holt darauf hingewiesen, wie eine Reihe von Pflanzen an der Weichsel Halt macht, so daß verschiedene Arten nicht nur von der rechten Hälfte der Provinz, sondern überhaupt von Ostpreußen ausgeschlossen sind, wofür ich als auffallendste Beispiele nur Melampyrum silvaticum und Bupleurum longifolium anführen will. Eine scharfe Scheidegrenze schafft der Strom weiterhin für Galium silvaticum L. und G. Schultesii Vest. Von den beiden häufig miteinander verwechselten Arten dringt jene aus der Provinz Posen durch die Kreise Dt. Krone und Flatow bis tief in den Kreis Könitz vor und gelangt nicht einmal in die Stromnähe. Östlich von der Weichsel wird sie bereits im Kreise Elbing von G. Schultesii ersetzt, das ebenfalls in Ostpreußen einheimisch ist. Das hauptsächlich in Mischwäldern längs des baltischen Höhenrückens, z. B. an den Dobrinka -Abhängen bei Kamin und Linde (Kreis Flatow), und in der Richtung Okalitz — Labuhn — Wussow nachgewiesene P olygonatum verticil- latum taucht erst wieder in Ostpreußen weitab vom Strome auf, so daß man andere Einwanderungswege anzunehmen berechtigt sein könnte. Eine genaue Scheidelinie, wenigstens für Westpreußen, bildete er bisher für Ajuga pyra- midalis und Lysimachia nemorum. Hiervon hat Ajuga das Hindernis überwunden, da sie von H. Preuss im Walde von Pasewark östlich von Danzig nachgewiesen ist, während wir Lysimachia neuerdings von einem Standorte im Kreise Pr. Holland kennen (S. 260). Ajuga pyramidalis ist im Nordwesten der Provinz stärker verbreitet als im Westen l). Obwohl sie in den Schonungen der Krausenhofer Forst vielfach recht häufig ist, fehlt sie auf der rechten Ufer- seite. Die westpreußischen Standorte im Norden stehen mutmaßlich mit der nordischen Flora in Beziehung, und von der Küste aus strahlen offenbar die Wanderwege nach Süden aus, die aber die Provinz Posen nicht mehr erreichen2). Durch Ostpreußen geht die Verbreitung nach Estland, Ösel und Süd-Finland. Auch das Fehlen von Potentilla procumbens in den meisten Kreisen östlich der Weichsel ist bemerkenswert. Ebenso haben nach der umgekehrten Richtung hin manche Arten am Strome dereinst an der dort vorhandenen Sumpf- Wildnis ein Hindernis ge- funden. Als Beispiel hierfür möchte ich Chaerophyllum aromaticum und Evonymus verrucosus erwähnen, deren Hauptverbreitung der östlichen Seite angehört und die ihr Gebiet zu erweitern im Westen der Weichsel bestrebt sind. Minder bezeichnende Arten. Hiermit wären die wichtigsten und in mancher Beziehung bezeichnendsten Waldpflanzen von weiterer Verbreitung erschöpft. Was nun die übrigen sonst den einheimischen Waldgebieten angehörenden Arten anbetrifft, so sei folgendes bemerkt: fl Kreis Könitz, Wald von Buschmühle und der nördlichen Teile des Kreises Schlochau — hier nach Abromeit die häufigere Art (ihrer Gattung), vergl. Flora S. 681. Fehlt in der Provinz Posen. 2) Der Bastard A. 'pyramidalis + genevensis sicher in der Krausenhofer Forst, ähnlich der großblätterigen Form von A. genevensis var. macropliylla. 215 264 Die durch ihre prachtvollen großen, blauen Blumen ausgezeichnete Glocken- blume, Campanula latifolia , hat zwar im feuchten, nördlichen Laubwald- gebiete ihre zahlreichsten Standorte, fehlt jedoch auch manchen Weichsel- wäldern und Schluchten nicht; sicher nachgewiesen ist sie z. B. im Kreise Flatow, also weitab vom Strome. Verhältnismäßig verbreiteter scheint die ähnliche, aber etwas lichtere Wohnorte liebende C. C ervicaria zu sein, die aber mehr vereinzelt vorkommt. Nach den bisherigen Ergebnissen bevorzugen auch Valeriana simplicif olia und die weiter verbreitete V. sambucifolia die nördliche Laubwaldzone. Von jener sind nur wenige Fundorte von Neustadt bis nach Elbing bekannt geworden. Von seltenen Orchideen beherbergen die Laubwälder einige ausge- zeichnete Arten. Zu den seltensten Vertretern in unserem Osten überhaupt zählt Cephcdanthera grandiflora von dem mit prächtigen Weißbuchen und Eichen bestandenen hohen Weichselufer bei Sartowitz. Sie entfaltet dort gegen Ende Mai ihre blaßgelben Blumen. Neuerdings wurde die Pflanze, die von Drude1) nur mit Zwang zur westeuropäischen Gruppe gerechnet werden kann, durch Abraham in dem durch seine Pflanzenschätze berühmten „Klotzow“ bei Dt. Krone nachgewiesen. Mit Umgehung des dazwischen liegenden deutschen Gebietes dringt sie bis nach den russischen Ostseeprovinzen vor, östlich dagegen bis nach Mittelrußland2), hat jedoch ihre hauptsächlichste Verbreitung in Süd- west-Rußland und in der Krim. C. xiphophyllum wurde bei uns mehrfach beobachtet, bei Danzig zwischen dem Karlsberge, Strauchmühle und Brentau, in der Försterei Sobiensitz (Kreis Neustadt), Kreis Briesen (Frohnauer Wald) 3); etwas verbreiteter ist sie inMitteldeutscliland,von wo wir sie erhalten haben könnten. Aus dem Kreise Karthaus von Saworry ist bisher von iPlatanthera viridis nur ein einziger einwandfreier Standort bekannt geworden, da ein längst eingegangener in das Überschwemmungsgebiet bei Sandhof unweit Marien- burg fällt. Das Pflänzchen tritt im Gebirge bald in feuchten Geröllformationen, bald auf trockenen Alpentriften auf. Im Kreise Neidenburg (Ostpreußen) be- wohnt es buschige, kurzgrasige Hügel, in Orteisburg Birkengehölz oder Wiesen, wie im Samlande. In der Laubwaldzone liegen durchweg die Standorte der sehr seltenen Wald- orchideen JEpipogon aphyllus 4). Sie haben bei uns Beziehung zur Buche, während die Pflanze z. B. im Riesengebirge und Niederösterreich unter Fichten wächst. Nicht sicher unterschieden ist Epipactis sessilifolia, von der sich wahrscheinlich noch eine Anzahl weiterer Fundorte herausstellen wird. !) Drude: Die Verteilung östlicher Pflanzengenossenscliaften in der sächsischen Elbtal- Flora usw. Ges. Isis in Dresden, 1895. Abh. 4, S. 46. 2) Gouvernement Moskau, Twer, Bessarabien. 3) In Ostpreußen, Kreise Pr. Holland, Osterode — nach Osten durch das Gouvernement Moskau bis zum Ural zusammen mit C. rubra. 4) Kreis Neustadt unweit des Schloßberges, Khedatal, Kreis Karthaus, Putzig und Marien werder im Walde von Neudörfchen unweit des Klostersees. 216 265 Zwiebelgewächse. Ein Geschenk des Stromes könnte das Schneeglöckchen (Galanthus nivalis ) von den Weichselabhängen bei Niedermühl (Seite 194) ge- nannt werden, da es hier wohl ebenso herabgeschwemmt sein wird, wie z. B. auf den Donauinseln Niederösterreichs. Als unbedenklich urwüchsig ist das massenhafte Auftreten des holden Frühlingsboten im Belaufe Isbitz (Forst von Ostrometzko) zu betrachten, ferner in der Parowe von Elisental an der Graudenz- Kulmer Kreisgrenze. Der hier in Menge wachsende Bärenlauch ( Allium ursinum ) ist von der Elbinger Höhe verschwunden, dagegen noch vorhanden im Kreise Dirschau (Wald zwischen Lesse wken und Neumühl), Swaroschin bei Danzig1). Diese ungemein gesellige Lauchart hat keinen festen Anschluß an eine der beiden Haupt-Waldformationen. Sie lebt nämlich bei uns unter Weiß- buchen, im Zehlaubruche (Ostpreußen) unter Fichten, in Rußland aber bisweilen mit Festuca silvatica und Corydalis cava in reinen Eichwäldern, übrigens auch (z. B. in Ostpreußen) unter Eschen und Erlen. Bedingung ist nur tiefgründiger Boden mit feuchter Dammerde, den die Pflanze dann gewöhnlich in nahezu geschlossenen Beständen bedeckt. Die seltene Gagea spathacea scheint nur in den Kreisen Elbing, Karthaus, Dt. Krone und Kulm für Westpreußen erwiesen zu sein. Ranunculus cassubicus begnügt sich in westpreußischen Wäldern mit schattigen Lagen, erscheint jedoch in Ostpreußen, ähnlich wie bisweilen die Trollblume (Trollius europaeus) auf Wiesen. Seine Verbreitungslinie reicht von den schlesischen Vorgebirgen durch die Laubwaldzone Posens — die west- preußischen Kreise Dt. Krone bis zur Küste, wo er in den feuchten Radaune- schluchten und den Elbinger Wäldern ziemlich verbreitet ist. Er fehlt manchen Weichselkreisen (z. B. Stuhrn und Marien werder) und scheint nach dem feuchten und rauhen Osten des Kreises Löbau häufiger zu werden. Das in Mitteldeutschland weit verbreitete, in Ostpreußen meist nur ver- wilderte Sinngrün ( Vinca minor) tritt in unseren Wäldern nirgend als Leit- pflanze auf und gehört zu den selteneren, für keine bestimmten Gebiete bezeichnenden Waldpflanzen2). Bei Riesenburg in der Marienwerderer Ober- försterei wächst das Sinngrün sicher urwüchsig unter Weißbuchen, längs der Gossentina im Kreise Neustadt unter Rotbuchengebüsch. Es fehlt nach Kupffer außer in Skandinavien in fast ganz Rußland. Ziemlich un- regelmäßig über unser Gebiet verteilt ist die zur pontischen Genossen- schaft gehörige, aber wohl mitunter bloß verwilderte, spärlich fruchtende Moschuserdbeere ( Fragaria elatior). Unsicherheit herrscht über die wahrschein- lich zu Unrecht für den Wald von Garden, zwischen Dt. Eylau und Rosenberg, angegebene und nicht mehr aufzufindende Potentilla Fragariastrum , die aus unserer Flora auszuscheiden hat. Als seltener Bestandteil der pontischen !) Früher im abgeholzten Lunauer Walde, Kreis Kulm. 2) Forstrevier Lautenburg (Kreis Strasburg), zwischen Glasau und Neulinum (Kreis Kulm), bei Walkmühle, Oberförsterei Marienwerder, Heidemühl und sonst in der Rehhofer Forst, bei Oliva, Kreis Neustadt, Elbing und im nördlichen Drewenzgebiete. 217 266 Waldpflanzen wäre noch Lappa nemorosa zu erwähnen, die sogar als Gebüsch- uferpflanze (z. B. auf der Bazarkämpe) im Süden und längs der Weichsel ge- wöhnlich in feuchten Schluchten zu finden ist1). Auf das an Waldwegen und in Pflanzgärten wiederholt beobachtete Cirsium silvaticum , das von C. lanceolatum doch vielleicht wesentlich unterschieden sein könnte, wird weiter zu achten sein. Der gern Waldsümpfe besiedelnde Juncus silvaticus — an einem Bache unweit der pommerschen Grenze im Kreise Neustadt unter den Quellbach- beständen und im Kreise Dt. Krone — wurde im Kreise Graudenz mit J. atratus verwechselt. Zweifellos verwildert ist im Festungswäldchen von Graudenz Salvia glutinosa ebenso wie bisweilen anderwärts S. silvestris. Eingesprengte Arten. Es bleibt schließlich derjenigen Pflanzen zu gedenken, die, von ihrem Hauptverbreitungsgebiete losgelöst, in der einheimischen Flora eine abgesonderte Stellung einnehmen. Die Mehrzahl gehört wiederum der pontischen Genossenschaft an, die aus nachstehender Reihenfolge hervorgeht: Melittis melissophyllum von westpontischem Charakter, sendet aus Polen einen Ausläufer nach den Kreisen Strasburg (Forstrevier Ruda, Lauten- burg, Wälder von Wlewsk und Goral) und Löbau (zwischen Wronken und Rosochen, und Forstrevier Kosten), — in jenem Kreise an verschiedenen Stellen und von erheblicher, das Fiorenbild merklich beeinflussender Artenzahl. Auf den östlichen Einwanderungsweg deuten die noch jetzt bestehenden ostpreußischen Standorte in den Kreisen Sensburg, Lyck und in dem Werder bei Lötzen hin, tdie mit den westpreußischen in keinem Zusammenhänge stehen und auf ge- reimte Einwanderung hinweisen2). Jedenfalls gehört die prachtvolle Pflanze auch im Osten ihres Verbreitungsgebiets meist zu den selteneren Waldpflanzen. Lathyrus pisiformis war bis vor einigen Jahrzehnten für Deutschland nur von drei Standorten aus der Krausenhofer (Miinsterwalder) Forst bekannt, wo die Pflanze an ziemlich weit von einander getrennten Stellen im Unter- holze rankt, nämlich am hohen Weichselufer bei Kl. Wessel, östlich von Gr. Wessel, und auf dem Wege von Münsterwalde nach Kl. Krug im Walde. Die Begleitpflanzen bei Kl. Wessel bilden ausgezeichnete Glieder der pontischen und südeuropäischen Genossenschaft, wie: das gleichfalls rankende Ervum pisiforme, Vicia cassubica, Brunelia grandiflora, Inula hirta, Trifolium rubens , Geranium sanguineum , Pulsatilla patens , P . pratensis , Phleum Boehmeri , Hiero- chloa australis. Gegen Mitte der 80er Jahre kam in Ostpreußen ein neuer Standort, am Westabhange des Seeabflusses zwischen Kommusin und Terten 0 Hundeschlucht bei Neuenburg, sonät Kreis Löbau, Briesen (z. B. Wald von Nielub), Elbing, Neustadt, Putzig, Flatow an Abhängen und in Schluchten. 2) Yerbreitungslinie: Grodno, Wilna, Minsk (Pinsk), Wolhynien, Podolien, West-Kiew. Die Ostgrenze verläuft im Polesje von Mosyr durch den Kreis Slutzk zur Schtschutschina, (B. Fedtschenko br.); in lichten Eichenhainen Böhmens häufig, nach Kupffer eine xerotherme Art. 218 267 (Kreis Neidenburg), hinzu. Die Pflanze blüht schon Ende Mai und ist sichtlich bestrebt, sich auszubreiten 1). In dieselbe, aber mit nordischen Arten gemischte, Genossenschaft tritt Lathyrus heterophyllus L. in den Wald von Neulinum, Kreis Kulm, ein2). Den Hauptanteil haben jedoch die pontischen Vertreter an dem Ge- samtflorenbilde. Die Pflanze rankt an einer feuchten, humusreichen Stelle im Unterholze, bestehend aus Weißbuche, Heckenkirsche und Faulbaum. An ihrem zweiten, schon durch Kühling bekannten Standorte bei Thiloshöhe (Kreis Bromberg) herrscht die schmalblätterige Form vor 3). Nach Rost afinski fehlt sie in Polen. Neuerdings wurde diese seltene Platterbsenart auch in Ost- preußen im Forstrevier Cruttinnen bei der Haltestelle Collogienen von Fräulein Elisabeth Gerss nachgewiesen. Orobanche alsatica 4) ist zwar keine echte Waldbewohnerin, liebt viel- mehr Vorgehölze, buschige Lehnen. Sie verhält sich jedoch bei uns in der Krausenhofer Forst (schluchtartige Schonungen und Buschformationen) bei Jagowshöhe (früher Kozielec) und in der sogenannten Saabener Schweiz im Kreise Pr. Stargard wie eine echte Waldpflanze. Ihre strengste Zugehörigkeit zur pontischen Genossenschaft gelangt bereits durch die Wahl ihrer Wirtspflanzen Peucedanum Cervaria und Libanotis montana zum Ausdrucke. In trockenen oder naßkalten Jahren setzt die Blüte aus. Sonst schieben sich mitunter an ein und demselben Stocke fünf und mehr kräftige Blütenstengel aus dem Pflanzen- gewirr bis 0,50 m hoch empor. Die Standorte entfernen sich unbedeutend von der Nähe der Uferränder. Schattige Plätze hat sich hier die überhaupt für die deutsche Flora sehr seltene Adenophora lilifolia ausgesucht. Sie lebt in den russischen Lehm- und Strauchsteppen gesellig mit Adonis vernalis, Aster Amellus , Asperula tinctoria, Falcaria vulgaris , Dracocephalum Ruyschiana, Anthericum ramosum : Arten, die mit Ausnahme des Adonis in dem wunderbaren Blumenparadiese am hohen Weichselufer bei Kozielec vollzählig wiederkehren. Seitdem der pflanzen- kundige Oberlehrer v. Nowicki in den 40er Jahren Adenophora bei Aschenort unweit der russischen Grenze in einer Birkenschonung gefunden hatte, wurde sie dort stets vergeblich gesucht. Beziehungen zu einer bestimmten Holzart treten bei uns nicht hervor. Namentlich im ostpreußischen Verbreitungs- 0 Leitpflanze in Mittelrußland, Norden bis Estland, Süd-Archangel und Perm, Süden bis Poltawa — Saratow — Orenburg, Osten bis zum Baikalsee in Sibirien. 2) Hier zuerst von Bock entdeckt. 3) In der Oplawitzer Forst an vier Stellen. 4) 0. alsatica F. Schultz (Fl. Gal. et Germ, excicc. cent. I. introduct. pag. 8, [1886]). Welcher Name zu Recht besteht, ob dieser oder der gebräuchlichere 0. Cervariae Suard, wage ich nicht zu entscheiden. Kirschleger wendet ihn seit 1835 (nomen nudum) an. F. Schultz behauptet jedoch im 16. 17. Jahresbericht der Pollichia (Neustadt a./H. 1859), in den Zusätzen zur Flora der Pfalz, daß Suard den Namen 0. Cervariae erst 1843 ein- geführt habe. 219 268 gebiete1) kommen Kiefer und Eichen als Begleitpflanzen in Betracht. Nach Ostpreußen scheint die Einwanderung ungefähr zu gleicher Zeit mit Trifolium Lupinaster und Dracocephalum Ruyschiana stattgefunden zu haben, da sich diese Pflanzen gewöhnlich an denselben Standorten zeigen. Adenophora wächst übrigens auch in ganz sonnigen, unbeschatteten Lagen, so z. B. auf Feldrainen bei Neidenburg Ostpreußen oder überschwemmten Wiesen bei Moosbrunn un- weit Wien. Die zur subalpin-nordischen Gruppe gehörige, weitberühmte Heilpflanze Arnica montana dringt aus den ostpreußischen Waldgebieten (Lyck-Osterode) bis in die Wälder der Kreise Löbau2) und Strasburg ein; hier findet sie sich in Wäldern um Lautenburg, Adlig Brinsk und Gurzno an zahlreichen Stellen. Sie scheint bei uns mehr Beziehung zum Nadel- als zum Misch walde zu haben. Im Forst- reviere Kosten (Kreis Löbau) wächst die Pflanze in Trupps unter Kiefern, bei Straszewo auf steilen, sonnigen Hügeln, die ehemals bewaldet waren (H. Preuss). Das bereits aus dem Kreise Neidenburg (Ostpreußen) bekannte Galium saxatile b. hercynicum wurde neuerdings auch im Kreise Dt. Krone südlich vom Großen Böthin-See als Waldpflanze nachgewiesen. Obwohl die Karde Dipsacus Silvester gelegentlich an Waldrändern (wo Mergel ansteht) erscheint, so hat sie zum Walde kaum welche Beziehungen. Sie zeigt sich mitunter zahlreich in den Kämpen, auf Weichseldämmen, namentlich aber an Schluchtenrändern und Abhängen mit Lactuca Scariola und gehört mit wenigen Ausnahmen der engeren Weichselflora an. Begleitpflanzen. Bereits vorher wurde kurz die Frage gestreift, welche Waldpflanzen Beziehungen zu diesem oder jenem Waldbaume unterhalten. Am wichtigsten erscheint es die Verhältnisse zu Kiefer, Buche und Eiche festzu- stellen. Soweit sich die bisher gewonnenen Ergebnisse der noch nicht ab- geschlossenen Uütersuchungen übersehen lassen, unterhalten einzelne der als Kiefer- oder Buchen-Begleiter angesprochenen Pflanzen zu den Leitbäumen Be- ziehungen, die weit mehr als bloß ör tlicher Natur sind. Da sich in der nordostdeutschen Flora bereits lebhafte Anklänge an die Pflanzenwelt Rußlands bemerkbar machen, so habe ich gelegentlich bei der Besprechung einzelner Waldpflanzen hierauf entsprechende Rücksicht genommen. Indem ich den Wert der darüber gelieferten, hochinteressanten Arbeiten in vollem Umfange würdige, glaube ich zur Klärung einiger Fragen noch verschiedene Angaben erläuternd hinzufügen zu müssen3). Der Waldmeister wächst nach H. Preuss im Kreise Allenstein ausnahms- weise unter Fichten. Obwohl das Leberblümchen (Hepatica nohilis ) gewöhnlich den Laubwald anzeigt, so begnügt es sich in Waldungen an der russischen x) Kreise Allenstein, Neidenburg, Orteisburg, Sensburg, Johannisburg bis Lyck, selten in Polen, Podlachien ; in den Steppen zwischen Zwergmandel- und Zwergkirschengebüsch, auf Waldwiesen. 2) Forstrevier Kosten, Wald bei Kielpin. 3) Über Dentaria , Hordeum europaeum , Allium ufsinum vergl. S. 257, 259, 265. 220 269 Grenze (Ottlotschin) mit reinen Kieferbeständen etwas frischer, moosiger Stellen. In Mittelrußland aber, z. B. im Gouvernement Moskau, ferner in Finland ist es ausgesprochener Fichtenbegleiter. Festuca silvatica ist im Gouverne- ment Kaluga. gleichfalls an Fichtenwälder gebunden, während dort Ervurn silvaticum diese auch mit Espenhainen vertauscht. Strenge Kieferbegleiterin ist Circaea intermedia im Gouvernement Tambow, bei uns nur Bewohnerin von Laub- und Mischwäldern. In Südkarelien lebt endlich Epipogon aphyllus unter Fichten und Espen (nach Linden), in Westpreußen aber nur unter Buchen. Die Krausenhofer Forst bei Kosielec. Es würde dem Zwecke der mir gestellten Aufgabe zuwiderlaufen, von jedem einzelnen, in botanischer Beziehung bemerkenswerten Waldgebiete ein- gehende Bestandsaufnahmen zu liefern. Das am linken hohen Weichselufer zwischen Neuenburg und Mewe sich hinziehende waldige Gelände bietet jedoch eine solche Fülle eigenartiger Pflanzenschätze auf dichtgedrängten Stellen, daß wenigstens der hervorragendsten mit wenigen Worten gedacht werden mag. Das Gelände fällt vom hohen Ufer landeinwärts zunächst sanft und später ziemlich steil, terrassenförmig ab, um dann wieder berganzusteigen. Außerdem wird es von zahlreichen Schluchten und Einschnitten zerrissen. Im allgemeinen besteht der Boden aus sandigem Lehm oder reinem Geschiebemergel, der bei hoher Frische einen prachtvollen Mischwald trägt, worin bisweilen die Kiefer vorherrscht. Daher fehlen wohl wenige Glieder der Kiefer- und Laubwaldflora, während in Lichtungen die Formation der offenen Heide und Vorgehölze über- wiegt. In ungeheurer Menge erscheinen zuerst: Seidelbast, Hierochloa australis , Küchenschellen (Pulsatilla pa tens, P. pratensis), selten P. vernalisx), Leberblümchen, Potentilla alba , Primula officinalis , Silene nutans mit var. infracta , Pulmonaria officinalis , minder häufig Ajuga pyramidalis, später gleichfalls überaus zahlreich: Maiglöckchen gewöhnlich mit roten Saftmalen, Trientalis europaea, Schatten- blümchen, und zerstreut: Trollius europaeus, Geranium silvaticum , Actaea spicata, Aquilegia vulgaris, Thalictrum aquilegifolium , Platanthera montana, der übrigen allgemein verbreiteten Arten gar nicht zu gedenken. Am Wege von Gr. Wessel nach dem Forsthause Kozielec rankt im Unterholze die seltene Platterbsen- Art Lathyrus pisiformis. Bereits von dort ab entfaltet sicli selbst im Hochwalde ein Flor, der gegen den Südrand der Forst am hohen Ufer in den Schonungen und an Waldrändern seinen Glanzpunkt erreicht. Man muß den kostbaren Pflanzenteppich selbst in den Monaten Juni und Juli gesehen haben, um den von ihm ausgehenden Zauber verstehen zu können. Wegen der etwas ungünstigen Lage erwacht die Pflanzenwelt in den Lichtungen um Kozielec ein wenig später wie gewöhnlich. Gegen Mitte Juni aber stehen in vollster Blüte: Scorzonera purpurea , Drachenkopf ( Dracocephalum Ruyschiana) , etwas später Inula hirta, I. salicina, Gymnadenia conopea mit der farbenprächtigen 9 Einschließlich der Bastarde zwischen den einzelnen Arten. 221 270 var. densiflor a, begleitet von zahlreichen Exemplaren der schönen Cephalan- thera rubra. Die seltene Orchis ustulata1) gelangt aber nur in günstigen Jahren zur Blüte, hier aber erst zu einer Zeit, wenn Mitte Juli der bunt- farbene Waldwachtelweizen ( Melampyrum nemorosum) und Türkenbund ( Lilium Martagon) ihren Blütenreichtum entfalten. Ungemein häufig treten sonst auf: Asperula tinctoria , Allium fallax, Crepis praemorsa , Hieracium cymosum , Epi- pactis rubiginosa, seltener E. sessilifolia , Botrychium Lunaria und das wohl in lichten Wälder nicht zu seltene B. Matricariae. Daneben greift eine auf- fallend üppige Grasflora Platz, an der besonders Festuca heterophylla Haenke sich beteiligt. Die unscheinbare Orchidee Microstylis monophylla kann daher in dem Pflanzengewirr zu leicht übersehen werden. Das Vorkommen dieser gewöhnlich Moos- und Erlenbrüche bewohnenden Art im Humus ist recht merkwürdig und jedenfalls kein zufälliges. Als besondere Seltenheit bleibt Gla diolus paluster zu erwähnen, der anderwärts gewöhnlich als Wald- oder Buschwiesen-Pflanze auftritt und von einer versteckten Stelle Cypri- pedilum Calce olus. Mitte und Ende August steht das Gelände im Zeichen der Hochstauden, die sich aus dem Gebüsch von Berberitze, Heckenkirsche, Haselnuß überall zum Lichte drängen. Wir bemerken darunter Exemplare von überraschender Schönheit und Größe. Alle überragt Cimicifuga foetida, dann folgen Laser- pitium prutenicum , Libanotis montana , Peucedanum Cervaria — bisweilen mit dem Schmarotzer Orobanche alsatica — Pleurospermum austriacum , da- zwischen Campanula persicifolia , Fingerhut [Digitalis ambigua ), Eisenhut (Aco- nitum variegatum ) und die lieblich duftende Schellenblume (Adenophora lilifolia). Die schöne Pflanze gelangt jedoch deshalb hier so selten zur Blüte, weil sie stark vom Rotwild verbissen wird. Auch die ebenfalls Milchsaft führende Campanula Cervicaria erfreut sich gleicher Beliebtheit. Das mag wohl auch ein Grund dafür gewesen sein, daß sich Adenophora hier so lange den Augen älterer Forscher entzogen hat. Die den Blütenreigen abschließenden Pflanzen bilden Gentiana Amarella b. pyramidalis und Aster Amellus) die hier beide in Menge vorhanden sind. Wenn man diese stattliche Liste außerdem durch die für die Kiefer- und Laubwaldflora bezeichnenden Arten ergänzt, so ergibt sich in der Tat ein selten reichhaltiges Florenbild, das selbst die durch ihren Pflanzenreichtum berühmten Maynaberge Ostpreußens in Schatten stellt. Eine merkwürdige Übereinstimmung bezüglich einzelner Arten zeigt sich in der Schirpitzer Forst unweit der russischen Grenze. Denn auch hier tritt als fremdartiges Glied zu den erlesensten pontischen Genossen (z. B. Dracocephalum: Aster Amellus , Inula hirta , Trifolium Lupinaster ) Gladiolus paluster hinzu. Man darf daraus vielleicht zu dem Schlüsse berechtigt sein, daß an beiden Stellen der Wald jünger ist als der Heideboden, an dessen frischesten Plätzen Gladiolus sich bis jetzt zu behaupten gewußt hat. 2) Im Kreise Kulm mehrfach, Schwetz, Saabener Schweiz (Kreis Pr. Stargard), Karthaus. 222 271 2. Unterformationen des Laubwaldes, a) Kämpenwald. Die Wälder im Weichselstromtale sind zum größten Teile ausgerodet. Übrig geblieben sind an nennenswerten Beständen bloß der Schutzbezirk Nonnen- kämpe bei Kulm mit rund 226 ha, wovon 127 ha auf Hochwald entfallen, und der völlig eingedeichte Wald auf der Montauer Spitze. Sie überraschen, wie die meisten sogenannten Auwälder in anderen Stromgebieten auf dem stets frischen, an Fflanzennahrstoffen überreichen Boden durch die hier herrschende unbändige Wachstumsfreudigkeit. Rotbuche und Nadelhölzer fehlen im Über- schwemmungsgebiete wohl überall. Gutwüchsige Kiefern standen ehemals im sogenannten „Eichwalde“ bei Fidlitz. Neuerdings ist der mit Pappeln und Rüstern gemischte Bestand abgeholzt worden, weil die Wurzeln die Wehr- haftigkeit des Dammes gefährden, dann aber auch den glatten Abfluß der Eis- schollen hindern. Nach den alten Forstlisten hat an dieser Stelle früher ein bedeutender Kämpenwald gestanden, der selbst alte Kiefern enthalten hat, die auf nassen Lagen jedoch minderwertig blieben. Sonst bilden den Bestand der Kämpenwälder: Eichen, Silber- und Schwarzpappel, Schwarzerle, Feld- und etwas Flatterrüster ( Ulmus campestris und U . pedunculaia). Wenn sich die Forst- verwaltung entschließen würde, den Wald auf der Nonnenkämpe wenigstens teilweise zu schonen, so könnte man in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges schaffen mit ehrfurchtgebietenden Riesenbäumen von tadellosem Wüchse; Weißbuche und Esche fehlen zwar auf der Nonnenkämpe, obwohl sie sonst auf solchen Böden willig gedeihen. Das Unterholz setzt sich zusammen aus: Korkrüster ( Ulmus campestris var. suberosa ), Hartriegel, Ahl- kirsch e (Prunus Pacht s), Schneeball (Viburnum Opulus ), Hasel, Faulbaum (Frangula Ainus), Weißerle ( Ainus incana ), Holunder ( Sambucus nigra), Ribes nigrum , kleinblätteriger Linde ( Tilia parvifolia ) und viel Feldahorn oder Maßholder (Acer campestre). Sonst bietet der Wald keine besondere Seltenheit unter den Blütenpflanzen dar. Es herrscht meist die Stromtalflora an den Rändern vor, während nach dem Innern riesenhafte Brennesseln bisweilen von dem weitverbreiteten Schmarotzer Cuscuta europaea befallen, dichtes Gewirr von Kratzbeere und Hopfen das Eindringen erschweren. Trüffeln. Interessant ist dieses Gebiet insofern, als bereits vor langer Zeit hier echte Speisetrüffeln (Tuber mesentericum Vittad.) gefunden wurden. Der früher dort angestellte Buschwärter Egidy betrieb die Suche danach planmäßig mit Schweinen in recht lohnender Weise1). Gegenwärtig werden auf der Nonnenkämpe diese unterirdisch wachsenden, wohlschmeckenden Schwämme nicht mehr gesammelt, nicht etwa weil sie von da verschwunden sind, sondern weil man die Sache nicht ordentlich versteht oder sich nicht J) Scholz. Vegetat. Verhältnisse, Seite 52. 223 272 darauf einlassen will. An derselben Stelle wurden an seltenen Pilzen gefunden: Tuber ruf um Pico^ Melanogaster variegatus Tul., Agaricus longipes und Helvella crispa. Der eingehegte Wald auf der Montauer Spitze enthält einen ähnlichen Baumbestand wie der auf der Nonnenkämpe, untermischt mit Weißbuche, Esche, kleinblätteriger Linde und Spitzahorn. Die Flora umfaßt die gewöhnliche Laubwaldflora. Es wiederholt sich also bei der Waldflora überhaupt dieselbe merkwürdige Erscheinung (Seite 201), daß gewisse Pflanzen der Stromrichtung und dem Zuge des alten Urstromtales folgen. b) ScliluchtwalcL Allgemeine Schilderung. Eine Eigentümlichkeit für den unmittelbaren Bereich des Weichselstromes und seiner Nebenarme bilden die zahlreichen Schluchten oder Parowen1). Bei einer Wanderung längs der Talränder des Hauptstromes treten oft unvermittelt aus waldfreiem Gelände vereinzelte Horste von Laub- bäumen, Baumgruppen, hervor, die man von weitem für Überständer eines ab- getriebenen Laubholzbestandes halten könnte. In der Nähe angelangt, klafft uns zunächst eine enge Bodenspalte entgegen, die sich zum Stromtale all- mählich in sanftem Neigungswinkel zu einer trichter- oder muschelförmigen Schlucht erweitert, an deren Rändern mächtige Bäume, Eichen, Rüstern, Pappeln, Wildobstbäume umherstehen. Bisweilen sind die Erdrisse steil und die nackten Wände nur mit spärlichem Pflanzenwuchs bedeckt. Wie bereits im Eingänge hervorgehoben, verdanken diese Schluchten der mechanischen Tätigkeit des Wassers ihre Entstehung zu jener Zeit, als sich die Gletscher- wasser beim letzten Rückzuge der Eismassen nach dem Norden stürmisch einen gewaltsamen Ausweg nach den Sammeltälern erzwangen. Die großartigsten „Parowen“ gehören der unmittelbaren Nähe des Weichselstromes an, obwohl man bisweilen selbst an Nebenflüssen recht ansehnliche Schluchten antrifft. Auf dem vorliegenden Bilde ist nur ein Stück des Abhanges an der großen Schlucht bei Klein Wessel festgehalten. Den oberen Rand bedeckt noch Kieferwald der mehrfach erwähnten Krausenhofer Forst, das übrige ist in Kulturland umgewandelt (Vergl. Abb. 24). Da wo die Schmelzwässer auf Widerstand gestoßen waren, etwa auf Ge- schiebeblöcke, wurde mitunter ein ganzes Gewirr von Gängen ausgewaschen, die teilweise ein wildromantisches Gepräge tragen. Gewöhnlich hat aber bloß eine einfache Gabelung der Schlucht im unteren Teile stattgefunden. Sie ist dadurch hervorgerufen, daß die Wildwasser-Sturzbäche durch einen einzelnen Geschiebeblock zur Teilung gezwungen wurden. Die Großartigkeit der Schluchten von Ostrometzko bis in den Kreis Marienwerder hinein wird von keiner anderen Weichselgegend übertroffen. Die als Ausflugsort vielbesuchte fl Von paröw = eine vom Regen ausgewaschene Grube. 224 An den sanften Abdachungen und auf der Talsohle entsproßt dem jungfräu- lichen, oben humusreichen, unten meist mergelhaltigen, frischen Boden ein Baum- wuchs, der das Entzücken eines jeden Forstmannes hervorzurufen geeignet ist. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 225 18 große Parowe bei Kulm steht dennoch der Schlucht bei Plutowo unweit Ostrometzko nach, sowohl an Pflanzenreichtum wie durch ihre anmutige Lage. 274 Der russische Forscher Schiljakow wendet für eine ähnliche Formation die Bezeichnung „Schluchtwald“ an, Gradmann überträgt sie z. B. auf einzelne Bildungen der schwäbischen Alb, und ich glaube sie daher für die hier in Rede stehenden einheimischen Verhältnisse sinngemäß einführen zu können. Die Stärke der Humusdecke ist großen Schwankungen unterworfen, weil die häufig nachstürzenden Erdmassen regellose Wechsellager schaffen. Die vielfach vorhandenen, umfangreichen Humusnester enthalten eine schwarze, grafitähn- liche Feinerde. Sie ist in der Regel frei von Regenwürmern und erinnert an ähnliche Erdmischungen in den Felsritzen der Hochgebirge. Die meisten Parowen werden im Niederwald- (Plänter-) Betriebe genutzt. Auf die Entwickelung der Pflanzendecke übt diese Behandlungsweise einen gleich günstigen Einfluß aus, wie der regelmäße Forstwirtschafts-Betrieb. Die oberen sonnigen Ränder werden da, wo das Gebüsch wegen der steilen Lage keinen festen Fuß fassen kann, gewöhnlich durch Pflanzenformen von ausge- sprochen pontischem Gepräge besetzt gehalten, zumal hier der Mergel- den Humusgehalt übertrifft. Es gewinnt namentlich im Kreise Kulm, im Bereiche des Schwarzerdegebietes, den Anschein, als wenn in die Schluchten eine regel- lose Flucht der verschiedensten Pflanzengenossen stattgefunden hat. Das Bild der Schluchtenflora ist nämlich oft so fremdartig, wie es einer Vermischung von pontischen Hügel-, Sand- und Waldpflanzen entspricht, denen sich noch andere Bestandteile der Laubwaldflora beigesellen. Der bunte Formationswechsel erklärt sich jedoch durch die Bodenbeschaffenheit, die verschiedenartige Be- leuchtung und den Neigungswinkel der Schluchten. Demgemäß haben die einzelnen Pflanzengenossen untereinander einen Kampf ums Dasein auszufechten, der nach der Mitte der Schlucht hin zugunsten der Laubwaldflora entschieden ist. Ihrer geschützten Lage wegen erwacht in den Parowen das Pflanzenleben viel früher wie anderwärts. In dichtgedrängten Scharen bedecken Anemonen, Scharbockskraut (Ranunculus Ficaria ), Milchsterne (Gagea lutea , G. minima), Lerchensporne ( Corydalis cava , seltener C. solida ), beide einander meist aus- schließend, den Boden. Dazwischen drängen sich C. intermedia und die ge- wöhnlichen Laubwaldbegleiter einzeln oder in kleinen Gruppen und verleihen dem Ganzen einen überaus farbenprächtigen Anstrich. Über die mannigfachen Formenausstrahlungen von Anemone nemorosa, A. ranunculoides1), Corydalis cava und C. solida 2) habe ich bei einer früheren Gelegenheit ausführliche Mitteilungen veröffentlicht. Die in den Balkanstaaten, in Südrußland und Südwest-Asien wahrscheinlich häufiger auftretende Form 1) J. Scholz. Über den Formenkreis von A. nemorosa nsw. D. Bot. Monatssclir. Jahrg. 17, Nr. 7 bis 11. — J. Scholz. Über den Formenkreis von C. cava nsw. Sehr. d. Phys. Ökon. Ges. Königsberg XXXIX. 1889, S. 73 ff. und: Abnorme Formen von C. cava Schwgg. ebenda, XLIII. 2) J. Scholz. Vegetations -Verhältnisse des preuß. Weichselgeländes S. 134 — 136. — Fritsch, Beiträge zur Flora der Balkanhalbinsel. Verh. d. k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien, Jahrg. 1894. 226 275 der C. cava mit fester Knolle, beschrieben als C. Marschalliana Pall., aus den einheimischen Beständen herauszufinden, ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Denn die dieser pontischen Form zugeschriebene weiße Blütenfarbe trügt, weil die feste Knolle auch bisweilen andersblütigen Stücken eigentümlich sein kann, wie ich an der mir bekannten einzigen Fundstelle — in der Parowe bei Liebental — zu beobachten Gelegenheit hatte. Meines Dafürhaltens sind die Unterschiede so schwankend, daß sich wenigstens bei uns eine Abtrennung von der Leitart kaum rechtfertigen läßt, weil die Unterscheidungsmerkmale durch Rassenkreuzung verwischt zu sein scheinen. Es gibt wohl wenige Schluchten, in denen nicht mindestens ein Bächlein entspringt. Höchst selten herrscht in schwer zugänglichen, von der Außen- welt abgesperrten Parowen noch ein Stückchen Urwaldleben. Gestürzte, halb- vermorschte Baumstämme, über und über mit smaragdgrünem Moosteppiche überzogen, bilden dann über die murmelnd und hüpfend zwischen Steingeröll zu Tal eilenden Quellbäche trügerische Brücken. Das dichte Gesträuch im lauschigen Innern aber dient einer Menge unserer lieblichen gefiederten Sänger als sichere Brutstätte. Die Bachuferflora pflegt in solchen Schluchten besonders ausgeprägt entwickelt zu sein. Hier erscheinen vorzugsweise Ranunculus lanuginosus, Galeobclolon luteum (Goldnessel), Lamium maculatum , Menta arvensis (bisweilen parietarifolia ), Epilobium hirsutum , Eupatorium cannabinum , Scrofularia nodosa und S. alata , ferner Galium palustre, G. uliginosum , seltener Myosotis silvatica, Glyceria nemoralis und die sonst (Seite 85) aufgeführten gewöhnlichen Arten. Seltene pontische Laubwald-Genossen. Als seltenes Glied dieser Genossen- schaft erscheint an den wenigen Standorten das Muschelblümchen ( Isopyrum thalictroides). Es bildet in ungeheurer Menge eine entzückende Randein- fassung der Bachufer in der Wolfsschlucht bei Leibitsch (Kreis Thorn), im Marienparke bei Ostrometzko Im Elbinger Waldgebiete ist das reizende Frühlingskind verschwunden, geht jedoch weiter nach Ostpreußen hinein. Die Schuppenwurz ( Lathraea squamaria) bildet in solchen Schluchten eine häufigere Erscheinung im Frühjahre als im Laubwalde selbst, auch Gampanula Trachelium pflegt hier im feuchten Gebüsch besonders zahlreich vertreten zu sein. Interessant sind die Parowen durch die Anwesenheit zweier kalkliebender südosteuropäischer Arten, wovon Myosotis sparsiflora zerstreut den meisten Ortsfloren angehören wird, während Omphalodes scorpioides* 2) im Nord- osten Deutschlands, abgesehen von einem Standorte bei Purden (Kreis Allenstein, Ostpreußen), bisher nur für die Kreise Thorn (Wolfsmühle bei Leibitsch) und Briesen (bei der Judamühle an den Schluchtenabhängen) in Menge !) Schlüssel- und Niedermühl, Hohenhausen (Kreis Thorn), Elisental (Kr. Kulm), Gar- dengatal z. B. bei Roggenhausen, im Mendritzer Walde (Kreis Graudenz), Schluchten bei Christburg und Wengern, Kreis Schwetz bei Lubochin. 2) Sonst sicher bei Kampinos unweit Warschau und im Tale Ojcöw. 227 18* 276 nachgewiesen ist. Im Kreise Graudenz besteht jetzt wohl nur ein Standort an einer quelligen Stelle bei Böslershöhe, da die anderen bei Klodtken und Mühle Slupp eingegangen zu sein scheinen. Die mit M. sparsiflora bei ober- flächlicher Betrachtung leicht zu verwechselnde Art lebt mit ihr am Thorner Standorte zusammen, begleitet von Viola collina, Corydalis solida und der für die mitteldeutschen Bergwälder bezeichnenden JEuphorbia dulcis. Am zahlreichsten sah ich die ungefähr um dieselbe Zeit — Ende April — zur Blüte gelangende Pflanze bei der Judamühle am Südost-Rande des Wäldchens von Gronowo (Kreis Briesen) an den schluchtenartigen Abhängen des Bach- ufers, dort wo sich das mit seltenen Wiesenpflanzen geschmückte, quellige Gelände befindet Seite (106). Zwei andere Standorte weist sonst der Kreis Thorn im Walde von Barbarken und bei Pr. Lanke auf, die ähnliches Ge- präge tragen. In Rußland ist die Pflanze bisher bloß für Polen an wenigen Orten und für Süd-Podolien nachgewiesen (B. Fedtschenko br.). Es würde zu weit führen, von den einzelnen Parowen die Pflanzenbestände an dieser Stelle genauer zu schildern, weil hierüber bei den einzelnen Formationen bereits nähere Angaben gemacht sind. Hervorheben möchte ich jedoch, daß folgende Arten besonders gern längs der Weichsel in der Schluchtwaldflora wieder- kehren: Cimicifuga foetida , Aconitum variegatum , Ranunculus cassubicus , Agri- monia odorata , die vielgestaltige Centaurea Jacea bisweilen mit den var. decipiens und pratensis, Pleurospermum austriacum , Geranium silvaticum , Lithospermum officinale , Bromus asper var. Benekenii , die seltene Vicia dumetorum , Astragalus Cicer, Equisetum pratense und E. maximum. Die Schluchten im Kreise Kulm beherbergen außergewöhnlich reiche Pflanzenschätze. Eine ziemlich häufige Bewohnerin der sonnigen Ränder ist Orchis militaris , während die seltene 0. ustulata nebst einer bloß bei Kisin beobachteten grünblütigen Form ( virescens Caspary) durch Umpflügen verloren gegangen ist, aber noch in den Schluchten bei Klinczkau und mehrfach im Kreise Schwetz wächst. Unsere berühmtesten, vom Schwarzerdegebiete des Kreises Kulm durch die Kultur vertriebenen Steppenpflanzen finden sich voll- zählig von Kisin bis Althausen, wovon ich nur : Steppengräser wie Btipa pennata , S. capillata , Frühlingsadonis ( Adonis vernalis), Oxytropis pilosa , Scorzonera purpurea , Campanula sibirica und Anemone silv estris erwähnen will. An Schluchtenrändern um Kisin und Kulm tritt als seltene Art noch Cerastium brachypetalum hinzu. Der einzige Standort der bei uns nur einmal ge- fundenen Car ex supina gehört einer Parowe an zwischen Plutowo und Kielp, wo in der Nähe — bei Plutowo selbst — die für verschiedene Steppen Osteuropas und Mittelasiens bezeichnende iPoa bulbosa1) in Menge wächst. Einen einzigartigen Schmuck der Schluchten bei Althausen bildet die durch ihre großen, rosafarbenen Blumen ausgezeichnete Lavatera thuringiaca) der sich mitunter Malva Alcea , eine ihr ähnliche Prachtstaude hinzugesellt. !) Die var. vivipara in der Parowe von Plutowo. 228 277 An den Standorten der Lavatera bei Grutschno und Wilhelmsmark im Kreise Sckwetz findet sich die seltene pontische Thymelea Passerina (Seite 175). Als besondere Seltenheiten beherbergt die Parowe Elisental im Kreise Kulm, wie bereits erwähnt: Schneeglöckchen, Bärenlauch und Muschelblümchen ( Galanthus nivalis , Allium ursinum und Isopyrum thalictroides). Die Parowe am Stad tvorwerke Liebental (Kreis Marienwerder) enthält den einen der beiden bisher sicher nachgewiesenen Standorte von Geum strictum, da die Pflanze in der großen Schlucht bei Heidemühl (Kreis Stuhm) nicht mehr aufgefunden werden konnte. Im Sommer des Jahres 1904 hat Lettau die in Ostpreußen stellenweise recht häufige, meist der Dorfflora an- gehörige Pflanze im Kreise Löbau ebenfalls an Dorfwegen in Skarlin entdeckt. Im Gebüsch bei Liebental wird sie von G. urbanum und auf der nahen Sumpf- wiese von G. rivale begleitet. Daher können hier Bastarde zwischen diesen drei Arten erwartet werden1). G. strictum ist in der subarktischen Zone von ganz Nordamerika und Sibirien nebst den zentralasiatischen Gebirgen verbreitet und erreicht nach K. R. Kupffer im Ostbai ticum seine Nord westgrenze. VIII. Bedeutung der Pflanzendecke für die einheimische Geschichte. Unsere Parowen spielen im Pflanzenleben insofern eine gewichtige Rolle, als sie den hartbedrängten Kindern Floras willkommene und ziemlich sichere Zufluchtsstätten eröffnen. Einem ähnlichen Zwecke dienten aber in vor- geschichtlicher Zeit auch die geräumigsten unter ihnen dem Menschen. Sie gewährten ihm sichere Verstecke vor feindlichen Angriffen. Die große Parowe von Kisin wurde nach der gefährdeten Seite hin durch einen mächtigen Burg- wall verstärkt, dessen Ränder steil nach der Außenseite abfallen und eine reiche Flora tragen. Verteidigungswerke vom Burggraben-Gepräge sind ferner deutlich an der großen Schlucht von Rothof (Kreis Marienwerder) erkennbar, besonders aber an der alten Heidenburg bei Alt-Christburg, dem Standorte des Muschelblümchens [Isopyrum). Diese, unter dem Namen Grevose bekannte Burg zählt zu den bemerkenswertesten Bauwerken aus geschichtlicher Zeit, da sich in den unzugänglichen Schluchten die alten Preußen gegen die anstürmenden Deutschritter in schweren, heißen Ringen zu behaupten ver- suchten. Der Besuch jener Perlen landschaftlicher Schönheit kann dem Naturfreunde nur warm empfohlen werden, wobei ich jedoch nicht umhin kann, den Wunsch auszudrücken, an der Flora Schonung zu üben, eine Mahnung die leider bei manchen Sammlern nur zu sehr am Platze ist. Die Bestände- mancher Schluchten sind schon jetzt stark zusammengeschmolzen. Das ist z. B. *) Geum rivale -f- strictum ist nur einige Male in Ostpreußen gefunden, wo G. strictum -f- urbanuin häufiger ist; der Bastard G. rivale -f- urbanum findet sich sicher mehrfach im Gebiete. 229 278 der Fall bei der Kulmer Parowe, wo Anemone silvestris zu fehlen scheint, während Senecio campester, eine vielleicht doch ursprünglich einheimische Art, schon lange dort vermißt wird. Die urwüchsige Pflanzendecke erheischt keinen geringeren Schutz als alt- ehrwürdige Baudenkmäler, die sie an Alter weit übertrifft. Wir erfüllen nicht nur vom national-ökonomischen Standpunkte (Seite 196) eine dringende Pflicht, wenn wir uns ihre Erhaltung angelegen sein lassen, weil sich in den eigen- artigen Pflanzenverbänden sowohl ein Stück Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, als auch des heimatlichen Bodens überhaupt wiederspiegelt. Deshalb kann es nur mit hoher Genugtuung begrüßt werden, daß sich die Staatsregierung auf Anregung von berufener Seite entschlossen hat, den Zwergbirkenbestand im Kreise Kulm durch Ankauf des im Privatbesitze be- findlich gewesenen Teiles der Nachwelt ungeschmälert zu erhalten. Hoffentlich gelingt es, das schöne Werk fortzusetzen und wenigstens die hervorragendsten Pflanzenschatzkammern — vielleicht einzelne Blumenschluchten im Kreise Kulm bei Plutowo und Althausen — die Standorte der berühmtesten Steppen- pflanzen, unter Staatsschutz zu stellen. Der Dank weitester Kreise würde allen, die dazu ihre hilfreiche Hand leihen, für immer gesichert sein. Berichtigungen. Seite 54, Zeile 8 von unten lies Cuscuta Gronovii statt Qronowii. 55 59, 59 19 „ 55 „ Eine unbestritten verwilderte statt wilde Pflanze. 59 64, 55 14 „ oben „ Barbaraea vulgaris statt B. stricta. ‘55 75, 55 11 „ 59 ergänze hinter Galium palustre : etwas seltener G. uliginosum. 59 157, 55 16 „ 55 ergänze hinter Allium vineale : Teesdalea nudicaulis. 230 279 Register der Pflanzen- (und Tier-) Namen. (Die Pflanzennamen olme Autor-Bezeichnung beziehen sich auf Linne.) Abi es alba Miller 224. — brachyphylla Maxim. 224. — Nordmanniana (Steven) Spach. 224. Acer campestre 222. 271. — platanoides 221. — Pseudoplatanus 221. Achillea cartilaginea Ledeb. 60. 69. — Millefoliurn 63. 90. 157. 230. — — alpestris Wimm. u. Grab. 158. — * — contracta v. Schl. 158. — nobilis 127. — Märmica 69. Achyropliorus maculatus Scop. 182. 240. Aconitum variegatum 254. 276. Acorus Calamus 75. Acrocephalus palustris 77. — schoenobaenus 77. Actaea spicata 194. 252. Adenophora liliifolia (L.) Ledeb. 267. Adonis aestivalis 134. — vernalis 171. 177. 276. Adoxa Moschatellina 252. Aegopodium Podagraria 60. 138. 252. Aera caespitosa 63. 91. 92. 97. 113. 252. — caryophyllea 155. — flexuosa 113. 231. — praecox 155. 167. Aethusa Cynapium 138. Agrimonia Eupatoria 190. 249. — odorata Mill. 250. 254. Agrostemma Githago 132. Agrostis alba 62. 89. 90. 92. 252. — canina 92. 113. — gigantea Gaud. 252. — spica venti 132. — vulgaris With. 63. 91. 97. 113. 181. 230. — — stolonifera 113. Ajuga genevensis 157. 181. 189. — — macrophylla Schbl u. Mart. 263. — pyramidalis 263. — reptans 93. 181. Albersia Blitum (L.) Kth. 135. Alchemilla arvensis (L.) Scop. 132. — vulgaris 92. [ Aldrovandia, vesiculosa 82. 83. Alectorolophus major (Ehrh.) Rchb. 63. 20. — minor (Ehrh.) Wimm. u. Gr. 64. 90. Alisma arcuatum Michalet 85. — Michaletii A. u. G. 85. — natans 82. 83. — parnassifolium 82. — Plantago 75. 85. Alliaria ofßcinalis Andrzej. 252. Allium acutangulum Schrad. 100. — fallax (Don ) Schult. 100. 170. 242. — oleraceum 64. 190. — Scorodoprasum 61. — ursinum 265. 276. — vineale 157. Ainus auctumnalis Hartig 128. — - glutinosa (L.) Gaertn. 57. 219. — — microcarpa Uechtr., microphyl/a Call., quercifolia Willd. 57. — incana (L.) D. C. 57. 271. — pubescens Tausch 57. j Alopecurus agrestis 91. — fulvus Sm. 63. 85. — geniculatus 63. 89. 92. — pratensis 63. 89. Alsine viscosa Schreb. 135. Althaea ofßcinalis 96. Alyssum calycinum 177. 187. — montanum 155. 171. 242. — — arenarium Gmel. 155. Amaranthus Blitum s. Albersia. — retroßexus 135. Ambrosia artemisifolia 130. Ammophila arenaria Link 154. 162. — baltica Lk. 154. 162. Amygdalus nana 171. Anacamptis pyramidalis Rieh. 107. Anagallis arvensis 135. — coerulea Schreb. 135. Anchusa arvensis (L.) M.B. 131. — ofßcinalis 65. 157. Andromeda calyculata 122. — polifolia 112. | Androsace septentrionalis 158. 193. 242. 231 280 Anemone nemorosa 93. 97. 181. 194. 247. — — pur pur ea S. F. Gray 97. — — ranunculoides 97. 194. 252. — - — subintegra Wiesb. 97. — — Wockeana A. n. Gr. 97. — si/vestris 173. 193. 276. Ariethum graveolens 128. Angelica montana Schleich. 59. — silvestris 59. 92. Anomodon attenuatus Hartm. 227. — longifolius Hartm. 227. Armer anser 88. Antennaria dioecn (L.) Gaert. 179. Anthe-Matricaria Gruetteriana Aschers. 136. Anthemis arvensis L. 132. 135. — Cotula 136. 138. — — -f- tmctoria 136. — ruthenica M. B. 127. — tinctoria 177. Anthericum Liliago 193. — ramosum 186. 190. 193. Antlioxantlium aristatum Boiss. 127. — odoratum 63. 91. 181. 239. 249. Anthriscus cerefolium (L.) Hoffm. 128. — silvestris (L.) Hoffm. 63. 92. — vulgaris Pers. 142. Anthyllis maritima Schweigger 165. — Vulneraria 165. 181. Antirrhinum majus 128. — Orontium 135. Antitrichia curtipendula Brid. 227. Apera spica venti (L.) P. B. s. Agrostis. Aquilegia vulgaris 254. Arabis arenosa (L.) Scop. 63. 65. 153. 240. — Gerardi Bess. 184. 186. 191. — liirsuta (L.) Scop. 189. Arcliangelica ofßcinalis Hoffm. 59. 93. Arctostaphylus uva ursi (L.) Spr. 122. 178. 239. Arenaria serpyllifolia 152. 189. Aristolochia Clematitis 66. Armeria vulgaris Willd. 157. 181. Arnica montana 268. Arnoseris minima (L.) Lk. 157. Arrhenatherum elatius M. K. s. Avena. Artemisia Absinthium 139. — annua 127. — campestris 64. 65. 156. 163. — — sericea Fr. 166. — pontica 127. — scoparia W. K. 64. 67. — — villosa Gr. Froelich 67. — vulgaris 64. 65. 138. I Asarum europaeum 252. ! Asclepias Cornuti Decaisne 129. Asparagus altilis (L.) Aschers. 64. | Asperugo procumbens 138. ! Asperula Aparine M. B. 61. - — cynanchica 180. 193. — glauca (L.) Bess. 90. — odorata 252. — tinctoria 172. 180. j Aspidium Bootii Tuckerman 114. — cristatum (L.) Sw. 113. 114. 255. Dryopteris (L.) Baumg. 255. — filix mas (L.) Sw. 194. 240. 255. — lobatum (Huds.) Sw. 256. montanum (Vogler) Aschers. 256. — Phegopteris (L.) Bmg. s. Phegopteris. Robertianum (L.) Lürssen 185. 256. spinulosum (Müller) Sw. 113. 114. 255. — dilatatum (Hoffm.) Sm. 255. — — elevatum A. Br. 255. — Thelypteris (L.) Sw. 84. 103. 114. 254. Asplenium ruta muraria 184. — septentrionale (L.) Hoffm. 185. — Triehomanes 185. 194. 256. Aster Amellus 191. 193. 242. — Linosyris (L.) Beruh. 195. — Novi Belgü 54. j — salicifolius Scholler 53. — tardißorus Nees 53. — Tripolium 95. 167. — varsaviensis Jastrz. 53. Astragalus arenarius 153. 163. 240. — — glabrescens Rchb. 240. — Cicer 177. 190. 276. — danicus Retz. 177. 191. — glycyphyllus 190. 250. Astrantia major 193. Athyrium filix femina (L.) Roth 194. 240. 255. Atriplex hastatum 138. i — — salinum 161. — hortense 128. I — litorale 138. 163. — nitens Schk. 141. — oblongiß olium W. K. 141. — patulum 138. — roseum 141. Avena elatior 63. 89. — fatua 134. i — ßavescens s. Trisetum. — pratensis 170. — pubescens Huds. 181. 182. — strigosa Schreb. 134. 232 281 Jiallota nigra 138. — — glabrescens J. Scliolz 138. Barbaraea arcuata Rchb. 64. 92. — stricta Andrzej. 75. 92. — vulgaris R Br. 64. 92. Bellis perennis 92. Berberis vulgaris 180. 225. Berteroa incana (L.) D. C. 138. 157. Berula angustifolia (L.) Koch 75. Betonica officinalis s. Stachys Bet. Betula alba L. s. verrucosa Ehrh. — alpestris Fries 120. 122. — carpathica Willd. 112. 218. — humilis Schrk. 108. 115. — hybrida Bechst. 218. — intermedia Thomas 120. 122. — nana 118. 119. • — pubescens Ehrh. 108. 112. 218. — — odorata, Bechst. 218. — verrucosa Ehrh. 108. 112. 180. 217. Bidens cernuus 71. 75. — connatus Mühlenberg 54. — frondosus 54. — tripartitus 71. 75. Blechnum spicant (L.) With. 245. 255. Borrago officinalis 129. Botrychium Lunaria (L.) Swartz 182. 270. — Matricariae (Schrk.) Spra. 270. — ramosum (Rth.) Aschs. 166. 194. — simplex Hitchcock 167. — virginianum (L.) Sw. 255. Braciiypodium pinnatum (L.) P. B. 156. 181. — silvaticum (Huds.) P. B. 254. Brassica campestris 128. — lanceolata Lange 129. — nigra (L.) Koch. 129. — Rapa 128. Briza media 63. 181. Bromus arvensis 90. — asper Murr. 254. — Benekenii (Lange) Syme. 254. 276. — erectus Huds. 90. — inermis Leysser 62. 90. — mollis 89. 138. — patulus M. u. K. 127. — racem,osus 93. - — secalinus 90. 92. — sterilis 90. 139. — tectorum 90. 138. 156. Brunella grandifiora (L.) Jacq. 193. 250. — vulgaris 93. 250. 252. Bryonia alba 60. Bryum pseudotriquetrum 104. Bunias orientalis 126. 129. Bupleurum. longifolium 260. 263. Butom.us umbellatus 75. Cakile maritima Scop. 161. Calamagrostis arundinacea (L.) Rth. 182. 231. 239. 252. — Epigeios (L.) Rth. 65. 103. 182. 231. 239. — Hartmanniana Fr. 252. — lanceolata Rth. 103. 252. — litorea D. 0. 65. 67. — neglecta (Ehrh.) Fr. 76. 103. Calamintha Acinos (L ) Clairv. 181. Calendula officinalis 128. Calla palustris 84. 114. Callitriche auctumnalis 80. — hamulata Kiitz. 78. — stagnalis Scop. 80. — verna 78. Galluna vulgaris (L.) Salisb. 112. 116. 178. 239. Caltha palustris 92. Camelina dentata (Willd.) Pers. 131. — microcarpa Andrzej. 240. — sativa (L.) Crtz. 131. Ca.mpanula bononiensis 195. — Cervicaria 264. — glomerata 186. 189. — — salvifolia Wallr. — — speciosa Horn. 186. — latifolia 264. - — patula 93. — persicifolia 186. 190. - — rapunculoides 63. 135. — Rapunculus 129. — rotundifolia 157. 163. — sibirica 172. 177. 276. — Trachelium 275. Cannabis sativa 129. Capselia bursa pastoris (L.) Monech 131. 137. Cardamine amara 252. — hirsuta 259. — impatiens 259. — pratensis 93. — silvatica Link 259. Carduus acanthoides 64. 138. — crispus 138. — nutans 183. Carex acutiformis Ehrh. 74. 103. — arenaria 65. 153. 163. 179. — — umbrosa Spribille 153. — aristata R. Brown. 233 282 ’i Car ex- Bastarde 105. ■ — brizoides 257. Buxbaumii Whlbg. 98. 117. — caespitosa 98. — canescens 108. — chodorrhiza Elirh. 117. 118. — cyperoides 87. — diandra Rth. 104. 105. — — major Koch 105. — digitata 249. 252. dioeca 105. 118. 116. — distans 96. 98. — disticlia Huds. 75. — echinata Murr. 91. 92. 113. — elongata 103. — - ericetorum Poll. 156. 179. 239. — filiformis auct. s. lasiocarpa. — flava 97. — fulva Good. s. Hornschuchiana. — glauca Murr. 98. — ■ — erytlirostachys Hoppe 98. — - Goodenoughii Gay 74. 92. 97. 103. — gracilis Curtis 75. 103. — hirta 65. 91. 153. — — hirtiformis Pers. 65. — Hornschuchiana Hoppe 105. — humilis Leisser 174. 183. — lasiocarpa 105. 112. — leporina 91. 92. — ligerica Gay 65. 153. 163. — limosa 112. 113. — montana 254. — muricata 91. 92. 97. 113. 249. 252. — Oederi Ehrh. 97. 113. — pallescens 91. 92. 249. 252. — panicea 97. 103. — panniculata 75. 103. — paradoxa Willd. 104. — pauciflora Lightf. 116. — pilosa Scop. 258. — pilosiuscula Gobi 105. — pilulifera 239. — praecox Schreb. 153 156. 179. 181. — Pseudocyperus 75. 112. — pulicaris 105. — remota 254. — riparia Gurt. 74. — rostrata With. 103. — secalina Wahle nb. 96. — silvatica Huds. 254. — stricta Good. 74. 103. 112. — supina Wahlenb. 174. 276. Carex tomentosa 188. — verna Vill. 156. 179. 181. 249. — vesicaria L., z. Teil 92. 103. — — robusta Sonder 105. — vulpina 75 92. 97. Carlina acaulis 241. — vulgaris 179. 191. 240. - — — nigrescens Formänek 240. Carpinus Betulus 216. Carum Carvi 63. 92. Catabrosa aquatica (L.) P. B. 75. Caucalis daucoides 130. Cenolophium Fischeri Koch 94. Centaurea austriaca Willd. 107. * — Cyanus 131. — decipiens Thuill. 276. — Jacea 90. — nigra 130. — Phrygia L. 193. — pratensis Thuill. 276. — rhenana Boreau 156. 163. — Scabiosa 64. 157. — sofstitialis 130. Centunculus minimus 86. 99. 132. Cephalanthera grandiflora (Scop.) Bab. 264. — rubra (L.) Rieh. 241. 254. — xiphophyllum (L.) Rchb. fil. 264. Cerastium arvense 13. 157. 165. — brachypetalum Desportes 188. 276. — caespitosum Gil. 252. — glomeratum Thuill. 135. — nemorale Uechtritz 252. — semidecandrum 131. 152. 231. — triviale Link 63. 90. 138. Ceratopliyllum demersum 78. — submersum 80. Ceterach officinarum Willd. 185. Chaerophyllum aromaticum 254. 263. — bulbosum 60. 134. — hirsutum 260. — temulum 138. 252. Chaeturus Marrubiastrum (L.) Rchb. 13. 139. Chara aspera 82. — ceratophylla 82. — contraria 79. 82. — delicatula 82. — foetida 79. 82. — fragilis 79. 82. — hispida 82. — jubata 82. — stelligera 82. Chelidonium majus 138. 234 283 Chenopodium albuvn 66. 135. 138. 140. 231. — hastatum Klinggr. 140. — — microphyllum Goss. u. Germ. 140. — Bonus Henricus 140. — ficifolium Sm. 66. 141. — glaucum 66. 71. 140. — liybridum 138. 140. — murale 140. — opulifolium Schrad. 141. — polyspermum 135. — — acutifolium Sm. 135. — rubrum 66. 71. 135. 140. — — humile Hook. 66. — • striatum (Kras.) Murr. 140. — - urbicum 140. — viride 140. — Vulvaria 140. Chimophila umbella Nutt. 239. Chondrilla juncea 157. 177. Chrysanthemum Leucanthemum 15. 90. 250. — Myconis 90. — segeturn 133. Chrysosplenium alternifolium 85. Cichorium Intybus 90. 138. Cicuta virosa 75. Cimicifuga foetida 191. 193. Circaea alpina 254. — intermedia Ehrh. 254. 269. — lutetiana 252. Cirsium acaule (L.) All. 240. — arvense (L.) Scop. 64. 90. 132. — — complanatum Schweigg. 132. — — incanum Fisch. 132. — canum (L.) Moench 94. — lanceolatum (L.) Scop. 113. 138. 231. — ■ oleraceum (L.) Scop. 64. 90. 97. 103. — — amarantinum Lang. 106. — palustre (L.) Scop. 84. 103. — • rivulare (Jacq.) Lk. 94. — silvaticum Tausch. 62. 266. Cladium Mariscus (L.) R. Br. 83. 84. Cladonia fimbriata 238. — furcata Schrb. 238. — gracilis 238. — rangiferina Schaer. 238. Clematis recta 53. 195. — Vitalba 127. Clinopodium vulgare 190. 252. Cnidium venosum (Hoffm.) Koch 99. Cochlearia Armoracia 75. Collomia grandißora Douglas 6. Collutea arborescens 128. 226. Comarum palustre 84. 103. Conium maculatum 138. Convallaria majalis 190. 252. Convolvulus arvensis 65 135. 157. — sepium 60. 75. | Coralliorrhiza innata R. Br. 118. 245. 247. Coriandrum sativum 128. i Corispermum intermedium Schweigger 161. 167. — Marschallii Stev. 130. 168. i Cornus sanguinea 59. 225. j Coronaria ßos cuculi (L.) A. Br. 90. 93. I Coronilla varia 181. 186. | Coronopus Ruellii All. 138. | Corydalis cava Schweig, u. K. 156. 194. 274. — intermedia (L.) Merat (nach P. M. E.) 274. — Marschallii 274. — solida Sm. 156. 194. 274. — • — integrata, Godr. 194. Corylus Avellana 193. Crataegus brevispina G. Kunze 130. — monogyna Jacq. 180. 189. — Oxyacantha 180. 189. Crepis biennis 90. — lodomiriensis Bess. 90. — nicaeensis Balbis 130. BES podudosa (L.) Moench 99. — praemorsa (L.) Tausch 191. 250. — setosa Haller fil. 130. — succisifolia Tausch 98. 99. 106. — tectorum 132. — virens Till. 135. Grupina vulgaris Cass. 91. Cucubalus baccifer 60. Cuscuta Epilinum Weihe 131. — Epithymum Murr. 131. — — Trifolii Babingt. 131. — europaea 271. — Gronovii Willd. 54. — lupuliformis Krocker 61. 68. Gygnus olor 88. Cynoglossum officinale 65. 138. 231. Cynosurus cristatus 91. Cyperus flavescens 86. — fuscus 71. Cypripedilum Calceolus 254. 270. Cystopteris fragilis 184. 255. Cytisus nigricans 243. — ratisbonensis Schaeffer 243. Dactylis glomerata 62. 91. — Aschersoniana Gr. 182. — pendula Dum. 250. 235 284 Daphne Mezereum 226. 250. Datura Stramonium 138. Daucus Carota 92. 138. Delphinium Consolida 131. 133. Dentaria hulbifera 259. Dianthus arenarius 155. 179. 240. — Armeria 254. — harhatus 127. — Carthusianorum 157. 170. 240. — — Schar lokii Casp. 192. 197. — — -f- arenarius 240. — deltoides 170. — superbus 93. 106. Dicranella cerviculata Schimp. 110. Dicranum longifolium Ehrh. 227. — montanum Hedw. 227. — palustre Br. europ. 104. — scoparium Hedw. 227. — undulatum Ehrh. 227. Dictamnus albus 195. Digitalis ambigua Murr. 250. Diplotaxis muralis (L.) D. C. 126. — tenuifolia (L.) D. 0. 126. Dipsacus laciniatus 68. 93. — pilosus 61. — Silvester Mill. 268. Doronicum Pardalianches 127. Draba verna s. Eropliila. Dracocephalum Ruyschiana 244. — thymißorum 127. Drosera anglica Huds. 111. — intermedia Hayne 112. — maritima G. 117. — obovata M. u. K. 111. — rotundifolia 111. 117. Dryas octopetala, 122. Echium vulgare 65. 153. 231. Elatine Alsinastrum 86. — liexandra D. 0. 86. — Hydropiper 86. — triandra Schk. 86. Elodea canadensis (Richard) Caspary 78. Elssholzia Patrini (Lepechin) Gke. 127. Elymus arenarius 154. 162. — europaeus s. Hordeum. Emberiza schoeniclus 77. Empetrum nigrum 114. 115. 117. Epilobium, adnatum Griseb. 61. — angustifolium 230. — hirsutum 75. 103. — montanum >, 194. 252. Epilobium obscurum (Schreb.) Rclib. 61. — palustre 85. 103. — parviflorum Schreb. 85. — roseum Schreb. 63. 71. 85. Epimedium alpinum 127. Epipactis latifolia (L.) All. 181. 252. — — viridans Crtz. 182. — palustris (L.) Crtz. 104. — rubiginosa (Crtz.) Gaud. 165. 241. — sessilifolia Peterm. 264. Epipogon aphyllus (Schmidt) Sw. 264. 269. Eguisetum arvense 63. 131. — heleocharis 74. 103. — hiemale 63. 190. 252. — polystacliyum Milde 63. — — Schleichen Milde 63. — limosum s. heleocharis. — maximum Lam. 256. 276. — palustre 71. 74. 103. — pratense Ehrh. 254. 276. — silvaticum, 252. — — polystachium Milde 256. — variegatum Schleich 84. Erica Tetralix 116. 125. Erigeron annuus 53 — acer 64. 157. 181. 230. - — canadensis 53. 65. 153. 230. — Droebachiensis 0. F. Müller 157. 181. 240. — podolicus Bess. 157. Eriophorum. gracile 113, — latifolium Hoppe 103. 111. — polystacliyum 103. 111. — vaginatum 111. 116. Er odium cicutarium (L.) L’Heritier 131. 152. 189. ; Erophila verna E. Mey. 131. 