HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. SCHRIFTEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. - NEUE FOLGE. — ZEHNTER BAND. ENTHALTEND VIER HEFTE MIÜVIER TAFELN. MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVIN2IAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DA>ZIG 1899-1902. COMMISSIONS -VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. D SCHRIFTEN DER N ATU RFORSCH ENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES ERSTES HEFT. (HIERZU TAFEL I.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. . DANZIG 1899. COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Bitte die 4. Seite dieses Umschlages zu beachten. > - SCHRIFTEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES ERSTES HEFT. (HIERZU TAFEL I.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DANZIG 1899. COMMISSIONS -VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Druck von A. W. Kafemann in Danzig OUL 19 1900 Inhalt. 1. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1898 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1898 Deecke: über den Kaukasus VII; Evers: über Funken-Telegrapliie nach Marconi und Slaby IX; Bail: biologische Mittheilungen über Pilze XI; Oehlschlaeger : Lebensskizze Dr, Fritz Mueller’s XII; Lakowitz: über eine deutsche Tiefseeexpedition XII; Neumann: über die elektrischen Wellen XIII; Conwentz : Aus Schwedens Natur und Wissenschaft XV; Helm: über die Beschaffenheit des zur Vermehrung des Danziger Leitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Steinschleuse XXIII; Kumm: über die San Jose-Schildlaus XXIV; Wallenberg: über den Einfluß der Sinne auf den Bau des Nervensystems XXIV; Kayser: neuere, in der mechanischen Werkstätte der Gesellschaft hergestellten Apparate XXV; Maas: Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide XXVI; Conwentz: eine neue steinzeitliche Ansiedelung in der Tucheier Heide XXVII; Momber: über die elektrischen Maßeinheiten XXVII; von Schmidt: über unsere Städtische Elektrische Anlage XXIX; Petruschky: über Streptotri chose XXXI. — Meisner: über Menschenkunde XXXII. 3. Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1898 be¬ handelten Gegenstände . . 4. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section 1898 5. Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie 1898 6. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section 1898 7. Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischerei-Vereins 1898 . 8. Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege 1898 Preusse: über die Wechselbeziehungen der menschlichen und thierischen Tuberculose L; EemelE: über die Reinigung der Abwässer durch Elektricität LV ; Borntraeger : über die Sterblichkeit der kleinen Kinder in Danzig LVI; Petruschky: Wie läßt sich der Verunreinigung öffentlicher Verkehrs¬ fahrzeuge entgegentreten? LVII; Steger: über das Radfahren in gesund¬ heitlicher Beziehung LVIII; Borntraeger, Preusse u. A.: Welche sanitäts¬ polizeilichen Anforderungen sind an den Verkehr mit Milch zu stellen? TiXITT; Eschricht: über Hygiene in den Eßwaarenläden LXV ; Hildebrand: über den Hausschwamm LXVII. 9. Mitglieder- Verzeichniß der Gesellschaft, ihrer Sectionen und des Vorstandes . Seite. I VII XL XLII XLIII XLIV XL VIII L LXVIII Seite. Abhandlungen. 10. Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide. Von Dr. G. Maas . 1 11. Ueber den Grundwasserstrom der Stadt Danzig. Von Professor Dr. A. Jentzsch . 1b 12. Bericht über die einundzwanzigste W ander- Versammlung des West¬ preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Stuhm, am 31. Mai 1898 24 Allgemeiner Bericht . 24 Bericht über die geschäftliche Sitzung . 26 Conwentz. Geschäftsbericht für 1897/98 . 26 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung . 28 Bail. Ueber Allseitigkeit der Thier- und Pflanzenbeohachtung als Quelle un¬ erschöpflichen Naturgenusses . 30 Schimanski. Die Warmblüter der Stuhmer Seen . 33 Helm. Bemerkenswerthe Käfereinschlüsse in Succinit . . 37 ,, Tnsekteneinschlüsse in Gedanit . . . 38 Conwentz. Ueber künstlich gefärbten Ambroid . . . 38 Krause. Ueber die forstlichen Verhältnisse der Oberförsterei Rehhof .... 39 Conwentz. Ueber das Vorkommen der Elsbeere und der Rothbuche, vornehmlich in der Rehhöfer Forst . 44 Schmidt. Botanische und zoologische Mittheilungen . 44 Conwentz. Ueber Bienenbäume (Beutkiefern) . 45 Puppel. Ueber die Beschädigungen der Cerealien durch den Getreide-Blasenfuß 46 Kalmuss. Ueber zwei bislang übersehene Bürger unserer Flora . 48 Preuschoff. Botanische und zoologische Notizen . 49 Conwentz. Bildliche Darstellungen von seltenen und bemerkenswerthen Bäumen in W estpreußen . 50 Lakowitz. Zoologische Mittheilungen . 51 „ Das Plankton des Klostersees bei Karthaus . 52 Seligo. Ueber westpreußische Krebsthiere . 52 Kumm. Mittheilungen über die San Jose-Schildlaus . • 53 Bericht über die Excursionen . 55 13. Anlagen zu dem vorgenannten Bericht . 58 A. Lakowitz. Die niedersten Pflanzen- und Thierformen des Klostersees bei Karthaus. I. Verzeichniß . 58 B. Seligo. Westpreußische Krebsthiere . 60 C. Treichel. Fleischpilze aus dem Kreise Bereut. Nachtrag ..... 64 14. Zur Kenntniß des Gehörorgans von Pterotrachea. Mit Tafel I. Von Prof. Dr. Berne. Solger . . . 65 15. Bemerkungen zu den Gattungen Cyclocrinus , Coelosphaeridium und Apidium. Mit 5 Textfiguren Von Prof. Dr. J. Kiesow. ... 77 16. Bericht über die Thätigkeit der Elbinger Alterthumsgesellschaft in den Vereinsjahren 1894/1899. Von Prof. Dr. R. Dorr . 94 Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1898. Erstattet von dem Director derselben, Professor A. MOMBER, am 4. Januar 1899. Meine Herren! Sie haben eben aus dem Nachrufe des Herrn Lakowitz ersehen, welchen Verlust die Wissenschaft und die studirende Jugend durch das Hinscheiden unseres Ehrenmitgliedes Ferdinand Cohn erlitten hat. — Am 12. April starb, ebenfalls in hohem Lebensalter, unser Correspondirendes Mitglied, Herr Hof¬ rath Professor Dr. von Sandberger in Würzburg, welchem die Wissenschaft die geologische Durchforschung seines Heimatlandes Nassau und die erste geologische Aufnahme Badens verdankt. Von seinen vielen Einzelabhandlungen ist eine 1887 in unsern Schriften erschienen, die Bearbeitung einer als Einschluß im Bernstein aufgefundenen Schnecke. — Nur kurze Zeit war Herr Amtsrath Dr. Struckmann unser Correspoudirendes Mitglied ; wir er¬ wählten ihn hierzu bei Gelegenheit des 100jährigen Bestehens der Natur¬ historischen Gesellschaft zu Hannover. Das Andenken dieser Gelehrten und Forscher und der anderen im verflossenen Jahre durch den Tod uns ent¬ rissenen Mitglieder, der Herren Regierungs- und Forstrath FEDDERSEN-Marien- werder, Apothekenbesitzer LEiSTiKOW-Elbing, Garteninspector RADiCKE-Oliva, Joh. Berger, Albert Juencke, Stadtrath PETSCHOw-Danzig, bitte ich Sie durch Erheben von Ihren Sitzen ehren zu wollen. Die Zahl unserer Ehrenmitglieder hat sich in diesem Jahre nicht ver¬ ändert; sie beträgt wie am Schluß des vorigen Jahres 10. An die Stelle des Herrn Ferdinand Cohn ist Herr Geheimer Medizinal-Rath Dr. Abegg getreten. Für die großen Verdienste, die er sich in den 25 Jahren seines Vice- Directorats durch sein reges Interesse für alle Bestrebungen der Gesellschaft erworben, glaubten wir nicht besser danken zu können als durch seine Ernennung zum Ehrenmitgliede bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctor- jubiläums am 2. Juni. Wir hoffen aber, daß er auch als unser Ehrenmitglied noch recht lange mit uns und für uns wirken werde. Kurze Zeit vorher am 22. April, ebenfalls am Tage des 50jährigen Doctorjubiläums, drückten wir n unserem verdienstvollen Vorstandsmitglieder dem Vorsitzenden der Anthro¬ pologischen Section, Herrn Dr. Oehlschlaeger, die Glückwünsche der Gesellschaft in Form einer Adresse aus. Von den Gesellschaften und Instituten, mit welchen wir seit längerer Zeit in wissenschaftlicher Verbindung stehen, haben drei, der Verein für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde in Stettin, das Nordische Museum in Stockholm und die Alterthumsgesellschaft in Elbing, ihr 25jähriges Bestehen gefeiert. Mit unseren Glückwünschen hat unsere Gesellschaft die Ernennung der Vorsitzenden oder Begründer der drei Institute zu Cor- respondirenden Mitgliedern verbunden, der Herren Gymnasial-Director Professor Lemcke in Stettin, Dr. A. Hazelius in Stockholm und Professor Dr. Dorr in Elbing. An dieser Stelle gestatte ich mir, noch besonders der Alterthums¬ gesellschaft in unserer Nachbarstadt Elbing zu ihren schönen Erfolgen Glück zu wünschen, die sie ihren thätigen Mitgliedern, vor allem dem rührigen Vorsitzenden, verdankt. Als ein Zeichen seines Strebens haben wir die uns übersandte Abhandlung des Vorsitzenden über die Gräberfelder auf dem Silberberge bei Lenzen und in Serpin mit besonderer Freude in Empfang genommen. Außer den drei Genannten haben wir nach den Vorträgen, welche sie im Laufe des Jahres bei uns gehalten, die Herren Professor Dr. Deecke in Greifswald und Dr. Sven Hedin in Stockholm zu Cor- respondirenden Mitgliedern ernannt. Es hat sich durch diese Ernennungen die Zahl unserer Correspondirenden Mitglieder auf 53 erhöht. Auswärtige Mit¬ glieder zählt die Gesellschaft jetzt 86, einheimische 224. Die Zahl der einheimischen Mitglieder ist dieselbe geblieben, die der auswärtigen um 4 zurückgegangen, zum Theil dadurch, daß einige einheimische Mitglieder, welche von Danzig verzogen sind, ihren Austritt angezeigt haben, statt, wie es sonst üblich gewesen ist, sich als auswärtige Mitglieder weiter führen zu lassen. Die Amrträge sind in üblicher Weise mit Ausnahme der Sommermonate an jedem ersten Mittwoch, in den meisten Wintermonaten auch an jedem dritten Mittwoch, des Monats abgehalten. Die Themata der verschiedenen Vorträge werden Sie aus der Uebersicht unseres Herrn Secretärs, welche mit dem Jahresberichte gedruckt werden wird, ersehen' können. Dreimal hatten wir die Freude, auswärtige Gelehrte und Forscher als Vortragende bei uns begrüßen zu können. Den Vortrag zur Feier unseres Stiftungstages am 5. Januar hatte Herr Professor Dr. Deecke aus Greifswald übernommen, welcher aul Grund seiner im Anschluß au den Internationalen Geologen- Congreß zu Petersburg unternommenen Forschungsreise den Kaukasus in geologischer Beziehung uns schilderte. Die Wintersitzungen im verflossenen Jahre eröfinete Herr Dr. Maas mit einem Vortrage über die geologischen Verhältnisse der Tucheier Heide, welche er als Beamter der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt zur Aufnahme der geologisch¬ agronomischen Karte genauer untersucht. Von weiterem Interesse war ein III Vortrag des kühnen Erforschers Ceutral-Asiens, des Herrn Dr. Sven Hedin, welcher im Jahre vorher von seiner Forschungsreise glücklich zurückgekehrt war. Ein nach vielen Hunderten zählender Zuhörerkreis von Damen und Herren lauschte im großen Schützenhaussaale der fesselnden Darstellung der glücklich überwundenen Mühen und Gefahren des berühmten Reisenden. Die Berichte über die Thätigkeit der einzelnen Sectionen, welche von den Herren Vorsitzenden mir heute übergeben sind, werden mit diesem allgemeinen Jahresberichte ebenfalls zum Drucke gelangen. Der Druck unserer Gesellschaftsschriften hat sich durch unvorhergesehene Umstände in diesem Jahre sehr verzögert, sodaß ich erst heute in der Lage bin, Ihnen das erste Exemplar des 3. und 4. Heftes des IX. Bandes unserer Schriften vorzulegen. Dieses Heft enthält zwei Jahresberichte für 1896 und 1897, sodaß für die Folge die Jahresberichte den betreffenden Jahren nicht so spät folgen werden, wie bisher. Von wissenschaftlichen Beiträgen enthält es außer dem Berichte des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins Ab¬ handlungen und Mittheiluugen der Herren Dahms, Helm, Jentzsch und Theodor Wallenberg. In den letzten Tagen des verflossenen Jahres hat sich die Gesellschaft entschlossen, nach einer Pause von mehreren Jahren wieder ein größeres wissenschaftliches Werk herauszugeben, welches ihre Geldmittel bedeutend in Anspruch nehmen wird. Nachdem Herr Professor Conwentz uns mitgetheilt hat, daß er an einer größeren Abhandlung über die Geschichte unserer Wald¬ bäume, mit besonderer Berücksichtigung der Eibe, arbeite, haben wir die Herausgabe dieses Werkes übernommen. Der Herr Verfasser hofft, dasselbe in einigen Jahren fertig stellen zu können. Wir sind sicher, daß es sich den früheren Veröffentlichungen des Herrn Conwentz, welche wir heraus¬ gegeben, würdig an die Seite stellen wird. Unsere Bibliothek wächst durch den Tauschverkehr und andere Er¬ werbungen und Schenkungen bedeutend an. Neu in den Schriftenaustausch eingetreten sind: Baltimore (Maryland, U. S. N. A.): Geological Survey; Bautzen: Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis; Krefeld: Verein für Naturkunde; Stettin: Verein zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. Ich muß mich darauf beschränken, die Namen der Herren Verfasser zu nennen, welche der Bibliothek ihre neuen Abhandlungen überwiesen haben, ebenso die Namen der Herren, welchen wir sonst Geschenke für die Bibliothek verdanken. Von den Verfassern gingen ein Abhandlungen und Werke der Herren: Bersohn, Bessey, Deecke, Ebers, Freitag, Jahet, Jentzsch, Klunzinger, Kollm, v. Leber, Meyer, Michel, Moebius, Natiiorst, Perchot, Petruschky, Pincus, Polis, Radde, Ruest, Saintignon, Schubert, Schube, Schueck, Schwerdtfeger, Solger, Stossich und Treichel. — Geschenke von Abhandlungen und Werken Anderer gingen der Bibliothek zu 1* IV von den Herren: Abegg, Bail, von Gossler, von Klinggraeff, Lampe, Oehlschlaeger nnd Beinicke. Da wir in den bisher benutzten Räumen für eine einigermaßen über¬ sichtliche Aufstellung der Bibliothek keinen Raum mehr hatten, so hat der Vorstand dem Herrn Landeshauptmann auf Grund des 1878 geschlossenen Ver¬ trages die Benutzung des großen Saales, in welchem das Finnfischskelett bisher aufgestellt war, gekündigt. Das Skelett ist bereits entfernt, sodaß wir jetzt schon an eine weniger gedrängte Aufstellung unserer Gesellschaftsschriften gehen können. Leider wird sich für die Folge die Benutzung unserer Bücherschätze für die Mitglieder wesentlich schwieriger gestalten als bisher. Herr Dr. Kayser, welcher seit mehr als 30 Jahren neben seiner astronomischen Thätigkeit das Amt eines Bibliothekars verwaltet hat, hat sich leider aus Gesundheits¬ rücksichten genöthigt gesehen, dieses Amt nicht ferner zu übernehmen. Wir sind ihm für die große Mühewaltung, der er sich so lange unterzogen, zu großem Danke verpflichtet. Wir verdanken ihm in erster Linie den ge¬ druckten Katalog vom Jahre 1874, den er handschriftlich fortdauernd ergänzt hat, vor allen Dingen danken wir ihm aber, daß er täglich bis zum Nach¬ mittage bereit gewesen ist, die verlangten Bücher den Herren, welche dieselben gebrauchten, sofort zu übergeben. Wie wichtig diese Bereitwilligkeit für viele Herren gewesen ist, werden dieselben jetzt erst genügend erkennen, da sich die Ausgabe der Bücher nicht mehr so bequem wird ermöglichen lassen. Herrn Lakowitz sind wir aber zu großem Danke verpflichtet, daß er sich bereit erklärt hat, das zeitraubende Amt eines Bibliothekars für die nächste Zeit zu übernehmen. Die HüMBOLDT-Stiftung ist in der Lage gewesen, in diesem Jahre 2 Stipendien ä 150 M. auf Grund der uns zugegangenen Arbeiten zu ver¬ theilen, und zwar den Herren: cand. med. Speiser und cand. phil. Braun. Den Aufgaben, welche die Naturforschende Gesellschaft übernommen, könnte sie nicht gerecht werden, wenn sie nicht durch die Unterstützung hoher und höchster Behörden gefördert würde. Den Chefs und Vorsitzenden dieser Behörden, dem Herrn Cultusminister, dem Herrn Ober-Präsidenten und dem Herrn Landeshauptmann sei hier der Dank der Gesellschaft ausgesprochen. Nur durch diese Unterstützungen ist es uns möglich gewesen, neben unseren Schriften größere, reich ausgestattete Werke herauszugeben und die Arbeiten auf unserer Sternwarte, wie in der mit ihr verbundenen mechanischen Werk¬ stätte, zu fördern. Die Wolkenhöhenbeobachtungen, sind bis Ende 1897 regel¬ mäßig fortgeführt und haben ein sehr großes Beobachtungsmaterial ergeben, das zum großen Theil für die Herausgabe fertig liegt. Leider hat sich diese durch Krankheit des Herrn Dr Kayser verzögert, wird aber sicher im Laufe der nächsten Jahre erfolgen. Aus demselben Grunde sind auch die gelegent¬ lichen V olkenhöhenbeobachtungen, die für das verflossene, wie für die folgenden Jahre in Aussicht genommen waren, etwas zurückgeblieben. Seine y Arbeitskraft hat Herr Dr. Kayser, soweit sie nicht durch seine Krankheit geschwächt war, der zweiten, schon in meinem vorjährigen Jahresberichte er¬ wähnten Aufgabe, der genaueren Bestimmung der Danziger Polhöhe, gewidmet. Es stellte sich gerade diese Arbeit in den Vordergrund, da die Unterstützung des Herrn Navigationsschullehrers Canin von besonderer Wichtigkeit dafür war, und da ein längeres Verbleiben desselben in Danzig nicht mit Sicherheit feststand. Die Beobachtungen, bei denen bei günstigem Wetter täglich Y ursae majoris oder J aurigae in ihrer Zenithaistellung beobachtet wurden (etwa 15 Fadendurchgänge vor und ebensoviel nach dem Durchgänge der Sterne durch den Meridian), sind seit Juni 1896 regelmäßig geführt. Die an dem Aequatoreal angebrachten Röhrenlibellen sind mit Hilfe des neuen KAYSER'schen Niveauprüfers untersucht, und Herr Dr. Kayser hat mit der Reduction der Beobachtungen den Anfang gemacht, sodaß wir in einiger Zeit auf eine erste Veröffentlichung derselben rechnen können, von denen wir mit Zuversicht erwarten, daß sie einen wesentlichen Beitrag zur Kenntniß der kleinen Schwankungen der Erdachse liefern werden. Um die Unter¬ suchungsmethode noch weiter zu vervollkommnen, läßt Herr Dr. Kayser in unserer Werkstätte einen elektrischen Chronographen herstellen, der hoffent¬ lich recht bald bei den Beobachtungen benutzt werden kann. Neben den hier angeführten Arbeiten ist unser Mechanikus, Herr Krause, damit beschäftigt gewesen, eine Leitung für elektrisches Licht, zu welcher die Firma Siemens & Halske das Material geliefert hat, in unserem Gebäude auszuführen. Die Lichtleitung war höchst wünschenswerth für unsere Stern¬ warte, da für Ablesung der Niveaus, des Stunden- und Deklinationskreises, für Beleuchtung der Mikrometerfäden, für die Uhrablesung etc. eine Reihe von Lampen nothwendig ist, die ohne Elektricität recht unbequem anzubringen sind. Gleichzeitig haben wir aber auch in unser Sitzungszimmer die Leitung geführt (zwölf 25-kerzige Glühlampen und eine Lampe für den Tisch), um den Raum bei unsern Sitzungen behaglicher zu machen, aber auch um für Demon strationen elektrische Energie zur Verfügung zu haben. In der Dezembersitzung des verflossenen Jahres ist zum ersten Male das neue Statut der Gesellschaft, welches am 1. Juni 1898 durch den Herrn Ober-Präsidenten bestätigt ist, in Kraft getreten- Nach ihm ist die Wahl des neuen Vorstandes erfolgt, der gegen früher einige Veränderungen in seiner Zusammensetzung zeigt. Herr Baurath Breda hat sich schon im September des verflossenen Jahres aus Gesundheitsrücksichten genöthigt gesehen, sein Amt als Hausverwalter, das er seit 8 Jahren mit Eifer geführt hat, nieder¬ zulegen. Im Namen der Gesellschaft sage ich ihm an dieser Stelle besten Dank für die Mühewaltung, welche er so lange übernommen hat. Gleichzeitig sah sich Herr Professor Dr. Lampe durch seine Uebersiedelung nach Zoppot veranlaßt, aus unserem Vorstande zu scheiden. Auch er hat durch mehrere Jahrzehnte der Gesellschaft durch Verwaltung des physikalischen Cabinets große Dienste geleistet, für welche ihm hier ebenfalls der Dank ausge¬ sprochen sei. VI In derselben Sitzung; am 21. Dezember wurde der Etat für das Jahr 1899 in Höhe von 10 254 M. nach dem Vorschläge des Herrn Schatzmeisters festgesetzt. Die im Vergleiche zum vorjährigen Etat wesentlich größere Summe hängt mit der Herausgabe des vorerwähnten größeren neuen Werkes zusammen, für welche wir einen Theil aus unserem Kapitalvermögen ent¬ nehmen müssen. In wenigen Worten sei hier auch der besonderen Feste gedacht, die uns in diesem Jahre häufiger als sonst vereint haben. Das Stiftungsfest haben wir in üblicher Weise durch ein einfaches gemeinschaftliches Abendessen im Gewerbe¬ hause, welches der Festsitzung folgte, gefeiert. Nach dem Vortrag des Herrn Dr. Sven Hedin am 17. Februar vereinigte sich eine recht große Zahl von Damen und Herren mit dem Herrn Vortragenden zu einem Abend¬ essen in den oberen Sälen des Schützenhauses, bei welchem dem kühnen und erfolgreichen Erforscher Centralasiens der Dank der Gesellschaft ausgedrückt wurde. Zur Erinnerung an die Tage seines Aufenthaltes wurde ihm einige Wochen später ein Album mit Danziger Ansichten übersandt. Besondere Fest¬ tage für die Gesellschaft waren der 22. April und 2. Juni, an welchen die Herren Oehlschlaeger und Abegg, wie ich schon erwähnte, den Tag ihres 50jährigen Doctor- Jubiläums in voller körperlicher und geistiger Frische feiern konnten. Eine Abordnung des Vorstandes überbrachte Vormittags den Herren Jubilaren die Glückwünsche der Gesellschaft unter Ueberreichung einer Adresse und eines Diploms. Zu beiden Abenden hatte die Natur¬ forschende Gesellschaft gemeinsam mit dem Aerztlichen Verein die vielen Freunde und Verehrer der beiden Herren zu einem Festessen nach dem großen Saale des Schützenhauses eingeladen. Beide Feste verliefen in ungetrübtem Frohsinn, und die vielen Trinksprüche gaben Kunde von dem vielgestaltigen Wirken der beiden Herren, wie von der allgemeinen Liebe und Verehrung, welche ihnen in weitesten Kreisen dargebracht werden. Ich schließe meinen Bericht in der Annahme, daß Sie aus diesen kurzen Mittheilungen die Ueberzeugung erhalten haben, daß die Gesellschaft, so be¬ scheiden auch ihre Mittel und ihr Wirkungskreis sind, in alter Weise vorwärts gegangen ist, und in der Hoffnung, daß sie sich recht bald noch höhere Ziele werde stecken können. YII Bericht über die Ordentlichen Sitzung-en der Gesellschaft im Jahre 1898» 1. Sitzung am 5. Januar 1898» Herr Professor Dr. ÜEECKE-Greifswald spricht über den Kaukasus. Im Anschluß an den vorjährigen Internationalen Geologen-Congreß in Petersburg hat Vortragender wissenschaftliche Reisen durch verschiedene Theile Rußlands unternommen, dar¬ unter auch, unter der kundigen Führung russischer Gelehrter, eine solche durch den Kaukasus. Einige der bei dieser Reise gemachten Beobachtungen trägt Herr Deecke in fesselnder Form an der Hand vieler Photographien, Skizzen, Profilzeichnungen und Karten vor. Der Kaukasus ist ein ca. 1200 km langes, infolge der hohen „Lage der Pässe schwer passirbares Faltengebirge von der gleichen Entstehung wie die Alpen, das Juragebirge und die Karpathen. Er muß wie diese in Folge einer von Süden kommenden Faltung der Erdrinde emporgehoben und zu mehreren parallelen Ketten zusammengeschoben sein, deren mittlere den Hauptkamm des ganzen Gebirgszuges darstellt. Diese Hauptkette setzt sich aus alten Schiefern zusammen; zu beiden Seiten des Schieferzuges ziehen sich Zonen jüngerer Kalksteine hin, und außen, stark gefaltet, die sogenannten älteren tertiären Schichten von dem Alter unserer Bern¬ steinsande. Im Süden setzt sich die Faltung über Tiflis zum armenischen Plateau hin fort, im Norden breitet sich eine Plateau- und Terrassenlandschaft aus. Die vergleichenden geologi¬ schen Untersuchungen haben ergeben, daß der Kaukasus kein isolirt stehendes Gebirge, vielmehr nur ein Glied einer gewaltigen Gebirgskette bildet, welche sich mit Unterbrechungen über den Jailadagh am Südrande der Krim, über den .Balkan, die transsylvanischen Alpen, die Karpathen und Alpen erstreckt. Der baierischen Hochebene nördlich der Alpen entspricht dann die Steppe der Krim und die Kirgisensteppe an der Wolgamündung, der Poebene das schwarze Meer; gewissermaßen mit dem Bodensee ist das Asowsche Meer zu parallelisiren. Nach der anderen Seite hat man den Kaukasus mit dem asiatischen Gebirgssystem in Zusammenhang gebracht, ohne dies indessen so sicher beweisen zu können, wie für die erwähnten westlichen Beziehungen. Diese geologischen Resultate sind äußerst wichtig. Sie erklären das gleichzeitige Vorkommen von Petroleum in Galizien, der Krim, im Kaukasus, wie im turkmenischen Gebiete; es sind eben überall geologisch die gleichen Schichten in annähernd gleicher Stellung. Außer an Erdöl ist der Kaukasus nicht sehr reich an nutzbaren Mineralien. Gold kommt vor und ist ja in griechischer Zeit am Südgehänge bei Kutais gewaschen. Außer Kupferkies, dessen Ausbeutung zur Gewinnung von Kupfer auf elektrolytischem Wege durch die Firma Siemens & Halske seit Jahren betrieben wird, findet sich noch Schwefelkies, wichtig zur Gewinnung von Schwefelsäure, zwecks Raffinirens des Petroleums, ferner Schwefel, Gyps und Kalk. Nähert man sich von Norden dem Gebirge, so nimmt man zunächst [ein nur langsames Ansteigen wahr, bei Stawropol erscheint die erste Terrasse, bis in der Nähe der Mineralbäder¬ station merkwürdige Berge, Kuppen, Pfeiler, Grate unvermittelt aus der Ebene aufsteigen. Es YIII sind dies vulkanische Massen, deren Entstehung mit dem Elbrus wahrscheinlich zusammenhängt. Bei günstigem Wetter kann man diesen 5630 m hohen Berg mit seinem doppelten weißen Gipfel von dort erkennen, und auf der Fahrt von den Mineralbädern nach Wladikawkas ent¬ faltet sich die ganze Pracht der Centralkette, wo sich ein Schneeberg an den andern reiht. Der Vulkanismus des Kaukasus muß in früheren, noch nicht allzu weit zurückliegenden Zeiten sehr bedeutend gewesen sein. Seine höchsten Gipfel Elbrus und Kasbek sind ursprünglich zwei gewaltige Vulkane, von denen sich ausgedehnte, später in Säulen abgesonderte Lavaströme nach allen Seiten in die Thäler ergossen haben. Längs der grusinischen Heerstraße zwischen Wladikawkas und Tiflis hat man trefflich Gelegenheit, sich von diesen Verhältnissen zu über¬ zeugen. Auf einer zur Längsachse des Gebirges senkrecht stehenden, vom Elbrus auslaufenden ehemaligen Schichtenspalte sind die vulkanischen Massen aa mehreren Punkten emporgestiegen, ohne aber die Oberfläche selbst durchbrochen und eigentliche Vulkane gebildet zu haben. Es hat eben die Kraft nicht ausgereicht, die äußerste Erdkruste zu sprengen, wohl aber sie auf¬ zuwölben und so glockenförmige, regelmäßig gestaltete, unmittelbar aus der flachen Umgebung aufsteigende Hügel oder Berge zu schaffen. Aehnliche Bildungen (Lakkolithen) iD Deutschland, z. B. in der Eifel und Lausitz, lassen sich damit vergleichen. Von der Sonderbarkeit der Land¬ schaft infolge jener eigenartigen Bildungen kann man ungefähr eine Vorstellung gewinnen, wenn man sich der Gegend von Singen bei Konstanz mit den Bergkuppen Hohentwiel, Hohenstoffel und Hohenkrähen erinnert. Als Reste dieser vulkanischen Prozesse sind die, theils an Schwefel, theils an Kohlensäure reichen, warmen Quellen übrig geblieben, die am Fuße des Kaukasus eine Reihe großer und viel besuchter Badeorte hervorgerufen haben. Der Kaukasus, zwischen zwei Meeren gelegen, empfängt eine Menge von Niederschlägen, allerdings von sehr ungleicher Vertheilung. Der Westen ist regenreich, hier fallen bis 2000 mm Regen im Jahre, im Osten dagegen bei Baku nur 234 mm. Im Thal des Rion im Südwesten herrscht üppigster Pflanzenwuchs. Die Vegetation von Kutais ist berühmt. Die Wasserläufe bilden in den dortigen Thälern Sümpfe, die vorzüglich zur ertragreichen Maiscultur verwendet werden. Ganz anders der Osten, wo viele Wochen hindurch kein Regen fällt, der Boden durch die Sonne stark erhitzt wird; öde Steppe herrscht dort auf weite Strecken. Im Winter, der Regenzeit, verwandeln die Wasser das Thal der unteren Kura in einen weiten Sumpf. Die geringe Niederschlagsmenge erklärt sich durch das Vorherrschen der trockenen innerasiatischen Ostwinde. Zwar liefert das kaspische Meer einige Wasserdampfmassen, doch diese steigen schnell über die Höhen hinweg und condensiren sich an den hohen Gipfeln des mittleren Gebirgs- abschnittes. Hier entstehen daher die zahlreichen Firnfelder und Gletscher, welche diesem Abschnitte den Namen des eisigen Kaukasus eingetragen haben. Auf 200 km ist der Gebirgs- kamm vollständig vereist. Auffallender Weise liegt die Schneegrenze auf der Südseite um 300 m tiefer als auf der Nordseite (3300 m im Westen bis 3900 m im Osten). Der Grund ist in der im Süden größeren Menge des niedergehenden Schnees zu suchen; das Nordgehänge wird eben nur von den viel weniger feuchten Winden der russischen und sibirischen Ländermassen getroffen. Der grösste Gletscher, Kuragan, von 8 km Länge, geht bis 1930 m herab. Die Ver¬ gletscherung des Kaukasus muß früher größer gewesen sein; es hat auch dort eine Eiszeit existirt, deren Spuren überall unverkennbar sind. \ on der Feuchtigkeit hängt die Vegetation ab, darum bietet auch diese ein anderes Bild im Westen als im Osten, ein anderes auf den Nordabhängen wie auf den Südabhängen des Ge¬ birges. Der feuchte Westen ist von oft undurchdringlichen Buchen- und Eichenwäldern bedeckt; öde sind der Osten und das Nordgehänge, üppig frisch und grün die Südabhänge, wo von 1000 m abwärts der Weinbau beginnt. Außer dem in Thierhäuten aufbewahrten Wein bildet dort der Mais einen wichtigen Handelsartikel, dann Baumwolle, Feigen und Olivenöl. Ueber die Fauna des Kaukasus erhält man einen guten Ueberblick im Kaukasischen Mu¬ seum zu Tiflis, in welchem der Director Geheimrath Dr. Radde alle dem Kaukasus eigen- tlhimlichen 1 liiere vereinigt hat. Man erfährt dort u. a., daß im östlichen Gebiete, in Daghestan, der Tiger noch vorkommt. Auffallend zahlreich sind die großen Raubvögel vertreten. IX Die Bevölkerung des Kaukasus ist ein Gemisch der verschiedenartigsten Stämme und Rassen. Zahlreiche, von Süden her zurückgedrängte Völker haben sich in irgendeinem Winkel gehalten. Dazu kommen die persischen, armenischen, türkischen Eindringlinge; im Norden die Tartaren, Kalmücken, Tscherkessen und neuerdings die Russen. Katharina II. und ihre Nachfolger haben daselbst auch Deutsche, Schweizer und Schotten angesiedelt, und so verdient das Gebirge bald n it Recht den Namen des hundertsprachigeu. In Tiflis sollen gegen 80 verschiedene Sprachen und Dialecte gesprochen werden. Im ganzen ist das Gebirge noch wenig erschlossen. Es führen zwei Militärstraßen über dasselbe, beide von Wladikawkas im Norden aus. Die eine, die ossetische, endigt in Kutais im Süden, und an sie schließen Straßen nach Poti und Batum am Schwarzen Meere an; höchste Paßhöhe ist hier 2500 m. Die andere, die grusinische Militärstraße, von Wladikawkas nach Tiflis, steigt immer noch bis 2300 m an. Beide Wege sind Kunststraßen ersten Ranges. Zu beiden Seiten des Gebirges sind in neuerer Zeit Bahnen entstanden, die eine im Norden von Rostow am Don über Wladikawkas nach Petrowskam Kaspischen Meere, die andere im Süden von Batum und Poti am schwarzen Meere durch das Thal des Rion und der Kura nach Baku. Ueber das Gebirge führt noch keine Bahn, doch ist der Bau einer solchen nur eine Frage der Zeit. Zum Schlüsse geht Vortragender noch auf das Hauptproduct des Gebietes, das Naphta, näher ein, schildert an der Hand von Profilzeiclmungen die Lagerung der das Erdöl führenden Schichten auf dem bis jetzt erschlossenen, ca. 558 ha großen Quellgelände bei Baku, erläutert die Gewinnung aus den ca. 1700 bis jetzt erbohrten Springquellen, deren stärkste 1892 bis 1 Million Pud = 16 Millionen kg Rohöl pro Tag lieferte, ferner das Abdestilliren und weitere Reinigen des Leuchtöls, dessen directe Ueberführung in die Wagen und Schiffe durch Ver¬ mittelung weit ausgebreiteter Röhrenleitungen, und erwähnt, daß der Rückstand, das Masut, als ein bequemes Heizmittel auf Dampfern wie Eisenbahnen mit Vorliebe benutzt wird. Die Ausfuhr des Leuchtöls und Rohöls nach dem Orient und den Ländern Europas ist in stetem Wachsen begriffen; reiche Petroleumgebiete im Nordendes Kaukasus und auf der Krim harren noch der Erschließung. Sodann erstattet der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, den Jahresbericht für das Jahr 1897 (vergl. diese Schriften, IX. Band, 3. und 4. Heft, S. XXXIV— XXXIX). Derselbe legt ferner die von den Vorsitzenden der einzelnen Sectionen erstatteten Berichte über die Thätigkeit der Sectionen im Jahre 1897 vor (vergl, diese Schriften, IX. Band. 3. und 4. Heft, S. LVIII — LXXXII). 2. Sitzung am 19. Januar 1898. Herr Professor Evers hält einen Experimentalvortrag über Funken-Tele¬ graphie nach Marconi und Slaby. Die wichtigsten Fortschritte, welche seit den epochemachenden Untersuchungen des be¬ rühmten Physikers Heinrich Hertz vor nunmehr zehn Jahren in der Kenntniß der elektrischen Wellen gemacht sind, beziehen sich auf ihre Erzeugungsweise und auf die Mittel zu ihrer Er¬ kennung. Man hat seitdem erkannt, daß jeder elektrische Funke eine Quelle elektrischer Wellen ist. Von jeder Funkenstrecke gehen, allerdings in höherem oder geringerem Grade Strahlen aus, und zwar von sehr verschiedenen Wellenlängen. Von diesen haben wir folgende Hauptqualitäten zu unterscheiden: 1. diejenigen, welche auf die Netzhaut unzeres Auges (Licht¬ strahlen), 2. die auf das Thermometer oder ähnliche Vorrichtungen wirken (Wärme- oder ultra- rothe Strahlen), 3. diejenigen, welche besonders durch ihre chemischen Wirkungen hervortreten (ultraviolette Strahlen), 4. die RoENTGEN-Strahlen, welche Aetherschwingungen von wahrschein¬ lich noch viel geringerer Wellenlänge als die ultravioletten Strahlen sind, und 5) die elek- X trisclien Strahlen im engeren Sinne oder HERTZ’schen Strahlen. Ein lückenloser Zusammen¬ hang dieser 5 Strahhmgsgebiete, gewissermaßen eine continuirliche Strahlenskala, ist bis jetzt nicht nachgewiesen worden. So liegt z. B. zwischen elektrischen Wellen von 2,5 cm eineiseits und ultrarothen von 1/40 mm Länge andererseits ein in seinen Einzelheiten noch ganz unbekanntes Intervall, und über die Stellung der ROENTGEN-Strahlen in der Strahlenskala ist gleichfalls noch nichts Sicheres auszusagen. Von allen den genannten Strahlungsqualitäten, welche in einer Funkenstrecke ihren Ur¬ sprung haben, kommen für das obige Thema nur die elektrischen Strahlen in Betracht, welche je nach der Natur der in den Funken entladenden Körper Wellenlängen von wenigen cm bis zu vielen km haben können. Der bei der MARCONl’schen Telegraphie benutzte Funkengeber sendet sehr kurze Wellen von nur einigen cm Länge aus. Im Jahre 1890 fand der französische Physiker BRANLY, daß eine mit losen Metallspänen gefüllte Glasröhre, die in einen Stromkreis eingeschaltet wird, einen sehr hohen Widerstand dar¬ stellt; ein sehr schwacher oder gar kein wahrnehmbarer Strom geht hindurch. Er bemerkte aber weiter, daß dieser Widerstand sich bedeutend vermindert, sobald in der Nähe derselben Glasröhre ein elektrischer Funken überspringt. Diese Thatsache ist von einem der bedeutendsten englischen Physiker, dem Professor Lodge in Liverpol, dem einstmaligen Concurrenteu von Hertz, des Näheren untersucht und die betreffende von ihm als „Coherer“ bezeichnete Vor¬ richtung vervollkommnet worden. Die Wirkungen dieses Apparates zeigt Vortragender zu¬ nächst an der einfachsten Form desselben, welche als eine Weiterbildung des HERTZ’schen Em¬ pfängers angesehen werden kann, sodann an dem eigentlichen BRANLY’schen, dem zusammen¬ gesetzten Coherer. Dieser Coherer ist es, welcher bei den neueren Versuchen über Telegraphie ohne metallische Verbindung als Empfänger der wirksamen elektrischen Wellen zur Ver¬ wendung kommt. Die Versuche, ohne metallische Verbindung eine telegraphische Verbindung zu erzielen, datiren schon aus der Mitte der achtziger Jahre. Während alle diese Versuche aber auf der gegenseitigen Induction geschlossener Drahtkreise beruhten, hat Lodge 1894 bereits den von ihm vervollkommneten Coherer als das beste Werkzeug für diese Telegraphie bezeichnet. Die Schwierigkeiten, welche sich der praktischen Verwerthung entgegensetzten, sind indessen erst im vorigen Jahre von dem jungen Italiener Marconi durch glückliche Kombination vorhandener Vorrichtungen und deren gute constructive Weiterbildung überwunden worden. Nachdem die ersten Versuche auf dem Landgut seines Vaters günstig' verliefen, wandte sich Marconi an den Chef der englischen Telegraphenverwaltung, Herrn Preece, der selber viele Versuche über Telegraphie durch Induction angestellt hat, und der Erfindung Marconi’s das vollste Interesse entgegenbrachte. So konnte Marconi am Bristolkanal die Ver¬ suche fortsetzen, an denen auch Professor Slaby aus Charlottenburg Theil nahm. Bis auf 14,5 km Entfernung glückte mit Hilfe des neuen Apparates dort die telegraphische Verständigung, im Sommmer 1897 im Hafen von Spezzia sogar auf 16 km, am besten auf dem Meere von Schiff zu Schiff. Auch Professor Slaby hat an den Havelseeen und mit Unterstützung der Militär-Luftschifferabtheilung zu Schöneberg bei Berlin Versuche nach derselben Richtung hin angestellt, wobei es gelang, wichtige Punkte über die Wirksamkeit der Apparate aufzuklären. Er stellte fest, daß eine ungehinderte gradlinige Luftbahn zwischen der Sender- und der Emplängerstation die beste Vorbedingung für das Gelingen der telegraphischen Verständigung ist; Wald und bebaute Terrains dazwischen wirken störend. Wichtig ist die Anbringung dünner, langer, möglichst gleicher Auffangedrähte an dem Sender- und Empfängerapparat; sie stellen gewissermaßen Fangarme dar zur Aufnahme der elektrischen Wellen, je länger sie sind, desto besser. Windiges Wetter bringt Störungen, in erhöhtem Maße aber die atmosphärische Elektricität. Unter günstigen Bedingungen ist bei den bezüglichen Versuchen zwischen Rangsdorf und Schöneberg eine telegraphische Verständigung bis auf 21 km geglückt. Einen wichtigen Theil der Ausführungen der Herrn Professor Evers bildet die Demonstration des etwas abgeänderten XI Apparates für die Telegraphie ohne metallische Verbindung nach MARCONI. Das Institut für Präcisionsmechanik und Elektrotechnik der Firma Max Kohl in Chemnitz i. 8. hat auf dies¬ seitiges Ersuchen den Apparat in zuvorkommender Weise für den Abend zur Verfügung ge¬ stellt. Der Apparat besteht aus zwei Theilen, nämlich 1) aus der Senderstation mit RlGHl’schem Radiator, der, mit einem kräftigen Funkeninductorium leitend verbunden, die wirksamen elek¬ trischen Wellen entsendet, 2) aus der Empfängerstation, deren wichtigsten Theil der oben er¬ wähnte Coherer zur Aufnahme der von der Senderstation ausgehenden, durch die Luft (auch durch Mauern und andere scheinbare Hindernisse) sich fortpflanzenden elektrischen Wellen dar¬ stellt. Zur Niederschrift der Telegramme wird die Empfängerstation noch mit einem Morse- Schreibapparat. verbunden Von einer genaueren Schilderung der ganzen Vorrichtung muß hier Abstand genommen werden. Es sei darauf bingewiesen, daß in der leicht zugänglichen, populär¬ wissenschaftlichen, von der bekannten Berliner Gesellschaft „Urania“ herausgegebenen Zeitschrift „Himmel und Erde“, Dezember-Nummer, eine durch Abbildungen erläuterte ausführliche, leicht verständliche Beschreibung des verbesserten MARCONl’schen Apparates sich befindet. 3. Sitzung am 2. Februar 1898. Vor Eintritt in die Tagesordnung überbringt Herr Professor Dr. Conwentz Grüße von dem kürzlich zum Ehren mitgliede der Gesellschaft ernannten Nestor der deutschen Botaniker, Geheimrath Professor Dr. Ferd. Cohn in Breslau. Das dem Genannten bei Gelegenheit seines 70. Geburtstages Ende Januar überreichte Ehrendiplom, dessen künstlerische Herstellung in dankenswerther Weise Herr Dr. Korella übernommen hatte, kann leider nicht mehr im Original vorgelegt werden; Herr Buchhändler Bertling hat zwei photographische Auf¬ nahmen desselben zur Verfügung gestellt, die in der Sitzung gezeigt werden. Herr Conwentz übermittelt noch Grüße von einem anderen Ehrenmitgliede, dem Geheimrath Dr. Radde. Director des Kaukasischen Museums in Tiflis, der in einem überaus warm gehaltenen Schreiben seiner Freunde in der Natur¬ forschenden Gesellschaft und in seiner Vaterstadt Danzig gedenkt. — Herr Professor Momber legt als Geschenk des Herrn Ober-Präsidenten die Denk¬ schrift der Technischen Reichsanstalt, außerdem den Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für den verstorbenen berühmten Bonner Professor Kekule, sowie die neueste Ausgabe der „Natürliche Schöpfungsgeschichte“ von Prof. Haeckel (Geschenk des Autors) vor. Sodann theilt Herr Momber mit, daß am Donnerstag, den 17. Februar, im Schützenhause ein Vortragsabend für Damen und Herren stattfinden soll. Den Vortrag wird der schwedische Forscher Herr Dr. Sven FIedin halten, und zwar über seine wissenschaftliche Expedition durch Innerasien in den Jahren 1894 — 1897. Die wissenschaftlichen Vorträge eröffnet Herr Professor Dr. Bail durch einige biologische Mittheilungen über Pilze. Der Vortragende lenkt die Aufmerksamkeit auf zwei für die Praxis wichtige Pilze und zwar zunächst auf den Birnen-Gitterrost. Dieser zeigte sich in einem Prauster Garten im vorigen Jahre in selten üppiger Entwickelung auf den Blättern des Birnbaumes. Der Pilz erzeugt auf der Oberseite der Blätter lebhaft gelbrothe Flecke, unter denen auf der Rückseite Gruppen von behaarten Kegeln sitzen ; er greift bisweilen selbst die Früchte an. Der genannte Gitterrost gehört nebst seinen Gattungsgenossen zu den Pilzen, welche ihre Entwickelung auf zwei ganz verschiedenen Wirthspflanzen durchmachen, und zwar sind die Pflanzenfamilien, XII welche diese Kostpilze beherberge!), die Aepfel- und Wacholdergewächse. Da speciell der Birn¬ baum-Gitterrost seine zweite Form auf dem Sadebaum {Juniperus Sabina L.) entwickelt, so erhalten im Verlaufe des Generationswechsels von diesem Nadelstrauch die Birnbäume ihre Ro3tpilze. Bei weiterer Nachforschung stellte sich heraus, daß in der bekannten Baumschule des Herrn Rathke der Sadebaum völlig ausgerottet worden war, nachdem sein Besitzer selbst den schäd¬ lichen Einfluß dieser Wirthspflanze auf seine Birnbäume festgestellt hatte. Sodann wurde die Schwarzfäule des Apfels, unter Vorzeigung davon befallener Aepfel, erörtert. Die Ursache derselben ist ein Schimmelpilz ( Monilia frvctigena), dessen gelblich-graue Pusteln unzählige, in Ketten abgeschnürte Keimzellen bergen. Derselbe Pilz greift auch andere Obstbäume, z. B. in der Neuzeit in Bedenken erregender W eise die Kirschbäume, an, so daß auch schon durch die Zeitung aufs ernsteste zur Bekämpfung dieses Uebelthäters aufgefordert wird. Es müssen deshalb jene auch als grindig bezeichneten Aepfel und ebenso das kranke Holz der Kirschbäume verbrannt werden, und es sind die kranken Zweige im blattlosen Zustande kurz vor dem Ergrünen, am besten aber auch schon im Herbst und Winter, mit sogenannter Bordelaiser Brühe (Kupferzuckerkalk oder Kupferklebekalk oder selbstbereitete Kupfervitriol¬ kalkbrühe mit Zusatz von klebenden Zuckerstoffen) mit Hilfe einer gewöhnlichen Obstspritze zu besprengen. Herr Dr. Oehlschlaeger giebt eine kurze Lebensskizze Dr. Fritz MuELLER’S, des durch seine Erforschung der brasilianischen Lebewelt so berühmten Natur¬ forschers, mit dem er durch Jugendfreundschaft verbunden war. Unter kurzem Hinweis auf die wissenschaftliche Bedeutung dieses einst mit Charles Darwin durch gemeinsame Studien eng verbundenen Mannes von seltener Charakterstärke schilderte Vortragender sein Zusammenleben mit Fritz Mueller im Kreise gleichgesinnter Studiengenossen in der alten Musenstadt Greifswald. Als Hintergrund des umfangreichen Gemäldes eine Schilderung des studentischen Lebens an jener Universität in der ernst bewegten Zeit der vierziger Jahre benutzend, führte Herr Oehlschlaeger ein detaillirtes Bild aus von den Schicksalen des in seiner Sturm- und Drangperiode stehenden jungen Fritz MüELLER bis zu dessen F ortgange von Greifswald im Jahre 1849. Fritz Mueller hat bald danach Deutschland verlassen und ist nach Brasilien über¬ gesiedelt, woselbst er zunächst drei Jahre lang als Farmer in der Colonie Blumenau lebte. Sehr bald erkannte man dort seine Bedeutung als Naturforscher, weshalb man ihn als Professor an eine öffentliche Lehranstalt berief. Als das College aber unter die Leitung der Jesuiten kam, legte er, sich selbst getreu und in alter Entschlossenheit, freiwillig sein Amt nieder. Der Staat wollte indessen die hervorragenden Fähigkeiten Fritz MüELLEr’s nicht unbenutzt lassen und stellte ihn als sogenannten Regierungs-Naturforscher an. Seine Aufgabe war in der nun folgenden Zeit, praktische Versuche über den Anbau wichtiger Culturpflanzen im Interesse des Staates auszuführen. Wie schon vorher, so besonders in dieser Zeit hat Fritz MUELLER durch eine große Zahl wichtiger Beobachtungen die biologische Wissenschaft in ganz hervorragender Weise bereichert und zugleich den Grund zu seinem Ruhm als scharfer Naturbeobachter gelegt. Die letzten Lebensjahre brachten ihm viel Leid, indem nach dem Sturze des Kaisertkumes die Republik im Widerstreit der Parteien den seine Ansichten nie verbergenden Fritz Mueller seines Amtes entsetzte; sie brachten ihm aber auch die stolze Freude einer außerordentlichen Ovation seitens der gesammten Naturforscher Deutschlands und Englands an seinem 70. Geburts¬ tage. — Seit dem März vorigen Jahres ruht der kühne Verfechter seiner Ideale im stillen Hause am Rande des brasilianischen Urwaldes. Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz berichtet eingehend über den Plan einer für dieses Jahr in Aussicht genommenen großen deutschen Tiefsee -Expedition nach den südlichen Meeren unter Leitung eines der bedeutendsten Zoologen Deutschlands, des Professors Ciiun in Breslau. XIII Nach einem historischen Rückblick anf die Entwickelung der Tiefseeforschung als eines be¬ sonderen Wissenszweiges skizzirt, Vortragender die Hauptergebnisse der bisherigen Untersuchungen, über die derselbe vor mehreren Jahren ausführlich vorgetragen hat. Unstreitig ist durch jene Untersuchungen unser Erfahrungskreis in gewaltiger Weise er¬ weitert worden. Wie es aber im Wesen der Wissenschaft überhaupt liegt, so ist es nun auch auf dem in Rede stehenden Gebiete unausbleiblich gewesen, daß gerade mit dieser Erweiterung unserer Erkenntniß nur immer wieder neue Fragen auftauchten, die bis jetzt noch der Beant¬ wortung harren. Nach anderer Richtung- hat auch mittlerweile die Wissenschaft neue Bahnen vorgezeichnet. Nicht mehr begnügt man sich damit, nur qualitative Untersuchungen über die Lebewesen des Wassers anzustellen. Nach dem Vorgänge des Kieler Physiologen Hensen sucht man auch die Quantität der Organismen in einem Meeresabschnitt zu bestimmen, um hieraus auf dessen Productivität im allgemeinen und besonders an Nutzthieren, den Fischen, schließen zu können. Diese Planktouuntersuchungen, welche auf der deutscherseits 1889 unter¬ nommenen Fahrt durch den atlantischen Ocean zum ersten Male auf das offene Meer ausgedehnt wurden, machen eine Fortsetzung dortselbst dringend wünschenswerth. Dazu kommt, daß der Indische Ocean, vom Kap über Madagaskar und längs unseres ostafrikanischen Oolonialbesitzes, sowie die Tiefen des östlichen Atlantischen Oceans in den westafrikanischen Regionen noch völlig unerforscht geblieben sind. Im Hinblick auf alle diese Momente und in dem Bewußtsein, daß die deutsche Nation, die bisher eine eigentliche Tiefsee-Expedition nicht ausgerüstet hat, sich der moralischen Ver¬ pflichtung nicht länger entziehen kann, auch ihrerseits zur Erforschung der Meerestiefen beizu¬ tragen, hat die letzte deutsche Naturforscherversammlung in Braunschweig im September vorigen Jahres, auf Anregung und im Anschluß an einen diesbezüglichen Vortrag des oben genannten Professors ChüN, sich einstimmig für das Zustandekommen einer deutschen Tiefsee-Expedition nach den südlichen Meeren erklärt. Wie kürzlich die Zeitungen meldeten, ist in der Budgetcommission des Reichstages die zu diesem Zwecke beantragte Summe von 300000 M. bewilligt worden, so daß die Durch¬ führung dieses neuesten wissenschaftlichen Unternehmens nunmehr zweifellos ist. Ende August d. Js. wird die Expedition auf einem hierzu gecharterten Handelsdampfer ausgehen und zunächst zwischen Schottland und deu Shetlandsinseln in ca. 1000 m Tiefe ihre Untersuchungen der Tiefseeorganismen beginnen, vorbei an den Canaren und Capverden sich der westafrikanischen Küste zuwenden, um das Cap in den indischen Ocean hineinsegeln und durch das Rothe Meer die Heimreise antreten. Vom Cap aus wird noch ein Vorstoß in süd¬ licher Richtung in die subantarktischen Meeresströmungen unternommen. Die Erfahrungen des seit längerer Zeit mit der Erforschung der Meeresfauna beschäftigten Leiters der Expedition, Professor ChüN, das thatkräftige Interesse, welches die berufenen deutschen Gelehrten einmüthig dem neuen Unternehmen entgegenbringen, sichern diesem den besten Erfolg, vorausgesetzt, daß die Reise selbst glücklich verläuft. Zum Schluß demonstrirt Herr Lakowitz noch eine Zusammenstellung von Präparaten, welche in schöner Weise das oft seltsame Anpassungsvermögen der Insekten in Form und Farbe an ihre Umgebung (Mimicry) veranschaulichen. 4. Sitzung am 2. März 1898. Herr Professor Momber verliest das Dankschreiben des jüngst zum Ehren- mitgliede ernannten Geheimen Raths Professor Pr. Ferdinand ConN-Breslau. Darauf spricht in längerem Vorträge Herr Director Dr. Neumann über die elektrischen Wellen und erläutert das Wesen der Funkenentladungen unter Vor¬ führung geeigneter Experimente. XIV Lange schon kannte man die mannigfachen Wirkungen des elektrischen Funkens, doch bis in die neueste Zeit konnte man über das innere Wesen und den Verlauf der Erscheinung Sicheres nicht feststeilen. Erst durch die grundlegenden Versuche von Heinrich Hertz ist es unumstößlich geworden, daß der elektrische Funke die Ausgangsstelle von elektrischen Wellen, von Fern Wirkungen, ist, die einen Einblick in das Wesen der Elektricität eröffnen. Diese Fern¬ wirkungen des elektrischen Funkens in ihren Haupterscheinungen zu charakterisiren, vor allem ihren Parallelismus mit den Lichterscheinungen nachzuweisen und darzuthun, daß die elektrischen Wellen derselben Art sind wie die Lichtwellen, nämlich Schwingungen des Aethers, hat sich Vor¬ tragender für diesen Abend zur Aufgabe gestellt. Außer einer kräftigen elektrischen Stromquelle wird als Haupthilfsmittel bei der Durch¬ führung der bezüglichen Experimente dasselbe empfindliche Instrument in Anwendung gebracht, welches in dem gelegentlich eines früheren Vortrags demonatrirten MARCONl’schen Apparat zur Telegraphie ohne Drahtleitungen die Hauptrolle spielt. Es ist dies die „Frittröhre“ oder der sogenannte „Coherer“, eine enge Glasröhre, in welcher sich Metallfeilspäne zwischen zwei beider- ends in das Rohr eingeführten Metallscheiben locker geschüttet befinden. Wird der Coherer in den Schließungsbogen einer elektrischen Batterie eingeschaltet, so bieten die in ersterem ent¬ haltenen locker liegenden Metallspäne einen für den Strom nicht zu überwindendenWiderstand. Wird der Coherer danach aber von den elektrischen Wellen getroffen, die von einem Entladungsfunken aus¬ gehen, so fritten die Metallspäne ein wenig zusammen und lassen den Strom hindurch; ein in denselben Strom eingeschaltetes Galvanometer oder statt dessen ein elektrisches Läutewerk zeigt den alsdann eingetretenen Stromschluß an. Eine Erschütterung des Coherers führt die ge¬ wünschte Stromunterbrechung innerhalb der Glasröhre wieder herbei. Auf diese Weise wird zunächst gezeigt, daß von dem kleinen Entladungsfunken einer Influenzmaschine wirksame elektrische Wellen ausgeben. Versuche von Feddersen haben dar- gethan, daß jeder Entladungsfunke nicht ein Continuum, sondern ein oscillatorischer Vorgang ist, daß jeder Funke aus einer Anzahl von Unterbrechungen periodischer Art besteht Daß dem so ist, macht Vortragender mit Hilfe eines um eine horizontale oder um eine verticale Achse schnell rotirenden Spiegels anschaulich; der zu untersuchende Funke wird hierzu der Funkenstrecke eines Hochspannungsapparates nach Elster und Geitel entnommen. Im Spiegel¬ bilde entspricht die Aufeinanderfolge von hellen und dunkelen Stellen den Unterbrechungen des Entladungsfunkens. Vortragender demonstrirt von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Pe- trüschky hergestellte Pnotographien solcher Spiegelbilder und erläutert an einem bestimmten Falle die Methode zur Berechnung der Zahl der Oscillationen elektrischer Entladungen. Der vorgeführte verhältnißmäßig starke Funke zeigt annähernd 9000 Unterbrechungen in der Se¬ kunde. Feddersen hat die Anzahl der Schwingungen bis in die Hunderttausende und in die Millionen für kürzere oder schwächere Funken berechnen können. Daß diese Fernwirkungen in Wellenbewegungen bestehen und zwar in transversalen Schwingungen des Aethers, die sich gradlinig fortpflanzen, macht die völlige Uebereinstimmung der in Rede stehenden Erscheinungen mit dem Verhalten des Lichtes zur Gewißheit. Diese Uebereinstimmung des elektrischen Strahles mit dem Lichtstrahl wird nun durch mehrere Ver¬ suche veranschaulicht. Die dazu nöthigen kleinen Funken werden dem sogenannten „Righi- Sender“ des MARCONl’schen Apparats entnommen. Diese so erzielten elektrischen Strahlen werden durch einen parabolischen Metallspiegel reflectirt und mittels eines an der gegenüber¬ liegenden Wand des Zimmers aufgestellten Hohlspiegels gegen den empfindlichen Coherer dirigirt. Die Ankunft der elektrischen Wellen wird jedesmal durch das Ertönen eines Läutewerks angezeigt. Auf diese Weise gelingt der Nachweis, daß die Wellenbewegung sich geradlinig fortpflanzt, ferner, daß sie durch schlechte Leiter, wie Glas-, Kautschuckplatten etc., ohne weiteres hindurchgeht, daß sie gute Leiter, wie Metallplatten, den menschlichen Körper, nicht zu durchdringen vermag. Sehr viel markanter noch zeigt sich die völlige Uebereinstimmung der Erscheinung der elektrischen Wellen mit Lichtwellen betreffs der für das Licht bekannten Polarisation, bei welcher XV die Aetherschwingungen senkrecht zum Lichtstrahl nur in einer bestimmten Ebene erfolgen, während dieselben bei dem gewöhnlichen Lichtstrahl senkrecht zum »Strahl nach allen möglichen Richtungen gehen. Wird der pularisirte Lichtstrahl durch einen geeignet geschliffenen Turmalin krystall hindurchgeleitet, so geht ersterer bei einer bestimmten Stellung des Krystalls durch diesen ungehindert hindurch; er findet keinen Weg, wenn der Krystall um 90° gedreht wird. Gerade sowie der Turmalinkrystall auf den polarisirten Lichtstrahl wirkt, indem er bei einer Stellung diesen durchläßt, bei einer anderen ihm den Weg versperrt, gerade so wirkt ein aus parallelen Metallstreifen unterbrochen zusammengesetzter Vorhalteschirm auf den elektri¬ schen Strahl. Stehen die Metallstreifen vertical, so gehen die elektrischen Wellen unge¬ hindert hindurch, bei horizontaler Lage der Streifen wirkt derselbe Schirm als ein absolutes Hinderniß. Diese Versuche werden bei paralleler Stellung des Funkengebers und des Wellenempfängers durchgeführt. Werden nun dieselben in eine verticale Stellung zu einander gebracht, so unter¬ bleibt in Analogie mit den Erscheinungen am polarisirten Licht der Durchgang der elektrischen W eilen durch jenen Streifen-Schirm sowohl bei horizontaler, wie bei verticaler Stellung der unter¬ brochenen Metallstreifen. Wie aber an dem optischen Polarisationsapparat bei gekreuzter Stellung der reflectirenden Spiegelebenen doch Licht hindurchgeht, wenn ein dazwischen ge¬ stellter Turmalinkrystall gegen die sonstige Verdunkelungslage um 450 gedreht wird, so geht auch der elektrische Strahl durch den Schirm, wenn bei dem vorhin beschriebenen Versuche der Schirm so gestellt wird, daß die Metallstreifen mit der Horizontale einen Winkel von 45 0 bilden. Ebenso läßt sich die Analogie zwischen Lichtstrahl und elektrischem Strahl betreffs der Zurückwerfung an Planspiegeln zeigen, sowohl die einmalige, wie auch unter Anwendung zweier resp. mehrerer Spiegel die mehrmalige Zurückwerfung. Zum Schluß führt Vortragender den experimentellen Nachweis, daß, wie von dem elektrischen Entladungsfunken, so auch von dem elektrischen Hochspannungsfeld eine Wellenbewegung des Aethers ausgeht. Das elektrische Feld wurde durch den bereits oben erwähnten Hochspannungsapparat hergestellt, die von dort ausgehende Ausstrahlung durch die stromschließende Einwirkung auf den Coherer und durch Aufleuchtenlassen frei in der Hand gehaltener GElSLER’scher Röhren nachgewiesen. 5. Sitzung am 16. März 1898. Herr Professor Dr. Conwentz spricht über das Thema: Aus Schwedens Natur und Wissenschaft. In dem verflossenen Sommer und Herbst stand die Hauptstadt am Mälaren im Zeichen der Feste. König Oscar beging die Feier einer 25jährigen glücklichen Regierung, und alle Theile des Landes, sowie die verschiedenen Berufskreise brachten ihm aus diesem Anlaß mannig¬ fache und lebhafte Beweise von Liebe und Verehrung dar. Obenan standen die Universitäten Upsala und Lund, welche umfangreiche werthvolle Jubelschriften herausgaben, von denen auch der Naturforschenden Gesellschaft hier ein Exemplar zugegangen ist. Sodann wurden in Stock¬ holm mehrere größere Veranstaltungen getroffen, vor Allem die Allgemeine Kunst- und Industrie- Aussteilung, die erste der Art in Schweden. Die Stadt hat ja eine unvergleichliche, überaus malerische Lage: ein Stück Süden, das gen Norden hingeworfen ist. Gleich wie Venedig, ruht auch Stockholm auf vielen Inseln und wird fast überall von Wasser umgeben; es erinnert ander¬ seits auch an Edinburgh, indem sich einzelne Theile terrassenförmig übereinander erheben. Vor diesen beiden Städten hat aber Stockholm das voraus, auf mehreren Seiten von urwüchsigen schönen Wäldern umsäumt zu sein. Dem entsprach auch die Lage der Ausstellung, zwischen der Stadt und Djurgärden, und menschliche Kunst brauchte in der Tliat nur wenig hinzuzu¬ fügen, um das Gelände zum Anziehungspunkt für Einheimische und Fremde zu machen. Vor¬ nehmlich in einer Beziehung unterschied sich die Ausstellung vortheilhaft von vielen ähnlichen Veranstaltungen auf dem Continent, nämlich durch das Zurücktreten störender Reclame und eines jahrmarktmäßigen Wesens. Dennoch hat sie durch ihre günstige Lage wie durch die vor¬ treffliche Organisation, auch nach der finanziellen Seite, bemerkenswerthe Erfolge erzielt. Der Vortragende hatte sich für seinen Aufenthalt in Schweden während des vorigen Herbstes zwei Hauptaufgaben gestellt. Besonders im Hinblick auf die in den letzten Jahren in Westpreußen immer mehr an Umfang und an Bedeutung gewinnenden Moorfunde schien es erwünscht, die Methoden wissenschaftlicher Torfuntersuchung, wie sie gerade dort entstanden, weiter entwickelt und vielfach erprobt sind (A. G. Nathorst, Gunnar Andersson), näher kennen zu lernen. Sodann sollten die schon früher von ihm begonnenen Beobachtungen über das Vorkommen und die Verbreitung seltener Baumarten des Ostseegebietes weiter fortgeführt werden. In beiderlei Hinsicht hat er Neues und Interessantes genug erfahren, um es bei der hiesigen Landesdurchforschung künftighin verwerthen zu können. Auf diese Gegenstände wünschte er jedoch an dieser Stelle nicht näher einzugehen, vielmehr wollte er nur flüchtige Reise- Erinnerungen, vornehmlich aus dem naturwissenschaftlichen Leben in Schweden, soweit er es kennen gelernt, und einige Beobachtungen von allgemeinem Interesse hier mittheilen. Mehr als in manchen anderen Hauptstädten von Culturstaaten bildet in Stockholm die Königl. Akademie der Wissenschaften den Mittelpunkt des geistigen Lebens. Einigen Sitzungen derselben hat Vortragender beigewohnt, und er legte auch eine der silbernen Denk¬ münzen vor, wie sie dort jedesmal den Anwesenden eingehändigt, werden. Die Veröffentlichungen (Oefversigt; Handlingar), welche auch unserer Gesellschaft im Austausch zugehen, sind gleich ausgezeichnet durch Inhalt und Ausstattung. In dankenswerther Weise gewährt die Akademie jedem Autor von seiner Arbeit, selbst wenn sie von größerem Umfang und mit zahlreichen colorirten Tafeln versehen ist, hundert Frei-Exemplare; ähnlich verhalten sich auch wissenschaft¬ liche Gesellschaft jn in England, Rußland etc. Hierbei läßt sich Vortragender gegen den viel¬ fach noch in Deutschland von Alters her bestehenden Brauch aus, nur eine sehr beschränkte Anzahl von Sonderabzügen dem Verfasser zur Verfügung zu stellen, was in der Gegenwart den erhöhten Anforderungen eines internationalen wissenschaftlichen Verkehrs nicht mehr genügt. Aus dem Kreise der Akademiker greift er die eine oder andere, uns näher stehende Persönlich¬ keit heraus, um über deren wissenschaftliche Thätigkeit zu berichten und einzelne hervorragende Veröffentlichungen vorzulegen. So z. B. die Geologen G. LlNDSTROEM (Versteinerungen und Baudenkmäler von Gotland), A. G. Nathorst (Fossile Flora; Sveriges Geologi med illustra- tioner. Stockholm 1894) und A. E. Nordenskioeld, den Botaniker V. Wittrock ( Ffo/a-Studier med taflor etc. Acta Horti Bergiani, 11,1,7. Stockholm 1896/97); die Archäologen Hans Bilpe- BRAND uud 0. Montelius; unter den Medizinern G. Retzius, den schwedischen „Virchow“, u. a. m. Zur Akademie gehört das Naturhistorische Reichsmuseum, bei welchem die Eintheilung und Abgrenzung der einzelnen Sammlungs- und Arbeitsgebiete besonders praktisch durebgeführt ist. Beispielsweise im Gebiet der Zoologie giebt es am Museum drei getrennte Professuren, nämlich für Vertebraten, für Evertebraten außer Insecten, und für Insecten. Die mineralogische Sammlung steht unter Leitung Prof. v. Nordenskioeld’s, des kühnen Polar¬ forschers und Entdeckers der nordöstlichen Durchfahrt. Verschiedene Porträts, eine Biographie und größere Publicationen von ihm werden vorgelegt, besonders der vor neun Jahren erschienene, sehr werthvolle Faesimile-Atlas, von welchem auch die Naturforschende Gesellschaft ein Exemplar besitzt, welches ihr zum 150jährigen Jubiläum auf Anregung des Herrn Ober- Präsidenten vom General-Gonsul WILLIAM Schoenlank in Berlin überwiesen wurde. Diesen kürzlich verstorbenen, um geographische und naturwissenschaftliche Unternehmungen, nicht bloß in Deutschland hoch¬ verdienten Mäcen, der auch für die hiesigen Sammlungen eine offene Hand gehabt hat, ehrt der Vortragende durch warme Worte. Professor Nathorst verwaltet die von ihm begründete bammlung fossiler Pflanzen, über deren wissenschaftliche Bedeutung der Vortragende schon vor neun Jahren einen Bericht veröffentlicht hat (Conaventz, Die phytopalaeontologische Abtheilung des Naturhistorischen Reichsmuseums in Stockholm. Engler’s Botanische Jahrbücher. XI. 4. Beibl. 2b. Leipzig 1890). Auch diesmal arbeitete er zum größten Theil in jenen Räumen. Eine Universität im eigentlichen Sinne des Wortes fehlt der Hauptstadt, jedoch besitzt sie schon lange eine medizinische Hochschule; und außerdem wurde in neuerer Zeit, nicht von XVII Seiten des Staates, eine mathematisch - naturwissenschaftliche Facultät als Stockhol m Högskola begründet. An dieser wirken tüchtige Kräfte, wie der Physiker Arrhenius, der Geolog de Geer, der Quartärgeolog Gunnar Andersson (Entwickelung der Pflanzenwelt Schwedens) und ein Neffe des schwedischen Gesandten am Berliner Hof, der Botaniker VON Lagerheim, welcher vordem schon in Tromsö, Quito und an anderen Stellen wissenschaftlich thätig war. Auch die Institute und Sammlungen dieser Hochschule, obschon sie bis jetzt in einem Privatgebäude untergebracht sind, haben eine reiche Ausstattung erfahren. Längst sind wir gewöhnt, junge Skandinavier zu uns nach Deutschland kommen zu sehen, wo sie ihre Studien mit besonderem Eifer fortsetzeu ; aber neu ist die Erscheinung, daß junge Forscher aus Deutschland und anderen Ländern nach Schweden ziehen, um an dortigen Hochschulen zu hören. Als dem Vortragenden in Stockholm das akademische Album für Ausländer vorgelegt wurde, fand er an der Spitze derselben den Namen eines Landsmanns R. Abegg, jetzigen Universitäts- Professors in Göttingen. Sodann erwähnt Vortragender das Historische Museum, von dessen wissenschaftlichen Beamten die Herren MONTELIUS, Sahlin und Almgren auch schon in Danzig zu Studien¬ zwecken geweilt haben. Er bespricht u. a. den seit Kurzem dort vorhandenen 12,5 cm langen, durch¬ lochten Bernsteinhammer, welcher in Instön in der Provinz Bohuslän gefunden wurde, und zeigt davon farbige Abbildungen vor, welche er Herrn Professor Monteliüs verdankt. Der Zufall hat es gefügt, daß fast um dieselbe Zeit ein zweites ähnliches Exemplar, ein 12 cm langer Bernsteinhammer, in Uby auf Seeland (Dänemark) gefunden wurde, und er legt auch davon vor¬ zügliche Abbildungen vor. Im Allgemeinen ist Bernstein in den skandinavischen Ländern mehr verbreitet, als man bei uns annahm; hierüber hat Vortragender bereits früher an dieser Stelle Mittheilungen gemacht (Conwentz, Ueber die Verbreitung des Succinits. besonders in Schweden und Dänemark. Mit 1 Karte. Schriften der Naturf. Gesellschaft. N. F. VH. Bd., 3. Heft Danzig 1890). Weiter erläutert er die culturhistorischen Sammlungen des Nordischen Museums, welche fast allein durch die von einer reichen Initiative getragene, rührige Thätigkeit von Dr. A. HazeliüS vor 26 Jahren begründet und immer mehr ausgebildet sind. Sie gewähren einen vortrefflichen Einblick in das Leben des Volkes und in die Entwickelung seiner Cultur in allen Theilen des Landes, vornehmlich während der letzten Jahrhunderte, und sie tragen Sinn und Verständniß für die Erforschung der Heimat, auch in die weitesten Kreise. Nicht bloß einzelne Altsachen, sondern lange Reihen davon und die ganzen Wolmräume, namentlich Bauern¬ stuben sammt Inventar, werden im Original dem Beschauer vor Augen geführt. Diese Samm¬ lungen sind wohl die bedeutendsten ihrer Art, und nach ihrem Vorgang wurden später an vielen anderen Orten in den skandinavischen Ländern und anderswo, ähnliche Sammlungen angelegt. So z. B. in Lund, Kopenhagen, Helsingfors, Riga, Berlin (Museum für Volkstrachten) etc.; selbst in dem kleinen, aber bemerkenswerthen Museum in Celle nahm Vortragender kürzlich erfreuliche Anfänge zur Herrichtung alter Bauernstuben wahr. Auch in Danzig wäre es erwünscht und geboten, thunlichst bald solche volkskundlichen Sammlungen aus der Provinz, wovon bescheidene Anfänge bereits im Prcvinzial-Museuin gemacht sind, in größerem Umfauge auszugestalten, wenn nicht Mangel an Raum und an Hilfskräften auch hierbei hemmend wirkte. Im Anschluß daran führt der Vortragende eine größere Anzahl ausgetuschter Porträtaufnahmen von Schwedinnen und Norwegerinnen in den dort zu Lande üblichen, malerischen Trachten vor; z. B. aus Skäne, Blekinge, Dalarne, Lapland, sowie vom Hardanger Fjord u. a. m. Theilweise liegen wirklich Aufnahmen von Bäuerinnen, theilweise solche von Stockholmerinnen, bei denen diese kleidsamen Anzüge im Hause sehr beliebt sind, zu Grunde. Mit Rücksicht auf die nach Spitzbergen geplante Expedition Professor Nathorst’s, welcher unserer Naturforschenden Gesellschaft als Correspondirendes Mitglied angehört, giebt Vor¬ tragender eine Uebersicht der jetzigen Polar expeditionen überhaupt. Zunächst legt er Ab¬ bildungen, die sich auf Andree’s Aufstieg von Danskön am 11. Juli 1897 beziehen, sowie ein Facsimile der zwei Tage später abgelassenen Brieftaubennachricht vor. Er erörtert, nach der in 2 xviii maßgebenden Kreisen Stockholms lierrsclienden Meinung, die Aussichten, über das Schicksal dieser eigenartigen Expedition im Sommer Näheres zu erfahren. Schon im nächsten Monat segeln mehrere Schiffe nach Spitzbergen, und im Juni gehen Vergnügungsdampfer dorthin, denn die Westküste der Insel ist neuerdings ein beliebtes Reiseziel geworden, und seit 1896 besteht dort ein Touristenhotel, ja seit 1897 wird eine (in Hammerfest gedruckte) eigene Zeitung da¬ selbst verbreitet. Falls Andree oder einer seiner Gefährten nach Franz Josefslaud gekommen ist, so findet er einige ihm wohl bekannte, gefüllte Depots vor; außerdem gelangt voraus¬ sichtlich im Juni die Expedition des Amerikaners Wellmann dorthin, um in dem folgenden Frühjahr zum Nordpol vorzudringen. Auch auf Nowaja Semlia und im nördlichen Grönland besteht kaum eine ernste Gefahr, hingegen könnte ein Niedersteigen im amerikanischen Polar¬ gebiet verhängnißvoll sein, da in diesem Fall menschliche Wohnungen sehr weit entfernt wären. — Nathorst war bereits zweimal auf .Spitzbergen, zuerst 1870 als 19 jähriger Jüngling, außerdem nahm er 1883 an A. E. Nordenskioeld’s Expedition nach Grönland Theil und ging, während dessen Wanderung übers Eis, mit der „Sofia“ nach Kap York an der Nordwestküste Grönlands. Obwohl Schweden schon zwölfmal nach Spitzbergen wissenschaftliche Expeditionen ausgerüstet hat, deren erste im Jahre 1858 und deren letzte 1890 unter Nordenskioeld’s Sohn Gustav (f) stattfand, gelang es dennoch für eine neue Expedition dorthin Interesse zu wecken. Wie immer betheiligten sich auch diesmal an der Aufbringung der Kosten, welche auf 80 bis 90000 Kr. zu veranschlagen sind, hauptsächlich König Oscar und der kürzlich verstorbene Göteborger Handelsherr DicksöN; daneben aber auch andere unermüdliche Gönner der Polar¬ forschung. Es wird nun beabsichtigt, zu Anfang des Sommers zuerst nach West-Spitzbergen zu gehen, um hydrographische, geologische, botanische und zoologische Untersuchungen zu ver¬ anstalten. Darauf soll die Fahrt zum Storefjord gerichtet werden, welcher erst einmal besucht und daher wenig bekannt ist. Wenn dann im Spätsommer die Eis Verhältnisse weiter nach Osten günstiger geworden sind, werden Kung Karls Land und Ny Island, wo überhaupt noch kein Gelehrter gewesen ist, durchforscht werden. Eine Ueberwinterung ist zwar nicht geplant, jedoch sollen alle Vorkehrungen dafür getroffen werden. Als Expeditionsschiff dient das norwegische Fahrzeug „Antarctic“, welches früher bei der Wallfischfang-Expedition ins südliche Eismeer verwendet ist. Die Theilnehmer sind folgende: Professor Nathorst, Chef und erster Geolog der Expedition; Doeent Gunnar Andersson, Quartärgeolog und Botaniker; J. G. ANDERSSON, Hydrograph und zweiter Geolog; Doeent Axel Hamberg, Kartograph und Glacial- forscher; Gand. H. Hesselman, zweiter Botaniker und Biolog; Leutnant K.TELLSTROEM, Kartograph; Conservator Kolthoff, Zoolog ( Wirbel thiere) ; Doeent. Lewin, Arzt und Bacteriolog; Capitän NlLSSON, welcher 1883 NoRDENSKIOELD nach Grönland begleitete, Führer des Schiffes; Doeent Ohlin, der auch schon früher in Grönland gewesen ist, Zoolog (Wirbel¬ lose Thiere). Außer dieser sollen im Sommer noch zwei andere, kleinere Expeditionen von Schweden ausgesandt werden. Einmal wird, wahrscheinlich im Verein mit Norwegen und Rußland, eine Gradmessungs-Expedition nach Spitzbergen gehen. Sodann soll das Vega-Stipendium diesmal als Beihilfe zu den Kosten einer Hilfsexpedition nach der Lenamündung verwendet werden, da man neuerdings vermuthet, daß AndrEe vielleicht dorthin gerathen sein könne. — Wie die Schweden, so haben auch die Norweger ihre eigenen Expeditionen ausgerüstet. Fritjof Nansen’s Fahrt mit der „Fram“ und seine Wanderung iiber’s Eis ist allgemein bekannt. Auf Franz Josefs-Land hatte er auch eine Anzahl fossiler Pflanzen, darunter ein Fragment eines verkieselten Baumstammes, gesammelt, welches dem Vortragenden zur Untersuchung übergeben wurde. Bei mikroskopischer Betrachtung zeigte sich, daß es einem Nadelholz augehört, welches einst im Leben von parasitischen Pilzen befallen und zersetzt worden ist. Der Führer der Fram, Capitän Sverdrup, welcher vordem auch schon Nansen in Grönland begleitete, rüstet sich jetzt zu einer neuen Expedition nach Westgrönland zum Smith’s Sund. Wenn es nicht möglich ist, die große Insel zu umschiffen, will er auf Schlitten mit Hunden an den noch unbekannten Küsten Vordringen, um den nördlichsten Theil Grönlands kennen zu lernen und dessen meteorologische und geologische Verhältnisse zu untersuchen. Sverdrup gedenkt Ende XIX Mai von Christinnia auszugehen und nach zwei bis drei Jahren wiederzukehren, jedoch ist die Ausrüstung für alle Fälle auf vier Jahre bemessen. Der Storthing hat die Fram zur Ver¬ fügung gestellt und auch 20000 Kr. zum Umbau des Schiffes bewilligt; im Übrigen werden die ganzen Kosten der Expedition von Privatleuten getragen. Das Personal besteht aus mehreren Theilnehmern an der Expedition Nansen’s, dazu kommen ein schwedischer Botaniker, ein dänischer Geolog u. a. m. — Gleichzeitig will in diesem Sommer auch der Amerikaner Peary nach Nordgrönland aufbrechen, wo er schon früher wiederholt geweilt hat. Er beabsichtigt nicht besondere wissenschaftliche Untersuchungen, sondern bat vor allem den Nordpol als Ziel vor Augen. — Unter den Grönlandforschern gebührt den Dänen ein hervorragender Platz, und die reichen Sammlungen von Fossilien aus Grönland, vornehmlich dänischen Antheils, sind im neuen Geologischen Museum zu Kopenhagen in einem besonderen Saal aufgestellt. Am 1. Mai geht der Staatsgeolog K. J. W. Steenstrup, welcher schon öfters zu Studienzwecken in Grönland weilte, nach der Insel Disko, um die Gletscherbildungen dort zu untersuchen und zu kartiren. Im Herbst d. J. kehrt er wieder nach Dänemark zurück. Sodann hat der Karlsbergs-Fonds in Kopenhagen die Summe von 150000 Kr. für eine geographische und geologische Unter¬ suchung der Ostküste Grönlands zwischen der dänischen Kolonie Angmagsalik und Scoresby Sund ausgesetzt. Zum Leiter dieser Expedition ist der Marine-Leutnant Amdrup ausersehen, welcher mit Cand. Kruse als Naturforscher, einem jungen Arzt und zwei Matrosen, im August d. J. nach Angmagsalik aufbrechen wird. Von dort soll der Weg in Böten und Schlitten zurückgelegt werden, um Proviantlager so nördlich wie möglich zu deponiren. In nächstem Jahr kehrt er nach Kopenhagen zurück, um 1900 zu Schiff nach Scoresby zu gehen und von dort gegen Süden zu den Depots sich durchzuarbeiten. Wiederholt hat Vortragender auch in Upsala geweilt, wo sich die älteste und größte Universität des Landes befindet; sie zählt gegenwärtig etwa 1800 Studirende. lin Jahre 1164 wurde der Sitz des Erzbischofs nach Upsala verlegt. Vordem, in heidnischer Zeit, war das 5 km nördlich gelegene, heutige Bauerndorf Gamla Upsala (Alt Upsala) die Residenz der schwedischen Könige, mit dem bedeutendsten Tempel des Alterthums im Norden. Weithin sichtbar erheben sich drei gewaltige Hügelgräber, welche nach den Hauptgöttern Odin, Thor und Frey benannt sind; daneben liegt noch ein vierter Hügel, von welchem einst die Könige zum Volke redeten. Nach der Sitte der Vorfahren pflegen auf den Hügeln noch heute die Studenten Meth aus großen Hörnern zu trinken. Durch Professor Th. M. Fries, der außer botanischen Werken auch ein vortreffliches Buch über Grönlands Natur und Einwohner (Grönland, desse natur och innevänare. Upsala 1872) geschrieben hat, wurde Vortragender in eine Sitzung der Botanischen Seetion der Naturwissenschaftlichen Studentengesellschaft geführt, an welcher nicht nur zahlreiche Studirende beiderlei Geschlechts, sondern auch die Docenten des Faches vollzählig Theil nahmen. In dem dortigen Kreise erbot sich der schon erwähnte Candidat Hesselman in freundlichster Weise dem Vortragenden, ihn auf seinen Excursionen zu begleiten; und davon hat er auch wiederholt Gebrauch gemacht. Ein anderes Mal erhielt er von Professor Hoeobom eine Einladung zu einer Sitzung der geologischen Seetion, welche, wie die andere, mehrere Stunden andauerte. Er äußert sich anerkennend über das eifrige und ernste wissenschaftliche Streben der schwedischen akademischen Jugend welche Körper und Geist durch viel gymnastische Uebungen und Sport stets frisch erhält und daneben auch studentischem Frohsinn nicht abhold ist. Des weiteren kommt er, unter Vorlage von Studienplänen, Studienhandbuch und Vorlesungsverzeichniß, auf die dortigen Studienverhältnisse zu sprechen, die in mehr als einer Beziehung von den deutschen abweichen. Zunächst ist die Abgrenzung der Semester (Termine) verschieden, und zwar zweckmäßiger, wie es scheint; denn das eine Semester geht vom 15. Januar bis Ende Mai und das andere vom 1. September bis zum 15 Dezember. Das Studium dauert im allgemeinen länger, so daß sich die jungen Leute mehr in den Gegenstand vertiefen können. In der Regel sind bis zum Ablegen der abschließenden Prüfungen in der theologischen Facultät 9 Jahre, in der juristischen 7 J/25 h> der medizinischen KP/g und in der philosophischen S bis 9 7V XX 8i/2 Jahre erforderlich. Bei Naturwissenschaftlern wird besonderer ^ erfh »icht bloß auf praktische Uebungen, sondern auch auf das Durcharbeitender Literatur gelegt; ferner haben sie in der Zeit vor dem Examen mehrere druckreife Abhandlungen zu liefern. Außerdem arbeiten die Studirenden der Botanik und Zoologie auch einen Sommer an der Meeresstation in Kristineborg. Um den Doctorgrad zu erwerben, ist noch eine besondere Publication nötliig, die ziemlich umfangreich zu sein pflegt; so umfaßt z. B. die vorliegende akademische Dissertation Oscar Almgren’s (Studien über nordeuropäische Fibelformen. Stockholm 1897) 10 Druckbogen, sowie 2 einfache und 9 Doppeltafeln. Uebrigens herrscht in Schweden noch die Sitte des Doctorhuts und Doctorrings. Tm Süden der Universitätsstadt, etwa 11 km entfernt, ist Hammarby der Sommersitz LlNNfi’s gelegen, welchen der Vortragende unter Führung des Docenten R. Sernander von Upsala aus besuchte. Mit rührender Pietät werden dort alle Baulichkeiten, welche jetzt Staatseigenthum sind, besonders das erste Stockwerk des Wohnhauses, in dem nämlichen Zustand belassen, welchen sie bei LinnE’s Tode gehabt haben; aber auch im Garten und in der weiteren Umgebung sucht man die einst von ihm gepflegten Pflanzenarten dauernd zu erhalten. Unweit auf einem Hügel im Walde liegt das berühmte Museum LinnE’s, ein ein¬ facher kleiner steinerner Pavillon, wo er vor Zuhörern aus aller Herren Länder seine Vor¬ lesungen hielt. Der Inhalt des Museums, die ganzen Sammlungen, sind bekanntlich dem Vaterlande entgangen und s. Zt. nach London gebracht worden. Daher gehören in Schweden Herbarienpflanzen mit seiner Unterschrift zu den Seltenheiten, indessen konnte der Vor¬ tragende ein solches Exemplar der Versammlung vorlegen. Ebenso zeigte er mehrere An¬ sichten von Hammarby, sowie Porträts LiNNfrs u. dgl. m. Etwas weiter südlich, also in der Richtung nach Stockholm, liegt Valloxsäby, ein Gut des Baron v. Paykull, dessen Bekanntschaft Vortragender in Idun, einem vornehmen Club von Künstlern und Gelehrten in Stockholm, gemacht hatte. In den dortigen Wäldern lernte er bemerkenswerthe Wachsthumsformen von Kiefer und Fichte kennen, nachdem er eine andere ausgezeichnete (Repens-) Form der letzteren Baumart schon früher, auf einer mit Herrn Sernander nach Rörken ausgeführten Excursion, gesehen hatte. Sodann folgte er einer Einladung des Freiherrn v. Nordenskioei,d auf sein Gut Dalbyö bei Trosa, von wo er auch einige der äußeren, theilweise unbewohnten Skären besuchte. Das Herrenhaus liegt unmittelbar an der Meeresküste, umgeben von Park und Wald, die mancherlei Seltenheiten aufweisen. Es ist reich an Erinnerungen von Nordenskioerd’s Reisen, besonders von seiner denkwürdigen Vegafahrt. Im Garten gedeihen vorzüglich Rothbuche und Epheu, welche beide auch Früchte ausbilden; im nahen Walde steht eine einzelne Eibe, und an anderer Stelle kommt der Straußfarn urwüchsig vor. Im gastlichen Hause lernte Vortragender, neben Nordenskioeld’s Gattin, auch den (jetzt einzigen) 20jährigen Sohn Errand kennen, welcher ihm von einer interessanten Entdeckung erzählte, die er dort gemacht hatte. Als er im Winter vorher in Dalbyö unter dem Eise einige Algen herausholen wollte, fand er mehrere lebende Schnecken im Eis eingefroren. Indem er später diese Be¬ obachtung weiter verfolgte, konnte er bei 22 Arten, hauptsächlich aus den Gattungen Limnaea , Physa und Planorbis feststellen, daß sie. im Winterschlaf eingefroren waren, wobei sonst Deckel¬ lose einen Deckel gebildet hatten. Da er öfters an der Unterfläche des Eises auch Mollusken schwimmend fand, glaubt er annehmen zu dürfen, daß sie sich geradezu einfrieren lassen, besonders die sonst Deckellosen, und daß sie sich auf diese Weise schützen. In dem Falle könnte treibendes Süßwassereis ein vortreffliches Verbreitungsmittel für Süßwasserschnecken abgeben. Vortragender legte einige vom jungen Nordenskioerd in Dalbyö im Eis gesammelte lebende Exemplare von Limnaea peregra Mueil. mit Winterdeckel vor. Im Uebrigen hat, wie die meisten Entdeckungen, auch diese schon ihren Vorläufer gehabt. In dem Reisewerk des bekannten russischen Naturforschers v. Middendoree, eines Oheims des hier domicilirten General-Consuls v. Bogoslovsky, findet sich eine Stelle, welche darauf schließen läßt, daß er 1F43 im Tairmvrland einige PAysa-Exemplare gesehen hat, die in Eis überwintert hatten. XXI In Dalbyö hat Nordenskioeld (Vater) mittels Diamantbohrers im Urgebirge einen Tiefbrunnen ausführen lassen; ähnliche Anlagen sind auch im neuen Seebad Stockholms (Saltsjöbaden), im Gelände der Ausstellung und an anderen Orten gemacht. Fast überall hat er in etwa 34 m Tiefe gutes Trinkwasser angetroffen, woraus er folgert, daß sich in Schweden in dieser Tiefe, parallel der Erdoberfläche im Gestein, ein wasserführender Spalt hinzieht. Näheres darüber findet sich in Nordenskioeld’s Abhandlung: Om borrningar efter vatten i urberget. Geologiska Föreningens Förhandlingar. XVIII. 5. Stockholm 1896. S. 269 ff. Auf der Rückreise von Stockholm stattete der Vortragende dem Königlichen Forstrevier Om b erg am Vätternsee einen zweitägigen Besuch ab. Bei Schilderung desselben kam er auf die allgemeinen forstlichen Verhältnisse in Schweden zu sprechen und legte mehrere ein¬ schlägige Arbeiten von Holmerz, Axel, N. Lundstroem, Alb. Nilsson, R. Tolf u. a. vor. In Omberg hat früher die Eiche geherrscht, wie noch einige lebende Exemplare und alte, theilweise subfossile Stubben bezeugen; indessen ist sie jetzt fast ganz von der Fichte ver¬ drängt. welche sich überhaupt im Lande immer mehr ausbreitet. Von besonderem Interesse ist im Belauf Stocklycke das Auftreten der Roth buche, zumal es das nördlichste ur¬ wüchsige ist, sofern es nicht etwa einer alten Cultur seine Entstehung verdankt. Aber das freudige Gedeihen der Bäume, deren Stamm unten bis fiiuf Meter Umfang erreicht, sowie der reiche Fruchtansatz, das Reifen der Samen und der viele Aufschlag ringsum, stehen sehr wohl mit einem natürlichen Vorkommen dort im Einklang. Außerdem findet sich an mehreren Stellen die Eibe (idegran), welche gleichfalls reichlich Früchte zur Entwickelung bringt. Auch Epheu tritt vereinzelt am Boden auf, jedoch ist die Pflanze nicht häufig und kaum mit Namen (murgröna) bekannt; weiter nördlich, etwa in der Gegend des Mälaren erreicht sie die Grenze ihrer Verbreitung. Eine Beschreibung der Boden- und Vegetations- Verhältnisse der Omberger Forst hat Herr Civilingenieur P. DusEn veröffentlicht (Ombergstraktens flora och geologi, med en karte. Stockholm 1888), -welcher später wissenschaftliche Reisen nach Afrika und Südamerika ausführte. Vor Kurzem von dort zurückgekehrt, begleitete er jetzt den Vortragenden in das interessante Revier. Mitten im Walde liegt auch eine Vorbereitungs¬ anstalt für die höheren Forstbeamten, und am Waldrande bei Alvastra, unweit der malerischen Ruinen eines Cistercienserklosters aus dem 12. Jahrhundert, ein gutes Touristenhotel, von welchem aus man einen herrlichen Blick über die Landschaft und über den See genießt. Die Umgebung des Vätternsees gehört wohl zu den schönsten im Lande und bietet eine Fülle reichen Naturgenusses. Am Südende liegt Jönköping, eine Stadt von mehr als 20000 Einwohnern, die zum größten Theil aus Holzhäusern besteht. Bei uns ist sie haupt¬ sächlich bekannt durch die Fabriken von Zündhölzern ohne Schwefel und gelben Phosphor deren erste 1860 gegründet wurde. Das Material liefert meist Espenholz, welches weither, selbst aus Rußland, bezogen wird. Vor mehreren Jahren sollen Japaner nach Jönköping ge¬ kommen sein, um die Ilerstellungsweise kennen zu lernen, und später richteten sie ähnliche Anlagen in ihrer Heimat ein, von wo aus jetzt besonders Nordamerika mit Sicherheits¬ zündhölzern versorgt wird. In Jönköping sind seitdem die Fabriken nicht mehr Fremden zugänglich. Die Stadt ist aber auch der Sitz der schwedischen Moorcultur- Vereinigung, deren Laboratorium und Sammlungen der Vortragende unter Führung der Directoren v. Feilitzen und R. Tolf besuchte. Die Verwerthung des Torfs, welcher in ungeheurer Ausdehnung dort vorkommt, beruht namentlich in der Fabrikation von Torfstreu, und auf dem ehemaligen Torfboden baut man, nachdem derselbe entsprechend behandelt ist, z. B. Hafer, Roggen, Kartoffeln, Klee und Gräser an. Auch Torfkohle wird hergestellt, wobei als Nebenproduct Torfwolle abfällt, die mit thierischer Wolle zusammen zu Decken, Zeug, Socken u. dergl. verarbeitet werden kann; einige Proben davon werden der Versammlung vorgejegt. Weiter berührte Vortragender u. a. auch Lund, die andere Universität des Landes, und legte Ansichten des herrlichen Domes, des hervorragendsten Denkmals spätromanischen Stils in Skandinavien, sowie einiger Universitätsinstitute und des Studentenclubhauses vor. XXII In den stattlichen Räumen desselben wurde von den Studenten gerade an dem Abend, an welchem Vortragender ankam, ein Ball gegeben, in Folge dessen sämmtliche Gasthäuser der Stadt überfüllt waren. Ferner besprach er einige größere Publikationen Professor Areschoug’s, Murbeck’s und anderer Docenten, in deren Kreise er anregende Stunden verlebt hat. Zum Schluß drückte der Vortragende den Wunsch aus, daß unsere Landsleute immer mehr Schweden zum Ziel ihrer Reise wählen möchten. Wer einmal dort gewesen, fühle sich mächtig angezogen von der herrlichen Natur des Landes und von dem liebenswürdigen Charakter seiner Bewohner, sowie von den vortrefflichen öffentlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Der Verkehr im Allgemeinen wird sehr erleichtert, und namentlich leistet der Schwedische Touristenverein hierin Außerordentliches. Das von demselben neuerdings in deutscher Sprache herausgegebene „Reisehandbuch“ mit Sprachführer und zahlreichen Karten wird vorgelegt und warm empfohlen; die Hauptredaction hat in bewährter natur¬ kundiger Hand gelegen. Auch sonst geschieht Seitens dieser Vereinigung viel zur Hebung des Verkehrs im ganzen Lande, zumal durch Veröffentlichung wohlfeiler illustrirter „Weg¬ weiser“, wovon verschiedene Ausgaben vorgezeigt werden. Wer dem Verein gegen ein geringes Jahresgeld als Mitglied beitritt, erhält überall frei Auskunft, zuverlässige Führung und auch mancherlei Ermäßigungen. Unberührt von allen geschäftlichen Zwecken hat der Verein nur das eine Ziel vor Augen, sein schönes Vaterland in den weitesten Kreisen bekannt und leicht zugänglich zu machen. Ueber die rührige und erfolgreiche Thätigkeit des Vereins wird in der mit zahlreichen Abbildungen ausgestatteten Svenska Turistföreningens o Arsskrift regelmäßig berichtet; die letzten Jahrgänge derselben werden vorgelegt. Eine der vornehmsten landeskundlichen größeren Publikationen, nach Inhalt und Aus¬ stattung ein klassisches Werk, ist die im Erscheinen begriffene Festschrift über Stockholm und seine Umgebung, vom Akademiker Dr. E. W. Dahlgren. Auch hiervon wird ein Theil, welcher herrliche Landschaftsbilder aus der Nähe der Hauptstadt enthält, vorgelegt. Bisweilen hört man wohl die Ansicht äußern, daß in Schweden eine uns Deutschen nicht freundliche Stimmung herrsche, und daß man mehr mit unseren Nachbarn im Westen sympathisire. Vortragender bemerkt, daß er wiederholt und längere Zeit dort geweilt und sich auch vielfach im Lande bewegt habe, ohne je eine derartige Wahrnehmung irgendwo gemacht zu haben. Dagegen begegne man überall einer aufrichtigen Theilnahme für Deutsch¬ land und, in überraschender Weise, einer eingehenden Kenntniß deutscher Verhältnisse; ganz abgesehen von der besonderen Beachtung, welche deutsche Wissenschaft in Schweden erfährt. Dazu kommt, daß die deutsche Sprache, neben der Landessprache, die verbreitetste ist, so daß man nicht selten die Beobachtung machen kann, wie sich andere Ausländer deutsch mit den Einheimischen verständigen. Im Familienkreise, auch auf dem Lande, werden deutsche Unterhaltungsblätter und andere deutsche Journale gehalten und gern gelesen. Man hat die Schweden, wohl wegen ihres höflichen anmuthigen Wesens sowie wegen ihrer guten Figur und der Eleganz ihrer Kleidung, die Franzosen des Nordens genannt: „aber“, so ist dem Vortragenden öfters erwidert worden, „wir wollen garnicht so heißen!“ 6. Sitzung vom 6. April 1898. Herr Professor Momber legt folgende neue Druckschriften vor: Eine Abhandlung des Herrn Dr. Pincus hier, den neuesten Band von Engler’s „Botanische Jahrbücher“ (Geschenk des Herrn Verlagsbuckhändlers Reinicke- Leipzig), den ersten Band der Verhandlungen der letzten Naturforscher- Versammlung in Braunschweig, den Verwaltungsbericht des Westpreußischen Provinzial-Museums, außerdem eine im Hinblick auf die hier neu zu errichtende Technische Hochschule wichtige Broschüre von Prof. RiEDLER-Charlottenburg „Unsere Hochschulen und die Anforderungen des 20. Jahrhunderts“. XXIII Hierauf spricht Herr Stadtrath. Helm über die Beschaffenheit des zur Ver¬ mehrung des Oanziger Leitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Steinschleuse. Die Städtischen Behörden beschlossen im Herbst des Jahres 1896. nachdem der voran¬ gegangene Sommer einen empfindlichen W assermangel in der Prangenauer Leitung herbeigeführt hatte, und mehrfache Rohrschäden in dem Zuleitungskanal eingetreten waren, eine Vermehrung des Leitungswassers durch Wasser aus neuanzulegenden Tiefbrunnen anzubahnen. Diese Ver¬ mehrung sollte so ausgiebig bemessen werden, daß sie die Stadt unter Umständen von der Prangenauer Leitung unabhängig zu machen im Stande wäre. Es lag nahe, zur Erreichung dieses Zweckes an das im Untergründe der Stadt befindliche Grundwasser zu denken, welches nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte im allgemeinen als ein gutes und einwand¬ freies Genußwasser zu betrachten ist, wenn es auch einen nicht unbedeutenden Gehalt an gelöstem Eisen enthält, der sich aber unschwer schon vor dem Gebrauch des Wassers ent¬ fernen läßt. Bereits im Dezember 1896 berichtete Herr Helm über die eingehende Untersuchung eines solchen Wassers aus einem neuen Tiefbrunnen in der Bastion Gertrud. Die Ausbeute aus diesem Brunnen, der zum Anschluß an die Prangenauer Leitung bestimmt war, erwies sich als ungenügend, da aus ihm täglich nur ca. 1200 cbm Wasser gefördert werden konnten. Zur Befriedigung des vollen Bedürfnisses wurde die Anlage weiterer Tiefbrunnen beschlossen. Mau ging dabei von der Voraussetzung aus, daß aus drei bis fünf Tiefbrunnen die genügende Menge Wasser zu erhalten sei, und daß von der Bastion Gertrud bis zur Steinschleuse ein aus¬ reichender Grundwasserstrom sich bewegt. Zur Ermittelung der Richtung, Beständigkeit und der gewünschten Ergiebigkeit (8000 bis 10 000 cbm Wasser pro Tag) dieses Stromes wurde im Sommer 1897 der Geologe Professor JENTZSCH-Königsfcerg mit den. erforderlichen geologischen und hydrographischen Untersuchungen beauftragt. Jentzsch führte in seinem Gutachten aus. daß von den Höben in ungefähr west¬ östlicher Richtung nach der von der Mottlau durchflossenen Niederung ein Grundwasserstrom sich bewegt, der vorher schon an der Bastion Gertrud, der Gasanstalt und der Oelmiihle, mittlerweile auch auf dem Terrain des Stadtbauhofes an der Steinschleuse erbohrt ist. Ueber die dauernde Ergiebigkeit sprach sich Herr Jentzsch dahin aus, daß der in diesem Grundwasserstrom erfahrungsmäßig liegende, sehr wasserreiche Diluvialsand für den gleichmäßigen Wasserzufluß Gewähr leiste (vergl. dieses Heft S. 16 — 23). Mit Erfolg ist nun an der Steinschleuse ein 38 m tiefer Grundbrunnen angelegt worden, welcher 2 — 3000 cbm Wasser täglich liefert. Zugleich konnte nunmehr die genaue Richtung Südwest — Nordost) festgestellt werden, in welcher sich das Grundwasser dortselbst bewegt. Die von Herrn Helm vorgenommeDe chemisch-physikalische Untersuchung des diesem Brunnen zu entnehmenden Wassers hat nun ergeben, daß dasselbe in seinen Eigenschaften ungefähr die Mitte hält zwischen dem Prangenauer- und dem Wasser aus dem erwähnten Brunnen in Bastion Gertrud. Die Temperatur des neuen Wassers betrug am 4. April 8,2 °. die des Wassers von Bastion Gertrud 8,5 0 (im Oktober), die Temperatur des Prangenauer Wassers schwankt zwischen 5 und 7 0 C. Die Härte, wesentlich bedingt durch den vorwiegenden Kalkgehalt (12 Theile auf 100 000 Theile Wasser) beträgt 15. Das Wasser ist klar, farblos und ohne Geruch, der Geschmack ist erfrischend und rein, wenn auch ein wenig nach Eisen. Nach 24 ständigem Stehen an der Luft scheidet das Wasser einen gelblichen Satz (größtentheils Eisenoxydhydrat) ab, das darüber stehende Wasser ist klar und schmeckt nicht mehr nach Eisen. Der hohe Eisengehalt des diluvialen Untergrundes bedingt den etwas störenden Eisengehalt des Wassers, der übrigens, wie in der an den Vortrag sich anschließenden Debatte hervorgehoben wird, auch dem Prangenauer Quellwasser eigentümlich ist und erst in der Sammelstube in Prangenau, in der Hauptleitung und vor allem im Hochbassin bei Ohra verloren geht, so daß in die Stadt das bereits abgeklärte Wasser gelangt. Befreien läßt sich das Brunnenwasser von dem über- XXIV schlissigen Eisen durch eine ausgiebige Durchlüftung und darauf folgende Filtration, ein \ er¬ fahren, wie es bereits in anderen Städten mit Erfolg in ähnlichem Falle in Anwendung ist. Im Hinblick auf die Güte des erbohrten Wassers sollen auf der Strecke von der Stein¬ schleuse nach dem Legethor noch mehrere Tiefbrunnen angelegt werden. Der Kustos am Provinzial-Museum, Herr Dr. Kumm, macht sodann einige Mittheilungen über die San Jose-Schildlaus ( Aspidiotus perniciosus Comst.) und legt zur Erläuterung einen der hiesigen Sammlung Seitens des Hamburger Botanischen Museums freundlichst überlassenen Apfel aus Californien vor, an welchem in den Vertiefungen am oberen und unteren Ende eine Anzahl dieser Thiere sitzt; auch demonstrirt er dieselben unter dem Mikroskop. (Vergl. dieses Heft, S. 53—55.) Herr Dr. Adolf Wallenberg spricht über den Einfluss der Sinne auf den Bau des Nervensystems. Die Einführung der Gesetze von der Anpassung und Vererbung in die Entwickelungs¬ geschichte hat das Gebiet der Zoologie zur vergleichenden Anatomie erweitert; die Selections- theorie zeigte den Weg, auf dem die Ursachen für die im Laufe der Stammesentwickelung beobachteten, durch den Kampf ums Dasein bedingten Veränderungen des Thierkörpers gefunden werden konnten. Die Außenwelt wirkt nach zwei Richtungen umgestaltend auf den thierischen Organismus ein, einmal dadurch, daß die äußere Form, Größe, Temperatur und chemische Zusammensetzung der Körpertheile sich den Forderungen der Umgebung anpaßt, und zweitens dadurch, daß die Fälligkeit, Reize der Umgebung in sich aufzunehmen, zu verarbeiten, in Bewegungen umzuwandeln, innerhalb der Thierreihe erheblichen Schwankungen unterworfen ist. Die Sinnesorgane, welche zur Aufnahme der Reize dienen, stehen mit dem Nervensystem in enger Verbindung durch Sinnesnerven, deren Volumen von der Entwickelung der betreffenden Organe abhängt. Die Gestalt des Nervensystems wird nun bedingt erstens durch Größe und Form der Einmündungsstelle der Sinnesnerven, zweitens durch die mit der Größe der zu bewegenden Muskelmassen schwankende Zahl motorischer Ganglienzellen, drittens durch die Verbindungen sensibler und motorischer Centren unter sich und mit anderen Theilen des Gehirns und Rückenmarks. Unter den zahlreichen Männern, denen wir die Grundlegung der ver¬ gleichenden Anatomie des Nervensystems verdanken, hat sich Professor Edinger in Frankfurt a. M. durch Einführung eines vielfach bewährten Prinzips in die anatomische Forschung ganz besonders verdient gemacht. Es giebt, sagt er, gewisse Grundlinien in der Architektonik des Nervensystems, welche in der ganzen Wirbelthierreibe wiederkehren. Aufgabe des Anatomen ist es, das Thier in der Reihe herauszusuchen, welches die betreffende Linie in größter Reinheit und Stärke besitzt. Ist sie bei diesem erst in ihrer ganzen Länge festgelegt, so ist es nicht schwer, sie auch in complicirter gestalteten Gehirnen wiederzufinden. Vortragender erläutert nun an der Hand schematischer Zeichnungen die allmähliche Ent¬ wickelung des Rückenmarkes als centraler Endstätte der Haut-Sinnesnerven, die Veränderungen seiner Gestalt je nach dem Ueberwiegen seiner einzelnen Bestandtheile. Die Haut der Fische enthält an beiden Seitenlinien des Rumpfes becherförmige Organe und Schleimkanäle, deren Bedeutung noch nicht hinreichend geklärt ist. Diese stehen mit Theilen in Verbindung, die einen starken Einfluß auf die Form des ganzen Fischhirns ausüben. Bei höheren Wirbelthieren wandelt sich ihre nervöse Leitung allmählich in Geschmacksnerven um, und ihre Endigungs¬ stätte verkümmert. Die Bogengänge des Labyrinths, in jedem Augenblick über die Lage des Körpers orientirend, besitzen enge Beziehungen zum Kleinhirn, das auch mit allen anderen Sinnescentren verknüpft ist, und die Entwickelung des Kleinhirns ist daher vollständig propor¬ tional dem Bediirfniß der Gleichgewichtserhaltung bei den einzelnen Species. In ganz ähnlicher Weise hängt die Ausbildung des sogenannten hinteren Vierhügels vom Gehörorgan, die Ent¬ wickelung des Mittelhirns, auf höheren Stufen auch diejenige des Zwischenhirns vom Sehapparat XXV ab, während das Geruchsorgan auf die Gestalt des Vorderhirns einen mächtigen Einfluß ausübt. Die Rinde des Vorderhirns, charakterisirt durch eine reiche Zahl von Verbindungsmöglichkeiten sowohl wie durch die Fähigkeit, Eindrücke festzuhalten, fehlt bei den niedersten Fischen, sie verbindet sich, wie EniNGER nachgewiesen hat, noch bei Reptilien ausschließlich mit dem Riech¬ apparat, erst bei höheren Wirbelthieren gliedern sich die anderen Sinnesgebiete an und drängen beim Menschen den Riecliantheil der Rinde in den Hintergrund. Auf dieser Höhe der Ent¬ wickelung tritt die Ausbildung der einzelnen Sinnescentren vollständig zurück gegen die gewaltige Vergrößerung der Vorderhirnrinde und ihrer Verbindungen mit allen Theilen des Centralnerven¬ systems, insbesondere mit den beschriebenen Endstätten der Sinnesnerven. Daher die Fähigkeit des menschlichen Großhirns, auch ein relativ geringes Material von Sinnesreizen weit besser zu verwerthen. als es die niederen Wirbelthiere mit ihren höher ausgebildeten Sinneswerkzeugen und Sinnescentren vermögen. Diese Eigenschaft der menschlichen Großhirn- oder Vorderhirn¬ rinde, auch minimale Sinneserregungen neben den starken Sinneseindrücken als gleichwerthige Factoren in das Getriebe des psychischen Mechanismus einzureihen, sie durch Association mit anderen Erinnerungsbildern zu höheren Einheiten umzumodeln, giebt einen deutlichen Fingerzeig für die Erziehung von Kindern mit mangelhafter Entwickelung wichtiger Sinne (insbesondere Auge und Ohr). Der Unterricht darf in diesen Fällen sich nicht auf eine bessere Ausbildung der gesunden Sinne beschränken, sondern muß daneben die vorhandenen Reste von Erregungen aus dem defecten Sinnesgebiet sorgfältig heraussuchen, sie durch stete Uebung möglichst häufig innerhalb der Rinde in Verbindung setzen mit den Erinnerungsbildern aus den gesunden Sinnen, und auf diese W eise die Möglichkeit schaffen, daß die Rinde nach allen Richtungen hin leistungs¬ fähig wird. 7. Sitzung vom 11. Mai 1898. Herr Professor Momber legt einige neu eingelaufene Druckschriften der Mitglieder vor, darunter außer dem soeben erschienenen umfangreichen Werke des Herrn Dr. Freitag hier über Nierenkrankheiten zahlreiche kleinere, zu¬ meist geologische Schriften des Herrn Professor Dr. Deecke- Greifswald. Herr Verlagsbuchhändler REiNiCKE-Leipzig hat wiederum in zuvorkommender Weise den jüngsten Band von Engler’s „Botanisedie Jahrbücher“ der Bibliothek als Geschenk überwiesen. Ein unter dem Titel „Tabularum .... trias“ veröffentlichtes, recht nützliches Tafelwerk zur besseren Anwendbarkeit von Vega’s thesaurus logarithmorum wurde der Gesellschaft von dem Verfasser Herrn M. Edler v. LEBER-Wien zugesandt. Für alle Berechnungen nämlich, bei welchen die siebenstelligen Logarithmen nicht mehr ausreichen, ist man, wie Herr Momber ausführt, bekanntlich auf Vega’s zehnstelligen thesaurus angewiesen, dessen Benutzung jedoch wegen der schwerfälligen Interpolations¬ rechnungen und wegen der von mancher Seite behaupteten geringen Verlä߬ lichkeit bezüglich der trigonometrischen Logarithmen mit empfindlichen Un¬ zukömmlichkeiten verbunden war. Herrn v. Leber ist es gelungen, durcu sein Tafelwerk alle diese Mängel und Zweifel zu beseitigen. Abgesehen von einigen bereits von anderen Mathematikern, so auch von dem den älteren Danzigern bekannten Professor Gronau, bemerkten Ungenauigkeiten ist nach v. Leber nur die zehnte Decimalstelle in Vega’s umfassendem Werk mit geringen Fehlern behaftet. Hierauf führte Herr Dr. Kayser einige neuere, in der mechanischen Werkstätte der Gesellschaft hergestellte Apparate vor. XXVI Uiose Werkstätte hat sieh unter der Leitung des Herrn Dr. Kayser zu einem Institute herausgebildet, welchem die Gesellschaft eine ganze Anzahl neuer, wichtiger mechanischer Hilfs¬ mittel zu physikalischen und astronomischen Beobachtungen verdankt. Das gegenwärtig wichtigste derselben ist der in Modellen schon früher der Versammlung erläuterte, nunmehr in verbesserter Construction fertig herges,tellte Apparat zur Messung der Wolkenhöhen. (Abgebildet und be¬ schrieben im IX. Band. 1. Heft unserer Schriften.) Zwei solcher, einander völlig congruenter Apparate werden von zwei Stationen (Gebäude der Gesellschaft und Navigationsschule) gleich¬ zeitig zu den bezüglichen Beobachtungen benutzt. So ist es der Gesellschaft, im besonderen Herrn Kayser, möglich geworden, in den friedlichen Wettstreit internationaler Wolkenforschung mit Aussicht auf guten Ei folg einzutreten. Ob eine solche Fülle verläßlicher Beobachtungs¬ reihen wie sie auf der hiesigen Wolkenmeßstation erzielt sind, eine der übrigen Stationen, die nach anderer Methode beobachten, aufzuweisen hat, ist fraglich. Ferner führte Herr Kayser einen gleichfalls von ihm construirten, neuen, höchst zuver¬ lässigen Apparat zur Prüfung der Röhrenlibellen vor, deren mehrere in der Werkstätte ange¬ fertigt wurden. Diese Libellen oder Niveaus sind wiederum wichtige Hilfsmittel zur exacten Aufstellung astronomischer Fernrohre, die für bestimmte Beobachtungen erst benutzbar werden, wenn sie mit zuverlässigen Niveaus verbunden sind. Mit Benutzung eines guten, nach dieser Richtung nunmehr wohl ausgerüsteten STEINHEIL’- schen Fernrohres ist es Herrn Kayser im Verein mit Herrn Navigationslehrer Canin seit dem letzten Herbste möglich geworden, eine Anzahl von Beobachtungen auf der Sternwarte der Gesellschaft anzustellen, welche darauf hinzielen, die seit ca. 10 Jahren der wissenschaftlichen Welt bekannten Schwankungen der Erdachse aus zahlreichen Polhöhebestimmungen genauer zu verfolgen und in ihrer Eigenart festzulegen. Auf anderen Sternwarten ist man gleichfalls damit beschäftigt, dieses interessante Verhalten der Erdachse und der Pole näher zu studiren, worüber Herr Kayser kurz berichtet, unter Vorlegung einer graphischen Darstellung der bis jetzt be¬ obachteten Polschwankungen. Nebenher werden von Herrn Kayser und seinem Gehilfen, dem Mechaniker Krause, auch neue Messungen des scheinbaren Sonnendurchmessers und Beobach" tungen über die etwaige Veränderlichkeit dieses Durchmessers im Laufe des Jahres ang'estellt werden. Ein eigens dazu construirtes Doppel-Niveau, ein aus zwei ungefähr unter dem Winkel des scheinbaren Sonnendurchmessers gegen einander geneigten Röhrenlibellen bestehender Apparat, soll für diese Beobachtungen benutzt werden. 8. Sitzung am 19. Oktober 1898. Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt die zahl¬ reich erschienenen Mitglieder, unter denen sich auch Herr Ober-Präsident v. Gossler und Herr Oberbürgermeister Delbrueck befinden. Hierauf hält Herr Geologe Dr. Maas aus Berlin seinen durch Lichtbilder illustrirten Vortrag Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide. (Vergl. dieses Heft S. 1—15.) Im Anschluß an die vom Vortragenden vorgeführten Lichtbilder macht Herr Professor Dr. Conwentz die Mittheilung, daß in diesem Sommer noch von anderer Seite, von dem in Berliner wissenschaftlichen Kreisen wohlbekannten Herrn Franz Goerke, photographische Aufnahmen in der Tucheier Heide gemacht sind. Einer Anregung des Herrn Ober- Präsidenten folgend, hat Herr Goerke dann auch die Weichsel von der Landesgrenze bis zur Mündung bereist, um Bilder vom Strom und seinen Ufern, von den Städten und Burgen, von den Regulirungsarbeiten etc. aufzunehmen. Im Ganzen hat Herr Goerke wohl gegen 200 Aufnahmen gemacht, und diese sind zum größten Theil auch völlig gelungen. Es liegt in seiner Absicht, dieselben später in einem Vortrag XXVII hier zu einem wohltliätigen Zweck und dann in Berlin in der ,, Urania“ einem größeren Kreise vorzuführen. Hoffentlich wird das dazu beitragen, unsere landschaftlichen Schönheiten bei den Bewohnern unserer Provinz selbst und darübe] hinaus soweit bekannt zu machen, wie sie es verdienen. Ferner spricht Herr Professor Dr. Conwentz über eine neue steinzeitliche Ansiedelung in der Tucheier Heide, deren Spur von Herrn Dr. Maas bei seinen geologischen Arbeiten aufgefunden ist Die Stelle liegt auf einer Flugsandfläche am westlichen (rechten) Ufer der Brahe, etwa 4 km in Ostnordost von Kelpin. Beide Herren sammelten dort in kurzer Zeit eine große Anzahl von Thonscherben, auch solche mit Sehnureindriicken ; sodann Feuersteinspaltstücke, Schaber, Pfeil- und Lanzenspitzen; ferner sieben Steinmeißel bezw. Bruchslücke derselben. Daneben finden sich häufig Gerölle und einzelne Theile von Wacholder- und Kiefernholz, die durch den Flugsand aufs schönste geglättet sind; Stücke der Art trifft man in Sammlungen bisweilen als ..Artefakte“ an. Die Funde insgesammt weisen darauf hin, daß jenes Gelände zur jüngeren Steinzeit bewohnt gewesen ist. Unstreitig war auch die Stelle gut ausgewählt, liegt sie doch am höchsten, beherrschenden Punkte der Thalterrasse, weit ins Brahethal vorspringend; außerdem war sie gut geschützt durch den Fluß im Osten, wie westlich durch Dünen. Die Aussicht auf reiche, bequem zu erlangende Nahrung, welche der Fluß bot, mag auch für die Wahl des Platzes in Betracht gekommen sein. Das Vorkommen ist um so bemerkeuswerther, als der Tucheier Kreis bisher nur wenige vereinzelte Steinwerkzeuge geliefert hat. Die nächsten steinzeitliclieii Ansiedlungen sind oberhalb bei Neumühl an der Brahe, sowie bei Schwornigatz am Müskendorfer See, beide im Kreis Könitz, bekannt geworden. Sonst liegen die hauptsächlichsten neolithischen Ansiedlungen unseres Gebietes an der Weichsel, der Ostsee und an den Haffs (Tolkemit, Rutzau). Zum Schluß spricht Herr Conwentz Herrn Dr. Maas für die Meldung des Fundes und für seine Förderung der hiesigen Bestrebungen den besten Dank aus. 9. Sitzung am 2. November 1898. Herr Professor Momber spricht unter Vorführung einschlägiger Apparate und Experimente über die electrischen Maasseinheiten. Denken wir uns einen Metallstab, dessen beide Enden in verschiedenen constanten Temperaturen gehalten werden, so kommt ein Wärmestrom von dem wärmeren zu dem kälteren Ende zu Stande. An jeder Stelle wird sehr bald eine constante Temperatur herrschen ; trotzdem findet ein fortwährender Austausch von Wärme statt. Etwas Aehnliches haben wir bei der Strömung des Wassers in einer Röhrenleitung. Der Druck nimmt von dem Bassin bis zur Ausflußstelle regelmäßig ab, bleibt aber an jeder Stelle unverändert, sofern die Höhenlage des Wasserniveaus im Bassin über der Ausflußöffnung dieselbe bleibt — wie durch einen Versuch deutlich veranschaulicht werden kann. Der von Stelle zu Stelle zu constatirende Druckverlust bedeutet einen Arbeitsverbrauch, durch welchen die Flüssigkeit entgegen der Reibung in Be¬ wegung gesetzt wird. Die hierbei erzielte Stromstärke ist einmal abhängig von dem Druck am Anfang der Röhre und dann von dem Widerstande, den das ganze Röhrensystem der Bewegung entgegensetzt. Diesem Widerstande ist die Stromstärke umgekehrt proportional, dem erwähnten Druck direct proportional. Die Arbeit, welche hier vom Druck des Wassers geleistet wird, ist eine innere. Würde man aber in die Röhren kleine drehbare Flügel nach Art der Schiffsschrauben setzen, so könnte durch deren Vermittelung auch eine bestimmte äußere mechanische Arbeit geleistet werden. Ganz analoge Verhältnisse haben wir bei dem galvanischen Strom. Denken wir uns zunächst ein offenes galvanisches Element, bestehend aus Zink, Kupfer und einer Säure. Der XXVI]] Kupfeipol erhält durch die Berührung mit der Säure einen ganz betimmten elektrischen Zustand (positiv), den man jetzt allgemein sein elektirisches Potential nennt, der Zinkpol ein von jenem verschiedenes Potential (negativ). Zwischem dem freien Kupferpol und dem freien Zinkpol besteht das Bestreben eines Ausgleiches des verschiedenen elektrischen Zustandes, eine „Spannung“. Der Betrag dieser elektrischen Spannung läßt sich durch bestimmte Apparate feststellen. Das Maß hierfür ist das zu Ehren des italienischen Physikers VOLTA benannte „Volt“. Ein Volt entspricht ungefähr dem Potentialunterschied, wie er bei einem DANlELL’schen Kupfer-Zinkelement beobachtet wird. Bei den von der elektrischen Centrale ausgehenden gleichfalls in verschiedenem elektrischen Zustande befindlichen Kabeln ist zwischen den in unseren Häusern befindlichen positiven oder negativen Anschlußklemmen der Potentialunterschied mit der Erde, deren Potential gleich 0 gesetzt wird, gleich 110 Volt; zwischen der positiven und der negativen Anschlußklemme besteht ein Potentialunterschied von 220 Volt. Ein Elektroskop zeigt diese Verhältnisse sehr deutlich an. Nebenbei sei bemerkt, daß die Straßenbahncentrale mit 500 Volt Spannung arbeitet. Verbindet man beide Anschlußklemmen unter einander durch einen Draht, so gleicht sich im Augenblick die elektrische Spannung auf dem dargebotenen Wege aus: es entsteht ein elektrischer Strom, der von Bestand ist, so lange der Potential¬ unterschied in den Kabeln Seitens der Stromerzeugungsstelle immer wieder von neuem hervor¬ gerufen wird. Würde man einen kurzen Draht zur Stromschließung verwenden, so erhielte man einen Elektricitätssturz (Kurzschluß), der nur zerstörend auf den Draht und die überall in der Leitung angebrachten Bleisicherungen wirken könnte. Wir werden daher den elektrischen Strom, mit dem wir operiren wollen, erheblich ab¬ schwächen, indem wir ihn vorher durch eine oder mehrere Glühlampen schicken. Diese lassen eben je nach der Beschaffenheit ihres Kohlefadens nur einen Strom von bestimmter Stärke hindurch. Den so geschwächten Strom benutzt Vortragender, um dessen verschiedenartige Wirkungen zu zeigen, nämlicli die Ablenkung einer Magnetnadel, das Hineinziehen eines Eisen¬ kernes in eine vom Strom durchflossene Drahtspirale, die Zersetzung einer Metallösung zwecks Abscheidung des Metalles (Galvanoplastik), die Zerlegung des Wassers in einem graduirten Cylindergefäß (Voltameter). Durch das Voltameter wird die Stromstärke bestimmt; das Ein¬ heitsmaß hierfür ist das „Ampere“. Ein elektrischer Strom, der in einer Minute 10,44 cbcm Knallgas durch die Zerlegung des Wassers bildet, hat die Stärke eines Ampere. Als Ampere¬ meter werden mit Vorliebe aber Instrumente benutzt, bei denen das geringere oder stärkere Hineingezogenwerden eines Eisenstabes in eine vom elektrischen Strom durchflossene Spirale den Grad der Stromstärke anzeigt; ihre Skalirung erfolgt rein empirisch durch Vergleich mit dem erwähnten Wasserzersetzungsapparat. Ueberall, wo der elektrische Strom seine Wirkungen äußert, wird Arbeit geleistet, Wider¬ stand überwunden, und wir werden wie bei dem Wasserstrom für jede Ueberwindung eines Widerstandes einen bestimmten Potentialverlust haben. Wir bedürfen auch für diesen die Stromstärke in hohem Maße beeinflussenden Wider¬ stand der Leitungsbahn einer bestimmten Maßeinheit. Jetzt gilt nach den Beschlüssen der zur Regelung des elektrischen Maßsystems eingesetzten internationalen Commission als Einheit derjenige Leitungswiderstand, welchen eine Quecksilbersäule von 1,063 m Länge und 1 qmm Querschnitt bei 0 0 C. dem galvanischen Strom entgegensetzt. Diese Einheit hat zu Ehren des deutschen Physikers, der schon 1826 die Abhängigkeit der Stromstärke von dem Leitungswiderstand genau erforschte, den Namen ,,Ohm‘‘ erhalten. Der Widerstand wächst mit der Länge des Leitungsdrahtes; andererseits wächst, wie sich zeigen läßt, der Potential¬ verlust mit der Stärke des Stromes. Hierin liegt die Schwierigkeit, starke Ströme auf große Entfernung zu leiten. Die Kabel müßten einen sehr bedeutenden Querschnitt haben, da in dickeren Drähten ein geringerer W iderstand dem elektrischen Strome entgegengestellt wird als in dünnen die Kosten der Anlage wüchsen dabei aber ins Ungeheure. Wie stark der durch den Leitungswiderstand einer .’>2kerzigen Glühlampe hervorgerufene Potentialverlust, also auch XXIX die Verminderung der Stromstärke, ist, konnte durch Hintereinanderschalten mehrerer solcher Lampen gezeigt werden. Dem hierbei hervortretenden Uebelstaude wird dadurch abgeholfen, daß die Lampen parallel nebeneinander geschaltet werden. Sie lassen also den Strom zeitlich nicht hintereinander, sondern zugleich paesiren, wie es auch in der Praxis geschieht. Dies führt auf das von dem berühmten Physiker KlRCHHOFF erforschte Princip der Stromtheilung, welches Vortragender näher erläutert. Hierauf geht Vortragender zur Erklärung des Begriffes der Arbeitsleistung des elektrischen Stromes über. Die geleistete Arbeit der elektrischen Stromerzeugungsstelle, also der Centrale in unserem Falle, ist von der Zahl der erzeugten Volt und der Zahl der abfließenden Ampere in einer bestimmten Zeiteinheit abhängig. Das Product dieser beiden Factoren drückt den elektrischen Effect in einer gegebenen Zeit aus. Statt des sich hierbei ergebenden längeren Ausdruckes „Voltampere“ hat man den abkürzenden Namen „Watt“ zu Ehren des Erfinders der Dampfmaschine eingeführt. Nachdem der Vortragende noch den in einer nicht unbeträchtlichen Kraftersparniß be¬ ruhenden Vortheil der Zuführung des Stromes in drei Leitungen (Dreileitersystem) statt in nur zwei solchen besprochen, berührt derselbe noch die Frage, warum gerade die neueren Ma߬ einheiten „Volt“, „Ampere“ und „Ohm“ eingeführt sind, statt der früher üblichen anderweitig benannten. Diese Frage hängt mit der Frage nach dem durch die bekannten Mathematiker und Physiker Gauss und Weber begründeten absoluten Maßsystem zusammen, in welchem das Centimeter, das Gramm und die Secunde die drei Grundeinheiten darstellen. Führt man auf diese drei Grundeinheiten der Länge, der Masse und der Zeit die elektrischen Constanten zurück, so erhält man Ampere, Volt und Ohm in der jetzt durch internationale Vereinbarung festgesetzten Größe. 10. Sitzung am 7. Dezember 1898. Herr Professor Momber legt neue Abhandlungen des Herrn Dr. Pincus hier, sowie des kürzlich zum Correspondirenden Mitgliede ernannten Vor¬ sitzenden der Elbinger Alterthumsgesellschaft, Herrn Professor Dr. Dorr, vor. Hierauf trägt Herr Ingenieur von Schmidt von der Firma Siemens & Halske über unsere Städtische Elektrische Anlage vor, deren Ausbau im Wesent¬ lichen sein Werk ist. Die Anlage der Dampf- und Dynamomaschinen streift Vortragender unter besonderem Hinweis auf die automatische Kohlenspeisung der Dampfkesselfeuerung nur leicht und lädt zur eingehenden Besichtigung der maschinellen Einrichtungen der Centrale die Mitglieder der Gesellschaft ein. Dafür schildert Vortragender in ausgiebiger Weise diejenigen zwei Theile der ganzen Anlage, welche für die Stromzuführung nach den Verbrauchsstellen besonders wichtig sind: 1) die Schaltanlage, d. b. das verbindende Zwischenglied zwischen Maschine und Leitungsnetz, und 2) das unterirdische Leitungsnetz in den Straßen der Stadt. An der Hand einer detaillirten Skizze erläutert Vortragender die Einrichtung der Schaltung, welche gegen¬ über den Maschinen in der Centrale an einer ca. 18 m langen Wandfläche ihre Anordnung ge¬ funden hat. Dorthin führen von den Klemmen der Dynamos zunächst die Anschluß-Kabel derselben, dort werden die einzelnen Maschinen in Verbindung mit dem Kabelnetz der Stadt gebracht, die erzielte elektrische Energie auf Spannung und Stromstärke durch Meßapparate geprüft und regulirt, von dort aus kann die Zuleitung des jeweilig überschüssigen Stromes nach den Accumulatoren zwecks Aufspeicherung der Energie für Stunden erhöhten Bedarfes erfolgen und in solchem Falle der Anschluß der bereits geladenen Accumulatorenbatterie an das Straßennetz besorgt werden. 1 >ort wird der aus den Dynamomaschinen gewonnene Gleichstrom zu den in einem Nebenraume der Centrale befindlichen rotirenden Umformern übergeführt, welche wiederum die Aufgabe haben, den Gleichstrom in hoch gespannten Drehstrom (3 X 3000 Volt) für die Langfuhrer Leitung umzusetzen. Die Regulirung- des ganzen Werkes erfolgt an XXX dieser wichtigen Stelle, der Schalttafel. Ein näheres Eingehen auf diese Verhältnisse, so lehr¬ reich und interessant dieselben auch sind, ist ohne Zugrundelegen einer ausführlichen Zeichnung unthunlicb. Auf das Kabelnetz in der Stadt übergehend, zeigt Vortragender an einem großen Situationsplan den Verlauf der Hauptkabel, welche den Strom bestimmten Funkten, Speise¬ punkten, im Vertheilungsnetze zuführen. Von diesen ,, Speisepunkten“ erst geben besondere Kabel, Vertheilungskabel, in die einzelnen Straßen der Stadt, von welchen wiederum die in die Häuser führenden Kabel abzweigen. Jene Hauptkabel bilden ein in sich vollkommen ge¬ schlossenes, mit der Centrale verbundenes Netz. In ihm kann von seinen schwer belasteten Theilen der Strom leicht zu den schwach belasteten übergehen. Nur nach wenigen Punkten der Stadt (Langgarten, Neugarten, Sandgrube, Schäferei) führen Kabelstrecken, die todt endigen, deren Strom daher nutzbringend auf die anderen Theile des Netzes nicht übertragen werden kann. Jene als Speisepunkte des ganzen Netzes bezeichneten Stellen stehen durchweg durch je einen ,, Prüfdraht“ mit der Centrale in directer Verbindung, damit von hier aus jeden Augen¬ blick mit Hilfe der Meßapparate die Höhe der Spannung controlirt und regulirt werden kann. Dies ist erforderlich, sollen störende Schwankungen in der Lichtstärke der elektrischen Lampen vermieden werden. Alsdann erklärt Vortragender die Einrichtung der sogenannten Verbindungskästen, in denen die mit einander durch Klemmen verbundenen Kabelenden ihren Schutz gegen das feuchte Erdreich finden, zeigt die Art und Weise, in der die Kabelenden mit einander verbunden und alsdann in besondere mit schwarzer Isolirmasse ausgegossene Schutzhüllen, „die Muffen“, ein¬ gebettet werden. Von diesen durch die Isolirmasse gegen Eindringen von Feuchtigkeit geschützten Muffen gehen d'e Anschlußkabel in die Häuser hinein. Wie schon in einem früheren Vortrage auseinandergesetzt wurde, besitzt unsere elektrische Anlage das Dreileitersystem, d. h im Elek tri citäts werk sind im ganzen drei Sammelschienen angeordnet; die Dynamomaschinen sind auf die sog. Außenleiter, zwischen welchen 220 Volt Spannung herrscht geschaltet, während der Mittelleiter zum sog. Nullpunkt der Batterie geführt ist. Diesen Sammelschienen entsprechen im Vertheilungsnetze zwei äußere Leiter und ein Mittelleiter. Durch die Einführung des Dreileitersystems mit 2 X 110 Volt Spannung ist eine Ersparung an Stromtransport und damit an Spannungsverlust erzielt worden. Dem Mittelleiter fällt hierbei nur die Aufgabe zu, den Unterschied der Be¬ lastungen an Strom in den beiden Hälften zu leiten. Eine besondere Eigenthümlichkeit des Danziger Leitungsnetzes ist die, daß, während die beiden von und zu den Dynamos führenden äußeren Kabel auf das sorgfältigste gegen das Erdreich isolirt sind, das kupferne Mittelkabel völlig frei liegt In anderen Städten hat man auch diesen Mittelleiter mit einer isolirenden Hülle umgeben, in der Meinung, dadurch Telephonstörungen am sichersten vorzubeugen. Wie die Erfahrung aber gezeigt hat, bietet gerade der blanke Mittelleiter den sichersten Schutz gegen derartige Störungen, da durch ihn auf kürzestem Wege die sogenannten vagabundirenden Ströme ausgeglichen werden, die zwischen schadhaft gewordenen Stellen der beiden äußeren Leitungskabel im Erdboden circuliren. Der Bau der einzelnen Kabel wird durch eine Anzahl instructiver Kabelmuster, die im Sitzungssaale ausgestellt waren, veranschaulicht. Die elektrische Anlage für Langfuhr, die gleichfalls von der städtischen Centrale ihren Ausgang nimmt, erheischt eine gesonderte Besprechung. Fließt durch das Leitungsnetz der Stadt ein auf 2 "110 Volt gespannter starker Gleichstrom, so geht von der Centrale in die Langfuhrer Leitung ein aus drei verketteten Wechselströmen zusammengesetzter „Drehstrom“ von ■> ■ 3000 \ olt Spannung, aber verhältnißmäßig geringer Stromstärke. Nur sehr hoch gespannte Ströme lassen sich in den üblichen Kabeln auf größere Entfernungen (hier 6 km) bei geringer Stromstärke ohne erheblichen Energieverlust fortleiten. An den Verbrauchs¬ stellen aber ist die hohe Spannung Gefahr bringend, auch läßt die Construction der Gliih- und Bogenlampen es nicht zu, daß dieselben direct mit dieser Spannung betrieben werden, XXXI deshalb wird der. hochgespannte Strom unterwegs in besonderen Apparaten, den Transfor¬ matoren, in einen Strom von geringerer Spannung aber größerer Stärke umgesetzt. Die Transformatoren sind jene in der Großen Allee und in Langfuhr aufgestellten säulenförmigen Metallhäuschen, in welchen der hochgespannte Strom durch Spulen dünner Drähte geht, und dadurch in anderen Spulen dicker Drähte einen Strom von geringerer Spannung inducirt. Letzterer wird zu den Verbrauchsstellen hingeführt. Auf Anfrage aus der Versammlung erklärt Vortragender zum Schluß das Prinzip der an den Stromverbrauchsstellen erforderlichen Elektricitätszähler. In diesen wird bei Strom¬ entnahme ein kleiner Motor mit Aluminiumbremsscheibe in Drehung versetzt, die sich auf ein Zählwerk mit Zeiger überträgt, — Bemerkungen über Kabelschutz und Haltbarkeit auch der transatlantischen Kabel, die von einer Bohrmuschel angegriffen werden, bilden den Schluß der interessanten Mittheilungen. 11. Sitzuns: am 21. Dezember 1898. Der Sitzungssaal hat seit kurzem einen besonderen Schmuck erhalten durch die Aufstellung der Büste des verstorbenen Oberbürgermeisters von Winter, des Mannes, dessen Andenken wie in der Provinz und Stadt, so auch in der mit beiden eng verwachsenen altehrwürdigen Naturforschenden Gesellschaft eine bleibende Stätte gefunden hat. Die Büste ist eine Copie der von Siemering für das hiesige Rathhaus s. Z. angefertigten Marmor¬ büste. Herr Professor Momber weist mit kurzen Worten auf diese neue Acquisition hin. Alsdann legt Herr Professor Momber die soeben erschienenen Ver¬ handlungen der diesjährigen Naturforscher-Versammlung in Düsseldorf vor und lenkt die Aufmerksamkeit auf drei darin enthaltene besonders interessante Vorträge (Professor Klein: Universität und Hochschule, Professor vant’Hoff: die zunehmende Bedeutung der anorganischen Chemie und Professor Pietzker: Philosophie und Naturwissenschaft in der Schule) hin. Der Leiter des hiesigen bacteriologischen Institutes, Herr Dr. Petruschky, trägt alsdann über Streptotrichose und den Erreger dieser in ihren Symptomen der Tuberculose sehr ähnlichen Erkrankung der Lunge des Menschen vor. Gleichzeitig demonstrirte Vortragender an Mikroskopen mehrere Präparate des die Krankheit verursachenden Pilzes sowie Reinkulturen desselben. Diese Krankheit beansprucht ein nicht geringes lokales Interesse, da hier in Danzig durch Vortragenden in den zwei Jahren seiner hiesigen Thätigkeit bereits drei sichere Fälle am lebenden Menschen constatirt worden sind, während bisher nur ganz sporadische Fälle ähnlicher Erkrankungen beobachtet sind, und zwar fast lediglich als Leichenbefunde. Es handelt sich hierbei um einen echten Fadenpilz aus der Gattung „Streptothrix“, der, wie es scheint, selten auf den Menschen übergeht. Der Umstand aber, daß schon drei solcher Fälle in verhältniß- mäßig kurzer Zeit hier constatirt werden konnten, läßt die Vermuthung zu, daß die Erkrankung in Danzig häufiger auftritt als anderswo. Ihre klinischen Symptome sind denen der Tuber¬ culose so sehr ähnlich, daß beide leicht miteinander verwechselt werden können. Eine sichere Diagnose ist nur auf mikroskopischem Wege zu stellen. Streptothrix ist ein von den bekannten Schimmelpilzen Penicillium, Aspergillus und Mucor wesentlich verschiedener Fadenpilz, der gewissermaßen eine Mittelstellung zwischen diesen und den Spaltpilzen, den eigentlichen Bacterien, einnimmt. Die feinen Hyphenrasen, welche der Pilz auf geeignetem Nährboden, z. B. auf der Agar-Agar genannten Tanggallerte bildet, sind in XXXII allen hier beobachteten Fällen von rein weißer Farbe, während eine anderwärts — von Professor Eppinger — gewonnene Cultur orangegelbe Färbung zeigt. Die hiesigen Streptothrix-GnUuren zeichnen sich durch einen deutlichen Modergeruch aus, wie er sich in feuchten, von Pilzen besiedelten Wohnungen wahrnehmen läßt. Es liegt der Gedanke nahe, daß die Feuchtigkeit vieler Wohnungen unserer Stadt vielleicht dazu beiträgt, daß die Krankheit gerade bei uns Gelegenheit findet, auf den Menschen überzugehen. Wie sich der Pilz in den Wohnungen verbreitet, ist schwer mit Sicherheit zu sagen. Die Untersuchung eines kleinen, auf verpilzten Tapeten vorkommeuden Käfers ( Lathndius angusti- colli s) ergab neben drei echten Schimmelpilzen eine auffallende Menge von Streptothrix- Colonien. In einem anderen Falle konnte eine Maus, die an erkrankten und theilweise zerstörten Stellen der Ohrmuschel neben Eiterkokken Streptothrix- Wucherungen zeigte, der Verschleppung des in Rede stehenden Pilzes angeschuldigt werden. Die drei hier beobachteten Fälle beim Menschen betreffen eine ältere Dame, ein Schul¬ kind und einen Arbeiter. Alle drei erschienen auf Grund des Krankheitsbildes als Tuberculose- verdächtig. Im Auswurf fanden sich jedoch keine Tuberkelbacillen, wohl aber zahlreiche Fäden obigen Pilzes in Bruchstücken. Bei der ersten Patientin (über welche bereits im Juni 1897 von Herrn Geheimrath Scheele und Vortragendem auf dem Congreß für innere Medizin be¬ richtet wurde) zeigten sich außer der Lungenerkrankung zahlreiche Abscesse unter der Haut, die den Pilz in Reincultur enthielten. Durch Verimpfung des Pilzes auf Kaninchen konnten auch bei diesen Abscesse erzeugt und aus letzteren der Pilz wieder gezüchtet werden. Die Pilzinfection der Lunge war bei allen drei an Menschen beobachteten Fällen mit Influenza complicirt. Die Erkrankung der ersten Patientin verlief tödtlich. In dem zweiten Falle handelte es sich um ein Schulkind, das aus einer scheinbar tuber- culösen Familie stammt. Die Untersuchung des Auswurfes ergab auch hier keine Tuberkel¬ bacillen, vielmehr Streptothrix- Pilze. Trotz hinzugetretener Influenza erholte sich das Kind in Folge geeigneter Pflege und kräftigte sich im Sommer durch das Verweilen in einer Ferien- colonie. Ueber das gegenwärtige Ergehen konnte noch nichts in Erfahrung gebracht werden, doch ist weitere Beobachtung beabsichtigt. Der dritte Patient galt als in hohem Grade Tuberculose-verdächtig, und doch waren die hierfür specifischen Bacillen im Auswurf nicht nachweisbar, dagegen Streptothrix-Filze und Influenza-Bacillen. Der Patient ist bereits seit mehreren Monaten in Beobachtung und scheint sich unter geeigneter Behandlung zu bessern; er ist seit längerer Zeit wieder arbeitsfähig. Zum Schlüsse erläutert der Vortragende das Culturverfahren des Pilzes und demonstrirt die von den drei Erkrankungsfällen am Menschen, von der Maus und dem Käferchen erhaltenen Culturen, welche alle derselben Species des Pilzes acgehören. Ob diese identisch ist mit der auch sonst, aber noch nicht als Krankheitserreger, beobachteten Streptothrix alba, ist noch unentschieden. Vorläufig muß der gefundene Krankheitserreger als Danziger Spe- cialität gelten. Die Beobachtungen des Vortragenden werfen wiederum ein interessantes Licht auf die wissenschaftliche und praktische Wichtigkeit bacteriologischer Untersuchungen. Nachträglich möge hier der Bericht über einen Vortrag erfolgen, dessen Manuskript erst nach Fertigstellung des vorigen Heftes eingegangen ist. Gelegentlich des 155. Stiftungsfestes der Gesellschaft, am 3. Januar 1897, hält Herr Generalarzt Dr. Hugo Meisner einen Vortrag über Menschenkunde. Wenn Jean Paul einmal den Ausspruch gethan hat: „Der Mensch ist der große ( Gedankenstrich in dem Buche der Natur“, so gilt dasselbe auch in gewissem Sinne für unsere Beschreibungen und Geschichten der Natur, in denen wir wohl die Ergebnisse der Forschungen XXXIII auf dem Gebiete der leblosen Natur und der Pflanzen- und Thierwelt aufgezeiclmet. finden, aber von dem Menschen im Allgemeinen nur recht dürftige Mittheilungen erhalten. In ihnen lernen wir die chemischen Kräfte, die Verwandtschaft der einzelnen Stoffe untereinander und ihre Umgestaltung zu neuen Stoffen kennen; wir erfahren von ihren physikalischen Eigen¬ schaften, von Wärme und Licht, von Schwere und Schall, von Elektrizität und Magnetismus ; wir lesen, nach welchen Gesetzen die Gestirne ihre Bahnen ziehen, und wie sich die Erde aufgebaut hat, mit Land und Meer, mit Berg und Thal, mit Tag und Nacht, mit Regen und Sonnenschein; wir blicken in das stille Leben und Weben der Blume und des Baumes und in das bunte Sein und Treiben der Thiere, und zwar nicht bloß inbezug auf ihre äußere und innere Gestaltung und ihre Lebensäußerungen, sondern auch inbezug auf die Beziehungen der einzelnen Geschöpfe zu einander und zu dem Menschen, sei es im harten Kampfe um ihr Dasein, sei es im friedlichen Streben nach Erhaltung ihrer Mitgeschöpfe und Nachkommen — aber vom Menschen selber geben diese Bücher nur unvollständige Kunde. Denn wir unterrichten uns wohl darin über die Gewebe und Organe und deren Verrichtungen, über die Gestalt der Hand und des Fußes, über den aufrechten Gang und die ganze edle Form - — kurz über den menschlichen Körper, nicht aber über den Menschen selber. Und wie es mit der Lehre von dem menschlichen Körper, der eigentlichen Anthropologie, steht, nicht viel anders steht es mit der Lehre von der menschlichen Seele, der Psychologie, die ebenfalls den Menschen als ein fertiges Einzelwesen behandelt, wie es in seiner derzeitigen Erscheinung vor uns tritt, und mit der Geschichte, die nur mit Zeiten rechnet, aus denen uns schriftliche Aufzeichnungen erhalten geblieben sind, also mit Zeiten, die nach unseren Erfahrungen doch nur einem verhältnißmäßig jungen Abschnitt der Entwickelung der Menschheit angehören. Diese Lücke auszufüllen, die Entwickelung des Menschengeschlechtes in ihren ersten Anfängen zu verfolgen, ist das Ziel der Menschenkunde, der Anthropologie im weitesten Sinne des Wortes. Entdeckungen, welche man gelegentlich der Ausbeutung des Erdinneren machte, gaben dazu den ersten Anstoß, insofern als man, neben anderen Schätzen des Mineralreiches, auch auf versteinerte Theile von Pflanzen und Thieren stieß, auf wunder- bare Blattabdrücke von baumhohen Farren und Schachtelhalmen, auf Reste seltsam gestalteter Polypen und Muscheln, von mächtigen Fischen und Eidechsen, halb Vogel halb Molch, von riesigen Vögeln und Dickhäutern, Elephanten und Nashornen — kurz, auf Geschöpfe, wie sie kaum mehr in ähnlicher Form auf der Erde Vorkommen und, wunderbarer Weise, zum Theil nur noch als Greife und Drachen in unseren Sagen und Märchen und auf unseren Wappen¬ schilden fortleben. Wir können verstehen, daß der Schluß, den man daraus zog, daß die Erde auch Reste längst vergangener Menschengeschlechter berge, nicht allzu kühn war. Und in der Tliat, wenn auch grade nicht in Gemeinschaft mit jener ältesten untergegangenen Flora und Fauna, so stieß man doch in jüngeren Erdschichten aus einer Zeit, in der in Deutschland Mammut, Höhlenbär, Riesenhirseh und Auerochse einen Theil des Wildbestandes bildeten, auf untrüg¬ liche Spuren vergangener Menschen. Theils waren es Reste menschlicher Leichname, theils aber waren es auch Erzeugnisse seiner Erfindungsgabe, Werkzeuge zu seiner Vertheidigung, wie zur Herrichtung seiner Nahrung, Kleidung und Unterkunft, die zum Gegenstände einer eigenen Wissenschaft, der Alterthumskunde oder Archäologie, geworden sind. rudern man diese Funde nun mit Gegenständen unsrer jüngeren Vergangenheit und Gegenwart verglich, glaubte man aus ihrer Beschaffenheit schließen zu können, daß der Mensch in der Flucht der Jahrhunderte und Jahrtausende sowohl inbezug auf seine körperliche Beschaffenheit wie inbezug auf die Erzeugnisse seiner Handfertigkeit einer steten Veränderung unterworfen gewesen sei, und zwar zunächst der Art, daß er allmählich immer edlere und schönere Formen angenommen habe, deren Entwickelung rückwärts bis zu solchen Formen zu verfolgen sei, die ihn dem anthropoiden Affen an die Seite stellten. Man meinte in der flachen Gestalt älterer Schädel mit der fliehenden Stirn, in der glatten Beschaffenheit der Schienbeine an alten Skeletten, in dem riesenhaften Wuchs derselben, niedere Entwickelungs - 3 XXXIV stufen zu erkennen, als sie uns jetzt in der gewölbten Denkerstirn des Dichters, in dem geraden und zierlichen Wuchs der meisten unserer Zeitgenossen entgegentreten, und man nahm an, daß diese Veränderung eine Folge der veränderten Umgebung, der sogenannten moyens, des Klimas, der Nahrung, der Arbeit, sei. Als man aber in verschiedenen Ländern zu ge¬ nauen Messungen des menschlichen Körpers schritt, da zeigte es sich, daß alle diese fechluß- forderungen nicht zutreffend waren. Abgesehen davon, daß gerade der älteste Schädel, den wir kennen, der Schädel von Engisheim im Elsaß, sich durch seine gewölbte Form vor dem jüngeren Neanderthalschädel auszeichnet, und daß der Flachschädel von Java wohl kaum einem Menschen, sondern wohl einem menschenähnlichen Affen, vielleicht einem vorweltlichen Gibbon, angehörte, so findet man auch heute noch eine ganze Menge Menschen mit Flach¬ schädeln, besonders unter den Friesen, wie sie auch schon von den alten holländischen Malern auf ihren Bildern mit den endlos langen Köpfen dargestellt sind; man findet heute noch die platten Schienbeine bei Bewohnern der Siidsee, und um das ganze Becken der Nordsee hünenhafte Gestalten, die sich mit dem uralten Recken messen können, dessen Skelett in einem Baumsarg vor einigen Jahren bei Apenrade aufgefunden wurde*). Daher erscheint der Schluß gerechtfertigt, daß alle diese Merkmale mehr Erscheinungen der Art. der Rasse, sind, als Kennzeichen für eine im Laufe der Zeiten vor sich gegangene Veränderung des Menschen. Was in dieser Beziehung zunächst die Schädelform anlangt, so erhellt, daß bei der ziemlich constanten Größe des Schädelinhalts ein flacher Schädel mehr in die Länge, ein gewölbter Schädel mehr in die Höhe und Breite wachsen muß, und so erhalten wir zwei Schädeltypen, die sich als exquisite Rassenmerkmale kennzeichnen, den hohen Rundschädel als Merkmal der mongoloiden Völker im Osten und Norden von Asien mit Ausläufern nach Europa und Amerika, und den flachen Langschädel bei den übrigen Bewohnern unsrer Erde; dieser, wie man wohl angenommen hat, ausgehend von einem Schöpfungscentrum, das man in einem im Indischen Ozean versunkenen Lemurien gesucht hat, jener von einem zweiten Schöpfungscentrum, daß man auf der malayischen Halbinsel gefunden haben will. Und ähnlich steht es mit der Vertheilung der großen und kleinen Menschen auf der Erde, die nicht will¬ kürlich mit einander vermischt, sondern in räumlich begrenzten Gebieten zu finden sind. So drängen sich die Großen im Gebiete der alten Friesensitze zusammen, und in Italien reichen sie von den Alpen südwärts so weit, als sich nordische Einflüsse durch Eroberung und Besiedelung geltend gemacht haben, während die Kleinen sich vielfach wieder in dem Verbreitungsbezirke der Kurzschädel finden. Wenn dazu noch bei diesen die gelbe Hautfarbe und bei jenen, wenigstens in Deutschland und Italien, das blonde Haar und das blaue Auge als Eigenthüm- lichkeit hinzutritt, so dürfte die Annahme, daß alle diese Merkmale Rassenkennzeichen sind, eine recht wesentliche Stütze finden**). Auch was der Mensch in alten Zeiten ersann und schuf, kündet von keiner minder- werthigen Geistesschärfe, Erfindungsgabe und Kunstfertigkeit. Man betrachte bloß den rohen unpolirten Feuersteinkeil, der nicht nur in seiner Herstellung an und für sich uns heutzutage unendliche Schwierigkeiten bietet, sondern mitunter sogar auch auf seinem Körper Verzierungen trägt, die wir herzustellen heute kaum im Stande sind. Oder man sehe sich die mit Stein in Stein gearbeitete Gußform für ein Bronzemesser oder eine Bronzesäge an, deren Herstellung wahr¬ lich eben solche Kunstfertigkeit verlangt, wie die in dem weichen Sand gedrückte Gußform eines Zahnrades***). Weitere Vergleichungen der alten Fundstücke mit Gegenständen, die sich in der Hand von unzivilisirten Völkern der Gegenwart befinden, lassen erkennen, daß sich die Urge¬ schichte des Menschengeschlechtes in vielen Beziehungen bei diesen Völkern noch einmal ab¬ spielt. Wir finden hier nahezu dieselbe beinerne oder steinerne Pfeilspitze, mit der der Wilde sein Jagdthier erlegt, wie sie als Beigabe der Todten in unseren Hünengräbern erscheint, sehr *) Vergl. die Abbildungen bei PESCHEL, Völkerkunde, S. 59, bei HELLWALD, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 73 und 85, und im Prometheus VII, S. 107. **) Vergl. die Karten der Verbreitung der Blonden und Braunen, der Grossen und Kleinen in Norddeutschland im Archiv für Anthropologie, und LIVI Anthropometria militare. ***) Vergl. die Abbildungen bei HELLWALD, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 313. XXXV ähnliche Pfahlbauten in Neu- Guinea, wie auf dem Grunde des Bodensees, fast die gleichen Erd- und Steinhütten bei den Eskimos und Lappen, wie sie uns in den alten Gangbauten auf der Insel Sylt oder im Idstedter Gehege entgegentreten. W enn sich daher aus diesen Vergleichungen die überraschende Thatsache ergiebt, daß sich in dem Leben dieser Völker der Gegenwart das Thun und Treiben des Urmenschen wieder¬ spiegelt, so ist es neben der Alterthumskunde die Völkerkunde, welche uns weitere Aufschlüsse über den Urzustand des Menschengeschlechtes giebt. Endlich aber erfahren wir auch aus den Sagen und Märchen, die sich durch hunderte und aberhunderte Geschlechter von Mund zu Mund fortgepflanzt haben, einiges aus den uralten Tagen des Menschengeschlechtes; denn die Erfahrung hat uns gelehrt, daß ihr Inhalt zuweilen einem thatsächlicheu Boden entsprossen ist. Das sagenumwobene Troja, welches die homerischen Gesänge schildern, ist aufgedeckt mit Haus und Hof, mit Waffen und Geräth, mit Prunkstücken und Schmucksachen, der Drachen der Siegfried- sage und späteren Legende vom heiligen Georg wird wegen der Aehnlichkeit des Kopfes als das vorweltliche gehörnte Nashorn angesprochen, das, weit verbreitet in Europa und Asien, hier zu dem Drachenkultus, dort zu mannigfachen Erzählungen von ritterlichen Kämpfen mit ihm Veranlassung gegeben hat; der Hammer Thor’s, der nach dem Wurfe immer wieder zurückkehrt, erinnert an das Wurfholz, den Bumerang, der Australier. Alte Sagen berichten uns von ge¬ waltigen Riesen, Turfen, von ränkevollen Zwergen, die in Höhlen hausen, von friedlichen Geistern den Elfen oder Alfen, die, klein und zierlich von Gestalt, auf duftigen Waldwiesen im Monden- scheine, besonders am Meeresgestade ihre Tänze aufführen. Nun, große und übergroße Menschen gab es, wie bereits erwähnt, an den Küsten der Nordsee, Höhlen- und Höhlenbewohner in der alten und neuen Welt die Menge, und an die Elfen oder Alfen erinnert uns nicht bloß die lieb¬ liche Landschaft, sondern auch der Name derselben, die wir in Alsen und im Sundewitt wieder¬ finden; denn Alsen oder Alffö ist nichts Anderes wie Elfeninsel und Alnor oder Alfsnor nichts Anderes wie Elfenbucht, und von Alters her sind Turfen und Elfen, diese an der Ostsee, jene an der Nordsee, als Vertreter eines großen und eines kleinen Volksstammes aufgefaßt worden. So bilden denn neben den Lehren von dem menschlichen Körper und von der mensch¬ lichen Seele, neben der Geschichte die Alterthumskunde, Archäologie, die Völkerkunde, Ethno¬ logie, und die Sagenkunde, Mythologie, die wesentlichsten Pfeiler, auf denen das Gebäude der Menschenkunde, Anthropologie, ruht. Was wir durch sie erfahren können, will ich nunmehr versuchen, Ihnen durch ein Beispiel zu erläutern. Wenn auch heutzutage der Schiffer auf den entlegensten Inseln des Weltmeeres Rauch¬ säulen aufsteigen sieht, wenn der . Forscher im tiefsten Innern unbekannter Festlande Feuer¬ stätten und Brandplätze findet, so ist es doch nicht wahrscheinlich, daß der Mensch von jeher im Besitze des Feuers gewesen ist. Denn zunächst fehlt es nicht an Ansichten, daß es noch in geschichtlichen Zeiten in Tasmanien und auf den Unionsinseln Völker gegeben hat, welche keine Spur von dem Gebrauche des Feuers liinterlassen haben, und ebenso wissen wir, daß es Völker giebt, denen ein eigentliches Wort für Feuer in ihrem Sprachschätze fehlt, das sie durch Licht oder Wärme wiedergeben; in Uebereinstimmung damit erfahren wir auch von alten Funden aus der ältesten Zeit des Auftretens des Menschen, welche keinerlei Spur von Brand und Feuer an sich tragen; und schließlich berichtet uns ja auch die Sage, daß das Feuer erst vom Himmel fallen oder wohl wahrscheinlicher vom Himmel gestohlen werden mußte, ehe es in den Besitz der Menschen kam. Wenn wir daher voraussetzen können, daß es eine feuerlose Menschheit gegeben hat, so drängt sich uns die Frage auf: Wie kam denn der Mensch in den Besitz des Feuers? Zu¬ nächst ist darüber die Ansicht laut geworden, daß der Mensch durch den Blitz in den Besitz des Feuers gekommen ist, und damit stimmt ja auch die Sage überein, daß das Feuer vom Himmel gefallen sei. Indessen diese Ansicht hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Denn der Blitz, der die erste dürftige Wohnstätte des Menschen zerstörte, wird sicherlich zuerst so ge¬ fürchtet gewesen sein, daß es der Mensch wohl kaum gewagt hat, sich des Feuers, das er brachte, zu bemächtigen, ganz abgesehen davon, daß dem Urmenschen auch alles das fehlte, was 3* XXXVI wir bei dem zivilisirten Engländer des vorigen Jahrhunderts, der auf die Insel Juan Eernandez verschlagen wurde und Stoff für die Robinsonaden gegeben hat, voraussetzen können: nämlich die Kenntniß der Leistungen des Feuers und der Mittel, es zu unterhalten. Dazu kommt, daß die Verbreitung der Gewitter räumlich beschränkt ist, denn jenseits der Polarkreise sind sie überaus selten; und so können wir auch schließen, daß sie im mittleren Europa zur Eiszeit nur ganz ausnahmsweise den Menschen in die Lage versetzt haben, sich sein Feuer von ihnen zu holen. Humboldt erzählt uns ferner, daß man noch 20 Jahre nach dem Erlöschen des Vulkans Jorullo in Mexiko Holzspähne in seinen Zwergkratern entzündete und sich so sein Feuer holte; und von anderen Reisenden erfahren wir. daß in den Vereinigten Staaten Nordamerikas, in Italien, in China und vor Allem auf der Halbinsel Apscheron sogenannte Feuerquellen Vor¬ kommen, die 5 bis 6 m hohe Gasflammen ausstoßen, und daß auch dort die Anwohner sich gelegentlich ihr Feuer holen. Aber eine derartige Feuergewinnung für den Urmenschen hat noch weniger Wahrscheinlichkeit; denn abgesehen davon, daß in Jahrtausende von Menschen bewohnten Gegenden überhaupt weder Vulkane noch brennende Erdölquellen Vorkommen, und daß in anderen Gegenden die Vulkane längst erloschen waren, ehe der Mensch diese Gegenden betrat, so wurden Vulkane und Feuerquellen von jeher für etwas Uebernatürliches und Göttliches gehalten und, wie wir auf unseren japanischen Theebrettern sehen, hier als die höchste Gottheit des himmlischen Lichtes in der Gestalt des glühende Lavaströme zur Erde sendenden Vulkans Fusiyama dargestellt und verehrt, dort von Schaaren wallfahrtender Parsen, die den Gott des Feuers von Augesicht zu Angesicht schauen wollen, angebetet. Vor allen Dingen aber widerspricht einem derartigen Bezüge des Feuers der Umstand, daß, so lange wir auf die Geschichte der Menschheit zurückzublicken vermögen, und soweit wir auf der weiten Erde unsere Blicke schweifen lassen, die Menschen für gewöhnlich ihr Feuer nicht solchen feuerspendenden Naturerscheinungen entnehmen, sondern es durch Reibung von Hölzern erzeugt haben und noch erzeugen. So giebt uns Humboldt in seinem Vues de Cordilleres eine alte Darstellung, wo ein altaztekischer Priester durch Drehen eines Holzstabes auf einer Holzscheibe, die auf der Brust des Opfers liegt, das Opferfeuer entzündet*). Eines ähnlichen Feuerzeuges be¬ dienten sich die alten Griechen, deren Pyreion aus einer Scheibe weichen Ephenholzes, der Eschara, und aus einem Drehstifte aus hartem Lorbeerholz, dem Trypanon, bestand; und ebenso ist ein solcher Fenerbohrer seit Alters bei den brahmanischen Hindus in Gebrauch. Unter den heutigen Völkern fand Chamisso das Feuerreiben bei den Bewohnern der Sand¬ wichsinseln und Jagor bei den Malayen. Diese bewegen ein scharfkantiges Bambusstück auf dem Rücken eines anderen, halbirten, trockenen Halmes, unter welchem ein leicht entzündlicher Faser¬ ballen liegt, mit steigender Geschwindigkeit hin und her und bringen diesen dadurch zum Glühen. Am häufigsten aber ward der oben beschriebene Feuerbohrer oder Feuerquirl angetroffen, so auf den Nikobareu, auf dem Himalaya, im Innern Afrikas, auf den Antillen, an den Küsten des südamerikanischen Festlandes, bei den Indianern in Guyana, bei den Botokuden in Brasilien, bei den Eskimos am Smithsund, bei den Buschmännern, Kaffem und Hottentotten in Südafrika, bei den Veddas auf Ceylon und bei den Eingeborenen Australiens. — Diese Feuerzeuge haben im Laufe der Zeiten manche Vervollkommnung erfahren, wie bei den Sioux und den Irokesen, durch Anbringung einer Drehschnur, oder, wie auf den Aleuten, durch ein mit den Zähnen festzu¬ haltendes Mundstück, bis schließlich auch durch die Armirung der Reibhölzer mit leicht brennbaren Stoffen, wie heute noch bei unsern Streichhölzern**). Diese weite Verbreitung der Feuerreibung fordert uns dazu auf, die Gründe zu ermitteln, aus welchen die Menschen von alten Zeiten her an so verschiedenen Orten zu dieser Gewohnheit gekommen sind. Wenn man einen Gang duich unsere Alterthums- und Völkermuseen macht, so findet man dort eine Menge glatt durchlochter Steingeräthe in Gestalt von Beilen und Hämmern, meistens aus Granit und ähnlichen Gesteinen, seltener aus Nephrit und Jadeit. Und wenn man *) Vergl. die Abbildung bei HELLWALD, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 552. **) Vergl. die Abbildungen bei HELLWALD, Der vorgeschichtliche Mensch, S. 318. XXXYII sich unter den Völkern der Gegenwart umschaut, so belehren uns die südamerikanischen Indianer, daß diese Löcher in den Steingeräthen durch quirlartiges Drehen eines Bananenschößlings unter Zuhülfenahme von Sand einfach ausgeschliffen werden. Daß dabei aber das Holz sich erhitzen muß und schließlich zu brennen anfängt, das lehrt uns jede heiß gelaufene Wagenachse, Es ist anzunehmen, daß der Mensch sich in noch früheren Zeiten seine Holz- geräthe in gleicher Weise hergestellt hat, und daß er sich bei der Herstellung der¬ selben des Feuers bemächtigt hat, und zwar etwa in der Art, daß er nun nicht gleich, als der erste Funke aus dem Holze sprang, im Vollbesitze des Feuers war, sondern daß er seine Anwendung durch eine Reihe von Versuchen erst erlernen mußte, in gleicher Weise, wie jetzt die Verwendung der elektrischen Kraft. Allerdings die Entdeckung der Eigenschaften des Feuers müssen uralt sein. Denn schon die Sage berichtet uns, daß Prometheus 30 Jahrtausende lang in Fesseln schmachten mußte, nachdem er den Feuerraub begangen hatte, der damit weit vor den Beginn aller menschlichen Zeitrechnung zu verlegen ist. Und damit stimmt es auch, wenn wir im Kaukasus bei den Osseten noch dieselbe ursprüng¬ liche Sage vom Feuerraube finden; denn, da dieses Volk zu den Indo - Europäern gehört, so läßt sich schließen, daß der Mensch bereits vor der Theilung der arischen Stämme im Besitze des Feuers war, also bereits vor seiner Einwanderung in Mitteleuropa. Auch durch die alten Feuerstellen erfahren wir, daß der Gebrauch des Feuers uralt gewesen sein muß. Denn nicht bloß zusammen mit Rennthierknochen an der Schussenquelle in Württemberg und im Perigord finden sich Spuren von Brand, sondern auch zusammen mit den Exkrementen der Höhlenhyäne in der Höhle von Lherm im südlichen Frankreich, ja selbst mit Resten noch älterer Thiere. Denn an den nördlichen Hängen des Harzes bei Wolfenbiittel fand man Feuerspuren unter einer Schicht von vorweltlichen Dickhäuterknochen zusammen mit Knochen von kleinen Zieseln und Springmäusen, also aus einer Zeit, als das nördliche Deutschland noch eine einsame Steppe war, wie wir sie jetzt in Ungarn und Südrußland treffen. Man darf sich nun aber nicht vorstellen, daß das Feuerreiben eine sehr leichte Arbeit ist. Ein deutscher Gelehrter brauchte 4 Monate Arbeitszeit, um einen einzigen Stein zu durchlochen, und selbst im heißen trockenen Südafrika lösen sich beim Feuerreiben die Einwohner häufig ab. Daraus können wir erschließen, daß diese Arbeit keine freiwillige gewesen ist und noch ist, sondern daß sie eine von dem Stärkeren dem Schwächeren aufgezwungene Frohnarbeit dar¬ stellt, der, wie dem Altdeutschen robot, dem Lateinischen labor, dem Griechischen novog, der Beigeschmack der Mühe und Pein nicht fehlt. Wer aber ist der schwächere Theil in der Gemeinschaft der Menschen? Nun, bei den Naturvölkern ist es, wie ein Blick in die Gegenwart lehrt, der Lahme und der Krüppel, der zu der Beschaffung der Nahrung und zur Erhaltung der Selbständigkeit durch den Gebrauch der Waffen Nichts beizutragen vermag. Und wie es heute ist, so war es auch ehedem. Denn nach der Sage hinkt der Feuergott Der VüLCAN der Römer, der Hephaistos der Griechen, der Osiris der Egypter, die Feuergötter der Australier, der Südamerikaner und der Südafrikaner sind lahm, und selbst der Beherrscher des Höllenfeuers, der Satan, ist mit einem Pferdefuß ausgestattet. Auch andre Gestalten der Sage, die mit dem Feuer zu thun haben, sind Krüppel, so Wieland der Schmied, dem König Neidung die Flechsen am Fuße durchschneiden ließ, Prometheus, dem der Geier die Wunde offen hält, CHIRON, der im Kampfe mit den Lapithen von einem vergifteten Pfeile verwundet und dann in das Erdinnere, d. i. die Feuer¬ werkstatt, verbannt wurde, bis schließlich auf unsere mißgestalteten Zwerge. Und diese Arbeits¬ kräfte waren ja so billig, daß es garnicht darauf ankam, ob sich 2 oder 3 oder 10 bei dieser Arbeit ablösten. Und was war damals Zeit? CHAMISSO erzählt uns von den Eingeborenen der Karolinen, daß sie Tage und Monate zählen und das Jahr nach der Wiederkehr und dem Verschwinden der Gestirne in seine Jahreszeiten theilen; aber Niemand zählt die Jahre, das Vergangene ist vergangen, das Lied nennt die Namen, die der Aufbewahrung werth geschienen, und sorglos wallet man den Strom hinab. XXXVIII Es ist aber auch klar, daß, als es unter diesen Arbeitern Männer gab, die im gegebenen Augenblick dem Holze das Feuer zu entlocken verstanden, aus dem erst verachteten Krüppel der Gesuchte, der Weise, der Zauberer, der Schamane und schließlich sogar der Priester wurde. Denn das Feuer erweckte ja schließlich auch die Vorstellung von einer übernatürlichen Kraft, einer Kraft, welche zu der Annahme eines geistigen Daseins des Menschen führte, das bei seiner Entstehung seinen räthselhaften Ursprung nimmt, wie der Funke, den der Feuer¬ bohrer dem Holze entlockte, das belebend und erwärmend fortdauert, wie ein inneres Feuer, von dem der warme Athem Kunde giebt, und das sich von dem Körper trennt, wie das letzte Wölkchen Rauch eines erlöschenden Feuers. Allerdings folgten ja anfangs diesen ersten religiösen Regungen mannigfache verkehrte Vorstellungen. So legte man die übernatürliche göttliche Kraft in die Dinge selbst hinein und kam zum wüstesten Fetischismus. Da die züngelnde Flamme der Schlange gleicht, entstand der Schlangenkultus, an den noch die Schlange im Paradiese erinnert. Da der Funke im Holze schlummert, so entstand der Baumkultus, an den der Baum des Lebens und unser Weihnachtsbaum erinnert. Ja, Beschaffenheit und Wirkung des Feuerbohrers führte zu dem abgeschmacktesten aller Kulte, die je die Erde gesehen, zum Phallusdienst. — Etwas von diesem Aberglauben hat sich auch bis auf unsere Zeiten erhalten, insofern als dem durch Reibung erzeugten Feuer besondere Wunderkräfte zugeschrieben worden sind, die allen andern Arten der Feuerbereitung, so z B. der mittels Stahl und Stein, die ja schon den Römern bekannt war, nicht anhafteten. Das Feuer der Vesta, die Neujahrsfeuer der Altmexikaner und der Suahelis, die Noth- und Bittfeuer (willfire) gegen das Eindringen von Seuchen, die noch in den zwanziger Jahren in Hannover und in der Uckermark üblich waren, mußten durch Reiben von Hölzern erzeugt werden. Als aber die Menschen ihre Augen gen Himmel richteten und in den hellleuchtenden Gestirnen die Träger des Himmelsfeuers erblickten, da entstand zum ersten Male die Vor¬ stellung von einer übernatürlichen Kraft, die außerhalb der Dinge wirksam war, die Vorstellung einer göttlichen Weltenordnung, aus der die meisten unserer modernen Religionen ihren Ursprung genommen haben, und an die noch heute in unseren Kirchen und in unseren Tempeln die ewige Lampe als das Sinnbild des himmlischen Lichtes und der göttlichen Weisheit erinnert. Hand in Hand mit der Ausbildung der Religion ging auch die Verbreitung menschlicher Gesittung und Kultur. Schweiften die feuerlosen Völker von Ort zu Ort, um ihren Unterhalt zu gewinnen, und finden wir bei den meisten Nomaden die Vielweiberei oder auch die Viel¬ männerei, so machte das Feuer den Menschen dort seßhaft, wo ihm die Benutzung desselben eine größere Ausbeutung der Nahrung und der sonstigen Spenden der Erde, so der Metalle, ermöglichte, und gab die ersten Bedingungen für die Errichtung eines festen Heimes, in dem die Frau des Herdfeuers waltete, während der Mann für den Unterhalt sorgte, und für den Begriff einer Heimat und eines Vaterlandes. Am Herdfeuer versammeln sich daher auch an vielen Orten noch heute die Mitglieder des Haushaltes zu gemeinsamer Arbeit; selbst für eine ganze Stammesgemeinschaft ist das Feuer der Platz, wo die Aeltesten des Rathes pflegen. Feuer und Fach bedeutet in unserer Sprache Obdach, Pierberge, Wohnstatt; un village de Cent feux ist ein Dorf von hundert Familien, n’avoir ni feu ni lieu heißt ohne Heimat sein: fireside ist Herd, Kamin, aber auch Abendgesellschaft; uvq ist auch Herdfeuer, nvQog eaXotQcu sind Feuerstätten, aber auch Wohnstätten; pro focis pugnare heißt für das Vaterland kämpfen, focum repetere in das Vaterland zurückkehren. Die Schwierigkeiten, welche die Gewinnung des Feuers bereitete, führten nun bald zur Erfindung von Mitteln, das Feuer von Ort zu Ort zu tragen. So entstand in der alten Welt die Fackel, zu welcher die hohle, mit trockenem Mark gefüllte Ferw/a-Staude diente, die in Südeuropa und Persien ihre Heimat hat. Sie hat der Fackel die eigenthümliche Form gegeben, die uns noch auf Bildern und Bildsäulen der Alten erhalten ist, gerieft, mit Ansätzen, wie Bambusknoten, aus denen oben eine leichte Flamme schlägt, die von dem glimmenden Mark selbst Wochen lang unterhalten wird. Der Sage nach soll sich schon Prometheus ihrer XXXIX bedient haben, als er das Feuer vom Himmel holte, und am bekanntesten ist sie ja als Fackel Hymen’s, mit der der Herd einer jungen Ehe angezündet wurde — ein Gebrauch, an den der Fackeltanz am preußischen Hofe erinnert. In der neuen Welt aber entstand die Pfeife, deren Ursprung darauf zurückzuführen ist, daß man das Feuer — wie heute noch auf den Sundainseln — mittelst eines Rohres (englisch pipe) anblies, um es anzufachen. Diesem Rohre fügte man sehr bald das Feuergefäß an, das man mit leicht glimmenden trockenen Blättern, so vorzugsweise der Tabakpflanze, füllte, an deren Rauch der Mensch schließlich Geschmack fand. Ursprünglich aber diente sie wohl nur dazu, das Feuer von Ort zu Ort zu tragen; denn darauf bezieht sich die alte Indianersitte, daß, wenn einem das Feuer erloschen war, er zum Nachbar ging, um sich Feuer zu holen, und zum Zeichen, daß er in friedlicher Absicht kam, die Pfeife in die Höhe hob. Darum war sie auch nie im Kriegsrathe oder auf dem Kriegspfade in Gebrauch. Daß sie ursprünglich in der That nur ein Mittel, um Feuer anzustecken, gewesen ist, darauf deutet auch der Name, den ihr die französischen Voyageurs und Goureurs du bois gegeben haben: Chalumet d. i. allumette, von allumer, in Brand stecken. Denn in den Indianersprachen hat sie andere Namen, die zumeistens: Kind der Sonne, d. i. des Feuers, bedeuten. Wenn es mir vergönnt gewesen sein sollte, mit diesem Vortrage Ihr Interesse für die junge Wissenschaft der Menschenkunde zu erregen, so habe ich meine Aufgabe erfüllt, und ich darf wohl mit dem Wunsche schließen, daß in dem eben begonnenen Jahre unserer Zeit¬ rechnung und in dem neuen Lebensjahre unserer Naturfor sehenden Gesellschaft in Danzig dieser und uns allen eine freundliche und friedliche Herdflamme brenne. XL Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1898 behandelten G egenstände. A. Allgemeines. 1. Der Director, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht über das ab¬ gelaufene Jahr 1897 ; am 5. Januar. 2. Herr Oehlschlaeger giebt eine kurze „ Lebensskizze Dr. Fritz Mueller’s, des deutschen Naturforschers in Brasilien“; am 2. Februar. 3. Vortrag des Herrn Conwentz: „Aus Schwedens Natur und Wissenschaft“; am 16. März. B. Physik. 1. Vortrag des Herrn Evers: „Ueber Funkentelegraphie nach Marconi und Slaby“, mit Experi¬ menten; am 19. Januar. 2. Vortrag des Herrn Neumann: „ Ueber die elektrischen Wellen“, mit Experimenten; am 2. März. 3. Herr Kayser demonstrirt. und bespricht einige neuere in der mechani¬ schen Werkstätte der Gesellschaft hergestellte Instrumente; am 11. Mai. 4. Vortrag des Herrn Momber: „Ueber die elektrischen Maßeinheiten“, mit Experimenten; am 2. November. 5. Vortrag des Herrn von Schmidt: „Ueber die städtische elektrische Anlage in Danzig“, mit De¬ monstrationen; am 7. Dezember. C. Botanik und Zoologie. 1. Vortrag des Herrn Bail: „Biologische Mittheilungen über Pilze“, mit Demonstrationen; am 2. Februar. 2. Herr Lakowitz demonstrirt Präparate zur Veranschaulichung von Mimicry bei Insekten; am 2. Februar. 3. Vortrag des Herrn Kumm: „Ueber die San Josb-Schildlaus“, mit Demonstrationen; am 6. April, XLI 4. Vortrag des Herrn Adolf Wallenberg: ,,Ueber den Einfluß der Sinne auf den Bau des Nervensystems“, mit Demonstrationen; am 6. April. D. Geologie. 1. Vortrag des Herrn Maas: „Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide“, mit Demonstrationen: am 19. Oktober. E. Geographie und Reisen. 1. Vortrag des Herrn Deecke: „Ueber den Kaukasus“, mit Demonstrationen; am 5. Januar. 2. Vortrag des Herrn Lakowitz: „Ueber den Plan einer deutschen Tiefseeexpedition; am 2. Februar. E. Vorgeschichte. 1. Vortrag des Herrn Conwentz: „Ueber eine neue steinzeitliche Ansiedelung in der Tucheier Heide“, mit Demonstrationen; am 19. Oktober. G. Medicin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Helm: „Ueber die Beschaffenheit des zur Vermehrung des Danziger Leitungswassers ausersehenen Tiefbrunnenwassers von der Stein¬ schleuse“; am 6. April. 2. Vortrag des Herrn Petruschky: „Ueber Streptotrichose“, mit Demonstrationen; am 21. Dezember. XLII Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben Dr. OEHLSCHLAEGER. Die Anthropologische Section der Naturforschenden Gesellschaft umfaßte in diesem Jahre 46 hiesige und 12 auswärtige Mitglieder. In der ersten Sitzung des Jahres am 9. März wurde der bisherige Vorsitzende Dr. Oeiil- SCHlaeger wiederum für die nächsten 2 Jahre gewählt. In den 4 Sitzungen wurden folgende Vorträge gehalten. Am 9. März sprach Herr Lakowitz über den vorgeschichtlichen Fried¬ hof bei Kaldus im Kulmer Lande und legte zugleich einen Theil der von ihm dort gemachten Funde vor. Am 23. März legte Herr Conwentz die im Erscheinen begriffenen „Vor¬ geschichtlichen Wandtafeln für Westpreußen“ vor, die im Westpreußischen Provinzial-Museum entworfen sind. — Herr Helm theilte sodann seine neueren chemischen Untersuchungen vorgeschichtlicher Bronzen mit. Am 26. Oktober sprach Herr Kumm über neue Ausgrabungen im Kreise Thorn und Herr Oehlschlaeger erstattete einen Bericht über die diesjährige Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft in Braunschweig und schilderte namentlich die Ergebnisse der neuesten Forschungen über die unterirdischen Höhlen des Hares. Am 14. Dezember sprach Herr Conwentz über bemerkenswerthe Ge¬ sichts-Urnen und verwandte Formen und zeigte neue Eingänge beim Provinzial- Museum vor. Sodann besprach der Vorsitzende das vom Vice-Admiral a. D. Reinhold Werner soeben verfaßte Buch: „Bilder aus der deutschen See¬ kriegsgeschichte von Germanicus bis Kaiser Wilhelm II.“, worin auch das bei Baumgarth gefundene Schiff aus der Wikingerzeit Erwähnung und Ab¬ bildung findet. XLIII Bericht über die Sitzungen der* Section tür Physik und Chemie im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EYERS. Die Section für Physik und Chemie hat im Laufe des Jahres 1898 vier Sitzungen abgehalten. In der ersten, am 25. Januar, demonstrirte Herr Neumann einen von ERNECKE-Berlin mit Benutzung des LoDGE’schen Coherers construirten Apparat zur Demonstration electromagnetischer Wellen, wobei die Analogie mit den Lichtwellen sehr deutlich hervortrat, und führte mit aus derselben Quelle stammenden Vorrichtungen, darunter einem Hochspannungstransformator nach Elster und Geitel, einige der interessantesten TESLA’schen Erscheinungen vor- Am 18. November zeigte der Vorsitzende eine nach Professor Hartl von dem Mechaniker ANTUSCH-Reichenberg i. Böhm, verfertigte Demoustrations- Zeigerwage vor und stellte einige Versuche aus verschiedenen Theilen der Physik damit an; ferner demonstrirte er das nach Professor Looser von der Firma Mueller und Meiswinkel-Esscu construirte neue Doppel-Thermoskop, dessen vielseitige Verwendbarkeit er auch durch eine Anzahl von Versuchen darlegte. Am 30. November besichtigte die Section unter Führung des Herrn Oberingenieur von Schmidt das neue städtische Elektricitätswerk auf dem Bleihof. ln der vierten Sitzung, am 16. Dezember, fand die Beamtenwahl für das Jahr 1899 statt. Ferner hielt der Vorsitzende einen Vortrag über Elektricitäts- zähler, in welchem er die Theorie der Haupttypen, mit Hervorhebung der in unserer Stadt gebräuchlichen Systeme, darlegte. XLIV Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Scetioii im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. Abegg. 1. Sitzung am 20. Januar. 1. Herr Dr. Goetz stellt einen Mann vor, dessen Speichen-Schlagadern (arteriae radiales) an beiden Vorderarmen unregelmäßig verliefen. 2. Herr Dr. Theodor Wallenberg stellt einen Mann vor, aus dessen linkem, früher stark kurzsichtigem Auge er die durchsichtige Linse entfernt hatte. 3. Derselbe stellt einen Mann vor, welchem er mittels Magneten einen 1 cg schweren Stahlsplitter aus der Netzhaut des linken Auges entfernt hatte. 2. Sitzung am 10. Februar. 1. Herr Dr. Scheele stellt einen Mann mit Flüssigkeit und Luft im Brust¬ kasten (Sero-Pneumo-Thorax) in Folge von Tuberculose vor. 2. Derselbe stellt einen Mann vor mit Lähmung des großen Sägemuskels (Musculus serratus anticus), an den 8 oberen Rippen entspringend, vor — nach Unterleibs-Typhus. 3. Dr. Wallenberg sen. führt eine Kranke vor, bei welcher Lympho- Sarcome der rechtsseitigen Luftröhrendrüsen eine Zusammenpressung des Luftröhrenastes des oberen rechten Lungenlappens bewirkt hatten. 4. Herr Professor Barth stellt einen Mann vor, welchem er den ganzen Kehlkopf wegen Krebs entfernt hatte, und welcher ohne künstlichen Kehlkopf trotzdem ganz leidlich spricht. 5. Herr Dr. Petruschky berichtet über die letzte Typhus-Epidemie in Danzig. 3. Sitzung am 24. Februar. 1 Herr Professor Barth stellt zwei Fälle von operirtem Magengeschwür vor und berichtet über einen dritten, der ohne Operation zur Heilung kam. An der Hand dieser drei Fälle spricht Herr Professor Barth über die Anzeigen zum chirurgischen Eingriff bei Magengeschwür. 2. Herr Geheimrath Scheele legt drei Präparate von Erweiterung der großen Schlagader vor. XLV 3. Herr Dr. Adolf Wallenberg berichtet über seine anatomischen Unter¬ suchungen an den Mittelpunkten der Vorhofsnerven der Taube und schließt daran eine Besprechung der Erscheinungen, welche nach einer Zerstörung dieser Centra beim Menschen beobachtet werden. 4. Sitzung am 10. März. 1. Herr Sanitäts-Rath Dr. Freymuth stellt einen Fall von glücklich ab¬ gelaufener Gehirnhautentzündung vor. bei welchem die Lumbalpunction zur Stellung der Diagnose verwerthet werden konnte, berichtet über 14 weitere Lumbalpunctionen und bespricht die Anzeigen zur Vornahme der Operation, ihre Ausführung und ihre Ergebnisse. 2. Herr Dr. Wolff legt 2 RoENTGEN-Photographieen vor, deren erste eine Erweiterung der großen Schlagader und deren zweite eine Verbiegung des Schenkelkopfes (Coxa vara) darstellt. 3. Herr Dr. Solmsen zeigt eine zwischen Speiseröhre und Luftröhre ein¬ geklemmte Bindegewebsgesch willst, verbunden mit Erweiterung der großen Körperschlagader und Ausbuchtung der Speiseröhre. 4. Derselbe beschreibt eine Conservirungsmethode, bei der die Farben des Präparates erhalten bleiben. 5. Herr Dr. Oehlschlaeger legt den BRAUN’schen Haken und das Sci-iüLTZE’sche Sichelmesser zur Verkleinerung des Foetus vor. 5. Sitzung am 7. April. 1. Herr Professor Barth stellt einen Kranken vor, bei welchem er wegen Trigeminus - Neuralgie (Nervenschmerz des dreitheiligen Nerven) den dritten Ast dieses Nerven an der Schädelgrundfläche resecirt hatte. 2. Derselbe zeigt einen Patienten, bei welchem er hinter einander eine Aufmeißelung des Warzenfortsatzes, eine Eröffnung des Schädels am Dach der Paukenhöhle und eine Freilegung des Kleinhirns vornehmen mußte. 3. Herr Dr. Francke stellt eine Patientin vor, bei welcher er mit gutem Erfolge wegen Einwärtsdrehung der Wimpern eine Einpflanzung von Mundschleimhaut ausgeführt hatte. <>. Sitzung am 28. April. 1. Herr Dr. Goetz zeigt ein Kind mit Tuberculose der Mund- und Lippen- Schleimhaut. 2. Herr Dr. Jelski stellt einen Knaben vor, mit nach einer Schädel¬ verletzung entstandenem Wasserkopf. 3. Herr Dr. Petruschky zeigt zwei Patienten, deren Lungentuberculose sich nach Injectionen von Kocii’schem Tuberculin bedeutend gebessert hatte. 4. Derselbe zeigt die Photographie eines Mädchens mit hochgradigem Lupus der Nase, bei dem die Reaction nach Kocu’schen Injectionen XLYI bald ausblieb. Die deshalb einstweilen unterbrochenen Injectionen werden später wieder aufgenommen. 5. Derselbe zeigt mikroskopische Präparate einer im Haarbalg einer Lupus-verdächtigen Patientin gefundenen Bacillenart. 6. Derselbe trägt den Jahresbericht über die Thätigkeit der bakterio¬ logischen Station am Olivaer Thor vor. 7. Sitzung am 12. Mai. 1. Herr Dr. Semon junior zeigt eine Placenta circumvallata vor und be¬ richtet über den betreffenden Fall. 2. Herr Dr. Adolf Wallenberg zeigt mit Hülfe des EDiNGER’schen Zeichen - Apparats Rückenmarkspräparate, welche die Entartung der Hinterstränge verdeutlichen, a) in einem Falle von Zerstörung der Kreuzbein-Nerven durch eine Kreuzbeingeschwulst, b) in einem Falle von Erkrankung verschiedener Hinterwurzeln bei Wirbelkrebs, c) in einem Falle von Rückenmarks-Erkrankung in Folge von Magenkrebs. 8. Sitzung am 13. Oktober. 1. Herr Dr. Freymuth stellt einen Knaben mit geheiltem Noma vor. 2. Herr Dr. Petruschky zeigt Photographieen desselben Knaben, als das Noma sich entwickelt hatte. 3. Herr Dr. Freymuth stellt eine Patientin vor, welche an Krämpfen im Gebiet des motorischen Trigeminus (des dreitheiligen Nerven) und des Hypoglossus (des Unterzungen-Nerven) leidet. 9. Sitzung am 10. November. 1. Herr Geheimrath Scheele stellt drei Männer — Glasbläser — vor, bei denen sich eigentümliche Veränderungen der Mundschleimhaut ent¬ wickelt hatten. 2. Herr Dr. Theodor Wallenberg stellt einen Mann vor, bei dem eine schwere Verletzung des Auges ohne Verminderung der Sehschärfe ge¬ heilt war. 3. Derselbe stellt einen Knaben mit einer markhaltige Nervenfasern ent¬ haltenden Geschwulst der Netzhaut vor. 4. Herr Dr. Helmbold zeigt einen Perimeter, der billig und von Jedem herstellbar ist. 5. Herr Dr. Scheele legt ein Präparat vor, an welchem zu sehen war, wie die Spitze einer verschluckten Sicherheitsnadel die Speiseröhre und die große Körperschlagader durchbohrt hatte. XLYII 10. Sitzung am 8. Dezember. 1. Herr Professor Barth stellt einen Patienten vor, bei dem er wegen eines Sarkoms (fleischälmliche Geschwulst) der Knochenhaut des rechten Oberschenkels ein 15 cm langes Stück dieses Oberschenkelknochens herausgesägt hatte. 2. Derselbe legt ein von ihm entferntes Aneurysma (Erweiterung) der Kniekehlenschlagader vor. 3. Derselbe zeigt ein Gehirn mit großem Endotheliom der harten Hirnhaut. 4. Herr Dr. Adolf Wallenberg bespricht die Erscheinungen, welche dieses Endotheliom während des Lebens bewirkt hatte. 5. Derselbe zeigt ein Gehirn mit einem Melanosarkom des linken Stirn¬ lappens vor. 6. Herr Dr. Helmbold spricht über ein neues Verfahren, um Simulanten, welche Blindheit des einen Auges vorgeben, zu entlarven. XLV1II Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Oberbürgermeister DELBRÜCK. Die im Winter 1897 begonnenen regelmäßigen Beobachtungen im Barlewitzer See und im Hintersee bei Stuhm wurden fortgesetzt. Dieselben beziehen sich auf den Wechsel des Wasserstandes sowie der Wasserwärme im Vergleich mit der Luftwärme, auf Bildung, Wachsen und Verschwinden der Eis¬ decke, Veränderungen der Wasserbeschaffenheit unter dem Eise, Feststellung der in den Seeen auftretenden Thier- und Pflanzenformen unter besonderer Berücksichtigung des Planktons, sowie der Nahrung und des Körperzustandes der Fische. Ein zusammenhängender Bericht über die Ergebnisse der Be¬ obachtungen wird nach dem vorläufigen Abschluß derselben im März 1899 gegeben werden. Daneben hatte der Geschäftsführer Gelegenheit, von westpreußischen Gewässern den Wenzkauer See bei Schöneck, den Kleinen Kaminsee bei Neu Grabau, den Damerausee bei Kiesling, die todtgelegte Weichsel, den Weit see, den Borowisee bei Körnen, den Kulmsee, den Sumowkosee bei Jablonowo, den Garczinsee, den Slupinkosee bei Englershütte, den Ostritzsee, sowie die Ossa zu untersuchen. Von den meisten dieser Gewässer sind schon bei früherer Gelegenheit Beschreibungen gegeben; neu untersucht wurden der Kleine Kaminsee, der Wenzkauer See, der Damerausee, der Sumowkosee und der Slupinkosee. Der dicht an dem Neu Grabauer See (Gr. Kaminsee) gelegene Kleine Kamin see zeigt sich in seiner Bildung und seiner Umgebung als das typische Beispiel eines Moränensees. Bei nur 9 ha Größe bis 20 m tief, hat er sehr- durchsichtiges blaugrünes Wasser und ist arm an Plankton, an Grundthieren und an Ufervegetalion. Sein einträglichstes Produkt ist der Krebs, auch die Kleine Maräne kommt in ihm vor. Der See liegt in einem sehr steilwandigen tiefen Thal, dessen Sohle bis in das Seewasser hinein völlig mit Steinen be¬ deckt ist. Der etwa 4 ha große Wenzkauer See bildet eine flache, bis 4 m tiefe Mulde mit trübem Wasser und reichem Bestand an Grundthieren. XLIX Der Damerausee (bei Kiesling) (durch eine Verschmälerung der See¬ fläche in den südlichen Kl. Damerausee und den nördlichen Gr. Damerausee getheilt) ist bei 254 ha Flächengröße in allen seinen Theilen nur 3 — 4, höchstens 4 — 5 m tief, fast überall sandgründig, stellenweise am Ufer dicht mit Rohr bestanden. Eine Eigentümlichkeit dieses und der benachbarten, nach Stuhm zu gelegenen Seeen ist der dichte Steinbelag des Ufers, welcher aus sprödem Kieselkalk (harte Kreide, sog. Wolf) besteht. Das Gewässer ist ein vom Ritterorden künstlich angelegter Stausee, ein Wasserbehälter für die Marienburger Wassermühlen, dem das Niederschlagswasser eines weiten, bis zum Sorgensee reichenden Gebietes durch Gräben zugeführt wird. Der Sumowkosee (Klein Summersee) ist 94 ha groß und dabei nur 1—1,5 m tief, fast durchgehends mit Charen und Geratophyllum bewachsen, von einem dichten Gürtel von Rohr und Schilf umstanden. Auch der Slupinkosee, der dicht am Weitsee gelegen und mit diesem durch das Schwarzwasser verbunden ist, ist nur flach. Bei 62 ha Größe hat er im Westen eine Tiefe von 4 m in der Mittellinie, welche nach Osten, nach dem vom Schwarzwasser durchflossenen Ende zu, immer flacher wird und schließlich nur noch 1,5 m beträgt. Während der westliche Theil einen fast kahlen Sandboden hat, entsprechend der sandigen Beschaffenheit des um¬ gebenden Landes, ist das Ostende mit Charen und Hornblatt fast verwachsen und mergelgründig. Ueber die Thier- und Pflanzenwelt der untersuchten Gewässer sind ein¬ gehende Untersuchungen angestellt, worüber nähere Mittheilungen Vorbehalten werden. Ein umfangreiches Absterben der Barsche wurde im Frühjahr im Damerausee sowie im Langen See bei Czersk (Krong) beobachtet. Im Hinter¬ see bei Stuhm gingen im Sommer viele große Bressen ein. Im Stadtsee bei Rosenberg trat im Sommer eine Krankheit unter den Schleihen auf. Auch über diese Krankheitsfälle sowie über ein wahrscheinlich auf Vergiftung zurück¬ zuführendes Sterben aller Fischarten im Sorger See bei Kramske, Kr. Schlochau, wurden Untersuchungen angestellt. Die Untersuchung des Krebssteibens in den Radauneseeen hat Prof. Dr. Hofer in München gefälligst übernommen. Die Fischereikarte ist fertiggestellt. Das Seeenverzeichniß, welches un¬ gefähr 2000 Westpreußische Seeen nach Lage, Gebietszugehörigkeit, Größe, Tiefe, Besitzverhältnissen und Fischfauna beschreibt, ist im Wesentlichen eben¬ falls zu Ende geführt. Die weiteren textlichen Beilagen zur Fischereikarte, welche an der Hand der umfangreichen Ermittelungen über jeden See be¬ arbeitet werden sollen, gehen gleichfalls dem Abschluß entgegen. 4 L Bericht über die Sitzungen der* Section für Gesun dheitspflege im Jahre 1898. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medicinalrath Dr. BORNTRAEGER. 1. Sitzung am 15. Januar 1898. Nach Erstattung des Jahres- und des Kassenberichts durch den Vor¬ sitzenden und den Rechnungsführer werden in den Vorstand gewählt bzw. wiedergewählt die Herren: Dr. Borntraeger, Regierungs- und Medicinalrath, als Vorsitzender, Boettger, Regierungs- und Geheimer Baurath, als stellvertretender Vorsitzender, Dr. Vageres, Stabsarzt, als Schriftführer, von Rozynski, Stadtrath, Major a. D., als stellvertretender Schrift¬ führer, Knochenhauer, Apothekenbesitzer, als Kassenführer. Darauf hält Herr Departements-Thierarzt Preusse einen Vortrag über die Wechselbeziehungen der menschlichen und thierischen Tuberculose. Die wichtigste und häufigste aller menschlichen Infectionskrankheiten ist zweifellos die Tuberculose. Wenn man bedenkt, daß nach Koch 1/7 aller Menschen dieser Krankheit zum Opfer fallen, so muß man sich naturgemäß fragen, wie ist es möglich, daß eine derartige Ausbreitung derselben stattfinden konnte. Die Aufgabe des heutigen Vortrages liegt darin, die Gefahren näher zu beleuchten, die dem Menschen aus der Tuberculose der Thiere ent¬ stehen. Koch hat in seiner verdienstvollen Arbeit über die Aetiologie der Tuberculose darauf besonders hingewiesen, daß „eine andere Quelle der Infection mit Tuberculose (des Menschen) unzweifelhaft die Tuberculose der Hausthiere, in erster Linie die Perlsucht des Rindes, bildet.“ Es dürfte daher an dieser Stelle von besonderem Interesse sein, einmal auf diese Wechselbeziehungen näher einzugehen. Nach dem heutigen Standpunkt der Wissen¬ schaft sind menschliche und thierische Tuberculose als ätiologisch identisch anzusehen, sie werden durch ein und denselben Mikroorganismus, den Tuberkelbacillus, hervorgerufen. Von den Tuberculoseformen der Thiere kommen hier hauptsächlich die der Rinder in Betracht. Die Haupterscheinungsformen der Rindertuberculose sind die Lungenschwindsucht und die Perlsuclit. Beide Formen wurden bis fast in die Mitte dieses Jahrhunderts als nicht zu¬ sammengehörig b etrachtet. Als aber Villemin und später Gerläch mit ihren überzeugenden Impf- und Fütterungs¬ versuchen hervortraten, da schwand jeder Zweifel über die wahre Natur der Perlsucht als Form der Tuberculose. Diejenigen, die dann noch hieran zweifelten, wurden schließlich durch die KocH’sche Entdeckung des Tuber-kelbacillus eines besseren belehrt. Es steht nun¬ mehr fest, daß der Tuberkelbacillus die alleinige Ursache der Tuberculose ist, daß diese LI demnach in die Reihe der Infectionskrankheiten eintritt, und daß alle bisher als verschiedene Krankheiten angesehene Formen der Tuberculose nur verschiedene Erscheinungsformen ein und derselben Krankheit sind und eine gemeinsame Krankheitsursache haben. Die KoCH’sche Entdeckung blieb anfänglich keineswegs ohne Widerspruch. Koch hat später jedoch alle diese Einwände auf das schlagendste widerlegt, und thatsächlich ist auch nachher ein stich¬ haltiger Einwand gegen die KoCH’sche Lehre nicht mehr erhoben worden. Was nun das Vorkommen der Tuberculose unter den Thieren anbetrifft, so interessirt uns hier eigentlich nur die des Rindes und des Schweines. Gar nicht so selten wird die Tuberculose auch bei Hunden und Katzen beobachtet, was bei dem oft innigen Zusammen¬ leben dieser Thiere mit Menschen von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist Das Vor¬ kommen der Tuberculose bei Hunden scheint allerdings in einzelnen Gegenden sehr verschieden zu sein. Aus Berlin wird über 0,05 Procent, aus Paris über 0,4 Procent, aus Dresden sogar über 2,7 Procent tuberculöser Hunde berichtet. Die meisten tuberculösen Hunde scheint es in Kopenhagen zu geben. Bei den Katzen dürfte die Verbreitung der Tuberculose ähnlich sein. Beim Rinde ist die Krankheit besonders in den geringeren Graden und bei ausschlie߬ licher Erkrankung der serösen Häute durch die gewöhnlichen Hilfsmittel oft sehr schwer, vielfach auch gar nicht zu erkennen. Nach Entdeckung des Tuberculins durch Koch ist allerdings auch hierin eine wesentliche Erleichterung eingetreten. Die zahlreichen mit diesem Präparat bei Rindern vorgenommenen Versuche haben ergeben, daß in durchschnittlich 85 Procent aller Fälle bei auf die Impfung reagirenden Thieren Tuberculose vorhanden ist. Ebenso sind 85 — 87 von 100 nicht reagirenden Thieren nicht mit dieser Krankheit behaftet. Das Tuberculin läßt nur dann im Stich, wenn es sich um hochgradig erkrankte Thiere handelt. Bei anderen Thieren, Schweinen, Schafen, Ziegen, sind die Krankheitserscheinungen während des Lebens noch weniger prägnant. "Wichtiger sind die Erscheinungen bei Hunden und Katzen, da diese Thiere vielfach näher mit dem Menschen in Berührung kommen. Bei beiden Thieren tritt die Tuberculose unter dem Bilde der Lungenschwindsucht auf. Es besteht auch bei ihnen Husten, Athemnoth, rasch zunehmende Abmagerung und Schwäche, Auswurf ist nur selten nachzuweisen, da dieser von den Hunden verschluckt wird, gegen das Ende treten Durchfälle auf, die Thiere gehen unter Collaps-Erscheinungen zu Grunde. Als Infectionswege, auf denen die Uebertragung der Tuberculose von Thier auf Mensch und umgekehrt stattfinden kann, kommen dreierlei Wege in Betracht: Durch den Ver¬ dauungskanal, durch die Athmung und durch Einimpfung direct in das Blut. Der bei weitem wichtigste ist der erstere Infectionsweg, die Uebertragung der Tuberculose durch den Verdauungskanal. Hier interessirt nun besonders wieder die Infection des Menschen durch Producte tuberculöser Thiere, speciell Rinder. Von derartigen Producten kommen hier nur Milch und Fleisch in Betracht. Die Kuhmilch ist ein geschätztes, unentbehrliches Nahrungsmittel, nicht nur für Kinder, sondern für Menschen jeden Alters. Bei Kindern ist sie vielfach bestimmt, die Muttermilch ganz oder theilweise zu ersetzen und somit als erste Nahrung zu dienen. Für Erwachsene bildet sie theilweise ein Genußmittel, theilweise aber auch, und dies ist besonders wichtig, ein Kräftigungsmittel für Schwache, Kranke und Recon- valescenten. Sie wird in gekochtem, aber auch in rohem Zustande genossen. Das Kochen geschieht häufig mangels geeigneter Mittel nur recht oberflächlich, und wird hierbei nur eine Temperatur erzielt, die lange nicht an den Siedepunkt des Wassers heranreicht. In Folge ihrer Zusammensetzung ist die Milch ein außerordentlich geeigneter Nährboden für Mikroorganismen der verschiedensten Art. In dem gesunden Euter einer gesunden Kuh ist die Milch steril, d. h. es sind in ihr keinerlei lebende Keime enthalten. Sowie dieselbe aber den Strichkanal verläßt, wird sie fast hundertfach inficirt, so daß in Milch, welche kurze Zeit gestanden hat, sich bereits Tausende von kleinen Lebewesen entwickelt haben. Es sei liier erwähnt, daß nach Versuchen in 1 cbcm Milch, welche drei Tage gestanden hat, 2,5—10 Millionen Gährungspilze enthalten sind. Wenn dies nun auch zum großen Theil solche Organismen sind, welche der menschlichen Gesundheit nur wenig und vorübergehend 4* LTI bzw. gar nicht schädlich sind, so ist es doch auch erwiesen, daß sich ebenso Spaltpilze der gefährlichsten Art in der Milch lebensfähig halten, ja sogar in derselben weiter entwickeln können. So ist bekannt, daß die Milch ein ausgezeichneter Träger für die Erreger von Cholera, Diphtherie, Scharlach, Typhus und anderen Krankheiten sein kann, wenn sie Ge¬ legenheit hat, sich nach dem Verlassen des Euters mit denselben zu inficiren. Die Milch hat aber oft bereits virulente Eigenschaften, wenn sie Thieren, die an Maul- und Klauen¬ seuche, Milzbrand und, vor allen Dingen, an Tuberculose leiden, entnommen wird. Bezüglich der Milch tuberculöser Thiere ist Folgendes anzuführen. Der äußeren Beschaffenheit nach ist es der Milch nur selten anzusehen, ob sie von einem tuberculösen oder von einem gesunden Thiere abstammt. So lange das Leiden mehr lokal ist und insbesondere keine Eutertuber- culose besteht, verhält sich die Milch- sowohl an Quantität, wie auch an Qualität voll¬ ständig wie die gesunder Thiere. Bei fortschreitender Erkrankung tritt zuerst eine Aenderung in der Quantität ein. Sie nimmt allmählich ab. Wird die Erkrankung hochgradig oder gesellt sich Eutertuberculose hinzu, so ändert sich die Qualität der Milch. Dieselbe wird dünner und wässriger, nimmt eine mehr bläuliche Farbe an und ist oft mit feinen Flocken oder Gerinnsel vermischt; auch zeigt sie einen verminderten Fett- und Eiweißgehalt. Von entscheidender Bedeutung ist nun die Frage, ob die Milch tuberculöser Thiere Tuberkel¬ bacillen enthält. Daß dieselbe infectiöse Eigenschaften besitzen kann, ist durch zahlreiche Impf- und Fütterungsversuche bereits vor der Entdeckung des Tuberkelbacillus festgestellt worden. Nach dieser Entdeckung wurde denn auch ermittelt, daß die Milch tuberculöser Thiere tliats ächlicli lebende und virulente Tub erk eikeime enthalten kann. Auch die Milch von Kühen, die nur geringgradig oder anscheinend nur lokal erkrankt waren, ist in vereinzelten Fällen ebenfalls infectiös gewesen. Hier muß dann bereits ein Eindringen der Bacillen in das Blutgefäßsystem angenommen werden. Aber nicht nur die Milch selbst, sondern auch die aus infectiöser Milch hergestellten Producte haben sich als ansteckungsfähig erwiesen. So konnten mit Butter, Käse, Molken, süßer und saurer Sahne, Buttermilch und vor allen Dingen mit dem durch das Centrifugiren ausgeschleuderten Schlamm, die aus bacillenhaltiger Milch herstammten, Impfversuche mit positivem Resultat veranstaltet werden. Das Resultat der Versuche mit erhitzter Milch war derartig, daß nur ein Erwärmen der¬ selben über 80° C. hinaus ihre Infectiosität aufhob. Die Milch tuberculöser Thiere wirkte in 45 bis 50 Procent aller Fälle, in der dieselbe zum Zwecke des Experiments dem Ver¬ dauungskanal einverleibt wurde, infectiös. In der Praxis kommt aber derartige Milch weniger in Betracht. Es kommt ferner hinzu, daß die Milch meistens gekocht genossen wird, aus¬ reichendes Kochen aber die Tuberkelbacillen, wenn sie nicht allzu zahlreich sind, zerstört oder zum. mindesten abschwächt. Daß auch die sogenannte Marktmilch, also Mischmilch, kein einwandfreies Nahrungsmittel ist, zeigen uns die Versuche von Dl*. Ott. Derselbe fand in 43 Proben von Marktmilch fünfmal Tuberkelbacillen, also bei 11,6 Procent. Von 28 durch Marktmilch geimpften Meerschweinchen wurden 4 tuberculös. Die in der Marktmilch ent¬ haltenen Tuberkelbacillen sind also auch virulent. Es wird sich nun fragen, ob es einen ein¬ wandfreien Beweis dafür giebt, daß ein Mensch durch die Aufnahme von Milch tuberculöser Thiere tuberculosekrank geworden ist. Es seien einige Beispiele einer solchen Infection an¬ geführt. Demme führt 1879 einen Fall an, in dem ein sechsmonatiges Kind tuberculosefreier Eltern in Folge Genusses nicht abgekochter Milch einer perlsüchtigen Kuh an Darmtuberculose erkrankte. Einige Jahre später beschrieb er weitere ganz ähnliche Fälle. Leonhardt tlieilt einen Fall mit, in dem mehrere mit Muttermilch aufgezogene gesunde, anfangs gut gedeihende Kinder eines Försters nach der Entwöhnung tuberculös wurden, nachdem sie mit der Milch einer Kuh, die sich später als krank erwies, weiterernährt worden waren ; ein später geborenes Kind blieb gesund. Auch Fälle, in denen ältere Kinder, selbst Erwachsene, sich nur durch Genuß von Milch einer tuberculösen Kuh die Tuberculose zugezogen haben können, sind in der Literatur mehrfach erwähnt. Aus den in der Literatur angegebenen Beispielen in Ver¬ bindung mit den Impf- und Fütterungsversuchen geht hervor, daß die Möglichkeit einer Tuberculose-Infection beim Menschen durch die Kuhmilch nicht nur nicht abzuleugnen, sondern Lin als erwiesen zu erachten ist. Ungekochte bzw. ungenügend gekochte Milch tuber- culöser Thiere ist deshalb ein sehr bedenkliches und daher durchaus zu ver¬ werfendes Nahrungsmittel. Etwas anders verhält es sich mit dem Fleisch tuberculöser Thiere. Daß dasselbe im Stande ist, die Tuberculose auf andere Thiere zu übertragen, ist durch zahlreiche Versuche zweifellos nachgewiesen. Die Uebertragung ist nicht nur möglich durch Impfung, sondern auch durch Fütterung. Die Gefahr ist hier allerdings nicht so erheblich, wie bei tuberculöser Milch. Die Ursache hiervon ist darin zu suchen, daß das Fleisch zunächst nur selten Sitz tuberculöser Veränderungen ist (bei 0,5 Procent). Dies wäre jedoch unerheblich, da experi¬ mentell nachgewiesen ist, daß auch Fleisch generell erkrankter Thiere, welches selbst keine Veränderung zeigt, Tuberkelkeime enthalten kann. Fleisch wird ferner nur von Erwachsenen bzw. älteren Kindern und dann auch zunächst nur in gekochtem Zustande aufgenommen. Dennoch ist das Fleisch allgemein tuberculös erkrankter Thiere als ein bedenkliches Nahrungs¬ mittel anzusehen. Sein Genuß ist daher entweder ganz zu verbieten oder nur unter ganz besonderen Voraussetzungen zuzulassen. Der zweite Infectionsweg, der durch die Athmungswege, kommt hier weniger in Be¬ tracht. An der Athmungsluft selbst haften die Tuberkelbacillen nicht, sie werden aber durch die durch Hustenstöße ausgeworfenen Schleimmassen in der Luft zerstäubt und können so mit der Luft eingeathmet werden. Da tuberkelkranke Rinder beim Husten nur selten Sputa auswerfen, so ist die Gefahr einer Infection durch die Athmungsluft für den Menschen nicht sehr erheblich, auch kommt ja der Mensch mit den Rindern nicht in so nahe Berührung, daß eine Infection zu befürchten wäre. Dagegen muß hier auf eine Infectionsquelle aufmerksam gemacht werden, deren Bedeutung keineswegs zu unterschätzen ist, das sind die tuberculösen Hunde und Katzen. In der Mehrzahl der Fälle geht die Infection dieser Thiere von tuber¬ culösen Menschen aus, bei dem oft innigen Zusammenleben dieser Hausthiere mit Menschen ist auch anzunehmen, daß die Tuberculose von diesen auf gesunde Menschen übertragen werden kann. Der Infectionsweg dürfte hier nicht immer der gleiche sein. Durch das Be¬ lecken Seitens der Hunde oder Katzen können die Tuberkelbacillen in den oberen Theil des Verdauungskanals oder des Respirationsweges gelangen, von wo sie resorbirt und in den Körper aufgenommen werden. Als letzter Infectionsweg kommt schließlich die directe Aufnahme des Tuberkel¬ giftes in das Blut durch zufällige Infection in Betracht. In erster Linie muß man hier an eine Infection bei der Pockenimpfung denken. Die Möglichkeit einer solchen wird von allen Seiten zugegeben, es ist jedoch noch kein einwandsfreier Fall bekannt, in dem die Tuberculose durch thierische Pockenlymphe auf ein Kind übertragen worden wäre. Die Gefahr einer solchen Infection ist auch nicht erheblich, da zur Erzeugung von Lymphe Kälber benutzt werden, bei deren Auswahl mit der größten Vorsicht verfahren wird, sodann kommt die Tuberculose bei Kälbern auch verhältnißmäßig selten vor. Durch den Umgang mit Fleisch und Abfällen tuberculöser Thiere kann sehr wohl eine Infection stattfinden. Einen völlig einwandfreien Fall erzählt Geheimer Medizinalrath Dr. Pfeiffer in Weimar. Ein Thierarzt, aus gesunder Familie stammend, hatte sich bei der Section einer perlsüchtigen Kuh am Daumen verletzt; die Wunde heilte anfänglich ohne Eiterung. Nach einem halben Jahre entwickelte sich an der Narbe ein Hauttuberkel und eine Erkrankung des Gelenkes. Im Anschluß hieran trat eine Lungenerkrankung ein, welche D/2 Jahre nach der Verletzung zum Tode führte. In Vorstehendem ist nur von der Uebertragung der Tuberculose von Thier auf Mensch die Rede gewesen, aber auch das Umgekehrte muß in Berücksichtigung gezogen werden. Daß ein schwindsüchtiger Kuh- oder Schweihefütterer die Tuberculose auf die seiner Pflege unterstellten Ylhi er e übertragen kann, ist eine bekannte Erfahrung. Ganz besonders sind es aber Hunde und Katzen, w'elche durch das Zusammenleben mit schwindsüchtigen Menschen inficirt werden können. In der Literatur sind eine ganze Reihe derartiger ein wands freier LIV Beispiele erwähnt. Auch hier geschieht die Uebertragung durch Aufnahme phthysischen Sputums in den Verdauungskanal. Aus Vorstehendem geht hervor, daß die tliierische Tuberculose mit der mensch¬ lichen eine ganze Reihe von Wechselbeziehungen besitzt, und daß die Gefahr, welche den Menschen hieraus erwächst, keineswegs gering anzuschlagen ist. Es muß nun noch auf die Frage näher eingegangen werden, wie kann man am wirksamsten dieser Gefahr entgegen treten? Hierzu gehört als erstes Erforderniß die Aufklärung des Publikums über die Möglichkeit der Uebertragung der Tub erculose auf den Menschen durch tub er- culosekranke Thiere oder Producte derselben. Vor dem intimen Umgang mit tuberculösen oder verdächtigen Hunden und Katzen kann nicht genug gewarnt werden. Als verdächtig werden diese Thiere stets dann zu betrachten sein, wenn sie einen chronischen Husten haben und dabei allmählich abmagern, ebenso ist zu größter Vorsicht beim Umgang mit Fleisch und Abfällen tuberculöser Thiere zu rathen. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der Genuß rohen Rindfleisches, namentlich von Thieren, deren Herkunft zweifelhaft und unbekannt ist, Gefahren mit sich bringt, die sich durch ein ausreichendes Durchkochen oder Braten vermeiden lassen. Vor allen Dingen aber ist der Milch eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Der Genuß roher Milch muß möglichst gänzlich vermieden werden. Besonders für Kinder ist und bleibt rohe Milch ein bedenkliches Nahrungsmittel. Die Aufklärung des Publikums allein genügt jedoch nicht, um den Gefahren, die aus den Wechselbeziehungen der thierischen und der menschlichen Tuberculose resultiren, wirksam entgegenzutreten. Es muß hierbei ferner in Betracht genommen werden, die planmäßige Tilgung der Tuberculose unter den Hausthieren, insbesondere Rind und Schwein. Je mehr diese Krankheit unter den Hausthieren abnimmt, um so geringer wird auch die Gefahr der Uebertragung von diesen auf den Menschen sein. Die Tilgung der Tuberculose der Rinder und Schweine gehört allerdings zu den schwierigsten Problemen der Veterinärpolizei. Die¬ selbe ist nur mit Staatshilfe und unter Darbringung großer Opfer, Seitens des Staats sowohl als auch der Thierbesitzer, möglich. Auch wird sie ohne besondere gesetzliche Maßnahmen nicht zu erreichen sein. Bei der hier in Rede stehenden Frage kann daher mit diesem Factor in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Zum Schutze der menschlichen Gesundheit ist es ferner nöthig, besondere Vorschriften für den Verkehr mit Milch und Fleisch zu erlassen. Für das letztere bestehen bereits solche. In Preußen giebt der Tuberkelerlaß vom 26. März 1892 die nöthige Directive zur Beurtheilung des Fleisches tuberculöser Thiere. Die Er¬ richtung öffentlicher Schlachthäuser mit Schlacht- und Untersuchungszwang und die Einführung der Schlachtviehbeschau auf dem platten Lande und in den Städten ohne Schlachthäuser vermindern die dem Menschen durch das Fleisch tuberculöser Thiere erwachsenden Gefahren allmählich immer mehr und mehr, so daß anzunehmen ist, daß bei uns in Preußen diese Gefahren in absehbarer Zeit gänzlich zurückgetreten seinwTerden. Anders steht es mit dem Ver¬ kehr mit Milch. Bezüglich dieses findet in Preußen eine Controle nur in wenigen Städten und auch nur oberflächlich statt. Diese Controle erstreckt sicli zunächst nur auf die äußere Beschaffen¬ heit und den Fettgehalt der Milch. Eine Controle über die Herkunft der Milch existirt jedoch nirgends, und gerade diese wäre mit Bezug auf das vorliegende Thema von be¬ sonderer Bedeutung. Es ist unbedingt nöthig, daß den Milchkuranstalten und den Milch- wirtlischaften, welche die rohe Milch direct zum Verbrauch an das Publikum liefern, mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird, dieselben müssen einer thierärztlichen Beaufsichtigung ihrer Viehbestände unterworfen werden. Die Milch aller Thiere, die äußere Erscheinungen der Tuberculose zeigen, ist von dem Verkauf auszuschließen. Dem beliebigen Verbrauch derselben nach gründlicher Sterilisirung stehen Bedenken nicht im Wege. In gleicher Weise ist die Milch verdächtiger Thiere zu behandeln, die auf Tuberculin reagirt haben. Eine Vorschrift, sämmtliche Milchkühe mit Tuberculin zu impfen und die Milch der reagirenden Thiere vom V erkauf auszuschließen, läßt sich zur Zeit nicht geben, da dies bei der großen Ausbreitung der Tuberculose einen augenblicklichen, nicht unerheblichen Milchmangel zur Folge haben LY dürfte. Unbedingt nöthig ist aber die Vorschrift der Impfung für solche Kühe, welche zur Gewinnung von Kindermilch bestimmt sind. Kühe, die auf Tuberculinimpfung reagiren, dürfen auf keinen Pall hierzu Verwendung finden. Auch dem Verkehr mit Micliproducten, Butter, Molken, Käse, welche gleichfalls Tuberkel¬ bacillen enthalten können, muß vermehrte Aufmerksamkeit in Bezug auf ihre Herkunft zugewendet werden. Der Vortragende erklärt sich wohl bewußt zu sein, daß die von ihm gemachten Vorschläge unzureichende sind und nicht genügen, um die Gefahr der Ueber- tragung der Tuberculose von Thier auf Mensch völlig zu beseitigen. Rigorose Maßnahmen sind ohne besonders große wirthschaftliche Schädigungen zur Zeit nicht möglich. Die Auf¬ klärung des Publikums bleibt zunächst immer noch das Wichtigste, als ein kleiner Beitrag hierzu soll der gegenwärtige Vortrag gelten. 2. Sitzung am 26. Februar 1898. Herr Corpsstabsapotheker Remele trägt vor über die Reinigung der Ab¬ wässer durch Elektricität. In neuerer Zeit ist auch der elektrische Strom zur Reinigung von Abwässern, speciell der städtischen, in Gebrauch genommen worden, und zwar giebt es zwei Verfahren, welche praktische Anwendung gefunden haben. Das erstere von Hermite ist in Frankreich versucht worden. Dasselbe bezweckt lediglich eine Desinfection der Abwässer derart, daß Meerwasser oder eine entsprechende Salzlösung unter Anwendung von Platin als Anode und Zink als Kathode elektrolysirt wird. Das hierdurch am positiven Pole entstehende Chlor übt die desinficirende Wirkung aus. Die erhaltene concentrirte chlorhaltige Flüssigkeit wird von der Centralstation in Closets, Abwässerkanäle u. s. w. geleitet, wodurch sehr wirksam die schäd¬ lichen und unangenehmen Ausdünstungen zerstört werden. Eine Reinigung der Abwässer wird durch das Verfahren nicht erzielt. Anders verhält es sich dagegen mit dem zweiten, dem W EBSTER’schen Verfahren, mit welchem in Crossness und Salford umfassende V ersuche angestellt worden sind. Hier wird das Abwasser selbst elektrolysirt. Die Elektrolyten bestehen jedoch beide aus metallischem Eisen. Dabei löst das an der Anode sich aus dem stets vorhandenen Chlorid der Abwässer ent¬ wickelnde Chlor die äquivalente Menge Eisen als Ferroclilorid auf, welches alsdann durch das an der Kathode sich bildende Natriumhydroxyd als Ferrohydroxyd ausgefällt wird. Hierauf beruht die reinigende Wirkung. Das ausgefällte und in der elektrolysiiten Jauche fein ver¬ theilte Eisenoxydhydrat sedimentirt schnell in den Klärbecken und reißt dabei die Schlamm¬ stoffe, ja sogar einen Theil der gelösten organischen Stoffe mit nieder. Auch die Bakterien werden großentheils niedergeschlagen. Die Ansicht Webster’s, daß sich an der positiven Platte sauerstoffhaltige Chlorverbindungen bilden, welche bei ihrer Zersetzung durch das Natriumhydroxyd frei würden und dadurch oxydirend auf die organischen Substanzen ein¬ wirkten, ist nach den von Professor Koenig und dem Vortragenden im landwirtlischaftlichen Institut zu Münster ausgeführten eingehenden analytischen Ermittelungen der entstehenden Producte, einschließlich der gasförmigen, eine irrige; lediglich an der Kathode wird Wasser¬ stoff entwickelt. Das an der Anode sich abscheidende Chlor wird quantitativ an das Eisen gebunden, aber nicht in höherer Oxydationsstufe, sondern bei dem Ueberschuß des Eisens als Chlorür. Hierdurch ist jede oxydirende Wirkung des Verfahrens ausgeschlossen. Der an der Kathode entwickelte Wasserstoff reducirt vielmehr vorhandene Nitrate zu Ammoniak, auch Farbstoffe, wie Indigo, werden reducirt und dadurch entfärbt. Das Verfahren entspricht also denjenigen der Reinigung durch chemische Fällungsmittel, es unterscheidet sich von letzteren nur dadurch, daß die fällenden chemischen Verbindungen durch den elektrischen Strom erzeugt werden, während sie bei der chemischen Reinigung im fertig gebildeten Zustande zugesetzt werden. Es wird sich daher die Einführung des elektrischen Reinigungsverfahrens nur dort empfehlen, wo andere bessere Reinigungsverfahren, wie die Berieselung, ausgeschlossen sind, und wo zugleich eine billige Natur- (z. B. Wasser-) Kraft zur Erzeugung der Elektricität zur Verfügung steht. LVI 3. Sitzung am 12. März 1898. Der Vorsitzende, Herr Regierungs- und Medicinalrath Dr. Borntraeger spricht über die Sterblichkeit der kleinen Kinder in Danzig. Unter Kindersterblichkeit versteht man insbesondere die Sterblichkeit der Säuglinge, d. h. der Kinder unter einem Jahr. In der Stadt Danzig starben von 100 Lebendgeborenen vor Vollendung des ersten Lebensjahres in den Jahren von 1803 bis 1871 durchschnittlich rund 31, von 1875 bis 1879 rund 26, von 1882 bis 1884 rund 28, von 1885 bis 1887 rund 30, von 1888 bis 1890 rund 29, von 1891 bis 1892 rund 27, im Jahre 1893 rund 30, 1894 rund 26, 1895 rund 29, 1896 rund 24, 1897 rund 30. Die Sterblichkeit der Säuglinge ist sich also in den letzten fünfunddreißig Jahren hier ziemlich gleich geblieben und beträgt durchschnittlich jährlich gegen 30 Procent, d. h. nahezu ein Drittel aller Neugeborenen stirbt hier, ohne ein Alter von einem Jahr zu erreichen. Nur wenige Städte stehen im ganzen schlechter da, so Moskau, Rouen und von den deutschen Chemnitz, auch München. Gleich etwa mit Danzig sind Königsberg, Elbing, Breslau, Stettin, Petersburg, und um weniges besser ist Aachen. Viel besser sind dagegen z. B. Bremen, Hannover, Frankfurt a. M., Elberfeld, Barmen und durchschnittlich die Gesammtheit der französischen, englischen, schweizerischen, niederländischen und belgischen Städte; hier schwankt die Sterblichkeit der Säuglinge zwischen 13 und 20 Procent, ja in Irland und in den hygienisch so hoeli stehenden Ländern Norwegen und Schweden beträgt die Kindersterblichkeit nur noch etwa 10 Procent. Wir sehen also, daß die Kindersterblichkeit bei uns noch verhältnißmäßig hoch ist; daraus folgt ohne weiteres, daß sie vermindert werden kann und müßte, worauf seit Jahren wiederholt die Herren Dr. Dr. LifiviN, Vater und Sohn, mit Recht hingewiesen haben. Will man nun helfen, so muß man die allgemein gemachten Erfahrungen beachten. Diese sind: 1) Die Gefahr zu sterben vermindert sich mit jedem Lebenstage der Säuglinge; bei weitem die meisten sterben innerhalb der ersten vier Lebensmonate. 2) Die Sterblichkeit ist um so größer, je geringer die häusliche Pflege ist. 3) Von den mit künstlicher Nahrung genährten Kindern sterben viel mehr als von den gesäugten. 4) Bei weitem die meisten Säuglinge sterben in den Monaten Juni, Juli, August und September, und zwar nimmt diese Sterblichkeit in diesen Monaten sehr erheblich zu bei den künstlich ernährten, bei den übrigen nur weniger, und die Herbstkinder bleiben im ganzen eher am Leben als die Frühjahrs¬ kinder. 5) Unter den Todesursachen der Säuglinge spielen die Leiden der Verdauung eine Hauptrolle; während von den übrigen Menschen etwa 2 — 3 Procent an solchen Leiden zu Grunde gehen, sterben von den Säuglingen 30 — 50, ja 60 Procent und mehr, daran und zwar ganz vorwiegend von den künstlich ernährten; in Danzig starben etwa nur 40 Procent = Zweifünftel aller Säuglinge an Verdauungsstörungen. Hieraus ergiebt sich, daß in der Ernährung und in der Pflege (Sauberhaltung!) der Säuglinge die Schäden liegen, welche so viele von ihnen, die von Haus aus gesund und für ein längeres Leben prädestinirt waren, dem Tode zuführen, und hier müssen die Besserungs¬ hebel eingesetzt werden. In der Stadt Danzig ist hierzu mancherlei geschehen. Die städtische Armenverwaltung hat einen ansehnlichen Etat für die Armenpflege, bessert auf diese Weise schon die all¬ gemeinen Lebensbedingungen der Familien wie der Säuglinge, versorgt letztere im Bedarfs¬ fälle mit Milch und wird mit der Anstellung von zahlreichen Armenpflegern und -pflegerinnen vom 1. April d. J. ab zweifellos noch mehr leisten. In ähnlicher mehr indirecter Weise wirken der Armenunterstützungsverein und verschiedene Stiftungen, desgleichen der Verein „Frauenwohl“ durch die neuerdings eingerichtete Hauspflege, während die Kinderhorte und Kleinkinderbewahranstalten mehr etwas älteren Kindern zu gute kommen. Der Haltekinder¬ verein beaufsichtigt, von der Polizei autorisirt, die bei Fremden untergebrachten Säuglinge, und ein weiterer Verein hat im vorigen Jahre mit der Einrichtung einer Krippe, verbunden mit einem Kinderheim, auf Langgarten in bescheidenem Umfange begonnen. Die Aerzte- LVII kammer der Provinz hat Anweisung für die Pflege der Säuglinge zur Yertheilung drucken lassen, mehrere Personell in und um Danzig haben sich die gewerbliche Fertigstellung von Kindermilch angelegen sein lassen, und die Herstellung von zahlreichen Kindernährpräparaten und von Apparaten zur Sterilisirung der Milch, insbesondere der bekannten von Soxhlet, sind auch den Säuglingen Danzigs zu gute gekommen. Wenn trotz alledem die Sterblichkeit der Neugeborenen, wie anfangs erwiesen, sich im Laufe der Jahrzehnte hier nicht gebessert hat, so liegt das einerseits an der Schwierigkeit der Materie, die zum großen Tlieile in socialem Gebiete wurzelt, sodann aber auch wesentlich daran, daß ein zielbewußter Versuch, gerade diese Verhältnisse zu bessern, mit ausreichenden Mitteln und unter sachverständiger Leitung generell bisher nicht unternommen worden ist. Ein solcher Versuch darf, wenn er greifbare Erfolge haben soll, sich nicht auf einzelne Be¬ strebungen, z. B. Haltekinderwesen u. dgl. m., beschränken, sondern muß zum minderten alles das fördern, was zur Verbesserung der Ernährung der Säuglinge beiträgt, also die Er¬ leichterung der Stillung durch Mütter oder Ammen, die Besorgung von wirklich geeigneter und guter Kindermilch und -nahrung, Einrichtung von Krippen für die Unterbringung de” Säuglinge tagüber und von Kinderheimen, die praktische Unterweisung von Frauen, welche sich der Armen- und Hauspflege widmen wollen, die Belehrung, die Auffindung geeigneter Leute, welche Kinder unterhalten wollen, zumal auf dem Lande, die Beaufsichtigung u. s. w., und zwar muß dies alles von einer centralen, sachverständig geleiteten Stelle aus geschehen. Der Vortragende schloß etwa: „Ein Verein für Gesundheitspflege, der Praktisches leisten will, erscheint mir vorzüglich geeignet, dies segensreiche Werk zu inauguriren. Ich stelle den Antrag, eine Commission zu wählen zur Prüfung der Frage und Ausarbeitung von Vorschlägen, wie der Säuglings¬ sterblichkeit in Danzig praktisch und erfolgreich entgegenzutreten sei“. An diese Ausführungen schließt sich eine lebhafte Discussion an, worin einerseits die Schwierigkeiten und Unklarheiten in der Frage, andererseits auch die vielfachen Arten der Verderbung der Milch erwähnt werden; ein Sachverständiger giebt an, daß Danzig jährlich mindestens 10000 M. für Wasser zahle, das als Zusatz zur Milch importirt werde. Schließlich wird eine Commission zur Bearbeitung der Frage im Sinne des Antrages gewählt. Herr Dr. Petrusci-iky hält sodann einen Vortrag über die Frage: Wie lässt sich der Verunreinigung öffentlicher Verkehrsfahrzeuge entgegentreten? Mit dem Eintritte der besseren Witterung und dem Wiedererwachen der Reiselust tritt die Frage der Verunreinigung der öffentlichen Verkehrsfahrzeuge wieder in den Vordergrund. Arortragender weist zunächst darauf hin, daß das Strafgesetzbuch noch keinen Para¬ graphen enthält, der die fahrlässige oder selbst vorsätzliche Verbreitung von Infections- erregern direct unter Strafe stellt. Es liegt hier eine Lücke in der Gesetzgebung vor, deren Ausfüllung unter Benutzung der Errungenschaften der hygienischen Wissenschaft um so wiinschenswerther ist, als die durch Infection erzeugten Körperverletzungen viel schwerer sein und viel leichter den Tod oder dauerndes Siechthum zur Folge haben können, als die aller¬ meisten Körperverletzungen durch mechanische Gewalt. Dazu kommt, daß man es hier mit unsichtbaren Gefahren zu thun hat, deren Abwendung deshalb um so schwieriger ist. Daß durch das Auswerfen des Speichels auf den Fußboden und spätere Eintrocknung und Verstäubung des Auswurfs die schwersten Infectionen, namentlich die in erschreckender Weise unter der Bevölkerung um sich greifende Tuberculose, verbreitet werden können, kann im Kreise des Vereins wohl als bekannt vorausgesetzt werden, nicht aber in weiteren Be¬ völkerungsschichten. Die Annahme, daß meist aus Unkenntniß dieser Gefahr gesündigt wird, belegt Vortragender durch verschiedene Beispiele aus der eigenen Erfahrung. Auf einer Reise nach Berlin beobachtete er einen Mitreisenden, welcher sich nach allen Anzeichen bereits im letzten Stadium fortgeschrittener Lungenschwindsucht befand. Dieser Kranke ließ LVIII unausgesetzt den reichlichen Auswurf, welchen sein hohler Husten zu Tage förderte, auf den Fußboden des Wagenabtlieils fallen und vertheilte denselben in der bekannten Weise mittelst der Fußsohle. Da dieser Auswurf offenbar nicht nur Tuberkelbacillen, sondern auch die hochgefährlichen Bacterien-Combinationen, welche die Tuberculose zum tödtlichen Ausgang zu führen pflegen, enthalten mußte, so liegt es auf der Hand, daß dieser Kranke ungezählten Fahrgästen, die nach ihm denselben Abtheil benutzten, den Keim des Todes einpflanzen konnte. Wie leicht hätte durch Benutzung der vorschriftsmäßigen Sputumflasche diese Gefahr vermieden werden können. Was hülfe es aber, sich etwa während der Fahrt mit einem Un- kundigen und dazu Schwerkranken in eine Discussion über hygienische Postulate einzulassen. Mit einem derartigen Versuche, den Vortragender einmal auf der Berliner Ringbahn gegen¬ über einem allein mit ihm fahrenden und rücksichtslos hustenden und Auswurf von sich gebenden Fahrgast wagte, hatte er wenig Glück. Der Herr erwiderte ihm einfach: „Ich bin aus München, ich hab’ keine Bacillen und glaube auch nicht daran.“ In der hiesigen elektrischen Bahn sah Vortragender überaus häufig, daß der Auswurf auf den Fußboden entleert wurde. Nicht nur Arbeiter waren es, die sogar die Nase mittels der Hand auf den Fußboden schneuzten und dann das vorhandene Taschentuch nur zum Ab¬ wischen der Nase benutzten, sondern auch tadellos gekleidete Herren, welche die Fahrt auf der elektrischen Bahn dazu benutzten, um den Inhalt ihrer sämmtlichen Athmungswege mit möglichster Gründlichkeit auf den Fußboden zu befördern. Ein Fahrgast, welcher in einem ■Blechbüchsclien Auswurf — wohl für einen Arzt — sammelte, also jedenfalls ein Kranker, ließ einen reichlichen Tlieil seines Sputums für gewöhnlich auf die Erde fallen. Selbst auf den besten Plätzen des Theaters beobachtete Vortragender mehrfach rücksichtsloses Umher¬ husten und -spucken ohne Benutzung des Taschentuchs. In allen diesen Fällen kann doch nur Unkenntniß als mildernder Umstand angenommen werden. Endgültige Abhilfe könnte natürlich nur durch allgemeinste Verbreitung des hygienischen ABC, womöglich schon in den Schulen, geschaffen werden. Immerhin aber läßt sich diese Verbreitung beschleunigen, und etwaigem bösen Willen oder hartnäckiger Verstocktheit — wie bei jenem Münchener — entgegentreten, wenn die dem öffentlichen Verkehr dienenden Fahrzeuge einen Anschlag enthalten, daß die Verunreinigung des Fußbodens durch Sputum verboten sei; ähnliche Anschläge bestehen bereits in Kopenhagen, in Hamburg und an anderen Orten in den Straßenbahnwagen. Arortragender giebt daher der Versammlung anheim, den hierorts maßgebenden Instanzen mit ähnlichen Vorschlägen nahe zu treten, sei es auf sanitätspolizeilichem Wege, sei es auf dem Wege einer freien Anregung der betreffenden Directionen. Bereits in einer Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft war eine Anregung in gleichem Sinne gegeben worden, die zu praktischen Schritten bisher nicht geführt hatte. In der Discussion wird allgemein die Gefährlichkeit der Verunreinigung der Verkehrsfahl zeuge durch Aus wurf anerkannt und beschlossen, sich mit den Directionen der elektrischen Straßenbahnen in Danzig und Elbing, wie der Eisenbahnen wegen Abhilfe in Verbindung zu setzen. 4. Sitzung am 26. März 1898. Herr Kreisphysikus Dr. Steger hält einen Vortrag über das Radfahren in gesundheitlicher Beziehung: Gegen alle epochemachenden Neuerungen haben sich Vorurtlieile der Mitwelt geltend gemacht. Als die erste Eisenbahn von Fürth nach Nürnberg dem Betriebe übergeben wurde, meinte man, in Folge der schnellen Bewegung müsse unfehlbar bei den Passagieren eine Gehirnkrankheit entstehen. Der Staat müsse auch die Zuschauer schützen. Schon der bloße Anblick eines rasch dahin fahrenden Dampfwagens werde genau dieselbe Gehirnkrankheit erzeugen, jeder Bahnkörper müsse daher zu beiden Seiten mit einem dichten, 5 Ellen hohen LIX Zaun umgeben werden. So glaubte man auch vom Radfahren, durch die Erschütterung könnten Rückenmarkskrankheiten sich entwickeln, es könnte eine Verkrümmung der Wirbelsäule die Folge sein, durch das Balancehalten werde das Gleichgewichtscentrum im Gehirn zu sehr belastet, und dadurch entständen schwere Schädigungen u. ä. Vielfach sind die Meinungen darüber, ob das Radfahren an sich oder auf die Dauer gesund sei, getheilt. Es soll daher in Folgendem Einiges über den Einfluß des Radfahrens auf den menschlichen Organismus gesagt werden. Bemerkt sei, daß das Radwettfahren, das sogenannte Reeordfahren, außer Betracht gelassen werden darf, weil es glücklicherweise nur von einer verhältnißmäßig geringen Anzahl von Radfahrern getrieben wird und kein Zweifel darüber bestehen kann, daß das Fahren mit den „besten Zeiten und Leistungen“ ein Uebermaß von Anstrengung erfordert, welches sich mit einer gesundlichen Auffassung des Radfahrens nicht deckt. Für den normalen Menschen sind es vielmehr drei Anforderungen, welchen das Radfahren in glücklicher Vereinigung genügt, einmal ist es das unabhängigste und wohlfeilste Be¬ förderungsmittel, dann dient es als gymnastische Uebung und endlich ist es ein Mittel zur geistigen Erfrischung, durch welches Gelegenheit gegeben ist, aus der Enge der Stadt in die günstigen hygienischen Bedingungen der freien Natur zu gelangen. Der Mensch soll zur Natur zurückkehren, so lautet eine alte und wahre Lehre Rousseau’s. Das Rad hat sich im letzten Jahrzehnt die Welt erobert, es ist im Verkehr und Ge¬ werbe unentbehrlich geworden. Mächtige Industrien verdanken allein dem Rade ihre Existenz. Das Rad ist das bisher vermißte, endlich gefundene Gefährt, welches das vielseitige Getriebe des Kleinverkehrs sicher, prompt, unter unermeßlichem Gewinne an Zeit und Material ver¬ mittelt, und dadurch den Satz „Zeit ist Geld“ wahr macht. Aber nicht nur als Verkehrs¬ mittel spielt das Rad eine bedeutende Rolle, sondern auch als Culturmittel. Ein großer Theil der Bevölkerung nimmt bei uns gesundheitswidrige Lebensgewohnheiten an. Die An¬ forderungen, welche die Cultur der Jetztzeit an die geistige Ausbildung des Menschen stellt, zwingen denselben schon von Jugend an zum Stillsitzen, zuerst in der Schule, dann in den Bureaux, am Studirtisch, in den Arbeitssälen etc. So geht der Trieb und die Fähigkeit zu ausgiebiger K < jrp erb ewegun g bei den meisten Menschen mehr oder weniger verloren. Die modernen Verkehrsmittel, Pferde- und elektrische Bahnen, Omnibus, ferner das moderne Wirtlishausleben begünstigen das Stubenhockerthum. Hinzu kommt noch die Ungunst unseres Klimas. Während der Südländer die meiste Zeit im Freien verlebt, sind wir gezwungen, ein gut Theil des Jahres in geschlossenen Räumen zu verbringen. Die Städte sind es ins¬ besondere, die Schuld an diesem chronischen Stubensitzerthum haben, aber es mag wohl auch viel an dem Charakter der Deutschen liegen, sie werden schon von den Römern als die „Bärenhäuter“ geschildert. In dieser Beziehung ist durch das Rad Wandel geschaffen worden. Während hier in Danzig das Radfähren sich erst in den Anfängen, wenn auch in stetem Wachsen befindet, hat es in westlichen und südlichen Gegenden Deutschlands in allen Schichten der Bevölkerung einen riesigen Aufschwung genommen. Vortragender ist seit elf Jahren Radfahrer, kennt die Zeit noch, wo der Radfahrer ein vereinzelter’ allseitig angestaunter Gast war, und hatte im letzten Sommer, als er im Juli eine Radfahrtour von München nach Venedig und vom Gardasee zurück nach Bozen machte, sowie in früheren Jahren, als er den Schwarzwald mit dem Rade in allen Richtungen durchquerte, Gelegenheit, die gewaltige Verbreitung des Rad¬ fahrens nicht nur im platten Lande, sondern auch in hohen Gebirgsgegenden zu beobachten. Es ist ein herrlicher und genußreicher Sport geworden, in wenigen Tagen per Rad — omnia sua secum portans — die Gebirgszüge zu überwinden und den vollen Wechsel von Natur und Menschen in kurzer Aufeinanderfolge zu genießen. Ueberall trifft man nicht nur Einzelfahrer, sondern ganze Radfahrergesellschaften, die Radfahrerverbände haben in den Alpen Organisationen geschaffen, vermöge deren überall für gute, billige Unterkunft, für Reparaturmittel, ja sogar für Verbandmittel, d. h. solche für die Pneumatics, gesorgt ist. Wie groß die Verbreitung des Radfahrens ist, dafür giebt wohl LX der Umstand Zeugniß, daß der deutsche Radfahrerbund jetzt mehr als 25000 Mitglieder zählt, daß die Zahl der in München ausgegebenen Radfahrnummern (im übrigen sind die¬ selben dort doppelt, vorn und hinten am Rad, angebracht) 20000 übersteigt, daß in Berlin die dreifache Anzahl von Radfahrern existirt etc. In England hat das Rad bisher die meiste Verbreitung gefunden. Deutschland steht nicht nach. Das darf nicht verwundern, da das Fahrrad eine deutsche Erfindung ist. In der Mitte des 17. Jahrhunderts erfanden der Zirkelschmied IIantsch in Nürnberg und ein gelähmter Uhrmacher Fabfler in Altdorf bei Nürnberg Wagen, deren Vorderräder vom Innern des Wagens aus durch Handkraft mittels Kurbeln und einer entsprechenden Uebertraguug bewegt wurden. Das Princip, die unteren Extremitäten zur Fortbewegung zu verwenden, ist einem französischen Arzt, Richard aus La Rochelle, zu verdanken, er erfand das Treten auf Pedale. Eine schnellere Locomotion mittels eines Fahrrades erfand der badische Forstmeister Karl v. Drais im Jahre 1817, er construirte ein Laufrad; dasselbe bestand aus zwei hinter einander befindlichen Rädern, welche durch ein mit Sattel versehenes Zwischengestell verbunden sind; die Fortbewegung geschah durch Abstoßen der Füße vom Erdboden, am Vorderrade wurde gelenkt. Ein altes Bild aus dem Jahre 1820 giebt eine Darstellung von Fahrradübungen in einer Art von .Velodrom“. Die im Eisenbahnbetriebe befindlichen Draisinen haben den Namen des Erfinders noch heute. Jenes Laufrad ist der Prototypus des heutigen Fahrrades. Erst im Jahre 1807 brachte Michaud auf die Pariser Weltausstellung ein Fahrrad mit einem wesentlichen Fortschritt, es hatte Pedale am Vorderrad, die mit den Füßen getreten wurden. Der erste Besteller eines solchen Fahrrades war der Kaiser Napoleon III., der erste Fahrer Louis Napoleon. Von dieser Zeit her datirt die Epoche des Fahrrades. Principielle Aenderungen sind seitdem nicht gemacht worden, nur hat man Kurbel und Pedale nicht am Vorderrad, sondern den Kurbelmechanismus zwischen den Rädern, direct unter dem Sitzenden, gesondert angebracht; von ihm aus wird die Bewegung mit Hilfe einer Kette ohne Ende, Avelche in Zahnräder eingreift, auf die Achse des Hinterrades übertragen. Weitere Verbesserungen waren solche des Materials, so daß das Gewicht des Rades er¬ niedrigt wurde, ferner des Trittmechanismus, möglichste Beseitigung der Reibungscoefficienten, soweit diese im Rade selbst liegen, u. a. m. Die Leistung eines Fahrrades hängt von seiner Uebersetzung ab, diese beruht auf dem Verliältniß der Größe des Kurbelachsenzahnrades zur Größe des Hinterradzahnrades. Die Größe der Uebersetzung findet man, wenn man die Höhe des Hinterrades (in englischen Zollen) mit der Zahl der Zähne des Kurbelachsenrades multi- plicirt und die so erhaltene Summe durch die Zahl der Zähne des Hinterachsenzahnrades dividirt. Ist ein Rad auf 64" übersetzt, so heißt das: das Niederrad ist auf ein Hochrad von 64 eng¬ lischen Zoll Höhe übersetzt, legt also bei einer Kurbelachsenumdrehung, d. h. bei einem Doppeltritt, denselben Weg zurück, den ein 64 englische Zoll hohes Rad bei einer Um¬ drehung zurücklegt. Dieser Weg ist = 2 r . n, d h. 3,14 des Raddurchmessers, also 64 X 3,u|Zoll = 5,n m. Ein auf 72" übersetztes Niederrad legt bei einem Doppeltritt einen Weg von 5,75 m zurück Zu einer solchen Leistung gehört natürlich ein gewisser Grad von Kraftanstrengung. Vergegenwärtigt man sich die Kraftleistung eines Radfahrers auf einer gewöhnlichen ebenen Straße nach den feststehenden Formeln für die Reibung auf ebener Unterlage, so leistet ein Radfahrer beim Zurücklegen von 1 km eine Arbeit von 1900 — 2200 Kilogrammometer (be¬ kanntlich ist ein Kilogrammometer diejenige Arbeit, welche geleistet wird, wenn 1 kg 1 m hoch gehoben wird). Ein Fußgänger leistet beim Zurücklegen eines gleichen Weges eine Arbeit von 6000 Kilogrammometer, also bedarf ein Radfahrer zur Erreichung desselben Zwecks nur eine Leistung, welche V3 0er eines Fußgängers ist. Legt ein Fußgänger in einer Stunde 5 km zurück, so kann ein Radfahrer in derselben Zeit und auf gleichem Wege 15 — 18 km machen. Auf abschüssigem Terrain ist die Leistung eine erheblich größere, der Radfahrer kann 30 — 40 000 Kilogrammometer — 20 — 24 km in einer Stunde leisten. LXI Die Arbeit des Radfahrens geschieht durch Muskelthätigkeit. Diese besteht einmal darin, daß die aufrechte Haltung bewahrt, das Gleichgewicht erhalten und die Lenkung be¬ sorgt wird, ferner in der eigentlichen Fortbewegung. Was die erstere Thätigkeit betrifft, so ist eine Anspannung der Rückenmuskulatur und festes Halten mittels der Armmuskulatur wegen der fortwährenden Verlegung des Schwerpunktes nothwendig, und diese Kraftäußerung ist nicht gering anzuschlagen, vielmehr bewirkt sie eine solche Uebung der genannten Muskeln, daß das Radfahren trotz der größeren Betheiligung der Muskeln der unteren Ex¬ tremitäten nicht als eine einseitige Gymnastik erachtet werden kann. Das eigentliche Treten des Rades zum Zweck der Locomotion ist zu vergleichen mit einem ,, Treppensteigen im Sitzen“, und zwar werden Stufen von gleicher Höhe, als die Pedale von einander entfernt sind (25 cm) überwunden, nur daß hier die Stufe nach unten ausweicht, so daß keine Hebung des Körpers zu Stande kommt, sondern die entwickelte Kraft das Fahrrad in horizontaler Richtung fortbewegt. Dabei dient nur das Abwärtstreten zur Ausführung der Kraftleistung, eine active Hebung des Fußes ist nicht erforderlich, sondern diese geschieht durch das alternirende Senken des anderen. Es werden daher die Streckmuskeln des Hiift-, Knie- und Fußgelenks in Thätigkeit gesetzt. Beim Gehen werden die entgegengesetzten Muskeln, die Beuger, gebraucht, daher ergänzen sich beide Bewegungsarten in vorzüglicher Weise, das Radfahren ist eine andere Kraftäußerung als das Gehen, es löst das letztere ab und um¬ gekehrt. Daher ist das Absteigen während der Fahrt so außerordentlich nützlich und an¬ genehm, weil es die beim Fahren gebrauchten Muskeln entlastet und ausruhen läßt. Eine Folge der gesteigerten Thätigkeit der Beinmuskulatur ist ihr Wachsthum, das Dickwerden und straffe Verhalten der Muskeln, vermittels deren die unteren Extremitäten zu Dauerleistungen befähigt sind, während beim Erlernen, zur Zeit, wenn die in Function tretenden Muskeln noch nicht genügend gestärkt sind, leicht Ermüdung eintritt und das Rad¬ fahren „schwer“ erscheint. Das Radfahren hat ferner erheblichen Einfluß auf den Stoff¬ wechsel. Die Gewebe werden stärker oxydirt und daher wird Steigerung der Stickstoff¬ ausscheidung in Folge Eiweißzersetzung, Wasserausscheidung und Entfettung bewirkt. Der Radfahrer Stephane hatte in 24 Stunden einen Weg von 678 316 m = 90 Meilen zurück¬ gelegt und dabei 6,75 kg abgenommen. Jedoch sei erwähnt, daß das Radfahren an sich nicht einer Entfettungskur gleichwerthig ist, weil der entstellende Wasser- und Eiweißverlust zu einem unmittelbaren Ersatz dieser Stoffe nach der Tour verleitet, sondern daß, um Ent¬ fettung durchzuführen, neben dem Radfahren die Einleitung einer Diätkur Nothwendigkeit ist. Was die Verdauung betrifft, so wird sie durch das Radfahren gesteigert. Wer einen Rad¬ fahrer nach der Tour essen gesehen hat, kann dieses bestätigen, dem Radfahrer schmeckt ,.kein kleiner Bissen“ mehr; in Folge des Wasserverlustes wird das Durstgefühl in angenehmer Weise erhöht; Verstopfung tritt nicht ein, der Radfahrer bedarf keiner Schweizer Pillen denn der Leib wird durch das stete Auf- und Niedergehen der Beine massirt. Die wesentlichste Rückwirkung hat das Radfahren auf Athmung und Herzthätigkeit. Beide werden beim vernunftmäßigen Radfahren angeregt, die Athmung wird tiefer und aus¬ giebiger, die Herzthätigkeit kräftiger, die Lungen werden besser ventilirt, in Folge der gesteigerten Muskelarbeit tritt reichlichere Kohlensäure- Ausscheidung, reichlichere Sauerstoff¬ aufnahme ein. Ist die Anstrengung dagegen eine übermäßige, so entsteht Kurzathmigkeit (Dyspnoe) und Versagen der Respiration. Leuten, die an Lungenschwindsucht, Lungen¬ erweiterungen und Luftröhrenentzündungen leiden, ist das Radfahren daher nicht erlaubt. Auf das Herz hat das Radfahren in zweierlei Hinsicht Einfluß, es bewirkt eine Steigerung des Blutdruckes, hervorgerufen durch die Muskelthätigkeit, ferner eine Beschleunigung der Herzthätigkeit. Die Erhöhung des Blutdrucks hat eine bessere Ernährung der inneren Organe und Gewebe zur Folge, die Gefäße erweitern sich, die folgende Erschlaffung der Gefäßwände bringt reichlichen Schweiß und damit Wasserverlust des Körpers hervor. Uebermäßige Anstrengung beim Radfahren hat ganz erhebliche Steigerung des Blutdruckes und starke Beschleunigung der Herzthätigkeit zur Folge, der Puls steigt von 70 — 80 auf 140 — 160, a LXII 200 Pulse sind nichts Seltenes, und auch 250 Pulse in der Minute sind schon beobachtet worden. Ueberanstrengung des Herzens tritt ein durch längeres schnelles Fahren, aber auch durch Ueberwinden von Steigungen, wenn dieses in forcirtem Grade geschieht, weil dabei die Kraftanstrengung eine in der Zeiteinheit erheblich größere ist, als die eines Fußgängers. In derartiger Ueberarbeit des Herzens liegt eine Gefahr für den Radfahrer, Herzerweiterung und Herzvergrößerung, nervöses Herzklopfen, irritable lieart, sind die Folgen. Nach acuten heftigen Anstrengungen beiin Radfahren hat man mittels des Roentgen- Verfahrens beträcht¬ liche Vergrößerung der Herzgrenzen direct sehen können. Daher mehren sich die Beispiele von Herzschlag und Herzkrankheit in Folge angestrengten Radfahrens, und wie es eine „Bergkrankheit“ nach excessiven Gebirgstouren giebt, so kann man von einer „Radfahrer¬ krankheit“ nach übermäßiger Anstrengung beim Radfahren sprechen. Sie besteht in Herz¬ klopfen, unregelmäßiger Herzthätigkeit, verringerter oder beschleunigter Pulsfrequenz, Gefühl der Schwäche bei geringen Anstrengungen, z. B. beim Berganfahren, Blässe des Gesichtes, Beklemmungen und Circulationsstörungen. Herzkranken, Greisen, deren Gefäßwandungen krankhaft kalkig verändert sind, aber auch Kindern und Knaben bis zu 15 Jahren, deren Herzthätigkeit einen besonderen Grad von Empfindlichkeit besitzt, ist das Radfahren zu wider- rathen. Hingegen lassen sich Gegengründe sanitärer Art gegen das Radfahren der Damen an sich nicht geltend machen, im Gegentheil wirkt gerade der Umstand, daß dem weiblichen Geschlecht, welches nach Maßgabe der bestehenden Vorurtheile noch zu sehr an das Haus gebunden ist, Gelegenheit geboten ist-, in der freien Natur frische Luft zu schöpfen, in höchstem Grade günstig. Bedingung ist beim Radfahren der Damen freilich, daß alle beengenden Kleidungsstücke Avegfallen, damit die Athmung frei und die Blutcirculation ungehindert sei. Das Geheimniß eines gesundheitsmäßigen Radfahrens liegt also, Avie bei jedem Sport, im allgemeinen in einem vernunftmäßigen Verhalten, wozu auch die gerade, oder vielmehr ganz leicht vorgebeugte Haltung des Oberkörpers gehört, im besonderen aber in einem richtigen Maßhalten; stets soll der Radfahrer mit möglichst geringer Anstrengung fahren, nie seine volle Kraft einsetzen. Bestimmte Maße lassen sich als Richtschnur nicht angeben, es dürfte aber zu vermeiden sein, daß die Atlunung eine solche von mehr als 20 Respirationen, die Pulsfrequenz höher als 100 Pulsschläge in der Minute ist. Geschieht das Radfahren in vernünftigerweise, so bleiben die Vortheile nicht aus. In unserem Zeitalter der Neurasthenie schwinden die Symptome der Nervenschwäche, die Selbstbespiegelung der Neurastheniker fällt wegen der beim Radfahren stets nothwendigeu Aufmerksamkeit auf Menschen, Weg und Umgebung fort, beim Gesunden tritt geistige Erholung ein, A\reil das Gehirn entlastet wird, die Vermehrung der Körperkraft und das Bewußtsein derselben wirkt fördernd auf Mutli und Entschlossenheit, Vorsicht und Geistesgegenwart, und damit festigt sich der Charakter, und die allgemeine Gemiithsstimmung wird eine zufriedene, heitere. 5. Sitzung am 30. April 1898. In einer besonders einberufenen Generalversammlung wird § 3 der Sta¬ tuten dahin präcisirt, daß Vereinsmitglieder, welche erst in der zweiten Hälfte des Jahres eintreten, nur den halben Beitrag für das betreffende Jahr zu zahlen haben. Nach Erstattung des Berichts der in der 3. Sitzung am 12. März 1898 gewählten Commisson zur Bearbeitung der Frage, „wie der Säuglingssterb¬ lichkeit in Danzig praktisch und erfolgreich entgegenzutreten sei“ durch den Vorsitzenden, entspinnt sich eine längere Debatte. In derselben erklärt sich u. a. Herr Sanitätsrath Dr. Freymuth bestimmt gegen die Uebernahme jeder praktischen Fürsorge für kleine Kinder durch den Verein, während die Commission mit 3 gegen 2 Stimmen eine solche in gewissem Sinne empfohlen LXIII hatte, und obwohl der als Gast anwesende Herr Stadtrath Dr. Bail die Sym¬ pathie des Magistrats für die Sache ausspricht. Nach Schluß der Discussion erklärt sich die Majorität der Versammlung gegen ein praktisches Vor¬ gehen. Man ist sich allgemein in der Beurtheilung der Wichtigkeit eines praktischen Vorgehens einig, doch verbleibt die Mehrheit in der Ansicht, daß der Verein ein wissenschaftlicher und nicht berufen sei, mit eigenen Institutionen ins praktische Leben einzugreifen. Der Vorsitzende erklärt, er behalte sich vor, seinerseits nun in anderer Weise persönlich praktisch vor¬ zugehen. 