135. 152. I Erucastrum Pollichii Sch. u. Sp. 130. | Ervum hirsutum s. Vicia. — pisiforme Peterm. 254. ; Eryngium campestre 130. 167. — maritimum 162. — planum 64. 65. 69. 157. ! Erysimum cheiranthoides 131. — hieracifolium 65. 67. : Erythraea Centaurium (L.) Pers. 93. — litoralis (Turner) Fr. 96. 167. — pulcliella (Sw.) Fr. 93. 99. Eupatorium cannabinum 75. Euphorbia, Cyparissias 155. 186. — dulcis Jacq. 276. — Esula 64. 188. — — lobato-bracteata J. Scholz 64. I — — Mosana Lej. 64. 236 285 Euphorbia Esula ß. pinifolia Lam. 126. — exigua 136. — helioscopia 135. — lucida W. K. 61. 68. — palustris 61. 68. — Peplus 135. — platypliyllos 136. — virgata W. K 126. 183. Euphrasia curta (Fr.) Wettst. 182. — gracilis Fr. 179. — nemorosa Pers. 63. 106. — — brevipila Burn. u. Gremli 106. 179. — Odontites 63. 92. — Rostkoviana Hayne 64. 93. — stricta Host. 63. 92. 93. 179. Evonymus europaeus 189. 225. — verrucosus Scop. 193. 226. 250. Fagopyrum esculentum Moench 128. Fagus silvatica 216. Falcaria vulgaris Beruh. 63. 69. 132. 157. Festuca arenaria Osbeck 163. — arundinacea 93. 188. — distans Kth. 95. — — capillaris (Liljbl.) Marss. 163. — duriuscula L. sp. pl. 239. — elatior 62. 89. 91. — - gigantea (L ) Yill. 231. 252. — heterophylla Lam. 257. — ovina 152. 163. 250. — — vulgaris Koch 152. — rubra 65. 91. 106. 156 250. - silvatica (Poll.) Yill. 257. 269. — thalassica Kunth. 95. 125. 163. Filago arvensis 132. 179. — minima (Sm.) Fr. 179. 240. Fragaria elatior Ehrh. 265. — vesca 181. 249. — viridis Duchesne 181. Frangula Ainus 108. Fraxinus excelsior 222. Frullania dilatata N. a. E. 227. Fumaria officinalis 135. — Schleic-heri Soyer 126. — Vaillantii Loisl. 126. Gagea arvensis (Pers.) Sclmltes 136. — lutea (L.) Schult. 97. 194. 274. — — glaucescens Lange 97. — minima (L.) Schult. 194. 274. — pratensis (Pers.) Schult. 97. — spathacea (Hayne) Salisb. 265. | Galanthus nivalis 194. 265. 276. Galeobdolon luteum Huds. 252. 275. — — montanum Pers. 252. j Galeopsis bifida Boenn. 135. — Ladanum 157. — pubescens Bess. 135. 231. 252. — speciosa Mill. 135. — Tetrahit 135. 231. Galinsoga parvifiora Cav. 126. 127. Galium Aparine 60. 135. 231. — boreale 61. 181. — Cruciata (L.) Scop. 60. — elatum Thuill. 63. I — erectum Huds. 63. — Mollugo 15. 92. 157. 181. — — verum 157. — palustre 75. 93. 103. — saxatile auct. 268. — Schultesii Yest. 263. — silvaticum 263. — silvestre Poll. 90. 189. — — hirsutum Koch 90. 189. — uliginosum 75. 135. 275. — verum 64. 157. 181. — Wirtgeni F. Schultz 91. j Genista germanica 193. 243. — tinctoria 193 243. Gentiana Amarella 270. j . — axillaris Echb. 99. — baltica Murbeck 99. — Cruciata 189. — Pneumonanthe 99. — pyramidalis Willd. 99. 270. — uliginosa Willd. 99. ! Geranium columbinum 181. 190. — dissectum 136. — macrorrhizum 130. — molle 138. I — palustre 103. — pratense 63. 90. — pusillum 135. 138. — pyrenaicum 130. — Robertianum 252. I — sanguineum 174. 186. 240. — silvaticum 254. Geum rivale 93. 103. — strictum Ait. 277. — urbanum 138. 252. Gladiolus imbricatus 100. — paluster Gaud. 270. Glaux maritima 95. 167. Qlechoma Hederacea 60. 93. 252. 237 286 Glyceria aquatica (L.) Walilenb. 74. 85. — fluitans (L.) R. Br. 68. 75. 140. — nemoralis Uechtr. u. Koern. 275. — plicata Fries 75. Gnaphalium arvense Lam. s. Filago. — luteo-album 71. — silvaticum 250. — uliginosum 71. 85. — — pseudopilulare J. Scholz 71. Goodyera repens (L.) R. Br. 245. 247. Graphephorum arundinaceum (Lilj.) Aschs. 83. 85. Gratiola officinalis 75. Gymnadenia conopea (L.) R. Br. 98. 115. 182. — conoepea -j- Orchis maculata 99. — densißora (Dietr. als Art) Fr. 269. Gymnocybe palustris 104. Gypsophila fastigiata 240. — muralis 66. 71. 85. Hedera Helix 251. Helianthemum Chamaecistus Mill. 157. Helianthus annuus 128. Helichrysum arenarium (L.) D. C. 153. 179. Hepatica nobilis Rchb. 194. 248. 268. Heracleum pubescens M. B. 127. — sibiricum 59. 92. 138. — Sphondilium 93. Herniaria glabra 66. 71. 153. — hirsuta 1 35. Hesperis matronalis 127. — tristris 130. Hicoria alba Britton 224. — acuminata 224. Hieracium aurantiacum 184. — Auricula 93. 113. — auriculiforme Fr. 121. — bi für cum M. B. -7- collinum Gochnat s. pratense. — cymosum 182. 196. — echioides Lumnitzer 175. 242. — flagellare Willd. 184. — floribundum Wimm. u. Grab. 107. — ßorentinum N. n. P. 184. — glomeratum Fr. 184. — laevigatum Willd. 250. — magyaricum N. u. P. 184. — murorum 250. — Pilosella 113, 153. 179. — pratense Tausch. 64. 92. 184. — prussicum N. u. P. 184. — setigerum Tausch 184. — silvestre Tausch 250. Hieracium spdthophyllum N. P. 184. — umbellatum 65. 153. 163. 179. — — linarifolium G. Mey. 166. — vulgatum Fries 250. Hierochloa australis (Schrad.) R. u. Sch. 239. 241. 249. — odorata. (L ) Wahlbg. 167. 171. 241. Hippophaes rhamnoides 130. 164. Hippuris vulgaris 75. Holcus lanatus 63. 91. - — mollis 252. Holosteum umbellatum 131. 135. 152. Homalia trichomanoides Schimp. 227. Honckenya peploides Ehrh. 161. Hordeum europaeum (L) All. 257. — murinum 1 39. Hottonia palustris 78. Humulus Lupulus 59. Hydrocharis morsus ranae 78. I Hydrocotyle vulgaris 100. 117. | Hylocomium splendens Schimp. 227. — squarrosum Schimp. 92. 227. — triquetrum Schimp. 227. ( Hyoscyamus niger 138. — — agrestis, pallida 138. Hypericum hirsutum 195. 261. — humifusum 118. — montanum 254. — perforatum 63. 92. 181. — pulchrum 127. 261. — quadrangulum 93. — tetrapterum Fries 85. 93. Hypnum crista castrensis 227. — cupressiforme 227. — cuspidatum 92. 104. — ßlicinum 104. — giganteum 104. — Schreberi Willd. 227. — stellatum 104. Hypochoeris glabra 157. — radicata 92. 250. Hyssopus officinalis 127. j tfasione montana 153. 163. 179. 231. j — — litoralis Fr. 166. Impatiens nolitangere 252. 254. I — parvifiora D. 0. 126. ! Inula britannica 63. 93. 113. — Helenium 139. — hirta 191. 242. — salicina 191. — — subhirta C. A. Mey. 242. 238 287 Iris Pseudacorus 75. — sibirica 100. Isatis tinctoria 129. Isoetes echinosporum Durieu 80. — lacustre 80. 83. Isopyrum thalictroides 194. 275. Juncus alpinus Yillars 66. 71. — atratus Krocker 71. 86. — balticus Willd. 95. 116. 163. — bufonius 66. 71. — capitatus Weigel 86. — compressus Jacq. 71. 89. 97. 103. — eff usus 71. 103. — filiformis 116. 163. — Gerardi Loisl. 95. 167. * — glaucus Ehrt. 71. — inundatus Drever 163. — lamprocarpus Ehrli. 103. 163. — Leersii 71. — obtusiflorus Ehrli. 86. — ranarius Pers. u. Song. 66. 71. — silvaticus Reichard 86. 266. — squarrosus 116. — supinus Moench 116. — Tenageia Ehrli. 86. — tenuis 71. 245. Juniperus communis 180. 213. — nana Willd. 213. — virginiana 224. Knautia arvensis (L.) Coulter 92. Koeleria, crista ta (L.) Pers. 156. — glauca (Schk.) D. C. 152. 163. Lactuca muralis Less. 231. 252. — Scariola 157. 177. — — integrifolia Bischof! 177. Lamium album 138. j — • — lycopifolium J. Scholz 138. — amplexicaule 131. — dissectum With. 136. — intermedium Fr. 136. — maculatum 252. 274. — purpureum 131. Lamp sana communis 135. Lappa major Gaert. 138. — minor D. C. 138. — nemorosa Koern. 266. — officinalis All. 59. 138. 231. — tomentosa Lam. 59. — — denudata Lange = glaberrima Fries 62. 142. Lappula Myosotis Moench 66. 157. Larix decidua Mill. 215. — leptolepis Murr. 224. Laserpitium asperum Crtz. 251. — latifolium 251. — prutenicum 193. 241. 250. Latliraea Squamaria 275. Lathyrus heterophyllus L. 267. — maritimus Bigelow 164. — montanus Bernh. 240. — niger (L.) Bernh. 194. 250. — paluster 60. — pisiformis 266. 269. — pratensis 60. 92. 252. — Silvester 60. 186. 190. 240. — — ensifolius Bnek. 240. — tuberosus 134. — vernus (L.) Bernh. 194. 250. 252. Lavatera thuringiaca 174. 276. Ledum palustre 112. Lemna gibba 78. — minor 78. — polyrrhiza 78. — trisulca 78. Leontodon auctumnolis 64. 90. — hastilis 64. 92. | - — hispidus 64. Leonurus Cardiaca 127. 138. — villosus Desf. 127. Lepidium apetalum Willd. 126. — campestre (L.) R. Br. 90. — Draba 90. — ruderale 137. Leucodon sciuroides Schwägr. 227. Libanotis montana All. 190. 250. — sibirica Koch. 190. Ligustrum vulgare 130. IAlium Martagon 186. 191. 193. Limnanthemum nymphaeoides (L.) Lk. 78. Limosella aquatica 71. Linaria arvensis (L.) Desf. 135. - — Cymbalaria (L.) Mill. 128. — Elatine (L.) Mill. 135. — minor (L.) Desf. 66. 132. — odora (M. B.) Chavannes 164. 165. 167. — vulgaris Mill. 63. 113. 157. 163. Linnaea borealis 245. Linum catharticum 93. Liparis Loeselii (L.) Rieh. 106. 114. 118. Listera cordata (L.) R. Br. 118. - — ovata (L.) R. Br. 254. IJtliospermum arvense 131. 157. 239 288 Lithospermum officinale 191. Litorella unißora (L.) Aschers. 83. 86. 116. Lobelia Dortmannia 83. 86. 116. Lolium multiflorum Lam. 89. — perenne 62. 63. 89. — remotum Selirk. 131. — temulentum 134. Lolium perenne -f~ Festuca elatior 64. Lonicera caprif olium 128. — coerulea 226. — Periclymenum 226. — pyrenaica 128. — tatarica 128. — Xylosteum 189. 225. Lotus corniculatus 63. 92. — tenuifolius 96. — uliginosus Schk. 93. 96. Lunaria rediviva 259. Lupinus polyphyllus Lindl. 245. Lusciola philomela 77. Luzula campestris (L.) D. C. 97. 113. 179. 181. — — multiflora (Ehrh.) Lej. 97. 113. 239. 249. — nemorosa (Poll.) E. Mey. 257. — pallescens (Walilenb.) Bess. 113. 179. 240. — pilosa (L.) Willd. 239. 249. silvatica (Huds.) Gaud. 257. Lychnis flos cuculi s. Coronaria. Lycium halimif olium Mill. 128. — rhombif olium (Mill.) Dippel 128. Ly copodium anceps Wallr. 240. — annotinum 240. — Chamaecyparissus A. Br. — clavatum 117. 240. — complanatum 240. — inundatum 117. 118. — Selago 254. Lycopus europaeus 75. Lysimachia nemorum 260. 263. — Nummularia 93. 103. — thyrsiflora 103. vulgaris 75. 84. 103. Lythrum hyssopifolia 142. — Salicaria 75. 90. 97. Majanthemum bif olium (L.) F.W. Schmidt 252. Malachium aquaticum (L.) Fr. 75. 85. Malaxis paludosa (L.) Sw. 118. 121. Malus silvestris Mill. 223. Malva Alcea 189. — moscliata 130. — neglecta Wallr. 138. Malva rotundifolia 138. — silvestris 135. Marchantia polymorpha 104. Marrubium vulgare 139. Matricaria Chamomilla 132. — discoidea D. C. 126. — inodora 132. — — maritima 166. ; Medicago falcata 90. 138. — lupulina 71. 92. 181. — minima (L.) Bartal. 176. 188. — sativa 90. Melampyrum arvense 132. — cristatum 99. — nemorosum 190. 252. — pratense 240. — silvaticum 260. 263. Melandryum album (Mill.) Gke. 138. — rubrum (Weig.) Gke. 255. Melica nutans 249. 252. — unißora Retz. 257. Melilotus albus Desr. 60. 65. — altissimus Thuill. 60. 65. i — coeruleus Desr. 129. — dentatus ( W . K.) Pers. 95. 125. 167. — officinalis (L.) Desr. 138. ! Melittis melissophyllum 266. Menta aquatica 75. 85. 103. — arvensis 63. 75. 85. 135. — silvestris 85. Menyanthes trifoliata 103. Mercurialis annua 127. — perennis 252. Microstylis monophylla (L.) Lindl. 270. Milium effusum 252. Moehringia trinervia (L.) Clairv. 252. Molinia coerulea (L.) Moench. 97. 103. 252. — — arundinacea Schrk. 252. Monotropa Hypopitys 228. 240. — — glabra Beruh. 240. Montia lamprosperma Cham. 86. Myosotis arenaria, Schrad. 71. 132. 153. — caespitosa C. F. Schultz 71. — hispida Schl. 132. — intermedia Lk. 132. — palustris (L.) With. 75. — silvatica (Ehrh.) Hoffm. 254. 275. — sparsiflora Mikan, 275. — versicolor (Pers.) Sm. 71. Myosurus minimus 135. Myrica Gale 116. Myricaria germanica 53. 240 289 Myriophyllum alterniflorum D. C. 80. — spicotum -78. — verticillatum 78. 80. Najas flexilis (Willd.) Rostk. u. Schm. 82. — marina 79. 82. — — intermedia Wolfg. 82. — minor All. 82. Nardus stricta 113. Nasturtium amphibium (L.) R. Br. 68. — anceps Rchb. 63. 68. — armoracioides Tausch 63. 67. — austriacum Crtz. 67. — barbaraeoides Tausch 63. 68. — camelinicarpum Gr. Froel. 68 — fontanum Aschers. 85. — palustre D.C. 63. — silvestre (L.) R. Br. 63. 138. Neottia, nidus avis (L.) Rieh. 254. Nepeta Cataria 138. Neslea panniculata (L.) Desv. 131. Nicandra pliysaloides (L.) Gaert. 129. Nicotiana rustica 131. — tabacum 131. Nigella arvensis 196. Nitelia gracilis (Sm.) A. Br. 82. — vnucronata A. Br. 82. — opaca 82. Nonnea pulla (L.) D. 0. 183. Nuphar luteum Sm. 78. - — intermedium Ledeb. 80. — pumilum (Hoffm.) D. 0. 80. 83. 122. Nymphaea alba 78. 80. — candida Presl. 78. 80. Oenanthe aquatica (L.) Lam. 75. Omphalodes scorpioides (Haenke) Schrk. 275. Onobrychis vicifolia Scop. 90. 129. 183. — — arenaria I). C. 183. Onoclea Strutiopteris (L.) Hoffm. 255. Ononis arvensis L. Syst. nat. 15. 90. 92. 157. — mitis Gmel. 90. — repens 15. 66. 90. 157. — spinosa 66. Onopordon acanthium 138. Onothera biennis 53. 63. 64. 65. 153. 231. — grandiflora Ait. 64. — muricata 64. — parviflora L.? 64. — — Torr. u. Gray 64. Opliioglossum vulgatum 103. 117. Orchis coriophora 98. Orchis incarnata 98. _ _ foliosa Rchb. fil. 98. — latifolia 97. 98. — maculata 97. 98. — — fragrans Gren.u. Godr. 194. — mascula 98. — militari s L. exp. 98. 276. — Morio 98. 170. 182. — Traunsteineri Sauter 99. 104. 106. — ustulata 270. 276. Origanum vulgare 174. 186. 190. Ornithopus perpusillus 174. 242. — sativus Brotero 129. Orobanche alsatica F. Schultz 175. 267. — arenaria Borchh. 176. — caryophyllacea Sm. 175. — coerulescens Stephan 175. — elatior Sutt s. major. — lutea Baumg. 175. — major L. 176. — pallidißora Wimm. u. Grab. 175. — purpur ea Jacq. 176. — ramosa 131. Oryza clandestina (Weber) A. Br. 75. Osmunda regalis 245. Ostericum palustre Bess. 94. Oxalis Acetoselia 252. — stricta 127. .Oxytropis pilosa (L.) D. C. 173. 177. 242. 276. Panicum crus galli 135. — lineare Krocker 134. — miliaceum 128. — sanguinale 127. Papaver Argemone 131. — dubium 131. 132. — — -f- Rhoeas 133. — somniferum 128, — strigosum Boenn. 133. Parieiaria officinalis 139. Paris quadrifolia 252. Parnassia palustris 97. Pastinaca sativa 63. Pedicularis palustris 103. — sceptrum Carolinum 105. 107. 114/5. — silvatica, 107. Peplis Portida 75. 86. Petasites albus (L.) Gaert. 261. — officinalis Moench 85. — tomentosus D. C. 64. 65. 68. 162. Peucedanum Cervaria (L.) Cuss. 191.193.241.250. — Oreoselinum (L.) Moench 156. 163. 240. 19 Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 3. 241 290 Pencedanum palustre (L.) Moench. 84. 10 DANZIG 1906. KOMMISSIONS - VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Druck von A. W. Kafemann g. m. b. h. in Danzi Inhalt Seite 1. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1905 . . I 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1905 YII Ruff: Über die Herstellung und Verwertung der flüssigen Luft VII; Hildebrand: Über den Hausschwamm XIV; v. Mangoldt: Neuere An- schauungen über das Wesen der Elektrizität XV; Dahms: Einige Vor- gänge bei ungewöhnlicher Temperatur XVI; Wallenberg: Über die Entwickelung des Gehörorganes in der Wirbeltierreihe XIX; Rössler: Über die Spannungserhöhung des Elektrizitätswerkes in Danzig XX; Schell wien: Spuren einer alten Eiszeit auf der Erde XXIII; Mentz: Einführung in den Schiffsmaschinenbau XXV; Ewers: Über Resonanz- erscheinungen bei elektromagnetischen Schwingungen XXVI; Dahms: Beziehungen zwischen Form und Größe bei Körpern XXVII. 3. Übersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1905 be- handelten Gegenstände XXXIV 4. Bericht über die Tätigkeit der Sektion für Physik und Chemie 1905 XXXVI 5. Jahresbericht des Ärztlichen Vereins zu Danzig, medizinischer Sektion der Naturforschenden Gesellschaft 1905 XXXVII 6. Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins 1905 XXXIX 7. Jahresbericht über die Tätigkeit des Westpreußischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege 1905 XL 8. Verzeichnis der im Jahre 1905 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher XLII 9. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1905 LX 10. Vermögensbestand der Naturforschenden Gesellschaft am 1. Ja- nuar 1906 LXIV 11. Mitglieder- Verzeichnis der Gesellschaft und des Vorstandes am 1. Mai 1906 LXV VI Abhandlungen. Seite 12. Die Entwickelung der staatlichen Forstwirtschaft in Westpreußen und ihre Beziehungen zur Landeskultur. Vortrag, gehalten im staats- wirtschaftlichen Verein höherer Beamter zu Danzig am 20. März 1905 von Regierungs- und Forstrat Dr. König 1 13. Mineralogische Untersuchungen über Bernstein. VIII. Über den Brechungsquotienten des Succinit und einige Erscheinungen, die sich bei der künstlichen Behandlung dieses Bernsteins zeigen. Mit drei Abbildungen. Von Dr. Paul Dahms 25 14. Mittlere Monatstemperaturen von Danzig. Mit einer Tafel. Von A. Momber 50 15. Die Cicadinen der Provinz Westpreußen und des östlichen Nachbar- gebietes. Mit Beschreibungen und Abbildungen neuer Arten auf einer Tafel. Von Dr. S. Matsumura . 64 Jahresbericht der N aturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1905. Erstattet von dem Direktor derselben, Professor A. MOMBER, am 3. Januar 1906. Meine Herren! Gedenken wir zunächst der im verflossenen Jahre aus unserer Mitte Geschiedenen! — Nur wenige Jahre durfte unsere Gesellschaft den Namen Ferdinand v. Richthofen’s in der Liste ihrer Mitglieder führen. Zu seinem 70. Geburtstage, am 5. Mai 1903, erwählte sie ihn zum Ehrenmitgliede; kurze Zeit vor seinem Tode hatten wir dann bei dem hier tagenden Deutschen Geographen- tage Gelegenheit, ihn in seiner vollen körperlichen und geistigen Frische zu bewundern, und wenige Monate später, am 6. Oktober, erlag er unerwartet einem Schlagflusse. Unser Herr Sekretär für auswärtige Angelegenheiten hat in unserer ersten Wintersitzung eine kurze Übersicht seiner wissenschaftlichen Arbeiten gegeben und die Bedeutung seiner Persönlichkeit für die Entwickeluug der geographischen Wissenschaften besonders hervorgehoben. Mit der ganzen wissenschaftlichen Welt betrauert auch unsere Gesellschaft den Tod dieses seltenen Mannes. An der überaus würdigen und erhebenden Trauerfeier der Geographischen Gesellschaft zu Berlin am 29. Oktober in dem Saale der Singakademie konnte ich als Vertreter unserer Gesellschaft teilnehmen und dem derzeitigen Vorstande der Geographischen Gesellschaft unser Beileid ausdrücken. Es starb ferner von unseren älteren Mitgliedern Herr Landgerichtsrat Hesekiel, der stets ein eifriger Besucher unserer Sitzungen gewesen ist und recht oft bei juristischen Fragen der Gesellschaft gute Dienste geleistet hat, z. B. bei der Entwerfung der neuen Statuten im Jahre 1897; ferner die Herren Apothekenbesitzer Lietzau, Kommerzienrat Muscate und Dr.med. Stangenberg. Das Andenken der Entschlafenen wollen wir durch Erheben von unseren Plätzen ehren! 1 II Der Bestand unserer Mitglieder hat sich im Laufe des Jahres wieder ver- mehrt. Die Gesellschaft zählt jetzt: 10 Ehrenmitglieder gegen 11 Ende 1904, 43 Korrespondierende Mitglieder . „ 42 „ „ 290 Einheimische Mitglieder ... „ 279 „ „ 89 Auswärtige Mitglieder ... „ 87 „ „ Unserem Ehrenmitgliede, Herrn Geh. Bat Prof. Dr. Ascherson- Berlin, gratulierte unsere Gesellschaft am 4. Januar zum 50jährigen Doktor-Jubiläum, ebenso Herrn Geh. Bat Prof. Dr. Möbius -Berlin am 7. Februar zum 80jährigen Geburtstage, ferner dem Korrespondierenden Mitgliede, Herrn Prof. Dr. Dorr- Elbing, am 9. September zum 70jährigen Geburtstage. Die Gesellschaft beteiligte sich in dem verflossenen Jahre an einer Beihe von Jubiläen. Der Direktor beglückwünschte den Westpreußischen Fischerei* verein zu Danzig zum 25jährigen Bestehen am 22. September. Der Sekretär für auswärtige Angelegenheiten, Herr Conwentz, überbrachte die Glückwünsche der Gesellschaft dem Naturwissenschaftlichen Verein zu Bromberg bei seinem 40jährigen Bestehen am 11. November. Weiter entsandten wir Schriftliche oder drahtliche Glückwünsche an den Naturwissenschaftlichen Verein für Schleswig-Holstein zum 50jährigen Bestehen am 10. Juni, an die Altertums- gesellschaft in Insterburg zum 25jährigen Bestehen am 23. September und an die Historische Gesellschaft für den Netze-Distrikt zu Bromberg zum 25jährigen Bestehen am 28. Oktober. Die Gesellschaft hat im verflossenen Jahre zehn ordentliche Sitzungen ab- gehalten, über welche der für den Druck fertiggestellte Bericht des Herrn Sekretärs für innere Angelegenheiten das Nähere bringt. In der Sitzung am 18. Oktober hielt unser Korrespondierendes Mitglied, Herr Prof. Schellwien- Königsberg, einen Vortrag über „Spuren einer alten Eiszeit auf der Erde“. Außer den in diesen Sitzungen gehaltenen Vorträgen fanden vier populär- wissenschaftliche statt, und zwar sprach in diesen Herr Prof. Spies- Posen: „Über radioaktive Stoffe“, Herr Budolf ZABEL-Berlin über die „Kriegszeit in Japan und Korea“, und an zwei Abenden Herr Geheimrat Prof. Dr. Miethe- Berlin über „Farbige Photographie“ und über „Die Natur im Spiegel der farbigen Photographie“. Sämtliche Vorträge fanden im Kreise der Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft, wie auch in fernerstehenden Kreisen der Gebildeten Danzigs einen großen Anklang; und ich erlaube mir an dieser Stelle unserem unermüdlichen VTorstandsmitgliede, Herrn Dr. Lakowitz, für die recht große Mühe, die die Einleitung solcher Vorträge erfordert, den Dank der Gesellschaft auszusprechen. Von unseren Schriften ist im verflossenen Jahre von Band 11 das 1., 2. und 3. Heft erschienen. Über die in dem Doppelheft 1, 2 enthaltenen Ab- handlungen habe ich schon in meinem vorjährigen Berichte Mitteilung gemacht. Heft 3 enthält außer den Jahresberichten des Direktors, des Sekretärs, der Sektionsvorstände, dem Bibliothekbericht, dem Mitgliederverzeichnis und einem III kurzen Bericht über die Jahresrechnung 1904 und den Vermögensbestand der Gesellschaft zwei Abhandlungen, eine unter dem Titel: „Die Entbindungsanstalt in Westpreußen bis zum Jahre 1825“, Bericht des Dr. F. C. Brunatti, herausgegeben von Dr. R. Köstlin, und die zweite: „Die Pflanzengenossen- schaften Westpreußens“, von Oberlandesgerichts-Sekretär J. ScriOLZ-Marien- werder. Die Arbeiten am Zettelkatalog haben ihren Fortgang genommen; abge- schlossen sind die Abteilungen Meteorologie, Mechanik und Physik, und da- durch ist das Material für das 2. Heft des neuen Katalogs unserer Bibliothek gewonnen. Nachdem in den Etat für 1906 die nötigen Geldmittel eingestellt sind, ist die Drucklegung dieses 2. Heftes gesichert und in der ersten Hälfte dieses Jahres zu erwarten. Die Benutzung der Bibliothek seitens der Mit- glieder hat zugenommen, die des Lesezimmers sich in gleicher bescheidener Höhe gehalten. In den Tauschverkehr der Schriften sind im verflossenen Jahre neu eingetreten : Proceedings of the Rochester academy of Science, Publicationes de la Universidad de la Plata, Springfield Museum of natural history, Königliche Landesanstalt für Gewässerkunde. Berlin, Carnegie Institution of Washington, Königlich Preußisches Geodätisches Institut. Berlin, Naturwissenschaftliche Sektion des Vereins „Botanischer Garten“ in Olmütz, Jardin botanique de TEtat. Bruxelles. Das genaue Verzeichnis der im Jahre 1905 erworbenen und als Geschenk erhaltenen Bücher wird der gedruckte Jahresbericht bringen. An dieser Stelle möchte ich nur den Dank allen denen aussprechen, die durch Übersendung eigener oder anderer Werke die Bibliothek bereichert haben. Seit dem Juni hat der hiesige Ärzteverein seine Bibliothek wie seine wissenschaftlichen Journale aus unseren Räumen entfernt und der Stadtbibliothek zur Verwaltung übergeben, um ihre Benutzung den hiesigen Ärzten zu erleichtern. Wir hoffen, daß hierdurch der Zusammenhang zwischen unserer Gesellschaft und diesem Verein, der ja auch eine Sektion der Gesellschaft ist, nicht im mindesten gelockert werden möge. Auf unserer Sternwarte sind am Anfänge des Jahres die Instrumente, welche für die Zeit der Erneuerung des Nordgiebels von ihrem Platze genommen waren, wieder aufgestellt, vor allen Dingen das Äquatorial und das Passage- Instrument. Am 17. April folgte eine größere Zahl von Hochschulprofessoren meiner Einladung und unterzog hauptsächlich das mit dem neuen Uhrwerk versehene Äquatorial einer genaueren Besichtigung. Dieses Instrument in Verbindung mit dem photographischen Apparat für Sternaufnahmen ist im Laufe des Jahres zu einer Reihe von Beobachtungen und Aufnahmen benutzt worden. Wenn auch unser Astronom Herr Dr. Kayser, infolge seines leidenden 1* IV Zustandes zu unserem größten Bedauern nicht mehr imstande ist, selbst zu beobachten, so werden doch nach seiner Angabe durch unseren Mechaniker Herrn Krause ziemlich viele Beobachtungen angestellt. Hierbei unterstützte uns in dankenswerter Weise Herr Navigations-Schullehrer Mathesius. Ebenso hat dieser sich der großen Mühe unterzogen, die Wolkenhöhenbeobachtungen des Herrn Dr. Kayser während des internationalen Wolkenjahres 1896/1897, die infolge seiner Krankheit nicht herausgegeben werden konnten, für den Druck fertig zu stellen. Zu der Herausgabe dieser Beobachtungen nach so langer Zeit haben wir uns entschlossen, nachdem Se. Exzellenz von Neumvyer und auch die sachkundigen Mitglieder des Königlich Preußischen Meteoro- logischen Instituts diese Herausgabe befürwortet haben und eine größere Geld- unterstützung des Königlichen Ministeriums für diesen Zweck in Aussicht ge- stellt ist. Es dürften jedoch die Vorarbeiten für die Drucklegung wohl noch ein Jahr in Anspruch nehmen. Ebenso hat Herr Mathesius die Wolkenhöhenmessungen seit etwa drei Monaten in Verbindung mit Herrn Krause wieder aufgenommen. Vom Königlich Preußischen Meteorologischen Institut ist der Wunsch geäußert worden, daß hier besonders die mittelhohen Wolken beobachtet und auch photo- graphiert werden möchten, ebenso daß an den Tagen der internationalen Ballon- fahrten regelmäßig beobachtet werde. Aus unserer Humboldt-Stiftung hat unsere Gesellschaft am 2. Mai drei Stipendien bewilligt, und zwar an die Herren: cand. phil. Günther- Dauzig, cand. phil. ToMiNSKi-Berlin und cand. med. KiESOW-Greifswald. Wie Ihnen allen bekannt ist, haben die naturwissenschaftlichen Sammlungen unserer Gesellschaft den Grundstock für das vor sechsundzwanzig Jahren gegründete Westpreußische Provinzial-Museum gebildet; es wurden damals durch Vertrag vom 1. November 1880 die sämtlichen naturgeschichtlichen und archäologischen Sammlungen dem Provinzial- Verbände zum Zwecke der Be- nutzung überlassen, das Eigentumsrecht der Gesellschaft aber gewahrt. Bei Gelegenheit des 25jährigen Bestehens des Westpreußischen Provinzial-Museums wurde der Vorschlag gemacht, auch dieses Eigentumsrecht, das für uns nur eine ideelle Bedeutung hatte, aufzugeben, und es hat dann unsere Gesellschaft in der außerordentlichen Sitzung am 1. März beschlossen, ihre bisherigen Sammlungen dem Provinzial- Verbände, unbeschadet der Rechte dritter Personen, als Eigentum zu übergeben. Durch ein Schreiben vom 6. Juli hat der Herr Landeshauptmann diese Schenkung angenommen und gleichzeitig Schritte getan, den letzten Rest der Sammlungen, welche das vierte Stockwerk unseres Hauses füllten, in einem hierzu besonders gemieteten Raume unterzubringen. Hierdurch haben wir wesentlich Platz gewonnen und können endlich daran denken, die alten physikalischen Apparate und Instrumente, die zum Teil seit 60 Jahren in Kisten gepackt auf unseren Böden stehen, wieder aufzustellen und möglicherweise ein interessantes physikalisches Museum zu gründen. Y Für die Unterstützung hoher und höchster Behörden, deren wir uns wiederum zu erfreuen gehabt, spreche ich an dieser Stelle den Dank der Gesellschaft aus, besonders dem Herrn Minister für geistliche, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiten, dem Herrn Oberpräsidenten, dem Herrn Landeshauptmann und der Provinzialkommission zur Verwaltung der Westpreußischen Museen. Zu besonderem Danke sind wir diesmal aber wiederum dem Danziger Sparkassen- Aktien-Verein verpflichtet, der uns zum Ankäufe des Nachbar- grundstückes, Frauengasse 26, 22000 Mark aus dem Gewinn des Vorjahres über- wies. Die hölzernen Treppen unseres Hauses bilden für unsere wertvolle Bibliothek bei etwa ausbrechendem Feuer eine große Gefahr, und unser Sitzungszimmer, das gleichzeitig Lesezimmer ist und einen Teil unseres Archivs aufnimmt, ist, wie Sie alle wissen, für Vorträge von weitgehendem Interesse viel zu klein. Ich erinnere Sie nur an den Vortrag des Herrn Geh. Rat von Mangold, für den wohl ein doppelt so großer Raum wünschenswert gewesen wäre. Diese beiden Umstände gaben unserem Herrn Schatzmeister, Kommerzienrat Münsterberg, Veranlassung, bei dem Vorstande ein Gesuch an die Direktoren der Sparkasse um Bewilligung einer größeren Summe zu beantragen. Anfang Mai genehmigte dann die Generalversammlung den von der Direktion der Sparkasse aufgenommenen Vorschlag und übergab uns gleich darauf die Summe von 22000 Mark mit der wir imstande waren, außer dem Nachbarhause in der Frauengasse noch zwei Häuser der Hosennähergasse Nr. 12 und 13 zu er- stehen. Hierdurch haben wir einen Häuserblock erhalten, der nahezu den gleichen Grundflächenraum wie unser Gesellschaftshaus enthält, sodaß wir für Verlegung der Treppen in ein Nebenhaus, Vergrößerung des Sitzungszimmers und der Kastellan- wohnung hinreichend Platz haben. Zu einem wirklichen Ausbau unseres Gesellschaftshauses reichen aber vorläufig unsere Mittel nicht, und wir müssen warten, bis wir von irgend einer Seite eine recht bedeutende Unterstützung für diesen Bau erhalten. Vorläufig müssen wir uns mit dem Gedanken begnügen, daß wir wenigstens Herren des notwendigen Grund und Bodens sind, und daß wir eine höchst unangenehme Nachbarschaft los wurden. Zum Schlüsse erwähne ich noch, daß in der außerordentlichen Sitzung vom 20. Dezember vorigen Jahres der Etat für 1906 in Höhe von M 12135,50 festgestellt ist; ferner, daß der Vorstand fast derselbe geblieben ist. Es wurde nur an Stelle des Herrn Dr. Kayser Herr Professor Dr. Wülfing von der Technischen Hochschule zum Beisitzer gewählt. Herr Dr. Kayser ist mehr als vierzig Jahre Mitglied des Vorstandes gewesen, und ungern sehen wir ihn, den Träger der alten Tradition der Naturforschenden Gesellschaft, aus dem Vorstände scheiden. Da er aber seit mehreren Jahren nicht mehr zu den Sitzungen des Vorstandes erscheinen konnte, unsere Statuten sechs Vorstandsmitglieder für die Beschlußfähigkeit vorschreiben und namentlich in den Sommermonaten mehrere Mitglieder ver- reisen, so sahen wir uns genötigt, von seiner Wiederwahl Abstand zu nehmen. Ich ergreife mit Freuden die Gelegenheit, Herrn Dr. Kayser, dem die Natur- YI forschende Gesellschaft für seine Tätigkeit als Astronom wie als Bibliothekar so großen Dank schuldet, auch für seine langjährige Tätigkeit als Mitglied des Vorstaudes den Dank der Gesellschaft auszusprechen. Auch in dem neuen Jahre wollen wir alle, Mitglieder und Vorstand, zu neuer Arbeit uns vereinigen, um die uns von unseren Voreltern und Vor- gängern überlieferten Aufgaben der Naturforschenden Gesellschaft getreulich weiter zu führen und zu fördern. j VII Bericht über die Ordentli die n Sitzungen der Gesellschaft im Jahre 1905, 1. Sitzung am 4. Januar 1905. Im Chemischen Institute der Technischen Hochschule zu Langfuhr. Der Direktor der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt die Ver- sammlung zum Jahreswechsel und erstattet den Jahresbericht über das Jahr 1904 (vergleiche die Schriften der Gesellschaft, Neue Folge 11. Band, 3, Heft, Seite I — VIII). Im Anschluß an diesen Bericht überreicht Herr Professor Momber das neueste Doppelheft der Schriften der Gesellschaft und die Jubiläumsschrift des Herrn Professor Conwentz über die Tätigkeit des West- preußischen Provinzial -Museums während der ersten fünfundzwanzig Jahre seines Bestehens. Darauf hält Herr Professor Dr. Ruff einen durch zahlreiche wohlgelungene Experimente erläuterten Vortrag: „Über die Herstellung und Verwertung der flüssigen Luft.“ Drei Faktoren sind es, welche das innere wie äußere Verhalten unserer Stoffwelt und besonders deren Aggregatzustand bedingen: Temperatur, Druck und Volumen. Um sich von deren Wirkung zu überzeugen, genügt es, sich das Verhalten von Wasser gegenüber diesen Faktoren (vor allem der beiden ersten) vor Augen zu führen: Unter normalen Verhältnissen wird es bei 0° fest und „siedet“ bei 100°. Temperaturerhöhung begünstigt also die Bildung des gasförmigen, Temperatur Verminderung diejenige des festen Aggregat- zustandes. Lassen wir Wasser bei gewöhnlicher Temperatur stehen, so „verdunstet“ es all- mählich, d. h. es verwandelt sich in gasförmiges Wasser, welches sich mit der Luft mischt. Dieser Austritt von Wassergas aus flüssigem Wasser erfolgt mit einer gewissen Kraft, welche sich für uns als Druck bemerkbar macht, und wir sprechen daher von einem „Dampfdruck“ der Flüssigkeit. Dieser hängt in seiner Größe ab von der Temperatur und ist bei einigen Flüssigkeiten schon bei gewöhnlicher Temperatur zu erheblichem Betrage vorhanden (Schwefel- kohlenstoff 298 mm 20° C.), bei anderen ohne exakte Beobachtung kaum bemerkbar (Wasser 17,5 mm 20° C.), (Exp.). Der Dampfdruck steigt mit der Temperatur an und bedingt, wenn er den auf der Flüssigkeit lastenden Druck erreicht, das Sieden der Flüssigkeit — also unter gewöhnlichen Verhältnissen beim Druck unserer Atmosphäre. Erniedrigen wir aber den äußeren Druck, so tritt das Sieden schon bei niedrigerer Temperatur ein, z. B. siedet das Wasser bei 17,5 mm Druck dann nach obigem bei 20°. Erhöhen wir den äußeren Druck, z. B. auf 10 Atm., so steigt die Siedetemperatur des Wassers auf zirka 180°. Erhöht man VIII aber den äußeren Druck, ohne gleichzeitig die Siedetemperatur zu steigern, so hört das Sieden auf und der bereits gebildete Dampf kondensiert sich wieder. Die Temperatursteigerung einer siedenden Flüssigkeit ist ohne Änderung des auf ihr lastenden Druckes nicht möglich. Jede Wärmezufuhr bedingt nur die Verwandlung einer neuen Quantität Flüssigkeit in Dampf. (Beisp.: flüssiges Wasser bei 100°.) Dies ist für das Verständnis des Verhaltens verflüssigter Gase wichtig. Die Wärmemengen, welche von den verschiedenen Flüssigkeiten beim Übergang in den Gaszustand aufgenommen werden, sind sehr verschieden bei den verschiedenen Flüssigkeiten und in ihrer absoluten Größe von der Temperatur abhängig (Verdampfungswärme); sie sind bei Wasser z. B. sehr groß (586 Calorien), bei Äther relativ klein. Erzwingt man das Sieden einer Flüssigkeit ohne äußere Wärmezufuhr, also durch Er- niedrigung des auf der Flüssigkeit lastenden Druckes, so kühlt sie sieh ab, indem ein Teil der Flüssigkeit verdampft und die hierzu nötige Wärme seiner Umgebung entnimmt, bis die dem neuen Dampfdruck entsprechende Temperatur erreicht ist („ Verdunstungskälte ‘Q. Das Vorhandensein solcher Beziehungen zwizchen dem flüssigen, gasförmigen und festen Aggregatzustand könnte zu der Meinung führen, daß es möglich sei, durch passende Wahl der Druck- und Temperaturbedingungen jeden vergasbaren Stoff nach Belieben in fester, flüssiger oder gasförmiger Form zu erhalten, und diese Vermutung findet leicht durch eine Reihe von Experimenten ihre sqheinbare Bestätigung. So läßt sich z. B. die schweflige Säure durch einfache Temperaturverminderung und das Chlor durch genügende Druckerhöhung ver- flüssigen, wie eine solche z. B. in der Farad ay sehen Röhre sich leicht hersteilen läßt (Exp.); und durch hohen Druck ist es möglich, auch die Kohlensäure zu verflüssigen und in solcher Form in den bekannten Stahlflaschen in den Handel zu bringen. Trotzdem ist obige Schluß- folgerung nicht ganz richtig. Für alle vergasbaren Stoffe gibt es eine Temperatur, oberhalb der eine Verflüssigung nicht mehr eintritt, die sogenannte kritische Temperatur. Diese liegt z. B. für Kohlensäure bei 81°, für Wasser bei zirka 367 °. Der Druck, den diese Flüssigkeiten bei dieser Temperatur ausüben, heißt der kritische Druck. Dieser ist meist sehr erheblicli und beträgt, z. B. für die Kohlensäure 77 Atm. (Diese Erscheinung wird im Experiment gezeigt.) Die Existenz einer solchen Temperatur hat nichts Befremdendes an sich, sobald man in das Wesen der Verdampfung einer Flüssigkeit tiefer eingedrungen ist. Man wird dann verstehen, daß es sich bei der kritischen Temperatur überhaupt nicht mehr um den Übergang einer Flüssigkeit in den Gaszustand handeln kann, da jenseits dieser Temperatur beide Zu- stände identisch sind. Denken wir uns die Flüssigkeit wie das Gas, bestehend aus kleinsten Komplexen, aus Molekülen, so besteht die Verdampfung der Flüssigkeit im Austritt von Molekülen in den Dampfraum, und die Verflüssigung des Dampfes in dem Wiedereintritt von Molekülen in die Flüssigkeit. Beide Prozesse werden sich stets nebeneinander abspielen, doch so, daß mit steigender Temperatur die Bildung der Gasmoleküle, mit sinkender Temperatur die Bildung der Flüssigkeitsmoleküle in den Vordergrund tritt. Der Unterschied beider Molekülarten ist vor allem durch ihr verschiedenes Volum, ebenso wie derjenige der beiden Aggregatzustände durch ihre Dichte gekennzeichnet. Verdampft man in geschlossenem Gefäß z. B. Wasser, so wird mit steigender Temperatur der Zusammenhang der Flüssigkeitsmoleküle ständig kleiner, was sich an der Verminderung der Dichte der Flüssigkeit leicht verfolgen läßt. Die Dichte des Gases wird aber gleichzeitig immer größer, da immer mehr Moleküle aus der Flüssigkeit in den Gasraum übertreten und dadurch den größeren Dampfdruck der Flüssigkeit bedingen. Schließlich kommt der Punkt, wo Flüssigkeit und Gas gleiche Dichte zeigen müssen, der Zusammenhang der Moleküle in den beiden identisch wird; dies ist der kritische. Dieser Punkt läßt sich jedoch nicht genau beobachten, da sowohl die Flüssigkeit in dem Dampf, als auch der Dampf in der Flüssigkeit sich lösen, und die Folge davon, ist, daß, ehe der kritische Punkt beobachtet wird, vollkommene Löslichkeit der beiden Aggregatzustände in- IX einander stattfindet, und zwar zu einer Zeit, wo der oben definierte Punkt noch gar nicht erreicht ist. Doch das sind physikalische Feinheiten; mir lag daran, zu zeigen, daß der kritische Zustand auf keine Besonderheit der Gase gegen den Temperaturfaktor zurückzuführen ist, sondern in dem Wesen der Aggregatzustände begründet ist. Während nun die kritische Temperatur der Kohlensäure bei -f- 31 0 liegt, gibt es eine Reihe von Gasen mit weit niedrigerer kritischer Temperatur (hierzu zählen vor allem Sauer- stoff: — 118° und Stickstoff: — 146°), und die Erzeugung eben dieser tiefen Temperaturen macht zunächst die meisten Schwierigkeiten. Das Prinzip, nach welchem sich diese erzielen läßt, ist nach dem bisher Ausgeführten leicht zu verstehen. Es beruht auf dem Wechselspiele von Druck und Temperatur bei der Verflüssigung gasförmiger Stoffe und der Verdunstungs- kälte dieser, wenn sie darauf wieder verdampft werden. Komprimiert man z. B. gasförmiges Schwefeldioxyd durch hohen Druck, so wird, wenn wir diesen erniedrigen, ein Teil der durch den Druck erzeugten Flüssigkeit wieder verdampfen und den Rest bis auf seine Siedetemperatur abkühlen. Die Wahl dieser haben wir, wie aus den früheren Ausführungen ersichtlich, inner- halb weiter Grenzen in der Hand, indem diese ja nur von dem Druck abhängt, unter dem wir die Flüssigkeit verdampfen lassen. So können wir bis zu zirka — 40° gelangen. Ähnliches gilt für Kohlendioxyd, welches unter gewöhnlichem Druck bei — 80° siedet und erlaubt, bis unter — 120° herunterzugehen-. Damit sind nun alle Bedingungen gegeben, um jedes beliebige Gas verflüssigen zu können. Wir gehen von einem Gas aus, das sich durch Druck bei gewöhnlicher Temperatur verflüssigen läßt, verflüssigen dieses und benutzen dann dessen Verdunstungskälte, um ein anderes Gas von entsprechend niedrigerer, kritischer Temperatur in den flüssigen Zustand überzuführen. So verfuhr auch Pictet, der zuerst die Verflüssigung des Sauerstoffes und Stickstoffes (Bild) erreicht hatte. Gleichzeitig mit Pictet gelang es aber auch Cailletet, den Sauerstoff und Stickstoff zu verflüssigen, jedoch unter Anwendung eines ganz anderen Prinzips. Cailletet benutzte zur Erzeugung der tiefen Temperatur nicht die Verdunstungskälte einer verdampfenden Flüssig- keit, sondern die Kälte, welche auftritt, wenn man ein komprimiertes Gas sich unter Arbeits- leistung rasch entspannen läßt. Er setzte seinen in flüssiger C02 vorgekühlten Sauerstoff in einer Bombe unter außerordentlich hohem Druck und ließ ihn dann in die Luft hin- ein rasch ausströmen, wobei er sich weiter stark abkühlte, so daß sich ein kleiner Teil desselben auf Kosten des größeren verflüssigte. Da dies Prinzip der Abkühlung allen modernen Luftverflüssigungseinrichtungen zugrunde liegt, so ist es wohl nötig, sich auch hierfür den tieferen Grund erst klar zu machen. Stellen wir uns ein Gas vor, als bestehend aus gradlinig sich hin und her bewegenden Molekülen, dann macht sich der Aufprall auf die es begrenzenden Wände nach außen hin geltend als Druck. Die Geschwindigkeit der Einzelmoleküle ist abhängig von der Temperatur, die Energie der Bewegung eines jeden von ihnen entspricht, wie für jeden andern bewegten 1 Stoff, der Formel m g 2, in welcher m die Masse der Moleküle, g deren Geschwindigkeit bedeutet, und welche in ihrer absoluten Größe von der Temperatur abhängt, aber auch ihrerseits wiederum die Temperatur des Gases bestimmt. Diese ist, da die Masse konstant bleibt, um so höher, je größer eben die Geschwindigkeit der Moleküle, und um so niedriger, je kleiner diese. Drücken wir nun ein Gas in einem durch einen Kolben verschlossenen Zylinder zusammen, so wird die Geschwindigkeit der anf den Kolben aufprallenden Moleküle um die Geschwindigkeit der Vorwärtsbewegung des Kolbens vermehrt; die Folge hiervon ist eine Erhöhung der Temperatur des Gases. Ziehen wir aber den Kolben zurück, so wird infolge des Zuriickweichens des Kolbens die Geschwindigkeit der auf den Kolben aufprallenden Gasmoleküle um die Größe vermindert, welche der Geschwindigkeit des Kolbens entspricht; es kühlt sich ab. ibb. 1. Kältemaschine älterer Konstruktion nach Cailletet’s Prinzip. X XI XJI Hierauf basiert die Konstruktion der ersten Kältemaschinen, deren eine (Abb. 1) durch vorstehende Zeichnung schematisch dargestellt sein mag. Sie besteht einerseits aus einem Kompressor und einem Kühlapparat für das komprimierte Gas, anderseits einem Expansions- zylinder, in welch letzterem durch Ansaugen des Kompressors das komprimierte Gas wieder zur Expansion gebracht wird. Werner von Siemens gab 1857 dem Gedanken Ausdruck, daß es möglich sein müßte, durch Ersatz des Expansionszylinders durch einen sogenannten „Wärmeaustauscher“, in dem das komprimierte Gas vor seiner Expansion durch das wegströmende, bereits expandierte ab- gekühlt wurde, einen verstärkten Effekt der Abkühlung zu erzielen. Einen solchen Wärme- austauscher enthält nun sowohl der Apparat von Linde zur Luftverflüssigung, wie auch der- jenige von Hampson. Der erstere mag an der Hand vorstehender Zeichnung (Abb. 2) erläutert, der letztere in Natur vorgeführt werden. Lindes Maschine besteht also einerseits aus dem Kompressor mit Kühlvorrichtung zur Ableitung der durch die Kompression der Luft erzeugten Wärme, anderseits dem sogenannten Gegenstromapparat, welcher das wesentlichste Stück der Maschine bildet. Er enthält zwei ineinander geschobene, mehrere 100 m lange Spiralen, deren innere die auf zirka 200 Atmo- sphären komprimierte Luft zuführt, während die äußere die auf 20 Atmosphären expandierte, stark abgekühlte Luft wieder zum Kompressor zurückbringt. Beide Spiralen stehen durch das Reduzierventil miteinander in Verbindung, welches den Druckabfall von 200 auf 20 Atmo- sphären zu regulieren gestattet. Indem die expandierte kalte Luft alle Wärme der in der inneren Spirale ihr entgegenströmenden, komprimierten Luft entzieht und dann immer noch ziemlich kühl in den Kompressor zurücktritt, wird der Kreisprozeß vervollständigt, welcher im Gegen- stromapparat successive zu immer tieferen Temperaturen führt, bis endlich bei — 193° deren Verflüssigung eintritt. Auf diese Weise ist nur diejenige Arbeitsleistung nötig, welche zur Deckung der unvermeidlichen Verluste verbraucht wird. Hampson’s Apparat ist im Prinzip demjenigen von Linde völlig analog. Der Gegen- stromapparat nützt die erzeugte Kälte etwas vollkommener aus und verlangt daher keine besondere Vorkühlung des zugeführten komprimierten Gases (Bild projiziert). Die flüssige Luft ist leicht bläulich gefärbt und besteht aus rund 50 — 60^ Sauerstoff und zirka 40^ Stickstoff. Die flüssige Luft muß, wie es nach den vorstehenden Erörterungen eigentlich selbstverständlich wäre, diejenige Temperatur zeigen, die dem Siedepunkt des jeweiligen Gemisches ihrer Bestandteile bei Atmosphärendruck entspricht, d. h. — 185° bis — 195°. Jede Wärmezufuhr bedingt deren Verdampfung und sie bleibt in einer Umgebung von gewöhnlicher Temperatur nur deshalb flüssig, weil entsprechend der zugeführten Wärme ständig ein Teil der Flüssigkeit verdampft und die dadurch erzeugte Verdunstungskälte den Rest vor Verdampfung bewahrt. Daher ist es von höchster Bedeutung, daß die Wärmezufuhr zu der flüssigen Luft auf ein Minimum beschränkt wird, und dies geschieht, sei es durch Einpacken der sie enthaltenden Gefässe in Wolle oder Eiderdaunen oder ähnliche Materialien, sei es durch Verwendung der sogenannten W EiNHOLDschen Gefäße (Exp.). Die Messung der Temperatur der flüssigen Luft hat der Schwierigkeiten halber, die damit verknüpft sind, ganz besonderes Interesse. Sie mag geschehen vermittels des sogenannten Gasthermometers oder auf elektrischem Wege, oder mit gewöhnlichen Thermo- metern, die mit Petroläther an Stelle von Quecksilber gefüllt sind (Exp.). Die Verwendung der flüssigen Luft ist nun vor allem nach zwei Richtungen hin möglich, als Kühlmittel oder als Sauerstoff liefernde Substanz. Flüssige Luft als Kühlmittel. Quecksilber, Äther, Alkohol, in dünnere Reagenzgläser gebracht, erstarren alsbald. Das Quecksilber läßt sich hämmern und zu mancherlei hübschen Versuchen benutzen (Exp.). Alkohol wird erst zähflüssig, wie Glyzerin, und bildet dann eine amorphe, glasige Masse (Exp.). Äther krystallisiert (Exp.). XIII Die Temperaturerniedrigung, welclie die verschiedenen Dinge in flüssiger Luft erleiden, bedingt ganz allgemein eine Kontraktion derselben, eine Vermehrung ihrer Dichte. Da die meisten aber in ihrem innersten Aufbau der raschen Abkühlung nicht folgen können, so beobachten wir häufig als Folge der plötzlichen Abkühlung Erscheinungen, wie wir sie auch sonst an rasch abgekühlten Materialien beobachten mögen ; die bekanntesten Beispiele für das Verhalten derartig rasch abgekühlter Substanzen sind die sogenannten Glastränen, welche beim einfachen Anritzen in 1000 Splitter zerspringen (Exp.). Ein ähnliches Verhalten zeigen in flüssiger Luft z. B. weicher Gummischlauch, Bindfaden, oder Blumen usw. ; diese Stoffe werden in flüssiger Luft so hart und spröde, daß sie sich pulvern lassen (Exp.). Ähnlich wie Gummischlauch verhält sich z. B. auch Fleisch (Exp.). Aber nicht nur die mechanischen Eigenschaften, auch deren akustische, optische, elek- trische und chemische werden sich ändern. Der tiefere Grund dafür liegt natürlich immer wieder in der Änderung des molekularen Zusammenhanges der in Frage kommenden Stoffe. So wird z. B. das weiche Blei zu einem klingenden Metall (Exp.). Farbige Stoffe, wie Quecksilberjodid, Kalium dichromat und Schwefel, werden infolge der Änderung ihres innersten Gefüges hellrosa und hellgelb, bezw. farblos (Exp.). Der Wiederstand der Metalle gegen den elektrischen Strom wird bei dieser tiefen Temperatur auffallend klein (Exp.). Jede Erscheinung, die einen Temperaturkoeffizienten aufweist, wird durch die tiefe Temperatur in sichtbarem Maße beeinflußt und mag Gelegenheit geben zu Versuchen, wie sie hier vorgeführt wurden. Für die Chemie ist die tiefe Temperatur der flüssigen Luft ganz besonders wertvoll beim Arbeiten mit gasförmigen Stoffen. Wie soll man diese greifen, um sie zu reinigen oder sie zu untersuchen ? Die tiefe Temperatur der flüssigen Luft erlaubt uns, die meisten in flüssige oder feste Form zu bringen, und so die leichter flüchtigen von den schwerer flüchtigen, und umgekehrt, zu trennen. So werden Gase, wie Ammoniak, Salzsäure, Chlor, Kohlensäure, (Exp.) in flüssiger Luft ohne weiteres fest; besonders hübsch ist der Versuch beim Acetylen, welches dabei zu einer dem Kampfer ähnlichen Masse erstarrt und angezündet einer Kerze gleich verbrennt (Exp.). Ein hübscher Versuch ist auch die Entleuchtung von Leuchtgas, bei der der leicht flüchtige Wasserstoff von den .schwerer flüchtigen Bestandteilen des Leucht- gases getrennt wird, die dessen Leuchten bedingen (Exp.). Gar manche schöne Erfolge auf diesem Gebiete hat unsere Wissenschaft dem bequemen Arbeiten mit flüssiger Luft zu ver- danken; unsere Kenntnisse bezüglich der Verbindungs- und Valenzmöglichkeiten der Elemente sind dadurch erheblich gefördert worden. Manche Elemente, die wir bei gewöhnlicher Temperatur zu den reaktionsfähigsten zählen, zeigen eine bemerkenswerte Indifferenz bei der Temperatur der flüssigen Luft. So z. B. brennt fester Alkohol nicht mehr; und während sich Brom und Kalium bei gewöhnlicher Temperatur unter Explosion vereinen, ist in flüssiger Luft eine* Reaktion nicht mehr zu erzielen. (Exp.) Derartige Experimente ließen sich in mannigfacher Weise anstellen; wollte man aber behaupten, daß bei genannter tiefer Temperatur schließlich alle chemischen Reaktionen zum Stillstand kommen, so würde man damit über die Wahrheit weit hinaus schiessen. Manche Reaktionen, so z. B. diejenige zwischen Wasserstoff und Fluor, treten bei noch weit tieferer Temperatur ein, z. B. bei derjenigen des flüssigen Wasserstoffes von — 255°, einer Temperatur, die wiederum nur Dank der bequemen Zugänglichkeit der flüssigen Luft zu erzielen ist. Doch hierauf heute einzugehen, würde zu weit führen. Es bleibt nur noch übrig, mit wenigen Worten die Verwendung der flüssigen Luft als Sauerstoff liefernde Substanz zu beleuchten. Flüssige Luft als Sauerstoff gebende Substanz. Kommt die flüssige Luft aus Lindes oder Hampsons Maschine, so enthält sie zirka 50 % Sauerstoff. Dieser Gehalt läßt sich durch kleine Modifikationen an der Maschine erheblich steigern, so daß man 80 bis 90 % Sauerstoff erhält (Bild). XIV Die Bedeutung, welche eine billige Darstellung des Sauerstoffes aus der Luft für alle Industrien haben kann, wird ohne weiteres in die Augen springen, wenn man sich vergegen- wärtigt, daß bei allen Verbrennungsprozessen ein großer Teil der erzeugten Wärme lediglich dazu verbraucht wird, die 80 % N zu erwärmen, welche der Luftsauerstoff mit sich bringt. Auf die Einzelheiten dieser Verwendbarkeit unserer flüssigen Luft hier einzugehen, ist nicht der Zweck des Vortrages. Mit Sicherheit ist die Verwertung des Sauerstoffes aus flüssiger Luft für bestimmte V erfahren unserer Industrie nicht bekannt geworden, und etwas darüber zu sagen, wäre daher eitle Spekulation. Zu welch interessanten Experimenten die sauerstoffreiche, flüssige Luft Veranlassung geben kann, zeigt der Versuch, wenn man einen brennenden Spahn in die Flüssigkeit ein- taucht; er wird trotz der tiefen Temperatur infolge der hohen Sauerstoffkonzentration so intensiv verbrennen, als ob er in reinem Sauerstoff bei gewöhnlicher Temperatur verbrennen würde (Exp.). Auch für Explosionszwecke ist solch sauerstoffreiche, flüssige Luft schon empfohlen worden. Von ihrer Wirkung nach dieser Richtung hin kann man sich überzeugen, wenn man eine Papierhülse lose mit Watte und Holzkohlepulver füllt, mit wenig Petroleum befeuchtet und dann mit flüssiger Luft tränkt, zustopft und entzündet; eine kräftige Explosion wird die Folge sein (Exp.). Für die Praxis kann aber ein Explosionsstoff von derart unbe- stimmbarer Wirkung kaum in Frage kommen. ; . L. 2. Sitzung am 1. Februar 1905. Der Direktor, Herr Professor Momber, begrüßt die Versammlung und überreicht eine der Gesellschaft dedizierte Plakette zur Erinnerung an das 200jährige Jubiläum der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Herr Professor Momber teilt dann mit, daß Herr Rudolf Zabel- Berlin am 20. Februar im Festsaale des „Danziger Hofs“ über „Zur Kriegszeit in Japan und Korea“ einen Vortrag für die Mitglieder, deren Damen und Gäste halten wird, und legt drei Abhandlungen des Herrn Dr. Pinkus vor, welche dieser der Gesellschaft überreicht hat. Herr Oberregierungsrat Beck liest eine Zeitungsnotiz über einen großen Sonnenfleck vor, der augenblicklich gut sichtbar ist, und berichtet über eigene Beobachtungen an diesem Flecke. Herr Professor Bail legt eine Photographie vom Hausschwamm vor. Darauf hält Herr Medizinalassessor Hildebrand einen durch zahlreiche Demonstrationen erläuterten Vortrag „Über den Hausschwamm“. Im Anschluß an diesen Vortrag warnt Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz vor Verwendung alten Bauschutts bei der Anlage neuer Häuser, um die Entwickelung des Hausschwamms zu vermeiden. 3. Sitzung am 1. März 1905. Der Direktor, Herr Professor Momber, teilt der Versammlung mit, daß Herr Landgerichtsrat Hesekiel gestorben ist, widmet ihm einen warm empfundenen Nachruf als treuem Mitgliede und unermüdlichem Berater der Gesellschaft und fordert die Versammlung auf, sich zu Ehren des Verstorbenen von den Plätzen zu erheben. Herr Professor Momber legt dann ein Dankschreiben des Herrn Geheimrat Moebius für die Glückwünsche der Gesellschaft anläß- lich seines 80. Geburtstages vor, ferner die inzwischen neu eingegangenen Werke, darunter den 20. Neuguinea-Kalender, außerdem eine Einladung des XV Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins zu einem Vortrag des Herrn Dr. Günther Saalfeld: „Zu Schillers Gedächtnis“. Herr Professor Momber begrüßt dann S. Magnifizenz, den Rektor der Hochschule, Herrn Geheimen Regierungsrat Professor Dr. von Mangoldt. Dieser hält darauf einen durch Projektionsbilder erläuterten Vortrag über: „Neuere Anschauungen über das Wesen der Elektrizität“. Die aus dem Altertum stammende Lehre von der atomistisclien Struktur der Materie hat in neuerer Zeit dadurch eine Ausgestaltung erfahren, daß man sich sowohl in der Physik wie in der Chemie die Atome und Moleküle mit Kräften ausgestattet dachte, die sie aus der Ferne aufeinander ausiiben. Zur Erklärung der Erscheinungen ist man genötigt, neben der allgemeinen Gravitation auch noch andere Fernkräfte anzunehmen, die von der Gravitation namentlich darin abweichen, daß sie in allen noch mit dem Auge wahrnehmbaren Entfernungen ganz unmerklich sind, aber bei noch kleineren Abständen zu sehr beträchlicher Größe anzu- steigen vermögen. In der Chemie spielen neben Fernkräften, die von den Atomen gleichmäßig nach allen Seiten ausgehen, auch solche Kräfte eine Rolle, von denen man sich vorstellt, daß sie nur von einzelnen Stellen eines Atoms ausgesandt werden. Beispielsweise nimmt man an, daß am Wasserstoffatom nur eine Stelle vorhanden sei, von der diejenigen Kräfte ausgehen, die bei der Bildung chemischer Verbindungen in Wirksamkeit treten, und daß das Wasserstoff- atom sich nur mit dieser einen Stelle an ein anderes Atom anlagern könne. Dem Kohlenstoffatom schreibt man auf Grund einer sehr großen Fülle von Erfahrungs- tatsachen vier derartig chemisch wirksame Stellen oder „Valenzen“ zu. Mit Hilfe dieser Vorstellungen gelingt es der sogenannten Strukturchemie, manche Beobachtungen zu erklären, die sonst überaus wunderbar und überraschend erscheinen. Der Vortragende erläutert dies mit Hilfe von Modellen an dem Beispiel der Zusammen- setzung der Moleküle der Malein- und der Fumarsäure. Über die Frage nach der Größe der Moleküle hat die kinetische Gastheorie wenigstens einige Auskunft gegeben. In dieser Theorie vergleicht man ein Gas mit einem Schwarm vollkommen elastischer Kugeln, die mit den verschiedenartigsten Geschwindigkeiten durch- ; einander fahren. Man kann dann die Frage aufwerfen, wie groß und wie schwer diese Kugeln und wie groß im Mittel ihre Anzahl im Kubikzentimeter und ihre Geschwindigkeit sein müssen, damit der Schwarm ähnliche Eigenschaften habe, wie ein gegebenes Gas. Dies sind aber Fragen, die eine mathematische Behandlung zulassen. Man kommt zu dem Ergebnis, daß der Durchmesser der Kugeln, mit denen man die Moleküle des Gases vergleicht, auf einen Bruchteil eines Milliontel Millimeters zu schätzen ist. Auch der Elektrizität schreibt man neuerdings eine atomistische Struktur zu. Vor allem haben hierzu diejenigen Erfahrungen geführt, die man bei der genaueren Untersuchung der Kathodenstrahlen und der von den radioaktiven Stoffen ausgesandten Strahlen gemacht hat. Die 1869 zuerst von Hittorf näher beschriebenen und untersuchten Kathodenstrahlen haben sich deswegen verhältnismäßig lange der Beobachtung entziehen können, weil sie beim Durchgang elektrischer Entladungen durch eine GEisSLERsche Röhre erst dann eine genügende Reinheit erhalten, wenn der Druck des Gases in der Röhre auf ungefähr Vioo Rim Quecksilber herabgebracht ist. Ihre Deutung bot anfänglich große Schwierigkeiten. Jedoch ließen die Beobachtungen bald keinen Zweifel mehr darüber, daß es sich bei den Kathodenstrahlen um eine schnelle Bewegung negativer Elektrizität in der Richtung der Strahlen handele. Es zeigte sich, daß die Kathodenstrahlen durch elektrische und magnetische Kräfte genau so aus ihrer Richtung abgelenkt wurden, wie es bei dieser Annahme zu erwarten war. Besonders überzeugend wirkte aber die von Lenard gemachte Beobachtung, daß die Kathodenstrahlen auch, nachdem sie durch ein zur Erde abgeleitetes Aluminiumblättchen gegangen waren, die Fähigkeit be- XVI hielten. Körpern, auf welche sie aufstießen, eine negative Ladung mitzuteilen. Und die in den Kathodenstrahlen bewegte Elektrizität mußte man sich notwendig auf äußerst kleine, durch verhältnismäßig weite Zwischenräume getrennte Körperchen verteilt denken, denn es zeigte sich, daß Kathodenstrahlen verschiedener Richtung ohne gegenseitige Störung durch- einander hindurchzugehen vermögen, was bei einer anderen Annahme nichtmöglich wäre. Für die in den Kathodenstrahlen bewegten Körperchen kam bald die Bezeichnung „Elektronen“ in Aufnahme. Die Ansicht der Physiker geht heute dahin, daß diese Elektronen die Elemente dessen bilden, was wir Elektrizität nennen, und daß sie gänzlich anderer Art sind wie die Atome derponderabeln Materie. Von dieser unterscheiden sie sich erstens durch ihre sehr viel geringere Größe, zweitens durch die sehr viel größeren, der Lichtgeschwindigkeit nahekommenden Geschwindigkeiten, die bei ihren Bewegungen Vorkommen, und drittens dadurch, daß sie keine Schwere haben, also der allgemeinen NEWTONschen Gravitation nicht unterworfen sind. Dazu kommt endlich viertens noch der Umstand, das die Elektronen nicht mit unmittelbar in die Ferne wirkenden Kräften ausgestattet sind, sondern nur durch Vermittelung des sogenannten Lichtäthers aufeinander wirken. Diesem Äther wird in der Elektronentheorie eine vollkommen lückenlose Raumerfüllung zugeschrieben, so daß Äther auch im Innern der Atome und der Elektronen vorhanden ist. Der Äther gilt ferner als absolut starr, so daß seine Teile niemals irgendwelche Bewegungen gegeneinander ausführen. Dies hat zur Folge, daß man die im Äther auftretenden Zustände elektrischer und magnetischer Erregung nicht mehr als Spannungszustände in einem zwar festen, aber doch elastischen Körper erklären kann. Man weiß von diesen Erregungszuständen nur, daß sie sich geometrisch durch gerichtete Strecken, sogenannte „Vektoren“, darstellen lassen, man weiß ferner, daß und wie sie durch die Anwesenheit und die Bewegungen der Elektronen hervorgerufen werden, und wie sie anderseits auf die Elektronen zurückwirken, muß aber zurzeit noch darauf verzichten, sich von der eigentlichen Natur jener Erregungs- zustände ein genaueres Bild zu machen. Da sowohl die elektrischen als die magnetischen Erregungen des Äthers sich nach dem Parallelogrammgesetz zusammensetzen, ist es keine müßige Spekulation, zu untersuchen, in welcher Weise ein einziges Elektron den Äther erregen würde, wenn es in diesem ganz allein vorhanden wäre. Durch Lichtbilder wurden hierauf die von einem einzigen Elektron, im Zustand der Ruhe und der Bewegung erzeugten elektromagnetischen Felder veranschaulicht, und dabei zugleich die mit den Bewegungen der Elektronen verbundene Energiestrahlung und die Entstehung der Röntgen strahlen besprochen. 4. Sitzung am 22, März 1905. Der Direktor begrüßt die Versammlung. Darauf hält Herr Oberlehrer Dr. Dahms einen Vortrag über das Thema: „ Einige Vorgänge bei ungewöhn- licher Temperatur“. Die alte Einteilung der Körper in feste, flüssige und gasförmige hat seit längerer Zeit nicht mehr allen Anforderungen genügen können. Übergänge zwischen den verschiedenen Körpergruppen haben sich um so mehr gezeigt, seit man von „festen Lösungen“ und von „plastischen, fließenden und flüssigen Kristallen“ sprechen konnte. Anderseits ergab das ein- gehende Studium der elektrolytischen Dissoziation, daß für Flüssigkeiten und Gase entsprechende Gesetzmäßigkeiten bestehen. In den letzten Jahren sind die Beziehungen zwischen den Molekülen mehr und mehr aufgeklärt worden, so daß man sogar fragen durfte, ob wesentliche Eigentümlichkeiten der flüssigen und gasförmigen Körper sich auch bei den festen in mehr oder weniger geschwächtem Maße vorfänden. Die Kraft der Kohäsion tritt ebenso zwischen den Teilchen eines festen Körpers, wie zwischen den Tropfen eines flüssigen auf, sobald sie sich tatsächlich berühren. Sobald dieser XVII Fall eintritt, verschmelzen sie zu einem Stück. Diese Vereinigung von festen Körperteilchen findet nicht bei allen Stoffen mit gleicher Leichtigkeit statt. Besonders bei einem Mangel an innerem Widerstande geht die Vereinigung infolge einer eintretenden Knetung vollkommen und glatt vor sich. Spring hat bereits früher nachgewiesen, daß durch ein solches Kneten unter Druck nicht nur Teilchen desselben Körpers vereint werden können; verschiedene Metalle bilden unter diesen Verhältnissen Legierungen, Metalle und Metalloide sogar chemische Verbindungen. Zwischen festen und flüssigen Körpern besteht also kein großer Unterschied, und, wie die Untersuchungen über die kritische Temperatur zeigen, ebensowenig zwischen den flüssigen und gasförmigen. Die drei Aggregatzustände sind also nur die äußersten Grade einer mittleren Form. Nach der gegenwärtig allgemein anerkannten Gastheorie zeichnet sich der Gaszustand durch die wechselseitige Unabhängigkeit der Molekeln aus. Diese fliegen geradlinig vorwärts, bis ein Hindernis ihre Flugbahn unterbricht. Ihre Geschwindigkeit nimmt mit der Temperatur des Gases zu, aber sie' ist nicht bei allen Teilchen dieselbe. Da sie nämlich untereinander Stöße austeilen und empfangen, bewegen sie sich teils langsamer und teils rascher. In ein und demselben Gase befinden sich also zu gleicher Zeit wärmere und kältere Molekeln, während das Thermometer nur ihre mittlere Temperatur, nie die äußersten Werte angibt. Wenn nun die Aggregatzustände hinsichtlich ihrer Eigenschaften bis zu einem gewissen Punkte ineinander übergehen, so kann die eben erwähnte Hypothese auch auf den festen Zustand angewendet werden. Es wäre also zu vermuten, daß die Molekeln sich auch in der festen Masse mit verschiedener Geschwindigkeit bewegen können. Dann müssen bei Zunahme der Temperatur die Bewegungen sich so weit beschleunigen können, daß sie die Temperatur des Schmelzpunktes besitzen; die Molekeln mit dieser größeren Geschwindigkeit würden dann solchen des flüssigen Zustandes entsprechen. Da die Geschwindigkeit aber dort am größten sein wird, wo sie das größte Feld für ihre Bewegungen finden, so muß die Körperoberfläche die größte Weichheit haben, da hier große Seitenschwingungen von den kleinen Teilchen ausgeführt werden können. Wie der Versuch ergibt, verschmelzen tatsächlich Körper von demselben oder von ver- schiedenem Stoffe bei der Berührung ohne Anwendung von Druck. Die Vereinigung beginnt mit der Temperatur, bei welcher solche molekularen Bewegungen auftreten, die dem geschmolzenen Zustande des Körpers entsprechen. Die verwendeten Metalle erhielten ebene Flächen, wurden mit diesen aufeinander gelegt und in einem Ofen erwärmt, um den Vorgang zu beschleunigen. Dabei wurde die Temperatur immer tief unter dem Schmelzpunkte der Metalle gehalten, Platin z. B. 1600 Gr., Gold und Kupfer etwa 800 Gr., die leicht schmelzbaren etwa 200 Gr. unter ihm. Metallstücke aus demselben Stoffe zeigten sich nachher derartig verschmolzen, daß man ihre Verbindungsstelle nicht mehr wahrnehmen konnte, verschiedenartige Metalle legierten sich um so tiefer, je geschmeidiger sie waren. — Eine praktische Verwendung hat Hof bereits von den Experimenten Springs gemacht; es gelang ihm, aus Spänen des viel verwendeten, weißen Lagermetalls mittelst eines Druckes von 50000 Kilogramm Preßstiicke herzustellen, die dichter, widerstandsfähiger und billiger waren, als die durch Guß erhaltenen. Die Molekeln an der Oberfläche eines Körpers können ihre Geschwindigkeit aber auch derart steigern, daß sie sich wie gasförmige verhalten. Auch diese Tatsache läßt sich durch den Versuch bestätigen. Eine solche Vergasung unterhalb des Schmelzpunktes zeigt sich auch beim „Fortfrieren“ des Schnees und beim „Verdampfen“ des Quecksilbers bei gewöhnlicher Temperatur; ähnliche Erscheinungen fand auch Moissan am Schwefel, als er das Wasser der Quelle Bordeu bei Luchon untersuchte. Er bestätigte damit eine Entdeckung, die Bunsen bereits im Jahre 1853 gemacht hatte, daß nämlich Schwefel, dessen Siedepunkt bei -j-445 Gr. liegt, von Wasser- dämpfen in Gasform fortgeführt werde. 2 XVII [ Bei gewöhnlicher Temperatur besitzt Wasser aber nicht nur die Eigenschaften von Wasserdampf, es ist sogar bis zu einem gewissen Grade immer in Knallgas gespalten, wie Versuche von Moritz Traube und anderen zeigen. Man kennt jetzt eine weit ausgedehnte Wärmeskala, die mit der Temperatur des festen Wasserstoffes beginnt und bis zu der des elektrischen Ofens emporsteigt. Nach Zenghells vermag man jetzt auch auf rein chemischem Wege solche Hitzegrade zu erzeugen, wie man sie früher nur mit Hilfe des elektrischen Flammenbogens hervorrufen konnte. Anderseits kann man seit der Darstellung der sogenannten flüssigen Kohlensäure im Großen verhältnis- mäßig leicht Kältemischungen von recht tiefer Temperatur erhalten. Freilich ist es notwendig, dabei DEWARsche Gefäße zu verwenden, doch kommt man leicht bei Durchleitung eines vor- gekühlten Luftstromes bis auf — 110 Gr. Celsius. Mit derZunalme der Kälte werden die Körper immer dichter, die chemische Umsetzung zwischen verschiedenen Körpern verlangsamt sich mehr und mehr und scheint schließlich ganz aufzuhören. Tiefe Kältegrade sind für niedere Organismen weniger gefährlich, als mäßig hohe. Macfadyen gelang es, verschiedene Bakterien sechs Monate lang einer Kälte von 200 Gr. auszusetzen, ohne daß sie dadurch geschädigt worden wären. Auch Samen, der 100 Stunden lang in flüssiger Luft gefroren gehalten wurde, zeigte sich nicht merklich ver- ändert. Es hatte sich freilich eine gewisse Trägheit des Protoplasmas eingestellt, doch davon erholten sie sich bald, um ebenso gut wie andere zu keimen. Wie bereits Berzelius mitteilt, vermag Schwefel unterhalb seiner Entzündungstemperatur zu phosphoreszieren. Später fand man, daß diese Erscheinung bei ungefähr 180 Gr. einsetze. Es entsteht eine im Dunkeln deutlich sichtbare, bläulich-grauweiße Flamme, die freilich Papier nicht bräunen, den hineingehaltenen Finger nicht verletzen und das Quecksilber im Thermo- meter nicht wesentlich in die Höhe treiben kann. — Für die Verbrennungserscheinungen beim Schwefel hat sich dann auch Moissan interessiert. Er wußte zuerst genau zu ermitteln, daß die Entzündungstemperatur bei 282 Gr. liege, wenn die Erhitzung unter einer Atmosphäre von Kohlendioxyd bei Zuleitung von Sauerstoff stattfand. Wird statt des Sauerstoffes atmo- sphärische Luft verwendet, so steigt der Entzündungspunkt, und zwar besonders dann, wenn der Luft Schwefeldioxyd beigemengt war. Da bereits bei ungefähr 220 Gr. ein -Sauerstoff- strom, der über geschmolzenen Schwefel geleitet wurde, in bemerkenswerter Menge Schwefel- dioxyd entstehen ließ, so wurde nach eigenartigen Methoden gesucht, bei welcher Temperatur eine solche Verbrennung denn überhaupt beginnen könne. Es zeigte sich, daß sie schon bei 20 Gr. stattfinde, freilich waren die entstandenen Mengen des Verbrennungsproduktes so klein, daß man längere Zeit warten mußte, bis die angehäufte Menge des Dioxyds zum Nachweis genügte. — Ähnliche Untersuchungen sind über die langsame Verbrennung des Kohlenstoffes angestellt worden. Bei der Steinkohle beginnt die langsame Verbrennung sogar schon beim Lagern im Keller. Wird die entstehende Wärme nicht fortgeleitet, so vermag sie sich sogar bis zur Selbstentzündung aufzuspeichern. Am berühmtesten ist in dieser Hinsicht das „tiefe“ Planitzer Kohlenflötz, das seit Jahrhunderten der Sitz solcher Brände gewesen ist. Die Ein- wirkung auf das Nebengestein deutet Temperaturen an, die denen in einem Porzellanofen entsprechen würden. Zur Winterszeit soll die Erdoberfläche hier im üppigsten Grün geprangt und den frierenden Vögeln einen willkommenen Unterschlupf gewährt haben. Die mit den Verbrennungsgasen hervorbrechenden Dämpfe besaßen eine Temperatur von ungefähr 88 Gr. C. Das Nachlassen des unterirdischen Brandes hat die angelegten, großartigen Anlagen eingehen lassen. Die Palmhäuser, die Warmwasserbassins mit Victoria regia und die Ananaszucht haben einer gewöhnlichen Gärtnerei Platz machen müssen. Nur die aus den abgebauten Flözteilen hervortretenden warmen Wasser erinnern noch an die gewaltige Wärmequelle früherer Zeiten. Während die Verbrennung der Nahrungsmittel außerhalb unseres Körpers nur langsam vor sich geht, verläuft sie in verhältnismäßig kurzer Zeit vollständig in unserem Innern. Neben der Bildung von Superoxyden sind hier als tätige Faktoren die vorhandenen Metall- salze mit ihren katalytischen Wirkungen und die Oxydationsfermente zu verzeichnen. Da- XIX durch, daß die Diffusionsgeschwindigkeit der Zellsubstanz willkürlich geändert werden kann, geschieht es wohl vorzugsweise, daß Verbrennungen nur dort erfolgen, wo sie bei dem größten Gefälle der Konzentration die größte mechanische Arbeit liefern. Nach den eigenartigen, von Strüver beschriebenen Erscheinungen, die sich zwischen Metallen und Schwefelerzen abspielen, gibt der Vortragende noch einen kurzen Überblick über das Wesen und die physikalische Erklärung der sogenannten Zinnpest, die bereits Aristoteles bekannt gewesen sein soll. 5. Sitzung um 5. April 1905. Der Direktor, Herr Professor Momber, begrüßt die Versammlung. Herr Professor Conwentz teilt mit, daß der Deutsche Geographentag zu Pfingsten d. J. in Danzig stattfinden wird und fordert zur regen Teilnahme an den bei dieser Gelegenheit beabsichtigten reichen Veranstaltungen auf. Herr Professor Momber bemerkt dazu, daß am 2. Juni ein Begrüßungsabend zu Ehren der Geographen im „Danziger Hof“ stattfinden wird. Hierauf hält Herr Dr. Adolf Wallenberg einen Vortrag: „Über die Entwickelung des Gehörorganes in der Wirbeltierreihe“, Die Sinnesorgane für die Aufnahme von Schalleindrücken entstehen bei Wirbeltieren aus der Umbildung eines Apparates, welcher ursprünglich zur Wahrnehmung von Lagever- änderungen dient, schon bei wirbellosen Tieren vorhanden ist und eine Reihe gemeinschaft- licher Charaktere besitzt. Er bildet sich aus der äußeren Keimschicht, dem „Ektoderm“, entfernt sich in der Form von Bläschen oder Gruben mehr oder weniger von der Oberfläche des Körpers, steht mit dem Nervensystem in enger Verbindung und enthält zwei typische Formelemente: 1. mit Haaren oder Borsten versehene Zellen, und 2. Konkremente aus an- organischer Substanz, gewöhnlich aus Kalksalzen, sogenannte „Otolithen“ (Hörsteine). Die Haare werden durch die Strömungen, welche bei jedem Lagewechsel in dem flüssigen Inhalt der Hörgruben und Hörbläschen entstehen, nach verschiedenen Seiten, je nach der Bewegungs- richtung, hingedrängt und können dem Zentralnervensystem Nachrichten über Veränderungen des Gleichgewichts übermitteln; die Otolithen drücken auf die Haare, welche gerade unter ihnen liegen und ermöglichen so eine Wahrnehmung der jeweiligen Gleichgewichtslage. Gehörorgane treffen wir im Reiche der wirbellosen Tiere nur bei einigen Insekten (z. B. Grillen, Zikaden) an, welche selbst Töne hervorzubringen imstande sind. Sie bestehen aus Chitinhäutchen, die in Chitinrahmen über einer Ausbuchtung der Luftkanälchen (Tracheen) paukenförmig ausgespannt sind und ihre Schwingungen durch kolbenförmige, mit Spitzen versehene Nervenendorgane auf das Zentralnervensystem übertragen können. Auf den untersten Stufen der Wirbeltiere treffen wir nur Sinnesorgane für die jeweiligen statischen Zustände an. Zu beiden Seiten der Kopfanlage stülpt sich ein Teil des Ektoderms als Hörgrube ein und verwandelt sich durch Verschluß des ausführenden Kanals in ein mit Flüssigkeit gefülltes „Hörbläschen“, das mit den charakteristischen Haarzellen und Otolithen ausgestattet und von der knöchernen Wand des Schädels durch Hohlräume getrennt ist, die ebenfalls Flüssig- keit enthalten. Bei Myxinen (einfachst gebauten Fischen) buchtet sich ein Teil der Hörgrube zu einem halbkreisförmigen Kanal aus, dessen flüssiger Inhalt bei Bewegungen in der Rich- tung des Kanals den relativ stärksten Strömungen ausgesetzt ist und deshalb die denkbar günstigsten Chancen für die Wahrnehmung dieser Lageveränderungen auf dem Wege durch die Hörhaare und das Nervensystem besitzt. Bei Petromyzonten (Neunaugen) gesellt sich ein zweiter, bei Stören, Haien und Knochenfischen ein dritter halbkreisförmiger Kanal („Bogengang“) hinzu, so daß jetzt Empfindungen von Gleichgewichtsveränderungen nach allen Richtungen hin schon bei kleinsten Bewegungen ausgelöst werden. Erst von den Amphibien aufwärts entwickelt sich ein anderer Teil des Hörbläschens zu einem Organ für die Perzeption von Schallwellen, erhält eine eigene Verbindung mit dem Zentralnervensystem 2* XX und wächst bei Eeptilien und Vögeln zu einem zungen förmigen Hohlraum aus, der bei Säuge- tieren sich spiralig dreht. Auf diese Weise entsteht der „Schneckenkanal“, welcher bei Menschen 21/*, bei Nagetieren 5 Windungen besitzt, Flüssigkeit enthält, oben und unten von ebenfalls mit Flüssigkeit gefüllten Hohlräumen begrenzt ist. Der obere Hohlraum, die „Yorhofstreppe“, steht mit dem schalleitenden Apparat in enger Verbindung, dessen Spuren wir schon bei Knochenfischen begegnen. Sein Ursprung läßt sich auf einen mit dem Kiemen- apparat verbundenen, noch bei Stören gut ausgebildeten Kanal zurückführen, der von der Mundhöhle zur Seitenwand des Kopfes führt, außen mit einem Knorpelventil versehen ist und den Namen „Spritzloch“ führt. Aus dem nach der Mundhöhle zu gelegenen Teile dieses Kanals entwickelt sich von den Amphibien aufwärts die „Ohrtrompete“; der äußere Abschnitt wandelt sich in die Paukenhöhle, das Knorpelventil in das „Trommelfell“ um. Trommelfell und Hörblasenwand stehen bei Amphibien, Reptilien und Vögeln durch einen Hörknochen, die „Columella“, in Verbindung. Bei Säugern bildet sich die Columella zum inneren Hör- knöchelchen, dem „Steigbügel“, um, dem sich ein mittleres („Ambos“) und ein äußerek („Hammer“) zugesellen. Die Säugetiere besitzen außerdem noch besondere Schalltrichter für die bessere Zuleitung der Schallwellen (Ohrmuschel und äußerer Gehörgang). Die drei Gehörknöchelchen bilden einen Winkelhebel, durch den die Schallschwingungen des Trommel- felles auf den oberhalb des Schneckenkanals befindlichen, spiralförmigen Hohlraum, die „Vorhofstreppe“, auf die unterhalb des Schneckenkanals gelegene „Paukentreppe“ und auf den Inhalt des Schneckenkanals selbst übertragen werden. Die Unterwand des Schneckenkanals besitzt einen komplizierten Bau. Sie besteht aus einer glashellen, quergestreiften „Basalmem- bran“, die nach der Schneckenkuppel zu sich verbreitert, aus Haarzellen in ganz gesetz- mäßiger Anordnung, aus einem Stützapparat für die Haarzellen, der unter anderem die „CoRTischen Bögen“ enthält (aus je zwei gekrümmten Pfeilern bestehende, torähnliche Bogen, deren Gesamtheit einen Tunnel bildet), ferner aus einer weichen „Deckmembran“, die von oben her als Dämpfer auf die Bewegungen der Haare zu wirken vermag, und aus Nerven- fasern, die zwischen den Haarzellen endigen und als äußere Fortsätze denselben Ganglien- zellen entstammen, deren Innenfortsätze den Hörnerv zusammensetzen. Der Vortragende demonstriert die beschriebenen Einrichtungen an makroskopischen und mikroskopischen Präparaten, schildert ihre Funktion, soweit sie bekannt ist, und schließt mit einer ausführlichen Kritik der von Helmholtz und Ewald aufgestellten Erklärungsversuche für die wunderbare Tatsache, daß mehrere zu gleicher Zeit das Ohr treffende Töne gesonderte Empfindungen auslösen. Darauf zeigte Herr Professor Momber mittels des Skioptikons der Gesell- schaft das Lichtbild eines im Jahre 1903 in Zoppot photographisch aufge- nommenen Kugelblitzes und einige Mondphotographien, die auf der Sternwarte der Gesellschaft hergestellt sind. 6. Sitzung am 3. Mai 1905. Im Elektrotechnischen Institut der Hochschule. Der Direktor, Herr Professor Momber, eröffnet die Sitzung und erteilt das Wort Herrn Professor Dr. Rössler zu einem durch zahlreiche Experimente erläuterten Vorträge; „Über die Spannungserhöhung des Elektrizitätswerkes in Danzig“. Für die Entstehung und das Verhalten eines elektrischen Stromes sind drei Größen von Bedeutung: 1. Die Stromstärke, d. i. die Elektrizitätsmenge, welche sekundlich durch einen Leiterquerschnitt strömt und in Analogie steht mit einer Wassermenge, die sekundlich an einer Stelle eines Flußbettes oder eines Rohres vorüberfließt, 2. die Spannung oder elektro- motorische, d. h. die Elektrizität treibende Kraft, welche mit dem Druck verglichen werden kann, der das Wasser in jenem Rohre in Bewegung setzt, und 3. der Widerstand, welchen XXI Elektrizität und Wasser beim Durchfluß in ihren Leitungen finden. Dieser Widerstand ist um so größer, je länger die Leitung ist, durch die der Strom hindurch gepreßt werden muß, um so kleiner, je größer der Querschnitt ist, den die Leitung dem Stromflusse zur Verfügung stellt, und er hängt beim elektrischen Strom auch ab vom Material; Kupfer leitet z. B. besser als Eisen. Jede Druck- oder Spannungsdifferenz, zwischen Anfang und Ende eines Leiters, erzeugt eine bestimmte Stromstärke, und zwar eine um so kleinere, je größer der Widerstand, d. h. je länger und dünner der Leiter ist. Der Vortragende erläutert diesen Zusammenhang durch Experimente und definiert dabei die Einheiten Volt, Ampere und Ohm, in denen die drei Größen, Spannung, Stromstärke und Widerstand, gemessen werden. Von den Wirkungen des elektrischen Stromes wird für die Erzeugung elektrischen Lichtest die Wärmewirkung ausgenutzt. Jeder Strom erwärmt seine Leitung umsomehr, je stärker er ist, und kann sie zu heller Glut bringen. Dies geschieht z. B. in einer Glühlampe, welche aus einem in einer luftleeren Glocke befindlichen Kohlenfaden besteht, durch den der Strom hindurchfließt. Bei den Glühlampen einer Hausinstallation, welche durch die Hausleitung und die unter der Straße verlegten Kabel, die „Zuleitungen“, mit der elektrischen Zentrale verbunden sind, erwärmt der aus der Zentrale nach den Lampen hinfließende Strom aber nicht nur die Glühlampen selbst, sondern auch in mäßigen Grenzen die Zuleitungen. Da die letzteren mit leicht verbrennlichem Isolationsmaterial umsponnen sind und keine große Er- wärmung vertragen können, muß man ihnen entsprechend große Kupferquerschnitte geben, damit sie nicht zu heiß werden, während die Kohlenfäden der Glühlampen umgekehrt möglichst kleine Querschnitte erhalten, damit sie in möglichst helle Glut geraten. Der in den Lampen erzeugten Wärme als nützlicher Wärme steht also die in den Zuleitungen erzeugte als schäd- liche Wärme gegenüber. Damit die in den Zuleitungen entstehende schädliche Wärme mög- lichst klein wird, muß man bei der Speisung einer gegebenen Anzahl von Glühlampen mit möglichst wenig Strom auszukommen suchen. Dies führt zu dem Problem, Glühlampen herzu- stellen, welche unter Aufwand von möglichst geringer Stromstärke möglichst viel Licht erzeugen. Dieses Problem findet seine Lösung durch ein Naturgesetz, wonach die Hitze, welche in einer Glühlampe entwickelt wird und daher auch die Lichtstärke, die sie ausstrahlt, nur abhängig ist von dem Produkt der Spannung in Volt und der Stromstärke in Ampere, welche die Lampe verzehrt. Eine Lampe also, welche 220 Volt bei Ampere verbraucht, leuchtet genau ebenso hell, wie eine Lampe, welche mit 110 Volt und % Ampere brennt. Da die erstere aber nur halb so viel Strom verbraucht, so kann man mit derselben Leitung doppelt soviel 220- Volt-Lampen mit Strom versorgen, wie 110- Volt -Lampen. Der Vortragende zeigt einen Versuch, bei dem nacheinander die gleiche Zahl von 32 Lampen beider Arten von derselben Leitung gespeist werden. Bei den 110 -Volt -Lampen geraten die Zuleitungen dabei bereits in helle Glut, während sie bei den 220-Volt-Lampen noch so kalt bleiben, daß der Vortragende sie anfassen kann. Der Unterschied der Einrichtung beider Lampenarten besteht nur darin, daß die 220-Volt-Lampen weit längere und dünnere Kohlenfäden erhalten, als die 110- Volt-Lampen, weil sie trotz der doppelten Spannung nur die Hälfte des Stromes führen dürfen und daher einen weit größeren Widerstand haben müssen. Da auch schon bei 110-Volt- Lampen der Kohlenfaden ein überaus feines und zartes Gebilde ist, so hat die Glühlampen- technik erst außerordentliche Schwierigkeiten überwinden müssen, ehe es ihr gelang, Lampen für 220 Volt herzustellen. Ein voller Erfolg wurde erst nach der Erbauung des Danziger Elektrizitätswerkes erreicht, so daß dieses noch für 110 Volt eingerichtet werden mußte. Eine weitere Überlegenheit zeigen die 220-Volt-Lampen in bezug auf den Spannungs- abfall, dem sie in den Zuleitungen ausgesetzt sind. Wie der Druck in einer Rohrleitung, nimmt auch die Spannung längs einer elektrischen Leitung von der Zentrale nach der Ver- brauchsstelle hin ab. In derselben Leitung vervielfacht sich diese Abnahme mit der Strom- stärke; sie ist also bei 220-Volt-Lampen, die nur die Hälfte des Stromes führen, ihrem ab- soluten Werte nach halb so groß und prozentisch ein viertel so groß, wie bei 110 -Volt- Lampen. Fließt kein Strom durch die Leitungen, so ist der Spannungsabfall natürlich Null. XXII Wenn also an das Ende einer an eine Zentrale abgeschlossenen Leitung zunächst keine Lampe angeschlossen ist, und darauf eine bestimmte Anzahl von Lampen allmählich eingeschaltet wird, so erhalten die ersten Lampen zunächst noch die volle Spannung der Zentrale, mit wachsender Anzahl werden sie aber einem steigenden Spannungsabfall ausgesetzt, der bei 110 -Volt-Lampen prozentisch viermal so groß ist, wie bei 220-Volt-Lampen. Da aber für die Helligkeit des Brennens die Abweichung von der normalen Spannung entscheidend ist, so werden die 110-Volt-Lampen bei gleicher Zahl und gleicher Zuleitung viel mehr hinter ihrer normalen Helligkeit Zurückbleiben. Wenn man nun auch in dem betrachteten, einfachen Falle die Spannung in der Zentrale durch Regulierung so erhöhen könnte, daß sie am Ende eines der von der Zentrale ausgehenden Kabels und an den daran angeschlossenen Lampen den Normalwert erhält, so ist dies doch, wenn an eine Zentrale viele Kabel angeschlossen sind, nicht für alle Kabel gleichzeitig möglich. An den Enden sehr stark belasteter Kabel, wie z. B. in der Langgasse, werden dann die Spannungen wesentlich niedriger sein, als an den Enden der schwach belasteten, und die an die stark belasteten Kabel angeschlossenen Konsumenten werden berechtigte Klagen führen. Der Unterschied wird bei einer Anlage mit 110-Volt- Lampen prozentisch viermal so groß sein, wie bei einer 220-Volt-Anlage, und man wird daher bei der letzteren viermal so viel Lampen anschließen können, wenn man gleiche Helligkeits- unterschiede zulassen will. Den gleichen Spannungsabfall, wie bei Vervierfachung der Lampen- zahl, erhält man auch, wenn man die Lampenzahlen gleich läßt und die Leitungslänge ver- vierfacht, oder wenn man die Lampenzahlen verdoppelt und die Leitungslänge gleichzeitig verdoppelt. Wenn die Kabel nicht bis zu ihrer Erwärmungsgrenze in Anspruch genommen sind, wobei, wie oben gezeigt wurde, eine Verdoppelung der Lampenzahl bei Verdoppelung der Spannung zulässig ist, so wird also die Ausnutzbarkeit des Kabelnetzes bei Verdoppelung der Spannung in bezug auf Längenausdehnung und Lampenzahl zusammen vervierfacht. Dieser außerordentliche Vorteil veranlaßt jetzt die Stadt Danzig, nach dem Beispiel von Berlin, Breslau und Stettin, die bisherige Betriebsspannung ihres Elektrizitätswerkes von 110 Volt auf 220 Volt zu erhöhen. In den Straßen, wo die Kabel von so großen Strömen „ belastet“ sind, daß sie über kurz oder lang verstärkt werden müßten, erspart man durch die Spannungserhöhung diese Verstärkung, und in den Straßen, wro noch keine Kabel liegen, werden die Kosten der neu zu verlegenden Kabel, weil sie nur kleineren Querschnitt zu haben brauchen, wesentlich billiger. Schon in diesem Jahre werden für die unnötig werdende Kabelverstärkung gespart 71000 M und wegen des Minderpreises der neu zu verlegenden dünneren Kabel 18000 M. Dem gegenüber betragen die im ganzen ein für allemal für die Umwandlung aufzuwendenden Kosten nach den Anschlägen des Stadtrats Meckbach und des Ober-Ingenieurs v. Schmidt 195000 M, die von der Stadtverordnetenversammlung bereits bewilligt sind. Die Maßnahme der Stadtverwaltung verspricht danach einen außerordentlichen wirtschaftlichen Nutzen. 7. Sitzung am 18. Oktober 1905. Nach der Begrüßung der zahlreich erschienenen Mitglieder durch Herrn Professor Momber widmete der Sekretär für auswärtige Angelegenheiten, Herr Professor Dr. Conwentz, einen warmen Nachruf dem am 6. Oktober verstorbenen Ehrenmitgliede der Gesellschaft, Geh. Regierungsrat Professor Dr. F. v. Richthofen- Berlin. Er ist am 5. Mai 1833 in Schlesien geboren, also an demselben Tage, in derselben Provinz wie ein anderes Ehrenmitglied der Gesellschaft, Professor Dr. Bail, mit welchem er auch gleichzeitig an der heimatlichen Universität Naturwissenschaften studierte. Nach seinen Studien- jahren in Breslau und Berlin ging er nach Wien, um bei der K. K. Geo- logischen Reichsanstalt den praktischen Dienst kennen zu lernen, da eine preußische Anstalt der Art damals noch nicht bestand. Darauf brachte er XXI n nicht weniger als zwölf Jahre hintereinander auf großen, umfassenden Reisen zu, durch welche er der wissenschaftlichen Erforschung wenig bekannter Gebiete ausgezeichnete Dienste leistete. Zunächst durfte er sich 1H60 der preußischen Expedition nach Ostasien anschließen, und es wurde ihm dabei der Rang eines Legationssekretärs verliehen. In China trennte er sich von dieser Expedition und sammelte auf jahrelangen Reisen im Lande das umfang- reiche, wertvolle Material, das später in seinem Hauptwerk „China“ niedergelegt wurde. Erst nach Vollendung des ersten Teils 1879 nahm er eine Professur für Geologie in Bonn an. Vier Jahre später wurde er als Professor der Erd- kunde nach Leipzig und 1886 nach Berlin berufen. Hier hat er eine große Zahl von Schülern, wie Drygalski, Sven Hedin, Passarge, Philippi usw., herangebildet und auch sonst eine umfassende Tätigkeit entfaltet. Hervor- ragende Verdienste erwarb er sich um die Gesellschaft für Eidkunde, welche er zu hoher Blüte führte. Ferner zeigte sich sein organisatorisches Talent besonders bei dem in Berlin 1899 von ihm geleiteten Internationalen Geo- graphen-Kongreß, von welchem ein Sonderausflug auch nach Danzig unter- nommen wurde, sowie bei den großen deutschen Unternehmungen der Grön- land- und Südpolar-Expeditionen und bei der Anlage und Einrichtung des Museums für Meereskunde, dessen Vollendung er leider nicht mehr erlebte. Auch bei der Kolonialbewegung hat er einen bestimmenden Einfluß ausgeübt, da er schon frühzeitig auf die Wichtigkeit der chinesischen Provinz Schantung und auf die Bedeutung von Kiautschou hinwies. Die Naturforschende Gesell- schaft erwählte Richthofen bei seinem 70. Geburtstage zu ihrem Ehren- mitgliede. Er und seine kunstsinnige Gattin empfanden aufrichtige Freude auch an den Architekturbildern unserer Stadt, mit denen das von Künstlerhand ausgeführte Diplom geschmückt war, und sprachen den lebhaften Wunsch aus, Danzig aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Uns wurde dann noch zweimal die Freude zuteil, Richthofen hier zu sehen: im vorigen Jahre bei Einweihung der Technischen Hochschule und zu Pfingsten dieses Jahres beim Deutschen Geographentag. Wir ahnten damals nicht, daß der seltene Mann, welcher noch vor wenigen Monaten in völliger körperlicher und geistiger Frische vor uns stand, so bald dahinscheiden würde. Am 6. Oktober erlag er unerwartet einem Schlaganfall. Die Anwesenden ehrten das Andenken des Verblichenen durch Erheben von den Plätzen. Hierauf sprach das Korrespondierende Mitglied, Herr Professor Dr. ScHELLwiEN-Königsberg, über das Thema: „Spuren einer alten Eiszeit auf der Erde“, unter Vorführung von Lichtbildern und anderweitigem Demonstrations- material. Die Tatsache, daß aus der diluvialen Zeit sichere Spuren einer Verschlechterung des Klimas an vielen Stellen der Erdoberfläche nachweisbar sind, legte es nahe, auch in älteren geologischen Perioden nach Anzeichen einer stärkeren Ausdehnung der Eismassen zu suchen, allein bis vor einiger Zeit konnte man sagen, daß mit Sicherheit nur eine Eiszeit, diejenige des Diluviums, festgestellt wäre. Den Angaben über glaziale Bildungen aus der Zeit des XXIV Abschlusses der paläozoischen Ära, die zum Teil schon aus der Mitte des eben abgelaufenen Jahrhunderts herrühren, wurde im ganzen wenig Beachtung geschenkt. Allmählich ist aber durch die Untersuchungen der englischen Aufnahmegeologen in Indien, durch Beobachtungen in Südafrika und Australien soviel Material zusammengebracht, daß an dem Auftreten einer „Kälteperiode“ am Ende des paläozoischen Zeitalters nicht mehr lange gezweifelt werden kann. Von Interesse ist es übrigens,, daß auch in Europa, und zwar neuerdings auch in Deutschland, Spuren gefunden sind, welche möglicherweise auf eine stärkere Ausdehnung des Eises zu jener Zeit auch in unseren Gegenden hindeuten. Wertvolle Beobachtungen über die indischen Glazialablagerungen sind vor allem durch eine im Jahre 1902 ausgeführte Reise von Koken und Noetling in der Saltrange gewonnen worden. Ton dem Material, welches auf dieser Reise gesammelt wurde, konnte der Vortragende eine Anzahl von Belegstücken vorlegen. Diese Stücke, ebenso wie die Abbildungen und Profile, die vorgezeigt wurden, weisen in wesentlichen Punkten Übereinstimmung mit solchen Erscheinungen auf, die im norddeutschen Flachlande stets als sichere Anzeichen einer diluvialen Vereisung gedeutet worden sind. Die Gleichartigkeit der Erscheinungen wurde durch eine größere Zahl von Lichtbildern bewiesen, welche die Lagerung der glazialen Bildungen in Ost- und Westpreußen zeigten und es dem Zuhörer ermöglichten, einen Vergleich mit den ebenfalls im Bilde wiedergebenen südafrikanischen und indischen Vorkommen zu ziehen. Auch die Frage der Entstehung der für die indischen Blocklehne charakteristischen Fazettengeschiebe, für deren Bildungsweise Koken und Noetling eine gute Erklärung gegeben haben, wurde an der Hand des vor- liegenden Materials erörtert. Die letzten Ausführungen galten der Frage, in weichen Zeitabschnitt des jüngeren Paläozoikum wir die nunmehr sicher nachgewiesene Eiszeit der Südhemisphäre und Indiens zu verlegen haben. Über diesen Punkt gehen die Ansichten der einzelnen Forscher noch auseinander, es fragt sich, ob man von einer karbonischen oder permischen Eiszeit sprechen soll. Für Indien hängt die Frage von der Altersdeutung der reichen Fauna ab, welche sich unmittelbar über den glazialen Ablagerungen, in den Schichten des sogenannten Productus- Kalkes, findet. Hält man die tieferen Horizonte dieses Productus- Kalkes noch für karbonisch, so muß man von karbonischer Eiszeit reden, weist man sie dagegen sämtlich dem oberen Perm zu, so würde die Epoche der Vereisung wohl in die Zeit des unteren Perm fallen. Der Vortragende trat für die letztere Auffassung ein, und zwar besonders auf Grund einer Entdeckung, welche in diesem Sommer von ihm und Herrn Dr. Kossmat von der Wiener geologischen Reichsanstalt gemeinsam gemacht worden ist. Es gelang nämlich, in den Ost- alpen dieselbe Fauna aufzudecken, welche man im indischen Proefomifws-Kalke beobachtet hat, und zwar in den Schichten des Bellerophon- Kalkes, welcher seiner Lagerung nach nur dem obersten Perm angehören kann. Wir sind daher wohl ohne Zweifel zu der Annahme berechtigt, daß in der permischen Zeit auf gewissen Teilen der Erdoberfläche ähnliche Verhältnisse herrschten, wie sie in unseren Gegenden für die diluviale Eiszeit schon seit langem festgestellt sind. 8. Sitzung am 1. November 1905. Im Elektrotechnischen Institut der Hochschule. Der Direktor, Herr Professor Momber, eröffnet die Sitzung und kündigt einen Vortrag des Herrn Professor Evers für den 16. November d. J. und zwei populäre Vorträge des Herrn Geheimrat Professor Miethe Charlottenburg „Über farbige Photographie“ für den 1. und 2. Dezember d. J. an. Herr Professor Momber macht ferner Mitteilungen über die Trauerfeier zu Ehren des Geheimrats Professor Freiherr von Richthofen- Berlin, der er persönlich beiwohnen konnte. Er berichtet dann, daß die Wolkenstudien, welche von XXV dem Astronomen der Gesellschaft, Herrn Dr. Kayser, aufgenommen worden sind, voraussichtlich durch das Meteorologische Institut in Berlin herausgegeben werden. Darauf hält Herr Professor Mentz einen durch Lichtbilder und Vor- führung von Modellen erläuterten Vortrag über „Einführung in den Schiffs- maschinenbaiU. Die Aufgabe, die der Schiffsmaschinenbauingenieur zu lösen hat, ist die, in einen be- stimmten, meist, und zwar besonders bei der Kriegsmarine, ziemlich beschränkten Raum eine Maschinen- und Kesselanlage hineinzubauen, welche dem Schilf die verlangte Geschwindigkeit verleiht. Als erschwerend kommt meist noch die Bedingung hinzu, ein bestimmtes Gewicht nicht zu überschreiten. Ferner werden von Schilfsmaschinen besonders gute Betriebssicherheit und Manövrierfähigkeit verlangt. Die Kesselanlage besteht auf fast allen Handelsschiffen aus Zylinderkesseln; Kriegs- schiffe erhalten dagegen Wasserrohrkessel, bei welchen, im Gegensatz zu den erstgenannten Kesseln, das Wasser in den Rohren zirkuliert und die Flamme außen um die Rohre herum- schlägt. Da sich bei Wasserrohrkesseln alle Teile, je nach der Wärmezufuhr, unabhängig von- einander ausdehnen können, lassen sich diese Kessel durch Zufuhr der Verbrennungsluft unter geringem Druck ohne Nachteil überanstrengen. Raum- und Gewichtsbedarf ist daher für eine bestimmte Höchstleistung bei Wasserrohrkesseln bedeutend geringer als bei Zylinderkesseln. In unserer Marine ist für' alle Neubauten ein engrohriger Wasserrohrkessel angenommen, der nach seinem Konstrukteur, dem früheren Direktor der Germaniawerft, Richard Schdlz, ScHULZ-Kessel genannt wird. Durch Anordnung dichter Rohrwände werden bei diesem Kessel die Heizgase gezwungen, einen mehrfach gewundenen Weg zu nehmen und so ihre Wärme mög- lichst abzugeben, ehe sie in den Schornstein entweichen. Wenn möglich, baut man die Schiffe als Schraubenschiffe, da Radschiffsmaschinen schwerer und teurer sind als Schraubenschiffsmaschinen. Kleine Schiffe erhalten meist nur eine Maschine, größere Schiffe dagegen zwei oder drei, welche je auf eine Schraubenwelle und Schraube wirken. Das Doppelschraubensystem bietet die Möglichkeit, beim Versagen einer Maschine mit der anderen weiterfahren zu können. Außerdem lassen sich diese Schiffe auch mit den Maschinen steuern, indem man eine Maschine vorwärts, die andere rückwärts arbeiten läßt. Unsere größeren Kriegsschiffe haben sogar drei voneinander unabhängige Maschinenkomplexe und dementsprechend auch drei Schrauben. Beim Versagen einer Maschine wird dann nur ein Drittel der Gesamtleistung ausgeschaltet sein, ferner ergibt sich eine bessere Ökonomie beim Langsamfahren, da man dann nur die mittlere Maschine oder beide Seiten- maschinen in Betrieb nimmt. Man läßt den Dampf in der Maschine, um Dampf zu sparen, nicht nur Volldruckarbeit, sondern auch Expansionsarbeit verrichten. Gleichfalls der Ökonomie wegen muß der Dampf, je nach der Höhe der Kesselspannung, in zwei, drei oder sogar vier Zylindern nacheinander wirken ; man erhält so Zwei-, Drei- oder Vierfachexpansionsmaschinen. Kriegsschiffsmaschinen haben bedeutend höhere Umdrehungszahlen als Handelsschiffs- maschinen und fallen dementsprechend kleiner und leichter aus. In neuerer Zeit ist nun als Konkurrent der Dampfmaschine die Dampfturbine auf der Bildfläche erschienen. Als Antriebsmaschine für Dynamomaschinen hat sie sich im Land- betrieb bereits vollständig bewährt; an Bord hat sie den hier gestellten schwierigen Anforderungen bisher gerade entsprochen. Mehr kann man augenblicklich auch nicht erwarten, denn die Dampfturbinen auf Schiffen befinden sich eben erst im Zustande der Erprobung. Während der Dampf in der Kolbendampfmaschine durch seine Spannungsenergie Arbeit leistet, wirkt er in der Dampfturbine durch seine Strömungsenergie. Läßt man nämlich Wasserdampf aus konisch sich erweiternden Düsen ausströmen, so beträgt seine Ausfluß- geschwindigkeit etwa 1100 m pro Sekunde. Diesen Dampfstrahl läßt man dann gegen die XXVI Schaufeln eines Rades wirken, das hierdurch in sehr schnelle Drehung versetzt wird. Um diese hohe Tourenzahl auf einen praktisch brauchbaren Wert herunterzu bringen, verwendet man meist eine größere Anzahl von Schaufelrädern für jede Dampfturbine. Zur Zeit bringt die Unmöglichkeit, Dampfturbinen rückwärts laufen zu lassen, und ihre schlechtere Ökonomie bei verringerter Leistung noch Unbequemlichkeiten, wie zum Beispiel das Einbauen von be- sonderen Rückwärtsturbinen, mit sich. Auf kleinen V erkehrsbooten, Vergnügungsfahrzeugen und dergleichen werden an Stelle einer Dampfmaschinenanlage vielfach Verbrennungsmotoren verwendet, welche durch Explosion eines Gemisches von Luft und verdampftem Benzin, Spiritus oder Petroleum betrieben werden. Für kleinere Schiffe haben sich diese leichten und billigen Motoren gut bewährt; für größere Schiffe werden sie vielleicht später Bedeutung gewinnen. Außer den Hauptmaschinen, welche die Schrauben treiben, sind auf größeren Schiffen noch eine beträchtliche Anzahl mit Dampf betriebener Hilfsmaschinen vorhanden; auf einem kleinen Kreuzer zum Beispiel etwa 35. Schließlich kam der Redner noch auf die in den Maschinen entstehenden Beschleunigungs- drucke, welche sich durch Erregung von Sclriffsschwingungen unangenehm bemerkbar machen, zu sprechen und zeigte an einem Modell, einer an Federn aufgehängten Mahagoniplanke, auf welche verschiedene kleine Maschinen gesetzt werden konnten, den Einfluß der verschiedenen Maschinenarten auf die Schiffsschwingungen, insbesondere die Vorteile einer Maschine mit ScHLiCKschem Massenausgleich gegenüber einer gewöhnlichen Vierkurbelm aschine. 9. Sitzung am 16. November 1905. In dem physikalischen Kabinett der neuen Realschule zu St. Petri und Pauli. Statt des erkrankten Direktors eröffnet der Vize-Direktor, Herr Geheimer Sanitätsrat Dr. Tornwald, die Sitzung. Herr Professor Conwentz, der Sekretär für auswärtige Angelegenheiten, teilt mit, daß er der Abteilung für Naturwissenschaften der „Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaften“ in Bromberg zu ihrem 40jährigen Bestehen die Glückwünsche der Gesellschaft überbracht habe. Darauf hält Herr Professor Evers einen Vortrag ,,Über Resonanzerschei- nungen bei elektromagnetischen Schwingungen“, unter Vorführung zahlreicher wohlgelungener Experimente. Er erläuterte zunächst den allgemeinen Begriff der Resonanz an mechanischen und akustischen Beispielen, so für die Schwingungen eines Pendels und die einer Luftsäule in einer gedeckten und einer offenen Pfeife. Als charakteristisches Merkmal ergab sich hieraus: Ist für zwei Sehwingungssysteme der Resonanzfall gegeben, so stimmt die Dauer der freien oder Eigenschwingung des erregten mit der Dauer der Schwingungen des erregenden Systems überein. Die Schärfe der Resonanz hängt von der Festigkeit der Verbindung beider Systeme ab: damit die Resonanz recht scharf hervortritt, müssen sie recht lose „gekoppelt“ sein. Diese Prinzipien finden nun auch bei der Verbindung zweier elektromagnetischen Schwingungssysteme Anwendung. Daß bei der Entladung von elektrisch geladenen Leitern periodisch wechselnde elektrische Strömungen auftreten, ist schon seit langem durch die theoretischen Untersuchungen von Kirchhoff und W. Thomson, durch die experimentellen von Feddersen, Paalzow u. a. bekannt; der Vortragende erläuterte diese Tatsache, indem er als Bild derselben die periodischen Niveauschwankungen einer Flüssigkeit in kommunizierenden Röhren im Versuche vorführte. Bei dem in dem Hauptteil des Vortrages benutzten Apparat von Seibt-Ernecke werden zwei Leydener Flaschen durch ein Induktorium geladen und durch zwei Kupferdrahtspulen und eine Funkenstrecke hindurch entladen, wobei Schwingungen zustande kommen, deren XXVII Dauer sieh durch Parallel- und Reihenschaltung der beiden Leydener Flaschen sowie durch Einschaltung von mehr oder weniger Windungen der beiden Spulen regulieren und verändern läßt. An einen Punkt dieses primären Schwingungskreises ist durch einen Leitungsdraht eine isolierte Drahtspule angeschlossen, die durch die primären Schwingungen zu sekundären an- geregt wird, gerade wie durch die Schwingungen einer Stimmgabel eine zweite oder eine in einer Röhre abgeschlossene Luftsäule. Bei passender Schaltung der Leydener Flaschen und Einschaltung von Spulenwindungen im primären Kreise (Regulierung von „Kapazität“ und „Selbstinduktion“) entstehen durch Resonanz in der sekundären Spule starke, stehende Schwin- gungen der Elektrizität. Hierbei bildet sich am isolierten Ende eine Stelle stärkster Spannung („Bauch“ der stehenden Welle) aus, was sieb durch kräftige Funkenbüschelentladungen dokumentiert. Dies wurde für zwei Spulen von verschiedener Schwingungszahl gezeigt. Um nun auch den ganzen Verlauf der stehenden Elektrizitätsschwingungen deutlich sichtbar zu demonstrieren, wurde eine lange Spule an den primären („THOMSONschen“) Ent- ladungskreis angeschlossen; ihr parallel war in passender Entfernung ein mit der Erde ver- bundener Draht geführt. Wenn nun in dieser Spule an irgend einer Stelle stärkere oder schwächere Spannungen auftraten, so mußte sich dies durch die Stärke der Funkenbüschel- entladung gegen den Draht hin zeigen. Bei passender Regulierung des primären Schwingungskreises trat nun in der sekundären Spule die Grundschwingung auf. was sich durch Auftreten eines Spannung sbauches am isolierten oberen, eines Spannungsknotens am unteren Ende dokumentierte. Außer dieser Grund- schwingung konnten durch andere Einstellung im primären Kreise auch noch einige Ober- schwingungen nachgewiesen werden. Wurde nun das obere Ende der Demonstrationsspule mit der Erde verbunden, so ent- standen bei richtiger Einstellung des primären Kreises ein Spannuns'sbauch in der Mitte, Knoten an beiden Enden. Während also bei der ersten Kombination für die Grundschwingung die Länge der Spule (Abstand von Spannungsbauch und Knoten) ein Viertel der Wellenlänge repräsentiert, wird hier durch die Spulenlänge (Abstand zweier Knoten) die halbe Wellenlänge dargestellt. Die Wellenlänge ist also bei der isolierten Spule doppelt so groß a’s bei der geerdeten, die Schwingungszahl also im ersten Fall halb so groß wie im zweiten, mit anderen Worten: die Schwingung in der geerdeten stellt die Oktave der in der isolierten Spule dar. Auch für die geerdete Spule ließen sich durch passende Regulierung im primären Kreise einige Oberschwingungen nachweisen. Allen diesen elektrischen Versuchen gingen analoge akustische Erläuterungversuche parallel, bei denen Stimmgabeln in Verbindung mit einer Resonanz- Luftröhre, die an einem Ende geschlossen und geöffnet werden konnte, zur Anwendung kamen. Zum Schluß erwähnte der Vortragende kurz die praktische Bedeutung dieser Erschei- nungen für die drahtlose Telegraphie, für deren neueste Geber- und Empfänger- Konstruktionen dieselben Prinzipien Anwendung finden. 10. Sitzung am 20. Dezember 1905. Der Direktor, Herr Professor Momber, begrüßt die Versammlung und macht Mitteilungen über die am 3 Januar 1906 geplante Feier des Stiftungs- festes der Gesellschaft und über weitere Vorträge. Herr Professor Momber legt dann ein von Herrn Kommerzienrat Otto Münsterberg der Gesellschaft dediziertes Werk über Tuberkuloseforschung von Professor Frankel vor und erteilt Herrn Oberlehrer Dr. Daums das Wort zu einem Vortrage über: „Beziehungen zwischen Form und Grösse bei Körpern“. Zwischen Form und Größe bestehen bei den Körpern ganz bestimmte Beziehungen. Diese werden in letzter Zeit vielfach auch bei den Naturgebilden studiert und gewähren, besonders was die Mechanik im Tierreiche angeht, einen Einblick in gewisse Formverhältnisse, XXVIII über welche man bisher keinen sicheren Aufschluß geben konnte. Viele eigentümliche und scharf hervortretende Verschiedenheiten im Bau der Naturkörper lassen erkennen, daß sie infolge der Größenmaße notwendig wurden. Die Betrachtung und Beobachtung in diesem Sinne ist verhältnismäßig schon sehr alt. Der erste, der sich nachweislich mit solchen Gedanken abgab, ist Galileo Galilei. Ihm gebührt das Verdienst, die vermuteten Tatsachen weiter verfolgt und ausgeführt zu haben. In strengerer und mathematisch knapperer Form finden wir später entsprechende Betrachtungen bei Newton wieder. In letzter Zeit ist dieser Gegenstand wiederholt Veranlassung zu Hypothesen und Berechnungen geworden; freilich ist hierbei stets die äußerste Vorsicht geboten. Man wird gut daran tun, in jedem Falle durch Versuche die Richtigkeit der Ergebnisse von der Natur selbst kontrollieren zu lassen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Arbeiten, die sich mit diesem Gegenstände beschäftigen und Oüstor, Fuchs, Kalide, Levy, Leuckart und Santel zum Verfasser haben, gibt Dr. A. Witting (Natur und Schule. Bd. 3. 1904. S. 180 bis 185) in Form eines Referats. An der Hand dieser Zusammenstellung läßt sich leicht ein umfassendes Bild von dem jetzigen Stande der Errungenschaften, die man gemacht hat, ge- winnen. Es ist der Zweck dieses kleinen Vortrages, die von den genannten und anderen Autoren gewonnenen Erfahrungen in schlichter Form zu besprechen und weitere, selbst- gewonnene Tatsache]] aus diesem Gebiete hinzuzufügen. Läßt man einen Holzstab waagerecht in eine senkrecht stehende Mauer ein, so kann man es abpassen, daß er sich gerade noch erhält. Bei demselben Verhältnis von Länge und Breite läßt sich dann kein anderer Stab aus demselben Stoffe finden, der sich gerade selbst noch tragen kann. Größere Dimensionen würden ein Zerbrechen veranlassen, während kleinere noch eine weitere Belastung gestatteten. Selbst wenn man die Materie als vollkommen ideal annimmt — so berichtet Galilei in seinen „Discorsi“ — wird eine größere Maschine, bei demselben Material und denselben Größenverhältnissen, deshalb in allen Dingen nur äußerlich mit einer kleineren überein stimmen. Was Festigkeit und Widerstandsfähigkeit anbelangt, lassen sich jedoch zwischen beiden je nach den Maßen größere oder kleinere Unterschiede wahrnehmen. Je größer die Masse ist, desto schwächer wird die Maschine sein, und das läßt sich auch geometrisch beweisen. Deshalb gilt, wie für die Maschinen, auch für alle Natur- und Kunstprodukte, daß eine notwendige Grenze vorhanden ist, über die bei gleichem Material und denselben Größenverhältnissen weder Natur noch Kunst hinausgehen können. Beide vermögen deshalb auch nicht ihre Werke beliebig zu vergrößern, und deshalb erscheint es auch unmöglich, „immense Schiffe, Paläste oder Tempel zu erbauen, deren Ruder, Rahen, Gebälk, Eisenverkettung und andere Teile bestehen können“. Um bedeutende Vergrößerungen zu ermöglichen, ist es notwendig, eine Materie zu wählen, die fester und widerstandsfähiger als gewöhnlich ist. Im anderen Falle müßten be- deutende Verdickungen der unteren und besonders in Anspruch genommenen Teile veranlaßt w7erden, um Deformationen und Störungen möglichst zu vermeiden. Nun braucht aber nicht gerade die Materie selbst in allen Fällen fester zu sein, es genügt auch, das Gewicht der einzelnen Teile herabzusetzen. Bei Körpern, die sich im Wasser befinden, werden diese Be- dingungen durch den eintretenden Gewichtsverlust verhältnismäßig leicht erfüllt. So w erden Riesenschiffe im Wasser nicht zerstört, trotzdem sie mit Geschützen, Waren usw. belastet sind; geraten sie jedoch auf Land, so werden sie infolge der veränderten Bedingungen bersten. Auch über den Widerstand der hohlen Körper war Galilei unterrichtet. Er erinnert daran, daß Natur und Kunst sich vielfach ihrer bedienen, um die Festigkeit ohne Vermehrung des Gewichtes bedeutend zu steigern. Lanzen hat man durch Aushöhlen seit langer Zeit gleich- zeitig fest und leicht gemacht. Erinnert sei an dieser Stelle nur an den Bau der Gefechts- masten auf unsern modernen Schlachtschiffen. Die Massen ähnlicher Körperformen stehen zu der Größe der Oberflächen stets in einer ganz bestimmten Beziehung. Diese führt zu dem Ergebnis, daß die Oberflächen kleiner Körper, verglichen mit denen großer Massen, sehr groß sind. Die verhältnismäßig schnelle Zunahme XXIX der Oberfläche kleiner Körper bei Verminderung der Dimensionen unter gleichzeitiger Ab- nahme des Rauminhaltes läßt sich leicht naehweisen. Die Körpersubstanz ist bei ihrer drei- fachen Ausdehnung in Kubik-, die Oberfläche dagegen nur in Quadratmaßen auszudrücken. Zur besseren Übersicht mögen nur die Verhältnisse beim Würfel herausgegriffen werden.' Der Inhalt berechnet sich hier nach der Formel J = a3, die Oberfläche nach 0 = 6a2, wenn a die Länge der Kante bedeutet. Daraus ergibt sich bereits, daß mit Zunahme der Kantenlänge des Würfels, der Inhalt erheblich schneller wachsen wird als die Oberfläche, daß dagegen mit ihrer Abnahme, die Oberfläche viel langsamer sich verkleinern und deshalb im Verhältnis zum Inhalt immer größer und größer werden wird. Stellt man diese Verhältnisse für eine Reihe von Zahlenwerten auf einer Tabelle zusammen, so erhält man hier einen Grenzwert, wenn die Länge der Kante gleich 6 (etwa gleich 6 mm) gesetzt wird. Oberhalb dieses Wertes wird die absolute M aßzahl des Inhaltes stets größer sein, als die der Fläche ; unterhalb liegt dagegen das umgekehrte Verhältnis vor. Kommen statt der ganzen Zahlen Bruchwerte zur Verwendung, so nehmen deren dritte Potenzen schneller an Wert ab, als die Quadrate. Die Differenz aus den Maßzahlen der Körperinhalte und -flächen gibt ein vortreffliches Bild von der Schnelligkeit, mit der der Inhalt dann im Verhältnis stetig kleiner wird. Vergleicht man diesen Unterschied mit dem Werte, welcher für die Oberfläche berechnet wurde, so sieht man auch, wie sich beide in diesem Falle mehr und mehr nähern. Schon bei einer Kanten- länge von 0,02 beträgt die Differenz des Raum- und Flächeninhalts 0, 002 392, d. h. 99,67 ^ von dem des Flächeninhaltes allein. Ein Körper verliert im Verhältnis zu seiner Oberfläche immer mehr und mehr von seinem Inhalte, so daß die erstere zuletzt fast ausschließlich vorhanden ist. \ — Ähnliche Verhältnisse, wie beim Würfel, bestehen aber auch bei jeder anderen Reihe ähnlicher Körper. Mit Hilfe dieser Gesetzmäßigkeit läßt sich zeigen, daß der Widerstand des Mediums, in welchem ein Körper fällt, um so größer ist, je kleiner der fallende Gegenstand, je größer im Verhältnis also seine Oberfläche ist. Deshalb lassen sich bei dem Spiel mit den „japanischen Schmetterlingen“ die bunten Papierschnitzel auch verhältnismäßig leicht dauernd in der Luft halten. Bei der geringen Dicke und Größe der verwendeten Stückchen genügen fortgesetzt einige wenige Fächerschläge, um einen Luftstrom von unten her zu erzeugen, der ihr Nieder- fallen verhindert. Aus demselben Grunde vermögen auch die feinen Tröpfchen der Wolken, die Stäubchen vulkanischer Aschen und die zarten Spinnenfäden lange Zeit in der Luft schweben zu bleiben. Die erwähnte Gesetzmäßigkeit ist auch von Bedeutung und Geltung bei dem Prozeß des Schlämmens, bei der Ablagerung von Sand, Schlamm und Geröll durch Flüsse und Überschwemmungen, sowie bei der Schichtung solcher Gesteine, die ihren Ursprung im Wasser haben, und bei dem Niedersinken der atmosphärischen Niederschläge. Da die Oberflächen der Körper mittels der Quadratmaße untereinander verglichen werden, so ist der Verlauf von Naturvorgängen, die sich an diesen Flächen abspielen, bei ähnlichen Körpern von den Quadratzahlen der Ausdehnung abhängig. Die Abgabe und Ausstrahlung der Wärme, das Ausdünsten und Trocknen, die Lösung eines festen Körpers sind derartige Prozesse. Auch in der Chemie sind diese Gesetzmäßigkeiten von hoher Bedeutung. Wird ein fester Körper von einer angriffsfähigen Flüssigkeit geätzt, so ist das Ergebnis wieder mit den Flächenmaßen, also den Quadratzahlen, in Beziehung zu bringen. Neuerdings wird zur Her- stellung der Schwefelsäure das sogenannte Kontaktverfahren angewendet, bei welchem Schwefel- dioxyd und der Sauerstoff der Luft miteinander vereint werden. Diese innige Verknüpfung wird an der Oberfläche von Platin herbeigeführt; es kommt deshalb darauf an, sie recht groß zu gestalten. Entweder verwendet man recht dünne Platinbleche oder, was meist der Fall ist, ein schwammiges Gebilde aus fein verteiltem Platin, sogenannten Platinschwamm. Wie groß die Verteilung eines Körpers in einer Masse sein kann, ist gelegentlich festgestellt worden. So ließ sich mit Hilfe eines komplizierten Apparates naehweisen, daß die winzig kleinen Goldstäubchen, welche, im Glase verteilt, eine rubinrote Färbung liervorrufen, ganz bestimmte XXX Ausdehnungen besitzen. Die Trübung, die sie erzeugen können, wird für unser unbewaffnetes Auge nicht mehr wahrnehmbar, sobald sie im Durchmesser unter 0, 00002 mm hinabsinken. Körper, welche in äußerst feiner Verteilung Flüssigkeiten mechanisch beigemengt sind, also keine wahren Lösungen darstellen, geben zur Bildung sogenannter colloi'daler Lösungen Ver- anlassung. Diese verhalten sich teilweise in vieler Hinsicht wie das fein verteilte Metall des Platinschwammes und sind daher in letzter Zeit eingehend studiert worden. Am wichtigsten sind sie von den Metallen; die des Goldes in Wasser ist ebenso schön rot gefärbt, wie vorher die bei dem Goldpurpur des Glases. So wie diese winzigen, unorganischen, leblosen Teilchen wirken auch Blutkörperchen, Blatternlymphe, Eiter und niedere Pilze aufbauend und zerlegend auf gewisse chemische Körper ein. Auch sie verlieren, wie Platin, in der Siedehitze die Fähigkeit, wie bisher fortzuwirken; ebenso werden beide Körperarten in feiner Verteilung zu weiterer chemischer Tätigkeit unfähig gemacht, wenn man sie durch Zuführung giftig wirkender Gase oder Flüssigkeiten abtötet. Hierbei handelt es sich nur um die Wirkung der Oberfläche, beziehungsweise auf die Oberfläche. Greifen wir noch einmal auf die kleinen Organismen zurück! Wirkt die chemische Substanz auch nur auf kaum denkbare Bruchteile eines Millimeters tief auf einen Körper ein, so ist damit bei der geringen Größe winziger Geschöpfe, z. B. der Bakterien und Bazillen, die Möglichkeit zu ihrer Vernichtung gegeben. Da sie als Krankheitskeime von kranken auf gesunde Lebewesen übergehen, so veranlassen sie die ansteckenden oder Infektionskrankheiten. Zu ihnen gehören zum größten Teil außerordentlich winzige Geschöpfe, sogar die kleinsten bekannten Lebewesen. Die kugelförmigen Zellen der kleinsten Micrococcus- Arten haben einen Durchmesser von 0,ooo5 mm, und die stabförmigen Zellen des Tuberkelbazillus, welcher bei Lungenkranken auftritt, haben einen Durchmesser von 0,002 bis 0,oo4 mm Länge; dagegen mißt der Querdurchmesser der meisten Arten etwa 0,ooi mm. Stoffe, welche diese kleinen Organismen vernichten, nennt man deshalb auch Desinfektionsmittel, weil sie die Ansteckungs- gefahr zu beseitigen vermögen. Bei einer solchen Desinfektion erfolgt also die Stoffveränderung, freilich von außen her und oberflächlich, aber trotzdem fast durch die ganze Masse hindurch. Sie wird, sozusagen, sofort eine vollständige, chemische Umsetzung des Krankheitserregers veranlassen. Auch bei den Vertretern der höheren Pflanzenwelt lassen sich die bei starren Körpern gefundenen Gesetzmäßigkeiten wieder antreffen. Die kleineren sind verhältnismäßig kräftiger und stärker, als die großen,; deshalb kann auch ein ungewöhnlich hoher Baum seine Aste nicht in demselben Verhältnis entwickeln, wie ein kleiner. Würden sie zu ungewöhnliche Dimensionen annehmen, so müßten sie schließlich durch ihr eigenes Gewicht zerbrechen. Sehr große Gebilde vermag nur das Wasser hervorzubringen, da es das Eigengewicht der Körper stark herabsetzt. Der größte Vertreter aus dem Pflanzenreiche ist der Riesentang ( Mo.crocystis ). An den Küstengebieten Südamerikas soll sein Achsenteil vom Meeresboden bis zur Oberfläche über 200 m lang werden. — Um Druckkräften standzuhalten, welche durch vermehrte Belastung, z. B. durch Schnee, Reif und Eisanhang, in Gegenden mit reichlichen Niederschlägen zur Winterzeit auftreten, werfen die Laubbäume ihre Blätter ab. Aus dem- selben Grunde sind die Äste von Nadelhölzern in ganz eigenartiger Weise aufgebaut. Die obere Partie besteht aus Weißholz, welches hohe Zugfestigkeit besitzt, während darunter druckfestes Rotholz liegt. Die Gesamtanlage ist also die eines Kranes, wie er zum Heben gewaltiger Lasten verwendet wird. Dem Bauplane der Äste entsprechend, bilden auch Stämme, die durch vorherrschende Winde stark in Anspruch genommen sind, Rotholz aus: hier auf der Seite, nach der der Wind bläst, auf der sogenannten Leeseite. Bei schief stehenden Stämmen entsteht das Rotholz auf der Unterseite. Röhrenartige Teile, welche das Tragen schwererer Gebilde besorgen, finden sich häufig im Pflanzenreiche. Der Grashalm, der eine Ähre trägt, welche viel schwerer wie er selbst ist, besitzt in hohem Maße Festigkeit gegen Bruch und Verbiegung. Wäre er nicht hohl, sondern massiv, so würde er diese Fähigkeit in viel geringerem Grade haben. Die Ausbildung XXXJ des Bambusrohres bedingt seine vielfache Verwendbarkeit; seine Festigkeit hat sogar Gelegen- heit dazu geboten, ihn bei gewissen Maschinenkonstruktionen, z. B. bei Fahrrädern, wegen seiner Leichtigkeit an Stelle röhrenförmiger Eisenteile zu verwenden. — Die verschieden- artigen Flugeinrichtungen, die bei den Samen vorzüglich zu ihrer Verbreitung beitragen, bieten der umgebenden Luft einen möglichst großen Widerstand dar. Dadurch sinken viele Früchte nur langsam von der Mutterpflanze zur Erde und werden dabei von jedem Lufthauch aufs neue hochgehoben und auf weite Strecken hin fortgeführt. Wo die Größe der Oberfläche sich zeitweise, z. B. durch zu große Verdunstung des Wassers oder zu große Abkühlung- unangenehm bemerkbar macht, kann sie durch Veränderung der Blatthaltung (Zusammenlegen) verkleinert werden, wie z. B. bei Sauerklee. Auch bei dem Tiere muß die Oberfläche des Körpers im richtigen Verhältnis zu seiner Masse stehen. Daraus ergibt sich dann mit Notwendigkeit, daß für das Wachstum unter Beibehaltung der Form eine Grenze besteht. An einer Schlange ist sogar eine Berechnung angestellt und eine ganz bestimmte Zahl, der biologische Faktor, ermittelt worden. Für diesen könnte man die Bezeichnung „Oberflächenbelastung“ einführen, ein Wert, der in der Lehre von den Bahnen geschleuderter Körper als „Querschnittsbelastung“ bekannt ist. Daß die Belastung eines Körpers notwendig mit den Dimensionen in Beziehung zu bringen ist, weiß Galilei durch Beispiele zu belegen. Ein Pferd — so sagt er — das 2 bis 2,6 m herabfällt, kann sich die Beine brechen. Ein Hund erlitt bei dieser Höhe kaum einen Schaden, während eine Katze sogar 5,3 bis 6,6 m, eine Grille von einer Turmspitze und eine Ameise sogar vom Monde herabfallen könnte. — Auch die kleineren Tiere sind kräftiger und stärker als die großen. Deshalb kann ein Pferd oder ein Riese nicht ohne weiteres die zehnfache Größe erreichen, wenn nicht die Verhältnisse aller Glieder sich änderten. Besonders müßten die Maße der Knochen weit verstärkt werden, oder es müßte ihr Material fester und widerstandsfähiger werden, als es ist. Unter Beibehaltung der gewöhnlichen Verhältnisse würde der Riese schwächer als ein gewöhnlicher Mensch sein, bei zu gewaltiger Größe würde er sich selbst zerdrücken und zu Boden stürzen. Das Knochengerüst kann um so zarter sein, je kleiner ein Tier ist; je weniger Substanz aber zu diesem Zwecke verwendet wird, desto mehr kann davon in anderer Weise nutzbringend verwendet werden. Horner, Zähne, Spitzen und andere Gebilde können dann spitzere, schärfere, vollkommenere und mannigfaltigere Formen annehmen. Um große Geschöpfe mit freier Beweglichkeit hervorgehen zu lassen, hat die Natur auch hier das Mittel angewendet, welches ohne Veränderung der Festigkeit der Substanz zum Ziele führt. Bei den Fischen, die ja im Wasser leben, ließ sie Knochen und Fleischteile nicht nur sehr leicht werden, sondern in ihrem Medium sogar ohne alles Gewicht. Das Eigen- gewicht dieser Tiere ist im Mittelwerte annähernd gleich dem des Wassers. Bei ihnen haben die Knochen deshalb auch nicht die Aufgabe, ihr eigenes Gewicht und das der anderen Körperteile zu tragen. Deshalb kann das Meer auch gewaltige Geschöpfe, wie die fisch- ähnlichen Wale, hervorbringen, die in einer Umgebung von Luft nicht bestehen könnten. Geraten solche Riesentiere auf das Land, so gehen sie erbärmlich zugrunde; die Verbindung der Knochen erschlafft, und der Körper wird von seinem eigenen Gewichte zerquetscht. Auch ausgehöh’lte Körper kommen im Tierreiche zur Anwendung; sie sind besonders bei den Knochen der Vögel im Gebrauch, hier teilweise, wie auch bei denen anderer Lebe- wesen, durch ein zartes Pfeilerwerk aus Knochenmasse abgesteift, d. h. gegen Verbiegung und Verschiebung gesichert, und vielfach sogar auf den Angriff von Druck- und Zugkräften eingerichtet. Bei den Fischen scheint eine Grenze in der Größe nicht unbedingt erforderlich zu sein. Vielleicht ist dies darauf zurückzuführen, daß hier Geschwindigkeit und Größe in einer an- gemessenen Beziehung zueinander stehen. Da das umgebende Wasser vollständig das Tragen der Tierkörper auf sich nimmt, ist die verhältnismäßig große Übereinstimmung zwischen den Vertretern der verschiedenartigsten Gruppen leicht zu verstehen. Die Räuber unter ihnen XXXII sind dabei meist durch ihren schlankeren und geschmeidigeren Körperbau verhältnismäßig leicht von den anderen zu unterscheiden. Bei den Vögeln zeigt der Bau und die Form der Leiber viel mehr Abwechslung, als bei den Fischen. Dafür haben sie aber auch durch die Bewegung der Flügel sich einmal in der Luft zu halten und außerdem noch vorwärts zu bewegen. Der dabei zu überwindende Widerstand ist vom Querschnitte des Flugmuskels und der Quadratzahl aus der Länge des Vogelkörpers abhängig. Da diese beiden Bedingungen sich verschiedenartig gegeneinander abändern können, so ist für die Fortbewegung in der Luft für Tiere in der verschiedensten Weise gesorgt. Bei dem Tragen des eigenen Gewichtes stellen sich dagegen einige Schwierig- keiten ein. Da es mit den Körpermaßen, d. h. mit den Kubikwerten der Dimension, in Beziehung zu bringen ist, nimmt das Gewicht des Tierkörpers schneller zu, als die zum Tragen notwendige Kraft. Deshalb mußte eine einheitliche Form der Flugtiere aufgegeben und dahin abgeändert werden, daß die Flügelfläche und der Muskelquerschnitt in vergrößertem Maßstabe wuchsen, als die Längenverhältnisse des übrigen Vogelkörpers. Wie Untersuchungen über die Muskelarbeit der Tiere ergaben, hängt z. B. die Sprungfähigkeit nicht von ihrer Größe ab. Sie ist allein dadurch bedingt, in welchem Ver- hältnisse die Muskulatur zur Körpermasse steht. Ferner ergab sich, daß kleine Tiere ver- hältnismäßig bedeutendere Lasten zu heben vermögen, wie große. Kleine Flugjtiere haben auch nur einen geringen Teil ihrer Muskulatur zum Fliegen nötig. 