6. Sitzung am 29. Oktober 1898. Es findet eine Besprechung der Frage statt: Welche sanitätspolizeilichen Anforderungen sind an den Verkehr mit Milch zu stellen? Der Vorsitzende, Herr Regierungs- und Medicinalrath Dr. Borntraeger führt aus: Die Milch ist eines unserer allerbesten Nahrungsmittel, schmackhaft, nahrhaft, bekömmlich und billig; 1,7 1 Milch für 31 Pf. (Berliner Preise) bedeuten für den arbeitenden Mann ebenso viel wie sechs Heringe für 48 Pf., 14 Eier für 84 Pf. oder 785 g Rindfleisch für 1,25 M. ; dabei ist die Milch für zahllose Zubereitungen in der Küche wie in der Conditorei unent¬ behrlich. Die Milch wird daher reichlich begehrt, insbesondere auch für die Kinder; man rechnet im allgemeinen V3 1 Milch für jeden Menschen täglich. Darnach würden in Danzig etwa 43 000 1 Milch täglich gebraucht werden, zu deren Lieferung fast 4000 Kühe nöthig sind, während für Berlin täglich 32 000 Kühe dreimal täglich gemolken werden müssen, um die erforderlichen 375 000 1 herzugeben ; die bekannte Meierei von Bolle bezieht allein täglich etwa 70 000 1 aus 130 Ortschaften. Um diesen Bedarf der großen Städte zu decken, genügt nicht mehr die nächste Umgebung; Berlin streckt seine Milch-Fangarme bereits ost¬ wärts bis Bunzlau, westwärts bis Braunschweig 230 km weit aus, also ansehnlich weiter, als die Entfernung von Danzig bis Thorn oder Königsberg beträgt, und die Riesenstadt London erhält einen Theil ihrer Milch von diesseits des Kanals aus der Bretagne, ja es ist angeregt worden, aus Holstein eine regelmäßige Milchlieferung dahin einzuführen. Diese viel begehrte Milch hat nun leider für den Menschen eine erhebliche Gefährlich¬ keit. Die gefährlichen Eigenschaften erhält die Milch theils im Thierleibe, theils außerhalb desselben. Ungeeignetes Futter und Krankheiten der Milchkühe, Unreinlichkeit beim Melken und beim Milch- Auffangen, -Verschicken und -Aufbewahren, Zersetzungen und Verfälschungen der Milch, wie Krankheiten der mit derselben umgehenden Personen sind in dieser Beziehung von Bedeutung. Am wichtigsten ist die Anwesenheit von Ansteckungskeimen in der Milch. Dieselben gelangen hinein bei gewissen Krankheiten der Milchkühe, bei Benutzung verunreinigten Wassers zum Reinigen der Milchgefäße und zum Verfälschen der Milch, das leider auch in Danzig nicht allzu selten vorkommt, durch Unreinlichkeiten der Ställe und beim Melken der Kühe, wie durch kranke Personen, welche sich auf den milchliefernden Höfen, in den Molkereien, Meiereien, Milchwirtschaften oder in anderen Räumen, in denen die Milch auf¬ bewahrt wird, finden. Durch gesetzliche Bestimmungen ist verboten, Milch von tollwuth- kranken oder von milzbrandkranken Kühen zu verbrauchen oder zu verkaufen, während die Milch von an Maul- und Klauenseuche leidendem Rindvieh nur in abgekochtem Zustande abgegeben werden darf. Insoweit ist das Erforderliche geschehen. Keine Sicherheit besteht jedoch gegen die Uebertragung der Tuberculose durch die Milch. Man darf annehmen, daß 20 bis 30 von je 100 Milchkühen bei uns an Tuberculose leiden. Zahlreiche Untersuchungen haben ferner mit absoluter Bestimmtheit ergeben, daß die Milch tuberculöser Rinder recht häufig viele Tuberkelbacillen enthält, und weitere Ver¬ suche haben immer wieder gezeigt, daß Thiere, welchen eine derartige, Tuberkelbacillen LX1V enthaltende Milch einverleiht wird, an Tubercnlose erkranken und zu Grunde gehen. Da nun die zu Markt gebrachte Milch von verschiedenen Kühen stammt, so ist die Gefahr groß, daß die Milch kranker Kühe diejenige der gesunden Thiere mit ansteckt. Und dies geschieht in der Tliat. Erst kürzlich fand ein Forscher, daß 8 von 13 Marktmilchproben in Berlin Tuberkelbacillen enthielten, d. h. 61,5 Procent, also weit über die Hälfte der Proben war ge¬ bührlich für den Menschen — ein erschreckendes Ergebniß! Eine andere Krankheit, welche durch die Milch erwiesenermaßen verbreitet wird, ist der Darmtyphus. Wiederholt hat sich gezeigt, daß die Milch aus Wirthschaften, in denen jemand typhuskrank war, die Empfänger der Milch angesteckt hat, und wenn die Milch von dem verseuchten Hofe in Molkereien geliefert und dort mit der anderen Milch gemischt wurde, welche nach der Entrahmung als Magermilch an die Lieferanten wieder zurück ge¬ langte, so breitete sich der Typhus in auffallender Weise unter den Milchlieferanten aus. In ähnlicher Weise können Ruhr, Diphtherie, Scharlach u. a. durch die Milch verbreitet werden. Es ist daher nicht richtig, bei der Milch immer nur darauf zu achten, ob sie verfälscht, d. h. mit Wasser versetzt, oder entrahmt oder auch verdorben ist; alles dies ist wichtig, aber nicht so wichtig, wie die krank machen den Eigenschaften der verseuchten Milch. Was ist nun zu thun ? Es giebt ein Mittel, etwa jede Milch unschädlich zu machen, das ist das Kochen Schon gewöhnliches Auf kochen ist nützlich; wer aber ganz sicher gehen will, koche jede Milch vor dem Genüsse vorsichtig eine Viertelstunde. Außerdem ist dahin zu streben, daß die Gefährlichkeit der Milch überall mehr bekannt werde, daß der Gesundheit der Kiilie, der Reinlichkeit der Ställe, der Milchgeschäfte, der Milchgefäße, der mit der Milch um¬ gehenden Personen mehr Fürsorge gewidmet und jede Milch, welche Krankheitskeime ent¬ hält, vom Handel ausgeschlossen werde. Durch die Polizei ist dafür zu sorgen, daß die Milch nicht in Krankenräumen, Wohnstuben auf bewahrt werde, und es sind Tuberculöse als Verkäufer von Milch nicht zu dulden. Geschieht dies alles, so wird auch die jetzt so ver¬ breitete Tuberculöse seltener werden. Sehr wichtig bleibt immer die Belehrung und der Rath : Keine Milch werde ungekoc-ht genossen. Herr Departementsthierarzt Preusse als Correferent beleuchtet das Thema näher, unter Hervorhebung einiger besonderen Gesichtspunkte. Vortragender verbreitet sich über die Schädlichkeit von ungeeigneten, verfälschten oder giftigen Futtermitteln und insbesondere von Krankheiten der Milchkühe auf die Milch. Am wichtigsten sind darunter die Schädlichkeiten organisirter Natur, wie sie sich bei ansteckend kranken Kühen finden, also bei solchen, die an Milzbrand, Tollwuth, Tuberculöse, Maul¬ und Klauenseuche, Lungenseuche, Euterkrankheiten, pyämischen und septischen Prozessen leiden. Aber auch die Milch von Kühen mit erheblichen Verdauungsstörungen ist schädlich. Es genügt daher nicht eine Marktkontrole der Milch, sondern es sind ihre Herkunftsstätten zu beaufsichtigen; daher bedarf es nach dieser Richtung weiter gehender Vorschriften, als die Gesetze bisher enthalten, auch ist die polizeiliche Concessionirung des Milchverkaufs in Erwägung zu ziehen. Kochen der Milch nutzt viel. Ganz tadelfrei und durchaus von tuberkel¬ freien Kühen stammend muß die Kindermilch sein. ln der Diskussion empfiehlt Herr Dr. Petrus CHKY einen Druck auf die Ausbreitung der Tuberculin-Impfung der Kühe dadurch auszuüben, daß man beim Milcheinkauf Werth auf eine solche Impfung lege. Herr Dr. Friedlaender theilt mit, daß solches in Nizza be¬ reits geschehe; nach Uebereinkommen zwischen Stadt und Milchpächtern werde die von tuberculingeimpften Kühen stammende Milch mit einer besonderen Marke versehen. Herr Sanitätsrath Dr. Freymuth befürwortet eine schärfere Controle des Zwischenhandels mit Milch; es müßten geeignete, von den Wohnungen getrennte, besondere Räume für den Milch¬ verkauf da sein. Herr Gerichtschemiker Hildebrand verbreitet sich über die Kennzeichen schlechter Milch und über die Untersuchungsmethoden, unter denen die Probe-Käsung wichtig sei, und wünscht Einwirkung auf Reinlichkeit in den Ställen, sowie eine öffentliche Belehrung des Publikums. LXV 7. Sitzung am 19. November 1898. Herr Kreisphysikus Dr. Eschricht hält einen Vortrag über Hygiene in den Esswaarenläden. Die Hygiene in den Eßwaarenläden, insbesondere diejenige des Handverkaufs, läßt zur Zeit noch sehr viel zu wünschen übrig. Zunächst ist die Kleidung des Verkaufspersonals nicht immer von wünschenswerther Sauberkeit; Hände und namentlich die Nägel entbehren oft der erforderlichen Reinheit. Finger, welche mit Eßwaaren hantiren und häßliche Trauerränder an den Nägeln zeigen, rufen beim Käufer Ekel und Unwillen hervor. Ein Gleiches gilt von solchen Fingern, welche mit unsauberen Heftpflasterstückchen oder beschmutzten Verbänden versehen sind. Zur Durchführung der Sauberkeit an Fingern und Nägeln ist die Aufstellung von Wascli- geräth im Verkaufsraum unerläßlich; es muß dasselbe aber nicht versteckt in irgend einem Winkel untergebracht sein, sondern dem Publikum sichtbar. Vor aller Augen muß der Ver¬ käufer sich säubern können, die Hände wieder und wieder waschen, was das Publikum nur mit Befriedigung wahrnehmen wird. Das Waschwasser muß fließendes sein (Leitungswasser), damit es ausreichend häufig erneuert werden kann. Sauber müssen selbstverständlich auch Verkaufstisch und Waage sein Stets nur sollen eingewickelte Waaren auf die Waagschale gelegt werden. Das Einwickelpapier sei rein und fleckenlos; ganz unbrauchbar ist Makulatur- und Zeitungspapier als Hüllen für Eßwaaren. Eine für den Käufer sehr peinliche Unart ist das unnöthige Berühren und Befassen der Eßwaaren bei der Zertheilung und Einwickelung. Und gei*ade diese Unsitte trifft man nicht zum wenigsten in den Conditoreien und Confiturengeschäften, in denen das feinere, in Bezug auf Sauberkeit und Appetitlichkeit anspruchsvollere Publikum zu verkehren pflegt. Das weibliche Verkaufspersonal ist es besonders, welches zum stillen und verhaltenen Aerger des Käufers die Waaren ganz unnöthigerweise mit den Fingern anfaßt. Und man glaube nur ja nicht, der Käufer billige diese Unappetitlichkeit, weil er sie duldet. Es ist nicht Jedermanns Sache, sich derartige Dinge zu verbitten, wenn er besonders Seitens des weiblichen zungen¬ fertigen Ladenpersonals peinliche Scenen zu gewärtigen hat. Aber es muß hier einmal aus¬ gesprochen werden, daß die leidige Unsitte, Eßwaaren, Confect, Bonbons, Früchte, mit den Händen zu fassen und unnöthig zu berühren, jedem Appetitlichkeits- und Sauberkeitsgefühl Hohn spricht! Warum verbittet sich das Publikum diese Unsitte nicht? Eine abscheuliche Angewohnheit ferner ist das Belecken der Fingerspitzen, bevor das Einwickelpapier entnommen wird. Mit solchen an einem Tage hundert- und mehrmal beleckten Fingern werden die Eßwaaren, Kuchen, Confect angefaßt. Wie man dergleichen mit Appetit verzehren soll, ist unerfindlich. Man denke doch nur an die Qualität des Mundspeichels bei Verkäufern mit Mundkrankheiten, Zahngeschwüren, cariösen Zähnen u. s. w. Und dann ver¬ gesse man nicht die gesundheitsschädliche Seite dieser Unsitte! Wie leicht können nicht Krankheitskeime, z. B. Tuberculose, auf diese Weise übertragen werden! Schon die bloße Berührung der Waaren mit unsauberen Fingern ist unter Umständen gesundheitsschädlich; es sei hier nur an die Beschaffenheit des Nagelschmutzes erinnert, in welchem die bacterio- logische Forschung Entzündungs-Erreger, Eite:. -Erreger, die Krankheitskeime der sogen. Rose u. a. m. gefunden hat. In Norwegen entstand im vorigen Jahre eine Epidemie im Anschluß an den Genuß von Weichkäse, welcher nachweislich mit unreinen Händen geknetet worden war. Die Untersuchung stellte zweifellos fest, daß der fragliche Käse durch die Knet¬ manipulationen inficirt worden war. Das leidige Berühren der Backwaaren in den Bäckerläden Seitens des Publikums, ins¬ besondere durch die unsauberen Hände der Dienstboten, zwang im Cholerajahr 1892 die königliche Sanitätscommission in Berlin zu dem Vorgehen, in den Bäckerläden Plakate 5 LXVI befestigen zu lassen, welche eindringlich vor der Berührung der Waaren warnen sollten, unter Hinweis auf die gesundheitsschädlichen Folgen dieser Unsitte. Recht wirksam war auch zweifellos der handschriftliche Zusatz der Bäcker auf diesen Plakaten, daß sie sich nicht verpflichtet fühlten, einmal berührte Waare zurückzunehmen. Es sollte heute in allen Eß- waarenläden ein Plakat mit der Inschrift prangen: „Es darf nichts berührt werden! Berührte Waare muß bezahlt werden!“ Daß die unnötliige Berührung vermeidbar ist, wissen wir. Alle Waaren können mit Schippen, Zangen, Hornlöffeln und dergl. angefaßt werden, ohne Zeitverlust. Der klebrige Kuchen sollte nur mit Kuchenschippen zertheilt und zugetheilt werden, Confituren nur mit Löffeln oder Zuckerzangen. Für Bäckerläden sind die Expeditionsfenster am zweckmäßigsten. Das ekelhafte Belecken der Fingerspitzen ist überflüssig, wenn das Einwickelpapier zweckmäßig geschichtet wird. Allenfalls möge man bei letzterem ein Schälchen Wasser aufstellen. Man wende nicht ein, diese Forderungen seien zwecklos, da die Waaren bei der Zu¬ bereitung in den Fabrikräumen, Backstuben, beim Obstpflücken u. s. w. doch schon unsauber behandelt würden. Das mag ja zutreffen. Allein zunächst schalten wir aus der Reihe der Reinlichkeitssünden eine aus, und das ist schon ein Gewinn. Und hat sich Verkaufspersonal wie Publikum erst einmal an die hier geforderte Sauberkeit gewöhnt, so haben wir an ersterem einen wirksamen Bundesgenossen unserer Bestrebungen denjenigen gegenüber, welche sich unserer Controle entziehen, denen die Zubereitung und Anfertigung in den Backstuben, Werkstätten, Fabrikräumen u. s. w. obliegt. Von einschneidenden Polizeimaßregeln, das betonen wir ausdrücklich, erwarten wir nichts für unsere Sache; wir ziehen es vor, uns mit den Betheiligtea zu verständigen und sie zu überzeugen, daß unsere Wünsche berechtigte sind. Und das Publikum möge auch das Seinige thun, um dem Uebel zu steuern; es möge die saubere und appetitliche Behandlung der Eßwaaren in freundlich ernster und bestimmter Weise fordern und damit einen Druck aus¬ üben, der allgemach doch erziehlich wirken muß. Möchten gerade jetzt in der bevor¬ stehenden Weihnachtszeit mit ihrem gesteigerten Geschäftsverkehr diese unsere Wünsche nicht unerhört verhallen! Die Ausführungen des Vortragenden werden von der Versammlung mit allseitiger Zustimmung aufgenommen. Es wird noch an andere analoge Unsauberkeiten erinnert, so insbesondere an die Obstverkäufer im Staube der Straßen, an die durch viele unsaubere Hände gegangenen Kirschenbiindelchen, an das Auf blasen der Düten, z. B. in Cigarrenläden, an das Anfassen der Cigarren an der Mundseite u. s. w., und es wird erwähnt, daß auch hier in Danzig in den Cholerajahren, zum Tlieil jetzt noch vorhandene, Zettel in den Bäckereien ausgelegt wurden, die das Berühren der ßackwaare verboten. Der Verein beschließt, von allen Maßnahmen abzusehen, welche Unzufrieden¬ heit erwecken könnten, vielmehr insbesondere belehrend und durch die Presse zu wirken. Die Mitglieder des Vereins erklären sich in der Mehrzahl ge¬ sonnen, diejenigen Firmen, welche ihnen als besonders reinlich und appetitlich in der Behandlung der Eßwaren bekannt sind oder werden, unter sich und in Bekanntenkreisen nach Möglichkeit zu empfehlen. Und sie beschließen, durch die Tagesblätter das Publikum zu bitten, in seinem eigensten Interesse in gleicher Weise vorzugehen und peinlichste Sauberkeit in allen Eßwaaren- läden zu fordern. Auch beabsichtigt der Verein, Plakate anfertigen zu lassen, welche in den Verkaufsräumen ausgehängt werden und in prägnanter Kürze die berechtigten Forderungen in dieser Angelegenheit enthalten sollen. LXVII 8. Sitzung am 17. Dezember 1898. Herr Gerichtschemiker Hildebrand spricht über den Hausschwamm. Der Vortragende liebt die weite Verbreitung des Hausschwammes und den großen Schaden hervor, den derselbe namentlich auch in zu rasch aufgeführten Neubauten verursache, in denen sehr häufig weder den Mauern noch Zwischendecken zum Austrocknen Zeit gelassen würde. In Berlin werde der durch Schwamm verursachte Schaden auf jährlich mindestens eine Million geschätzt. Der Redner zeigt an mitgebrachtem Material die vielgestaltigen Wachsthumsformen des Pilzes, schildert seine Entwickelung und Verbreitung innerhalb der Gebäude, sowie die Zersetzungserscheinungen des Holzes und die äußeren theils sichtbaren, tlieils dem Geruchssinn auffallenden Merkmale der Gegenwart von Schwamm in Wohnungen. Es werden die Lebensbedingungen des Pilzes eingehend besprochen, unter denen Feuchtigkeit und Luftabschluß die wichtigsten sind ; sodann eine Anzahl mit großer Reklame empfohlener Schwammvertilgungsmittel kritisch durchgenommen. Das sicherste und für die Einwohner bekömmlichste sei Trockenlegung und Ventilation, ohne die auch die besten chemischen Mittel für die Dauer wirkungslos seien. Der Hausschwamm besitzt nicht, wie früher vielfach angenommen wurde, giftige Eigenschaften wie der Fliegenpilz oder Speiteufel oder einige Pflanzen, deren Blüten giftige cyanartige Gase ausströmen. Mit Schwamm behaftete Räume seien aber gleichwohl mindestens unbehaglich, häufig ungesund, weil solche Wohnungen stets feucht und stockig seien. Der Vortragende führte eine Anzahl Bauregeln an, die von sorg¬ samen Baumeistern von jeher befolgt würden, und räth, beim Ankauf von Häusern Baukundige zu Rathe zu ziehen. Am 5. Juni unternahm der Verein gemeinsam mit dem Verein der Medicinalbeamten einen wissenschaftlichen Sommerausflug mit Damen nach Zoppot, wo u. A. die neuen Kanalisationsanlagen, nebst Pumpstation und Rieselfeldern, unter der Führung eines Gemeindevertreters und des leitenden Ingenieurs der bauausführenden Firma Boerner und Herzberg, ferner das Schlachthaus, die Anfänge der Quellwasserleitung bei Schmierau und, unter Führung des Herrn Sanitätsrath Dr. Semon und der Leiterin, die Kinder¬ heilstätte mit vielem Interesse besichtigt wurden. Am Jahresschlüsse zählte der Verein 58 ordentliche und 4 außer¬ ordentliche Mitglieder. 5* LXVIII A. Mitglieder- Verzeichniss der N aturf orschenden Gesellschaft zu Danzig. 1. April 1900. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit: Abegg, Dr., Geh. Medicinal- und Sanitäts¬ rath, Director der Provinzial-Heb- ammen - Lehr - Anstalt in Danzig (Ordentl. Mitglied 1856) .... 1898 Bail, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig (Ordentl. Mitglied 1863) .... 1894 Dohm, Anton, Dr., Professor, Geh. Reg.-Rath, Director der Zoologischen Station in Neapel (Corresp. Mitglied 1876) . . 1897 v. Oossler, D. Dr., Staatsminister und Ober- Präsident der Provinz Westpreußen, Excellenz, in Danzig . 1891 Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin (Ordent¬ liches Mitglied 1863) . 1892 Ehrenmitglied seit: Möbius, K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrath, Director der Zoologischen Sammlung des Kgl. Museums für Naturkunde in Berlin (Corresp. Mitglied 1871) . 1893 Neumayer, Dr., Prof., Wirk], Geh. Admiral.- Rath, Director der Deutschen Seewarte in Hamburg (Corresp. Mitglied 1880) 1893 Radde, Dr., Geheimer Rath, Director des Kaukasischen Museums in Tiflis (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Semon , Dr., Sanitätsrath, in Danzig (Ordent¬ liches Mitglied 1853) . 1898 II. Correspondirende Mitglieder. Corresp. Mitglied seit: Ascherson, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin . 1893 Berendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrath, Landesgeologe in Berlin .... 1893 Bezzenberger, Dr., Geh. Regierungsrath, Prof, an der Universität in Königs¬ berg i/Pr . 1894 v. Borries, Oberst a. D., Director des Pro¬ vinzial- Museums in Halle a. S. (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Buchenau, Dr., Prof., Gymnasial-Director in Bremen . 1889 Cohn, Hermann, Dr., Professor an der Uni¬ versität in Breslau . 1880 Conwentz, Dr., Professor, Director desWest- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) . 1878 Corresp. Mitglied seit: Deecke, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Dorr, Dr., Prof., Oberlehrer in Elbing . 1898 v. Drygalski, E,, Dr., Professor an der Universität in Berlin . 1897 Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül¬ hausen im Elsaß, z. Z. in »Sumatra 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock . 1897 Grempler, Dr., Geheimer Sanitätsrath, in Breslau . 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Docent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medicinalrath in Hildesheim . 1877 LXIX Corresp. Mitglied seit: Haeckel, Dr., Hofrath, Professor an der Universität in Jena . 1868 Hartig, R., Dr., Professor an der Porst¬ akademie in München . 1893 Hazelius, Arthur, Dr., Director des Nordi¬ schen Museums in Stockholm . . 1898 Hedin, Sven, Dr., in Stockholm, z. Z. in Asien . 1898 Horn, Dr., Fabrik-Dirigent in Leopoldshall 1868 Jacohsen, Emil, Dr., Chemiker in Berlin 1870 Jentzscli, Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 Le Joli, Professeur des Sciences in Cher¬ bourg . 1857 Rehding, Consul in Medan/Deli, Sumatra 1894 Klein , Herrn., Dr., in Köln . 1873 v. Klinggraeff, H., Dr., in Paleschken, Kr. Stuhm . 1877 Klunzinger , C. B., Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart 1875 Kollm, Georg, Hauptmann a. D., General- secretär der Gesellschaft für Erd¬ kunde in Berlin . 1893 Lemcke, Dr., Professor, Gymnasial- Director in Stettin . 1898 Liebeneiner, Forstmeister in Carzig . . . 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Luerssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr . 1893 ALagnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin . 1893 Mestorf, Fräulein Johanna, Prof., Director des Kgl. Museums vaterländischer Alterthümer in Kiel . 1899 Meyer, 0. E., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Universität in Breslau . 1896 Corresp. Mitglied seit ■ Müller, Paul A., Dr., Hofrath, Gehilfe des Directors des Magnet.-Meteorol. Observatoriums in Jekater inenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Natliorst, A. G., Dr., Prof., Director der phytopaläontologischen Abtheilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Penzig, Dr., Professor an der Universität in Genua . 1888 Poelchen, Dr., dirigirender Arzt des Städt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) . 1893 Beinicke, E., Verlagsbuchhändler in Leipzig 1893 Reinke, I)r., Geh. Regierungsrath, Pro¬ fessor an der Universität in Kiel . 1893 Remele, Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Forstakademie in Eberswalde 1894 Ross, Dr., Privatdocent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover . 1897 Schröder, Hugo, Dr., in London .... 1880 Schumann, K., Dr., Prof., Kustos am Bota¬ nischen Museum in Berlin . . . 1893 Schweder, G., Gymnasial-Director a. D., in Riga . 1895 Strasburger, Dr., Geh. Regierungs-Rath, Professor an der Universität in Bonn a. Rh . 1880 Thoreil, Dr., Professor in Helsingborg (Schweden) . 1875 Treptow, Emil, Professor an der Bergaka¬ demie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) . 1893 Wittmack, L., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Landwirthschaftl. Hochschule in Berlin . 1893 III. Ordentliche Mitglieder. a. Einheimische. Aufgen. im Jahre Abegg, Dr., Geh. Medicinal- und Sanitäts¬ rath, Director der Provinzial - Heb- ammen-Lehr-Anstalt in Danzig . . 1856 Abraham , I)r., Arzt in Langfuhr bei Danzig 1899 Adam, Regierungs-Baumeister in Danzig . 1896 Adler, Ingenieur in Danzig . 1895 Aufgen. im Jahre Althaus. Dr., Arzt in Danzig . 1874 Anton, Regierungsrath in Danzig . . . 1899 Baatz, Franz, Kaufmann in Danzig . . 1896 Badt, Frido, Kunstmaler in Danzig . . 1899 Bahnsch, Dr., Prof., Oberl. in Danzig . . 1886 Bail, Dr., Stadtrath in Danzig .... 1897 LXX Aufgen. im Jahre Bartels, Kapitän in Neufahrwasser . . . 1874 Barth, Dr., Prof., Medicinalrath und Ober¬ arzt in Danzig . 1896 Behrendt, Dr., Arzt in Danzig .... 1893 Behrendt , Rechtsanwalt in Danzig . . . 1895 Berenz, Emil, Kaufmann in Danzig . . . 1882 Berger, J. J., Commerzienratb, in Danzig . 1873 Berndts, G., Dr., Regierungsrath in Danzig 1893 Bernicke, J. C., Kaufmann in Danzig . . 1896 Bertling, A., Buchhändler in Danzig . . 1892 Bischof, Oscar, Stadtrath in Danzig . .1878 v. Bockeimann, Oberlehrer in Danzig . . 1888 Böttger, Regierungs- und Geh. Baurath in Danzig . 1896 von Bötticher, Buchhändler in Danzig . . 1896 Boretius, Dr., Generalarzt a.. D., in Danzig 1883 Bornträger, Dr., Regierungs- und Medici¬ nalrath in Danzig . 1895 Brandt, Consul in Danzig . 1896 Breidsprecher, Königl. Baurath, Eisenbahn- Director in Danzig . 1892 Burdach, Dr., Arzt in Danzig .... 1899 Citron, Rechtsanwalt in Danzig .... 1885 Claassen, Adolf, Stadtrath in Danzig . . 1896 Claassen, Albert, Commerzienratb, in Danzig 1886 Cohn, Apotheker in Danzig . 1896 Conwentz, Dr., Prof., Director des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig 1878 Dohms, Dr., Oberlehrer in Danzig . . . 1892 Damme, Geh. Commerzienratb, in Danzig . 1867 Damme, Dr., Kaufmann in Danzig . . . 1897 Debbert, Dr., Oberlehrer in Danzig . . 1895 Delbrück, Oberbürgermeister in Danzig . 1894 Deubel, Korvetten- Kapitän in Danzig . . 1899 Dommasch, Rendant in Danzig .... 1874 Dreyling, Dr., Arzt in Danzig . 1889 Effler, Dr., Arzt in Danzig . 1897 Ehlers, Stadtrath in Danzig . 1876 Ehrhardt, Hauptmann in Neufahrwasser bei Danzig . 1899 Eller, Dr., in Danzig . 1888 Erigier, Georg, Kaufmann in Danzig . . 1896 Erdmann, Rector der Rechtstädtischen Mittelschule in Danzig . 1898 Evers, Prof., Oberlehrer in Danzig . . . 1878 Fahl, Regierungs- u. Baurath in Danzig 1892 Farne, Dr., Arzt in Danzig . 1878 Fechner, Zahnarzt in Danzig . 1894 Fischer, Dr., Oberarzt in Danzig . . . 1890 Aufgen. im Jahre Fischer, Q., Brauereibesitzer in Neufahr¬ wasser . . . . . 1893 Fischer, Director der staatlichen Fort¬ bildungsrehule in Danzig .... 1899 Fleischer, H., Zahnarzt in Danzig . . . 1892 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer in Danzig 1896 Francke, Dr., Arzt in Danzig .... 1896 Freitag, Dr., Arzt in Danzig . 1871 Freymuth, Dr., Sanitätsrath, Oberarzt in Danzig . 1876 Fricke, Dr., Director der Oberrealschule in Danzig . 1898 Friedländer , Dr., Arzt in Danzig . . . 1883 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer in Danzig . 1898 Gaebler, Fabrikbesitzer in Danzig . . . 1392 Gartenbauverein in Danzig . 1890 Gehrke, W., Maurermeister in Danzig . . 1882 Gehrke, Dr., Arzt in Danzig . 1895 Gieldzihski, Kaufmann in Danzig . . . 1875 Ginsberg, Dr., Arzt in Danzig .... 1890 Gläser , Dr., Arzt in Danzig . 1894 Glaser, Dr., Sanitätsrath, in Danzig . . 1859 Goetz, Dr., Arzt in Danzig . 1882 Goldhaber, Dr., Arzt in Danzig .... 1900 Goldschmidt, Dr., Arzt in Danzig . . . 1892 Goltz, Rechnungsrath, in Danzig .... 1872 Greffin, Telegraphendirector in Danzig . 1882 Güntz, Ernst, Dr., Chemiker in Danzig . 1890 Hagele, Dr., Chemiker in Danzig . . . 1899 Hanff, Dr., Arzt in Danzig . 1874 Hasse, Franz, Kaufmann in Danzig . . 1877 Heil, Bruno, Architekt in Danzig . . . 1900 Helm, 0., Dr., Stadtrath und Medicinal- Assessor in Danzig . 1866 Helmbold, Dr., Arzt in Danzig .... 1897 Hesekiel, Landgerichtsrath in Danzig . . 1874 Hess, Oberlehrer in Danzig . 1891 Hildebrand, Apotheker in Danzig . . . 1883 Hobein, Dr., Oberstabsarzt in Danzig . . 1897 Hoepffner, Dr. Generalarzt a. D., in Danzig 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr bei Danzig 1898 Holtz, J., Kaufmann in Danzig .... 1871 Hopp, Dr., Arzt in Danzig . 1899 Ibartli, Oberlehrer in Danzig . 1896 Jelski, Dr., Arzt in Danzig . 1892 Kabus, Rentner in Danzig . 1892 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer in Danzig . 1886 LXXI Aufgen. im Jahre Kaufmann , E., Landgerichtsrath in Danzig 1899 Kayser, Dr., Astronom in Danzig . . . 1859 Keil, Obei-lehrer in Danzig . 1885 Ktckhefel, Dr., Arzt in Danzig .... 1899 Kiesow, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig . 1877 Kist, Rentner in Danzig . 1891 Klawitter, Willy, Kaufmann in Danzig . . 1897 Klingbeil, Oberlehrer in Danzig .... 1891 König, Dr., Regierungs- und Forstrath in Danzig . 1899 Köstlin, Dr., Assistenzarzt in Danzig . . 1898 Kohtz, Dr., Arzt in Danzig . 1881 Korella, Dr., Oberlehrer in Danzig . . . 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer in Danzig . 1884 Kosmack, Stadtrath in Danzig . 1882 Kresin, Dr., Arzt in Danzig . 1885 Kressmann, Arthur, Consul in Danzig . . 1880 Kretschmann, Dr., Director des Königl. Gymnasiums in Danzig .... 1884 Kruse, Dr., Geheimer Regierungs- und Pro- vinzial-Schulrath in Danzig . . . 1879 Kruse, Landesrath in Danzig . 1899 Kumm, Dr., Kustos am Westpr. Provinzial- Museum in Danzig . 1892 Kunath, Director der städtischen Gas- und Wasserwerke in Danzig .... 1881 Laasner, Uhrmacher in Danzig .... 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig . . 1885 Lange, P., Oberlehrer in Danzig . . . 1892 Lehmann, Eisenbahnsekretär in Danzig . . 1896 Lehmann, Regierungsrath in Danzig . . 1899 Lehmann, Dr., Arzt in Danzig .... 1900 v. Leibitz, Major a. D., in Langfuhr . . 1892 Levinsohn, Apothekenbesitzer in Danzig . 1896 Lewy, J., Dr., Arzt in Danzig .... 1887 Leyden, Oscar, Kaufmann in Danzig . . 1880 Lierau, Dr., Gymnasiallehrer in Danzig . 1888 Lietzau, Herrmann, Apothekenbesitzer in Danzig . 1879 Lietzau, Victor, Optiker in Danzig . . . 1896 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt in Danzig . . 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann in Danzig 1891 JSLagnussen, Dr., Arzt in Danzig . . . 1896 Mannliarclt, Prediger in Danzig .... 1894 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister in Neufahrwasser . 1874 Marx, Fabrikdirector in Danzig .... 1898 Matthaei, Dr., Stabsarzt in Danzig . . . 1894 Meyer, Albert, Consul in Danzig . . . 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . . 1896 Aufgen. im Meyer, Dr., Director des Realgymnasiums in Danzig . Michelsen, Apothekenbesitzer in Danzig Mix, Commcrzien-Rath, in Danzig . Möller, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . Momber, Prof., Oberlehrer in Danzig . Müller, Hugo, Dr., Arzt in Danzig . Münsterberg, Otto, Kaufmann in Danzig . Muscate, Commerzienrath, in Danzig . . JVass, C ., Oberlehrer in Danzig .... Neitzke, Korvetten-Kapitän in Danzig . . Neumann , Dr., Director der Victoriaschule in Danzig . Oehlschläger, Dr., Arzt in Danzig . . . Oetting, Staatsanwalt in Danzig .... Ortmann, Paul, Dr., Arzt in Danzig . Otto, Baumeister in Langfuhr . Otto, Robert, Consul in Danzig .... Penner, W., Stadtrath in Danzig . . Penner, Dr., Arzt in Danzig . Perlbach, Ernst, Kaufmann in Danzig . Peters, Rentner in Langfuhr bei Danzig Petruschky, Dr., Vorsteher des Bakteriolo¬ gischen Instituts in Danzig . Petschow, Dr., Chemiker in Danzig . . Philipp, Dr., Arzt in Danzig . Pincus, Dr., Arzt in Danzig . Preusse, Departements-Thierarzt und Vete¬ rinär-Assessor in Danzig . . . . Puttkammer, Franz, Kaufmann in Danzig Putzier, Dr., Arzt in Danzig . Heger, Dr., General-Oberarzt in Danzig Rehbein, Apothekenbesitzer in Danzig . . Reichenberg, Robert, Kaufmann in Danzig Reimann, Dr., Arzt in Danzig . . . . Reinicke, Kapitän, Vorsteher der Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahr¬ wasser bei Danzig . Reinke, Dr., Arzt in Danzig . Remele, Corps-Stabsapotheker in Danzig . Rickert, H., Landesdirector a. D., Mitglied des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten, in Danzig . von Riesen, E., Rentner in Langfuhr Rodenacker, Ed., Stadtrath in Danzig Rodenacker, Th., Rheder in Danzig Rosenstein, Dr., in Danzig .... Runde, Eugen, Kaufmann in Danzig Saage, Amtsgerichtsrath in Danzig . Salzmann, Carl, Kaufmann in Danzig Jahre 1894 1895 1865 1899 1867 1888 1877 1894 1894 1899 1896 1867 1897 1892 1872 1879 1872 1884 1886 1880 1897 1892 1898 1883 1890 1887 1894 1899 1896 1896 1894 1899 1891 1898 1869 1896 1873 1896 1895 1900 1880 1875 LXX1I Aufgen. im Jahre Sander, Georg, Redacteur in Danzig . . 1900 Sauer, Julius, Lithograph in Danzig . . 1872 Schaefer, Kaufmann in Danzig .... 1885 Schar ff enorth, Dr., Arzt in Danzig . . . 1889 Scheeffer, Prof.. Oberlehrer in Danzig . . 1878 Scheller, Apothekenbesitzer in Danzig . . 1882 Schlucker, Kaufmann in Langfuhr . . . 1886 Schlüter, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1879 Schmechel, Landschafts -Secretär in Danzig 1868 Sclioenberg, Kaufmann in Danzig . . . 1874 Schreiber, Lehrer in Danzig . 1879 Schrei), Regierungsrath, Director der Waggonfabrik in Danzig .... 1898 Schroeter, Georg, Dr., Arzt in Danzig . . 1895 Schroeler, Paul , Dr., Arzt in Danzig . . 1890 Schütte, Ingenieur in Danzig . 1899 Schultz , Dr., Arzt in Danzig . 1896 Schnitze, S. S., Gymnasiallehr.a.D. in Danzig 1865 Schumann, E , Prof., Oberlehrer in Danzig 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt in Danzig . . 1892 Scliwar zenberger , Major a. D., in Danzig . 1900 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi¬ schen Fischerei-Vereins in Danzig . 1898 Semon, Max, Dr., Arzt in Danzig . . . 1893 Siede, Carl , Ingenieur in Danzig . . . 1898 Simon, Dr., Arzt in Danzig . 1879 Solmsen, Dr., Arzt in Danzig . 1899 Spendlin . Oberlehrer in Danzig .... 1898 Staberow, Victor, Apotheker in Danzig . 1893 Staeck, Ad., Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 Stangenberg, Dr., Arzt in Danzig . . . 1899 Steffens, Otto, Kaufmann in Danzig . 1877 Steger, Dr., Kreisphysikus in Danzig . . 1895 Steimmig, Paul, Fabrikbesitzer in Danzig 1895 Steimmig, R., Fabrikbesitzer in Danzig . 1878 b. Aus Aufgen im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Commerz- und Admirali¬ tätsrath a. D., Bankdirector in Berlin 1893 Abegg, Philipp, Rentner in Wiesbaden . 1893 Albrecht, Dr., Landrath in Putzig . . . 1888 Alterthumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz 1872 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 Bindemann, Bauinspector in Charlottenburg, Goethestraße 83 . 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu¬ stadt Westpr . 1882 Böhm, CommerzieDrath, in Zoppot . . . 1865 ufgen. im Jahre Steinicke, Ingenieur in Danzig .... 1896 Stoddart, Francis, Commerzienrath, Stadt¬ rath in Danzig . 1877 Störmer, Albert, Kaufmann in Danzig . . 1898 Sudermann, II7., Kaufmann in Danzig . . 1894 Suhr, P., Oberlehrer in Danzig .... 1890 Thomas, Gust., Vorsteher der landschaft¬ lichen Darlehnskasse in Danzig . . 1893 Tornumldt, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Danzig 1870 Trampe , Bürgermeister in Danzig . . . 1898 TJnndi. Kaufmann in Danzig . 1896 Vagedes, Dr. , Stabsarzt in Danzig . . . 1897 Valentini, Dr., Prof., Oberarzt in Danzig 1899 T Vachsmann, Oberingenieur in Danzig . 1899 Wallenberg , Abrah., Dr., Sanitätsrath, Arzt in Danzig . 1865 Wallenberg, Adolf, Dr.. Arzt in Danzig . 1887 Wallenberg, Th., Dr., Arzt in Danzig . . 1897 Wanfried, Commerzienrath in Danzig . . 1892 Wedding, W., Rentner in Danzig . . . 1897 Wegener, Oberlehrer in Danzig .... 1892 Weiss, Rechtsanwalt in Danzig .... 1890 Wessel, Polizei-Präsident in Danzig . . 1894 Westpreussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure, in Danzig . . 1890 Willers, Dr., Regierungsrath in Danzig . 1892 Wittkowski, Reichsbank-Director in Danzig 1899 Wolff, August, Kaufmann in Danzig . . 1875 Ziegenhagen, Kaufmann in Danzig . . . 1875 Ziem, Dr., Arzt in Danzig . 1885 Zimmermann, Aug., Ingenieur in Danzig 1883 Aufgen. im Jahre Böhm, Joh., Dr., Assistent an der geol.- pal. Sammlung d. Königl. Museums für Naturkunde in Berlin N., In¬ validenstraße 43 . 1884 Borchardt, W., Apothekenbesitzer in Berent Westpr . 1878 Bremer, Emil, Dr., Kreisphysikus in Berent Westpr . 1886 Domnick, Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Blilers, Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 L XXIII Aufgen. im Jahre Gräbner, P., Dr., Assistent am Kgl. Botani¬ schen Garten in Berlin W., Grune- waldstraße 4 — 6 . 1894 v. Grass, Präsident des Westpreußischen Provinzial-Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Director der Realschule in Graudenz . 1885 Hartingli, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin . . 1879 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg, Capland 1897 Hennig, Dr., Arzt in Ohra . 1887 v. Heyden, Dr., Major z. D., in Bocken- heim bei Frankfurt a. M . 1867 Hilbert, Dr., Arzt in Sensburg Opr. , . 1899 Hinkelmann , Lehrer in Krottoschin bei Bischofswerder W pr . 1899 Hirschfeld, Dr., Arzt in Dirschau . . . 1899 Hohnfeldt, Dr., Oberlehrer in Marienwerder 1884 Iloyer, M., Director der landwirtschaftlich. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hüge, Apothekenbesitzer in Elbing . . , 1895 Kämpfe, Dr., Kreisphysikus in Karthaus Westpr . 1895 Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr . 1892 Knoch, Prof., Oberlehrer in Jenkau bei Danzig . . . . . 1880 Kreis- Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kroemer, Dr., Medicinalralh, Director der Provinzial -Irrenanstalt inKonradstein bei Pr. Stargard . 1884 Lampe, Dr., Prof., Oberlehrer a. D. in Zoppot . 1859 Landwirthschaftliche Schule zu Marienburg 1885 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau . 1879 Alac-Lean Lochlan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau . 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei WarlubieD, Kreis Sch wetz . . .1877 Meisner, Dr., Generalarzt in Altona . . 1894 Meschede, Dr., Professor, Director der Städt. Krankenanstalt und der Psychiatri¬ schen Universitätsklinik in Königs¬ berg . 1872 Möbius, Dr., Kreisphysikus in Schwetz a. W. 1899 Moeller, Dr., Sanitätsrath, Kreisphysikus in Czarnikau Ostpr . 1879 Aufgen. im Jahre Morwitz, Jos., Kaufmann in Berlin Pens., U. S. A . 1871 Morwitz, Mart., Kaufmann in Berlin W., Linkstraße 1 . 1873 Nagel, Dr., Prof., Director des Realgym¬ nasiums in Elbing . 1867 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oberbergamt, Königl., in Breslau . . . 1890 v. Palubickt, Major und Rittergutsbesitzer auf Liebenhof bei Dirschau . . . 1876 Plelin, Landschaftsdirector, Rittergutsbesitz. aufKrastudenb.Nikolaiken,Kr.Stuhm 1878 Poppo, Dr., Sanitätsrath, in Marienwerder. 1886 Praetorius, Dr., Prof., Oberlehrer in Könitz 1878 Preuschoff, Probst a. I)., in Frauenburg Opr. 1884 Progymnasium in Neumark . 1897 JRabbas, Dr., Director der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 Roepell, Kammergerichtsrath in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 31 . 1889 v.Rümcker, Rittergutsbesitzer a. Kokoschken 1880 Ruttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S . 1892 Schahnasjahn, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig . 1882 Schimanski, Dr., Arzt in Stuhm .... 1886 Schmidt, August, Dr., Oberlehrer in Lauen¬ burg in Pommern . 1879 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1883 Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmühl . . 1883 Schoettler, Prof., Oberlehrer in Pr. Stargard 1881 Scholz, Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder . 1897 Schubart, Dr., Prof., in Zoppot .... 1866 Schultz, Dr., Wirk!. Geh. Ober-Regierungs¬ rath, Regierungs-Präsident a. D. in Hannover, Arnswaldstraße 5 . . . 1879 v. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in Waplitz, Kr. Stuhm 1890 Solger, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Stadtbibliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Strand, cand. phil., in Christiania . . . 1898 Treichel, A., Rittergutsbesitzer in Hoch Paleschken, Kr. Berent .... 1876 7 Vagner, Dr., Arzt in Zoppot .... 1890 Zehr, Photograph in Elbing . 1896 Zynda, Lehrer in Stuhm . 1883 LXX1V B. Mitglieder der Anthropologischen Section. Abegg, Di\, Geh. Med. -Rath, in Danzig. Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz. Bahnsch, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Bail, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Borntraeger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath in Danzig. Conwentz, Dr., Prof., Director des Westpreußi¬ schen Provinzial-Museums in Danzig. Dommasch, Rendant in Danzig. Friedländer, Dr., Arzt in Danzig. Gehrke, Dr., Arzt in Danzig. Ooldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. v. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanff, Dr., Arzt in Danzig. v. Lianstein, Provinzial-Secretär in Danzig. Helm, 0., Dr., Stadtrath in Danzig. Holtz, J., Kaufmann in Danzig. Hoyer, Director der Landwirthschaftsschule in Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt in Danzig. Kafemann, Buchdruckereibesitzer in Danzig. Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Nord¬ deutschen Lloyd in Bremen. Kayser, Dr., Astronom in Danzig. Kornstaedt, Apothekenbesitzer in Danzig. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro¬ vinzial -Museum in Danzig. C. Mitglieder der Section Bail, Th., Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Bertling , A., Buchhändler in Danzig. Dahms, Dr., Oberlehrer in Danzig. Dommasch, F., Rendant in Danzig. Eller, Dr., in Danzig. Evers, H., Prof., Oberlehrer in Danzig. Fricke, Dr., Oberrealschul-Director in Danzig. Helm, 0., Dr., Stadtrath in Danzig. Hess, Oberlehrer in Danzig. Holtz, John, Kaufmann in Danzig. Kayser, E ., Dr., Astronom in Danzig. Keil, P., Oberlehrer in Danzig. Klingbeil, Oberlehrer in Danzig. Lakowitz , Dr., Oberlehrer in Danzig. Lampe, H., Dr., Prof., in Zoppot. Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig. Lemke, E., Fräulein, in Berlin. Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin. Märker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien, Kr. Schwetz. Meyer, Consul in Danzig. Momber, Prof., Oberlehrer in Danzig. Münsterberg, Otto, Kaufmann in Danzig. Nauck, Rector a. D., in Schlochau. Oehlschläger, Dr., Arzt in Danzig. Otto, Baumeister in Langfuhr. Rickert, Landesdirector a. D., in Danzig. Schmechel, Landsch.-Secretair in Danzig. Schmidt, Redakteur in Danzig. Schwandt, Prediger in Neustadt Wpr. Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Semon jun., Dr., Arzt in Danzig. Simon, Dr., Arzt in Danzig. Steimmig, R., Fabrikbesitzer in Danzig. Steinwender, Prof., Oberlehrer in Danzig. Stryowski, Prof., in Danzig. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Wallenberg, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Wedding, fl7., Rentner in Danzig. Wessel, Polizei-Präsident in Danzig. Witt, Geometer in Danzig. für Physik und Chemie. Lange, P„ Oberlehrer in Danzig. Lietzau, Optiker in Danzig. Marschalk, C., Kaiserlicher Maschinenmeister in Neufahrwasser. Momber, A., Prof., Oberlehrer in Danzig. Nass, Oberlehrer in Danzig. Neumann, Dr., Director der Victoriaschule in Danzig. Reinicke, Kapitän in Neufahrwasser. Scheeffer, E., Prof., Oberlehrer in Danzig. Schlüter, Prof., Oberlehrer in Danzig. Schumann, E., Prof., Oberlehrer in Danzig. Sulir, P., Oberlehrer in Danzig. Wedding, W., Rentner in Danzig. Wegener, Oberlehrer in Danzig. Zimmermann, Aug., Ingenieur in Danzig LXXV Herren Dr. ff ff ff »J ff ff >) ff ff ff ff 5 J ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff D. Mitglieder der Medicinischen Abegg, Geheim. Medic.-Rath. Abraham. Althaus. Barth, Prof., Medic.-Rath. Behrendt. Bereut. Beyer. BÖhnke. BÖnheim. von Bönigk. Börker. Boretius, Generalarzt a. D. Bornträger, Reg. u. Med.-Rath. Briesewitz. Dreyling. Effler. Farne. Fast. Fetlike. Feyerabend. Fischer. Fleck. Franke. Freitag. Freymuth, Oberarzt, Sanitäts¬ rath. Friedländer. Oehrke I. Gehrke II. Ginsberg. Glaeser. Glaser. Goetz. Goldschmidt. Haedtke. Hanff. Hartmann. Helmbold. Hennig. Hoepffner, Generalarzt a. D. Hohnfeldt. Hopp. Jelski. Karpinski, Kathke. Die Herren Dr ff ff ff ff ff ff ff ff f f J ) ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff ff f ff Section . Kicklief el. Kostlin. Kohtz. Kownatzki. Kraft. Kresin. Kubacz. Langner. Lehmann. Lemkowski. Lcwy. Lievin. Kit w.iki. h ' :a Lean. J ' ignussen. Masurke. Mcy Sem > Meyer. Möller. Mroczynski. Müller. Neumann. Oehlschläger. Ortmann. Panecki. Penner. Petruschky. Philipp. Pincus. Putzier. , Redmer. Reimann. Reinke. Rodenacker. Schar ff enorth. Schomburg. Schourp. Schröter I. Schroter II. Schulz I. , Schulz II. , Scliustelirus. , Semon, Sanitätsrath. , Semon jun. Semrau. LXXVI Die Herren Dr. 11 11 11 11 11 11 11 11 Siegmund. Simon. Solmsen. Stangenberg. Stankowski. Stanowski. Steger, Kreisphysikus. Swieczewski. Szpitter. Die Herren Dr. 11 11 11 11 1 1 11 11 11 Thun. Tornwaldt, Sanitätsrath. 11 Valentini, Prof., Oberarzt. Wagner, Wallenberg I., Sanitätsrath. Wallenberg H. Wallenberg III. Wegeli. Wiedemann , Sanitätsrath. Wisselinck. Wolff. von Wybicki. E. Mitglieder der Section für Gesundheitspflege. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Barth, Dr., Professor, Medicinalrath. Blasche, Polizeirath. Bleich, Oorpsroßarzt. Böttger, Regierungs- und Geheimer Baurath. Bornträger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Bremer, Dr., Kreisphysikus in Berent. Damus, Dr., Stadtschulrath. Eller, Dr., Ingenieur. Eschricht, Dr., Kreisphysikus. Fahl, Regierungs- und Bauratb. Farne, Dr., Arzt. Flater, Amtsgerichtsrath. Freitag, Dr., Arzt. Freymuth, Dr., Sanitätsrath. Friedländer, I)r., Arzt. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Oehrke, Dr., Arzt. Giesebrecht, Kaufmann. Gläser, Dr, , Arzt. von Gossler, Ober-Präsident. Her pst, Chemiker. Herrmann, Dr., Kreisphysikus in Dirschau. Hildebrand, Gerichts-Chemiker. Hobein , Dr., Oberstabsarzt. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe, Dr., Kreisphysikus in Karthaus Wpr. Knochenhauer, Apothekenbesitzer. Krause, Anstaltsdirector in Tempelburg. Lauer, Dr., Kreiswundarzt in Schöneck. Lautz, Dr., Regierungsrath. Lehmbeck, Baurath. Lewinsohn, Apothekenbesitzer. Matthäi, Dr., Oberstabsarzt. Neumann, Dr., Director. Nickel, Dr., Chemiker. Petruschky, Dr., Vorsteher des Bacteriologischen Instituts. Preusse, Veterinär- Assessor. Rehbein, Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Reinemann, Oberroßarzt. Remele, Corpsstabsapotheker. Rousselle, Rentner. Sander, Redacteur. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Director des städtischen Schlacht- und Viehhofs. Schräder, Chemiker. Schröter, Dr., Arzt. Schwonder, Rentner. Semon, Dr., Sanitätsrath. Semon, Dr., Arzt. Steger, Dr., Kreisphysikus. Toop, Stadtrath. Torczewski, Oberroßarzt. Vagecles, Dr,, Stabsarzt. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Wallenberg, Adolf, I)r., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Pranst. Wolff, Dr , Arzt. LXXV1I F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für die Jahre 1899 und 1900 sind gewählt worden als: Director: Professor Momber. Vicedirector: Geh. Medicinalrath Dr. Abegg. Secretär für innere Angelegenheiten: Sanitätsrath Dr. Semon. Secretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: Kaufmann Otto Münsterberg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz. Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Dr. Oehlscliläger. Vorsitzender der Anthropologischen Section ist Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Section für Physik und Chemie ist Professor Evers. Vorsitzender der Medicinischen Section ist Geh. Medicinalrath Dr. Abegg. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins ist Oberbürgermeister Delbrück. Vorsitzender der Section für Gesundheitspflege ist Regierungs- und Medicinalrath Dr. Bornträger. Geologische Skizzen aus der Tucheier Heide von Dr. Gr. Maas. Schon mehrfach sind die zoologischen und botanischen Verhältnisse der Tucheier Heide oder einzelner Theile derselben zur Darstellung gebracht worden *). Dagegen war die geologische Beschaffenheit, dieses Gebietes im Allgemeinen bisher, von der Untersuchung einiger Aufschlüsse und Reihen von Aufschlüssen2) abgesehen, noch nicht Gegenstand der Erörterung. Es soll nun versucht werden, in großen Zügen den Aufbau und die Entstehung des Bodens zu entwickeln, aus denen sich manche der botanischen Eigen¬ arten des großen Waldgebietes herleiten lassen. Leider muß ich mich dabei fast ausschließlich auf mein engeres Arbeitsgebiet, den Westrand der Heide, beschränken, da ich mir nur gelegentlich einen Einblick in die geo¬ logischen Verhältnisse der weiteren Umgebung verschaffen konnte3). Wenn man von Könitz kommend die Haltestelle Frankenhagen hinter sich gelassen hat und zwischen den Dörfern Petztin und Deutsch Cekzin hindurchfährt, so gewahrt man nach Süden zu eine weitausgedehnte Moor¬ wiesenfläche, in deren Mitte etwa sich der als praehistorischer Punkt bekannte Schloßberg von Sady4) erhebt. Dieser alte Seeboden, dessen Umfang ehemals noch viel bedeutender war als jetzt, wie die ihn fast überall umgebende Terrasse deutlich erkennen läßt, wird auf drei Wegen zur Brahe hin ent¬ wässert, nach Norden durch die von Seen erfüllte Senke von Deutsch Cekzin — Frankenhagen — Reetz, zu welcher der große Przyarcz-See nicht gehört, nach Osten durch den Kitschbach und nach Süden durch den zur Kamionka strö¬ menden Wittrichgraben. Diese Thalfurchen bieten sehr bequeme Wege zur Brahe, und einer, der Kitschniederung, folgt auch im Wesentlichen die Eiscn- i) Z. B. Schuette, Die Tucheier Heide, vornehmlich in forstlicher Beziehung. Danzig 1893. Abli. z. Landeskunde d. Prov. Westpreußen, Heft V. und Conwentz, Botanische und zoologische Skizzen aus der Tucheier Heide. Diese Schriften, N. F., Bd. YHI, Heft 3/4, S. '2*21 — 229, wo die weitere botanische Litteratur aufgeführt wird. A. Jentzsch, Das Profil der Eisenbahn Könitz — Tuchei — Laskowitz. Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt z. Berlin, 1883, S. 550 — 593. Ders.. Neue Gesteins-Aufschlüsse in Ost- und Westpreußen 1893 — 1895. Ebenda. 189G. S. 76 — 87. Ders.. Zur Fabrikation von Glas und Porzellan geeignete Rohmaterialien in der Provinz Westpreußen. Zeitschr. f. prakt. Geologie. 1897. S. 207—209. s) Eingehender werden die fraglichen Verhältnisse im Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt Gehandelt werden. 4) Yergl. Schuette, a. a. O., S. 8. i 2 bahn nach Tuchei. Versucht inan dagegen, zwischen diesen Thalziigen in gerader Linie die Brahe zu erreichen, so wird diese Wanderung recht er¬ müdend. Denn diese Gebiete steilen ein wirres Durcheinander von Höhen und Senken dar, deren Anordnung scheinbar jeder Gesetzmäßigkeit entbehrt. Meist sind die Senken von einem kleineren oder größeren Seebecken erfüllt, oder Moor und Torf beweisen die ehemalige Anwesenheit solcher. Je mehr wir uns von dem Sadyer See1) entfernen, um so verworrener wird das Bild der Bodenoberfläche, um so mehr ändert sich auch der Charakter der Boden- beschaffenheit. An die Stelle der Lehm-2) und Sandflächen, auf denen wir nur hin und wieder einen größeren Steinblock sahen, treten ähnliche Gebilde, die aber durch ihren Steinreich tlium auffallen; überall sehen wir Ansamm¬ lungen oft recht gewaltiger Blöcke, die auf den Feldern oder an den Wegen zusammengehäuft sind. In künstlichen oder natürlichen Aufschlüssen sehen wir auch, wie Sandmassen unter der Lehmdecke hervorquellen, gleichsam hervorgepreßt sind, an der Oberfläche noch mit kleineren Lehmfetzen oder nur mit zahllosen Steinen bedeckt. So ist es besonders in der Königl. Forst Eichberg und bei Liskau, südlich von Tuchei, in dem das trigonometrische Signal tragenden Höhenzuge zwischen Koslinka und Bialowiersz, nördlich, und zwischen Bladau, Sehlen und Tucholka, westlich von Tuchei. Das ganze Gelände macht durchaus den Eindruck der gestauchten Grundmoränenland¬ schaft hinter den Endmoränenzügen in anderen Gebieten, nur vermissen wir die Endmoräne selbst, wenigstens die wallartige Geschiebepackung. Von einem höher gelegenen Punkte am Außenrande dieser Hügel-Land¬ schaft, etwa bei Liskau, hat man den Eindruck, als stelle die sich an den Fuß des meist deutlich ausgeprägten Abhanges anschließende Fläche der Tucheier Heide eine wTeite Ebene dar, als breite sich dort eins jener alten breiten Diluvialtbäler aus. Aber dieser Eindruck verschwindet, sobald man die Heide durchwandert. An die Stelle der Ebene tritt ein rascher Wechsel von Höhen und Senken, nicht so wirr wie in dem Randgebiete, aber immer¬ hin doch ähnlich. Meist in Gestalt langgestreckter, flach gewölbter Boden¬ wellen, oft ein unvermittelt auftretender Höhenzug in unmittelbarer Nachbar¬ schaft eines Sees oder einer Bruchfläche, die nirgends einen Zu- und Ab¬ fluß erkennen lassen, bieten diese Bodenformen doch ein ganz anderes Bild, als man cs von einem ehemaligen Thale erwarten sollte. Dazu kommt der Bodencharakter. Man könnte ja jene Bodenwellen für Dünenzüge ansprechen, die im Gebiete alter Thäler so häufig sind und den Eindruck des alten ’) Mit diesem Namen bezeichne ich den ganzen alten See, einschließlich der die Wiesenniedernng umgebenden Terrasse. Abran-, Kensau- und Tucholka-See sind Theile dieses ehemaligen Seebeckens. *) Der Lehm bildet liier die Verwitterungsrinde des Lehmmergels, welcher nach den in ihm vorkommenden großen und kleinen Steinen, Geschieben und Gerollen, als Geschiebe- mergel bezeichnet wird. Sandmassen, in denen solche Gerolle und Geschiebe verbreitet sind, heißen entsprechend Geschiebesand. 2 3 ebenen Thalbodens oft völlig verwischen. Dünen sind auch in der Tucheier Heide sehr häufig und zeigen oft die charakteristische Gestalt der Winkel¬ dünen, Barkhane. Aber die überwiegende Mehrzahl der Heidehöhen sind anderer Natur. Sand- und Kiesmassen sind es, fast stets mit zahlreichen, kopfgroßen und viel größeren, scharfkantigen und eckigen Blöcken, die ohne jede Gesetzmäßigkeit in dem feineren Material zerstreut liegen. Je größer der Steinreichthum, das läßt sich in Gruben beobachten, je größer die Stein¬ blöcke, um so steiler erhebt sich der Höhenzug. Fast das gleiche Ansehen bieten die Geschiebesande der die Heide im Westen begrenzenden Hochfläche, und bei genauerer Betrachtung tritt die Uebereinstimmung beider immer deutlicher hervor. Zuweilen läßt sich auch beobachten, wie der grandige Heideboden in Geschiebemergel übergeht, welch letzterer in einzelnen Theilen des Heidegebietes sehr verbreitet ist, und die gleichen Arten von krystallinen und sedimentären Geschieben, auch Schollen älterer Diluvialbildungen1) ent¬ hält. Neben und in diesen ungeschichteten Geschiebesanden und oft mit ihnen wechsellagernd finden sich geschichtete Sande, bei deren Ablagerung also fließendes Wasser eine Rolle spielte. Wo solche Wasserabsätze vor¬ wiegen, da nimmt die Landschaft einen mehr ebenen Charakter an, aber meist überwiegt der Einfluß des steinigen Geschiebesandes. Bemerkenswerth sind diese geschichteten Diluvialsande besonders deshalb, weil sie hauptsächlich die Lagerstätten des in der Tucheier Heide weit verbreiteten Bernsteins2) enthalten, deren eine in jüngster Zeit bei Okiersk (Kr. Tuchei) zeitweise wieder ausgebeutet wurde. Von Liskau aus sieht man über den Wald fort in weiter Ferne schein¬ bar einen dem Liskauer Abhange entsprechenden Rand, wodurch der Eindruck des alten Thaies noch erhöht wird, und man könnte geneigt sein, in dem¬ selben die Gegend von Polnisch Cekzin, Gr. und Kl. Bislaw zu vermuten3). Aber die an ihrer Gestalt leicht kenntlichen Kirchthürme der genannten Dörfer ragen vor jenem scheinbaren Rande aus dem Walde, ja sogar noch der Kirchthurm von Lubiewo, und bei Polnisch Cekzin und Bislaw findet sich wohl eine mit großen Geschiebeblöcken be3äete Geschiebemergelfläche, aus deren schwach welligem Gelände sich vereinzelte Kuppen über das Niveau der Heide erheben, aber kein Thalrand, und hinter dieser Geschiebemergel- 1) Ein aus solchem Diluvialkies stammender Stoßzahn von Eiephas primigenius, welcher sieh in der Sammlung des W estpreussischen Provinzial-Museums befindet, zeigt deutliche glaciale Politur und Sehrainmung, wodurch er als ein von seiner ursprünglichen Lagerstätte entferntes Geschiebe genugsam charakterisirt wird. (Erwähnt von Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahn profil, S. 568—569.) 2) Schuette, a. a. 0. Tucheier Heide. S. 18, und Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahnprofil. S. 569—571. 3) Lepsius’ Geologische Karte von Deutschland (Gotha 1894), Blatt Bromberg, giebt auch ein Diluvialthal zwischen Tuchei — Liskau einerseits und Polnisch Cekzin Bislaw anderer¬ seits an. 3 1* 4 fläche dehnt sich die Heide in immer fast gleicher Meereshöhe und mit stets dem gleichen Charakter des Bodens und der Bodenformen weiter nach Osten bis hinter das Schwarzwasser, wo ein dem Rande von Kelpin — Liskau völlig analoges, wenn auch etwas niedrigeres Gehänge das Gebiet der Heide be¬ grenzt. Der von Liskau aus sichtbare Rand ist eine optische Täuschung! Fast in jeder Beziehung läßt sich der Rand am Schwarz wasser mit dem west¬ lich der Brake vergleichen. Auch er bildet die Scheide zwischen einem stärker welligen Höhengebiet und der flacheren Heide. An der Brahe sowohl als am Schwarzwasser werden Bau- und Pflastersteine gegraben, aber nicht in den Höhen, nicht aus einem endmoränenartigen Geschiebewall, sondern aus der Niederung am Fuße des Höhengebietes. Auch Steinblöcke von auffallender Größe kommen in beiden Gebieten vor, z. B. der sog. Teufelsstein im Belauf Groddeck des Oscher Forstes und ein jetzt gesprengter Block in der Kelpiner Feldmark an der Brahe von 4,9 m Länge, 2,7 m Breite und 2,5 m Höhe, der etwa 20 cbm Bau- und Pflastersteine geliefert hat. Hier und dort findet sich neben den zahlreichen Strudelloch-ähnlichen, schiissel- oder trichterförmigen Senken1) ein größeres ehemaliges Seebecken in den Grandboden der Tucheier Heide eingesenkt, heute meist in Gestalt einer großen Moorfläche von einer mehr oder weniger deutlichen Thalterrasse umgeben. Die Ablagerungen dieser alten Seebecken, von denen hier nur die von Plassowo, Budzisk, lwitz, Truttnowo genannt seien, neben der Umgebung des Mukrz-Sees mit dem durch seine Eiben bekannten Ziesbusch2), unter¬ scheiden sich, von den .Moorbildungen ganz abgesehen, wesentlich von dem umgebenden Heideboden. Es sind echte Wasserabsätze von meist feinerem Korn, und jedes Gesteinsstück ist deutlich abgerollt, nicht eckig und kantig wie sonst in der Heide. Nicht als ein altes diluviales Thal haben wir also das Gebiet der Tucheier Heide aufzufassen, aber doch als ein Gebiet, in welchem auch fließendes Wasser neben dem nordischen Eise an der Bodenbildung mitwirkte. Forstmeister Schuette sagt1*), daß auf ihn die langgestreckten grandigen Bodenwellen den Eindruck von „Endmoränen nordischer Gletscher der Eiszeit“ machen. Es liegt hierin etwas Wahres. Die Tucheier Heide liegt in dem Gebiete, in dem sich am Ende der Eiszeit Nachschub und Abschmelzen des Eises die Wage hielt, wo das Inlandeis stationär wurde, wo die Grundmoräne vom Schmelz¬ wasser sogleich wieder ausgewaschen wurde. Die Tucheier Heide zwischen den beiden Rändern bei Tuchei und am Schwarz wasser ist ein Sandr des nordischen Inlandeises, aus welchem sich erst weiter nach Süden hin Thäler p Schuette (a. a. O. Tucheier Heide, S. 5) sieht diese Senken irrthümlich für „Orte einstiger Erdfälle" an. 2) Schuette, a. a 0. Tucheier Heide, S. 29, und Conwentz, Die Eibe in Westpreußen, ein aussterbender Waldbaum. Abh. z. Landeskunde der Provinz Westpreußen. Heft III, Danzig 1892. 8. 23 — 27. 3) Schuette, a. a. 0. Tucheier Heide, S. 5. 4 5 entwickeln, und in den beiden Randgebieten mit ihrer gestauchten Oberfläche liegen hier die Endmoränen, wenn auch nur einige kleinere Vorstufen. Der See von Sady ist also ein Stausee hinter einer der Tucheier Endmoränen. Der Heideboden, seiner Entstehung nach im Wesentlichen ein Aequivalent der diluvialen Grundmoräne, des Geschiebemergels, in den er ja stellenweise übergeht, steht derselben auch in agronomischer Beziehung vielfach sehr nahe. Es beruht dies besonders auf dem im Boden vorhandenen kohlensauren Kalk, der stellenweise, durch die Tagewässer zusammengeführt, als Kalktuff auftritt, wie am Okiersker See, bei Plaskau und am Spitalsee, oder als Wiesenkalk die Unterlage mancher Torflager bildet. Dieser Kalkgehalt bewirkt, daß der Heideboden zuweilen ganz gute Aecker trägt und in seinem Holzbestande meist nichts zu wünschen läßt. Daneben freilich finden sich auch Gebiete mit trostlosem, ödem Heidecharakter. Braunes dürres Gras, Flechten und trockenes Moos bedecken den Boden, auf dem nur das Heidekraut üppig gedeiht; nur hin und wieder ein Wacholderstrauch oder diorst oder eine Kiefer, in deren Schatten sich ein grüner Teppich von Arctostapfojlos uva ursi ausbreitet. Das sind die Gebiete, in denen die etwa vorhandenen Kiefern jene buschartige Gestalt annehmen, die man als Kuscln zu bezeichnen pflegt. Die Lage dieser Heide- und Kusclgebiete ist charakteristisch und für ihre Erklärung wohl auch wichtig. Sie finden sich nur an den flößbaren Flüssen und Bächen, in der Umgebung alter Königlicher Dörfer, vornehmlich solcher, die an früheren oder noch bestehenden Thalrinnen und Seen liegen, in ehemaligen Honigbeutgebieten und auf vernachlässigten Brandflächen,, in solchen Gebieten also, in denen nach Ausrodung des früheren Waldbcstandes bei unterlassener Wiederaufforstung, infolge der früheren Waldraubwirthschaft also, die Atmosphaerilien den Boden ausgelaugt haben. Der echte Heidecharakter findet sich fast nur auf diluvialem Geschiebesand, er fehlt den Thalsandgebieten, sofern dieselben nicht mit Flug¬ sandbildungen, also auch ausgelaugten Sanden, bedeckt sind. Dieselbe Kusel¬ form zeigt nämlich auch die Dünenkiefer. Neben der genannten findet sich im Gebiete der Tucheier Heide noch eine Art von Heidebildung, die Moorheide. Zahllos sind die mitTorfmoor erfüllten abflußlosen Kessel, aber trotzdem ließ sich bisher mit unbedingter Sicherheit noch kein echtes Heidemoor nachweisen, ein Moor, das jünger ist als der Wald, und das durch seine Bildung und Weiterbildung den Waldbestand allmäh¬ lich vernichtet. Wohl finden sich hier und dort Kiefernstubben auf Torfmooren, auch abgestorbene Kiefern, aber fast immer weist die geologische Unter¬ suchung darauf hin, daß das Moor älter ist als der Wald. Eine Stelle nur ist zweifelhaft. Im Belauf Schönholz der Oberförsterei Grünfelde (Kr. Sch wetz) nämlich findet sich unmittelbar nördlich der Försterei Schönholz (Jagen 127 und 141) eine größere Moorfläche mit einigen sehr flachen Seebecken. Hier stehen noch die Stubben gefällter, nicht eingegangener, mächtiger Kiefern im seichten Wasser, in dessen moorigem Grunde sie wurzeln, und auf der Moor¬ fläche wächst eine junge Kieferngeneration empor. Fünf Kilometer weiter 5 6 nach NNO liegt nahe dem Westende des Lubiewo-Sees ein Becken mit 3 m mächtigem Moortorf, der liier als Brennmaterial gestochen wird. Die mit Heidekraut bedeckte Oberfläche trägt Birken und Kiefern, die älteren Kiefern oft in Kuselform, und neben gefällten älteren Kiefern eine junge Generation. Im Torf aber finden sich nur Birkenreste, meist noch an der Binde kenntlich. Zuweilen findet man auf Torfflächen, in deren Mitte sich noch ein Wasser¬ becken. der letzte Rest des ehemaligen Sees, zeigt, neben Stubben gefällter Kiefern abgestorbene 15- bis 20jährige Stangen. Das schönste Beispiel einer Moorheide ist aber das große Iwitz-Bruch zwischen Iwitz, Wissocka und Johannis¬ thal. Die Oberfläche dieser mehrere Meter mächtigen Moostorfmasse ist be¬ deckt mit Heidekraut, Torfmoosen, Rauschbeere, Porst, Andromeda polifolia und Arcto staphylo s uva itrsi. Dazwischen stehen in den Gebieten, wo der Torf gestochen wird, Stubben gefällter Kiefern, während sonst fast das ganze Bruch mit einer normalen Schonung von Kiefern und Birken bedeckt ist, in der sich nur vereinzelt eine Kuselform findet. Auch ältere Kiefern trifft man noch stellenweise auf der weiten Torffläche, und auch sie zeigen ganz normalen Wuchs bis auf die auffallend flache Bewurzelung. Der feuchte und sich immer noch weiter bildende Torfboden beeinträchtigt hier also, wie es scheint, den Kiefernbestand nicht; derselbe wird hier wohl allein, als der Torfgewinnung hinderlich, durch Menschen vernichtet, und daneben trägt auch das weidende Vieh das Seine zur Unterdrückung des Waldbestandes bei. Im Torf selbst sollen sich, mit Ausnahme der Oberfläche, keine Holzreste finden. Zweierlei beobachtet man an allen solchen auf Moor stehenden Kiefern. Stets sind dieselben so flach bewurzelt, daß die Wurzeln, selbst die feinen Nebenwurzeln, fast vollständig an der Oberfläche liegen, die abgestorbenen oder absterbenden Bäume sind fast stets 15- bis 20jährige Stangen. Hieraus glaube ich folgende Schlüsse ziehen zu dürfen, die mit den Ansichten aller darum befragten Forstleute übereinstimmen. Durch Anflug entwickelte sich auf nicht zu nassen Mooren eine Kiefernvegetation, deren Wurzeln sich dicht unter der Oberfläche ausbreiteten. Solange das Moor seine ursprüngliche Feuchtigkeit behielt, wuchsen die Kiefern, wenn vielleicht auch nur als Kuseln, weiter. Wenn aber aus irgend einem Grunde der Grundwasserspiegel des Moores sank, mußten die Kiefern, da einmal ausgetrockneter Torf der Wasser¬ aufnahme widersteht, verdorren. 15- bis 20jährige Staugen finden sich meist abgestorben oder absterbend, und dies hängt vielleicht mit den von Brueckner nachgewiesenen Trockenperioden1) zusammen. Heidemoore, als Waldverderber, ließen sich also bisher in der Tucheier Heide nicht mit Sicherheit nachweisen, wohl aber in größerer Zahl Moore, deren Oberfläche Heidecharakter zeigt. Auch ein anderes Produkt der nord- 0 Ed. Brueckner, In wie weit ist das heutige Klima konstant? VIII. Deutsch. Geo- graphen-Tag. Verh., S. 101—115. Ders., Klimaschwankungen seit 1700. Wien 1890. 6 7 deutschen Heide, der Ortstein1), fand sieh bislang in der Tucheier Heide noch nicht, da sieh alle fuchsigen Sande und ähnlichen Moorbildungen bei näherer Untersuchung als Eisenfuchs, Raseneisenstein, erwiesen. Zwei wesentliche Begleiter der norddeutschen Heide, Ortstein und Heidemoore, die allmählich den Wald verdrängen und durch Heide ersetzen, scheinen demnach im Gebiete der Tucheier Heide zu fehlen. Hier sind die Hauptwaldverderber, neben gelegentlichen Bränden2) und Stürmen, neben stellenweisem Auftreten von Rüsselkäfern und Raupen, der Maikäfer3) und vor allem der Mensch. Bisher wurden nur die Formen betrachtet, welche heute die Oberfläche der Tucheier Heide bietet. Um jedoch ein Bild von der Entwickelungs¬ geschichte dieses Gebietes zu erhalten, bedarf es auch der Kenntniß der¬ jenigen Bildungen, welche den tieferen Untergrund der Gegend aufbauen. Hierzu genügen die zahlreichen über die Heide verstreuten Kies- und Mergel¬ gruben nicht, und auch die Brunnenbohrungen können ihrer geringen Zahl wegen nicht sehr viel helfen. Ausreichenden Ersatz dafür aber bieten die großen Einschnitte und Aufschlüsse in den beiden tiefen Thalfurchen des Heidegebietes, im Thale der Brahe und des Schwarzwassers. Auf eine längere Strecke genauer untersucht ist von beiden nur das Brahethal, das wir in Kürze durcheilen wollen. Vom Ausgangspunkte unserer Thalfahrt, der Mündung des Czersker Fließes bei Neumühl, bis Woziwoda zeigen die Braheufer nichts auffallendes, außer einer etwa 5 m über dem Wasserspiegel liegenden alten Thalterrasse. Auch bei Woziwoda selbst ist nichts von dem Braunkohlcnflötze wahrzunehmcu, welches beim Ausschachten des Kellers für die Brennerei gefunden sein soll. Weiter thalabwärts bemerkt man in der Gegend von Kelpinerbrück eine see¬ artige Erweiterung des alluvialen Brahethales, welches der Fluß in maeandri- schen Windungen und oft in mehreren Armen durchströmt. Dann engt sich die Thalrinne wieder ein, um hinter einem von Westen her weit vorspringen¬ den Landriegel einen großen Bogen nach SW zu beschreiben. Dicht ober¬ halb des Feuergestelles ,.i“ in der Schwiedter Forst tritt eine kleine Stromschnelle auf, hervorgerufen durch ein als schwarzer Rücken unter dem Wasser deutlich wahrnehmbares Braunkohlenflötz, welches das Flußbett in nordwestlicher Richtung durchquert. Etwa 300 m weiter abwärts, dicht oberhalb der Stelle, wo früher das Gut Neuhof lag, zeigt sich dieselbe Erscheinung. Wieder kreuzt ein Braunkohlenflötz in südöstlicher Richtung das Flußbett, aber auch an dem steilen Westufer tritt dieses nach SW einfallende, über 2 m mächtige 0 E. Hamann, Organogene Bildungen der Jetztzeit. Neues Jalirb. f. Mineralogie etc., Beil. Bd. X, S. 180—132. — P. Graebner, Studien über die norddeutsche Heide. Engi.er’s Botanische Jahrbücher XX, S. 684—686. — P. Graebner, Ueber die Bildung natürlicher Vegetationsformationen im Norddeutschen Flachlande. Naturw, Wochenschr. XIII, S. 555 — 556. 2) Vergl. Schuette, a. a. 0.. S. 22 — 25. 3) Eeddersen, Die Kiefer und der Maikäfer in der Forstinspektion Marienwerder-Üsche. 1890. 7 8 Flötz, von weißen Quarzsanden umgeben, zu Tage und beweist durch das Mundloch eines verfallenen Stollens1), daß man hier bereits den Abbau der Kohle versucht hat. In der hier das Brahethal erreichenden Schlucht zeigen sich auch die Deckschichten der Braunkohlenbildungen, fette, graue, roth und braun gefleckte Thone, die sich in nichts von dem in südlicheren Gegenden weit verbreiteten Posener Flammenthon unterscheiden. An der sehr schön ausgebildeten diluvialen Thalterrasse vorüber erreicht man einige hundert Meter weiter stromab eine Stelle, wo an dem steilen Westufer ein unter 20° nach SW einfallendes, in glimmerhaltige Quarzsande gebettetes Kohlenflötz zu Tage tritt, welches von Flammenthon, geschichteten Diluvialsanden und Ge¬ schiebemergel überlagert wird. Zwischen den beiden letztgenannten Auf¬ schlüssen treten auch in der diluvialen Hochfläche die weißen Quarzsande hervor. Vorüber an der Mündung des Hosianna-Mühlenfließcs, wo der graue Thon zu Tage tritt, und der Brücke von Plaskau, bei deren Bau man unter dem Brahespiegcl die weißen Tertiärsande aufschloß2), vorüber an zwei am Westufer auftretenden, nordöstlich einfallenden, schwachen Braunkohlenflötzen erreicht mau die Ruinen der ehemaligen BüKOFZER’schon Quarzsandschlämmerei 3) Noch sieht man die verschüttete Grube, in welcher unter 5 m Abraum, hier Diluvialgrand, der unter 20 — 50° nach NO einfallende, etwas glimmerhaltige Quarzsand gewonnen wurde, der dann mit vieler Mühe und erheblichen Kosten gereinigt wurde, noch sind in der diluvialen Hochfläche die Schürf löcher vor¬ handen, in denen die Verbreitung des Sandes unter dem 8 — 21 m mächtigen Abraum nachgewiesen wurde. Unmittelbar an dieses Gebiet der Quarzsand- sclilämmerei schließt sich nach Süden das Feld einer Braunkohlengrubo an, auf welcher in zwei jetzt fast ganz verfallenen Stollen die nach SW unter etwa 30° einfallenden, ungefähr 1,5 m mächtigen Flötze dicht über und unter dem Brahespiegcl abgebaut werden sollten. Einige hundert Meter weiter stromabwärts, geradeüber dem Jagen 271 der Schwiedter Forst, zeigt ein großer Wasserriß das schönste Tertiärprofil der ganzen Gegend. Hellfarbige Glimmer- und Formsande, die unter 25° nach NO einfalleu, zeigen sich an der Mündung der Schlucht, deren hohe Steilwände sie bilden, und weiter land¬ einwärts tritt ein ziemlich mächtiges, gleichfalls nach NO einfallendes Kohlen¬ flötz zu Tage, dessen südöstliche Verlängerung sich auch am Westufer der Brahe nachweisen läßt, während die obersten Tertiärschichten, Flammenthon, am östlichen Ufer auftreten. Unmittelbar nach Süden schließt sich rechts der Brahe ein eigenartiges Gehänge an. Wie Schwalbennester kleben hoch oben an der Steilwand einige flache Schöpfbrunnen, deren Wasser auf dem hier zu Tage tretenden Geschiebemergel fließt. Unter diesem zeigen sich Diluvialsande, die gleichfalls Wasser fuhren, weil wohl von Glimmersanden 0 Versuchs« tollen des Herrn v. IvNEBEL-Doeberitz 1896. 2) Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse. S. 78 — 79. ») Jentzsch. ebenda, S. 79—81. 8 9 unterlagerter Flammonthon an ihrer Basis abermals ein Quellniveau bildet. Wieder einige hundert Meter weiter südlich liegt an der Steilwand des Jagen 242 in der Sehwiedter Forst die bereits von Jentzsch (a. a 0. Eisenbahnprofil, S. 592) genauer beschriebene Stelle, wo ein nordöstlich einfallendes Braun- kohlenflötz versuchsweise abgebaut wurde. Nun zieht das rechte Brahegehänge die Aufmerksamkeit auf sich. Scheinbar werden hier die Tertiärsande von Geschiebemergel überlagert, wie dieser auch am linken. Ufer als Decke von Diluvialsanden auf tritt. Bei genauerer Untersuchung aber zeigt sich, daß hier eine große Zahl von Flaminenthonballen im Diluvialgrand liegen. Bald von der Größe einer Faust und bald von mehreren Kubikmetern Inhalt, sodaß sie zeitweise zu Ziegcleizwecken ausgebcutet werden, mit Kalk infiltrirt, stellen sie die Reste einer bei der Ablagerung des Diluviums zerstörten Flammeuthondccke dar1). Unter der Eisenbahnbrücke hindurch, von der aus man stromauf und stromab einen guten Ucberblick über die Terrassen des Brahethales hat, erreicht man Rudabrück. Hier bilden die Tertiärschichten eine vollständige Falte. An der Steilwand des Jagen 225, am linken Brake¬ ufer, treten in einem nördlichen Aufschlüsse dicht über dem Wasserspiegel feinkörnige glimmerhaltige Quarzsande auf, in denen sich an einer Lettenbank ein südwestliches Einfallen von etwa 30° nach weisen ließ. Kaum 200 m weiter südlich sieht mau die gleichen Sande, welche hier von weißen und grauen, grobkörnigen, glimmerfreien Quarzsanden unterlagert werden, unter 35° nach NO einfallen, und unmittelbar oberhalb der Brücke treten am rechten Ufer die glimmerhaltigen Quarzsande unter Flammenthon hervor und zeigen wieder ein südwestliches Einfallen von 15°. Von Rudabrück bis Schwiedt zeigen die ßraheufer, außer der stellen¬ weise schön ausgebildeten Thalterrasse, nur Aufschlüsse, in denen Geschiebe¬ mergel über Diluvialsand auftritt, und von diesen verdient nur der am linken Ufer beim Hauptgestell 0 der Sehwiedter Forst befindliche besondere Er¬ wähnung. Unter der etwa 4 m mächtigen Geschiebemergelbank treten ge¬ schichtete grandige Sande hervor, in denen sich Schalen von Valvata pisci- nalis Muell., Bithynia tentaculata L. und Pisidium amnicum Muell. finden. Die Sande, welche diese Süßwasserfauna enthalten, gehören, wie die geo¬ logischen Aufnahmen in der Gegend von Posen gezeigt haben2), in das 0 Dies ist die Stelle, an der nach Angabe von Jentzsch (a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 83) Thon fiir die MERTEN’sche Ziegelei in Tuchei gewonnen wird. Geber das Gebiet der Eisenbahnbrücke selbst schreibt Jentzsch (a. a. 0. Eisenbahnprofil, S. 572) es sei am linken Thalgehänge Tertiär in Gestalt bituminöser sandiger Letten bei 3,4 — 6,7 m unter dem Brahespiegel erbohrt, später aber (a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 77) heisst es: „rechts der Brahe, 5 Meter filier der letzteren'“ erbohrten Tertiärletten, und weiter, S. 82, „rechts der erbohrte Tertiärletten der Eisenbahnbrücke“. Welche dieser Angaben die richtige ist, vermag ich nicht zu entscheiden. 2) Jahrbuch d. Kgl. Geolog. Landesanstalt. Berlin 1896. S. LXXX — LXXXIII und Erläuterungen zu den Blättern Wargowo, Owinsk, Sady. Posen der geologischen Specialkarte von Preußen. 9 10 Niveau des Rixdorfer Sandes, also in die letzte Interglacialzeit. Der hier am Brahethale auftretende Geschiebemergel ist demnach oberer Geschiebemergel1), ln den interglacialenSanden findet sich eine verschieden mächtige Bank von Mergel¬ sanden, kalkig thonigen Feinsanden, die stellenweise fast vollkommen in kalk¬ haltigen Thon übergehen und hin und wieder zur Herstellung minderwerthiger Töpferwaaren benutzt werden2). Unterhalb Schwiedt finden sich wieder Tertiäraufschlüsse und zwar in solcher Zahl, daß man eigentlich die Braheufer von Schwiedt bis Pillamühl als ein zusammenhängendes Profil bezeichnen kann, welches einen guten Einblick in die vielfach gestörte Lagerung der Tertiärschichten bietet. Eine eingehende Be¬ schreibung jedes einzelnen Theiles dieses Profiles würde zu weit führen und durch zu häufige Wiederholungen ermüden. Es sollen daher nur einzelne wichtige Stellen hervorgehoben werden. Die Aufschlüsse beginnen im Norden mit der bekannten Schwiedter Hölle, wo unter Geschiebemergel und Flammen¬ thon ein in feinkörnige weiße Sande gebettetes Kohlenfiötz mit schwachem nordöstlichem Einfallen zu Tage tritt. In der Stromrinne bildet dieses Flötz eine kleiue nordwestlich streichende Barre, welcher die kleine Stromschnelle ihre Entstehung verdankt. Dicht unterhalb der Gemarkungsgrenze zwischen der Schwiedter Forst und Pillamühl, wo am linken Braheufer ein unter Flammenthon hervortretendes, nordöstlich einfallendes Kohlenfiötz versuchs¬ weise abgebaut wurde, zeigt sich in der Steilwand des rechten Ufers ein saiger stehendes, durch ein sandiges Mittel getrenntes, dunkelbraunes Lettcn- flötz, und weiter unterhalb, da wo etwa die Verlängerung des Hauptgestells L der Schwiedter Forst das rechte Braheufer treffen würde, hat eine völlige Ueberkippung der Schichten stattgefunden. In den Flammenthon, der im südlichen Theile der Wand südwestliches Einfallen zeigt, sind Glimmersande eingequetscht, unter denen ein Braunkohlenflötz liegt; nach Norden zu wird das südwestliche Einfallen des letzteren immer steiler und geht schließlich in ein nordöstliches über. In der südöstlichen Verlängerung dieses Aufschlusses beobachtet man am linken Ufer gleichfalls mehrfache Einquetschungen des Glimmersandes in den Flammenthon. Nach noch mehreren kleinen und un¬ wesentlichen Aufschlüssen erreicht man Pillamühl und das Feld der ehemaligen Braunkohlengrube Buko3). Von dem früheren Grubenbetriebe legen noch die Mundlöcher der verfallenen Stollen am Braheufer dicht über dem Wasser- J) Jentzsch spricht in seinen beiden Arbeiten (a. a. O. Eisenbahnprofil, 8. 566 — 567 und 8. 573; a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 84) den Geschiebemergel des Brahethales sowie die Hauptmasse des Geschiebemergels in der Umgegend von Tuchei für unteren an. 2) Vergl. Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 82 — 83. 3) Jentzsch, a. a. 0. Rohmaterialien, 8. 208, und Gesteinsaufschlüsse, 8. 83—87, Taf. III. Das Taf. III, Fig. 4 nach Angaben des Markscheiders Schultze gegebene Profil läßt sich mit den wahren Verhältnissen in keiner Weise vereinigen (vergl. a. a. 0.. 8. 85), ebenso muß die fragliche Verbindung der Kotilenflötze in Fig. 3 beseitigt werden, du es sich dabei um die Flöfze III und IV handelt. io 11 Spiegel und die eingegangene Ziegelei Zeugniß ab, in der man den Flammen- thon verarbeiten wollte. Noch weiseu auf der Hochfläche die Grubengebäude, Fördermaschine und zwei Schächte, deren einer, westlich des Weges nach Gostoczyn, bei 19 m Tiefe in unüberwindlichen Schwimmsandmassen stehen blieb, auf den ehemaligen Abbauversuch hin. Im dritten, nach NO einfallenden Flötze hatte man vom Braheufer aus im Streichen einen über 250 m langen Stollen getrieben und war von diesem aus noch etwa 25 m weit dem Einfallen des Flötzes nach der Tiefe zu gefolgt. Dann wurde der Abbau eingestellt. Unmittelbar unterhalb der ehemaligen Ziegelei liegt das Mundloch oiues neuen Stollens, auf welchem man seit einigen Monaten den Braunkohlenabbau von Neuem versucht, um das am steilen Brahegehänge zu Tage tretende tiefste Flötz im Gebiete von Pillamühl, das fünfte, mit nordöstlichem Einfallen, auszu¬ beuten. Etwa 40 m vom Mundloche entfernt hat man vom Stollen aus, dem Einfallen des Flötzes folgend, einen Schleppschacht nach oben zu angelegt, und in diesem zeigt sich, daß das im Stollen ziemlich mächtige Flötz nach SW hin sehr schnell auskeilt. Fünf nordöstlich einfallende Kohlenflötze, deren Hangendes aus Flammenthon oder Formsand, deren Liegendes aus Quarzsanden besteht, zeigen sich hier am westlichen Brahegehänge, fünf Flötze wurden auch in den Versuchsbohrungen der Grube Buko nachgewiesen, alle aber scheinen nach SW hin auszukeilen, während ihre Mächtigkeit mit der Tiefe zunimmt. Weiter stromabwärts zeigen sich in zwei Aufschlüssen, des rechten und einem des linken Brahcufers noch sechs Kohlenflötze, von denen je drei zusammengehören, so zwar, daß die drei nördlichen steil nach SW, die drei südlichen flacher nach NO einfallen. Da die fünf Kohlenflötze des Bnkofeldes nach SW zu auszukeilen scheinen — für das fünfte Flötz ist dies sicher nachgewiesen — •, so dürften diese südlichen Flötze einer selbst¬ ständigen Kohlenablagerung angehören, wie es denn überhaupt recht wahr¬ scheinlich ist, daß wir es hier im Brahegebiete mit einer Anzahl gegen ein¬ ander völlig geschiedener Brauukohlenbecken zu tlmn haben 1). Von Sommersin ab verschwinden alle Aufschlüsse. Das Brahethal, welches oberhalb Sommersin auch als Diluvialthal nur wenige hundert Meter breit war, erweitert sich hier, nach Vereinigung mit einigen anderen Rinnen, bis auf stellenweise mehrere Kilometer, und die mächtigen Thalablagerungen, in denen sich nunmehr deutlich zwei Diluvialterrassen nachweisen lassen, haben alle älteren Ablagerungen verhüllt. Viele Kilometer müssen wir stromab fahren, bis wir unterhalb der Hammermühle, also schon in der Provinz Posen, wieder einen namhafteren Aufschluß finden, freilich auch nur im Diluvium. Beim Ausschachten des Baugrundes für den Neubau der Mahlmühle stieß man hier auf Geschiebemergel, und südlich des Mühlenfließes liegt auf den jenen Mergel überlagernden Sanden eine etwa ein Meter mächtige Geschiebemergelbank. Wir haben hier also zwei durch Sande getrennte Geschiebemergel vor uns. i) Vergl. CoNWENTZ, a. a. 0. Botanische und zoologische Skizzen, S. 221/2. u 12 Weiter unterhalb, gegenüber dem Gehöfte Sokollek1), wird das Profil noch reichhaltiger. Am Waldessaum liegt in einer Grube Geschiebemergel auf ge¬ schichteten Sanden, unter diesen tritt ein mächtiges Mergclsandlager hervor, das in einer großen Grube abgebaut wird, und darunter, abermals unter ge¬ schichteten Sanden, zeigt sich am Gehänge der untere Geschiebemergcl. Ganz entsprechend finden wir bei Sokollek selbst, also auf dem linken Ufer, Mergelsand über Sand über Geschiebemergcl. Erwähnt sei noch, daß dieselben Mergelsando auch in dem Schleppschachte des neuen Kohlenabbaues bei Pillamühl auftreten, und zwar gleichfalls unter einer Geschiebemergelbank. Unterhalb Sokollek endigt der geologisch genauer untersuchte Thcil des Brahethales. Ganz kurz sei noch auf einige Aufschlüsse an einem alten Nebenarme der Brühe, an der Rinne des Spitalsees, hingewiesen. Von Westen her münden in den See drei große Schluchten, von denen die beiden südlichen zwei nord¬ östlich einfallende, in Quarzsande gebettete Braunkohlenflötze, von Flammenthon und Diluvium überlagert, zeigen, während sich in der nördlichsten nur ein ziemlich mächtiges Kohlenflötz findet. Die südlichste dieser Schluchten verdient auch deshalb Erwähnung, weil sich hier noch zweimal Gelegenheit bietet, die Reste der erwähnten interglacialen Süßwasserfauna zu sammeln. Zu der alten Rinne des Spitalsees, dessen Spiegel gegenwärtig acht Meter über dem der Brahe liegt, gehört als Seitenschlucht auch die Liskauer Hölle, an der sich wiederum das Hervortreten der nordöstlich einfallenden weißen Tertiärsande unter der Diluvialdecke beobachten läßt. Für die Kenntniß des Diluviums und des Tertiärs geben die Aufschlüsse im Brahethale wichtige Anhaltspunkte. Für das Tertiär lehren sie zweierlei: 17 km weit von Norden nach Süden treten gleichartig ausgebildete Schichten mit gleicher nordwestlicher Streichrichtung auf. Die gleichen Schichten wurden in Gr. Paglau, Gr. Mendromierz, Neu Summin und Polnisch Cekzin2 *) erbohrt, und identische Ablagerungen mit gleicher Streichrichtung finden sich weiter südlich bei Stopka an der Brahe8). Es ist daher wohl auch die Annahme berechtigt, daß auch die Tertiärbildungen am Schwarzwasser4), welche den gleichen Charakter und die gleiche Streichrichtung zeigen, mit denen an der Brahe Zusammenhängen. Die gleiche Streichrichtung findet sich aber auch in den Tertiärbildungen im Netze- und Warthethal5 *), von Bromberg bis *) Die Generalstabskarte giebt irrthümlich den Namen ,, Scholle“ an. 2) Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 78. Jentzsch giebt auch S. 78 an, daß in Gr. Klonia Braunkohlen erbohrt sein sollen, was aber Herr Oekonomierath Aly-Gr. Klonia. der die fragliche Bohrung ausführen ließ, entschieden bestreitet. 8) v. Rosenberg-Lipinsky, Die Verbreitung der Braunkohlenformation in der Provinz Posen. Jahrb. der Kgl. Geolog. Landesanstalt, Berlin 1890. S. 04. 4) Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahnprofil, S. 577—591. 5) v. Rosenberg-Lipinsky, Neue Braunkohlenfunde in der Provinz Posen. Zeitsehr. für prakt. Geologie. 1897. S. 247—250 und a. a. 0. Braunkohlenformation, an mehreren Stellen, 12 13 Filehne, von Posen bis Birnbaum. Man wird daher in der Annahme nicht fehlgehen, daß diese ganzen nordwestlich streichenden Falten einer gemein¬ samen Kraft ihren Ursprung verdanken. Mulden und Sättel in größerer Zahl, z. T. mit Schichtenüberkippung, erkannten wir in den Tucheier Tertiär¬ bildungen, zu denen wahrscheinlich auch Querverwerfungen1) hinzukommen, Störungen also, die den Abbau dieser Schichten einigermaßen erschweren können. Dazu kommt, daß die Tucheier Tertiärschichten ohne Ausnahme, soweit überhaupt an ihre Ausbeutung zu denken ist, dicht über und im Brahe- spiegel, zum größten Theile aber unter demselben liegen. Hiermit wird jeder Versuch, diese Ablagerungen, Braunkohlen und Glassande, technisch aus¬ zubeuten, zu rechnen haben. Immer wird es sich darum handeln, ob, bei der Konkurrenz des Holzes und guten Torfes, die Beschaffenheit des Kohlen¬ materiales die wahrscheinlich nicht unerheblichen Kosten der Wasserhaltung bei Abbau der tieferen Schichten lohnen wird, und entsprechend lautet die Frage bei der Ausbeutung des Sandes wegen seiner tiefen Lage, Wasser¬ durchlässigkeit und des sehr beträchtlichen Abraumes, der die Einrichtung eines Tagebaues verbietet. Im Diluvium aber ist das Hauptergebniß, daß in dem eigentlichen Gebiete der Tucheier Heide über dem Tertiär nur ein Geschiebemergel weitere Ver¬ breitung besitzt, was auch durch Bohrungen im Heidegebiete festgestellt wurde, und zwar der obere Geschiebemergel, während in den Randgebieten durch Bohrungen zwei Geschiebemergel nachgewiesen wurden. Bei der Bildung des oberen Diluviums muß also im Heidegebiete das untere Diluvium bis auf wenige Reste2) zerstört worden sein. Aus den Ergebnissen der unmittelbaren Beobachtungen und einiger Tief- bohrungen im Gebiete der Tucheier Heide und ihrer näheren Umgebung können wir somit folgende Skizze der geologischen Entwicklungsgeschichte dieses Gebietes entwerfen. Gegen Ende der Tertiärzeit breiteten sich im Gebiete der Tucheier Heide große Landseen aus, in denen zusammengeschwemmte Bäume der umliegenden Waldungen zusammen mit der See- und Sumpfvegetation das Material für die heutigen Braunkohlenlager bildeten3). Darüber breitete sich, stellenweise wenigstens, eine nicht allzu mächtige Thondecke, der Posener x) Für solche scheinen folgende Thatsachen zu sprechen. Tn Gr. Paglau (158.3 m über N. N.) wurde Braunkohle erst in sehr großer Tiefe erbohrt, in Gr. Mendromierz aber (153,7 in über N. N.) wird dieselbe schon in mäßig tiefen Brunnen angetroffen. In den W asserrissen am Spitalsee liegen die Schichtköpfe der Kohlenflötze etwa 3 m über dem Seespiegel, also über 88,3 m über N. N., und an der 8 m tiefer liegenden Brahe erheben sie sich nur etwa 5 m über den Flußspiegel. Für eine Querstörung spricht auch das Auftreten von zwei Kohlenflötzen in einem Bohrloche am Nordostende des Spitalsees (vergl, Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 85) in Tiefen, 32 — 33 m und 37 — 40 m. die sich einwandslos mit keinem der Flötze von Pillamühl vereinigen lassen. 2) Eine solche Scholle unteren Mergels wurde auch in der Versuchsbohrung L der Grube Buko angetroffen, (vergl. .Tentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, Taf. III., Fig. 3.) 3) Vergl. Gonwentz, a. a. 0. Botanische und zoologische Skizzen, S. 221. 13 14 Flammenthon, das jüngste Tertiär im östlichen Norddeutschland1). Diese Thonmassen und die sie unterlagernden Sandschichten mit ihren Braunkohlen¬ lagern wurden dann durch gebirgsbildende Kräfte in eine große Zahl nord¬ westlich streichender Mulden und Sättel2) zusammengedrängt und müssen, infolge ihrer dem Pflanzenwuchse ungünstigen physikalischen und chemischen Eigenschaften ? der Landschaft ein nicht gerade sehr anmuthiges Gepräge verliehen haben. Da begann die Diluvialzeit. Wir wissen nicht, ob schon die erste Eiszeit das ganze Gebiet der Tucheier Heide umfaßte. In Ivonitz sollen bei Tiefbohrungen drei3), in Pr. Stargard gar sechs Geschiebemergel4) nach¬ gewiesen sein. Sicher nachweisbar ist für das Heidegebiet erst die zweite, die große Eiszeit, deren Grundmoräne wir im unteren Geschiebemergel sehen. Bei der Ablagerung dieser Massen wurden die Unebenheiten des Tertiärs theils abgetragen, theils durch seitlichen Druck vermehrt, sodaß Durehragungen des Tertiärs durch das Diluvium entstanden. Doch das große Inlandeis verschwand, und auf dem eisfrei gewordenen Boden entwickelte sich dasselbe Leben, wie damals im übrigen Nordeuropa, Steppenflora und Steppenfauna. Auch Seen und Bäche belebten sich wieder, und an ihren Ufern bildeten sich, geradeso wie auch heute, Ansammlungen von Muschelschalen und Schneckengehäusen. Nun trat die letzte Eiszeit ein, welche für das Gebiet der Tucheier Heide von größter Bedeutung wurde. Wohl schon beim Vorrücken des Inlandeises mögen die unterlagernden Schichten durch die Schmelzwasser und das Eis selbst stark aufgearbeitet worden sein. In noch höherem Grade aber geschah dies beim Rückzuge des Eises. Lange Zeit lag hier im Gebiete der Tucheier Heide der Eisrand still, nur unbedeutend oscillirend. Hierbei wurde der ganze Untergrund, die vom Eise soeben erst abgelagerte Grundmoräne und deren Unterlage, von Grund aus umgearbeitet, besonders im Sandr, wo die Schmelz¬ wasser ihr Wesen treiben konnten, während in den Randgebieten der Ge¬ schiebemergel nur mit Geschieben angereichert und zusammengestaucht, aber nur zum Theil wieder zerstört wurde. Je weiter der Eisrand zurückwich, um so mehr sammelten sich die Schmelzwasser, die vorher schier regellos dahin¬ geströmt waren, in besondere Rinnen, in denen sie das mitgeführte Sand- und Grandmaterial in Gestalt von Terrassen ablagerten. Die so entstehenden Flüsse, welche von Seen im Sandr oder Stauseen hinter den Endmoränen ge- x) v. Rosenberg-Ltpinsky, a. a. 0. Neue Braunkohlen fimde, S. 249 -250. 2) Ein derartiger Sattel scheint auch in der Gegend von Könitz nicht allzutief unter der Erdoberfläche hindurchzustreichen, sofern die dort beobachtete Neigung der Schichten nicht lediglich eine Folge diluvialer Erosion ist. Es werden nämlich in Könitz Tertiärsande in einer Tiefe von 51,4 m angetroffen, in Lipinice, 3 Km. in ONO von Könitz, in 60 m Tiefe, (vergl. Jentzsch, a. a. 0. Eisenbahnprofil, S. 554, Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt 1884, S. CIII, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, S. 76.) 3) Jentzsch. a. a. 0. Eisenbahnprofil, S. 553 — 554. 4) Jentzsch, a. a. 0. Gesteinsaufschlüsse, 8. 88 — 89. Ob man es hier aber wirklich mit sechs verschiedenen Grundmoränen zu thun hat, scheint sehr zweifelhaft. u 15 speist wurden, schnitten sich, allmählich an Wassermenge verlierend, eine neue Furche in die alte Terrasse, und so ging es fort, solange das Wasser die Kraft hatte, sich tiefer einzunagen. Neues Thier* und Pflanzenleben ent¬ wickelte sich auf dem wieder eisfreien Boden, und allmählich nahm das Land, wahrscheinlich unter mehrfachem Wechsel seines Pflanzenkleides, sein heutiges Aussehen an. Sicher wohl war hierbei der Einfluß des Menschen nicht ohne Bedeutung, wenngleich diese Einwirkung, wie wir bei der Entstehung des Ileidecharakters im eigentlichen Sinne sahen, nicht immer und überall segens¬ reich war. 15 16 Ueber den Grundwasserstrom der Stadt Danzig. Von Prof. Dr. A. Jentzsch. In einem vor der Danziger Naturforschenden Gesellschaft von Herrn Otto Helm gehaltenen Vortrage „Ueber eine vermehrte Zufuhr von Trink¬ wasser für die Danziger Wasserleitung“ ist am Schlüsse der sehr dankens- werthen Mittheilungen auch eines von mir am 21. März 1897 dem Magistrate erstatteten Gutachtens gedacht. Bei der großen praktischen Wichtigkeit der Sache möchte ich betonen, dass ich keineswegs, wie es nach dem kurzen Referate scheinen möchte, dem Grundwasserstrome nur eine west-östliche Richtung zugeschrieben habe. Vielmehr habe ich lediglich nachgewiesen, daß dieser Strom 1) nicht, wie von den Technikern angenommen wurde, süd-nördlich hießt; 2) daß er eine starke west-östliche Componente hat; 3) daß seine Richtung vorläufig noch nicht genauer bekannt war, und habe 4) den Weg angegeben, auf welchem diese Richtung ermittelt werden kann. Wenn nun auf diesem von mir angegebenen Wege ermittelt worden ist, daß der Grundwasserstrom von Südwest nach Nordost fließt, so betrachte ich das als eine erfreuliche Bestätigung des von mir Gesagten. Der an der Steinschleuse nunmehr abgeteufte 38, s m tiefe Brunnen steht, wie das von Herrrn Helm mitgetheilte Schichtenprofil erkennen lässt, in der¬ selben Schicht wie die 25 — 39, 3 m tiefen Brunnen von Bastion Gertrud, Gas¬ anstalt, Oelmühle, Stärkefabrik Fetter, Patzig & Co., Kohlensäurefabrik Grüner Weg und Jantzen’s Badeanstalt am Vorstädtischen Graben, und wie die Brunnen der Brauereien von Rodenacker. Fischer, Drews, Holtz und Kaemmeree, von Tessmer’s Mühle und A. H. Pretzell’s Spritfabrik, aus deren Profilen ich die dauernde Wasserergiebigkeit der an der Stein¬ schleuse beabsichtigten Brunnenbohrung mit höchster Wahrscheinlichkeit Vor¬ hersagen konnte. Da mein Gutachten auch einige Ergebnisse bisher nicht veröffentlichter wissenschaftlicher Untersuchungen enthält, möge dasselbe hier unverkürzt mit* getheilt werden: i 17 Gutachten. Seitens des Magistrats der Stadt Danzig ist mir die Frage vorgelegt worden, ob nach Lage der dortigen geologischen und hydrographischen Ver¬ hältnisse mit einiger Sicherheit auf eine dauernde Ergiebigkeit derjenigen wasserführenden Schicht wird gerechnet werden können, welche in Bastion Gertrud, der Gasanstalt und der Oelmühle erbohrt worden ist und auf dem Terrain des Stadtbauhofes an der Steinschleuse demnächst aufgesucht werden soll. Zur Beurtheilung dieser Frage habe ich die seitens des Magistrats mir übersandten Nachrichten über genannte Brunnen nach geologischen Gesichts¬ punkten durchgearbeitet und die zahlreichen Bohrproben untersucht, welche aus der Stadt Danzig und deren Umgebung im hiesigen Provinzial-Museum aufbewahrt werden. Zur Ergänzung dieser Materialien habe ich endlich — mit gütiger Erlaubnis des Herrn Directors Professor Dr. Conwentz — auch die im Westpreußischen Provinzial-Museum zu Danzig aufbewahrten ein¬ schlägigen Bohrprofile theils hier, theils in Danzig durchgesehen und ver¬ glichen. Auf diese Weise ist es gelungen, von dem tieferen Untergründe der Stadt und ihrer Umgebung ein geologisches Bild zu gewinnen, welches zwar in manchen Punkten noch der Ergänzung bedarf, aber in den für die vor¬ liegende Frage in Betracht kommenden Punkten als völlig gesichert gelten darf. Daß die gesuchte Wasserschicht auch an der Steinschleuse gefunden werden wird, ist — wenngleich nicht völlig sicher — doch nach den vor¬ handenen Aufschlüssen von vorne herein so hoch wahrscheinlich, daß es darüber eines geologischen Gutachtens kaum bedarf. Nach den untersuchten Profilen liegt die Oberkante der betreffenden wasserführenden Grandschicht, bezogen auf Normalnull: Bastion Gertrud 31 m bis 33 m unter Normalnull Gasanstalt 29 }) n 32 ii i ? *7 Gelmühle 24 V 11 29 11 ii 11 Stärkefabrik Petter, Patzig & Co. 24 11 n 28 11 ii 11 Kohlensäurefabrik Grüner Weg 24 n 11 25 11 ii 11 Jantzen’s Badeanstalt, Vorstädt. Graben 39,: n — 11 ii 11 Diese Zahlen sind selbstredend nur angenäherte, da die wasserreiche Grandschicht zunächst von einem groben Sande überlagert wird, dessen Grenze in den Bohrproben nicht überall ganz scharf zum Ausdrucke gelangt. Dennoch sind die Zahlen an genähert richtig, da auch eine schärfer markirtc, höher¬ liegende Diluvialschicht, welche in den meisten der genannten Bohrprofile wiederkehrt, in gleichem Sinne aufsteigt und absinkt. Betrachtet man nun die oben aufgezählten 6 Brunnen bzw. Brunnen¬ gruppen, so könnte man meinen, daß die wasserführende Grandschicht un¬ gefähr von Süd nach Nord einfällt und zwar vom ,, Grünen Weg“ bis zum 2 2 18 „Vorstädtischen Graben“ auf 680 m Entfernung um 14,3 m bis 15,3 m, also im Verhältnisse 1:44 bis 1:48- Dann würden die mittleren 4 Profile sich dem Schichtenstreichen nach mit ihrer Höhenlage angemessen einordnen. Indeß liegen in Bastion Wieben-Gertrud die Schichten 6 bis 8 m tiefer als in Bastion Gertrud, mithin mehrere Meter tiefer, als einem gleichmäßig ebenen Schichten¬ streichen entsprechen würde, und in zwei Bohrbrunnen der Hundegasse (Brauerei Rodenacker und Brauerei Fischer) liegen die Schichten sogar wieder etwas höher als am „Vorstädtischen Graben“; auch in der Pfefferstadt, wo dieselbe Schicht in den Brauereien Drews, Holtz und Kaemmerer er¬ höhet ist, liegt deren Oberkante auf — 21 m bis — 28 m unter Normalnull, mithin etwas höher als in der südlicher gelegenen Bastion Gertrud. Auch in der Münchengasse, wreit nördlich der Oelmühle, liegt der wasserführende Grand genau so hoch wie an der Oelmühle, was durch die Profile zweier Brunnen in Tessmee’s Mühle und in A. H. Pretzell’s Spritfabrik bewiesen wird. Die Schicht fällt also keineswegs gleichmäßig nach einer bestimmten Richtung ein, sondern liegt in dem betreffenden Theile der Stadt Danzig — also von Bastion Gertrud und Grünen Weg einerseits bis zur Pfefferstadt und bis zum Bahnhof Olivaer Thor andererseits — im großen Ganzen horizontal, während im Einzelnen ihre Oberfläche sanft wellig verläuft, mit flachen Wannen und mit Rücken von wenigen Metern Höhe. Wie alle Grandlager, ist auch die wasserreiche Grandschicht der Danziger Brunnen schon auf geringe Entfernung hin Schwankungen der Korngröße und der Mächtigkeit unterworfen, woraus, in Verbindung mit den Schwankungen der Höhenlage, sich die Verschiedenheit des Wasserreichthums der einzelnen Brunnen erklärt. Aus den beobachteten Wasserständen in den Tiefbrunnen der Bastion Gertrud sowie der Mottlau von Januar bis Juli 1896 geht, wie der mir vor¬ liegende Bericht vom 28. November 1896 bereits zutreffend nachweist, hervor, daß 1. die Wasserstände in den Bohrbrunnen sich um rund 1,3 Meter höher einstellen, als die Wasserstände der Mottlau und 2. daß die ersteren in ihrer Bewegung den Schwankungen der Mottlau¬ stände folgen. Mit dem erwähnten Berichte vollkommen übereinstimmend, sehe ich es hierdurch als erwiesen an, daß das Grundwasser nach der von der Mottlau durchflossenen Niederung abfließt. Dagegen vermag ich den Nachweis, daß der Verlauf der Bewegung von Süden nach Norden gerichtet ist, nicht zu er¬ kennen. Vielmehr folgt aus den Wasserständen des Januar bis März 1896 mit zweifelloser Bestimmtheit, daß der Wasserstand im Bohrloch I regelmäßig 13 bis 15 Millimeter, im Mittel etwa 14 Millimeter höher steht als im Bohr¬ loch 111. Letzteres lie^t, nach den durch den Magistrat bewirkten Eintragungen im Stadtplan, ziemlich genau östlich von Bohrloch I und 12,432 Meter von diesem entfernt. Die Fläche der hydrostatischen Druckhöhe fällt somit von 3 19 West nach Ost um 1 : 831 bis 1 : 959 oder rund 1 : 900. Ob und wie die¬ selbe Fläche auch nach Nord und Süd geneigt sei, geht aus den Beobachtungen nicht hervor. Doch ist nach der bekannten Terraingestaltung der Danziger Gegend von vorne herein wahrscheinlich, daß die Hauptrichtung des Grundwasserstromes von der Höhe zur Niederung, also von West nach Ost zeigen dürfte. Die Fi 'age nach der dauernden Ergiebigkeit der Brunnen kann nur durch eine Untersuchung über die Ausdehnung der wasserführenden Schicht beantwortet werden. Von vorne herein erscheint ja die Möglichkeit nicht aus¬ geschlossen, daß diese Schicht nur der Niederung angehöre, mithin am Rande der Höhen abschnitte. Dann könnte ein sogenanntes Wasserkissen vorliegen, welches zwar für Jahre hinaus bei Pumpversuchen fast unveränderte Mengen liefern, aber früher oder später versiegen müsste. Die geologische Unter¬ suchung zeigt indeß, daß diese Gefahr ausgeschlossen ist. Zunächst konnte nämlich festgestcllt werden, daß die wasserführende Grandschicht dem Diluvium und zwar dem unteren Diluvium angehört. Dieser Nachweis war mit Sicher¬ heit nur durch die Verbindung mehrerer Profile möglich. In der Gasanstalt, der Kohlensäurefabrik, der Stärkefabrik, dem Bohrloch II, der Oelmühle und einigen anderen Brunnen liegen zwischen dem Alluvium der Weichselniederung und der wasserführenden Grandschicht lediglich Sande, die zwar ihrem petro- graphischen Charakter nach dem Diluvium zugerechnet werden müssen, aber doch zu indifferent sind, um jeden Zweifel der Bestimmung auszuschließen. Dagegen sind im Bohrloche I, der Oelmühle, Pretzell’s Spritfabrik, Glaubitz’ Brauerei, Bastion Gertrud, Jantzen’s Badeanstalt, sowie in den Brunnen der Fleischergasse und Hundegasse Mergelsand und Thonmergel durchsunken worden, welche durchaus charakteristisch sind und die Stellung der Schichten zum Diluvium klar ergeben. Durch Bohrungen auf Neugarten und am Krebsmarkt erfahren wir, daß sich darüber Geschiebemergel der als Jungglacial bezeichneten oberen Ab¬ theilung des Diluviums legt und aus der Verbindung mit den Profilen der TTusarenkaserne Hochstrieß, daß das ganze Jungglacial darüber liegt. Endlich lehrt ein Bohrloch am Bahnhof Olivaer Thor, daß unter der wasserführenden Grandschicht noch altglacialer Geschiebemergel liegt, daß mithin unsere Grand¬ schicht gemeinsam mit der sie bedeckenden mächtigen Sandschicht dem Inter- glacial angehört. Damit ist der Nachweis geführt, daß der wasserführende Diluvial-Grand einer Schichtengruppe angehört, welche in Westpreußen weit verbreitet ist und überall, wo sie auftritt, mächtige Sande enthält. Diese Schichtengruppe ist beispielsweise auch in Dirschau nachgewiesen und von dort im Zusammen¬ hang noch meilenweit südlich verfolgt. Könnte noch ein Zweifel an der Stellung zum Interglacial bestehen, so wird derselbe beseitigt durch den Fund einiger winziger, aber bestimmbarer 2* 4 20 Leitmuscheln im Diluvial sand der Kohlensäurefabrik1) und des Bohrloches 1 am Schlachthause2). Der über dem wasserreichen Grand liegende Diluvialsand bietet für den gleichmäßigen Wasserzufluß eine weitere Gewähr. Diese ganze kolossale Sand¬ masse ist nämlich mit Wasser durchtränkt. Wenn daher — wie es häufig vorkommt — die Grandbank stellenweise auskeilt oder selbst auf größere Strecken ganz fehlt, so bedeutet das noch kein Abschneiden der Wasser¬ zuflüsse; sondern die ganze Sandmasse mit ihrem mächtigen Querschnitte ist für den Wasserstrom zugleich Leiter und Filter. Der Grand ist also keines¬ wegs der alleinige Leiter des Wassers; er ist nur derjenige Theil der wasser- durchtränkten Schichtengruppe, aus welcher das Wasser am schnellsten aus¬ strömen und aus welcher es demnach am schnellsten und billigsten entnommen werden kann. Daß Grand und Sand des Danziger Interglacials auch in hydrodynamischer Hinsicht als ein Ganzes wirken, das geht auf das Deutlichste eben aus den Wasserstandsbeobachtungen von Bastion Gertrud hervor. Den Hochwasser¬ ständen der Mottlau entsprechen Maxima in den Wasserständen der Brunnen, welche am selben oder nächsten Tage unverkennbar, wenngleich abgeschwächt hervortreten. Da es sich nun hierbei keineswegs um ein Eindringen von Mottlau-Hochwasser, sondern lediglich um einen Rückstau des in ca. 30 m Tiefe erschlossenen Grundstromes handelt, so ergiebt sich der Schluß, daß der Druck des Mottlau-Hochwassers in kürzester Frist auf den Grundwasserstrom wirkt, d. h., daß beide Wasserströme nur durch gut¬ leitende (leichtdurchlässige) Filterschichten getrennt sind. Zwar sind beide Wasserströme in einem Theile des Stadt-Gebietes durch schwerdurchlässigen Thonmergel getrennt; aber in anderen Theilen des Stadt- Gebietes fehlen diese Thonmergel, sodaß eine freie Uebertragung des Druckes stattfinden kann. Nur nebenbei sei erwähnt, daß trotz dieser durchlässigen Verbindung eine Verunreinigung des Grund wasserstromes durch Stadtabfälle selbstredend völlig ausgeschlossen ist, weil a. selbst an den ungünstigsten Stellen eine viele Meter mächtige zu¬ sammenhängende Sandschicht ein natürliches Filter allervollkommenster Art bildet und b. innerhalb dieses Filters die Druckhöhe der unteren Wasserschicht stets größer als diejenige des Mottlauwassers ist. Für die Beurtheilung der zufließenden Wassermengen können wir hier¬ nach Sand und Grand des Interglacials als ein Ganzes betrachten. Diese durchlassende Interglacialschicht erstreckt sich innerhalb Danzigs nachweislich 0 Bei 26 — 32,5 m ein kleines, aber unverkennbares Stück von Dreissena polymorpha Pall. 2) Bei 11 — 12 m ein kleines Bruchstück von Cardmm eshinatum L. und bei 14 — 15 m ein Ceritliium lima Brug. 5 21 von der Sandgrube im Südwesten bis zum Bahnhof am Olivaer Thor im Nord¬ westen, Pfannenschmidt’ s Fabrik im Nordosten und Carl Steimig Co. im Südosten, geht aber zweifellos über diese Grenzen nach allen Richtungen weit hinaus. Ihre Gesamrntmächtigkeit beträgt am Krebsmarkte 57 m, am Bahnhol Olivaer Thor 55 m und in der Actienbrauerei Kleinhammer 44 m. Die anderen Brunnen haben sie nicht durchsunken, doch sind mehrere 15 bis 25 m tief, einzelne 40 m tief in dieselbe eingedrungen. Nach der Gesammtheit der geologischen Erfahrungen ist es zweifellos, daß diese Saudstufe im hügeligen Hinterlande Danzigs über mehrere Qnadrat- meilen im Zusammenhänge verbreitet ist, mithin ein unterirdisches Wasser¬ reservoir von gewaltigem Inhalte bildet. Die einfachste Rechnung zeigt, daß schon ein kleiner Theil des auf dieser Fläche alljährlich versinkenden Regen- und Schmelzwassers genügen würde, um den zunächst geforderten Bedarf von täglich 4200 bzw. 2400 Kubikmeter, zusammen täglich 6600 Kubikmeter regelrecht zu ersetzen, so daß das geforderte Wasserquantuni dauernd (d. h. voraussichtlich für Jahrtausende) gesichert erscheint. Für die Verbreitung der fraglichen Sandstufe sei beispielsweise noch an¬ geführt, daß dieselbe in der 90 bis 95 m hochgelegenen CoNRADi’schen Er¬ ziehungsanstalt Jenkau bei 39 m bis 81 m Tiefe, mithin 51 m mächtig, und in dem 139 in hochgelegenen Grenzlau bei Zoppot in 54 m bis 100 m Tiefe, mithin 46 m mächtig, getroffen wurde. Sie erreicht also an diesen beiden Punkten Meereshöhen von ca. 60 m und von 85 m, wodurch sich der ansehn¬ liche Druck des Grundwasserstromes leicht erklärt. Zwischen Grenzlau und Danzig liegen zwar unterirdische Tertiärrücken, deren nächster im Krähen¬ berge fast zu Tage tritt, und diese Tertiärrücken können den Grundwasser¬ strom ablenken. Wahrscheinlich aber bedingen sie keine vollständige Trennung und nach Süd westen ist bis Jenkau und darüber hinaus der Zusammenhang nicht gestört. So glaube ich denn, in diesem Falle mit Bestimmtheit sagen zu können, daß diejenigen Wasserquellen, welche in der Danziger Niederstadt erbohrt sind, bzw. an der Steinschleuse erbohrt werden sollen, durchaus von Dauer sein werden, wenngleich eine geringfügige Beeinträchtigung durch nahe benachbarte Brunnen nicht ganz ausbleiben wird. Letztere ist theoretisch für jede Art von Brunnen unvermeidlich und praktisch auch in Danzig bei den Pumpversuchen in Bastion Gertrud durch den Verlauf der Absenkungs- curve nachgewiesen. So günstig das Ergebniß der geologischen Untersuchung betreffs der Menge und Constanz des insgesammt zufließenden Wassers ist, so glaube ich doch, daß es nicht empfehlenswerth sein dürfte, das zunächst geforderte Quantum von täglich 2400 Kubikmeter aus einem Brunnen entnehmen zu wollen. Schon die im Brunnen 1 der Bastion Gertrud ausgeführten Pump¬ versuche zeigen bei täglicher Entnahme von 1 137 Kubikmeter einen derartigen 0 Verlauf der Absenkungscurve, daß bei einer gleichen Beanspruchung des Brunnens III nur noch sehr wenig für Brunnen II übrig bleiben würde. Auch scheinen mir 1137 Kubikmeter eine sehr respektable Leistung zu sein, denn bei 220 mm lichter Weite des Rohres ergiebt dies für das aufsteigende Wasser eine mittlere Geschwindigkeit von 0,38 m pro Sekunde, bei welcher schon ansehnliche Geschiebe vom Wasser getragen werden. Für eine tägliche Entnahme von 2400 bezw. 4200 Kubikmeter müßte daher das Bohrrohr ent¬ sprechend weiter gewählt werden Auch dieser Ausweg ist nur innerhalb mäßiger Grenzen gangbar, weil — so leicht auch der grobe Diluvialgrand der wasser¬ führenden Schicht filtriren mag — der Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser nach dem Brunnen hin unter dem gegebenen Drucke filtrirt wird, natürliche Grenzen gesetzt sind. Auch werden ja die Pumphöhen und damit der Kostenaufwand für den Pumpenbetrieb um so größer, je größer die von einem einzelneu Brunnen beanspruchte Wassermenge ist. Daß die bisherigen Brunnen un¬ genügend construirt sind, vermag ich aus den vorliegenden Materialien nicht zu entnehmen, vielmehr habe ich aus dem Vergleich der Pumpversuche mit der Absenkungscurve den Eindruck gewonnen, daß die Brunnen den örtlich vorhandenen Wasserzufluß durchaus zweckentsprechend ausnutzen. Doch muß ich über diesen Punkt das entscheidende Urtheil selbstredend den Herrn Technikern überlassen. Dagegen scheint mir die Anordnung der 3 Brunnen in west-östlicher Linie nicht zweckentsprechend zu sein. Ist der Grundwasserstrom wirklich von Westen nach Osten gerichtet — und daß er mindestens eine starke west¬ östliche Componente hat, haben wir oben nachgewiesen — so müssen die Brunnen in nordsüdlicher Linie angeordnet werden, weil sie sonst sich gegen¬ seitig beeinträchtigen. Wie auch immer die Richtung des Grundwasserstromes sei, jedenfalls sollten die Brunnen in eine quer zu dieser Richtung verlaufenden Linie angeordnet werden. Ihre Entfernungen unter einander wären so groß zu bemessen, als es der verfügbare Raum und die technischen Rücksichten auf die Einheitlichkeit der Wasserförderung gestatten. Da die Richtung des Grundwasserstroms vorläufig noch nicht genaue]' bekannt ist, wäre sie zu ermitteln, was mit geringen Unkosten in wenigen Tagen geschehen kann. Es wären nämlich nur die Wasserstände mehrerer (mindestens 3, womöglich 5) benachbarter, in der gleichen Schicht stehender Brunnen durch einige Tage genau gleichzeitig, also zu bestimmten Stunden, zu beobachten, und die be¬ treffenden Brunnen durch ein bis auf Centimeter genaues Nivellement zu ver¬ binden (soweit solches nicht etwa schon vorliegt). Als solche Vergleichs- Brunnen kommen für die unweit der Steinschleuse beabsichtigte Anlage zunächst in Betracht: Bastion Gertrud, Gasanstalt und Kohlensäurefabrik, nächstdem noch Oelmühle oder Pettf.r, Patzig & Co. Bedingung wäre es, daß die beobachteten Brunnen sämmtlicli mindestens mehrstündige Ruhe ge- habt hätten; deshalb dürfte es sich empfehlen, die correspondirenden Wasser¬ standsbeobachtungen früh vor Beginn der Arbeitszeit auszuführen. Drei 7 23 Brunnen genügen, die etwa mehr beobachteten dienen zur Controle. Sollten nicht drei dieser Brunnen regelmäßig Nachtruhe haben können, so würde ich es auch schon für ausreichend halten, wenn dieselben nur ganz wenige Male beobachtet würden. Jedenfalls wäre es am besten, wenn die Beobachtungs¬ brunnen für die wenigen in Betracht kommenden Nächte angeschlossen würden. Der Gang der Arbeit könnte sich meines Erachtens folgendermaßen ab¬ wickeln: 1. Sofort Beginn eines Brunnens etwa in der Mitte der für die Wasser¬ entnahme verfügbaren Fläche des Stadtbauhofes. 2. Während dessen: Auswahl der Vergleichsbrunnen und Herstellung der Anschluß-Nivellements. 3. Sofort nach Erbohrung der wasserführenden Schicht im Stadtbau¬ hofe vergleichende Wasserstandsbeobachtungen an dem neuen Bohr¬ loche und an mindestens 2 der genannten bisherigen Brunnen. 4. Construction der Wasserdrucksfläche aus 3. und Ermittelung der horizontalen Streichrichtungen derselben. 5. Alsdann je nach Bedarf Abteufung weiterer Brunnen in einer dieser Streichrichtung parallelen Linie und beiderseits des ersten Bohrbrunnens. Königsberg, den 21. März 1897. gez. Professor Dr. Alfred Jentzsch. 24 Bericht über die einundzwanzigste Wander- Versammlung des Westpreussischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Stuhm, am 31. Mai 1898. Durch den im vorigen Jahre in Kreuz gefaßten Vereinsbeschluß war lür dieses Mal Stuhm zum Versammlungsort ausersehen, um wieder im östlichen Theile der Provinz zu tagen und hier den Bestrebungen unseres Vereins neue Freunde und Anhänger zu gewinnen. Auf Grund dieses Beschlusses hatte sich in Stuhm ein aus den Herren Beigeordneter Claus, Bürgermeister Hagen, Kreisbaumeister Lucas, Dr. Sciiimanski, Landrath von Schmeling, Stadtverordneten -Vorsteher Schneider und Dr. Seligo bestehender Orts¬ ausschuß gebildet, der in eifriger und erfolgreicher Thätigkeit alle an Ort und Stelle erforderlichen Vorbereitungen getroffen hatte. So fanden denn die Mitglieder, die sich am zweiten Pfingstfeiertage in erfreulich reicher Zahl auf den Weg nach Stuhm machten, dort alles für ihre Zwecke aufs Beste ein¬ gerichtet. Auch der Himmel, der an den vorhergehenden Sonn- und Feier¬ tagen durch Wolkenbrüche und Ueberschwemmungen vielerorts erhebliches Unheil angerichtet hatte, hatte sich eines Besseren besonnen und freundlichen Sonnenschein zu Nutz und Frommen der Botaniker und Zoologen gespendet, die zum guten Gelingen ihrer Arbeit des schönen Wetters dringend bedürfen. Schon auf dem Bahnhof wurden die auswärtigen Theilnehmer, die im Laufe des Montag Nachmittags mit den von Norden und Süden kommenden Zügen eintrafen, durch die Herren des Ortsauschusses empfangen und nach der ziemlich weit entfernten Stadt zu ihren, theils in den Hotels, theils in freund- lichst dargebotenen Privatwohnungen gelegenen Quartieren geleitet. Freilich endete die Eisenbahnfahrt nicht durchweg so vollkommen programmmäßig, denn vier der auswärtigen Herren erwiesen sich schon von vorneherein auch dem unkundigen Laien als gelehrte Häupter, indem sie über ihr Ziel hinaus¬ fuhren, um erst auf der nächsten Station ihr Pech zu merken. Da von beiden Richtungen her bald Züge nachfolgten, war das Unglück übrigens nicht sonderlich groß, und gegen Abend waren glücklich alle Theilnehmer in Stuhm angelangt. i 25 Hier vereinigten sich um 8 Uhr im Deutschen Hause die Fremden, unter denen sich auch mehrere Damen befanden, mit einer großen Anzahl von Stuhmern und Stuhmerinnen zu einem fröhlichen Beisammensein. Nach¬ dem der erste Begrüßungssturm der Einzelnen unter sich vorüber war, die alten Freunde sich über ihr Ergehen unterrichtet und die neuen Bekannten sich etwas angefreundet hatten, begrüßte Herr Beigeordneter Claus Namens der Stadt Stuhm in herzlichen Worten die von auswärts Erschienenen und wünschte der Versammlung einen gelungenen Verlauf. Herr Stadtrath Helm- Danzig, als Aeltester der Auswärtigen, dankte für den warmen Empfang und schloß mit einem Hoch auf die Stuhmer und ihre Damen. Herr Professor ]>AiL-Danzig erinnerte als einer der Begründer des Vereins daran, daß es ein Hauptziel desselben sei, die Freude an den Schönheiten unserer Püanzen- und Thierwelt in die weitesten Kreise zu tragen, und sprach die Hoffnung aus, daß auch die Stuhmer Versammlung reichlich dazu beitragen werde, dieses Ziel zu erreichen. Auch der Abwesenden wurde gedacht, die durch die weite Entfernung ihres Wohnorts oder durch anderweitige Pflichten be¬ hindert waren, an der Versammlung theilzunehmen. So wurde eine Karte mit einer hübschen Gesammtansicht des von Seen umgebenen Städtchens Stuhm — einer im Laufe des Nachmittags durch Herrn Gymnasiallehrer Reiiberg- Marienwerder gefertigten wohlgelungenen Aquarellskizze — , auf deren Rück¬ seite sämmtliche Anwesenden ihre Namen und freundliche Grüße verzeichnet hatten, unserem verehrten Correspondirenden Mitgliede, Herrn Universitäts- Professor Dr. P. AsCHERSON-Berlin als Zeichen des Gedenkens über¬ sandt; u. a. m. Noch lange saß die Tafelrunde dann in fröhlicher Unter¬ haltung beisammen, bis die Rücksicht auf die Arbeiten des kommenden Tages zum Aufbruch zwang. * * * Die Hauptsitzung des Vereins am Dienstag, den 31. Mai, fand im großen Saale des Königlichen Hofs statt. Dank der Fürsorge des Ortsausschusses war auf der einen Längsseite des großen Raumes eine reichhaltige Ausstellung von botanischen und zoologischen Objecten aus der Gegend von Stuhm ver¬ anstaltet. So hatte Herr Posthalter MuERAU-Stuhm eine Sammlung von gut präparirten Vögeln, darunter auch einige recht seltene Arten, zumeist aus der nächsten Nähe der Stadt, ausgestellt. Herr Dr. SCHiMANSKi-Stuhm hatte eine interessante Suite von Nestern und Gelegen der auf den Stuhmer Seen — dem Barlewitzer und dem Hinter-See — heimischen Vögel und Herr Forstmeister WADSACK-Rehhof eine hübsche Auslese bemerkenswertlier Geweihe und Gehörne und anderer, aus der Rehhöfer Forst stammender Objecte beigesteuert. Auch sonst war noch eine Reihe einschlägiger Naturobjecte zusammengetragen, so daß die auswärtigen Versammlungstheilnehmer einen anschaulichen Ein¬ blick in die floristischen und faunistischen Verhältnisse der Stuhmer Gegend erhielten. 2 26 Früh um 8 Uhr begann die geschäftliche Sitzung, an der, ebenso wie an der späteren wissenschaftlichen, zur lebhaften Freude der Versammlung auch unser L Vorsitzender, Herr Dr. H. von KLiNGGRAEFF-Langfuhr, theilnahm, der sonst ja leider von dem Besuch unserer Wanderversammlungen durch sein Augenleiden fcrngehaltcu wird. Zunächst erstattete der I. Schriftführer des Vereins, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, folgenden Geschäftsbericht für 1897/98. Meine Herren! A^or einem Jahre hatte unser Verein die Freude, seine XX. Wander- Arersammlung zusammen mit der Frühjahrs- Versammlung des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg in Kreuz a. d. Ostbahn abhalteu und dabei auch befreundete Botaniker aus Berlin, Posen, Stettin und anderen Orten be¬ grüßen zu können. Diese gemeinsame Tagung unter dem Ehrenvorsitz unseres Correspondirenden Mitgliedes, Herrn Universitäts-Professor Dr. P. Ascherson- ßerlin, hat in allen betheiligten Kreisen und darüber hinaus lebhaften Beifall gefunden, und es erscheint daher wohl zweckmäßig, wenn in längeren Zeit¬ räumen ähnliche Veranstaltungen wiederholt werden möchten. Der Druckbericht über jene Versammlung ist vor Kurzem erschienen und den Mitgliedern übersandt worden, Derselbe umfaßt 8^2 Bogen und enthält u. a. wissenschaftliche Abhandlungen der Herren GRAEBNER-Berlin, Ernst II. L. KRAUSE-Thorn, LuowiG-Christburg (f), NiTARDY-Elbing und Treichel- Hocli Paleschken. In dem verflossenen Jahr hat Herr Dr. Graebner aus Berlin größere Gebiete in unserer Provinz cursorisch bereist, um die hier auftretenden Vegetationsformationen zu studiren. Die Ergebnisse dieser Reise sind zunächst in der vorbezeichncten Publication niedergelegt und werden weiterhin auch in der im Erscheinen begriffenen, von den Herren Ascherson und Graebner bearbeiteten Flora des nordostdeutschen Flachlandes verwerthet werden. — Ferner wurde Herr Ew. H. Ruebsaamen aus Berlin mit der Fortführung der im Jahre 1896 begonnenen zoologischen Excursionen in der Tucheier Heide betraut Hierbei ist auch diesmal ein umfangreiches und bemerkenswerthes Material gesammelt, welches leider noch nicht vollständig hat bearbeitet werden können, zumal hierzu die Hilfe mehrerer Specialforscher in Anspruch genommen werden mußte. Der Stand der Kasse am Schluß des Vereinsjahres war 859,54 Mk. Daher werden auch im laufenden Etatsjahre wiederum wissenschaftliche Arbeiten in der Provinz nnterstützt beziehungsweise veranlaßt werden können. Es ist eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle dankbar der ansehnlichen Unter¬ stützung zu gedenken, welche der Verein Seitens der Provinzial-Verwaltung dauernd erfährt. 3 27 Aua der Zahl der Mitglieder sind die Herren: Sanitätsrath Dr. Benzler- Zoppot, Rentner R. LuDWiG-Christburg und Rentner Rathke sen. - Danzig, welche dem Verein gleich im ersten Jahre seines Bestehens beigetreten waren, durch Tod ausgeschieden. Herr Rudolf Ludwig, früher Apothenbesitzer und lange Zeit Stadtverordneten-Vorsteher in Christburg, hat in der dortigen Gegend sehr fleißig botanisirt und in dem Bericht über die fünfte Versammlung unseres Vereins im Jahre 1882 einen ,, Beitrag zur Flora von Christburg und Umgegend“ veröffentlicht. Kurz vor seinem Ableben stellte er, einer dies¬ seitigen Anregung folgend, auch noch einen Nachtrag fertig, welcher in dem Ihnen vorliegenden letzten Bericht abgedruckt ist. Sein Herbarium, welches rund hundert Mappen umfaßt, hat er testamentarisch dem Provinzial-Museum in Danzig überwiesen. Als der Verein vor drei Jahren seine Wander- Ver¬ sammlung in Christburg abhielt, erfreuten wir uns an der Rüstigkeit und geistigen Frische Ludwig’», unseres damaligen Geschäftsführers. Er verschied im 77. Lebensjahre am 14. Juni vorigen Jahres. Lassen Sie uns, meine Herren, das Andenken der Verewigten durch Er¬ heben von den Plätzen ehren. (Geschieht.) Sodann wird der von dom Schatzmeister des Vereins, Herrn Consul MEYER-Danzig, verfaßte Kassenbericht für das abgelaufene Etatsjahr ver¬ lesen. Mit der Prüfung desselben werden die Herren Stadtrath HELM-Danzig und Oberlehrer Dr. HoiiNFELDT-Marienwerder betraut. Was den Arbeitsplan für 1898 anbetrifft, so schlägt der Vorstand dem Verein vor, von größeren Arbeiten zunächst nur eine Untersuchung der Flora des nördlichen Theils des Karthäuser Kreises, insbesondere bezüglich der Moose, ins Werk zu setzen und Herrn Lehrer LüETZOW-Karthaus damit zu betrauen. Derselbe hat sich zu einer etwa dreiwöchigen Bereisung des betreffenden Gebiets bereit erklärt. Die Veranstaltung kleinerer floristischer oder faunistischer Excursionen soll eventuell dem Vorstande überlassen werden. Der Verein erklärt sich durch Bewilligung der erforderlichen Geldmittel mit diesen Vorschlägen einverstanden. Bei der nun folgenden Vorstandswahl wurden die bisherigen Vorstands¬ mitglieder durch Acclamation wiedergewählt. Der Vorstand besteht somit aus den Herren: Dr. H. von KuiNGGRAEFF-Langfuhr (I. Vorsitzender), Oberlehrer Dr. A. SCHMIDT-Lauenburg (H. Vorsitzender), Professor Dr. H. CoNWENTZ-Dauzig (I. Schriftführer), Oberlehrer Dr. C. LAKOWITZ-Danzig (II Schriftführer), Consul A. MEYER-Danzig (Schatzmeister). Es folgt die Wahl des Versammlungsortes für 1899. Der I. Schrift¬ führer, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, schlägt vor, Flatow zu wählen, das im westlichen Theile der Provinz gelegen und von dem Verein bislang 4 28 noch nicht besucht worden ist, obwohl seine landschaftlich reizvolle Umgegend auch in floiistischer Hinsicht viel Bemerkenswerthes und Interessantes bietet. Der Verein beschließt dementsprechend, und telegraphische Mittheilungen darüber werden sogleich an den Bürgermeister von Flatow, Herrn Loehrke, sowie an Herrn Rector Goerke dort abgesandt, welch letzterer ersucht wird, als Localgeschäftsführer die Vorbereitungen an Ort und Stelle einzuleiten. Auf Antrag des Vorstandes wird sodann die Remuneration für die Correctur des Drucks der Vereinsberichte auf 12,oo Mk. pro Druckbogen festgesetzt, da die Erfahrung gezeigt hat, daß eine sorgfältige Auslührung der Correctur und der bereits vor der Drucklegung erforderlichen redactionellen und technischen Durcharbeitung der Manuscripte eine zeitraubende und mühselige Arbeit ist. Da die beiden Reehnungsrevisoren den Kassenbericht uud die Beläge für richtig befunden haben, ertheilt die Versammlung dem Schatzmeister Decharge und spricht ihm für seine Mühewaltung den Dank des Vereins aus. im Anschluß an die Erledigung des Kassenberichts macht Herr Ober¬ landesgerichtsrath von BuENAü-Marienwerder die Versammlung darauf auf¬ merksam, daß durch das im Jahre 1900 in Kraft tretende neue Bürgerliche Gesetzbuch Vereinen die Erlangung der Rechte einer juristischen Person er¬ heblich erleichtert wird. Er erläutert die mannigfachen Vortheile, die ein Verein wie der unsrige, besonders in vermögensrechtlicher Beziehung, von der Erlangung dieser Rechte haben würde, und regt an, mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für den Verein die Corporationsrechte zu erwerben. Der Vorstand verspricht, diese Frage rechtzeitig in sorgfältige Erwägung zu ziehen. Weitere geschäftliche Mittheiiungen Seitens des Vorstandes oder der Mitglieder liegen nicht vor, und es wird daher gegen 9 Uhr die geschäftliche Sitzung geschlossen. * * * Die wissenschaftliche Sitzung, zu der sich außer den Mitgliedern uud ihren Damen auch sehr zahlreiche Damen und Herren aus Stuhm und der Umgegend eingefunden hatten, so daß der große Saal des Königlichen Hofes voll besetzt war, wurde kurz nach 9 Uhr durch den II. Vorsitzenden, Herrn Oberlehrer Dr. ScHMiDT-Lauenburg, eröffnet. Zunächst begrüßt sodann der Kreislandrath Herr von Sciimeling die Versammlung Namens des Stuhmer Kreises. Der Verein weile ja nicht zum ersten Male im Kreise Stuhm, da er bereits vor drei Jahren in Christburg getagt habe. Daß der Verein so Haid wiedergekehrt sei, dürfe Redner wohl mit Recht dahin deuten, daß die erste Vereinsversammlung im Kreise Stuhm zur Zufriedenheit der Theil- nehmer verlaufen sei. Darüber spreche er seine Freude aus, und gleichzeitig sage er dem Verein Dank für die Wiederkehr. Er wünsche, daß auch die heutige Versammlung befriedigend verlaufe, die Arbeiten derselben von Erfolg gekrönt, die Interessen des Vereins durch dieselbe gefördert und ihm auch 5 29 neue Mitglieder zugeführt werden mögen. In diesem Sinne heiße er besonders die von auswärts Gekommenen nochmals herzlich willkommen. Der Vor¬ sitzende dankt aufrichtig für den freundlichen Empfang, der ebenso wie das gemüthliche Zusammensein am vergangenen Abend volle Gewähr dafür leiste, daß der Verein sich hier wohl fühlen werde. Nachdem die Präsenz- und Vortragsliste in Umlauf gesetzt sind, macht der I. Schriftführer, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, auf den soeben erschienenen Druckbericht über die vorjährige Vereins Versammlung in Kreuz aufmerksam, von dem eine Anzahl von Exemplaren zur Einsichtnahme für die Interessenten im Sitzungssaale ausliegt. — Derselbe trägt sodann die zahl¬ reich eingegangenen brieflichen und telegraphischen Begrüßungen vor. darunter solche der Herren Professor Dr. P. AscHERSON-Berlin, Professor Dr. Barthel- Breslau, Kaufmann FRiTZ-Christburg (auch Namens der übrigen Christburger Mitglieder), Dr. Graebner- Berlin, Procurant des Norddeutschen Lloyd W. Kauffmann- Bremen, Professor Dr Luerssen- Königsberg Ostpr., Haupt¬ lehrer LuETZOW-Oliva, Professor Dr. MoMBER-Danzig (zugleich im Namen der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig), Oberstabsarzt, Dr. PRAHL-Rostock, Probst PREUSCHOFF-Prauenburg, Chefredacteur TROJAN-Berlin und Oberlehrer Wacker- Charlottenburg, sowie von Frau Hofrath Dr. HAGEN-Frankfurt a. M. und von Fräulein Elisabeth LEMKE-Berlin. Anschließend an die Begrüßungen unserer beiden Mitglieder Ascherson und Graebner legt Redner die von diesen beiden Herren bearbeitete „Flora des nordostdeutschen Flach¬ landes“ (Berlin Gebr. Bürntraeger), soweit bisher erschienen, vor und empfiehlt dieselbe, als die dem neuesten Stande unserer Florenkenntnis ent¬ sprechende, aufs wärmste zum Ankauf. Bekanntlich hat Herr Dr. Graebner auf zwei größeren, für unseren Verein ausgeführten Reisen auch die floristischen Verhältnisse unserer Provinz des genaueren studirt, und die Resultate seiner Beobachtungen sind ebenso wie die gesammte bisher vorhandene floristische Literatur für die Bearbeitung des vorgelegten Werkes benutzt worden. In dankenswerter Weise hat sich der Verleger bereit erklärt, Mitgliedern unseres Vereins das wichtige Werk zu einem erheblich ermäßigten Vorzugspreise zu liefern, so daß denselben die Anschaffung wesentlich erleichtert ist. Subscriptions¬ listen zur Einzeichnung für die Anwesenden werden in Umlauf gesetzt. — Redner bringt sodann verschiedene dem Verein übersandte Offerten über botanische und zoologische Sammelgeräthe, Bücher etc. zur Kenntnis der Versammlung und theilt schließlich mit, daß Herr Professor Dr. Veit Witt¬ rock in Upsala, der sich mit umfassenden monographischen Studien über die Arten der Gattung Viola beschäftigt und auch die Viola -Arten unseres Provinzial-Herbariums untersucht hat, ihm den Wunsch ausgesprochen hat, aus unserer Provinz Viola- Samen, besonders von den sehr interessanten Strand¬ formen des Stiefmütterchens, Viola tricolor L., zu Kulturzwecken zu erhalten. Redner bittet die Anwesenden, ihm gelegentlich Samen solcher Strandformen möglichst zahlreich, behufs Uebermittelung an den genannten Herrn, zukommen zu lassen. 6 30 Die Reihe der größeren Vorträge eröffnet sodann Herr Professor Dr. Bail- Danzig mit seinen eingehenden Ausführungen Ueber Allseitigkeit der Thier- und Pflanzenbeobachtung als Quelle unerschöpflichen Naturgenusses. Als der Vortragende vor nunmehr 20 Jahren sowohl Mitglieder der Dan- ziger Naturforschenden Gesellschaft, als auch bei einem zu diesem Zwecke unternommenen Besuche in Marienwerder die Naturfreunde der Hauptstadt des zweiten Regierungsbezirks unserer Provinz zur Gründung des West¬ preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins aufforderte, stellte er als Haupt¬ zweck des Vereins ,, die Erforschung der Pflanzen- und Thierwelt Westpreußens nach allen Richtungen und die Hebung des botanisch-zoologischen Studiums in Westpreußen im Allgemeinen“ auf, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß durch einen solchen Wanderverein auch der Naturgenuß, der naturgemäß Ge¬ meingut der Menschheit sein müßte, in immer weiteren Kreisen unserer schönen Provinz erhöht werden würde. Wir haben, meine Damen und Herren, die Freude, daß nach beiden Richtungen hin die Erfolge des Vereins stets durch¬ aus erfreuliche gewesen sind. Nach dem Gesagten werden Sie auch heute von mir nicht erwarten, daß ich Sie durch bloße Namens- und Fundorts-Angaben ermüden oder vor Ihnen nur neue Entdeckungen behandeln werde. Bilder des Lebens und der Entwicklung will ich Ihnen vielmehr mit Hülfe der mit¬ gebrachten Exemplare, Präparate und Abbildungen vorführen und Sie selbst zu gelegentlicher Erneuerung, ja Erweiterung der betreffenden Beobachtungen anregen. An diese einleitenden Worte reiht der Vortragende umfangreiche Demon¬ strationen an, auf welche sich die folgenden Mittheilungen beziehen: 1. Bei der Vorzeigung seiner für den Schulgebrauch in Bildform, d. h. unter Glas und Rahmen, aufbewahrten Keimungspräparate, weist derselbe auf zwei neue Zugänge hin, nämlich auf keimende Apfelkerne, welche er neuer¬ dings wiederholt in ganz unversehrten Aepfeln gefunden hat, und auf die Keimpflanzen eines Feigenkaktus, an deren ursprünglich säulenförmigen be- stachelten Stämmchen zwei flächenartig ausgebreitete Keimblätter sitzen. 2. Man kann bekanntlich die Pflanzen eintheilen in a) Kräuter, d. h. in nur einmal fruchtende Gewächse mit höchstens einjährigem oberirdischem Stengel, b) Stauden, mehrmals fruchtende Pflanzen mit nur einjährigem ober¬ irdischem Stengel, und c) Holzgewächse mit ganz oder wenigstens (Halbsträuclier) im unteren Tlieile mehrjährigem, stets von neuem Aeste bildendem oberirdischem Stengel. Daß aber auch ein und dieselbe Art zu zwei der genannten Gruppen gehören kann, beweist die vorzüglich zur Demonstration der interessanten Be¬ fruchtungsvorgänge an Salbeiblüten geeignete, gelb blühende (klebrige) Salvia glutinosa L. Dieselbe kommt als Staude vor und wird u. a. auch von Garcke als solche aufgeführt, doch treiben ihre von Kainzenbad in Baiern mitgebrachten 7 31 Exemplare in Danzig aus alten oberirdischen Stengeln jährlich neue Sprosse (Halbstrauch). Auch eine andere Staude, der Feldbeifuß, kommt bei uns, wie schon bekannt, nicht selten als Strauch vor (Nachweis an Exemplaren), und auch Staudengräser können, wie Herr Dr. von Klinggraeff bei der Dis- cussion hervorhebt, neu aussprossende oberirdische Stengel tragen. Daß in andern Zonen eine bei uns krautartige Pflanze Staude und sogar Holzgewächs werden kann, beweist Ricinus communis L.; auch die Lebensdauer der Blätter kann sich unter anderen Breiten ändern, so daß z. B. der Kirschbaum im Süden immergrün wird. Dagegen würden Mittheilungen über weitere Beob¬ achtungen von ausnahmsweiser Verlängerung der Lebensdauer der Organe unserer einheimischen Pflanzen, nach Art der vorbesprochenen erwünscht sein. 3. Eine außerordentlich reiche Quelle fesselnden Beobachtungsstoffes bietet die Anpassung der Blätter an das Medium, in welchem sie sich entwickeln, wie an das Licht. Mit Rücksicht hierauf kann ein und dieselbe Pflanze auch sehr verschiedene Laubblätter haben, wie schon früher unter Hinweis auf die Bedeutung der Formänderung bei unsern Versammlungen erläutert worden ist. Dieses Mal werden unter anderm Uebergangsformen aller drei Blattformen der Gleditschia triacanihos L herumgezeigt und die in München von Goebel, Waechter und Boss ausgeführten Experimente über Entstehung verschiedener Blätter unter wechselnden Licht- und Nahrungsverhältnissen erwähnt. So kann man beispielsweise die riemenförmigen Laubblätter des Pfeilkrauts und ver¬ wandter Pflanzen, welche als Tief wasserformen gelten, ganz ohne Wasser¬ einfluß nur durch Licht- und Nahrungsentziehung hervorrufen. Auch über die Schlafstellungen der Blätter wird gesprochen. Während man bisher dieselben nur als Mittel zur Verringerung der Wärmeausstrahlung betrachtet hat, danken wir Ernst Stahl’s in Buitenzorg begonnenen Untersuchungen den Nachweis, daß ihre Bedeutung in noch erhöhtem Maße in der Förderung der Wasser¬ verdunstung und damit in reicherer Versorgung der betreffenden Gewächse mit mineralischer Nahrung zu suchen ist. (Botanische Zeitung, 1897, Heft 4 und 6.) 4. Als Beispiel, wie mannigfaltigen Stoff dieselbe Pflanze zu Beobachtungen darbieten kann, wird der gemeine Frauenflachs ( Linaria vulgaris Miel.) vor¬ geführt. Er liefert auf den mit Schülern unternommenen Excursionen Ge¬ legenheit: a. zum Nachweis von Gallen, welche durch Käfer erzeugt sind (s. Bail, Methodischer Leitfaden, Zoologie II, S. 46); b. zur Beobachtung des für die Pflanze förderlichen oder schädlichen (Einbruch) Insectenbesuches ; c. nicht selten zur Demonstration der so merkwürdigen Pelorien, welche einen innern Zusammenhang scheinbar sehr verschiedener Formen beweisen. Zur Vorlage gelangen äußerst üppige Pflanzen mit mächtigen, regelmäßigen, meist öspornigen, bisweilen 5 gleich- lang« Staubgefäße umschließenden Endblüten. Dabei hebt der Vor- o o 8 32 tragende hervor, daß er in drei aufeinander folgenden Jahren an ein und derselben, wenige Meter großen Stelle eines Grabenrandes im Terrain der Beubuder Rieselfelder diese Bildungen gleich zahl¬ reich und kräftig entwickelt angetroffen hat. d. Durch Befeuchtung der zierlichen Doppelkapseln der Linaria wird die Zusammenlegung ihrer im trocknen Zustande strahlenartig von der Mündung abgebogenen Zähne und somit der Schluß der Kapseln herbeigeführt. An dieses Beispiel der Verhinderung unzeitgemäßer Samenausstreuung wird eine Reihe anderer experimenteller oder durch große Wandbilder unterstützter Erläuterungen über die Hygros- kopicität angereiht. In ihr besitzen sehr viele Pflanzen den nie ver¬ sagenden Selbstregulator für erfolgreiche Befruchtung und Samen¬ verbreitung und damit für umfangreiche Sicherung des Fortbestandes der Art. e. Letztere wird aber auch durch die Beschaffenheit der Samen selbst herbeigeführt, und wir sehen es z. B. den äußerst flachen Samen von Linaria direct an, daß sie bestimmt sind, vom leisesten Winde weg¬ geweht zu weiden. So leitet uns unser Leinkraut auch zur Besprechung der Mittel zur Verbreitung der Früchte und Samen. Die Tliatsache, daß das Federkrönchen der Distelfrüchte beim Anprall an einen festen Gegenstand, z. B. an eine Mauer oder einen Baum, abbricht und somit die Aussaat der Pflanze an dieser Stelle bewirkt, kann man sehr schön mit reifen Eselsdistelfrüchten erläutern, welche man mit den Fingern gegen eine Wand schnellt. Redner hat sich im vorigen Jahre das Vergnügen gemacht, sich mit Reisegefährten in dem an prächtigen großköpfigen Disteln reichen Engadin in aus¬ gedehntem Maße von dem Zusammenhänge des Standorts verschiedener Disteln mit jener Wirkung des Anpralls zu überzeugen, wozu sich übrigens auch bei uns vielfach Gelegenheit findet. Zu den wenigen Samen, welche besondere Vorkehrungen zur Fest- klammerung an die Hautbekleidung von Thieren besitzen, durch welche sie dann verbreitet werden, gehören die mit Hakenborsten versehenen der ,, seerosenartigen Seekanne“ ( Limnanthemum nymphae- oides Lk.) Da die nach Herabbiegung des Blütenstieles auf dem Grunde des Wassers reifenden Früchte dieses schönen Enzian¬ gewächses nur schwer zu erreichen sind, werden Frucht und Samen in Spirituspräparaten herumgegeben. 5. Von andern mitgebrachten Gegenständen seien schließlich noch er¬ wähnt: zahlreiche Gallenbildungen, bei deren Besprechung an die schönen BEYERRiNCK’schen Arbeiten erinnert wird. Bekanntlich hat Beyerrinck (Botanische Zeitung 1885 und 1888) die Gallen der Hainrispengrasgailmücke und von Weidenblattgallwespen zur Erzeugung von Pflanzenwurzeln gebracht und auch sehr lehrreiche Versuche mit Rosenschlafäpfeln und Weidenrosen (Gallen 9 von Cecidomyia rosaria Lw.) angestellt (s. ebenda). An Beispielen wird noch die enorme Verbreitung von kleinen Gallenbildneru nachgewiesen, von deren Existenz wir fast nur durch jene Paläste (die Gallen) Kunde erhalten, welche sie durch einen einzigen Stich mit ihrer Legeröhre ihrer Nachkommenschaft gleichzeitig als Wohnsitz und als Nahrungsmagazin erbauen. Endlich wurden noch in der Provinz gesammelte Präparate über die Thätigkeit der Blatt¬ schneiderbiene (an Bosen-, Ahorn- und Sclmeebeerblättern), wie ihre Töpfe in einem ausgehöhlten Stamme, über die Entwicklung des Häufchenkleinbauchs und die verschiedensten, oft sehr zierlichen Köcher der Köcherjungfern aus den reichen Sammlungen des Realgymnasiums zu St. Johann zur Schau gestellt. Nach ihm spricht Herr Dr. ScHiMANSKi-Stuhm über Die Warmblüter der Stuhmer Seen. Die Säugethiere und Vögel, welche die Stuhmer Seen und deren Ufer beleben, sind theils solche, welche dort heimisch sind, wohnen und Nachwuchs groß ziehen, theils solche, welche nur als Gäste, Schutz oder Nahrung suchend, vorübergehend sich dort aufhalten. Von den Säugethieren, welche hier eine Familie groß zogen, ist leider auch der Fischotter ( Lutra vulgaris Erxl.) hier beobachtet und ein junges Exemplar gefangen worden. Die Fangmethode, in einem starken neuen Fisch- reusensack, der, mit großen Fischen geködert, das Thierchen, das schon mehrere schwache Fischsäcke durchbrochen hatte, hineinlockte und zum Er¬ sticken brachte, macht dem alten Fischereigesellen Schumski alle Ehre. Häufiger findet sich der Iltis ( Putorius foetidus Gray), besonders dort, wo Rohrgebüsch an Weidenpflanzungen grenzt, seltener das große Wiesel ( Putorius ermineus L.) und das kleine Wiesel (P. vulgaris Rich.). Ob auch der Nerz (P. lutreola L.) hier sein Wesen treibt, kann nur durch einen glücklichen Fang in der Kastenfalle entschieden werden. Trotz dieses Raubzeuges, das die Ufer bevölkert, ist die Wanderratte (Mus decumanus Pall.) ungemein häufig. Zufällig schräge stehende Eisvogel eisen werden regelmäßig von der¬ selben erklettert und besetzt. Die sehr viel elegantere Wasserratte ( Hypudaeus amphibius L.) ist in den letzten Jahren durch erstere fast verdrängt worden. Kleine Rohrmäuse (Mus minutus Pall.) bauen zahlreiche Nester im dichten Rohre, und im Winter ähnliche an geschützten Stellen des Ufers. Von kleineren Raubthieren (Insectenfressern) wird der Maulwurf ( Talpa europaea L.), die Wasserspitzmaus ( Crossopus fodiens Wagn.) und von Fledermäusen die Wasser¬ fledermaus (Vespertilio Daubentonii Leisl.) gesehen. Als Gäste besuchen den See, Futter suchend, Hauskatze (Felis domestica Briss.), Steinmarder (Mustela foina Briss.), Dachs (Meies taxus Pall.), und Fuchs (Canis vulpes L.), welcher im Winter und Herbste gerne im dichten Rohre ein sicheres Lager sucht, wie es Freund Lampe (Lepus timidus L.) schon dann thut, wenn ihm auf dem Felde von der Knallerei etwas heiß wird. 10 3 34 Größer an Zahl der Individuen ist die befiederte Welt der Seen. Es brüten hier, die Masse der Bewohner der Hauptsache nach bildend, das Wasserhuhn, Bläßente ( Fulica atra L.) und der Haubentaucher ( Podiceps cristatus Lath.). Während ersteres und seine Genossen kleineren Kalibers sich fast nur von Wasserpflanzen ernähren, ist der Taucher ein fleißiger Fisch¬ räuber. Wenn Brehm es für eine Sünde hielt, den schönen Vogel zu tödten, denken heute die Fischzüchter anders über ihn. Daß er im Stande ist, 2 Fischchen hinter einander unter Wasser zu schlucken, ist hier an einem im Momente des Hochtauchens erlegten Exemplare festgestellt (Präparat im Westpreußischen Provinzial-Museum). Auch der zweite Fisch hatte bereits den Kehldeckel passirt. Die von ihm nach erheblichen Störungen verlassenen Horste markirt der Taucher dadurch, daß er die grünen Rohrstengel über denselben knickt. Hierauf giebt er sein Gewölle auf diese verlassenen Nester. Unter den Gewöllen sind, als der Barlewitzer See noch Aale enthielt, die Häute von 45 cm langen Aalen gefunden worden. Sein Nest fundamentirt der Taucher durch ein fast bis zum Grunde reichendes, 2 qm großes Floß aus kreuz und quer über einander gelegten Rohrstengeln. Hierauf stützt sich die stumpfe Pyramide aus feuchten Schilf- und Rohrblättern mit einem Durchmesser von 40 bis 45 cm an der Basis, 15 cm hoch, durch und durch naß, mit frischen Pflanzen von Potamogeton und Batrachium etc. als Kitt ver¬ bunden — das eigentliche Nest. Die 6, bisweilen 8, frisch gelegt grünwei߬ lichen, länglich spitzen Eier werden, sobald der Vogel seinen Horst verläßt, mit einigen krausen Wasserpflanzen lose bedeckt und vor Krähen- und Menschenaugen geschützt. Liegen dieselben 24 Stunden und länger in dem nassen gährenden Neste, so nehmen sie mehr und mehr eine gelbgrüne bis braune Schmutzfarbe von der Unterlage an. Frisch aber sind dieselben wohl¬ schmeckend, in Schlesien z. B. stellenweise sehr gesucht. Auch läßt es sich der Taucher lange Zeit, zumal von den Fischern, gefallen, daß ihm ein Theil seines Geleges genommen wird. Die Taucherente atzt die Jungen mit einem milchartigen, aus den Kropfdrüsen ausgeschiedenen Safte. Solange die Thierclien einen gelben Flaum tragen, der im Wasser naß wird, sind sie äußerst wasserscheu und werden von der Alten unter den Flügeln und auf dem Rücken getragen. Die Mutter verfolgte hier Knaben, die schwimmend nach den Jungen haschen wollten, mit großer Energie. Sobald die Jungen tigergefleckt, wie ein Reh, befiedert resp. beflaumt sind, tauchen sie fast noch eleganter als die Eltern. Aehnlich, nur in allem kleiner, ist Figur, Nest und Ei des hier seltneren kleinen Tauchers (. Podiceps minor Lath.). Das Gelege enthielt 6, beiderseits spitze, zierliche Eilein, die frisch, und besonders aus¬ geblasen, von blendend schönem Weiß sind. — Das große Wasserhuhn (. Fulica atra L.) baut im Schilf, Rohr oder Ried ein bis 20 cm hohes, durch¬ aus trocknes Nest aus trocknen Rohrblättern und Kolbenrohrblättern und leo-t Ö in eine leichte Mulde dieser trocknen Blätter 8 bis 13 graue, braungetüpfelte, frisch wohlschmeckende Eier. Nest und Gelege sind gleich, nur in Allem li 85 kleiner, vom grünfüßigen Wasserhuhn ( Gu/Uuula clüoropus Lath.). Das kleine Schilf lmhnchen ( Porzana pusilla L ), gar nicht selten, hat noch kein Gelege dargeboten. Den Versuch zu horsten hat zumeist wohl aufgegeben die große Rohrdommel ( Botaurus stellaris Steph.). Häutig dagegen ist die kleine Rohr¬ dommel ( Ardetta minuta Gray), welche ihren Horst aus trocknem Schilf und Rohrstengeln, 10 — 20 cm über dem Wasser anfangend, 30 — 40 cm hoch baut und mit 6, beiderseits rundlichen, blendend zart porzellanweißen Eilein belegt, die den Horst weithin durch das Rohr hindurch verrathen. Viel verborgener liegt das Nest der kleinen scheuen Rohrammer ( Emberiza schoeniclus L.), die so sehr einem in elegantere Farben gekleideten Hausspatzen gleicht. Das hart am Boden in schwimmende Bülten gebaute Nestchen enthält 5—6 elegant graue Eilein, die mit dunkel chokoladebraunen Streifen und Tupfen so ge¬ zeichnet sind, als wären darauf chinesische Buchstaben gemalt. In den ge¬ schützten Hohlufern brütet in seinem ßackofenneste der hier nicht seltene Zaunkönig ( Troglodytes parvulus Koch). Auch dürfte in den stellenweise 1 — -2 Fuß hohen Steiluferstellen der Eisvogel ( Alceclo ispicla L.) brüten können, der hier das ganze Jahr hindurch bei offenem Wasser unser ständiger Gast ist. Von Singvögeln brütet auf den Sträuchern und Bäumen der Ufer der Pirol ( Oriolus galbvla L.), der Sprosser ( Luscinia major Brepim), hier Nachtigall genannt, in den hohlen Weiden die .Meisen, von denen die Blau¬ meise ( Parus coeruleus L.) am häutigsten gesehen wird, nächstdem die Kohl¬ meise (P. major L.). Ebenso Grasmückenarten ( Sylvia spec.) und grüner Hänfling ( Fringilla chloris L.). Der häufigste Sing- oder besser Schreivogel ist die Rohrdrossel ( Acrocephalus turcloides Cab.), hier ihres Geschreies wegen Rohrspatz genannt, und verwandte Arten. Zwischen 4 bis 6 Rohrstengeln flicht derselbe aus den Büscheln des Rohres und Rohrhalmen, 40 cm über dem Wasserspiegel, ein tiefes kunstvolles sackartiges Nest, welches durch starke Regengüsse erweicht, oftmals erneut werden muß. So kommt der Vogel bisweilen erst nach mehrfachem Mißgeschick dazu, aus den 6 bis 8 hell bis dunkelgrünen oder blaugrünen, dunkelbraun getüpfelten, eiförmigen Eilein seine zunächst ganz nackten Jungen mit zahlreich gefangenen Insecten groß zu füttern. Von den den Jäger interessirenden Enten brüten Märzente ( Anas boschas L.), Krickente (A. crecca L ), Knäckente ( A . querquedula L.), Spießente (A. acuta L.) und seit drei Jahren die Brandente ( Tadorna vulpanser Flem.) auf und an unseren Seen in vereinzelten Exemplaren; ebenso von Schnepfenarten die Bekassiue ( Gallinago media Gray) und der Regenpfeifer ( Charadrius pluvialis L.); vielleicht hier und da auf schwimmenden Banketts auch einige Möven arten. Als Gäste der Stuhmer Seen, die über und in dem Wasser oder am Ufer Nahrung oder Schutz suchten, wurde der kleine Buntspecht ( Dendrocopus minor Koch) und der Eisvogel ( Alccdo ispida. L.) beobachtet, letzterer viel¬ leicht doch ein Bewohner der Ufer. Die verschiedenen Schwalben, Ufer- 3* 12 36 schwalbe ( Cotyle riparia Boie), Hausschwalbe ( Chelidon urbica Boie), haschen von früh bis spät nach den dem Wasser entschlüpfenden Insecten und bergen sich Nachts, wenn die Jungen flügge sind, in Schaaren im Rohre, dieses trotzdem mit ihren leichten Leibern kaum krumm beugend. Nur früh und Abends einige Stunden schwebt der Mauersegler ( Cypselus apus Illig.) über dem Wasser. In bisweilen unzählbaren Schaaren aber sucht der Staar ( Sturnus vulgaris L.) im Spätsommer und Herbst Schutz im Rohre, dasselbe in großem Umkreise umknickend und vernichtend, gefolgt vom Sperber ( Nisus communis Cuv.) und dem Thurmfalken ( Tinnunculus alaudarius Gray), dessen er sich meist in eleganten Schwenkungen seiner Schaaren erwehrt. Von weiteren Raubvögeln sehen wir die Rohrweihe ( Circus rufus Gray) nach Fischen und jungen Wasservögeln ausschauen. Dieser Vogel brütete früher auf dem nahen Parletensee, von wo 5 Junge hier eingeliefert, mit Gründlingen groß gefüttert und an Dr. HECK-Berlin geschenkt wurden. In einem Eisvogeleisen haben sich auch drei Exemplare der Waldohreule ( Otus vulgaris Flem.) gefangen. Bussard ( Buteo vulgaris Bechst.), Wanderfalke ( Falco peregrinus L.), Wiesenweihe ( Strigiceps cineraceus Bp.) und Abendfalke ( Tinnunculus rufipes Bes.) — einer davon ins Westpreußische Provinzial -Museum gesandt —, bezahlten bisweilen die Neugierde, die Gewässer zu beschauen, mit ihrem Balg; ebenso Reiher ( Ardea cinerea L.) und Storch ( Ciconia alba L.), welch’ letzterer auch ins Provinzial-Museum wanderte. Das Rebhuhn (Per dir cinerea Lath.) flüchtet nicht nur gern an die Ufer und geht hier zur Tränke, sondern findet auch im Winter am Rohrsamen eine beliebte Atzung und im Rohre und unter den geschnittenen Rohrhaufen einen sicheren Schutz. Buchfink (Fringilla coelebs L.), Rothkehlchen (. Erythacus rubecula L.) werden auf dem Zuge als Gäste, Bachstelze ( Motacilla alba L.) und gelbe Bachstelze (M flava L.) regelmäßig den ganzen Sommer über gesehen, ebenso der Wiesenpieper ( Anthus pratensis Bechst.). Regenpfeifer und Schnepfen¬ arten waren in feuchten Jahren im Herbste bisweilen zahlreicher vorhanden; Feldsperlinge (Passer montanus L.) bergen sich im Spätsommer in kleinen Schaaren im Röhricht. Zahllose Möwen, besonders Lachmöwen (Larus ridi- bunclus L.), seltener Seeschwalben (Sterna), erscheinen vor und während eines Sturmes. Nach dem Fischsterben des Winters 1896/97 kamen dieselben in großen Schaaren an und übten, von ebenso großen Schwärmen von Nebel¬ krähen (Corvus cornix L.) und Saatkrähen (C. frugilegus L.) sowie Dohlen (Monedula turrium Brehm) begleitet, eine recht wirksame Sanitätspolizei durch Verzehren der zahlreichen Fischleichen aus, mit denen sie in einigen Wochen fertig wurden. Die große Rohrdommel (Botaurus stellaris Steph.), welche hier in jedem Frühjahre zur Beobachtung kommt, hat in den erbeuteten Exemplaren nur Frösche im Magen gehabt; dasselbe ist beim Storch beobachtet worden. Jedoch hat die zahme Hausente (Anas clomestica L.) sich als ein arger Fisch¬ räuber gezeigt und ist deshalb von den Seen verbannt, dem Reiher und 13 37 Taucher gleichwertig erachtet. Die Wildenten dagegen haben in ihren Kröpfen zumeist nur Wasserpflanzen und Schneckengehäuse, für welche letztere sie eine ganz besondere Vorliebe zu haben scheinen. — Das au den Ufern kratzende Haushuhn der Anwohner findet in dem Gewürm des Ufer- randes reichliches Material für sein begehrtes Product. Im Anschluß an diesen Vortrag bespricht Herr Dr. SELiGO-Stuhm die ausgestellten Sammlungen, die hier bereits weiter oben kurz erwähnt sind. Besonders macht- er auf die von Herrn Dr. Sciiimanski gesammelten, meist nur schwer zu erlangenden Nester und Gelege der auf den Stuhmer Seen brütenden Vögel sowie auf die schöne Vogelsammlung des Herrn Posthalter MüERAU-Stuhm aufmerksam. Auch die Geweihsammlung des Herrn Forstmeister WADSACK-Rehhof birgt eine Reihe prächtiger Stücke. Darauf legt Herr Stadtrath HELM-Danzig aus seiner reichhaltigen Samm¬ lung derartiger Objecte zahlreiche Bemerkenswerthe Käfereinschlüsse in Succinit vor und erläutert dieselben eingehend. Zunächst zeigt er eine Anzahl von Stücken aus der Familie der Curculioniden (Rüsselkäfer) vor. Obgleich diese Käferfamilie jetzt in unserer Provinz zu den reichhaltigsten gehört, die dort vorkommt, waren zu der Zeit, als die Wälder den Bernstein producirten, verhältnismäßig nicht viele davon vorhanden. Vortragender hat unter den mehr als zweitausend Bernsteinkäfern, die ihm durch Händler zum Kauf an- geboten wurden, nur 23 Einschlüsse von Rüsselkäfern gefunden. Unter diesen Stücken sind vertreten die Gattungen Pliyllobius , Sitones , Apion } Bagous , Ceuthorhynchus und Mecinus ; außerdem Stücke, welche entweder unter die zur Zeit in der Provinz lebenden Gattungen nicht unterzubringen waren oder überhaupt nicht mehr zu den jetzt lebenden gehören. Weiterhin demonstrirte Vortragender zwei Einschlüsse in Succinit aus der Käferfamilie der Alleculiden, welche Herr Professor Sejdlitz in München als Isomira avula bestimmt und in Erichson’s Insekten Deutschlands von Schaum, Kiesen wetter, Kraatz, Weise und Seidlitz, Bd. V, 2. Hälfte, beschrieben hat. Die Alleculiden gehören zu den Heteromeren, deren Vorderfüße fünf¬ gliedrig, deren Mittel- und Hinterfüße viergliedrig sind. Ihr Kopf ist in das Halsschild bis zu den Augen zurückziehbar. Sie haben einen eiförmigen Körper. Die Gattung Isomira wurde von Mulsant 1866 aufgestellt. Zu ihr ge¬ hört die in der Provinz Westpreußen häufig vorkommende Isomira murina L. Ferner legte Vortragender einen ebenfalls von Herrn Professor Seidlitz bestimmten Käfereinschluß, zu den Melandryiden gehörig, vor. Seidlitz hat ihm den Namen Abderina Ilelmii gegeben. Die Gattung ist von Herrn Seidlitz neu aufgestellt worden. Am nächsten steht sie der Gattung Serropalpics , von welcher in der Provinz Westpreußen S. striatus Latr. vor¬ kommt. Die Melandryiden gehören ebenfalls zu den Heteromeren. Ihr 14 38 Körper ist mehr oder weniger walzenförmig, Kopf geneigt, Halsschild meist an den Seiten gerundet oder nur an der Wurzel mit scharfem Seitenrande. Schließlich zeigte Herr Helm noch zwei Insekteneinschlüsse in Gedanit. Der Gedanit ist vom Vortragenden als ein vom Succinit verschiedenes fossiles Harz erkannt und beschrieben worden. Er kommt, allerdings sein- selten, in den Ostseeländern unter Succinit vor und unterscheidet sich von dem letzteren hauptsächlich durch das Fehlen von Bernsteinsäure, durch seine geringere Härte und seine geringere Widerstandsfähigkeit gegen Lösungs¬ mittel. Die in diesem Harze bis jetzt beobachteten Einschlüsse von Pflanzen- theilen sind äußerst dürftige und haben bisher zu keiner bestimmten Auskunft über die Ursprungspflanze geführt. Auch Einschlüsse von Insekten, die im eigentlichen Bernstein, dem Succinit, doch recht häufig beobachtet werden, kommen in diesem Harze nur selten vor. Vortragender hat bis jetzt nur zwei sehr schöne und deutlich zu erkennende darin gefunden, und zwar eine Mikrolepidoptere und einen Ptm>ma£ws(Hymenoptere). Zur Aufbewahrung dieser Einschlüsse kann nicht wie beim Succinit verdünnter Alkohol in Verwendung kommen, weil selbst 15 procentiger Alkohol den Gedanit noch angreift und oberflächlich undurchsichtig macht. Vortragender bewahrt die Gedanit- einschlüsse deshalb in ah gekochtem Wasser, welches mit 2 Procent Formaldehyd vermischt ist, in luftdicht verschlossenen Gläsern auf. Zur Aufbewahrung seiner Einschlüsse in Succinit bedient sich Vortragender eines sehr verdünnten Alkohols (etwa 15 Theile in 100 Theilen Wasser). Dadurch wird die Oxydation des Succinits vermieden, durch welche sich seine Oberfläche zunächst trübt, dann mit feinen Rissen überzieht, endlich nach mehreren Jahrzehnten mit einer rothen, wenig durchsichtigen Schicht bedeckt. Das Wasser und der Alkohol verhindern diese Oxydation, ersteres indem es die unmittelbare Berührung des fossilen Harzes mit der Luft verhütet, letzterer, indem er den Sauerstoff der Luft eher in Anspruch nimmt, als der Succinit. Anschließend an diese Mittheilungen über organische Einschlüsse in Bernstein spricht Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig unter Vorlage ein¬ schlägiger Präparate Ueber künstlich gefärbten Ambroid. Ambroid ist bekanntermaßen ein aus reinem Bernstein, ohne Zuhilfe¬ nahme irgend eines fremden Bindemittels, hergestelltes Kunstproduct, das gewonnen wird, indem man kleine, gleichmäßig gefärbte und sorgfältig von ihrer Verwitterungsrinde und allen etwaigen sonstigen Verunreinigungen be¬ freite Berusteinstückchen bis auf eine etwas unterhalb ihres Schmelzpunktes 15 39 liegende Temperatur erhitzt und dann, wenn sie gerade beginnen etwas zu erweichen, mittels hydraulischer Pressen unter sehr starkem Drucke durch ein engmaschiges Drahtnetz preßt und so zu einer einheitlichen und möglichst gleichmäßigen Masse vereinigt. Man erhält dadurch aus den an und für sich sehr gering werthigen, kleinen Bernsteinstückchen einen, als wenn auch nicht gleichwerthiger Ersatz des in größeren Stücken, wie bekannt, sehr theuren Naturbernsteins, immerhin ziemlich werthvollen Kunstbernstein. Seit lange sind Versuche gemacht worden, diesen Ambroid — ebenso wie auch Natur¬ bernstein — künstlich zu färben, um ihn zur Verwendung für manche gewerblichen Zwecke geeigneter zu machen. Doch waren diese Versuche bis vor kurzem nur von geringem Erfolg gekrönt, da sowohl der Natur- wie der Kunstbernstein der gleichmäßigen Incorporirung fremder Farbstoffe hart¬ näckigen Widerstand entgegensetzte. Neuerdings sind nun von der Firma Stantien & Becker in größerem Umfange Färbungsversuche mit Ambroid ge¬ macht, die, wie die vorliegenden Proben beweisen, vollen Erfolg gehabt haben. Die demonstrirten Stücke, die Vortragender Herrn Fabrikbesitzer Hirschberg in Schellmühl bei Danzig verdankt, sind durch die ganze Masse lebhaft roth, blau, hellgrün oder heliotropartig gefärbt; auch verschiedenfarbig ge¬ dämmte Stücke sind vorhanden. Besonders im polirten Zustand bieten die¬ selben einen prächtigen Anblick. Es ist nicht ausgeschlossen, daß derartig gefärbter Ambroid zukünftig in der Industrie, z. B. als Ersatz des vielfach giftigen und feuergefährlichen, ja selbst explosiblen Celluloids, eine bedeutende Rolle spielen wird. Die Art und Weise, in der die Färbung bewerkstelligt wird, ist vorläufig Fabrikgeheimnis. Herr Stadtrath HELM-Danzig macht die Anwesenden mit den Unter¬ scheidungsmerkmalen zwischen Ambroid und Naturbernstein be¬ kannt. Im ungefärbten Ambroid lassen sich, besonders bei genauer Betrachtung im durchscheinenden Licht, zahlreiche feine hin- und hergewundene Schlieren er¬ kennen. die beim Naturbernstein nicht Vorkommen. Auch bei mikroskopischer Betrachtung in polarisirtem Licht zeigen sich augenfällige Unterschiede, in¬ dem Ambroid in diesem Falle ein sehr lebhaftes Farbenspiel zeigt, Natur¬ bernstein dagegen keine Farbenveränderung hervorruft. Die Kenntnis dieser Unterschiede kann von praktischer Wichtigkeit sein, da zuweilen aus Ambroid gefertigte, also minderwerthige Gegenstände als Naturbernstein zu hohem Preise feilgeboten werden. Nach dieser Abschweifung auf das Gebiet der fossilen Thier- und Pfianzenreste hält, an Stelle des Herrn Regierungs- und Forstraths Fedüersen- Marienwerder, Herr Forstassessor Krause- Rehhof einen aus¬ führlichen Vortrag / Ueber die forstlichen Verhältnisse der Oberförsterei Rehhof. Die Oberförsterei Rehhof, bisher noch aus drei isolirten Waldtheilen be¬ stehend, erstreckt sich in ihrem Haupttheil, auf dem rechten Höhenrande des 16 40 Weichselstromgebiets, in einer Längen- Ausdehnung von etwa 18 km von Süden nach Norden, bis ca. 8 km südlich von Marienburg. Die anderen beiden kleineren Theile liegen weiter östlich, mehr nach Riesenburg zu. Die Ober¬ försterei umfaßt 8053 ha Fläche, davon sind 7435 ha Waldboden und 618 ha nicht zur Holzzucht benutzt; von letzterer Fläche sind 200 ha Wasser, und den größten Theil hiervon nehmen die Stuhmer Seen mit 120 ha ein. Ob¬ wohl das Revier im ganzen als ein ebenes bezeichnet wird, sind die Gelände¬ verhältnisse doch sehr wechselvoll. In der Flußniederung der Weichsel liegt nur ein geringer Theil; der Haupttheil am Rande des Stromgebietes ist viel¬ fach durch Wasserrisse, Mulden und Kessel gegliedert, besonders in der Gegend von Rachelshof, Karlsthal, ßönhof, und erinnert hier an die Küsten¬ reviere bei Danzig, Zoppot, Neustadt. Theilweise hat die vielhundertjährige Arbeit des Wassers sehr schöne, romantische Bilder geschaffen; man könnte sich hier und da ins Mittelgebirge versetzt glauben. Yon etwa 12 m über dem Wasserspiegel der Ostsee im Flußgebiet der Weichsel steigt das Gelände auf 3 km Länge schnell bis 50 und 75 m Höhe. Der höchste Punkt de3 Reviers ist im Riesenburger WaJdtheil mit 94 m Höhe gelegen. In die Geschichte der Oberförsterei Rehhof, so interessant das Thema wäre, können wir uns nicht näher vertiefen. Es ist der Gang in groben Umrissen ja allenthalben derselbe. Eine Urzeit, wo an Waldpflege nicht zu denken ist, mit vielerlei Thieren und mancherlei Gefahren für den Menschen. Wölfe und Bären und der Ur haben hier einst geherrscht, und noch manche andere Thierart lebte hier, welche jetzt nur noch durch Knochenfunde constatirt werden kann. Die Nutzung aus dem Walde war in den ältesten Zeiten rein nach dem Bedarf zugemessen, entsprechend dem geringen Werthe des Holzes. Daß auch die Köhlerei im Gebrauch war, dafür zeugt z. B. eine bei der dies¬ jährigen Kultur hinter dem Grundstück von EwEiiT-Rekhof ausgegrabene Kohlenpfanne, sowie viele Meilerstellen; und daß der Weichselstrom, bei etwaiger Versendung des Holzes, die einzige Verkehrsader war, steht wohl auch ohne Zweifel fest. Selbst in diesem Jahrhundert noch war der Wirthschafts- betrieb und die Verwerthung des Holzes nur mäßig, und man muß staunen, wie sich die Verhältnisse in der Oberförsterei Rehhof innerhalb weniger Jahr¬ zehnte geändert haben. Ich möchte nun im einzelnen die botanisch-zoologischen Verhältnisse in Rehhof und die Verwerthung der Produkte besprechen. Die urwüchsigen Hauptcomponenten des Waldgebiets, nach der Fläche und nach der Bedeutung, sind die Kiefer mit etwa 80 %, Eiche mit ca. 10 % und Buche mit vielleicht 5 % der hfläche des Waldbodens; der Rest von 5 % wäre unter Erle, Espe, Linde, Birke, Ahorn, Elsbeere und Esche zu vertheilen. Letztere Laubholzarten treten nur vereinzelt oder hier und da horstweise auf; und doch ist der Charakter des ganzen Waldes ein Misch¬ wald, in dem das Laubhulz sehr hervortritt. Ueberall sieht man Laubhölzer, 17 41 überall fast drängt sich frisches Grün in die dunkle Farbe des Nadelholzes. Es liegt dieses daran, daß das Laubholz iui Unterbestande sehr reichlich vertreten ist. Da ist das Verhältnis allerdings etwas anders als oben an- gedeutet. Als Unterholz und im Zwischenbestand tritt da die Hainbuche besonders hervor, dann gehören hierher neben der Eiche noch viele Strauch¬ arten, besonders Hasel, Faulbaum, Weide, Weiß- und Schwarzdorn, Hartriegel, Pfaffenhütchen, Hollunder, Eberesche, Schlehdorn ; als Nadelholz fällt be¬ deutend ins Gewicht der Wacholder, der auf besserem Boden große Flächen überzieht. Zu diesen natürlichen, lange bewährten Bestandesfaktoren sind nun in neuerer Zeit noch einige nicht heimische und fremdländische Typen hinzu¬ getreten und beginnen sich dem Auge bemerklich zu machen. Außer der Fichte, die ja im Gebirge, und weiter nach Nordosten allerdings auch in der Ebene, heimathberechtigt ist, jedoch seit 30 — -40 Jahren bei uns zeitweise sehr lebhaft angebaut ist, und an welche das Auge sich bereits gewöhnt hat, ist der Bedeutung nach zunächst zu nennen die Lärche, die in neuester Zeit sehr begünstigt wird. Sie scheint auch gut zu gedeihen und würde bei ihren vor¬ züglichen Eigenschaften ein werth voller Bestandtheil des Waldes werden können. Von der Fichte haben wir zwar schon ältere, ca. 50jährige Hölzer, aber selbst wenn sie bis ins hohe Alter gesund bleiben sollte, was fraglich ist, wird sie hier doch wahrscheinlich keine große Rolle spielen, weil die Kiefer eben in Bezug auf Werth wesentlich höher steht. Dann sind von Nadelhölzern zu nennen: die Weymouthskiefer mit der feinen glänzenden Be- nadelung, schon längere Zeit bei uns eingeführt, aber ohne große Bedeutung; Cupressus Laivsoniana A. Murr, aus Nord-Californien, in der Heimath bis 30 m hoch und bei uns in sehr schönen 15jährigen Gruppen vorhanden; Larix leptolepis (Sieb, et Zucc.) Gord. aus Japan, in neuerer Zeit von der Versuchsstation Eberswalde zu Kulturversuchen an verschiedene Oberförstereien versandt; Tsuga Douglasii (Sabine) Carr. aus den Rocky mountains in Nord¬ amerika, wo dieselbe bis 50 m hoch wird, und die hier an Gestellrändern recht gut gedeiht. — Ferner von Laubhölzern aus Amerika: Quercus rubra L., welche im Belauf Rehhof in einer Gruppe ausgezeichnet wächst; Acer dasycar- pum Ehrh., welches sich bisher wenig dankbar gezeigt; Fraxinus alba L. und von den Nußbaumarten, welche das vorzügliche Möbelholz liefern, Juglans nigra L., Carya alba Nutt., C. porcina Nutt. (Hickoryholz), C. tomentosa Nutt., welche in den betreffenden Kämpen zunächst ganz gut gedeihen. Ueber alle diese Fremdlinge läßt sich ein bestimmtes Urtheil noch nicht ge¬ winnen. Wenn auch viele Versuche von den Hunderten und Tausenden, die in neuester Zeit damit gemacht sind, fehlschlagen und viel Geld scheinbar umsonst ausgegeben ist, das erscheint mir ebenso zweifellos, daß das Wald¬ bild der Oberförsterei Rehhof, in Folge der künstlich eingebrachten Holzarten, nach 100 Jahren anders, mannigfaltiger und, ich bin überzeugt auch noch besser aussehen wird als jetzt. 18 42 Was nun die Verwertliung der Forstprodukte anlangt, wobei wir von der botanischen Seite nur das Holz ins Auge fassen, so ist diese im Laufe der letzten Jahrzehnte eine wesentlich andere geworden, während der vor¬ handene Holzvorrath derselbe geblieben ist. Wenn wir bis Anfang der sechziger Jahre zurückgehen, finden wir: als Einnahme für Holz: 1862: 62 600 Mk., im Ganzen 67 800 Mk. ; an Ausgaben 26 000 Mk. 1872: 90 100 77 V >> 98 900 „ ; „ 77 40 500 77 1882: 135 700 7? V V 151 500 „ ; „ 77 68 900 77 1892: 245 500 7? V )) 256 700 „ ; „ 7? 83 600 77 1897: 303 800 77 V V 317 000 „ ; „ 77 93 600 77 Die Reineinnahme für den Staat hat sich also im Laufe von 35 J akren mehr als verfünffacht, und in diesem Jahre kommen wir auf eine noch höhere Zahl. Es wird dieses die absolut höchste Einnahme überhaupt wohl sein, denn wir haben jetzt seit dem 1. Oktober schon eine Einnahme für Holz von 352 400 Mk., im Ganzen von 354 600 Mk., werden also bis April 1899 die Summe von 380 000 Mk. wohl erreichen. Im nächsten Jahr ist dann die Oberförsterei schon getheilt. Wie kommt es, daß die Verwertliung so kolossal zugenommen hat? Zum Theil liegt es in der erheblich gesteigerten Abnutzung der Holzmasse begründet; es wird gegenwärtig viel mehr eingeschlagen wie früher. So betrug der Einschlag an Derbholz, d. h. also Reisig und Stock¬ holz nicht mitgerechnet: 1862: 10 500 fm. 1872: 19 400 „ 1882: 20 200 „ 1892: 29 600 „ 1897: 30 700 „ Hiernach ist, bei nur 35 Jahren Zwischenzeit, 1897 etwa dreimal so viel eingeschlagen als 1862. Die wichtigsten Momente für die gesteigerten Ein¬ nahmen liegen jedoch auf dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Gebiet. Die Verkehrsverhältnisse sind mit dem Ausbau der Chausseen und Eisenbahnen ganz andere geworden. Der V olkswohlstand hat sich namentlich seit den sechziger und siebziger Jahren gehoben. Daran hat sich die Entwicklung der Holz verarbeitenden Gewerbe geschlossen. Das Holz wurde und wird in halb oder ganz fertigem Zustande mit der Bahn auf viele Hunderte von Kilometern versandt. Es entstanden viele neue Sägewerke in den Händen kapitalkräftiger Leute. Demgemäß konnte die Forstverwaltung den Einschlag verstärken, der bis in die achtziger Jahre nicht dem erfahrungsmäßigen Holz-Produktions- vermögen entsprach. Es konnte ein größeres Gewicht auf die Aushaltung des Holzes zu Nutzzwecken gelegt werden. Auch dieses war ein wesentliches Moment; während noch 1892 nur 40 % Nutzholz waren, haben wir jetzt 60 % im ganzen, ln letzterem Sinne sehr fördernd hat die Anlage des Dampfsäge- 19 43 werks in der Nähe von Stulnn (1887) gewirkt, 1895 folgte die Erbauung einer zweiten solchen Anlage bei Rachelshof. Während früher bei den jährlichen Trockenhieben gar kein Langholz oder nur ausnahmsweise solches liegen blieb, wird jetzt selbst krankes, blaues, krummes liegen gelassen. Das Brennholz- Quantum schrumpft immer mehr zusammen, und die Qualität wird auch schlechter. Die Hauptmasse des Kiefernlangholzes wird im Wege des Submissionsverfahrens verkauft, d. h. des geheimen schriftlichen Angebots, nach welchem dem pro fm Bestbietenden von der Regierung der Zuschlag auf den betreffenden Schlag ertheilt wird. Es sind bis dahin recht gute Erfolge erzielt, und bedeutet diese Art des Verkaufsmodus eine wesentliche Erleichterung für die Verwaltung, insofern in 1 — 2 Stunden für rund 100 000 Mk. Holz verkauft werden. Immer hin wird auf den öffentlichen Verkaufsterminen auch noch sehr viel Nutzholz verkauft; es leuchtet dies ein, wenn man bedenkt, daß jährlich bisher doch 50 Holztermine stattfanden und einzelne dabei mit einer Einnahme von 18 000 selbst 25 000 Mk. abschlossen. Die Verhältnisse auf dem zoologischen Gebiet sind hier sehr viel ein¬ facher. Wenn schon das Thierleben im Walde und speziell der Wildbestand für den Revierverwalter nicht so wichtig ist wie der Baumbestand, so ist es doch sehr wünschenswerth, daß der bisherige Bestand nicht nur erhalten bleibt, sondern womöglich auch einem besseren Zustande entgegengeführt werde. Wir haben von Wildarten nur unser anmuthiges Reh, den schätzbaren Hasen, den trägen Dachs, den Räuber Fuchs; ferner Schnepfen, Enten, Reb¬ hühner, Reiher, Tauben, Krammetsvögel; im Riesenburger Waldtheil ist auch noch etwas Damwild eingesetzt. Rothwild haben wir leider nicht; es erscheint aber hin und wieder zum Herbst als Wechselwild ebenso wie das Schwarzwild. Von den Wild- und Fischräubern wären noch zu nennen: Iltis, Marder, Fisch¬ otter einerseits und Falke, Habicht, Bussard, Reiher etc. andrerseits. Die Rehjagd wird administrirt vom Oberförster; die niedere Jagd ist ver¬ pachtet, meist an denselben. Der Werthumsatz ist nach dem Angeführten für Relihof nur mäßig. Der jährliche Abschuß au männlichem Rehwild ist ca. 22 Stück. Die Einnahme aus der Jagd ist rund 300 Mk. Die niedere, also die Hasenjagd, ist ziemlich gut und soll sich in den letzten zehn Jahren wesent¬ lich gehoben haben. Der jährliche Abschuß beträgt ca. 300 — 400 Hasen, Die Fischereinutzung, welcher ein ziemlich großes Gebiet zusteht — neben den beiden großen Stuhmer Seen noch die Alte Nogat (mit mehreren Seeen) von etwa Marienwerder bis Weißenberg, der Liebefluß im Riesenburger Waldtheil, der Honigfelder See und kleinere Gewässer, Bäche und Brücher — , bringt jährlich rund 1500 Mk. Die Nutzung ist an verschiedene Pächter verpachtet. Hier ließe sich noch wesentlich Besseres erreichen. Durch Ein¬ wirkung und auf Anregung des Westpreußischen Fischereivereins und der Lokal- Fischereivereine ist schon manches geschehen, indessen läßt sich namentlich durch Aussetzen von Fischbrut, bessere Pflege der Gewässer u. s. w. ent¬ schieden noch vieles verbessern. 20 44 An diesen Vortrag knüpft Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig einige Mittheilungen Ueber das Vorkommen der Elsbeere und der Rothbuche, vornehmlich in der Rehhöfer Forst. Wie schon im eben gehörten Vortrage bemerkt wurde, und wie Redner durch eingehende Untersuchungen (Beobachtungen über seltene Waldbäume in West¬ preußen. Danzig 1895) festgestellt hat, kommt die an ihren sehr charakteristischen Blättern leicht kenntliche Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., wie in anderen Theilen Westpreußens auch in dem Gelände am rechten Weichselufer vor. Außer in einigen Privatforsten und Parowen liegen die Standorte hier vor¬ nehmlich in den Oberförstereien Jammi und Rehhof, und speziell die Rehhöfer Forst weist den reichhaltigsten Standort der Elsbeere rechts der Weichsel, ja in ganz Westpreußen, auf. So finden sich in dem nach dem Weichselthal zu gelegenen Theil des Schutzbezirkes Karlsthal (Jagen 194, 195, 200, 201) mehr als hundert 10 — 15 m hohe Bäume und sehr zahlreiche Sträucher der Elsbeere. Auch in dem am Beckfließ liegenden Theil des Schutzbezirks Karlsthal (Jagen 172, 173, 183) finden sich neben mehreren Bäumen zahl¬ reiche Sträucher der Elsbeere. Ueberdies kommt sie in den Schutzbezirken Bönliof (Jagen 230, 231 und 275), Werder (Jagen 254 und 273) und Wolfs¬ heide (Jagen 295) vor. Im Gauzen liegen in dem Revier Rehhof sechs ge¬ trennte Standorte der Pflanze. Es ist nun bemerkenswerth, daß in der Ober- försterei Rehhof — und ebenso in der Oberförsterei Jammi — durchgehends an den Elsbecrstandorten die Rothbuche, Fagus silvatica L., fehlt, obwohl sie in anderen Theilen dieser Reviere vereinzelt, in einigen Jagen sogar noch herrschend urwüchsig auftritt. An die Stelle der Rothbuche tritt in diesen beiden Revieren an den Elsbeerstandorten die Weißbuche, Garpinus Betulm L. Elsbeere und Rothbuche scheinen sich also in diesen beiden Oberförstereien an ihren natürlichen Standorten zu meiden. In anderen Theilen der Provinz liegen die Verhältnisse allerdings abweichend, so findet sich in den Schutz¬ bezirken Charlottenthal, Schechausee und Lassek in der Tucheier Heide, sowie im Mendritzer Wald und im Ottlauer Wald rechts der Weichsel an den Elsbeerstandorten vereinzelt oder vorherrschend auch die Rothbuche, und im Schutzbezirk Borschthal bei Bereut sowie im ßuchwald bei Groß Ottlau fehlt die Weißbuche an den Elsbeerstandorten völlig, und es findet sich dort aus¬ schließlich die Rothbuche. Immerhin bleibt die Thatsache bestehen, daß an den meisten Standorten der Elsbeere, und zwar gerade an denen, wo sie am reichlichsten und freudigsten gedeiht, die Rothbuche fehlt. Herr Oberlehrer Dr. SCHMIDT-Lauenburg macht unter Demonstration der bezüglichen Objecte folgende Botanische und zoologische Mittheilungen. Vortragender legt zunächst schöne Pelorien von Linaria vulgaris Mill. aus der Gegend von Lauenburg i. Pomm. vor und erläutert die Beziehungen, 21 45 welche zwischen diesen regelmäßig strahligen (actinomorphen) und den ge¬ wöhnlichen (zygomorplien) Blüten der Pflanze bestehen. — Sodann zeigt er Exemplare von Plantago major L., die er in einem Laubwalde am Wege von Hammer nach Chinow, Kr. Lauenburg i. Pomm., gesammelt hat, und deren Blütenstände vollkommen vergrünt sind. — An einem vom Vortragenden mitgebrachten Schädel des Hechts, Esox lucius L., dessen Zwischenkiefer, Unterkiefer, Gaumenbeine und Pflugscharbein dicht mit starken conischen Zähnen besetzt sind, läßt sich der eigenartige Zahnwechsel der Fische deut¬ lich erkennen. Derselbe verläuft erheblich anders wie bei den höheren Wirbelthieren. — Endlich spricht Vortragender über die durch die Witterungs¬ verhältnisse hervorgerufene Honigarmut der Blumen im vorigen Jahre. Die¬ selbe war besonders für die Bienen empfindlich, und um diesem Mangel ab¬ zuhelfen, besuchten die Bienen z. B. vielfach den Rotliklee, obwohl sie die Blüten desselben immer erst aufbeißen mußten, da sie mit ihrem Rüssel sonst nicht zu dem tiefliegenden Honig gelangen können. Nach ihm spricht Herr Professor Pr. CoNWENTZ-Danzig Ueber Bienenbäume (Beutkiefern), indem er gleichzeitig zwei große, nach eigenen photographischen Aufnahmen von Herrn Gymnasiallehrer Rehberg in Marienwerder vortrefflich ausgeführte Abbildungen solcher Bäume vorlegt. Die eine dieser Tafeln stellt eine bereits abgestorbene Beutkiefer aus dem Gräflich DoHNA’schen Revier Finckenstein, Belauf Liebenau, Abtheilung 154, im Kreise Rosenberg gelegen, dar. Der Baum steht daselbst als alter Ueberständer in einer vor einigen Jahren an¬ gelegten Schonung, nahe dem Rande des Hochwalds. Seine Höhe beträgt 30 m, der Umfang des Stammes am Boden 2,55 m, in 1 m Höhe 2,33 m. Auf der anderen Tafel ist eine noch lebende Beutkiefer, gleichfalls aus dem Rosen¬ berger Kreise, abgebildet. Sie befindet sich im Fürstlich Reuss j. L. Revier Raudnitz, Belauf Grünkrug, Abtheilung 112; ihre Gesammthöhe beträgt 26 m, der Umfang des Stammes am Boden 3,96 m, in 1 m Höhe 3,75 m. Die Ein¬ richtung dieser Beutkiefern ist die folgende. In große, kräftige und gesunde Kiefern, Pinvs silvestris L., wurde in ziemlich beträchtlicher Höhe über dem Boden eine hohe, schmale, aber bis tief ins Innere gehende Oeffnung — die Beute — gehauen, die zuerst durch ein Brett und außerdem noch durch einen dicken, an in den Stamm eingehauenen Holzpflöcken befestigten Klotz fest verschließbar war. Diese Beute wurde mit Bienen besiedelt, deren Honig im Herbst durch die freigelegte Oeffnung geerntet wurde, während ein auf der gegenüberliegenden Seite des Stammes bis zur Beute eingebohrtes kleines Loch den Bienen als Flugloch diente. — - Früher, besonders zur polnischen Zeit, war diese Nutzung des Waldes ganz allgemein, und bei der Uebernahme Westpreußens durch den Preußischen Staat waren in der Tucheier Heide und den damit zusammenhängenden fiscalischen Forsten etwa 20 000 solcher Beut¬ stämme vorhanden. Bei der damals kaum möglichen Verwertlmng des Holzes 22 46 selbst war auch der Ertrag aus der Honignutzuug oft größer als der Holz¬ ertrag des Waldes. So hat Herr Regierungs- und Forstrath Feddersen- Marienwerder aus den Forstacten festgestellt, daß im Jahre 1773 im Schlochauer Beritt die Einnahme für Holz 14 Thaler 25 Silbergroschen, die an den Staat gezahlte Abgabe für die Erlaubnis zur Benutzung der Bäume zur Honig¬ gewinnung dagegen 507 Thaler betrug. Gegenwärtig giebt es, soweit bekannt, im ganzen Gebiet der Tucheier Heide nur noch zwei aus alter Zeit stammende, übrigens längst unbewohnte Beutkiefern. Hingegen kommen sie in größeren Privatwalduugen auf der rechten Seite der Weichsel noch mehrfach vor, be¬ sonders in den Kreisen Stuhm und Rosenberg, so in den Forsten, aus welchen die beiden abgebildeten Bäume stammen, in der Grafschaft Waplit.z, in Faulen u. a. m.; und in der Majoratsherrschaft Finckenstein ist die Bienen- wirthschaft in lebenden Kiefern noch heute im Gang. Neuerdings sind auch, zuerst von Herrn Forstrath Ff.ddersen, im Kreise Marienwerder und zwar im Walde von Neudörfchen solche Beutkiefern beobachtet. Eine derselben ist leider auch gefällt worden, doch ist der die Beute enthaltende Abschnitt des Stammes dem Provinzial-Museum durch Herrn Zimmermeister Horwitz in Marienwerder als Geschenk überwiesen worden. Sodann trug Herr Kaufmann M. Puppel - Marienwerder an der Hand zahlreicher Photographien vor: Ueber die Beschädigungen der Cerealien durch den Getreide-Blasenfuss. Unter den Schädlingen, welche unsere Getreidearten heimsuchen, galt der Getreide-Blasenfuß, Thrips cerealium Hld., zu der Ordnung der Orthopteren, Gruppe Physopodeu, gehörig, bisher gewissermaßen für ziemlich harmlos. Das Thier ist ca. 2 mm lang, sehr schlank, bräunlich und äußerst beweglich. Die Weibchen sind mit vier langen, gefranzten Flügeln versehen, welche sie jedoch erst nach mehrfacher Häutung erlangen; die Männchen bleiben unge- flügelt. Seinen Namen führt das Thier von der eigen tlmml ich en Form seiner Beine, an deren Fußenden sich statt Klauen kleine Bläschen befinden, welche als Saugnäpfe dienen. Die Freßwerkzeuge sind zum Schaben und Saugen ein¬ gerichtet Den Hauptaufenthaltsort des Gctreideblasenfußes bilden die Blattscheiden sämmtlicher Getreidearten, hinter denen er sich festsetzt und vermehrt. Durch Aussaugen der Säfte an diesen Stellen wird die Blattscheide gelb und ver¬ trocknet schließlich. Dieses ist jedoch der geringste Schaden, den das Thier verursacht, denn die Zerstörung der Blattscheide thut der Ausbildung der Körner keinen erheblichen Eintrag. Böser wird der Schaden schon, wenn es den Thieren gelingt, beim Besiedeln der Pflanze einen Theil der Aehre, die noch iu der von ihnen in Besitz genommenen Blattscheide steckt, anzugreifen. Hier zerstören sie die Blüten, und man findet dann beim Roggen und manch¬ mal auch beim Weizen den untersten Theil der Aehren in den verschiedensten 23 47 Graden zerstört. — Diese Art der Beschädigung ist bisher als charakteristisch für den durch Getreideblasenfuß verursachten Schaden angesehen worden. Nun bin ich aber in den achtzehn Jahren, während deren ich in der Lage war, in meiner Eigenschaft als Hageltaxator der Kölnischen Hagel¬ versicherungs-Gesellschaft mich mit den verschiedensten Hagel- und Insecten- schäden zu * beschäftigen und zumal die letzteren mir genauer ansehen zu müssen — weil doch gar zu gerne der Hagel beschädigte jeden Schaden, den er in seinem Felde findet, auf Rechnung des Hagels setzen möchte — , doch recht zweifelhaft geworden, ob dieser kleine Schädling sich lediglich mit dem oben beschriebenen Schaden begnügt, oder ob er nicht doch auch bei anderen Beschädigungen, die an den Cerealien auftreten, Beihilfe leistet. Ich halte Thrips auf den von mir untersuchten Pflanzen, die eine dem Hagelschaden ähnliche Beschädigung zeigten, viel häufiger gefunden, wie jeden anderen Schädling. Ich fand ihn nicht nur in den obersten Blattscheiden an allen Getreidearten, sondern überall, auch in den Aebren, am grünen und am reifen Getreide. Das geflügelte Weibchen scheint nicht an der Scholle zu haften, über Mittag, bei schönem warmem Sonnenschein, geht es entschieden auf die Wanderschaft und ist dann schwer zu Hause zu finden. Wahrscheinlich sucht es sich dann ein anderes Heim, um dort eine neue Wohnstätte zu begründen, wo es ihm besser behagt. — In alten Stoppeln und Gräsern haben die Thiere überwintert. Der Frühlings-Sonnenschein lockt sie hervor, und bei stiller, warmer Luft fliegen sie zu dem treibenden Roggen. Für die erste Generation • — oder Generationen, denn man findet sie in den verschiedensten Alters¬ stufen — finden sie hier Unterkunft. Sobald Weizen, Gerste und Hafer in den Halm schießen, werden diese Fruchtgattungen wahrscheinlich von den befruchteten Weibchen aufgesucht, und schließlich, bei fortschreitender Reife, bietet ihnen die Weizenähre und die Haferrispe Wohnungsgelegenheit. Auffallend war es mir, wie verhältnismäßig wenig Roggen- und Weizen¬ ähren im Jahre 1897 die Eingangs geschilderte Beschädigung durch Thrips zeigten, trotz des massenhaften Auftretens des Thieres. Ich möchte Ihnen nun eine Anzahl von Photographien vorführen, die Herr Gymnasiallehrer REHBERG-Marienwerder von meiner Sammlung beschädigter Aehren künstlerisch vollendet angefertigt hat, und Sie auf Beschädigungen aufmerksam machen, die ich solange dem Getreideblasenfuß zuschreiben muß, bis ich eines Besseren belehrt werde. — Auf einer der Tafeln sind Roggenähren abgebildet, deren oberer Theil zerstört ist. Die Originale befinden sich im Westpreußischen Provinzial-Museum in Danzig und sind als durch Thrips beschädigt bezeichnet. Ganz analoge Zerstörungen zeigt eine andere Tafel an Weizenähren, und fand ich solche auch bei einer vergleichenden Untersuchung an grannenlosem Sommerweizen, wogegen begrannter Sommerweizen, der in demselben Felde eingesprengt war, den Schaden nicht zeigte. Ich möchte nun annehmen, daß diese Beschädigung durch Thrips hervorgerufeu ist, und daß der begraunte 24 48 Weizen als dem Thiere unbequem verschont wurde. Zu dieser Annahme bewegt mich der Umstand, daß alle nach der Ursache der Beschädigung untersuchten Pflanzen im Umblatt bleiche Schabestellen zeigten, hinter welchen sicli Colonieu von Getreideblasenfiißen befanden. — Ferner möchte ich an¬ nehmen, daß auch die Haferrispen, solange sie noch nicht ausgeschoßt sind, unter den Angriffen des Thrips zu leiden haben, und daß sich die Be¬ schädigungen durch weiße Federn markiren. Letztere Erscheinung ist all¬ gemein als ,, Federkrankheit“ des Hafers bekannt und wird vielfach als die Folge starker Düngung angesehen. Zweifellos ist aber, daß Thrips in den roll ausgebildeten Rispen am Fruchtboden der einzelnen Früchte sich vor¬ findet und an den Blütenblättern weiße Flecke, an dem grünen Korn bräun¬ liche Verletzungen verursacht. Eine ganz eigcnthümliche Erscheinung habe ich in diesem Jahre an dem eben im Schossen befindlichen Roggen gefunden. An einem großen Theil der eben aus dem Umblatt hervortretenden A ehren fand ich die Blütenorgane zerstört und die Spelzen geröthet. Frost hatten wir nicht gehabt, nur sehr wechselnde Temperatur, die jedoch nicht unter 0° gesunken war. In diesen A ehren fand ich vielfach Thrips als ausgebildetes Insect vor, und mag er auch hier bei dem Schaden mitgewirkt haben. Alles zusammengenommen halte ich den Getreideblasenfuß für schädlicher, als man bisher angenommen hat, und es könnte nur wünschenswerth sein, wenn seine Lebensbeziehungen einer gründlichen Forschung unterworfen würden. Hiernach legt Herr Oberlehrer Dr. BoCKWOLDT-Neustadt Exemplare des seltenen Farns Aspidium lobatum Swartz und der noch selteneren Schachtel¬ halmform Equisetum silvaticum L. f. polystachya Milde vor, beide Pflanzen aus der nächsten Umgebung von Neustadt Wpr. Den vielährigen Wald- Schachtelhalm hat er seit einiger Zeit nicht nur im Walde sondern auch auf Aeckern gefunden, die seit über hundert Jahren in Kultur stehen, z. B. auf einem Kleeacker bei Neustadt, nachdem das Landstück zwei Jahre nicht gepflügt war. Nach ihm spricht Herr Hauptlehrer KALMUSS-Elbing lieber zwei bislang übersehene Bürger unserer Flora. 1) Scirpus Kalmussii Aschs. & Graebn. Diese Pflanze ist vom Vortragenden auf der Frischen Nehrung zwischen Kahlberg und Pröbbernau, sowie im Frischen Haff bei Reimannsfelde, nörd¬ lich von Elbing, mehrfach gesammelt worden. Bisher wurde sie zumeist zu Scirpus Duvalii Hoppe gestellt, doch haben die neueren Untersuchungen von Ascherson und Graebner gezeigt, daß sie davon erheblich abweicht und eine eigene Art bildet. Sc. Kalmussii ist eine niedrige, selten bis 1 m hohe, starr aufrechte, dunkelgrüne Form mit dünnem, etwa gänsekielstarkem, unter¬ wärts stielrundem, oberwärts von der Mitte an stumpf dreikantigem Stengel, mit wenigblütigen Rispen und kurz gestielten Aehrchen mit in der Nähe der 25 49 Mittelnerven von wenig erhabenen Punkten rauhen Deckblättern; die Perigon¬ borsten sind doppelt so lang als die Fruchtknoten. Am nächsten verwandt ist Scü'pus Tabernaemontani Gm. 2) Timmia neglecta Warnst. Dieses Laubmoos, zur Familie der Bartramiaceen gehörig, wurde bereits 1870 von Hohendorf an einer Böschung bei Groß Wesseln, nahe Elbing, auf¬ gefunden und ist auch jetzt dort noch, allerdings nur an einer kleinen Stelle, vorhanden. Bisher wurde es zu Timmia megapolitana Hedw. gestellt, aber nach den neueren eingehenden Untersuchungen von WARNSTORF-Neuruppin unterscheidet es sich so wesentlich von diesem Moose, daß es als eine neue selbständige Art zu betrachten ist. Die genaueren Unterschiede hat Vor¬ tragender bereits in seiner Arbeit über die Leber- und Laubmoose im Land- und Stadtkreise Elbing (Anlage C zu dem Bericht über unsere Wandersamm¬ lung in Karthaus) aufgezählt. Da Timmia neglecta auch in der Gegend von Moskau gesammelt ist, scheint sie eine osteuropäische Art zu sein, die bei Elbing ihre Westgrenze erreicht. Im Anschluß an diese floristische Mittheilung gelangen die von mehreren Mitgliedern mitgebrachten Pflanzen zur Vertheilung; auch von auswärts haben einige nicht bei der Versammlung anwesende Mitglieder Pflanzen zur Ver¬ theilung eingesandt, so Herr Oberstabsarzt Dr. PRAHL-Rostock eine Anzahl von Pflanzen, besonders aus der Schweiz, und Herr Probst Preuschoff- Frauenburg solche aus der dortigen Gegend. Der letztere hatte seiner Sendung folgende Botanische und zoologische Notizen beigefügt. „Wegen Kränklichkeit leider verhindert, persönlich an der Versammlung theilzunehmen, sende ich hiermit schriftlich meine freundlichsten Grüße und besten Wünsche zugleich mit ein paar Pflanzen, welche interessiren und Lieb¬ haber finden dürften. 1. Salvia silvestris L. Diese Pflanze, welche nach GARCKe zunächst in Böhmen bei Prag und Teplitz, in Sachsen nur um Dresden und dann weiter westlich vorkommt, entdeckte ich im Juni v. Js. auf dem Damme des Baudeflusses unterhalb der großen Schleuse im Koggenbusch hier bei Frauen¬ burg in 17 Stauden. Wie mir Herr Dr. ÄBROMEiT-Königsberg mittheilte, ist diese Pflanze auch auf dem Quai-Bahnhof dortselbst, und an der Weichsel bei Thorn und im Kreise Schwetz beobachtet worden. 2. Pulmonaria angustifolia L. 3. Stellaria media Cyr. f. neglecta Wi-ie. 4. Potentilla Güntheri Pohl. No. 1 — 4 sämmtlich aus der Flora Frauen- burgs. Aus der Flora von Tolkemit, Kr. Elbing, folgende: 5. Stachgs annua L. 2(> 4 50 6. Rubus thyrsantlms Focke. 7. Diplotaxis tenuifolia DC. Die zoologische Abtheilimg wird es vielleicht interessiren, zu hören, daß der herrliche Falter Vanessa Io (Tagpfauenauge) hier in Frauenburg recht häufig vorkommt. — Nochmals freundlichen Gruß!“ Sodann bespricht Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig mehrere im Sitzungssaale ausgestellte 4 Bildliche Darstellungen von seltenen und bemerkenswerthen Bäumen in Westpreussen. Es sind Seitenstiicke zu den bereits vorher demonstrirten Abbildungen der beiden Beutkiefern, und gleich denselben durch Herrn Gymnasiallehrer Rehberg- Marien wer der hergestellt. Folgende Bäume sind wiedergegeben: 1. Eine urwüchsige Eibe, Taxus baccata L., aus dem Ziesbusch (Königliches Revier Lindenbusch, Belauf Lindenbusch, Jagen 61 a), Kreis Schwetz, von 9 m Gesammthöhe und einem Stammumfang, der am Boden 1,30 m, in 1 m Höhe 0,93 m beträgt. Diese Eibe ist keineswegs die stärkste im Ziesbusch. 2. Eine urwüchsige Trauerfichte, Picea excelsa Lk. f pendula Jacq. & Her., aus der Königlichen Forst Stellinen, Belauf Hohenwalde, Jagen 167, Land¬ kreis Elbing; dieselbe besitzt bei einer Baumhöhe von 24 m eine Schaftlänge von nur 1,5 m und am Boden einen Stammumfang von 1,83 m, in 1 m Höhe einen solchen von l,oem. 3. Ein urwüchsiger Wacholder, Juniperus communis L., aus der Feldmark Walddorf, Kr. Graudenz, vom Rande der Königl. Forst Jammi. Dieser ungewöhnlich große, pyramidenförmig gewachsene Wacholder- Baum besaß eine Höhe von 10 m, eine Schaftlänge von 1,92 m, einen Stamm¬ umfang am Boden von 1 ,20 m und in 1 m Höhe von 0,77 m. Da das Exemplar abgestorben war, wurde es umgehauen; ein Stammabschnitt befindet sich im Provinzial-Museum in Danzig. 4. Ein angepflanzter Mammuthbaum, Sequoia, gigantea Torr., ans dem Schloßpark vou Klanin, Kr. Putzig. Dieser Baum wurde 1868 von Herrn L. von Grass als vierjährige Pflanze ins Freie gesetzt und hat sich in dreißig Jahren so ansehnlich entwickelt, daß er jetzt eins der größten Exemplare in Deutschland darstellt. Der Baum besitzt eine Höhe von 15, i m, einen Stammumfang am Boden von 3, 51 m, in 1 m Höhe von 2,22 m. 5. Eine urwüchsige Stieleiche, Quercus pedunculata Ehrh. aus Kadinen, Landkreis Elbing, am Frischen Haff. Der Baum, die stärkste Eiche in West¬ preußen und eine der stärksten lebenden in ganz Deutschland, hat am Boden einen Stammumfang von 12, 40 m, in 1 m Höhe einen solchen von 8,75 m; der Stamm ist hohl und bietet in seinem Innern Raum für 11 Soldaten mit Ge¬ päck. 6. Eine urwüchsige Stieleiche, Quercus pedunculata Ehrh., aus dem Klotzow (Stadtwald) bei Dt. Krone. Dieser Baum, die zweitstärkste Eiche in der Provinz Westpreußen, hat in 1 m Höhe 7,43 m Stammumfang. 7. und 8. Eine urwüchsige zweibeinige Eiche, Quercus pedunculata Ehrh., (Gesammt- ansicht und unterer Theil des Stammes) aus dem Königlich Prinzlichen Revier 27 51 Kujan, Belauf Wersk, Kr. Flatow. Der Baum besitzt eine Höhe von ca. 24 m, die beiden Theilstämme sind am Boden 0,83 m von einander entfernt und ver¬ einigen sich in 2,to m Höhe; der Umfang der Theilstämme beträgt am Boden l,5i m bzw. l,2i m, unter der Verwachsungsstelle l,or m bzw. 0,88 m; dicht über der Vereinigungsstelle hat der Stamm einen Umfang von 1,53 m. Der Baum ist bemerkenswert!) wegen der schönen symmetrischen Ausbildung der beiden Beine. 9. Eine urwüchsige kleinblättrige Linde, Tilia parvifolia Ehrh., vom Planum des Bahnhofs Sedlinen, Kr. Marienwerder; die Höhe dieses Baumes beträgt ca. 37 m, sein Stammumfang in 1,5 m Höhe, bis zu welcher Tiefe er in das Bahnhofsplanum versenkt ist, 7,5 m. Unter diesen Vorträgen und Mittheilungen war die Zeit vorübergegangen, und trotz der vielen geistigen Anregungen und Genüsse verlangte doch der Körper der Versammlungs-Theilnehmer auch nach seinem Recht. Um 1/a 1 2 Uhr wurde daher eine kurze Frühstückspause gemacht. Namens der Stadt Stuhm lud Herr Kreisbaumeister LuCAS-Stuhm die Versammlung zu einem einfachen Gabelfrühstück ein, und gerne nahmen die Anwesenden das so liebenswürdig Dargebotene an Nachdem die Frühstücksschlacht in aller Eile geschlagen war und mit der Vernichtung des größten Theils der aufgestellten Speisen und Getränke geendigt hatte, sprach Herr Professor Dr. BAiL-Danzig der Stadt Stuhm den Dank des Vereins aus und schloß seine Worte mit einem Hoch auf die Gastgeberin. Bald nach 12 Uhr begannen dann wieder die wissenschaftlichen Verhand¬ lungen, indem Herr Oberlehrer Dr. LAKOwrrz-Danzig folgende Zoologische Mitteilungen machte. Vortragender erinnert zunächst daran, daß vor einigen Wochen Libellen in sehr großer Anzahl durch Danzig fliegend beobachtet worden sind, sodaß sr. Zt. sogar die Tageszeitungen darüber berichteten. Die von ihm näher untersuchten Thiere dieser Libellenschwärme haben alle zu der Art Libellula depressa L., dem Plattbauch, gehört. — Derartige Libellenzüge sind wenn auch gerade nicht alljährlich, so doch nicht sonderlich selten und zu¬ weilen in noch viel größerem Umfange beobachtet. So berichtet H. A. Hagen, daß er im Jahre 1852 einen Libellenzug beobachtet habe, der gegen 20 m breit, 3 m hoch und so lang gewesen sei, daß sein Vorbeiziehen mehrere Stunden lang gedauert habe. Angeblich hat dieser gewaltige Zug in einem Teich seinen Ausgangspunkt gehabt. In diesen großen Libellenschwärmen findet sich außer Libellula depressa L. noch Libellula quadrimaculata L.; meist herrscht die letztere sogar vor oder ist ausschließlich vorhanden. Welche Ursache diese merkwürdigen Züge veranlaßt, ist mit Sicherheit bis¬ her nicht festgestellt. — Sodann legt Vortragender ein Gehäuse von Helix hortensis Muell. vor, das dadurch bemerkenswertli ist, daß der eine Tlieil der Schale eine andere Krümmung aufweist wie der andere. Es scheint, daß der Aufbau der Schale mit einer längeren Unterbrechung vor sich gegangen ist. 4* 28 52 Derartige Stücke sind wichtig, weil sie die Art des Aufbaus sehr instructiv erkennen lassen. Weiter spricht Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz über Das Plankton des Klostersees hei Karthaus. Vortragender führt eine größere Anzahl selbst angefertigter, farbiger, stark vergrößerter Abbildungen von niederen Thier- und Pflanzenformen des Siiß- wasserplanktons, speziell aus dem Klostersee bei Karthaus, vor. Des näheren geht er auf den Bau und die Entwickelung des interessanten Rüderthierchens Asplanchna Helvetica Imhof ein, welches im Mai und Oktober-November in dem genannten See sehr zahlreich angetroffen, und am 3. November 1895 lebendige Junge zur Welt bringend beobachtet wurde. Desgleichen erläutert Vortragender einige auffallende Formen des hier in Westpreußen, so weit be¬ kannt, zum ersten Male angetroffenen, auch sonst äußerst seltenen Pediastrum simplex A. Br., welches vom Frühjahr bis in den späten Herbst hinein immer vereinzelt im Plankton des Klostersees auftritt. Nachdem auch noch andere Formen, wie z. B. Pandorina morum Ehrenberg, Volvox globator Ehrenberg, Ceratium hirunclinella 0. F. Mueller, Bosmina- Arten, Cyclops- Arten, Diaptomus graciloides Lilljeborg, Leptodora hyalina Lilljeborg u. a. m, an der Hand der vorgeführten Abbildungen besprochen sind, weist Vortragender kurz auf die Bedeutung dieser zum größten Tbeil völlig durchsichtigen Lebewesen für die biologische Forschung, wie weiter auf ihre große Wichtigkeit im Haus¬ halte der Natur hin. Eine Aufzählung der vom Vortragenden im Klostersee bisher beobachteten niedersten Pflanzen- und Thierformen folgt in Anlage A. Sodann hält Herr Dr. A. SELiGO-Stuhm einen V ortrag Ueber westpreussische Krebsthiere. Der Vortragende weist auf die Fülle von Gewässern in der Provinz West¬ preußen hin, welche den Wasserthieren die verschiedensten Lebensbedingungen bieten und von jeher zur Erforschung der Wasserfauna eingeladen haben. Die Gewässer der alten Provinz Preußen sind deshalb auch die Stätte jener Forschungen von Zaddach, Lievin und Schoedler gewesen, welche neben den Arbeiten von 0. F. Mueller in Dänemark, Jurine in Frankreich, Koch in Mitteldeutschland die Kenntnis der mikroskopischen Kruster begründet haben. Später trat freilich eine Zeit ein, in der die faunistsche Thätigkeit mehr und mehr erlahmte, bis die letzten Jahrzehnte, namentlich durch die Arbeiten der Kieler Meeres-Commission und das Erwachen des praktischen Interesses an der Nutzung der Produkte der Gewässer, der Erforschung der Wasserlebe- welt und damit auch der Krebsthiere einen neuen Anstoß gaben. So ist denn die Zahl der Krebsthiere, welche wir jetzt aus den Gewässern Westpreußens, mit Einschluß der Danziger Bucht, kennen, eine ganz erhebliche geworden, 29 53 und immer wieder wird noch das Vorkommen neuer Formen bekannt, welche bisher übersehen waren. So hat Vortragender in den letzten Tagen bei dem gelegentlichen Durch¬ suchen eines kleinen Teiches zwei recht interessante Krebsthiere aufgefunden, den Diaptomus castor Jur. und den großen, in schönen Farben schillernden Branchipus Grubei Dyb. Bisher sind hauptsächlich Seen durchforscht worden, die weitere Ausdehnung der Untersuchungen auf fließeude Gewässer und auf die kleinen ausdauernden Tümpel wird voraussichtlich die Zahl der bekann gewordenen Formen noch erheblich vermehren. Vortragender überreicht ein Verzeichnis der bisher in Westpreußen auf¬ gefundenen Krebsthiere, das in Anlage B. wiedergegeben ist. Schließlich macht der Kustos am Provinzial-Museum, Herr Dr. Kumm- Danzig, einige Mittheilungen über die San iose-Schildlaus, und erläutert dieselben durch eine farbige, Seitens des Kgl. Preuß. Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten herausgegebene Tafel. Die San Jose- SchildlauSj Aspidiotus perniciosus Comst., ist neuerdings in den Tageszeitungen oft genannt worden, da vor kurzem besondere Vorschriften über die Einfuhr amerikanischer Pflanzen und Früchte bei uns erlassen sind, um der Gefahr vor¬ zubeugen, daß das in Amerika in gefährlichster Weise den Obstbau schädigende Thier nach Deutschland gelangt und auch unseren Obstbau bedroht. Die weiblichen Tliiere tragen auf dem Bücken ein das ganze Thier voll¬ ständig überdeckendes Schild, das einzige, was man bei oberflächlicher Be¬ trachtung von dem Thiere sieht, daher der Name Schildlaus. Sie erzeugen lebendige Junge, die nur sehr kurze Zeit frei herumkriechen, sich dann an der befallenen Pflanze festsetzen und mehrere Häutungen und Form Veränderungen durchmachen. Nach 24 bis 26 Tagen, von der Geburt ab, sind die Männchen, nach etwa 30 Tagen die Weibchen vollkommen ausgewachsen, und schon wenige Tage nachher beginnen die letzteren wieder Junge zu produciren. Die Männchen haben einen 0,6 mm langen orangefarbigen Körper mit dunkelerem Kopf und purpurfarbigen Augen; sie tragen kein Schild, sind frei beweg¬ lich und besitzen wohl ausgebildete Beine, sowie zwei große, gelbgrüne, irisirende Flügel. Der Körper der Weibchen ist oval bis fast kreisrund, etwa 1 mm lang, 0,8 mm breit, von einem etwa 1,4 mm großen, schwach gewölbten Schilde bedeckt; die Weibchen haben weder Augen noch Beine und sind daher vollkommen bewegungslos und an die Stelle, auf der sie sich in der frühesten Jugend festgesetzt haben, gefesselt. Dagegen besitzen sie, ebenso wie die Jungen, einen bis 2 mm langen, aus mehreren Einzelborsten zusammen¬ gesetzten und an der Spitze meistens gespaltenen Säugrüssel. Die Schädigung der befallenen Pflanzen erfolgt dadurch, daß die jungen Thiere, sowie sie sich festsetzen, was mit Vorliebe an den jungen Zweigen, aber auch an älteren Aesten und Früchten geschieht, ihren langen Säugrüssel 30 54 durch die Rinde hindurch bis tief in die saftigen wachsenden Theile der Pflanze versenken und daraus ihre Nahrung ziehen. Dadurch entstehen im Pflanzengewebe krankhafte Wachsthumsstörungen, und stark befallene Pflanzen- theile verkrüppeln vollständig und sterben über kurz oder lang ab. Die Gefährlichkeit der San Josö-Schildlaus beruht auf ihrer kolossalen Vermehrungs¬ fähigkeit. Da die Weibchen, wie schon erwähnt, bereits einige Tage nach vollendeter Entwickelung lebende Junge hervorbringen können und dies während des Restes ihrer Lebensdauer, die etwa 6 Wochen beträgt, täglich reichlich tliun, und da sich derselbe Vorgang bei den binnen kurzem ausgewachsenen Jungen wiederholt, so ist die Vermehrung eine außerordentlich starke. Nach den in Amerika gemachten Beobachtungen sollen unter günstigen Umständen von einem einzigen Weibchen im Laufe eines Sommers angeblich etwa 3000 Millionen Nachkommen entstammen können. Doch bedürfen diese Angaben noch sehr einer kritischen Nachprüfung. Wenngleich also in Wirklich¬ keit diese Zahl wohl nie erreicht wird, macht die starke Vermehrung der Thiere doch die in einzelnen Bezirken Nordamerikas an völlige Vernichtung grenzende Schädigung der dortigen Obstpflanzungen erklärlich. Ueberdies werden durch die Jose-Schildlaus zwar in erster Reihe, aber nicht ausschlie߬ lich. die Obstpflanzungen bedroht, da die Thiere durchaus nicht nur auf Obstbäumen, sondern auf einer ganzen Anzahl anderer Pflanzen, wie Linden, Ulmen, Weiden, Akazien, leben können und dieselben in ähnlicher Weise schädigen. Durch diese Vielseitigkeit des Vorkommens ist auch die Aus¬ rottung des Schädlings da, wo er einmal Fuß gefaßt hat, sehr erschwert, ja fast unmöglich gemacht. Überdies sind kaum Mittel bekannt, die die Thiere mit Sicherheit vernichten, ohne der Pflanze zu schaden. In Amerika hat man Ver¬ suche mit den verschiedensten Mitteln gemacht, ohne sicheren Erfolg. Am besten wirkt noch Bestreichen oder Besprengen der befallenen Pflanzen mit Petroleum oder Petroleummischungen. Selbst Räucherung der kranken Pflanzen mit dem bekanntermaßen höchst giftigen Blausäuregas ist angewendet worden; das Mittel ist zwar wirksam, aber sehr theuer und äußerst gefährlich anzuwenden. Das sicherste ist noch immer Abhacken und Verbrennen der befallenen Pflanzen resp. Pflanzentheile. Die eigentliche Heimath des Thieres ist nicht bekannt; in Nordamerika hat sich dasselbe zuerst an der Westküste in Californien (in dem San Jose- Thal) durch die Gefährdung der Obstcultur bemerkbar gemacht; später ist es auch nach dem Osten der Vereinigten Staaten verschleppt worden und hat dort eine ebenso verderbliche Wirksamkeit entfaltet, selbst in ziemlich weit nördlich gelegenen Staaten, sogar bis nach Canada hinein. Damit ist er¬ wiesen, daß das Thier auch unter den klimatischen Verhältnissen Deutsch¬ lands leben kann, und der ungeheure Schaden, den die gleichfalls aus Amerika eingeschleppte Reblaus dem europäischen Weinbau zugefügt hat und noch fortdauernd zufügt, mahnt uns zur Vorsicht gegenüber der neuen Gefahr, um dieselbe wenn möglich ganz von uns fernzuhalten. — Vortragender 31 55 erwähnt schließlich noch, daß wir bei uns nahe Verwandte der San Josd- Schildlaus, auf verschiedenen Pflanzen schmarotzend, haben, unter denen besonders eine, die austernförmige Schildlaus, Aspidiotus ostreaeformis Curt., gleichfalls auf Obstbäumen lebt und dieselben bei massenhaftem Auf¬ treten nicht unerheblich schädigt. Doch ist die von ihr drohende Gefahr wegen der geringeren Vermehrungsfähigkeit nicht annähernd so groß. Beide Arten sind sehr ähnlich und daher leicht zu verwechseln. Eine sichere Unter¬ scheidung ist nur bei mikroskopischer Untersuchung unter starker Ver¬ größerung möglich. Damit ist die Tagesordnung des wissenschaftlichen Theils erledigt, und der Vorsitzende schließt die Sitzung mit dem Ausdrucke des Dankes an alle Erschienenen, ganz im speziellen aber an die Herren des Ortsausschusses, die sich so erfolgreich der Mühen der Vorbereitung unterzogen haben. Bald nach Schluß der wissenschaftlichen Sitzung wurden die von den Stuhmer Besitzern freundlichst gestellten Wagen bestiegen, und in langer Reihe ging es dann über Pestlin nach Paleschken. Kaum ein anderer Ort der Provinz ist so durch persönliche und sachliche Beziehungen mit dem Verein verknüpft, wie dieses Gut, auf dem gewissermaßen die Wiege der modernen Floristik unserer Provinz gestanden hat. Ist doch der im Jahre 1879 verstorbene Besitzer, Dr. Carl Julius von Klinggraeff, dessen Gattin noch jetzt das Gut gehört, der Verfasser der 1848 erschienenen „Flora von Preußen“ und gleichzeitig einer der Gründer unseres Vereins. Sein jüngerer Bruder, Dr. Hugo von Klinggraeff, der Verfasser der „Topographischen Flora der Provinz Westpreußen“ (1880) zählt gleichfalls zu den Gründern des Vereins und ist seit vielen Jahren dessen Erster Vorsitzender. So war es denn natürlich, daß der Verein diese Stätte aufsuchte, wo der verstorbene Florist mehr als 40 Jahre gelebt hat, und wo sein jüngerer Bruder auch jetzt noch öfters weilt. Von dem Verstorbenen ist in Paleschken unter geschickter Benutzung älterer Baumbestände ein prächtiger Park geschaffen, der von der jetzigen Besitzerin, Frau Johanna von Klinggraeff, in pietätvoller Weise im Sinne des Verewigten gepflegt und weitergeleitet wird. Er ist vor allem durch die Mannigfaltigkeit der Anlagen und die überaus große Anzahl aus¬ wärtiger Sträucher und Bäume ausgezeichnet. — Hier ergingen sich die sehr zahlreichen Theilnehmer des Ausflugs, darunter viele Bewohner der Stuhmer Gegend, nachdem sie die hochbetagte, aber rüstige Besitzerin, Frau von Klinggraeff, sowie den zur Zeit dort weilenden jüngeren Herrn Dr. von Klinggraeff und dessen Schwester, Fräulein von Klinggraeff, begrüßt hatten. Obwohl das Wetter mit Regen drohte, bot die Wanderung durch die malerischen Gruppen des Parks dem Naturfreunde reichen Genuß, und die Botaniker wurden nicht müde, den Reichthum an dort wachsenden 32 56 seltenen Pflanzen zu bewundern. Besondere Beachtung fanden zwei starke Exemplare der durch ihre eigenartig zweitheiligen Blätter ausgezeichneten, in China einheimischen Gingko biloba L. Die Kürze der Zeit und der stärker niederfallende Regen trieben schließlich die Besucher in das Innere des Wohn¬ hauses, wo ihrer auf reich besetzten Tafeln ein von der Besitzerin gastfrei dargebotener Imbiß harrte, der gerne entgegengenommen wurde. Eine Deputation sprach der Besitzerin den wärmsten Dank des Vereins für den liebenswürdigen Empfang aus. Nach kurzer Frist wurde nun die Rückkehr nach Stuhm angetreten, wo dann um 6 Uhr das gemeinsame Essen begann, an dem etwa 80 Herren und Damen Theil nahmen. Durch eine lebhafte Unterhaltung und zahlreiche Toaste — unter denen der Kaisertoast des Herrn Landrath von Schmeling, der Toast auf den Botanisch-Zoologischen Verein, den Herr Bürgermeister Hagen ausbrachte, der Dank des Vereins, den Herr Professor Conwentz mit einem Hoch auf Stadt und Kreis Stuhm ausklingen ließ, der Dank des Vor¬ sitzenden, Herrn Oberlehrer Dr. Schmidt, an den Lokalausschuß„ insbesondere die Herren Baumeister Lucas, Dr. Sciiimanski und Dr. Seligo, der von Herrn Oberlehrer Dr. Lakowitz in launige Worte gekleidete Toast auf die Damen als Pflegerinnen der Wissenschaft, sowie das Hoch auf den Vorstand Seitens des Herrn Oberlehrer Dr. Bockwoldt erwähnt werden mögen — gewürzt, verlief das Festmahl in heiterster Weise und hielt die Theilnehmer noch lange zusammen, soweit sie nicht durch ihre Berufspflichten gezwungen wareu, schon mit den Abendzügen heimzureisen. Die noch in Stuhm gebliebenen Mitglieder vereinigten sich am folgenden Tage mit einer Anzahl von Stuhmer Damen und Herren zu einer Excursion in die Rehhöfer Forst, die pünktlich um 8 Uhr auf mehreren freundlichst ge¬ stellten Wagen angetreten wurde. Vorbei am Bahnhof Stuhm und am Parleten- See ging es zunächst zu dem Moorgebiet bei Ostrow Lewark. Hier wurde ausgestiegen und eine Fülle interessanter Moorgewächse gesammelt. Von den beobachteten Pflanzen seien hier nur erwähnt: Luzula pilosa Willd. und An- thoxanthum odoratum L,, die neben Carex Goodenoughii Gay und C. rostrata With. die Bodendecke bildeten; dazwischen an den feuchteren Stellen Erio- phorum polystachyum L., Vaccinium Oxyeoccus L. und Andromeda poliifolia L. In großen Büschen wuchs Ledum palustre L., daneben Polystichum Thelypteris Roth. An den Grabenrändern standen Salix repens L. und S. rosmarinifolia L., während in den Gräben und alten Torfstichen Comarum palustre L., Me- nyanthes trifoliata L., Hydrocharis Morsus ranae L. und Stratiotes aloides L. freudig gediehen. Unter den gesammelten Moosen waren Hypnum giganteum Seil imp., Fontinalis antipyretica L. und Sphagnum cymbifolium Ehrh. leicht zu erkennen, während andere Formen zur späteren Bestimmung mit Hilfe des 33 57 Mikroskops mitgenommen wurden. Hier in diesem Torfbruch finden sich auch in geringer Tiefe im Torf die fossilen Früchte der Wassernuß, Trapa natans L. Weiter fuhr man durch die Forst nach dem malerisch in einer tiefen Mulde mitten im Walde gelegenen Schwarzen See, der mit seinen vom ver¬ schiedensten Grün umkränzten Ufern ein wechselvolles und schönes Bild bot. An seinen feuchten Rändern wurde, neben zahlreichen anderen Pflanzen, vor allem eine seltene Orchidee, die Korallenwurz, Coralliorrhiza innata L., inter¬ essant durch ihren eigenartig geformten Wurzelstock und durch den völligen Mangel des Blattgrüns, in größerer Menge beobachtet. Von anderen Funden seien, um nur einige zu nennen, hier noch Mnium undulatum Heimv., Lyco- podium Selago L., Equisetum limosum L., Milium effusum L., Pirola umflora L. und Trientalis europaea L. aufgezählt. — Nach kurzem Aufenthalt unter dem schattigen Laubdach ging es sodann nach Weißenberg,, wo von der Mühle und dem Berge aus die prächtige Aussicht über die zu Füßen liegende Niede¬ rung mit der Alten Nogat und dem Weichselstrom und über die jenseitigen Höhen bewundert wurde. Nach einer flüchtigen Besichtigung der Schleusen¬ anlagen an der Moutauer Spitze wurde die Rückfahrt direct nach Stuhm auf der schnurgerade die Forst durchschneidenden Straße angetreten. Ein ein¬ faches Mittagessen im Deutschen Hause vereinigte noch einmal die Theil- nehmer an gemeinsamer Tafel. Doch die Frist war kurz, und bald mußten sich die Fremden von den Stuhmern trennen, um mit den im Laufe des Nach¬ mittags abgelienden Zügen der Heimath zuzueilen. Mit herzlichen Grüßen verabschiedeten sie sich, und sie alle werden noch lange und gerne der drei fröhlichen Tage der Stuhmer Versammlung gedenken. 34 58 Alllage A. Die niedersten Pflanzen- und Thierformen des Klostersees bei Karthaus. Gesammelt und bestimmt von Dr. Lakowitz- Danzig. Erstes Verzeichnis. I. Schizomycetes. 1. Beggiatoa arachnoidea Rabenii. II. Cyanophyceae. 2. Anabaena ßos aquae Breb. 3. Aphanizomenon ßos aquae Allm. 4. Clathrocystis aeruginosus Henfrey. 5. Coelosphaerium Kützingianum Naeg. 6. Lyngbya papyrina Kirchn. 7. Merismopedia glauca Naeg. III. Diatomaceae, 8. Amphora ovalis Ktzg. 9. Asterionelia gracillima IIeiberg, 10. Cocconeis communis Heiberg. 11. Cocconema lanceolatum Ehrbg. 1 2. Cyclotella Kützingiana Thw. 13. — operculata Ktzg. 14. Cymatopleura elliptica Breb. 15. — Solea Breb. 16. Cymbella Gistula Hemp. 17. Diatoma vulgare Bory. 18 Epithemia Zebra Ktzg. 19. — Westermanni Ktzg. 20. Fragilaria virescens Ralfs. 21 . — crotonensis Kitton. 22. Gomphonema acundno^um Ehrbg. 23. Hantzschia amphioxys GPlUN* 24. Melosira distans Ktzg. 25. — granulata Ehrbg. 26. — orichalcea Ktzg. 27. — varians Ag. 28. Navicula spec. 29. Pinnularia viridis Sm. 30. Surirella dentata Schum, 31. — elegans Ktzg. 32. Stauroneis anceps Ehrbg. 33. — fenestra Ktzg. 34. Synedra clelicatissima Sm. 35. — Ulna Ehrbg. 36. Tabellaria fenestrata Ktzg. IT. Chlor ophyceae. 37. Aphanochaete repens A. Br. 38. Botryococcus Braunii Ktzg. 39. Closterium parvulum Naeg. 40. Coleochaete orbicularis Pringsii. 41. Conferva fugacissima Roth. 42. — fontinalis Berk. 43. Cosmarium Botrytis Menegii. 44. — protr actum Naeg. 45. Oedogonium spec. 46. Pediastrum Boryanum Menegii. 47. — pertustem f. asperum A. Br. 48. — Rotula Ehrbg. 49. — simplex A. Br. i 59 50. Scenedesmus obtusus Meyen. 51. — caudatus Corda. 52. Spirogyra spec. 53. Staurastrum gracile Ralfs. 54. Stigeoclonium longipilus Ktzg. 55. Ulothrix zonata Ktzg. Y. Protozoa. 56. Ceratium hirundinella 0. F. Mueller. 57. Codonella lacustris Entz. 58. Difßugia acuminata Ehrbg. 59. — pyriformis Perty. 60. — spec. (cfr. D. globulosa Duj.). 61. Dinobryum divergens Imhof. 62. — sertularia Ehrgb. YI. liotatoria. 63. Anuraea aculeata Ehrbg. 64. — longispina Kellikott. 65. — stipitata Ehrbg. 66. Asplanchna helvetica Imhof. 67. Brachionus spec. 68. Monocerca rattus Ehrbg. 69. Monostyla lunaris Ehrbg, 70. Polyarthra platyptera Ehrbg. 71. Synchaete pectinata Fhrbg. 72. Triarthra longiseta Ehrbg. YII. Crustaeea. 73. Acroperus leucocephalus Koch. 74. Alona Leydigii Schoedl. 75. — testudinaria Fisch. 76. Bosmina coregoni Baird. 77. — cornuta Jurine. 78. — longicornis Schoedl. 79. Chyclorus sphaericus 0. F. Mueller. 80. Cyclops bicuspidatus Claus. 81. — Clausii Heller (= C. viridis Jur.) 82. — strenuus Fisch. 83. Daphnella brachyura Lievin. 84. Daphnia galeata G. 0. Sars. 85. — gracilis Hellicii. 86. Diaptomus gracilioides Lilljebg. 87. Hyalodaphnia cucullata Schoedl. 88. Leptodora hyalina Lilljebg. 89. Pleuroxus striatus Schoedl. 2 60 Anlage B. Westpreußische Krebsthiere. Von Dr. .A. Selig-o. Im Folgenden ist ein Namensverzeichnis der bis jetzt in den West¬ preußischen Gewässern beobachteten Krebsthiere gegeben. Der Name des ersten Beobachters ist in Klammer dabeigesetzt, nach Angabe folgender Ab¬ handlungen über diesen Gegenstand: Klein, Summa dubiorum circa classes Quadrupedum et Amphibiorum in Caroli Linnaei systemate naturae cum praeludio de crustatis. Gedani 1743. G. Zaddach, Synopseos Crustaceorum prussicorum prodromus. Regio- rnonti 1844. Lievin, Die Branchiopoden der Danziger Gegend. Neueste Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, Bd. IV, H. 2. 1848. von Siebold, Beiträge zur Fauna Preußens. Neue Preußische Provinzial¬ blätter, Bd. VII. 1849. Ed. Schoedler, Die Cladoceren des Frischen Haffs. Archiv für Naturgeschichte, 32. Jhg. 1866. Moebius, Die wirbellosen Thiere der Ostsee. Jahresbericht der Com¬ mission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel für 4as Jahr 1871, I. Jhg. 1873. G. Zaddach, Die Meeresfauna an der preußischen Küste. Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg, XIX. Jhg. 1878. Moebius, Nachtrag zu dem im Jahre 1873 erschienenen Verzeichnis der wirbellosen Thiere der Ostsee. Vierter Bericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel für die Jahre 1877-- 1881, VII. — XI. Jhg. 1884. O. Zacharias, Faunistische Studien in westpreußischen Seen. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig N. F., Bd. VI, H. 4. 1887. Die bis jetzt von mir beobachteten Arten (hauptsächlich aus Seen) sind mit einem * bezeichnet. i 61 Malacostraca Thoracostraca. Podophthalmata, Decapoda. Astacidae. Astacus ßuviatilis Fabr. (Klein). Carididae , Crangon vulgaris Fabr. (Klein). Palaemon squilla Fabr. (Klein). Schizopoda. Mysidae. Mysis vulgaris Thomps. (v. Siebold). — flexuosa Muell. (Moebius). — relicta Loven (Moebius). Cumacea. Diastylidae. Diastylis Rathkii Kr. (v. Siebold). Arthrostracä. Isopoda. Oniscidae. Ligia oceanica Fabr. (Moebius). Oniscus murarius Cuv. (Zaddacii). Porcellio scaber Latr. (v. Siebold?). Armaclillidium vulgare Latr. (v. Sie¬ bold?). Anthura gracilis Mont. (Moebius). Asellidae . * Asellus aquaticus Ol. (Klein). *Jaera albifrons Leacii (Zaddach). Idotheidae. * Idothea tricuspidata Descii. (Klein). * Glyptonotus entomon Fabr. (Klein). Sphaeromidae. * Sphaeroma rugicauda Leacii (Zacha¬ rias). Tanaidae . * Tanais Oerstedtii Kr. (Moebius). Amphipoda. Corophiidae. * Corophium longicorne Latr. (Zaddach). Orchestiidae. Orchestia litorea Mont. (Moebius). — Deshayesii Sav. (Moebius). *Talitrus saltator Mont. (Klein). Gammaridae. * Gammarus pulex D. G. * — ßuviatilis Roes. (Zaddach). * — locusta Fabr. (Zaddach). Melita palmata Leacpi (Zaddach). Calliope laeviuscula Sp. B. (Zaddach). Protomedeia pilosa Zadd. (Zaddach). Pontoporeia femorata Kr. (Zaddach). — furcigera Bruzelius (Moebius). Bathyporeia pilosa Lindstr. (Zaddach). Entomostraca Cirrhipedia. JBalanidae. Baianus improvisus Darw. (v. Siebold). Copepoda. Cyclopidae. Cyclops albidus Jur. (Zacharias). — fuscus Jur. — strenuus Fischer. Cyclops serrulatus Fischer. — viridis Jur. — bicuspidatus Claus. — Leuckartii Sars (Zacharias). — macrurus Sars (Zacharias). — insignis Claus. — oithonoides Sars — phaleratus Koch (Moebius). — fimbriatus Fischer. 2 62 Harpactidae. * Canthocamptus staphylinus Jur. (Zad- dach). * — fontinalis Schmeil. * — crassus Schmeil. Calanidae. * Heterocope appendiculata G. 0. S. (Zacharias). * Diaptomus gracilis G. 0. S. (Zacha¬ rias). * — castor Jur. * Temorella lacustris Poppe. — hirundo Gsbt. (Moebius). * Temora longicornis 0. P. M.(v. Siebold). Centropages hamatus Lil. (Moebius). * Dias bifilosus Gsbt. (Moebius). — longiremis Lil. (Moebius). Clausia elongata Boek (Moebius). Oithona spinirostris Sars (Moebius). Lucullus acuspes Gsbt. (Moebius). JErgasilidae. * Ergasilus Sieboldii v. Nordm. (Zad- dach). * — gasterostei Pagenst. Lernaeülae. * Lernet eocera cyprinacea L. Lernaeopodida. * Achtheres per carum v. Nordm. Argulidae. * Argulus foliaceus L. Ostracoda. *Cypria laevis 0. F. M. (Zaddacti). — serena Koch (Zaddach). * — ophthalmica Jur. Cyclocypris globosa G. 0. S. (Zaddach). *Cypri8 fuscata Jur. (Zaddach). — incongruens Ram dohr (Zaddach). * — pubera O. F. M. (Zaddach). — virens Jur. (Zaddach). — reticulata Zadd. (Zaddach). — ornata O. F. M. (Zaddach). Cypris crassa 0. F. M. (Zaddach). * — Fischeri Lil. Erpetocypris strigata 0. F. M. (Zaddach). — fasciata 0. F. M. (Zaddach). *Cypridopsis vidua 0. F. M. Notoclromas ■mowac/iaO.F.MJZADDACH). Cyprois flava (Zaddach). *Candona pubescens Koch. * • — candida 0. F. M. * Limnicythere St.i. Patricii Br. a. R. Phyllopoda. Cladocera. Sididae. * Sida crystallina 0. F. M. (Zaddach). * Daphnella brachyura Liev. (Lievin). Daphnidae. * Daphnia Schaefleri Baird. * — magna Strauss. * — pulex I). G. (Zaddach). * — longispina Ldg. * — gracilis Hell. * — galeata G. 0. S. * Hyalodaphnia jardinei Baird. (Schoedler). * — — var. procurva Poppe (Zacharias). * Simocephalus vetulus O.F.M. (Zaddach). * — serrulatus Koch (Lievin). — exspinosus Koch (Zacharias). * Scapholeberü mucronata 0. F. M. (Lievin). * — obtusa Schdl. * — aurita Fischer. * Ceriodaphnia megops G. 0. S. (Lievin). * — pulchella G. 0. S. (Zacharias). * — laticaudata P. E. M. * — reticulata Jur. * Moina brachiata Jur. (Zaddach). * — rectirostris 0. F. M. * — micrura Kurz. 63 Bosminidae. * Bosmina longirostris O.F. M. (Lievin). * — cornuta Jur. (Zacharias). * — coregoni Baird. — humilis Lil. (Zacharias). * — intermedia Poppe. * — gibbera Schdl. (Schoedler). * — thersites Poppe (Zacharias). * — crassicornis Lil. (Zacharias). * — diaphana P. E. M. * — longispina Ldg. * — berolinensis Imhof. — maritima P. E. M. (Moebius). Lyncodaphnidae. Lathonura rectirostns 0. F. M. (Lievin). Acantholeberis curvirostris 0. F. M. (Lievin). * Ilyocryptus sordidus Liev. (Lievin). Lynceidae. * Eurycercvs lamellatus 0. F. M. (Lievin). * Camptocercus rectirostris Schdl. (Lievin). *Acroperus leucocephalm Kr. (Schoedler). * Alonopsis elongata Sars (Zacharias). * Alona affinis Ldg. (Zacharias). * — quadr angularis O. F. M. (Zad- dach). * — costata Sars. * — lineata Fischer (Schoedler). * — rosirata Koch (Zacharias). — testudinaria Fischer (Zacharias). * Pleiiroxus excisus Fischer. * — hastatus Sars. * — aduncus Jur. (Schoedler). * — glaber Schdlr. * — trigonellus 0. F. M. (Zaddacii). * — striatus Sciidl. (Lievin). * — truncatus 0. F. M. (Zaddach). — personatus Ldg. (Zacharias). * Ghydorus globosus Baird (Zacharias). * — latus Sars. * — sphaericus 0. F. M. (Lievin). Polyphemidae. * Bythotrephes longimanus Ldg. (Zacharias). * Polypliemus pediculus D. G. (Zaddach). *Evadne Nordmanni Loven (Moebius). Podon minutus (Moebius). — intermedius Lil. (Moebius). — Leuckartii (Moebius). — polyphemoides Leuck. (Moebius). * Leptodora hyalina Lil. (Zacharias). Branchiopoda. Estheridae. Hedessa Sieboldii Liev. (Lievin). Apusidae. * Apus cancriformis Schaeff. (Lievin). Branchipodidae . * Brancliipus Grubei Dyb. — diaphanm Prev. (Lievin). 4 Anlage C. 64 Fleischpilze aus dem Kreise Berent. Ton A„ Treichel-Hocli Paleschken. IV achtrag. In meine Veröffentlichung der Fleischpilze aus dem Kreise Berent hoffte ich noch einige Funde aus dem Jahre 1896 bei der Correctur einfügen zu können. Weil sich dies aber nicht machen ließ, so bringe ich selbige zur größeren Vollständigkeit jetzt als Nachtrag, und zwar in alphabetischer Reihen¬ folge, zumal sie alle zu den Basidiomyceten gehören. Ihnen schließe ich in zweiter Reihe einige andere Pilze an, die wohl zu den im Hauptverzeichnisse stehenden Familien gehören, bei denen aber zu bedenken ist, daß diese Formen nicht etwa Fleischpilze sind, wie es in der Ueberschrift heißt. — Wie im Haupt¬ verzeichnis bedeutet A. P. Alt Paleschken, H. P. Hoch Paleschken, N. P. Neu Paleschken und S. K. Schloß Kischau. I. Clitocybe sinopica Fr., rothbrauner Trichterling. Strehlkau. Coprinus micaceus Bull. N. P. — sociatus Schum., Geselliger Tintenpilz. A. P. Cortinarius ( Dermocybe ) sanguineus Wulf. H. P. Entoloma rhodopolium Fr., Rosen-Schleierpilz. A. P. Mycena zephyra Fr., Zepliyr-Halmpilz. Strehlkau. Omphalia pyxidata Bull. A. P. — scyphoides Fr,, Becher-Nabelpilzchen. H. P. Pleurotus ulmariae Bull. Auf alten Pappeln am Wege N. P. nach Niedamowo. Psalliota stercoraria Fr. H. P. Tricholoma ustale Fr., brandiger Ritterpilz. N. P. II. Hypomyces chrysospermus Tul. Auf Boletus subtomentosus und anderen Boletus - Arten. H. P., Park. Juli und October 94. Orle, Eichwald. A. P., bäuerliche Kiefern. — aurantius Pers. auf Trcimeies gibbosa Pers.; auch auf Lactarius deliäosus L. so überwuchernd, daß die ganze untere Hutseite scheinbar ohne Lamellen war. 94. S. K. Exoascus Pruni Fckl. Auf Prunus domestica L. Exobasidium Vaccinii Wor. Auf Vaccinium Vitis idaea L. Aleuria humosa Fr. 95, auf Kiefernstubben. Nectria cinnabarina Fr. (Ascomycet), die Conidienform dazu : Tubercularia vulgaris Tod. H. P. Garten: auf altem Stachelbeerstrauch. i 65 Zur Kenntniss des Gehörorgans von Pterotrachea. Von 15 ernh. Solger in Greifswald. Hierzu 1 Tafel* 1). Uie Abhandlung von Claus (Litt.-Verz. No. 9) über das Gehörorgan von Pterotrachea bezeichnet in der dieser Frage gewidmeten Litteratur den Höhe¬ punkt, der mit den vor einigen Jahrzehnten bekannten histologischen Unter¬ suchungsmethoden zu erreichen war. Die Abbildung dieses Sinnesorgans, welcher die Angaben des genannten Forschers zu Grunde liegen, wurde mit Recht von zoologischen und anatomischen Lehrbüchern übernommen, es mag genügen, an dieser Stelle an die bezüglichen Werke von R. Hertwig, Boas, Fleischmann und Räuber zu erinnern. An dem wesentlichen Inhalt seiner Darstellung, an der von Claus gegebenen Deutung gewisser zelliger Elemente als Sinneszellen, soll auch durch die folgenden Mittheilungen, in welchen über Methylenblau-Versuche berichtet werden soll, nicht gerüttelt werden. Die Ergebnisse dieser Imprägnationen dienen vielmehr zur Ergänzung des von Claus beigebrachten Beweismaterials. Seine „Hörzellen“ stehen in der That in unmittelbarem Zusammenhang mit Nerven, nur werden wir diese Elemente im Einklang mit den gegenwärtig gültigen Anschauungen nicht mehr als epitheliale Sinneszellen den Haarzellen der Macula und Crista acustica an die Seite zu stellen haben, sondern sie vielmehr als peripherische Ganglienzellen auffassen müssen. Den Terminus Otolithenblase habe ich meist vermieden, weil durch diese Bezeichnung ein secundär entstandenes Gebilde allzusehr in den Vordergrund geschoben wird. Ich halte an dem in der Ueberschrift gewählten Ausdruck und damit an der älteren Anschauung, welche in dem vieluntersuchten Gebilde ein Gehörorgan sieht, trotz der Verschiedenheit der Innervation einstweilen noch fest, ohne damit über die neuerdings für diese Kategorie von Sinnes¬ organen geltend gemachte Deutung als „Gleichgewichtsorganen“ irgendwie präjudiciren zu wollen. Die Entscheidung dieser Frage muß der Physiologie überlassen bleiben. i) Die Abbildungen wurden, mit Ausnahme von Fig. 8, bei Gelegenheit der Braun¬ schweiger Naturforscherversammlung von mir demonstrirt. l 5 66 In demselben Laboratorium, in welchem ich arbeitete, nämlich in der Zoologischen Station zu Neapel, hatte schon vor einer Reihe von Jahren (1888) M. Joseph (No. 13) die vitale Imprägnirung der Nerven der Heteropoden mittelst Methylenblau hervorgerufen. Diese durchsichtigen Mollusken der pelagischen Fauna des Mittelmeers machen ja, wie man schon von vornherein erwarten konnte, auch Lei derartigen Versuchen der von Ranke ihnen zu¬ erkannten Bezeichnung: „Normal objecte der anatomischen Forschung“ alle Ehre. Joseph, dem es bei seinen Untersuchungen auf die Erforschung des Nervensystems und der Nervenendigung im Muskel ankam, benutzte zu seinen Versuchen das chemisch reine Methylenblau, das er von Ehrlich (Berlin) erhalten hatte, in derselben Concentration, die Ehrlich für Frösche und Kaninchen angegeben hatte, nämlich 74 gr Substanz in 100 gr physiologischer Kochsalzlösung. Der Farbstoff wurde den Thieren auf dem Wege der Injection in die Leibeshöhle, manchmal auch direct interstitiell in die Bauchflosse ein¬ verleibt. Den Versuchsthieren, verschiedenen Species von Pterotrachea, ferner Carinaria mediterranea , wurden 1 — 2, grossen Exemplaren von Carinari a sogar 4 PRAVATz'sche Spritzen der Lösung applicirt, daun folgte Einlegen des ganzen Thieres oder von Theilen desselben (Bauchflosse) in die feuchte Kammer; untersucht wurde nach 6, manchmal sogar nach 12 Stunden. Ein der Haupt¬ sache nach gleiches Verfahren hatte übrigens schon Biedermann (No. 12, S. 23 ff.) bei seinen Untersuchungen über die Nerven der Wirbellosen (Krebse und Insecten) bewährt gefunden. — Ich selbst ging, veranlaßt durch eine Bemerkung GEgEnbaurJs (No. 5)1) in der Regel so vor, daß ich unter Zu- hülfenahme einer Lupe dem in einem flachen Gefäß gehaltenen Thiere durch einen raschen Scheerenschnitt die Flosse (propodium) ganz oder thoilweise entfernte oder wenigstens einschnitt. Dann wurde das Thier vorsichtig in ein großes, etwa 6 — 8 Liter fassendes Gefäß mit reinem Seewasser übertragen, dem von einer Methylenblaulösung soviel zugesetzt wurde, bis das Wasser eine tiefblaue Färbung angenommen hatte. Nach 1 — 4 Stunden wurde das Kopfende mit der Lupe auf den etwaigen Effect der Färbung geprüft und die Partien, auf welche es ankam, entweder sofort mit der Scheere abgetragen, oder das Kopfende erst noch in der feuchten Kammer längere Zeit der Ein¬ wirkung der atmosphärischen Luft ausgesetzt. — Es sei noch bemerkt, daß ich ziemlich dicke Scheerensclmitte, welche ein imprägnirtes Gehörbläschen enthielten, mit gutem Erfolg nach A. Bethe’s Methode (pikrinsaures Ammoniak, dann schwach angesäuerte Lösung von Ammonium-Molybdat) fixirte, um sie in Canadabalsam einbetten zu können. Spätere Untersucher können vielleicht von einer Bemerkung Steiner’s, die ich hier folgen lasse, Nutzen ziehen. Steiner (No. 15) macht darauf auf¬ merksam, daß Pterotrachea und Carinaria trotz ihrer anscheinenden Zartheit !) S. 15G. wo Gegenbaur berichtet, daß die Bindesubstanz der Flosse von „zahlreichen blutfiihrenden Hohlräumen“ durchzogen sei, welche ,,theils unter sich, theils an der Flossen¬ basis mit der Leibeshöhle communiciren“. 2 in mancher Hinsicht doch geradezu resistent genannt werden müßten. Als Beweis für seine Behauptung, für deren Richtigkeit übrigens auch ähnliche Erfahrungen früherer Autoren (Keferstein) sprechen, macht er geltend, man könne diese Thiere verhältnismäßig lange Zeit außer Wasser untersuchen, ohne daß sie, nachträglich wieder in ihr Element zurückgebracht, von ihrer Beweglichkeit etwas eingebüßt hätten. Besonders widerstandskräftig erweise sich Pterolrachea. Er sah Exemplare, welche beim Fange den Rüssel und Kopf verloren hatten, trotzdem umherschwimmen und zwar in beiden Formen der Locomotion, wie normale Thiere sich von der Stelle bewegen. Ich möchte vermuthen, daß Exemplare, welche den vordersten Abschnitt des Körpers verloren haben, oder denen man jenen Ivörpertheil in einiger Ent¬ fernung oberhalb des Dorsalganglions und der Sinnesorgane durch den Schnitt abträgt, zur Methylenblau-Imprägnation dieser Gebilde sich vielleicht noch besser eignen möchten, als solche, denen man die Bauchliosse abgeschnitten hatte. Beiläufig sei erwähnt, daß derartig verstümmelte Exemplare von Plerotrachea und Carinaria , deren Abbildungen man in der älteren Litteratur mehrfach begegnet, in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts zeitweilig für neue Heteropoden-Genera gehalten wurden (Keferstein). Was ich nun Hei meinen anatomischen Untersuchungen Neues und der Mittheilung Werthes gefunden habe, ist auf der beigegebenen Tafel dargestellt, zu deren Erklärung ich mich sofort wende. Ich bemerke im Voraus, daß sämmtliche 8 Figuren sich auf Pterotracliea mutica beziehen, und daß sie alle, mit Ausnahme von Fig. 8, frische Methylenblau-Präparate darstellen. Die Verwerthung der hierher gehörigen Litteraturangaben wird an passender Stelle eingeflochten werden. Figur 1, mit deren Erklärung ich beginne, stellt das Gehirn, den Gehör¬ nerv und das Gehörorgan des genannten Heteropoden dar. Die Abbildung ist, da die Imprägnation eines und desselben Objectes nie so vollständig gelang, aus mehreren Präparaten combinirt. Am Gehirn fällt sofort die fast streng symmetrische Anordnung der oberflächlich gelegenen Ganglienzellen* gruppen auf, man kann bei dieser Ansicht — es ist hier die dorsale Fläche dargestellt — besonders deutlich vordere (in der Abbildung obere) und seit¬ liche Nervenzellgruppen unterscheiden. Bei der Betrachtung der ventralen Fläche des Gehirns kamen ebenso zahlreiche, gleichfalls symmetrisch in Gruppen stehende, aber anders angeordnete Ganglienzellen zum Vorschein. Erinnert man sich des bekannten electiven Verhaltens des Farbstoffs den Nervenzellen gegenüber, so wird man auch hier vermuthen dürfen, daß nur ein Theil derselben hervorgehoben worden ist. Bemerkenswerth ist ferner die gleichfalls symmetrisch auftretende Diflerenzirung in blau tingirte Zellen und solche welche eine Metachromasie des aufgespeicherten Farbstoffs herbei¬ geführt haben. Etwa der dritte Theil der überhaupt hervorgehobenen Nerven¬ zellen erscheint in dieser röthlichen Verfärbung. 68 Pie Untersuchung einer jener Gruppen mit mittelstarker Vergrößerung (z. B. Seibert, Obj.-Syst. 5) ergab für die metachromatisch verfärbten Elemente einen blaß-röthlich erscheinenden Zellkörper, der von violetten Granulis durchsetzt war, wie die Fig. 2, freilich nur in gleichmäßig schwarzem Farbenton, erkennen läßt. Die hier dargestellte Gruppe ist die in Fig. 1 oben links von der Mittellinie gelegene. Schnitte durch das in Paraffin eingebettete Material (z. B. in Osmium fixirt) ergaben, daß hier die Anordnung der Ganglienzellen dieselbe ist, wie sie für die Nervenknoten der Mollusken überhaupt im Ganzen als Regel ’) angesehen werden kann: Sie liegen auch hier in der peripheren Zone der Nervenknoten und umgeben wie eine nur von den durchtretenden Nerven- stämmclien unterbrochene Mantelschicht die central gelegenen Fasermassen. Litteratur. Leuckart (No. 4) läßt der Beschreibung der Form und der Gliederung, die das obere Schlundganglion von Pterotrachea (Firolci) darbietet, einige Bemerkungen über das mikroskopische Verhalten der Nerven- elemente folgen. Die Ganglienkugeln, die sich ziemlich leicht isoliren lassen, messen 1/50"/, sind häufig mit Ausläufern versehen und besitzen entweder eine keulenförmige oder sternförmige Gestalt. Auch Gegenbaur (No. 5) giebt eine Schilderung der gröberen Formverhältnisse des Ganglion pharyngeum superius von Pterotrachea , auf die, wie auf die von Leuckart herrührende, ich hiermit verweise, und macht bezüglich des histologischen Verhaltens der Ganglienzellen folgende Angaben: Sie sind ohne besondere Färbung und schließen eine feinkörnige Substanz ein, die bei den gestielten Formen noch eine Strecke weit auf den Stiel sich fortsetzt, um dann unmerklich in eine homogene, helle Substanz überzugehen, welche ,,ganz mit jener der peripheri¬ schen Nerven gleiche Beschaffenheit zeigt“. Auch er bekundet, die Nerven¬ zellen ließen sich, besonders nach Behandlung mit einer schwachen Chrom¬ säurelösung, leicht isoliren. Später unterscheidet Owsjannikofe (Bull. Ac. Imp. St.-Petersbourg, B. XV., S. 525 — 527) bei Thetis, wie auch bei anderen Mollusken zwei Formen von Ganglienzellen, nämlich einmal sehr große, der Peripherie der Ganglienknoten angehörige Zellen und zweitens kleinere, die weiter nach innen liegen. Haller (Morphol. Jahrb., B. XI., S. 321 ff.) ver¬ mehrt für marine Rhipidoglossen die Zahl der Kategorien von Ganglienzellen noch um eine dritte. Diese Formen von Nervenzellen werden von ihm folgender¬ maßen charakterisirt: 1. Dreieckzellen mit meist drei Fortsätzen, 2. kleine unipolare Zellen, 3. Zellen von meist rundlicher Form (selten bipolar), deren Größe zwischen 0,04 — 0,2 mm schwankt. Auf Grund ausgedehnter, an Gastropoden, wie an Lamellibranchiaten angestellten Untersuchungen hebt Vignal (Comptes rend., T. 94, S. 249 — 251, ausführlicher in Arch. Zool. expörim., 2. Sfir. B. I) nochmals hervor, daß die Nervenzellen in den Ganglien 9 Vergl. Vignai. (s. u.). ferner Bronn’s Klassen und Ordnungen d. Thierr., B. III, S. 176, S. 177, S. 402. i 69 peripherisch liegen und erklärt die Mehrzahl für unipolar; bipolare und multi¬ polare Zellen seien selten, namentlich bei Gastropoden. Ferner sind bei anderen Mollusken ( Dentalium ) in den Cerebralganglien zwei verschiedene Formen von Ganglienzellen gesehen worden, die durch ihre Größe von einander abwreichen und daher als große und kleine Nervenzellen unter¬ schieden werden (s. Bronn’s Klassen und Ordn. d. Thierr., B. III, Abth. I, S. 403). Viel wichtiger als die Größenverhältnisse müssen nach dem gegen¬ wärtigen Stande der Neurologie andere Kriterien erscheinen: das Verhalten des Achsencylinders und der Dendriten, wie es durch die Anwendung des GoLGi’schen Verfahrens erkannt wird, und sodann das Vorkommen oder das Fehlen färbbarer Granula im Zellkörper. Nur bezüglich des letzten Punktes vermochte ich für Pterotrachea durch die eben mitgetheilten Beobachtungen einen kleinen Beitrag zu liefern. Hinsichtlich ihres Verhaltens dem Methylen¬ blau gegenüber lassen sich die Ganglienzellen von Pterotrachea gleichfalls in zwei Gruppen bringen, und es wäre immerhin möglich, daß sie mit den bei Dentalium unterschiedenen zusammenfallen, zumal die metachromatisch ver¬ färbten Elemente an Größe etwas hinter den blau tingirten Zellen zurück¬ stehen. Zu Fig. 1 ist noch einiges auf den Gehörnerven und das Gehörorgan Bezügliche nachzutragen (s. die linke Hälfte der Figur). Es sei hier noch¬ mals daran erinnert, daß der Abschnitt der Abbildung, der sich auf das Gehörorgan bezieht, das Ergebniß der Combination mehrerer gesonderter Beobachtungen ist. Das Gehörorgan1) hängt an den Gehörnerven, der hinter dem großen Nervenstrang, dem Opticus, sich abzweigt, wie eine kugelige Frucht an ihrem Stiele. An dem Sinnesorgan erscheint die Hauptmasse der Sinneszellen, welche au dem der Eintrittsstelle des Nerven entgegengesetzten Pole in Form eines Kranzes angeordnet sind, als ein Kranz kolbiger Gebilde durch intensive Färbung hervorgehoben. Die Kolben wenden ihr angeschwollenes Ende demjenigen Pole zu, der dem Gehirn abgekehrt ist, dem freien Pole also (mit welchem eine andere isolirt liegende Sinneszelle, die sog. „Centralzelle“ zusammenfällt), während ihr schlankeres, zugespitztes Ende nach dem Nervenpole, wie man die der Nerveneintritts-Stelle entsprechende Wölbung füglich nennen kann, sich hin¬ richtet. Ein Unterschied in der Methylenblau-Wirkung besteht in diesem Falle insofern, als die peripheren oder Meridional-Sinneszellen wohl durch postmortale Imbition den Farbstoff viel reichlicher aufgespeichert haben, als die Centralzelle, an der nur die Granula oder gewisse Granula damit beladen erscheinen. In Figur 1 trennt ein anscheinend leerer, ringförmiger Raum die Central¬ zelle von den meridionalen Sinneszellen oder den Kranz-Sinneszellen, wie sie !) Der Abhandlung von Gegenbaur (No. 5, S. 167) entnehme ich folgende Maße: Bei Pterotrachea coronata mißt die Gehörblase 0,20'", der Otolitli 0,1 die Epithelzellen (damit sind wohl die Zellen mit Wimperbüscheln gemeint) O,007 — 0,008"'. 