1 Entsprechend dem Umstande, daß physikalische Gesetzmäßigkeiten, die an der Ober- fläche von Körpern sich abspielen, mit den Quadratzahlen zu- und abnehmen, sind auch die Beziehungen am Tierleibe. Das Verhältnis zwischen erzeugter und abgegebener Wärme bleibt bei Land- und Lufttieren, falls die Dimensionen sich abändern, nicht dasselbe: Je kleiner der Körper ist, desto mehr Wärme wird er ausstrahlen. Daher müssen kleinere Tiere auch verhältnismäßig größere Nahrungsmengen zu sich nehmen, schnell atmen, sich beim Schlafe zusammenrollen usw. Deshalb bezieht der Zaunkönig nach den zusammenfassenden Untersuchungen Killermann’s sogenannte Schlaf- und Winterherbergsnester, in denen er in größerer Zahl einer übergroßen Abkühlung zu entgehen sucht. Aus diesem Grunde überwintern gemeinschaftlich nicht nur, wie bekannt, die Bienen, sondern nach W. Schoenichen auch Kreuzottern, Blindschleichen, Regenwürmer, Raupen, Marienkäferchen und andere Tiere. Sind die Ausdehnungen so beschaffen, daß die Natur zu dem von ihr geplanten Ziele, nicht gelangen kann, so bedient sie sich eigenartiger Kunstgriffe. Wo z. B. der Sitz gewisser Sinneswahrnehmungen auf der Oberfläche von Organen ist, wird diese stark ver- größert, wenn eine größere Leistung erwartet wird. Dadurch erklärt sich die relative Menge von Windungen und Furchen auf der Oberfläche des Gehirns, betrachtet bei verschiedenen Tieren und Menschen. So läßt sich die Funktion der Nasenmaschein und ihre besondere Form bei Wiederkäuern und Raubtieren verstehen. Die hervorgehobenen Gesetzmäßigkeiten aus den verschiedenen Gebieten der Natur- wissenschaften lassen sich mit A. Witting etwa in folgender Weise zum Ausdruck bringen : „Wenn für einen Naturkörper von bestimmter Form ein Gleichgewicht zwischen Kräften notwendig ist, die verschiedenen Dimensionen der linearen Dimension proportional sind, so ist dieser Körper nur in einer ganz bestimmten Größe möglich“. XXXIII Außer diesen zehn Ordentlichen Sitzungen und den sich anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche der Erledigung geschäftlicher Angelegen- heiten dienten, fanden noch vier V ersammlungen der Gesellschaft statt, in welchen folgende vor den Mitgliedern ihren Damen und Gästen durch Licht- bilder illustrierte Vorträge gehalten wurden: 1. Vortrag des Herrn Professor Dr. Spies- Posen: ,,Über radioaktive Stoffe“; mit Demonstrationen von Experimenten und Projektions-Bildern; am 9. Januar im Apollosaal des Hotel du Nord. 2. Vortrag des Herrn Rudolf Zabel- Berlin: ,,Zur Kriegszeit in Japan und Korea“; mit Demonstrationen von Lichtbildern mittels des Skioptikons der Gesellschaft; am 20. Februar im ,.Danziger Hof“. 3. Vortrag des Herrn Geheimrat Professor Dr. Miethe- Charlottenburg: „Über farbige Photographie“; mit Demonstration von Lichtbildern mittels des Projektionsapparats; am 1. Dezember im Schützenhause. 4. Vortrag des Herrn Geheimrat Professor Dr. Miethe - Charlottenburg : „Die Natur im Spiegel der farbigen Photographie“; mit Demonstration von Lichtbildern mittels des Projektionsapparats; am 2. Dezember im Schützenhause. XXXIV o e Übersicht über die Im dem Omdemtliclxem Sitzumgen 1905 behandelten Gegenstämde. A. Allgemeines. 1. Der Direktor, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht über das Jahr 1904 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sektionen vor; am 4. Januar. 2. Der Direktor, Herr Momber, überreicht den Bericht des Herrn Pro- fessor C (VN wen tz über die 25jährige Tätigkeit des Provinzialmuseums für Westpreußen; am 4. Januar. 3. Der Direktor widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Herrn Landgerichtsrat Hesekiel einen Nachruf; am 1. März. 4. Herr Professor Conwentz widmet dem verstorbenen Ehrenmitgliede der Gesellschaft, Freiherrn von Richthofen, einen Nachruf; am 18. Oktober. 5. Herr Professor Conwentz teilt mit, daß er im Namen der Gesellschaft der Abteilung für Naturwissenschaften der deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaften in Bromberg zu ihrem 40jährigen Bestehen Glückwünsche überbracht hat; am 16. November. B. Physik^ Chemie und Technologie. 1. Vortrags des Herrn Ruff: „Über die Herstellung und Verwertung der flüssigen Luft“; mit Experimenten; am 4. Januar. 2. Vortrag des Herrn von Mangold: „Neuere Anschauungen über das Wesen der Elektrizität“; mit Demonstrationen; am 1. März. 3. Vortrag des Herrn Dahms: „Über einige Vorgänge bei ungewöhnlicher Temperatur“; mit Demonstrationen; am 22. März. 4. Vortrag des Herrn Rössler: „Die Erhöhung der Spannung im Kabelnetz des Danziger Elektri- zitätswerkes“; mit Experimenten; am 3. Mai. 5. Vortrag des Herrn Mentz: „Einführung in den Schiffsmaschinenbau“; mit Lichtbildern und Vorführung von Modellen; am 1. November. XXXV 6. Vortrag des Herrn Evers: „Resonanzerscheinungen bei elektromagnetischen Schwingungen“; mit Experimenten; am 16. November. 7. Vortrag des Herrn Dahms: „Beziehungen zwischen Form und Größe bei Körpern“; am 20. Dezember. C. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. Vortrag des Herrn Schellwien- Königsberg: „Spuren einer alten Eiszeit auf der Erde“; mit Lichtbildern; am 18. Oktober. D. Meteorolegie und Astronomie. 1. Herr Beck macht Mitteilungen über einen großen Sonnenfleck; am 1. Februar. 2. Herr Momber zeigt mit Hilfe des Skioptikons die Photographie eines Kugelblitzes, die in Zoppot 1903 aufgenommen wurde; am 5. April. 3. Herr Momber zeigt einige auf der Sternwarte der Gesellschaft her- gestellte Mondphotographieen; am 5. April. E. Botanik und Zoologie. 1. Vortrag des Herrn Hildebrand: „Über den Hausschwamm“; mit Demonstrationen; am 1. Februar. 2. Herr Bail zeigt eine Photographie des Hausschwamms; am 1. Februar. F. Medizin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Adolf Wallenberg: „Über die Entwickelung des Gehörorgans bei den Wirbeltieren“- mit Demonstrationen; am 5. April. 2. Der Direktor, Herr Momber, legt ein Werk „Über Tuberkulose- forschung“ vor, das der Gesellschaft von Herrn Münsterberg überreicht worden ist; am 20. Dezember. 3* XXXVI Bericht über die Tätigkeit der ^elition für Physik und Chemie im Jahre 1905. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EVERS. JJie Sektion hat am 19. März eine Sitzung abgehalten. In derselben demonstrierte Herr Momber eine Anzahl der von Herrn Kayser für die Ge- sellschaft konstruierten Apparate, besonders die verschiedenen nach seinen Angaben gebauten Instrumente zur Wolkenhöhenmessung, sein Doppelniveau, seinen Libellenprüfer u. a. m. Eine größere Anzahl der Sektionsmitglieder hat sich an dem von der Technischen Hochschule eingerichteten physikalischen Colloquium beteiligt. XXXVII Jahresbericht des Ärztlichen Vereins zu Danzig, medizinischen Sektion der Naturforschenden Gesellschaft, für das Jahr 1905. Es wurden folgende Vorträge und Demonstrationen gehalten: Am 12. Januar 1905. 1. Herr Vorderbrügge: Chirurgische Behandlung des Magengeschwürs. 2. Herr Goetz: Demonstration eines Sanduhrmagens mit sehr starker Stenose. Am 2. Februar 1905. 1. Herr Valentini: Demonstration eines Falles von congenitalem Myxoedem. 2. Herr Semon jun.: Über Ätiologie und Histologie der Endometritis fungosa (haemorrhagioa). Am 23. Februar 1905. 1. Herr Masurke: Vorstellung eines 5/4jährigen Kindes, bei welchem wegen congenitaler Hüftgelenksluxation die Reposition mit bestem Erfolge gemacht wurde. 2. Herr A. Berent: Vorstellung eines drei Monate alten Kindes mit sarkomartigen Tumoren auf der Augenbindehaut der oberen Lider. 3. Herr Freymuth: Klinische und therapeutische Bemerkungen: a) zum Scharlach, b) zur Pneumonie. Am 16. März 1905. 1. Herr Helmbold: Die Skiaskopie. 2. Herr Haase: Die Beziehungen des Kreisarztes zu den Ärzten seines Bezirks. Am 6. April 1905. 1. Herr Ad. Schulz: Über otogene Sinus-thrombose. 2. Herr Barth: a) Vorstellung eines Patienten, bei dem typische Gallensteinkoliken nicht durch Gallensteine, sondern durch eine Striktur des Choledochus an der Papille ausgelöst wurden. Heilung durch Vernähung der Schleimhaut des Duodenums mit der Wand des Choledochus. b) Demonstration eines Präparates von Pankreatitis chron. traumat. 3. Herr Effler demonstriert die Röntgen -Photographie eines großen Tumors in der Brusthöhle. XXX VIII Am 26. Oktober. 1. Herr Valentini stellt einen Patienten vor mit doppelseitiger Armlähmung nach Verletzung der Wirbelsäule. 2. Herr Ad. Wallenberg: Über kortikale sensorische Aphasie infolge einer Thrombose im Gebiet der Art. chorioidea sin., mit Kranken- vorstellung. Am 9. November. 1. Herr Glaeser: Beitrag zur Operation großer Uterusprolapse, mit Demonstration. 2. Herr Ad. Wallenberg: Vorstellung eines Falles von Akromegalie. 3. Herr Effler: Über subkortikale Alexie. 4. Herr Fuchs; a) Zur erweiterten Radikaloperation des Gebärmutterkrebses. b) Komplikation der Schwangerschaft durch eine Dermoidcyste. 5. Herr Barth: Demonstration eines Gehirnabscesses im parietalen Lappen, ausgehend von Otitis med. purulenta. Am 23. November. 1. Herr Francke stellt zwei Fälle vor von Entropium spasticum der unteren Augenlider, von denen der eine durch Paraffin -Injektion geheilt ist. 2. o. mit Demonstration. Herr Behrendt stellt einen Fall vor von angeborener Synechie des einen Naseneinganges. Herr Barth: a) Aspirierte Fremdkörper b) Fremdkörper in der Pleurahöhle 4. Herr Freund: Über Orthodiagraphie mit Demonstrationen am Apparat. Am 7. Dezember. 1. Herr Freund: Vorstellung eines Falles vom Sklerodermie. 2. Herr Thoele: Vorstellung von zwei Fällen von traumatischem Ödem. 3. Herr Lohsse: Über HANOTSche Lebercirrhose, mit Krankenvorstellung. 4. Herr Knauer: Über elektrolytische Diagnostik und Therapie. XXXIX Bericht über die wissenschaftliche Tätigkeit des Westpreussischen Fischereivereins im Jahre 1905. Erstattet von dem Geschäftsführer desselben, Dr. SELIGO. Die Gewässeruntersuchungen wurden fortgesetzt, namentlich wurde den Naturverhältnissen der Gewässer im Winter und der Biologie der größeren Flüsse besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Von Seen wurden in Westpreußen neu untersucht: der Wengorschinsee bei Bergelau, der Halbdorfer und der Pienonskowoer See, der Sapertasee, die Seen bei Neubraa (Kuhnkeseen, Krummer See, Babinkosee, Plötzensee), der Schallsbrücker See, der Deutsch- Kroner Schloßsee, der Mlinsker See, der Kielskisee; in Ostpreußen der Lelesker See, der Wilde Gehlsee und einige andere Seen der Mohrunger Gegend. Von Interesse war auch die Untersuchung der Linau, welche auf der Strecke zwischen dem Weichsel-Haff-Kanal und dem Landgraben in faunistischer und thermischer Beziehung ganz den Charakter eines Sees trägt. Aus Anlaß des Deutschen Geographentages, welcher im Berichtsjahre in Danzig stattfand, gab der Geschäftsführer zu der Festschrift des Ortsausschusses einen Beitrag: „Die Seen Westpreußens“, übernahm auch ein Referat über Wärmeuntersuchungen in den Westpreußischen Seen, während die gleichzeitig veranstaltete geographische Ausstellung mit einer größeren Anzahl von Tiefen- karten der Seengruppen des mittleren Brahegebietes, des Oberlandes und des Weitsees, welche eigens für die Ausstellung hergestellt waren, beschickt wurde. XL Jahresbericht über die Tätigkeit des Westpreußischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege für das Jahr 1905. Erstattet von dem Vorsitzenden, Herrn Regierungs- und Medizinalrat Dr. Seemann. D ie Zahl der Mitglieder betrug am 1. Januar 190£) Zugang im Laufe des Berichtsjahres . . . 73 3 Abgang im Laufe des Berichtsjahres Mitgliederzahl am 31. Dezember 1905 76 7 69 Der Verein hat im Berichtsjahr zwei Vorstandssitzungen und fünf Plenar- sitzungen abgehalten. In der Vorstandssitzung vom 14. Januar 1905 wurden die Vorstandswahlen vorgenommen, welche folgendes Ergebnis hatten: 1. Regierungs- und Medizinalrat Seemann: Vorsitzender. 2. Direktor Neumann: stellvertretender Vorsitzender, 3. Kreisarzt Eschricht: Schriftführer, 4. Veterinärrat Preusse: stellvertretender Schriftführer, 5. Stadtrat Knochenhauer: Kassenführer, 6. Stadtrat Toop | n rr . , TX j Beisitzer. L Kreisarzt Haase J Im Berichtsjahr wurden von Vereinsmitgliedern folgende Vorträge gehalten : 1. Medizinal-Assessor Hildebrandt: Aus der Praxis des Nahrungsmittel- chemikers. 2. Generalarzt Böttcher: Unhygienische Verhältnisse in China nach persön- licher Erfahrung. 3. Redakteur Buchholtz: Über den preußischen Wohnungs-Gesetzentwurf. 4. Regierungs- und Medizinalrat Seemann: Die Cholera 1905 im Regierungs- bezirk Danzig; 5. Dr. W. Geiirke: Über Staub-Entwickelung und -Bekämpfung. Von wichtigeren Vereinsbeschlüssen ist folgendes zu erwähnen: In der Vorstandssitzung am 11. Mai 1905 wurde beschlossen, den Verein in das Vereinsregister eintragen zu lassen. Die dem Königlichen Amtsgericht in Verfolg dieses Beschlusses vorgelegten Satzungen wurden bemängelt, weil sie XL] deu §§ 66 und 77 des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht völlig entsprechen und der Antrag wurde zurückgewiesen. Eine notarielle Umarbeitung der Satzungen wurde nunmehr sofort veranlaßt. Von einer Erneuerung des Antrages noch im Berichtsjahre 1905 wurde indessen durch Vereinsbeschluß Abstand ge- nommen, weil inzwischen durch Versetzung des Medizinalrates Haase der Vor- stand nicht mehr vollzählig geblieben war. In der Sitzung vom 11. November 1905 wurde beschlossen, die Vorstandsneuwahl im Januar des künftigen Jahres abzuwarten und dann den Antrag aufs Neue beim Amtsgericht einzubringen. Die Bestrebungen, betreffend den Milchausschank in Verkaufshallen, welche die Milchverwertungsunternehmer Fiebing und Genossen verfolgen, hat der Verein auch im Berichtsjahr nach Kräften gefördert und zu diesem Zwecke auch den Betrag von 488 M durch Sammlungen aufgebracht. Die Verhand- lungen der vom Verein eingesetzten Kommission mit der genannten Gesell- schaft schweben noch. Eine außerordentliche Zuwendung wurde dem Verein im März des Berichts- jahres zu Teil, indem der Danziger Haltekinder-Verein sein, infolge seiner Auflösung verfügbar gewordenes, Vereinsvermögen dem Westpreußischen Verein für öffentliche Gesundheitspflege in dankenswertester Weise zugewiesen hat. Verzeichnis der fm Jahre 1905 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. I. Durch Tausch gingen ein: Nord=Amerika. Baltimore. J ohn Hopkins Uni versity : 1) Memoirs front the biological laboratory. Y. 1903. 2) Circular 1905. No. 5. Maryland geological survey: Miocene. Text- and plates 1904. Berkeley. Universitv of California publications zoology. Yol. L 2 — 6; II. 3. 1903 — 1905. Boston. American academy of arts and Sciences: 1) Proceedings. Yol. XL No. 6—17. 24. XLI No. 1—10. 18—23. 1904. 1905. 2) The Rumford Fund 1905. Society of natural history: 1) Occasional papers. YII Fauna of New England. 1 — 3. 1904. 2) Memoirs. Yol. Y. 10. 11, YI. 1. 1903—1905. 3) Proceedings. Yol. 31. 2—10. 32. 1 und 2. 1903. 1904. 4) Price list of publications. 1904. Brooklyn. Institute of Arts and Sciences: 1) The Museum. Bulletin. Yol. 1. No. 5 und 6. 1905. 2) Cold spring harbor monographs. III, IY, Y. 1905. Cambridge. The Museum of comparat. Zoology at Harward College: 1) Bulletin. Yol. XLY. No. 4, XLYI. No. 3— 9. 1904. Yol. XLII. XLYH. LXV1II. No. 1. 1904. 1905. 2) Memoirs. Yol. XXXI. 1904, Yol. XXY. No. 2. 1905. Yol. XXYI. No. 5. 1905. Yol. XXX. No. 2, Yol. XXXII. 1905. Chapel Hill. Journal of the Elisha Mitchell Scientific Society. Yol. XXI. 1905. No. 2. 4. Chicago. The John Crerar library 10 annual report for 1904. 1905. Cincinnati, Ohio. University: Publications of the Observatory 15. 1905. Bulletin of the Lloyd library of botany etc. Bulletin 7. 1903. reprod. ser. No. 4, Bulletin 8. 1905. Mycolog. ser. N. 3. Davenport. Proceedings of the Academy of Sciences. Yol. IX. 1901/03. 1904. Leon. Boletin mensual de observatorio meteorologico. 1904. Noviembre, Diciembre. 1905. Febrero — Abril. Junio. Julio. Madison Wis. Wisconsin geological and natural survey. Bulletin XIII. Econom ser. 8. 1904. Transactions of the Wisconsin academy of Sciences, arts and lettres. Yol. XIV, p. II. 1903. 1904. Mexico. Observatorio meteorologico magnetico central. Boletin mensual Agosto, Septiembre 1902. Anales de la academia maxicana de cienc. T. I. No. 1 und 2. 1903. Memorias y revista de la sociedad cientifica „Antonio Alzate“, T. 13. No. 9/10. 1904, T. 19. No. 11/12. 1903, T. 20. No. 11/12. 1904, T. 21. No. 1—8. 1904. Parergones del instituto geologico. T. I. num. 6—8. 1904. XL1JI New York. Academy of Sciences: 1) Annnals. Vol. IV. 1901/03, Yol. XY. 1904, Yol. XVI. p. I. II. 1905. 2) Memoirs. Yol. II. p. IV. 1905. Ottawa. Geological survey of Canada: 1) Contributions to canad. palaeontology. Vol. III. 1904. 2) Relief Map. 1905. 3) Resonrce Map. 4) Windsor Map. Philadelphia. Proceedings of the academy of natural Sciences. Yol. LVI. p. II. III. 1904, Yol. LY II. p. I. II. 1905. The astronomical and astrophysical society of America. 6. Meeting 1905. Rochester. Proceedings of the academy of Science. Yol. 4. 1904. Springfield. Museum of natural history. Bull. N. I. 1904. St. Louis. Missouri botanical garden. 16. annual report. Tambaya. Observatorio astronomico nacional: 1) Annario Aho XXY. 1905. Mexico 1904. 2) Observaciones meteorologicas de 1896. Mexico 1905. Toronto. Transactions of the Canadian Institute N. 16. Yol. VIII. p. 1. 1905. Washington. U. S. Geological survey: 1) Bulletin N. 233—246. 248—250. 250—255. 257—262. 264. 1904. 1905. 2) Professional paper N. 24—27. 29-31. 33. 35. 39. 1904. 1905. 3) Water-supply paper N. 96 — 122. 124. 126. 128. 132. 1904. 1905. 4) Annual report 25. 1903/04. 5) Mineral resources 1903. 1904. Carnegie institution : Publicat. N. 23. 24. 30. 1905. U. S. Naval Observatory: 1) Circular 1905. Notice of telegr. time sig. May 3. 1905. 2) Publications II ser. Yol. IV. Appendix III. 1905. U. S. Department of agriculture: 1) Yearbook 1904. 1905. 2) Publicationes N. 507. 509. 512. 514. 516—517. 519. 520. 522. 1904. 1905. Smithsonian Institution: 1) Annual report 1903. 1904. 2) Bulletin of the U. S. National Museum. No. 50. p. III. 53. p. I. 1904. 1905. 3) Report „ ., „ ,, „ 1903. 1905. 4) Contributions from the U. S. National Herbarium. Yol. IX. 1905. Smithsonian Contributions to knowledge vol. XXXIII. 1904. part. of vol. XXXIY. (1438. 1459). 1903. 1904. Smithsonian Miscellaneous collections : part of vol. XL1Y, (1440); p. of vol. XL VI. (1477. 1543. 1544. 1444. 1571); p. ofvol. XL VII. (1478. 1548. 1559.) vol. II; p. 3. 4. III. p. 1. (1574); p. of vol. XLIX. (1584). 1904. 1905. Süd-Amerika. Cordoba (Rep. Arg.). Boletin de la academia nacional de Ciencias T. XVII. entr. 4. Buenos Aires 1904. Cuyaba (Brasil.). Matto-Grosso. Revista mensal de sc. etc. Anno II N. 9. 1905. La PI ata. Publicaciones de la universidad. No. 2. 1904. Paleontologia Argentina por F Aemghino 1. foll. Direccion general de Estadistica de la provincia Buenos Aires: 1) Boletin mensual. Ano Y. 52. 53. YI. 54. 56. 57. 2) Demografiä. Ano 1900—1902. 1904. 1905. XL IV Montevideo. Annales del Museo Nacional. Flora Uruguaya. T. II. 1905. Boletin mensual del observatorio meteorolögico del colegio pio de villa. Colon. Ano XIX. N. 1 — 3 1904/05. Säo Paulo. Eevista do museo Paulista vol VI. 1904. Revista de sociedade scientifica N. II. 1905. Asien. Calcutta. Asiatic society of Bengal: 1) Proceedings. 1904. No. 6 — 11. 1904. 1905. 2) Journal and proceedings. Vol I. 1 — 4. 1905. Tokio. Mitteilungen d. Kaiserl.- Japan. Universität. B. V. No. 3. 1904, B. VI. No. 3. 1905. Dtscli. Ges. für Natur- und Völkerkunde Ostasiens: 1) Mitteilungen B. X. Teil I. 1905. 2) Satzungen und Geschäftsordnung. 1904. Australien. Melbourne. Public library, museums and national gallery of Victoria: 1) Report of the trustees for 1904. 2) Catalogue of current periodicals. 1905. Belgien. Brüssel. Academy royale de Belgique: 1) Bulletin de la classe des sc. 1904. N. 12. 1905. No. 1 — 8. 2) Annuaire 1905. 3) Memoires de la classe des Sciences. Coli. 40 T. 1. fase. 1 — 2. 1904. „ 8« T. „ 1—3. 1904 u. 1905. Annales de la societe entomologique de Belgique. T. XXXXVIII. 1904. Bulletin du Jardin botanique de l’etat. Vol. I, fase. 5 u. 6. 1904/05. Association internation. pour l’etude des regions polaires. Projet d’une exploration systematique. 1905. Liege. Bulletin de la soc. geologique de Belgique. T. XXXI. 1903/04. Dänemark. Kopenhagen. La societe royale des antiquaires du Nord: 1) Memoires. N. S. 1903. 2) Aarboger 1904. II. R. 19. Bd. Kongelige Danske videnskabernes Selskab : Oversigt over Forhandlinger (Bulletin) 1904. No. 6, 1905. 2. 3. Societe botanique : 1) Botanisk tidsskrift. 26. Bd. H. 3. Deutschland. Aachen. Meteorologisches Observatorium : Deutsches meteorolog. Jahrbuch. Jalirg. IX. 1903. Karlsruhe 1905. Alten bürg S.-A. Mitteilungen a. d. Osterlande, herausg. v. d. Naturf. Ges. d. Osterlandes. N. F. XI. Bd. 1905. Berlin. Mitteilungen aus d. zoologischen Station zu Neapel. 16. Bd. H. 4. 1904. Kgl. Preuß. Akademie d. Wissenschaften: 1) Sitzungsber. 1904. XLI— LV. 1905. I— XXXVIII. 2) Abhandlungen für 1904. XLV Produktion d. Bergwerke, Salinen und Hütten d. preuß. Staates i. J. 1904. 1905. Landesanstalt für Gewässerkunde: Jahrbuch für d. Abflußjahr 1901. (Allgem. Teil und PT. 1 — 6 d. Flußgebiete). 1904. Sitzungsber. d. Gesellschaft Naturforsch. Freunde. Jahrg. 1904. Verhandlungen d. botan. Vereins f. d. Provinz Brandenburg. 46. Jahrg. 1904. 1905. Geologische Landesanstalt und Bergakademie: 1) Protokoll über die Versammlg. d. Direktoren der Geolog. Landesanstalt d. deutschen Bundesstaaten. Eisenach 1904. 2) Jahrbuch f. 1902. XXIII. H. 4. 1905; f. 1903. XXIV. H. 3, f. 1904. XXV. IP. 1—3. 1904. 1905. 3) Veröffentlichungen. 4) Kurze Einführung in d. Verständnis d. geolog.-agron. Spezial-Karten usw. 5) Geolog. Karten Lfg. 70. 108. 109. 110. 111. 117. 122. 124. 6) Erläuterungen z. geolog. Karte v. Preußen u. benachbarten Bundesstaaten: Lfg. 70. G. A. 54. No. 16. 21. 22. 28. Lfg. 108. G. A. 24. No. 42. G. A. 25. No" 37. 38. 43. Lfg. 109. G. A. 19. No. 43. 44. 49. 50. 55. 56. Lfg. 110. G. A. 19. No. 45. 51. 52. 57. 58. Lfg. 111. G. A. 67. No. 51. 52. 57. 58. G. A. 81. No. 4. Lfg. 117. G. A. 32. No. 22. 23. 28. 29. 34. 35. Lfg. 122. G. A. 46. No. 27. 28. 33. 34. 39. 40. Lfg. 124. G. A. 16. No. 31. 37. 43. 49. 7) Abhandlungen. N. F. H. 43. 44. 1901 1905. Deutsche botanische Gesellschaft: 1) Berichte. 23. Jahrg. 1905. H. 2 — 8. 2) Generalversammlungsheft. Jahrg. 22. Königl. Preuß. Meteorologisches Institut: 1) Meteorolog. Jahrbuch für 1903. H. II. 1904. Für 1904. H. I. 1905. 2) Bericht d. internationalen meteorolog. Komitees. Versammlungen zu Paris 1900 und Southport 1903. 1905. 3) Ergebnisse der Niederschlags-Beobachtungen i. J. 1901. 1905. 4) Begründung der von Schmidt der Direktoren -Versammlung zu Innsbruck unterbreiteten Vorschläge. 1905. 5) Ergebnisse der Arbeiten am Aeronautischen Observatorium 1. I. 1903 bis 31. XII. 1904. 1905. 6) Bericht über die Tätigkeit im Jahre 1904. 1905. Berlin-Charlottenburg. VII. Jahrg. d. Jalirb. d. Deutsch -Österreich. Orientklubs „Der Orient“. 1905/06. Serbien unter König Peter I. Berlin-Potsdam. Veröffentl. d. Kgl. Preuß. Geodätischen Instituts. N. F. No. 22. Jahres- bericht 1904/05. Bonn. Sitzungsberichte der Niederrheinisch. Ges. für Natur- und Heilkunde, 1904. I. Hälfte, II. Hälfte. 1905. I. Hälfte. Verhandlungen d. naturhistor. Vereins d. preußischen Rheinlande usw. 61. Jahrg. 1904. I. Hälfte, II. Hälfte, 62. Jahrg. 1905. I. Hälfte. Bremen. Abhdlg. d. Naturwiss. Verein. XVIII. Bd., 1. H. 1905. Deutsches meteorolog. Jahrbuch f. 1904. Jahrg. XV. 1905. Breslau. 2. Nachtrag z. Katalog d. Bibliothek d. Kgl. Oberbergamtes 1893/1904. Geschäftsbericht des Vorstandes der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. 1904. 82. Jahresbericht d. Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. 1905. Dazu Ergänzungsheft: Literatur usw. Zeitschrift für Entomologie. N. F. 30. H. 1905. Bromberg. IPistor. Gesellschaft für den Netzedistrikt: 1) Geschichte während der ersten 25 Jahre. 1880 — 1905. Posen. 1905. 2) Clio cantans, Festlieder 1880- -1905. XL VI Cassel. Abhandlungen und Bericht XLIX d. Vereins für Naturkunde über 68/69. V. J. 1903/05. Danzig. W estpreußischer Fischerei- V erein : 1) Mitteilungen. 1905. Bd. XVII. N. 1—4. 2) Inhaltsverzeichnis z. d. Zirkularen 1 — 9 u. Mitteilungen. Bd. 1 — 16. 1905. Kgl. Technische Hochschule: Programm f. d. Studienjahr 1905/06. Stadtbibliothek : Die Danziger Stadtbibliothek, ihre Entwickelung und ihr Neubau (Günther, Kleefeld). 1905. Westpreuß. i'rovinzial-Museum : 1) Bericht der Prov.-Kommission für die Verwaltung über ihre Tätigkeit und die Verwendung der ihr zur Verfügung gestellten Mittel i. J. 1904. 2) XXV. amtl. Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archäolo- gischen und ethnologischen Sammlungen f. 1904. 1905. Landwirtschaftskammer für die Provinz Westpreußen: 1) Jahresbericht 1903, 1901 u. 1902. 1904. 2) Bericht über die Tätigkeit der V ersuchs- und Sonnenkontrollstation. 1895. 1896. 1899 bis 1904. 3) Bericht über den Zustand der Landeskultur in Westpreußen. 1895— 1900. Darmstadt. Notizbl. d. Vereins f. Erdkunde u. d. Großh. geolog. Landesanstalt. IV. F. H. 25. 1904 Dresden. Sitzungsbericht und Abhandlungen der naturwiss. Ges. „Isis“. Jalirg. 1904. Juli bis Dezember. 1905, Jalirg. 1905. Januar bis Juni. 1905. Sitzungsbericht und Abhandlungen d. Kgl. sächs. Ges. für Botanik u. Gartenbau „Flora“. N. F. 8. Jalirg. 1903/04. 1905. Ges. für Natur- und Heilkunde : 1) Jahresber. 1903/04, 1904/05. .München. 1905. 2) Verzeichn, d. Büchersammlung. 1905. Dürkheim a. d. H. Mitteilungen der Pollichia, naturwiss. Verein d. Eheinpfalz. LXI. Jahrg. No. 20. 1904, LXH. Jahrg. No. 21. 1905. Emden. 88. Jahresbericht der Naturforsch. Gesellschaft 1902/03. 1904. Erfurt. Jahrbücher d. Kgl. Akad. gemeinnützigen Wiss N. F., H. 31. 1905. Erlangen. Sitzungsber. d. physikaliscli-medizin. Sozietät. 36. Bd. 1904. 1905. Frankfurt a. M. Jahresber. d. physikal. Vereins 1903/04. 1905. Senckenbergische Naturforsch. Ges : 1) Abhandlungen 27 Bd., H. 4. 1905. 2) Bericht. 1905. Frankfurt a. O. Helios, Organ d. Naturwiss. Vereins des Reg.-Bez. Frkf. a. O. XXII. Bd. Berlin 1905. G-i essen. 34. Bericht d. Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 1905. Görlitz. Jahreshefte d. Ges. f. Anthropologie u. Urgeschichte d. Oberlausitz. Bd II, H. 1. 1905. Göttin gen. Nachrichten der Kgl. Ges. der Wissenschaften: 1) Geschäft!. Mitteilungen. 1904. H. 2, 1905. H. 1. 2) Mathem.-pliysik. Klasse. 1904. H. 6, 1905. H. 1, 2, 3. Greifswald. Mitteilungen des naturwiss. Verein für Neu-Vorpommern und Rügen. 1904. 36. Jahrg. Berlin, 1905. Kgl. Universität: 1) Chronik f. 1904/05. Jahrg. 19. N. F. Jahrg, 16. 2) Amtl. Verzeichnis d. Personals u. der Studierenden im Winter-Sem. 1904/05 und Sommer-Sem. 1905. 3) Verzeichnis der Vorlesungen im Winterhalbj. 1904/05 u. im Sommerlialbj. 1905. 4) Bericht über die im Jahre 1904 eingelaufenen Preisarbeiten usw. XL VII 5) Dissertationen der medizinischen, juristischen und philosophischen Fakultät. 1904. 1905. XX. Exkursion der Geographischen Gesellschaft. 1905. Geographische Gesellschaft : 1) Kullenfahrt. 1893. 2) Zum 20jährigen Bestehen der Geographischen Exkursionen. 1903. 3) IX. Jahresbericht 1903/05. 4) X., XII., XIX. Exkursion. 1894. 1900. 1902. Guben. Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde. Mitteilungen VIII. Bd. 7/8. Heft. 1904. G üstrow. Archiv des Vereins d. Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 58. Jahr g. 1904. II. Abt., 59. Jahr g. 1905. I. Abt. Halle a. S. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde. 1905. II a m b u r g. Deutsch e Seewarte : 1) Die Wirksamkeit des Sturmwarnewesens an der deutschen Küste. 2) Wind-, Strom-, Luft- und Wassertemperatur auf den wichtigsten Dampfer- wegen des Mittelmeeres. Berlin 1905. 3) Nachtrag zum Katalog der Bibliothek der deutschen Seewarte. 1904. 1905. 4) Aus dem Archiv der deutschen Seewarte. XXVTI. Jahrg. 1904. 5) Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1903. 6) Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. Heft XIII. 1905. Mitteilungen der mathematischen Gesellschaft. Bd. IV, Heft 5. Leipzig 1905. Verhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins 1904. III. F. XII. 1905. Hannover. 50/54. Jahresbericht der Naturhist. Gesellscli. über d. Jahrg. 1899/1904. 1905. Heidelberg. Verhandlungen d. naturhist. -medizin. Vereins. N. F. 8. Bd. Heft 1. 1904. Insterburg. Altertumsgesellschaft: 1) Jahresbericht für 1904. 1905. 2) Festschrift zum 25jährigen (1880 — 1905) Jubiläum der Altertumsgesellschaft. Heft 9 der Zeitschrift 1905. 3) Festlieder zum Jubiläum. Jena. Zeitschrift für Naturwissenschaft, herausgegeben v. d. medizin. -naturwiss. Gesellscli. 39. Bd. N. F. 32. Bd. Heft 2 — 4. 1904. 1905. 40. Bd. N. F. 33. Bd. Heft 1 — 3. 1905. Karlsruhe. Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins. 18. Bd. 1904/05. Kiel. Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: 1) Register zu Bd. I/XII. 1904. 2) Schriften Bd. XIII. Heft 1. 1905. Wissenschaftliche Meeresuntersucliung^n, herausg. v. d. Kommiss, zur wiss. Unter- suchung der deutschen Meere in Kiel und der Biolog. Anstalt auf Helgoland. N. F. 7. Bd., Heft 1, N. F. 8. Bd. Abt. Kiel. Kiel-Leipzig 1905. Mitteilungen des anthropologischen Vereins in Schleswig-Holstein. 17. Heft. 1905. Königsberg i. Pr. Oberländische Geschichtsblätter. Heft 7. 1905. Altertumsgesellschaft Prussia : 1) Bezzenberger. Analysen vorgeschichtlicher Bronzen Ostpreul3ens. 1904. 2) Hollack-Peiser. Das Gräberfeld von Moythienen. 1904. Schriften d. physik.-ökonom. Ges. 45. Jahrg. 1904. Landsberg a. W. Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark: v. Niessen: Geschichte der Neumark im Zeitalter ihrer Entstehung und Be- siedelung. Nebst Karten. 1905. Leipzig. Berichte über die Verhandlungen der Königl. sächs. Gesellschaft d. Wissensch., mathem. -physik. Klasse. 56. Bd. H. 5, 57. Bd. FT. 1, 2, 3, 4. 1905. XL VIII Verhandlungen d. Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. 76. Versammlung, 2. Teil. 1/2. Hälfte. 1905. Lübeck. Mitteilungen d. Geographischen Gesellschaft und des Naturliistor. Museums. 2. Reihe. H. 20. 1905. Marburg. Sitzungsbericht d. Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft. Jahrg. 1904. Meißen. Naturwissenschaftl. Gesellschaft „Isis“. Mitteilungen aus den V.-Jahren 1903/05. München. Sitzungsbericht, d. Gesellschaft für Morphologie und Physiologie. XX. 1904. H. 1. u. 2, XXI. 1905. H. 1. Königl. Bayerische Akademie d. Wissenschaften: 1) Abhandlungen der matliemat.-physik. Klasse. 22. Bd. 2 Abt. 1904. 2) Zwei Festreden (von Heigel, Pringsheim). 3) Sitzungsbericht d. mathemat.-physik. Klasse. 1904. H. 3. 19ö5. H. 1.2. 1905. 4) Nachtrag zum Inhaltsverzeichnis der Sitzungsberichte von 1900,04 Nürnberg. Abhandlungen d. naturliistor. Gesellschaft. XV Bd. H. II. 1904. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. Jahrg. 1904. H. 1 — 4. Posen. Historische Gesellschaft für die Provinz Posen : 1) Zeitschrift. 19. Jahrg. 1. u. 2. Halbbd. 1904. 2) Histor. Monatsbl. V. Jahrg. 1904. H. 1—12. Deutsche Gesellschaft für Kunst- u. Wissenschaft. Zeitsehr. d. naturw. Abt. XI. Jahrg. 3. H., XII. Jahrg. 1. u. 2. H. 1905. Regensburg. Denkschriften d. Kgl. botan. Ges. 3. Bd 1841, 4. Bd. 1. u. 2. Abt. 1859 u. 1861, V. Bd. H. 1. 1864, IX. Bd. N. F. III. Bd. 1905. Schneeberg. Mitteilungen des wissensch. Vereins f. Schneeberg u. Umgegend. 5. H. 1904. Schwerin. Jahrbücher und Jahresberichte des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. 70. Jahrg. 1905. Stettin. Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde: 1) Baltische Studien. N. F. Bd. VIII. 1904. 2) Monatsblätter. 1904. N. 1—12. Stettiner entomologische Zeitung. 66. Jahrg. H. 1. 1905. 33. Jahresber. des Vereins zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. 1905. Gesellschaft f. Völker- u. Erdkunde. Bericht über d. V.-J. 1903/04. Greifswald 1905. Straß bürg i. E. Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, des Ackerbaues und der Künste in Unter-Elsaß. Monatsschrift. XXXVIII. Bd. H. 10. 11, XXXIX. N. 1—6. 1904. 1905. 39 Doktor-Dissertationen der mathem.-naturwiss. Fakultät der Univ. 1903/04. 1904/05. Deutsches meteorolog. Jahrbuch für 1901. Elsaß-Lothringen. 1905. Stuttgart. XX. — XXIII. Jahresber. (1901/04) d. Württemberg. Vereins f. Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. 1905. Jahreshefte d. Verein f. vaterländ. Naturkunde in Württemberg. 61. Jahrgang 1905, nebst 1 Beilage. Wiesbaden. Jahrbücher d. Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrg. 58. 1905. Wiirzburg. Physik -medizin. Gesellschaft: 1) Sitzungsberichte. 1904. N. 1 — 10. 2) Verhandlungen. Bd. XXXVII. N. 1—10. 1904/05. Zwickau i. S. 33. Jahresber. d. Vereins f. Naturkunde. 1903. 42. V.-J. Leipzig, 1905. Frankreich. Amiens. Societe Linneenne du Nord de la France: 1) Memoires. T. XI. 1903/04. 2) Bulletin mensuel. No. 333 — 344. 1901. 30.9 annec, T. XV. 3) Bulletin. No. 345 — 356. 1902/03. 31® ann. T. XVI. XLIX Bordeaux. Societe des Sciences pliys. et natur: 1) Memoires. 6? ser. T. II. 2. Cali. 1904. 2) Proces-verbaux des seances. 1902/03. 1904. Cherbourg. Memoires de la societe nationale des Sciences natur. et mathemat. T. XXXI V. Lyon. Annales de la soc. d’agriculture Sciences et industrie. 8. ser. A. II. 1904. Memoires de l’accademie des sc. 3. ser. t. 8. Paris-Lyon 1905. Marseille. Annales de la faculte des Sciences. T. XIV. Paris 1904. Nancy. Bulletin des seances de la societe des Sciences. Serie III. T. V. fase. II, III, IV, 1904, Serie III. T. VI. fase. I, II, 1905. Nantes. Bulletin de la societe des sc. natur. de l’ouest de la France. II. ser. T. IV. 3/4. Trim. 1904, II. ser. T. V. 1/2. Trim. 1905. Paris. Bulletin des publ'ications nouvelles de la librairie Gauthier-Villers. 1905. l.trimestre. 2/3. trimestre. Bulletin mensuel du bureau central meteorologique de France. 1904. No. 5. Toulouse. Memoires de l’academie des sc. X. ser. T. IV. Großbritannien. Belfast. Report and proceedings of tlieB. natural history andphilosophical society 1903/04. 1904. Cambridge. Philosophical society: 1) Proceedings. Vol. XIII. p. I-III. 1905. 2) Transactions. Vol. XX. No. 1 — 6. 1905. Dublin. The royal Irish Academy : 1) Proceedings. Vol. XXV. Sect. C. No. 5— 11. 1904. 1905, Sect. B. No. 1 — 5. 1905, Sect. A. No. 3. 1905. The royal Dublin society: 1) scientific transactions. Vol. VIII. (Ser. II) No. 6 — 16. 1904, Vol. IX. (Ser. II) No. 1. 1905. 2) scientific proceedings. Vol. X. (N. S.) p. II. III. Vol. XI. (N. S.) 1—5. 1904. 1905. 3) economic proceedings. Vol. I. p. 5. 6. 1904. 1905. London. Royal society : 1) Proceedings. Vol. LXXIV. No. 503—506. Ser. A. Vol. 76. No. 507-512; Ser. B. Vol. 76. No. 507—513. 1905. 2) Philosophical transactions. 1904.1905. Ser. A. Vol. 204. 205. B. Vol. 197.198. 3) Reports of the evolution committee II. 1905. 4) Obituary notices of fellows p. IV. 1905. 5) Reports of the sleeping sickness Commission N. 5. 6. 1905. Edward’s American catalogue p. II. 1905. M an ehest er. Memoirs and proceedings of the literray and philos. society. Vol. 49.p.l — 3. 1905. Sunderland. Publications ofWest Hendon House observatory No. III. 1905. Holland. Amsterdam. Königliche Akademie der Wissenschaften: 1) Verhandelingen Afd. Nat.-K. 1 Sectie Dl. IX, N. 1, 2. Sectie Dl. XI u. XII. N. 1. 2. u. Teil XIII. 2) Jaarboek 1904. Haarlem. Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen: 1) Nieuwere inzichten omtrent de wijze van beveiligen der gebouwen tegen bliksemschade door Gulik (Natuurkd. Verhandl.) 1905. 2) Programma voor 1904. 3) Archives Neerlandaises des sc. exactes et natur. Ser. II. T. X. livr. 1 — 5. La Haye. 1905. 4 L 4) Oeuvres completes de Christian Huygens. X. correspond. 1691 — 1395. La Haye. 1905. Arcliives du Musee Teyler. Ser. II, vol. IX, fase. 3. 1905. Leiden. Verslag van den Staat der sterrenwacht en van de aldaar voibrachte waarnemingen. 1905. Nederlandsclie dierkundige vereeniging. Afl. 1/2: 1) Tijdschrift. 2. Ser. Deel VIII. Afl. s/4. Deel IX. 1904. 1905. 2) Catalogus der Bibliotheek. 1904. 3) Aanwinsten van de Bibliotheek. 1. Jan. — 31. Dec. 1904. Italien. Bologna. Academie roy. des Sciences: 1) Memoire. Ser. V. Tomo IX. Fase. 1—4, 1900 02, Ser. V. T. X. Fase. 1 — 4. 1903/04, Ser. VI. T. 1. 1904. 2) Rendiconto. N. F. Tomo V, VI. 1900/01. 1901/02, VIT. 1902/03, fase. 1—4, VIII. 1903/04, fase. 1 — 4. 3) Indice generale deidieci Tomi. 1890 — 1903. Catania. Accademia gioenia di scienze naturali: 1) Atti della Anno LXXX. 1903. Vol. XVI. LXXXI. 1904. Vol. XVII. 2) Bollettino. delle sedute 1904. Fase. LXXXIII. 1^05. 1905, Fase. LXXXIV. 1905, LXXXV. 1905. LXXXVI. Mailand. Atti della societä Italiana di scienze naturali e del museo civieo di storia naturale. Vol. XLIII. fase. 4. 1905, Vol. XLIV. fase. 1. 2. 1905. Padova. Atti della accademia scrent. Veneto-Trentino-Istriana. N. S. II. fase. 1. 1905. Perugia. Universitär Annali della fac. di Medicina. Ser. III. 1902. Vol. II. fase. 2. 1903, Vol. III. fase. 2—4. 1903/04. Pisa. Atti della societä Toscana di scienze naturali. Vol. XIV. No. 6 — 8. 1904/05. Verona. Atti e memorie dell’accademia. Ser. IV. vol. V. fase. 1. 1904/05 u. Appendice al vol IV. Ser. IV. 1904. Luxemburg. Luxemburg. Fauna, Verein Luxemburger Naturfreunde: Mitteilungen aus den Vereins- sitzungen. 14. Jahrg. 1904. Österreich -Ungarn. Brünn. N aturforschender V erein : 1) Verhandlungen. XLII. Bd. 1903. 1904. 2) XXII. Bericht der meteorolog. Kommission (1902). 1904. 3) Schindler. Beitrag zur Kenntnis der Niederschlagsverhältnisse Mährens und Schlesiens. 1904. Zeitschrift des Mährischen Landesmuseums. V. Bd. H. 1. 2. 1905. 6. Bericht und Abhandlungen des Klubs für Naturkunde (Sektion des Lehrervereins) für d. J. 1903 04. 1905. Budapest. Rovartani Lapok. XI. köt., füz. 10. 1904, XII. köt., fiiz. 1 — 9. 1905. IVIathematikai es termeszettudomanyi ertesitö. XXII. köt., 5 füz. 1904; XXIII. köt., 1—3 füz. 1905. KÖnigl. Ungar. Geolog. Anstalt: 1) Földtani közlöny (Geolog. Mitteilungen) XXXIV. köt., füz. 11 — 12, XXXV. köt, füz. 1—9. 1904. 1905. 2) Jahresbericht für 1902. 1904. 3) Mitteilungen aus dem Jahrbuche. XV. Bd. H. 1 — 3, 1904. 1905. 4) Erläuterung z. Geolog. Spezialkarte der Länder der ungar. Krone. LI Annales historico-natur. Musei nationalis Hungarici. Toi. III. 1905. p. 1. Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. 20. Band. 1902. Leipzig 1905. Aquila, officium Hungaricum ornithologicum XI. T. 1 — 4. 1904. Bapport sur les travaux de l’academie hongroise des sc. 1904. 1905. Graz. Mitteilungen des Vereins der Ärzte in Steiermark. 41. Jahrg. 1904. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Jahrg. 1904. 41. Heft. 1905. Nebst Haupt-Repertorium über Vorträge usw. 1905. Iglo. Jahrbuch des ungarischen Karpathen-Vereins. XXXII. Jahrg. 1905. Kalolcsa. Publikation des Haynald-Observatoriums. Heft IX. 1905. Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum für Kärnten: 1) Carintlria II. Mitteilungen. 1904. No. 6. 1905. N. 1 — 4. 2) Jahrbuch. 27. Heft. 1905. Kremsmünster. Sternwarte: Resultate aus d. i. J. 1903 angest. meteorologischen Beobachtungen. Wels 1904. Leipa. Nordböhmischer Exkursionsklub: 1) Mitteilungen. 28. Jahrg. 1. II. 2. 3. 1905. 2) Hauptregister f. d. Mitteilungen. Jahrg. I/XXV. 1. Teil. 1904. Linz. XXXIV. Jahresbericht d. V. für Naturkunde in Österreich ob der Ems. 1905. 63. Jahresbericht d. Museum Francisco-Carolinum. 1905. Olmiitz. 1. Bericht der Naturwissenschaftlichen Sektion des Vereins „Botanischer Garten“. 1903/04 und 1904/05. Prag. Spolek ChemikS Ceskych: Listy chemicke. XXVIII. N. 2/10, XXIX. 1. u. 2.-5. 8. 1904. 1905. Casopis ceske spolecnosti entomologiske. Acta societatis entomologicae Bohemiae. 1904. Romiik I. Cislo 1 — 4. Kgl. böhm. Ges. d. Wissensch.: 1) Sitzungsber. d. matliem.-naturwiss. Kl. 1904. 2) Jahresber. für das Jahr 1904. 1905. Sitzungsbericht des deutschen naturwiss.-medizin. Vereins für Böhmen „Lotos“. Jahrg. 1904. N. F. XXIV. Bd. 56. Bericht der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten. 1904. 1905. Magnetische und meteorologische Beobachtungen an der K. K. Sternwarte i. Jahre 1904. 65. Jahrg. Wien. K. K. Geologische Reichsanstalt: 1) Jahrbuch 1904. LIV. Bd. H. 2—4. LV. Bd. H. 1—4. 1905. 2) Verhandlungen. 1904. N. 13 — 18. 1905. No. 1 — 12. 3) General-Register d. Bd. XLI — L d. Jahrb. und d. Jahrg. 1891/1900 d. Verhandl. 1905. K. K. Zoologisch-Botanische Gesellschaft: 1) Verhandlungen. LIV. Bd. 1904. H. 1—10. 2) Abhandlungen. Bd. III. H. 1. 2. 1905. Annalen des K. K. naturhistor. Hofmuseums. Bd. XIX. No. 2 — 4. 1904. Mitteilungen d. Anthropologischen Gesellschaft. XXXIV. Bd. H. 6. 1904. XXXV. Bd. H. 1—5. 1905. Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse. 44. Bd. 45. Bd. 1904/05. XV. Jahresbericht d. Wiener entomologischen Vereins. 1904. 1905. Universität: 1) Mitteilungen d. naturwissensch. Vereins. 1904. II. Jahrg. No. 9, III. Jahrg. 1905. No. 1—3. 2) Erdbebenberichte. No. 22 — 27. 1903/04. 4* L1I 3) Sitzungsberichte d. matliem.-naturwiss. Kl. Bd. 112. Abt. I. No. 4—10. II a. No. 7-10. Ilb. No. 7-10. III. No. 1—10. Jahrg. 1904. Bd. 113. Abt. I. No. 1—10. Ha. No. 1— 10. Ilb. No. 1—10. III. No. 1—10. Zweiter internationaler botanischer Kongreß. 1905. Jahrbücher der K. K. Zentral- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Offizielle Publikation. Jahrg. 1903. N. F. XL. Bd. nebst Anhang. Zagreb. Glasnik liroatskoga maravoslovnoga drustva. god. YII u. VIII. 1905. Rußland. Dorpat (Jurjew). Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität: 1) Archiv f. d. Naturkunde Liv-, Estli- und Kurlandes. 2. Ser. Bd. XII. Lfg. 3. 1905. 2) Sitzungsber. 1903. 13. Bd. H. 3. 1905. 3) Schriften 13—15. 1904. Helsin gfors. Societas pro fauna et flora Finnica: 1) Acta 26. 1904. 2) Meddelanden 30. 1904. Kasan. OBUI,ECTBA ECTECTBOHCnWTATEJIEII: 1) TPyftM. t< Mi) XXXYIH. N. 1—3, 1903. tom-l XXXIX. N. 1—6. 1905. . 2) IlPOTOKOJIbi. 1903/04. Kiew. 3AIII1CKH KIEBCKAFO OBIU,RCTBA ECTECTBOIICIlBlfATEJIEH. tomt, XIX. 1905. Mose au. La Societe Imperiale des Naturalistes : 1) Nouveaux Memoires. Tome XYI. Livr. 3 u 4, 1901 u. 1905. 2) Bulletin. 1904. N. 4. 1905. Novo -Alexandria. Annuaire geologique et mineralogique de la Russie. Yol. VII. Livr. 4—6. 1904. St. Petersburg. Acta Horti Petropolitani. T. XY. fase. III, T. XXIII. fase. III, T. XXIY. fase. I. II. Comite geologique: 1) Bulletins. 1904. XXIII. N. 1—6. 2) Memoires. 1904. N. S. N. 14. 15. 17. Academie imperiale des Sciences: Memoires. 8. ser. Yol. XYI. N. 4—10. 1904. 1905. Schweden »Norwegen. Bergen. Museum: 1) Aarbog 1904 u. 1905. II. 1. 2. 2) Aarsberetning for 1904. 1905. 3) An account of the crustacea of Norway. Yol. Y. 1905. Kristiania. Foreningen til norske fortidsmindesmaerkers bevaring. Aarsberetning for 1904. 1905. Universite royale de Norvege: 1) Archiv* Bd. 26. IL 1—4. 1904. 1905. 2) Norman Norges arktiske Flora. T. 1. u. 2. 1900. 1901. Lund. Botaniska Notiser for Ar 1904. Acta Universitatis Lundensis. XXXIX. 1903. Stavanger. Museum. Aarshefte for 1904. 15^ Aargang 1905. Stockholm. Academie royale des Sciences : 1) Handlingar (Memoires) Bd. 37. N. 3. Bd. 39. No. 1 — 5. 2) Arkiv för matematik, astronomi och fysik. Bd. 1. N. 3 — 4. 1904, Bd. 2. No. 1—2. 1905 3) Arkiv för kerni, mineralogi och geologi. Bd. 1. H. 3—4. 1904, Bd. 2. H. 1. 1905. LII I 4) Arkiv för botanik. Bd. 3. H. 4, Bd. 4. H. 1—4. 1904. 1905. 5) — — zoology. Bd. 2. H. 1—3. 1904. 1905. 6) Les prix Nobel. 1902. 7) Peter Artedi. A bicentenary memoir. 1905. 8) Meddelanden frän tha Nobelinstitut. Bd. I. H. 1. 1905. Entomologisk Tidskrift (Entornologiska Föreningen). Arg. 25. 1904. H. 1 — 4. Meddelanden frän Nordiska Museet. 1903. 1905. Geologiska Foreningens: Forhandlingar. 26 Bd. 1904. Sveriges offentliga Bibliotek: Stockholm, Upsala, Lund, Göteborg. Accessions- Katalog 7. 1902. 1904. Trondhjem. I)et kongelige norske videnskabers selskabs skrifter. 1904. Upsala. Bulletin of the geological Institution of the University. Yol. YI. 1902/03. No. 11—12. 1905. Schweiz. Basel. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. Bd. XVII. Bd. XVIII. H. 1. 1904. 1905. Bern. Berichte der schweizerischen botan. Gesell. H. XIV. 1904. Universität. 200 Doktor-Dissertationen. 1904/05. Mitteilungen d. Naturforsch enden Gesellschaft a. d. Jahre 1904. N. 1565/90. 1905. Frau en feld. Mitteilungen der Thurgauischen Naturforschenden Gesellsch. 16. Heft. 1904. Genf. Memoires de la soc. de pliysique et d’histoire naturelle vol. 34. fase. 5, vol. 35- fase. 1. 1905. Ammaire du conservatoire et du jardin botanique. 7/8. 1 1904. Institut national: 1) Bulletin T. XXXVI. 1905. 2) Le 50. anniversaire de la fondation. 1904. Neuchatel. Societe Neuchateloise des sc. naturelles. Bulletin T. XXIX. 1900/01. Schaffhausen. Mitteilungen d. schweizer, entomologf. Gesellschaft. Yol. XI. H. 2. 1905. Sion. Bulletin de la Murithienne soc. valaisanne des Sciences natur. fase. XXXIII. 1904. 1905. St. Gallen. Jahrbuch d. Naturwissenschaft!. Ges. für das Y.-J. 1903. 1904. Winterthur. Verhandlungen d. Schweizer. Naturforsch. Ges. 87. Jahresvers. 1905. Zürich. Vierteljahresschrift der naturforschenden Gesellschaft. 50. Jahrg. V2 H. 1905. Spanien=Portugal. Lissabon. XV. Congres international de medecine. Bulletin Officiel. N. 6. 1905. Madrid. Observatorio : 1) Observaciones meteorologicas 1900/01. 1904. 2) Memoria sobre el eclipse total de sol. 30. 8. 1905. 3) Instrucciones para observar el eclipse total de sol 30. 8. 1905. II. Geschenke: Von den Herren Verfassern. Abraham, M., Beiträge zur Flora des Dt. Kroner Kreises. (Progr. -Beil. Kgl. Gymnas.) Dt. Krone 1905. Böhm, Joh, 1) Über die Fauna der Pereiros- Schichten. Sep.-Abdr. 1901. Berlin. 2) Einige Fossilien aus den Salvagos-Inseln. Sep.-Abd. 1898. Berlin. 3) Description de la faune des couches de pereiros. Sep.-Abdr. 1903. Lissabon. 4) Über cretaceische Gastropoden vom Libanon und Karmel. Sep.-Abdr. 1900. Berlin. LTV 5) Der Grünsand von Aachen und seine Mollusken fauna. Bonn 1895. 6) Über die obertriadisclie Fauna der Bäreninsel. Stockholm 1903. 7) Sechs Sep.-Abdr. geolog. Inhalts. Branco, W., 1) Die fraglichen fossilen menschlichen Fußspuren im Sandsteine von Warnambool, Victoria, und andere angebliche Spuren des fossilen Menschen in Australien. Sep.-Abdr. 1905. 2) Über Höfer’s Erklärungsversuch der hohen Wärmezunahme im Bohrloche zu Neuffen. Sep.-Abdr. 1904. Branco W. und Fraas E., Das kryptovulkanische Becken von Steinheim. Berlin 1905. Cohn, H., 1) Erinnerungen an gemeinsam mit Professor von Mikulicz gemachte schulhygienische Beobachtungen. Sep.-Abdr. 1905. 2) Nachruf für Hofrat Dr. Paul Schubert, den Nürnberger Schulhygieniker. Sep.-Abdr. 1905. Deecke, W., 1) Das skandinavische Erdbeben vom 23. Oktober 1904 und seine Wirkungen in den südbaltischen Ländern. Greifswald 1904. 2) Die Oderbank, N. von Swinemünde. Sep.-Abdr. Greifswald 1905. 3) Über Wealdengeschiebe aus Pommern. Sep.-Abdr. Greifswald 1905. 4) Die Beziehungen der vorpommerschen Städte zur Topographie und Geologie ihrer Umgebung. Sep.-Abdr. Greifswald 1905. 5) 4 Sep.-Abdr. geolog.-paläontolog. Inhalts. Engler, A., Über floristische Verwandtschaft zwischen dem tropischen Afrika und Amerika, sowie über die Annahme eines versunkenen brasilianisch-äthiopischen Continents. Sep.-Abdr. Fidnyi, J., Über Konstruktion und Funktion eines einfachen Gewitterregistrators. Sep.-Abdr. Münster i. W. 1903. Günther, W., Beiträge zur Anatomie der Myrtifloren mit besonderer Berücksichtigung der Lythraceae. Dissert. Breslau 1905. Haeckel, E., Der Kampf um den Entwickelungs-Gedanken. Berlin 1905. Henriksen, G., Sur les gisements de mineral de fer de Sydvaranger usw. Paris 1904. Jacobi, M., 1) Das Weltgebäude des Kardinals Nikolaus v. Cusa. Berlin 1904. 2) Ein Vorläufer der Kant-Laplaceschen Theorie von der Weltanschauung. Sep.-Abdr. Berlin 1904. Janet, Ch., 1) Les habitations ä bon marche dans les villes de moyenne importance. Sep.-Abdr. Bruxelles 1897. 2) Remarque relative ä l’emploi de la Classification decimale. Sep.-Abdr. Paris 1896. 3) L’estetique dans les Sciences de la nature. Sep.-Abdr. Paris 1900. 4) Les fourmis. Sep.-Abdr. Paris 1896. 5) Sur les rapports des Lepismides myrmecophiles avec les Fourmis. Sep.-Abdr. Paris 1896. 6) Recherches sur l’anatomie de la fourmi et essai sur la Constitution morphologique de la tete de l’insecte. Paris 1900. 7) Ütudes sur les Fourmis, le Guepes et lesAbcilles. Note 15 etl6, Sep.-Abdr. Paris 1897. 8) Sur l’emploi de Desinences caracteristiques dans les denominations des groupes etablis pour les classifications zoologiques. Sep.-Abdr. Beauvais 1898. Jentzsch, A., Geologische Bemerkungen zu einigen westpreußischen Bodenanalysen. . Sep.- Abdr. Berlin 1905. Junk, W., Cryptogamae. Botanik I. N. 17. Berlin. Klunzinger, O. B., 1) Zum Andenken an E. v. Martens. Sep.-Abdr. 2) Über die Gangfisch-Blaufelchen-Frage. Sep.-Abdr. Lakowitz, Die Danziger Bucht (aus der Festschrift für den deutschen Geographentag in Danzig). Mallen, B. Mexico, gestern und heute. 1876 — 1904. Deutsche Ausg. Mexico 1904. LY Mangoldt, H. von. Neuere Anschauungen über das Wesen der Elektrizität. (Festrede zu Kaisers Geburtstag.) Danzig 1905. Möbius, Die Formen und Farben der Insekten ästhetisch betrachtet. Sep.-Abdr. Nickel, E., Die Farbenreaktionen der Kohlenstoffverbindungen. Göttingen 1890. Pincus, L., Methodische Kompression als typisches Heilverfahren in der Gynäkologie. Sep.-Abdr. — Die Bedeutung der Atmokausis und Zestokausis für die allgemeine Praxis. (Berliner Klinik. H. 198). 1904. — Belastungslagerung (Englisch). London 1904. Polis, P., Ergebnisse der Luftdruck-Registrierungen von Aachen: Die Wärme- und Nieder- schlagsverhältnisse der Rheinprovinz. Sep.-Abdr. Karlsruhe 1905. Reinicke, G., Die Eisverhältnisse in schwedischen und russischen Gewässern vom Frühling 1903 bis zum Aufbruch des Eises 1905. (Sep.-Abdr.) Freiherr von Richthofen, Das Meer und die Kunde vom Meer. (Gedächtnisrede.) Berlin 1904. Rossum, A. J. yan. Leven sgeschiedenis van Cimbex fagi Zadd. Schellwien, E., Geologische Bilder von der samlän di sehen Küste mit 54 Abb. Königsberg 1905. Stoll, H , Alkohol und Kaffee in ihrer Wirkung auf Herzleiden und nervöse Störungen. Leipzig 1905. Westberg, P., Das Netz der Kreuzspinnen. Sep.-Abdr. Leipzig 1905. Wiedemann, E., Studien zur Geschichte Galileis. Sep.-Abdr. Erlangen 1904. Zölss, P. B., Beiträge zur Kenntnis der atmosphärischen Elektrizität XVIII: Elektrizitäts- zerstreuung in Krausmünster. (1903/04). Wien 1905. Geschenke von Nichtautoren überreicht: 1. Westpreußisches ProvinziaLMuseum. Danzig. Conwentz, Das Westpreußische Provinzial-Museum 1880 — 1905. Danzig 1905. 2. Herr Professor Dr. Schellwien. Königsberg. Zaddach, E. G., Das Tertiär-Gebirge Samlandsj mit 12 Tafeln. Königsberg 1868. 3. Königl. Preuß. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Berlin. Landwirtschaftliche Jahrbücher XXXIII. Bd. (1904), Ergänzungsbd. II., XXXIV. Bd. (1905), H. 1, 2, 3/4, 5, Ergänzungsbd. I, II. 4. Verlagsbuchhandlung Wilhelm Engelmann. Leipzig. 1) Engler, Botanische Jahrbücher der Systematik, Pflanzengeschichte und Pflanzengeographie, 34 Bd , 35 Bd. 1905. 2) Zeller, E. v., Untersuchungen über die Samenträger und den Kloakenwulst der Tritonen. 1905. 5. Königl. Danske Videnskabernes Selskab. Kopenhagen. Julius Thomsen, Systematisk gennemforte termokemiske undersogelsers numeriske og teoretiske resultater. Kopenhagen 1905. 6. Herr Professor Momber. Danzig. Die Stadt Danzig, ihre geschichtliche Entwickelung und ihre öffentlichen Einrichtungen. 1904. 7. Bureau des Internationalen Botanischen Kongreß. Wien. Texte synoptique des documents ä servir de base aux debats du Congr. intern, de Nomenclature botanique de Vienne 1905. Berlin 1905. 3 Exemplare. 8. Herrn Professor Conwentz. Danzig. Marti, C., Die Wetterkräfte der strahlenden Planetenatmosphären. Nidan 1904. LVJ 9. Meteorologische Abteilung des forstlichen Versuchswesens in Preußen. Schubert, Dr. J., Die Witterung in Eberswalde im Jahre 1904. Sep.-Abdr. 10. Westpreußischer Provinzial=Verein für Bienenzucht. Zoppot. Festschrift zur Jubiläums- Versammlung deutscher, Österreich, und ungar. Bienenwirte vom 5. bis 9. August 1905 in Danzig. III. Angekauft wurden folgende Werke: a) Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. Altpreußische Monatsschrift. Bd. 42. American Journal. Vol. 18. 19. 20. Biologisches Centralblatt. Bd. 25. Comptes rendus. T. 140. 141. Goea. Jahrg. 1905. Jacob und Wilhelm Grimm. Deutsches Wörterbuch, X. Bd. Lfg. 15, II. Abt. Lfg. 1, XII. Bd. Lfg. 7, XIII. Bd. Lfg. 4. Leipzig 1905. „Himmel und Erde“, populäre Monatsschrift. XVII. Jahrg. Naturwissenschaftliche Rundschau. 20. Jahrg. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 20. Bd. Naturae novitates (Friedländer). Jahrg. 1905. Nature. Vol. 71. 72. Ostwald’s Klassiker der exakten Wissenschaften, No. 31 — 150. Leipzig. Prometheus. Jahrg. 16. Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Arzte. 76. Vers. Breslau 1904. Leipzig 1905. F. Wahnschaffe. Unsere Heimat zur Eiszeit. Mit vier Abbildungen. Berlin 1896. Zeitschrift des allgemeinen Sprachvereins. Jahrg. 1905. b) Physikalisch=chemischen Inhalts. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 38. Jahrg. Chemische Zeitschreift. 4. Jahrg. Elektrotechnische Zeitschrift. Bd. 26. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie usw. 1898, H. 11; 1899, H. 9. 10; 1903, H. 6 — 8; 1904, H. 1 und 2. Braunschweig 1904. 1905. Journal für praktische Chemie. N. F. Bd. 72. Sammlung chemischer und chemisch-technologischer Vorträge. Bd. 10. Sammlung elektrotechnischer Vorträge. Bd. 6. 7. 8. R. Schenck. Kristallinische Flüssigkeiten und flüssige Kristalle. Leipzig 1905. Wiedemann’s Annalen der Physik und Chemie. Bd. 18; Beiblätter dazu, Bd. 29. Zeitschrift für Instrumentenkunde. Jahrg. 25. c) Astronomischen und meteorologischen Inhalts. Astronomische Nachrichten. Bd. 169 und 170. Berliner astronomisches Jahrbuch für 1907, mit Angaben für die Oppositionen der Planeten für 1905. Berlin 1905. Kienast. Die Klimatologie von Königsberg in Pr., I. und II. Teil. 1898 und 1905. Meteorologische Zeitschrift. Jahrg. 1905. Mitteilung der Vereinigung von Freunden der Astronomie. XV. Jahrg. Scheiner. Die Photographie der Gestirne. Mit Atlas. Leipzig 1897. „Sirius“, Zeitschrift für populäre Astronomie. Jahrg. 1905. „Das Wetter“. 22. Jahrg. LV1I d) Botanisch=zoologischen Inhalts. Annales des Sciences naturelles. Botanique 80. Jahrg. Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 64. 65. 67. 70. 71. Botanisches Centralblatt. 26. Jahrg. Botanische Beihefte. Bd. 18. 19. Botanischer Jahresbericht. 1908 IT, 1904 I und II. Breitenbach. Gemeinverständliche darwinistische Vorträge und Abhandlungen. II. 1 und 8—12, Odenkirchen 1901—1904. H. G. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreiches. 4. Bd. Lfg. 65 — 74 u. Supplement Lfg. 23—26; Bd. 6. Abt. I. Lfg. 16—20, Abt. Y. Lfg. 65— 70. Leipzig 1905. Cohn-Brefeld. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 9. Bd., H. 1. Breslau 1904. A. Engler. Das Pflanzenreich. II. 21 und 22. Leipzig 1905. Engler-Prantl. Natürliche Pflanzenfamilien. Lfg. 221 — 223. Leipzig 1905. Juhlin-Dannfelt. On the diatoms of the baltic sea. Stockholm 1882. Journal für Ornithologie. Jahrg. LIII. Just’s Botanischer Jahresbericht. 31. 32. Jahrg. Nordisches Plankton. H. 3 und 4. Kiel, Leipzig 1905. Oltmann’s Morphologie und Biologie der Algen. 1. und 2. Bd. Spezieller Teil. Jena 1904. Ornitliologische Monatsberichte. Jahrg. 1905. L. Rabenhorst’s Kryptogamen-Flora. I. Bd. Abt. 8. Lfg. 95—98. Leipzig 1905. „Das Tierreich“. H. 1 — 20, 22, 23. Berlin 1896. 1905. J. B. de Toni. Bibliotlieka phycologica 8°. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 79. 80. 82. 83. Zoologischer Anzeiger. Bd. 28. e) Anthropologisch^ethnographischen Inhalts. Archiv für Anthropologie. Bd. 31. 32. Internationales Archiv für Ethnographie. Bd. 17. Zeitschrift für Ethnologie. 37. Jahrg. f) Geographischen Inhalts. von Boguslawski & Krümmel. Handbuch der Ozeangeographie. Bd. 1 und 2. 