5 70 auch genannt wurden. Nach den spitzen Enden dieser meridionalen Sinnes¬ zellen sieht man, Meridianen gleich, die Nervenfasern ziehen, die bei der zur Untersuchung dienenden schwachen Vergrößerung als varicöse Fäden er¬ scheinen. Zwischen den Nervenfasern erkennt man hellblaue Körnchenhaufen, welche einen ziemlich genau central gelegenen Fleck, der offenbar dem Kern entspricht, frei lassen. Diese blauen Flecke markiren die sog. ,, Wimper¬ zellen“. Auch der Otolith ist sichtbar. Daß er sich zeitweilig langsam um seinen eigenen Mittelpunkt drehte, war noch an Methylenblaupräparaten mehr¬ fach zu beobachten. In Fig. 3 ist eine Sinneszelle (Hörzelle) nach Methylenblau-Imprägnirung bei starker Vergrößerung (Seibekt, Oel-Immersion) dargestellt. Der Zell¬ körper zeigt sich von feinen, mit dem Farbstoff beladenen Granulis durchsetzt, der Kern ist ganz frei von solchen Körnchen, nur die beiden Nucleolen sind imprägnirt, die Zelle war also doch schon im Begriff abzusterben. Um nun die Beziehungen dieser Sinneszellen zu den Nerven recht würdigen zu können, empfiehlt es sich zuerst das Aussehen der Nerven in größerer Entfernung von ihrer Endigung, bezw. ihrem Ursprung zu studiren. Fig. 7, bei Anwendung einer Oel - Immersion aufgenommen, zeigt Granula¬ haufen, die den Wimperzellen entsprechen, aber ohne helles Kornfeld in ihrem mittleren Theile, vermuthlich, weil hier der Farbstoff nur die Basen der Wimperhaare oder ihre nächste Umgebung imprägnirt hatte. Von den Wimper¬ zellen wird später nochmals die Rede sein. Eingerahmt sind diese Granulahaufen links und rechts von je einem Segment eines Nervenstämmchens. Was nun das Verhalten der Nerven im Einzelnen anlangt, so sehen wir kürzere oder längere blaue Fäden, die nach Allem, was wir über Methylen¬ blau-Wirkung wissen, Nerventibrillen entsprechen, und außerdem größere und kleinere, theilweise metachromatisch verfärbte Granula. Die Granula liegen nun zum Theil ganz unzweifelhaft zwischen den Nerventibrillen (in der rechten Hälfte der Figur), zum Theil scheinen sie in den Verlauf der Fibrillen zu fallen. Allein es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß sie auch in diesem Falle zwischen Fibrillen liegen, welche entweder unter ihnen oder über ihnen ihren Weg fortsetzen. Auch die Ergebnisse anderer Untersuchungen, bei denen theilweise andere Methoden zur Verwendung kamen, sprechen dafür, daß die Granula zwischen den Nerventibrillen ihre Lage haben. Fig. 4 zeigt dann einige der meridionalen Sinnes-Nervenzellen sammt den von ihnen ausgehenden Neuriten bei mittlerer Vergrößerung. Litteratur- Angaben. Wie schon oben bemerkt, war es Joseph bei seinen Untersuchungen um die Erforschung des Nervensystems und der Nervenendigung im Muskel zu thun. Bei der von ihm geübten Methode nahmen die Nerven der Heteropoden eine tief blaue Färbung an. An solchen tingirten Nervenfasern konstatirte er einen helleren Mantel, dem von Strecke zu Strecke dunkelblaue Kerne eiugelagert waren, und welcher, wie schon Panetii (No. 11) auf Grund anders behandelter Präparate vcrmuthet hatte, 6 71 dem Neurilemm entspricht. Yon solchen Kernen habe ich an meinen Methylenblau-Präparaten nichts wahrgenommen, ich bemerke ausdrücklich, daß ich weit davon entfernt bin, ihr Vorhandensein damit bestreiten zu wollen. Paneth’s Untersuchungen killen in die Zeit vor der Verwendung des Methylenblaus als histologischen Reagens’. Er studirte das Nervensystem der Heteropoden mit Hülfe von Osmium und Gold und fand die Angabe Gegenbaur’s (No. 5), daß den größeren Nervenstämmen ein deutlich fibrillärer Bau zukomme, und daß zwischen den einzelnen Fibrillen eine gekörnte Substanz sich finde, bestätigt. Dieser Darstellung stimmt auch Joseph bei. — Auch die weiteren Angaben Gegenbaur’s und Paneth’s, nach welchen die ganz peripher gelegenen Nerven zwar homogen sind, aber theilweise, besonders bei ihrem Eintritt in die Muskeln, wieder die fibrilläre Structur deutlich erkennen lassen, konnten von Joseph bestätigt werden. Was nun die Angaben der späteren Autoren, die nach Ehrlich ’s Vorgang sich der Methylenblau-Methode bedienten, anlangt, so legt Joseph der zeitlichen Differenz in dem Auftreten der Reaction große Bedeutung bei. Thatsaclie ist, daß von den verschiedenen Forschern (Ehrlich und Aronson, May, Biedermann, Joseph) bei den ver¬ schiedenen Thiergruppen (Säugethieren, Krebsen, Insekten, Mollusken) eine „vollkommene“ oder „distincte“ Färbung gewisser Nerven zu erheblich ab¬ weichender Zeit und bei Anwendung bald schwacher, bald starker, bald concentrirter Lösungen des Farbstoffs erzielt wurde. Wenn nun Joseph daraufhin die Vermuthung ausspricht, es möchten diesem ungleichen Ver¬ halten „chemische Verschiedenheiten der nervösen Substanz“ bei den einzelnen Abtheilungen der Thiere zu Grunde liegen, so scheint mir dieser Ansspruch nicht hinreichend begründet zu sein. Die Thatsache, daß „keine gesetzmäßige Gleichmäßigkeit in dem Verhalten der Nerven verschiedener Thiergattungen diesem Farbstoffe gegenüber“ besteht, läßt sich ebenso gut durch Momente erklären, welche mit der Chemie des Nervengewebes nichts zu thun haben, man kann an Differenzen in der Schnelligkeit der Resorption denken, an Unterschiede in dem Sauerstoffgehalt der Gewebe, welche der Farbstoff zu passiren hatte, ehe er zu den Nerven gelangte u. dergl. mehr. Varicositäten im Verlaufe der Nerven, von denen ich in meinen Präparaten nichts bemerkte, hält Arnstein (Anat. Anz. Bd. X, No. 5 u. 7) für präformirt, während Biedermann der Meinung ist, das Varicöswerden gebläuter Nerven sei immer wenigstens als ein Zeichen beginnenden Absterbens aufzufassen. Joseph schließt sich dieser Anschauung an, und auch ich möchte ihr beipflichten. Wenden wir uns nun wieder zur Betrachtung unserer Abbildungen zurück. Fig. 4 zeigt mehrere Sinnes-Nervenzellen aus der Gruppe der Meridionalzellen in, wie es scheint, ununterbrochenem Zusammenhänge mit Nerven, bei stärkerer Vergrößerung (Oel-lmmersion). An zweien dieser Sinneszellen ist nur das schmale Endstück durch den Farbstoff hervorgehoben. Die Nervenfibrillen erscheinen hier als je eine Reihe von kürzeren oder längeren blauen Strichelchen, 7 72 die durch gleichfalls blau imprägnirte fciuste Granula mit einander verbunden sind. Daneben linden sich, gleichfalls reihenweise angeordnet, Gruppen von kugeligen oder ellipsoidischen Körnern oder Tropfen, deren Durchmesser die minimale Dicke der blauen Fäden bei weitem übertrifft und die häufig die Erscheinung der Metachromasie nach einem mehr oder weniger ausgesprochenen Violett erkennen lassen. Da somit das Bestehen der engsten Beziehungen der Nerven zu den meridionalen Sinnes-Nervenzellen nicht zu bezweifeln ist, da sie direct in Neuriten sich fortzusetzen scheinen, sind sie mit der größten Wahrscheinlichkeit als peripherische Ganglienzellen auf¬ zufassen, und den von v. Lenhossek in der Epidermis von Lumbricus nachgewiesenen zelligen Elementen, deren Stammfortsatz zu einer sensiblen, in das Bauchmark einstrahlenden Nervenfaser wird, und ebenso den früher als Riechzellen bezeichneten Elementen der Wirbelthiere an die Seite zu stellen. Da die soeben aufgeführten Zellen zeitlebens im Niveau des Ectoderms verharren, so nehmen sie eine noch tiefere Entwicklungsstufe ein als die Sinnes-Nervenzellen des Gehörorgans der Heteropoden. Für eine Reihe von Lamellibranchiaten und Gastropoden ist der Nachweis geliefert worden, daß die epitheliale Auskleidung der ,,Otolithen- blasen“ als eine Einstülpung des Ectoderms entsteht, die sich nachträglich von ihrem Mutterboden abschnürt. Für die Heteropoden ist zwar der directe Nachweis, daß auch hier die Entwicklung ebenso vor sich gehe, noch nicht erbracht worden, allein es ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß der Vorgang hier wesentlich ein anderer sein werde, als bei den nächsten Verwandten. Wie nun in diesem Präparat bei gleich hoher Einstellung die Central¬ zelle (Polzelle) und die im Kreise sie umgebenden übrigen meridionalen Sinnes-Nervenzellen das gleiche Methylenblau-Bild gaben und durch den Mangel des hell gebliebenen Kernfeldes von den Stützzellen sich unter¬ schieden, so nehmen erstere auch durch die Einwirkung der Osmiumsäure dasselbe Aussehen an; sie bräunen sich, wie aus der Fig. 8 hervorgehen wird, in Osmium ziemlich intensiv, während die Stützzellen, die den Hof um die Polzelle einnehmen, hell bleiben. Es erübrigt noch, die beiden Figuren 5 und 6 zu erläutern. — Fig. 5 zeigt die Köpfe der Zellrosette, welche durch die der Centralzelle zuuächst gelegenen Sinnes-Nervenzellen gebildet wird und bei gleicher Ansicht von der Fläche den Kopf der Central- oder Polzelle selbst, umgeben von vier Zellen mit hellem Kernfeld. Dies sind die Isolationszellen, wie Claus (No. 9) sie nannte, Ranke’s Außenzellen. In Fig. 6 sind Wimperzellen bei mittelstarker Vergrößerung dargestellt (Seibert, Object. -Syst. V.); das helle Centrum in der Granula-Gruppe, das hier weniger ausgedehnt erscheint, weil der Beobachter die Zellen halb von 8 73 der Seite sieht, entspricht dem Kern. Zwischen den Zellen zeigen sich einzelne blaue Punkte von unbekannter Bedeutung. Litteratur-Angaben. — In seiner im 3. Bande der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie veröffentlichten Arbeit bemerkt Leydig (No. 3), daß das Gehörorgan von Carinaria zwar schon öfter beschrieben und ab¬ gebildet worden sei, allein den feineren Bau desselben habe man dabei un¬ berücksichtigt gelassen. Er beschreibt von Carinaria und Firola ( Pterotrachea Forsk.) das Epithel der Gehörblase und unterscheidet in ihm zweierlei Zellen, solche, welche Wimperbüschel tragen (10 — 15 Haare), und solche, welche deren entbehren. Her Nerv löst sich nach seinem Eintritt ,, feinpulverig“ auf. Die späteren Autoren Leuckart, Gegenbaur, Keferstein vermögen, wie Boll bemerkt, den von Leydig gewonnenen Resultaten nichts Wesent¬ liches hinzuzufügen. Bold (No. 7) selbst empfiehlt als Untersuchungsmethoden 1. Ueberosmiumsäure in 1 procentiger Lösung, Einwirkung von 2 Stunden an, 2. Kali bichromicum, gleichfalls in 1 procentiger Lösung, Einwirkung 24 Stunden. Er läßt, worin er aber irrte, die Polsterzellen oder Wimperzellen mit je einer glänzenden feinen Nervenfaser in Verbindung stehen (Pig. 48) und bezeichnet sie, der Gestalt des Zellkörpers halber als sternförmige Nerven¬ zellen. Er gelangt aber wesentlich weiter als seine Vorgänger durch den bedeutungsvollen Fund einer der Nerveneintrittsstelle gegenüberliegenden An¬ häufung von Cylinderzellen, die er mit der Crista oder Macula acustica der Wirbelthiere vergleicht. An einzelnen dieser Cylinderzellen glaubt Boll „größere steife Haare“- (1. c. S. 82) wahrgenommen zu haben. In dieser Zellgruppe sieht er eine zweite, „neben der ersterwähnten in den Polster¬ zellen vorhandene Art der Nervenendigung“. Ranke (No. 8), der sich bald darauf mit dieser Frage beschäftigte, erkennt richtig, daß die Cilienbüschel, die wohl gleichbedeutend mit Boll’s Polster¬ zellen sind, nicht die acustischen Endapparate des Pterotrachea- Ohres sind, trifft aber in der Schilderung des dem Nerveneintritt gegenüber liegenden Zellcomplexes nur zum Theil das Richtige. Er unterscheidet hier 5 mit stark lichtbrechenden Stiften („Hörstäben“) ausgestattete Hörzellen, eine Mittelzelle und 4 etwas kleinere Außenzellen („CoRTpsches Organ“). Diese 5 Hörzellen seien umgeben von einem mehrfachen Zellenring, dem Ring-Ganglion. In diese Zellen treten die acustischen Nervenfasern hinein. Von dem Ringganglion weg verlaufen dann noch „zahlreiche Nerven- fibrillen zu der Basis der Mittelzelle, in welche dieselben, um die Hörstäbe der Mittelzelle als ihr Endorgan zu erreichen, eintreten“. Claus (No. 9) macht darauf aufmerksam, daß Hasse in seinen „Anatomischen Studien“ (1873) mit Recht den Polsterzellen, trotz des von Boll vermeintlich geführten Nachweises an sie herantretender Nervenfibrillen, die Bedeutung von Sinneszellen abspreche und als solche nur die von Boll entdeckten Cylinderzellen der Macula acustica, und zwar gerade wegen der Unbeweglich¬ keit der Haare, anerkenne. Claus findet nun zunächst den distalen Pol der 74 Gehörblase gekennzeichnet durch den Besitz einer großen, fein punktirten Scheibe, die in einem hellen Hofe zu liegen scheint (1. c., Fig. 2 u. 3 c). Dieser helle Hof wird wieder umgeben von einer breiten Zone concentrisch gelagerter runder Pünktchenhaufen, welche um so kleiner werden, je weiter sie sich von dem hellen Hof entfernen. Die Pünktchenhaufen bezeichnen den Ursprung von feinen, unbeweglichen Haaren, die Härchenzellen sind Hörzellen, und in dieselbe Kategorie gehört auch die große Centralzelle. Was Ranke als Mittelplatte beschreibt, ist der von den vier Stütz- oder Isolierzellen ge¬ bildete Wall um die Centralzelle. Die vier von Ranke beschriebenen und abgebildeten Außenzellen existiren als Stäbchen tragende Hörzellen nicht, „was als solche beschrieben worden ist, erklärt sich aus einer Confundirung peripherischer Theile der Stützzellen mit Härchengruppen benachbarter Hör¬ zellenkreise. „Dagegen“, fährt Claus fort, „sind die als Ringganglion ge¬ deuteten Zellenkreise nichts anderes als die von mir beschriebenen haar¬ tragenden Hörzellen, deren Zahl sich bei den größeren Arten mindestens auf 70—80 erhebt“ (1. c. S. 116). In einer Replik auf diese von Claus erhobene Kritik seiner Darstellung sucht zwar Ranke (No. 10) wahrscheinlich zu machen, daß Claus sein Ring¬ ganglion gar nicht bemerkt habe, ich muß mich aber nach meinen Er¬ fahrungen durchaus auf die Seite des Wiener Zoologen stellen. Es bleiben somit als Sinnes-Nervenzellen bestehen, einmal die Mittelzelle, für welche ich den Namen Polzelle vorschlagen möchte, weil sie am distalen Pole der Otolithenblase sich findet, und weiterhin 70 — 80 haartragende Hör¬ zellen, für welche sich, weil ihre Längsaxe mit den Meridiankreisen zusammenfällt, vielleicht die Bezeichnung meridionale Sinnes-Nervenzellen eignen dürfte. Von hohem Interesse ist endlich der Fund, den M. v. Lenhossek (No. 14) an Lumbricus machte. Der genannte Autor untersuchte mit Hülfe der GoLGi’schen Methode die Haut des Regenwurms, und dabei ergab sich, daß „die sensiblen Nervenzellen, d. h. die Elemente, die, den Spinalganglienzellen der Wirbelthiere entsprechend, den sensiblen peripherischen Fasern zum Ursprung dienen, bei dem Regenwurm weder im Marke, noch in besonderen Ganglien zu suchen sind, sondern daß sie in die Haut verlegt sind“. Die sensiblen Fasern entspringen also im Integument und streben nach dem Centralorgan hin. Der Verfasser ist vollkommen im Rechte, wenn er die von ihm nachgewiesenen cutanen Nervenzellen den sog. Riechzellen der Wirbel¬ thiere an die Seite stellt, dagegen ist es gegenwärtig nicht mehr gestattet, auch auf die Geschmackzellen und die Sinneszellen des Gehörorgans der Arertebraten zu verweisen. Nach den späteren Untersuchungen von Retzius ist die Endigung der Nerven in den Geschmacksknospen vielmehr eine intercelluläre, freie. Auch die Nervenfasern des Nervus vestibuli endigen in den Maculae und Cristae acusticae nicht endo-, sondern pericellulär (Retzius), und dasselbe gilt auch für die Fasern des Nervus cochleae im Bereich der Haar¬ zellen des Coim’schen Organs. Greifswald, im März 1899. xo 75 Litteratur-Uebersicht. No. 1. v. Siebqld, C. Th. Ueber das Gehörorgan der Mollusken. Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte, Jalirg. 7, B. 1 (1841), 8. 148 — 168, 1. Taf. No. 2. Leydig, F. Ueber Paludina vivipara. Z. f. wiss. Zool.. B. 2, S. 155 ff. No. 3. Derselbe. Anatomische Bemerkungen über Carinaria, Firola und Amphicora. Z. f. wiss. Zool., B. 3, 8. 325—332, Taf. IX, Fig. 4—7. No. 4. Leuckart, R. Zoologische Untersuchungen. Heft 3, 1854. No. 5. Gegenbaur, C. Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden. Leipzig, 1855. No. 6, Keferstein. Kielfüßer, Heteropoda. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thier¬ reichs, B. 3, Abth. 2, 1862 — 1866. No. 7. Boll, Fr. Beiträge zur vergleichenden Histologie des Molluskentypus. Arch. f. mikr. Anat., B. 5, Supplement, S. 76 — 83, 1869. No. 8. Ranke, J. Der Gehörvorgang und das Gehörorgan bei Pterotrachea. Z. f. wiss. Zool., B. 25, Suppl.-Heft, 8. 77 — 102, 1 Taf. No. 9. Claus, C. Das Gehörorgan der Heteropoden. Arch. f. mikr. Anat., B. 12, S. 103 bis 118, 1 Taf. No. 10. Ranke, J. Das acustische Organ im Ohre der Pterotrachea. Arch. f. mikr. Anat., B. 12, S. 565—569. No. 11. Paneth, J. Beiträge zur Histologie der Pteropoden und Heteropoden. Arch. f. mikr. Anat., B. 24. S. 230—288, 3 Taf. No. 12. Biedermann, W. Zur Kenntniß der Nerven und Nervenendigungen in den quer¬ gestreiften Muskeln der Wirbellosen. Sitzuügsber. Kais. Acad. Wissensch. Wien, 3. Abth., Juniheft, 1887. 32 S., 2 Taf. No. 13. Joseph, M. Die vitale Methylenblau-Nervenfärbungsmetliode bei Heteropoden. Anat. Anz., Jahrgang 3, 8. 420 — 424. No. 14. v. Lenhossek, M. Ursprung, Verlauf und Endigung der sensiblen Nervenfasern bei Lumbricus. Arch. f. mikr. Anat., B. 39, S. 102 — 136, 1 Taf. No. 15. Steiner, J. Die Funktionen des centralen Nervensystems. 3, Abtheilung. Die wirbellosen Tbiere. Braunschweig, 1898. 12 76 Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche 8 Figuren beziehen sich auf Pterotrachea mutica, die 7 ersten sind nach frischen Methylenblau-Präparaten gezeichnet, Fig. 8 nach Einwirkung von Osmium (Schnitt aus Paraffin-Material), Fig. 1. Oberes Schlundganglion von der dorsalen Fläche gesehen, linker Gehörnerv sammt daran hängendem Gehörorgan. Polzelle und meridionale Sinnes-Nervenzellen sammt den von ihnen ausgehenden Nervenfäden durch Methylenblau hervorgehoben. Fig. 2. Die obere linke Gruppe von Ganglienzellen bei mittelstarker Vergrößerung. Fig. 3. Eine meridionale Sinnes-Nervenzelle bei starker Vergrößerung (Seibert, Oel- Immersion). Fig. 4. Einige dieser meridionalen Sinnes-Nervenzellen sammt den von ihnen ausgehenden Neuriten bei mittelstarker Vergrößerung. Fig. 5. Flächenansicht der Polzelle und ihrer Umgebung (4 Isolationszellen und der benachbarte Kreis der Meridionalzellen). Fig. 6. Indifferente Wimperzellen halb von der Seite. Fig. 7. Ein Segment der in meridionaler Richtung verlaufenden Wurzelfäden des N. acusticus, dazwischen 2 Wimperzellen. Fig. 8. Sinnes-Nervenzellen (Polzelle und meridionale Sinneszellen) nach Einwirkung von Osmiumsäure, Paraffin-Schnitt. li 77 Bemerkungen zu den Gattungen Cyclocrinus, Coelo¬ sphaeridium und Apidium von Professor Dr. «T. Kiesow. (Hierzu 5 Textfiguren.) In seiner Abhandlung „Untersuchungen über Coelosphaeridium, Cyclocrinus } Mastopora und verwandte Genera des Silur“ (Sonderabdruck aus dem Archiv für Anthropologie und Geologie Schleswig-Holsteins, Bd. I, Heft 2, 1896) hat Herr Privat-Docent Dr. Stolley in Kiel meine in den Schriften der Natur¬ forschenden Gesellschaft in Danzig 1894 erschienene Publication „Die Coelo- sphaeridiengesteine und Backsteinkalke des westpreußischen Diluviums, ihre Versteinerungen und ihr geologisches Alter“ einer Kritik unterzogen, auf welche ich, da es mir vorher an Zeit mangelte, erst jetzt zu antworten in der Lage bin. Bei dieser meiner Entgegnung an Herrn Stolley sehe ich mich genöthigt, Stolley’ s Angriffe zunächst Punkt für Punkt zu besprechen, um dann schlie߬ lich meine Ansichten über Cyclocrinus etc. ausführlicher zu entwickeln. Bei der Angabe der Seiten von Stot.ley’s Arbeit sind diejenigen des Jahrganges der oben citirten Zeitschrift gewählt. Desgleichen entsprechen die angegebenen Seiten meiner Abhandlung den betreffenden Seiten des Jahr¬ ganges 1894 (N. P. VIII. Bd., 3./4. Heft) der Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig; Seite 67 dieses Jahrganges enspricht also der ersten Seite des Sonderabdruckes meiner Abhandlung. Zunächst macht mir Stolley auf pag. 183 den Vorwurf, daß ich bei Coelosphaeridium Conwentzianum nur von einer inneren hohlen Kugel ge¬ sprochen habe. Bei dem einen von mir behandelten Exemplar war aber über¬ haupt keine innere hohle Kugel vorhanden, und bei dem in Chalcedon um¬ gewandelten Stück von Kordon ließ sich, weil der diametrale Schnitt nicht günstig traf, nur auf das Vorhandensein einer inneren, etwas excentrisch ge¬ legenen hohlen Kugel schließen. Auf derselben Seite bemängelt St. die auch von mir nach F. Roemer beibehaltene Bezeichnung des inneren Hohlraums als centrale Kugel; zugleich läßt er durchblicken, es läge meinerseits die Annahme vor, es handle sich bei der gestielten inneren Hohlkugel um einen i 78 aus zwei getrennten Elementen bestehenden Körper etc. Wie weit dieser Vorwurf begründet ist, überlasse ich getrost der Beurtheilung des Lesers, den ich hiermit auf pag. 75 meiner Abhandlung hinzuweisen mir erlaube. Stolley spricht übrigens auf pag. 186 in der 7. Zeile von unten selbst von einem sogenannten Stiel des Hohlkörpers. Was die Deckel der Röhrenzellen von Coelosphaeridium cyclocrinophilum , die ich in einem Falle beobachten konnte, betrifft, so ist es für mich un¬ zweifelhaft, daß dieselben ursprünglich bei allen Exemplaren vorkamen. Ihr seltenes Vorkommen ist dem Umstande zuzuschreiben, daß sie mit den Röhren¬ zellen nur lose verbunden waren. Die auf pag. 187 von St. ausgesprochene Annahme, daß die Deckelmembran bei Coelosphaeridium in einem Falle ver¬ kalkte, während sie in einem anderen Falle nicht verkalkte, ist durchaus will¬ kürlich, und thut man am besten, dieselbe zu ignoriren. Auf pag. 209 seiner Abhandlung schreibt St. Folgendes: „1884 beschrieb Kiesow Cyclocrinus Spaskii aus westpreußischen Geschieben, verfiel jedoch dem gleichen Fehler wie Eichwald und hielt einen parasitären Ueberzug für einen Theil der Organisation des Fossils“. Es ist dieses richtig; jedoch habe ibh schon vor Stolley (s. diese Zeitschrift 1894, pag. 79) den Sach¬ verhalt richtig erkannt und hierüber am Schlüsse der Besprechung von Cyclocrinus Spaskii geschrieben: „Der von mir früher (a. a. 0. pag. 232) er¬ wähnte Ueberzug auf den Täfelchen von Cyclocrinus Spaskii rührt wahrschein¬ lich von einem Thier aus der Gruppe der Bryozoen her.“ Berechtigt ist die Aufstellung der neuen Gattung Apidium durch Stolley ; ich hatte die kleine Arbeit von F. Roemer über die Identität von Cyclocrinus und Pasceolus nicht im Gedächtnis behalten und glaubte mit Rücksicht auf die frühere Darstellung F. Roemer’s in seiner Lethaea palaeozoica die jetzt als Apidium Krausei zu bezeichnende Versteinerung, welche jedoch mit keiner der von Stolley beschriebenen Arten dieser Gattung ident ist, mit Pasceolus vereinigen zu dürfen. Mit der Gattung Cyclocrinus ist diese Form natürlich nicht in Einklang zu bringen. Auf pag. 210 — 211 bestreitet Stolley die Existenz mehrerer Schichten bei den Zellendeckeln von Cyclocrinus ; St. sagt auf pag. 211: ,, Vielmehr stellen die verschiedenen Deckelschichten Kiesow’s verschiedene Typen von Zelldeckeln dar, die ihrerseits wieder innerhalb ge¬ wisser Grenzen variiren, aber streng von einander geschieden sind und gerade das beste und das einzige sichere Merkmal zur Unterscheidung der Arten darbieten. “ Diesen Ausführungen Stolley’s stehe ich durchaus kühl gegen¬ über; ich muß dieselben als falsch und gänzlich verfehlt bezeichnen; meine Gründe werde ich weiter unten entwickeln. Eine starke Entstellung des von mir Geschriebenen ist es, wenn Stolley auf pag. 212 sagt: ,,Ganz abgesehen davon, daß die Deckelstructuren von Cyclocrinus auch nicht die mindeste Aehnlichkeit mit den Porenrauten der Cystideen haben, muß ich es geradezu als einen Rückschritt bezeichnen, wenn Kiesow, der doch die innere Organisation von Coelosphaeridium kannte, bei 2 79 dem heutigen Staude der Wissenschaft daran denken konnte, eine solche sei mit der Organisation der Cystideen vereinbar/' Bei mir heißt es auf pag. 78: „und halte ich eine entfernte Beziehung der Gattung Cyclocrinus und der Cyclocrinus nahe stehenden Gattungen zu den Cystideen nicht für ausge¬ schlossen". Ferner heißt es bei mir auf pag. 79: „Legt mau bei der Unter¬ suchung der Verwandtschaft der Gattungen Receptaculites , Cyclocrinus , Pasceolus, Coelosphaeridium etc. mit anderen Thiergruppen das Hauptgewicht auf das Vorhandensein der Zellendeckel oder Täfelchen, welche möglicherweise bei den Almen dieser Gattungen allein vorhanden waren, und an welche sich vielleicht durch Neubildung Säulchen oder prismatische oder annähernd kegelförmige Zellen angliederten, so gewinnt die Annahme verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen den Cystideen und den oben genannten Gattungen, welche schon von Eichwald durch den Gattungsnamen Cyclocrinus angedeutet sind, an Wahrscheinlichkeit." Bei mir ist nur von einer entfernten Beziehung der betreffenden Gattungen Cyclocrinus etc. zu den Cystideen die Rede und davon, daß die Ahnen der in Rede stehenden Gattungen möglicherweise nur Täfelchen hatten, entsprechend den Zellendeckeln von Cyclocrinus etc., aber noch nicht den inneren Bau dieser Gattungen, welcher erst später erworben wurde, besaßen. Ich werde weiter unten nochmals auf diesen Gegenstand zurückkommen und denselben dort eingehender besprechen. Die Gattung Receptaculites und die Receptaculitiden überhaupt sehe ich mich nach Einsicht der Arbeit Rauef's genöthigt hier von der Besprechung auszuschließen, da der Bau derselben von demjenigen der Gattungen Cyclocrinus , Coelosphaeridium und Apidium ganz erheblich abweicht. — Was nun diese drei letztgenannten Gattungen betrifft, so ist ihr Bau jetzt im Allgemeinen ziemlich gut bekannt: doch weiß man bis heute über die Structur der Zellen¬ deckel von Apidium und Coelosphaeridium nichts Genaues; denn das, was Stolley über den Verschluß der Zellen von Apidium sororis (pag. 263) schreibt, thut man jedenfalls gut zu ignoriren. Ueber die von mir beobach¬ teten Deckel von Coelosphaeridium cyclocrinophilum, welche in Chalcedon um¬ gewandelt sind, läßt sich nur so viel sagen, daß sie von anscheinend derber Beschaffenheit, stark gewölbt und am Rande fünf- oder sechslappig sind. Besser bekannt sind die Zellendeckel bei einigen Arten der Gattung Cyclocrinus. Aber auch hier hat man zum Theil nur ungenügendes Beobachtuugsmaterial, und kann ich bei der Beurtheilung der convexen, undeutlich sechsfach ge¬ fältelten Kalkhäutchen von Stolley’s Cyclocrinus pyriformis (pag. 255) und der zwei Zellen von Cyclocrinus multicavus (pag. 257), bei welchen Stolley erhaltene Deckelhäutchen beobachtet haben will, nur die größte Vorsicht an- rathen. Diese beiden letztgenannten Cyclocrinus- Arten Stolley’s kommen also, soweit es sich um die Zellendeckel handelt, für mich nicht in Frage, ebenso wenig der höchst zweifelhafte Deckelverschluß bei Apidium sororis Stolley. Vollständig bekannt sind bei unseren Cyclocrinus- Arten nur die Deckel von Cyclocrinus Roemeri Stolley und diejenigen von Cyclocrinus porosus Stolley. 3 Bei den Zellendeckeln dieser beiden Arten sind zwei Schichten zu unter¬ scheiden: eine obere, welche ein zierliches Netzwerk bildet, und eine untere, welche einen deutlich strahligen Bau zeigt. Uebrigens ist die Anordnung der Netzmaschen der oberen Schicht gleichfalls eine strahlige; diese Thatsache läßt sich, wenn man gute Exemplare zur Verfügung hat, wie sie Stolley in seinem Cyclocrinus porosus besaß, bei einiger Aufmerksamkeit leicht erkennen; bei einem Exemplar des Cyclocrinus Roemeri aus Wesenberger Kalk von Spengawsken konnte ich die strahlige Anordnung der Netzmaschen gleichfalls ziemlich deutlich erkennen. Es sei an dieser Stelle bemerkt, daß in meinen Abbildungen wie bei Stolley das Skelett der Zellendeckel dunkel, die Ausfüllungsmasse dagegen hell gehalten ist. An den Zellendeckeln, welche bei Erhaltung der oberen Schicht stets deutlich gewölbt sind, läßt sowohl die obere netzförmige als auch die darunter liegende strahlige Schicht in der Mitte einen Skelettring erkennen. Dieser Skelettring bildet mit den Radialleisten (Leisten Stolley’s) das eigentliche Gerüst der Zellendeckel, indem sie letztere in ihrer ganzen Dicke durchsetzen. Die Radialleisten sind in der oberen Schicht durch Querleisten verbunden; letztere durchsetzen also die Zellendeckel nicht in ihrer ganzen Dicke, sondern reichen nur bis zur oberen Grenze der strahligen Schicht hinab; gemeinschaft¬ lich bilden beide Arten von Leisten das zierliche Netzwerk auf der Oberfläche der Zellendeckel bei den beiden oben genannten Arten. Daß dieses sich wirklich so verhält, ergiebt sich aus folgenden Beobachtungen: Bei meinem Exemplar des Cyclocrinus Roemeri Stolley von Spengawsken zeigt das in Fig. 1 vergrößert dargestellte Maschennetz eines gut erhaltenen Zellendeckels eine derartige Anordnung der Maschen, daß, wenn man sich die Querleisten wegdenkt, sich eine Deckelstructur, wie Stolley sie bei seinem Cyclocrinus Roemeri darstellt, von selbst ergiebt. Die Zahl der von dem centralen Ringe ausstrahlenden Radialleisten beträgt allerdings bei dem in Rede stehenden Zellendeckel von Spengawsken nur 11, während bei Stolley 12 Radialleisten als Regel und auch wohl mit Recht angenommen werden. Dieser Elfzahl entsprechend treten am Rande unseres Täfelchens 22 Radialleisten auf. Diese Figur läßt sich, wenn man von der geringen Abweichung der Anzahl der Strahlen, welche ohne jeden Zweifel als abnorme Ausbildung aufzufassen ist, absieht, leicht mit den Figuren 57 und 58 bei Stolley in Einklang bringen. Einen weiteren Beweis für die Richtigkeit meiner Auffassung liefert die folgende Thatsache. Unmittelbar neben dem soeben besprochenen Zellendeckel des Exemplars von Spengawsken findet sich ein anderer, dessen oberste Lage beim Zerschlagen des Gesteins abgelöst ist; bei diesem, welcher hierdurch ganz wie durch ein leichtes Anschleifen präparirt ist, läßt sich die strahlige Anordnung der Maschen noch deutlicher wahrnehmen; er zeigt einen deutlichen Ueber- gang der oberen Schicht in die untere. Es unterliegt hiernach nicht dem leisesten Zweifel, daß unsere Fig. 1 die obere Schicht von Stolley’s 4 81 Cyclocrinus Roemeri, dessen untere Schicht von Stolley beschrieben ist, dar¬ stellt. Es mag noch erwähnt werden, daß der betreffende Zellendeckel, welcher etwas in die Länge gezogen ist, den gleichen mittleren Durchmesser hat wie Stolley’s Cyclocrinus Roemeri , nämlich 1 1/2 mm; andere dem beschriebenen benachbarte Zellendeckel zeigen den gleichen Durchmesser oder einen etwas geringeren, etwa einen Durchmesser von iy4 mm. Die Zellendeckel unseres Exemplars (Bruchstücks) von Spengawsken sind mäßig stark gewölbt. Ich wende mich jetzt zu dem in meiner früheren Abhandlung in den Figuren 9—12 der Tafel I dargestellten Cyclocrinus von Hohenholm, den ich damals noch als Cyclocrinus Spaskii Eichwald aufgeführt habe. Es ist diese Form jedenfalls mit keiner der von Stolley aufgeführten ident und muß neu benannt werden; ich nenne sie Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis nov. var. Sie ist in einem Geschiebe oder in Geschieben bei Hohenholm auf der Insel Dagö gefunden worden. Die betreffenden Stücke sind in einen dichten gelblichen, blaugrau gefleckten Kalk eingebettet, welcher wohl mit Sicherheit zur Wesenberger Schicht gehört; dieselben wurden mir vor einigen Jahren von Herrn Akademiker F. v. Schmidt freundlichst zugesandt. Die früher von mir gegebene Darstellung dieser Form sehe ich mich nunmehr ver¬ anlaßt in einigen Punkten zu berichtigen. Zunächst ist zu bemerken, daß die von mir in Fig. 9 der Tafel I meiner Arbeit aus dem Jahre 1894 auf¬ geführte oberste Schicht (Bläschenschicht) einem Fremdkörper angehört, also von unserer Betrachtung auszuschließen ist. Denn diese aus Bläschen be¬ stehende Schicht, welche zu oberst auf den Zellendeckeln von Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis liegt, ist von mir nur einmal und sonst nicht wieder beobachtet worden, und Stolley stellt das Vorkommen derselben als Deckel¬ schicht entschieden in Abrede. Es bleibt daher nur übrig, diese Bläschen als Theile eines Fremdkörpers, welcher den Cyclocrinus überzog, anzusehen. Was meine Fig. 12 auf Taf. I betrifft, so ist hierüber zu sagen, daß sie nach meiner jetzigen Auffassung zwar nicht eine dritte Schicht darstellt, wohl aber eine tiefe Lage der zweiten, unteren Schicht. Die betreffenden Zellen¬ deckel stellen Verwitterungsfiguren dar, bei denen die obere Schicht und die obersten Lagen der unteren Schicht mit dem centralen Ringe verschwunden sind. In Folge dessen sind die Deckel auch ganz flach. Einer ähnlichen Er¬ scheinung begegnen wir bei Stolley’s Cyclocrinus membranaceus, welcher nichts weiter ist als ein stark abgeriebenes oder verwittertes Exemplar von Cyclocrinus Spaskii Stolley. Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis bildet länglich runde Körper mit einem größten Durchmesser von etwa 2Y2 cm. Der prismatische Theil der Zellen ist verhältnismäßig hoch, nämlich etwa doppelt so hoch als der napfartige 5 6 82 Tlieil. Die Scheidewände der Zellen nehmen nach oben allmählich an Dicke zu; am geringsten ist die Dicke bei den überall gleichmäßig starken napf¬ artigen Zellentheilen. Oben sind die Scheidewände nicht ganz vollständig erhalten, scheinen sich hier jedoch etwas nach dem Innern der Zellen umzu¬ biegen. Der Durchmesser der Zellen beträgt 1 V2 bis 2 mm, selten weniger; sie haben meistens einen regelmäßigen, sechseckigen Querschnitt; doch kommen auch Zellen mit unregelmäßig sechseckigem Querschnitt und mit fünfeckigem und siebeneckigem Querschnitt (s. unsere Fig. 2 b) vor. In zwei Fällen konnte beobachtet werden, daß sich der napfartige Tlieil der Zellen in dünne Röhrchen verlängerte (s. unsere Fig. 3). Als ich meine oben citirte Abhandlung schrieb, stand mir von Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis nur wenig Material zur Verfügung. Da es aber bei mir beschlossene Sache war, zu den Angriffen Stolley’s nicht still zu schweigen, bemühte ich mich, durch Herausschlagen aus den Stücken von Hohenholm mehr und besseres Material zu gewinnen Dieses ist mir nun soweit gelungen, daß ich ein ziemlich vollständiges Bild der Zellendeckel von Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis hier geben kann. Die oberste Lage der obe¬ ren, netzartigen Schicht konnte zum Tkeil an einem Zellendeckel mit Fig. 3. deutlicher Wölbung beobachtet werden. Derselbe besteht dem Anscheine nach ganz aus Kalkspath. Von dem central gelegenen Ringe, dessen oberer Rand eine kleine Vertiefung einschließt, verlaufen nach dem Rande hin deutlich aus der Fläche des Deckelchens hervortretende radial angeordnete Leisten. Die Zwischen¬ räume zwischen zwei benachbarten Radialleisten tragen zum Tlieil Querleisten ; an mehreren Stellen wurden auch in jenen Zwischenräumen Löcher beobachtet, in einem Falle drei in einer Reihe zwischen zwei benachbarten parallelen Radialleisten; ich kann diese Löcher nur als die nicht durch Kalkspath ver¬ schlossenen Reste von Netzmaschen ansehen. Daß die Querleisten hier im Allgemeinen wenig scharf hervortreten, ist dadurch zu erklären, daß dieselben beim Herausschlagen aus dem Gestein eine ungünstige Behandlung erfuhren; denn bei einem anderen Exemplar in demselben Gesteinsstück, dessen obere Schicht eine ähnliche Erhaltung zeigt, und durch welche die untere, strahlige Schicht hindurchschimmert, sind die Querleisten etwas deutlicher zu erkennen. Die untere, strahlige Schicht, deren von je zwei benachbarten Radialleisten be¬ grenzte Ausfüllungsmassen ich, um einen bequemen Ausdruck zu haben, als Strahlen bezeichnen will, trägt nach meinen Beobachtungen dreißig Radialleisten. Von diesen haben 18, welche von dem centralen Ringe ausstrahlen, annähernd gleiche Länge; je drei verlaufen parallel und zwar derartig, daß von den zwei durch sie begrenzten Strahlen der eine auf eine Ecke zuläuft, während der 6 83 andere daneben fällt. 12 kürzere Radialleisten stellen zu je zwei angeordnet senkrecht auf den Seitenlinien der Zellendeckel; sie erreichen den centralen Ring nicht, sondern münden vorher in die benachbarte längere Radialleiste eiu. Die 12 von je einer längeren und einer kürzeren Radialleiste rechts und links begrenzten Strahlen haben einen dreieckigen Umriß, während die sechs zwischen je zwei dreieckigen Strahlen gelegenen langgestreckte fünf¬ seitige Figuren bilden, deren spitzeste Ecke nach dem centralen Ringe hin gerichtet ist. Abweichungen von diesem Grundplan sind bei unserer Form häufig; auch entspricht die Figur 2a dem von mir soeben entwickelten Bilde der strahligen Schicht nicht vollständig; denn zum Theil ist auch hier die Anord¬ nung der Strahlen eine von der angegebenen etwas verschiedene. Die in Fig. 2a dargestellte untere Schicht des Zellendeckels ist nur wenig gewölbt und wird von einem Rest des oberen Theiles der Ringaus¬ füllung, um welchen sich die netzförmige Schicht gruppirte, überragt. Die entsprechende Schicht des siebeneckigen Zellendeckels, welche in Fig. 2b dargestellt ist, ist fast ganz flach und läßt die Grenzen des Ringes zum Theil nur undeutlich erkennen; es befindet sich hier also ungefähr die untere Grenze des Ringes (cf. Cyclocrinus membranaceus Stolley.) In einem anderen Gesteinsstück von Hohenkolm finden sich mehrere Zellendeckel, welche Uebergänge der Netzmaschen der oberen Schicht in die untere strahlige Schicht sehr deutlich erkennen lassen. Einer dieser Zellen¬ deckel, welcher zwar nicht ganz erhalten, aber deutlich gewölbt ist, zeigt auf seiner Oberfläche fast nur das Maschennetz. Der Durchmesser des Ringes beträgt etwa V6 des Durchmessers der Zellendeckel. Anfangs war ich geneigt, unsere Form als eine neue Art aufzustellen, sehe mich jedoch nach Durchsicht der neu erschienenen Arbeit Stolle y’s ,,Neue Siphoneen aus baltischem Silur“ (1898) veranlaßt, dieselbe mit Cyclocrinus Roemeri Stolley als Varietät zu vereinigen. Der Varietätsname ,, mutabilis “ deutet auf die in der That große Variabilität der Zellendeckel- structur hin. Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis scheint eine Zwischenstellung einzunehmen zwischen Cyclocrinus Roemeri Stolley und Cyclocrinus balticus Stolley. Auch diese letzte Form kann ich nach reiflicher Ueberlegung nur als eine Varietät des Cyclocrinus Roemeri Stolley auffassen. Die Gründe, welche St. pag. 46 (7) und pag. 47 (8) für eine Trennung von Cyclocrinus Roemeri anführt, sind keineswegs stichhaltig und berechtigen nur zur Auf¬ stellung jener Form als einer Varietät von Cyclocrinus Roemeri. Die an¬ scheinend mangelhafte Verkalkung des unteren Theils der Zellenwände von Stolley’s Cyclocrinus balticus , auf welchen Umstand St. großes Gewicht legt, ist darauf zurückzuführen, daß diese Theile während des Versteinerungsprocesses aufgelöst sind, was weiter nicht auffallen kann, wenn man in Betracht zieht, daß der untere Theil der Zellenwände von Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis , welcher dem C. balticus sehr nahe steht, gleichfalls nur von dünner Beschaffen¬ heit ist. Uebrigens sagt Stolley selbst auf pag. 46 (7) unten, daß man in i 6* 84 ganz vereinzelten Fällen eine gute Verkalkung des Bodentlieils erkennen könne etc. Cyclocrinus porosus Stolley. Cyclocrinus Spaskii Kiesow (pars), a. a. 0. pag. 77, 78. Taf. I, Fig. 7a, b. Cyclocrinus porosus Stolley (pars), a. a. 0. pag. 249 — 253. Fig. 05, 66 und Fig. 69 — 73. Das von mir in Pietzkendorf gefundene Exemplar ist kugelig und hat einen Durchmesser von etwa 11 mm. Der Durchmesser der Zellen, deren Deckel nur schwach gewölbt sind, beträgt 1 mm bis 1,3 mm. Ihr Querschnitt ist im Allgemeinen sechseckig; doch kommen auch fünfeckige vor. Die Zellen sind verhältnißmäßig niedrig; ihr unterer, napfartiger Theil ist ungefähr so hoch wie der obere, prismatische. Das Maschennetz der Zellendeckel besteht aus Brauneisenstein, eine Erhaltungsweise, welche auch von Stolley beobachtet worden ist; ihre Structur war nach dem hier gefundenen Exemplar nicht genau festzustellen, da einerseits an vielen Stellen kleine Mengen des Gesteins, welches vorher die Versteinerung eingeschlossen hatte, der Oberfläche anhafteten und andererseits das Maschennetz beim Herausschlagen der Versteinerung aus dem Gestein etwas gelitten hatte. Es kostete daher einige Mühe, die Identität unserer Form mit Stolley’s Cyclocrinus porosus festzustellen; mit Sicherheit war dieses erst dann möglich, nachdem die Oberfläche an einigen Stellen sehr schwach angeschliffen war. Schleift man stärker, aber immer noch schwach, so werden die Querleisten zerstört, und die Zwischenräume zwischen je zwei benachbarten Radialleisten treten als Strahlen hervor. Könnte man einen Zellendeckel genau gleichmäßig seiner Wölbung entsprechend anschleifen, so müßte eine Figur entstehen, wie sie Stolley in Fig. 73 gegeben hat. In Wirklichkeit wird jedoch die Wölbung des Zellendeckels von dem Schleifstein eben geschliffen, so daß ganz verschieden tief liegende Partieen hervortreten. Man muß sich also damit begnügen zu constatiren, daß in Folge des An- schleifens sich die einzelnen Maschen in radiale Reihen (Strahlen) ordnen, und das läßt sich auch wirklich beobachten. Durch einen glücklichen Zufall war Stolley in der Lage, diese untere Schiebt (Strahlenschicht) vollständig beobachten und in Fig. 73 darstellen lassen zu können. Wenn er über diese Figur auf pag. 250 sagt: „Fig. 73 (= Fig. 17) ist sehr leicht aus Fig. 69 entstanden zu denken durch Verlust der queren Skelettverbindungen; sie stellt jedoch kaum eine besondere Varietät des Typus dar, sondern nur eine Aus¬ bildung, wie sie bisweilen an der oberflächlichen Partie des Skelettes von Fig. 69 sichtbar ist; die fehlenden Skelettverbindungen beginnen eine Kleinig¬ keit tiefer, siud aber wegen aufliegender Gesteiusmasse noch nicht sichtbar“, so ist hierüber Folgendes zu bemerken: Wenn die queren Skelettverbindungen verloren gegangen sind, so können sie nicht ohne Weiteres in größerer Tiefe wieder auftreten. Slolley’s Darstellung leidet hier entschieden an Un¬ klarheit. Außerdem ist die Annahme Stolley’s, daß die fehlenden Skelett- 8 85 Verbindungen eine Kleinigkeit tiefer beginnen, aber wegen auf liegender Ge¬ steinsmasse uocli nicht sichtbar sind, falsch; denn zu wiederholten Malen habe ich erfahren müssen, daß beim Anschleifeu der Oberfläche der Zellendeckel die Querleisten sich zunächst verlieren und statt 5 Maschen eines der 6 Felder der Zellendeckel 2 Strahlen auftreten, welche sich am centralen Ringe zu einer Spitze vereinigen, während die dazwischen und an der Mitte einer Randseite des Zellendeckels gelegene sechste Masche einen mehr oder weniger deutlich dreiseitigen Umriß erhält, daß dagegen bei stärkerem Schleifen schließlich jede Structur des Zellendeckels verschwindet und nur noch die Ausfüllung der Zellen übrig bleibt. Hierdurch wird bewiesen, daß auch bei Cyclocrinus porosus die Zellendeckel aus 2 Schichten bestehen, einer oberen, aus Netzmaschen gebildeten und einer unteren, strahligcn Schicht, und daß die Fig. 73 Stolley’s die untere, strahlige Schicht dieser Art zur Dar¬ stellung bringt (s. unsere Fig. 4, eine Copie nach Stolley). Die beiden von Stolley in seiner Abhandlung aus dem Jahre 1898 be¬ schriebenen sogenannten Arten Cyclocrinus oelanclicus und Cyclocrinus Van¬ höjfeni aus Macroura-YLzW sind nichts weiter als eine Varietät des Cyclocrinus porosus Stolley, welche von St. in seiner Abhandlung aus dem Jahre 1896 auf pag. 250 (74) als C. porosus var. bezeichnet ist. Die daselbst von Stolley gegebenen Figuren 67 und 68 entsprechen vollständig den Figuren seines C. oelanclicus und C. Vanhöffeni. Die geringere Wölbung der Deckel bei Stolley’s Cyclocrinus oelanclicus und die schwache Ausbildung des Napfzellen- und Deckelskeletts von Cyclocrinus Vanhöjfeni sind auf individuelle Variabilität oder auf unvollständige Erhaltung zurückzuführen. Von der letzteren Form sagt Stolley selbst auf pag. 57 (18): ,,Die äußere Form ist kugelig und die Größe gering wie bei Cyclocrinus porosus , als dessen nächstjüngere Mutation man diese neue Form wohl ansehen kann“. Ich gehe jetzt über zur Besprechung des Cyclocrinus membranaceus STOLLEY, a. a. 0. pag, 248. Fig. 64. Bereits oben bei Besprechung meines Cyclocrinus Boemeri var. mutabilis wies ich darauf hin, daß der in meiner Fig. 2b dargestellte 7 eckige Zellen¬ deckel in Bezug auf Abflachung und Undeutlichwerden des centralen Ringes mit den von Stolley beschriebenen Zellendeckeln seines Cyclocrinus mem¬ branaceus große Aehnlichkeit zeigt; ich sehe mich daher auf Grund meiner Beobachtungen an Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis zu dem Schlüsse genöthigt. daß diese Ausbildung der Zellendeckel des Cyclocrinus membranaceus der untersten Lage der unteren Schicht der betreffenden Zellendeckel entspricht; anders kann ich die Beschreibung Stolley’s unmöglich deuten; ich nehme hierbei natürlich an, daß auch diese Art ursprünglich 2 Zellendeckelschichten Fig. 4. 86 wie Gyclocrinus Roemeri, C. Roemeri var. mutabilis und C. porosus gehabt bat. Die Radialleisten sind wie bei Gyclocrinus Spaskii (Eichwald) Stolley ange¬ ordnet; der Durchmesser der Zellen beträgt wie bei dieser Art 1 mm. Es ist mithin Gyclocrinus membranaceus mit Gyclocrinus Spaskii zu vereinigen; Stolley’s Fig. 64 zeigt eben weiter nichts als die unterste Lage der unteren Zellendeckelschicht oder strahligen Schicht von Gyclocrinus Spaskii , welche wir bei letzterem in besserer Erhaltung vorfinden. Ueber das Vorkommen seines C. membranaceus sagt Stolley: „Das einzige Stück liegt in einem grauen Kalkgeschiebe vom Alter der iTEER’schen Zone (C3) des baltischen Rußlands . . . Stolley hält also das Alter des betreffenden Geschiebes für sicher bestimmt. Von seinem Cyclocrinus Spaskii Eichwald em. Stolley sagt St. pag. 243, daß er aus blaugrauem, dichtem Kalkstein der Insel Sylt vorliege, welcher wahrscheinlich dem Alter nach der Lyckholmer Schicht (F1) des baltischen Rußlands entspreche. In seiner später erschienenen Arbeit pag. 52 (13) ist Stolley bezüglich des geologischen Alters dieses blaugrauen dichten Kalk¬ steins wieder schwankend geworden; denn er sagt hier, daß derselbe wahr¬ scheinlich der Jeweschen Schicht dem Alter nach entspreche. Da nun G. Spaskii und C. membranaceus derselben Art angehören, so ist es andererseits sehr wahrscheinlich, daß die beiden Gesteine, in denen diese Versteinerungen gefunden sind, gleiches oder wenigstens annähernd gleiches geologisches Alter haben. Weil aber Cyclocrinus Spaskii Eichwald im anstehenden Gesteine der Wesenberger Schicht vorkommt und C. Spaskii Stolley von dieser Form nicht wesentlich abweicht, so ist es für mich sehr wahrscheinlich, daß die Geschiebe mit Cyclocrinus Spaskii Stolley (= Gyclocrinus membranaceus Stolley) dem Alter nach der Wesenberger, vielleicht auch der Lyckholmer Schicht entsprechen. Es erübrigt noch, die beiden neuen Arten Stolley's Cyclocrinus subtilis (pag. 246. Fig. 60) und Cyclocrinus planus (pag. 247. Fig. 61 — 63) kurz zu besprechen. Von beiden Arten hat Stolley die untere Schicht der Zellen¬ deckel (Strahlenschicht) abgebildet; beide Arten gleichen sich, abgesehen von der etwas verschiedenen Wölbung der Deckelchen, welche als verschiedene Erhaltungszustände aufzufassen sind, vollständig, da sie nach Stolley auch den gleichen Zellendurchmesser haben. Beide stammen aus demselben Gestein von Sylt, was gleichfalls beachtenswerth ist. Es sind also beide Formen zu vereinigen, und möchte ich für beide gemeinschaftlich den schon von Stolley angewandten Namen Cyclocrinus subtilis Vorschlägen. Dieser Cyclocrinus sicbtilis Stolley, mit welchem also nach meiner Auffassung C. planus Stolley ident ist, stimmt aber bezüglich des Baues der Zellendeckel mit Gyclocrinus Roemeri derartig genau überein, daß ich mich genöthigt sehe, Cyclocrinus subtilis als eine Varietät des Cyclocrinus Roemeri aufzufassen und als Gyclocrinus Roemeri var. subtilis zu bezeichnen. Als Varietät des Cyclocrinus Roemeri glaube ich io 87 den Cyclocrinus subtilis aus dem Grunde gelten lassen zu müssen, weil der verschiedene Zellendurchmesser doch immerhin von einiger Bedeutung ist, und weil Cyclocrinus Roemeri und Cyclocrinus Roemeri var. subtilis aus Gesteinen herstammen, welche nach Stolley wahrscheinlich verschiedenes geologisches Alter besitzen. Was die Gründe betrifft, welche Stolley für die Aufrechterhaltung der Gattung Mastopora Eichwald auf pag. 214, pag. 220 und pag. 231 — 232 vorbringt, so kann ich dieselben nicht für stichhaltig erachten, muß vielmehr nach wie vor die Gattung Mastopora mit Cyclocrinus vereinigen. Die Zahl der Zellen, welchen Umstand Stolley auf pag. 220 ins Gefecht führt, kommt natürlich gar nicht in Betracht. Prismatisch oder wenigstens sehr annähernd prismatisch sind die oberen Theile der Zellen bei Cyclocrinus überhaupt; die¬ jenigen Arten dieser Gattung, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, zeigten neben dem unteren, napfförmigen Theil stets einen oberen, prismatischen mit voller Deutlichkeit. Die größere Höhe des prismatischen Theiles bei Cyclocrinus concavus ( = Mastopora concava Eichwald) ist für die Art charakteristisch, begründet aber noch nicht die Aufstellung einer neuen Gattung. In Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis haben wir z. B. eine Form vor uns (s. unsere Fig. 3), deren Zellen Hohlräume zeigen, welche an ihrem oberen Theil gleichfalls vollkommen prismatisch sind. Auch kommt das Höhenverhältnis des napfartigen Theils zum prismatischen Theile der Zellen bei dieser Form demjenigen bei Cyclocrinus concavus sehr nahe; es beträgt nämlich bei Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis etwa 1 : 2, während die Ver¬ hältnisse bei Cyclocrinus concavus 1 : 21/,, 1 : 3 oder 1 : 3V2 sind. (Man ver¬ gleiche die Figuren 1, 2, 3 auf Tafel II meiner Abhandlung „Die Coelo- sphäridiengesteine und Backsteinkalke des westpreußischen Diluviums etc.“) Bei Mastopora Oclini Stolley (1898), pag. 57 (18). Taf. II, Fig. 18, 19, sind die Höhenverhältnisse des prismatischen und napfförmigen Theiles denjenigen von Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis etwa entsprechend. Wir ersehen hieraus, daß die Höhenunterschiede verhältnismäßig geringe sind, so gering, daß sie zur Aufstellung einer neuen Gattung keinenfalls berechtigen. In der Größe kommen gewisse Exemplare des Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis von Hohenholm manchen Exemplaren des Cyclocrinus concavus mindestens sehr nahe und übertreffen erheblich diejenige von Cyclocrinus Odini Stolley^ sp. (= Mastopora Odini Stolley). Auch für die Thatsache, daß bisher bei Cyclocrinus concavus und Cyclocrinus Odini niemals Deckel als Verschlüsse der Zellen beobachtet sind, läßt sich leicht eine ungezwungene Erklärung finden. Es sind bekanntlich bei Cyclocrinus concavus und Cyclocrinus Odini die Prismen etwas unterhalb der Mündung (s. die Figuren 1, 2, 3 auf Taf. II meiner früheren Abhandlung und Stolley’s Fig. 19 auf Taf. II (1898)) mehr oder weniger verengt; am oberen Ende, also nach der Mündung hin, erweitern sie sich wieder. Bei dieser Beschaffenheit der Zellen fehlte den Zellendeckeln nach dem Tode des Thieres und nach dem Zerfall der organischen Substanz, ii 88 welche sie befestigt hatte, jeglicher Halt, lind war ein Ausfallen derselben nur die natürliche Folge ihrer mangelhaften Befestigung. Aehnlich scheinen die Verhältnisse bei Coelosphaeridium cyclocrinophilum zu liegen; bei dieser Versteinerung sind meines Wissens bis jetzt nur von mir und nur in einem einzigen Falle fünf- und sechseckige Zellendeckel beobachtet worden, während solche trotz des häufigen Vorkommens dieser Versteinerung sonst nirgends beobachtet worden sind; es scheint also auch hier die Befestigung der Zellen¬ deckel eine sehr lose gewesen zu sein, und doch hat jetzt niemand mehr das Recht, an dem Vorkommen derartiger Zellendeckel zu zweifeln. Es kann also eines Tages leicht geschehen, daß wir durch das Auffinden von Zellen¬ deckeln des Cyclocrinus concavus oder des Cyclocrinus Oclini überrascht werden. Sollte man übrigens auf die stark in die Augen fallende Verdickung der Zellcnwandungen unterhalb der Spitze der Zellen großes Gewicht legen, so sei hiermit auf den Bau von Cyclocrinus Mickwitzi Stolley (Taf. II, Fig. 3. 1898) hingewiesen, bei dem die betreffenden Verhältnisse ganz ähnlich liegen, nur daß bei C. Mickwitzi die Verdickung (Stolley nennt es Umbiegung nach der Innenseite des Napfzellen, auf pag. 49 (10) seiner Abhandlung aus dem Jal)re 1898) eine viel stärkere ist und die Verjüngung nach dem oberen Rande hin hier viel plötzlicher erfolgt. Ich bestreite demnach die Existenzberechtigung der Gattung Mastopora Eichwald und stelle die Arten dieser sogenannten Gattung zur Gattung Cyclocrinus Eichwald. In seinen beiden genannten Arbeiten stellt Stolley folgende Arten der Gattung Cyclocrinus (incl. Mastopora ) auf: Cyclocrinus concavus ,, Odini , Spaskii , Roemeri, subtilis , planus , membranaceus } balticus, porosus, oelandicus , Vanhöffani, Schrniclti , pyriformis , multicavus , Mickwitzi. >) )) V )) v }) >) )> )) Von diesen fallen als Arten aus: Cyclocrinus subtilis, planus , membranaceus , balticus. 12 89 Cyclocrinus oelandicus , ,, Vanhöffeni. Es ist demnach die stattliche Anzahl von 15 Arten auf 9 zusammen¬ geschrumpft. Von diesen sind Cyclocrinus balticus und C, subtilis Varietäten von C. Roemeri. Cyclocrinus planus und C. membranaceus fallen auch als Varietäten aus. Cyclocrinus oelanclicus und C. Vanhöffeni sind, wie ich oben gezeigt habe, mit einer Varietät von C. porosus zu vereinigen, (s. Stolley’s Arbeit aus dem Jahre 1896 pag. 250. Eig. 67 und 68.) Von Cyclocrinus Roemeri Stolley kennen wir neben der Hauptform noch die V arietäten mutabilis, balticus und subtilis. Neben der Hauptform von Cyclocrinus porosus Stolley sind eine oder zwei Varietäten dieser Art zu unterscheiden. Bereits oben habe ich die Ansicht ausgesprochen, daß ich weder den convexen, undeutlich sechsfach gefältelten Kalkhäutchen, welche nach Stolley die Zellen des Cyclocrinus pyriformis zu verschließen scheinen, noch dem Ver¬ schluß der Zellen von Cyclocrinus multicavus , welcher sich nach Stolley in Form eines gleichmäßig convexen, nicht gefältelten Häutchens über die verengte Mündung der Zelle legt, erhebliche Bedeutung beilegen kann. Wahrschein¬ lich täuschen jene Gebilde nur Zellendeckel vor und sind weiter nichts als mehr oder minder deutliche innere Ausgüsse derselben; für wirkliche Zellen¬ deckel kann ich sie nicht halten. Es ist schließlich die Frage zu erörtern, weiche systematische Stellung der Gattung Cyclocrinus vermuthlich zuzuweisen ist. Die Gattung Coelo- sphaeridium, welche man zum Vergleiche heranziehen könnte, muß man vor¬ läufig hierbei außer Acht lassen, da über den Bau ihrer Zellendeckel zu wenig- bekannt ist; letztere sind nur in allgemeinen Umrissen bekannt. Nach den Beobachtungen Stolley’s (a. a. 0. pag. 190) schwankt die äußere Gestalt von Cyclocrinus zwischen der Form einer Kugel, eines Eies und eines an einem Ende zu einem stielartigen Fortsatz ausgezogenen bim¬ förmigen Körpers. Die verhältnismäßig dünne Oberflächenschicht besteht be¬ kanntlich aus unten napfförmigen, oben prismatischen in der Regel sechsseitigen Zellen von ursprünglich kalkiger Substanz, deren Näpfe nach Beobachtungen Stolley’s an Cyclocrinus porosus sich in der Mitte zu ganz feinen Röhrchen verschmälern, die ihrerseits mit einem Hohlkörper, der genau die gleiche Form wie der einer Birne oder einer gestielten Kugel gleichende Hohlkörper von Coelosphaeridium besitzt, in Verbindung treten. Die Zellen sind nach außen durch Deckelchen von wechselnder Skulptur geschlossen. An den Zellendeckeln der Gattung Cyclocrinus sind zwei Schichten nachgewiesen worden bei Cyclocrinus Roemeri Stolley, Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis Kiesow und Cyclocrinus porosus Stolley. Die obere Schicht der Zellendeckel bildet ein zierliches Mascheunetz, während die untere einen deutlich strahligen Bau zeigt. Beiden Schichten gemeinschaftlich sind ein centraler Skelettring 13 90 und die Radialleisten, welche also beide Schichten von oben nach unten durchsetzen. Die genaueren Verhältnisse habe ich bereits oben entwickelt. Bei C yclocrinus Spaskii (Bichwald) Stolley ist nur eine einzige Schicht, welche ich als strahlige Schicht bezeichnet habe, beobachtet worden; ich sehe dieselbe als die untere Schicht der Zellendeckel an und stütze mich dabei auf die Thatsache, daß bei allen drei vorher genannten Formen der unteren strahligen Schicht eine obere netzartige Schicht entspricht. Daß bei Cyclocrinus Spaskii die netzartige Schicht ursprünglich überhaupt gefehlt haben sollte, dieses halte ich bei dem sonst durchaus ähnlichen Bau der Zellendeckel aller dieser Arten und Varietäten für ausgeschlossen; ich nehme demnach an, daß auch bei Cyclocrinus Spaskii noch eine zweite, obere, netzartige Schicht ursprünglich vorhanden war. Ebenso entspricht nach meiner Auffassung die von Stolley gegebene Darstellung der Zellendeckel seines Cyclocrinus Schmidti der oberen Schicht derselben, unter welcher sich eine untere noch nicht be¬ obachtete Strahlenschicht befindet. Der Beweis für die Richtigkeit dieser meiner Ansicht wird voraussichtlich ira Laufe der Zeit erbracht werden. Bei dem complicirten Bau der Zellendeckel von Cyclocrinus erscheint mir die von Stolley in seiner angeführten Schrift vertheidigte Zugehörigkeit dieser Gattung zu den Siphoneen sehr unwahrscheinlich ; dagegen sind meines Erachtens weit bessere Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Gattung Cyclocrinus dem Thierreich zuzurechnen ist. Nach meiner Ansicht waren über den Maschen der oberen Schicht der Zellendeckel Tentakelchen befestigt, welche Wasser mit Nährstoffen zu dem centralen Hohlringe hinstrudelten. Das Wasser gelangte durch denselben in die Zellen, welche mit den feinen nach dem inneren Hohlraum hin gerichteten Röhrchen als Gastrovascularräume aufzufassen wären. Diesen inneren Hohlraum, welcher die Form einer Birne oder einer gestielten Kugel hat und in welchen die feinen Röhrchen einmünden, fasse ich als gemeinschaftliche Leibeshöhle auf. Ein solcher Organismus würde den Ooelenteraten nahe stehen. Die Organisation von Cyclocrinus als diejenige eines thierischen Organismus läßt sich also durchaus ungezwungen erklären. Dagegen erscheinen mir Stolley’s Beweisgründe für die entgegen¬ gesetzte Ansicht stark gekünstelt; ich wenigstens kann dessen Auffassung von der Siphoneennatur von Cyclocrinus nicht beistimmen. Nochmals will ich mich hier, wo icli die Stellung von Cyclocrinus zu anderen Thiergruppen zu besprechen habe, gegen den von Stolley wieder¬ holt in seiner Schrift mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen Vorwurf verwahren, als ob ich die Gattungen Cyclocrinus , Coelosphaeridium etc. zu den Cystideen rechnete. Hierbei sind einige Wiederholungen des bereits oben Angeführten im Interesse der Vollständigkeit leider nicht gut zu vermeiden. Die systematische Stellung der Receptaculitiden ist allerdings noch ganz problematisch; über die Zellendeckel von Apidium weiß man nichts Genaues. Die Gattung Coelosphaeridium besaß gewölbte und oberflächlich gelappte Zellendeckel von derber Beschaffenheit; es ist daher bei dem sonst sehr älm- 14 91 liehen inneren Bau von Coelosphaericlium und Cyclocrinus äußerst wahrschein¬ lich, daß der Bau ihrer Zellendeckcl gleichfalls ein ähnlicher gewesen ist; jedenfalls müssen nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft Coelo- sphaeridium und Cyclocrinus als sehr nahe verwandte Genera gelten, was man von der Gattung Apidium in Bezug auf jene beiden noch nicht mit Sicherheit behaupten kann. Auf pag. 78 meiner Abhandlung ist zu lesen: „auch erinnern die Sternchen der Zellendeckel von Cyclocrinus Spaskii , da die Strahlen der benachbarten Deckel auf einander treffen, bis zu einem gewissen Grade au die gestreiften Rhomben bei den Cystideen, und halte ich eine entfernte Beziehung der Gattung Cyclocrinus und der Cyclocrinus nahe stehenden Gattungen zu den Cystideen nicht für ausgeschlossen“. Ferner wies ich (pag. 79) darauf hin, daß bei den Ahnen der in Frage kommenden Gattungen Cyclocrinus etc. möglicherweise nur Täfelchen vorhanden waren, an welche sich vielleicht durch Neubildung Säulchen oder prismatische oder annähernd kegelförmige Zellen angliederten. Wegen des Umstandes, daß bei den Zellendeckeln von Cyclocrinus die Strahlen der benachbarten Deckel auf einander treffen, erschien mir eine entfernte Beziehung der Gattung Cyclocrinus und der Cyclocrinus nahe stehenden Gattungen zu den Cystideen wahrscheinlich. Der Bau der Täfelchen bei den Cystideen ist natürlich im Einzelnen von demjenigen der Zellendeckel von Cyclocrinus sehr abweichend; aber es ist doch recht auffällig, daß (man vergleiche besonders auch die entsprechenden Figuren bei Stolley) zwei benachbarte Felder zweier anstoßender Deckel von Cyclo¬ crinus in ihrer Strahlenschicht ganz ähnliche Figuren bilden, wie sie bei den Cystideen Vorkommen. Meine Ansicht ging nun dahin, und hierin bin ich durch die Klarlegung des Baues von Cyclocrinus noch bestärkt worden, daß muthmaßlich die Cystideen und Cyclocrinus sowie die Cyclocrinus nahestehenden Gattungen, von welchen ich zunächst die Gattung Coelosphaericlium ins Auge fasse, dieselben Ahnen hatten, welche gestielte und geschlossene kugelförmige oder annähernd kugelförmige Organismen waren und das Charakteristische hatten, daß ihre Oberfläche aus im Allgemeinen sechseckigen gleichartigen Täfelchen gebildet wurde, deren Kalkgerüst von strahliger Beschaffenheit und derartig angelegt war, daß durch Divergenz sich aus ihnen einerseits Täfelchen vom Typus der Cystideen und andererseits Täfelchen ähnlich den Zellendeckeln von Cyclocrinus und der diesem zunächst stehenden Gattungen entwickeln konnten. Fangarme wie bei den Cystideen waren, so nehme ich an, noch nicht vorhanden; ebenso fehlten Mund und After; alle diese Organe wurden von den Cystideen erat später erworben; dagegen traten durch die Täfelchen dieser hypothetischen Organismen wahrscheinlich Pseudopodien hindurch, welche die Ernährung besorgten; denn ich halte es auch für wahrscheinlich, daß die Trennung von Cystideen nnd Cyclocriniden, wie ich sie nennen will, anfing sich zu vollziehen, als die gemeinschaftlichen Ahnen beider sich noch im 15 92 Foraminiferen-Stadium befanden. Die Rölirenzellen von Coelosphaeridium und die Zellen von Cyclocrinus nebst ihren röhrenförmigen Fortsätzen nach dem inneren Centralkörper hin, sowie diesen selbst, halte ich natürlich gleichfalls für Neubildungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach entwickelten sich dann aus den Pseudopodien der Urform, wenn diese nicht bereits die derberen Tentakelchen besaß und demnach bereits einem höheren Thierstadium angehörte, welche Frage man als eine offene gelten lassen muß, bei Cyclocrinus etc. Tentakelchen; denn ich halte es bei der Größe der von mir beobachteten Maschen der oberen Zellendeckelschicht für wahrscheinlicher, daß sie kleine Tentakeln ge¬ tragen haben, als daß sie zum Durchtritt für Pseudopodien dienten. Schlie߬ lich möchte ich noch darauf hinweisen, daß bei der Annahme, die gemein¬ schaftlichen Ahnen der Cystideen und Cyclocriniden hätten sich im Foraminiferen- Stadium befunden, andererseits auch wohl noch anzunehmen ist, daß jene von verhältnißmäßig geringer Größe gewesen sind. Ueber die Form des Stiels des inneren Hohlkörpers eines Exemplars von Coelosphaeridium cyclo er inophilum aus dem hellgrauen dichten, etwas kieseligen Kalk von Zoppot mit Illaenus RoemeriYoLB. , Apidium Krausei Kiesow sp. etc., welcher zu den jüngeren Coelosphaeridienkalken gehört, will ich hier noch eine kleine Mittheilung machen. An einem die Mitte des Stieles ziemlich genau treffenden Schnitt (Längsschliff) läßt sich er¬ kennen, daß sich der Stiel zunächst allmählich nach außen hin ver¬ dünnt; nicht weit vom Außenrande der Versteinerung verengt sich dann die Stielröhre plötzlich und zieht sich zu einer Spitze in der Weise zusammen, daß die Seiten derselben im Längsschliff einen Winkel von etwa 95° bilden. Die Wände der Röhre sind hier recht dünn. Dem Ende dieser Spitze ist eine andere mit jener ungefähr gleich lange sehr feine und nicht hohle Spitze aufgesetzt, welche in unserem Falle nicht genau in der Längsachse des Stieles gelegen ist und sich, allmählich dünner werdend, bis zum Außenrande der Versteinerung hinzieht (s. unsere Fig. 5). In der nächsten Nähe dieses Punktes haben wir die Anheftungsstelle des Fossils zu suchen. Diese meine Beobachtung steht mit denjenigen Stolley’s (s. pag. 182 (6) seiner Abhandlung aus dem Jahre 1896) in Widerspruch. St. sagt auf pag. 182 unten: „Zunächst halte ich es für noth wendig zu betonen, daß auch ich in allen genauer untersuchten Fällen einen Durchtritt des gewöhnlich etwas excentrischen Hohlraums nach außen beobachtet habe; ich bin daher zu der Annahme gezwungen, daß nie eine innere, rings geschlossene Kugel vor¬ handen war, sondern stets eine solche Verbindung nach außen bestand.“ Auch ich war früher derselben Ansicht wie Stolley, da die mir vorliegenden Exemplare diese Auffassung zu unterstützen schienen. Meine Beobachtung an dem Exemplar von Zoppot läßt jedoch nur die Deutung zu, daß der Stiel des Hohlkörpers dicht an der Außenfläche der Versteinerung sich plötzlich zu einer Spitze verengt und hier geschlossen ist. 16 93 Gegen meine Annahme einer Intercellularsubstanz zwischen den Röhren¬ zellen von Coelosphaeridium cyclocrinophilum verhält Stolley sich (s. päg. 184) im Allgemeinen ablehnend; ich glaubte (s. pag. 75 meiner Abhandlung) nur so die sehr verschiedene Dicke der Kalksubstanz zwischen den Ausfüllungen der Röhrenzellen erklären zu können, bin auch heute noch derselben Ansicht. Die von Stolley auf pag. 184 vorgebrachten Beobachtungen sprechen ebenso gut für wie gegen meine Ansicht. Wären aber wirklich röhrenartige Lücken zwischen den Röhrenzellen vorhanden gewesen, so müßten diese mit der Masse des einschließenden Gesteins angefüllt sein, was meines Wissens nicht be¬ obachtet ist. Zu Apidium Krausei Stolley ist zu bemerken, daß diese Art von meinem Pasceolus Krausei (jetzt als Apidium Krausei Kiesow sp. zu bezeichnen) ver¬ schieden ist und neu benannt werden muß. Bei Apidium Krausei Kiesow sp. konnte ich trotz aller aufgewandten Mühe am Scheitel keine Einsenkung ent¬ decken. Für die Verschiedenheit beider Formen spricht auch der Umstand, daß die von mir beobachtete Form in einem jüngeren Coelosphaeridionkalke, welcher etwa das Alter der Lyckholmer Schicht besitzt, gefunden worden ist, während Stolley von der seinen auf pag. 262 sagt: „ Apidium Krausei findet sich in Geschieben von Coclosphaeridien-Gestein der JEWE’schcn Zone des baltischen Rußlands.“ Lang fuhr, im April 1899. Erklärung der Figuren. Fig. 1. Cyclocrinus Roemeri Stolley aus Wesenberger Gestein von Spengawsken; obere Schicht eines Zellendeckels in lOfaclier Ver¬ größerung. Fig. 2. Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis Kiesow von Hohenliolm auf Dago ; untere Schicht zweier Zellendeckel in 1 1 facher V ergrößerung. Fig. 3. Cyclocrinus Roemeri var. mutabilis Kiesow von Hohenliolm auf Dago; Zellen der Oberflächenschicht, a) natürliche Größe, b) ver¬ größert. Fig. 4. Cyclocrinus porosus Stolley; untere Schicht eines Zellendeckels, vergrössert. (Copic nach Stolley.) Fig. 5. Coelosphaeridium cyclocrinophilum F. Roemer von Zoppot; Stiel des inneren Hohlkörpers mit einem Rest des kugeligen Theiles (letzterer ist durch Punktirung ergänzt) in 3 facher Vergrößerung. 17 Bericht über die Thätigkeit der Elbinger Alterthumsgesellschaft in den Vereinsjahren 1894/1899, Diese Berichte haben mehrere Jahre hindurch aus verschiedenen Gründen eine Unterbrechung erfahren, weshalb jetzt eine zusammenfassende Darstellung über diesen ganzen Zeitraum erfolgt. Ueber die innere Geschichte der Gesellschaft während dieser Zeit ist mehreres zu berichten. Da im Herbst 1894 Herr Gymnasial-Oberlehrer Augustin, unser lang¬ jähriger Bibliothekar, vom hiesigen Königl. Gymnasium an das Königl. Gymnasium nach Danzig versetzt wurde, trat an dessen Stelle Herr Prof. Dr. Kausch vom Königl. Gymnasium als Bibliothekar in den Vorstand, der seitdem aus folgenden Herren bestand: Dr. Robert Dorr, Professor am Realgymnasium, Vorsitzender, Carl Horn, Justizrath, Stellvertreter des Vorsitzenden, Dr. Eduard Kausch, Professor am Königl. Gymnasium, Bibliothekar, Arthur v. Schack, Rittmeister a. D., Schriftführer, Bruno Sieg, Kaufmann, Kassenführer. Als im Frühjahr 1895 das alte Polizei-Gebäude am Alten Markt mit dem Stadtverordneten-Saal, in dem wir bisher getagt hatten, abgebrochen wurde, mußte sich unsere Gesellschaft einen anderen Versammlungsraum suchen. Sie tagte zunächst während des Winters 1895/96 in einem Zimmer des Gewerbe¬ hauses (Kehrwiederstraße), und seitdem im großen Saal des Hauses des Gewerbe¬ vereins (Spieringstr. 10); in einem Nebenzimmer ist die Bibliothek der Gesell¬ schaft aufgestellt, die gegenwärtig 200 Werke umfaßt. Am 12. November 1898 feierte unsere Gesellschaft das Fest ihres 25jälirigen Bestehens. Zunächst fand um 7 Uhr Abends eine Festsitzung im kleinen Saal des Gewerbe- Vereinshauses statt, welche der Vorsitzende Prof. Dr. Dorr durch eine Ueber- siclit über die bisherige Geschichte des Vereins einleitete. Darauf beglück¬ wünschte die Gesellschaft zunächst Se. Excellenz der Ober-Präsident von Westpreußen D. Dr. v. Gossler, dann im Aufträge des Herrn Landeshaupt¬ manns und der Provinzial-Commission, sowie in seiner Eigenschaft als Director i des Westpr. Provinzial-Museums und als Secretär der Naturforschenden Ge¬ sellschaft in Danzig Prof. Dr. Conwentz, ferner Archivar und Privatdocent Dr. Ehrenberg seitens der Alterthumsgesellschaft Prussia in Königsberg, Prob Dr. Jentzsch namens der Physikal. -ökonomischen Gesellschaft, Gymnasial- Director Dr. Anger, Vorsitzender der Graudenzer Alterthumsgesellschaft, im Namen der letzteren, und Oberbürgermeister Elditt seitens der Stadt Elbing, worauf Prof. Dorr die zahlreich eingelaufenen Gratulationen aus anderen Städten und dem Auslande mittheilte. Um 8 Uhr fand die Festtafel im großen Saal statt, die durch zahlreiche ernste und launige Toaste gewürzt wurde und die Theilnehmer bis Mitternacht in heiterster Stimmung beisammenhielt. Am nächsten Tage fand um 1 1 Uhr Vormittags eine Besichtigung des städtischen Museums statt, worauf ein Frühschoppen in Rauch’s Hotel das schöne Fest beschloß. Kurz vor dieser Jubelfeier war dem Vorsitzenden der Gesellschaft Prof. Dr. Dorr von Sr. Majestät dem Kaiser der Rothe Adlerorden vierter Klasse verliehen worden. Zwei Festschriften waren von der Elbinger Alterthumsgesellschaft bei dieser Gelegenheit veröffentlicht worden: 1. Die Gräberfelder auf dem Silberberge bei Lenzen und bei Serpin, Kreis Elbing, aus dem V. — VII. Jahrhundert nach Christi Geburt, Von Prof. Dr. R. Dorr, mit 3 Tafeln und 7 Textfiguren. Elbing, Commissionsverlag von C. Meissner, 1898. 2. Kurze Geschichte der Elbinger Alterthumsgesellschaft (1873 — 1898), nebst Mittheilungen über das Städtische Museum und die CoNVENT-Sammlung. Von Prof. Dr. R. Dorr. Elbing, Commissionsverlag von C. Meissner, 1898. In der Generalversammlung am 15. Dezember 1898 wurde Prof. Dr. Conwentz -Danzig zum Ehrenmitgliede der Gesellschaft ernannt. Folgende Vorträge wurden in den Vereinssitzungen im obengenannten Zeitraum gehalten : Am 29. November 1894: Prof. Dr. Dorr: Nachgrabung beim Burgwall Lenzen, sowie Entdeckung eines neuen Begräbnißplatzes am Karlsberge bei Panklau. Am 13. December 1894: Rittmeister v. Schack: Josias v. Rantzau (1609 bis 1650). Ein deutsches Kriegerleben aus der Zeit des 30 jährigen Krieges. Am 1. Januar 1895: Prof. Dr. Conwentz -Danzig: Ueber seine Reise nach Russland und Finland. (Zu dieser Sitzung hatte die Alterthums¬ gesellschaft gemeinsam mit dem Gewerbe-Verein und dem Kauf¬ männischen Verein eingeladen.) Am 9. Mai 1895: 1) Prof. Dr. Dorr: Prähistorische Bedeutung von Willen¬ berg und Braunswalde. 2) Derselbe: Besuch im Danziger Provinzial- Museum. 3) Derselbe: Ueber Herkunft der Arier. Am 22. November 1895: Prof. Dr. Dorr: Rückblick auf die Forschungen der jüngsten Zeit. Details über neuere Funde (Silberberg bei Lenzen, Serpin, Karlsberg bei Panklau). 2 96 Am 6. Februar 1896: Prof. Dr. Kausch: Ueber Pompeji. Am 12. März 1896: 1) Dr. OETiLSCHLAEGER-Danzig: Fahrt Wulfstans von Haethun nach Truso. 2) Prof. Dr. CoNWENTZ-Danzig: Das vor¬ geschichtliche Boot von Baumgarth a. d. Sorge. Am 19. November 1896: Prof. Dr. Dorr: Untersuchung mehrerer Hügel¬ gräber im Dörbecker Walde und dem daran grenzenden städtischen Rakauer Forst. Am 3. December 1896: Prof. Dr. CoNWENTZ-Danzig: Ueber die vorgeschicht¬ lichen Moorbrücken im Thal der Sorge. Am 11. Februar 1897: 1) Prof. Dr. Dorr: Besuch des Provinzial-Museums. 2) Derselbe: Ausgrabungen des Director Dr. Anger im Kreise Schwetz (Grutschno-Topolno). 3) Derselbe: Gräberfeld bei Hansdorf. Am 29. April 1897: Prof. Dr. Kausch: Die Ruinen Roms. Am 2. December 1897: Prof. Dr. Dorr: Ueber Verbreitung der Hallstatt¬ funde in unserer Umgebung, im Anschluß an diesjährige Unter¬ suchungen. Am 3. März 1898: Rittmeister v. Schack: Untergang des Templerordens. Am 12. November 1898: 25jähriges Stiftungsfest. Am 26. Januar 1899: Prof. Dr. Dorr: Ueber die vom Westpr. Provinzial- Museurn herausgegebenen prähistorischen Wandtafeln. Am 13. April 1899: 1) Prof. Dr. Dorr: Ueber neuere Funde aus der Stein¬ zeit in der Umgegend von Elbing. 2) Prof. Dr. GoNWENTZ-Danzig: Die steinzeitlichen Ansiedlungen in Westpreußen. Prähistorische Nachforschungen. 1. Neolithische Periode. Die Küchenabfallhaufen bei Tolkemit. Die Haffküste macht hinter Tolkemit eine Biegung nach Nordost. Der Plateaurand fällt hier steil ab, fast bis zum Spiegel des Haffs, so daß nur ein schmaler, flacher Küstensaum übrig bleibt, über welchen jetzt die Haffuferbahn führt. Am oberen Rande des stellenweise 20 m und darüber aufsteigenden Abhangs zogen sich die Küchenabfallhaufen von Tolkemit hin, von denen heute nur noch wenige Spuren vorhanden sind. Im Sommer des vorigen Jahres (1898) wurde hier der Bahndamm geschüttet (die Stelle wird ,, Schweineläger“ genannt), und zu diesem Zweck mußte, etwa 2 km von Tolkemit entfernt, durch den Abhang ein Einschnitt gelegt werden, der eine bis dahin noch nicht berührte neolithische Culturschicht durchsetzte und zahlreiche Scherbenfunde zum Vor¬ schein brachte; außerdem wurden auch drei Skelette von den Arbeitern unmittelbar unter der Culturschicht aufgefunden. Der eine Schädel, ohne Unterkiefer, ist in das Westpr. Provinzial-Museum gelangt; einen zweiten Schädel, ebenfalls ohne Unterkiefer, erhielt ich für das Elbinger Museum; den dritten haben die Arbeiter angeblich in das Haff' versenkt. Diese Skelett- 3 97 fimde interessirten mich lebhaft, doch vermochte ich nicht mehr volle Klarheit darüber zu erlangen, ob die Culturschicht über den Skeletten unberührt gewesen war, oder ob man sie behufs der Bestattung einst durchgraben hatte. Im erstem Falle mußten die Skelette von Leuten der Steinzeit herrühren, was diesen Funden eine besondere Wichtigkeit verliehen hätte. In der Hoffnung nun, vielleicht noch ein Skelett zu entdecken und die Fundumstände dabei genau feststellen zu können, ließ ich dort am 19. — 23. Juli eine umfangreiche Nachgrabung ausführen, die leider keinen neuen Skelettfund brachte, aber ein sehr reiches ueolithisches Scherbenmaterial lieferte. Es wurden mehrere Hundert verzierte Scherben gefunden, die meisten mit dem für die Elbinger Gegend charakteristischen Schnurornament. Besonders interessant waren die Ueberreste von zwei Urnen mit Leichenbrand, deren Technik von der der neolithischen Gefäße auch in der Art der Verzierung abweicht, und welche be¬ weisen, daß man dort bereits zu der späteren Bestattungsart übergegangen ist. Von Schmuckgegenständen kamen an der einen Stelle cylindrische Bern¬ steinperlen und eine dünne Bernsteinlinse von violinstegartiger Form mit einer Durchbohrung an dem einen Ende, die zur Hälfte fortgebrochen ist, zum Vorschein; ferner von Gegenständen von Stein ein zierlicher Hohlmeißel aus Grünstein und eiu größerer dreieckiger Schleifstein (0,4o m Seitenlänge) aus feinkörnigem Sandstein. Der im Elbinger Museum befindliche Schädel hat eine)’ noch jugendlichen Person von 20 21 Jahren angehört, da die hintersten Backenzähne erst im Hervorbrechen begriffen sind. Seine größte Länge beträgt 174x/z mm, die größte Breite 140 mm, mithin der Längen¬ breitenindex 80,2; er ist daher bereits brachycephal. Die Augenhöhlen sind rund (35x35 mm). Der Danziger Schädel, den ich im vorigen Winter sah, ist dem Anschein nach ebenfalls brachycephal und gehörte einem Erwachsenen, wohl einem Manne, an. Die übrigen Skelettreste des Danziger und des dritten verloren gegangenen Schädels, darunter ein Unterkiefer, welche der Todtengräber von Tolkemit in der Nähe der Stelle, wo ich graben ließ verscharrt hatte, wurden gleichfalls aufgefunden und werden im Elbinger Museum aufbewahrt. Ich habe leider keine volle Sicherheit über die Fundumstände, die bei der Bloßlegung dieser 3 Skelette obwalteten, schaffen können. Da jedoch die Arbeiter, welche bei der Auffindung zugegen waren, wie oben erwähnt, über¬ einstimmend aussagten, daß alle drei unmittelbar unter der neolithischen Cultur¬ schicht lagen, so neige ich zu der Ansicht hin, daß wir es hier mit Ueber- resten von Menschen aus der Steinzeit Westpreußens zu thun haben. Eine genaue Messung dieser Schädel durch einen Fachmann wäre sehr erwünscht. Lärch walde. Das Gelände dieser 5 km nördlich von Elbing gelegenen Ortschaft hat bereits in früheren Jahren manche neolithische Funde geliefert, welche in den Jahresberichten unserer Gesellschaft beschrieben sind (vergl. Schriften 7 4 r Naturf. Gesellschaft in Danzig N. F. VIT. Bd. 2. Heft, 1889, S. 144; Heft, 1890, S. 40, 41). Von dem dort gelegenen Landstück an der Hoppen* bäk, ferner von dem Sandberge des Herrn Fietkau, jetzt Herrn Krause gehörig, überbrachte mir der Gärtnerlehrling Rudolf in den letzten Jahren zu wiederholten Malen neolithische Scherben, Feuersteinschaber, resp. Splitter, und verschiedene Steinhämmer und Steinmeißel, die er dort, nachdem sie vom Pfluge an die Oberfläche gebracht oder vom Winde ausgeweht waren, gesammelt hatte. Die Scherben zeigen dieselbe Technik und dieselben Verzierungen wie die aus den Tolkemiter Küchenabfällen, während auf dem 15 km südw. von Elbing gelegenen Eichberg bei Katznase (vergl. Schriften der Naturf. Gesell¬ schaft in Danzig N. F. VII. Bd. 2. Heft, 1889, S. 143) bereits mehrfach eine abweichende Art der Verzierung auf den neolithischen Scherben hervortritt, 2. Hallstatt-Periode. Hügelgräber im Dörbecker Walde und im Städtischen ltakau er Forst. Die Hügelgräber in der Elbinger Umgegend haben meines Wissens alle bereits in früherer Zeit das böse Schicksal gehabt, von unkundiger Hand ausgeraubt zu werden. Auf Grabfunde ist daher bei Untersuchung der noch vorhandenen Ueberreste kaum zu rechnen; die centralen Steinkisten sind sämmtlich schon zerstört, höchstens findet man zuweilen eine seitliche, spätere Begräbnißstelle. Doch läßt sich durch eine Untersuchung noch manches über den inneren Bau der Gräber erfahren. Außerdem ist es auch von Werth die Lage der vorhandengewesenen Hügelgräber festzustellen. So constatirte ich 1892 östlich vom Fuchsberg bei Kadinen im Gelände der Rehberger Forsten die Ueberreste von 5 durchschnittlich je 250 Schritt von einander liegenden Hügelgräbern und entdeckte 1893 in dem Ueberrest des sogenannten Hünengrabes noch zwei im Westrande desselben befindliche Gefäße mit gebrannten Knochenresten in einer bereits stark verschobenen Steinkiste (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig N. F. VIII. Bd. 3. Heft). Die nämlichen Zwecke verfolgte ich 1896 in dem Dörbecker Walde östlich der Chaussee nach Tolkemit, und dem daran stoßenden Städtischen Rakauer Forst. Die im Dörbecker Walde untersuchten Reste zweier Hügelgräber, dem Hofbesitzer Herrn BiNDiNG-Dörbeck gehörig, ließen nur noch wenige Spuren des einstigen innern Steinbaus erkennen, einige kleine werthlose Scherben¬ brocken kamen zum Vorschein. Interessanter waren die Feststellungen in den Hügelgräbern des Rakauer Forstes, die sich in gewissen Abständen in der Richtung von West nach Ost an jene anschlossen. Von diesen zeigten die beiden zuerst untersuchten auf dem gewachsenen Boden noch ein zu¬ sammenhängendes horizontales Steinpflaster und auf dessen Nordostende je eine Stelle, die als Verbrennungsplatz gedient haben muß, da sie mit einer dünnen Lage von Asche und Holzkohlengrus bedeckt war, in der sich hier 99 und dort noch einige gebrannte Knochenreste befanden. Das zweite dieser Gräber war an einer etwas abschüssigen Stelle errichtet, und zeigte dem ent¬ sprechend eine besondere Bauart. Der Hügel enthielt zwei rundliche Stein¬ pflaster aus Kopfsteinen. Das untere, ziemlich horizontale, nur gegen Süden, der Bodensenkung folgend, etwas geneigte Steinpflaster bildete das Fundament des ganzen Baues; darüber lagerte eine Erdschüttung von 0,75 m Dicke. Dann folgte die zweite Steinlage, welche der beabsichtigten Böschung entsprechend kleiner und nach der Mitte zu gewölbt war. Hierüber war die kegelförmige Spitze aus Erde aufgeschüttet. Um nun den Hügel auf dem nach Süden abschüssigen Terrain gegen Gleiten zu schützen, hatte man den äußeren Band der beiden Stein¬ pflaster zickzackartig erweitert, so zwar, daß die Zacken der oberen Steinlage mit ihren Spitzen gegen die* Einbuchtungen der unteren Steinlage gerichtet waren Außerdem hatte man auf der abschüssigen, der Südseite, im Niveau des unteren Steinpflasters diesem noch beträchtliche unregelmäßige Steinlagen, darunter einzelne kolossale Steinblöcke vorgelagert. Der Umfang des unteren fundamentalen Steinpflasters betrug 36 m, des oberen 13 m; die Höhe des Hügels auf der Nordseite 1 1/2, auf der Südseite 2 m. Die Mitte war von oben her bereits bis zur Tiefe von 1 m ausgehoben und die centrale Steinkiste mit der Grab¬ urne nicht mehr vorhanden. Ein dritter, ostwärts von den beschriebenen gelegener Hügel war bereits so stark zerstört, daß über etwaige Besonder¬ heiten seiner Bauart nichts zu berichten ist. Wie die oben erwähnten 5 Hügel¬ gräber in dem Rehberger Forst in einer von Norden nach Süden gelegenen Reihe lagen, so zeigten diese 5 Hügel im Dörbecker und Rakauer Walde ebenfalls eine reihenförmige Anordnung in der Richtung von West nach Ost, nur lagen sie näher aneinander, in Abständen von etwa je 50 m. Ueberreste einer Wohnstätte unter der Aufschüttung des Lenzener Burgwalls (Hünenbergs). Die dort unter dem Burgwall aus der Pruzzenzeit befindliche alte Cultur- schicht aus der Hallstatt-Periode habe ich zu verschiedenen Malen untersucht, 1892, 1894 (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig, N.F.IX. Bd. l.Heft). Eine letzte Nachforschung führte ich hier im Sommer 1897 aus. Ich ließ die Schicht dort weiter bloßlegen, wo ich 1894 damit aufgehört hatte, unter dem nordwestlichen Theile des Walls. Es war dazu nöthig, die Aufschüttung zu entfernen, um die alte Abfallschicht freizulegen. Daher war die Untersuchung sehr mühsam, doch ließ ich dieselbe so lange fortsetzen, bis der alte Abfall¬ haufen sich fast ganz unergiebig erwies. Zu ähnlichen Funden, wie sie 1894 bereits gemacht waren, kamen interessante neue hinzu. Dazu gehörten einmal zwei größere Fragmente von Thongefässen mit ruudlichem Boden ohne Stehfläche, eine Form, welche eine Anzahl von Hallstattgefäßen aus den Steinkistengräbern südlich vom Elbinger Bahnhof zeigt. Damit war die Zugehörigkeit der Abfallschicht zur Hallstattzeit noch sicherer bewiesen als durch die bisherigen Funde. Das 7* 6 100 wichtigste Stück war ein kleiner bronzener Armring aus mittelstarkem Bronze¬ draht. Herr Stadtrath Dr. HELM-Danzig, der die Metalllegierung dieses Ringes untersuchte, fand in demselben 89^ Kupfer, 9 % Zinn, 1 % Antimon, 1 % Blei. Das war fast dieselbe Zusammensetzung, welche die Bronzen aus den genannten Steinkistengräbern besitzen. Das in einem solchen Grabe gefundene Fragment eines bronzenen Ringhalskragens enthält nach Dr. Helm bei 88 % Kupfer 7 % Zinn. Zink fehlt in beiden Stücken ganz, tritt dagegen statt des Zinns in unseren römischen Bronzesachen auf. Somit darf die alte Culturschicht unter dem Lenzener Burgwall zuverlässig als aus der Hallstattzeit (300 — 400 Jahre v. Chr. Geburt) herrührend betrachtet werden. Daß diese alte Abfall¬ schicht auch noch an anderen Stellen unter der Wallschüttuug vorhanden ist, darf mit Sicherheit angenommen werden; doch es ist ihr in Zukunft nicht weiter beizukommen, was davon noch vorhanden* ist, liegt zu tief. 3. Römische Periode. Im October des Jahres 1894 war auf einem Feldstück auf der Westseite des Karlsberges bei Panklau ein Urnenfund mit Beigaben aus der Römischen Periode ausgepflügt worden, welche die Alterthumsgesellschaft erwarb (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig, N. F. IX. Bd. 1. Heft, 1895. Eine genauere Untersuchung, die ich dort im Jahre 1895 anstellte, verlief resultatlos. Es wurde kein neuer Fund gemacht, und es scheinen dort nur ein paar ver¬ einzelte Grabstellen sich befunden zu haben. Ein interessanter Münzfund aus der Römischen Periode wurde 1898 ge¬ macht. Ein Arbeiter aus der Elbinger Niederung, dessen Name und genauer Wohnort nicht mehr zu ermitteln war, fand in einem Garten beim Graben einen Goldsolidus des byzantinischen Kaisers Anastasius’ I. Er verkaufte das Goldstück in Elbing, und aus dritter Hand erwarb es unsere Gesellschaft. — Die Vorderseite der Goldmünze zeigt das Brustbild des Kaisers mit Helm und die Umschrift D. N. ANASTASIVS P. F. AVG. — Die Rückseite zeigt eine geflügelte Gestalt mit Kreuzstab und die Umschrift VICTORIA AVG. GGG, im Abschnitt COMOB. — Das 4,25 g wiegende Stück ist sehr wohl erhalten. Anastasius regierte von 491 — 518 nach Chr. G. Es ist dies unsere jüngste römische Münze, welche beweist, daß bis zum Anfang des VI. Jahrhunderts Handelsbeziehungen der Elbinger Gegend zum oströmischen Reich bestanden haben. 4. Fünftes bis siebentes Jahrhundert n. Christi Geburt. Der Silberberg bei Lenzen. Bereits in den Jahren 1892/93 war ein größeres Gräberfeld aus diesem Zeit¬ raum auf dem Silberherge bei Lenzen sehr sorgfältig und planmäßig untersucht worden (vergl. Schriften der Naturf. Gesellschaft in Danzig N. F. VIII. Bd. 3. Heft), 7 101 doch hatte die Untersuchung damals noch nicht zu Ende geführt werden können. Dies geschah im Jahre 1895. Ferner untersuchte ich damals den Ueberrest eines größeren Begräbnißplatzes aus derselben Zeit bei Serpin (Kreis Elbing). Da in der oben erwähnten Festschrift diese beiden Gräberfelder erschöpfend behandelt worden sind, so genügt es an dieser Stelle auf jene Darstellung zu verweisen. Elbing, im Juli 1899. Prof. Dr. E. Dorr, Vorsitzender der Elbinger Alterthumsgesellschaft. Schriften der Naturforsch. Gesellsch. in Danzig. N. F. Bd. X. H. 1 Taf. I GlBRÜOCJ{ %ll iHlFy VAMliC. Zur Beachtung. V\ Die folgenden von der Naturforschenden Gesellschaft herausgegebenen ! Einzelwerke können von den Mitgliedern zum Selbstkostenpreise bezogen J werden, soweit der Vorrath reicht. I. Die Flora des Bernsteins und ihre Beziehungen zur Flora der Tertiärformation und der Gegenwart von H.B.Göppert und A. Menge. 1. Baud. Gröppert, Von den Bernstein-Coniferen. Mit dem Porträt Men ge’s und 16 lithogr. Tafeln. Danzig 1883, gr. Quart. — VIII und 63 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. 2. Band. Conwentz, Die Angiospermen des Bernsteins. Mit 13 lithogr. Tafeln. Danzig 1886 gr. Quart — IX und 140 S. Ladenpreis Mk. 30. Für die Mitglieder Mk. 15. II. Die prähistorischen Denkmäler der Provinz Westpreussen und der angrenzenden Gebiete von Dr. A. Lissauer. Mit 5 Tafeln und der prähistorischen Karte der Provinz Westpreussen in 4 Blättern. Danzig 1887. gr. Quart. — XI und 110 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. III. Monographie der haitischen Bernsteinbäume von H. Conwentz. Mit 18 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Danzig 1890, gr. Quart. — IV und 151 S. . Ladenpreis Mk. 50. Für die Mitglieder Mk. 25. Der Betrag nebst Porto für die gewünschte Zusendung ist an den { Schatzmeister der Gesellschaft, Herrn Otto Münsterberg in Danzig, einzuschicken. — - ; - - , . . ' v ' ! - I. Von den älteren Schriften der Naturforschenden Gesellschaft sind hauptsächlich das 1. Heft des III. Bandes (1872) und das 2. Heft des IV. Bandes (1877) vergriffen. Daher würden die Herren Mitglieder, welche diese Hefte etwa abgeben können, uns hierdurch zu besonderem Dank verpflichten. Der Vorstand. Druck von A. W. Kaferaann in Danzig. 1902 'bV\W SCHRIFTEN DER NATU E FORSCH EN DEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES ZWEITES UND DRITTES HEFT. (HIERZU TAFEL I UND II.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. A DANZIG 1901. COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Bitte die 4. Seite dieses Umschlages zu beachten. SCHRIFTEN DER NATURFORSCHENDEN IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES ZWEITES UND DRITTES HEFT. (HIERZU TAFEL I UND II.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DANZIG 1901. COMMISSIONS- VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. •s Druck von A. W. Kafemann in Danzig. 1 190t FE?> Inhalt, Seite 1. Jahresbericht der Naturforscheuden Gesellschaft für 1899 . . I 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1899 V Dahms: über das Leuchten bei Thieren und Pflanzen V; Lakowitz: Ge- däehtnißrede auf Ferdinand Cohn YI; Bail: naturwissenschaftliche Mit¬ theilungen VII; Bail: die Thierklasse der Kopffüßer oder Tintenschnecken YII; Lakowitz: Diestrainmena unicolor Br. von Praust X; Helm: über die Enteisenungsanlagen der städtischen Wasserwerke in Charlottenburg und M. -Gladbach XI; Zimmermann: über den DiESEL-Motor XIY; Lakowitz: Mittheilungen über die Deutsche Tiefsee-Expedition XVI; Oehlschlaeger : Kepler’s „Traum vom Monde“ XVIII; Dahms: über die Wechselbeziehungen zwischen dem Mineralreich einerseits und dem Thier- und Pflanzenreich anderseits XVfll; Kumm: über die Ergebnisse der Untersuchung amerikanischen Obstes XX; Petruschky: das Chromoskop von Ives XX; Kumm: Geo¬ logische Skizzen vom Frischen Hall' XXI; Wallenberg: über anatomische Grundlagen der willkürlichen Bewegung XXII ; Neumann : über den elektro- . lytischen Unterbrecher von Wehnelt und seine Bedeutung für die Roentgen- Strahlen XXV; Conwentz: über die Kurznadelige Kiefer, Pinus silvestris L. parvifolia, und die Schmalblätterige Mistel, Viscum album L. laxum , XXVI; Conwentz: neue literarische Erscheinungen XXVII; Lakowitz: das Pro- jections-Chromoskop nach Ives XXVIII; Radde: über die naturwissenschaft¬ liche Erforschung der Kaukasusländer mit besonderer Berücksichtigung der Tliierwelt XXIX; Halbfass: über den gegenwärtigen Stand der Seeen- forschung XXXII; Petruschky: die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in München XXXIII; Helm: über seine Untersuchungen zur Enteisenung von Tiefbrunnenwasser XXXIV; Lakowitz: der Internationale Geographen-Congreß in Berlin XXXIV ; Hess : über die Farbenkreisel nach Benham und Bidwell XXXVI; Momber: über milde November in Danzig XXXVIII; Braun: Allerlei Biologisches aus dem jährlichen Kreislauf des Vogellebens XXXIX; Matthaei: über die Bekämpfung der durch kleine Alkoholmengen verursachten Gesundheitsschädigungen XXXIX. 3. Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1899 be¬ handelten Gegenstände . XLII 4. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section 1899 XLY 5. Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie 1899 XLVI 6. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section 1899 . . XLVII 7. Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischerei-Vereins 1899 . L 8. Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege 1899 LI1 9. Verzeichniß der im Jahre 1899 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher . UH Seite 10. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1900 . . . LXX 11. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1900 LXXVI1 Barth: über den chirurgischen Ersatz körperlicher Gewebsdefecte LXX VH: Dahms: der Biber in Westpreußen LXX VII; Conwentz: zum Andenken an [f. B. Geinitz LXXX; Conwentz: über hervorragende neue Eingänge beim Provinzial-Museum LXXXI; Momber: der SLABY’sche Versuch zur Veran¬ schaulichung des JoULE’schen Gesetzes LXXXV; Conwentz: der Schutz der Denkmäler der Natur LXXXV; Dahms : Magneteisensand aus Kiautschou LXXXV; Fischer: über die Verwendung der ßoENTGEN-Strah-le i in der Medizin LXXX VI; Lakowitz: Werkstücke aus Magnalium LXXX IX; Dorr: über die prähistorische Bevölkerung in Altpreußen LXXXLX; Francke: über das Vorkommen und die Behandlung der Granulöse in den städtischen Schulen Danzigs XCIi; Momber: zur Erinnerung an Heinrich Abegg XCITI; Treptow: die geographische Ausbreitung und die Productionssteigerung des Bergbaues im 19. Jahrhundert XCIV; Neumayer: Physikalisches Wissen in der ausübenden Navigation XCV ; Bail: über Aralia Sieboldii XCV; Schimanski: Sauerstoffbestimmungen im Wasser der Stühmer Seeen XCV; Wallenberg: über einige anatomische Grundlagen der Empfindung XCV1; Conwentz: Forstbotanische Merkbücher XOVIII; von Bockelmann : über den Botanischen Garten und das Institut in Buitenzorg auf Java GII; Reinicke: über die Anwendung der Meteorologie in der modernen Schiff¬ fahrt CIII. 12. Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1900 be¬ handelten Gegenstände . CVI1I 13. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section 1900 CX 14. Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie 1900 CX1 15. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section 1900 . . CXII 16. Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischerei-Vereins 1900 . . . CXV 17. Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege 1900 CXV1 18. Verzeichniß der im Jahre 1900 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher . CXV1II 19. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1 900 CXXX II 20. Vermögensbestand am 1. Januar 1901 . CXXXIV 21. Mitglieder-Verzeichniß der Gesellschaft, ihrer Sectionen und des Vorstandes . CXXXV Abhandlungen. 22. Bericht über die zweiundzwanzigste Wander- Versammlung des West- • preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Flatow , am 23. Mai 1899. (Mit 1 Textfigur) . . • 1 Allgemeiner Bericht . ] Bericht über die geschäftliche Sitzung . . 5 Conwentz. Geschäftsbericht für 1898/99 . . 5 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung . . S Bail. Skizzen aus der Klasse der Algen . . . . . . r'> 9 Seite V Rubach. (Jeher die forstlichen Verhältnisse der Prinzliehen Forstreviere Flatow und Kujau . . 11 Helm. 1.897 mid 1898 bei Zoppot gefangene Käfer . . 14 Donacien der Provinz Westpreußen . 15 Goerke. Aus Flatow’s Natur und Geschichte . 16 Bockwoldt. Ueber das Vorkommen von Blitzschlägen an Rothbuclien ... 20 Lakowitz. Die winterliche Mikrofauna und Mikroflora des Klostersees bei Karthaus Wpr . 21 IJebersicht der während des Winters in dem Klostersee bei Karthaus das Plankton zusammen setzenden Organismen . 24 Schmidt. Ueber einen Krähenschädel mit auffälliger Deformation des Schnabels 25 Kumm. Ueber einige neue Erscheinungen der botanischen und zoologischen Literatur . 26 Einige wichtige bei uns eingeschleppte Pflanzenschädlinge aus der Klasse der Insekten . 29 Schmidt. Beobachtungen an Pelorien von Linaria vulgaris Mill . 30 Rehberg. Bemerkenswerthe Pflanzen aus dem Kreise Marienwerder .... 31 Bericht über die Excursionen . 32 23. Bericht über die dreiundzwanzigste Wander- Versammlung des West¬ preußischen Botanisch -Zoologischen Vereins zu Putzig, am 5. Juni 1900. (Mit 4 Textfiguren) . 36 Allgemeiner Bericht . 36 Bericht über die geschäftliche Sitzung . . 39 Conwentz. Geschäftsbericht für 1899/1900 40 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung . 43 Conwentz. Bilder aus der Pflanzenwelt des Kreises Putzig . 44 Sei, igo. Biologische Mittheilungen über den Stichling . 53 Schmidt. Ueber Blitzschläge in Bäume . . . 56 Lakowitz. Mittheilungen über die Pflanzen- und Thierwelt der Danziger Bucht 61 Bock. Botanische Mittheilungen . 62 Rehberg. Pflanzen aus dem Kreise Marienwerder . 63 Kumm. Neuere botanische und zoologische Werke . . 64 Seltene Gäste aus der höheren Thierwelt in Westpreußen . 66 Bockwoldt. Botanische Mittheilungen aus der Gegend von Neustadt .... 72 Conwentz. Neue Fundorte seltener Pflanzen in Westpreußen . 73 Bericht über die Excursionen . 75 24. Anlagen zu den beiden vorgenannten Berichten . 79 A. Ruebsaamen, Ew. FL, Bericht über meine Reisen durch die Tucheier Heide in den Jahren 1896 und 1897. Nebst Beiträgen von Fr. Dahl, Th. Kuhlgatz und Fr. Thurau. Mit 14 Textfiguren . . 79 Allgemeiner Reisebericht. Von Ew. H. Ruebsaamen . . . 79 I, Ar an ei na. Bestimmt von Professor Dr. Fr. Dahl . 89 II. Diptera. Bestimmt von Ew, H. Ruebsaamen . 91 III. Zoocecidia. Bestimmt von Ew. H. Ruebsaamen . 109 (Bemerkungen zu C. G. A. Brischke’s Gallensammlung . 136) (Von A. Treichel in Hoch Paleschken gesammelte Gallen . 139) IV. Aphidae und Coccidae. Bestimmt von Ew. H. Ruebsaamen . . 140 V. Lepi doptera. Bestimmt von Fr. Thurau . . . . ..... 143 VI. Orthoptera, Odonata und Rhynchota. (Außer Aphidae und Coccidae). Bestimmt von Dr. Th. Kuhlgatz . . . 143 VI Seite B. Treichel, A., Botanische Notizen XI L L . .... 149 1. Blitzschläge an Bäumen VII . 149 2. Starke Bäume VIII . 154 3. Abnormes Wachsthum bei Pflanzen . . 156 1. Blüte 156. 2. Großes Wachsthum 156. 3. Ueberpflanzen 157. C. Treichel, A., Beobachtungen aus der Ordnung der Coleoptera . 158 1. Rüßler als Mäusespeise . . 158 2. Dytiscus auf Waldrasen . 158 3. Immer nur ein Byrrhus . 158 4. Aromia moschata L., Moschusbock, als Tabaksparfumeur . 159 5. Silpha pedemontana Fbr. in Gesellschaft gelblicher Ameisen .... 159 6. Ameisenbeschützte Larve von Prionus coriarius L. . . . 160 7. Der beste Fang . 160 D. Treichel, A., Zur Lepidopterenfauna des Kreises Bereut . 163 Vorbemerkungen . . 163 Rhopalocera . 164 Heterocera . 167 E. Braun, Fritz, Zur Ornis der Elbinger Höhe . 173 25. Die Geschichte des Bergbaus im 19. Jahrhundert. .Mit eiuer Karte (Tafel 1) und drei Tabellen sowie einem Ortsverzeichniß zur Karte. Von Professor E. Treptow . . . 182 Einleitung . 182 Die Fortschritte der Bergbautechnik . 183 Productions-Steigerung der älteren Bergbauerzeugnisse . 187 Gold 137 (Tabelle I: Uebersicht der Goldproduction im 19. Jahrhundert 188); Eisen und Stahl 193 (Tabelle II: Eisen- und Stahlerzeugung im 19. Jahrhundert 194); Steinkohle, Anthracit, Braunkohle, (Theerindustrie, Brikettieren, Schwelerei) 196 (Tabelle I I I : Steinkohlenproduction im 19. Jahr¬ hundert 197); Silber. Kupfer 200; Blei, Zinn, Quecksilber, Diamanten 201. Die neuen Bergbauerzeugnisse des 19. Jahrhunderts . . . . 201 Zink 202; Platinmetalle, Nickel 203 ■ Aluminium 204; Magnesium, Magnalium, Wismuth 205; Mangan, Chrom, Wolfram, Molybdän 206; Salpeter, Jod 207; Guano, Apatit und Phosphorit, Kalisalze, Brom, Borazit 208; Borax, Erdöl 209; Thorium, Cerium und Yttrium, Lithion¬ glimmer, Baryt und Witherit 210; Strontianit und Cölestin, Uranpecherz, Glimmer und Asbest 211. Geographische Ausbreitung des Bergbaus . 212 Deutschlands Stellung in der Montanindustrie . 212 Ortsverzeichniß zur Karte . 214 26. Die Houigbäume des Ostbalticums und die Beutkiefern Westpreußens. Mit 4 Abbildungen. Von Dr. J. Klinge . 215 Vorwort . 215 I. Die Honigbäume. Eine kulturhistorische Skizze aus dem Ostbalticum . . 216 II. Die Beutkiefern Westpreußens. Nach: Forstbotanisches Merkbuch I Provinz Westpreußen . 234 (Tabellarische Uebersicht der Beutkiefern I Westpreußens 240, II des Ost- preußischen Nachbargebiets 242). VJJ Seite 27. Mineralogische Untersuchungen über Bernstein. VII. Ein Beitrag zur Constitutionsfrage des Bernsteins. Mit einer Tafel (Tafel II). Von Dr. Paul Daums . 243 28. Zum Gedäclitniß Ferdinand Cohn’s. Von Dr. C. Lakowitz . . . 258 29. Das physikalische Wissen in der ausübenden Navigation. Von Dr. von Neumayer . 267 30. Ueber den chirurgischen Ersatz körperlicher Gewebsdefecte. Mit 6 Abbildungen. Von Professor Dr. Barth . 274 31. Beschreibung neuer Schmetterlingsformen aus Norwegen. Von Embr. Strand . 285 Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1899. Vorgelegt von dem Director derselben, Professor A. MOMBEB, am 3. Januar 1900. Zur Zeit des letzten Jahresberichtes (4. Januar 1899) zählte die Ge¬ sellschaft 10 Ehrenmitglieder, 51 Correspondirende, 86 Auswärtige und 224 Einheimische Mitglieder. Durch den Tod hat die Gesellschaft in diesem Jahre ein Ehrenmitglied verloren. Es starb am 8. Juli 1899 Herr Staatsministcr und Ober-Präsident Dr. v. Achenbach, den die Gesellschaft als den ersten Ober-Präsidenten der neuen Provinz Westpreußen im Jahre 1878 durch die Ehrenmitgliedschaft der alten Naturforschenden Gesellschaft auszeichnen wollte. In der kurzen Zeit seiner Thätigkeit in unserer Provinz hat er die Interessen unserer Ge¬ sellschaft eifrig gefördert, sodaß sein Andenken bei uns stets hochgehalten werden wird. Es starb ferner unser Correspond irendes Mitglied Herr Director a. D. Dr. Kessler in Wiesbaden, vor vielen Jahren ein eifrig arbeitendes Mitglied unserer Gesellschaft, von dem wir in unseren Schriften eine Abhandlung: „Ueber die Beziehung zwischen Spannkraft und Temperatur des gesättigten Wasserdampfes“ besitzen. Noch in den letzten Jahren erhielten wir von ihm eine rein mathematische Arbeit über Primzahlen, die uns von seiner aus¬ dauernden Arbeitsfreudigkeit Kunde gab Von Auswärtigen Mitgliedern starb Herr Fabrikbesitzer Gronemann aus Subkau, von Einheimischen Herr Baurath Heise und Herr Fabrikbesitzer Dr. Bichter. Gegenwärtig zählt die Gesellschaft 10 Ehrenmitglieder, 51 Correspon¬ dirende, 78 Auswärtige und 240 Einheimische Mitglieder. Zum Ehrenmitgliede ist am Anfänge des verflossenen Jahres bei Gelegenheit seines vollendeten 80, Lebensjahres Herr Sanitätsrath Dr. Semon gewählt worden. Derselbe ist unser ältestes Mitglied (seit 1853) und hat seit 1859 ununterbrochen das Amt eines Secretärs für innere Angelegenheiten verwaltet. Wir hoffen, ihn noch lange in unserer Mitte zu sehen, und uns seiner geistigen II Frische und seines sicheren Gedächtnisses für die Vorgänge in unserer Ge¬ sellschaft noch lange zu erfreuen. Zum Correspondirenden Mitgliede wählten wir bei Gelegenheit ihres 70. Geburtstages Fräulein MESTORF-Kiel, Director des dortigen Museums vaterländischer Alterthümer, eine um die Anthropologie hochverdiente Dame. Ueber die Vorträge, welche in den Ordentlichen Sitzungen dieses Jahres abgehalten sind, findet sich das Nähere in dem Berichte des Herrn Secretärs. Noch häufiger als in den früheren Jahren haben wir Vorträge vor einem größeren Kreise von Damen und Herren einrichten können, welche stets größte Anerkennung gefunden haben. Anfang März hielt Herr Professor Dr. AHRENS-Breslau einen Vortrag über neuere Entdeckungen auf dem Ge¬ biete der Chemie, Ende Oktober Herr Dr. SctiOTT-Hamburg einen Vortrag über die oceanographischen Ergebnisse der VALDiviA-Expedition, welche er speziell als Oceanograph mitzumachen das Glück batte, und im November hielt Herr Director Neumann seinen ersten Experimentalvortrag über elektrische Schwingungen und hochgespannte Ströme, dem in der nächsten Zeit ein zweiter über andere neuere elektrische Erscheinungen folgen soll. Besonders hervorzuheben sind noch zwei Vorträge unseres alten Ehren¬ mitgliedes des Herrn Dr. RADDE-Tiflis, von denen er den ersten in Zoppot nach einer von uns mit dem hiesigen Fischereiverein gemeinsam arrangirten Seefahrt, den zweiten in einer Sitzung unserer Gesellschaft hielt. An das heitere Fest¬ mahl, welches in Zoppot dem Vortrage folgte, schloß sich eine Reihe von schönen Tagen und Abenden, in denen seine alten und jungen Freunde sich von ganzem Herzen der geistigen jugendlichen Frische Radde’s erfreuen konnten. Wir wollen hoffen, daß wir ihn nicht zum letzten Male in seiner alten Vaterstadt gesehen haben. Ueber die Thätigkeit der Sectionen ist ebenfalls das Nähere in den Berichten der Herren Vorsitzenden zu finden. Leider hat das fällige Heft unserer Schriften bis zum heutigen Tage nicht fertig gestellt werden können; es wird außer den Berichten des West- preußischen Botanisch -Zoologischen Vereins und der Elbinger Alterthums¬ gesellschaft Abhandlungen der Herren Maas, Jentzsch, Solger und Kiesow enthalten. In den Sitzungsberichten wird sich ein uns nachträglich zugegangener unseres Auswärtigen Mitgliedes, des Herrn Generalarzt Dr. Meisner- Altona, über seinen am 2. Januar 1897 gehaltenen Vortrag befinden. Unsere Bibliothek ist wieder gewaltig gewachsen, in erster Linie durch unseren großen Tausch verkehr. Einzelabhandlungen sind uns zugegangen von Frau Dr. Schneller und Frau Dr. Piwko, sowie von den Herren F. Braun, W. Deecke, R. Dorr, Griesbach, Hedin, Möbius, Petruschky, Pincus, Radde, Ruest, Lampe, Schubert, Stossich, Treichel, Treptow, Oehlsciiläger; ferner größere Veröffentlichungen von Herrn Verlagsbuchhänd- ler REiNiCKE-Leipzig, von Herrn Ober-Präsident v. Gossler, verschiedene Berichte der Ministerien und der Preußischen Geologischen Landesanstalt. — 111 Die Leopoldinisch- Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher schickte uns Tomus 55 — 71 ihrer werthvollen Nova acta. Vor allen Dingen ist hier aber zu nennen die reiche Schenkung unseres Ehrenmitgliedes und Vice-Directors Herrn Geheimrath Abegg von 250 Werken zumeist medici- nischen Inhalts, durch welche er sich wiederum als der eifrige Förderer unserer Gesellschaft gezeigt hat, als den wir ihn schon seit Jahrzehnten ken- nen. Der gedruckte Jahresbericht wird die einzelnen uns in Folge Schenkung, Tausch und Erwerb zugegangenen Werke näher aufzählen. In den letzten Tagen des verflossenen Jahres ist zwischen dem hiesigen Aerzte-Verein und unserer Gesellschaft ein Vertrag geschlossen, nach welchem die Gesellschaft die von dem Aerzte-Verein angeschafften wissenschaft¬ lichen Werke in einem besonderen Raume unserer Bibliothek zur Benutzung der Mitglieder des Aerzte-Vereins aufstellen und ebenso für die periodischen Veröffentlichungen, welche der Aerzte-Verein sich halten wird, ein besonderes Fach in dem Schranke unseres Sitzungszimmers einräumen wird. Unser Bibliothekar, Herr Dr. Lakowitz, hat auch die Ausgabe der Bücher für die Mitglieder des Aerzte-Vereins bereitwilligst übernommen. Im verflossenen Jahre haben wir wieder drei Stipendien unserer Hümboldt- Stiftung zu 150 M. vertheilen können, und zwar zwei an die Bewerber Herrn cand. phil. BRAUN-Danzig und Herrn cand. med. Meirowsky- Königsberg. Da für das dritte Stipendium ein geeigneter Bewerber nicht aufgetreten war, haben wir es einem Herrn gegeben , dem wir für seine nur im Interesse der Wissenschaft geleistete, mühevolle Unterstützung unseres Astronomen zu größtem Dauke verpflichtet sind. Was die wissenschaftlichen Arbeiten betrifft, welche unsere Gesellschaft in diesem Jahre theils neu unternommen, theils gefördert hat, so ist in erster Linie die Fortsetzung der exacten Bestimmung der Danziger Polhöhe zu er¬ wähnen, welcher die Herren Dr. Kayser und Canin, unterstützt von unserem Mechanikus Krause, ihre Arbeits- und Geisteskraft widmen. Hoffentlich werden die Beobachtungen so weit geführt werden können , daß sie zu der Beantwortung der wissenschaftlich wichtigen Frage nach den kleinen Schwan¬ kungen der Erdachse einen erheblichen Beitrag liefern können, und daß dann die Methode des Herrn Dr. Kayser zu größerer Anerkennung kommen wird, als ihr bis jetzt von maßgebender Stelle zugestanden ist. In Folge dieser Arbeiten zieht sich die Veröffentlichung der Wolken¬ höhenmessungen des internationalen Wolkenjahres länger hin, als es im Interesse der Sache erwünscht erscheint. Besonders vermissen wir für diese Arbeit die Mitarbeit von jungen Gelehrten, die, wie wohl allgemein so auch bei uns, für derartige Forschungen jetzt leider schwer zu gewinnen sind. Außer den regelmäßig von uns herausgegebenen Schriften haben wir von Zeit zu Zeit größere Monographieen herausgegeben, und auch jetzt haben wir eine größere Summe für eine neue Veröffentlichung des Herrn Professor Dr. Conwentz, die wohl erst in einigen Jahren erscheinen dürfte, festgesetzt. 1* IV Eine Zeit lang glaubten wir für größere Publicationen, auch für unsere Wolkenhöhenmessungen, eine Summe zur Verfügung zu erhalten, die bei Gelegenheit unseres 150jährigen Stiftungsfestes von der Provinz für eine Preisarbeit ausgesetzt war. Am 1. Januar v. J. ist der Termin für die Einlieferung etwaiger Arbeiten abgelaufen, ohne daß sich ein Bewerber ge¬ funden hat. Wir haben darauf die Provinzialverwaltung um die Genehmigung gebeten, diese Summe für andere Veröffentlichungen verwenden zu dürfen, doch konnte unser Wunsch mit Rücksicht auf die in der Schenkungsurkunde enthaltenen ausdrücklichen Bestimmungen über die Verwendung des Betrages nicht erfüllt werden. Mit weiteren Vorschlägen in dieser Angelegenheit ist in der letzten Vorstandssitzung eine besondere Commission betraut worden. Für unsere regelmäßigen Veröffentlichungen erhalten wir von Seiten der Provinz einen jährlichen Zuschuß von 2000 M., und für unsere Arbeiten auf der Sternwarte einen eben solchen von 500 M. von Seiten des Herrn Cultusministers, welcher für dieses Etatsjahr ausnahmsweise um 6C0 M. er¬ höht ist. Für diese Unterstützung sprechen wir den hohen und höchsten Behörden den besten Dank aus; vor allen Dingen aber unserem Herrn Ober- Präsidenten, dessen kräftiger Fürsprache wir allein die Unterstützung des Herrn Ministers verdanken. Leider reichen aber alle diese Unterstützungen nicht aus, weder die wissenschaftlichen Arbeiten in wünschenswerter Weise zu fördern, und sie rechtzeitig zu veröffentlichen, noch unsere Bibliothek so weiter zu führen, wie es der einzigen größeren naturwissenschaftlichen Bücher¬ sammlung unserer Provinz geziemen würde. Das neue Jahrhundert findet das Aeußere unseres Gesellschaftsgebäudes, wenigstens in der Süd- und Ostfront, neu wiederhergestellt. Wir haben unsern ganzen Baufond von etwa 5000 M. aufgewandt, um den Giebeln, welche nicht nur verfallen erschienen, sondern geradezu gefahrdrohend waren, die ursprüngliche Form wieder zu geben. Für tatkräftige Unterstützung in diesem Bau sind wir vor allen Dingen Herrn Baurath Fehlhaber verpflichtet, eben so auch unserem Hausinspector Herrn Zimmermann, der uns einen großen Theil seiner sehr in Anspruch genommenen Arbeitszeit gewidmet hat. Die Wiederherstellung des schönsten unserer Giebel, des Nordgiebels in der Frauengasse, können wir leider aus eigenen Mitteln nicht leisten; wir haben uns darauf beschränken müssen, die gefahrdrohenden Thcile herunter nehmen zu lassen und genaue Zeichnungen für eine etwaige spätere Reparatur ent¬ werfen zu lassen, und müssen uns vorläufig mit der Hoffnung begnügen, daß sich recht bald ein Wohlthäter finden werde, der aus Interesse für die architektonische Schönheit unserer Stadt der Gesellschaft die Kosten für einen solchen Bau zur Verfügung stellt. y Bericht über die Ordentlichen Sitzungen cler Gesellschaft im Jahre 1899. 1. Sitzung am 4. Januar 1899. Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, legt zuüächst eine Auslese der neu für die Bibliothek eingegangenen Bücherschätze, darunter das reich ausgestattete Werk unseres Correspondirenden Mitgliedes Professor Dr. DEECKE-Greifswald über „Italien“, vor und theilt aus einem Briefe des bekannten Grönlandforschers Dr. von Drygalski mit, daß die längst geplante deutsche Südpolar-Expedition, zu deren Leiter von Drygalski ausersehen ist, nunmehr materiell gesichert ist und voraussichtlich in zwei Jahren reisefertig sein wird. Darauf spricht Herr Gymnasial-Oberlehrer Dr. Dahms in längerem Vor¬ trage über das Leuchten bei Thieren und Pflanzen. Vortragender schildert zunächst das Aeußerliclie der Erscheinung des Leuchtens bei den mannigfaltigen Thierformen, von den Protozoen bis hinauf zu den Fischen, Thierformen, welche sich zumeist in den Tiefen des Meeres, doch auch an dessen Oberfläche aufhalten, und weist auf das häufige Auftreten des Leuchtens abgestorbener Thier- und Pflanzentheile hin, welches durch massenhaft sich ansiedelnde Leuchtbacterien oder im letzteren Falle auch durch die Mycelfäden gewisser Hutpilze hervorgerufen wird. Das Geheimnißvolle, zum Theil Schreckhafte des ganzen Phänomens hat den Menschen schon seit Jahrhunderten beschäftigt; eine Erklärung dafür hat man aber erst spät versucht, besonders seit den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, als das Interesse der Naturforscher sich allgemein von den äußeren Erscheinungsformen der Lebewesen zu deren inneren Lebens¬ vorgängen hin wandte. Hielt man einerseits den Vorgang des Leuchtens bei Thieren und Pflanzen einfach für eine eigenartige Aeußerung des Verbrennungsprozesses im organischen Körper, so meinte man andererseits auch wohl, daß darin eine besondere Bethätigung des Nervensystems (bei den 'Thieren wenigstens), entsprechend den elektrischen Kräften bei manchen Fischen, zu erkennen sei. Manche andere, auch recht wunderliche Theorien sind aufgestellt worden, doch keine konnte die alleinige Herrschaft erlangen. In neuester Zeit hat sich ein von Rafael Dubois, Professor der Physiologie in Lyon, angestellter Erklärungs¬ versuch zunehmende Geltung gesichert, auf den Vortragender des Näheren eingeht. Ein leicht zugängliches Object zur Anstellung von Untersuchungen und auch experimentellen Arbeiten zur Aufklärung der in Rede stehenden Erscheinung ist das Allen bekannte Johannis¬ oder Glühwürmchen, ein bei uns weit verbreiteter Käfer. Von Wichtigkeit für die Förde¬ rung der einschlägigen Studien war der Nachweis, daß die Wirkung der Leuchtorgane von der Lebensbethätigung dieses Thieres oder dem speciellen Bau des betreffenden Organes völlig unabhängig ist. Auch das getrocknete und zu Staub zerriebene Organ sendet von Neuem Licht aus, wenn man nur einen Wassertropfen darauf fallen läßt. Zur Untersuchung VI gelangten noch eine Polypenart, ein in Algier heimischer Tausendfuß und die Bohrmuscliel. Bei allen ließ sich nachweisen, daß die Entstehung des Lichtes in peripherischen oder cen¬ tralen Nervenzellen oder in gewissen Hautzellen ihren Sitz hat, deren Inhalt körnig ist. Dubois hat der Farbe und Intensität des von Thieren und Pflanzen ausgestrahlten Lichtes Beachtung geschenkt und gefunden, daß die Mannigfaltigkeit der Färbungen im allgemeinen und auch bei ein und demselben Thiere sehr groß sein kann, daß der Charakter dieses aus¬ gestrahlten Lichtes im Hinblick auf seine Wellenlänge verschieden von demjenigen der künst¬ lichen Lichtquellen, und daß seine Intensität respectabel ist. So können zum Beispiel 37 bis 38 Exemplare der brasilianischen sogenannten Feuerfliege oder Cucujo, welche von den Kreo¬ linnen gleich funkelnden Juwelen im Haar getragen werden, ein Zimmer ebenso stark er¬ leuchten, wie dies eine Phönixkerze vermag. Der genannte Forscher hat ferner die von den lichterzeugenden Organen ausgehende Wärme festzustellen gesucht und diese als sehr minimal gefunden im Vergleich zur Intensität des gleichzeitig ausgestrahlten Lichtes. Die Versuche zeigten, daß, im Gegensätze zu künstlichem Lichte, bei welchem 98 % der Energie zu anderen Zwecke]] als zur Hervorbringung von Lichtstrahlen verwendet werden, das von den Lebe¬ wesen entwickelte Licht thatsächlich 98 % der Energie in Anspruch nimmt, so daß nur 2 % auf den Verlust kommen. Besonders wichtig für die Untersuchung sind die leuchtenden Flüssigkeitsabsonderungen der Bohrmuschel geworden. Dieselben bilden eine protoplasmatische Masse mit Granulationen, die in allen lichterzeugenden Elementen bei Thieren und Pflanzen sich finden. Es hat sich ergeben, daß diese lichterzeugende Substanz keine Fettart ist, wie vermutliet wurde. Den Leuchtstoff dauernd zu erhalten, scheint ausgeschlossen, wenigstens geräth er Irotz aller Vor¬ sichtsmaßregeln regelmäßig in Zerfall und zwar in Folge einer Substanz, welche alle Eigen¬ schaften der Gährungserreger besitzt. Das Gesammtergebniß der Studien ist folgendes: Aus den Leuchtzellen gewisser Leucht¬ käfer, Tausendfüßer, der Bohrmuschel u. a. m. gelang es, eine protoplasmatische Substanz zu isoliren, Avelclie sich lange nach dem Tode des Thieres aufbewahren läßt und die dabei in rundliche Granulationen zerfällt. Werden diese befeuchtet, so leuchten sie hell auf und gehen dabei in den krystallinischen Zustand über, in welchem sie strahlige Gruppen von Nadeln bilden. Gleichzeitig mit der Abscheidung des Leuchtstoffes (Luciferin) wirkt eine Art Ferment (Luciferase) ; jedenfalls ist die Lichtentbindung ein rein chemisch-physikalischer Vorgang, welcher den Ivrystallisationsvorgang begleitet. — Interessant ist, daß auch sonst amorphe Körper, respective gelöste Substanzen, be;m Krystallisiren Licht aussenden, wie verschiedene Versuche, welche Vortragender erwähnt, gezeigt haben. Die Bedeutung des Leuchtens für die betreffenden Thiere und Pflanzen kann eine doppelte sein, entweder dürfte es sich um ein Anlockungs- oder im anderen Falle um ein Schreckmittel handeln. Sodann hält Herr Gymnasial- Oberlehrer Dr. Lakowitz eine Gedächtniss- rede auf das im vergangenen Sommer verstorbene Ehrenmitglied der Gesell¬ schaft, Geheimen Regierungsrath Dr. Ferdinand Cohn, weiland Professor der Botanik an der Universität Breslau. Die Rede Avird in den Schriften der Gesellschaft veröffentlicht werden (vergl. dieses Heft, Abhandlungen). Im Anschluß an diesen Nekrolog erstattet der Director der Gesellschaft den Jahresbericht für das Jahr J898 (vergl. diese Schriften, X. Band, 1. Heft, Seite I — VI). Derselbe legt ferner die von den Vorsitzenden der verschiedenen Sectionen erstatteten Berichte über die Thätigkeit der Sectionen imJahre 1898 vor (vergl. diese Schriften, X. Band, 1. Heft, Seite XLII— LXVII). VII 2. Sitzung am 25. Januar 1899. Vor Eintritt in die Tagesordnung begrüßt der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, das gegenwärtig älteste Mitglied, Herrn Sanitäts¬ rath Dr. Semon, als jüngstes Ehrenmitglied. Die Ernennung hierzu ist aus Anlaß des 80. Geburtstages des Gefeierten erfolgt. Die Ueberreichung des Ehrendiploms hat bereits am eigentlichen Festtage zu Anfang dieses Monats stattgefunden. Alsdann legt Herr Momber die neuesten Eingänge für die Bibliothek vor, darunter den soeben erschienenen 16. Band von Engler’s Botanischen Jahrbüchern, ein werth volles Geschenk des Herrn Verlagsbuch¬ händlers Reinicke (Wilhelm Engelmann) in Leipzig. Hierauf bringt das Ehrenmitglied der Gesellschaft, Herr Professor Dr. Bail, mehrere naturwissenschaftliche Mittheilungen. Zunächst macht Vortragender die Anwesenden mit der stattlichsten aller Fächerpalmen bekannt, welche zu Ehren unseres großen ersten Reichskanzlers mit dessen Zustimmung 1880 den Namen Bismarckia nobilis erhalten hat. Ihr 50 — 70 m hoher Stamm überragt auf den Höhenzügen West-Madagaskars in imposantester Weise den Unterwald. Ihre graubereiften, am Rande mit Fasern bekleideten, denen der Latania- und Sabal- Arten ähnlichen Blätter erreichen einen Durchmesser von 3 m. Die mächtigen Kronen tragen riesige Trauben pflaumen¬ großer, dunkelbrauner Früchte. Entdeckt wurde diese Palme von dem Sohne des berühmten Historienmalers Hildebrandt und erhielt von ihm und dem besten Palmenkenner Deutsch¬ lands, dem Gartendirector Wendland in Herrenhausen bei Hannover, ihren Namen. Da die Höhe des Baumes die Eingeborenen von seiner Ersteigung abschreckte, brachte Hildebrandt nur etwa 70 von der Erde aufgelesene Früchte nach dem Berliner Botanischen Garten, von dem aus junge Pflanzen in die Metropolen verschiedener Länder gelangt sind. Außer einer Abbildung werden Steinkerne der Bismarckia herumgereicht, d. h. die inneren Fruchtschalen, die den schön braungefärbten der Kokosnuß entsprechen, welche letztere in besonders künstlich geschnitzten Exemplaren gleichfalls zur Vorlage gelangen. Es wird die Aehnlichkeit nachge¬ wiesen, welche in mehrfacher Beziehung die Früchte der in Rede stehenden Palme mit unseren Wallnüssen besitzen. Weiter kommt Vortragender auf eine im Königlichen Garten zu Oliva angestellte Beob¬ achtung zu sprechen, nach welcher der Blütenschmuck eines herrlichen Alpenrosenstrauches {Rhododendron ponticum ) den räuberischen Eingriffen einer Hummelart ( Bombvs terrestns ) voll¬ ständig zum Opfer gefallen war. Um zu dem Blütenhonig zu gelangen, hatten die kräftigen Thiere die jungen Blütenknospen seitlich durchbissen und dadurch deren Absterben herbei¬ geführt. Vortragender zeigte einen der Attentäter, zugleich ein vollständiges Nest der Erd¬ hummel mit seinen Insassen. Endlich werden zur Veranschaulichung des verschiedenen Verhaltens von Schmiedeeisen und Gußeisen in höheren Temperaturen Schmelzproducte aus dem großen Brande eines Eisen- waarenlagers in Thorn (1891) vorgelegt, welche Vortragender der Freundlichkeit des Herrn Generalagenten Lietzmann verdankt. Da das Schmiedeeisen erst bei 1600, das Gußeisen schon bei 1100 0 C. schmilzt, so ragen aus der gleichmäßigen Flußmasse des letzteren die schmiedeeisernen Schrauben und selbst die dünnsten Nägel ganz unverändert hervor. Herr Professor Dr. Bail bespricht sodami ausführlich die Thierklasse der Kopff'üsser oder Tintenschnecken. Diese durchweg dem Meere angehörenden Geschöpfe sind die höchst organisirten, stärksten und größten wirbellosen Thiere; sie bilden die erste Klasse der Weichtliiere. Sie sind auch durch hohe Intelligenz ausgezeichnet, welche im Zusammenhänge mit der kräftigen Entwickelung des bereits von einer Knorpelschale umschlossenen Gehirns steht. Die hohe VIII Ausbildung- des Kopfes ist um so wunderbarer, als die nahe verwandten Muschel thiere be¬ kanntlich vollkommen kopflos sind. Im Allgemeinen wird noch einer Eigenthiimlichkeit dieser Thierklasse eingehend gedacht, nämlich ihrer Fähigkeit des Farbenwechsels. Wir kennen diese Fähigkeit im Thierkreise der Wirbelthiere bei dem Chamäleon, von dem wir wissen, daß es sich unter anderm fast schwarz ärgern kann, und bei vielen Fischen, nicht nur bei den ihrer Farbenpracht halber berühmten der tropischen Meere, sondern selbst bei unserem Stichling, dessen zur Laichzeit herrlich gefärbtes Männchen während seiner Kämpfe die verschiedensten Farbennuancen annimmt. Aber kein anderes Thier kann sich in besagter Richtung mit den Kopffüßern messen. Vermögen diese die Farbe der Umgebung anzunehmen, sich dadurch vor Verfolgungen zu schützen und sich der Beachtung der Geschöpfe, die sie selbst erbeuten wollen, zu entziehen, so entspricht außerdem ihr mannigfaltiger Farbenwechsel, wie unser Mienenspiel, den verschiedenen Gefühls- und Erregungszuständen. Mit blitzartiger Schnellig¬ keit huschen nach den Schilderungen der Beobachter bei den Tintenfischen die verschiedenen Farben, gelb, rotli, blau, violett und braun, über den weichen Leib, dem gleichzeitig die etwas tieferliegende Flitterschicht einen prachtvollen Schiller verleiht Der besprochene Farben¬ wechsel rührt von der Veränderung zahlreicher in der Unterhaut liegender Farbenzellen her, welche unter dem Einfluß des Nervensystems, also auch der Gesichts Wahrnehmungen, durch Muskelfasern zu langstrahligen Sternen ausgezogen werden, um dann sich wieder zu mehr kugeliger Form zusammenzuziehen — Die Mehrzahl der Kopffüßer ist eßbar, und sie kommen z. B. als Pesci molli auf die italienischen Fischmärkte. Nach dieser allgemeinen Schilderung erläutert Vortragender den sehr eigenartigen Körperbau und die innere Organisation der Kopffüßer, die Unterschiede der einzelnen Familien und Gattungen, die Besonderheiten ihrer Lebens- und Vermehrungsweise an Wandbildern und zahlreichen anderen Abbildungen, z. B. in der kostbaren Monographie der Kopffüßer aus der Zoologischen Station in Neapel und der sehr gelungenen bunten Kopffüßer-Tafel in Bbrockhacjs’ neuem Conversationslexikon, ferner durch Spirituspräparate (darunter auch ana¬ tomische) und Trockenexemplare der verschiedenen Typen aus den reichen Sammlungen des Realgymnasiums zu St. Johann und dem Westpreußischen Provinzial-Museum. Hoch entwickelt ist das Auge der Tintenfische. Dasselbe erinnert in seiner ganzen Organisation auf das lebhafteste an das menschliche Auge, doch fehlt bei den Krallenkalmaren die durchsichtige Hornhaut, so daß die Krystalllinse direct vom Wasser umspült wird, und das „Schiffsboot“ ( Nautilus ) entbehrt auch der Krystalllinse und des Glaskörpers. Dafür besitzt der an sich undurchsichtige Augapfel vorn eine kleine Oeffnung, durch die das Meer¬ wasser in das Innere bis zur Netzhaut vordringt und so selbst als lichtbrechendes Mittel wirkt. Umgeben wird der Rumpf von einer weichen Hülle, dem „Mantel“, dem charakteristischen Merkmale sämmtlicher Weichthiere. Dieser Mantel scheidet meistens eine kalkige Schale aus. Bei den eigentlichen Tintenfischen liegt diese innerlich in einer geschlossenen Tasche des Mantels in Gestalt des sogenannten Sepienknochens oder der Riickenschulpe. Letzere, ein vorzügliches Mittel, Brutvögeln den erforderlichen kohlensauren Kalk zuzuführen, dient auch den Goldarbeitern durch bloßes Eindrücken der Ringe zwischen aufeinander gelegte Stücke der Weichseite zur einfachsten Herstellung von Ringformen, wie eine solche für einen Brillant¬ ring von der Firma Stumpf geliefert worden war. An den Seiten ist der Mantel des Tinten¬ fisches von einer leicht beweglichen Flosse umsäumt Aus dem Mantel ragt ein trichterförmiges Rohr hervor, welches in erster Linie der Ortsbewegung dient und dem Fuße der verwandten Schneckentliiere entspricht. Kopffüßer heißen die in Rede stehenden Thiere, weil um die mit starken, denen des Papageischnabels ähnlichen Kiefern bewehrte Mundöfihung eine Anzahl kräftiger Fangarme oder Füße gruppirt ist, die ihrerseits auf der Inne nseite mit Saugnäpfchen ausgerüstet sind. Außer zum Festhalten der Beute können diese Kopffiiße zum Kriechen auf dem Meeresgründe, wie auch zum Schwimmen benutzt werden. Die Kopffüßer sind ge¬ fürchtete Räuber des Meeres; so kann der gemeine Krake in Folge der Stärke seiner Arme selbst dem gepanzerten Hummer gefährlich werden, den er in Stücke zu zerreißen vermag; IX doch auch die Kopffüßer selbst fallen anderen Thieren, z. B. dem Kabeljau, zum Opfer. Un¬ vergleichlich ist aber ihre Ausrüstung auch für die Augenblicke der Notli. Die Natur hat ihnen gleichsam eine Tarnkappe verliehen, indem die verfolgten Thiere plötzlich durch ihren Trichter eine tintenähnliche Flüssigkeit, die bekannte Sepienfarbe, auszuspritzen vermögen, die sie in eine undurchsichtige Wolke einhüllt und so den Blicken der Feinde entzieht. Der Reihe nach wird erst der gemeine Tintenfisch, dann der gemeine Kalmar (von theca calamaria = Tintenfaß) erläutert, dessen zahlreiche Schaaren in den Meeren Züge unter¬ nehmen, wie unsere vierfleckige Libelle in der Luft, die aber wie auf Commando Halt machen oder weiterrücken und sich dabei gegenseitig im mannigfaltigsten Wechsel reizender Farben zu überbieten scheinen. Auch auf ihre wie Haselnußkätzchen an Gegenständen im Wasser herabhängenden Eierschläuche wird hingewiesen und dieselben mit den zu Trauben vereinten der Wellhornschnecken, den sog. Seifenkugeln, welche herumgezeigt werden, verglichen. Bei den ebenfalls in Spiritus vorliegenden Krallenkalmaren tragen die beiden längeren der zehn Fangarme an den Enden statt der Saugnäpfe Krallen. Aus einem dieser Thiere war die sehr schmale und zarte hornige Rückenschulpe herauspräparirt worden. Mit ihr in Parallele wurde das über 1 in lange, im Besitze des Realgymnasiums zu St. Johann befind¬ liche Stück der Rückenschulpe eines Krallenkalmars vorgelegt, dessen Zugehörigkeit zur Gattung Ommastreplies die Herren Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Moebius und Professor Dr. von Martens freundlichst festgestellt haben. Diese Schulpe führte zum Hin¬ weis darauf, daß die Riesen unter den wirbellosen Thieren unter den Kopffüßern zu finden sind. Mit Stolz zeigten die führenden Japaner in ihrer Abtheilung der Internationalen Fischereiausstellung in Berlin 1880 das naturgetreue Modell eines solchen Krallenkalmar- Riesen. Man hat mit Sicherheit Thiere der Art beobachtet, deren längere Fangarme 13 m maßen, und die selbst die Bootsleute bedrohten. In die nächste Verwandtschaft gehören jene nur selten aus den großen Tiefen des Oceans mit dem Schleppnetze heraufgeholten kleinen Thiere ( Spirula ), deren Mantel statt einer einfachen Rückenschulpe innerlich eine gekrümmte, gekammerte Schale ausscheidet. Diese sog. Posthörnchen sind ein Verbindungsglied zwischen den jetzt lebenden Tintenfischen und den ausgestorbenen Donnerkeil-Kopffüßern, welche in der Kreideformation ihre höchste Entwickelung erlangten. Die papierdünnen Hornschulpen dieser setzten sich in einen ge¬ kammerten Trichter fort, an den sich ein fast walziger, zugespitzter Körper schloß. Letzterer, der meist allein erhalten ist, stellt den allbekannten Donnerkeil vor. Die Donnerkeile sind demnach die unteren Enden der Rückenschulpen ausgestorbener Tintenfische. Bei dieser Gelegenheit erwähnt Vortragender die interessante Thatsache, daß Reste jener Trias-Tintenfische so erhalten sind, daß selbst noch die in ihrem Tintenbeutel befindliche Sepienfarbe verwendbar ist. Buckland, ein Monograph dieser fossilen Thiere, konnte daher die von ihm beschriebenen ausgestorbenen Formen mit der zugleich im Gestein aufgefundenen Sepienfarbe malen. Bekanntlich wurde und wird auch noch die Sepia der jetzt lebenden Tintenfische zu Malereien verwendet, die sehr stimmungsvoll sein können, wie eine herum¬ gezeigte, von einem Schüler des Realgymnasiums zu St. Johann ausgeführte Landschaft beweist. Doch es giebt auch Kopffüßer mit einer äußeren Schale. Unter diesen bietet das größte Interesse der schon seit dem Alterthum bekannte Papiernautilus des Mittelmeeres. Das an die Oberfläche des Meeres kommende, in den herrlichsten Farben erstrahlende Weib¬ chen ruht in einer äußerst zierlich gebauten, papierdünnen, weißen Schale (Demonstrations¬ exemplar aus Palermo von unserem Landsmann Dr. Ross), welche das erst in der neueren Zeit auf dem Meeresgründe aufgefundene Männchen entbehrt. Hier wie bei allen Arten der Kopffüßer sind die Geschlechter stets getrennt. Dadurch unterscheiden sich die Tinten¬ schnecken von den eigentlichen Schnecken, bei denen bekanntlich jedes Thier gleichzeitig männlich und weiblich ist. Höchst eigentümlich ist die Art der Fortpflanzung, welche Vor¬ tragender bei der Besprechung des Papiernautilus und der Kraken schildert. X Waren die bisherigen Formen Thiere mit zwei Kiemen als Athmungwerkzeugen, so giebt es auch Kopffüßer mit vier Kiemen. Zu diesen gehört als einzige in der Gegenwart noch durch ein paar Arten im großen Ocean vertretene Gattung das Schiffsboot oder der Nautilus. An Ziergegenständen, wie wir sie oft in Juwelenläden sehen, erscheint das große Gehäuse des Scliiffsboots meist perlmutterglänzend, da man die obere weiße, braun getigerte Schicht desselben entfernt hat. An unverletzten, wie durchschnittenen Gehäusen wird deren interessanter Bau und seine Entwickelung geschildert, ebenso das Thier selbst durch Ab¬ bildungen erläutert. Zieht sich letzteres in seine Wohnkammer zurück, so wird durch ein alle hinter ihm liegenden Abtheilungen verbindendes, zum Theil knorpeliges Rohr die Luft in letzteren verdichtet und das Schiffsboot sinkt in die Tiefen des Meeres. Nach demselben Bauplane wie der Nautilus waren ‘auch die Ammonshörner gebildet, deren Namen von dem des Jupiter Ammon entlehnt ist, den man mit Widderhörnern ab¬ zubilden pflegte. Doch war der Körper des Thieres, welches nach und nach die zahlreichen Scheidewände gegen seine früheren Wohnkammern absonderte, nicht an seinem hinteren Ende einfach abgerundet, sondern in mannigfache Bogen und Spitzen, man möchte sagen, aus¬ geflossen, so daß die Kammerwände im Durchschnitt die zierlichsten, in Bogen angeordneten Lappen mit oft geradezu baumartig verzweigten Vorsprüngen zeigen. Dieselben werden an theils mächtigen, theils kleine i Versteinerungen in Kalk, in dem goldglänzenden Schwefelkies und in Feuerstein erläutert. Die ersteren, welche oft an Größe noch unsere Wagenräder übertreffen, belehren uns über den Ursprung der Schichten unserer Kettengebirge auf dem Grunde des Meeres, sagt doch schon Schiller im Monolog des Wilhelm Tell: „oder Am¬ monshorn, wir es der Wanderer findet auf den Bergen“. So sind wir zu den ausgestorbenen Kopffüßern gelangt, deren Anzahl viel größer war, als die der jetzt lebenden, da von den gegen 2000 bekannten Arten auf letztere nur etwa 218 kommen. Dabei ist die Mannigfaltigkeit der Formen der untergegangenen Gattungen eine so große, daß sich Vortragender mit Lust der geistreichen Darstellung des verstorbenen Senators Herrmann Roemer in Hildesheim erinnert, welcher in seiner vollständigen Sammlung die aufeinanderfolgenden Typen als ein Ringen der Natur nach der zweckentsprechendsten Ge¬ staltung schilderte. Merkwürdigerweise liegen uns Danzigern die versteinerten Kopffüßer weit näher als die jetzt lebenden. Letztere fehlen in der Ostsee fast gänzlich, nur ein kurzarmiger Kalmar kommt gelegentlich auch in der westlichen Ostsee vor. Dagegen hat schon unser Jakob Theodor Klein, dessen großes Oelbild freundlich auf alle unsere Sitzungen herabblickt, in seinem „Specimen descriptionis petrefactorum Gedanensium“ (Nürnberg 1770) verschiedene hier gefundene Kopffüßer-Versteinerungen, darunter auch Ammonshörner, in farbigen Bildern ver¬ öffentlicht, und unsere nächsten Höhen, z B. bei Zigankenberg , bergen in ihren Geschieben Geradhörner und sehr zahlreiche noch in dem Kalke der Kreidezeit eingeschlossene Donner¬ keile. Endlich aber finden wir auf den meisten unserer Straßen und in unseren alten Häusern noch die mehrkammrigen, theils am unteren Ende abgerundeten, theils mehr keilartig erschei¬ nenden Geradhörner in den aus den ältesten Zeiten des organischen Lebens auf unserer Erde herstammenden grauweißen oder röthlichen schwedischen Kalksteinfliesen. Noch hat nämlich der Granit als Trottoirgestein bei uns jene Producte „der züchtigen Alten“, wie V. Scheffel im „Gaudeamus“ die Grauwacke nennt, nicht völlig verdrängt. In den Fliesen vor unserem Sitzungssaale findet sich das Material zur genauen Erläuterung des Baues der Geradhorn- gehäuse, und über 0,8 m lange versteinerte Geradhörner können Danzigs Bewohner z. B. vor den Häusern Gerbergasse No. 7 und Brodbänkengasse No. 10 und 11 sehen. Herr Dr. Lakowitz demonstrirt zum Schluß noch mehrere von Herrn Gärtnereibesitzer Rathke Praust eingesandte lebende Laubheuschrecken, die seit längerer Zeit in den Gewächshäusern des Herrn Rathke ihr Wesen treiben, ohne gerade einen Schaden anzurichten. Die braunen, 2 cm langen XI Thiere zeichnen sich durch ihre übermäßig langen Fühler, die sehr kräftigen Sprungbeine und den Mangel an Flügeln und Flügeldecken aus. Ihre Heimat ist das östliche Asien, von wo sie mit Cycadeen nach Europa und zwar, wie es scheint, zuerst nach Belgien und nun auch nach Deutschland verschleppt sind Es wäre für die Folge; von Interesse, festzustellen, ob diese Fremdlinge sich unserem Klima so weit anzupassen vermögen, daß sie bei uns zur Sommer¬ zeit auch den Aufenthalt im Freien wählen. Der wissenschaftliche Name der in Rede stehenden Thiere ist Diestremmena unicolor Br., ihre nächsten flügel¬ losen Verwandten kommen in Süddeutschland vor. 3. Sitzung am 15. Februar 1899. Herr Stadtrath Helm spricht über die Enteisenungsanlagen der städtischen Wasserwerke in Charlottenburg und M. -Gladbach. Im vorigen Jahre erstattete Vortragender hier einen Bericht über die Frage einer vermehrten Zufuhr von Trinkwasser für unsere Wasserleitung und über die Beschaffenheit des Wassers des neu erbohrten Brunnens auf dem Stadtbauhofe; ferner über Projekte zur Verbesserung dieses Wassers durch Enteisenung desselben. Heute will Vortragender über die Besichtigung zweier Anstalten berichten, welche er in Gemeinschaft mit Herrn Gas¬ anstaltsdirektor Kunath im Aufträge des hiesigen Magistrats besuchte, und welche Anstalten dazu dienen, Tiefbrunnenwasser von seinem überschüssigen Eisengehalte zu befreien. Die eine dieser Anstalten befindet sich in Charlottenburg, und dort ist das sog. Durchlüftungs¬ verfahren eingeführt, die andere befindet sich in M.-Gladbach, wo zur Erreichung dieses Zweckes eine Art chemisches Verfahren angewendet wird. Vortragender rekapitulirt, zunächst kurz, worauf es hier in Danzig bei dieser Sache ankommt. Die zur weiteren Versorgung von Danzig mit gutem 'Trinkwasser erbohrten Tiefbrunnen enthalten eine so große Menge Eisen in Lösung, daß das Wasser nicht nur danach schmeckt, sondern daß ein Tlieil desselben bei der Berührung mit der atmosphärischen Luft sich allmählich ausscheidet und Trübungen resp. Bodensatz im Wasser bewirkt. Das Wasser enthält auf 1 Liter 2—3 mg Eisen, als Eisenoxyd berechnet, aufgelöst; anschaulicher auf 100 000 Theilen 0,2 bis 0,3 Tlieile Eisenoxyd. Davon scheiden sich etwa 2/3 bis 3,/4 an der Luft ab; der übrige Theil bleibt gelöst. Jedenfalls ist dieser letztere Theil in einer festeren Verbindung im Wasser enthalten, als der erstere, welcher wahrscheinlich mit einer organischen Säure, Quellsäure oder einer anderen Humussäure, verbunden ist. Es handelt sich nur darum, diesen letzteren Theil des Eisens, welcher sich als Eisenoxydhydrat abscheidet, vorher vom Wasser zu trennen und dann das Wasser klar und rein in die Leilungen zu führen. Zu diesem Zwecke bestehen für Charlottenburg und andere Städte und Ortschaften bei Berlin, welche ihr Trink- und Gebrauchswasser ebenfalls aus Tiefbrunnen beziehen, deren Wasser wrie die meisten Grundwässer der norddeutschen Tiefebene eisenhaltig ist, mehrere sogenannte Durchliiftungs- und Filtrationsanlagen. Die Anlagen werden von einer großen Aktiengesellschaft geleitet, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Nachbarorte Berlins, namentlich Charlottenburg, Westend, Schöneberg und Bixdorf, mit Wasser zu versehen, wozu täglich etwa 47 000 cbm erforderlich sind Die Anstalten entnehmen das Wasser aus einem Grundwasserstrome, welcher der Havel parallel läuft. Die Anlage in Westend, we’che Vortragender besuchte, fördert das Wasser aus mehreren Tiefbrunnen, welche alle in ein großes mittels Zement ausge¬ mauertes Bassin einmünden. Es geschieht das in der Weise, daß die Brunnenrohre unter¬ irdisch bis zu diesem Bassin verlängert sind und dort durch eine selbstthätige Heber¬ vorrichtung abfließen. In dem Maße, als das Wasser aus diesem gemeinsamen Bassin durch Maschinen gehoben wird, fließt das Wasser aus den Tiefbrunnen nach. Das gehobene XII Wasser passirt zunächst ein Gebäude, welches die sogenannten Rieseler enthält, das sind weite eiserne, mit Löchern versehene Flächen, über welche das Wasser sich vertheilt. Dann rieselt es allmählich über Packungen von gebrannten Ziegelsteinen. Auf diese Weise kommt es immer mit der Luft in Berührung. Das Eisen scheidet sich als Eisenoxydhydrat ab, und das Wasser fließt in die Filteranlagen, um dort von diesem Eisenniederschlage wieder be¬ freit zu werden. Die Filter liegen in weit ausgedehnten, unter der Erde befindlichen und in Zement ausgeführten, gewölbten Räumen. Sie bestehen auf der Oberfläche aus feinem Sand, dann folgt nach unten zu gröberer Sand, Kies und endlich kleine Steine. Unter den letzteren befinden sich die Abzugskanäle für das Reinwasser, welche in die Reinwasserbassins münden. Diese sind ebenfalls in festen Gewölben unter der Erde angelegt, nehmen einen sehr weiten Flächenraum ein, weil sie gleichzeitig als Sammelbassins dienen, die den nöthigen Vorrath an Wasser aufnehmen müssen, das von hier aus in den Wasserthurm gepumpt wird, der die erforderliche Höhe hat, um den betreffenden Stadttheil durch natürlichen Fall mit Wasser zu ver¬ sorgen. Die Reinigung der Filter geschieht in bekannterWeise durch Abnehmen der oberen Schicht des Sandes, soweit Eisenoxyd in dieselbe eingedrungen ist, Auswaschen mit warmem Wasser und Wiederverwendung, so weit als angänglich. Neuer Sand muß das Fehlende er¬ setzen. — Die Anlagen in Charlottenburg funktioniren ausgezeichnet, sie sind aus bestem Material aufgeführt und auf weitausgedehntem Terrain vertheilt; die ganze Anlage ist muster¬ gültig, worüber man sich auch nicht wundern darf, denn die Aktionäre erhalten aus ihr 12 % Dividende und sind infolge dessen recht splendide. Weniger kostspielig und weniger ausgedehnt ist die zweite Anlage zur Enteisenung von Grundwasser, welche Vortragender bei M.-Gladbach besichtigte. Dort wird die Prozedur der Enteisenung innerhalb der Druckleitung selbst ausgeführt; es bedarf deshalb nur eines ein¬ maligen Hebens des Wassers. Die Reinigung ist eine chemisch - physikalische; das Wasser durchfließt ein Filtermaterial, welches aus gereinigten, namentlich von Harz befreiten Holz- spähnen besteht, die mit Zinnoxyd imprägnirt sind. Die Stadt M.-Gladbach gilt mit ihrer ausgedehnten Textilindustrie als bedeutendster Handels- und Fabrikplatz der Baumwollenbranche des Niederrheins. Die etwa 50000 Ein¬ wohner zählende Stadt besitzt ein älteres Wasserwerk, welches aber nicht mehr ausreichte, die aufblühende Stadt mit dem nöthigen einwandfreien Wasser zu ver¬ sorgen. Es wurde daher vor etwa zwei Jahren von den städtischen Behörden beschlossen, ein ergänzendes Wasserwerk, in dem etwa 4,5 km westlich belegenen Helenabrunn anzulegen, wo eingehende Bohr- und Pumpversuche einen ausgiebigen Grundwasserstrom ermittelt hatten. Das Wasser wurde aus Grundbrunnen (sog. Röhrenbrunnen) gewonnen. Es wurde in bakterio¬ logischer wie chemischer Beziehung als einwandfrei befunden. Bald nach Inbetriebsetzung der Hebewerke und der Stadt-Leitung stellte sich indeß heraus, daß das Wasser doch nicht so ganz einwandfrei war, wie anfänglich geglaubt wurde; es enthielt nämlich, genau so wie unser Röhrenbrunnen auf dem Stadtbauhofe und in der Bastion Gertrud, eine nicht un¬ beträchtliche Menge Eisen aufgelöst, welches sich zum Theil bei der Berührung mit der äußeren Luft als Eisenoxydhydrat ausschied. Die Bewohner der oberen Stadttheile, welche ihren Wasserbedarf aus den neuen Anlagen empfingen, fühlten diesen Uebelstand um so em¬ pfindlicher, als das schneeweiße Leinen ihrer Industriewerkstätten sich cremefarbig veränderte. M assenpetitionen und Klagen liefen bei der Behörde ein, die sich in Folge dessen genötliigt sah, die Ursache dieser Eisenoxydtrübungen im Wasser zu beseitigen. Schuld an diesem Uebelstande waren die etwa 2 — 3 mg Eisenoxyd, welche im Liter Wasser enthalten waren und sich bei Berührung mit der Luft zum Theil daraus ab_chieden. Diesen störenden Theil des Eisens auszuscheiden, bevor das Wasser in die Stadt kam, wurde nun die Aufgabe der Sachverständigen und Berather der Stadt. Sie entschieden sich zu Gunsten eines patentirten Verfahrens von von der Linde und Hess, welches vor anderen Verfahren folgende Vorzüge hat: 1. Billigkeit und räumlich geringe Ausdehnung der Anlage, 2. Vermeidung einer be¬ sonderen Vorhubpumpe, 3. geringe Betriebs-, Wartungs- und Unterhaltungskosten. — Die bei Helenabrunn in einiger Entfernung von einander angelegten 6 oder 7 Röhrenbrunnen XIII fördern ein Wasserquantum von etwa 7000 cbm pro Tag; sie münden ebenso wie in Char¬ lottenburg heberartig in ein gut ausgemauertes unterirdisches Bassin. Von hier aus wird das Rohwasser in 11 als stehende Kessel ausgebildete schmiedeeiserne Filterbehälter gehoben. Diese sind etwa 2,5 m hoch und haben einen Durchmesser von 1250 mm. Die Anordnung dieser Behälter ist eine centrale. Ein gußeiserner Vertheilungskasten vertheilt das Rohwasser mittels 11 Flanschen-Rohrleitungen in diese Behälter auf die darin enthaltenen Filterspähne. In diesen entharzten und chemisch präparirten Spähnen findet dann die Ausscheidung des im Wasser gelösten überschüssigen Eisens in Form von Eisenoxydhydrat statt und gleichzeitig eine Feinfiltration. In einem Berichte des Stadtingenieurs Hirsch über die Art und Weise, wie solches geschieht, heißt es, daß der im Wasser gelöste Sauerstoff von dem Zinnoxyd, mit dem die Filterspähne imprägnirt sind, auf das im Wasser gelöste Eisenoxydul übertragen wird. Bei diesem Prozeß bildet sich das im Wasser unlösliche Eisenoxydhydrat und wird als rothbrauner Niederschlag von der Filtermasse zurückbehalten. Die chemische Wirkung der Filtermasse soll sich nach der Ansicht des Sachverständigen stetig regeneriren. Das Filtrat ist klar, frisch und ohne jeden Beigeschmack. Siebartige, schmiedeeiserne Platten, die mit Kupferdrahtgaze überzogen sind und sich am oberen wie unteren Kesselboden be¬ finden, außerdem unten noch eine Packung von kleinen Steinen, verhindern das Hinein¬ gelangen von Spähnen in die Ableitungsrohre und den gemeinsamen Sammelkasten. Von letzterem gelangt das gereinigte Wasser dann in die Stadtrohrleitung. — Der auf der obern Filtermasse sich ablagernde Eisenschlamm wird durch Spülungen, bei der das Wasser in entgegengesetzter Richtung die Filterbehälter durchströmt und so den ausgeschiedenen Schlamm mitführt, in eine Abwasserleitung entfernt Diese Rückspülung geschieht bei jedem Apparate etwa dreimal täglich und ist in etwa einer halben Minute für jede Spülung bewirkt. Während der Spülung wird der betreffende Apparat auf diese kurze Zeit abgestellt, während die übrigen 10 Apparate weiter funktioniren. Die mit der Zeit trotz der Spülung eintretende Verunreinigung der Filtermasse, das dadurch verursachte filzartige Zusammenballen derselben und der dadurch entstehende Druckverlust bedingen eine von Zeit zu Zeit vorzunehmende Reinigung der Filterspähne mittelst Waschmaschinen. Von den 11 Apparaten wird einer nach dem andern gereinigt, und zwar erfolgt diese Reinigung der Filterspähne und die tlieil- weise Ersetzung durch neues Spähnematerial bei jedem Behälter nach etwa zweimonatlicher Betriebsdauer. Die auf den oberen Flanschendeckeln der Filterkessel angebrachten Manometer lassen bei der Spülung durch den Unterschied gegenüber dem Druck am Stadtrohrmanometer den Grad der Zusammenpressung der Filtermasse erkennen. Die Entleerung der Behälter und Wiederfüllung mit den ausgewaschenen und noch brauchbar befundenen alten Spähnen und der Zusatz von neuen Spähnen im unteren Theile des Behälters geschieht durch Ab¬ schrauben des oberen Flanschend eckels und Einstampfen des Materials in den Behälter. Die Verwaltung der hiesigen Wasserwerke hat sich vor einiger Zeit einen kleinen Ver¬ suchsapparat von der Patentinhaberin dieses Verfahrens, der Firma Büttner & Meten in Uerdingen a./Rh. kommen lassen, ebenso eine Quantität der Filterspähne. Die mittels dieses Apparates an dem Wasser des Tiefbrunnens auf dem hiesigen Bauhofe angestellten mehr¬ wöchentlichen Versuche ergaben ein gleiches Resultat, wie das der Gladbacher Betriebsver¬ waltung:. Der Eisensrehalt unseres Tiefbrunnenwassers verminderte sich nach mehrfach ange- stellten chemischen Untersuchungen des Herrn Apotheker Hiedebrand liierselbst, nachdem das Wasser den Filterapparat unter einem Drucke passirt, der in unserer Stadtleitung besteht, etwa um 2/3 l'is 3/4, d. i. um ebenso viel, als er sich früher nach dem Durchlüftungsverfahren verminderte. Zinn, Arsen oder andere Verunreinigungen, welche etwa aus dem Filtermaterial stammen könnten, waren in dem durchfiltrirten Wasser nicht enthalten. Dasselbe besaß einen reinen guten Geschmack, schied auch nach längerem Stehen nichts aus. Es erübrigt nun noch, einige weitere, namentlich bakteriologische Untersuchungen anzustellen, und zu diesem Zwecke hat Herr Director Kunath zwei neue kleine Versuchsapparate zusammen gestellt, welche demnächst in Betrieb gesetzt werden. XIV Hierauf trägt Herr Ingenieur und Fabrikbesitzer Zimmermann “über den Diesel -Motor vor, Der DiESEL-Motor ist eine Betriebsmaschine , zu deren Bau der Ingenieur Diesel, ein Schüler des Professor Linde in München, im Jahre 1893 die erste Anregung gab. Die Erfindungsidee Diesel’s erregte in Fachkreisen großes Aufsehen und veranlaßte einige der ersten Maschinenfabriken Deutschlands sowie des Auslandes zu außergewöhnlichen Aufwendungen an Arbeitskraft und Geldmitteln zur Ueberwindung der enormen Schwierig¬ keiten, welche sich der praktischen Ausgestaltung des DiESEL-Motors entgegenstellten. Die in demselben auftretenden Druckspannungen sind nämlich so groß, daß die bisher gebräuch¬ lichen Constructionstheile sich als ungeeignet erweisen. Der DiESEL-Motor soll nach der Idee des Erfinders die aus den verschiedensten Brenn¬ materialien zu erzielende Wärme in vollkommenster Weise ausnutzen. Es sind Versuche mit der Verwendung fester, flüssiger und gasförmiger Brennstoffe gemacht worden. In erster Linie hat Diesel an die Verwerthung von Kohlenstaub gedacht, doch haben diese Versuche zu praktisch brauchbaren Resultaten bisher nicht geführt; dagegen soll sich der Motor bei der Benutzung von Petroleum und ähnlichen flüssigen Brennstoffen, sowüe bei der Verwendung brennbarer Gase in monatelangem Dauerbetriebe durchaus bewährt haben. Auf der vorjährigen Münchener Ausstellung von Kraft- und Arbeitsmaschinen hat Vor¬ tragender 4 solcher Motoren mit Leistungen von 20 bis 35 Pferdestärken im Betriebe gesehen ; dieselben waren von Friedr. Krupp in Essen, von der Gasmotorenfabrik Deutz, von der Nürn¬ berger Maschinenbau- Aktien-Gesellschaft und von der Augsburger Maschinenfabrik ausgestellt und wurden sämmtlich mit Petroleum betrieben. Um nun darzulegen, in wie fern sich diese Maschinen von anderen Petroleum-Motoren principiell unterscheiden, erörtert Vortragender kurz die Wirkungsweise der gewöhnlichen Gas-, Petroleum- und Benzinmotoren. Dieselben pflegen im Viertakt zu arbeiten, d. li. erst bei jeder vierten Kolbenbew'egung einen neuen Impuls zu erhalten. Bei dem ersten Hub wird das Brennmaterial und ein entsprechendes Luftquantum angesogen, bei dem zwreiten Hub wird dieses Gemisfh comprimirt, bei Beginn des dritten Hubes wird dasselbe durch eine ge¬ eignete Zündvorrichtung zur Explosion gebracht und wirkt daher treibend auf den Kolben; bei dem vierten Hub werden die Verbrennungsprodukte größtentheils aus dem Cylinder hinausgeschoben. Ein Theil derselben bleibt jedoch in dem Oylinder zurück, vermischt sich, wenn nun das Spiel von Neuem beginnt, mit dem folgenden Explosionsgemisch und verlangsamt die nächste Explosion so wreit, daß dieselbe keine zerstörende Wirkung ausüben kann. Nach dieser Darlegung ist es ohne Weiteres klar, daß ein solcher Motor nicht, wie eine Dampf¬ maschine, durch Oeffnen eines Ventiles in Gang gesetzt werden kann, sondern daß der Maschinist durch Drehen des Schwumgrades die Bewegung einleiten muß. Falls der Motor nicht unter voller Belastung arbeitet, pflegt man die Ueberschreitung der normalen Ge¬ schwindigkeit durch einen Regulator zu verhindern, welcher die regelmäßige Brennstoffzufuhr unterbricht, sodaß der Kolben erst nach der 8. oder 12. Bewegung wieder neuen Antrieb er¬ hält. Selbstverständlich übt diese Regulirungsmethode einen ungünstigen Einfluß auf die Gleichförmigkeit der Umdrehungsgeschwindigkeit aus, welche fortwährenden geringen Schwankungen ausgesetzt ist. Im Gegensatz zu den beschriebenen Explosionsmaschinen arbeitet der DiESEL-Motor in der Art, daß der Kolben, welcher die Verbrennungsprodukte der vorangehenden Bewregungs- periode vollständig ausgestoßen hat, bei seinem Niedergang nur reine atmosphärische Luft ansaugt und diese bei der Rückbewegung derart comprimirt, daß die durch die Compression entstehende Temperatur wreit höher liegt als die Entzündungstemperatur des Brennmaterials, welches nun im ersten Tlieile der dritten Kolbenbewegung in Form feinstvertheilten Nebels eingespritzt wird und in der glühenden Atmosphäre ohne besondere Zündvorrichtung sofort verbrennt. Durch diese Verbrennung wird die Temperatur und die Spannung der Luft, welche sonst bei der Abwärtsbewegung des Kolbens sofort sinken würde, auf ungefähr gleicher Höhe XV erhalten, so lange die Brennstoffzufuhr andauert. Man kann daher die Kraftleistung des Motors in einfachster Weise regeln, indem man durch den Regulator die Dauer und Menge der Brennstoffzufuhr beeinflussen läßt, und bewirkt so eine Gleichförmigkeit des Ganges wie bei der Dampfmaschine. Während bei den Explosionsmaschinen die Compression bis auf etwa 5 Atmosphären getrieben wird, ist beim DlESEL-Motor zur Erzielung der Entzündungstemperatur ein Druck von ca. 85 Atmosphären erforderlich. Unter diesen Umständen ist das Ingangbringen des Motors durch die Kraft des Maschinisten selbstverständlich ausgeschlossen. Diesel hat sich nun da¬ durch geholfen, daß er neben dem Motor einen Behälter aufgestellt hat, welcher durch eine kleine, von der Maschine betriebene Luftpumpe gefüllt und dauernd auf einer Spannung von ca. 40 Atmosphären gehalten wird. Diesem Behälter wird beim Anlassen der Maschine durch Oeffnen eines Ventiles die Druckluft entnommen, welche Kolben und Schwungrad sofort in die gewünschte Bewegung versetzt. Zum erstmaligen Anlassen der Maschine pflegt man sich hochgespannter flüssiger Kohlensäure zu bedienen, -welche jetzt bekanntlich in jeder Stadt zu kaufen ist. Diesel ist zu seiner Erfindung durch theoretische Erwägungen angeregt und durch die Erkeimtniß, daß die höchst mangelhafte Wärmeausnutzung in den bisher bekannten Motoren weniger auf Constructionsdetails beruht, welche sich noch wesentlich verbessern lassen könnten, als vielmehr auf der durch die Naturgesetze begründeten Mangelhaftigkeit des Grundprincips. Bei einer Dampfmaschine z. B. setzt sich der wirtschaftliche Wirkungsgrad aus folgenden 4 Factoren zusammen: Wirkungsgrad des Dampfkessels Theor. größter Wirkungsgrad des Dampfes im Cylinder Indicirter Wirkungs¬ grad*) Mechanischer Wirkungs¬ grad Wirtschaft¬ licher Wirkungsgrad Dampf¬ maschinen 0,80 0,30 0,60 .0,85 0,125 = 1/s DlESEL-Motor 1,00 0,50 0,72 0,72 0,26 ~ V4 Diese Zahlen gelten für die vorzüglichsten Dampfmaschinen und Kessel, welche bis jetzt construirt sind und gelten auch hier nur für den Fall maximaler Beanspruchung der Maschine, also für einen Fall, der in der Praxis selten vorkommt und auf die Dauer auch nicht auf¬ recht zu erhalten ist. Bei schwächerer Belastung der Maschine sinkt der wirtschaftliche Wirkungsgrad, d. h. der verwertbare Theil der im Brennmaterial aufgespeicherten Arbeit, noch sehr erheblich unter Vs herab. Da nun der ungünstigste Factor in obiger Tabelle eine unabänderliche Zahl ist, während die anderen Factoren, auf wrelche der Constructeur einen Einfluß ausüben kann, schon auf einen ziemlich hohen Entwickelungsgrad der Maschine hindeuten, so steht ein erheblicher Fortschritt auf der bisherigen Basis nicht mehr in Aussicht. Nach den äußerst sorgfältigen Untersuchungen des Professor Schroeter in München ergeben sich nun für den DlESEL-Motor die in der obigen Tabelle aufgeführten Zahlen, d. h. von der Wärme, welche das Brennmaterial liefert, wird ein doppelt so großer Theil für den Betrieb ausgenutzt, wie bei der Dampfmaschine, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß der Wirkungsgrad bei der Dampfmaschine, wie bei den Explosionsmotoren, außerordentlich sinkt, sobald die Beanspruchung der Maschine nachläßt, während der DlESEL-Motor noch bei halber Belastung einen nahezu unveränderten Nutzeffect zeigt. *) Derselbe giebt an, welcher Theil der theoretisch zu erzielenden Arbeitsleistung im Cylinder wirklich nutzbar gemacht wird. Dieses günstige Resultat hat seinen Grund nicht allein darin, daß der Vorgang, welcher sich im DiESEL-Motor abspielt, theoretisch vollkommener ist, als in anderen Wärmemotoren, sondern auch in der thatsächlich äußert vollkommenen Verbrennung. Der Auspuff der Verbrennungsprodukte ist unsichtbar und nahezu geruchlos. Ein vor die Rohröffnung gehaltenes weißes Papier erhält nicht die geringste Schwärzung. Die chemische Analyse der Abgase ergiebt außer Wasserdampf, Kohlensäure, Stickstoff und Sauer¬ stoff nur ganz geringe Mengen von Kohlenoxydgas (2/io Volumprocente bei voller Belastung, 0 bei halber Belastung) Diese vollkommene Verbrennung hat ihren Grund 1) in der vor¬ züglichen Mischung des Brennstoffes mit der Luft, 2) in der hohen Temperatur und dem hohen Druck der Verbrennungsluft, 3) darin, daß jede Berührung des Brennstoffes mit den kälteren Oylinderwandungen vermieden ist. Wenn Vortragender auch die Meinung des Erfinders, daß der neue Motor die bisherigen Kraftmaschinen verdrängen werde, nicht theilt, so glaubt er doch, daß derselbe sich einen guten Platz neben ihnen erobern wird. Herr Dr. Lakowitz legt einen von Herrn Kohlenhändler Eycke hier eingesandten kleinen Taschenkrebs ( Caremus maenas ) vor, der in einer Schiffs¬ ladung schwedischer Heringe lebend hierher gelangt war. Das eigenartige und in mancher Beziehung interessante Thier ist seit Wochen statt in Alkohol in einer Formalinlösung aufbewahrt worden und zeigt die dunkele Färbung seiner Schalentlieile noch völlig unverändert, während bekanntlich in Spiritus aufbewahrte Krebsthiere das braune Pigment ihrer Oberhaut verlieren, so daß der in dieser enthaltene rothe Farbstoff sichtbar wird. — Alsdann weist der¬ selbe auf die im Lesezimmer der Gesellschaft Seitens der Buchhandlung von EIomann ausgestellten neuesten naturwissenschaftlichen Druckschriften hin, aus denen er das populär wissenschaftliche, anregend geschriebene Werk des Correspondirenden Mitgliedes der Gesellschaft, Geh Rath Professor Dr. Reinke- Kiel, „Die Welt als That“ besonders hervorhebt. Sodann macht Herr Dr. Lakowitz Mittheilungen über die Deutsche Tiefsee- Expedition unter der Leitung des Professors Dr. CHUN-Leipzig, ihren bisherigen Verlauf und die Ergebnisse, welche sie schon jetzt zu verzeichnen hat. Es ist diese aus Reicksmittelu zu Stande gebrachte Expedition die erste derartige deutsche Fahrt, welche wissenschaftliche wie praktische Ziele verfolgt und sich die Aufgabe gestellt hat, die physikalischen und biologischen Verhältnisse bestimmter Theile des atlanti¬ schen und vornehmlich des indischen Oceans bis an seine Eisgrenze zu erforschen. Der aus zwölf bewährten Naturforschern bestehende Gelehrtenstab hat auf dem Expeditionsschiffe „Valdivia“ am 1. August v. Js. den Hafen von Hamburg verlassen, um zunächst in der Nordsee auf der Fahrt nach Edinburg die Netze und anderen Apparate zu erproben. Aron Edinburg ging die Fahrt zwischen den Shetland- und Faröerinseln in den Theil des atlan¬ tischen Oceans, wo die warmen Wasser des Golfstromes von der kalten Polarstromtrift durch die unterseeische THOMSON-Bank getrennt werden. Dort konnten zum ersten Male die Tief¬ seeapparate zur Verwendung kommen. Von den Färöer wurde der Curs nach Süden genommen, und unter Fortsetzung der mancherlei oceanograpliiselien, botanischen und zoologischen Unter¬ suchungen wurden am 20. August die Canaren erreicht. In gleicher Weise setzte man am 23. Au¬ gust die Reise fort, vorbei an den Capverden südwärts bis zur Grenze zwischen dem warmen Guinea- und dem kalten Benguelastrome, wenig südlich vom Aequator; dann hielt man mit ONO auf Kamerun. Am 25. September wurde Kamerun verlassen, am 1. Oktober in die Congomündu"g eingefahren, vom 10. — 12. Oktober die nicht weit von der Nordgrenze des xvii siidwestafrikanischön Schutzgebietes gelegene große Fischbai untersucht, am 26. Oktober Kap¬ stadt angelaufen und die an der Südspitze des afrikanischen Continents gelegene thier¬ geographisch wichtige Agulhaesbank eingehend durchforscht. Zu Anfang des November begann die eigentliche Hochseefahrt hinein in die südlichen Polargebiete, soweit die Eis¬ verhältnisse es zuließen. Unter dem 54. südlichen Breitengrade wurde die BouvET-Insel glücklich aufgefunden, unter dem südlichen Polarkreise Enderbyland gesehen. Nordwärts steuerte man auf die unter dem 50. Grad südlicher Breite gelegenen Kerguelen-Inseln, die schon einmal 1875 von einem deutschen Schiffe, der „Gazelle“, zwecks astronomischer und nebenher oceanographischer Beobachtungen aufgesucht worden sind. Vorbei an den Eilanden St. Paul und Amsterdam (mitten im indischen Ocean), vorbei an den Cocosinseln, erreichte die „Valdivia“ Mitte Januar d. J. Sumatra, woselbst leider eines der Expeditionsmitglieder, der Arzt und Bacteriologe Dr. Bachmann aus Rostock, einem Schlaganfall erlag. Am 13. Fe¬ bruar langte das Schiff laut Telegramm vor Colombo auf Ceylon an. Von dort soll auf einem Umwege das ostafrikanische Schutzgebiet, speciell Dar-es-Salaam, besucht und alsdann der Heimweg durch das rothe und das mittelländische Meer eingeschlagen werden. Ueber die wissenschaftlichen Ergebnisse hat bis jetzt der Leiter drei officielle Berichte an die deutsche Regierung, der Oceanograph Dr. Gerhard Schott eine längere Meldung über seine eigenen Arbeiten während der Fahrt an das Reichsmarineamt geschickt. Die stattliche Anzahl der neuen zuverlässigen Tiefenlothungen, die Messungen der Tiefentemperaturen in geschlossenen Serien bis hinab auf 2000 m, dazu die Grundtemperaturen, vervollständigen wesentlich das bisherige Bild von der Configuration des Meeresbodens in jenen Theilen des atlantischen Oceans, von der thermischen Schichtung des Oceanwassers und den unterseeischen verschieden temperirten Strömungen. Dicht unter dem Aequator wurden 5696 m Tiefe ge- lotliet; die Bodentemperatur betrug 1,90. Dazu kommen Gas- und Salzgehaltbestimmungen des Tiefenwassers Nebenher gehen regelmäßige meteorologische Beobachtungen mittels guter Registrirapparate für Messung des Luftdruckes, der Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit. Die biologischen Untersuchungen beziehen sich zunächst auf das Vorkommen von Bacterien in den verschiedenen Wasserschichten und im Grundschlamme, auf die bacterielle Seite des Meerleuchtens. Weiter handelt es sich um qualitative und quantitative Feststellungen über die Schwebeflora des Oceans, sowie um Aufnahmen der Flora der besuchten Länder (Canaren, Kamerun, Congomündungsgebiet u. s. w.). In Bezug auf erstere konnte nach¬ gewiesen werden, daß unter 1000 m Tiefe assimilirende Pflanzen nicht hinuntergehen. Für die Oberflächenschichten haben sich zwei Stufen mit ungleicher Flora ergeben, die untere ist als eine Schattenflora charakterisirt. Die Untersuchung der horizontalen Verbreitung der schwimmenden Flora ergab eine strenge Abhängigkeit von den in den einzelnen Stromgebieten sich geltend machenden physikalisch-chemischen Bedingungen. Die zoologischen Untersuchungen nehmen naturgemäß einen weit größeren Raum ein als die botanischen. Die Grundnetzzüge haben bei den Faröerinseln, den Capverden, an der Südspitze Afrikas, überaus reiche Ausbeute ergeben, sonst ist die eigentliche Tiefseefauna wenigstens in den berührten Theilen des atlantischen Oceans im ganzen relativ spärlich ent¬ wickelt. Durch die Verticalnetze und mit größter Sicherheit besonders durch weit- und eng¬ maschige Schließnetze, die selbstthätig erst in der vorher bestimmten Tiefe sich öffnen und nach verticalem Abfischen einer gleichfalls voraus bestimmten Wasserschicht sich wieder von selbst schließen, konnte eine reiche Fauna gerade in den mittleren Wasserschichten mit Sicherheit constatirt werden, deren Vorhandensein von anderer Seite bisher hartnäckig be¬ stritten wurde. Gerade mit diesen Vertical netzen sind Erfolge erzielt worden, wie sie keine der früheren Tiefseeexpeditionen, auch nicht die berühmte englische Ohallengerexpedition, zu verzeichnen hat. Eine Fülle merkwürdiger Formen ist ans Licht emporgeholt, die bisher von keinem Menschen gesellen worden sind. — Doch nicht bloß um eine Aufnahme des lebenden und absterbenden Inventars des Meeres handelt es sich. Tiefer gehende Fragen von all¬ gemein biologischer Bedeutung, wie die über die Abhängigkeit der Organismen von den physi- 2 xviii kalisch-chemisclien Yerkäitnissen der verschiedenen Tiefen, über die darauf bezüglichen mannig¬ fachen Anpassungserscheinringen, über die Ernährungsverhältnisse der Tiefseethiere u. a. m. be¬ schäftigen den Leiter der Expedition und seine Begleiter; man erstrebt eben die bestmögliche Erkenntniß des Lebens in der Tiefsee nach allen denkbaren Richtungen, und, soweit die Be¬ richte reichen, sind nicht wenige neue Gesichtspunkte gewonnen worden, welche tiefer in das Gesammtgetriebe der Organismenwelt jener Tiefen einzudringen gestatten, als man es noch vor kurzem vermochte. Hoffen wir, daß die „Valdivia“ auch weiter glückliche Fahrt macht und Anfang Mai d. Js. wohlbehalten mit ihren reichen Schätzen den heimatlichen Hafen erreicht. 4. Sitzung am 1. März 1899. Zunächst begrüßt Herr Professor Momber Herrn Stadtrath Helm als Ebrendoctor der Königsberger Philosophischen Facultät. Redner betont die Verdienste des jungen Doctors auf den Gebieten der Bernsteiuforschung, der Anthropologie, der öffentlichen Gesundheitspflege. Die bezüglichen Publica- tionen sind zum großen Theil in den Schriften der Gesellschaft erschienen, und so liegt in der äußeren Anerkennung des verdienten Gelehrten auch zugleich mittelbar eine hohe Ehrung für unsere Naturforschende Gesellschaft. Hierauf referirt Herr Dr. Oehlschlaeger über die in deutscher Sprache erschienene neue Ausgabe von Kepler’s ,, Traum vom Monde“, herausgegeben von Ludw. GuENTHER-Stettin. Diese eigenartige, erst vier Jahre nach dem Tode des großen Astronomen, 1634 erschienene Jugendschrift Kepler’s ist als eine in schönste Form gekleidete astronomische Offenbarung, gewissermaßen als das hohe Lied der Koppernikanischen Lehre des Weltensystems anzusehen. Sie enthält eine Darstellung derjenigen astronomischen Erscheinungen, welche ein Beobachter auf dem Monde haben würde, und ist von Kepler in der Absicht geschrieben, sich und seinen Freunden die Lehre des Koppernikus in allen ihren Consequenzen klar zu machen. Dadurch, daß er im Geiste einen außerhalb der Erde befindlichen Standpunkt wählt, sucht er sich von der Augentäuschung der scheinbaren Bewegungen frei zu machen. Der Vortragende theilt noch die traurigen Lebensschicksale des großen Denkers, die Entstehungsgeschichte und die Schicksale des in Rede stehenden Werkes mit. Wollte man den Inhalt von Kepler’s „Somnium“ in den engen Rahmen dieses Berichtes hineinzwängen, so würde dies nur unter Abstreifen des eigenartigen Schmelzes geschehen können, welcher in der Phantasie - durch¬ glühten Traumerzählung liegt. Der Kern der Darstellung ist in den obigen Sätzen bereits gekennzeichnet. Es wird genügen, hier darauf hingewiesen zu haben. Wer sich dafür inter- essirt, wird die Gelegenheit ergreifen, sich in die geistvollen Auseinandersetzungen des Autors an der Hand des in deutscher Sprache vorliegenden Werkes zu vertiefen. Herr Dr. Dahms macht Mittheilungon über die Wechselbeziehungen zwischen dem Mineralreich einerseits und dem Thier- und Pflanzenreich anderseits. Daß die Pflanzen aus dem Boden ganz bestimmte Stoffe herauslesen und für sich nutzbar machen, ist bekannt; man braucht nur an die verschiedenen Arten mineralischen Düngers oder an die auf Phosphoriten durch Pflanzen erzeugten weißlichen Wurzelerosionen zu denken, um sich jederzeit wieder daran zu erinnern. Wie sehr nun aber auch das Thierreich von der Scholle, auf der es lebt, abhängig ist, zeigt ein interessanter Aufsatz in dem Jahrbuch des Bergener Museums für das Jahr 1897. Nach diesem ist Kolderup der Nachweis gelungen, daß eine Krankheit des Viehs, die im südlichen Schweden im Bezirk von Eckersund- Soggendahl auftritt und sich in der Sprödigkeit der Knochen äußert, mit dem Vorkommen gewisser Gesteinsarten dortselbst zusammenhängt. So zeigt sie sich z. B. bei Haeskastad XlX nur auf der Nordseite des Thaies, welche aus Labradorgestein und Urgebirgsgneiß besteht, während die »Südseite mit ihrem Monzonit vollständig davon frei ist. Da die in Frage kommenden Gesteine vornehmlich Kalk-Natron-Feldspath enthalten, so ist an ein Fehlen von Kalk nicht zu denken, dagegen ergab die Analyse, daß das Labradorgestein fast keine Phosphorsäure, der Monzonit dagegen 2 % davon enthielt. Aelmliclie Verhältnisse ließen sich auch für viele andere Lokalitäten anführen. Bemerkenswerth ist, daß die Leute der an Phos¬ phorsäure armen Gegenden über „schwache Füße“ klagen, und daß die Ansiedler derartige Orte zu meiden suchen, so daß auf dem Monzonit-(Norit-)Boden etwa die vierfache Anzahl von Gehöften zu finden ist, als auf Labrador-Gestein. — Zerfallen organische Körper nach ihrem Tode, so entstehen auch aus dem Gehalte des Protoplasma-Stoffes der Thier- und Pflanzenwelt an Schwefel und Phosphor Verbindungen, die im Boden bleiben und Ver¬ anlassung zu Mineralbildungen geben. Auf derartige Vorgänge ist auch das Auftreten unserer Phosphorite zurückzuführen. Der größte Theil derselben entstammt den im tieferen Unter¬ gründe Westpreußens anstehenden Kreideschichten. Als diese tlieilweise zerstört wurden, gelangten die Concretionen in die Grünsandschichten des Unteroligocän und erfuhren hier eine erneute Umbildung: Thierreste dieser Periode wurden umschlossen oder Steinkerne von ihnen gebildet. Trotz des verhältnißmäßig hohen Gehaltes an Phosphorsäure ist eine tech¬ nische Verwerthung dieser Knollen in größerem Maßstabe noch nicht möglich geworden; es ist das zum Theil darauf zurückzuführen, daß dieselben aus den Grünsandschichten und dem Diluvium, wohin sie nach Zerstörung dieser Schichten gelangten, mühsam zusammengelesen werden müssen und überdies nur schwer aufgeschlossen — in lösliche Form übergeführt — werden können, während ausländische Phosphorite leicht abzubauen und heranzuschaffen sind und zudem auch nicht die geringste Schwierigkeit beim Aufschließen veranlassen. Während die Bildung von Phosphoriten heute kaum mehr beobachtet wird, läßt sich, aus der früheren Zeit bis in die Jetztzeit hinein, die Bildung für eine Reihe von Mineralien nachweisen, welche unter Freiwerden von schwefelhaltigen Gasen (Schwefelwasserstoff) bei dem Zerfalle organischer Körper sich entwickeln; es sind dieses Markasit und Pyrit. Wie Vortragender zeigt, lassen sich Körper aller drei Naturreiche als Ausgangspunkte zur Ent¬ stehung dieser verschiedenen Ausbildungen des Schwefelkieses betrachten. Es ist dieses Ver¬ erzungsmittel bei Ammoniten bekannt, die dabei so fest und vollständig vererzt werden, daß sie beim Aufschlagen auf die Tischplatte wie eine Münze klingen. Man hat Schwefelkies aber auch in zierlichen Krystallen zwischen den Härchen einer Maus getroffen, die in ein zum Abdunsten aufgestelltes Gefäß mit Eisenvitriollösung gerathen und in diesem verendet war. In ähnlicher AVeise läßt sich eine Bildung von Sclnvefelkies durch Pflanzen nachweisen. Die jüngsten Bildungen stellen wohl die Bezüge auf der Innenseite von Leitungs- und Brunnen¬ rohren dar, durch die eisenhaltiges AVasser sich bewregt. Die Bildung von Schwefelkies um andere Mineralien ergiebt sich nicht ohne weiteres. Es ist dazu notlnvendig, daß die mineral¬ bildenden Gase sich um die festen Körper herum ansammeln und an denselben festhaften, etwa wie die Luftbläschen frischen Brunnenwassers an den Wänden eines AVasserglases. »So bildet sich der Markasit um Thonklümpchen, Quarzstücke und Bernstein; und ähnlich ist auch die Bildung von Pyrit heutigen Tages an gewissen Orten zu erklären. Nach einer brieflichen Mittheilung des Marburger Professors 0. Ochsenius finden sich im hannoverschen Kreise Bleckede a. d. Elbe Moortümpel, wo in den Schlamm eingebettete Gesteinsbrocken mit einer Haut von Pyrit überzogen werden. Man weiß hier, daß 1 bis 2 Monate dazu nothwendig sind, bis diese Brocken richtig „vergoldet“ sind. Bei der Aufbewahrung im Hause geht der leb¬ hafte Glanz freilich immer mehr und mehr verloren und verschwindet schließlich ganz. Zu weiterer Demonstration gelangt eine phosphorsäure-haltige, schwammförmige Markasit¬ knolle aus Nenkau bei Danzig, »Sclnvefelkies aus Roggenhausen bei Graudenz, in welchem Ar ortragender Kupfer gefunden, und eine »Serie von Osteokollen, welche er in einer Kiesgrube auf dem AVege zwischen Pietzkendorf und Jäsclikenthal gesammelt hat. Letztere sind des¬ halb interessant, weil sie nicht nur als Umhüllungen von Wurzeln, sondern auch nach Art 2* XX jener interessanten, säulenförmigen Gebilde in Tropfsteinhöhlen, entstanden sind. — Das Vor- getragene wird durch eine Reihe von Mineralien aus dem Westpreußischen Provinzial-Museum veranschaulicht. Herr Kustos Dr. Kumm berichtet kurz über die Ergebnisse der Untersuchung amerikanischen Obstes, das hier auf dem Seewege eingegangen und von ihm in amtlichem Aufträge auf das Vorhandensein der San Josd-Schildlaus geprüft war. An zwei Sendungen ungeschälter, gedörrter californisclier Birnen wurde dabei die San Josc-Schildlaus aufgefunden. Vortragender legt Präparate vor, bei denen zum Theil die Thiere noch auf den Früchten sitzen, zum Theil auch bereits abgefallen sind, so daß nur noch die Stellen, an denen die Schildläuse gesessen haben, sichtbar sind. Auch demonstrirt er mikroskopische Präparate der ganzen Thiere und ihrer charakteristischen Körpertheile, die für ihre Unterscheidung von Wichtigkeit und nur bei starker Vergrößerung sicher erkenn¬ bar sind. Die Gefahr einer Einschleppung dieses schlimmen Obstfeindes nach Deutschland lag bei den hier in Danzig beobachteten Fällen nicht vor, da das betreffende Obst nur für die Durchfuhr nach Rußland bestimmt war, und da überdies die untersuchten Thiere zumeist wohl bereits abgestorben waren. Schließlich giebt Vortragender eine kurze Schilderung der Entwickelung und Vermehrung des Thieres an der Hand einer farbigen Tafel. 5. Sitzung am 22. März 1899. Herr Professor Momber legt von neu eingegangener Literatur die in zweiter Auflage soeben erschienene „kinetische Gastheorie“ von unserem Corre- spondirenden Mitgliede Herrn Professor Dr. 0. E. Meyer in Breslau vor, und zeigt den Block reinen Schmiedeeisens, welchen Herr Professor Dr. Ahrens in seinem Experimentalvortrage am 7. März durch Erhitzen eines pulverisirten Eisenerzes (Eisenoxyd) mit Aluminiumpulver in wenigen Minuten hergestellt hat. Der Leiter des hiesigen bacteriologischen Instituts, Herr Dr. Petruschky, demonstrirt das Chromoskop von IVES und knüpft daran Bemerkungen über die Ziele der wissenschaftlichen Photographie. Anerkannt ist die hohe Leistungsfähigkeit der Photographie für wissenschaftliche Zwecke. Ihr Werth liegt hier in der absolut naturgetreuen bildlichen Wiedergabe der betreffenden Objecte, wobei der Detailreich thum das schätzenswertlieste Moment darstellt. Von wie großer Bedeutung gerade dieser Umstand ist, hat sich besonders gezeigt, seitdem die wissenschaft¬ liche Photographie in den Dienst der Astronomie getreten ist. Die Auffindung neuer, d. h. bis dahin nicht beobachteter Himmelskörper ist bekanntlich erst auf Grund genauer photo¬ graphischer Aufnahmen bestimmter Theile des Himmelsgewölbes erfolgt. Weniger geschätzt wird der Detailreichthum bei der Photographie für künstlerische Zwecke. Ein recht bedeutsamer Fortschritt zu möglichst naturtreuer Wiedergabe der Objecte ist die stereoskopische Photographie, welche die Plastik und den Glanz der Objecte trefflich wiederzugeben vermag; allein empfindlich bemerkbar macht sich auch hier der Falbemangel auf Photogrammen, die nach farbigen Objecten angefertigt sind, zumal falls deren künstlerische Gesammtwirkung weniger in der Formen- als gerade in der Farbengebung liegt. Das soeben Gesagte veranschaulicht Vortragender an einer Reihe selbst aufgenommener Photogramme. Lange schon bemüht man sich, Photographien in den natürlichen Farben des aufzu¬ nehmenden Gegenstandes herzustellen, aber trotz mancherlei Erfolgen Seitens verschiedener Vertreter der wissenschaftlichen Photographie, wie Selle, Lippmann, Neuhauss u. a., mit den von dem verstorbenen Professor VoGEL-Charlottenburg erfundenen „farbenempfindlichen“ photographischen Platten ist man auch heute noch nicht im Stande, durch ein einfaches XXI directes Verfahren eine tadellose Wiedergabe der natürlichen Farben auf den Photogrammen zu erzielen. Dr. NEUHAüss-Berlin kam allerdings dem erwünschten Ziele am nächsten, indem es ihm gelang, mittels einer einzigen Aufnahme (sonst sind drei verschiedene Farbenaufnahmen erforderlich) farbige Photographien herzustellen. In den von ihm und Lippmann benutzten Chlorsilber-Gelatine-Platten werden durch stehende Lichtwellen Interferenzfarbenschichten gebildet, die in ihrer gegenseitigen völligen oder theilweisen Deckung das natürliche Farben¬ bild reproduciren. Leider ist der Erfolg nicht gesichert, und von einer großen Menge von Platten liefern nur äußerst wenige brauchbare Bilder, die auch nur bei auffallendem Lichte unter Imstimmt gerichtetem Einfalle der Lichtstrahlen die Farben erkennen lassen. Abhilfe schafft ein anderes Verfahren, das von einem Deutschen, dem Hofphotographen Zink in Gotha, erfunden und von dem Amerikaner Ives zur praktischen Verwendung gebracht ist. Der betreffende Apparat ist das Chrom oskop. liier werden drei transparente schwarze, d. h. farblose Positive gefertigt, die erst bei Belichtung durch drei farbige Glastafeln in Folge entsprechender Farbenmischung im Auge das Bild der natürlichen Farben des bezüglichen Objectes hervorrufen. Die Construction des IVEs’schen Cliromoskops beruht auf der That- sache, daß der Eindruck, welchen die sämmtlichen in der Natur vorkommenden Farben auf das menschliche Auge ausüben, auf die drei Spectralfarben Roth, Grün und Blauviolett resp. auf Mischungen dieser drei Farben zurückzuführen ist. Von einem farbigen Gegenstände werden daher drei photographische Stereoskop- Aufnahmen in gewöhnlicher Weise gemacht, wobei indessen das von dem Gegenstände kommende Licht im ersten Falle durch ein rothes, bei der zweiten Aufnahme durch ein grünes, bei der dritten durch ein blauviolettes Glas hindurch erst wirken kann. Von den so erhaltenen drei Negativen werden in der bekannten Art auf Glas die entsprechenden drei Positive hergestellt. Diese Diapositive unterscheiden sich von solchen, die mit Hilfe von Negativen gewöhnlicher Art gewonnen sind, dadurch, daß die Vertheilung von Licht und Schatten auf ihnen eine andere ist, bedingt durch das Verhältniß, in welchem die drei Grundfarben Roth, Grün und Blauviolett von dem plioto- graphirten Object reflectirt werden. Die erhaltenen Doppelbilder werden an der Rückseite des Apparates treppenartig angeordnet und von außen durch eine rothe, eine blaue und eine gelbe Glasplatte belichtet. Durch spiegelnde blaue und grüne Glasplatten im Innern der ganzen Vorrichtung werden die drei farbigen Bilder so vereinigt, daß sie alle zusammen gleichzeitig in unser Auge fallen und scheinbar in der gleichen Ebene liegen. Das durch die Stereoskop-Oculare in der vorderen Wand des Chromoskops schauende Auge erblickt dann das in wundervollster Farbenabtönung erscheinende Bild, das zugleich den Eindruck des Körperlichen in vollkommener Weise hervorruft. Instructive Abbildungen dieses neuen Apparates befinden sich in No. 482 der Zeitschrift „Prometheus“ und in „Himmel und Erde“, Band XII, Heft 1. Herr Kustos Dr. Kumm spricht über das Thema: „Geologische Skizzen vom Frischen Haff, mit besonderer Berücksichtigung der wissenschaftlichen Bedeu¬ tung und praktischen Verwerthung der Thonlager am Haffufer zwischen Elbiug und Tolkemit“. Auf wiederholten Excursionen für das Westpreußische Pro- vinzial-Museum von ihm dort gesammelte zahlreiche Versteinerungen dienten zur Illustrirung des Vorgetragenen. Ein ausführlicher Bericht über diesen Vortrag wird an anderer Stelle erscheinen. Herr Rentier Wedding legt eine Eisenschlacke vor, die in der Nähe von Heiligenbeil in Ostpreußen in 1 — 1,5 m Tiefe unter Tage in großen Massen (ca. 6000 cbm) vor kurzem dort angetroffeu ist und von einem alten, längst aufgegebenen dortigen Eisenwerke herrühren dürfte. Die von Herrn Dr. Helm ausgeführte und mitgetheilte chemische Analyse des interessanten Stückes hat einen Gehalt von 18 % Phosphorsäure ergeben, die aber zum allergrößten XXII Theile (16 %) nicht an Kalk, sondern an Eisen gebunden ist. Als Dünger ist daher die Schlacke entgegen der gehegten Erwartung nicht zu gebrauchen. Darum ist dieselbe, wie aus der Versammlung hervorgehoben wird, aber noch keineswegs werthlos, denn seit 1879 versteht man es, auch phosphor¬ haltiges Roheisen nach dem abgeänderten Bessemer- Verfahren in phosphor¬ freien Stahl umzuwandeln. • 6. Sitzung am 12. April 1899. Herr Professor Momber legt außer den neuen Eingängen zur Bibliothek noch einige Photographien unseres seit Jahrzehnten als Leiter des Kaukasi¬ schen Museums in Tiflis thätigen Landsmannes, Dr. Radde, des langjährigen Ehrenmitgliedes der Gesellschaft, vor, die letzterer mit Grüßen an alle alten Bekannten in der Heimat vor kurzem hierher gesandt hat. Hierauf spricht Herr Dr. Adolf Wallenberg über anatomische Grund¬ lagen der willkürlichen Bewegung. Der Vortragende will weder in eine Discussion über Willensfreiheit noch in eine Er¬ örterung über die Merkmale eintreten, welche der willkürlichen Bewegung eine Sonderstellung gegenüber der unwillkürlichen sichern, sondern lediglich gewisse anatomische Bedingungen prüfen, die für das Zustandekommen einer willkürlichen Bewegung ihm unerläßlich erscheinen. Abgesehen von dem gesunden Zustande der dabei betheiligten Knochen, Gelenke und Muskeln, muß als solche notliwendige Bedingung die normale Function von Tlieilen angesehen werden, die der unwillkürlichen Bewegung, dem Reflexe, dienen. Die Bahn, auf der solche Reflex¬ bewegungen zu Stande kommen, leitet gleichzeitig auf den Weg zur Entstehung der willkür¬ lichen Bewegung und wird daher zuerst demonstrirt. Beim einfachen Reflex nimmt die End¬ ausbreitung eines Sinnesnerven Reize an der Peripherie des Körpers auf, führt sie durch Vermittelung einer außerhalb des Centralnervensystems gelegenen Ganglienzellgruppe dem Rückenmark oder dem Hirnstamm zu, überträgt sie direct oder nach Einschaltung einer zweiten Ganglienzellgruppe auf die bewegenden Zellen, deren Ausläufer als Bewegungs¬ nerven mit der Muskulatur in organischer Verbindung stehen und auf diese Weise den sensiblen Reiz in eine Verkürzung der Muskeln, in eine Bewegung, umsetzen können. Da beim ein¬ fachen Reflex auf bestimmte Sinnesreize nur bestimmte Bewegungen in demselben Sinnes¬ gebiete erfolgen, die verschiedenen Theile des Körpers vollständig unabhängig von einander bleiben, sich gegenseitig nicht unterstützen können, so ist im Interesse der Erhaltung des Indi¬ viduums die Einrichtung des complicirten Reflexes nothwendig, bei dem es möglich wird, daß auf Reizung eines Sinnesorgans Bewegungen im Gebiete anderer Sinnesorgane erfolgen. Diesem Zwecke dienen Aeste der sensiblen Fasern und besonders Verzweigungen der oben geschilderten eingeschalteten Zellen (sensible Associationszellen), welche aus verschiedenen Sinnesgebieten (Haut, Auge u. s. w. u. s. w) zu gemeinschaftlichen Zellanhäufungen im Hirn¬ stamme leiten, die den so entstehenden Conflux von Reizen auf andere benachbarte Ganglien¬ zellen übertragen. Letztere stehen wiederum mit den Bewegungszellen aller Muskeln in Ver¬ bindung, und so kann beispielsweise ein Lichtreiz Bewegungen in der Beinmuskulatur, ein Hautreiz Bewegungen in den Augenmuskeln auslösen. Der complicirte Reflex bildet in seinen mannigfachen Abstufungen die einzige Form der Bewegung bei niederen Wirbelthieren bis zu den Säugern. Auch bei diesen ist, bis zum Menschen hin, die Fortdauer des Lebens an die stetige Wirksamkeit dieses Apparates geknüpft, welcher die Bewegungen der Atlimung, des Blutkreislaufes, der Ernährung und alle anderen automatischen Bewegungen beherrscht, soweit nicht innerhalb der betreffenden Organe selbst nervöse Einrichtungen für diesen Zweck vorhanden sind, XXIII Schon bei den Vögeln dringen Aeste von Sinnesfasern über den Hirnstamm hinaus bis zum Sehhügel und, nach einer Verzweigung resp. Unterbrechung innerhalb dieses Ganglien- zellencomplexes, bis zur Großhirnrinde der gegenüberliegenden Seite vor und ermöglichen auf diese Weise innerhalb der Rinde eine Vereinigung von Sinnesreizen und zwar, dank der Er¬ innerungsfähigkeit der Großhirnrinde, eine Verbindung gegenwärtiger sensibler Erregungen mit älteren. Diese Summe von Erregungen wird auf ganz unbekannte Weise zu Empfindungen und zü höheren psychischen Elementen verarbeitet und wirkt dann unter anderem auch als Motiv auf ein erst bei Säugethieren nachweisbares „motorisches“ Gebiet der Hirnrinde ein, welches dem die Empfindungsreize aufnehmenden „sensorischen“ benachbart ist, ja theilweise mit ihm zusammenfällt. Die großen Zellen dieser motorischen Großhirnrinde besitzen lange Fasern, welche zu den Bewegungszellen für die Muskulatur der gekreuzten Körperhälfte herabsteigen; sie lösen willkürli che Bewegungen aus, d. h. nicht Contractionen von einzelnen Muskeln, sondern von Muskelgruppen, und entspannen gleichzeitig die gegenwirkenden Muskeln, die sogenannten Antagonisten. Die Zahl der für die willkürliche Bewegung bestimmten Zellen und Fasern ist noch sehr winzig bei den niedersten Säugethieren und wird sehr ansehnlich beim Menschen. Die Fasern können erst dann in Tliätigkeit treten, wenn sie eine isolirende Markschicht erhalten haben. Säuglinge, denen diese Hülle noch fehlt, bewegen sich rein reflectorisch. Da auch niedere Wirbeltlnere abgerichtet werden können, muß auch dem (bei diesen Thieren allein die Bewegungen auslösenden) Hirnstamme die Fähigkeit der Erinnerung zugesprochen werden , andererseits können oft wiederholte Willkürbewegungen zu Reflex¬ bewegungen werden, also betheiligt sich die Großhirnrinde auch an gewissen Arten von Reflexbewegungen. Der Gegensatz zwischen der Funktion der Großhirnrinde und des Hirn¬ stammes muß demnach in anderen Richtungen gesucht werden, als in der Erinnerungsfähigkeit der Rinde einerseits, in der Tliätigkeit des Hirnstammes zu complicirten Reflexbewegungen andererseits. Damit eine willkürliche Bewegung von der Intensität und in der Richtung erfolgt, wie sie beabsichtigt ist, müssen auch die von der Körperperipherie zum Kleinhirn leitenden Bahnen intact sein. Diejenigen Empfindungsreize, welche über die Stellung der Extremitäten gegen einander Auskunft geben, gehen zum größten Theil nicht wie die übrigen Haut-, Muskel-, Knochen-, Gelenkempfindungen der Großhirnrinde zu, sondern gelangen in’s Klein¬ hirn. Hier verbinden sie sich mit den Erregungen, welche von den halbkreisförmigen Kanälen des Ohrlabyrinths ausgehen und über die augenblickliche Gleichgewichtslage des Körpers orientiren. Diese Meldungen von der gegenseitigen Stellung der Körpertheile, von der augen¬ blicklichen Gleichgewichtslage des ganzen Körpers werden in der Kleinhirnrinde auf noch unbekannte Weise verarbeitet und dann jederseits auf eine zum Theil innerhalb des Kleinhirns, zum Theil außerhalb desselben gelegene Ganglienzell-Anhäufung, den BECHTEREw’sclien und DEiTERs’sclien Kern übertragen. Dieser Kern steht mit den Bewegungszellen für die ge- sammte Muskulatur der gleichen Körperhälfte in Verbindung und vermag auf diese Weise eine Muskelspannung zu erhalten, deren Größe abhängig ist von der gegenwärtigen Stellung der einzelnen Körpertheile und von der Gleichgewichtslage. Als Effect dieser Spannung ist die unwillkürliche Erhaltung des Gleichgewichts anzusehen. Aber es giebt auch eine will¬ kürliche Gleichgewichtserhaltung, denn das Kleinhirn steht mit der Großhirnrinde in ge¬ kreuzter Verbindung. Es werden daher die dem Kleinhirn übermittelten Meldungen indirect aucli der Großhirnrinde zugetragen, treten hier in Verbindung mit den übrigen Sinnes¬ eindrücken und vermögen auf diese Weise Größe und Richtung der willkürlichen Bewegungen mit zu beeinflussen. Außerdem führt eine Bahn aus der Großhirnrinde indirect in die gekreuzte Kleinhirnhälfte und von da zum DElTERS-BECHTEREw’schen Kern, dem Centrum für die Muskel¬ spannung der betreffenden Körperhälfte. Die Beziehungen des Kleinhirns zum Großhirn lassen sich also dahin präcisiren: 1. Jede willkürliche Bewegung wird beeinflußt durch den Gleichgewichtszustand, durch die gegenseitige Stellung der einzelnen Körpertheile; 2. es finden willkürliche Bewegungen zum Zweck der bewußten Aufrechterhaltung des Gleichgewichts statt; 8. die Spannung der gesummten Körpermuskulatur erleidet Veränderungen zum Zweck XXIV der bewußten Aufrecliterlialtung des Gleichgewichts. Uin bei plötzlichen Schwerpunkts-Ver- änderungen durch willkürliche Bewegungen größerer Körperabschnitte das Gleichgewicht auf¬ recht zu erhalten, genügen diese Einrichtungen nicht: es muß eine Einrichtung vorhanden sein, welche in demselben Augenblick, in dem der Befehl zur willkürlichen Bewegung von der Großhirnrinde den Bewegungszellen zugeht, die zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts nothwendige Spannungsvermehrung in den Antagonisten bewirkt. Dieser Forderung entspricht eine von van Gehuchten vermuthete, von Ramon y Cajal gefundene Theilung der vom Großhirn abwärts verlaufenden Bahn für die Willkürbewegung. Der eine Ast dieser Fasern führt, wie oben beschrieben, zu den Bewegungszellen der Muskulatur, der andere steht indirect mit dem Kleinhirn und dadurch wieder mit dem DEiTERS-BECHTEKEW’schen Kerne in Ver¬ bindung, vermag also modificirend auf die Muskelspannung einzuwirken. Der Sehhügel, zwischen Hirnstamm und Großhirn eingeschaltet, ist nicht nur als Zwischenstation für die von den Sinnesorganen zur Großhirnrinde strebenden Fasern an¬ zusehen, sondern bildet wahrscheinlich auch den Ausgangspunkt für eine Bahn zu den Be¬ wegungszellen der mimischen Muskulatur (Muskeln des Lachens, des Weinens und anderer Affectäußerungen). An welcher Stelle diese Bahn verläuft, ist noch unentschieden, Vor¬ tragender hält es für nicht ausgeschlossen, daß ein von ihm bei der Katze gefundener Weg, der vom Sehhügel ausgeht und sich im weiteren Verlaufe der willkürlichen Bewegungsbahn anschließt, diesem Zwecke der unwillkürlich en Affectbewegungen diene. Das im Sehhügel vermuthete Centrum dieser Bewegungen kann entweder rein reflectorisch, ohne in Inanspruch¬ nahme des Großhirns, in Thätigkeit versetzt werden, oder der Reiz erfolgt von den End¬ stätten der Empfindungsbahnen innerhalb der Großhirnrinde aus. In diesem Falle löst also eine bewußte Empfindung, die sich mit Erinnerungen an ältere Eindrücke verbinden kann, eine unwillkürliche, unbezwingbare Affectbewegung aus Künstliches Lachen und Weinen ist eine willkürliche Bewegung und wird daher auf demselben Wege vom sensorischen zum motorischen Gebiete der Hirnrinde hervorgerufen wie alle übrigen Willenshandlungen (siehe oben); diese Bahn berührt den Sehhiigel nicht. Zum Schluß weist der Vortragende auf praktische Consequenzen aus einer genauen Kenntniß der geschilderten Einrichtungen hin. Da ganz verschiedene Bewegungsstörungen auftreten müssen, je nachdem die Peripherie des Körpers, das Rückenmark, der Hirnstamm, der Sehhügel, die Großhirnrinde, das Kleinhirn, der BECHTEREW-DElTERS’sche Kern Sitz krank¬ hafter Veränderungen ist, so läßt sich umgekehrt aus dem Studium der Bewegungs-Ano- malieen ein Schluß auf den Ort ziehen, an welchem der Krankheits-Herd aufgesucht werden muß. Der Vortrag wird durch schematische Zeichnungen und durch Querschnitt-Präparate des Rückenmarks und des Hirnstammes von Goldfisch, Taube, Kaninchen, Katze und Mensch mit Hilfe des Projectionsapparates erläutert. Herr Professor Momber bespricht unter gleichzeitiger Vorlage ein Exemplar der vom Director der Treptow-Sternwarte Archenhold und dem Bildhauer LEHR-Berlin neuerdings hei ausgegebenen Mond-Medaillons in Gyps, welche ein leicht handliches, schnell verständliches, plastisches Bild der ver¬ schiedenen Mondgegenden bieten. Das durch die Buchhandlung des Herrn Bertling hier ausgestellte Medaillon I dürfte zugleich als Zimmerschmuck Beachtung verdienen. 7. Sitzung am 3. Mai 1899. Herr Professor Momber legt außer dem Dankschreiben des zum Cor- respondirenden Mitgliede ernannten Directors des Königl. Museums vater¬ ländischer Alterthümer in Kiel, Fräulein Professor Mestorf, noch Druck¬ schriften, das GAUSS-WEBER-Denkmal und die diesjährige Naturforscher-Ver- XXV Sammlung in München betreffend, vor, sowie das neueste Heft der Schriften der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg, aus welchem unter anderem die praktisch wichtige Arbeit von Hartwich über Strompreise ver¬ schiedener deutscher Elektricitätswerke hervorgehoben wird. Hierauf spricht Herr Director Dr. Neumann über den elektrolytischen Unterbrecher von Wehnelt und seine Bedeutung für die ROENTGEN-Strahlen. Seit der Entdeckung der RoENTGEN-Strahlen haben die bekannten zur Stromverstärkung wichtigen Inductorien ein erhöhtes Interesse gewonnen, da sie ein nothwendiges Mittelglied zur Hervorrufung des RoENTGEN-Lichtes sind. An ihnen von Wichtigkeit ist der selbst- thätige Unterbrecher. Von der gleichmäßigen Arbeit und von der Frequenz der Unter¬ brechungen hängt wesentlich die ganze Leistung des Inductoriums ab. Die bisher üblichen Unterbrecher, der Platin- und der ebenso bekannte Quecksilberunterbrecher, leisten für die RoENTGEN-Licht-Darstellung zu wenig; die Zahl der Unterbrechungen ist zu gering. In der neueren Zeit ist ein viel leistungsfähigerer, der Motor-Unterbrecher, zu Hilfe genommen; in¬ dessen dieser ist ziemlich schwer und kostspielig und zu seinem Betriebe bedarf es eines be¬ sonderen Stromes. Das Neueste auf diesem Gebiete ist der in der Ueberschrift bezeichnete und in der Sitzung vorgeführte Apparat. Ein Zufall hat es gewollt, daß Dr. WEHNELT-Charlottenburg einen auf wesentlich anderen Principien beruhenden Unterbrecher construirt und dadurch die Leistung der Inductorien ganz außerordentlich gesteigert hat. Wenn durch eine Flüssigkeit (verdünnte Schwefelsäure) mittels zweier Elektroden von sehr verschieden großer Oberfläche ein Strom von mindestens 12 Volt Spannung geleitet wird, so treten in dieser Zersetzungsze le an der kleineren Elektrode eigentümliche Licht- und Wärmeerscheinungen auf, die man in der Technik bereits zu einem eigenartigen Metall- Schweiß- und Härte verfahren verwertet hat. Die Erfinder dieses Verfahrens, die französi¬ schen Physiker Lagrange und Hoho, benutzten einen Bleistreifen und als andere Elektrode die betreffenden Metalle, die zum Schmelzen gebracht werden sollten. Am widerstandsfähigsten ist natürlich Platin, das am W EHNELT’sclien Apparat als positive Elektrode benutzt wird. Geht der Strom durch diese Zersetzungszelle hindurch, so entsteht auffälligerweise, neben den Licht- und Wärmeerscheinungen, ein summender Ton. Bei genauer Untersuchung dieser Er¬ scheinung konnte vor kurzem Wehnelt feststellen, daß wirkliche Stromunterbrechungen an der kleinen Platinelektrode die Ursache der Tonbildung sind, denn als die beschriebene Zer¬ setzungszelle zusammen mit einem Inductorium in einen Stromkreis eingeschaltet wurde, traten die bekannten Inductionserscheinungen auf. Die Bedeutung der beschriebenen unscheinbaren Zersetzungszelle von Wehnelt als Stromunterbrecher war damit dargethan. Die Zahl der Unterbrechungen wächst mit der Spannung des Betriebsstromes. Bei der gewöhnlichen Spannung der Lichtcentralen von 110 Volt wrerden mit einem Inductorium von 30 cm Funken¬ länge durch Vorschalten des W EHNELT’schen Apparates ca. 1000 Unterbrechungen in der Sekunde erhalten. Ein solcher Versuch wird vorgeführt; zwischen Platte und Spitze am Inductor tritt die überraschende Erscheinung eines flackernden Gleichstromlichtbogens von ca. 15 cm auf — eine Energieentwickelung, wie sie bisher absolut unerreichbar war. Dabei hat sich gleichzeitig ergeben, daß der sonst wohl am Inductorium auftretende, störende Stromumschlag jetzt in Folge der Exactheit der Unterbrechungen völlig wegfällt, der Con- densator am Inductorium völlig überflüssig ist. Vortragender zeigt auch, daß bei der Be¬ nutzung des neuen Unterbrechers eine Glühlampe von weit höherer Spannung, als sie der ver¬ fügbaren Batteriespannung entspricht, doch hell aufleuchtet, falls sie parallel zur Primärspule eines Inductors geschaltet wird Groß ist die Bedeutung des WEflNELT’schen Unterbrechers für das RoENTGEN-Licht. In Folge der Gleichmäßigkeit, Exactheit und Schnelligkeit der Unterbrechungen hört das bisher auftretende Flackern des RoENTGEN-Lichtes auf, und man erhält ein gleichmäßiges ruhiges XXVI Lichtfeld auf dem vorgehaltenen Baryumplatincyanürschirm. Die Intensität des Lichtes ist so groß, daß die bekannte Durchleuchtung kleiner Gegenstände auch im nicht verdunkelten Zimmer gute Resultate liefert. Diese Erscheinung, wie die Durchleuchtung eines menschlichen Körpers im verdunkelten Zimmer gelangen zur Vorführung. Herr Professor Momber zeigt im Anschluß hieran, daß man mit Benutzung des WEHNELT’schen Unterbrechers einen nicht zu schwachen Gleichstrom auf einfachste Weise in einen Wechselstrom umsetzen kann, auch ohne ein kost¬ spieliges lnductorium in den Stromkreis einschalten zu müssen. Leitet man nämlich durch eine gewöhnliche primäre Drahtspule den Gleichstrom, der vor¬ her den WEHNELT’schen Unterbrecher passirt hat, so werden in einer zur ersteren parallelen secundären Drahtspule Wechselströme inducirt, deren Anzahl der Zahl der Unterbrechungen im Interruptor entspricht. Werden diese Wechselströme durch eine kleine Glühlampe geschickt, so tritt bei ihrer großen Zahl das Aufleuchten des Kohlefadens ein. Dieses kann noch verstärkt werden durch Einsenken eines Eisenkernes in die primäre Spule. Herr Professor Dr. Conwentz theilt zunächst das Programm der zu Pfingsten in Flatow stattfindenden 22. Jahresversammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins mit und lenkt sodann die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf den im Herbst d. Js. in Berlin zusammentretenden Inter¬ nationalen Geologen-Congreß, welchem ein Ausflug nach West- und Ostpreußen vorangehen wird. Nachdem die Theilnehmer an demselben die Kurische Nehrung, sowie die Umgegend von Elbing, das Marienburger Schloß und das Weichseldurchstichsgebiet besucht haben, treffen sie Montag, den 25. September, Abends mit einem Regierungsdampfer hier ein. An demselben Abend wird ihnen im Artushof Seitens der Stadt ein festlicher Empfang bereitet werden. Der folgende Tag ist theils der Besichtigung der hiesigen Sammlungen, der Kunst- und Baudenkmäler der Stadt, theils einer Dampferfahrt auf See und nach Zoppot gewidmet. Am dritten Tage erfolgt die Abreise nach Berlin, wo dann Abends der Hauptcongreß im Reichstagsgebäude eröffnet werden wird. Weiterhin zeigt Vortragender Zweige einer seltenen Spielart unserer Kiefer, der Kurznadeligen Kiefer, vor, welche er unlängst am rechten hohen Ufer der Weichsel in einem Bauernwald bei Sackiau nahe Graudenz beobachtet hat. Die Nadeln sind durchweg so kurz, daß der ganze Baum im Aussehen einer Fichte (Picea) gleicht. Wuchsformen der Art sind früher von Oswald Heer aus der Schweiz (Pinus silvestris parvifolia) und später vom Grafen von Schwerin aus der Mark (Pinus silvestris microphylla) beschrieben worden; vor 18 Jahren wurden einmal ähnliche Formen auch am linken Ufer der Weichsel, gegenüber Thorn, beobachtet. — Hieran schließt Vortragender die Vorlage der schmalblättcrigen Form der Mistel (Viscum cdbum L. laxum , microphyllum). Dieselbe ist hauptsächlich von Kiefern in der Mark und im Posen’schen bekannt, hingegen war sie in Westpreußen bisher kaum beobachtet. Es hat sich jetzt ergeben, daß die Form sehr vereinzelt auch auf einzelnen XXVII Kiefern im westlichen und südlichen Tlieil unserer Provinz auftritt, z. B. in den Königlichen Revieren Döberitz, Rohrwiese, Schloppe etc.1). Endlich legt Herr Professor Dr. Conwentz einige neue literarische Er¬ scheinungen vor. Zunächst Ascherson und Graebner: „Flora des nordostdeutschen Flachlandes“ (Verlag von Gebr. Borntraeger in Berlin), von welcher vier Lieferungen bereits erschienen sind, während die fünfte, welche den Schluß bildet, demnächst folgen wird. Das Werk sollte ursprünglich nur eine zweite Auflage von Ascherson’s klassischer Flora der Mark Branden¬ burg werden, aber auf Wunsch ist es über das frühere Gebiet erheblich nach Osten aus¬ gedehnt worden, so daß es gleichzeitig auch eine neue Flora unserer Provinz darstellt. Mit unübertroffener Gründlichkeit haben die Verfasser alles Bekannte zusammengetragen und ge¬ sichtet, daneben auch viele neue eigene Beobachtungen mit aufgenommen. Hierzu kommt, daß aus Ascherson’s reichem encyclopädischem Wissen eine Fülle von allgemein interessantem Material fast auf jeder Seite in Fußnoten niedergelegt ist. Auch sein Schüler und langjähriger Assistent Dr. Graebner war für eine Erweiterung des zu bearbeitenden Florengebietes be¬ sonders befähigt, zumal er wiederholt mit botanischen Reisen in Westpreußen betraut gewesen ist. Das Werk, welches jedem Floristen, nicht bloß in Deutschland, unentbehrlich ist, wird sich auch in Schulkreisen, sowie bei Medizinern, Pharmaceuten und allen Pflanzenliebhabern bald viele Freunde erwerben. — Sodann ein Werk unseres Landsmannes und Ehrenmitgliedes, Geheimrath Gustav Radde: „Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern“. Es bildet den dritten Band der Sammlung pflanzengeographischer Monographien, welche von den beiden hervorragenden Fachmännern A. Engler in Berlin und 0. Drude in Dresden neuerdings herausgegeben werden. Das Buch ist mit vorzüglichen Tafeln ausgestattet und enthält Abschnitte über die Steppen der Kaukasusländer, über die Wälder, über die Hoch¬ gebirgsflora u. a. m. In Folge seines langjährigen Aufenthaltes in Tiflis ist der Verfasser zur Ausarbeitung dieser Monographie besonders geeignet, und es ist bewundernswerth, daß er neben seinen ausgedehnten Berufsgeschäften auch die Muße zu diesen eingehenden botanischen Untersuchungen hat erübrigen können. Dr. Radde übersendet das Werk mit den herzlichsten Grüßen an die Naturforschende Gesellschaft und an seine Vaterstadt Danzig, für welche er sich auch in der Ferne eine warme Theilnahme bewahrt hat. — Endlich das Werk eines anderen Landsmannes und Correspondirenden Mitgliedes der Naturforschenden Gesell¬ schaft, Professor E. Treptow in Freiberg i S., über den „Bergbau“. Dasselbe ist in gemein¬ verständlicher Form abgefaßt und giebt lebhafte Schilderungen und vorzügliche Abbildungen, nicht nur aus dem Gebiet des Bergbaues im engeren Sinne, sondern auch Skizzen aus dem Hüttenwesen, der Geologie und Geographie. Zu Anfang ist der Geschichte und, wohl zum ersten Mal, der Vorgeschichte des Bergbaues ein Kapitel gewidmet, und am Schluß erfährt unser heimisches Fossil, der Bernstein und seine Gewinnung, eine ausführliche Darstellung. Eingeflochten sind mancherlei Schilderungen von allgemeinem Interesse, z. B. über Sitten und Gebräuche des Bergmannes, auch über die Poesie des Bergbaues. Die sinnigen Verse Doering’s, mit welchen der Bergmann nach beschwerlicher Grubenfahrt das helle Tageslicht wieder begrüßt, mögen hier Platz finden: Glück auf! du holdes Sonnenlicht, Sei innig mir gegrüsst! Der achtet deiner Strahlen nicht, Der täglich sie gcniesst. Ich aber steige Tag für Tag Hinab in tiefen Schacht, Wo bei des Fäustels munt'rem Schlag Kein Sonnenlicht mir lacht. Drum grüsst dich auch der Bergmann froh, Steigt er zum Tag herauf; Kein andres Herz begrüsst dich so, Kein Mund ruft so: Glück auf! i) Conwentz, Forstbotanisches Merkbuch. I. Provinz Westpreußen. Mit 22 Abbildungen. Herausgegeben auf Veranlassung des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Berlin 1900. Seite 40, 41, 58, 59, 71, 72, 76, 80 u. s. w. XXVIII Herr Dr. Lakowitz führt das neue Projections-Chromoskop nach Ives vor, welches gestattet, an sich farblose, nach einem bestimmten Verfahren her¬ gestellte Photographien bunter Gegenstände in den natürlichen Farben des betreffenden Objectes auf eine weiße Wandfläche zu projiciren. Die Construction dieser Vorrichtung, wie auch des entsprechenden Apparates fiir sub- jective Betrachtung (vorgeführt von Herrn Dr. Petruschky in der Sitzung vom 22. März) basirt auf der Thatsache, daß der Eindruck, den die sämmtlichen in der Natur vorkommenden Farben auf das menschliche Auge ausüben, auf die Wirkungen eines Roth, eines Grün und eines Blauviolett, resp. auf Mischungen derselben zurückzuführen ist. Diese Thatsache findet ihre praktische Yerwerthung bei der Herstellung der für das Chromoskop zu verwendenden Photogramme. Von einem farbigen Gegenstände werden daher drei Aufnahmen mit Be¬ nutzung von farbenempfindlichen Platten gemacht. Das von dem zu photographirenden Gegenstände kommende Licht muß indessen zunächst bei der einen Aufnahme ein rothes, bei der zweiten ein grünes, bei der dritten ein blauviolettes Glas passiren, ehe es auf die Brom¬ silberplatte wirkt. Von den so erhaltenen drei Negativen werden in der bekannten Weise auf Glas die entsprechenden drei Positive hergestellt. Diese Diapositive zeigen selbst natür¬ lich nicht die geringste Spur von Färbung; sie unterscheiden sich von Positiven, die von Negativen gewöhnlicher Art gewonnen sind, nur dadurch, daß die Vertlieilung von Licht und Schatten eine andere ist. Bedingt wird diese durch das Verhältniß, in welchem die drei Grundfarben Roth, Grün und Blauviolett von dem photographirten Gegenstände ausstrahlen. Eine Farben Wirkung durch diese Positive kommt für das Auge erst dadurch zu Stande, daß die Bilder entsprechend durch ein rothes, ein grünes und ein blauviolettes Glas hindurch mittels der Sammellinsen des Projectionsapparates auf die Wand projicirt werden. Die drei Bilder sind zu diesem Zwecke neben einander in einen Rahmen eingefiigt, der in dem Projections- apparat passende Aufstellung findet, der Art, daß eine starke Lichtquelle die drei Diapositive unter Benutzung von spiegelnden farblosen Glasplatten und richtigen Spiegeln gleichzeitig von parallelen Strahlen durchleuchten kann. Die Strahlen passiren die drei farbigen Glas¬ platten (Farbenfilter) und werden durch regulirbare Linsen am anderen Ende der ganzen Vor¬ richtung auf der weißen Wand als Projectionsebene zu drei Bildern gesammelt. Bei diver- girender Stellung der drei den Apparat durcheilenden Strahlenbündel erscheinen auf der Wand vergrößert das rothe, das grüne und das blauviolelte Bild getrennt neben einander. Durch eine einfache Hebelvorrichtung können die drei die Strahlen leitenden Linsentuben aus ihrer Divergenz zum parallelen resp. schwach convergenten Zusammenschluß gebracht werden, wo¬ durch die drei getrennten Bilder zur völligen Deckung gelangen. Durch die dadurch ein¬ getretene Fnrbenmischung wird im Auge das (zugleich körperliche) Bild des bezüglichen Objectes in seinen natürlichen Farben hervorgerufen. Eine große Vase mit Blumenstrauß, eine Schale mit verschiedenen Früchten, verschiedene andere vielfarbige Arrangements er¬ strahlen in natürlicher Farbenpracht. Wenngleich die Herstellung der Photogramme nicht immer gut gelingt und der Projectionsapparat gewiß noch verbesserungsfähig ist, so ist doch anzuerkennen, daß die praktische Durchführung des viel erörterten Problems der photo¬ graphischen Darstellung von Gegenständen in den natürlichen Farben, was die Treue und Reinheit der Farben und auch die Handlichkeit der betreffenden Apparate betrifft, bis jetzt am besten von dem Amerikaner Ives gelöst ist. Das neue Verfahren selbst rührt von dem Hofphotographen Zink in Gotha her. Außer zur Projection von Diapositiven läßt sich dieser Apparat auch zu mannigfachen Vorführungen im physikalischen Unterricht, wie z. B. zur anschaulichen Erläuterung der Misch- und Complementärfarben, der Absorptionserscheinungen u. s. w. gut benutzen. Der vorgeführte Apparat (genauer beschrieben in „Himmel und Erde“, Band 12, Heft 1) entstammt der Werkstätte der bekannten Firma Max Kohl in Chemnitz, derselben Firma, die auch im vorigen Winter Kosten und Mühe nicht gescheut hat, den neuen Marconi- Apparat zu einem Vortrage der Gesellschaft unentgeltlich bereit zu stellen. Der Firma wird für ihre liebenswürdige Bereitwilligkeit besonderer Dank ausgesprochen. XXJX 8. Sitzung am 13. September 1899. Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt in warmen Worten das Ehrenmitglied der Gesellschaft, unseren Landsmann, den Director des Kaukasischen Museums in Tiflis, Herrn Geheimrath Dr. Gustav von Radde, der trotz körperlichen Leidens den Umweg nicht gescheut hat, um auf der Fahrt zum Internationalen Geographen-Congreß in Berlin seine von ihm schwärmerisch verehrte Vaterstadt Danzig zu besuchen und seine alten Freunde und jüngeren Verehrer zu begrüßen. Der am 9. September d. Js. im Kurhaus in Zoppot von Geheimrath Radde vor Damen und Herren ge¬ haltene Vortrag über seine zusammen mit den Großfürsten Alexander und Sergei Michailowitsch unternommene Reise in das tropische Asien wird allen Hörern noch lange in angenehmer Erinnerung bleiben. Lernten sie damals den gefeierten Forscher als feinsinnigen Naturbeobachter und rede¬ gewandten Naturschilderer kennen, so werden die Mitglieder der Gesellschaft heute einen Blick in seine specielle Gelehrten-Thätigkeit zu thun Gelegen¬ heit haben. Darauf spricht Herr Geheimrath Dr. Radde Uber die naturwissenschaftliche Erforschung der Kaukasusländer mit besonderer Berücksichtigung der Thierwelt. Im Jalire 1863 war es, als der damals zum Statthalter des neu eroberten Kaukasiens ernannte Großfürst Nikolai Michailowitsch einem Programm des Vortragenden zustimmte, in welchem als Ziel die geographisch-geodätische, geologische, biologische und ethnographische Durchforschung Kaukasiens hingestellt war. Besonders sollte die Entstehung und Verbreitung der Organismenwelt daselbst, ihre Abhängigkeit von Klima und Boden und sonstigen mit¬ wirkenden Faktoren jenes Landes bei diesen Arbeiten berücksichtigt werden. — Schon gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts haben der früh verstorbene Petersburger Professor Gülden- städt, der durch seine erfolgreichen Reisen in Innerasien bekannte Akademiker Pallas und Professor Nordmann die Thierwelt des Kaukasusgebietes zu untersuchen begonnen. Botanisch machte sich eine Reihe von bekannten Gelehrten, wie Ledebour, Bunge, Trautvetter ver¬ dient, indem sie bestimmte, mehr oder minder begrenzte, einschlägige Themata bearbeiteten. So werthvoll alle diese Forschungen sind, so bedeuten sie doch eben nur die ersten An¬ fänge einer wissenschaftlichen Durchforschung des ausgedehnten, überaus reichen Gebietes. Diese Schätze zu heben, machte Vortragender sicli zur Lebensaufgabe. Während der 36 Jahre seines Aufenthaltes in Tiflis hat er in jedem Jahre Reisen nach den verschiedensten Tlieilen des Landes unternommen, nach den Steppen und Flußniederungen, wie in die mannigfachen Regionen des Kaukasusgebirges, bis dort hinauf, wo die Lebewelt dem ewigen Schnee und Eise erliegt. Die Ergebnisse der Durchforschung von Kaukasiens Flora hat Vortragender erst neuerdings in einem umfangreichen Werke: „Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern“ niedergelegt. Es bildet eine besondere Abtlieilung des von den Professoren Engler und Drude herausgegebenen Sammelwerkes „Die Vegetation der Erde“. Die während der zahlreichen Reisen in Kaukasien vom V ortragenden zusammengetragenen Sammlungen naturhistorischer Gegenstände haben zur Gründung und Ausgestaltung eines Museums in Tiflis geführt, das wegen seiner Reichhaltigkeit eines der größten, wegen der Originalität der Gruppirung seiner Sammlungsobjekte zu den selienswerthesten Anstalten gleicher Art auf dem Kontinent gehört. Aus den kleinen bis 1865 zurückreichenden Anfängen hat sich ein großes Institut entwickelt, welches auf wissenschaftlichem Gebiete mit dem In- und Auslande in regstem Verkehr steht. Die Fülle des dortselbst vereinigten Stoffes läßt die Ergiebigkeit der schaffenden Natur jenes Landes ahnen, die geschickte Aufstellung der Pflanzen-, '1 hier-, Mineralkörper und ethnographischer Gegenstände zu Gemeinschaften, wie sie der Natur des Landes entsprechen, giebt dem Beschauer zugleich ein treues Bild von der Vertheilung der Naturschätze des Landes und von den vielseitigen Beziehungen, die der Bewohner zu diesen hat. Die Zusammenstellungen der ethnographischen Gegenstände befinden sich vor einem passenden Hintergründe, die Thiere sind so dargestellt, wie sie in der Wildniß leben, nirgends in Reihe und Glied aufgestellte Objekte. Kahle Wände duldet Vortragender in dem Museum nicht; überall in den weiten Räumen wird die Phantasie des Besuchers lebhaft angeregt. In dieser Hinsicht ist das Kaukasische Museum in Tiflis vorbildlich geworden, und manche neuere Museen haben bereits nach demselben Prinzip ihre innere Ausgestaltung erfahren. Um auch Jedem einen bequemen Ueberblick über die umfangreichen Schätze dieses Museums zu geben, um ferner jetzt an seinem Lebensabend für die unsichere Zukunft genau zu fixiren, was er dort zusammengetragen, und um darzulegen, welches die natürlichen Charakter¬ züge der Lebewelt Kaukasiens am Ende des Jahrhunderts gewesen sind, hat Vortragender sich entschlossen, ein W erk zu schreiben, in welchem er mit möglichster Ausführlichkeit den Inhalt des von ihm geschaffenen Museums in Bild und Schrift wiedergiebt. Sechs Bände sind geplant, welche nach einander die zoologischen, botanischen, geologischen, ethnographischen und vorgeschichtlichen Sammlungen umfassen sollen; der sechste Band wird die Geschichte des Museums enthalten. Was Vortragender während eines Lebensalters wissenschaftlich ge¬ arbeitet hat, enthalten im Ueberblick diese sechs Bände. Das Werk wird mit Illustrationen reich ausgestattet sein. Seine Drucklegung ist durch fürstliche Gönner und Gewährung aus¬ reichender Mittel Seitens der Minister für Finanzen und Volksaufklärung erst möglich ge¬ worden. Nur 500 Druckexemplare werden hergestellt und geschenkweise vergeben werden. Den ersten Band, welcher die Beschreibung der zoologischen Abtheilung des Museums in Tiflis enthält, legt Vortragender vor und knüpft daran seine weiteren Ausführungen, welche den Zweck verfolgen, dem Zuhörer ein Bild von der Thierwelt Kaukasiens zu geben. Vortragender erläutert zunächst seine Auffassung über den Werth der „Speciesfabrika- tion“. Da die schaffende Natur sich ewig in einem ununterbrochenen Flusse der Formen be¬ wegt, so wird nach dem Ausspruche PIaeckel’s die Erkenntniß der Natur nicht dadurch gewinnen, daß die beschreibenden Systematiker die natürlichen Typen in unzählige Arten künstlich zerspalten. Die Erkenntniß des natürlichen Zusammenhanges geht durch diese über¬ triebene Zerplitterung vielmehr verloren. Vortragender steht auf demselben Standpunkt und spricht sich in Uebereinstimmung mit Haeckel daher für möglichste Zusammenfassung der¬ jenigen Thier- und Pflanzenformen aus, die in Folge mannigfacher physikalischer und Er¬ nährungsverhältnisse zwar in gewissen Grenzen schwanken, aber doch unverkennbar zu einem bestimmten Typus zusammengehören. Vortragender bespricht sodann einzelne hervorragende Thiertypen Kaukasiens. Zunächst führt er aus der Abtheilung der Säuger ein interessantes Beispiel dafür an. wie stark sich ein 'Lhier bei ungestörtem Dasein vermehren kann. In einem alten Klostergebäude traf er drei Kolonien der gesellig lebenden gewöhnlichen Fledermaus zu je etwa 4000 Exemplaren an. Diese überraschende Anzahl läßt aber auch noch schließen auf das Vorhandensein von gewaltigen Massen von Insekten, die zur Sommerzeit in jener Gegend den genannten Thieren zur Verfügung gestanden haben müssen; ist doch das tägliche Nahrungsquantum dieser ca. 12 000 Fledermäuse nach des Vortragenden Feststellungen ungefähr gleich dem von dreißig Rindern. — Die Kaukasusländer bergen noch zwei asiatische große Katzenarten, nämlich den Königstiger und den Panther. Der Tiger findet sich noch in der Gegend von Lenkoran, wo die Verdunstungswasser des Kaspi für eine hohe Luftfeuchtigkeit sorgen. Bei der dort herrschenden hohen Temperatur hat sich in Folge dessen eine üppige Vegetation von Mimosen, Parottien, einer kastanienblätterigen Eichenart u. a. m. entwickeln können. In den dortigen Sumpfdickichten hat der Tiger seinen Aufenthalt, und an den gleichzeitig vorkommenden Wildschweinen die nöthige Nahrung gefunden. Doch da zeigt sich wieder die Abhängigkeit der einen Thierform von der anderen. Waren in den sechziger Jahren noch die Nährthiere des Tigers zahlreich, da die damals dort ansässige mohamedanische Bevölkerung das Wild- XXXI Schwein verschmähte, so haben sich seitdem die Verhältnisse wesentlich geändert. An die Stelle der Mohamedaner sind Christen getreten, die dem Wildschwein eifrig nachsetzen; daher fließt die natürliche Nahrungsquelle für den Tiger nur noch schwach, seine Vennehrung nimmt ab, und seine Anzahl schwindet in Kaukasien jedenfalls von Jahr zu Jahr mehr und mehr hin. — Anders verhält es sich mit dem Panther. Er führt ein vagabundirendes Leben. Au die Wärme nicht so gebunden wie der Tiger, geht er im Sommer überall dem Wilde nach und sucht die Steinböcke in der großen Kette des Kaukasus auf. — Aus dem Geschlecht der Hunde ist die Hyäne als zur kaukasischen Fauna gehörig zu erwähnen. Sie lebt un¬ mittelbar in der Nähe von Tiflis, wo sie in Kalkhöhlen ihre Schlupfwinkel findet. — Der Bär ist im Kaukasus eine häufige Erscheinung. Besonders zahlreich hat er sich in Mmsinta, im ehemaligen Tscherkessenlande, angesiedelt. Bis 39 Thiere konnten von einem dort an¬ sässigen Jäger in einem Herbste erlegt werden. Der bekannte Asienforscher Littledale kommt zur Bärenjagd öfters dorthin. Von Nagern hebt Vortragender den Hamster hervor, von dem sich nach der Bestimmung von Professor Nehring-B erlin im Kaukasusgebiet zwei Arten finden, die dieser dem Vor¬ tragenden und dessen Schwiegervater von BRANDT-Petersburg zu Ehren mit Cricetus Raddei und Cr. Rrandtii benannt hat. Als Gegengabe hat Vortragender dann einen von ihm entdeckten blinden Sandmoll Spalax Nehringii getauft. Von Wiederkäuern fehlt nicht der Edelhirsch. Doch besonderes Interesse beansprucht der Auerochs ( Ros bonasus). Er lebt in einer nicht großen Anzahl von Exemplaren (200 — 300) am Kuban, in Jagdgründen, die der Großfürst Sergei Michatlowitsch erworben hat. Be¬ kanntlich lebt der Auerochs sonst, sorgfältig geschont, im russischen Lithauen im Forst von Bialowitseh. Der Bestand nimmt hier bedenklich ab, wahrscheinlich in Folge von Inzucht. Der Versuch wird gemacht werden, Thiere vom Kaukasus nach dem russischen Lithauen zu überführen, um so für Auffrischung des Blutes zu sorgen. Ob es gelingen wird, diese gegen¬ wärtig seltene Thierart dort zu erhalten, ist abzu warten. Vortragender ist der Ansicht, daß der Auerochs zu den von der Natur auf den Aussterbeetat gestellten Thiergeschlechtern ge¬ hört, deren Hinsterben wohl künstlich hin-, aber nicht dauernd aufgehalten werden kann. Die Vogelwelt der Kaukasusländer ist durch 508 Arten vertreten, die ornithologische Sammlung des Kaukasischen Museums in Tiflis enthält 4600 Thiere. Einzelne Formen heraus¬ zuheben, ist hier nicht angängig. — Stattlich ist die Fischfauna; eine Abtlieilung derselben, die Salmoniden, haben bereits vor einiger Zeit eine monographische Bearbeitung durch Vor¬ tragenden erfahren. Die Geldmittel zur Herausgabe des betreffenden Werkes hat s. Z. der kürzlich verstorbene Großfürst -Thronfolger hergegeben, wiederum ein Beweis für das lebhafte Interesse, welches in der russischen Kaiserfamilie für die Naturwissenschaften besteht. Ist doch auch bekannt, daß Großfürst Nikolai Michailowitsch als ein ausgezeichneter Lepidopte- rologe gilt. — Mit Bemerkungen über die Fauna der wirbellosen Thiere und die Mikrofauna Kaukasiens schließt Vortragender seine fesselnden Ausführungen. 9. Sitzung am 18. Oktober 1899. Herr Professor Momber legt zur Erinnerung- an Dr. Radde und seine anregenden Vorträge im September d. Js. die von Radde vor ca. 50 Jahren an die Gesellschaft gesandten Reiseberichte aus Südrußland und dem Amur- gebiete vor, desgleichen ein Schreiben Dr. Sven Hedin’s mit Grüßen an die Danziger Freunde uud einige literarische Dedicationen von Professor Deecke in Greifswald. Sodann theilt Herr Momber das dieswinterliche Vortragsprogramm mit, aus welchem hervorgehoben sei, daß drei Vorträge für Damen und Herren vorgesehen sind. Den ersten, einen physikalischen Experimentalvortrag, wird am 4. November Herr Director Dr. Neumann in der Aula der Victoriaschule XXXII halten, den zweiten, unter Vorführung prachtvoller Lichtbilder, der Oceano- graph Herr Dr. Gerhard Schott von der Seewarte in Hamburg, am 15. No¬ vember im Schützenhaussaale, über den Verlauf der von ihm mitgemachten ersten deutschen Tiefsee-Expedition des Jahres 1898/99, die wegen ihrer über¬ raschenden Resultate auch auf dem Internationalen Geographen-Congreß in Berlin im Mittelpunkte des allseitigen Interesses stand. Mitte Januar wird der Leiter der hiesigen bacteriologischen Station, Herr Dr. Petruschky, über die gegenwärtig ein zunehmendes actuelles Interesse beanspruchende Pest, gleichfalls vor einem größeren Kreise, sprechen. Die Verhandlungen, welche der Ordner der Vorträge bei Gelegenheit des Geographentages persönlich mit Professor Fridtjof Nansen wegen der Uebernahme eines Vortrages im Kreise der Gesellschaft anknüpfte, haben leider zu keinem befriedigenden Resultate geführt. Professor Nansen mußte nach seinem am Schlußtage des Congresses, am Donnerstag, den 5. Oktober, in der Urania in Berlin gehaltenen Vortrage unverzüglich nach Norwegen zurückreisen. Hierauf spricht Herr Oberlehrer Dr. Halbfass aus Neuhaldensleben über den gegenwärtigen Stand der Seenforschung. Wegen des großen Umfanges des Themas muß Vortragender sich mehr auf die Be¬ sprechung des physikalischen Tlieiles der bisherigen Seenuntersuchungen beschränken und die biologische Seite der ganzen Frage so gut wie unbeachtet lassen. Von physikalischen Mo¬ menten kommen die Tiefen Verhältnisse, das Wasservolumen und die Temperaturvertheilung in den Binnenseen z.ur Erörterung, außerdem wirft Vortragender einige Streiflichter auf die praktische Wichtigkeit solcher Untersuchungen, die dem Fernerstehenden leicht als nutzlose Bethätigung des menschlichen Geistes erscheinen könnten. Sodann giebt derselbe eine Ueber- siclit über die größeren Seebecken der Welt, unter besonderer Berücksichtigung ihrer größten Tiefen. Er constatirt hierbei, daß, so weit die Kenntnisse bis jetzt reichen, der tiefste Binnensee der Baikalsee in Sibirien (1713 m), der zweittiefste (mit 1220 m) ein See in der siidoregonischen Kaskadenlandschaft in Nord- Amerika ist, während der weit größere Kaspisee 1098 m, und der an Größe Ost- und Westpreußen umfassende Aralsee nur 66 m größte Tiefe hat. Gerade unsere auf die Tiefenverhältnisse der Seen sich erstreckenden Kenntnisse sind gegenwärtig noch mangelhaft, und über wichtige Seen, wie die großen Seen Innerafrikas und die zahlreichen großen, von dem kühnen Schweden Sven Hedin entdeckten Seen Inner¬ asiens und viele andere wissen wir nach dieser Richtung nichts. Die bestbekannten Seen Europas sind die Alpenseen, dank den Bemühungen des Altmeisters der Seenforschung Professor Simony in Wien und des Professor Richter in Graz; am wenigsten bekannt sind in Europa die zahlreichen Seen Deutschlands. In Europa gilt als tiefster See der Hornsdalsvand in Norwegen mit 486 m, dem der Mjösensee mit 452 m folgt. Unter den Alpenseen ist der tiefste der Lago di Comn~(410 m). Der größte Binnensee Europas, der Ladogasee, läßt das Tiefenloth bis 380 m hinab, der benachbarte Onegasee nur bis 124 m. Der größte See an der Grenze Deutschlands, der Bodensee, reicht bis 276 m hinab. Unter den deutschen Seen ist nach den Messungen des Vortragenden am tiefsten der Dratzigsee (83 m) auf der pommer- schen Seenplatte. Zahlreiche Seeaufnahmen mit eingezeichneten Tiefencurven und Profilen, welche die Wände des Saales bedecken, illustriren die oben skizzirten Darlegungen. Nachdem Vortragender die mancherlei Lotliungsmethoden und die bei ihrer Durch¬ führung anftauchenden Schwierigkeiten, ferner die Art der Eintragung der Lothungen in die Karten erläutert, über die Berechnung des Cubikinhaltes mancher Seen nähere Angaben ge¬ macht (Onegasee 300 ebkm, Genfersee 90 ebkm, vergleichsweise die Ostsee 431 ebkm) und xxxm noch über das Seebodenrelief, die Böschungen und die Uferentwickelung gesprochen hat, geht er auf die Bedeutung der berührten Feststehungen näher ein. Wird durch diese zunächst eine Bereicherung unserer Kenntnisse von der Oberflächengestaltung der Erde gewonnen) durch sie erst die Möglichkeit geschaffen, etwas über die Entstehung der einzelnen Seebecken in Erfahrung zu bringen — ob Kraterseen oder Glacialseen oder ob tektonische Ursachen vorliegen — , so sind sie in Verbindung mit der Untersuchung der Wärmeverhältnisse des Seewassers auch noch von anderweitiger Bedeutung. Schwankungen des Seeniveaus im Laufe der Jahre z. B. lassen sich in Beziehung bringen mit Klimaschwankungen des Gebietes, so zwar daß das Sinken des Seespiegels mit klimatischen Trockenperioden zusammenfällt, wobei auch geologische Momente wie das Absetzen von Alluvionen auf dem Boden mitwirken. Anderseits üben die Seen an sich auch auf das Klima einen Einfluß aus, der von der Größe und Wasserfülle des Sees abhängt und erst aus Feststellungen über diese Momente richtig be- urtheilt werden kann. Beim Aufstauen eines Sees zur Ausnutzung der Wasserkraft für industrielle Zwecke müssen genaue Ausmessungen der Wassermenge des Sees, des Ab- und Zuflusses vorgenommen werden, wie solches in den Pyrenäen und Vogesen bereits geschehen ist und für andere Gebiete, so z. B. auch für die ostpreußischen Seen, angestrebt wird. Die Klarstellung der Tiefen eines Sees und seiner geringeren oder größeren Uferentfaltung wie seines Untergrundes ist ferner für die Fischerei von größter Bedeu.ung, zumal mit zu¬ nehmender Tiefe eines Sees sich dessen Temperatur im ganzen im Sommer niedriger stellt als in einem flachen See. Die Anlage von Laichstellen, der Plankton- und damit der Fisch¬ reichtum, die Befischung des Sees u. dgl. m. hangen mit diesen Verhältnissen eng zusammen. Zum Schluß geht Vortragender noch auf die Methoden der unterseeischen Temperatur¬ messungen und ihre Hauptergebnisse ein, hier die oft höchst eigenartige Wärmeschichtung und den jährlichen Temperaturgang in den Tiefen kennzeichnend. Zugleich erfolgen Hinweise auf den Zusammenhang der Temperaturvertheilung im Seebecken mit dem Reichtum und der verticalen Vertheilung der kleinsten Organismen und der Nutzthiere desselben. 10. Sitzung am 1. November 1890. Herr Dr. Petrüschky berichtet über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in München. Aus dem überaus reichhaltigen Programm dieser in 37 Abtheilungen gegliederten Tagung werden die in den allgemeinen Sitzungen gehaltenen Vorträge hervorgehoben: Fr. Nansen, meine Forschungsreise nach der Nordpolregion und deren Ergebnisse; Bergmann, die Er¬ rungenschaften der Radiographie (RoBNTGEN-Aufnahme) für die Behandlung chirurgischer Krank¬ heiten; Foerster, die Wandlungen des astronomischen Weltbildes bis zur Gegenwart; Birch- Hirschfeld, Wissenschaft und Heilkunst; Boltzmann, der Entwickelungsgang der Methoden der theoretischen Physik in der neueren Zeit; Klemperer, Justus Liebig und die Medizin. Von speciellem Interesse für Vortragenden waren sodann die Verhandlungen der hygienischen Section. Hier sprach zunächst der bekannte Augenarzt und älteste Verfechter der Schul¬ hygiene, Hermann Cohn. Seine Mittheilungen betrafen einen Lichtprüfer für Arbeitsplätze und Täfelchen zur Prüfung feinen Farbensinnes, von Czaplewski-KöIh trug über Wohnungs- desinfection mittels Formaldehyd vor, Th. Weyl über Sterilisation des Wassers durch Ozon. In einer gemeinsamen Sitzung der internen und der hygienischen Abtheilung wurde das von der Tuberculose-Commission aufgestellte Programm erledigt, darin u. a. ein Referat des Vor¬ tragenden über die specifische Behandlung der Tuberculose. In der gemeinsamen Sitzung der hygienischen und der mathematisch -naturwissenschaftlichen Abtheilung kam das Thema: „Schulreform und Unterrichtshygiene“ lebhaft zur Erörterung. In der Discussion über diesen Gegenstand nimmt Vortragender einen principiell abweichenden Standpunkt ein und giebt dem Zweifel Ausdruck, ob man sich mit der Herabsetzung der Unterrichtsziele und Be¬ schränkung des Unterrichtsstoffes im einzelnen auf richtigem AVege befinde. Er fürchtet, man 3 XXXIV stehe im Begriff, auf dem Gebiete der Geistespflege denselben Fehler zu begehen, den mail auf dem der Körperpflege früher begangen und nun glücklich überwunden Bat, nämlich Ver¬ weichlichung zu erreichen, statt planmäßiger Abhärtung. Man soll nicht die Unterrichtsziele herabsetzen, sondern ändern. Man soll an die Stelle der Wissenshäufung planmäßige Geistes¬ übung setzen unter Berücksichtigung einer richtig steigenden Dosirung des Stoffes, was übrigens von einsichtsvollen Lehrern schon längst geschieht. — Von den sonstigen Ausfüh¬ rungen des Vortragenden ist von besonderem Interesse für uns Danziger die Mittheilung, daß der deutsche Verein für öffentliche Gesundheitspflege, an dessen diesjährigen Verhand¬ lungen in Stuttgart Vortragender gleichfalls Theil genommen hat, im Jahre 1901 seine Jahresversammlung aller Wahrscheinlichkeit nach in Danzig abhalten wird. Im Anschluß hieran macht Herr Professor Dr. Bail darauf aufmerksam, daß der genannte Verein schon im Jahre 1874 hier getagt hat, und hebt her¬ vor, daß damals und auch 1880 bei Gelegenheit der Naturforscher-Versammlung in Danzig die fremden Gäste ihre Befriedigung über die gute Aufnahme Seitens der Stadt und ihrer Bürger wie über die gelungene Organisirung der betreffenden Tagung rückhaltlos zum Ausdruck gebracht haben. Herr Dr. Helm macht einige Mittheilungen über seine Untersuchungen zur Enteisenung von Tiefbrunnenwasser. Das Eisen ist in diesen Wässern in zwei Formen enthalten, in einer festgebundenen und in einer losen Verbindung. Die letztere ist es, welche den Wässern den tintenartigen Beigeschmack verleiht und durch den Sauerstoff der Luft als gelber Satz abgeschieden wird. Vortragender war früher der Ansicht, daß der festgebundene Antheil aus kohlensaurem Eisen¬ oxydul bestehe, der lose gebundene wahrscheinlich ein liumus- oder quellsaures Eisenoxydul 'sei. Gegenwärtig ist er der Meinung, daß hier nur allein Kohlensäure vorhanden und daß ein Theil des Eisensalzes eine elektrolytische Dissociation erfahren habe. Dieser Theil ist es, welcher von der Luft leicht oxydirt und abgeschieden wird. Die von Arrhenius zuerst auf¬ gestellte und von van t’ Hoff in Berlin weiter entwickelte Lehre von der elektrolytischen Dissociation von Neutralsalzen, Basen und Säuren in wässeriger Lösung in Kationen und Anionen spielt auch hier eine nicht zu verkennende Rolle. Nun giebt es Stoffe, welche, ebenso wie der Luftsauerstoff, im Stande sind, bei dem er¬ wähnten Prozeß sich des frei im Wasser vorhandenen Eisenoxyduls zu bemächtigen, es gleichsam gefangen zu nehmen und zu binden. Auf diesem Princip beruht ein an den Tief¬ brunnen auf dem hiesigen Stadthofe angeschlossener, von Herrn Director Kunath construirter und vom Vortragenden gefüllter Versuchsapparat, welcher das durch ihn geleitete Wasser schnell vom Eisen befreit. Der Apparat vereinfacht die Enteisenung von Grundwässern außer¬ ordentlich. Er fungirt jetzt bereits seit sechs Wochen in zufriedenstellender Weise. Sollte er sich auch für die Dauer bewähren, so ist er nicht allein bei Centraldruckwasserleitungen anwendbar, sondern er läßt sich in jeden einzelnen Grundwasserbrunnen einbauen. Er ist nach Feststellungen des Herrn Dr. Petruschky auch hygienisch völlig einwandsfrei. Vor¬ tragender wird auf diese Sache später zurückkommen, sobald dieselbe spruchreif geworden ist. Herr Dr. Lakowitz berichtet kurz über den Internationalen Geographen- Congress in Berlin. In der Reihe der Geographen-Congresse war der diesjährige in Berlin der siebente; ihm vorangegangen sind in 3— 5 jährigen Pausen Congresse in Antwerpen, zweimal in Paris, in Wien, Bern und London. Der diesjährige Congreß war von allen der am stärk¬ sten besuchte mit im ganzen 1663 Mitgliedern und Theilnelimern, darunter gegen 400 Nicht¬ deutschen, aus aller Herren Ländern. Nachdem Vortragender die ganze Organisation der Berliner Tagung rühmend gekennzeichnet und die hervorragendsten Vertreter der Wissen¬ schaft dortselbst, wie Drygalski, Clement Markham, John Murray, Nansen, Chun und XXXV Richthofen flüchtig skizzirt hat, geht er auf die Verhandlungen selbst ein. Der Congreß hat seine Signatur durch die eingehenden Beratliungen über die Polarfrage erhalten, bei welchen die vier zuerst genannten Männer besonders hervorfraten. Für uns Deutsche war von speciellem Interesse der Vortrag des Professor Drygalski über den Plan und die Aus¬ rüstung der deutschen Südpolar-Expedition *). Dieses vom deutschen Reiche materiell ganz erheblich unterstützte Unternehmen gewinnt um so größere Bedeutung, als gleichzeitig auch Seitens Englands eine Expedition nach den Südpolregionen ausgesandt werden wird. Beide sollen Hand in Hand mit einander gehen. Der Führer der deutschen Expedition wird Drygalski sein, die gemeinsame Abfahrt findet im August 1901 statt. Physisch-geographische, erdmagnetische, meteorologische, geologische und biologische Untersuchungen in den süd¬ lichsten Breiten, hoffentlich bis gegen den Südpol hin, bilden das Arbeitsprogramm. Ver¬ gleichende erdmagnetische und meteorologische Beobachtungen während der Dauer des Unter¬ nehmens sind von anderen Staaten an bestimmten Stationen um das Südpolargebiet herum bereits zugesichert worden, so daß mit 1901 das Südpolarproblem eine wissenschaftlich so allseitig umfassende Bearbeitung erfahren wird, wie man es bisher nicht geahnt hatte. Dieses gemeinsame Unternehmen wird die Summe der menschlichen Erkenntniß mehren und für die Menschheit von directem Werthe sein in vielen Beziehungen, besonders für die Schiffahrt. Eine vorjährige belgische und eine norwegische Expedition, die gegenwärtig im Siidpolar- meer überwintert, und über welche bereits kurze Berichte auf dem Congreß erstattet wurden, haben der großen Aufgabe bereits kräftig vorgearbeitet. Der Polarforschung ist die Oceanographie associirt. Auch auf diesem wichtigen Gebiete steht gegenwärtig Deutschland an erster Stelle. Die ergebnißreiche, in ihren Erfolgen geradezu überraschende, stellenweise fast märchenhafte Fahrt der ersten deutschen Tiefsee-Expedition unter Führung von Professor Chun ist ein beredtes Zeugniß für deutsche Thatkraft, Geschick¬ lichkeit und Klugheit, wie Seitens der Vertreter verschiedener auswärtiger Staaten auf dem Congreß rückhaltlos anerkannt wurde. Einen großartigen Eindruck machte der Bericht des Leiters dieser Expedition, dem man am Eröffnungstage den ersten Platz unter den Rednern ausdrücklich zugewiesen hatte. Die weiteren Verhandlungen über Seenkunde, den modernsten Zweig geographischer Forschung, die Berichte über die Forschungsreisen von Professor Futterer in Centralasien, von Professor Th. Fischer im marokkanischen Atlasgebirge, von Graf Goetzen im Gebiete der Nilquellen, von Professor H. Meyer im Kilimandscharogebirge, Passarge in Südafrika können liier nur gestreift werden. Auffallend war, daß auch hier im Vordergründe deutsche Forscher standen. Wissenschaftlich bemerkenswerth ist, daß diese Reisen den Nachweis einer gewaltigen Klimaschwankung in Afrika ergeben haben, auch dort hat es eine Eiszeit gegeben wie in Europa. Diese weite Verbreitung einstmaliger Inland¬ gletscher legt den Gedanken nahe, daß nur aus Ursachen kosmischer Natur solche umfang¬ reichen Klimaänderungen zu erklären sein dürften. Interessant waren die Mittheilungen von RoTCH-Boston, Teisserenc de BoRT-Paris, Hergesell und Assmann über die Ergebnisse der neueren Ballonfahrten. Hat man in be¬ mannten Ballons bereits die Höhe von 10 km überschritten, so ist ein Pilotballon schon bis zu 21 500 m emporgestiegen. Festgestellt ist, daß in 10 km Höhe, entgegen früherer An¬ nahme, noch Temperaturschwankungen Vorkommen, wahrscheinlich auch in jährlicher Periode; — 68° C. ist die niedrigste dort oben durch Registrirapparate festgestellte Temperatur. — Von großer praktischer Bedeutung können die neueren auf dem Congreß zum Ausdruck ge¬ brachten kli matologischen Untersuchungen der Meteorologen Petterson, HildebrandssoN und Meinardus werden. Es hat sich nämlich ergeben, daß die Temperatur des Vorwinters (November bis Januar) an der Küste Norwegens dieselben Schwankungen erleidet wie in Norddeutschland in den darauf folgenden Monaten Februar bis April, ferner daß einem kalten Frühjahr an der norwegischen Küste ein kalter Spätsommer in Norddeutschland folgt, daß ’) Ueber die Ziele der Südpolarforschung hat DRYGALSKI in unserer Gesellschaft bereits am 5. Januar 1897 einen ausführlichen Vortrag gehalten. 