1884—1887. Stuttgart. Der Wanderer durch Ost- und Westpreußen. Jahrg. 1905. Geographische Zeitschrift. (Hettner.) Jahrg. 11. „Globus“, Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Yölkerkunde. Bd. 85^-88. Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde. 16. Bd., H. 1. Stuttgart 1905. Schillings. Mit Blitzlicht und Büchse. Leipzig 1905. g) Mineralogischen, geologischen und paläontologischen Inhalts. Bludau. Die Oro- und Hydrographie der preußischen und pommerschen Seenplatte. Gotha 1894. Centralblatt für Mineralogie, Geologie usw. Jahrg 1905. W. Hans. Die rationelle Bewertung der Kohlen. Danzig 1905. Neues Jahrbuch für Mineralogie 1905. I. II, Beilageband XX. XXI. Wahnschaffe. Die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. 2. Aufl. Stuttgart 1901. d) Medizinischen Inhalts. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1905. J. M. Klob. Pathologisch-anatomische Studien über das Wesen des Cholera-Prozesses. Leipzig 1867, LVIII Nachtrag zu den Büchern, die im Jahre 1905 durch Tausch eingingen. Berlin. Deutsche entomologische Zeitschrift. Jahrg. 1905. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Jahrg. 1905. Zeitschrift für Fischerei und deren Hilfswissenschaften. Bd. XU. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. 57. Bd. Halle a. S. Leopoldina, amtl. Organ d. Kais. Leopoldiniscli-Carolinischen dtsch. Akad. d. Naturforscher. Heft XLI. Hamburg. Deutsche Seewarte: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Jahrg. 1905. Hannover. Mitteilungen des deutschen Seefischerei-Vereins. B. XXI. München. Allgemeine Fischerei-Zeitung. XXX. Jahrg. Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt. Jahrg. 1905. Florenz. Biblioteca nationale centrale. Bollettino. Jahrg. 1905. Rom. Atti della reale accademia dei lincei, Jahrg. 1905 Krakau. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1905. Kristiania. Nyt magazin for naturvidenskaberne. Bd. 43. LX Jahresrechnung der Naturforschenden Einnahme. A. Allgemeine JC. d). 3 423 59 1 040 05 865 21 3 990 — 2 000 — 52 25 512 95 420 77 2 975 22 15 280 04 Bestand am 1. Januar 1905 1 853 59 \ Resteinnalime aus 1904 1 570 — j I. Grundstücks-Miete usw II. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken III. Beiträge von Mitgliedern IV. Provinzial-Zuschuß Y. Yerkauf der Gesellschaftsschriften . . . YI. — YITI. Verschiedenes IX. Fehlbetrag in 1906 zn decken .... X. Erlös aus verkauften Wertpapieren . . . B. Wolff’sche I. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken 1 616 50 II. Zuschuß des Herrn Ministers und aus Kasse A 700 — III. Erstattung von Auslagen der Werkstatt 353 40 IY. Erlös für verkaufte Wertpapiere 2 501 20 5171 10 C. Verch’sche Bestand am 1. Januar 1905 105 40 Zinsen 577 50 Zuschuß aus Kasse A . 2 79 685 69 LXI Gesellschaft für das Jahr 1905. Ausgabei Kasse. Jt. S). I. Gehälter und Remunerationen 694 60 II. Grundstück 1 023 64 III. Sitzungen und Vorträge . . 823 77 IV. Bibliothek: 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder 1 679 67 2. Gehälter 600 — 3. Zu den Vorarbeiten für einen heuen Katalog 75 — 4. Feuer- Versicherung 154 60 2 509 27 V. Druck d. Gesellschafts-Schriften: a) für d. laufende Heft d. Schriften 3 369 80 b) für den neuen Katalog, I. Band 300 — 3 669 80 VI. Porti und Anzeigen 543 54 VII. Erhaltung des Inventars 47 65 VIII. Insgemein 509 12 IX. Physikal.-Kabinett 200 — X. Anschaffung von Wertpapieren 1 788 65 XI. Erwerb von drei neuen Grundstücken: 1. Frauengasse 26, Kaufpreis zuzüglich Kosten 20 460 — ab Hypothek 10 500 — 9 960 — 2. Kl. Hosennäherg. 12, Kaufpreis ziizügl. Kosten 13 290 — : ab Hypothek 4 500 — 8 790 — 3. Kl. Hosennäherg. 13, Kaufpreis zuzügl. Kosten 11 220 — ab Hypothek 4500 — 6720 — 25 470 — ab Geschenk des Sparkassen- Actien- Vereins . . . 22 000 — 3 470 — 15 280 04 Stiftung. Fehlbetrag aus 1904 512 48 I. Gehalt des Astronomen 1 100 — II. Astronomische Station 1 360 22 III. Anschaffung von Wertpapieren 1989 35 Barbestand 209 05 5171 10 Stiftung. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek 685 69 685 69 LXII D. Humboldt= JL d). Bestand am 1. Januar 1905 793 56 I. Zinsen 567 25 II. Geschenke 11 60 II [. Verkaufte Wertpapiere 1 008 10 2 380 51 E. Bau= Bestand am 1. Januar 1905 594 90 Zinsen und Diverses . 36 — 630 90 F. Fonds für das neue Bestand am 1. Januar 1905 414 43 Zinsen 236 50 650 93 G. Masse des phy= Bestand am 1. Januar 1905 4 09 I. Zinsen 53 47 II. Von der Allgemeinen Kasse Zuschuß 200 — III. Erlös für Wertpapiere 97 — 354 56 LXIIX Stiftung. Ji. S). I. Stipendien 450 — II. Ankauf von Wertpapieren 1804 13 Barbestand 126 38 2 380 51 Fonds, Anschaffung von Wertpapieren 601 60 Barbestand . . 29 30 630 90 Conwentz’sche Werk. Anschaffung von Wertpapieren 401 05 Zuschuß an Kasse A, zum Druck des neuen Katalogs . . . 200 — Barbestand 49 88 650 93 sikalischen Kabinetts. Ankauf von Instrumenten . 83 60 Zur Sparkasse . 153 46 Barbestand . . . 117 50 354 56 LXIV Vermögensbestand am 1. Januar 1906. I. A. Allgemeine Kasse. I. Grundbesitz: ^ a) Das schuldenfreie Grundstück Frauengasse 26 31 950 -- b) Frauengasse 25, Erwerbspreis 20 460 — ab Hypothek 10 500 — 9 960 — c) Kleine Hosennähergasse 12, Erwerbspreis . . 13 290 — ab Hypothek 4 500 — 8 790 — d) Kleine Hosennähergasse 13, Erwerbspreis . . 11 220 — ab Elypothek 4 500 — 6 720 — 25 470 — Hiervon ab Geschenk des Danziger Sparkassen -Actien- Vereins 22 000 — 3 470 — II. Wertpapiere 5 919 70 III. Hypotheken 11 200 — 52 539 70 Abzusetzen: Fehlbetrag der Rechnung, in 1906 zu decken 420 77 52118 93 B. Wolff’sche Stiftung. I. Wertpapiere 6 984 — II. Hypotheken 31 900 — III. Barbestand 209 05 39 093 05 C. Verch’sche Stiftung. I. Wertpapiere 1455 — II. Hypotheken 10 500 - 11 955 - D. Humboldt=Stiftung. I. Wertpapiere 14 790 80 II. Barbestand 126 38 14 917 18 II. Folgende Massen, deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. 1. Bau-Fonds: I. Wertpapiere 597 — II. Barbestand 29 30 626 30 2. Für das neue CoNWENTZ’sclie Werk: I. Hypothek . 3 400 — II. W ertpapiere 1 863 25 III. Barbestand . 49 88 5 313 13 3. Für das physikalische Kabinett 707 50 III. In Rest gestellt zur Verrechnung in 1906 bei der Allgemeinen Kasse 300 LXV A. Mitglieder-V erzeichnis der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. 1. Mai 1906. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit : Ascherson , P., Dr., Geheimer Regierungsrat, Prof, an der Universität in Berlin (Korresp. Mitglied 1893) .... 1904 Bail, Dr., Prof., Oberlehrer a. D. in Danzig (Ordentl. Mitglied 1863) .... 1894 Dohm, Anton , Dr., Prof., Geh. Reg.-Kat, Direktor der Zoologischen Station in Neapel (Korrespondierendes Mit- glied 1876) 1897 v. Drygalski, E., Dr., Prof, an der Uni- versität in Berlin (Korresp. Mit- glied 1897) 1904 Ehrenmitglied seit: v. Hedin, Sven, Dr., in Stockholm (Korresp. Mitglied 1898) 1903 Kayser, Dr., Astronom der Naturf.Gesellsch. 1906 Lissauer, Dr., Prof., Sanitätsrat, in Berlin (Ordentliches Mitglied 1863) . . 1892 MÖhius , K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, Direktor des Königl. Zoologischen Museums in Berlin (Korresp. Mit- glied 1871) 1893 v. Neumayer, Dr., Prof., Wirk!. Geheimer Rat in Neustadt a. Haardt (Pfalz a. Rh.), Hohenzollernstraße 9 (Korresp. Mit- glied 1880) 1893 II. Korrespondierende Mitglieder. Korresp. Mitglied seit : Ahrens , F., Dr., Prof, an der Universität in Breslau 1901 JBerendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrat, Landesgeologe a. D., in Berlin . 1893 Bezzenberger, Dr., Geh. Regierungsrat, Prof, an der Universität in Königs- berg i./Pr 1894 Branco, Dr., Geh. Bergrat, Prof, an der Universität in Berlin ..... 1903 BuclienaU, Dr., Prof., Gymnasial-Direktor a. D., in Bremen ...... 1889 Colin , Hermann , Dr. Prof., Geheimer Medizinalrat in Breslau .... 1880 Conwentz, Dr., Prof., Direktor des West- preuß.Provinzial-Museums in Danzig (Ordentl. Mitglied 1880) . . . . 1878 Korresp. Mitglied seit: Deecke, Dr., Prof, an der Universität in Greifswald 1898 Dorr, Dr., Prof., in Elbing 1898 v. Flansz , Superintendent in Marienwerder 1901 Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül- hausen im Elsaß 1893 Geinitz , E., Dr., Prof, an der Universität in Rostock 1897 Grempler, Dr., Prof., Geheimer Sanitätsrat in Breslau 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Dozent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medizinalrat in Hildesheim 1877 j Haeckel, Dr., Hofrat, Professor an der Universität in Jena 1868 5 LXVI Korresp. Mitglied seit: JTacobsen, Emil , Dr., Chemiker in Char- lottenburg bei Berlin 1870 Jentzsch, Dr.Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 Keliding, Konsul in Radebeul bei Dresden 1894 Klein , Herrn., Dr., Prof., in Köln . . . 1878 Klunzinger, C. B., Dr., Prof, am Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart . . 1875 Kollm, Georg, Hauptmann a. D., General- sekretär der Gesellschaft für Erd- kunde in Berlin 1893 Leincke, Dr., Prof., Gymnasial-Direktor in Stettin 1898 Liebeneiner, Forstmeister a. D. in Oliva bei Danzig 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Luerssen, Dr., Prof, an der Universität in Königsberg i. Pr 1893 Magnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin 1893 Mestorf, Johanna , Fräulein, Prof., Direktor des Kgl. Museums vaterländischer Altertümer in Kiel 1899 Meyer, 0. E ., Dr., Geh. Regierangsrat, Prof, an der Universität in Breslau 1896 Müller, Paul A., Dr., Hofrat, Gehilfe des Direktors des Magnet.-Meteorol. Observatoriums in Jekaterinenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Korresp. Mitglied seit: JSathorst, A. G., Dr., Prof., Direktor der phytopalaeontologischen Abteilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Penzig, Dr., Prof, an der Universität in Genua 1888 Poelchen, Dr., dirigierender Arzt des Stadt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) 1893 JReinicke, E„ Verlagsbuchhändlerin Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrat, Prof, an der Universität in Kiel .... 1893 Remele, Dr., Geh. Regierungsrat, Prof, an der Forstakademie in Eberswalde . 1894 Ross, Dr., Privatdozent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover 1897 Schweder,G., Gymnasial-Direktor a.D. in Riga 1895 Strasburger, Dr., Geh. Regierungs -Rat, Prof, an der Universität in Bonn a.Rh, 1880 Treptow, Emil, Oberbergrat, Prof, an der Bergakademie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) .... 1893 Wittmack , L., Dr., Geh. Regierungsrat, Prof, an der Landwirtschaft!. Hoch- schule in Berlin 1893 III, Ordentliche Mitglieder. a. Einheimische. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnort Danzig. Aufgen. im Jahre Abraham, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1899 Ackermann, Dr., Stadtrat 1904 Althaus, Dr., Arzt, Sanitätsrat . . . .1874 Anton, Regierungsrat 1899 Arens, Direktor d. Schlacht- u. Viehhofes 1906 Baatz, Franz, Kaufmann ...... 1896 Badt, Frido, Kunstmaler ...... 1899 Bail, Dr., Stadtrat . 1897 Barth, Dr., Prof., Medizinalrat u. Oberarzt 1896 Beck, Leo, Kaufmann 1905 Behrendt, Dr., Arzt 1893 Behrendt, Rechtsanwalt 1895 Behrendt, Kaufmann . 1903 Bereut, A., Dr., Arzt 1901 Aufgen. im Jahre Berenz, Emil, Kaufmann 1882 Bertling, A., Redakteur 1892 Bialk, Vikar 1901 Birnbacher , Dr., Königlicher Kreisarzt . 1906 Bischoff, Oscar, Stadtrat 1878 v. Bockeimann , Prof., Oberlehrer . . . 1888 v. Bötticher, Buchhändler 1896 Böttcher, Dr., Korps-Generalarzt .... 1904 v. Brandis, Prof 1905 Brandt, Konsul 1896 v. Braunschweig, General d. Infanterie, Exz. 1903 Br eidspr edier, Geh. Baurat, Prof. . . . 1892 Brinckmann, Dr., Chemiker ..... 1901 Brodnitz, Dr., Rechtsanwalt 1904 Büttner, Prof., Oberlehrer 1903 LXVII Aufgen. im Jahre Caskel , Max, Fabrikbesitzer 1903 Citron , Justizrat, Rechtsanwalt .... 1885 Claassen, Adolf, Stadtrat 1896 Claassen , Albert, Kommerzienrat .... 1886 Cohn, Bruno, Dr., Arzt . 1904 Cohn , Dr., Apothekenbesitzer .... 1904 Conradinum, Realschule in Langfuhr . . 1901 Dahms, Dr., Oberlehrer . 1892 Dalitz, Herrn., Kaufmann 1905 Damme, Geh. Kommerzienrat 1867 Damme, Dr., Kaufmann 1897 David, Diplom-Ingenieur 1905 Debbert, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1895 Dolle, Dr., Regierungsrat 1906 Dommasch, Rendant . 1874 Dreyling, Dr., Arzt 1889 Effler, Dr., Arzt 1897 Eggert , Professor 1905 Ehlers, Oberbürgermeister 1876 Eller, Dr., Direktor 1888 Engler, Georg, Kaufmann 1896 Erdmann, Rektor der Rechtstädtischen Mittelschule 1898 Eschert, P., Dr., Fabrikbesitzer .... 1901 Evers, Prof., Oberlehrer 1878 Ewert, Vorsteher der General-Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahrwasser 1902 JBahl, Regierungs- und Baurat .... 1892 Farne, Dr., Arzt 1878 Fechner , Zahnarzt 1894 Irischer, Dr., Sanitätsrat 1890 Fleck, Dr., Arzt 1902 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer . . . 1896 Francke, Dr., Arzt 1896 Freitag, Dr., Sanitätsrat 1871 Freudenthal, Dr., Rabbiner 1901 Freymuth, Dr., Sanitätsrat, Oberarzt . . 1876 Fricke, Dr., Direktor des Realgymnasiums zu St. Johann 1898 Friedländer , Dr., Sanitätsrat 1883 Fröhlich, Rechtsanwalt 1904 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer . . 1898 Fuchs, Vermessungssekretär 1903 Gaebler, Fabrikbesitzer . 1892 Gartenbauverein zu Danzig 1890 Gehrke, W., Maurermeister ...... 1882 Gehrke, Dr., Arzt 1895 Gerlach, Oberleutnant d. L. . . . . . 1903 Gertzen, Rentner 1905 Aufgen. im Jahre Gieldzinski, Kaufmann 1875 Ginzberg, Dr., Arzt 1890 Gläser , Dr., Arzt 1894 Glimm , Dr., Diplom-Ingenieur 1905 Goebel, Geh. Regierungs- und Gewerberat 1901 Goetz, Dr., Sanitätsrat, Arzt 1882 Goldhaber, Dr., Kaufmann 1900 Gramberg, Diplom-Ingenieur 1905 Grentzenberg, Dr., Oberlehrer in Langfuhr 1900 Gromsch, Marine- Oberbaurat ..... 1904 Günther, Dr., Prof., Stadtbibliothekar . . 1903 J Habermann, Kgl. Baurat 1905 Hägele, Dr., Chemiker 1899 Hahn, Fabrikbesitzer 1905 Hamann, Optiker 1901 Hanf, Dr., Arzt 1874 Hardtmann, Franz, Kaufmann .... 1900 Hasse, Franz, Kaufmann 1877 Hein, Stadtrat 1901 Helmbold, Dr., Arzt 1897 Hempel, Architekt 1905 Hess, Prof., Oberlehrer 1891 Hevelke, Heinrich, Kaufmann 1900 Hildebrand, Medizinal-Assessor .... 1883 Hillger, Prof., Oberlehrer 1902 Hobein, Dr., Oberstabsarzt 1897 Hoepffner, Dr., Generalarzt a. D. . . . . 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1898 Holtz, J ., Rentner 1871 Holz, Direktor der Königl. Navigationsschule 1901 Hopp, Dr., Arzt 1899 Horn, Buchhändler 1901 Hosfeldt, Geh. Marinebaurat 1904 Ibarth, Prof., Oberlehrer 1896 Janke, Baurat, Langfuhr ...... 1906 Jeckstadt, Dr. med 1905 Jelski, Dr., Arzt 1892 Jork, Landesrat 1901 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer . 1886 Keil , Dr., Assistenzarzt 1902 Keil, Prof., Oberlehrer 1885 Kickhefel, Dr., Arzt 1899 Kist, Rentner 1891 Klawitter, Willy, Kaufmann ..... 1897 Kleefeld, Stadtbauinspektor 1902 Klett, Dr. Fabrikbes. in Langfuhr . . . 1901 Knoch, Prof., Oberlehrer in Langfuhr . . 1880 Knochenhauer, Stadtrat 1905 KÖstlin, Dr., Direktor der Provinzial-Heb- ammen-Lehr- Anstalt 1898 5* LXVIIX Aufgen. im Jahre Kohtz , Di\, Arzt 1881 Korella, Dr., Oberlehrer 1890 Korn, Dr., Regierungsrat 1905 Kornstaedt, Apothekenbesitzer 1884 Kosmack , Stadtrat 1882 Kossel, Kaufmann 1901 Kraft, Dr., Arzt in Schidlitz 1903 Kr etschmann, Dr., Direktor des Königl. Gymnasiums 1884 Kronheim, Georg 1904 Kruse, Landesrat . . 1899 Kulise, Wissenschaftlicher Hilfslehrer . . 1905 Kulemann, Baumeister, Kgl. Baugewerks- schullehrer a. D. in Langführ . . 1901 Kumm, Dr., Prof., Kustos am Westpr. Provinzial-Museum ...... 1892 Kunatli, Direktor der städtischen Gas- und Wasserwerke 1881 Laasner, Uhrmacher . 1877 Lakowitz, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1885 Lange, P., Prof., Oberlehrer 1892 Lautz, Dr., Regierungsrat 1900 Lehmann, Eisenbahnsekretär 1896 v. Leibitz, Major a. D. in Langfuhr . . 1892 Lemme, Dr., Oberlehrer 1904 v. Lengerken, Dr., Prof., Oberlehrer . . . 1902 Lentz, Dr., Prof., Oberlehrer 1902 Lewschinski , Dr., Apotheker 1905 Lewy, J., Dr., Arzt 1887 Lierau, Dr., Oberlehrer 1888 Lietzau, Victor, Optiker 1896 Lietzau, Willy ; Dr., Ingenieur .... 1901 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt, Sanitätsrat . 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann .... 1891 Lohsse, Dr., Arzt 1903 Lorenz , Dr., Prof 1904 Lucks, Lehrer, Assistent an der landwirt- schaftlichen Versuchsstation . . . 1904 Lukat, Oberlehrer 1901 NLagnussen, Dr., Arzt 1904 v. Mangoldt , Dr., Prof., Geh. Reg.-Rat, Magnifizenz 1904 Mannhardt, Prediger 1894 Masurke , Dr., Arzt 1905 Mau , Regierungs- und Geh. Baurat . . . 1901 Meckbach, Stadtrat 1903 Mehnert, Oberleutnant z. S 1906 Mehrlein, Landesrat 1903 Mendel, Kaufmann 1904 Mentz , Prof. 1905 Aufgen. im Jahre Meyer, Albert, Konsul 1878 Meyer, Hermann, Dr., Arzt 1902 Meyer, Semi, Dr., Arzt 1901 Mierendorff , Dr., Arzt 1905 Möller, Paul, Dr., Arzt ....... 1899 Momber, Prof., Oberlehrer 1867 Münsterberg, Otto, Kommerzienrat . . . 1877 Nagel, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat . . 1867 Nass, G., Prof., Oberlehrer ...... 1894 Neumann, Dr., Direktor der Viktoriaschule 1896 Oelilschläger, Amtsgerichtsrat 1901 Oetting, Staatsanwaltschaftsrat .... 1897 v. JJalubicki, Major a. D 1876 Penner, W., Stadtrat 1872 Penner, Dr., Arzt 1884 Pertus, Ingenieur . 1902 Petruschky, Dr., Prof., Stadtarzt, Vorsteher des Bakteriologischen Instituts . . 1897 Petschow, Dr.v Chemiker 1892 Philipp, Dr., Arzt . . . . . . . . . 1898 Pincüs, Dr., Arzt 1883 Plato, Dr., Techn. Hochschule . . . . 1905 Preuss, Lehrer 1905 Preusse, Veterinär - Rat, Departements - Tierarzt . 1890 Putzier, Dr., Arzt 1894 Hedmer, Dr., Arzt 1903 Rehbein, Apothekenbesitzer 1896 Reimann, Dr., Arzt . 1894 Reimann, Justizrat, Rechtsanwalt . . . 1901 Reimann, Edmund, Kaufmann .... 1904 Reinke, Dr., Arzt 1891 Richelot, Dr., Marine-Oberstabsarzt . . . 1903 Rickert, Franz, Dr 1903 Rodenacker, Ed., Stadtrat 1873 Rodenacker, H., Kapitän zur See a. D. . 1906 Röhlke, Marine-Baumeister 1903 Rosenbaum, Dr., Rechtsanwalt .... 1905 RÖssler, Dr., Prof 1904 Rosenstein, Dr 1895 Ruff , Dr., Prof. 1905 Ruhm, Rechtsanwalt 1904 Runde, Eugen, Kaufmann 1900 Saage, Geheimer Justizrat, Langfuhr . . 1906 Salzmann, Carl, Kaufmann 1875 Sauer, Julius, Lithograph 1872 Schaefer, Kaufmann 1885 Scharffenorth, Dr., Arzt 1889 Scheeffer, Prof., Oberlehrer 1878 LX1X Aufgeu. im Jahre Scheller , Apothekenbesitzer ..... 1882 Schlüter , Prof., Oberlehrer 1879 Schmechel, Landschafts -Sekretär .... 1868 Schmöger, Dr., Prof., Vorstand der Versuchs- station der Westpreuß. Landwirt- schaftskammer 1900 Schoenberg , Kaufmann 1874 Schopf , Dr., Kaufmann 1901 Schrey, Regierungsrat, Direktor der Waggonfabrik 1898 Schroeter, Paul , Dr., Oberarzt .... 1890 Schütte , Ingenieur 1899 Schultz, Dr.. Arzt . 1896 Schultz , F. W. Otto, Prof. 1905 Schulz, Ad., Dr., Arzt 1904 Schumann, E., Prof., Oberlehrer .... 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt 1892 Schwarz, Dr., Wissenschaftl. Hilfsarbeiter bei der Stadtbibliothek 1906 Schwarze, Dr., Oberlehrer in Langfuhr. . 1904 Scliwar zenberger, Major a. D 1900 Seemann , Dr., Regierungs- und Medizinalrat 1903 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi- schen Fischerei- Vereins .... 1898 Semon, Max, Dr., Arzt 1893 Siebenfreund, Curt 1905 Siede, Carl , Ingenieur 1898 Simon, Dr., Arzt 1879 Simons, Dr., Techn. Hochschule .... 1904 Solmsen, Dr., Arzt 1899 Sommer, Dr., Prof. 1905 Sonntag, Dr., Oberlehrer 1902 Spendlin, Prof., Oberlehrer 1898 Staberow, Victor, Apotheker 1893 Staeck, Ad., Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 v. Stangen, Oberst u. Brigade-Koram. . . 1903 Steinbrecher , Oberlehrer 1901 Stentzier, Oberlehrer 1900 Stoddart, Francis Blair, . Kommerzienrat, Stadtrat 1877 ho Aus Aufgen. im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Kommerz. -u. Admiralitäts- rat a. D., Bankdirektor in Berlin W., Kurfürstenstraße 126 I 1893 Altertumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Direktor in Graudenz 1872 Auwers , Dr., Landrat in Stuhm W.-Pr. , 1901 Aufgen. im Jahre StÖrmer, Albert, Kaufmann 1898 Suckau , Rechtsanwalt 1903 Suhr, P., Direktor der Ober-Realschule . 1890 Szpitter, Dr., Arzt .1900 Terletzki, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1902 Thomas, Gust., Vorsteher der landschaft- lichen Darlehnskasse 1893 Tornwaldt, Dr., Geh. Sanitätsrat, Arzt . 1870 Trampe, Bürgermeister 1898 Treitel, Gerichtsrat 1901 TJnnüi , Adolf, Konsul, Kaufmann . . . 1896 Valentini, Dr., Prof., Med.-Rat, Oberarzt 1899 Vorderbrügge, Dr 1905 Wachsmann, Oberingenieur 1899 Wagefier, Dr. , Prof 1904 Wallenberg, Abrah ., Dr., Sanitätsrat, Arzt 1865 Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt 1887 Wallenberg, Th., Dr., Arzt ...... 1897 Wanfried, Kommerzienrat 1892 Wedding, W., Rentner in Langfuhr . . 1897 Weiss, Justizrat 1890 Wessel, Polizei-Präsident 1894 Westpreussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure 1890 Wien, Dr., Prof 1904 Willers, Dr., Regierungsrat 1892 ■Winkelhausen, Rudolf, Kaufmann . . . 1904 Wischke, Zeichenlehrer 1903 Wisselinck, Dr., Arzt 1904 Wittich, Regierungsrat 1902 Wittkowski, Reichsbank-Direktor .... 1899 Wittstock, Oberlehrer 1903 Wohl, Dr., Prof 1904 Woljf, August, Kaufmann 1875 Wülfing, Dr., Prof. 1904 Ziegenhagen, Kaufmann 1875 Ziegenhagen, Dr., Arzt 1904 Zimmermann, Aug., Ingenieur, Stadtrat . 1883 Aufgen. im Jahre Hehr, Johannes, Dr., Kgl. Geologe, Berlin N, Invalidenstraße 44. Bindemann, Baurat in Charlottenburg, Goethestraße 83 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu- stadt Westpr 1882 LXX Aufgen. im Jahre Böhm, Joh., Dr., Kustos der Sammlungen an der Kgl. Geologischen Landesanstalt in Berlin N., Invalidenstraße 44 . 1884 Bremer , Emil , Dr., Kreisarzt in Berent Westpr 1886 Chmielewski, Vikar in Kulm Wpr. . . . 1906 Domnick, Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Dudek, P., Vikar in Zuckau, Kr. Kartbaus 1906 Duformantel , Paul , Kaufmann, Königs- berg i. Pr 1904 Ehlers, Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 Feyerabend. Prof., Zoppot 1905 Fuerst, Dr., Arzt in Königsberg i. Pr., Tragheimer Kirchenstraße 68 . . 1901 Gräbner , P., Dr., Assistent am Kgl. Botani- schen Garten in Dahlem bei Steglitz 1894 v. Grass, Präsident des Westpreußischen Provinzial-Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Direktor der Ober -Realschule in Graudenz 1885 Gymnasium, Königliches, in Marienburg . 1900 Gymnasium, Königliches, in Neustadt Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Strasburg Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Pr. Stargard . 1900 Hartingh , Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin 1879 Heil, Königl. Wasserbauwart in Kulm. . 1900 Heinrichs , Dr., Arzt in Murraysburg, Capland 1897 Heintz, Sekretär, Zoppot ...... 1905 Hennig, Dr., Arzt in Ohra 1887 Hennig, Dr., Prof., Graudenz 1901 Henrici, Dr., Gerichtsassessor in Graudenz 1901 v. Heyden, Dr., Major z. D., Prof, in Bocken- heim bei Frankfurt a. M 1867 Hilbert, Dr., Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 HÖcherl , Gutsbesitzer in Pelonken bei Oliva 1903 Hohnfeldt, Dr., Oberlehrer in Thorn . . 1884 Hoyer, M., Direktor der landwirtschaftl. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hüge, Apothekenbesitzer in Berlin N., Augustastraße 60 1895 Kämpfe, Dr., Kreisarzt, Medizinalrat in Karthaus Westpr 1895 Kaufmann, Walter, Direktions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr 1892 Aufgen. im Jahre Kreis- Ausschuss in Karthaus Wpr. . . . 1902 Kreis-Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kressmann, Arthur, Konsul a. D. in Groß Lichterfelde bei Berlin .... 1880 Kroemer, Dr., Medizinalrat, Direktor der Provinzial-IrrenanstaltinKonradstein bei Pr. Stargard 1884 Kuhnke, Reg.-Baumeister in Münsterwalde 1903 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau 1879 Mac Lean Loclilan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Sch wetz . . . 1877 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister a. D. in Liegnitz 1874 Meschede, Dr., Geheimer Medizinalrat und Prof, an der Universität in Königs- berg i. Pr 1872 Morwitz, Jos., Kaufmann in Philadelphia, 614. Chesterroad U. S. A. . . . 1871 Müller , Güter-Expeditionsvorsteher a. D. in Oliva 1903 Käst, Oberstleutnant z. D. in Oliva bei Danzig 1901 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oberbergamt, KÖnigl., in Breslau . . . 1890 Palm, Kreisschulinspektor in Karthaus Westpr 1901 Peters, Rentner in Zoppot 1880 Praetorius, J)r., Prof., Oberlehrer in Graudenz 1878 Progymnasium, Kgl., in Löbau .... 1900 Progymnasium in Neumark 1897 Progymnasium, Kgl., in Pr. Friedland . . 1900 j Rabbas, Dr., Direktor der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Realschule, Kgl., in Kulm 1900 Realschule, Kgl., in Dirschau 1900 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 Reinicke, Kapitän, Hilfsarbeiter an der Kais. Deutschen Seewarte in Hamburg . 1899 Roepell, Kammergerichts-Senatspräsident in Berlin SW., Kreuzbergstraße 73 . 1889 Rosentreter, Apotheker in Zoppot . . . 1906 v. Rümcker, Landschaftsrat, Zoppot . . . 1880 Ruttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S 1892 LXXI Aufgen. im Jahre Schanasjafin, Landtags- Abgeordneter, Guts- besitzer in Altdorf bei Danzig . . 1882 Schimanski, Dr., Sanitätsrat in Stuhm . . 1886 Schlucker, Zivilingenieur in Stangenwalde bei Kahlbude Westpr - 1886 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1888 Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmiihl . . 1883 Scholz , Oberlandesger.-Sekr. in Marienwerder 1897 Schröter , Dr., Pfarrer, Oliva 1905 Schubart , Dr., Prof, in Zoppot .... 1866 Schultz, Dr., Wirkl. Geheimer Ober-Regie- rungsrat, Regierungs-Präsident a. D. in Potsdam, Kurfürstenstraße 31 . 1879 Aufgen. im Jahre Schultz, Kgl. Forstmeister in Oliva . . 1904 v. Sierakowski, Graf, Dr., Königlicher Kammerherr, Rittergutsbesitzer in Waplitz, Kreis Stuhm ..... 1890 Speiser, Dr., Arzt in Zoppot 1901 Stadtbibliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Wagner, Dr., Arzt in Zoppot .... 1890 Wiebe, Oberstleutnant z. D. in Oliva . . 1906 Wocke, Kgl. Garten-Inspektor in Oliva . 1900 Zehr, Photograph in Elbing 1896 Zynda , Lehrer a. D. in Zoppot .... 1883 B. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für das Jahr 1906 sind gewählt worden als: Direktor: Professor Momber. Vizedirektor: Geheimer Sanitätsrat Dr. Tornwaldt. Sekretär für innere Angelegenheiten : Dr. Adolf Wallenberg. Sekretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: Kommerzienrat Otto Münsterberg. Bibliothekar: Professor Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträge J. Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann , Stadtrat. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Professor Dr. Petruschky. ■ Beisitzer: Professor Dr. Wülfing. Vorsitzender der Anthropologischen Sektion: vakat, Vorsitzender der Sektion für Physik und Chemie: Professor Evers. Vorsitzender der Medizinischen Sektion: Professor Dr. Barth. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins : Regierungs- und Baurat Fahl. Vorsitzender des Westpr. Vereins für öffentliche Gesundheitspflege: Stadtrat Meckbach. Die Entwickelung der staatlichen Forstwirtschaft in Westpreußen und ihre Beziehungen zur Landeskultur. Yortrag, gehalten im staatswissenschaftlichen Verein höherer Beamter zu Danzig am 20. März 1905 vom Regierungs- und Forstrat Dr. KÖNIG. Der Wald ist ursprünglich auch bei uns eines der schwersten Kultur- hemmnisse gewesen. Er bedeckte zu Anfang unserer Zeitrechnung, nur spär- lich unterbrochen von Lichtungen, fast die ganze Fläche Deutschlands. So berichten uns mit deutlichem Schaudern die sonnegewohnten Römer. Axt und Feuer mußten für Pflug und Sense Raum schaffen: Das Bedürfnis nach Nahrung für Mensch und Vieh zwang zur Vernichtung des Waldes, der immer noch im Überfluß vorhanden blieb. Gingen Kriege und Seuchen über das Land, fehlten die fleißigen Hände, den Acker zu stürzen, die Wiese zu mähen, dann nahm der Wald wieder, was ihm entrissen. Es ist ein Vorgang, den wir auch heute im kleinen be- obachten: Wind, Wasser und Tiere verbreiten den Samen auf weiteste Ent- fernungen; unmerklich erst, dann immer höher und dichter sprießen auf dem vom Menschen und seinen Herden verlassenen Boden die Stämmchen auf, die sich allmählich zum bodenbeherrschenden Walde zusammenschließen. „Wenn die Menschen Deutschland verließen, so würde dieses in 100 Jahren ganz mit Holz bewachsen sein“ — so sagt Heinrich Cotta, einer unserer forstlichen Klassiker. Den Beweis für die Richtigkeit lieferte in großartigem Maßstabe der dreißigjährige Krieg, der Bevölkerungszahl, Wohlstand und Kultur in Deutschland um zwei Jahrhunderte zurückwarf und in dessen Verlauf un- gezählte Dorffluren wüste und zu Wald wurden. „Unglück und Holz wachsen alle Tage“. Sicherlich hat dieses Sprichwort des waldfeindlichen Bauern auch für Westpreußen Geltung gehabt, das zwar vom 30iährigen Kriege nicht zu leiden hatte, aber allein in dem sogenannten 13jährigen Krieg (1454 — ff 466) nach einer wohl übertriebenen Überlieferung 1800 verwüstete Dörfer, über 1000 zerstörte Kirchen zählte, und seitdem nur allzu häufig von der Kriegs- furie, auch 1708/1709 von einer furchtbaren Pest heimgesucht wurde. Erst als Holzmangel drohte, traten an Stelle der regel- und rücksichts- losen Waldnutzung und Waldzerstörung die Anfänge einer vorsorgenden Forst- wirtschaft. Der Wald wurde zur Forst und zu einer Bodenkulturform, gleichberechtigt dem Acker, der Wiese und Weide, dem Garten. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 4. 1 1 2 Mir ist das Thema gestellt: Die Entwickelung der staatlichen Forstwirt- schaft in Westpreußen und ihre Beziehungen zur Landeskultur. Wenn auch eine staatliche Forstwirtschaft im eigentlichen Sinne in Westpreußen kaum vor der preußischen Besitzergreifung bestanden hat, so ist doch eine kurze Besprechung der früheren Schicksale des heutigen Staatswaldes notwendig. Als der erste Hochmeister, Herrmann von Balk, über die Weichsel zog, war sein erstes Kastell in den Ästen einer mächtigen Fiche errichtet. Es hat eine sinnbildliche Bedeutung: Die Eiche mußte fallen; wo sie gestanden, erhob sich die erste Burg, Thora. Vor der Eindeichung und Entwässerung der Werder durch die Ordens- ritter - — einem Kultur werk ersten Ranges, das allein ihnen ein unvergängliches Gedächtnis sichern würde — war die ganze Weichsel-Nogat-Niederung ein großer Bruchwald, in dem nur fünf Dörfer und einige Höfe auf den wenigen höher ge- legenen Teilen vorhanden gewesen sein sollen. Aus dem kaum bewohnten Wald schufen die Ordensritter einen blühenden, dicht bevölkerten Landstrich. Nur in den Niederungen außerhalb der Werderdeiche erhielt sich Wald. Orts- namen wie Ellerwald, Kerbswalde deuten auf sein früheres Vorkommen, heute ist er auch dort geschwunden. Auch für das übrige Ordensland gilt der Erfahrungssatz: Je besser der Boden, je stärker die Volkszunahme und der Zustrom der Kolonisten, desto energischer die Vernichtung des Waldes. Dem Orden als Landesherrn blieben trotz tatkräftiger Besiedelung noch große Liegenschaften, namentlich auch umfangreiche Waldungen, der Grundstock unserer heutigen Staatsforsten. Über die Bewirtschaftung der Ordenswaldungen wissen wir wenig. Wir erfahren, daß an einzelnen Orten Waldmeister bestellt waren, daß die Bienenwirtschaft eine große Rolle gespielt hat und daß der Beutnerzunft besondere Handvesten erteilt worden sind, auch sind uns in den Rechnungen des Ordensschatzmeisters, dem sogenannten Treßlerbuch, Preise für Holz und Kosten der Flößerei überliefert. Danach müssen die Holzpreise nicht sehr viel niedriger gewesen sein als im Beginn des 19. Jahrhunderts, 400 Jahre später. 1466 wurde der König von Polen Herr über das Ordensland, Herr auch der Güter und Waldungen des Ordens. Die Verwaltung dieser Liegenschaften lag neben der Landesverwaltuug und gewissen Arten der Gerichtsbarkeit in der Hand der Starosten, capitanei. Das Land war • eingeteilt in die drei Woywodschaften oder Palatinate: Pomerellen, Marienburg, Culm, und in diesen weiter in 40 Starosteien, welche nach Größe wie nach Umfang der mit ihnen verknüpften Rechte und Pflichten sehr verschieden waren. Die Woywoden und die ihnen beigeordneten Kastellane in Culm, Elbing und Danzig bezogen kein Gehalt, sondern die Einkünfte bestimmter Starosteien, ebenso waren die Starosten lediglich angewiesen auf die Einkünfte ihres 2 Verwaltungsbezirks. Häufig wurden Starosteien verpfändet oder zur Belohnung geleisteter Dienste als Gratialgüter — panes bene merentium — verliehen. Die Starosteien, wie alle übrigen staatlichen Ämter konnten in Polen nur mit Adeligen und sollten in ,,Polnisch-Preußen“ nach dem privilegium incorpora- tionis 1454 nur mit Eingeborenen besetzt werden. Das Privileg wurde aber bald und häufig verletzt. Das Wahlkönigtum mit seinem Kronenschacher und Parteiwesen, die soziale Trennung des theoretisch völlig gleichberechtigten Adels in wenige mächtige und reiche Familien einerseits und die wirtschaftlich von ihnen abhängige arme Schlachta andererseits, der Mangel jeglicher Überwachung und des Gefühls der Verantwortlichkeit gegenüber der Allgemeinheit, alles dies führte dazu, daß die Starosteien als einträgliche Pfründen den herrschenden Familien und ihren Anhängern zufielen und während der vielleicht kurzen Zeit des Besitzes nach Möglichkeit ausgebeutet wurden. Es galt eine tunlichst zahlreiche Gefolgschaft von Schlachtschitzen zu unterhalten und durch Verleihung von Privilegien an sich zu fesseln. Hierbei mußte vor allem der Wald herhalten. Bei der Verwaltung der Starosteiforsten war von einer planmäßigen Wirt- schaft, irgend einer Kontrolle, von Forstetats und Forstrechnungen nicht die Rede. Der Wald war einer schrankenlosen Nutzung auf Gnade und Ungnade ausgeliefert. Bei der Besitzergreifung 1772 waren polnische Forstbeamte, Oberwarte und Waldknechte, vorhanden; nach damaligen Preußischen Begiffen den Hegemeistern und Unterförstern entsprechend. Für einzelne ,, Beritte“ waren auch „ Förster“ nach damaligen Preußischen Begriffen — wir würden heute sagen Oberförster — angestellt. Es scheint aber, daß eine eigentlich ver- waltende Tätigkeit von keinem dieser Beamten gefordert wurde. Dagegen haben wir vollständige Nachrichten über die Besoldungsverhält- nisse aus der Zeit der Preußischen Besitzergreifung. Der Förster, also unser jetziger Oberförster, hatte 40 Taler bar, Dienst- wohnung, einige Morgen Land und Wiese, Stubben und Leseholz frei; als An- weisegeld Y20 von allen Holz-Kaufgeldern. Der Unterförster, unser jetziger Förster, 10 — 24 Taler bar außer dem Anweisegeld, meist Dienstwohnung, Stubben und Leseholz, einige Morgen Land oder ein Deputat von 4 — 8 Scheffel Roggen, l1/ 2 — 3 Scheffel Gerste, 1/2 — 2 Scheffel Weizen, 1 — 2 Scheffel Erbsen, V4 Scheffel Rübsaat zu Öl, 2 — 4 Tonnen Bier, J/2 Schwein, meist auch Butter, Salz, Käse, Buchweizen und einen Küchengarten („Geköch“), oder er erhält weiter nichts als ein Hufe Land und hat den Bierschank dabei. Der wesentliche Teil des Einkommens der Oberförster und Förster war das An- weisegeld; den Holzverkauf so weit wie möglich zu steigern, lag im Interesse der Beamten — ein weiterer Anlaß zu schonungsloser Ausnutzung des Waldes. Das Starkholz, was irgend an die Flößstraßen gebracht werden konnte, wurde als ,, Kaufmannsgut“ nach Danzig verkauft. Nach Ausweis der Schleusen- 3 4 gelder, die in die Starosteikasse flössen, müssen auf dem Schwarzwasser in manchen Jahren 12- bis 18000 Stück Bauholz geflößt worden sein, vielmehr als jemals in Preußischer Zeit. Bei der Besitzergreifung 1772 wurden 10400 Stück Bauholz und 26 Schock Bretter auf dem Schwarzwasser von den Preußen beschlagnahmt. Die zu Ralf-, Lese- und Lagerholz Berechtigten und Eingemieteten nahmen sich nach Willkür. Es waren keine bestimmten Holztage angesetzt, sondern alle Tage stand der Wald offen. Berechtigungen wurden leichtherzig vergeben und große Flächen zu vorüber- gehendem Ackerbau als „Scheffelplätze“ meist gegen Naturalabgaben ausgetan. Es war dies ein Raubbau schlimmster Art, der die aufgesammelte Bodenkraft in wenigen Ernten entnahm und in der Nähe der Ortschaften zum Niedergang des Waldbodens führte. Die Teerbrenner zahlten 1772 einen Jahreszins von 5 — 16 Talern oder für jeden Brand 1 — U/g Taler und mußten außerdem 1 — 3 Tonnen Teer aufs Schloß liefern. Dafür stand ihnen frei, so viel Holz zu nutzen als sie wollten. Sie beschränkten sich aber nicht auf die mühsam zu rodenden Stubben, sondern fällten ganze Stämme, nachdem sie vorher mit dem „Schmeckhieb“, einem Einhieb mit der Axt, festgestellt hatten, ob das Holz auch die gewünschte kienige Beschaffenheit habe. Wo auf andere Weise ein Geldertrag nicht zu erzielen war, wurde der Wald niedergelegt und zu Asche gebrannt, die in den Danziger und Elbinger Pottaschefabriken weiter verarbeitet wurde und einen wichtigen Artikel des Danziger Handels nach England, Frankreich und den Niederlanden bildete. Einen erheblichen Anteil an den Einkünften aus dem Walde, ja in vielen Fällen einen Ertrag, welcher demjenigen der Holznutzung gleichkam, lieferte die Bienenzucht. Noch im Jahre 1773 ist in der Forstrechnung des Sclilochauer Reviers der Beutnerzins mit 500 Taler so hoch wie der Ertrag der ganzen Holznutzung. Die Beutner waren zünftisch zu einer Brüderschaft organisiert, hatten, wie schon in der Ordenszeit, ihre besonderen Gerechtigkeiten und waren zum Schutze der Forsten verpflichtet; es war aber der Bock zum Gärtner gemacht. (Beutner-Gerechtigkeit des Forstamts Schwetz vom 19. Juni 1688). Die Beuten, Bienenwohnungen, wurden in starken Kiefern durch Ausstemmen von Höhlungen angelegt, welche ein aufgenageltes Splißbrett mit Flugloch nach außen abschloß. Die Hauptfutterpflanze für die Bienen war das Heide- kraut. Im Schirm des vollen Kiefernbestandes mit Wachholder- und Laub- Unterwuchs gedeiht es nicht. Daher war die Vernichtung des heran- wachsenden geschlossenen Bestandes durch Feuer eine regelrechte und den Beutnern erlaubte Maßnahme, Sie waren nur gehalten, vor dem Tage Alberti (8. April) und unter genügendem Aufgebot von Menschen zu brennen, und ihr eigenes Interesse erforderte, daß die Brände keine große Ausdehnung erhielten. Besten Falles aber wurde bei dem ins Große gehenden Betriebe der Beutnerei — noch im Jahre 1802 wurden im Forstberitt Schwetz 2520 Beutkiefern 4 5 gezählt — der Wald durchsetzt von zahllosen Brandblößen, seine Bodenkraft zerstört und durch s-tets wiederkehrende Vernichtung der jungen Bestände die nachhaltige Holzerzeugung beeinträchtigt. Schrankenlos wurde die Waldweide ausgeübt. Ob zu Recht, darum .hatte sich, wie in den Revisionsprotokollen des Preußischen Oberforstmeisters vom Jahre 1772 und 1773 immer wieder festgestellt wird, niemand bekümmert. Für die Geringschätzung des Waldbesitzes ist bezeichnend die Tatsache, daß nirgends eine Flächenfeststellung vorgenommen war, und das Fehlen jeder Karte. Jammervoll war der Zustand des Landes, als es 1772 von Friedrich dem Großen in Besitz genommen wurde. Ich verweise auf die in großen markigen Zügen gegebene Schilderung in G. Freytag’s Bildern aus der deutschen Vergangenheit. Jammervoll war auch der Zustand des Waldes, von dem uns die leider nur für den Marienwerderer Bezirk erhaltenen Re- visionsprotokolle des Preußischen Oberforstmeisters vom Jahre 1772 und 1773 ein anschauliches Bild geben. An den flößbaren Wassern, insbesondere der Drewenz und dem Schwarz- wasser, an allen dem Handelsverkehr erreichbaren Orten sind die Heiden nach dem Ausdruck des Oberforstmeisters v. Seydlitz ,, durch die Flöße nach Danzig stark ausgehöltzet, besonders aber vom Bauholz gar sehr ent- blößet“. Der Stratzewoer Wald *) enthält nur Stubben und einige junge Kiefern von Armsdicke. Der Honigfelder Wald ist ,,von der vorigen Herrschaft mit guter Hülfe der beyden Unterförster“ fast gänzlich ausgehauen. So geht es fort. Fast alle Reviere sind über Gebühr ausgeholzt und enthalten über- wiegend nur Brennholz und schlechtes Gesträuch. ,, Kaufmannsgut“, d. h. Rahmen- (Schneideblöcke), Masten- und Spierenholz, ist fast nirgends mehr vor- handen. Zahlreich und zum Teil von unabsehbarer Ausdehnung sind die Brand- flächen und Brandblößen, namentlich in der Tuchler Heide mit ihrem dürren Sandboden. Überall sind die Grenzen nicht bestimmt, ohne Zahl sind die Grenz- streitigkeiteu. Die Jagd ist sehr schlecht. Von dem mehrere Quadratmeilen großen Straßburger Walde heißt es in dem Protokoll (1772): ,,An Wildpreth ist in diesen ziemlich weitläufigen . . Forsten nichts vor- handen, weil in vorigen Zeiten jeder nach Belieben darinnen gejaget hat: Fortanhero ist denen Forstbedienten auf das Schärfste anbefohlen worden, dergleichen Unordnung nicht mehr zu gestatten“. Verwüstet, zerstört ist der Wald überall, wie das ganze Land, das einst zur Ordenszeit ein Garten Gottes genannt wurde. Kriege, Pest und polnische Wirtschaft haben es zur Öde gemacht. fl Bei Stuhm. 5 6 So morsch war der Bau des Polenreichs, daß die Besitzergreifung durch Friedrich den Großen ohne jeden Kampf, fast ohne jede Erschütterung sich vollzog. 1771 schon hatte Friedrich dem Präsidenten von Domhardt in Marienwerder seine Instruktionen erteilt, wonach dieser sorgsam die Organisation des Landes und der Verwaltung vorbereitete. Am 27. September 1772 huldigten im Conventsremter zu Marienburg die Stände dem neuen Herrn. Von dem neugewonnenen Land wurden die Ämter Lauenburg und Bütow zu Pommern, das Ermland zu Ostpreußen geschlagen, der Netzedistrikt abge- zweigt. Es war damit ein Gebiet abgegrenzt, in dem deutsche und polnische Nationalität in etwa gleichmäßiger Mischung sich die Wage hielt. Hinzu- gefügt wurden als altpreußischer Sauerteig die Kreise Marienwerder und Rosenberg. Die neue Provinz, vom Könige 1773 ,, Westpreußen“ genannt, wurde der Verwaltung einer Kriegs- und Domänenkammer unterstellt, die von dem Könige unmittelbar ressortierte. Die Starosteigüter wurden eingezogen. Die dazu gehörigen Waldungen sind der Hauptteil der heutigen Staatsforsten. Den bisherigen Inhabern ge- währte der König eine billige Entschädigung, dagegen beließ er die sogenannten Gratialgüter, d. h. solche, die wegen besonderer geleisteter Dienste auf be- stimmte Jahre oder Geschlechtsfolgen übertragen worden waren, den Besitzern, sofern die in der Verschreibung festgesetzte Zeit noch nicht abgelaufen war. Später, nach Ablauf dieser Fristen, wurden nur wenige dieser Güter eingezogen, die Mehrzahl hingegen nach Ablösung der auf ihnen ruhenden besonderen Abgabe, der Quarte, zu adligen Rechten ausgegeben. Ferner wurden 1773, dem damaligen Zuge der Zeit folgend, die geistlichen Besitzungen eingezogen mit „Ausnahme derer geringen und Dorf-Pfaffen“, „damit die geistlichen Herren durch deren Bewirtschaftung nicht distrahiret, und von Ihren geistlichen Verrichtungen um so weniger behindert werden möchten“. Als Entschädigung wurden jährlich 50 ^ von demjenigen Reinerträge in Gelde ausgezahlt, den die Klassifikationskommission bei ihrer ersten Ab- schätzung festgestellt hatte. Forsten wurden eingezogen von dem Kloster Oliva, dem Kloster Pelplin (Reviere Borkau und Wolsche == Romberg, Rathstube, Eichwald), der Abtei Zarnowitz, dem Kloster Zuckau, dem Kloster Karthaus, den Bischöflich Kulmschen Gütern im Kreise Löbau (Görlitzer und Hartowitzer Wald), die Bischöflich Plozkischen und zu den Kapitelgütern gehörige Waldungen in der Löbauer Gegend, von dem Jesuiter-Kollegium inSchottland(Wälder bei Czapielken und Ober -Sommerkau), dem Jesuiter-Kollegium in Graudenz (Wälder bei Szeakowo und Swiercino), dem Brigittinen-Nonnenkloster in Danzig. Einen weiteren Zuwachs erhielten die Königlichen Domänen durch den Ankauf größerer Güter mit Wald, insbesondere aus dem Fonds von 200 000 Talern, den der König zur Unterhaltung der Volksschulen gestiftet hatte (Neuhof und 6 7 Ostrowitt); das Gut Münsterwalde, von welchem die jetzige Oberförsterei gleichen Namens noch im Staatsbesitz geblieben ist, wurde 1778 zum Aus- gleich einer durch Grenzberichtigung herbeigeführten Einbuße an Staats- einkünften angekauft. Der ganze Königliche Grundbesitz wurde nach preußischen Grundsätzen gesondert in Domänen und in Forsten. Die Domänen wurden nach einjähriger Administration auf jeweils drei Jahre verpachtet. Die Pächter waren fast stets zugleich Verwalter der Domänen- ämter, die „Beamten“ KaT3e%o%r}v. Die Staatsforsten wurden in bezug auf Einnahmen- und Ausgabenverwaltung wie alle Domänen des Staats der Kriegs- und Domänenkammer, in bezug auf forsttechnische Angelegenheiten, Jagd und zum Teil auch Forststraf- gerichtsbarkeit dem bei der Kammer angestellten Oberforstmeister unterstellt und in 16 Forstberitte1) eingeteilt, die mit je einem Förster — wir müßten heute sagen Oberförster — besetzt werden sollten. — Ich sage: sollten! Tat- sächlich ist erst allmählich die volle Zahl der Oberförster erreicht worden. 1773 waren es erst acht; ganz Pomerellen, also ganz Westpreußen westlich der Weichsel, hatte drei Oberförster; der Oberförster in Schlochau hatte ein geradezu ungeheuerliches Revier von 350000 Morgen. Die Unterteilung der Forstberitte in Schutzbezirke („Reviere“ nach da- maliger Bezeichnung) wurde zunächst unverändert so beibehalten, wie man sie aus polnischer Zeit überkommen hatte. Auch gingen die „Unterforst- bedienten“, also Förster und Waldwärter, fast sämtlich in den preußischen Dienst über und leisteten den in der Forstordnung für Ostpreußen vorgeschriebenen Eid. Die Zahl der Unterförster und Waldwärter betrug anfänglich etwa 220. Von allen Forstbeamten hatten nur ganz wenige eine forstliche Fach- bildung. Der Posten des Oberforstmeisters wurde bis Ende des 18. Jahr- hunderts mit verdienten Stabsoffizieren, die Oberförsterstellen gleichfalls in der Regel mit verabschiedeten Offizieren besetzt. Welches forstliche Wissen bei der Vorgesetzten Behörde vorhanden war und von ihr bei den Oberförstern vorausgesetzt wurde, geht aus einer vom Oberforstmeister mitgezeichneten Verfügung der Kammer hervor, in der „zur mehreren Direktion“ bemerkt wird, „daß der Ahorn-, auch Leinbaum genannt“ — also Spitzahorn — „weiße und braune Blätter hat“. Bei diesem tiefen Stande des forstlichen Wissens und Könnens der Forst- beamten und bei der Größe der dem einzelnen zugewiesenen Bezirke, die auch die beste Kraft lahmgelegt hätte, kann es nicht Wunder nehmen, daß der Zustand der Forsten sich nur langsam hob. Immerhin wurde nach Möglichkeit Ordnung geschaffen. Die Tage zur Entnahme des Raff-, Lese- und Lagerholzes wurden auf zwei in der Woche beschränkt, Anweisezettel für die auf Holz Eingemieteten und für die Teer» L Oberförster ei eil. 7 8 brenner eingeführt, die Schneidemüller auf redliche Betriebsführung vereidigt, das Feueranmachen im Walde untersagt, die jungen Anwüchse wurden in Hege gelegt und durch Warnungstafeln geschützt, die Gutsuntertanen der Domänenämter mußten beim Umpflügen, Umharken und Besäen der anzu- legenden Schonungen die gehörigen Handleistungen tun, die Vermessung der Forsten und ihre Einteilung durch Gestelle in Jagen — Quadrate von 200 Ruten Seitenlänge ■ — - wurde begonnen. Bedeutende Altholzflächen, die wir jetzt nutzen, verdanken der von Friedrich dem Großen angeordneten Saatkultur ihre Entstehung, so allein in den Oberförstereien Wilhelmswalde und Deutschheide 2000 ha Althölzer und sehr wertvolle, haubare Bestände der Oberförsterei Grünfelde. So eingehende Fürsorge der große König, meist seiner Zeit vorauseilend, auf die Forstwirtschaft seiner Lande verwandte: In Westpreußen, seinem Sorgen- kinde, hielt er sie ganz besonders unter Augen. Der Oberforstmeister hatte ihm alljährlich einen „Forstrapport“ einzu- reichen, aus dem der Grenzzustand der einzelnen Reviere und die Menge des auf Blößen und Sandschellen ausgesäeten Samens« der verschiedenen Holzarten zu ersehen sein mußte. Eine besondere Spalte des Schemas verlangte Aus- kunft darüber, ob auch der Same durchgängig auf die ganze Fläche und nicht bloß längs der Wege gesäet war. Auf den Reisen zur jährlichen Revue bei Graudenz kam er regelmäßig durch die Tucheier Heide, „Königsstraße“ heißt jetzt noch im Wildunger Revier der Weg, den er meistens benutzte. Dabei nahm er Gelegenheit, sich von dem Zustand der Forsten zu überzeugen. Zahl- reich und zum Teil sehr drastisch sind die Kabinets-Ordres, in denen er auf Grund seiner Beobachtungen Anordnungen zur besseren Wirtschaft trifft. Es sei mir gestattet, einen Auszug aus einer Kabinets-Ordre vom Jahre 1782 zu verlesen, welche durch eine Reise des Königs in den Neumärkischen Forsten veranlaßt und nach Westpreußen zur Nachachtung mitgeteilt wurde: — „ — habe ich wahrgenommen, daß hier mit dem Holze sehr übel umgegangen und sehr schlecht gewirtschaftet wird, dergestalt, daß, wenn das noch 4 Jahre so hingeht, von alle dem Holze garnichts mehr übrig ist. — Davon wird es denn kommen, daß die Leute im Winter werden frieren müssen, oder genöthigt seyn, den Holzbedarf von sehr weiten Gegenden mit großen Beschwerden und Kosten herzuholen. — Hieran ist lediglich Schuld die große Negligence des Oberforstmeisters, oder dessen, der seine Stelle versieht, und auch der anderen Forstbedienten, und fehlt es vornehmlich darin, daß die Heiden nicht in ordentliche Schläge eingeteilt werden, wie wir dies Höchst- selbst gleichwohl schon so oft und so ernstlich befohlen haben, — sondern die Förster lassen das Holz umhauen ohne alle Ordnung und durcheinander weg, wie ihnen das gutdünket. — Wir haben Höchstselbst gesehen von der Zante, wenn man kommt von Driesen her, da waren große Kiefern; dagegen aber fand sich darunter viel junges Holz, das gut wächst und gut fortkommt; da haben sie die großen Bäume, ohne das was zum Bauen gewesen, niedergehauen, und diese haben jeder an 30 kleine Bäume niedergeschlagen. — Das ist ja eineDiederliche Wirthschaft, und auf diese Weise müssen ja die Heiden ruinirt werden, wenn auf das junge Holz nicht besser gesehen, und solches so liederlicher Weise verdorben wird. — Der Förster, welcher das Revier hat, ist ein schlechter Kerl, so wie auch, der von Landsberg her, bis gegen die Tuchelsche Gegend das Revier hat; diese beiden sind an der 8 9 Verwüstung der dasigen Forsten Schuld, und wenn darauf nicht gesehen und das junge Holz nicht nachgepflanzt und nicht fortgeholfen wird, — so muß ja nothwendig alles ruinirt werden, und kann kein Holz übrig bleiben; und haben Wir daher befohlen, daß gedachte beide Förster sammt dem Oberforstmeister, oder der, der dessen Amt versieht, arretirt werden sollen, und daß von Berlin einer von der Kammer und einer von der Justiz ohne Anstand dorthin geschickt werden soll, und die schärfste Untersuchung wider sie wegen ihrer liederlichen Wirthschaft und großen Negligence sofort anzustellen, ■ — „ — „ — „ — :c. (gez.) Friedrich. Einführung einer schematisch, ohne Rücksicht auf Bestandesverhältnisse geordneten Schlagwirtschaft an Stelle des regellosen Plenterns, schnelle Wiederkultur aller Blößen, Sparsamkeit im Holzverbrauch durch massiven Bau, wenigstens bis zum ersten Riegel, durch Anlage lebender Hecken statt der Holzzäune, durch Kontrolle der Freiholzabgaben u. a. m., besonders aber Anbau der Sandschellen und derjenigen Flächen, auf denen ,,bei der Acker- kultur wenig Nützliches zu unternehmen steht“, wie es in einem Erlaß vom 7. Juli 1775 heißt, das sind die Punkte, auf welche er wieder und wieder hinweist. „Wenn meinen Vorschriften nachgelebt wird, muß die Tucheier Heide ganz Westpreußen mit Holz versehen können“, ist Friedrichs Überzeugung. Ein kompetenter Urteiler, der Oberforstmeister von Pannewitz in Marienwerder, dem wir eine wertvolle Monographie über das Forstwesen Westpreußens vom Jahre 1829 verdanken, ist überzeugt, daß der wenig be- friedigende damalige Zustand der Forsten unendlich besser hätte sein müssen, wenn Friedrichs des Großen Anordnungen wirklich befolgt worden wären und, müssen wir hinzusetzen, wenn es mit den vorhandenen Beamtenkräften und Geldmitteln möglich gewesen wäre, sie durchzuführen. Man hat von Friedrich dem Großen gesagt: Wäre er nicht schon der Einzige genannt, man müßte ihn Friedrich den Erbauer nennen. Der Brahekanal, von den Polen oft geplant, ist von ihm in einem Jahre gebaut und 1773 schon von Oderkähnen befahren worden. Kulm, das zu verschiedenen Zeiten ganz auszusterben drohte, 1772 112 wüste Baustellen zählte und Häuser ohne Dach. Fenster und Türen hatte, Deutsch Krone, Mewe, Gurzno, sind ebenso wie Bromberg, Nakel, Schönlanke fast ganz auf seine Kosten ausgebaut. Fast alle andern Städte erhielten Bau- hilfsgelder. Friedrich der Große hat nachweislich — den Bau der Festung Graudenz nicht gerechnet - — die für damalige Verhältnisse ungeheure Summe von 7 737 562 Talern für die Wiederherstellung Westpreußens aufgewendet. Bei seiner aufbauenden Tätigkeit haben die Königlichen Forsten eine bedeutsame Rolle gespielt. Außerordentliche Mengen Bauholz wurden den be- dürftigen Städtern geschenkt und zur Wiederherstellung der unglaublich ver- wahrlosten Gebäude auf den Domänen und in den Domänendörfern frei ver- abfolgt. Bei einer Brutto-Einnahme aus den Forsten von etwa 38000 Talern betrug der Wert des Freiholzes z. B. 1775/76 62921 Taler, 1776/77 75144 Taler. Während sonst der Erbpächter domänenfiskalischer Grundstücke das Holz nach der Taxe bezahlen mußte, war ganz freier Bezug für Westpreußen nachgegeben. 9 10 Das Bild dessen, was der große König durch seine Forstbeamten für die Landeskultur gewirkt hat, würde nicht vollständig sein, wenn ich nicht der Vertilgung der Wölfe gedächte, die eine vollkommene Landplage waren. Nach einem Bericht des Obersten v. Tümpltng in Scliidlitz bei Danzig vom Jahre 1774 waren dort die Wölfe so häufig und dreist, daß die Schildwachen ihre Posten verließen. 1774 ließ der sparsame König vier Wolfszeuge anschaffen, die je nahezu 1000 Taler kosteten. Die Vertilgung der Wölfe war als Dienstpflicht den Forstbeamten besonders ein- geschärft. Hohe Prämien wurden von den Königlichen Kassen für jeden getöteten Wolf ge- zahlt. Noch 1788/89 wurde der Schaden, den die Wölfe in der Provinz angerichtet hatten, auf den Verlust von 104 Pferden, 24 Ochsen, 7 Kühen, 4 Kälbern, 176 Schafen amtlich fest- gestellt. In den Kriegszeiten 1806/07 und 1812 fand wieder eine bedeutende Vermehrung dieses Raubzeuges statt. Welche Entwickelung das Staatsforstwesen Westpreußens auf der von Friedrich dem Großen ihm gegebenen Grundlage genommen, in welche Be- ziehungen zur Landeskultur es getreten ist, das glaube ich am kürzesten und übersichtlichsten durch gesonderte Behandlung der einzelnen Gebiete darstellen zu können. Ich werde daher besprechen: Die Organisation des Forstwesens, den Zustand der Forsten und ihre Erträge an Holz und Geld, die Entwickelung ihres Flächenbestandes, die unmittelbare Beeinflussung der Landeskultur durch die Auf- forstungspolitik. I. Die Anzahl der „Forstberitte“ (Oberförstereien), 16, blieb bis 1800 die gleiche, wenn auch der Sitz der Oberförster mehrfach wechselte und mancherlei Änderungen in der Abgrenzung vorgenommen sein müssen. Auffällig ist die außerordentliche Verschiedenheit in der Größe der Oberförstereien, sowie in Größe und Zahl der Schutzbezirke. So war 1800 die Oberförsterei Schlochau 289 809 Morgen groß, mit 27 Förstern und Waldwärtern, ähnlich Neuenburg 230 677 Morgen mit 23 Förstern usw., Schwetz 210 326 Morgen mit 11 Förstern usw., dagegen Montau 2371 Morgen mit 1 Förster, Tolkemit 5032 Morgen mit 3 Förstern. Der Mangel an Verkehrsmitteln, insbesondere an guten Wegen, zwang zu diesen scheinbaren Widersinnigkeiten. Auf die stets wiederholten Vorstellungen der Provinzialbehörde wurden 1800 zwei, 1802 weitere zwei Oberförstereien abgezweigt. Die Kontrolle und Direktion lag lange Jahre in den Händen des Ober- forstmeisters allein. 1798 finden wir ihm zwei Forstmeister beigegeben, 1802 wurde ein dritter Forstmeister angestellt. Nachdem kurze Zeit — 1798 bis 1804 — für die Forstverwaltung die Immediat'Forst- und Baukommission als Provinzialbehörde bestanden hatte, deren Mitglieder zugleich der Kriegs- und Domänenkammer angehörten und an sich selbst Briefe schreiben mußten, wurden 1816 die Regierungen Danzig und Marienwerder gebildet. 1818 trat eine neue Organisation des Forstdienstes nach dem sogenannten Revierförstersystem in Kraft. Es wurden 14 Forst- 10 11 Inspektionen und 45 Reviere in der ganzen Provinz gebildet, wovon sechs Inspektionen und 16 Reviere auf den Danziger Bezirk entfielen. Die mit dieser Beamtenmehrung verbundenen Kosten standen jedoch in keinem Verhältnis zu den Erträgen. Die Danziger Regierung erklärte damals dem Minister: Wenn die Verwaltungskosten nunmehr auch nur um Weniges gesteigert würden, so wäre^es Tätlich, die Forsten im Danziger und wohl noch in manchem anderen Departement wegzuschenken. Man kehrte denn auch bald — Ende der 20 er Jahre — zu den alten großen Oberförstereien zurück. Bis etwa 1868 blieben diese Reviere bestehen. Fast überall waren im Laufe der Zeit den Oberförstern Revierförster beigegeben, um notdürftig den Anforderungen zu genügen, welche die vermehrte Betriebsarbeit an den Ver- walter stellte. 1868 — 1872 wurde eine größere Anzahl von Oberförstereien neu gegründet. Eine weitere Vermehrung wurde notwendig, als umfängliche An- käufe die Staatsforstfläche erheblich vergrößerten. Es betrug 1883 die Zahl der Oberförstereien 17 (Dzg.) -f- 30 (Marienw.) — 47, der Förstereien 108 (Dzg.) + 199 (Marienw.) — 307; 1905 der Oberförstereien 23 (Dzg.) + 46 (Marienw.) — 69, der Förstereien 108 (Dzg.) -f- 199 (Marienw.) == 307. II. In der preußischen Staats-Forstverwaltung wird die Masse des abgegebenen Holzes erst seit 1819 gebucht. Welchen Holzertrag die Forsten bis dahin gegeben haben, läßt sich also nicht sagen. Daß es im Verhältnis zur Fläche sehr wenig gewesen ist, kann man ohne weiteres aus dem Zustande Schließen, in dem die Forsten aus den Händen der polnischen Herrschaft über- nommen wurden. Die ersten Schätzungen des Ertragsvermögens, wenn ich von den ganz willkührlichen Annahmen der Generaltableaus von 1798 — 1802 absehe, bei ruhen auf den 1818 begonnenen Überschlagstaxationen. Sie ergeben den ziffermäßigen Nachweis, daß es mit dem Staatswalde traurig bestellt war. Die generelle Abschätzung der Forsten des linken Weichselufers im Regierungs- bezirk Marienwerder ergab als haubare Holzmasse der Bestände von 80 Jahren und darüber für d. J. 1818 auf 1 Morgen 272 Klafter, das ist auf 1 ha = 33 fm, während man heute von einem mittleren Bestand auf mittlerem Boden nahezu das Zehnfache verlangt. v. Pannewitz1) fällt ein sehr ungünstiges Urteil über den Zustand der damaligen Staatsforsten Westpreußens. Die Gründe sind nach ihm falsche Wirtschaft und fachliche Unwissenheit der Forstbeamten, Waldbrände und maßloser Diebstahl. Nicht wieder gut zu machende Fehler in der Behandlung der Buchen- waldungen bei Strippau, Putzig, an der Pommerschen Grenze, seien herbei- geführt durch die Unwissenheit und forstliche Unbildung der Forstbeamten. 9 Das Forstwesen von Westpreußen, Berlin 1829. li 12 „Jetzt könne man dort Flächen von 10000 und mehr Morgen, welche mit nichts als verkrüppelten, hundertfach verbissenen einzelnen zwei bis drei Fuß hohen Buchen-Stockausschlägen mit Wacholder und Spartium vermischt, mit einem einzigen Blick übersehen, wo noch vor nicht so gar langer Zeit die undurchdringlichsten Bestände prangten1)“. Die Höhe von Casimir — jetzt Eichenberg bei Kielau — schildert v. Pannewitz mit den Worten: „ertraglos und widrig stellen sich diese nackten Waldblößen dar, und gewähren — hier und da noch mit spärlichem Wacholder, mit kurzem Strauchholz bewachsen, und von Schafherden be- weidet — ein ziemlich treues Bild der unfruchtbaren schottischen Heidestrecken“. Ich habe diese Ihnen allen wohl bekannten Gegenden als Beispiel angeführt, um zu zeigen, was inzwischen die Staatsforstwirtschaft auch für die Ästhetik der Landschaft geleistet hat. Die Folgen der Mißwirtschaft — so sagt v. Pannewitz weiter - — seien in den Kiefernforsten nicht so augenfällig, aber doch sehr traurig. Verlieh tete, holzleere Bestände seien die Regel. Vollkommen geschlossene haubare Be- stände von mehr als einigen Morgen Umfang seien nirgends vorhanden. Waldbrände schaden in einer Weise, von der sich ein Forstmann aus anderen Gegenden keinen Begriff machen könne, namentlich in Pomerellen seien oft unabsehbare Brandflächen — bis zu 100 000 Morgen — nach und nach in einer Verbindung zur Brandblöße geworden. Die Tuchelsche Heide sei so durchgebrannt, daß man ohne Übertreibung annehmen könne, es sei kein Morgen — des Sandbodens — in älterer oder neuerer Zeit unbebrannt geblieben. Ursache der Waldbrände ist in polnischer Zeit meist die Beutnerwirtschaft und das Abbrennen der zur Urbarmachung verliehenen Flächen. Nach der preußischen Besitznahme nahmen zunächst die Brände nicht ab, sondern zu. Die Gründe sind: Tücke gegen die neue Regierung, Rache an den strengen Forstbeamten, Streben nach Vermehrung der Weide, nach Ver- nichtung der Dickungen an den Feldrändern wegen der Wölfe und Sauen, Beseitigung des den Anträgen auf Verkauf von Forstland hinderlichen, den Preis erhöhenden Holzbestandes, das Treiben der Fischer und unsicheren Kantonisten im Walde. Waldbrände sind der Krebsschaden des westpreußischen Waldes geblieben. Obwohl seit den 20er Jahren jede Brandfläche in strenge Hegung gelegt, d. h. jeder Nutzung durch die Bevölkerung entzogen wird, sodaß die Ver- lockung, sich eine Weide- oder Ackerfläche zu schaffen, fortfällt, obwohl in einzelnen Revieren die Waldanwohner mit ihrem Geldbeutel seit 1833 dafür interessiert sind, einen Brand keine große Ausdehnung gewinnen zu lassen, sind doch außerordentliche Verheerungen angerichtet. In dem einen Revier Hagenort ist während der Jahre 1859 — 1874 mehr als Vio durch Brand zur Blöße geworden. Am 26. Mai 1901 sind in der Oberförsterei Junkerhof J) von Pannewitz loc. cit. S. 40. 12 13 173 ha, in der Oberförsterei Taubenfließ 490 ha, im ganzen 663 ha in zu- sammenhängender Fläche durch Waldbrand vernichtet worden. In seiner überaus ansprechenden Schrift über die Tucheier Heide weist der Verstorbene Forstmeister Schütte (Wocziwoda) ziffermäßig nach, wie die Zeiten politischer Erregung, z. B. der Aufstand 1863 und der Kulturkampf 1874, mit der Zahl und Größe der Waldbrände in Verbindung stehen. Seine Beweisführung stütze ich noch mit folgenden Zahlen: 1794 sind 14000 ha, 1807 nahe 20000 ha abgebrannt — ohne Eisenbahn! Die geschilderten widrigen Verhältnisse, zu denen sich noch Insekten- schäden gesellen, erklären es im Verein mit der natürlichen Bodenarmut eines sehr großen Teils des Waldbodens, wenn der Holzertrag ein sehr niedriger war und ist und auch jetzt gegen andere Teile der Monarchie zu- rücksteht: Es ist aber im ganzen doch sehr viel besser geworden. Einige Zahlen mögen dies dartun. Es sind im Durchschnitt für einen Hektar Holz- boden genutzt worden an Holzmasse: 1823 Bezirk Marien werder 0,45 fm (Derbholz und Reisig) 1859 Bezirk Danzig 1,09 fm ( ,, ) 1. X. 1879/80 Bez. Danzig 1,71 fm Derbh. 0,45 fm St.- u.Reish. 2,16 fm i. g. >> n Marienwerder 2,35 ,, 0 4-fS ,, ,, ,, ,, „ 2,80 1889/90 „ Danzig 2,05 „ „ 0,72 ,, „ ,, „ 2,77 Marienwerder 2,79 ,, ,, 0,65 ,, ,, ,, „ 3.44 1901/02 „ Danzig 2,22 „ ,, 0,5o ,, ,, ,, 2,77 55 Marienwerder 3,20 ,, ,, 0, <4 ,, ,, ,, „ 3,94 Die Steigerung der Holznutzung auf der Flächeneinheit wäre noch größer, wenn die bedeutenden Flächenzugänge ohne oder mit geringem Holzbestand den Durchschnitt der letzten Zeit nicht herabdrückten. Unter den Erträgen der Forsten spielte das Holz ursprünglich nicht ent- fernt die Rolle wie heute. In den Etats und Rechnungen der Jahre 1799 bis 1802 liefert der Holzverkauf etwa nur die Hälfte des Ertrages, die andere Hälfte entfällt auf Heidemiete, Strafgelder, Mast, Gefälle von Ländereien, Teeröfen und Glashütten, mit einem bescheidenen Betrage auch auf verkauftes Wildpret; aber für 74000 Morgen Seen nur 4 Taler Einnahme um 1800! Merkwürdiger .Weise standen Scharfrichterpacht, Arrenden von Pferdelegung und Schweineschneiden, das Hunde- und Feuereimergeld auch auf dem Forstetat. Die Bernsteingräberei in den Forsten lieferte erhebliche Einnahmen, bis sie im Jahre 1840 wegen der damit verbundenen großen Nachteile ganz ab- gestellt wurde. 1789 wurden für Bernsteingräberei in den Forsten 554 Taler eingenommen. Es muß für die Zeit vor Lösung der Gutsuntertänigkeitsverhältnisse hervor- gehoben werden, daß durch den in den Rechnungen und Etats erscheinenden Geldbetrag für verkauftes Holz die volkswirtschaftliche Bedeutung der Forsten nicht annähernd richtig gekennzeichnet wird. 13 14 Die ganze ländliche Bevölkerung deckte ihren Bedarf an Brennholz durch die sogenannte Einmiete. Der Einmieter bezahlte einen bestimmten Betrag, wofür er sich an den Holztagen Reisig und Lagerholz nach Belieben holen konnte. Das Einmietegeld aber war nach den (Domänen-)Ämtern und den bäuerlichen Kasten verschieden bemessen. Beispielsweise betrug es im Amte Ossiek 1777 für Frei-Einsassen, Müller, Krüger u. dergl. 1 Taler 2 Gr., Bauern, wenn sie Amtsuntertanen, also könig- liche Bauern waren, 45 Gr., Adelige Bauern 1 Taler, Königl. Kätner 30 Gr., Adelige Kätner 60 Gr., Königl. Instleute 15 Gr., Adelige Instleute 45 oder 30 Groschen. Dann waren die Freiholzabgaben sehr beträchtlich. Die Domänenpächter als Beamte bezogen freies Brenn- und Schirrholz. Nur die Hölzer zu Anlagen, wovon keine besondere Pacht veranschlagt war, z. B. Stangen zum Hopfen- und Bohnenbau, Baumpfähle u. dgl. mußten sie be- zahlen; eine Ausnahme machten die Stangen zu Maulbeer-Plantagen, die keines- falls bezahlt zu werden brauchten. Zu Neubauten und zur Unterhaltung der Königl. Amtsgebäude und der Königl. Amtsuntertanengebäude, d. h. der zur Domäne gehörenden gutsuntertänigen Bauern und Instleute, wurde das Holz frei geliefert. Erheblich war auch noch in der nachfriedericianischen Zeit, was der König aus Gnade an Bauholz schenkte. Die Besitzer von Laßgütern bezogen freies Bau- und Schirrholz nur gegen Stammgeld; hatten sie das Gut geerbt, so mußten sie noch 1/3 des Taxwertes dazu bezahlen. Der Konkurrenten für den Holzverkauf waren infolgedessen wenige, bis die Lösung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und 1817 die Beschränkung der Einmiete auf die ärmere Bevölkerungsklasse erfolgte, für die sie noch jetzt besteht. Bis 1809 wurde nur freihändig nach der Holztaxe verkauft, und zwar wurde 1773 die ostpreußische Holztaxe von 1739 für Westpreußen als gültig angenommen. Aber deren niedrigste Sätze — für das Preisgebiet Orteisburg, Willenberg und Puppen — sind nach Ansicht des Oberforstmeisters v. Seydlitz für Mirchau, Parchau, Berent noch zu hoch. Die besten Preise wurden damals in Oliva gezahlt. 1809 wurde dann als Regel die öffentliche Versteigerung angeordnet. Indessen mußte zunächst die Anordnung auf sich beruhen bleiben, dä die Licitationen fruchtlos blieben und erst seit den 40 er Jahren durchgeführt werden konnten. So gering der nachhaltig mögliche Holzertrag war, den die seit 1818 be- gonnenen Überschlags-Schätzungen ermittelten, er überstieg doch noch J weit das Maß dessen, was überhaupt abgesetzt werden konnte. Dabei ist schon seit langer Zeit in einzelnen Gegenden1) Holzmangel, auch abgesehen von den Werdern, wo Stroh als Brennmaterial früher eine große Rolle spielte. 1) 1773 bei Lippinken, 1800 bei Rheden und Kulmsee. 14 15 Besonders ungünstig waren die Zeiten 1820 — 1849 mit ihrem wirtschaft- lichen Tiefstand; der Mangel an Absatz für das Holz der Staatsforsten wurde noch dadurch verschärft, daß viele Privatwaldbesitzer aus Not zu jedem Preise verkauften. Im Jahre 1829 haben nur die Oberförstereien Montau, Tolkemit, Sobbo- witz, Rehhof vollen Absatz für das, was gehauen werden kann; absatzlos sind die großen Waldmassen bei Karthaus, Putzig, ßordzichow, Kieschau, Strasburg. Die Holzpreise sind dementsprechend äußerst gering bis in die 50er Jahre hinein. Geringe Holznutzung und geringe Einheitspreise für das wenige Holz drücken die Gelderträge der Staatsforsteu auf Beträge herab, die bis vor nicht langer Zeit sehr niedrig waren und die Staatsforsten Westpreußens, nament- lich des Bezirks Danzig, zu den mindestergiebigen der Monarchie stempelten. Einige Zahlen: 1773- — 1798 betrugen die Überschüsse aus den Staatsforsten ziemlich gleich- mäßig etwa 32 000 Taler, d. i. für 1 ha Waldfläche 0,33 M (aus- schließlich Freiholz), 1802 — 1806, in einer für die Forsteinnahmen sehr günstigen Zeit, für 1 ha 0,50 M (ausschließlich Freiholz), 1811 — 1812: 0,40 M, 1815: nur 0,18 M, 1818 — 1820: gar nur 0,16 M, infolge der neuen Forstorganisation. Dabei waren die Ausgaben auf das äußerste beschränkt. Das bare Gehalt der Oberförster betrug bis 1817 nur 100 bis 200 Taler, das der Förster 20, 24 bis 60 Taler. 1780 wurden für die ,,salaria der Forst- bedienten“ 5000 Taler, für die Forstkulturen 2000 Taler, für Forstvermessungen 200,0 Taler, für Bau und Unterhaltung der Forstdienstgebäude 5000 Taler in den Etat der Provinz eingesetzt. Der Geldertrag aus dem Holz (einschließlich Taxverlust der Freiholz- abgaben) betrug für 1 ha Holzboden: Danzig. Marienwerder. 1850 2,04 M 2,46 M 1861 4,05 „ 5,65 1870 6,26 „ 7,43 „ 1. April 1880/81 8,27 „ 13,67 „ 1890/91 14,21 „ 20,96 „ 1900/01 24,94 „ 33,99 „ Es betrugen pro ha ertragsfähiger (1892/3) bezw. gesamter Fläche Rauhein nähme. Überschuß. Danzig Marienwerder Danzig Mari enwer der. April 1892/93 16,68 M 6,09 M 1901/02 20,13 M 27,27 M 7,19 M 18,55 M. 15 16 III. Wie groß die Fläche der 1772 gebildeten Staatsforsten gewesen, wissen wir nicht. Noch im Jahre 1829 sind nicht sämtliche Forsten vermessen. Im Jahre 1800 waren 872 706 Morgen vermessen, 386 242 Morgen unvermessen. Es waren in dieser Zeit regelmäßig 2000 Taler für Forst-Vermessungen in den Etat eingestellt. Bei der Besitznahme muß die Fläche erheblich größer gewesen sein. Umfangreiche Teile gingen infolge des schlechten Grenzzustandes ver- loren. Es bestand eine so große Menge zweifelhafter Ansprüche über das Eigentum, welche durch die polnische mangelhafte Verwaltung veranlaßt waren, daß zur Vermeidung der bis in die graue Vorzeit gehenden und doch frucht- losen Nachforschungen im Jahre 1798 bestimmt wurde: Jeder Untertan wird in dem rechtlichen, ruhigen Besitz seines Eigentums oder Rechtes geschützt, wenn er es im Jahre 1797 besessen hat und dagegen nicht bis 31. Dezember 1799 beim Gericht Einspruch erhoben oder schon früher ein Prozeß anhängig gewesen ist1). Die rechtzeitige Erhebung des Einspruchs ist aber vielfach versäumt worden. Sehr bedeutende Flächen wurden schon unter Friedrich dem Großen zu Erbpacht oder an Kolonisten ausgetan; in der Folge geschah es in vielleicht noch größerem Umfange. Für die Jahre 1799 und 1800 läßt sich feststellen, daß 30 als Reviere, also doch mindestens kleine Schutzbezirke, bezeichnete Parzellen infolge Vererbpachtung aus dem Staatswaldbesitz ausschieden. Domänen durften in Preußen nach dem Grundgesetz von 1713 nicht zu freiem Eigentum veräußert werden. Es wurde daher die Form der Erbpacht, bis- weilen der Emphyteuse gewählt. Außer dem jährlichen Erbzins oder Kanon wurde ein Erbstandsgeld gefordert, welches in der Regel der Betrag des Holzbestands- wertes war. Doch handelte es sich dabei immer um abgelegene und ver- wüstete Waldteile, die einen verhältnismäßig hohen Aufwand für Schutz not- wendig machten und deren Wiederkultur sehr kostspielig geworden wäre; die Hauptreviere blieben unberührt. Parallel damit ging die Vererbpachtung der Domänen Vorwerke und die Umwandlung der Domänenpachtämter in Intendanturen. Die Lehren der physiokratischen Schule, insbesondere Adam Smith’s, nach denen jede eigene Betätigung des Staats im wirtschaftlichen Erwerbs- leben nur als Übel galt, hatte eifrige Anhänger namentlich in den Ministerien. Interessant ist der Kampf zwischen dem von der neuen Lehre erfüllten Geheimrat und den Verwaltungspraktikern bei der geplanten Vererbpachtung des Reviers Borkau (jetzt Schutzbezirk der Oberförsterei Pelplin), das über 2000 Morgen groß war und nicht mehr unter die Streustücke gerechnet werden konnte. Als Hauptgrund dafür wird angeführt, daß dann 2 X 12 = 24 Taler jährlicher Gehalt der beiden alten Waldwärter erspart werden könnten. 16 0 v. Pannewitz loc. cit. S. 156. 17 Schließlich siegt der Oberforstmeister, der auf die Bedenken hinweist, die es habe, eine Porst von dieser Größe in einer holzbedürftigen Gegend zu ver- äußern. Seine sachlichen Gründe wurden dadurch unterstützt, daß der in Betracht kommende Erbpächter erst krank „im Karlsbade“ weilte und dann starb. 1808 wurde der Staat durch den unglücklichen Krieg gezwungen, alle Hilfsquellen zu öffnen. Das Edikt vom 17. Dezember 1808 sprach die Ver- äußerlichkeit der Domänen zur Staatsschuldentilgung aus. Die Zeit war wegen des durch den Krieg gesunkenen Wohlstandes nicht günstig. Aber es geschah das Mögliche, um den Ankauf zu erleichtern. Die Staatspapiere, die oft 50, ja bis 70 % unter dem Nennwert standen, wurden zum vollen Nenn- wert in Zahlung genommen. Nach der Anweisung vom 27. Dezember 1808 wurden zur Veräußerung bestimmt: die in den Grenzen der Domänenvorwerke liegenden und mit diesen nützlich zu verbindenden Forstparzellen, die durch Sturm, Raupenfraß, Brand usw. vom Holzbestand entblößten und verwüsteten Forstflächen;, deren Anbau zu kostspielig, die in den Forsten belegenen Teerschwelereien, Ziegeleien usw., Seen, Brücher, Torfmoore, Tongruben, einzelne Abschnitte größerer Waldungen mit gutem Boden und in günstiger Lage. Ausgenommen blieben die zum Schutz gegen Versandungen dienenden Forsten an Strand und Flüssen und die zur Unterhaltung von Berg-, Hütten- werken usw. nötigen Forsten. Sehr erheblich scheinen die Verkäufe von Forstland nicht gewesen zu sein, jedenfalls blieben sie bedeutend hinter den Veräußerungen in Ostpreußen mit seinem durchgängig besseren Boden zurück und können erst recht nicht in Vergleich gesetzt werden mit den Veräußerungen in der Rhein provinz, wo für fünf Millionen Mark Staatsforsten verkauft wurden. Von entscheiden- dem Einfluß war der Mangel an Kapital in Westpreußen. Es ist eine münd- liche Überlieferung, daß der Schutzbezirk Kochankenberg bei Pr. Stargard vergeblich zum Preise von 12 000 Talern ausgeboten wurde; heute bringt er beinahe eine jährliche Einnahme in dieser Höhe. Eine sehr beträchtliche Verminderung des Staatsforstbesitzes wurde durch die Abfindung der Berechtigten in Waldland herbeigeführt. Die Gemeinheits- teilungsordnung von 1821 begünstigte die Abfindung in Land ohne Rücksicht auf die Folgen für die Landeskultur, welcher erst das Ergänzungsgesetz von 1850 mehr gerecht wurde. Der meist arme Waldboden, vom schirmenden Holzbestande entblößt, durch einige ohne Düngung entnommene Ernten seiner Bodenkraft beraubt und ausgesogen, wurde unter dem Einfluß der Weide, die allein dem Boden noch einen wenn auch noch so geringen Ertrag abzugewinnen vermochte, zu Sehr d. N. G. Bd. XI, Heft 4. 17 18 Ödland. Heute kaufen wir vielfach als Ödland zurück, was als ertragreicher Waldbod.cn von der Forstverwaltung abgegeben wurde. Wie wir die Flächengröße der Staatsforsten im 18. Jahrhundert nicht kennen, so wissen wir auch nicht, was seit 1772 von der Staatswaldfläche genommen ist. ln der Fridericianischen Zeit hat sie sich durch Vererbpachtung und Kolonisation um schätzungsweise 50000 Morgen vermindert. Für die Zeit von 1786 — 1800 habe ich keine Angaben gefunden. Von 1800- — 1830 haben Veräußerungen, Prozesse, Ablösungen die Staatsforsten um 124000 Morgen verkleinert. Von 1830 bis 1870 erfolgte eine weitere reine Abnahme um 68700 Morgen. Von da ab hat die Zunahme stets überwogen. Von Flächenzugängen zum Staatsforstbesitz ist namentlich zu verzeich- nen die 1814 erfolgte Einziehung der Dotationen der Marschälle Berthier und Sohlt bei Schloppe und Cammin mit 40000 und über 10000 Morgen Wald. Zur Anlage der großen Rieselwiesen am Schwarzwasser wurden 1842 — 1845 die Herrschaften Czersk und Mockrau im Kreise Könitz mit nahe 30000 Morgen (7382 ha) Wald, der im wesentlichen die heutige Oberförsterei Rittei bildet, und eine Reihe von Mühlen am Schwarzwasser gekauft, von denen das Wald- und schlechte Ackerland im Laufe der Zeit dem Forstareal zutrat. Umfangreiche Erwerbungen erfolgten auf Initiative des Oberforstmeisters Wartenberg in Marienwerder im Wege des Tausches; reichlichere Mittel zu Ankäufen flössen erst seit 1875. Im Danziger Bezirk sind die „alten Bonker Flächen“, 423 ha Ödland, in der Oberförsterei Königswiese durch Tausch gegen 69 ha Acker, davon 44 ha auf der Elbinger Höhe, erworben. (1873). Von weittragender Bedeutung war die Erwerbung der Danziger Kämmerei- forsten auf der Nehrung und auf Heia. Die Nehrunger Forst, die jetzige Oberförsterei Steegen, wurde 1876 in Größe von 5343 ha für 630000 M angekauft. Heia ■ — 2278 ha — wurde 1883 abgetreten; ein Kaufpreis wurde nicht gezahlt, vielmehr hatte die Stadt Danzig zehn Jahre lang noch jährlich 2000 M zuzuschießen. Von den durch den Staats- Haushaltsetat zur Verfügung stehenden Ankaufsfonds für Erwerbung von Ödland ist namentlich Ende der 80 er, An- fang der 90er Jahre ein sehr großer Teil nach Westpreußen geflossen. Neben den Regierungen ist seit 1887 auch die Generalkommission in Bromberg mit der Ödlanderwerbung, meist in Form der Zusammenlegung, betraut. Durch tatkräftiges Vorgehen zeichnete sich besonders der Regierungsrat Offenberg aus. Sein Werk war namentlich die Erwerbung des Weitsee- Ödlands 1887 — 1891 mit 9489 ha. Ferner wurden Laska mit 2050 ha, Gr. Chelm mit 2103 ha, die Herrschaft Hammerstein mit 6385 ha, Adl. Brinsk mit 3242 ha erworben. Große Wald- und Ödlandflächen gehen durch Zusammenwirken von An- siedelungskommission und Forstverwaltung auf letztere über. 18 19 Alle diese größeren und die zahlreichen kleineren Erwerbungen betrafen Ödland oder Wald, welcher verwüstet war oder der Verwüstung anheimzufallen drohte. Die Zunahme des Staatsforstbesitzes machte die Gründung einer ganzen Anzahl von Oberförstereien und vieler Försterstellen notwendig. Die Oberförstereien Lorenz, Sullenschin, Lippusch im Bezirk Danzig, Kosten, Rohrwiese, Gildon, Widno, Laska, Chotzenmühl, Hammerstein und andere im Bezirk Marienwerder sind infolge der Ankäufe gegründet worden; einige von ihnen bestehen nur aus neuerworbenen Flächen. Es sind Wald und Ödland erworben1): Danzig 1890 — 1896 5446 ha, Ankaufspreis pro ha 117 M 1896—1900 2996 „ „ „ „ 151 „ Marienwerder 1890—1896 36685 „ „ ,, ,, 119 „ 1896 — 1900 9632 „ „ „ 143 „ Sa. Westpreußen 54759 ha 125 M Von dem Gesamtankaufspreis ■== 3933530 M entfallen auf den Bodenwert rund 6/io, den Wert der Bestände rund 3Ao, den Wert der Gebäude 1/10. Die jetzige Fläche der Staatsforsten ist angewachsen (Stand vom 1. April 1904) im Bezirk Danzig auf 124571 ha, Marienwerder auf 254945 ha, Summa Westpreußen 379516 ha = 1518064 Morgen, mithin auf eine größere Fläche als im Jahre 1800 vorhanden gewesen ist. IV. Wodurch wird die Aufwendung so bedeutender Staatsmittel gerechtfertigt? Ist es allein schon wegen der mittelbaren Bedeutung des Waldes eine Forderung der Landeskultur, daß der Wald vermehrt wird? Außer Frage steht die große sogenannte indirekte Bedeutung des Waldes für das Gebirge, wo er die Bodenabschwemmung und bis zu einem gewissen Maße auch den übermäßig schnellen Wasserabfluß, die Überschwemmungen, verhütet, für die Sandschellen im Binnenland und die Stranddünen. Zweifellos schafft sich auch der Wald sein eigenes Klima, das sich durch Milderung der Temperaturextreme und der Luftbewegung auszeichnet. „Der Wald ist des armen Mannes Jacke“ ■ — die Wahrheit dieses schwedischen Sprichworts empfindet jeder, wenn er bei — 12 0 im Wind über freies Feld gefahren ist und in den Wald kommt. Noch nicht aber steht fest, wieweit das Eigenklima des Waldes auf das der Umgegend einwirkt, und höchst unwahrscheinlich ist es, daß der WTald eine Vermehrung der Niederschläge erzeugt. Und wenn es an dem wäre, so entstände immer noch die Frage, ob in Deutschland mehr Regen der wichtigsten Bodenproduktionsform, der Landwirtschaft, erwünscht ist. Die trockenen Jahre sind für den Landmann durchschnittlich die besten. Es bleibt daher mindestens zweifelhaft, ob der Oberforstmeister ton Pannewitz Recht hat, wenn er aus der Tatsache, daß in der Ordenszeit !) v. d. Borne in Danckelmann’s Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen 1900, S. 396. 19 2* 20 ein bedeutender Weinbau getrieben wurde und daß unter dem polnischen Könige August I. in Montau eine Fasanerie bestand, eine Verschlechterung des westpreußischen Klimas folgert und diese auf Entwaldungen zurück- führt, welche den Nordstürmen freien Eingang verschafft hätten. Zwar brauchen wir Westpreußen gottlob einen hier gewachsenen Wein nicht zu trinken, aber Fasanen gibt es an sehr vielen Orten, insbesondere auch wieder in Montau. Wir brauchen aber auch nicht auf die mittelbare Bedeutung des Waldes zurückzugreifen, die ja für Sandschellen und namentlich für die Dünengebiete entscheidend ist; die Vermehrung der Waldfläche wird allein durch die direkte Bedeutung genügend gerechtfertigt — die Bedeutung, welche dem Walde zukommt als einem Mittel, unentbehrliche Güter auf Böden zu erzeugen, die jeder anderen Form der Bodenwirtschaft gegenüber versagen. Westpreußen hat durchaus nicht übermäßig viel Wald und steht mit einem Bewaldungsprozent von 19 für Danzig und 23 für Marienwerder gegen den Durchschnitt der Monarchie mit 24 zurück. Die Gesamtholzerzeugung auf der Einheit der ganzen Waldfläche ist sogar in Danzig fast die niedrigste in ganz Preußen und Deutschland. von HAGEN-Donner Forstl. Verh. Preußens, 2. Aufly S. 8, Tabelle 5, etwa i. J. 1880: die jährliche Gesamtholzerzeugung geschätzt pro Kopf der pro ha : Bevölkerung : Danzig 2,02 fm 0,580 fm Marienwerder 2,57 „ 1,199 „ Nur Bromberg niedriger 2,00 0,768 „ Köslin 2,27 1,196 | Posen 2,38 „ . . . . • 0,765 „ Cöln 2,52 0,432 „ Düsseldorf 0,199 „ Durchschnitt des Staats 3,01 •„ 0,894 „ Nach dem Forstkalender II. Teil, S. 32. Ergebnis der statistischen Aufnahme von 1900: Danzig Marienwerder Monarchie Gesamtforstfläche 151373 ha 403275 ha 8270134 ha % der Gesamtfläche 19,0 22,9 23,72 Von der Gesamtforstfläche sind: Staatsforsten 71,1 % 56,6 % 30,9 % Gemeindeforsten 2,7 % 4,9 % 13,3 % Stiftungsforsten 0,6 % 0,2 % 1,2 % Genossenschaftsforsten 0,1 % 0,3 % 2,9 % Privatforsten 25,5 % 38,0 % 50,8 % Kronforsten - — — 0,9 % Gesamtfläche 795693 ha 1757 797 ha 34865789 ha Einwohner 665992 897666 34472509. Häufig sind in unserer Provinz die Klagen über Holz-, namentlich Brenn- holzmangel. Eine Vermehrung der Waldfläche ist danach angezeigt. Es fragt sich, ob sie erfolgen kann, ohne daß die höchstmögliche Gütererzeugung, ins- besondere die Landwirtschaft, und damit die Erhaltung oder Erreichung des Wohlstandes für eine möglichst große Menschenzahl beeinträchtigt wird, und 20 21 weiter, ob die direkte Erwerbung durch den Staat das zweckmäßigste Ver- fahren ist. Beides muß meines Erachtens bejaht werden. In den Ländern alter Kultur ist heute im ganzen die Entwickelung beendet, in welcher der Wald, soweit er sich nicht in toter Hand befindet, auf diejenigen Standorte zurückgedrängt worden ist, welche eine intensivere Bodenkultur nicht lohnend erscheinen lassen. Für Westpreußen kann man sogar mit Bestimmtheit sagen, daß der Wald auf außerordentlich großen Flächen auch da geschwunden ist, wo von lohnendem Ackerbau niemals die Rede sein konnte wegen der von vornherein geringen, durch schlechte Wirtschaft mehr und mehr heruntergebrachten Bodengüte. Ein Sandboden, der ohne den Schutz des Holzbestandes und der Streu- decke im Sonnenbrände jede Spur von Feuchtigkeit verliert, in kalten Nächten die Wärme so rasch abgibt, daß die Roggenblüte fast regelmäßig, ja die Kartoffeln in der Erde erfrieren, der das zweite bis dritte Korn, manchmal aber nicht die Aussaat gibt, der fünf, zehn, fünfzehn Jahre liegen gelassen wird, um eine Roggenernte zu liefern, und auf dem in der Zwischenzeit das Vieh weidend fast verhungert: Ein solcher Boden ist absoluter Waldboden und kann nur durch unsere genügsamste Kulturpflanze, die Kiefer, wirtschaftlich nutzbringend verwertet werden. Das sonst so segensreiche Landeskulturedikt vom 14. September 1811, welches die auf Walderhaltung zielenden Be- stimmungen des Allgemeinen Landrechts und der Forstordnung aufhob, hat im Verein mit den Landabfindungen für Berechtigungen, namentlich Weide- berechtigungen, in Westpreußen viel Ödland geschaffen! Den tatsächlichen Belag, daß eine wirkliche Wirtschaft auf solchen Böden nicht möglich ist und sich nicht in sich selbst erhalten kann, liefern unsere Heidedörfer, die Pustkowien - — - fast durchweg Gründungen der letzten polnischen Zeit. Ohne den Verdienst, den ihnen der Wald durch Ai'beits- und Fuhrlöhne, durch Beeren und Pilze, ja auch durch Maikäfersammeln gewährt, ohne die Sachsengängerei, ohne die Zuschüsse des Staates und der kommunalen Verbände zu Schulen, Wegen und allen andern Gegenständen der Gemeindefürsorge — ohne alles dies wären sie vermutlich längst aus- gestorben. Es ist somit kein Raub an der volkswirtschaftlichen Gütererzeugung und Bevölkerungsziffer, solche Böden dem Walde wieder zuzuführen, dem sie nie hätten genommen werden sollen. Neben den absoluten Waldböden, wie sie in deu Ödlandsgebieten vor- herrschen, kommen aber auch solche in Betracht, wo das Zünglein der Wage keinen zu allen Zeiten gleichen und unzweifelhaften Ausschlag gibt; Böden, die in Zeiten sehr günstiger landwirtschaftlicher Konjunktur zu Acker ge- macht wurden, heute aber bei den niedrigen Getreidepreisen und hohen Arbeitslöhnen viel besser als Wald genutzt würden. Auch der Bauer weiß dies sehr wohl, aber er kann kein Kapital hineinstecken und nicht bis zur 21 Ernte des Holzes warten. Es bleiben daher sowohl die absoluten, wie die — ich will sagen — bedingten Waldböden der höchstmöglichen Güter- erzeugung zum Schaden der Gemeinwirtschaft entzogen, ja die Verringerung der Privatwaldfläche nimmt immer mehr zu unter dem Druck der Not: Schlechte Ernten sind das Todesurteil für manchen bisher geschonten Wald. Hier muß die ewige Person des Staats eintreten. Die zweite Frage, die aufgeworfen werden mußte, wär, ob denn der Ankauf durch den Staat das zweckmäßigste unter den möglichen Mitteln ist, um solche Böden der forstlichen Wirtschaft wieder zu gewinnen. Als ein solches Mittel kommen in Betracht staatliche Aufforstungsprämien. Der Preußische Staat hat auch diesen Weg betreten und allein in den zehn Jahren 1882 — 1891 Privatwaldbesitzern in der Eifel, im Westerwald und in den Heidegebieten der Provinzen Hannover und Schleswig- Holstein über eine Million Mark zugewendet. Kleine Beträge sind auch in unserer Provinz gezahlt worden. Die erzielten Erfolge haben namentlich in Hannover befriedigt, wo es sich meistens nicht um zusammenliegende, für die staatliche Verwaltung ge- eignete Flächen handelt. Der Antrag v. Mendel -Steinfeld im Abgeordneten- hause 1900 forderte Vermehrung der Fonds für solche Beihilfen, doch in der Überzeugung, daß sie nutzbringend wirken. Aber was mit dem nieder- sächsischen Bauern geht, kann nicht ohne weiteres mit dem Kassuben er- reicht werden. Es fehlt die gesetzliche Handhabe, eine dauernde wirtschaft- liche Nutzung des mit Staatsbeihilfe gegründeten Waldes zu sichern, wie auch das Waldschutzgesetz von 1875 ohne praktische Wirkung geblieben ist. Es wird zwar die Verpflichtung des unterstützten Privatbesitzers zu pfleglicher Behandlung des begründeten Waldes durch Eintragung im Grund- buch sichergestellt. Kann aber eine vorzeitige Nutzung gehindert werden? Wie unsachgemäß werden häufig die Kulturen ausgeführt, so daß von vorn- herein vielfach das Geld als weggeworfen gelten muß. Welche endlosen Verhandlungen und Schreibereien erwachsen dem Land- rat, dessen ganze Begeisterung für die gute Sache notwendig ist, um nicht zu erlahmen. Und wie geringfügig sind die mit vieler Mühe endlich ge- zeitigten Erfolge! Als ein weiteres Mittel zur Förderung der bäuerlichen Forstwirtschaft hat das Landes -Ökonomie -Kollegium 1900 den Landwirtscliaftskaramern die An- stellung forstsachverständiger Beiräte mit staatlicher Beihilfe empfohlen; in den meisten Provinzen ist dieser Vorschlag auch ausgeführt, sehr bald z. B. in Ostpreußen, dessen Landwirtschaftskammer sich überhaupt eingehend mit den einschlägigen Fragen befaßt hat, und auch in unserer Provinz. Die Bürgschaft dafür^ daß die Aufwendungen der Allgemeinheit, des Staats, für die als segensreich erkannte Vermehrung der Waldfläche voll und ganz dem erstrebten Ziele nutzbar gemacht werden, gibt nur ein Weg, das ist der Ankauf durch den Staat und Einordnung in die Staatsförstverwaltung. 22 23 Bei ihren Erwerbungen wahrt die Staatsforstverwaltung die Rücksicht, den besseren Boden tunlichst im Privatbesitz zu lassen und einen Rückgang der Bevölkerungsziffer zu vermeiden. Die Mittel, welche der bäuerliche Besitzer für sein schlechtes Außenland, aus eigener Kraft für ihn nicht nutzbar, vom Staate empfängt, kann er verwenden, um den ihm verbliebenen Hof und Acker zu verbessern oder sich anderswo auf besserem Boden ein einträglicheres, wenn auch kleineres Besitztum zu kaufen oder ein Rentengut zu übernehmen. Und er tut es, denn der Kassube hängt an seiner Heimat. Auch in diesem Sinne sind die Hunderttausende, welche der Ödlandankauf kostet, ein gut angelegtes Kapital. Weitere Hunderttausende sind aber und werden noch im unmittelbaren Landeskulturinteresse bei den Aufforstungen verwendet. Abgesehen von den forstlichen Kulturen sind auf den erworbenen Flächen in den zehn Jahren 1890 — 1900 256 ha Flugsand gebunden, 212 Pachtstellen für Waldarbeiter eingerichtet, für 147 auswärts wohnende Waldarbeiterfamilien Pachtländereien ausgelegt, 70 km Lehmkieswege hergestellt, über 3000 Obstbäume gepflanzt, (v. d. Borne 1. c.) Man hat es in einzelnen Fällen, namentlich, wenn im Zusammenlegungs- verfahren das bessere Land mit Leuten kassubischen Stammes ohne Rücksicht auf die Möglichkeit nationalpolnischer Gesinnung besiedelt worden ist, den Behörden verdacht, daß sie die damit verknüpften Wohltaten Leuten zuwendete, die sich damit doch nicht dem Deutschtum gewinnen ließen. Ich glaube, der Vor- wurf ist nicht gerecht. Wenn der Bauer kleefähigen Acker für das ihm ab- genommene Ödland erhält, so versteht er das wohl zu würdigen, und es wird auch ein Gefühl des Dankes und eine gewisse Anhänglichkeit erwecken. Man hat dem wohl entgegengehalten, daß die Kulturwohltaten, welche die Hohen- zollern seit über 130 Jahren dem Lande angedeihen ließen, nicht imstande gewesen sind, das Hereintragen großpolnischer Umtriebe unmöglich zu machen. Das ist richtig, aber immerhin werden bei dem Manne, der diese Fürsorge an seinem eigenen Leibe erfahren hatte, die persönlichen Erfahrungen ein Gegengewicht gegen andere Einflüsse halten. Was Westpreußen seinen Herrschern vom Hohenzollernstamm und der preußischen Verwaltung verdankt, das müßte dem heutigen Geschlecht durch einen Geschichts-Unterricht gegenwärtig gemacht werden, der über all- gemeine Redewendungen hinausgeht. Jeder Dorfschuljunge müßte lernen, daß seine Altvordern servi glebae, Sklaven der Scholle, waren, bevor der Preußenkönig sie aus der Leibeigenschaft befreite, und vom Gutsherrn totgeschlagen werden konnten gegen eine geringe Geldbuße. Ich vermag nicht mehr einzugehen auf die vielen sonstigen Beziehungen der Staatsforstwirtschaft zur Landeskultur. Die Festlegung der Wanderdünen, die Herstellung von Verkehrswegen, die Ermöglichung von Eisenbahn- und Chausseebauten, die Seßhaftmachung von Arbeitern durch Gewährung von Haus, Hof und Land, die Hebung der Landwirtschaft durch vorbildliche 23 24 Moorkulturen1) und die zum Teil mustergültige Landwirtschaft der Forstbeamten, die Hebung der Jagd — alle diese wichtigen Gebiete vermag ich auch nicht einmal zu streifen. An Einem aber möchte ich nicht Vorbeigehen, was die Landeskultur im höchsten Sinne des Wortes betrifft. Es sind Kreuzfahrer gewesen, welche den slavisch-lettischen Boden zu deutschem Lande gemacht haben. Mag vielfach Eigennutz, Hoffnung auf Landgewinn und Beute, die Triebfeder gewesen sein, im wesentlichen sind es hohe Ideale, welche den Zug nach dem Osten erweckten und die Reihen der Ordensheere stets von neuem ergänzten. Ströme des besten und vornehmsten deutschen Blutes sind geflossen um das Lan d, das deutscher Fleiß rodete und bestellte. Nach verzweifeltem Ringen mußte es den Sarmaten überlassen werden. Ohne Kampf nahm es dann Friedrich wieder; sein Rechtstitel war das trotz der Jahrhunderte nicht erloschene. Deutschtum. Den Kampf, der dem großen König erspart blieb, als ihm Westpreußen wie eine reife Frucht von einem morschen Stamme zufiel, heute müssen wir ihn kämpfen mit geistigem Rüstzeug. Überzeugung und Vorbild müssen unsere besten Waffen sein. Die Hüter der Staatsforsten sind neben Pfarrer und Lehrer die Vorposten im Kampfe für das Deutschtum. Sie stehen in unmittelbarem Verkehr mit der Bevölkerung, nach ihnen beurteilt diese das preußische und deutsche Wesen. Daß unsere preußischen Oberförster und Förster sich auch dieser hohen Pflicht stets bewußt sein und sich im Kampfe bewähren mögen, das ist mein Wunsch und meine Zuversicht. Deutschen Wald und deutsches Wesen sollen sie gründen nach dem Wort, das Geibel seinen alten Förster sagen läßt: Was uns not ist, uns zum Heil Ward’s gegründet von den Vätern; Aber das ist unser Teil, Daß wir gründen für die Spätem. x) Moorkulturen der Staatsforstverwaltung: Im Reg.-Bez. Marienwerder bestanden 190B: Anlagekosten Betriebskosten Raulieinnahmen Reineinnahmen 56 ha einjährige Anlagen 12443 M — i464 M 1464 M 542 „ ältere 1 158317,, 22336 M 42060 „ 19724 ,, Die Einnahmen verzinsen das Anlagekapital mit 12 — 13%, in normalen Jahren (1903 war abnorm naß) mit 20 — 25 %. Im Reg-Bez. Danzig sind 1888 — 1903 221 ha Moorkulturen angelegt, durchschnittliche Anlagekosten 471 M pro ha, jährliche Kosten der Düngung und sonstige Eflege 46 M. Von dieser Fläche waren 1901 — 1903 74 ha den Forstbeamten und Waldarbeitern ver- pachtet, 147 ha durch jährlichen Verkauf des Grases nutzbar gemacht. Letztere 147 ha ergaben im Jahresdurchschnitt 1901 — 1903 pro ha Rauheinnahme 133 M, jährliche Kosten für Düngung usw. 59 M, Reineinnahme 74 M. Die Reineinnahme verzinste das Anlagekapital (468 M) mit 16 %. (Aus der Denkschrift des Oberforstmeisters von Reichenau über die forstfiskalischen Moore im Regierungsbezirk Danzig 1904). 24 25 Mineralogische Untersuchungen über Bernstein. Von Dr. PAUL DaHMS. VIII. Über den Brechungsquotienten des Succinit und einige Erscheinungen, die sich bei der künstlichen Behandlung dieses Bernsteins zeigen. Mit drei Abbildungen. Die physikalischen und chemischen Merkmale des eigentlichen, baltischen Bernsteins und der ihm verwandten fossilen Harze sind fast ausnahmslos untersucht, und die Ergebnisse in größeren und kleineren Arbeiten nieder- gelegt worden. Die optischen Eigentümlichkeiten sind dabei ebenfalls recht eingehend behandelt; so wissen wir Genaueres über die auftretenden Färbungen und Fluoreszenzerscheinungen, über das Aussehen der verschiedenen Handels- sorten bei mikroskopischer Untersuchung und die bei gewissen Stücken ge- legentlich auftretende Interferenz des Lichtes. Nur die Lichtbrechung ist, bis auf eine Untersuchung Istrati’s1) am rumänischen Stein, dem Rumänit. stets vollständig unberücksichtigt geblieben. Istrati verwendete bei seiner Untersuchung ein Prisma aus Bernstein und fand mit dem Goniometer von Babinet für das gelbe Licht des Koch- salzes bei einer Temperatur von -f- 19° C. den Index n = 1,53774, während die Dichte desselben Stückes bei -f- 25° C. zu 1,0536 ermittelt wurde. Entsprechende Untersuchungen am baltischen Bernstein, dem Succinit auszuführen, war deshalb eine lösens werte Aufgabe. Geplant war dabei zu- nächst freilich nur eine Behandlung des reinsten Materials, dann aber auch von solchem fossilen Harze, daß sich infolge der fortgesetzt vorwärtsschreitenden Verwitterung mit einer farbigen, durchsichtigen Rinde überzogen hatte. Da derartige patinierte Stücke sich in den Sammlungen als sogenannte Farbstücke aber nie in Form von Prismen sondern, wenn die Verhältnisse günstig liegen, höchstens in der von geschliffenen, planparallelen, meist rechtwinkelig um- randeten Plättchen vorhanden sind, so mußte die Untersuchungsmethode mit dem Goniometer aufgegeben werden. Gute Ergebnisse verhieß die Methode zur Bestimmung von Brechungsquotienten isotroper Medien, welche in ihrer ältesten Form vom Herzoge de Chaulnes (1767) herrührt. Verwendet wurde x) Istrati, C. : Quelques nouvelles donnees relatives äd’etude de la Roumanite (Succin de Roumanie). Bulletin de la societe des Sciences, Bucarest 1898, S.-A., S. 1 — 4. l dabei ein Mikroskop von E. Hartnack, das in der mechanischen Werkstätte der hiesigen Naturforschenden Gesellschaft für diesen Zweck mit einer Zähl- trommel znm Ablesen der Hebungen und Senkungen des Tubus versehen wurde. Da jeder Teilstrich eine Höhendifferenz von 0,005 mm bedeutete und vom nächstfolgenden um rund 1 mm entfernt war, so konnte mit fast voll- kommener Sicherheit eine Verschiebung des Mikroskops in der Richtung seiner Achse um 0,0005 mm bestimmt werden. Als einzu stellendes Objekt wurde ein Radiolarien- Präparat gewählt und bei jeder Bestimmung auf denselben, genau bezeichneten Punkt dieses Objektes eingestellt. Um die Schwierig- keiten bei der Bestimmung der Lamellendicke zu umgehen, brachte ich an dem Punkte der Oberfläche des Bernsteinplättchens, an dem die Messung vor- genommen werden sollte, eine Marke an. Es hatte das den Zweck, die zu- einander gehörenden Messungen stets an derselben Stelle vornehmen zu können und damit über die geringen Höhenunterschiede, die auch bei durchaus sorg- fältig hergestellten Platten nicht zu vermeiden sind, ohne Irrtümer hinweg- zukommen. Unter Beobachtung dieser Vorsichtsmaßregeln konnten an frisch hergestellten, gut geschnittenen, vollständig homogenen Täfelchen Werte für „n“ gewonnen werden, die bis in die zweite Dezimale vollständig, in die dritte aber noch verhältnismäßig gut übereinstimmten. Große Schwierigkeiten bot dagegen das Material, das zur Untersuchung kam. Wie man weiß, ist Bernstein kein einheitlicher Körper. Abgesehen von seiner eigenartigen, chemischen Zusammensetzung und seinem Aufbau aus ver- schiedenen Harzbestandteilen von verschiedener Lös- und Schmelzbarkeit, weichen die einzelnen bekannten Proben auch in ihrer physikalischen Be- schaffenheit oft nicht unerheblich voneinander ab. Ducommun1) fand, daß das Kolophonium des Harzes von Pinus silvestris L. aus dem Stamme Pinar- säure, aus der Wurzel desselben Baumes jedoch merkwürdigerweise Abietin- säure enthielt. Es ist bei der chemischen Untersuchung eines Harzproduktes, sogar von demselben Baume, also noch lange nicht gleichgültig, von welchem seiner Teile er herstammt. Andererseits läßt sich leicht eine Reihe von fossilen Harzen zusammenstellen, die in ihrem chemischen Bau und in ihrem physikalischen Verhalten nur durch geringe Unterschiede voneinander getrennt sind und dabei doch eine vollkommen zusammenhängende und einheitliche Kette bilden, welche über die scheinbar weite Kluft zwischen dem Succinit und einem anderen fossilen Harze, dem Krantzit, hinüberführt. Entweder hat man sich das Zustandekommen der einzelnen Glieder dadurch zu erklären, daß verschiedene Phasen der Fossilisation vorliegen, oder daß im Bernstein- walde zur Eozänzeit die dicht zusammenstehenden Bäume verschiedener Gattung !) Ducommun: Etüde sur les acides cristallisables des Abietinees. These. Berne 1885. - Vergleiche: Weigel, Georg: Über die Harzbalsame von Larix decidua und Abies pectinäta. Inaug.-Diss., Bern; Gustav Fock, Leipzig 1900, S. 27; Niederstadt, Bernhard: Über den neuseeländischen Kauri- Busch -Kopal von Dammara australis und über das Harz von Pinus silvestris. Inaug.-Diss., Bern; Berlin 1901, S. 63. 27 und Art auch verschiedenartiges Harz erzeugten. Wenn dieses von Ast zu Ast tropfte und sich dabei vereinigte, vermochte sich je nach dem Mischungs- verhältnisse der einzelnen Sekrete eine Reihe der verschiedenartigsten Bern- steinstücke sehr leicht zu bilden1). Möglichst einheitliches und einwandfreies Material zu erlangen, stieß deshalb in mehr wie einer Hinsicht auf Schwierigkeiten. Schöne Farbstücke überließ mir zum Zweck der Untersuchung das Westpreußische Provinzial- museum, dessen Direktion ich an dieser Stelle nochmals meinen besten Dank ausspreche. Tafelförmige Stücke vollständig frischen Materials fertigte mir dagegen auf meine Kosten die Firma A. Zausmer in Danzig an. Während die neu hergestellten Platten in jeder Hinsicht zufrieden stellten, wiesen die älteren Datums Erscheinungen auf, welche sie meist zur Unter- suchung unverwendbar machten. Bei der Verwitterung treten nämlich vielfach einzelne Teile aus der Oberfläche hervor, so daß geschliffene, größere Flächen nach längerer Zeit nicht mehr ein einheitliches Ganzes bilden. Bernstein zeigt diese wenig angenehme Eigentümlichkeit beim Tragen und selbst bei ruhigem Liegen. Eine Beseitigung der hervorragenden Partien ■ — etwa durch Schleifen — ist aber nicht angängig, da damit auch die Verwitterungsschicht teilweise entfernt würde. Da diese bei den in Frage kommenden Stücken nur die Dicke von Bruchteilen eines mm hat, so würde dadurch an der Platte für die optische Untersuchung oder gar für das schönere Aussehen eines Schmuckstückes nichts gewonnen, falls der so behandelte Stein nicht sogar wertlos gemacht würde. Dieses Hervortreten von Streifen und Adern oder gar eine Verzerrung der Flächen ist bei der Messung der optischen Dichte natürlich im höchsten Grade störend. Andererseits zeigt sich, daß Stücke nicht überall gleichmäßig klar und auch nicht gleichmäßig gefärbt sind. Selbst scheinbar vollständig durch- sichtige und gleichartig aufgebaute Stücke sind bei mikroskopischer Betrachtung stellenweise so getrübt, daß es unmöglich ist, das unterliegende Objekt in seinen feineren Teilen deutlich oder überhaupt zu erkennen. Dann dringt bei anderen Stücken von Sprüngen oder Schlieren aus hier und da die Patini- sierung ins Innere vor und färbt gewisse Stellen, deren Grenzen sich kaum merklich an ihren Säumen in die Umgebung verlieren, tiefer. — Um in allen Fällen sicher zu gehen, ist eine Prüfung der Succinittäfelchen erforderlich. Man nimmt sie am besten derart vor, daß man die Stücke auf dem Objekt- tische des Mikroskops über das Probeobjekt legt und auf dieses einstellt. Verschiebt man dann das Plättchen, so darf das erhaltene Bildchen nicht un- deutlich oder verändert werden. Wird es dabei langsam undeutlich, so ist das ein Beweis dafür, daß die beiden Hauptflächen nicht parallel zueinander verlaufen. Erfährt es dagegen Verzerrungen oder Verschiebungen, so sind Unregelmäßigkeiten in der Struktur des fossilen Harzes vorhanden. — Bei D Dahms, P.: Über das Vorkommen und die Arerwendung des Bernsteins. Zeitschr. f. prakt. Geologie. 1901, Nr. 9, 'S. 213. 3 den Beobachtungen wurden für jede Einstellung des Mikroskops wenigstens 15 Ablesungen vorgenommen. Außerdem wurden bei jedem Stücke an ver- schiedenen Stellen zwei verschiedene Untersuchungen angestellt. Stimmten diese ohne weiteres gut überein, so wurde der Mittelwert von ihnen genommen und als solcher aufgeführt. Waren weitere Messungen notwendig, so wurde das schließlich als arithmetisches Mittel aus ihnen erhaltene Resultat mit einem Fragezeichen versehen. Ganz frischer, für die Untersuchung eben geschnittener Stein gab folgende Ergebnisse (Tabelle 1) : Tabelle 1. Nr. Dicke der Platte in mm Spez. Gewicht 1 Brechungsindex 1 3,60 1,0642 ! 1,517 (?) 2 3,56 1,0615 1,518 (?) 3 6,19 1,0739 1,516 (?) 4 8,22 1,0754 1,524 5 — 1,0505 1,53774 Die angegebenen spezifischen Gewichte stellen in allen Fällen das Mittel aus zwei gut übereinstimmenden Werten dar, die auf den leeren Baum und eine Temperatur von -f- 4 0 C. reduziert wurden. Die ersten vier der in Tabelle 1 angeführten Werte gelten für licht gelb gefärbten Succinit, der auf einer Biskuitplatte einen zart gelblichweißen Strich gab. Der Mittelwert für den Brechungsquotienten des vollständig frischen Steins ist also gleich 1,519, während der für das Eigengewicht desselben Materials 1,0663 beträgt. Bei vier anderen, ebenfalls vollständig isotropen und frisch hergestellten Succinittäfelchen ergab sich die mittlere Dichte d = V4 (1,0670 + 1,0652 + 1,0692 + 1,0650) — 1,0666, so daß man den Mittelwert für alle untersuchten Stücke reinsten Bernsteins zu 1,0665 ansetzen darf, während die äußersten Grenzen bei 1,0615 und 1,0754 liegen. — Die unter Nr. 5 angeführten Werte sind die von Istrati am Rumänit ermittelten, wobei das spezifische Gewicht die bereits oben erwähnte Reduktion erfahren hat. Wie ein Blick auf das gesamte Täfel- chen lehrt, lassen sie sich in keiner Weise mit den für Succinit gefundenen in Einklang bringen. Die für das spezifische Gewicht des frischen Succinit gefundenen Zahlen- werten stimmen mit den von Berzelius angeführten ziemlich gut überein, sie liegen nach diesem Forscher zwischen 1,065 und 1,070. Nach Aycke1) be- trägt dieser Wert für die heller gefärbten Stücke 1,0672. Der Luft und dem Lichte ausgesetzt, färbt sich der frische Stein bald dunkler, er wird an seiner Oberfläche zuerst goldgelb, dann geht er durch tiefere Farbentöne zu dunkelgoldgelb und schließlich zu dunkelrot über. Dieser Wechsel, 0 Aycke, Joh Ohr.: Fragmente zur Naturgeschichte des Bernsteins. Danzig 1835, S. 67 Anm. der auf immer dunkeiere Färbungen hinausläuft, wird jedenfalls durch die Veränderung eines im Bernstein enthaltenen Stoffes veranlaßt. Wie wir durch die Versuche Labatüt’s1) am Kolophonium erfahren, hängt diese Änderung in der Farbe von der Temperatur und der das Stück umgebenden Atmosphäre ab. Sie wird durch den Sauerstoff eingeleitet, der vorher in der Kälte von dem Versuchsmaterial absorbiert war, und diese Absorbtion verläuft wieder um so schneller, je größer die Oberfläche des Kolophons ist. Wird später die Einwirkung von solchen Gasen, die irgendwie eine der- artige Patinisierung der Stücke zu veranlassen vermögen, verhindert, so tritt doch beim Liegen oder gar beim Erwärmen eine freilich geringe, immerhin aber wahrnehmbare Verfärbung ein. Diese wird durch den seinerzeit absor- bierten Sauerstoff veranlaßt. Bei dem Erwärmen an der Luft wirkt äußer ihm noch der Sauerstoff mit, der aufs neue absorbiert wird. Hierbei entsteht neben Kohlendioxyd auch Wasserdampf: kurz es findet eine „langsame Verbrennung“ statt. Mit der verbrauchten Menge des Sauerstoffs nimmt die Tiefe der auf- tretenden Farbentöne mehr und mehr zu. • — Endlich ist das Kolophon tief pechschwarz geworden, und ein weiterer Verbrauch von Sauerstoff hört auf. Von den verschiedenen, aufgefundenen Gesetzmäßigkeiten soll abgesehen werden, doch ist hervorzuheben, daß das schließlich absorbierte Gasvolumen einzig und allein von der Menge des vorhandenen Kolophoniums abhängig ist, ohne daß andere äußere Umstände dabei mittätig sind. Durch Versuche und Betrachtung ähnlicher Verhältnisse beim Succinit können wir nur bestätigen, daß die Verwitterungserscheinungen an unserem Bernstein in entsprechender Weise vor sich gehen. Bei dem Erhitzen des Bernsteins verlaufen die Vorgänge sogar; von denselben Bedingungen ausgehend, auf ein gleiches Endziel hin. Ferner können wir uns nun auch erklären, wes- halb bei der Verwitterung des fossilen Harzes ein Dunklerwerden stattfindet. Dieses könnte, wie bei dem sizilianischen Bernstein, dem Simetit, und wohl auch bei dem Rumänit durch Erhöhung des Schwefelgehaltes hervorgerufen werden. Die Zunahme dieses Bestandteils müßte dann durch schwefelhaltige Gase, wie Schwefeldioxyd und Schwefelwasserstoff, veranlaßt werden, die mit den Wassern zu ihm gelangen. Andererseits könnte sie auf gelöste Salze zu- rückgeführt werden, welche mit einigen Bestandteilen des Succinit sich um- setzen und so erst zur Entstehung jener Gase Veranlassung geben. Diese Erklärung hat eine gewisse Berechtigung, da Versuche zeigen, daß so- wohl Schwefeldioxyd wie Schwefelwasserstoff den Baltischen Bernstein — ebenso wie Sauerstoff — bräunen. Andererseits ergibt sich aber aus Helm’s2) chemischen Untersuchungen, daß unser Succinit bei der Verwitterung eine !) Labätut, J. : Sur la coloration de la colophane. Proces-verbaux des seances de la societe des Sciences physiques et naturelles de Bordeaux. Annee 1902, 1903 ; 1903, S. 30 bis 34, 42 bis 47. 2) Helm, Otto : Mitteilungen über Bernstein. VI. Über die elementare Zusammensetzung des Ostseebernsteins. Diese Schriften. N. F., Bd. 5, Heft 3, 1882, S. 9 — 11. 30 recht erhebliche Verminderung seines Gehaltes an Schwefel erfährt. Daher bleibt als Erklärung für diese Farbenänderung des Bernsteins einfach und un- gezwungen nur die Tatsache bestehen, daß allein die Luft mit ihrem Sauer- stoffgehalte auf den Stein verändernd einwirkt. Wennschon nun Schwefel seinen Chromophoren Charakter1) hier nicht zur Geltung bringen kann, so darf immer- hin daran erinnert werden, daß den verschiedenen Agentien gegenüber die Veränderlichkeit in der Zusammensetzung des Bernsteins sehr groß ist und daß „gerade das Ungesättigtsein als wesentliche Bedingung für das Auftreten von Farbe“ anzusehen ist. Die Wirkung des absorbierten Sauerstoffs läßt nur eine geringe Verdunkelung der ursprünglichen Färbung zustande kommen. Deshalb besitzt der aus der See gewonnene Succinit nur eine äußerst dünne Rinde, deshalb sind die fast 3000 Jahre alten, der Steinzeit entstammenden Schmucksachen aus dem Kurischen Haff noch fast vollkommen frisch, und deshalb legt man auch Schaustücke, welche die Formen früherer Lebewesen aufbewahrt haben, in Wasser oder schmilzt sie für Schau-Zwecke mit Hilfe von Harz in kleine Glaskapseln. Da- durch ‘soll verhindert wrerden, daß auf Rissen und Sprüngen oder gar durch die winzigen Poren des permeablen Fossils fortgesetzt neuer, patinisierender Sauerstoff in das Innere der Stücke gelangt und die Konturen der früher ein- geschlossenen Organismen verwischt oder schlecht sichtbar macht. Ferner ist aus dem oben angeführten Grunde auch der undurchsichtige Stein zur Verwitterung noch mehr geneigt als die getrübten Bernstein- Arten; hier ist freilich noch der Umstand von Bedeutung, daß die Verfärbung besonders durch die Vergrößerung der Oberfläche sehr begünstigt wird. Mit der Bildung der Patina findet eine Volumen-Verminderung der Stücke statt. Dabei wird die Außenschicht von unzähligen feinen Rissen, welche sich auch ins Innere hineinziehen, durchsetzt. Deshalb ist sie auch leicht zerstörbar geworden, läßt sich ohne Schwierigkeit abschaben und dann den lichtgelben und unveränderten Kern hervortreten. — Ruhte der Bernstein in wasserarmen oder leicht durchlässigen Schichten, so hat er sich mit einer sehr starken, tief- gehenden Verwitterungsrinde überzogen. Bei diesem Vorgänge tritt infolge einer polygonal verlaufenden Rißbilduug eine eigenartige Zerklüftung auf, die sich — wie aus dem Vorhergehenden zu erwarten stand — - auf das ganze Innere ausdehnen kann. Nach dieser allgemeinen Besprechung der Verwitterungsvorgänge sollen zuerst die Stücke betrachtet werden, die mir vom Provinzial-Museum für meine Untersuchungen überlassen werden konnten. Trotz der verhältnismäßig großen Anzahl der vorhandenen Proben eigneten sich nur wenige zur Bestimmung l) Meyer, Richard: Über die chromoplioren Eigenschaften des Schwefels. Natur- wissenschaftl. Rundschau. 15. Jahrg., Nr, 37, 1900, S. 465 — 467. — Kauffmann, Hugo: Über den Zusammenhang zwischen Farbe und Konstitution bei chemischen Verbindungen. Sammlung ehern, und ehern. -techn. Vorträge, herausgegeb. v. B. Alirens. Band 9, Heft 8, 1904, S. 293. 6 31 des Breckungsindex. Störend machten sich außer der ungünstigen Form, die nur selten zwei gut parallel verlaufende Flächen aufwies, auch die Verwitterungs- erscheinungen bemerkbar, die sich von der Oberfläche, von Bissen und anderen Ausgangspunkten in die klare Bernsteinmasse hineinzogen. An der Oberfläche zeigten sich solche Risse freilich nur vereinzelt. Wenn die Messungen zur Bestimmung des Berechtigungsquotienten an ge- eigneten Stellen immerhin ausführbar waren, so bestand andererseits vielfach wieder die Unmöglichkeit, das zugehörige, spezifische Gewicht der vollständig reinen Substanz zu ermitteln. Viele Stücke enthielten Bläschen oder andere störende Gebilde, die sie zur Bestimmung des Eigengewichtes ungeeignet machten. Aus der ganzen Menge der vorhandenen, zugerichteten Stücke ließen sich aus diesen Gründen schließlich nur die folgenden fünf zur Ermittelung der gewünschten Daten finden. Da die Tiefe der Färbung bei den Plättchen mit ihrer Dicke ebenso wie mit der Dicke der Patina zunimmt, so wurde jedesmal die Dicke hinzugesetzt. Tabelle 2. Nr. Spez. Gew. Index J Dicke in mm Farbe Strich 1 1.0912 1,515 4.15 bräimlichgelb lichtgelb 2 1,0774 1,532 1 8,29 3 1,0795 1,530 8,02 tief gelblich- 4 1,0703 1,528 (?) : 7,56 weingelb weiß 5 1,0816 1,517 7,80 u. 14,96 Von diesen Stücken ist vor allem das erste interessant, weil es trotz . seiner verhältnismäßig geringen Dicke recht tief bräunlichgelb gefärbt ist. — Nachdem durch eine Anzahl von Messungen die eigenartige Tatsache festge- stellt war, daß mit der fortschreitenden Verwitterung das Licht- brechungsvermögen des Bernsteins abnähme, drängte sich die Frage auf, ob vielleicht aus irgend welchem Grunde die Genauigkeit der Messung in nennenswerter Weise beeinträchtigt würde. Es wäre sehr wohl anzunehmen gewesen, daß die Verwitterungskruste den Weg des Lichtstrahls durch die fossile Harzmasse modifiziert hätte. Da die Patina nicht scharf von dem frischeren Material abgesetzt, sondern durch Übergänge mit ihm verknüpft ist, so hätte die äußerste, am meisten veränderte Bernsteinmasse eine verhältnis- mäßig kleine, die innerste, noch frische, dagegen eine größere Ablenkung ver- anlassen können. Der Lichtstrahl hätte dann seine schwächste Brechung beim Eintritt in den Succinit erfahren und diese hätte dann mit dem weiteren Vor- dringen mehr und mehr zugenommen. In der frischen Substanz des Kernes wäre dann der Verlauf ein geradliniger gewesen, um dann beim Austreten aus der Platte, d. h. beim Passieren der zweiten Patinaschicht, in entgegengesetzter Weise abgelenkt zu werden, wie beim Eintritt in den Stein. Der Weg, den 7 das Licht innerhalb der Platte zurücklegte, hätte dann ungefähr die Form eines S gehabt. Daß je nach der Dicke des Kernes dann die Ablenkung eine andere hätte werden müssen, ist ersichtlich. Bei Stück Nr. 5 konnten die Messungen an zwei verschiedenen Flächenpaaren vorgenommen werden. Trotzdem die Dicke der Platte einmal 7,80 mm und das andere Mal 14,96 mm betrug, wurden gut übereinstimmende Werte für den Index ermittelt: nämlich 1,5172 und 1,5175. Der Weg des Lichtes im Bernstein ist also als fast oder ganz geradlinig anzusehen. Dieser Umstand wird wohl dadurch be- dingt, daß einerseits die Differenz zwischen den Brechungsindizes des frischen und des patinisierten Steins nur gering ist, und daß andererseits die Dicke der randlichen Schichtensysteme nur eine äußerst geringe ist. Als allge- meines Gesetz ergibt sich aus Tabelle 2, daß bei der Verwitterung des Succinit mit der Zunahme des spezifischen Gewichtes der Brechungsindex eine Verminderung erfährt. Dieses Resultat ist im höchsten Grade eigenartig, da man eine gleich- mäßige Zu- und Abnahme von der optischen Dichte und dem spezifischen Gewichte erwarten sollte. Freilich weichen die brennbaren Körper insofern von den anderen ab, als sie das Licht stärker als solche von gleicher oder selbst größerer Dichtigkeit brechen. Eine Erklärung für die hier auf- tretende Unregelmäßigkeit läßt sich leicht aus dem Aufbau der ver- wendeten Stücke, und zwar aus verschiedenen Schichten von verschiedener Beschaffenheit erklären. Das Material, das solche klaren Stücke, wie die vorliegenden, liefert, besteht aus sogenannten Schlauben. Es ist seinerzeit nicht auf einmal ent- standen, sondern als Ergebnis einer Reihe von Harzergüssen, die — durch mehr oder minder große Zeiträume voneinander getrennt — sich oft wieder- holten. Diese aus den Wunden der Nadelhölzer hervorsickernden Massen waren ihrerseits wiederum nicht chemisch einheitlich aufgebaut und veränderten sich deshalb an der Luft. Dabei blieben die tieferen Teile jedes Harzflusses, die nicht direkt mit der Luft in Berührung kamen, vorläufig noch unverändert, während die äußeren infolge ihrer großen Oberfläche schnell erhärteten. Die nacheinander entstehenden Schichten besaßen nun auch nicht überall die gleiche Dicke. Unebenheiten der Rinde gaben zu einer Änderung der Richtung bei dem Harzflusse Veranlassung. Alle Erscheinungen, die wir heute noch an unseren Nadelbäumen finden können, zeigten sich auch damals. Harzstücke, welche wir sorgfältig vom Stamme ablösen, zeigen niemals eine ideal regulär ausgebildete Oberfläche, sondern eine solche, die als Ergebnis einer ganzen Reihe von Einwirkungen mehr oder weniger gewellt oder unregelmäßig aus- gebildet, ist. Derartige Stücke dürften eine Struktur aus annähernd parallelen Schichten aufweisen, bei denen solche aus weniger veränderter Harzsubstanz mit stärker umgewandelten abwechseln. Daß tatsächlich keine einheitliche Struktur vorliegt, zeigen die Verzerrungen der Bernsteinstücke, die beim bloßen Liegen an der Luft, schneller freilich beim Erwärmen, auftreten. Wie 33 Helm’s1) Untersuchungen zeigen, gibt Succinit an verschiedene Lösungsmittel verschiedene seiner Bestandteile nach bestimmten Verhältnissen ab. Er besteht also aus Schichten oder Schalen, die ihrer Substanz nach chemisch und physi- kalisch voneinander verschieden sind. Besonders interessant ist der Umstand, daß mit Alkohol 17 bis 22% eines Harzes extrahiert werden können, das bereits bei 105° C. schmilzt. Nun besitzen amorphe Körper aber die Eigentümlichkeit, unterhalb ihres Schmelzpunktes nicht nur teilweise in den flüssigen Zustand überzugehen, sondern, wie Spring2) zeigte, sogar teilweise zu vergasen. Deshalb besitzt Succinit bereits bei gewöhnlicher Temperatur die Fähigkeit, verschiedene Wandelungen zu erfahren. Deshalb kann man aber auch — wie wir später sehen werden — eine teilweise Vergasung der Harzmasse bei den Temperaturen voraussetzen, wie sie bei dem Erhitzen von Bernsteinstücken angewendet wurden (Tabellen 5 bis 8). — Es ist nun wohl anzunehmen, daß bei der lang- sam verlaufenden Verwitterung die Harzbestandteile von niederem Schmelz- punkte fast ausschließlich eine Verflüchtigung oder sogar langsame Verbrennung erfahren, so daß die dichteren und schwerer schmelzbaren Zurückbleiben. Bei der oberflächlichen Veränderung der Stücke nimmt das spezifische Gewicht mit der Bräunung zu, während der Brechungsquotient, infolge des Schwindens des wahrscheinlich stärker lichtbrechenden und leichter schmelzbaren Harz- bestandteils, eine Abnahme erfährt. Die ermittelten und auf Tabelle 2 angeführten spezifischen Gewichte lassen sich jedoch nicht ohne weiteres verwenden, wie die für die Plattendicke an- geführten Werte sofort zeigen. Die letzteren weichen teilweise erheblich von- einander ab und deuten darauf hin, daß die Oberflächen der einzelnen Stücke recht verschiedene Größe besitzen. Da von ihnen aus aber die Verwitterung der Stücke erfolgt und deshalb an ihnen die Harzmasse auch ein anderes spezifisches Gewicht hat, als die frischere innere Masse, so werden statt der Veränderungen an der ganzen Oberfläche nur die an den beiden zur Messung verwendeten Flächen in Betracht zu ziehen sein. — Da die Dichte des voll- ständig reinen Materials d = 1,0665 ermittelt ist und der Kern solcher natürlichen Farbstücke aus unverändertem Material besteht, so wurde eine Umrechnung der an den natürlichen Proben gefundenen Werte in der folgenden Weise vorgenommen: Die Differenz aus dem spezifischen Gewichte des vor- liegenden und des vollkommen frischen Materials wurde im Verhältnis der ganzen Oberfläche zu den beiden in Frage kommenden Seiten geteilt. Darauf wurde der auf die beiden größten Seiten fallende Anteil zum Werte für das spezifische Gewicht des reinen Materials geschlagen. Diese Berechnung kann 0 Helm, Otto : Notizen über die chemische und physikalische Beschaffenheit des Bern- steins. Arch. d. Pharm. Bd. 8, Heft 3, 1877; S.