3* xxx vi endlich die Ernteerträge bei uns im Spätsommer um so günstiger sind, je wärmer das Früh¬ jahr dort oben war. Also hiernach läßt sich das sommerliche Klima unseres Gebietes in der Hauptsache ein halbes Jahr vorausbestimmen, so daß der Landwirth mit der Bestellung der Felder bei Zeiten auf einen kalten oder einen warmen Sommer sich einrichten kann. Die übrigen Verhandlungen aus den Gebieten der Anthropogeographie, Biogeographie, historischen Geographie können hier nicht mehr berührt werden. Umfangreich sind die vom Vortragenden vorgelegten Darbietungen, welche das Congreß-Comite in Form zahlreicher kostbarer Druckschriften den Mitgliedern übermittelt hatte. Unter diesen Schriften nahm den hervorragendsten Platz die „Grönland-Expedition der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 1891—93 unter Leitung von E. von Drygalski“ ein, ein zweibändiges Werk in prächtiger Ausstattung und mit zahlreichen Tafeln. — Mit einem kurzen Hinweis auf die festlichen Ver¬ anstaltungen in Berlin und Hamburg schließt Vortragender seine Mittheilungen. Hierauf spricht Herr Oberlehrer Hess über die Farbenkreisel nach Benham und BIDWELL, indem er diese optisch interessanten Apparate gleichzeitig experimental vorführt. Die brechenden Medien der Augen bringen von den Gegenständen ein Bild in unserem Auge hervor, das der Sehnerv, der auf der Netzhaut ausgebreitet ist, uns zur Empfindung bringt. Das im Auge entstandene Bild verschwindet nun aber nicht sofort, wenn die Licht- strahlen, die dasselbe hervorgebracht haben, verschwunden sind, sondern dauert noch eine gewisse Zeit fort. Daher kommt es, daß wir Bilder, die der Zeit nach auf einander folgen, zu gleicher Zeit sehen, wenn nämlich das neue Bild in unser Auge fällt, während das alte Bild noch nicht verschwunden ist. Wir sehen eine im Kreise geschwungene glühende Kohle als Feuerkreis, den elektrischen Funken als Zickzackblitz. Bekannte Apparate, die darauf beruhen, sind das Thaumatrop, Zootrop und Stroboskop. In allen diesen Apparaten werden aufeinander folgende Zustände eines bewegten Gegenstandes schnell unserem Auge vorgeführt, so daß die Bilder und Nachbilder die Illusiou eines sich bewegenden Körpers hervorbringen. In vollkommener Weise zeigen uns diese Illusion die neueren Apparate, wie der Kine- matograph, das Mutoskop, Dramatoskop, in welchen in ca. V50 Secunde ein Bild auf das andere folgt, so daß ca. 1500 Bilder die Bewegung eines Gegenstandes in einer halben Minute zeigen. Uebrigens hat man in der neueren Zeit darauf aufmerksam gemacht, daß diese Apparate ein sehr gutes Mittel wären, um langsame Lebensbewegungen, wie das AVaclisen der Pflanzen, das Leben der mikroskopischen Lebewelt, in eine kurze Zeit zusammenzudrängen, um so diese Bewegungen bequemer studirer. zu können. Interessante Erscheinungen bieten uns auch die drehenden Kreise von Silvanus Thompson. Sechs Scheiben aus concentrischen abwechselnd schwarz und weiß gefärbten Kreisringen sind mit ihren Mittelpunkten auf einem Kreise an¬ geordnet, so daß sie sich gegenseitig theilweise decken, in der Mitte befindet sich ein weißes Zahnrad auf schwarzem Grunde. Dreht man den Kreis, auf dem sie geordnet sind, langsam um seinen Mittelpunkt herum, so scheinen sich alle sechs Kreise auch um ihren Mittelpunkt zu drehen. Der interessanteste von den neueren Kreiseln ist Benham’s Kreisel, der besonders von Shelford Bidwell näher mitersucht ist. Eine Kreisscheibe ist in zwei Halbkreise ge- tlieilt, die eine Hälfte ist mit schwarzem glanzlosem Papier beklebt, auf der anderen Hälfte sind vier gleiche Sectoren abgetheilt und feine schwarze Bogen gezogen. Im ersten Sector links sind nur am Bande drei Bogen, darauf in den folgenden Sectoren je drei Bogen stufen¬ weise mit kleinerem Radius gezeichnet. Dreht man diese Scheibe nach der Seite der kleineren Bogen, so werden diese Bogen roth, die am Rande blau, dreht man umgekehrt, so drehen sich auch die Farben um. Bidwell erklärt diese Täuschung so, daß die besonderen roth- empfindenden Nervenfasern, wenn sie plötzlich erregt werden, die benachbarten Fasern der gleichen Gattung miterregen, so daß sich um einen plötzlich gesehenen Gegenstand ein rotlier Ring, entsprechend bei einem plötzlich verschwindenden ein blauer Ring legt. Es zeigt sich danach Bidwell als ein Schüler Plateau’s, der sehr viele Erscheinungen auf eine active, d. h. lichterzeugende Thätigkeit der Netzhaut zurückführt, die IIelmholtz und vor ihm XXXVII Fechner und Andere nicht anerkannt haben. So führt Plateau auch die Erscheinungen der Irradiation auf solche Activität der Netzhaut zurück, während sie durch Helmholtz nur alg eine Folge der Acliromasie des Auges erklärt werden. Wenn wir nun jene Erklärung nicht annehmen, so werden wir auf die Erklärung ähnlicher Scheiben vielleicht zurückgreifen können, die Helmholtz in seiner physiologischen Optik für die „flimmernden rotirenden Scheiben“ bringt. Helmholtz erklärt dort die Farbenerscheinungen solcher rotirenden Ringe als das „Abklingen positiver Nachbilder“. Eine Aehnlichkeit dieser Farben mit denen des BENHAM’schen Kreisels ist kaum zu verkennen, obgleich Bidwell noch im vergangenen Jahre behauptete, daß auf diesem Wege eine Erklärung von Benham’s Kreisel nicht möglich ist. Plateau führt die Nachbilder darauf zurück, daß das Auge nach einem plötzlichen Reiz erst durch eine Reihe complementärer Oscillationen zur Ruhe komme, in der die Netzhaut negative und positive Bilder des gegebenen Gegenstandes hervorbringt. Fechner machte bereits darauf aufmerksam, daß bei dieser Theorie die complementär auf einander folgenden Farben schwarz und nicht wie beim Spectrum weiß hervorbringen müßten. Der Kreisel von Benham kann übrigens auch in anderer Form, die größeren Kreise rechts, die kleineren links, ge¬ zeichnet werden. Es scheint so, als wenn es nur darauf ankommt, daß die rothen Kreise bei der Drehung zuerst auf weiß, die blauen zuerst auf schwarz kommen. Vielleicht hängt das damit zusammen, daß wir thatsächlich rothe Farben am Tage besser wahrnehmen als blaue, und umgekehrt in der Nacht. Wenn wir das vorher verdunkelte Auge plötzlich öffnen und etwa V 3 Secunde einen hell beleuchteten Gegenstand, z. B. die Sonne selbst, anblicken, dann sofort die Augen mit der Hand vollkommen verdunkeln, so sehen wir das Bild der Sonne zu¬ nächst weiß, dann in verschiedenen Farbennüancen wie blau, violett, rosa, schmutzig 'grün. Später tritt eine solche Ermüdung der Netzhaut ein, daß das Nachbild negativ wird, so daß wir alles das, was am Gegenstand hell war, dunkel und was dunkel war, heller sehen. Solch ein Nachbild kann positiv 12 Secunden, negativ bis 24 Secunden dauern. Bei längerer Ein¬ wirkungsdauer des Lichtes verschwindet das positive Nachbild sofort, dagegen bleibt das negative Nachbild mehrere Minuten. Dieses Abklingen der positiven Nachbilder zeigt Helmholtz sehr schön an einer rotirenden Scheibe, auf welcher vom Mittelpunkt nach dem Rande zu eine breite schwarze und weiße Spirallinie gezeichnet ist. Wir sehen bei der Drehung darauf alle Farbenschattirungen des farbigen Abklingens der weißen Spirallinien neben einander^ Wahrscheinlich hat die Erkenntniß der oben erwähnten Anordnung Bidwell zur Schaffung seines neuen Kreisels angeregt. Derselbe besteht aus einer Kreisscheibe, die zur Hälfte wieder mit Sammet oder schwarzem glanzlosem Papier bedeckt ist. Die andere Hälfte ist grau oder weiß, da, wo sie mit der schwarzen Hälfte zusammentrifft, ist ein Sector von 45 Grad herausgeschnitten. Drehen wir diese Scheibe und halten wir dahinter eine weiße Fläche mit schwarzen Linien, so werden dieselben beim Drehen nach der einen Seite rotli, nach der anderen Seite blau. Noch viel wunderbarer ist es, wenn man hinter diese Scheibe ein farbiges Papier hält, es erscheint dann, wenn man so dreht, daß der Ausschnitt der grauen resp. weißen Fläche vorausgeht, bei einer gewissen Geschwindigkeit das Papier in der Complementärfarbe. Gelb erscheint blau, grün leuchtend rotli, rotli grün. Noch besser er¬ scheinen die complementären Farben, wenn man z. B. grün auf rotli legt, es erscheint dann beim Drehen rotli auf grün. Eine grüne Rose mit rotliem Stengel erscheint als rothe Rose mit grünem Stengel, ein grünes Pferd im rothen Grase, ein Labsal der überspanntesten Secessionisten, würde als ein schöner Rotlifuchs im grünen Grase erscheinen. Endlich er¬ scheint schwarzer Druck auf weißem Papier weiß auf dunkelem Grunde. Waren es bei Benham’s Kreisel die positiven Nachbilder, die die Veränderung der Farben hervorbrachten, so sind es hier die negativen. Die Drehung der Scheibe darf nicht zu schnell geschehen, daher werden die negativen Nachbilder die positiven an Zeitdauer übertreffen. Theilweise werden beide Arten von Bildern sich decken, sie bringen vielleicht dadurch den weißen Schimmer hervor, der die deutliche Sichtbarkeit der Farben beeinträchtigt. Uebrigens spielt bei allen diesen Erscheinungen, worauf schon Helmholtz aufmerksam machte, die flimmernde Bewegung der Scheiben und die dadurch bedingte Ermüdung der Sehnerven eine große Rolle. XXXVIII 11. Sitzung am 29. November 1899. Herr Professor Momber legt zunächst das Werk von B. Hagen: „Unter den Papuas, Beobachtungen und Studien über Land und Leute, Pflanzen- und Thierwelt in Kaiser Wilhelmsland“ vor, ein Geschenk des Herrn Ritterguts¬ besitzers Treichel-IIocIi Paleschken für die Bibliothek, sodann die Zeitschrift „Die Denkmalpflege“, welche auf dahin gehende Anregung die Direction des Westpreußischen Provinzial-Museums dankenswerther Weise fortan im Lese¬ zimmer der Gesellschaft auslegen wird. Hierauf spricht Herr Professor Momber aus Anlaß der gegenwärtig hier herrschenden warmen Witterung über müde November in Danzig. Die erste Folge von gelinden Novembern, über welche der bekannte Danziger Meteoro¬ loge Reyger berichtet, reicht vom Jahre 1741 bis 1745. Es folgte dann wieder eine Reihe von gelinden Novembern in den Jahren 1754, 1755, 1757, 1759, 1760 bis 1763, desgleichen 1772, 1773, 1779 und 1780. Ueber den November 1779 berichtet Reyger: „Das Wetter blieb bis den 22. noch immer sehr gelinde und war den 5. des Morgens 5 Grad (8,6 0 C.) und des Mittags 10 Grad (16 o 0.). Den 23. fiel Schnee, bald darauf trat Frost ein. Die Wirkungen der so lange anhaltenden gelinden Herbstluft zeigten sich auch in diesem Monat noch in den Gärten. An einem Apfelbaum, der auch im Herbst geblüht, fand man gegen Ende des Monats zwei Aepfel an einem Zweige, deren Geruch und Geschmack sammt der Größe der Kerne zu erkennen gab, wie sehr sie sich bereits der Reifung näherten. Das Gras wuchs von neuem auf, die Aurikeln, gelbe Violen, Ringelblumen, Erdbeeren und andere Gewächse bliilieten immerfort, bis den 23. der erste Schnee die Erde bedeckte, der doch bald wieder verging.“ Vom Jahre 1786 bis 1807 sind in Danzig auch regelmäßige Temperaturbeobachtungen angestellt, doch nicht im Zusammenhänge herausgegeben, da sie von verschiedenen Beobachtern lierrülirten, zum Theil mit mangelhaften Thermometern. Von 1807 bis 1845 wurden aber sehr sorgfältige Beobachtungen von Dr. Kleefeld angestellt, von denen die bis zum Jahre 1838 gehenden in zwei Bänden von der Natur forschenden Gesellschaft herausgegeben, während die von 1839 bis 1845 gehenden vollständig geordnet im Archiv der Gesellschaft aufbewahrt sind. Auch da zeichnen sich die Jahre 1820 — 23, 1830—31, 1834, 1838, 1840—41, 1843 durch hohe Temperaturen im November aus, 1834 zeigt ein Monatsmittel von 11,26 °, ein Maximum von 16,5° 0., das geringste Mittel beträgt 4,68° (1841), das geringste Maximum 9,13 o (1840). Auf die KLEEFELD’schen Beobachtungen folgen die STREHLKE’schen, welche von 1841— 48 neunmal täglich erfolgten, deren Resultate von Neumann berechnet und in den Schriften der Naturforschenden Gesellschaft mitgetlieilt sind. Hier finden sich drei Jahre mit hohen Mittel¬ zahlen für die Mittagstemperaturen der ersten Novemberdekade, und zwar 1841 (7,58 ° 0.), 1843 (8,49° 0.), 1847 (7,84° 0.), 1848 bis 1872 wird das Monatsmittel von 2,91° C. für diese Jahre nur selten erheblich überschritten. Das Monatsmittel der Temperatur für die November 1876 — 95 beträgt (nach den Beobachtungen der in Neufahrwasser befindlichen Agentur der Deutschen Seewarte) 2,85° 0. Das ist wesentlich überschritten in den Jahren 1878 mit 4,2° und einem Maximum von 12,4 0 0., 1881 mit 4,17 0 (Maximum 11,2 0), 1886 mit 4,83 o (Maximum 12,2 0), 1889 mit 4,i ° (Maximum 11, 9°), 1894 mit 4,2° (Maximum 12,2 0). Nach einer Mittheilung des Herrn Capitän Reinicke, des jetzigen Vorstandes der Agentur der Deutschen Seewarte zu Neufahrwasser, beträgt das Mittel der zehn ersten No¬ vembertage dieses Jahres für 8 Uhr früh 7,2 o, für Mittags 2 Uhr 12, o °, für 8 Uhr Abends 8,8° mit einem Maximum von 16,6 0 0. am 5. November, welches also bisher nicht erreicht ist. Kleefeld hat in den Jahren 1807 — 38 zweimal 16,5 0 0. beobachtet, und zwar am 1. No¬ vember 1817 und am 6. November 1834, wie schon erwähnt wurde; die STREHLKE’schen Be- XXXIX obachtungen von 1849 bis 1876, von denen eben nur die Monatsmittel publicirt sind, konnten auf die Maximalwertlie der Temperaturen noch nicht durchgesehen werden. In längerem Vorträge spricht Herr Fritz Braun über das Thema: Allerlei Biologisches aus dem jährlichen Kreislauf des Vogellebens. Unsere Kenntniß vom Leben der Vögel ist heute nicht viel größer als vor fünfzig Jahren. Die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts hat keinen Beobachter, der sich einem Nau¬ mann oder Chr. Brehm an die Seite stellen darf. Der Grund liegt darin, daß solche Beob¬ achtungen nicht im zootomischen Laboratorium gemacht werden, sondern eingehende Be¬ schäftigung mit dem lebenden Thiere voraussetzen. Dazu hatten Männer wie Alf. Brehm, Gebr. Mueller, Friedrich u. a. m. Gelegenheit genug, doch fehlte ihnen die logisch-philo¬ sophische Vorbildung, die den Forscher hinter den Erscheinungen das Gesetz suchen läßt. Daher sind die biologischen Kapitel ihrer Werke zunächst schwach und wegen ihrer anthro- pomorpliosir enden Richtung eher Tendenzschriften als wissenschaftliche Arbeiten zu nennen. Altum dagegen, ihr großer Gegner, geht von dem Dogma aus, man müsse die Thiere nicht vom causalen, sondern vom teleologischen Gesichtspunkt betrachten, und bemüht sich, dieses Dogma zu beweisen. Trotzdem bringt er dem logisch geschulten, gegen seine Rhetorik ge¬ wappneten Forscher eine bewundernswerthe Fülle von Beobachtungen. Leider führen diese zu Schlüssen, die den seinen stracks zuwiderlaufen. Von den Lebensäußerungen des Arogels hat den Menschen der Gesang immer am meisten angezogen. Aber sogar über den Zweck und das Wesen des Gesanges weiß die Wissenschaft uns keine Aufklärung zu bieten. Buechner und Brehm schwelgen im Anthropomorphismus und Altum begnügt sich, ihn einen Paarungsruf zu nennen. Nach der Meinung des Vor¬ tragenden können wir ihn nur als Brunstruf auffassen. Vermittels des Gesanges lockt der Vogel gegnerische Männchen an, um mit ihnen um den Besitz des Weibchens zu streiten. Bei schweigsamen Arten vertreten den Gesang oft Contraste, d. h. Kampf-Farben, wie der Schmuck des wilden Kriegers, dazu bestimmt, dem Gegner zu imponiren. Bisher wurde dieses Moment gegenüber den Schutzfarben übersehen. Die kämpfenden Männchen üben die natürliche Zuchtwahl, die Weibchen dagegen bauen das kunstvolle Nest. Die Fähigkeit dazu ist der Art eigen, braucht vom Individuum nicht erst erlernt zu werden. Trieb und Instinct (Wesen derselben?) spielen beim Vogel eine andere Rolle als beim Menschen. Wie Gesang und Nesterbau stehen auch der Zug und der herbstliche Strich in engem Zusammenhang mit dem Fortpflanzungsgeschäft, doch lehren sie uns gleichzeitig auch manches über die allmähliche Verbreitung der Vogelarten. Will man diese und den Zug richtig ver¬ stehen, so muß man von der letzten europäischen Eiszeit ausgehen und nicht mit den Indi¬ viduen, sondern mit den Arten rechnen; dann ergiebt sich, daß der Zug durch Nahrungs¬ sorgen bedingt ist. Die Heimat aller Zugvögel (im historisch-genetischen Sinne) muß nicht bei uns, sondern in südlicheren Breiten gesucht werden. — Ein gedäclitnißmäßiges Erlernen der Zugstraßen durch die jungen Vögel ist nicht denkbar, auch liier handelt der Vogel unter einem übermächtigen Triebe. Demzufolge hat die Forschung bei dieser Frage wenig Aus¬ sicht, in Kürze zu einem abschließenden Resultate zu gelangen. Viel fruchtbarer erweist sich die Arbeit, wenn es gilt, den Zusammenhang zwischen Farbe und Lebensweise auf¬ zuklären oder die Fragen der geschlechtlichen Zuchtwahl zu lösen. Diesem Gebiete sollten sich daher auch die Ornithologen vor anderem zuwenden, damit der Bann endlich gebrochen werde, der seit Jahrzehnten auf der ornitliologischen Wissenschaft lastet. 12. Sitzung am 20. Dezember 1899. Herr Oberstabsarzt Dr. Matthaei spricht über die Bekämpfung der durch kleine Alkoholmengen verursachten Gesundheitsschädigungen. Weingeist, Holzgeist und Fuselöle sind sämmtlich als giftige Substanzen bekannt. Der Holzgeist kann zur Erblindung durch Sehnervenentzündung und zum Tode durch heftige XL Magen- und Darmentzündung nach unvorsichtigem Gebrauche führen. Der Fusel ist giftiger als Weingeist; er ist aber keineswegs die Ursache des Alkoholismus, der vielmehr nur durch die übergroße Menge des genossenen Alkohols hervorgerufen wird. Die örtlich-reizende Wirkung des Alkohols erklärt die Katarrhe des Rachens, Magens, Darms; auch die Nase bleibt nicht verschont. Das übermäßige Biertrinken Abends begünstigt durch Herbeiführung einer Säure¬ bildung im Munde die Zahnfäulniß, Mandelentzündungen und damit verbundenen Gelenk¬ rheumatismus. Auch zur Stärkung verordnete schwere Weine können bei Kindern die Schrumpfung der Leber veranlassen. Die örtlich entzündungserregende Wirkung theilt der Alkohol mit den beiden anderen Betäubungsmitteln, dem Aetlier und dem Chloroform; alle drei ätzen die Schleimhaut mehr oder minder. Der vom Magen und Darm in das Blut auf¬ genommene Alkohol erscheint in 1 % im Harn, in Spuren in der Milch stillender Frauen. Letzteres macht sich in der Störung des Allgemeinbefindens der Säuglinge bemerkbar, die Kinder werden unruhig, nervös. Alkohol ist, wie bekannt, kein Nahrungsmittel. Kleine Gaben Alkohol verlangsamen und stören die Magenverdauung, befördern nur die Aufsaugung schon gelöster Stoffe, wie Zucker. Letzteres bewirken unschädlich auch Pfeffer, Salz u. dergl. m. Erst wenn der Magen durch Alkohol verdorben ist, wirken kleine Gaben als befördernder Reiz. Die Trinker aber merken die Schädigungen nicht. Die Zuckerausscheidung durch den Harn nach Aufnahme größerer Zuckermengen in der Nahrung findet sich in 7 % bei chronischem Alkoholismus, 70 % bei Säuferwahnsinn. Wirkliche Zuckerruhr, Bierdiabetes, ist unter Biertrinkern nicht selten, desgleichen die Bierniere als chronische Nierenentzündung und das Bierherz als Er¬ weiterung und Vergrößerung des Herzens. Die beständige Durchspülung mit dem giftigen Alkohol und die Arbeitsüberlastung für Herz und Nieren erklären diese Veränderungen. Eine plötzliche Anstrengung kann solchen Leuten eine tödtliclie Herzdehnung bringen. Der Alkohol wird von einzelnen Körpertheilen, z. B. dem Gehirn, länger festgehalten und aufgespeichert. Die Wirkungen auf das Nervensystem sind allen drei Betäubungsmitteln Alkohol, Aetlier, Chloroform, gemein. Der Chlorofonnschlaf ist das Muster, Aetherschlaf läßt sich durch Einatlimen und durch Trinken liervorrufen, Alkoholschlaf durch Trinken und, wie Vortragender an Kaninchen gezeigt hat, auch durch Einathmung. Der Alkohol erweitert wie der Aetlier und Chloroform die Gefäße des Gesichtes, der Haut, vermindert den Blutdruck und zwingt das Herz dadurch zu langsamerem, kräftigem Schlagen. Das ist aber keine Stärkung, sondern mechanisch zu erklären. Bald folgt auch hier schnelleres und schwaches Schlagen mit der Gefahr der Lähmung. Die Körperwärme sinkt etwas. Zur Fieber¬ erniedrigung reicht das aber nicht aus, nur dazu, daß Leute nach Alkoholgenuß leicht er¬ frieren. Das Gefühl der Stärkung ist eine Täuschung DestrEe fand nach kleinen Alkohol¬ gaben, 10—15 g Cognak, einen augenblicklich auftretenden und auch wieder schwindenden günstigen Einfluß auf die Leistung des frischen und ermüdeten Muskels; sehr bald aber trat deutliche Lähmung auf, Herabsetzung bis auf ein verschwindend geringes Maß, das durch neue Alkoholmengen kaum erhöht wurde. Die Gesammtleistung ist mit Alkohol erheblich geringer als ohne ihn. Die angebliche geistige Anregung, die Heiterkeit, das gesteigerte Selbstbewmßtsein, das Gefühl der gesteigerten Kraft, der Thätigkeitsdrang, sind nach Schmiedeberg und Bunge die Folge der Lähmung der Gehirncentren, die der Besonnenheit vorstehen. Die geistige Kraft wird bedeutend herabgesetzt; z. B. wird anfangs schneller, aber schlechter, bald aber auch langsamer gerechnet, Wortzusammensetzungen, die ein gewisses Nachdenken erfordern, werden in geringerer Zahl gefunden, es wird schlechter, d. h. mit mehr Fehlern, gelesen, Setzer drucken schlechter. Die Untersuchten glaubten aber an ihre Mehrleistung. Smith fand, daß eine Flasche Wein bis zum dritten Tage wirkte, und daß nach einer Pause von acht alkohol¬ freien Tagen das Gehirn sich noch nicht völlig erholt hatte. Die mäßigen Trinker befinden sich also immer in einer künstlichen, mäßigen, geistigen Minderwerthigkeit, bezogen auf ihre sonst ohne Alkohol möglichen Leistungen. Ein Drittel der Geisteskranken verdankt dem Alkohol ihr Leiden. Nach des Vortragenden Ansicht sind auch die Mäßigen krankhaft be- XL1 einflußt vom Alkohol. Alle die gewöhnlichen Einwände gegen die Forderungen der völligen Alkohol-Enthaltsamkeit sind Erscheinungen der Sucht (des krankhaften Zustandes des mäßig Trinkenden), so das Lächeln über Enthaltsame, die Feindseligkeit gegen letztere, die Bereduug derselben zur Wiederaufnahme des Trunkes, die Behauptung, nie zu viel zu trinken, die an¬ gebliche Hinderung der Enthaltsamkeit durch Geschäft und Verkehr, Betrachtung des Alkohols als Sorgenbrecher u. s. w. Im Nervensystem hinterläßt die chronische Alkoholvergiftung Entartung und Schwund von Zellen und Fasern. 75 % von 829 Idioten der Anstalt Bicetre in Paris stammten von Alkoholikern ab. Demme fand bei 10 Trinkerfamilien von 57 Kindern nur 9 normal, die anderen starben jung, waren schwachsinnig, epileptisch oder mißgebildet, bei 10 enthaltsamen Familien von 61 Kindern aber 50 normale. Hodge machte Hunde und Hündinnen zu gierigen Trinkern, sie zeugten epileptische, blöde, zwerghafte, bissige Hunde, von denen eine große Zahl bald nach der Geburt starb. Selbst die Kinder der mäßigen Trinker entarten, besonders seitdem die Frauen auch trinken. Die Tüchtigkeit des militärischen Ersatzes steht im um¬ gekehrten Verhältniß zu der Trunksucht und Sucht der Bewohner ganzer Landstriche. Die Ueberbürdung der Schuljugend hat ihren Grund lediglich in der Alkoholentartung durch die Sucht der Eltern, desgleichen die Ueberbürdung der Beamten. Eisenbahn- und Schiffsunfälle würden erheblich abnehmen, wenn die Beamten enthaltsam sein müßten, wie es sich gehört. Die meisten Verunglückungen geschehen am Montag. In Deutschland waren nach Baer die Hälfte von 34000 Verbrechern Alkoholiker oder Berauschte, bei Verbrechen gegen die Person drei Viertel. Die Entartung des Menschengeschlechts in Folge Alkoholgenusses führt zur Verthierung, daher die vielen Messerstechereien und Lustmorde. Prügelstrafen kommen da zu spät; vorbeugend wirkt nur allgemeine völlige Enthaltung. Die Alkohol begeisterung stammt aus England; man wollte mit Recht fiebernde Kranke nicht hungern lassen. Alkohol galt damals aber noch als Nahrungsmittel. Glücklicherweise kommt man jetzt von diesen Verirrungen zurück, zumal festgestellt ist, daß Alkohol die Widerstandsfähigkeit gegen die Giftstoffe ansteckender Krankheiten herabsetzt. Als Erziehungsmittel zur Enthaltsamkeit empfiehlt Vortragender das ,,Sportathmen“. Es besteht in möglichst tiefem Einathmen mit geschlossenem Munde bis zur äußersten Mög¬ lichkeit und anschließendem Anhalten des Athems auf 1/i Minute oder 4 — 6 Schritt beim Gehen. Unbedingte Voraussetzung ist die völlige Enthaltsamkeit von weingeistigen Getränken. Das Sportathmen wirkt kräftigend auf das Herz durch Erleichterung seiner Arbeit und ist deshalb für zu entwöhnende Trinker von großem Werthe. Es wirkt aber auch auf Erkran¬ kungen der Athem- und Verdauungsorgane, Ohren und Nasen, heilend. Norwegen und Finland haben sich, auf dem Lande wenigstens, fast ganz durch eine strenge staatliche und örtliche Gesetzgebung vom Alkohol befreit. Auch Schweden zeigt große Fortschritte. Gemeinnützige Gesellschaften haben in Skandinavien durch Ankauf der Schnapskneipen nach dem Gothenburger System recht segensreich gewirkt; sie befördern die Mäßigkeit und liefern den Reingewinn zu gemeinnützigen Zwecken ab. In Amerika haben mehrere Staaten der Union den Verkauf der Alkoholika gesetzlich zu unterdrücken versucht. Den Alkohol wieder in die Apotheken zu verbannen, bemüht sich der Guttemplerorden mit seinen ßOOCOO Mitgliedern, ebenso der Verein enthaltsamer Aerzte (114 Mitglieder). Das blaue Kreuz hat ähnliche Bestrebungen (20900 Mitglieder). Vortragender schließt mit den Worten: „In Danzig ist die Trunksucht mit ihren schreck¬ lichen Folgen besonders groß. Unsere auf dem Gebiete der Gesundheitspflege durch Wasser¬ leitung und Canalisation so berühmte Stadt könnte wieder ein leuchtendes Vorbild geben, wenn die höchsten Beamten durch Beispiel und Eingreifen den Kampf gegen den Alkohol aufnehmen wollten.“ — Zum Beweise, daß auch ein alkoholfreier Wein, ein nicht gegohrener, durch Pasteurisiren keimfrei erhaltener Traubensaft, recht gut schmecken kann, credenzt Vor¬ tragender einen derartigen Trunk. XLII Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1899 behandelten Gegenstände. A. Allgemeines. 1. Der Director, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für das Jahr 1898 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sectionen vor; am 4. Januar. 2. Herr Lakowitz hält eine Gedächtnißrede auf das im Jahre 1898 ver¬ storbene Ehrenmitglied der Gesellschaft, G eheimrath Professor Dr. Ferdinand Cohn; am 4. Januar. 3. Herr Petruschky berichtet über den Verlauf der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in München 1899; am 1. November. 4. Herr Lakowitz berichtet über die Tagung des VII. Internationalen Geographen-Congresses in Berlin 1899; am 1. November. B. Physik und Chemie. 1. Herr Bail demonstrirt interessante Eisenschmelzflüsse; am 25. Januar. 2. Vortrag des Herrn Zimmermann: „Ueber den DiESEL-Motor“ ; am 15. Februar. 3. Herr Momber legt einen Block reinen Schmiedeeisens, mit Hilfe von Aluminiumpulver hergestellt, vor; am 22. März. 4. Herr Petruschky demonstrirt das Chromoskop von Ives und knüpft daran Bemerkungen über die Ziele der wissenschaftlichen Photographie; am 22. März. 5. Herr Wedding legt eine Eisenschlacke von Heiligenbeil Ostpr. vor und spricht über die Verwerthung derselben; am 22. März. 6. Vortrag des Herrn Neumann: „Ueber den elektrolytischen Unterbrecher von Wei-inelt und seine Bedeutung für die RoENTGEN-Strahlen“, mit Experimenten; am 3. Mai. 7. Herr Lakowitz demonstrirt das neue Projections-Chromoskop nach Ives; am 3. Mai. 8. Vortrag des Herrn Hess: „Ueber die Farbenkreisel nach Benham und Bidwell“, mit Demonstrationen; am 1. November. XL1II C. Astronomie und Meteorologie. 1. Herr Oehlschlaeger referirt über „Kepler’s Traum vom Monde“; am 1. März. 2. Herr Momber legt die Mond-Medaillons von Archenhold und Lehr vor; am 12. April. 3. Vortrag des Herrn Momber: „Ueber milde November in Danzig“; am 29. November. D. Mineralogie und Geologie. 1. Vortrag des Herrn Dahms: „Ueber Wechselbeziehungen zwischen dem Mineralreich einerseits und dem Thier- und Pflanzenreich anderseits“, mit Demonstrationen; am 1. März. 2. Vortrag des Herrn Kumm: „Geologische Skizzen vom Frischen Haff“, mit Demonstrationen; am 22. März. 3. Herr Conwentz berichtet über ein neu erschienenes Werk unseres Landsmanns und Correspondirenden Mitgliedes E. Treptow: „Bergbau“; am 3. Mai. E. Botanik und Zoologie. 1. Vortrag des Herrn Dahms: „Ueber das Leuchten bei Thieren und Pflanzen“, mit Demon¬ strationen ; am 4. Januar. 2. Herr Bail macht einige botanische Mittheilungen; am 25. Januar. 3. Vortrag des Herrn Bail: „Ueber die Thierklasse der Kopffüßer oder Tintenschnecken“, mit Demonstrationen; am 25. Januar. 4. Herr Lakowitz legt ein neu eingeschlepptes Insect, Diestremmena unicolor, vor; am 25. Januar. 5. Herr Lakowitz demonstrirt einen Taschenkrebs, Carcinus maenas ; am 15. Februar. 6. Herr Kumm berichtet über die Ergebnisse der Untersuchung amerikanischen Obstes und über das Auffinden der San Jose - Schildlaus, Aspidiotus perniciosus , mit Demonstrationen; am 1. März. 7. Vortrag des Herrn Adolf Wallenberg: „Ueber anatomische Grundlagen der willkürlichen Bewegung“, mit Demonstrationen; am 12. April. 8. Herr Conwentz legt einige seltene Pflanzen - Spielarten aus West¬ preußen vor und bespricht neue Erscheinungen der botanischen Literatur; am 3. Mai. 9. Vortrag des Herrn Radde: „Ueber die naturwissenschaftliche Erforschung der Kaukasusländer, mit besonderer Berücksichtigung der Thierwelt“; am 13. September. XLIV 10. Vortrag des Herrn Braun: Allerlei Biologisches aus dem jährlichen Kreislauf des Vogel¬ lebens“; am 29. November. F. Medici n und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Helm: ,,Ueber die Enteisenungsanlagen der städtischen Wasserwerke in Charlottenburg und M.-Gladbach“; am 15. Februar. 2. Herr Helm macht Mittheilungen über seine Untersuchungen zur Ent¬ eisenung von Tiefbrunnenwasser; am 1. November. 3. Vortrag des Herrn Matthaei: „Ueber die Bekämpfung der durch kleine Alkoholmengen verursachten Gesundheitsschädigungen“; am 20. Dezember. G. Geographie und Reisen. 1. Herr Lakowitz macht Mittheilungen über die deutscheTiefsee-Expedition; am 15. Februar. 2. Vortrag des Herrn Halbfass: „Ueber den gegenwärtigen Stand der Seenforschung“, mit Demon¬ strationen; am 18. Oktober. XLV Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Sseotioirr im Jahre 1899. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. Oehlschlaeger. J /ie Anthropologische Section der Naturforschenden Gesellschaft zählte am Ende des Jahres 1899 51 Mitglieder. Sie hielt in dem abgelaufenen Jahre 3 Sitzungen ab. Am 22. Februar sprach Herr Helm über die chemische Analyse in ihrer Beziehung zur vorgeschichtlichen Forschung. Ferner berichtete Herr Conwentz über den Birgiauer Silberfund aus der arabisch-nordischen Zeit; und schließlich zeigte derselbe einige norddeutsche Altsachen von Eiben¬ holz vor. Am 29. März berichtete Herr Kumm über seine neuen Ausgrabungen auf den der Steinzeit angehörigen Abfallhaufen bei Tolkemit. Am 25. Oktober zeigte Herr Conwentz die in dankenswerther Weise dem Westpreußischen Provinzial-Museum überwiesenen werthvollen Stücke der vorgeschichtlichen Sammlung des verstorbenen Amtsraths Dr. C. Struckmann in Hannover vor. — Herr Helm erstattete Bericht über den Verlauf der diesjährigen deutsch-österreichischen Anthropologen-Versammlung in Lindau im Bodensee. XL VI Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie im Jahre 1899. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EVERS. Die Section für Physik nnd Chemie hat im Laufe des Jahres 1899 zwei Sitzungen abgehalten. In der ersten, am 25. Januar, demonstrirte Herr Neumann das neue elektrische Anschlußtableau der Victoriaschule, sowie einige neuere Apparate, darunter besonders den W EHNEi/Pschen elektrolytischen Unterbrecher und seine Benutzung bei der Erzeugung von Roentgen- Strahlen. Am 10. Dezember demonstrirte Herr Kayser den in der Werkstatt der Gesellschaft gebauten Chronographen und seine Verwendung bei astronomischen Beobachtungen. Derselbe zeigte ferner eine Neuerung an einem Faden¬ mikrometer und einen von ihm schon vor längerer Zeit construirten Apparat zur Messung der Unregelmäßigkeiten im Bau des menschlichen Auges vor. Dann fand die Beamtenwahl für das Jahr 1900 statt. XLVI1 Bericht über die Sitziiitgeu der Medieinischen Sektion im Jahre 1899. Erstattet von dem stellvertretenden Vorsitzenden derselben, Pr. TOBNWALDT. 1. Sitzung am 12. Januar. 1. Herr Professor Barth stellt einen jungen Mann vor, der ein künstliches Gebiß verschluckt hatte, Pie Lage desselben wurde durch Roentgen- Strahlcn festgestellt, und dasselbe dann durch Speiseröhrenschnitt entfernt. 2. Per selbe zeigt ein anderes Gebiß, das gleichfalls durch Speiseröhren¬ schnitt entfernt wurde. 3. Herr Pr. Pixcus legt seinen Atmokauter vor, und erläutert dessen Anwendungsweise. 4. Herr Pr. Semi Meyer hält einen Vortrag über Nervenendigungen in den Centralorganen. 5. Herr Pr. Glaeser stellt eine 25 Jahr alte, 65 cm lange Französin mit rudimentären Gliedmaßen vor. 2. Sitzung am 9. Februar. 1. Herr Pr. Petruschky stellt 5 Patienten, 4 mit Lungentuberculose, einen mit Lupus vor, bei denen er durch Tuberculinbehandlung wesent¬ liche Besserung erzielt hat. 2. Herr Pr. Friedlaender hält einen Vortrag über Volksheilstätten für Tuberculose. 3. Sitzung am 9. März. 1. Herr Pr. Goetz stellt einen Mann mit ADDisoN’scher Krankheit vor. 2. Herr Pr. Goldschmidt stellt einen Patienten mit Lungentuberculose und Aortenaneurysma zugleich vor. 3. Herr Pr. Fischer stellt ein junges Mädchen vor, die ein künstliches Gebiß verschluckt hatte; nachdem durch RoENTGEN-Strahlen der Sitz in der Nähe des Pylorus festgestellt war, wurde das Gebiß durch Gastro- tomie leicht entfernt. XLVIli 4. Herr Dr. Wollt stellt einen Patienten mit Lähmung des Musculi rhomboidei sinistri vor. 5. Herr Dr. Glaeser zeigt RoENTGEN-Bilder von der in der ersten Sitzung vorgostellten Französin mit den rudimentären Gliedmaßen. 6. Derselbe zeigt mehrere Uteri, die wegen carcinoma corporis (Ivrebs des Gebärmutterkörpers) ausgerottet wurden. 7. Derselbe legt ein Uterussarkom vor, dessen Ursprungsstelle die Schleim¬ haut des Uterus war. 4. Sitzung am 13. April. 1. Herr Dr. Stanowski stellt einen Patienten mit Entzündung des Lenden¬ markes (Myelitis lumbalis) vor, der an starken Bewegungsstörungen (Ataxie), an Lähmung des linken Beins (spastische Parese), sowie an Harn- und Stuhlverhaltung litt. Durch transversale Galvanisation des Rückenmarkes und Gebrauch tonischer Mittel ist fast vollkommene Heilung cingetreten. 2. Herr Dr. Eitler stellt einen Mann mit einer angeborenen Anomalie im Gebiete der oberflächlichen Bauchvenen vor. 5. Sitzung am 20. Juni. Keine wissenschaftlichen Vorträge. 6. Sitzung am 12. Oktober. 1. Herr Professor Barth stellt eine Patieutin vor, bei der er wegen Magenkrebs im März die Resection des Pylorus (nach Kocher) mit bestem Erfolg ausgeführt hat, und erwähnt zwei weitere, ähnliche, mit gleich gutem Erfolge wegen Magenkrebs operirte Kranke. 2. Derselbe stellt zwei Patienten vor, bei denen er wegen Gallenstein¬ koliken die Choledochotomie nach LANGENBUCti’scher Methode mit gutem Erfolge ausgeführt hatte. 3. Herr Professor Valentin! stellt einen Mann mit großem Geschwür der vorderen Magenwand vor, das ein Carcinom Vortäuschen könnte. Da¬ gegen spricht die Gewichtszunahme des Patienten bei Milchdiät (in 4 Wochen 5 Pfund). •» 7. Sitzung am 26. Oktober. Keine wissenschaftlichen Vorträge. 8. Sitzung am 9. November. 1. Herr Dr. M. Semon spricht über Behandlung der Myome (Geschwülste) der Gebärmutter und legt fünf durch Operationen entfernte Myome resp. Uteri mit Myomen vor. XLIX 2. Herr Dr. Th. Wallenberg legt zwei durch Operation entfernte Aug¬ äpfel vor, die schwere Verletzungen aufwiesen, der eine durch einen Eisen-, der andere durch einen Kupfersplitter. 3. Herr Sanitätsrath Dr. Freymuth zeigt den Magen von einem an Karbol¬ säurevergiftung Verstorbenen, der die charakteristischen Karbolwirkungen aufweist. 9. Sitzung am 7. Dezember. 1. Herr Dr. Berent stellt einen durch Operation behandelten Fall vor von vollkommenem Lidverschluß (Symblepharon) infolge von Gonorrhoe- Infection des Auges, und bespricht die Behandlungsmethoden. 2. Herr Dr. Schourp stellt einen Fall von Pemphigus chronicus und einen anderen von Prurigo vor uud bespricht die Behandlung. 3. Herr Professor Barth bespricht drei Fälle von Nierenausrottungen; in den beiden ersten war die Operation wegen Tuberculose, im dritten, der auch für tuberculos angesehen wurde, wegen Nieren Vereiterung (Pyonephrose) gemacht. Alle drei Patienten genasen. 4. Herr Dr. Glaeser spricht über die Anzeigen zur Operation bei Uterus¬ myomen und über andere Behandlungsweisen bei diesem Leiden, 4 Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1899. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Oberbürgermeister DELBRÜCK. Uer Westpreußische Fisebereiverein ist auch in dem verflossenen Jahre bemüht gewesen, die Kenntniß der Lebensverhältnisse in den Gewässern der Provinz zu fördern. In erster Linie dürfen die in den Stuhmer Seen an- gestellten Untersuchungen genannt werden, über welche ein bereits Ende März abgeschlossener Bericht, dessen Drucklegung demnächst beendet sein wird, erstattet worden ist. Das Ziel der Untersuchungen, ein Bild von den Veränderungen der Lebewelt und der dieselbe beeinflussenden physikalischen Factoren in uusern kleineren Seen im Laufe eines Jahres zu gewinnen, kann wenigstens in manchen Beziehungen als erreicht angesehen werden, mit der Einschränkung jedoch, daß die beiden in die Beobachtungszeit fallenden sehr milden Winter Verhältnisse, wie sie sich bei dauernder, starker Eisdecke in den Seen entwickeln, nicht aufkommen ließen. Leider hat sich die Absicht, die in Stuhm begonnenen Untersuchungen in größerem Umfange in anderen Seen fortzusetzen, bis jetzt nicht verwirklichen lassen, vielmehr müssen wir uns mit einer theilweisen Fortsetzung der Beobachtungen in den Stuhmer Seen selbst begnügen. Im Allgemeinen haben die bisherigen Beobachtungen ergeben, daß sich die Stuhmer Seen in mancher Beziehung etwas abweichend von der Mehrzahl der Norddeutschen Seen verhalten. Gemeinsam ist den Stuhmer Seen im Gegensatz zu vielen andern Seen das Fehlen der Dinobryen und das überaus starke Auftreten von Wasserblüten, ferner das Vorkommen der Räderthiere Brachionus urceolaris und Br. palet. Von den von Apstein planktonstatistisch untersuchten Seen unterscheidet sich der Hintersee deutlich durch die über¬ aus geringe Entwickelung der Diatomeen und die große Menge von Ceratium hirundinella. Ferner ist dem Hintersee eigenthümlich das häufige Vorkommen von Trichodina pediculus und Coleps hirtus im Plankton, sowie eine neue Räderthierart Tubicolaria natans, endlich die Häufigkeit der Corethra- Larve in der Tiefe. Aus der Uferthierwelt sei hier namentlich eine dem bekannten Li Tubifex rivulorum ähnliche Oligochäte, Lophochaeta ignota Stolc, erwähnt, auf deren Vorkommen bisher nicht geachtet zu sein scheint, da sie nur aus Böhmen bekannt war, während sie sich neuerdings in Westpreußen und Ost¬ preußen als in Seen weitverbreitet erweist. — Dem Barlewitzer See ist eine besondere Mannigfaltigkeit des pflanzlichen Planktons eigen, über welche von Bruno Schroeder in Breslau, der sich der Bearbeitung der Algen freundlichst angenommen hatte, eine Reihe interessanter Beobachtungen an¬ gestellt sind. Von Interesse waren an dem Barlewitzer See namentlich auch die Beobachtungen über das Selbstreinigungsvermögen des Sees, welches die Folgen der Zuführung so erheblicher Mengen von Fäulnißstoffen, wie sie das Fischsterben 1896 — 97 hervorgebracht hatte, im Laufe eines Sommers fast völlig überwand, und ebenso den dauernd aus der Stadt Stuhm zugeführten Abfallstoffen rasch jeden tiefergreifenden schädlichen Einfluß benimmt. Aus¬ führlicheres über alle diese Verhältnisse bringt der mit graphischen Darstellungen, Tabellen und Abbildungen ausgestattete ausführliche Bericht. Gelegentliche Untersuchungen wurden, wie in früheren Jahren, auch in anderen Seen angestellt, namentlich in dem Großen Somminer See und dem Kruschinsee im Kreise Schlochau, in den Spengawsker Seen und den Zechendorfer Seen. Die erstgenannten Seen, welche zu den größten Seen unserer Provinz zählen, sind im Allgemeinen sehr flach, die mittlere Tiefe beträgt nur 1,8 bzw. 2,9 m. Eine etwas eingehendere Untersuchung konnte dem bis 34 m tiefen Großen Boethinsee im Kreise Dt. Krone ge¬ widmet werden. Im Uebrigen wurde an der Ordnung des reichlich vorliegenden Materials über Fischerei und Biologie unserer Gewässer gearbeitet, um dasselbe in Ver¬ bindung mit der nunmehr fertig gestellten Fischereikarte und den speciellen Gewässerverzeichnissen zu einem Gesammtbilde unserer Wasserbiologie ver¬ einigen zu können. 4* LII Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege im Jahre 1899. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medicinalrath Dr. BORNTRAEGER. Die Section zählte Ende 1899 59 Vitglieder. 1. Sitzung am 21. Januar 1899. Herr Preusse: Die Erkrankungen durch Strahlenpilz (mit Demonstrationen.) 2. Sitzung am 18. Februar 1899. Herr Neumann: Zur Hygiene des Schreibunterrichts. 3. Sitzung am 4. März 1899. a. Herr Kaempfe: Ueber den Zusammenhang der Selbstmorde mit dem Steigen der Sonne. b. Herr Sander: Ueber Trainiren. c. Herr Borntraeger: Einige wohnungshygienische Bemerkungen mit Bezug auf Neueinrichtungen in Danzig. 4. Sitzung am 13. April 1899 (im Gewerbehause). Herr Professor Dr. ZANDER-Königsberg i. Pr.: Ueber gesundheitsgemäße Ausbildung unseres Körpers für anstrengende Leibesübungen (Turnen, Schwimmen, Rudern, Reiten, Radfahren u. s. w.) 5. Sitzung am 28. Oktober 1899. Herr Matthaei: Bekämpfung der selbst durch kleine Gaben von Alkohol verursachten Gesundheitsschädigungen. 6. Sitzung am 2. Dezember 1899. Herr Borntraeger und Herr Hildebrand: Ueber die Zulässigkeit des Zusatzes von schwefligsauren Salzen zum Fleische. 7. Sitzung am 16. Dezember 1899. Herr Vagedes: Ueber die Pest; Epidemiologisches und Hygienisches. Am 4, Juli veranstaltete der Verein gemeinsam mit dem Medicinal- beamtenverein eine Seefahrt mit Damen nach Heia, wo u. A. das neue Kur¬ haus, das Seebad und der artesische Brunnen in Augenschein genommen wurden. Seit dem 19. Dezember 1899 giebt der Verein „Hygienische Regeln für den Handverkauf in Eßwaarenläden“, welche in seinem Schoße entstanden sind, unentgeltlich an Ladenbesitzer durch Vermittelung des Herrn Kreis- physicus Dr. Eschricht ab. i _ • _ > r ♦ ~i LIII V erzeichniss der im Jahre 1899 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. I. Durch Tausch gingen ein: Amerika. Baltimore. Memoirs from the biological laboratory of the John’s Hopkins university, IV, 3: Yoldia limatula von G. A. Drew. 1899. Boston. Memoirs of the Boston society of natural history. Vol. 5, No. 4, 5. 1899. Proceedings of the Boston society of natural history. Vol. 28, No. 14 — 16. 1899. Proceedings of the american academy of arts and Sciences. Vol. XXXIV, No. 18 — 23. Vol. XXXV, 1—3. 1899. Buenos Aires. Annuario estadistico de estadistica de Ja provincia Buenos Aires 1896. Cambridge (Mass.). Annual report of the assistant of the museum of comparative zoology for 1898/99. Bulletin of the museum of comparative zoology at Harvard College. Vol. XXXH, 9, 10, XXXIII, XXXIV, XXXV, 1—6. 1899. Chapel Hill. Journal of the Elisha Mitchell scientific society. Vol. XIV, 2. 1898. Vol. XVI, 1. 1899. Chicago. The John Crerar library. Fourth annual report for 1898. The Chicago academy of Sciences. Bulletin No. II of the geological and natural history survey, 1897 ; 40 annual report for 1897. Cincinnati. Publications of the Cincinnati observatory. No. 14 [Catalogne of 2030 stars for 1895]. Cordoba (Argent ). Boletin de la academia nacional de ciencias. T. XVI, 1. 1899. Halifax The proceedings and transactions of the nova scotian institute of science. Vol. IX, part 4, session of 1897/98. Leon. Boletin mensual del observatorio meteorologico de Leon, republica mexicana. Aug. — Dez. 1898; Jan. 1899. Madison. Transactions of the Wisconsin academy of Sciences, arts and letters. Vol. XII, part 1. 1898. Mexico. Ensayo practico de repoblacion de Bosques 1897. Observatorio meteorologico central de Mexico; Resumenes mensual; Correspondientes de 1891 y 1892. Boletin mensual del observatorio meteorologico central de Mexico. Octob. — Nov. 1897 ; Juni — Dez. 1898; Jan. — Juni 1899. Memorias y revista de la sociedad scientifica „Antonio Alzate“. T. XI, No. 9—12. 1898; T. XII, No. 1-8. 1899. Boletin del institnto geologico de Mexico. No. 11. 1898. Boletin de agricultura, minera e industrias publicado por la secretaria de fomento. Anno VIII, 1—12. 1899. LIV Mil waukee, 16. anuual report of the boards of trustees of the public rnuseum of the city of Milwaukee. 1898. Montevideo. Anales del museo nacional de Montevideo. T. II, fase XI. 1899. New Haven. TraDsactions of the Connecticut acadeiny of arts and Sciences. Yol. X, 1. 1899. New York. Annals of the New York academy of Sciences. Vol. X, No. 1 — 12; vol. XI, p. 3; vol. XII, p. 1. 1898/99. Ottawa. Geological survey of Canada; annual report for 1896, Yol. IX. 1898. Philadelphia. 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XXI Bd. 1-3. 1899. Lund. Meddelanden frän Lunds astrouomiska Observatorium. Nro. 4 — 7. 1899. Stavanger. Museum. Aarsberetning for 1898. 9. aargang. 1899. Stockholm. Kgl. svenska velenskaps-akademiens handlingar. Bd. 31. 1898/99. Bihang tili kgl. svenska vetenskaps-akademiens handlingar 24. Bd. Afd. I — IV. 1898. • . O Ofversigt of kongl. vetenskaps-akademiens fÖrhandlingar. 55. Argängen. 1898. Meteorologislca jakttagelser i Sverige, utgifna af kgl. svenska vetenskaps-akademien. 35. Bd., 2 Serie 21. Bd. 1893. Stockholm 1898. O Kgl. vitterhets historie och antiquitets akademiens mänadsblad, 24. Argängen. 1895. Geologiska foreningens fÖrhandlingar. 20. Bd. 1898. Entomologisk Tidskrift 1898. Arg. 19, Heft 1 — 4. Tromsö. Museums aarshefter 20. 1897. Tromsö 1899. Museums aarsberetning for 1897. Trondhjem. Det kongelige norske videnskabers selskabs skrifter. 1898. Upsala. Bulletin of the geological Institution of the university of Upsala. Vol. IV, part. 1. 1898. Nro. 7. Schweiz. Basel. Jahresbericht der schweizerischen Universitätsschriften. 1898 — 99. Bern. Berichte der Schweizerischen Botan. Gesellschaft. Heft IX. 1899. Verhandlungen d. Schweizer. Naturforsch. Gesellschaft. 80. Jahresvers., 81. Jahresvers- Mitteilungen d. Naturforsch. Gesellschaft aus d. J. 1897. Nro. 1436- — 1450. 1898. Hochschule : 41 akademische Schriften medicinischen u. naturwissensch. Inhalts vom Jahre 1898/99. ('-hur. Jahresbericht der Naturforsch. Gesellschaft Graubündens. N. F. XLII. Bd. 1898/99. Frauenfeld. Mitteilungen der Thurgauischen Naturforschenden Gesellschaft. 13. Heft. Frauenfe'd 1898. Genf. Annuaire du conservatoire et du jardin botanique de Geneve. 2. Annee. 1898. Neuchatel. Bulletin de la soc. des Sciences naturelles. T. XXI — XXV. 1893 — 1897. Schaffhausen. Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft. Band IV, Heft 4, 5. 1898. Winterthur. Mitteilungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft I. Heft. Jahrg. 1897/98. Zürich. Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft auf d. Jahr 1898 und auf 1899. Vierteljahrsschrift der Naturforsch. Gesellschaft. 43. Jahrg. (1893) 4. Heft; 44. Jahr¬ gang (1899) 1. u. 2. Heft. LXII Spanien. Madrid. Observationen meteorologicas effect. eu el observat. de Madrid dnrante 1896/97. Madrid 1899. 8. Resurnen de las observaciones meteorolog. effect. en la pensinsula etc. dnrante 1895/96. publ. por el observatorio de Madrid. 1899. II. Geschenke. Geschenke dei* Autoren. Braun. F., Der Vogelzug. Der Gesang der Vögel. (Separat-Abdr. aus Fachzeitschriften). Ein lehrreiches Gespräch für alle Naturforscher, welche populäre Bücher schreiben wollen. Danzig 1899. Deecke, W., Italien. (Aus Bibliothek der Länderkunde v. Kirchhofe u. Fitzner. Bd. III u. IV). Berlin. — Führer durch Pommern. Berlin 1899. — Führer durch Rügen. Berlin 1899. — Die Soolquellen Pommerns. Greifswald 1898. — Sieben Sonderabdrücke geologischen und paläontologischen Inhalts. Dorr, R , Die Gräberfelder auf dem Silberberge bei Lenzen und bei Serpin, Kr. Elbing (Fest¬ schrift der Elbinger Alterthumsgesellschaft zur Feier ihres 25jährigen Bestehens. 1898). Griesbach, H., Hygienische Schulreform Hamburg u. Leipzig 1899. — Vergleichende Untersuchungen über die Sinnesschärfe Blinder u Sehender. Bonn 1899. Hedin, Sven, Durch Asiens Wüsten. Bd. I u. II. Leipzig 1899. Hummel, F„ Geolog. -agronom. Studien im Bereich des westl. Ufers der Ragnitz bei Erlangen. (Dissertation). 1877. Jentzsch, A , Zur Danziger Hochschulfrage. (Sep.-Abdr. aus „Hochsohulnachrichten“, Dez. 1897). Klossovsky, A., Uie physique de notre planete devant les lumieres de la Science contempo- raine. Odessa 1899. KlüNZINGER, Th. Eimer, ein Lebensabriß. (Sep.-Abdr. aus Jahreshefte des V. f. vaterl. Natur¬ kunde in Württemberg 1899). Lakowitz, Das Chromoskop von Ives. (Sep.-Abdr. ans „ Himmel und Erde“ 1899). Möbius, Die Thierwelt der Erde. (Sep.-Abdr. aus Scobel, Geogr. Handbuch zu Andrees Handatlas. Bielefeld u. Leipzig 1899). — Das Wandern der Sommervögel. (Sep.-Abdr. aus „Himmel und Erde“ 1899). Petruschky, J,, Zur Epidemologie des Typhus abdominalis in Danzig und Umgegend. 1898. — Ueber die Behandlung der Tuberkulose nachKoCH. (Sep.-Abdr. a. d deutschen medicinischen Wochenschrift 1897, No. 39 u. 40). — Die wissensch. Grundlagen und die bisherigen Ergebnisse der Serumtherapie 1898. (Sammlung klinischer Vorträge, No. 212). — Demonstration von Präparaten und Kulturen von einem zweiten intra vitam. diagnosticierten Falle von Streptotrichosis hominis. (Sep.-Abdr. a. d. Verhandl. des XVI. Congresses für innere Meüicin). — Ist der ScHERlNG’sche Formalin-Desinfektor „Aeskulap“ zur Einführung für die Wohnungsdesinfektion zu empfehlen? (Sep-Abdr. aus den Verhandlg. des XVI. Congresses etc.). — u. Hinz, G., Ueber Desinfektion von Kleidungsstücken mittels Formaldehyds. (Sep.-Abdr. a. d. deutschen med. Wochenschrift 1898, No. 3). LXIII PlNCUS, L., Eine neue Methode der Behandlung entzündlicher, namentlich exsudativer Bechen¬ affektionen mittelst „ Belastungslagerung“. (Sep.-Abdr. a. d. Zeitschrift für Geburts¬ hilfe. Bd. XXXIX. 1898). — Zur Pathologie einer dem weibl. Geschlecht eigenthiiml. Form der sogen, habituellen Constipation. (Sep.-Abdr. a. Virchow’s Archiv, Bd. 153. 1898). — Das vorläufige Ergebnis der Vaporisation. (Sep.-Abdr. a. d. Centralblatt für Gynä¬ kologie. 1898. No. 38). — Ueber Atmokausis (Vaporisation) u. deren Modifikationen in der Gynäkologie. (Sep.- Abdr. a. d. therapeutischen Monatsheften, 1898, Oktober). Radde, Zwei Fahrten in das Mittelmeer in den Jahren 1895 u. 1897. — Mittheilangen des kaukasischen Museums in Tiflis. Bd. I. Lief. IT. 1897. — Bericht über d. kaukas. Museum in Tiflis f. d. Jahre 1897 u. 1898. — Besuch in Amboina. (Sep.-Abdr. aus „Globus“. Bd. LX1X. No. 20). — Tiger- u. Leopardenjagd. (Abdr. aus G. Radde, Reise der Großfürsten Alexander und Sergei Michailowitsch in d. südasiatischen Tropen. 1897). — In den asiatischen Tropen. (Sep.-Abdr. a d. 25. Jahresbericht d. Vereins f. Erdkunde in Dresden. 1896). — Eine Woche in Ceylon. (Sep.-Abdr. a. d. deutschen Rundschau f. Geogr. u. Statistik. XVIII. 4, 5. 6). — Grundzüge der Pflanzengeographie in den Kaukasusländern. Leipzig 1899. Ri>T, D., Verzeichniß der in Gesteinen der Prov. Hannover bislang aufgefandenen fossilen Radiolarien. Contributions to canadian micro-palaeontology, part IV. (Sep.-Abdr. a. Geological and natural history survey of Canada. Ottawa 1892). — Beiträge zur Kenntniß der Gattung Stapelia. (Sep.-Abdr. aus der Monatsschrift für Cacteenkunde). — Ueber die Organisationstypen in d. geolog. Formationen. Ueber fossile Radiolarien aus den Schichten des Jura. (Sep.-Abdr. a. d. Jenaischen Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. XVIII, N. F. XI). • — Ueber eine Carbonkohle aus Centralrußland. (Sep.-Abdr. a. d. Ber. d. XVI. Versamml. des oberi’hein. geolog. Vereins). Sc'HiCHAU, Atlas der Torpedobootstypen. 1899. (Ohne Text). Schübebt, J., Der jährliche Gang der Luft- und Bodentemperatur im Freien und in Waldungen und der Wärmeaustausch im Erdboden. Berlin 1899. Solger, B , MAUTHNER’sche Fasern bei Chimaera. (Sep.-Abdr. aus d. morpholog. Jahrbuch. xxvir, 2). STOSSISCH, Saggio di una fauna elmintologica di Triesti. 1898. — Strongylidae. Trieste 1899. Treichel, 12 Separat-Abdriicke botanischen, volkskundlichen und vorgeschichtlichen Inhalts. Treptow, E., Bergbau. Sonderabdruck des I. Theils des „Buch der Erfindungen, Gewerbe u. Industrieen“. Leipzig 1899. Voretzsch, M., Feslrede zur Feier des 80jährigen Bestehens d. Naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes. 25. I. 1898. Altenburg 1899. Zernecke, Aufforderung an sämmtliche Mitglieder der Familie Zernecke, die Drucklegung der Geschichte ihres Geschlechtes zu ermöglichen. Graudenz 1899. Geschenk des Kgl. Ministeriums für die landmrthscliaftliclien Angelegenheiten, Domänen und Forsten. Landwirthschaftliche Jahrbücher, B. XXVII, Heft 5, 6. 1898; dazu Ergänzungsband IV, V, VI. ■ Bd. XXVIII. (1899). Heft 1—6; dazu Ergänzungsbd. I, II, III, IV. LXIV Geschenk der Ministerialkommission für die Untersuchung der deutschen Meere in Kiel. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, Neue Folge, 3. Bd. Abtheilung Helgoland. Heft 1. 4. Bd. Abtheilung Kiel. Geschenk der Kgl. preuss. geologischen Landesanstalt. Abhandlungen. Neue Folge Heft 25 (m. Atlas), Heft 29. Berlin 1898, 1899. Geologische Karte von Preussen u. d. Thüringischen Staaten. Lief. 63, 77, mit Erläuterungen. 188/99. (7. Blatt). Geschenk des Herrn Ober-Präsident v. Gossler. Zupnik, Ueber Variabilität der Diphteriebacillen. Bail, Ueber Freiwerden der baktericiden Leucocytenstoffe. A. SCHUECK-Hamburg, Magnetische Beobachtungen an der deutschen Ostseeküste, westl. Teil. Hamburg 1899. IT. Erdmann, Anleitung zur Darstellung chemischer Präparate. 2. Auf], 1899. — 4 Separatabdriicke, betreffend Vorkommen und Bedeutung des Jods, die Fort¬ schritte der Farbenindustrie, die Brenztraubensäure, das Neroliöl. 10 Druckschriften vom VII. Internationalen Geographenkongress, Berlin. 1899. [Bibi, geogr. Bd. V ; Mitgliederverzeichnis, Auszüge aus d. Vortr.]. Geschenk der Frau I)r. Schneller. Schneller, Anatomisch-physiolog. Untersuchungen über die Augenmuskeln Neugeborener. Geschenk der Frau Sanitätsrat l)r. Piwko. Vollständige Sammlung officineller Pflanzen, erschienen bei Arnz & Co. in Düsseldorf. Lief. 5, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 15, 17. Geschenk der Firma Jsaac Wed Ling Wwe. & Eidam Dirk Hekker zu Danzig. Festschrift über das 300jährige Bestehen der Liqueurfabrik ,,Der Lachs“. 6. Juli 1898. Geschenk des Herrn Riltergulsbesitzer Treichel in Hoch Paleschken. B. Hagen, ,, Unter den Papuas“, mit 24 Vollbildern. Wiesbaden 1899. Tageblatt der 71. Versammlung deutsch. Naturforscher u. Aerzte in München 1899. Geschenk des Herrn Dr. Öhlschlager. Braunschweig im Jahre 1897; Städtische Festschrift, veröffentlicht bei Gelegenheit d. Vers. d. deutsch. Naturf. u. Aerzte in Braunschweig. 1897, Beiträge zur Anthropologie Braunschweigs ; Festschrift zur 29. Vers. d. deutsch, anthropolog. Ges. in Braunsehweig. 1897. Blasius, Neue Knnchenfunde in den Höhlen von Rübeland [Sep.-Abdr. a. d. Sitzungsber. d. V. f. Natur, i. Braunschweig. 1898], — Megalithische Grabdenkmäler des nordwestl. Deutschlands. [Sep.-Abdr. ebenda 1895/96], — Das herzogliche naturhistor. Museum in Braunschweig. [Sep.-Abdr. a. d. Festschrift zu Ehren der Natnrforschervers. i. Braunschweig. 1897], — System der Säugetiere. [Sep.-Abdr. a. d. allgem. Encyclopädie d. ges. Forstwissen¬ schaft. 1892]. Die vorgeschichtlichen Befestigungen am Reitling [Elm] und ihre Umgebung ; aufgenommen von Kahle u. Luehmann. 1898. Neueste Wandkarte der Umgegend von Braunschweig. 1897. Die Hermannshöhle bei Rübeland, geolog. bearbeitet v. Kloos, photographisch aufgenommen von M. Mueller. Atlas, Weimar. 1898. LXV Geschenk des Herrn Verlagsbuchhändler Reinicke in Leipzig. Botanische Jahrbücher für Systematik, Pflanzengeechichte und Pflanzengeographie, herausgegebeü von A. Engler. 25. Bd. Leipzig 1898; 2(J. Bd. Leipzig 1899. Geschenk des Preussischen Botanischen Vereins in Königsberg. Flora von Ost- und Westpreussen, herausgeg. v. Preuss. Bot. Verein. 1. Hälfte. Berlin 1898. Geschenk des Herrn Professor Lampe in Zoppot. Die Temperaturverhältnisse des russischen Reiches, von H. Wild. Petersburg 1881. Annales de l’observatoire physique central, annee 1897, partie I et II. St. Petersbourg 1898. Geschenk des Herrn Dr. Kayser. Ergebnisse d. met. Beob. in Aachen für 1898. Jahrgang IV. Correspondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie u. Urgeschichte. XXX. Jahrg. 1899. Etudes internationales des nuages. 1896 — 97. Observations et mesures de la Suede. III. (Hildebrandson). Geschenk des Ortsausschusses in Danzig für den wissenschaftlichen Ausflug VI des VII. Internationalen Geographenkongresses. Berlin 1899. Danzig, mit besonderer Berücksichtigung der geographischen Verhältnisse. Danzig 1899. Geschenk des Herrn Geheimen Medicinalratli Dr. Abegg. Richard y. Volkmann, Sammlung Klinischer Vorträge (Chirurgie). Richard y. Volkmann, Sammlung Klinischer Vorträge (Innere Medicin). Liebreich, Therapeutische Monatshefte, 1888 — 9G, Zeitschrift f. Medicinalbeamte, 1888 — 99. Fortschritte d. Medicin, 1883 — 99. Verhandlungen d. Ges. deutscher Naturforscher u. Aerzte, Frankfurt a. M. u. Düsseldorf, 189G — 98. Tageblatt deutscher Naturforscher und Aerzte, 1872, 73, 74, 77, 78, 79, 80 (Danzig, 15 Exemplare), 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88. Berliner Klinik, 1888, Heft 1—7; 1889, Heft 8—18; 1890, Heft 19—30. Hygiene-Ausstellungs-Zeitung, Berlin 1883. Festschrift d. deutschen Naturforscher u. Aerzte, 1883. Schriften d. Naturf. Ges. in Danzig, 1872, 73, 74, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92, 97, 98. Bericht über d. Westpr. Bot.-Zool. Verein, 1878 — 88, 90, 92, 9G (14 Hefte). Preussischer Medicinalbeamten-Verein v. 1885 — 96. Internationaler med. Congress, Berlin 1890. Jahresbericht d. Danziger Naturf. Ges., 1878, 84, 85, 86. Amtlicher Bericht über d. Versammlung deutscher Naturf. u. Aerzte in Königsberg 1860; in München 1877. Internationaler Congress f. Hygiene u. Demographie, Wien 1887 (14 Hefte). Verschiedene Schriften u. Berichte über Congresse, Ausstellungen etc. Henle, Allgemeine Anatomie, 1841. Henle, Handbuch der rationellen Pathologie, 1853. Henle, Pathologische Untersuchungen, 1840. Emmet, Gynaekologie, 1881. Marion Sims, Gebärmutter-Chirurgie, 1870. Marion Sims, Clinical Notes on Uterine Surgery, 1866. Olshausen, Krankheiten d. Ovarien, 1877, 5 LXVI Fritsch, Lageveränderungen u. Entzündungen d. Gebärmutter, 1885. Gusserow, Neubildungen d. Uterus 1885. 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Beobachtungen a. d. deutschen Ostseeküste westl. Theiles, 1897/98. Hamburg. Mittheilungen d. Deutsch, u. Oesterreich. Alpenvereins, 10 Jahrg., v. 1890 — 99. III. Angekauft wurden folgende Werke: a. Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. Biologisches Centralblatt. Jahrg. 19. 1899. Leipzig. 8. Comptes Rendus. Tom. 128, 129. Paris 1899. 4. Forschungen zur Deutschen Landes- u. Volkskunde. Bd. 11, II. 4 — 5. Bd. 12, H. 1 — 3. Stuttgart 1899. 8. Globus, Illustr. Zeitschrift für Länder- u. Völkerkunde. Bd. 75, 76. Braunschweig 1899. 4. Grimm, Deutsch. Wörterbuch. Bd. 9, Lief. 15. Bd. 10, Lief. 1. Leipzig 1899. 8. Himmel und Erde, popul. illustr. Monatsschrift. Jahrg. 11, H. 3 — 12; Jahrg. 12, H. 1 — 3. Berlin 1898, 99. 8. American Journal, 1899. New-Haven. 8. Altpreuss. Monatsschrift, Bd. 36, H. 1- — 6. Königsberg. 8. Altpreuss. Bibliogr. f. 1896 Königsberg 1899. 8. Natur, Zeitung zur Verbreitung naturw. Kenntnisse. Bd. 48. 1899. Halle. 4. Natur wissensch. Rundschau, wöch. Berichte. Jahrg. 14. 1899. Braunschweig. 4. Naturw. Wochenschrift, Bd. 15. 1899. Berlin. 4. Prometheus, Illustr. Wochenschrift üb. die Fortschritte der angewandten Naturwiss. Jahrg. 1899. Berlin 1899. 4. Sammlung gemeinverständl. Vorträge. Serie 13, Heft 305 — 312; Serie 14, Heft 313 — 330. Hamburg. 8. Science, Bd. IX, X. New- York 1899. Lampert, Das Leben der Binnengewässer. Leipzig 1899. Milkau, Die internationale Bibliographie der Naturwissenschaften nach dem Plane der Royal Society. 1899. Berlin. Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher u. Aerzte in Düsseldorf. (70 Vers.) Naturae Novitates. Jahrgang 1899. Berlin. 8. b. Physikalischen und chemischen Inhalts. Annalen der Physik und Chemie. 1899. No. 1 — 12. Leipzig 1899. 8. Beiblätter 1899. Leipzig. 8. Berichte der Deutschen chemischen Gesellsch. Jahrg. 32. 1899. Berlin. 8. LXIX Hellmann, Nachdrucke. Berlin 1899. 4. No. 10. Rara magnetica 1269 — 1599; No. 11. Ueber Luftelektricität 1746 — 1753. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie. Jahrg. 1892, u. Generalregister 5. Heft. 1899. Braunschweig. 8. Journal für prakt. Chemie. Jahrg. 1899. Leipzig. 8. Elektrotechn. Zeitschrift, Jahrg. 20. 1899. Berlin. 4. Zeitschrift für Instrumentenkunde. 1899. Berlin. 8. Deutsche meteor. Zeitschrift, Jahrg. 16. 1899. Berlin. 8. Das Wetter, meteor. Monatsschr. Jahrg. 16, H. 1 — 12. Braunschweig 1899. 8. Sammlung chemischer und chemisch-technologischer Vorträge, Band III, Band IV, 1 — 10. Sammlung elektrotechnischer Vorträge, Band I, Band II, 1. c. Astronomischen Inhalts. Berliner astr. Jahrbuch, 1901. Berlin 1899. 8. Astronom. Nachrichten, Bd. 144. 145. Kiel 1899. 4. Sirius, Zeitschr. f. popul. Astronomie. Bd. 32. Leipzig 1899. 8. d. Zoologischen Inhalts. Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 59, Bd. 2, II. 1; Jahrg. 60, Bd. 2, H. 3; Jahrg. 62, Bd. 2, H. 2; Jahrg. 63, Bd. 1, H. 2; Jahrg. 64, Bd. 1, H.3; Jahrg. 65, H. 1— 3. Berlin. 8. Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreiches. Würmer, Lief. 14 — 17. Leipzig 1897. 8, Zeitschrift für wiss. Zoologie. Bd. 66, H. 4; Bd. 67, H. 1, 2. Leipzig 1899. 8. e. Botanischen Inhalts. Botan. Centralblatt, Jahrg. 1899. Kassel. 8. Beihefte, Bd 8, Heft 4 — 7. Kassel. 8. Engler und Prantl, Die natürl. Pflanzenfamilien. Lief. 184 — 189. Leipzig 1899. 8. Botan. Jahresbericht, 1896, Abth. 1, H. 3; Abth. 2, H. 3, 4; 1897, Abth. 1, H. 1, Abth. 2, H. 1, 2; 1898, Abth. 1, H. 1. Berlin. 8. Rabenhorst, Kryptogamen-Flora. Pilze, Lief. 64, 65; Laubmoose, Lief. 34, 35. Leipz. 1899. 8. Ascherson und Grabner, Flora des nordostdeutschen Flachlandes. Berlin 1898 — 99. 8. Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Baud VHI, Heft 1. Breslau. 8. Botaniska notiser, Jahrgang 1899. f. Anthropologischen Inhalts. Archiv für Anthropologie. Bd. 25, H. 3, 4; Bd. 26, H. I, 2. Braunschweig 1899. 4. Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1898, H. 4 — 6. Jahrg. 1899, H. 1 — 4. Ergänzungsblätter. Berlin. 8. Internationales Archiv für Ethnologie. Band XI, 5, 6; Band XII, 1 — 5. Leiden. 4. g. Mineralogischen Inhalts. Neues Jahrbuch (ür Mineralogie. 1899, Bd. 1, H. 1—3; Bd. 2, H. 1 — 3. Stuttgart. 8. Bei- lage-Bd. 12, H. 1, 2. Stuttgart 1899. 8. h. Medicinischen Inhalts. Archiv für Anatomie u. Physiologie. 1899. Anat. Abth. H. 1 — 6. Physiol. Abth. H. 1 — 6. Suppl. I, H. Physiol. Abth. Leipzig 1899. 8. i. Geographischen Inhalts. Geographische Zeitschrift, herausgegeben von Hettner. Jahrgang V. 1899. Leipzig. 8 LXX Jahresbericht der N aturfor sehenden Gesellschaft zu Danzig für 1900. Erstattet von dem Director derselben, Professor A. MOMBER, am 2. Januar 1901. Meine Herren! Lassen Sie uns am heutigen Tage zuerst unserer Todten gedenken. Vor einem Jahre fehlte allerdings schon in unserer Mitte der Mann, der bis dahin mit am regelmäßigsten wie an den ordentlichen Sitzungen so auch an den Fest¬ sitzungen beim Beginn des neuen Jahres theilgenommen hatte. Schwer wollte es uns damals in den Sinn, daß Herr Geheimrath Abegg von der Stätte seiner langjährigen Thätigkeit und von unserer Gesellschaft scheiden sollte. Aber wir alle hofften, daß es ihm beschieden sein würde, noch viele Jahre in wohl verdienter Ruhe auf die reiche Arbeit seines Lebens zurückzublicken. Es ist anders gekommen; wenige Monate nach seinem Scheiden von Danzig ist er am 3. Oktober aus dem Leben geschieden, tief betrauert von seiner Familie, von seinen Freunden, von unserer ganzen Stadt und nicht am wenigsten von unserer Naturforschenden Gesellschaft. Seit 44 Jahren unser Mitglied, seit 26 Jahren unser Vicedirector hat er in dieser langen Zeit an der Entwickelung der Gesellschaft den regsten Antheil genommen, bei allen Wandlungen hat er uns seinen stets bewährten Rath geliehen, seinen Bemühungen danken wir es in erster Linie, wenn Aerzte und Naturforscher in unserer Gesellschaft treu zusammen stehen; ihm danken wir die kräftige Entwickelung unserer HuMBOLDT-Stiftung, ihm eine wesentliche Vermehrung unserer Bibliothek durch reiche Schenkungen. Unsern Dank für seine großen Verdienste um die Gesellschaft haben wir bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctor- Jubiläums durch seine Ernennung zum Ehrenmitgliede ausdrücken wollen; daß seine Verdienste unvergessen bleiben werden, wollen wir heute an dieser Stelle von Neuem aussprechen. Es starb ferner am 28. Januar unser Ehrenmitglied Herr Geheimrath Professor Dr. H. B. Geinitz in Dresden, der Schöpfer und Director des Kgl. Mineralogischen Museums im Zwinger, der als Geolog und Paläontolog an hervorragender Stelle über 60 Jahre wissenschaftlich thätig war. Vielen von uns ist er noch in bester Erinnerung von seinem Besuche Danzigs im Sommer 1888. Zu seinem 80. Geburtstage, zum 16. Oktober 1894, hat unsere LXXI Gesellschaft ihn zu ihrem Ehrenmitgliede ernannt. Es starb ferner von unsern einheimischen Mitgliedern Herr Dr. med. Georg Schröter. Lassen Sie uns das Andenken der Entschlafenen durch Erheben von unseren Plätzen ehren! Durch den Tod der genannten Herren ist die Zahl unserer Ehrenmit¬ glieder auf 8 herabgegangen, die Zahl der Correspondirenden Mitglieder von 51 ist dieselbe geblieben. Einheimische Mitglieder zählt die Gesell¬ schaft 234 gegen 240 zu Anfang des verflossenen Jahres, auswärtige 87 gegen 78. Die Zahl der auswärtigen Mitglieder ist dadurch vergrößert, daß eine Reihe von Gymnasien, Progymnasien und Realschulen der Provinz auf die Empfehlung des Kgl. Provinzial-Schul-Collegiums sich zur Mitgliedschaft gemeldet haben. Yon den äußeren Ereignissen auf dem Gebiete der Wissenschaft, welche sich auch in unserer Gesellschaft abgespiegelt haben, nenne ich heute nur eines, die 200jährige Jubelfeier der Kgl. Akademie der Wissen¬ schaften zu Berlin am 19. März. Es ist Ihnen Allen aus den Berichten der Tagesblätter lebhaft in der Erinnerung, mit welchem Glanze dieses Fest gefeiert wurde, Die Akademie ist eine Gründung unseres Königshauses, ihre Geschichte ist mit der Geschichte unseres Landes und seiner Herscher aufs Engste verknüpft. Dieser Thatsache entsprang die große Festfeier im Hohen- zollernschloß, die überall den freudigsten Wiederhall fand. Auch unsere Ge¬ sellschaft wurde aufgefordert, zu diesem und den folgenden Festtagen einen Vertreter zu senden. Als solcher hinzugehen erklärte sich unser Secretär für auswärtige Angelegenheiten, Herr Conwentz, aufs Entgegenkommendste bereit; die Adresse, welche er am zweiten Tage überreichte, hatte ein Titel¬ blatt von der kunstgeübten Hand unseres Mitgliedes, des Herrn Korella. Unser Vertreter, und mit ihm unsere Gesellschaft, wurde dadurch besonders geehrt, daß er von den übrigen dort erschienenen Vertretern der Pro- vinzial-Gesellschaften bei der Beglückwünschung zu ihrem Sprecher ernannt wurde. Als ein dauerndes Andenken an diese wichtige Feier hat die Akademie unserer Gesellschaft das große dreibändige Werk von Harnack: „Die Geschichte der Königlichen Akademie der Wissenschaften“ und die Beschreibung der Jubi- läums-Festlichkeiten von demselben Verfasser überwiesen, Werke, welche nur in verhältnismäßig wenigen Exemplaren gedruckt sind. Die Beschreibung des Festes enthält auch eine Abbildung des vorher erwähnten Titelblattes unserer Adresse. Die Gesellschaft hat in dem verflossenen Jahre 12 ordentliche Sitzungen gehalten, über welche der vorliegende Bericht des Herrn Secretärs für innere Angelegenheiten das Nähere enthält. Von unseren auswärtigen Ehren- und Correspondierenden Mitgliedern haben wir drei als Vortragende in unseren Sitzungen zu begrüßen die besondere Freude gehabt. Am 4. April sprach Herr Professor Dr. DoRR-Elbing über die früheste Bevölkerung in Altpreußen, am 18. Oktober unser Landsmann Herr Professor Dr. TREPTOW-Freiberg i. S. über die geographische Ausbreitung und die Produktionssteigerung des Berg¬ baues im 19. Jahrhundert, und am 27. Oktober Herr Wirklicher Geheimer Admiralitätsrath Professor Dr. NEUMAYER-Hamburg über unser physikalisches LXXII Wissen in der ausübenden Meteorologie. An diesem Abende konnten wir uns von Neuem an der geistigen Frische unseres verehrten Ehrenmitgliedes erfreuen; wir hoffen und wünschen, daß es ihm, der zuerst Polarforschung statt Polar¬ expeditionen gefordert hat, noch vergönnt sein möge, die Resultate der deutschen Südpolarforschung in seinen Händen zu sehen. Wie seit einigen Jahren so haben wir auch in dem letzten Jahre Vorträge populär - wissenschaftlicher Art vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen veranstalten können; am 24. Februar hielt Herr Director Dr. Neumann seinen zweiten Vortrag über Hochspannungsströme und elektrische Durchleuchtung, am 26. November Herr Dr. Petruschky einen Vortrag über die Pest, beide in der Aula der Viktoriaschule. Vor ein größeres Publikum traten wir ferner am 13. Februar mit einem Vortrage unseres Lands¬ mannes Herrn Dr. Belk über seine Wanderungen in Türkisch Armenien und am 10. Dezember mit einem Vortrage des Herrn Geheimen Regierungsrath Professor Dr. AssMANN-Berlin über die Methoden, Erfolge und Ziele der wissen¬ schaftlichen Luftschifffahrt. An dem letzteren Abend wurde zum ersten Male zur Demonstration von Lichtbildern das eben fertig gestellte neue Skioptikon der Gesellschaft benutzt. In unserer Werkstätte hat unter Leitung des Herrn Professor Evers unser Mechanikus, Herr Krause, diesen Apparat angefertigt. Die elektrische Lampe des Apparats ist von der Firma Schuchert geliefert worden, der optische Theil ist im wesentlichen unserem älteren für Kalklicht eingerichteten Skioptikon entnommen, die Montirung und die nöthigen Widerstände sind in unserer Werkstätte hergestellt. Die Lampe brennt in der Regel mit 20 Ampere und giebt ein so helles Licht, daß bei dem AssMANN’schen Vortrage in dem großen Schützenhaussaale auch aus größter Entfernung die feinsten Einzelheiten der Lichtbilder genau gesehen werden konnten. Ueber die Thätigkeit der Sectionen befindet sich das Nähere in den Berichten der Herren Vorsitzenden. Unsere Bibliothek wächst in erster Linie durch den großen Tausch¬ verkehr, in dem wir mit 250 Akademien, Gesellschaften und Vereinen stehen, von denen neu in den Verkehr eingetreten sind: Cincinnati, The Lloyd Museum and Library; Baltimore, Weather Service und L’observatoire astro- nomique et physique de Taschkent; sodann durch die wissenschaftlichen Annalen, Wochenblätter, Journale und andere periodisch erscheinende Veröffentlichungen, deren Vervollständigung wir nach Kräften zu erreichen suchen. Ferner geht uns dann eine Reihe von Abhandlungen und Werken durch die Verfasser zu, deren Namen zu nennen ich mich hier begnügen muß, während die genauere Angabe ihrer Zueignungen dem bald zu veröffentlichenden Bibliotheksberichte Vorbehalten bleibt. Es sind hier zu nennen die Herren Conwentz, Dahms, Friedrich, Haeckel, Hellmann, Janet, Jentzscii, Klunzinger, Müller, Moebius, Penzig, Pincus, Radde, Schräder, Solger, Speiser, Stiazetti, Strand, Westberg. Von Nichtautoren gingen uns Geschenke zu von dem Herrn Ober-Präsidenten v. Gossler, vom Kgl. Ministerium für Landwirthschaft, LXX11I von der Ministerial - Commission für die Untersuchung der deutschen Meere und von der Kgl. Geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin; ferner von den Herren Dr. Oehlsciiläger, Kapitän Retnicke, Dr. Fischer, Professor Dr. Lampe, Stadtrath Dr. Helm, Professor Dr. Schaaf¬ hausen (f)-Bonn, von Frau Dr. Hein und vom Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Verein. Wenn wir auch im Etat für 1901 eine Summe von 1450 Mk. und aus der VERcri’schen-Stiftung eine Summe von 577, so Mk. zusammen 2027, 5o Mk. für Anschaffung von Druckschriften und für Buch¬ binderarbeiten haben, so ist diese Summe doch immer noch viel zu klein, um nur die periodisch erscheinenden Druckschriften einigermaßen vollständig zu halten und die dringend nothwendigen Ausgaben für einen neu herzustellenden Zettelkatalog zu leisten. Allein für Buchbinderarbeiten sind im verflossenen Jahre 506, 20 Mk. und für Vorarbeiten zum Zettelkatalog 88,50 Mk. ausgegeben. An den Bericht über den Zuwachs unserer Bibliothek anknüpfend, über¬ gebe ich heute derselben, bezüglich unserem Archiv, ein Manuskript, welches der Gesellschaft vor wenigen Wochen von den Nachkommen des verdienst¬ vollen Bernsteinforschers Georg Karl Berendt zugegangen ist. Es ist vielen von Ihnen bekannt, daß Berendt vor 50 — 60 Jahren die größte Sammlung von Bernstein und Bernsteineinschlüssen besessen, und daß er mit Göppert zu¬ sammen 1845 die erste Abtheilung des ersten Bandes des groß angelegten Werkes über die im Bernstein befindlichen organischen Reste der Vorwelt herausgegeben hat, während die zweite Abtheilung des ersten Bandes und der zweite Band erst nach seinem Tode erschienen sind. Berendt war von 1836 — 45 Director der Gesellschaft und hat während der Zeit seines Directorats an jedem 2. Januar einen Vortrag über die Fortschritte der gesammten Natur¬ wissenschaften gehalten, welcher das Interesse der Mitglieder in hohem Maße erregte. Die Manuskripte dieser Vorträge, welche von Herrn Oberlehrer Schumann für seine Geschichte der Naturforschenden Gesellschaft benutzt sind, sind uns jetzt von Frau Dr. Berendt übergeben, und ich hoffe später über dieselben noch genauer berichten zu können. Hier beschränke ich mich im Namen der Ge¬ sellschaft der Geberin besten Dank zu sagen. Wie in meinem vorjährigen Jahresberichte mitgetheilt, ist in den letzten Tagen des Jahres 1899 zwischen dem hiesigen Aerzte-Verein und unserer Ge¬ sellschaft ein Vertrag über die Aufstellung der von ersterem neu gegründeten Vereins-Fach-Bibliothek in den Räumen unserer Bibliothek und über die Aus¬ lage der medizinischen Fachschriften in unserem Lesezimmer geschlossen. Diese Einrichtung ist jetzt seit einem Jahre in Wirksamkeit getreten und wird hoffentlich zur Zufriedenheit beider Theile in dieser Weise weitergeführt werden. Die regelmäßige Benutzung unseres Les ezimmers nimmt seitens der wissenschaftlich arbeitenden Mitglieder unserer Gesellschaft fortwährend zu; Herrn Dr. Lakowitz, welcher dasselbe seit der Eröffnung (1892) leitet, ist die Gesellschaft zu besonderem Danke verpflichtet. Für die Herausgabe unserer Schriften, welche die Grundlage für unseren Schriftenaustausch und damit für unsere Bibliothek bilden, giebt die LXXIY Provinzialverwaltung in erster Linie die erhebliche Unterstützung von 2000 Mk., für welche ich an dieser Stelle besten Dank sage. Im Anfänge des Jahres ist das erste Heft des zehnten Bandes unserer Schriften erschienen und den Mitgliedern zugestellt; die Herausgabe des zweiten Heftes hat sich wieder durch den noch nicht fertig gestellten Bericht über die diesjährige Versamm¬ lung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins verzögert. Für die Folge hoffen wir den geschäftlichen Theil von dem rein wissenschaftlichen trennen zu können, um den eigentlichen Jahresbericht schon bald nach Schluß des Jahres den Mitgliedern zugehen lassen zu können. Im verflossenen Jahre haben wir wieder wie schon seit 1895 drei Stipendien unserer HüMBOLDT-Stiftung zu je 150 Mk. vertheilen können, und zwar an die Herren cand. med. Speiser, stud. med. Braun und stud. med. Schultz. Wie ich in meinem letzten Jahresbericht erwähnte, haben sich für den gleich nach dem 150 jährigen Jubiläum ausgeschriebenen Preis Bewerber bis zum festgesetzten Termine nicht gefunden; und es hat deshalb die Natur¬ forschende Gesellschaft noch einmal den bei der Feier ihres 150 jährigen Bestehens von der Provinzial-Commission zur Verwaltung der Westpreußischen Provinzial-Museen ihr zur Verfügung gestellten Betrag von 1000 Mk. als Preis für die beste neue Arbeit ausgesetzt, die einen in sich abge¬ schlossenen wesentlichen Beitrag zur Kenntniß der norddeutschen Diluvialgeschiebe, mit besonderer Berücksichtigung des in West¬ preußen vorkommenden Materials, liefert. Die zum Wettbewerb dienen¬ den Arbeiten sind bis zum 1. April 1902 einzusenden. Die Arbeiten auf unserer Sternwarte sind bis auf die letzten Monate emsig weitergeführt. Wie in meinen letzten Berichten mitgetheilt, hat unser Astronom Herr Dr. Kayser seit mehreren Jahren seine Hauptthätigkeit einer Untersuchung der kleinen periodischen Schwankungen der Erdaxe zugewandt, für welche die von ihm gefundene Methode gewisse Vorzüge vor den sonst für diese Untersuchung benutzten zu haben scheint. Erst die Beobachtungen einer Beihe von Jahren und ihre Berechnungen gestatten in ihrer Zusammen¬ stellung ein Bild diese)' Schwankungen. Bei diesen Beobachtungen hat Herr Navigationsschullehrer Canin Herrn Dr. Kayser einige Jahre hindurch, bis zu seiner vor 3 Monaten erfolgten Versetzung nach Pillau, unterstützt, wofür die Naturforschende Gesellschaft ihm zu besonderem Danke verpflichtet bleibt. Nach seinem Fortgange hatte Herr Dr. Kayser sich schon eingerichtet, mit unserm Mechanikus Herrn Krause allein die Beobachtungen weiter zu führen, und es waren diese Beobachtungen schon in vollem Gange, als er von einem schweren Unfall betroffen wurde. Beim Uebergauge über den Fahrdamm einer Straße wurde er Mitte November von einem übermäßig schnell um die Ecke biegenden Wagen zu Boden geworfen, wobei er einen Bruch des Oberschenkelknochens erlitt. Es scheint zwar, als ob der Bruch gut ge¬ heilt sei, doch dürften im günstigsten Falle noch etliche Wochen vergehen, LXXY ehe er seine Arbeiten wieder aufnehmen kann. Durch diesen Unglücksfall hat auch eine zweite Methode zur Bestimmung derselben Erdaxenschwankungen, für welche die Vorarbeiten auf unserer Werkstätte fast beendet wären, noch nicht erprobt werden können. Wir wollen hoffen, daß Herr Dr. Kayser recht bald wieder an diese Arbeiten herangehen und sie zu dem gewünschten Ziele weiter führen können wird. Auch auf unserer Sternwarte und in unserer Werkstätte arbeiten wir mit recht ungenügenden Mitteln; ermöglicht wurden diese Arbeiten nur durch die jährliche Beihilfe von von 500 Mk., welche wir seit etwa 6 Jahren Dank der Fürsorge des Herrn Ober-Präsidenten von Gossler von dem Herrn Unterrichts¬ ministererhalten. Ich gestatte mir an dieser Stelle hierfür dem Herrn Minister wie dem Herrn Ober-Präsidenten im Namen der Gesellschaft den besten Dank auszudrücken. Als ich im vorigen Jahresbericht die Wiederherstellung der Süd- und Ostgiebel unseres Gesellschaftsgebäudes erwähnte, knüpfte ich daran den Wunsch, es möge sich bald ein Wohlthäter finden, der aus Interesse für die architektonische Schönheit unserer Stadt der Gesellschaft die Mittel für eine Wiederherstellung des schönsten unserer Giebel, des Nordgiebels, zur Ver¬ fügung stelle. Dieser Wohlthäter hat sich zu unserer großen Freude im verflossenen Jahre gefunden; der Danziger Sparkassen-Aktien- Verein hat für diesen Zweck 10000 Mk. mit 400 Mk. Stempelgebühren aus dem vor¬ jährigen Geschäftsgewinne uns übergeben und sich hierdurch wieder von Neuem als Förderer aller gemeinnützigen Bestrebungen gezeigt; denn sicher sind unsere Arbeiten, wenn sie auch in erster Linie der Wissenschaft dienen, auch Arbeiten für das gemeine Wohl unserer Mitbürger. Auch an dieser Stelle drücke ich dem Danziger Sparkassen- Aktien-Verein unsern besten Dank aus. Im Laufe dieses Jahres werden wir die Vorarbeiten für diese Wieder¬ herstellung des Nordgiebels ausführen lassen und dann möglichst bald an den Bau selbst heraDgehen. Die freigebige Schenkung des Danziger Sparkassen- Aktien-Vereins ermutigt mich, auch weitere Kreise darauf aufmerksam zu machen, das unsere alte Gesellschaft, die heute ihr 158. Stiftungsfest feiert, die sich eifrig bemüht, das Erbe der Väter späteren Geschlechtern ungeschmälert zu übergeben, die, wie wir Alle hoffen, nach Eröffnung der Technischen Hochschule in ein neues Stadium ihrer Entwickelung treten wird, daß diese Gesellschaft noch immer nicht die Unterstützung findet, auf welche sie wohl rechnen dürfte. Wenn es mir auch ferne liegt, unsere Verhältnisse mit denen Frankfurts zu vergleichen, so dürfte ein Hinweis auf diese doch nicht ohne Interesse sein. Ich schweige ganz von der SENCKENBERG’ischen Naturforschenden Gesellschaft, die in den letzten Jahrzehnten Hunderttausende durch Vermächtnisse erhalten hat; sondern führe nur die opferwillige Unterstützung an, welche die dortige Physikalische Gesellschaft erfährt. In einem der letzten Kassenberichte befindet sich in der Gesammtsumme von 40000 Mk. Einnahme neben einem Zuschüsse der Stadt von 8500 Mk., der polytechnischen Gesellschaft LXXYI von 2000 Mk., Mitgliederbeiträgen von ca. 10000 Mk., ein Posten Geschenke von 3570 Mk., und als es sich im vorletzten Jahre zeigte, daß die Räume der Gesellschaft nicht mehr ausreichten, wurden in nicht mehr als 8 Tagen 360000 Mk. für einen Neubau gezeichnet. Wenn wir auch in den nächsten Jahrzehnten hier in unserer armen Stadt schwerlich über ähnliche Summen werden verfügen können, so wäre doch eine wesentliche Zunahme der Mit¬ glieder, der einheimischen wie der auswärtigen, außerordentlich erwünscht, um unsern Etat wenigstens etwa um 1000 Mk. erhöhen zu können. Auf testamentarische Stiftungen scheint unsere Gesellschaft ganz verzichten zu müssen, da sie im ganzen 19. Jahrhundert nicht eine einzige erhalten hat. Aber auch bei unseren bescheidenen Mitteln wollen wir den Mut nicht verlieren und in ununterbrochener Arbeit Stein an Stein setzen; vielleicht kommt eine Zeit, in der wir eifriger mit dem Bau vorwärts schreiten können. Hoffentlich kommt diese Zeit schon mit der Eröffnung der neuen Technischen Hochschule, die auch für unsere Gesellschaft neue Ziele und neue Mittel zu ihrer Erreichung bringen möge! LXXVII Bericht über die Ordentlichen Sitzung-en der Gresellsehaft im Jahre 1900. 1. Sitzung am 3. Januar 1900. [Jahrestag des 157jährigen Bestehens der Gesellschaft.] Herr Professor Dr. Barth spricht über den chirurgischen Ersatz körper¬ licher Gewebsdefekte. Der vollständige Vortrag nebst erläuternden Abbildungen folgt als besondere Abhandlung an anderer Stelle dieses Heftes. Sodann wird der vom Director der Gesellschaft, ' Herrn Professor Momber, erstattete Jahresbericht für das Jahr 1899 (vergl. dieses Heft, Seite J — IV) verlesen und werden die Berichte über die Thätigkeit der Sectionen im Jahre 1899 (vergl. dieses Heft, Seite XLV — L1I) vorgelegt. 2. Sitzung, am 17. Januar 1900. Herr Professor Momber widmet den im verflossenen Jahre verstorbenen Mitgliedern einen kurzen Nachruf und legt den vom Autor soeben eingesandten ersten Band des umfangreichen Werkes unseres Ehrenmitgliedes Dr. Radde über die Sammlungen des Kaukasischen Museums in Tiflis sowie eine Abhand¬ lung des Herrn Dr. Pincus über Atmokausis etc. vor. Herr Oberlehrer Dr. Dahms spricht hierauf unter Vorführung eines um¬ fangreichen Demonstrationsmaterials in längerem Vortrage über das Thema: „Der Biber in Westpreussen“1). Hat Herr Professor Conwentz in der Dezember-Sitzung des Westpreußischen Fischerei- Vereins über den Biber im allgemeinen, über die an ihn erinnernden Orts- und Flurnamen, vorzugsweise freilich über die preußischen, gesprochen, so geht Vortragender ausschließlich auf den wTestpreußischen Biber, seine Geschichte und seine Verwerthung ein. Der Biber ist seit ungefähr 100 Jahren in Westpreußen ausgestorben. Der Mensch ist von jeher sein Feind gewesen. Waren es zunächst Fell und Fleisch, so wurde es später das als heilkräftig angepriesene kostbare Geil, deretwegen dem Thiere so eifrig nachgestellt wurde, daß schlie߬ lich Verordnungen und Gesetze die Ausrottung — wenn auch vergeblich — zu verhindern suchten. Jäger und Naturfreund sahen mit Bedauern den Untergang des interessanten Thieres herannahen, Forstmann und Landwirth wünschten sich dazu Glück, bedeutete doch die un¬ beschränkte Thätigkeit des Bibers Versumpfung der Landschaft und Zerstörung des Waldes. Die Quellen, welche uns über die Verbreitung des Bibers im Gebiet und seine Lebensweise Aufschluß geben, sind mannigfaltig. Neben verschiedenartigsten fossilen und vorgeschicht¬ lichen Belegstücken, können die Orts-, Flur- und Gewässernamen einen gewissen Anhalt geben, 9 In erweiterter Form ist der Vortrag abgedruckt in der Zeitschrift „Zoologischer Garten“, Jahrgang NLI, Heft 3, 4. 7. Frankfurt a. M. 1900. LXXVIII wie u a. auch Erlasse und Verschreibungen. Ueber den Biber anderer Gebiete liegen vor¬ treffliche Arbeiten vor, z. B. von Levis Morgan über den amerikanischen Biber, von R. Collett über den norwegischen, von H. Friedrich über den Elbbiber. Fossile Reste des Bibers sind in den diluvialen Schichten Westpreußens äußerst selten, aus alluvialen sind sie mehrfach entnommen. Eine Aufzählung dieser Funde kann hier füglich unterbleiben; nur der schönste Fund dieser Art, zugleich an sich eine bemerkenswerthe Selten, heit, sei erwähnt. Es ist dies ein fast vollständiges Skelet eines Bibers, das man bei de- Anlage eines Weges im Forstrevier Charlottenthal am Schwarzwasser, im Kreise Schwetzr 1/2 m tief im weißen Sande, 2 m über dem jetzigen Wasserspiegel, gefunden hat Es befindet sich jetzt im hiesigen Provinzial-Museum. Manche örtliche Bezeichnungen in Westpreußen weisen mit Sicherheit auf den Biber hin, so ein kleiner Mündungsarm der Nogat, unweit Elbing, der noch heute Biberzug heißt; ferner die Namen der Landgemeinde Bebernitz im Kreise Bereut und Adl. Bebernitz im Kreise Karthaus, Bebersbruch im Kreise Stulnn, Bobrowitz, Biberthal im Kreise Briesen u. a. m Der Biber ist ein Höhlen grabendes Thier. Er legt unterhalb der Erdoberfläche Baue an und errichtet über derselben künstliche Wohnungen. Im allgemeinen ist also auch die Biberhütte nur eine oberirdische, von einem künstlichen Dache bedeckte Höhle, die einzig als Aufzuchtsstätte der Jungen vor der Untergrundhöhle einige Vortheile bietet. Die Ufer¬ höhle ist die ursprüngliche Wohnung gewesen, die Hütte hat sich bei diesen Thieren erst allmählich durch natürliche Eingebung und auf gemachte Erfahrungen hin herausgebildet. Die Höhle stellt auch die erste Zufluchtsstätte der Biber dar, falls sie sich irgendwo ansiedeln wollen, sie warten dann auf eine günstige Gelegenheit, ihre Bauten aufzuführen. H. Friedrich hat gezeigt, daß der Biber an den hohen Ufern seine Kessel etagenweise anlegt. Die Luft¬ zufuhr zum Bau ist dann nur durch die über dem Kessel liegende dünne Rasendecke möglich. Wird der Boden von vielen solchen Bauten durchsetzt, wie es z. B. an der Saalemündung der Fall ist, so erhält er durch die vielen Oeffnungen und die langsam entstandenen Erd¬ aufhäufungen das Aussehen, als ob er von Dachsen durchlöchert sei Ende des 18. Jahr¬ hunderts noch hat man in Westpreußen am Drewenzfluß derartige Anlagen in Masse gefunden. Werden die durch Einsturz der Rasendecke entstehenden Oeffnungen durch Aeste und Stämmchen mit Schilf und Schlamm überdeckt, so entstehen jene 2 — 3 m hohen, meiler¬ förmigen Bauwerke, welche nach ähnlich gestalteten Bauten des amerikanischen Bibers als „ Biberburg“ bezeichnet sind. Diese sind also ihrer Entstehung nach von den Röhrenbauten nicht zu trennen. Auf solche Weise ist wohl auch jene Hütte entstanden, welche als „Biber¬ bau“ auf der Insel Bazar zwischen den beiden Weichselbrücken bei Thorn erwähnt wird und bis um 1785 als große Seltenheit zu sehen war. Wohl schon von der Pfahlbautenzeit bis in die Eisenzeit hinein bedient sich der Mensch bei der Verfolgung des Bibers eigenartiger Fallen aus hartem Holz, wie Funde aus vor¬ geschichtlicher Zeit nahe gelegt haben; und wie es scheint, wird dem Biber an der unteren Rhone mit Fallen, die den vorgeschichtlichen Modellen gleichen, auch heute noch nachgestellt. Auch in Westpreußen hat man solche vorgeschichtlichen Biberfallen aufgefunden, von welchen sich zwei im Besitze des hiesigen Provinzial-Museums befinden, die eine im Torf von Adams¬ hof im Kreise Flatow, die zweite bei Lubochin im Kreise Schwetz gefunden. Bei der Ankunft des Deutschen Ordens im Weichselgebiet war der Biber nicht mehr zahlreich vorhanden, kein Wunder, da sein Fell vorher als wichtiger Tauschartikel gegen arabische Erzeugnisse geschätzt wurde. Seine Verminderung und sein Schwinden ist seit dem 13 Jahrhundert durch obrigkeitliche Verordnungen mit Erfolg lange hingehalten worden. So hatte sich der Deutsche Orden den Biberfang ausdrücklich Vorbehalten bei der Besitz¬ ergreifung des Landes; der Biber wurde und blieb Regal. Bereits in der Kulmer Handfeste hatte Hermann v. Balk die Inseln und Biber um Thorn herum für sich zurückgehalten, und eine ähnliche Reservirung dieses Thieres ist auch von seiten anderer Fürsten zu der¬ selben Zeit nachweisbar. Wo es dagegen darauf ankam, Klöster zu gründen, mochte man eine derartige Einschränkung nicht machen. So wurde auch in der Schenkungsurkunde des Klosters Karthaus von Conrad von Masovien der Biber nicht zurückgehalten, sondern LXXTX besonders als mitüberwiesen aufgezählt. Auch in dem Marienburger Tresslerbuch der Jahre 1399 bis 1409 findet dieses Thier Erwähnung; es werden dort Biberfelle und Bibermützen genannt, doch auch des Schwanzes, der sog. „Kelle“, wird Erwähnung gethan. Eine solche wird dem Hochmeister zum Geschenk gebracht, und dieser freut sich über die schmackhafte Gabe so sehr, daß er dem Geber eine Mark, nach unserem Gelde 12,30 M., aushändigen läßt. Mit der Zeit wird das Interesse und die Sorgfalt um dieses Thier schwächer. Da es mit dem Otter dieselben Gewässer bewohnt und grosse, aus dem Maule hervorragende Nagezähne besitzt, gilt es als Fischfeind und wird verfolgt. Da seine Tlieile werthvoll sind, hat man gleichzeitig Gelegenheit, gute Beute zu machen. In Verfügungen wird deshalb der Abschuß nunmehr freigestellt, doch sollen die erlegten Thiere gegen eine entsprechende. Entschädigung abgeliefert werden. Als z. B. Paulus Speratus die Hammermühle bei Marienwerder einem Müller auf acht Jahre überträgt, verlangt er die Auslieferung der abgeschossenen Biber und Ottern, und zwar will er erstere mit je 1 Firdung (ca. 3 M.), letztere mit je 8 Scot (etwa 2 M.) vergütigen. Immer mehr schwindet das Interesse für dieses Nagethier, man nimmt es von jeder Schonung aus und erklärt es für vogelfrei. Vielleicht galt damals schon der Waid- spruch „Biber und Otter haben keine Hege.“ Auch in dem Verzeiclmiß der von Markgraf Johann Sigismund erlegten Thiere findet sich der Biber nicht; wahrscheinlich weil er bei seiner Vorsicht und nächtlichen Lebensweise wenig zu einer fröhlichen Jagd paßte. Um das Jahr 1669 war er nach Gessner in der Weichsel noch häufig; auch das um ungefähr dieselbe Zeit vom Danziger Bürgermeister und Rath veröffentlichte Verzeichniß aller Heilmittel in den städtischen Apotheken enthält in größerer Menge einfache und zusammengesetzte Medicamente von diesem Thiere. Erst 1706 ordnete König Friedrich 1. die Schonung des Bibers an, empfahl für die Erhaltung dieser Thiere zu sorgen und ihre Vermehrung zu fördern. Friedrich der Große sah in dem Biber aber nur einen Feind der Oultur und gab die Biberjagd 1765 wieder frei, und zwar das ganze Jahr hindurch. Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts ging dann auch der Biber seinem Aussteiben schnell entgegen. Am längsten hielt er sich noch in Weichsel und Nogat, Ossa und Schwarzwasser. Seitdem hat man in unserer Provinz nur noch gelegentlich Thiere dieser Art als Ueber- läufer aus den benachbarten Gebieten und den Gewässern des Bug und Narew angetroffen und erlegt, so 1826 bei Thorn, 1830 bei dem Eisgänge auf der Nogat, 1836 im Zilopsee bei Podwitz im Kreise Kulm, 1840 den letzten bei Thorn. Als specifisch preußische Fangmethode gilt die mittels Reusen, wobei Baumrinde als Köder verwendet wurde. Die dem westpreußischen Biber entnommene Geilsubstanz wird von dem Franzosen Pomet in ihrer Wirksamkeit gepriesen und der canadischen vorgezogen. Der Preis für 1 Kilogramm davon betrug zuletzt bis nahe 1600 M., sie wurde in Danzig und Königsberg aufgekauft und von hier außer Landes geführt. Auch die Felle des littauischen Bibers kamen nach Danzig und wurden zur Hansazeit als bevere, beverwamme, pelles castorini exportirt. Bei dem Nutzen, den dieses Thier seiner Zeit brachte, versprach eine Hegung und Züchtung reichen Gewinn. Bereits im 14. und 15. Jahrhundert bestand deshalb in Pultusk ein Thiergarten für Biber, und noch 1863 konnte auf der 24. Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe zu Königsberg der Vorschlag gemacht werden, eine künstliche Zuchtstätte einzurichten, da jeder Biber ungefähr einen Werth von 50 Thalern hatte. Zur Ausführung dieses Planes ist es freilich nicht gekommen. An den Vortrag schloß Herr Professor Dr. Conwentz einige Mittheilungen über Orts-, Flur- und Flußnamen an, die sich auf den Biber beziehen, namentlich aus dem nördlichen Rußland, Finlaud und Schweden1). ’) Conwentz, H., Ueber den Biber. Mittheilungen des Westpreußischen Fischerei- Vereins. Band XII, Jahrgang 1900, Seite 1. Danzig 1900. LXXX Herr Professor Momber referirt über einen Aufsatz von M. Koppe- Berlin : ,,Der Anfang des Jahrhunderts, eine Betrachtung über Zählen und Messen“, der in der neuesten Nummer der Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht enthalten ist und auf die Inkongruenzen hinweist, die sich namentlich bei Zeitbestimmungen aus der Benutzung der Ordinal¬ zahlen statt der Cardinal zahlen ergeben. 3. Sitzung, am 7. Februar 1900. Vor Eintritt in die Tagesordnung macht Herr Professor Dr. Conwentz, als Secretär für auswärtige Angelegenheiten, die Mittheilung von dem am 28. Januar erfolgten Hinscheiden des Ehrenmitgliedes unserer Gesellschaft, Geheimen Rathes Professor Dr. H. B. Geinitz in Dresden. Am lG.October 1814 zu Altenburg i. S. geboren, trat er mit 16 Jahren in die dortige Hofapotheke und bezog vier Jahre später die Universität Berlin. Dort gab er sich ganz den naturwissenschaftlichen und mathematischen Vorlesungen hin, und daneben holte er auch das Abiturienten Examen am Gymnasium zum Grauen Kloster nach. Im Jahre 1838 wurde Geinitz in Dresden als Hilfslehrer an der Technischen Bildungsanstalt, der späteren Technischen Hochschule, angestellt, welcher er in ununterbrochener Folge durch 56 Jahre angehört hat. Groß ist die Zahl der Schüler, welche den Namen des von ihnen verehrten Lehrers über die Grenzen der engen Heimat weit hinaus getragen haben; auch in unserer Stadt leben und lebten Männer, die einst seine Vorlesungen gehört haben. Außerdem wurde Geinitz 1847 zum Inspector am Königlichen Mineraliencabinet, und zehn Jahre später zum selbständigen Director des Königlichen Mineralogischen Museums im Zwinger ernannt. Diese umfassende Sammlung, welcher er bis 1898 vorgestanden hat, ist ganz seine eigenste Schöpfung; um so mehr, als die alten Bestände durch den Zwingerbrand beim Aufstand 1849 zum größten Theil zerstört wurden. Durch seine Energie dehnten sich die Sammlungen sachlich und räumlich immer mehr aus, und im Jahre 1874 wurde eine besondere prähistorische Abtheilung angegliedert. Daneben wandte sich Geinitz mit Begeisterung der reinen Wissenschaft zu, und es giebt kaum einen Zweig der Geologie und Palaeontologie Sachsens, in welchem er nicht an hervorragender Stelle mitgewirkt hätte. Aber auch darüber hinaus ist er auf das eifrigste bemüht gewesen, so manche dahin¬ geschwundene Flora und Fauna zu neuem Leben zu erwecken. Im Sommer 1888 unternahm er mit seinem Sohn Eugen, dem Professor der Geologie in Rostock, eine Reise ins Ostseegebiet und erwähnte später in dem von ihm veröffent¬ lichten Bericht u. a.: ,, Dan zig, die alte schmucke Stadt mit ihren schönen Thoren, Thürmen und originellen Beischlägen bietet auch dem Natur- und Alterthumsforscher . . . werthvolle und seltene Schätze dar ... Da ist ein frisches reges Leben, wie man an wenigen anderen Orten antrifft.“ Redner lud damals die beiden Gäste zu einer Ausgrabung in der Nähe ein, und es fügte sich, daß ein vorgeschichtliches Grab, auch eiue bemerkenswcrthe Gesichtsurne, aufgefunden wurde. Es blieb H. B Geinitz’ sehnlicher Wunsch, LXXXI ein Stück der Art, wie er es vorher nicht gesehen hatte, auch einmal der Dresdener Sammlung einverleiben zu können. Neben dem thatkräftigen Museumsleiter und verdienstvollen Gelehrten schätzen wir in dem Dahin¬ geschiedenen auch den vortrefflichen Menschen. Alle, die ihm näher getreten, bewahren in ihrem Innern die Erinnerung an das einfache, liebenswürdige und liebevolle Wesen des alten Geinitz, der bis in sein spätes Alter immer jung blieb. Die Anwesenden ehrten das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von ihren Plätzen. Der Director des Provinzial-Museums, Herr Professor Dr. Conwentz, hält sodann einen von Demonstrationen begleiteten Vortrag über hervorragende neue Eingänge beim Provinzial-Museum. Das verflossene Jahr war nach Zahl und Dignität der neu eingegangenen Sammlungs¬ gegenstände eines der bemerkenswerthesten seit dem Bestehen des Museums. Es soll liier nicht die Vermehrung der vorgeschichtlichen Sammlung behandelt werden, obwohl diese wesentlich betheiligt gewesen ist, vielmehr beabsichtigt Vortragender heute die hauptsächlichsten Stücke der ehemaligen und jetzigen Thierwelt Westpreußens, soweit sie 1899 dem Museum zugegangen sind, hier vorzuführen. Einer der verbreitetsten Säuger zur Eiszeit, auch in unserer Provinz, war das Mammut, Elephas primigenius Blum. Wiederholt sind Reste der Art u. a. in den diluvialen Thonen an der Südküste des Frischen Haffs im Kreise Elbing zu Tage gekommen; jetzt übergab Herr Ziegeleibesitzer Möbus in Succase ein dort gefundenes Bruchstück eines Stoßzahns. Hieran anschließend erwähnt Vortragender die im nördlichen Sibirien wiederholt aufgefundenen zusammenhängenden Skeletreste des Thieres, theilweise mit Haut und Haaren, und legt auch einen von einem solchen Funde im nördlichen Eismeer stammenden ansehnlichen Schopf vor, welchen er von dem bekannten Sibirienforscher Baron von Toll in St. Petersburg 1894 erhalten hatte. Aus der Reihe der hirschartigen Tliiere ist das Ren, Rangifer Tarandus Sund., zu erwähnen. Von einer älteren, diluvialen Ablagerung rührt das Fragment einer Geweihstange, welches im Kies bei Jastrow gefunden und von Herrn Gutsbesitzer Zell eingesandt wurde. Aus einer jüngeren, postglacialen Ablagerung stammt die vollständig erhaltene kleine Stange, welche bei Anlage eines Teiches in Faulen bei Rosenberg Westpr. vor einigen Jahren gefunden und jetzt von Herrn Geheimrath v. Auerswald hierher geschenkt ist. Gegenwärtig lebt das Renthier in den nördlichen Th eilen Norwegens, Schwedens, Finlands und Rußlands; in strengen Wintern kommt es wohl bis in die Nähe von Petersburg. Aber, von culturellen Einflüssen unberührt, ist es nur noch in entlegenen Gegenden, z. B. in Spitzbergen, anzutreffen. Gleichfalls der Diluvialzeit gehören Schädelreste der Saiga- Antilope, Saiga prisca Nehr., an Schon vor vier Jahren wurde ein solches Stück in der Kiesgrube Gruppe, Kreis Schwetz, aufgedeckt; dasselbe gelangte damals als Geschenk des Herrn Ritterguts¬ besitzer Plehn in die hiesigen Sammlungen. Jetzt ist ein zweiter, vollständigerer Fund der Art bei Bodenbewegungen in der Thongrabe der Ziegelei Osnowo bei Kulm gemacht und von dem Besitzer derselben, Herrn v. Moritz, freundlichst dem Museum übersandt worden (Fig. 1). Diese zwei, an beiden Seiten der Weichsel gemachten Funde sind zur Zeit die einzigen Saiga-Reste aus Deutschland; sie gehören daher zu den werthvollsten Besitzstücken des hiesigen Museums. Gegenwärtig lebt die Saiga in Russland an der unteren Wolga, und von dort weiter östlich durch Sibirien bis zum Altai. Herr Professor Nehring von der Land- wirthschaftliehen Hochschule, der Erforscher quartärer Säugethierreste, hat jene Funde einer genauen Prüfung unterzogen. £ LXXXII Sodann ist ein anderes hervorragendes Stück, der nahezu vollständig erhaltene Schädel eines Moschusochsen, Ovibos mosdiatus Blainv., zu nennen. Derselbe fand sich 6 m unter Terrain in einer Kiesgrube in Schönau, nahe der Wintersdorfer Grenze, im Kreise Sehwetz, und wurde von dem Chausseeaufseher dem Kreislandrath Herrn Grashoff zugeführt, welcher in dankenswerther Weise das Stück dem Provinzial-Museum einsandte. Das Fossil ist um so bemerkenswerther, als es den ersten bekannten Rest des Thieres, nicht nur in Westpreussen, sondern weit darüber hinaus im ganzen nordöstlichen Deutschland, vorstellt. Auch dieses Stück wird von Professor Nehring in Berlin ausführlich beschrieben werden. In der Jetzt¬ zeit hat sich die Art, welche schon zur Eiszeit mit Mammut. Nashorn u. a. zusammen vorkam, im nördlichen Amerika und im nordöstlichen Grönland lebend erhalten; Vortragender legt eine vorzügliche Abbildung des Thieres (Fig. 2) aus „Lydekker: Wild oxen, sheep and goats of all lands. London 18‘. 8“ vor. — Es kann als ein besonderes Glück betrachtet werden, daß das Provinzial-Museum fast gleichzeitig mit jenem fossilen Rest auch den Balg und Schädel Fig. 1. Saiga prisca KEHR., Schädelrest der Saiga-Antilope von Osnowo bei Kulm. Etwa 2/3 der natürl. Grösse. Aus dem XX. Verwaltungsbericht des Westpreussischen Provinzial-Museums tür 1899. eines frisch erlegten Moschusochsen als Geschenk erlangt hat. Im Jahre 1898 führte der Akademiker, Professor Nathorst in Stockholm, um AndrSe’s Spuren zu suchen, eine Expedition nach Spitzbergen, wo er schon vorher zweimal, zuerst als löjähriger Jüngling, gewesen war. Wie es in den nordischen Ländern bei Großkauf leuten längst als Ehrensache gilt, nach Kräften wissenschaftliche Unternehmungen der Art zu unterstützen, so hatten damals auch zwei Danziger Firmen wesentlich zur Ausrüstung der Messe des Expeditions¬ schiffes beigetragen. Es ist bekannt, daß der Hauptzweck auf Spitzbergen nicht erreicht wurde, und die schwedische Regierung beeilte sich, in dem folgenden Jahre eine neue Expedition zu demselben Ende nach Grönland zu richten. Zum Leiter wurde wiederum Nathorst gewählt, der schon 1883 mit Freiherrn A. E. v. Nordenskiöld zusammen dort gewesen war. Zwar gelang es auch diesmal nicht, eine Spur AndrUe’s aufzufinden, jedoch hat die Expedition sonst überaus günstige geographische, geologische und biologische lxxxiii Resultate geliefert. Die in Ostgrönland früher unbekannte silurische und devonische Formation wurde neu aufgefunden. Wohl am interessantesten ist die Entdeckung des König Oskar- hjord-Systems, das mit dem schon bekannten Kaiser Franz JosEPH-Fjord zusammenhängt. Die Fahrt ging an senkrechten, 1300 — 1950 m hohen Felswänden vorbei, von denen liier und doit Wasserfälle herab stürzten, und an der Südseite bildete die arktische Weide und Zwerg¬ birke ausgedehnte Büsche. Welche bedeutende Veränderung die Karte südlich vom Kaiser Franz JosEPH-Fjord durch die NATHORST’sche Expedition erfahren wird, läßt sich schon daraus ersehen, daß der auf den bisherigen Karten verzeichnete ÜAVis-Sund einen Ausläufer des neuen Fjord-Systems bildet Sodann sind die Bodenverhältnisse, wie die Flora und h auna, einer ergiebigen Durchforschung unterzogen. Auf der SABINE-Insel und auf dem Fest¬ lande, im Königin AüGUSTA-Thal, erlegte er mehrere Exemplare des Moschuswildes. Nach glücklicher Rückkehr hielt es Professor Nathorst, wie er sich zum Vortragenden äußerte, liir seine Pflicht, Bälge und Schädel des im Aussterben begriffenen Thieres an einige deutsche Museen zu übergeben, wto sie besonders Nutzen schaffen könnten. Das dem hiesigen Museum Fig. 2. Ovibos moschatus BLAINV., Moschusochs. Aus dem nördlichen Grönland, (Nach LYDEKKER.) Aus dem XX. Verwaltungsbericht des Westpreussischen Provinzial-Museums für 1899. geschenkte Exemplar, ein männliches, war der alte Leiter einer Heerde von 19 Thieren im Franz JosEPH-Fjord und ist von Nathorst selbst durch einen Schuß in die Stirn über dem linken Auge getödtet1). Hieran schließt sich ein anderes Rind, das Urrind, Bos primigenius Boj., welches noch in historischer Zeit bei uns gelebt hat, jetzt aber völlig ausgestorben ist. Subfossile Reste finden sich bisweilen auf dem Grunde von Gewässern, und in Mooren; auch im Untergründe unserer Stadt sind gelegentlich Stücke der Art zu Tage gefördert worden. So fand sich im Jahre 1887 bei einem Neubau der WiTT’schen Brauerei an der Rittergasse in 3 m Tiefe ein fast vollständiger Schädel vom Ur, dem aber die Stirnzapfen fehlten; und als auch in dem V CONWENTZ, H., Zur Verbreitung des Moschusochsen und anderer Thiere in Nordost-Grönland. Verhand¬ lungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. 1900, Seite 427 ff. 6* LXXX1Y verflossenen Jahre dort Erdarbeiten ausgeführt wurden, stieß man wiederum auf einen Schädel- rest mit ganz erhaltenen Stirnzapfen. Die Fundstelle entspricht einem sumpfigen Gelände, welches sich ehedem bis an die Mottlau erstreckt hat. Beide bemerkenswerthen Stücke wurden von Frau J. Glaubitz dem Provinzial-Museum als Geschenk überwiesen. Wie der Vortragende erwähnt, sind bisher im Gebiet und in anderen Gegenden immer nur die mit der Schädeldecke fest verbundenen Hornzapfen gefunden, während die eigentlichen Hörner, welche darüber saßen, in Verwesung übergegangen waren. In einer soeben erschienenen und der Versammlung vorgelegten Abhandlung Nehring’s wird der erste Fall beschrieben, in welchem der Sachverhalt gerade umgekehrt ist. In einem Torfmoor in dem pommerschen Kreise Rummelsburg wurde ein wirkliches Horn des Urstieres gefunden, während der dazu gehörige Zapfen, mit Ausnahme der oberen Spitze, gänzlich fehlte. Es ist zu vermuthen, daß in den sauren Mooren, wie sie besonders unter den Hochmooren Vorkommen, durch den starken Gehalt an Humussäure die Knochen aufgelöst, aber die Hörner mehr oder weniger gut erhalten werden. Ein naher Verwandter ist der Wisent, Bison priscus Boj., welcher schon zur Eiszeit mit den anderen großen Säugern zusammen hier lebte. Herrn Landrath Grashoff in Schwetz verdankt das Museum einen starken (rechten) Stirnzapfen, welcher im Kies auf der Feldmark Schönau, unweit der oben erwähnten Fundstelle des Schädels vom Moschusochsen, aufgedeckt wurde. Sodann überwies die Strömbauverwaltung hier einen aus der Weichsel bei Kulm ausgebaggerten Oberschädel des Wisent mit beiden Stirnzapfen; dies ist das größte Stück der Art, welches bisher im Gebiet bekannt geworden ist. Dank der Verfügungen der Strom¬ bauverwaltung und Dank der Aufmerksamkeit ihrer Beamten geht überhaupt dem Museum alljährlich eine stattliche Zahl bemerkenswerther, zum Theil hervorragender Fundstücke zu. So war vor Jahren auch schon ein Schädel des Ur aus der Weichsel von derselben Behörde übergeben worden. Lebend kommt der Wisent noch in dem Kaiserlich Russischen Forstrevier Bjelowjesh im Gouvernement Grodno vor; außerdem wird er in Oberschlesien vom Fürsten Pless und in England vom Duke of Bedford künstlich gezüchtet Nahe verwandt sind der kaukasische und der amerikanische Wisent. Durch die vorjährigen Eingänge ist die im Provinzial-Museum vorhandene Zahl von mehr oder weniger vollständig erhaltenen Schädeln des Urrind auf 10 und des Wisent auf 6 angewachsen; dazu kommen noch zahlreiche einzelne Stirnzapfen beider Arten. Unter den Schädeln des Urs findet sich ein Exemplar von 70 cm Länge. Es giebt nur wenige Museen, welche über ein so stattliches Material der Art verfügen. Auch die fischartigen Säuger sind in den diluvialen Ablagerungen Westpreußens ver¬ treten. Vor längerer Zeit erhielt das Museum den Unterkiefer eines Wals, Balaena spec., der in den Kiesablagerungen von Neuschottland am Ende der Allee unweit Danzig gefunden war. In dem letzten Jahr übergab Herr Ziegeleibesitzer Moebus in Succase am Frischen Haff einige Wirbel vom Wal aus dortigen Thonen. Ferner sind auch fossile Reste großer Reptilien zu verzeichnen. Die schon genannte Kiesgrube von Gruppe hat im vorigen Jahre zwei Wirbel eines Plesiosaurvs geliefert, welche der senonen Kreide angehören und von Herrn Rittergutsbesitzer Plehn in Gruppe geschenkt wurden. Reste der Art sind in einer Abhandlung des Landesgeologen Dr. Schroeder, welche vom Vortragenden vorgelegt wird, ausführlich beschrieben und abgebildet. Zum Schluß zeigt der Vortragende zwei seltene nordische Vögel, die in vorigem Jahre in der Provinz erschienen sind. Einmal den Sturmsegler, Procellciria Leachii Temm., ' der von Herrn Kaufmann Putzrath am Strande bei Tolkemit todt aufgefunden und dann dem Museum eingesandt wurde. Sodann ein stattliches Exemplar der Schneeeule, Nyctea nivea Gray, ein Geschenk des Grafen von BRUENNECK-Bellscliwitz. Der größte Zug dieses Vogels fand im Winter 1858/59 statt; aus jener Zeit allein sind acht Exemplare in der hiesigen Sammlung vertreten. Aber auch später erschien der nordische Gast vereinzelt, und das Museum weist noch solche Vögel aus den Jahren 1865, 1866, 1869, 1881, 1894 und 1896 auf. \ LXXXV Wie Vortragender bemerkt, sind die reichen Zugänge der lebhaften Theilnahme der Bewohner Westpreußens an den Bestrebungen des Museums zu danken. Die von demselben von Anbeginn eingeschlagene Methode, die ganze Provinz mit einem Netz von Beobachtern zu überziehen, hat sich vortrefflich bewährt, und alljährlich werden die Maschen des Netzes enger geknüpft. Ueberall, auch in den entlegensten Theilen und hart an der Grenze, wachen Freunde und Mitarbeiter des Museums darüber, daß bemerkenswerthe Funde rechtzeitig bekannt und den Sammlungen der Provinz zugeführt werden. Herr Director Conwentz spricht Allen, die in dieser Richtung während des verflossenen Jahres thätig gewesen sind, den besonderen Dank der Museums -Verwaltung aus. Herr Professor Momber demonstrirt einen von Professor SLABY-Charlotten- burg herrührenden Versuch zur Veranschaulichung des wichtigen JouLE’schen Gesetzes, welches die Beziehung zwischen den Elementen des galvanischen Stromes und der geleisteten Arbeit betrifft. Der SLABY’sche Versuch besteht darin, daß man einen galvanischen Strom durch zwei in WuLFF’sche Flaschen von gleichem Rauminhalt eingeschlossene Widerstände gehen läßt, welche in dem Verhältniß von 1 : 2 stehen. Schaltet man die beiden Widerstände hinter einander, so geht durch sie derselbe Strom, und es werden sich deshalb die erzeugten Wärmemengen, die an Manometern zu erkennen sind, wie 1 : 2 verhalten. Läßt man aber einen Strom getheilt durch die beiden Widerstände gehen, so verhalten sich die beiden Theilströme wie 2 : 1, die Quadrate der Stromstärke deshalb wie 4:1. Da aber der Widerstand in der ersten Spirale nur die Hälfte von dem in der zweiten ist, so verhalten sich die Wärmemengen wie 2:1, und es zeigt sich deshalb an den Manometern der umgekehrte Stand wie bei dem ersten Versuche. 4. Sitzung, am 7. März 1900. Herr Professor Dr. Conwentz spricht in längerem Vortrag über das Thema: Der Schutz der Denkmäler der Natur, unter Vorlage eines reichen De¬ monstrationsmaterials. Vortragender ist auf seinen Reisen im Engeren und Weiteren immer mehr zu der Ueberzeugung gelangt, daß die ursprüngliche Natur fast überall durch die Kultur in hohem Maße bedroht wird, was er an zahlreichen Beispielen von Landschaften, geologischen Erscheinungen, Pflanzen- und Thierbeständen erläutert. Weiter bespricht er die in ver¬ schiedenen Kulturstaaten gegenwärtig bereits vorhandenen Einrichtungen zur Erhaltung einzelner Denkwürdigkeiten der Natur und führt dann einige Ideen zu einer planmäßigen Organisation der Naturdenkmalspflege aus. — An anderer Stelle wird er über diesen Gegenstand ausführlich berichten. Herr Oberlehrer Dr. Dahms legt Magneteisensand aus Kiautschou vor und führt im Anschluß daran Folgendes aus: Ungefähr um die Jahreswende 1899 — 1900 wurden Bergingenieure nach Kiautschou geschickt; sie sollten dort untersuchen, was von den wiederholten Gerüchten über Goldfunde zu halten sei. Vortragender zeigt zwei Sandproben vor, welche ihm in den letzten Tagen des verflossenen Jahres mit der vertraulichen Anfrage zugestellt wurden, ob irgendwelche Edelmetalle in ihnen enthalten seien. Weder bei mikroskopischer noch bei chemischer Prüfung ließ sich auch nur eine Spur von solchen entdecken. Die Täuschung war dadurch veranlaßt worden, daß kleine, in Zersetzung begriffene Glimmer- resp. Chlorit-Blättchen mit ihrem theils goldigen, theils silberigen Glanze falsche Vermuthungen wachgerufen hatten. Beide Sande stimmten darin überein, daß sie der Hauptmasse nach aus Feldspathtriimmern und kleinen Quarzkörnern bestanden und durch ihren stark thonigen Geruch anzeigten, wdewei LXXXVJ sie bereits der Verwitterung verfallen sind. Sehr reichlich sind außerdem kleine Zirkon- krystalle — wie sie in Graniten und Gneißen Vorkommen — vorhanden. Auch die gefundene Phosphorsäure ist nicht größer, als sie bei normalem Apatitgehalt granitisclier Gesteine etwa sein würde. Außerdem enthält aber die eine der beiden Proben noch einen im höchsten Grade bemerkenswerthen Bestandtheil, das Magneteisenerz, sodaß wir den vorliegenden Sand als Magneteisensand bezeichnen können. Derartige Sande sind uns besonders von der Ostsee¬ küste recht wohl bekannt. Hier nagt das Meer sowohl am Ufer wie in den Untiefen die diluvialen Schichten ab. Die großen Steine bleiben, mit grandartigem Sande vermischt, liegen, kleinere Steine werden abgerollt, während die kleinsten Geschiebe mit dem Sande durch Uferströmungen weit fortgeführt und schließlich als niedriger Strandwall aufgeworfen werden, in dessen Schutze bei Stürmen der Seetang mit Bernstein oder Seethiere aller Art liegen bleiben. Da diese Sande lange auf dem Boden der Uferzone hin- und hergerollt werden, bevor sie an den Strand geworfen werden, so werden sich durch einen natürlichen Schlämm- proceß die Eisenerze von selbst anreichern. Außerdem bläst der Wind aus dem ausgew'orfenen und schließlich getrockneten Sande die leichteren, vorzugsweise aus Quarz bestehenden Körnchen der Oberfläche fort, und das Magneteisenerz bleibt schließlich fast allein in größeren Flecken und Streifen in der Strandregion zurück. Da die Bildung solcher Ablagerungen besonders durch stärkeren Wellenschlag eingeleitet wird, so haben die Helenser in ihnen seiner Zeit die Vorboten eines reichlichen Bernstein-Auswurfs gesehen. Daß dieser Magnet¬ eisensand außerdem noch vorzugsweise Granat und Hyacinth enthält und wegen seines bunten Aussehens als Streusand für das Schreibzeug verkauft wird, mag nur erwähnt werden. — Vielleicht am großartigsten sind die Lager dieses Sandes an der Mündung des Lorenzostromes in Nordamerika. Durch die Erosionswirkung des Meeres wird das Magneteisenerz auch aus den felsigen Gestaden von Connecticut ausgewaschen und auf eine Strecke von mehr als 20 km Länge auf Long Island am Gestade aufgehäuft. Wenn schon auch an vielen andern Orten, z. B. in Kiautschou, sich solche Sande reichlich finden, so sind die nordamerikanischen des¬ halb von besonderem Interesse, weil sie dem genialen Erfinder Edison die erste Veranlassung boten, das magnetische Erz aus armen Gesteinen derart anzureichern, daß seine Verhüttung lohnend wurde. Die Anlagen der von ihm gegründeten „New Jersey and Pennsylvania Concentrating Company“ verarbeiten täglich ungefähr 7000 t Erz. Bedenkt man, daß unsere Kiautschou-Sande in einer Probe 43 Procent, in einer anderen sogar 54 Procent Eisenerz enthalten, so scheint die Frage berechtigt, ob die Ausbeutung derselben nicht von Vortheil wäre, wenn die in Betracht kommenden Lager sich als ergiebig erweisen. Auch die zweite in Betracht kommende Frage, nämlich die nach der zum Betriebe erforderlichen Kohle, dürfte günstig zu beantworten sein, da in der Nähe der chinesischen Grenze Kohlenlager angetroffen sind. 5. Sitzung, am 12. März 1900. Herr Professor Momber legt die von Herrn Professor Dr. von Drygalski zugesandte Denkschrift über die bevorstehende deutsche Südpolarexpedition, sowie die soeben herausgegebenen Verhandlungen der vorjährigen Versamm¬ lung deutscher Naturforscher und Aerzte vor. Hierauf spricht Herr Oberarzt Dr. Fischer über die Verwendung der Röntgenstrahlen in der Medizin, unter gleichzeitiger Vorführung zahlreicher vom Vortragenden selbst aufgenommener, äußerst scharfer ItoENTGENbiider. In Kürze schildert Vortragender das zur Benutzung erforderliche Instrumentarium. Außer der unerläßlichen Elektricitätsquelle und dem Funkeninductorium ist von großer Wichtigkeit der mit letzterem in Verbindung stehende Unterbrecher und die Vacuumröhre, von welcher die Röntgenstrahlen ausgehen. In neuerer Zeit ist der bekannte Wehnelt- Unterbrecher wegen der hohen Frequenz der Unterbrechungen und der dadurch bedingten LXXXV1I gleichmäßigen Helligkeit der Röntgenröhren in Gebrauch gekommen. Vortragender hat bessere Erfolge mit einem von Hirschmann neu gelieferten Quecksilbermotorunterbrecher erzielt, welcher auch 800 — 1000 Unterbrechungen in der Sekunde giebt und unter Wegfall von jeglichen Kühlvorrichtungen vor allem tadellos schon bei viel geringerer Stromspannung arbeitet als der erwähnte, allerdings billigere WEHNELT-Unterbrecher. Den Fehler der früheren Vacuumröhren, sich bei garnicht langem Gebrauche so stark zu erhitzen, daß die Glaswand erweichte und dem äußeren Luftdruck nachgab, hat man durch sinnreiche Einrichtungen im Innern der betreffenden Röhren beseitigt, auch ist es gelungen, solche Röntgenröhren her¬ zustellen, deren Luftverdünnung im Innern störende Schwankungen nicht mehr zeigt, wie es früher wohl geschah. AVie bekannt, wird das durch die Röntgenstrahlen erzielte Schattenbild des zu unter¬ suchenden Gliedes auf einen fluorescirenden und darum die Wirkung erhöhenden Bariumplatin- cyanürschirm projicirt. Für den Nachweis von grob anatomischen Verletzungen und von Fremdkörpern reicht diese Methode aus. Für feinere Verhältnisse ist die photographische Fixirung des Röntgenbildes unerläßlich. Die Expositionszeit hierbei schwankt je nach der größeren oder geringeren Durchläßlichkeit der zu durchleuchtenden Organcomplexe zwischen 15 und G0 Sekunden. Neuerdings hat die photographische Technik der Röntgenstrahlen große Fortschritte gemacht, besonders durch die Einführung von sehr fein gekörnten Fluorescenz- platten (Flußspat oder wolframsaures Calcium) als Verstärkungsschirmen und besonders wirk¬ samen Bromsilbergelatineplatten. Hierdurch ist eine größere Schärfe der Bilder und eine wesentliche Verkürzung der Belichtungszeit erreicht, bis auf eine Sekunde herab, sodaß man gegenwärtig auch bei dem photographischen Fixiren von Fremdkörpern im Innern des mensch¬ lichen Körpers beinahe von Momentaufnahmen sprechen darf. Die A7 erwendung der Röntgenstrahlen in der Medizin kann nun zunächst therapeutischen oder diagnostischen Zwecken dienen. Für Heilzwecke indessen ist ihr AVertli bis jetzt nur recht untergeordnet. Zwar will man gefunden haben, daß das Röntgenlicht auf das AVaclis- thum von Bacterien hemmend wirkt, und man hat gemeint, auf Bacterientliätigkeit beruhende Krankheiten mit Röntgenstrahlen bekämpfen zu müssen. Auch hat man den Röntgenstrahlen schmerzstillende Wirkung zugeschrieben. Wirkliche Erfolge sind nach diesen Richtungen nicht erzielt worden. Mehr Glück hat man mit der Anwendung von Röntgenstrahlen bei gewissen Hautkrankheiten gehabt, so z. B. zur Entfernung von Haaren an mißliebigen Körper¬ stellen, zur Heilung von Lupus und verschiedenen Hautflechten. Die Behandlung dauert aber recht lange, dazu treten häufig schwer zu vermeidende, recht unangenehme Hautentzündungen in Folge der langandauernden Bestrahlung; und schließlich ist die Frage noch nicht ent¬ schieden, ob eine anderweitige Behandlung der betreffenden Krankheitsfälle nicht ebenso erfolgreich gewesen wäre. Großartig sind hingegen die Ergebnisse für die Diagnostik, in erster Linie für die Chirurgie bei der Behandlung von Knochenverletzungen. Das bisherige diagnostische Ver¬ fahren wird darum nicht überflüssig; die Bestätigung durch das Röntgenverfahren dürfte heute aber Niemand mehr vermissen wollen. Mit wmleher Sicherheit gute Röntgenphotogramme den Naclrweis von allerlei Fremdkörpern, auch den kleinsten, an den verschiedensten Körperstellen erbringen, auch da, wo die Knochen für die Röntgenstrahlen ein störendes Hinderniß bilden, kann Vortragender an einer ganzen Reihe von Photogrammen zeigen. Selbst winzige Metall¬ splitter in dem für die Durchleuchtung ungünstig gelegenen Augapfel und an versteckten Stellen der unteren Rumpfhälfte konnten auf den Bildern deutlich fixirt werden. Auch mangelhafte Verkalkungen bei rhachitischen Erkrankungen des Knochengerüstes von Kindern, wie andererseits der normale Verkalkungsprozeß läßt sich genau verfolgen und in seiner graduellen Abstufung bis zur fertigen Verkalkung im erwachsenen Zustande zeitlich fixiren, so daß daraufhin geradezu Altersbestimmungen möglich werden. Eine besondere Bedeutung hat das Röntgenverfahren bei der Behandlung von Knochen- brüchen und Gelenkverrenkungen erfahren. Das schmerzhafte Betasten des Patienten ist so Lxxxvin gut wie überflüssig geworden. Nach der Einrichtung der Knochen und Einrenkung der Gelenke kann der Arzt überdies durch den angelegten Gipsverband hindurch sich von der richtigen Lage der kranken Theile überzeugen resp. sofort Abhilfe schaffen, jedenfalls auf der Stelle controliren, ob die stattgehabte Behandlung richtig war, und so weiteres Unheil verhindern. Die Erkrankung der Skelettheile kann gleichfalls direct zur Kenntniß des Arztes gebracht werden, z. B. Knocheneiterungen, tuberculöse Erkrankungen der Knochen und Gelenke, sodaß der Krankheitsherd in diesen Fällen für den nothwendigen operativen Eingriff von vornherein in seiner Lage sicher festgestellt werden kann. Die Ausdehnung gichtischer Erkrankungen der Gelenke läßt sich deutlich erkennen. Alle diese Untersuchungen haben zugleich dem Chirurgen Veranlassung gegeben, auch den normalen Bau des Skelets im Detail viel genauer zu studiren als bisher, so daß der Schatz theoretischer Kenntnisse nach dieser Richtung nicht unwesentlich vergrößert worden ist. Liegt der Hauptwerth des Röntgenverfahrens entschieden auf dem chirurgischen Gebiete, so ist dasselbe indessen auch für die innere Medizin von großem Vortheil. Auch hier sind in theoretischer wie praktischer Beziehung Durchleuchtungen innerer Organe mit Röntgen¬ strahlen von größter Bedeutung geworden. Durch die Röntgenaufnahmen lassen sich z. B. Formveränderungen der Lunge, Verdichtungen und Höhlungen, die sich in ihr in Folge der Tuberculöse und heftiger Entzündungen bilden, wässerige und eiterige Ergüsse im Brustfell¬ raume, Herzerweiterungen, die Bewegungen und Lähmungen des Zwerchfelles direct nach- weisen. Selbst für den schwer zu durchleuchtenden Verdauungstractus hat man die Röntgen¬ strahlen herangezogen, um Verengerungen und Lageveränderungen des Darmes nachzuweisen. Werden von dem Kranken Gelatinekapseln verschluckt, die mit einem für Röntgenstrahlen undurchlässigen Körper, z. B. Wismut, gefüllt sind, so kann man die erwähnten Fehler des Darmes auf dem Fluorescenzschirme oder auf dem Photogramm fixiren und danach weiter verfahren. Nicht gelungen ist bis jetzt die Fixirung der Gallen- und Blasensteine im Röntgen¬ bilde, wie überhaupt die Untersuchung der Unterleibsorgane des Menschen mittels dieses Verfahrens auf die größten Schwierigkeiten stößt. Die aufgenommenen Bilder sind noch immer sehr schwach und undeutlich. Auch der Gynäkologe hofft mit Vortheil die Beschaffen¬ heit des Beckens, die Lage des Fötus in jedem einzelnen Falle deutlich erkennen und danach bei seiner eventuellen Hilfeleistung sich richten zu können. Die Thätigkeit der inneren Theile des Kehlkopfes bei dem Zustandekommen der Sing- und Sprechstimme konnte durch das Röntgenverfahren genau studirt werden. Selbst zur Feststellung des Todes wurde dieses Verfahren (auch Radiographie genannt) benutzt, da man erkannt hat, daß die Schatten der Rippen, des Zwerchfelles und des Herzens an der Leiche schärfer erscheinen als bei Lebenden. Es ist leicht ersichtlich, daß auf dem Gebiete des Unfall- und Lebens-Versicherungs¬ wesens, für Krankenkassen und für die gerichtsärztliche Praxis das Röntgen verfahren zur sicheren Entscheidung zweifelhafter einschlägiger Fälle herangezogen werden kann. Dem Simulantenwesen kann in vielen Fällen energisch zu Leibe gegangen werden. Ein letztes wichtiges Feld für die Radiographie ist die Kriegschirurgie. Der Nutzen des neuen Verfahrens gerade da hat sicher alle Erwartungen übertroffen, wie im türkisch¬ griechischen, dem spanisch-amerikanischen und auch im südafrikanischen Kriege sich gezeigt hat. Manches Leben ist dadurch gerettet worden. Andererseits hat man die Wirkungen der verschiedenen Geschosse genau erkennen können. Vortragender schließt mit den Worten, daß in der kurzen Zeit, da die Röntgenstrahlen ihre Verwendung in der Medizin gefunden, die ärztliche Behandlung der Kranken derartige Fortschritte gemacht hat, daß keiner, der im Krankenhause ärztlich thätig ist, das Instru¬ mentarium für das Röntgenverfahren jemals wieder entbehren möchte. Im Anschluß hieran führt Herr Professor Pr. Barth noch mehrere instructive Röntgenaufnahmen vor, die mit Benutzung des Wehnelt- Unter- LXXXIX brechers von ihm hergestellt sind. Herr Dr. Petruschky weist darauf hin, daß zur Vermeidung der nicht unbedeutenden Kosten bei der Uebertragung der Photogramme auf photographisches Papier das bekannte billige Licht¬ pauspapier vorzügliche Dienste leistet, und legt einige so hergestellte, äußerst scharfe Abzüge vor. Herr Dr. Lakowitz macht auf ein neues Verfahren zur Gewinnung von stereoskopischen Röntgenbildern aufmerksam. Diese Auf¬ nahmen liefern im Stereoskop körperlich erscheinende Bilder und ermöglichen dadurch besser als sonst die Bestimmung der Tiefenlage von Fremdkörpern in den zu untersuchenden Körpertheilen. Hierauf legt Herr Dr. Lakowitz eine Anzahl Werkstücke aus dem in neuester Zeit viel genannten Magnalium vor, welche die Deutsche Magnalium- gesellschaft in Berlin zu diesem Zweck in zuvorkommender Weise her¬ gegeben hatte. Das Magnalium ist eine Legirung aus Aluminium und Magnesium, welche alle guten Eigenschaften des Aluminiums zeigt, ohne die großen Unannehmlichkeiten bei der mechanischen Bearbeitung, die dem Aluminium eigen sind. Das Magnalium ist daher bestimmt, das Rein¬ aluminium zu ersetzen. Zugleich wird es dem Messing erfolgreiche Concurrenz machen, da es dessen gute Eigenschaften sämmtlich besitzt, kalt sich genau so bearbeiten läßt, sich aber vor diesem durch viel geringeres specifisches Gewicht (2—2,5), höhere Luftbeständigkeit, seine silberweiße Farbe, große Zugfestigkeit und große Politurfähigkeit auszeichnet. Wegen dieser letzteren Eigenschaft ist es das denkbar beste Material für Metallspiegel, darin das Silber noch übertreffend. Da es völlig eisenfrei ist, kann das Magnalium auch für nautische Instrumente benutzt werden. Wie es für die Feinmechanik das vorzüglichste und wohlfeilste Metall schon jetzt ist, so verspricht es für die gesammte Metallindustrie überhaupt eine neue Aera anzubahnen. 6. Sitzung* am 4. April 1900. Vor Eintritt in die Tagesordnung erstattet Herr Professor Dr. Conwentz einen kurzen Bericht über die denkwürdige Zweihundertjahrfeier der König¬ lichen Akademie der Wissenschaften in Berlin, bei welcher Veranstaltung Herr Conwentz in seiner Eigenschaft als Secretär der Gesellschaft die Glück¬ wünsche und eine von Herrn Dr. Korella künstlerisch ausgeführte Adresse derselben überbracht hat. — Herr Professor Momber begrüßt die neu ein¬ getretenen Mitglieder und legt die vom Herrn Ober-Präsidenten und von Herrn Dr. Fischer der Bibliothek jüngst geschenkten Werke vor. Sodann giebt Herr Momber seiner Freude darüber Ausdruck, den Vorsitzenden der Elbinger Alterthumsgesellschaft, Herrn Professor Dr. Dorr, den besten Kenner der Bevölkerung zwischen Weichsel und Pregel in der Geschichte und Vor¬ geschichte, als Vortragenden an diesem Abend willkommen heißen zu dürfen. Darauf spricht Herr Professor Dr. Dorr über die prähistorische Bevölkerung in Altpreussen. Schon in den Jahren 1893 und 1894 hat Vortragender in den Programmen des Elbinger Realgymnasiums im Anschluß an eine Uebersicht über die vorgeschichtlichen Funde im Stadt- und Landkreise Elbing eine Kartenskizze der muthmaßlichen Völkerschiebungen im Mündungs¬ gebiet der Weichsel (400 v. Chr. bis 900 n. Chr.) mit eingehenden Erläuterungen veröffentlicht. An die dort enthaltenen Aufstellungen und Periodenabgrenzungen knüpft er nunmehr an, nicht xc verhehlend, daß manches damals Ausgesprochene mittlerweile einer etwas anderen Auffassung weichen muß, infolge eigener neuer Untersuchungen im Gebiet und neuer Publicationen Anderer. Unter diesen sind besonders die 1897 beendete neue Ausgabe von Plinius historia naturalis von Mayhoff, die nordische Alterthumskunde von Sophus Müller, die Ethnographie der germanischen Stämme von 0. Bremer und Sieglin’s Schulatlas zur Geschichte des Alter- thums zu nennen. Diesen Vorbemerkungen schließt Vortragender noch eine kritische Beleuchtung der Hilfsmittel an, welche dem Forscher zu Gebote stehen, wenn er über die Ethnographie eines Volkes aus früher Vorzeit näheren Aufschluß erlangen will. Zunächst die prähistorischen Funde sind schwer für die ethnographische Untersuchung zu verwenden, da sie zumeist nur gewöhnliche Gebrauchsgegenstände sind und nicht geeignet, uns Aufschluß zu geben, welches Volk in einem bestimmten Gebiet gewohnt hat. Den Namen des Volkes erfahren wir da gewiß nicht. Man würde sicher einem Irrthum verfallen, wollte man z. B. meinen, daß bestimmt geformte und verzierte, vorgeschichtliche Thongefäße, welche als slavische bezeichnet werden, auch immer auf Slaven als Verfertiger liinweisen. Ferner weiß man, daß die als slavische Burg¬ wälle bekannten Vertheidigungswerke in der Elbinger Gegend bestimmt nicht von Slaven, sondern von Pruzzen gebaut sind, die eben diese Art der Landesvertlieidigung von ihren slavisclien Nachbarn entlehnten; ein Gleiches gilt von ihrer Keramik. — Liefert die Prähistorie also keine verläßliche Hilfe, so steht es nicht viel besser mit der vergleichenden Sprach¬ forschung, welche oft zu Ergebnissen führt, die denn doch zu wenig in den aus sonstiger Erkenntniß aufgestellten wissenschaftlichen Rahmen passen, als daß sie Anspruch auf Beweis¬ kraft machen könnten, wenigstens nicht für die prähistorische Archäologie. — Dagegen scheint dem Vortragenden einzig sicher das zu sein, was uns von den Griechen und Römern über unsere Bevölkerung Schriftliches überliefert ist. Auf dieses Material hat er sich bei seinen einschlägigen Untersuchungen auch gestützt unter Mitberücksichtigung der prähistorischen Funde des Gebietes, welche in Elbing, Danzig, Graudenz, Thorn und Königsberg auf¬ bewahrt werden. Ueber die Steinzeit Altpreußens, d. h. des Gebietes zwischen Weichsel und Pregel bezw. Memel, wissen wir von den Griechen und Römern nichts, wie es hierüber überhaupt nichts Schriftliches giebt. Indessen hier hat man versucht, sich einigermaßen zu helfen, durch die Combination geologischer Befunde, an der Durchbruchsstelle des Memelflusses zum Kurisclien Haff, mit der jetzt noch dort üblichen sprachlichen Bezeichnung mancher Gelände- theile. Hiernach ist es wahrscheinlich, daß 2000 Jahre v. Ohr. eine finnische Bevölkerung am unteren Memelfluß seßhaft war. Wie weit sie sich in unser Gebiet hinein ausbreitete, darüber fehlt jeder Anhalt. Hervorzuheben ist noch, daß aus dieser so weit zurückliegenden Steinzeit außer Gebrauchsgegenständen auch noch einige Körperüberreste des neolithischen Menschen vorhanden sind, so z. B. aus dem Samlande aus der Gegend von Fischhausen und aus den prähistorischen Abfallschichten am Haffufer bei Tolkemit An ersterer Stelle hat man zwei vollständige steinzeitliche Menschenskelette mit extrem dolichocephalen Schädeln gefunden, bei Tolkemit solche von brachycephalem Typus. Hieraus lassen sich Schlüsse aut die Stammeszugehörigkeit der damaligen Bevölkerung nicht ziehen. Ueber die Bevölkerung einer späteren Zeit, der sogen. Hallstattepoche (5.-3. Jahr¬ hundert v, Chr.), die auf die lang andauernde Steinzeit nach einer kurzen reinen Bronzezeit folgte, sind wir besser orientirt, vornehmlich durch Plinius, der in seiner naturalis historia mit der viel ehrten Erzählung des weit gereisten Pytheas (um 320 v. Chr.) einiges Licht über das Bernsteinland, die Insel Abalus, das heutige Samland und die angrenzende Bevölkerung verbreitet hat. Danach ist jetzt, nach mannigfaltig wechselnder Auffassung des ursprünglichen Textes, anzunehmen, daß zu jener Zeit, also um das 4. Jahrhundert v. Chr, an der unteren Weichsel und weiter westlich davon bis gegen die jütländische Halbinsel der Volksstamm der Inguäonen saß, als deren östlichster Zweig zwischen Weichsel und Pregel, an der Ostsee bzw. am Haff' entlang, die Teutonen vorgeschoben wohnten. Welche Leute damals im Sam- XC1 lande gelebt haben, weiß man nicht, möglicherweise sind es schon die später mehr hervor¬ tretenden Aesten. lieber die nächsten Jahrhunderte bis zu Christi Geburt haben wir durch den Alexandriner Astronomen, Mathematiker und Geographen Piolemäus Kunde, der von einem östlich der Weichselmündung sich erstreckenden großen Meeresbusen, dem venedischen Golf, der Ostsee und seinen Anwohnern spricht. Es steht jetzt fest, daß auf die soeben genannten Teutonen im Lande zwischen Weichsel- und Pregelmündung die Wenden folgten, denen vielleicht noch Finnen vorangingen. Diese Wenden wurden später von den Aestiern aus Altpreußen ver¬ drängt. Sie sind weiter südlich gewandert und haben zuerst das polnische Tiefland zu ihrem Wohnsitz gewählt; später erscheinen sie zwischen dem Unterlauf von Weichsel und Elbe bis zur Ostsee. Von den Gothen nimmt Vortragender an, daß Schaaren derselben in Auswanderungs¬ zügen aus Skandinavien nach dem Mündungsgebiet der Weichsel übergesiedelt seien; ihre ersten Pioniere dürften um Christi Geburt hier eingetroffen sein. Damals waren die Teutonen längst abgezogen, und die östlichen Nachbarn der Gothen waren eben die Wenden. Nach dem Abzüge der Wenden drängten nach Altpreußen die Aestier von Osten hinein. Sie sind die Vorfahren der alten heidnischen Preußen. Tacitus rechnet sie zu den Germanen, doch dürfte dies nicht zutreffen. Er bereits weist darauf hin, daß die Aestier sich durch ihre Sprache und ihre große Vorliebe für den Ackerbau von den Germanen unterscheiden. Wahr¬ scheinlich gehören sie dem lettischen Volksstamme an, wie ja auch die Sprache der alten Pruzzen der litauischen Sprache ähnlich war. Nach Tacitus war für die Aestier das Fehlen eiserner Waffen charakteristisch, nur Holzkeulen benutzten sie. Hiermit stimmen denn auch die prähistorischen Funde in der Elbinger Gegend aus dem 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. (Zeit der Aestier des Tacitus) überein ; sie sind reich an Schmucksachen und Gerätschaften aller Art, Metallwaffen sind aber nicht gefunden worden. Nachweislich breiteten die Aesten (= Esten des gothischen Geschichtsschreibers Jordanes) in den folgenden Jahrhunderten sich allmählich bis zur Weichsel, bis in das Kulmer Land hinein aus, während die Gothen schon am Ende des zweiten Jahrhunderts nach Christi das Land verließen und in die politischen Gebiete vordrangen. Von den Esten, den Vorfahren der Pruzzen, 'weiß Jordanes zu berichten, daß es ein friedfertiges Volk war. Aus dem sechsten Jahrhundert weiß man von einem reichen Bernsteingeschenk zu erzählen, das sie dem Gothenkönig Theodorich über¬ sandten. Das Dankschreiben des Königs an die Aesten aus diesem Anlaß ist noch erhalten. Aus dieser Zeit stammt das reiche Gräberfeld von Lenzen, welches vom Vortragenden auf¬ gedeckt und wissenschaftlich verarbeitet ist. Hiernach waren die Aesten des 6. Jahrhunderts ein kriegerisches Reitervolk, denn außer Schmucksachen fanden sich reichlich eiserne Waffen und die Reste von miteingegrabenen Pferden. Die nächste sichere Kunde über eine noch spätere Zeit rührt von dem Seefahrer Wulfstan her, der gegen Ende des 9. Jahrhunderts von Hadeby in Schleswig nach Truso am Ilfing (Elbing) reiste. Er erzählt, daß östlich der Weichsel das Land von Esten (Pruzzen), westlich von Wenden (Slaven) bewohnt sei. Er berichtet ferner, daß unter den Esten viel Krieg herrsche, daß sie von Königen regiert würden und es verstünden, künstliches Eis zu machen, um die Todten in den Häusern lange zu erhalten, während welcher Zeit sie sich ausgedehnten Schwelgereien hingäben. Um das Jahr 1000 taucht dann der Namen Pruzzen auf. Sie sind die letzten Vorfahren der heidnischen Preußen. Als die Ordensritter ins Land kamen, bewohnten sie das weite Land von der unteren Weichsel bis zur Memel. Ah den Vortrag schließt sich über die Lage und Ausdehnung des alten Bernsteinlandes eine lebhafte Debatte, an der sich außer dem Vortragenden die Herren Professor Dr. Conwentz und Stadtrath Dr. Helm betlieiligen. XCII 7. Sitzung, am 2. Mai i900. Herr Professor Momber legt zwei von Herrn Geheimrath Dr. Abegg geschenkte Doctordiplome ehemaliger Mitglieder der Gesellschaft aus dem 18. Jahrhundert vor. Das eine in Leiden 1702 ausgestellte Diplom betrifft den 1764 verstorbenen Arzt und Zoologen J. Breyne, das andere aus Jena vom Jahre 1794 den 1835 verstorbenen ersten Director des westpreußischen Hebeammeninstituts in Danzig Brunatti. Hierauf hält Herr Dr. Francke einen Vortrag über das Vorkommen und die Behandlung der Granulöse in den städtischen Schulen Danzigs. Einleitend spricht Vortragender zunächst über die Herkunft, das Vorkommen und den klinischen Verlauf dieser im Laienpublikum als ägyptische Augenkrankheit bekannten Affection des Auges. Den Namen Granulöse hat sie erhalten wegen der durch sie hervor¬ gerufenen Körnerbildungen auf der Innenfläche der Augenlider. Nachweislich ist diese Infectionskrankheit vor 100 Jahren aus Aegypten durch das napoleonische Heer nach Europa verschleppt worden, wo auch sehr bald die anderen Heere durchseucht wurden. In Folge der bedenklichen Maßregel, die augenkranken Soldaten in ihre Heimath zeitweise zu entlassen, anstatt sie in Lazarethen zu isoliren, verbreitete sich die Krankheit überall auch unter der Civilbevölkerung. Besonders stark griff sie um sich in den Niederungen, so in Holland, der Rheingegend, in den östlichen Provinzen Deutschlands und in den Ostseeprovinzen. Fast ganz verschont blieben Gebirgslandschaften, sodaß man Granulosekranke zur Gesundung geradezu ins Gebirge schickte. In den letzten 10 — 12 Jahren ist die Krankheit durch den starken Verkehr und durch die Sachsengängerei fast nach allen Provinzen getragen worden. Der klinische Verlauf der Erscheinung ist entweder ein mehr oder minder acuter mit heftigen äußerlichen Schmerzen und lebhafter Absonderung oder ein chronischer, schmerzloser, äußerlich ohne sichtbare Anzeichen. Das Auftreten von kleinen Pusteln auf der Bindehaut¬ falte inseits der Augenlider zeigt auch dann den Krankheitsherd an. Ursprünglich auf die Bindehaut beschränkt, kann die Entzündung die normalerweise klare Hornhaut in Form einer zunächst oberflächlichen und dann in die Tiefe dringenden Entzündung ergreifen und trüben. Erstreckt sich diese anfangs nur die Randpartien ein¬ nehmende Trübung w'eiter nach der Mitte zu bis vor die hinter ihr gelegene Pupille, so sind Sehstörungen unausbleiblich. Und diese erst sind es, die den ahnungslosen Patienten bei dem schmerzlosen chronischen Verlauf der Granulöse zum Arzt führen. Andere störende Folgezustände betreffen die Innenfläche der Augenlider. In Folge von Schrumpfungen dort- selbst entstehen leichte Einwärtskrümmungen der Lidränder, Schiefstellung der Wimpern und dadurch ungewohnte Reizungen des Augapfels sowie reichliche Thränenabsonderung. In ganz schlimmen Fällen tritt Eintrocknung der Bindehaut und gar der Hornhaut ein, was den völligen Verlust der Sehkraft bedingt. Bei frühzeitigem Eingreifen des Arztes lassen sich die schlimmen Folgen der Granulöse verhindern, schlecht wird die Prognose, wenn die Patienten erst spät in die Behandlung kommen, und vor allem, wenn die Unreinlichkeit der Patienten die gewährte Hilfe erschwert. Die Granulöse ist sicher eine Infectionskrankheit. Den specifischen Erreger hat man allerdings bis jetzt noch nicht gefunden. Jedenfalls weiß man, daß die Krankheit nicht autochthon, sondern erst nach Uebertragung der Absonderungsflüssigkeit auf das gesunde Auge entsteht. Durch die Hand, durch das gemeinsame Taschen- und Handtuch wird diese Uebertragung am ehesten vor sich gehen. Wie bei allen Infectionskrankheiten, so wirkt auch bei der Uebertragung der Granulöse eine gewisse Disposition mit. Diese ist erfahrungs¬ mäßig bei der armen Bevölkerung am meisten vorhanden, wohl weil hier der Einzelne zu wenig auf sich achtet Daher tritt die Krankheit auf dem Lande procentual häufiger auf als in den Städten, und hier in Danzig in der Altstadt und in Schidlitz stärker als in den xcm anderen Stadttheilen. Unter den Vorstädten ist in dieser Hinsicht Neufahrwasser am günstigsten gestellt. Diese weite Verbreitung der Granulöse besonders auf dem Lande, die sich bei den Rekrutenaushebungen jedes Jahr von neuem zeigt, hat die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich gelenkt. Der Magistrat von Danzig ergriff in dankenswerther Weise die Initiative zu systematischen Untersuchungen der Danziger Schuljugend, die Januar 1898 vorzunehmen waren. Außer dem Vortragenden wurden die Herren Dr. Dr. Helmbold, Schustehrus und Wallenberg damit betraut. An 16 000 Kinder wurden untersucht. Hierbei erwies sich der Procentsatz der an Granulöse Erkrankten so hoch, daß beschlossen wurde, die Untersuchung in bestimmten Zeitintervallen zu wiederholen. Das ist jetzt 1900 geschehen. Die erkrankten Kinder der Mittel- und Volksschulen erhielten kostenfreie ärztliche Behandlung. Der Verlauf der Erkrankung war im ganzen gutartig, unter den vom Vortragenden untersuchten Kindern befand sich nur eines mit Hornhautentzündung. Dem Vortragenden fiel die Untersuchung der Kinder folgender Schulen zu : Städtisches Gymnasium, Schule auf Hakelwerk, Niedere Seigen, Johanniskirchhof, Rahm, St. Albrecht, Langfuhr. Da zeigten sich 1898 im ganzen 8,4 Proc. Erkrankungen, 1900 war dieser Procentsatz auf 3,06 Proc. herabgesunken. Procentual die höchste Zahl der Erkrankungen hatte 1898 das Städtische Gymnasium mit 12,6 Proc., dafür 1900 den geringsten Procentsatz (1,07 Proc). Von den Volksschulen war 1898 die Knabenschule am Hakelwerk am schwersten belastet (10 Proc ). Unter den genannten Schulen der inneren Stadt zeigte den günstigsten Zahlen¬ werth 1898 die Schule auf dem Johanniskirchhof mit 7,2 Proc., welcher 1900 aber doch auf nur 2,88 Proc. zurückgegangen war. Von Vorstadtschulen war ursprünglich am günstigsten die Langfuhrer Schule gestellt (6,13 Proc.), dafür aber bei der wiederholten Untersuchung 1900 am ungünstigsten (4,57 Proc ), und zwar deshalb, weil diese Kinder sich am erfolg¬ reichsten der ärztlichen Behandlung entzogen hatten Der Erfolg der Untersuchung war am besten in der Schule von St. Albrecht hervorgetreten, wro im Jahre 1898 8 Proc. erkrankt waren, w'ährend jetzt, 1900, überhaupt kein Granulosefall mehr vorkam. Im ganzen genommen ist der Erfolg überall sehr erfreulich gewesen, vollkommen aber doch noch nicht, was sich aus der Natur der Sache erklärt. Zunächst sind, wie bei anderen Krankheiten, Rückfälle unvermeidlich, sodann erfolgten bei den Kindern Neuinfectionen durch Angehörige, bereits inficirte Kinder kamen von auswärts hinzu. Daher erscheint es noth- wendig, mit den periodischen Untersuchungen und der ärztlichen Behandlung auch in der Zukunft fortzufahren und nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben. Die therapeutische Behandlung der Granulöse kann eine medikamentöse, eine mechanische oder eine operative sein. Als Medikamente werden Adstringentien wie Zink- und Blei¬ lösungen gute Dienste thun. Ausspritzungen und Umschläge mit Sublimatlösung sind gleich¬ falls wirksam bei gutartigem Auftreten der Krankheit. Bei Hornhauttrübungen wird eine gelbe Präcipitatsalbe, bei eingetretener Narbenbildung auch eine Kupfersalbe benutzt. Die mechanische Behandlungsweise besteht im Beseitigen der auf der Innenseite der Lider entstandenen Körner durch Ausdrücken mittels einer Rollenpincette oder durch energisches Abreiben mit in Sublimatlösung getauchten Wattebäuschchen In vorgeschritteneren Fällen werden die stark geschwollenen Uebergangsfalten der Bindehaut auf der Innenseite der Lider nach lokalem Cocainisiren einfach hinausgeschnitten. Die Verheilung tritt im ganzen schnell ein, ohne daß ein Nähen nöthig wäre. 8. Sitzung, am 15. Oktober 1900. Vor Eintritt in die Tagesordnung widmet Herr Professor Momber dem kürzlich dahingeschiedenen Ehrenmitgliede und langjährigen Vicedirector der Naturforschenden Gesellschaft, Herrn Geheimrath Dr. Abegg, warm empfundene Worte der Erinnerung: ,,Als wir uns vor zwei Jahren mit den Vertretern der XCIV Provinz, der Stadt und zahlreicher gemeinnütziger, wissenschaftlicher und anderer Gesellschaften und Vereine zusammengefunden hatten, um das fünfzig¬ jährige Doetorjubiläum des Herrn Geheimraths Abegg zu feiern, gab Alles der Freude Ausdruck, daß der Jubilar sich in seinem hohen Lebensalter der vollen geistigen und körperlichen Kräfte erfreue, und Alles war der Hoffnung, daß jenem Tage noch ein langer, heiterer Lebensabend für den Gefeierten folgen werde. Leider sind unsere Wünsche und Hoffnungen nicht in Erfüllung gegangen. Herr Geheimrath Abegg sah sich im Frühjahre dieses Jahres genöthigt, seine amtliche Thätigkeit vollständig aufzugeben. W enn er auch mehrmals in jener Zeit äußerte, er könne das Leben ohne Arbeit gar nicht ertragen, und wenn er selbst auch wenig froh in die Zeit unfreiwilliger Muße hineinblickte, so hofften doch seine Freunde, daß er noch manches Jahr im Rückblick auf die reich gesegnete Arbeit seines Lebens sich der Früchte dieser Arbeit freuen würde. Es ist anders gekommen. Er ist aus diesem Leben geschieden gleich bei Beginn seiner Ruhezeit. Um sein Scheiden trauert mit den Hinterbliebenen, mit der ganzen Stadt, deren Ehrenbürger er war, nicht als letzte die Naturforschende Gesellschaft. Seit dem Jahre 1856 Mitglied, seit 1898 Ehrenmitglied, gehörte er seit 27 Jahren als Vicedirector dem Vorstande an. In dieser ganzen Zeit hat die Gesellschaft sich seiner besonderen Fürsorge zu erfreuen gehabt; dem Director der Gesellschaft ist er bei allen neuen Unternehmungen und Arbeiten ein treuer Berather gewesen. Unsere HüMBOLDT-Stiftung verdankt ihm ihre schnelle Entwickelung, unsere Bibliothek ist durch seine Schenkungen ganz wesentlich bereichert worden. Von unseren Sitzungen konnte ihn nur Krankheit oder Dienst fernhalten. So sieht die Naturforschende Gesellschaft trauernd dem Dahingeschiedenen nach. Die Blumen, mit denen sie in der Ferne seinen Sarg schmückte, sind verwelkt, die Worte des Nachrufes verhallen, aber nicht hinschwinden wird der Dank, den die Naturforschende Gesellschaft ihrem verstorbenen Vicedirector schuldig ist.“ Durch Erheben von ihren Plätzen ehren die Anwesenden das Andenken des theuren Dahingeschiedenen. Hierauf spricht das Correspondirende Mitglied der Gesellschaft, unser Landsmann, Herr Professor Treptow aus Freiberg i. S., in fesselndem Vortrag über die geographische Ausbreitung und die Productionssteigerung des Bergbaues im 19. Jahrhundert. Der Vortrag ist in ausführlicher Form unter den Abhandlungen dieses Heftes (weiter unten) abgedruckt. 9. Sitzung, am 27. Oktober 1900. Nach langer Zwischenzeit war es den Mitgliedern wieder einmal vergönnt, in ihrer Mitte das Ehrenmitglied der Gesellschaft Herrn Wirkl. Geh. Admiralitäts¬ rath Professor Dr. Neumayer zu begrüßen, der dem diesseitigen Ersuchen, einen Vortrag zu übernehmen, freundlichst Folge gegeben hatte. Der Freude XCV hierüber giebt der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, beredten Ausdruck, indem er auf frühere, von Herrn Dr. Neumayer hier bereits gehaltene Vorträge hin weist, welche durch Inhalt und Form gleich aus¬ gezeichnet, besonders durch die Freudigkeit und Frische der Darstellung wie durch den sie durchwehenden Enthusiasmus für die Sache stets von packender und bleibender Wirkung auf die Zuhörer gewesen waren. — Nachdem Herr Geheimrath Neumayer gedankt und seine ,, Herzensfreude“ über dieses sein neuerliches Verweilen in dem ihm vertrauten Kreise ausgesprochen, hält er einen einstündigen fesselnden Vortrag über das Thema: Physikalisches Wissen in der ausübenden Navigation. Der unverkürzte Vortrag ist unter den Abhand¬ lungen dieses Heftes (weiter unten) abgedruckt. 9 10. Sitzung, am 7. November 1900. Herr Professor Momber legt das vom Herrn Landwirthschaftsminister der Bibliothek überwiesene inhaltreiche Flandbuch des deutschen Dünenbaues, herausgegeben von Baurath Gerhardt, sowie die vom Verfasser, Herrn Geheimrath Professor Dr. HELLMANN-Berlin, geschenkten neuen Regenkarten der Provinzen West-„ Ostpreußen und Posen vor. Herr Professor Dr. Bail zeigt alsdann ein schönes blühendes Exemplar einer Aralia Siebolclii des Herrn Wodetzki hier, knüpft vergleichende Betrachtungen über Blüten- und Fruchtbau des mit jener Pflanze verwandten Epheus an, lenkt durch Vor¬ führung von Zeichnungen und Präparaten der Blüten- und Fruchtstände einiger anderer, bei uns selten zu solcher Entwickelung gelangender Gewächse die Aufmerksamkeit auf derartige Naturgegenstände hin und regt eine erweiterte Zugänglichmachung der umfangreichen botanischen Sammlung des Provinzial-Museums, die sich in einer der obersten Etagen des Gebäudes der Gesellschaft befindet, an. Hierauf spricht Herr Dr. S Chim anski- Stuhm über die von ihm im letzten Jahre ausgeführten Sauerstoffbestimmungen im Wasser der Stuhmer Seen und ihrer Nebengewässer, Untersuchungen, welche in rein wissenschaftlicher wie in fischereiwirthschaftlicher Hinsicht von großer Bedeutung sind. Nach der Erläuterung und Inbetriebnahme eines neuen Sauerstoff-Meßapparates führt Vortragender Folgendes aus. Die von Dr. Seligo 1898 gemachten Winterbestimmungen vom Barlewitzer und Hintersee ergaben meist 7 — 12,6 ccm Sauerstoff im Liter, am 14. I. wurden aber in dem Wasser aus 7 m Tiefe nur l,o und 1,2 ccm Sauerstoff im Liter gefunden. — Karl Knauthe, der im Januar und Februar des strengen Winters 1899/1900 methodische Sauerstoffkochungen machte und dazu Anleitung gab, fand, daß die vom Fischereiverein Stuhm getroffenen Maßnahmen mit Wuhnenschlagen und Eisfischen genügt hatten, einen Gehalt von durchweg 10 ccm Sauerstoff pro Liter im Wasser des Barlewitzer Sees zu erhalten. Die im März 1900 vom Vortragenden angestellten Untersuchungen zeigten am 7. d. M. an der Oberfläche bei der Stadt 8,0 ccm. am Grunde aber gar keinen Sauerstoff, während die am Tage Schmelzwasser führenden Gräben dem Osttlieile des Barlewitzer Sees gehalt¬ volles Wasser zugeführt hatten, in welchem noch am 4. III. in der Pulwitzbucht bei — 3° C. XCYI 9.5 ccm Sauerstoff pro Liter am 1,5 m tiefen Grunde, bei — 2° 0. 9,o ccm Sauerstoff an der Oberfläche bestimmt wurden. 'Wuhnenschlagen bei der Stadt erhöhte den Sauerstoffgehalt, welcher bei der endlich am 12. 111. begonnenen Wintergarnfischerei oben 8,5 ccm, unten 8,5 ccm betrug. Am 13. III. war das Wasser hierdurch so gleichmäßig gemischt und wohl auch im Sauerstoffgehalt ver¬ bessert, daß oben wie unten 8,0 ccm gefunden wurden. Fische wurden am ersten Tage dabei gar nicht, erst am zweiten Tage nach den Gräben hin, welche Ende Januar Tagesschmelz¬ wasser geführt hatten, in Mengen gefangen. Daß das Fließen in Rinnsalen den Sauerstoffgehalt des Wassers hoch halte, erwiesen alle weiteren Kochungen solchen Wassers (9 —27 ccm), sowie von einem schnell fließenden (Pestliner) Bächlein (11 — 17,5 ccm), das nur zweimal, als es sehr trübes Wasser führte, 8,0 ccm und 7,o ccm enthielt. Wenig Sauerstoff lieferte das Schneeschmelzwasser des Uferrandes am Ausfluß des Barlewitzer Sees, wobei vielleicht auch die Wirkung einer ins Ufer einziehenden Petrolschicht zu beachten ist (nur 4 ccm im Liter des Frühlingswassers führend; eine Wegelache hatte 5.6 ccm). Nachdem es jedoch den 100 m langen Graben durchflossen hatte, enthielt es bereits 6,5, 11,0 und 9,0 ccm zu denselben Zeiten. Die so wechselnden Sauerstoffwerthe des Barlewitzer Sees waren im Winter 1899/1900 unten kleiner als oben (ausgenommen in der Pulwitzbucht am 4. März), ebenso im Frühjahre bis zum 6. Mai, wo unten höhere (16 ccm) als oben (10 ccm), abwechselnd mit gleichem Gehalt oben und unten beobachtet wurden. Höchste Werthe (14 ccm) fanden sich dann zur Zeit der stärksten Algenblüte und nach einem Morgenregen. Frisch gefallener Sommer- Mittagregen ergab 13, o ccm, abendlicher Herbstregen 3,5 ccm. Am 25. Oktober, nachdem viertägige sanfte Regenschauer die Algenmassen zum Sinken gebracht hatten, hatte das Wasser in 2,5 m Tiefe auf dem Grund 13,5 ccm, in 0,5 m Tiefe über petrolhaltigem Grund 9,5 ccm, an der Oberfläche 7,o ccm im Liter. Wie Licht und Nahrung die grünen Algen des Wassers zur Sauerstofferzeugung anregen, geben diese Beobachtungen mit zu erkennen. Deutlicher machte dies die Kochung des Wassers aus einem sehr nahrhaften kleinen Brutteiche, der bei klarer Oberfläche Wasser von 23 ccm Sauerstoff enthielt, dagegen, als nach ein paar Tagen Entenflott ihn völlig deckte, solches von 2,5 ccm Sauerstoff und, nachdem ein Viertel frei geharkt wurde, am nächsten Tage Wasser mit 16,5 ccm Sauerstoff im Liter. Die Sauerstoffzehrung von 8,5 ccm haltendem Wasser, das im Dunkeln in einem Gefäß aufbewahrt wurde, war eine geringe, nach 12 Stunden 7,5 ccm, nach 40 Stunden noch 7 ccm übrig lassend. Wasserbewegung eventuell durch das Wintergarn wirkt hiernach bei gefährdeten, eis¬ bedeckten Gewässern sicherer auf den Sauerstoffgehalt verbessernd ein, als Wuhnenöffnen allein. Einen möglichst hohen Gehalt (6 — 10 ccm) zu erhalten, muß dabei erstrebt werden. Vielleicht ist eine Sicherung der Fischtransporte dadurch zu erzielen, daß man gefensterte Kannen mit algenhaltigem, stark sauerstoffhaltig gemachtem Wasser füllt und durch die mögliche Belichtung den Algen Gelegenheit giebt, Sauerstoff zu erzeugen. Das Verhalten des Wassers selbst im kleinsten Teiche ist allerdings immer noch ein anderes als in einem Transportgefäße. Herr Dr. Adolf Wallenberg trägt dann vor „über einige anatomische Grundlagen der Empfindung.“ Der Vortragende beabsichtigt keine Erörterung der Frage nach dem Wesen der Empfindung, sondern lediglich die Verfolgung einiger Wege, auf denen speziell die von der äußeren Umhüllung des Körpers, der Haut, ausgehenden sensiblen Reize zur Großhirnrinde gelangen und liier in völlig unbekannter Weise bewußte Empfindungen auszulösen im Stande sind. An der Hand schematischer Abbildungen zeigt er, daß von jeder Hautstelle (abgesehen von Reflexfasern, deren Erregung unwillkürliche Bewegungen verursacht, und von anderen XCVII Leitnn gsbahnen, die mit dem Kleinhirn in Verbindung treten) hauptsächlich vier verschiedene Empfindungscomplexe in das Bewußtsein übertreten können : 1) Die Schmerzempfindung, 2) die Temperaturempfindung, 3) die Tastempfindung, 4) die Orts- und Lageempfindung. Diese’ Empfindungskategorien lassen sich wieder in mehrere Unterabtheilungen zerlegen, sind anderer¬ seits auch nicht immer scharf von einander abzugrenzen. Ohne in nähere Analysen einzu¬ treten, wendet sich der Vortragende zur Beschreibung der vier Empfindungsbahnen: Durch die Fortsätze außerhalb des Rückenmarkes gelegener Ganglienzellgruppen werden alle vier Hauptsinnes-Erregungen zur hinteren seitlichen Rückenmarksfläche geleitet Hier trennt sich die Schmerz-Temperatursinnes-Bahn von der Tast-Ortssinnes-Bahn. Während die erstere einer Ganglienzelle derselben Rückenmarkshälfte gegenüber endigt, deren Nerven fortsatz auf die andere Seite des Rückenmarkes hinüberkreuzt und, in der Nähe der Axe des Rückenmarkes aus der horizontalen in die verticale Richtung übergehend, zu höheren Abschnitten des Central¬ nervensystems emporsteigt, biegt die letztere, ohne mit einer Ganglienzelle in Verbindung zu treten, auf derselben Seite bleibend, in der Nähe ihres Eintritts in die verticale Richtung um. Da der Uebergang aus der wagerechten in die senkrechte Richtung stets an gleichen Stellen des Querschnitts erfolgt, so werden die von unten her kommenden Fasern, den Empfindungsbahnen unterer Körperabschnitte entsprechend, von den weiter oben in das Rücken¬ mark eintretenden in die Peripherie von Kreisen gedrängt, deren Centren durch die Umbeuge¬ stellen dieser oberen Fasern selbst gebildet werden. Airs diesem „Gesetz von der excentrischen Lagerung längster Bahnen“ folgt, daß im obersten Theil des Rückenmarkes die Schmerz- und Temperatursinnes-Bahn einer Körperhälfte auf der entgegengesetzten Rückenmarkshälfte um so mehr der Peripherie genähert sind, je tiefer die entsprechenden Hautregionen liegen, um so mehr dem Centrum. je höheren Körperabschnitten sie entsprechen, daß umgekehrt die Tast- Ortssinnes-Bahn unterer Körpertheile sich der Mittellinie nähert, während dieselbe um so mehr nach außen rückt, je näher die betreffenden Hautstellen dem Kopfe liegen. Im „verlängerten Mark“ treten dann die bis dahin ungekreuzt gebliebenen Tast- und Ortssinnes-Bahnen nach Umschaltung durch Ganglienzellen in concentrischen Bogen gleichzeitig auf die andere Seite und biegen nahe der Mittellinie wieder in die senkrechte Richtung um, ihre gegenseitige Lage beibehaltend (Bahn der Kreuzbeingegend nahe dem Centrum, Bahn der Arm-Schultergegend nahe der vorderen Peripherie, dazwischen Rumpf- und Beingegend). Hier mündet auch die der Kopfhaut entsprechende Empfindungsbahn und kreuzt sofort durch Vermittelung von Ganglienzellen auf die andere Seite hinüber. Alle Empfindungsbahnen einer Körperhälfte ziehen von jetzt ab auf der gegenüberliegenden Seite nach oben. Innerhalb des Hirnstammes tritt theilweise eine Verschmelzung der Tast-Ortssinnes-Fasern mit den Sclimerz-Temperatur- sinnes-Leitungen ein, so daß in der zweiten großen Umschaltestation der Empfindungsbahnen, im Sehhügel, folgende Gruppirung aus einfachsten mechanischen Gesetzen resultirt, wenn die gleichzeitige Anlagerung von Seil- und Hör-Fasern aus der gegenüberliegenden Seite berück¬ sichtigt wird. An der Peripherie der linken Sehlnigelhälfte beispielsweise vorne Empfindungs¬ fasern der rechten Kreuzbeingegend, seitlich die Leitung aus dem rechten Ohre und aus den rechten Netzhaut-Hälften, -weiter nach innen folgen Empfindungsbahnen von der Haut des rechten Beines, der rechten Rumpfhälfte, des rechten Armes und der rechten Schulter, endlich, ganz innen, von der rechten Kopfhälfte. Die Form des Sehhügels wird, wie leicht einzusehen ist, bestimmt durch das relative Größenverhältniß dieser einzelnen Sinnes-Territorien zu ein¬ ander, und dieses Verhältniß hängt wieder ab von der Ausbildung der betreffenden Sinnes¬ organe resp. von dem Volumen und der Bedeutung einzelner Hautbezirke bei den verschiedenen Wirbelthierklassen. Aus dem Sehhügel gelangen die Empfindungsfasern der Haut, an rein seitlicher Entfaltung gehindert durch die Anlage der Schädelknochen, zur Großhirnrinde in einem Bogen von 180°, so daß die der Haut unterster Rumpfabschnitte entsprechende Bahn wahrscheinlich den mittelsten Theil der Großhirnhalbkugel erreicht, während sich nach außen die anderen Haut-Sinnesgebiete angliedern. Dieser mittelste Rindenabschnitt besitzt insofern eine besondere Bedeutung, als er gleichzeitig die Endstätte für die Bahn des Geruchssinnes bildet und, wie Professor Edinger in Frankfurt a. M. nachgewiesen hat, entwickelungsgeschichtlich XCV1II das älteste, d. h. bei niederen Wirbelthieren einzige, als erstes angelegte Rindeneentrum bildet. Andererseits enthält der unterste Rumpfabschnitt neben der Ausmündung des Ver¬ dauungskanals die Fortpflanzungsorgane, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß sensible Bahnen aus den Organen der Ernährung und besonders der Fortpflanzung in der nächsten Nachbarschaft des Geruchs-Centrums, eben jener mittelsten Partie der Großhirn-Halbkugel ihr Ende linden, daß somit, soweit man die Hirnrinde als Organ des Bewußtseins gelten läßt, die ersten Spuren des Bewußtseins an Empfindungen aus dem Gebiete des Geruchs, der Ernährung und Fortpflanzung anknüpfen. 11. Sitzung, am 5. Dezember 1900. Herr Professor Momber legt von Eingängen für die Bibliothek ein werth- volles Werk über Nikolaus Kopernikus vor, welches von der Kgl. Akademie zu Krakau herausgegeben und vor kurzem im Tauschverkehr der Natur¬ forschenden Gesellschaft zugegangen ist. Hierauf spricht Herr Professor Conwentz über Forstbotanische Merkbücher. In der Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft am 7. März d. Js. hatte Redner schon einen längeren Vortrag über den Schutz der Naturdenkmäler im Allgemeinen gehalten. Bei verschiedenen Culturstaaten der Gegenwart machen sich einzelne Bestrebungen geltend, um Denkwürdigkeiten der Natur gegen allzu störende Eingriffe Seitens des Menschen zu schützen und zu erhalten. In Preußen wurde die Theilnahme hierfür in weiteren Kreisen besonders dadurch gefördert, daß der Abgeordnete Wetekamp den Gegenstand im Preußischen Abge¬ ordnetenhause am 30. März 1898 zur Sprache brachte. „Meine Herren“, sagte er, „in dem Etat der Unterrichtsverwaltung sind eine ganze Anzahl Posten eingesetzt für Erhaltung botanischer Gärten, die uns die Flora des Auslandes vorführen, für Museen, welche die Natur- producte aller Länder und Zonen dem Studium zugänglich machen sollen. Es sind ferner Mittel eingesetzt, um die Denkmäler der Kunst und Entwickelungsgeschiehte der Menschheit uns zu erhalten. Aber eins fehlt uns noch: es fehlen uns Einrichtungen und Mittel, um die Denkmäler der Entwickelungsgeschiehte der Natur uns zu erhalten . . Der anwesende Regierungscommissar dankte dem Abgeordneten Wetekamp für seine Anregungen und sagte eine sehr eingehende und entgegenkommende Erwägung derselben zu. Unabhängig hiervon war Vortragender schon lange durch Studien auf Reisen zu der Ueberzeugung gelangt, daß besonders der natürliche Wald mit der ihm eigenen Pflanzen- und Thierwelt fast überall in hohem Maße gefährdet ist, und daß staatliclierseits etwas geschehen müßte, um dem Einhalt zu thun. Auf Grund eines umfangreichen Beobachtungs¬ materials trat er vor einigen Jahren beim Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten mit bestimmten Vorschlägen hervor, welche durchweg eine bereitwillige Aufnahme fanden. Hierzu gehörte u. a. der Vorschlag, für jede Provinz ein forstbotanisches Merkbuch, d. i. ein nach Besitzverhältnissen und Verwaltungsbezirken geordnetes Inventar der hervor¬ ragenden urwüchsigen Bäume, Waldtheile, Landschaften etc., mit Abbildungen und Erläuterungen, zu veröffentlichen. Der erste Band dieses Merkbuchs, welches auf Veranlassung des Ministers herausgegeben ist, behandelt die Provinz Westpreußen mit dem angrenzenden Gebiet von Pommern, Brandenburg, Posen, Ostpreußen und Rußland. Der Vortragende hat schon in der Sitzung vom 7. März das Büchelchen vorgelegt, und er berichtet jetzt über die Erscheinungen, welche dasselbe im Engeren und Weiteren zur Folge gehabt hat. Zunächst schildert er die Wirkung in Westpreußen. Der Minister für Landwirth- schaft, Domänen und Forsten ließ den betheiligten Regierungen zu Danzig und Marienwerder rund 460 Exemplare mit dem Veranlassen zugehen, davon jedem Revier Verwalter, Revier¬ förster und Förster des dortigen Bezirks ein Exemplar zum Dienstgebrauch und zur Inven- tarisirung auszuhändigen. Wie es in dem Erlaß weiter heißt, sollen die genannten Beamten auf den Zweck dieses Buches hingewiesen werden, und durch geeignete Maßnahmen soll XCIX dafür Sorge gelragen werden, daß die in demselben anfgefiilirten urwüchsigen Sträucher, Bäume und Bestände in den Staatsforsten thunlichst erhalten bleiben. In den Betriebsplänen sind bei den betreffenden Wirth Schaftsfiguren ebenso wie am Rande der Wirthschafts- und Belaufskarten, unter Hinweis auf das Merkbuch, kurze Vermerke zu machen. Soweit es sich um den Schutz und die Erhaltung ganzer Bestände in ihrem urwüchsigen Zustand handelt, sollen Kahlschläge von denselben thunlichst fern gehalten werden. Wenn solche unver¬ meidlich erscheinen, so ist an den Herrn Minister zu berichten und in jedem einzelnen Fall dessen Genehmigung zu einem Kahlabtrieb derartiger Bestände einzuholen. Aber nicht nur die Männer der grünen Farbe, sondern Alle, welche durch ihren Berufs- nnd Wirkungskreis in die Lage kommen können, bedrohte Denkmäler der Natur zu schützen, sollten für diese Bestrebungen gewonnen werden. Deshalb wurde die Anschaffung des Merk¬ buches auch allen Lehrer-Seminaren, Präparanden- Anstalten und Volksschulen der Provinz, sowie allen höheren Lehranstalten, vom Provinzial-Schulcollegium bezw. von den Regierungen empfohlen. Daneben benützte Vortragender seine Anwesenheit in amtlichen Ivreislehrer- Conferenzen auch dazu, diesen Gegenstand zu behandeln. Auf diese Weise haben die Ideen zur Erforschung und Erhaltung der botanischen Naturdenkmäler in den wenigen Monaten, welche nach der Verbreitung des Merkbuches verflossen sind, bereits zahlreiche eifrige Anhänger gefunden. Wie groß das Interesse hierfür ist, ergiebt sich auch daraus, daß, angeregt durch das Merkbuch und durch Beobachtung in der Natur, von Oberförstern, Förstern, Lehrern u. a. in dieser kurzen Zeit mehr als vierzig neue Denkwürdigkeiten aufgefunden sind, von deren Richtigkeit sich Vortragender in den meisten Fällen schon über¬ zeugen konnte. Somit hat auch die Kenntniß der Flora Westpreußens unmittelbar Vortlieil gehabt, und dieser Gewinn dürfte sich in manchen anderen Landestheilen, welche botanisch weniger bekannt sind, noch erheblicher gestalten. Vortragender giebt nun, unter Amrlage des getrockneten Materials, eine Ueb ersieht der hauptsächlich durch das Forstbotanische Merkbuch I. veranlaßten neuen Funde an beachtens- werthen urwüchsigen Sträuchen), Bäumen und Beständen in Westpreußen. I. Regierungsbezirk Danzig. Siaaisforsten. Oberförsterei Buchberg bei Bereut Herr Oberförster Dommes meldete im Schutzbezirk Philippi eine 2beinige Rothbuche und eine (nicht urwüchsige) Schlangenfichte, ferner in den Schutzbezirken Philippi, Sommerberg und Grünthal reiche Kiefernbestände von sehr gutem Wuchs, unter denen sich auch viele Ueberhälter von 200jährigem und höherem Alter befinden (30 m Höhe und 3 m Umfang). — Oberförsterei Mirchau, Kr. Karthaus, enthält manche Naturdenkmäler und läßt daneben auch eine besondere Pflege von Anlagen erkennen; hier und da fällt das Auge des Wanderers auf einen sinnigen Wald- und Waidmannspruch, der an natürlichem Findlingsgestein angebracht ist. In diesem Sommer wurden von Herrn Oberförster Philippi in den Schutzbezirken Hagen und Steinsee neue Aussichtspunkte erschlossen, von welchen der Blick, ohne menschliche An¬ siedelungen zu berühren, auf eine Kette von Seeen, die ringsum von urwüchsigem Mischbestand eingeschlossen sind, bis weit nach Pommern hinein schweift. Ferner machte Herr Oberforst¬ meister Deckmann, der auch früher in anderen Bezirken forstbotanische Seltenheiten auffand, im Schutzbezirk Steinsee auf eine 2beinige Kiefer aufmerksam. — Oberförsterei Darslub bei Putzig. Im Schutzbezirk Meehau ist eine 2 beinige Rothbuche durch Herrn Förster Hintz angezeigt worden. In Dam er kau, Kr. Neustadt, steht nach Mittheilung des Herrn Kreisschulinspectors Schreiber eine mit prächtiger Krone versehene Eiche, deren Stamm 7,5 m Umfang mißt. II. Regierungsbezirk Mariemverder. Staatsforsien. Oberförsterei Drewenzwald bei Schönsee. Im Schutzbezirk Eichrode, wo bereits Elsbeere bekannt war, ist jetzt auch ein Kiefernstamm mit Kleinblätteriger Mistel, Viscum album laxum, aufgefunden (Oberförster Effenberger). — In der Oberförsterei Osche, Schutzbezirk Neufließ, beobachtete Vor¬ tragender zwei fruchttragende Stämme von Bergahorn, Acer Pseudoplatanus. — In der Ober- försterei Lindenbusch wurde in dem bekannten Ziesbusch (Taxus) von Herrn Forstmeister 7* c Friese blühender Epheu, an einer Birke emporsteigend, entdeckt. Zur Zeit sind andere urwüchsige Blütenexemplare der Art in Westpreußen und weiter nach Osten nirgends bekannt. Im Schutzbezirk Grünhof hat der in jener Gegend kartirende Geolog Herr Dr. Maas eine Knollenkiefer aufgefunden. — In den Oberförstereien Junkerhof, Schutzbezirk Bismarckheide (Förster Schmidt), und Grünfelde, Schutzbezirk Seebruch (Forstmeister Jerrentrup), wurde Kleinblätterige Mistel auf Kiefer bemerkt. — In der neubegründeten Oberförsterei Sommersin, Schutzbezirk Kohli, fand Herr Förster Schaefer eine 2beinige Kiefer auf. — In den Ober- förstereieu Schönthal, Schutzbezirk Jägerthal (Forstmeister Ahlborn), Schloppe, Schutz- bezirk Mellentin (Förster Boehme), Land eck Westpr., Schutzbezirk Prützemvalde (Ober¬ förster Schultze), und Lindenberg, Schutzbezirk Pollnitz II (Oberförster Henrici), wurde auf je einem Kiefernstamm die Kleinblätterige Mistel beobachtet. Außerdem ist im Schutz¬ bezirk Hohenkamp der Oberförsterei Lindenberg die Elsbeere entdeckt. Domänen etc. In einem AValdbestand der Königlichen Domäne Schloß Roggenhausen, Kr. Graudenz, fand Herr Lehrer Zodrow einige Fruchtexemplare der Elsbeere auf. Ferner wurde dieselbe seltene Holzart in dem der Königlichen Ansiedelungs-Commission gehörigen Wald von Czystochleb bei Briesen durch Herrn Rector Heym entdeckt. Gemeindeforsten. Aus dem Stadtwald von Könitz meldete Herr Förster Brandt, welcher das Merkbuch bei einem Collegen der angrenzenden Königlichen Forst eingesehen hatte, das Vorhandensein der Elsbeere in mehreren Stämmen. — In dem herrlichen Buchwald von Dt. Krone wurde die gleiche Baumart durch Herrn Gymnasialdirector Dr. Stuhrmann auf¬ gefunden. — Aus der Stadtforst Thorn, Schutzbezirk Guttau, ist das Vorkommen der Klein¬ blätterigen Mistel auf Kiefer mitgetlieilt. Privatforsten. Fürstlich Reußische Oberförsterei Raudnitz bei Dt. Eylau. Die Beut¬ kiefer im Schutzbezirk Grünhof ist leider durch Blitzschlag vernichtet; hingegen wurden in Schutzbezirk Hansdorf eine und in Schutzbezirk Rosenkrug zwei Beutkiefern neu aufgefunden (Oberförster Mueller). In der Majoratsforst Schönberg, Schutzbezirk Dt. Eylau, ist Klein- blätterige Mistel auf Kiefer durch Herrn Hegemeister Buchhorn bemerkt worden. Im Gutspark von Traupel, Kr. Rosenberg, ermittelte Herr Oberlandesgerichtssecretär Scholz aus Marien¬ werder eine urwüchsige Beutkiefer. Der Gutswald von Nielub bei Briesen enthält nach den von Herrn Rector Heym gesandten Belägen mehrere Stämme der Elsbeere. Im Gutswald von Ban kau bei Warlubien sollte eine Beutkiefer stehen, wie der Seminarist Dorau aus Löbau berichtet hatte; die Besichtigung im Gelände ergab, daß dieselbe mit der im Me߬ tischblatt verzeichneten „Napoleonsfichte“ identisch ist. In Klansdorf bei Dt. Krone fand Herr Gymnasialdirector Dr. Stuhrmann einen starken Bergahorn auf; und in der Gutsforst Nakel bei Dt. Krone sammelte der Quartaner Lehr dort Zweige der Kleinblätterigen Mistel Was das Posensche Nachbargebiet betrifft, so ist in der Oberförsterei S eigen au, Schutzbezirk Borkendorf, eine Knollenkiefer und Kleinblätterige Mistel auf Kiefer durch Herrn Lehrer Nasebandt gemeldet; ferner in der Stadtforst Schneidemühl, Schutzbezirke Motylewobriick und Dreisee das Vorkommen der Kleinblätterigen Mistel auf Kiefer (Ober¬ förster Kniehase). Dieselbe Pflanze wurde auch aus der angrenzenden märkischen Ober¬ försterei Hochzeit, Schutzbezirk Neubriick, durch Herrn Oberförster Dittmar mitgetlieilt. Was nun die Folgen im Weiteren betrifft, so hat der Minister auch außerhalb West¬ preußens sämmtliche Königlichen Regierungen beauftragt, die Aufmerksamkeit der Staatsforst¬ beamten des Bezirks auf den Zweck des Merkbuchs hinzulenken, damit auch die in den dortigen Staatsforsten noch vorhandenen beachtenswerthen urwüchsigen Bestände, Bäume und Sträueher thunlichst erhalten, und damit etwaigen später dort anzustellenden Erhebungen dieser Art die Wege geebnet werden. Ein Anerbieten wegen Fortführung des Forstbotanischen Merkbuchs in den übrigen Provinzen, wie sie der Neigung des Vortragenden sehr wohl entsprochen hätte, konnte er mit Rücksicht auf seine dienstlichen Obliegenheiten leider nicht annehmen. Wenn diese Arbeit für die ganze Monarchie überhaupt in absehbarer Zeit verwirklicht werden sollte, mußten thunlichst einheimische Kräfte in jedem Landestheil dafür gewonnen werden. CI Deshalb wurde bei dem Herrn Minister angeregt, daß er durch die Herren Ober-Präsidenten in den einzelnen Provinzen bestimmte Persönlichkeiten bezw. naturwissenschaftliche Vereine befragen lassen möchte, ob dieselben geneigt wären, ein Merkbuch in gleicher oder ähnlicher Weise auszuführen. Hierauf ist von fast allen Seiten im Princip eine zusagende Antwort eingegangen, und es blieb nur die Frage zu erörtern, welche Mittel und Wege zur Erfüllung der Aufgabe zu wählen sind. Auf Wunsch hat Vortragender in einer kleinen Druckschrift vom 5. November er. die allgemeinen Gesichtspunkte erörtert, nach welchen in anderen Pro¬ vinzen etwa die Vorbereitungen zu dem Merkbuch ausgeführt und die Mittel hierfür beschafft werden könnten. Es ist wohl anzunehmen, daß der eine oder andere Verein in der Lage und geneigt sein wird, das Unternehmen auch finanziell zu unterstützen; dies um so mehr, als sich bestimmt erwarten läßt, daß durch die einschlägigen Studienreisen in der Provinz nicht nur Material für das Forstbotanische Merkbuch zusammengetragen, sondern auch zahlreiche andere Funde und Beobachtungen, welche der Kenntniß der Flora wie der Heimatkunde im Allgemeinen zu gut kommen, werden gemacht werden. Wo jedoch die den Vereinen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen sollten, könnte die Provinzial- Verwaltung um eine Beihilfe zur Herstellung des vom Herrn Minister gewünschten Merkbuchs gebeten werden. Für die Mark Brandenburg ist vom Botanischen Verein in Berlin die Ausführung des Forstbotanischen Merkbuchs übernommen. Auf dessen Antrag hat der Provinzial- Ausschuß eine besondere Beihilfe bewilligt, und, wie verlautet, ist auch vom Minister eine Unter¬ stützung zugesagt worden. Im Hamburger Staatsgebiet wurde der Leiter der Station für Pflanzenschutz, Dr Brick, für das Merkbuch gewonnen. Er hat schon auf einer der ersten vorbereitenden Excursionen eine hervorragende Denkwürdigkeit entdeckt, nämlich im Holsten¬ lager bei Schwartau die Schwedische Mehlbeere, Pirus suecica Grcke., welche sonst haupt¬ sächlich im Norden verbreitet ist und in Deutschland nur an sehr wenigen Stellen urwüchsig vorkommt In der Provinz Hessen-Nassau haben sich die Vereine für Naturkunde in Cassel und Wiesbaden mit der Senckenb erg’ sehen Gesellschaft in Frankfurt a. M. vereinigt, um ein Forstbotanisches Merkbuch herzustellen In der Provinz Sachsen ruht die Arbeit in Händen des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Halle, in Schlesien in Händen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur etc. In Ostpreußen hatte der Landeshauptmann vor drei Jahren Fragebogen über das Vorkommen alter Bäume versandt, und gleichzeitig wurden weitere Erhebungen über erratische Blöcke veranlaßt, wie es auch anderswo schon früher geschah. Jetzt ist, als 8. Band der von der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft heraus¬ gegebenen Beiträge zur Naturkunde, die Bearbeitung der Fragebogen von Professor Jentzsch, mit Abbildungen, erschienen. Neben anderen nützlichen Zwecken kann die Arbeit auch einem später herauszugebenden Forstbotanischen Merkbuche für Ostpreußen als Material dienen. Dasselbe wird die von einem Fachmann auszuführenden Reisen im Gelände in erheblichem Maße erleichtern; auf eine solche Bereisung darf nicht verzichtet werden, sofern ein Merkbuch im Sinne des Ministers geschaffen werden soll. In diesem Falle wäre noch festzustellen, ob thatsächlich alle angeführten Bäume und Sträucher noch am Leben sind, da die der Literatur entnommenen Beobachtungen zum Theil Jahrzehnte zurückliegen. Ferner ist nach Möglichkeit zu ermitteln, welche Bäume etc. von Natur entstanden und welche mit Zuthun des Menschen erwachsen sind. Wenn man sich allein auf Fragebogen beschränkt, ohne an Ort und Stelle zu prüfen, kann nicht vermieden werden, daß Irrthiimer aller Art Vorkommen, und daß selbst in weiten Kreisen wohl bekannte, hervorragende Erscheinungen unerwähnt bleiben. Es wäre zu wünschen, daß die Provinz Ostpreußen, welche diese Veröffentlichung auf ihre Kosten veranlaßt hat, nun auch die Mittel gewähren möchte, um mit Benützung jenes Materials ein Forstbotanisches Merkbuch für Ostpreußen auszuführen. Auch in einem andern Bundesstaat, in Baiern, ist kürzlich eine Abhandlung erschienen, die eine gute Vorarbeit für ein Forstbotanisches Merkbuch des Landes bilden würde. Fr. Stützer in München veröffentlichte „Die größten, ältesten oder sonst merkwürdigen Bäume Baierns, in Wort und Bild." Die nach seinen eigenen photographischen Aufnahmen CII hergestellten Lichtdrucke sind vorzüglich ausgeführt, und dazu kommt noch bei jedem Baum eine besondere Kartenskizze seines Standorts. Hoffentlich läßt der Verfasser weitere Lieferungen dieser Arbeit folgen. Im Großherzogthum Hessen waren die Oberförstereien schon früher beauftragt worden, auf einem vorgeschriebenen Formular alle Bäume zu ver¬ zeichnen, welche durch Alter, Schönheit oder historische Erinnerungen von besonderem Interesse sind. Als das Forstbotanische Merkbuch I. erschien, beschloß die Hessische Forst¬ verwaltung sofort, ein ähnliches Buch für Hessen herauszugeben. Auch im Herzogthum Braunschweig ist der Wunsch nach einer derartigen Publikation rege geworden1). Endlich mag angeführt werden, daß dem Merkbuch auch in der Fach- und Tagesliteratur Beachtung zu Theil geworden ist, und Vortragender legt aus Zeitschriften und Zeitungen zahlreiche Artikel darüber vor. Neben den üblichen Referaten hat das Büchelchen namentlich solche Aufsätze veranlaßt, welche sich im Allgemeinen mit dem Schutz der Denkmäler der Natur ausführlich beschäftigen. Mehrere Verfasser heben das Vorgehen des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Freiherrn v. Hammerstein, sowie des Chefs der Preußischen Forstverwaltung, Excellenz Donner, rühmend hervor, und von Ausländern wird dieses Vorgehen vielfach auch zur Nachachtung in ihrem Heimatland empfohlen. Es ist erfreulich zu sehen, daß jetzt überall die Frage der Naturdenkmäler behandelt und ihr Schutz als nothwendig anerkannt wird. Wenn in den nächsten Jahren, wie zu hoffen, Merkbücher dieser und ähnlicher Art in größerer Zahl erschienen sind, wird die Erhaltung der Denk¬ würdigkeiten der Natur eine wesentliche Förderung erfahren. Nach einer brieflichen Mit¬ theilung der Verleger (Gebr. Bornträger in Berlin) ist übrigens der Vorrath des west- preußischen Merkbuches nahezu erschöpft, so daß sie die Herstellung einer zweiten Auflage für wünschenswerth halten. Daher würd man in anderen Provinzen vielleicht gut thun, das Büclielchen in etwas größerer Auflage erscheinen zu lassen, um von vornherein den wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden. Herr Oberlehrer v. Bockelmann trägt hierauf über den Botanischen Garten und das Institut in Buitenzorg auf Java vor, woselbst Vortragender in diesem Jahre einige Zeit geweilt hat. Zahlreiche Photographien gaben eine schöne Anschauung von den landschaftlich prachtvollen Scenerien dieses in seiner Ausdehnung und Großartigkeit der Einrichtungen einzig dastehenden Tropen¬ gartens, des dazu gehörigen Cultur- und des ebenfalls damit in Verbindung stehenden Berggartens von Tjibodas. 12. Sitzung, am 19. Dezember 1900. Herr Professor Evers führt das für Demonstrationszwecke bestimmte neue Skioptikon vor, das in der mechanischen Werkstatt der Gesellschaft vor kurzem fertig gestellt worden ist. Der werthvolle Apparat spendet mit seiner elektrischen Bogenlampe von 25 Ampere Stromstärke eine ganz beträcht¬ liche Lichtfülle; die projicirten Lichtbilder erhalten dadurch eine besonders wirkungsvolle Klarheit und Schärfe, wie an einer Reihe interessanter Diapositive gezeigt wurde. ’) In der Generalversammlung des Thüringer Wald-Vereins 1901 wurde Professor THOMAS damit betraut, ein ähnliches Unternehmen für Thüringen in die Wege zu leiten. — Von der Kaiserlichen Geographischen Gesellschaft in St. Petersburg ist auf Anregung des Vice-rräsidenten Baron FR. von OSTEN-SACKEN der Beschluss gefasst, den in Russland bei jeder Universität bestehenden Naturforschenden Gesellschaften ähnliche Forschungen in den urwüchsigen Waldbeständen sowie die Inventarisirung der Naturdenkmäler zu empfehlen. Zu diesem Zweck soll das Forstbotanische Merkbuch I. auch dort überall eingefiihrt werden. (Nachträglicher Zusatz des Verfassers, April 1901.) CI1 T Hierauf trägt der Vorsteher der Agentur der Deutschen Seewarte in Neu¬ fahrwasser, Herr Capitän Eeinicke Uber die Anwendung der Meteorologie in der modernen Schifffahrt vor, l\t eine Herren! Wenn der Satz richtig ist, daß nach den Anschauungen unserer Zeit die Wissenschaft nicht sowohl um ihrer selbst willen, sondern dazu da ist, die Lebens¬ bedingungen des Menschen zu heben oder mit anderen Worten, ihm im Kampfe ums Dasein beizustehen, so mag es auch gerechtfertigt werden können, daß ich versuchen will, Ihnen aus der praktischen Schifffahrt zu zeigen, wie der Seemann das Wissen, das ihm die Meteorologie giebt, anwendet in einem Kampfe, von dem es thatsächlich gelegentlich wohl heißt: Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage. Die Abhängigkeit der Schifffahrt von den meteorologischen Zuständen der Erde ist eine so unmittelbare, daß es wohl Niemandem einfallen wird, diese zu verneinen; man wird dabei aber zunächst an die Segelschi fffahrt denken, deren Abhängigkeit von Wind und Wetter auch der Nichtfachmann ohne weiteres erkennt, während das bei der Dampfschifffahrt zunächst noch zweifelhaft sein könnte. Warum nicht zugegeben werden kann, daß diese vom Wetter unabhängig sei, werden wir später sehen; immerhin sucht sie aber den Fortschritt darin, daß sie sich vom Wetter möglichst unabhängig macht, während die Segelschifffahrt den Fortschritt in möglichst geschickter Ausnutzung des Wetters sucht und, wie wir sehen werden, findet. Denken wir uns dazu an Bord eines modernen Segelschiffes, das von der Ostsee nach dem Süden, etwa dem Caplande oder Australien, bestimmt ist. In der Ostsee und den benachbarten Gewässern ist mit der Meteorologie nicht besonders viel anzufangen. Zwar wird sich der Schiffer, der mit ihren Lehren vertraut ist, eine bessere Wetterprognose stellen können, wie der, der sein Können nur aus der Praxis hat, aber die Prognose ist nicht gerade der stärkste Theil der meteorologische]! Errungenschaften ; und wie dem auch sei, das Schiff muß das Wetter nehmen, wie es kommt, und unter den momentan gegebenen Verhältnissen vorwärts dringen. Die große Nähe des Landes zeichnet dem Schiffe seinen bestimmten Weg vor, und, auch wenn die angetrolfenen meteorologischen Verhältnisse nicht befriedigend sind, kann nicht in Betracht kommen, durch Einschlagen einer besonderen Route bessere herbeizuführen. Das ändert sich, sobald wir in die Nordsee kommen. Nehmen wir an, das Schiff habe eine Position südlich von Cap Lindesnäs, der Südspitze von Norwegen, erreicht, dann tritt an den Schiffer die Aufgabe heran, zu entscheiden, weichen Weg er einsclilagen will, um nach Süden zu gelangen. Der eine Weg führt durch die Nordsee und den Kanal, der andere nördlich um Schottland in den Ocean; jener ist etwas kürzer, als dieser, doch der Unterschied ist nicht so groß, als es nach der Karte scheint, auf der die Meridiane aus¬ einander gezerrt sind. Hätte der Schiffer synoptische Wetterkarten vom atlantischen Ocean, oder stünden ihm auch nur die täglichen Wetterberichte der Seewarte zu Gebote, so w7äre eine Entscheidung über die am ehesten einzuschlagende Route ziemlich leicht. Nun aber bleibt ihm nichts übrig, als sich auf Grund seiner eigenen Beobachtungen ein Bild von der Wetterlage zu machen. Der Stand des Barometers, seine Aenderungen mit Rücksicht auf den zurückgelegten Weg und die verflossene Zeit, Wind und Wolken geben im allgemeinen ein ziemlich klares Bild der Wetterlage. Wie bekannt, wird bei dem jetzigen Stande der Meteorologie das Wetter nach der gegenseitigen Lage von Lufthochdruck- und Depressions- Gebieten beurtheilt. Der Schiffer muß also suchen, sich klar zu werden, ob er es mit einem Hochdruck- oder einem Depressions-Gebiet zu thun erhält. Im Falle der zu erwartenden Nähe eines Hochdruckgebietes muß das oben erwähnte Schiff so schnell als möglich südlich streben, um an der Südseite des Hochdruckgebietes die günstigen Winde zu benutzen, d. h. es muß den Weg durch den Kanal einsclilagen. Im Falle der Nähe einer Depression aber ist erst Aussicht vorhanden, südlich vorzudringen, wenn die Depression passirt ist. Es muß also nach Westen bezw. Nordwesten gesteuert werden und je nach der Lage des Minimums der Versuch gemacht werden, die Depression an ihrer polaren Seite, auf der für das Schiff CIV günstige Winde wehen, zu umsegeln. Dieser Versuch führt nördlich um Schottland und gelingt in den meisten Fällen. Wieviel hier durch Ueberlegung und Ausnutzung der Wetter¬ lage, die zu erkennen aber nur mit Hilfe meteorologischer Kenntnisse möglich ist, gewonnen werden kann, möge das folgende Beispiel zeigen: Im Jahre 1895 passirte ich mit einem anderen Weserschiffe zusammen Kopenhagen. Wir waren beide nach dem Süden bestimmt. Ich ging nördlich um Schottland, die Reise bis Kanalbreite war eine einfache Umsegelung des Minimums, das irgendwo in der Nähe der Route gewesen ist. Den Mitsegler habe ich nicht wieder gesehen, las aber später in der Zeitung, daß er am 8. Oktober Lizard passirt hatte. Ich sah in meinem Journale nach und fand, daß ich am selben Tage Brava passirt und die äquatoriale Grenze des Nordostpassats erreicht, also rund 2300 Seemeilen Vorsprung gewonnen hatte. Der andere Kapitän schrieb mir später, daß er in der Nordsee und im Kanal gegen eine Folge von Südwest-Stürmen habe aufarbeiten müssen. Die Umsegelung der britischen Inseln vollzieht sich natürlich nicht immer so leicht als einfache Umsegelung einer Depression; man hat zuweilen mehrere solche zu umfahren, immer aber giebt die Meteorologie, in erster Linie das BüYS-BALLOT’sche Gesetz, die wichtigsten und richtigsten Verhaltungs¬ maßregeln. Dieses allgemein bekannte Gesetz lautet in der uns Seeleuten bequemsten Form: Stellt man sich mit dem Rücken gegen den Wind, so hat man auf nördlicher Breite den höchsten Luftdruck rechts etwas nach hinten, den niedrigsten Luftdruck links etwas nach vorn ; bei südlicher Breite ist die Sache entsprechend vertauscht; auf dem Aequator weht der Wind direkt vom höchsten nach dem niedrigsten Luftdruck, oder er zeigt diejenige Ablenkung, welche für die Hemisphäre gilt, aus der er kommt. So liegt z. B. auf dem Wege nach Süden in der Nachbarschaft vonMadeira oder den kanarischen Inseln von Ende Oktober an in den Wintermonaten nicht selten ein Gebiet niedrigen Druckes, das, wie es dieser Gegend eigenthümlich ist, seinen Ort wenig verändert. Die Depression schreitet nicht ostwärts fort wie die Minima der gemäßigten Zonen, auch nicht westwärts wie die Wirbelstürme der Tropen, sondern bleibt annähernd stationär, indem sich nur das eigentliche Minimum bald nach der einen, bald nach der anderen Richtung etwas verlagert, etwa wie ein Wirbel im fließenden Wasser hin- und herschwankt über einer unebenen Stelle der Flußsohle, im ganzen aber an derselben Stelle bleibt. Wenn solche Verhältnisse bei Madeira stattfinden, herrscht weiter im Norden auf der Route der ausgehenden Schiffe nordöstlicher Wind, also ein Wind, bei dem die Schiffe ihre gewöhnliche Route ohne Schwierigkeit einhalten können- Aber wenn sie das tlmn und sich nicht durch das fallende Barometer und den nach rechts (also östlich) holenden Wind bei Zeiten bestimmen lassen, einen westlichen Kurs einzuschlagen, gerathen sie, ehe sie es sich versehen, in die Depression und damit in südliche und südwestliche Stürme hinein, denen sie durch eine Umsegelung des Minimums hätten aus dem Wege gehen müssen. Diese Um¬ segelung wird durch die Nähe von Land nirgends behindert, sie kann daher den rein meteoro¬ logischen Verhältnissen angepaßt werden, d. h. so bald das Barometer durch seinen Stillstand oder sein beginnendes Steigen anzeigt, daß man sich dem Minimum nicht mehr nähert, und sobald man an der Drehung des Windes merkt, daß sich die Richtung des Minimums nach links verschiebt, steuert man so lange immer südlicher, bis man wieder seinen eigentlichen Kurs erfaßt hat. Wie langwierig es werden kann, wenn man solche Umsegelung der Depression nicht machen kann, habe ich im Jahre 1880 erfahren. Ich war damals nach dem Senegal bestimmt und mußte befürchten, durch Einschlagen einer westlichen Route nicht weit genug nördlich an die afrikanische Küste zu kommen, denn es war die Harmattan-Zeit, in der ein starker südlicher Küstenstrom läuft. Zu der nur 270 Seemeilen langen Strecke vom Parallel von Madeira bis zum Parallel von Teneriffa brauchte ich damals 10 volle Tage. Haben wir das Gebiet des Nordostpassats erreicht, so stellen sich uns zunächst weiter keine Schwierigkeiten entgegen; denn hier hat der Wind eine Richtung, die uns gestattet, jeden in Frage kommenden Kurs zu steuern. Aber man muß denselben doch sehr mit Bedacht wählen, damit man den lästigsten Tlieil der ganzen Reise, die Ueber- schreitung des äquatorialen Kalmengürtels, möglichst schnell ausführt. Bekanntlich schiebt cv sich zwischen die Passatgehiete beider Hemisphären der Kalmengürtel — ein Ausdruck, der übrigens nicht gut gewählt ist, denn der Gürtel hat dort im atlantischen Ocean die Gestalt eines Keiles, der mit seiner Basis auf der afrikanischen Küste steht und dessen Spitze, je nach der Jahreszeit, mehr oder weniger weit nach Westen in den Ocean hineinragt. Nun ist es ja klar, daß je näher seiner Spitze das Kalmengebiet überschritten wird, desto schneller wird diese für den Segler unbequeme Fläche durchquert; doch es ist wohl zu beachten, daß der Südostpassat, der über den Aequator nordwärts herübergreift, und der große Aequatorial- strom, dessen Geschwindigkeit 50 ja 60 Seemeilen in 24 Stunden beträgt, beide das Schiff westwärts treiben, und vor uns steht Cap Roque, die Nordostecke Südamerikas. Der See¬ fahrer muß also das Gebiet der Kalmen so weit westlich wie irgend möglich überschreiten, und doch wieder so weit östlich, daß er nicht unklar von Cap Roque bezw. der brasilianischen Küste kommt. Ferner haben wir 3 bis 4 Monate im Jahre, in unserem nördlichen Hocli- und Spätsommer, an der Ostseite des Oceans anstatt des breiten Windstillengebietes den Südwest-Monsun, und haben durch diesen hindurchzufahren, was natürlich mit dem Segler nur auf einem südöstlichen Kurse geschehen kann. Dann ist wieder die Entscheidung zu treffen, zu welcher Zeit das Schiff südlich und östlich genug gelangt ist, um, nachdem der Südwest- Monsun eine Richtung rein Süd angenommen hat, auf Westsüdwest-Kurs nach dem Aequator in den Südost-Passat hineinzugelangen. Aus diesem allen ist leicht zu ersehen, wie complicirt die möglichst schnelle Durchquerung jenes Gebietes ist, und daß nur eine genaue Kenntniß der meteorologischen Verhältnisse und deren Ausnutzung vor zeitraubendem Aufenthalte in jenen Gebieten schützen kann. Begleiten wir im Geiste das Schiff weiter auf seinem Wege nach Süden. Der Kalmen¬ gürtel ist passirt, der Südostpassat erreicht. Eine neue meteorologische Erscheinung verlangt dann Berücksichtigung. Auf der Mitte des südatlantischen Oceans lagert ein Gebiet höchsten Luftdruckes, in welchem Windstille herrscht, und aus welchem heraus der Wind weht, ent¬ sprechend dem BuYS-BALLOT’schen Gesetze. Wir finden dann auch gewöhnlich, daß, bald nachdem die Insel Trinidad passirt wurde, der Wind eine Richtung nördlich von Ost annimmt. Steuert nun ein Schiff gleich ziemlich östlich, so geräth es leicht in zu große Nähe des Maximums, daher in die Windstille, besonders wenn, wie es häufig der Fall ist, der höchste Druck sich aus Ursachen, die wir allerdings noch nicht kennen, südlich verlagert. In solchen Fällen, denen zunächst meist ein Fallen des Barometers und ein Rundlauf des Windes in einem dem Zeiger der Uhr entgegengesetzten Sinne vorhergegangen ist, pflegt der Wind mit abnehmender Stärke aus südlichen, ja aus östlich von Süd liegenden Richtungen zu wehen. Nehmen wir nun an, ein Schiff' ist nach dem Cap bestimmt, so kann es mit diesem Winde vielleicht noch ganz gut den directen Kurs einhalten und sich seinem Bestimmungsorte nähern, aber eine einfache Ueberlegung zeigt, daß dieser Kurs in Windstille führen muß, solange sich die Wetterlage nicht ändert, die aber in jenen Gegenden oft lange anhält. Das Schiff muß also rechtzeitig wenden und dann südwestlich steuern, um die Windstille zu umgehen; obwohl dieser Curs von dem Bestimmungsorte, dem Cap, zunächst abführt, läßt er das Ziel aber doch schneller erreichen als der directe Curs. Das wird aber nur derjenige mit Vortheil thun, der Meteorologie getrieben, zu ihren Lehren Vertrauen gefaßt hat und sie auf die Schiffahrt anwendet. Im Jahre 1883 nach Capstadt bestimmt, traf ich in jener Gegend in etwa 30° S und 19 oder 20° W unter solchen Umständen einen mir bekannten Oesterreicher, der auch nach Capstadt wollte. Der Wind wurde flauer; da wendete ich und lag nach SW, der Oesterreicher behielt seinen östlichen Curs bei. Ich kam so südlich, daß ich weit westlich von Tristan d’Acunha passirte, als wollte ich nach dem Osten weiter. Dort traf ich günstigen Wind und kam damit in Capstadt an; nach 16 Tagen Aufenthalt segelte ich nach Java weiter. Als ich aus der Tafelbai heraussegelte, kam mein Freund herein. Ich bin sicher, daß das Schiff in jene Windstille des südlichen Wendekreises gerathen war. Durch ein aufmerksames Beobachten des zu hohen Barometerstandes und eine Orientirung über dessen Ursachen wäre das aber zu vermeiden gewesen. CVI Es lehrt die Meteorologie den Segelschiffer z. B. auf der Reise ostwärts vom Cap nach Australien oder zwischen Australien und Cap Horn diejenigen Parallelkreise auffinden, auf denen die für solche Reisen günstigsten Winde am stetigsten wehen, sie lehrt ferner auf den Fahrten nach Ostindien bei wechselndem Monsun zwischen den günstigsten Meridianen in bestimmte Breil en einschneiden, sie lehrt uns, die tropischen Orkane, die furchtbaren Stürme nordöstlich von den Falklandinseln, südlich von Neuseeland oder im nordatlantischen Ocean, da wo sich die 40er Meridiane mit den 40er Parallelkreisen schneiden, und in anderen Gegenden zu meiden, oder wenn dies nicht möglich, so doch uns rechtzeitig darauf vorzubereiten, in Fällen, in denen Schiff und Leben auf dem Spiele stehen können. Wenn wir nun sehen, daß die Segler ihre transoceanischen Reisen mit einer regelmäßigen Schnelligkeit ausführen, welche derjenigen der Frachtdampfer nicht allzuviel nachsteht, so ist ein großer Theil dieses Erfolges dem sichtlich steigenden Yerständniß für die meteorologischen Vorgänge auf unserem Planeten zuzuschreiben. Man behauptet nicht ganz mit Unrecht, daß dieser Erfolg schneller Fahrt erst durch die Größe der Schiffe möglich geworden ist, daß Reisen von Hamburg nach Iquique oder umgekehrt in siebzig Tagen (kürzlich hat ein Schiff die Reise von Tocopilla nach Dünkirchen gar in 60 Tagen gemacht) nur mit den modernen großen Vier- oder Fünfmastern ausgeführt werden können, aber ich bin selbst im Jahre 1883 auf verhältnißmäßig kleinem Schiff (1000 Tons) in 79 Tagen von England nach Neuseeland, und in derselben Zeit auch wieder zurückgesegelt; ähnliche weite Fahrten, die doch nur im ganzen kurze Zeit beanspruchten, folgten. Gewiß spielt bei solchen Reisen der Zufall oder das Glück eine große Rolle, ein festes Vertrauen auf die Lehren der Meteorologie kommt aber sicher diesem Zufall gut zu Hilfe. Die Abhängigkeit der Dampfschifffahrt vom Wetter ist lange nicht so ins Auge fallend. Vergegenwärtigt man sich aber, daß der Dampfer wegen seiner relativ hohen Betriebskosten mit Stunden rechnen muß, wo der Segler mit Tagen rechnet, daß der Dampfer durch Nebel und Sturm nicht selten Reiseverzögerungen erleidet, daß er durch Meeresströmungen, die ja ihrerseits wieder vom Winde abhängen, begünstigt oder behindert wird, genau wie der Segler, daß er in schweren Stürmen und Orkanen nicht besser daran ist, wie dieser und dann, wie dieser, sorgfältig navigirt werden muß, so erhellt es ohne weiteres, daß auch für den Dampfer¬ führer eine möglichst klare Einsicht in die meteorologischen Vorgänge auf unserem Planeten nothwendig ist, trotzdem der Dampfer den Fortschritt darin sucht, daß er sich vom Wetter unabhängig zu machen trachtet. Zweifellos wird die sich gewaltig entwickelnde Technik immer bessere Lösungen dieser Aufgabe finden, sei es durch Benutzung neuer Schiffstypen, neuer Instrumente oder durch Erfindungen auf dem Gebiete des Signal- und Seezeichenwesens oder gar durch Heranziehung von Kräften, die wir heute noch nicht zu benutzen verstehen, immer aber werden zur Lösung dieser Aufgabe auch Factoren nöthig sein, welche nur durch fortschreitende Erkenntniß auf physikalischem Gebiete, also durch die Wissenschaft, gewonnen werden können. Außer diesen 12 Ordentlichen Sitzungen und den sich daran anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche letztere lediglich der Berathung geschäft¬ licher Angelegenheiten dienten, fanden noch vier Versammlungen der Gesellschaft statt, in welchen vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen Vorträge populär - naturwissenschaftlicher Art — meist reich durch Lichtbilder oder andere Demonstrationen illustrirt — gehalten wurden. Es sprach: 1) Dienstag, den 13. Februar 1900, im großen Saale des Schützenhauses, Herr Dr. Waldemar Belck über seine Wanderungen in Türkisch-Armenien, mit zahlreichen Lichtbildern; CVII 2) Sonnabend, den 24. Februar 1900, in der Aula der Victoriaschule 5) Herr Director Dr. Neumann über Hochspannungsströme und elektrische Durchleuchtung, II. Theil, mit Demonstrationen; 3) Montag, den 26. November 1900, in der Aula der Victoriaschule1), Herr Dr. Petruschky über die Pest; 4) Montag, den 10. Dezember 1900, im großen Saale des Schützenhauses, Herr Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Assmann über die Methoden, Erfolge und Ziele der wissenschaftlichen Luftschifffahrt, mit zahlreichen Lichtbildern. 0 In dankenswerther Weise durch den Magistrat der Stadt Danzig als Patron der Victoriaschule der Gesellschaft zur Verfügung gestellt. CVI1I Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1900 behandelten Gegenstände. A. Allgemeines. 1. Der Director, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für* das Jahr 1899 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sectionen vor; am 3. Januar. 2. Herr Momber berichtet über die Abhandlung von Koppe: „Der An¬ fang des Jahrhunderts, eine Betrachtung über Zählen und Messen“; am 17. Januar. 3. Herr Conwentz widmet dem verstorbenen Ehrenmitgliede der Gesell¬ schaft, Geheimrath Professor Dr. H. ß. Geinitz, einen Nachruf; am 7. Februar. 4. Vortrag des Herrn Conwentz: „Der Schutz der Denkmäler der Natur“ mit Demonstrationen; am 7. März. 5. Herr Conwentz berichtet über die Zweihundertjahrfeier der König¬ lichen Akademie der Wissenschaften in Berlin; am 4. April. 6. Herr Momber widmet dem verstorbenen Ehrenmitgliede und lang¬ jährigen Vicedirector der Naturforschenden Gesellschaft, Herrn Geheimrath Dr. Abegg, einen Nachruf; am 15. Oktober. B. Physik und Chemie. 1. Herr Momber demonstrirt einen von Slaby herrührenden Versuch zur Veranschaulichung des JouLE’schen Gesetzes; am 7. Februar. 2. Herr Lakowitz legt Werkstücke aus Magnalium vor; am 12. März. 3. Vortrag des Herrn Neumayer: „Physikalisches Wissen in der ausübenden Navigation“ ; am 27. Oktober. 4. Vortrag des Herrn Schimanski: „Sauerstoffbestimmungen im Wasser der Stuhmer Seeen“, mit Ex¬ perimenten; am 7. November. 5. Herr Evers demonstrirt das neue in der mechanischen Werkstatt der Gesellschaft gebaute Skioptikon; am 19. Dezember. C. Astronomie und Meteorologie. 1. Vortrag des Herrn Beinicke: „Ueber die Anwendung der Meteorologie in der modernen Schiff¬ fahrt“; am 19. Dezember. CIX D. Mineralogie und Geologie. 1. Vortrag des Herrn Conwentz: ,,Ueber hervorragende neue Eingänge beim Provinzial-Museum“, mit Demonstrationen; am 7. Februar. 2. Herr Daums legt Magneteisensand aus Kiautschou vor und spricht über Vorkommen und Verwerthung desselben; am 7. März. 3. Vortrag des Herrn Treptow: ,,Die geographische Ausbreitung und die Produktionssteigerung des Bergbaues im 19. Jahrhundert“; am 15. Oktober. E. Botanik und Zoologie. 1. Vortrag des Herrn Dahms: „Der Biber in Westpreußen“, mit Demonstrationen; am 17. Januar. 2. Herr Bail legt ein blühendes Exemplar von Aralia Sieboldii vor und knüpft daran Bemerkungen über verwandte Pflanzen; am 7. November. 3. Vortrag des Herrn Adolf Wallenberg: „Ueber einige anatomische Grundlagen der Empfindung“, mit Demonstrationen; am 7. November. 4. Vortrag des Herrn Conwentz: ,, Forstbotanische Merkbücher“, mit Demonstrationen; am 5. Dezember. 5. Vortrag des Herrn von Bockelmann: ,,Ueber den Botanischen Garten und das Institut in Buitenzorg auf Java“, mit Demonstrationen; am 5. Dezember. F. Medicin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn Barth: ,,Ueber den chirurgischen Ersatz körperlicher Gewebsdefekte“, mit Demonstrationen; am 3. Januar. 2. Vortrag des Herrn Fischer: ,,Ueber die Verwendung der Röntgenstrahlen in der Medicin“, mit Demonstrationen; am 12. März. 3. Vortrag des Herrn Francke: ,,Ueber das Vorkommen und die Behandlung der Granulöse in den städtischen Schulen Danzigs“; am 2. Mai. G. Vorgeschichte und Anthropologie. 1. Vortrag des Herrn Dorr: ,,Ueber die prähistorische Bevölkerung in Altpreußen“'; am 4. April. I cx Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section im Jahre 1900. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. OEHLSCHLAEGER. Die Section zählte bei Beginn des Jahres 1900 36 einheimische und 8 auswärtige Mitglieder. Es wurden in diesem Jahre 4 Sitzungen abgehalten mit folgenden Vorträgen: Am 21. Februar sprach unser Landsmann, der Forschungsreisende Herr Dr. Belck, über die Ergebnisse der deutschen Expedition nach Armenien in den Jahren 1898 und 1899. Am 28. Februar hielt der Regierungsbaumeister Herr Cuny einen Vortrag über vergleichende Baukunde einiger Kirchen in Westpreußen. Darauf folgten einige Referate des Vorsitzenden über eingegangene Schriften. Am 12. April sprach 1. Herr Professor Dr. Conwentz über die Wirkung der von ihm herausgegebenen Vorgeschichtlichen Wandtafeln, die namentlich in den Volksschulen verbreitet sind, auf die Erforschung der Provinz. 2. Herr Dr. Helm theilte einige chemische Analysen vorgeschicht¬ licher Bronzen mit. Am 24. Oktober berichtete Herr Professor Conwentz über neuere Literatur, besonders über nordische Vorgeschichte. Herr Dr. Kumm gab einen ausführlichen Bericht über ein neues Gräberfeld in Warmhof bei Mewe, Kr. Marienwerder. Bericht über die Sitzungen der* Section für Physik und Chemie im Jahre 1900. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EVERS. l/ie Section für Physik und Chemie hat im Laufe des Jahres 1900 drei Sitzungen abgehalten. In der ersten, am 27. April, demonstrirte Herr Mombf.r mehrere neue Einrichtungen und Apparate der physikalischen Sammlung des Königlichen Gymnasiums, u. a. mehrere auf den großen Elektromagneten der Sammlung montirte, von Herrn Mechaniker Krause nach Angaben in Ebert ,, Magnetische Kraftfelder“ ausgeführte Modelle von Induktionsschleifen für Gleich- nnd Wechselstrom, eines Trommelinduktors u. a. m. In der zweiten, am 14. November, hielt der Vorsitzende einen Vortrag über die neuesten Systeme der Vielfach- und Schnelltelegraphie, worin er das harmonische Multiplexsystem von Mercadier und das alle anderen Arten der mechanischen Telegraphirsysteme an Schnelligkeit weit über treffende Ver¬ fahren von Pollak und Virag, unter Zuhilfenahme von Projektionszeichnungen, ausführlich erläuterte. Zugleich führte er den neuen in der Werkstatt der Gesellschaft erbauten Projektionsapparat mit ScnuCKERTscher Camera und Bogenlampe der Section vor. In der dritten Sitzung, am 14. Dezember, fand zunächst die Wahl der Beamten für das Jahr 1901 statt. Dann erläuterte der Vorsitzende, mit Zuhilfenahme von Projektionszeichnungen, die Konstruktion und das ihr zu Grunde liegende Princip des neuen PouLSEN’schen Telephonographen und knüpfte einige Bemerkungen über die geplanten praktischen Verwendungsarten des Apparates daran. CX1I Bericht über die Sitzungen der Medieinischeu Section im Jahre 1900. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. TORNWALDT. 1/ie Section betrauert das Dahinscheiden des am 3. Oktober 1900 in Wiesbaden gestorbenen Geheimen Medicinalraths Dr. Abegg, der ihr und ihren Mitgliedern durch Beruf und Wissenschaft sowie durch vielfache freund¬ schaftliche Beziehungen ganz besonders nahe gestanden hat. Abegg gehörte 1876 zu den Begründern der Medicinischen Section und ist von da ab bis zu seinem Tode alljährlich wieder zu ihrem Vorsitzenden gewählt worden. In dankbarer Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die Section, und um sein Andenken auch kommenden Geschlechtern zu erhalten, hat die Medicinische Section beschlossen, Abegg’s Bild, von der Künstlerhand Professor Männcfien’s gemalt, dem Sitzungssaale der Naturforschenden Gesellschaft zu weihen, in welchem er 24 Jahre hindurch die Sitzungen der Section ge¬ leitet hat. — Im Jahre 1900 sind in der medicinischen Section folgende 21 wissen¬ schaftliche Vorträge in 8 Sitzungen gehalten worden: 1. Sitzung am 11. Januar. 1. Herr Professor Barth stellt einen Patienten vor, bei dem er im Juli 1897 einen tuberculösen Nieren-Tumor exstirpirt hat. Der Patient hat seit¬ dem sein Gewicht fast verdoppelt. 2. Herr Professor Barth hält einen Vortrag über Nierenchirurgie. 3. Herr Dr. Reimann legt einen Foetus mit Ectopie der Leber und des Mesenteriums und mit Spina bifida vor. 2. Sitzung ain 25u Januar. 1. Herr Dr. Ad. Wallenberg: Acute Herderkrankung des verlängerten Markes. 3. Sitzung am 15. Februar. 1. Herr Dr. Helmbold: Ueber eine Methode der Behandlung zur Deckung von Defecten der Hornhaut und Aderhaut nach Kühnt und Schoeller. CXTII 4. Sitzung am 15. März. 1. Herr Dr. Ad. Wallenberg stellt zwei Brüder mit spastischen Lähmungen vor und erklärt an einer Skizze des Faserverlaufes im Gehirn, wie es möglich ist, daß eine Störung, die sich auf die Unterextremitäten und die psychischen Functionen beschränkt, doch im Cerebrum ihren Sitz haben kann. 2. Herr Dr. Haedtke legt einen kolossalen leukämischen Milztumor vor. 3. Herr Dr. M. Semon a. über Prolapsoperationen, mit Vorlegung von Präparaten, b. Vorlegung eines sub partu operirten Ovarialsarcoms, nach dessen Entfernung die Geburt für Mutter und Kind glücklich verlief. 5. Sitzung am 12. April. 1. Herr Dr. Th. Wallenberg stellt einen Palienten vor, dem der linke Augapfel wegen eines in den Nervus opticus eingedrungenen Sarcoms exstirpirt worden ist. G. Sitzung am 18. Oktober. 1. Herr Professor Barth: Ueber Trepanation der Wirbelsäule, mit Kranken¬ vorstellung. 2. Herr Professor Valentini: Ueber Spondylose rhizomelique, mit Kranken¬ vorstellung. 3. Herr Sanitätsrath Freymuth: Demonstration eines seltenen Präparates von Pankreas-Carcinom. 7. Sitzung am 15. November. 1. Herr Dr. Petruschky: a. Vorstellung eines Falles von S treptothrix- Infection der Unterkiefergegend nebst Demonstration von mikroskopischen Präparaten und Culturen b. Vorstellung eines bereits früher demonstrirten Falles von Gesichts-Lupus, mit Tuberculin behandelt, in der Besserung. 2. Herr Dr. A. Wallenberg: Ueber Syringomyelie, mit Krankenvorstellung. 3. Herr Dr. M. Semon: Demonstration einer großen Ovarialcyste mit Stiel¬ torsion, intracystöser Blutung und Ruptur der Cyste, durch Laparotomie am 4. Wochenbettstage operirt. 8. Sitzung am 13. Dezember. 1. Herr Dr. Petruschky stellt einen Fall von Tuberculosis progressa, mit doppelter Analfistel, Albuminurie und wiederholten Secundär-Infectionen behaftet, vor, der von der Heilstätte abgelehnt, aber mit Tuberculin erfolgreich behandelt wurde. 2. Herr Dr. Berent: Keratoconus und Unfall, mit Demonstration eines Kranken. 8 CX1Y 3. Herr Dr. Th. Wallenberg: a. Vorstellung eines Falles von beiderseitigem Colobom der Iris und Choroidea, rechts mit secundärer Netzhautablösung und Cataracta complicata, b. Vorstellung eines Falles von Erblindung des linken Auges durch einen vor 10 Jahren eingedrungenen Eisensplitter in Folge von Siderosis ßulbi, und von Erkrankung des rechten Auges an Neuritis optica retrobulbaris alcoholica, durch lange fortgesetzte Strychnin- Injectionen bis zur normalen Sehkraft geheilt. Im Jahre 1900 hat die Medicinische Section in Folge Beschlusses vom April 1899 eine eigene Bibliothek begründet. Durch regelmäßige Beiträge der Mitglieder" und durch Schenkungen von Mitgliedern und Freunden der Section ist der Bestand der Bibliothek schon in der kurzen Zeit ihres Bestehens auf mehr als 1200 Bände gebracht worden. Die Naturforschende Gesellschaft hat in dankenswerther Weise Räume zur Aufstellung der Bücher und das Lesezimmer zur Verfügung gestellt. CXY Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1900. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Regierungsrath BUSENITZ. Die Gewässeruntersuchungen des Geschäftsführers des Vereins erstreckten sich auf folgende Westpreußische Gewässer: Die Stuhmer Seeen, »len Pniwitter Dorfsee, den Dlugisee bei Schwornigatz, den Karschinsee, den Witotschnosee, den Lonsksee, den Kossabudnosee, den Großen und Kleinen Schiewesee bei Schwornigatz, den Milachowosee, den Laskasee, den Priestersee, den Dlugisee bei Modziel, den Parschesnitzasec, den Slusasee, den Polnisch-Cekziner See, den Glowkasee und den Großen und und Kleinen Skompasee bei Polnisch Cekzin, den Jellener See, den Ossuschnosee, den Sulnowosee, den Mielnitzasee, den Sudomiesee, den Janowkosee, den Großen Ziethener See, den Kramsker See, den Wurcliowsee, den Tremetznosee, den Müskendorfer See, ferner die Fischteiche bei Woyanow und Finckenstein und die Weichsel von Dirschau bis Barent Der im vorigen Jahre schon erwähnte Bericht über die Untersuchungen in den Stuhmer Seeen 1898 — 99 wurde in Gemeinschaft mit dem West¬ preußischen Botanisch-Zoologischen Verein herausgegeben und an zahlreiche Anstalten, Vereine und Gelehrte, für welche diese Untersuchungen von Interesse sein können, vertheilt. Die ebenfalls schon früher erwähnte Fischereikarte ist im Druck; die dazu gehörige Beschreibung der Fischereiverhältnisse in Westpreußen wird voraussichtlich im nächsten Jahre herausgegeben werden können. 8* CXVI Bericht über die Sitzungen der Section für Gresundheitspflege im Jahre 1900. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medicinalrath Dr. BORNTRAEGER. 1. Sitzung am 13. Januar 1900. (General- Versammlung). Herr Böttger: Ueber Rauchbelästigung und Luftreinigung. 2. Sitzung am 17. Februar 1900. (Discussions-Abend). a. Ueber die Erbauung eines Schwimmbassins in Danzig. (Herr Hildebrand). b. Soll die Section sich eintragen lassen? (Herr Flater). c. Vorzeigung gewerbetechnischer Tafeln (Herr Eschricht). d. Ueber den Ersatz des feuergefährlichen Benzins durch Tetrachlor¬ kohlenstoff, ein nicht entzündliches Mittel. (Herr Hildebrand). e. Zum Geburtswesen imRegierungs-Bezirk Danzig. (Herr Borntraeger). 3. Sitzung am 10. März 1900. Herr Freitag: Ueber die infectiösen Sexualleiden, Verhütung. 4. Sitzung am 31. März 1900. Herr Petruschky: Ueber Lungenheilstätten. ihre Gefahren und 5. Sitzung am 14. April 1900. Herr Wolfe: Hygiene der Wirbelsäule. 6. Sitzung am 27. Oktober 1900. (Mit Damen). Herr Borntraeger: Hygienisches und Anderes aus Frankreich, mitgetheilt im Anschluß an eine Congreßreise. CXVII 7. Sitzung am 17. November 1900. (Oeffentlich im Apollosaal). Herr Professor Dr. 0. Lassar- Berlin : Ueber Volksbäder. 8. Sitzung am 15. Dezember 1900. (Mit Damen). Herr Gibsone: Die Wolmungsnoth in Danzig. Am 17. Juni 1900 unternahm die Section ihren Sommerausflug nach Preußisch Stargard, besichtigte die Provinzial-Irrenanstalt in Konradstein, sowie das neue Städtische Wasserwerk mit Enteisenungsanlage in Preußisch Stargard und kehrte über Schützenhaus, Theresienhain und Swaroschin nach Danzig zurück. — Auf dem X. Internationalen Congreß für Hygiene und Demographie in Paris am 10. — 17. August 1900 war die Section durch ihren Vorsitzenden vertreten. Die Section zählte am Ende des Jahres 63 Mitglieder. cxvin V erzeichniss der im Jahre 1900 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. I. Durch Tausch gingen ein: Nord -Amerika. Baltimore. Maryland weather Service. Vol. I. 1899. Maryland geological survey. Vol. III. 1899. .Tohn’s Hopkins university circulars. Vol. XIX. N. 146. 1900. Memoirs from the biological laboratory of tlie John Hopkins nnivers. IVr. 4 1900. Boston. Proceedings of the american academy of arts and Sciences. Vol. XXXV, N. 4 — 27. 1899/1900. Vol. XXXVI. 1-4. Pi'oceedings of the Boston society of natural history. Vol 29, No. 1 — 8. 1899. Buffalo. Bulletin of the Buffalo society of natural history. Vol. VI, 2,3,4. Buffalo 1899. Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College: Memoirs Vol. XXni, No. 2. 1899; Vol. XXIV (Text und Atlas). 1899. Bulletin. Vol. XXXV, No. 7,8. 1899; XXXVI, 1 — 4; XXXVII, 1, 2. Chapel-Hill. Journal of the Elisha Mitchell scientific society. Vol. XVI, p. II, Juli- Dezember 1899. Chicago. The Chicago academy of Sciences; Bulletin III, part. I of the nat. history survey The John Crerar library, 5 annual report, for 1899. Cincinnati. Bull, of the Lloyd library of botany, pharmacy and mat. inedia. Bull. No. 1. 1900. Davenport. Proceedings of the Davenport academy of nat. Sciences. Vol. VII. 1897 — 99. Halifax. The proceedings and transactions of the Nova Scotia institute of Science. Vol. X, p. I. 1898/99. Leon (Mexico). Boletin mensual del observatorio meteorologico. 1899 Nov. Dez. 1900 April, Mai, Junio, Agosto, Sept., Octob. Mexico. Boletin de agricultura, mineria e industrias. Anno IX, No. 1 — 10. 1899/1900. Boletin del instituto geologico de Mexico. No. 12, 13. 1899. Boletin mensual del observatorio meteorologico central. 1899 Juli-Dez. 1900 Jan. -Mai. Memoriasy revista de la sociedad scientifica ,, Antonio Alzate“. T. XI1T, No. 11 bis 12. 1898/99. T. XIV, No. 1—8. 1900. El clima de la republica mexicana en el anno de 1896 y Ant. Gomez, anno II. M i 1 waukee (Wisconsin). Bulletin of the Wisconsin natural history society. Vol. I, No. 1, 2. 1900. Public museum, board of trustees. 17. annual report. New York. Charter, order of court, Constitution and by laws and list of members of the N. Y. academy of Sciences. 1899. Academy of Sciences, Memoirs. Vol. II, part. 1. 1899. CXIX Ottawa. Geological survey of Canada. Contributions to Canadian palaeontology. Vol. IV. part. I. 1899. Animal report Yol. X (1897). & Maps. 1899. No. 68->. Sidney coal field Cape Breton, Nova Scotia; mit l Karte. No. 687. Klondyke gold fields Yukondistrict Canada. Philadelphia. Proceedings of the academy of natural Sciences. 1899 part II, III; 1900 part I. Hochester. Proceedings of the Rocliester academy of Sciences. Yol. 3 (pag. 151t — 280. 1900). St. Louis. Missouri botanical garden. 11 annual report. 1900. 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Vol. VIII (fourtli memoir) 1899. 19 und 20 annual report of the U. S. geological survey. 1897 — 98, part II, III, V; 1898-99. part I, VI. Süd-Amerika. La Plata. Revista del museo de la Plata. Tomo IX. 1899. Montevideo. Anales del museo nacional. T. II, fase. XII, XIII, XIV, XVI. 1899. Asien. Calcutta. Proceedings of the asiatic society of Bengal. No. VIII — XI. 1899; No. I bis VIII. 1900. Taschkent. Publications de l’observatoire astronomique et physique. No. I, II, avec atlas. 1900. Tokio. Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Bd. VII, Theil 3. 1899. Mittheilungen der medieinischen Fakultät der Universität Tokio. Bd. IV, No. VI, VII. 1899. Europa. Belgien. Brüssel. Annales de la soc. entomol. de Belgique. T. XLII1. 1899. Memoire de la societe entomologique de Belgique VII. 1900. Bulletin mensuel du magnetisme terrestre de l’observatoire royale de Belgique; 1899 Aout, October. 2. Annee 1900. Janv. 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J. 1897. f) Ergebnisse der magnet. Beobachtungen in Potsdam i. J. 1899. g) Ergebnisse der meteorolog. Beobachtungen in Potsdam i. J. 1898. h) Bericht über die Thätigkeit des k. preuß. meteorolog. Instituts i. J. 1899. Verhandlgen. des botanischen Vereins der Prov. Brandenburg. 41. Jahrg. 1900 Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. LI. 3, 4; LH. 1 — 3. Deutsche entomologische Zeitschrift. Jahrgang 1899. 2. Heft. 1899. Jahr¬ gang 1900. 1. Heft. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforschender Freunde. Jahrg. 1899. Deutscher Seefischereiverein, Mittheilungen. Bd. XVI. Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie etc. 13. Mai 1899 bis 19. Mai 1900. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde. Bd. XXVI, 10; Bd. XXVLI, 1 — 7 Bonn. Sitzungsber. der niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilkunde. 1899, 2. Hälfte. Verhdlgen. des naturhistor. Vereins d. preuß. Rheinlande etc. 56. Jahresber., 2 Hefte. 1899. Braunschweig. 8. 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Universitäts-Bibliothek: 29 Dissertationen med., naturw., mathem. Inhalts und eine Jubiläumsschrift (zu Ehren Limpricht’s) der philos. Fakultät. 1900. Guben. Niederlausitzer Mittheilungen. VI. Bd., 2. — 4. Heft. 1900. Güstrow. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 53. Jahr (1899) II. Abthlg.; 54. Jahr (1900) I. Abthlg. Halle. Leopold. Carolin, deutsche Akad. d. Naturforscher. Leopoldina. Bd. XXXVI. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde. 1900. CXX11 Hamburg. Direction der deutschen Seewarte: Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. Heft IX. Ergebnisse der meteorolog. Beob. an 10 Stationen II. Ord. Jahrg. XXI (Deutsches met. Jahrbuch f. 1898, Beob. -System d. deutsch. Seewarte). 1899. II. Nachtrag zum Katalog der Bibliothek. 1899. Aus dem Archiv der deutschen Seewarte. XXII. Jahrg. 1899. 22. Jahresbericht über die Thätigkeit der deutschen Seewarte für das Jahr 1899. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. 28. Jahrgang. 1900. Verhdlgen. des Vereins für naturwiss. Unterhaltung 189(1 — 98. X Bd. 1899. Mittheilungen der mathemat Gesellschaft. Bd. III. Heft 9. Naturwissenschaftl. Verein: Verhandlungen 1899; 3. Folge. VII. 1900. Abhand¬ lungen aus d. Gebiete der Naturwiss. XVI. Bd. 1. Hälfte. 6 Arbeiten aus dem botanischen Museum von Brick, Hallier u. Voigt, ver¬ öffentlicht im Jahrbuch der Hamburger wiss. Anstalten. XVI. 1900. Heidelberg. Verhandlungen d. naturhistor. medicin. Vereins. N F. 6. Bd. 3. H. 1899. Hildesheim. Mittheilungen aus dem BoEMER-Museum No. 10 (Grote), No. 11, 12, 13 (Schrammen). 19C0. Jena. Jenaisclie Zeitschrift f. Naturwiss., herausgegeben v d. med. naturw. Gesellsch. 33. Bd. (N. F. 26. Bd.), 3/4 Heft. 34. Bd. (N. F. 27. Bd.), 1.— 4. Heft. 1900. Karlsruhe. Verhandlgen. des naturwiss. Vereins. Bd. XII. 1898; XIII. 1900. Kassel. Verein für Naturkunde. Abhandlgen. u. Bericht XLV. über d. 64. Vereinsjahr 1899—1900. Kiel. Mittheilungen des anthropologischen Vereins in Schleswig-Holstein. 13. 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Bericht des naturwissenschaftlieh-medicinischen Vereins. XXIII. 1896/97; XXV. 1899/1900. Krakau. Rozprawy akademii umiejetnosci wydzial matem. przyrod. Ser. II. T, XV, XVI, XVIII. 1899, 1900. Akademie der Wissenschaften: 1) Anzeiger. Nov. 1899 — Oetob. 1900. 2) Nikolaj Kopernik (von S. A. Birkenmayer). 1900. Leipa. Mittheilungen des nordböhmischen Excursionsklubs. 22. Jahrgang, 4. Heft. 23. Jahrgang, X. Heft, 1, 2, 3, 4. Linz 58. Jahresbericht des Museum Francisco-Carolinum. 1900. Bibliothekskatalog des Museum Francisco-Carolinum. II. Nachtrag. 29. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns. 1900. CXXV1 Prag. Sitzungsberichte d. k. böhrn, Ges. d. Wiss. Mathem, phys. Klasse. 1899 u. Jahresber. für 1899. 1900. Sitzungsberichte des deutschen naturwiss. medicin. Vereins f. Böhmen „Lotos.“ XIX. Bd. 1899. Bericht der Lese- u. Redehalle d. deutschen Studenten über d. Jahr 1899. Magnetische u. meteorolog. Beobachtungen an d. k. k. Sternwarte i. J. 1899. Preßburg. Verhandlgen. d. Vereins f. Natur- u. Heilkunde. N. P. XI. Bd. Jahrg. 1899. Reichenberg. Mittheilungen aus d. Vereine der Naturfreunde. 31. Jahrgang. 1900. Trencsen. Jahresheft (1898/99) des naturwiss. Vereines des Trencsener Comitates. 1900. Vydano. Listy chemicke Rocmick XXIII, 1 — 10 (2 fehlt); Rocmick XXIV, 1 — 4. Wien. Annalen des k. k. naturhistor. Hofmuseums. Bd. XIV, 3 — 4. Bd. XV, 1, 2. 1899. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrgang 1899. XLIX. Bd., 3., 4. Heft. 1900. L. Bd , Heft 1. 1899. Verhandlungen d. k. k. geolog. Reichsanstalt. Jahrgang 1899. No. 1 — 18. 1900, No. 1, 2, 3, 4—o, 6, 7, 8, 9/10, 11/12. Verein der Geographen an d. Univ. Wien. Bericht über d. XX V. Vereinsjahr 1898/99. K. k. zoologiseh-botan. Gesellschaft. Verhandlgen. XLIX. Bd. Heft 9, 10. 1899. L. Bd. Heft 1, 2/3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. 1900. Mittheilungen der Section für Naturkunde des österreichischen Touristenklub. XI. Jahrgang. Wien 1899. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft. XXIX. Bd., 6. Heft; XXX. Bd., 1 — 5. Heft. X. Jahresbericht des Wiener entomologischen Vereines 1899. Wien 1900. Jahrbücher der k. k. Centralanstalt für Meteorologie u. Erdmagnetismus. Jahrgang 1898. N. F. XXXV. Bd. 1900. Oesterreichische Touristenzeitung. Bd. XX. Russland. Dorpat. Gelehrte estnische Gesellschaft, Sitzungsberichte 1899 und Verhandlungen. 20. Bd. 2. Heft. 1900. Sitzungsberichte der Naturforscher-Gesellschaft. XII. Bd. 2. Heft. 1899. Ilelsingfors. Acta soc. pro fauna et flora fennica. Vol. 15 und 17. 1898/99, Kasan. Gesellschaft der Naturforscher an der Universität Kasan: Protokolle der Sitzungen. 189G/97, 1897/98, 1898/99. 1899. Arbeiten. Bd. XXXIII, Heft 1, 2, 3, 4, 5. Kasan 1899. Kiew. Societe des naturalistes. 4’. XVI. 1899. Moskau. Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. Annee 1899 No. 1, 2/3, 4. Nova - Alexandria, Gouv. Lublin. Annuaire gelogique et mineralogique de la Russie. Vol. II, Vol. IV. 1—2, 3, 4. Riga. Arbeiten des Naturforschervereins. N. F. 8. Heft, 9. Heft. 1 99. Korrespondenzblatt des Naturforschervereins. XLII, XLIII. 1899. St. Petersburg. Bulletins du comite geologique. 1899. XVIII, 3 — 7, 8, 9, 10 4'. X 5, XI, 1—5, XII, 1. Memoires du comite geologique. Vol. VII, 3, 4. 1899. Vol. VIII, 6. 1899. Vol. IX, 5. Acta horti petropolitani. Tom. XV, fase. 2, 3. 1898. Tom. XVII, fase. 1, 2. Geschichte des Petersburger Botanischen Gartens, 1873 — 1898. Tiflis. Bericht über das kaukasische Museum und die öffentliche Bibliothek für 1899. Mittheilungen des kaukasischen Museums. T. I, Lief. 3. Tiflis 1899. CXXVII Schweden und Norwegen. Bergen. Bergen museum: An account of the Crustacea of Norway by G. Sars. Vol. III. Oumacea, part I und II, III, IV, V, VI, VII, VIII. 1899. 1900. Bergens museum aarboog. 1899, 2. lieft; 1900, lieft 1. Bergens museum aarsberetning for 1899. Christiania. Den norske nordhavs-expedition 1876 — 78. XXV, XXVI, XXVII. Zoologi 1899, Norwegisches meteorologisches Institut: Wolkenbeobachtungen in Norwegen. 1896 bis 97. 1900. Lund. Kgl. fysiografiska sällskapets handliugar, Bd. 10, No. 6: Meddelande frän Lunds astronomiska Observatorium. Ser. II. Lund. 1899. Observations des etoiles etc., faites ä l’observatoire de Lund (DanSr, Folke, Engström). T. III. 1900. Meddelanden fran Lunds astronomiska Observatorium. No. 10, 11, 12. Acta universitatis Lundensis. XXXV. 1899. Stavanger. Museum, Aarsberetning for 1899. (10. Aargang.) 1900. Stockholm. Kgl. svenska vetenskaps akademiens handliugar. N. F. Bd. 32. 1899/1900. Entomologisk tidskrift, utgiven af entomologiska föreningen. 1899. Aarg 20. Haft 1, 2, 3, 4. 1900. Ofversigt af k. svenska vetenskaps akad. förhandlingar. Aargang 56. 1899. No. 7: Meddelande frän Lunds astronomiska Observatorium. No. 8, 9. Stockholm 1899. Geologiska föreningens, Förhandlingar. 21. Bd. 1899. 22. Bd., H. 2, 3, 4, 5 und Generalregister zu Bd' XI — XXI. Meteorologiska jakttagelser i Sverige, utgifna af kgl. svenska vetenskaps akademien. Bd. 36, II. Ser. Bd. 22. 1894. Stockholm 1899. Academie royale suödoise des Sciences: 1) Nordstedt, Index desmidiacearum. Lundae. Berolinii 1896. 2) Lindman, Vegetationen i Rio grande do sul. 1900. Nordiska museet: Handliugar 4, 5. 1898, 1900. Meddelanden. 1897, 1898. Samfundet. 1893/94, 1895/96. 1897, 1898. Trondhjem. Det k. norske videnskabers selskabs skrifter. 1899. Upsala. Bulletin of the geological Institution of the university of Upsala. Vol. IV, part 2. 1899. No. 8. Schweiz. Basel. Jahresverzeichnis der schweizerischen Universitätsschriften. 1899 — 1900. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. Bd. XII. Heft 2, 3 und Anhang (Schönlein). 1900. Bern. Universität: 52 Dissertationen medicinisch-naturwissenschaftlichen Inhalts. 1899/1900. Bericht der schweizerischen botanischen Gesellschaft. Heft X. 1900. Chur. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubiindens. N. F. XLIII. Bd. 1899/1900. Genf. Bulletin de l'institut national genevois. — Travaux des cinq sections. Tome XXXV . 1900. Neuchatel. Societe Neuchateloise des Sciences naturelles: 1) Bulletin. T. XXVI. 1897 — 98 2) Table des matieres des 4 volumes de Memoires et des 25 pr. tomes du Bulletin. Schaffhausen. Mittheilungen der schweizerischen entomolog Gesellschaft. Vol. X. H. 6, 7. Sion, Valais. Bulletin de la Murithienne, soc. valaisanne des sc. nat. Fase. XXVII, XXVIII. 1898/99. St. Gallen. Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen Naturwiss. Gesellschaft. 1897/98, 1899. CXXVII] Winterthur. Mittheilungen der naturwiss. Gesellschaft. II. Heft. Jahrgang 1899. Zürich. Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft. 44. Jahrgang. 1899. 3./4. Heft und Neujahrsblatt, 102. Stück. 1900. Spanien. Madrid. Observatorio astronomico: Memoria sorre el eclipse total de sol, 28. V. 1900. II. Geschenke. Geschenke der Autoren. Conwentz, Forstbotanisches Merkbuch. I. Prov. Westpreußen. Berlin 1900. — Zur Verbreitung d. Moschusochsen u. anderer Thiere in Nordost Grönland. (Sep.- Abdr. a. d. Verhdlg. d. Ges. f. Erdkunde, Berlin). Dahms, Der Biber in Westpreußen. (Separatabdr. ans Zoolog Garten. XLI.). Friedrich, E., Die pommerellischen Kämpen. (Sep.-Abdr. aus altpreuß. Monatsschrift XXXVII, 1/2). Haeckel, Kunstformen der Natur. Lief. 1 — 5. Hellmann, Regenkarte der Provinzen Ostpreußen, Westpreußen u. Posen. Janet, Ch., 9. Sep.-Abdr. betr. den Bau u. die Lebensweise der Ameisen. Jentzsch, Ueber die im ostpreuß. Prov. -Museum aufbewahrten Gewichte aus der jüngsten heidnischen Zeit Preußens. (Aus Sitzungsber. Prussia 1900;. — Der tiefere Untergrund Königsbergs mit Beziehung auf die Wasserversorgung der Stadt. Mit 10 Tafeln. (Aus d. Jahrbuch d. kgl. preuß. geol. Landesanstalt 1899). Klunzinger, Ueber Zweigrassen bei Fischen u. bei Felchen insbesondere. (Sep.-Abdr ). Möbius, Ueber die Grundlagen der ästhetischen Beurtheilung der Säugethiere. (Sitzgsber. d. Akad. d. Wiss. Berlin 1900. XIV.). Müller, P., Aktinometerbeobachtungen im Observatorium zu Katharinenburg. St. Petersburg 1899. (Sep.-Abdr.). Penzig, Uber javanische Phalloiden. — Diagnoses fungorum novorum in insula Java collectorum Series 1 u. 2. — Flora popolare ligure. — Amallospora, nuovo genere di tuberculariee. — Sopra una nuova specie di Prosopi's dell’ America meridionale. — Onoranze a Marcello Malpighii. — I prodotti vegetali del mercato di Buitenzorg. Pincus, L., Die erste Sammelforschung und Weiteres zur Atmokausis und Zestokausis (Sammlung klinischer Vorträge. N. F. No. 261/62). Leipzig 1899. Radde, Die Sammlungen des kaukasischen Museums. Bd. I Zoologie. Tiflis 1899. Die Cvpriniden der Kaukasusländer. 3. Lief. 1899. Schräder, Neu Guinea-Kalender für 1900. Berlin 1899. 8. Solger, Zur Kenntniß und Beurtheilung der Kernreihen im Myocard. (Sep.-Abdr.). Zur Kenntniß des Schenkelsporns u. d. WARD’schen Dreiecks. (Sep.-Abdr.). Spetser, P., Ueber die Strebliden. Fledermausparasiten aus der Gruppe d pupiparen Dipter. Eine neue auf Halbaffen lebende Hippoboscidenart (Dipt.). Mit 2 Tafeln. Ein neuer Fledermausparasit aus d. Ordnung d. Hemipteren ( Polystenis talpa). Ueber die Art der Fortpflanzung bei den Strebliden, nebst synonymischen Bemerkungen. Stiattesi, D. R., Spoglio delle osservazioni sismiche dal 1/XI. 1898 — 31/X. 1899. (Bolletino sismografico dell’ osservatorio di Quarto, Firenze). Strand, Embr., Et lidit bidrag til Norges entomologiske fauna. (Sep.-Abdr.). CXXIX Westberg, Aus dem Leben der Spinnen. (Sep.-Abdr. a. d. Korrespondenzbl. d. Naturforscher¬ vereins Riga). Kafemann, Schriftproben der Buchdruckerei A. W. Kafemann, Danzig. M üller, A., Schriftproben der„A. Müller vorm. Wedelsclien Hotbuchdruckerei, Danzig. Geschenk des Königl. Ministeriums für Landwirthschaft. Landwirthschaftl. Jahrbücher. XXIX. Bd. (1900) Heft 1/2, 3, 1/5, 6 u. Brgänzungsbd. T u. II und XXYIH. Bd. (1899), Ergänzungsband Y, YI. Die deutsche Landwirthschaft auf der Weltausstellung in Paris 1900. Handbuch des deutschen Dünenbaues, im Aufträge des Kgl. Preuß. Ministeriums heraus¬ gegeben von P. Gerhardt. 1900. Berlin. Geschenk des Herrn Ober-Präsident von Gossler. Denkschrift über die Entwickelung von Deutsch-Ostafrika i. J. 1898/99; Bilz, Das neue Naturheilverfahren. Bd. I u. II. Leipzig. J. S. Fuchs, Ueber einige Tliatsachen in der mathem. Forschung des XIX. Jahrhunderts. (Festrede 3. Aug. 1900 in d. Univ. Berlin). Das Weltall, illustr. Zeitschr. f. Astronomie etc. 1. Jahrgang. 1. u. 2 Heft. Blütendüfte als Anlockungsmittel für Insekten u. Verwendung im Parfümeriegewerbe, Vortrag von Scholz. Geschenk der Ministerial-Cömmission für die Untersuchung der deutschen Meere, Kiel. Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen. N. F. Y. Bd. Lieft 1, Abtheilung Kiel. HI. Bd. Heft 2 u. IY. Bd., Heft 2, Abtheilung Helgoland. Geschenk der Kgl. geologischen Landesanstalt und Bergakademie, Berlin. Geologische Karte von Preußen u. d. Thüringischen Staaten. Lief. 67 u. 76. Berlin 1898/99, Erläuterungen dazu Lief. 67 — 6 Blatt; Lief. 76 — 8 Blatt. Berlin 1899. Geschenk der Frau Dr. Hein. 1) v. jOlfers, J. Fr., Ueber ein Grab bei Kurnä. Berlin 1831. 2) Moser, L., Ueber das Licht. Königsberg 1843. 3) Schacht, H., Der Baum. Berlin 1853. 4) Herbart, J. F.. Ueber meinen Streit mit der Modephilosophie dieser Zeit. 5) Gotthold, F. A., Hephästion oder Anfangsgründe der griech. röm. u. deutsch. Verskunst, Königsberg 1820. 6) Gedichte eines Lebendigen. Zürich u. Winterthur 1841, Geschenk des Herrn Dr. Oehlscliläger. E. Lemke, Yolksthiimliches aus Ostpreußen. III. Theil. Allenstein 1899. Geschenk des Herrn Kapitän Reinicke. E. Herrmann, Die Eisverhältnisse an der deutschen Küste: Winter 1899/1900. (Sep.-Abdr.). Geschenk des Herrn Dr. Fischer. Ostwald’S Klassiker der exakten Wissenschaften No. 1 — 30. Geschenk des Herrn Professor Lampe. Annales de l’observatoire physique central Nicolas. Annee 1898 I et II. 1899. St. Petersburg. Geschenk des Herrn Dr. Helm. Die ITT. gemeins. Versammlung der deutschen u. Wiener antliropolog. Ges , zugleich XXX. allgem. Vers. d. deutschen antliropolog. Ges. in Lindau 1899. 9 cxxx Geschenk des Herrn Professor Momher. N, 0. Holst, Hat es in Schweden mehr als eine Eiszeit gegeben? übers, v. Wolff. Berlin 1899. Geschenk der Erben des Professor J)r. H. Schaaffhausen, Bonn. Schaaffhausen, Anthropologische Studien. Bonn 1885. Geschenk des Westpreuss. bot. zoolog. Yereins. Seligo, A., Untersuchungen in den Stuhmer Seen. Danzig 1900. Geschenk des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien. E. Haeckel, Kunstformen der Natur. 1. — 5. Lief. III. Angekauft wurden folgende Werke: a. Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. Altpreußische Monatsschrift. Bd. XXXVII. American Journal. Yol. IX. Biologisches Centralblatt. Bd. XX. Comptes rendus. Tome 130 et 131. Gaea, Jahrgang 1900. Grimm, Deutsches Wörterbuch (bis X Band, 2. Heft). „Himmel und Erde“, populäre illustrirte Monatsschrift. XU. Jahrgang. „Natur“, Zeitung zur Verbreitung naturwiss. Kenntnisse. Jahrgang 49, Naturwissenschaftliche Rundschau. 15. Jahrgang. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Bd. XY. Naturae n’ovitates (Friedländer). Jahrgang 1900. „Prometheus“, Illustrirte Wochenschrift über die Fortschritte der angewandten Naturwissen¬ schaften. Jahrgang 1900. Sammlung gemeinverständlicher Vorträge. 14. Serie, Heft 31 — 52. Verhandlungen der Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte. 71. Versammlung in München. Science, Vol. XI, XII. New York. b. Physikalisch-chemischen Inhalts. Annalen der Physik und Chemie. IV. Folge, Bd. 1. — Beiblätter. Bd. 23. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 33. Jahrgang. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie für 1892, Heft 6, 7; für 1893, Heft 1 — 7: für 1896, Heft 3. Journal für praktische Chemie. Bd. 60. Sammlung elektrotechnischer Vorträge. Bd XI, Heft 2—8. •Sammlung chemischer und chemisch-technologischer Vorträge (F. Ahrens). Bd. V. Zeitschrift für Instrumentenkunde. 20. Jahrgang. — deutsche meteorologische. Bd. XVII. — elektrotechnische. XXI. Jahrgang. Das Wetter, meteorologische Monatsschrift. 17. Jahrgang. c. Astronomischen Inhalts. Astronomische Nachrichten. Bd 152 und 153. Berliner astronomisches Jahrbuch für 1902. Berlin 1900. CXXXI Mittheilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie. X. Jahrgang. „Sirius“, Zeitschrift für populäre Astronomie. Jahrgang 1900. d. Botanisch-zoologischen Inhalts. Areschoug, Phyceae scandinavicae marinae. Upsaliae 1850. Archiv für Naturgeschichte. Jahrgang 60, II, 1: 63, IT, 2; 64, II, 2a; 65, II, 2; 66, I, 2, 3. Botanisches Centralblatt. Bd. LXXXI— LXXXIV. Botanische Beihefte. Bd. IX. I Botanischer Jahresbericht für 1897. I, 2, 3, 4; II, 3. 4; für 1898 I, 2. 3, 4; II, 1. Botaniska Notiser (Wittrock). Jahrgang 1899; 1900, 1 — 3. Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. IV. Band, Supplement, Lieferung 14 — 17. Engler und Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. Lief. 194 — 203. Engler, das Pflanzenreich. Lieferung 1. : Fauna und Flora des Golfs von Neapel (Zoolog. Station). 25. Monogr. : Asteroeheriden von W. Giesbrecht. : Babenhorst, Kryptogamenflora. Pilze, Lieferung 64, 65; Laubmoose, Lieferung 34, 35. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 67, 68. e. Anthropologischen Inhalts. I Archiv für Anthropologie. Bd. 26, III — IV ; Bd. 27. I. Internationales Archiv für Ethnographie. Bd. XIII, 1 — -6. Zeitschrift für Ethnologie. 1900, I— IV. — Ergänzungsblätter. IX, 1 — 6; X, 3, 4. f. Geographischen Inhalts. Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde. XII. Bd., Heft 4, 5; X1IT. Bd., Heft 1,2’ Geographische Zeitschrift (Hettner). Jahrgang 6. Globus, Illustrirte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. Bd. LXXVII und LXXVIII. Goerke, Geographie, Statistik und Geschichte des Kreises Flatow. Mit einer Karte. g. Mineralogischen Inhalts. Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1900. I, 2, 3; n, 1, 2, 3. — — Beilageband. XIII, 1 ; XH, 2. Centralblatt für Mineralogie, Geologie etc. Jahrgang 1900. h. Medicinischen Inhalts. Archiv für Anatomie und Physiologie. Physiologische Abtheilung. Jahrgang 1900. 1 — VI. Anatomische Abtheilung, Jahrgang 1900, I — VI. CXXXII Jahresrechnung der Naturforschenden Ein nahm e. Bestand am 1. Januar 1900 . I. Grundstück-Miethe u. s. w . II. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken III. Beiträge von Mitgliedern . IV. Provinzial-Zuschuß . . V. Verkauf der Gesellscliaftsschriften . . . VI. Insgemein . VII. Erlös aus verkauften Wertpapieren . . VIII. Reste aus 1899 . A. Allgemeine Jt d) ... 76 88 ... 726 70 ... 820 32 ... 3 336 60 ... 2 000 — ... 153 80 ... 537 87 ... 4330 10 . . . 1 108 60 13090 87 Bestand am 1. Januar 1900 . I. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken II. Zuschuß des Herrn Ministers . III. Erlös aus verkauften Wertpapieren . . Bestand . I. Zinsen . II. Erlös aus verkauften Wertpapieren Bestand . . I. Zinsen . II. Geschenke . III. Erlös aus verkauften Wertpapieren Bestand . . I. Geschenk des Ranziger Sparkassen-Actien-Vereins II. Zinsen und besondere Einnahmen . Bestand . Zinsen . Verkauf von Wertpapieren Ueberweisung für 1900 B. Wolff’sche . 152 29 . 1 598 17 . 500 . 7 900 - 10150 46 C. Verch’sche . 7 23 . 511 88 . 10 500 - 11019 11 D. Humboldt- . 51 91 . 586 55 . 21 60 . 6 820 30 7 480 36 E. Bau» . 102 42 . 10 000 - . 606 12 10 708 54 F. Fonds für das neue . 80 50 . 100 65 . 2 366 70 . . 1 000 - 3 547 85 CXXXIII Gesellschaft für das Jahr 1900. Kasse. Ausgabe. M, dy f. Gehälter und Remunerationen . . 522 — II. Grundstück . 933 03 TII. Sitzungen und Vorträge . 719 20 TV. Bibliothek 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder . 1 573 02 2. Gehälter . 000 — 3. Zu den Vorarbeiten für einen neuen Katalog . 88 50 4. Feuer- Versicherung . 141 20 2 403 32 V. Druck der Gesellschafts-Schriften 1. Restausgabe aus 1899 . 979 22 2. Für das laufende Heft der Schriften ........ 1 250 — 3. Für das neue CoNWENTz’sche Werk . . 1 000 — 3 229 22 VI. Porti und Anzeigen . 109 10 VII. Erhaltung des Inventars . 74 38 VIII. Insgemein . 407 11 IX. Kapital-Conto (Erworbene Hypothek) . . 4 200 — Baarbestand . . 432 85 13 090 87 Stiftung. I. Gehalt des Astronomen . . 1 100 — II. Astronomische Station . 1078 31 III. Kapital-Conto (Erwerb einer Hypothek) . . 7 923 05 Bestand . 51 10 10 150 40 Stiftung. I. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek ........ 519 11 II. Kapital-Conto (Erwerb einer Hypothek) . 10 500 - 11019 11 Stiftung. I. Stipendien . 450 90 II. Kapital-Conto (Erwerb einer Hypothek) . . 7 000 — Baarbestand . _. _ 29 48 7 480 30 Fonds. Restzahlung für Wiederherstellung des Ost- und Süd-Giebels des Gesellschafts- Gebäudes . 590 36 Bestand . . . . 10 112 18 10 708 54 Conwentz’sche Werk. I. Kapital-Conto (Erwerb einer Hypothek) . . 3 400 — II. Ausgabe für Zeichnungen . 50 50 Baarbestand . 97 33 3 547 83 CXXXFT Vermögensbestand am 1. Januar 1901. I. A. Allgemeine Kasse. I. Das schuldenfreie Grundstück Frauengasse 26. II. Werthpapiere . 5 536 — III. Hypotheken . . 11 8011 — Baarbestand . . . . . 432 Ho 1 7 768 Sb Davon ab baar eingezahlte Mieths-Kaution . . . : . • _. _ U4 - 17 594 85 B. Wolff’sche Stiftung. T. Werthpapiere . . 7 439 — II. Hypotheken . 31 900 — Baarbestand . . . . _. _ 51 10 39 390 10 C. Verch’sche Stiftung. I. Werthpapiere . 1 455 — II. Hypotheken . . .' . 1 0 500 - 11 955 - D. Humboldt=Stiftung. I. Werthpapiere . . . 5 592 — II. Hypotheken . 8 400 — Baarbestand . 29 46 14 021 46 II. Folgende Massen, deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. Bau-Fonds zur Wiederherstellung des Nord- und Webt-Giebels des Ges.-Gebäudes: Depositenschein der Danziger Privatbank . 10 000 — Baarbestand . 112 18 10112 18 Stiftung der Provinz YVestpreussen für eine Preisaufgabe: Mk. 1000 Preußische ßt/g % Konsols zu 95^ . 950 - Für das neue CoNWEiNTz’sche Werk . 3 497 33 Zusammenstellung der im Besitze der Naturforschenden Gesellschaft befindlichen Werthpapiere. Preußische 3i/2 % konsol. Staatsanleihe . 12 400 — Westpreußische '&■!%% landsch. Pfandbriefe . 1 500 — Westpreußische 3t/2 % Provinzial-Anleihe . 5 000 — Danziger Plypotheken-Bank-Pfandbriefe . 3 000 — CXXXY A. Mitglieder-Y erzeichniss der N alni’forscliendeii Gesellschaft zu Danzig-. 1. Januar 1901. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit: Bail, Dr., Prof., iu Danzig (Ordentl. Mit¬ glied 1863) . 1894 Dohm, Anton, Dr., Professor, Geh. Reg.-Ratk, Direetorder Zoologischen Station in Neapel (Corresp. Mitglied 1876) . . 1897 v. Dossier, D. Dr., Staatsminister und Ober- Präsident der Provinz Westpreußen, Excellenz, in Danzig . 1891 Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin (Ordent¬ liches Mitglied 1863) . 1892 Ehrenmitglied seit . Möbius, K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrath, Director der Zoologischen Sammlung des Kgl. Museums für Naturkunde in Berlin (Corresp. Mitglied 1871) . 1893 Neumayer, Dr., Prof., Wirkl. Geh. Admiral. - Rath, Direetorder Deutschen Seewarte in Hamburg (Corresp. Mitglied 1880) 1893 Radde, Dr., Geheimer Rath, Director des Kaukasischen Museums in Tiflis (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig (Ordent¬ liches Mitglied 1853) . 1898 II. Correspondirende Mitglieder Ascherson, P., Dr., in Berlin JBerendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrath, Landesgeologe in Berlin .... Bezzenberger, Dr., Geh. Regierungsrath, Prof, an der Universität in Königs¬ berg i/Pr. v. Bornes, Oberst a. D., Director des Pro¬ vinzial- Museums in Halle a. S. (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Buchenau, Dr., Prof, Gymnasial-Director in Bremen . 1889 Cohn, Hermann, Dr., Professor an der Uni¬ versität in Breslau . 1880 Conwentz, Dr., Professor, Director desWest- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) . 1878 Deecke, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Dorr, Dr , Prof., Oberlehrer in Elbing . 1898 v. Drygalski, E,, Dr , Professor an der Universität in Berlin . 1897 Corresp. Mitglied seit Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül¬ hausen im Elsaß, z. Z. in Sumatra 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock . 1897 Grempler, I)r., Geheimer Sanitätsrath, in Breslau . 1896 Griesbach, H., Dr. med. et phil., Prof., Docent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medicinalrath in Hildesheim . . 1877 Haeckel, Dr., Hofrath, Professor an der Universität in Jena . 1868 Iiartig, R., Dr., Professor an der Forst¬ akademie in München . 1893 Hazelius, Arthur, Dr., Director des Nordi¬ schen Museums in Stockholm . . 1898 Hedin, Sven, Dr., in Stockholm, z. Z. in Asien . 1898 Horn, Dr., Fabrik-Dirigent in Leopoldshall 1868 tJacobsen, Emil, Dr., Chemiker in Char¬ lottenburg bei Berlin . 1870 Corresp. Mitglied seit : Prof, an der Universität . 1893 1893 1894 CXXXVI Corresp. Mitglied seit: Jentzsch, Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 Le Joli, Professeur des Sciences in Cher¬ bourg . 1857 K eh ding, Consul in Medan/Deli, Sumatra 1894 Klein , Herrn., Dr., in Köln . 1873 i'. KHnggraejf, H., Dr., in Paleschken. Kr. Stuhm . 1877 Klunzinger, C. B.. Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart 1875 Kollni, Georg, Hauptmann a. D., General- secretär der Gesellschaft für Erd¬ kunde in Berlin . 1893 Lemcke, Dr., Professor, Gymnasial-Director in Stettin . 1898 Liebeneiner, Forstmeister in Carzig . . . 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Luerssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr . 1893 Magnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin . 1893 Mestorf, Fräulein Johanna, Prof., Director des Kgl. Museums vaterländischer Alterthümer in Kiel . 1899 Meyer, 0. E., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Universität in Breslau . 1896 Müller, Paul A., Dr., Hofrath, Gehilfe des Directors des Magnet. -Meteorol. Observatoriums in Jekaterinenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Corresp. Mitglied seit - Nathorst, A. G., Dr., Prof., Director der phytopalacontologischeu Abtheilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Penzig, Dr., Professor an der Universität in Genua . 1888 Poelchen, Dr., dirigirender Arzt des Städt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) . 1893 JReinicke, E., Yerlagsbuchhändler in Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrath, Pro¬ fessor an der Universität in Kiel . 1893 Remele, Dr,, Geh. Regierungsrath, Professor an der Forstakademie in Eberswalde 1894 Ross, Dr., Privatdocent in München . . 1897 Rüst, Dr., Arzt in Hannover . 1897 Schröder, Hugo, Dr., in London SW. . . 1880 Schumann, K., Dr., Prof., Kustos am Bota¬ nischen Museum in Berlin . . . 1893 Schweden, G., Gymnasial-Director a. D., in Riga . 1895 Strasburger, Dr., Geh. Regierungs-Ratli, Professor an der Universität, in Bonn a. Rh. . . 1880 Thorell, Dr., Professor in Helsingborg (Schweden) . 1875 Treptow, Emil, Professor an der Bergaka¬ demie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) . 1893 Wittmack, L., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Landwirthschaftl. Hochschule in Berlin . 1893 III. Ordentliche Mitglieder, a. Einheimische. Aufgen. im Jahre Abraham , Dr., Arzt in Langfuhr bei Danzig 1899 Adam, Reolerungs-Baumeister in Danzig . 1896 Adler, Ingenieur in Danzig . 1895 Althaus Dr., Arzt in Danzig . 1874 Anton, Regierungsrath in Danzig . . . 1899 Pa atz, Franz, Kaufmann in Danzig . . 1896 Badt, Frido, Kunstmaler in Danzig . . 1899 Bail, Dr., Stadtraih in Danzig .... 1897 Barth, Dr., Prof., Medicinalrath und Ober¬ arzt in Danzig . 1896 Behrendt, Dr., Arzt in Danzig .... 1893 Behrendt, Rechtsanwalt in Danzig . . . 1895 Aufgen. im Jahre Berenz, Emil, Kaufmann in Danzig . . . 1882 Berger, J. J., Commerzienratb, in Danzig . 1873 Berndts, G., Dr., Regierungsrath in Danzig 1893 Bernicke, J. C., Kaufmann in Danzig . . 1896 Bertling, A., Buchhändler in Danzig . . 1892 Bischoff, Oscar, Stadtrath in Danzig . . 1878 v. Bockeimann, Oberlehrer in Danzig . . 1888 Böttger, Regierungs- und Geh. Baurath in Danzig . 1896 von Bötticher, Buchhändler in Danzig . . 1896 Boretius, Dr., Generalarzt a. I)„ in Danzig 1883 Bornträger, Dr., Regierungs- und Medici¬ nalrath in Danzig . 1895 CXXXVII Aufgen. im Jahre Brandt, Consul in Danzig . 1896 Breidsprecher, Königl. Baurath, Eisenbahn- Director in Danzig . 1892 Busenitz, Regierungsrath in Danzig . . . 1900 Citron, Rechtsanwalt in Danzig .... 1885 Claassen, Adolf, Stadtrath in Danzig . . 1896 Claassen, Albert, Commerzienrath, in Danzig 1886 Cohn, Apotheker in Danzig . 1896 Comeentz, Dr.. Prof., Director des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig 1878 Dahms, Dr., Oberlehrer in Danzig . . . 1892 Damme , Geh. Commerzienrath. in Danzig . 1867 Damme, Dr., Kaufmann in Danzig . . . 1897 Debbert, Dr., Oberlehrer in Danzig . . 1895 Delbrück, Oberbürgermeister in Danzig . 1894 Deubel, Korvetten- Kapitän in Danzig . . 1899 Dammasch, Rendant in Danzig .... 1874 Dreyling, Dr., Arzt in Danzig . 1889 Effler, Dr., Arzt in Danzig . ... 1897 Ehlers, Stadtrath in Danzig . 1876 Ehrhardt , Hauptmann in Neufahrwasser bei Danzig . 1899 Eller, Dr., in Danzig . 1888 Engler, Georg, Kaufmann in Danzig . . 1896 Erdmann, Rector der Rechtstädtischen Mittelschule in Danzig . 1898 Evers, Prof., Oberlehrer in Danzig . . . 1878 Fahl, Regierungs- u. Baurath in Danzig 1892 Farne, Dr., Arzt in Danzig . 1878 Fechner, Zahnarzt in Danzig . 1894 Fischer, Dr., Oberarzt in Danzig . . . 1890 Fischer, G., Brauereibesitzer in Neufahr¬ wasser . 1893 Fischer, Director der staatlichen Fort¬ bildungsschule in Danzig .... 1899 Fleischer, H., Zahnarzt in Danzig . . . 1892 Fleischer, Max , Apothekenbesitzer in Danzig 1896 Francke, Dr., Arzt in Danzig .... 1896 Freitag, Dr., Arzt in Danzig . 1871 Freymuth, Dr., Sanitätsrath, Oberarzt in Danzig . 1876 Fncke, Dr., Director des Realgymnasiums in Danzig . 1898 Friedländer, Dr., Arzt in Danzig . . . 1883 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer in Danzig . . 1898 Gaebler, Fabrikbesitzer in Danzig . . . 1892 Gartenbauverein in Danzig . 1890 Gehrke, W., Maurermeister in Danzig . . 1882 Aufgen. im Jahre Gehrke, Dr., Arzt in Danzig . 1895 Gietdzihski, Kaufmann in Danzig . . . 1875 Ginsberg, Dr., Arzt in Danzig ... 1890 Gläser, Dr., Arzt in Danzig . 1894 Glaser, Dr., Sanitätsrath, in Danzig . . 1859 Goetz, Dr., Arzt in Danzig . 1882 Goldhaber, Dr., Arzt in Danzig .... 1900 Goldschmidt, Dr., Arzt in Danzig . . . 1892 Goltz, Rechnungsrath, in Danzig .... 1872 Grentzenberg, Dr., Oberlehrer in Langfuhr 1900 Hägele, Dr., Chemiker in Danzig . . . 1899 Hanf, Dr., Arzt in Danzig . 1874 Hardtmann, Kaufmann in Danzig . . . 1900 Hasse, Franz, Kaufmann in Danzig . . 1877 Heim, O., Dr., Stadtrath und Medicinal- Assessor in Danzig . 1866 Helmbold, Dr , Arzt in Danzig ... 1897 Hesekiel, Landgerichtsrath in Danzig . . 1874 Hess, Oberlehrer in Danzig . 1891 Hevelke, Heinrich, Kaufmann in Danzig . 1900 Hildebrand, Apotheker in Danzig . . . 1883 Hobein, Dr., Oberstabsarzt in Danzig . . 1897 Hoepfner, Dr. Generalarzt a. D., in Danzig 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr bei Danzig 1898 Holtz, J., Kaufmann in Danzig .... 1871 Hopp, Dr., Arzt in Danzig . 1899 Ibarth, Oberlehrer in Danzig . 1896 Jelski, Dr., Arzt in Danzig . 1892 Kabus, Rentner in Danzig . 1892 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer in Danzig . 1886 Kaufmann, E , Landgerichtsrath in Danzig 1899 Kayser, Dr., Astronom in Danzig . . . 1859 Keil, Oberlehrer in Danzig . 1885 Kickhefel, Dr., Arzt in Danzig .... 1899 Kiesow, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig . 1877 Kist, Rentner in Danzig . 1891 K/awitter, Willy, Kaufmann in Danzig . . 1897 Klingbeil, Oberlehrer in Danzig .... 1891 Knock, Prof., Oberlehrer in Langfuhr bei Danzig . 1880 König, Dr., Regierungs- und Forstrath in Danzig . 1899 KÖstlin, Dr., Director der Provinzial-Heb- ammen-Lehr- Anstalt in Danzig . 1898 Kohtz, Dr., Arzt in Danzig . 1881 Korella, Dr., Oberlehrer in Danzig . . . 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer in Danzig . 1884 Kosmack, Stadtrath in Danzig . 1882 CXXXVTTl Aufgen. im Jahre Kresin, Di\, Arzt in Danzig . 1885 Kretschmarin, Dr., Director des Königl. Gymnasiums in Danzig .... 1884 Kruse, Landeerath in Danzig . 1899 Kudiw, Dr., Kustos am Westpr. Provinzial- Museum in Danzig . 1892 Kunath, Director der städtischen Gas- und Wasserwerke in Danzig .... 1881 Laasner, Uhrmacher in Danzig .... 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig . . 1885 Lange, P., Oberlehrer in Danzig . . . 1892 Lautz, Dr., Regierungsrath in Danzig . . 1900 Lehmann, Eisenbahusekretär in Danzig . . 1896 Lehmann, Regierungsrath in Danzig . . 1899 Lehmann, Dr., Arzt in Danzig .... 1900 v. Leibitz, Major a. L)., in Langfuhr . . 1892 Levrnsohn, Apothekenbesitzer in Danzig . 1896 Lewy, J., Dr., Arzt in Danzig .... 1887 Leyden, Oscar, Kaufmann in Danzig . . 1880 Lierau, Dr., Gymnasiallehrer in Danzig . 1888 Lietzau, Herrmann, Apothekenbesitzer in Danzig . 1879 Lietzau, Victor, Optiker in Danzig . . . 1896 Liemn, Heinrich, Dr., Arzt in Danzig . . 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann in Danzig 1891 Magnussen, Dr., Arzt in Danzig . . . 1896 Mannhardt, Prediger in Danzig .... 1894 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister in Neufahrwasser . . 1874 Marx , Oousul, Generaldirector in Danzig . 1898 Matthaei, Dr., Ober-Stabsarzt in Danzig . 1894 Meyer, Albert, Consul in Danzig . . . 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . . 1896 Michelsen, Apothekenbesitzer in Danzig . 1895 Mix, Commerzien-Rath, in Danzig . . . 1865 Möller, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . . 1899 Momber, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1867 Müller, Hugo, Dr., Arzt in Danzig . . . 1888 Münsterberg, Otto, Kaufmann in Danzig . 1877 Muscate, Commerzienrath, in Danzig . . 1894 JVass, C., Oberlehrer in Danzig .... 1894 Neitzke, Korvetten-Kapitän in Danzig . . 1899 Neumann, Dr., Director der Victoriaschule in Danzig . 1896 Oehlschläger, Dr., Arzt in Danzig . . . 1867 Oetting, Staatsanwalt in Danzig .... 1897 Ortmann, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . 1892 Otto, Baumeister in Langfuhr . 1872 Otto, Robert, Consul in Danzig .... 1879 Aufgen. im Jahre Penner, W., Stadtrath in Danzig . . .1872 Penner, Dr., Arzt in Danzig . 18S4 Peters, Rentner in Langfuhr bei Danzig 1880 Petruschky, Dr., Vorsteher des Bakteriolo gischen Instituts in Danzig . . . 1897 Petschow, Dr., Chemiker in Danzig . . . 1892 Philipp, Dr., Arzt in Danzig . 1898 Pincus, Dr., Arzt in Danzig . 1883 Preusse, Departements-Thierarzt und Vete¬ rinär-Assessor in Danzig .... 1890 Puttkammer , Franz, Kaufmann in Danzig 1887 Putzier, Dr., Arzt in Danzig . 1894 Heger, Dr., General-Oberarzt in Danzig . 1899 Rehbein, Apothekenbesitzer in Danzig . . 1896 Reichenberg, Robert, Kaufmann in Danzig 1896 Reimann, Dr., Arzt in Danzig .... 1894 Reinicke, Kapitän, Vorsteher der Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahr¬ wasser bei Danzig . 1899 Reinke, Dr., Arzt in Danzig . 1891 Remele, Corps-Stabsapotheker in Danzig . 1898 Rickert, //., Landesdirector a. D.. Mitglied des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten, in Danzig . . . 1869 von Riesen, E., Rentner in Langfuhr . . 1896 Rodenacker, Ed., Stadtrath in Danzig . . 1873 Rodenacker, Th., Rheder in Danzig . . 1896 Rosenstein, Dr.. in Danzig . 1895 Runde, Eugen, Kaufmann in Danzig . . 1900 Saage, Amtsgerichtsrath in Dauzig . . . 1880 Salzmann, Carl, Kaufmann in Danzig . . 1875 Sander, Georg, Redacteur in Danzig . . 1900 Sauer, Julius, Lithograph in Danzig . . 1872 Schaefer, Kaufmann in Danzig .... 1885 Schar ff enorth, Dr., Arzt in Danzig . . . 1889 Scheeffer, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1878 Scheller, Apothekenbesitzer in Danzig . . 1882 Schiücker, Kaufmann in Langfuhr . . . 1886 Schlüter, Prof., Oberlehrer in Danzig . . 1879 Sehmechel, Landschafts -Secretär in Danzig 1868 Schmöger,D r., Vorstand der Versuchsstation der Westpreuß. Landwirthschafts- kammer in Danzig . 1900 Schoenberg, Kaufmann in Danzig . . .1874 Schourp, Dr., Arzt in Danzig . 1898 Schrey, Regierungsrath, Director der Waggonfabrik in Danzig .... 1898 Schroeter, Paul, Dr., Arzt in Danzig . . 1890 Schütte, Ingenieur in Danzig . 1899 Schultz, Dr., Arzt in Danzig . 1896 CXXX1X Aufgen. im Jahr« Schnitze, S.S., Gymnasiallehr. a.D. in Danzig 1865 Schumann, E ., Prof., Oberlehrer in Danzig 1868 Schustehrus, E., Dr., Arzt in Danzig . . 1892 Schivarzenberger, Major a. D., in Danzig . 1900 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi¬ schen Fischerei- Vereins in Danzig . 1898 Semon, Max, Dr., Arzt in Danzig . . . 1893 Siede, Carl, Ingenieur in Danzig . . . 1898 Simon, Dr., Arzt in Danzig . 1879 Solmsen, Dr., Arzt in Danzig . 1899 Spendlin, Oberlehrer in Danzig .... 1898 Staberow, Victor, Apotheker in Danzig . 1893 Staeck, Ad., Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 Stangenberg, Dr., Arzt in Danzig . . . 1899 Steffens, Otto, Kaufmann in Danzig . 1877 Sieger, Dr., Kreisarzt in Danzig . . . 1895 Steimmig, R., Fabrikbesitzer in Danzig . 1878 Steinicke , Ingenieur in Danzig .... 1896 Stentzier, Oberlehrer in Danzig .... 1900 Studdart, Francis, Commerzienrath, Stadt¬ rath in Danzig . 1877 Stürmer, Albert, Kaufmann in Danzig . . 1898 Sudermann, W., Kaufmann in Danzig . . 1894 Suhr, P., Director der Ober-Realschule in Danzig . . 1890 Szpitter, Dr. Arzt in Danzig ..... 1900 Aufgen. im Jahre Thomas, Oust., Vorsteher der landschaft¬ lichen Darlehnskasse in Danzig . . 1893 Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Danzig 1870 Trampe, Bürgermeister in Danzig . . . 1898 Unruh , Kaufmann in Danzig . 1896 Valentini, Dr., Prof., Oberarzt in Danzig 1899 Wachsmann, Oberingenieur in Danzig . 1899 Wallenberg, Abrah., Dr., Sanitätsrath, Arzt in Danzig . 1865 Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt in Danzig . 1887 Wallenberg, Th., Dr., Arzt in Danzig . . 1897 Wanfried, Commerzienrath in Danzig . . 1892 Wedding, W., Rentner inLangfuhrbei Danzig 1897 Wegener, Oberlehrer in Danzig .... 1892 Weiss, Rechtsanwalt in Danzig .... 1890 Wessel, Polizei-Präsident in Danzig . . 1891 Westpreussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure, in Danzig . . 1890 Willers, Dr., Regierungsrath in Danzig . 1892 Wittkowski, Reichsbank-Director in Danzig 1899 Wolff, August, Kaufmann in Danzig . . 1875 Ziiegenhagen, Kaufmann in Danzig . . . 1875 Zimmermann, Aug., Ingenieur in Danzig 1883 b. Auswärtige. Aufgen im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Commerz- und Admirali¬ tätsrath a. D., Bankdirector in Berlin 1893 Albrecht, Dr., Ober-Reg.-Rath in Bromberg 1888 Alterthumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz 1872 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 Bindemann, Bauinspector in Charlottenburg, Goethestraße 83 . 1889 Bockwoldt, Dr., Prof., Oberlehrer in Neu¬ stadt Westpr . 1882 Böhm, Commerzienrath, in Zoppot . . . 1865 Böhm, Joh., Dr., Kustos der Sammlungen an der Kgl. Geologischen Landesanstalt iu Berlin N., Invalidenstraße 44 . 1884 Borchardt, W., Apothekenbesitzer in Berent Westpr . 1878 Bremer, Emil, Dr., Kreisarzt in Berent Westpr . 1886 Domnick, Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Aufgen im Jahre Ehlers, Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 Gräbner, P., Dr., Assistent am Kgl. Botani¬ schen Garten in Berlin W., Grüne- waldstraße 4 — 6 . 1894 v. Orass, Präsident des Westpreußischen Provinzial- Landtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Director der Realschule in Graudenz 1885 Gymnasium, Königliches, in Marienburg . 1900 Gymnasium, Königliches, in Neustadt Wrpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Gtaudenz . . 1900 Gymnasium, Königliches, in Strasburg Wpr. 190C Gymnasium, Königliches, in Pr. Stargard . 1900 Hartingh, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin . . . . 1879 Heil, König]. Wasserbau-Inspector in Kulm 1900 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg, Capland 1897 Hennig, Dr., Arzt in Ohra . 1887 v. Heyden, Dr., Major z. D., in Bocken- heim bei Frankfurt a. M. . . . . 1867 Aufgeu. im Jahre IRIbert , Dr., Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 Hinkelmann, Lehrer in Krottoschin bei Bischofswerder Wpr . 1899 Hirschfeld , Dr., Arzt in Dirschau . . . 1899 llohnfeldt, Dr., Oberlehrer in Marienwerder 1884 lloyer, M., Director der landwirtschaftlich. Winterscbule in Demmin (Pomm.) 1892 Hü ge, Apothekenbesitzer in Elbing . . . 1895 Kämpfe, Dr. , Kreisarzt in Karthaus Westpr . 1895 Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 K/ebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr . 1892 Kreis-Ausschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kressmann, Arthur, Consul in Gr. Lichter¬ felde bei Berlin . 1880 Kroemer, Dr., Medicinalrath, Director der Provinzial -Irrenanstalt inKonradstein bei Pr. Stargard . 1884 Rampe, Dr., Prof., Oberlehrer a. 1). in Zoppot . 1859 Landwirthschaftliche Schule zu Marienburg 1885 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau . 1879 Mac Lean Lochlan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau . 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Schwetz . . . 1877 Meisner, Dr., Generalarzt in Altona . . 1894 Meschede, Dr., Professor, Director der Stadt. Krankenanstalt und der Psychiatri¬ schen Universitätsklinik in Königs¬ berg . 1872 Meyer , Dr., ProviDzial-Schuhath in Ooblenz 1894 Möbius, Dr., Kreisarzt in Berlin .... 1899 Moeller, Dr., Sanitätsrath, Kreisarzt in Czarnikau Ostpr. ....... 1879 Morwitz, Jos., Kaufmann in Berlin Pens., U. S. A . 1871 Morwitz, Mart., Kaufmann in Berlin W., Linkstraße 1 . 1878 Hagel, Dr., Prof., Director des Realgym¬ nasiums in Elbing . 1867 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oh erb erg amt, König/,., in Breslau . . . 1890 Aufgen. im Jahre v. Palubicki, Major und Rittergutsbesitzer auf Liebenhf bei Dirschau . . . 1876 Plehn, Landschaftsdirector, Rittergutsbesitz. aufKrastudenb.Nikolaiken,Kr.Stuhm 1878 Poppo, Dr., Sanitätsrath, in Marienwerder. 1886 Praetorius, Dr., Prof., Oberlehrer in Graudenz 1878 Prevschoff , Probst a. D.. in Frauenburg Opr. 1884 Progymnasium, Kgl., in Loebau .... 1900 Progymnasium in Neumark . 1897 Progymnasium, Kgl., in Pr. Friedland . . 1900 Rabbas, Dr., Director der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Realschule, Kgl., in Kulm . 1900 Realschule, Kgl, in Dirschau . 1900 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 Roepell, Kammergerichtsrath in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 31 . 1889 v. Rümeker, Rittergutsbesitzer a. Kokoschken 1880 Ruttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S . 1892 Schahnasjahn, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig . 1882 Schimanski, Dr., Arzt in Stuhm .... 1886 Schmidt, August, Dr., Professor, Oberlehrer in Lauenburg in Pommern . . . 1879 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1883 Schnibbe, Kunstgärtner in Schellmühl . . 1883 Scholz, Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder . 1897 Schubart, Dr., Prof., in Zoppot .... 1866 Schultz, Dr., Wirkl. Geh. Ober-Regierungs¬ rath, Regierungs-Präsident a. D. in Hannover, Arnswaldstraße 5 . . . 1879 v. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in W aplitz, Kr. Stuhm 1890 Solger, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Stadtbibliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Strand, cand. phil., in Ohristiania . . . 1898 Treichel, A., Rittergutsbesitzer in Hocli- Paleschken, Kr. Berent .... 1876 Wagner, I)r., Arzt in Zoppot .... 1890 Wocke, Kgl. Gaiten-Inspector in Oliva . . 1900 Zehr, Photograph in Elbing ..... 1896 Zynda, Lehrer in Stuhm . 1883 CXLI B. Mitglieder der Anthropologischen Section. Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz Bail, Dr., Prof., Oberlehrer in Danzig. Borntraeger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath in Danzig. Conwentz, Dr., Prof., Director des Westpreußi¬ schen Provinzial-Museums in Danzig. /Jom mosch , Rendant in Danzig. Friedländer, Dr., Arzt in Danzig. Gehrke, Dr., Arzt in Danzig. Goldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. v. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanff, Dr., Arzt in Danzig. v. Haustein, Provinzial-Secretär in Danzig. Helm, 0., Dr , Stadtrath in Danzig. Holtz, J., Kaufmann in Danzig. Hoger, Director der Landwirthschaftsschule in Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt in Danzig. Kafemann, Buchdruckereibesitzer in Danzig. Kauffmann, Walter, Directions-Mitglied des Nord¬ deutschen Lloyd in Bremen. Kayser, Dr., Astronom in Danzig. Kurnstaedt, Apothekenbesitzer in Danzig. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro¬ vinzial- Museum in Danzig. Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig. Lemke, E., Fräulein, in Berlin. Lissauer, Dr., Sanitätsrath, in Berlin. Märker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien, Kr. Schwetz. Meyer, Consul in Danzig. Momber, Prof., Oberlehrer in Danzig. Münsterberg, Otto, Kaufmann in Danzig. Nauck, Rector a I)., in Schlocliau. Oehlschläger, Dr., Arzt in Danzig. Otto, Baumeister in Langfuhr. Rickert, Landesdirector a D., in Danzig. Sander, Redacteur in Danzig. Schmechel, Landschafts-Secretär in Danzig. Schwandt, Prediger in Gr. Lossburg, Kr. Flatow. ; Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Semon jun., Dr., Arzt in Danzig. Simon, Dr., Arzt in Danzig. Steinwender , Prof., Oberlehrer in Danzig. Stryowski, Prof., in Danzig. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Wallenberg, Dr., Sanitätsrath, in Danzig. Wessel, Polizei-Präsident in Danzig. Witt, Geometer in Danzig. C. Mitglieder der Section Bail, Th., Dr., Professor in Danzig. Bertling, A., Buchhändler in Danzig. Dahms, Dr., Oberlehrer in Danzig. Dommasch, F., Rendant in Danzig. Eller, Dr., in Danzig. Evers, H., Prof., Oberlehrer in Danzig. Fricke, Dr., Realgymnasial-Director in Danzig. Göbel, Regierungs- und Gewerberath in Danzig. Helm, 0., Dr., Stadtrath in Danzig. Hess, Oberlehrer in Danzig. Holtz, John, Kaufmann in Danzig. Kayser, E., Dr., Astronom in Danzig. Keil, P., Oberlehrer in Danzig. Klingbeil, Oberlehrer in Danzig. Lakowitz, Dr., Oberlehrer in Danzig. Lampe, 11., Dr., Prof., in Zoppot. Lange, P., Oberlehrer in Danzig. für Physik und Chemie. Lietzau, V , Optiker in Danzig. Marschalk, C., Kaiserlicher Maschinenmeister in Neufahrwasser. Meyer , E., Apotheker in Danzig. Momber, A., Prof., Oberlehrer in Danzig. Nass, Oberlehrer in Danzig. Neumann, Dr., Director der Victoriaschule in Danzig. Reinicke, Kapitän in Neufahrwasser. Seheeffer, E., Prof, Oberlehrer in Danzig. Schlüter, Prof., Oberlehrer in Danzig. Schumann, E., Prof., Oberlehrer in Danzig. Steinike, Ingenieur iu Danzig. Suhr, P., Realschul-Director in Danzig. Wedding, W. , Rentner in Danzig. Wegener, Oberlehrer in Danzig. • Zimmermann, Aug., Ingenieur in Danzig. CXLII D. Mitglieder der Medicinischen Section I Me Herren Dr. Abraham. ,. Althaus. ,, Barth , Prof., Medic.-Rath. „ Behrendt. ,, Bereut. ,, Boecker. ,, Bönheim. ,, von Bönigk. „ Boretius, Generalarzt a. 1). ,, Bornträg er, Heg. u. Med.-Rath. „ Briesewitz. ,, Broelemann. ,, Dreyling. » Eff I er. „ Farne. ,, Fast. ,, Fethke. ,, Fey er abend. ,, Fischer I, Oberarzt. ,, Fischer II. „ Fleck. „ Franke. ,, Freitag. „ Freymutli, Oberarzt, Sanitäts¬ rath. * ,, Friedländer. ,, Fuerst. ,, Oehrke I. ,, Gehrke II. „ Ginsberg. ,, Glaeser. „ Glaser. ,, Goetz. ,, Goldschmidt. ,, Gude. „ Haedtke. „ Hanf. ,, Hartmann. ,, Helmbold. „ Hennig. Iloepffner, Generalarzt a. 1). ,, Hohnfeldt. „ Hopp. ,, Jacobi. ,i Jelski. Die Herren Dr. Karpinski, ,, Kathke. , , Kicklief el. „ Köstlin. „ Kolitz. „ Kownatzki. ,, Kraft. „ Kresin. ,, Kubacz. ,, Lehmann. ,, Lemkowski. „ Lewy. , , IAevin. „ Litewski. „ Mac Lean. ,, Magnussen. ,, Masurke. „ Meyer. „ Senn Meyer. „ Mierendorff . ,, Möller. ,, Mroczynski. ,, Neumann. „ Oehlscliläger. „ Ortmann. ,, Panecki. „ Penner. „ Petruschky. „ Philipp. „ Pincus. „ Put zier. ,, Redmer. ,, Reimann. ,, Reinke. ,, Rodenacker. „ Saling er. „ Scharffenorth. ,, Schomburg. „ Schourp. „ Schröter. ,, Schulz I. ,, Schulz II. „ Schustehrus. ,, Semon, Sanitätsralh. ,, Semon jun. CXL1II Die Herren Dr. >1 n j > >> i j Seinrau. Siegmund. Simon. Singer. So Imsen. Spohn. Stangenberg. Stanowski. Steger, Kreisarzt. Swieczewski. „ Szpitter. Thun. Tornwaldt, Sanitätsrath. Die Herren Dr. Valentint, Prot., Oberarzt. ,, Vorderbruegge. „ Wagner. „ Wallenberg I., Sanitätsrath, „ Wallenberg II. ,, Wallenberg III. ., Wegeli. „ Wiedemann, Sanitätsrath. ,, Wisselinck. „ Wolf. „ von- Wybicki. „ Ziem. E. Mitglieder der Section für Gesundheitspflege. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Barth, Dr., Professor, Medicinalrath. Berg, Dr., Arzt. Blasehe, Polizeirath. Bleich, Corpsroßarzt. Böttger, Regierungs- und Geheimer Baurath. Bornträger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Bremer, Dr., Kreisarzt in Berent. Buchholtz, Redacteur. Damus, Dr.. Stadtschulrath. Döring, Navigationslehrer. Eller, Dr., Ingenieur. Escliriclit, Dr., Kreisarzt. Fahl, Regierungs- und Battrath. Farne, Dr., Arzt. Flater, Amtsgerichtsrath. Freitag, Dr., Arzt. Freymuth, Dr., Sanitätsrath. Friedländer, Dr., Arzt. Frömmelt, Apothekenbesitzer in Zoppot. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Gehrke, Dr., Arzt. Giesebrecht, Kaufmann. Gläser, Dr. , Arzt. von Gossler, Ober-Präsident. Herrmann, Dr., Kreisarzt in Dirschau. Hildebrand, Gerichts-Chemiker. Hobein, Dr., Oberstabsarzt. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe, Dr., Kreisarzt in Karthaus Wpr. Knochenhauer, A pothekenbesitzer. Krause, Anstaltsdirector in Tempelburg. Kutzky, Dr., Arzt in Neustadt Wpr. Lauer, Dr., Kreiswundarzt in Schöneck. Lautz , Dr., Regierungsrath. Lehmbeck, Baurath. Lewinsohn , A pothekenbesitzer. Matthäi, Dr., Oberstabsarzt. Neumann , Dr., Director. Nickel, Dr., Chemiker. Petruschky, Dr., Vorsteher des Bacteriologisohen Instituts. Preusse, Veterinär- Assessor. Rehbein, Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Reinemann, Oberroßarzt. Rousselle, Rentner. Sander, Redacteur. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Director des städtischen Schlacht- und Viehhofs. Schräder, Chemiker in Neufahrwasser. Schwonder, Rentner. Semon, Dr., Sanitätsrath. Semon, Dr., Arzt. Steger, Dr., Kreisarzt in Thorn. Toop, Stadtrath. Torczewski, Oberroßarzt. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Pranst. Wilberg, L)r., Oberstabsarzt. Wolf, Dr , Arzt. CXLIV F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für das Jahr 1901 sind gewählt worden als: Director: Professor Momber . Vicedirector : Sanitätsrath Dr. Tornwaldt. Secretär für innere Angelegenheiten: Sanitätsrath Dr. Semon. Secretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwente. Schatzmeister: Kaufmann Otto Münsterberg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträge). Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Anthropologischen Section ist Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Section für Physik und Chemie ist Professor Evers. Vorsitzender der Medicinischen Section ist Sanitätsrath Dr. Tornwald* . Vorsitzender des Westpreußischeu Fischerei- Vereins ist Regierungsrath Busenitz. Vorsitzender der Section für Gesundheitspflege ist Regierungs- und Medicinalrath Dr. Bornträger. Bericht über die zweiundzwanzigste Wander-Yersammlung des Westpreussischen Botanisch-Zoologischen Yereins zn Flatow, am 23. Mai 1899. Im Aufträge des Vorstandes ausgeführt von Dr. Paul Kumm- Danzig. „Auf nach Flatow“ lautete die Devise, unter der sich die Botaniker und Zoologen Westpreußens, wie die Freunde und Liebhaber unserer heimischen Pflanzen- und Thierwelt am Pfingstfest 1899 zu einer Wanderfahrt nach dem Westen unserer Provinz rüsteten. Auf der vorjährigen Yereinsversammlung in Stuhm war Flatow als Ort für die diesmalige Zusammenkunft gewählt worden, und Dank den eifrigen Bemühungen unseres I. Schriftführers, der zwar heuer an der Versammlung selbst nicht theilnehmen konnte, aber wie alljährlich die Vorbereitungen dazu traf, war unterdessen Alles in die Wege geleitet worden, was zu einem erfolgreichen Verlauf der Tagung erforderlich erschien. In Flatow selbst hatte sich ein Ortsausschuß gebildet, dem die Herren Ober¬ förster Bringmann, Rector Goerke, Bürgermeister Loehrke, Landrath Frei¬ herr von Massenbach, Oberförster RuBACH-Kujan, Superintendent Syring, Rittergutsbesitzer WiLCKENS-Sypniewo und Andere angehörten. Derselbe hatte unter der rührigen Geschäftsführung des Herrn Rector Goerke eifrig gewirkt, um bei den Bewohnern der Stadt und Umgegend Interesse für die Versamm¬ lung zu erwecken, und hatte auch für die Unterkunft und Verpflegung der auswärtigen Theilnehiner gesorgt, um denselben somit den Aufenthalt mög¬ lichst angenehm zu gestalten. Ausflüge und Excursionen in die landschaft¬ lich sehenswerthesten und botanisch interessantesten Partien der Umgegend waren geplant und in sorglicher Weise vorbereitet, und die zahlreich an¬ gemeldeten Vorträge und Mittheilungen aus den verschiedenen Gebieten der Botanik und Zoologie versprachen die Sitzung auch in dieser Hinsicht zu einer lehr- und genußreichen zu machen. So sammelten sich denn die auswärtigen, zumeist von Osten kommenden Versammlungstheilnehmer am Vormittag des zweiten Pfingstfeiertages nach und 1 i 2 nach in dem Berliner Tages-Schnellzug, voll froher Hoffnung auf einige schöne Tage anregenden wissenschaftlichen Verkehrs. Zwar das Wetter sah zunächst noch nicht besonders ermuthigend aus. Der Himmel drohte mit Regen, und eine zeitweise recht empfindliche Kühle, die auch schon an den Tagen vorher geherrscht hatte, zeigte deutlich an, daß der alljährlich wiederkehrende Kampf zwischen dem sonnigen Frühling und dem rauhen Winter diesmal noch keines¬ wegs endgiltig zu Gunsten des ersteren entschieden war. Doch ließen die Reisenden sich wenig dadurch anfechten, ging es doch süd- und westwärts, also wärmeren Regionen zu, und wußte doch Jeder, daß endlich auch der zäheste Winter der täglich erstarkenden Kraft der jungen Frühlingssonne weichen muß. In munterem Geplauder verliefen die Stunden der Fahrt, und mit freudigem Zuruf wurden die auf einzelnen Stationen unterwegs neu hinzu¬ kommenden Mitglieder begrüßt. Der Blick auf die schnell vorübergleitende Landschaft mit ihrer frisch grünen Belaubung, in die sich vielfach schon der weiße Blütenschnee der Obstbäume mischte, die Fahrt durch die Tucheier Heide mit ihren dunkelen Kiefernwäldern und blinkenden Seeen, Alles bot Ab¬ wechselung und Anlaß zu anregender Unterhaltung. Schneller als gedacht, war die Zeit verstrichen, und in bester Stimmung traf man gegen ^3 Uhr auf dem Bahnhof Flatow ein. Hier wurden die Ankommenden durch den Ge¬ schäftsführer des Ortsausschusses, Herrn Rector Goerke, in freundlichster Weise empfangen und zu ihren Quartieren geleitet. Nach kurzer Ruhe und Erholung benützte die Mehrzahl der Auswärtigen die Zeit zu einem Rundgang durch das Städtchen, das mit den wohlgepflegten Baumreihen in seinen sauberen Straßen einen entschieden freundlichen und an¬ genehmen Eindruck auf den Besucher macht. Drei große Kirchen und einige umfangreiche freie Plätze sprechen für den Verkehr, der hier zeitweilig herrscht, und die elektrische Straßenbeleuchtung beweist, daß die städtische Verwaltung auch in dieser Hinsicht auf der Höhe der Zeit steht. Flatow, das gegenwärtig etwa 4000 Einwohner zählt, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Bereits im 11. Jahrhundert legten die Herzoge Pommerns hier an einer durch ihre Lage zwischen mehreren Seeen geschützten Stelle eine kleine Festung an, die ihnen bei den beständigen Streitigkeiten mit dem polnischen Reich als Stützpunkt ihrer kriegerischen Unternehmungen diente. Nahe der Burg und unter ihrem Schutze siedelte sich auch bald eine größere Anzahl der Bewohner der Landschaft an, so daß eine städtische Niederlassung entstand Infolge ihrer Lage in einem Grenzgebiet hatten, bei der kriegerischen Zeit, Stadt und Umgebung in den nächsten Jahrhuuderten ein unruhiges und wechselvolles Schicksal. An¬ fänglich waren es die unaufhörlichen Kämpfe Polens mit den Herzogen von Pommern resp. Pomerellen und mit dem Deutschen Ritterorden, in späterer Zeit insbesondere die drei Schwedenkriege, unter denen Flatow zum Theil schwer zu leiden hatte. Das von dem Starostengeschlecht der Potulicki zu Beginn des 17. Jahrhunderts erbaute Schloß, seiner Zeit die größte Zierde 2 3 des Städtchens, beherbergte im Jahre 1655 den Pyrrhus des Nordens, den schwedischen König Karl X. Gustav, als Gast. Doch schon zwei Jahre später nahte derselbe Fürst sich der Stadt als Feind und erstürmte, nach einer allerdings nur 24stündigen Belagerung, die Burg Flatow am 28. Juni 1657; ein Ereigniß, das dem Zeitgenossen Karl’s X., dem Geschichtsschreiber Samuel von Pufendorf wichtig genug erschien, um es durch ein Bild zu veranschaulichen, aus dem sich ergiebt, daß die schwedischen Kanonen, die damals so schnell die Uebergabe der Burg — trotz des schwierigen Zuganges derselben — erzwangen, an den Abhängen auf dem westlichen Ufer des Flatower Stadtsees, in dem heutigen Thiergarten, standen. Mit der ersten Theilung Polens 1772 kam Flatow an Preußen, und damit begann für die Stadt ein freundlicheres Geschick. Friedrich der Große siedelte daselbst deutsche Handwerker an und wandte auch sonst energische Mittel an, um den durch Krieg, große Brände und die polnische Wirthschaft der früheren Jahre verkommenen Ort emporzubringen. Das Schloß und der sehr umfang¬ reiche zugehörige Gütercomplex gingen 1820 in den Besitz der Königlichen Familie von Preußen über, der sie auch jetzt noch als ,, Königlich Prinzliche Familien Fideicommiß-Herrschaften Flatow und Krojanke“ zugehören. Die Gegenwart hat für Flatow ruhige Zeiten und eine allmählich aufsteigende Entwickelung gebracht. Von der alten Burg sind kaum noch Reste zu sehen, in dem ehemaligen Starostenschloß hat das prinzliche Rentamt seinen Sitz, an die Stelle kriegerischer Unruhen ist friedliche und erfolgreiche Arbeit getreten, aber die Seeen, in deren Schutz die ehemalige Burg angelegt wurde, umrahmen auch heute noch die freundliche Kreisstadt in reizvoller Weise und bieten dem offenen Auge des Besuchers eine Fülle landschaftlicher Schönheiten, wie sie manche größere Stadt in solcher Nähe nicht aufzu¬ weisen hat. Um 5 Uhr Nachmittags trafen alle auswärtigen Versammlungstheilnehmer wieder zusammen, um unter der freundlichen und kundigen Führung mehrerer Herren des Ortsausschusses einen Spaziergang nach dem „Thiergarten“ zu unternehmen. Dieser „Thiergarten“ enthält zwar weder wilde noch fremd¬ ländische Thiere, er stellt vielmehr einen 75 ha großen, prächtigen, park¬ artig von Wegen durchschnittenen Wald dar, der zwischen dem Petziner und Flatower oder Stadt-See zu beiden Seiden der Chaussee von Flatow nach Blankwitz und Krojanke gelegen ist. Infolge seiner Lage längs des west¬ lichen Ufers des Flatower Stadtsees bietet der Thiergarten zahlreiche prächtige Landschaftsbilder, vor allem Blicke über den See und auf die jenseits desselben liegende Stadt. An die schönsten dieser Punkte wurden die ortsfremden Be¬ sucher von ihren liebenswürdigen einheimischen Begleitern geführt. Aber auch im Innern des Thiergartens mit seinem mannigfaltigen Baumbestand und der reichen Pflanzendecke fanden die Botaniker vieles Interessante und Sammelnswerthe, was ihr Herz erfreute. Besondere Aufmerksamkeit erregten eine starke alte Kiefer, die hoch oben in dem Gipfel ihrer Krone einen 1* 3 4 mächtigen dichten Hexenbesen trägt, und von welcher einer der Theilnehmer eine photographische Aufnahme für die im Westpreußischen Provinzial-Museum bestehende Sammlung bemerkenswerther Bäume unserer Provinz machte, sowie die zahlreich vorhandenen prächtigen, starken und alten Eichen. Von einer Anzahl der letzteren konnte unser in dieser Hinsicht unermüdliches Mitglied, Herr Rittergutsbesitzer Treichel-HocIi Paleschken, sich nicht enthalten, die Stärkenraaße zu entnehmen, und seine Messungen ergaben, daß daselbst Eichen¬ stämme von 3,20, 3,28, 3,40, 3,78 ja selbst von 4,57 m Umfang in Brusthöhe vor¬ handen sind. Da der benachbarte Stadtsee mit seiner Welt von Kleinthieren und seinem reichen Vogelleben auch den Zoologen Gelegenheit zu anregenden Beobachtungen gab, fand jeder der Theilnehmer des Spaziergangs dabei seine Rechnung. An einem der schönsten Aussichtspunkte des Thiergartens wurde Halt gemacht. Ein herrlicher Rückblick bot sich hier den Besuchern. Im Vordergrund die weite glitzernde Seefläche, dahinter auf sanft ansteigendem Gelände die Stadt, deren Mauern, Häuser und Thürme von den Strahlen der im Westen gerade untergehenden Sonne mit lebhaftem goldig rothem Scheine überzogen waren, so daß sie mit ihren im Widerschein des Westhorizonts flammenglcich glänzenden Fensterreihen fast den Eindruck einer brennenden Stadt machten, das alles, umrahmt von dem frischen hellen Grün des Frühlings¬ laubes, vereinigte sich zu einem selten schönen Laudschaftsbilde. Lange weilten die Besucher hier, sich andächtig dem Eindrücke des stimmungsvollen Naturgemäldes hingebend. Erst die mit dem anbrechenden Abend empfind¬ lich wieder aufsteigende Kühle mahnte zum Aufbruch. Nachdem ein Versuch, in der bei dem nahe gelegenen Schießstand befindlichen Unterkunftshalle die Kälte individuell durch den Genuß gebrannten Wassers zu bekämpfen, an der überaus fragwürdigen Beschaffenheit der unter den einschlägigen Titeln ver¬ abfolgten Flüssigkeiten endgiltig gescheitert war, wurde schnell der Rückweg angetreten, der noch manches reizvolle Bild von Wald, See und Stadt darbot. Gegen 8 Uhr trafen die Wanderer wieder im Städtchen ein, um sich daselbst in Gruendemann’s Hotel mit den Bewohnern Flatows zu einer gemüthlichen Zusammenkunft zu vereinigen. Hier wurde nicht nur das bei Einzelnen etwa noch von dem Spaziergang in der Abeudkühle zurückgebliebene Frösteln sehr erfolgreich bekämpft, auch sonst gelangten Leib und Seele hier zu ihrem vollen Recht. Zwanglos saßen Flatower und Auswärtige in angeregtester Unterhaltung beisammen Herr Bürgermeister Loehrke be¬ grüßte die fremden Gäste in herzlichen Worten, worauf Herr Professor Dr. BAIL-Danzig den warmen Dank derselben aussprach. Auch der in der Ferne weilenden Freunde wurde gedacht, und besonders verdiente Mitglieder erhielten auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege einer Ansichtspostkarte die Grüße der Versammelten übermittelt. Die Erinnerungen an die schönen Stunden des Spaziergangs, die vortrefflichen Leistungen von Küche und Keller, und die lebhafte Unterhaltung gestalteten die Stimmung der Tafelrunde bald 4 5 zu einer fröhlichen, und erst um Mitternacht trennte sich die Versammlung, um Ruhe und Stärkung für den kommenden Tag zu suchen. Die eigentliche Tagung des Vereins fand am Dienstag, den 23. Mai, im großen Saale des Hotel Gruendemann statt und begann mit der ausschlie߬ lich den Mitgliedern des Vereins zugänglichen geschäftlichen Sitzung, die um ll29 Uhr Morgens — etwas später als programmmäßig — durch den II. Vor¬ sitzenden des Vereins, Herrn Oberlehrer Dr. A. SCHMIDT-Lauenburg, er¬ öffnet wird. Zunächst verliest der II. Schriftführer, Herr Oberlehrer Dr. Lakowitz- Danzig, folgenden, von dem zur Zeit mit Diensturlaub im Auslande weilenden I. Schriftführer des Vereins, Herrn Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, übersandten Geschäftsbericht für 1898/99. Meine Herren 1 Die vorjährige Wanderversammlung fand, unter zahlreicher Betheiligung von Mitgliedern und Gästen, in Stuhm statt, und der hierüber veröffentlichte Druckbericht ist Ihnen in diesen Tagen zugegangen Eins der hervorragend¬ sten Mitglieder des Ortsausschusses, Herr Kreisbaumeister Lucas, dem nicht zum geringsten Theil das Gelingen jener Versammlung zu danken war, ist inzwischen leider verschieden. Auch sonst haben wir das Ableben treuer Mit¬ arbeiter, wie des Herrn Forstrath Feddersen in Marien werder, Hauptlehrer Luetzow in Oliva und Oberlehrer Wacker in Charlottenburg-Westend, früher in Kulm a/W., zu beklagen; ein kurzer Abriß ihres Lebens und Wirkens wird dem diesjährigen Druckbericht beigefügt werden. Das Andenken der Ver¬ storbenen lassen Sie uns ehren, indem wir uns von unseren Sitzen erheben. (Geschieht.) Was die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins anlangt, so wurde der nördliche Theil des Karthäuser Kreises von Herrn Lehrer LüETZOW-Karthaus botanisch durchforscht. Derselbe hat das gesammelte Material an Blüten¬ pflanzen und Moosen, nebst einem Bericht, eingereicht. Ferner ist von Herrn Entomologen Ew. H. RüEBSAAMEN-Berlin, welcher in den Jahren 1896 und 1897 einen Theil der Tucheier Heide bereiste, ein mit zahlreichen vorzüglichen Abbildungen ausgestatteter Bericht jetzt eingegangen, welcher in dem nächsten Heft veröffentlicht werden soll. Ebenso ist das von ihm zusammengebrachte umfangreiche Material, soweit es bisher präparirt und durchbestimmt werden konnte, hier eingegangen und dem Provinzial-Museum übergeben worden. Der Kassenbestand ist ein besonders günstiger, denn er betrug am Schluß des Etatsjahres 1898/99 M. 1619,u. Daher wird es dem Verein nicht schwer fallen, in diesem Jahr auch erhöhten Anforderungen für größere Publikationen 5 6 gerecht zu werden. Er erfüllt eine angenehme Pflicht, wenn er an dieser Stelle dankend besonders der namhaften Unterstützung gedenkt, welche die Provinzial-Verwaltung dauernd seinen Bestrebungen zukommen läßt. Im Anschluß daran ruft der II. Schriftführer den Anwesenden in Er¬ innerung, daß im verflossenen Geschäftsjahre unser langjähriges Mitglied und einer der Mitbegründer unseres Vereins, Herr Stadtrath Otto HELM-Danzig, von der philosophischen Fakultät der ALBERTUS-Universität in Königsberg i. Pr. in Anerkennung seiner hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen auf ver¬ schiedenen Gebieten der Naturkunde zum Pr. phil. honoris causa ernannt worden ist, und giebt unter lebhafter Zustimmung der Versammlung der Freude des Vereins über diese seltene und ungewöhnliche Ehrung des verdienten Forschers Ausdruck. Es wird sodann der von dem Schatzmeister des Vereins, Herrn Consul MEYER-Danzig eingesandte Kassenbericht für 1898/99 verlesen und die eingehende Prüfung desselben den Herren Professor Dr. BoCKWOLDT-Neustadt und Stadtrath Dr. HELM-Danzig übertragen. Mit Bezug auf den Arbeitsplan für 1899 schlägt der Vorstand dem Verein vor, in diesem Jahre von einer größeren Bereisung zur Erforschung einzelner Gebiete der Provinz Abstand zu nehmen. Einerseits ist es gegen¬ wärtig nicht ganz leicht, eine geeignete Kraft zu gewinnen, die in der Lage und bereit ist, eine derartige längere und, besonders durch die nacliherige Bearbeitung der Sammlungsergebnisse für den zu erstattenden Bericht, sehr zeitraubende Bereisung auszuführen, und überdies werden die Mittel des Vereins im kommenden Jahre auf andere Weise vollauf in Anspruch genommen werden. Zunächst ist, wie schon im Geschäftsbericht erwähnt, die Drucklegung des Be¬ richts über die von Herrn Ew. H. RüEBSAAMEN-Berlin während zweier Sommer in der Tucheier Heide auf Kosten des Vereins unternommenen entomologischen Excursionen zusammen mit dem nächsten Vereinsbericht geplant. Eine baldige Publikation der Ergebnisse dieser durch zahlreiche neue Funde wichtigen Reisen ist dringend erwünscht. Der Bericht des Herrn Ew. H. Ruebsaamen liegt gegenwärtig zum größten Theil schon vor und wird hoffentlich bald ganz fertiggestellt sein. Bei dem recht bedeutenden Umfange desselben und den zahlreichen dafür erforderlichen Abbildungen wird seine Drucklegung der Vereinskasse erhebliche Kosten auferlegen. Sodann ist an unseren Verein das Ansuchen herangetreten, gemeinsam mit dem Westpreußischen Fischerei- Verein eine größere Arbeit des Herrn Dr. SELIGO-Danzig „Untersuchungen in den Stuhmer Seeen“ herauszugeben und dementsprechend auch die Kosten der Drucklegung zur Hälfte zu tragen. Die fragliche Arbeit, die der Ver¬ sammlung im Manuskript vorliegt, enthält eine größere Anzahl praktisch und wissenschaftlich wichtiger Beobachtungen über die physikalischen und chemischen Verhältnisse, wie über die Thier- und Pflanzenwelt unserer Binnengewässer 6 7 und ist mit zahlreichen Tabellen und Tafeln ausgestattet geplant. Mit Rück¬ sicht darauf, daß unser Verein schon seit Jahren die wissenschaftliche Erfor¬ schung der westpreußischen Binnengewässer ganz ausdrücklich in sein Arbeits- programm aufgenommen hat, schlägt der Vorstand der Versammlung vor, die Herausgabe der genannten Arbeit Seitens des Vereins und gemeinsam mit dem Fischerei-Verein zu übernehmen, trotz der unserer Kasse dadurch entstehenden hohen Kosten, die für jeden der beiden betheiligten Vereine auf etwa 600 M. veranschlagt sind. In der sich an diesen Vorschlag des Vorstandes anschließenden Debatte wird zunächst festgestellt, daß die Naturforschende Gesellschaft in Danzig, an die zunächst das Ersuchen um Betheiligung bei der Drucklegung der Arbeit gerichtet war, die Herausgabe derselben endgiltig abgelehnt hat, aber nur deshalb, weil durch die von ihr selbst bereits vorher für die nächsten Jahre beschlossene Publikation mehrerer größerer Druckschriften ihre Mittel für absehbare Zeit vollauf in Anspruch genommen sind. Weiterhin wird Seitens eines Vorstands-Mitgliedes ausgeführt, daß es auch aus praktischen Gesichts¬ punkten für unseren Verein von Wichtigkeit ist, wieder einmal mit einer größeren selbständigen Publikation vor die Oeffentlichkeit zu treten, da die sonstige wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins, so ununterbrochen und rege dieselbe auch ist, doch mehr im Verborgenen bleibt und nur dem beschränkten Kreise der Fachgenossen bekannt wird, so daß beim großen Publikum und den betheiligten Verwaltungsbehörden leicht die gemeinnützige Wirksamkeit des Vereins unterschätzt und dadurch die weitere Gewährung der für die erfolgreiche Arbeit desselben unentbehrlichen Subventionirung aus öffent¬ lichen Mitteln möglicherweise gefährdet werden könne. In Berücksichtigung aller dieser Momente werden die auf den Arbeitsplan für 1899/1900 bezüg¬ lichen Anträge des Vorstandes einstimmig von der Versammlung angenommen, insbesondere wird auch die Betheiligung des Vereins an der Publikation der Arbeit von Dr. Seligo beschlossen und die Ueberwachung des Druckes der¬ selben Seitens des Vereins der 1895 auf der Versammlung in Christburg ge¬ wählten Commission zur wissenschaftlichen Erforschung der westpreußischen Binnengewässer übertragen. Die beiden Rechnungsrevisoren erstatten ihr Gutachten dahin, daß sie den Kassenbericht und die Beläge für richtig befunden haben, und die Ver¬ sammlung ertheilt daher dem Schatzmeister Decharge, indem sie ihm gleich¬ zeitig für seine Mühewaltung den Dank des Vereins ausspricht. Bei der nun vor sich gehenden Vorstandswahl wird der bisherige Vor¬ stand durch Acclamation wiedergewählt Der Vorstand für das Jahr 1899/1900 besteht somit aus den Herren: Dr. H. von KLiNGGRAEFF-Langfuhr (I. Vorsitzender), Oberlehrer Dr. A. ScHMiDT-Lauenburg (II. Vorsitzender), Professor Dr. H. CoNWENTZ-Danzig (1. Schriftführer), 7 8 Oberlehrer Dr. C. LAKOwrrz-Danzig (II. Schriftführer), Consul A. MEYER-Danzig (Schatzmeister). Als Versammlungsort für 1900 schlägt der Vorstand Putzig vor, das, in botanisch hochinteressanter und landschaftlich reizvoller Gegend ge¬ legen, für diesen Zweck sehr geeignet erscheint und bereits früher als Ver¬ sammlungsort in Aussicht genommen war. Damals mußte infolge der mangel¬ haften Verkehrsverhältnisse der Plan fallen gelassen werden, jetzt, nach Fertig¬ stellung der Bahnstrecke Rheda-Putzig, steht seiner Ausführung nichts entgegen, auch sind, wie eine Anfrage in Putzig ergeben hat, die maßgebenden Kreise der Bewohnerschaft demselben sympathisch gesonnen und bereit, an einem erfolgreichen Verlauf der Tagung mitzuwirken. Der Verein beschließt ent¬ sprechend dem Anträge des Vorstandes. Damit ist die Tagesordnung der geschäftlichen Sitzung erschöpft, weitere Mittheilungen liegen weder Seitens des Vorstandes noch der Mitglieder vor, und es wird daher um 9 Uhr die geschäftliche Sitzung geschlossen. * Nach einer kurzen Pause begann um 9^ Uhr, gleichfalls im großen Saale des Hotel Gruendemann, die wissenschaftliche Sitzung, zu der sich außer den Mitgliedern in großer Zahl auch Damen und Herren aus Flatow und der Umgegend eingefunden hatten, so daß der große Raum erfreulich gefüllt war. Nachdem der II. Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. Schmidt- Lauenburg, die Sitzung eröffnet hat, ergreift Herr Bürgermeister Loehrke- Flatow das Wort zu folgender Begrüßungs- Ansprache : Hochgeehrte Versammlung! Als berufener Vertreter dei- Stadt Flatow habe ich die Ehre, Sie, meine Damen und Herren, insbesondere die hochgeschätzten Mitglieder des West¬ preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins, Namens der städtischen Behörden und der gesammten Bürgerschaft freudig zu begrüßen und herzlich willkommen zu heißen. Nehmen Sie die Versicherung entgegen, daß wir die Ehre Ihres Besuchs wohl zu würdigen und den Werth Ihrer Aufgabe, die Pflanzen- und Thierwelt, speziell der Heimathsprovinz, zu erforschen und das Interesse hier¬ für in weiteren Kreisen zn wecken, durchaus hochzuhalten wissen. Wir sind überzeugt, daß Ihre Tagung hierorts für uns eine Quelle vielfacher Belehrung und mannigfacher Anregung sein wird. Darum freuen wir uns und sind Ihnen von ganzem Herzen dankbar, daß Sie zur Abhaltung Ihrer 22. Jahresversamm¬ lung unsere Stadt gewählt haben. Mögen Sie Ihre Bestrebungen von dem schönsten Erfolge gekrönt sehen! Möge Ihnen der Aufenthalt unter uns aber auch ein so angenehmer sein, daß Sie bei Ihrem Scheiden eine freundliche Erinnerung an unsere Stadt mitnehmen! Mit diesem Wunsche rufe ich Ihnen aus der Tiefe eines treudeutschen Herzens ein warm empfundenes ,,Grüß Gott in Flatow“ zu. 8 9 An Stelle des Vorsitzenden spricht der zunächst Vortragende, Herr Pro¬ fessor Dr. BAiL-Danzig, den wärmsten Dank des Vereins für die herzliche Be¬ grüßung aus und giebt der Hoffnung Ausdruck, daß die alljährlichen Wander- Versammlungen des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins mit ihrem regen Gedankenaustausch immer mehr dazu beitragen werden, die Bewohner Westpreußens in wissenschaftlicher und sonstiger Beziehung recht innig mit einander zu verbinden. Nachdem sodann die Präsenz- und die Vortragsliste in Umlauf gesetzt sind, entrollt Herr Professor Dr. Bail in längerem Vortrage einer Reihe lebendiger und fesselnder Skizzen aus der Klasse der Algen. Wenn die höheren Pflanzen des Wassers noch Winterschlaf halten, zeigen uns die grünen Rasen der Algen schon das Neuerwachen der Pflanzen¬ welt an und wecken die Hoffnung auf den kommenden Frühling. Ihre Lebens¬ bedingungen sind äußerst mannigfaltig. Algen sind es, die bei feuchter Witte¬ rung im Frühjahr die Stämme der Linden in der großen Allee bei Danzig mit einer dünnen hellgrünen Schicht bekleiden, die Veilchen-Alge und die Alge der Landkartenflechte überziehen die kahlen Felsblöcke der Gipfel des Riesengebirges und anderer deutscher Mittelgebirge, die Alge des rothen Schnees färbt weite Flächen der ungastlichen Schneefelder des Polargebiets und der höchsten Alpengipfel, während andererseits in dem 55° C. warmen Wasser des Karlsbader Sprudels, ja selbst in den 65° C. heißen Sprudel¬ quellen des Yellowstone-Parks in Nordamerika Algen leben. So sind einzelne Vertreter dieser Pflanzenklasse niederen Temperaturen gegenüber sehr aus¬ dauernd, andere hinwieder selbst gegen große Hitze, die fast jedes andere Lebewesen töten würde, außerordentlich widerstandsfähig. Manche Algen leben sogar im Innern von Thieren, so findet sich in dem Süßwasserpolypen, Hydra viridis L., regelmäßig eine grüne Algenart, die dem Thiere seine grüne Farbe verleiht und mit ihm eine Art Schutz- und Trutzbündniß zu beiderseitigem Nutz und Frommen geschlossen hat; ähnlich liegt die Sachlage bei dem grünen Glockenthierchen, Vorticella nebulifera Ehrbg., und bei anderen mehr. Ebenso verschiedenartig wie die Lebensbedingungen, sind die Größenverhältnisse der Algen. Während die meisten derselben sehr klein und oft nur unter dem Mikroskop bei starker Vergrößerung sichtbar sind, erreicht der daumendicke Stengel des in den außertropischen Meeren der antarktischen Erdhälfte heimischen Birnentangs, Macrocystis pyrifera , eine Länge von 2 — 300 m. Vortragender charakterisirt sodann die verschiedenen Abtheilungen der Algen unter genauerer Besprechung einzelner typischer Vertreter derselben. Von den blaugrünen Algen oder Cyanophyceen werden der Schwingfaden, Oscillaria repens , und die Meteorschleimalge, Nostoc commune , erläutert, welche letztere, oft plötzlich in großen Mengen erscheinend, im Volks- 9 10 munde als „Sterndreck“ bezeichnet wird. Bei den gelblichen, mit einem oft äußerst zierlichen Kieselpanzer versehenen Diatomaceen oder Bacilla- riaceen werden die beiden Arten der Vermehrung, die durch Spaltung und die sehr interessante durch Befruchtung, Auxosporenbildung, beschrieben und mittels des Mikroskops Präparate des aus den Kieselpanzern abgestorbener Diatomeen bestehenden Kieselguhrs (Bergmehl) demonstrirt. Als Vertreter der Grünalgen oder Chlorophyceen werden vorgeführt: Spirogyra mit der Dauer- sporen-(Zygosporen-)Bildung durch Conjugation, ferner Hydrodictyon utriculatum, das Wassernetz, mit der sehr eigenartigen Schwärmsporenbildung, endlich Volvox globator L., die Wasserkugel, mit ihren verschiedenartigen und recht verwickelten Vermehrungserscheinungen durch Theilung, Befruchtung, Schwärm- sporen- und Dauersporen-(Oosporen-)Bildung. Wie überraschend alle diese eigenartigen Fortpflanzungserscheinungen bei so niedrig stehenden Pflanzen auf die sie zuerst beobachtenden Naturforscher gewirkt haben, ergiebt sich unter anderem daraus, daß einer der ersten genaueren Beobachter der Schwärm¬ sporenbildung bei Algen, Franz Unger, seine Untersuchungen unter dem Titel ,,Die Pflanze im Moment der Thierwerdung“ (1842) beschrieb. — In ähnlicher Weise werden die Abtheilungen der in unseren Binnengewässern vorkommen¬ den grünen Armleuchtergewächse oder Characeen, der jodhaltigen Braunalgen oder Phaeopliyceen, welche durchweg Meeresbewohner sind, und zu denen auch der Blasentang unserer Danziger Bucht, Fucus vesiculosus L., gehört, endlich der Rothaigen, Rhodophyceen oder Florideen, erläutert und in zahlreichen großen farbigen Tafeln zur Anschauung gebracht. Zur letzterwähnten Ab¬ theilung, den Rothaigen, gehören auch fast ausschließlich Meeresbewohner, darunter eine Anzahl auch in der Danziger Bucht und Ostsee vorkommender Arten, doch sind bemerkenswerther Weise auch einige in rasch fließenden Bächen und in Gebirgsseeen vorkommende Algen hierher gehörig. Im Meere können die Rothaigen bis in größere Tiefe hinab gedeihen als die übrigen dort lebenden Algen, da ihr rothfluorescirender Farbstoff eine A^eränderung der Lichtwellenlänge herbeiführt, infolge deren auch ganz geringe Lichtmengen noch ausreichend sind, das im Innern der Algen befindliche Chlorophyll zur Bildung neuer organischer Substanz zu befähigen. Außer zahlreichen Zeichnungen und buntfarbigen Tafeln dienen dem A7or- tragenden als Demonstrationsobjecte ferner: 1) Ein buntes, früher nach seinen An¬ gaben zur Einführung in die Wunderwelt der Algen des süßen Wassers entworfenes Bild. 2) Die ersten Hefte von Ernst Haeckel’s ,, Kunst-Formen der Natur“. Bei dieser Gelegenheit wird auf das dankenswerthe Unternehmen des als Zeichner wie als Kenner der Natur gleich ausgezeichneten Gelehrten hingewiesen, mit dessen Meeresforschungen in Messina der Vortragende bereits vor 39 Jahren durch Wort und Zeichnungen von jenem selbst bekannt gemacht wurde. Auch der begeistert ertheilte naturwissenschaftliche Unterricht wirkt nachweislich auf die Förderung des Kunstgeschmacks hin. 3) Gelangen zur Erläuterung Algen aus den Sammlungen des Realgymnasiums zu St. Johann, darunter ein io 11 Exemplar des Wasserbindfadens, Chorda Filum , auf einer versteinerten Becher¬ koralle aufsitzend, aus der Zoppoter Bucht; dabei wird der Umstand hervor¬ gehoben, daß in der geographischen Verbreitung der Tange Verschiedenheiten, wie in der unserer Landpflanzen, zu beobachten sind. So tritt schon an der Mecklenburgischen Küste, z. B. bei Graal unweit Warnemünde, an Stelle unseres gemeinen Blasentangs, Fucus vesiculosus , der bei Danzig fehlende ge¬ sägte Tang, F. serratus , in mächtigen Exemplaren auf. Den Nachweis, daß die Tange das im Meerwasser in nicht nachweisbaren Mengen enthaltene Jod¬ natrium aufspeichern, führt Vortragender im chemischen Unterricht durch Be¬ handlung der Asche des in schönen Exemplaren vorliegenden Sargassum (Sargasso- Meer im Atlantischen Ozean) mit rauchender Salpetersäure und Stärkekleis Ler- lösung. Mit ihrem eigenen Schlamm aufgeklebte Exemplare des reizenden Wasser¬ netzes (Erläuterung der Herstellung solcher Präparate) gestatten einen Einblick in die ausgedehnte Literatur verschiedener mikroskopischer Organismen, z. B. auch der Kugel-Alge ( Volvox globator ), wie der mannigfaltigen Hilfsmittel, durch welche gerade bei diesen niedrigen Organismen die Erhaltung der Art gesichert ist. Die Mittheilungen des Vortragenden stützen sich hierbei vielfach auf eigene Beobachtungen, da er als Schüler Ferdinand Coiin’s sich jahrelang eingehend mit selbständigen mikroskopischen Algenuntersuchungen beschäftigt hat. Auch durch Naturselbstdruck erzeugte Algenbilder werden in Glas und Rahmen herumgereicht. 4) Endlich ist der Vortragende, Dank dem Entgegen¬ kommen des Besitzers, in der Lage, die Versammlung mit einem prächtigen, wissenschaftlich bestimmten Aigen-Herbarium bekannt zu machen, welches Herr Friseur KLOETZKY-Danzig von einem Offizier der deutschen Marine er¬ halten hat. In ihm bieten sich die schönen Formen und Farben jener fried¬ lichsten aller Meereskinder dem Beschauer zu wahrer Augenweide dar. Anschließend an diesen Vortrag legt Herr Oberlehrer Dr. Schmidt- Lauenburg Proben der durch eine Alge erzeugten sogen. ,,' Wasserblüte“ aus der Leba bei Lauenburg der Versammlung vor und erwähnt, daß jedes einzelne der diese Wasserblüte bildenden grünen Kügelchen aus etwa 600 und mehr Fäden einer Alge aus der Gattung Rivularia besteht. ln die Natur der Flatower Gegend führt die Anwesenden sodann ein Vortrag des Herrn Oberförster RuBACH-Kujan Ueber die forstlichen Verhältnisse der Prinzlichen Forstreviere Flatow und Kujan. Die zu den Königlich Prinzlichen Familien -Fideicommiß -Herrschaften Flatow und Krojanke gehörigen Forstreviere Flatow und Kujan umfassen eine Fläche von rund 13000 ha, davon 6000 ha im Zusammenhänge um Kujan liegend. Die Forsten bieten in jeder Beziehung Abwechselung und Mannig¬ faltigkeit, und man kann wohl sagen, daß fast alles, was in forstlicher Hinsicht li 12 im norddeutschen Flachlande vorkommt, auch hier zu finden ist. Das Gelände ist theils eben, theils hügelig und schwankt in seiner Höhenlage zwischen 100 und 160 m über dem Meeresspiegel. Der Boden ist zumeist Sand in allen Variationen, die man sich vorstellen kann, bald trockener, bald frischer, hier reiner, dort humoser oder lehmiger Sand. Daneben finden sich — wenn auch nur an wenigen Stellen rein — Lehm und Thon, ferner Moorboden u. a. in. In der Hauptsache besteht die Fläche aus altem Waldboden, nur an wenigen Stellen liegt alter Ackerboden vor, der in neuerer Zeit aufgeforstet ist. Für die Forstwirtschaft ist der erstere entschieden günstiger, denn auf ehemaligem Ackerboden wird erfahrungsgemäß die Kiefer hier nicht älter als etwa 40 — 50 Jahre. Die vorherrschende Holzart ist die Kiefer in allen Graden der Güte, so daß sich neben Beständen der besten Art auch schlechte vorfinden. Meist tritt die Kiefer rein auf, stellenweise ist aber auch eine starke Beimischung von Eiche, Bothbuche, Birke und Espe vorhanden, und in geringerer Menge finden sich auch Weißbuche, Rüster, Linde und Fichte — letztere angepflanzt — als Mischholz. Von ausländischen Hölzern finden sich nur wenig ältere Exemplare, so etwa ein Dutzend 40jähriger Weymouths-Kiefern, Pinus Strobus L., und etwas amerikanische Rotheiclie, Quercus rubra L. In den letzten Jahren ist mehrfach die Schwarzkiefer, Pinus austriaca, angepflanzt. Vorläufig wachsen diese ausländischen Hölzer sehr gut, doch läßt sich ein abschließendes Urtheil noch nicht fällen. Von den einheimischen Laubhölzern wächst die Eiche auch auf tiefgründigem Sandboden recht gut, natürlich nicht so wie in der Weichselniederung, etwa auf der Nonnenkämpe bei Kulm und an anderen Orten. Die Rothbuche findet sich im Hauptrevier nur in einzelnen Exemplaren; größere Complexe davon liegen in der Nähe der Bahnstation Linde. Die Erle kommt in den Brüchern in größeren geschlossenen Partien rein vor. Unter den Schwierigkeiten, mit denen der Forstmann bei der Bewirtk- schaftung zu kämpfen hat, nimmt das Klima die erste Stelle ein. Dasselbe neigt zeitweise sehr bedenklich zur Kälte. Bösartige Nachtfröste sind Mitte und Ende Mai nichts seltenes1) und sogar im Juni kommen sie noch vor. Darunter leiden nicht nur die Pflanzen selbst, sondern es wird vor allem auch die Samenbildung beeinträchtigt. Gute Samenjahre sind daher sehr selten; in den letzten zehn Jahren ist nur ein leidlich gutes Samenjahr von Eichen bzw. Buchen zu verzeichnen gewesen, ein wirklich gute3 überhaupt nicht; meist ist der Samenertrag gleich Null. Erhöht wird die Schädlichkeit der Spätfröste noch dadurch, daß der April gewöhnlich verhältnißmäßig warm und sehr trocken ist. Im laufenden Jahre war er allerdings usnahmsweise feucht und auch kühl und deshalb für den Forstmann angenehmer. Unter der für gewöhnlich hier herrschenden April-Dürre hat die Forst- und Land- !) Von diesen Maikühlen erhielten die Versammlungs-Theilnehmer am Sitzungstage einen recht fühlbaren Beweis: in Flatow hatte sich in der vorhergehenden Nacht (22./23. Mai) fast 5 mm starkes Eis gebildet, und auch in Kujan hatte es — nach Mittheilung des Vortragenden — gefroren. (Anm. des Berichterstatters.) 12 13 wirthschaft sehr zu leiden, besonders schädlich ist sie den jungen Forst- culturen. Von schädigenden klimatischen Eigen thümlichkeiten des Gebiets ist noch zu bemerken, daß ein wirklicher Frühling — also eine Zeit des allmählichen Ueberganges — meist fehlt; auf die kalten Tage des Mai pflegt bald ein sehr warmer und trockener Sommer zu folgen, daher ist auch der zur Anlage neuer Culturen geeignete Zeitraum gewöhnlich nur sehr kurz, und der Forstmann befindet sich infolge dessen in schwieriger Lage. Die höhere Thierwelt der Forsten ist weder besonders auffallend noch artenreich. Von jagdbarem Wild sind als häufig zu nennen: Hase, Lepus timidus L., und Reh, Cervus capreolus L ; außerdem werden in der Kujaner Forst künstlich gehegt Rothwild — Edelhirsch, Cervus elaphus L. — und Damwild, Davia vulgaris Broock ; besonders von letzterem enthält die Kujaner Forst einen sehr reichen Bestand. Von der niederen Fauna interessiren den Forstmann vor allem die schädlichen Insecten. Davon giebt es in den beiden Forstrevieren zwar nicht allzu viel verschiedene Arten, diese wenigen aber massenhaft. In erster Linie kommt darunter der Maikäfer in Betracht, unter dem die Forstwirtschaft sehr zu leiden hat. Ja, auf Hunderten von Hectaren ist die Forstwirtschaft durch ihn ganz in Frage gestellt. So sind vor zwei Jahren auf weiten Flächen Kiefernschonungen von Mannshöhe mit einem Mal radical abgestorben, ausschließlich infolge von Engerlingfraß. In welcher Massenhaftigkeit der Maikäfer auftritt, ergiebt sich daraus, daß 1899 in der Woche vor Pfingsten allein in der Kujaner Forst über 2 800 000 Maikäfer gesammelt und vernichtet worden sind; dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß dieses Jahr ein Haupt¬ flugjahr ist. Für die Zoologen dürfte die Thatsache von Interesse sein, daß der in den Forsten der Gegend auftretende Maikäfer nicht der schwarzbeinige Waldmaikäfer, Melolontha hippocastani Fabr., ist, sondern der Feldmaikäfer, Melolontha vulgaris L., der angeblich sonst nur aut Feldern und an Waldrändern Vorkommen soll - — Außerdem findet sich von Käfern der große Rüsselkäfer, Hylobius abietis Eabr. , aber nicht häufig, und der Waldgärtner, Hylesinus piniperda L., der besonders seit dem umfang¬ reichen Schneebruch vor einigen Jahren in großen Mengen aufgetreten ist. Seit vorigem Jahre hat sich auch ein schädlicher Schmetterling, die Nonne, Liparis nionacha L., in nicht unbedenklichem Maße cinge- funden. Die erfolgreiche Bekämpfung aller dieser Schädlinge leidet in der Praxis unter dem Uebelstande, daß es zumeist nicht möglich ist, die angepriesenen wirksamen Gegenmittel in größerem Maßstabe durchzuführen. — Die in den beiden Forstrevieren liegenden Gewässer sind fischreich, haben aber sehr unter Fischräubern zu leiden, besondern Schaden verursachen die Reiher, von denen es im Gebiet noch eine große Colonie giebt, und der Mensch selbst Bis vor etwa sechs Jahren kamen in den Gewässern auch schöne große Krebse zahlreich vor, doch sind dieselben seitdem der Krebspest zum Opfer gefallen. 13 14 Nach diesem durch seine nahen Beziehungen zum Versammlungsort be¬ sonders interessirenden Vortrage versetzen die folgenden Mittheilungen die Versammlung in Gedanken wieder in die weitere Ferne, an den Strand der Danziger Bucht, indem Herr Stadtrath Dr. HELM-Danzig eine Anzahl von ihm in den Jahren 1897 und 1898 bei Zoppot gefangene Käfer vorlegt und näher bespricht. Die bemerkenswerthesten unter ihnen sind folgende: Cicindela hybrida L. Cicindela maritima Dej. Omophron limbatus Fabr. Nebria lateralis Fabr. Odacantha melanura L. Chlaenius vestitus Payk. Chlaenius sulcicollis Payk. Badister bipustulatus Fabr. Bembidium pallidipenne III. Bembidium littorale Oliv. Colymbetes bistriatus Bergm. Haliplus variegatus Stürm. Gyrinus concinnus Klug. Gyrinus marinus Gyll. Ilybius subaeneus Er. Phyllhydrus marginellus Fabr. Phyllhydrus melanocephalus L. Cercyon granarius Er. Briaxis impressa Panz. Aleochara moereus Gyll. Bolitobius formosus Gray. Staphylinus fulvipes Scop. Lathrobium rußpenne Gyll. Bledius arenarius Payk. Paederus riparius L. Lathridius rugicollis Ol. Catops tristis Panz. Serica brunnea L. Laccopliilus minutus L. Corticaria pubescens Gyll. Rhizophagus polita Helln. Serica holoserieea Sc. Oxyomus silvestris Scop. Aegialia arenaria Fabr. Dascyllus cervinus L. Rhizotrogus ochraceus Knoch. Cardiophorus cinereus Hbst. Lampyris noctiluca L. Lampyris splenclidula L. Trichodes apiarius L. Malachius viridis Fabr. Orchesia picea Herbst. Anaspis frontalis L Anthicus gracilis Panz. Cantharis vesicatoria L. Barypeithes mollicomus Ahr. Hypera fasciculata Herbst. Hypera polygoni Fabr. Anthicus antherinus Gyll. Cionus pulchellus Herbst. Cionus tuberculosus Scop. Nanophyes lythri Fabr. Nanophyes globulus Germ. Smicronyx variegatus Sch. Orchestes testaceus Müell. Orchestes salicis L. Coeliodes rubicundus Payk. Erirhinus acridulus L. Erirhinus affinis Herbst. Baridius T-albus L. Rhynchites betulae L. Rhynchites bachus L. Rhynchites populi L. Cossonus cylindricus Sahlb. Oberea oculata L. Pogonocherus hispidus Schrad. Leptura rußpes Schall. Macrocephalus albinus L. 14 15 Dendroctonus piniper da L lÄmnebius atomus Dufs. Valgus hemipterus L. Haemonia Ruppiae var. baltica Seidl. Lema asparagi L. Clythra longimana Sc. Clythra unifasciata Sc, Donacia vulgaris Herbst, Calornicros pinicola L. Eumolpus obscurus L. Agelastica alni L. Agelastica lialensis L. Cryptoceplialus aureolus Suffr. Galeruca nympliaeae L. Halyzia ocellata L. Lycoperdina succincta L. Bruchus luteicornis III. Phyllobrotica quadrimaculata L. Von den vorgenannten Käfern sind einige neu für die Provinz Westpreussen; für Ost- und Westpreußen ist neu Uhizotrogus ochraceus KNOCI1. Als echte Seestrandbewohner sind anzusehen: Cicindela maritima, Bembidium pallidipenne, Gyrinus marinus , Serica brunnea, Aegialia arenaria und Haemonia Ruppiae var. baltica , Weiterhin bespricht Herr Stadtrath Dr. HELM-Danzig unter Vorlage der Belagstiicke die von ihm bisher gesammelten Donacien der Provinz Westpreussen. Es sind dies: Donacia crassipes Fabr. D. versicolor Brahm. D. sparganii Ahr. D. dentipes Fabr. D. limbata Panz. D. bicolor Zsch. D. obscura Gyll. D. thalassina Germ. D. impressa Payk. D. sericea L. D. braccata Scop. D. consimilis Schrank. D. affinis Kunze. D. var. rvstica Kunze. D. semicuprea Panz. C. clavipes Fabr. D. simplex Fabr. D. vulgaris Zsch. D. fennica Payk. D. var. Malinowski Ahr. D. cinerea Herbst. D. tomentosa Ahr. Haemonia Ruppiae var. baltica Seidl. Herr Dr. HELM-Danzig legt sodann noch den schönen bei uns vor¬ kommenden Carabus nitens L. in mehreren Exemplaren vor, welche sehr auffällig die nach Farbe und Größe verschiedenen Abänderungen erkennen lassen, die bei dieser Käferart zu beobachten sind. Derselbe lenkt schließlich die Aufmerksamkeit der Versammlung auf eine in neuerer Zeit nach Danzig verschleppte Pflanze, Phacelia tanacetifolia Benth., die zu den Hydrophyllaceen, einer den Boraginaceen nahestehenden Pflanzen¬ familie, gehört. Diese mit doppelt fiederschnittigen Blättern, borstig rau¬ haarigem Kelch und blauen Blüten ausgestattete Pflanze findet sich u. a. bei Danzig vor dem Leegen Thore auf den Festungswällen, am Bischofsberge und am Wege nach Krampitz, oft in großen Beständen. Herbarexemplare der Art werden gezeigt. — Herr Professor Dr. BAiL-Danzig bemerkt dazu, daß die Pflanze neuerdings als Bienenpflanze beliebt und vielfach bei uns an¬ gepflanzt ist und an mehreren Stellen unserer Provinz verwildert vorkommt. 15 16 Mit einer Reihe specieller Verhältnisse des Kreises und der Stadt Flatow macht wiederum der nächste Vortrag die Versammlung bekannt. Herr Rector GoERKE-Flatow bringt in ausführlicher Darstellung eine Anzahl von Bildern Aus Flatow’s Natur und Geschichte. Sehr verehrte Anwesende! Ueber die Pflanzen- und Thierwelt des Kreises Flatow kann ich Ihnen leider nicht viel mehr sagen, als Ihnen wohl schon bekannt sein dürfte, und nur auf Zureden des Herrn Professor Dr. Conwentz wage ich es, einige Worte zu sprechen. Die Flora des Kreises haben u. A. die Botaniker Abromeit, Caspary und Rosenbohm erforscht. Sie weicht wenig von der der Nachbarkreise ab. Kiefern. Eichen, Rothbuchen, Birken und Erlen sind reichlich vorhanden Das häufigste Unterholz ist der Wacholder, während den Boden der Wälder Blaubeer-, Erdbeer- und Preißelbeersträucher bedecken. Von seltenen Waldbäumen kommen im Kreise vor: 1. Die Elsbeere, Pirvs torminalis Ehrh , im herrschaftlichen Walde von Sypniewo, im Prinz- lichen Schutzbezirk Kujan (Blumeninsel und nördlich davon), im Schutzbezirk Kl. Lutau und im Schutzbezirk Schwiede, letztere beide zur Königlichen Forst gehörig. 2. Eine sogenannte zweibeinige Eiche, Quercus pedunculata Ehrh.; sie steht in der Kujaner Forst, Belauf Wersk, unweit des Borownosees. Zwei nahezu gleich starke 80 — 90jährige Eichen, die am Boden 83 cm von einander abstehen, neigen sich in ca. ä^m Höhe zusammen und bilden dann einen Stamm. Die Verwachsung ist eine so vollkommene, daß die Nähte kaum zu erkennen sind 3. In dem Königlichen Schutzbezirk Neuhof eine Schlangenkiefer, Pinus silvestris L. 4. Ebendort eine Pyramiden-Weißbucke, Carpinus betulus E. Von niedrigen Pflanzen wachsen auf feuchtem Sandboden ganze Kolonieen von Pestwurz, Petasites officinalis Mnch , und auf Lehmmergel der kleine Huflattich, Tussilago farfara L Auf sandigem Boden werden als Futterpflanzen gelbe und blaue, sehr selten weiße Lupinen urd Seradella angebaut, und in letzter Zeit hat auch die zottige Wicke, Vicia villosa Roth, große Verbreitung gefunden. Sehr in die Augen fallend ist auch der Umstand, daß die Sümpfe unseres Kreises häufig die eigenartig geformten großen Bülten einer Carex-kvt enthalten. Auf Frifdrich’s des Großen Befehl versuchte man auch im Kreise Flatow, Maulbeerbäume zur Seidenraupenzucht anzupflanzen Im Jahre 1777 bereiste der Plantagen-Inspektor Barandon auf königlichen Befehl den Kreis, „um diejenigen Oerter, welche sich zum Anpflanzen der Maulbeerbäume und deren Zucht qualificiren, auszumitteln, deren Eigenthiimer zur Pflanzung zu animiren und ihnen dazu und zum Seidenbau die erforderliche Anweisung zu geben“ Der Magistrat zu Flatow wuirde im Mai 1777 aufgefordert, Herrn Plantagen-Inspektor Barandon „alle mögliche Assistance zu leisten“. Barandon kam und untersuchte, unterwies und animirte; doch als im folgenden Jahre der Kriegs- und Domänenrath Schroeter anfragte, ,, wieviel die Seidenbau- Lustigen für dieses Jahr an Seiden-Graines und Mau'beersamen bedürfen“, 16 17 antwortete Bürgermeister Kelch, daß in Flatow zum Anbau der Maulbeer¬ bäume „demohnera eiltet solches den hiesigen Einwohnern so vielfältig bekannt gemacht worden, sich auch kein einziger verstehen will.“ Erst zwei Jahre später erklären sich, weil die Bürger sich ablehnend verhielten, auf fort¬ gesetztes Drängen der Behörden der Bürgermeister Kelch und der Kämmerer Hübe bereit, Maulbeerbäuiuchen zu pflanzen, wenn ihnen ein gewisser Stadt¬ anger dazu freigegeben würde. Das geschah und 1781 pflanzte der Bürger¬ meister sechs Stück 3 — 4jährige Maulbeerbäume, von denen aber vier bald ein¬ gingen. Im nächsten Jahr wird berichtet, daß „kein einziger von der Bürger¬ schaft sich mit Anpflanzen von Maulbeerbäumen selbst vielleicht aus Unschick¬ lichkeit (wie das damalige Stadtoberhaupt schreibt) befassen will“. Trotzdem bittet der Magistrat um 1 Pfund Maulbeerbaumsamen. Unter diesen Verhält¬ nissen mutliet uns die Aufforderung des Kriegs- und Domänenraths Schroeter wunderbar an, den Seidengewinnst an das Seidenmagazin zu Berlin portofrei einzusenden. Darauf gingen der Stadt zwei Instructionen zu, welche noch jetzt im hiesigen Stadtarchiv sich befinden: 1) Die vom Plantagen-Inspector Thym herausgegebene Instruction „Ueber die Verfahr ungsart mit dem Maulbeer¬ samen“ und später (1793) die „Kurze Anweisung zur Maulbeerzucht und ge¬ hörigen Betrieb des Seidenbaues von Daniel Ludwig Deutsch, Königl. Mittelmärkischem Plantagen-Inspector. Berlin, gedruckt bei Joh. Carl Eriedr. Bellstab“. Diese Anweisung kam auch in polnischer Sprache heraus. Aber alles fruchtete nichts; 1782 schrieb der Magistrat an den Domänenrath Schroeter: „Ew. Wohlgeboren zeigen wir in ganz gehorsamster Pflicht an, wie sich allhier kein Bürger mit Anziehung der jungen Maulbeerbäume, ebenso auch mit denen Seiden-Graines und Anziehung des Seidenbaues befassen will. Und da nun dieses zwar wohl nicht eine Beschäftigung vor einen groben Ackersmann, wohl aber vielmehr vor die hiesige Geistlichkeit wäre, so will Magistratus samt der hiesigen Geistlichkeit eine Maulbeerbaumschule anlegen, wozu wir uns combinatim den nöthigen Samen durch Ew. Wohlgeboren höchstgeneigte Fürsorge zur Zeit erbitten.“ Den ihnen zugesandten Samen ließen die Herren aber einige Jahre liegen und berichteten dann, daß wenig oder garnichts aufgegangen. 1785 wird gemeldet: „Der- vorjährige harte Winter hat alle unsere Bemühung so fruchtlos gemacht, daß alle aufkeimenden Maulbeerbäume verfroren.“ 1786: „Die jungen Pflanzen sind wegen des harten Winters ausgefroren.“ Und wenn im Jahre darauf die erfreuliche Mit¬ theilung gemacht wird „Kein Same gerieth besser als des Herrn Canonici und Probstes von Bronisz“, so wird diese Freude durch die nächsten Be¬ richte gedämpft, welche lauten: „Ew. Wohlgeboren müssen wir ganz gehor- samst anzeigen, wie wir wegen Pflanzung unserer Maulbeerbäume nicht das beste Glück haben; es muß lediglich dem Acker zugeschrieben werden“; und „wir zeigen ganz gehorsamst an, wie uns unsere Maulbeerbäume fast garnicht gerathen“. Doch von 1790 ab haben die Flatower in diesen Unternehmungen mehr Glück: 1790 sind 30 junge Stämmchen, 1791: 10 zweijährige und 20 2 17 18 fünfjährige Bäumchen, 1792 : 50 Bäumchen in Saatbeeten, 10 dreijährige, 20 fünf- bis neunjährige. Diese Zahlen vergrößern sich in den folgenden Jahren immer mehr, so daß im Jahre 1796 in den Samenbeeten 120 Pflänz¬ linge und außerdem 42 vierjährige und 75 fünf- bis neunjährige Bäumchen, im Ganzen 237, und im Jahre 1798 gar 334 Stämmchen vorhanden waren. Im Jahre 1793 erging auch eine Verfügung, der zufolge sämmtliche Kirch¬ höfe und Begräbnißplätze mit Maulbeerbäumen bepflanzt werden sollten. Das geschah auch in unserer Stadt; wenn es aber schon 1797 heißt: „die allhier in vollem Lande auf die katholischen Kirchhöfe ausgesetzten 75 Stück Bäume sind alle ausgegangen“, so geht der Bestand in den folgenden Jahren derart zurück, daß 1801 nur noch 83 Stämmchen in der ganzen Stadt vorhanden sind. Der Bürgermeister giebt in Bezug hierauf folgende Erklärung: „Dieses Minus ist theils durch den diesjährigen starken Frost verursacht worden, theils sind auch viele Bäume auf dem katholischen Kirchhofe durch die schlechte Oekonomie des Probst Robaszkiewicz, da er Pferde und Vieh, Schweine und Gänse auf dem Kirchhofe zu grasen erlaubt, desolieret worden“. Dann kam noch der kälteste Winter unseres ganzen Jahrhunderts, der von 1802/3, der auch den lezten Rest der Maulbeerbäumchen vernichtete, so daß im Sommer 1803 kein einziger Maulbeerbaum in Flatow vorhanden war. So wurde wenigstens amtlich berichtet; einige Bäumchen wußten sich jedoch den Augen der wohllöbl. Polizei zu entziehen und wuchsen weiter; der letzte be¬ fand sich im Garten der hiesigen Apotheke noch vor ca. 20 Jahren. Pa der Maulbeerbaum bei uns in Norddeutschland nicht mehr vollkommen winterhart ist, und am allerwenigsten bei uns in Westpreußen, mußte die Aufzucht der Seidenraupen mit den Blättern des Maulbeerbaumes auf die größten Schwierig¬ keiten stoßen; dieses war die Ursache, daß das Ziel, welches Friedrich der Große anstrebte, Deutschland in seinem Seidenbedarf vom Auslande unab¬ hängig zu machen, nicht erreicht wurde. Wie vielleicht nicht allen bekannt sein dürfte, sucht man dieses Ziel jetzt dadurch zu erreichen, daß man die Raupe des Seidenspinners mit den Blättern der Schwarzwurzel ( Scorzonera hispanica L.) bei einer gleichmäßigen Temperatur von 18 bis 20° R. aufzieht. Dr. Udo Dämmer, Kustos am König!. Botanischen Museum zu Berlin, hat darüber eine Broschüre geschrieben und darin u. a. mitgetheilt, daß die Auf¬ zucht der Seidenraupen mit Schwarzwurzelblättern sogar in Petersburg durch¬ geführt und auch noch weiter nördlich ausführbar ist. Diese Schwarzwurzel wird bei uns in Flatow angebaut, und wenn die Damen und Herren einmal wieder unser Städtlein aufsuchen, können wir Ihnen vielleicht schon Proben von Seide vorlegen, die wir hier gewonnen haben. Ich wende mich zur Thierwelt. Gefährliche Raubthiere sind jetzt voll¬ ständig ausgerottet. Ehedem kamen sie jedoch nicht selten vor; so wird berichtet, daß 1780 ein Bär bei Zempelkowo Schaden angerichtet habe, und daß 1783 drei Bären bei Suchoronczek sich gezeigt haben. Länger hielten sich im Kreise die Wölfe. Bürgermeister Kelch schreibt an seine Vorgesetzte Be- 18 19 hörde, daß am 3. Oktober 1789 in der Umgegend von Flatow ein Wolf ver¬ schiedentlich Schaden gethan habe; so habe er dem Ackerbürger Friedrich Hasse einen Ochsen für 20Thaler und dem Käthner Thomas Pawellek eineKuh zerrissen. Man stellte sogleich eine Wolfsjagd an, die aber ergebnißlos verlief. Noch in diesem Jahrhundert wurden in Kujan und Flatow Wolfsjagden abgehalten, so am 15. und 16 März 1804. Am 15. Dezember 1805 schreibt der Grundherr von Flatow, Ritterschaftsrath von Gerhard, an den Magistrat vou Flatow: ,,Nach der hier eingegaugenen Verfügung des Herrn Landesdirektor von Hagen soll sich in der Gegend bei Bromberg ein wüthender Wolf aufgehalten und schon vielen Schaden angerichtet haben. Um desselben habhaft zu werden, so ist von der Kgl. Kammer eine allgemeine Wolfsjagd den 20. und 21. d. M. (Dezember 1805) festgesetzt.“ Auch für den 20. und 21 . Februar 1805 wurde eine Wolfsjagd angesetzt, ebenso für den 29. November 1809. Zu allen Wolfsjagden mußten die in dem Bereich des Jagdgebietes gelegenen Städte und Dörfer Treiber stellen; die letzte Jagd, zu welcher die Städte und Dörfer zu dergleichen Leistungen hier zugezogen wurden, fand am 15. und 16. Februar 1819 zu Kujan statt. Doch sind seit jener Zeit wiederholt Wölfe geschossen worden; heutzutage sind sie vollständig ausgerottet. Es wurden ja seinerzeit Prämien auf Erlegung von Wölfen ausgesetzt; um den Eifer im Erlegen dieser Thiere zu erhöhen, wurden im Jahre 1806 die Prämien erhöht. Am 19. Mai desselben Jahres machte der Kriegs- und Steuerrath Schuelke aus Dt. Krone, dem damals Flatow unterstellt war, bekannt, daß die Prämie für getödtete Wölfe erhöht sei. Es wurden gezahlt: 18 Thaler für einen alten Wolf, 9 Thaler für einen jungen Wolf und 3 Thaler für einen Nestwolf. Das Geld für die Prämien mußten die Viehbesitzer nach der Stückzahl ihres Viehes entrichten — Da ich nun dabei bin, alte Verfügungen zu citiren, so will ich auch anführen, daß im Jahre 1780 das bereits am 22. Juni 1744 erlassene „Renovirte und geschärfte Edikt wegen Ausrottung der Sperlinge und Krähen“ in Erinnerung gebracht wurde. Bereits am 11. Dezember 1721 und am 8. Januar 1731 wurden Anordnungen getroffen, daß ,, diese schädlichen Vögel, die sowohl den Feld- als Gartenfrüchten großen Schaden thun, ausgerottet werden“ sollten. Das renovirte Edikt befiehlt im Jahre 1780, daß auch die Städte Westpreußens Sperlingsköpfe „dergestalt liefern sollten, daß diejenigen Häuser, wobei Acker ist, jedes Haus 12 Köpfe, ein Gärtner oder Planteur von Profession, so im Garten wohnet und davon lebet, fünfzehn Stück“ liefern müsse. Eine Circular-Verfügung des Kriegs- und Steuerraths Schuelke in Dt. Krone vom 31. October 1803 verlangte, jeder Hausbesitzer, welcher Land habe, solle 3 Sperlingsköpfe, derjenige Hausbesitzer ohne Land, jedoch mit Garten, 2 Sperlingsköpfe, und jeder Einlieger 1 Sperlingskopf liefern. Für jeden fehlenden Sperlingskopf sollte ein Dreier gezahlt werden. Im Jahre 1805 hatte Flatow 370 Sperlingsköpfe zu liefern, es wurden aber nur 62 Köpfe abgegeben, für die fehlenden wurden bezahlt 3Thlr. 5 Gr. Im Jahre 1806 sollten 367 Sperlingsköpfe einkommen, es wurden 43 geliefert und 3 Thlr. 9 Gr. gezahlt. 19 2* 20 Tn ähnlicher Weise sollten die Bewohner von Flatow Krähenfüße abliefern, aber auch in dieser Beziehung blieb das Haben weit hinter dem Soll zurück. Als Friedrich der Große Westpreußen in Besitz genommen hatte, ließ er nichts unversucht, um den Wohlstand des Landes zu heben. Zu diesem Zwecke wollte er auch die Bienenzucht fördern. Daher mußten alljährlich die Stadtverwaltungen den Kriegs- und Steuerräthen, die Dorfbehörden den Landräthen Bienenstandstabellen einsenden. In diesen mußten die Imker namentlich verzeichnet und die Anzahl der Bienenstöcke angegeben werden. Stellte sich in der Anzahl der Stöcke ein Minus heraus, so mußten die Ur¬ sachen der Verminderung angegeben werden. Nach diesen Bienenstands¬ tabellen gab es in Flatow im Jahre 1778 nur 4 Imker, welche zusammen 16 Bienenstöcke besaßen. In den beiden nächsten Jahren wuchs die Zahl der Bienenstöcke auf 20 und 35, im Jahre 1783 wurde die höchste Anzahl von Bienenstöcken erreicht, nämlich 42. Voll Stolz schreibt Bürgermeister Kelch an den Kriegs- und Steuerrath Schroeter: Wir können uns eines gesegneten Bienenjahres rühmen, da wir nur im abgewichenen März 19 Bienen¬ stöcke hatten, jetzo aber 42, und also 23 mehr haben Diese Zahl wurde nie mehr erreicht; es schwankte später die Zahl der Bienenvölker zwischen 9 und 38, und als Ursache der Verminderung wurde bald der große Frost angegeben, bald auch berichtet, daß die Bienenkörbe ,, durch das sich hier herumtreibende lose Gesindel gestohlen“ seien; bald wurde der Verlust den Raubbienen, bald Feuersbrünsten, bald auch den bösen Kriegszeiten zuge¬ schrieben. Der Honig wurde in der Weise gewonnen, daß man den größten Theil der Bienenvölker durch Ausräucher n tödtete ; manchmal war der Honig¬ ertrag sehr gering, weil, wie der Bericht von 1793 lautet, „die Imker den mehresten Gewinst an die schlechten Bienenstöcke zum Futter hergeben mußten“. 100 Jahre sind diese Berichte alt; und wenn wir fragen: Wie steht’s heute mit der Bienenzucht in Flatow?, so muß leider die Antwort ge¬ geben werden, daß auf .diesem Gebiete Flatow fast keine Fortschritte gemacht hat. Nur sehr wenige Bienenstände sind vorhanden. Es liegt dies wohl nicht an der Bequemlichkeit der Leute, sondern die vielen Seeen, welche Flatow umgeben, erschweren die Bienenzucht, ja sie machen sie vielleicht geradezu unmöglich. Hierauf spricht Herr Professor Dr. BocKWOLDT-Neustadt Ueber das Vorkommen von Blitzschlägen an Rothbuchen. Während wohl bisher allgemein die Ansicht herrschte, daß Rothbuchen überhaupt nicht vom Blitze getroffen würden, ist dem Vortragenden in diesem Jahre wenigstens ein solcher Fall bekannt geworden. Gelegentlich eines Gespräches über diesen Gegenstand wurde er vom Förster a. D. Heinrich auf eine von einem Blitze getroffene Rothbuche aufmerksam gemacht. Sie steht bei Neustadt Westpr. am Nordsaume des Waldes zwischen dem Gräflich 20 21 KEYSERLiNGii’schen Parke und dem katholischen Kirchhof in unmittelbarer Nähe einer Ruhebank. Durch den Blitzstrahl ist der Stamm von oben bis unten mit Spalten versehen und, wie es scheint, erst später durch einen Sturm der Spitze beraubt. Es wird sich empfehlen, in dieser Hinsicht weitere Beobachtungen anzustellen und etwaige derartige Fälle dem Provinzial-Museum in Danzig mitzutheilen*). Der II. Schriftführer des Vereins, Herr Oberlehrer Dr. LAKOWITZ-Danzig bringt die unterdessen zahlreich eingegangenen brieflichen und telegraphischen Begrüßungen zur Kenntniß der Versammlung, darunter solche unserer Corres- pondirenden Mitglieder, der Herren Professor Dr. P. AsciiERSON-Berlin, z. Z. Frankfurt a. 0., Professor Barthel- Breslau und Procurant beim Norddeutschen Lloyd W. Kauffmann- Bremen, z. Z. Berlin; ferner der Herren Reichsgerichts¬ rath von BuENAU-Leipzig, Provinzial-Museums-Director Professor Dr. Conwentz- Danzig, z. Z. St. Petersburg, Kaufmann FRiTZ-Christburg, z. Z. Berlin, Ober¬ lehrer Dr. HOHNFELDT-Marienwerder Wpr, Rector K ALMUSS-Elbing, Landrath Freiherrn von Massenbach - Flatow, z. Z. Braunsberg, Consul A. Meyer- Danzig, Professor A. MoMBER-Danzig (im Namen der Naturforschenden Gesell¬ schaft in Danzig), Probst Preuschoff - Frauenburg Opr. , Bergreferendar A. ScHMiDT-Halle a. S., Professor Dr. WiNKELMANN-Stettin, sowie der Damen Fräulein Elisabeth LEMKE-Berlin, z. Z. Oschekau bei Gilgenburg Opr., und Frau .Marie Luetzow in Oliva. — Weiterhin legt Derselbe den kürzlich erschienenen Bericht über die vorjährige Wander -Versammlung in Stuhm, Pfingsten 1898, vor und lenkt die Aufmerksamkeit der Versammlung — insbesondere der Nichtmitglieder, da die Mitglieder den Bericht ja bereits für sich erhalten haben — auf einige der darin abgedruckten Vorträge und Originalarbeiten Auch bespricht er eine dem Verein neuerlichst zugesandte Arbeit über die Hauptgiftpflanzen der Vereinigten Staaten. Ferner weist Derselbe kurz auf die vor drei Wochen von Hamburg aus in See gegangene erste deutsche Tiefseeexpedition, unter Führung von Pro¬ fessor Dr. CiiUN-Leipzig, hin. Die von derselben mit Sicherheit zu erhoffen¬ den reichen Ergebnisse über die Pflanzen- und Thierwelt des Ozeans werden befruchtend auch auf die Erforschung der Lebewelt der Binnengewässer wirken. Endlich spricht Herr Oberlehrer Dr. LAKOWITZ-Danzig in ausführlichem Vortrage über Die winterliche Mikrofauna und Mikroflora des Klostersees bei Karthaus Wpr, Als Tortragender vor mehreren Jahren seine Untersuchungen über die niedersten Pflanzen und Thiere des Klostersees bei Karthaus begann — IJnter- *) Leider ist der Baum, der ganz einzugehen drohte, im Winter 1899/1900 der Axt des Holzschlagers zum Opfer gefallen. Zusatz des Vortragenden heim Druck.) 21 22 suchungen, die vom Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Verein materiell unterstützt wurden, und über welche Vortragender bereits auf den Wander- Versammlungen in Karthaus und in Stulim kurze vorläufige Mittheilungen ge¬ macht hat — , hatte er auch Gelegenheit während der Wintermonate die Arbeiten fortzusetzen. Schon am 1. Dezember 1895 war eine betretbare Eis¬ decke gebildet, die sich bis Anfang März 1896 hielt. Mit einem Planktonnetz aus engmaschiger Seidengaze wurde unter dem Eise in 0 m und bis binab in 19 m Tiefe das Wasser durchsiebt. Wohl herrschte früher die Ansicht, daß die Natur zur Winterszeit ruhe, eine Anschauung, entnommen aus der oberflächlichen Betrachtung der organischen Wesen während dieser Zeit. Längst ist aber festgestellt, daß auch zur kalten Jahreszeit der nämliche Kreislauf des Werdens und Vergehens stattfindet, wie zur warmen Zeit, in dieser nur eine stärkere Energie offen¬ barend. Sehr leicht kann man sich z. B. davon überzeugen, daß im Boden auch während der Winterkälte die Wurzeln der Bäume neue Triebe bilden, falls die Bodentemperatur noch nicht unter 0° heruntergegangen ist. Mehr noch als der feste Boden ruft die weite Wasserfläche während der Frostperiode den Eindruck des Abgestorbenseins hervor. Die Ufervegetation ist hingewelkt, was das Wasser an leichter sichtbaren Pflanzen birgt, ist von der Eisdecke eingehüllt, die Vogelwelt ist verschwunden, und auch sonst regt sich nichts von den Vertretern der Thierwelt des Wassers. Wenn irgendwo, so meint man wohl in Bezug auf Wasseransammlungen — Vortragender denkt eben in erster Linie an unsere Landseeen und Teiche — sagen zu dürfen, daß dort das Leben im Winter ruhe. Nur die Fische, weiß man, drängen sich an die in das Eis geschlagenen Wunen und deuten an, daß dort unten sich doch noch Leben regt. Auch meint man anderseits, daß die meisten Organismen, auf den Boden gesunken, mehr oder minder in einen Ruhestand übergegangen, einer gewissen Lethargie verfallen sind. Der directe Versuch, ein Zug mit dem feinen Planktonnetz, belehrt uns eines Anderen. Zog Vortragender das Netz dicht unter dem Eise horizontal hin, so gewahrte er während der ganzen Winterzeit organisches Leben in den im Netze zurückbleibenden Proben. Vornehmlich waren es Räderthierchen aus den Gattungen Anuraea, Triarthra , Brachionus , Polyarthra , Asplanchna , die sich im Wasser von 0 bis -}- J/ 2 0 C. herumtummelten; ferner Protozoen, wie Codonella , Periclinium , und Krebsthierchen, Cyclops, Bosmina, Diap- tomus , Chydorus , Daphnia- Arten. — Doch woher sollten diese ihre Nahrung nehmen, da sie doch nicht assimiliren können? Also mußten auch pflanzliche Wesen vorhanden sein, und wirklich fanden sich bei so niedriger Wassertemperatur auch Algen noch in frischem Zustande, so Ulothrix-Fäden, Coelosphaerium , BotryococcuSj Pediastrum , Anabaena und auch Pandorina ; zwar natürlich nicht so reichlich wie zur Sommerzeit, aber doch in nicht zu übersehenden Mengen. Dicht unter der Oberfläche fehlteu auffallender Weise die Diatomeen völlig. Wie Beobachtungen an anderen Gewässern gezeigt haben, dürften diese Wesen 22 23 auf dem Grunde fortvegetiren, um dann zum Frühjahr — das ist ihre Haupt- periode — an die Oberfläche emporzusteigen. — Senkte Vortragender das Netz noch tiefer hinab — unter 10 m — so fand er auch Synedra ulna, ferner die genannten Krebse in großer Menge und auch eine Insectenlarve, Corethra plumicornis, in Masse. Doch nicht bloß die Anwesenheit der ca. 30 Lebeformen — im Sommer sind es bei weitem mehr, da viele andere zur Winterzeit Dauerzustände ein- gehen und sich auf den Boden herabsenken — an sich ist interessant. Nur nebenbei sei hingewiesen auf die hohe ökonomisch wichtige Bedeutung ihres Vorhandenseins für das Gesammtleben der Gewässer, das Leben der Fische und anderes mehr. Interessant ist vor allem, wie sich diese Wesen in der Winterzeit verhalten. Die Pflanzen zeigten nichts Auffälliges, ein frisches Gedeihen war ihnen nicht anzusehen, eher eine Verminderung ihrer Lebens¬ energie. Anders die Thiere. Die kleinen Räderthiere, z B. Anuraea aculeata, waren durch die ganze Zeit, besonders im Dezember, mit Eiern ausgestattet, die sie mit sich herumtrugen, und aus denen sich dann bald junge Wesen ent¬ wickelten, ebenso Brachionus und auch Triartlira. Weiterhin trugen die Cope- poden Cyclops strenuus Eiersäcke und Bosmina Eier und Embryonen; auch fanden sich zahlreiche iVawpfovs-Larvenformen von Copepoden. Diaptomus und Cyclops zeigten das Auftreten von Männchen mit reifen Spermatophoren. Die Herabminderung der Wassertemperatur bis nahe an den Nullpunkt that demnach dort unten weder dem einen Faktor des Lebens, dem Hunger, noch dem anderen, der Liebe, irgend welchen Abbruch. Und noch ein Auffallendes darf nicht unerwähnt bleiben. An einzelnen Lebewesen rufen die veränderten physikalischen Verhältnisse, vielleicht auch der spärlichere Nahrungszufluß, eine Reduzirung der Körperform, im ganzen wie an bestimmten Körperstellen, hervor. So fand Vortragender Daphnia cucullata im Winter nicht mehr mit der Helmform, sondern mit abgerundetem Kopfe, auch der Schalenstachel erschien kürzer als zur Sommerzeit. Das ist auch anderen Beobachtern schon aufgefallen. Neu scheint Vortragendem die Gestaltveränderung an Anuraea aculeata zu sein, deren Stacheln im Winter auffallend kurz waren; zugleich waren die Stirnstacheln plumper als zur Sommerzeit. Normale Formen kommen dazwischen, aber doch nur spärlich, vor. Als Vortragender damals die Literatur nachschlug, fand er, daß auch in Schweizer Seeen und im Rhein von Imhof und Lauterborn das Verhalten der Mikrowelt unter dem Eise verfolgt ist, doch haben diese Beobachter nur auf die Anwesenheit bzw. das Fehlen der Formen hingewiesen. Apstein geht schon mehr auf die Formveränderungen ein, und Seligo hat bei seinen Unter¬ suchungen in den Stuhmer Seeen gerade vorwiegend die Formveränderungen beachtet, obwohl er unter Eis nicht viele Beobachtungen anstellen konnte, da solches während seiner Untersuchungen nicht lange genug vor¬ handen war. 23 24 Fragt Jemand, warum man sich gerade mit diesen winzigen Organismen des Wassers so eingehend beschäftigt, so ist darauf hinzuweisen, daß diese kleinen, leicht zu überschauenden, durchsichtigen Formen am schönsten einen Einblick in das Wesen des organischen Lebens gestatten, und daß bei ihnen die Beziehungen zwischen den Lebeformen und den physikalischen Faktoren des umgebenden Mediums sich am leichtesten werden ergründen lassen. Ferner ist die Bedeutung dieser kleinsten Wesen als Nahrung der höheren Thiere, vor allem der Fische, ein ausschlaggebendes Moment, um auch die Beschäfti¬ gung mit diesen kleinen Formen -als eine für das praktische Leben wichtige Arbeit erkennen zu lassen. Es wäre zu wünschen, daß bei dem Seeenreichthum unserer Provinz sich unter uns recht viele Bearbeiter für diese Fragen finden möchten. Vortragender giebt zum Schluß nach seinen Beobachtungen eine Uebersicht der während des Winters in dem Klostersee bei Karthaus das Plankton zusammensetzenden Organismen. I. Dicht unter dem Eise, (v = vorhanden). 1. XII. 95 22. XII. 95 5. I. 96 26. I. 96 9. II. 96 1. Anabaena circinalis Breb. (grün) — V — — — 2. Clathrocystis aeruginosa Henfr. — • — Y — V 3. Coleosphaerium Kützingianum Naeg. Y V V V — 4. Botryococcus Braunii Ktzg. (schön frisch) V V — V 5. Pediastrum Boryanum Mngh. V — — — V 6. P. pertusum Ktzg. V — — — — 7. Pandorina morum Eiirbg. V — — — — 8. Uiothrix zonata Ktzg. Y — — — — 9. Codonella lacustris Entz. 10. Peridinium tabulatum Eiirbg. (schön V — — — — grün) 11. Anuraea aculeata Ehrbg. (vereinzelt — — V — — mit Ei) V — Y V1) V 12. A. longispina Kellik. V — — V V 13. A. stipitata Ehrbg. (vereinzelt mit Ei) V . — V V V 14. Asplanchna helvetica Imh. - — V — * — V 15. Brachionus spec. — — Y V — 16. Polyarthra platyptera Ehrbg. — — • — — — 17. Triarthra longiseta Ehrbg. Y V — V V 18. Alona Leydigii Schoedl. — V V — — 19. Bosmina cornuta Jur. V — — — V 20. B. longirostris Schoedl. V — — V Y 21. Chydorus sphaericus 0. F. Muell. V — — — — 22. Cyclops spec. — V — - — — 23. Afowp/ws-Larvenformen — V — V — 24. Diaptomus gracilioides Lilljeb. — — — V3) — 9 massenhaft. 2) todt. 3) im nördlichen Th eil des Sees. 29. II. 96 V V V V V2) V Y V V V 24 25 II. In grösserer Tiefe (von 10 m abwärts) kamen noch hinzu: 25. Synedra ulna Ehrbg. 26. Synchaete mordax Eiirbg. 27. Bosmina coregoni Baird, mit Ei- und Embryobildung. 28. Cyclops spec., Männchen! 29. Cyclops strenuus Fisch., mit Eiersäcken. 30. Daphnia cucullata Sars, mit rundem Kopf. 31. Diaptomus gracilioides Lilljeb., mit Spermatophoren. 32. Coretha plumicornis Fabr., Larven. Zahlreiche charakteristische Formen unter den im Vorträge genannten Lebewesen werden vom Vortragenden während seiner Ausführungen oder nach Schluß derselben in großen Abbildungen und unter dem Mikroskop den An¬ wesenden vorgeführt, so daß dieselben sich ein gutes Bild der eigenartigen und oft abenteuerlich geformten kleinsten Lebewelt unserer Landseeen machen können. Nach Beendigung dieser Demonstrationen spricht Herr Oberlehrer Br. Schmidt -Lauenburg, unter Vorlegung des Objectes selbst, Ueber einen Krähenschädel mit auffälliger Deformation des Schnabels» Vom Lehrer Muenter in Groß Rambin, Kr. Belgard, einem auch als Bienenwirt bekannten, scharf beobachtenden Herrn wurde mir ein Krähen¬ schädel mit einer eigenthümlichen Verlängerung des Unterschnabels gegeben. Dieser Schädel stammt von einer grauen Nebelkrähe, Corvus cornix L , welche im Frühsommer 1899 das Gehöft des genannten Lehrers unsicher machte. Sie zeichnete sich durch besonders vorsichtige Scheu und Schlauheit aus und hatte es namentlich auf junge Hühnchen abgesehen, deren sie viele auf diesem und den benachbarten Gehöften während des Tages raubte, wo sie sich auf den umstehenden alten Obstbäumen gesichert aufhielt. Endlich gelang es, den Bösewicht zu erlegen. Die Krähe war trotz des mißgebildeten Schnabels gut genährt, der Schädel zeigt sich kräftig entwickelt. Die hornige Kieferbekleidung des Oberschnabels mißt in der Länge genau 4,2 cm (vom Nasenloche aus 2,3 cm), die des Unterschnabels, genau senkrecht vom vorigen Punkte aus gemessen, 5,7 cm; so daß der Unterschnabel den oberen um 1,5 cm überragt. Dieses Thier konnte seinen feisten Ernährungszustand nur erhalten, indem es sich an gute thierische Nahrung, hier an Küchel, hielt, und dies war es nur infolge seines besonders vorsichtig scheuen und schlauen Wesens im Stande, denn es bedurfte langer, aufmerksamer Nachstellungen, ehe das Thier erlegt werden konnte. Der Schnabel ist auch sonst nicht gerade normal gebildet. Der Ober¬ schnabel entbehrt der Krümmung am vorderen Ende nach unten, ja er biegt sich sogar, von 0,7 cm vor der Spitze an, etwas nach oben, so daß seine Spitze vom Unterschnabel um 0,4 cm entfernt ist. Der Unterschnabel ist absolut gerade und bildet eine scharfkantige, tiefe, vorn scharf spitze Rinne, 25 26 deren seitlicher Rand, so weit die Abbiegung des Oberschnabels reicht, eine leichte Ausbuchtung zeigt. Auch der Oberschnabel ist an der Spitze mit einer scharfkantigen Rille versehen, macht aber ganz den Eindruck, als ob er vor der Verlängerung des Unterschnabels in denselben hineingepaßt hätte, während er sonst denselben von außen zu umfassen pflegt. Die ganze vordere Hälfte des Oberschnabels zeigt sich an den Rändern nach innen gebogen, wohl in den Unterschnabel früher hineinpassend. Die Nasenlöcher sind auffallend groß und von sehr starken Borsten ähnlich wie beim Raben, Corvus corax L.; voll¬ ständig geschlossen. Darauf berichtet der Kustos am Provinzial-Museum, Herr Dr. KüMM-Danzig, indem er gleichzeitig die betreffenden Bücher der Versammlung vorlegt, Ueber einige neue Erscheinungen der botanischen und zoologischen Literatur. Es sind dies: 1) Die von unseren beiden Mitgliedern Professor Dr. P. Ascherson- Berlin und Dr. P. GRAEBNER-Berlin bearbeitete „Flora des Nordost¬ deutschen Flachlandes“, welche als erweiterte zweite Auflage von Aschf.r- son’s klassischer „Flora der Provinz Brandenburg“ (1859 — 64) im Verlage von Gebrüder Borntraeger in Berlin erscheint, und deren erste Lieferung bereits auf der vorjährigen Versammlung dem Verein vorgelegt ist. Gegenwärtig ist das Werk bis auf die letzte Lieferung erschienen, und auch die Publikation dieser wird in kürzester Frist erfolgen, so daß das vortreffliche Buch dem¬ nach sehr bald vollständig vorliegen wird. Wenn das Werk auch so genaue Standortsangaben, wie eine Lokalflora, naturgemäß nicht enthalten kann, so sind dieselben, insbesondere bei den selteneren Pflanzen, doch recht eingehend, und durch ihre Zusammenfassung für ein erheblich größeres Gebiet, als es eine einzelne Provinz ist, wird ein ausgezeichneter Einblick in die pflanzengeogra¬ phischen Beziehungen des Landes und in die in den Bereich desselben fallen¬ den Verbreitungsgrenzen der Pflanzen ermöglicht. Vor allem aber ist diese Flora durch die Sorgfalt, mit der die Diagnosen der Pflanzen aufgestellt sind, und durch die kritische Bearbeitung auch der schwierigsten, durch Formen¬ reichthum oder Bastardirung sehr verwickelten Gattungen, wie Carex , Salix, Rubus, Rosa, Hieracium u. a. m., vor allen ähnlichen Werken ausgezeichnet. Jedenfalls kann sie allen Mitgliedern und sonstigen Freunden • der Pflanzen¬ welt als treuer und kaum je versagender Rathgeber bei der Bestimmung und Bearbeitung ihrer Pflanzenschätze aufs Wärmste zur Anschaffung empfohlen werden. 2) Ein im Erscheinen begriffenes Werk von Dr. R. Tuempel „Die Geradflügler Mitteleuropas“, von dem gegenwärtig etwa die Hälfte fertig 26 27 vorliegt. Von den Insecten erfreuen sich bisher eigentlich nur die beiden Ordnungen der Käfer und der Schmetterlinge eines eingehenderen Interesses weiterer Kreise; ebenso sind nur diese beiden Ordnungen bislang durch aus¬ führlichere, gute, mit einer das Bestimmen der Thiere erleichternden reich¬ lichen Zahl auch farbiger Abbildungen ausgestattete und nicht zu kostspielige Bearbeitungen dem naturwissenschaftlich sich interessirenden Publikum allgemein zugänglich gemacht. Das ist um so mehr zu bedauern, als gerade einige der anderen Insectenordnungen, wie die Orthopteren, Neuropteren, Dipteren etc., infolge der sehr viel mannigfaltigeren Daseinsbedingungen;, unter denen ihre Vertreter leben, eine unvergleichlich viel größere Fülle der interessantesten Erscheinungen, besonders in entwickelungsgescbichtlicher Beziehung, dem sich mit ihnen beschäftigenden Naturforscher und Naturfreunde darbieten, wie die beiden bisher bevorzugten Ordnungen. Für die Orthopteren hilft nun das vorliegende Werk dem Mangel an einer geeigneten Bearbeitung in sehr er¬ freulicher Weise ab. Der Verfasser hat den Begriff der Orthoptera im weitesten Sinne gefaßt, indem er nicht nur die eigentlichen Geradflügler, Orthoptera genuina, sondern auch die Pseudoneuroptera und Physopoda in den Rahmen seiner Arbeit gezogen hat. Von allen diesen giebt er nicht nur eine genaue Beschreibung sämmtlicher, bis jetzt im Gebiet bekannt gewordener Familien, Gattungen und Arten, sowie sorgfältig ausgearbeitete Bestimmungs¬ tabellen, sondern auch eine Fülle interessanter biologischer und entwickelungs¬ geschichtlicher Details, die zur Vertiefung des Studiums dieser Thiere und zu einem wahren Verständniß ihres Organismus in hervorragendem Maße bei¬ zutragen geeignet sind. Sehr zahlreiche, großentheils in ganz vorzüglicher Weise farbig ausgeführte Abbildungen erleichtern außerordentlich das Bestimmen der Thiere für den Sammler, der auch sonst manchen bemerkenswerthen Finger¬ zeig über die technischen Fragen des Fanges, der Präparation etc. in dem Buche findet. Es steht zu erwarten, daß das bis jetzt vortreffliche Werk, dessen zweite Hälfte hoffentlich der ersten bezüglich der Güte der Ausführung nicht nachstehen wird, zahlreiche Naturfreunde dem Studium der behandelten Kerfthierordnung zuführen wird, was im InteresseunsererKenntniß der heimischen Insectenwelt wie im Interesse einer Vertiefung und Belebung des Natur¬ studiums überhaupt nur mit Freuden zu begrüßen wäre. 3) Ein kürzlich vollendetes Werk von Professor Dr. Kurt Lampert ,,Das Leben der Binnengewässer". Wie bekannt — den Mitgliedern unseres Vereins besonders durch die mehrfachen Vorträge und Mittheilungen des Herrn Oberlehrer Dr. Lakowitz — , ist die Erforschung der Binnengewässer seit einer Reihe von Jahren in regen Fluß gerathen. Zahlreiche Arbeiten über die geologisch-geographischen, physikalischen, chemischen und biologischen Verhältnisse unserer Landseeen und Flüsse, wie über die in denselben lebenden einzelnen Thier- und Pflanzenformen sind erschienen und haben eine früher ungeahnte Menge in wissenschaftlicher wie in praktischer Hinsicht gleich 2? 28 wichtiger Ergebnisse zu Tage gefördert. Bislang fehlte es aber an einem die Hauptresultate aller dieser, in den verschiedenen Gesellschaftsschriften etc. sehr verstreuten Arbeiten übersichtlich zusammenfassenden Werke, das dem Nichtfachmann unter den Naturforschern, wie dem einfachen Naturfreunde eine Orientirung über das bisher in dieser Hinsicht Errungene erleichterte und ihn unter Umständen auch zu eigenen Beobachtungen auf dem Gebiete an¬ regen konnte. Von diesem Gesichtspunkte aus muß das vorliegende Werk mit Dank aufgenommen werden. Nach einem kurzen historischen Rückblick auf die Entwickelung der Binnengewässerforschung giebt der Verfasser eine systematisch nach den einzelnen Abtheilungen geordnete Uebersicht der Thier- und Pflanzenwelt der Binnengewässer sowie eine Darstellung der allgemeinen physikalisch-chemischen und biologischen Verhältnisse derselben, die mit einem kurzen Abriß der Methodik der Binnengewässerforschung schließt. Die lebendige und anregende Darstellung machen das Buch zu einer fesselnden Lectüre für jeden Naturfreund, und, unterstützt durch die sehr zahlreich ein¬ gestreuten vortrefflichen Textfiguren und 12 z. Th. farbige Tafeln, gewährt dasselbe einen guten Ueberblick über die unsere Binnengewässer bevölkernden Lebewesen, ihre gegenseitigen Beziehungen und ihre Abhängigkeit von den allgemeinen Lebensverhältnissen der süßen Gewässer. An der Hand der Be¬ schreibungen, Abbildungen und der vielen Bestimmungstabellen, die, wenn auch nicht für alle, so doch für die am häufigsten vorkommenden Fälle aus¬ reichen dürften, wird auch der einigermaßen vorgebildete Naturfreund eigene Beobachtungen in unseren Binnengewässern anzustellen in der Lage sein, die sicher zu einer Erweiterung und Vertiefung seines persönlichen Naturerkennens führen werden, unter Umständen vielleicht aber auch zu einer Bereicherung der Naturwissenschaft selbst beitragen können. Als Gegenstück zu dieser neuesten Arbeit über dieLebewelt der Binnengewässer legt Vortragender der Versammlung endlich eins der ersten diese Materie sorg¬ fältig behandelnden Werke vor, die 1781 erschienenen, für die Bewohner West¬ preußens und speciell Danzigs besonders interessanten „Beyträge zur Natur¬ geschichte der kleinsten W asserthiere, die mit bloßem Auge nicht können gesehen wer den und die sich in den Gewäsern in und um Danzig befinden. Herausgegeben von Johann Conrad Eichhorn, Pastor der Kirche zu St. Catharinen in Danzig“. Das für den damaligen Stand der Wissenschaft und der optischen Hilfsmittel ganz vortreffliche Werk legt ein ehrenvolles Zeugniß für die lebhafte Freude des Verfassers an der Natur wie für seine genaue Beobachtungsgabe ab. Wenn auch natürlich manche irrige Deutung mit unterläuft, enthält das Werk doch eine Fülle werthvoller Beobachtungen und die auf ,,acht sauber gestochenen Kupfertafeln“ abgebildeten Organismen sind zum großen Theil so gut wiedergegeben, daß der Fachmann sie mit Leichtig¬ keit danach bestimmen kann. 28 29 Weiterhin spricht Herr Kustos Dr. KuMM-Danzig über Einige wichtige bei uns eingeschleppte Pflanzenschädlinge aus der Klasse der Insecten. Anknüpfend an die Thatsache, daß eine Anzahl unsere Kulturpflanzen erheblich schädigender Insecten, wie der Colorado-Kartoffelkäfer, die Reblaus u. a. m. aus fernen Ländern, insbesondere — bei dem regen Austausch von Landesproducten, der zwischen beiden Ländern besteht — aus Amerika zu uns nach Deutschland, wenn auch nicht gerade nach Westpreußen, verschleppt sind, und daß einige davon, so z. B, gerade die Reblaus, hier vollkommen festen Fuß gefaßt und gewaltigen Schaden angerichtet haben, bespricht Vor¬ tragender des genaueren die in den letzten Jahren vielfach in den Vorder¬ grund des Interesses getretene Gefahr einer Verschleppung der San Josd- Schildlaus, Aspidiotus perniciosus Comst., zu uns. Unter theilweiser Recapi- tulation seines Vortrages über diesen Gegenstand auf der vorjährigen Ver¬ sammlung in Stuhm (vergl. den Bericht über die zweiundzwanzigste Wander- Versammlung, Seite 30 — 32, Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, N. F., X. Band, 1. Heft, Seite 53 — 55) giebt er eine gedrängte Dar¬ stellung der charakteristischen Kennzeichen und der Lebensverhältnisse dieses Schädlings und der von einer etwaigen Einschleppung desselben unseren Obst¬ pflanzungen drohenden Gefahren. Sodann berichtet er eingehend über die Ergebnisse der neuesten, z. Th. auch in Deutschland ausgeführten Unter¬ suchungen über die Vermehrung und Bekämpfung des Insects. Auch erwähnt er, daß er in seiner Eigenschaft als Sachverständiger für die gesetzlich vor¬ geschriebene Untersuchung des von Amerika eingeführten ungeschälten Obstes, bezüglich des Vorhandenseins der San Jose-Schildlaus, an zwei Sendungen getrockneter amerikanischer Birnen das Thier in mehr oder weniger Exemplaren vorgefunden hat. Ob die aufgefundenen Thiere noch lebendig oder lebens¬ fähig waren, ließ sich mit Sicherheit nicht entscheiden, da der bei den allein zur Beobachtung gelangten weiblichen Thieren vorhandene Mangel einer Be¬ wegungsfähigkeit die sichere Entscheidung dieser Frage sehr erschwert. Vor¬ tragender legt der Versammlung Präparate der untersuchten amerikanischen Birnen vor, auf denen die Schildläuse deutlich sichtbar sind. Im Anschluß an diesen Vortrag macht Herr Professor Dr. Bail- Danzig die Anwesenden darauf aufmerksam, daß man auf den Schalen unserer käuf¬ lichen Citronen und Apfelsinen bei genauer Untersuchung fast stets Schild¬ läuse — wenn auch natürlich nicht die San Josd- Schildlaus — nach weisen kann. — Derselbe weist sodann, unter Bezugnahme auf die Mittheilungen des Herrn Rector Goerke über die Versuche zur Anpflanzung des Maulbeer¬ baums in Flatow, darauf hin, daß der Maulbeerbaum durch die Versuche Friedrich’s des Großen und seiner Nachfolger, die Seidencultur bei uns heimisch zu machen, fast überall in Preußen eingeführt ist. Auch giebt er 29 30 einen kurzen Bericht aus den früher von ihm durchgearbeiteten Acten der Regierung zu Posen über die Förderung der Maulbeerbaumkultur in der Provinz Posen und erwähnt, daß die Verbreitung des Maulbeerbaumes in Schlesien ihm vor langen Jahren die Möglichkeit gegeben hat, von der Preußischen Ostasiatischen Expedition mitgebrachte junge Seidenraupen von Breslau nach Hirschberg zu überführen und noch in den großen Schulferien an denselben die durch die Corpuscules du Cornalia verursachte, als Gattine bezeichnete Krankheit der Seidenraupen zu studiren. Nach einigen Bemerkungen über die als Muscardine bezeichnete Krankheit dieser Raupen, theilt er die durch eine Reihe von Beobachtungen festgestellte Thatsaclie mit, daß die Seiden¬ raupen, welche aus einem Loth Eier hervorgehen, am letzten Tage ihrer Ent¬ wickelung etwa einen Oentner Laub verzehren. — Schließlich erinnert Herr Professor Bail daran, daß der berühmte Naturforscher Ehrenberg in Aner¬ kennung der großen Verdienste Eichhorn’s, dessen ,,Beyträge zur Natur¬ geschichte der kleinsten Wasserthiere“ vorhin vorgelegt sind, eines unserer schönsten Räderthiere Stephanoceras Eichhorni benannt hat. Herr Oberlehrer Dr. SCHMiDT-Lauenburg berichtet sodann über seine Beobachtungen an Pelorien von Linaria vulgaris Mill. Seit mehreren Jahren schon war ich bedacht, die vielfach erwähnten Pelorien von Linaria vulgaris Mill. zu finden, um zu beobachten, ob diese Rückbildung der symmetrischen Rachenblüte in die ringsum gleiche aktinomorphe Blüte fruchtbare Samen zeitige. Namentlich suchte ich, im Verein mit Herrn Major RuNGE-Lauenburg, mehrfach auf Spaziergängen im Moor nach solchen, doch, trotzdem Linaria bei Laueuburg zum Theil in großen Mengen vorkommt, stets vergeblich. Endlich gelang es mir, im Spätsommer 1898 auf den sandigen Ackerstücken südlich Lauenburgs, wo Linaria in großen Mengen trotz der Dürre üppig gedieh und blühte, wenige Exemplare mit Pelorien zu finden. Linaria wuchs hier in entschieden sehr magerem Sandboden, in größerer Menge nur auf vorjährigem Stoppel Die Pelorien waren auch hier sehr selten, auf Hunderte von reichblütigen Trauben kam nur eine Pelorie, und zwar nur in der Traubenspitze. Auf anderem trocknem Boden, z. B. auf dem dürren Lehmboden Neuendorfs, wurden auch Pelorien gefunden, doch noch seltener als auf dem ersten Standorte. Hier merkte ich mir einige Stellen und zeichnete die wenigen Pelorien durch lose rothe Wollfäden- Schleifchen, um etwa gebildete Samenkapseln sammeln zu können, da ein An¬ wachsen und Weitergedeihen der wenigen mit Pelorien besetzten Exemplare sich selbst nach vorsichtigstem Ausnehmen und Umsetzen in Töpfe kaum er¬ warten ließ, denn die Pflanzen waren keine Sämlinge, sondern nur Wurzel¬ schößlinge. Aber auch von den sechs sorgfältig bezeichneten Exemplaren wurden vier durch Weidevieh vernichtet, und nur zwei konnte ich nach etwa drei Wochen als 30 31 sicher bczeichnete Pelorien-Kapseln gereift ernten. Pie Samen in den Kapseln klapperten und gaben mir im Frühjahre, neben vielen staubförmigen, nicht ent¬ wickelten Samenkörnchen, 34 scheinbar entwickelungsfähige Samenkörnchen. Von diesen 34 Körnchen keimten im März im Blumentöpfe unter einer Glas¬ decke nur 18, aber auch diese entwickelten sich, trotz der sorgfältigsten Pflege in dem dem Standorte entlehnten Boden, nicht weiter. Ich mußte daher darauf verzichten, aus dieseu aus echten Pelorienkapseln erzogenen Sämlingen blühfähige Pflanzen zu erziehen, und mich auf frische, in diesem Sommer geerntete Samen vertrösten. Ob aber der Sommer Pelorien bringen wird, ist fraglich. Jedenfalls sind Pelorien von Linaria recht selten. Auf 100 und mehr reichblütige Trauben kommt kaum eine Pelorie, und die Ge¬ winnung von Samen scheint mir noch problematischer, weil ein Verpflanzen der Pelorien tragenden Pflanzen kaum Erfolg verspricht, Schließlich legt Herr Oberlehrer REHBERG-Marienwerder zwei Bemerkenswerte Pflanzen aus dem Kreise Marienwerder vor, und zwar zunächst im Aufträge des leider am Erscheinen behinderten Herrn Oberlehrer Dr. Hohnfeldt- Marien werder einen Epheuzweig, Hedera Helix L., mit Fruchtständen. Herr Dr. Hohnfeldt hatte auf einem botanischen Ausfluge in das Königliche Forstrevier Krausenhof am hohen Weichselufer zwischen Fiedlitz und Klein Wessel, im Belauf Blankenburg, Jag. 20, am Stand¬ orte des Lathyrus pisiformis L., einen blühenden Epheustock entdeckt. Er rankte an einer Weißbuche, war aber kurz vorher von unbekannter Hand in etwa Mannshöhe durchschnitten worden. Wie die noch zahlreich daran be¬ findlichen alten Blüten- und Fruchtstände erkennen lassen, muß er im Herbste vorher reichlich geblüht haben. Die Vernichtung dieses blühenden Exemplars ist um so bedauerlicher, als sich, nach den Mittheilungen des Herrn Professor Dr. Conwentz, in der Provinz Westpreußen nur noch ein einziger anderweiter Standort blühenden wilden Epheus befindet (im Gutsforst Stagnitten bei Elbing), der aber gleichfalls vor kurzem einem ähnlichen Schicksale verfallen ist. Herr Dr. Hohnfeldt fand bei näherer Untersuchung im hohen Bestände noch einige andere Pflanzen, die bereits zu beträchtlicher Höhe emporgeklettert waren und mit Sicherheit auf ein baldiges Blühen hoffen lassen. — Sodann hatte Herr Oberlandesgerichts -Sekretär Scholz -Marienwerder durch Herrn Rehberg eine Anzahl getrockneter Exemplare von Dracocephalum thymiflorum L. zur Vertheilung eingesandt. Diese wahrscheinlich mit südrussischem Getreide eingeschleppte und im Laufe der letzten zehn Jahre wiederholt in der Provinz, wenn auch nur vorübergehend, beobachtete Pflanze hat sich seit mindestens acht Jahren am Eisenbahndamme zwischen Marienwerder und Marienau ange¬ siedelt. Der reichliche Nachwuchs berechtigt zur Annahme, daß der neue Ansiedler sich bald bei uns das Bürgerrecht erwerben wird. 81 32 Da weitere Vorträge oder wissenschaftliche Mittheilungen nicht mehr Vor¬ lieben, schließt der II. Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. Schmidt -Lauenburg, etwa um 12 Uhr die wissenschaftliche Sitzung, indem er allen Erschienenen für das den Verhandlungen bekundete rege Interesse, vor allem aber den Herren des Ortsausschusses für ihre mühevolle Thätigkeit im Interesse des Vereins den besten Dank ausspricht. * * * Nach Schluß der wissenschaftlichen Sitzung vereinigten sich die Theil- nehmer zu einem gemeinsamen Frühstück, bei welchem die eben gehörten Vorträge reichen Stoff zu angeregtem Gedankenaustausch boten. — Um 2 Uhr Nachmittags wurden dann die von Besitzern in Flatow und der Umgegend freundlichst gestellten Wagen bestiegen und, unter Führung mehrerer Herren des Ortsausschusses, eine Fahrt in die Wonzower und Wilhelmswalder Forst unternommen Die Fahrt durch den in frischem Grün prangenden Wald ge¬ staltete sich sehr genußreich und bot reichliche Gelegenheit zu botanischen Beobachtungen. In Forsthaus Wilhelmswalde stieg man aus, um unter Führung des Herrn Försters Hoffmann die ausgedehnten jungen Culturen und die Fasanerie zu besichtigen. Dann ging es wieder zurück nach Flatow, das gegen 6 Uhr Abends erreicht wurde, nachdem die Theilnehmer noch von einem kräftigen Regenguß überrascht worden waren. — Bald nachher begann unter reicher Betheiligung von Flatower Damen und Herren das gemeinsame Essen im Hotel Gruendemann. Durch zahlreiche ernste und heitere Toaste gewürzt, hielt das Mahl die Theilnehmer in angeregtester Stimmung bis spät in die Nacht beisammen. * * * Am folgenden Tage, Mittwoch den 24. Mai, wurde pünktlich um 7 Uhr Morgens wieder aufgebrocheu, um eine Wagenfahrt durch die Kujaner Forst zu machen und, eiuer liebenswürdigen Einladung des Herrn Rittergutsbesitzers Wilckens folgend, Sypniewo und den dortigen schönen Park zu besuchen. Während der Fahrt war überall Gelegenheit, an den Chausseebäumen die Verwüstungen zu sehen, die der Maikäfer jetzt dort anrichtet. Viele der Bäume waren fast völlig kahl gefressen und boten einen traurigen Anblick dar. Dabei war es von Interesse, zu beobachten, wie die von dem nördlich gelegenen Walde her anfliegenden Maikäfer an den zu beiden Seiten der in un¬ gefähr west-östlicher Richtung verlaufenden Chaussee befindlichen Baumreiben zunächst fast ausschließlich die nach Norden gekehrten Baumseiten angegriffen und diese nahezu durchweg kahlgefressen hatten, während die Südhält’ten der Baumkronen noch einigermaßen verschont geblieben waren und ihr Laubdach trugen. In Kujan erwartete Herr Oberförster Rubach die Ankommenden, und unter seiner Führung ging es dann in die Kujaner Heide zum Borowno- See, der, bei einer Länge von mehr als 5 km und bei einer Breite von stellen- 32 weise fast 1 km, rings von der Prinzliehen Forst umgeben ist. Von seinen Ufern aus erfreute eine Reihe prächtiger Landschaftsbilder die Besucher. Die Forst selbst ist theilweise hochstämmiger Kiefernwald, theilweise ein schöner Mischwald aus Eichen und Kiefern. An einer Gruppe ungewöhnlich starker, baum¬ artiger Exemplare der Haselnuß, Coryliis avellana L.; vorüberfahrend, gelangte man Weiter führte der Weg durch die Forst, an einem ähn¬ lichen, aber bei weitem nicht so regel¬ mäßig ausge¬ bildeten Bau¬ me vorbei, bis in die Nähe desLobsonka- Thales, wo, noch nördlich der Chaussee, zu einer ! selten schö¬ nen zweibei¬ nigen Eiche, bei welcher Halt gemacht wurde. Der ! bereits weiter oben (S. 16) besprochene Jj Baum, dessen I untere Partie - hier abgebil- i detist(Fig.l), I zeichnet sicli f dadurch aus, daß sich zwei starke Stäm¬ me in etwa 2^4 m Höhe zu einem ein¬ völlig zigen, einheitlichen Stamme ver¬ einigen, so daß dieserge- wissermaßen mit gespreiz¬ ten Beinen dasteht. - — (Aus Fig. 1. Zweibeinige Eiche, Quercus pedunculata Ehrh. Kgl. Priuzl. Forstrevier Kujan, Schutzbezirk Wersk, Jagen 68. ,, Forstbotanisches Merkbuch. I. Provinz Westpreussen“. Berlin 1900.) einige Bäume der seltenen Elsbeere, Pi - rustorminalis Ehrh., be¬ sichtigt wur¬ den. Hier wur¬ de auch Herr Wilckens- Sypniewo be¬ grüßt, der der Gesellschaft so weit ent¬ gegengefah¬ ren war. — Bald darauf gelangte man wieder zur Chaussee, und nun ging es, über das Lobsonka-Thal und vorbei an dem zu Sypniewo gehörigen Vorwerk Doro¬ theenhof mit dem gleichnamigen Schutzbezirk der Sypniewo’er Gutsforst, in wel¬ chem sich, auf dem linken Ufer des Lobsonkaflusses, zahlreiche niedrige Sträuchen und etwa 50 fruchttragende Bäume der Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., vor- iinden, eilends nach Sypniewo, mit neuerbauter schöner Kirche, und zum Schloß. Hier wurden die Ankommenden durch den inzwischen vorangeeilten Besitzer und dessen Gemahlin in liebenswürdigster Weise empfangen und zu einem ihrer 3 33 34 auf reichbesetzter Tafel harrenden Frühstück geladen. Nach der langen Wagen- fahrt leisteten sie der freundlichen Aufforderung gerne Folge und sprachen wacker dem vielen Guten zu, das ihnen geboten war. Gegen Schluß der Tafel drückte der Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. Schmidt, in beredten Worten den Dank der Gäste aus und schloß mit einem Hoch auf die Familie Wilckens, in das die Gäste herzlich einstimmten. Dann ging man in den großen Park, um die Sehenswürdigkeiten desselben kennen zu lernen Da ein Theil der Auswärtigen bereits mit dem Nachmittagszuge von Flatow abreisen mußte, war für diese die Zeit sehr knapp bemessen, und sie mußten sich darauf beschränken, die Hauptsehenswürdigkeit des Parkes, ein mehr als 12 m hohes, schön gewachsenes Exemplar des californischen Mammuthbaumes, Sequoia gigantect Torr., zu bewundern. Es ist dieses das zweitgrößte — natürlich künstlich gepflanzte — Exemplar der Art in Westpreußen und eines der größten in Norddeutschland. Der Baum ist regelmäßig gewachsen, allerdings in der unteren Hälfte kahl., da er vor einer Reihe von Jahren, durch Frost ge¬ schädigt, einen Theil seiner Krone verlor. Auch von ihm wurde eine photo¬ graphische Aufnahme für die Sammlung des Provinzial-Museums gemacht. Die übrigen Theilnehmer des Ausfluges machten noch einen längeren Spazier¬ gang durch den Park, der mit seinen schönen Baumgruppen und malerisch angelegten Wasserbecken d em Besucher eine Fülle reizvoller Blicke bietet auch durch manche seltene Pflanzenart des Botanikers Herz erfreut. Leider waren auch hier die traurigen Wirkungen des Maikäferfraßes sichtbar, und beim Schütteln der Bäume hagelten die noch immer in ihrem Zerstörungswerk begriffenen Thiere nur so von den Aesten herab. In welchem Maße der Schädling auftritt, ergiebt sich daraus, daß beim Absammeln der jungen Cul- turen der Sypniewo’er Forst in vier Tagen 2800 Liter Maikäfer gesammelt wurden, die natürlich nur einen kleineu Theil der überhaupt dort vorhandenen Thiere darstellen. Nach dem sehr bezeichnenden Ausspruch der Dame des Hauses konnte Jemand, der mit der Erscheinung nicht vertraut war, in der Zeit des Hauptfluges sich in die Nähe des Meeres versetzt wähnen, wenn er am stillen Abend, wo der Lärm des Tages schwieg, auf der Veranda des Schlosses — im Park war der Aufenthalt wegen der überall niederfallenden Käfer wenig angenehm — verweilte. So laut war das durch das Flügel¬ geschwirr der zahllos vorüberziehenden Maikäfer verursachte Geräusch, und so sehr erinnerte es an das Rauschen des leicht bewegten Meeres, wie es in der Nähe des Strandes zu den charakteristischsten Stimmen der Natur gehört. Nachdem die Besucher noch einen Augenblick im Schlosse geweilt und sich von dem Besitzer verabschiedet hatten, wurde die Rückfahrt angetreten. Während die bereits früher Aufgebrochenen ohne Aufenthalt nach Flatow durchfuhren, um den Schnellzug noch zu erreichen, machte der Rest der Theilnehmer auf der Rückfahrt noch an der Lobsonka Halt und stattete der im Thale gelegenen ,, Großen ßlumeninsel“ einen Besuch ab, der durch eine reiche botanische Ausbeute und schöne Landschaftsbilder voll belohnt wurde. 34 35 Diese Waldpartie, zum Prinzlichen Scliutzbezirk Kujan, Jagen 44, gehörig, liegt südlich der Chaussee Flatow-Vandsburg im Thal der Lobsonka und bildete ehemals eine Insel im Flußbett. Ihren Namen hat sie von dem reichen Blumenflor, der sie, besonders im Frühling, auszeichnet. Die Besucher be¬ obachteten, z. Th. blühend, Convallaria majalis L., Majanthemum bifolium Schm., Paris quadrifolius L., Hepatica triloba Gil., Cimicifuga foetida L., Lilium Martagon L., Laserpitium prutenicum L. u. a. m. Unter dem reichen, sehr mannigfachen Baumbestand beanspruchte ein besonderes Interesse die Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh , die in ziemlich zahlreichen, allerdings meist nur etwa 1/2 m hohen Wurzelschößlingen vorhanden ist. In Flatow angekommen, verabschiedeten sich die Auswärtigen aufs herzlichste von den Flatowern, um dann mit dem Abendzuge der Heimat zuzueilen. Sicher haben alle Vereinsmitglieder, wie Herr Bürgermeister Loei-irke bei der Be¬ grüßung es wünschte, von Flatow nur angenehme Erinnerungen nach Hause mitgenommen. o 3* Bf» Bericht über die dreiundzwanzigste Wunder- Versammlung des Westpreussisclien Botanisch-Zoologischen Vereins zu Putzig, am 5. Juni 1900. Im Aufträge des Vorstandes ausgeführt von Dr. Paul KüMM-Danzig. Schon lange bestand bei unseren Vereinsmitgliedern der Wunsch, einmal eine Wander-Versammlung im nördlichsten Theile unserer Provinz, im Kreise Putzig, abzuhalten. Bietet doch auch dieser Theil unseres Gebiets, im Osten und Norden bespült von den Wogen der See, des Putziger Wiecks und der Ostsee, in seinem Inneren durchzogen von breiten diluvialen Thälern, die jetzt von weitgedehnten ebenen Moor- und Bruchflächen eingenommen werden, dazwischen erfüllt von einem welligen, stellenweise bis zu 111 m Höhe aufsteigenden Hügelgelände, das theils kahl ist und der landwirtschaftlichen Nutzung unter¬ liegt, theils das Bild einer Heidelandschaft darbietet, zum großen Theil jedoch von prächtigem, hochstämmigem Laub- und Nadelwald bedeckt ist, eine solche Mannigfaltigkeit der äußeren Lebensverhältnisse für die Pflanzen- und Thier¬ welt, daß auch Botaniker und Zoologen dort eine reiche Ausbeute erhoffen dürfen. In früheren Jahren stand der Verwirklichung dieses Wunsches immer der Umstand entgegen, daß die als Versammlungsort hier einzig in Betracht kommende Kreisstadt Putzig nur schwer zu erreichen war. Denn obwohl eine sehr alte Stadt — schon am Anfang des 13. Jahrhunderts finden wir ein Dorf Puzc erwähnt, und 1271 ist es bereits eine Markt- und Gerichtsstätte und Sitz eines Castellans der pommerellischen Herzoge, während die eigentliche Stadt Putzig 1341 vom Deutschen Orden gegründet wurde und am 16. November 1348 durch den Hochmeister Heinrich Dusmer von Arfeenberg zu Marienburg, ebenso wie das daran liegendeDorf Putzig, kulmisches Recht verliehen erhielt — lag Putzig bis vor kurzem gänzlich abseits des großen Weltverkehrs, nur durch den Postomnibus locker mit den eisernen Adern desselben, den Schienen¬ strängen der Eisenbahn, verbunden. Mit der im Frühjahr 1899 erfolgten Inbetriebnahme der Bahnstrecke Rheda — Putzig war aber diese Schwierigkeit gehoben, und da auch in den maßgebenden Kreisen der Bewohnerschaft Putzigs der Plan einer Versammlung dort sympathisch begrüßt war, hatte der Verein auf seiner vorjährigen Versammlung in Flatow entsprechend dem Vorschlag 37 des Vorstandes beschlossen, dieses Mal in Putzig zu tagen. Zeitig im Jahre wurden nunmehr die erforderlichen Vorverhandlungen durchgeführt und ein Programm aufgestellt. In Putzig selbst bildete sich auf Anregung ein Orts¬ ausschuß, dem die Herren Landrath Dr. Albrecht (jetzt Oberregierungsrath in Bromberg), Kreisphysikus Dr. Birnbacher, Pfarrer Boeckler, Pfarrer Borna, Rechtsanwalt Frost, Amtsrichter Gottschewski, Gutsbesitzer Hannemann- Polzin, Apothekenbesitzer Höfel, Gutsbesitzer Hüllmann -Seefeld, Forst¬ meister MANTEY-Darslub, Bürgermeister Milczewski, lvreisschulinspector Paust und praktischer Arzt Dr. Zynda angehörten, um dort an Ort und Stelle die nöthigen V orbereitungen zu treffen und Alles in die Wege zu leiten, was dazu dienen konnte, den Theilnehmern die Versammlung zu einer angenehmen, lehr- und genußreichen zu machen. So sahen denn # die Vereinsmitglieder voll Erwartung der diesjährigen Versammlung entgegen, und eine stattliche Anzahl von ihnen versammelte sich am Mittag des zweiten Pfingstfeiertages auf dem Danziger Bahr.hof, um nordwärts der Stadt Putzig zuzustreben. So schöne Plingsttage hatte aber auch schon lange kein Jahr gebracht wie dieses. Klar und wolkenlos breitete sich der blaue Himmel über die im Schmuck der Baumblüte herrlich prangende Land¬ schaft; heiße Strahlen entsendete die leuchtende Sonne, und doch sorgte ein kühlender Luftzug dafür, daß es nicht zu erdrückender Schwüle kam. Sehnsüchtig hatten die Städter auf diese Tage gehofft, um an ihnen sich ,,aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, aus Handwerks- und Gewerbesbanden, aus dem Druck von Giebeln und Dächern, aus der Straßen quetschender Enge“ in die freie herrliche Gottesnatur hinauszuflüchten. Und gleich den Anderen freuten sich die Botaniker und Zoologen des lachenden Sonnenscheins, der für einen programmmäßigen Verlauf der Versammlungstage nicht wohl zu entbehren war. Dem Einfluß des prächtigen Wetters war es wohl auch zuzuschreiben, daß nicht weniger als ein Drittel der Theilnehmer dem weiblichen Geschlechte angehörte. In eilender Fahrt ging es vorbei an den bekannten Ausflugsorten der Danziger, vorüber an den kahlen Hoch Redlau’er Bergen nach Gdingen, wo von der Bahn aus über das vorliegende niedrige Bruchland hinweg ein herrlicher Blick auf die im Wiederschein des klaren Himmels tiefblaue See mit der die Gdinger Bucht im Norden abschließenden, kühn und trotzig ins Meer vorspringenden Steilküste von Oxhöft und den am Horizont wei߬ leuchtenden Dünenketten der Halbinsel Heia sich darbot. Doch weiter hastete der Zug zwischen der Oxhöfter Kämpe und den aussichtsreichen Waldhöhen des lieblichen Sagorschthales nach Rheda, wo die Versaminlungstheilnehmer den Zug verließen, um zunächst die aus dem Neustädter und Lauenburger Kreise eintreffenden Mitglieder zu begrüßen und dann die neuerbaute Bahn¬ linie Rheda — Putzig zu besteigen. Kaum konnte der einzige Personenwagen II. /III. Klasse die Fülle der Erschienenen fassen, so daß der Seitengang des Wagens einer Anzahl von ihnen als angenehm luftiger und aussichtsreicher Aufenthaltsort dienen mußte. Nach Überschreitung des Rhedaflusses erklimmt 37 38 die Bahn allmählich unter stetiger, recht erheblicher Steigung den Rand der Putziger Kämpe, dem seine Augen offen haltenden Fahrgast dabei fast ununter¬ brochen schöne Ausblicke auf die weite Fläche der Danziger Bucht, den welligen Nordabhang der Oxhöfter Kämpe und das tiefliegende Brück’schc Bruch darbietend. Kurz vor der Haltestelle Bresin ist die Höhe der Kämpe erstiegen; dann noch eine halbe Stunde Fahrt auf dem flach welligen Flateau, und bald nach 3 Uhr war das Ziel der Fahrt, die Kreisstadt Putzig, erreicht. Auf dem Bahnhof wurden die Ankommenden durch den Geschäftsführer des Ortsausschusses, Herrn Kreisschulinspector Paust und andere Herren be¬ grüßt und zu ihren Quartieren geleitet, deren Auswahl bei dem für Putzig ungewohnt reichen Zustrom fremder Gäste nicht unerhebliche Schwierigkeiten gemacht hatte. Eine kurze Ruhepause wurde von den Einen zu willkommener Erholung, von den Anderen zu einem flüchtigen Gange durch das freundliche Städtchen benutzt. Besonders diejenigen, denen Putzig bislang nur aus dem geographischen Unterricht und durch das „Putziger Bier“ und die Putziger Räucherflundern bekannt war, ergriffen die Gelegenheit, um ihre Kenntnisse von Land und Leuten an Ort und Stelle durch den Augenschein zu bereichern. Der große rechteckige Marktplatz wurde trotz seines holprigen Pflasters durch¬ quert und der alten, neuerdings geschmackvoll renovirten katholischen Kirche ein Besuch abgestattet. Durch ihr fast festungsartiges Aussehen und ihren dicken massigen Thurm fällt sie schon von weither ins Auge und drückt dem Stadtbild ein charakteristisches Gepräge auf; auch ihre innere Ausschmückung ist recht bemerkenswerth. — Bald nach 4 Uhr versammelten sich die Aus¬ wärtigen auf dem Marktplatz, um von dort aus gemeinsam nach Schloß Rutzau zu wandern. Unter Führung des Herrn Apothekenbesitzers Höfel ging es vorüber an der Post und dem stattlichen Kreishause, sowie an dem Neubau der Amtsrichterdienstwohnung zu den längs der Küste sich hinziehenden wohl¬ gepflegten Anlagen, in deren Mitte, dicht am Ufer des Meeres, das Kurhaus liegt. Von seinem hölzernen Aussichtsthurm aus erschließt sich dem Besucher ein prächtiger Rundblick über die Stadt und Umgebung, über die Schwarzauer Kämpe und das Putziger Wiek und bis weit über den schmalen Landstreifen der Halbinsel Heia hinaus auf das offene Meer. Dem den Strand begleitenden Höhenrand folgend, erreichten die Wanderer auf bequemem Wege Seefeld, wo sie durch Herrn Gutsbesitzer Hüllmann und seine Familie freundlich begrüßt und mit einem Vesperimbiß empfangen wurden. Doch das Ziel lag noch fern, und nach ganz kurzem Aufenthalt stieg man zum Strande hinab, um zunächst dort weiter zu eilen. Die etwas beschwerliche Wanderung im Seesand wurde den Botanikern und Zoologen, vor allem denen des Binnen¬ landes, durch die hier leicht zu sammelnden Gaben des Meeres, Muscheln und Krebsthiere, Seegras und verschiedene Tangarten, reichlich belohnt. Endlich verließ man den Strand, durchquerte eine Heidelandschaft, die an größeren Pflanzen fast nur Besenstrauch ( Sarothamnus scoparius L.) und niedrige Wacholderbüsche — die letzteren gerade blühend und bei der geringsten §8 39 Erschütterung dichte Wolken ihres weißlichgelben Blutenstaubes entsendend — sowie vereinzelte Kiefern aufwies, und erreichte nach l1/^ ständiger Wanderung Rutzau. Hier wurde der den Höhenrand bedeckende, sich auf demselben lang hinziehende, prächtige Park besichtigt und die Kapelle des Erbbegräbnisses besucht. Ueberall zeigten sich schöne Ausblicke auf das Meer und die Landzunge von Heia, theilweise auch auf die Oxhöfter Kämpe mit dem weit in die See hinaus vorspringenden Dorf Rewa und auf das Große Brück’sche Bruch. Unter den üppig gedeihenden, herrlichen Bäumen des Parks fesselten vor allem zwei mächtige, alte, fast alljährlich frucht¬ tragende Edelkastanien ( Castanea vesca Gaertn.), deren Stämme in Brusthöhe noch 33/4 m Umfang besitzen, das Interesse der Besucher. Eine Besichtigung des stattlichen festungsähnlichen Schlosses fand nicht statt, nur der Thurm wurde von einigen Theilnehmern bestiegen, um den weitreichenden malerischen Rundblick zu genießen und so die Schönheiten dieses wegen seiner land¬ schaftlichen Reize mit Recht als das „nordische Miramare“ bezeichneten Erdenfleckchens voll und ganz auszukosten. Die Mehrzahl der Wanderer drängte zur Rückkehr, denn die Zeit war vorgeschritten, ein weiter Weg stand noch bevor, und besonders bei den Damen machte sich die Müdigkeit geltend. Auch meldete sich nach den Anstrengungen des Tages der Magen, und Hunger und Durst ließen eine baldige Heimkehr nach Putzig sehr wünschenswerth erscheinen. Auf dem kürzesten Wege, quer über Land, ging es daher eilends zum Städtchen zurück, nur in Seefeld sprach die Mehrzahl der Wanderer noch kurz vor, von den Besitzern freundlich empfangen. Gegen 9 Uhr wurde endlich Putzig erreicht, und nach ausgiebiger leiblicher Stärkung in den verschiedenen Gasthäusern des Ortes vereinigten sich dann die Aus¬ wärtigen mit zahlreichen Damen und Herren aus Putzig und der Nachbar¬ schaft gemüthlich beim Glase Bier im Restaurant Gaffke. Bald erfüllte eine lebhafte und anregende Unterhaltung den Saal und hielt die Tischrunde noch lange zusammen, bis endlich um die mitternächtliche Stunde Einer nach dem Anderen abbröckeltc, um sein dauerndes oder zeitweiliges Heim aufzusuchen und Ruhe und Stärkung für den kommenden Tag zu finden. 7C Die Hauptversammlung des Vereins fand am Dienstag, den 5. Juni, im Saale des Restaurant Gaffke statt und begann mit der geschäftlichen Sitzung, die der II. Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. A. ScHMiDT-Lauenburg i. P., gegen V29 Uhr früh eröffnete. 39 40 » folgenden Zunächst erstattet der I. Schriftführer Herr Professor Dr. CONWENTZ-Danzig Geschäftsbericht für 1899/1900. Meine Herren ! Auch in diesem Jahre haben wir den Tod eines hervorragenden Mit¬ gliedes, Herrn Reichsgerichtsraths von Bünau in Leipzig, zu beklagen. Vor¬ dem lange Jahre hindurch als Oberlandesgerichtsrath in Marienwerder an¬ sässig, hat er die Flora der dortigen Gegend erfolgreich erforscht und ein beträchtliches Herbarium zusammengebracht, welches jetzt von der hinter* bliebenen Wittwe dem Provinzial-Museum zu Danzig zum Geschenk gemacht ist. Er nahm lebhaften Antheil auch an den Wanderversammlungen des Botanisch-Zoologischen Vereins, und das Bild des liebenswürdigen heiteren Mannes steht bei uns in frischer Erinnerung. Lassen Sie uns sein Andenken durch Erheben von den Sitzen ehren. (Geschieht.) Die vorjährige Versammlung in Flatow hat sich Dank der Bemühungen des dortigen Ortsausschusses mit Herrn Rector Goerke an der Spitze be¬ sonders günstig gestaltet. Der Bericht über deren Verlauf ist zum größten Theil im Druck fertig gestellt und wird Ihnen später zugesandt werden. Daneben hat der Verein in Verbindung mit dem Westpreußischen Fischerei-Verein die von Herrn Dr. Seligo ausgeführten Untersuchungen in den Stuhmer Seeen, nebst einem Anhang über das Pflanzenplankton preußicher Seeen von Herrn B. Schroeder in Breslau, herausgegeben. Diese umfangreiche, mit 9 Tabellen und 10 Tafeln ausgestattete Druckschrift wird jedem Mitgliede des Vereins übergeben werden können. Anläßlich des im Herbst vorigen Jahres in Berlin stattgehabten Inter¬ nationalen Geographen-Congresses wurde auch ein wissenschaftlicher Ausflug nach Westpreußen veranstaltet. Hierbei ist ein besonderes ffestschriftchen her¬ ausgegeben, an welchem sich die in Danzig domicilirten Vereine, auch der Botanisch-Zoologische Verein, betheiligten. Im Hinblick auf die durch diese Veröffentlichungen entstandenen Kosten wurde nach dem vorjährigen Beschluß von Bereisungen in dem letzten Jahre Abstand genommen. Der Kassenbestand betrug am Schluß des Etatsjahres 1899/1900 Mk.3074,oo. Hierbei ist mit besonderem Dank der namhaften Unterstützung zu gedenken, welche der Verein Seitens der Provinzial-Verwaltung auch in diesem Jahr erhalten hat. Im Anschluß an den Geschäftsbericht legt der I. Schriftführer der Ver¬ sammlung die erwähnten Druckschriften vor, nämlich: 1) den Bericht über die vorjährige Versammlung in Flatow, soweit er bis jetzt gefördert ist. Der 40 41 eigentliche Versammlungsbericht liegt bereits fertig im Druck vor, so daß nur noch die wissenschaftlichen Anlagen fehlen, die allerdings dieses Mal recht umfangreich sein werden ; 2) die ,, Untersuchungen in den Stuhmer Seeen" von Dr. A. Seligo; und 3) die aus Anlaß des vom VII. Internationalen Geographen- Congreß nach Westpreußen unternommenen Ausfluges herausgegebene Festschrift ,, Danzig 1899, mit besonderer Berücksichtigung der geographischen Verhält¬ nisse''. — Herr Dr. SELiGO-Danzig ergreift die Gelegenheit, um dem Verein seinen Dank auszusprechen für die ihm durch die Drucklegung seiner vor¬ erwähnten Arbeit gewährte Unterstützung und Förderung seiner wissenschaft¬ lichen Ziele, und knüpft daran die Bitte, daß der Verein auch in Zukunft der wissenschaftlichen Erforschung unserer Binnengewässer sein Interesse dauernd zuwenden möge. In Vertretung des an der Theilnahme bei der Versammlung behinderten Schatzmeisters, Herrn Consul A. MEYER-Danzig, legt der 1. Schriftführer den Kassenbericht für das verflossene Jahr vor und verliest denselben. Durch Acclamation werden darauf die Herren Stadtrath Dr. 0. HELM-Danzig und Professor Dr. BOCKWOLDT-Neustadt zu Rechnungsrevisoren ernannt, um die Richtigkeit des Kassenberichts zu prüfen. Es erfolgt sodann die Feststellung des Arbeitsplanes für 1900/01. Namens des Vorstandes beantragt der I. Schriftführer Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, den zur Zeit in Neumark, Kr. Löbau, beschäftigten Gymnasial¬ lehrer, Herrn Dr. Fritz Braun, mit einer 14 tägigen ornithologischen Excursion durch die Elbinger Höhe zu betrauen, um insbesondere einige wichtige Fragen über die Verbreitung der Passerinen zu studiren, unter denen einige Arten gegenwärtig in einem allmählichen Vorrücken ostwärts begriffen zu sein scheinen, während andere Arten dadurch naturgemäß aus ihren bisherigen Wohnsitzen verdrängt werden. Der Verein beschließt entsprechend dem Vor¬ schlag des Vorstandes. — Weitere Arbeiten und Bereisungen sind vorläufig noch nicht mit Gewißheit in Aussicht genommen, doch bittet der Vorstand den Verein um die Ermächtigung, gegebenenfalls noch den einen oder anderen Botaniker oder Zoologen für eine wissenschaftliche Bereisung geeigneter Theile der Provinz zu gewinnen, soweit die vorhandenen Mittel dafür aus¬ reichen. Auch damit erklärt die Versammlung sich einverstanden. — Herr Dr. SELiGO-Danzig weist darauf hin, daß die Kenntniß der Siißvvasseralgen unserer Provinz noch sehr lückenhaft ist, was sich besonders unangenehm und erschwerend bei allen hydrobiologischen Untersuchungen im Gebiete be¬ merkbar macht. Er beantragt daher, eine Durchforschung der Süß wasseralgen unserer Provinz in den Arbeitsplan des Vereins aufzunehmen. Herr Professor Dr. Conwentz erinnert daran, daß Herr Oberlehrer Dr. LAKOWITZ-Danzig sich schon seit längerer Zeit mit diesem Gegenstand beschäftigt; er hält es daher nicht für gerathen, jetzt eine andere Persönlichkeit zur Bearbeitung dieser Aufgabe heranzuziehen, auch erscheint es ihm fraglich, ob eine geeignete Kraft dafür zu gewinnen sein würde. Herr Oberlehrer Dr. LAKOWixz-Danzig di 42 theilfc mit, daß seine Untersuchungen über die westpreußisclien Süßwasseralgen eine Zeitlang geruht haben, und daß er beabsichtigt, zunächst seine Studien über die Algen der Danziger Bucht abzuschließen und zu publiciren. Er bittet daher denVerein, die Mittel für den Druck dieser letzteren Arbeit, welche mit einer Reihe von Tafeln zur besseren Veranschauliclmug der verschiedenen Algen¬ formen ausgestattet werden soll, bereit zu stellen. Da sich zur Zeit noch nicht übersehen läßt, welche Mittel dafür erforderlich sein werden, so über¬ läßt die Versammlung die endgiltige Entscheidung darüber dem Vorstand und ermächtigt denselben, eventuell die Arbeit auf Vereinskosten drucken zu lassen. Bei der nun folgenden Wahl des Vorstandes für 1900/01 wird auf Antrag des Herrn Professor Dr. BocmvoLDT-Neustadt der bisherige Vorstand unter dem Ausdruck des Dankes für die umsichtige Leitung der Vereins¬ angelegenheiten durch Acclamation wiedergewählt. Der Vorstand für das kommende Jahr besteht somit aus den Herren: Dr. H. von KxiNGGRAEFF-Paleschken (I. Vorsitzender), Oberlehrer Dr. A. ScHMiDT-Lauenburg (II. Vorsitzender), Professor Dr. H. CüNWENTZ-Danzig (I. Schriftführer), Oberlehrer Dr. C. LAKOWITZ-Danzig (II. Schriftführer), Consul A. MEYER-Danzig (Schatzmeister). Namens der beiden Rechnungsrevisoren beantragt Herr Stadtratli Dr. HELM-Danzig, die Jahresrechnung zu dechargiren. Der Verein beschließt demgemäß und spricht dem Schatzmeister noch seinen besonderen Dank für die mühevolle Verwaltung der Vereinskasse aus. — In Anbetracht der günstigen Kassenlage des Vereins beantragt Herr Stadtrath Dr. Helm, der Verwaltung des Westpreußischen Provinzial-Museums die Summe von 300 Mk. zur Ver¬ fügung zu stellen als Beihilfe zu der langwierigen und kostspieligen, aber unumgänglich erforderlichen Präparation und Einordnung der vorhandenen Herbariumsschätze, unter denen die neuerdings in den Besitz des Museums übergegangenen Herbarien unserer verstorbenen Mitglieder Lützow und von Bünau auch für den Verein ein besonderes Interesse besitzen. Die Ver¬ sammlung beschließt entsprechend dem Anträge, worauf der Director des Provinzial-Museums, Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, dem Verein für diese Förderung der Ziele des Museums den Dank der Verwaltung ausspricht. Als V ersammlungsort für 1901 wird Seitens des Vorstandes Graudenz in Vorschlag gebracht, das rechts der Weichsel ziemlich im Mittelpunkt der Provinz gelegen ist, und wo der Verein bisher überhaupt noch nicht getagt hat. Die Versammlung ist damit einverstanden und überträgt dem Vorstande die weiteren Verhandlungen darüber, sowie, falls dieselben bezüglich Graudenz nicht den erwarteten Erfolg haben sollten, die endgiltige Wahl auch eines anderen Versammlungsortes. Damit sind die Gegenstände der geschäftlichen Sitzung erledigt, und um 9 Uhr wird dieselbe geschlossen. * * * 42 43 Bald darauf begann die wissenschaftliche Sitzung, zu der sich auch eine erfreulich große Anzahl von Damen und Herren aus Putzig und der Umge¬ gend eingefunden hatte; besonders zahlreich waren die Lehrer des Putziger Kreises vertreten. Nach der Eröffnung der Sitzung durch den II. Vorsitzenden Herrn Oberlehrer Dr. A. Schmidt- Lauenburg begrüßt Herr Landrath Dr. ALBRECHT-Putzig in längerer gehaltreicher und humorvoller Ansprache die Versammlung. Redner giebt seiner Freude darüber Ausdruck, daß der Verein gerade Putzig zur Jahresversammlung ausersehen hat, und heißt insbesondere die von auswärts, zum Theil weither Gekommenen im Namen des Kreises und der Stadt Putzig herzlich willkommen. Bis vor Kurzem wäre es wohl nicht möglich gewesen, eine solche Versammlung in Putzig abzuhalten, erst die neu¬ erbaute Eisenbahn hat die Versammlung hier ermöglicht, und wenn man zumeist auch geneigt ist, den Werth einer Eisenbahn nach dem materiellen Vortheil, den sie dem Lande bringt, zu bemessen, so lehrt dieses Beispiel wieder, daß man auch ihre Bedeutung für das geistige Leben nicht unter¬ schätzen darf, da sie die Bewohner des von ihr aufgeschlossenen Bezirks näher an den Pulsschlag der Wissenschaft führt. Der Kreis Putzig ist nun aber auch der Mühe des Ansehens werth, denn die Mannigfaltigkeit seiner Natur¬ verhältnisse, das Zusammenliegen der rauschenden See, prächtiger Wälder und weiter Moorflächen macht ihn reich an landschaftlichen Schönheiten, so daß er wohl einen Vergleich mit den meisten Gegenden des Norddeutschen Flach¬ landes aushalten kann. Insbesondere aber für einen botanisch-zoologischen Verein bietet der Kreis viel des Interessanten. Der Botaniker findet in Folge des milden Seeklimas ein üppiges Gedeihen von Pflanzen, die sonst in unserer Provinz überhaupt selten fortkommen. Redner erinnert hier an die großen Edelkastanien in dem Park von Rutzau und an den ungewöhnlich starken Mammutlibaum im Park von Klanin. Aber auch wildwachsende seltene Pflanzen finden sich im Kreise, so die weiter im Norden heimische Schwedische Mehl¬ beere, ja auf einer vor einigen Jahren durch einen Sendboten des Vereins, Herrn Dr. Graebner- Berlin, ausgeführten botanischen Durchforschung des Kreises sind selbst einige ganz neue Pflanzenformen aufgefunden worden. Im Übrigen werde die V ersammlung ja Gelegenheit haben, auf ihren Fahrten nach Klanin und nach Rixhöft einen Theil der Flora des Putziger Landes durch eigene Anschauung kennen zu lernen. — Nicht minder interessant ist die Fauna des Putziger Kreises. In den sumpfigen Dickungen der Wälder haust noch zahlreich das Wildschwein, auf den starken Kiefern balzt der Auerhahn, selbst ein großer Gänsegeier, sonst nur im Mittelmeergebiet und in den Donauländern heimisch, ist dicht bei Putzig, im Putziger Bruch, erlegt worden. Auch viele andere bei uns sonst zu den Seltenheiten gehörende Vögel, wie Schneeeule, Sperbereule, Tannenhäher, Steppenhuhn, sind im Putziger Kreise beobachtet und erlegt worden. Da es, wie Redner ausführt, nicht möglich ist, alle diese Thiere der Versammlung in der freien Natur lebend vorzuführen, so habe der Ortsausschuß sie wenigstens in ausgestopften Exemplaren zeigen wollen. — - 43 44 Bei diesen Worten des Redners hob sich der Vorhang der den Saal an einem Ende abschließenden Bühne und enthüllte den Blicken der überraschten Ver¬ sammlung eine reichhaltige und sehr geschmackvoll arrangirte Zusammenstellung der Hauptvertreter der Putziger Fauna, in ihrer Mitte das Prachtexemplar des Gänsegeiers mit weit gespannten, fast 2V2 m klafternden Flügeln. Auch einige auswärtige Objecte waren in der Ausstellung vertreten, so eine Reihe ethnologischer Gegenstände von den Inseln der Südsee, ein ausgestopfter Panther u. a. in., und gewissenhaft betont der Redner, daß diese ,, nicht aus dem Putziger Kreise ‘ stammen. Den Vordergrund der Ausstellung nahm eine Gruppe prähistorischer Urnen ein, die aus einem ganz kürzlich in Rekau, Kr. Putzig, aufgedeckten Steinkistengrabe stammen. Redner erinnert an die bei Rutzau, nur wenige Kilometer südlich von Putzig vorhandenen, reichen Reste einer steinzeitlichen Niederlassung, wie sie in gleicher Art an der deutschen Ostseeküste nur noch in Westpreußen bei Tolkemit, nordöstlich von Elbing, und sonst an der Ostsee nur noch in Dänemark sich finden, indem er dabei auf die vom Westpreußischen Provinzial -Museum ausgeführte nähere Erforschung dieser Überreste einer längst vergangenen Zeit hinweist. Unter den dem Grabe bei Rekau entnommenen Urnen befindet sich eine ganz große, zwei etwas weniger große und vier kleine Urnen, und da man die Steinkisten wohl als Familiengräber aufzufassen habe, gewinne man unwillkürlich den Eindruck, als ob man es hier mit den Resten mehrerer verschieden großer und verschiedenaltriger Familienmitglieder, also gewissermaßen mit einer prä¬ historischen Niobidengruppe, zu thun habe. Redner überreicht diese Funde dem Provinzial-Museum als Geschenk und spricht die Hoffnung aus, daß es gelingen wird, sie unversehrt nach Danzig zu schaffen und der Sammlung einzuverleiben. Mit einem ,, Herzlich Willkommen in Putzig£< und mit dem Wunsche, daß der Verein nur angenehme Erinnerungen von hier mitnehmen möge, schließt Redner seine mit lebhaftem Beifall aufgenommene Ansprache. In kurzen herzlichen Worten spricht der Vorsitzende den Dank des Vereins für die freundliche Begrüßung aus, und dann ergreift Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig, anknüpfend an die Ausführungen des Herrn Landrath Dr. Albrecht, das Wort zu einem Vortrag: Bilder aus der Pflanzenwelt des Kreises Putzig. Die ältesten Pflanzen, von denen wir mit Sicherheit wissen, daß sie im Putziger Lande gelebt haben, gehören einer längst entschwundenen Zeit an, welche die Geologen als die Tertiärzeit bezeichnen. In der Gesammtgeschichte der Entwickelung der Erde bildet das Tertiär zwar einen der jüngsten Abschnitte, und doch liegen nach menschlichen Begriffen fast unermeßliche Zeiträume zwischen jener Epoche und der Gegenwart. Damals, lange bevor der Mensch im hiesigen Kreise und überhaupt auf Erden lebte, gedieh eine andere Pflanzenwelt. An Stelle des eintönigen Kiefernwaldes von heute be¬ deckten damals Waldungen von buntester Zusammensetzung das Land. Als 14 45 bezeichnendste Vertreter sind zu nennen: Nadelhölzer von mehr Cypresseü- ähnlichem Habitus, so die Virginische Sumpfeypresse, Taxodium distichum Rrci-r. miocenum Heer, die heute auf das atlantische Nordamerika beschränkt ist; Glyptostrobus europaeus Heer, dessen Verwandte, die Wasserlichten der Chinesen, jetzt in Ostasien zu finden sind; Sequoia Langsdorfii Heer und Sequoia Couttsiae Heer, nahe Verwandte des vielberühmten Mammutbaumes, Sequoia gigantea Torr., dessen mehr als 100 m Höhe erreichende Riesenstämme in vereinzelten Exemplaren noch heute auf der Sierra Nevada in Kalifornien gedeihen. Untermischt mit diesen Nadelbäumen wuchsen Laubhölzer, deren Verwandte jetzt nur in mehr südlichen Breiten Vorkommen, so Lorbeerbäume, Laurus trist aniaefolia Weber u. a., Zimmtbäume, Cinnamomum Scheuchzeri Heer, und Feigenbäume, Ficus borealis Heer, u. a. m. Aber neben und zusammen mit diesen Vertretern einer von unserer jetzigen völlig abweichenden Flora gediehen auch Pflanzen, deren nahe Verwandte noch heute hier leben, so eine Pappelart, Populus Zaddachi Heer, eine Erle, Ainus Kefersteinii Goepp., eine Weide, Salix Raeana Heer, Eichen, Quercus spec., eine Birke, Betula prisca Ett., eine Buche, Carpinus grandis Ung., und einige Kiefern¬ arten, unter denen Pinus uncinoides Gaijd. unserer gemeinen Kiefer und Pinus palaeostrobus Ett. der nordamerikanischen, aber bei uns vielfach cultivirten Weymouthskiefer nahe verwandt sind. Diese Zusammensetzung der damaligen Flora aus Pflanzen typen, deren heutige Vertreter durch weite Erdräume von einander getrennt sind, entspricht der Thatsache, daß zur Tertiärzeit die Sonderung der heutigen Florengebiete noch nicht ausgebildet war. Im Übrigen hat, nach der Pflanzenwelt zu schließen, damals im Lande ein erheblich wärmeres Klima geherrscht wie jetzt, dasselbe dürfte etwa dem jetzigen der Mittelmeer¬ länder entsprochen haben. Die Überreste dieser Flora, an Holz, Blättern, Blüten und Früchten, sind uns in den Bi aunkohlenschichten von Chlapau und Rixhöft, nördlich von Putzig, erhalten; sie sind von dem Danziger Natur¬ forscher Anton Menge gesammelt und von dem Schweizer Palaeontologen Oswald Heer ausführlich beschrieben worden. Mit dem Ende der Tertiärzeit trat aus bisher noch nicht endgültig auf¬ geklärten Ursachen eine weitgehende Verschiebung der klimatischen Verhält¬ nisse ein, infolge deren allmählich das ganze norddeutsche Flachland, von einem aus Norden und Nordosten her vordringenden mächtigen Eispanzer bedeckt wurde. Naturgemäß verschwand damals die an ein wärmeres Klima gebundene Flora der Tertiärzeit, und an ihre Stelle trat eine andere, aber noch nicht die heutige Pflanzendecke, vielmehr hat auch jene Glacialzeit oder Inlandeisperiode ihre eigene Flora und Fauna aufzuweisen. Auf den zeitweilig von der bald zurückweichenden, bald wieder vordringenden Eisdecke freige¬ wordenen Gebieten schweifte u. a. das Mammut, Elephas primigenius Blum., umher; Reste dieses gewaltigen Thieres sind bei Darslub westlich Putzig auf¬ gefunden ; und unfern des Eisrandes bedeckten niedriges Gestrüpp der Zwerg¬ birke, Betula nana L , und der Polarweide, Salix polaris L., und die acht- 45 46 blätterige Silberwurz, Dryas octopetala L., den von eisigem Schmelzwasser durchfeuchteten Boden. Die Ucberreste dieser hochnordischen Pflanzenwelt, mit welcher zusammen das Ren, Rangifer tarandus Sund., hier lebte, sind bei uns 1891 zuerst durch den schwedischen Forscher A. G. Nathorst aufge¬ funden, zwar nicht direct im Putziger Kreise, aber in dem benachbarten pommerschen Kreis Lauenburg, wo in einem Wiesenmergellager bei Krampkewitz bezeichnende Spuren beobachtet wurden. Auch an einigen Stellen in der Provinz Westpreußen sind Reste solcher arktischen Pflanzen in dem die Sohle von Torflagern gewöhnlich bildenden thonigen oder sandigen Kalkmergel festgestellt worden, so bei Schroop im Kreise Stuhm, gleichfalls durch Nathorst, bei Saskoschin, Kr. Danziger Höhe, und in Stangenwalde, Kr. Karthaus, durch den Vortragenden. Auch nach dem endgültigen Rückzug des Inlandeises hat wohl noch lange jene kümmerliche arktische Vegetation geherrscht, um erst allmählich Hand in Hand mit klimatischen Veränderungen anderen zumeist von Süden her eindringenden Pflanzen Platz zu machen. Ueber die Wandlungen, welche die Pflanzen- und Thierwelt unserer Provinz seit der Eiszeit durchgemacht hat, geben uns den besten Aufschluß die zahlreichen Torfmoore des Landes in denen die Reste der Lebewesen, entsprechend ihrer zeitlichen Aufeinander¬ folge, Schicht auf Schicht abgelagert sind. Durch eine sorgfältige Untersuchung der Torfmoore hat sich auch gezeigt, daß nach der Eiszeit manche Pflanzen bei uns eingewandert sind, die jetzt schon wieder nicht mehr lebend in unserem Gebiet Vorkommen, also bei uns ausgestorben sind. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür bietet die Wassernuß, Trapa natans L. Während sie jetzt lebend in Westpreußen nirgends mehr gedeiht, sind ihre charakteristischen Früchte im Torf bereits an fünfzehn Stellen der Provinz, zum Theil in großen Mengen, aufgefunden worden1). Ein besonderes Interesse beansprucht hierbei die vorher erwähnte Fundstelle in Stangen walde, wo über der die Blattreste der Zwergbirke enthaltenden feinthonigen Glacialgyttja eine Lebertorfschicht mit zahlreichen Früchten der Wassernuß ansteht. Die aus der frühesten prähistorischen Zeit — vom ersten Auftreten des Menschen in Westpreußen — herrührenden Abfallhaufen einer menschlichen Ansiedelung am flachen Strande bei Rutzau südlich Putzig2) enthalten kaum Pflanzenreste; doch wissen wir aus den etwa gleichalterigen Torfmoorfunden, daß die Flora damals unserer jetzigen schon sehr ähnlich war. Desto mehr finden sich in jenen Lagern thierische Reste, vor allem solche von Fischen, J) Infolge weiterer Funde hat sich die Zahl der 7 ru/m-S teilen gegenwärtig auf 18 erhöht. Vergl. XXI. Amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archaeologischen und ethnologischen Sammlungen des Westpreußischen Provinzial-Museums für das Jahr 1900. Seite 19 — 21 und Fig. 8 u. 9. Danzig 1901. (Nachtrag vom April 1901). 2) Vergl. XV. Amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archaeo¬ logischen und ethnologischen Sammlungen des Westpreußischen Provinzial-Museums für d;is Jahr 1894. Seite 21 — 23 und Fig. 4 — 9. Danzig 1895. 46 47 aber auch von Säugetkieren, besonders zahlreich vom Seehund. Alles das deutet darauf hin, daß die damaligen Bewohner des Landes sich eifrig dem Fischfänge und der Seehundsjagd kingaben. Das Bestehen einer großen An¬ siedelung zur Steinzeit an einer Stelle wie Rutzau wäre aber kaum verständ¬ lich, wüßte man nicht, daß der Ort damals nicht so im Winkel lag, und daß statt der jetzigen Halbinsel Heia damals nur eine Reihe langgestreckter Inseln bestand. Noch eine Karte aus dem Jahre 1655, welche in verkleinertem r —.AP \ r ! nt /ft*# p nt iv] ) pr »aMT© "Lty*' umrtjfit runutvp Dparx-* ui#** m j j» wwp ) mcjt-' ?nr/,t xt.'/smn nuujQ j mie***’'“* % >•- '••Train. *hi - 'T' v »**■ .T, |- - nvutfv ww rmÜt/Mafm/A •«<■/ J '."Ot/sffM'gr njJttfi ]nj n»l • nrrvjj MHU tut lun.icuK'iK. um jo nt] ruaji'Jinjj]' nj'vj pua yaorj.*]» oy[ lum-ur} ■uoiucjcI j j mp p u n tu | o r ij oj ~i uni|juy ipsuaqiq w.>iuä».ij5*} -»rn nur ^ • v . 'V nniJO a»mas^j*uq^> '^'/T r~ >« Fig. 2. Alte Karte des westlichen Theils der Danziger Bucht, aus dem Jahre 1655. (Entgegen der Originalkarte so gestellt, dass Norden oben liegt.) Maßstabe hier beigegeben ist (Fig. 2), zeigt Heia aus sechs, durch schmale Durchfahrten getrennten Inseln bestehend. Sie weist auch nordwärts von Putzig, nach Schwarzau hin, einen Brückenweg quer durch das Bruchland des Plutnitzflüßchens auf; und daß eine Arerbindungsstraße dort schon in früh¬ geschichtlicher Zeit bestanden hat, beweisen die noch unter Wasser vorhandenen Reste eines aus mächtigen Buchenstämmer bestehenden Unterbaues, welche Vortragender vor wenigen Jahren dort gemeinsam mit Herrn Landrath Dr. Albrecht besichtigt hat. 47 48 Wenden wir uns nun zu der Pllanzenvvelt der Gegenwart, und werfen wir zunächst einen Blick auf die Waldungen des Putziger Kreises, so haben wir hier ein paar interessante Holzgewächse zu nennen. In erster Linie die Schwedische Mehlbeere, Pirus suecica Gucke., deren Hauptverbreitungsgebiet in Schweden liegt, wo sie als „oxel“ allgemein bekannt ist, und wo man aus ihren Früchten, die denen unserer gewöhnlichen Eberesche ähnlich, nur größer Rügen vor x), aber stets nur in einem oder nicht vielen Exemplaren, wäh¬ rend ihr nächstes reichlicheres V or- komrnen auf der Insel ßornholm liegt. — Ein an¬ deres bemerkens- werthes Holzge¬ wächs desPutziger Gebiets ist der durchseine silber¬ grauen schmalen Blätter auffallen¬ de Stranddorn, Hippophae rham- noicles L., der bei Rixhöft, am nörd¬ lichsten Punkte Westpreußens, die steil zum Strande abfallen¬ den Hänge der Schwarzauer Kämpe in ausge- und dunkeier rotli gefärbt sind, ein ausgezeichnetes Compot sowie ei¬ nen wohlschmek- kenden Likör zu bereiten und einen trefflichenBrannt- wein zu brennen versteht. Pirus suecica kommt wildwachsend im Putziger Kreise an zwei Stellen bei Oxhöft, im südlich angren¬ zenden Kreise Neustadt b. Hoch Redlau und Ko- liebken, sonst in Westpreußen nur inderKöniglichen Forstb. Karthaus, an der übrigen deutschen Ostsee¬ küste nur im Stolper Kreis, Fig. 3. Rothbuclie mit Tagwurzeln. ferner bei Kol- «^Fläche, von welcher die vordere (südliche) Stanimhälfte abgelöst ist.breitetenBÜSCheil berg u. vielleicht Kgl- 0berförsterei Darslllb’ schutzbez. Mechau, Jagen i40a. stellenweise dicht (Aus „Forstbotan. Merkbuch. I. Prov. Westpreussen“. Berlin 1900.) auf Hiddensö bei bedeckt, sonst in der Provinz wild sich nur in einem größeren Gebüsch bei Koliebken nördlich von Zoppot vorfindet. — Durch ihre gewaltigen Dimensionen ausgezeichnet ist eine besonders knorrige Esche, Fraxinus excelsior L., die im Jagen 82a des Belaufs Darslub im gleichnamigen Forstrevier in einem urwüchsigen Bestand aus Rothbuclie, Weißbuche, Kiefer und Erle gedeiht. Ihr i) Neuerdings ist die Holzart von J)r. Brick in Hamburg an einem neuen Standort entdeckt, nämlich im Holstenlager bei Schwartau im Fiirstenthum Lübeck. 48 49 einen Umfang von 7 in, ihre Gesammt- vor- ge- Stamm hat 1 m über dem Erdboden höhe beträgt 23 m. Zwischen den drei Hauptästen, in die sich der hohle Stamm in 2 1ji m Höhe thcilt, hat sich eine Eberesche, Pirns aucuparia Gaertn., angcsiedelt, deren Stamm etwa 50 cm Umfang besitzt, und welche, ebenso wie die Esche selbst, reichlich Früchte trägt. Die Wal¬ dungen des Putziger Kreises wer¬ den ihrem Hauptbe- stande nach zum großen Theil von mit Kiefern un¬ termischten Laubhölzern gebildet, hauptsächlich von der Roth- buche und der Hain¬ oder Wei߬ buche, in ge¬ ringerem Maße von der Eiche, dane¬ ben treten die Birke u. a. m. auf. An feuchteren bruchigen Stellen ist die Erle vor¬ herrschend. starker Baum von 26 m boden 3,70 m beträgt, zwei neben einander sich mehr oder weniger Fig. 4. Zweibeinige Rothbuclie, Fagus silvatica L. Kgl. Oberförsterei Neustadt, Schutzbez. Rekau, Jagen 24a. (Aus „Forstbotauisches Merkbuch. I. Provinz Westpreussen.“ Berlin 1900.) Stammumfang 1 m über Ganz züglicli deiht die Rothbuclie, Fagus silva¬ tica L., und besonders in der Darslu- ber Forst sind prächtige Stämme da¬ von in großer Anzahl vor¬ handen. Wohl die bemer- kenswerthe- ste von allen Rothbuchen des Kreises steht in Jagen 140 a des Schutzbe- zirksMechau, Forstrevier Darslub. Es ist eine Rothbuclie mit Tag¬ wurzeln (Fig. 3), ein dem Erd- Höhe, dessen Anscheinend war der Baum ursprünglich aus aufgewachsenen Stämmen hervorgegangen, die verbunden und bis auf 3 m Höhe einen einheit¬ lichen Schaft gebildet haben. Bei einem Sturm im Winter 1891 wurde die südliche Hälfte mit ihrer Krone abgebrochen und dadurch die bislang ver¬ deckte Seite der anderen Hälfte freigelegt. Nunmehr zeigte sich, daß ober¬ halb der Gabelung, wo sich die beiden Stämme gerieben hatten, das Holz 4 49 50 angefault war, und dieser Prozeß hatte sich im Stamminneren auch weiter nach unten fortgesetzt. Darauf war die Wundfläche, die eine Länge von 2,5 m besaß, allmählich an den Seiten überwallt, und von diesen Randwülsten aus waren Adventivwurzeln entstanden, welche in den mit angeflogenen Knospen¬ schuppen, Laubblättern, Früchten u. a. m. erfüllten Hohlraum eindrangen. Tagwurzeln treten sonst zuweilen bei Weiden und Erlen auf, aber bei der Rothbuche ist die Erscheinung sehr selten. Daher beansprucht das Mechauer Exemplar ein hervorragendes Interesse. — Eine sehr starke Rothbuche steht auch in dem Schutzbezirk Buchenrode der Gutsforst Klanin, Kr. Putzig, in einem urwüchsigen Mischwald von Roth- und Weißbuche, Eiche, Kiefer, Birke und anderen Holzarten. Ihre Gesammthöhe beträgt 20 m, ihr Stamm¬ umfang 1 m über dem Boden 4, 20 m. — Eine sehr eigenartige Erscheinung bildet eine zweibeinige Rothbuche (Fig. 4) in Jagen 24 a des Schutzbezirks Rekau, zur Oberförsterei Neustadt gehörig, aber im Kreis Putzig gelegen. Zwei am Boden vollständig getrennte und 30 cm von einander entfernte Stämme von je etwa 1 m Umfang vereinigen sich in 3/4 m Höhe zu einem vollkommen einheitlichen Stamm. Von solchen zweibeinigen Bäumen sind in Westpreußen überhaupt nur wenige bekannt, so eine zweibeinige Rothbuche im Schutzbezirk Bischdorf der Gutsforst Klein Ludwigsdorf, Kr. Rosenberg, eine zweibeinige Eiche — das schönste von allen Exemplaren — im Schutz¬ bezirk Wersk des Forstreviers Kujan, Kr. Flatow, und zwei zweibeinige Kiefern, eine im Schutzbezirk Karlshorst der Gutsforst Goldau, Kr. Rosenberg, und eine im Schutzbezirk Bismarckheide des Forstreviers Junkerhof in der Tucheier Heide1). Was die Entstehung der zweibeinigen Bäume überhaupt betrifft, so kann nicht in jedem einzelnen Fall mit Sicherheit festgestellt werden, ob die Vereinigung der zwei ursprünglich selbstständigen Stämmchen auf natürlichem Wege oder durch Menschenhand erfolgt ist. Man darf wohl aunehmen, daß die Bildung bald auf dem einen, bald auf dem anderen Wege zu Stande kommt. Jedenfalls ist nicht zu bezweifeln, daß auch ganz ohne Zuthun des Menschen derartige Bildungen entstehen, indem zwei schräge gewachsene und an einer Stelle sich berührende Stämmchen bei der vielfachen Bewegung durch den Wind an der Berührungsstelle sich wund scheuern, bis schließlich die Rindenschicht dort durchbrochen wird, und daß dann von den nun auf¬ einanderliegenden frischen Cambialschichten aus eine Ueberwallung erfolgt, als deren Resultat dann schließlich ein einheitlicher Stamm hervorgeht. — Ein *) Neuerdings sind infolge der durch das Forstbotanische Merkbuch. I. Provinz West¬ preußen (Berlin 1900) auf derartige Vorkommnisse mehr gelenkten Aufmerksamkeit noch zwei zweibeinige Kiefern — in der Oberförsterei Mirchau, SchutzbezirkSteinsee, und in der Ober¬ försterei Sommersin, Schutzbezirk Kohli — und zwei zweibeinige Rothbuchen — in der Ober¬ försterei Buchberg, Schutzbezirk Philippi, und in der Oberförsterei Darslub, Schutzbezirk Mechau — aufgefunden worden. Yergl. NXI. Amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archaeologischen und ethnologischen Sammlungen des Westpreußischen Pro- Vinzial-Museums für das Jahr 1900. Seite 24. Danzig 1901. (Nachtrag vom April 1901). 50 herrlicher, fast reiner Rothbuchenbestand findet sich in der Gutsforst Barlomin im benachbarten Neustädter Kreise, 150 m über dem Meere. Pie Buchen erreichen hier bis 30 m Höhe und bis 3x/4 m Stammumfang, 1 m über dem Boden, wobei der Schaft bis 16 m astrein ist. Durch die schlanken, geraden Stämme, deren Kronen erst hoch über dem Erdboden beginnen und vielfach sich domartig dicht zusammenschließen, erinnert dieser Buchenbestand an die sog. Heiligen Hallen von Panklau im Kreise Elbing und von Tharandt in Sachsen und bildet einen bemerkenswerthen landschaftlichen Schmuck der Gegend. — Von kleineren Holzgewächsen der Putziger Wälder endlich ist hervorzuheben die Sumpfglockenheide, Erica Tetralix L., die sich durch größere glockenförmige und schön rosa gefärbte Blüten und längere nadelförmige Blätter von der bei uns allgemein verbreiteten gemeinen Heide, Calluna vulgaris Salisb., unterscheidet. Erstere kommt im Kreise Putzig ziemlich häufig vor, so in zahlreichen Jagen der Schutzbezirke Darslub, Heisternest ITela, Musa und Vaterhorst des Forstreviers Darslub, in den Schutzbezirken Rekau und Sobiensitz der Oberförsterei Neustadt und sonst noch vielfach auf Mooren, Brüchern und Dünenheiden. Aber das Gedeihen dieser Pflanze ist an ein ziemlich hohes Maß von Bodenfeuchtigkeit gebunden, und da die letztere infolge der umfassenden Entwässerungen jetzt vielfach abnimmt, so ist auch die Sumpfglockenheide fast überall in der Forst im Rückgang begriffen. Im Übrigen ist die Flora des Kreises Putzig, besonders die der strauch- und krautartigen Gewächse, bereits mehrfach von Mitgliedern unseres Vereines mehr oder weniger eingehend durchforscht worden. Zunächst hat unser I. A^or- sitzender, Herr Pr. H. von Klinggraeee, die Küsten- und Moorgebiete des Kreises und die Halbinsel Heia sorgfältig botanisch untersucht und abge¬ sammelt. Seine Beobachtungen hat er vor allem in seinem Bericht über die botanischen Reisen an den Seeküsten Westpreußens im Sommer 1883“1) nieder¬ gelegt. Auch unser verstorbenes Mitglied Brisciike hat gelegentlich seiner entomologischen Durchforschung der Halbinsel Heia Beobachtungen über die dortige Pflanzenwelt angestellt. Von besonderem Erfolge gekrönt war eine eingehende Bereisung des Putziger Gebiets und der benachbarten Kreise durch unser Mitglied Herrn Dr. P. Graebner- Berlin im Jahre 1995. Er hat dar¬ über in einer größeren Arbeit ,,Zur Flora des Kreises Putzig, Neustadt Wpiv und Lauenburg i. Pomm.'1 berichtet2). Neben der Auffindung zahlreicher für die Provinz Westpreussen und einiger für Deutschland neuer Pflanzen, sowie mehrerer überhaupt neuer Pflanzenformen ist als Hauptresultat dieser Reise die eingehende Feststellung zu betrachten, daß das untersuchte Gebiet sich 1) Anlage zum Bericht über die siebente Versammlung des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins zu Dt. Krone am 3. und 4. Juni 1884. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band VI, Heft 2. Danzig 1885. 2) Anlage J. zu dem Bericht über die 18. Wunder- Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Christburg am 4. Juni 1895. — Schriften der Natur- forschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band IX, Heft 1. Danzig 189G. 51 4* 52 Weniger durch das Vorkommen nordischer Pflanzen auszeichnet, wie mit Rück¬ sicht auf seine nördliche Lage hätte erwartet werden können, daß liier viel¬ mehr eine Anzahl westeuropäischer Pflanzen gedeiht, die von Nordwcst- deutschland längs der Küste hierher vorgedrungen sind, dagegen weiter im Binnenlande fehlen, wo sie durch von Osten eingewanderte politische Pflanzen ersetzt werden. — Von einzelnen bemerkenswerthen Pflanzenfunden im Putziger Kreise mag noch das Aufflndcn von Polygonum Raji Bau. in Heia durch unser Mitglied, Herrn Professor Dr. Luerssen- Königsberg, hier erwähnt werden. Das Vorkommen dieser Pflanze hier ist um so auffälliger, als sie sonst nur aus Nordwestfrankreich, Belgien, England, Dänemark und Skandinavien be¬ kannt ist. Wahrscheinlich ist sie nach Ilela durch den Schiffsverkehr ein¬ geschleppt. Werfen wir endlich noch einen Blick auf die cultivirten Pflanzen des Kreises Putzig, so fällt uns das vortreffliche Gedeihen mancher Bäume und Sträucher auf, die ein ziemlich mildes Klima verlangen. In dieser Hinsicht ragen besonders drei Orte des Kreises hervor. In erster Linie Rutzau mit seinen alten mächtigen Edelkastanien, Castanea vesca Gaertn., von denen die zwei stärksten in Brusthöhe noch 3% m Stammumfang besitzen, und die fast alljährlich reife Früchte mit keimfähigen Samen tragen. Sodann Klanin, wo im Park sich ein Mammuthbaum, Sequoia gigantea Torr., befindet, der bei einer Baumhöhe von 1 ö1/^ m einen Stammumfang aufweist, der am Boden 3*4 m und in 1 m Höhe noch 2*/4 m beträgt. Dieser Baum, der eine schöne regelmäßige Pyramidenform besitzt und bis zum Boden herab beblätterte Zweige trägt, wurde 1808 als vierjährige Pflanze durch Herrn von GRASS-Klanin ins Freie gesetzt. Obwohl also noch nicht vierzig Jahre alt, hat sich dieser Baum so kräftig entwickelt und, ohne im Winter eingedeckt zu werden, so prächtig erhalten, daß er jetzt eines der größten und schönsten Exemplare der Art in Deutschland darstellt. Neben der vorzüglichen Pflege ist das freudige Gedeihen des Baumes auch dem günstigen Klima zuzuschreiben. Im Übrigen haben, wie anfangs erwähnt, nahe Verwandte der Art zur Tertiärzeit im Putziger Kreise gelebt. Das zweitgrößte Exemplar der Sequoia in West¬ preußen steht im Park von Sypniewo, Kr. Flatow; es ist etwa 12 m hoch, doch ist sein Stamm in der unteren Hälfte kahl, da vor einer Reihe von Jahren im Winter ein Theil der Krone erfror; ein drittes, allerdings kleineres Exemplar des Mammuthbaumes steht im Königlichen Garten in Oliva. Ver¬ gleichsweise sei erwähnt, daß die beiden Sequoia , die früher vor dem Palmen¬ hause in Berlin standen und etwa ebensogroß waren wie die Klaniner, völlig erfroren, als sie eines Winters wegen der großen Schwierigkeiten und Kosten des Eindeckens nicht eingedeckt worden waren. Als dritter durch seine cultivirten Bäume bemerkenswerther Ort sei Klein Starsin genannt, dessen prächtige, angepflauzte Kleinblätterige Linden am Boden 63/.t m und in 1 m Höhe noch über 4 m Stammumfang erreichen. Alle diese Erscheinungen sprechen deutlich für das milde Klima und den hohen Feuchtigkeitsgehalt der 52 53 Luft im Kreise Patzig. Leider fehlt dem Kreise noch immer eine meteoro¬ logische Station, deren Beobachtungen es ermöglichen würden, die klimatischen Verhältnisse auch zahlenmäßig festzulegen. Alles in allem erinnert das Gedeihen der Bäume dort fast an die Verhältnisse in England, wo die Nähe des Meeres eine hohe Luftfeuchtigkeit hervorbringt und starke Temperaturextreme verhindert. Der Geschäftsführer des Westpreußischen Fischerei-Vereins, HcrrDr. Seligo- Danzig, lenkt die Aufmerksamkeit der Versammlung auf ein bei uns sehr gemeines Thier hin und macht dabei interessante Biologische Mittheilungen über den Stichling. Geht man zur Frühlingszeit an den Ufern unserer Binnengewässer ent¬ lang. so sieht man bei einiger Aufmerksamkeit fast überall in dem flachen Wasser rasch schwimmende, oft fast pfeilschnell vorüberschießende, silber¬ glänzende oder bunt leuchtende, kleine Fische, die Stichlinge oder, wie sie im Volksmunde heißen, die Stachlinskis. Die Stichlinge sind nicht nur unsere kleinsten und gemeinsten Fische, sie gehören auch zu den interessantesten Vertretern dieser Thierklasse bei uns. So haben sie, um nur wenige Punkte hervorzuheben, eine sehr ausgeprägte Brutpflege, eine sonst bei unseren Fischen äußerst seltene Erscheinung, und zwar ist es bemerkenswerther Weise aus¬ schließlich das Männchen, das für die Brut sorgt. Es baut von Pflanzen¬ fasern u. a. m. ein stark wallnußgroßes, länglich rundes Nest, das in den sandigen Grund der Gewässer eingebettet oder unter Wasser an Pflanzenstengeln be¬ festigt wird, treibt das Weibchen zur Eierablage hinein und läßt dann die Samenflüssigkeit über die Eier strömen. Nach der so erfolgten Befruchtung der Eier steht das Männchen vor dem belegten Neste Posten und vertheidigt die sich entwickelnde Brut nicht nur aufs tapferste gegen die räuberischen Angriffe des hungrigen Weibchens und anderer auch erheblich größerer Thiere — es greift tollkühn selbst einen in die Nähe des Nestes von Menschenhand hin¬ gehaltenen Stock an — , sondern versorgt dieselbe auch gleichzeitig mit dem zu ihrem Gedeihen nothwendigen Sauerstoff. Bei dem Postenstehen nämlich schlägt das Männchen ununterbrochen mit seinen Brustflossen vor- und rück¬ wärts, und durch diese ständige regelmäßige Bewegung der Flossen wird den im Nest lagernden Eiern andauernd ein Strom frischen, durchlüfteten Wassers zugetrieben, dessen sie zu ihrer Entwickelung bedürfen. Wir sehen hier unbewußt und im Kleinen dasselbe Princip angewandt, das wir bei Anlage unserer künstlichen Fischbrutanstalten bewußt und im Großen befolgen, und das Stichlingsnest mit dem davorstehenden flossenschlagenden Männchen stellt somit eine kleine natürliche Brutanstalt dar. — Ausgezeichnet sind die männlichen Stichlinge auch durch die lebhaften blut- oder kanninrothen, grünen und himmelblauen Farben, in denen sie zur Brutzeit, gewissermaßen wie in einem Hochzeitskleide, prangen, und die 54 bei einer Erregung der Thiere, z. B. beim Angriff oder beim Kampf mit einem Feinde, noch lebhafter leuchten. Die Stichlinge sind in unseren Gewässern sehr häufig, aber ihre Zahl erscheint noch größer als sie in Wirklichkeit ist, da die Thiere ganz außer¬ ordentlich dreist sind und auch die Nähe des Menschen durchaus nicht scheuen. Diese Dreistigkeit des Stichlings erklärt sich zur Genüge durch die erstaunliche Ausbildung seiner Schutz- und Trutzwaffen, die es ihm ge¬ stattet, sich mit einer fast frech zu nennenden Sorglosigkeit überall im Wasser zu bewegen, ohne daß er befürchteu muß, einem Feinde zum Opfer zu fallen. Der Stichling ist zunächst ein vorzüglicher Schwimmer, er schwimmt rasch, dabei meist stoßweise vorwärts schießend. Wie bei allen Fischen wird seine Vorwärtsbewegung in erster Linie durch die Thätigkeit der Schwanzflosse bewirkt, und diese ist bei ihm ganz vorzüglich für ihren Zweck ausgebildet. Der Schwanzstiel ist sehr schmal, was eine ausgiebige und energische Bewegung der Schwanzflosse ermöglicht, und letztere selbst be¬ sitzt einen feinen, horizontal stehenden Hautsaum, der ihre Stabilität erhöht. Sodann ist der Fisch stark gepanzert, der Kopf ist hart, verknöchert und reizt nicht zum Anbeißen, die Wangen sind durch starke Hautpanzer ge¬ schützt, gleich hinter ihnen liegt wieder eine breite Verknöcherung, lieber- dies bezitzt das Thier lange und starke aufrichtbare Rücken- und Bauch¬ stacheln, die durch eigenartige Sperrgelenke feststellbar sind, so daß sie nicht einfach niedergebeugt werden könuen, sondern nur bei einer ganz bestimmt gerichteten Bewegung in die dem Körper anliegende Ruhe¬ stellung zu bringen sind. Den Bau und die Wirkungsweise dieser Sperr¬ gelenke erläutert Vortragender eingehend an dem ähnlichen, aber natürlich sehr viel größeren Sperrgelenk des ersten Brustflossenstachels eines tropischen Welses- Alle diese Einrichtungen im Bau des Stichlings machen es verständlich, daß er wenig unter den Angriffen äußerer Feinde, anderer Fische und des Menschen, zu leiden hat, obwohl hinter seiner harten Schale sich ein fetter Kern verbirgt. Von Fischen — selbst den größeren — lassen, außer den Salmoniden, Alle das stachliche Thier ungeschoren, und dem Menschen hat es wohl nur ganz ausnahmsweise als Nahrung gedient. In den Rutzauer Küchenablagerungen finden sich allerdings sehr zahlreiche Stichlingsreste, doch ist es immerhin fraglich, ob die Thiere selbst damals von den Anwohnern verspeist wurden. Dagegen berichtet Th. von Siebold, daß bei der Belagerung von Danzig im Jahre 1813 die ärmeren Bewohner der Stadt beim Mangel der sonst üblichen Lebensmittel, um ihren Hunger zu stillen, ihre Zuflucht zu den Stichlingen genommen haben, die in den Festungs¬ gräben gerade in ungeheurer Menge vorhanden waren. Aber dieser Fall steht vereinzelt da, als ein Zufluchtsmittel in der Zeit der höchsten Notip und sonst dürfte der Stichling als menschliches Nahrungsmittel kaum je Verwendung gefunden haben. 54 55 Dagegen hat der außerordentliche Fettreich thum des Stichlings zu einer anderen Ausnutzung des Thieres durch den Menschen geführt. Am Pillauer Tief, dort wo das Frische Haff in die Ostsee, speciell die Danziger Bucht, übergeht, finden sich fast alljährlich ungeheure Schwärme von Stichlingen ein. Die Bewohner der dortigen Küste fangen nun die Stichlinge in Käschern oder mittels engmaschiger Netze in großen Mengen und verwenden sie zum Düngen ihrer Aecker oder bereiten aus ihnen einen vortrefflichen Fischthran. Diese Industrie ist dort schon alt, bis vor wenigen Jahren war aber das bei der Thrangewinnung angewendete Verfahren ein sehr primitives. Die Fische wurden in großen Kesseln abgekocht, dann in Säcke gethan, und, indem die Leute sich auf die zugebundenen Säcke setzten, preßten sie das Fett aus den Fischen heraus. Natürlich wurde der Fettgehalt der Stichlinge dabei nur sehr unvollständig ausgenutzt. Gegenwärtig geschieht die Ausnutzung der Stich¬ linge in Pillau in sehr vollkommener und rationeller Weise. Die Fische werden zunächst zwischen erhitzten eisernen Walzen unter starkem Druck ausgepreßt, gelangen dann in einen Benzinbehälter, wo ihnen der letzte, auf mechanischem Wege nicht entfernbare Fettrest durch Lösung entzogen wird. Die dann ver¬ bleibenden Rückstände sind der Hauptmasse nach nahrhaftes Fischfleisch, ohne jede Spur von Fett. In getrocknetem und gemahleuem Zustande giebt dieses Fischfleisch ein werthvolles Vieh- und Fischfutter. Aus der Menge des gewonnenen Thrans läßt sich die ungefähre Zahl der gefangenen Stichlinge berechnen, und man hat auf diese Weise festgestellt, daß bei Pillau alljährlich 1 — 2 Milliarden Stichlinge gefaugen werden. Auch an anderen Stellen, namentlich an Flußmündungen, ist zuweilen, aber nicht so regelmäßig wie im Pillauer Tief, ein massenhaftes Auftreten der Stichlinge beobachtet worden. So wurde — um nur ein Paar Beispiele anzuführen — in dem einen Falle das in die Mottlau mündende große Abflußrohr der Danziger Oelmühla durch eingedrungene Stichlinge verstopft; und im Elbingfluß trat der Stichling vor Jahren einmal in so großen Massen auf, daß der Strom fast vollkommen von den Fischen verstopft wurde, denen dann infolge der dichten Packung die zum Atkmen nothwendige Luft ausging, so daß der ganze riesige Schwarm elendiglich ersticken mußte. Meilenweit bedeckten damals die todten Stichlinge den Grund des Wassers, durch ihre Verwesung ein allgemeines Sterben auch der anderen Fische hervorrufend. Auf welche Ursachen diese un¬ geheuren Ansammlungen von Stichlingen, und insbesondere die sich regelmäßig fast alle Jahr wiederholenden am Pillauer Tief, zurückzuführen sind, ist noch nicht aufgeklärt. Außer dem Menschen kommen von außerhalb des Wassers lebenden Thieren noch gewisse Wasservögel als Feinde des Stichlings in Betracht. Viel mehr als alle seine großen Feinde — Fische, Vögel und Menschen — setzen dem Stichling aber seine kleinen Feinde, die Parasiten, zu; vor allem wird er außerordentlich häufig von einer Bandwurmart, Schistocephalus solidus Müll., heimgesucht. Holt man mit einem Käscher eine Auzahl Stichlinge aus dem 55 56 Wasser heraus, so findet man nicht selten, daß mehr als die Hälfte derselben einen auffallend angeschwollencn Bauch besitzt. Eine genauere Untersuchung zeigt dann, daß in diesen Thieren sich je zwei, drei oder mehr kleine Bandwürmer befinden, oder richtiger Bandwurmlarven, denn es sind unvollständig entwickelte Thiere, die ihre volle Entwickelung und Geschlechtsreife erst im Darm gewisser Vögel — Enten, Möwen, Sägetaucher — erreichen, von denen sie mit oder ohne den Stichling gefressen werden. Diese Bandwürmer finden sich in den Stichlingen so reichlich, daß ihr Gewicht oft den vierten Tlieil von dem Gewicht des ganzen Stichlings ausmacht. Der Stichling wird durch sie aufs äußerste aufgebläht und schließlich zum Platzen gebracht und getödtet. — Einen anderen Schma¬ rotzer, ein auch sonst nicht seltenes Sporozoon, Nosema anomalum , hat Vor¬ tragender kürzlich am gemeinen Stichling, Gasterosteus aculeatus L., in der Weichsel bei Schiewenhorst beobachtet, wo die Stichlinge in Massen daran erkrankt waren. Bei den mit dem Nosema inficirten Stichlingen bilden sich unter der Haut Knollen, und zahlreiche Stichlinge hatten die Parasiten sogar in theilweise knöpf förmigen, dünn gestielten Geschwüren abgesondert. Vor¬ tragender legt derartige mit Nosema behaftete Stichlinge von Schiewenhorst vor. Außer dem gemeinen Stichling, Gasterosteus aculeatus L., kommt in unseren Gewässern häufig der Zwergstichling, Gasterosteus pungitius L., vor, während der nur die See bewohnende Meerstichling, Gasterosteus spinachia L., bei uns seltener beobachtet wird. Der Zwergstichling unterscheidet sich vom gemeinen Stichling — abgesehen von anderen Merkmalen — , wie schon der Name sagt, durch seine geringe Größe. Er wird nur selten 5 cm lang und ist unser kleinster Fisch. Bemerkenswerther Weise findet sich nun in dem Gebiet der Sorge, an der Grenze der Provinzen Ost- und Westpreußen, eine groß wüchsige Form des Zwergstichlings. Exemplare von dorther, welche das vierfache Gewicht der gewöhnlichen Zwergstichlinge und eine Länge von 7—8 cm erreichen, während der Fisch sonst kaum halb so lang zu werden pflegt, werden vorgelegt. Herr Oberlehrer Dr. ScHMiDT-Lauenburg macht sodann ausführliche Mit¬ theilungen Ueber Blitzschläge in Bäume. Die Mittheilung unseres verehrten Collegen Professor Dr. Bockwoldt- Neustadt über den Blitzschlag in eine Rothbuche, Fagus silvactica L., auf der Versammlung in Flatow veranlaßte mich, als alten Meteorologen und lang¬ jährigen Gewitterbeobachter, auch nach anderen Fällen zu suchen. Leider sind die Aufzeichnungen über derartige Vorkommnisse so wenig verallgemeinerte und so wenig kritisch zuverlässige, daß selbst in der Bibliothek des Königl. Meteorologischen Instituts zu Berlin die Auswahl eine nicht gar große ist. Die kleine Abhandlung eines jungen Technikers, Dimitrie Jonesco, in den Jahresheften des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, Stuttgart 1893, giebt genauere Auskunft, namentlich durch Zusammenstellung 5fi der in den Jahren 1879, 80, 81, 82, 83, 84, 85 und 90 in den weiten Forst¬ revieren des Fürstenthums Lippe-r)ctmold beobachteten und aufs gewissen¬ hafteste aufgezeichneten Blitzschläge in die gemischten Bestände jener wohl¬ gepflegten und eitrigst beobachteten Laubholzwaldungen. Ein Theil der hier gebrachten Betrachtungen, speciell die am Schlüsse aufgeführten Tabellen, entstammen dieser kleinen fleißigen Broschüre. Während Physiker und Statistiker sich schon längst mit der von vielen Seiten behaupteten Steigerung der Blitzgefahr beschäftigen, ist von Botanikern der ihnen so nahe liegenden Frage nach den Beziehungen zwischen Blitzgefahr und Kulturbäumen noch nicht näher getreten. Zahlreich sind die Unter¬ suchungen über den charakteristischen Befund der vom Blitze hervorgerufenen Verletzungen, trotzdem ist eine genauere Einsicht in die Wirkungsweise des Blitzes noch nicht gewonnen. Ueber die Ursachen der Blitzschläge in Bäume liegen bis jetzt nur wenig exacte Untersuchungen vor; man ist in dieser Beziehung über gelegentlich ausgesprochene Ansichten und Vermuthungen nicht hinausgekommen. Das muß um so mehr überraschen, als schon vor Jahrhunderten die Verschonung bezw. die Bevorzugung gewisser Baumarten mit aller Bestimmtheit behauptet wurde. Die Alten behaupteten vom Lorbeer, daß er vom Blitz nicht geschlagen werde, und Sueton berichtet von Tiberius, daß er beim Gewitter einen Lorbeerkranz trug, um sich gegen Blitzgefahr zu schützen. Bis in die jüngste Zeit ist namentlich von Praktikern behauptet worden, daß manche Baumarten vom Blitze verschont bleiben. Doch alle diese Baumarten werden, wie neuere Aufzeichnungen beweisen, vom Blitze getroffen. — Andererseits galt schon im Alterthum die Eiche als den Blitzschlägen am meisten unterworfen, sie war deshalb dem Donnergott geweiht; und Theophrast berichtet sogar von einer Eichenart, die so häufig vom Blitze getroffen werde, daß man sie nicht mehr als Opferbaum verwende. Die bisherigen Beobachtungen schließen jeden Zweifel darüber aus, daß eine Bevorzugung gewisser Baumarten gegen Blitzschlag in der That vor¬ handen ist, aber nach dem heutigen Stande der Elektrizitätslehre steht es an¬ dererseits fest, daß bei hoher elektrischer Spannung, d. i. bei schweren Ge¬ wittern, jede Baumart vom Blitze getroffen werden kann. Als Bedingung für die Entstehung eines Gewitters wird starke Wolkenbildung angesehen; das Gewitter ist eigentlich nur eine plötz¬ liche Entstehung dunkeier Wolken, meist mit starker Regen -Entladung, so daß man berechtigt ist, einen Platzregen ein stilles Gewitter zu nennen. Dove unterschied Gewitter des aufsteigenden Stromes, des vor¬ drängenden Polarstromes und des vordrängenden Aequatorialstromes. Die ersteren sind die Gewitter, die am Aequator täglich in den Nachmittags¬ stunden eintreten; die zweiten sind unsere Sommergewitter, die nach warmer Zeit eintreten und stets Abkühlung bringen, die dritten Wintergewitter, die nach stürmischem SW eintreten, nach längeren Kälteperioden; sie sind von warm- 57 58 nassem Wetter begleitet. Das Charakteristische des Gewitters ist der vom Donner begleitete Blitz, der nichts weiter ist als ein starker elektrischer Funke, dessen Knall den Donner bildet. Zuweilen sind entgegengesetzt elektrische Wolken einander nahe und bewirken so die Vereinigung beider Elektrizitäten in der Luft, die bekanntlich das Wesen des Blitzes ausmacht. Meist aber ist nur eine Art der Elektrizität, und zwar in der Wolke vor¬ handen, dieselbe wirkt dann nach den Prinzipien der Influenz auf eine be¬ nachbarte Wolke oder auf die besser leitende Erde und ladet den nächsten Theil der benachbarten Wolke oder der Erde mit der entgegengesetzten (- — ) Elektrizität. Sind die beiden Elektrizitäten stark genug, den Widerstand der Luft zu besiegen, so vereinigen sie sich in der Luft und erzeugen Blitz und Donner. Die Entladung der Wolke gegen die Erde wird das Einschlagen genannt. Dasselbe wird um so eher stattfinden, je stärker die Wolke geladen ist, je niedriger dieselbe schwebt, und je höhere und spitzere Gegenstände der¬ selben von der Erde her entgegenragen. Es wird dasselbe durch nieder- fallenden Regen begünstigt, obwohl andererseits auch anhaltender Regen die Elektrizität der Wolken allmählich ableitet und so eine beträchtliche Ansamm¬ lung der Elektrizität in den Wolken, und damit den Ausbruch derselben in einem Blitzschläge, gänzlich verhindert. Die vom Grundwasser durchfeuchtete Erde, die Oberfläche des Wassers, ist sonach der die Elektrizität der Wolke anziehende Conductor. Steht ein Baum auf undurchlässiger Gesteinsschicht, über der sich Wasser ansammelt, so wird bei Gewitterbildung eine sehr beträchtliche elektrische Spannung ein- treten, und bei der nun folgenden Entladung wird die größere oder geringere Leitungsfähigkeit des Baumes nicht mehr im Stande sein, denselben vor Blitz¬ schlag zu schützen. Dasselbe gilt von Bäumen an Flußufern, in der Nähe von Teichen und Sümpfen. Im Detmold’schen Revier Varenholz wurden in einem gemischten Bestände bei einem heftigen Gewitter die nahe aneinander stehenden, unter gleichenVerhältnissen wachsenden Bäume — 3 Eichen, 2 Buchen, 1 Esche — vom Blitz getroffen, darunter eine 90jährige Buche von 0,25 m Durch¬ messer nicht in die Krone, sondern in den Stamm in 20 m Höhe, dagegen eine neben dieser stehende Eiche mit „vielen trockenen“ Aesten nicht. Caspary bezweifelt zwar, daß Bäume an Flußufern häufiger getroffen werden als solche auf trockenen Standorten, doch sind seitdem die von Caspary seiner Zeit vermißten Belege so häufig geworden, daß die von von Voss ausgesprochene Behauptung (4. Jahresbericht der Gesellschaft von Freunden der Naturwissen¬ schaften in Gera. 1861. Seite 55), bei heftigen Gewittern seien selbst gut¬ leitende Baumarten nicht gegen Blitzschlag gesichert, als zutreffend bezeichnet werden muß. Von Voss behauptet ferner, daß bestimmte Baumarten häufiger vom Blitz getroffen werden, weil ihre tiefer gehenden Wurzeln auch öfter eine feuchte Erdschicht treffen. Die Wurzeln eines solchen Baumes laden bei einem Gewitter den Baum wie einen Conductor mit der entgegengesetzten Elektrizität, während ein weniger tief wurzelnder Baum eine solche Ladung 58 59 natürlich nur in geringerem Grade erhält. Doch wie wenige vom Blitz ge¬ troffene Bäume können auf die Tiefe ihrer Wurzeln untersucht werden! Je höher die elektrische Spannung bei einem Gewitter steigt, desto weniger kommt die Leitungsfähigkeit des Baumes, seines Holz- und Kambiumgewebes in Betracht. Man nahm an, der Wassergehalt des Holzes bedinge die Leitungs¬ fähigkeit des Baumes. Bei frisch gefälltem Holze enthielt Populus nigra L. 51,8 %, Fagus silvatica L. 39,7 %, Quercus pedunculata Eirmr. 35,4 % und Salix Caprea L. 26, o % Wasser; und doch sind Populus und Salix, deren Wassergehalt sich wie 2 : 1 verhält, gleich gute Leiter, während das wasser¬ ärmere Eichenholz mit 35,4 % ein besserer Leiter als das 'wasserreichere Buchenholz mit 39,7 % ist. Der Wassergehalt des frischen Holzes scheint demnach von geringer Bedeutung beim Blitzschlag zu sein. Noch verschieden¬ artiger — und dadurch erklärt sich wohl das sonderbare Herumspringen des Blitzes in und am Baume — ist das Leitungsvermögen des Baumes je nach der Richtung des Blitzweges, der zunächst wohl tangential in der Rinde, dann radial im Kambium und Splint und endlich longitudinal im Holze weiter führt. Nach Versuchen verhält sich bei frischem Lindenholz das Leitungsvermögen von Rinde (tangential) zu Kambium und Splint (radial) zu Holz (longitudinal) wie 1 : 2 : 19, dagegen bei trockenem Fichtenholz wie 1:2:7. Folgt aus allen einschlägigen Beobachtungen und Versuchen der geringe Einfluß des Wassergehalts auf das Leitungsvermögen, so zeigt die mikrosko¬ pische Untersuchung noch ein ganz anderes Moment, das für die Leitung viel wichtiger ist. Die Untersuchung nämlich lehrt, daß bei Fagus die Gewebe zeitweise einen relativ großen Gehalt an fetten Oelen zeigen, während Populus, Quercus und Salix fast frei von Oel sind. Mit Oel durchtränkte Gewebe aber sind schlechte Elektrizitätsleiter, ziehen also den Blitz nicht an. Der Oelgehalt erklärt sich aus physiologischen Vorgängen. Fischer (Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse) unterscheidet Fett- und Stärkebäume. Stärke¬ bäume sind solche, deren Reservestärke in Holz und Mark vom Herbst bis zum Mai unverändert bleibt; zu den Oelbäumen zählen dagegen diejenigen, bei denen sich im Winter und Frühjahr die gesammte Stärke in Mark, Holz und Rinde in fettes Oel, ein Theil der Rindenstärke auch in Glykose ver¬ wandelt. Zu den Stärkebäumen gehören: Salix, Acer , Populus, Syringa , Ulmus , Crataegus, Sorbus, Fraxinus und Quercus-, zu den Fettbäumen: Fagus, Juglans , Tilia, Betula, Pinus und Larix . Während Caspary die Kambiumschicht für einen schlechten Leiter hält, meint Ferdinand Coiin, es werde der Hauptstrom der Elektrizität in der gut leitenden Kambialschicht abgeleitet. Jonesco folgert aus seinen Experimenten: „diejenigen Fettbäume, welche auch während des Sommers reich an Oel sind, erscheinen in hohem Grade gegen Blitzschlag gesichert; solche Fettbäume dagegen, welche in der Gewitterzeit arm an Oel sind, ebenso die Stärkebäume werden vom Blitzschlag bevorzugt. Da nun das Holz der meisten unserer Kulturbäume im Winter reich an Oel ist, so gehen bei Wintergewittern Blitzschläge selten in Bäume,“ 60 Aus dem Gesagten folgt also, daß die Blitzgefahr zunächst abhängig ist von der Lage des Grundwassers und erst in zweiter Linie von dem Leitungs¬ vermögen des Holzkörpers, am schlechtesten leitet der abgestorbene Holz¬ körper, daher die häufigen Blitzschläge in Eichen, die einmal Stärkebäume sind, andererseits aber häufig in ihren Kronen, in der Höhe des Stammes, abgestorbenes Holz, dürre Aeste darbieten, was bei den Buchen seltener eintritt. Die folgenden, der Abhandlung Jonesco’s entlehnten Tabellen umfassen die sämmtlichen Fürstlich Lippe - Detmold’schen Forsten in einer Ausdehnung von 18 180 ha; dieselben sind bestanden mit: Eichen 11 %, Buchen 70 %, Fichten 13 %, Kiefern 4 %. Ausgedehnte, zusammenhängende Nadelwaldun¬ gen finden sich nur an den südlichen Abhängen des Teutoburger Waldes. 1879. 1880. 1881. 1882. 1888. 1884. 1885. 1890. Von der Januar . beobi ichtete n Gew ittern 3.4 Anden stc itt in 0.7 0/ . 'ö • 2.i Februar . — 0.5 — 0.3 — — 0.3 0.3 März . — 0.7 6.i 5.6 0.4 — — * 0.6 April . 7.6 8.8 2.5 0.9 — 2.2 6.9 8.6 Mai . 17.i 1.0 14.0 12.7 15.0 23.8 26.5 36,1 Juni . 28.8 23.8 21.o 13.7 15.8 13.0 27.6 7.6 Juli . 24.2 40.9 27.6 31.4 31.6 36.1 13.5 15.o August . 14.4 6.4 13.2 17.i 19.4 11.4 14.i 28.8 September .... 4.5 12.o 3.3 8.1 9.5 8.1 8.7 — Oktober . 3.4 1.2 11.0 2.8 3.2 3.8 0.3 0.6 November .... — 0.5 — 4.o 4.7 — 1.8 — Dezember . — 4.2 0.4 — 0.4 0.9 0.3 0.3 Es wurden dabei getroffen nach der Stückzahl: Eiche . 17 45 11 9 4 40 27 6 Buche . 7 ' 4 1 1 — 6 2 — Esche . 1 1 — — — 2 1 — Fichte . 6 3 1 — — 4 3 3 Kiefer . 9 11 — — — 23 11 5 Birke . ___ 1 _ _ ___ 2 1 _ Lärche . — 2 — — — 1 4 — Pappel . — — — — — 2 1 — Mehlbeere .... — — — — — 1 — — Tanne . — — — — — — 1 — Es wurden getroffen in Bezug auf die Buche = = l.oreducirt Buche . 1.0 1.0 1.0 1.0 Wurden 1.0 1.0 Wurde Eiche . 15.4 72.4 69.7 57.2 nur 37.5 84.3 keine Fichte ...... 4.8 4.i 5.4 — Eichen getroffen. 3.6 8.1 Buche (p/osw-Gruppe. 3. Glättung Hhopnlomyia Rübs. (37) 1. Rhopalomyia artemisiae Bouche, Deformation der Triebspitze auf Artemisia campestris L. (38) 2. — millefolii H. Lw., Blattachselgallen auf Achillea Mille- folium L. H (39) 1. (40) 2. (41) 3. (42) 4. (43) 5. 4. Gattung Oligotrophus Latr. bursarius Bremi, Blattgallen auf Glechoma hederacea L. juniperinvs L., Deformation der Triebspitzen auf Juniperus communis L. Reaumurianus Fr. Lw., Blattgallen auf Tilia parvi- folia Ehrh. ruber Kffr., Anschwellung der Blattrippen auf Betula pubescens Ehrh. taxi Inchb , Deformation der Triebspitzen auf Taxus baccata L. Die Mücke zeigt im Wesentlichen alle Merkmale von Oligotrophus, unterscheidet sich aber durch die gespaltenen Fußkrallen. Es würde daher der Gattungsbegriff zu erweitern oder auf Oligo¬ trophus taxi ein neues Genus zu gründen sein. 5. Gattung Diplosis H. Lw. (44) 1. Diplosis betulina Kffr. , ßlattgallen auf Betula pubescens Ehrh. (45) 2. — lonicerearum Fr. Lw., Blütengallen auf Lonicera . Kylosteum L. (46) 3. — ■ loti Geer, ßlütengallen auf Lotus corniculatus L. (47) 4. — - lysimachiae Rübs., Blütengallen auf Lysimachia vulgaris L. (48) 5. — pilosellae Kffr., Deformation der Körbchen auf Hieracium Pilosella L. (49) 6. — quercina Rübs., gekrauste Blätter auf Querem pedun¬ culata Ehrh. (50) 7. — rhamni Rübs., Blütengallen auf Rhamnus Frangula L. (51) 8. ruderalis Kffr , Deformation der Triebspitzen auf Sisymbrium Sophia L. (52) 9. — Schlechtendali Kffr., Blattrollen auf Lathyrus silvestris L. (53) 10. — scrophulariae Kffr., deformierte Blüten auf Scrophularia nodosa L. (54) 11. Traili Kffr., deformierte Blüten auf Pimpinella Saxifraga L. 6. Gattung Harmandia Kffr. (55) 1. Harmandia petioli Kffr., Gallen an den Blattstielen von Populus tremula L. (56) 2. — cavernosa Rübs., Blattgallen auf Populus tremula L. (57) 3. — globuli Rübs., Blattgallen auf Populus tremula L. (58) 4. Löwi Rübs., Blattgallen auf Populus tremula L. 7. Gattung Macrodiplosis Kffr. (59) 1. Macrodiplosis dryobia Fr. Lw., Blattzipfel von Querem pedunculata Eiirh. nach unten umgeklappt und entfärbt. (60) 2. — volvens Kffr., Blattrandrollung an Quercus pedunculata Ehrh. 15 94 8. Gattung Thecodiplosis Kffr. (61) 1. Thecodiplosis hrachyntera Schwaegr., Deformation der Nadeln von Pinus silvestris L. 9. Gattung Lestodiplosis Kffr. (62) 1. Lestodiplosis liviae Rübs. (n sp.) (Fig. 8). Neu. Augen schwarz, Fühler braun, Basalglieder braun; 2 -f- 11 gliederig, beim Männchen aus 24, beim Weibchen aus 12 Knoten mit den zugehörenden Stielen bestehend. Beim Männchen sind die Knoten abwechselnd kugelig und bimförmig; erstere platten sich gegen die Fühlerspitze zu ab, so daß die oberen Knoten breiter als lang sind; jeder Knoten mit langen Bogen¬ wirteln an der Spitze und einem langen Haarwirtel, der mehr gegen die Basis des Kno¬ tens gerückt ist. Beim Weibchen sind die Knoten, besonders die untersten, in der Mitte deut¬ lich einge¬ schnürt und so langoderetwas Stiele, wäh¬ rend sie beim Männchen kür¬ zersind. Taster 4 -gliederig, das 2. Glied am längsten. Thorax lehmgelb, auf dem Rücken mit 3 schwarz¬ braunen Strie¬ men. Schwin¬ gerwulst und Mittelbrust¬ stück zwischen den Vorder- u. Mittelhüften schwarzbraun ; Schwinger gelblich, länger wie die Schildchen gelbweiß, Hinterrücken gelbgrau. Flügel stark irisierend, mit einem violetten Fleck nahe der Basis der dritten Längsader und zwei eben so gefärbten Querbinden, die unter einander verbunden sind, so daß die violette Flügel¬ zeichnung netzförmig erscheint. Die eine Querbinde beginnt am Flügelvorder¬ rand, ungefähr der Gabelung der 3. Längsader gegenüber, und spaltet sich an diesem Gabelpunkt in 2 Arme, die in ihrem Verlaufe den Zinken der 3. Längsader entsprechen. Von dieser Qnerbinde geht ein Zweig ab, der die 2. Längsader umsäumt, und ein zweiter, der ungefähr zwischen der zweiten und dritten Längsader gelegen ist; beide Zweige vereinigen sich mit der zweiten Querbinde, welche der Flügelspitze ziemlich nahe gelegen ist. Fig. 8. Lestodiplosis Liviae Rübs. -°/i der nat Grösse. Von Brunstplatz bei Blondzmin in der Tucbeler Heide. Aus dem XVII. Verwaltungsbericht des Westpr. Proviuzial-Museums für 1896. 16 95 Abdomen roth, an der Basis mit dem bekannten schwarzen Fleck. — Legeröhre wie gewöhnlich gebildet. — Das Basalglied der Haltezange des Männchens au der Basis mit deutlichem Zahne. Die unter der tiefgelegenen Lamellendecke befindliche Lamelle an der Spitze deutlich ausgerandet. Die Larven schmarotzen an den Larven vom Livia juncorum Latr. Ich fand dieselben iu der Nähe von Brunstplatz bei Blondzmin in Westpreußen und zog die Mücke am 24. August 1896. IO. Gattung Dichrona Rübs. (63) 1. Dichrona gallarum Rübs., Blattgallen auf Carex stricta Good. 11. Gattung Pseudohormom/yia Kffr.1). (64) 1. Pseudohormomyia graecifex Kffr., Gallen auf Carex stricta Good. c. Asphondylia- Gruppe. 12. Gattung Cystipliora Kffr. (6ö) 1. Cystiphora pilosellae Kffr., Blattblasen auf Hieracivm Pilosella L. (66) 2. — sonchi Fr. Lw., Blattblasen auf Sonchus oleraceus L. 13. Gattung Schizomyia Kffr. (67) 1. Schizomyia nigripes Fr. Lw., Blütendeformation auf Sambucus nigra L. 14. Gattung Asphondylia H. Lw. (68) 1. Asphondylia Hornigi WaChtl, Blütendeformation auf Origanum vulgare L. II. Familie Mycetophilidae. 15. Gattung Boletina Staeg. (69) 1 . Boletina sciarina Staeg. (70) 2. — nigricoxa Staeg. 16. Gattung Lasiosoma Wtz. (71) ]. Lasiosoma varia Wtz. 17. Gattung JEpicypta Wtz. (72) 1. Epicypta punctum Stann. 18. Gattung Allodia Wtz. (73) 1. Allodia ornaticollis Mg. 19. Gattung LJxechia Wtz. (74) 1. Exechia interrupta Zett. (75) 2. — ' fungorum Geer. 20. Gattung Mycetophila Mg. (76) 1. Mycetophila punctata Mg. 9 Ich hatte diese Mücke zuerst bei Berlin entdeckt und fand ihre Galle später auch in Westpreußen. Wegen der schwarzen Legeröhre des Weibchens belegte ich die Gattung mit dem Namen Amaurosiphon und theilte diesen Namen auch Herrn Professor Dr. Conwentz mit, der ihn dann in seinen XVII. Verwaltungsbericht fiir 1896 aufnahm. Mittlerweile hat nun auch .T. J. Kieffer die Galle in Lothringen gefunden und die Mücke, wie oben, benannt. Die KlEFFER’sclie vorläufige Mittheilung ist allerdings äußerst kurz, so daß ein ganz sicherer Schluß, ob Pseudohormomyia und Amaurosiphon identisch sind, zur Zeit nicht möglich ist 17 96 (77) 2. Mycetophila lineata Mg. (78) 3. — biusta Mg. (79) 4. — luctuosa Mg. (80) 5. — signata Mg. 21. Gattung Dynatosoma Wtz. (81) 1. Dynatosoma fuscicorna Mg. 22. Gattung Sciophila Mg. (82) 1. Sciopliila cinerascens Macq (83) 2. — limbata Wtz. 23. Gattung Asindulum Latr. (84) 1. Asindulum femorale Mg. 24. Gattung Platyura Mg. (85) 1. Platyura humeralis Wtz. 25. Gattung Bolitophila Mg. (86) 1. Bolitophila cinerea Mg. 26. Gattung Coelosia Wtz. (87) 1. Coelosia flava Staeg. III. Familie Chironomidae. 27. Gattung Ceratopogon Mg. (88) 1. Ceratopogon succinctus Mg. (89) 2. — nitidus Meg. 28. Gattung Chironomus Mg. (90) 1 . Chironomus (91) 2. (92) 3. (93) 4. (94) 5. (95) 6. (96) 7. — (97) 8. plumosus L. riparius Mg. tentans Fabr. viridis Macq. brevitibialis Zett. virescens Mg. ferrugineovi ttata Zett. flaveolus Mg. 29. Gattung Metriocnemus v. d. Wulp. (98) 1. Metriocnemus albolineatus Mg. 30. Gattung Orthocladius V. D. WüLP. (99) 1. Orthocladius stercorarius Geer. 31 Gattung JEurycnemus V. D. WüLP. (100) 1. Eurycnemus elegans Mg. IV. Familie Culicidae. 32. Gattung Culex L. (103) 3. Culex ciliar is L. (101) 1. Culex pipiens L. (102) 2. — cantans Mg. (104) 4. annulipes Mg. V. Familie Dixidae. 33. Gattung Bixa Mg. (105) 1. Dixa maculata Mg. VI. Familie Psychodidae. 34. Gattung Psychoda Latr. (106) 1. Psychoda sexpunctata Curt. 35. Gattung Pericoma Walk. (107) 1. Pericoma calceata Mg. (108) 2. — tristis Mg. 18 97 VII. Familie Tipulidae. a. Tipulidae longipalpae. 30. Gattung Dictenidia Brülle. (109) 1. Dictenidia bimaculata L. 37. Gattung Pachyrrhina Macq. (110) (111) (112) (113) (114) (115) (116) (117) 1, Pachyrrhina pratensis L. — maculosa Mg. 'io Fahr. 38. Gattung Tipula L. 1. Tipula dilatata Mg. 2. — fuscipennis Mg. 3. — hortvlana Mg. 4. - — lateralis Mg. — longicornis Sch UMMEL. 5. (118) 6. Tipula (119) 7. (120) 8. (121) 9. — (122) 10. 11. — 12. — 13. (126) 14. (127) 15. (123) (124) (128) (129) (130) 16. 17. 18. lunata L. nigra L. nodicornis Mg. ocliracea Mg. oleracea L. pruinosa Wied. paluclosa Mg. pictipennis Staeg. rubripes Schummel. scripta Mg. truncorum Mg. varipennis Mg. vernalis Mg. b. Tipulidae Sectio Limnobina 0. S. 39. Gattung Limnobia Mg (131) 1 . L im nob ia xantli optera M c . (132) 2. — quadrinotata Mg. (133) 3. — trivittata Fabr. (134) 4. — pilipennis Egg 40. Gattung Dicranomyia Steph. (135) 1. Dicranomyia modesta Mg. Sectio Eriopterina 0. S. 4!. Gattung Erioptera Mg. (136) 1. Erioptera ßavescens L. (137) 2. — obscura Mg. Sectio Limnophiliva 0. S. 42. Gattung Tricliocera Mg. (138) 1. Tricliocera hiemalis Geer. brevipalpae. 43. Gattung Idioptera Macq. (139) 1. Idioptera fasciatci L. 44. Gattung Limnophila Macq. (140) 1 Limncphila ferruginea Mg. (141) 2. — lineola Mg. (142) 3. — ocliracea Mg. Sectio Gylindrotomina 0. S. 45. Gattung Cylindrotoma Macq. (143) 1. Cylindrotoma distinctissima Mg Sectio Plychopterina 0. S. 46. Gattung Ptychoptera Mg. (144) 1. Ptychoptera contaminata L. (145) 2. — paluclosa Mg. (146) 3. — scuteilaris Mg. B. Nemocera anomala VIII. Familie Bibionidae. 47. Gattung Scatopse Geoffr. (147) 1. Scatopse flavicollis Mg. 48. Gattung Dilophus Mg (148) 1. Dilophus vulgaris Mg. 49. Gattung Bibio Geoffr. (149) 1. Bibio hortulanus L. (150) 2. — laniger Mg. 19 98 IX. Familie Simulidae. 50. Gattung Simulia Latr. (151) 1. Simulia maculatä Mg. (152) 2. Simulia reptans L. i. Orthorrhapha brachycera 0. S. A. Platygenya. X. Familie Stratiomyidae. 51. Gattung Straiiomyi a Geoffr. 153) 1. Stratiomyia Cliamaeleon Geer. (154) 2. — furcata Fabr. (155) 3. — longicornis Scop. 52. Gattung Odontoniyia Mg. (156) 1. Odontomyia ornata Mg. (157) 2. Oclontomyia felina Panz. (158) 3. ■ — - viridula Fabr 53. Gattung Pachygaster Mg. (159) 1. Pachygaster ater Mg. 54. Gattung Sargus Fabr. (160) 1. Sargus cuprarius L. (161) 2. — nubeculosus Zett. XI. Familie Tabanidae. 55. Gattung Tabanus L. (162) 1. Tabanus plebejus Fall. (163) 2. — autumnalis L. (164) 3. — sudeticus Zett. (165) 4. — tarandinus L. (166) 5. — tropicus L. (167) 6. — luriclus Fall. (168) 7. — nigricornis Zett (169) 8. — cordiger Mg. (170) 9. — solstitialis Mg. (171) 10. — bromius L. 56. Gattung llaematopoda Mg (172) 1. Llaematopoda pluvialis L. (173) 2. — italica Mg. 57. Gattung Chrysops Fabr. (174) 1. Chrysops rufipes Mg, (175) 2. — quadratus Mg. (176) 3. - — relictus Mg. (177) 4. — caecutiens L. XII. Familie Leptidae. 58. Gattung Leptis Fabr. (178) 1. Leptis tringaria L. (179) 2. — scolopacea L. (180) 3. — lineola Fabr. (181) 4. — maculata Geer. XIII. Familie 60. Gattung Ogcodes Latr. (185) 1. Ogcodes gibbosus L. 59. Gattung Chrysophila Macq. (182) 1. Chrysophila nubecula Fali (183) 2. — erythrophthalm H. Lw. (184) 3. — atrata Fabr. Acroceridae. (186) 2. Ogcodes zonatus Erichs. (187) 3. — varius Latr. 20 99 XIV. Familie 61. Gattung Anthrax Scop. (188) 1. Anthrax morio L. XV. Familie (»2. Gattung THalineura Rond. (191) 1. Dialineura anilis L. Bombylidae. (189) 2. Anthrax maura L. (190) 3. — occulta Mg. Therevidae. 63. Gattung Thereva Latr. (192) 1. Thereva arcuata H. Lw. (193) 2. — nobilitata Fabr. (194) 3. • — annulata Fabr. XVI. Familie Asilidae. 64.r Gattung Leptogaster Mg. (195) 1. Leptogaster cylindricus Geer. 65. Gattung Dioctria Mg. (190) 1. Dioctria oelandica L. (197) 2. — atricapilla Mg. (198) 3. — flavipes Mg. (199) 4. — Reinhardi Wied. 66. Gattung Leptarthrus Steph. (200) 1 Leptarthrus brevirostis Mg. 67. Gattung Lasiopogon H. Lw. (201) 1. Lasiopogon cinctus Fabr. 68. Gattung Andrenosoma Rond. (202) 1. Andrenosoma atrum L. 69. Gattung Laphria Mg. (203) 1. Laphria gibbosa L. (204) 2. — ignea Mg. (205) 3. — flava L. 70. Gattung JPomponerus H. Lw. (206) 1. Pomponerusgermanicus Fabr. 71. Gattung Mochtherus TT. Lw. (207) 1. Mochtherus pallipes Mg. 72. Gattung Machimus IT. Lw. (208) 1. Machimus setibarbis H. Lw. (209) 2. — atricapillus Fall. 73. Gattung Itamus H. Lw. (210) 1. Itamus cyanurus TT. Lw. (211) 2. — geniculatus Mg. 74. Gattung Lp itriptns H. Lw. (212) 1. Epitriptus cingulatus Fabr. 75. Gattung Dipmachus H. Lw. (2 1 3) 1 . Dipmachus praemorsusMAAX . (214) 2. — spiniger Zett. 76. Gattung Tolmerus H. Lw. (215) 1. Tolmerus atripes H. Lw. B. Orthogenya. XVII. Familie Empidae, 77. Gattung Hyhos Mg. (2 16) 1. Hybos grossipes L. (217) 2. — nigripes Zett. (218) 3. — femoratus Muell. (2 19) 4. — fumipenis Mg. 78. Gattung Ocydromia Mg. (220) 1 . Ocydromia glabricula Mg. 79. Gattung Pterospilus Rond. (221) 1. Pteroopilus muscarius Fabr. 21 100 SO. Gattung Uliamphomyia Mg. (222) 1 . Rhamphomyia plumipes Fa 81. Gattung JEmpis L. (223) 1. Empis stercorea L. (224) 2. trigramma Mg. (225) 3. monogramma Mg. (226) 4. -- livida L. (227) 5. — chioptera Fall. (228) 6. — hyalipennis Fall. (229) 7. — pennaria Fall. (230) 8. vernalis Mg. (231) 9. — vitripennis Mg. 82. Gattung Hilara Mg. (232) 1. Hilara chorica Fall. (233) 2. — quadrivittata Mg. (234) o o. — pruinosa Mg. (235) 4. tenella Fall. (236) 5. — littorea Fall. XVIII. Familie 88. Gattung Esüopus Mg. (247) 1. Psilopus constritans Wied, 89. Gattung Neurigona Rond. (248) 1. Neurigona quadrifasciata Fabr. 90. Gattung Xanthochlorus II. Lw. (249) 1. Xanthochlorus tenellus Wied 91. Gattung Chrysotus Fall. (250) 1. Chrysotus neglectus Wied. (251) 2. — gramineus Fall. 92. Gattung Argyra Macq. (252) 1. Argyra vestita Wied. (Genus Leucosiola H. Lw.). (253) 2. — diaphana Fabr (Genus Lasiargyra Mik.). 93. Gattung Syntormon II. Lw. (254) 1. Syntormon pallipes Fabr. 83. Gattung Microphorus Macq. (237) 1. Microphorus velutinus MaCQ. 84. Gattung Leptopeza Macq. (238) 1. Leptopeza nigripes Mg. 85. Gattung Drapetis Mg. (239) 1. Drapetis seligem H. Lw. 86. Gattung Tachydromia Mg. (= Platypalpus Macq). (240) r. Tachydromia candicans Mg. (241) 2. — cursitans Fabr. (242) 3. — — fasciata Mg. (243) 4. — minuta Mg. (244) 5. — femoralis Zett. (245) 6. — nigritarsis Fall. 87. Gattung JElaphropeza Macq. (246) Elaphropeza ephippiala Fall. Dolichopodidae. 94. Gattung Tachytrechus Stann. (255) 1. Tachytrechus consobrinus Walk. (256) 2. — ammohates Walk. 95. Gattung Hypophyllus H. Lw. (257) 1. Hypophyll usobscurellus Fall. 96. Gattung Dolichopus Latr. (258) 1. Dolichopus planitarsis Fall. (259) 2. -- equestris Halid. (260) 3. — brevipennis Mg. (261) 4. — aeneus Geer. (262) 5. — confusus Zett. (263) 6. — discifer Stann. (264) 7. — lepidus Staeg. (265) 8. — campestris Mg. (266) 9. — claviger Stann. (267) 10. — fastvosus Halid. (268) 11. — plumipes Scop. (269) 12. — signatus Mg. 101 (270) 13. DolicJiopvs nitidus Fall. (271) 14. — griseipennis Stank. (272) 15. — latelimbatus Macq. (273) 16. -- agilis Mg. 97. Gattung Gymnopternus H.Lw. ( Poecilobothrus Mik., Dasyarthrus Mik., Her costomus H. Lw.). (274) 1. Gymnopternus inornatus H. Lw. (275) 2. — cretifer Walk. (276) 3. — chrysozygos WriED. 98. Gattung Xiphnndrium H. Lw. ( Rhaphium Mg. pr. p.) (277) 1. Xiphandrium caliginosum Mg. 99. Gattun x Medeterus Fisch. (278) 1. Medeterus diadema L. 100. Gattung Oligochaetes Mik. (279) 1. Oligochaetes plumbellus Mg. 101 . Gattung Campsicnemus Walk. (280) 1. Campsicnemus curvipes Fall. 102. Gattung Sympyenus FL Lw. (281) 1. Sympycnus aeneicoxa Mg. C. Acroptera. XIX. Familie Lonchopteridae. 103. Gattung Lonchoptera Mg. 1. Lonchoptera lutea Pz. (283) 2. — punctum Mg. (284) 3. Lonchoptera (285) 4. — (286) 5. tristis Mg. lacustris Mg. ßavicauda Mg. II. Diptera cyclorrhapha. XX. Familie Syrphidae. 10 1. Gattung Ascia Mg. (287) 1. A scia ßoralis Mg. (288) 2. — clispar Mg. (289) 3. — quadripunctata Mg. 105. Gattung Xanthogramma SCHIN. (290) 1 . Xanthogramma ornata Mg. 106. Gattung Melithreptus H.Lw. (291) 1. Melithreptus scriptus L. (29 2) 2. — clispar H. Lw. (293) 3. — taeniatus Mg. 107. Gattung Syrphus Fabr. (294) 1. Syrphus venustus Mg. (295) 2. — grossulariae Mg. (296) 3. Syrphus balteatus Geer. (397) 4. — vittiger Zett. (298) 5. — • nitidicollis Mg. (299) 6. vitripennis Mg. (300) 7. — excisus Zett. 108. Gattung Melanostoma Sciiin. (301) 1. Melanostoma mellinum L. 109. Gattung JPlatgchirus St. Farg. et Serv. (302) 1. Platychirus clypeatus Mg. (303) 2. — fidviventris Macq. (304) 3. — • scutatus Mg. (305) 4. -- peltatus Mg. (306) 5. — immarginatus Zett. 102 110. Gattung Poryphaewi Schin. (307) 1. Poryphaena rosarum Fabr. 111 Gattung Chilosia Mg. (308) 1. Chilosia praecox Zett. 112. Gattung Volucella Geoffr. (309) 1. Volucella bonibylans L. (var. bombylans u. var. plumata ). (310) 2. Volucella pellucens L. 113. Gattung Sericomyia Mg. (311) 1. Sericomyia borealis Fall. 113. Gattung Eristalis Latr. (312) 1. Eristalis arbustorum L. (313) 2. — - intricarius L. (314) 3. — rupium Fabr. (315) 4. — horticola Geer 11S. Gattung Helophilus Mg. (319) 1. Ilelophilus pendulus L. (320) 2. — versicolor Fabr (321) 3. — frutetorum Fabr (322) 4. — lineatus Fabr. 119. Gattung Myiathropa Rond. (323) 1. Myiathropa fl.orea L. 120. Gattung Xylota Mg. (324) 1. Xylota ignava Pz. 121. Gattung Syritta St. Fg. et Serv (325) 1. Syritta pipiens L. 122. Gattung Chrysogaster Mg. (326) 1. Chrysogaster vicluata L. (327) 2. — metallina Fabr (328) 3. — splendens Mg. 115. Gattung Eristalomyia Rond. (316) 1. Eristalomyia tenax L. 116. Gattung Eristalinus Rond. (317) 1. Eristalinus sepulcralis L. 123. Gattung Clirysotoxuin Mg. (329) 1. Chrysotoxum festivum L. 124. Gattung Pipizella Rond. (330) 1. Pipizella virens Fabr. 117. Gattung Lathyrophthalmus Mik. (318) 1 . Lathyrophthalmus aeneus Scoe. 125. Gattung Ceria Fabr. (331) 1. Ceria conopsoides L. XXL Familie Pipunculidae. 126. Gattung Pipunculus Latr. (332) 1. Pipunculus terminalis Thoms. (333) 2. — fuscipes Zett. (334) 3. — zonatus Zett. (335) 4. Pipunculus campestris Latr (336) (337) (338) 5. 6. 7. sylvaticus Mg. montium Becker unicolor Zett. XXII. Familie Phoridae. 127. Gattung Phora Latr. (339) 1, Phora Giraudi Egg. XXIII. Familie Conopidae. 128. Gattung Myopa Fabr. 130. Gattung Occemyia R. D. (340) 1. Myopa testacea L. (342) 1. Occemyia atra Fabr. 129. Gattung Sicus Scop. (341) 1. Sicus ferruginea L. 24 103 XXIV. Familie Muscidae. I. Muscidae calypterae. I. Sectio Meigeniinae. 131. Gattung Meigenia R. D. (343) 1. Meigenia ßoralis Mg. II. Sectio Masiceratae , « 132. Gattung _] Dexodes ß. B. (344) 1. Dexodes piniariae Htg. 133. Gattung JParexorista B. B. (345) 1. Parexorista polychaeta Rond. (346) 2. — fimbriata Mg. III. Sectio Phoroceratinae. 134. Gattung JProntina Mg. (347) 1. Frontina laeta Mg. 135. Gattung Pentamyia B. B. (348) 1. Pentamgia parva B. B. 136. Gattung Baumhaueria Mg. (349) 1. Baumhaueria vertiginosa Fabr. IV. Sectio Eutachininae. 137. Gattung JE-utachina B. B. (350) 1. Eutachina (Chaetotachina) rustica Mg. V. Sectio Gonimae. 138. Gattung Zygöbothria Mik. (351) 1. Zygouothria galii B. B. (352) 2. — bimaculata Mg. VI. Sectio Polideinae. 139. Gattung Somoleja Rond. (353) 1. Somoleja rebaptizata Rond. VII. Sectio Pseudo dexiinae. 140. Gattung Acemyia Bsv. (354) 1. Acemyia acuticornis Mg. 141. Gattung Macquartia R. P (355) 1. Macquartia chalconota Mg 142. Gattung Mintho R. D. (356) 1. Mintho compressa Fabr. 143. Gattung Tlielaira R. P. (357) 1. Thelaira leucozona Pz. VIII. Sectio Pyrrhosiinae. 144. Gattung Myiobia R. P. (358) 1. Myiobia inanis Fall. 145. Gattung Rh in chista Rond. 359) 1. Rhinchista prolixa Mg. ( Olivieria R. P.) IX. Sectio Pseudomintlioinae. 146. Gattung Olivieria R. P. (360) 1. Olivieria lateralis Fabr. X. Sectio Ocypterinae. 147. Gattung Ocyptera Latr. (361) 1. Ocyptera interruptci Mg. XI. Sectio Micropalpinae. 148. Gattung Rrigone R. P. (362) 1. Erigone rudis Fall. XII. Sectio Tachininae. 149. Gattung Tachina Mg. (363) 1. Tachina praeceps Mg. (364) 2. — grossa L. 150. Gattung Peleteria R. P. (365) 1. Peleteria tesselata Fabr. XIII. Sectio Plcigiinae. 151. Gattung JPlagia Mg. (366) 1 . Plagia curvinervis Zett. 104 XIV. Sectio Tryptoceratinae. 152. Gattung Siphona Mg. (367) 1. Siphona crislata Fabii. (368) 2. — geniculata Geer. 153. Gattung Mhorichaeta Rond. (359) 1 . Phorichaetci carbonania Pz. 154. Gattung Gymnoparea B. B. (370) 1. Gymnoparea silacea Mg. (371) 2, — frontalis Macq. XV. Sectio Gymnosomincie. 155. Gattung Gymnosoma Mg. (372) 1. Gymnosoma rotundatum Mg. 156. Gattung Cistogaster Latr. (373) 1. Cistogaster globosus Fabr. XVI. Sectio Plmniinae . 157. Gattung Cercomyia B. B. (374) 1. Cercomyia curvicauda Fall. XVII. Sectio Phasiinae. 158. Gattung Xysta Mg. (375) 1. Xysta convexa Wai-ilb. 159. Gattung Alophora R. D. (376) 1 . Alophora (Hy alomyiaGmscu's ) obesa Fabr. var. fasci- pennis und var. cinerea. (377) 2. — ( Paralophora Girschn .)pusilla Mg. 160. Gattung Clytia Macq. (378) 1. Clytia continua Pz. XVIII. Sectio Rhinophorinae. 161. Gattung jß hinophora R. D. (379) 1. Rhinophora atramentaria Mg. XIX. Sectio Sarcophaginae. 162. Gattung Cynomyia R. D. (380) 1. Cynomyia mortuorum L. 26 163. Gattung Onesia R. D. (381) 1. Onesia vespillo Fall. (382) 2. — cognata Mg. 164. Gattung Sarcophaga Mg. (383) 1. Sarcophaga melanura Mg. (384) 2. — carnatia L. 165. Gattung Sarcopliila Rond. (385) 1. Sarcopliila latifrons Fall. 166. Gattung Xyctia R. D. (386) 1. Nyctia kalter ata. Pz. 167. Gattung Angiometopa. (387) 1. Angiometopa ruralis Fall. 168. Gattung Melanomyia Rond. (388) 1. Melanomyia nana Mg. XX. Sectio Miltogramminae. 169. Gattung Metopia Mg. (389) 1. Metopia campestris Fall. i 170. Gattung Meter opterin a Rond. (390) 1. Ileteroptcrinaheteroneura Mg. 171. Gattung Hilarella. (391) 1. Hilarella siphonina Zett. XXI. Sectio Meter omjehiinae . 172. Gattung Dexiosoma Rond. (392) 1. Dexiosoma caninum Fabr. XXII. Sectio Dexiinae. 173. Gattung JEstheria R. D. (393) 1. Estlieria cristata R. D. 174. Gattung Dexia Mg. (394) 1. Dexia rustica Fabr. XXIII. Sectio Paradexiinae. 175. Gattung Myiocera R. I). (395) 1. Myiocera carinifrons Fall. (396) 2. — ferina Fall. 105 170. Gattung Prosena St. Fg. (397) 1. Prosena siberila Fahr. XX IV. Sectio Muscinae. 177. Gattung Stopioxys Geoffr. (398) 1. Stomoxys ( II aematobia) Stimu¬ lans Mg. (399) 2. — calcitrans L. 178. Gattung Calliphorci R. D. (400) 1. Calliphora vomitoria L. (401) 2. — erythrocephala Mg. 179. Gattung Pollenia R. D. (402) 1. Pollenia ruclis Fabr. 185. Gattung Aricia R. D. (416) 1. Aricia annosa Zett. (417) 2. lacta Fabr. (418) 3. — errans Mg. (419) 4. — obscurata Mg. (420) 5. — serva Mg. (421) 6. — vag ans Fall. (422) 7. - — - incana Wied. 186. Gal tun g Spiloyaster Macq (423) 1. Spilogaster impuncta Fai. (424) 2. — urbana Mg. (425) 3. — caesia Macq. (426) 4. — du plicata Mg. 180. Gattung Lucilla R. D. (403) 1. Lucilia caesar Mg. (404) 2. — nobilis Mg. (405) 3. — illustris Mg. (406) 4. — sylvarum Mg. 181. Gattung Musca L. (407) 1. Musca domestica L. (408) 2. — tempestiva Fall. (409) 3. — corvina Fabr. 182. Gattung Cyrtoneura Macq. (410) 1. Cyrtoneura hortorum Rond. (411) 2. — ( Par aricia ) pas- cuorum Mg. (412) 3. — (Pararicia) stabu- lans Fall. (413) 4. — (Pararicia) assi- milis Fall. 183. Gattung Myiospila Rond. (414) 1 . Myiosyila meditabunda Fabr. XXV. Sectio Anthomyinae. 184. Gattung j Polyetes Rond. (415) 1. Polyetes lardaria Fabr. 187. Gattung Hydrotaea Desv. (427) 1. IJydrotaea armipes Fabr (428) 2. — meteorica L. 188. Gattung JEustalomyia Kon. (429) 1. Eustalomyia hilaris Fall. 189. Gattung Trichopticus. (430) 1. Trichopticus semicinereus Wied. 190. Gattung Hylemyia R. I). (431) 1. Hylemyia nigrescens Rond. (432) 2. (433) 3. (434) 4. (435) 5. (436) 6. (437) 7. — (438) 8. (439) 9. — (440) 10. mgnmana Mg. conica Wied. - — var. operosa Mg. ambigua Fall. divisa Mg. variata Fall. ßavipennis Fabr. coarctata Fall. strigosa Fabr. 27 191. Gattung Hylephila Rond (441) 1. Hylephila buccata Fall. 106 102 Gattung Anthomyta Mg. (442) 1. Anthomyia radicum L. (443) 2. (444) 3. _ (445) 4. (446) 5. (447) 6. — pluvialis L. — var. pro- cellaris Rond. praticola Pz. Winthemi Mg. bicolor Wied. 193. Gattung Homalomyia Bouche. (448) 1. Homalomyia glaucescens. (449) 2. — polycliaeta St. (450) 3. — ciliata St. (451) 4. - — canicularis L. 194. Gattung Chortopliila Macq. (452) 1. Chortopliila ßoccosa Macq. (453) 2. — cilicrura Rond. (454) 3. Chortopliila trichoclactylaHoND. (455) 4. — angustifrons Mg. (456) 5. — brunnescens Zett. 195. Gattung Chelisia Rond. (457) 1. Chelisia monilis Mg. 196. Gattung Coenosia Mg. (458) 1. Coenosia mollicula Fall. (459) 2. — globuliventris Zett. (460) 3. — tricolor Zett. (461) 4. — monilis Mg. (462) 5. — sexnotata Mg. (463) 6. • — tigrina Fabr (464) 7. — verna Fabr. (465) 8. — ( Lispocephala ) cilia- tocosta Zett. II. Muscidae I. Sectio Cordt/ lurinae. Cr 197. Gattung Coräylura Fall. (466) 1, Cordt) Iura pubera L. 198. Gattu n g Parallelo mm «Becker . (467) 1. Parallelomma albipes Fall. II. Sectio Scatophaginae. 199. Gattung Scatophaga Mg. (468) 1. Scatophaga stercoraria L. (469) 2. — merdaria Fabr. (470) 3. — lutciria Fabr. (471) 4. — squalida Mg. acalypterae. Y. Sectio Sciomyzinae. 202. Gattung Phaeomtyia Schin. (475) 1. Pliaeomyia ( Pelidnoptera Rond.) nigripennis Fabr. 203. Gattung Sciomyza Fall. (476) 1. Sciomyza glabricula Fall. (477) 2. — cinerella Fall. (478) 3. — griseola Fall. (479) 4. — lata Schin. (480) 5. — obtusa Fall. III. Sectio Helomyzinae. 200. Gattung Ifelomyza Fall. (472) 1. llelomyza similis Mg. (473) 2. — flava Mg. IA7. Sectio Dryomyzinae. 201. Gattung Dryomyza Fall. (474) 1. Dryomyza (Neuroctena Rond.) anilis Fall. VI. Sectio Tetanocerinae. 204. Gattung Tetanocera Latr (481) 1. Tetanocera (482) 2. (483) 3. (484) 4. (485) 5. (486) 6. (487) 7. f er rüg in ea Fall. robust a II. Lw. silvatica Mg. reticulata Fabr. laevifrons H.Lw. data Fabr. punctulata Scoi\ 28 107 205. Gattung Limnia R. D. (488) 1 . IAmnia unguicornis Scop. (489) 2. — rufifrons Fahr, 206. Gattung Elyiva Mg. (490) 1. E/giva lineato, Fall. (491) 2. — rufa Pz. (492) 3. — cucularia L. VIL Sectio Ortalinae. 207. Gattung Her in a R. D. (493) 1. Henna ( Thryophila H. Lw). f> ondescentiae L. (— cerasi L.) (494) 2. — (PteropaectriaH. Lw.) palustris Mg. 208. Gattung Hivellia R. D. (495) 1. Rivellia syngenesiae Fabr. 209. Gattung Ceroxys Macq. (496) 1. Ceroxys crassipennis Fabr. 210. Gattung JPsairoptera Wahlb. (497) 1. Psairoptera bipunctata H. Lw. 211. Gattung Tetanops Fall. (498) 1. Tetanops myopina Fall. VIII. Sectio Sap romyzinae. 212. Gattung Lauxania Latr. (499) 1. Lauxania aenea Fall. (500) 2. — cylindricornis Fabr. 213. (501) (502) (503) (504) (505) (506) (507) (508) (509) (510) Gattung Sapromyza Fall. 1. Sapromyza cupulina Fabr. 2. — decempunctataP all. 3. — quadripunctata L. 4. — rorida Fall. 5. — sexpunctata Mg. 6. — apicalis II. Lw. 7. — praeusta Fall. 8. — decipiens H. Lw. 9. — tarsella Zett. 10. — platycephala H.Lw. XI Sectio Trypetinae. 214. Gattung JEuphranta H. Lw (511) 1. Euphranta connexa Fabr. 215. Gattung Trypeta Mg. (512) 1. Trypeta onotrophes H. Lw. (— ci/lindrica R, D. ?) (531) 2. — colon Mg. 216. Gattung JJrophora R. D. (514) 1. JJrophora cardui L. (515) 2. — solstitialis. L. 217. Gattung Oxyphora R. D. (516) 1. Oxyphora miliaria Schr. 218. Gattung Carphotriclia H. Lw (517) 1. Carphotricha pupillata Fall 219. Gattung Thephritis Latr. (518) 1. Tephritis leontodontis Geer (519) 2. — marginata Fall. X. Sectio Sepsinae . 220. Gattung Sepsis Fall. (520) 1. Sepsis cynipsea L. (521) 2. — ßavimana Mg. (522) 3. — ( Enicita Westw.) an nulipes Mg. IX. Sectio Tanypezinae. 221. Gattung Mieropeza Mg. (523) 1. Micropeza corrigiolata L. XII. Sectio Chlor opinae. 222. Gattung Centor H Lw. (524) 1. Centor (Chlor ops) cereris Fall 223. Gattung Chlorops Mg. (525) 1. Chlorops didyma Zett. (526) 2. — pluminata Mg. (527) 3. — pulchra Sciiin. §9 10S (528) 4. Chlorops taeniopus Mg. (529) 5. — nasuta Schrk. (530) 6. — (Chloropisca H.Lw.) glabra Mg. (531) 7. - — hypostigma Mg. 224. Gattung Anthvacopliaya H. Lw. (532) 1. Anthracophaga btrigula Fabr. (= Chlorops cingulata Mg.) 225. Gattung Oscinis Latr. (533) J. Oscinis manra Fall. (534) 2. — pusilla Mg. (535) 3. — frit L. (536) 4. — longula Mg. 226. Gattung hijpara. (537) 1. Lipara lucens Mg. ( tomen - tosa H. Lw.). 227. Gattung JElachiptera Macq. (538) 1. Elachiptera cornuta Fall. 228. Gattung Platycephala Fall. (539) 1. Platycephala planifrons Fabr. 229. Gattung Meromyza Mg (540) 1. Meromyza pratorvm Mg. (541) 2. — laeta Mg. (542) 3. — variegata Mg. (543) 4. - — ■ saltatrix L. XIII. Sectio Ephydrinae. 230. Gattung JJichaeta Mg. (544) 1. Dichaeta cauclata Fall. 231. Gattung Notiphila Fall. (545) 1. Notiphila riparia Mg. (546) 2. — nigricornis Stenh. (547) 3. — annulipes Stenh. (548) 4. — gnttiventris Stenh. 232. Gattung Hydrellia R. D. (549) 1. Hydrellia griseola Fall. 233. Gattung OcTitliera Latr. (550) 1. Ochthera mantis Geer. 234. Gattung Parydra Stenh. (551) 1. Parydra littoralis Mg. (552) 2. — aquila Fall. 235. Gattung Scatelia R. D. (553) 1. Scatelia sorbillans Halid. (554) 2. — crihrata Stenh. 236 Gattung Teichomyza Macq. (555) 1. Teichomyza fusca Macq. 237. Gattung Jdphyyrobia Sciiin (556) 1. Ephygrohia nitidula Fall. XIY. Sectio Drosophilinae. 238. Gattung Drosophila Fall. (557) 1. Drosophila^ fenestrammY all (558) 2. — transversa Fall. 239. Gattung Noterophila Rond. (559) 1. Noterophila ( Drosophila ) glabra Fall. 240. Gattung Scatomyxa Haedy. (560) 1. Scatomyza ( Drosophila ) graminvm Fall 241. Gattung Asteia Mg. (561) 1. Asteia concinna Mg. XY. Sectio Geomyzinae. 242. Gattung Opomyza Fall. (562) 1. Opomyza florum Fabr. (563) 2. — germinationis L 243. Gattung Scyphella R. D. (564) 1. Scyphella flava L. 244. Gattung Antliomyza Fall. (565) 1. Anthomyza(LeptomyzaMACQ) gracilis Fall. (566) 2. — sordidella Zett. 30 109 245. Gattung Geomyza Fall. (567) 1. Geomyza ( Balioptera H. Lw ) combinata L. (568) 2. — apicalis Mg. (569) 3. — tipunctata Scop. 246. Gattung JJicistata Mg. (570) 1. Diastaia costata Mg. XVI. Sectio Ochthiphilinae. 247. Gattung Ochthiphila Fall. (571) 1. Ochthiphila aridella Fall. (572) 2. — polystigma Mg. 251. Gattung J? hytomyza Fall. (581) 1. Phytomyza ßavoscutellata Fall. (582) 2. albiceps Mg. (583) 3. affinis Fall. (584) 4. — obscurella Fall. (585) 5. ( Nap omyzaHALiu) late Calis!? all (586) n 0. elegans Mg. 252. Gattung Ceratomyza Schin. (587) 1. Ceratomyza denticornis Pz. (588) 2. — femoralis Mg. 248. Gattung Leucopis Mg. (573) 1. Leucopis griseola Fall. (574) 2. — nigricornis Egg XVII. Sectio Agromyzinae. XVIII. Sectio Borborinae. 253. Gattung Borbor us Mg. (589) 1. Borborus equinus Fall. (590) 2. — vitripennis Mg. (591) 3. — geniculata Macq. 249. Gatluug Agromyza Fall. (575) 1. Agromyza cunctans Mg. (576) 2. — carbonaria Zett, (577) 3. — gyrans Fall. (578) 4. — reptans Fall. (593) 1. Limosina ocliripes Mg. (579) 5. — - Schineri Gir. (594) 2. — limosa Fall. (595) 3. — fontinalis Fall. 250. Gattung Des-mometopa H.Lw. (596) 4. pumilio Mg. (580) 1. Desmometopa [Agromyza) (597) 5. pullula Zett. M — atrum Mg. (598) 6. — littoralis Stenji. 254. Gattung Sphaerocera L a tu. (592) 1. Sphaerocera subsultans Fabr. 255. Gattung Limosina Macq. XXV. Familie Hippoboscidae. 256. Gattung Hippobosea L. (599) 1. Hippobosea equina L. III. Zoocecidia. Bestimmt von Ew. H. RÜBSAAMEN-Berlin. 1. Acer1) JPseudoplatanus L. 1. Phytoptus'2) ( Eriophyes ) macrorhynchus Nal. Kleine Blattausstülpungen, bekannt unter dem Namen Ceratoneon vulgare. Neu für Westpreußen. J) Die Pflanzen sind in alphabetischer Anordnung aufgeführt. 2) Ich behalte liier den einem größeren Publikum geläufigeren Namen Phytoptus bei. 31 1 10 2. Phytoptus macrochelus Nal. Blattfilz bekannt als Erineum purpurascens. Neu für Westpreußen. 3. D ipterocecidium (Cecidomyidengalle). Kleine Blattausstülpungen nach oben, umgeben von ziemlich breiter, weißgelber Zone; Gallmückenlarve blattunterseits. Neu für Westpreußen. 2. Achillea Mille foliiun L. 4. Rhopalomyia millefolii (EL Lw.). Blattachselgallen. Neu für West- preußeu. 5. A nguillulidengalle. Schwielenartige Blattauftreibungen. Brunstplatz, Mai 1897. Neu für Westpreußen. 4 3. Aegop odiimi JPodagraria L. 6. Trio za aef/opodii Fr. Lw. Blattausstülpungen nach oben, entstanden durch Eiablage des Blattfiohes. Neu für Westpreußen. 7. Aphis spec. Unter zurückgerollten Blättern. Chirkowa, Juni 1897. Neu für W estpreußen. 8. Dichelomyia spec. Blättchenfaltungen nach oben. Chirkowa, Juni 1897. Die Deformation scheint ziemlich selten zu sein; trotz eifriger Nach¬ forschung konnte ich nur einige Exemplare auftreiben. Neu für West¬ preußen. 4. Ajuga reptans L. 9. Aphis spec. Blattrollen. Ich fand diese Galle zuerst bei Berlin. Massalongo erwähnt sie für Italien. Neu für Westpreußen. 5. Ainus glutinosa Gärtn. 