-A., S. 12. 2) Spring, W. : Sur l’apparition, dans l’etat solide, de certains proprietes caracteristiques de l’etat liquide ou gazeux des metaux. Bull, de l’acad. royale des Sciences, des lettres et des beaux-arts de Belg'ique. 3^2 serie, t. 28, Bruxelles 1894, S. 23 — 46; cf. S. 42 — 44. 9 3 Sehr. d. N. G. ßd. XI, Heft 4. 34 mit Sicherheit durchgeführt werden, da der durch Oxydation veränderte Teil des Bernsteins sich ja nur verhältnismäßig wenig tief ins Innere hinein ausdehnt. Tabelle 3. Nr. Gesamte Ober- fläche in qmm Oberfl. der beiden Maßflächen in qmm Gesamtes spez. Gewicht Differenz der spez. Gewichte Für 2 oxydierte Flächen berech- netes spez. Gew. Brechungs- quotient 1 1390,86 1051,20 1,0912 0,0247 1,0852 1,515 2 807,50 387,50 1,0774 0,0109 1,0717 1,532 9 o 903,14 491,85 1,0795 0,0130 1,0736 1,530 4 1044,50 560,28 1,0703 0,0038 1,0685 1,528 (?) 5 1299,281) (?) 582,401) (?) 1,0816 0,0151 l,0733i) (?) 1,517 Weil sich ergeben hat, daß mit der tieferen Färbung der Stücke auch das spezifische Gewicht zunimrat, war es von Interesse zu untersuchen, bis zu welcher Höhe dieser Wert an wachsen kann. Da ferner selbst tief rotbraun gefärbte Stücke immer noch einen verhältnismäßig großen Kern aus frischer oder doch frischerer Masse enthalten, so drückt dieser das Eigengewicht der äußeren Teile bei der Gesamtmessung immer wieder hinab. Abgetrennte Stückchen lieferten daher kein Material von vollständig gleichmäßiger Ausbildung. Des- halb wurde eine Isolierung mittels einer schweren Flüssigkeit vorgenommen. Als solche wurde eine konzentrierte und filtrierte Lösung von Kochsalz in destilliertem Wasser verwendet. Die äußeren Teile mehrerer großer, stark verwitterter Bernsteinstücke wurden durch Stoßen im Mörser auf ein möglichst gleichmäßiges Korn gebracht. Bei dieser Behandlung ließ der verwitterte Succinit leicht eine Zertrümmerung zu, da mit dem Fortschreiten des Oxydations- vorganges auch die Sprödigkeit des Materials wächst. Vor allem wurde frei- lich darauf geachtet, daß die durch den Zerklüftungsprozeß erzeugten, kleinen Prismenstücke möglichst als Ganzes abbröckelten. Die gewonnenen Körnchen und Stückchen, welche im Mittel einen Durchmesser von zirka 0,25 mm be- besaßen, kamen dann in die Scheideflüssigkeit. Durch vorsichtigen Zusatz von Wasser konnte man nun leicht eine geringe Menge des schwersten Materials absondern und dann durch den geöffneten Verschluß des Scheidetrichters abziehen. Die gewonnenen Proben wurden wiederholt mit siedendem Wasser auf dem Filter gewaschen, bis die abfließende Flüssigkeit eine Lösung von Silbernitrat nicht mehr trübte. Darauf wurden sie bis zum konstanten Gewicht über Chlorkalzium getrocknet. Unter dem Mikroskope zeigte sich, daß die erhaltene Substanz — wie man bereits erwarten durfte — nicht einheitlich war. Die Bernsteinstückchen waren fast ausnahmslos von feinen Kluftflächen und Rissen durchsetzt und hatten daher vielfach auf diesen während ihrer Lagerung in der Erde den zirkulierenden 0 Dieses Stück war an dem einen Ende abgerundet, so daß ein vollkommen genauer Wert, für die eine Ausdehnung nicht gemessen werden konnte. io Wassern zum Absetzen von Markasit willkommene Gelegenheit geboten. Anderer- seits machte es sich unangenehm bemerkbar, daß die abgetrennten Teile nicht durch Kräfte der Adhäsion an die minder veränderten Partien gebunden waren, wie etwa die verschiedenen Mineralien eines Gesteins. Infolge des allmählichen Überganges von frischerem in patiniertes Material fanden sich vielfach Splitter von teilweise lichterer Färbung, die an dem einen Ende durch Oxydation be- sonders tief gebräunt waren. Andere Bestandteile der gewonnenen Proben von zartgelber Tönung, die auch geringe Mengen von Markasit enthielten, hatten ebenfalls ein spezifisches Gewicht angenommen, das dem des verwitterten Bernsteins sehr ähnlich war. Bei der Zerkleinerung der größeren Stücke war die klärte und die Sprödigkeit der Kruste freilich von Vorteil gewesen, doch erwiesen sich die kleinen Körnchen, die aus der polygonal zerklüfteten Rinde entstanden waren, auch in anderer Hinsicht untereinander durchaus nicht ein- heitlich. Hatten sie sich direkt von der Oberfläche abgetrennt, so waren die äußeren, dünnen Schichten dunkler wie die Kerne. Nur dort trat die lichtere Farbe des frischeren Steins ohne weiteres auf, wo das säulenförmige Stückchen sich abgelöst hatte. Das traf jedoch nicht immer ohne weiteres zu. Bald zeigten sich die kleinen Stückchen freilich nur bis auf eine Bruchfläche von der dunkelsten Schicht umgeben, meist besaßen sie jedoch mehrere frische Spaltflächen. Ein hoher Grad von Genauigkeit konnte daher durch die vorgenommene Scheidung allein nicht erzielt werden. Das Material wurde deshalb durch Auslesen sorgfältig von den erwähnten Verun- reinigungen befreit. Das spezifische Gewicht ist an drei Proben bestimmt; die erhaltenen Werte sind auf den leeren Raum und auf Wasser von -f 4° C. reduziert. Danach schwankt die Dichte der erhaltenen Proben zwischen 1,1513 und 1,1738 und beträgt im Mittel 1,1588. Aus dem oben Angeführten ergibt sich jedoch, daß die hierbei erhaltenen Werte zu niedrig sind, da der eigentliche Wert der gewonnenen Körnchen und Brocken durch die stets noch vorhandenen, frischeren und spezifisch leichteren Kerne eine unberechenbare Verminderung erleidet. Zerdrückt man das gewonnene reine Material auf einem Objektglase, so treten bei mikroskopischer Betrachtung die licht- bis goldgelb gefärbten, frischeren Teile deutlich hervor. An diesen Proben läßt sich auch vortrefflich wahr- nehmen, wie der klare Stein sich beim Übergange in die Patina verändert. Er wird durch das Auftreten von Rissen und Sprüngen mehr und mehr zer- klüftet und zeigt schließlich das Wirrsal von derartigen Durchsetzungen in so hohem Maße, daß er — zumal bei seiner dunkeieren Farbe — fast undurch- sichtig wird. Die Messung zum Zweck der Index-Bestimmung konnte auch an neun weiteren Stücken aus den Sammlungen des Provinzial - Museums vor- genommen werden, leider machten die von ihnen eingeschlossenen Bläschen und organischen Reste eine gleichzeitige Bestimmung des spezifischen Ge- wichtes unmöglich. ii 3* 36 Tabelle 4. Nr. Dicke in mm Farbe Strich Index 1 2 Q O 4 5 6 7 8 9 7.68 9,27 10,62 5,73 5.68 5,57 3,76 3,72 2,85 | goldgelb goldgelb mit einem Stich ins Rotbraune weiß weiß mit einem Stich ins Gelbliche 1,534 (?) 1,522 1.530 (?) 1,537 1.531 1,526 1,497 1,514 1,496 Aus Tabelle 4 geht hervor/ das Nr. 1 einen recht hohen Brechungs- quotienten hat, ebenso wie Stück 3 und Stück 4, welche noch auf der Grenze zwischen den lichteren und den oberflächlich bereits deutlich dunkler gefärbten Proben stehen. Yon den letzeren haben die mit Nr. 7, 8 und 9 bezeichneten die kleinsten Indizes. Da sie eine verhältnismäßig geringe Dicke besitzen, sonst aber dieselbe Färbung haben wie die letzten sechs Stücke, so ergibt sich, daß bei ihnen die Vorgänge der Verwitterung besonders weit vorgedrungen sind. Die Gesetzmäßigkeit zwischen Lichtbrechung und Fortschreiten der Verwitterung, wie sie an den auf Tabelle 2 näher charakterisierten Stücken aufgefunden wurde, findet also hier eine Bestätigung. Nach dieser Beobachtung am patinierten Bernstein scheint es nicht un- interessant, sie in ähnlicher Weise für erhitztes Material durchzuführen. Die Untersuchungen waren besonders deshalb notwendig, weil man im allgemeinen der Auffassung zuneigt, daß die Vorgänge bei der Verwitterung sich mit denen vollständig decken, wie sie beim Erhitzen auftreten. Die äußeren Erscheinungen an den Stücken, die einmal durch sogenannte langsame Verbrennung und andererseits mittels Beschleunigung dieses Prozesses durch Erhitzen verändert wurden, stimmen freilich gut überein. Auch hier treten einige Teile mehr hervor als andere. Größere und kleinere Partien der Proben sinken scheinbar neben den benachbarten hinab. Hiervon, wie von anderen Störungen an den ebenen Meßflächen, kann man sich leicht überzeugen, wenn man letztere spiegeln läßt. Risse, wie die Rinde des verwitterten Succinit sie aufweist, treten auch hier auf. Bei zwei kleinen Platten war bereits nach dem ersten Erhitzen (acht Stunden auf 156,9° 0.) eine große Menge von ihnen aufgetreten. Bei unbewaffnetem Auge erwecken sie den Anschein, daß einzelne Partien der Oberfläche rauh geworden seien. Unter dem Mikroskop weisen diese Stellen viele kleine, unregelmäßig verteilte oder in Zügen angeordnete, schwach gekrümmte Risse auf, die den Gedanken wachrufen, sie wären mit dem Fingernagel in eine erweichte Masse hineingedrückt. Bei weiterer Erwärmung nahm ihre Zahl kaum zu. Sie sind stets im gleichen Sinne angeordnet: Die Öffnung ihrer Krümmung liegt nach derselben Richtung hin. Sie haben sich 12 37 nur oberflächlich gebildet, stehen auf den Flächen senkrecht und hören nach der Tiefe der Plättchen hin bald auf. Unregelmäßigkeiten in der inneren Struktur machten sich dadurch bemerk- bar, daß scheinbar ohne ersichtlichen Grund die Stücke an größeren und kleineren Teilen eine dunklere Färbung anuahmen und hier deshalb auch eine Dichte der Substanz und einen Brechungsquotienten erhielten, die von denen der anderen Teile recht erheblich abwichen. Daß die Messungen an diesen Stücken Resultate ergaben, die sich nicht in Einklang miteinander bringen lassen wollen, ja sich sogar widersprechen, dürfte deshalb nicht allzu wunder- bar erscheinen. Die Untersuchungen über die Einwirkung der Wärme auf den Stein sind nicht als Ganzes vorgenommen worden. Verschiedene Male wurden sie bis auf weiteres unterbrochen, weil ein Vergleich der gewonnenen Resultate keine verwendbaren Resultate ergab. Da vermutlich irgend welche Fehler die Ver- anlassung zu diesem Mißlingen hätten sein können, so wurde mit frisch ge- schnittenen Platten die Untersuchung noch einmal begonnen und schließlich — wieder unter Wahrung der äußersten Vorsichtsmaßregeln und unter Auf- wendung der größten Sorgfalt — noch an vier weiteren Plättchen wiederholt, freilich mit demselben, wenig zufriedenstellenden Erfolge. Die hierbei gewonnenen Resultate sind in den Tabellen 5 bis 8 niedergelegt. Bei der Erwärmung der Stücke wurde in der folgenden Weise verfahren. Die Plättchen wurden alle zusammen denselben Bedingungen ausgesetzt. Nach- dem jedes in weißes Papier eingehüllt war, wurden sie zusammengepackt und mit einer großen Menge Hüllen aus porösem Papier umgeben. Dieses hatte den Zweck, das Material vor einer plötzlichen Erhitzung beim Einbringen in den angewärmten Ofen zu schützen und andererseits eine schnelle Abkühlung zu verhindern, wenn nach Ablauf der bestimmten Zeit die weitere Erwärmung unterbrochen wurde. Die strahlende Wärme der Ofen Wandungen wurde durch Asbestplatten abgehalten. Die Reihe der Versuche konnten nur solange fort- gesetzt werden, als die Durchsichtigkeit der Platten eine Bestimmung des Brechungsindex zuließ. Um die abgelesenen Temperaturen richtigzustellen, bediente ich mich der Korrektion nach Reimbach1). Vor Ermittelung des jedesmaligen spezifischen Gewichtes wurden mittels einer feinen Feile die schmäleren Seitenflächen der Plättchen von der Patina befreit und poliert, so daß nur die Substanz des Kerns mit der veränderten Rinde der beiden parallelen Beobachtungsflächen zur Untersuchung gelangte. Um den Überblick zu erleichtern, ist die Zeit, während der die Wärme auf die Stücke einwirkte, mit der Temperatur multipliziert worden. Da das Schwanken der Werte, wie sie durch die Messungen gewonnen wurden, ihre Verwendung zur Zeichnung von Kurven ausschloß, so unterblieb eine weitere Umrechnung der aus den sich ver- 0 Reimbach, E. : Zur Korrektion der Thermometer ablesungen für den herausragenden Faden. Berichte der Deutsch. Chem. Ges., Jahrg. 22, Juli -Dezember, 1889, S. 3072—3075. 13 38 ändernden Faktoren berechneten Produkte. Anderenfalls hätte in Betracht ge- zogen werden müssen, daß nach Ostwald die Geschwindigkeit der chemischen Vor- gänge sich bei der Erhöhung der Temperatur um 10° C. ungefähr verdoppelt. Die Tabellen 5 bis 8 lassen immerhin einige allgemeine Tatsachen erkennen. Vorzugsweise sind es die dickeren, in sich festeren Platten, welche den von innen her wirkenden, verschiebenden und deformierenden Kräften einen größeren Widerstand entgegenzusetzen vermögen. Die an ihnen gefundenen Werte sind deshalb allein von größerer Bedeutung. Hier erkennt man zunächst, daß die Dicke der Platten mit der Einwirkung der Temperatur abnimmt. Es wird hiermit die bereits aus anderen Tatsachen ermittelte Gesetzmäßigkeit bestätigt, Tabelle 5. Tabelle 6. Zeit und Temp. sowie Produkt aus beiden Farbe Strich Platten- dicke in mm Spez. Gewicht Index Platten- dicke in mm Spez. Gewicht Index — klar durchsichtig, schwach gelblich weißlich 3,60 1,0642 1,517 (?) 3,56 1,0615 1,518 (?) 3 Std., 128,530 386 gelblich bis gelb gelblich 3,61 1,0557 1,512 (?) 3,55 1,0557 1,502 (?) 3 Std., 130,11° 390 weingelb licht ochergelb 3,59 1,0566 1,519 (?) 3,53 1,0554 1,489 (?) 3 Std., 140,33° 421 bräunlichgelb ochergelb 3,60 1,0582 1,516 (?) 3,54 1,0564 1,510 3 Std., 149,650 449 ocherfarben 3,59 1,0575 1,524 3,49 1,0541 1,529 31/6St.,129,03° 409 braun gelb mit einem Stich ins 3,56 1,0567 1,514 3,53 1,0556 1,533 3 Std., 150,670 452 Grauliche 3,61 1,0586 1,516 (?) 3,54 1,0572 1,499 3 Std., 181,690 545 tiefer braungelb ocherfarben, ins Bräunliche spielend, mit einem Stich ins Grauliche 3,58 1,0560 1,517 (?) 3,52 1,0553 1,506 (?) 3 Std., 206,58° 620 3 Std., 144,99° 435 rotbraun gelb- bis nuß- braun, mit graulichem Stiche 3.59 3.60 1,0537 1,0536 1,513 (?) 1,519 3,50 3,56 1,0543 1,0554 1,505 1,528 Schwankungen in der Platten- dicke in mm — — 0,05 — — 0,07 — — daß bei den Oxydationsvorgängen eine Kontraktion des Succinit stattfindet. Wo im Gegensätze dazu eine Zunahme des Volumens nachgewiesen werden kann1), handelt es sich um die Anfänge der Oxydation, verbunden mit einer Lockerung der Substanz. Zuerst wird freilich Sauerstoff vom Succinit gebunden und so eine geringe Vermehrung der Masse veranlaßt, bald darauf setzt aber die Abscheidung von Kohlendioxyd und Wasserdampf ein, und das Volumen wird mehr und mehr verkleinert. Mit der Patinierung erfolgt eine Ab- i) Dahms, P. : Mineralog. Unters, über Bernstein. V. Klären des Succinit auf trockenem Wege. Diese Schriften. N. F. Bd. 9, Heft 2, 1896, S. 11. 14 39 Tabelle 7. Tabelle 8. Zeit und Temp. sowie Produkt aus beiden Farbe Strich Platten- dicke in mm Spez. Gewicht Index Platten- dicke in mm Spez. Gewicht Index — klar durchsichtig, schwach gelblich weißlich 6,19 1,0739 1,516 (?) 8,22 1,0754 1,525 3 Std., 128,530 386 gelblich bis gelb gelblich 6,14 1,0680 1,526 8,16 1,0686 1,523 (?) 3 Std., 130,110 390 weingelb licht ochergelb 6,14 1,0655 1,519 8,14 1,0674 1,524 3 Std., 140,330 421 bräunlichgelb ochergelb 6,11 1,0630 1,513 8,13 1,0649 1,529 3 Std., 149,650 449 ocherfarben 6,19 1,0622 1,505 8,14 1,0643 1,530 (?) 31/6St.,129,03° 409 braungelb mit einem Stich ins 6,13 1,0622 1,516 8,15 1,0649 1,519 3 Std., 150,670 452 Grauliche 6,13 1,0639 1,517 (?) 8,15 1,0651 1,520 3 Std., 181,690 545 tiefer braungelb ocherfarben, ins Bräunliche spielend, mit einem Stich ins Grauliche 6,13 1,0620 1,523 8,11 1,0634 1,527 3 Std., 206,580 620 3 Std., 144,990 435 rotbraun gelb- bis nuß- braun, mit graulichem Stiche. 6,12 6,09 1,0591 1,0582 1,519 (?) 1,522 (?) 8,13 8,10 1,0608 1,0593 1,516 1,516 Schwankungen in der Platten- dicke in rnm — — 0,10 ! — — 0,12 — — nähme der Dichte; hier liegen die Verhältnisse also umgekehrt, als bei der in der Natur vor sich gehenden Bildung der Patina. Diese Abnahme ist nach der ersten Einwirkung der Wärme am bedeutendsten, jedenfalls deshalb, weil die ganze, noch vollständig frische Oberfläche für die Vorgänge der Oxydation eine vorzügliche Gelegenheit bietet. Ähnliche Resultate ergeben sich auch aus den Untersuchungen von fünf weiteren Bernsteinplättchen. Da das Schwanken der Werte innerhalb der Versuchsreihe bereits aus den vorigen vier Tabellen zur Genüge bekannt ist, so wird nur neben den Daten des Ausgangsmaterials das Endergebnis aufge- führt. Um einen besseren Überblick zu erhalten, ist in Tabelle 9 eine Umrechnung auf die Temperatur von 140° vorgenommen worden; d gibt den Wert für die Dichte, n den zugehörigen Brechungsquotienten an. Mit jeder weiteren Erhitzung schreitet die Abnahme der Dichte mehr und mehr vor, freilich mit stetig verminderter Geschwindigkeit. Gleichzeitig mit dem spezifischen Gewichte des Succinit nimmt auch der Brechungsindex ab, eine Tatsache, die sich freilich nur aus Tabelle 8 und 9 erkennen läßt. Bei der Einwirkung der Wärme auf den Bernstein konnte, wie bereits erwähnt wurde, eine Reihe von Veränderungen der Stücke wahrgenommen werden. Über sie soll an dieser Stelle ausführlicher berichtet werden. Zuerst 15 40 Tabelle 9. Nr. 1 2 3 4 5 Frisches | d 1,0670 1,0652 1,0692 1,0650 l,0719i) Material 1 n 1,519 1,519 1,519 1,519 1,519 Zeit der Wärme- wirkung in Stunden 3424 6150 58M 2049 2049 Verändertes j d 1,0546 1 ,0544 1,0545 1,0536 1,0581 Material l n 1,500 1,496 (?) 1,481 (?) 1,503 1.507 (?) ist wohl zu fragen, wo die Veranlassung zu all diesen deformierenden Kräften zu suchen ist. Früher wurde angenommen, daß kleine Bläschen im Inneren der fossilen Harzsubstanz jeden Sprung, der entstand, veranlaßt hätten. Diese Ansicht kann leicht widerlegt werden. Wirft man ein sorgfältig untersuchtes, vollständig homogenes und isotropes Succinit-Plättchen in heißes Ol, so tauchen sofort glänzende Sprünge auf, welche mit denen die größte Ähnlichkeit haben, die auch sonst beim schnellen Erwärmen des Bernsteins entstehen. Eine feinere Struktur, wie wir sie bei jeder größeren Sonnenflinte wahrnehmen können, fehlt bei ihnen meist, abgesehen von einer radialen Anordnung plattenartiger Partien, von denen sich gelegentlich feine, wurzelähnliche Risse, ebenfalls von radialem Verlauf, in die Bernstein-Substanz hinein fortsetzen. Im allgemeinen kann man deshalb wohl sagen, daß die Sonnenflinten langsam entstandene Sprünge sind. — Die eben besprochenen Sprünge haben nun eine eigenartige Richtung. Bei der raschen Erwärmung der randlichen Harzteile haben diese eine schnell eintretende Dehnung erfahren und an den inneren kräftig gezerrt. Die Sprünge verlaufen deshalb auch alle zur Oberfläche senkrecht, nur wo sie in der Nähe zweier Flächen liegen, verändern sie ihre Richtung. Deshalb eignen sich auch nur diejenigen von ihnen zur mikroskopischen Untersuchung, die am Rande der beiden großen Flächen liegen. Da sie senkrecht zu den kleinen, seitlichen Flächen stehen, verlaufen sie zu den beiden großen parallel und ermöglichen so einen vollständigen Überblick über ihre ganze Ausdehnung. Bei langsamem Erwärmen entstehen die Flinten freilich meist in ganz bestimmter Anordnung, das heißt sie treten mehr oder minder parallel zuein- ander auf. Diese Orientierung ist ebenfalls auf die Entstehungsweise des Succinit, die einen „schlaubigen“ Aufbau bedingte, zurückzuführen. In An- lehnung an die von Spring gewonnenen Tatsachen wäre eine teilweise Ver- gasung des Bernstein dort am ehesten zu erwarten, wo noch verhältnismäßig viel von der ursprünglichen, unveränderten Harzsubstanz von niederem Schmelz- punkte vorliegt. Wo etwa infolge von Unebenheiten der Rinde eine Anstau- ung oder eine Ablenkung des Harzflusses stattfand, müßte dann besonders Gelegenheit zu derartigen Struktur-Veränderungen innerhalb der Bernsteinmasse gegeben sein. Auf diese Weise wäre dann die Entstehung der Sonnenflinten ]) Wie oben angegeben, beträgt der gefundene Mittelwert für d: 1,0665 und für n: 1,519, 16 41 erklärt, ohne daß man das Vorhandensein von Bläschen anzunehmen brauchte, die tatsächlich auch mit der stärksten Vergrößerung in völlig klarem Stein bisher noch nicht beobachtet wurden. Die durch die Wärme ausgedehnte, in ihnen enthaltene Luft, welche die Triebkraft zur Flintenbildung geben könnte, wird hier durch die teilweise vergaste Harzmasse ersetzt. Nehmen wir solche Unregelmäßigkeiten im Fluß der Sekrete als Ursache für die Bildung der Sprünge an, so läßt sich auch leicht erklären, weshalb diese letzteren an gewissen Stellen nicht immer vollständig eben sind, sondern gelegentlich in ihrer Form an den Mantel eines recht stumpfen Kegels erinnern. Schließlich ergibt sich auch leicht, in welcher Richtung die Sonnenflinten immer entstehen müssen: nämlich so, daß sie, den Punkten des geringsten Widerstandes folgend, sich in den Schichten der noch weniger veränderten und schneller erweichenden Harzmasse ausbilden. Bei der Behandlung des Bernsteinstückes, von dem die Ergebnisse auf Tabelle 8 angegeben sind, zeigte sich folgende interessante Erscheinung. Nach der ersten Erwärmung traten in der Mitte des Stückes zwei eigenartige, flächen- haft ausgebildete Trübungen auf, die sich bei auffallendem Lichte, mit ihrer weißlichen Farbe von der goldgelben Substanz des Succinit lebhaft abhoben. Zu einer großen Flinte, die gleichzeitig mit ihnen entstanden war, verliefen sie parallel. Ihre Form war annähernd flügel- oder federförmig, ihre Länge betrug zirka 8 mm. An ihrem Saume verliefen sie fast überall mit zarten oder ver- wischten Übergängen in die umgebende Bernsteinmasse. Wie das Mikroskop zeigte, handelte es sich um Sonnenflinten, die in ihrer Entwickelung stehen geblieben waren. Dabei lag der wunderbare Fall vor, daß sich die beiden Flächenpartien, welche auseinander traten, noch überall in Verbindung befanden. Dicht nebeneinander waren hier viele winzigkleine Tröpfchen ver- flüssigten Harzes vorhanden, die sich zwischen den auseinanderweichenden Kluftflächen gebildet hatten und mit beiden in Berührung standen. Die Druck- kräfte, welche tätig waren, hatten ihre Arbeit noch nicht vollendet, und die er- weichten Teile des Succinit waren adhärierend an beiden früher verschmolzenen Partien haften geblieben. Nach dem nächsten Erwärmen erfolgte nun freilich nicht ein Abschluß in dieser Kluftbildung. Die getrübten Stellen waren vielmehr kleiner geworden und zeigten in ihrem Inneren bereits runde und längliche Stellen, welche die Tröpfchen relativ nur sehr spärlich enthielten. Dagegen war die frühere zarte Bräunung auf den beiden Kluftflächen etwas stärker ge- worden, während das Irisieren sehr nachgelassen hatte. Jedenfalls war der Vorrat an oxydierendem Sauerstoff im Inneren des Succinitstückes so gut wie erschöpft. Als dann wieder erwärmt wurde, trat eine vollständige Klärung des Stückes ein, wie man sie auch sonst an getrübten Proben auf trockenem Wege leicht bewerkstelligen kann. Je nach dem Erweichungsgrade des Steines ist die Form der entstandenen Sonnenflinten verschieden. Bei stärker erweichtem Succinit ist die Ausbildung der auftretenden Gebilde runder oder rundlich, im anderen Falle lassen sich 17 42 mehr Risse und Sprünge wahrnehmen. Besonders schön tritt die erstere Form am Saume von größeren und kleineren Sprungflächen im Inneren der Bernstein- masse auf. Ist diese genügend erweicht, so gehen in der Richtung dieser Sprungflächen eigenartige Neubildungen vor sich. Bald haben sie die Form eines Kreissegmentes, eines Halbkreises oder annähernd sogar einer ganzen Kreis- fläche, bald sind sie zungenförmig; dann erinnern sie wieder lebhaft an die als Dendriten bezeichneten Gebilde, wie sie ja auch gern auf Spalten — frei- lich von Gesteinen — entstehen: Die teilweise verflüssigte Harzmasse erzielt hier also ähnliche Formen, wie die auf Gesteinsklüften infiltrierten mangan- haltigen Wasser. Die hierbei entstehenden Gebilde sind bei größerer Zähigkeit des er- wärmten Succinit mehr astförmig, bei einem höheren Grade der Erweichung dagegen mehr lappenförmig und erinnern dann vielfach an die Thallusbildung gewisser Fucus- Arten. Wie die Form auch sein mag, stets sind diese neu entstandenen und entstehenden Gebilde zu dem Verlaufe der Sprunglinie (a a) senkrecht orientiert (Vergl. Abbildung 1 und 2). Eigenartige, selbständige Flinten von kreisrunder, elliptischer, ovaler, flügelförmiger Gestalt treten ebenfalls nicht allzu selten auf. Meist läßt sich an ihnen ein dunkelerer Punkt erkennen, der meist in der Nähe oder weiter Abb. 1. Thallusförmig ausgebildete Sonnen- flinte im Succinit. Vergr. 10 1. Abb. 2. Rosettenförmige Sonnenüinte mit teilweise lappigen Blättern und neuen Sprüngen, die von diesen ausgehen. Vergr. 10:1. außerhalb der Mitte liegen kann. Bei starker Abb. .3. Durch Risse gebildete Sonnenflinte im Succinit. Vergr. 15: 1. Vergrößerung löst er sich in kleine Trümmer- stückchen, und gelegentlich auch in eine ver- flüssigte Harzmasse auf, die wohl nachträglich eine teilweise Verkittung herbeiführte und nicht allzuselten auch die bereits erwähnten, lappigen Gebilde erkennen läßt. Dieser Aus- gangspunkt, der wohl stets vorhanden ist, hat jedenfalls die Meinung auf kommen lassen, daß zur Entstehung jeder Sonnenflinte stets ein Bläschen im Bernstein vorhanden sein müsse. Die Partien, die von hier aus radial verlaufen und die Flinten auf bauen, haben bald die Form eines fein verzweigten Wurzelwerkes, das mit seinen derberen Teilen dem Ausgangspunkte zugewendet ist, während seine feinsten Fäserchen sich weit in die umgebende Harzmasse hinein erstrecken. Bald sind die Verästelungen mehr nach Art eines Flächen- systems ausgebildet. Geht diese Veränderung weiter vor sich, so entstehen wieder jene dendritischen Gebilde. Wächst die Sonnenflinte, so vermögen bei den wurzelförmigen Partien die feinen Risse stärker zu werden und zu ver- schmelzen. Die Flinte hat dann die Form einer Rosette angenommen, deren 18 43 einzelne Blätter kurz und mehr oder weniger breit lanzettlich sind (Abbildung 3). — Gelegentlich liegen die Flächenstücke der Flinte auch nicht in derselben Ebene, sondern weichen gegeneinander unter einem kleinen Winkel ab, der überall die gleiche Größe hat. Es erinnert das Gebilde dann an das Flügelrad eines Windmotors, dessen Teile dicht aneinander gelegt wurden. Diese letzteren hatten in einem Falle Federform, waren am Rande ungleich gezähnt-gekerbt und etwa achtmal so lang als breit; einige unter ihnen hatten sogar im Ver- hältnis eine doppelt so große Länge. Der größte dieser Sprungflächenteile zeigte eine fast geradlinige Umrandung; die feinere Struktur löste sich unter dem Mikroskope bei ihnen allen in ein System von feineren und feinsten Sprüngen auf. Um ein Bild von all den Ausbildungsformen zu geben, die gelegentlich auftreten können, sei eine solche Sonnenflinte, bei der sie fast alle gleichzeitig auftreten, näher beschrieben. — Es liegt ein längliches, flügelförmiges Gebilde vor, in dessen Mitte, und zwar der Länge nach orientiert, die feinkörnige Substanz liegt. Diese besteht, wie bereits erwähnt, aus einer halb körnig- schuppigen, halb thallusförmigen Harzmasse. Nach dem Umfange zu verlaufen von hier aus radial angeordnete, federförmige bis thallusartige, verästelte Ge- bilde. Im unteren Teile, d. h. nahe der Wurzel dieses flügelförmigen Sprung- systems, ist ein breiter Saum, der in der Mitte die größte Breite erreicht. An seinem Innenrande findet man wieder die feinkörnige Masse, während sich nach außen hin radial verlaufende Sprungflächen ansetzen. Bei dem darauf folgenden Erwärmen sind die Risse über die Peripherie des Flügels hinaus- gegangen: dabei haben sie dieses Gebilde etwa um das Dreifache verbreitert. Sie verlaufen trotz ihrer Anordnung der Hauptmasse nach fast parallel zu- einander. Dort, wo sie endigen, schicken sie Risse in die benachbarte, intakte Harzsubstanz, um die Bildung neuer Sprünge vorzubereiten. Der Übergang der feinen, nadelförmigen Risse in äußerst spitzwinkelig dreieckige Sprünge, die Verbreiterung dieser und das Ausgehen neuer, spitzwinkeliger und dreieck- förmiger Sprungflächen wieder von deren Seiten aus läßt sich gut wahrnehmen. Diese dreieckigen, vordringenden Sprungflächen haben infolge der aufsitzenden, neuen, dreieckförmigen Sprünge das Aussehen von kleinen Sägeblättern. — An anderen Stellen, wo eine solche Regelmäßigkeit in der Sprungrichtung nicht stattgefunden hat, ist die Harzmasse in unregelmäßig begrenzte Lappen und Fetzen zerklüftet. Wenn man alle diese Sprünge an ihrer Peripherie betrachtet, scheint es, als seien sie dachziegelartig übereinander gelegt, resp. etwas steiler gegeneinander gestellt. Dabei liegen sie entweder ganz dicht zusammen oder in größerer Entfernung voneinander. Wie ich bereits an anderer Stelle hervorhob, wachsen die Sprünge, nachdem sie eine ganz bestimmte Größe erreicht haben, bei weiterem Er- wärmen nicht mehr. Es tritt also ein Stillstand ein, sobald ein Gleich- gewichtszustand zwischen den Spannkräften der Harzbestandteile im Inneren des Succinit eingetreten ist. 19 44 Daß tatsächlich ganz bestimmte Druckkräfte im erhitzten Bernstein vor- handen sind, zeigt sich an Sprüngen, die dicht unter der Oberfläche entstehen, bei denen also die umgebende Harzmasse von außen her nur einen geringen Widerstand entgegensetzen kann. Eine solche Sonnenflinte von zirka 3 mm Länge und zirka 1 mm Breite war unter geringer Neigung gegen eine der Hauptflächen im Succinit entstanden. Dort, wo der Sprung die Oberfläche hätte durchdringen müssen, war die erweichte Masse ausgewichen: sie hatte nachgegeben und sich emporgewölbt. Läßt man das Stück, welches vor dem Erwärmen sorgfältig geschliffen und poliert war, spiegeln, so kann man ohne Anstrengung die Stelle entdecken, an der die Harzmasse emporgetrieben wurde. Diese Unebenheit ist, von der Stelle des sanftesten Emporsteigens an gerechnet, ungefähr 4 mm lang und 2 mm breit. Wo der Sprung fast in die Luft austritt, hebt sich die Wölbung verhältnismäßig steiler empor, an allen anderen geht sie sanft in die große Fläche über. In anderen Fällen wurde sogar beobachtet, daß die sonst nur als flächenartige Gebilde bekannten Flinten in der Nähe der Oberfläche in ellipsoidische und am Rande sogar in fast kugelrunde Bläschen übergehen. — Die Flintenbildung beim Kla- rieren des Bernsteins auf nassem Wege geht in völlig entsprechender Weise vor sich. Die wenig zufriedenstellenden Ergebnisse beim Erhitzen des Succinit lassen sich nunmehr erklären. Die gelegentlich auftretende Bildung von Trübungen durch Bläschen mit nachträglicher Klärung, sowie die Flinten, die nach der Oberfläche der Stücke hin zu größeren Bläschen werden können, veranlassen auch ein Schwanken des spezifischen Gewichtes. Da dieses stets für den ganzen Stein, der Brechungsindex dagegen nur für einige wenige Stellen be- stimmt wird, so ergibt sich leicht, wie die Erscheinungen unregelmäßig und scheinbar ohne jeden Zusammenhang miteinander verlaufen können. Dieses Schwanken in den gefundenen Werten ist noch dadurch befördert, daß einmal selbst das reinste Ausgangsmaterial in physikalischer und chemischer Hinsicht nicht vollkommen gleichwertig ist, und daß andererseits nach jeder vor- genommenen Erhitzung die randlichen Partien der schmäleren Seitenflächen mit der Feile abgetragen wurden. Diesen Untersuchungen an erhitztem Steine dürften sich solche mit Succinit- stücken gut anschließen lassen, die im Ölbade behandelt wurden. Die hierbei verwendeten fünf Stücke zeigten folgende Beschaffenheit : Probe 1 ist mit Drachenblut, das in warmem Öl gelöst war, gefärbt. Der Bernstein hat durch diese Behandlung eine braunrote Färbung angenommen und erinnert in seiner Tönung an alten Portwein. Verwendet wird zur Her- stellung derartiger, im Auslande vielfach begehrter Stücke meist minderwertiges, ungleichmäßig getrübtes oder durch stellenweise Anhäufung von Bläschen fleckiges Material. — Von Succinit, der durch Verwitterungsvorgänge ähnlich gefärbt ist, läßt sich der gefärbte Stein leicht dadurch unterscheiden, daß sein Strich weiß mit einem zarten Stich ins Gelbliche, der des 20 45 dunkler gefärbten, natürlich vorkommenden Succinit dagegen mehr oder weniger ausgesprochen gelb bis bräunlich gefärbt ist. Probe 2 besteht aus Succinit, der der Hauptmasse nach rein „flohmig“ war. Nach der einen Fläche hin findet sich in ihm ein System von mehr knochenfarbigen, konzentrisch angeordneten Bernsteinpartien eingebettet vor. — Durch das Klarieren im Ölbade wurde ein vollkommen klares, goldgelbes Produkt erhalten. In seinem Inneren zeigten sich nun zwei Flinten, die durch das Klären hervorgerufen waren, und zwar, wahrscheinlich auf dieselbe Veranlassung hin, in derselben Ebene nacheinander. Die eine von ihnen ist derber und kleiner, fast schuppenförmig, die andere feiner und zarter, aber ungefähr doppelt so groß. Probe 3 stellt einen dichten, weißen Knochen, sogenannten „Halbbastard“ nach R. Klebs dar, aus dem durch denselben Prozeß ein vollständig klares, blaßgelbes Stück erhalten wurde. Probe 4 besitzt dasselbe Ausgangsmaterial wie Nr. 3. Ein Plättchen davon war gemeinsam mit den auf Tabelle 5 bis 8 aufgeführten Täfelchen bis auf die Temperatur von 206,58° erwärmt worden, ohne daß es sich soweit aufgehellt hätte, um durchsichtig zu werden. Erst nach einem Erwärmen auf zirka 60° währeud eines Zeitraumes von 12 Wochen hatte es sich fast voll- kommen geklärt. Durch Behandlung mit der Feile und Schleifen mittels be- feuchteter Schlämmkreide wurde die dunkler gefärbte, veränderte Substanz von der Oberfläche entfernt. Da die Trübung nicht vollständig beseitigt werden konnte, war eine Bestimmung des spezifischen Gewichtes zwecklos. Probe 5 stellt klaren Bernstein von lichtgelber Farbe dar, dessen Brechungsquotient n — 1,534 ermittelt wurde. Beim Erwärmen im Ölbade nahm er eine goldgelbe Farbe an: ein Beweis dafür, daß sich in ihm Oxydations- vorgänge abspielten. Die beiden größeren planparallelen Flächen waren dabei uneben geworden; vorzugsweise zeigte die eine in hohem Grade diese Ver- änderung. Dort nämlich, wo die entstehenden Sonnenflinten dicht unter der Oberfläche entstanden waren, hatten Hebungen stattgefunden, die sich an ver- schiedenen Stellen in der Form zarter Aufwölbungen bemerkbar machten. Ließ man an diesen Flächen Licht reflektieren, so zeigten sich ihre Uneben- heiten in auffälliger Weise. Bei der Bestimmung des Index wurden aus diesem Grunde auch derart verschiedene Werte erhalten, daß erst nach dem Schleifen und längerem Polieren der Plättchen mittels Schlämmkreide auf Flanell an den wieder geebneten Flächen die Messungen fortgesetzt werden konnten. Die an derart zugerichteten Stücken gefundenen Werte sind der Tabelle 10 eingefügt. Wurde die Behandlung mit erwärmtem Öl fortgesetzt, so sank das spezifische Gewicht weiter bis auf 1,0601 hinab; die Oberflächen waren wieder wellig geworden, doch gelang es trotz sorgsamen Polierens nicht mehr, Platten zu erhalten, an denen eine Fortsetzung der Messungen möglich gewesen wäre. Die sechs bestimmten Werte für den nunmehrigen Index liegen mehr oder weniger weit auseinander, jedenfalls weichen sie so stark voneinander ab, daß sie im Mittel nur einen solchen von sehr geringer Bedeutung haben; er liegt 21 46 nahe bei 1,510. Daß das Resultat nach dieser letzten Behandlung so ungünstig ansfallen würde, war bereits im voraus zu erkennen, da das Bild des Test- objektes beim Überführen der Succinitplatte fortgesetzt Verzerrungen zeigte. Tabelle 10. Nr. Ausgangs- Dicke fl PY’P? ö f f p Spez. Aussehen nach Spez. Brechungs- material uoi i lallt in mm Gewicht der Behandlung Gewicht index 1 — 5,36 — Mit ,, Drachenblut“ braunrot gefärbt1) 1,0682 3,519 2 ' Flohmiger Stein J) 11,81 1,0814 Im Ölbade klariert, goldgelb b 1,0771 1,511 3 1 6,44 1,0468 Im Ölbade klariert, blaßgelb 1,0542 1,510 Halbbastard 1 4 1,06 1,0468 Durch Erwärmen geklärt, goldgelb — 1,5.39 5 Lichtgelb gefärb- tes, klares Stück 3,46 1,0765 Im Ölhad e erwärmt, goldgelb 1 1,0628 1,510 (?) (n = 1,534) Der Index der mit Öl behandelten Proben ist in allen Fällen verhältnis- mäßig klein; seine Größe schwankt zwischen 1,510 und 1,519. Dagegen hat Probe 4, obgleich sie dasselbe Ausgangsmaterial besitzt wie Nr. 3, einen verhältnismäßig hohen Brechungsquotienten aufzuweisen. Gemeinsam wäre also allen auf nassem Wege klarierten und gefärbten Stücken der verhältnismäßig kleine Brechungsquotient. Der Umstand, daß das spezifische Gewicht des geklärten Halbbastards nach der Behandlung größer ist, wie vordem, scheint zuerst recht auffallend. Bei früher angestellten, ähn- lichen Versuchen mit undurchsichtigen Bernsteinstücken ergab sich stets eine Gewichtsabnahme. Als Erklärung für dieses abweichende Verhalten ist nur darauf hinzuweisen, daß die Einwirkung von Öl auf den zu klärenden Stein bei möglichst niederer Temperatur vorgenommen wurde, so daß das Öl freilich in die Hohlräume eindringen und sie anfüllen, andererseits aber noch nichts von der Harzsubstanz auflösen konnte. Die Tatsache, daß der Brechungsindex bei der Behandlung im Ölbade abnimmt, scheint einer alten Angabe entgegenzustehen, nach der so geklärte Stücke „eine mehrere pellucidität und Geschicke bekämen, die radios zu con- centrieren und reflektieren“. Tatsächlich handelt es sich bei dem zu Brillen und Vergrößerungsgläsern verarbeiteten Succinit nicht um eine Vergrößerung des Brechungsquotienten als vielmehr um eine Steigerung der Lichtdurchlässigkeit. Eine solche wird aber, wie a. a. 0. bereits ausgeführt wurde, tatsächlich auf diese Weise bewirkt; es gelingt dem Bernsteinarbeiter, die Aufhellung über sanftem Feuer soweit fortzusetzen, daß schließlich die gelbe Farbe verschwindet und ein glasartiger Körper hervorgeht. Besonders der „blaue Bernstein“ des Handels soll sich zur Herstellung derartiger Präparate vorzüglich eignen2). 0 Aus den Sammlungen des Westpreußischen Provinzial-Museums in Danzig. 2) Boy, 0. W. VAX: Ansichten über die Entstehung und Vorkommen des Bernsteins, sowie praktische Mitteilungen über den Wert und die Behandlung desselben als Handelsware. Gedruckt bei 0. W, Sabjetzki. Danzig 1840, S. 39. 22 47 Optische Gegenstände aus Succinit dürften bei ihrer Härte, die über das Doppelte geringer ist, wie die des Glases, für den gewöhnlichen Gebrauch kaum brauchbar sein. Wenn wir immerhin diesen linsenförmigen Instrumenten eine gewisse Verwendbarkeit zuerkennen müssen, so fällt uns das bei der Erwägung einer Benutzbarkeit derartig hergestellter Spiegel und ähnlicher Apparate recht schwer. Vor allem ist es kaum zu verstehen, was „dergleichen aus durch- sichtigen und reinen Birnstein“ verfertigte Brennspiegel für besonders wert- volle Eigentümlichkeiten besessen haben mögen. Daß sie „viel schneller brennen, und das Pulver anzünden als die gläsernen“1) dürfte jedenfalls stark anzuzweifeln sein. Wahrscheinlich griffen die Bernsteinhändler hier auf die alten,, vielfach gerühmten Kräfte, welche im Bernstein schlummern sollten, zurück und suchten mit deren Hilfe ihre Ware anzupreisen und an den Käufer zu bringen. Schließlich bleibt noch zu untersuchen, ob eine Gesetzmäßigkeit zwischen den gefundenen Werten für das spezifische Gewicht (d) und dem Brechungs- index (n) besteht. — Mit Vorteil konnte die Formel von Gladstone und Dale2): Const — - 1 d verwendet werden. Die für die einzelnen Succinit-Gruppen gefundenen Werte werden auf den beigefügten Täfelchen 11 bis 14 aufgeführt. Die Formel von Lorentz und Lorenz in vereinfachster Form: t> _ ~ 1 1 K ~ (n2 + 2) # d ergab Resultate von ebenso guter Verwendbarkeit, während der von Barver3) vor kurzem mit Vorteil angewandte Ausdruck Const ==■ n , - == tg d d " in diesem Falle mehr oder weniger versagte. Jedenfalls ist diese Tatsache darauf zurückzuführen, daß in letzterem Falle eine Beziehung zwischen vier Werten (zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten) vorliegt und bei der verhältnismäßig geringen Genauigkeit der gefundenen Indizes die Möglich- keit eines wenig sicheren Resultates noch geringer wird, als man nach Obigem erwarten darf. !) Cartheuser, Johann Friedrich: Speeimen amoenitatum naturae et artis oder kurtze Probe von der versprochenen, gründlichen, curieusen und nützlichen, so wohl Historisch- als Physikalischen etc. Abhandlung aller Merkwürdigkeiten der Natur und Kunst. Von der Natur, verschiedenen Arten, Generation und Nutzen des Birnsteins. Sect. II ; Halle, Joh. Andreas Bauer 1733, S. 51 ff. 2) Über die zugehörige Literatur vergleiche Herz, W. : Über die wichtigsten Beziehungen zwischen der chemischen Zusammensetzung von Verbindungen und ihrem physikalischen Verhalten. Samml. ehern, und chem.-techn. Vorträge, herausgeg. v. Felix B. Ahrens. Bd. 3, Stuttgart 1899 (S. 233 — 296), S. 251 ff. 3) Barvir, Heinrich: Über die Verhältnisse zwischen dem Brechungsexponent und der Dichte bei einigen Mineralien. Sitzungsber. der Königl. Böhm. Gesellschaft der Wissen- schaften. Prag 1904. III. 23 48 Die zur Umrechnung verwendeten Werte stammen für frisches Material von Tabelle 1, für patinierten Bernstein von Tabelle 3, von Succinit, der im Ölbade behandelt wurde, von Tabelle 10 und für erhitzten Stein von Tabelle 9. Tabelle 11. Tabelle 12. Frisches Material. Patinierter Succinit. Nr. Spez. Gewiclit Index Spez. Bre- chungs- Nl*. vermögen Spez. Gewicht Index Spez. Bre- _ chungs- vermögen 1 1,0642 1,517 0,486 1 1,0852 1,515 0,475 2 1,0615 1,518 0,488 2 1,0717 1,532 0,496 3 1,0739 1,516 0,481 3 1,0736 1,530 0,494 4 1,0754 1,524 0,488 4 1,0685 1,528 (?) 0,494 5 1,0665 1,519 0,487 5 1,0733 1,517 0,482 G 1,0763 1,534 0,496 Tabelle 13. Tabelle 14. Im Ölbade behandelter Succinit. Erhitzter Succinit. Spez. Gewicht Index Spez. Bre chungs- vermögen Nr. Spez. Gewicht Index Spez. Bre- chungs- vermögen i 1,0682 1,519 0,486 1 1,0546 1,500 0,474 2 1,0771 1,511 0,474 2 1,0544 1,496 (?) 0,470 3 1,0542 1,510 0,484 3 1,0545 1,481 (?) 0,456 4 1,0628 1,510 0,480 4 1,0536 1,503 0,477 5 1,0581 1,507 (?) 0,479 Tabelle 11 zeigt in den für die Konstante berechneten Werten eine gute Übereinstimmung. Mit Ausnahme von Nr. 3 und 6 liegen sie dicht zusammen und ergeben im Mittel die Zahl 0,487, während der Durchschnittswert für alle 6 Stücke ebenfalls 0,487 beträgt, d. h. ebenso groß ist. Bei dem Succinit, der durch die beginnende Zersetzung dunklere Farbentöne angenommen hat (Tabelle 12), ist der Mittelwert 0,492, wenn man Stück 1 nicht berücksichtigt, anderenfalls beträgt er 0,488. Dieses Stück unterscheidet sich von den anderen 4 dieser Gruppe dadurch, daß es verhältnismäßig dünn und trotzdem recht tief dunkel gefärbt ist. Seine Verwitterungskruste geht in zarten Abtönungen etwa % mm tief im Inneren des Fossils in die unveränderte Bernsteinmasse über. Diese Eigentümlichkeiten zusammen mit der tiefer getönten Farbe seines Striches könnten die Vermutung auf kommen lassen, daß man hier die Entstehung der rotbraunen Oberfläche durch Anwendung von Hitze gefördert habe. Bestärkt wird diese Auffassung dadurch, daß der Wert für die Konstante dieses Stückes sich mehr den in Tabelle 14 niedergelegten anpaßt. Wenn man dagegen die auf Tabelle 7 und 8 angeführten Ergebnisse in Rechnung zieht, ergibt sich, daß eine Trennung von natürlich und künstlich patinisierten Stücken auf diesem Wege nicht möglich ist. Die berechneten Werte schwanken zwischen ziemlich 24 49 weiten Grenzen fortgesetzt hin und her, so daß nur für die Richtigkeit ihrer beiden ersten Dezimalstellen noch eingetreten werden kann. Da durch sie ein vollständiger Übergang zwischen den beiden Gruppen des tiefer gefärbten Succ-inits geschallen wird, so kann in ihnen auch kein sicheres Unterscheidungs- mittel für diese gesehen werden. In Tabelle 13 und 14 finden wir für das ermittelte spezifische Berechnungs- Vermögen weniger hohe Werte, als in den beiden vorigen. Dieses Ergebnis darf uns um so weniger überraschen, als in den meisten Fällen besonders die Brechungsquotienten und dann erst die spezifischen Gewichte — inbezug auf die entsprechenden Werte in den beiden ersteren Tabellen — eine deutlich erkennbare Verminderung erfahren haben. Das Mittel für die Konstanten werte von Tabelle 13 beträgt 0,481 und von Tabelle 14: 0,475, wenn man bei letzterer den Wert für Platte 3 nicht in Betracht zieht, anderenfalls 0,471. Daß die erhaltenen Werte oft so wenig gut in Beziehung zueinander ge- bracht werden können, hat vielfach noch einen anderen Grund. Bei der ver- schiedenen Angreifbarkeit der verschiedenen Harzkomponenten bleibt trotz der Verwitterungsvorgänge immerhin die allgemeine Struktur gewahrt. Wieweit diese bei den optischen Untersuchungen hemmend oder störend wirkt1), wage ich nicht zu entscheiden. Erwähnenswert ist noch, daß der von Istrati beschriebene und sorgfältig untersuchte Rumänit sich keiner der vier eben besprochenen Gruppen anschließen will. Die für ihn berechnete Konstante hat den Wert 0,512. Da dieser sich auch nicht einmal annähernd den in den Tabellen gegebenen anzupassen ver- mag, so ergibt sich trotz früherer Vermutungen und Überlegungen, daß auf Grund der optischen Untersuchung der rumänische Bernstein keine näheren Beziehungen zum baltischen aufweist. Diese Tatsache ist um so eigenartiger, als die chemische Zusammensetzung dieser beiden fossilen Harze, d. h. für diebesonders helle und reine Varietät des Rumänit, vollkommen gleichartig ist2). 1) V ergleiche Rinne, F. : Die Lockerung des Krystallgebäudes von Zeolithen unter dem Einfluß von Salzsäure. Centralblatt für Mineralogie etc. 1902, Nr. 2, S. 594 — 601. 2) Dahms, Faul: Mineralogische Untersuchungen über Bernstein. VII. Ein Beitrag zur Constitutionsfrage des Bernsteins. Diese Schriften. Band 10, Heft 2. 3, 1901, S. 250 — 252. — Vergleiche auch Murgoci, G. : Gisements du succin de Roumanie ävec un apercu sur les resines-fosiles : suecinite, romanite, schraufite, simetite, birmite etc. Extrait de „Asocia^iunea Romäna pentru inaintarea si respändirea sciin^elor, Memoriile Congresului de la Jasi". S. 4. 7 — 11. Sehr. d. N. G. Bd. XI, Heft 4. 25 4 50 Mittlere Monatstemperaturen von Danzi Von A. MOMBER. Mit einer Tafel. Meteorologische Beobachtungen sind in Danzig seit mehr als 200 Jahren angestellt und die Aufzeichnungen zum großen Teil erhalten. Von 1655 — 1699 hat zuerst der Rektor der Johannisschule, F. Büthner, täglich die allgemeinen Witterungserscheinungen in seinen Kalender eingetragen. Daß in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts hier schon regelmäßige Thermometerbeob- achtungen angestellt sind, geht aus vielen Zitaten hervor; erhalten sind von diesen Beobachtungen aber nur die aus dem kalten Winter 1709/10, welche lange fälschlich Fahrenheit (geb. zu Danzig am 24. Mai 1684) zugeschrieben wurden. Ferner findet man aus dem Jahre 1717 nach einer mir zugegangenen Mitteilung des Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Hellmann regelmäßige meteorologische Beobachtungen aus Danzig in Kanold’s Sammlung von Natur- und Medizin- Geschichten. Breslau 1717. 4°. Regelmäßige Thermometerbeobachtungen nach der sogenannten Floren- tiner Skala, welche durch eine Veränderung der FAHRENHEiTschen ent- standen (halbe FAHRENHEiTsche Grade und Verschiebung des 0-Punktes auf 45° F.) sind von Chr. Hanow seit dem Jahre 1739 in den „Danziger Erfahrungen“ veröffentlicht und nach seinem Tode von Reinick und Füllbach fortgesetzt. Im Jahre 1795 wurden sie dann von Kleefeld aufgenommen, zunächst ähnlich wie die früheren Beobachtungen mit nicht einwandfreien, dann aber von 1807 bis zu seinem Tode mit besonders guten Instrumenten an derselben Stelle, in dem Hause der Langgasse, welches jetzt die Nummer 51 trägt. „Das Haus liegt mitten in der Stadt. Die Südseite hat zwar im Sommer viel Sonne, im Winter aber wird sie in der engen Straße von den gegenüber- liegenden hohen Häusern beschattet. Die Nordseite sieht in einen Hof und erhält nur des Sommers in den Frühstunden etwas Sonne, die durch die nördlich liegende, sehr große und hohe Pfarrkirche und das östlich hin hohe Rathaus abgehalten wird; nur der Nordwestwind kann frei, wie das übrigens in einer großen Stadt möglich ist, in den Hof einströmen, die kalten Winde werden von jenen großen Gebäuden ebenfalls abgeleitet. i 51 „Die in der Luft hängenden Instrumente, das Thermometer und Hygro- meter, sind in der Höhe von 28 Fuß nach Süden und eben solche auch nach Norden angebracht, und ich habe diese miteinander korrespondierenden Werk- zeuge immer dann beobachtet, wenn sie ihrer Lage nach im Schatten waren, um den Einfluß der Sonnenwärme zu vermeiden.“ Die Thermometer waren mit Quecksilber gefüllt und nach Beaumur geteilt. Die Beobachtungen sind von 1813 — 1845, morgens um 6 Uhr, mittags um 2 Uhr und abends um 10 Uhr angestellt; bis 1812 schwankt die Zeit der Morgen- beobachtung zwischen 8 und 7 Uhr; einige Monate hindurch ist sie erst um 9 Uhr angestellt. Sämtliche Beobachtungen mit den Mittelwerten der Dekaden, der Monate und der Jahre von 1807 — 1830 sind in den Neuesten Schriften der Naturf. Ges. im 2. Bande, Heft 1, 3, 4, die Beobachtungen von 1831 — 1838 im 3. Bande, Heft 3, erschienen. Die Beobachtungen von 1839 bis zum Tode Kleefeld’s 1845 sind für den Druck fertiggestellt im Archiv der Gesell- schaft vorhanden. In dem Vorbericht zu Bd. 3, Heft 3 ist hervorgehoben, daß die Beob- achtungen vielfach benutzt sind, so von Dove zur Bestätigung des von ihm aufgestellten Drehungsgesetzes. Viel später hat Bays- Ballot sie für seine meteorologischen Untersuchungen ebenfalls benutzt. Eine Zeitlang, gleichzeitig mit Kleefeld, hat F. Strehlke in den Jahren 1826 — 1831 und 1839 — 1850 von 6 Uhr morgens bis 10 Uhr abends in zwei- stündigen Intervallen Lufttemperatur, Barometerstand, Richtung und Stärke des Windes, Regen, Gewitter und andere meteorologische Erscheinungen beobachtet. Eine Zusammenstellung der von ihm in den Jahren 1841, 1842 und 1843 angestellten Barometer- und Thermometer-Beobachtungen ist in den Schriften der Naturf. Ges. (Neue Folge, Bd. 2, Heft 3 1871) von St. Neumann herausgegeben. Von den Beobachtungen der Jahre 1844 — 1848 sind nur die fünftägigen Mittel in denselben Schriften (Bd. 3, Heft 2, 1873) herausgegeben. Das Beobachtungslokal war 1839 — 1850 die Direktorwohnung der alten Petrischule auf dem Petrikirchhofe 43,2 Par. Fuß über der Ostsee. Die Thermometer waren in den Monaten Mai bis August der Morgensonne ausgesetzt. Von 1850 bis zum August 1880 hat Strehlke die Beobachtungen dreimal täglich um 6 a, 2 p und 10 p für das Preußische Meteorologische Institut ausgeführt. In dieser Zeit hat er vielfach seine Wohnung gewechselt; nach einer schätzenswerten Mitteilung seiner Tochter, Fräulein M. Strehlke, hat er gewohnt: 1850 — ■ 1855 Fleischergasse 75, 1856 — 1861 Poggenpfuhl 52, 1862 — 1865 Poggenpfuhl 42, 1866 — 1868 Fleischergasse 60a, Thermometer. Hinterzimmer nach O. W 55 55 VV • w 55 55 TT * Vorderzimmer „ W. 4* 52 Thermometer. 1869 — 1871 Fleischergasse 34, Hinterzimmer nach W. 1871—1873 Langfuhr, Hauptstraße?, „ „ W. 1874 — 1881 Sandgrube 23, Vorderzimmer „ N. Nach Strehlke’s Tode sind in Danzig regelmäßige Beobachtungen, die man zur Bestimmung von Mittelwerten benutzen könnte, nicht angestellt. Zwar ist auf der Navigationsschule dreimal täglich das Barometer und das Thermometer abgelesen und die gefundenen Zahlen sind sorgfältig in Journale eingetragen; doch fehlen, da um 8 Uhr morgens, um 12 Uhr mittags und um 4 Uhr nachmittags beobachtet ward, die Morgen- und Abendtemperatur voll- ständig, so daß sich schwer aus ihnen mittlere Tageswerte ableiten lassen. Vier Jahre vor dem Ende der STREHLKESchen Beobachtungen 1876 ist dann in Danzigs Hafenvorstadt Neufahrwasser eine Agentur der deutschen See- warte errichtet, in der nach deren Vorschriften die regelmäßigen Ablesungen dreimal täglich stattfanden, um 8 h a, 2hp und 8hp; außerdem ward das Maximum- und Minimumthermometer täglich abgelesen. Aus den vielen Danziger Beobachtungen die mittleren Temperaturen für die einzelnen Tage, Monate und Jahre zu bestimmen, ist mehrmals versucht worden. Zunächst hat Westphal nach 81jährigen Beobachtungen von Hanow, Beinick, Füllbach und Kleefeld die biittlere Temperatur von Danzig für jeden Tag des Jahres berechnet und das Besultat in einer Tafel (Neueste Schriften der Natur f. Ges. Bd. 1, Heft 2, 1820) dargestellt. In welcher Weise er die sehr verschiedenartigen Beobachtungen der oben genannten vier Beob- achter für seine Rechnung benutzt hat, darüber habe ich weder in der Abhandlung, noch in den Protokollen, noch sonst irgendwo im Archiv der Naturforschenden Gesellschaft eine i^ndeutung gefunden. Als mittlere Jahres- temperatur findet er die Zahl 5,45 0 R., die, wie Kleefeld schon in der Ein- leitung zu seinen „Meteorologischen Beobachtungen“ nachgewiesen hat, erheblich zu klein ist, da diesen Berechnungen nur Morgen- und Abendbeobachtungen zu Grunde gelegt sind. In einem Programm der St. Petrischule hat Strehlke 1871 Kleefeld sehe mittlere Temperaturbeobaachtungen von 15 Jahren für jeden fünften Tag des Jahres berechnet und aus ihnen eine Formel von einjähriger Periode nach der BESSELschen Untersuchung über die Bestimmung des Gesetzes einer periodischen Erscheinung (Astron. Nachr. Nr. 139) berechnet. Welche 15 Jahre der KLEEFELDSchen Beobachtungen er benutzt hat, hat er nicht mitgeteilt. Schon seit längerer Zeit habe ich mich bemüht, aus den Beobachtungen von Kleefeld und Strehlke die mittleren Monatstemperaturen für die einzelnen Jahre zu berechnen und zusammen zu stellen. Aus den KLEEFELDSchen Beob- achtungen sind diese Zahlen schon vom Beobachter selbst berechnet und den Einzelbeobachtungen jedes Monats hinzugefügt. Die Monatsmittel der STREHLKESchen Beobachtungen von Oktober 1849 bis Dezember 1872 sind von Dove in der „Klimatologie von Deutschland, 1848 — 1872. Luftwärme. 3 53 Berlin 1874“ herausgegeben, allerdings nicht fehlerfrei. Von den STREHLKESchen Beobachtungen des Zeitraums März 1841 bis September 1849 habe ich die Monatsmittel berechnet. Yon dem erstgenannten Termin bis September 1843 sind täglich neun Beobachtungen ausgeführt, von 6 Uhr morgens bis 10 Uhr abends zweistündlich, die wenigen Lücken sind durch Interpolation von dem Herausgeber S. Neumann ausgefüllt. Yon Oktober 1843 an bis November 1847 fehlt die Beobachtung um 6 Uhr morgens, von März 1844 an ebenfalls bis November 1847 fehlt auch die Beob- achtung um 2 Uhr mittags. Yon Mitte Juni 1844 bis Oktober 1845 hat Strehlke die Beobachtungen ganz ausgesetzt. Um aus den Beobachtungen 1845 — 1850 Mitteltemperaturen abzuleiten, habe ich die Mitteltemperaturen der Jahre 1841 — 1843 und 1848, in denen um 6 und 8 Uhr vormittags, 12 Uhr mittags und um 2 und 10 Uhr nachmittags regelmäßig beobachtet ist, für die einzelnen Monate die Mitteltemperaturen nach dem Schema berechnet und von 6ha + 2hp + 10hp 8ba-f 12hmer. + 10 hp -f und nach ~ - o o diesen die mittleren Differenzen gebildet; diese betragen für die einzelnen Monate: Januar — 0,07° R. Mai — 0,46° R. September — 0,73° R. Februar 0,oo° R. Juni - 0,50° R. Oktober - 0,22° R. März - 0,33° R. Juli - 0,44° R. November - 0,11° R. April — 0,65° R. August — 0,72° R. Dezember + 0,01° R. Diese Dilferenzen sind nach dem Schema 8ha + 12hmer. + 10 hp be- rechneten Mitteltemperaturen für die Zeit Oktober 1843 bis November 1847 hinzugelegt und mit einem besonderen Zeichen [ ] versehen in die folgende Tabelle eingetragen. Die aus den IvLEEFELDSchen und STREHLKESchen Beobachtungen für die Jahre 1839 und 1840 berechneten Jahresmittel stimmen, wie Kleefeld dem damaligen Direktor der Naturf. Oes., Dr. Berendt, brieflich am 7. Januar 1842 mitteilt, überraschend überein. Nach diesem Schreiben ist das Mittel aller Beobachtungen: im Jahre 1839; bei Strehlke bei Kleefeld am Barometer 338,8005 338,7923 am Thermometer -f- 5,675 0 R. + 5,669° am Hygrometer 68,483 68,379 Differenz am Barometer bei Strehlke + (),0082 am Thermometer + 0,006 am Hygrometer 0,104 im Jahre 1840: am Barometer 338,2464 338,2725 am Thermometer 5,511 5,511 am Hygrometer 69,855 69,856 4 54 Differenz am Barometer bei Kleefeld + 0,0261 am Hygrometer am Thermometer 0,oooo 0,ooi Von den Beobachtungen der Jahre 1841 — -1844 gilt leider nicht dasselbe. Wie oben schon mitgeteilt, erhielt das Strehlke sehe Thermometer in den Sommermonaten des Jahres 1841 — 1850 Morgensonne, so daß die Mittel für die Monate April bis September zu hoch ausfallen. Da Strehlke und Kleefeld von März 1841 bis Mai 1844 gleichzeitig beobachtet haben, so habe ich diese Beobachtungen verglichen. Dieser Ver- gleich ergibt, daß für die Monate Oktober bis März Differenzen auftreten, wie sie sich aus dem verschiedenen Aufstellungsorte der Thermometer auch in derselben Stadt notwendig ergeben. Im allgemeinen steht das Strehlke sehe Thermometer etwas niedriger; die mittleren Differenzen in Celsius -Graden sind: Januar Februar März Oktober November Dezember — 0,35 — 0,12 + 0,01 + 0.04 — 0,45 — 0,27. In den übrigen Monaten zeigt das Strehlke sehe Thermometer wesentlich mehr als das Kleefeld sehe, und zwar im Mittel: April Mai Juni Juli August September Es sind also die in der folgenden Tabelle für die Jahre 1846 — 1850 ange- gebenen Monatsmittel für die Monate April bis September, ebenso die Jahres- mittel etwas zu hoch, die letzteren aber nicht so erheblich, da für die Jahre 1847 und 1850 das Juli- und August-Mittel aus den Mittelzahlen des ganzen Lustrums gebildet sind. In der folgenden Tabelle 1 (S. 56) sind deshalb die KLEEFELDSchen Mittel- temperaturen von den Strehlke sehen gesondert; die Mittelzahlen aus den 39jährigen Beobachtungen Kleefeld’s erscheinen, ebenso wie in dem Lustrum 1841 — 1845, in den Wintermonaten niedriger und in den Sommermonaten höher als die Mittelzahlen der 23jährigen Beobachtungen Kleefeld’s. Es ist aber für die niedrigeren Wintertemperaturen wohl zu beachten, daß in der Periode 1807 — 1845 eine größere Anzahl von strengen Wintern aufgetreten ist, wie in der 1846 — 1875, wie es die Tabelle 2 (S. 59) des Lustrummittel deutlich ergibt. Ebenso wie Kleefeld und Strehlke fast ein Lustrum 1841 — 1845 gleich- zeitig Beobachtungen angestellt haben, haben auch Strehlke und die Agentur der Deutschen Seewarte zu Neufahrwasser 1876 bis August 1880 gleichzeitig beobachtet. Die Mittelzahlen der Strehlke sehen Beobachtungen sind im folgenden wieder als Mittel der drei Beobachtungszahlen 6ha, 2hp und 10 hp erhalten, während die Mittelzahlen von Neufahrwasser nach den Vorschriften der Deutschen Seewarte für die Monate Mai bis August nach der Formel 0,46 1,34 1,51 1,58 1,78 1,22. Monate September bis August nach der Formel berechnet sind. 5 55 Hiernach ergeben sich folgende Monatsmittel in Celsius -Graden: Januar Februar März April Danzig (Strehlke) — 2,33 — 0,33 — 0,97 6;25 Neufahrw. (Ag. d.d.Seew.) — 2,87 — 0,61 — 0,19 6,32 Diff. + 0,54 + 0,28 + 0,08 — 0,07 Mai Juni Juli August Danzig (Strehlke) 10,01 16,75 17,69 17,23 Neufahrw. (Ag. d. d.Seew.) 9,45 15.94 17,58 17,19 Diff. 0,56 0,81 0,11 0,04 September Oktober November Dezember Jahr Danzig (Strehlke) 13,23 8,58 2,58 - 2,26 7,36 Neufahrw. (Ag. d. d.Seew.) 13,74 8,06 2,57 — 1,68 7,23 Diff. — 0,51 + 0,52 + 0,01 — 0,58 . 0,13. Trotzdem sich hier für einzelne Monate wesentliche Differenzen ergeben, glaubte ich doch die Neufahrwasser Beobachtungen als eine Fortsetzung der Danziger ansehen zu können, da solche Differenzen, wie sie hier auftreten, auch sonst in den verschiedenen Teilen einer größeren Stadt Vorkommen. Wenn es gestattet ist, die von Kienast (Das Klima von Königsberg i. Pr., Teil 2, S. 28) für Königsberg berechneten Differenzen der Stundenkombinationen und der mit Hilfe des Thermographen gefundenen Mittel der Stunden- beobachtungen auch auf Danzig anzuwenden, so verändern sich die obigen Zahlen, wie folgt: Januar Danzig (Strehlke) — 2 46 Neufahrw. (Ag. d.d.Seew.) — 2,84 Februar — 0,44 — 0,48 März 0,92 0,97 April 6,42 6,18 Diff. + 0,38 + •0,04 — 0,05 0,24 Mai Juni Juli August Danzig (Strehlke) 10,23 16,96 17,98 17,57 Neufahrw. (Ag. d.d.Seew.) 9,51 16,01 17,69 17,20 Diff. 0,72 0,95 0,29 0,37 September Oktober November Dezember Jahr Danzig (Strehlke) 13,41 8,55 2,49 - 2,34 7,44 Neufahrw. (Ag. d. d.Seew.) 13.77 8,23 2,68 — 1,67 7,27 Diff. — 0,36 0,32 — 0,19 — 0,67 0,17. In der folgenden Tabelle 1 sind die mittleren Monats- und Jahres- temperaturen der Jahre 1807 — 1900 zusammengestellt: 1807 — 1845 nach den Kleefeld sehen, 1846 — 1875 nach den STREHLKEschen Beobachtungen, 1876 bis 1900 nach den Beobachtungen der Agentur der deutschen Seewarte zu Neufahrwasser. Die Mittelzahlen für die beiden ersten Beobachtungsreisen sind als arith- metische Mittel der 3 Beobachtungen (6ha, 2hp und 10 hp geformt (s. S. 53), die Mittelzahlen für Neufahrwasser sind nach dem Schema der Seewarte (S. 54) berechnet. 