10. Phytoptus laevis Nal. Kleine Blattgallen, bekannt als Cephaloneon pustulatum. Vielleicht übereinstimmend mit Brischke1) Ainus No. 1, Seite 192. Neu für Westpreußen (?). 11. Phytoptus alnicola Can. Ausstülpungen der Blattnervenwinkel. Vielleicht Brischke a. a. 0. Ainus No. 2, Seite 192. Neu für Westpreußen (?). 12. Phytoptus brevitarsus Fock. Blattfilz, Erineum alneum. Neu für Westpreußen. 13. Dichelomyia alni (Fr. Lw.). Blattkrausung und Verdickung der Rippen. Neu für Westpreußen. 14. Grapholitha tetraquetrana Hil Leichte Zweigschwellungen. (Vergl. Betula.) Neu für Westpreußen. 0 0. G. A. Brischke, Die Pflanzen-Deformationen (Gallen) und ihre Erzeuger in Danzigs Umgebung. — Bericht über die vierte Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoolo¬ gischen Vereins zu Elbing, am 7. Juni 1881. — Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band V, lieft 3. Danzig 1882. Seite 185 — 192. 32 111 6. Ainus incana DC. 15. Phytoptus brevitarsus Fock. Blattfilz, Erineum alnigenum. Neu für Westpreußen. 16. 8 17. 7. Andromeda polifolia L. Phytoptus Rübsaameni Nal. Blattrollung (Fig. 9). Neu für West¬ preußen. Von mir zueist bei Hundekehle im Grunewald bei Berlin entdeckt. Kurz darauf fand sie, unabhängig von mir, auch Herr Professor P. Magnus an derselben Stelle. In West¬ preußen nuran einersumpfigen Stelle in der Nähe von Adlers¬ horst, Kr. Schwetz, 1896 be¬ obachtet; und zwar wurde sie zuerst von Herrn ' Förster Klein aus Adlershorst, dem ich die Deformation beschrie¬ ben hatte, aufgefunden. 1897 konnte ich sie an derselben Stelle nicht wiederfinden. A’ielleicht war die Jahreszeit noch nicht weit genug vorge¬ schritten. . Avabis arenosa Scop. Phytoptus longior Nal. Vergrünung der Blüten und starke, abnorme Behaarung der BlätteFund Stengel. 1896 nichtbeobachtet; 1897 massen¬ haft am Chirkowski-Blott bei Adlershorst, Kr. Schwetz, ge¬ funden. Herr Professor Dr. A. N alepa, dem ich frisches Material zusandte; hatte die Güte, die Gallmilben zu bestimmen. Fig. 9 Blattrollung an Andromeda polifolia., L., verursacht durch Phytoptus Rübsaameni Nal. Nat. Grösse. Adlershorst, Kr. Schwetz, in der Tucheier Heide. Neu für Westpreußen. 9. Artemisia campestris L. 18. Phy toptocecidium. Pockenartige Blattauftreibungen. Nalepa fand in diesen Gallen zwei Milbenarten: P ar aphytoptus p aradoxus Nal. und Phytoptus temciventris Nal Die Galle wurde zuerst von Professor R. Dietrich in Breslau aufgefunden (Karlowitz) und von Professor 33 112 Hieronymus eingehend beschrieben (vgl. Hieronymus, Beiträge zur Ivenntniß der europäischen Zoocecidien, Breslau 1890, Seite 42). Ich fand sie am 4. Juni 1897 bei Adlershorts t und habe sie früher nie selbst auf¬ genommen. Vielleicht ist die Deformation aber nicht so selten, sondern wird nur leicht übersehen. Neu für West preußeu. 19. Rhopalomyia artemisiae Boitche. Erzeugt Deformation der Trieb¬ spitzen. Ueberall gemein. 10. Arando Fhragmites L. 20. Lipara lucens Mg. Harte, große, sehr auffallende Deformation der Triebspitze. Bei Streuort 1896. 21. Lipara rufitarsis H. Lw. Wenig auffallende Triebspitzendeformation. Streuort 1896. Neu für Westpreußen. 11. Astragalus arenarius L. 22. Phytoptocecidium. Nach unten gerollte Blättchen. Nur in geringer Anzahl bei Adlershorst, Kr. Schwetz, beobachtet. Neu. 23. D ip terocecidium. Weißbehaarte Triebspitzendeformation. Adlershorst, Juli 1896. Die Deformation wurde zuerst von Hieronymus beschrieben (vergl. a. a. 0. Seite 75, No. 383) und vom Lehrer Schröder bei Ochelhermsdorf (Schlesien) entdeckt; außerdem wird sie von Hieronymus noch für Pommern, Callies (P. Sydow), und Ostpreußen, Knrische Nehrung (P. Magnus), erwähnt. Neu für Westpreußen. 24. Dipterocecidium. (Cecidomyidengalle). Stengelschwellung. (Vergl. Hieronymus, No. 384). Ich fand die Deformation zugleich mit der vorigen. Auch von Hieronymus werden dieselben Fundorte angeführt, zu denen noch die Provinz Brandenburg hinzukommt (Berlin, Eberswalde); bei Berlin habe ich die Deformation bis jetzt nicht aufzufinden vermocht. Neu für Westpreußen. 12. Athyrium Filix femina Rth. 25. Anthomyia signata Brischke, Zurückgerollte Fiedern. Ob Antho- myia signata in der That Erzeuger dieser Deformation ist, die an Pteris aquilina L. viel häufiger vorkommt als an Athyrium , bleibt fraglich. So viel ich weiß, ist das Thier nach Brisciike nicht wieder gezogen worden. Nicht im eigentlichen Gebiet sondern 1897 bei Ossiek am Kalemba-See gefunden. 13. Betonica officinalis L. 26. Phytoptus solidus Nal. Deformation des Blütenstandes. Neu für W estpreußen. 31 i 13 14. Betula pabescens Ehrh. 27. Phytoptus rudis Nal. Haarlilz auf den Blättern ( Erineum betulinum). Neu für Westpreußen. 28. Phytoptus rudis Nal. Deformirte Knospen. Chirkowa. Neu für W Ostpreußen. Fig. 10. Birkenzweig, Betula puhescens Ehrh., mit Anschwellung der Blattrippen, verursacht durch Oligotrophus ruber Kffr. Natürliche Grösse. Brunstplatz, Kr. Sch wetz, in der Tucheier Heide. 29. Phytoptus rudis longisetosus Nal. Ausstülpung der Blattnervenwinkel. Adlershorst, Kr. Schwetz. Neu für Westpreußen. 30. Diplosis betulina Kffr. Blattparenchymgallen. Neu für West¬ preußen. 31. Oligotrophus ruber Kffr. Anschwellung der Blattrippen (Fig 10). Nur in der Nähe von Brunstplatz beobachtet. Neu für Westpreußen. 8 35 114 15. Betula verrucosa Ehrh. 32. Phytoptus betulae Nal. Blattknötchen. 33. Phytoptus ruclis longisetosus Nal. Haarfilz auf den Blättern. ( Erineum roseum ). Neu für Westpreußen. 34. Grapholitha tetraquetrana Hb. Zweigscliwellung. Neu für West- Dreußen. x 16. Campanula rotundifolia L. 35. Dichelomyia traclielii Wachtl. Knospengallen. Brunstplatz. 36. Gymnetr on camp anulae L. Deformirte Fruchtkapseln. 17. Cardamine pratensis L. 37. Dichelomyia cardaminis Wtz. Blütendeformation. Neu für West¬ preußen. 18. Carex stricta (?) Good. 38. Dichr ona gallarum~R\j bs. Die Galle (Fig. 11) wurde von mir zuerst bei Berlin beobachtet und der Erzeuger gezogen. Sie scheint nicht so selten zu sein, da sie aber meist von den Scheiden der äußern Blätter bedeckt ist oder dicht am Erdboden steht, so kann sie sehr leicht übersehen werden. Die jugendliche Galle ist weich und gelbweiß von Farbe, später wird sie glänzend braun, hat ungefähr die Gestalt eines Elipsoides und ist dem Blatte mit einer Längsseite angeheftet. Sie enthält nur eine Larvenkammer, in welcher sich die Larve auch verpuppt. Bei Zimmer¬ zucht erscheinen aus den im Herbst eingetragenen Gallen die Mücken bereits im Januar. Neu für Westpreußen. 39. Pseudohormomyia granifex Kffr. Auch diese Galle wurde zuerst von mir bei Berlin aufgefunden und der Erzeuger gezogen. Später fand ich sie auch in Westpreußen, und ich erwähnte sie in meinem vorläufigen Bericht an Herrn Professor Dr. Conwentz, als zu einem neuen Genus gehörende neue Art, Amaurosiphon caricis. Unter diesem Namen wurde die Deformation auch in dem XVII. Verwaltungsbericht des Westpreußischen Provinzial-Museums für das Jahr 1896, Seite 31, aufgeführt. Später hat nun auch Herr Kieffer die Deformation in Lothringen gefunden und das Thier unter dem oben angeführten Namen publizirt. Die Galle hat die Gestalt eines Getreidekorns und meist auch die Farbe eines solchen. Sie ist dem Blatte stets mit einer Spitze angeheftet, und zwar so, daß die gegenüberstehende freie Spitze tiefer steht, als die An¬ heftungsstelle. Die Galle enthält ebenfalls nur eine Lai venkammer, und die Entwickelung findet wie bei allen Gallen an Carex in der Galle selbst statt. Neu für Westpreußen. 40. Thurauia aquatica Rübs. Erzeugt schwache Vertiefungen am Halme. (Vgl. hierüber: Rübsaamen, über Gallmücken auf Carex und Iris? Wiener Entomologische Zeitung. XVIII. Jahrg. 1899, Seite 57 u. f.) Neu für W estpreu ßen. 30 41. 19. Carpinus Betulus L. Phytoptus tenellus Nal. Ausstülpung der Nervenwinkel. Neu lür W estpreußen. 42. Phytoptus macrotrichus Nal. Kräuselung längs der Blattnerven. 43. Dipterocecidium. Blattmittelrippe nach unten gekrümmt, zugleich mit schwacher Blattkräuselung. Gall¬ mückenlarven blattoberseits. Die Galle wurde von mir zuerst in Westfalen gefunden und in den Verhandlungen des Natnrhistorischen Vereins für Rheinland u.' Westfalen, Jahrg.XXX' VII, Seite 33, No. 34, beschrieben und auf Taf.III, Fig. 3, abgebildet. Hieronymus (a. a. 0.) beschreibt die Deformation unter No. 404, hält sie aber für das Produkt von Cecidomyia carpini Fr. Lw., was nicht der Fall ist. Nach dem genannten Autor kommt die De¬ formation in Schlesien, in der Rhein¬ provinz, (Aachen und Kreuznach) und in Baiern vor. Ich selbst habe sie bei Berlin (Finkenkrug) und an der Nahe gefunden. Neu für West¬ preußen. 44. Dichelomyia carpini Fr. Lw. An¬ schwellung der Blattrippen. Neu für W estpreußen. 20. Centaurea panieulata Jacq. 45. Aulax jaceae Scuengk. Anschwell¬ ung der Achenen. Fig. 11. Carcx stricta (?) Good., mit Gallen am Grunde der Blätter, verursacht durch Diehrona gallarum Riibs. -/3 der nat. Grösse. Adlershorst, Kr. Schweiz, in der Tucheier Heide. Aus dom XVII. Verwaltungsbericht des Wostpreuss. Provinzial-Museums für 1896. 21. Cerastium triviale Lk. 40. Aphis cerastii Kalt. Deformation der Triebspitze. Neu für West¬ preußen. 22. Chenopodium albuni L. 47. Aphis atripli cis L. Blattdeformation. Neu für Westpreußen. 23. Cirsium arvense Scop. 48. Urophora ccirdui L, Stengelschwellungen. 37 8* 116 24. Clinoj) odium vulgare L. 49. Aphis nepetae Kalt. Gekräuselte, nach unten gerollte Blätter. Cnir- kowa, Juni 1897. Neu für Westpreußen. 25. Corylus Avellana L. 50. Dipterocecidium. Schwache Blattausstülpungen nach oben, verbunden mit Entfärbung. Die Gallenmückenlarven blattunterseits. Neu fürWest- preußen. 26. Crataegus Oxyacantha L. 51. Phy toptu s goniothorax Nal. Blattrandrollen verbunden mit Erineum. Brunstplätz, Mai 1897. Neu für Westpreußen. 52. Phytoptus calycobius Can. Knospendeformation. In den Gallen leben auch noch Phytoptus crataegi Can. und Tegonotus armatus Can. Neu für Westpreußen. 53. Myzus oxyacanthae Koch. Rothbeulige Blätter. 54. Dichelomyia crataegi Wtz. Triebspitzendeformation. 27. JEpilöbium parviflorum Schrei;. 55. Mompha divisella Wocke. Stengelschwellung. Nur im Juli 1896 bei Adlershorst, Kr. Schwetz, beobachtet. Die Galle scheint selten zu sein. Neu für Westpreußen. 28. Fvonymus europciea L. 56. Phytoptus convolvens Nal. Schmale Blattrollung nach unten. Neu für Westpreußen. 57. Aphis evonymi Fabr. Lose Blattrollung oder knäuelförmige Rollung der Blätter nach nnten. Neu für Westpreußen. 29. Fvonymus verrucosa Scop. 58. Dipterocecidium. Schwache Ausstülpung der Blattspreite nach oben, zugleich mit Entfärbung. Cisbusch, Mai 1897. Neu. 30. Fagus silvatica L. 59. Phytoptus stenaspis Nal. Der Milbe werden zwei Deformationen zuge¬ schrieben; die eine besteht in einer engen Rollung des Blattrandes, die nirgends selten ist. 60. Phytophus stenaspis Nal. Die zweite von dieser Milbe hervorgebrachte Deformation besteht in einer Verdickung der ganz jungen Blätter, welche die Faltung der Knospenlage beibehalten. Diese Deformation wird von Kieffer für Lothringen erwähnt. Außer in Westpreußen (Chirkowa) fand ich sie nur noch am Rhein (Allwissbacli bei Linz) und an der Nahe. Neu für Westpreußen. 61. Phytoptus nerviseguus Can. Im Erineum nervisequum. Neu für West¬ preußen, 38 117 31. Fe stu ca ovina L. 62. Anguillulidengalle. Schwielige Auftreibung der Blätter. Neu für West¬ preußen. 32. Fraxinus excelsior L. 63. Psyllopsis fraxini L. Blattrollung. Neu für Westpreußen. 33. Galium boreale L. 64. Dichelomyia galii H. Lw. Stengelgallen. Neu für Westpreußen. 65. Dipterocecidium. Cecidomyidengalle. Triebspitzen -Deformation. Neu. Blätter und Internodien verkürzt, die Galle bildet daher einen kleinen Schopf. Chirkowa, Juni 1897. — Eine der hier beschriebenen ähnliche Deformation an Galium boreale L. erwähnt Fr. Loew in den Ver¬ handlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien, 1888, S. 544. Weitere ähnliche Gallen an Galium- Arten sind als von Dichelomyia galiicola (Fr. Lw.) und Diplosis molluginis Bübs. herrührend beschrieben worden. 66. Phy toptocecidium. Abnorme Behaarung der Stengel und Blätter. Chir¬ kowa, Juni 1897. Neu für Westpreußen. 34. Galium Mollugo L. 67. Phytoptus galiobius Can. Beutelförmige Blüten- und Blattquirlgallcn. 35. Galium uliginosum L. 68. Dichelomyia galii H. Lw. Stengelgallen. Neu für Westpreußen. 36. Galium verum L. 69. Phyllocoptes anthobius Nal. Blütenvergrüuung. Neu für West¬ preußen. 70. Phytoptus galiobius Can. Galle wie bei No. 67. Neu für West¬ preuße n. 71. Aphis bicolor Koch. Geknäulte Blütenstände. Neu für West¬ preußen. 72. Thrips spec. Die Blätter der Triebspitze gerollt, gedreht und unregel¬ mäßig gekrümmt und verbogen, oft gelb entfärbt und schwach beulig verdickt. Da am Fundorte alle Blätter der oberen Blattquirle mißbildet waren, und da eine größere Anzahl der nebeneinander stehenden Pflanzen bezw. Triebe dieselbe Deformation aufwies, so fiel die an und für sich unscheinbare Galle schon von weitem auf. Thrips hat bisher nicht als Gallen¬ erzeuger gegolten, mir scheinen aber zweifellos die zahlreichen Thrips- Larven, welche ich an den deformirten Pflanzen auffand, auch die Erzeuger der Mißbildungen zu sein. Phytopten oder Aphiden sind als Gallenbildner hier unbedingt ausgeschlossen. Die Deformation war im Mai 1897 in der Nähe von Brunstplatz nicht selten. Ich fand sie an dem ersten Feld- 39 118 woge, der von der Chaussee nach Groß Bislaw und Tuchei rechts nach dem Cisbusche abzweigt, am 26. Mai 1897. Neu. 37. Geum rivale L. 73. Phytoptus nuclus Nal. Blattfilz, Phyllerium gei. Der Filz findet sich auf beiden Blattseiten in kleinen Rasen, ohne Entfärbung des Blattes. Neu für Westpreußen. 74. Phytoptus spec. Blattfilz in Streifen nur blattunterseits. Die mit ihm behafteten Blattstellen nach oben gewölbt und braun entfärbt. Der Erzeuger ist wohl derselbe, wie bei der vorigen Galle. Beide Deformationen am Miedzno-See bei Ädlershorst. Neu für Westpreußen. 38. Glechoma hederacea L. 75. Oligotrophus bursarius Bremi. Röhrenförmige Blattausstülpungen nach oben, die bei der Reife der Larve aus dem Blatte herausfallen, wodurch in demselben ein Loch entsteht, dessen Ränder meist wulstig verdickt sind. Die Larve verwandelt sich in den abgefallencn Gallen. Neu für West¬ preußen. 39. Hieracium murorum L. 76. Aphis hieracii Kalt. Lose Blattrandrollung. Neu für Westpreußen. 77. Carphotricha pupillata Fall. Angeschwollene Blütenkörbchen. Neu für Westpreußen. 78. Aulax hieracii Bouche. Behaarte, vielkammerige Stengelschwellungen. 40. j Hieracium JPilosella L. 79. Aphis hieracii Kalt. Lose Blattrandrollung. Neu für Westpreußen. 80. Anguillulidengalle. Aufgedunsene Blätter. Chirkowski-Blott, Juni 1897. Neu für Westpreußen. 81. Cystiphora pilosellae Kffr. Roth umrandete Blattparenchymgallen. Neu für Westpreußen. 82. Diplosis pilosellae Kffr. Deformierte Körbchen. Neu für West- p reußen. 4L Hieracium iiinbeUatum L. 83. Carphotricha pupillata Fall Deformierte Körbchen. Neu für West¬ preußen. 42. Hölcus lanatus L. 84. Sipha ma l dis Pass. Blätter an der Halmspitze büschelig gruppirt und verkürzt. Zwischen den Scheiden zahlreiche Aphiden. Neu, 43. Hypericum montanum L. 85. Dichelomyia serotina Wtz. Blättertaschen an der Triebspitze. Neu für Westpreußen. 4q 119 44. Hypericum perforatum L. 86. Dielte lomyia serotina Wtz. Blättertaschen an der Triebspitze. 45. Juncus lamprocarpus Eiirii. 87. Livia juncorum Latr. Abnorme Blattbüschel und Deformation der Blüten (Fig. 12). Neu für Westpreußen. Ich entdeckte zwischen den Blättern unter den Larven des Blattflohes Cecidomyidenlarven, die sich von diesen Psyllidenlarven nährten. Die spätere Zucht dieser Larven ergab eine neue Art, Lestocliplosis liviae Bf: ns. Ich gebe hier eine Abbildung der Galle (Fig. 12)und ihres Erzeugers (Fig. 13); Der Schmarotzer ist bereits weiter oben (Seite 94, Fig. 8) abgebildet. 46. Juniperus communis L. 88. Phytoptus qu adrisetus Thomas. Deformation der Früchte und der Basis der Nadeln. Thomas erwähnt bei Beschreibung dieser Art nur die Fruchtgallen. Ich entdeckte später bei Berlin die Deformation der Nadeln, die ich N alepa zum Bestimmen der Milbenart zusandte. Lagerheim fand die Galle später in Schweden und hielt sie für neu. Neu. für West¬ preußen. 89. Oligotrophus juniperinus L. Deformation der Triebspitze. Adlershorst, Juli" 1896. 47. Larix decitlua Miel. 90. Adelges (Chermes) laricis Htg. Knieförmig umgebogene Nadeln. Neu für Westpreußen. 48. Lathyrus pratensis L. 91. Dichelomyia lathyricola Rübs. Deformation der Triebspitze. Neu für Westpreußen. 49. Linaria vulgaris Mira.. 92. Gymnetron linciriae L. Kugelige, einkammerige Gallen am Wurzelhalse. 50. Lonicera Xylosteum L. 93. Phytoptus Xylostei Cr. Krauswellig gebogener Blattrand ( Leg non laxum). Zatocken und Chirkowa. Neu für Westpreußen. 94. Rho palosyphum Xylostei Schrk. Blattdeformation. Paradies am Schwarzwasser. Neu für Westpreußen. 95. Cecidomyid engalle, Gelblich gefärbte Blattparenchymgallen. Neu für Westpreußen. 96. Diplosis lonicerearuon Fr. Lw. Blütendeformation. Adlershorst, Juni 1897. Neu für Westpreußen. 97. Hoplocampa Xylostei Gir. Zweigschwellung. Neu für West¬ preußen. •u 120 Fig. 12. Junens lamprocarpus Ehrh., mit Missbildung des Blutenstandes, verursacht durch Livia juncorum Latr. (Fig. 13). Vs her nat. Grosse. Brunstplatz bei Blondzmin in der Tucheier Heide. Aus dem XVII. Verwaltungsbericht des Westpreuss. Provinzial-Museums für 1896. \% 121 51. Lychnis flos cuculi L. 98. Dichelomyia praticola Kffr. Blütendeformation. Neu für West- preußen. 52. Lysimachia thyrsiflora L. 99. Phytoptocecidium. Blattrollung nach unten. Herr Professor Dr. A. Nalepa, dem ich frisches Material zur Untersuchung einsandte, theilte mir mit, daß es sicli wahrscheinlich hier um einen neuen Phytoptus handele, für welchen er den Namen Phytoptus laticinctus thyrsi- florinus wähle. Möglicherweise handele es sich aber auch nur um eine ,-f V:-- y 'V; . •' Ä ■ .8. ' 1 v"* . • . Fig. 13. Lima juncorum Latr. -5/i der nat. Grösse. Verursacht an Juncus lamprocarpus Ehrh. Gallenbildungon (Fig. 12). Brunstplatz bei Blondzmin in der Tucheier Heide. Varietät. Seine Untersuchungen seien aus Mangel an Zeit noch nicht abgeschlossen. Neu. 53. Lysimachia vulgaris L. 100 .Phytoptus laticinctus Nal. Blatt- und Blütendeformation. Neu für W estpreußen. 101 .Diplosis lysimachiae Rübs. Schwach angeschwollene Blüten. dNeu für Westpreußen. 54. Origanum vulgare L. 10 2. Asphondylia Hornigi Wachtl. Blütendeformation. Neu für West¬ preußen. 55. Orobns silvaticus L. 103. Dichelomyia Schlechtendali Kffr. Blattrollung. Neu für West¬ preußen. 43 122 56. Picea excelm Lk. 104 . Adelges ( Chermes ) strobilobius Kalt. Ananasartige, bleiche Gallen an der Zweigspitze. Neu für Westpreußen. 105. Adelges ( Chermes ) abietis L. Größere, meist einseitswendige Gallen am Zweiggrunde, welche in der Regel ein Umbiegen des Zweiges verursachen. 57. 106. Diplosis Tr aili Kffr. Deformirtc Blüten. Wiesen bei Streuort. Neu für Westpreußen. 107. Cecidomy iden- galle. Aufgedunsene Blattscheiden. Neu für Westpreußen. 58. Pinus silvestris L. Pimpinella Saxifraga L. 108. Phytoptus pini Nal. Beulenförmigo Rindengallcn an jun¬ gen Zweigen. Die Galle wurde mir von Herrn Förster Klein, dem ich sie beschrie¬ ben hatte, überreicht. Neu für West¬ preußen. 109. Brachyconyx indi- gena Herbst. Beu- ' . _ . Kiofemzweig, Pinus silvestris L., mit Deformation der Nadeln, llge V eiaiCKUUgen an verursacht durch Diplosis brachyntera Schwägr. den Nadeln. Die 2/a der nat. Grösse. Tr „ . . Aus der Tucheier Heide. Käierlarve sitzt stets zwischen zwei Nadeln, die an dieser Stelle gelbweiß entfärbt sind. Neu für Westpreußen. 110 . Diplosis brachyntera Scfiwägr. Verkürzte Nadeln, die an der Basis stark angeschwollen sind (Fig. 14). Neu für Westpreußen. 59. Pirus communis L. 1 1 1 . Phytoptus piri Nal. Blattpocken. Neu für Westpreußen. 112. Anthonomus pom orum L. Angeschwollene Blüten. Im Garten des Hegemeisters in Brunstplatz. 113 . Dichelomyia piri Bouche. Blattrandrollung. Brunstplatz. 44 123 114. Psylla piri Schmiedb. Leichte Blattausstülpuugen nach oben. Nahe bei Brunstplatz, Mai 1897. Neu für Westpreußen. 60. Firns Malus L. 1 15. Phytoptus malinus Nal. Blattiilz {Erineum malinum). Am Schwarz¬ wasser von Klingermiihle nach Altfließ und in der Chirkowa. Neu für Westpreußen. 116. Phy toptocecidium. Blattrandrollung. Ebenda. Neu für West¬ preußen. 1 17. A nthonomus pomorum L. Geschlossene Blüten. Brunstplatz. 61. Plantag o lanceolata L. 118. Anguillulidengalle. Auftreibungen der Blattspreite. Neu für West¬ preußen. 62. Polygonum aniphiMiim L. 119 . Dichelomyia persicariae L. Fleischige, rothgefärbte Blattrollungen. 63. Populus alba L. 120. Phy top tocecidium. Erineum , blattunterseits. Ich fand diese Defor¬ mation nur an einem einzigen Blatt, an welchem sie einen kleinen Rasen bildete. An der Chaussee von Schwetz nach Tuohel nahe bei Brunstplatz, im Juli 1896. Auch 1897 konnte ich trotz eifrigen Suchens an derselben Stelle die Galle nicht wieder auftinden. Neu. 64. Populus nigra L. 121. Pemphigus spirot hecctc Pass. Gedrehte Blattstielgallen. 65. Populus tremula L.1) 122 . Phyllocoptes populi Nal. Blattfilz ( Erineum populinum Pers.). Neu für Westpreußen. 123 . Dichelomyia populeti Rübs. Blattrandrollung. 124. Diplosis Loewi Rübs. Kugelige, meist roth gefärbte Gallen, blattober* seits. Vergl. Rübsaamen, Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für die Rheinlande und Westfalen. Jahrgang XXXXVII (5. Folge, Bd. VII), Taf. VIII, Fig. 21 c. 125 . Diplosis globuli Rübs. Kleinere Blattgallen, blattoberseits (a. a. 0. Fig. 21 i). 126. Diplosis petioli Kffr. Gallen am Zweig, Blattstiel oder Blattgrund, Öffnung stets kreisförmig (a. a. 0. Fig. 21 d, e, f). 127. Diplosis cavernosa Rübs. Gallen blattunterseits. Die spaltartige, wulstig umrundete Öffnung oberseits (a. a. 0. Fig. 21 k und Fig. 27). 128. Lasioptera p opulnea Waciitl. Linsenförmige Blattparenchymgalle mit runder Öffnung (a. a. 0. Fig. 21 g). 129. Saperda p opulnea L. Zweigschwellungen. 9 Es ist fraglich, welche von den hier angeführten Gallen Brischke gefunden hat. 45 124 66. Potentilla cirgentea L. 130. Dichelomyia potentillae Wachtl. Verdickte, geschlossene Blüten. 67. Prunus äomestica L. 131. Phytoptus similis Nal. Blattausstülpungen nach unten ( Cephaloneon hypocrciteriforme). In Gärten im Gebiete; auch im Garten des Försters in Eibenhorst bei Ossiek. 132. Aphis pruni Fabr. Zurückgerollte Blätter. Neu für Westpreußen. 68. Prunus Padus L. 133. Phytoptus padi Nal. Abnormer Haarfilz (Erineum padi Rebent.). Neu für Westpreußen. 134. Phytoptus padi Nal. Hörnchenförmige Blattgallen (Ceratoneon attenuatum Bremi). 69. Prunus spinosa L. 135. Phytoptus similis Nal. Nicht behaarte Blattausstülpungen nach unten. Vergl. No. 131. 136. Phytoptus padi Nal. Behaarte Blattausstülpungen nach oben ( Cephaloneon molle Bremi). Vergl. No. 133 und 134. 137. Thendredinidengalle. Blattrand meist nur an einer Seite bis zur Mittel¬ rippe eingerollt. In der Bolle eine Blattwespenlarve. Sciilechtendal (Zoocecidien der deutschen Gefäßpflanzen) führt diese Deformation unter No. 809 an, mit dem Zusatze Blennocampal. . Ich habe sie nur bei Adlers¬ horst in der Nähe des Sobbinfließes am 7. Juni 1897 gefunden. Neu für Westpreußen. 70. Pteris aquilina L. 138. Anthomyia signata Brischke. Umgerollte Fiederspitzen. (Vergl. weiter oben, Seite 112, Athyrium , No. 12 bzw. 25). 139. Dichelomyia filicina Kffr. Nach unten gerollte, glänzend schwarzbraune Fiederchen. Klingermühle. 140. Cecidomyidengalle. Nach unten umgeklappte, weißgelb entfärbte Fieder¬ blättchen. Klingermühle. 71. Quer cu s pedunculata Ehrii. und 72. Quer cus sessiliflora Sm. Ich führe hier nur die thatsächlich aufgefundenen Cynipidengallen an, nicht aber jene, deren Erzeuger zu denen deren aufgefundenen Gallen im Generationswechsel stehen. Ohne Zweifel ist das Gebiet, besonders die Chirkowa, wo schöner Eichenbestand vorhanden ist, viel reicher an Cynipidengallen, doch ist der Herbst oder Spätsommer zum Sammeln dieser Cecidien im allgemeinen geeigneter als der Frühling. 46 125 141. Andricus inflator IItg. Keulenförmige Anschwellung der Zweigspitzö. (Im Generationswechsel zu A. globuli IItg.). 142. Andricus trilineatus IItg. Anschwellung der Mittelrippen oder des Blattstiels. (Im Generationswechsel zu A. radicis Fabr). 143. Andricus curvator Htg. Knorpelige, das Blatt durchwachsende Gallen, die im Innern eine kleine braune Innengalle enthalten. (Im Generations¬ wechsel zu A. collaris Htg.). 144. Andricus fecundatrix Htg. Die eichelförmige braune Innengalle wird von den stark vergrößerten Knospenschuppen umgeben; bei der Reife fällt die Innengalle zu Boden, die Schuppen bleiben jedoch oft noch längere Zeit am Zweige und sind bekannt als Eichenrosen. (Im Generations¬ wechsel zu A. pilosus Adl.). 145 . Andricus globuli Htg. Grüne kugelige Knospengalle. Brunstplatz, August 1897. (Im Generationswechsel zu A. inflator IItg.). 14 Q. Andricus seminationis Adl. Spindelförmige Gallen am Blattrande. Neu für Westpreußen. 147. Dryophanta folii L. Erzeugt die überall bekannten, kugeligen, oft schön rothbackigen Galläpfel auf den Blättern. (Im Generationswechsel zu Dryophanta Taschenbergi Schlecht.). 148 . Dryophanta divisa Htg. Erbsengroße, harte, etwas niedergedrückte Blattgallen. (Im Generationswechsel zu Dryophanta verrucosa Schlecht.). 149. Trig onaspis meg apter a Pz. Weißliche oder korallenrothe Gallen an alten Stämmen oder Keimpflanzen. (Im Generationswechsel zu Tr.renum Gm.). 150. Biorhiza terminalis Fabr. Knollige, vielkammerige Gallen, meist von der Größe einer Walnuß. Die junge Galle ist weich, weißlich, oft an der Sonnenseite geröthet; die alte Galle braun, hart. (Im Generationswechsel zu B. aptera Fabr ). 151. Neuroterus numismalis Ol. Runde, flache, in der Mitte vertiefte Gallen, von anliegenden, goldbraunen Haaren bedeckt, wie kleine, mit Seide übersponnene Hemdenknöpfe erscheinend. (Im Generationswechsel zu N. vesicator Schlecht.). 152 . Neuroterus lenticularis Ol. Platte, in der Mitte erhöhte und überall mit Sternhaaren bedeckte Gallen. (Im Generationswechsel zu N. baccarumL.). 153. Neuroterus baccarum L. Beerenartige, grüne, oft glasartig erscheinende Blattgallen. Zu Anfang des Frühlings. (Im Generationswechsel zu N. lenticularis Ol.). 154 . Diplosis dryobia Fr. Lw. Umgeklappte Blattzipfel. 155. Diplosis volvens Kffr. Umrollung des Blattrandes. Die Deformation wurde früher von Kieffer der D. Liebeli Kffr, zngeschrieben. 156. Diplosis quercina Rübs. Gekräuselte junge Blätter. Neu für West¬ preußen. 157. Cecid omyiaengall e. Kleine, weißgelb entfärbte Blattausstülpungen nach oben. Nur im Mai. Neu für Westpreußen. 47 126 Fig. 15. Poecilia nivea Han. I0/i der nat. Grösse. Verursacht an Quercus sessiliflora Sm. Gallonbildungen (Fig. 16). Paradies am Schwarzwasser in clor Tucheier Heide. . . . sehen worden. Ich fand sie zuerst bei Berlin (Jungfernheide) und zog auch den Schmetterling, Die Raupe lebt im Mark des Zweiges. Paradies am Schwarzwasser. Neu. 73. JRanunculus acer L. 163. Trimerus rhynchotrix Nal. Blätter gekraust gekrümmt, Rand schmal gerollt. Ich gebe Tr. rhynchotrix mit Vorbehalt als den Erzeuger dieser Deformation an, da Professor Nalepa bei dieser Milbe wohl eine ähnliche Deformation der Blätter erwähnt, aber nicht an Ranunculus acer L. sondern an R. alpestris L. Neu für Westpreußen. 164 . Dichelomyia ranunculi Bremi. Blätter dütenförmig zusammengerollt. Auf einer Wiese des Herrn Konitzer in Czersk. Die Deformation wurde 158. Phylloxera coccinea v. Heyd Muschelförmigc Blattrandumklappüng und weiße Flecke auf der Blattspreite. Neu für Westpreußen. 159. Acanthochermes quercus Koll. Sehr auffallende, gelb gefärbte Blatt¬ ausstülpungen. Nur im Frühling. Neu für Westpreußen. 160. Astero lecanium quercicola Bouche. Ringförmige Rindengallen. Neu für Westpreußen. 161. Trio za remota Forst. Sehr unscheinbare, schwach entfärbte Ausstülpungen nach oben. Neu für Westpreußen. 1 62. Poecilia nivea Han. (Fig. 15). Anschwellung der Zweigspitzen. Die Galle (Fig. 16) ist nicht sehr auffallend und daher bis jetzt wohl über- 48 127 mir von Frau Konitzer übergeben. Später habe ich sie an derselben Stelle ebenfalls aufgenommen. Neu für Westpreußen. 165. Cecidomyidengalle. Gebräunte, geschlossene Blüten. Adlershorst, Wiesen am Miedzno-See. Neu für Westpreußen. 74. j Raphamis liaphcinistrutn L. 166. Ceutorliynchus sulcicollis Schönh. Gallen am Wurzelhalse. Fig.'lG. Eichenzweig, Quercus sessiliflora Sm., mit Anschwellung der Zweigspitze, verursacht durch Poecilia nivea Han. (Fig. 15). 3/4 der nat. Grösse. Paradies am Schwarzwasser in der Tucheier Heide. Aus dem XIX. Verwaltungsbericht des Westpreussischen Provinzial-Museums für 1898. 75. JRhamnus cathartica L. 167. Trichopsylla Wal ckeri Fürst. Blattrand gerollt und knorpelig verdickt. Neu für Westpreußen. 76. _i Rhamnus Frangula L. 168 . Diplosis rliamni Ritus. Geschlossene, verdickte Blüten. Neu für Westpreußen. 49 12g 77. Hibes alpinuni L. 169. Phytoptus rihis Nal. Deformation der Knospen. Paradies am Scliwarsi- wasser. Neu für Westpreußen. 170. Cecidomy idengalle. Geschlossene, verdickte Blüten. Die Larven ver¬ wandeln sich in der Erde. Ich fand die Deformation an einigen beim Forsthause Adlershorst angepflanzten Sträuchern. Da sich die Larven in der Erde verwandeln, so ist die Uebertragung des Cecidiums in diese ein¬ same Gegend sehr merkwürdig, während bei Phytoptus ribis Nal. die Verschleppung nicht auffallend ist. Neu für Westpreußen. 78. Hibes nigrum L. 171 . Aphis grossulariae Kalt. Blattdeformation. In Gärten. Neu für W estpreußen. 79. Hibes rubrum L. 172 . Myzus ribis L. Rothbeulige Blätter. In Gärten. 80. Hosa canina L. 173. Dichelomyia rosarum Hardy. Blättchen zusammengelegt und verdickt. 83. Hosa tomeniosa Sm. 174. Rhodites rosae L. Erzeugt Zweiggallen, die wie mit Moos bewachsen aussehen, die sogenannten Schlafäpfel oder Bedeguare. 175. Rhodites eglanteriae Htg. Kleine, kugelrunde, einkammerige Blatt¬ gallen. 176. Rhodites spinosissima Gir. Blattgallen, die auf beiden Blattflächcn vorragen. 82. Hubus fruticosus L. 177. Phytoptus gibbosus Nal. Abnormer Blattfilz, das sogenannte Phyllerium rubi. Neu für West preußen. 178. Lasioptera rubi Heeg. Starke Zweigschwellungen. 179. Dichelomyia plicatrix H. Lw. Unregelmäßig gekrauste Blätter. Neu für Westpreußen. 180. Aphis urticaria Kalt. Zurückgekrümmte, meist an der Spitze ein¬ gerollte Blätter. Neu für Westpreussen. 181. Nectarophora rubi Kalt. Umgebogene Blätter. Neu fürWestpr eussen. 83. Hubus Idaeus L. 182 . Nectarophora rubi Kalt. Wie No. 181. Neu für Westpreußen. 84. Hubus saxatilis L. 183 . Phytoptus silvicola Can. Blattknötchen. Chirkowa. Neu für West¬ preußen. 85. Hum ex obtusifolius L. 184. Aphis rumicis L. Blätter meist an beiden Seiten lose gerollt. 50 129 86. Salix alba L. 185 . Phytoptus salicis Nal. Blattknötchen. Neu für Westpreußen. Als Bewohner dieser Gallen giebt Nalepa noch an: Phytoptus tetanothrix Nal. und Phyllocoptes magnirostris Nal. 186. Dichelomyia terminalis H. L\v. Blätter der Triebspitze zu einem spitzen Schopfe zusammengelegt. 187. Dichelomyia rosaria H. Lw. Kleine Rosetten an der Zweigspitze. IRQ. Dichelomyia saliciperda Dur. Holzige Zweiggallen. 189. Cryptocampus testaceipes Zadd. Spindelförmige Anschwellung des Blatt¬ stieles oder der Mittelrippe. 190. Nematus Vallisnierii Htg. Harte, beiderseits ziemlich gleichmäßige vor¬ tretende Blattgallen. 87. Salix aurita L. 191. Phytoptus tetanothrix laevis Nal Cephaloneon-ü, hnliche Blattgallen. Neu für Westpreußen. 192. Dichelomyia rosaria H, Lw. Rosetten an der Zweigspitze. 193 . Dichelomyia dubia Kffr. Harte Zweiggallen. Die Puppen bohren sich bei diesen Gallen stets an einer Blattknospe, die beim Trockenwerden der Galle ausfällt, heraus. Neu für Westpreußen. 194 . Dichelomyia, nervorum Kffr Anschwellung der Blattrippen Neu für Westpreußen. 195. Nematus bellus Zadd. Weichbehaarte, kugelige Blattgallen, blattunterseits. 19 Q. Nematus venustus Zadd. Blattstiel stark augeschwollen. 88. Salix Caprea L. 197 . Dichelomyia rosaria H. Lw. Große Rosetten an der Zweigspitze. 198. Nematus bellus Zadd. Kugelige Blattgallen. Vergl. No. 195. 199. Blattwespengalle. Blattrollung. Neu für Westpreußen. 89. Salix cinerea L. 200. Nematus Vallisnierii Htg. Blattgallen. Yergl. No. 190. 201. Nematus prussicits Zadd. Blattrollung. 90. Salix daphnoides Vill. 202. Nematus vesicator Bremi. Große, blasige, bohnenförmige Blattgallen, welche auf beiden Blattseiten gleichmäßig vorragen. Brunstplatz, Juli 1896. 91. Salix fragilis L. 203 . Dichelomyia terminalis H. Lw. Deformation der Triebspitze. (Yergl. No. 186.) 204. Nematus Vallisnierii Htg. Blattgallen. Yergl. No. 190 und 200. 205. Nematus pineti Htg. Umgeschlagener Blattrand. i) 51 130 92. Salix pentandra L. 20 6. Nematus medullaris Htg. Große, ziemlich weiche Zweiggallen. Am Miedzno-See bei Adlershorst, Kr. Schwetz. 93. Salix purpurea L. 207 . Cryptocampus testaceipes Zadd. Vergl. No. 189. 94. Salix repens L. 208 . Dichelomyia rosaria H. Lw. Vergl. No. 187, 192 und 197. 209. Grapholitha Servilleana Dup. Anschwellung junger Zweige. 95. Salix viminalis L. 210. Dichelomyia marginemtorquens Wtz. Knorpelige, rothfleckige Blatt¬ rollen. ßuckowina (Wiesen) bei Blondzmin. 96. Sambucas nigra L. 211 . Epitrimerus trilobus Nal. Unregelmäßige Blattrollung. Neu für We s t p r e u ß e n. 21 2. Schizomyia nigripes Fr. Lw. Deformirte Blüten. Neu für West¬ preußen. 97. Scabiosa Columbaria L. 213 . Dichelomyia scabiosae Kffr. Weißfilzig behaarte Blätter und Stengel. Neu für Westpreußen. 214. Phytoptus squaliclus Nal. Blattrandrollung. Neu für Westpreußen. 98. Scrophularia nodosa L. 215. Diplosis scropliulariae Kffr. Aufgedunsene Blüten. Am Sobbinfließ bei Adlershorst. Neu für Westpreußen. 99. Silene infiata Sm. 216. Aphis cucubali Pass. Vergrünte Blüten. Neu für Westpreußen. 100. Silene nutans L. 217. Ce cidomyidengall e. Die Blätter sind an der Triebspitze zu einem Büschel gruppirt. Nur einmal am Schwarzwasser bei Klingermühlo ge¬ funden, Eine ähnliche Deformation ist an Silene inflatäSm. bekannt. Neu. 101. Sisymbriivm Sophia L. 218. Diplosis o'uderalis Kffr. Zu Knäueln deformirte Blütenstände. 102. Solidago Virga aarea L. 219 . Dichelomyia virgae aureae Lieber. Blattrandrollung und Deformation der Triebspitze. Am 16. Juni 1897 bei Adlershorst gefunden. Neu für Westpreußen. 52 131 Fig. 17. Stellaria Holoslea L. mit Deformation der Triebspitze, verursacht durch eine nicht näher bekannte Cecidomyide. Nat. Grösse. Chirkowa in der Tucheier Ileide. 105. Sorbus torminalis Crtz. 223 . Phytoptus piri Nal. Blattpocken. Neu für Westpreußen. 106. Spiraea spec. (wohl Douglcisii Hook.) 224. Aphis spec. Gerollte und gedrehte Blätter. Neu für Westpreußen 107. Spiraea Ulmaria L. 225. Dichelomyia pustulans Rübs. Gelbweiße, kreisrunde Blattausstülpungen? nach oben. Neu für Westpreußen. 226. Dichelomyia ulmariae Bremi. Kleine Blattgallen. 103. Sonchus arvensis L. 220. Cystiphora sonchi Fr. Lw. Von rother Zone umgebene, gelbwciß ent¬ färbte, kreisrunde Blattparenchymgallen. Neu für Westpreußen. 104. Sorbus aucuparia L. 221. Phytoptus piri Nal. Blattpocken. Neu für Westpreußen. 222. Aphis sorbi Kalt. Die Blätter an der Zweigspitze zu Knäueln zusammen¬ gebogen und verdreht. Neu für Westpreußen. 132 109. Stellaria media Gyr 108. Stella via Holostea L. 227. Cecidomyidengalle. Die Blätter der Triebspitze bleiben kurz, ver¬ harren in der Knospenlage und bilden einen etwas entfärbten, spitzen Knopf. Sie legen sich mit ihren Rändern aneinander und umschließen auf diese Weise die Larven. Oft sind einige der äußeren Blätter hülsen¬ artig zusammengefaltet und infolgedessen eben¬ falls im Stande, Larven als Wohnung zu dienen. (Fig. 17). Chirkowa, Kr. Schwetz. Neu. 228. Brachyco lus stella- riae. Blätter der Länge nach nach oben zusam¬ mengelegt. Neu für Westpreußen. 229. Thrips spec. DieBlätter sind verdreht, gerollt, die Pflanze im Wachs¬ thum etwas zurückge¬ blieben. Ich beobach¬ tete diese Deformation schon vor Jahren in der Nähe von Berlin, ohne daß mir ein Schluß auf den Erzeuger derselben möglich war. Die damals gefundene Deformation war jedoch lange nicht so auffallend wie die in Westpreußen beobach¬ tete. Während bei mei¬ nem Berliner Fund Fig. IS. Eibenzweig, Taxus baccata L., mit Gallen, verursacht durch OligotropJius taxi Inchb. (Fig. 19). -/3 der nat. Grösse. Cisbusch in der Tucheier Heide. immer nur einige Blätter Aus ('em XVII. Verwaltungsbericht desWestprouss. Provinzial -Museums für 189G. die erwähnte Mißbil¬ dung aufwiesen, waren bei den in Westpreußen gefundenen Pflanzen fast alle Blätter verunstaltet, die ganze Pflanze verkümmert und schon in einer gewissen Entfernung durch ihre dunkeiere Färbung und ihren eigentümlichen Habitus auffallend. Meist waren eine Anzahl neben¬ einander stehender Pflanzen in derselben Weise deformirt. Später fand ich dieselbe Mißbildung bei Winzenheim in der Nähe von Kreuznach in 5-1 110. Tanacetum vulgare L. 230. Lepidopterocecidium. Spin¬ delförmige Anschwellung der Stengel. Von mir bisher nur bei Siegen in Westfalen beobachtet und in der Berliner Entomolo- gischen Zeitschrift, 1889, Bd. XXXIII, Seite 62, kurz beschrie¬ ben. Meines Wissens ist die Galle bisher sonst noch nicht beob¬ achtet worden. Eibenhorst bei Ossiek. Neu für W estprcußen. einem Weinberge. Hier wie dort waren die Pflanzen in großer Menge mit Thrips , meist Larven oder Nymphen, bedeckt. Die genaue Unter¬ suchung der Deformation läßt diese TAnps-Larven höchst wahrscheinlich als Erzeuger der Mißbildung erscheinen. Pilz- oder Milben-Produkt ist die Deformation sicher nicht. Ich habe Material meiner Ber¬ liner Funde seiner Zeit Herrn Professor Magnus in Berlin und Herrn Professor Thomas in Ohrdruf zur Untersuchung über¬ geben. Weder von mir noch von den beiden genannten Herren konnten Milben oder Pilze nach¬ gewiesen werden. Neu. 111. Taxus baccata L. 231. Oli(j otrophus taxi Inchb. Triebspitzen-Deformation (Fig. 18). Die Nadeln bilden an der Zweigspitze eine zierliche Ro¬ sette. Die Nadeln der jungen Galle bilden einen länglichen Fig. 19. Oligotrophus taxi Inchb. 18/i der nat. Grösse. Verursacht an Taxus baccata L. Gallenbildungen (Fig. 18). Cisbusch, in clor Tucheier Heide. Kn t r n i . Aus dem XIX. Verwaltungsbericht des Westpreuss. Provinzial n°Pf- Im Laufe der weiteren Museums für «98. Entwickelung biegen sich die Nadeln dann mehr nach Krümmung auseinander, die äußeren mit starker unten, wodurch dann die eigentliche Rosettenform entsteht. Die Galle war bisher nur aus England und dem Alpengebiet bekannt1). Als mir bei meinem Aufenthalt in Danzig (Juni 1896) Herr Professor ]) Seitdem hat Herr Professor Dr. Conwentz die Galle mehrfach an Herbarmaterial aus Schlesien, Hannover, Schweden etc. beobachtet. (Anm. d. Red.) Dr. Conwentz mittheilte, daß in der Tucheier Heide urwüchsiger Eiben¬ bestand sei, wurde natürlich der Wunsch in mir rege, au der erwähnten Stelle der in Rede stehenden Mückengalle nachzuforschen. Der mich zum Cisbusch begleitende Hilfsjäger Hofmann, damals in Brunstplatz stationirt, konnte mich denn auch nach langem vergeblichen Suchen, durch Überreichen der ihm beschriebenen Deformation erfreuen. Alle die damals aufgefundenen Gallen waren jedoch leer, in einigen steckten noch die Puppenhäute, so daß anzunehmen war, daß die Mücken erst vor kurzer Zeit ausgeschlüpft sein konnten. Im folgenden Jahre begann ich daher meine Excursion durch die Tucheier Heide von der umgekehrten Seite und besuchte den Cisbusch in Begleitung des Hilfsjägers Glich bereits im Mai. Die nun aufge¬ fundenen Gallen waren meist noch mit den ausgereiften Puppen besetzt, aus denen ich dann die Mücke (Fig. 19) in einigen Exemplaren zu ziehen vermochte. Vielleicht ist die Deformation im Cisbusch viel häufiger, wie es scheint. Bei den ziemlich hochstämmigen Eiben kann man jedoch nur diejenigen Zweige untersuchen, die mit der Hand zu erreichen sind, und die Mücke bevorzugt möglicherweise die mehr nach oben strebenden, freieren Zweige, die dem Lichte mehr ausgesetzt sind. Ich habe nur einen Zweig angetroffen, der ziemlich reichlich mit Gallen besetzt war und denselben hier abgebildet (Fig. 18), ebenso die weibliche Mücke (Fig. 19). Neu für Westpreußen. 112. Thymus Serpylluni L. 232. Phytoptus Thomasi Nal. Weißfilzige Deformation der Triebspitze. 113. Tilia parvifofia Ehrh. 233. Phytoptus tetratrichus Nal. Schmale Blattrandrollung (Legnon crispuni). 234. Phytoptus tiliae Nal. Nagelgallen ( Ceratoneon extensum). 235. Phytoptus tiliae leiosoma Nal. Blattfilz ( Fhyllerium tiliaceum). Neu für Westpreußen. 236. Oligotrophus Reaumurianus Fr. Lw. Filzige, später ausfallende Blatt¬ gallen. 237. Cecidomyidengalle. Kleine, entfärbte Blattausstülpungen, nach oben. Neu für Westpreußen. 23 8. Dichelomyia tiliamv olv ens RüßS. Knorplige Blattrandrollung. 114. Trifolium arvense L. 239. Dichelomyia trifolii Fr. Lw. Blättchen nach oben zusammengelegt. Wohl nicht von Briscpike (vergl. a. a. 0. Seite 186) erwähnt. Neu für Westpreußen. 115. Turritis glabra L. 240. Aphis spec. Blüten vergrünt und der ganze Blütenstand deformirt. Adlershorst, Kr. Schweiz. Neu für Westpreußen, 135 116. TJlmus campestris L. 241. Phytopius ulmi Nal. Kleine Blattgalien. Neu für Westpreußen. 242. Schizoneura ulmi L. Gelbweiß entfärbte, große, lockere Blattrollen. 243. Schizoneura compressa Koch. Platte, kaknenkammartige Blattgalien. Neu für Westpreußen. 244. Tetraneura ulmi L. Beutelförmige Blattgallen. 245. Cecidomyidengalle. Blattparenckymgallen. Zatocken. Neu für West¬ preußen. 117. Urtica dioica L. 24 Dichelomyia urticae Perms. Blattgallen. 118. Vaccinium Myrtillus L. 247. Dichelomyia vaccinii Rübs. Deformation der Triebspitze. Neu für W estpi eußen. 248. Diplosis vaccinii Kffr. Blattrandrollung. Neu für Westpreußen. 119. Veronica Anagallis L. 249. Gymnetron villosulum Schoenii. Stark angesckwollene Blüten. Auf dem Faulen See bei Blondzmin. 120. Veronica Chamaedrys L. 250. Dichelomyia veronicae Vallot. Blättertascken an der Triebspitze. 251. Thrips spec. (?) Rotkbeulig aufgetriebene Blätter. Ick kabe an diesen Deformationen nur Thrips- Larven beobacktet. Die Deformation rnackt aber ganz den Eindruck einer Apkidengalle, und Herr Professor Dr. Fr. Thomas, dem ich ein Exemplar davon einsandte, ist auch geneigt, sie dafür zu halten. Ick kabe an den deformirten Pflanzen indessen von Apkiden keine Spur, wohl aber in ziemlicher Anzahl Thrips beobachtet. Chirkowa, 6. Juni 1897. Neu. 121. Veronica offtcinalis L. 252. Dichelomyia veronicae Nal. Wenig auffallende Deformation der Trieb¬ spitze. Neu für Westpreußen. 253. Phytoptus anceps Nal., Blütenvergrünung. Neu für Westpreußen. 122. Veronica scutellata L. 254. Dichelomyia similis Fr. Lw. Deformation der Blüten und der Trieb¬ spitze. Neu für Westpreußen. 123. Viburnutn Opulus L. 255. Aphis viburni Scop. Zurückgekrümmte Blätter. Neu für Westpreußen. 124. Vicia Cracca L. 256. Dichelomyia viciae Kffr. Blättchen külsenartig zusammengelegt. Neu für West preußen. 57 125. Vicia sepium L. 257 . Dichelomyia viciae Kffr. Deformation wie bei No. 256. Neu für Westpreußen. 126. Vicia villosa Rtii. 258 . Phyllocoptes retiolatus Nal. Blättchen gefaltet und gedreht. Neu für Westpreußen. 127. Viola canina L. ' 259. Dichelomyia violae Fr. Lw. (D. affinis Kffr.). Blätter am Bande knorpelig gerollt, die Rollen oft röthlich oder schwach violett gefärbt. Neu für Westpreußen. Es war meine Absicht, unter Zuhilfenahme der im Provinzial-Museum zu Danzig sich befindenden Gallensammlung Brischke’s das vorstehende Gallen- verzeichniß auf ganz Westpreußen auszudehnen. Der Director des genannten Museums, Herr Professor Dr. Conwentz, stellte mir daher die ganze Brischke’scIio Sammlung bereitwilligst zur Verfügung. Leider ergab eine Durchsicht dieser Sammlung, daß mein Plan nicht ausführbar war. Denn keiue einzige der Gallen aus der BRTSCHKE’schen Sammlung ist mit einer Angabe über den Fundort versehen, so daß es zweifelhaft bleibt, ob dieselben alle in Westpreußen gesammelt wurden. Bei vielen dieser Cecidien läßt es sich fast mit Bestimmtheit annehmen, daß sie nicht westpreußischen Ursprunges sind, so z. B. bei vielen Cynipidengallen. Auffallend ist eine Deformation an Artemisia campestrish., welche Brisciikf. als die Galle der CecicJomyia ( Rhopalomyia ) artemisiae Bouche bezeichnet hat, die von dieser Deformation aber ganz verschieden ist. Die BRisCHKE’sche Deformation gleicht genau der Galle, welche ich in meiner Arbeit über russische Zoocecidien aus dem Gouvernement Ufa, bei Makorowo und am Berge Tura-tau, (vergl. Bulletin de la Socibte Impbriale des Naturalistes de Moscou, 1895, No. 3, Seite 40, unter No. 57 und 58) beschrieben habe. Ihr Vorkommen bei Danzig würde sehr merkwürdig sein. Von den in seiner schon weiter oben angeführten Arbeit über Gallen [C. G. A. Brischke: Die Pflanzen-Deformationen (Gallen) und ihre Erzeuger in Danzigs Umgebung1)] aufgezählten Mißbildungen fehlen in der erwähnten Sammlung 60 Arten. Auf Grund des noch vorhandenen Materials bin ich in der Lage, die BRiscriKE’sche Arbeit in einigen Punkten zu ergänzen bezw. richtig zu stellen. Ich folge hier der BRLSCiiKE’schen Anordnung, unter Nennung der Seiten¬ zahlen seiner schon erwähnten Arbeit. 0 Bericht über die vierte Versammlung' des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Elbing, am 7. Juni 1881, Seite 1(19 — 176. — Schriften der Naturforschenden Ge¬ sellschaft in Danzig. N. F. Band V, Heft 3. Danzig 1882, Seite 185 — 192. 137 Seite 185. Sisymbrium Sophia L. Die Deformation wird nicht von Cecidomyia sisymbrii Schrk., sondern von Diplosis ruderalis Kffr, erzeugt. Seite 186. Raphanus sativus L. Die deformirten Schoten und Blüten werden nicht von Phytoptus , sondern von einer Gailmücke, Dichelomyia brassicae Wtz. (= Dasyneura raphanistri Kffr.) erzeugt. Seite 186. Tilia. No. 1. Galle von Diplosis tiliarum Kffr. — No. 2. Galle von Diplosis tiliarum Kffr. — No. 3. Galle von Oligotrophus Reau- murianus Fr. Lw. — No. 4. Galle von Dichelomyia tiliamvolvens Rübs. — No. 5. Galle von Phytoptus tiliae Nal. — No. 6. Galle von Phytoptus tetratrichus Nal. (Legnon crispum). ■ — - No. 2 — 6 fehlen in der Sammlung. Seite 186. Trifolium pratenseh. Es ist sehr zweifelhaft, sogar unwahrscheinlich, daß sich diese Mittheilung auf Dichelomyia trifolii Fr. Lw. bezieht. Seite 186. Vicia Cracca L., V. cassubica L., V. silvatica L. Die Deformation fehlt in der Sammlung. Kieffer giebt als Erzeuger dieser Blütendeformationen Diplosis craccae Kffr. an. Seite 186. Prunus Padus L., Galle von Phytoptus padi Nal. Die FWmws-Gallen fehlen alle in der Sammlung. Seite 187. Potentilla argentea L. Deformirte Blüten. Dichelomyia potentillae Wachtl. Seite 187. Tormentilla erecta L. Die Stengelgallen werden von einer Gailwespe Xestophanes J) brevitarsis Thoms. erzeugt. Seite 187. Crataegus Oxyacantha L. No. 2. Die rothbeuligen Blätter werden von Aphis oxyacanthae Koch erzeugt. — No. 3 ist ein Mycocecidium. Seite 187. Ribes rubrum L. Die Galle fehlt in der Sammlung, ist aber jedenfalls das Produkt von Myzus ribis L. und keine Mückengalle. Seite 187. Galium Mollugo L. No. 1. Quirlgallen von Phytoptus galiobius Can. — No. 2. Wahrscheinlich die Galle von Schizomyia galiorum Kffr. — No. 3. Jedenfalls die Galle von Dicheloinyia galii H. Lw. — Die Deformationen -fehlen in der Sammlung. Seite 188. Artemisia campestris L. Über die der Cecidomyia artemisiae Bche. zugeschriebene Galle habe ich schon vorher Mittheilung gemacht. Die anderen Artemisia- Gallen fehlen in der Sammlung. Seite 188. Tanacetum vulgare L. Galle von Rhopalomyia tanaceticola Karscii, Seite 188. Taraxacum officinale Web. Flache Blasengallen von Cystiphora taraxaci Kffr. Seite 188. Campanula rotundifolia L., Blattachselständige Gallen von Dichelomyia trachelii Wachtl. Seite 188. Fraxinus excelsior L. Die Blattrippengallen werden nicht von Diplosis botularia Wtz. (Brischke schreibt unrichtig betul aria ), sondern von Dichelomyia fraxini Kffr, erzeugt. Seite 188. Scrophularia nodosa L. Die angeblichen Wurzelgallen sind wohl keine Gallen. In der Sammlung nicht vorhanden. 1) Die Gattung' heisst Xestophanes , nicht Xenophanes wie Rrischke bei Potentilla angiebt. 59 138 Seite 188. Thymus Serpyllum L. Behaarte Triebspitzendeformation von Phytoptus Thomcisi Nal. Seite 189. Euphorbia Esula L, Fruchtgallen. Wohl das Produkt von Dichelomyia Löwii Mik. Seite 189. Fctgus silcatica L. Nr. 1. Galle von Oligotrophus fagi Htg. — Nr. 2. Galle von Oligotrophus annulipes Htg. (0. piligerus EL Lw). — No. 5 wird wahrscheinlich die Galle von Phytoptus stenaspis Nal. sein. — Die Gallen fehlen alle mit Ausnahme von No. 2. Seite 190. Quercus. Bei den Cynipiden sind jetzt fast durchweg andere Gattungsnamen im Gebrauch, als die von Brischke angeführten. — No. 31. Galle von Diplosis clryobia Fr. Lw. — No. 32. Galle von Diplosis volvens Kfer. Seite 190. Corylus Avellana L. No. 1. Deformirte Kätzchen, Diplosis corylina Fr. Lw. — No. 2. Deformirte Knospen, Phytoptus avellanae Nal. Seite 191. Salix. No. 1 ist wohl die Galle von Grapholitha Servilleana Dur. Seite 192. Populus. Von mehreren Salix - und Populus- Gallen bleibt es frag¬ lich, welchem Erzeuger sie angehören, da die betreffenden Gallen in der Sammlung fehlen. — No. 5 möchte keine Phytoptocecidium sein. — No. 6 ist die Galle von Pemphigus spirothecae Pass., und nicht von Pemphigus bursarius L. — Die Galle an der Mittelrippe wird durch Pemphigus marsupialis CouRCH. erzeugt. — No. 10 wird von Dichelomyia populeti Rübs. hervorgebracht. Seite 192. Betula alba L. Braune Blattknötchen ( Cephaloneon betulinum ) von Phytoptus betulae Nal. Seite 192. Carpinus Betulus L. Gekräuselte Blätter; Erzeuger Phytoptus macrotrichus Nal. Seite 192. Ainus. Beide Gallen fehlen. Es sind wahrscheinlich Milbengallen; sie haben aber nicht die von Brischke angeführten Erzeuger, sondern Nr. 1 wird wahrscheinlich hervorgebracht durch Phytoptus laevis Nal. im Cephaloneon pustulatum Br., während zu No. 2, Ausstülpung der Nervenwinkel mit Erineum axillare Schlecht., als Erzeuger Phytoptus Nalepai Focken gehört. Seite 192. Pinus silvestris L. Die von Retinia resinella erzeugten Harzbeulen sind keine Gallen. Seite 192. Pteris aquilina L. Umgeschlagene Ränder zwischen den Wedel¬ liedern. Die Deformation fehlt in der Sammlung, vielleicht hat Brischke die Galle von Dichelomyia filicina Kffr. Vorgelegen; doch kommt an der¬ selben Pflanze auch noch eine ähnliche Deformation vor, deren Erzeuger bisher nicht bekannt geworden ist. (*0 139 Von Herrn Professor Dr. P. Magnus wurden mir außerdem noch einige Gallen übergeben, die Herr Rittergutsbesitzer A. Treichel auf Hoch Paleschken gesammelt hatte. Unter diesen Cecidien sind zwei recht interessant0, nämlich des Erineum an Geranium sanguineum L. und die Galle von Rhodites centifoliae Htg. auf Rosa centifolia L. Jch gebe nachfolgend ein Verzeichniß der von Herrn A. Treichel gesammelten Gallen. I. Phytoptocecidien. 1. Geranium sanguineum L., Erineum. Schloß Kischau, Kr. Bereut. VI. 1889. 2. Tilia parvifolia Ehrii. Phyllerium nervale. Phytoptus tiliae leiosoma Nal. Westerplatte bei Danzig. VI. 1877. 3. Acer platanoides L., Erineum. Pliytöptus macrochelus Nal. 4. Veronica officinalis L., Blütenvergrünung. Phytoptus anceps Nal. Hoch Paleschken. 5. Geum rivale L., Phyllerium gei. Phytoptus nudus Nal. Hoch Paleschken. 6. Perus communis L , Pocken. Phytoptus piri Nal. Alt Kischau. 7. Prunus domestica L., Geratoneon hypocrateriforme. Phytoptus laevis Nal. Alt Kischau. 8. Ainus glutinosa Gärtn., Cephaloneon pustulatum. Phytoptus laevis Nal. Hoch Paleschken. 9. Vicia hirsuta Koch, gedrehte Blättchen. Phyllocoptes retiolatus Nal. Hoch Paleschken. II. Aphidocecidien. 10. Quercus pedunculata Ehrii., weißgelbe Blattllecke. Phylloxera coccinea v. Heyd. Hoch Paleschken. 11. Rihcs rubrum L., rothbeulige Blätter. Mysus ribis L.. Hoch Paleschken. III. Dipterocecidien. 12. Viola spec. Dichelomyia violae Fr. Lw. Hoch Paleschken. 13. Galium boreale L., Stengelgallen. Dichelomyia galii H. Lw. Hoch Paleschken. IV. Hymenopterocecidien. 14. Gleclioma hederacea L., saftige Blattgallen. Aulax glechomae Htg. 15. Rosa canina L. Rhodites rosae Htg. Alt Paleschken und Ostsee-Strand bei Koliebken. 16. Rosa centifolia L. Rhodites centifoliae IItg. Hoch Paleschken. 17. Salix repens L. Nematus gallärum L. Hoch Paleschken. 61 140 IV. Aphidae und Coccidae. Bestimmt von Bw. H. RüßSAAMEN-Berlin. Aphidae1). I. Aphidinae. 1. Gattung Aphis L. (1) 1. (2) 2. (3) 3. (4) 4. (5) 5. (6) 6. (7) 7. (8) 8. (9) 9. (10) 10. (U) 11. (12) 12. (13) 13. (14) 14. (15) 15. (16) 16. (H) 17. (18) 18. (19) 19. (20) 20. (21) 21. (22) 22. (23) 23. (24) 24. (25) 25. (26) 1. (27) 2. Aphis anthrisci Kalt. Auf Anthriscus silvestris Hoffm. — atriplicis L. JDeformirte Blätter auf Chenopodium album L. — brassicae L. Auf Brassica oleracea L. — bicolor Koch. Deformirter Blutenstand auf Galium verum L. — cardui L. Auf Cirsium arvense Scop. — cerastii Kalt. Deformation des Blutenstandes von Cerastium triviale Lk. - — chloris Koch. Auf Hypericum perforatum L. — craccae L. Auf Vitia Cracca L. — dauci Fabr. Auf Daucus Carota L. — evonymi Fabr. Deformirte Blätter auf Evonymus europaea L. — epilobii Kalt. Auf Epilobium montanum L. — frangulae Kalt. Auf Rhamnus Frangula L. — grossulariae Kalt. Auf Ribes Grossularia L. — hieracii Kalt. Blattrollen auf Hieracium murorum L. — nepetae Kalt. Auf CUnopoclium vulgare L. — papaveris Fabr. Auf Chenopodium album L. - — pimpinellae Kalt. Auf Pimpinella Saxifraga L. — - pruni Fabr. Auf Prunus spinosa L. — rumicis L. Auf Rumex obtusifolius L. — scabiosae Schrk. Auf Scabiosa arvensis L. — sedi Kalt. Auf Sedum acre L. — sorbi Kalt. Auf Sorbus aucuparia L. — thalictri Koch. Auf Thalictrum aquilegiaefolium L. — tragopogonis Kalt. Auf Tragopogon pratensis L. — viburni Scop. Auf Viburum Opulus L. ‘2. Gattung Myzocallis Pass. Myzocallis coryli Goetze. Auf Corylus Avellana L. — quercus Kalt. Auf Quercus peclunculata Eiirh. x) In dieses Verzeiclmiß sind auch diejenigen Aphiden aufgenommen, von denen nur die Gallen gefunden wurden. 62 141 (28) 1. (29) 2. (30) 3. (31) 4. (32) 1. (33) 1. (34) 2. (35) 1 . (36) 2. (37) 3. (38) 4. (39) 5. (40) 6. (41) 7. (42) 8. (43) 9. (44) 10. (45) 11. (46) 12. (47) 1. (48) 1. (49) 1. (50) 1. (51) 2. (52) 1. (53) 1 . 3. Gattung Myzus Pass. Myzus cerasi Fabr. Auf Prunus Cerasus L. — lychnidis L. Auf Silene inflata Sm. — oxyacanthae Schrk. Auf Crataegus Oxyacantha L. • — ribis L. Auf Ribes rubrum L. 4. Gattung Hycdopterns Koch. IJyalopterus arundinis Fabr. Auf Arundo Phragmites L. 5. Gattung JRhopcdosiplium Koch. Rhopalosiphum alismae L. Auf Alisma Plantago L. — ( Siphocoryne ) xylostei Schrk. Auf Lonicera Xylosteum L. 0. Gattung Nectavoph ora Pass. (= Siphonophora Koch.) Nectaroplicra campanulae Kalt. Auf Campanula rotundifolia L. — cerealis Kalt. Auf Arena sativa\i. und Secale cereale L. - — - hieracii Kalt. Auf Hieracium murorum L. — jaceae Kalt Auf Centaurea Jacea L. — pisi Kalt. Auf Lathyrus silvestris L. — rosae L. Auf Rosa canina L. — rubi Kalt. Auf Rubus fruticosus L. und R. ldaeus L. solani Kalt. Auf Solanum Dulcamara L. — solidaginis Fabr. Auf Solidago Virga aurea L. — tanacetaria Kalt. Auf Tanacetum vulgare L. — tanaceticola Kalt. Auf Tanacetum vulgare L. — ulmariae Schrk. Auf Spiraea Ulmaria L. 7. Gattung Drepanosiphimi Koch. Drepanosiphum aceris Koch. Auf Acer platanoides L. 8. Gattung Pterocallis Pass. Pterocallis tiliae Koch. Auf Tilia parvifolia Eiirfi. 9. Gattung Siphocoryne Pass. Siphocoryne capreaeF abr. Auf Beracleum Sphondylium L. und Aegopodium Podagraria L. 10. Gattung Chaetophorus Koch. Chaetophorvs capreae Koch. Auf Salix Caprea L. — saliceti Kalt. Auf Salix alba L. 11. Gattung Megoura Bückt. Megoura viciae Fabr. Auf Vicia Cracca L. 12. Gattung Phorodon Pass. Phorodon carduinum Pass. Auf Cirsium arvense Scop. 63 142 13. Gattung Melanoxanthus Buckt. (54) 1. Melanoxanthus salicis L. Auf Populus tremula L. 14. Gattung Cryptosiphum Buckt. (55) 1. Cryptosiphum gallarum Kalt. Auf Artemisia vulgaris L. II. Lachninae. 15. Gattung Sipha Pass. 1. Sipha maidis Pass. Auf Holcus lanatus L. 16. Gattung Lachnus Illiger. 1. Lachnus quercus L. Auf Quercus pedunculata Ehrii. 17. Gattung Callipterus Koch. 1. Callipterus ohlongus v. IIeyd. Auf Betula alba L. 2. — betularia Kalt. Auf Betula alba L. III. Pemphiginae. IS. Gattung Schizoneura Htg. (60) 1. Schizoneura venusta Pass. Auf Dactylis glomerata L. (61) 2. — compressa Koch. Blattgallen auf TJlmus campestris L. (62) 3. — ulmi L. Blattrollen auf TJlmus campestris L. 19. Gattung Tetraneura Htg. (63) 1. Tetraneura ulmi Geer. Blattgallen auf Ulmus campestris L. 20. Gattung Pemphigus IItg. (64) 1. Pemphigus spirothecae Pass. Gedrehte Blattstielgallen auf Populus nigra L. IV. Chermesinae. 21. Gattung Chermes L. (65) 1. Chermes ( Adelges ) strobilobius Kalt. Kleine Zweiggallen auf Picea excelsa Lk. (66) 2. — abietis L. Größere Zweiggallen auf Picea excelsa Lk. (67) 3. — laricis Htg. Gekrümmte Nadeln auf Larix decidua Mill. 22. Gattung Phylloxera B. D. F. (68) 1. Phylloxera coccinea v. IIeyd. Auf Quercus pedunculata Ei-irii. und Quercus sessilißora Sm. 23. Gattung Glypliina Koch. (69) 1. Glypliina betulae Kalt. Auf Betula alba L. (56) (57) (58) (59) G4 143 COCCIDAE. 1. Pulvinaria tremulae Sign. Auf Populus tremula L. 2. — betulae L. Auf Betula alba L. 3. — Carpini L. Auf Carpinus Betulus L. 4. - — - prunastri (?) B. D. F. Auf Prunus spinosa L. 5. — spec. Auf Ainus glutinosä Gaertn. 6. Asterolecanium quercicola Bouche. Auf Quercus pedunculata Ehrh. 7. Leucaspis pini Htg. Auf Pinus silvestris L. 8. Chionaspis alni. Auf Ainus glutinosä Gaertn. 9. • — populi Baerenspr Auf Populus tremula L. 10. — vaccinii Bouche. Auf Vaccinium Myrtillus L. 11. Eriopeltis festucae Sign. Auf Brachypoclium silvaticum R. et. Sch. 12. Orthezia urticae Bijrm. Auf Urtica dioica L. V. Lepidoptera. Bestimmt von Fr. Thurau -Berlin. I. Rhopalocera. (18) 18. Argynnis selene Schiff. (1) i. Papilio machaon L. (R.)1) (19) 19. — euphrosyne L. (2) 2. Aporia crataegi L. (R.) (20) 20. — ino Esp. (R.) (3) 3. Pieris brassicae L. (21) 21. — paphia L. (4) 4. — rapae L. (22) 22. Mel anarg na galathea L. (5) 5. Leucophasia sinapis L. (23) 23. Pararge maera L. (6) 6. Colias hyale L. (24) 24. — megaera L. (?) 7. Rhodocera rhamni L. (25) 25. Epinephele janira L. (8) 8. Thecla ilicis Esu. (26) 26. — hyperanthus L. (9) 9. — rubi L. (27) 27. Coenonympha arcania L. (10) 10. Polyommatus phlaeas L. (28) 28. • — pamphilus L. (11) 11. Lycaena semiargus Rott. (29) 29. Syrichthus carthami Hb. (12) 12. — icarus Rott. (30) 30. — alveus Hb. (13) 13. Apatura iris L. (31) 31. — malvae L. (14) 14 Limenitis sibylla L. (R.) (32) 32. — malvae L. var. taras (15) 15. Vanessa G.-album L, (R.) Meig. (16) 16. - — urticae L. (17) 17. Melitaea athalia Rott. (33) 33. Hesperia thaumas Hufn. (34) 34. — sylvanus Esu. 0 tR.) bedeutet, daß von der betreffenden Art nur die Raupe gefunden wurde. r,5 144 II. Heterocera. /. Sphim/es. (45) 1. Sphinx pinastri L. (R.) (36) 2. Smerinthus tiliae L (R.) (37) 3. — ocellata L. (38) 4. Macroglossa stellatarum L. (39) 5. Sesia spheciformis Germ. (40) 6. Ino statices L. (41) 7. Zygaena pilosellae Esp. (42) 8. — scabiosae Scheven. (43) 9. — Irifolii Esp. (R.) (44) 10. — lonicerae Esp. (R.) (45) 11. — filipendulae L. Bombyees. (46) 1. Earias clorana L. (47) 2. Hylophila prasinana L, (48) 3. Euchelia jacobaeae L. (49) 4. Callimorpha liera L. (50) 5. Arctia caja L. (R.) (51) 6. Spilosoma fuliginosa L. (R.) (52) 7. — lubricipeda Esp. (53) 8. Psyche unicolor Hufn. (54) 9. Orgyia gonostigma F. (R.) (55) 10. Porthesia chrysorrhoea L. (R.) (56) 11. — similis Fuessl. (R.) (57) 12. Psilura monachci L. (58) 13. Ocneria dispar L. (R.) (59) 14. Bombyx neustria L. (R.) (60) 15. — quercus L. (R.) (61) 16. — rubi L. (R.) (62) 17. Lasiocampa potatoria L. (R.) (63) 18. Drepana lacertinaria L. (R.) (64) 19. Harpyia vinula L. (65) 20. Notoclonta dromedarius L. (R.) (66) (07) (68) (69) (70) (71) (72) 3. Noctuae. 1. Biloba caeruleocephala L. (R.) 2. Demas coryli L. 3. Acronycta leporina L. (R.) 4. — aceris L. (R.) 5. — tridens Schiff. (R.) 6. — euphorbiae F. (R.) 7. — rumicis L. <56 (73) 8. Agrotis rubi ViEW.(6ß/ZaBKTi.) (74) 9. — simulans Hufn. (75) 10. — 1 plecta L. (76) 11. — segetum Schiff. (77) 12. Mamestra thalassina Rott. (78) 13. — pisi L. (R.) (79) 14. — trifolii Rott. (80) 15. Dypterygia scabriuscula L. (81) 16. Taeniocampa gothica L. (R.) (82) 17. — miniosa F. (R.) (83) 18. — stabilis View. (R.) (84) 19. — pulverulenta Esp. (R.) (85) 20. Orthosia helvola L. (R.) (86) 21. Calocampa vetusta Hb. (87) 22. Calophasia lunula Hufn. (88) 23, Cucullia tanaceti Schiff. (R.) (89) 24. Euciidia mi Cu. (90) 25. — glyphica L. (91) 26. Toxocampa viciae Hb. (92) 27. Herminia tentacularia L. (93) (94) (95) (96) (97) (98) (99) (100) (101) (102) (103) (104) (105) (106) (107) (108) (109) (HO) (111) 4. Geometrae. 1. Geometra papilionaria L. (R.) 2. Jodis putata L. 3. Acidalia remutaria Hb. 4. Timandra amcita L. 5. Caberci pusaria L. 6. Eurymene dolabraria L. 7. Selenia bilunaria Esp. var. juliaria Hw. 8. Hybernia defoliaria Cu. (R.) 9. Anisopteryx aceraria Schiff. (R.) 10. Phigalia pedaria F. (R.) 11. Diston hirtarius Cl. (R.) 12. Boarmia repandata L. 13. — lichenaria Hufn. (R.) 14. Ematurga atomaria L. 15. Phasiane clathrata L. 16. Eubolia murinaria F. var. cineraria Dup. 17. Ortholitha plumbaria F. 18. Cidaria sociata Bkii. 19. Eupithecia succenturiata L. 145 III. Microlepidoptera. u. a. m. (112) 1. Asopia farinalis Li (113) 2. Botys purpuralis L. (114) 3. Botys hyalinalis Hb. (115) 4. Diasemia litterata Scop. (116) 5. Eydrocampa nymphaeata L. (117) 6. Aphomia sociello L. (118) 7. Aciptilia pentadactyla L. VI. Orthoptera, Odonata und Rhynchota. (Ausser Aphidae und Coccklae). Bestimmt von Dr. Th. KunLGATZ-Berlin. Orthoptera. Blattodea. Locustodea. Ectobidae. JP/ianeropteridae. (1) 1. Ectobia lapponica (L.) (14) 1. Leptophyes albovittaia (2) 9 Li . ■ — - livida (P.) (Kollar). Acridiodea. Meconemidae. Tryxalidae. (15) 1 . Meconema varium (F.) (3) 1. Stenobothrus biguttulus (L.) [orvalis Burm.] Conoceph(didae. (4) 2. viridulus (L.) (16) 1. Xiphidium, dorsale (Latr.) (3) 3. — parallelus(7i^TT.) [ pratorum Fieb.] Locustidae. (6) 4. — dorsatus (Zett.) (17) 1. Locusta viridissima L. 0) 5. — biguttidus (L.) [yariabilis (Fieb.)] Decticidae. (8) 6. MecostetJius grossus (L.) (18) 1. Drymadusa grisea Brunner (») 7. Gomphocerusmaculatus Th u n b . Oedipodidcie. Gryllodea. (10) (H) -< 1 , 2. Psophus stridulus (L.) Oedipoda coendescens (L.) (19) Gryllidae. 1. Gryllus campestris L. Tettigidae. 02) 1. Tettix subulatus (L.) Gvyllotalpidae. (13) 2. — bipunctatus (L.) (20) 1. Gryllotalpa mdgaris Latr. 10 146 Odonata. Libellulidae. Libelluninae. (1) 1. Leucorhiniapectoralis( Charp.) (2) 2 .Leptetrum quadrimaculatumfL.) (3) 3. — fulvum (Müll.) (4) 4. Libellvla depressa (L.) (5) 5 . Sympetrum sanguin eum( M ü ll.) 6. 7. 8. 9. (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) - — - vulgatum (L.) — scoticum (Don.) — ßaveolum (L.) Orthetrum cctncellatum (L.) Corduliinae. 1. Cordulia aenea (L.) Somatochlora metallica( Lind.) — flavomaculcita (Lind.) (13) 4. Epitheca bimaculata (Ciiarp.) Aeschnidae. Gomphinae. (14) 1. Lindenia forcipata (L.) 2. 3. (15) 1. (16) 2. (17) 1. (18) 2. (19) 1. (20) 2. (21) O O. (22) 4. (23) 5. (24) 6. (25) 7. (26) 8. (27) 9. (28) 10. Aesqhninae. Aeschna grandis (L.) — cyanea (Müll.) Agrionidae. Agrioninae . Agrion virgo (L.) var. vesta Charp. splendens (Harr.) * Coenagrionincie. Lestes nymplici Selys. — sponsa (Hansem.) Erytliromma najas (Hansem.) Platicnemis pennipes (Pall ) Coenagrion pulchellum (Lind.) — hastulatum( Ciiarp.) scitulum (Ramb.) Micronymphct elegcins (Lind.) Neliallenia speciosa (Charp.) En all ag ma cya th igerum (Ciiarp.) Rhynchota. A, Hemiptera-Honioptera. Membracidae. (1) 1. Centrotus cornutus (L.) Fulgoridae. JEulgorini. (2) 1. Oliarius leporinus (L.) Delphacini. (3) 1. Conomelus limbatas (F.) [pal- liata Boiiem.] Cercopidae. (4) 1. Philaenus lineaius (L.) (5) 2. ((>) 3. (7) 4. exclamationis (Thunb.) spumarius (L.) — var. \_Aphro- phora bifas- riata(GFMU.)] (9) 6. (8) 5. Philaenus spumarius var. latera¬ lis L. [Ptyelics xanthoeepha- lus Sciirk. var. lateralis L. F.] — var. margi- nellus F. | Pty- ehcs margi - nella (P.)] — var. fasciatus F. [ Ptyelus fasciatus (F.)] — var. leucoce- plialus L. | Ptyelus leuco- cephala (F.)] (10) 7. (11) 8 G8 147 Jassidae. Tettiyonini. (12) 1. Euacanthu s interruptus (L.) (13) 2. Tettigonia viridis (L.) Acocephalini. (14) 1. Acocephalus striatus (F.) [ Aco - cephalus rusticus (F.)] Jassini. (15) 1. Deltocephalus abdominalis (F.) (16) 2. — maculiceps Boiiem. (17) 3. Thamnotettix sulphurellus (Zett.) [ Typhlocyba virescens (Fall.)] (18) 4. AUygus mixtus (F.) mixtus Germ.] ThypMoc ylrini. (19) 1. Eupteryx aurata (L.) \Thyphlo- cyba picta F.] (20) (21) B. Psyllidae. Psyllidae. 1. Psylla saliceti Forst. 2. Arytaena ßavipennis (Fürst.) (22) 3. Livia juncorum Late. (23) 4. Trioza aegopodii Fr. L\v. (24) 5. — remoia Fürst. G. Hemiptera-Heteroptem. Pentatomidae. Scutellerida e. (25) 1. Eurygastcr maurus (L ) Graphosomidae. (26) 1. Graphosoma lineata (L.) Peritat o 1 1 iklae. (27) 1. Palomenci prasina (L.) [Cimex dissimilis F.] (28) 2. Pentatoma juniperina (L.) (29) 3. Carpocoris nigricornis (F.) (30) 4. — varius (F.) '[Penta¬ toma eryngii G erm .] (31) 5. Dolycoris baccarum (L.) (32) 6. Aelia acuminata (L.) — var. 1. (33) 7. — — var. 2. (34) 8. — — var. 3. (35) 9. Eysarcoris aeneus (Scop.) (36) 10. Evrydema festiva (L.) (37) 1 1. — oleracea (L.) (38) 12. — ornata (L.) (39) 13. Tropicoris rujipes (L ) Asopidae. (40) 1. Zicrona coerulea (L.) (41) 2. Arma custos (F.) Acanth oson lidae. (42) 1 .Acanthosoma haemorrhoidal e( I j .) (43) 2. - dentata(GEmi)[hac- matogaster Schrk.] (44) 3. Elasmostethus griseus (L.) Coreidae. Cen trosceli dae. (45) 1. Syromastes marginatus (L.) (46) 2. Verlusia quaclrata (F.) var. rhombea. L. Cori&idae. (47) 1. i Corizus tigrinus (Schill (48) 2. capitatus (F.) (49) 3. parumpunctatus (Schill.) (50) 4. crassicornis (L.) magnicornis F. [ Rho- pcdus magnicornis F.j 10* 69 148 (51) 5. Myrmus miriformis (Fall.) (52) 6. Terapha hyoscyami (L.) Berytidae. (55) 1. Neides tipularius (L.) Lygaeidae. Byyaeidae. (54) 1. Nysius thymi (Wolff). Cymidae. (55) 1. Cymus glandicolor Hahn. Aphanidae, (56) 1. Aphanus pini L. Byrrhocoridae. (57) 1. Pyrrhocoris apterus (L.) Tingidae. Tingidae. (58) 1. Orthostira nigrina (Fall.) (59) 2. Monanthia wolffi Fieb. Hydrometridae. Gerridae. (60) 1. Gerris rufoscutellata Latr. (61) 2. — lacustris (L.) Velidae. (62) 1. Velia rivulorum (F.) Eeduvidae. Acanthaspidae , (63) 1. Reduvius personatus (L.) Hctrpa ctoridae. (64) 1. ffarpactor annulatus (L.) Ncibidae. (65) 1 . Nabis ferus (L.) (66) 2. — vagans (F.) Saldidae. Saldidae. (67) 1. Saida pallipes (F.) Nepidae. (68) 1. Nepa cinerea L. Naucoridae. (69) 1. Naucoris cimicoides (L.) ' Corixidae. (70) 1. Corixa sahlbergi Fieb. (71) 2. — se?nistriata Fieb. (72) 3. — linnei Fieb. Notonectidae. (73) 1. Notonecta glauca L. (Larvae.) Capsidae. Miraria , (74) 1. Megaloceraea recticornis (Fourcr.) (75) 2. Notostira erratica (L.) (76) 3. Miris dolobratus (L.) (77) 4. Brachytropis calcarata (Fall.) (78) 5. Trigonotylus ruficornis (Fall.) (79) 6. Stenodema virens (L.) [Lo- bostethusvirens(L .)] (80) 7. — laevigatum (L.) JPhytocoraria. (81) 1. Calocoris ochromelas (Gmel.) [ Calocoris striatellus F.] Capsaria. (82) 1. Lygus pratensis (L.) (83) 2. — campestris (L.) (84) 3. Orthops pastinacae (Fall.) (85) 4. Poeciloscytus unifasciatus (F.) (86) 5. Stenotus binotatus (F.) \_Alloe- otomus binotahis (F.)] Cyllocorarici, (87) 1. llalticus apterus (L.) forma macroptera. (88) 2. — — (L.) forma brachyptera. (89) 3. Labops coriaceus (F.) 70 149 Anlage I». Botanische Notizen XIII. Von A. Treicliel. 1. Blitzschläge an Bäumen VII. Nach Verlauf von vier Jahren berichte ich weiter über das obige Thema Auch diese Jahre waren auffallend arm an Blitztreffern für Bäume. War ich auch mehrere Sommerzeiten hindurch nicht zu Hause auf meinem Beobachter¬ posten, so konnte ich doch später die Zeitungsberichte zu diesem Thema ver¬ folgen. Im Allgemeinen sträube ich mich, aus anderen Ländern und Pro vinzen geflissentlich Angaben hierzu zu verfolgen, nehme aber das in den Kauf, was mir zukommt. Zwei Fälle erledigte ich durch eigene Augenschein¬ nahme, wovon der letztere mich besonders nahe anging. Die Gesammtzahl meiner bis jetzt 100 Beobachtungen vertheilt sich also mit 22 auf Kiefer (incl. 11 Holziagerj, 20 auf Pappel an sich, 15 auf Weide, 14 auf Birke, 7 auf Linde, 4 auf Rothbucke, 4 auf Eiche, je 2 auf Espe (eigentlich also Pappel), Erle und Baum an sich, je 1 auf Kirsche, Wildapfel, Birnbaum, Ahorn, Fichte, Edeltanne, Eberesche und Rosenkranzpappel. Bei den weiteren Treffern kommt ein zweites Storchnest hinzu. Auch jetzt stellen sich bei uns in die erste Reihe des Procentsatzes Kiefer und Pappel, dann Weide und bald auch die Birke. Die Pappel kommt der Kiefer wohl gleich, wenn man ihr die beiden Espen zutheilt, sowie die Populus monilifera Ait. Es folgert aus solchen Procentsätzen, daß die meisten Treffer diejenige Baumart angeben, welche man anpflanzen muß, um die Blitzgefahr von Haus und Hof abzuhalten. Daraus ergiebt sich, daß dies gerade die¬ jenigen sein müssen, unter welchen man sich in Zeiten der Gewitter-Ueber- raschung persönlich nicht flüchten darf, um sich vor dem auf jeden Fall durchnässenden Regen überlegungslos zu schlitzen. Dennoch paßt dieser beachtenswerthe Procentsatz nicht für alle Gegenden, so daß auch andere Gründe mitzusprechen haben. In der Gegend von Heidelberg gelten als Regel des Volksmundes die Verse, welche beide Zwecke verwechselnd vermengen: Von den Eichen mußt Du weichen, Vor den Fichten sollst Du flüchten; Doch die Buchen mußt Du suchen ! 1 150 Andererseits dürften gewisse Bäume mehr als andere blitzableitend wirken, also für Haus und Hof als Blitzableiter gelten, wenn man für einen Bezirk aus dein höchsten Satze der Treffer eine Lehre ziehen will. Daraus mag dann die größere Gefahr für die Bergung der Persönlichkeit selbst folgern. In dem, was ich nachfolgend noch aus einer Abhandlung von H. Pudor in Ä Natur und Haus“ hersetzen will, wäre für manche Fälle (so z. B. für den letzteren) das zu betonen, was er hinsichtlich des dürren Holzes schreibt. H. Pudor meint, der Volksinstinkt habe den Nutzen gewisser Bäume als förmliche Blitzableiter herausgefunden. Das wäre nach meiner Ausführung nach dem Zweck und im Großen auch nach weiten Landflächen zu trennen. Sonst sagt er: „Auch die Sitte, einen Nußbaum ans Thor und eine Linde vors Haus zu pflanzen, scheint hierfür zu sprechen; desgleichen die gute altdeutsche Gewohnheit, daß jedes Dorf seine Dorflinde haben muß. Neuerdings sind interessante wissenschaftliche Versuche bezüglich dieser Fähigkeit der Bäume, die Blitze anzuziehen oder abzulenkcn, gemacht worden. Da hat man auf der einen Seite gefunden, daß alle fett- und ölhaltigen Bäume blitzschützend wirken, wie also eben die Linde, der Nußbaum, durchaus nicht dagegen die Eiche, und auf der anderen Seite, daß ein Baum, je mehr abgestorbenes Holz er trägt, desto mehr den Blitz anzieht. Das Oel, auf das Meer gegossen, vermag die Wellen zu glätten, und das Oel im Baume vermag den Blitz ab¬ zulenken. Man kann deshalb beobachten, daß der Blitz in Lindenhaine weit seltener einschlägt, als in Eichenwälder. Auf der anderen Seite büßen freilich die Linden, wenn sie alt werden und viel dürres Holz haben, jene Fähigkeit mehr und mehr ein und können schließlich sogar blitzanziehend wirken, wie denn solche alten mehrhundertjährigen Linden in der That häufig vom Blitze getroffen werden. In noch höherem Grade als die Linde wirkt der Nußbaum blitzschützend und ist weit einem verrosteten FRANKLiN’schen Blitzableiter vor¬ zuziehen. Man thut also jedenfalls gut, in seinem Hausgarten mehr Linden und Nußbäume, als Ahorn und Eschen und keiuenfalls Eichen anzupflauzeu, und jedes Frühjahr und jeden Herbst alles dürre Holz aus den Bäumen auszuschneiden.“ Es ist aber bei der Betrachtung dieser Sache selbst¬ verständlich, daß man auf Grund des höchsten Procentsatzes der blitzgetroffenen Baumarten nur rathen kann, diese letzteren Baumarten zur Anpflanzung da anzuempfehlen, wo die stellvertretenden Blitzableiter meistens fehlen und wo andererseits auch Raum und Platz für Pflanzung und Wachethum der Baum¬ arten selbst ist, also auf dem freien Lande, um den Einfall des Blitzes von den mehrwerthigen Gebäuden abzulenken. Es ist dies die practische Seite einer solchen Betrachtung, um deinetwillen man ja auch wohl in die Sache selbst sich eingehender vertieft hat. Mit Bezug hierauf hat man in der Umgegend von Moskau neuerlich ebenfalls eine Statistik aufgestellt und gefunden, daß von etwa 507 vom Blitzo getroffenen Bäumen mehr als die Hälfte, nämlich genau 302 Stück, Wei߬ pappeln waren. Daher hat man den Landleuten rathen können, Weißpappeln 3 als natürliche Blitzableiter in Menge anzupflauzen. Die Pyramidenpappeln stehen übrigens seit langer Zeit in demselben Rufe und somit ergeht der gleiche Rath zu gleichem Zwecke für diese letztere Baumart, mit denen man die Gehöfte umgeben soll. Es handelt sich hier um zwei hohe Rager, welche den Blitz deswegen anzielien mögen, wie wir sehen, eine der Vorbedingungen. Ob die betreffende ,, weiße“ Pappel die Silberpappel, Populus alba L., sein kann, weiß ich nicht; für die Pyramidenpappel jedoch, Populus pyramidalis Roz., könnte mit gleichem Rechte die ebenfalls hochwachsende Populus vionili- fera Ait anempfohlen werden, die aus Nordamerika herstammt. Nachstehend gebe ich ein Verzeichniß der seit der letzten (VI.) Zu¬ sammenstellung1) zu meiner Kenntniß gelangten Fälle nach ihrer zeitlichen Reihenfolge. 1882. Mehlken, Kr. Karthaus: Schwarzpappel, am Wege, nahe der Brücke; von oben bis unten aufgespalten; Holz ringsum angesengt; Erde aufge¬ wühlt; Baum ging ein. 1895, Mitte Juli. Jungfer bei Elbing, beim Besitzer Maricks: Einschlag in ein Storchnest auf dem Stalle, so daß dieses und die Scheune ab¬ brannten. 1896. Tees in Ungarn: Der Gatte der Enkelin des österreichischen Kaisers, Erzherzog Josef August, ist dieser Tage mit knapper Noth der Lebens¬ gefahr entronnen. Als er vor einigen Tagen im Walde bei Tees jagte, wurde er plötzlich von einem Wolkenbruch überrascht. Er flüchtete unter eine starke Eiche; doch bald troff auch ihr Laub vom Regen, und der Erzherzog rettete sich unter eine vorspringende Felswand. In diesem Moment schlug der Blitz in die Eiche, die der Erzherzog soeben ver¬ lassen hatte, und spaltete den mächtigen Baum. 1896, 9. Juli. Juckneitschen bei Goldap Ostpr.: starke Weide; vollständig zersplittert. (Neue Westpr. Ztg.). 1897, Ende April. Mehrungen: Der Blitz traf einen freistehenden hohen Weidenbaum und verletzte mehrere unter jenem stehende Arbeiter, wovon der Eine sofort getödtet, zwei Andere gelähmt wurden. 1897, 27. April. Groß Liniewo, Kr. Bereut, Chaussee zwischen Dorf und Bahnhof: Eberesche, neben einem kleineren und einem größeren Baume; Bäume waren noch nicht belaubt ; Einfuhr des Blitzes von der Seite in einen stärkeren Ast; Stamm vielfach zersplittert; Erdaufwiihlung ganz unbemerkt. Überbleibsel später sämmtlich entfernt. (Ref. Ober-Post- Secretär Krüger dort). 1898, 12. Juli. Memel: Bei dem letzten Gewitter sind in Abtheilung II des zur Försterei gehörenden Waldes durch zwei kurz hinter einander erfolgte 9 Bericht über die 19. Wander-Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen A'ereins zu Karthaus, am 26. Mai 1896. Anlage Gr, I. Seite 192 — 195. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band IX, Heft 2. Danzig 1896, Seite 251—254, v 3 152 Blitzschläge nicht weniger als sechs Bäume getroffen worden, die auf einer 500 qm großen Fläche in Abständen von 5 bis 15 Schritt von ein¬ ander stehen und schwächeres, ca. 35 Jahre altes Holz sind. Sie sind, dem „Memeler Dampfboot“ zufolge, durch den Blitz unter Absplitterung von Holztheilen entrindet worden, besonders eine Birke gänzlich; am Fuß der Bäume, wo der Blitz in die Erde ging, ist dieselbe aufgewühlt, als wenn dort mit einem Spaten gegraben wäre. (Neue Westpr. Ztg.). 1898, 9. Dezember. Memel. Dezember-Gewitter bilden unter den in unserer Ge¬ gend wahrnehmbaren Naturerscheinungen gerade keine Abnormität, zumal sie in der Regel bei Weitem nicht in der Stärke aufzutreten pflegen, wie in der warmen Jahreszeit. Anders verhält es sich mit einem Gewitter, welches Donnerstag Nachmittag, nach 1 Uhr, über den nördlichen Theil unseres Kreises zog. Über die Stärke dieses Gewitters berichtet dem „Memeler Dampfboot“ ein erfahrener Landmann, „er hätte noch nicht viele solcher Gewitter erlebt.“ In dem Dorfe Pippirn schlug der Blitz mit gewaltigem Krach in eine große starke Birke, dieselbe total zer¬ splitternd. Der Luftdruck war ein derartiger, daß einige in der Nähe arbeitende Männer zur Erde geworfen wurden. Große schwere Holz¬ stücke des zersplitterten Baumes fand man 55 Schritte weit fortgeschleudert. Das von einem kräftigen Regen begleitete Gewitter hielt nur kurze Zeit an, worauf es nach Osten weiterzog. (Neue Westpr. Ztg.). 1899, 18. Juli, Mittags 1 Uhr. Hoch Paleschken, Kr. Bereut: Rosenkranz- Pappel, Populus monilifera Ait., der fünfte Baum an der Einfahrt. Einfuhr des Blitzes, wie es scheint, oben an der Spitze des Baumes, mit langsamer spiraliger Drehung bis unten zum Stamme, unter Hinterlassung zweier kleineren und einer größeren Oeffnung in dem Erdboden, die scheinbar von der Einsenkung eines Stockes oder eiues Pfahles herrühren könnten. Die Wirkung war von oben her eine Entrindung von etwa Handbreite, mit geringer Verbreiterung bei dem tieferen Gange des Strahles bis zum unteren Ende, aufhörend beim Anfänge der Wurzel. Ein nicht zu starker Ast war oben abgeschlagen, wahrscheinlich der Ausgangspunkt der Spirale. Kleinere abgeschlagene Aeste dürften wohl dem Windbruch zuzuschreibeu sein. Neben der Entrindung war eine Längsspaltung des Splintes an einigen Stellen am unteren Stamm eingetreten. Die kaum über Fu߬ langen Stücke von Rinde und Splint waren bis auf 8 Fuß nach allen Richtungen zerstreut. Eine weiter gehende Zerfaserung fand ich nicht. Einzelne Stücke der Rinde von gleicher Ausdehnung fand ich mit einigen Fasern noch an der benachbarten festsitzenden Rinde hängend. In Betreff der Gewalt dieses Schlages ist also zu bemerken, daß er nicht so gar tief hineingegangen ist, und daß er nur die Rindenstücke von seiner Bahn warf, welche von fast gleicher Länge waren, sowohl die fortgeschleuderten, als auch die hängen gebliebenen. Es dürfte diese Pappel übrigens, wenn nicht die höchste, so docli die mit größter Baumkrone begabte Pappel 4 153 von denen sein, deren Maßzahlen in diesen Schriften, N. F. Band VIII, lieft 3/4, Seite 255, von mir angegeben sind, dort übrigens fälschlicher Weise als Schwarzpappel bezeichnet, wogegen es Populus monilifera Ait. ist. Am oberen Ende waren bei ihr drei starke Aeste trocken, was für die zu Anfang geäußerte Annahme spräche. Als ich nach etwa 2 x/2 Stunde die Treffstelle besichtigte, bemerkte ich, etwa einen Zoll von der Laufstelle des Blitzes entfernt, auf der Borke des Baumes sowohl die Larve von einer Blattwespe, etwa aus der Gattung Hylotoma, als auch eine haarige Raupe (anscheinend von Ocneria dispar L.) ganz unversehrt in Ruhe verharren. Es sollte mich Wunder nehmen, wenn diese Thiere schon zur Zeit der Blitzeinfuhr dort gewesen und unversehrt geblieben wären. Das läßt sich aber nicht behaupten, da meine Beobachtung doch erst über 2 Stunden später erfolgte. Trotz des Regens können sie bei dem jedem Gewitter vorher¬ gehenden Winde vom Baume geworfen worden sein und nun getrachtet haben, bald wieder an ihre Freßstelle zu gelangen, da die Besichtigung der Blitzfurche ihnen wohl gleichgültig war. Da ich eben nicht unmittelbar nach dem Blitzschläge an Ort und Stelle war, so können die Thiere erst nachher auf ihren Wegen bis zu dieser Stelle gekrochen sein. Einer meiner Leute kam während des Blitzschlages angegangen und fühlte sich nur von dem Luftdrucke stark beengt, sowie von dem Knall des Schlages betäubt; die von ihm geführte Kuh nahm nach vorwärts Reißaus. Ein Jeder, der in der Nähe schon irgendwo bei der Arbeit war, fuhr von seinem Platze empor. Ich selbst stand vor der Thüre meines Hauses, angelockt durch einen ersten Schlag dieses sich in der Zeit von 10 Minuten entwickelnden Gewitters und glaubte zu bemerken, wie auf dem Hofe die nach jener Seite zu befindlichen Kleinthiere, wie Hühner und Ferkel, gleichsam in’s Wanken geriethen. Ich sah den Blitz nach geringer Knickung sich gerade herunter senken, und schien er mir das Speichergebäude zu treffen. Der Einschlag war ein zischendes, knatterndes Knallen. Vor etwa einer Viertelstunde war ich unter dem getroffenen Baume vorbei¬ gefahren. Den ferneren Schlägen folgte ein überaus gewaltiger Regenguß, der bis 3 Uhr anhielt;, unterbrochen durch zweimaligen Hagelschauer, welcher besonders zum zweiten Male prasselnd niedersauste, um viele Feldfrüchte in starker Ausdehnung sehr zu beschädigen. Diesem Wolken¬ bruch nebst Hagelschlag folgte eine Reihe von etwa 12 regenlosen und über¬ heißen, daher für die Einbringung von Heu und Klee sehr günstigen Tagen. Als sich der Aufruhr der Natur an jenem FALB-Tage erster Ordnung gelegt, bemerkte ich zahlreiche Mücken, Fliegen und andere Flügler sich an den freigelegten Säften der Pappel ersichtlich letzen. Diese selbst war am nächsten Tage tief roth gefärbt. — Dasselbe Gewitter schlug auch in mehrere Telegraphenstangen, und hörte ich auch, aber nur un¬ gewiß, von weiteren Blitzschlägen in Bäume. Der hier geschilderte aber wurde förmlich zu einem kleinen Wallfahrtsorte für die ganze Umgegend. 5 154 1900, 27. Juli. Bei Cranz Ostpr.: Birke, zwei Tage später von Herrn Dr. mcd. Speiser, damals in Königsberg, von zwei Seiten photographirt. Die Rinde war ganz abgeschält; Brandmarken nicht zn sehen; Splitter in weitem Umkreise verstreut; ein schweres Stück von etwra 2 m Länge ungefähr 12 m weit fortgeschleudert, und zwar auf einen dünnen Baum, auf dem es hinaufgekeilt saß. (Ref. Dr. P. SpEiSEE-Danzig.) 1900, 4. August. Altenbruch in Hannover: Pappel. Folgendes Genauere berichtet darüber die Ostsee-Zeitung: ,,Ein seltenes Naturschauspiel bot sich den Vorübergehenden am Sonnabend Morgen bei der hiesigen Apotheke dar. Bei dem heftigen Gewitter hatte ein Blitzstrahl eine an der Südostecke des Hauses stehende, ca. 3 m von demselben entfernte, hohe Pappel getroffen. Unmittelbar danach zeigten sich kleine Rauchwölkchen, welche immer dichter wurden, und schließlich stand der Baumstamm in einer Gesammtlänge von ca. 2 m in hellen Flammen. Da wegen der geringen Ent¬ fernung ein Ueberspringen des Feuers auf das Wohnhaus befürchtet werden mußte und Löschversuche vermittelst Leitern wegen der ziemlich bedeutenden Höhe der Brandstelle sich als vergeblich erwiesen, wurde die freiwillige Feuerwehr alarmirt, welche die Gefahr in kurzer Zeit beseitigte“. Di eser Bericht wurde mir zugeschickt als Beweis gegen die Be¬ hauptung, daß durch den Blitz niemals Bäume in Flammen gesetzt werden. Es muß aber bemerkt werden, daß, da der Baum schließlich auf einer Länge von 2 m in Flammen stand, anzunehmen ist, derselbe sei bereits dürr und trocken gewesen, als ihn der Schlag traf, während die obige Behauptung doch wohl nur auf holzgrünc und saftvolle Bäume Bezug haben dürfte. Nur aus diesem Grunde führe ich auch diesen örtlich weit entlegenen Fall hier an. 2. Starke Bäume VIII. Groß Liniowo, Kr. Bereut, abgeholzter Wald: 1. Rothbuche, Abschnitt J/2 Fuß vom Erdboden, Durchmesser 1,30 bis 1,42 in, Umfang 4, eo tu. 2. Eiche, ebenso gemessen; Durchmesser 1 ,3o bis l,4o m. Beek, Kr. Bereut, Seitenwand des alten Kirchhofs (1870 geschlossen) gegenüber dem Gasthof von Skibbe: Linde, aus einer Wurzel erwachsen in vier Stämmen, wovon der nördliche (rechts) 2,ao m Umfang in Meterhöhe mißt, der linke Stamm 3,74 m; der zwischen diesen beiden stehende dritte Stamm ist zu wenig umfangreich; der vierte, wahrscheinlich stärkste, winde, weil zu morsch geworden, 1869 durch einen Sturm zu Fall gebracht und mit seinem Holz damals für nur 7 M. an Besitzer Schubert verkauft; die drei 1899 noch stehenden Stämme haben einen Gesammtumfang von 6,92 m. Gora, Kr. Bereut, Westabhang zum See (ohne Namen), südlich zwischen Wiechol- und Frauen-See, südlich der Chaussee Alt Ivischau — Hoch Stüblau: Eiche, I. 4,60 und II. 4, 30 m Umfang in Meterhöhe; dazwischen ein colossaler, 6 1 55 oben abgeplatteter Ameisenhaufen, sowie in der Nähe ein sehr starker und schön gehuschter Wacholderstamm. Hoch Palcschken: Die in diesen Schriften N. F. Band VIII, Heft 3/4, Seite 255, erwähnten Pappeln sind keine Schwarz-, sondern Rosenkranz-Pappeln, Populus monilifera Ait. Neu Paleschken, alter Kirchhof, Aufweg rechts vorn: Lärche, Larix decicl.ua Mill., in Brusthöhe 1,48 in. Alt Bukowitz, zwisclien den beiden Fersebrücken, Weg nach dem Hofe links: Schwarzpappel, 3, 70 m. Bereut, Stadtgarten (von alter Kultur) des Landrathsamtes, nördlicher Abhang der Landzunge: Ahorn, beim Erweiterungsbau des Kreishauses um¬ gehauen und fortgeschafft, im Stubben 0,75 m Durchmesser, also muthmaßlich von ungefähr 2,20 m Umfang. Linden, I. am neuen Kreishause, mit 2, 50 m Um¬ fang; II. daneben, mit fünf Stämmen aus gemeinsamer Wurzel, bei deren einem ein Ziegelstein eingewachsen ist; III und l\r. inmitten des Gartens, Gruppe von vier Stämmen, von denen die beiden äußeren je 3 in Umfang (in 1 m Höhe) haben, die beiden inneren aber nur 1 ,20 und 2 m. Flatow, Thiergarten: 1. Eichen, I. nahe dem Eingang an der Chaussee links, 3,78 m; II. am sogenannten Stern, östlich des Weges nach Blankwitt, 3,.io m; III. am Aussichtsplatz, wo das alte Forsthaus stand, mit einer Spruch¬ tafel, 3,28 m; IV. und V. im Hofe von Augustenhof, 3, 20 und 4,57 m. 2. Ro߬ kastanie, am Wege nach Blankwitt, 2,ig m. 3. Kiefer mit endständigem, kugeligem Hexenbeseu, durch Blastopliagus piniperclus L. verursacht. Wilhelms walde , Kr. Flatow, Fasanengarten: Pinus strobus L., Wey¬ mouthskiefer, viele starke Exemplare; davon nahe am Futterhäuschen ge¬ messen, I. 1,52 und II. 1,66 in im Umfange. Sypniewo, Kr. Flatow, im herrschaftlichen Garten: Tulpenbaum, Liriodendron lulipifera L., 1 ,15 m; Mammuthbaum, Sequoia gigantea Torr., von beträchtlichem Umfange. Langfuhr (Johannisthal 6, im ehemaligen Hermannshof): Hollunder, Sambucus nigra L., hat bei 2,2 m Stammhöhe in Meterhöhe 85 cm Umfang. (Rcf. K. Brischke.) Stuhm, am Weg nach Barlewitz: Mehrere Ueberrestc eines Baumganges von Li nden, mindestens aus dem Jahre 1784, darunter einige mit 3 m Umfang. Buch walde, Kr. Stuhm, bei Troop, im Parkwalde: Linde, 7 m. (Nach Mittheilung des Herrn von Donimirski.) Schorellen, Kr. Pillkallen, Forst: Wintereiche, Quercus sessilißora Sm., in Mannshöhe vom Erdboden Durchmesser 1 ,00 m, hoch 16 m, etwa 700 — 800 Jahre alt, von kerngesundem Holz. Wie alte Leute behaupten, hat die Eiche seit 50 Jahren an Umfang nicht zugenommen. In ihrem dichten Gezweige befinden sich seit unvordenklichen Zeiten zwei Storchnestcr, von denen das eine seit 40 Jahren bewohnt ist. 7 156 Orlowen, Kr. Lotzen, Waldrevier: Stieleiche, Quercus Robur L., in Mannshöhe von 1,60 m Durchmesser; der erste Ast in Höhe von 5 m. Unweit der Eiche ein gewaltiger Findlingsblock, der mit seiner Oberfläche etwa 2 m über den Erdboden hervorragt und deutliche Spuren von seiner Benutzung als Opferstein zur heidnischen Zeit zeigt. (Vergl. Berliner Volks-Ztg., 1890, No. 157.) Ramuck, Kr. Allenstein: Eine selten starke Eiche befand sich im Forstrevier Ramuck, Belauf Alt Ramuck. Dieselbe war 11 m lang, 92 cm dick und hatte 7,3i fm Inhalt. Glinken bei Prostken, Kr. Lyck: Im Garten des Herrn Besitzer von Lojewski steht eine Eiche, die auf Jahrhunderte zurückblickt, sie hat einen Umfang von 4,25 m, einen Durchmesser von l,n m, eine Stammhöhe bis zum ersten Ast von 8 m und eine Gesammthöhe von 15 m. In ihrer Krone trägt sie seit länger denn 25 Jahren ein alljährlich bevölkertes Storchnest, und in dem zum Theil schon etwas hohlen Stamm haben sich zeitweise Bienenschwärme eine behagliche Wohnung eingerichtet. 3. Abnormes Wachsthum bei Pflanzen. 1. Blüte, a) I in Garten des Kaufmanns August Retz in Bütow stand ain24. Juli 1896 ein spät gepflanztes Birnbäumchen in vollster Blüte. b) Im Garten des Schmiedemeisters P. in Jastrow standen am 13. Septbr. 1896 zwei Pflaumenbäume in vollster Blütenpracht. c) Im Garten des Försters Hofemann in Wilhelmswalde bei Krojanke war am 15. September 1896 ein blühender Apfelbaum als interessante Naturerscheinung zu beobachten. d) Ein im Frühjahr 1895 versetzter und seiner Krone damals beraubter Apfelbaum im Garten des Besitzers V. zu Stuba trieb neue Zweige, blühte im Juli und trug im September auch einige Früchte, die aber schwerlich zur Reife gelangt sind. e) Beim Gutsbesitzer Klatt in Dubielno bei Kulmsee blühten am 10. Sep¬ tember 1897, wie im Vorjahre, die Erdbeeren das zweite Mal. f) In der Niederung bei Kulm zeigten Ende August 1897 einzelne Apfel¬ bäume neue Blüten. Die meisten Apfelbäume hatten aber keine Früchte angesetzt. g) Im Schulgarten zu Zempelkowo trug am 24. Juli 1896 ein Birnbaum gleichzeitig Früchte und Blüten. h) In Münsterberg, Kr. Heilsberg Opr., im Garten des Schmiedemeisters Kaftan, stand am 14. Oktober 1897 ein Apfelbaum, der neben reich¬ lichen rothwangigen Aepfeln die schönsten Blütensträußchen trug. 2. Grosses Wachsthum. Gärtnereibesitzer Schröter in Liebemühl hatte eine Gurke gebaut, die Ende September 1896 eine Länge von 65 cm besaß. Auf dem Rittergute Gr. Gottswalde bei Mohrungen war ein riesenartiger Kürbis gezogen, welcher zu Ende Ootober 1897 das stattliche Gewicht 8 157 Von 170 Pfund aufwies. Auf dem Wochenmarkte in Mohrungen erregte er allgemeines Aufsehen. In das Prachtexemplar waren allerlei fromme Sprüchlein gar zierlich geschnitten, die in Folge von Verwachsung dem Kürbis das Aussehen einer großen Glocke gaben. Bei dem Besitzer E. in Rehhof, Kr. Marienwerder, wurde Mitte Oktober 1896 eine Wrucke im Gewichte von 20 Pfund herausgegraben. Unter den Früchten aus dem Garten eines Besitzers der Umgegend von Allenstein befanden sich zwei Kürbisse, die im Anfang Oktober 1897 je 103 und 104 Pfund wogen. Der Garten des Kaufmanns Domnick in Liebemühl hatte Mitte September 1897 eine riesige Sonnenblume, Helianthus annuus L., aufzuweisen, von 40 cm Durchmesser, von 1,26 m Umfang und von 572 Pfd. Schwere. Bei Hoch Paleschken, Kr. Bereut, fand ich ein Kolbenrohr, Typha latifolia L., dessen Kolben 36 cm Länge hatten. Vor einigen Jahren waren in Hoch Paleschken Moorrüben gesäet, deren Wurzeln fast sämmtlich eine starke Größe erreichten. Das Gewicht einer beliebig herausgegriffenen Wurzel wurde auf 2l/2 Pfund festgestellt. 3. Ueberpflanzen. Zwischen den Gabelzweigen einer auf dem Kirchhofe bei Bütow stehenden alten Linde sprießt eine Eberesche, die 1896 schon 1,50 m hoch und etwa 3 cm dick war. Zwischen der vierfachen Gabelung einer alten und sehr umfangreichen Weide an der Landstraße von Rummelsburg nach Wockainen, nicht weit vom Dorfe, erblickt man sechs junge Ebereschen wachsen, deren größte 1 m hoch ist. — In einiger Entfernung davon wächst eine Eberesche aus dem Astloch einer Birke. So wurde es 1896 bemerkt. 9 Anlage C. Beobachtungen aus der Ordnung der Coleoptera. Von A. Treichel. 1. Rüssler als Mäusespeise. Boi meinem Fange von Käfern legte icli einmal, um ein genaueres Bild über die Ausbeute zu gewinnen, sämmtliche Rüßler auf einem Teller zu¬ sammen. Ihre Anzahl mehrte sich im Monat Juli stetig. Dennoch wollte es mir scheinen, daß es weniger wurden, insofern, als bestimmte Arten, die ich mir besonders merkte, nicht mehr zu linden waren. Da ich dann nur Schild und Flügeldecken vorfand, mußte ich auf fremde Einwirkung schließen. End¬ lich erkannte ich Mäuse als die Vernichter heraus, die durch ihre Excremente verrathen wurden. Wenn ihnen auch alle anderen Körpertheile wrohl ge¬ mundet hatten, so waren Schild und Flügeldecken der Curculinoiden den Mäusen doch zu knusperig gewesen, selbst wenn sie auch nur in der Ver¬ zweiflung des Hungers an die Vertilgung der übrigen Körpertheile daran ge¬ gangen sein sollten. 2. Dytiscus auf Wald rasen. Ich fand in meinem Rothbuchenwalde, genannt Grabs, auf einer Rain¬ fläche, obenauf, Kopf und Schild von Dytiscus marginalis L , dem Gclbrande, der als durchaus hydrophiler Käfer bekannt ist. Wie mag dieser an einen solchen Ort gekommen sein? Es sei dazu bemerkt, daß sich in jenem Walde zahlreiche Horste von Fischreihern befinden, und liegt somit die Ver- muthung nahe, daß diese die Wasserkäfer mit sich geschleppt und allein dessen weichere Theile verzehrt haben, oder aber daß der Käfer als ehemalige Speise eines Fisches mit diesem in den Magen des Vogels gelangte und dann, weil von starkem Chitin, ausgespieen wurde. Alleidings könnte auch die Mög¬ lichkeit vorliegen, daß der Vogel diesen Käfer während dessen eigenem Fluge erhascht hätte, da, wie bekannt, von den Dytiscus- Arten namentlich der Tlybius oft recht weit umherfliegt. Jedenfalls war dies Residuum aber zum Gelbrande gehörig. 3. Immer nur ein Byrrhus. Zum Käferfange im späteren Frühjahr benutze ich alte Säcke, welche ich auf dem Gartenrasen ausbreite, als stets sehr ergiebige Sammlungspunkte, weil sich unter ihnen während der Nachtkälte die aus ihrer Starre erwachten i 159 Käfer allerlei Art zusammenfinden. Es mußte mir dabei aber auffallen, daß unter den Säcken immer nur je ein Exemplar von Byrrhus pilula L. gefunden werden konnte, wenn dieser Käfer überhaupt da war, selten ihrer zwei, mehrere aber niemals. Diese bestimmte Eintheilung der rechteckigen Deckflächen erschien mir bemerkenswert!]. Die Zweizahl kann als Männchen und Weibchen erklärt werden. Sonst aber bleibt die Frage nach dem Grunde solchen Ver¬ haltens offen. Vielleicht war es Unverträglichkeit, vielleicht sexuelle Aus- schließlichkcit. 4. Aromia moschata L., Moschusbock, als Tabaksparfumeiir. Dieser glänzend metallisch grüne, ins Kupferrothe oder Stahlblaue spielende Bockkäfer, der seiner Farbe wegen oft fälschlich Spanische Fliege genannt wird, viel an alten Weiden vorkommt und, wie schon der Name besagt, stark nach Moschus riecht, wird in Labehnken, Kr. Preuß. Stargard, dazu gebraucht, um ihn lebend in die Tabaksdose zu thun und dadurch dem Tabak einen angenehmen Geruch zu verleihen. Nach einigen Tagen schon kann der Käfer fortgeworfen werden. Mein Iuspector, B. von Wiecki, aus jenem Orte gebürtig, erzählte mir: ,,Wir als Jungen gingen oft am Wege von einem alten Weidenbaum zum andern, um daran zu riechen und somit schon durch den Geruch zu erkennen, ob dieser Käfer in dem Mulme vor¬ handen sei, und um ihn dann für obigen Gebrauch einzufangen.“ Im Volks¬ munde heißt der Moschusbock Kuba, also Jakob. Gebrauch und Name sind auch im Kreise Berent und darüber hinaus weit verbreitet. Erst als ich die betreffenden Thiere sah, mußte ich mich für den Moschusbock entscheiden, während ich nach der ursprünglichen Beschreibung anfänglich an Osmoclerma eremita L. gedacht hatte. Dieser, der auch hier um Vieles seltenere Eremit, nach seinem Gerüche auch Juchtenkäfer genannt, dem Andere wieder einen der Aprikose ähnlichen Geruch zusprechen, ist ein Blatthörnler. 5. Silpha pedemontana Fim. in Gesellschaft gelblicher Ameisen. Von dem Keulen hörnler Silpha atrata L. (. Phosphuga atrata Leu.), dem schwarzglänzenden Aaskäfer, giebt es eine Abart mit hellbraunen statt schwarzen Flügeldecken, die var. pedemontana Fbk., welche ich, wenn auch die Haupt¬ art sehr häufig und oft gemein ist, dennoch seltener antraf. Das geschah aber im Frühlinge bei mittlerer Temperatur, sowie auch im Herbste. An freien Stellen des Gartenparks hatte ich nämlich Bretter ausgelegt, um darunter täglich Rundschau zu halten. Nur unter solchen fand ich dann diese Abart, fast immer nur in je einem Exemplare und dann meist mit gelblichen Ameisen vergesellschaftet. Aus deren breiteren Erdgängen hatte ich sie sogar sich hervorarbeiten gesehen. Ich hebe die Gesellschaft dieser bräunlich gelben Thiere hervor, als ein vielleicht neues Beispiel von Mimicriartiger Aelmlich- keit, das mir der weiteren Mittheilung werth erschien. Dadurch würde vielleicht der Maulwurf getäuscht, dessen Speise auch die erdbewohnenden schwarzen Silpha- Arten sind. 2 160 6. Ameisenbeschützte Larve von Prionus coriarius L. Im Kiefernwalde vonKobilla, Kr. Berent, war 1897 und 1898 ein breiter Holz¬ schlag zum Abhieb gekommen, einzelne Stücke wohl schon früher. Diese waren 1899 beim Begehen der bereits neu angepflanzten Fläche schon besonders morsch ge¬ worden und von Ameisenstaaten bevölkert, während die anderen Stubben, übrigens ebenfalls von Ameisen stark besetzt, nur durch Entborkung zum Zweck des Käferfanges dienen konnten. In einen solchen morschen Stubben schlug ich mit meinem Spatel hinein, und bei der Eröffnung dieses überirdischen Tartarus fiel mir sofort ein etwra Zoll wmiter, rund gehöhlter Quergang in Stubbenmitte auf und als Einwohner dieser Belle -Etage eine gewaltig dicke Larve, die ich sofort für Herrn l)r. Eichelbaum zu erlangen trachtete. Zu meinem Staunen sah ich, wie die nach dem Eindringen des Tageslichtes in ihre dunkele Behausung aufgescheuchten und in eine fieberhafte Aufregung ge- rathenen schwarzen Ameisen ihren korpulenten Einwohner und Zuhälter sofort straff anpackten, die Einen hier, die Anderen da, ihrer aber sehr Viele, und durch eine rückwärts gerichtete Zugkraft, sowie durch stets rotirende Be¬ wegung es dahin brachten, daß das Larventhier fast im Nu meinen Blicken in das Innere der Höhle hinein entschwunden war. Es galt also Verfolgung. Ein Querhieb des Spatels in den morschen Stubben brachte ein anderes Kind gleicher Gattung sofort zum Vorschein, zeigte mir aber auch, daß die Rotation des ersten Balges bis zum Ende der Höhlung gediehen war. Weiter ging es dann mit seinem dicken Körper nicht mehr. So eroberte ich ihn mir sofort und mit leichter Mühe. Bei dem ganzen Vorgänge konnte ich zweierlei bewundern und hier vermerken; einmal, daß die Ameisen sich weniger als Nährmütter, denn als Sicherheitswächter ihres großmächtigen Gast-Balges an¬ sahen, und zweitens daß sie dessen Rettung durch Befolgung einer so schlauen, weil mit zwei Factoren rechnenden Theorie, wTie geschildert, auszuführen trachteten, bis der Querhieb die Festung eroberte. Ich hatte noch Mühe, die Larven von den ihr anhaftenden Ameisen zu säubern und fand dennoch später noch Ueberreste von ihnen in der Spiritusflasche. Es wrnren Larven des Bockkäfers Prionus coriarius L , des sog. Gerbers. Ich kann mir für den ganzen Vorgang keinen anderen Grund denken, als daß die Ameisen sich zum Schutze ihres Mitbewohners im Stubben aufwarfen. 7. Her beste Fang, Für die beste und ergiebigste Fangzeit halte ich das Frühjahr. Kaum eben erst sproßten Wurzeln und Gräser im Sonnenlichte, und auch die Käfer wagten es, aus ihren unterirdischen Schlupfwinkeln hervorzukommen. Wie sie im Spätherbste sich namentlich unter Steine verkriechen und von dort aus ihre Wege in die Erde hinein für die Zeit der winterlichen Erstarrung benutzen, 3 161 so dient derselbe Gang ihnen bei einbrechender Wärme im Frühjahre als Aufstieg. Unter großen und mittleren Steinen findet man sie fast gar nicht, desto mehr aber unter kleineren und besonders unter flachen Steinen, die eher von den Sonnenstrahlen durchwärmt werden. In der Mittagszeit findet man sie auch auf den Steinen selbst, um Sonne zu genießen. Hebt man nun den Stein in die Höhe, so liegt mit einem Male der Umkreis seines Lagers vor Augen, und man kann in freierem Ueberblicke sofort auf die besseren Arten seine Suche undFangmethode erstrecken. Mit fortschreitendem Wachsthume der Pflanzen ist die Umgebung dieses Steiulagers schon von höherem Pflanzenwuchse bestanden und verwehrt durch Höhe und Schatten die für den Fang so unentbehrliche Uebersichtlichkeit über selbst diesen kleinen Raum. Auch ist zu bemerken, daß in vorgerückter Jahreszeit die Käfer sich mehr verbreiten, in weitere Schlupfwinkel sich vertheilend, oder auf die ihnen zusagenden Substrate unter ihren Pflanzen sich zurückziehend. Als die beste Position für namentlich kleinere und kleinste Käfer erachte ich die fette Erde eines Mistbeetes im Garten, wo namentlich Stapliyliniden und das Geschlecht der Haltica in Sonnenschein und Wärme unter ausgelegten Ziegel¬ steinen ihren leicht treffbaren Findepunkt haben. Man hat mir gesagt, wo Ameisen, seien keine Käfer. Diese Negation fand ich nicht bestätigt. Ich traf sehr wohl auf solche. Sobald die Blüten der Pflanzen erscheinen, be¬ nutze ich einen Käscher, mit dem ich darüber fahre. Das betrifft namentlich die Schirmblütler. Vom Laube der Bäume lese ich entweder die sichtbaren Thiere mit der Hand ab, besonders wenn sie größer sind, oder gebrauche für das Ungefähr ebenfalls den Käscher. Dieser eignet sich auch zum Fischen im Gewässer für alle Hydrophiliden. Ausgelegte Leichen von Säugethieren oder Vögeln bringen die ihnen zukommtnenden verschiedenen Arten, sei es auf freiem Felde, sei es im Walde. Im Haus, auf Böden, in den Ställen, in der Schirrkammer, unter allerlei Dünger, bei Hobelspähnen etc. sind andere Arten zu suchen und zu finden. Gepflügte Erde bringt die Meloe und besonders viel Larven. Glatte und besonders weiße Wände ergeben noch andere Erwerbungen. Auf Klafterholz der Kiefer sind Cerambyciden zu finden. Frich geschlagenes und verarbeitetes Kiefern¬ holz schafft eine andere reichliche Anzahl. Bei einem frischen Stacketzaun hatte ich nur auf und ab zu gehen, um den stetig erneuten Zuflug von Käfern in mein Glas zu thun; die Vorliebe dauert hier aber nur für die Zeit des noch ungeschwächten Kienharzgeruches; ich versuchte später vergeblich die gleiche Wirkung durch Bestreichen mit Extractum pini zu erzielen. Kieferne Stubben und buchene Rager beherbergen unter der Borke oder im mulmigen Holze eine weitere Anzahl von Arten. Faulende Pilze ziehen Stapliyliniden an, der Inneuraum von Muscheln auch Silplien. Der Winterfeldzug kann für die über¬ winternden Thiere unternommen werden, wenn man sich unter Schnee und Eis Säcke voll vertrockneten Falllaubs und voll Moos bringen läßt, und dieselben dann in der Stubenwärme auf weißem Untergründe ausbreitet und 11 4 162 sichtet. Andererseits muß das im Winter eintretende Thauwetter für die beste Fangzeit von namentlich kleineren Thieren gehalten werden, welche in Laub und Moos zu überwintern pflegen, nicht minder wie für deren Larven. Dahin wären besonders zu rechnen Staphyliniden, Pselaphiden, Scaphidiiden u. s. w. Hier thut man dann am Besten, sich, fürs Erste getheilt aus Laub- und aus Nadelwaldungen, dergleichen ßaumresidua nebst Moos und vielleicht einiger Erde, in Säcke gefüllt, holen zu lassen, um deren Inhalt auf weiße Wachs¬ decken gebreitet bei Lampenlicht zu untersuchen. c - - - > 163 Anlage I). Zur Lepidopterenfauna des Kreises Berent. Von A. Treichel. Vorbemerkungen. Localfaunen sind stets als nothwendige Bausteine für eine allgemeine Thiergeographie von hervorragendem und bleibendem Werth. Aus diesem Gesichtspunkte heraus mag die Mittheilung der nachfolgenden Liste ihre Be¬ gründung und Entschuldigung finden. Dieselbe ist noch sehr lückenhaft; es weiß das Niemand besser als ich selbst, und weitere Bemühungen werden sicher¬ lich zu den hier angeführten 267 Arten noch eine ganze Reihe weiterer hin¬ zufügen, so daß der Artenreichthum unseres Gebietes 300 Species weit über¬ steigen dürfte. Diese Lücken sind eine rothwendige Folge der mangelhaften Art des Sammelns, welches nur so nebenbei und gelegentlich während der sommerlichen Besuche meines Schwiegersohnes, Hofrath Dr. B. Hagen, in den drei letzten Jahren auf meinem Gut Hoch Paleschken geschah. Diese Besuche fielen nur in die Monate zwischen Mai und Mitte September; was vorher oder nachher fiog, entzog sich naturgemäß der Beobachtung; so besonders die im Herbst und im ersten Frühling fliegenden Spanner und Eulen. Dem Köderfang wurde leider ebenfalls nicht obgelegen ; aus der Masse der an lauen Sommer¬ abenden fliegenden Tliiere glaube ich schließen zu dürfen, daß der Präsenzstand der Noctuen dadurch leicht auf das Doppelte hätte gebracht werden können. Den Mittelpunkt des Sammelgebietes bildete das Rittergut Hoch Paleschken; von hier aus wurden radienartig nach allen Richtungen hin meilenweitc und oft tagelang dauernde Ausflüge unternommen. Die Peripherie des Gebiets wird ungefähr gebildet durch die Ortschaften Bukowitz, Barkoschin, Groß Liniewo, Kobilla, Pogutken, Hoch Stüblau und die Kgl. Forst Okonin. Ueber einen Theil dieses Gebietes existirt bereits eine kleine Schmetter¬ lingsliste: ,, Systematisches Verzeichniß der Lepidopteren von Groß Pallubin und Umgegend im Kreise Berent“ von Leopold Eichmann, im Bericht über die 3. Versammlung des Westpreußischen Botanisch -Zoologischen Vereins zu 11* i 164 Neustadt Westpr. am 18. Mai 1880 (Seite 68 — 70) x), welche 161 Arten ent¬ hält, darunter verschiedene, welche aufzufinden meinem Schwiegersohn nicht o’elano-. Diese Arten sind in die nachfolgende Liste mit aufgenommen und durch einen * kenntlich gemacht. Außerdem war ich noch durch die Liebens¬ würdigkeit des Herrn Dr. med. P. Speiser z. Z. Danzig, in der Lage, einige weitere von uns nicht erbeutele Arten der Liste hinzuzufügen, welche dieser Herr, ein sehr eifriger und kundiger Lepidopterologe, ebenfalls in unserm Gebiet, nämlich in der näheren und weiteren Umgebung des Gutes Struga, sowie um Gora und Ober Mahlkau, beobachtet und theil weise aus der Raupe gezüchtet hat. Auch diese Arten sind mit einem * bezeichnet Bezüglich der Diagnosen und der angewandten Nomenclatur schreibt mir Herr Hofrath Dr. Hagen aus Frankfurt a. M. unterm 1. 3. 1901: ,,Da ich mich seit mehr als 20 Jahren ausschließlich mit exotischen Lepidopteren befasse und bezüglich der europäischen etwas ins Hintertreffen gerathen bin, so hielt ich es für gerathen, die Hochpaleschker Ausbeute in unserm hiesigen lepidopterologischen Verein vorzulcgen und die Diagnosen durch so erprobte Kenner, wie Dr. Seitz, Kuhlmann, Fiffinger, Müller, Hirschhorn etc. befestigen zu lassen. Ich glaube, daß in dieser Hinsicht das Mögliche geschehen ist. Bezüglich der Nomenclatur wurde der Catalog von Staudinger & Wocke vom Jahre 1861 zu Grunde gelegt, mit einzelnen Abweichungen, die der Kenner — und nur solche werden ja von dieser Liste Gebrauch machen — leicht herausfinden und in sein System übertragen kann. Als allgemeines Resultat darf ich vielleicht hinzufügen, daß die Hoch Paleschker Thiere in der Regel ein viel dunkleres Kleid tragen, als ich das hier an unsern Frankfurter Thieren zu sehen gewohnt bin. Diese Eigenschaft tritt besonders scharf hervor bei den Gattungen Argynnis , Melitaea und der Familie der Satyrinen.“ Rhopalocera. I. Papilionidae. Pap Ui oninue. 1. Papilio macliaon L. Häufig. Pierinae. 2. Aporia crataegi L. Selten, nur ein einziges Exemplar gesehen. 3. Pieris brassicae L. 4. — rapae L. 5. — napi L. 6. — daplidice L. und Frühlingsform bellidice Hb. 7. Anthocharis cardamines L. ') Schriften der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. N. F. Band \r, Heft 1/2. Danzig 1881. Seite 36G — 368. 2 y 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21. 22 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 165 Leucophasia sinapis L. und Frühlingsform erysimi Bkh. Colias hyale L. — edu8a Fbr. Rhodocera rhamni L. II. Lycaenidae. Thecla rubi L. Kleine Exemplare. Selten. Wie es scheint, der einzige Vertreter dieser artenreichen Gattung in uuserm Gebiet. Rolyommatus virgaureae L. Im Jahre 1900 überall gemein, während in den drei vorhergehenden Jahren kein einziges Exemplar wahrgenommen wurde. hippothoe L. Nicht selten, aber local, z. B. auf der s. g. Kuhberger Wiese von Hoch Paleschken. Große Exemplare. alciphron Rott. Nicht sehr häufig, bei Pogutken. dorilis Hufn. Nicht gar häufig, zwischen Schloß Kischau und Struga. — phlaeas L. Die Frühlingsgeneration klein und selten, die Herbstgeneration groß und häufig. amphidcimas Esp. Lycaena argiades Pall, und Frühlingsgeneration polysperchon Ocfis. — aegon Schiff. Nur ein einziges Exemplar. — optilete Kn. Sehr große Exemplare. Nur ganz local bei Boschpol an einem mit Thymian bestandenen Raine. — icarus Rott. Stark variirend, meist mit starker Zeichnung der Unterseite. — amanda Schn. In Kiefernschonungen am Seeufer bei Gartschin häufig. — corydon Scop. Gemein bei Barkoschin, selten bei Schloß Kischau. — • hylas Esp. Mit aschgrauer, statt weißer Unterseite. — argiolus L. — semiargus Rott. — eroides Friv. Nur ein einziges Exemplar. III. Nymphalidae. Nyn iphalinae . Limenitis populi L. Vanessa levana L. Nur ein einziges, sehr kleines Exemplar auf einer Waldwiese bei Alt Paleschken. Ebendort zwei Exemplare der Sommergeneration prorsa L. — C-album L. Nicht häufig. ■ — polychloros L. — urticae L. — io L. — antiopa L. 3 166 36. Pyrameis atalant.a L. Kode Mai traf ich verschiedene abgeflogene, zweifellos überwinterte Exemplare. Ebenso nahm ich als Theilnehmer an der Versammlung des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins zu Putzig, Anfang Juni 1900, im ganzen Gelände dortselbst bis Rixhöft als häufigste Schmetterlinge die abgeflogene Pyrameis atalantci und Polyommatus phlaeas wahr. *37. — cardui L. 38. Melitaea parthenie Bkh. 39. — dictynna Esp. 40. - — athalia Rott. Alle Melitaeen dieser Gegend zeichnen sich durch dunkele Färbung aus. Ich hatte das Glück, in einem lichten Busch¬ wald bei Alt Paleschken eine, und an einer ebensolchen, aber bedeutend schattigeren Localität bei Pogutken drei präch¬ tige, sehr stark melanotische Aberrationen zu erbeuten. Die stark verdunkelte Localität (Wald) scheiut beim Zustande¬ kommen solcher, fast ganz schwarzer Aberrationen eine Rolle zu spielen. 41. Argynnis selene Schiff. 42. — euphrosyne L. 43. — dia L, Auch diese, wie die beiden vorhergehenden Argynnis- Arten zeigen Neigung zu dunkclerer Färbung. 44. — ino Esp. Nicht sehr häufig, auf den Wiesen längs der Kleinen Ferse zwischen Hoch und Alt Paleschken. 45. - — lathonia L. 46. — aglaja L. 47. — niobe L. Meist kleine Exemplare. Auch die var. eris Meig. nicht selten. 48. — adippe L. Weniger häufig als die vorige Art. Ebenso die var. cleodoxa. 49. — paphia L. Gemein. Im Wald bei Alt Paleschken erbeutete ich auch ein Exemplar der $ var. valesina H., welche in so¬ fern noch eine weitere Aberration vorstellt, als die beiden dem Ende der Mittelzelle der Vorderflügel zunächst gelegenen gelblich grünen Fleckenreihen oben sehr breit und hell bleich¬ gelb werden ohne jeden grünlichen Anflug. Satyrinae. 50. Saturus alcyone Schiff. Nicht häufig, aber überall, am Rand von Kiefernwäldern. 51. — semele L. * 52. — statilinus HüFN. 4 167 53. Pararge mciera L. Sehr häufig, aber ausschließlich in oder aui Rand von buschigem Laubhochwald, in einer stark melanotischen Ab¬ weichung. Ueber den Einfluß der Localität vergl. das oben bei No. 40 Gesagte. Man könnte diese Form, die im Gegensatz zu der var. adrasta ganz dunkel, fast ohne jede Spur von Rostbraun oder -gelb auf der Oberseite der Flügel ist, als var. tristicolor be¬ zeichnen. Im Spätsommer kommen ab und zu, aber immer in großer Minderzahl, auch hellere Exemplare vor, die nicht viel von der normalen Form abweichen. 54. — megaera L. * 55. Epinephele lyccion Rott. 56. — janira L. 57. — hyperanthus L. 58. Coenonymplia iphis Schiff. Sehr kleine Exemplare. *59. — arcania L. 60. — pamphilus L. 61. — tiphon Rott var. philoxenus Esp. IV Hesperiidae. 62. Syrichthus alvevs Hb. und var .fritillum Ochs, (von letzterer nur 1 Ex.). 63. — malvae L. 64. Hesperia thaumas Hufn 65. — lineola Ochs. 66. — sylvanus Esp. 67. — comma L. Heterocera. I. Sphinges. Sphingidae. 68. Sphinx ligustri A. Ich habe in Hoch Stüblau gefangene und gezüchtete Exemplare beim dortigen Lehrer Maslowski gesehen, selbst da¬ gegen keine erbeutet. 69. — pinasti'i L. 70. Deilephila elpenor L. 71. — porcellus L. Nur als Raupe (in einem Exemplar) gefunden. 72. Smerinthus tiliae L. 73. — populi L. Die im Spätsommer gefundenen Raupen waren sehr stark braunroth gefleckt. 74. — ocellata L. Nicht selbst gefangen; dagegen viele gefangene und gezüchtete Exemplare beim Lehrer Maslowski in Hoch Stüblau gesehen. 5 168 Sesiidae. 75. Trochilium apiformis L. 76. Sesia myopaeformis Bkii. Nur wenige Exemplare. 77. — formicaeformis Esp. Nur wenige Exemplare. *78. — ichneumoniformis Fb. var megillaeformis Hb. *79. Bembecia hylaeiformis Lasp. Zygaenidae. 80. Ino statices L. Nicht sehr häulig. 81. 82. 83. 84. * 85. Zygaena trifolii Esp. lonicerae Esp. filipendulae L. meliloti Esp. Ein Exemplar. ephialtes L. var. peucedcini Esp. II. Bombyces. Cliloeophoridae . * 86. Hylophila prasinana L. Von Brischke bei Schoeneck an der Grenze unseres Gebietes gefunden. Yergl. von Siebold, Preußische Provinzial-Blätter, 1841. Lithosiidae. 87. Setina mesomella L. 88. Lithosia complana L. 89. — lutarella L. Gemein. 90. Gnophria quadra L. Nicht häufig. 91. — rubricollis L. Nicht häufig. Arctiidae. 92. Nemeophila russula L. 93. Arctia caja L. 94. hebe L. 95. Spilosoma mendica L. 96. lubricipeda Esp 97. menthastri Esp. 98. urticae Esp. 99. Phragmatobia fuliginosa L. Cossidtie. 100. Cossus cossus L. Gemein. Drei Puppen habe ich im vergangenen Jahre einmal unter der Rinde eines alten Kiefernstrunkes gefunden. Zwei waren bereits ausgeschlüpft und standen hervor, die dritte lieferte zu Hause den Schmetterling. 6 169 Hepialidae, 101. Hepialus sylvinus L. (?). Eine ausgeschlüpfte Puppenhülse, welche im Walde bei Pogutken, aus einem alten verwitterten Baumstrunke hervorstehend, gefunden wurde, gehört mit größter Wahr¬ scheinlichkeit einer Hepialide und ihrer Größe nach wohl der Species sylvinus L. an. Cocliopodae. 102. Limacodes testudo Fabr. Ich habe nur 5$ gefangen. JPsychidae . 103. Psyche unicolor Hufn. 104. — hirsutella Ochs. (?). Obwohl das kleine Thierchen, das ich in einem einzigen Exemplare fing, mir solcherart von einem der besten Schmetterlingskenner bestimmt ward; erlaube ich mir doch, ein Fragezeichen dazu zu setzen. Ich halte es vielmehr für die Epichnopteryx pectinella S. V. *105. Dcisychira pudibunda L. 106. Leucoma salicis L. 107. Porthesia chrysorrhoea L. 108. Psilura monacha L. Im vergangenen Jahr 1900 trat dieser gefürchtete Waldverwüster außerordentlich häufig auf, während ich in den drei vorhergehenden Jahren kein einziges Exemplar zu Gesicht bekam. 109. Ocneria dispar L. Auch dieser Schädling war im verflossenen Jahr unliebsam häufig im Walde von Hoch Paleschken. JBombycidae. 110. Bombyx neustria L. 111. — quercus L. 112. — rubi L. Seltener. 113. Lasiocampa pini L. Ein einziges Exemplar, $, im Wald bei Pogutken gefangen. Auch schon 1869 aus Okonin und Berent bekannt (vergl. Bail, Über Pilzepizootien der forstverheerenden Raupen, in Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band II, Heft 2. Danzig 1869). 114. — potatoria L. JEndromidae. 115. Endromis versicolora L. Nur ein einziges Exemplar, §, frisch ausgeschlüpft, im Park von Hoch Paleschken gefangen. Saturnidae. 116. Saturnia carpini W. V. Ein einziges, noch ganz kleines Räupchen. 7 170 Drepanulidae. 1 17. Drepana falcataria L. 118. — harpagula IIbn. 119. Platypteryx lacertinaria L Nicht häufig. JVotodontidae. * 120. Pygaera curtula L. Als Raupe gefuDden. 121. Phalera bucephala L. In einer Waldschlucht bei Kobilla. 122 Harpyia vinida L. 123. Lophopteryx camelina L. 1 24. Leiocampa dictaeoides Esp. 125. Notodonta ziczac L. Eine Raupe dieser Art erinnere ich mich eben¬ falls vor einigen Jahren in der Gegend von Schloß Kischau gefunden zu haben, kann aber in meinen Notizen keine Bemerkung mehr darüber finden. Cyn latophoridae. * 126. Cymatophora duplaris L. III. Noctuae. Bombycoidae. * 127. Diloba caeruleocephala L. Acronyctidae. 128. Acronycta leporina L. * 129. — aceris L. 130. — psi L. * 131. — rumicis L. Afjrotidae. 132. Tryphaena fimbria L. * 133. — orbona Hufn. 134. — pronuba L. und var. innuba Tr. * 135. Graphophora obscura Brahm ( ravida W. V.). * 136. — simulans Hufn. 137. - — - plecta L * 138. Agr otis obelisca Hb. 139. ■ — - ypsilon Rott. 140. segetum Schiff ( clavis Hufn.). Sehr dunkele Exemplare. 141. — corticea Hb. 142. — exclamationis L. 143. — tritici L. JTadenidae. 144 Mamestra dissimilis Knoch ( suasa W. Y.). * 145. ' — brassicae L. * 146. — oleracea L. 147. — glauca Hb. 148. — dentina Esp. 149. — trifolii Rott. * 150. — reticulata Vill. ( sapo - nariae Borkh.). 151. — pisi L. Nur die Raupe gefunden. 152. Polia chi L. 153. Apamea testacea W. V. 154. Neuronia popularis Fabr. * 155. — cespitis Fabr. 156. Hadena furva W. Y. 157. ■ — - lateritia Hufn. 158. — monoglypha Hufn. ( polyodon L ). * 159. — gemina Hb. var. remissa Hb. 160. — didyma Esp. 8 171 Lencanidae. 161. Leucania pallens L. * 162. — comma L. 163. — conigera Fabr. 164. Tapinostola helmanni Ev. Mehrere Exemplare. JPliisiidae. * 179. Plusia triplasia L. * 180. — chrysitis L. * 181. festucae L. 182. — gamma L. * 183. — interrogationis L. Carcidrinidae. * 165. Caradrina quadripunctata Fabr. ( cubicularis W. Y.) 166. Amphipyra tragopoginis L. * 167. — pyramidea L. Orthosidae. 168. Charaeas graminis L. * 169. Scoliopteryx libatrix L. 170. Orthosia circellaris Hufn. 171. Xanthia f ulvag o L Xylinidae. 172. Calocampa vetustci Hb. * 173. — exoleta L. Cucullidae. 174. Cucullia verbasci L. (?) Eine Raupe, die ich bei Schloß Kischau an Vevbascum ge= funden, rechne ich liieher. * 175. — umbratica L. 176. — chamomillae Schiff. * 177. — fraudatrix Ev. * 00 — argentea Hufn. Heliothidae. 184 Heliothis dipsaceus L. 185. Chariclea umbra Hufn. Xoctiiophalaenidae. 186. Erastria uncana L. 187. Ägriphila sulphuralis L. Ophiusidcie. 188. Euclidia mi L. 189. — glyphica L. 190. Catocala fraxini L. 191. — nupta L. * 192. - — paranympha L. Deltoidae. 193. Zanclognatha emortualisScHlYY. 194. — nemoralis Fabr. ( grisealis Tr.) 195. Hypena prob o sei dalis L. 196. Bomolocha fontis Thunb. ( crassalis F.) 197. Herminia tentacularis L. (?) Ein sehr abgeflogenes Stück. IV. Geometrae. Dendrometridae. 198. Metrocampa margaritata L. 199. Eugenia autumnaria L. 200. — ■ alniaria L. 201. Eurymene dolabraria L. 202. Macaria notata L. 203. — liturata L. 204. Rumia crataegata L. 205. Angerono prunaria L. * 206. Numeria pulveraria L. 207. Cabera pusaria L. 208. — exanthemaria Scop. 209. Abraxas sylvata Scop. ( ulmata W. V.) In einer Waldschluclit bei Kobilla außerordentlich ge¬ mein. 210. — grossulariata L. 211. — marginata L. 212. Rhyparia melanaria L. *213. Ematurga atomaria L. 9 172 214. Bupalus piniarius L. 241. Ortholitha limitata Scop. 215. Halia brunneata Tiiunb. *242. — cervinata Schiff. 216. Pliasiane clathrata L. 243. Scotosia vetulata W. V. 217. Gnophos obscurcita W. V. *244. Lygris prunata L . 218. Boarmia repandata L. 245. — populata L. 219. — crepuscularia I4b. 246. Cidaria variata W. V. 220. — punctularia Hb. 247. — fudvata Forst. 221. Nemoria strigata Muell. *248. — bicolorata Hufn. * 222. Jodis lactearia L. *249. — juniperata L. 228. Acidalia virgularia Hb. *250. — truncata Hufn. * 224. — rubiginata 11 uin. 251. — vespertaria Borkh. *225. — marginepunctata Goeze. * 252. — . fluctuata L. 226. - — remutaria Hb. 253. — montanata Borkh. *227. ornata Scop. 254. — ferrugata L. und var. 228. — fumata T. unidentaria Hw. 229. — adversata L. 255. — suffumata Hb. 230. — immorata L. * 256. — vittata Borkh. 231. — immut ata L. * 257. — dilutata Borkh. 232. — spec. Ein zu sehr ab¬ * 258. — sociata Borkh. geflogenes Stück, um es mit 259. — rivata Hbn. Sicherheit bestimmen zu können. *260. — albicillata L. 238. Pellonia vibicaria E. 261. — hastata L. 234. limandra amataria L. 262. — tristata L. 235. Zonosoma pendularia. L. 263 ■ — ■ bilineata L. 236. — linearia Hb. 264. — trifasciata Borkh. 237. Geometra papilionaria L. Häufig. * 26' . — corylata Tuiinb. 266. Eupithecia subfulvata Haw- {oxy- JPhytometridae. data Tr.) Diagnose 238. Lythria purpuraria L. nicht ganz sicher. 239. Anaitis plagiata L. 267. — spec. Zu sehr ab¬ *240. Lithrostege farinata Huen. geflogen. 10 173 Anlage E. Zur Ornis der Elbinger Höhe. Von Fritz Braun- Dan zig. Die letzten Jahre brachten für unsere Heimatprovinz Westpreußen nur eine kleine Zahl ornithologischer Aufsätze. Das geringfügige Material hat zu Verfassern Herrn Oberlehrer IBARTH-Danzig (in den „Ornitliologischen Monats¬ berichten“), Herrn Dr. HENRici-Elbing (Monatsschrift des Vereins zum Schutze der Vogelwelt) und den Schreiber dieser Zeilen (in den „Ornithologischen Monatsberichten“, z. Th. auch in der „Gefiederten Welt“). Während die zuerst Genannten sich darauf beschränkten, besonders auf¬ fällige ornithologische Begebenheiten mitzutheilen, strebte ich immer danach, kleine Gebiete der Provinz umfassender zu behandeln und so zu zeigen, wie verschiedenartig die westpreußische Ornis sich in den einzelnen Gebieten zu¬ sammensetzt. Derartig schilderte ich bisher die Umgebung der Provinzial¬ hauptstadt Danzig und noch neuerdings (Mai-Juni 1900) das Flußthal der Drewenz. Wer in Westpreußen Ornithologie treibt, stellt sich dabei wohl am besten auf den Standpunkt des Thiergeographen und sucht die vielfachen Beziehungen zwischen Bodenform und Pflanzendecke einerseits und den Vögeln andererseits aufzuklären. Nur so wird es ihm möglich werden, durch seine Beobachtungen zu einer befreienden Erkenntniß durchzudringen; die isolirte Anführung — zumeist doch nur verflogener — Fremdlinge vermag einer erkenntnißmäßigen Beherrschung unseres Stoffes nur sehr wenig zu nützen. Seit geraumer Zeit habe ich unter den Passerinen vor allem die Familie der Ammern und neben diesen den Girlitz, diesen Neuling unserer Ornis, beständig im Auge behalten. Wer sich den Emberizidae und dem Fringilla serinus widmet, schreibt bei der Aufzeichnung seiner Beobachtungen zugleich ein Stück Zeitgeschichte der westpreußi sehen Ornis. Die Verbreitung der Ammern in unserer Heimat ändert sich noch immer von Jahr zu Jahr. Emberiza miliaria und E. hortulana dringen von Süden her vor und theilen jene Gaue, in denen bisher nur vereinzelte Vorposten standen, immer mehr unter sich auf. Bei diesem Vorrücken der südöstlichen Ammern blüht unserer heimischen Emberiza citrinella ein sehr verschiedenes Loos. In manchen Gegenden erhält sie sich trotz Emberiza miliaria und E. hortulana in kaum verminderter Individuenzahl, so daß man überzeugt sein kann, daß jedes vorhandene Goldammerrevier mit einem Pärchen dieser Art 1 174 besetzt ist. Beinahe so günstig für die Goldammer liegen die Dinge z. B. bei Neumark Wpr. An anderen Orten sind in einen Theil der vorhandenen Gold¬ ammerreviere Grau- und Gartenammern eingerückt, die sieb jedoch mit der altheimischen Art in Frieden abzufinden scheinen. In dieser Art ging die Zahl der Goldammern z. B. in einem großen Theil der Weichselwerder ganz auffällig zurück. An anderen Orten hat Emberiza citrinella der stärkeren Emberiza miliaria das flache Feld völlig eingeräumt, um sich nunmehr mit Feldgehölzen und Waldstrecken zu begnügen, in denen die fast baumfeindlichen , Grauammern nicht siedeln mögen. Dabei wird sich der aufmerksame Beobachter der Wahrnehmung nicht ver¬ schließen können, daß die Goldammer immer mehr und mehr Waldvogel wird und nur noch den dichten, forstgerechten, dunkeln Hochwald meidet, so daß man fast versucht ist, für die Goldammer den neuen Vulgärnameu Waldammer in Vorschlag zu bringen, der im Lauf der Ammerngenerationen sicher immer mehr Berechtigung erhalten wird. Jedenfalls muß man die Grauammer als einen Kulturfolger ansprechen, doch soll man zugleich anscheinend paradox behaupten, daß ihr ebenso wie der Alavda crisiata vor allem die durch kulturelle Bemühungen vorübergehend geschaffene Unkultur zusagt. In sandigem Neuland eben erst angelegte Wege und Chausseen, staubige Heerstraßen mit eben erst gepflanzten Alleebäumchen, die noch Besenstielen ähnlicher sehen als schattenspendenden Bäumen, das sind Lieblingsrevierc der Emberiza 'miliaria, die darin der Haubenlerche wunderbar gleicht. Wachsen die Bäume höher heran, wölben sich ihre lau¬ bigen Kronen dichter und schattiger, so wird es dem Fremdling in dem ver¬ änderten Gebiet ungemüthlich, er zieht weiter in das schattenlose, oflene Neuland hinaus und überläßt seine Wohnstätten der Gartenammer und der ehemals verdrängten Goldammer. Gerade aus diesem Grunde verlangen die Ammern unsere besondere Theil- nahme. Wer heute an einer beliebigen Chaussee alle Ammerreviere von Emberiza miliaria besetzt findet, wird sich nach einigen Dezennien von Unkundigen vielleicht den scheelen Vorwurf gefallen lassen müssen, er sei ein ganz unglaubwürdiger Beobachter. Sein Gegner begreift dann eben nicht, daß die organische Natur unserer Heimat dem Wechsel, der Veränderung unter¬ worfen ist, daß auch die leichtbeschwingten Kinder der Lüfte nach bestimmten Gesetzen kommen und gehen, Gesetzeu, deren — zwar lückenhafte und unvoll¬ kommene — Kenntniß dem suchenden Menschengeiste wohl vergönnt ist. Neben den Ammern richtete ich meine Aufmerksamkeit, wie oben bemerkt, vor allem auf den kleinen Girlitz, Fringilla serinus. Zeigten jene Ammern sich dem suchenden Blick des Forschers in immer anderer Verthcilung, so konnte Fringilla serinus überhaupt erst inder letztenZeit in unserer Provinz bemerkt werden und zwar in der näheren Umgebung ihrer Hauptstadt. Hier siedelt er jetzt stellenweise so dicht bei einander, daß an eine engere Auftheilung der Brutreviere kaum gedacht werden kann. An einem schönen Frülilings- s 175 und Sommertage kann man unmöglich von Danzig nach dem stillen Jäschken- thal gelangen, ohne immer wieder und wieder die klirrende Strophe des neuen Mitbürgers zu vernehmen. Bei schweigsameren Vögeln wird es oft thatsächlich unmöglich sein, von einer bestimmten Species kategorisch zu behaupten, sie käme in einem größeren Gebiete nicht vor. Für den Gir itz gilt dies nicht; wo er sich ansiedelt, macht er sich auch bemerkbar, man kann ihn in einem Park ebenso wenig übersehen, wie die Schwalben in einem Dorf. Nun stand es bei mir schon längst fest, daß nächst Danzig das östlichere Elbing dem Girlitz die wohnlichste Stätte bieten müßte. Hier fände das Vögelchen dieselben Lebensbedingungen, weite Parkanlagen mit uralten Bäumen, die durch schattige Chausseen mit einander verbunden sind, und freundliche, hainartige Gärten am Bande des höher aufragenden, sonnendurch¬ leuchteten Buchenwaldes. Mehrere Male fragte ich bei Dr. Henrici nach dem Girlitz an, aber der aufmerksame Beobachter vermied es schier absichtlich, auf diese Species einzugehen, wahrscheinlich, weil er einen doch möglichen Irrtum befürchtete und aus diesem Grunde eine bestimmte Beantwortung meiner Fragen vermeiden wollte Bei dieser Sachlage kam es mir sehr erwünscht, daß Herr Dr. Lakowitz mich fragte, ob ich geneigt wäre, durch eine Reise im Aufträge des West¬ preußischen Botanisch-ZoologischenVereins zur Klärung irgend einer Angelegen¬ heit unserer heimischen Ornis beizutragen. Nicht ganz leicht war es jedoch, die Zeit für diese Reise bereit zu stellen. Bis zum Ende des Juni hielten mich Berufspflichten in Neumark fest, und als ich zu den Ferien nach Danzig heimkehrte, erheischte meine bevorstehende Uebersiedelung nach Konstantinopel noch manche Besorgung, das unbeständige Wetter brachte lästige Erkältungen, und erst am 15. Juli konnte ich den Elbinger Bergen zustreben, um die so lange aufgeschobene Arbeit zu beginnen. Die lange Verzögerung der Reise war nun nicht ganz unbedenklich. Der Feldornithologe arbeitet am meisten und zuverlässigsten mit dem Gehör; er erkennt die Arten an ihren Gesängen, stellt die verborgenen, tief versteckten Species an ihren specifischen Rufen fest. Deshalb können ornithologische Studienreisen mit einiger Aussicht auf Erfolg nur während der Gesangszeit der Vogelarten unternommen werden. Diese Periode schließt für die meisten Arten nicht wie in den Büchern der Stubenornithologen mit der Sommer- Sonnenwende, sondern eher schon mit der letzten Dämmerungsnacht. Man sollte sich besser überhaupt davor hüten, eineu bestimmten Tag als Ende der Gesangszeit zu bezeichnen, denn die Dauer derselben ist fast in jedem Jahre bei jedem Vogel eine verschiedene und läßt sich ebenso wie die Dauer der Brunst, von der sie ja zumeist abhängt, nicht nach Stunde und Minute be¬ stimmen. Ist das Frühjahr kalt und trübe, treten — wie im heurigen Sommer — noch während der Brunstzeit regnerische Wochen ein, so kann 3 176 man das Ende der Gesangszeit unserer eigentlichen Friihlingssänger noch viel weiter hinausrücken. Diese Gedanken trösteten mich daher auch, als ich zu Beginn der Ferien in Danzig Tag um Tag verstreichen lassen mußte. Meine Berechnung hat mich nicht getäuscht. Als ich am 15. Juli endlich in den Elbinger Gau ein¬ zog', hallten noch Wald und Feld wieder von den Liedern der nach langer Regenzeit neu ermunterten Vögel, tönte über die waldigen Thäler am Haff noch der schallende Ruf des Kuckucks und des Pirols markiges Liebeslied. Von besonderer Wichtigkeit war auch die Wahl meines Standquartiers. Ich hatte es zur Genüge erfahren, daß es sich bei ornithologischen Streif¬ zügen sehr wenig empfiehlt, allnächtlich an anderer Stelle zu weilen und das Land eilends zu durchhasten. Einem vorgefaßten Programm zu Liebe kommen dabei oft recht interessante Gebiete viel zu kurz, während der Wanderer weite Wegstrecken zurücklegen muß, die er gern ganz vermiede. Bei der Wahl dieses Standquartiers mußte die Natur der Elbinger Höhe gebührlich berücksichtigt werden. Steil und schroff steigt dieses kleine Gebirge vom Haff¬ ufer empor; murmelnde Bäche eilen in tief eingeschnittenen, mäanderhaft ge¬ krümmten Schluchten der Küste zu, und Hänge und Höhen decken ragender Hochwald oder wohlbestellte Fruchtfolder, durch die sich mit Gebüsch um¬ rahmte Wege entlang ziehen. Je weiter man nach Osten kommt, desto weiter werden die Blößen, und anstatt der herrlichen Rothbuchen bilden Kiefern die kleineren Waldbestände, bis jenseits der Ostbahn die südliche Höhe, die baltische Seenplatte, beginnt, um sich bis zu den fast 1200 Fuß hohen Mlawacr Bergen in ständiger, oft unmerklicher Steigung emporzurecken. Bei dieser Beschaffenheit des Landes mußte mein Quartier so liegen, daß ich von ihm das Ufer des Haffs, zusammenhängende Laubwälder und weite Blößen nicht allzu schwer erreichen konnte. Da ich nun die nähere Um¬ gebung Elbings — des Fringilla serinus wegen — - von der Stadt selbst durch¬ streifen wollte, so schien das Dorf Dörbeck den genannten Bedingungen am besten zu entsprechen. Deshalb beschloß ich denn, mich dort einzuquartieren, ein Entschluß, den ich später nicht bereuen sollte, denn die entsetzlichen Stechmücken, die mich allnächtlich auf das furchtbarste peinigten, hätten wohl auch anderswo ihr leidiges Werk vollbracht. Um vor allem die Ammernbestände der Höhe kennen zu lernen, legte ich folgende Wegstrecken zurück: Sonntag, den 15. Juli, vormittags: Elbing — Vogelsang — Damerau — Geizhals¬ see — Hirschkrug; nachmittags: Streifzüge durch den Rakauer Wald. Montag, vormittags: Hirschkrug — Neu Panklau — Lenzen — Cadinen u. zurück; nachmittags: Hirschkrug — Dörbeck— Groß Steinort und zurück. Dienstag: Streifzüge durch den Rakauer Wald. Mittwoch, vormittags: Hirschkrug — Rakau — Baumgart— Trunz — Königs- Ei gen — Behrendshagen — Eggerts Wüsten — Hirschkrug; nachmittags: 4 Hirschkrug — Dörbecker Schweiz — Reimannsfelde — Dörbeck — Hirschkrug; abends: Wald in Richtung auf Rehberg. Donnerstag, vormittags: Hirschkrug — Rehberg — Lenzen — Hirschkrug; nachmittags: Hirschkrug — Schönwalde — Koggenhöfen — Geysmerode — Groß Röbern — Groß Wogenab — Groß Steinort — Dörbeck — Hirschkrug. Freitag, vormittags: Rehberger und Rakauer Forst; nachmittags: Dör¬ becker Schweiz. Sonnabend, vormittags: Rehberger und Rakauer Forst; nachmittags: Elbinger Weichbild. Yon Sonntag ab weilte ich bis Montag Abend in Elbing selber und wid¬ mete mich der Suche nach Fringilla serinus. Auf den Wanderungen, die ich vom Hirschkruge aus unternahm, ergab sich, daß Emberiza miliaria auf den Blößen von Trunz am häufigsten siedelt, Emberiza citrinella dagegen in diesem Gebiet sehr selten ist. Während z. B. auf den Wegstrecken am Sonntag neben unzähligen Goldammern keine, am Montag nur eine Grauammer sich sehen und hören ließ, zeigten sich am Mittwoch auf der Trunzer Feldmark recht zahlreiche Grauammern, dagegen keine einzige E. citrinella. Die Grauammer scheint auch hier von Süden, Südosten und Südwesten her vorzudringen, sobald die Waldlichtungen groß genug sind, um ihr zu genügen. Waldstrecken und hohe, waldartige Gärten und Parks scheinen auf sie fast eine verscheuchende Fern Wirkung auszuüben; im allgemeinen hält sie sich wohl 700—1000 m von den Wäldern fern und überläßt diesen Bann¬ kreis der Emberiza citrinella. So ist E. miliaria in der Umgegend von Elbing, namentlich bei Pangritz Colonie, recht häufig, fehlt jedoch in dem Vogelsanger Revier, bei Sanssouci u. s. w., so gänzlich, daß es mir am Sonntag, den 15. Juli, möglich wurde, diese Gebiete zu durchwandern, ohne eine einzige Grauammer zu bemerken. Ehe die Blößen breite Zugänge erhalten haben, werden sie von der Grau¬ ammer völlig gemieden, bleiben sie ganz und gar der Emberiza citrinella über¬ lassen. Rückt später die größere Base in sie ein, so flüchtet sich die Gold¬ ammer in die Nähe der Wälder und quartiert sich auch schlecht und recht in der Forst selber ein, doch siedelt sie nur dort, wo besonnte Bodenstrecken mit Unterholz vorhanden sind. Dabei ist es ihr völlig gleichgültig, wie weit diese Strecken vom Waldrande entfernt sind, ebenso auch, ob die Bestände aus Laub- oder Nadelholz bestehen. Zumeist entsprechen die Wälder der Elbinger Höhe den Ansprüchen der Emberiza citrinella . Ein großer Theil des Waldes (z. B. die Bestände bei Koggenhöfen, Geysmerode, Dörbeck) ist im Privatbesitz und durchaus nicht schulgerecht durchforstet, so daß die verschiedensten Jahrgänge auf demselben Boden emporstreben und breite Lücken die Sonnenstrahlen bis auf den Waldboden gleiten lassen, wo sich ihnen Gesträuch und Gestrüpp freudig entgegenreckt. r. 12 178 Eine Gartenammer vermochte ich — vielleicht ist’s Znfall — weder zu sehen noch zu hören. Wenn damit ihr völliges Fehlen auch keineswegs be¬ wiesen ist, so ist sie doch sicher sehr selten, weit seltener als in Pommerellen, in den Weichselwerdern und vor allem im Südosten unserer Provinz. ,, Emberiza hortulana ist hier augenscheinlich die häufigste Ammer“, schrieb mir Dr. Henrici noch neulich aus Soldau; bei Neumark Wpr., fand ich sie allerorten, und im Danziger Werder wenigstens hier und dort. Ueberall scheint Emberiza hortulana im Gefolge von E. miliaria bei uns vorzurücken und hinter dieser von Südosten her in die Provinz einzuziehen. Die Chausseen, von denen Emberiza miliaria ihre goldbrüstige Base verdrängte, werden später, wenn die Alleebäume dichter und schattiger wurden, von ihr wieder an E. hortulana überlassen. Bezüglich der sonstigen Ornis wurde ich von der Elbinger Höhe eigent¬ lich enttäuscht, weniger was die Individuen-, als was die Artenzahl angeht. Die Arten der Steppe sind hier wenig vertreten. Pratincola rubetra, dessen Junge mich vor kurzem am Weichseldamm bei Dirschau begleiteten, bekam ich nur in der nächsten Umgebung von Elbing zu Gesicht, völlig fehlten Motacilla flava und die Anthus- Arten; auch Alauda cristata war auf¬ fällig selten. Selbstverständlich gelten diese Angaben nur für die Elbinger Höhe; in der Niederung sind die genannten Arten wohl sicher vertreten. Einige Lichtungen sind nicht nur an Arten, sondern auch an Individuen auffällig arm. Der Grund dafür ist wohl in dem massenhaften Auftreten von Lanius collurio zu suchen; ich habe den rothrückigen Würger noch nirgends so oft gefunden, wie gerade im Elbinger Gau. Im Buschwald, im Feldgehölz, im trockenen Reisig neben der Kätlmerhütte, überall hauste Lanius collurio, und an seiner Keckheit sah man sogleich, daß er nirgends verfolgt wurde. Der Elbinger ornithologi sehe Verein könnte sich durch starke Ver¬ minderung sein es Bestandes (Y5 wäre reichlich genug) ein dauerndes Verdienst um die Vogelwelt seiner schönen Heimat erwerben. Die Charaktervögel des Waldes sind Fringilla coelebs , Emberiza citrinella , Sylvia rufa, Sylvia fitis und Lusciola rubecola. Immerhin ist man wohl leicht geneigt, die Häufigkeit des Weidenlaub vogels zu überschätzen, denn bei seinem weithin schallenden Ruf verliert man den Ton auch bei weiter Reviertlieilung niemals aus dem Ohre. S. fitis siedelt zwischen dem Hirschkrug und Rakau überaus häufig und ist dort mindestens ebenso zahl¬ reich wie Fringilla coelebs ; an demselben Orte vernahm ich auch die schwirrende Strophe von S. sibilatrix , die hier seltener zu sein scheint, als in den Wäldern bei Neumark. Von Lusciola rubecola hörte ich bei Rakau einige gute Wipfelsänger. Der Volksmund scheint mit diesem Namen das richtige getroffen zu habeu. Die lauten Sänger fand ich stets im Hochwald, ein Männchen sang in der Krone einer hohen, freistehenden Birke. In solchem Revier, wo die Entfernungen zwischen den konkurrirenden Männchen größer sind, wo Fringilla coelebs und Sylvia fitis ihre lauten Lieder ertönen lassen, 0 179 muß auch das Rothkehtchen entschieden lauter singen, um sich verständlich zu machen. Erfreulich ist überall die große, stellenweise überraschend große Zahl von Sylvien (nur Sylvia hypolais ist nicht so häufig wie im Süden und Westen der Provinz), denen die Wälder aus demselben Grunde wie der Goldammer sehr Zusagen. Sylvia hortensis ist auch hier echter Waldvogel; mindestens ebenso häufig ist an manchen Plätzen Sylvia atricapilla, die in den Gründen der Dörbecker Schweiz in sehr enger Revierauftheilung vorkommt. S. cinerea belebt die Feldhecken mit ihrer kurzen Weise, und im Brombeergebüsch an den Wegen nistet S. curruca. Bei dem Hirschkrug fand ich diese kleinste, liebliche Grasmücke in großer Menge; allerdings fehlte dort auch der garstige Lanius collurio, der recht eigentliche Würger der zarten Grasmücken. Von Drosseln sah und hörte ich Turdus mtisicus, vernahm ich die Stimme von T. merula ; die eigentlichen Waldsänger sind hier aber nicht die Drosseln, sondern, wie schon gesagt, Bachfink, Fitis, Sylvien, Rothkehlchen und der emsige Zilpzalp, der kleine Weidenlaubvogel. Oriolus yalbula und Cuculus canorus belebten überall die prächtigen Wälder mit ihren Rufen, und aus dunkleren Beständen ließ recht oft auch Columba palumbus ihr geheimnißvolles Rucksen hören. Von Meisen fand ich im Hochwald Parus major und P. coeruleus (selbst tief innen in der Forst), P. palustris sah ich öfter in den Büschen am Wege nach Nahrung suchen, Parus ater hörte und sah ich recht selten, P. cauclatus und P. cris- tatus nahm ich gar nicht wahr. Wie Parus coeruleus traf ich auffälliger Weise auch Fringilla cannabina mitten im Walde in halbhohen Schlägen; weiter im Süden ist er recht eigent¬ licher Dorf- und Feldvogel. Allerdings fehlt er diesen Stätten auch hier nicht und an geeigneten Orten, wie namentlich den buschigen Uferhöhen des Haffs, in dessen schilfigen Strandlachen Acrocephalus streperus und A. arundina- ceus siedeln, leistet ihm Fringilla carduelis gute Gesellschaft. Fringilla chloris ist hier wie anderswo noch der häufigste Fink des freieren Landes. Im Allge¬ meinen ist um Elbing herum der Buchfink viel häufiger, die anderen Finken aber seltener als weiter im Süden, im schönen Oberland und bei Neumark Wcstpr., das ich neulich zusammenhängend schildern konnte. Auf den weiten, vom Gesänge der Alauda arvensis beherrschten Blößen treiben Schaaren von Sturnus vulgaris ihr Wesen, und neben Corvus corax , doch stets gesondert von dieser, zeigten sich Flüge von Corvus corone. In der Nähe der Dörfer traf ich recht oft Muscicapa grisola auf Pfählen und Zäunen. Recht oft begegnete ich auch Motacilla alba , zumeist in Familien mit diesjährigen Jungen. Nur selten ließ sich dagegen Crex pratensis hören. Die schmucken Rebhühner hatten ihre jungen Völker (vielleicht der Heuernte wegen?) zumeist in den Buschwald geführt. Im Unterwalde überraschte ich auf grasigem Wege, der den Schall der Tritte dämpfte, im Busch eine ganze Familie, die sich in der Mittagsgluth sonnte. Es währte geraume Zeit, bis 12* 7 180 die vom Schreck gelähmten Eltern (ihre eigentümlichen Bewegungen in solchen Augenblicken sind, wie bei den Grasmücken, sicher die Folge von Schreck¬ lähmung, aber nicht von Ueberlegung) die kaum brusthohen Büsche zu Seiten des Weges überfliegen konnten, sodaß ich das Weibchen mit Leichtigkeit hätte fangen können. Piciclae kamen mir auffallend selten zu Gesicht, Sitta europaea gar nicht. Auf meine Frage, ob der Schwarzspecht in den Rehbergen vorhanden sei, erwiderte mir ein biederer Förster „Massig!“ Diese zugleich viel und zuviel sagende Antwort hielt mich davon zurück, den Mann im grünen Rock um weitere, überraschende Auskunft anzugehen; immerhin mögen einige Schwarz¬ spechte in den prächtigen Hochwaldrevieren siedeln. Pica rustica ist mir auf meinen Wanderungen garnicht begegnet, ein Zeichen, daß sie in unserem Gebiet nur sehr sporadisch vertreten sein kann; die kreischende Stimme und das bauchrednerische Getön des Eichelhähers habe ich zwar wiederholt ver¬ nommen, doch scheint auch dieser schädliche Gesell nirgends so häufig zu sein, um den Vogelbestand irgendwie zu gefährden. Fassen wir diese Betrachtungen zusammen, «so ergiebt sich, daß nament¬ lich der Nordwesten der Elbinger Höhe, der Theil zwischen dem langen Wald¬ streifen Vogelsang — Cadinen, auffällig arm an Steppenvögeln ist, deren Ver¬ treter hier nur als vereinzelte Pioniere auftreten und wenig Einfluß auf die Zusammensetzung der Ornis erlangt haben. Die Elbinger Höhe ist dagegen ein klassisches Gebiet für die verschiedenen Sylvien (neben den Weichsel- auen, die auch zum Studium der Acrocephaliden einladen), gerade so wie das Elbinger Oberland der Finken- und die Drewenzlandschaft der Ammerngau unserer Provinz ist. Die wichtigste Aufgabe für den Vogelschutz unserer Elbinger Berge ist die Vernichtung oder wenigstens starke Verminderung von Lanius collurio, dessen schädliche Einwirkung auf die übrige Vogel weit sich hier Ort für Ort nachweisen läßt. Die Vogelwelt der unmittelbaren Umgebung Elbings ist die landläufige Ornis gartenreicher Auen und unterscheidet sich darin kaum von derjenigen Danzigs, nur daß bei dem großen Gartenreichthum der Stadt Elbing hier viele Arten tiefer in den eigentlichen Stadtbezirk eindringen. Während ich bezüglich der Ammern ein positives Resultat mittheilen konnte, bin ich beim Girlitz nicht so glücklich daran. Trotzdem ich die dem Anschein nach günstigsten Gebiete, so namentlich das Gelände zwischen Elbing und Vogelsang immer wieder ab¬ suchte und zwar bei einer Witterung, bei der kein Girlitzmännchen schweigt, konnte ich keinen der gelbgrünen Fremdlinge finden. Deshalb kann ich wohl getrost (auch gestützt auf Dr. Henrici’s Wahrnehmungen) das Urtheil aus¬ sprechen, daß der Girlitz bei Elbing noch fehlt, jedenfalls nicht in dem Sinne wie bei Danzig Brutvogel geworden ist. Immerhin möchte ich dieses jedoch nicht tliun, ohne auch fürderhin die Aufmerksamkeit der Beobachter gerade in dieser Frage auf das Elbinger Gelände zu richten. Noch heute bin ich überzeugt, daß das Einrücken des Girlitzes in die Haine zwischen Elbing und 8 181 Vogelsaug nur eine Frage der Zeit, vielleicht gar nicht einmal von vielen Jahren, ist, so daß sich aufmerksame Beobachtung durch erfreuliche Ent¬ deckungen wohl lohnen dürfte. Können diese Beobachtungen nun auch durchaus nicht den Anspruch auf lückenlose Vollständigkeit machen — dazu gehören Jahre — , so hat es sich doch wohl verlohnt, die Elbinger Berge auf ca. 150 km kreuz und quer aufmerksam zu durchstreifen und dem Vogelfreunde zu berichten, wie diese Gegenden sich dem Wanderei1 darstellen. Den Süden der Stadt, die Niederung und den so hochinteressanten Drausensee konnte ich füglich meiden, weil Dr. FIenrici gerade dieses Gebiet zum Gegenstand seiner Beobachtungen gemacht hat und ich selber auch in der biologischen Kenntniß der Wasser- und Sumpfvögel viel zu sehr Neuling bin, um Resultate erzielen zu können, die der aufge¬ wandten Wegmühen, des Niederschreibens und Lesens werth wären. 182 Die Geschichte des Bergbaus im 19. Jahrhundert. Vortrag, gehalten am 15. Oktober 1900 in der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig von E. TREPTOW-Freiberg i. S. Mit einer Karte und drei Tabellen. Hochansehnliche Versammlung! Gestatten Sie, meine hochzuverehrenden Herren, daß ich zunächst der be¬ sonderen Freude darüber Ausdruck gebe, daß es mir vergönnt ist, den heutigen Abend in Ihrer Mitte zu verleben. Ich stehe tief in Ihrer Schuld, da Sie die große Liebenswürdigkeit hatten, mich schon seit einer Reihe von Jahren zu den Mitgliedern Ihrer Gesellschaft zu zählen. Um so mehr weiß ich es zu schätzen, daß Sie mir heute Gehör schenken und mir auf mein besonderes Arbeitsgebiet, in den Bergbaubetrieb, folgen wollen. Die Geschichte des Bergbaus im 19. Jahrhundert1) ist wesentlich gekenn¬ zeichnet durch die Fortschritte der Technik und durch die Steigerung der Production. Was die letztere betrifft, so ist einmal ein beständiges Anwachsen des Bedarfes und der Erzeugung an denjenigen Rohstoffen des Mineralreiches zu beobachten, welche von früher her bekannt sind. Die neuen Verhältnisse, welche das 19. Jahrhundert im Handel und Verkehr der Völker schuf, ver- anlaßten eine gewaltige Entwickelung der gesammten Industrie und damit einen vielfach gesteigerten Verbrauch der Rohstoffe. Hiermit Hand in Hand geht eine selbst im Zeitalter der großen Ent¬ deckungen nicht in gleichem Maße hervorgetretene geographische Aus¬ breitung des Bergbaus. Denn als Folge derZeit der großen geographischen Entdeckungen wurden im 16. Jahrhundert nur Mexiko und Theile des Westens von Südamerika dem Bergbau erschlossen, erst im 19. Jahrhundert wurden auch Nord-Amerika, der größte Theil Asiens, Australien und endlich der Süden Afrikas dem wissenschaftlichen Bergbaubetriebe zugänglich. Hiermit !) Der vor der Naturforschenden Gesellschaft gehaltene Vortrag ist hier etwas erweitert wiedergegeben. Dementsprechend wurde auch der Titel geändert, der ursprünglich lautete •' Die geographische Ausbreitung und die rroductionssteigerung des Bergbaus im 19. Jahrhundert. l 183 war notli wendigerweise die Verschiebung der Schwerpunkte der Production vieler wichtiger Mineralien und auch oft eine auffallende Preisänderung auf engste verknüpft. Wie der Kaufmann mit seinen Lastschiffen und Handelskarawanen stets ein Pionier der Cultur war, so drang auch der Bergmann, versehen mit Hacke und Spaten, oft der Civilisation vorauseilend in die entlegensten Gebiete der Erde vor, um dem Boden die Schätze des Mineralreiches abzuringen; ich er¬ innere an das massenhafte Zuströmen der Goldgräber nach Californien, Ende der 40er Jahre, an die Goldfelder Australiens, und an das neueste Goldrevier im hohen Norden des westlichen Nordamerika. Dazu kommt, daß die Fortschritte des Hüttenwesens und der chemischen Industrie, welche mit den Errungenschaften der wissen¬ schaftlichen Chemie auf’s innigste Zusammenhängen, die bessere Ausnutzung der früher schon verwendeten Rohstoffe des Mineralreichs ermöglichten, daß aber auch durch Verwendung einer ganzen Reihe früher unbenutzt gelassener Mineralien die Mannigfaltigkeit der Bergbauproduction im 19. Jahr¬ hundert gegen früher ganz wesentlich gesteigert wurde. Die Fortschritte der Bergbautechnik. Die Fortschritte der Bergbautechnik im einzelnen zu schildern, kann nicht das Ziel dieses kurzen Vortrages sein, aber die Hauptsachen mögen kurz berührt werden. Ich möchte zunächst hinweisen auf die mannigfachen Wechsel¬ beziehungen, welche den Bergbau einerseits und die Mineralogie, die Geologie und Lagerstättenlehre andererseits auch im 19. Jahrhundert miteinander ver¬ bunden haben, nachdem die letztgenannten Wissenschaften von der Bergbau¬ kunde in ihrem ursprünglichen Umfange abgetrennt worden waren. Der Berg¬ bau hat außerordentlich viel werthvolle Beobachtungen geliefert, und die Be¬ arbeitung derselben durch Mineralogen und Geologen gab wiederum dem Berg¬ manne wichtige Fingerzeige für die Aufsuchung und Untersuchung der Mineral¬ vorkommen und für die gedeihliche Weiterentwickelung der Gruben. Etwas anders liegen die Beziehungen zwischen Maschinenbau und Bergbau. Noch im 18. Jahrhundert, ja an vielen Orten wesentlich länger, war der Berg¬ mann sein eigener Maschinenbauer, er baute seine Wasserräder und Stangen¬ künste, seine Pferdegöpel und sogar Wassersäulenmaschinen selbst. Erst die allgemeine Ausbreitung und Verwendung der Dampfmaschine hat eine voll¬ ständige Trennung des Maschinenbaus auch auf bergbaulichem Gebiete nöthig gemacht. Heute entwirft der Bergmann seine Maschinen in den Grundzügen, aber die Durcharbeitung der Einzelheiten und die Ausführung überläßt er den Maschinenfabriken. Der Bergbau stellte mit der Zunahme der Förderung und mit dem Vor¬ dringen in größere Tiefen — der neueste Schacht der Tamarakgrube beim Kupferbergbau am Oberen See in den Vereinigten Staaten von Nordamerika o 184 hat z. Z. 1420 m senkreohte Tiefe erreicht und ist damit der tiefste Schacht der Erde — dem Maschinenbau eine Zahl neuer Aufgaben, die der letztere mit Zuhilfenahme seiner vielfachen anderweiten Erfahrungen glücklich löste. Unsere heutigen Schachtförderanlagen, die bei Massenförderung Geschwindig¬ keiten bis zu 20 m in der Sekunde ergeben, mit ihren Stahldrahtseilen, den Fangvorrichtungen und sonstigen Sicherheitsvorkehrungen für die Mannschaftsfahrung, die Wasserhaltungsmaschinen mit den schnelllaufen¬ den Tauchkolben, zum Heben gewaltiger Wassermengen über mehrere hundert m, die Ventilatoren, welche einige Tausend cbm Luft in der Minute durch die Grubenbaue treiben, geben am besten Zeugniß für die erreichten Leistungen. Besonders wichtig für den Bergbau war die Entwickelung der Kraft¬ übertragung in die Tiefe der Gruben. Mit der größeren Ausdehnung der Grubenfelder und mit der Zuhilfenahme von Maschinen bei den Arbeiten des Bergmannes wurde auch eine bequeme Kraftübertragung zur Noth Wendigkeit. Die schwerfälligen Gestänge der früheren Jahrhunderte, ja selbst der Dampf konnte den Ansprüchen des Bergbaus nur in geringem Maße entsprechen. Der letztere wurde für den Betrieb von Maschinen unter Tage nur dann be¬ nutzt, wenn deren Aufstellung unmittelbar am Schachte erfolgte. Dazu kam, daß auch bei guter Umhüllung der Dampfleitungen immer noch eine erheb¬ liche Erwärmung des Schachtes und der Maschinenräume eintrat und die nothwendige Condensation des Abstoßdampfes wegen Wassermaugel oft Schwierigkeiten bereitete. Später wendete man mit sehr gutem Erfolge Preßluft als Uebertragungsmittel an; die Fortieitung derselben durch Rohre auch von kleinerem Querschnitt ist leicht möglich, dazu dient die verbrauchte Preßluft zur Lüftung und wirkt bei der Expansion kühlend. Leider ist der Wirkungsgrad einer Preßluftanlage ein sehr geringer, es können in der Grube nur etwa 20 % derjenigen Kraft nutzbar gemacht werden, die über Tage zur Pressung der Luft aufgewendet wird. Dieses ist der Grund, weshalb man Preßluftübertragung bei großen Maschinen gern vermied, sie war zu theuer. Dagegen wurden kleinere Arbeitsmaschinen, wie Gesteinsbohr- und Schräm¬ maschinen, Haspel für die Förderung, Seilbahnmaschinen, kleinere Pumpen für einzelne Betriebsabtheilungen, sehr vortheilhaft durch Preßluft betrieben. Einen wesentlich günstigeren Wirkungsgrad ergiebt Preß wasserüber- tragung. Dieselbe wurde außer zum Betrieb der BnANDT’schen Gesteins¬ bohrmaschine nur für unterirdisch am Schachte selbst aufgestellte Pumpen verwendet. Rohrleitungen für Preßwasser lassen sich auch bei den hohen an¬ gewandten Drucken von 200 bis 300 Atmosphären in den Dichtungen haltbar hersteilen, aber sie verlangen Schutz gegen äußere Einflüsse. In Grubenbauen, auf welche starker Gebirgsdruck wirkt, würden sich Preßwasserleitungen nicht auf die Dauer dicht halten lassen; dazu kommt die Schwierigkeit der Zurück¬ leitung des verbrauchten Kraftwassers. Diese beiden Gründe sind ausschlag¬ gebend dafür, daß der Betrieb durch Preßwasser in Grubenräumen, die von den Schächten weit entfernt liegen, nur recht selten angewendet wird. 3 Das billigste und für die meisten Fälle bequemste Kraftübertragungsmittel haben uns die letzten 20 Jahre in der Electrici tat gebracht. Der Wirkungs¬ grad ist ein sehr hoher, und der Einbau der Leitungskabel ist außerordentlich einfach. Es wird daher schon jetzt eine erstaunlich große Zahl von unter¬ irdischen Maschinen durch Electricität, betrieben, darunter auch solche von hohem Kraftbedarf, wie große Pumpen und Ventilatoren, aber auch Gesteins¬ bohr- und Schrämmaschinen, Haspel, feststehende Maschinen für Seilförderungen, Locomotiven zur Förderung, viele kleinere Pumpen und Ventilatoren, deren Aufstellungsort oft kilometerweit von den Schächten entfernt ist. Nicht zu unterschätzen ist der Vortheil, daß die Maschinenräume und die Hauptver¬ kehrspunkte unter Tage von der Kraftanlage aus auch beleuchtet werden können. In neuester Zeit geht man mehr und mehr dazu über, auch die Maschinenanlagen über Tage für den Antrieb von einer electrischen Centrale aus einzurichten. Ganz kurz möchte ich noch die allerwichtigsten Neuerungen der Bergbau¬ technik im engeren Sinne streifen. Für die Aufsuchung von Lagerstätten und die Gewinnung von Salzsoole und Erdöl sind die Fortschritte des Tief¬ bohrens von der allergrößten Bedeutung geworden. Die Schnelligkeit und Sicherheit, mit der heute sehr tiefe Bohrlöcher hergestellt werden, ist geradezu erstaunlich. Das bisher tiefste Bohrloch hat der Preußische Staatsfiscus zur Erforschung der Ausdehnung der oberschlesischen Steinkohlenablagerungen in der Nähe von Paruschowitz bis zu 2003 m niederbringen lassen. Bohr¬ löcher von mehr als 1000 m Tiefe gehören heute keineswegs zu den Selten¬ heiten, und was den Zeitbedarf für die Bohrungen betrifft, so braucht man heute nicht einmal soviel Monate als noch in der Mitte des Jahrhunderts Jahre zur Fertigstellung. Sind doch in den letzten Jahren Tiefbohrlöcher von 700 m Tiefe in nur 2 Monaten vollendet worden. Es würde zu weit führen, auch nur die wichtigsten Neuerungen hier nennen zu wollen, nur an die Erfindung der Diamantbohrung durch Leschot in Genf im Jahre 1864 möchte ich hier erinnern und an die großen Fortschritte, die in allerneuester Zeit auch das stoßende Tiefbohren aufzuweisen hat. Damit hängen auf das engste die neuen Verfahren für das Ab teufen von Schächten im stark wasserführenden Gebirge zusammen. Der deutsche Bohrmeister Kind war es, der zuerst im Jahre 1849 die Tiefbohrtechnik auf die Herstellung von Schächten anwendete und dem Belgier Ciiaudron gebührt das Verdienst, den wasserdichten Abbau des abgebohrten, aber noch mit Wasser gefüllten Schachtes in eisernen Ringen im Jahre 1854 (Curvelage) er¬ möglicht zu haben. Einen Begriff von der Großartigkeit der Einrichtungen giebt wohl am besten da3 Gewicht eines Bohrers für einen 4,5 m weiten Schacht, welches etwa 40 000 kg beträgt; und doch pflegen diese Arbeiten glatt von statten zu gehen. Nicht minder kühn im Grundgedanken ist das von Poetscii im Jahre 1883 vorgeschlagene Gefrierverfahren. Der ganze wasserreiche Gebirgskörper, in dem der Schacht abgeteuft werden soll, wird zum Gefrieren gebracht, indem um den Schachtpunkt herum durch die wasser¬ führenden Schichten hindurch eine Anzahl von Röhren eingesenkt und in diesen eine mittelst Kältemaschine immer wieder stark abgekühlte Salzlösung durch eine Druckpumpe in Umlauf versetzt wird. Das Schachtabteufen und der wasser¬ dichte Ausbau des Schachtes gehen dann genau so vor sich, als wenn im festen und trockenen Gebirge abgeteuft wird. Erst nach völliger Fertigstellung des betreffenden Schachttheiles läßt man das Gebirge wieder aufthauen. Auch die Schnelligkeit, mit der die im Bergbau nothwendigen Gesteins¬ arbeiten ausgeführt werden können, hat ganz erheblich zugenommen, dank der Erfindung der Gesteinsbohrmaschi nen im Jahre 1857 (Benutzung durch Sommeiller beim Bau des Mont-Cenis-Tunnels) und der brisanten Sprengstoffe, deren Hauptbestandtheil das zuerst von Nobel im Jahre 1862 als Sprengstoff angewendete Nitroglycerin bildet. Tunnelbau und Bergbau haben von diesen Erfindungen gleich viel Nutzen gezogen. Die höchste Leistung in der Gesteinsarbeit erreichte der im November 1899 verstorbene Ingenieur Brandt beim Bau des Simpl ontunnels, wo vor jedem Arbeitsorte in 24 Stunden 5 bis 6 m Länge im Richtstollen herausgeschossen wurden. Nicht minder bedeutungsvoll waren die Erfolge in der Lüftung (Wetter- wirthschaft) der Gruben, namentlich was die Mengen der zugeführten Luft betrifft und die Ueberwindung der Schwierigkeiten, welche die heimtückischen Feinde des Kohlenbergbaus, die Schlagwetter, der Kohlenstaub und der Grubenbrand, immer wieder bereiteten. Die Erfindung der Sicherheits¬ lampe durch den Engländer Davv i. J. 1815 war der erste Schritt. In¬ zwischen ist die Sicherheitslampe außerordentlich vervollkommnet worden, was Sicherheit, Erhöhung der Leuchtkraft und Bequemlichkeit der Handhabung betrifft. Besonders möchte ich die magnetischen Lampenverschlüsse erwähnen, die das Oeffnen der Lampe in der Grube verhindern und die inneren Zünd¬ vorrichtungen, die ein Wiederanzünden der verlöschten Lampe in geschlossenem Zustande gestatten. Tragbare electrische Lampen haben sich in den Gruben¬ betrieb allgemein noch nicht eingeführt, dagegen leisten sie, zusammen mit den Athmungsap paraten, gute Dienste beim Eindringen in unatliembare Luftarten, die entweder infolge einer Schlagwetterexplosion oder eines Gruben¬ brandes entstehen. Die neuesten Athmungsapparate sind mit einem Behälter für stark comprimirten Sauerstoff' ausgestattet, der dadurch für die Athmung vollständig ausgenutzt wird, daß die ausgeathmete Luft in einem besonderen Gefäße durch Aetzalkalien von der gebildeten Kohlensäure befreit und nach Hinzufügung von Sauerstoff wieder zur Athmung geeignet gemacht wird. Es wird so ein stundenlanges Verweilen in unathembaren Luftarten ermöglicht. Der Kohlenstaub wird durch Zerstäuben von Wasser aus Leitungen, welche die ganze Grube durchziehen, unschädlich gemacht. Selbstverständlich wird bei Anwendung der Sprengarbeit in Schlagwetter¬ gruben mit größter Vorsicht verfahren. Es sind besondere Sprengstoffe (Sicherheitssprengstoffe) angefertigt worden, die bei der Explosion wenig 187 Flamme und Gase von verhältnißmäßig niedriger Temperatur entwickeln; die größte Zahl derselben bestellt aus Ammoniaksalpeter und einem Kohlenstoff- träger, wie z. B. Harz. Die Zündung der Sprengschüsse erfolgt am besten electrisch, es kommt so das Feuer der Zündung mit der Grubenluft nicht in Berührung. Außerdem wird immer nur ein Schuß gezündet, überdies erst nach¬ dem der Kohlenstaub durch zerstäubtes Wasser entfernt worden ist, und nachdem mittels Sicherheitslampe die Abwesenheit von Schlagwettern nach¬ gewiesen wurde. Endlich möchten noch die Fortschritte erwähnt werden, die bei der berg¬ männischen Aufbereitung, d. h. bei der Umarbeitung der Rohproducte zu verkäuflichen Producten erzielt worden sind. Es ist im besonderen die Ein¬ führung selbstthätiger und ununterbrochen arbeitender Apparate etwa seit dem Jahre 1850, welche die Leistungsfähigkeit der modernen Aufbereitungsanstalten bedingt. Ferner ist es von größter Wichtigkeit, daß durch gleichzeitige Ver¬ vollkommnung der Hüttenprozesse auch die Verarbeitung sehr armer Erze lohnend geworden ist. Productions-Steigerung der älteren Bergbauerzeugnisse. Von den Erzeugnissen des Bergbaus linden z. Z. die allgemeinste Be¬ achtung das Gold, als das wichtigste Münzmetall, und dann Eisen und Stahl und die Kohle, als die wesentlichsten Grundlagen jeder gewerblichen Ent¬ wickelung. Ich möchte daher die Productions-Steigerung und die geographische Ausbreitung des Bergbaus an diesen Stoffen näher erläutern, sie bieten zu gleicher Zeit die größten Verschiedenheiten nach Werth, nach dargestellten Mengen und nach dem natürlichen Vorkommen. Während 1 kg Gold den im Weltverkehr festgesetzten Werth von 2786 Mk. hat, kostet 1 kg Eisen am Orte der Herstellung etwa rund 10 Pfennige und 1 kg Steinkohle etwa 1 Pfennig — dabei sehe ich von den jedenfalls vorübergehenden Preis¬ schwankungen des Jahres 1900 ab. In der geographischen Ausbreitung der Bergbaubetriebe auf diese Mineralien kommen die wechselseitigen Beziehungen zwischen Handel und Verkehr, Industrie und Bergbau besonders klar zum Vorschein. Der hohe Werth des Goldes gestattet seine Gewinnung überall auf der Erde, der Goldbergbau überwindet die Schwierigkeiten jedes Klimas, jeder auch noch so ungünstigen geographischen Lage; er ist heute ebensogut möglich als Kleinbetrieb wie als Großbetrieb. Die Darstellung des Eisens, die Gewinnung der Kohlen kann nur als Großindustrie gewinnbringend sein und ist vor allem bedingt durch den Bedarf, damit aber auch durch die geo¬ graphische Lage und die Verkehrsverhältnisse. Die Aenderungen der Goldproduction im letzten Jahrhundert nach Ursprung und Menge möchte ich an der Hand der beigefügten Tabelle erläutern. Sie ist z usammcngestellt nach den Arbeiten der bekannten Statistiker Soetbeer G 188 k> •U to Q 0 <1 Ui O hH rv O u P Ul GD cd *-t P 2 0 3— 1 CD m P P 2 0 p >-t p Pb 5t P W3 CD Ul CD r/? cd CSJ s p" P CD CD o O 0 00 CD üx Ol b 0 0 0 0 0 0 0 Ci 3—4 o* 3b 00 3-4 C/O GO O' 3—4 1 «<4 05 M- L—L ^1 co I 05 co 3—4 3—4 3—4 05 to CO bO 0 “^1 00 05 CO 0 bO CD 1—4 «<] 00 Ci 05 01 CO 00 O 00 05 O C/J 0 CD bO ^4 ^4 Ui 00 —I UI ►b 00 CO 4-^ CD 00 00 00 ^1 Ci OO M- GO 3b ►fl- 1— L 00 3—4 co CD Ol bO 3b to 00 10 01 h-± bO CD to Ql 00 co GO bO to 05 co 00 05 3—4 Qi >b M üi (3 00 0 0 05 3—4 0 - I CD 01 05 — ~1 CO 3-4 3—4 0?i 0 co 0 I—1 0 bO 0 0 C< 05 1—4 ^1 0 05 IO 05 05 M 0 00 CD 0 CI 3b- 0 05 O 05 — I 05 Ci 3—4 00 CD Ul 00 3b M 05 05 3— 1 hfl» CO bO 0 bO 00 05 05 3— *■ bO 3fi» o ►b 00 05 m bO CO 00 bO CR CD f-L 00 CR LC 00 —4 co 0)' OO 00 CD bO -I 00 co 00 CD 05 c« 00 • Ul IC OO 00 CD 0 M O 05 0 bO CD 05 UU 3— 1 00 ui \p* GO CD h^- l\2 CD 3—4' 00 3—4 CO CD c< 05 00 CO 00 O« >— 4 Ul bO 0 ^4 bO CD 00 bO <3. 3b CD CO ^4 tO CR 05 05 CD 00 hP 05 CD bO 3—4 00 CO —4 Ol 00 ro OO 105 05 CD OO 00 -3 ■JJ CD h-^ 00 3b- 05 0 to CO CD CD 0)1 OO 05 co O Ol OO ^4 05 34— 3— *■ 3—4 00 M- O b M- 3— *■ 00 l— . 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Sämmtliche Zahlen geben jährliche Production in kg an, im ersten Theile der Tabelle Mittelwerthe aus je 10 Jahren, dann aus je 5 Jahren, nur für die neueste Zeit sind wirkliche Jahreswerthe eingesetzt. Punkte in den Spalten in dieser und den folgenden Tabellen bedeuten fehlende Angaben über statt¬ gehabte Production oder das Weglassen geringfügiger Production — die be¬ treffenden Mengen sind dann in der untersten Zahlenreihe unter „außerdem“ mit berücksichtigt; Striche in den Spalten bedeuten das gänzliche Fehlen einer Production in dem betreffenden Lande. Im übrigen ist die Tabelle nach den Erdtheilen geordnet. Im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts erzeugt in Europa nur Oesterreich- Ungarn nennenswerthe Mengen an Gold, hauptsächlich aus den bekannten Bergbauen Ungarns und Siebenbürgens; geringe Mengen werden auch in den alten Bergbauen der Tauern, namentlich in der Gegend von Gastein, und von Zeit zu Zeit in dem alten Goldlande Böhmen gewonnen. Die in Oesterreich-Ungarn erzeugten Goldmengen wachsen im Laufe des Jahrhunderts nur ganz allmählich an. Die Production des sonstigen Afrika ist geschätzt; in der ersten Hälfte des Jahrhunderts kommen nur Goldmengen in Betracht, die aus den Niger¬ ländern stammen und durch den Karawanenhandel über die Mittelmeerküsten nach Europa gelangen. Für die neueste Zeit sind auch die in Rhodesien gewonnenen Goldmengen berücksichtigt. Der Schwerpunkt der Golderzeugung liegt in Mittel- und Südamerika. Mexiko, Columbien, Brasilien, Peru, Bolivia und Chile liefern von der Jahresproduction in Höhe von nicht ganz 18000 kg etwa 75 %. Die Production der drei zuletzt genannten Länder ist zusammengefaßt, da im Laufe des Jahrhunderts mehrfache Verschiebungen der Grenzen stattgefunden haben, und infolge dessen eine Trennung schwierig ist; übrigens treten diese Productions-Länder bald anderen, wichtigeren gegenüber zurück. Bei Deutschland fehlen die geringfügigen erzeugten Goldmengen in der ersten Hälfte der Tabelle, sie sind unter „außerdem“ mit berücksichtigt. Es kommen in Deutschland eigentliche Golderze überhaupt nicht vor, und es ergiebt sich daher bei den Hüttenprozessen Gold nur dadurch, daß sich die 0 Soetbeer, Dr. Adolf. Edelmetallproduction u. s. w. Petermann’s Mittheilungen, Ergänzungsheft No. 57. 1879. Hauchecorne. Die gegenwärtige Lage der Edelmetallgewinnung der Erde. Drucksache No. 12 zu den „Verhandlungen der Kommission behufs Erörterung und Maßregeln zur Hebung und Befestigung des Silberwerthes.“ 1894. Rothwell, R. P. The Mineral Industry, its Statistics, Technology and Trade. Jährlich ein Band seit 1892. s 190 geringfügigen Spuren, die z. B. in manchen Schwefel- und Kupferkiesen ent¬ halten sind, schließlich doch sammeln und gewinnen lassen. Später wird dann die Production in Deutschland etwas größer und ist auch in der Tabelle an¬ geführt, da ausländische goldhaltige Erze eingeführt werden und auch die Aufarbeitung goldhaltiger Abfälle der Industrie und von Altgold immer größeren Umfang nimmt. Im 2. Jahrzehnt des Jahrhunderts hat eine wesentliche Aenderung der für das 1. Jahrzehnt maßgebenden Verhältnisse nicht stattgefunden, die Zahlen fehlen daher in der Tabelle. Im 3. Jahrzehnt tritt eine erhebliche Verminderung der Edelmetall- production im spanischen Amerika ein, als Folge der politischen Unruhen, welche die Losreißung der einzelnen Staaten vom Mutterlande mit sich brachte. Die zum ersten Male mit einem größeren Betrage auftretende russische Production (über 3000 kg jährlich) beruht auf dem Beginne des Goldbergbaues am Ural in der Gegend von Beresowsk vom Jahre 1820 ab. Ein Jahrzehnt später beginnt dann auch in West-Sibirien der Goldbergbau. Wenn wir Rußlands Production hier gleich weiter verfolgen, so schwillt dieselbe im 5. Jahrzehnt plötzlich bis auf 22500 kg und dann allmählich weiter bis auf mehr als 50000 kg i. J. 1895 an. Nachdem i. J. 1838 die Goldgewinnung auch in Ost-Sibirien festen Fuß gefaßt hat, breitet sich der Bergbaubetrieb immer mehr aus, er beruht auf der verhältnißmäßig einfachen Gewinnung von Waschgold, welche eine schnelle Productionssteigerung ermöglicht. Die Abnahme der Production gegen das Ende des Jahrhunderts wird darauf zurück¬ zuführen sein, daß durch den Bau der Sibirischen Eisenbahn dem Bergbau die Arbeitskräfte entzogen wurden; eine Erschöpfung der Sibirischen Goldvor¬ kommen dürfte bei ihrer großen Ausdehnung noch auf lange Zeit hinaus kaum in Frage kommen. Im Ganzen sank die Jahresproduction im 3. Jahrzehnt auf den niedrigen Ertrag von 14216 kg. — Im 4. Jahrzehnt fanden wesentliche Aenderungen nicht statt. Erst am Ende der ersten Hälfte des Jahrhunderts treten zwei völlig neue Goldproducenten auf, Californien und Australien, — die Steige¬ rung der russischen und sibirischen Goldausbeute war bereits erwähnt. Es war im Frühjahr 1848, als im American-Fluß in Californien Wasch¬ gold in großen Mengen entdeckt wurde. Ein Goldfieber, wie die Welt es noch nicht gekannt hatte, ergriff nicht nur Nordamerika, sondern machte sich weit darüber hinaus geltend, und eine Flutwelle von Goldgräbern wälzte sich unaufhaltsam westwärts in bis dahin noch fast unbekannte Gegenden. Kurz darauf, im Jahre 1851, wurden die ersten Goldvorkommen in Australien ent¬ deckt, und zwar in Neu-Süd- Wales und Victoria, einige Jahre später in Queensland und auf Neu-Seeland. Es war überall das leicht erreich¬ bare Waschgold, durch dessen Ausbeutung eine bis dahin noch niemals be¬ obachtete Höhe der Production erzielt wurde. Nordamerika und Australien bleiben von dieser Zeit ab vier Jahrzehnte hindurch an der Spitze der gold- 9 191 producirenden Länder. Schon in dem Jahrfünft 1851/55 erreicht die Pro¬ duction der Vereinigten Staaten von Nordamerika die durchschnittliche Höhe von jährlich 88 800 kg und damit vorläufig ihr Maximum, die australische Production steigt auf fast 68000 kg und erreicht schon in dem folgenden Jahr¬ fünft 1855/60 ihr vorläufiges Maximum mit 86 700 kg; damit steigt die jährliche Gesammtproduction an Gold unvermittelt von etwa 55 000 kg auf fast 200 000 kg. Diese Höhe der Goldproduction der Erde bleibt dann nahezu 40 Jahre lang, d. h. bis 1890, die gleiche, trotz mancher Schwankungen im einzelnen. Aller¬ dings bemerkt man in den beiden genannten Goldländern eine beständige, wenn auch allmähliche Abnahme der Goldproduction ; denn die reichsten Gold¬ wäschen waren bald erschöpft, und wenn auch der Betrieb sich immer mehr ausbreitete, so wurden die ursprünglichen hohen Erträge doch / nicht wieder erreicht. Nur langsam ging man zum eigentlichen Bergbaubetrieb über, indem man die Lagerstätten auffand, von denen das Waschgold stammte. Unter den vielen Goldgängen Nordamerikas hat der i. J. 1858 in Nevada, District Washoe, jetzt mit dem Hauptort Virginia, entdeckte Komstock Gang die größte Ausbeute gegeben, es ist wohl die reichste Erzader, die dem Berg¬ bau bisher bescheert wurde. Der Betrieb wurde so energisch in Angriff ge¬ nommen, daß bis zum Jahre 1890 auf diesem Gange die bedeutende senk¬ rechte Tiefe von 1005 m erreicht, für 600 Millionen Mark Gold und für 800 Millionen Mark Silber erzeugt wurden. Auch in Australien ging man im Laufe der Jahre zum eigentlichen Gold¬ bergbau über; als berühmte Lagerstätten mögen hier genannt werden: der Mount Morgan in Queensland, der i. J. 1873 entdeckt wurde, und die eigen¬ artigen Goldvorkommen von Bendigo in Victoria. Am letzteren Orte hat der Bergbau fast 1000 m Tiefe erreicht. Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Goldproduction des Jahres 1885, so ist außer dem bereits erwähnten noch hervorzuheben, daß die Pro- ductionen Deutschlands, Chinas und Venezuelas zum ersten Male beziffert sind, um das Bild zu vervollständigen. Weiter treten als neue Productionsgebiete Britisch Indien und Canada auf; in Mittel- und Südamerika ist die Erzeugung erheblich zurückgegangen. Doch auch in den letzten 10 Jahren des Jahrhunderts ändert sich die Goldproduction noch sehr erheblich. Vor allem fällt beim Vergleich der Hauptsummen deren beständiges Anwachsen auf, eine Erscheinung, die um so unerwarteter eintrat, als die Jahreserzeugung in dem langen Zeiträume von 1851 bis 1890 annähernd auf gleicher Höhe geblieben war. Die Productionssteigerung im letzten Jahrzehnt war wesentlich bedingt durch die Auffindung der berühmten südafrikanischen Goldlagerstätten bei Johannisburg, i. J. 1888, deren Erträge sich außerordentlich schnell steigern. Transvaal ist das erste Land, welches eine Jahresproduction von erheblich mehr als 100 000 kg aufweist. Dazu kommt die Entdeckung der Goldfelder Westaustraliens, i. J. 1889, — die wichtigsten sind Coolgar die und 10 192 Kalgoorli — , wodurch die australische Goldausbeute ein zweites Maximum erreicht und sogar das höchste Ausbringen Transvaals noch übersteigt. End¬ lich sind noch zu erwähnen: das i. J. 1891 aufgefundene Goldfeld von Oripple Creek in Colorado und der Beginn des Betriebes in den Goldfeldern am Yukon -Fluß, i. J. 1896, sowohl auf canadischem Gebiete als auch in dem zu den Vereinigten Staaten gehörigen Territorium Alaska. Der in den letzten Jahren viel genannte Hauptort Dawson City liegt auf der canadischen Seite, am Einfluß des Klondike in den Yukon-Fluß. Canada tritt dadurch in die Zahl der Goldländer 2. Ordnung, während die Vereinigte-Staaten-Pro- duction zum ersten Male i. J. 1899 den Betrag von 100 000 kg übersteigt. Uebrigens stellt die gesammte Golderzeugung des Jahres 1899 im Betrage von 473 000 kg einen Werth von rund 1 324 000 000 Mark dar, nimmt aber nur einen Raum von etwa 25 cbm ein. Nachträglich werden auch — nach der berg- und hüttenmännischen Wochenschrift Essener Glückauf, 1901, S. 103 — die vorläufigen Pro- ductionszahlen für das Jahr 1900 in die Tabelle I eingesetzt. Besonders hervorzuheben ist das Steigen der Production der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika bis auf 118 362 kg. Der Ausfall in der Production Transvaals hat zwar die Gesammtproduction des Jahres 1900 wesentlich beeinflußt, die Erzeugung der übrigen Länder zusammengenommen ist aber gegen 1899 um etwa 12 000 kg gestiegen. Diesen Zahlen gegenüber erscheint es zweckmäßig, daran zu erinnern, daß auch in den Jahrhunderten seit der Entdeckung Amerikas die Goldproduction nur gering war. Die jährliche Production schwankt nach Soetbeer: im 16. Jahrhundert zwischen 6 000 und 8 500 kg im 17. ,, „ 8 300 ,, 10 700 kg im 18. ,, „ 12 800 „ 24 600 kg Von erheblichem Einfluß auf die Steigerung der Goldproduction, wie ich sie in kurzen Umrissen zu schildern versucht habe, war die Vervollkommnung der hüttenmännischen Verfahren, deren hier noch kurz gedacht werden muß. Das in den Sandablagerungen der Flüße (geologisch Seifen genannt) vor¬ kommende Gold findet sich immer gediegen, auch hat die natürliche Ver¬ witterung und die mehrfache Umlagerung der Gesteinsmassen beim Trans¬ port durch das Wasser eine weitgehende Zerkleinerung herbeigeführt, so daß das vorhandene Gold durch einfaches Waschen, zuweilen unter Zuhilfe¬ nahme der Amalgamation, gewonnen werden kann. Seifengold und Waschgold ist daher gleichbedeutend. Das Quecksilber dient zur Ansammlung des Goldes, die Trennung findet später in bekannter Weise durch Ausglühen des Amalgams statt, wobei das Quecksilber wieder gewonnen wird. Auf seinen ursprünglichen Lagerstätten, den Goldgängen und -lagern (für letztere ist das Vorkommen bei Johannisburg das beste Beispiel) kommt das Gold nur nahe der Oberfläche, soweit die natürliche Verwitterung reicht, in gediegenem Zustande vor, auch hier kann die Gewinnung des Goldes, nachdem eine Zerkleinerung der Erze li 193 auf Pochwerken oder Mühlen vorangegangen ist, durch Amalgamation erfolgen. In größeren Tiefen der Lagerstätten kommt jedoch das Gold vererzt vor, namentlich in Form goldhaltiger Schwefelkiese, z. Th. auch als Tellurverbindung. Hier ist die Amalgamation nicht mehr anwendbar. Während früher nur der Schmelzprozeß angewendet werden konnte, hat die moderne Chemie nament¬ lich zwei Verfahren auf nassem Wege ermittelt, durch welche auch sehr arme geschwefelte Erze noch entgoldet werden können, es sind dies das von Plattner in Freiberg im Jahre 1848 angegebene Extractionsverfahren mit Hilfe der Behandlung der Erze durch Chlor und das i. J. 1888 durch Forrest ermittelte Cyanid verfahren, bei dem eine Auflösung des Goldes in Cyan kaliumlauge der wichtigste Vorgang ist. Diese beiden Verfahren haben insofern die Goldgewinnung vollständig umgestaltet, als früher nach Verarbeitung der Seifen und der Freigold-führenden obersten Theile der Goldlagerstätten der Bergbau, wenigstens bei minder reichen Vorkommen, gewöhnlich aufhörte; erst die genannten neuen Extractions¬ methoden gestatten die bergmännische Ausbeutung auch der tieferen Theile der Lagerstätten, selbst dann, wenn die Erze verhältnißmäßig arm sind. Das aus diesen gewonnene Gold nennt man Berggold. Während in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die Hauptmenge des gewonnenen Goldes Waschgold war, hat gegen Ende des Jahrhunderts die Darstellung von Berggold derart- zugenommen, daß nunmehr das Waschgold entschieden zurücktritt. Dazu kommt noch, daß schon im zweiten Viertel des Jahrhunderts die Goldscheidung aus anderen Metallen, aus dem Silber, dem Kupfer und dem Blei, immer mehr ausgebildet wurde. Wenngleich sich die auf diesem Wege gewonnenen Goldmengen schwer beziffern lassen, sind sie garnicht so unbe¬ deutend Es geht das daraus hervor, daß fast alle älteren Silber- und Kupfer¬ münzen so viel Gold enthalten, daß die Scheidung lohnt. Gehen wir weiter zur Entwickelung der Eisenerzeugung in dem abgelaufenen Jahrhundert über. Umstehende Tabelle II giebt die Productionsziffern für den Beginn, die Mitte und das Ende des Jahrhunderts. Die Zahlen für die Jahre 1807 und 1854 sind entnommen aus ,,Die Geschichte des Eisens“ von Dr. Ludwig Beck, 4. Abtheilung, 1899, S. 165 u. 955. Die Production des Jahres 1807 ist zusammengestellt von Heron de Villefosse, diejenige des Jahres 1854 von v. Carnall. Die Ziffern des Jahres 1899 sind wiedergegeben aus Rotiiwell, Mineral Statistics. Die Steigerung der Eisenproduction im Laufe des Jahrhunderts ist noch erheblicher als diejenige der Goldproduction, denn während die letztere etwa dreißigmal größer geworden ist, stieg die Eisenproduction etwa auf das neunzig¬ fache. Für den Anfang des Jahrhunderts fallen die hohen Productionen Großbritanniens und Frankreichs vor Allem auf, dann folgen Rußland, Schweden und Oesterreich-Ungarn, ferner an 6. Stelle Deutschland und dann erst die Vereinigten Staaten. Bei dem Vergleich der französischen und deutschen Production sind allerdings die damaligen nur vorübergehenden Besitzverhält- 13 12 194 Tabelle II. Eisen- und Stahlerzeugung in 1000 metr. t. Länder 1807. 1854. 1899. Eisen °/ /o E isen % Roheisen. Stahl. Roheisen und Stahl. % Deutschland . i) 35 4.6 257 4.5 8 029 6 290 14 319 21. Großbritannien .... 250 33. 3 000 52. 9 454 4 933 14 387 21. Rußland . 84 11. 200 3.5 2 600 1400 4 000 6. Frankreich . 2) 225 30. 600 10. 2 567 1 529 4 096 6. Schweden . 75 10. 4) 155 2.7 524 258 782 1. Oesterreich-Ungarn . . . 50 6.6 225 4. 1300 660 1960 3. Belgien . . 300 5. 1 036 730 1 766 3. Vereinigte Staaten N.-A. 24 3. 1 000 17. 13 839 10 737 24 576 36 5 Ausserdem . 3) 16 1.8 o GO io'' 1.8 1052 583 6) 1 635 2.5 Summe 759 100. 5 817 100. 40 401 27 120 67 521 100. nisse zu berücksichtigen. Frankreich umfaßte, außer Belgien — mit seiner schon damals nicht unbeträchtlichen Eisenproduction - — und Holland, das ge- sammte linke Rheinufer, und auch die Rheinbundstaaten sind von Villefosse hier dazu gerechnet, dementsprechend ist das Gebiet der deutschen Staaten eingeengt, jedoch wurde die Erzeugung des damaligen Königreiches Westfalen hier mit zur deutschen hinzugezogen. Großbritannien steht führend an der Spitze der eisenerzeugenden Länder. Die Entwickelung der Dampfmaschine im Laufe des 18. Jahrhunderts jenseits des Canals, die Durchführung des Eisen- schmelzens mittels Steinkohlenkok, welcher dort bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Holzkohle zu verdrängen beginnt, endlich die eigene hochentwickelte Industrie und die weit ausgedehnten Handelsbeziehungen be¬ dingen diese Stellung, welche bis in die Mitte des Jahrhunderts immer mehr hervortritt. Ebenso entwickelten sich die Dampfeisenbahnen zuerst in Großbritannien, nachdem im Jahre 1829 Stephenson’s Dampfwagen einen so großartigen Er¬ folg errungen hatte. Auch in dieser Hinsicht folgte bekanntlich das europäische Festland erst etwa in 20 Jahren nach. Damit steht im engsten Zusammenhänge, daß Großbritannien — vgl. Tabelle III — in der Mitte des Jahrhunderts 2/3 der gesammten Kohlenförderung liefert. ’) ln den eingeschränkten Grenzen jener Zeit, aber einschl. Königreich Westfalen. 5) in den erweiterten Greuzen jener Zeit, einschl. Belgien, Holland und Rheinbundstaaten. *) Dänemark und Spanien. 4) Schweden und Norwegen. 5 6) Spanien, Italien, Schweiz. 6 ) Spanien, Italien und Canada. 13 195 Auf dem Festlande Europas waren nur in Oberschlesien am Ende des 18. Jahrhunderts Versuche mit dem lvokschmelzen gemacht worden, in allen übrigen Eisenrevieren wurde fast bis zum Ende des ersten Viertels des 19. Jahr¬ hunderts, ja an manchen Orten noch lange darüber hinaus, ausschließlich mit Holzkohle geschmolzen. Doch die höhere Bewerthuug des Holzes, ja der an vielen Orten fühlbare Mangel an Holz, zwingen im Verein mit der immer steigenden Erzeugung mehr und mehr zum Uebergang zum Kokschmelzen, und damit muß nothwendigerweise die Bedeutung derjenigen Länder für die Eisen¬ industrie abnehmen, denen Steinkohlen fehlen, wie das in Schweden und Spanien der Fall ist, Eine hochentwickelte Eisenindustrie ist heute nur dort möglich, wo Eisenerze und Steinkohlen in genügenden Mengen nahe bei ein¬ ander Vorkommen, oder wo, wie in den Vereinigten Staaten, die Transport¬ mittel ganz besonders gut entwickelt sind. Auch ist die Darstellung von Eisen und Stahl z. Z. nur dann gewinnbringend, wenn sehr große Mengen erzeugt werden können und ein entsprechender Bedarf vorhanden ist. Indem ich auf Einzelheiten nicht eingehe, möchte ich nur die folgenden Fortschritte hervorheben, welche für die Entwickelung der Eisenindustrie be¬ sondere Bedeutung erlangt haben: die Widerhitzung beim Hochofenbetrieb, der Ersatz des Schmiedens mit der Hand durch Walzwerk und Dampf¬ hammer; dann die Verfahren von Bessemer im Jahre 1856 und von Gilchrist und Thomas im Jahre 1879, durch welche die directe Erzeugung des Stahles in großen Mengen und auch die Verwendung phosphorsäurereicher Eisenerze ermöglicht wird Während beim BESSEMER-Verfahren nur verhältnißmäßig kleine Menge von Phosphor zulässig sind, die als Brennstoff dienen, verwerthet sogar der basische Prozeß von Gilchrist und Thomas die Phosphorsäure, da dieselbe mit dem basischen Futter der Birne eine Verbindung zu phosphor¬ saurem Kalk eingeht. Bekanntlich sind die Thomasschlacken — gemahlen Thomasmehl genannt — eines der geschätztesten mineralischen Düngemittel (vgl. weiter unten). Die Verwendung des Aluminiums beim Eisenguß und die Legierungen des Mangans, Chroms, Wolframs, Nickelsund Molybdäns mit dem Eisen sind ebenfalls später erwähnt; die Eisenindustrie verdankt in dieser wie in vielen anderen Beziehungen der modernen Chemie außerordentlich viel. Die letzten Spalten der Tabelle II zeigen die derzeitige Vertheilung der Eisen- und Stahlerzeugung auf die einzelnen Länder. Die Vereinigten Staaten stehen danach unbestritten an der ersten Stelle, um die zweite wetteifern z. Z. Deutschland und Großbritannien, dann folgen, jedoch in großem Abstande, Frankreich und Rußland, dann Oesterreich-Ungärn und Belgien, endlich Schweden. Es erhellt hieraus, daß Eisenerzeugung im großen nur in Nordamerika und in Europa stattfindet. Ganz Mittel- und Südamerika, Afrika und Australien besitzen keinen einzigen Hochofen; nur in Asien beginnt, wenn auch sehr spärlich, die neuzeitliche Eisenindustrie festen Fuß zu fassen. Durch den Bau der Sibirischen Eisenbahn sind einige ältere Eisenwerke, z. B. Petrowsk in Transbaikalien, welches übrigens schon seit etwa 100 Jahren besteht, zu größerer Bedeutung 13* 14 196 gelangt, andere sind im Entstehen begriffen. China besitzt seit einigen Jahren ein Stahlwerk bei Hanyang, gelegen am Einflüsse des Han-kiang in den Yang-tsze-kiang, und auch in dem fortschrittlichen Japan ist in der Nähe des Hafenortes Wakamatsu auf der südlichen Insel Kiuschiu ein Stahlwerk mit Namen Yawatamura kürzlich vollendet worden. Außerdem besteht eine eingeborene Eisenindustrie z. B. in den Himalayaländern, in Japan, in manchen Gegenden Afrikas, wie in Deutsch-Togo; die erzeugten Eisenmengen sind jedoch recht unbedeutend. Im übrigen aber wird auf der Erde Roheisen und Stahl ver¬ arbeitet, der aus Europa oder Nordamerika stammt; und an den meisten Orten würde auch eine eingesessene Eisenerzeugung den Wettbewerb des ein¬ geführten Rohmaterials nicht auf die Dauer aushalten können. Die Eisen- erzeugung ist z. Z. noch gebunden an die großen Mittelpunkte gewerblicher Thätigkeit. In ähnlicher Lage befindet sich z. Z. der Bergbau auf mineralische Kohlen, denn auch hier hängt der Bergbaubetrieb nicht nur von dem natürlichen Vorkommen der Kohlen sondern außerdem ganz wesentlich vom Bedarf ab. Ueber den Stand der Erzeugung giebt Tabelle III einen Ueberblick. Ich möchte gleich hier bemerken, daß Braunkohle in bemerkenswerthen Mengen nur in Deutschland und Oesterreich-Ungarn gewonnen wird, im übrigen kommt nur Steinkohle einschließlich Anthracit in Frage. Die Entwickelung des Steinkohlenbergbaus im 19. Jahrhundert läßt sich kurz folgendermaßen schildern: Am Beginn des Jahrhunderts hatte derselbe nur in Großbritannien die Bedeutung einer Großindustrie; namentlich in den Bezirken von Durkam und North umberland, in dem ältesten und auch heute noch wichtigsten Steinkohlenbecken des Inselreiches, wurden bereits jährlich schätzungsweise 2 — 3 Millionen engl, t (1 engl, t = 1016 kg) Steinkohle gefördert. Auf dem Continente gab es an vielen Orten Steinkohlenbergbau, aber der Verbrauch war ein sehr kleiner und nur auf die unmittelbare Umgebung beschränkt, da es an Verkehrsmitteln zur Beförderung großer Mengen fehlte. Für Deutschland wird der Steinkohlenbergbau erst etwa um 1840, für die Vereinigten Staaten von Nordamerika erst von 1850 ab von größerer Bedeutung. Großbritannien steht in der Mitte des 19. Jahrhunderts bezüglich des Steinkohlenbergbaus noch mehr als in der Eisenindustrie als führende Macht da. Wesentlich trug hierzu, außer dem Bedarf der eigenen Industrie, die günstige Lage seiner Steinkohlenbecken unmittelbar am Meere oder an schiffbaren Flüssen und die hierdurch bedingte Möglichkeit des Exportes großer Kohlenmengen bei. Doch auch bezüglich der Steinkohlenförderung änderte sich im Laufe der Jahrzehnte der Antkeil der Länder an der Gesammtproduction. In den letzten zwei Jahren des 19. Jahrhunderts wird Großbritannien, trotzdem sich seine eigene Förderung immer mehr gehoben hat, durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika überflügelt; auf Großbritannien folgt Deutschland, dann — 15 197 Tabelle III. Steinkohlenproduction in 1000 metr. t. 1850.* 1898.**) Länder. 1899.***) Bemerkungen. 1000 t. % 1000 t. °/ /o Deutschland i) . . 5184 8 96 310 16. 101 640 J) ausserdem an Braunkohlen : 1850 1 522 Taus. t. Großbritannien . . . Rußland . 45 328 67 205 287 34. 223 616 1898 31 649 ,, „ 1899 34 000 ,, ,, 52 . 13 000 2. 13 100 Frankreich . 4 434 7 32 356 5. 32 331 Oesterreich-Ungarn2) . 584 12 786 2. 12 694 3) ausserdem an Braunkohlen : 1S50 360 Taus. t. Belgien ...... 5 820 9 22 088 4. 22 072 1898 25 000 „ „ 1899 26 045 „ ., Spanien . 2 467 •0.4 • Japan3) ...... _ _ 6 000 1. 3) Steinkohlengewinnung in euro- päischer Weise seit 1873. Ostindien . — — 4 679 0 8 • Vereinigte Staaten N. A . 5 776 9 198 071 32.3 230 000 Canada . 164 . 3 785 0.6 4 260 Transvaal4) .... _ _ 2 550 0.4 *) Steiukohlengewinnung etwa — — 6 414 1. # seit 1890. Australien . Außerdem . 5) 63 . 6) 3 077 0.5 7) 28 000 5) Spanien, Schweden, Italien. 6) Schweden, Italien. 7) geschätzt: Spanien, Schweden, Italien, Japan, Ostindien, Summe 67 405 100 608 870 100. 667 713 Transvaal, Australien. allerdings in ziemlich weitem Abstande — Frankreich und Belgien , endlich Rußland und Oesterreich-Ungarn. Aber auch außerhalb Europas erblüht der Steinkohlenbergbau überall da, wo die Industrie rege wird, und wo durch Eisenbahnen und Dampferverkehr ein größerer Bedarf an Brennmaterial hervor¬ tritt. So werden erhebliche Mengen an Steinkohlen in Japan und Ostindien, in Sibirien, in Canada, in Transvaal und in Australien gefördert. Die wichtigsten Kohlenfelder Japans1) liegen auf der südlichsten der größeren Inseln, Kiuschiu, die bedeutendste Grube ist Miike, östlich von Nangasaki gelegen, weitere Gruben liegen im nördlichen Theile der Insel im Bezirk Tschikussen, der Ausfuhrhafen ist das schon früher genannte Wakamatsu, in dessen Nähe das neue Stahlwerk erbaut wurde. Auch auf der nördlichsten Insel Jesso findet lebhafter Kohlenbergbau statt, in diesem Kohlenfelde hat die Grube Yubari (auch Yukari geschrieben) die stärkste Förderung. *) R. NaSSE. Die Kohlenvorräthe der europäischen Staaten insbesondere Deutschlands und deren Erschöpfung. Berlin 1893. **) R. P. ROTHWELL. The Mineral Industry. Band VIII. 1899. ***) Nach vorläufigen Notizen des „Essener Glückauf“. 9 Les min es du Japon. Paris 1900. 16 198 In Sibirien1) wurde schon seit etwa 40 Jahren Kohlenbergbau getrieben, zur Versorgung der russischen Kriegsflotte im Stillen Ocean, und zwar bei Dui auf der Insel Sachalin und in der Nähe von Wladiwostok, dem östlichen Endpunkte der Sibirischen Eisenbahn, im südlichen Ussuri-Gebiet. Der Eisenbahnbau hat auch in den übrigen Gebieten Sibiriens die Aufmerksamkeit auf die reichen Kohlenschätze gelenkt. In der Reihe von Westen nach Osten dürften z. Z die folgenden Gruben die wichtigsten sein: die Kohlen von Eskibass-tuss werden auf einer für diesen Zweck erbauten, 100 Werst langen Bahnlinie nach Pawlodar am Irtisch und von dort auf dem Flusse nach Omsk befördert. Das Kohlenrevier von Ku snez liegt etwa 300 Werst südlich von Tomsk, auch hier kann zur Beförderung bis zur sibirischen Bahn der Wasserweg benutzt werden. Nur etwa 50 Werst südöstlich von Tomsk liegen die Kohlengruben von Ssudshenka. Auch in den ausgedehnten Kohlenablagerungen von Krassnojarsk, Hauptbahnstation an der Jenissei, hat der Bergbaubetrieb begonnen. Das z. Z. wichtigste Kohlenrevier Chinas liegt bei Kaiping, nordöstlich von dem jetzt vielgenannten Tientsin, mit dem es auch durch eine Eisenbahn verbunden ist. Im Hinterlande von Kiautschou dürfte nach Richthofen das Kohlenrevier von Wei-hsien nach Vollendung des bereits begonnenen Bahnbaues große Bedeutung erlangen. Die Gesammtsumme der Jahresförderung an Steinkohle auf der Erde i. J. 1900 dürfte mehr als 700 000 000 t betragen. Da es außerordentlich schwer ist, sich von dieser gewaltigen Menge eine klare Vorstellung zu machen, so möchte ich erwähnen, daß diese Kohlenmasse aufgestapelt einen Würfel von etwa 1 km Kantenlänge ergeben würde. Wollte man diese Kohlenmenge in Doppelwagen zu 10 t auf ein Eisenbahn¬ gleis stellen, so würde dasselbe eine Länge von fast 630 000 km erhalten. Da der Erdäquator eine Länge von 40 000 km hat, so würde man die Erde am Aequator fast sechzehnmal mit einem Eisenbahngleis umgürten müssen, um die Kohlenproduction eines Jahres stellen zu können. Die Rechnung läßt sich leicht durchführen : 1 Doppelwagen mit 10 t Ladung hat 9 m Standlänge, 100 „ mit 1 000 t ,, haben 900 m „ 100 000 „ mit 1 000 000 t ,, ,, 900 km ,, und 70 000 000 „ mit 700 000 000 t „ „ 700 X 900 km, d. h. 630 000 km Gleislänge zur Aufstellung nöthig. Die wichtigste Verwendung der Steinkohlen ist immer diejenige zur Er¬ zeugung von Dampf als Kraftquelle für den Maschinenbetrieb gewesen, daneben ist in der gemäßigten Zone der Bedarf an Hausbrandkohle von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Während die Herstellung von Schmelz¬ kok, wie schon erwähnt, in Großbritannien bereits im 18. Jahrhundert aus- 9 Krahmer. Sibirien und die große Sibirische Eisenbahn. 2te Aufl. 1900. (Rußland in Asien, Bd. III). 17 199 gedehnte Anwendung fand, hat sich dieselbe auf dem europäischen Festlande und in Nordamerika erst im 19. Jahrhundert entwickelt. Die Erzeugung von Leuchtgas ist überall erst ein Kind unseres Jahrhunderts. Die beiden zuletzt genannten Industrieen sind noch wegen ihrer Nebenproducte, die sich in großen Mengen ergeben, nämlich Theer und Ammoniakwasser, von Bedeutung. Das letztere findet in der Industrie der Düngemittel als Ammoniumsulfat und in der Sprengmittelindustrie als Ammoniumnitrat aus¬ gedehnte Anwendung. Der Steinkohlentheer ist die Grundlage eines hochentwickelten Zweiges unserer chemischen Industrie geworden, es werden daraus eine ganze Reihe antiseptischer und auch in der Arzeneikunde angewandter Stoffe hergestellt. Das Kreosotöl — namentlich zum Imprägniren von Hölzern angewendet — , Naphthalin, Phenol, Salicylsäure, Antipyrin, Phenacetin, ja auch das Saccharin, welches in vielen Fällen die Stelle des Zuckers vertritt, sind werthvolle Pro- ducte der Theerindustrie. Auch das Benzol muß hier kurz erwähnt werden. Es wird in der chemischen Industrie vielfach als Lösungsmittel für Fette, Gummi u. s. w. verwendet, auch dient es zur Verbesserung des Leuchtgases (Carburirung). Seit 1856 sind durch die Arbeiten der Chemiker A. W. Hofmann und W. H. Perkin die Anilinfarbstoffe bekannt geworden, deren Zahl sich ständig vermehrt hat; auch sie werden aus dem Steinkohlentheer hergestellt. Ja neuerdings "werden die schon im klassischen Alterthume be¬ kannt gewesenen Farbstoffe Ali zarin, das aus der Krappwurzel bereitet wurde, und das Indigoblau künstlich aus den Theerdestillaten gewonnen. Die Ueber- windung der großen technischen Schwierigkeiten bei der Herstellung des künstlichen Indigos gelang der Badischen Anilin- und Sodafabrik i. J. 1897. Der Rückstand bei der Theerdestillation, welcher bei Steigerung der Temperatur bis zu 400 ° C verbleibt, das Hartpech, spielt eine wichtige Rolle bei einem weiteren Zweige der Steinkoldenverwerthung, nämlich bei der Br iketti riing der Feinkohle. Für die Verwertlmng der Magerkohle — der nicht backenden und daher zur Kokdarstellung nicht geeigneten Kohle — ist die Ueberführung in Stückform unter Zuhilfenahme des Hartpechs als Binde¬ mittel von sehr großer Bedeutung. Auch die Brikettirung der erdigen Braunkohle spielt in Deutschland eine wesentliche Rolle. Durch Austreibung des größten Theiles des in der gewonnenen Rohkohle enthaltenen Wassers — bis zu 50 Gewichtsprocent — und durch die starke Zusammenpressung erhöht sich der Brenn werth der Briketts erheblich, sie werden mit Vorliebe in den Haushaltungen verwendet. In Deutschland wurden i. J. 1900 etwa 1700000 t Steinkohlenbriketts und 5000000 t Braunkohlenbriketts hergestellt. Außerdem ist noch das Verschwelen der Braunkohle zur Herstellung von Paraffin und Mineralölen zu erwähnen, welches schon seit 1855 in aus¬ gedehnterem Maße stattßndet. Zur Zeit dürften mehr als 1 Million t jährlich in dieser Industrie verwerthet werden. 18 200 Bezüglich der Productionssteigerung der wichtigsten anderen Bergbau- producte möchte ich mich kürzer fassen und nur diejenigen Bergbaue nennen, welche im Laufe des Jahrhunderts ganz besondere Bedeutung erlangt haben. In der Erzeugung von Silber stehen die Vereinigten Staaten von Nord¬ amerika an erster Stelle, dann folgen Mexiko und Bolivia, ferner Australien, erst an fünfter Stelle Deutschland. Dabei stammt ein nicht unerheblicher Theil unserer Silberproduction aus eingeführten Erzen. Berühmte Silberberg¬ baue der Vereinigten Staaten sind derjenige auf dem Komstock Gang in Nevada, 1858 entdeckt; er wurde schon bei der Besprechung der Goldproduction genannt, da außer den Silbererzen dort auch viel Gold vorkommt, ferner die Lagerstätten von Leadville (deutsch Bleistadt, wegen der in großen Mengen vorkommenden silberhaltigen Bleierze) in Colorado, auf denen 1876 der Betrieb begann. In Mexiko und Bolivia sind es in der Hauptsache eine große Zahl verhältnißmäßig kurzlebiger Bergbaue, welche die erheblichen Silbermengen liefern. Der Bergbau hört in nicht sehr bedeutenden Tiefen auf, da in diesen durch Revolutionen oft heimgesuchten Ländern große Capitalien in Maschinen¬ anlagen nicht gern festgelegt werden, dazu erschwert der Mangel an guter Kohle und an Transportmitteln den maschinellen Betrieb. Durch ihre be¬ deutende Silberproduction von 1870 ab haben besonders die Erzgänge von Caracoles in der Atacama Ruf erlangt, sie allein lieferten von 1871 bis 1876 jährlich etwa 120000 kg Silber. Auch die Grube Huanchaca bei Pulacayo, 4700 m hoch in der bolivianischen Cordillere gelegen, hat eine bedeutende Rolle in der Silbererzeugung gespielt. In Australien ist die berühmteste Silbergrube Broken Hill in Neu-Süd- Wales. Die bedeutendste Kupferproduction haben heute die Vereinigten Staaten von Nordamerika aufzuweisen, sie liefern 3/5 der gesammten Kupfererzeugung der Erde, und zwar hauptsächlich aus zwei Revieren: den am Südufer des Oberen Sees auf der Halbinsel Keweenaw gelegenen Gruben, die seit 1855 wieder in Betrieb genommen worden sind, nachdem aus diesen Lagerstätten bereits in vorgeschichtlicher Zeit die Indianer Nordamerikas das Kupfer für ihre einfachen Geräthe gewonnen hatten, und von Butte in Montana. Dieser Bezirk war schon seit 1877 als Silber und Gold führend bekannt, i. J. 1883 wurden dort auch sehr bedeutende Kupfervorkommen entdeckt. Nächst den Vereinigten Staaten liefert Spanien und zwar aus den be¬ rühmten Gruben von Rio Tinto und Umgebung, die schon den alten Römern bekannt waren, die bedeutendsten Mengen von Kupfer. Dann folgen Chile und Japan. In Chile wurde der Kupferbergbau etwa seit 1855 lebhafter betrieben, wenigstens werden seit diesem Jahre die „Chili bars“ au der Londoner Börse notirt; in Japan datirt ein lebhafter Metallbergbau nach europäischem Muster seit dem Ende der 60 er Jahre, die bedeutensten Kupfer¬ gruben sind Ashio auf der Hauptinsel, nördlich von Tokio gelegen, und Besshi auf der Insel Shikoku. 19 201 In Deutschland liefert bei weitem das meiste Kupfer der altberühmte Mansfelder Bergbau, der im Juni 1890 in Gegenwart Seiner Majestät des Deutschen Kaisers die Feier seines 700 jährigen Bestehens beging. ln Australien, von wo ebenfalls erhebliche Mengen von Kupfer auf den Welt¬ markt kommen, begann der Bergbau auf dieses Metall mit der Entdeckung der berühmten Grube Burra-Burra bei Kuringa in Süd- Australien i. J. 1845. Der Bedarf der Electrotechnik an Kupfer hat die Production außer¬ ordentlich gesteigert, und zwar von etwa 274 000 kg i. J. 1890 auf etwa 477 000 kg i. J. 1899. Dabei ist der Preis, der im Beginn der 90 er Jahre zwischen 90 Pf. und 1 Mk. für 1 kg schwankte, bis auf etwa 1,50 Mk. gestiegen. Die Folge davon ist, daß überall Kupferbergbaue neu in Betrieb genommen werden. Wie hoch entwickelt die deutsche Electrotechnik ist, geht am besten daraus hervor, daß Deutschland i. J. 1899 von den Ländern Europas die größten Mengen an Kupfer verbrauchte, nämlich fast 98 000 kg. Doch ich will mich bezüglich der anderen Metalle etwas kürzer fassen, die berühmten Blei-Bergbaue Lead vi Ile in Colorado und Broken Hill in Neu- Süd-Wales sind unter Silbergewinnung bereits erwähnt werden. Als besonders wichtige neue Bergbaue auf Zinn sind die Insel Billiton (dem schon seit Beginn des 18. Jahrhunderts als Zinninsel bekannten Banka benachbart), nördlich vom Südostende Sumatras gelegen, zu nennen, woselbst die Zinn¬ lagerstätten i. J. 1852 entdeckt wurden, und der Mount Bischoff auf Tasmanien seit dem Jahre 1873. Auch für das Quecksilber sind im ab¬ gelaufenen Jahrhundert eine Reihe neuer Fundorte bekannt geworden. Die wichtigsten sind Neu-Almaden, Neu-Idria und Sulfurbank in Californieu ferner Nikitowka im südlichen Rußland, seit etwa 1888. Dagegen ist der altberühmte südamerikanische Quecksilberbergbau zu Huancavelica in Peru, der große Mengen Quecksilber für die Amalgamation der südamerikanischen Silbererze geliefert hat, im Jahre 1830 verlassen worden. Weit umsicli- greifende Zusammenbrüche der Gruben in Folge des ausgedehnten Weitungs¬ baues gaben hierzu die Veranlassung. Bei Aufzählung der wichtigsten Bergbaue des 19. Jahrhunderts kann end¬ lich das berühmte Kimberley in Süd-Afrika nicht ungenannt bleiben. Im Jahre 1867 wurde dort das Vorkommen von Diamanten im anstehenden Gestein entdeckt, während dieser Edelstein an allen anderen Fundorten lose in Sanden vorkommt. Die Kimberley-Diamanten beherrschen jetzt durch die bekannte De Beers-Compagnie den Diamantenmarkt vollständig. Während hiermit das wichtigste über die Productionssteigerung und die geographische Ausbreitung des Bergbaues auf solche Erzeugnisse, welche bereits beim Beginn des 19. Jahrhunderts in allgemeinerer Benutzung standen, erwähnt sein dürfte, betrachten wir nunmehr: Die neuen Bergbauerzeugnisse des 19. Jahrhunderts. Zu den bereits im Alterthume bekannten 7 Metallen, den Edelmetallen Gold und Silber, dem Quecksilber und den eigentlichen Gebrauchsmetallen 20 202 Kupfer, Eisen und Stahl, Zinn und Blei — wozu noch die Legirungen Bronze und Messing kommen — , fügte dieses Jahrhundert eine stattliche Reihe neuer hinzu. Es ist dies um so auffallender, als während der ganzen 18 ersten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung nur ein einziges wirkliches Gebrauchsmetall aufgefunden wurde, nämlich das Antimon, welches, legirt mit Blei und anderen Metallen, schon seit dem 15. Jahrhundert benutzt wird 1). Die neuen Gebrauchsmetalle des 19. Jahrhunderts sind: Zink, Platin, Nickel und Aluminium, ferner Man gan, Chrom und Wolfram, Wismuth und Magnesium. Es sind zu den 8 früher bekannten Metallen 9 weitere hinzugetreten, denn nicht die Zeit des chemischen Nachweises oder unserer Kenntniß selbst von dem massenhaften Vorkommen der Verbindungen eines Metalles, sondern die wirkliche Einführung in die Industrie und damit die Benutzung im Großen sind hier maßgebend. Wenn ich zu den neuen Gebrauchsmetallen des 19. Jahrhunderts auch das Zink rechne, so bedarf diese Auffassung der Rechtfertigung. Es wurden nämlich die oxydischen Zinkerze — Zinkcarbonat und Zinksilicat, gemeinsam Galmei genannt — schon in sehr alter Zeit, aber auch noch bis in das 18. Jahr¬ hundert hinein, mit Kupfer zu Messing verschmolzen; die Herstellung des letzteren erfolgte also nicht durch Mischung der beiden fertigen Metalle Kupfer und Zink. Unser verehrtes Mitglied, Herr Dr. Helm, hat sich ja mit der Analyse vorgeschichtlicher Metallfunde eingehend beschäftigt, er hat als große Seltenheit auch vorgeschichtliche Gegenstände aus reinem Zink nachgewiesen2), aber allgemein war das Zink bis um 1800 nicht als selbständiges Metall im Ge¬ brauch. Denn auch die Mengen metallischen Zinks, die schon vor Beginn unseres Jahrhunderts in England und um 1800 auch in Kärnten, Schlesien und Belgien dargestellt wurden, fanden ausschließlich zu Legirungen Ver¬ wendung. Erst nachdem man um 1820 gelernt hatte, das bis auf etwa 100° C. erhitzte Zink zu Blechen zu walzen, nimmt eine umfängliche Ver¬ wendung Platz; hierzu tritt später der Zinkguß und das Verzinken von Eisen¬ blech. in diesem Sinne darf das Zink als Industriemetall des 19. Jahr¬ hunderts aufgefaßt werden. Die wichtigsten Productionsgebiete für das Zink sind z. Z. das Rheinland mit den benachbarten Theilen von Belgien und Holland, ferner Oberschlesien und die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Hier wurden die ersten Zink¬ hütten um 1850 gebaut, nachdem kurz vorher die Zinkerzlagerstätten von Franklin im Staate New-Yersey und von Bethlehem in Pensylvanien in Betrieb genommen worden waren. Recht wichtig sind auch die Sardinischen Zinkerzgruben, doch werden die dort gewonnenen Zinkerze zur Verhüttung größtentheils nach Belgien ausgeführt. 1) Ueber einige vorgeschichtliche Funde aus metallischem Antimon in Transkankasien und Babylon hat Yirchow berichtet. Vergleiche die weiter unten genannte Arbeit Helm’s. 2) Hei -m, Otto. Ueber die Bedeutung der chemischen Analyse bei vorgeschichtlichen Untersuchungen. Correspondenzblatt der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. 1899. S. 99. 21 203 Vom bergbaulichen Standpunkte ist noch hervorzuheben, daß etwa bis zum Jahre 1850 alles Zink aus Galmei dargestellt wurde, erst seit dieser Zeit findet auch die Zinkblende, das natürliche Schwefelzink, Verwendung. Es sind hierdurch eine große Zahl z. Th. sehr alter Bergbaue, die jedoch früher nur auf Blei, den häufigsten Begleiter des Zinks, betrieben wurden, wieder neu belebt worden, in Deutschland namentlich im Rheinland. Platin und Nickel sind bereits im 18. Jahrhundert bekannt geworden; das Platin wurde 1750 im Zusammenvorkommen mit Gold in columbianischen Seifen (Flußsandablagerungen) nachgewiesen und das Nickel 1779 bei der Herstellung des blauen Lvobaltglases als selbständiges Metall erkannt. Aber die industrielle Verwendung beider Metalle blieb unserem Jahrhundert Vor¬ behalten. Auf das Platin wurde man erst wieder 1819 durch die Funde in den uralischen Seifen zu Ni sehne Tagilsk und Bogoslowsk aufmerksam, und etwa von 1824 ab wurden größere Mengen gewonnen. Der Wunsch der russischen Regierung, das im Kronschatze angesammelte Metall zu verwenden, führte 1828 — 30 zur vorübergehenden Ausprägung von Münzen daraus, es wurden im ganzen etwa 14000 kg ausgeprägt. Aber die Münzen erfreuten sich keiner Beliebtheit und flössen bald in die Staatskassen zurück. Erst etwa um 1860 hob sich der Bedarf an Platin durch seine steigende Benutzung in der chemischen Industrie, namentlich zu Gefäßen für Laboratorien, aber auch für die Scheideanstalten und die Schwefelsäurefabriken. Weitere Ver¬ wendung fand es seit dem Jahre 1880 in der Electrotechnik. Die Haupt¬ menge, etwa 9/io des Rohplatins kommt immer noch aus Rußland, daneben liefert Borneo kleinere Mengen. Die Verarbeitung zu Fein-Platin flndet vor¬ wiegend in Deutschland und England statt. Die Jahresproduction schwankt zwischen 4 und 5000 kg, der Preis ist schon seit vielen Jahren im Steigen begriffen. 1875 kostete 1 kg etwa 1000 M., z. Z. werden 2300 M. gezahlt, damit steht der Werth dem des Goldes — 2786 M. — nur noch wenig nach1). Die mit dem Platin verwandten und immer mit ihm zusammen vorkom¬ menden Metalle, Palladium, Iridium, Rhodium, Ruthenium und Osmium, werden bei der Darstellung des Rein-Platins mit gewonnen. Das Iridium wird wegen seiner hohen Härte neuerdings zu Spitzen von Schreib- und Rei߬ federn verwendet, das Osmium, welches von allen bekannten Metallen den höchsten Schmelzpunkt hat und daher bis vor kurzem nur in pulverförmigem oder schwammigem Zustande oder als poröse Masse bekannt war, hat der be¬ kannte Auer von Welsbach kürzlich als feinen Draht hergestellt und seine Benutzung als Glühfaden in electrischen Glühlampen vorgeschlagen. Was das Nickel betrifft, so fällt der Beginn einer fabrikmäßigen Her¬ stellung in das Jahr 1823, es wurde zunächst lediglich zu Legirungen mit anderen Metallen benutzt, namentlich als Neusilber — damals auch Argentau *) Inzwischen ist der Platinpreis bereits auf 2800 M. (März 1901) gestiegen. 22 204 genannt. Die üblichste Mischung bestaud aus 50—66 % Kupfer, 18,5 — 13 % Nickel und 31 — 19 % Zink oder Zinn. Uebrigens kamen Geräthe, welche aus ähnlichen Metallmischungen bestanden, zuerst aus China unter dem Namen Pakfong d. h. Weißkupfer nach Europa. Eine weitere wichtige Verwendung des Nickels, und zwar in einer Legirung von 25 % Nickel und 75 % Kupfer, ist diejenige als Münzmetall. Die Schweiz prägte 1850 zuerst derartige Münzen, später die Vereinigten Staaten von Nordamerika, dann Belgien und 1871 Deutschland. Den angestrengten Bemühungen der Nickelproducenten, neue Anwendungen für das Metall zu finden, ist es zu danken, daß man lernte, Rein-Nickel zu walzen und zu drücken. Dadurch wurde es ermöglicht, viele Gebrauchsgegenstände, wie Küchen- und Tafelgeschirr, aus Nickel herzustellen, auch Münzen aus Rein-Nickel zu prägen. So bestehen die österreichischen 10- und 20-Heller-Stücke aus Rein-Nickel. Es sei noch daran erinnert, daß seit 1886 die Mäntel der Gewehrgeschosse aus Rein-Nickel dargestellt werden. Auch die galvanische Vernickelung und die Plattirung mit Nickel hat sich immer mehr eingeführt. Endlich ist seit 1890 eine Legirung von 5 % Nickel und Stahl, der Nickelstahl, als widerstandsfähigstes Material für Panzer¬ platten in Gebrauch. Von gleicher Wichtigkeit wie die allmählich sich vielseitiger gestaltende Verwendung des Nickels ist auch der Wechsel in den Productionsgebieten. Während früher, außer Deutschland (Schneeberg i. Sachsen), Skandinavien, und zwar aus verhältnißmäßig armen nickel- und kobalthaltigen Magnetkiesen, die größten Mengen dieses Metalls erzeugte, sind jetzt die bedeutendsten Fundorte'Numea auf Neu- Cale donien und Sudbury, Provinz Ontario, in Canada. Während an allen übrigen Fundorten die beiden fast immer ver¬ gesellschafteten Elemente Nickel und Kobalt an Schwefel und Arsen gebunden Vorkommen, bestehen die Erze von Numea aus einem Nickeloxyd-Magnesia- Silicat, dem geringe Mengen von Kobaltoxyd beigemengt sind. Die neucale- donischen Gruben wurden 1874 in Betrieb genommen, eine stärkere Production fand seit 1880 statt. Die Lagerstätten von Sudbury wurden 1883 beim Bau der canadischen Pacific-Bahn entdeckt und 1888 in Betrieb genommen. Wie so häufig ist mit dem Steigen der Production der Preis beständig gefallen ; die Jahresproduction an Nickel beträgt jetzt etwa 7000 t, der Preis für das Kilogramm, der vor 25 Jahren außerordentlich schwankte und noch 10, zuweilen selbst 30 M. betrug, je nach der stark wechselnden Nachfrage, ist jetzt bis auf etwa 2*/2 M. gesunken. Uebrigens wird das Nickel als Kriegsmaterial beute für so wichtig er¬ achtet, haß z. B. die canadische Regierung bereits gesetzgeberische Ma߬ nahmen getroffen hat, um die nöthigen Mengen an Nickel für die Marine Großbritanniens zu sichern. Das vierte unserer modernen Gebrauchsmetalle ist das Aluminium. Es wurde zuerst im Jahre 1855 als Metall dargestellt, jedoch war es bis zum Jahre 1890 so theuer — der Preis betrug damals noch etwa 50 M. für 1 kg — , 23 205 daß von einer allgemeineren Verwendung nicht die Rede sein konnte. Als Rohmaterial diente zuerst der Kryolith (das Fluorid des Aluminiums und Natriums), das nur an der Südwestküste von Grönland zu Ivigtut in größeren Mengen vorkommt und von der dänischen Regierung seit 1857 in erheblichem Maße abgebaut wird. Jetzt wird das natürliche Thonerdehydrat, der Bauxit, von dem sich namentlich in Frankreich und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ausgedehnte Lager finden, zur Aluminium-Darstellung benutzt. Erst die Anwendung des electrischen Schmelzofens ermöglichte seit 1891 die Darstellung des Aluminiums im Großen, der Preis beträgt allerdings z. Z. nur noch etwa 2 M. für 1 kg. Im Jahre 1899 wurden bereits gegen 6000 t erzeugt. Die Hoffnung, daß das Aluminium, dessen specifisches Gewicht nur 2,6 beträgt, als leichtes Constructionsmetall würde dienen können, hat sich bis jetzt noch nicht erfüllt, da seine Bearbeitung mancherlei Schwierigkeiten bietet, dagegen werden große Mengen in der chemischen Industrie, namentlich als sehr kräftiges Reductionsmittel beispielsweise bei dem GoLDSCHMiDT’schen Sch weiß verfahren, dann zur Darstellung schwer reducirbarer Metalle, wie z. B. des Chroms, verbraucht. Auch in der Eisengießerei werden, um blasen¬ freie und gleichförmige Gußstücke zu erhalten, dem geschmolzenen Eisen kleine Mengen von Aluminium zugesetzt. In allerneuester Zeit werden Versuche gemacht, Aluminiumdraht statt des Kupferdrahtes zu electrischen Leitungen zu benutzen, doch ist der Erfolg noch abzuwarten. Ein anderes leichtes Metall ist das Magnesium, sein specifisches Gewicht beträgt nur 1,7, es ist also noch erheblich leichter als das Aluminium. Schon seit mehr als 200 Jahren ist die schwefelsaure Magnesia, das Bittersalz, als Bestandteil von Mineralwassern und Soolquellen bekannt, das Metall wurde zuerst von Davy i. J. 1808 dargestellt, z, Z. wird es in größeren Mengen durch Elektrolyse von geschmolzenem Carnallit hergestellt, einer Doppel¬ verbindung von Chlormagnesium und Chlorkalium, die in großen Mengen auf den Kalisalzablagerungen Norddeutschlands (s. weiter unten) vorkommt. Das Metall findet als Pulver, Draht oder Band, lediglich zur Erzeugung starken Lichtes, in der Feuerwerkerei und der Photographie Verwendung, trotzdem werden jährlich etwa 5000 kg hergestellt. Von Bedeutung sind Versuche, welche z. Z. mit einer Magnalium genannten Legirung aus etwa 80 % Alu¬ minium und 20 % Magnesium angestellt werden ; dieselbe soll als leichtes Gebrauchsmetall manche Vorzüge vor dem reinen Aluminium haben. Wichtiger als die Darstellung des Metalls ist diejenige der künstlichen Schwefel sauren Magnesia, von der große Mengen zum Appretiren der Baumwollenstoffe ge¬ braucht werden. Auch das Wismuth wird erst etwa seit dem Jahre 1830 fabrikmäßig her¬ gestellt, trotzdem es schon seit Jahrhunderten als Nebenproduct bei der Be¬ reitung des blauen Kobaltglases, der Smalte, bekannt war. Es dient in Ver¬ bindung mit Blei und Zinn zur Herstellung leichtflüssiger Legirungen, die 24 206 beispielsweise an Sicherheitsapparaten für Dampfkessel eine Rolle spielen ; außerdem werden Wismuthsalze als Arzneimittel verwendet. In Deutschland kommen Wismutherze in größeren Meugen nur zu Schneeberg i. Erzgebirge vor, außerdem liefern z. B. Tasmanien und Bolivien reiche Wismutherze. Endlich möchte ich noch der umfänglichen Anwendung gedenken, welche die Erze des Mangan’s, des Chrom’s und des Wolfram’s in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts außer zur Herstellung von Chemikalien besonders in der Eisenindustrie gefunden haben. Während man früher die Manganerze vorzugsweise ihres hohen Sauerstoff¬ gehaltes wegen schätzte und deshalb lediglich die oxydischen Verbindungen, besonders das Superoxyd, mineralogisch Braunstein oder Pyrolusit genannt, benutzte, kommt für die Eisenindustrie der Mangangehalt selbst in Frage, es wird deshalb z. Z. auch der Manganspath (Mangancarbonat) bergmännisch gewonnen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil manche Pyrolusitablagerungen in der Tiefe in Manganspath übergehen. Es werden jährlich etwa 1 Million t Manganerze erzeugt, die Hauptmengen liefern Rußland, die Vereinigten Staaten von Nordamerika und Spanien, dann folgen Indien und Deutschland. Erheblich geringere Mengen kommen von Chromerzen, und zwar lediglich Chromeisenstein, auf den Markt, nämlich etwa 45000 t jährlich, die Haupt¬ producenten sind Neu-Caledonien, Rußland und Kleinasien. Noch geringer ist die Menge der benöthigten Wolframerze, nämlich nur einige hundert Tonnen. Neben den Vereinigten Staaten von Nord- Amerika und Australien kommt auch ein deutscher Fundort, Zinnwald im Erzgebirge, in Betracht. Zu den genannten ist in neuester Zeit noch ein weiteres Legierungsmetall für das Eisen getreten, nämlich das Molybdän. Molybdänstahl wird nament¬ lich zu stark beanspruchten Werkzeugen in der Metallindustrie benutzt, zum Beispiel zu Drehstahl und Hobeleisen. Es sind nur zwei Mineralien be¬ kannt, die Molybdän in größeren Mengen enthalten, nämlich das molybdän¬ saure Blei oder Gelbbleierz und das Schwefelmolybdän oder der Molybdän¬ glanz. Das Gelbbleierz wird in größeren Mengen z. B. zu Bleiberg in Kärnten gewonuen, während Schwefelmolybdän in Telemark in Norwegen bergmännisch abgebaut wird. Gehen wir nunmehr von dem Gebiet der Metallindustrie auf dasjenige der chemischen Großindustrie1) über. Während die erstere als wirklicher Großbetrieb in das 19. Jahrhundert eintrat, waren von der chemischen Industrie um das Jahr 1800 kaum die ersten Anfänge vorhanden, und diese beschränkten sich in der Hauptsache auf die Darstellung von Schwefelsäure, Pottasche, Salmiak und Salpeter in Mengen, die, mit dem heutigen Bedarf verglichen, 9 Muspratt’s Chemie, begonnen von F. Stohmann und Bruno Kerl. 4. Auflage, herausgegeben von H. Bunte. Braunschweig. Erscheint in Lieferungen seit 1888. 25 207 sehr geringfügig waren. — Doch es sollen hier nur die neuen Rohstoffe des 19. Jahrhunderts kurz erwähnt werden. Etwa seit dem Jahre 1850 hat sich ein überaus wichtiger, weite Kreise interessirender Fabrikationszweig herausgebildet, die Herstellung der mineralischen Dünger, nachdem die Agriculturchemie die älteren An¬ schauungen über die Düngung richtig gestellt und nachgewiesen hatte, daß die Pflanze zu ihrem Gedeihen gewisser Mineralstoffe bedarf, nämlich be¬ sonders Stickstoff, Phosphorsäure und Kali. Die Rohstoffe für diese Industrie sind der Chilesalpeter, der Guano, die natürlichen Phosphate und die Kalisalze. Auf die Yerwerthung der in vielen Eisenerzen enthaltenen Phosphorsäure, in Gestalt des Thomasmehles zu Düngezwecken, durch das von Gilchrist und Thomas eingeführte BESSEMER-Verfahren mit basischem Futter, ist bereits bei der Besprechung der Eisenindustrie hingewiesen worden. Salpeter bildet sich in der Natur überall dort, wo verwesende Reste von Pflanzen und Thieren oder die Exkremente der letzteren mit leicht ver¬ witternden Gesteinen in Berührung kommen. Auf diesem Vorgänge beruht auch die Ausblühung von Mauersalpeter an Stallungen. In Indien, namentlich in der Provinz Bengalen, stellt man Salpeter in größeren Mengen dadurch her, daß man geeignete Bodenarten mit thierischen Abfallstoffen mengt, von Zeit zu Zeit umsticht und nach einigen Jahren auslaugt (Bengalsalpeter). Die hierzu nöthigen Anlagen nennt man Salpeterplantagen; der gebildete Salpeter ist Kalisalpeter und dient vornehmlich in der Landwirthschaft Ostindiens als Düngemittel. Etwa um 1821 entdeckte man an der regenlosen Westküste Südamerikas die großen Ablagerungen von Natronsalpeter, auch Chilesalpeter ge¬ nannt, die heute die Hauptmenge des Rohstoffes für die Salpeterindustrie liefern. Sie finden sich namentlich am Rio Loa, dem früheren Grenzflüsse zwischen Bolivia und Peru, bei Caracoles und bei Taltal. Das Roh¬ material wird dort Cali che genannt und durch Auslaugen mit Wasser und nachfolgenden Krystallisationsprozeß zu reinem Salpeter verarbeitet. Ein regerer Betrieb findet etwa seit 1880 statt. Im Jahre 1899 wurden 1 860 000 t Salpeter erzeugt, hiervon führte Deutschland etwa 1/3, nämlich 400 000 t ein, der Preis betrug in Hamburg etwa 160 M. für 1 t. Ein großer Theil des chilenischen Natronsalpeters wird mit Hülfe der in Norddeutschland in großen Mengen vorkommenden Kalisalze zu Kalisalpeter, auch Conversions- salpeter genannt, umgearbeitet. Er dient zu Düngezwecken und bildet einen Hauptbestandtlieil des Schießpulvers. Aus dem Salpeter wird ferner die Salpetersäure hergestellt, welche in der chemischen Industrie eine sein- wichtige Rolle spielt. Die von der Krystallisation des Salpeters herrührenden Endlaugen ent¬ halten geringe Mengen von Jodverbindungen, aus denen der größte Theil des Jod für den Handel gewonnnen wird; außerdem ist auch noch die Darstellung von Jod aus der Asche von Meerespflanzen in Anwendung. 208 Der hohe Düngewerth des Guano’s beruht darauf, daß er außer größeren Mengen von Ammoniaksalzen und stickstoffhaltiger organischer Substanz auch phosphorsauren Kalk enthält; letzterer ist jedoch in Wasser nicht löslich. Der Guano muß daher, falls er als Düngemittel voll ausgenutzt werden soll, in gleicher Weise wie die übrigen natürlichen Phosphate durch die von Liebig im Jahre 1840 angegebene Behandlung mit Schwefelsäure in wasser¬ löslichen phosphorsauren Kalk übergeführt werden. Da die stickstoffhaltigen Bestandtheile des Guanos in Wasser leicht löslich sind, so kann sich Guano in seiner ursprünglichen Zusammensetzung nur im regenarmen Klima erhalten, das ist z. B. an der Westküste Perus und Bolivias und auf den davor gelegenen kleinen Inseln der Fall. Dieser Guano heißt Peruguano. Am berühmtesten als Fundort des Guanos sind die Chincha-Inseln. An vielen anderen Orten ist der Guano zum Tlieil ausgelaugt und wird dann Guanophosphat genannt. Bekannt¬ lich besteht der Guano aus den Exkrementen und den Resten der Nahrung von Seevögeln. Während der Guano in Südamerika schon seit mehreren Jahrhunderten zu Düngezwecken verwendet wurde, fand eine Einfuhr nach Europa erst seit dem Jahre 1840 statt und steigerte sich besonders nach 1850. Zur Zeit sind die werthvollsten Guanoablagerungen Südamerikas bereits abgebaut, die mit verschiedenen Namen nach ihrem Ursprünge be¬ nannten Guanos, welche jetzt verwendet werden, sind meistens Guanophosphate. Als Rohmaterial für die Superphosphat-Industrie dient der natürliche phosphorsaure Kalk. Derselbe tritt in zwei Abarten auf, krystallisirt als Apatit und gesteinsbildend als Phosphorit. Der erstere kommt z. B. im südlichen Norwegen und in der spanischen Provinz Estremadura in größeren Mengen vor, Phosphorit wird namentlich auf der Halbinsel Florida gewonnen. Auch diese natürlichen Phosphate sind in Wasser unlöslich und müssen daher durch das weiter oben bereits erwähnte Verfahren in wasserlösliches Phosphat um¬ gewandelt, d. h. aufgeschlossen, werden. Der reiche Schatz an Kalisalzen — und mit denselben zusammen kommen auch die Magnesiumsalze vor — , den das nördliche Deutschland und zwar z. Z. noch als Monopol besitzt, wurde vom Jahre 1861 ab gehoben. Damals begann der Abbau zu Stassfurt und Leopoldshall, später wurden auch an zahlreichen anderen Punkten Kalisalze nachgewiesen. Production und Verbrauch stiegen außerordentlich schnell, so daß im Jahre 1899 bereits 2 500 000 t Rohsalze gefördert werden konnten. Eine große Anzahl von Fabriken wird mit der Verarbeitung dieser Salze beschäftigt, von denen bedeutende Mengen als werthvolles Exportgut in das Ausland wandern. Kurz möchte ich noch erwähnen, daß aus den Rückständen der Kalisalzlaugen das werthvolle Brom dargestellt wird. Jod- und Bromverbindungen werden bei nervösen Leiden vielfach als Heilmittel angewendet, aber außerdem auch in der Industrie gebraucht. Mit den Kalisalzen zusammen kommt auch der Borazit vor, ein Mineral, aus welchem die zu mannigfachen Zwecken dienende Borsäure dargestellt 27 209 wird. Eine zweite borsaure Verbindung, der natürliche Borax, hndet sich in großen Mengen in den sogenannten Boraxseeen, z. B. in Californien und in Tibet. Noch eine andere Industrie hat in den letzten 40 Jahren große Bedeu¬ tung erlangt, die Gewinnung von Erdöl, international Naphtha genannt. Ihren Beginn rechnet man vom Jahre 1859. Damals wurde zu Titusville in Pennsylvanien die erste größere Springquelle von Naphtha erbohrt. Die Ver¬ wendung der Destillate des Rohöles — Benzin, Petroleum - — ■ und der schwerer flüchtigen Oele als Rückstände, nahm nicht nur in Nord- Amerika bedeutende Ausdehnung an, sondern es ergab sich auch ein wichtiger Exporthandel. Ein zweites wichtiges Erdölgebiet, Baku, an den östlichen Abhängen des Kaukasus am Caspischen Meere gelegen, hat sich seit 1870 entwickelt. Die Bedeutung des Petroleums wird am besten dadurch erläutert, daß z. Z. etwa 16 Millionen t Rohöl jährlich gewonnen werden, davon kommt etwa die flälfte auf die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika, die andere Hälfte auf Baku, während in Canada, Oesterreich, Indien, Rumänien verhältnißmäßig nur geringe Mengen gewonnen werden Außerdem hat man an vielen Orten, so auf den ostindischen Inseln, Erdöl nachgewiesen, Deutschlands inländische Erzeugung, in der Nähe von Hannover und an einigen Punkten des Elsaß, ist sehr klein, fast der gesammte Bedarf muß durch Einfuhr gedeckt werden, dieselbe betrug im Jahre 1899 fast 1 000 000 t im Wertlie von 65 000 000 M. Die Naphtharückstände, in Rußland Masut genannt, machen in den Oelgebieten als Heizmaterial der Steinkohle bedeutende Concurrenz; sie dienen namentlich zur Locomotiv- und Dampfschifffeuerung; auch unsere größeren Kriegsschiffe führen dieses flüssige Brennmaterial an Bord. Man kann sich auch thatsächlich eine einfachere Feuerung kaum denken: durch zwei kleine Druckpumpen wird mittels zweier Rohrleitungen Oel und Luft einem ge¬ meinsamen Mundstücke zugeführt, beim Austreten wird das Oel durch die Luft fein zerstäubt, es brennt mit fast rußfreier Flamme und bildet nur ganz wenig staubförmige Asche. Ein Mann kann bequem 8 bis 10 solche Feuerungen nebst zugehörigen Kesseln überwachen. Das Erdöl wird im bergmännischen Großbetriebe nur aus Bohrlöchern gewonnen, in seltenen Fällen fließt es aus den Bohrlöchern ab oder springt wohl gar als starke artesische Quelle hervor, meistens muß es durch Schöpfen oder durch Pumpbetrieb zu Tage gefördert werden. Eigenartig wie die Ge¬ winnung ist auch die Beförderung. Nur noch für den Kleinverkauf findet die Verladung in den bekannten blauen Fässern oder in rechteckigen Blech¬ gefäßen statt, zum Versand im Großen dienen Tankschiffe, auf den Eisenbahnen Tankwagen, die Verladung und Entladung findet ausschließlich durch Pump¬ betrieb in Rohrleitungen statt. . Noch einige weitere, wenngleich quantitativ weniger wichtige, neueBergbau- producte mögen hier kurz besprochen werden. 2» 14 210 Die seltenen Verbindungen des Thorium's, Cerium's und Yttriunrs sind Gegen¬ stand bergmännischer Gewinnung geworden, seitdem der schon früher erwähnte Auer von Welsbach das nach ihm benannte Gas-Glühlicht in die Beleuchtungs- Industrie einführte. Uebrigens erinnert die Erscheinung des Leuchtens der Glühstrümpfe an das Kalklicht Drummond’s. Die genannten Stoffe waren im Jahre 1885, als Auer sein erstes Patent nahm, äußerst selten und nur be¬ kannt als Bestandteile einiger iu kleinen Mengen vorkommender skandinavischer Mineralien. Mit der Preissteigerung dieser Rohstoffe fand ein reges Suchen nach ihnen statt, und während Auer seine Erfindung vervollkommnete, fanden sich zunächst in Nord-Amerika, später zu Bahia in Brasilien, ausgedehnte Ab¬ lagerungen eines erbsengelben Minerals, Monazit, aus welchem diese Erden heute gewonnen werden. Der zuletzt genannte Fundort ist jetzt bei Weitem der wichtigste. Während 1 kg Thoriumnitrat in den Jahren 1894 und 95 gegen 2000 M. kostete, ist der Preis jetzt auf etwa 30 M. herabgegangen. Auer’s Erfindung hat der chemischen Industrie Veranlassung gegeben, sich mit diesen seltenen Stoffen eingehend zu beschäftigen und dieselben rein dai zustellen. Dabei ist eine Anzahl neuer, den genannten sehr nahe stehender Elemente1) aufge¬ funden worden. Die Glühstrümpfe bestehen jetzt aus 99 % Thoriumoxyd und 1 % Cerium- oxyd; dieses Gemenge, von dem ein Glühstrumpf etwa ein halbes Gramm enthält, leuchtet nach vergleichenden Versuchen am stärksten und giebt ein nahezu rein weißes Licht. Die ursprünglich grünliche Farbe des Gasglüh¬ lichtes rührte von Verunreinigungen des Thoriumsalzes her. Es werden übrigens zur Zeit etwa 40 bis 50 000 Stück Glühstrümpfe täglich in Deutsch¬ land gebraucht. Weiter ist zu nennen der Lithionglimmer (mineralogisch Lepidolith) mit etwa 3 % Lithion, er dient als häufigstes lithionhaltiges Mineral zur Darstellung der Lithionsalze (jährliche Erzeugung etwa 2 bis 3000 kg), welche in der Medizin bei manchen Störungen der Urin -Absonderung angewendet werden. In Deutschland besitzen wir einen Fundort, an welchem Lithion¬ glimmer in großen Mengen gewonnen wird, es ist Zinnwald im sächsisch¬ böhmischen Erzgebirge. Auch die natürlich vorkommenden Barium verbin düngen, das schwefel¬ saure Barium, mineralogisch Baryt oder Schwerspath genannt, und dasCarbonat, mineralogisch Witherit, werden heute in der bedeutenden Menge von 20 — 30000 t jährlich verwendet. Die Hauptmenge des Schwerspathes dient gemahlen und geschlämmt als werthvolle weiße Anstrichfarbe unter dem Namen Permanent- weiß, es ist in vielen Fällen dem Bleiweiß vorzuziehen. Auch in der chemischen Industrie finden Bariumsalze, besonders das Bariumchlorid, vielfache Anwen¬ dung. Baryt kommt an mehreren Orten in Deutschland auf Mineralgängen 9 Herzfeld, J. und Korn, Otto. Chemie der seltenen Erden. Berlin 1901. 29 211 vor, Witherit wird namentlich im nördlichen England in größeren Mengen abgebaut. Den Bariumverbindungen stehen die entsprechenden Strontiumverbin¬ dungen sehr nahe, der Strontianit, das Carbonat, nach seinem ersten Vor¬ kommen beim Bleibergbau zu Strontian in Schottland benannt, und der Coelestin, das Sulfat, welches seinen Namen von der schön himmelblauen Farbe erhielt. Die Strontiumsalze färben die Flamme schön roth und werden daher in der Feuerwerkerei benutzt; wichtiger noch ist die seit 1871 einge¬ führte Zuckergewinnung aus der Melasse mittels Strontiumoxydhydrat. Der Strontianit wird in der Gegend von Hamm in Westfalen abgebaut. Coelestin wird namentlich auf Sicilien in der Umgegend von Girgenti gewonnen, wo er mit dem Schwefel zusammen gefunden wird. Deutschland führte im ganzen i. J. 1899 über 8000 t Strontiumverbindungen ein. Auch die einzige in erheblicheren Mengen in der Natur vorkommende Uranverbindung, das Uranoxydoxydul, mineralogisch Uranpecherz, möchte noch kurz erwähnt werden, es kam zuerst i. J. 1830 in den Handel. Die größten Mengen liefert der alte Silberbergbau Joachimsthal auf der böhmischen Seite des Erzgebirges, ln der Glasindustrie dient das Uran zur Herstellung eines gelblich grünen fluoreszirenden Glases, außerdem werden daraus schwarze und gelbe Porzellanfarben bereitet. Schließlich möchte ich noch auf die weitgehende Verwendung hinweisen, die namentlich in den letzten 20 Jahren die beiden, allerdings schon seit alter Zeit her bekannten Mineralien Glimmer und Asbest gefunden haben. Beide sind unverbrennlich und in hohem Maße säurebeständig, auch leiten sie Wärme und Electricität schlecht. Glimmer läßt sich bekanntlich leicht zu dünnen, biegsamen und durchsichtigen Platten spalten, diese sind das theuerste Product; für viele Zwecke wird Glimmer auch gepulvert. Asbest läßt sich in seinen reinen Abarten leicht in feine Fasern vertheilen, die ähnlich wie Baum¬ wolle versponnen werden, das minderwertbige Gut dient zur Herstellung von Pappen, auch wird es gepulvert und bildet dann einen wesentlichen Theil der feuersicheren Anstrichfarben. Asbest und Glimmer werden namentlich als Wärmeschutzmittel und zu elektrischen Isolirungen in sehr verschiedener Form verwendet. Die größten Mengen von Asbest liefert z. Z. Montreal, Prov. Quebec, inCanada, Glimmer wird als Bestandteil sehr grobkrystallinischer Granite — Riesengranite genannt — an verschiedenen Orten der Ver¬ einigten Staaten von Nord-Amerika und auch in Canada gewonnen. Fassen wir das über die neuen Bergbauerzeugnisse unseres Jahrhunderts Angeführte zusammen, so geht daraus hervor, daß die Technik mehr als 20 Mineralgruppen, z. Th. in außerordentlichen Mengen und für die verschieden¬ artigste Verwendung ihrem alten Besitze hinzugefügt hat. Der Bergbau 14* 30 2 12 aber hat durch die Verwerthung dieser Mineralien mannigfache Anregung erhalten. Auch vervollständigt wohl eine Zusammenstellung einiger der entlegensten Bergbaureviere das Bild über die weite geographische Ausbreitung des Bergbaues und giebt einen Maßstab für den Antheil des Bergmannes an der all¬ gemeinen Culturarbeit. Am weitesten nach Norden vorgeschoben ist der Berg¬ bau auf dem europäischen Continent; in der Nähe von Alten, unter fast 70° nördlicher Breite, südlich von Hammerfest, liegt eine Kupfergrube, bekannter und bedeutender ist der Kupferbergbau am Sulitjelma in Norwegen, unter fast 67 0 nördl. Breite, und auf schwedischer Seite die ebenso weit nördlich gelegenen Eisenerzgruben Gellivara, Kirunnavara und Luossovara. Auf den im arktischen Meere gelegenen Neu-Sibirischen Inseln, die bis zu 75 " nördl. Breite hinaufreichen, spähen die Jakuten nach den im ewigen Eise ver¬ grabenen Leichen des Mammuth aus und eignen sich das fossile Elfenbein an. Die Ausbeute ist nicht so gering, als man glauben sollte, denn man schätzt die Zahl der bisher in ganz Sibirien aufgefundenen Mammuthleichen auf etwa 20 000. Zwar handelt es sich auch hier um eine Gewinnung aus dem Steinreiche, dennoch wird man dieselbe kaum zum Bergbau im engeren Sinne rechnen können. Die auf Grönland unter 61° gelegenen Kryolithgruben von Ivigtut waren bereits früher erwähnt worden, auf der westlichen Seite des amerikanischen Continentes liegen die neuen Goldfelder am Yukon-Flusse unter etwa 64u nördlicher Breite. Auf der südlichen Halbkugel konnte der Bergbau naturgemäß nicht so weit nach Süden Vordringen, ist doch dort die Vertheilung zwischen Meer und Land eine wesentlich andere als im Norden. Der südlichste Punkt, an dem Bergbau betrieben wurde, dürfte Punta Arenas in der Maghellan-Straße sein, es wurde dort zeitweilig ein Kohlenlager ausgebeutet, die nächsten Gruben liegen dann schon sehr viel weiter nördlich, es sind die Kohlengruben von Coronel, in unmittelbarer Nähe liegt auch die Kupferhütte Lota unter etwa 37° südl. Breite. Südafrika reicht nur bis etwa 34° nach Süden, die südlichsten Bergbaue von Bedeutung sind dort die bekannten Diamantgruben von Kimberley und die Goldgruben von Johannisburg. Auf der Insel Tasmanien, welche Australien südlich vorgelagert ist, findet an vielen Orten lebhafter Bergbaubetrieb statt, und auch in dem südlichsten Bezirke Neu¬ seelands Otago wird lohnender Goldbergbau betrieben. Deutschlands Stellung in der Montanindustrie. Ueberblicken wir nach dem bisher Gesagten kurz noch die Stellung, welche Deutschland in der Montanindustrie der Erde einnimmt, so ergiebt sich, wenn wir nur das Wichtigste hervorheben, etwa das Folgende: Deutschland erzeugt bedeutende Mengen an Eisen und Stahl, an Kupfer, Blei und Nickel bi 213 aus eigenen Erzen, der Bedarf der Industrie ist aber ein so großer, daß noch eine erhebliche Zufuhr von Erzen und Metallen aus dem Auslande nöthig wird, um den Bedarf zu decken. Nur die Zinkproduction Deutschlands ist erheblich höher als der Verbrauch; dagegen müssen wir alles Zinn, Queck¬ silber und Platin und sehr viel Mangan-, Chrom- und Wolframerze einführen. Was die Münzmetalle Gold und Silber betrifft, so erzeugt Deutschland fast gar kein Gold aus eigenen Erzen, an Silber werden — dabei kommt allerdings eine erhebliche Einfuhr an Erzen mit in Frage — nicht unerhebliche Werthe ausgeführt. Die Ein- und Ausfuhr von Kohlen hat sich in den letzten Jahren so gestaltet, daß wir jährlich bis zu 8 Millionen t böhmische Braunkohlen und bis zu 7 Millionen t englische Steinkohlen einführen, dem steht aber eine Ausfuhr von jährlich bis zu 15 Millionen t Steinkohlen und 1 x/2 Millionen t Kok, besonders nach Oesterreich-Ungarn, den Niederlanden und Belgien, gegen¬ über, so daß die eigene Förderung den Verbrauch an Kohlen im ganzen noch etwas übersteigt. — An Petroleum muß Deutschland fast den gesammten Bedarf einführen. Einen sehr wesentlichen Ausfuhrgegenstand bilden die Kalisalze, in ge¬ ringerem Maße die Magnesium salze; dagegen werden sehr erhebliche Werthe an Salpeter und natürlichen Phosphaten aus dem Auslande bezogen. Der Schwerpunkt der deutschen Montanindustrie liegt heute iu der Her¬ stellung und Ausfuhr werthvoller Halb- und Fertigfabrikate, an Metallblechen und Drähten, Maschinentheilen, fertigen Maschinen, Waffen, Werkzeugen und manchem Anderen mehr. Danach könnte es fast scheinen, als ob Deutschland anderen Ländern gegen¬ über von den Geistern der Tiefe nur kärglich mit Mineralschätzen bedacht sei, namentlich wenn man es mit den Goldländern vergleicht. Und doch ist dem nicht so, denn während, wie weiter oben schon bemerkt, die gesammte Golderzeugung der Erde im Jahre 1899 einen Werth von rund 1324 000 000 M. hatte, ist allein die deutsche Eisen- und Stahlerzeugung desselben Jahres in Höhe von 14 400 000 t, wenn man, was gewiß nicht zu hoch gegriffen ist, den Preis von 1 t im Durchschnitt zu 80 M. ansetzt mit 1 152 000 000 M. zu bewerthen. Die deutsche Kohlenerzeugung des gleichen Jahres, Steinkohle und Braunkohle zusammen berechnet, beträgt 135 600 000 t und kann mit 10 M. für 1 t veranschlagt werden, das ergiebt einen Werth von 1356 000 000 M. Dabei habe ich absichtlich die außergewöhnlich hohen Preise der allerletzten Zeit nicht berücksichtigt. Für diese beiden Erzeugnisse Deutschlands: Kohlen, Eisen und Stahl ergiebt das einen Gesammtwertli von rund 2 500 000 000 M., 32 214 d. i. fast doppelt so viel als der Werth der Golderzeugung der ganzen Erde im Jahre 1899. Dazu kommt, daß das Gold, einmal metallisch dargestellt, seine Bestimmung in der Hauptsache erfüllt hat, es wandert zum größten Theil in die Münz¬ stätten zur Prägung. Kohle und Eisen dagegen wirken werthbildend weiter, die Kohle als Kraftspender für gewerbliche Thätigkeit, Eisen und Stahl als dasjenige Metall, welches der mannigfachsten und weitgehendsten Verarbeitung fähig ist. Während uns der eigene Boden die Fülle des Goldes versagt hat, hat es deutsche Arbeit dahin gebracht, daß im Austausch gegen ihre Er¬ zeugnisse Ströme von Gold von auswärts in unser Land fließen. Möge diese segensreiche Arbeit, deren Grundlage der Bergbau ist, weiter gedeihen, möge sie Deutschland seine Männer erhalten, reich an innerer Kraft, wie sie die Kohle umschließt, und dabei ausdauernd und widerstandsfähig wie Stahl! Ortsverzeichniss zur Karte. Alaska . . . . A. m, n. Gellivara . . . A. c. A. (Almaden) . . C. b. G-irgenti . . . . C. c. Alten .... . A. d. Hanyang . C. h. Asliio .... Huancavelica . . E. r. Bahia .... Huanchaca . . . E. r. Baku .... . B. e. Ivigtut . . . Banka . E. h. J ohannisburg . . F. d. Bendigo . . . . F. k. Kaiping . . . . C. h. Bengalen . . • C. g. Kalgoorlie . . . F. h. Beresowsk . . . B. e. Keweenaw . . . B. q. Besshi . . . . C. i. Kimberley . . . F. d. Bethlehem (Pa.) . B. r. Kirunnavara . A. c. Billiton . . . . E. h. Krassnojarsk . • B. g. Bogoslowsk . . . B. e. Kurin ga . . . . F. i. Borneo . . . . D. li. Kusnez . . . • B. g. Broken Hill . F. k. Leadville . . . C. p. Butte .... Lota .... Caracoles . . . F. r. Luossovara . . A. c. Ghincha-Inseln . E. q. Miike .... . C. i. Coolgardie . . . F. h. Montana . . . . B. p. Coronet . . . . F. r. Montreal . . . . B. r. Cripple Creek . . C. p. Mount Bischof!' G. k. Dawson . . . . A. n. Mount Morgan . F. k. Dui . . . . B. k. Neu-Almaden . . C. o. Eskibass-tus . B. f. Neu-Caledonien . E, F. 1. Franklin . . . . B. r. Neu-Idria . . . C. o. Florida . . . . C. q. Neu-Seeland F, G. 1. Neu-Sibirische Inseln A. i, k Nikitowka . . . . B. d. Nisckne Tagilsk . . B. e. Numea . . . F. 1. Oberer See . . . . B. q. Otago .... Petrowsk . . B. h. Punta Arenas . , , G. r. Rhodesia . . . • , E. d. Rio Loa . . . , , F. r. R. (Rio Tinto) . C. b. Strontian . . . B. b. Sudbury . . . • B. q. Sulferbank . . . C. o. Sulitjelma . . • A. c. Sumatra . . . • • D, E. g. Taltal .... . , F. r. Tasmanien . . • • G. k. Tibet .... • • 0 f «• Titusvifle . . B. q. Tokio .... C. i. Virginia (Nev.) • • C. o. W akamatsu . . # # C. i. Wladiwostok . # , B. i. Yubari . . . # # B. i. Yukon Fluß . . A. n. 33 215 Die Honigbäume des Ostbalticums und die Beutkiefern Westpreussens. Von Dr. J. Klinge, Oberbotaniker des Kaiserl. Botanischen Gartens in St. Petersburg. Mit 4 Abbildungen. Vorwort. Oer erste Theil der vorliegenden kleinen Arbeit: „Die Honigbäume des Ostbalticums“, war bereits im Mai 1899 im Manuscript abgeschlossen und sollte noch während der Ausstellungszeit in St. Petersburg als Feuilleton in einem deutschen Blatt der Residenz erscheinen, was aber aus von mir unab¬ hängigen Gründen unterblieben ist. Danach möge der Leser auch die Art und Weise der Darstellung nachsichtig beurtheilen, weil an dem Manuscript in den jetzt mehr als zwei Jahren, die seither verflossen sind, nichts geändert worden ist. Wohl aber ist unterdessen die Literatur dieser merkwürdigen Bäume durch die Herausgabe des ,, Forstbotanischen Merkbuchs I. Provinz West¬ preußen“ durch den Director des Westpreußischen Provinzial -Museums zu Danzig, Prof. Dr. H. Conwentz, bereichert worden, was die Veranlassung dazu gegeben hat, das Manuscript durch einen Zusatz über ,,die Beutkiefern West¬ preußens“ in ansehnlicher Weise zu erweitern. Es begreift dieser Theil der Arbeit eine vollständige Zusammenstellung sämmtlicher in dem Forstbotanischen Merkbuch für Westpreußen enthaltenen Notizen, Aufzählungen und Beschreibungen über Beutkiefern, welche hier in anderem Zusammenhänge als dort, aber oft mit demselben Wortlaut wieder¬ gegeben sind. Am Schluß sind außerdem sämmtliche Daten in eine Ueber- sichtstabelle kurz zusammengefaßt worden, was dem Wunsche entsprang, daß ähnliche statistische Uebersichten auch bald aus anderen Provinzen Deutsch¬ lands, aus Rußland und anderen Nachbarstaaten, in denen noch die Reste der alten Waldbienenzucht nachzuweisen sind, angefertigt werden möchten. In liebenswürdiger Weise hat Herr Prof. Conwentz zwei auf die Beut¬ kiefern sich beziehende Abbildungen aus dem Forstbotanischen Merkbuch für Westpreußen freundlichst mir zur Verfügung gestellt. St. Petersburg, im Oktober 1901. Der Verfasser. i 216 I. Die Honigbäume. Eine kulturhistorische Skizze aus dem Ostbalticurn. Auf der Internationalen Gartenbau-Ausstellung in St. Petersburg im Mai 1899 befanden sich in dem provisorischen Seitenbau des Taurischen Palastes unter den mannigfaltigsten Ausstellungsobjecten, welche zum Gartenbau in mehr oder weniger naher Beziehung stehen, auch vortrefflich ausgeführte Ab¬ bildungen „ Bemerk enswerther Bäume“. Die ausgestellten Bilder begriffen freilich nur einen Theil der im Westpreußischen Provinzial- Museum zu Danzig nieder¬ gelegten und von dem Direetor desselben, Professor Dr. H. Conwentz, be¬ gründeten Sammlung, und umfaßten zunächst nur merkwürdige Coniferen Deutschlands, Rußlands und Schwedens. Auf seinen Excursionen in Rußland hat Professor Conwentz nach Bäumen, welche entweder durch Klimawechsel, durch Raubwirthschaft oder durch andere Ursachen im Schwinden begriffen sind, mit demselben Eifer geforscht, wie in den übrigen von ihm bereisten Ostseeländern. Wer die dargestellten ,,Bemerkenswerthen Bäume“ nach ihrer Herkunft genauer mit einander verglich, fand auch unter denselben aus Est-, Liv- und Kurland Belege für ganz besondere Erscheinungen im Baumleben. In dieser Sammlung „Bemerkenswerther Bäume“ befanden sich auch zwei Abbildungen von „Beutkiefern“, von denen die eine eine durchaus seltene und schöne Form dieser Art aus Kurland1) uns zeigte. Die Honigbäume, Beutkiefern oder Bienenbäume spielten einst im wirthschaftlichen Leben der Völker des gesummten Ostseegebiets und ebenso Westrußlands eine hervor¬ ragende Rolle, und die während des Mittelalters von ihnen im Ostbalticurn ausgehenden mereantilen und industriellen Wirkungen reichten ostwärts bis an die Wolga, südwärts bis Konstantinopel und westwärts bis tief nach Deutschland, Norwegen und Britannien hinein. Ja, in das Geschick und in die Geschichte der V ölker an der Ostsee griffen diese Bäume ein und bildeten die Ursachen zu einer Reihe von Gesetzentwürfen, von Streitigkeiten und Fehden und selbst von großen Kriegen. Es sei mir in den nachfolgenden Zeilen gestattet, die Leser in das Wesen einer bis in unsere Zeit hinaufreichenden, aber mit der heutigen Entwicke¬ lung nicht mehr in Einklang zu bringenden, mittelalterlichen Form der Bienen¬ zucht einzuführen und über dieselbe, in kurzer Darstellung ihrer historischen, culturellen und wirthschaftlichen Bedeutung, ferner über die Construction der Honigbäume, sowie über den unausbleiblichen Verfall dieser Primitivcultur zu berichten. Denn so manches Stück Mittelalter hat sich in seinen Spuren bis auf die so aufgeklärte Jetztwelt erhalten können, trotzdem es mit den heutigen socialen und wirthschaftlichen Anschauungen unvereinbar ist. Auch diesem Ueberbleibsel einer den mittelalterlichen Verhältnissen bestens ange¬ paßten Form eines Erwerbszweiges begegnen wir noch eben in einem Theile 1) Vergl. Forstbotanisches Merkbuch I. Provinz Westpreußen. Berlin 1900. Seite 74. 2 217 Kurlands, woselbst es sich gleichfalls überlebt hat, vorläufig noch geduldet wird und auch bereits lange auf den Aussterbe-Etat gesetzt ist. Dieses ver¬ altete Forstservitut muß officiell schon seit ungefähr 30 Jahren überall in den Ostseeprovinzen modernen Einrichtungen gewichen sein, es sei denn, daß es irgendwo in einem verborgenen Waldwinkel der Ostseeländer noch, außer in Kurland, vor den Augen der Beamten versteckt, im Geheimen betrieben wird. Als noch meist jungfräulicher Wald die weiten Niederungen zwischen den von Norden nach Süden streichenden Höhenrücken bedeckte, und als nur auf den Höhen verstreute Dörfer und Ansiedelungen sich fanden, lebten die Ein¬ wohner des Ostbalticums, außer von dem Ertrage des Fischfanges, von den Pro- ducten des Waldes oder durch den Wald. Die Jagd, Viehzucht und Bienenzucht sind in erster Linie als ihre Tagesbeschäftigungen hinzustellen, und die Er¬ träge derselben dienten zu ihrem Lebensunterhalt und gaben andererseits die Tauschartikel für den Handel her. Die Tauschobjecte eines in älteste Zeiten hineingreifenden Handels, besonders mit Rußland, bildeten nur Gegenstände des Fischfanges, der Jagd, der Vieh- und Bienenzucht, neben Sklaven. Schon im Jahre 969 wurden, nach Nestor’s Jahrbüchern, von dem Großfürsten Swätoslaw CK0[>a, bockt, Me/i/i, ii uejui^u, d. h. Pelzwerk, Wachs, Honig und Sklaven als Gegenstände der russischen Handelseinführ bezeichnet. Die Tauschobjecte, etwa 200 Jahre später, bei Ankunft der ersten Deutschen in der Mündung der Düna, im Jahre 1158, bildeten auch nur folgende Gegen¬ stände; Schafe, Fische, Honig, Wachs, Hühner, Eier, Wild, Milch, (Flachs) u. s. w. Des Honig- und Wachs- Reichthums geschieht in vielen alten Nach¬ richten bei Gelegenheit dieses für das Ostbalticum geschichtlichen Ereignisses besondere Erwähnung. So berichtet Albert Krantz, ein Geschichtsschreiber aus dem sechzehnten Jahrhundert, von den Eingeborenen; ,,Tanta tum fuisse simplicitate ferunt gentem, ut expresso melle, ceram velut purgamento expor- tarint aedibusff Ausführlicher erzählt Dionysius Fabricius in seiner handschriftlichen, bis zu dem Jahre 1610 gehenden Chronik von Livland, wie an den Häusern der Eingeborenen ganze Haufen von Wachs, mit den getödteten Bienen ver¬ unreinigt, gelegen haben und, nicht geachtet, von den deutschen Kaufleuten in ihre Schiffe geschafft worden seien, wogegen diese kleine Geschenke für die Eingeborenen zurückgelassen hätten. Dasselbe wiederholen Hiaerne, Brandts und andere Chronisten, jedoch wahrscheinlich aus denselben Quellen. Diese Nachricht findet sich nicht bei den ältesten Schriftstellern und scheint auch keinen Glauben zu verdienen, da die baltischen Völkergruppen bekanntlich mit den Russen in Verbindung standen und die letzteren eine so wichtige Handelswaare kaum hätten verloren gehen lassen. Die von Nestor oben erwähnten Tauschgegenstände: Wachs und Honig, liefern den Beweis, daß die Russen bereits zu jener Zeit das Wachs (und den Honig) als Handelswaare zu schätzen wußten. In Rußland belebten bereits im zehnten Jahrhundert, im Gegensatz zum Ostbalticum, große Städte den Verkehr, und die Russen trieben 218 mit den Griechen und anderen Völkern einen ausgebreiteten Handel. Sie erhielten gegen die oben erwähnten Gegenstände, besonders von den Griechen, Gold, kostbare Stoffe, Wein, Früchte, Pfeffer, Saffian und mancherlei Kunst- producte von Werth. Dieser Handel wurde um so lebhafter, je mehr die Russen ihre Lebensgenüsse vervielfältigten. In Rußland selbst wurde der Honig als Hauptbestandteil des Meths sehr hoch geschätzt, und bei der allgemeinen Gast¬ freiheit jener Zeit gehörte ein großer Vorrath desselben zu dem unentbehr¬ lichsten Luxus der Fürstenhöfe. Daher wurde auch von den uncultivirten Provinzen der Tribut gewöhnlich, neben anderen Dingen, in Honig und Wachs -e- erhoben. Später, nach Einführung des Christenthums, verblieb ein Theil des Wachses für Kirchenzwecke in Rußland selbst, und es ist nicht unwahr¬ scheinlich anzunehmen, daß die Klöster Petschur und Isborsk des heutigen Pleskau’scben Gouvernements im Hinblick auf die ertragreiche Waldbienenzucht des angrenzenden Neuhausen’schen Gebietes angelegt worden sind. Um so reger wird auch der Handel mit diesen beiden Artikeln durch den Verbrauch an Wachs zu Kirchenlichten und an Honig zu Fastenspeisen und Fasten¬ getränken in Livland geworden sein, als die Russen den griechischen Glauben annahmen. Auch Jaroslaw der Weise, die Wichtigkeit dieser Waare wohl erkennend und wohl wissend, daß Livland als der Hauptsitz der Waldbienen¬ zucht für stetige Einfuhr dieser Waaren zu sichern sei, legte im Jahre 1030 in der muthmaßlich reichsten Honiggegend, an der Westgrenze Unganniens, etwa 10 km von der alten Ostgothen-Veste Tarbetu („Anbetungsort des Gottes Thor“, latinisirt : Tarbetum oder Tarbatum, estnisch: Tartu, niederdeutsch: Dörpt, heute Dorpat, russisch /J,eprrn>), die Burg Jurjew (heute im Haselau’- schen Gebiet) an, welche wahrscheinlich zuerst nur ein vorgeschobener Grenzposten für die russischen Handelsinteressen war, später aber als Stütze für den Tribut des „Glaubenszinses“ gelten konnte, zu welchem sich auch der Bischof von Dorpat trotz des Sieges von Plettenberg an dem Flusse Sinolin im Pleskau’schen (13. Aug. 1503) noch bequemen mußte. Ein wie überaus werthvoller Besitz der Eingeborenen damals die Bienen¬ bäume gewesen sind, sehen wir zur Genüge aus dem „großen Streite“ vom Jahre 1212 zwischen den Letten von Autine und den Rittern von Wenden, welcher um die geplünderten Honigbäume entstand, worüber Heinrich der Lette ausführlichst berichtet. Dieser Streit gab den Anlaß zu einer ernsten Verschwörung der Letten und Liven gegen die Deutschen, zu schwerem Abfall vom Christenthum und zu blutigen und andauernden Kämpfen. Bekannt ist auch der Streit der Kirchholmer (Rodenpois’schen) Liven mit der Stadt Riga ihrer Honigbäume wegen, den endlich der Ordensmeister Goswin von Herike im Jahre 1349 schlichtete, wobei er das gegenseitige Abkommen in einer aus¬ führlichen, auf uns gekommenen Urkunde niederlegte. Aus diesen mehr andeutungsweise gegebenen Daten gebt hervor, daß bei den alten Einwohnern des Ostbalticums neben Fischfang, Jagd, Viehzucht, die Waldbienenzucht eine bedeutende Erwerbsquelle gewesen ist, und daß der 4 219 Handel mit Honig und Wachs ihnen einen beträchtlichen Gewinn gebracht haben mag. Eine große Menge des Honigertrages, wenn nicht sogar der größte Theil desselben, ist vielleicht zur Bereitung des so sehr beliebten Meths im Lande selbst verbraucht worden. Der Feldbau scheint in den ältesten Zeiten der Seßhaftigkeit finnischer und lettischer Völkerschaften im Ostbalticum für eine größere Menschenmenge noch nicht zugereicht zu haben, denn sonst hätten die deutschen Kaufleute den Eingeborenen nicht Brod, Bier und andere durch den Feldbau gewonnene Lebensmittel gegen die oben erwähnten Tauschobjecte gegeben, und ferner hätten die deutschen Kaufleute nicht Malz, Mehl und dergl. mehr zu ihrer eigenen Erhaltung aus dem Aus¬ lande einzuführen gebraucht. Versetzen wir uns in eine spätere Zeit, etwa in das vierzehnte Jahr¬ hundert, und wir sehen, daß die Waldbienenzucht um Riga durchaus noch in Blüte ist, und daß die Stadt Riga einen bedeutenden Zins an Honig und Wachs von den in der Stadtmarke lebenden Liven, mit Ausnahme der Rodenpois’schen Liven, erhebt. Wie zahlreich die Honigbäume gewesen sind, erhellt aus dem alten Grundzinsbucli der Stadt Riga, in welches die Eigen- thümer der Honigbäume eingetragen waren. Bis zu 300 solcher Bäume finden sich für einzelne Besitzer in diesem Buch aufgezeichnet. Der Besitzer eines Honigbaumes hatte nicht das Recht, zur Zeit der Honigentnahme den Baum allein zu besteigen, sondern nur im Beisein der sogenannten Honigvögte, auch Landvögte genannt, welche, meist vier an der Zahl, jährlich ihren Umgang zur Honigzinserhebung zu machen hatten. Wer von den Bauern ohne des Amtes Vorwissen seinen Honigbaum bestiegen hatte, mußte eine Strafe von 15 Mark erlegen. Der Honig wurde von der Landvogtei in den Rathskeller abgeliefert, wo man Metk daraus braute. Riga hat von seinem eigenen Honig wohl kaum exportirt, und wieviel Honig und Wachs in jenen Zeiten hinaus¬ gegangen sein mag, läßt sich schwer feststellen. Jedenfalls wird der eigene Consum des ganzen Landes an Honig und WTachs durch die damals schon bestehenden vielen Klöster und Kirchen einerseits, und andererseits durch die seit Jahrhunderten eingewanderten Deutschen und durch die neu entstandenen Städte ein bei weitem größerer geworden sein als ehedem. Immerhin muß noch viel ausgeführt worden sein, was aus Importnachrichten Deutschlands und Norwegens, aus der Andeutung des Glaubenszinses im sechzehnten Jahr¬ hundert und aus dem Verbrauch der westrussischen Klöster, Kirchen und Fürstenhöfe hervorgeht. Es ist im Vorhergegangenen bereits des sogenannten ,, Glaubenszinses" erwähnt worden, welcher von einschneidender Wirkung auf die Geschicke Livlands gewesen ist, wobei als Veranlassung dazu die Honigbäume eine Rolle gespielt haben. Der geschichtliche Vorgang ist folgender. Nach Kettler’s Berichten und nach mehreren Geschichtsschreibern hatten etwa in der Mitte des 13. Jahrhunderts einige livländische Bauern aus Orrawa' (heute ein Beigut des Majorats Neuhausen) jenseit der Pleskau’schen Grenze mit Ge- 5 220 nehmigung Honigbäume angelegt, wofür sie jährlich 10 Lispfund (1 livisches oder Lispfund = 20 heutige Pfund) Honig als Pachtzins nach Pleskau erlegten. Doch im Laufe der folgenden Zeitwirren wurde dieser Pachtzins nicht mehr entrichtet, sei es, daß er in Vergessenheit gerathen war, oder sei es, daß die Honigbäume aufgegeben worden waren. Es scheint jedoch aus einigen, aber verschiedene Deutungen zulassenden Nachrichten hervorzugehen, daß jener ursprüngliche Contract durch ,, Kreutzküssungen“ von Seiten der Orrawa'schen Bauern bekräftigt worden war. Nun ereignete sich etwa 100 Jahre später Folgendes, was ich mit den Worten Th. Schiemann’s wiedergebe: Iwan Wassil je witsch, den das eigene Volk den Schrecklichen nannte, sah die Zeit gekommen, um seine Pläne gegen Livland zur Ausführung zu bringen. An die Ostsee wollte er dringen, erst durch den Besitz der baltischen Häfen glaubte er die von ihm erstrebte Verbindung mit dem Abendlande gesichert. Den Vorwand zu linden, der seine Ansprüche rechtfertigen sollte, fiel ihm nicht schwer. Zwischen Neuhausen und Pleskau lag in alter Zeit eine Wildniß. Die livländischen Bauern besaßen dort viele hundert Honig¬ bäume, die das Gelüste russischer Bauern erweckten. Es kam zu Streitigkeiten und schließlich zu einem Vertrage mit dem Fürsten von Pleskau; gegen eine jährliche Leistung von 10 Lispfund Honig erkauften die Bauern Ruhe vor aller Schädigung. Allmählich waren Russen in die Wildniß gedrungen, hatten Klöster und Dörfer gebaut, und dem Stift Dorpat an der Neuhausen’schen Grenze 6 Meilen Weges mit Gewalt abgerungen. Der Honigzins war darüber ver¬ gessen worden, man hat ein Jahrhundert lang nichts gezahlt. Da griff Iwan die alten Ansprüche wieder auf, aus dem ,, Honigzins“ wurde ein ,,Zins des rechten Glaubens“, nicht mehr die Bauern der Wildniß, sondern ganz Livland sollte zahlen. Damit war die Frage, welche bisher nur die stiftischen Interessen anging, zu einer allgemeinen livländischen geworden. Man beschließt eine Gesandtschaft an den Zaren zu schicken, und eine Doppelbotschaft, vom Ordens¬ meister und vom Bischof bestellt, zieht nach Moskau. Am 6. Dezember 1557 treffen die Gesandten ein, und ihr von Thomas Hörner verfaßtes Tagebuch giebt ein lebendiges Bild der gepflogenen Verhandlungen. Elert Kruse führt das Wort für die Gesandten: Unbillig sei die Forderung des Großfürsten, der dem ganzen Lande einen unerschwinglichen Tribut auflegen wolle. Eine Mark von jedem Einwohner, Mann oder Weib, dazu drei Jahre Nachzahlung, die Todten mitgerechnet, das sei eine unerhörte Forderung. Nicht den eigenen Unterthanen lege der Zar solche Lasten auf. Briefe und Urkunden habe man durchgesehen, aber nichts über solchen Zins gefunden. Eine alte Honigweide sei strittig gewesen, nicht mehr und nicht weniger. Davon will aber der Großfürst nichts wissen, er besteht auf seinen Forderungen, nicht ein Deut soll abgelassen werden. Die Vermittelung des Deutschen Kaisers schlägt er rund ab; er wisse durch göttliche Hilfe und eigene Macht das Seinige selbst wohl zu suchen und zu fordern, in allen Dingen handele er recht und bedürfe keiner Unterweisung. Die Gesandten bieten 1000, 10 000, 30 000 Mark, 6 221 umsonst. Die Macht ist vorhanden, entgegnet der Kanzler Iwan’s, wir werden uns vergleichen, wenn die Heere an einander gekommen sind. Und unver¬ richteter Sache müssen die Gesandten abziehen.“ So weit Schiemann. In dem Friedensschlüsse mußte sich der Bischof von Dorpat zur Entrichtung des „Glaubenszinses“ unter Bürgschaft des Ordensmeisters bequemen. Die Waldbienenzucht hatte im ganzen Mittelalter für das Ostbalticum eine hohe Bedeutung, und in fast allen aus jener Zeit auf uns gekommenen Pachtverträgen, Contracten, Dokumenten über Grenzstreitigkeiten und sonstigen Urkunden werden die Honigbäume als wichtige Besitzobjecte in jenen Schrift¬ stücken namhaft gemacht. Ja noch im Jahre 1561, als Livland und Kurlaud sich freiwillig unter die Oberbotmäßigkeit Polens begaben, ist iu der bekannten „Acta et Previlegium Sigismundi Augusti“ der Honigbäume als eines voll¬ berechtigten Servituts besonders gedacht. In dieser an die Stände und Städte Liv- und Kurlands gerichteten Urkunde heißt es im § XXI: ,,Ita quoque mutua atque transitoria fiat, ut est adhuc hodie, servitus, qua ultro citroque alter in alterius fundo liberrima habet apum pascua et mellifluas arbores. Quemadmodum haec omnia investitararum monimentis longissima praescriptaque consuetudine adhuc hodie ab Omnibus Nobilibus obtinentur et servantur etc.“ Arndt (II, Seite 287) übersetzt es folgendermaßen: ,,Da es zumal auch noch eine Servitute ist, vermöge deren hin und wieder Einer auf des Andern Grund und Boden Bienenweiden und Honigbäume zu halten frei hat. Wie dieses Alles nach den urkundlichen Lehnsbriefen und einer uralten, verjährten Ge¬ wohnheit noch heut zu Tage von dem ganzen Adel also beobachtet und beibehalten wird etc.“ Ein großer Theil der Honigbäume muß schon damals in den Besitz des Adels und der Großgrundbesitzer übergegangen sein, und von einem anderen Theil wurde ein Zins oder Zehnten, oder, wie es noch heute im Dondangen’schen der Fall ist, fünfzig Kopeken für einen jeden Honigbaum erhoben. Aus diesen kurzen und aphoristischen Bemerkungen ist zu ersehen, daß die Waldbienenzucht ein uralter Erwerbszweig des Ostbai ticums gewesen ist und besonders zur Zeit des Mittelalters in der Handelsgeschichte dieses Landes florirt hat. Aber, wie bereits angedeutet, noch bis in die Jetztzeit hinauf reichen die Reste der alten Waldbienenzucht, und Hupel irrt, wenn er behauptet, daß zu seiner Zeit, etwa um das Jahr 1800, die Waldbienenzucht ganz aufgehört habe. Im Gegentheil, am Ende des vorigen und am Anfang des jetzigen Jahrhunderts blühte theilweise in einigen Gegenden des Ost- balticums die Waldbienenzucht, und noch vor nicht langer Zeit trafen wir dieses als ein in gewissem Umfange geduldetes, wenngleich auf den Aussterbeetat gesetztes Servitut in einigen Theilen Kurlands und selbst Livlands an. Auf meine Anfragen und Nachforschungen in Estland über noch vorhandene oder aufgegebene Honigbäume habe ich keine Angaben erhalten, und somit scheint wenigstens in dieser Provinz die Waldbieneuzucht in jener alten Form völlig erloschen zu sein. 7 222 Wo im Ostbalticum begegnen wir den Honigbäumen noch heute? In der ultima Thule Kurlands, im Dondangen’schen, und in einer ultima Thule Liv¬ lands, im Neuhausen’schen. Ein merkwürdiges Zusammentreffen der Ortschaften, gerade in den beiden größten Majoratsbesitzungen der Ostseeprovinzen. Während im Dondangen’schen mit dem Reste eines ursprünglichen Volks¬ stammes, der Liven, auf dem Majorate Anzen-Popen noch über 500 solcher Honigbäume gezählt \#rden, waren in Neuhausen vor jetzt 15 Jahren über¬ haupt nur noch zwei Bäume im factischen Gebrauch, und zwar waren diese letzteren auch nur an die Person eines alten verdienstvollen Waldwärters und früher berühmten Bienenzüchters gebunden. Mit dessen Tode dürfte die alte Waldbienenzucht in Livland als verschwunden betrachtet werden können. Vor etwa 30 Jahren waren bei Oberpahlen, im Woisek’schen Gebiete, besonders in den Wäldern am Zusammenfluß der Pahle und Pedja, noch mehrere Honig¬ bäume, nach Amelung, im Gebrauch. Daß diese um das Zehnfache ertrag¬ reichere Form der Bienenzucht der jetzigen in künstlichen Stöcken hat weichen müssen, und daß mit der Aufhebung der Honigbäume überhaupt ein Zurück¬ gehen der Bienenzucht im allgemeinen stattgefunden hat, werden wir am Schluß unserer Betrachtungen sehen. Es ist bisher nur von der Waldbienenzucht im Ostbalticum die Rede ge¬ wesen, und es erregt daher den Anschein, als ob ausschließlich in diesem Ländergebiet dieser Erwerbszweig cultivirt worden sei. Dem ist aber nicht so. Obgleich das Ostbalticum in dieser Beziehung, in der Erzeugung von Honig und Wachs,, eine hervorragende Stellung im Mittelalter eingenommen hat, wozu besonders die günstigen Wald- und Heideverhältnisse das ihrige bei¬ getragen haben mögen, so ist doch diese Betriebsform durch ganz Europa verbreitet und überall in den Waldgebieten heimisch gewesen. Vor gar nicht langer Zeit, noch im 19. Jahrhundert, ist die Waldbienen¬ zucht auch in der Lüneburger Heide betrieben worden, und die Zeidler (Zeidl = Honig, Zeidler = Honigausschneider), eine den baltischen Honig¬ vögten ähnliche Beamtenklasse, ragten mit ihrer Zunft und ihren Zeidel- gerichten in Deutschland fast bis an uuser Jahrhundert heran. Die Zeidler¬ genossenschaft des Nürnberger Reichswaldes, mit sehr merkwürdigen Bräuchen, nahm eine bedeutende Stellung ein, und die Stadt Aachen, welche dem Meth eine besondere Pflege angedeihen ließ, spendete ihn jährlich als Delicatesse an Kurfürsten, Bischöfe und einige andere Vornehme. So im Jahre 1385 mehr als 29 Ohm im Werthe von 1068 Mark; es war also ein kostbares Getränk. Der schlechte deutsche Wein wurde oft mit Kräutern, Gewürz und Honig versetzt und hieß dann Lautertrank, eine Erinnerung daran finden wir in unserem Maitrank. Während der Meth von den geistlichen Herren mit wohlverdienter Achtung getrunken ward, obgleich ihm sehr ungeistliche Tugenden zugeschrieben wurden, gewöhnten sich die schlesischen Piasten (Ritter, Große, etwa um das Jahr 1200) in Malvasier und Reifal statt in altem Meth sich zu berauschen (nach Gustav Freytag). Denn etwa um die- 8 223 selbe Zeit, als die deutschen Kaufleute iu der Dünamündung anlangten, begann ein allmähliches Vordringen derselben gegen die gesammte Ostlinie Europas. Aus Sachsen und Franken drangen sie nach Schlesien und Böhmen ein, mit flamländischen Tüchern, mit Goldschmuck und Waffen, die sie theuer gegen Wachs, Honig, Pelzwerk der östlichen Heiden verkauften. Auch noch heute, wie man mir mündlich berichtet hat, findet sich die Waldbienenzucht in der alten Form hin und wieder in Polen, und ist sie in den Wäldern am Ostfuße der Karpathen und in Volhynien stellenweise verbreitet. Im Zusammenhang mit der Verbreitung der Honigbiene bezw. der Wald¬ bienenzucht hat man auf die ursprüngliche Heimat der finnisch-ugrischen Völkerschaften oder auf ihr Ausgangsgebiet zur Zeit der Völkerwanderung zu schließen versucht, weil diese Völkergruppe in hervorragender Weise sich mit der Bienenzucht abgegeben hat. Ganz interessant sind daher die näheren Ausführungen von Koppen über den gemeinsamen Ursitz seiner Ario-Finnen. Er legt dabei ein Gewicht darauf, daß zu den gemeinsamen Wörtern der indo¬ europäischen und der finnisch-ugrischen Sprachen der Honig und der Bast, bezw. der aus dem Honig bereitete Meth, gehören. Die Ario-Finnen müssen daher, so schließt er, in einer Gegend gelebt haben, wo es Honigbienen und Linden gab. Nun aber ist es eine ganz interessante Thatsache, die von Koppen durch zuverlässige wissenschaftliche Zeugen erhärtet wird, daß die Biene {Apis mellifica ) in Centralasien überhaupt nicht vorkommt und auch nach Sibirien erst im vorigen Jahrhundert aus Europa importirt ist. Dort kann demnach die Heimat der Ario-Finnen nicht gewesen sein. Südlichere Land¬ striche, wo die Biene vorkommt, fallen aus anderen Gründen weg, und so tritt in der That Europa und speciell Ost-Europa mit seinen Lindenwäldern und Honigbienen als wahrscheinliche Heimat der Ario-Finnen hervor. Es ließe sich dagegen allerdings einwenden, daß die heutige Verbreitung der Bienen uns keinen sicheren Schluß erlaubt, wie diese Verbreitung vor mehre¬ ren tausend Jahren gewesen, und dieser Einwand erscheint schwerwiegend ge¬ nug. Dieser Zweifel wird überdies durch die Forschungen Radloff’s unter¬ stützt, der wenigstens für den östlichen Altai die Angaben Ledebour’s be¬ zweifelt, daß die Honigbiene im Jahre 1793 durch Arschemewsky dort ein¬ geführt worden sei, da er am Teletzki-See sehr viel wilde Bienen und für sie den einheimischen Namen Argi fand, der ebensowenig als Pal (Honig) aus dem Russischen abgeleitet werden kann, während nördlich von Kusnezk diese nützlichen Insecten Schol genannt werden, was sich aus dem russischen miejia ableiten läßt. Nun wird man mich endlich fragen, was man unter Honigbäumen eigent¬ lich versteht? Unter Honigbäumen, Bienenbäumen, oder in Norddeutschland Beutkiefern, verstand und versteht man noch Bäume in voller Vegetation, in welche man Bienenbaue in primitivster Form hineinsetzte, indem man einfach der Vorliebe der Bienen, ihren Bau in Baumhöhlungen anzulegen, Rechnung trug und so dem natürlichen Triebe dieser Thicre entgegenkam. 9 224 Auf meinen Streifereien durch meine Heimatprovinzen besuchte ich wenigstens einmal im Jahre auf einige Wochen das livländische Oberland, die Kirchspiele Neuhausen und Rauge, ebenso wie ich auch einmal im Sommer irgend eine baltische Küstengegend durchwanderte. Die bewaldeten Berge mit ihren stillen geheimnißvollen Seeen zogen mich ebenso mit unwider¬ stehlicher Gewalt an, wie mich eine gleiche Sehnsucht zu unserem wellen- umrauschten Strande hintrieb. War es hier die Lieblichkeit in der Begrenzt¬ heit, mit dem steten Wechsel der herrlichsten Landschaftsbilder in engem Rahmen, wo man nur von der Spitze einer höheren Kuppe einen Ausblick über das hügelige Gelände gewann, so war es dort die majestätische Unbe¬ grenztheit unserer Ostsee, was mir die willkommenen Gegensätze meines Heimatlandes darbot und mich in vollen Zügen bald das eine, bald das andere genießen ließ. Den Ausgangspunkt meiner Excursionen im livländischen Oberlande bildete meist das gastfreie Dach des Gutes Lobenstein, und auf denselben begleitete mich häufig ein alter Buschwächter, Jakob Puusepp, der nicht nur das ganze Gebiet wie seine Tasche kannte, sondern mich auch in vielem belehren und aufklären konnte. Ob der alte Mann noch lebt, weiß ich nicht mehr, da seit jenen Excursionen wohl fast 20 Jahre dahingegangen sein mögen. Ein freund¬ liches und dankbares Andenken werde ich diesem einfachen Bauern stets be¬ wahren, da im Laufe mehrjähriger gemeinsamer Fahrten und Wanderungen eine Art Freundschaft sich zwischen uns herangebildet hatte, wozu wohl das gleiche Interesse für Wald und Wild das Seinige beigetragen haben mag. So schlicht, ja fast ärmlich, er dem Aeußern nach in seinem Wald¬ kostüm erschien, so gehörte er doch zu den wohlhabendsten Bauerngutsbesitzern der Gegend. Von diesem Körgesilla- Jakob, wie er auch nach der ihm ge¬ hörenden Wassermühle von Seinesgleichen genannt wurde, habe ich alle auf die Waldbienenzucht im Neuhauser/schen sich beziehenden und in Folgendem niedergelegten Aufzeichnungen erhalten. Hier schalte ich die Bemerkung ein, daß ich in Kurland zu dem Aeltesten eines Liven-Dorfes, mit Namen Hans Prinz, in ein ähnliches Verhältniß, wie zu Puusepp, getreten bin, der mir wiederum aus diesem Küstengebiet seine Erfahrungen, Erinnerungen und be¬ sonders eine Menge Lieder über Honigbäume übermittelte. Doch soll letzteres Gebiet nur gestreift werden, da Pastor Bielenstein über die Kurische Wald¬ bienenzucht ausführlichst in den ,, Studien aus dem Gebiete der lettischen Archaeologie, Ethnographie und Mythologie (Riga 1896)“ berichtet hat und ich mich daher nur auf die Notizen der Waldbienenzucht von Neuhausen be¬ schränken will. Die Kenntniß und die hier folgenden Beschreibungen der Honigbäume in Neuhausen verdanke ich einem bloßen Zufall. Einstmals bemerkte ich näm¬ lich auf einer Waldexcursion eine sehr alte Kiefer, deren Wipfel gestutzt war, und deren Stamm eine etwa meterlange, ziemlich tiefe, aber stark verwitterte Längshöhlung enthielt (Fig. 1). Auf meine Frage, was das mit dem Baume auf sich io Ö25 Fig. 1. Honigbauir, Tarro-pettaja, von Lobenstein bei Eichhof in Livland, ca. ’/ioo der nat. Grösse. 11 15 226 habe, antwortete Puusepp mir kurz, daß das eine verlassene und aufgegebene Tarro-pettaja oder Tarro-peddaja, auf deutsch Bienen-Kiefer, sei. Aber so entfernt von allen Niederlassungen und vereinsamt im Walde, fragte ich weiter. Ja, das machte man früher so, gab er ausweichend zur Antwort. In gleicher Weise wußte er zunächst meinen Ausforschungen über diese mir un¬ bekannte Anlage von Bienenbauen zu entgegnen. Doch ließ ich nicht locker und besiegte bald sein Mißtrauen gegen mich, als wir bekannter geworden waren. Gerade das nun folgende Aufsuchen von Honigbäumen begründete erst unsere Kameradschaft, wenn ich so sagen kann, da ich erfuhr, daß Bienen¬ kiefern anzulegen und zu halten strengstens von der Majorats-Verwaltung ver¬ boten sei, und daß nur ihm, als altem Waldbienenzüchter, zumal er selbst Waldbeamter sei, noch zwei Honigbäume zu halten gestattet sei. Diese beiden Honigbäume, wohl die einzigen im ganzen Neuhausen’schen Gebiete, habe ich natürlich besucht und später Honigbäume in Function unter den Liven in Kurland in größerer Anzahl gesehen. Sowohl die oberlivländischen als auch die kurländischen Honigbäume unterscheiden sich in der Construction des Bienenbaus und Auswahl der Bäume und Waldstellen nur sehr wenig von einander. Daher sind alle Erhebungen über die Neuhausen’schen auch auf die Kurländischen zu beziehen. Die Construction der Bienenbaue war folgende (Fig. 2). Nachdem man einen Baum im Walde, mit Vorliebe eine Kiefer, ausfindig gemacht hatte, dessen Alter, Stärke, gehöriger Windschutz und Standort geeignet erschien, und der nicht zu festes, sondern „theeriges“ Holz besaß, was man zunächst aus seinem Standorte schließen konnte (einen im estnischen genannten Lane-puu, mit weichem Splinte), so wurde zwischen 12 bis 24 Fuß, gewöhnlich in 20 Fuß Höhe, aber nie unmittelbar unter der Krone, eine längliche, viereckige Höhlung mit dem Beile in den Stamm getrieben. Nachdem diese nach innen gehörig vertieft, aber nicht zu stark ausgehöhlt worden war, damit der Frost nicht einwirken könne, wurde die Höhlung oben und unten mit zwei darüber genagelten Brettchen verschlossen, so daß in der Mitte der Höhlung zwischen den Brettchen ein genügender Zwischenraum sich befand, um einen bequemen Zugang für eine durchgesteckte Hand zu haben. Es wurden auch zuweilen zwei, sehr selten drei Höhlungen in demselben Stamm angelegt, welche stets über einander, an derselben Seite des Baumes, und zwar an der Seite unter der Richtung des herrschenden oder stärksten Windes lagen. Am liebsten legte man sie nach Süden, niemals nach Norden an, doch war die Anlage der¬ selben ebenfalls durch locale Verhältnisse bedingt. Nun wurden zu beiden Seiten der verschlossenen Oeffnung zwei große, nach oben gerichtete Haken und über derselben noch ein dritter als Schutzmittel gegen honigräuberische Bären angebracht. Der Bär pflegte, wenn er an der Rückseite des Stammes und zwar höher als die Bienenbaue lagen, hinaufgeklettert war, sich von oben an der Vorderseite herabzulassen, wobei ihn dann die nach oben gerichteten Haken an seinem Vorhaben nachdrüeklichst verhindert und wohl auch sein 12 227 Fell und Fleisch arg mitgenommen haben mögen. Ferner wurde eiu Längs¬ holz, oder schmales längliches Brett, jedoch schmäler als die Breite des Spaltes, Rahm genannt, der Länge nach über den zwei Verschlu߬ brettchen be¬ festigt, so daß die dadurch entstandenen beiderseitigen Oeffnungen in der Mitte des Baues den Bie¬ nen das Aus- und Einfliegen bequem ge¬ statteten, das Längsholz aber der Tatze des Bären den Zugang ver¬ wehrte. Die Be¬ festigung die¬ ses Längsliol- zes geschah oben durch einen einge¬ keilten Pflock, unten ver¬ mittelst eines Loches, das durch das Längsholz in den Baum¬ stamm sich fortsetzte und durch welches ein kleiner Pflock bequem hineingesteckt und herausge- zogen werden Fig. 2. Honigbaum, Tarro - peltaja, von Lobenstein in Livland. Schematisirte Zeichnung zur Erläuterung der Construction der Bienenbaue und der Art des Besteigens der Honigbäume, ca. Yso der nat Grösse. konnte, so daß bei der Honig- entnahme oder Reinigung des Baues das Längsholz nur in seiner obe¬ ren Angel bei Seite gedreht zu werden brauchte. Die¬ ses Längsholz sollte gleich¬ zeitig einen Wetterschutz darbieten und ein neues Hin¬ derniß für den Bären abgeben Zum Ueberfluß hing noch an langer, meist schon im Kro- nentheile des Baumes, an ge¬ eigneter Stelle befestigter Schnur ein mehrere Fuß langer, schwe¬ rer Knüttel, Tölw genannt, genau vor dem Bienenbau, welcher den Zweck hatte, dem Bären weitereHinder- nisse zu be¬ reiten. Im Falle nämlich der 13 15* 228 Bär Haken und Sicherheitsverschluß des Längsbrettes überwunden, schob er den Knüttel bei Seite, der aber als unliebsamer Pendel stets an dieselbe Stelle zurückkehrte, und je stärkere Schläge der Bär demselben in seinem gesteigerten Zorne versetzte, sie in desto erhöhtem Maaße diesem zurückgab. Da hier das Anlegen von Sprossen und Einschnitten in den Stamm zum Erklettern desselben unthunlich erschien, so war das Hinaufkommen und das Herabholen des Honigs mit weit größeren Schwierigkeiten verbunden, als an solchen Orten, wo honigräuberische Bären und Honigdiebe nicht zu befürchten waren. Die Art und Weise des Hinaufgelangens erheischte hier große Ge¬ wandtheit und Uebung, da dieses bloß vermittelst eines dickeren Strickes von genügender aber bestimmter Länge geschah. Der Bienenzüchter hatte, ehe er den Aufstieg begann, an der einen Seite eine Bütte zur Aufnahme des Honigs und an der anderen Seite einen 2 — 3 Fuß langen und ziemlich dicken Knüttel hängen, dessen Bestimmung wir später erfahren werden. Ferner hatte er einen Strick, dessen beide Enden eine lange, weite Schlinge bildeten und welche über seinen Schultern nach hinten hingen. Die Schlingen oder häufig auch nur die doppelten Enden des Stricks mußten weit länger als der Umfang des Stammes sein und hingen beiderseits über den Schultern des Besteigers auf den Rücken herab. Zuerst wurde beim Aufstieg mit der rechten Hand die auf der rechten Schulter liegende Schlinge von rechts nach links um den Baum geworfen und der zur Mitte des Stricks befindliche Theil der Schlinge, das Ende derselben, zu einer neuen, also Doppelschlinge, durchgezogen, aber nur so viel, daß ein Fuß sie als Steigbügel benutzen konnte, und der rechte Fuß hineingesetzt. Durch die Schwere des jetzt in der Doppelschlinge ruhenden Körpers wurde dieselbe straff angezogen und trug den Besteiger vollkommen, denn die Reibung des straff gespannten Doppelseils mit der rauhen Außenseite des Baumstammes verhinderte das Hinabgleiten des Seils. Außerdem hatte der doppelte Strick den Vortheil, daß, im Falle eine Stelle riß, der andere Theil noch hielt und so den Bienenzüchter vor dem Hinabstürzen schützte. In derselben aber umgekehrten Weise geschah das Umwerfen der auf der linken Schulter ruhenden Schlinge. Hatte der linke Fuß sichern Halt, so wurde der rechte Fuß aus der Schlinge rechts gezogen, die Schlinge des¬ selben leicht gelöst und nun abwechselnd so lange fortgefahren, eine Schlinge über der anderen anzulegen, bis der Bienenbau erreicht war. Löste man einen Fuß, z. B. den rechten, aus der Schlinge, so geschah das auch nur vermittelst der rechten Hand, während der Arm, auf dessen Seite der Fuß festsaß, den Baumstamm umschlungen hielt. Unmittelbar unter dem Bienenbau wurde noch eine engere Schlinge gemacht, und durch diese der mitgebrachte kurze Knüttel hindurchgesteckt, um denselben, indem man sich kreuzweise darauf setzte, als Sessel zu benutzen. Nun wurde das Längsbrett weggeschoben, der Hänge¬ knüttel beseitigt und dann eifrig die Arbeit des Honigausschneidens vor¬ genommen. Das Hinabsteigen war durchaus bequemer als das Hinaufsteigen, entweder geschah das in derselben Weise, oder man zog einen mitgebrachten 14 229 Strick durch die für den Sessel gemachte Schlinge und ließ sich an dem¬ selben hinunter. Den bislang oben durch die Körperschwere fest schließenden, jetzt gelockerten Kletterstrick zog man entweder durch den letzteren herunter, oder man brauchte bei nicht zu hoher Anlage des Bienenbaues nur das herab* hängende Ende des Kletterstricks anzuziehen, so löste sich oben die Schlinge, und er fiel dann zu Boden. Bei in flagranti attrapirten Dieben hatte man es bequem, entweder durch Wegziehen des nachgezogenen Stricks, oder durch Abschneiden des herabhängenden Theils des Kletterseils, denselben oben in einsamer und unfreiwilliger Haft sitzen zu lassen, bis man Succurs herbei¬ schaffte, oder mit dem Diebe einen Compromiß schloß, auf welchen der letztere nolens volens eingehen mußte, widrigenfalls er oben verhungern konnte. Ein Honigdiebstahl galt in älteren Zeiten für ein schweres Verbrechen, und zu gewissen Zeiten wurde derselbe sogar mit dem Tode bestraft. Die Honig¬ bäume wurden auch wohl in der Neuzeit respectirt, doch scheinen Diebereien gar häufig gewesen zu sein, und in Folge der dadurch entstandenen Streitig¬ keiten und vielfachen Klagen sahen sich die Gutsverwaltungen schon deswegen genöthigt, das Verbot gegen die Honigbäume ergehen zu lassen. Jeder Bienen¬ züchter markirte seine Honigbäume mit seinem Hauszeichen oder seiner Haus¬ marke, welche mit dem Beil oder Messer tief in die Rinde des Stammes eingeprägt und oft erneuert wurden. War ein Bienenschwarm fortgeblieben und der Honigbaum unbeflogen, so wurde auf dem Stamme unter der Hausmarke das Zeichen eines liegenden Kreuzes gemacht. Wie schon erwähnt, wurden zuweilen zwei, seltener drei Bienenbaue in denselben Baum gelegt, aber nur dann, wenn der Baum gehörigen Windschutz hatte und vom Sturm nicht gebrochen werden konnte. Wo kein genügender Windschutz zu erhoffen war, da unterblieb nicht nur die Anlage der zweiten Höhlung, sondern man nahm auch den größten Theil der Krone fort, damit der Baum vom Winde nicht zu sehr hin und her geschüttelt werden konnte. Auch schlug man bei solchen gekappten Honigbäumen die Tukkajad, mit Steinen beschwerte Bretter, als Schutz der Bienenbäume gegen Regen und gegen die Fäulniß des Baumes, über die gekappte Stelle. Die Honigbäume sind im Neuhausen’schen Gebiete bis auf zwei, welche ich noch von Bienen beflogen sah, völlig ausgerottet. Der eine dieser Honig¬ bäume stand nicht weit von Brackmannsdorf und der andere beim Tirri-Dorfe, in der Nähe von Koergesild. Der alte Puusepp besaß, als die Honigbäume vor noch nicht alizulanger Zeit hier recht zahlreich waren, von diesen circa 40 Stück, die ihm einen reichen Ertrag an Honig gaben und den Grund zu seiner jetzigen Wohlhabenheit legten. Dieses Stück mittelalterlichen Conservativismus baltischen Völkerlebens hat sich, wie schon erwähnt, auch in einem anderen Winkel unseres engeren Vater¬ landes, in der Kurischen Halbinsel, erhalten. Wie aus Urkunden und anderen historischen Daten zur Genüge hervorgeht, waren es gerade die Liven, die vom Mittelalter bis in die Jetztzeit vorzugsweise sich mit der Waldbienenzucht 15 230 beschäftigten, und noch heute hat der durch undurchdringliche Urwälder (die große und kleine Undschau), durch mächtige Dünenwälle (das Wiggen- und Kangern-System) und durch eine hafen- und buchtenlose Flachküste vom übrigen Völkerverkehr abgeschnittene und vor Völkervermischung geschützte und rein erhaltene Rest dieses Volksstammes mit der alten Sprache, mit alten Bräuchen sich auch noch die alte Waldbienenzucht erhalten können. Wohl stehen kaum noch 1000 (ungefähr 500 im Anzen-Popen’schen Gebiet) Honigbäume vereinzelt und verstreut im Dünenwalde, aber auch sie sollen bald ganz ver¬ schwinden. Von der Forstverwaltung des Majorats Popen ist auf Initiative des Oberförsters Wille, des ausgesprochensten Gegners der Waldbienenzucht, bereits vor 25 Jahren der Anfang zur Aufhebung der Bienenbäume gemacht worden, und das benachbarte Majorat Dondangen ist diesem vom heutigen Standpunkt einer rationellen Forstwirthschaft durchaus berechtigten und ge¬ rechtfertigten Beispiele gefolgt. Die Construction der Kurischen Honigbäume war im wesentlichen dieselbe wie bei den Neuhausen’schen, nur fehlten sämmtliche Vorrichtungen und Ma߬ nahmen zum Schutze gegen den Bären, weil derselbe wohl schon seit langer Zeit aus jenen Gegenden verschwunden sein mag. Aus diesem Grunde und dort, wo Diebereien nicht zu befürchten waren, wurden Sprossen oder Einschnitte in den Baum zum Erklettern desselben getrieben. In Fällen, wo das Anlegen von Sprossen unthunlich erschien, zog man sich an einer besonders geflochtenen hänfenen Leine, an deren einem Ende ein etwa zwei Fuß langes Sitzbrettchen befestigt war, und die entweder über einen über dem Bienenbau befestigten eisernen oder hölzernen Haken oder einen Ast lief, hinauf, indem der Er- kletterer die Füße gegen den Baum stemmte. Auch wurden hier nicht Brett¬ chen über die in den Stamm bis 12 Zoll vertiefte, ungefähr 3 Fuß lange und 3 — 4 Zoll breite Höhlung genagelt, sondern meist vor die Längsöffnung zwei stumpfe, keilförmige, längliche Hölzer gelegt, die an den Rändern mehrere kleine Oeffnungen als Fluglöcher für die aus- und einfliegenden Bienen ent¬ hielten. Außerdem überdeckte man den ganzen Bienenbau noch mit einem Brette, welches oben an einem Stifte hing und bei der Reinigung des Baues oder bei der Honigentnahme weggeschoben werden konnte. Dieses Brett hatte auch gleichzeitig die Aufgabe, den Bienen vor Frost und Wetter einigen Schutz zu gewähren. Vorherrschend ist auch auf der Kurischen Halbinsel die Kiefer, als die hier am meisten verbreitete Baumart, zu diesem Zwecke benutzt worden, doch haben auch alte starke Eichen, selbst Linden, am wenigsten Fichten, Verwendung zu Honigbäumen gefunden. Von dem Jahre 1860 bis zu dem Jahre 1875 ist im Gebiet des Majorats Popen eine genaue Controle über die beflogenen Honigbäume geführt worden. Aus diesen Aufzeichnungen, welche ich dem Herrn Oberförster Wille ver¬ danke, sollen einige Jahrgänge hier angeführt werden: 1860 waren beflogen . 126 Baue, 1870 waren beflogen . 94 Baue, 1865 „ . 94 „ 1875 „ „ - 114 16 231 Im Jahre 1872 wurde ein ausführliches Verzeichniß sämmtlicher beflogenen oder leeren Honigbäume in demselben Gebiete angefertigt, welches im ganzen 643 Stück ergab. Durch einen in den letzten Zeiten erfolgten Besitzwechsel sind die jetzigen Inhaber der Honigbäume ausschließlich Letten, während die Liven nur noch sehr wenige von denselben besitzen, und zwar aus dem Grunde, weil nur noch Buschwächtern das Recht, Honigbäume zu halten, gestattet ist, und diese Forstbeamtenklasse im Gebiete von Anzen-Popen sich aus der letti¬ schen Bevölkerung rekrutirt. Dafür lebt aber das Andenken an die Honig¬ zeiten und an die Honigbäume noch lebhaft im Gedächtniß der Liven fort und findet seinen Ausdruck in einer überraschend großen Menge darauf be¬ züglicher Volkslieder, von welchen Pastor Bielenstein eine reiche Sammlung veranstaltet hat; auch ich bin so glücklich, eine bedeutende Anzahl von den¬ selben zu besitzen, welche ich dem vorher erwähnten Hans Prinz verdanke. Ueber manches andere und besonders über die heutige und ehemalige Ver¬ breitung der Waldbienenzucht in Kurland giebt die bereits angezogene und hochinteressante Abhandlung von Bielenstein ausführliche Auskunft. Die Ertragsfähigkeit eines alten Honigbaumes war im Vergleich zu den Bienenstöcken unserer Gärten eine bei weitem größere und überstieg die der jetzigen um das zehn- bis zwanzigfache. Es ist eben heute nicht mehr möglich, alle die Bedingungen, welche zu einer ebenso erfolgreichen Bienenzucht wie ehedem, und zu einem auch nur annähernd ebenso reichen Ertrage erforderlich sind, herbeizuschaffen und zu erfüllen, weil alle Verhältnisse, insbesondere die Waldverhältnisse, sich total bei uns geändert haben. Die Bienenbaue der Honigbäume befanden sich damals insofern in natürlichen Bienenbauen ent¬ sprechenden Verhältnissen, als Bienenschwärme, sich selbst überlassen, hohle Bäume und Höhlungen meist in beträchtlicher Höhe aufzusuchen pflegen und auch nur in sehr geschützter und besonders vor dem Winde gedeckter Lage. Ferner legen die Bienen ihre Baue nur an Stellen an, wo außer allen anderen günstigen Bedingungen eine reichliche Frühlingsnahrung, was ich hier besonders hervorheben will, und sonst günstige Nahrungsverhältnisse in nächster Nähe vorhanden sind. Heute werden die Bienenstöcke zu niedrig, meist in zu exponirter Lage und weitab von den natürlichen Nahrungsquellen angelegt. Die Bienen haben zu weite Touren zurückzulegen und sind dabei nicht nur dem Winde und anderen Fährlichkeiten, sondern auch den Verfolgungen ihrer vielen Feinde, vorzüglich der Schwalben, zu sehr ausgesetzt. In jenen Zeiten, als man an eine rationelle Waldbewirthschaftung und an eine Trockenlegung und Nutzbarmachung der vielen Weidenbrücher und Weiden¬ sümpfe noch nicht dachte, hatten die Bienen mit dem Erwachen der Vegetation im Frühlinge und zu allen Jahreszeiten vollauf Nahrung, wogegen sie jetzt in Weiden-armen Gegenden im Frühlinge verhungern müssen, wenn ihnen nicht von ihrem Wintervorrath an Honig noch reichlich zurückgelassen worden ist. Die heutigen Bienengärten, welche häufig inmitten von Obstgärten angelegt werden, liegen, meist von großen Feldcomplexen umschlossen, viel zu weit von Wäldern 17 232 und Wiesen, den eigentlichen Honigdepots, ab, und alle die vielen künstlichen Auskunftsmittel, wie z. B. die Anzucht gepriesener Bienenpflanzen, geben nur einen geringen Ersatz für die natürlichen, jetzt veränderten und einstmals in Fülle vorhandenen Nahrungsquellen der Honigbienen. Bei viel Arbeit, Mühe und Pflege erntet man von einem künstlichen Bienenstöcke nur einen Bruck- theil von der Honig- und Wachsmenge, welche man in jenen Zeiten fast mühelos von einem Honigbaume gewann, da ja nur für die einmalige Anlage und für die einmal im Jahre vorzunehmende Reinigung Sorge zu tragen war. Die Honigbäume müssen aber allmählich ganz verschwinden, weil einmal die fortschreitende Cultur diese veraltete Form der Bienenzucht nicht mehr aufkommen lassen kann, und weil ferner die Waldbienenzucht ein forstschädigendes Servitut ist. Die vorgeschrittene Landwirthschaft und Forstwirthschaft haben unserem Lande ein ganz anderes Gepräge gegeben wie in jenen Zeiten, als noch die Einwohner nur im Walde und vom Walde lebten. Mit der Abnahme des Waldes und der Zunahme der Ackerfluren mußten nicht nur die Honigbäume selbst fallen, sondern durch die lichtere Stellung des Waldes begann es auch an geeignetem Schutz und an Nahrung zu mangeln, und die Bienen verließen ihre Baue. Durch die Ausrodung der Weidenbäume und anderer im Frühjahr blühender Sumpf- und Waldsträucher fing vor allen Dingen die Frühlings¬ nahrung an auszugehen, und ganz besonders durch das Abräumen der sowohl als Nutz- wie auch als Brennholz minderwerthigen Lindenbäume und Linden- sträucher gelangte auch ein erheblicher Nahrungstheil aus dem Walde selbst in Wegfall, so daß auch nach dieser Richtung hin ein Mangel eintreten mußte, zumal die Linde der im Sommer am spätesten blühende Baum ist. Aber vor allen Dingen wurde durch Umwandelung der früher überall in den baltischen Landen verbreiteten Heidestrecken in geregelte Forsten und bewirthschaftete Getreidefelder die beste Nahrungsquelle den Bienen entzogen, da, wie kein anderes Gewächs, das Heidekraut in seinen Blüten den Honig in Fülle und in besonderer Güte birgt. Wir haben wohl heute noch im Ostbalticum Heide¬ strecken, aber in sehr beschränkter Ausdehnung und in geringer Verbreitung. Als feuergefährliches Waldunkraut und als schädliches Verangerungsmittel bekämpft eine rationelle Forstwirthschaft nach Möglichkeit das Aufkommen dieses Kleinstrauchs. Auffallender Weise haben sich gerade in der Kurischen Halbinsel und im Gebiete von Neuhausen noch größere Heidecomplexe er¬ halten, gerade dort, wo noch heute die Ueberbleibsel der alten Waldbienen¬ zucht zu finden sind. Die kahle Feldfläche dominirt heute über den mit Wald bestockten Boden und ist in stetigem Wachsen begriffen, so daß schon hierin allein die Bedingung zu einem Zurückgeben der Waldbienenzucht begründet ist. Die Waldbienenzucht als solche war ein Servitut, da in jener Zeit Jeder berechtigt war, in dem herrenlosen Walde, dort wo er wollte und es ihm paßte, Honigbäume anzulegen und diese dadurch als sein unumstößliches Eigen¬ thum zu kennzeichnen, daß er den Baum mit seiner Hausmarke versah. Er durfte 18 dann jeden Anderen, der es wagen wollte, ohne sein Wissen den Honig dem Baue zu entnehmen, als Dieb behandeln und belangen. Das ist aber mit der Parcellirung und Besitznahme des Waldes durch Einzelne nicht in Einklang zu bringen und mit den heutigen Anschauungen einer geregelten Forstwirth- schaft unvereinbar. Als das Holz als Handelsartikel in unseren Wäldern noch keinen Werth besaß, war es den Bauern gestattet, ganz nach Belieben sich im Walde die stärksten Stämme zu Bienenstöcken aushöhlen zu dürfen. Für diese Erlaubniß mußte ein jeder Besitzer von Honigbäumen an die Gutsver¬ waltung etwas Bestimmtes an Honig und Wachs jährlich abliefern, und es stand ihm frei, soviel es ihm beliebte, Stämme zu diesem Zwecke auszuhöhlen. Vor etwa 50 Jahren wurde dieses Hecht z. B. im Majorate Popen, woher auch die folgenden Daten stammen, insofern eingeschränkt, als nur mit Wissen der Gutsverwaltung diese Erlaubniß ertheilt und zugleich darauf gesehen wurde, daß nur faule Stämme zu diesem Zwecke Verwendung fanden, da übrigens faule Bäume mit Vorliebe von den Bienen aufgesucht wurden und gesunde Stämme schon als Handelsartikel Werth erlangt hatten. Es begann aber mit dieser Einschränkung ein rapides Zurückgehen der Waldbienenzucht, und vollends, als vor etwa 30 Jahren aus forstwirthscliaftlichen Gründen gar nicht mehr gestattet wurde, neue Bäume auszuhöhlen. Vor etwa 20 Jahren durften allein noch Buschwächter Waldbienenzucht betreiben, aber auch nicht mehr neue Honigbäume anlegen, sondern nur die noch vorhandenen und tauglichen, und auch nur dort benutzen, wo durch dieselben keine Betriebsstörung verursacht wurde. Die baltischen Forstverwaltungen waren zu diesem Todesurtheil der Wald¬ bienenzucht nicht mehr als berechtigt, weil, außer anderen schwerwiegenden Gründen, nach den Principien derselben nur die betreffenden Beamten den Forst durchstreifen sollen, und das Recht, den Wald zu bestimmten Zwecken zu betreten, nicht auch Privatpersonen eingeräumt werden darf. Denn sobald dem lettischen und estnischen Bauern auch nur die Erlaubniß in den Wald zu gehen, um z. B. seine Honigbäume zu besuchen, zugestanden wird, so be¬ trachtet er ihn schon quasi als sein Eigenthum. Der Unterschied zwischen mein und dein in Bezug auf den Wald fällt aus atavistischen Regungen eben noch dem Letten und Esten sehr schwer, daWalddefraudationen und Holzdiebereien in seinen Augen durchaus keine Vergehen sind. Die mit der Waldbienen¬ zucht im Zusammenhang stehenden Diebereien bildeten einen weiteren Grund zur Abschaffung dieses Servituts. Aber ausschlaggebend waren überall die directen Gefahren, welche dem Walde durch die Waldbienenzucht erwuchsen. Die alljährlich sich wiederholenden und besonders im Herbst und Frühling häufigen Waldbrände pflegten in solchen Gegenden, wo noch in lebhafterer Weise die Waldbienenzucht betrieben wurde, eine ganz gewöhnliche Erscheinung zu sein, wie zuletzt noch in der Kurischen Halbinsel und im Neuhausen’schen. Um das Heidekraut zu reicherer Blütenentfaltung zu bringen, wurde die Heide angezündet, und theils durch Zufall, theils mit Absicht ließ man bei dieser Gelegenheit das Heidefeuer auch in den angrenzenden Wald dringen und 234 vernichtete diesen, um an Stelle desselben die den Bienenzüchtern erwünschte Vegetationsformation der Heide in die Erscheinung treten zu lassen. In dieser Weise sind denn auch die Honigbäume von einschneidendem Einfluß auf die Veränderungen der ursprünglichen Vegetationsformationen des Ost¬ bai ticums gewesen, da die Heideformation eine durch Raubwirthsehaft auf Kosten des Waldes hervorgegangene synanthrope Bildung ist, wie das unschwer bei allen ausgedehnten Heidecomplexen nachgewiesen werden kann. Bleibt die Heide sich selbst überlassen, so siedelt sich an feuchteren Stellen auf dem Heidehumus oder Heidetorf das Torfmoos, Sphagnum , an, und somit ist der Beginn zur Entwickelung eines Hochmoors gegeben. Eine Menge ostbaltischer Hochmoore stocken auf durch Waldbrände hervorgegangenem Heideboden! Alle diese Unzulänglichkeiten und Ungehörigkeiten haben, außer einer Menge anderer Ursachen, wozu noch fortwährende Klagen und Prozesse über Diebereien und Lockstöcke traten, die völlige Ausrottung dieses Servituts veranlaßt. Es müssen daher auch die letzten noch vorhandenen Reste der einst großartig entwickelten Waldbienenzucht schwinden, um einer rationelleren, den heutigen Verhältnissen angepaßten Wirtschaftsform zu weichen. Und mag auch so mancher Honigmund jene Honigzeiten zurücksehnen, so werden wir doch im Hinblick auf unseren Wald die jetzigen hohen Preise des Honigs und Wachses nicht bedauern. Wenn der Wald uns als Regen¬ spender und klimatischer Regulator erhalten bleibt und durch ihn Acker- und Wiesenbau gedeihen, so wird auch die Wohlfahrt der baltischen Lande währen. II. Die Beutkiefern Westpreussens. Nach: Forstbotanisches Merkbuch I. Provinz Westpreusseu *). Wie auf den voranstehenden Seiten an einigen Stellen besonders hervor¬ gehoben ist, war die Waldbienenzucht in der alten Form und die Herrichtung von Waldbienenbäumen keine ausschließlich baltische Einrichtung, sondern verbreitete sich im Mittelalter wohl über ganz Europa. Ferner ließ sich ein Gebiet, welches etwa von Norden nach Süden verläuft, von Livland über Polen bis zum Ostfuße der Karpathen, feststellen, wo noch heute in den Wäldern, wenn auch in sehr verstreutem und vereinzeltem Vorkommen und meist auch nur geduldet, Waldbienenzucht betrieben wird. Aber auch westlich von diesem Gebiet, besonders in den östlichen Provinzen des Königreichs Preußen, lassen sich nicht nur deutliche Spuren der Waldbienenzucht verfolgen, und sind nicht nur Reste und auch wohlerhaltene Honigbäume, hier Beutkiefern genannt, x) „Forstbotanisches Merkbuch. Nachweis der beachtenswerthell und zu schützenden ur¬ wüchsigen Sträuclier, Bäume und Bestände im Königreich Preußen. I. Provinz Westpreußen. Herausgegeben auf Veranlassung des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Verfaßt von Prof. Dr. H. Oonwentz. Mit 22 Abbildungen. Berlin, Gebrüder Borntraeger 1900.“ Alle Citate der Seitenzahlen im obigen Text beziehen sich hierauf, ebenso die mit ,,d. F. M.“ bezeichneten Citate von Figurenzahlen. 20 235 vorhanden, sondern auch noch von Bienen bezogene Beutkiefern werden hier, aber als große Seltenheit, angetroffen. Je weiter wir von dieser baltisch-polnischen Marke westwärts Vordringen, um uns über diese alte Waldbienenzucht zu informiren, desto geringer werden die Reste derselben, bis endlich ihre Anzeichen heute gänzlich ver¬ schwinden. Es erscheint daher dringend erwünscht, die noch vorhandenen Ueberbleibsel jener mittelalterlichen Betriebsform, der das Todesurtheil durch Gesetz und moderne Cultur gesprochen ist, wo es noch Zeit ist, zu sammeln, um sie in Wort und Bild der Nachwelt zu überliefern. Diese Aufgabe hat sich neben vielen anderen das Forstbotanische Merkbuch gestellt und wird derselben in seinem I. Theil für die Provinz Westpreußen in vollem Maße gerecht. Es giebt für diese Provinz Norddeutschlands ein nach Möglichkeit erschöpfendes Material über die noch in jenem Gebiete existirenden Beut¬ kiefern. Selbstredend sind es auch hier nur die Reste eines Servituts, das weit früher als in den russischen Ostseeprovinzen aufgehoben worden ist, was aus der weit geringeren Anzahl der noch vorhandenen Beutkiefern gefolgert werden kann. Daß auch in Westpreußen vor nicht allzulanger Zeit die Verhältnisse der Waldbienenzucht ganz anders gelegen haben als heute, geht aus folgender Bemerkung über die Tucheier Heide aus dem Forstbotanischen Merkbuche (Seite 52/53) hervor: „Besonders in vorigem Jahrhundert war die Beuten- Wirth- schaft in der ganzen Heide so allgemein verbreitet, daß nach einer mäßigen Schätzung im Jahre 1772, bei der Uebernahme Westpreußens durch den Preußischen Staat, in den fiscalischen Forsten etwa 20 000 Beutstämme vor¬ handen waren; und noch im Jahre 1802 wies der Forstberitt Schwetz 2520 Beut¬ stämme auf. In späterer Zeit jedoch sind fast alle gefällt und klein geschlagen worden“. Die Anlage neuer Beuten in den Königlichen Forsten ist heute durch Gesetz verboten. Ueberhaupt existiren in den westpreußischen und angrenzenden Staatsforsten, soweit bekannt, nur noch drei lebende Beutkiefern, und zwar je eine in der Oberförsterei Rehberg (Schutzbezirk Eichwald, Jagen 68), Ober¬ försterei Woziwoda (Schutzbezirk Bialla, Jagen 129 a) und in der Oberförsterei Eisenbrück (Schutzbezirk Eisenbrück, Jagen 110). Diese drei vermuthlich einzigen Beutstämme, welche schon längst nicht von Bienenvölkern bewohnt sind, bleiben vom Hiebe verschont und als Denkmäler bis zu ihrem Absterben erhalten. Die erste aus der Oberförsterei Rehberg (Seite 52) aufgeführte und in Fig. 14 d. F. M. abgebildete Beutkiefer, welche am Abhang unweit des Schwarzwassers steht, hat 3,68 m Umfang, 33 m Höhe und etwa 13 fm Inhalt. Sie überragt erheblich den urwüchsigen Bestand, welcher hauptsächlich Kiefer, Weißbuche und Eiche, daneben am Wiesenrand etwas Schwarzerle, aufweist. Der Stamm macht im Allgemeinen einen frohwüchsigen Eindruck, nur die Benadelung ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Die oben im Stamme ehedem tief in 21 236 das Innere gehende eingestemmte Höhlung mit lang rechteckiger Oeffnung, hier Beute genannt, war durch ein schmales Brettchen verschließbar, und davor hing an Holznägeln ein größerer Klotz, welcher noch durch Stricke an seitlichen Nägeln befestigt werden konnte. Der künstlich angelegte Hohl¬ raum, welcher auch ein Flugloch (F in Fig. 14 der F. M.) besaß, wurde damals mit Bienen besetzt. Die Beutkiefer in der Oberförsterei Wo zi wo da (Seite 57) hat 3, 15 m Stamm¬ umfang und 22 m Höhe; die Beute, welche seit längerer Zeit unbewohnt ist, liegt 6,85 m über Terrain. Die Beutkiefer in der Oberförsterei Eisenbrück (Seite 60) ist von 2,78 m Umfang und 27,5 m Höhe; die Beute, welche gleich¬ falls nicht mehr bewohnt ist, liegt nach SO, 5 m über dem Boden. Solche Beutkiefern sind früher häufig in der Gegend von Eisonbrück gewesen. Nach den bei der Königlichen Regierung in Marienwerder vorhandenen Akten, betrug im Jahre 1773 im Schlochauer Forstberitt der Ertrag des Holzes nur 14 Thaler 25 Silbergroschen, hingegen die Abgabe für Benützung der Bäume zur Honiggewinnung 507 Thaler. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich in diesem und in anderen Revieren des Schlochauer Kreises noch mehr Bäume der Art bis heute erhalten haben. Waren diese drei Stämme aus den ausgedehnten Königlichen Forsten des Regierungsbezirks Marienwerder die einzigen lebenden Beutkiefern, welche, obschon lange nicht mehr bewohnt, auf uns gekommen sind, so erfahren wir weiterhin, daß in den Privatforsten desselben Regierungsbezirks Beut¬ kiefern in größerer Anzahl sich erhalten haben, und daß sogar einige davon noch heute in Nutznießung stehen. In dem Regierungsbezirk Danzig dagegen sind weder in den dem Staate gehörenden noch in Privatforsten lebende Beut¬ kiefern oder deren Reste bisher bekannt geworden. Das interessanteste Gebiet in Bezug auf das noch reiche Vorkommen der Beutkiefern ist die im Kreise Rosenberg gelegene Majoratsherrschaft Fincken- stein (Seite 67), deren Besitzer der Ober-Burggraf im Königreich Preußen, Graf zu DoHNA-Finckenstein ist. In mehreren Schutzbezirken der Oberförsterei Finckenstein finden sich noch Beutkiefern. So im Schutzbezirk Grünhof 5, Vogteuthal 5, Finckenstein 5, Baadein 9, Michelau 16 und Liebenau 16. Was aber hier das weitaus größte Interesse beansprucht, ist, daß in jedem Schutzbezirk unter den Beutkiefern sich auch noch von Bienenvölkern be¬ flogene Exemplare finden, deren Zahl aber in schneller Abnahme begriffen ist. So waren von den 5 im Schutzbezirk Grünhof vorhandenen Beutkiefern im Herbst 1898 noch drei Stämme, im Frühjahr 1899 nur noch einer von Bienen bewohnt; von je 5 in Vogtenthal und Finckenstein war 1899 nur je einer bewohnt; von 9 in Baadein waren im Herbst 1898 noch acht, hingegen im Frühjahr 1899 nur zwei bewohnt; von 16 in Michelau waren im Herbst 1898 noch acht, im Frühjahr 1899 nur drei und von 16 in Liebenau waren im Herbst 1898 noch 11 und im Frühjahr 1899 nur fünf bewohnt. 22 23? Hiernach stehen in der Oberförsterei Finckenstein im Ganzen (Seite 70) 56 Beutkiefern, von denen im Herbst 1898 noch 32, im Frühjahr 1899 nur 13 be¬ wohnt waren. Alle Beutkiefern sind am Stamm mit einer fortlaufenden Nummer versehen (Fig. 3 [= Fig. 18 d. F. M.]). Der Gesammtertrag an Honig stellt sich in dreijährigem Durchschnitt auf 150 kg; auch in dem Jahre 1898 wurden nur 150 kg gewonnen. Bei der geringen Anzahl bewohnter Beuten während der letzten Jahre und bei der ungünstigen Witterung im Frühjahr 1899 ist über¬ haupt zu be¬ fürchten, daß die wenigen Waldvölker nicht mehr lebensfähig sind und bald ganz ein- gehen wer¬ den. Bislang ist der Fin- ckensteiner Majorats- Forst in Westpreußen und weit dar¬ über hinaus die einzige Stelle, an welcher man noch Honig in leben¬ den Beut¬ kiefern ge¬ winnt. Neue Beuten wer¬ den jedoch nicht mehr angelegt, die stärkste Bienenbaum, sondern überhaupt die stärkste bisher in Westpreußen und im Nachbargebiet. Fig, 3. Stamm einer Beutkiefer, mit Klotz. Gräfl. Oberförsterei Finckenstein, Schulzbez. Liebenau, Jagen 192 Aus dem Forstbotaniscben Merkbuch. I. Westpreussen. aber noch vorhandenen Beutkiefern nach Mög¬ lichkeit ge¬ schützt. Besonders beachtens- werth ist eine Beutkieler ihres außer¬ ordentlichen Wuchses wegen (Seite 68). Sie steht auf freier Feldfläche im Schutz¬ bezirke Baadein, hat einen Stamm¬ umfang in Brusthöhe von 4,56 m, am Boden 5,20 m, und hat 24 m Höhe. Sie ist nicht nur der gemessene Kiefer Auch in anderen Privatforsten Westpreußens werden Beutkiefern ange¬ troffen, so vier in der Oberförsterei Ramdnitz (Seite 66) des Fürstlich Reußischen Fideicommisses, und zwar zwei Exemplare in dem Schutzbezirk Hansdorf und je ein Exemplar in den Schutzbezirken Rosenkrug und Griin- 23 288 Finck yon Fincken- stein- Schön¬ berg, ist Sei¬ tens der tech¬ nischen Ober¬ leitung der gräflichen Forstverwal¬ tung ange¬ ordnet, die Beutkiefern „unter allen Umständen mit dem Hieb zu verscho¬ nen und für ihren Schutz Sorge zu tra¬ gen“. Von diesen 9 Beut- kiefern sind zwei dadurch ausgezeich¬ net (Seite 74), daß sie zwei Beuten krug1). Der stattliche Baum im Schutzbezirk Rosenkrug (Fig. 4 [= Fig. 17 d. F. M.]) steht in einem Kiefernbestande, dicht am Ostrand der von Löbau nach Dt. Eylau führenden Straße und ist weithin sichtbar. In der Oberförsterei Schönberg (Seite 72) der Majoratsherrschaft Schön¬ berg, im Kreise Rosenberg gelegen, stehen in dem gleichnamigen Schutz¬ bezirk gegenwärtig 9 Beutkiefern, welche durchweg unbewohnt sind; im Sommer 1893 waren noch 15 Stämme der Art vorhanden. Mit Zustimmung; des Besitzers, Grafen Fig. 4. Beutkiefer, unbewohnt. An der Strasse von Löbau nach Dt. Eylau. Fürstl. Reussische Oberförsterei Raudnttz, Schutzbez. Rosenkrug, Jagen 70. Aus dem Forstbotanischen Merkbuch. I. Westpreussen. über einan¬ der aufwei¬ sen. Das in Fig.l9d.F.M. abgebildete Exemplar steht inJagen 121a und das andere in Jagen 131. Die zwei Ex¬ emplare sind die beiden einzigen, zweistöcki¬ gen Beutkie¬ fern in West¬ preußen, wäh¬ rend weiter imOsten, z.B. in Livland und Kurland, solche Stämme mit zwei auch drei Beuten über einan¬ der häufiger Vorkommen. 9 Nacli dem Erscheinen des Forstbotanischen Merkbuchs für Westpreußen sind in obigen Daten einige Veränderungen eingetreten. Das im Schutzbezirk Griinkrug stehende Exemplar wurde durch Blitzschlag vernichtet; der Stammabschnitt mit der Beute ist dann als Bienenstock in der Försterei Grünkrug aufgestellt. Ferner wurden im Revier Raudnitz überhaupt drei neue Beutkiefern aufgefunden, eine davon im Schutzbezirk Hansdorf und zwei im Schutzbezirk Rosenkrug befindlich. Vergl. XXI. Amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archaeologischen und ethnologischen Sammlungen des Westpreußischen Provinzial-Museums für das Jahr 1900. Danzig 1901. Seite 24. 24 239 In der Gutsforst der im Kreise Marienwerder gelegenen Majoratsherr¬ schaft Neudörfchen (Seite 76) befinden sich im Schutzbezirk Wallenburg in vorherrschendem Kiefernbestande noch vier, und in dem Schutzbezirk Friedrichs¬ hain noch eine Beutkiefer. Demnach stehen in Neudörfchen jetzt fünf unbe¬ wohnte Beutkiefern; Ende 1895 waren im Ganzen acht Stämme der Art vor¬ handen. Desgleichen finden sich im Schutzbezirk Borek (Seite 76) der Gutsforst von Groß Baalau, im Kreise Stuhm gelegen, noch 9 unbewohnte Beutkiefern. Sie stehen in einem 120- bis 150jährigen Kiefernbestande, welcher mit jüngeren, durch Stockausschlag hervorgegangenen Weiß- und Rothbuchen untermischt ist. Je eine Beutkiefer findet sich noch im Schutzbezirk Bischdorf (Seite 78) der Gutsforst der Majoratsherrschaft Kl. Ludwigsdorf, im Kreise Rosenberg gelegen, und in der Landgemeinde Karbowo (Seite 84) des Kreises Strasburg. Letztere, in Fig. 22 d. F. M. abgebildet, ist ein Stamm von 2,75 m Umfang und 16 m Höhe, am Rande des 1898 abgetriebenen Karbowo’er Waldes, an der Nord¬ seite des von Strasburg nach Jaikowo führenden Weges. Die Beute ist un¬ bewohnt. Auf Anregung haben die Landbank in Berlin, in deren Besitz die Begüterung Karbowo übergegangen ist, sowie die Firma August Richter’s Söhne in Samotschin, welche den Holzbestand erwarb, die Fläche mit der Beutkiefer und mehreren Nachbarstämmen zur dauernden Erhaltung frei dem Kreise Strasburg i. Wqstpr. überwiesen1). Fassen wir das hier Beigebrachte über die heutige Verbreitung der Beut¬ kiefern Westpreußens kurz zusammen, so ergiebt sich, daß im Jahre 1899 diese Art Bäume, 88 an der Zahl2), sich nur noch im Regierungsbezirke Marien¬ werder finden, und daß von diesen 88 noch 13, welche sich ausschließlich auf die FiNCKENSTEiN’schen Forsten vertheilen, von Bienenvölkern bewohnt sind. Das „Forstbotanische Merkbuch I. Wesl preußen“ enthält außer den Beob¬ achtungen über das heutige Vorkommen der Beutkiefern Westpreußens auch anhangsweise solche über Beutkiefern der Nachbargebiete, insbesondere Ost¬ preußens, welche auch hier des Zusammenhangs wegen ihren Platz finden müssen. Diese Angaben für Ostpreußen beschränken sich Leilich nur auf das Vorkommen der Beutkiefern in der Majoratsherrschaft Schlobitten, welche, dem Fürsten zu Doiina- SchlobitteD gehörend, mit ihren Forstrevieren der westpreußischen Majoratsherrschaft Finckenstein unmittelbar angrenzt. 9 Ferner ist neuerdings eine Beutkiefer in dem jetzigen Gutspark von Traupel, Kreis Rosenberg, wo ehedem mehrere Stämme der Art waren, beobachtet. Endlich ergab sich, daß in der Gutsforst Bankau, Kreis Scliwetz, unweit der Schneidemühle eine unbewohnte trockene Beutkiefer steht, die mit der im Meßtischblatt verzeichneten sog. „Napoleonsfichte“ identisch ist. Vergl. XXI. Verwaltungsbericht des Westpreußischen Provinzial -Museums für 1900. Seite 24. 2) Am Schluß des Jahres 1900 waren 92 Exemplare bekannt. Vergl. die beiden vorher¬ gehenden Anmerkungen. 25 240 In dem Forstrevier Prökelwitz (Seite 71) stehen jetzt im Ganzen BO Beut¬ kiefern, von denen drei bis zum Jahre 1893 bewohnt waren: eine derselben lieferte damals 20 kg Honig. Im Einzelnen vertheilen sich die Stämme wie folgt: Schutzbezirk Heide hat 12 Stämme, Neumühl 9, Sakrinten 9. Wie in Fincken- stein trägt auch hier jede Beutkiefer ein Holztäfelchen mit fortlaufender Nummer. Die höchste Nummer (No. 40) weist jetzt der Stamm in Jagen 2 auf, jedoch ergiebt sich aus den Porstrechnungen, daß z. B. im Jahre 1863 noch 44 Stämme vorhanden waren. Gegenwärtig sind in Prökelwitz alle Beutkiefern unbewohnt. Auch das andere Fürstliche Forstrevier, Schlobitten, welches etwas weiter entfernt ist, weist alte Beutkiefern auf. Es stehen dort 22 Stämme, von denen zuletzt vor 10 Jahren einer bewohnt war; die Beute lieferte 13 kg Honig und 1 kg Wachs. Im Uebrigen ergiebt sich aus alten Rechnungen, daß in Schlobitten z, B. im Jahre 1850 noch 48 Stämme bestanden, wovon 15 be¬ zogen waren und einen Ertrag von 56 Liter Honig nebst 12,5 kg Wachs ge¬ liefert haben. Neue Beuten anzulegen ist auch dort nicht gestattet. Der besseren Uebersicht halber sind hier am Schluß sämmtliche Daten aus dem Forstbotanischen Merkbuche für Westpreußen über die Beutkiefern in nachstehender Tabelle zusammengestellt worden. Tabellarische Uebersicht der Beutkiefern I. Westpreussens. Forstinspection oder Oberförsterei oder Schutzbezirk Jagen Anzahl der Davon 1899 Stamm- Umfang Stamm- Höhe Privatbesitz Gutsforst Beut¬ kiefern be¬ wohnt in m in m a. Staatsforsten. Marienwerder- Tuchei Rehberg Eichwald 68 1 — 3,68 W oziwToda Bialla 129 a 1 — 3,15 Marienwerder- Hammerstein Eisenbrück Eisenbrück 110 1 — 2,78 b. Privatforsten. Fürstlich Raudnitz Hansdorf1) 248 2 — 2,64 Reuss j. L. 2,75 Fideikommiß Rosenkrug'2) 70 1 — 2,90 Grünkrug 112 13) — 3,75 33 22 27,5 20 25 25 26 ’) Neuerdings ist in diesem Schutzbezirk, Jagen 37, noch eine Bcutkiefer aufgefunden. Vergl. Anmerkung 1 auf Seite 238. *) Neuerdings sind in diesem Schutzbozirk, Jagen 56, noch zwei Beutkiefern aufgefunden. Vergl. Anmerkung 1 auf Seite 238. •■*) Dieses Exemplar ist neuerdings durch Blitzschlag vernichtet. Vergl. Anmerkung 1 auf Seite 238. 26 241 Forstinspection oder Rrivatbesitz Oberförsterei oder Gutsforst Schutzbezirk Jagen Anzahl der Beut¬ kiefern Davon 1899 be¬ wohnt Stamm- Umfang in m Stamm- Höhe in m Fiuckenstein Fiuckenstein Grünhof 40 a 1 _ 2,90 28 Majorat 45 a 2 1 2,90 30 (Kr. Rosenberg) 3,00 27 54 c 1 — 3,50 26 59 a 1 — 2,60 34 Vogtentluil 76 c 1 1 2,95 20 134 b 9 O — 2,57 23 2.79 20 2,82 22 Feldfläche 1 — 2,94 15 Fiuckenstein 85 a 2 — 2,81 32 3,25 28 95 d 1 1 2.45 33 110 d 1 — 2,53 28 112 c 1 — 2,80 28 Baadein 148 b 1 1 2,22 16 149 a 2 — 2,45 25 2,47 24 152 a 2 — 2,79 24 2,93 20 154 c 2 — 3,09 22 3,14 24 159 a 1 1 3,38 15 Feldfläche 1 — 4,56 1) 24 Michelau 173 b 1 1 2,55 21 173 c 2 — 2,30 22 • 2,80 18 173 d Q 0 1 3,14 20 3,17 21 3,47 24 177 b 1 — 3,30 18 178 b 2 1 2,83 20 2,83 22 179 a 5 — 2,12 17 2,41 20 2,45 18 2,55 24 2,65 20 180 b 1 — 2,83 17 181 a 1 — 2,73 16 Liebenau 186 a 1 1 2,64 25 187 a 2 — 2,84 23 3,io 25 189 a 1 — 2,95 23 191b 1 1 2,42 21 192 a 1 — 2,36 23 192 b 5 1 2,27 27 2,74 21 2.93 24 3,15 21 3.43 21 192 c 5 2 2,15 21 2,30 25 2,48 17 2,48 19 2,87 24 ') Stärkste Kiefer in Westpreussen uml im Nachbargebiet. 27 IG 242 Forstinspection oder Privatbesitz Oberförsterei oder Gutsforst Schutzbezirk Jagen Anzahl der Beut¬ kiefern Davon 1899 be¬ wohnt Stamm- Umfang in m Stamm- Höhe in m Schönberg, Schönberg Schönberg 113a 1 2,55 26 Majorat 121 a 3 — 2,39 28») (Kr. Rosenberg) 2,83 3,48 24 127 d 1 — 2,68 25 128 a 1 — 2,46 26 131 2 — 3,37 30») 4,02 30 Park 1 — 2,17 21 Neudör feilen, Neudörfchen Wallenburg 9 3 — 2,42 30 Majorat 2,55 33 (Kr. Marien- 2,86 30 werder) Friedrichs- 22 1 — 2,60 30 liain 43 1 — 2,43 30 Gr. Baalau Baalau Borek • 9 — 2,55 18 Adliges Gnt 2,90 24 (Kr. Stuhm) 2,95 23 3,10 20 u. s. w. Kl. Ludwigsdorf Kl. Ludwigs- Bischdorf 79 1 — 2,55 . 23 Majorat dorf (Kr. Rosenberg) Karbowo 1 — 2,75 16 Landgemeinde • • • (Kr. Strasburg) 882) 13 II. des Ostpreussischen Nachbargebiets. Sclilobitten Prökelwitz Heide 2 1 — 3,12 27 Majorat 5 3 — 3.24 253) 6 3 • — 2,96 264) 7 2 — 2,96 4) 8 3 — 2,53 24 4) Neumühl 11 1 — 2,58 23 14 3 — 2,50 25 — 2.65 22,5 15 5 — 3,06 25 4) Sakrinten 12 1 — 2,63 21 16 1 — 2,88 26 17 1 — 2.80 23 18 4 — 2,60 244) 19 2 — 2,56 184) Sclilobitten • • 22 — 52 — ') Dieses Exemplar weist zwei Beuten übereinander auf. -') Dazu neuerdings aufgefunden: eine Beutkiefor im Gutspark von Traupel, Kr. Rosenberg, und eine in der Gutsforst Bankau, Kr. Schwotz, (vergl. Anmerkung 1 auf Seite 239). Mit Berücksichtigung der bereits weiter oben aufgezählten Veränderungen beträgt daher die am Schlüsse des Jahres 1900 bekannte Gosaiumtzahl 92. 3) Dieses Exemplar trägt ein Holztäfelchen mit der No. 39. J) Die Maße beziehen sich auf das stärkste Exemplar in dem betreffenden Jagen. - br -,—i ■- - ^ _ r - - - > 28 243 Mineralogische Untersuchungen über Bernstein. Von Di*. Paul Dahms. VII. Ein Beitrag zur Constitutionsfrage des Bernsteins. Mit einer Tafel (Tafel IT). Die Schätzung und die Liebe, welche der baltische Bernstein oder Succinit zeitweilig fand, hat ihren Ursprung in der ältesten Vorzeit. In den Grab¬ stätten der verschiedensten Länder sind Beigaben, welche aus fossilen Harzen bestanden, gefunden und immer wieder chemisch daraufhin untersucht worden, ob sie der Küste des Preußenlandes oder dem Boden, in dem die Funde ge¬ macht worden sind, entstammten. Die Zahl der Analysen ist eine recht be¬ deutende, besonders da man in dem bloßen zahlengemäßen Aufbau aus den Elementen einen Fingerzeig zu sehen glaubte, der den gewünschten Aufschluß gab. Leider sind diese Untersuchungen vielfach ohne weitere Angaben ver¬ öffentlicht; die so nothwendigen physikalischen Daten, wie solche über Färbung, Durchsichtigkeit, specifisches Gewicht und Schmelzpunkt, fehlen wiederholt, so daß eine derartige Analyse wenig Werth hat. Ist doch ein fossiles Harz nichts Dauerhaftes, vielmehr ein sich stetig veränderndes Mineral. Deshalb ist auch die Mühe vergebens gewesen, für die verschiedenen Bernsteinsorten eine bestimmte chemische Formel aufzustellen. Diese giebt uns eben nur die ganz bestimmte Zusammensetzung an, welche das Fossil zur Zeit gerade be¬ sitzt, und wenn die näheren Angaben über seine Beschaffenheit fehlen, so ist dieser Zustand nicht genügend festgestellt, um irgendwie später verwerthet wer¬ den zu können. Die Formeln für die Zusammensetzung, wie sic Chydenius* 1), Conwentz2), v. Schrockinger3), Schrötter4) u. a. mittheilen, sind deshalb nur dort von Bedeutung, wo die nothwendigen anderen Notizen mitgegeben sind. Selbst wenn ganz reines und klares Material vorliegt, können wir nicht sagen, ob nicht noch lichteres vorliegen könnte, d. h. ob wir es nicht bereits mit einem Zersetzungsproduct zu thun haben, zumal wir niemals in der Lage 1) Chydenius, J. J. : UndersÖkning af fossilt hartz fran Grönland. Geologiska Föreningens i Stockholm Förhaudlingar, 1875. No. 27 (Band II, No. 13). 2) Conwentz: Ueber fossile Harze aus Nordamerika. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1891. Bd. I, Seite 208. 3) v. Schröckinger, J.: Ein neues fossiles Harz aus der Bukowina (Schraufit). Ver¬ handlungen der Kaiserlich-Königlichen Geologischen Reichsanstalt in Wien. Jahrgang 1875, No. 8, Seite 134 ff. 4) Schrötter, A.: lieber mehrere in den Braunkohlen- und Torflagern vorkommende harzige Substanzen und deren Verhältniß zu einigen Harzen noch lebender Pflanzen. Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 1843. II. Reihe, Bd. 29; 59. T'lieil, Seite 37 ff. IG* i 244 sein werden, die eben gebildete, vollständig unveränderte Substanz, die den fossilen Harzen zu Grunde liegt, kennen zu lernen. Wenn trotzdem ,,die Zukunft der Harzanalyse . in der Bevorzugung der quantitativen und dem Verlassen der anderen Methoden“ liegt, so treffen wir doch in der mono¬ graphischen Arbeit Dieterichs über diesen Gegenstand1) an keiner Stelle die bloßen Analysen früherer Zeit wieder an. Wir finden nur Angaben über die Verbindungen, welche beim Aufbau dieser Harze und ähnlicher Körper thätig sind, und Methoden, möglichst genau zu bestimmen, wieweit diese Ver¬ bindungen sich am Aufbau des Körpers betheiligen; die ,, Bauschanalysen“ sind fortgelassen worden. Man betrachtet eben die vorliegenden Körper nun¬ mehr von einem anderen Standpunkt, der besser dazu angethan ist, das Innere des Baues und das eigentliche Wesen klarzulegen. Werden bereits vorhandene Daten über den groben Gesammt-Bau ohne weitere Angaben angeführt, wie das z. B. Moldeniiauer2) thut, so können sie nur Verwirrung anrichten. Die Natur der Substanz ist aus den vielen ganz verschiedenartigen Zahlen unmöglich zu ersehen, und man muß sich un¬ willkürlich fragen, welche Zusammensetzung das betreffende Material denn eigentlich nicht haben kann. Deshalb schaffen R. Klebs3) und F. Oster4) zu ihren Untersuchungen über die Gesammtzusammensetzung für jeden be¬ sonderen Fall stets neues, physikalisch möglichst gleichwerthiges Vergleichs¬ material herbei, das dann seinerseits auch wieder zu untersuchen ist. Aus den vielen Zahlenwerthen der Analysen aus frischerem, weniger frischem und sogar chemisch stark verändertem Bernsteinmaterial versuchte ich deshalb das Beständige im stetig Wechselnden auf irgend eine Weise fest¬ zustellen. Mein Interesse beschränkte sich zunächst auf den Succinit, und zwar gelang es nach vielen mißlungenen Versuchen schließlich mit Hilfe einer graphischen Methode Einblick zu gewinnen. Zur Anwendung gelangte ein System rechtwinkeliger Parallelcoordinaten. Trägt man von links nach rechts auf eine horizontale Linie die Wertlie für Kohlenstoff auf und errichtet in den so erhaltenen Punkten der Abscissenaxe Lote, welche man in entsprechender Weise gleich den Werthen für Wasser¬ stoff macht, so geben uns die Endpunkte der Ordinaten eine Curve, welche die Beziehungen zwischen C und H zum Ausdruck bringen muß — in unserem q Dieterich, Karl: Analyse der Harze, Balsame und Gummiharze etc. Berlin. Julius Springer. 1900. 2) Moldenhauer, Paul: Das Gold des Nordens etc. Danzig 1894. Carl Hinstorefs Verlagsbuchhandlung (Gustav Ehrke). Seite 7. 3) Klebs, II.: Cedarit, ein neues bernsteinähnliches fossiles Harz Canadas und sein Ver¬ gleich mit anderen fossilen Harzen. Jahrbuch der Königl. Preuß. geol. Landesanstalt und Bergakademie XVII. 1896, Seite 199 ff. 4) V er gl. Meyer, A. B.: Ueber Bernstein-artiges prähistorisches Material von Sicilien ’ und über Barmanischen Bernstein. Abhandlung der Gesellschaft „Isis“ in Dresden. 1892. No. 7, Seite 49 ff. — Intorno a del materiale preistorico del tipo Ambra scoperto in Sicilia. Bulletino di paletnologia italiana. Parma 1893. Anno XIX, No. 4—6, Seite 105 ff. 2 245 Falle eiue gerade Linie. Am besten kommt man zum Resultat, wenn man sich des sog. Millimeter-Papiers bedient; dann sieht man, wie die für klaren Succinit sich ergebende Linie von rechts oben nach links unten verläuft und die Horizontale unter einem Winkel von rund 7° 33' 30" schneidet. Dieser Werth läßt sich leicht durch Rechnung finden, wenn man bedenkt, daß der Quotient aus jeder Ordinate und der zugehörigen Abscisse die Tangente des betreifenden Winkels ergiebt. Die eben erwähnte Linie ist natürlich nicht eine Gerade im vollen Sinne des Wortes, sondern ein Gebilde, welches bald um ein geringes nach der einen oder anderen Seite abweicht. Die kleinen Fehler und Ungenauigkeiten, welche jeder chemischen Analyse anhaften, kommen hier zum Ausdruck, ohne jedoch das Gesammtbild irgendwie erheblich stören zu können. Berechnet man deshalb aus den 3 Analysen Helm’s1), welche mit den verschiedenen Verwitterungsstadien klaren Steins ausgeführt sind, dem Mittel aus den 3 Analysen Schrötter’s 2), der HELM’schen Analyse mit Mykenä-Bernstein3) und der OsTER’schen4) mit durchsichtigem Bernstein die zugehörigen Tangentialwerthe und nimmt das Mittel daraus, so erhält man den Zahlenwerth, der das Verhältniß von H : C in allen Fällen ausdrückt. Wird mit dem so erhaltenen Quotienten, der Constanten c = 0,is269, aus dem ge¬ gebenen Werthe für C der zugehörige für H berechnet, so ergiebt sich das folgende Bild. Substanz Analysator C 11 gefunden H berechnet Differenz Klarer gelber Succinit (Kern) 0. Helm 78,63 10,48 10,43 — 0,05 Kothe innere Verwitterungsschicht 0. Helm 74,36 9,94 9,87 — 0,07 Braune äußere Verwitterungsschicht 0. Helm 66,91 9,16 8,88 — 0,28 Sehr reiner, durchsicht , wenig gef. Succinit A. Schrötter 78,60 10,19 10,43 + 0,24 M ykenäbernstein / 0. Helm 78,60 10,08 10,43 + 0,35 I lurchsicht. Succinit F. Oster 78,25 10,51 10,38 — 0,13 0 Helm, Otto: Mittheilungen über Bernstein. VI. Ueber die elementare Zusammen¬ setzung des Ostsee-Bernsteins. Schrift, der Naturf. Ges. in Danzig. N. F. Bd. 5, Heft 3. 1882, Seite 9/10. 2) Schrötter, A. : a. a. 0., Seite 64. 3) Helm, Otto: Mittheilungen über Bernstein. XII. Ueber die Herkunft des in den alten Königsgräbern von Mykenä gefundenen Bernsteins etc. Schrift, d. Nat. Ges. in Danzig. N. F. Bd. VI. Heft 2. 1885, Seite 239. 4) Vergl. Meyer, A. B.: a. a. 0., Seite 50. 3 246 Wie die Differenz zwischen den gefundenen und den berechneten Werthen für Wasserstoff ergiebt, liegen keine größeren Abweichungen vor. als wie sie bei jeder Analyse durch Fehler unterschlüpfen können. Es finden sich solche geringen Differenzen verschiedentlich zwischen zwei oder mehreren an derselben Substanz ermittelten Wasserstoffangaben, aus deren Mittel dann die wahr¬ scheinlichste Zusammensetzung angegeben worden ist. Selbstverständlich hat die oben angeführte Constante nicht ihren genauesten Werth. Schon wenn die 3 Analysen Schrötter’s für sich gesondert in Rechnung gezogen werden, ändert sich die Constante ab; noch mehr ist das der Fall, wenn man andere Ausgangspunkte zu ihrer Ermittelung wählt. Nimmt man z B. die 3 Analysen Helm’s, die 3 Analysen Schrötter’s, das Mittel aus diesen letzten Analysen, die Zahlenwerthe, welche der Formel C10 H16 0 entsprechen, und Helm’s Analyse vom Mykenä-Bernstein, so erhält man c = 0, 13155. Die mittels dieser Constanten berechneten Werthe von H zeigen mit den durch die Analyse gefundenen Resultaten Differenzen, welche den Wertli von 0,36 nicht übersteigen, d. h. fast genau zu demselben Resultate führen. — Da die in ersterem Falle zur Berechnung angewendeten Analysen die bestmöglichste Auswahl und Zusammenstellung zeigen, so gilt mithin für den klaren Stein die allgemeine Zusammensetzung C : n H : n . c (0, S) : 100 — n (c + 1), wo 11 ungefähr 66/ji bis 78,63 % beträgt und c = 0, 13209 ist. Bedenkt man, daß zu der Analyse des Mykenä-Steins fast wasserklare Substanz zur Ver¬ wendung kam, so ist wohl anzunehmen, daß der Werth für den höchsten Kohlenstoffgehalt in dem Werthe 78, eo (respect. 78,63) selbst, oder doch wenigstens dicht in seiner Nähe liegen muß. Da durch diesen graphischen Versuch sich ergeben hatte, daß für den klaren Succinit das Verhältniß zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff stets dasselbe bleibt, wenn auch durch eintretende Zersetzung die physikalische Beschaffenheit sich ändert, so war es interessant, andere Analysen von Bitu- miniden, lossilen und recenten Harzen und ähnlichen Körpern in derselben Weise zu betrachten. Das zusammengebrachte und berechnete Material an Analysen ist in der folgenden Tabelle niedergelegt. Bei einer jeden Be¬ rechnung ist die Litteratur angeführt, doch ist der Einfachheit wegen auch die von Helm1) und von Schroeckinger 2) gegebene Zusammenstellung von Analysen benutzt worden, besonders da es nicht immer möglich war, die dort angeführte Literatur einzuseheu. Wie angestellte Proben zeigten, giebt die 0 Helm, Otto: Mittheilungen über Bernstein. XYr. lieber den Succinit und die ihm ver¬ wandten fossilen Harze. Schrift, der Naturf. Ges. in Danzig. N. F. Bd. 7, Heft 4. 1891, Seite 189 ff. 2) a. a. O.; Seite 139. 4 247 auf 4 Decimalen berechnete Constante bei der Umrechnung vollständig genaue, die auf 3 Decimalen berechnete fast genaue Werthe für H. Die Quotienten sind daher nur auf 4 Stellen angegeben, besonders da sich ergiebt, daß den letzten Decimalen nicht allzu große Bedeutung beizulegen ist. Die Analysen sind nach dem zunehmenden Werthe der Constanten c angeordnet. No. Substanz C 1 H c Literatur 1 Siegburgit ........ 81,37 5,26 0,0646 Helm: XV, Seite 195*). 2 Bernstein von Tralienieres . . 80,59 7,31 0,0907 Helm: Arch. d. Pharm.2). 3 Simetit . . . 67,24 6,12 0,0910 Meyer: a. a. 0., Seite 50. 4 Benzoeharz . 72,242 6,804 0,0942 Schroetter: a. a. 0., Seite 71/72 5 Bernstein aus Skuc in Böhmen 76,47 7,84 0,1025 Helm: XV, Seite 196. 6 Schwarzer Simetit . 82,30 9,08 0,1103 Helm: V, Seite 83). 7 Bernstein von Podhorodgyhze . 75,00 8,33 0,1111 v. Schroeckinger : a. a. 0., S. 139 8 Amorphes ß-Harz der Harter Braunkohle . 75,657 8,561 0,1132 Schroetter: Seite 53. 9 Stantienit . 69,79 8,01 0,1148 Pieszczek: Seite 433 4). 10 Amorphes «-Harz der Harter Braunkohle . 78,485 9,170 0,1169 Schroetter: Seite 51. 11 Skleretinit . 77,05 8,99 0,1167 v. Schroeckinger: Seite 139. 12 Rumänit . 81,64 9,65 0,1182 Helm: XIV, Seite 1885). 13 Glessit, . 79,36 9,48 0,1195 Helm: III, Seite 2926). 14 Schraufit . 73,81 8,82 0,1195 v. Schroeckinger: Seite 136. 15 Gelber, glasartiger Rumänit 81,68 9,80 0,1200 Istrati : La Roumanite, Seite 747) lß Muchit . 79,22 9,57 0,1208 Helm: XV, Seite 196. 17 Schraufit vom Libanon . . 72,22 8,73 0,1209 John: Seite 257 8). 18 Bernstein von Lemberg . . . ( 3,33 8,89 0,1212 v. Schroeckinger: Seite 139. 19 Knochenfarbiger Bernstein . . 74,25 9,01 0,1213 Helm: VI, Seite 109). 20 Scanello-Bernstein . 75,95 9,28 0,1222 Helm: VII, Seite 13 io). 21 Schwach flohmiger Succinit 78,07 9,58 0,1227 Klebs: Seite 206. 22 Föhrenharz . 76,681 9,417 0,1228 Schroetter: Seite 69. 23 Sillaro-Bernstein . 73,63 9,12 0,1239 Helm: VH, Seite 13. 24 Gelber, durchsichtiger Bernstein vom Libanon . 80,75 10,02 0,1241 John: Seite 256. 25 Knochenfarbiger Bernstein . . 75,70 9,45 0,1248 Helm: VI, Seite 10. >) HELM, OTTO: MiUheilungen über Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. VII, 4. 1891. Seite 189 ff. -) HELM, OTTO: Notizen über die chemische und physikalische Beschaffenheit des Bernsteins. Arch. d. Pharm. VIII. 3. 1877. 3) HELM, OTTO: Mittheilungen über Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. V, 3. 1882. Seite 8 ff. *) PIESZCZEK, ERNST : Ueber einige neue harzähnliche Fossilien des ostpreussischen Samlands. Arch. d. Pharm. Dezember 1880. Seite 433. 5j HELM, OTTO: Mittheilungen über Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. VII, 4. 1891. Seite 186 ff. 6; HELM, OTTO : Ebenda. N. F. V, 1/2. 1881. Seite 291 ff. y) ISTRATI, C.: La Roumanite ou le succin de Roumanie. Buletinul societatii de Sciinte Fizice. Bucuresci. Anul. IV. 1895. No. 3. 4. Seite 59 ff. — Romanita sau succinul din Romania. Academia Romana. Seria II, Tom. XVI. Bucuresci. 1895. 8) JOHN, K. : Bernstein und Schraufit aus dem Libanon. Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt. 1876. No. 11. Seite 255 ff. 9) HELM, OTTO : Mittheilungen über Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. V, 3. 1882. Seite 9 ff. 10) HELM, OTTO: Ebenda. N. F. V, 3. 1882. Seite 11 ff. 5 248 No. Substanz C H C Literatur 26 Fichtenharz . 77.465 9,688 0,1251 Schroetter: Seite 69/70. 27 Bernstein aus Japan .... 83,48 10,45 0,1252 Helm: X\r, Seite 200. 28 Beckerit . 63,95 8,06 0,1260 Pieszczek: Seite 483. 29 Neudorfit . 78,04 9.84 0,1261 Helm: XV, Seite 196. 30 Krantzit . 80,07 10,11 0,1263 Spirgatis: Seite 137 *)• 31 Cedarit . 9,895 0,1266 Klebs: Seite 206. 32 Ostpreussischer, unreifer elastischer Bernstein . . 86,02 10,93 0,1271 Spirgatis: Seite 137. 33 Dunkelrother Simetit .... 77,27 9,94 0,1286 Helm: V, Seite 8. 34 Unverwitterter, fast wasserklarer Mykenä-B ernstein .... 78,60 10,08 0,1282 Helm: XII, Seite 2392). 35 Ostpreussischer, unreifer elastischer Bernstein . . . 78,87 10,15 0,1287 Spirgatis: Seite 137. 36 Schwach flolimiger Zanzibar- Copal . 78,68 10,14 0,1289 Klebs: Seite 206. 37 Schwach fiohmiger Gedanit . . 80,30 10,35 0,1289 Klebs: Seite 206. 38 Krantzit . 78,43 10,11 0,1289 Spirgatis: Seite 137. 39 Harz von Settling Stones . . 85,29 1 1,03 0,1293 Berendt: Seite 1343). 40 Krantzit . 10,26 0,1294 Spirgatis: Seite 137. 41 1 Succinit . 10.194 0,1297 Schroetter: Seite 64. 42 Copalit . 11,04 0,1298 v. Schroeckinger: Seite 139. 43 Ostpreussischer, unreifer elastischer Bernstein . . . 77,89 10,13 0,1301 Spirgatis: Seite 137. 44 Hellbrauner durchscheinender Birmit* 4) . 80,36 10,54 0,1312 Meyer: Seite 52. 45 Tasmanit . 10,41 0,1312 v. Schroeckinger: Seite 139. 46 • Hellbrauner durchscheinender Libanon-Bernstein .... 80,29 10,57 0,1317 John: Seite 256. 47 Mastix . 10,418 0,1320 Schroetter: Seite 68. 48 Walchowit . 80,41 10,66 0,1326 v. Schroeckinger: Seite 139. 49 Itetinit . 80,395 10,679 0,1328 Schroetter: Seite 61—63. 50 Honig- bis wacbsgelber Libanon- Bernstein . 80,5 10,7 0,1329 Helm: XV, Seite 199. 51 Gelber, glasartiger Rumänit 79.89 10,62 0,1329 Istrati : S.-A., Seite 35 6). 52 Simetit . 9,24 0,1330 Helm: IV, Seite 2946;. 53 Succinit . 78,63 10,48 0,1333 Helm: VI, Seite 9/10. 54 Succinit . 74.36 9,94 0,1337 Helm: VI, Seite 9/10. 55 Bernstein aus Ostindien . . . 85,73 11,50 0,1341 Berendt: Seite 134. 56 Durchsichtiger Succinit . . . 78,25 10,51 0,1343 Meyer: Seite 50. ’) SPIRGATIS, H. : Ueber die Identität des sog. unreifen Bernsteins mit dem Krautzit. Schrift, der phys.-ökonom. Ges. zu Königsberg. 13. Jalirg. 1872. Seite 136 ff. 3) HELM, OTTO: Mittheilungen über Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. VJ, 2; 1885. Seite 234 ff. ’) BERENDT, G. : Unreifer Bernstein. Schrift, der phys.-ökonom. Ges. zu Königsberg, 13. Jahrg. 1872. Seite 133 ff. 4) Derselbe : „in düunen Schichten durchsichtig“. 5) ISTRATI, C.: Quelques nouvelles donnees relatives ä l’etude de la Roumanite (Succin de Roumanie). Din bulletinul societatii de sciinte diu Bucuresci. 1898. 6) HELM, OTTO: Mittheilungen über Bernstein. Schrift, der Naturf. Ges. in Danzig. N F. V, 1/2. 1881. Seite 293 ff. 6 249 No. Substanz C H c Literatur 57 Kreidefarbener Bernstein 73,68 9,94 0,1349 Helm: VI, Seite 11. 58 Granatrother Rumänit . . . 82,07 11,11 0,1354 Istrati: Seite 58 9- 59 Elemi . 10,710 0,1361 Schroetter: Seite 68/69. 60 Damaraharz . 81,959 11,179 0,1364 Schroetter: Seite 70/71. 61 Succinit . 66,91 9,16 0,1369 Helm : VI, Seite 9/10. 62 Xyloretin . 10,870 0,1376 Schroetter: Seite 58. 63 Trinkerit . 81,1 11,2 0,1381 Helm: XV, Seite 197. 64 Ambrit . 76,53 10,58 0,1383 v. Schroeckinger : Seite 139. 65 Harzige Substanz aus der Braun¬ kohle von Utznach . . . 79,754 11,035 0,1384 Schroetter: Seite 57/58. 66 Bernstein aus Grönland . . . 73,47 10,20 0,1388 Chydenius: a. a. 0. 67 Mittels Aether aus Harter Braun¬ kohle gelöstes Harz . . . 78,396 10.926 0,1394 Schroetter: Seite 48/49. 68 Hartin . 78,26 10,92 0,1395 Schroetter: Seite 47/48. 69 Gedanit . 81,01 11,41 0,1409 Helm: Arcli. d. Pharm. X,6. 1878. 70 Simetit . 68,02 9,60 0,1411 Meyer: Seite 49. 71 Bathvillit . 78,43 11,11 0,1417 v. Schroeckinger: Seite 139. 72 Euosmit . 81,89 11,73 0,1432 Ebenda. 73 Birmit . 80,05 11,50 0,1437 Helm: XVI, Seite 659. 74 Braunrotlier Libanon-B ernst. . 74,8 12,3 0,1644 Helm : XV, Seite 199. 75 Geocerit . 79,24 13,13 0,1657 v. Schroeckinger: Seite 139. 76 Geomyricit . 80,33 13,50 0,1681 Ebenda. Diese Zusammenstellung zeigt, daß die Werthe der berechneten Constanten zwischen 0,o6i6 und 0,i68i liegen, d. h. daß die für sie gezeichneten Linien mit der Horizontalen Winkel von 3° 41' 54" bis 9° 32' 22" bilden. Für die meisten Analysen liegen aber die Quotienten etwa zwischen 0,noo (No. 6) und 0,i4oo (No. 69), d. h. für etwa 64 der aufgeführten Analysen liegen zwischen der gezeichneten Linie und der Horizontalen Winkel von ungefähr 6° 17' bis 7° 58'. Mithin verlaufen also in dem Flächenraum zwischen den Schenkeln eines Winkels von nur 1° 41' alle die Linien von fast 4/5 des gesammten Analysen-Materials. Daraus wieder ergiebt sich, daß die chemischen Analysen wenig geeignet sind, charakteristische Unterschiede oder Unterschiede ohne weiteres festzustellen; der durch die bloße Gesammt-Analyse nachgewiesene große Verwandtschaftskreis unter den fossilen Harzen und ähnlichen Ver¬ bindungen ist eben allzu groß. Allein zwischen den Werthen für Succinit (No. 34 bis No. 61) schieben sich soviel andere nicht zugehörige Harze ein, daß man hier einen Unterschied fast nicht herausfinden kann. Andererseits ergeben sich dann wieder Resultate, welche deutlich zeigen, wie weniger klare Verhältnisse durch Betrachtung der aufgestellten Zahlen, besonders noch mit Hilfe einer dieselben verdeutlichenden Zeichnung, durchsichtig werden können. ISTRATI, C. : Complements a l’etude sur la roumanite (succin de Roumanie). Buletinul societatii de sciinte. Bucuresci. 1897. Anul. VI. No. 1. Seite 58. *) HELM, OTTO: Mittheilungen über Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. VIII. 3/4. 1894. Seite 63 ff. 7 250 Vor allem mögen in der Discussiou der Werthe diejenigen Körper über¬ gangen werden, von denen Analysen nur einmal vorliegen. Damit fallen dann freilich alle Untersuchungen für die Substanzen fort, deren construirte Linien außerhalb der Fläche des oben angeführten Winkels von 1° 41' liegen, mit Ausnahme freilich derjenigen, welche ausführlich behandeltes Material betreffen. Betrachten wir zunächst den Rumänit. Dieser Bernstein findet sich nur selten vollkommen rein in der Natur. Istrati1) theilt uns mit, daß die Färbung dieses Minerals in hohem Grade wechselt. Einige Stücke seien gelb, vollständig klar und durchsichtig wie Glas oder andererseits mehr oder weniger glanzlos, so daß sie sich dem baltischen Bernstein näherten. Bisweilen sei er klar rosenroth bis dunkel granatfarben, während er zeitweise wieder alle Schattirungen von rauchgrau bis tiefschwarz aufweise. Aehnlich äußert sich auch Knapp2) über eine Auswahl rumänischen Bernsteins aus dem Natur¬ historischen Museum zu Nürnberg. Istrati hat in seinen Arbeiten die Ana¬ lysen einer Reihe der verschiedenartigsten Stücke angegeben, doch finden sich darunter nur drei, welche vollständig reines Material behandele : sie und die Analyse von Helm wurden zur Berechnung verwendet. Verbindet man die oberen Endpunkte der für sie gezeichneten Ordinaten, so erhält man eine Zickzacklinie. Es deutet das darauf hin, daß trotz der angewandten Vorsicht docli nicht gleichartiges Material zur Untersuchung benutzt worden ist. Jeden¬ falls hängt die zwischen den beiden physikalisch gleichwerthigen gelben Stücken bestehende Differenz in chemischer Hinsicht mit den eigenartigen interessanten Lagerungs Verhältnissen zusammen. Besonders die HELM’sche Analyse und eine, welche von Istrati mit gelbem glasartigem Berustein (No. 15) ausgeführt worden ist, veranlassen diesen unregelmäßigen Verlauf. Interessant ist es ferner, daß diese eigenartige Linie durch die Lage der Punkte für die Analysen No. 51 und No. 58 dort zu finden ist, wohin die für Succinit construirte Linie in ihrer Verlängerung nach rechts verläuft. Die letztere geht fast genau durch diese Punkte hindurch. Obgleich die Gesammt- analyse des Rumänit freilich nicht genügend feststeht, zeigt sich doch, daß hier ein ähnlicher Bau wie beim Succinit vorliegt. Der Unterschied ist in dem höheren Gehalte von C und damit auch in dem entsprechend höheren von H begründet. Diese Verschiedenheit in der Zusammensetzung des Rumänit steht wahrscheinlich mit den Lagerungsverhältnissen in der engsten Beziehung. Die beiden gelben, physikalisch möglichst übereinstimmendenStücke bringen dieses Abweichen am besten zum Ausdruck. Wie anzunehmen ist, hat dieser Bernstein nicht unerhebliche Veränderungen auf seiner Lagerstätte erfahren und außer¬ dem in Berührung mit verschiedenen Mineralien noch weitere Umwandlungen in seinem chemischen Gesamintbau erlitten, welche die Analyse zum Ausdruck !) La Roumanite etc. a. a. 0., Seite 71. 2) Knapp, Friedrich: Bernstein. Abhandlungen der Naturforsclienden Gesellschaft zu Nürnberg. XL Jahresber. für 1897. 1898. Seite 130. 8 251 bringen mußte. Vor allem ist bemerkenswerth, daß der Rumänit in Miocän- scliicliten angeti'offen wird, welche große Mengen von Steinsalz, Lignit, Petro¬ leum und Ozokerit führen; er ist sogar öfter vollständig von dem Ozokerit eingeschlossen gewesen. C. Istrati führt eine Menge von Fundorten an, auf denen der Stein entweder bei Gelegenheit von Schürfungen auf Petroleum oder bei Ausbeutung von Petroleum-Lagern aufgelesen worden ist. Gleich¬ zeitig scheint in nicht unbeträchtlicher Weise die Hitze auf den Rumänit eingewirkt zu haben, ln dem Bergwerk von Coltza ist sein Lager scharf durch ein nur 1 mm bis 1,5 mm mächtiges Flötz von Papierkohle angezeigt; dieselbe besitzt die Eigenthümlichkeit, daß sie mit ihrer einen Fläche fest an den Bernsteinstücken anhaftet. Dieses gemeinsame Auftreten der Kohle und des Rumänit hat zu der Deutung Veranlassung gegeben, daß der Bernstein hier nicht entstand, sondern durch Gewässer von seinen primären Lagerstätten hierher geführt worden ist. Selbst bei dieser Annahme wird eine starke Wärmewirkung auf dem Lager bei Coltza angenommen werden müssen, um sein festes Anhaften an der Papierkohle zu erklären, zumal auch andere Er¬ scheinungen die Thätigkeit dieser Kraft wahrscheinlich machen. Abgesehen davon, daß eine ganz bestimmte Modification des Rumänit vorkommt, welche als Handelswaare nur minderwerthig ist und von den Land¬ leuten als „brule“ bezeichnet wird, ist die große Menge von Sprüngen von Bedeutung. Diese treten sehr häufig auf und verleihen den Stücken durch Totalreflexion und gelegentlich durch Interferenzerscheinungen ein prächtiges Aussehen. Sie sind bei dem Succinit und den anderen Bernsteinarten nur verhältnismäßig selten auzutreffen, doch entstehen sie in großer Menge, wenn man die fossilen Harze erwärmt; bei den „Klarirungs“- Arbeiten machen sie sich als ,, Sonnenflinten“ unangenehm bemerkbar. Auch eine andere Erscheinung, die bei der künstlichen Klärung an dem Succinit auftritt, zeigt sich gelegent¬ lich beim natürlich vorkommenden Rumänit. Die Aufhellung der getrübten ßernsteinstücke beginnt an den peripherischen Partien der Stücke und schreitet langsam nach innen hin vor. Bei zu raschem Erwärmen bildet sich dabei in den centralen Theilen ein Gewirr von Sprüngen und Rissen, welches ein ganz typisches Aussehen hat, und welches den Bernsteinarbeitern dadurch bekannt ist, daß es fast stets bei späterer Durchlochung des Stückes ein Zerspringen desselben veranlaßt. Auch der Rumänit scheint gelegentlich im Inneren „aus einer krystallinen Substanz zu bestehen, die nach allen Richtungen hin zer¬ brochen ist“ — dann ist er sehr leicht zerbrechlich und setzt seiner Bearbeitung ganz unerwartete Schwierigkeiten entgegen; freilich bieten die aus ihm gefertigten Schmuckstücke dann auch ein ganz besonders prächtiges Aussehen. Wenn man auf Grund dieser Ausführungen die Einwirkung von Hitze auf den Steiu bei Gegenwart öliger Substanzen annimmt, so ist eine starke Ver¬ änderung seiner Zusammensetzung, auch ohne daß eine eigentliche Klärung auf natürlichem Wege vor sich gegangen wäre, leicht verständlich. Namentlich bei Annahme eines Eindringens von Erdöl in die Risse und Spalten ließe sich 9 252 daun erklären, wie derjenige gelbe Rumänit, welcher fast gleiche Zusammen¬ setzung wie der von Helm analysirte auf weist, einen anderen Gesammt-Aufbau besitzt, wie das andere gelb gefärbte Rumänitstück. Es ist hier zu erwähnen , daß Succinit mit zunehmendem Kohlenstoff- Gehalt auch sein physikalisches Verhalten ändert, indem er einen mehr glas¬ artigen Glanz gegen seinen gewöhnlichen, fettartigen eintauscht. Bei dem Rumänit, welcher einen noch größeren Gehalt an C hat, finden wir tatsäch¬ lich auch den glasartigen Glanz hervorgehoben; von dem Material zu Analyse No. 15 und No. 51 wird er ausdrücklich erwähnt. Die aus dem Mittel der Analysen gefundene Tangente entspricht einem Winkel von 7° 12' 59". Der nächst interessante Bernstein ist der Schraufit. Das eine analysirte fossile Harz stammt aus der Bukowina (No. 14), das andere aus dem Libanon (No. 17). Stimmen die von John gefundenen Werthe mit den von Dietrich berechneten — wie es scheint — nur „ziemlich gut“ überein, — die Werthe für C zeigen l,n % Differenz, — so zeigen die für sie berechneten Constanten fast vollkommene Uebereinstimmung. Die für sie aus dem Mittel der Constanten gezeichnete Linie bildet mit der Abscissenaxe einen Winkel von 6° 51' 12". Der schwach flohmige Succinit (No. 21) liegt mit seinem berechneten Werth zwischen7; denen des knochenfarbigen Materials (No. 19 und No. 25), wie es an demselben Stücke rein und verwittert angetroffen wurde. Die aus den Quotienten berechnete Linie ergiebt fast eine Gerade, welche neben der für Succinit gefundenen herläuft. Der aus dem Mittel gefundene Winkel be¬ trägt 7° 0' 36". Die Hoffnung, aus der Berechnung der Analysenwerthe für Föhren- und Fichtenharz (No. 22 und No. 26) die Beantwortung der so oft berührten Frage nach der Mutterpflanze näher gerückt zu sehen, ergab sich als trügerisch. Die Gesammt-Zusammensetzung ist für beide die gleiche; die für sie gezeichnete Linie läuft neben der des Succinit her, indem sie mit der Horizontalen unge¬ fähr einen Winkel von 7 0 3' 53" bildet. Der Krantzit zeigt die Eigentümlichkeit, daß selbst Theile von ein und demselben Handstück nicht unbeträchtlich bezüglich ihres specifischen Ge¬ wichtes, Aschengehaltes und ihrer chemischen Zusammensetzung verschieden sind. Ob diese Erscheinung darauf zurückzuführen ist, daß in demselben Fossil mehrere Verbindungen in ungleicher Verteilung vorliegen, oder ob es ein nicht in allen Theilen gleichzeitig weit umgeändertes Fossil ist, kann nicht mit Sicherheit entschieden werden. Thatsächlich wird er bei 100 0 C spröde, dunkeier und durch Aufnahme von Sauerstoff schwerer. Auch beim Liegen an der Luft gehen mit der Zeit ähnliche Umwandelungen vor sich. Die für ihn und den mit ihm identischen unreifen Bernstein aus den Analysen berechneten Quotienten liegen deshalb auch teilweise weiter auseinander. Thatsächlich sind die über seine Natur angestellten Versuche noch nicht zum Abschluß gekommen, und es liegt nahe, anzunehmen, daß von letzterem Harz, io 253 das auch den Namen Gedanit führt, über den mürben Bernstein1) sich eine continuirliche Reihe von fossilen Harzen seiner Zeit wird aufstellen und nach- weisen lassen, bei denen jedes folgende Glied an Bernsteinsäure und Schwefel zunimmt, sodaß sich von Säure-freiem Harz bis zum Succinit alle möglichen Uebergänge antreffen lassen. Ob verschiedene Stufen der Fossilisation oder ob nur die Sekrete verschiedenartiger Nadelhölzer, sei es allein für sich, sei es in Mischung miteinander2) vorliegen, kann hier nicht erörtert werden, zumal auch zwischen den in Gedanit, mürbem und eigentlichem Bernstein angetroffenen Insekteneinschlüssen Verschiedenheiten nicht bestehen. Jedenfalls stehen die Analysen No. 30, 37, 38, 40, 43 denen des Succinit so nahe, daß mau unwillkürlich an die Untersuchung von Aweng3) erinnert wird, nach welcher der Gedanit höchst wahrscheinlich dieselbe Zusammen¬ setzung und denselben Ursprung wie der Succinit hat, sodaß der nachherige Eintritt des Schwefels in den Gedanit allein die Eigenart des Succinit hervor¬ gerufen haben könnte. Auch die speciellen Eigenschaften des Succinit, sein hoher Schmelzpunkt, Farbe, Zähigkeit und Elasticität beim Verarbeiten, Eigenschaften, welche dem Gedanit nicht zukommen, scheinen von diesem Schwefelgehalte herzurühren. Wieweit ein „Vulkanisiren“ des Gedanit praktisch durchführbar ist, läßt sich freilich nicht ermessen. Es muß hier hervorgehoben worden, daß Aweng in dem Gedanit, welcher seinen Untersuchungen zu Grunde lag, keinen Schwefel zu finden vermochte. Diese Thatsache ist um so wunderbarer, als das Material aus Danzig stammt, und zwar aus einer Quelle, wo man recht wohl diese Bernsteinart kannte, sodaß ein Irrthum oder eine Verwechselung vollkommen undenkbar ist. Wunderbar ist ferner, daß dieses Untersuchungsmaterial denselben Schmelz¬ punkt besaß, wie ihn frühere an Gedanit angestellte Untersuchungen ver¬ langten. Dabei muß erwähnt werden, daß auch Berent bei seinen Unter¬ suchungen über „Unreifen“ Bernstein besonders hervorhebt, daß ein Schwefel¬ gehalt nicht vorhanden sei (Seite 134). Dagegen haben sowohl Helm wie Klebs denselben bestimmen können; bei einer in dieser Richtung von mir angestellten Prüfung ergab sich, daß das von acht verschiedenen Gedanit- Stücken entnommene Material in allen Fällen Schwefel enthielt, freilich nicht in so reicher Menge wie der Succinit. Wennschon die Vermuthung auftauchen könnte, daß verschiedene Unter¬ suchungsmethoden zur Anwendung kamen, und daß dadurch die Verschiedenheit der Resultate möglich wurde, so scheint andererseits auch wieder verschiedenartiges D Helm, Otto: Mittheilungen über Bernstein XVII. (Jeher den Gedanit, Succinit und eine Abart des letzteren, den sog. mürben Bernstein. Schrift, d. Naturf. Ges. in Danzig. N. F. Bd. IX, Heft 1. 1895. Seite 52 ff. 2) Dahms, P. : Ueber das Vorkommen und die Verwendung des Bernsteins. Zeitschrift für praktische Geologie. 1901. Juni-Heft. 3) Aweng, E. : Ueber den Succinit. Archiv d. Pharm. 232 Bd., 9. Heft. 1894. li 254 Material vorzuliegen. Während nämlich Krantzit und Unreifer Bernstein mit dem von Klebs untersuchten Gedanit in der Zusammensetzung vollständige Uebereinstimmung zeigen, liegt der von 0. Helm untersuchte Gedanit vollständig abseits und läßt irgendwelchen Vergleich mit den eben erwähnten fossilen Harzen nicht zu. Die für Simetit erhaltene Linie schließt sich eng an die für Succinit gefundene an. Von den 5 vorliegenden Analysen (No. 3, 6, 33, 52, 70) giebt freilich die erste (No. 3) einen so sehr abweichenden Werth, daß sie zu den anderen garnicht zu passen scheint. Bei näherem Zusehen lag für diesen Fall auch keine einheitliche reine Substanz vor, es war vielmehr die Untersuchung mit einer Durchschnittsprobe von mehreren Perlen ausgeführt woiden, die nicht alle aus vollständig klarem Material bestanden. Sieht man deshalb von dieser Analyse ab, so verläuft der Rest der Linie in geringer Neigung zu der Succinit-Linie und zwar bald oberhalb, bald unterhalb derselben. Die von Helm analysirten Stücke (No. 33 und 52) von hellgelbem und dunkel- rothem Stein stimmen sogar ihrer Zusammensetzung nach so weit mit der des Succinit überein, daß sie ihrer charakteristischen Lage nach fast genau in die Succinitlinie fallen. Der für sie berechuete Winkel beträgt im Mittel 7° 18' 34", weicht also von dem für Succinit gefundenen (7° 33' 30") kaum ab. Eine noch bessere Uebereinstimmung ist dadurch zu erzielen, daß man auch auf die Analyse von schwarzem Simetit (No. 6) verzichtet. — Die für Apennin-Bernstein gefundenen Werthe stimmen recht gut überein (No. 20 und No. 23), doch entspricht der für sie gefundene Winkelwerth im Vergleich mit dem für Simetit erhaltenen nur 7° 0' 51". Von dem Birmanischen Bernstein liegen 2 Analysen vor, welche nicht unerheblich von einander differiren. Da klare, weingelbe Stücke sehr selten sind, dunkelbraune und unklare dagegen hauptsächlich das Material darstellen, so ist jedenfalls das verschiedene Resultat auf die Verschiedenheit in der untersuchten Analysen-Substanz zurückzuführen. Besonders interessant ist die von E. Oster1) ausgeführte Analyse (No. 44). Die Lage ihres höchsten Ordinatenpunktes liegt einmal in der Verlängerung der Succinit-Linie nach rechts, wie das ja auch die Größe des berechneten Quotienten ausdrückt, und zweitens in der allergrößten Nähe der Rumänitlinie. Die an Succinit erinnernde Zusammensetzung wird noch um so interessanter, als bei trockener Destillation 2 % Bernsteinsäure in diesem Bernstein nachgewiesen werden konnten, eine Eigenthümlichkeit, die um so mehr von Bedeutung ist, als ja auch der Rumänit je nach seinem Fundorte 0,3 bis 3,2 % dieser Säure enthält. Ob weitere Untersuchungen am Birrnit, besonders an den helleren Varietäten, zeigen werden, daß er in physikalischer und chemischer Hinsicht dem Succinit näher steht, als man bisher meinte, wird die Zeit lehren. Es könnte dann „mit den 0 Vergl. Meyer, A. B.: a. a. 0., Seite 52/53. 12 255 anderen bekannten Produkten Hinterindiens1) möglicher Weise auch der birmanische Bernstein im Alterthum nach dem Westen gekommen sein.“ Die von Oster gewonnenen Befunde sind um so interessanter, als eine Verwechselung von Birrnit mit Succinit unmöglich vorliegen kann. Wennschon eine große Menge des baltischen Bernsteins nach Birma exportirt wird, um der dort stetig steigenden Nachfrage Genüge zu leisten, so ist andererseits zu bedenken, daß der Höchstgehalt des Succinit an Kohlenstoff 78,60 % beträgt. Dieser Werth ist dann von einem Stein erhalten, welcher möglichst licht und farblos war; der Werth von 80,36 % ist dagegen noch niemals angetroffen worden. Da der von Oster analvsirle Birrnit außerdem mit brauner Farbe durchsichtig ist, hätte er weniger als 78,60 % C enthalten müssen, aber nicht mehr, wie es thatsächlich der Fall ist. Desgleichen entspricht den tieferen Farbentönen des Succinit ein höherer Gehalt an Bernsteinsäure, während hier ein geringerer als 3 % vorliegt. Herr Professor Conwentz überließ mir auf mein Ersuchen aus dem Westpreußischen Provinzial Museum ein größeres Stück Birrnit, welches laut Etikette aus Oberbirma stammt. Desgleichen erhielt ich von Herrn Dr. 0. Helm eine Probe dieses fossilen Harzes, welches er seinerzeit von Herr Dr. F. Noetling im Aufträge der Direction des Geological Survey of India zur chemischen Untersuchung erhalten hatte. Mittels der von R. Klebs vorgeschriebenen Untersuchungsmethode wurden beide Birmit-Stücke zur Controlle, neben gleich gefärbten Succinit-Brocken, auf Bernsteinsäure untersucht, aber auch nicht die Spur davon angetroffen. Es dürfte deshalb meines Erachtens nach bei der Benutzung der OsTER’schen Analyse für anthropologische Zwecke eine gewisse Vorsicht zu empfehlen sein, bis andere Analysen des birmanischen Steins das Vorhandensein von Bernsteinsäure in größeren Mengen bestätigen. Es ist diese Vorsicht umsomehr geboten, als nach F. Noetling2) die Bernstein¬ gruben sehr weit von der Seeküste entfernt sind. Die daraus entspringenden Transportschwierigkeiten scheinen dagegen zu sprechen, daß Bernstein jemals in größeren Mengen auf dem Seewege von Birma ausgeführt wurde. In ähnlicher Weise wie beim Bernstein liegen die Verhältnisse beim Ozokerit 3) Die Substanz ist nicht homogen und besteht aus wenigstens zwei, vielleicht7 rauch mehreren verschiedenen Verbindungen gleicher Zusammen¬ setzung, welche innig miteinander gemischt sind. Wie die Versuche von M. Malaguti zeigen, läßt sich bei fortgesetzter Behandlung mit Alkohol *) Meyer, A. B : a. a. O., Seite 53, und Meyer, A. B : Wurde Bernstein von Hinter¬ indien nach dem Westen exportirt? Abhandlungen der Ges. „Isis“ in Dresden. Abh. No. 2. 1893. Seite 63 ff. 2) Das Vorkommen von Birrnit (indischer Bernstein) und dessen Verarbeitung. Globus. Bd. 69, No. 14. 1896. Seite 217. 3) Istrati : De l’ozokMte (cire de Moldavie) de Roumanie. Bulletinul societatii de sciinte din Bucuresci-Romania. Anul VI. No. 1. 1897. Seiten 63 und 64 Anm., 68 Anm., 71 Anm., 75 Anm., 79 und 81. 13 256 Ozokerit in zwei Theile zerlegen, von denen der lösliche dieselbe Constitution zeigt, wie sie die Gesammt-Analyse aufweist. Der lösliche und der unlösliche ebenso zusammengesetzte Bestandtheil unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihres Schmelzpunktes und ihres specifischen Gewichtes. Da Schmelzpunkt und specifisches Gewicht bei dem Fossil zwischen den entsprechenden Werthen seiner Componenten liegen, so ist die Annahme gerechtfertigt, daß es sich um zwei chemisch gleiche, physikalisch aber verschiedenartige Verbindungen handelt, welche sich nach verschiedenen Verhältnißwerthen mischen können, sodaß der Ozokerit deshalb auch bei derselben chemischen Zusammensetzung in seinen physikalischen Eigenschaften stets differiren kann.1) An der Luft verändert sich dieses Fossil. Es färbt sich dunkeier und wird gleichzeitig härter und fester. Istrati analysirte von einem Stücke aus dem Schachte von Solontz sowohl die frische, sehr weiche und gelbliche Substanz, wie deren dunkleres, härteres Umsetzungsprodukt, welches grünliche Reflexe aufwies. Die Zusammen¬ setzung der ersteren betrug 85, 51 % C und 14,54 % H, die des zweiten 84,37 % C und 14,39 % H (Seite 81). Da diese Analyse zeigt, daß bei der Verwitterung sowohl ein Verlust an Kohlenstoff wie an Wasserstoff stattgefunden hat, so darf hier meines Erachtens die Ursache für die wahrnehmbaren Veränderungen nicht einzig auf einen Verlust an flüchtigen Kohlenwasserstoffen zurückgeführt werden; es ist vielmehr anzunehmen, daß auch hier der Sauerstoff in Ver¬ bindung getreten ist. Berechnet man aus den durch die Analysen gefundenen Werthen die Constanten wie vorher, so erhält man für das frische Fossil den Werth c = 0,itoo und für das Umsetzungsprodukt c — 0,i7oc. Aus diesen beiden Quotienten läßt sich deutlich ersehen, daß auch bei der Verwitteruug des Ozokerit ein ähnlicher, gesetzmäßiger Verlauf, wie er beim Succinit bekannt ist, stattfindet. Freilich stellen diese Zahlen Tangenten von Winkeln dar, deren Durchschnittswerth 9° 39' 53" beträgt. Sehen wir von den geringen Differenzen ab, wie sie durch verschiedene Fundorte und Farbenvarietäten zu Stande kommen, so finden wir zunächst, daß alle Analysen des klaren, eigentlichen baltischen Bernsteins, des Succinit, ein sich stets gleich bleibendes Verhältniß unter den Werthen für C und H zeigen, gleichgültig ob das zur Untersuchung kommende Material noch frisch oder bereits verwittert ist. Ebenso läßt sich bei den getrübten Varietäten das am frischen Stück gefundene Verhältniß auch nach theilweiser Verwitterung wiederfinden. Diejenigen fossilen Flarze, welche gelegentlich wohl mit dem Succinit verwechselt werden könnten, jedenfalls aber lebhaft mit ihm concurriren, fallen ihrer chemischen Zusammensetzung nach entweder direkt mit ihrem obersten Ordinatenpunkte in die für Succinit construirte Linie, oder sie liegen mit ihm wenigstens doch in der Verlängerung derselben. Je mehr die eben erwähnten Punkte mit dieser Linie zusammenfallen, jemehr also bei ihnen das 9 A. Schrötter, welcher sehr reine, durchsichtige, wenig gefärbte Suecinitstückehen zur Analyse verwendete, fand für das mit Aether aus solchen Stückchen ausgezogene Harz dieselbe Zusammensetzung, wie für den Stein selbst. (Poggend. Ann. Bd. 59. Seite 64/65.) 14 257 Verhältniß von C : H mit dem des Succinit übereinstimmt, desto mehr passen sich auch in gewisser Hinsicht die anderen chemischen und die physikalischen Eigenschaften denen des Succinit an. Interessant ist vor allem das fast voll¬ ständige Zusammenfällen der Linien für Succinit und Simetit einerseits, das theilweise von Rumänit und Birrnit andererseits, sowie auch die zwischen diesen beiden Gruppen liegende Kluft. Es ergiebt die Gesammt-Analyse also weder die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Bernsteinart als vielmehr wohl nur — wie das besonders beim klaren Succinit der Fall ist — wieweit der Vorgang der Verwitterung vor sich gegangen ist. In den anderen Fällen werden wohl nur die eigenartige geologische Beschaffenheit der Lagerstätte, resp. besondere Bildungs -Verhältnisse zum Ausdruck gebracht, oder es wird durch die wechselnde Größe des Quotienten ein anderes Verhalten in physika¬ lischer Hinsicht angedeutet. Außer solchen fossilen Harzen, welche Bernsteinsäure nicht oder nur in geringen Mengen enthalten, trifft man in Galizien und Rumänien auch solche an, welche sich ihrer chemischen Zusammensetzung nach vom Succinit nicht unterscheiden lassen. Helm hat jedoch bereits am 5. November 1890 in einer Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft gezeigt, daß sie in physikalischer Hinsicht vom eigentlichen Bernstein abweichen, und er hat sie deshalb als Varietäten des Succinit aufgefaßt. Eine directe ldentificirung ist bis auf weiteres jedenfalls nicht empfehlens werth. Es verdient noch einmal hervorgehoben zu werden, daß vor allem der Succinit durch seinen hohen Gehalt an Bernsteinsäure leicht kenntlich ist; es ist das eine Eigenthümlichkeit, welche von den Herren Dr. Helm1) und Geheimrath Dr. Meyer2) mit Vortheil zu seiner ldentificirung Verwendung gefundeu hat. 0 Helm, Otto: Ueber die Bedeutung der chemischen Analyse bei vorgeschichtlichen Untersuchungen Correspondenz-Blatt der Deutsch. Anthropolog. Gesellschaft. No. 9. 1899. Seite 96. 2) Meyer, A. B.: Dell’ ambra preistorica lavorata di Sicilia. Bull, di paletnologia ital. 1887. Anno XIII, No. 1 e 2. Seite 21—24. 15 17 258 Zum Gedächtniß FERDINAND COHN’s. Rede, gehalten in der Jahresversammlung’ zur Feier des 156 jährigen Stiftungstages der Gesellschaft am 4. Januar 1899. Von Di*. L ARO WITZ. Am 25. Juni des vorigen Jahres verstarb plötzlich infolge eines Herz¬ schlages das Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, der Professor der Botanik an der Universität Breslau, Geheimer Regierungsrath Dr. Ferdinand Julius Cohn. An seiner Bahre versammelten sich um die trauernde Wittwe die Edelsten aus Stadt und Land, Vertreter der Wissenschaften und der Kunst, Männer aus allen hervorragenden Stellungen des öffentlichen Lebens. Man gab einem Fürsten der Wissenschaft, einem edlen Menschen, die letzte Ehre und verab¬ säumte nicht, den außerordentlichen Trauerzug mit den äußeren Wahrzeichen zu versehen, welche bei der Bestattung eines Ehrenbürgers der Stadt Breslau üblich sind. Alle bedeutenden Tagesblätter verbreiteten die Kunde von seinem Tode und widmeten dem Gelehrten ehrende Nachrufe. Hat unsere Gesellschaft den Hingang eines ihrer bedeutendsten Mitglieder zu beklagen, so trauert die Wissenschaft um den unersetzlichen Verlust eines erfolgreichen Bahnbrechers, der die Botanik in die Reihe der exakten Wissen¬ schaften emporgehoben und wesentlich dazu beigetragen hat, derselben in Deutschland einen Aufschwung zu verleihen, wie er noch nie zuvor erlebt war, sodaß der deutschen Wissenschaft bald von allen fremden Nationen die führende Stellung neidlos eingeräumt wurde. Mit unserer Gesellschaft hat der Verstorbene seit Jahrzehnten in enger persönlicher Beziehung gestanden, zählen doch ältere Mitglieder zu seinen Schulkameraden, Studiengenossen und zum Tlieil zu seinen unmittelbaren wissen¬ schaftlichen Mitarbeitern, und es verehrt eine stattliche Anzahl jüngerer Mit¬ glieder in ihm ihren unvergeßlichen Lehrer, der zugleich als freundschaftlicher Rathgeber einem Jeden menschlich nahe stand. Mit lebhaftem Interesse hat er stets die Ereignisse in unserer Naturforschenden Gesellschaft verfolgt, und fast will es uns wunderbar erscheinen, daß dem um die Förderung der Wissen¬ schaft, wie mittelbar auch um das Gedeihen unserer Gesellschaft verdienten Manne erst bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctorjubiläums die Ehren¬ mitgliedschaft angetragen wurde. Die einfache Pflicht der Dankbarkeit ist es, dem edlen Entschlafenen auch an dieser Stelle Worte der Erinnerung zu widmen. Und wenn gerade i 259 ich es bin, dem diese ehrenvolle Aufgabe am heutigen Abend zugefallen, so ist dies vielleicht aus dem Umstande zu erklären, daß, wenigstens unter den jüngeren Mitgliedern, ich am längsten in Breslau Gelegenheit hatte, dem seltenen Manne nahe zu sein. Schwer, ja unmöglich, ist es, die vielseitige Natur des Verblichenen nach allen Richtungen und mit der wünschenswerthen Vertiefung in einer kurzen Rede zu schildern. Gestatten Sie mir nur, Ihnen das Lebensbild des Gelehrten in gedrängter Kürze und unter Markierung der Hauptzüge zu entwerfen. Ferdinand Cohn’s äußerer Lebensgang war ein durchaus einfacher. Am 24. Januar 1828 als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Breslau geboren, besuchte er daselbst das Maria-Magdalenen-Gymnasium. Seine hohe Begabung zeigte sich frühzeitig, denn schon zu Ostern 1844, also mit 16 Jahren, verließ er die Anstalt mit dem Zeugniß der Reife. Er sollte Medizin studieren, doch gleich im ersten Semester wandte er sich, angeregt durch den damals schon berühmten Breslauer Naturforscher Goeppert und durch die Lectüre von Sciileiden’s Grundzügen der wissenschaftlichen Botanik, welche einen frischen Zug in diese Wissenschaft trugen, der Botanik zu, der er fortan treu blieb. Am 13. November 1846 wurde Cohn in Berlin, noch nicht 20 Jahre alt, zum Doctor philosophiae promoviert. Nach Breslau zurückgekehrt, konnte er dank der günstigen Lage seiner äußeren Verhältnisse völlig unabhängig selb¬ ständigen Studien obliegen. Die Erfolge dieser seiner frühen Untersuchungen über das Wesen der Pflanzen- und Thierzelle brachten es mit sich, daß er im Herbst 1850 nach Ueberwindung von mancherlei in den damaligen Zeitver¬ hältnissen liegenden Schwierigkeiten seine Zulassung als Privatdozent an der Universität Breslau erwirkte. Durch eigene Kraft schuf er sich dort schnell eine ergiebige Arbeitsstätte und eine Lehrstelle von durchschlagender Be¬ deutung. 1859 erfolgte seine Ernennung zum Außerordentlichen, 1872 zum Ordentlichen Professor. Seit 1866 leitete er das von ihm begründete pflanzen¬ physiologische Institut der Universität; und trotz wiederholt an ihn ergangener Berufungen verblieb Cohn an der Universität seiner Vaterstadt, die er während der ganzen 70 Jahre seines Lebens nur in dem Studienjahre 1846/47 für längere Zeit verlassen hat. 1888 wurde ihm unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Geheimer Regierungsrath das Directorat des neu erbauten Königlichen Botanischen Museums in Breslau übertragen. Zahlreiche Aus¬ zeichnungen und Ehrungen von Seiten seiner Vorgesetzten Behörde, seiner Vaterstadt und der gelehrten Körperschaften ganz Deutschlands wie des Aus¬ landes erfuhr der gefeierte Mann bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctor- jubiläums, Ende 1897, und seines 70. Geburtstages im Januar 1898. Seit jener Zeit datiert, wie schon erwähnt Cohn’s Ehrenmitgliedschaft in unserer Gesellschaft. Das Arbeitsfeld des Verstorbenen erstreckte sich auf sämmtliche Special¬ gebiete der Botanik, doch sein universeller Geist griff bald weit über die 2 17* 260 Grenzen der Fachwissenschaft hinaus und vertiefte sich in philologische, vor¬ geschichtliche, ästhetische Fragen und in Probleme allgemein naturwissen¬ schaftlichen Charakters. Im Rahmen des heutigen Vortrages können diese von der eigentlichen Forschungsbahn abseits liegenden Erzeugnisse seines pro¬ duktiven Geistes eben nur erwähnt werden. Der Beginn von Ferdinand Cohn’s wissenschaftlicher Thätigkeit fällt in eine für die Ausgestaltung der biologischen Wissenschaften glorreiche Zeit. Die mit unfruchtbaren Ideen erfüllte Naturphilosophie, welche im organischen Reiche an die Stelle der unabänderlichen Naturgesetze die nach freier Willkür waltende „Lebenskraft“ setzte, war auch in Deutschland glücklich überwunden. Statt der reinen Spekulation beherrschte die strenge Beobachtung, unterstützt durch wesentlich vervollkommnete Mikroskope, das Feld. Und das über¬ raschende Resultat so gearteter Forschungen war die Feststellung, daß alle Lebensvorgänge in der Pflanze, wie auch im Thier zurückzielen auf die Lebensäußerungen der einzelnen Zelle, daß jeder Organismus seinen Ursprung aus einer solchen, der Eizelle, herleitet, ja daß der Entwickelungsgang eines Individuums nur in mehr minder complizierten Theilungen dieser Eizelle besteht. Das waren hochwichtige Entdeckungen aus dem Ende der dreißiger und Anfang der vierziger Jahre. Ist ja doch die Entstehung eines lebenden Wesens eine Neuschöpfung, und nun erfuhr man, daß das Geheimniß der Schöpfung in der Erzeugung einer Zelle ruhe. Das Studium derselben im weitesten Umfange wurde daher das neue Arbeitsfeld in der wissenschaftlichen Botanik wie Zoologie und gab, zusammen mit entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen, diesen Wissenschaften einen völlig neuen Inhalt. Fortan war die Botanik nicht mehr die trockene Wissenschaft, die ihr Genüge fand in der äußeren Vergleichung und schablonenhaften Speciesbeschreibung der Pflanzen; botanische Wissenschaft wurde jetzt identisch „mit dem idealen Streben, welches in der Welt der Pflanzen die Probleme des Lebens auf Erden erkennt und planmäßig zu lösen versucht“. Kein Wunder, daß seit der Mitte dieses Jahrhunderts alle geistvollen Botaniker, die den Vorschriften der alten LiNNk’schen Schule begreiflicher Weise keinen Geschmack abzugewinnen vermochten, mit größter Hingebung an Zell- und insbesondere an entwickelungs¬ geschichtliche Studien ihre ganze Kraft setzten. Dieser neuen Generation von Botanikern schloß sich auch der Breslauer junge Gelehrte an. Nachdem er sich mit der Untersuchung der physiologischen Verhältnisse des Pflanzensamens, mit der Anatomie einer seltenen Wasserpflanze, Alclrovandia vesiculosa, und mit einer Veröffentlichung über die Cuticula in die wissenschaftliche Welt eingeführt hatte, wandte er sich der Erforschung kryptogamischer Gewächse zu. Denn bald hatte sich gezeigt, daß diese — • Farne, Moose,’ Algen und Pilze — für die soeben gekennzeichneten Studien ein weit ergiebigeres Material darboten, als die sogenannten höheren Ge¬ wächse; zudem hatte das verbesserte Mikroskop längst eine Fülle formen- .'3 261 reicher kleinster Pflanzen und Thiere kennen gelehrt, die um so günstiger für einschlägige Beobachtungen sein mußten, als sie nur aus wenigen oder ganz und gar nur aus einer einzigen Zelle bestehen. Die Welt des Wassertropfens, die niedersten Pflanzen und Thiere, wurde seit 1850 das fast ausschließliche Arbeitsfeld Ferdinand Cohn’s. Hier gelangte er zu der Feststellung von der Identität der thierischen Sarkode und des pflanzlichen Protoplasmas und bestätigte damit die Einheitlichkeit der organischen Welt, deren Spaltung in Thiere und Pflanzen als den wahren Verhältnissen nicht entsprechend nun¬ mehr endgiltig aufgegeben werden mußte. Ihm verdankt die Wissenschaft die grundlegende, zum Theil erweiterte Kenntniß der Sexualorgane bei verschiedenen Algen- und Pilzgattungen ( Volvox , Sphaeroplea, Pilobolus } Empusa u. a. m.). Hervorzuheben ist an dieser Stelle, daß bei diesen in die Mitte der fünfziger Jahre fallenden Arbeiten ein anderes Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, Professor Dr. Bail, ein Mitarbeiter Cohn’s war und bei den Untersuchungen über die Algengattung Sphaeroplea gerade zur Aufhellung eines Kardinalpunktes in deren Entwickelungsgang wesentlich bei¬ getragen hat. Durch die bezüglichen Arbeiten, welche zum größten Theil in den Verhandlungen der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher und in der Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Zoologie veröffentlicht sind, wurde zugleich das erste Licht auf die in Bezug auf verwandtschaftliche Gruppirung noch recht chaotische Masse der Algen und Pilze geworfen. Ge¬ sichtspunkte ergaben sich, von welchen aus das bunte Gewirre von plötzlich auftauchenden und eben so schnell wieder verschwindenden Formen dieser kleinen Organismen gesichtet und der gesetzmäßige, genetische Zusammenhang vieler dieser ephemeren Erscheinungsformen erkannt werden konnte. Genügend geschult in der Technik der Untersuchung mikroskopischer Lebewesen und ausgerüstet mit einer ganz eminenten Kenntniß der niederen und niedersten Pflanzen- und Thierformen konnte unser Forscher sich an das schwierige Studium auch der allerkleinsten Organismen, der damals schon be¬ kannten Bakterien, heranwagen. Glänzendste Resultate von dauerndem Be¬ stände belohnten auch hier den Unermüdlichen, dessen größtes unvergängliches wissenschaftliches Verdienst unstreitig eben auf dem Gebiete der Bakterienkunde liegt. Ferdinand Coiin inaugurierte geradezu eine neue Aera der Bakterien¬ forschung. Hatte man bis dahin mit Ehrenberg, dem Wiederbeleber des Studiums der Infusorien in Deutschland, die Bakterien als Gruppe der Vibrionia zu den Infusorien gestellt, so war es Cohn’s erstes Verdienst auf dem er¬ wählten Arbeitsfelde, die Bakterien als wohl charakterisierte Pflanzen richtig erkannt zu haben. Von entscheidendem Einfluß auf die geordnete Fortentwickelung der Kenntniß von den Bakterien war sein starres Festhalten an der Konstanz der Arten. Stellte er sich durch diese Auffassung auch in Kontroverse mit anderen Forschern, so blieb ihm doch der für den Fortgang der Wissenschaft wichtige Vortheil, auf Grund der mittlerweile lixierten morphologischen Ge- 4 262 sichtspunkte ein brauchbares wissenschaftliches System der Bakterien zu ge¬ winnen. Diese erste von ihm begründete umfassende Eintheilung der Bakte¬ rien nach Grundformen legt Zeugniß ab von Cohn’s großer Virtuosität in der scharfen und sicheren Abgrenzung der Formen gegen einander; und obgleich der Autor dieses sein 1872 aufgestelltes und allgemein ange¬ nommenes System der Bakterien als etwas Vorläufiges herausgab, hat sich dasselbe doch Jahrzehnte lang erhalten. — In heftigem Streite mußte Cohn die Selbständigkeit der Spaltpilze im Pflanzenreiche verfechten, glaubte man doch vielfach, daß sie nichts weiter als gelegentliche Umwandlungsformen von Schimmelpilzen seien. Ist er aus diesem Streite gegen einen großen Theil der Mediziner, nicht zuletzt gegen die machtvolle Autorität eines Bill- roth, siegreich hervorgegangen, so hat er zugleich durch seine Geschicklich¬ keit als Anwalt seiner Pfleglinge der Wissenschaft, nein der ganzen Mensch¬ heit, einen nicht li ch genug anzuschlagenden Dienst geleistet. Ohne seine Beharrlichkeit und Gewandtheit in der angegebenen Richtung wäre die Bakterienkunde sicher noch lange das ergiebige FeldJur unfruchtbare Specu- lationen geblieben; die Irrungen und Wirrungen hätten jeden Fortschritt in der Erkenntniß des wahren Wesens dieser kleinsten Feinde des Menschen gehemmt. Genugsam bekannt ist es, welche ausschlaggebende Bedeutung dieser durch Cohn begründete neue Forschungszweig für die wissenschaftliche und praktische Medizin gewonnen hat. Es ist gewiß nicht zuviel gesagt, daß die Heilkunde seit der Einführung der bakteriologischen Forschung eine neue Epoche zu verzeichnen hat. Es ist ferner nicht zu viel gesagt, daß Ferd. Cohn der Vater der modernen medizinischen Bakteriologie ist, weisen doch die ältesten sicheren bakteriologischen Arbeiten zur Heilkunde nach Breslau und speziell auf F. Cohn’s Institut hin, mit welchem die Mediciner frühzeitig in Beziehung standen. Anfangs unter seiner Führung, später selbständig, aber doch mit ihm zusammen, schufen hervorragende Botaniker und Aerzte die weiteren Fundamente zu dieser neuen Wissenschaft, die nicht minder wie die moderne Elektrizitätslehre auf die W eiterentwickelung der Kulturvölker einen von Jahr zu Jahr immer mehr anwachsenden Einfluß ausübte. Im Breslauer Institut stellte Weigert, von Cohn berathen, seine wichtigen Unter¬ suchungen über die Pockenpusteln an, dort sammelte der schlesische Pilz¬ forscher Sciiroeter seine Beobachtungen über farbenbildende Bakterien, dorthin kam Robert Koch in den siebziger Jahren, um seine bedeutsamen Untersuchungen über den Milzbrand von Cohn nachprüfen zu lassen, der ihm für die Zukunft ein Freund und wissenschaftlicher Berather blieb. Kurz, fast alle wichtigeren Arbeiten einschlägiger Art aus den sechziger und sieb¬ ziger Jahren sind im Pflanzenphysiologischen Institut zu Breslau entstanden oder passirten dort die Censur. 1870 schuf F. Cohn ein selbständiges Organ zur Veröffentlichung der in seinem Laboratorium angestellten biologischen Untersuchungen, und schnell erlangten diese „Beiträge zur Biologie der Pflanzen“ 6 28.3 die BedeutuDg einer wichtigsten literarischen Hilfsquelle für Bakterienstudien überhaupt. Hoch auch nach einer anderen Richtung half Cohn’s Beschäftigung mit den Spaltpilzen eine bedeutungsvolle Entscheidung herbeiführen. Bis in die neueste Zeit hat es Natuforscher gegeben, welche meinten, daß die organischen Stoffe des verwesenden Thier- und Pflanzenleibes zu Bakterien, zu Hefe- und Schimmelpilzen, selbst zu Infusorien sich umbilden können, da solche bei Fäulnißprozessen eben nie fehlen. War diesem Rest eines uralten Volks¬ aberglaubens, nach welchem Frösche und Schlangen direkt aus dem Schlamme, Würmer aus kranken Eingeweiden, Ungeziefer aus Schmutz entstehen sollen, und welcher, in ein wissenschaftliches Mäntelchen eingehüllt, als Lehre von der generatio aequivoca oder Urzeugung in den gebildeten Kreisen sich fest¬ gesetzt hatte, auch mehr und mehr der Boden abgegraben worden, so zeigte 1874 Ferd. Cohn durch seine experimentellen Arbeiten über den Bacillus subtilisj welcher feuchtes Heu zur Gährung zu bringen vermag, daß auch im Bereich der kleinsten bekannten Lebewesen für die Urzeugung kein Platz mehr ist Durch beweiskräftige Versuche hat er zugleich dargethan, daß wie die andern Organismen, so auch die Bakterien immer nur aus Keimen entstehen, die von Wesen derselben Art abstammen. Freilich ist durch alle diese Fest¬ stellungen Ferd. Cohn’s und seiner Schule die Aussicht gründlich zu Schanden geworden, in der Entwickelung dieser kleinsten Lebewesen, die wohl gar aus dem Nichts entstehen sollten, den Schlüssel für den Ursprung des Lebens auf Erden zu finden; indessen eine Klärung der Vorstellungen ist erzielt worden, welche der Wissenschaft für alle Zeit zum Segen gereichen muß. Keineswegs ist mit obigen Skizzirungen das Forscherbild des von uns Betrauerten auch nur nach der rein botanischen Seite als vollendet zu be¬ trachten. Es gebricht hier aber an Zeit, auf seine sonstigen, gewiß nicht un¬ wichtigen Arbeiten über verschiedene andere biologische Fragen, wie über Reizbewegungen im Pflanzenreich, über insektenfressende Pflanzen, über fels¬ bildende Algen u. s. w., ferner über seine pflanzengeographischen Arbeiten, welche seine Heimatprovinz und unsere heimatliche Ostseeküste betreffen, näher einzugehen. Auch würde das bisher gewonnene Bild dadurch neue Charakterzüge kaum erhalten. Erwähnt sei nur, daß seine in den Schriften der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau, in den verschiedenen Fachjournalen und in selbständigen anderen Schriften publizierten kleineren Arbeiten nach Hunderten zählen. Bewunderung erfüllt uns, überschauen wir die Gesammtheit der Leistungen, durch welche der heimgegangene Forscher sich selbst ein bleibendes Denkmal in der Geschichte der Wissenschaft gesetzt hat, indessen nur ein Theil seiner wissenschaftlichen Wirksamkeit ist damit zum sichtbaren Ausdruck gebracht worden. Dem glänzenden Erfolge, denF. Cohn als vielseitiger Forscher erreichte, steht ebenbürtig zur Seite das, was er als Lehrer der akademischen Jugend, weiter als ein praeceptor germaniae gegenüber dem gesammten deutschen 6 264 Volke geleistet hat. Mit Freuden muß ein Jeder, der seine Kollegien besucht hat, der Stunden sich erinnern, da er dem fesselnden Vortrage dieses Meisters in der Dozierkunst lauschen durfte. Redegewandt wie selten Einer gestaltete Cohn seinen Vortrag klar, durchsichtig, alles Sprunghafte meidend, und über die Maßen inhaltreich. Auch verschmähte er es nicht, bei passender Gelegen¬ heit durch eine humorvolle Bemerkung seine Zuhörer in eine heitere Stimmung zu versetzen. Das Semester eröfifnete er wohl mit dem Scherze: Die vier wichtigsten Grundstoffe der Pflanze sind Kohlenstoff = 0, Sauerstoff = 0, Wasserstoff = H, Stickstoff = N. Dabei hatte er scheinbar absichtslos diese vier Buchstaben an die Tafel geschrieben und setzte dann lächelnd hinzu: Sie sehen, daß ich was von den Pflanzen verstehen muß. Ferd. Cohn gehörte denn auch zu denjenigen akademischen Lehrern, die ihr Auditorium auch während der zweiten Hälfte des Semesters allzeit gut gefüllt vorfanden. Mit einer natürlichen Liebenswürdigkeit verkehrte er mit seinen Zuhörern und war stets bereit zu privater Aufklärung wie auch sonst zu freundlicher Unterstützung mit Rath und That. Manchem seiner Schüler hat er in späterer Zeit den Lebensweg thatkräftig geebnet. Lange Zeit mußte Coi-in ein wirksames Mittel um seinen Schülern eine tüchtige wissenschaftliche Ausbildung zu geben — ein eigenes Laboratorium — entbehren. Schon in seiner Doctordissertation stellte er als Forderung auf, daß botanische Universitätslaboratorien zu errichten seien. Mit scharfem Blick erkannte er damals, daß auch die Pflanzenphysiologie einen umständ¬ lichen und kostspieligen Apparat gebrauchte, wollte sie sich zu einer exakten Wissenschaft fortbilden. Dazu gehört außer den besten Mikroskopen eine vollständige chemische und physikalische Ausrüstung, da es ihre Aufgabe ist, den Antheil der allgemeinen Naturkräfte an den speziellen Lebensäuße¬ rungen der Pflanzen exakt zu bestimmen. “ Erst 1866 wurden ihm einige kümmerliche, wenig helle und enge Räume im alten Konviktgebäude neben der Universität zur Benutzung angewiesen. Die Ersprießlichkeit dieses gewiß nicht glänzend eingerichteten Instituts für die Heranbildung der Schüler, für die Förderung der wissenschaftlichen Botanik fand bald allgemeine Anerkennung, sodaß seitdem an allen deutschen und den meisten außerdeutschen Universitäten botanische Laboratorien er¬ richtet worden sind. Die erste Anregung hierzu und folgerichtig auch zur Ausgestaltung der Botanik zu einer exakten Wissenschaft gegeben zu haben, bleibt aber zweifellos das besondere Verdienst von Ferdinand Cohn. Und was das Pflanzenphysiologische Institut der Universität Breslau seit seinem Bestehen geleistet hat, davon legen beredtes Zeugniß ab die daraus hervor¬ gegangenen überaus zahlreichen, zum größten Theil experimentellen Arbeiten seines geistvollen Leiters und von dessen Schülern und Mitarbeitern. Welchen bedeutenden Ruf Cohn’s Institut auch im Auslande genoß, be¬ weist schon der rein äußerliche Umstand, daß in einem Semester meiner Breslauer Studienzeit außer uns Deutschen mehrere Polen und Russen, sowie 7 ‘265 auch zwei Canadier und ein Japaner dort mit biologischen Studien beschäftigt waren. 1888 hatte Ferd. Cohn die Genugthuung, sein Institut aus den bisherigen beschränkten Räumen in den schönen Neubau des im Königlichen Botanischen Garten errichteten, s. Z. von Goeppert begründeten Botanischen Museums verlegen zu können, wobei er in der Eröffnungsrede dem damaligen Kultus¬ minister von Gossler für die hochherzige Zuführung der erheblichen Mittel in begeisterten Worten seinen Dank aussprach. Gewann Cohn durch seine Lehrthätigkeit im Hörsaale und durch die Leitung des genannten Institutes einen weitgreifenden Einfluß auf die botanische Durchbildung der akademischen Jugend, so war ihm seit seiner Ernennung zum leitenden Secretär der botanischen Section innerhalb der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur im Jahre 1856 die schöne Aufgabe zu¬ gefallen, auch in anderen Kreisen seiner Vaterstadt und Heimatprovinz das Interesse für Botanik zu befestigen und zu vertiefen. Dort gelang es ihm gleichgesinnte und thätige Männer für ideales Streben zu begeistern; lebendigste Regsamkeit herrschte stets in diesem der edlen scientia amabilis ergebenen Vereine. Die schönste Frucht, welche diesem gemeinsamen Wirken entsproß, war die auf Cohn’s Anregung erfolgte Herausgabe der schlesischen Krypto¬ gamenflora, eines umfangreichen Werkes, das bisher einzig in seiner Art dasteht und weit über die Grenzen der Provinz hinaus von großem wissenschaftlichen Nutzen geworden ist. Wirkte so Ferdinand Cohn mit stets hingebender Bereitwilligkeit in den verschiedensten Kreisen belehrend und anregend, so hielt er es doch für nothwendig, noch mehr für die Verbreitung der sicher erkannten Thatsachen seiner Wissenschaft zu thun. Einen weit größeren Hörerkreis suchte er in selbstlosem Streben auf; er wandte sich unmittelbar an das gebildete Laien¬ publikum. Popularisirung — im edelsten Sinne des Wortes — der von ihm ge¬ pflegten Wissenschaft war das hohe Ziel seines Lebens, und um solches zu er¬ reichen, wurde er nicht müde, seine Kräfte aufs höchste anzuspannen. Wohl erkennend und aussprechend, daß der Mangel naturwissenschaftlicher Kennt¬ nisse die Harmonie der Bildung stört und das Maß edelsten geistigen Gonießens herabmindert, ferner berücksichtigend, daß der Unterricht in der Schule sich auf die Mittheilung elementarer Kenntnisse beschränken, ihre Fortbildung aber dem reiferen Lebensalter überlassen bleiben muß, hielt es Cohn geradezu für eine Pflicht der Vertreter der einzelnen naturwissenschaftlichen Disciplinen, selbst populäre Vorträge zu halten und eine Literatur zu schaffen, dazu be¬ stimmt ,,zu ihrem Theil an der geistigen Erziehung unseres Zeitalters mit¬ zuarbeiten“. Wie ausgezeichnet gerade ihm die Lösung dieser selbst gestellten, gewiß schwierigen und nicht unbedenklichen Aufgabe geglückt ist, das kann man nur schwer schildern, das muß besser Jeder selbst prüfen. Und eine sicherlich geradezu kostbare populäre botanische Literatur hat Cohn geschaffen; darin sind wohl Alle einig, die dieselbe kennen. Hingewiesen sei auf die 8 266 „Menschheit und die Pflanzenwelt“ (1851); „der Haushalt der Pflanzenwelt“ (1854) und vornehmlich auf die Perle im Kranze dieser literarischen Erzeug¬ nisse, auf „die Pflanze“, welche gegenwärtig in 2. Auflage vollendet vorliegt. Wer einen Einblick in die Arbeitsstätte eines modernen Botanikers und eine gute Einführung in die Errungenschaften der botanischen Wissenschaft ge¬ winnen will, der nehme F. Coi-in’s „Pflanze“ zur Hand, und er wird, falls er auch nur ein wenig Sinn für die belebte Natur hat, Stunden köstlichster geistiger Erholung, Anregung und reiche Belehrung finden. Ueberschauen wir das Lebensbild Ferdinand Cohn’s so müssen wir sagen, der Entschlafene war ein gottbegnadeter Mensch, der reichlich Segen spendete auf dem Gebiete der Wissenschaft wie im Verkehr mit seinen Mitmenschen, jederzeit unterstützt von seiner talentvollen, feinsinnigen Gattin. Bald wie kein Zweiter hat er dafür gesorgt, daß die Botanik der Gegenwart ein ein¬ flußreicher Faktor in unserem Kulturleben geworden ist und mit Aussicht auf Erfolg den höchsten Problemen der Naturwissenschaft sich zuwenden durfte. Trauern wir um seinen Hingang, der Allen eine Wunde schlug, so freuen wir uns seines Ruhmes als Gelehrter wie als Mensch, und unsere Naturforschende Gesellschaft kann stolz sein, solchen Mann zu den Ihrigen zu zählen. 267 Das physikalische Wissen in der ausübenden Navigation. V ortrag gehalten in der Naturforschenden Gesellschaft am ‘27. Oktober 1900. Yon Dr. ton Neumayer. Uer Gegenstand, den ich hente zu behandeln beabsichtige, betrifft Fragen von eminent praktischer Bedeutung und wurde von mir schon vor mehr als 50 Jahren in einzelnen Vorträgen an der Hamburger Navigationsschule zum Gegenstände eingehender Erörterungen gemacht. Allein die Erkenntniß der Bedeutung physikalischen Wissens in Beziehung auf die praktische Navigirung schritt nur langsam voran. Eine große Anzahl von Jahren mußte verfließen, ehe die von mir schon damals vertretenen Grundsätze eine allgemeine Aner¬ kennung erlangten. Freilich mußten manche Zweige der Wissenschaft vorerst ausgebildet werden, wenn man sie praktisch verwerthen wollte, und wird hier nur, um ein Beispiel anzuführen, daran erinnert, mit welchen Schwierigkeiten in den ersten Jahren des Eisen-Schiffsbaues die Behandlung des Kompasses verknüpft sein mußte, und daß es langer Erfahrungen bedurfte, um auf diesem Gebiet nur einigermaßen brauchbare Anweisungen für die praktische Navigirung zu geben. Wie es sich aus meiner ganzen wissenschaftlichen Thätigkeit und den bisherigen, nunmehr bis auf 50 Jahre zurückreichenden Publikationen ergiebt, war ich bemüht, das physikalische Wissen als eine Grundlage moderner Navigirung mehr und mehr auszubilden. Ich hoffe, daß aus meinen heute zu gebenden Darlegungen hervorgeht, erstens die Wichtigkeit und zweitens der Umfang der von Tag zu Tag sich steigernden Thätigkeit, die auf diesem Gebiet zur Geltung gelangte. Lassen Sie uns einen flüchtigen Blick über das im Interesse nautischer Wissenschaft Errungene werfen. Das Gebiet der Meteorologie, der Physik des Luftmeeres, kann nur ganz vorübergehend gestreift und die Arbeiten der bahnbrechenden Männer nur in ihren wesentlichsten Resultaten gekennzeichnet werden. Man hatte sich beim Beginn unseres Jahrhunderts ehrlich bemüht, das Gewirr der Erscheinungen in den Vorgängen der Atmosphäre in ein theoretisches Schema zu bringen, und geschah dies mit mehr oder minder Geschick und Talent. Am tiefsten griff in dieser Beziehung der geniale Heinrich Wilhelm Dove ein, der auf dürftiger empirischer Grundlage sein ,, Gesetz der Stürme“ aufbaute, das aller- wärts die freudigste Aufnahme fand. Es fehlte nicht an Geistern, welche schon in einem so frühen Stadium der Entwickelung der meteorologischen 1 268 Wissenschaft davon abweichende Wege wandelten; es sei nur an Brandes erinnert, der um die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts Ansichten über hydro¬ graphische und meteorologische Vorgänge entwickelte, die heute noch von großem Werthe sind und als die Anfänge richtiger Anschauungen angesehen werden müssen. Fortschreitende Erfahrung, wie sie aus dem von allen Theilen der Erde gesandten Beobachtungs-Material sich ergab, ließ gar bald erkennen, daß es nicht möglich sein würde, lediglich an den theotorisirenden Ansichten festzuhalten, und daß andere Bahnen betreten werden müßten. Hier ist ganz besonders hervorzuheben das Verdienst Leverrier’s um die Schiffahrt durch die von ihm angebalmte und durchgeführte Fierausgabe synoptischer Wetter- Karten, durch welche die gleichzeitigen Verhältnisse der Atmosphäre über weite Gebiete des Oceans zur Darstellung gelangten. In Verfolg dieser bahnbrechenden Untersuchungen gab dann der unermüdlich tliätige, noch lebende Meteorologe Mohn den berühmt gewordenen Atlas der Stürme für Nordeuropa heraus. Gekrönt wurde das Unternehmen der Darstellung gleichzeitiger Erscheinungen in der Atmosphäre durch die von Hoffmeyer in Kopenhagen verwirklichte und schließlich in weiterem Umfange in Verbindung mit der Seewarte bewerk¬ stelligte Herausgabe von Karten, welche die täglichen, sich auf den großen Gebieten des Nordatlantischen Oceans vollziehenden Veränderungen des Luft¬ meeres veranschaulichen. Es sind das Arbeiten, bei welchen sich in der Folge in hohem Maße die Deutsche Seewarte betheiligte, und deren Fortführung durch die Seitens der dänischen und der deutschen Regierung bewilligten Mittel ermöglicht Avorden ist. Gegenwärtig wird der 14. Jahrgang dieser nicht nur für die Schiffahrt segensreich wirkenden synoptischen Karten herausgegeben. So hat sich nach und nach das Studium der Erscheinungen der Atmosphäre vertieft, was besonders durch die Herausgabe einer ,, Vierteljahres Wetter- rundschaiU hervortrat, wie die Seewarte sie in 10 Jahrgängen auf Grundlage der synoptischen Karten veröffentlicht hat. Auf Grund der neueren meteorologischen Anschauungen ist es möglich geworden, „Segelhandbücher“ für die großen Oceane der Erde licrauszugeben und dem einsichtsvollen Navigateur zugänglich zu machen. Bei dem Beurtheilen dieser Werke hat man den Maßstab neuerer wissenschaftlicher meteorologischer Anschauung anzulegen; es ist unerläßlich, bei der Verwerthung der Ergebnisse nicht bei dem Aufstellen von recept-ähnlichen Vorschriften stehen zu bleiben. Es muß die Einsicht in das Wesen des Zusammenhanges der Erscheinungen die Fingerzeige für die Verwerthung gewonnener Erfahrungen bilden. Durch den Amerikaner Maury veranlaßt, richtete sich der Blick auf die physikalischen Erscheinungen des Meeres, und das Bestreben der Verwerthung der gewonnenen Thatsachen auf diesem Gebiete trat nun immer entschiedener hervor. Die hydrographischen meteorologischen Thatsachen wurden zum Vor¬ theil der praktischen Navigirung in Karten nieder gelegt und zwar, wenn auch umfassender und vielleicht auch anschaulicher, so doch in ähnlicher Weise, wie dies schon zwei Dezenien vorher unser hochverdienter Heinrich 2 269 Bergbaus gethan hatte Das Problem der Gezeitenphänomene wurde ein¬ gehenden Studien unterworfen und die hieraus gewonnene physikalische Er- kenntniß zum Nutzen und Frommen der ausübenden Navigation verwendet, wie die Herausgabe von Gezeitentafeln für die befahrensten Meeresküsten zur Genüge bekundet. Hier hat strenge physikalische Anschauung ATieles, was dunkel war, gelichtet; allein Vieles bleibt noch zu thun übrig. An die physikalische Diskussion des Gezeitenphänomens mußte sich naturgemäß das Studium der Meeresströmungen reihen. Die eigentliche Physik hat hier viel geschaffen, um Klarheit über die Ursachen dieser Erscheinungen zu bringen. Daran schlossen sich andere Wissensgebiete, die scheinbar nur von erdphysi¬ kalischer Bedeutung sind. Es sind dies Fragen, welche die Geodäten vielfach beschäftigten. Nahm man früher auf dem Ocean Depressionen des Niveaus an, die stellenweise 1000 Meter sich herabsenken sollten, so ergaben neuere geophysikalische Arbeiten den sicheren Anhalt dafür, daß man mit dem Glauben an diese gewaltigen Meeresdepressionen einfach aufzuräumen habe. Verbesserte Methoden und Apparate zur Bestimmung der in verschiedenen Niveaus verschiedenen Schwerkraft dienten hier als wichtige, von der Physik gelieferte Hülfsmittel ; allein trotz vielseitig angestrebter Vollkommenheit ist man auch heute noch nicht im Stande, die Schwerkraft auf dem Ocean selbst einwandsfrei zu bestimmen. Der mit ungeahnter Raschheit sich vollziehende Weltverkehr zur See fußt zu einem guten Theile auf einer entwickelten Chronometrie, deren Be¬ deutung mit den erhöhten Leistuugen der Schiffahrt naturgemäß zunimmt, und deren Ausbildung der rein physikalischen Grundlage nicht entrathen kann. Hier gilt es die Einflüsse der Temperatur und der Feuchtigkeit auf die Chrono¬ meter auszuschalten, die Federkraft des Metalls in ihren Feinheiten zu kennen und zu benutzen, will man verläßliche Apparate erhalten. Und gerade hier ist dem theoretisch gut vorgebildeten Mechaniker in Deutschland noch ein ergiebiges Feld der Thätigkeit offen, soll Unübertroffenes geleistet werden. Denn bisher können gewisse Theile der Chronometer bei uns in Deutschland noch nicht hergestellt werden; sie kommen aus englischen Werkstätten. Daß Deutschland die richtigen Leute besitzt, die gründliche wissenschaftliche Vor¬ bildung und mechanische Geschicklichkeit besitzen, ist unzweifelhaft, da die bedeutenden Chronometerfirmen Englands gerade durch deutsche Namen wie Johansen, Lorenzen u. s. w. vertreten werden. Durch bessere Bezahlung ver¬ stehen es eben die Engländer, tüchtige Kräfte aus Deutschland herüberzu¬ ziehen. Vielleicht hilft hier für die Zukunft die Bestimmung der Reichs¬ behörde ab, nach welcher die zur Verwendung zu nehmenden Chronometer in allen ihren Theilen deutsches Fabrikat sein müssen. Und wenn die be¬ rufenen Vertreter der Physik sich dieser wichtigen Angelegenheit mehr an¬ nehmen wollten als bisher, so dürften sich die Aussichten für uns schon bessern. Eine audere Frage ist die nach der Veränderlichkeit des Seehorizontes (der Kimm), welche ein störendes Moment bei vielen Beobachtungen auf dem 3 270 Meere bedeutet. Seit 1898 weiß man durch die Untersuchungen des Oesterreichers Koss im Rothen Meere, von Forel in Genf und Matthiessen in Greifswald, dass diese Veränderlichkeit nichts mit den wechselnden Zuständen der ge¬ summten über dem Horizont ruhenden Atmosphäre, sondern nur mit deren unterster Schicht von wenigen Metern über dem Wasser etwas zu thun bat — ein bemerkenswerther Fortschritt, den die Navigation dem Physiker verdankt. Ein eminent praktisch wichtiger Punkt in der Navigation ist die Leistungs¬ fähigkeit der bekannten farbigen und weißen Positionslaternen der Fahrzeuge. Nach langen, schwierigen Untersuchungen, an denen die Hamburger Seewarte regsten Antheil genommen hat, ist es endlich gelungen, die Wirkungssphäre jeder Positionslaterne genau zu prüfen und mit aller Sicherheit zu bestimmen — eine Sache von großer Bedeutung für eine richtige Grundlage zur Er¬ zielung straf- und civilgerichtlicher Entscheidungen in Kollisionsfällen. Die Kaiserliche Verordnung zur Verhütung des Zusammenstoßes der Schiffe auf See stipulirt beispielsweise, daß die farbigen Seitenlichter bei sichtigem Wetter 2 Seemeilen, das weiße Topplicht 5 Seemeilen weit zu sehen ist; nun ist es doch offenbar von Wichtigkeit, in streitigen Fällen zu entscheiden, ob die betreffenden Laternen den gesetzlichen Stipulationen genügten oder nicht. Diese Entscheidung kann nicht ohne große Mühe auf direktem Wege ermittelt werden. Hier mußte spektro-photometrische Untersuchung eingreifen, damit eine gediegene Basis für die Prüfung geschaffen wurde. Zur Beleuchtung der Bedeutung dieser physikalischen Untersuchung mag es genügen anzuführen, daß in der Hauptagentur der Deutschen Seewarte in Hamburg allein in den ersten 10 Monaten des gegenwärtigen Jahres 1500 Positionslaternen untersucht werden mußten. Gleich wichtig wie die Lichtsignale sind für die Navigation auch die Schallsignale (Nebelhörner), und gerade hier zeigt sich noch eine Unsicherheit der Durchführung, die in zahlreichen Fällen verhängnißvoll geworden ist. Wie Moiin und Matthiessen nachgewiesen haben, besteht, wie für die Licht¬ strahlen, so auch für die Schallstrahlen eine Totalreflexion an einer Luft¬ schicht, falls die Schallwellen unter zu spitzem Winkel auftreffen. Statt also die Luftschicht zu durchdringen, prallt die Schallwelle ab und schlägt eine ganz andere, unvorhergesehene Richtung ein, wodurch ein Signalton auch nahebei nicht gehört wird. Ueber die Richtung, von welcher der Schall kommt, ist gegenwärtig Sicheres nicht zu sagen. Zwar ist neuerdings von einem Franzosen ein Apparat erfunden, mit Hilfe dessen die sichere Erkenntniß der Richtung des Schalles auch unter den angedeuteten Hemmnissen möglich werden soll. Es sollen demnächst mit diesen Apparaten Versuche angestellt werden und steht zu hoffen, daß die Ergebnisse derart sind, daß eine Ver- werthung derselben in der praktischen Seefahrt thunlich erscheint. Sowohl in dieser Hinsicht, wie auch in Bezug auf die zu verwendenden Schallapparate, die noch vielfach durchgreifender Verbesserung bedürftig sind, kann nur 4 271 allein der auf streng physikalischen Grundlagen beruhende Versuch ent¬ scheiden. Zum Schlüsse dieser Ausführungen möchte ich nur noch in Kürze die für die Navigation in hervorragender Weise wichtige Kompaßfrage berühren; es seien nur die Schwierigkeiten angedeutet, welche hier zu überwinden waren, als man bei Schiffsbauten immer allgemeiner zu Eisenkonstruktionen überging. Namentlich bei den Kriegsmarinen, wo enorme Eisenmassen in unmittelbarer Nähe des Kompasses zur Verwendung gelangen, mußte auf das Unschädlich¬ machen der Beeinflussung des Kompasses durch die Ausstattung der Schiffe strengste Rücksicht genommen werden. Erschwert wurde wieder von Neuem das ganze Kompaßproblem, als die elektrische Energie in den Dienst des Seefahrers trat. Auch hier hat die Physik Glänzendes geleistet, und sei nur hervorgehoben, daß durch einen der größten Physiker unserer Zeit, Lord Kelvin, ein neues Princip in die Konstitution des Kompasses eingeführt wurde, wodurch in mancher Hinsicht eine gänzliche Umgestaltung der Funktionirung dieses wichtigsten Hilfsmittels der praktischen Navigation herbeigeführt worden ist. Die Frage der Deviationen des Kompasses an Bord eiserner Schiffe ist im Wesentlichen eine streng physikalische, und wird deren Bedeutung in das richtige Licht gesetzt, wenn man erwägt, welchen Umfang der Weltverkehr zur See in unseren Tagen gewonnen hat, und daß derselbe sich fast ausschließlich auf eisernen Schiffen vollzieht. Nur ein gediegenes physi¬ kalisches Wissen kann hier in das Gewirr der Erscheinungen die in der Praxis erforderliche Klarheit bringen. Doch das ganze mittlerweile gesammelte Wissen über die Abhängigkeit des Kompasses von den einzelnen Elementen des Erdmagnetismus und über die lokalen Störungen der Kompaßnadel hat für die Nautik keinen befriedigenden Werth, wenn nicht dem Seemanne genaue magnetische Karten von allen zu befahrenden Meeren zur Verfügung stehen, so daß er in die Lage gesetzt wird, an jedem beliebigen Orte die lokal maßgebenden und den Kompaß be¬ einflussenden Elemente des Erdmagnetismus aus diesen Karten selbst ablesen und sich danach richten zu können. Da hat die jüngste Vergangenheit be- merkcnswerthe Erfolge auf erdphysikalischem Gebiete zu verzeichnen. Die „Fram“- Expedition Nansen’s hat durch den gewissenhaften Beobachter Scott- Hansen eine außerordentliche Fülle von guten erdmagnetischen Beobachtungen aus den nördlichsten Breitegraden gewonnen, die ,,Belgica“-Expedition und jene Borchgrevink’s — die ersten, die in den Südpolarbreiten (71°) über¬ winterten — haben reiches Material aus dem hohen Süden mitgebracht, so daß große Lücken unseres Wissens ausgefüllt worden sind. Den 1901 abgehenden englischen und deutschen Expeditionen fällt eine gleiche Aufgabe zu, in weiten antarktischen Gebieten die erdmagnetischen Verhältnisse, speziell die Lage des magnetischen Poles im Süden, zu studiren und Daten zu sammeln, die zur genauen Ausgestaltung der magnetischen Seekarten nothwendig sind. Für diese Studien ist die Deutsche Seewarte ein Mittelpunkt und eine Sammelstelle. 5 Dorthin schickten Nansen, Borchgrevink (nur Einzelnes) und die „Belgica“ ihr gesammeltes Material zur kritischen Beurtheilung, dahin gingen und gehen die Männer, welche auf solche Beobachtungen sich einschulen wollen, wie gerade gegenwärtig ein Norweger, der demnächst neue Beobachtungen über die Lage des magnetischen Poles im Norden ausführen will. Die Vervoll¬ kommnung der Karten der magnetischen Elemente ist eine der wichtigsten Leistungen, welche die geophysikalische Wissenschaft der praktischen Navigation darzubieten vermag, weshalb denn auch das Sammeln der Beobachtungen über erdmagnetische Erscheinungen und das Einträgen der Ergebnisse in Karten von der höchsten Bedeutung ist. Auf der letzten Naturforscher-Versammlung in Aachen habe ich über das Ergebniß der erwähnten kritischen Unter¬ suchungen berichtet und, soviel ich glaube annehmen zu können, daraus für die Schifffahrt bedeutsame Folgerungen gezogen. Bei einer anderen Gelegenheit, habe ich eingehender über den hier be¬ handelten Gegenstand gesprochen und darauf hingewiesen, was etwa zu ge¬ schehen habe, um der Bedeutung dieser Sache entsprechende Maßnahmen er¬ griffen zu sehen1). Es ist erfreulich, wie nunmehr in den zumeist betheiligten Kreisen die Ueberzeugung Wurzel gefaßt hat, daß den Nautikern ein gründliches physi¬ kalisches Wissen nützlich, um nicht zu sagen für die Ausübung ihres Berufes nothwendig, ist, wie dies namentlich in den Verhandlungen der letzten Tagung des Deutschen Nautischen Vereins in Berlin, im Februar dieses Jahres, zum Ausdruck gelangte. Für mich, der ich so lange Jahre nach dieser Richtung wirkte, liegt darin eine hohe Befriedigung. Am Schlüsse des von mir oben erwähnten Aufsatzes hob ich hervor, daß der Unterricht an den Navigations¬ schulen, in Folge der nun durchgedrungenen Ueberzeugung, auch nach der Seite der physikalischen Wissenschaft hin gehoben werden würde, was wiederum zur Folge haben müsse, daß den Lehrern der Navigation Gelegenheit gegeben werden muß, eine gründliche Ausbildung in nautisch-physikalischen Dingen zu erlangen. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, habe ich empfohlen, daß zu diesem Zweck an den Hochschulen zu technischen Zwecken besondere Lehrstühle für die nautisch-physikalischen Wissenschaften errichtet würden; erst dadurch wird das Studium physikalischer Fragen von nautischem Stand¬ punkte gewährleistet werden. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, vermag ich es nur nachdrücklichst zu empfehlen, einen solchen Lehrstuhl an der, in Errichtung begriffenen Technischen Hochschule in Danzig vorzusehen. In einer Hafenstadt, in welcher sich große Schiffswerften befinden, ist reichlich Gelegenheit gegeben für ein segenreiches Wirken einer Lehrkanzel für Nautische Physik. b Einfluß des physikalischen Wissens auf die Praxis des Seeverkehrs während der letzten Hälfte unseres Jahrhunderts. Von Dr. Neumayer. (Festschrift zum 150 jährigen Be¬ stehen der Hainburgischen Navigationsschule. No. IV). Für den mit den Fortschritten der Wissenschaft Vertrauten kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der tiefeingreifende Einfluß physikalischen Wissens auf den praktischen Seeverkehr noch lange nicht zum Abschluß ge¬ bracht ist, vielmehr in den ersten Anfängen der Entwickelung sich befindet; es ist daher, will man den Forderungen der Zeit Rechnung getragen sehen, weise gehandelt, wenn bei Zeiten die hierzu erforderlichen Einrichtungen ge¬ troffen werden Mir aber gereicht es zur besonderen Freude, in diesem Kreise den für unseren vaterländischen Seeverkehr so bedeutsamen Gegenstand zur Erörterung gebracht zu haben. 274 Ueber den chirurgischen Ersatz körperlicher Gewebsdefecte. Nach einem in der Naturforschenden Gesellschaft am 3. Januar 1900 gehaltenen Vor trage. Von Professor Dr. BARTH in Danzig. Mit sechs Abbildungen. Oer Versuch, verloren gegangene Gewebstheile am menschlichen Körper auf operativem Wege zu ersetzen, hat den Scharfsinn der Aerzte aller Zeiten herausgefordert und beschäftigt. Es ist bekannt, daß sich die alten Inder schon vor Jahrtausenden darauf verstanden, die abgeschnittenen Nasen aus der Stirnhaut zu ersetzen. Von griechischen und römischen Aerzten wurden, wie uns Hippocrates und Celsus berichten, plastische Operationen zur Ver¬ kleinerung von Hautdefecten gemacht, und vor mehr als 200 Jahren gelang die Einheilung eines Knochenstückes vom Hund in eine Schädellücke des Menschen. Eine breitere wissenschaftliche Grundlage haben aber diese Be¬ strebungen erst in dem soeben beendeten Jahrhundert erhalten, und die Kunst, Gewebsdefecte verschiedener Art chirurgisch zu ersetzen, welche bis über die erste Hälfte dieses Jahrhunderts hinaus in den Händen bestimmter Meister ruhte und das Privilegium besonders geschickter und genialer Chirurgen zu bleiben schien, ist heute bis zu einem gewissen Grade Gemeingut der Aerzte geworden. Ihnen über den heutigen Stand dieser ganzen Lehre einen kurzen Ueber- blick zu geben, soll der Zweck meines Vortrages sein. Gewebsdefecte können angeboren sein, oder sie entstehen durch Ver¬ letzungen oder durch krankhafte Zerstörungsprozesse mannigfacher Art. Unter den letzteren spielen die bakteriellen Krankheiten, wie Tuberculose, Syphilis, eitrige, zu Gewebsbrar.d führende Entzündungen, eine hervorragende Rolle, und nächst ihnen der Krebs und lokale Ernährungsstörungen, denen beispiels¬ weise die meisten Unterschenkelgeschwüre ihre Entstehung verdanken. Die Heilung solcher Defecte geschieht im besten Fall durch eine Narbe, d. h. durch ein von dem Defectboden (Geschwürsfläche) aufsprießendes, später stark schrumpfendes Bindegewebe, welches nach außen eine schützende Epitheldecke erhält. Die specifischen Bestandtheile des verloren gegangenen Gewebes, z. B. Schweiß- und Talgdrüsen der Haut, Haare, Muskelfasern u. s. w., werden nicht ersetzt, nur am Knochen tritt unter gewissen Bedingungen ein Knochen¬ ersatz, eine Verknöcherung der Narbe ein. l 275 Schafft so die Natur einen höchst unvollkommenen und primitiven Ersatz des Verlorengegangenen, so bleibt in vielen Fällen die Heilung überhaupt aus. Namentlich sind der Vernarbung durch die Größenausdehnung des Defects Schranken gezogen, und handelt es sich um den Verlust peripherer Theile des Körpers, wie der Nase, eines Gliedes u. s. w., so ist er bei der mangel¬ haften Regenerationsfähigkeit der höheren Gewebe ohnehin ein bleibender, Im besten Fall überhäutet sich die Defectwunde, und ein entstellender Stumpf ist das Endergebniß dieser Naturheilung. So bleibt für die chirurgische Kunst ein reiches Feld der Thätigkeit, welches als „plastische Chirurgie“ bezeichnet wird. Bei der Darstellung der¬ selben müssen wir die einzelnen Gewebsarten, welche ersetzt werden sollen, Haut, Sehnen, Nerven, Muskeln, Knochen, begreiflicher Weise gesondert besprechen, um die wichtigsten herauszugreifen. In dieser Reihe obenan steht die Haut. Wie sie der gesammten Körper¬ oberfläche in ihrer mächtigen Ausdehnung als schützende Decke dient, wird sie naturgemäß von äußeren Schädlichkeiten besonders häufig getroffen und zerstört, ich erinnere nur an die zahlreichen Verletzungen durch schwere Gewalten, an die Verbrennungen und das ganze Heer von Hautkrankheiten, welche zu Geschwürs-, d. h. Defectbildung führen können. Viele Hautdefecte lassen sich durch Hautverschiebung, d. h. durch Herbei¬ ziehen der beweglichen oder durch Einschnitte beweglich gemachten Nachbar¬ haut schließen, eine Methode, die bereits von Hippocrates im griechischen Alterthum geübt und genau beschrieben worden ist. Das Verfahren leistet in vielen Fällen Vorzügliches, und ist beispielsweise für die Lippenbildung die souveräne Methode. Es hat aber seine natürlichen Grenzen: ganz abgesehen davon, daß es sich nicht für sehr große Defecte eignet, setzt es eine gesunde Haut der Umgebung voraus, und kommt begreiflicher Weise bei peripheren Defecten, wie solchen der Nase, überhaupt nicht in Frage. In solchen Fällen kann die Ueberpflanzung gestielter Hautlappen aus naher oder weiter Entfernung die heil- und schönheitbringende Methode sein. Ein dem Defect entsprechender Hautlappen wird abgelöst, bleibt aber durch einen genügend breiten Stiel mit dem Mutterboden in Verbindung, so daß die Ernährung des Lappens durch die Blutgefäße dieses Stiels gesichert ist. Durch eine Drehung des Stiels wird der Lappen an den Ort seiner Bestimmung verpflanzt und vernäht. Die Methode ist von den alten Indern für die Nasenbildung aus der Stirnhaut ersonnen worden und war Eigenthum einer besonderen Kaste der Braminen, der Koomas, in der sich die Kunst vererbte. Englische Aerzte brachten sie 1794 aus Indien nach Europa, und hier fand sie bis zum heutigen Tage ausgedehnteste Verwerthung für die Deckung der verschiedensten Defecte. Namentlich hat sich in Deutschland Dieffenbacii um die V erbesserung und Verallgemeinerung der Methode verdient gemacht, und in der plastischen Chirurgie des Gesichts spielt sie heute die erste Rolle. 2 18* / Merkwürdiger Weise wurde vor etwas mehr als 300 Jahren in Europa eiue sehr viel kühnere Methode der Ueberpflanzung gestielter Hautlappen erfunden, die Nasenbildung aus dem Arm, welche indeß mit dem Tode ihres Erfinders Tagliacozzi wieder verschwand, trotzdem diesem berühmten Professor der Chirurgie zu Bologua, als er 1599 starb, ein Standbild mit einer Nase in der Hand gesetzt wurde. Die Nachwelt hielt seine exakt beschriebenen und abgebildeten Erfolge für märchenhaft, und erst im Anfang des 19. Jahr¬ hunderts, nachdem bereits die indische Methode bekannt geworden, nahm Graefe in Berlin, der Vorgänger Dieffenbacfi’s, die Nasenbildung aus dem Arm wieder auf und verhalf ihr zu neuem Ruhm. Allein ein Nachtheil haftete beiden Methoden an, der indischen sowohl als der italienischen: der überpflanzte Lappen schrumpfte mit der Zeit, uud Fig 1. Knochen, nach König aus der Stirn, nach J. Israel aus der Elle des Vorder¬ arms, sind wir in der Lage, der neuen Nase ein Gerüst zu geben, welches dem Ge¬ bilde einen dau¬ ernden Halt ver¬ bürgt. Ich selbst bin in mehreren Fällen so vonie- häufig verdiente die neugebildete Nase nach Jahr und Tag kaum noch den Namen einer solchen. Heute dürfen wir stolz darauf sein, demKrauken etwas Besseres und Bleibenderes bieten zu können. Durch gleichzei¬ tige Mitüber¬ pflanzung von gangen, daß ich zunächst einen breiten, langen Lappen von der Außen¬ seite des Vorderarmes nach oben hin mitsammt einer Knochenspange aus der Ulna ablöste und zu einem dicken, hohen Wulst vernähte, wie es Figur 1 veranschaulicht. Innen enthielt der Hautwulst das mitabgelöste Knochenstück. Nach mehreren Wochen, als die Einheilung des Knochen¬ stücks gesichert war, trug ich den Zipfel des Hautwulstes bis an das Knochen¬ stück heran circulär ab und vernähte die so entstandene Wundfläche mit dem wundgemachten Nasenstumpf und der Ansatzstelle des Stegs an der Oberlippe. Der Arm wurde durch Gipsverband in entsprechender Stellung am Kopf fixirt. In 10 — 14 Tagen war der unförmliche Hautknochenwulst ausnahmslos am Nasenstumpf angeheilt, und nach Durchtrennung des Stiels wurde durch keilförmige Excisionen aus dem angeheilten Fleischknocheustück die Nasen¬ bildung vollendet. Bei dieser Patientin (Fig. 2), welche vor 3 Jahren operirt ist, dürfte es schwer sein, die künstliche Nasenspitze von dem ehemaligen Nasenstumpf nach Farbe und Gestalt zu unterscheiden, und durch das Gefühl können Sie sich überzeugen, daß die neue Nasenspitze so solide ist, wie eine 277 normale. Von einer anderen Patientin, derselben, welche in Fig. 1 mit total zerstörter Nase figurirt, gebe ich Ihnen ein Photogramm (Fig. 3), welche s das erzielte Resultat 1V2 Jahre nach der Operation darstellt. Auch dies Nase hat sich als dauerhaft, solide, und in kosmetischer Beziehung als rech t vortheilhaft erwiesen. Das Mädchen ist glücklich, daß sie sich unter Menschen wieder sehen lassen kann. Handelt es sich nicht um den Ersatz ganzer Ivörpertheile, wie der Lippe Nase u. s. w., sondern um den Ersatz der Haut auf bloßliegenden Körper- Hautläpp¬ chen ein Verfahren, welches uns fast aus je¬ der Verle¬ geweben, also um die Ueberhäu- tung von Geschwürs¬ flächen, so liegen die Verhält¬ nisse für den Chirurgen heute sehr viel ein¬ facher. Wir besitzen in der Haut¬ pfropfung, der Ueber- pflanzung oberfläch¬ licher, von einer ande¬ ren Körper stelle ent¬ nommener Epidermisinseln zu schaffen, von denen aus die Ueberhäutung der fläche schneller vor sich gehen sollte. Das Verfahren hatte folg und bürgerte sich schnell in die chirurgische Praxis ein. genheit reißt. Im Jahre 1870 hatte der Genfer Chi¬ rurg Rli VERDI N die geniale Idee, kleinste oberfläch¬ liche Haut¬ stückchen auf Ge¬ schwürs¬ flächen auf zupflanzen, um so Geschwürs¬ vollen Er- Aber eine ganz ungeahnte Bedeutung erhielt dasselbe erst, als Thiersch zeigte, daß nicht nur kleinste Oberhautpartikel, sondern lange, große Hautläppchen, wenn sie nur dünn genug der Oberfläche gesunder Haut entnommen werden und der Wundverlauf aseptisch erfolgt, mit großer Sicherheit anheilen. Es gelingt auf diese Weise, die größten Hautdefecte, wie totale Skalpierungen des Schädels, totale Hautverluste des Armes in Folge von Verbrennungen, große circuläre Unterschenkelgeschwüre u. s. w., die früher jeder Behandlungs¬ methode trotzten, mit einem Schlage zur Ueberhäutung und Heilung ( bringen. Die Technik der Methode ist sehr einfach und kann von jedem Arzte erlernt werden. Mit einem breiten Rasirmesser werden unter An¬ spannung der Haut vom Arm oder Oberschenkel (mit V ermeidung antiseptischer giftiger, die lebenden Zellen abtödtender Mittel) in flachen, sägenden Zügen 2 — 4 cm breite und bis zu 10 cm lange, möglichst dünne, nur die ober¬ flächlichen Hautschichten enthaltende Läppchen abgetrennt und sofort an dem Bestimmungsort ausgebreitet. Lappen kommt hier neben Lappen, bis der ganze Defect gedeckt ist. Bleibt Eiterung aus, so ist die Heilung in 8 bis 14 Tagen, wenigstens äußerlich, vollendet. In biologischer und selbst vonaui- putirten Körper- theileiV oder’ von frischen Leichen können Hautläpp¬ chen mit Erfolg verwendet wer¬ den. Das Wesent¬ liche für die er¬ folgreiche Pfro¬ pfung ist die die Trennung vom Körper überdau¬ ernde Vitalität der Epidermis- zellen, und zwar der der tiefen Oberhautschich¬ ten ; und diese Zellen behalten, wie Wentscher in Thorn gezeigt hat, ihre Lebens¬ fähigkeit noch durch mehrere läge, wenn die Läppchen steril aufbewahrt werden. Ob allerdings die Beobachtung Wentscher’s, der noch 22 Tage nach der Entnahme des in¬ zwischen in Kochsalzlösung aulbewahrten Hautläppchens die Anheilung erfolgen sah, nicht einer anderen Deutung fähig ist, bleibt dahingestellt. In Enderlen’s analogen \ ersuchen konnte die Vitalität der Epidermiszellen nicht länger als vier Tage einwandsfrei beobachtet werden. Die feineren Vorgänge der Heilung solcher Hautpfropfungen sind in neuerer Zeit eingehend studirt worden, und es kann Folgendes als feststehend angesehen werden. Hinsicht ist das Verfahren höchst interessant. Es ist gleichgültig, ob die überpflanzte Haut vom Kranken selbst oder von einem anderen Menschen ent¬ nommen wurde, und selbst bei einer Uebertra- gung zwischen Menschen ver¬ schiedener Race erfolgt die Hei¬ lung unter den vorhin erwähnten Bedingungen prompt und sicher. Das Alter des Hautspenders spielt dabei keine wesentliche Rolle, Fig, 3. 279 Die aufgelegten Läppchen verkleben durch Blut und Lymphgerinnsel mit dem neuen Mutterboden und werden zunächst durch Säftestrom nothdürftig ernährt. Von dem Mutterboden wächst ein junges Bindegewebe mit zarten Gefäßen in das Läppchen hinein, und schon vom vierten Tage an kann eine Verbindung dieser jungen Gefäße mit den alten Gefäßen des Läppchens her¬ gestellt sein, so daß jetzt eine normale Ernährung durch den Blutstrom statt- ÜDden kann. Bei der mangelhaften Ernährung der ersten Tage geht ein Theil der Gewebe des Hautstückes zu Grunde, so namentlich die äußeren Zellschichten der Oberhaut und ein großer Theil des Bindegewebes und d,er elastischen Fasern der Haut selbst. Allmählich findet ein Wiederersatz der untergegangenen Gewebselemente statt, und zwar der letztgenannten Theile von den ent¬ sprechenden Geweben des neuen Mutterbodens aus, der äußeren Epidermis- zellschichten dagegen von den überlebenden Elementen des überpflanzten Hautstückes selbst. Von dem Wiederersatz dieser Gewebe hängt der kos¬ metische und functioneile Erfolg der Hautüberpflanzung ab. Das ursprünglich tief unter der gesunden Hautumgebung liegende Läppchen rückt in 4 — 6 Wochen vollkommen in das Niveau derselben, und werden besondere Anforderungen an das überpflanzte Hautstück gestellt, wie am Unterschenkel, so hat es einen bleibenden Bestand erst mit der Regeneration der elastischen Fasern, welche nicht vor dem dritten Monat beendet ist. In sehr drastischer Weise konnte Thiersch diesen Wechsel der Gewebs¬ elemente darthun, als er von einem Neger ein Hautstück auf einen Kaukasier und umgekehrt nach seiner Methode überpflanzte. Nach einigen Monaten war beim Kaukasier das überpflanzte Hautläppchen weiß und bei dem Neger schwarz geworden, und an mikroskopischen Schnitten, welche von diesen interessanten Objecten gewonnen waren, konnte Karg den Wechsel der Erscheinungen ein wandsfrei studiren. So folgenschwer wie hier ist ja nun für gewöhnlich dieser Wechsel in den Zellen des transplantierten Stücks für das Schicksal desselben nicht, und für den Enderfolg ist es gleichgiltig, ob die neuen Zellen von dem überpflanzten Stück oder von dem neuen Mutterboden oder von beiden geliefert werden. Soviel darf jedenfalls als feststehend angesehen werden, daß ein großer Theil der Zellen, namentlich der Epithelien, von dem überpflanzten Stück selbst stammt. Das gilt besonders für die drüsigen Elemente, welche bei der Ueber- pflanzung dickerer Hautstücke nicht selten gerettet werden. Nach dem Vor¬ gänge von Krause kann man nämlich auch große, völlig ausgelöste Haut¬ stücke in ihrer ganzen Dicke mit Erfolg überpflanzen, und es hat sich heraus¬ gestellt, daß solche Hautlappen später nicht nur Schweiß- und Talgdrüsen, sondern auch wachsende Haare besitzen können. Das ist aber nur dadurch möglich, daß die specifisclien Zellen dieser Gebilde ihre Lebensfähigkeit in dem überpflanzten Hautstück behielten. Aehnlich wie Haut- hat man Schleimhautläppchen auf Schleimhautdefecte mit Erfolg übertragen, so z. B. Mundschleimhaut auf den Bindehautsack des G 280 Auges. Selbst von Thieren auf Menschen bat man Schleimhaut überpflanzt. Einer gewissen Bevorzugung hat sich da das Kaninchen erfreut, dessen Augen¬ bindehaut für Operationen am menschlichen Auge benutzt wurde. Wie es scheint, haben solche Operationen immer nur einen vorübergehenden Erfolg; das fremdartige Gewebe, auch wenn es zunächst anheilt, schrumpft allmählich und verschwindet in wenigen Monaten vollständig. Wir kommen nun zu dem Ersatz der übrigen Gewebsarten, und ich will da nur das Wesentliche hervorheben. Als völlig aussichtslos müssen wir die Versuche betrachten, verloren gegangene Muskeln durch Ueberpflanzung thierischer Muskeln zu ersetzen. Nach den eingehenden Untersuchungen von Rud. Volkmann können traus- plantirte Muskelstücke zwar einheilen, die Muskelsubstanz selbst geht aber ausnahmslos zu Grunde und wird allmählich durch Bindegewebe ersetzt, so daß im besten Fall nichts als eine Narbe übrig bleibt. Chirurgischer Scharf¬ sinn hat aber die Schranken, die uns hier von der Natur gezogen sind, siegreich durchbrochen. Der Ausfall eines Muskels bedeutet hier den Ausfall einer bestimmten Bewegung, die durch die Sehne des betreffenden Muskels auf das zu bewegende Glied übertragen wird. Pflanzt man nun nach dem Vorgänge von Nicoladoni die Sehne des defecten Muskels in die Sehne eines geeigneten Nachbarmuskels, so übernimmt dieser auch die Function seines defecten Partners und der Ausfall an activer Bewegung ist wieder gedeckt. Das Ver¬ fahren hat sich sowohl am Fuß — bei Muskellähmungen — als an der Hand — nach Verletzungen - — - bewährt. Sehnendefecte selbst wiederum werden schon seit längerer Zeit durch Lappenbildung aus dem Sehnenstumpf oder aber durch Seiden- oder Catgut- faclenbündel erfolgreich ersetzt. Die Fadenbündel werden bei aseptischem Wundverlauf von Bindegewebe durchwachsen, und es bildet sich in dieser Leitbahn ein neues Bindegewebsband, welches die Sehnenstümpfe mit ein¬ ander verbindet. Nicht ganz aussichtslos ist ferner der plastische Wiederersatz verloren gegangener N erven stücke. Zwar ist im Thierversuch festgestellt, daß ein in einen Nervendefect transplantirtes Stück des Nerven eines anderen Thieres unter allen Umständen abstirbt und allmählich resorbiert wird, aber von dem centrahm Nervenstumpf aus können junge Nervenfasern an dem transplantirten Nervenstück entlang wachsen bis zu dem peripheren Stumpf, und so die Continuität des unterbrochenen Nerven wiederherstellen Daß ein solcher regenerirter Nerv wieder leitungs- und leistungsfähig sein kann, ist durch Thierversuche zweifellos bewiesen, und in einem allerdings vereinzelten Fall von Gluck scheint das Verfahren auch am Menschen Erfolg gehabt zu haben. Auch die seitliche Einpflanzung des peripheren Nervenstumpfes in einen be¬ nachbarten gesunden Nerven, ähnlich der beschriebenen Sehnenüberpflanzung, hat Aussicht auf Erfolg, wie ein Fall von Despres beweist, der den durch- 7 281 trennten nervus medianus in den intakten nervus ulnaris seitlich mit vollem Glück implantirte. Wichtiger als alle diese Versuche, welche an Sicherheit noch viel zu wünschen übrig lassen und praktisch nur selten in Frage kommen, sind die Bestrebungen, Kno chendefecte organisch zu ersetzen. Spielen doch Defecte des knöchernen Skeletts in Folge von Verletzungen oder Erkrankung wegen ihrer Häufigkeit nächst den Hautdefecten die bei weitem größte Rolle. Und mit Genugthuung dürfen wir heute auf die Fortschritte zurückblicken, die uns auch hier die letzten Jahrzehnte gebracht haben. in der Um¬ gebung des De- fects ausgelöst Hie Metho¬ den lehnen sich im Princip an die des plasti- : yMW&MM un sehen Ersatzes von Haut¬ defecten an, wie ich sie Ihnen vorhin geschildert habe. Aehnlicli wie dort kann man auch am Knochen zur Deckung des Defects ge¬ stielte Knochen¬ lappen be¬ nutzen, d. h. Knochen- theile, die im Zusammen¬ hang mit Bein- 4- haut und Haut aber auch an den langen Röhrenknochen ist die Methode, wie Wolff gezeigt hat, verwendbar . Ist es unmöglich, passendes Material in der Nachbarschaft des Defectes zu finden, so tritt die Transplantation völlig ausgelöster Knochenstücke, die anderen Theilen des lebenden Skeletts entnommen sind, in ihre Rechte. Das Verfahren würde also der Transplantation ungestielter Hautlappen, der Pfropfung nach Thiersci-i oder Krause entsprechen. Man benutzt hierzu entweder Knochenstücke, welche demselben Individuum entnommen sind (Auto¬ plastik), oder solche von anderen Menschen (Homoplastik) oder von Thieren d mit Er¬ haltung eines Weichtheil- stiels in den Defect ver¬ lagert werden. Durch die Ge¬ fäße des Haut¬ beinhautstiels ist die Er¬ nährung des Knochen¬ stücks ge¬ sichert. Auf diese Weise kann man nach dem Vorgänge von Koenig z.B. amSchädel große Kno¬ chenlücken schließen. 2 «2 (Heteroplastik). Zur Heteroplastik gehört schließlich die Implantation todten Materials, welches die Verbindung der Defectränder hersteilen, den Defect ausfüllen soll (Knochen, Elfenbein, Metall, Celluloid u. s. w.). Die Möglich¬ keit, durch diese verschiedenen Implantationsverfahren einen soliden Verschluß von Knochendefecten zu erzielen, war durch zahlreiche Thierversuche und auch durch Erfahrungen am Menschen dargetlian, und namentlich müssen die Untersuchungen Ollier’s hierfür als bahnbrechend bezeichnet werden. Ich selbst habe mich in einer großen Versuchsreihe mit den mikroskopischen Heilungsvorgängen bei Knochenimplantationen beschäftigt und kam zu dem überraschenden Ergebniß, daß ein¬ mal ausgelöste Knochenstücke stets absterben, selbst wenn sie nach ihrer Ueber- pflanzung knö¬ chern wiederein¬ heilen und schein¬ bar den Defect durch normales Knochengewebe verschließen. Sie ster ben ab, werden von jungem Kno¬ chengewebe, wel¬ ches von dem neuen Mutterbo¬ dengeliefertwird, umwachsen und durchwachsen, und allmählich wird auf diese Weise das todte Knochen stück vom jungen, le- Fig. 5. benden Knochen ersetzt, unter Aus ■ nützung der Sub¬ stanz des alten. Meine Untersuch¬ ungen sind von J. Wolff und seiner Schule leb¬ haft angegriffen, von allen übrigen Nachunter¬ suchern aber be¬ stätigt worden, und an der Rich¬ tigkeit der Deu¬ tung meiner mikroskopischen Bilder dürfte heute wohl kaum mehr zu zweifeln sein. Das prak¬ tische Ergebniß meiner Unter¬ suchungen war, daß es gleichgiltig ist, ob man menschlichen oder thierischen oder todten Knochen in einen Knochendefect implantirt, wenn nur der Knochen in der Umgebung des Defectes gesund und proliferations¬ fähig und die Defectwunde sowie das implantirte Stück aseptisch sind. Und so wird durch diese Untersuchungen auch ein als sagenhaft angesehener Fall wieder glaubwürdig, den Jon a Meck’ren anno 1682 berichtet. „Ein adliger Russe'’, so heißt es in dem Bericht, „hatte im Jahre 1670 in Folge eines Säbelhiebes einen großen Schädeldefect davongetragen, und ein Chirurg legte 9 2*3 in denselben ein entsprechendes, von einem Hund entnommenes Schädelstück ein. Das Knochenstück heilte ein. Als aber die Diener der Kirche davon Kunde erhielten, erklärten sie ein derartiges Heilverfahren für höchst unstatt¬ haft, und, um nicht als Ketzer zu gelten, mußte sich der Edelmann das profane Knochenstück wieder ausschneiden lassen“. Was man in der That mit diesen verschiedenen Methoden des Knochen¬ ersatzes heute zu leisten vermag, davon mögen Sie sich an dem Beine dieses 10jährigen Knaben überzeugen. Derselbe kam vor 2 Jahren in meine Be¬ handlung wegen eines 10 cm langen Defectes des linken Schienbeines, welcher durch eine schwere Knochen¬ markentzündung entstanden war. Mehr als die obere Hälfte derSchien- beindiaphyse war abgestorben und ausgestoßen wor¬ den, und, da eine Knochenneubild- uug um das todte Knochenstück völlig ausblieb, so erfolgte die Heilung mit einer sogenannten Pseudarthrose, d. h. mit einer lediglich aus Bindegewebe be¬ stehenden Narbe im Bereich des verloren gegange¬ nen Knochen¬ stücks. Durch Ueberpflanzung ren Defectes getreten ist. Die Consolidation des Schienbeines ist eine voll¬ ständige, wovon Sie sich an dem RÖNTGEN-Bild (Fig. 4) überzeugen können. Die ganze Strecke a b ist neugebildeter Knochen. Der Knabe geht auf dem um 2 cm verkürzten Bein vorzüglich, es ist sogar die Beweglichkeit des Knie¬ gelenkes fast vollkommen erhalten geblieben. Ich konnte nun aus meinen experimentellen Untersuchungen noch eine weitere Schlußfolgerung ziehen, die nicht ohne praktische Bedeutun io Fig. 6. eines gestielten Hautperiost¬ knochenlappens, welcher von dein oberen Schien¬ beinstumpf ent¬ liehen war, und später durch Ein¬ pflanzung mehre¬ rer aus dem rech¬ ten Schienbein entnommener K nochenstücke wurde ein voll¬ kommener massi¬ ver Knochen¬ ersatz geschaffen, ja die überpflanz- tenKnochentheile haben zu einer ge¬ waltigen Kno- chenüberproduc- tion Veranlassung gegeben, so daß ein unförmlicher Knochenwulst an Stelle des frühe- g sein 284 dürfte. Ich fand, daß der Wiederersatz des implantirten todten Knochen* Stücks durch jungen lebenden Knochen wesentlich unter Ausnützung der Kalksalze des ersteren geschieht, und machte Versuche mit der Implantation ausgeglühter Knochenstücke (Knochenkohle, Knochenasche), welche im wesent¬ lichen aus Kalksalzen bestehen. In der That erzielte ich hierdurch in mehreren Versuchen einen knöchernen Verschluß des Defects. Mikroskopisch betrachtet, spielt sich hier genau derselbe Vorgang des Knochenersatzes ab, wie nach der Implantation lebender Knochenstücke. Einen praktischen Erfolg dieser Methode kann ich Ihnen an diesem Manne demonstriren, der vor einem halben Jahre einen thalergroßen Schädel- defect erlitten hat. Der Defect wurde damals mit ausgeglühter Knochen¬ substanz ausgefüllt, die Heilung erfolgte aseptisch in wenigen Wochen und jetzt ist ein knöcherner Verschluß des Defects eingetreten. Auch von anderen Chirurgen sind Erfolge mit diesem Verfahren berichtet. Den überraschendsten Erfolg erzielte ich aber bei einer unglücklichen Patientin, deren Abbildung ich Ihnen hier (Fig. 5) zeige. Das damals 16jährige Mädchen litt an diesen monströsen Verkrümmungen der langen Röhrenknochen in Folge hochgradiger englischer Krankheit. Seit ihrem 5. Lebensjahre hatte sie nicht mehr gehen und stehen können, und die operativen Versuche anderer Chirurgen — der Fall stammt aus der Marburger Klinik — waren daran gescheitert, daß die zur Correctur durchtrennten Knochen am Unterschenkel nicht wieder fest wurden. Die Knochen waren so dünn, atro- pisch, daß fast jede Callusbildung ausblieb. Ich habe nun die am stärksten verkrümmten Knochen beider Beine von neuem geöffnet und durchtrennt und die Markhülle mit ausgeglühter Knochenasche ausgefüllt. Jetzt wurden die Knochen in je 10 Wochen vollkommen fest, und Sie sehen den Erfolg an Figur 6. Das Mädchen lernte danach wieder stehen und gehen und war nicht wenig glücklich, sich selbständig bewegen zu können. In die Freude an dem Erfolg haben sich Arzt und Patientin redlich getheilt. Wir sind am Schluß unserer Betrachtungen. Aus dem Bild, welches ich Ihnen in großen Zügen von unserer plastischen Kunst skizzirt habe, werden Sie vielleicht den Gesammteindruck gewonnen haben, daß unser Können Stück¬ werk ist, weit davon entfernt, die verloren gegangenen Theile in der Voll¬ kommenheit zu ersetzen, wie sie die Natur ursprünglich geschaffen hat. Wollen Sie aber nicht vergessen, daß hier auch das Unvollkommene ein baarer Gewinn ist, für den der Kranke meist außerordentlich dankbar ist. Sie wollen aber auch bedenken, daß wir die größten Fortschritte auf diesem Gebiet gerade in den letzten Jahrzehnten gemacht haben, und so darf mit wohlbegründetem Recht die plastische Chirurgie von dem neuen Jahrhundert noch größeres erwarten. u 285 Beschreibung neuer Schmetterlingsformen aus Norwegen. Von EMBR. Strand (Kristiania, Norwegen.) 1. Vanessa antiopa ab. pusilla n. Viel kleiner als gewöhnlich, die Sanmbinde dunkel rostgelb. — Durch Zucht erhalten. 2. Leucania litliargyrea Esp. ab. amota n. Die Vorderflügel einfarbig rothbraun ohne andere Zeichnungen als den weißlichen Discoidalfleck. Die Hinterflügel schwärzlich grau. — In Oevrebö im südlichen Norwegen gefangen. 3. Odontosia camelina L. var. (ab.?) nordlandica n. Kleiner, die Grundfarbe der Vorderflügel mehr graulich, von hellgrau bis braungrau, ohne die rostgelbe Färbung der Hauptform. Die Quer¬ streifen sehr deutlich, weißlich und schwärzlich; die Vorderrandsflecken (an der Spitze) scharf weiß und schwarz. Auch die Hinterflügel ohne deutlichen gelblichen Anflug. — Mehrere Stücke in Saltdalen (Nordland, Norwegen) gefangen. 4. Leucoma salicis L. ab. rubicunda n. Sowohl Flügel als Haarbekleidung röthlich, am Vorder- und Innen¬ rande der Vorderflügel fast rosenroth (cf1). — Im südlichen Norwegen. 5. Bupalus piniarius L. ab. unicolora n. (§) Alle Flügel ganz einfarbig, tief ockergelb. — Sowohl von der schwärz¬ lichen var. nigricaria Backhaus als der für cf1 aufgestellten var. mughusaria Gump. leicht zu unterscheiden. 6. Halia brunneata Thbg. ab. unicinctata n. Auf den Vorderflügeln findet sich nur die mittlere (nächstäußere) der gewöhnlichen 4 Querlinien; dieselbe ist aber scharf und deutlich und setzt sich auf den Hinterflügeln ebenso deutlich fort. Sonst sind alle Flügel ganz zeichnungslos. 7. Cidaria viridaria Fb. ab. deviridata n. Die Grundfarbe der Vorderflügel ockergelblich, nur mit grünlichem Anfluge; die Zeichnungen scharf; die Größe bedeutend. 8. Cidaria corylata Tiirg. forma defracta n. Die Mittelbinde (am Innenrande) abgesclmiirt. (Vergl. Hübner Fig. 205.) 286 9. Gidaria bicolorata Hufn. var. maritima n. Unter gewöhnlicher Größe; die Saumbinde der beiden Flügelpaare sehr dunkel, schwarzgrau, selbst auf den Vorderflügeln nicht oder nur höchst unvollständig unterbrochen; sie stimmt ziemlich gut mit der bei Eamann gegebenen Abbildung (Fig. 183) von bicolorata. Die Vorderflügel ohne Innenrandsfleck. — Mehrere Exemplare, besonders aus den Küsten¬ gegenden Norwegens. * * Die beschriebenen Stücke befinden sich alle im Zoologischen Museum zu Kristiania. f 2 Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band X. Heft 2/3 Tafel II 13 \% ll 10 9 s 7 6 5 Zur Beachtung. Die folgenden von deiNaturforschenden Gesellschaft herausgegebenen Einzelwerke können von den Mitgliedern zum Selbstkostenpreise bezogen werden, soweit der Vorrath reicht. I. Die Flora des Bernsteins und ihre Beziehungen zur Flora der Tertiärformation und der degenwart von H.B.Göppert und A. Menge. 1. Band. Göppert, Von den Bernstein-Couiferen. Mit dem Porträt Meng e’s und 16 litlogr, Tafeln. Danzig 1883, gr. Quart. — VIII und 63 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. 2. Band. Conwentz, Die Angiospermen des Bernsteins. Mit 13 lithogr. Tafeln. Danzig 1886. gr. Quart — IX und 140 S. Ladenpreis Mk. 30. Für die Mitglieder Mk. 15. II. Die prähistorischen Denkmäler der Provinz Westpreussen und der angrenzenden Gebiete von Dr. A. Lissauer. Mit 5 Tafeln und der prähistorischen Karte der Provinz Westpreussen in 4 Blättern. Danzig 1887, gr. Quart. — XI und 110 S. Ladenpreis Mk. 20. Für die Mitglieder Mk. 10. III. Monographie der baltischen Bernsteinbäume von H. Conwentz. Mit 18 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Danzig 1890, gr. Quart. - — IV und 151 S. Ladenpreis Mk. 50. Für die Mitglieder Mk. 25. Der Betrag nebst Porto für die gewünschte Zusendung ist an den Schatzmeister der Gesellschaft, Herrn Otto Münsterberg in Danzig, einzuschicken. Von den älteren Schriften der Naturforschenden Gesellschaft sind hauptsächlich das 1. Heft des III. Bandes (1872) und das 2. Heft des IV. Bandes (1877) vergriffen. Daher würden die Herren Mitglieder, welche diese Hefte etwa abgeben können, uns hierdurch zu besonderem Dank verpflichten. Der Vorstand. Druck von A. W. Kafomann in Danzig. VAU SCHRIFTEN DER NA TUR FORSCH ENDEN GESELLSCHAFT IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES VIERTES HEFT. (HIERZU TAFEL I.) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. O DANZIG IOOL». COMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG» Bitte die 4. Seite dieses Umschlages zu beachten. SCHRIFTEN DER IN DANZIG. NEUE FOLGE. ZEHNTEN BANDES VIERTES HEFT. (HIERZU TAFEL L) MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DANZIG I9()i». C 0 MAI ISS IONS - V ERLAG (VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Druck von A. W. Kafeüiann G. m. b. h. in Danzig. APR 8 1903 Inhalt. Seite 1. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1901 . . 1 2. Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gesellschaft 1901 . Y1II Oehlschläger: Nekrolog auf Heinrich AbbegVIII; Eyers: über Wesen und Bedeutung des Telephonographen X; S. Meyer: Hypnotismus und Spiritismus im Lichte der wissenschaftlichen Forschung XII; Dahms: zur Kenntniß der chemischen Constitution des Bernsteins XIII; Conwentz: Sula bassana Gray aus dem Kreise Lauenburg i. Pomm. XIV; Deecke: die Eiszeit im Ganzen, als geologische Epoclie, nach ihrer Ursache, Dauer und Wirkung XIY ; Conwentz: „Ferdinand Cohn, Blätter der Erinnerung“ XVI; Ganske: eine Osterreise in die Klöster des Hagion Oros (Athos) XYII; Conwentz: Nachruf fiir Professor Dr. J. KlESOW XVIII; Bail: über androgyne Blütenstände und über Pelorien XX; Bail: Blütenbildung von Collinsia bicolor und Be¬ merkungen über die Unvollkommenheit des natürlichen Pflanzensystems XXIII; Oehlschläger: über Teredo navalis XXIII; Berent: Allerlei Fremdkörper im Auge des Menschen XXIII; Eyers : Ueber die Ausnützung der Wasser¬ kräfte mit Hilfe der Elektricität, unter besonderer Bezugnahme auf die Kraftübertragungswerke Rheinfelden XXYII; Schumann: Nekrolog auf S. S. Schultze XXX; Helm: neues Verfahren zur Enteisenung von Grund¬ wasser XXXIII: Künath: die Anwendung des HELM’schen Verfahrens bei dem neuen städtischen Wasserwerk an der Steinschleuse XXXVI; Conwentz: Zur Erinnerung an A. Treichel-HocIi Palescliken XXXVI; Ahrens: die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung XXXVII; Reinicke: „Nordatlantische Wetterausschau“ XL; Conwentz: Die Flora der Moore XLII; Barth: die Chirurgie des Herzens XLII; S. Meyer: die Entwickelung des Nervensystems und der Sinnesorgane XLIV; Dahms: eigenartige Licht¬ erscheinungen XLAr. 3. Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1901 behandelten Gegenstände . XLIX 4. Bericht über die Sitzungen der Anthropologischen Section 1901 LII 5. Bericht über die Sitzungen der Section für Physik und Chemie 1901 L1II 6. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section 1901 . . LIV 7. Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins 1901 . LVII 8. Bericht über die Sitzungen der Section für Gesundheitspflege 1901 LTX 9. Verzeichniß der im Jahre 1901 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher . LX 10. Jahresrechnung der Naturforschenden Gesellschaft für das Jahr 1901 LXX1V 11. Vermögensbestand der Naturforschenden Gesellschaft am 1. Januar 1902 LXXVI 12. Mitglieder-Verzeichniß der Gesellschaft, ihrer Sectionen und des Vorstandes , . LXXVIi VI Seite Abhandlungen. 13. Zwei Reiseberichte Gustav Radde’s aus der Krimra vom Mai und November 1852 . 1 14. Bericht über die vierundzwanzigste Wander- Versammlung des West¬ preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zuGraudenz, am 28. Mai 1901 22 Allgemeiner Bericht . . . ... 22 Bericht über die geschäftliche Sitzung . . 23 Conwentz, Geschäftsbericht für 1900/1901 ........... - 24 Bericht über die wissenschaftliche Sitzung . 29 Bail. Umschau in der Ordnung der Hülsengewächse . 31 Grott. Ausstellung botanischer und zoologischer Lehrmittel . 34 Rehberg. Ueber die schädlichen Insecten unserer Getreidearten und ihre Be¬ kämpfung . 35 Schmidt. Ueber das Wetterschießen . 36 Helm. Bei Danzig gesammelte eingeschleppte Pflanzen . . 37 Helm. Ueber die unter dem Kollektivnamen „Bernstein“ vorkommenden fossilen Harze . 37 Scholz. Seltene Pflanzen aus der Umgegend von Marienwerder . 45 Conwentz. Bemerkenswerthe urwüchsige Bäume und Bestände im Kreise Graudenz 45 IIenrici. Ueber die Bedeutung der Vogelwelt Westpreußens . 49 Peil. Botanische Mittheilungen . 61 Bericht über die Excursionen . 62 15. Anlagen zu dem vorgenannten Bericht . 64 A. Rehberg, A., Schädliche Insecten Westpreußens und deren Bekämpfung. 1. Die wichtigsten Schädlinge unserer Halmfrüchte. Mit 54 Einzel¬ bildern in 10 Textfiguren . 04 B. Henrici, F., Beiträge zur Ornis Westpreußens. 1. Zarnowitzer See und Umgebung . 02 C. Löns, H., Botanische Erinnerungen aus dem Kreise Deutsch Krone . . . 94 16. Gleichgewicht und Stabilität eines schwimmenden homogenen Würfels Mit einer Tafel (Tafel I). Von Professor E. Sciieeffer .... 97 17. Die Chirurgie des Herzens. Von Professor Dr. Barth . 124 Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig für 1901. Erstattet von dem Director derselben, Professor A. MOMBEB, am 3. Januar 1902. Meine Herren! Den Jahresbericht beginne ich, wie immer, mit dem Gedenken der in diesem Jahre gestorbenen Mitglieder der Gesellschaft. Von unseren Corre- spondirenden Mitgliedern starben die Herren HAZELius-Stockholm, Hartig- München und von BoRRiES-Halle. ln der Sitzung der Anthropologischen Section am 23. Oktober hat unser Secrctär Herr Conwentz dem verstorbenen Dr. Arthur Hazelius, den unsere Gesellschaft zum 25jährigen Bestehen des Nordischen Museums zu Stockholm zum Correspondirenden Mitgliede ernannte, einen warmen Nachruf gewidmet, ln dem Nordischen Museum und in dem Ende der 80er Jahre ebenfalls von ihm gegründeten Freiluftmuseum auf Skansen unweit Stockholm hat Hazelius eine Fülle von Gegenständen zu¬ sammengebracht, welche das ganze Leben des schwedischen Volkes aus ver¬ schiedenen Zeiten veranschaulichen. Durch seine vielen Reisen durch nahezu alle Theile Schwedens kannte er Wohnungen, Sitten und Gebräuche des Volkes wie kein Anderer; ebenfalls aber wie kein Anderer hat er es verstanden, den Staat und die communalen Behörden Schwedens, wie alle Schichten der Be¬ völkerung für seine Ideen zu erwärmen und für seine groß angelegten Samm¬ lungen stets die nothwendige Unterstützung an Geldmitteln zu finden, sodaß man ihn scherzweise den „größten Bettler Schwedens“ genannt hat. Wir wollen hoffen, daß seine Schöpfungen in seinem Geiste werden weitergeführt werden. Robert Hartig entstammt einer alten forstlichen Familie Braunscliweigs und hat sich hervorragende Verdienste um die Kenntniß der Waldbäume, namentlich deren Krankheitserscheinungen, erworben. Er wirkte zuerst an der Forstakademie Eberswalde und dann an der staatswissenschaftlichen Facultät der Universität München, wo er das durch reichhaltige Sammlungen ausgezeichnete forstbotanische Institut begründete. Eine beträchtliche Anzahl II preußischer und baierischer Forstmänner verdanken ihm ihre botanische Bildung, aber auch zahlreiche Ausländer gehörten zu seinen Schülern. Unsere Gesell¬ schaft ernannte ihn bei Gelegenheit ihres 150jährigen Jubiläums zu ihrem Correspondirenden Mitgliede. Bei derselben Gelegenheit wurde auch Herr Oberst a. D. von Borries zum Correspondirenden Mitgliede ernannt. Den älteren Mitgliedern der Ge¬ sellschaft ist er eine wohlbekannte Persönlichkeit. Als Director der hiesigen Gewehrfabrik war er von 1859 bis 1867 einheimisches Mitglied und als solches besonders thätig für die damals durchgeführte Reorganisation der Gesellschaft. Die Statuten der Gesellschaft vom Jahre 1865 hat er im Verein mit Herrn Pro¬ fessor Dr. Bail in zahlreichen Sitzungen entworfen. In einem Liede, welches bei seinem Abschiedsessen gesungen wurde, heißt es von ihm nach einer Mit¬ theilung des Herrn Bail: „Er war es, der uns stieg aufs Dach, das schadhaft und defekt, und wacker stritt und ließ nicht nach, bis neu es war gedeckt.“ Von Danzig ging er zunächst nach Sprottau, dann als Oberst a. D. nach Weißenfels, und seit 1885 wirkte er in Halle a. S., so viel uns bekannt, bis zu seinem Tode als Director des dortigen Provinzial-Museums. Ferner haben wir den Verlust von drei Mitgliedern zu beklagen, welche regen Antheil an der naturwissenschaftlichen Durchforschung unserer Provinz genommen haben, der Herren Kiesow, Schultze und Treichel. Die großen Verdienste Kiesow’s hat Herr Conwentz in unserer Sitzung am 10. März näher geschildert. Seine geologischen Arbeiten, welche zum großen Theil in den Schriften unserer Gesellschaft veröffentlicht sind, beziehen sich hauptsäch¬ lich auf versteinerungsführende Geschiebe hiesiger Gegend. Durch sein frühes Hinscheiden hat uusere Gesellschaft, deren Mitglied er seit 24 Jahren war, wie die Landeskunde der Provinz einen schweren Verlust erlitten. — Dem am 14. April verstorbenen Realgymnasiallehrer a. D. Siegfried Schultze hat in der Sitzung am 1. Mai Herr Professor Schumann einen warmen Nachruf gewidmet, in dem er seine rastlose und erfolgreiche Thätigkeit in der Er¬ forschung der botanischen, zoologischen, geologischen und vorgeschichtlichen Verhältnisse der Provinz Westpreußen, besonders des Kreises Karthaus, rühmend hervorhob. - — - Ein ebenso eifriger Erforscher unserer Provinz war der ebenfalls in diesem Jahre gestorbene Rittergutsbesitzer Treichel-HocIi Paleschken. Von seinem rastlosen Sammeleifer zeugen nicht nur die in unseren Schriften er¬ scheinenden Jahresberichte des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins, sondern auch die Altpreußische Monatsschrift und vor allen die Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie etc., welche durch Jahre fast in jeder Nummer einen oder mehrere Aufsätze oder Berichte Treiciiel’s ent¬ halten. Es starben ferner von unsern auswärtigen Mitgliedern die Herren Kreis¬ arzt Dr. Möbius in Berlin und Dr. med. Hirschfeld in Dirschau. Das Andenken der Entschlafenen wollen wir durch Erheben von unseren Sitzen ehren! ni Wenn die Gesellschaft auch mehrere Mitglieder durch den Tod, etwa ebenso viele durch den Fortzug von Danzig verloren hat, so hat sich doch die Mitgliederzahl im Laufe des Jahres nicht unwesentlich vermehrt. Sie zählt jetzt 9 gegen 8 Ehrenmitglieder am Anfänge des verflossenen Jahres, 50 gegen 51 Correspondirende Mitglieder, 256 gegen 233 einheimische und 90 gegen 86 auswärtige Ordentliche Mitglieder. Das Ehrenmitglied, welches im Laufe des verflossenen Jahres von der Ge¬ sellschaft ernannt ist, ist der Geheime Medicinalrath Professor Dr. Rudolf Virchow. Wie Ihnen Allen bekannt ist, beging dieser am 13. Oktober seinen 80. Geburtstag; ebenso bekannt ist Ihnen, daß am Vorabende des Tages Ver¬ treter fast aller inländischen und ausländischen medicinischen und naturwissen¬ schaftlichen Körperschaften zusammentraten, um dem jugend frischen Greise für die Gaben zu danken, die er in seinem langen Geistesleben nicht nur der pathologischen Anatomie, sondern ebenso einer Reihe verwandter Wissen¬ schaften, nicht zuletzt der prähistorischen Forschung, dargebracht hat. So war eine Festfeier entstanden, die die Blicke der ganzen gebildeten Welt auf sieb zog. Hier wurde der große deutsche Forscher gleichmäßig von allen Nationen gefeiert; Engländer, Franzosen, Italiener, Russen, alle waren in stattlicher Zahl zur Huldigung des Mannes und der von ihm vertretenen Wissenschaft erschienen. Als eine der ältesten deutschen gelehrten Gesellschaften durfte unsere Natur forschende Gesellschaft hier nicht fehlen, sie glaubte sich selbst zu ehren, wenn sie den großen Forscher der Reihe ihrer Ehrenmitglieder ein¬ fügte. Das Diplom, welches wir der kunstgeübten Hand unseres hochgeschätzten Dr. Korella verdanken, wurde dem Jubilar durch den Director der Gesell¬ schaft überreicht. Mit großem Interesse hat unsere Gesellschaft die Vorbereitungen und den Beginn der Deutschen Südpolar-Expedition verfolgt. Bei uns in Danzig auf der Naturforscher-Versammlung 1880 stellte unser verehrtes Ehrenmitglied Geheimer Rath von Neumayer, dem wir im verflossenen Jahre zum 25-jährigen Jubiläum der Deutschen Seewarte und seines Directorats Glück wünschen konnten, zum ersten Male die Forderung auf: ,, Nicht Polarreisen, sondern Polar¬ forschung!“, und nach beendeten mehrjährigen systematischen Beobachtungen in der nördlichen Polarzone verlangte er das gleiche für den Südpol. Zwei¬ mal haben wir die Freude gehabt, den Leiter dieser neuen Expedition, Herrn Professor Dr. von Drygalski, unser Correspondirendes Mitglied, bei uns zu sehen. Das erste Mal berichtete er über seine beendete Grönland-Expedition, das zweite Mal über die geplante Südpolar-Expedition. Zum Stapellaufe des Expeditionsschiffes Gauss wie zu seiner Ausfahrt hatte ich als Director der Naturforschenden Gesellschaft Einladungen erhalten, konnte ihnen aber nicht Folge leisten, sondern mußte mich mit Glückwünschen begnügen. Wir wollen hoffen, daß nach glücklich erfolgter Rückkehr Herr von Drygalski auch uns von den Ergebnissen der Expedition persönlich wird berichten können. 1* IV Vor wenig Wochen hat der Vorstand im Namen der Gesellschaft unserem Ehrenmitgliede Radde zu seinem 70. Geburtstage herzliche Glückwünsche über¬ mittelt; das Antwortschreiben Radde’s, welches ich in der vorletzten Sitzung verlesen, hat uns zu unserer Freude wieder gezeigt, welche Frische des Geistes er sich in seinem hohen Alter erhalten hat, und mit welcher Wärme er seiner alten Vaterstadt, die er vor fast 50 Jahren verlassen, und unserer Gesellschaft gedenkt. Von den Gesellschaften, welche durch den Schriftenaustausch mit uns in Verbindung stehen, feierte die Nürnberger Naturhistorische Gesellschaft ihr hundertjähriges, die Socidte des Sciences naturelles zu Cherbourg ihr 50-jähriges, und der Geschichts -Verein zu Marienwerder sein 25-jähriges Bestehen. Zu diesen Festen beglückwünschten wir die befreundeten Gesellschaften, in Cherbourg mit der Gesellschaft ihren langjährigen Vorsitzenden Herrn Pro¬ fessor Le Joli, der schon seit 1857 unser Correspondirendes Mitglied ist. Den Schriftführer des Marienwerderer Vereins Herrn Prediger von Flansz erwählten wir bei dieser Gelegenheit zu unserem Correspondirenden Mitgliede. Ebenfalls zum Correspondirenden Mitgliede haben wir ferner in diesem Jahre unseren hochgeschätzten Landsmann, Herrn Professor Dr. F. Ahrens- Breslau, ernannt, der uns schon mehrmals bei dem Besuche seiner Vaterstadt durch interessante Mittheilungen aus der modernen Chemie und Technologie erfreut hat. Die Gesellschaft hat im verflossenen Jahre 14 Sitzungen abgehalten, über welche der vorliegende Bericht des Herrn Secretärs für innere Angelegenheiten das Nähere enthält. Von auswärtigen Vortragenden nenne ich hier die Herren Professor Dr. DEECKE-Greifswald, der über die Eiszeit, ihre Ursachen, Dauer und Wirkung, und Herrn Professor Dr. F. AHRENS-Breslau, der über die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung sprach. Von populär gehaltenen Vorträgen waren in diesem Jahre vier ver¬ anstaltet und in erster Linie von den Damen und Gästen unserer Mitglieder besucht. Am 30. Januar sprach Herr Oberlehrer Dr. GAEDE-hier über seine Reise durch den griechischen Archipel, am 25. Februar Herr Dr. Schwahn, Director der Urania-Berlin, über Werden und Vergehen im Weltenraum, am 15. April Herr Professor Dr. zur STRASSEN-Leipzig über das Thierleben der Tiefsee, und am 16. Oktober Herr Dr. Matsumura aus Hokkaido über die Natur seines Heimatlandes Japan. Ueber die Thätigkeit der Sectiouen werden Sie das Nähere durch die Berichte der Herren Vorsitzenden erfahren, die vereinigt mit dem Jahres¬ berichte werden gedruckt werden. Von diesen Sectioneu bestehen jetzt drei länger als ein Vierteljahrhundert ; zwei von ihnen, der als medicinische Section gegründete Aerzteverein und die Section für Physik und Chemie haben soeben, in der zweiten Hälfte des Dezember v. J., das erste Vierteljahrhundert ihrer Thätigkeit vollendet. Während die Section für Physik und Chemie ihres Jubiläums in einer Sitzung V in der nächsten Woche gedenken will, wurde das des Aerztevereins am 19. Dezember besonders würdig und feierlich begangen. Mit einem genaueren Bericht über diese Feier will ich dem Herrn Vorsitzenden des Aerztevereins nicht vorgreifen; hier weise ich nur auf das Bild unseres unvergeßlichen Abegg hin, welches der Aerzteverein zur Erinnerung an seinen Begründer von Künstler¬ hand hat malen lassen und in unserem Sitzungszimmer angebracht hat. Möge es noch lange von der innigen Verbindung des Aerztevereins mit unserer Ge¬ sellschaft Kunde geben! Unsere Bibliothek wächst zunächst durch den Schriftenaustausch mit einer großen Anzahl von einheimischen und fremden Akademien, Gesellschaften und Vereinen. Neu eingetreten in diesen Tauschverkehr sind im Laufe des letzten Jahres: Braunsberg Opr., Botanisches Institut des Lyceum Hosianum; Columbus U. S. A., Ohio state university; Kristiania, Physiographisk forening; La Plata Argentinien, Universidad de la Plata; München, Polytechnischer Verein: New York, Museum of the Brooklyn institute of arts and Sciences; Novo Alexandria Rußland, Redaction des „Aunuaire geologique et mineralogique“. — Außerdem sind eine große Reihe von größeren und kleineren Werken und Abhandlungen theils von den Autoren, theils auch von Nichtautoren als Geschenke der Bibliothek zugegangen. An dieser Stelle mögen nur die Namen der gütigen Geschenkgeber verzeichnet werden. Es sind Frau Dr. Behrendt- hier, Frau Geheimrath Ferdinand CoHN-Breslau und Frau Admiralitäts-Gerichts-Secretär SiELAFF-hier, ferner die Herren Professor Dr. CoNWENTZ-hier, Oberlehrer Dr. DAHMS-hier, Professor Dr. DEEOKE-Greifs- wald, Landgerichtsrath EuMKE-Berlin, Professor Dr. Franz- Breslau, Ober- Präsident Dr. von Gossler hier, Geheimrath Professor Dr. HAECKEL-Jena, Referendar Dr. HENRici-hier, Redacteur Dr. HERRMANN-hier, Director Holz- hier, Dr. JACOBSEN-Berlin, Professor Dr. KLUNZINGER-Stuttgart, Dr. Krüger- Marienburg, Oberlehrer Dr. LAKOWiTZ-hier, Sanitätsrath Dr. LissAUER-Berlin, Dr. Hermann MEYER-Berlin, Geheimrath Professor Dr. Möbius- Berlin, Dr. NEUPERT-Bamberg, Dr. PiNCUS-hier, Geheimrath Dr. RADDE-Tiflis, Kapitän REiNiCKE-hier, Professor Dr. SoLGER-Greifswald und Professor E. Treptow- Freiberg i. S.; endlich das Königliche Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten in Berlin, die Ministerial-Kommission zur wissenschaftlichen Unter¬ suchung der deutschen Meere in Kiel und Helgoland, der Preußische Wasser¬ ausschuß in Berlin, die Königliche Preußische Geologische Landesanstalt und Bergakademie in Berlin, die Geschäftsführung des VII. Internationalen Geographen-Congresses in Berlin, der Aerzteverein in Danzig, der West¬ preußische Architecten- und Ingenieur-Verein in Danzig, das Bibliographische Institut in Leipzig und die Handelsabtheilung der Chicago und North-Western Eisenbahn. Ihnen Allen sei hiermit der wärmste Dank der Gesellschaft aus¬ gesprochen. Eine genauere Aufzählung der durch Tausch, Geschenk und Ankauf zugegangenen Bücher wird der Bibliotheks-Bericht enthalten. VI Unser Bibliothekar Herr Dr. Lakowttz hat im letzten wie schon im vorigen Jahre die Vorarbeiten für einen Zettelkatalog unserer Bibliothek so weit gefördert, daß wir vielleicht schon in diesem Jahr an den Druck eines neuen Katalogs, wenigstens für einige wichtige Disciplinen, werden gehen können. Demselben Herrn sind wir für die Leitung unseres Lesecabinets zu besonderem Dank verpflichtet; ich erwähne dies heute besonders, da diese Einrichtung unserer Gesellschaft am Anfänge dieses Jahres schon seit zehn Jahren besteht und diese ganze Zeit hindurch von Herrn Dr. Lakowitz verwaltet ist. Den großen Zuwachs unserer Bibliothek verdanken wir, wie schon gesagt, hauptsächlich dem eben erwähnten Schriftenaustausch, der die Ausgabe eigener Schriften zur Voraussetzung hat. Wieder konnten wir in diesem Jahre mit Hilfe der von der Provinz gewährten Unterstützung von 2000 M. ein Heft unserer Gesellschaftsschriften herausgeben. Da dieses Heft, das 2. und 3. des zehnten Bandes der neuen Folge, vor einigen Wochen in Ihre Hände ge¬ langt ist, verzichte ich darauf, die in ihm erschienenen Abhandlungen hier aufzuzählen. Zum ersten Mal haben wir im verflossenen Jahr vier statt drei Stipendien zu 150 M. aus unserer HüMBOLDT-Stiftung gewähren können, und zwar an die Herren cand. med. Meyrowski- Königsberg, stud. rer. techn. Steimmig- Dresden, cand. med. Liciv-Königsberg und stud. ehern. SoRKAU-Greifswald. Die Arbeiten auf unserer Sternwarte haben durch den schon in meinem letzten Bericht erwähnten schweren Unfall unseres Astronomen, des Herrn Dr. Kayser, eine unliebsame Unterbrechung erfahren. Leider ist Herr Kayser bisher nicht zum freien Gebrauch seiner Beine gelangt und deshalb in seinen astronomischen Beobachtungen sehr behindert; jedoch hat er den Muth zu neuen wissenschaftlichen Arbeiten nicht verloren, sondern neue Methoden ersonnen, um die Aufgabe, die er sich seit Jahren gestellt, die exakte Bestimmung der Lage der Erdaxe, durchzuführen, und zwar so, daß er am Fernrohr nicht selbst zu beobachten braucht. Ueber diese Beobachtungen und ihre Ergebnisse hoffe ich in meinem nächsten Jahresbericht Ihnen genaueres mittheilen zu können. Ohne den Mechaniker, der seit etwa sieben Jahren Herrn Dr. Kayser auch bei seinen Beobachtungen unterstützt, würde jetzt die Astronomie bei uns ganz darniederliegen, und wir sind deshalb dem Herrn Minister, dem Herrn Ober- Präsidenten, sowie der Provinzial -Commission zur Verwaltung der West¬ preußischen Provinzial-Museen für ihre immer von Neuem bewilligten Unter¬ stützungen, die wir in erster Linie zur Besoldung unseres Mechanikus benutzen, zu besonderem Danke verpflichtet. In meinem letzten Jahresbericht machte ich Ihnen Mittheilung von der Schenkung des Danziger Sparkassen -Actien -Vereins für die Herstellung des Nordgiebels unseres Gesellschaftshauses. Zur Annahme dieser Stiftung haben wir in diesem Jahre die Königliche Genehmigung erhalten und hoffen, schon in diesem Sommer an den Bau selbst gehen zu können. VII Aus meinem Bericht werden Sie, meine Herren, hoffentlich ersehen haben, daß die Gesellschaft im Rahmen ihrer bescheidenen Mittel in der bisherigen Weise weiter gearbeitet hat, daß sie aber bei größeren Mitteln ihre Aufgaben leicht erweitern könnte. Namentlich wäre es für unsere Bibliothek sehr wünschenswerth, wenn sie nicht nur durch den Schriftenaustausch und durch Schenkungen wachsen, sondern auch in den Stand gesetzt würde, größere naturwissenschaftliche Werke anzukaufen, wozu es bis jetzt an Mitteln gefehlt hat. Vorläufig sehen wir eine wesentliche Mehreinnahme nur durch eine Ver¬ mehrung der Mitgliederbeiträge ermöglicht, und wir wollen hoffen, daß unsere Mitgliederzahl sich wie im verflossenen Jahre, vielleicht noch stärker, von Jahr zu Jahr mehren möge. Hierzu, hoffe ich, werden für die Folge alle Mit¬ glieder unserer Gesellschaft so thätig sein, wie es Einzelne im Verlauf des letzten Jahres gewesen sind. VIII Bericht über die Ordentlichen Sitzungen der Gresellsclialt im Jahre 1901. 1. Sitzung am 2. Januar 1901. Zu Beginn der Sitzung, die auf den Jahrestag des 158jährigen Bestehens der Gesellschaft fällt, wird zunächst des am 3. Oktober 1900 in Wiesbaden verstorbenen Geheimen Medicinalraths Dr. Abegg, des allverehrten früheren langjährigen Vicedirectors der Gesellschaft, gedacht. Ein langjähriger Freund des Verewigten Herr Dr. Oehlschläger trägt folgenden Nekrolog auf Heinrich Abegg vor. Georg Fr. Heinrich Abegg ist der Sproß einer aus dem Badischen Lande hierher iiber- gesiedelten, angesehenen, alten Familie, ans welcher eine Reihe wissenschaftlich hervorragender und in verschiedenen Berufszweigen ausgezeichneter Männer hervorgegangen ist. Er wurde als der Sohn des in der juristischen Welt wohl bekannten Kriminalisten Heinrich Abegg zu Königsberg i. Opr. am 19. März 1826 geboren und verlebte dann seine Jugendjahre in Breslau, wohin sein Tater, einem ehrenvollen Rufe der dortigen juristischen Facultät folgend, als Professor gegangen war. Aus dieser Zeit stammt die treue Anhänglichkeit Abegg’s an Schlesien, das er als seine Heimatprovinz betrachten konnte. Nachdem er Ostern 1844 am Magdalenen-Gymnasium in Breslau sein Abiturientenexamen gemacht, studirte er zunächst dort, ging dann aber nach Heidelberg, wo er in enge Beziehung zu dem dort gleichzeitig studirenden Victor Scheffel trat, eine Freundschaft, die auch in späteren Jahren fortdauerte, und die erst durch den Tod des Dichters getrennt wurde. In Breslau promovirte dann Abegg am 2. Juni 1848 auf Grund einer vorher mit dem akademischen Preise gekrönten Dissertation: de capacitate arteriarum et venarum pulmonalium. — Nach abgelegtem Staatsexamen machte er zur weiteren Ausbildung Reisen nach Prag und Wien, welche Orte damals unter der Aegide Skoda’s und Rokitanski’s als die hohe Schule für physikalische Diagnostik und pathologische Anatomie gelten konnten. Nachdem Abegg im Aufträge der Regierung bei der Bekämpfung der Cholera-Epidemie in Schlesien mitgewirkt, begann er seine ärztliche Laufbahn als Militär -Assistenzarzt in Breslau, Neiße und Schweidnitz und wurde als solcher im Jahre 1851 nach Danzig versetzt. Und hier ist er dann auch zum Segen der Stadt und Provinz dauernd geblieben. Hier begannen auch, wenn ich das bei dieser Gelegenheit berichten darf, meine ersten Beziehungen zu Abegg. Wir hatten zu gleicher Zeit die Universität bezogen, zu gleicher Zeit promovirt, denselben Bildungsgang als Mediciner genossen, und da war es denn nicht verwunderlich, wenn zwischen den beiden jugendlichen, empfänglichen, gleich strebenden Collegen die Freundschaftsbande rasch geknüpft waren — eine Freundschaft, die fast 50 Jahre gedauert hat, die nie auch durch den leisesten Mißklang getrübt war, und die nur der Tod trennen konnte. IX Dem jungen Arzte wurde der schwere Anfang der ärztlichen Thätigkeit nicht erspart. Als Armenarzt — es gab damals nur drei solcher Stellen in der Stadt — wirkte Abegg mehrere Jahre, um dann 1857 die Leitung des Diakonissenhauses und 1863 die Stellung als zweiter Lehrer der Hebammen-Lehranstalt zu übernehmen. Zum Director dieses Instituts wurde er dann nach dem Tode des Dr. Fischer 1866 berufen. Es ist dies dieselbe Anstalt, welche im Anfang der vierziger Jahre der berühmte, später in Erlangen und München wirkende Physiolog E. von Siebold geleitet hat. Leider waren die damals auf Langgarten befindlichen Räumlichkeiten dieser Anstalt durchaus unzulänglich. Schon 1860 hatte Abegg in Casper’s Vierteljahrsschrift auf diesen Uebelstand in seiner dort veröffentlichten Physikatsarbeit: „ Ueber Luftreinigung in Kranken¬ häusern“ mahnend hingewiesen; und so wurde denn sein sehnlicher Wunsch erfüllt, als, zum großen Theil Dank seinem persönlichen Einfluß, gleich nach der Begründung der Selbst¬ ständigkeit der Provinz Westpreußen, im Jahre 1878 mit dem Bau des jetzigen Hebammen¬ institutsgebäudes in der Sandgrube begonnen werden konnte. Dasselbe wurde 1880 bezogen. Abegg hat eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten veröffentlicht. Es seien besonders seine öfters citirten „Beiträge zur Geburtshülfe und Gynäkologie“, Danzig und Berlin 1873 und 1882, hervorgehoben. Weitere Aufsätze erschienen im Archiv für Gynäkologie, in der Monatsschrift für Geburtskunde, in der Berliner klinischen Wochenschrift, in der Festschrift zur Feier des 50jälrrigen Jubiläums der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie zu Berlin, im Centralblatt für Gynäkologie und in den Berichten über die von ihm geleitete Anstalt. Schon 1861 hat Abegg als einer der Ersten dem segensreichen „CREDfi’schen Handgriff“ zur Ent¬ fernung der Nachgeburt die jetzt allgemein anerkannten Wege gebahnt. Auch bei der Her¬ ausgabe der 3. Auflage des Lehrbuchs für Hebammen war er mit thätig. Diese wissenschaftliche Thätigkeit ist um so mehr anzuerkennen, als wohl kaum ein Mann in Abegg’s Stellung so sehr außerhalb seines Berufs in Anspruch genommen wurde. Allen diesen Anforderungen konnte er nur vermöge seiner unermüdlichen Arbeitskraft und seiner unverwüstlichen Arbeitsfreudigkeit gerecht werden. Allein — aliis serviendo con^umor — , so schloß treffend der warme Nachruf, welchen der ärztliche Verein zu Danzig seinem lang¬ jährigen Vorsitzenden und Ehrenmitgliede widmete. Schon im Anfang des verflossenen Jahres erlitt der bis dahin so rastlos Thätige, der nie auf sich selbst Rücksicht nahm, eine leichte Schlagberührung, welche ihm eine längere und anhaltende geistige Thätigkeit unmöglich machte und ihn schließlich zur Niederlegung des Amtes zwang. Am 30. Mai v. J. verließ Abegg mit seiner treuen, seit Jahren leidenden Gattin für immer unsere Stadt und siedelte nach seiner schon lange in seinem Besitz befindlichen Villa in Wiesbaden über. Dort konnte er hoffen, in dem milderen Klima und in dem erheiternden Umgang mit seinem einzigen Sohne noch einige Jahre der Ruhe und des Behagens zuzu¬ bringen. Und wirklich fing er an sich zu erholen, seine Briefe an mich athmeten neue Lebens- hoflfnung und Lebensfreudigkeit. Selbst eine Reise nach Trier unternahm er noch und schickte mir von dort aus, als theures Andenken, eine schöne Abbildung des alten Römerthors, der Porta nigra. Dann aber vollzog sich unerwartet das unabwendbare Lebensschicksal. Seine Gattin schreibt mir darüber: „Am 26. September wurde mit den Verwandten eine Partie nach dem Rheinstein gemacht, bei der leider viel zu steigen war. Mein Mann sagte freilich später, die Partie sei nicht Schuld an seinem Uebelbefinden, er sei schon vorher nicht ganz wohl gewesen. Doch Sie wissen, er war immer hart gegen sich und wollte nie von Schonung etwas wissen. Aber dennoch klagte er Abends über das viele Steigen und stand am folgenden Morgen nicht mehr auf.“ Die Kräfte sanken immer mehr; schon am 29. Sep¬ tember sprach er nur noch wenig, den Tag darauf gar nicht mehr; es trat Bewußtlosigkeit ein, und sanft ging dieser Zustand am 3. Oktober Abends in den ewigen Schlaf über Zu jeder Zeit hat der Entschlafene sein reiches Wissen und Können, überdies unabhängig gestellt durch günstige äußere Verhältnisse, in den Dienst wahrer Humanität gestellt. Wohl- tlmn war dieser edeln und selbstlosen Natur gradezu ein Bediirfniß. Für alle wohlthätigen X und gemeinnützigen Veranstaltungen hat er stets eine offene Hand und werkthätige Theil- nalime gehabt. Seine aufopfernde Thätigkeit an der Spitze des Aufsichtsraths der „Abegg- Stiftung zur Einrichtung gesunder Familienwohnungen für Arbeiter und kleine Handwerker“ wird für alle Zeit unvergessen bleiben. Die Kinderheilstätte in Zoppot verdankt ihre Existenz hauptsächlich Abegg’s unermüdlichem Wirken. Dabei war er in dem hiesigen Aerzteverein seit seiner Gründung ununterbrochen Vorsitzender und in der Naturforschenden Gesellschaft seit Jahren stellvertretender Vorsitzender. So recht zur Erscheinung kam die Liebe und Verehrung, deren Abegg sich in allen Kreisen erfreute, bei Gelegenheit seines 50jährigen Doctorjubiläums am 2. Juni 1898, Das war so zu sagen ein Familienfest der ganzen Stadt und der Provinz, und keinem Würdigeren konnte an diesem Festtage die Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt iiberbracht werden, als gerade ihm. Sein Andenken wird für alle Zeiten ein gesegnetes sein. Sodann spricht Herr Professor Evers in einem ausführlichen Vorfrage über Wesen und Bedeutung des Telephonographen. Diese neueste geniale Erfindung des dänischen Ingenieurs Vai.demar Poulsen hat auf der Weltausstellung zu Paris sehr großes Aufsehen erregt. Einleitend erwähnt der Vor¬ tragende die Versuche von Edison, die Schwingungen einer Telephonplatte auf mechanischem Wege zu fixiren und zu reproduciren, welche zwar mißlangen, aber ihn zur Erfindung seines bekannten Phonographen führten, und die von Frölich, durch welche auf optisch-photo¬ graphischem Wege die Fixirung der Telephonschwingungen gelang, während wegen der Nicht¬ umkehrbarkeit dieses Vorganges eine Reproduction auf diesem Wege ausgeschlossen ist. Der Erfindung Poulsen’s liegt ein umkehrbarer, elektromagnetischer Vorgang zu Grunde. An der Hand von auf Glas ausgeführten Zeichnungen, die auf einen Schirm projicirt werden, erläutert der Vortragende dann das Wesen der Lautübertragung mit Mikrophon und Telephon, wobei er das vorzüglich wirkende neue Körner-Mikrophon (Patent Mix und Genest), das von der Reichspostverwaltung in großem Umfange für ihre Fernsprechanlagen eingeführt ist, eingehend erklärt. Wird in den Fernleitungskreis einer solchen Anlage statt des Telephons ein kleiner Elektromagnet eingefügt, vor dessen Polen ein Stahldraht gleichmässig vorbei¬ gezogen wird, so ist die „Schreib “-Vorrichtung des Telephonographen oder Telegraphons im wesentlichen fertig. Die bei der Benutzung dieses Apparates sich abspielenden Vorgänge sind nun folgende: Spricht man in ein Mikrophon hinein, so wird dadurch eine Sprechplatte in Schwingungen versetzt, die den allen Lauten zu Grunde liegenden Luftschwingungen isochron verlaufen und auch der Stärke nach sich in demselben Maße wie jene ändern. Hierdurch wird aber der Contact der sich lose berührenden Kohlenkörner ein innigerer bezw. loserer, es treten also Widerstandsänderungen in einem die Kohlencontacte in sich enthaltenden Stromkreise und dementsprechend Stromschwankungen ein, die in einem kleinen Umformer durch Induction auf die Fernleitung übertragen werden. In den Windungen des im Fernleitungskreise ent¬ haltenen kleinen „Schreibmagneten“ verlaufen demnach Inductionsstöße, welche in den Eisen¬ kernen des Elektromagneten der Stärke und Polarität nach sich ändernde Magnetisirungen hervorrufen. Der Stahl besitzt nun die Eigenschaft, im Gegensatz zu weichem Eisen, die ihm ertheilten Magnetisirungen dauernd festzuhalten. Befindet sich also dicht vor den Polen ein Stahldraht, so wird ihm durch einen Inductionsstoß, der ja in den Eisenkernen bestimmte Pole von bestimmter Stärke hervorruft, in Folge der sog. magnetischen Influenz eine dauernde Magnetisirung von bestimmter Richtung ertheilt; diese kann sich nach dem Prinzip der Super¬ position über eine anfängliche gleichförmige Magnetisirung überlagern. Es entsteht dadurch wenn wir bildlich diese anfängliche Magnetisirung als magnetische Hochebene bezeichnen, auf derselben ein magnetischer Berg bezw. ein magnetisches Thal. Und läßt man jetzt den Stahldraht mit passender Geschwindigkeit vor dem Elektromagneten vorbeiziehen, so wird dadurch die zeitliche Aufeinanderfolge der Inductionsstöße und Magnetisirungen des Elektro- XI magneten in einer örtlichen Aufeinanderfolge von Magnetisirungspunkten oder, in obigem Bilde, von magnetischen Bergen und Thälern auf dem Stahldraht fixirt. Diese magnetische „Schrift’1 ist eine dauernde und kann nach einer beliebigen Zeit in Form von Sprachlauten, und zwar beliebig oft, reproducirt werden. Um letzteres auszuführen, kehrt man den vorher beschriebenen Vorgang um, indem man den „beschriebenen“ Stahl¬ draht vor einem gleichen Elektromagneten und mit der gleichen Geschwindigkeit vorbeiführt und hierbei in den Leitungskreis des Elektromagneten ein Telephon einschaltet. Beim Vor¬ überziehen der magnetischen Berge und Thäler erhalten die Elektromagnetkerne durch Influenz dieselben kurzdauernden Polaritäten, die sie beim „Schreiben“ hatten, und es entstehen in den Elektromagnetwindungen wieder dieselben Inductionsstromstöße, in derselben zeitlichen Auf¬ einanderfolge. Diese umfließen auch die Telephonwindungen und bringen dadurch in dem eingeschlossenen Stabmagneten Verstärkungen bezw. Schwächungen des Magnetismus hervor. Hierdurch wird endlich die davor befindliche Eisenmembran in Schwingungen versetzt, welche sich auch den daran stoßenden Lufttlieilchen mittheilen, und so im Ohr als Töne wahr¬ genommen werden. Und da bei allen genannten Umformungen der Isochronismus der Schwin¬ gungen bewahrt wird und jede Umformung für alleTheile der Schwingungen im gleichen Intensitäts- verliältniß erfolgt, so muß das Telephon dieselben Töne bezw. Spraclilaute wiedergeben, welche ursprünglich die Mikrophonschwingungen verursachten. Wenn ein derartig „beschriebener“ Stahldraht für die Aufnahme einer neuen „Schrift“ geeignet sein soll, so muß, wie auf einer Schiefertafel, erst die alte Schrift „gelöscht“ werden. Dazu führt man den Draht vor dem kräftig magnetisirten Elektromagneten vorüber, wodurch ihm eine gleichförmige Magnetisirung ertlieilt wird. Die magnetischen „Berge“ und „Thäler“ werden dabei eingeebnet, und so ist wieder eine magnetische „Hochebene“ hergestellt, die zur Aufnahme neuer magnetischer Eindrücke bereit ist. Nachdem der Vortragende die soeben skizzirte Theorie des Telephonographen dargelegt, geht er, nach einer Erläuterung der vorzunehmenden Umschaltungen, dazu über, die darauf basirten mechanischen und elektromagnetischen Constructionselemente des Apparats selber zu erklären. Zu dem Vortrage hat die durch ihre Erzeugnisse auf allen Gebieten des Schwach¬ stroms, ganz besonders durch ihre Fernsprech- und Ilaustelegraphen-Apparate einen W eltruf genießende Firma Mix & Genest zu Berlin, als Licenzinliaberin für Deutschland, in entgegen¬ kommendster Weise einen vorzüglichen Versuchs- Apparat mit allem Zubehör zur Verfügung gestellt. Eine genauere Beschreibung desselben würde zu weit führen. Seine Benutzung er- giebt eine reine und deutliche Lautwiedergabe, trotzdem vier Telephone nebeneinander ge¬ schaltet sind, was natürlich eine bedeutende Schwächung der wirksamen Stromstöße zur Folge hat. Von den Anwendungen wird, außer der Aufbewahrung und Reproducti on einer tele¬ phonischen Mittheilung, die Möglichkeit einer telephonischen Nachrichtgebung in Abwesenheit einer an das Fernsprechnetz angeschlossenen Person erwähnt. Von weiteren Anwendungen des telegraplionischen Princips behandelt der Vortragende dann noch die Mittheilung derselben telephonischen Nachricht an eine ganze Reihe von Tlieilnehmern, wobei ein endloses rotirendes Stahlband zur Anwendung kommt, ebenso wie bei dem von Poulsen’s Mitarbeiter Pedersen darauf gegründeten System der Zweifach-Telephonie. Als voraussichtlich wohl wichtigste Anwendung dieses Princips, erläutert er endlich noch die Möglichkeit der Construction eines darauf beruhenden Telephon-Relais. Muß nun auch die Praxis erst darüber das entscheidende Wort sprechen, wie weit alle diese Anwendungen des telegraplionischen Princips sich für ihre Erfordernisse eignen und bewähren, so ist vom wissenschaftlichen physikalischen wie technischen Standpunkt aus die PoULSEN’sche Erfindung als eine höchst interessante und wichtige Erscheinung zu bezeichnen, der voraussichtlich auch ein nicht unwichtiger Platz in der Reihe der modernen Verkehrsmittel zu Th eil werden wird. XII Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, erstattet sodaim den Jahresbericht für das Jahr 1900 (vergl. diese Schriften, X. Band, 2./ 3. Heft, Seite LXX — LXXVI), und im Anschluß daran werden die Berichte über die Thätigkeit der Sectionen im Jahre 1900 (vergl. ebendort, Seite CX — CXVII) von den Vorsitzenden derselben vorgelegt. 