6 56 Tabelle 1. Lufttemperatur. — Monats- und Jahresmittel. 0 C. J alire Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept, Okt. Nov. Dez. Jahr 1807 0,8 1,6 0,9 6,3 12,3 15,4 j 19,0 23,1 12,4 9,0 5,4 3,2 9,1 1808 - 0,2 -0,9 — L7 5,4 13,4 17,3 i 19,3 20,3 15,5 7,9 + 1,8 -4,2 7,8 1809 — 6,8 0,9 -0,7 4,4 12,3 16,3 18,1 19,3 14,7 7,5 3,0 2,9 7,7 1810 -0,2 -0,2 1,7 5,3 9,8 13,5 19,5 18,2 14,9 8,0 4,4 1,4 8,0 1811 -4,2 -1,1 4,7 7,1 15,0 19,1 20,2 17,6 13,0 9,2 3,8 2,0 8,9 1812 — 5,0 -1,5 1,4 2,7 9,4 15,5 16,6 17,3 12,5 10,0 M -5,4 6,2 1813 - 2,9 3,2 2,5 7 9 11,1 14,1 17,9 16,1 13,4 6,3 4,2 1,3 7,9 1814 -3,4 -5,7 0,3 7, 7 7,4 13,3 19,4 16,9 11,0 6,9 4,3 1,6 6,4 1815 — 5,7 0,3 3,3 6,9 1 1,8 14,6 15,6 17,2 12,1 8,8 4,0 -4,2 7,1 1816 0,0 - 3,0 2,o 6,9 10,0 15,2 17,0 15,4 12,5 7,2 2,5 0,1 7,2 1817 2,3 3,3 3,1 4,5 12,5 15,9 1(^,7 18,0 13,1 5,7 4,4 -2,1 8,1 1818 -0,2 0,7 3,8 5,3 10,6 13,4 18,1 15,8 13,1 7,7 4,0 0,2 7,7 1819 1,8 1,1 3,9 7,2 11,3 17,4 18,3 18,9 14, 7 8,8 ; 2,0 — 3,9 8,5 1820 — 4,3 0,1 2,3 7,5 12,6 13,7 16,0 17,7 12,8 8,8 3,0 -3,4 7.2 1821 -1,3 - 1,5 -0,1 9,4 11,8 11,6 15,4 15,7 14,5 9,4 6,5 3,0 7,9 1822 0,8 2,6 5,9 8,4 12,2 15,1 18,8 16,2 12,6 9,9 5,2 0,1 9,0 1823 -9,1 -2,6 2,0 5,1 11,3 15,7 16,5 17, 7 13,0 10,5 6,7 2,0 7,4 1824 2 2 1,7 2,5 6,9 10,7 14,8 16,8 1 6,6 16,3 9,0 5,1 3,6 8,8 1825 2,1 0,3 -o,i 6, 7 10,7 14,9 17,0 16,7 13,6 8,6 5,2 1,9 8,1 1826 — 6,5 1,0 2,4 6,5 10,9 17,0 20,6 19,4 13,7 9,4 2,7 1,0 8,1 1.827 — 1,6 — 4,5 1,9 8,4 12,8 16,9 17,4 16,5 13,8 8,3 1,2 2,1 7,8 1 828 -5,2 -3,6 1,7 6,0 10,3 15,3 18,2 16,3 12,2 7,5 2,2 --2,1 6,6 1829 -8,2 — 5,4 -1,8 3,5 9,4 14,5 17, 7 16,3 13,4 6,1 -0,2 -7,9 4,8 1830 - 7.7 -5,2 2,6 7,6 10,7 15,6 16,9 16,8 13,2 8,6 5,3 0,0 7,0 1831 -4,4 0,3 0.3 9,0 11,0 15,1 17,9 16,6 12. 2 10,9 2,9 0,5 7,6 1832 -2,1 — 1,4 -1,1 5,2 . 9,2 13,7 14,3 16,4 11,6 9,0 1,8 -0,7 6,5 1833 -2,3 1,7 1,2 5,1 13,7 15.5 ' 16,7 14,1 13,5 7,5 3,5 2,8 7,8 1834 0,2 1,0 2,5 6, i 13,3 | 15,7 1:9,8 20,0 14,9 8,9 4,1 2,8 9,1 1835 1,5 2,5 2,9 5,6 10,5 15,8 17,5 14,6 13,4 8,1 1,3 -1,1 7,7 1836 ~ 1,0 1,2 7,1 8,1 9,1 15,4 15,6 15,0 12,9 10,7 1,2 1,2 8,0 ,7 57 Jahre Jan. Febr. März April Mai Juni Jnli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr 1837 -1,4 — 1,3 0,2 5,9 10,6 14,o 15,8 17,3 12,9; 9,2 4,7 -1,0 7,2 1838 -10,4 — 5,5 0,2 4,8 10,1 14.2 17,2 15,3 14,5 7,2 2,5 M 5,9 1839 -1,4 -0,4 -2,1 2,2 12,4 15,7 .18,3 16,6 15,6 8,8 3,3 -4,3 7,1 1840 -0,7 — 0,8 0,1 6,4 9,4 14,9 16,7 15,8 14,0 6,5 4,7 -4,2 6,9 1841 -2,2 — 6,9 2,1 7,0 13,6 15,5 16 0 17,1 13,6 10,1 3,7 3,4 7,7 1842 - 3,9 -0,1 3,2 4,7 : 12,0 14,2 15,3 18,4 13,5 7,3 0,5 4,4 7,5 1843 0,8 3,0 1,4 7,0 7,9 13,6 1 6,0 17,4 12,1 7,8 4,0 5,0 8,0 1844 -2,4 -3,1 -0,7 6,5 11,9 13,0 13,5 14,3 12,6 9,0 3,3 — 3,3 6,2 1845 — 0,6 -7,2 — 4.7 5,4 8,6 13,7 18,5 16,2 12,4 7,9 4,6 1,2 6,5 1846 -1,0 0,6 5,2 8,0 11,3 16,3 [19,6] 22,0 15,4 10,5 2,3 — [9,2] 1847 -5,7 -0,6 2,1 4,3 14,0 15,0 — — 11,8 7,3 4,4 0,1 [7,6] 1848 -11,2 1,0 4,5 10,0 13,6 18,1 18,5 [16,8] 12,9 9,6 3,2 2,5 [8,3] 1849 y-~ 3,0 2,0 i,i 5,2 12,4 15,0 17,4 16,9 13,2 8,2 3,4 -3,4 7,4 1850 — 8,6 1,3 — 0,6 6,6 13,7 17,8 — — 12,6 7,4 3,6 1,8 [7,7] 1851 -2,2 0,7 1,6 9,1 9,7 14,8 16,9 17,4 13,6 11,5 3,5 2,7 8,3 1852 1,8 — 0,1 1,0 2,8 11,9 17,5 19,4 18,2 14,0 7,3 3,5 3,6 8,4 1853 0,5 — 2,6 -2,5 4,2 10,7 16,6 18,5 16.5 13,4 9,2 2,4 - 1.5 7,1 1854 -2,4 — 0,7 2,6 6,8' 12,8 15,0 18,7 17,8 13.3 8,8 2,0 1,3 8,0 1855 — 4,5 -7,7 0,5 5,0 10,0 16,5 18,8 17,9. 12,8 11,6 2,9 — 4,9 6.C 1856 -0,3 — 0,8 0,2 7,9 : 10,0 15,5 15,9 15,2 13 l 9,9 0,7 1,1 7,4 1857 -2,1 -1,2 1,8 6,2 10,1 15,9 18,0 19,8 14,8 10,5 4,4 4,6 8,6 1858 -2,5 — 5,0 0,8 6,0 10,5 17,5 19,4 19,4 15,0 10,4 — 0,9 -0,9 7,5 1859 1,9 2,6 4,6 6,0 12,8 16,9 19,3 19,9 13,4 9,5 3,5 -2,5 9,0 1860 0,6; -0,8 0,7 7,6 12,4 16,9 17,6 16,3 13,9 7,3 2,3 -1,9 7,7 1861 -4,2 2,3 4,3 5,2 9,2 17,6 19,5 17,4 12,7 8,7 4,5 1,9 8,3 1862 -4,1 -2,5 1,0 6,7 13,1 16,1 — 17,2. 14,0 9,8 0,6 -3,4 [6,2] 1863 2,7 ■3,4! 3,3 7,3; 11,3 16,6 15,7 17,8 13,9 11,2 5,4 2,2 9,2 1864 -2,6 0,o 3,5 5,4 7,5 15,9 16,7 13,9 13,1 8,0 1,6 - 2,4 6,7 1865 -0,4: — 5,8 — 0,5 6,5 14,1 12,5 20,1 16,4 13,7 7,9 5,1 2,3 7,7 1866 3,3 0,8 1,4 8,1 9;7 18,1 16,4 16,1 15,6 7,2 ; 3,4 1,0 6,4 1867 — 1,2 2,3; -1,0 5,7 7,6 13,9 15,8 16,4 13,0 8,7 2,5 - 2,3 6,6 1868 -2,5 2,0 3,1 7,1 13,6 17,1 19,3 19,9 14 5 9,0 1,7 2,0 8,9 1869 -1,2 3,6 2,0 8,1 11,7 13,6 — — 13,8 8,0- 2,7 — 0,5 [6,2] 8 58 Jalire Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr 1870 -1,7 -8,8 — 0,9 5,8 11,6 14,6 17,7 16,7 12,6 7,7 4,0 — 5,7 6,1 1871 -7,5 — 6,3 3,9 — 7,4 12,7 17,4 16,7 12,2 4,4 1,4 -1,8 [5,5] 1872 — 0,8 -2,2 2,9 7,3 13,3 15,6 17,2 16,1 14,0 10,0 5,6 — 0,3 8,2 1873 2,0 -2,0 2,0 4,o 8,8 15,1 17,9 17,8 12,8 — 4,7 2,8 7,8 1874 0,7 0,0 1,5 6,4 7,7 15,8 18,4 15,6 14,5 9,7 1,8 -1,2 7,6 1875 -2,8 -4,9 -1,4 4,4 11,9 17,2 18,1 18,5 13,1 5,4 -0,4 -3,7 6,3 1876 -7,4 — 1,3 1,9 7,0 7,8 17,2 17,8 16,9 12,5 8,5 -2,2 — 5,3 6,3 1877 — 0,5 -0,1 -0,2 4,4 8,4 15,9 18,0 16,9 11,0 6,5 5,6 -0,2 7,1 1878 — 0,5 1,2 1,9 7,7 11,3 15,3 16,7 17,7 15,0 9,9 4,2 0,1 8,4 1879 — 3,3 — 1,5 — 0,3 4,9 9,8 16,2 16,6 16,9 15,1 8,4 2,0 — 3,6 6,8 1880 -2,6 -1,4 1,2 7,7 10,0 15,1 18.8 17,5 15,1 6,3 3,3 0,6 7,6 1881 -5,7 -2,1 -0,1 3,7 10,5 14,7 1 7,5 15,7 12,4 5,5 4,4 0,4 6,4 1882 2,1 1,9 5,5 7,4 11,0 15,2 18,7 16,8 14,9 6,3 2,2 -2,1 8,2 1883 -2,3 — 0,6 -2,9 4,2 9,9 16,0 18y4 16,0 14,0 7,9 3,8 1,1 7,2 1884 1,4 1,7 1 2,1 4,2 10,8 14,1 17,9 15.7 14,6 7,8 0,3 1,9 7,7 1885 -3,1 1,0 2,3 7,3 9,6 16,0 18,3 14,4 13,0 7,8 1,3 0,3 n o 4 ,0 1886 - 1,4 -5,7 -2,0 8,3 11,7 14,9 16,6 17,1 14,8 7,2 4,8 0,6 7 3 4 ,0 1887 -2,1 — 0,7 0,6 6,3 10,4 13,5 18,2 16,0 14,5 6,6 3,3 — 0,6 7,2 1888 — 3,5 -3,7 -3,6 4,2 10,8 13,8 15,8 15,1 13,3 7,1 2,6 0,8 6,1 1889 -4,9 — 2,8 — 2,7 5,1 14,1 18,3 16,5 15,6 11,1 8,8 4,1 -2,0 6,8 1890 1,2 -1,6 3,6 7,6 13,5 13,6 16,8 17,9 13,6 7,5 2,7 5,8 7,6 1891 — 3,8 -1,1 1,7 4,8 11,1 13,1 18,3 16,1 13,8 9,8 1,9 1,6 7,3 1892 — 3,9 -1,9 -0,2 5,4 10,7 14,5 16,0 17,3 14,7 7,3 1,8 -2,2 6,6 1893 -9,6 -2,2 1,7 5,2 9,8 15,3 18,2 17,0 12,4 10,0 3,0 1,5 6,9 1894 -4,6 -1,0 3,7 8,4 10,5 13.7 18,2 16,8 11,1 7,6 4,2 1,0 7,6 1895 -2,6 -4,6 0,2 7,4 12,6 15,8 17,9 17,2 14,2 7,3 3,7 -2,3 7,2 1896 — 0,8 0,1 3,5 4,6 8,9 18,1 18,9 16,4 13,1 9,9 1,1 -2,6 7,6 1897 — 4,5 -2,1 2,7 6,4 10,3 15,9 18,0 18,6 13,4 7,8 3,0 0,7 7.5 1898 2,2 1,2 2,6 5,0 11,7 15.x 15,2 17,4 13,4 7,2 4,6 3,8 8,3 1899 1,5 1,4 1,8 7,2 11,0 12,4 18,9 16,0 13,4 8,8 7,1 -3,2 8,0 1900 -2,3 -0,9 0,o 6,1 9,5 14,6 18,6 18,5 13,9 9,0 4,3 3,0 7,0 Die folgende Tabelle 2 gibt die Lustren- Mittel für die Monate und Jahre von 1807 — 1900. 9 Tabelle 2. Danzig. Lufttemperatur. Monats- und Jahresmittel. 59 o o W jJ w Q* OQ Ol CO £S- CO 05 o (Ol t> GO^ Ol O rH G5 cö l“5 00 t~ tH- 00 CD IH t- t>- ob" t>-" oo" CH tH L-" t-" t—" I- C5 05 CO rH 05 Hl Ol CN Ol Ol rH r— H 05 c- co t-H tsJ 0) O O H CM H O tH CM (0" cT o" o" rH <3>* tH o" r-T o" o Q 1 1 1 i ; 1 1 1 I 1 > i> lO Ol L— Ol i> co Ol C5 o -H 05 co_ CD 40 C5 £ CO C0 C0 40 CM CM co co" co" cm" cm" cd' cm" .<» 40^ OT PH 'cfl CM CO CO C0 CM* co" CO" 'xH co" co" C0" C0" co' CO CO" CO" m rH H H 7—1 H tH rH H rH T— 1 H rH rH rH rH rH rH rH rH 03 CM Ol CD co o t> lO CO rH iO 05 Ol^ 1> 05^ Sc o" c-" tn' cd" tH-" CD" cd" CD" gcT C—" oo" cd" t— " CD" (rT lO cd" cd" I — «i CM ■rH rH rH rH tH tH 1—1 tH rH H tH rH tH rH rH t—l rH o (N 05^ Ol Ol t> CG iO^ lO CO GO CD^ (Cl 00 t-- 05 oT oo" F-" CD" oo" IH-" cd" iO" GO" oo" oo" oo" tH tH t'rT cc cd" !>•" T— i 1—1 rH rH H 1-H tH rH H H rH rH rH rH T-l1 rH T— 1 rH 1—1 • rH I> CO rH 05 Ol . GO H H__ — , Cr ip CO 05 Ol °q^ *o Ol 3 io" jucT io" io" io" H -cd" cd" cd" iO" ioT 40" 4C" io" H' 40" T— H 1—1 H H tH rH H tH H H i — l rH rH rH rH rH rH rH cr^ 05 CO oo^ CO 00 GO (M GO^ CG O rH C5 CO 'S rH cT H rH o" rH o" o" CO" o" tH th" o a>" oT o" cm" o" o" rH rH rH rH rH H rH tH T 1 r— 1 H rH rH rH rH rH rH VO CO CO Ol iO rH <» CO GO_ Ol 40 co CO^ Ol 05^ Ph <5 o| cd' cd" L— " CO cd" iO" cd" cd" io" cd" cd" t— " io" CD" lO" cd" cd" 40 Cs3 rH CO^ rH CD H CO ' uo co CD CO C5 °0^ 05 GO^ rH S-h :o3 o" CM' oo*' cm" rH rH H o". t> 05 rH xo o tH CD^ •HH qv Ol rH O rH cT o" co" o rH cm" o" cm" rH o" cT co" o" o" cm" cm" o" fä 1 ;j 1 1 i 1 1 1 ] 1 1 1 iO Ol rH H 00^ t- C5 1-0 tH t> 05^ Ol C5 0^ c§ rH H' O rH iO" rH C0" tH iO" rH" o" rH o" rH Jz; 10 60 In der folgenden Tabelle 3 sind die mittleren Monats- und Jahres- temperaturen zunächst der drei Beobachtungsreihen gesondert und dann aller Beobachtungen des 19. Jahrhunderts berechnet. Tabelle 3. Mittlere Monats- und Jahrestemperaturen des 19. Jahrhunderts für Danzig. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez., Jahr 1807-1845 -2,4 - 0,9 1,5 6,2 11,1 15,1 17,4 17,1 13,4 8,4 3,4 0,1 7,5 1846-1875 -2,0 - 1,0 1,6 6,3 11,1 15,9 18,0 17,5 13,6 8,7 2,9 -0,2 7,7 1876-1900 — 2,3 -1,° 1,0 6,0 10,6 15,1 17,6 16,7 13,6 7,9 3,1 -0,5 7,3 1807-1900 -2,1 -1,0 1,5 6,2 11,0 15,4 17,7 17,1 13,5 8,4 3,2 -0,2 7,5 Bringt man bei den Mittelzahlen für 1807 — 1900 die von Kienast ge- fundenen Korrektionen an, so erhält man für die mittleren Monats- und Jahres- temperaturen Danzigs nach den Beobachtungen des 19. Jahrhunderts: Juli 17,9 Januar Februar März April Mai Juni — 2,3 - 1,1 M 6,3 11,1 15,5 August September Oktober November Dezember 17,3 13.7 8,4 3,1 - 0,2 7,6. Im Folgenden habe ich die mittleren Monats- und Jahrestemperaturen von verschiedenen Orten mit den Danziger Mitteltemperaturen ohne die KiENASTSche Korrektion zusammengestellt. In dem von Ziegler & König herausgegebenen „Klima von Frankfurt a. M. Nachtrag“ finden sich auf S. 15 Mittelwerte der Normalperiode 1857 — 1892, welche mit den für dieselbe Zeit für Danzig berechnete Mittelzahlen im Jahre zusammengestellt sind: Frankfurt a. M. 1857 Danzig 1857 -1892 1892 Januar Februar März April Mai Juni 0,2 2,0 4,8 9,7 14,2 17,8 — 1 8 — 1,1 1,2 6,1 10,7 lo, 6 Differenz Frankfurt — Danzig- 2,0 3,1 3,6 3,6 4.5 2,2 Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr Frankfurt a. M. 1857 — 1892 19,3 18,4 15,0 9,4 4,4 0,9 9,67 Danzig 1857 — 1892 17,7 16,6 13,7 8,1 2,8 — 0,7 7,4 Differenz Frankfurt — Danzig 1,6 1,8 1,3 1,8 1,6 1,6 2,3. ii 61 Auf Grund der 48jährigen Aufzeichnungen von 1848 — 1895 hat Hellmann in dem Temperatur-Kalender von Berlin (Berliner Zweigverein der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, Berlin 1896) u. a. die Monatsmittel für Berlin angegeben, die im folgenden ebenfalls mit den Danzigern für denselben Zeit- raum zusammengestellt sind: Januar Berlin 1848—1895 — 0,6 Danzig 1848 — 1895 — 2,2 Februar 0,9 - 1,2 März 3,4 1,1 April 8,5 6,2 Mai 13,4 10,8 Juni 17,4 15.6 Juli 18,9 17,8 Diff. Berlin — Danzig 1,6 2,1 2,3 2,3 2,6 1,8 1,1 August September Oktober Novbr. Dezbr. Jahr Berlin 1848 — 1895 18,1 14,7 9,5 3 9 0,8 9,1 Danzig 1848 — 1895 17,0 13.6 8,3 2,9 - 0,4 7,4 Diff. Berlin — Danzig 1,1 1,1 1,2 1,0 1,2 1,7 Kienast hat in seinem „Klima von Königsberg“ S. 30 nach den Termins- beobachtungen von 1848 — 1903 folgende Monatstemperaturmittel (ohne Reduktion) gefunden, die im folgenden mit den Danziger Temperaturmitteln ziemlich des- selben Zeitraumes zusammengestellt sind. Januar Februar März April Mai Juni Königberg 1848 — 1903 — 3,4 - 2,4 0,1 5,7 11,0 15,5 Danzig 1848 — 1900 — 2,1 - M 1,2 6,2 10,8 15,5 Differenz Königsberg — Danzig - 1,8 - 1,3 - i,i — 0,5 0,2 0,0 Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr Königsberg 1848 — 1903 17,4 16,6 13,0 7,7 2,1 - -1,7 6,8 Danzig 1848 — 1900 17.8 17,0 13,6 8,4 3,0 - - 0,4 7,4 Differenz Königsberg — Danzig 0,4 - -0,4 -0,6 -0,7 • -0,9 - — 1,3 — 0,6 Aus der Verrechnung dieser Zahlen ergibt sich ebenfalls die bekannte Tatsache, auf die schon Keyger und Kleefeld aufmerksam gemacht haben, das infolge der anhaltenden Nordostwinde die Differenz zwischen der mittleren Jahrestemperatur und der Frühlingsmonate geringer ist als an den anderen hier in Vergleichung gebrachten Orten. Diese Differenz beträgt für Frankfurt a. M. 0,2, für Berlin, 0,9, für Königsberg 1,2, für Danzig 1,3. Die mittlere Temperatur der Herbstmonate dagegen ist in Frankfurt der mittleren Jahrestemperatur gleich (Differenz — 0,1), in Berlin überschreitet sie die mittlere Jahrestemperatur um 0,3°, in Königsberg um 0,8° und in Danzig um 0,9°. Außer den oben erwähnten, von Strehlke aus 15jährigen KLEEFELüschen Beobachtungen berechneten Pentadenmittel sind solche für die Jahre 1850 — 1872 aus STREHLKEschen Beobachtungen in der DovEschen Klimatologie (Berlin, 1874) veröffentlicht. Die aus ihnen berechneten Monatsmittel weichen etwas von den in Tabelle 3 für die Jahre 1846 — 1875 gegebenen Mitteln ab. Sie ergeben: Januar Februar März April Mai Juni — 1,5° C. — 1,1 + 1,5 6,4 11,0 15,7 Juli August September Oktober November Dezember 17,8 17,2 13,4 8,5 2,7 — 0,3 12 62 Tabelle 4. Die mittlere Temperatur in Danzig für jeden Tag des Jahres aus fünfunddreißig jährigen Beobachtungen des Regierungsrats Dr. Kleefeld berechnet. (1807 — 1841.) 0 Celsius. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. 1 -2,7 -0,6 + 0,2 3,6 9,0 13,0 17,0 17,8 16,1 10,8 5,1 2,1 2 2,6 1,3 0,4 3,6 9,4 13,4 16,8 18,0 15,9 11,0 5,2 1,9 3 3,1 1,1 0,9 3,7 10.0 13,9 16,7 17,9 15.4 10,6 5,3 1,6 4 3,3 1,4 1,0 3,1 10,3 13,9 16,2 18,0 15,0 10,5 5,2 1,4 p 3,3 0,9 0,7 3,4 10,3 14,3 17,0 18,2 15,1 10,6 5,1 1,2 6 3,3 1,4 1,0 3,7 10,8 14,3 17,2 17,8 14,7 10,6 5,4 0,8 7 2,9 2,0 0,5 4,2 10.5 14,4 17,7 17,7 14,4 10,7 5,2 0,1 8 2,4 1,7 1,2 4,6 10,2 14,2 17,0 17,5 14,4 10,2 4,8 0,1 9 3,3 1,4 1,8 5,5 9,6 13,9 17,1 17,4 14,5 9,8 4,7 0,7 10 O 1 0,1 0,5 1,3 5,6 9,5 14,5 17,3 17 ^2 14,8 9,6 4,4 0,3 11 2,7 1,0 0,9 5,6 10,2 15,4 17,2 17,2 14,4 9,4 4,0 -0,1 V/j 2,3 1,8 1,2 6,3 10,5 15.1 17,2 17,4 14,5 9,5 3,5 + 0,9 13 2,7 1,5 1,6 6,0 10,4 14,9 17,7 17,1 14,1 9,5 2,9 T 0,1 14 2,1 1,3 1,4 6,4 10,8 15,5 1 7,6 17,3 13,7 9,0 3,1 + 0,5 15 2,8 1,4 6,8 10,4 j 15,4 17,3 17,4 13,5 8,3 3,2 + 0,3 16 3,0 0,8 1,2 7,0 10,8 15,0 17,9 17,4 13,0 8,8 3,3 - 0,2 17 1,9 0,4 1,3 6,9 11,6 ! 15,5 18,0 17,2 13,1 8,5 3,4 0,1 18 2,6 0,4 1,7 6,9 11,7 15,2 17,5 16,9 13,2 7,6 3,6 -0,1 19 2,4 1,0 1,8 Ti 11,7 14,9 17,4 16,7 12,5 7,9 2,8 -0,5 20 1,8 0,9 2,5 7,3 12,3 15,4 17,9 16,6 12,4 8,4 2,0 — 0,5 21 2,8 0,o 2^7 7,5 11,5 15,5 1 1.7,9 16,8 12,1 7,8 2,6 -0.5 22 3,4 0,4 2,7 7,8 11,9 15,7 18,1 16,6 12,3 7,0 2,7 -0.9 23 3,0 0,5 2,5 7,5 12,1 15,7 17,6 15,9 12,1 6,9 2,5 — 1,3 24 1,8 0,7 2,8 8,0 12,4 16,3 17,6 16,4 120 6,8 2,1 — 1,6 25 1,9 0,3 2,1 8,0 12,7 16,1 17,7 16,2 12,5 6,7 1,9 -1,0 26 1,2 0,6 2,0 8,2 12,9 lb,3 17,9 16,3 12,2 6,5 1,4 -1,8 27 1,3 0,8 2,0 8,1 12,3 16,6 17,8 16,4 11,8 6,3 1,5 — 1,5 28 1,6 0,1 2,3 8,6 12,8 16,9 18,1 16,5 11,4 6,3 1,3 -1,3 29 1,7 — 3,4 8,8 12,7 16,7 18,3 16,3 11,3 5,9 2,8 — 2,2 30 1,8 — 3,9 9,1 13,0 17,0 17,7 16,1 10,9 5,5 2,3 -2,4 31 0,8 — 3,8 12.9 — 17,9 16,3 — 5,7 — — 2,3 Mittel: -2,4 -1,0 + 1,7 6,3 11,2 15,2 17,5 17,1 13,4 8,5 3,4 -0,2 Jahresmittel 7,6 0 C. 13 63 Die mittleren Tagestemperaturen für die während des 19. Jahrhunderts in Danzig angestellten Beobachtungen zu berechnen, ist mir wegen Zeitmangels nicht möglich gewesen; es findet sich aber in dem Archiv der Naturforschenden Gesellschaft eine Zusammenstellung der mittleren Tagestemperaturen aus 35 j ährigen Beobachtungen K leefeld’s berechnet. W ahrscheinlich ist die Rechnung von einem Lehrer Splittegarb ausgeführt, der für Kleefeld und dann auch für Strehlke sehr viel gerechnet hat; benutzt sind sie zu einem Vorträge, den das Mitglied der Gesellschaft Troeger 1842 in einer Sitzung gehalten. Hieraus und aus einigen von mir angestellten Stichproben ist es höchst wahr- scheinlich, daß die Beobachtungen von 1807 — 1841 für die Rechnung be- nutzt sind. Aus diesen Tagesmitteln der Temperaturen habe ich die Pentadenmittel zu- sammengestellt, die auf der folgenden Karte graphisch dargestellt sind, in Ver- bindung mit den aus dem HELLMANNschen Temperaturkalender von Berlin (Berlin 1896) berechneten Pentadenmitteln für die Jahre 1848 — 1895. Die beiden Kurven zeigen einen sehr gleichmäßigen Verlauf. Während aber, wie Hellmann S. 22 der betreffenden Veröffentlichung hervorhebt, die Ein- wirkung der bekannten Kälterückfälle im Mai (11. — 13. Mai) auf die 48jährigen Mittelwerte fehlt, ist diese in der Danziger Kurve deutlich zu erkennen. Außer den oben veröffentlichten Mittelzahlen habe ich noch eine Reihe von Vorarbeiten ausgeführt, die sich auf die höchsten und niedrigsten Thermo- meterstände der einzelnen Monate, auf mittlere Maxima und Minima der Luft- temperatur und ähnliches beziehen, doch habe ich die Ergebnisse bei dieser Gelegenheit zurückgelassen, um die Veröffentlichung der „mittleren Monats- mittel“ nicht noch länger hinaus zu schieben. 14 64 Die Cicadinen der Provinz Westpreußen und des östlichen Nachbargebiets. Mit Beschreibungen und Abbildungen neuer Arten. Von Dr. S. MATSüMURA. Hierzu Tafel II. Da Cicadinen in Norddeutschland überhaupt bisher sehr wenig studiert wurden, so bietet sich dort dem Forscher noch ein sehr lohnendes Unter- suchungsfeld. Kirschbaum und Fieber haben zahlreiche neue Cicadinen aus Deutschland beschrieben, jedoch meist nur aus Süd- und Mitteldeutschland. Th. von Siebold, der im Jahre 1839 in den Preußischen Provinzial-Blättern (XXI. Band, Seite 428 ff., und XXII. Band, Seite 551 ff., Königsberg 1839) ein Verzeichnis der preußischen Wanzen und Zirpen veröffentlichte, führt darin nur 60 Zirpenarten auf. C. G. A. Brischke hat sodann im Jahre 1871 in den Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig (N. F. II. Band, 3. und 4. Heft, Danzig 1871, Seite (26) ff.) ein „Verzeichnis der Wanzen und Zirpen der Provinz Preußen“ geliefert und darin 89 Arten von Zirpen auf- gezählt. Zuletzt hat Ew. H. Rübsaamen in denselben Schriften (N. F. X. Band, 2. und 3. Heft, Danzig 1901, Seite 79 ff.) einen „Bericht über meine Reisen durch die Tucheier Heide in den Jahren 1896 und 1897“ publiziert, in welchem (Seite 146/7) nur 14 Zirpen angeführt sind. Die Cicadinen der Provinz Westpreußen wurden seit Brischke meines Wissens von niemand eingehend gesammelt und studiert. Im Jahre 1901 hatte ich eine gute Gelegenheit mit Herrn Dr. Th. Kuhlgatz, Assistenten am Königlichen Zoologischen Museum in Berlin, eine entomologische Exkursion nach Westpreußen zu machen. Mein dortiger Aufenthalt war zwar zu kurz (14. — 28. Juli), um auch nur annähernd die gesamte Cicadinen-Fauna gründlich einzusammeln, trotzdem war ich so glücklich, mehr als 200 Arten — darunter 5 neue — zu erbeuten. Bei meinen Sammlungsausflügen habe ich von Danzig aus Oliva, Glettkau, Zoppot, Heia, Heubude und Zuckau, und von Elbing aus Reimannsfelde, Hansdorf und den Drausensee besucht. Ferner sammelte ich in Garnsee, Kreis Marienwerder, Graudenz und Strasburg Westpr., und machte auch einen Ausflug ins östliche Nachbargebiet, wo ich von Königsberg aus Pillau besuchte. Die Fauna war für mich höchst interessant. Gleich- beim ersten Zuge mit dem Streifnetz auf den Strandwiesen von Zoppot fand ich einige ganz i eigentümliche Cicadinen, wie Delphax littoralisH eut. und Deltocephalus sabulicoia Curt., welche bisher aus Deutschland überhaupt noch nicht bekannt waren. Auch in anderen Gegenden der Provinz entdeckte ich mehrere für die deutsche Fauna neue Arten. Die Fauna von Zuckau ist der mittelländischen sehr ähnlich, besonders charakteristisch sind dafür Thamnotettix morbillosus Melich. und Issus muscae- formis Schr., welche meines Wissens in Nordeuropa bisher noch nicht beob- achtet wurden. Die Niederung von Danzig, welche von der mächtigen Weichsel bespült wird, besitzt ebenfalls eine schöne und mannigfaltige Fauna. Die Dünen von Heia sind sehr arm an Tieren, aber die Strandwiesen von Zoppot, Glettkau und Heubude bieten reiche Fauna, besonders an Cicadinen. Ich bedauere lebhaft, daß es mir nicht vergönnt war, die reichhaltige Fauna von Danzig und Umgebung eingehender zu erforschen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn in dieser nördlichen Provinz ein Spezialist das ganze Jahr hindurch fleißig sammeln würde, noch viele andere Cicadinen, gewiß auch neue Arten, entdeckt werden würden. Eine Anzahl dort gesammelter Cicadinen konnte ich bisher nicht sicher determinieren und mußte sie im nachfolgenden Ver- zeichnis weglassen. Dieses Verzeichnis, in welchem auch die von mir selbst zwar nicht ge- fundenen, aber von yon Siebold, Brischke und Rübsaamen (a. a. 0.) ange- gebenen Arten — insgesamt 17 — aufgeführt und durch ein * vor der Nummer gekennzeichnet sind, enthält im Ganzen 218 Arten, von denen die folgenden fünf für die Wissenschaft neu sind: 1. Chlorita pusilla n. sp.,, aus Strasburg Westpr. 2. Eupteryx cyclops n. sp., aus Zoppot. 3. Thamnotettix combihus n. sp., aus Zoppot. 4. Deltocephalus excisus n. sp., aus Zoppot. 5. Delphax Conwentzi n. sp., aus Garnsee. Die folgenden 6 Arten sind neu für die Fauna Deutschlands: 1. Deltocephalus varipennis H.-Sch., Strasburg Westpr. 2. Deltocephalus sabulicoia Curt., Zoppot, Heia, Pillau. 3. Deltocephalus bracliynotus Fieb., Zoppot. 4. Delphax Bo! di Scott, Pillau. 5. Delphax littoralis Reut., Zoppot, Heia, Pillau. 6. Metroplis laevifröns Saiilb., Zoppot. Unter obigen Arten ist die aus England beschriebene Delphax Boldi Scott überhaupt für den ganzen europäischen Kontinent neu. Folgende 16 Arten endlich wurden von mir nur in der Provinz West- preußen beziehungsweise im östlichen Nachbargebiet (Pillau), aber nicht in anderen Gebieten Norddeutschlands, gefunden: 1. Eupteryx tenella. Fall., Pillau. [ 3. Zygina rubrovittata Letfl, Zoppot, 2. Typhlocyba sexpunctata Fall , Heia, Zuckau, Pillau. Reimannsfelde. j 4. Thamnotettix lineatus Fabr., Zuckau. Sehr, d. N. G. Bd. XI, Heft 4. 2 66 5. Thamnotettix splendidulus Fabr., Pillau. 6. Thamnotettix biguttatus Fall , Zuckau. 7. Thamnotettix morbillosus Melich., Zuckau. 8. Deltocephalus assimilis Fall., Hansdorf, am Drausensee. 9. Acocephalus hifasciatus L., Zuckau. 10. Euacantlius interruptus L., Zuckau, Elbing, Garnsee, Strasburg. 11. Euacantlius acuminatus Fabr., Zuckau. 12. Idiocerus elegans Flor, Zoppot. 13. Pediopsis mendax Fieb., Reimanns- felde. 14. Issus muscaeformis Schr., Zuckau. 15. Chloriona unicolor H.*Sch., Zoppot. 16. Delphax forcipata Boh., Zuckau. Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Direktor des Westpreußischen Provinzial-Museums in Danzig, Herrn Professor Dr. Conwentz, der mich bei meinen Ausflügen mit Tat und Rat so freundlich unterstützt hat, hiermit meinen verbindlichsten Dank auch öffentlich auszudrücken. Dankbar verpflichtet bin ich ferner auch Herrn Dr. G. Horvath, Direktor an dem Ungarischen National-Museum in Budapest, der mir die Benützung seiner reichhaltigen Cicadinen-Sammlung gestattete und mir in der Determinierung meiner Materialien behilflich war. Verzeichnis der gesammelten Arten. Subordo Homoptera Am. Sery. Sectio Auclienorhynclia DlJMER. ( Cicadina Burm.) 1. Familie Jassidae. Subfamilie Typhlocybinae. 1. Gattung Alebra Fieb. (Compsus Fieb.) 1. Alebra albostriella Fall. var. fulveola H.-Sch. Langfuhr, Oliva; auf Roß- kastanien und Quercus- Arten; nicht häufig. 2. Gattung JErythria Fieb. 2. Erythria aureola Fall. Zoppot, Zuckau, Strasburg; auf Calluna vulgaris ; nicht häufig. 3. Gattung Dieraneura Hdy. 3. Dieraneura aridella Sahlb. Zoppot; nur zwei Exemplare. 4. — agnata Leth. Zoppot, Zuckau, Hansdorf, Reimannsfelde; auf Juncus effusus und verschiedenen Gramineen; selten. 5. — flavipennis Fabr. Drausensee; auf Schilf und Carex- Arten; häufig. 6. — mollicula Boh. Zuckau; auf Wiesen; nur ein Exemplar. 7. — minima Sahlb. Zoppot; nur ein Exemplar. 67 8. Dicraneura citrinella Zett. Zuekau, Hansdorf, Pillau; auf verschiedenen Gramineen; häufig. 9. — ■' Fieberi Loew. Zuekau; auf Gramineen; wenig. 4. Gattung Chlorita Fieb. 10. Chlorita flavescens Fabr. Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf verschiedenen Laub- und Nadelhölzern, auch auf Wein, Hopfen, Kartoffeln und vielen krautartigen Pflanzen; überall häufig. 11. — viridula Fall. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf verschiedenen Leguminosen und Compositen (. Achillea , Artemisia ); überall häufig. 12. — ptisilla Mats um. Strasburg; auf niedrigen krautartigen Pflanzen. (Beschreibung siehe Seite 77 und 78.) 5. Gattung Empoasca Walsh. ( Kybos Fieb.) 13. Empoasca smaragdula Fall. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Stras- burg, Königsberg; auf Weiden und Birken; häufig. 6. Gattung JEupteryx Cu kt. (Fieb.) 14. Eupteryx vittata L. Hansdorf; auf Urtica- und Mentha- Arten ; selten. Wallengreni Stal. Zuekau, Reimannsfelde, Pillau; auf Thymus und anderen niedrigen krautartigen Pflanzen; häufig. Germari Zett. Zoppot, Pillau; auf Pinus silvestris ; nicht häufig. pulchella Fall. Zuekau; auf Quercus- Arten; nicht häufig. tenella Fall. Pillau; auf Mentha ?; nur ein Exemplar. (Als Futter- pflanze erwähnt Sahlberg Urtica dioica.) atropunctata Goeze (picta Eabr.). Zoppot, Zuekau, Hansdorf, Stras- burg, Pillau; auf Ballota , Lamium , Mentha , Urtica usw.; häufig. aurata L. {picta Burm.). Zuekau, Strasburg, Königsberg; auf Urtica- Arten; häufig. Urticae Fabr. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königs- berg; auf Urtica- Arten; überall häufig. Curtisii Flor. Zuekau, Hansdorf, Pillau; auf Stachys, Salvia , Ballota , Mentha , Urtica u. a. m.; häufig. immaculatifrons Kb. Zoppot, Zuekau, Strasburg; auf Urtica- Arten; 15. — 16. — 17. — 18. — 19. — 20. — 21. — 22. — 23. 24. — cyclops Matsum. Zoppot; selten, nur drei Exemplare gesammelt. (Beschreibung siehe Seite 78.) 7. Gattung Typhlocyba Germ. (Anomia Fieb.) 25. Typhlocyba sexpunctata Fall. Reimannsfelde; auf Salix ; selten, nur ein Exemplar. — candidula Kb. Zoppot, auf Populus- und Salix- Arten; häufig. 4 5* 26. 68 27. Typhlocyba Rosae L. Zoppot, Zuckau, Reimarmsfelde, Rülau; auf Rosen, Linden, Eichen usw.; häufig. 28. — Ulmi L. Zoppot; auf Ulmus campestris ; häufig. 8. Gattung Zygina Fieb. (. Idia Fieb.) 29. Zygina Alneti Dahlb. Zoppot, Reimannsfelde ; auf Ainus glutinosa ; häufig. 30. — Hyperici H.-Sch. Zuckau; auf Hypericum ; selten. 31. — scutellaris H.-Sch. Zoppot, Pillau; auf Poa- und Festuca- Arten] häufig. 32. — flammigera Fourc. ( blandula Ross.). Zoppot, Zuckau, Strasburg; auf Ainus , Prunus , Pirus , Tilia , Pinus, Juniperus usw.; häufig. — — var. suavis Rey ( umkrata Melich.). Zoppot; auf Alnusy selten. 33. — Tiliae Geoff. Zoppot, Zuckau; auf Rhamnus, Tilia u. a. m.; selten. 34. — rubrovittata Leth. Zoppot, Heia, Zuckau, Pillau ; auf Calluna vul- garis; häufig. Suhfamilie Jassinae. 9. Gattung Gnathodus Fieb. 35. Gnathodus punctatus Thunb. (spretus Zett.). Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf Juncus sowie auf Poa und anderen Gramineen; häufig. 10. Gattung Cicadtda Zett. ( Macrosteies Fieb., Thamnus Fieb.) 36. Cicadula Fieberi Ejdw. ( frontalis Fieb). Zoppot; nur zwei Exemplare. Diese Art ist größer und dunkler gefärbt wie C. sexnotata Fall., ich glaube aber, daß es auch nur eine Varietät von C. sexnotata ist. 37. — sexnotata Fall. In ganz West- undOstpreußen; auf Roggen, Hafer, Weizen und verschiedenen anderen Gramineen; sehr häufig. Im Jahre 1901 war dieses Insekt dort sehr schädlich. 38. — punctifrons Fall. Zoppot, Pillau; auf Salix- Arten; nicht selten. 39. — variata Fall. Hansdorf, Pillau; auf Urtica- und Stachys- Arten; nicht selten. 40. — septemnotata Fall. Zuckau; auf Filipendula Ulmaria • selten. (Diese Art ist in der Umgegend von Berlin sehr häufig.) 11. Gattung Grypotes Fieb. 41. Grypotes staurus Melich. Zuckau; auf Wiesen; nur ein Exemplar. 42. — pinetellus Boh. ( puncticollis H.-Sch.). Heia; auf Pinus silvestris ; nur ein Exemplar. 43. — fallax Kb. Strasburg; auf Wald wiesen; selten. 12. Gattung Thamnotettix Zett. ( Limotettix Sahlb.) 44. Thamnotettix fenestratus H.-Sch. var. guttulatus Kb. Zuckau; auf trockenen Wiesen; selten. 5 69 45. Thamnotettix lineatus Fabr. ( picturatus Sahlb.). Zuckau; auf trockenen Wiesen; sehr häufig. 46. — haematoceps Muls.-Rey ( rubrotinctus Kb.) var. opacus Kb. Zuckau; auf trockenen Wiesen; selten. 47. — tenuis Germ. ( attenuatus H.-Scn.). Oliva; auf Gramineen; nicht selten. 48. — splendidulus Fabr. (fumatus H.-Sch.). Pillau; auf TJrtica- Arten; selten. 49. — affinis Fieb. Oliva, Zoppot, Zuckau, Pillau; auf sandigen Wiesen; häufig. 50. — 51. — 52. — 53. — 54. — 55. — 56. — 57. — 58. — subfusculus Fall. Zoppot, Zuckau, Elbing, Strasburg; auf Laub- hölzern, wie PiruSy Ainus , Tilia usw. ; häufig. biguttatus Fall. Zuckau; auf sumpfigen Wiesen; häufig. simplex H.-Sch. Zuckau, Strasburg; auf Gramineen; häufig. morbillosus Melich. Zuckau; nur ein Exemplar. Preyssleri H.-Sch. Zoppot, Zuckau, Pillau; auf Carex ; häufig. quadrinotatus Fabr. Danzig, Elbing, Graudenz, Strasburg, Königs- berg usw.; auf Gramineen; häufig. frontalis H.-Scil Zoppot, Zuckau, Strasburg; auf Schilf und Carex. sulphurellus Zett. ( virescens Fall.). Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburgs Königsberg usw.; auf Gramineen; häufig. combibus Matsum. Zoppot; auf feuchten Wiesen; nur zwei Exemplare. (Beschreibung siehe Seite 78 und 79.) 13. Gattung Mhystistylus Fieb ( Glyptocephalus Edw ) 59 Rhystistylus proceps Kb. ( pellucidus Fieb.) Zuckau; auf Calluna vulgaris ; selten. 60. 61. 62. 63. 64. *65. 66. *67. 68. 69. 70. 71. 14. Gattung Athysanus Burm. Athysanus argentatus Fabr. Zoppot, Zuckau; auf Gramineen; nicht häufig. — striatulus Fall Zoppot, Zuckau, Pillau; auf Carex. — lineolatus Brülle ( obscurellus Kb.). Danzig, Strasburg; auf feuchten Wiesen; nicht häufig. — grisesce?is Zett. Zuckau; auf feuchten Wiesen; nicht häufig. — quadrum Boh. Garnsee; auf feuchten Wiesen; nicht häufig. — tinctus Zett. ( simplex Sahlb.). — - plebejus Zett. Zuckau; auf feuchten Wiesen; nicht häufig. — russeolus Fall. — sordidus Zett. Oliva, Zuckau; auf feuchten Wiesen; nicht selten. — venosus Kb. ( onustus Ferr ). Zoppot, Pillau; auf Poa - und Pestuca- Arten; häufig. — obsoletus Kb. Zuckau; auf Wiesen; nicht selten. — pallens Zett. Zuckau; auf Gramineen; selten. 70 72. Athysanus impictifrons Boh. (sulphureus Kb.). Zoppot, Pillau; auf Artemisia campestris ; häufig. 73. — brempennis Kb. Oliva, Zoppot, Zuckau, Garnsee, Graudenz, Stras- burg; auf Poa-, Festuca- und Juncus- Arten; häufig. 15. Gattung Jassus Fabr. ( Allygus Fieb., Thamnotettix Sahlb.) *74. Jassus atomarius Germ. 75. — commutatus Fieb Zoppot, Zuckau, Strasburg; auf Gramineen; nicht selten. 76. — mixtus Fabr. (reticulatus Fall). Zoppot, Zuckau, Elbing, Stras- burg; auf Salix- Arten; nicht selten. 16. Gattung Graphocraerus Thoms. 77. Graphocraerus ventralis Fall, (punctifrons Germ.) Zuckau; auf Poa und Agrostis ; nicht selten. 17. Gattung Phlepsius Fieb. 78. Phlepsius guttatus Fieb. Zoppot; auf Ulmus campestris ; nur ein Exem- plar. Dies Insekt wird von Puton (Catalogue des Hemipteres de la faune palbarctique, Quatrieme ödition, Caen 1899) zur Gattung Platymetopius gestellt; ich glaube es aber besser unter die Gattung Phlepsius zu stellen. 18. Gattung Doratura Sahlb. 79. Doratura stylata Boh. Zoppot, Zuckau, Strasburg, Pillau; auf Poa, Agrostis, Carex u. a. in.; häufig. 80. — homophyla Flor. Zoppot; zusammen mit der vorhergenannten Art auf Gramineen; nicht häufig. 19. Gattung Deltocephalus Burm. 81. Deltocephalus Phragmitis Boh. Zoppot, Elbing, Garnsee; auf Schilf und Carex ; häufig. punctum Flor ( costalis Fieb ). Zoppot; auf trockenen Wiesen; nicht häufig. socialis Flor. Zuckau; auf trockenen Wiesen; nicht häufig. ocellaris Fall. Zoppot, Zuckau, Elbing, Garnsee, Graudenz, Stras- burg, Königsberg; auf Wiesen; häufig. notatifrons Kb. Zuckau ; zusammen mit den vorgenannten Arten auf Wiesen; nicht häufig. flebilis Fieb. Von Brischke als Allygus flebilis Fieb. aufgezählt. repletus Fieb. Danzig. Elbing, Königsberg; auf verschiedenen 82. ÖD. 84. 85. — *86. — 87. — 88. 89. Gramineen; überall häufig. distinguendus Flor. ( pseudo ocellaris Flor). Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf Gramineen; sehr häufig. picturatus Fieb. Danzig, Elbing, Königsberg usw. ; zusammen mit den vorgenannten Arten auf Gramineen; sehr häufig. 71 90. Deltocephalus varipennis H.-Sch. Strasburg; auf trockenen sandigen An- höhen; nicht häufig. 91. — pulicaris Fall. Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf Gramineen; sehr häufig. 92. — sabulicola Curt. ( arenicola Sahlb.). Zoppot, Heia, Pillau; auf Strandwiesen an Ammophila. 93. — striatus L. Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf verschiedenen Gramineen und niedrigen krautartigen Pflanzen; sehr häufig. 94. — lividellus Zett. ( frigidus Boh.). Zoppot, Heia, Pillau; auf Strand wiesen; nicht selten. 95. — excisus Mats um. Zoppot; nur ein Exemplar. (Beschreibung siehe Seite 79.) 96. — spec. Anscheinend eine neue Art; da ich davon jedoch nur ein weibliches Exemplar gesammelt habe, habe ich Bedenken, das Tier ohne Kenntnis des Männchens als neue Art zu beschreiben. 97. — languidus Flor (pallipes Kb.). Oliva, Zoppot, Zuckau,, Elbing, Graudenz, Strasburg usw.; auf trockenen Wiesen; häufig. 98. — abdominalis Fabr. Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf Gra- mineen; sehr häufig. 99. — collinus Dahlb. Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf trockenen Wiesen; sehr häufig. 100. — assimilis Fall. ( xanthoneurus Fieb.). Hansdorf, am Drausensee; auf sumpfigen Wiesen an Gramineen; nicht seiten. 101. — cephalotes H.-Sch. ( assimilis Fieb.). Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf feuchten Wiesen an Gramineen; sehr häufig. 102. — pascuellus Fall. Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf Gramineen ; sehr häufig. 103. — striifrons Kb. (Mulsanti Fieb.). Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf Gramineen; sehr häufig. *104. — maculiceps Boh. 105. — brachynotus Fieb. Zoppot; in zahlreichen Exemplaren. (Beschrei- bung siehe Seite 79 und 80.) 20. Gattung Platymetopius Burm. (Proceps MüLS.) 106. Platymetopius undatus De G. Zuckau; auf Salix-, nur ein Exemplar. Subfamilie Acocephalinae. 21. Gattung Eupelix Germ. 107. Eupelix cuspidaia Fabr. ( Zelleri Kb.). Zoppot, Zuckau; auf verschiedenen niedrigen krautartigen Pflanzen; nicht häufig. 108. — productaG erm. Zuckau; mit der vorigen Art zusammen; nicht häufig. 22. Gattung Strongylocephalus Flor. 109. Strongylocephalus agrestisPwA,. Strasburg; auf Weiden; nur ein Exemplar. 8 72 23. Gattung Acocephalus Germ. 110. Acocephalus nervosus Sciir. Zoppot, Zuckau, Elbing, Strasburg, Königs- berg; auf verschiedenen niedrigen Kräutern. 111. — bifasciatus L. Zuckau; auf Wiesen; nicht häufig. 112. — trifasciatus Fourc. Zuckau; auf Wiesen; nicht häufig. 113. - — albifrons L. Danzig/ Strasburg; auf krautartigen Pflanzen; nicht selten. 114. — histrionicus Fabr. Zuckau; auf Gramineen; nicht selten. 115. ■ — rivularis Germ. Zoppot; auf Wiesen; selten. 24. Gattung Fieberiella Sig. 116. Fieberiella Flori Stal. Zuckau; auf Gebüsch; nur ein Exemplar. 25. Gattung Selenocephalus Germ. "*117. Selenocephalus obsoletus Germ. var. conspersus H.-Sch. 26. Gattung JParmnesus Fieb. 118. Paramesus nervosus Fall. Zuckau; auf Juncus- nur ein Exemplar. Subfamilie Tettigoninae . 27. Gattung Tettigonia Oliv. 119. Tettigonia viridis L. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf Gramineen, Cyperaceen und verschiedenen anderen Pflanzen; überall häufig. 28. Gattung j Euacanthus Lep. Serv. 120. Euacanthus interruptus L. Zuckau, Elbing, Garnsee, Strasburg; auf Solaneen und verschiedenen anderen Pflanzen; nicht selten. 121. — acuminatus Fabr. Zuckau; auf sumpfigen Wiesen; selten. 29. Gattung Aglena Am. Serv. *122. Aglena ornata Spin. Subfamilie Bythoscopinae. 30. Gattung Idiocerus Lewis. *123. Idiocerus scurra Germ. 124. — adustus H.-Sch. {varius Flor). Zoppot, Hansdorf, Pillau; auf Salix -, Populus- und Alnus-krlen] nicht selten. 125. — similis Kb. {varius Edw.). Zoppot; auf /SafoTc- Arten; selten. 126. — varius Fabr. Zoppot, Pillau; auf SäfcArten; nicht selten. * 127 . — poecilus H.-Sch. {fähiger Boh.). 128. — Herrichii Kb. Zoppot; auf Ainus glutinosa ; nur 2 Exemplare. 129. • — lituratus Fall. Zoppot, Pillau; auf Arten; nicht selten. 130. — elegans Flor ( rutilans Kb.). Zoppot; nur ein Exemplar. *131. — fasciatus Fieb. 132. — cognatus Fieb. Danzig, Strasburg, Königsberg; auf Populus ; nicht selten. 133. — confusus Flor Zuckau; auf Weiden; nicht selten. 134. Idiocerus albicans Kb. Strasburg; auf Populus ; nicht selten. 135. * — Populi L. Danzig, Strasburg, Königsberg; auf Populus und Salix ; nicht häufig. *136. , — fulgiclus Fabr. ( nitidissimus H.-Sch.). 137. — decipiens Kb. Danzig, Elbing, Garnseo, Strasburg, Königsberg usw. ; auf Populus- und -Arten ; sehr häufig. 31. Gattung Mcicropsis Lewis. (Oncopsis Burm., Batrachomorphus Lewis.) 138. Macropsis lanio L. Zuckau, Hansdorf; auf Eichen (Zuckau) und Weiden (Hansdorf); nicht häufig. 32. Gattung Bytlioscopus Germ. 139. Bytlioscopus Alni Schk Danzig, Elbing, Königsberg usw.; auf Ainus glutinosa ; sehr häufig. 140. — flavicollis L. (fruticola Fall.). Danzig, Elbing, Strasburg; auf Ainus und Betula ; häufig. 141. — rufusculus Fieb. Zoppot, Zuckau; auf Ainus, Betula und Salix) häufig 142. •143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 33. Gattung JPediopsis Burm. Pediopsis Tiliae Germ. Zuckau; auf Tilia ; häufig. — cerea Germ. — virescens Fabr. Danzig, Elbing, Strasburg, Königsberg; auf Weiden; häufig. — mendax Fieb. Reimannsfelde; auf Arten ; selten. — impura Boh. Zoppot, Zuckau; auf £afo>-Arten; häufig. — Sahlbergi Flor. Danzig, Strasburg, Königsberg; auf Artemisia campestris ; häufig. — fuscinervis Boh. Zuckau, Reimannsfelde; auf Salix- Arten; nicht selten. — nassata Germ. Danzig, Elbing, Königsberg; auf Salix- Arten ; häufig. — — var. gi'amineaFAim. Reimannsfelde; auf Salix- Arten ; häufig. — — var. notatifrons Rey. Reimannsfelde; auf Salix- Arten. — — var. marginata H.-Sch. Reimannsfelde; auf Salix- Arten. — scutellata Boh. ( diadema LI.-Sch.). Zuckau, Strasburg; auf Rubus und Salix ; nicht selten. — infuscata Sahlb. Zuckau; auf Salix- Arten;, nicht häufig. — Megerlei Fieb. Elbing; auf Salix ; selten. 34. Gattung Agallia Gurt. Agallia punctipes Germ. ( consobrina Gurt.). Zuckau; auf Stellaria nemorum ; selten. Danzig, Elbing, Garnsee, Strasburg usw.; auf bracliyptera Boh. Gramineen und Labiaten; häufig. venosa Fall. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Königsberg; auf Compositen, Labiaten und anderen krautartigen Pflanzen; überall häufig. Strasburg, 74 Subfamilie Paropinae. 35. Gattung Megophthalmus Gurt. ( Paropia Germ.) 156. Megophthalmus scanicus Fall. ( scutatus Germ.). Zoppot, Heia; auf Calluna vulgaris ; nicht häufig. Subfiimilic Ledrinae. 36. Gattung Ledra Fabr. 157. Ledra aurita L. Zuckau; auf Quercus- Arten; nicht häufig. Subfamilie TJlopinae. 37. Gattung TJlopa Fall. 158. Ulopa reticulata Fabr. ( obtecta Fall). Zuckau; auf Heidekraut; nicht häufig. II. Familie Membracidae. 38. Gattung Centrotus Fabr. 159. Gentrotus cornutus L. Zuckau; auf niedrigen Gebüschen; nicht häufig. 39. Gattung Gar gar a Am. Serv. 160. Gargara Genistae Fabr. Zuckau; auf Sarothamnus scoparius ; nicht häufig. III. Familie Cercopidae. 40. Gattung Lcpyronia Am. Sery. 161. Lepyronia coleoptrata L. ( angulata Fabr.). Zuckau; auf Gramineen, Salix , Betula u. a. m.; nicht selten. 41. Gattung Aphrophora Germ. *162. Aphrophora corticea Germ. 163. — Salicis De G. (rustica Fabr.). Zoppot, Zuckau, Elbing, Strasburg, Königsberg; auf Weiden; sehr häufig. 164. — Alm Fall, (bifasciata Fabr.). Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf Alnus} Salix , Populus , Pinus ; sehr häufig. 42. Gattung JPtyelus Lep. Sery. (Philaenus Stal ) 165. Ptyelus lineatus L. ( abbreviatus Fabr.). Danzig, Elbing, Strasburg; auf Gramineen; häufig. 166. — • exclamationis Thunb. Danzig, Elbing, Strasburg; auf Gramineen; nicht selten. 167. — campestris Fall. Zuckau; auf feuchten Wiesen; nicht selten. 168. — spumarius L. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf allen möglichen Pflanzen; sehr häufig. ii 75 IV. Familie Fulgoridae. Subfamilie Tettigometrinae. 43. Gattung Tettigometra Latr. 169. Tettigometra obliqua Pz. Zuckau; auf Quercus ; selten. Subfamilie Fulgorinae . 170. 171. 172. *173. *174. 175. 176. 44. Gattung Cixius Latr. Cixius pilosus Oliv. ( contaminatus Germ.). Zuckau; auf Quercus- und Salix Arten; Läufig. — nervosus L. Zuckau; auf verschiedenen Laubhölzern, Quercus , Ainus u. a. m. ; spärlich. — cunicularis L. Strasburg; auf Salix , Quercus , Ainus und anderen Laubhölzern. — stigmaticus Germ. — - simplex EL- Sch. — similis Kb. Zuckau; auf Car ex ; selten. 45. Gattung Oliarus Stal. Oliarus leporinus L. Zoppot; auf Schilf; selten. Subfamilie Issinae. 46. Gattung Issus Fabr. 177. Issus muscaeformis Schr. ( frontalis Fieb.). Zuckau; auf trockenen Wiesen; nur zwei Exemplare. Subfamilie Delphacinae. 47. Gattung Asiraca Latr. *178. Asiraca clavicornis Fabr. 48. Gattung Araeopus Spin. 179. Araeopus crassicornis Fabr. Zoppot, Garnsee; auf Schilf; sehr häufig. 49. Gattung Megamelus Fieb. 180. Megamelus notulaG erm. Zoppot, Liansdorf; auffeuchten Wiesen; nichthäufig. 50. Gattung Stenocranus Fieb. 181. Stenocranus lineolus Germ. ( minutus Fabr.) Zuckau; auf Gramineen und Cyperaceen; nicht häufig. 182. — fuscovittatus Stal. Zuckau; auf Gramineen; selten. 51. Gattung Kelisia Fieb. *183. Kelisia guttula Germ. 184. — vittipennis Sahlb. ( guttulifera Kb.). Zoppot; auf Carex ; häufig. 52. Gattung Delphacinus Fieb. 185. Delphacinus mesomelas Boh. Zoppot, Zuckau; auf Bellis perennis und anderen Compositen; nicht selten. 12 76 53. Gattung Chlor iona Fieb. 186. Chloriona prasinula Fieb. ( smaragdula Kb.). Garnsee; auf Schilf; nur ein Exemplar. 187. — smaragdula Stal. Zoppot; auf Schilf; zwei Exemplare. 188. — unicolor H.-Sch. Zoppot; auf Schilf; nur ein Exemplar. 54. Gattung JEurysa Fieb. 189. Eurysa lineata Perr. Zoppot; auf Gramineen; nur ein Exemplar. 55. Gattung Conomelus Fieb. 190. Conomelus limbatus Fabr. ( anceps Germ).. Zuckau; auf Car ex ; selten. 191. — lepidus Boh. Zoppot, Garnsee; auf feuchten Wiesen; selten. 56. Gattung Delphax Fabr. ( Liburnia Stal.) 192. Delphax pellucida Fabr. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf Gramineen; sehr häufig. 193. — striatella Fall, (notula Stal). Zuckau, Strasburg; auf ver- schiedenen Gramineen; selten (Zuckau) bis nicht selten (Strasburg). 194. — elegantula Boh. Zuckau; auf Gramineen und Cyperaceen ; nicht selten. 195. — albostriata Fieb. Strasburg, Pillau; auf Gramineen; nicht häufig. 196 — Boldi Scott. Pillau; auf Strand wiesen; nicht häufig. 197. — collina Boh. ( pallens Stal): Zuckau; auf Wiesen; selten. 198. — concinna Fieb. Zuckau: auf Wiesen; selten. 199. — forcipata Boh. Zuckau; auf Wiesen; sehr häufig. 200. — leptosoma Flor. Zuckau; auf feuchten Wiesen; nur ein Exemplar. 201. — pullula Boh. Zuckau; auf Carex\ nicht selten. 202. — lugubrina Boh Hansdorf; auf Iris ; spärlich. 203. — Anbei Perr. Zoppot, Pillau; auf Wiesen; nicht häufig. 204. — exigua Bou. Danzig, Strasburg, Königsberg; auf Wiesen; häufig. 205. — spinosa Fieb. ( ferruginea Kb.). Danzig, Königsberg; auf Gra- mineen; nicht selten. 206. — Conwentzi Matsum. Garnsee; auf Agrostis; nur ein Exemplar. (Beschreibung siehe Seite 80 und 81.) 207. — littoralis Reut. Zoppot, Heia, Pillau; auf Ammophila sehr häufig. 208. — brevipennis Boh. ( hyalipennis Stal). Zuckau, Strasburg; auf feuchten Wiesen; nicht selten. 209. — Fairmairei Perr. Zuckau, Garnsee; auffeuchten Wiesen ; nicht selten. 210. — straminea Stal. Zuckau, Strasburg; auf Gramineen; nicht selten. 211. — flaveola Flor ( fulveola Kb. J). Zuckau, Königsberg; auf Gra- mineen; nicht selten. 57. Gattung Metropis Fieb. (Atropis Kb.) 212. Metropis laevifrons Sahlb. ( ruficeps Melich.). Zoppot; nur ein Exemplar. (In der Umgegend von Berlin sehr häufig auf Melica- Arten). 13 58. Gattung Dicranotropis Fieb. 213. Dicranotropis hamata Boh. ( notula H.-Sch.). Zuckau; auf Agrostis, Poa , Festuca und anderen Gramineen; nicht häufig. 59. Gattung Achorotile Fieb. 214. Achorotile albosignata Dahlb. Zuckau; nur ein Exemplar. (In der Um- gegend von Berlin ist dieses Insekt häufig auf Festuca- und Agrostis- Arten, besonders auf sterilen, sandigen Hängen.) 60. Gattung Stiroma Fieb. (Ditropis Fieb.) 215. Stiroma albomarginata CüRT. ( adelpha Flor). Danzig, Elbing, Stras- burg, Königsberg; auf Gramineen; häufig. 216. — Pteridis Am. Zoppot, Zuckau; auf Pteridium aquilinum ; nicht häufig. 217. — bicarinata H.-Sch. ( nasalis Boh., mutabilis Boh.). Danzig, Elbing, Strasburg; auf Juncus, Car ex und verschiedenen Gramineen; häufig. 218. — affinis Fieb. Danzig, Elbing, Garnsee, Graudenz, Strasburg, Königsberg; auf Gramineen; überall häufig. * Beschreibung der neuen Arten. Chlor ita pusilla n. sp. (Tafel II, Fig. 1, A— D.) Grün oder grünlichgelb. — Scheitel vorn parabolisch vorgezogen, in der Mitte so lang wie zwischen den Augen breit; am Hinterrande mit drei weißlichen Längsflecken, von denen der mittlere am längsten und an der Spitze oft verbreitert, sowie zuweilen an der Wurzel mit den seitlichen Flecken ver- schmolzen ist; am Vorderrande jederseits mit einem schiefgerichteten weißlichen Längsfleck und mit einem dreieckigen weißlichen Fleck an jeder Vorder- augenecke. Übergang des Scheitels zur Stirn rotgelblich gefärbt. Stirn zweieinhalbmal so lang wie der Clypeus. Die Zeichnungen auf der Stirn sind ziemlich veränderlich; bei einigen stark gefärbten Exemplaren findet sich in der Mitte ein breiter, weißlicher Längsstreifen, an dessen Seiten sich zahlreiche weißliche Querstreifen anschließen. Ein Fleck an der Spitze der Stirnnaht und ein Fleck an der Vorderaugenecke sind weißlich. Clypeus an der Spitze grünlich, ab- gerundet. Pronotum etwas länger als der Scheitel in der Mitte, am Vorder- rande unregelmäßig weißlich gefleckt. Scutellum in der Mitte vorwiegend weißlich. Die basalen beiden Drittel der Elytren grünlichgelb mit gleich- farbigen oder etwas helleren Nerven, das terminale Drittel wasserklar mit hellgelblichen Nerven. Beine grünlichgelb; Tarsen und die Spitzen der Tibien mehr oder weniger ausgedehnt tief schwarz; Klauen schwarz. — ■ Genital- apparat: cV Genitalklappe fehlt; letztes Bauchsegment in der Mitte des Hinterrandes sehr breit dreieckig seicht ausgerandet; die sehr langen, an der u 78 Spitze an einander anschließenden Genitalplatten viermal so lang wie das vor- hergehende Bauchsegment, lang und spitz dreieckig hervorragend; letztes Rückensegment bis zur Basis ausgeschnitten, die seitlichen Lappen etwas kürzer als die Genitalplatten, schmal, fast dreieckig, an der Spitze gestutzt und fast an einander stoßend. J. Letztes Bauchsegment rechteckig, etwas kürzer als breit, am Hinterrand gerade oder zuweilen mit einem sehr flachen Ausschnitt; Scheidenpolster an der Spitze dunkelbräunlich, viel kürzer als die Legscheide. Länge: cf 1,5 bis 1,7 mm, J 1,7 bis 2,o mm; bis zur Spitze der Elytren cf und 5 2,i bis 2,5 mm. Zahlreiche Exemplare von mir bei Strasburg Westpr. gefangen. Der Form nach ist Chlorita pusilla der Chlorita prasina Fieb. etwas ähnlich, aber die Zeichnung und die Genitalien sind ganz anders. JEupteryx cyclops n. sp. (Tafel II, Fig. 2, A— E). In Form und Zeichnung der Eupteryx Urticae Fabr. sehr ähnlich. Die Unterschiede sind folgende: In der Mitte des Scheitels ziemlich nahe dem V orderrand finden sich zwei schwarze dreieckige Flecke; der schwarze Fleck am Hinterrand des Scheitels ist schmal, ein fast gleichschenkliges Dreieck bildend; am Stirngipfel findet sich ein ziemlich großer, rundlicher, schwärzlicher Fleck; zwischen diesem Fleck und dem Auge liegt jederseits ein hellbräun- licher, etwas nach außen gebogener Längsfleck. Die Stirn ist von den Antennen bis zur Spitze dunkelbraun; die Basis des Clypeus ist etwas gebräunt; die Wangen sind ganz hellgelb, abgesehen von den bräunlichen Antennalgruben. Das Pronotum trägt am Vorderrand zwei schwarze Flecken, welche sich zuweilen mit den hinter denselben fast parallel verlaufenden bräunlichen Längs- striemen vereinigen. Die gelblichen Nerven der Elytren sind nicht stark und werden gegen die Spitze hin hyalin; die rauchigen Flecke auf den Elytren sind nicht auffallend. Der Verlauf der Nerven auf dem Apicalfeld ist sehr ähnlich gebildet wie bei Eupteryx Urticae Fabr., aber der dritte Endnerv entspringt dicht an der Spitze der dritten Anteapical-Zclle. — Beine hellgelb; Hintertibien gelb; die Klauen und die Spitzen der Klauenglieder bräunlich. Die Genitalsegmente sind beim cf und $ ähnlich gebildet wie bei Eupteryx Urticae Fabr., aber die seitlichen Lappen des letzten Rückensegments des cf sind gegen die Spitze hin viel schmäler als bei letzterer Art. Länge: cf und 5 2,3 bis 2,5 mm; bis zur Spitze der Elytren cf und § 3,2 mm. Drei Exemplare von mir in Zoppot auf Urtica (?) gesammelt. Thamnotettix eombibus n. sp. (Tafel II, Fig. 3, A— E). Der Form nach ist dieses Insekt dem Thamnotettix flaveolus Boh. sehr ähnlich, aber die beiden Arten unterscheiden sich in folgenden Punkten: cf hellgelblich. Körper schmäler und länger. Gesicht bedeutend länger als zwischen den Wangenecken breit. Stirn schmal, an der Naht nicht bräunlich 15 79 gerandet. Der Clypeus erreicht nicht ganz die Spitze des Gesichts und ist am Ende deutlich schmäler abgerundet. Zügel schmäler. Pronotum lYginal so lang wie der Scheitel in der Mitte. Elytren schmal, hyalin, an der Wurzel hellgelblich; Nerven grünlichgelb, gegen die Spitze hin hyalin werdend; die erste Anteapical-Zelle an der Spitze schmal. Abdomen ganz gelb, abgesehen von der schwarzen Wurzel des Abdominalrückens. Genitalplatten dreimal so lang wie die stumpf dreieckige Genitalklappe, an den Außenrändern schwach gebogen, mit spärlichen kurzen Borsten und weißlichen Haaren, an der Spitze kegelförmig zugespitzt. Letztes Rückensegment fast bis zur Basis desselben tief ausgerandet. Afterröhre sehr groß und nur wenig kürzer als die Genital- platten; die seitlichen Lappen lang dreieckig, scharf dornartig zugespitzt und etwas länger als die Afterröhre, am oberen Rande bräunlich, am Ende schwarz. Die übrigen Charaktere sind wie bei Thamnotettix ßaveolus Boh. Länge: 3 — 3,5 mm; bis zur Spitze der Elytren 4,5 mm. Zwei Exemplare von mir in Zoppot im Juli 1901 gefangen. Deltocephälus excisus n. sp. (Tafel II, Fig. 4, A — C). Der Form nach dem Deltocephälus lividellus Zett. sehr ähnlich, mit folgenden Unterschieden: J Scheitel in der Mitte etwas länger und an der Spitze schmäler; der jederseits am Vorderrande befindliche schiefgerichtete schmale Streifen ist nach hinten etwas mehr gebogen; die Stirn dunkler, die deutlich sich abhebenden weißlichen Querlinien sind in geringerer Anzahl (5) vorhanden, als bei D. lividellus Zett. (etwa 7). Zellen der Elytren nicht bräunlich gesäumt. Letztes Bauchsegment in der Mitte am Hinterrand breit, fast dreieckig ausgerandet. Die übrigen Charaktere der Art sind wie bei D. lividellus Zett. Länge: § 2,6 mm; bis zur Spitze der Elytren 3 mm. Nur ein Exemplar in Zoppot von mir gesammelt. Deltoceplialus braehynotus Fieb. ’ (Tafel II, Fig. 5, A— E). Das Männchen dieses Insekts wurde von X. Fieber schon 1869 in den Verhandlungen der K.K. Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien, XIX. Band, Tafel VI, Fig. 55, abgebildet, wegen der mangelhaften Beschreibung aber war das Tier bisher kaum bekannt. Ich gebe daher hier eine ausführliche Be- schreibung nach den zahlreichen von mir gefangenen Exemplaren. Hellweißlichgelb. — Scheitel bedeutend länger, als zwischen den Augen, am Hinterrand breit, spitz dreieckig vorragend, ohne deutliche Zeichnungen; die Ocellen rot oder rötlich-braun. Beim cT der Scheitel etwas kürzer als beim § und am Übergange des Scheitels zur Stirn jederseits mit einer un- deutlichen, mit dem Vorderrande parallel laufenden weißlichen Querlinie. Stirn beim cT hellrauchbraun, beim § schmutziggelb, mit etwa 7 nach oben gebogenen weißlichen Querstreifen; in der Mitte zwischen den Antennen sehr 16 80 wenig geschweift und daselbst nur halb so breit wie lang; alle Nähte bräun- lich. Clypeus doppelt so lang, wie in der Mitte breit; gegen die Spitze kaum verschmälert, an derselben abgerundet; die Scheibe rauchbraun. Zügel- naht ziemlich weit ausgedehnt bräunlich. Pronotum 3/4 so lang wie der Scheitel in der Mitte lang ist, ohne deutliche Zeichnungen. Scutellum kurz, in der Mitte eine etwas nach vorn gebogene Querfurche aufweisend. Elytren beim J so lang, beim cf etwas länger als das Abdomen, mit starken, weiß- lichen Nerven; die Costalzelle wasserklar, mit einem bräunlichen Fleck unweit der Spitze; alle anderen Zellen beim cf schwärzlich, beim § bräunlich ausge- füllt. Beine hellbräunlich, die Vorder- und Mittelschenkel bräunlich gefleckt, die Hinterschenkel vorwiegend dunkelbräunlich, die Hintertibien mit schwärz- lichen Längsstreifen, die Wurzel der Dornen schwärzlich gefleckt; Tarsen schwarz, die Wurzel des ersten Gliedes gelblich, sämtliche Klauen dunkel- bräunlich. Brust und Abdomen schwarz, die letzten zwei Rückensegmente des Abdomens an den Hinterrändern gelblich. — Genitalapparat: cf. Genital- klappe groß, trapezförmig, Genitalplatten nur wenig eckig vorragend. After- träger mehr vorstehend, von der Seite gesehen kurz trapezoidal; die Seite des oberen Ausschnittes am längsten, mit dem sehr stumpfwinklig gebrochenen Unterrand eine kurze, spitze Endecke bildend. Afterröhre sehr kurz, napf- förmig vorragend; die Wände des Afterträgers nur am Ende geradlinig, an einander stoßend, oben spitz, unterhalb weit auseinandergehend (Fieber). J. Letztes Bauchsegment ein wenig länger, als das vorhergehende, am Hinter- rand gerade. Scheidenpolster etwa fünfmal so lang, wie das letzte Bauch- segment, nach der Spitze zu mit schmutzig gelben Borsten versehen. Länge: cf 2,3 — 2,5 mm, J 3 mm; bis zur Spitze der Elytren und § 2,8 mm. Zahlreiche Exemplare des Insekts habe ich in Zoppot gefangen. Ebenso habe ich dasselbe Insekt auch bei Berlin und Herr Dr. G. Horvath hat es bei Budapest gefunden. JDelphax Conwentzi n. sp. (Tafel II, Fig. 6, A— D). . cf. Schmutzig gelb. — Scheitel quadratisch, etwas länger als zwischen den Augen am Hinterrand breit, so lang wie das Pronotum in der Mitte. Die Scheitelgruben deutlich, jedoch der Mittel- und Querkiel undeutlich; am Übergang des Scheitels zur Stirn verschwindet der Kiel. Stirn etwas mehr als zweimal länger wie die Breite zwischen den unteren Augenecken, wo die Stirn am breitesten ist. Stirnfläche zu beiden Seiten des Mittelkiels deutlich breit ausgehöhlt. Clypeus an der Spitze mit zwei hellbräunlichen Fleckchen. Wangen und Oberlippe mit sehr feinen, kurzen, weißlichen Härchen ver- sehen. — • Die Wurzel der Antennen dunkelbraun; das erste Glied dreimal kürzer als das dicke zweite Glied. Pronotum mit deutlichem Mittelkiel, jederseits von demselben seicht breit ausgehöhlt. Scutellum etwas länger als das Pronotum; die Kiele schwach, gegen die Spitze hin verschwindend; nahe der Spitze des Scutellums eine deutliche Querfurche auf demselben. 17 81 Elytren quadratisch, kurz, nur 2/3 so lang wie das Abdomen, hyalin, etwas gelblich getrübt, mit ungranulierten weißlichen Nerven. Brust und Abdomen vorwiegend pechschwarz. Beine schmutzig hellgelb, die Klauen und die Spitze der Klauenglieder pechbraun, die Basalhälfte der Hinterschenkel schwärzlich. Genitalsegment lang, breiter als das vorhergehende Bauch- segment; von oben gesehen sehr tief — fast wie ein gleichschenkliges Dreieck — * ausgerandet; die seitlichen lappenartigen Fortsetzungen nach hinten divergierend und an der Spitze etwas nach innen gekrümmt; hinten sehr tief — fast parabolisch — ausgeschnitten, an der Basis dieses Ausschnitts ein oblonger flacher Fortsatz; die Schenkelseiten des Ausschnitts weißlich gelb und an der Innenseite ziemlich weit ausgedehnt, nach oben etwas umgeschlagen. Von den Seiten gesehen hat der Afterträger die Form eines fast gleichschenkligen Dreiecks. Griffel schwarz, ziemlich lang, annähernd prismatisch, an der gelb- lichen Spitze plötzlich verschmälert und dann etwas nach außen gebogen; die beiden Griffel hornartig nach oben divergierend, mit weißlichen Härchen. Die Afterröhre rundlich, an dem Unterrand mit einem dicken Fortsatz; das Afterstielchen gelblich mit kurzen Härchen. Länge 1,9 mm. Nur ein Exemplar von mir auf Gramineen in Garnsee gefunden. Das Insekt ist der Form nach der Delpiiax dmticauda Fieb. etwas ähnlich, aber die Genitalien sind ganz anders. * * Figuren-Erklärung. Tafel II. Figur 1. Chlorita pusilla n. sp. A. Dorsalansicht, v Scheitel, o Netzauge, p Pronotum, sc Scu- tellum. (y) B. Gesicht, o Netzauge, w Wange, z Zügel, c Clypeus, s Stirn, a Antenne, (y) C. Weibliche Genitalien. Is Legscheide, sp Scheidenpolster, l Letztes Bauchsegment. (y) D. Männliche Genitalien, gp Genitalplatten, l Letztes Bauch- Segment, (y) Figur 2. JEupteryx cyclops n. sp. A. Dorsalansicht, (y) B. Gesicht, (y) C. Weibliche Genitalien, (y) D. Männliche Genitalien, (y) E. Flügeldecke, (y) Sehr, d, N. G. Bd. XI, Heft 4. 18 6 82 Figur 3. Tliamn otettix combibus n. sp. A. Dorsalansicht. (y) B. Gesicht, (y) C. Männliche Genitalien. (“-) D. Flügeldecke, (y) E. Männliche Genitalien von Thamnotettix flaveolus Boh. (y) Figur 4. Deltocephalns excisus n. sp. A. Dorsalansicht, (y) B. Gesicht (y) C. Weibliche Genitalien, (y) Figur 5. Deltocephalns hrachynotns Fieb. A. Dorsalansicht, (y) B. Gesicht, (y) C. Hinterrand des letzten Bauchsegments vom Weibchen, (y) D. Männliche Genitalien, (y) E. Flügeldecke, (y) Figur 6. Delpliax Comventzi n. sp A. Dorsalansicht des ganzen Tieres, (y) B. Profilansicht der männlichen Genitalien, (y) C. Männliche Genitalien, von hinten gesehen, (y) D. Griffel, (y) i ii Druck von A. W. Kafemann g. m. i>. h. in Danzig. Tafel I Pentaden -Tafel der Lufttemperatur für Berlin 1848/95 und Danzig 1807/41 (Celsiusgrade). Von A. MOMBER. Sehr. d. N, G. Bd. XI, Heft 4. Tafel H. Zur Beachtung Die folgenden von der Naturforscheudeu Gesellschaft hernusgegebenen Einzelwerke können von den Mitgliedern zum Selbstkostenpreise bezogen werden, soweit der Vorrat reicht. I. Die Flora des Bernsteins und ihre Beziehungen zur Flora der Tertiärformation und der Gegenwart von H.B.Göppert und A. Menge. 1. Band. Göppert, Von den Bernstein-Coniferen. Mit dem Porträt M enge’s und 16 lithogr. Tafeln. Danzig 1883; gr. Quart. — VIII und 63 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. 2. Band. Conwentz, Die Angiospermen des Bernsteins. Mit 13 lithogr. Tafeln. Danzig 1886; gr. Quart. — IX und 140 'S. Ladenpreis Mk. 30. Für die - Mitglieder Mk. 15. II. Die prähistorischen Denkmäler der Provinz Westpreussen und der angrenzenden Gebiete von Br. A. Lissauer. Mit 5 Tafeln und der prähistorischen Karte der Provinz Westpreußen in 4 Blättern. Danzig 1887; gr. Quart. — XI und 210 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. III. Monographie der haltischenBernsteinhäume von H.Comventz. Mit 18 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Danzig 1890; gr. Quart. — IV und 151 S. Ladenpreis Mk. 50. Für die Mitglieder Mk. 25. Der Betrag nebst Porto für die gewünschte Zusendung ist an den Schatzmeister der Gesellschaft, Herrn Kommerzienrat Otto Münsterberg in Dan z i g, einzuschicken. Von den älteren Schriften der Naturforschenden Gesellschaft sind hauptsächlich das 1. Heft des III. Bandes (1872) und das 2. Heft des IV. Bandes (1877) vergriffen. Daher würden die Herren Mitglieder, welche diese Hefte etwa abgeben können, uns ! hierdurch zu besonderem Dank verpflichten. Der Vorstand. i _ : J Druck von A . W . Kufe mann G. m. b. H. in Danzig. i i I * ’V r' > < : / 1 y i X