2. Sitzung am 23. Januar 1901. Herr Professor Momber legt neue Druckschriften des Herrn Dr. Pincus vor und theilt mit, daß am Mittwoch, den 30. Januar, Abends 7 Uhr, in der Aula des Königlichen Gymnasiums (Weidengasse) Herr Oberlehrer Dr. Gaede über seine vorjährige Reise durch den griechischen Archipel sprechen wird, unter Vorführung von Lichtbildern. Hierauf spricht in längerem Vortrage Herr Dr. S. Meyer über Hypnotismus und Spiritismus im Lichte der wissenschaftlichen Forschung. Es ist ein großes Verdienst der medicinisehen Wissenschaft, daß es ihr gelungen ist, aus den unzähligen Behauptungen der sogenannten okkulten Wissenschaften wichtige Thatsachen herauszufinden, deren Gesetzmäßigkeit nachzuweisen und sie praktisch und theoretisch zu verwerthen. Es ist dies vor allem die Thatsache, daß es möglich ist, jeden geistig gesunden Menschen durch sogenannte „Suggestion“ in einen veränderten Geisteszustand zu versetzen, welchen wir Hypnose nennen, und dessen wichtigste Eigenschaft darin besteht, daß er eine Erhöhung der Aufnahmefähigkeit für weitere Suggestionen bewirkt. „Suggestion“ ist die Jemandem beigebrachte Vorstellung einer nervösen Function von genügender Leb¬ haftigkeit, um die betreffende Function wirklich auszulösen. Ein Beispiel aus dem täglichen Leben ist die bekannte Erfahrung, daß Gähnen, Jucken und dergleichen ansteckend wirken. Erweckt man absichtlich in Jemandem die Vorstellung des Juckens, des Müdeseins und weiter des Schlafens mit solchem Erfolge, daß wirklicher Schlaf eintritt, so ist der Betreffende hypnotisirt, und dieses Vorgehen ist bei jedem geistig gesunden Menschen möglich, die Hypnose aber eine normale, und nicht, wie man zuerst glaubte, eine krankhafte Erscheinung. Die Hypnose unterscheidet sich aber vom Schlafe vornehmlich dadurch, daß eine Ver¬ bindung zwischen dem Hypnotisirten und dem Hypnotiseur hergestellt wird, die man Rapport nennt, und die es ermöglicht, sämmtliche Functionen, die dem Nervensystem unterworfen sind, in der Hypnose durch Suggestion zu beeinflussen. Damit sind alle Erscheinungen, die in der Hypnose hervorzurufen sind, zu erklären, und dieselben verlieren jeden Anschein des Wunder¬ baren und Uebernatürlichen. Nur muß man sich vergegenwärtigen, daß nicht etwa bloß die¬ jenigen Functionen beeinflußt werden können, welche dem Willen unterworfen sind, sondern auch eine Anzahl solcher, welche wohl dem Nervensystem, nicht aber der Willensbestimmung unterstellt sind, wie Erröthen und Erblassen, die Darmbewegungen u. s. w. — Aus dem Vorstehenden ergiebt sich von selbst, wie man die Hypnose für Heilzwecke bei nervösen Störungen verwerthen kann. — Zu den Erscheinungen der Hypnose gehört der Somnambulismus, das Schlafwandeln, ein Zustand von unbewußtem, traumhaften Handeln, in welchem oft die complicirtesten Dinge verrichtet werden, die nach der Ansicht der Spiritisten auf eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit in diesem Zustande schließen lassen. Verführerisch genug für diese Annahme sind allerdings viele Beobachtungen an Somnambulen, bei genauerer Untersuchung jedoch hat es sich bisher immer noch herausgestellt, daß bei all den beschriebenen Wunderthaten nur eine Einschränkung der Geistesthätigkeit vorhanden ist. Hierin liegt aber die ganze wissenschaftliche Frage des Spiritismus, denn sämmtliche behaupteten übernatürlichen Leistungen der spiritistischen Medien werden im somnambulen Zustande voll¬ bracht. Zum Schlüsse betont Vortragender, daß mit Unrecht bisher alle spiritistischen Experimente in das Gebiet des Humbugs verwiesen wurden, neuerdings geht man von wissen¬ schaftlicher Seite an die Nachprüfung derselben. XIII An den fesselnden Vortrag schließen die Herren Sanitätsrath Dr. Semon und Dr. Oehlschläger Mittheilungen über interessante einschlägige Begeben¬ heiten an. Herr Oberlehrer Dr. Dahms macht sodann Mittheilungen zur Kenntniß der chemischen Constitution des Bernsteins. Die Zahl der Analysen über fossile Harze ist eine recht bedeutende. Ist die Zusammen¬ setzung schon für sich interessant, weil sie den chemischen Bau der Bernsteinarten zum Ausdruck bringt, so vermag sie außerdem noch wichtige Aufschlüsse für die vorgeschichtliche Forschung zu geben. Man glaubt u. a aus der bloßen zahlengemäßen Zusammensetzung leicht entscheiden zu können, ob der in alten Grabstätten der verschiedenen Länder angetroffene Bernstein der preußischen Küste oder dem Boden entstammt, wo er aufgefunden wurde. Da aber ein fossiles Harz leicht der Verwitterung anheimfällt und damit auch seine chemische Zusammensetzung ändert, so ist jede chemische Analyse für spätere Yerwerthung unbrauchbar, wenn nicht hinzugefiigt wird, wie die Substanz sich in physikalischer Hinsicht verhält. Farbe, Durchsichtigkeit, Schmelzpunkt und specifisches Gewicht sind zum vollen Verständniß einer solchen Untersuchung unbedingt nothwendig; sie geben erst Gelegenheit, über den Grad der Zersetzung, die Eigenthümlichkeit der Lagerstätte oder andere interessante Daten Schlüsse zu ziehen. Ebenso geben Formeln, welche für verschiedene Bernsteinarten aufgestellt wurden, nicht ohne weiteres die Zusammensetzung an; auch hier sind nähere Angaben nothwendig. Der Vortragende hat versucht, aus den vorhandenen Analysen die Beziehungen heraus¬ zufinden, welche während des fortgesetzten Wechsels in der Zusammensetzung unverändert bleiben Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen gelang es ihm, mittels einer graphischen Methode den gewünschten Einblick zu gewinnen. Die Untersuchungen erstreckten sich zu¬ nächst nur auf den baltischen Bernstein in engerem Sinne, den Succinit. — Trägt man auf Millimeter-Papier in horizontaler Richtung die für Kohlenstoff ermittelten YVerthe auf, errichtet in den gefundenen Punkten Lote, welche gleich den für Wasserstoff niedergelegten Zahlen gemacht werden und verbindet die nunmehr erhaltenen Punkte durch eine Linie, so muß diese die Beziehungen zwischen den Werthen für Kolilenstoffund den zugehörigen für Wasserstoff angeben. Es ergiebt sich in diesem Falle eine gerade Linie. Aus einfachen trigonometrischen Betrachtungen läßt sich dann ferner folgern, daß diese Gerade unter einem Winkel von 7° 33' 30" gegen die Horizontale verläuft, und daß man den für Kohlenstoff ermittelten Werth am klaren Succinit nur mit der constanten Zahl 0, 13269 zu multipliciren hat, um für jeden Verwitterungszustand des klaren Steins den zugehörigen Werth für Wasserstoff zu finden. Man ist deshalb in der Lage, die chemische Constitution in einfacher Weise so zum Ausdruck zu bringen, daß sie für alle Fälle Giltigkeit hat. Nach diesem günstigen Ergebniß hat der Vortragende, soweit es ihm möglich war, das vorhandene Material von Analysen über fossile und recente Harze und ähnliche Körper ge¬ sammelt und ebenfalls in Rechnung gezogen. Von den vorliegenden 76 Resultaten geben die äußersten Werthe der Siegburgit und der Geomvricit. Die für sie gefundenen Linien bilden mit der Horizontalen Winkel von 3° 41' 54", beziehungsweise 9° 32' 22". Für ca. 4/s der Analysen haben die so gebildeten Winkel aber eine Größe von ungefähr 6° 17' bis 70 58', so daß auf dem Flächenraum zwischen den Schenkeln eines Winkels von nur 1° 41' die für 64 Analysen ermittelten Linien verlaufen. Zeigt sich hieraus schon die nahe Verwandtschaft in der Zusammensetzung einer großen Menge von fossilen Harzen, so wird die überaus große Ueber- einstimmung in der Zusammensetzung noch besonders dadurch ersichtlich, daß nicht weniger als 22 Analysen der verschiedenartigsten Körper von denen des baltischen Bernstein nicht verschieden sind. Mit Hilfe der oben beschriebenen Methode läßt sich ermitteln, daß auch für andere in Betracht kommende Körper das Verhältniß zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff im Laufe der Yrerwitterung dasselbe bleibt Es ergiebt sich, daß auch die für Scliraufit gewonnenen Zahlen gut übereinstimmen, weil nur verschiedene Erhaltungszustände vorliegen, und daß bei der XIV Verwitterung des Ozokerit keine Verflüchtigung leicht flüchtiger Kohlenwasserstoffe stattfindet. Es zeigt sich ferner, daß der baltische und der sicilianische Bernstein einerseits, der rumänische und birmanische andererseits eng geschlossene Gruppen bilden, zwischen denen eine große Kluft liegt. Vor allem ergiebt sich aber, daß die chemische Analyse allein außer Stande ist, ein fossiles Harz ohne weiteres der einen oder anderen Art zuzugesellen.*) An diesen Vortrag schließt Herr Dr. Helm in Kürze einige Bemerkungen an. Schließlich demonstrirt Herr Professor Dr. Conwentz einen seltenen Gast aus der nordischen Vogel weit, einen sogenannten Tölpel, Sula bassana Gray, aus der Verwandtschaft der Cormorane und Pelikane, der 1899 im Lauen¬ burger Kreise gefangen wurde. Es ist das erste Exemplar dieser Art, das hier im Gebiet bisher beobachtet wurde. 3. Sitzung am 4. Februar 1901. Der Director der Gesellschaft, Herr Professor Momber, begrüßt das Correspondirende Mitglied, Herrn Professor Dr. DEECKE-Greifswald, der trotz Eis und Schnee die Reise zum Vortrage nicht gescheut hat. Nachdem Herr Professor Deecke seinen Dank ausgesprochen für seine vor zwei Jahren erfolgte Ernennung zum Correspondirenden Mitgliede, begründet er die Wahl des Themas mit der von der Gesellschaft zum 1. April 1902 gestellten Preis¬ aufgabe, die sich auf eiszeitliche Erscheinungen bezieht. Er spricht sodann über die Eiszeit im Ganzen, als geologische Epoche, nach ihrer Ursache, Dauer und Wirkung. Zunächst wird die Eiszeit cliarakterisirt als die dem Auftreten des Menschen in Europa unmittelbar vorangegangene Periode, ja es hat der Mensch schon während der Vereisung in milderen Zwischenzeiten auf unserem Contineut gewohnt. Dann folgt eine Schilderung der Ausdehnung der Eismassen in Europa und Nordamerika. Im Norden beider Festlandsmassen hatten wir enorme Inlandeisdecken, von denen uns Grönland heute ein schwaches Abbild giebt. Die höheren Gebirge, wie die Alpen, das Felsengebirge, lagen unter tief herunter¬ reichenden Gletschern, die n. a. die ganze Mittelschweiz erfüllten und über den Bodensee bis in das Donaugebiet vorgedrungen waren. Auch die Mittelgebirge, wie Schwarzwald, Vogesen, Harz, trugen ihre kleinen Firnmulden auf den Höhen und kurze Eisströme in den Thälern. Die Spuren dieser Vergletscherung sind uns in den erratischen Blöcken, End- und Grund¬ moränen mit gekritzten, fremden Gesteinen, in den Schliffen auf festem Fels, in den Rund- höckern erhalten und geben uns durch den Vergleich mit den heutigen Gletschern und deren Bewegung oder Gesteinstransport die sicheren Hilfsmittel an die Hand, uns auch die früheren geologischen und glacialen Verhältnisse zu reconstruiren. Wodurch ist diese gewaltige Ansammlung von Eis entstanden? Zur Erklärung hat man erstens angenommen, daß die Erdwärme nachgelassen hätte, dann müßte aber heute das Eis noch vorhanden sein; zweitens ist die Vermuthung ausgesprochen, das Sonnensystem passirte kalte und warme Räume im Weltenall; das hieße aber eine Hypothese auf die andere pfropfen. Drittens hat man die Stellung der Erdachse und deren Wandelbarkeit in Folge der Präcession der Tag- und Nachtgleichen herangezogen. Das erfordert wegen der Periodicität aber eine Wiederkehr der Vereisung, von der wir bisher keine Spuren kennen. Nur im Karbon Indiens, Südafrikas und Australiens sollen glaciale Wirkungen nachweisbar sein, also unter dem Aequator und in der warmen Zone, woraus völlig andere klimatische Bedingungen sich ergeben *) Eine ausführlichere Arbeit des Vortragenden über diesen Gegensiand findet sich in diesen Schriften, X Band, 2./3. Heft, Seite 243—257. XV müßten Dann hat man neuerdings, von den heutigen Gletschern ausgehend, mit dem Glauben an große Kälte während der Eiszeit gebrochen. Die Eiszeit ist vielmehr eine Zeit von ziemlich beträchtlicher mittlerer Wärme gewesen, was die Pflanzen der sog. Interglacial- perioden beweisen. Aber es müssen große Niederschläge (Schnee) auf den polaren Höhen und den Gebirgen Europas und Nordamerikas niedergefallen sein, mehr als wegthauen konnten, so daß die daraus entstandenen Gletscher allmählich weit gegen Süden Vordringen konnten. Die Gründe dieser heftigen Schneefälle liegen vielleicht in der Zerstörung der atlantischen Landbrücke und in dem Eindringen des Golfstroms in das Polarmeer. Hierfür werden vom Vortragenden die verschiedenen geologischen Thatsachen angeführt. Sobald sich ein Aus¬ gleich der Wasser vollzogen hatte, mußten die Schneemassen und damit auch die Gletscher zurückgehen; es trat eine gewaltige Abschmelzperiode ein, wo sicli in allen Glacialgebieten starke Ströme entwickelten, welche das Relief des Bodens wesentlich umgestalteten. Die Eiszeit war insofern nicht einheitlich, als sich auch während derselben bedeutende Schwankungen des Eisrandes vollzogen. Auf weite Landstrecken wich der Gletscher zurück, um dann wieder vorzustoßen. Man unterscheidet meist zwei solche Interglaeialperioden mit drei¬ maligem Vordringen. Die Zahl dieser Oscillationen wechselt selbstverständlich mit der Gegend; in Schweden ist vielleicht nur eine Eiszeit vorhanden gewesen, in Norddeutschland im allge¬ meinen drei Eisbedeckungen, in Schottland hat Geikie gar fünf unterschieden. Die Zeit seit der letzten Vereisung und die Dauer der Eiszeit hat man versucht, auf verschiedene Weise zu berechnen. Die aushobelnde Wirkung der Alpengletscher kann zur Eiszeit die Delta- und Schuttmassen des Kanderbaches, des Bödeli bei Interlaken und des Meiringer Thaies nicht haben bestehen lassen; diese sind also erst seit der letzten Vereisung entstanden, und unter Zugrundelegung ihres gegenwärtigen Anwachsens gelangt man zu Zahlen zwischen 12- und 15 ('00 Jahren. Zu ähnlichen Ergebnissen führten die Untersuchungen Heiji’s über das Delta des Muottaflusses am Vierwaldtstädter See; sowie über die Braunkohlen der Schweiz, die zwischen Moränen liegen. Diese Braunkohlen müssen nach der Berechnung von Heer 6000 Jahre zu ihrer Bildung gebraucht haben. Nimmt man zwei derartige Inter- glacialzeiten an, so könnte man eine Mindestdauer von 12000 Jahren für die Vergletscherung der Schweiz erhalten, aber da man über die Zeit des Vorrückens und des Beharrens nichts weiß, hat diese letzte Zahl recht wenig Werth. Dagegen kennt man sehr genau die Wirkungen der Eiszeit. Dieselben bestehen in allen von ihr betroffenen höheren Gebieten in einer vollständigen Forträumung alles Ver¬ witterungsschuttes, in der Bioslegung und Rundung des festen Gesteins und in der Fort¬ schaffung aller Trümmer in die tiefer gelegenen Abschmelzdistricte in, auf oder unter dem Eise. Schweden und Finland verdanken ihre Schärengürtel und die zahllosen runden Buckel dieser modellirenden Thätigkeit des großen Ostseegletschers und seiner Zuflüsse, ja die Ostsee¬ rinne selbst ist in ihrer heutigen Gestalt ein Product derselben. Das ursprünglich fertige Flußsystem ist durch die Schaffung zahlloser Riegel wieder ein primitives mit zahllosen Seen geworden, deren Ausflüsse jetzt in all den Stromschnellen und Wasserfällen daran arbeiten, den geregelten Lauf zum Meere aufs Neue herzustellen. In der norddeutschen Tiefebene, die vorher ein Hügelland gewesen sein wird, haben die Eismassen alle losen Schichten der Ober¬ fläche aufgewühlt und zum Theil abgetragen, landeinwärts bis an den Fuß des Mittelgebirges geführt und mit all dem mitgeführten nordischen Schutt die Unebenheiten ausgeglichen. Im Durchschnitt bedecken 50 m solcher Glacialproducte den alten Boden im Bereiche der Tief¬ ebene. Der vorrückende Gletscher schuf die Geschiebemergel, der stillstehende geschwungene Schutthügel in seinen Endmoränen, der weichende enorme Sand- und Geröllmassen durch seine Schmelzwasser. Geschiebemergel und Sande wechseln im Untergründe der Ebene mit einander und enthüllen uns deren Geschichte und Entstehung. Die Endmoränen schüttete das Eis zu langen, nur durch die Schmelzwasserpforten unterbrochenen Hügelketten auf. Die der letzten Vereisung sind uns genau bekannt und lassen sich von Jütland über Holstein, Mecklenburg und Pommern bis in die Provinzen Ost- und Westpreußen verfolgen. Da das Ostseebecken XVI mit Eis erfüllt war und die Endmoränenbogen den Abfluß der Schmelzwasser und der ost¬ deutschen Flüsse hinderten, so muß das Flußsystem ganz anders gewesen sein. An der Hand der von Berendt, Wahnschaffe und Keilhack gelieferten Arbeiten wird dieses Flußsystem, welches alle Wasser der Elbe zuführte, kurz geschildert. Sobald in der Schweiz und in Norddeutschland die Wasser sich verlaufen hatten, wurden die weit ausgedehnten, unbewachsenen Flußbetten mit ihren Sandmassen trocken gelegt, und nun konnte sich in diesem wüsten, vegetationslosen Lande die Kraft der Winde frei entfalten. Sandschliffe, Dreikanter und wahrscheinlich die Lößbildung in allen Thälern und Tiefen Mitteldeutschlands sind deren Spuren. Eiszeitlicher Entstehung sind ferner die Flußterrassen des Rhein-, Donau- und Rhonegebiets, ein Theil der oberbaierischen und fast alle norddeutschen Seen. Letztere gliedern sich in Stauseen hinter den Moränen und in Flußthalseen, welche an den tieferen ausgekolkten Stellen der Schmelzwasserrinnen zurückgeblieben sind. Die zahlreichen kleinen rundlichen Wasserlöcher erklärt man am besten als Einbruchstrichter über todtem Eis in der Grundmoräne. Was vom Norden Europas gilt, kann man ohne Aenderung direct nach Nordamerika übertragen, alle Erscheinungen finden sich dort wieder. Zum Schlüsse wird dann an dem Beispiel des Schwarzen Meeres und des Missisippi gezeigt, welche großartigen Verschiebungen in dem Abfluß der Niederschläge die Vereisung hervorgebracht hat. — Durch Landkarten, Kartenskizzen und Photographien wird der fesselnde Vortrag reich illustrirt. 4. Sitzung am 6. März 1901. Zunächst überreicht Herr Professor Dr. Conwentz das von Frau Geheim¬ rath Cohn in Breslau eingesandte Buch ,, Ferdinand COHN. Blätter der Erinnerung. Zusammengestellt von seiner Gattin Pauline Cohn. Mit Beiträgen von Professor F. Rosen. Breslau 1901.“, worin sie ihrem verewigten Gatten, dem Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, in liebevoller Verehrung ein literarisches Denkmal setzt. Die Schrift war ursprünglich nur für die Familie bestimmt, jedoch hat sich die Verfasserin auf den Rath wohl¬ meinender Freunde dazu entschlossen, sie auch einem größeren Kreise zugänglich zu machen. Zum großen Theil sind Aufzeichnungen des Ver¬ storbenen selbst benützt und durch weitere Ausführungen von der Hand der Herausgeberin zu einem vollständigen, lebensfrischen Bilde vereinigt. Kein Anderer wäre hierzu so berufen gewesen, als die ihm geistig ebenbürtige Frau, welche als Schutzgeist in seinem Hause gewaltet und als bester Freund an seinen Arbeiten wie Unternehmungen einen verständnißvollen, vielfach auch fördernden Antheil genommen hat. Das in stattlichem Gewände erschienene Buch ist mehr als eine einfache Biographie; es bietet auch culturhistorische Ausblicke auf vergangene Zeiten und anziehende Schilderungen von Reisen, im Engeren und Weiteren, die von Beiden immer gemeinsam unternommen wurden. Dazu erfährt es eine Ergänzung durch besondere Würdigung der rein wissenschaftlichen Thätigkeit Cohn’s von Seiten eines Fachmanns, Pro¬ fessor Rosen, welcher des Verstorbenen langjähriger letzter Assistent gewesen ist. Ein Abschnitt enthält interessante Mittheilungen über die von Cohn mit Opfern lange energisch betriebene und nach mancherlei Schwierigkeiten endlich durch¬ gesetzte Gründung des Pflanzenphysiologischen Instituts zu Breslau, des ersten der Art in Deutschland. In einem andern Abschnitt sind seine Beziehungen XV 11 zu Robert Koch zum ersten Mal für weitere Kreise erörtert. Dieselben wurden eingeleitet durch einen Brief Koch’s aus Wollstein, vom 22. April 1876, worin er mittheilt, daß er durch Cohn’s Arbeiten über Bacterien angeregt, sich mit der Untersuchung der Entwickelung des Milzbrand-Bacillus beschäftigt habe; bevor er jedoch damit an die Öffentlichkeit trete, möchte er Cohn um die Erlaubniß bitten, nach Breslau kommen zu dürfen, um ihm im Pflanzen¬ physiologischen Institut während einiger Tage die nothwendigen Experimente vorzuführen. Cohn erkannte in der ersten Stunde des Zusammenseins mit Koch in ihm einen Forscher von hervorragender Begabung und hat ihn in der Folge unablässig gefördert. Die Erinnerungsblätter sind mit trefflichen Bildern ausgestattet; zu einem derselben, welches den malerischen Blick von Coiin’s alter Wohnung auf den Schweidnitzer Stadtgraben darstellt, ist an¬ scheinend eine von der kunstgeübten Hand der Verfasserin einst ausgeführte Vorlage benutzt worden. Das Buch wird von Allen, die an des Verewigten wissenschaftlicher oder menschlicher Persönlichkeit Interesse genommen, mit leb¬ hafter Freude begrüßt werden; besonders auch in unserer Stadt und Provinz, wo ihm über das Grab in zahlreichen Schülern und Freunden dankbare Herzen schlagen. Hierauf spricht Herr Oberlehrer Ganske in längerem, von Lichtbildern illustrirtem Vortrage über eine Osterreise in die Klöster des Hagion Oros (Athos). Der Vortragende, der vom 1. April 1896 bis 30. Juni 1900 in Konstantinopel lebte, liat schon im Sommer 1897, während eines längeren Aufenthaltes auf der Insel Lesbos den Plan gefaßt, den Athos zu besuchen. Eist Ostern 1900 war ihm die Ausführung möglich. Die Klöster sind sehr interessant. Die Halbinsel Athos, 50 km lang, 5 — 10 km breit, steht durch einen 2 km breiten Isthmus mit der Halbinsel Chalkidike in Verbindung. Sie stellt einen Bergrücken von 200 — 1200 m Höhe dar, an dessen südlichem Ende der 2000 m hohe Marmor¬ kegel des Atliosberges schroff emporsteigt und ebenso schroff zum Meere sich senkt. Der Bergrücken ist bewaldet, Wasser ist reichlich vorhanden. Da nur wenig Ackerboden zu finden ist, so sind die den Athos bewohnenden Menschen (ca. 10 000 Mann, nämlich ca. 7000 Mönche und ca. 3000 Koafuxoi, Nichtgeistliche, dienende Leute) auf äußere Hilfe angewiesen, In der That besitzen die 21 Klöster des Athos bedeutende Liegenschaften in Makedonien, Rumänien, Rußland etc., von deren Ertrage alle Bedürfnisse bestritten werden. Etwas ver¬ dienen die Mönche durch Herstellung von Schnitzereien und Malereien, sowie durch Betteln. Das Betreten des Athos ist für Personen weiblichen Geschlechts verboten. Selbst weibliche Tliiere werden nicht gehalten. Die Klöster bilden eine Republik unter türkischer Hoheit. Der Hauptort, der aus wenigen einzelnen Gehöften besteht, Karyes, ist Sitz der regierenden Synode, zu der jedes Kloster ein Mitglied stellt. Die laufenden Geschäfte er¬ ledigt ein Ausschuß von vier Personen. Als Vertreter des Sultans und als Aufsichtsbehörde fungirt ein ebenfalls in Karyes ansässiger Kaimakam (Landratli), der, den Ordnungen des Athos entsprechend, seinen Harem nicht mitbringen darf. Im Altertlmm war der Athos be¬ kannt wegen seiner Höhe sowie wegen der mannigfachen Schiffbrüche an seiner Küste (die persische Flotte 492 v. Ohr.). Im 5. oder 6. Jahrhundert entstanden die ersten Klöster, mancher Fürst suchte in ihnen Ruhe und beschloß in ihnen sein Leben, so Konstantin Monomaches (11. Jahrhundert) und ein serbischer König. 1453 schlossen die Mönche mit Mohammed II., dem Eroberer, einen günstigen Vertrag, dessen Bestimmungen im wesentlichen noch jetzt gelten: Selbstverwaltung und, als Anerkennung der türkischen Hoheit, Tribut¬ zahlung. Im griechischen Freiheitskriege haben sich die Mönche etwas compromittirt, doch kamen sie mit einer zeitweiligen strafweisen Einquartirung von Albanesen glimpflich davon. 2 XVIII Die Reisevorbereitungen wurden sein* erleichtert durch die g tige Hilfe Sr. Excellenz des Herrn Kaiser!. Botschafters Marschall von Bieberstein. Ihm verdankte die aus sechs Herren bestehende Reisegesellschaft Empfehlungsbriefe von Sr. Heiligkeit dem Oekumenischen Patriarchen und Sr. Excellenz dem Kaiserlichen Russischen Botschafter sowie Erleichterung der Paßscherereien. Am 11. April traten die Theilnehmer auf dem kleinen griechischen Dampfer „Chios“ die Reise an. Die Fahrt berührte Gallipoli (Landung der Türken 1356) und Tschanak-Kalessi (Dardanellen). Nach stürmischer Fahrt landete man am 12. April Abends. Am 13. früh wurde das russische Kloster St. Panteleimon besucht, in dem man großartige Gastfreundschaft fand. Pater PaIssy, der früher in München und in Berlin russischer Botschaftsprediger gewesen ist, übernahm die Führung durch die ausgedehnten Anlagen seines Klosters — die der Vortragende eingehend schildert — und sodann nach Karyes, der russischen „Skiti“ (Nebenkioster) St. Andreas, dem griechischen Kloster Vato- pedi und dem bulgarischen Kloster Zographu. Vatopedi ist besonders interessant wegen seines Reichthums, seines hohen Alters, seiner Reliquien und seiner Organisation. Es ist „ idiorhy thmis cli “ , d. h. die Mönche leben völlig für sich und erhalten vom Kloster nur die zum Leben notliwendigen Dinge. Ueberall traf der Vortragende eine geradezu fürstliche Gastfreundschaft. Das ist um so mehr anzuerkennen, als gerade die strengen Fasten herrschten. Der Vortragende giebt Bericht von dem Leben und Treiben der Mönche. Vom bulgarischen Kloster aus ging es mit Segelboot zur Dampferstation Daphni, von der aus die Weiterfahrt nach Salonicki und die Rückkehr nach Konstantinopel erfolgte. 5. Sitzung- am 20. März 1901. Vor Eintritt in die Tagesordnung widmet Herr Professor Dr. Conwentz dem am 10. März verstorbenen, langjährigen Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. J. Kiesow, folgende Erinnerungsworte: Der Hingeschiedene war am 27. Mai 1846 in Vorbein, Kreis Grimmen in Neuvorpommern, geboren. Nachdem er das Gymnasium zu Greifswald Ostern 1866 absolvirt hatte, lag er dem Studium der Naturwissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Greifswald und Göttingen ob und wurde im Herbst 1869 in Göttingen auf Grund einer chemischen Dissertation (Ueber einige vom Aethyl-Benzol sich ableitende Verbindungen) zum Dr. phil. promovirt. Sodann nahm er an dem Feldzug in Frankreich 1870/71 Theil und kämpfte in 14 Gefechten und Schlachten mit, darunter auch bei Mars la Tour, St. Privat und Noisseville. Ostern 1872 bestand er das Staatsexamen in Göttingen und wurde in den folgenden Jahren an verschiedenen Lehranstalten in Königsberg i. Pr., Guben, Marienburg Westpr. und Hattingen a. d. Ruhr als Probecandidat bezw. Hilfs¬ lehrer beschäftigt. Am 1. Januar 1877 erfolgte seine Anstellung in Danzig an der Realschule zu St. Peter; er übernahm den Unterricht, welchen so lange unser unvergeßlicher Menge dort ertheilt hatte. Gleich in demselben Jahr trat Kiesow in die Naturforschende Gesellschaft ein, und er ist seitdem, durch einen Zeitraum von 24 Jahren, eins ihrer arbeitsamsten Mitglieder geblieben. Ein Schulprogramm vom Jahre 1878 behandelt noch, wie seine Dissertation, einen chemischen Gegenstand: Bedeutung des Stickstoffes für die Pflanzenwelt; aber darauf wandte er sich geologischen Studien zu und hat dieselben weiter bis an sein Lebensende verfolgt. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen sind zumeist in den von unserer Gesellschaft herausgegebenen,, Schriften“ niedergelegt; XIX die Gesellschaft hat auch durch Aufwendungen für die Bibliothek seine Arbeiten gefördert. Zunächst beschrieb er 1879 zwei Backzähne von Rliinoceros ticho- rhinus aus dem hiesigen Diluvium, in den Schriften der Naturforschenden Gesell¬ schaft (N. F. IV. Band, 4. Heft). Als in dem nächsten Jahre die Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Danzig tagte, lieferte er für die aus diesem Anlaß herausgegebene Festschrift (Danzig in naturwissenschaftlicher und medicinischer Beziehung 1880) einen Aufsatz über die geologischen Ver¬ hältnisse der Umgebung Danzigs, und hielt bei der Versammlung selbst, in der Section für Mineralogie etc., einen Vortrag: Ueber palaeozoische Ver¬ steinerungen aus dem Diluvium der Umgegend Danzigs. Seitdem beschäftigte er sich weiter eingehend mit versteinerungsführenden Geschieben hiesiger Gegend aus verschiedenen Formationen und hat eine Reihe von einschlagenden Abhandlungen mit Tafeln über diesen Gegenstand veröffentlicht. In den Jahren 1881 und 1882 erschienen die Arbeiten über Cenoman - Versteinerungen (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft N. F. V. Band, 1., 2. und 3. Heft), deren Originale er dem Provinzial-Museum überwies. Weiter veröffentlichte er: Ueber sibirische und devonische Geschiebe Westpreußens, 1884 (ebendort, N. F. VI. Band, 1, Heft); Ueber Gotländische Beyrichien, 1888 (Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft); Beiträge zur Kenntniß der in west¬ preußischen Silurgeschieben gefundenen Ostracoden, 1889 (Jahrbuch der Geolo¬ gischen Landesanstalt); Die Coelosphaeridiengesteine und Backsteinkalke des westpreußischen Diluviums, 1894 (Schriften derNaturforschendenGesellschaftN.F. VIII. Band, 3./4. Heft) ; Das geologische Alter der im westpreußischen Diluvium gefundenen Coelosphaeridiengesteine und Backsteinkalke, 1896 (ebendort N. F. IX. Band, 2. Heft). Auch das vorletzte Heft unserer Schriften (N. F. X. Band, 1. Heft) enthält noch eine Arbeit Kiesow’s vom Jahre 1899: Bemerkungen zu den Gattungen Cyclocrinus etc. Zu all diesen Untersuchungen benutzte er auch die Sammlungen des Provinzial-Museums; hauptsächlich hat er jedoch in der Umgegend Danzigs, vornehmlich in den Kiesgruben von Langenau, Schönwarling, Hohenstein etc., selbst und gemeinsam mit seinen Schülern ge¬ sammelt. Zwecks vergleichender Studien unternahm er zweimal eine Ferien¬ reise nach Schweden und trat mit dem Palaeontologen der Stockholmer Akademie, Professor Lindström, welcher später auch unserer Stadt einen Besuch abgestattet hat, in Beziehung. Ebenso stand er mit dem Petersburger Akademiker Fr. Schmidt und anderen Fachmännern in regem Verkehr. Durch Kiesow’s frühzeitiges Hinscheiden hat die Naturforschende Gesellschaft und die Landes¬ kunde der Provinz einen herben Verlust erlitten; der Name des eifrigen Forschers wird in unseren Kreisen unvergessen bleiben. Die Versammlung ehrt das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von den Plätzen. Hierauf legt Herr Professor Momber zunächst eine Anzahl von Drucke Schriften vor, welche in diesen Tagen von Frau Dr. Behrendt hier und von Frau Geheimrath CöHN-Breslau der Gesellschaft geschenkt sind, und kündigt 2* XX für den 15. April den populärwissenschaftlichen Vortrag über das Thier¬ leben in den Tiefen des Oceans von Herrn Professor Dr. zur Strassen- Leipzig an. Herr zur Strassen war der Zoologe der ergebnißreichen deutschen Valdivia-Tiefsee-Expedition des Jahres 1899. Dieser durch Lichtbilder reich illustrirte Vortrag soll eine wünschenswerthe Ergänzung der Mittheilungen sein, welche im November 1899 der Oceanograph Dr. Schott über den äußeren Verlauf und die physikalischen Ergebnisse jener Expedition hier dar¬ geboten hat. Weiter theilt Herr Momber mit, daß im Herbst dieses Jahres die über ganz Deutschland ausgebreitete Vereinigung der Freunde der Astronomie ihre Jahresversammlung in Danzig abhalten wird. Darauf hält Herr Professor Dr. Bail einen durch Original-Exemplare und Original-Zeichnungen erläuterten Vortrag über androgyne Blutenstände und über Pelorien. Zur Demonstration des Vorgetragenen werden unter anderem eine für den betreffenden Zweck von Herrn Oberlehrer Dr. Korella vorzüglich ausgeführte Tafel und die Abbildungen aus den Arbeiten von Professor PEYRITSCH-Wien benutzt. Von der Fähigkeit ein und derselben Pflanzenart, ihre Blütenstände und Blüten in oft bewundernswürdiger Weise zu ändern, liefert uns unsere in steter Fortbildung begriffene Ctartencultur täglich neue Beweise ( Chrysanthemum , Georginen, Begonien etc.) ; daß aber auch die wildlebenden Pflanzen die Fähigkeit zu solchen Veränderungen besitzen, das beweist u. a. das Vorkommen von Staubgefäßen und Stempeln in ein und demselben Blütenstande bei solchen Gewächsen, bei denen dieselben der Regel nach an verschiedenen Stellen desselben Exemplars (einhäusige Pflanzen) oder gar auf zwei verschiedenen Exemplaren gebildet werden (zweihäusige Pflanzen). Wir nennen einen Blütenstand, welcher gleichzeitig Staubgefäße und Stempel trägt, einen androgynen (mann-weibliclien), gleichviel ob er jene wesentlichsten Bliitenbestandtheile in besonderen Staubgefäß- und Stempelblüten, oder sogar in ein und der¬ selben Blüte (Zwitterblüte) enthält. Bekanntlich ist bei den allermeisten Thieren das männliche und das weibliche Geschlecht auf verschiedene Individuen vertheilt, so daß im Thierreich die Zwitterbildung zu den Ausnahmen gehört und auf einzelne Abtheilungen der wirbellosen Thiere beschränkt ist. Zwitter sind z. B. alle unsere Landschnecken, also u. a. die Weinberg- und die Wegeschnecke. Im Gegensatz dazu ist bei den Pflanzen gerade die Bildung von Zwitterblüten die Regel. Es erhellt das schon aus dem Umstande, daß unter den 23 Klassen, in welche LinnL die Blütenpflanzen eingetheilt hat, sich nur zwei (nämlich die 21. und 22. Klasse) befinden, bei denen gewöhnlich keine Zwitterblüten Vorkommen. Die Pflanzen der Klasse 23 des genannten Systems besitzen zwar auch besondere Stempel- und besondere Staubgefäß blüten, außer diesen aber gleichzeitig Zwitterblüten, und kommen bisweilen sogar ausschließlich mit Zwitterblüten vor. Zu ihnen gehören u. a. unser Spitzahorn und unsere hohe Esche. Bei den Vertretern dieser Klasse läßt sich oft noch ohne weiteres der Nachweis führen, daß die männlichen Blüten aus Zwitterblüten durch Verkümmerung der Stempel, die weiblichen durch Verkümmerung der Staubgefäße entstanden sind. Mit der Beobachtung einhäusiger (LiNNfi’s Klasse 21) und zweihäusiger Gewächse (LinnE’s Klasse 22) hat sich nun der Vortragende seit langen Jahren beschäftigt. In einer Abhandlung „Ueber androgyne Blütenstände bei solchen Monöcisten (einhäusigen) und Diöcisten (zweihäusigen Pflanzen), bei denen Trennung der Blütenstände Regel ist“, hat er in den Schriften unserer Naturforschenden Gesellschaft 1869 androgyne Blutenstände und meistens auch Zwitterblüten bei der Roth- und Weiß-Buche, der weißen und der niedrigen Birke (Betula humilis ), bei der Fichte und Pinus nigra, bei der Zitter- und Silber-Pappel, bei XXT verschiedenen Weiden und Riedgräsern und beim türkischen Weizen nach gewiesen, und die Beobachtungen anderer Autoren über eben solche Blutenstände bei der Gagel, dem Hanf, dem einjährigen Bingelkraute und bei Ricinus besprochen. Er schloß jene Arbeit mit folgenden Sätzen: „Ob wir nach und nach zu der Erkenntniß kommen werden, daß der Anlage nach die Zwitterbildung im Pflanzenreiche ausnahmslos herrsche, läßt sich gegenwärtig nicht entscheiden, und icli kann mir keine Vorstellung davon machen, wie selbst nur androgyne Blütenstände bei bestimmten Pflanzen, z. B. bei der Haselnuß, aussehen sollten, ich habe mir aber vor dem M ai dieses Jahres auch ebenso wenig die der Birke vorzustellen vermocht.“ „Wenn nun aber durch solche Arbeiten immerhin der Hermaphroditismus“ (die Zwitter¬ bildung) „als Regel im Pflanzenreiche nachgewiesen würde, stände das nicht in directem Widerspruch mit jenem durch so vielseitige und ernste Arbeiten dargethanen Gesetze von der Beschränkung der Selbstbefruchtung im Pflanzenreiche?“ „Keineswegs! Denn es würde daraus noch gar nichts weiter folgern, als daß es eben an den Pflanzen bestimmte Stellen zur gleichzeitigen Bildung von beiderlei Fortpflanzungs¬ organen giebt.“ „Wählen wir nicht auf der Bahn der Forschung unsere Vorstellung von der zweck¬ mäßigsten Natureinrichtung zur Führerin, leicht dürften wir sonst, indem unser kurzsichtiges Auge diese verkennt, unser Ziel, die Wahrheit, verfehlen!“ Bereits im nächsten Jahre fand dann der Vortragende androgyne Blütenstände und auch Zwitterblüten bei der Grauerle und bei der Haselnuß, deren Staubgefäßblüten häufig auch Stempel enthielten. Natürlich lieferten ihm, wie früher schon Hugo von Mohl, Schleiden, Richard, Meyer, Kramer, Schacht und später Strasburger, von Keissler und anderen, diese Bildungen gleichzeitig Gelegenheit zur Deutung der einzelnen Theile auch der ein¬ geschlechtigen Blütenstände. So erklärte er 1869 und Strasburger 1871 auf Grund solcher Beobachtungen die Deckblätter der Schuppen im Nadelbaumzapfen als unfruchtbare Staubblätter. Endlich fand er an dem einzigen, kleinen, sonst männlichen Strauche von Comptonia asplenifolia im Königlichen Garten zu Oliva zahlreiche schön entwickelte Zwitterblüten. Es darf jetzt als sicher angenommen werden, daß bei allen einhäusigen und zweihäusigen Gewächsen solche androgyne Blütenstände und sogar Zwitterblüten Vorkommen, wenn dieselben ihrer Seltenheit wegen auch nicht leicht zur Beobachtung gelangen. So untersuchte Vor¬ tragender mit zwei seiner Primaner Ende April 1872 unzählige Exemplare der zweihäusigen Krähenbeere, bis es ihnen gelang, an ein paar feuchtstehenden weiblichen Sträuchern sehr viele Blüten zu finden, welche auch Staubfäden enthielten. Krause in Breslau hat übrigens schon vor 1857 gleichfalls Zwitterblüten bei der Krähenbeere beobachtet. Allein aus der Familie der Nadelhölzer ließe sich eine ganze Liste von Arten aufstellen, bei denen schon androgyne Blütenstände nachgewiesen sind, in der dann auch Arten der Gattungen Lärche, Arnucaria, Gnetum, Ephedra und selbst die wunderbare Welwitschia mirabilis von der Westküste des tropischen Südafrika ihren Platz fänden. Es folgt aus allen diesen Beobachtungen, daß auch die Blüten der einhäusigen und zweihäusigen Gewächse, gerade so wie die männlichen oder weiblichen in LinnR’s Klasse 23 als Zwitterblüten aufzufassen sind, in denen gewöhnlich das eine der Fortpflanzungsorgane nicht zur Entwickelung gelangt. Einen zweiten Beweis dafür, daß viele Pflanzen auch ohne absichtliche Einwirkung von Seiten des Menschen Blüten zu erzeugen vermögen, welche von den sie sonst kennzeichnenden wesentlich verschieden sind, liefert das Vorkommen der sog. Pelorien, d. h. einzelner regel¬ mäßiger („ringsum gleicher“) Blüten in Blütenständen mit sonst unregelmäßigen (nur „seitlich¬ gleichen“) Blüten. Bekanntlich giebt es eine Anzahl von Pflanzenfamilien, deren Blüten fast stets soge¬ nannte unregelmäßige Blumenkronen oder Blütenhüllen zeigen. Zu ihnen gehören die Schmetterlingsblütler, die lippenblütigen und rachenblütigen Gewächse, die Veilchen, Orchideen und viele andere. Ferner kommen in Familien mit sogenannten regelmäßigen (ringsum XXII gleichen) Blüten einzelne Arten mit unregelmäßigen Blüten vor, so der Rittersporn und Eisenhut in der Familie der Hahnenfußgewächse. Aber alle diese Pflanzen zeigen unter Umständen die Neigung zur Bildung regelmäßiger Blüten (Pelorien). Am bekanntesten sind die Pelorien des Leinkrauts, jener sehr verbreiteten Pflanze mit großen hellgelben Blumenkronen, deren den Rachen schließende orangefarbene Unterlippe die Jusrend an das Löwenmaul erinnert. Doch unterscheidet sich das Leinkraut von der mit diesem Namen belegten Pflanze durch den Besitz eines langen, honigführenden Spornes. Gar nicht selten kommen aber an dem Leinkraut Blüten vor, welche statt der Ober- und Unterlippe einen ganz gleichmäßigen fünflappigen Saum und entweder statt des einen Sporns fünf Sporne oder gar keine Sporne haben. Dabei finden sich in solchen Blüten statt der zwei langen und zwei kurzen Staubgefäße oft fünf gleichlange Staubgefäße. (Demonstration, gleichzeitig mit der einer schönen, vom Vortragenden untersuchten Pelorie einer Pantoffelblume.) Aus derselben Familie sind Pelorien noch besonders bekannt beim Löwenmaul und bei der Wiesen¬ klapper (Professor Buchenau), bei den schmarotzenden Sommerwurzarten und beim rothen Fingerhut. Von letzterem reicht Vortragender ein Exemplar aus dem Garten seines Wohn¬ hauses mit prächtiger Pelorienbildung herum, und zum Beweise dafür, daß solche Bildungen von Blütezeit und Vaterland unabhängig sind, die Beschreibung und Photographien ganz entsprechender Exemplare des Herrn Angel Gallakdo, der sie häufig in einem Garten bei Buenos-Ayres beobachtet hat. Besonders auffallend ist der Umstand, daß während im traubigen Blütenstande des Fingerhuts, wie bei den Trauben überhaupt (Maiglöckchen, Hyazinthe), die unteren Blüten stets die zuerst entwickelten und größeren sind, bei der Pelorie die radförmige Endblüte sowohl in der Zeit des Aufblühens wie in der Größe die anderen weit übertrifft. Im übrigen finden sich bei den Rachenblütlern die Pelorien durchaus nicht blos am Ende des Stengels. Bei den Lippenblütlern dagegen, bei denen sich für gewöhnlich keine Endblüten am Stengel finden, sind solche nach Peyritsch überhaupt bis jetzt nur mit regelmäßiger Blumen¬ krone beobachtet worden. Derselbe Autor zählt nicht weniger als 21 Pflanzen dieser Familie auf, bei denen Pelorien bekannt sind, darunter mehrere unserer häufigsten Pflanzen, z. B. die gefleckte "Taubnessel, die Goldnessel und Salbeiarten, deren Pelorien an Abbildungen erläutert werden. Dabei wird die eigentümliche Ausbildung der zwei Staubgefäße vom Wiesensalbei in Erinnerung gebracht und gezeigt, wie an den vier Staubgefäßen der vierzipfeligen Pelorie dieser Pflanze sich noch je ein Anhang erhalten hat, der an die eigentümliche Ausbildung des Mittelbandes erinnert und als ein Rudiment erscheint, etwa nach Art des Wurmfortsatzes des menschlichen Blinddarms. Gipfelständige Pelorien gehören nach Peyritsch bei Teucrium campanulatum und der Wasserminze zu den gewöhnlich normalen Vorkommnissen, Wie bei dem Leinkraut gespornte und ungespornte Pelorien Vorkommen, so auch bei der Gattung Veilchen und Rittersporn. Auch noch bei vielen anderen Familien sind Pelorien oder Andeutungen zu dergleichen beobachtet, so in der Familie der Acanthaceen von Professor 0. Penzig. Der Vortragende besitzt Blüten von Orchis latifoiia mit je einem kurzen Sporn auch an den beiden seitlichen Blütenblättern des äußeren Kreises. M. Kroneeld erzeugte bei der Erbse zwergige Pelorien durch zeitige Beseitigung der Laubblätter. Sonst ist über die Ursache der Entstehung der Pelorien noch wenig bekannt. Peyritsch glaubt, daß dieselben meistens bei plötzlicher Aufhebung von Beschattung und damit verbundener Abnahme der Bodenfeuchtigkeit entstehen, was mit des Vortragenden Beobachtungen im Einklang stehen würde. Dieser empfiehlt seinen Herren Collegen, die Schüler, deren lebhaftes Naturinteresse seine Untersuchungen oft wesentlich gefördert hat, zu recht umfassenden Beobachtungen in dem in Rede stehenden Gebiet anzuregen. Daß gerade die Endblüten am meisten zur Pelorienbildung neigen, dürfte dem Umstande zuzusclmeiben sein, daß diese weniger dem einseitig wirkenden Einfluß der Schwerkraft und der die Blüten besuchenden Insecten unterworfen sind, welche gewiß auf die Entstehung der unregelmäßigen Blüten formen hingewirkt haben. XXIII Pelorien bildende Stauden pflegen auch in den folgenden Jahren Pelorien hervor¬ zubringen. Aus Samen, welche durch künstliche Befruchtung unter Mitwirkung wenigstens einer Pelorie gewonnen worden waren, sind von mehreren Forschern neue Pelorienträger erzogen worden. Vortragender hat die im Vorstehenden behandelten Gebiete gesondert cultivirt, glaubt aiier nach und nach zu der Erkenntniß gelangt zu sein, daß wir jene ausnahmsweise ent¬ stehenden androgynen Blutenstände bezw. Zwitterblüten und die Pelorien gemeinsam als theil- weise Rückkehr der Pflanze zu ihrer Urform zu betrachten haben, ein Resultat, dem auch der Umstand der zweierlei bei manchen Gewächsen vorkommenden Pelorien nicht wider¬ sprechen würde, von denen dann eine und zwar wahrscheinlich die einfachste, z. B. die vor¬ erwähnte spornlose beim Leinkraut, Veilchen und Rittersporn, der Urform der Blüte ent¬ sprechen dürfte. Im Anschluß an das behandelte Thema erläutert Vortragender noch zwei von Herrn Dr. Korella nach der Natur entworfenene Zeichnungen der Blüte von Collinsia bicolor , einem californischen Rachenblütler, dessen allerdings noch verwachsenblätterige Blumenkrone durch Umbildung des Mitteltheils der Unterlippe in ein die Fortpflanzungsorgane bergendes Schiffchen geradezu einen Uebergang zur Familie der Schmetterlingsblütler anzudeuten scheint. Auch weist er darauf hin, wie oft uns bei der Gruppirung der Pflanzen im sogenannten natürlichen System der Eintheilungsgrund im Stiche läßt, da wir z. B. in die Familie der Hahnenfußgewächse, die eine getrenutblätterige Blumenkrone haben sollen, den Ackerrittersporn mit verwachsenblätteriger Blumenkrone neben den hohen Rittersporn mit vierblätteriger Blumenkrone stellen müssen, und die hohe Esche ohne jede Blütenhülle, die Mannaesche mit nur paarweis am Grunde verbundenen Blumenkronblättern und den türkischen Flieder mit ver¬ wachsenblätteriger vierzipfeliger Blumenkrone in der Familie der Oelbaum- gewächse zu vereinen genöthigt sind. Herr Dr. Oeiilschlaeger legt Spiritusexemplare des interessanten zu den Mollusken gehörigen Bohrwurmes, Teredo navalis , vor. Herr Dr. Berent spricht hierauf in längerem Vortrage mit Demonstrationen über das Thema: Allerlei Fremdkörper im Auge des Menschen. Vortragender weist zunächst auf das biblische Wort vom „Dorn im Auge“ hin, das nachgerade zu einer abgegriffenen Scheidemünze in unserem Sprachschatz geworden ist, in Wirklichkeit aber wohl mehr das Product der ausdenkenden und ausmalenden Phantasie des biblischen Stilisten darstellt, als den wohlfundirten Ausdruck wirklicher „in die Augen fallender“ Erfahrungen. Die Augenärzte wenigstens sehen nur recht selten einen Dorn im Auge, um so häufiger jedoch ganz gewöhnliche Staubkörner, Kohlepartikelchen, Cigarrenasche, Mörtel. Oft sind die tückischen kleinen Objecte organischer Natur: Aelirengrannen und Samenhülsen, kleine Insecten, Flügeldecken von Käfern und dergl. mehr. Merkwürdig ist es, wozu manchmal der menschliche Bindehautsack mißbraucht wird: Professor Dr. H. Cohn in Breslau fand einmal im Bindehautsack eines duldsamen Mannes eine todte Wanze. Nicht selten werden auch absichtlich Fremdkörper eingeführt, so von Geisteskranken, besonders jedoch von Simulanten, die sich das Auge z B. durch ätzende Kalkpartikel zu beschädigen suchen, um sich vom Militärdienst drücken zu können oder eine höhere Unfallrente zu erzielen. Tn mehreren Gegenden Frankreichs wendet man gegen allerlei Augenleiden sogenannte Augen steine an, polirte und geschliffene kleine Steine von Achat, Granat, Bergkrystall, die wohl auch auf der einen Seite eine zierliche Gravirung zeigen. Solche Steine besitzen nach dem Glauben der Leute eine wunderbare Heilkraft, vererben sich in den XXIV Familien von Generation zu Generation und werden für hohe Preise erstanden. Liese Sitte erinnert an den bei uns weit verbreiteten Brauch, kleine Fremdkörper aus dein Auge mit Hilfe der Krebssteine herauszuholen. Das sind bekanntlich flache, knopfartige Kalk- concremente aus dem Magen der Flußkrebse, die hinter die Lider geschoben werden und kleine, hier befindliche, fremde Bestandtheile bisweilen mechanisch bei ihrer Fortbewegung mit- nehmen. Es kommt aber dabei vor, daß sie — einmal in die ziemlich unempfindliche Tiefe der oberen Bindehauttasche geglitten — vom Patienten selbst nicht mehr herausbefördert werden können und schließlich unbeachtet liegen blieben. Dann findet sie der Arzt gelegentlich nach Monaten, ja nach Jahren, hier in einem Neste gewucherten entzündeten Gewebes. Ein solches Verfahren ist zwar keineswegs rationell, es ist aber immerhin ziemlich harmlos, jedenfalls lange nicht so gefährlich und — unappetitlich als jener kurpfusch eri sehe Brauch, den Vortragender in der Kasch ubei und auch in Sachsen beobachtet hat. Be¬ kommt so ein biederer Ackerknecht das hi nein gewehte Sandkörnchen trotz aller Mühe nicht aus dem Auge heraus, dann consultirt er die alte weise Frau des Dorfes, und die räth ihm, sich das quälende Ding von einem kleinen Mädchen mit ihrem Zünglein herauswischen zu lassen. Da nun unter den kleinen Mädchen nur selten eine so beherzte Zungenkünstlerin gefunden wird, ist die Alte so gütig und putzt ihm das Auge mit ihrer eigenen schrubber¬ artigen Zunge. Die eminente Gefahr besteht darin, daß auf der Hornhaut, diesem überaus werthvollen und empfindlichen Fenster des Auges, mechanisch eine Verletzung hervorgerufen und damit eine Eingangspforte und Ansiedelungsstätte für Infectionskeime geschaffen wird, deren Transport und Ueberimpfung die Zunge selbst besorgt hat. Daher sind denn auch die in die Hornhaut eingedrungenen Fremdkörper schon etwas ernster zu nehmen. Man trifft hier im allgemeinen dieselben oder ähnliche kleine Objecte an, wie sie der Bindehautsack beherbergt. Von seltenen Gästen abgesehen, sind die wichtigsten und gewöhnlichsten Eindringlinge diejenigen, die in den Betrieben der Stein- und Eisen¬ industrie das Auge bedrohen. Steinsplitter sind in der Regel nicht frei von Infections- keimen, sind weniger scharf, mehr stumpfeckig und bringen beim Aufschlagen relativ um¬ fangreiche Quetschwunden im zarten Hornhautgewebe zu stände, wie sie in der Heilkunst wegen der großen Neigung zur eiterigen Infection besonders gefürchtet sind. Und so etablirt sich recht häufig an der verletzten Stelle ein gefährliches, über die Hornhautfläche fort- kriecliendes und oft zur Erblindung führendes Geschwür. Glücklicherweise kann heute dieses „Ulcus serpens“ durch frühzeitige Behandlung mit dem elektrischen Glüheisen, dem Galvano¬ kauter, erfolgreich bekämpft werden. — Eisen- und Stahl Splitter führen zu solchen geschwiirigen Prozessen nur selten. Meist bohren sie sich in völlig keimfreier Beschaffenheit in das Gewebe ein, weil die Wucht des Hammers oder Meißels sie glühend gemacht und damit die ihnen etwa anhaftenden Keime abgetödtet hat. Ganz anders wird das Bild, sobald solche Fremdkörper die schützende Wand des Aug¬ apfels durchbohren und in das Augeninnere dringen. Schon von Alters her ist es bekannt, daß Fremdkörper im Augapfel selbst in der Mehrzahl der Fälle den Tod des Organes, die Zerstörung desselben durch rasche Vereiterung oder langsamere Entzündung bedeuten; und ebenso ist es schon lange bekannt, daß zuweilen der Augapfel wieder den Fremdkörper auf¬ fallenderweise vorzüglich verträgt. Dieses verschiedenartige Verhalten war lange Zeit ein ungelöstes Problem in der Chirurgie und Augenheilkunde. Erst als Robert Koch uns die Bedeutung der Spaltpilze, der Bacterien, für die Entstehung der Krankheiten lehrte, und die antiseptische Operationsmethode ihren Siegeszug begann, fand diese räthselhafte Erscheinung ihre Erklärung. Nach den meisterhaften und lehrreichen Untersuchungen von Professor Leber in Heidelberg über die Entstehung der Entzündung hängt das Schicksal des Augapfels, welcher einen Fremdkörper in sich birgt, im wesentlichen von zwei Momenten ab. Am wichtigsten ist die Frage nach der b act er i olo gischen Beschaffenheit des Fremdkörpers, die Frage, ob er bei seinem Eindringen in das Auge Infectionskeime, Eiterkeime, mit sich führte. In zweiter Linie kommt es auf die chemische Natur des Körpers an, und da kann man chemisch indifferente und daher ziemlich unschädliche Stoffe, wie Gold, Silber und Glas, XXV unterscheiden von den chemisch differenten Körpern Eisen und Kupfer, während in der Mitte zwischen beiden Gruppen das Blei zu stellen scheint. Alle diese Stoffe können die Vereiterung des Auges herbeiführen, sobald sie, wie das ganz gewöhnlich ist, Bacterien in das Auge mit¬ gebracht haben. Gelangen sie jedoch in völlig keimfreiem, in aseptischem Zustande hinein — wie es z. B. bei glühend gewordenen Eisen splittern der Fall ist — , so kommt es nicht zu der verhängnisvollen Eiterung. Nur das Kupfer, also etwa ein Zündhütchenstück, macht hiervon eine interessante Ausnahme, es kann schon lediglich vermöge der ihm immanenten chemischen Eigenschaften einen lebhaften Eiterungsprozeß erregen. So weit lägen nun die Verhältnisse ja ganz klar. Leider hat der Augenarzt aber zu¬ weilen folgende fatale Erscheinung zu beobachten: ein Augapfel enthält einen chemisch in¬ differenten und allem Anschein nach auch völlig keimfrei hineingelangten Fremdkörper. Das Auge ist gesund und functionirt vorzüglich. Da beginnt nach langer Zeit, oft nach Jahren, eine bösartige Entzündung und richtet das kostbare Organ zu Grunde. Ohne Zweifel spielen auch hier die Spaltpilze ihre Rolle, sei es, daß es sich um eine Spätinfection von der alten Verletzungsnarbe her handelt, sei es, daß die alten mit dem verletzenden Fremdkörper dennoch eingedrungenen Bacterien in ihrer Dauer form so lange ein harmloses Dasein geführt haben, um jetzt erst in Action zu treten. Aber das ist nicht die einzige heimtückische Gefahr, die ein Fremdkörper im Augapfel uns androht. Wie wohl ziemlich allgemein bekannt ist, kann in Folge einer derartigen Verletzung das andere unverletzte Auge „sympathisch“ erkranken. Diese wahrhaft tragische Sym¬ pathie hat schon unzählige Male zur gänzlichen Erblindung geführt und kann oft genüg durch nichts anderes abgewendet werden als durch die frühzeitige operative Entfernung des verletzten und vielleicht noch an sich brauchbaren Auges. — Berücksichtigt man, daß nach einer sorgfältigen Statistik (Cohn), die sich auf sechs Metall-Fabriken mit über 1200 Arbeitern bezieht, ein jeder dieser Arbeiter durchschnittlich zwei bis drei Augenverletzungen im Jahre erlitt und daß über 50 Froc. aller Augen¬ verletzungen Fremdkörper-Verletzungen sind (Haab), so wird man zunächst fragen, lassen sich solche Verletzungen nicht verhüten? Vortragender möchte nicht so weit gehen, den Kindern — Avie das von anderer Seite verlangt wird — das Spielen mit dem Blaserohr, der Armbrust, dem Flitzbogen, der Knall¬ peitsche etc. ganz zu verbieten. Es kommt vielmehr darauf an, das Spielzeug richtig zu wählen, so daß es dem jeweiligen Grad der Verständigkeit und Vorsicht eines Kindes ent¬ spricht; es kommt ferner vielmehr darauf an, die Kinder für den richtigen Gebrauch ihres knallenden und schießenden Spielzeugs zu erziehen. Dagegen muß man der Meinung von Arlts beistimmen, daß der Verkauf von Zündhütchen, Feuerwerkskörpern u. dergl. an Kinder polizeilich untersagt sein sollte. Was die Augenschutz-Maßregeln in den industriellen Werkstätten, besonders der Metallfabrikation, anlangt, so handelt es sich hier einmal um Schutzeinrichtungen am Werk¬ zeug, an Drehbänken z. B , die noch ziemlich unvollkommen zu sein scheinen; zweitens um Arbeits-Schutzbrillen. Es ist eine unbestreitbare Tliatsache, daß die Arbeiter eine auffallende Abneigung gegen derartige Brillen haben. Zum Theil liegt das an ihrem Leichtsinn, ihrer Nonchalance, also im Grunde genommen an einem gewissen erzieherischen Mangel von der Lehrzeit her, zum Theil daran, daß die meisten Schutzbrillen unzweckmäßig construirt sind. Wie dem auch sei, die Verhütung, die Prophylaxe, der Fremdkörper-Verletzungen ist bisher eine noch ganz unzureichende. Um so mehr mußte sich der Scharfsinn und die Geschicklichkeit der Augenärzte bemühen, die einmal eingedrungenen Fremdkörper kunstgerecht aus dem Augapfel zu extrahiren. Wir verfügen heute über einige vor¬ zügliche Methoden, die uns in den Stand setzen, so manches Auge zu retten, das einstmals verloren gegangen wäre. Zu allererst gilt es sicher festzustellen, ob überhaupt der vermuthete Fremdkörper im Augapfel enthalten ist. Das ist in vielen Fällen leicht möglich, sobald die lichtbrechenden Medien des Sehorgans noch völlig durchsichtig sind, und der Fremdkörper an einer für den XXVI Einblick günstigen Stelle sitzt. Der Augenspiegel belehrt uns dann deutlich über die Existenz und zugleich über die Localisation des Corpus alienuni. Diese genaue Loeali- sirung ist das zweite, ungemein wichtige Moment, auf welches es ankommt. Viel compli- cirter liegt die Sache, wenn der Einblick durch blutige oder andere Trübungen des optischen Apparates unmöglich geworden ist. Da hat man denn schon vor Jahren daran gedacht, zum Nachweise der häufigsten intraocularen Fremdkörper, nämlich Eisen- und Stahlsplitter, eine frei schwebende Magnetnadel zu benutzen, die ja bei der Annäherung eines Eisenstückchens aus ihrer Ruhelage abgelenkt wird. Die erste wirklich praktische Form erhielt diese Idee vor kurzem im Eisenfinder, Sideroscop, des Augenarztes Aszmus. Der Apparat ist so empfindlich, daß er durch den Betrieb der in der Nähe vorbeifahrenden elektrischen Straßen¬ bahn recht unliebsame Störungen erfährt. Mann ist dann, wie z. B. der Vortragende, nicht selten gezwungen, für feinere diagnostische Untersuchungen die Zeit der Betriebsruhe, die Nachtstunden, zu wählen. Ist die Anwesenheit und der Sitz des Splitters genau festgestellt, so kann zur Magnet-Operation geschritten werden. Man benutzt nämlich zur operativen Entfernung des Splitters ebenfalls die magnetische Anziehung des Eisens. Der am meisten gebrauchte Apparat ist der mit einem kleinen Accumulator verbundene 1 1 iRSCHBERG’sche Elektromagnet, dessen stumpfe Spitze zur Einführung in das durch eine Oeffnung zugänglich gemachte Augeninnere bestimmt ist und etwa V2 kg Eisen trägt. Gelingt die Operation, dann hört man beim Anspringen des Eisensplitters manchmal einen deutlichen leisen Klang. In neuester Zeit sind zu diesem längst bewährten Magneten einige concurrirende Apparate von weit größeren Dimensionen hinzugekommen, so der Elektromagnet von Schlösser in München, der 10 kg trägt und in jede Beleuchtungsanlage (mit Gleichstrom) statt einer Bogenlampe eingeschaltet werden kann, und ferner ein Augenmagnet, welcher durch seine colossale Größe auffällt, über 125 kg Aviegt und von einer Dynamomaschine mit einem Strom von circa 6 Ampere und GO Volt bedient wird, der Riesenmagnet von Professor Ha ab in Zürich. Diese großen Magnete haben gewisse Vortheile; ihre Anwendung ist eine extraoculare, indem man sie dem betreffenden Auge nur äußerlich — mit kunstgerechter Vorsicht — an¬ nähert, ohne durch eine Operationswunde hindurch ins Innere eingehen zu brauchen. Auf diese Weise glückt es häufig, in frischen Fällen den Eisensplitter von der Hinterwand des Augapfels durch den ganzen Glaskörper an der Linse vorbei nach vorn durch die Pupille zu leiten und sogar durch die (noch nicht verwachsene) Eingangspforte in der Hornhant nach außen zu ziehen. Das ist bei Eisen- und Stahlsplittern möglich: wie verfahren wir aber bei intraocularen Fremdkörpern, die ihrer physikalischen Natur nach nicht auf den Magneten reagiren? Es finden sich im Augapfel nicht gerade selten Kupfer-, Blei- und Glassplitter. Die Ausziehung solcher Stoffe kann nur mit kleinen, meist zangenartigen Instrumenten versucht werden, deren Anwendung im Vergleich zu dem sanften Zuge des Magneten einen groben und dabei äußerst difficilen Eingriff in die zarten Gebilde des Auges bedeutet. — Besonders schwierig, ja meist unmöglich, war bisher der Nachweis und vor allem die Localisirung solcher unmagnetischen Fremdkörper, sobald Blut und andere Trübungsmassen — wie das oft vorkommt — den Ein¬ blick, das Eindringen von Lichtstrahlen, in das Augeninnere verwehrten. Hier findet das Röntgen- Verfahren, die Durchleuchtung mit X-Strahlen, seinen berechtigten Platz in der Augenheilkunde. Man hat ihm diesen Platz nicht einräumnn wollen: von autoritativer Seite wurde und wird noch heute an seiner praktischen Verwerthbarkeit gerade bei den zwischen mehrfachen Knochenplatten und Weichtheilmassen gelagerten Augen stark gezweifelt. Vor¬ tragender konnte sich schon im Juni 1898 gelegentlich zweier Fälle von Augenschüssen (Hühnerschrot resp. Bleifragment von einer Revolverpatrone im Augapfel) von dem hohen praktischen Werth des Verfahrens auch für die Augenchirurgie überzeugen. Nach seinen Erfahrungen gelingt es dabei, nicht nur den Fremdkörper im Augapfel nachzuweisen, sondern auch so genau zu localisiren, daß er — trotz des gänzlich verwehrten Einblickes in das Operationsfeld — prompt gefaßt und extraliirt werden kann. Zugleich stellte sich heraus, daß kaum ein anderer Körpertheil zur Vornahme genauer Localisirungen eines in ihm ver- XXVII borgenen Fremdkörpers mittelst der X-Strahlen sich besser eignet als der Augapfel, deswegen, weil zu diesem Zwecke die gesetzmäßigen Bew egungen desselben um seine horizontale und verticale Drehungsaxe benutzt werden können. Während dieser Augenbewegungen nimmt man nämlich charakteristische Verschiebungen des Fremdkörperschattens wahr, aus welchen unmittelbar ersichtlich wird, ob der Körper mehr oder weniger weit vor oder hinter der betreffenden Drehungsaxe liegt. Ein Jahr nach der erfolgreichen Anwendung dieser Methode rühmte der Augenarzt Grossmann aus Liverpool auf dem internationalen Ophthalmologen-Congreß in Utrecht dasselbe Verfahren auf Grund seiner eigenen Resultate. 6. Sitzung am 3. April 1901. Herr Professor Momber weist auf den am Tage vorher stattgefundenen Stapellauf des Schilfes hin, welches für die vom Deutschen Reich geplante Südpolarexpedition bestimmt ist. Der ,, Gauss“ wird im August d. Js. seine Fahrt beginnen, welche im Geiste die wissenschaftliche, ja die ganze gebildete Welt mitmachen wird. Zu der Schiffstaufe in Kiel war an den Director der Naturforschenden Gesellschaft eine Einladung ergangen, die diesseits mit einem Glückwunschtelegramm beantwortet worden ist. Der Führer jener Expedition ist bekanntlich unser Landsmann Professor Dr. von Drygalski, der schon wiederholt im Kreise unserer Gesellschaft vorgetragen hat. — Ein zweites Telegramm ist von hier an den bekannten Physiker Amberg abgesandt, der in diesen Tagen in Berlin seinen 70. Geburtstag feierte. Dann trägt Herr Professor Evers vor: „Ueber die Ausnutzung der Wasser¬ kräfte mit Hilfe der Elektricität, unter besonderer Bezugnahme auf die Kraftliber¬ tragungswerke Rheinfelden“. Vortragender entwirft zunächst in großen Zügen ein Bild aus der Geschichte der Wandelungen unserer Volkswirthschaft. Bis gegen das Ende des 18 Jahrhunderts entnahm die Menschheit die Kraft für den Betrieb ihrer verhältnißmäßig einfachen Maschinen den unmittelbar von der Natur gelieferten Kräften, hauptsächlich des Wassers, nebenbei auch des Windes. Mit den Riesenkräften der Hochgebirgsgewässer mit ihrem starken Gefäll und denen der großen] Flüsse mit ihren gewaltigen Wassermassen wußte die damals noch in den Kinder¬ schuhen stehende Technik nicht viel anzufangen; die schwächeren, aber um so leichter zu behandelnden Bäche der Mittelgebirge und der Ebene wurden um so eifriger ausgenutzt. Die Kraftvertheilung, das heißt die Lieferung von Energie von einem Ort, an dem sie im Ueber- fluß vorhanden ist, nach denjenigen Stellen, wo man ihrer bedarf, war von allerprimitivster Art; sie beschränkte sich im wesentlichen auf die Ortsbewegung der arbeitsfähigen Menschen und Thiere, auch noch in engen Schranken gehalten durch die mangelhaften Verkehrsmittel. Nur wenige mechanische Kraftübertragungs- (Seiltransmissions-) Anlagen von geringem Um¬ fange (höchstens bis auf 1 km Entfernung) ließen die Keime einer zukünftigen Entwickelung erkennen. So führte die Industrie ein stillbeschauliches, an den Ort gebundenes Dasein, bis durch die Einführung der Wärmemotoren, die vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sich ihre jetzt unbestrittene, herrschende Stellung in der Industrie eroberten, das Bild ein wesentlich anderes Ansehen bekam, Die dominirende Stellung der Dampfmaschine war nur ermöglicht durch die ausgiebige Gewinnung der Steinkohle. In dieser trat das universellste Krafterzeugungs- und Kraftver. tlieilungsmittel in concentrirter Form (repräsentirt doch ein Kilogramm Kohle einen Arbeits¬ werth von über drei Millionen Kilogrammetern, von dem leider unsere heutigen Maschinen nur einen sehr geringen Theil ausnutzen) in das wirthschaftliche Leben der Völker ein, das mit den selbstgeschaffenen und selbstunterhaltenen großartigen Verkehrsmitteln der Dampf- XXVIII schiffe und Eisenbahnen kenie Grenze seiner Verbreitung kannte. Pie einschneidenden Wirkungen, welche Dampfmaschine und Steinkohle vereint auf das wirtschaftliche und sociale Leben der Völker ausgeübt haben, sind ja bekannt genug; hier kommt nur ihre Ein¬ wirkung auf die Wasserkraftanlagen in Betracht. Viele derselben konnten in der Enge ihrer Wirkungssphäre, in der Abhängigkeit von launisch wachsenden Naturkräften, teilweise ab¬ geschnitten von den großen Verkehrswegen, die Concurrenz mit den stetig arbeitenden, den Conjuncturen des Marktes mehr anpassungsfähigen Dampfanlagen- nicht aushalten. Eine be¬ trächtliche Zahl der kleineren Anlagen ist eingegangen; Ortsnamen mit der Endung „Mühle“ oder „Hammer“ sind ihre Ueberbleibsel. Auch von den größeren, besser situirten konnten manche nur noch mit einer Dampfanlage zusammen ein Combinationsdasein weiter führen. Aber diejenigen Eigenschaften des nun herrschenden Kraftvertheilungsmittels, der Stein¬ kohle, welche zur Erringung ihrer Herrschaft wesentlich beigetragen hatten, ihre Beweglich¬ keit und damit Allgegenwärtigkeit, wodurch sie auch zu einem Tauschmittel ersten Ranges im Handelsverkehr der Völker geworden war, dazu ihre bergmännische Productionsweise trugen die Keime zu verhängniß vollen Verwickelungen in sich. Die immer stärker wachsende Steigerung ihres Verbrauches für die Zwecke der Schifffahrt und des Landverkehrs, für Hütten¬ prozesse und Fabriken brachte natürlich eine immer zunehmende Abhängigkeit aller dieser Zweige menschlicher Thätigkeit von den Produetions- wie von den Bewerthungsverhältnissen der Kohle im Handel hervor. Die Stetigkeit ihrer Production kann aber nach manchen Erfahrungen, besonders des letzten Jahrzehnts, durchaus nicht als gesichert angesehen werden. Die Bestrebungen der Arbeiter der Kohlenbergwerke auf Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage, so sehr sie auch unsere Sympathie verdienen, sind doch durch die üblichen Kampf¬ mittel, wie Ausstände und Production s-Einschränkungen, geeignet, Productionskrisen hervor¬ zurufen. Andererseits tragen die großkapitalistischen Vereinigungen, in ihrem immer unver¬ hohlener hervortretenden Bestreben, die Werthverhältnisse, wie schon mancher anderer Handelsartikel, so auch der Kohle in ihrem Interesse einseitig zu regeln, zur Verteuerung der Kohle als Handelsartikel wesentlich bei. Bei unseren heutigen wirtschaftlichen Ver¬ hältnissen hängen Production und Bewertung der Kohle von so viel unstetigen Factoren ab, daß sprunghafte Aenderungen oder Krisen als notwendige Folge erscheinen. Daß eine Unsicherheit in dem Bezüge, eine Unstetigkeit in den Wertverhältnissen des die Betriebs¬ energie liefernden Stoffes aber für viele industrielle Anlagen von den unheilvollsten Folgen sein kann, leuchtet unmittelbar ein. Diese immer mehr steigende Inanspruchnahme, diese immer acuter werdende Bedrohung der Stetigkeit in der Lieferung des zur Zeit noch souverän herrschenden Krafterzeugungs¬ und Kraftvertheilungsmittels trägt naturgemäß wesentlich dazu bei, die Blicke wieder auf die anderen von der Natur uns zur Verfügung gestellten Energiequellen, ganz besonders die Wasserkräfte, zu lenken. Dem heutigen Stande der Technik und den wirtschaftlichen Vor¬ zügen des Großbetriebes entsprechend, sind es jetzt besonders die starken Kräfte der Gebirgs- gewässer und die der großen Flüsse, daneben aber auch die Accumulirung der kleineren Wasserkräfte, welche für die Schaffung neuer Energiewerthe herangezogen werden. Da die industrielle Verwertung der verfügbaren Energie an Ort und Stelle meist nicht ausreichend gesichert ist, und da der volkswirtschaftliche Vorteil der Theilnahme eines weiteren Kreises an der gesicherten Lieferung einer im Werte nicht schwankenden, wo¬ möglich auch billigen Betriebskraft auf der Hand liegt, so ist es von der allergrößten Wichtigkeit, daß es der Elektrotechnik gelungen ist, in der Verwendung des hochgespannten Wechselstromes ein hervorragendes Energieübertragungsmittel aufzufinden. Bei Gelegenheit der elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt a M. im Jahre 1891 wurde durch die so berühmt gewordene Uebertragung einer Wasserkraft von 300 Pferdekräften auf eine Strecke von 175 km mit einem Wirkungsgrade von über 70 % gegen alle Zweifel die technische und wirthschaffliche Durchführbarkeit einer solchen elektrischen Kraftübertragung auf weite Ent¬ fernungen aller Welt dargethan. Man begann alsbald in allen Welttheilen mit der Inangriff- XXIX nähme solcher Kraftübertragungswerke, von denen das größte zur Zeit bestehende, das an den Niagarafällen, über 50 000 Pferdekräfte nutzbar gemacht hat. In allen von der Natur mit Wasserkräften gut ausgestatteten Ländern kommen mit jedem Jahr mehr solche Anlagen in Betrieb, und die drohende Kohlenkalamität giebt einen kräftigen Impuls dazu. Die größte, zur Zeit fertiggestellte Anlage dieser Art in Europa sind die Kraftüber¬ tragungswerke in Rheinfelden, durch welche 15000 Pferdekräfte dem Rhein entnommen und mit Hilfe des elektrischen Stroms über ein Gebiet von 25 km Radius vertheilt werden. I )er Vortragende hatte Gelegenheit, diese Werke im Sommer 1898, bald nach ihrer Inbetriebnahme zu besichtigen. Mit Hilfe von Lichtbildern erläutert er jetzt die wichtigsten Wasserbauten und maschinellen Einrichtungen derselben. Die Grundlage jeder Anlage dieser Art muß eine genaue Feststellung der hydrologischen Verhältnisse, besonders der Wasserführung und des Gefälles bilden-. Hier liegen außer¬ ordentlich günstige Verhältnisse vor: nach langjährigen Beobachtungen beträgt die Wasser¬ führung des Rheins im Mittel 350 cbm pro Secunde. Da nach den Concessionsbedingungen der UTerstaaten davon mindestens 50 cbm dem offenen Rhein belassen werden müssen, so stehen für das Werk im Mittel 300 cbm pro Secunde zur Verfügung. Noch wesentlicher ist die Constanz der Wasserführung: nur an wenigen Tagen im Jahre sinkt die Wassermenge des Rheins bis auf 290 cbm pro Secunde. Für die zunächst zum Ausbaii gelangte Strecke von 1 km Länge beträgt das Gefälle bei Niedrigwasser 5 m, bei Hochwasser 3 m. Aus diesen Angaben ergiebt schon eine rohe Rechnung eine Leistung von 15—16000 Pferdekräften, die nur bei sehr ungünstigen Wasserverhältnissen bis auf 13 — 14000 sinken kann. Um diese zur Verfügung stehende Energie nutzbar zu verwenden, ist quer über den Rhein ein Stauwehr aufgeführt, in dem nur eine Oeffnung, die Floßgasse, sich befindet, durch welche die contractliche Minimalmenge von 50 Secundencubikmeter für den offenen Rhein fließt, während die übrige Wassermasse durch einen Kanal von 1 km Länge der Motoren- Anlage zugeführt wird. Diese enthält 20 Reactions- Francis -Turbinen von je 840 Pferdekräften Maximalleistung, die mit den wechselnden Wasserverhältnissen entsprechenden, sehr voll¬ kommenen Regulirungsvorrichtungen versehen sind, wodurch eine sehr constante Drehungs¬ geschwindigkeit (55 Touren pro Minute) erreicht wird. Auf der Verticalaxe jeder Turbine sitzt direct eine Dynamomaschine von je 580 Kilowatt Leistungsfähigkeit. Nach dem ursprüng¬ lichen Plan, wie er in dem vom Vortragenden der Gesellschaft vorgelegten, von der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft zu Berlin 1896 herausgegebenen Werke „Die Kraftübertragungswerke Rheinfelden“ niedergelegt ist, sollten alle Dynamos Drehstrommaschinen sein. Inzwischen hat die chemische Großindustrie gemerkt, welchen Vortheil sie aus der Anlage ziehen könne, und es sind in unmittelbarer Nähe des Werkes große Fabriken (1899 eine Aluminium-, eine Natrium- und eine Calcium carbid-Fabrik) in einer Maximalentfernung von 600 m entstanden. Deswegen sind nun 12 Dynamos als Gleichstrommaschinen gebaut worden, welche die für die chemischen Prozesse benöthigten starken Ströme liefern sollen. Für das weitere Vertheilungs¬ gebiet sind so nur acht Drehstrommaschinen von je 6800 Volt Spannung übrig geblieben. Doch ist für den Fall, daß in diesem Gebiet genügendes Bedürfniß nach Kraft- und Licht¬ lieferung sich heraussteilen sollte, der weitere Ausbau einer Strecke von 14'JO m mit einer Ausbeute von 10000 Pferdekräften vorgesehen. Von den anderen Arten der Wasserkraftanlagen bespricht Vortragender besonders die in letzter Zeit vielfach zur Ausführung gelangende Anlage von Thalsperren und Sammelbecken, die, außer anderen wasserwirthschaftliehen Functionen, auch als Kraftcentralen dienen sollen. Die grüßte, derzeit in der Ausführung begriffene derartige Anlage in Europa ist die Thalsperre im Urfthai in der Eifel mit einem Sammelbecken von einer Fassungskraft von 45 V2 Millionen cbm, womit eine Kraftstation für 6400 Pferdekräfte verbunden wird; die erzeugte Kraft soll mit Hilfe des elektrischen Stromes auf einen Umkreis von 20—30 km vertheilt werden. Wasserkräfte sind, zum Theil in verschwenderischer Fülle, fast in allen Gegenden der Erde in hinreichendem Maße vorhanden. Nach einer von einem französischen Ingenieur an- XXX gestellten Berechnung betragen die Wasserkräfte Frankreichs allein 17 Millionen Pferdekräfte, während die Leistung aller Dampfmaschinen der Welt auf 12 Millionen Pferdekräfte veran¬ schlagt wird. Unüberwindliche technische Schwierigkeiten in Bezug auf die Wasserbauten und die elektrischen Vertheilungs -Anlagen giebt es für unsere heutige, so hoch entwickelte Technik nicht mehr; dagegen sind, außer nicht unwesentlichen wasserrechtlichen, die wirt¬ schaftlichen Schwierigkeiten um so größer. Die hohen Anlagekosten, besonders für die Wasserbauten, bringen so manches Project zum Scheitern. So lange die stetige Lieferung anderer Energiequellen, vor allem der Kohle, zu billigen Preisen gesichert erscheint, wird nur für solche Wasserkraftanlagen, wrelche unter so günstigen Umständen arbeiten, wie die bei Rheinfelden, die Rentabilität zweifellos sein. Gehen tvir aber, wie es scheint, einer Periode der Kohlenkrisen entgegen, so werden in demselben Mäße, wie der Handelswerth und die Unsicherheit des Bezuges der Kohlen steigen, auch in weniger günstigen Verhältnissen ange¬ legte Werke immer mehr und mehr rentabel werden. Um nun weiteren Kreisen, besonders dem hart bedrängten Kleinbetriebe, den Bezug billiger Betriebskraft zu sichern, wäre es von großem volkswirthschaftlichen Vortheile, wenn politische und wirthschaftliche Gemeinschaften die Errichtung solcher KraftübertragungsAverke in die Hand nähmen (in der Schweiz ist sogar die Verstaatlichung der Wasserkräfte ernstlich ventilirt). Auch wo sich die genannten Orga¬ nismen für die Lösung einer solchen Aufgabe zu schwerfällig erweisen, so daß das beweg¬ lichere Großkapital an ihre Stelle treten muß, hat es die Staatsreg'ierung in der Hand, durch passende Concessionsbedingungen einer einseitigen Ausbeutung dieser voraussichtlich im wirth- schaftlichen Leben einen breiten Raum einnehmenden Anlagen vorzubeugen und die aus ihnen sprießenden Vortheile allen productiven Kräften in Industrie und Gewerbe zu sichern. Zum Schluß der Sitzung legt Herr Redacteur Sander Aquarellmalereien und Seidenstickereien aus China vor, die von der hoch entwickelten Hand¬ fertigkeit der Chinesen, besonders in früherer Zeit, ein anschauliches Bild liefern. 7. Sitzung am 1. Mai 1901. Zunächst widmet Herr Professor Schumann unserem am 14. April d. J. im Alter von über 83 Jahren verstorbenen Mitgliede einen warmen Nachruf, indem er folgenden Nekrolog auf S. S. Schultze vorträgt: Siegfried Siegesmund Schultze ist am 11. September 1817 in Danzig geboren. Sein Vater, welcher Premierleutnant wyar, wurde später nach Gumbinnen versetzt, starb aber schon 1828 im Alter von 36 Jahren. Seine Mutter zog dann mit mehreren Söhnen und Töchtern nach Danzig zurück. Unser Siegesmund Schultze wurde, als er eingesegnet war, auf das Lehrerseminar in Jenkau gegeben. Nachdem er das Examen als Elementarlehrer bestanden hatte, war er Hauslehrer in Zoppot, dann fand der erst Zwanzigjährige Beschäftigung an einer Privatschule in Karthaus, welche Kinder von Eltern aus besseren Ständen aufnahm, die nicht die Volksschule besuchen sollten. Sein baares Gehalt mag nur gering gewesen sein, doch erhielt er Mittagessen in den Häusern der Eltern seiner Schüler; um die Michaeliszeit gal) es täglicli Gänsebraten. Hier in dem von Seeen und weithinreichenden Wäldern dicht umgebenen Orte hat er als großer Naturfreund wohl den besondern Trieb zu den Natur¬ wissenschaften in sich entstehen gefühlt und Aveiter gepflegt. Daß er sich damals schon mit Botanik eifrig beschäftigt hat, erzählt er selbst in einer Abhandlung in den Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig1). „Vom Jahre 1838 an habe ich selbst besonders in dem nächsten Umkreise von Karthaus in einer Ausdehnung von 2 bis 3 Meilen fleißig botanisirt und nach und nach verschiedene, meist seltene Pflanzen als neu zuerst aul'gefunden, z. B. Cypripedium Calceolus, Orchis ustidcita, Coeloglossum viride, Dentaria bidbifera, Bupleurum ') Neue Folge Bü. IV, Heft 4. 1875. XXXI longifolium, Laserpitrum latifolivm, Pleurospermum austriacum, Aquilegia vulgaris, Spiraea fitipendvla, Lilium Martagon, Drosera lovgifolia, Saxifraga Hirculus, Aspidium trichomanes u. a. in.“ Er scheint von seinen Funden dem Botaniker und Arzt I)r. Klinsmann (geh. 1794, gest. 1865) Mittheilung gemacht zu haben, denn in einer Abhandlung vom Jahre 1843 J) nennt Klinsmann bei der Grucifere Dentaria bulbifera den Lehrer Schultze als Gewährsmann und Karthaus als Fundort. Doch einige der oben von Schultze aufgeführten Pflanzen werden von Klinsmann überhaupt nicht aufgeführt Nur noch einmal habe ich den Lehrer Schultze als Auffinder einer Pflanze erwähnt gefunden, in einer Abhandlung von Klinsmann vom Jahre 1865 bei Erica tetralix, die er in Pierwoszin bei Brück auffand. Auch mit Zoologie hat sich Schultze dort schon beschäftigt, denn 1840 hat er einen Siebenschläfer aus Karthaus an 0. Th. E. von Siebold geschickt. Von Karthaus siedelte Schultze 1842 nach Danzig über und übernahm hier eine Lehrerstelle an der Privatschule des Prediger Boeck. Diese Schule bestand damals aus vier Klassen und bereitete für die unteren Klassen der höheren Lehranstalten vor. In der letzten Klasse schon begann der Lateinunterricht. Jede Klasse enthielt nur eine mäßige Anzahl von Schülern, so daß auch weniger begabte Schüler gefördert werden konnten. An dieser Anstalt hat Schultze bis zum Jahre 1853 unterrichtet. Außer dem Gehalte erhielten die Lehrer auch hier Naturalverpflegung wie in Karthaus doch in bescheidenem Grenzen, nämlich ein Bntter- oder Schmalzbrod und, in den ersten Jahren, einen Liqueur in der großen Pause. Hier an dieser Schule mag Schultze weitere Anregung für seine naturwissenschaftlichen Studien gefunden haben: war doch der Prediger Boeck ein eifriger Beobachter und Sammler von Tliieren, insbesondere von Vögeln. Seine große Sammlung vorzugsweise in der Umgegend von Danzig geschossener Vögel bildet den Stamm der Vogel-Sammlungen des Provinzial- Museums. Diese Vögel und andere Naturalien waren damals in großen Glasschränken im Hause von Boeck aufgestellt, und die Lehrer konnten zu jeder Zeit die Sammlungsräume betreten. Das Jahr 1848 gab unserem Schultze Gelegenheit seinen Patriotismus zu bethätigen; er trat in die Bürgerwehr ein und hat, mit einem Steinschloßgewehr mit Bajonett bewaffnet, wacker exercirt. Gerne sprach er über diese Zeit. Einmal sei die Bürgerwehr noch des Abends spät nach den Dämmen ausgerückt, um dort Ordnung zu schaffen. Als sein Zug, in dessen drittem Gliede er stand, nach den Dämmen umbog, hörte man die Schritte einer ent¬ gegenkommenden, anscheinend feindlichen Truppe. Plötzlich habe er im ersten Gliede ge¬ standen, da die beiden vorderen Reihen mit dem Führer sich nach hinten gedrückt hätten. Da habe er commandirt: „Fällt das Gewehr!“ Doch im letzten Augenblicke habe sich gezeigt, daß auch die vermeintlichen Gegner der Bürgerwehr angehörten. 1852 verheirathete er sich; aus dieser Ehe sind drei Söhne und zwei Töchter hervor¬ gegangen. Alle drei Söhne haben das Abiturientenexamen gemacht und nehmen jetzt an¬ gesehene Stellungen ein. 1853 folgte er einem Rufe an die Realschule I. Ordnung zu St. Johann; hier hat er bis zu seiner im Jahre 1890 erfolgten Pensionirung gelehrt. Zunächst wurde er Hilfslehrer und zweiter Elementarlehrer; 1859 wurde er als erster Elementarlehrer fest angestellt. Die Verfügung der Königlichen Regierung, welche den Director beauftragt, unsern Schultze zu vereidigen habe ich in den Acten vorgefunden. Danach ist er 1. vorschriftsmäßig zu ver¬ eidigen. 2. Er ist zu verpflichten, dem sonn- und festtäglichen Gottesdienst und namentlich der Predigt regelmäßig beizuwohnen und von Zeit zu Zeit an der heiligen Communion tlieil- zunehmen. 3. Er ist vor dem leichtfertigen Besuche der Krüge und Schänken und von mit der Würde des Schulamts unverträglichen Vergnügungen zu warnen. 4. Ihm soll die Theil- nahme an staatsfeindlichen Vereinen und 5. die Jagd verboten werden. 6. Er soll zur ■) Neueste Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig Bd. IV., H. 1. XXXII Sparsamkeit ermahnt und vor leichtfertigem Schuldenmachen gewarnt werden. 7. Er soll die Schuljugend öfters vor Forstdiebstählen und vor Thierquälerei warnen. 18G0 rückte Schultze in die letzte Ordentliche Lehrerstelle ein und blieb in dieser, bis die gleichaltrigen Hauptlehrer der Stadt ein höheres Gehalt bezogen als er. Von nun an rückte er in die höheren Lehrerstellen ein. Neben seinem Hauptamte gab er noch Arbeits¬ stunden für die Schüler der Sexta und unterrichtete an Privatschulen. In der Johannisschule hat er hauptsächlich den Keehenunterricht und den naturgeschichtlichen Unterricht in den unteren Klassen gegeben. Wenn auch klein von Gestalt, so war er doch von energischem Willen beseelt und verstand sich überall Achtung zu verschaffen. Es gelang ihm leicht, die Schüler zu beherrschen, ohne besonders strenge zu sein. Seine freundlichen aber ernsten Ermahnungen vermochten selbst störrische Knaben auf den richtigen Weg zu führen; doch wandte er auch Strenge an, wenn es ihm nöthig schien. Er besaß die Gabe, seine Schüler im Unterrichte für jeden Gegenstand zu erwärmen, besonders aber verstand er es, die Liebe für die Natur, weiche er selbst besaß, auch seinen Schülern einzuflößen. Für ihn hatte die Naturbeobachtung nicht nur eine wissenschaftliche sondern auch eine ästhetische und ethische Seite. — Er hatte an seiner Schule die Aufsicht über die zoologischen Sammlungen; diese hat er durch eigenes Sammeln nicht unbeträchtlich vermehrt; so hat er z. B. einen Kasten mit Insecten aller Ordnungen und einen anderen mit einheimischen Mollusken für den Unterricht zusammengestellt. Neben seiner Thätigkeit als Lehrer fand er noch Zeit in der Umgegend der Stadt um¬ herzustreifen und eine rege Sammel-Thätigkeit zu entfalten: er sammelte Pflanzen, Thiere und Versteinerungen. Von den letzteren zieren viele die Sammlungen des Provinzial-Museums. Außerdem verfolgte er mit Eifer die naturgeschichtliche Literatur. Doch erst 1869 erschien seine erste Abhandlung in dem Programm der Johannis-Schule: „Beiträge zu einer geographischen und naturgeschichtlichen Beschreibung des Kreises Karthaus“. In geographischer Beziehung bietet diese Arbeit wenig neues, umsomehr in botanischer und zoologischer; auch schildert er die Bewohner und erzählt einige Sagen. Diese Erforschung des Kreises Karthaus vervoll¬ ständigte er durch Excursionen, welche er 1878, 1879 und 1880 machte. Er berücksichtigte vor¬ zugsweise die Flora und berichtete darüber in den Schriften der Natur forschenden Gesellschaft. Seit dem Jahre 1865 war er Mitglied unserer Gesellschaft; hier hielt er im März 1874 seinen ersten Vortrag über Süßwasser- und Kieselschwämme, den zweiten 1875 über Weicli- tliiere mit Berücksichtigung der Danziger Fauna. Später sind es zwei andre Gebiete, die ihn beschäftigen; die Geologie und die Anthro¬ pologie. Wie ich schon oben erwähnt habe, hat er fleißig Versteinerungen gesammelt. 1881 berichtete er über ältere Meeres- und Süßwasser-Formationen an den Uferabhängen der Weichsel von Dirschau bis Schwetz. Seine lebhafte Phantasie ließ ihn bisweilen zu weit gehen: er deutete manche Versteinerungen falsch und zog aus seinen Beobachtungen die kühnsten Schlüsse. Als 1872 die Anthropologische Seetion ins Leben trat, wurde Schultze ihr eifriges Mitglied 1875 legte er eine Gesichtsurne und ein Bronzeschwert vor; 1880 berichtete er über einen Burgwall auf der Oxhöfter Kämpe, 1882 bereiste er den Kreis Rosenberg; über die Ergebnisse seiner Forschungen hat er in der Naturforschenden Gesellschaft und in der Anthropologischen Seetion Vorträge gehalten. Er entdeckte mehrere Burgwälle und sammelte von denselben die charakteristischen Scherben; auch über Bronzefunde konnte er berichten. Am merkwürdigsten ist die Entdeckung mehrerer Steinfiguren. Zunächst sah er auf einem Acker einen erratischen Block von etwa 2 m Höhe, aus welchem der obere Theil einer menschlichen Figur roh ausgemeißelt war; ein zweiter stand am Ufer des Rosenberger Sees, von einem dritten bei Dt. Eylau befindlichen wurde ihm berichtet. Später wurden noch drei solcher Steinbilder in W estpreußen entdeckt. Dem Provinzial-Museum gelang es, sich in den Besitz dieser sämmtliclien Steinbilder zu setzen; fünf davon sind jetzt am Ein¬ gänge des Stadtmuseums am Franziskanerkloster aufgestellt. Von einigen derselben befinden XXXIII sich Nachbildungen im Museum für Völkerkunde in Berlin. Im ganzen westlichen Deutsch¬ land treten diese Steinbilder höchst selten und vereinzelt auf, hingegen nehmen sie nach Osten, besonders auf russischem Gebiet nach dem Schwarzen Meer hin, an Häufigkeit zu. Dieselben werden der Arabisch-Nordischen Zeit zugezählt1). In den folgenden Jahren hat Schultze mehrfach Ausgrabungen veranstaltet: 1883 unter¬ suchte er Hügelgräber in Groß und Klein Tuchom, Warsclienko und Banin im Kreise Karthaus und 1884 eine große Gruppe von Skeletgräbern in den Kreisen Bereut und Karthaus. Schultze war ein ganz gewandter Redner und hat auch in den Vereinen der Stadt be¬ liebte naturwissenschaftliche Vorträge gehalten. Michaeli 1890 im Alter von 73 Jahren trat er in den Ruhestand; doch blieb er noch so rüstig, daß er 1891 den Kreis Schlochau bereisen und 1892 Ausgrabungen in Dalwin im Kreise Dirschau veranstalten konnte. Dann aber nahmen seine Kräfte rasch ab, so daß er in den letzten Jahren das Zimmer nicht mehr verlassen konnte und sehr litt. Am 14. April 1901 erlöste ihn der Tod von seinen Leiden. Wir verlieren in Schultze einen Mann, der werthvolle Beiträge zu der Erforschung unserer Provinz geliefert hat. Hierauf spricht Herr Stadtrath Dr. Helm über ein von ihm erfundenes neues Verfahren zur Enteisenung von Grundwasser2). Bekanntlich enthalten zahlreiche Grundwässer, namentlich der norddeutschen Tiefebene, große Mengen Eisen, welche den Geschmack des Wassers beeinträchtigen, und bei der Be¬ rührung mit der atmosphärischen Luft zu einer Trübung und allmählichen Ausscheidung von Eisenoxydhydrat Veranlassung geben, wodurch das Wasser ein unappetitliches Aussehen erlangt. Zur Entfernung dieses Eisengehaltes und zur Klärung des Wassers ist eine Anzahl von Verfahren in Gebrauch, welche zumeist darauf beruhen, daß das Wasser durchlüftet und vom abgeschiedenen Eisenoxydhydrat durch Filtration befreit wird. Eine neuere Methode scheidet das Eisen auf Holzspäne ab, welche mit Zinnoxyd imprägnirt sind. Allen diesen Verfahren haften gewisse Mängel an, von denen ich folgende hervorhebe: Die Anlagen erfordern bedeutende Kosten zum Bau und zur Unterhaltung, das Wasser kommt mit einer großen Menge Luft oder Materialien in Berührung, welche hygienisch nicht völlig einwandfrei zu erhalten sind, bei Centralleitungen sind doppelte Hebewerke notliwendig, die Außentemperatur wirkt auf das Wasser ein, u. a. m. Diese Mängel bei einer hier anzulegenden Erweiterung der Wasserleitung zu beseitigen, hatte Vortragender sich zur Aufgabe gemacht. Das Wasser der Grundbrunnen innerhalb der Stadt Danzig ist wie das der meisten Grundbrunnen der Provinz Westpreußen stark eisenhaltig. Die in ihm enthaltene Luft (28 cbcm auf 1 1) enthält keinen Sauerstoff. Wenn das Wasser mit der atmosphärischen Luft in Berührung kommt, so fängt es schon nach kurzer Zeit, spätestens nach zwei Stunden, an, zu opalisiren, dann trübt es sich mehr und mehr; diese weiße Trübung besteht wahr¬ scheinlich aus sehr fein vertheiltem Eisenoxyduloxydhydrat. Dieses oxydirt sich und verdichtet sich gleichzeitig mehr und mehr, nimmt eine gelbliche Färbung an und setzt sich allmählich als rothgelber, flockiger Niederschlag von Eisenoxydhydrat ab. Das darüber stehende Wasser sieht klar aus, hat seinen tintenartigen Geschmack verloren und trübt sich auch später nicht mehr; eine kleine Menge Eisen bleibt auch nach der Klärung in dem Wasser gelöst. Aus diesem Verhalten geht hervor, daß in den betreffenden Grundwässern das Eisen in zwei Formen enthalten ist, in einer festgebundenen, welche an der Luft keinerlei Veränderung erleidet, und in einer lose gebundenen, welche durch den Sauerstoff der Luft leicht oxydirt wird. Welche Verbindungen das sind, ist schwer zu entscheiden. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der fester gebundene Theil des Eisens, welcher in den Wässern in kleinerer Menge, etwa ’) XVIII. Amtlicher Bericht über die Verwaltung der naturhistorischen, archaeologischen und ethnologischen Sammlungen des Westprcussischen Provinzial -Museums für das Jahr 1897. Danzig 1898. Dieser Vortrag ist auch in der hygienischen Zeitschrift „Die Gesundheit“ abgedruckt. 3 XXXIV zu 20 — 30 %, enthalten ist, Eisenoxydul ist, welches an eine organische Humussäure (Quell¬ säure?) gebunden ist, während der lose gebundene Theil kohlensaures Eisenoxydulhydrat ist; oder es liegt eine Eisen Verbindung vor in zum Theil dissociirtem Zustande. Letztere Annahme gewinnt durch die von Arrhenius und van t’Hoff begründete Lehre von der elektrolytischen Dissociation gelöster Salze an Wahrscheinlichkeit. Es wäre dann aber auch hier mit zwei Formen von gelöstem Eisen zu rechnen, von denen die eine eine lose, die andere eine fest gebundene ist. Der lose gebundene Antlieil (kohlensaures Eisenoxydulhydrat) ist es nun, welcher in den betreffenden Grundwässern die erwähnten Uebelstände verursacht. Ihn auf eine möglichst einfache und wenig Zeit erf rdernde Weise zu entfernen, darauf gehen die Verfahren der Enteisenung aus. Nun giebt es außer dem Sauerstoff der Luft noch andere Substanzen, welche mit diesem Antheil des im Wasser gelösten Eisens Verbindungen einzugehen im Stande sind. Von ihnen kommen namentlich einige Metalloxyde in Betracht, welche mit Eisenoxydul unlösliche Doppelverbindungen bilden. Kommt das eisenhaltige Grundwasser mit solchen Oxyden in Berührung, so fällt das Eisenoxydul aus, und das Wasser fließt davon befreit ab. Macht man praktische Versuche, welche von diesen Metalloxyden sich für diesen Zweck am besten eignen, so sind es eigentlich nur vier, welche hier in Betracht kommen. Es sind das die Thonerde, das Eisenoxyd und zwei der Manganoxyde. Die anderen sind entweder für den vorliegenden Zweck zu kostspielig, oder sie sind wegen ihrer Wirkung auf den mensch¬ lichen Organismus nicht einwandfrei. Auch die Thonerde ist wenig geeignet, weil sie nicht völlig unlöslich im Wasser ist und ihm einen erdigen Geschmack mittheilt. Es bleiben also nur die verschiedenen Eisenoxyde, welche in der Natur Vorkommen oder künstlich bereitet werden, und die beiden Mangan- Verbindungen übrig. Der Vorzug der geringeren Kostspieligkeit kommt ohne Zweifel den in der Natur vorkommenden Eisenerzen, Brauneisenstein, Rasen¬ eisenstein u. a. zu. Die meisten dieser Erze sind compact, lassen sich leicht zerkleinern und jedes Stück bietet dem durchfließenden Wasser eine große Berührungsfläche dar, weil es eine rauhe, eckige und zerrissene Gestalt hat. Zur Aufnahme des im Grundwasser enthaltenen störenden Eisengehaltes werden diese Erze in Stücke von vier bis zwanzig Millimeter Durchmesser zerkleinert und durch Absieben von den kleineren Theilen befreit. Sie werden in Behältern aufgeschichtet und das betreffende Wasser wird unmittelbar aus der Förderungspumpe des Grundbrunnens hindurchgeleitet. Es wird dadurch derjenige Theil des in Wasser gelösten Eisens, welcher sich als störend erweist, von dem Eisenoxyde gleichsam gefangen genommen und festgehalten. Das den Apparat verlassende Wasser ist klar und trübt sich auch später bei der Berührung mit der Luft nicht. Die ersten Antheile des durch den Apparat fließenden Wassers sind gewöhnlich durch feine abgespülte Erztheile noch getrübt. Eine Sand- oder Kiesschicht hält letztere zurück. Untersucht man nun den Inhalt des Enteisenungsbehälters, so ergiebt sich, daß das abgeschiedene Eisenoxyduloxydhydrat darin in zwei Formen enthalten ist, in Form eines feinen Schlammes und in Form einer auf der Oberfläche des Reinigungsmaterials lagernden festeren Kruste. Ersterer, der Schlamm, welcher sich zumeist in demjenigen Theile des Apparates befindet, in welchen das Wasser eintritt, und dort wegen seiner flockigen Beschaffenheit an den Erzstücken haftet, läßt sich leicht aus dem Apparat durch Rückspülung in angemessenen Pausen beseitigen. Die Beseitigung des fester lagernden Theiles des Eisenoxyduloxydhydrats auf dem Material ist ungleich schwieriger. Es behindert durch seine allmähliche Bildung nach und nach die Wirksamkeit des darunter befindlichen Eisenoxyds und muß deshalb beseitigt werden. Ich habe nach dieser Richtung hin, und um das Material wieder zu be¬ leben, mannigfache Versuche angestellt. Eine mechanische Trennung oder Auflösung bietet Schwierigkeiten dar. Es bleibt die Oxydation des Eisenoxyduls durch die atmosphärische Luft. Wird neben der Riickspiilung noch kalte oder erwärmte Luft durch den gefüllten Apparat geleitet, so erreicht man schon mehr, doch nicht auf die Dauer. Am wirksamsten geschieht die Oxydation und Wiederbelebung des Materials, indem es aus dem Apparat XXXV herausgenommen und durch Rösten bei erhöhter Temperatur mit der Luft in Berührung gebracht wird. Die Temperatur kann hierbei ohne Schaden bis zur Rothgluth des Materials erhöht werden, bei welcher Temperatur das Hydratwasser des Eisenoxyds völlig abgetrieben wird. Das Eisenoxyd behält auch in dieser Form seine Wirksamkeit völlig bei und kann wieder in den Reinigungsapparat eingefüllt werden, nachdem es durch Absieben von den bei dieser Operation entstandenen feineren Theilen befreit worden ist. Die abgesiebten Theile können zur Reinigung von Leuchtgas benutzt werden, wie denn überhaupt jedes Material, welches aus den Apparaten abfällt, für diesen Zweck volle Verwendung finden kann. Aus¬ geglühtes Eisenoxyderz kann auch gleich anfangs zur Füllung der Enteisenungsapparate verwandt werden. Es hat den Vortheil, daß es gegenüber dem aus der Natur frisch ent¬ nommenen frei von Wurzelfaserchen und anderen organischen Bestandtheilen ist. Ein besonderer Vorzug des beschriebenen Enteisenungsverfahrens besteht darin, daß der Vorgang der Enteisenung nicht an die Gegenwart des Sauerstoffs der Luft gebunden ist. Der Vorgang vollzieht sich vielmehr ebenso gut in geschlossenen wie offenen Behältern, inner¬ halb von Apparaten und Leitungen etc. und eignet sich deshalb besonders für Druckwasser¬ versorgungen. Ein Versuchsapparat functionirte vom 15. September bis Ende des Jahres 1899 in den Wasserwerken der hiesigen städtischen Verwaltung. Es wurden während dieser Zeit mit ihm völlig zufriedenstellende Resultate erzielt. Der mit dem Versuchsapparat verbundene, 38 m tiefe Röhrenbrunnen lieferte ein Wasser, welches in 100 000 Theilen 0,i8 bis 0,30 Theile Eisen¬ oxydul enthielt. In dem durch den Apparat gereinigten Wasser wurden nur 0,03 bis 0,08 Theile gefunden. Dieser letztere Tlieil des Eisens ist durch das angewandte Verfahren nicht ab- scheidbar. Annähernd dieselbe Menge blieb auch bei dem älteren Durchlüftungsverfahren in dem Wasser bestehen. Das vom Eisengehalt befreite Wasser hält sich klar, schmeckt nicht mehr nach Eisen und ist, da es durch den sterilisirten Apparat gegangen und mit der Luft in keinerlei Be¬ rührung gekommen ist, durchaus einwandfrei. Seit dem 24. Februar 1900 ist in der hiesigen Gasanstalt ein größerer Apparat auf¬ gestellt, durch welchen alles für die Gasanstalt erforderliche Wasser fließt und von dem störenden Eisengehalt befreit wird. Auch dieser Apparat ergiebt zufriedenstellende Resultate. Die städtischen Behörden Danzigs, ermuthigt durch die Erfolge der neuen Enteisenungs¬ methode, beschlossen, für die demnächst einzurichtenden Erweiterungsanlagen zur Wasser¬ versorgung der Stadt dieses Verfahren in Anwendung zu bringen. Das für diesen Zweck notlrwendige Wasser soll aus drei Grundbrunnen entnommen werden, von denen der zuerst fertig gestellte derselbe ist, dessen Wasser zu den vorerwähnten Versuchszwecken diente. Von großer Wichtigkeit ist noch, daß das angegebene Enteisenungsverfahren auch An¬ wendung finden kann bei Einzelbrunnen in Dörfern und Gehöften. Der betreffende mit Eisenerz gefüllte Behälter befindet sich in diesem Fall entweder in einem Wirtlischafts- gebäude, und das zu enteisenende Wasser wird durch eine Pumpe dorthin befördert, oder der Apparat wird frostfrei neben dem Brunnenrohr in die Erde eingebaut und so mit dem Förderungsrohr in Verbindung gebracht, daß das geförderte Wasser den Apparat in seiner Längsaxe durchfließt. Das Mengenverliältniß des Eisenerzes muß mit dem Eisengehalt des geförderten Wassers und der Schnelligkeit des Durclifließens in Uebereinstimmung gebracht werden. Auch darf eine Vorrichtung zur Spülung des Apparates nicht fehlen, und muß diese Spülung in angemessenen Pausen bewirkt werden. Wenn die Füllung des Reinigungsapparates durch Auf- und Einlagerung unwirksam geworden ist, so wird der Inhalt des Behälters entweder erneut, oder es wird der alte Behälter durch einen neuen ersetzt. In beiden Fällen kann die unwirksam gewordene Eisenfüllung durch Oxydation in der vorhin beschriebenen Weise wieder belebt werden. Das beschriebene Enteisenungsverfahren ist ferner in hohem Grade geeignet, gewisse Mineralwässer von ihrem störenden Eisengehalt zu befreien, ohne dieselben in ihrem Gehalt an Kohlensäure oder in ihrer sonstigen Qualität zu beeinträchtigen. 3* XXXVI Nach diesen Erläuterungen hat das vom Vortragenden angegebene Verfahren zur Ent¬ eisenung von Grundwasser gegenüber anderen Verfahren nachstehende Vortheile: 1. Es ist sowohl in der Anlage, wie auch in der Unterhaltung und im Betriebe billiger; 2. das Wasser fließt so rein und unberührt, wie es der Schoß der Erde birgt, und nur von seinem lästigen Begleiter, dem Eisen, befreit in die Haushaltungen; 8. es ist nur eine Pumpe zur Förderung und zum Betriebe erforderlich; 4. die Außentemperatur wirkt nur ganz unbedeutend auf das geförderte Wasser ein, und jede Verunreinigung des Wassers bei Berührung mit der äußeren Luft kann ausgeschlossen werden; 5. das Verfahren gestattet einen intermittirenden Betrieb. Die Manganerze, namentlich der Braunstein, sind zum Enteisenen von Wasser gegen¬ über den Eisenoxyderzen sehr tlieuer im Preise; doch bietet insbesondere der Braunstein manche Vortheile, u. a. den, daß er sich leichter von der aufgelagerten Schlammschicht reinigen läßt. Der Vorgang, welcher hierbei im Enteisenungsapparate verläuft, besteht darin, daß das Mangansuperoxyd einen Theil seines Sauerstoffes abgiebt, um das im Wasser gelöste Eisenoxydul zu Eisenoxyd zu oxydiren, welches letztere mit dem entstandenen Manganoxydul ein unlösliches Doppelsalz bildet. Im Anschluß an diesen Vortrag macht Herr Director Kunath eingehende Mittheilungen über die Anwendung des HELM’schen Verfahrens bei dem neuen städtischen Wasserwerk an der Steinschleuse. An der Hand ausführlicher Pläne der ganzen Anlage und von Zeichnungen der maschinellen Einrichtungen wird ein instructives Bild des neuen, der Prangenauer Leitung angegliederten Wasserwerkes entworfen. Schon jetzt können hierdurch im Bedarfsfälle täglich gegen 8000 cbm tadellosen Wassers der täglich 9 — 10 000 cbm liefernden Prangenauer Leitung zugeführt werden, und zwar dem Hauptrohre der Sladtleitung in der Nähe des Gertrudenhospitals. Die neue Anlage gestattet noch beträchtliche Erweiterungen, da der die Tiefbrunnen am Wasserwerke speisende eonstante Grund wasserstrom eine bedeutend weiter gehende Inanspruchnahme zuläßt, als sie bereits jetzt erfolgt. Hervorgehoben wird übrigens, daß die Prangenauer Leitung während des größten Theiles des Jahres den Wasserbedarf der Stadt allein deckt, nur in den Zeiten größter Hitze und Trockenheit, zugleich größten Wasser¬ bedarfes Seitens der Bewohner, hat sich ein vorübergehender Wassermangel fühlbar gemacht, dem nunmehr für ferne Zeiten abgeholfen ist. An beide Vorträge schließt sich eine lebhafte Discussion an, in welcher besonders die Frage ventilirt wird, ob und wie weit sich das neue Enteisenungs¬ verfahren technisch leicht und billig auch für kleinere Wasserwerke, selbst für den einzelnen Dorfbrunnen in Anwendung bringen läßt, eine Frage, die darum hohe Wichtigkeit hat, weil in der ganzen Provinz das Grundwasser stark eisen¬ haltig ist. Die Vortragenden bejahen im Princip die gestellte Frage und sagen die Anstellung entsprechender Versuche zu. 8. Sitzung am 2. Oktober 1901. Zunächst begrüßt Herr Professor Momber die Anwesenden und legt eine Auslese der für die Bibliothek neu eingesandten, zum großen Theil sehr werth¬ vollen Druckschriften vor. Sodann widmet Herr Professor Dr. Conwentz dem vor zwei Monaten verstorbenen Mitglied der Gesellschaft, Rittergutsbesitzer Treichel-HocIi Paleschken, warme Worte der Erinnerung und betont dessen Verdienste um die Erforschung unserer Provinz und um die Förderung der hiesigen öffent¬ lichen Sammlungen. Zu Ehren des Verstorbenen erheben sich die Anwesenden von ihren Sitzen. XXXVII Hierauf spricht Herr Professor Dr. ÄHRENS-Breslau in längerem, fesseln¬ dem Vortrage, unter Vorführung eines glänzenden, umfangreichen Demon- stratiousmateriales, über die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung. Unter den zahllosen chemischen Verbindungen haben diejenigen vor allem unser größtes Interesse zu beanspruchen, welche für die Existenz der Lebewelt unentbehrlich sind. Unter diesen nehmen die Kohlehydrate Zucker, Stärke, Cellulose eine hervorragende Stelle ein. Sie gaben dem Chemiker von je her eine Fülle von Räthseln zu lösen, aber sie liefern ihm dafür auch mit jeder glücklichen Lösung eine Fülle von Erkenntniß, die die rastlose Arbeit und emsige Forschung reich belohnt. So sind wir im letzten Jahrzehnt in das mystische Dunkel, welches so lange die Natur der Zuckerarten umgab, derart eingedrungen, daß dieses Gebiet, obwohl es noch in wichtigen Stadien zukünftiger Aufklärung bedarf, im Großen und Ganzen doch als bekannt angesprochen werden kann. Die eigentlichen Kohlehydrate, die Stärken, Dextrine und Cellulosen sind aber leider noch unbekanntes Land, dessen Durch- und Erforschung wegen der Größe der Moleküle und der dadurch bedingten Mannigfaltigkeit der möglichen Variationen in der Gruppirung der Atomgruppen noch erheblich größere Schwierig¬ keiten voraussehen läßt, als bei der Zuckergruppe zu überwinden gewesen sind. Bedeutungs¬ voller als die Erfolge der „reinen“ Forschung hat sich auf unserem Gebiet im Laufe der letzten Jahre die Arbeit nach der angewandten Seite hin erwiesen, und hier hat die Cellulose sich einen besonders hervorragenden Platz erobert. Wir sehen sie sich wandeln in Zucker und Alkohol, in vortreffliche Imitationen von Horn und Elfenbein, von Schildpatt und Hart¬ gummi; wir finden sie als Glühfaden in den elektrischen Beleuchtungskörpern, als Träger der AuER-Strumpf-Glühmasse, als Sprengmittel und rauchloses Pulver, als Gelatine-, Kautschuk-, Leder-Ersatz, als Druck- und Anstrichfarbe, als glänzendes Gewebe und als schimmernde, rauschende Seide. Die Cellulose ist ein Product des Pflanzenreichs und steht uns in beliebigen Mengen und in verschiedener Form in langgestreckten Bastzellen, in Samenhaaren gewisser Früchte, in der Zellsubstanz der Bäume etc. zur Verfügung. Am meisten geschätzt und lange allein verwendet waren die leicht zu gewinnenden und zu verarbeitenden Bastfasern wie Flachs, Jute, Leinen und die Samenhaare der Baumwollpflanze, die, nachdem sie als Gewebe ihren Dienst gethan, noch als Papier eine neue Auferstehung feierten. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts steigerte sich der Bedarf namentlich an billigeren Zeitungspapieren derart, daß die Lumpen und Hadern nicht mehr ausreichten und man nothgedrungen nach einem Ersatz suchen mußte. Man fand ihn im Holz, das allerdings wegen seiner Structur und der Ver¬ kittung seiner Zellen durch Lignin und andere Substanzen weit weniger für die Papier- fabrication geeignet war als das Lumpenmaterial. Zuerst stellte man nur den Holz¬ schliff her und zwar dadurch, daß von Aesten und schadhaften Stellen befreites, ent¬ rindetes Nadelholz „geschliffen“, das heißt am Umkreise eines sehr schnell laufenden, grobkörnigen Schleifsteins naß vermahle]), gesiebt, gebleicht und unter Zusatz von Hader¬ stoff auf Papier verarbeitet wurde. Zeitungspapier besteht aus 85 % Holzschliff und 15 % Cellulose. Für feinere Papiere ist Holzschliff ungeeignet, weil Holzschliffpapiere, namentlich schnell im Lichte, sich gelb bis braun färben, was seinen Grund in der Anwesenheit der „ungesättigten“, leicht Sauerstoff aus der Luft aufnehmenden Ligninverbindungen hat. Diese und damit Holzschliff in Papier lassen sich übrigens leicht entdecken, denn Anilinsulfat er¬ zeugt damit gelbe, alkoholische salzsaure Phloroglucinlösung rothe Färbungen. Für bessere Papiersorten mußten die Ligninsubstanzen aus dem Holze entfernt werden. Seit 1862 ge¬ schieht das im Großbetriebe durch Kochen mit Natronlauge. Die dadurch hergestellte „Natroncellulose“ ist grau, nicht leicht zu bleichen und nicht sehr fest. Günstig wirkt der von Dahl eingeführte Zusatz von scliwefel saurem Natrium Den größten Erfolg hat nach Ueberwindung vieler technischer Schwierigkeiten das Verfahren von Tilghman-Mitscheri.ich gehabt. Nach demselben wird das entsprechend vorbereitete Nadelholz in großen, 16" — 0<> cbm fassenden, eisernen, an der Peripherie mit säurefesten Steinen ausgemauerten Cylindern etwa XXXVIII 24 Stunden hindurch mit einer Lösung- von schwefligsaurein Calcium in schwefliger Säure bei 3V2 — 4 Atmosphären Druck erhitzt. Nach dieser Zeit ist aus dem IIolz alles außer der Cellulose in Lösung gegangen; dieselbe wird in viel fließendem Wasser gewaschen und dann zunächst auf Pappe verarbeitet. Sehr sorgfältiges Waschen der Cellulose ist nothwendig, weil auch schon ganz geringe Mengen von Säure, wenn sie in derselben verbleiben, das Papier später brüchig machen. Der Grund dafür ist die Bildung von Hydrocellulose aus Cellulose und Säure, welche die charakteristische Eigenschaft besitzt, aus kleinstem Anlaß zu Pulver zu zerfallen. Diese Eigentümlichkeit benutzt man u. a. zum Wegbeizen von Cellulose aus der Wolle bei der Tuchfabrication durch Behandeln des Tuches mit Schwefelsäure etc. Die Cellulose ist im allgemeinen sehr widerstandsfähig gegen chemische Eingriffe; die meisten derselben führen entweder zu sehr nahen und einfachen Abkömmlingen der Cellulose oder aber bei energischerer Reaction zu völliger Zersetzung. Für die Erforschung des mole¬ kularen Baues ist damit wenig anzufangen, wogegen sich für die Technik eine Reihe werth- voller Producte ergeben. So erhält man durch Schmelzen von Cellulose in Form von Holz¬ abfällen, wie Sägespänen, mit Aetzkali die vielfach angewendete Oxalsäure. Ebenso ist es seit lange kein Geheimniß, daß die Cellulose als echtes Kohlehydrat von Säuren hydrolytisch gespalten und zu Traubenzucker abgebaut wird. Das ist ja die Brücke, die alle complexen Kohlehydrahte mit der Zuckergruppe der Glycosen verbindet, aber leider führt sie nur zu den einfachen Stoffen . abwärts, von diesen aber nicht mehr zu den Ausgangsmaterialien zurück! Die Spaltung der Cellulose zu Zucker und dessen Ueberführung in Alkohol ist ein lange ge¬ löstes Problem, aber seine Durchführung in technisch aussichtsreicher Weise ist erst vor ganz kurzer Zeit Professor Classen in Aachen gelungen. Derselbe durchfeuchtet die Säge¬ späne mit wässeriger schwefliger Säure und erhitzt sie dann in einem geschlossenen rotirenden Gefäß eine Stunde lang auf 145°; dann wird mit Wasser ausgekocht, die Lösung neutralisirt und filtrirt und nun entweder auf Traubenzucker verdampft oder sogleich mit Hefe ver- gohren. Die Gährung tritt schon nach einer halben Stunde ein und ist nach 12 Stunden nahezu beendet; die Yergährung erreicht bis 90 %. Den Herstellungspreis für ein Liter absoluten Holzspiritus berechnet Classen auf 13 Pf., gegen 26 Pf. für Melasse-, Rüben-, Kartoffelspiritus bei Berücksichtigung der Yerwerthung der Nebenproducte Darnach ist das Verfahren Classen’s für die holzreichen Länder recht vielversprechend. Von höchster technischer Bedeutung sind die Salpetersäure-Ester der Cellulose, die sog. Nitrocellulosen, von denen wir Collodiumwollen und eigentliche Schießbaumwollen unter¬ scheiden. Die ersteren lösen sich in zwei Theilen Aether und einem Theil Alkohol zu dem bekannten Collodium, dessen Verwendung zu medizinischen und photographischen Zwecken bekannt ist. Weniger bekannt ist, daß sie in Lösung mit Nitroglycerin die Sprenggelatine bilden, einen Sprengstoff, der das Dynamit weit in den Schatten stellt und in allen Militär¬ staaten Verwendung findet. Für bergbauliche Zwecke wirkt er zu stark und wird daher nach Nobel mit Salpeter als Zusatzpulver zum „Gelatinedynamit“ verdünnt. Nitrocellulose ist auch das Ausgangsmaterial für die rauchschwachen Pulver, welche zuerst 1886 von Frankreich als Armeepulver eingeführt wurden, worauf alle anderen Staaten folgen mußten. Die ersten Pulver waren schlecht, doch hat man allmählich für jeden gewünschten Zweck ein geeignetes Pulver herzustellen gelernt. Man kann die rauchschwachen Pulver in drei Typen sondern: die einen bestehen nur aus Nitrocellulose und sind mit Zuhilfenahme eines Lösungsmittels hergestellt (Blättchenpulver; ScHULTZE-Pulver) ; die zweiten bestehen aus Nitrocellulose und Nitroglycerin (Ballistit, Cordite, Amberit); die dritten endlich sind Gemische von Nitrocellulose mit Nitro- toluolen (Plastomenit). Collodium und Campher bilden eine außerordentlich harte und gut bearbeitbare Mischung, die das durch die Pariser Weltausstellung bekannt gewordene Cellulo id, mit seiner vielfachen Anwendungsfähigkeit als Imitation von Horn, Elfenbein, Schildpatt, Hartgummi etc., darstellt. Die verblüffendste Anwendung hat die Nitrocellulose und die Cellulose in der Textil¬ industrie gefunden. Auf der Pariser Weltausstellung von 1889 fiel ein prachtvoll glänzendes XXXIX Gewebe auf, welches in Allem der Seide glich, dieselbe an Glanz aber noch übertraf, und doch keine Seide sondern — Cellulose war. Graf Chakdonnet hatte sie in folgender Weise hergestellt. Er hatte Collodium in dicker Lösung hergestellt und diese mit sehr hohem Druck durch enge Kapillaren gepreßt; er erhielt dabei Fäden, die sofort versponnen werden konnten und die, nachdem sie zum Denitriren ein Bad von Magnesiumsulfathydrat passirt hatten, den prächtigen Glanz und die hohe Aufnahmefähigkeit der Seide für basische Farbstoffe zeigten. Diese Seide Chardonnet wird in zwei französischen, einer englischen und einer schweizer Fabrik im Dauerbetriebe hergestellt. Nach einem ähnlichen Verfahren von Lehner arbeitet bei Zürich eine Fabrik; nur verwendet sie dünnere Collodiumlösungen, durch welche die Apparatur vereinfacht und verbilligt, dagegen die Abzugsgeschwindigkeit der Fäden eine geringere wird. Doch nicht nur die Nitrocellulose, deren Herstellung und Verarbeitung nicht zu den Annehmlichkeiten eines Betriebes gehört, ist zur Herstellung von künstlicher Seide geeignet, auch die Cellulose selbst läßt sich direct darauf verarbeiten. In Oberbruch bei Aachen wird nach Patenten von Pauly, Fremery und Bronnert die sogen. PAULY-Seide oder „Glanzstoff“ aus Spinnereiabfällen hergestellt und in bunter Mannigfaltigkeit zu schönsten Decorations- geweben verarbeitet. Das Princip besteht darin, daß man Cellulose in Kupferoxyd- Ammoniak oder in Chlorzinklösung zu einer Flüssigkeit löst, die sich verspinnen läßt, worauf die Fäden durch eine Säure in Cellulose zurückverwandeit werden. Die Löslichkeit von Cellulose in den genannten Lösungsmitteln ist lange bekannt, die Schwierigkeit bestand nur darin, die Cellulose so vorzubereiten, daß sie sich leicht zu einer Spinnflüssigkeit löst; das thut sie, wenn sie zunächst einige Zeit mit Natronlauge durchweicht wird. Eine prachtvolle Collection gefärbter und ungefärbter Muster zeigt, wie schöne decorative Effecte mit dieser seideähnlichen Faser erzielt werden. Durch die Behandlung mit kalter concentrirter Aetzalkalilauge erfährt die Baumwolle bezw. ganz allgemein die Cellulose eine Veränderung; sie geht in Alkalicellulose über. Diese Beobachtung wurde 1844 von John Mercer gemacht, welcher beim Filtriren von kalter concentrirter Natronlauge durch einen Baumwollstrumpf eine Schrumpfung des Gewebes wahrnahm, welches, wie sich später herausstellte, fester als das ursprüngliche und aufnahme¬ fähiger für Farbstoffe war. Das Mercerisiren führte sich trotz günstiger Prognosen nicht ein, der Schrumpfungsverlust der nach Längenmaß verkauften Gewebe und der Mangel an alkali¬ echten Baumwollfarbstoffen ließ das Verfahren nicht aufkommen. Man hörte von demselben erst wieder 1884, als die elsässische Firma Depoully dasselbe zur Herstellung eigentlnimlicher Kreppmuster verwandte. Dieselben wurden dadurch erzielt, daß man die Baumwollstoffe nur theilweise der Behandlung mit Natronlauge unterwarf, während man die anderen Theile durch Aufdrucken einer sog. Reserve, als welche am geeignetsten Gummi arabicum befunden wurde, vor den Angriffen der Lauge schützte. Da nun die mercerisirten Stellen zusammenschrumpfen, die anderen nicht, so erhielt man einen eigenartigen Faltenwurf in regelmäßigen Kräuselungen. Diese Creponartikel gewannen schnell an Beliebtheit, um so mehr, als man inzwischen brauchbare Farbstoffe entdeckt hatte, um den ganzen Glanz des Sonnenspectrums darüber zu ergießen. Die mercerisirten Artikel gewannen durch die Krefelder Firma Thomas und PrEvost ein anderes Aussehen, als dieselbe versuchte, die Schrumpfung der Baumwollstoffe durch starke Spannung derselben beim Mercerisationsprozeß hintanzuhalten, denn es nahm das Gewebe hierbei wiederum einen schönen Glanz an, der der Verwendbarkeit der Stoffe neue Wege eröffnete. Die mercerisirte Cellulose ist endlich das Ausgangsproduct der „Viskose“ von Cross und Bevan. Die Viskose ist chemisch Cellulosexanthogenat und entsteht aus Natroncellulose und Schwefelkohlenstoff. Sie löst sich in Wasser zu einer braunen Flüssigkeit, ist aber nur bei Luftabschluß und niedriger Temperatur einige Zeit haltbar; beim Stehen scheidet sie eine gallertartige Masse „Viskoid“ ab, die sich in jeder beliebigen Art formen und pressen und so für sich allein oder in Mischung mit anderen billigen Materialien, wie Pech, Kaolin u.s. w., ✓ XL wie FTorn, Ebenholz und Elfenbein bearbeiten läßt. Die Viskose wird durch Salz¬ lösungen leicht zerlegt, und zwar hat sich am geeignetesten dafür Ammoniumsulfat erwiesen. Es ist verständlich, daß man auf diese Weise der sich abscheidenden Cellulose alle möglichen Stärken und Formen, selbst auch noch gewisse Zusätze geben kann. Auf diese Weise werden aus Viskose Films, Packpapiere, wasserdichte Unterlagen u. dergl. m. hergestellt, die sich vor allem durch große Billigkeit auszeichnen. Durch einen erhöhten Alkalizusatz wird die Viskose als „Decapant“ in Paris vielfach zur Entfernung alter Anstriche von Holz, Eisen, Mauerwerk verwandt, und als „Fibrol“ tritt sie uns in Mischung mit Pigmenten, Erd¬ farben, Baryumsulfat etc. als schnell trocknende, waschechte Anstrichfarbe entgegen. Höchst interessant ist die Verwendung der Viskose in der Textilindustrie, wo sie zur Herstellung von echten Damastmustern, sowie zur Appretur verwendet wird. In letzterem Falle muß das Bleichen der Waaren nach dem Drucken und Appretiren vorgenommen werden, weil die aus der Viskose abgeschiedene Cellulose auch gebleicht werden iuuß. Endlich läßt sich die Viskose auch zu seideglänzenden Fäden verspinnen, und es ist nach dieser Richtung die Acetat- und Glanzcellulosefabrik des Fürsten Henckel-Donnersmark in Altdamm bei Stettin thätig, deren Director Dr. Max Müller die schöne Ausstellung von Viskose- Artikeln er¬ möglicht hat. Zur Herstellung der Fäden wird die Viskose in Natronlösung zur Spinn¬ flüssigkeit aufgelöst, welche nach Filtration durch Baumwolle in geschlossenen Leitungen zum Spinnsaale geführt wird. Von hier gelangt sie durch Zweigleitungen unter die Spinntische, wo sie in verschiedene je 18 feine Oeffnungen enthaltende Platindüsen ausmündet, aus denen eine entsprechende Anzahl feiner Viskosefäden ausfließen. Diese treten sofort in eine Lösung von schwefelsaurem Ammonium, werden hierdurch fixirt und lassen sich von der Hand eines Arbeiters zu je einem Faden vereinigen und in centrifugirende Kapseln leiten, wo durch sinnreiche Vorrichtungen die Verzwirnung der 18 Fäden erfolgt. Aus diesen Kapseln wird der Faden auf automatisch arbeitende Weifen geführt und dort in bestimmte Längen von 500 — 1000 m abgemessen. In Strähnen gebunden, kommen sie in 5procentige Kochsalz¬ lösung und dann in fast neutrale Salzsäurelösung, darauf auf in einem Rahmen gelagerte Porzellanwalzen, wo sie bis zur Grenze ihrer Elasticität gespannt werden. Nunmehr wird der ganze Rahmen V2 Stunde in concentrirter Kochsalzlösung gekocht und dadurch der Faden unlöslich gemacht. Nach dem Trocknen wird mit Chlorkalk gebleicht, eventl. gefärbt und noch einige Zeit zur Erzielung einer gewissen Weichheit in Seifenlösung gekocht. Nach Centrifugiren und abermaligem Trocknen ist die Seide aus Holz fertig. Alle diese Kunstseiden sind natürlich keine Seide, sie stehen derselben in Festigkeit nach, und es sind die Fäden deshalb viel dicker als ein Maulbeerseidenfaden, auch haben künstliche Seiden die imangenehme Eigenschaft, im Wasser unter Vergrößerung ihres Volumens zu quellen. Sie sind daher nicht für alle Zwecke verwendbar, doch sichert ihnen ihr schöner Glanz und ihre Billigkeit einen hervorragenden Platz in der Decorationstechnik. Da man es hier noch mit jungen, in der ersten Entwickelung begriffenen Verfahren zu tliun hat, so kann man für die Zukunft mit Sicherheit auf noch manche Vervollkommnung rechnen. 9. Sitzung am (>. November 1901. Der Yice-Director der Gesellschaft, Herr Sanitätsrath Dr. Tornwaldt, legt die von den einheimischen und auswärtigen Mitgliedern, Herren Dr. Lievin und Dr. PiNCUS-hier, Professor GRiESBACH-Miilhausen, Dr. Jacobsen- Berlin und Professor Treptow -Freiberg i. S., eingesandten Geschenke für die Biblio¬ thek vor. Hierauf erläutert Herr Kapitän Beinicke, Civilmitglied des Küstenbezirks¬ amts I in Neufahrwasser, die von der Deutschen Seewarte seit dem Beginn dieses Jahres allmonatlich unter dem Namen „Nordatlantische Wetterausschau“ herausgegebenen Seekarten. XLI Diese Karten sind vornehmlich fiir den Gebranch der Dampfer bestimmt, welche den Atlantischen Ocean befahren. Bis zur Herausgabe dieser neuen Karten galt für diesen Ocean außer englischen Nachschlagewerken eigentlich nur das 1882 von der Deutschen Seewarte herausgegebene Segelhandbuch. Das Erscheinen dieses Segelhandbuches war für den See¬ mann damals von ganz außerordentlicher Bedeutung. Denn während die englischen Werke in der Hauptsache eine Beschreibung der Küsten und Häfen brachten, fiir gewisse Situationen auch w7olil bestimmte Vorschriften gaben, aber die physikalischen Verhältnisse auf dem Ocean nur ganz dürftig behandelten, legte das Segelhandbuch der Seewarte den Schwerpunkt darauf, uns im Lichte der neueren Forschungen den Zusammenhang der physikalischen Vorgänge auf dem Ocean erkennen zu lehren. Das wTar für die Seeleute von überaus hervorragender Be¬ deutung, denn sie wurden nun in den Stand gesetzt, auf Grund ihrer Erkenntniß wichtige Schlußfolgerungen zu ziehen und selbstständige Entschlüsse zu fassen. Damit wurde der Seemann vom Zwange der Tradition und Vorschriften, deren Unzulänglichkeit er •wohl fühlte aber nicht nachweisen konnte, frei und dadurch, wie zugleich durch das Eisen- und Stahl¬ schiff, Herr des Oceans. Wie wichtig aber auch das Segelhandbuch sein mochte, und ob es auch immer die Quelle sein ward, aus der unsere Seeleute ihr theoretisches Wissen vom Ocean schöpfen, mit dem Uebergange zur Dampfschiffahrt genügte es nicht mehr. Hier setzen nun die neuen Karten ein. Wir finden in ihnen alles zusammengedrängt, was der Schiffer zur Sicherung seiner Fahrt über den Atlantischen Ocean braucht. Alles ist übersichtlich auf einem einzigen Blatt in Folioformat zusammengetragen. Auch andere Nationen geben Karten vom Nordatlantischen Ocean heraus, England seit Anfang dieses Jahres, die Vereinigten Staaten seit den fünfziger Jahren die bekannten und beliebten, unent¬ geltlich erhältlichen pilot Charta, in übersichtlichem Farbendruck und empfehlenswerthem großem Maßstabe. Die neuen deutschen Karten sind nicht so reich ausgestattet, erscheinen nur in einfachem Schwarzdruck, dafür liegt ihnen eine Summe streng wissenschaftlich ver¬ arbeiteten Materials zu Grunde, wie es weder die Engländer noch die Amerikaner oder irgend eine andere Nation zur Verfügung hat. Es sind die Elemente der Witterungskunde, abgeleitet aus den Ergebnissen einer 14-jährigen Folge der täglichen synoptischen Karten, welche die Seewarte gemeinsam mit dem Dänischen Meteorologischen Institut herausgiebt, und aus der Vierteljahreswetterschau von 1883 — 1893. Die graphische Darstellung der Windverhältnisse, die Werthe für die pro- centische Anzahl der Stürme, die Mittelwerthe für Stunden mit Niederschlag, für Stunden mit Nebel, für Temperatur des Meereswassers an der Oberfläche, die Mittelwerthe für Luft¬ temperatur im Monat — , alle diese Werthe repräsentiren eine ganz außerordentlich große Summe von Beobachtungen, die seit 32 Jahren von Hunderten deutscher und holländischer Seeleute gemacht und von der Seewarte gesammelt sind. Von ganz besonderem Werth für die praktische Schiffahrt sind natürlich möglichst genaue Angaben über etwaige Schiffahrtshindernisse; dementsprechend finden wir auf unseren Karten auch die Grenzen des Treibeises und des Nebels; ferner Angaben über Wracks, Trift¬ stücke u. s. w. in einer beigedruckten Legende. Auf der Rückseite der Hauptkarte sind kleine Karten über Luftdruck und Temperatur für Dekaden der zwei letzten Monate beigegeben, deren Werthe aus den inzwischen von Schiffen eingelieferten Beobachtungen abgeleitet und die für den Schiffer werthvoll sind zum nachträglichen Verständniß der Wetterlage auf seinen Reisen. Die ebenfalls auf den Karten gegebenen magnetischen Werthe sind nothwendig zum Verständniß der Aenderung der Ab¬ weichung der Magnetnadel an Bord, insofern nämlich diese Aenderung durch den veränderten Schiffsort hervorgerufen wird. Endlich finden sich noch praktisch wichtige Mittheilungen von nautischem Interesse aus den neuesten Kapitäns- und Konsulats-Fragebogen auf der Rückseite der Karte. XLI1 Alles in allem genommen stellen diese Karten eine bedeutende Erweiterung und Sicherung unserer Kenntniß von dem Atlantischen Meere dar, das für uns Europäer das wichtigste ist, weil unser Wetter in ihm seinen Ursprung nimmt. Herr Professor Dr. Conwentz spricht hierauf in längerem Vortrag über die Flora der Moore in ihrer gegenwärtigen und einstmaligen Zusammensetzung und illustrirt sie durch Abbildungen und Herbarpflanzen. Im Anschluß daran erläutert Vortragender die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Moore, die in Folge der Werthsteigerung der Brennmaterialien und in Folge der Land¬ meliorationen von Jahr zu Jahr zunimmt. Vom wissenschaftlichen Stand¬ punkt ist die hierbei unvermeidliche Vernichtung mancher seltenen Pflanzenart iu unserem Gebiet zu beklagen. Im Hinblick hierauf empfiehlt Vortragender eine beschleunigte, gründliche fioristische wie faunistische Untersuchung der noch erhaltenen Moore, wie anderseits die dauernde Conservirung einzelner Moore als eigenartiger Denkmäler der Natur, durch welche die Physiognomie einer Landschaft in charakteristischer Weise gekennzeichnet wird. Ein ausführliches Peferat über diesen Vortrag ist später im „Prometheus'4 veröffentlicht worden1). Herr Professor Momber berichtet über den Verlauf der Virchow - Feier in Berlin, welcher er als Vertreter der Gesellschaft beiwohnte. Außer mehreren Druckschriften, die sich auf diese denkwürdige Feier beziehen, legt Vortragender auch eine Photographie des von der kunstgeübten Hand des Herrn Oberlehrer Dr. Korella ausgeführten Diploms vor, welches Vor¬ tragender dem jüngsten Ehrenmitgliede der Gesellschaft in Berlin persönlich überreicht hat. 10. Sitzung am 21. November 1901, Herr Medicinalrath Professor Dr. Barth spricht in längerem Vortrage über die Chirurgie des Herzens. Die Chirurgie des Herzens ist das jüngste Kapitel der chirurgischen Wissenschaft, und wenn ihr auch naturgemäß sehr enge Grenze gezogen sind, so hat sie doch in den fünf Jahren ihrer Entwickelung glänzende Erfolge aufzuweisen und sich das Bürgerrecht in der Heilkunde gesichert. Und nicht durch blinden Wagemuth des Chirurgen ist das Organ, welches mit einem gewissen Recht als der Sitz des Lebens gegolten, seiner Hand anheim¬ gefallen, sondern folgerichtiges Denken hat die Lehre von der Unantastbarkeit des Herzens widerlegt, und folgerichtiges Handeln hat die günstigen Resultate geliefert. Seit den homerischen Zeiten haben die Verletzungen des Herzens als unbedingt tätlich gegolten, und auch die Aerzte aller Kulturvölker haben bis in die Neuzeit an dieser Ansicht festgehalten. Zwar tauchten im 17. und 18. Jahrhundert Mittheilungen von Fällen auf, in denen eine Herzverletzung erst nach Tagen tötlich endete oder gar zur Heilung kam. Wie es scheint, vermochten aber solche Beobachtungen die alte Ansicht nicht zu beeinflussen. Und noch im Anfang des 19. Jahrhunderts, nachdem das Interesse für die Herzverletzungen, namentlich in Frankreich, durch die Arbeiten Larrey’s und Dupuytren’s lebhaft erwacht und ein größeres Beobachtungsmaterial geliefert war, hielt man die Möglichkeit der Heilung einer Herzwunde für höchst fraglich und war geneigt, positive Beobachtungen für Täuschungen anzusehen. Inzwischen suchte man der Frage durch Tinerversuche näherzutreten. Man stellte ') CONWENTZ. Die Gefährdung der Flora der Moore. Prometheus. No. 635. XIII. Jahrg. 1901/1902. No. 11. XLI1I fest, daß das Einstechen einer Nadel in das Herz eines Thieres oline Schmerzensäußerung ertragen wurde, und daß die Thiere ungestört am Leben blieben, ja, selbst Verletzungen mit gröberen Instrumenten erwiesen sicli nicht als unbedingt tödtlich (Bretonneau 1818, Larrey 1829, Yelpeau 1833, Jung 1835). Die Zahl der Herzschläge war bei diesen Versuchen im Moment des Einstichs beschleunigt, kehrte aber bald zur Norm zurück. Wirkliche Klarheit in die Angelegenheit brachte indessen erst die im Jahre 1868 er¬ schiene Arbeit von Georg Fischer in Hannover, welche sich auf das stattliche Material von 401 aus der Literatur zusammengestellten Fällen von Verletzungen des Herzens und 51 des Herzbeutels stützte. 44 Mal handelt es sich um Stichwunden mit Nadeln oder ähnlichen Instrumenten, 260 Mal um Stichschnittwunden mit Messern u. s. w., 72 Mal um Schu߬ verletzungen und 76 Mal um Zerreißung durch stumpf einwirkende, schwere Gewalten. Nur in 26 % der Fälle trat der Tod sofort ein, in 55 % erfolgte er später nach Stunden, Tagen oder Monaten, und in 10,7 % der Herzverletzungen wurde dauernde Heilung festgestellt. Darunter befinden sich 12 Fälle, in denen Fremdkörper (Nadeln, Kugeln) im Herzen eingeheilt waren, ohne Störungen zu verursachen. Selbst eine Verletzung der Kranzader, das heißt der Ernährungsarterie für das Herz, braucht nicht unbedingt tötlich zu sein, da ein sicherer Fall von spontaner Heilung nach Verletzung derselben beschrieben worden ist. Das praktische Ergebniß der FiscHER’schen Untersuchungen für die Chirurgie war ein erstaunlich geringes, und es bedurfte erst noch eines weiteren Anstoßes, um die Chirurgen zu einer activen Be¬ handlung der Herz Verletzungen zu veranlassen. Im Jahre 1884 erschien eine Arbeit von E. Rose, welche an der Hand von 20 eigenen Beobachtungen nachwies, daß der Spättod nach Herzverletzungen meist durch Nachblutungen in den Herzbeutel und durch die pralle Aus¬ füllung desselben zu erfolgen pflege. Rose forderte deshalb für diejenigen Fälle, in denen sich die Compression des Herzens in Folge zunehmenden Blutergusses in den Herzbeutel durch diätetische Maßnahmen nicht verhindern lasse, die operative Eröffnung des Herzbeutels, um das Herz von dem Drucke zu entlasten. Das war aber der erste und bedeutsamste Schritt zur Herzchirurgie selbst. Denn was sollte den Chirurgen wohl abhalten, nach kunstvoller Eröffnung des Herzbeutels, falls er der tödtlichen Blutung aus der Herzwunde durch Tampo¬ nade nicht Herr wird, die directe Blutstillung durch die Naht der Herzwunde zu versuchen? Wenn das Herz nach der Verletzung durch ein Messer oder eine Revolverkugel weiter schlägt und in einer gewissen Anzahl von Fällen zur Heilung gelangt, warum sollte es den Nadelstich des Chirurgen nicht vertragen? Das Verdienst, diese logische Schlußfolgerung- gezogen zu haben, gehört einem Italiener DelVechio, welcher 1895 durch Thierversuche die Zulässigkeit der Herznaht darthat und ihre Anwendung in geeigneten Fällen von mensch¬ lichen Herzwunden forderte. In der That geht aus seinen und den späteren Versuchen von Bode, Elsberg, Wehr und Anderen hervor, daß man an jeder Stelle der Herzoberfläche die Naht unbeschadet ausführen kann, ohne die Herzaction zu gefährden. Farina in Rom war der erste, welcher die Herznaht am Menschen im Jahre 1896 ausführte. Leider starb der Kranke, welcher einen Dolchstich in die linke Herzkammer erhalten hatte, mehrere Tage später an einer hinzutretenden Lungenentzündung. Auch der zweite Fall von Herznaht, welcher Cappelen in Christiania gehört und ebenfalls den linken Ventrikel betraf, endete nach drei Tagen tötlich. Fast gleichzeitig mit diesen Fällen glückte es Rehn in Frank¬ furt a. M., einen Kranken durch die Herznaht zu retten, und seitdem haben sich die Mit¬ theilungen über die Herzchirurgie schnell gemehrt. Im ganzen ist bis heute die Herznaht achtzehnmal ausgeführt worden mit einer Heilungsziffer von 50 %. An diesen Zahlen parti- cipirt Vortragender mit zwei Fällen, über die er kurz berichtet. Im ersten Fall handelt es sich um einen 28jährigen Mann, der auf der Straße einen Messerstich in die Magengrube erhalten hatte. Derselbe war schräg nach oben durch Zwerch¬ fell, Brustfell und Herzbeutel bis in die rechte Herzkammer eingedrungen. Eine halbe Stunde nach der Verletzung wurde an dem bewußtlosen Kranken das Herz freigelegt und die 2 cm lange Herzwunde durch vier Seidennähte geschlossen. Der Kranke erholte sich, starb aber XL1V nach 3V2 Tagen in Folge doppelseitiger Brustfell- und Herzbeutelentzündung. In dem anderen Fall glückte es, den Verletzten durch die Herznaht zu retten. Der 28jährige Mann hatte sich in selbstmörderischer Absicht drei Messerstiche in der Herzgegend beigebracht, von denen einer die linke Herzkammer verletzt hatte, und war ohnmächtig aufgefunden worden. Eine halbe Stunde nach der Verletzung wurde die Operation ausgeführt, nach welcher sich der Kranke sofort erholte. Die Heilung erfolgte in fünf Wochen, und der Mann ist seitdem bei voller Gesundheit. So darf die Herznaht heute als eine bewährte und direct lebensrettende Operation an¬ gesehen werden. Ob von der Herzchirurgie noch weiteres zu erwarten ist, steht dahin. An vereinzelten Vorschlägen zu anderweitigen Herzoperationen fehlt es heute schon nicht, und die Möglichkeit weiterer Fortschritte muß zugegeben werden. 11. Sitzung am 4. Dezember 1901. Herr Professor Momber legt den jüngsten Band der von der Holländischen Gesellschaft der Wissenschaften neu herausgegebenen Werke von Huyghens vor. Es ist dieses großartigen Werkes neunter Quartband, der die Corre¬ spondenzen des berühmten Physikers aus der Zeit von 1685—1690 enthält. Eine Abhandlung des Correspondirenden Mitgliedes, Herrn Professor Treptow- Freiberg, über die Metallgewinnung in vor- und frühgeschichtlicher Zeit gelangt gleichfalls zur Vorlage in der Versammlung. Hierauf spricht in längerem Vortrage, unter Vorführung zahlreicher, vom Vortragenden zum größten Theil sei bst hergestellter mikroskopischer Präparate, die mittels des Scioptikons der Gesellschaft zur Anschauung gebracht werden, der Nervenarzt Herr Dr. S. Meyer über die Entwickelung des Nervensystems und der Sinnesorgane. So lange sich die anatomische Wissenschaft mit der Betrachtung des Baues der fertigen Organismen begnügt, kann sie sich von der bloßen Beschreibung zu einer Erklärung der Formen der Lebewelt nicht erheben, und nur das Studium der Entwickelung der Geschöpfe führt zu einem erklärenden Verständniß der Formen. Für kein Organsystem trifft dies aber mehr zu als für das Nervensystem des Menschen und der höheren Thiere. Nur die Ent¬ wickelungsgeschichte vermag hier fiir die grundlegenden Thatsachen des Aufbaues wie für eine große Anzahl von Einzelheiten eine genügende Erklärung zu geben. Will man die Entstehung des Nervensystems von seinen ersten Anfängen an verfolgen, so muß man zu außerordentlich frühen Stadien der Entwickelung zurückgehen, denn schon wenige Stunden nach der Befruchtung des Eies und dem Beginn der Entwickelung, zu einer Zeit, wo der durch Theilungen der Eizelle entstandene Keim nur aus zwei in einander ge- schachelten Zellschichten, dem sogenamften inneren und äußeren Keimblatt, besteht, wird die erste Anlage des Centralnervensystems sichtbar. Es erheben sich dann nämlich an der Rückenseite des äußeren Keimblattes beiderseits von der Mittellinie zwei leistenförmige Zell¬ wucherungen, die im Laufe der nächsten Stunden sich weiter erheben, um schließlich zu einem Rohre zusammenzuwachsen. Dieses wird dann durch das darüber sich wieder schließende äußere Keimblatt in die Tiefe versenkt. So entsteht ein die ganze Längsachse des Keimes durchziehendes Rohr, das bestimmt ist, aus sich durch weitere Umbildungen das ganze Centralnervensystem hervorgehen zu lassen. Aus dieser Art der Entwickelung erklärt es sich in ganz natürlicher Weise, daß das Gehirn- und Rückenmark des Menschen und der Wirbel- thiere von einem Hohlkanal durchzogen ist. Bevor man diesen grundlegenden Entwickelungs¬ gang kannte, legte man irrtlnimlicherweise den bekannten Hohlräumen des Gehirns die aben¬ teuerlichsten Functionen bei. So wurde z. B. ernstlich behauptet, daß in der Flüssigkeit, welche diese Räume erfüllt, die Seele wohne, also — schwimme. XLV Während sich aus dem hinteren Theil des Nervenrohres durch verhältnißmäßig einfache Wachsthumsvorgänge das Rückenmark bildet, erfährt der vorderste Theil des Rohres sofort nach seiner Entstehung eingreifende Umgestaltungen, die ihn befähigen, das complicirteste Organ des Körpers, das Gehirn, aus sich hervorgehen zu lassen. Das Nervenrohr bildet zu diesem Zweck im vorderen Theil fünf hinter einander liegende Aussackungen, die soge¬ nannten Hirnbläschen, das sind fünf in offenem Zusammenhang stehende, mit Flüssigkeit gefüllte Hohlkügelchen. Sämmtlichen Wirbeltliieren und dem Menschen ist ein solcher Urzustand des Gehirns gemeinsam, und es giebt kaum einen interessanteren Gegenstand der Forschung, als zu ver¬ folgen, wie sich aus diesen fünf einfachen Hirnbläschen der ungeheuere Formenreichthum der verschiedenen Wirbelthiergehirne und schließlich die Krone der Schöpfung, das menschliche Gehirn, entwickelt. Wieder sind die Vorgänge, welche atis einer so einfachen Anlage zu solchem complicirten Bau hinführen, verhältnißmäßig einfacher Natur; das Wesentliche sind hierbei Verschiedenheiten im Wachsthum der einzelnen Bläschen. Es ist hier nicht der Ort, dies im Einzelnen zu verfolgen, aber eine Vorstellung von der ungeheuren Verschiedenheit der Wachsthumsenergie der Bläschen kann man durch den Hinweis darauf geben, daß das ganze riesige Großhirn aus der oberen und Seitenwand des vordersten Hirnbläschens entsteht. Das Großhirn aber überwiegt beim Menschen so sehr, daß es alle anderen Hirntheile überdeckt und an Masse um ein Vielfaches iibertrifft. Was die Entwickelung der Sinnesorgane betrifft, so ist diejenige des Auges am lehr¬ reichsten. Seine erste Anlage finden wir ebenfalls sehr früh; sie besteht aus einer Aus¬ stülpung des zweiten Hirnbläschens, die sich dicht unter die Haut legt, — dem Augenbläschen. Die darüber hinziehende Haut sendet in das Augenbläschen hinein ebenfalls eine kleine Aus¬ stülpung, die Anlage der Glaslinse. Hierbei muß natürlich das Augenbläschen selbst eine Einstülpung erfahren, so daß aus der Blase ein Becher mit doppelter Wandung wird, dessen Umschlagstelle die Anlage der Linse umgreift. Ein Blick auf das fertige Auge lehrt, daß hiermit seine wesentlichen Theile gebildet sind. Die weiteren Wachsthumsvorgänge lassen sich ohne Zuhilfenahme von Bildern kaum darstellen, und ebenso verhält es sich mit der Ent¬ wickelung der anderen Sinnesorgane. Hier sei nur noch darauf hingewiesen, mit wie ungemein einfachen Mitteln die Natur die allercomplicirtesten Organe entstehen läßt. Ueberall sehen wir, wie durch einfache Ein- und Ausstülpungen und Abschnürung der so entstandenen Anlagen die erste Entwickelung von Organen sich vollzieht, die im fertigen Zustande einen schier unentwirrbar complicirten Bau zeigen. Freilich, so weit unsere Kenntnisse auf diesen Gebieten gediehen sind, es bleibt, wenn man den Dingen auf den Grund geht, des Unerklärten noch genug, ja, je weiter unsere Kenntnisse Vordringen, desto zahlreicher und schwieriger werden mit dem wachsenden Wissen auch die neu auftauchenden Fragen — eine unerschöpfliche Quelle reichster Anregung und auch reinsten und idealsten Naturgenusses. 12. Sitzung am 18. Dezember 1901. Herr Oberlehrer Dr. Daums hält einen Vortrag über eigenartige Licht¬ erscheinungen. Unter den weniger bekannten Lichtquellen bilden die sogenannten Luminescenzerscheinungen eine größere Gruppe. Sie entstehen beim Lösen von Körpern in Flüssigkeiten, bei der Aus¬ scheidung von gewissen krystallisirten Körpern aus Lösungen, bei der Umlagerung innerhalb der Moleküle, bei Druck, bei Einwirkung von Licht und Wärme, sowie bei vielen anderen Gelegenheiten. In allen Fällen ist hierbei die Lichtstärke viel größer, als sie nach der Temperatur des Körpers sein sollte. Vortragender berichtet über die einzelnen Erscheinungen und die Erfahrungen, welche er beim Wiederholen der Experimente gemacht hat, und führt einige augenfälligere, zur Demonstration geeignete Versuche vor. XL VI Bei der Lichtentbindung während der Krystallisation, wie man sie mittels geeigneter Kunstgriffe erhalten kanji, entsteht das Leuchten entweder durch die Krystallbildung selbst, oder bei dem Zusammentreten der verschieden elektrischen Jonen, welche bei der Lösung von Salzen in Folge der elektrolytischen Dissociation entstanden. Einige Mineralien und Salze werden unter der Einwirkung von Röntgenstrahlen leuchtend. Bei Platin-Barium-Cyanid ist diese Eigenthiimlichkeit bereits seit längerer Zeit bekannt, und seine praktische Verwerthbarkeit ist hauptsächlich auf diese Fähigkeit zurückzuführen. Da das als Scheelit bezeichnet^ Mineral ebenfalls unter Einwirkung der X-Strahlen zu leuchten beginnt, in gepulvertem Zustande sogar stärker wie Platin-Barium-Cyanid, so hat Keilhack etwa 120 Minerale nach dieser Richtung hin untersucht Mittels eigenartiger Strahlenfiiter aus Stanniol vermochte er 64 verschiedene Grade der Lichtstärke aufzustellen und gelangte im Laufe seiner Arbeit zu den interessantesten Ergebnissen. De Hemptinne versuchte zu erforschen, wie die elektrische Energie sich Gasen gegenüber in Lichtenergie umsetzt Bei eigenartiger Anordnung der mehr oder weniger evacuirten Glas¬ röhren und des TESLA’schen Transformators fand er eine Reihe von Beziehungen zwischen der Luminescenz einerseits und der Concentration leitender Flüssigkeiten, Druck und Molekular¬ gewicht anderseits. Die am Chinin zuerst beobachtete Eigenart, beim Erwärmen leuchtend zu werden, hat bei dem Meteorstein von Middlesborough zu eigenartigen Schlüssen Veranlassung gegeben. Wurden bei dem Gang der Untersuchung Staubtlieile und Brocken dieses Gesteins auf roth- glühendes Eisen gestreut, so sandten sie ein schwaches, gelblich-weißes Licht aus. Die einzelnen, nachweisbaren Bestandteile konnten dieses Phänomen nicht hervoriufen, später ergab jedoch die chemische Analyse, daß in den Fundstücken merkliche Mengen von Labradorit, einem Kalkfeldspath, enthalten waren Kalkhaltige Gesteine und Mineralien leuchten freilich beim Erhitzen in licht- und röthlichgelben Schattirungen, so daß durch die beobachtete Luminescenz der erst nachträglich ermittelte Bestandteil sich bereits vorher bemerkbar gemacht hatte. Da bei längerem Erhitzen dieses Leuclitvermögen verloren geht, so ließ sich ferner folgern, daß der Meteorstein seit jener Zeit, als er sich als Trümmerstück von einem LIimmelskörper ablöste und selbständig seinen Weg begann, keine Einwirkung von hoher Temperatur auf sein Inneres erfahren hatte. Das war selbst da nicht der Fall, als der Stein bei seinem Sturz durch die Atmosphäre außen glühend wurde. Glas- und Feuersteinsplitter strahlen beim Wetzen gegen ehren Schleifstein unter starkem Druck ein röthliches Licht aus. Dieses ist einzig als eine Wirkung der Reibung, der Friction der kleinsten Theilchen aufzufassen, denn es entsteht in gleicher Weise unter Wasser an einem vollständig nassen, wie an einem trockenen Sterne. Nöggerath berichtet von inter¬ essanten Schleifversuchen in den Achatschleifereien zu und bei Oberstein und Idar im Olden- burgischen Fürstenthum Birkenfeld an der Nahe. Beim Zerreiben und Zerstoßen krystallinischer Substanzen zeigt sich ebenfalls eine Luminescenzerscheinung. Tschugaeff fand zwischen dieser und der chemischen Zusammensetzung bezw. Constitution eigenartige Beziehungen. Es bestehen sogenannte „luminophore“ Atomverbindungen, zu denen besonders das Hydroxvl, das Carbonyl und der tertiär und secundär gebundene Stickstoff gehören. Auch durch starke Kälte läßt sich Licht hervorrufen. Becquerel berichtet über einen bereits von Dewar angestellten Versuch, nach welchem ein Krystall von Urannitrat beim Eintauchen in flüssige Luft, oder besser in flüssigen Wasserstoff zu leuchten begann. Otto machte die Entdeckung, daß ozonisirte Luft gewöhnliches Wasser zum Leuchten bringt. Wie die ausführlich angestellten Versuche ergaben, handelt es sich liier um eine Oxydation winziger organischer Theilchen. Man hat sogar versucht, diese Thatsache zu einer allgemeingiltigen Erklärung für das Leuchten des Meeres zu verwerthen, doch besitzen wir aus der letzten Zeit verschiedene Arbeiten, welche uns in dieser Beziehung ohne Schwierig¬ keiten zum Ziel führen. E. Suchsland hat uns ein Bild entworfen, wie starr früher selbst hervorragende Gelehrte an der Ansicht festhielten, daß ein Leuchten des Meeres nur thierischen XL VII Ursprunges sein könnte. Dann brach sich mehr und mehr die Ansicht durch, daß man es mit Leuchtbacterien zu thun habe, bis schließlich durch planvolle Versuche diese winzigen Geschöpfe thatsächlich nachgewiesen und Zuchtversuche von günstigem Erfolge mit ihnen angestellt wurden. Interessant ist die Thatsache, daß Beyerinck die Beziehungen zwischen verschiedenen Nährböden und Leuchtbacterien so genau erforscht hat, daß er die einzelnen Arten der letzteren nach ihrem Leuchten oder Nichtleuchten direct zu Indicatoren für bestimmte Substanzen machen konnte. Besonders wenn nur geringe Mengen, die sich chemisch nicht mehr nachweisen lassen, vorhanden sind, ist diese Methode bei ihrer hohen Empfindlichkeit von der größten Bedeutung. Tarchanoff in Petersburg hat über die Leuchtbacterien der Ostsee und Suchsland in Halle über seine physikalischen Experimente mit Photobacterium phosphorescens berichtet. Das beste Leuchten findet bei ungefähr 7 bis 8° 0. statt, gegen Wärme ist es empfindlicher als gegen Kälte. Bei ungefähr 36,50 C. erlischt es. Wird einem lebenden Frosche eine Gabe von einigen cbcm leuchtender Bouillon in den dorsalen Lymphsack eingespritzt, so dringt die Flüssigkeit in die benachbarten Lymphsäcke und in das Blut, und erleuchtet nach und nach den Körper des Thieres. Nacü ungefähr 3 bis 4 Tagen hört diese Lichtentbindung auf, jedenfalls deshalb, weil dann die Phagocyten (Freßzellen) die Bacterien vernichtet haben. Erwähnenswerth ist die Erklärung, welche Suchsland für das Zustandekommen des Pflüger- schen Phänomens giebt. Wie Dubois bereits früher nachgewiesen hat, besitzt das physiologische Licht dieser kleinen Lebewesen fast ausschließlich Strahlen mittlerer Wellenlänge, er versuchte nun dieses Licht praktisch zu verwerthen und stattete zur Zeit der Pariser Weltausstellung über den Stand seiner Arbeiten Bericht ab. Im Monat April stellte er sogar in den Räumen des Palais d’Optique seine praktischen Ergebnisse aus. Seine Culturen befanden sich in geeigneten Glasgefäßen und erleuchteten den Saal mit mondscheinartigem Glanz, so daß man die Züge einer Person auf mehrere m Entfernung erkennen und Druckschrift, sowie die Zahlen auf dem Zitferblatte einer Uhr lesen konnte. Der Gelehrte hofft, die Intensität dieser originellen Licht¬ quelle derart verstärken zu können, daß ihre praktische Verwerthung bald erkannt werden wird. Der Gedanke, das Licht organischer Wesen zu verwerthen, ist übrigens nicht neu. Pasteur züchtete bereits vor einigen Jahren Leuchtbacterien in Gelatine und stellte aus diesem Nährboden kleine Lampen her, die in ihrer Wirkung am besten mit Nachtlämpchen verglichen werden konnten. Hatte Radziszewski bereits darauf hingewiesen, daß eine Reihe organischer Verbindungen beim Erwärmen mit alkoholischer Kalilauge unter langsam fortschreitender Oxydation lumines- cirten, so gelang es Dubois vor kurzem bei Fortsetzung dieser Studien eine interessante That¬ sache festzustellen. Das in der Rinde unserer Roßkastanie enthaltene Glycosid, das Aesculin, giebt mit kalter Kalilauge eine kräftige Lichterscheinung, die eine ganze Nacht hindurch zu dauern vermag. Eigenartige Phänomene fand Tommasi, als er auf geschmolzenes Kaliumnitrit verschiedene Ammoniumsalze warf, während von zwei anderen Verfassern gemeinsam eine originelle Entzündung und Verbrennung geschildert wird, wenn Schwefelwasserstoff auf Blei¬ superoxyd geleitet wird. Das Zustandekommen dieser Lichterscheinungen ist nur zum Tlieil, und auch hier vielfach nicht zur Genüge bekannt. Erst neue, umfangreiche Erfahrungen und Arbeiten werden uns auf diesem Gebiete der Optik die nöthige Klarheit verschaffen können. — Vortragender zeigt eine schön grünlich luminescirende Cultur von Photobacterium phosphor escens Beyerinck, die ihm durch Vermittelung des Herrn Professor Suchsland von Seiten des Bakteriologen Herrn Dr. Kuntze in Leutzsch für den Vortrag zur Verfügung gestellt worden ist. Außer diesen 12 Ordentlichen Sitzungen und den sich daran anschließenden Außerordentlichen Sitzungen, welche letztere lediglich der Berathung geschäft- XLVI1I lieber Angelegenheiten dienten, fanden noch vier Versammlungen der Gesellschaft statt, in welchen vor den Mitgliedern, ihren Damen und Gästen reich durch Lichtbilder illustrirte Vorträge gehalten wurden. Es sprachen: 1) Mittwoch, den 30. Januar 1901, in der Aula des Königlichen Gymnasiums, Herr Oberlehrer Dr. Gaede über seine Reise durch den griechischen Archipel; 2) Montag, den 25. Februar 1901, im großen Saale des Friedrich Wilhelm- Schützenhauses, Herr Dr. Schwahn, Director der Urania -Berlin über das Thema: „Ueber Werden und Vergehen im Weltenraum“; 3) Montag, den 15. April 1901, im Festsaal des Danziger Hofes, Herr Pro¬ fessor Dr. zur STRASSEN-Leipzig über das Thema: „Aus den Tiefen des Oceans“, nach den Ergebnissen der vom Vortragenden mitgemachten deutschen Tiefsee-Expedition 1899/1900; 4) Mittwoch, den 16. Oktober 1901, in der Aula des Städtischen Gymnasiums, Herr Dr. Shonen Matsumura aus Sapporo, Japan, über das Thema: „Aus der Natur Japans“. XL1X Uebersicht über die in den Ordentlichen Sitzungen 1901 behandelten Gegenstände. A. Allgemeines. 1. Der Director, Herr Momber, erstattet den Jahresbericht für das Jahr 1900 und legt die Berichte der Vorsitzenden der einzelnen Sectionen vor; am 2. Januar. 2. Herr Oehlschläger trägt einen ., Nekrolog auf Heinrich Abegg“ vor; am 2. Januar. 3. Herr Conwentz überreicht und bespricht das Werk „Ferdinand Cohn, Blätter der Erinnerung“; am 6. März. 4. Herr Conwentz widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. J. Kiesow, einen Nachruf; am 20. März. 5. Herr Schumann trägt einen „Nekrolog auf S. S. Schultze“ vor; am 1. Mai. 6. Herr Conwentz widmet dem verstorbenen Mitgliede der Gesellschaft, Rittergutsbesitzer Alexander Treichel, einen Nachruf; am 2. Oktober. 7. Herr Momber berichtet über den Verlauf der ViRCHOW-Feier in Berlin; am 6. November. B. Physik und Chemie. 1. Vortrag des Herrn Evers: „Ueber Wesen und Bedeutung des Telephonographen“, mit Demon¬ strationen; am 2. Januar. 2. Vortrag des Herrn Dahms: „Zur Kenntniss der chemischen Constitution des Bernsteins“; am 23. Januar. 3. Vortrag des Herrn Evers: „Ueber die Ausnützung der Wasserkräfte mit Hilfe der Electricität, unter besonderer Bezugnahme auf die Kraftübertragungswerke Rkeinfelden“, mit Demonstrationen; am 3. April. 4. Vortrag des Herrn Ahrens: „Die Cellulose, ihre Gewinnung und moderne Verwerthung“, mit Demonstrationen; am 2. Oktober. 5. Vortrag des Herrn Dahms: „Eigenartige Lichterscheinungen“, mit Demonstrationen; am 18. Dezember. 4 L C. Astronomie und Meteorologie. 1. Herr Reinicke erläutert die von der Deutschen Seewarte seit dem Beginn dieses Jahres allmonatlich unter dem Namen „Nordatlantische Wetter¬ ausschau1' herausgegebenen Seekarten; am 6. November. D. Mineralogie und Geologie. 1. Vortrag des Herrn Deecke: „Die Eiszeit im Ganzen, als geologische Epoche, nach ihrer Ursache, Dauer und Wirkung“, mit Demonstrationen; am 4. Februar. E. Botanik und Zoologie. 1. Herr Conwentz demonstrirt einen Tölpel, Sula bassana Gray, aus dem Kreise Lauenburg i. Pomm.; am 23. Januar. 2. Vortrag des Herrn Bail: „Ueber androgyne Blutenstände und über Pelorien“, mit Demon¬ strationen; am 20. März. 3. Herr Bail bespricht die Blütenbildung von Collinsia bicolor und weist auf die Unvollkommenheit der sog. natürlichen Pflanzensysteme hin; am 20. März. 4. Herr Oehlscfiläger legt Spiritusexemplare des Schiffsbohrers, Tereclo navalis L., vor; am 20. März. 5. Vortrag des Herrn Conwentz: „Die Flora der Moore“, mit Demonstrationen; am 6. November. 6. Vortrag des Herrn S. Meyer: „Die Entwickelung des Nervensystems und der Sinnesorgane“, mit Demonstrationen; am 4. Dezember. F. Medicin und Hygiene. 1. Vortrag des Herrn S. Meyer: „Hypnotismus und Spiritismus im Lichte der wissenschaftlichen Forschung“; am 23. Januar. 2. Vortrag des Herrn A. Berent: „Allerlei Fremdkörper im Auge des Menschen“, mit Demonstrationen- am 20. März. 3. Vortrag des Herrn Helm: „Ein neues Verfahren zur Enteisenung von Grundwasser“; am 1. Mai. 4. Herr Kunatii berichtet über die Anwendung des HELM’schen Ver¬ fahrens bei dem neuen städtischen Wasserwerk an der Steinschleuse; mit Demonstrationen; am 1. Mai. 5. Vortrag des Herrn Barth: „Die Chirurgie des Herzens“; am 21. November. 0. Geographie und Reisen. 1. Vortrag des Herrn Ganske: „Eine Osterreise in die Klöster des Hagion Oros (Atlios)“, mit Demonstrationen; am 6. März. 2. Herr Momber macht Mittheilungen über den Stapellauf des für die deutsche Südpolar- Expedition bestimmten Schilfes „Gauss“; am 3. April. 3. Herr Sander legt Aquarellmalereien und Seidenstickereien aus China vor; am 3. April. 4* LI1 Bericht über die Sitzungen der A n thr opo logisch en Seetion im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. OEHLSCHLAEGER. Oie Anthropologische Section der Naturforschenden Gesellschaft zählte am Ende des Jahres 1901 36 einheimische und 8 auswärtige Mitglieder. Sie hielt im abgelaufenen Jahr folgeude Sitzungen ab: Am 9. Januar erstattete Herr Oberlehrer Dr. Gäde, an der Hand eigener Reiseerinnerungen, einen ausführlichen Bericht über Dr. Dörpfeld’s, des Vor¬ sitzenden des Deutschen Archaeologischen Instituts in Athen, neueste Ansichten über die Heimat des Odysseus. Am 13. März sprach 1. Herr Stadtrath Dr. Helm über altbabylonische und dakische Bronze-Funde und ihre durch ihn ausgeführte chemische Unter¬ suchung. 2. Herr Kustos Dr. Kumm berichtete über einen Silberfund aus der arabisch-nordischen Zeit in Ohra bei Danzig. Am 23. Oktober machte 1. Herr Professor Dr. Conwentz biographische Mittheilungen über den vor Kurzem verstorbenen Begründer des Nordischen Museums in Stockholm, Arthur Hazelius. 2. Der Vorsitzende brachte ein Referat über die Arbeit von Johannes Ranke in München über die vor¬ geschichtlichen Bewohner der Ostalpen. 3. Herr Professor Dr. Conwentz sprach über die Renthierdose von Scharnese, Kr. Kulm a. W. Uli B ericht über die Sitzungen der Section für* Physik und Chemie im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Professor H. EVERS. Uie Section für Physik und Chemie hat im Jahre 1901 eine Sitzung abgehalten. ln dieser, am 20. Dezember, fand zunächst die Beamtenwahl für das Jahr 1902 sowie eine Besprechung über die Feier des 25jährigen Bestehens der Section statt. Dann berichtete der Vorsitzende über die neuesten Unter¬ suchungen der BECQUEREL-Strahlen und verwandter Erscheinungen, wobei die Schwierigkeit, diese Erscheinungen mit dem Princip der Erhaltung der Energie in Einklang zu bringen, besonders hervorgehoben wurde. Weiterhin führte Herr Dr. Helm einen Versuch zur Erläuterung des von ihm erfundenen Wasser- Enteisenungsverfahrens vor. Bericht über die Sitzungen der Medicinischen Section im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Dr. TORNWALDT. Im Jahre 1901 sind folgende 18 wissenschaftliche Vorträge in 8 Sitzungen gehalten worden : 1. Sitzung am 10. Januar. 1. Herr Professor Barth: Ueber Blasentumoren. 2. Herr Professor Valentint : Ueber Fortschritte der Roentgenskopie. 3. Herr Sanitäts-Rath Freymutit : Demonstration einer Plica polonica. 2. Sitzung am 7. Februar. 1. Herr Dr. Wallenberg II.: Demonstration eines Kaninchens nach Zerstörung des vorderen Theiles des Sehhügels. 3. Sitzung am 7. März. 1. Herr Dr. Francke: Vorstellung von drei Fällen perforirender Verletzung des Bulbus durch Eisensplitter mit Heilung und Erhaltung des Seh¬ vermögens. 2. Herr Dr. Petruschky: Vorstellung von sechs mit Tuberculin behandelten Fällen von Tuberculose. 3. Herr Dr. Wallenberg II. : Ueber Stichverletzung des Nervus dorsalis III mit Krankenvorstellung. 4. Sitzung am 21. März. 1. Herr Dr. Goetz: Fall von Ichthyosis. 5. Sitzung am 18. April. 1. Herr Dr. Berent: Vorstellung von Kranken: 1) Retrobulbäre Neuritis, 2) Xerosis conjunctivae bulbi. 2. Herr Dr. Semon II.: Peritonitis und 0 varial-Abscess nach Abort, operative Entfernung des Krankheitsheerdes. 3. Herr Dr. Wallenberg III.: Fremdkörper im Auge: a) Blaserohr-Projectil, b) kleiner, 3 mg schwerer Eisenkörper mit nachfolgender Siderosis bulbi. 6. Sitzung am 31. Oktober. 1. Herr Professor Barth: Demonstration eines aus der Schulter exstipirten Tumors von Schilddrüsencharakter. 2. Herr Dr. Petruschky: Ueber Wohnungsdesinfection. 7. Sitzung am 12. Dezember. 1. Herr Dr. Wallenberg II.: Ueber Degeneration der Axencylinder-Endnetze. 2. Herr Dr. Philipp: Demonstration einer Fibrin-Ausscheidung durch den Urin. 8. Sitzung am 19. Dezember. Festsitzung zur Feier des 25jährigen Bestehens des ärztlichen Vereins. 1. Herr Sanitäts-Rath Tornwaldt: Die ersten 25 Jahre des ärztlichen Vereins zu Danzig. 2. Herr Professor Valentini: Rückblick auf die in den letzten 25 Jahren neu gefundenen Krankheitsbilder. 3. Herr Dr. Wallenberg II.: Eine neue Verbindung des Riechfeldes beim Kaninchen. Zu diesen Vorträgen, welche in den Sitzungen der Medicinischen Section gehalten wurden, kommen hinzu die Fortbildungskurse für Aerzte, eine neue Einrichtung des vergangenen Jahres, welche eine erhebliche Erweiterung der wissenschaftlichen Thätigkeit der Mitglieder der Section bedeutet. Die bisher gehaltenen Fortbildungskurse waren folgende: A. Winterkurse für die Mitglieder der Medicinischen Section in Danzig. Von März bis Mai 1901. 1. Herr Professor Barth: Ueber moderne chirurgische Behandlungsmethoden. 2. Herr Dr. Semon II : Ueber praktische Bedeutung und Behandlung der Blutungen in der Geburtshilfe und Gynäkologie. 3. Herr Dr. Petruschky: Der gegenwärtige Stand der bacteriologischen Diagnostik und der specihschen Therapie bei Infections- Krankheiten. B Sommerkurse für die Aerzte der Provinz Westpreußen. Vom 16. bis 28. Juli 1901. 1. Herr Dr. Helmbold: Pathologie und Therapie der wichtigsten Augen¬ krankheiten mit Demonstrationen. 2. Herr Professor Barth: Ausgewählte Kapitel der Chirurgie mit Kranken¬ vorstellungen. 3. Herr Professor Valentini: Klinik der inneren Krankheiten. 4. Herr Dr. Petruschky: Ausgewählte Kapitel der Bacteriologie. 5. Herr Dr. Glaeser: Asepsis und Antisepsis in der Geburtshilfe. Demon¬ strationen von gynäkologischen Operationen. LVI 6. Herr Dr. Semon II.: Neuere und praktisch wichtige Behandlungsmethoden in der Geburtshilfe und Gynäkologie. 7. Herr Dr. Singer: Die wichtigsten Kapitel aus der Behandlung von Zahn- und Mundkrankheiten mit Demonstrationen. C. Winterkurse seit Oktober 1901. 1. Herr Professor Valentini: Ausgewählte Kapitel aus der inneren Medicin. 2. Herr Sanitäts-Rath Freymuth: Ausgewählte Kapitel aus der Psychiatrie. LV1I Bericht über die wissenschaftliche Thätigkeit des Westpreußischen Fischereivereins im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden desselben, Regierungsrath BüSENITZ. Uer Westpreußische Fischerei verein konnte im Jahre 1901 die von ihm unter freundlicher Beihilfe des Königlichen Meliorationsbauamtes I in Danzig entworfene Fischereikarte der Provinz Westpreußen im Druck heraus¬ geben. Als Grundlagen für die Karte dienten die die Provinz Westpreußen umfassenden Blätter der von ' dem Königlichen Landwirthschaftsministerium herausgegebenen ..Wasserkarte der Norddeutschen Stromgebiete“, nach welchen eine Karte aller Fischgewässer, namentlich auch aller Seeen der Provinz, im Maßstabe 1 : 400 000 hergestellt wurde. In diese Gewässerkarte, welche auch die für die Fischerei hauptsächlich in Betracht kommenden Ortschaften ent¬ hält, wurde durch Buntdruck in 11 Farben das Vorkommen derjenigen haupt¬ sächlichen Nutzfische eingetragen, welche nicht den meisten Gewässern ge¬ meinsam sind, nämlich Aal, Forelle, Aesche, Maräne, Stint, Lachs, Zander, Karpfen, Barsch und Stör. Die Karte weist ferner die für die Fischer wichtigsten Seezeichen nach, die Leuchtfeuer, die Sturmwarnungsstellen und die Semaphore. Von besonderen Einrichtungen zur Fischerei sind die vorhandenen Fischbruthäuser, Laichschonreviere und Teichwirthschaften angeführt. Endlich sind die Stauwerke, welche im Laufe der fließenden Gewässer den Wechsel der Fische verhindern, bezeichnet und an den Zeichen danach unterschieden, ob der Stau zu einem Turbinenwerk gehört, ob an ihm eine Aalleiter oder eine Fischleiter, ein Aalfang oder ein Lachsfang angebracht ist. Die Karte, zu welcher in Band XIII No. 3 der ,, Mittheilungen des Westpreußischen Fischereivereins“ eine ausführliche, mit statistischen Nachweisen versehene Er¬ läuterung gegeben ist, wird an alle Mitglieder des Vereins kostenlos übersandt und ist auch durch den Buchhandel zu geringem Preise zu erhalten. Der Fischereiverein ist bemüht, seine wissenschaftliche Thätigkeit in der eingeschlagenen Richtung fortzusetzen, hat aber im abgelaufenen Kalenderjahre sein Augenmerk in erster Linie auf die Untersuchung, Ueberwachung und Ergänzung seiner Fischzuclitanlagen zu richten gehabt. Die Untersuchung Westpreußischer Gewässer durch den Geschäftsführer betraf den See bei Lubicki, die Tote Weichsei, den Weitsee, den Zarnowitzer See und die Seeen bei Sietzenhütte, inbesondere den Sominkosee. Ueber diese Untersuchungen wird nach Bearbeitung des gewonnenen Materials in den Mittheilungen des Vereins berichtet werden. LIX Bericht über die Sitzungen (lei* Section für* Gesundheitspflege im Jahre 1901. Erstattet von dem Vorsitzenden derselben, Regierungs- und Medicinalrath Dr. BORNTRAEGER. Uer Verein zählte am Jahresschluß 56 Mitglieder. 1. Sitzung am 19. Januar: Herr Dr. Geiirke: Ueber Bleivergiftung und deren Verhütung. 2. Sitzung am 9. Februar: Diskussionsabend: Besprechung über Besserung der Wohnungsverhältnisse. 3. Sitzung am 2. März: Herr Departements-Thierarzt Preusse: Welche Be¬ deutung haben die Schlachthäuser für die gesundheitliche Beschaffenheit der Fleischnahrung? 4. Sitzung am 30. März: Herr Dr. Petruschky: Fortschritte im Des¬ infektionswesen. 5. Sitzung am 27. April: Herr Dr. Gehrke: Schluß seines Vortrages vom 19. Januar. 6. Sitzung am 2. November: Herr Apotheker Hildebrand: Die eßbaren Pilze und ihre Bedeutung als Nahrungsmittel. 7. Sitzung am 30. November: Der Vorsitzende: Direkte Ansteckungskraft des Typhus. 8. Sitzung am 14. Dezember: Diskussionsabend: a) Entwurf eines Gesetzes gegen Uebertragung von Geistes- und Geschlechtskrankheiten in Minnesota; b) Vorzeigung schwarzer Aepfel; c) Förderung des Pilze¬ essens. LX Verzeichniss der im Jahre 1901 durch Tausch, Schenkung und Kauf erhaltenen Bücher. I. Durch Tausch gingen ein: Nord -Amerika. Baltimore. Maryland geological survey 1) Maryland and its natural resources. 1901. 2) Allegany county. 1900 mit Atlas. 3) Eocene. 1901. Memoirs of the biological laboratory of the John Hopkins university. Bd. IV, 5. 1900. Boston. Proceedings of the american aeademy of arts and Sciences. Vol. XXXVI, No. 5 — 29. Vol. XXXVII, No. 1 -3. Society of natural history. 1) Memoirs, Vol. 5, No. 6, 7. 2) Occasional papers IV. 3) Proceedings, Vol. 29, No. 9 — 14. Buffalo. Bulletin of the Buffaly society of natural Sciences. Vol. VII, No. 1. Albany 1901. Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College. 1.) Bulletin. Vol. XXXVI, No. 5, 6, 7,8; Vol. XXXVII, No. 1,2, 3; Vol. XXXIX, No. 1. — 2.) Zoological series. Vol. V, 1, 2, 3, 4. — 3.) Annual report of the assistent in Charge for 1899- 1900; 1900-1901. — 4.) Memoirs, Vol. XXV, No. 1. 1901. Philosopliical society: Proceedings, Vol. X, part. VII; Vol XI, part. I. 1901. List of members. Jan. 1901. Chappel Hill. Circulars from the John Hopkins university. No. 151 (The oyster reefs of north Carolina [Caswell]). Charlottesvili e. Publications of the Leander Mc. Cormick observatory of the university of Virginia. Vol, II, p. 1. 1901. Chicago. The John Crerar library. 6. annual report for 1900. Cincinnati. Biületin of the Lloyd library of Botany, Pharmacy and materia medica. Bull. No. 2. 1901. Columbus. Thirtieth annual report of the board of trustees of the Ohio state university for 1900. Halifax. The proceedings and transactions of the Nova Scotian Institute of Science. Vol. X, p 2. 1899—1900. Leon. Observatorio meteorologico. Resumen, Decembre 1900. Boletin mensualdel observ. meteor. 1901. Enero. — No. 1901. Madison. Wisconsin geological and natural history survey. Bulletin, No. III, V, VI, VII. 1900— 1901. Transactions of the Wisconsin aeademy of Sciences etc. Vol. XII, part II. (1899); Vol. XIII, part I. 1901. LXI Mexico. Boletin mensual del observatorio central de Mexico. Junio 1900 — 1901. Memorias y revista de la sociedad cientifica „Antonio Alzate“. T. XIII und XIV. Boletin de agricultura, mineria e industrias. Anno IX, X. 1901. Boletin del instifcuto geologico de Mexico. No. 14. 1900. Milwaukee. Bulletin of the Wisconsin natural liistory society. Vol. I. No. B, 4. 1900. Montevideo. Anales del museo nacional. T. II fase. XVIL 1901. T. III fase. XVIII. 1901. New Haven. Transactions of the Connecticut academy of arts and Sciences X, 2. 1900. New York. Academy of Sciences. 1) Memoirs. Vol. II, part. 3. 1901. 2) Annals. Vol. XII, parts. II and III. 1899—1900. Vol. XIII, part. I. 1901. The museuni of the Brooklin institute of arts and Sciences. Bulletin. Vol. I, No. 1. 1901. Ottawa. Geological suvoey of Canada. 1) Annual report. (Nw. series.) Vol. XI. 1901. 2) Catalogue of Canadian birds part. I. 1901. Philadelphia. Proceedings of the academy of natural Sciences. 1900. Vol. LII. part. II, III. Vol. LIII. p. 1. Raleigh. Journal of the Elisha Mitchell scientific society. 1901. 27. year, part II. Rochester. Proceedings of the Rochester academy of Science. Vol. 4. pag. 1 — 64. 1901. St. Louis. Transactions of the academy of Science. Vol. IX. No. 6, 8, 9; Vol. X. 1 — 8. 1899—1900. Missouri botanical garden, 12th annual report. 1901. Tacubaya. Boletin del observatorio astronomico — nacional Tomo II. No. 6, 7. Annuario del observatorio astronomico nacional; anno 1901. XXI. Toronto. Canadian institute. 1) Proceedings. New Series. Vol. II. part. 4. 1901. 2) Transactions. No. 13. Vol. VII. part. 1. 1901. Washington. Report of the secretary of agriculture. 1900. Report of the Superintendent of the U-S. naval observatory for fiscal ending 30. June 1900. Yearbook of the U-S. department of agriculture 1900. U-S. department of agriculture, Division of biological survey. Bull. 14, 16. North american fauna. No. 20- 21. Smithsonian Institution. a) Annual report of the board of regents for 1899. b) U-S. National Museum. 1) Special Bulletin. (American hydroids.) 2) Bulletin No. 47. (The Fislies of N. and M. America.) 3) Miscellaneons collections. 1253, 1258. 4) Annual report of the board of regents. 1897. part. II for 1899. Annals of the astrophysical observatory. Vol. I. 1900. Astronomical magnetic and meteorological observations 1891 at the U-S. naval observatory. 1899. Publications of the U-S. naval observatory. II Series. Vol. I. 1900. U--S. geological Survey. 1) 20. annual report, part. I, II, III, IV, V, VII. 1900. 21. report part. I, VI (a, b). 1901. 2) Monographs. Vol. 39, 40. 3) Bulletin No. 163 — 176. 4) Preliminary report on the cape nome gold region Alaska. Mittel -Amerika. San Salvador. Anales des observatorio astronomico y meteorologico. Süd-Amerika. Cordoba. Boletin de la academia nacional de ciencias en Cordoba. XVI. 2, 3, 4. Buenos Aires ■ 1900. La Plata. Publicaciones de la universidad de la' Plata. No. 1. Julio 1901. Direccion general de estadistica de la provincia de Buenos Aires: Estudio sobre las enfermedades infecto contagiosas 1889 — 1898 (C. P. Salas). 1901. LX11 Montevideo. Anales del mnseo nacional. T. III, entrega XX, XXI. 1901. S. Paulo, Revista do museo Paulista (Ihering). Yol. III. 1898. Yol. IY. 1900. Asien. Calcutta. Proceedings of the asiatic society of Bengal. 1900. No. IX — XII. 1901. No. 1— YIII. Tokyo. Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Bd. YIII. Theil 2. Supplement. (K. Florenz, Japanische Mythologie.) 1901. Mittheilungen aus der medicinischen Fakultät der kaiserl. japanischen Universität, Bd. Y, No. 1. Belgien. Brüssel. Societe entomologique de Belgique: 1) 4nnales T. XLIY. 1900. 2) Memoires YIII. 1901. Academie royale de Belgique: 1) Bulletin de la classe des Sciences. 1899, 1900, 1901. 2) Annuaire. 1900, 1901. 3) Mem. cour. et autres mem. T. 58, 59, 60. 4. Mem. cour. et mem. des savants etrangers. T. 57, 58. Liege. Annales de la societe geologique de Belgique. T. XXVI, XXVII. Bulletin 1898-1901. Dänemark. Kopenhagen. Memoires de l’academie royale des Sciences et des lettres de Dänemark. 6. Ser. Tome IX, No. 7. Tome X, No. 2. Tome XI, No. 1. Botanisk tidsskrift, udgivet af den botaniske forening. (Rosenvinge.) 23. Bind. 2. Hefte. 1900. 24. Bind. 12. Hefte. 1901. Aarboger for nordisk oldkyndighed og historie udgivne af det kgl. nordiske old- skrift. selskab. 1900. II Räkke. 15. Bind. 34 Hefte. Oversigt over det k. danske videnskabernes selskabs, forhandlinger. 1900. No. 6. 1901. No. 1-5. Fortegneise over det k. danske vid. selsk. forlagsskrifter. Januar 1901. Tychonis Brahe Dani de nova stella (edid. regia societ. scient. danika) Hamiae 1901. Deutschland. Aachen. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1900. Jahrgang YI. 1901. Altenburg. S. A. Mittheilungen aus d. Osterlande, herausgegeben v. d. naturf. Ges. des Osterlandes. N. F. IX. Bd. 1900. Bamberg. XVIII. Bericht der naturforschenden Gesellschaft. 1901. Berlin. Sitzungsberichte der kgl. preuß. Akademie d. Wissenschaften. 1900: XXXIX — LIII; 1901: I -XXXVIII. — Abhandlungen der Akademie d. Wissenschaften aus d. Jahren 1899 — 1900. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde. Bd. XXVII. No. 9 u. 10; Bd. XXVIII. No. 1. Verhandlungen des botanischen Vereins der Prov. Brandenburg. 42. Jalirg. 1900. Verhandlungen der deutschen physikalischen Gesellschaft. J. 1901. Deutsche entomologische Zeitschrift (Deutsche entomologische Gesellschaft). Jahrg. 1900. 2. Heft. Jahrg. 1901. 1. Heft. LX1II Veröffentlichungen des kgl preuß. meteorolog. Instituts. 1900. Heft 1, 2. Ergeb¬ nisse der Beobachtungen an d Stationen II. u. III. Ordnung i. J. 1900 u. 1896. Bericht über die Tliätigkeit des kgl. preuß. meteorolog. Instituts i. J. 1900. Hellmann, Regenkarte von Brandenburg u. Pommern. Berlin 1901. Abhand¬ lungen des kgl. preuß. meteorolog. Instituts (Bezold). Bd. I. No. 6—8. 1901. Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie u. Urgeschichte. Octob. Nov. 1900. Sitzungsber. d. Gesellsch. Naturforschender Freunde. Jahrg. 1900. Bonn. Verhandlungen des naturliistor. Vereins der preuß. Rheinlande etc. 57. Jahrg. 1. u. 2. Hälfte. Sitzungsberichte der niederrhein. Ges. für Natur- u. Heilkunde. 1900. 1. u. 2. Hälfte. Braunsberg. Arbeiten aus dem botanisch. Institut des Lyceum Hosianum. I. De genere Byrsonima (autore Niedenzu). 1901. Bremen. Naturwissenschaftl. Verein. Bd. XVII, Heft 1. Abhandlungen XV, 3: Beiträge zur nordwestdeutschen Volks- u. Landeskunde, 3. 1901. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für T900. Freie Hansestadt Bremen. Jahr¬ gang XI. 1901. Breslau. Verein für d. Museum schlesischer Alterthümer: Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. N. F. 1. Bd. Mittheilungen der k. Universitäts-Sternwarte. I. Bd. 1901. Kgl. Oberbergamt: Produktion der Bergwerke, Salinen u. Hütten d. preuß. Staates i. J. 1900. Zeitschrift für Entomologie, herausgegeben vom Verein für schlesische Insektenkunde. N. F. 26. Heft, 1901. 78. Jahresbericht der schlesischen Gesellsch. f. vaterländ. Cultur (1900) nebst Er¬ gänzungsheft (Schube). 1901. Danzig. Mittheilungen des westpreußischen Fischereivereins. Bd. XIII. No. 1 — 4 und Fischereikarte der Provinz Westpreußen. XXI. amtlicher Bericht des westpreußischen Prov.-Museums für 1900. Dresden. Sitzungsberichte u. Abhandlungen der naturwissensch. Ges. „Isis“. Jahrg. 1900 Juli — Dez.; 1901 Jan. — Juni. Genossenschaft „Flora“, Sitzungsberichte u. Abhandlungen. 4. u. 5. Jahrgang der neuen Folge. 1899—1901. Jahresheft der Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde. 1899 — 1900. Dürkheim a. d. H. Mittheilungen der Pollichia. No. 13. LXII. Jahrg. 1900. Emden. 85. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft für 1899 — 1900. Erfurt. Jahrbücher der k. Akad. gemeinnütziger Wissenschaften. N. F. Heft XXVII. 1901. Erlangen. Sitzungsberichte der phvsikaliscli-medicinischen Societät. 32. Heft. 1900. Frankfurt a. M. Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft: 1) Abhandlungen. 25. Bd. 1. u. 2. Heft; 26. Bd., 2. Heft; 28. Bd. 1900. 2) Bericht 1900 u. 1901. Physikalischer Verein: 1) Jahresbericht für 1899 — 1900. 2) Klima von Frank¬ furt a. M. Nachtrag von Ziegler u. König. 1901. Frankfurt a. 0. Naturwissenschaftlicher Verein des Reg.-Bezirks: 1) Helios. 18. Bd. 2) Societatum litterae. XIV. Jahrg. 1900. Freiburg i. B. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft. XI. Bd. 3. Heft. 1901. Görlitz. Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. 23. Bd. 1901. Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften: 1) Neues Lausitzisches Magazin. 76. u. 77. Bd. 1900. 2) Codex diplomaticus Lusatiae superioris II. Bd. II. H. 1 u. 2. 1900. Göttingen. Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften: 1) Geschäftliche Mitteilungen. 1900, H. 2; 1901, H. 1. 2) Nachrichten. Math, physik. Klasse. 1900, H. 3, 4;]1901, H. 1. lxh Greifswald. Kgl. Universitäts-Bibliothek: 47 Dissertationen medicinisch-naturwiss. Inhalts ans 1900 u. 1901. Mittheilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins für Neu- Vorpommern und Rügen. 32. Jahrg. 1900. Guben. Niederlausitzische Gesellschaft für Anthropologie u. Altertumskunde: Niederlausitzer Mitteilungen. VI. Bd. TT. 6 — 8. 1901. Güstrow. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in -Mecklenburg. 54. Jahr g. II. Abtlg. ; 55. Jahrg. I. Abtig. 1901. Halle. Abhandlungen d k. Leopold. Carol. deutsch. Akademie der Naturforscher. 77., 78. und 79. Bd. 1901. Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft. XXII. u. XXIII. Bd. 1901. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde. 1901. Hamburg. Mittheilungen aus dem naturhistorischen Museum. XVI, XVII, XXIII. Naturwissenschaftlicher Verein. 1) Verhandlungen 1900. 3. Folge VIII. u. Ab¬ handlungen XVI. Bd. 2. Hälfte. 2) Broschüre über die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts an höheren Schulen. Deutsche Seewarte: 1) Aus dem Archiv. XXIII. Jahrg. 1900. 2) III. Nachtrag zum Katalog der Bibliothek. 3) Deutsches meteorologisch. Jahrbuch für 1899. Beobachtungssystem der Seewarte. Ergebnisse Jahrg. XXII. 1900. 4) Deutsche überseeische meteorologische Beobachtungen. Heft X. (Deutsch-Ost-Afrika.) 5) Annalen der Hydrographie u. maritimen Meteorologie. 29. Jahrg. 1901. Mittheilungen der mathematischen Gesellschaft. Bd. IV. II. 1. Verhandlungen des Vereins für naturwissenschaftl. Unterhaltung. Bd. XI. 1901. Hannover. 48. u. 49. Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft für -1897/98 u. 1898/99. Heidelberg. Verhandlungen des naturhistorisch-medicin. Vereins. N F. 6. Bd. 4. u. 5. Heft Jena Jenaische Zeitschr. für Naturwissenschaft-, 35. Bd. N. F. 28. Bd. 1. — 4. Heft. 36. Bd. N. F. 29. Bd. 1.— 2. Heft. 1901. Insterburg. Jahresbericht der Alterthumsgesellschaft für 1900. Zeitschrift der Alterthums¬ gesellschaft Insterburg. Heft 7. 1901. Karlsruhe. Verhandlungen des Naturwissenschaftl. Vereins. 14. Bd. 1900 — 1901. Kassel. Abhandlungen u. Bericht XLVI des Vereins f. Naturkunde. 1900 — 1901. Kiel. Schriften des Naturwissenschaftl. Vereins für Schleswig-Holstein. XII, 1. Heft. 1901. Mitteilungen des anthropologischen Vereins 14. Heft. 1901. Königsberg. Schriften der physikal. Ökonom. Ges. 41. Jahrg. 1900. Landshut. Sechzehnter Bericht des botanisch. Vereins. 1898 — 1900. Leipzig. Berichte über die Verhandlungen der k. sächs. Ges. d. Wissenschaften. Mathem. physik. Kl. 52. Bd. 1900: VI, VII; 1901: No. I, H, HI. Jahresbericht der Fürst!. Jablonowski’schen Gesellschaft. 1901. Mittheilungen des Vereins für Erdkunde. 1900. u. Wissenschaftl. Veröffentlichungen. Bd. 4. (Ule, Würmsee.) Sitzungsberichte der Naturforsch. Gesellschaft. 26. u. 27. Jahrg. 1899 — 1900. Lübeck. Mittheilungen der geograph. Gesellschaft u. des naturhistor. Museums in Lübeck. II. Reihe. Heft 14, 15. 1900. Lüneburg. Jahreshefte des Naturwiss. Vereins f. d. Fiirstenthum Lüneburg. XV. 1899 — 1900 und Festschrift. 1851 — 1901. Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwiss. 1) Sitzungsberichte. Jahrg. 1899—1900. 2) Schriften. Bd. 13. 1900. Metz. XXIII Jahresbericht d. Vereins für Erdkunde f. d. Jahr 1900 — 1901. München. Abhandlungen der k. bair. Akademie d. Wissensch. 21. Bd. 2. Abthlg. 1901 Sitzungsber. d. math. physik. Kl. d. k. bair. Akad. d. Wissenschaften. 1900, Heft III; 1901, Heft I, II, III: u. Inhaltsverzeichniss zu Jahrg. 1886 — 1899. LXV Sitzungsberichte der Ges. für Morphologie u. Physiologie. XYI. 1900, Heft 1, 2. II. Jahresbericht des ornithologischen Vereins für 1899 u. 1900, Nürnberg. Anzeiger u. Mittheilungen des germanischen Nationalmuseums. Jahrg. 1900. Heft 1-4. 1900. Naturhistorische Gesellschaft. Festschrift zur Säcularfeier. 1901. Offenbach. 38.-42. Bericht des Vereins für Naturkunde (1895 — 1901). Osnabrück. Vierzehnter Jahresbericht des Naturwiss. Vereins f. d. J. 1899 u. 1900. Posen. Naturwissenschaftl. Verein. Zeitschr. d. botanisch. Abtheilung. VII, 3; VIII, 1, 2. Historische Gesellschaft: 1) Zeitschrift. 15 Jahrgang, 1. u. 2. Halbbd. 1900. 1901. 2) Historische Monatsblätter f. d. Prov. Posen. I, 8 — 12; II, 1— 3. 1901. Pr. Holland. Oberländischer Geschichtsverein. Oberland. Geschichtsblätter. Heft HI. Königsberg. 1901. Regens bürg. Berichte des naturwissenschaftl. Vereins. VIII. Heft. Stettin. Entomologische Zeitung, herausgegeben v. d. entomolog. Verein. Jahrg. 20 — 27, 30, 31, 39, 44, 55. 61. Jahrg. No. 7—12, 1900; 62. Jahrg. No. 1—12, 1901. Gesellschaft für pommersche Geschichte. Baltische Studien. N. F. Bd. IV. Die Bau- u. Kunstdenkmäler d. Reg.-Bez. Stettin (Lemke). Heft 4. Monatsblätter. 1900, No. 1—12. Straß bürg. Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften etc. im U.-Elsaß. XXXIV. Bd., Heft 7, 10. 1900. XXXV Bd., Heft 1—9. Ergebnisse der meteorolog Beobachtungen im Reichsland Elsaß - Lothringen im J. 1897 (Hergesell, Direktor d. met. Landesdienstes Elsaß-Lothringen.) Stuttgart. Jahreshefte d. Vereins f. vaterländ. Naturkunde. 57. Jahrg. 1901. XVII., XVIII. u. XIX. Jahresbericht (1898, 99, 1900) des wiirttembergischen Vereins für Handelsgeographie u. Förderung deutscher Interessen im Auslande. 1901. Wiesbaden. Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. Jahrg. 54. 1901. Frankreich. Bordeaux. La societe des Sciences physiques et naturelles: 1) Memoires. Tome V (Ser. 5), 2 cah. 1901. 2) Appendice au tome V. (observat. pluviometriques 1899 — 1900.) 3) Proces-verbaux 1899 — 1900. Cherbourg. Memoires de la soc. nation. des sc. nat. et math. Tome XXXI. 1898 — 1900. Marseilles. 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Atti della reale accademia dei lineei. Ser. V. Rendiconti. Vol. X. 1901. Verona. Atti e Memorie dell’ accademia d’agricultura, scienze, lettere, arti e commercio. Ser. IV. Rendiconti I., fase. I, II. 1901. Luxemburg. Luxemburg. Publications de l’institut grand-ducal. Tome XXVI. 1901. Verein Luxemburger Naturfreunde. Mittheilungen. 10. Jahrg. 1900 Recueil des memoires et des travaux de la societe botanicpie du grand-duche de Luxembourg. No. XIV. 1897 — 1899. Oesterreich=Ungarn. Brünn. Verhandlungen des naturf. Vereins. XXXVIII (1899) 1900. XVIIL Bericht der meteorolog. Kommission des naturf. Vereins. Ergebnisse der meteorolog. Beob¬ achtungen i. J. 1898. Budapest. Bovartani lapok. VII. kötet, fiizet 9, 10. (Nov., Dez.) 1900. 1901 Jan.— Nov. Mathematikai es termeszettudomanyi ertesitö. XVIII. kötet, 5. fiizet. 1900. XIX. kötet, fiizet 1 — 4. Mittheilungen aus dem Jahrbuch der kgl. ungarischen geolog. Anstalt. XII, 3, 4, 5. 1901. Jahresbericht der kgl. ungar. geologischen Anstalt für 1898. 1901. Földtani közlöny. XXX. kötet, füzet 10—12. XXXI. kötet, fiizet 1—4, 5—6, 7—9, Termeszetrajzi fdzetek. XXIV. kötet. 1901. LXVII Rapport sur les travaux de l’acad. hongroise des Sciences en 1900. — Daday: Ostracoda Hungariae 1900. Kgl. ungarische naturwissensch. Gesellschaft. 1) A. Hejas, Die Gewitter in Ungarn 1&7I — 95. 2) Abafi-Aigner, Alepkeszet törtenete magyarorszagon. 1898. Graz. Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Jahrg. 1900. Mittheilungen des Vereins der Aerzte in Steiermark. 37. Jahrg. Innsbruck Berichte des naturwiss. medicinischen Vereins. XXVTI Jahrg. 1900/1901. Iglo. Jahrbuch des ungarischen Karparthenvereins. XXVIII. Jahrg. 1901. Kalocza. Fenyi u. Schreiber. Gewitterregistrator. 1901. Klagenfurt. Jahrbuch des Naturhistorisch. Landesmuseums. 26. Heft. 1900. Dazu: Dia¬ gramme der magnet und meteorolog. Beobachtungen zu Klagenfurt 1900. (F. Seeland.) Krakau. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften. Math phys Kl. 1901. No. 1 — 3, 4,5. Catalogue of the polish scientific literature. I. 1. Leipa. Mittheilungen des nordböhmisch. Excursionsklubs. 24. Jahrg. Heft 1 — 3. 1901. Linz 30. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde in Oesterreich ob. d. Ems. 1901. Prag. k. k. Sternwarte: Astronomische Beobachtungen a. d k k. Sternwarte in den Jahren 1892—99. Die Tyclionisclien Instrumente auf der Prager Sternwarte von S. Wf.inek. 1901. Sitzungsberichte der kgl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Math. naturw. Kl 1900 u. Jahresbericht für 1900. Sitzungsberichte des deutschen naturw. med. Vereins f. Böhmen „Lotos“. Jahr¬ gang 1900. 52. Bericht der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten über das Jahr 1900. Pressburg. Verhandlungen des Vereins für Natur- u. Heilkunde N. F. XII. Jahrg. 1900. Reichenberg. Mittheilungen aus dem Vereine der Naturfreunde. 32. Jahrg. 1901. Vydano Listy chemicke. Organ chemicke spolecnosti: Spolek chemiku ceskycli. (Sulc. Masin.1 Rocnick XXIV, cislo 5—10. XXV, 1—5. 1900. Wien. Kaiserliche Akadmie der Wissenschaften : Sitzungsberichte Bd. 108, 109, 110. 1899. 1900. 1901. Mittheilungen der prähistorischen Kommission. Bd. 1, Heft 5. Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt. 1900. No. 13 — 14, 15 — 16 1901. No. 1 — 14. Jahrbuch der k. k. österreichischen geolog. Reichsanstalt. Jahrg. 1900. L. Bd., 2—4. LI Bd., 1. 1901. Oesterreichischer Touristenklub: Oestereichisclie Touristenzeitung. XXI. Bd. 1901. Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft. L. Bd , 10. Heft. LI. Bd., Heft 1—8. XI. Jahresbericht des Wiener entomologischen Vereins. 1900. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft. XXX. Bd , Heft 6. XXXI. Bd., Heft 1—5. Annalen des k. k. naturhistor. Hofmuseums. Bd. XV., No. 3 — 4. 1900. Bericht über das XXVI. Vereinsjahr 1899/1900, erstattet vom Verein der Geogra¬ phen an d. Universität Wien. 1901. Zagoeb (Agram). Societas historico-naturalis croatica. XII. 4 — 6. 1901. Russland. Dorpat. Sitzungsberichte der Naturforscher-Gesellschaft bei der Universität. XII. Bd., 3. Heft. 1900. Kasan. Tpygbi ouigecTBa ccTecTBOHcnUTaTejieft npH IlMiiepaTopcKOMi» Ka3ancKOMT> yuHBepciiTeT'h. Tomb. XXXHI, 5, 6; XXXIV.; XXXV, 1—5. 1900—1901. II poTOKOjiu 3actji.aHiö oöigecTBa ecTeCTBOHcnhiTaTejiefi npii IlMiiepaTopcKOM-b Ka3ancuoMi> yiiHBepciiTerfe. 1899 — 1900; 1900—1901. 5* lxviii Moskau. Bulletin de la societe imperiale des naturalistes. 1900. No. 1, 2, 3, 4. 1901. 1 und 2. Novo-Alexandria. Annuaire geologique et mineralogique de la Russie. Yol. IY. livr. 5, 6. Yol. Y, livr. 1 — 3. Petersburg. Bulletin de l’academie imp. des Sciences. Y. Serie. T. XII, 2 — 5. XIII, 1 — 3. 1900. Memoires de l’academie imperiale des Sciences. Olasse phys. matliem. Yol. X, 3 — 9. Acta liorti petropolitani. Tom. XVI. Tom. XVIII, fase. I, II, III. 1900 — 1901. Annales de l’observatoire physique central Nicolas. Annee 1899, partie I et II. Comite geologique. 1) Bulletins. 1900. XIX, 1—10. 1901. XX, 1—6. 2) Me¬ moires. Yol. XIII, No. 3; XVIII, No. 1, 2. 1901. 3) Bibliotheque geologique de la Russie 1897. Petersburg 1901. Riga. Naturforscherverein zu Riga. 1) Arbeiten. N. F. X. Heft (Die baltischen Wirbel- thiere [Schroeder]). 2) Korrespondenzblatt. XLIY. 1901. Tiflis. Bericht über das kaukasische Museum für das Jahr 1900 Museum caucasicum Die Sammlungen des kaukasischen Museums. Bd. III. 1901. Mittheilungen des kaukasischen Museums. Bd. 1, Lief. 4. 1901. Schweden und Norwegen. Bergen. Museum. An account of the Crustacea of Norway (Sars). Yol. IH. Cumacea, part IX, X. Yol. IV. Copepoda, part I, II. Aarbog 1900. 2. Heft. Aars- beretning for 1900. Meeresfauna von Bergen (Appellöf) H. 1. 1901. Christiania. Nyt magazin for naturvidenskaberne (Mohn, Hiortdahl, Broger, Nansen, Wille). Bd. 26—37. Bd. 38, H. 1, 2, 3. Foreningen til norske fortidsmindesmaerkers bevaring. Aarsberetning for 1898, 1899 & 1900. „Kunst og haandverk“ fra Norges fortid (Nicolaysen). 2. Räkke, 4. Hefte. 1899. Archiv for mathematik og naturvidenskab. (A. Helland, G. Sars, S. Torcp.) Bd. XXI, 7. 1899. Bd. XXII, No. 1, 2, 3. 1900. Lund Meddelanden frän Lunds astronomiska Observatorium. No. 13 — 18. Series II.* No. 2, 3. Lund 1901. Festskrift fran ky fysiografiska sällskapet in anledning af 300. arsdagen af Tycho Brahe’s Död. Stavanger. Museum. Aarshefte for 1900. (11. Aargang.) Stockholm. Kgl. svenska vetenskaps-akademien : 1) Meteorologiska jakthagelser i. Sverige, 2 Ser. 23., 24. Bd. 1895. 1896. Yol. 37, 38 Stockholm 1900. 190L 2) öfversigt af förhandlingar. Bd. 57. 3) Handlingar. Bd. 33, 34. Stockholm 1900. 1901. 4) Bihang tili handlingar. Bd. 26. Afdelning I, II, III, IY. 1901. 5) Lefnadsteckningar. Bd. 4, H. 1, 2. 1899. 1901. Geologiska föreningen. Förhandlingar. Bd. 22. Entomologisk tidskrift, utegiven af entomologiska förenin gen. Arg. 21. Haft 1, 2, 3, 4. 1900. Kg. vitterhets liistorie och antiquitets akademiens Mänadsblad 1896. 1900. Tromsö. Museum. 1) Aarshefter 21 & 22, 23. (1898—1900.) 2) Aarsberetning 1898 99, 1900. Trondhjem. Det kongelige norske videnskabers selskabs skrifter. 1900. Upsala. Bulletin of the geological Institution of the university. Vol. Y, part 1. Schweiz. Basel. Jahresverzeicliniß der schweizerischen Universitätsschriften. 1900 — 1901. Naturforschende Gesellschaft: 1) Verhandlungen. Bd. XIII, Heft 1, 2. Bd XIX. 19' '1 «nd Register (1875 — 1900). 2) Ruetimeyer. Gesammelte kleine Schriften. Bd. I u. II 1898. LXIX Bern. Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft aus 1898 No. 1451 — 1462. No. 1463 bis 1499 aus 1900. Berichte der schweizerischen botanischen Gesellschaft. Heft XI. 1901. Universität. 72 Dissertationen mathem.- naturwissenschaftlichen Inhalts. 1900. Chur. Jahresbericht der Naturforsch. Gesellschaft Graubündens. N. F. XLIV. Bd. Ver¬ einsjahr 1800 — 1901. Frauenfeld. Mittheilungen der thurgauischen Naturforsch. Gesellschaft. 14. Heft. 1901. Genf. Memoires de la societe de physique et d’histoire naturelle. T. XXXIII, 2. 1899—1900. Schaffhausen. Mittheilungen der schweizerischen entomologisehen Gesellschaft. Band X, Heft 8. 1901. St. Gallen. Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen Naturwissenschaftlichen Gesell¬ schaft während des Jahres 1898 — 99. Zürich. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft. 45. Jahrg. 1900, H. 3—4. 46. Jahrg. 1901, H. 1 — 2. Verhandlungen der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft 82. Jahresvers. (Neuchatel) 1900. 83. Jahresvers. (Thusis) 1901. II. Geschenke. Geschenke der Autoren. Radde, Die Sammlungen des kaukasischen Museums in Tiflis, Bd. III, Geologie vojiLebedew. 1901. Deecke, Führer durch Campanien Berlin 1901. — Fünf Separatabdrücke geologisch-paläontologischen Inhaltes. Franz, Ueber die Figur des Mondes. (Sep.-Abdr) 1900. Meyer, Die Privatkolonien von Dr H, Meyer in Rio grande do Sul. Treptow, Die Geschichte des Bergbaues im 19. Jahrhundert (Sep.-Abdr.) 1901. — Die Mineralbenutzung in vor- und frühgeschichtlicher Zeit (Sep.-Abdr.) 1901. Neupert, Mechanik des Himmels und der Moleküle. Bamberg. Horn, (Saunier’s Buchhandlung) Systematisches Verzeichniß gebundener Bücher, Atlanten u. s. w. 1901/2. Jacobsen, Lyra philosophica. Berlin 1901. Schräder, Neu-Guinea-Kalender (17. Jahrgang). 1902. Cohn, Paula, Ferdinand Cohn, Blätter der Erinnerung. Breslau 1901. Krüger, Die chilenische Renihüe-Expedition, ein Beitrag zur Erforschung der patagonischen Anden. (Sep.-Abdr.) Berlin 1900. Möbius, Gedanken über die ästhetischen Eigenschaften der Mollusken. (Sep.-Abdr.) Dahms, Ueber das Vorkommen und die Verwendung des Bernsteins. (Sep.-Abdr) Pincus, L., Heinrich Abegg f. (Sep.-Abdr.) — Sechs Separatabdrücke gynäkologischen Inhaltes. Polis, Das meteorologische Observatorium Aachen. (Sep.-Abdr.) Solger, Demonstration der Spongiosa- Architektur in einer geheilten Fraktur des Oberschenkel¬ halses etc. (Sep.-Abdr.) Klunzinger, Ueber die physikalischen, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer. (Sep.-Abdr.) Conwentz, Die Gefährdung der Flora der Moore. (Sep.-Abdr.) — Wissenschaftlicher Ausflug der Geographen durch Ost- und Westpreussen. 22. bis 27. September 1899. (Sep.-Abdr.) Lakowitz, Zum Gedächtniß Ferdinand Cohn’s. (Sep.-Abdr.) Reinicke, Die Meteorologie in der modernen Schiffahrt. (Sep.-Abdr.) LXX Zernecke. Geschichte der Familie Zernecke. Graudenz 1900. TIenrici, Was verstehen wir unter logischer Naturbeschreibung. (Sep.-Abdr.) Holz, Lehrbuch der Navigation und ihrer mathematischen Hilfswissenschaften von Albrecht und Vierow. 8. Auflage; neubearbeitet von Holz. 1901. Müttrich, Ueber den Einfluß des Waldes auf die Lufttemperatur (Sep.-Abdr. Meteorolog. Zeitschr. 1901). Geschenk des prenssischen Wasserausschusses in Berlin. Keller, H., Memel-, Pregel- und Weichselstrom, ihre Stromgebiete und ihre wichtigsten Nebenflüsse. Bd. 1, II, III, IM. Atlas und Tabellenband. 1899. Beantwortung der Frage: Welche Maßregeln können angewendet werden, um für die Zukunft der Hochwassergefahr und den Ueberschwemmungsschäden sowrnit wie möglich vorzubeugen? für das Memel-, Pregel- und Weichselstromgebiet (durch Beschluß des Ausschusses vom 15. März 1901 festgestellt). Geschenk des Herrn Ober*Präsidenten Dr. von Gossler, hier. Schuck, Magnetische Beobachtungen an der deutschen Ostseeküste. II. Hamburg 1901. Braun, W. O., Untersuchungen über das Tegument der Analissung. Dissert. 1901. Potsdam (Astrophysikalisches Observatorium). Sep.-Abdr. Geschenk der Geschäftsführung des VII. internation. Geographenkongresses in Berlin (Kollm), Verhandlungen des VII. internationalen Geographenkongresses. Berlin 1899. Theil I und II. 0. Baschin, Die deutsche Südpolar-Expedition, mit 3 Tafeln. Geschenk der Frau Sielaff, hier. Glaser, Die allgemeine Wirthschaftslehre oder Nationalökonomie. Berlin 1858. Wiel u. Gnehm, Handbuch der Hygiene Karlsbad 1878 — 80. Die Berichte über die 1. — ?. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheits¬ pflege. Braunschweig 1873—81. Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie etc. 10 Bd. Geschenk des Herrn Sanitätsrath Dr. Tornwaldt, hier. Exposition universelle 1900 ä Paris. Empire d’Allemagne. Catalogue des travaux et objets exposes dans la classe hygiene par le Kaiserl. Gesundheitsamt. Geschenk des ärztlichen Vereins zu Danzig. Katalog der Bibliothek des ärztlichen Vereins zu Danzig. Geschenk des Herrn Prof. Conwentz, hier. 0. Schräder, Neu-Guinea-Kalender. 1901 (16. Jahrgang). Berlin 1901. Geschenk der Handelsabtheilung der Chicago & North Western Eisenbahn. „Mais und wo er wächst“. Geschenk des Herrn Landgerichtsrath Ehmcke-Berlin. Kleinschmidt, Der Falkenbussard, Ruteo Zimmermcinnae Ehmcke. S. Abdr. — Beschreibung von Ruteo Zimmermcinnae Ehmcke und V ergleich mit Ruteo Menestrieri und derictorum . LXXI Geschenk des k. Ministeriums für Landwirthschaft in Perlin. Landwirt, hschaftliche Jahrbücher XXfX. Bd. (1900) Ergänzungsbd. III. IV. V. XXX. Bd., II. 1 — 6. Ergänzungsbd I. (1901). Die deutsche Landwirtschaft auf der Weltausstellung in Paris 1900. Wetterkunde und Landwirtschaft (Festrede von Prof. Dr. R. Börnstein). 1901. Geschenk des Herrn Prof. Griesbach-Miihlhausen i. E. „Gesunde Jugend“, Zeitschrift für Gesundheitspflege in Schule u. Haus. I. Jahrg., Heft 1—6. 1901. Geschenk der Frau Geheimräthin Cohn-Breslau. Dreizehn kleine Abhandlungen botanischen und allgemein naturwiss. Inhaltes von Prof. Ferd. Cohn. Geschenk des westpreuss. Architekten- u. Ingenieur-Vereins in Danzig. Der Westpreußische Architekten- und Ingenieur- Verein zu Danzig 1860 — 1900. (Festschrift E. Habermann). Geschenk des Herrn Sanitätsrath Dr. Lissauer-Berlin. Beiträge zur Wissenschaft Medizin. (Festschrift. XXIX. Vers. d. Naturf. u. Aerzte in Braunschweig.) Führer durch Braunschweig (A. Böhme). Adamy u. Wagner, Die ehemalige frühromanische Centralkirche des Stiftes St. Peter zu Wimpfen im Thal. Das märkische Provinzial-Museum der Stadtgemeinde Berlin von 1874 — 1899. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Jahrg. 1895 — 1900. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Jahrg. 1895 — 1900. Geschenk des Herrn Redacteur Dr. Herrmann, hier. Petermann’s Mitteilungen 1363, 1871, 187'! und Ergänzungshefte No 28, 33. Geschenk des Herrn Navigationsschul-Director Holz, hier. Nautische, astronomische und logarithmische Tafeln von Domke 10. Aufl.. neu bearb. von 0. Canin. Berlin i960. Ebsen’s Azimuth-Tabellen von 0° — -72° N oder S. Hamburg 1899. Geschenk der kgl. preuss. geolog. Landesanstalt und Bergakademie in Berlin. Jahrbuch der k. preuß. geologischen Landesanstalt und Bergakademie f. d. Jahr 1899. Geologische Karte von Preußen und den Thüringischen Staaten. Lief. 79, 86, 90, 93, 99, nebst Erläuterungen. Berlin 1900. Abhandlungen der k. preuß. geologischen Landesanstalt. N. F. Heft 30, 34. 1900 — 1901. Geschenk der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und Helgoland. Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. N. F. IV. Bd., H. 2: V. Bd., H. 2. 1900. 1901. Geschenk des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien. E. Hackel, Kunstformen der Natur. Lief. 6. LXXII III. Angekauft wurden folgende Werke: a. Allgemein wissenschaftlichen Inhalts. Altpreußische Monatsschrift. Bd. XXXVIII. American Journal. Vol X. Biologisches Centralblatt. Bd. XXI. Comptes rendus. T. 132, 133. Gaea. Jahrg. 1901. Grimm, Deutsches Wörterbuch (bis Bd. X, 7. Heft). „Himmel und Erde“, populäre Monatsschrift XIII. Jahrg. „Natur“, Zeitung zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, Jahrgang 50. Naturwissenschaftliche Rundschau. 16. Jahrgang. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Bd. XVI. Naturae novitates (Friedländer), Jahrgang 1901. „Prometheus“, Illustrirte Wochenschrift über die Fortschritte der angewandten Naturwissen¬ schaften. Jahrg. 1901. Sammlung gemeinverständlicher Vorträge, 15. Serie. Verhandlungen der Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte. 72. Versammlung in Aachen. 1). Physikalisch-chemischen Inhalts. Annalen der Physik und Chemie. IV. Folge. Bd. 2. Beiblätter. Bd. 24. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 34. Jahrg. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie für 1893, Heft 8; für 1896, Heft 5 — 8; für 1897, Heft 1—8. Journal für praktische Chemie. Bd. 61. Sammlung elektrotechnischer Vorträge. Bd. XII, H. 1 — 6. Sammlung chemischer und chemisch-technologischer Vorträge. Bd. VI Das Wetter, meteorologische Zeitschrift. 18. Jahrg. Zeitschrift für Instrumentenkunde. 21. Jahrg. — deutsche meteorologische. Bd. XVII. — elektrotechnische. XXII. Jahrg. c. Astronomischen Inhalts. Astronomische Nachrichten Bd. 153 u. 154. Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1903. Berlin 1901. Mittheilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie. XI. Jahrg. „Sirius“, Zeitschrift für populäre Astronomie. Jahrg. 1901. d. Botanisch-zoologischen Inhalts. Annales des Sciences. Botanique. Ser. 2. Tome III — VIII. Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 64, II, 2; 66, II, 1; 67, I, 1—3. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 8. Bd., H. 2. Botanisches Centralblatt. Bd. LXXXV— LXXXVII. Botanische Beihefte. Bd. X. Botanischer Jahresbericht für 1898, Schluß ; für 1899. Botaniska notiser (Wittrock). Jahrg. 1901. Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. Lief. 206 — 212. Engler, Das Pflanzenreich. Heft 1 — 3, 5, 6. Fauna u. Flora des Golfs von Neapel. 26. Monographie: Die Rhodomelaceen v. Falkenberg- LXXIII Kjellmann, Bidrag tili kännedomen oni Skandinaviens Ectocarpeer ocli Tilopterider. Stock holm 1892. • — Handbok i. Skandinaviens hafsalgflora. I. Fucoideae. Leukart, Die Parasiten des Menschen. Bd. I, Lief. 5, 6. Rabenhorst, Kryptogamenflora; Pilze Lief. 75—81; Laubmoose Lief. 36. V RIES, H. de, Die Mutationstheorie, Versuche und Beobachtungen über die Entstehung der Arten im Pflanzenreich. Leipzig 1901. I. Band. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 68, 69. e. Anthropologisch-ethnographischen Inhalts. Archiv für Anthropologie. Bd. 27, II — IV ; Bd. 28, I. Internationales Archiv für Ethnologie. Bd. XIV. — Ergänzungsblätter. X, XI. Zeitschrift für Ethnologie. 1901. Band XXXIH, Heft 1 — 4. f. Geographischen Inhalts. Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde (Kirchhoff). Bd. XIII, 3 -6. Geographische Zeitschrift (Hettner). Jahrg. 7. Globus, Illustrirte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. Bd LXXIX, LXXX. g. Mineralogischen, geologischen und paläontologischen Inhalts. Centralblatt für Mineralogie, Geologie etc. Jahrg. 1901. Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1901. I, II. — — Beilageband. XIII, 2; XIV, 1. — — Repertorium für die Jahrgänge 1895 — 99 und die Beilagebände IX— XII Zittel, Handbuch der Paläontologie. Leipzig 1880 — 93. h. Medicinischen Inhalts. Archiv für Anatomie und Physiologie. Physiologische Abtheilung. Jahrg. 1901. Ana¬ tomische Abtheilung 1901. J LXX1V Jahresrechnung der Naturforschenden Einnahm e. Bestand am 1. Januar 1901 . I. Grundstück-Miete u. s. w . II. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken . . III. Beiträge von Mitgliedern . IY. Provinzial-Zuscliuß . Y. Verkauf der Gesellschaftsschriften . VI. Insgemein . . VII. Erlös aus verkauften Wertpapieren . VIII. Reste aus 1900 . A. Allgemeine jc $ ... 432 85 ... 743 82 ... 807 — ... 3 420 — ... 2000 — ... 225 20 ... 369 45 ... 11 05 . . . 1 220 - 9 229 37 B. Wolff’sche Bestand am 1. Januar 1901 . 51 10 I. Zinsen von Wertpapieren und Hypotheken . 1 624 50 II. Zuschuß des Herrn Ministers und der Provinzial-Commission . 730 — III. Erstattung von Auslagen der Werkstatt . 144 90 2 547 50 C. Verch’sche Zinsen . . . 577 50 Bestand . . I. Zinsen . II. Geschenke Bestand . Zinsen und besondere Einnahmen Bestand . I. Zinsen . II Ueberweisung für 1901 Bestand Zinsen D. Humboldt= . 29 46 . 609 — . 11 60 650 06 E. Bau= . . 10112 18 . 386 60 10 498 78 F. Fonds für das neue . 97 33 . 170 - . 600 - 867 33 Q. Masse des phy . 183 30 . 3 50 186 80 LXXV Gesellschaft für das Jahr 1901, Kasse. - Ausgabe. JL oy I. Gehälter und Remunerationen . . 509 52 II. Grundstück . 846 16 III Sitzungen und Vorträge . 1 007 81 IV. Bibliothek 1. Anschaffung von Büchern und Buchbinder . 1 556 77 2 Gehälter . . . 600 — 3. Zn den Vorarbeiten für einen neuen Katalog . 147 20 4. Feuer- Versicherung . 140 20 2 444 17 V. Druck der Gesellschafts-Schriften 1. Für das laufende Heft der Schriften . 2 493 23 2. Für das neue CoNWENTZ’sclie Werk . 600 - — 3 093 23 VI Porti und Anzeigen . 299 50 VII. Erhaltung des Inventars . 80 03 VIII. Insgemein . 463 03 Baarbestand 1 . 485 92 9 229 37 Stiftung. I. Gehalt des Astronomen . 1 100 — II. Astronomische Station . 1 237 52 Baarbestand . 209 98 2 547 50 Stiftung. Zur Beschaffung von Druckschriften für die Bibliothek . 576 80 Baarbestand . — 70 577 50 Stiftung. Stipendien (einschl. Porto) . 601 20 Baarbestand . 48 86 650 06 Fonds. Baarbestand (einschl. Mk. 10 000 auf Depositen-Konto der Privatbank) . . . 10 498 78 Conwentz’sche Werk. Baarbestand . 867 33 sikalischen Kabinets. Zur Beschaffung und Verbesserung von 'Instrumenten . 144 61 Baarbestand . 42 19 186 80 LXXVI Vermögensbestand am 1. Januar 1902, I. A. Allgemeine Kasse. ft , I. Das schuldenfreie Grundstück Frauengasse 26. II. Werthpapiere . ES 536 — III. Hypotheken . 11 800 — Baarbestand . 485 92 17 821 92 Davon ab baar eingezahlte Mieths-Kaution . 174 - 17 647 92 B. Wolff’sche Stiftung. I. Werthpapiere . 7 439 — II. Hypotheken . 31 900 — Baarbestand . 209 98 39 548 98 C. Verch’sche Stiftung. I. Werthpapiere . . 1 455 — II. Hypotheken . 10 500 — Baarbestand . — 70 11 955 70 D. Humboldt=Stiftung. I. Werthpapiere . . 5 592 — II. Hypotheken . . . 8 400 — Baarbestand . 48 86 14 040 86 II. Folgende Massen, deren Kapital zur Verwendung für bestimmte Zwecke dienen soll. 1. Bau-Fonds zur Wiederherstellung des Nord- und WeWGiebels des Ges.-Gebäudes: Depositenschein der Danziger Privatbank ... 10000 — Baarbestand . 498 78 10 498 78 2. Stiftung der Provinz Westpreussen für eine Preisaufgabe: Mk. 1000 Preußische Konsols zu 95^ . _ 950 — 3. Für das neue CoNWENTz’sclie Werk: Hypothek . 3 400 — Baarbestand . _• _ 867 33 4 267 33 4. Für das physikalische Kabinet . 282 09 A. Mitglieder-V erzeichniss der N atur forschenden Gesellschaft zu Danzig', 15. August 1902. I. Ehrenmitglieder. Ehrenmitglied seit: Bail , Dr., Prof., in Danzig (Ordentl. Mit¬ glied 1863) . 1894 Dohm, Anton , Dr., Professor, Geh. Reg.-Rath, Director der Zoologischen Station in Neapel (Corresp. Mitglied 1876) . . 1897 v. Gossler, D. Dr., Staatsminister und Ober- Präsident der Provinz Westpreußen, Kxcellenz, in Danzig . 1891 Lissaner, Dr., Sanitätsrath, in Berlin (Ordent¬ liches Mitglied 1863) . 1892 Möbius, K., Dr., Prof., Geh. Regierungsrath, Director der Zoologischen Sammlung des Kgl. Museums für Naturkunde in Berlin (Corresp. Mitglied 1871) . 1893 Ehrenmitglied seit: v. Neumayer, Dr., Prof., Wirkl. Geh. Admiral.- Rath, Director der Deutschen Seewarte in Hamburg (Corresp. Mitglied 1880) 1893 Radde, Dr., Geh. Rath, Excellenz, Director des Kaukasischen Museums in Tiflis (Ordentl. Mitglied 1859) .... 1893 Semon, Dr., Sanitätsrath, in Danzig (Ordent¬ liches Mitglied 1853) . 1898 Virehow, R., Dr. Prof., Geb. Medicinalrath, Director des Instituts für patholo¬ gische Anatomie in Berlin . . . 1901 II. Correspondirende Mitglieder. Corresp. Mitglied seit : Akren 8 , F, Dr., Prof, an der Universität in Breslau . 1901 Ascherson, P., Dr., Prof, au der Universität in Berlin . 1893 JBerendt, Dr., Prof., Geheimer Bergrath, Landesgeologe a. D., in Berlin . . 1893 Rezzenberger, Dr., Geh. Regierungsrath, Prof, an der Universität in Königs¬ berg i/Pr. ......... 1894 Buchenau, Dr., Prof., Gymnasial-Director in Bremen . 1889 Cohn, Hermann, Dr., Professor an der Uni¬ versität in Breslau . 1880 Conwentz, Dr., Professor, Director des West- preuß. Provinzial-Museums in Danzig (Ord. Mitgl. 1880) . 1878 Deecke, I)r., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Dorr, Dr., Prof., Oberlehrer in Elbing . 1898 v. Drygalski, E., Dr., Professor an der Universität in Berlin, z. Zt. Leiter der L)eu' sehen Südpolarexpedition . 1897 Corresp. Mitglied seit: v. Flansz, Superintendent in Marienwerder 19. 4 Förster, B., Dr., Prof., Oberlehrer in Mül¬ hausen im Elsaß, z. Z. in Sumatra 1893 Geinitz, E., Dr., Professor an der Universität in Rostock . 1897 Grempler, Dr., Geheimer Sanitätsrath, in Breslau . 1896 Griesbach, II., Dr. med. et phil., Prof., Docent an der Universität Basel und Oberlehrer in Mülhausen im Elsaß 1893 Grün, Dr., Geh. Regierungs- u. Medicinalrath in Hildesheim . 1877 Haeckel, Dr., Hofrath, Professor an der Universität in Jena . 1868 v. Hedin, Sven, Dr., in Stockholm . . . 1898 Horn, Dr., Fabrik-Dirigent in Leopoldshall 1868 Jacobsen, Emil, Dr., Chemiker in Char¬ lottenburg bei Berlin ..... 1870 Jentzsch , Dr., Prof., Landesgeologe in Berlin 1880 lxxviii Corresp. Mitglied seit : Le Juli, Professeur des Sciences in Cher¬ bourg . .... 1857 Keluling, Cousul in Medan/Deli, Sumatra 1894 Klein , Herrn., Dr., Prof., in Köln . . . 1873 Klunzinger , C. B.. Dr., Professor am Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart 1875 Kollm, Georg, Hauptmann a. D., General- secretär der Gesellschaft für Erd¬ kunde in Berlin . 1893 Lern ehe, Pr, Professor, Gymnasial- Director in Stettin . 1898 Liebeneiner, Forstmeister a. D., in Oliva bei Danzig . 1893 Ludwig, Dr., Prof., Oberlehrer in Greiz . 1890 Lverssen, Dr., Professor an der Universität in Königsberg i. Pr . 1893 Magnus, P., Dr., Prof, an der Universität in Berlin . 1893 Mestorf, Fräulein Johanna, Prof., Director des Kgl. Museums vaterländischer Alterthümer in Kiel . 1899 Meyer, 0. E, Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Universität in Breslau . 1896 Müller, Paul A., Dr., Hofrath, Gehilfe des Directors des Magnet. -Meteorol. Observatoriums in Jekaterinenburg (Ordentl. Mitglied 1886) .... 1893 Nathorst, A. G., Dr., Prof., Director der pliytopalaeontologischen Abtheilung des Reichsmuseums in Stockholm . 1890 Corresp. Mitglied seit- Penzig, Dr., Professor an der Universität in Genua . 1888 Poelehen, Dr., dirigirender Arzt des Städt. Krankenhauses in Zeitz (Ordentl. Mitglied 1882) . 1893 JR. einicke, E., Verlagsbuchhändler in Leipzig 1893 Reinke, Dr., Geh. Regierungsrath, Pro¬ fessor an der Universität in Kiel . 1893 Remele, Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Forstakademie in Eberswalde 1894 Ross, Dr., Privatdocent in München . . 1897 Riist, Dr., Arzt in Hannover . 1897 Schröder, Hugo, Dr., in London SW., Whetstone House . 1880 Schumann, K , Dr., Prof., Kustos am Bota¬ nischen Museum in Berlin . . . 1893 Schweden, G., Gymnasial-Director a. D., in Riga . . 1895 Strasburger, Dr., Geh. Regierungs-Rath, Professor an der Universität in Bonn a. Rh . 1880 Thorell, Dr., Professor in Helsingborg (Schweden) . 1875 Treptow, Emil, Professor an der Bergaka¬ demie in Freiberg i. S. (Ordentl. Mitglied 1890) . 1893 Wittmack, L., Dr., Geh. Regierungsrath, Professor an der Landwirthschaftl. Hochschule in Berlin . 1893 III. Ordentliche Mitglieder. a. Einheimische. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnort Danzig. Aufgen. im Jahre Abraham t Dr., Arzt in Langfuhr Adam, Regierungs-Baumeister Adler, Ingenieur . Althaus Dr., Arzt .... Anton, Regierungsrath . . . Auwers, Dr., Regierungs- Assessor 1899 1896 1895 1874 1899 1901 JBaatz, Franz, Kaufmann . 1896 Badt, Frido, Kunstmaler . 1899 Bail, Dr., Stadtrath . 1897 Barth, Dr., Prof., Medicinalrath u. Oberarzt 1896 Bech, Oberregierungsrath . . 1901 Behrendt, Dr., Arzt . 1893 Aufgen. im Jahre Behrendt, Rechtsanwalt . 1895 Berent, A., Dr., Arzt . 1901 Berenz, Emil., Kaufmann . 1882 Berger, J. J., Commerzienrath . 1873 Bernicke, J. C., Kaufmann . 1896 Bertling, A., Buchhändler . 1892 Bialk, Vicar . 1901 Bischoff, Landgerichtsrath . 1901 Bischoff, Oscar, Stadtrath . 1878 v. Bockeimann, Oberlehrer . . 1888 v. Bötticher, Buchhändler . . . . . . 1896 Boretius, Dr , Generalarzt a. I) . 1883 Bornträger, Dr., Regierungs- u. Medicinalrath 1895 LXXIX Aufgen. im Jahre Brandt, Gonsnl . 1896 Breidsprecher, Geh. Baurath, Eisenbahn- Director . 1892 Brinckmann , Dr., Chemiker . 1901 Busenitz, Regierungsrath . 1900 Citron, Rechtsanwalt . 1885 Claassen, Adolf, Stadtrath . 1896 Claassen, Albert, Commerzienrath, . . . 1886 Conraäinum, Realschule in Lang fuhr . . 1901 Conwentz, Dr.. Prof., Director des West¬ preußischen Provinzial-Musemns . 1878 Czisclike, Oberlehrer . 1901 Dahms, Dr., Oberlehrer ....... 1892 Damme, Geh. Commerzienrath . 1867 Damme, Dr., Kaufmann . 1897 Davidsohn, G., Fabrikbesitzer .... 1901 Debbert, Dr., Prof., Oberlehrer .... 1895 Delbrück, Oberbürgermeister . 1894 Dammasch, Rendant . 1874 Dreyling, Dr., Arzt . . 1889 Effler, Dr., Arzt . ... 1897 Ehlers, Stadtrath . 1876 Eins, Oberlehrer . 1901 Eller, Dr . 1888 Engler, Georg, Kaufmann . 1896 Erdmann, Rector der Rechtstädtischen Mittelschule . 1898 Eschert, P„ Dr., Fabrikbesitzer .... 1901 Evers, Prof., Oberlehrer . 1878 Ewert, Vorsteher der General-Agentur der Deutschen Seewarte in Neufahrwasser 1902 Fahl, Regierungs- und Baurath ... 1892 Farne, Dr., Arzt . 1878 Fechner, Zahnarzt . 1894 Fischer, Dr., Oberarzt . 1890 Fischer, G., Brauereibesitzer in Neufahr¬ wasser . 1893 Fischer, Director der staatlichen Fort- bildungsf chule . 1899 Fleck, Dr., Arzt . . 1902 Fleischer, H., Zahnarzt . 1892 Fleischer, Max, Apothekenbesitzer . . . 1896 Francke, Dr., Arzt . 1896 Freitag, Dr., Sanitätsrath . 1871 Freudenthal. Dr., Rabbiner . 1901 Freymuth, Dr., Sanitätsrath, Oberarzt . 1876 Fricke, Dr.. Director des Realgymnasiums zu St. Johanu . 1898 Aufgen. im Jahre Friedländer, Dr., Sanitätsrath .... 1883 Fuchs, Gustav, Buchdruckereibesitzer . . 1898 Gaebler, Fabrikbesitzer . 1892 Gartenbauverein . 1890 Gehrke, W., Maurermeister . 1882 Gehrke, Dr., Arzt . 1895 Gieldzihski, Kaufmann . 1875 Ginsberg, Dr., Arzt . . 1890 Gläser . Dr., Arzt . 1894 Glaser, Dr., Sanitätsrath . 1859 Goebel, Regierungs- und Gewerberath . . 1901 Goetz, Dr., Arzt . 1882 Goldhaber, Dr., Arzt . 1900 Goldschmidt, Dr., Arzt . 1892 Grentzenberg, Dr., Oberlehrer in Langfuhr 1900 Jiaase, Dr., Kreisarzt . 1901 Hagele, Dr., Chemiker . 1899 Hamann, Optiker . 1901 Han ff, Dr., Arzt . 1874 Hardtmann, Kaufmann . 1900 Hasse, Franz, Kaufmann . 1877 v. Hedemann, Regierungs- Assessor . . . 1902 Hein, Stadtrath . 1901 Helmbold, Dr , Arzt . 1897 Hesekiel, Landgerichtsrath . 1874 Hess, Oberlehrer . 1891 Hevelke, Heinrich, Kaufmann ..... 1900 Hildebrand, Medicinal-Assessor .... 1883 Hillger, Prof., Oberlehrer . 1902 Hobein, Dr., Oberstabsarzt . 1897 Hoepffner, Dr. Generalarzt a. D . 1890 Hohnfeldt, Dr., Arzt in Langfuhr . . . 1898 Holmberg, Kaufmann . 1901 Holtz, J ., Rentner . 1871 Holz, Director der König!. Navigationsschule 1901 Hopp, Dr.. Arzt . 1899 Horn , Buchhändler . 1901 Ibarth, Oberlehrer . . 1896 Jelski, Dr., Arzt . 1892 Jork, Landesrath . . 1901 Iiabus, Rentner . 1892 Kafemann, Otto, Buchdruckereibesitzer . 1886 Kauffmann, E., Landgerichtsrath .... 1899 Kayser, Dr., Astronom . 1859 Keil, Dr., Assistenzarzt . 1902 Keil, Oberlehrer . 1885 Kickhefel, l)r., Arzt . 1899 LXXX Aufgen. im Jahre Kist, Rentner . 1891 Klciwitter, Willy, Kaufmann . 1897 Klett, Dr., in Langfuhr . 1901 Klingbeil, Oberlehrer . 1891 Knock, Prof., Oberlehrer in Langfuhr . . 1880 König, Dr., Regierungs- und Forstrath . 1899 Köstlin, Dr., Director der Provinzial-Heb- ammen-Lehr- Anstalt . 1898 Kohtz , Dr., Arzt . 1881 Korella, Dr., Oberlehrer . 1890 Kornstaedt, Apothekenbesitzer . 1884 Kosmack, Stadtrath . 1882 Kossel, Kaufmann . 1901 Kowalleck, Prof., Oberlehrer . 1902 Kretsclmann, Dr., Director des Königl. Gymnasiums . 1884 Kruse, Landesrath . 1899 Kulimann, Baumeister, Kgl. Bangewerks- pchullehrer a. D., in Langfuhr . . 19ül Kumm, Dr., Kustos am Westpr. Provinzial- Museum . . 1892 Kunath, Director der städtischen Gas- und Wasserwerke . 1881 Laasner, Uhrmacher . 1877 Lakowitz, Dr., Oberlehrer . 1885 Lange, P., Oberlehrer . 1892 Lautz, Dr., Regierungsrath . 1900 Lehmann, Eisenbahnsekretär ..... 1896 v. Leibitz, Major a. D., in Langfuhr . . 1892 v. Lengerken, Dr., Oberlehrer . 1902 Lewy, J., Dr., Arzt . 1887 Lierau, Dr., Oberlehrer . . 1888 Lietzau, Herrmann , Apothekenbesitzer . 1879 Lietzau, Victor, Optiker . 1896 Lietzau, Willy, Kaufmann . 1901 Lievin, Heinrich, Dr., Arzt . 1881 Loevinsohn, Martin, Kaufmann . . . .-1891 Lukat, Oberlehrer . 1901 Magnussen, Dr., Arzt . 1896 Mannharclt, Prediger . 1894 Marx , Oonsul, Generaldirector .... 1898 Mau, Regierungs- und Baurath .... 1901 Meyer, Albert, Consul . 1878 Meyer, Eugen, Apotheker in Langfuhr . . 1896 Meyer, Hermann, Dr., Arzt . 1902 Meyer, Semi, Dr., Arzt . 1901 Mix, Commerzienrath . 1865 Möller, Paul, Dr., Arzt . 1899 Momber, Prof., Oberlehrer . 1867 Aufgen. im Jahre Münsterberg , Otto, Commerzienrath . . .1877 Muscate, Commerzienrath . 1894 Nass, C., Oberlehrer . 1894 Neumann, Dr., Generaloberarzt .... 1901 Neumann, Dr., Director der Victoriaschule 1896 Oehlschläger, Amtsgerichtsrath .... 1901 Oehlschläger, Dr., Arzt . 1867 Oetting, Staatsanwaltschaftsrath .... 1897 Otto, Baumeister in Langfuhr . 1872 Otto, Robert, Consul . 1879 v. Palubicki, Major a. D . 1876 Penner, W., Stadtrath . 1872 Penner, Dr., Arzt . 1884 Pertus, Ingenieur . 1902 Petruschky, Dr., Vorsteher des Bakteriolo¬ gischen Instituts . 1897 Petschow, Dr., Chemiker . 1892 Philipp, Dr., Arzt . 1898 Pincus, Dr., Arzt . 1883 Plagemann, Landrichter . 1901 Preusse, Departements-Thierarzt und Vete¬ rinär-Assessor . . 1890 Puttkammer, Franz, Kaufmann .... 1887 Putzier, Dr., Arzt . 1894 Sehbein, Apothekenbesitzer . 1896 Reichenberg, Robert , Kaufmann . . . 1896 Reimann, Dr., Arzt . 1894 Reimann, Rechtsanwalt . 1901 Reinke, Dr., Arzt . 1891 Rickert, H., Landesdirector a. D.. Mitglied des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten . 1869 v. Riesen, E., Rentner in Langfuhr . . . 1896 Rocks, Dr., Generalarzt . 1901 Rodenacker, Ed., Stadtrath . 1873 Rodenacker, Th., Rheder . 1896 Rosenstein, Dr . 1895 Runde, Eugen, Kaufmann . 1900 Saage, Geh. Justizrath . 1880 Salzmann, Carl, Kaufmann . 1875 Sander, Georg, Redacteur . 1900 Sauer, Julius, Lithograph . . 1872 Schaffer, Kaufmann . 1885 Schar ff enorth, Dr., Arzt . 1889 Scheeffer, Prof., Oberlehrer . 1878 Scheller, Apothekenbesitzer . 1882 Schiücker, Kaufmann in Langfuhr . . . 1886 LXXXJ Aufgen. im Jahre Schlüter, Prof., Oberlehrer . 1879 Schmechel, Landschafts- Secretär .... 1868 SchmÖger, Dr., Prof., Vorstand der Versuchs¬ station der Westpreuß. Landwirth- schaftskammer . 1900 Schoenberg, Kaufmann . 1874 Schopf, Pr., Kaufmann . 1901 Schrey, Regierungsrath, Director der Waggonfabrik . 1898 Schroeter, Paul, Dr., Arzt . 1890 Schütte, Ingenieur . 1899 Schultz, Dr., Arzt. . 1896 Schumann, E., Prof., Oberlehrer .... 1868 Schustekrus, E., Dr., Arzt . 1892 Schwär zenberg er, Major a. D. . 1900 Seligo, Dr., Geschäftsführer des Westpreußi¬ schen Fischerei- Vereins .... 1898 Semon, Max, Dr., Arzt . 1893 Siede, Carl, Ingenieur . 1898 Simon, Dr., Arzt . 1879 Solmsen, Dr., Arzt . 1899 Sonntag, Dr., Oberlehrer in Langfuhr . . 1902 Spendlin, Oberlehrer . 1898 Staberow, Victor, Apotheker . 1893 Staeck, Ad , Gutsbesitzer in Leegstrieß . 1883 Stangenberg, Dr., Arzt . 1899 Steffens, Hauptmann a. D . 1901 Steffens, Otto, Kaufmann . 1877 Steinbrecher , Oberlehrer . 1901 Steinicke, Ingenieur . 1896 Stentzier, Oberlehrer . 1900 1). AU! Aufgen. im Jahre Abegg, Dr., Kgl. Commerz- u. Admiralitäts¬ rath a. D., Bankdirector in Berlin W., Thiergartenstrasse 17 A . . . 1893 A/brecht, Dr., Ober-Reg.-Rath in Bromberg 1888 Alterthumsgesellschaft in Elbing .... 1884 Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz 1872 Bibliothek, Königliche, in Berlin .... 1882 Bindemann, Bauinspector in Charlottenburg, Goethestraße 83 . 1889 Bockwoldt, Dr., Prof. Oberlehrer in Neu¬ stadt Westpr . 1882 Böhm, Commerzieni ath, in Zoppot . . . 1865 Böhm, Joh ., Dr., Kustos der Sammlungen an der Kgl. Geologischen Landesanstalt in Berlin N., Invalidenstraße 44 . 1884 Borchardt, W., Apothekenbesitzer in Bereut Westpr . 1878 Aufgon. im Jahre Stoddart, Francis, Commerzienrath, Stadtrath 1877 Störmer, Albert, Kaufmann . 1898 Suhr, P., Director der Ober-Realschule . 1890 Szpitter, Dr., Arzt . „ 1900 Thomas, Oust., Vorsteher der landschaft¬ lichen Darlehnskasse . 1893 Tornwaldt, Dr., Sanitätsratb, Arzt . . . 1870 Trampe, Bürgermeister . 1898 Treitel, Gerichtsrath . 1901 Unruh, Kaufmann . 1896 Talentini, Dr., Prof., Oberarzt .... 1899 JVachsmann, Oberingenieur . 1899 Wallenberg, Abrah ., Dr., Sanitätsrath, Arzt 1865 Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt . 1887 Wallenberg, Th., Dr., Arzt . 1897 Wanfried, Commerzienrath . 1892 Wedding, W., Rentner in Langfuhr . . 1897 Weiss, Rechtsanwalt . 1890 Wessel, Polizei-Präsident . 1894 Westpr eussischer Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure . 1890 Wilberg, Dr., Oberstabsarzt . 1901 Willers, Dr., Regierungsrath . 1892 Wittich, Regierungsrath . 1902 Wittkowski, Reichsbank-Director .... 1899 Wolff, August, Kaufmann . 1875 Ziegetihagen, Kaufmann . 1875 Zimmermann, Aug ., Ingenieur .... 1883 Aufgen. im Jahre Bremer, Emil, Dr., Kreisarzt in Berent Westpr . 1886 Domnick, Ferd., Rentner in Kunzendorf, Kreis Marienburg Westpr. . . . 1885 Ehlers, Buchdruckereibesitzer in Karthaus 1896 Fürst, Dr., Arzt in Heubude bei Danzig 1901 Gräbner, P., Dr., Assistent am Kgl. Botani¬ schen Garten in Berlin W., Grune- waldstraße 4 — 6 . 1894 v. Grass, Präsident des Westpreußischen Provinzial-Laudtags, Rittergutsbesitzer auf Klanin bei Starsin Westpr. . 1873 Grott, Director der Realschule in Graudenz 1885 Gymnasium, Königliches, in Marienburg . 1900 6 LXXXII Aufgcn. im Jahre Gymnasium, Königliches, in Neustadt Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Gtaudenz . - 1900 Gymnasium, Königliches, in Strasburg Wpr. 1900 Gymnasium, Königliches, in Pr. Stargard . 1900 Hartingh, Rittergutspächter in Bielawken bei Pelplin . . 1879 Heil, Königl. Wasserbaurath in Kulm . . 1900 Heinrichs, Dr., Arzt in Murraysburg, Capland 1897 Hennig, Dr., Arzt in Ohra . 1887 Hennig, Dr., Prof., Oberlehrer iu Marienburg 1901 Henrici, Dr., Referendar in Berlin W. Köthenerstraße 17 . 1901 v. Heyden, Dr., Major z. D., in Bockon- heim bei Frankfurt a. M. . . . . 1867 Hilbert, Dr., Arzt in Sensburg Opr. . . 1899 Hinkelmann, Lehrer in Wonno bei Schwarze¬ nau Wpr . 1899 Hohnfeldt, Dr., Oberlehrer in Marienwerder 1884 lloyer, M., Director der landwirtschaftlich. Winterschule in Demmin (Pomm.) 1892 Hüge, Apothekenbesitzer in Berlin N. Augustastraße 60 1895 Kämpfe, Dr. , Kreisarzt in Karthaus Westpr . 1895 Kaufmann, Walter, Directions-Mitglied des Norddeutschen Lloyd in Bremen 1869 Klebs, R., Dr., Prof., Landesgeologe in Königsberg Ostpr . 1892 Kr eis- Aiisschuss in Strasburg Westpr. . . 1874 Kresin, Dr., Arzt in Zoppot .... 1885 Kressmann, Arthur, Consul a. D. in Groß Lichterfelde bei Berlin .... 1880 Kroemer, Dr., Medicinalralh, Director der Provinzial -Irrenanstalt inKonradstein bei Pr. Stargard . 1884 Lampe, Dr., Prof., Oberlehrer a. D. in Zoppot . 1859 Landwirthschaftliche Schule zu Marienburg 1885 Linck, Rittergutsbesitzer auf Stenzlau, Kr. Dirschau . 1879 Lecks, Lehrer in K iiehenwerder bei Brunau 1901 Mac Lean Lochlan, Rittergutsbesitzer auf Roschau, Kr. Dirschau . 1879 Märcker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei Warlubien, Kreis Schwetz . . . 1877 Marschalk, Kaiserl. Maschinenmeister in Neufahrwasse . 1874 Aufgcn. im Jahre Meschede, Dr., Professor, Director der Stadt. Krankenanstalt und der Psychiatri¬ schen Universitätsklinik in Königs¬ berg . 1872 Moeller, Dr., Sanitätsrath, Kreisarzt in Czarnikau Ostpr . 1879 Marwitz, Jos., Kaufmann in Philadelphia, 614. Chesterroad U. S. A. . . . 1871 Morwitz , Mart., Kaufmann in Halensee, Kurfürstendamm 132 a . 1873 Hagel, Dr., Prof., Director des Realgym¬ nasiums in Elbing . 1867 Nast, Oberstleutnant z. D., in Oliva bei Danzig . 1901 Naturwissenschaftlicher Verein in Bromberg 1881 Oberbergamt, Königl., in Breslau . . . 1890 Halm, Kreisschulinspector in Karthaus Westpr . 1901 Peters, Rentner in Zoppot . 1880 Plehn, Landschaftsdirector, Rittergutsbesitz. aufKrastudenb.Nikolaiken,Kr.Stuhm 1878 Poppo, Dr., Sanitätsrath, in Marienwerder. 1886 Praetorius, Dr., Prof., Oberlehrer in Graudenz 1878 Progymnasium, Kgl., in Loebau .... 1900 Progymnasium in Neumark . 1897 Progymnasium, Kgl., in Pr. Friedland . . 1900 Llabbas, Dr., Director der Provinzial-Irren- Anstalt in Neustadt Westpr. . . 1895 Realprogymnasium in Riesenburg Westpr. 1884 Realschule, Kgl., in Kulm . 1900 Realschule, Kgl., iu Dirschau . 1900 Rehberg, Oberlehrer in Marienwerder . . 1890 Reinicke, Kapitän, Hilfsarbeiter an der Kais. Deutschen Seewarte in Ham¬ burg . 1899 Roepell, Kammergerichts-Senatspräsident in Berlin SW., Tempelhofer Ufer 31 . 1889 v.Rümcktr, Rittergutsbesitzer a. Kokoschken 1880 Ruttke, Alfred, Generalagent des Nordstern, Halle a. S . 1892 Schahnasjahn, Gutsbesitzer in Altdorf bei Danzig . 1882 Schimanski, Dr., Sanitätsrath in Stuhm . 1886 Schmidt, August, Dr., Professor, Oberlehrer in Lauenburg in Pommern . . . 1879 Schnaase, Oberlehrer in Pr. Stargard . . 1883 Schnibbe, Kunstgärtner in Schellnnihl . . 1883 LXXXIII Aufgen. im Jahre Scholz, Oberlandesgerichts - Sekretär in Marienwerder . 1897 Schubart, Dr., Prof., in Zoppot .... 186G Schultz, Dr., Wirkl. Geh. Ober-Regierungs- rath, Regierungs-Präsident a. D. in Hannover, Arnswaldstraße 5 . . 1879 v. Sierakowski, Graf, Dr., Kgl. Kammerherr, Rittergutsbes. in Waplitz, Kr. Stukm 1890 Solger, Dr., Professor an der Universität in Greifswald . 1898 Aufgen. im Jahre Speiser, Dr., Arzt in Bischofsberg Ostpr. 1901 Stadtbihliothek in Königsberg Opr. . . . 1899 Vereinigung der Altpreussen in Leipzig . 1901 Wagner, Dr., Arzt in Zoppot .... 1890 Wocke, Kgl. Gaiten-Inspector in Oliva . . 1900 Zehr, Photograph in Elbing ..... 1896 Zynda, Lehrer in Stuhm . 1888 B. Mitglieder der Anthropologischen Section. Soweit nicht anders bemerk Anger, Dr., Gymnasial-Director in Graudenz. Bail, Dr., Professor. Borntraeger, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Conwentz, Dr., Prof., Director des Westpreußi¬ schen Provinzial-Museums. Damme, Paul, Dr., Kaufmann. Dommasch, Rendant. Friedländer, Dr., Sanitätsrath. Qehrke, Dr., Arzt. Ooldfarb, Fabrikbesitzer in Pr. Stargard. v. Grass, Rittergutsbesitzer auf Klanin, Kr. Putzig. Hanjf, Dr., Arzt. v. Haustein, Provinzial-Secretär. lloltz, J., Rentner. Hoyer, Director der Landwirthschaftsschule in Demmin in Pommern. Jelski, Dr., Arzt. Kafemann, Buchdruckereibesitzer. Kaufmann, Walter , Directions- Mitglied des Nord¬ deutschen Lloyd in Bremen. Kayser,' Dr., Astronom. Kurnstaedt, Apothekenbesitzer. Kumm, Dr., Kustos am Westpreußischen Pro¬ vinzial- Museum. t, ist der Wohnsitz Danzig. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lemke, E., Fräulein, in Oschekau bei Gilgen¬ burg Ostpr. Lissauer, Dr., Sanitätsratli, in Berlin W., Ltitzow- straße 20. Märker, Rittergutsbesitzer auf Rohlau bei War- lubien, Kr. Schwetz. Meyer, Oonsul. Mornber, Prof., Oberlehrer. Nauck, Rector a D., in Schlochau. Oehlschläger, Dr., Arzt. Otto, Baumeister in Langfuhr. Rickert, Landesdirector a. D., in Zoppot. Sander, Redacteur. Schmechel, Landschafts-Secretär. Schwandt, Prediger in Gr. Lossburg, Kr.Flatow. Semon, Dr., Sanitätsrath. Semon jun., Dr., Arzt. Simon, Dr., Arzt. Steinwender, Prof., Oberlehrer. Stryowski, Professor. Tornwalclt, Dr., Sanitätsrath. Wallenberg, Dr., Sanitätsrath. Wessel, Polizei-Präsident. Witt, Geometer. C. Mitglieder der Section für Physik und Chemie. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Bail, Th., Dr., Professor. Bertling, A., Buchhändler. Dahms, Dr., Oberlehrer. Dommasch, F., Rendant. Eller, Dr. Evers, H., Prof., Oberlehrer. Fricke, Dr., Realgymnasial-Direetor. Göbel, Regierungs- und Gewerberath. Hess, Oberlehrer. 6* LXXXIV Iloltz , John , Kaufmann. Ka.yser, E., Dr., Astronom. Keil, P., Oberlehrer. Klingheil, Oberlehrer. Lakowitz, Dr., Oberlehrer. Lampe , II., Dr., Prof., in Zoppot. Lange, P., Oberlehrer. Lietzau, V., Optiker. Marschalk, C., Kaiserlicher Maschinenmeister in Neufahrwasser. Meyer , E., Apotheker. Momber, A., Prof., Oberlehrer. Nass, Oberlehrer. Neumann, Dr., Director der Victoriaschule. Scheeffer, E., Prof., Oberlehrer. Schlüter, Prof., Oberlehrer. Schmöger, Dr., Prof., Leiter der landwirthschaft liehen Versuchsstation. Schumann, E., Prof., Oberlehrer. Steinike, Ingenieur. Sulir, P., Realschul-Director. Wedding, W., Rentner. Zimmermann, Aug., Ingenieur. D. Mitglieder der Medicinischen Section. Dr. Hanff. Dr. Abraham. „ Althaus. „ Barth, Prof., Medic.-Rath. ,, Behrendt. „ Bereut. „ Boecker. ,, Bönheim. „ v. Bönigk. „ Böther. „ Boretius, Generalarzt a. D. ,, Bornträger, Reg.- u. Med.-Rath. „ Briesewitz . „ Cohn. ,, Dreyling. „ Effler. „ Farne. „ Fast. ,, Fethke. „ Feyerabend. „ Fischer I, Oberarzt. ,, Fleck. „ Franke. ,, Freitag, Sanitätsrath. „ Freymutli, Oberarzt, Sanitätsrath. „ Friedländer, Sanitätsrath. ,, Fuerst. ,, Oehrke I. ,, Gehrke II. „ Ginsberg. „ Glaeser. „ Goetz. „ Goldschmidt. „ Haase, Kreisarzt. „ Hartmann. ,, Helmbold. „ Hennig. „ Hobein, Oberstabsarzt. ,, Hoepjfner, Generalarzt a. D. ,, Hohnfeldt. „ Hopp. ,, Jelski . „ Karpinski. ,, Katlike. ,, Ketz. ,, Kickhefel. „ KÖstlin, Director der Provinzial-Hebammeu Lehranstalt. „ Kohtz. „ Kraft. ,, Kubacz. „ Lewy. ,, hierin. „ Litewski. „ Lohse. ,, Magnussen. ,, Masurke. „ Meyer. „ Semi Meyer. „ Michelsen. ,, Mierendorff. „ Möller. „ Neumann , General-Oberarzt. ,, Neumann. „ Oehlschläger. , Ortmann. LXXXV l)r. Pan eckt. ,, Penner. „ Petruschky. ,, Philipp. „ Pincus. „ Pusch. ,, Put zier. ., Radefehlt. „ Redtner. ,, Reimann. ,, Reinke. ,, Rochs, Generalarzt. Rodenacker . ,, Rudolph. „ Sulinger. ,, Scharf enorth. ,, Schoffer, Oberstabsarzt. ,, Schomburg. „ Schourp. ,, Schröter. ,, Schulz I. „ Schulz 11. ,, Schulz III. „ Schustehrus. „ Semon, Sanitätsrath. ,, Semon jun. „ Semrau. Sanitätsrath. Dr. Siegmund. ,, Sit non. ,, Singer. ., Soltnsen. ,, Stangenberg. ,, Stanowski. ,, Swieczewski. „ Szpitter. „ Szubert. „ 7%««. ,, Tornwaldt, Sanitätsrath. ,, Valentini, Prot., Oberarzt. ,, Vorderbruegge. .. Wagner. „ Wallenberg I., Sanitätsrath. „ Wallenberg II. „ Wallenberg III. ,, Wegeli. ,, Wiedemann, Sanitätsrath. ,, Wilberg, Oberstabsarzt. ,, Wisselinck. „ TP0//. ,, Hortes. „ Wybicki. ,, Ziem. ,, Zilla. Züsch. E. Mitglieder der Section für Gesundheitspflege. Soweit nicht anders bemerkt, ist der Wohnsitz Danzig. Dr., Professor, Medicinalrath. Dr., Arzt. Blasche, Polizeirath. Bleich, Corpsroßarzt. Bornträqer, Dr., Regierungs- und Medicinalrath. Bremer, Dr., Kreisarzt in Berent. Buchholtz, Redacteur. Damus, Dr., Stadtschulrath. Döring, Navigationslehrer. Eller, Dr., Ingenieur. Eschricht, Dr., Kreisarzt. Fahl, Regierungs- und Bauratb. Farne, Dr., Arzt. Flater, Amtsgerichtsrath. Freitag, I)r., San.-Ratb, Arzt. Freymuth, Dr., Sanitätsrath. Friedländer , I)r., Sanitätsrath. Frömmelt, Apothekenbesitzer in Zoppot. Fuchs, Buchdruckereibesitzer. Gehrke, Dr., Arzt. Giesebrecht, Kaufmann. ; Gläser, Dr, , Arzt. v. Gossler, Ober-Präsident. | Haase, Dr,, Kreisarzt. Herrmann, Dr., Kreisarzt in Dirschau. Ilildebrand, Medicinal- Assessor. Hobein, Dr., Oberstabsarzt. Jelski, Dr., Arzt. Kämpfe , Dr., Kreisarzt in Karthaus Wpr Knochenhauer, Apothekenbesitzer. Krause, Anstaltsdirector in Tempelburg, Kutzky, Dr., Arzt in Neustadt Wpr. Lauer, Dr., Kreiswundarzt in Schöneck. Lautz, Dr., Regierungsrath. Lehmbeck, Baurath. Neumann, Dr., Director. Nickel, Dr., Chemiker. LXXXVI Petruschky, Dr., Vorsteher des Bacteriologischen Instituts. Preusse, Veterinär- Assessor. Rehbein, Apothekenbesitzer. Reimann, Dr., Arzt. Rousselle, Rentner. Sander, Redacteur. Scheller, Apothekenbesitzer. Schieferdecker, Director des städtischen Schlacht- und Viehhofs. Schräder, Chemiker in Neufahrwasser. Scliwonder, Rentner. Semon, I)r., Sanitätsratb. Semon, Dr., Arzt. Toop, Stadtrath. Tornwaldt, Dr., Sanitätsrath. Valentini, Dr., Prof., Oberarzt. Wallenberg, Adolf, Dr., Arzt. Wiedemann, Dr., Sanitätsrath, Arzt in Praust. Wilberg, Dr., Oberstabsarzt. . Wo! ff, Dr., Arzt. F. Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft. Für das Jahr 1902 sind gewählt worden als: Director: Professor Momber. Vicedirector : Sanitätsrath Dr. Tornwaldt. Secretär für innere Angelegenheiten: Sanitätsrath Dr. Semon. Secretär für äußere Angelegenheiten: Professor Dr. Conwentz. Schatzmeister: Commerzienrath Otto Münsterberg. Bibliothekar: Oberlehrer Dr. Lakowitz (zugleich Ordner der Vorträge). Hausinspektor: Ingenieur August Zimmermann. Beisitzer: Professor Evers. Beisitzer: Astronom Dr. Kayser. Beisitzer: Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Anthropologischen Section ist Dr. Oehlschläger. Vorsitzender der Section für Physik und Chemie ist Professor Evers. Vorsitzender der Medicinischen Section ist Sanitätsrath Dr. Tornwaldt. Vorsitzender des Westpreußischen Fischerei-Vereins ist Regierungsrath Busenitz. Vorsitzender der Section für Gesundheitspflege ist Regierungs- und Medicinalrath Dr. Bornträger „ Zwei Reiseberichte GUSTAV RADDE’S aus der Krimm vom Mai und November 1852. JVlitte Januar d. J. sind 50 Jahre verflossen, seitdem unser verehrtes Ehrenmitglied Dr. v. Rad de seine Vaterstadt verlassen, um fremde Länder als Naturforscher zu durchwandern. In dem Archiv der Naturforschenden Gesellschaft befinden sich zwei umfangreiche Reiseberichte, die er aus der Krimm an die Gesellschaft sandte. Trotzdem seit ihrer Abfassung 50 Jahre vergangen sind, dürfte es sich doch empfehlen, diese Berichte des jungen Naturforschers aus ihrem Versteck hervorzuholen und der Oeffentlichkeit zu übergeben. Wir glauben, daß wir hiermit nicht nur der Wissenschaft einen Dienst leisten, sondern auch den zahlreichen Freunden und Verehrern Radde’s, deren warme Theilnahme und Anhänglichkeit sich vor kurzem wieder bei Gelegenheit seines 70jährigen Geburtstages gezeigt hat, eine besondere Freude zu bereiten. Dem treuen Freunde aber seien diese Berichte als ein Zeichen der Ver¬ ehrung von der Naturforschenden Gesellschaft, die stets auf ihr langjähriges Mitglied stolz sein wird, mit herzlichem Gruße übersandt. I I. Simferopol, den 1. Mai 18. April 1852. . Nachdem ich mich nunmehr bereits zwei Monate an dem einstweiligen Ziele meiner Reise befinde und in dieser Zeit einigermaßen das Terrain in meiner nächsten Nähe und dessen naturwissenschaftliche Schätze im Frühjahr kennen gelernt habe, erlaube ich mir einer Wohllöblichen Naturforschenden Ge¬ sellschaft einen kurzen Bericht, sowohl über meine Hinreise ins südliche Rußland, als auch über das, was ich seit meinem Aufenthalt bis jetzt sammelte, zu erstatten. Ein Blick auf die beifolgende Tabelle1), welche meteorologische Beobach¬ tungen, die bei Simferopol gemacht wurden, enthält, wird Sie in Stand setzen,, sicli einen ungefähren Begriff von dem Zustande der Atmosphäre zu machen, 0 Diese Tabelle ist ebenso wie die weiter unten erwähnten Verzeichnisse der vom Ver¬ fasser gesammelten 'Filiere und Pflanzen hier nicht abgedruckt, da sie zum Verständniß der beiden hier vorliegenden Berichte nicht unbedingt erforderlich sind. (Anmerkung der Redaction.) i 2 wie sie in diesem Frühjahr hier ist, und Sie werden hieraus zugleich ersehen, daß ich mitten im Winter hier anlangte; wenigstens einen Monat zu früh meine Heimat verließ. Bei meinem achttägigen Aufenthalt in Berlin erfreute ich mich eines besonderen Wohlwollens der Herren Geheimräthe Lichtenstein und Klug; mußte jedoch, nachdem ich manchen theuren Rath und mannigfache Auf¬ munterungen erhalten, meine Reiseroute anders nehmen, als ich in Danzig beschlossen hatte; nämlich anstatt über Wien und Gallatz nach Odessa durch Galizien und Bessarabien reisen, da ich leider erfuhr, daß zur Winterszeit die Donau, obgleich gegenwärtig nicht zugefroren, und auch das Schwarze Meer nicht befahren werden. In Breslau besuchte ich Herrn Professor von Siebold und zeige zugleich seinen naturwissenschaftlichen Freunden in Danzig an, daß er in diesem Sommer seinen früheren Aufenthaltsort einige Zeit besuchen wird. Erfreut über seine Aufträge, die er mir zum Theil fürs Museum der Universität, zum Theil für sich gab, und von Neuem über dies und jenes belehrt, bestieg ich Sonntag, den 25. Januar, die Eisenbahn und erreichte am 26. Krakau. Da hatten aber die Freuden auf eine gute Zeit ein Ende. — Vorn 26, bis 31. fuhr ich Tag und Nacht durch das hauptsächlich von schmutzigen Juden be¬ wohnte Galizien, passirte in dieser Zeit Lemberg und Czernowicz und ging am 1. Februar bei Novoscelia über die Grenze ins jetzt sehr winterliche Rußland. Den 2. trat ich im russischen Kibitka, einer Art halbgedeckter Wagen, wie man sie in Danzig oft bei polnischen Juden sieht, meine weitere Reise durch Bess¬ arabien an, mich einzig auf die Ehrlichkeit meines jüdischen Fuhrmanns und auf ein Paar russische Worte verlassend, die ich zu sprechen verstand. Es herrschte hier in der traurigen Einöde ein strenger Winter. Da mir Meßinstrumente fehlten, die Kälte- Grade zu erfahren, so kann ich nur einen Versuch mit¬ theilen, den ich am 4. Februar Abends anstellte, um einigermaßen zu wissen, wie kalt es sei. Drei Fuß hoch von der Erde goß ich Wasser in einem dünnen Strahl auf dieselbe, und es kam als Eis zu Boden. Mein Weg führte mich unaufhörlich durch unabsehbare Steppen, auf denen oft meilenweit die Flora des vorjährigen Sommers dürre dastand; die Gräser hatten gewöhnlich eine Höhe von 4' und darüber erreicht, an den Wegen fand ich stets im nördlichen Bessarabien in großer Menge Xanthium spinosum, im südlichen Theile wurde es seltener, hingegen finde ich es hier sehr oft. Das einzig Belebende für diese Gegenden im Winter sind große Heerden von Trappen und gesellig lebenden Lerchen-Arten, von denen ich deutlich Melanocorypha calandra und Plnleremos alpestris unterscheiden konnte. Ab und zu sieht man die Steppen- Weihe ( Circus pygargus, cyaneus Pall.) niedrig über den Boden fliegen, und Nachts bemerkt man oft Stria brachyotus auf den Werstzeichen. Selten nur schleicht ein Fuchs, den Leib auf die Erde drückend, über die Felder, und noch seltener sieht man eine Heerde der kleinen Steppenwölfe. Kischenew wurde erreicht, dann Benderi und später der Dnjestr passirt. Wir langten Freitag, den 6. an dem Ufer dieses mächtigen Flusses an, und ich mußte mich o 3 in den Willen meines Fuhrmanns, eines strenggläubigen Hebräers, fügen, hier den Sonnabend zu bleiben. leb benutzte die Zeit zum Jagen in der Steppe, aber es zeigten sich neue Schwierigkeiten; das russische Pulver ist für die Piston-Gewehre nicht gemacht, weder polirt noch auch nur fein gekörnt. Ich mußte daher Abends meinen Pulvervorrath zerreiben und begab mich erst am folgenden Morgen in das Geröhr, welches zu jeder Seite des Flusses oft eine Werst weit ins Land hinein wächst. Dieses Rohr erreicht eine Höhe von 8 — 10' und nimmt besonders große, unabsehbare Flächen an den so¬ genannten Limans, den Ausflüssen der Ströme ins Meer, ein; es ist so dicht gewachsen und dabei so kräftig im Halm, daß man ohne Beil oder Sichel nicht hindurch kommen kann. Die Tataren sowohl als auch die Russen holen es Winters als hauptsächlichstes Heizmaterial und bringen es in kleinen Fuhren auf die Märkte aller südrussischen Städte. Nur da, wo es in so un¬ geheurer Menge wächst, daß es trotz des großen Bedürfnisses nicht consumirt werden kann, zündet man große Flächen, die zuvor umgraben wurden, an und macht so den Boden für den nächsten Sommer nur noch um so frucht¬ barer. Ich sah einen solchen Brand am Dnjepr unweit Cherson. Auf meiner Jagd, die ich am Dnjestr machte, schoß ich eine Bartmeise ( Calci - mophilus biarmicus ), welche Species, wie ich jetzt gesehen, in Nordmann’s Ver¬ zeichniß der Vögel Odessa’s und Bessarabien’s nicht aufgeführt wurde, und die, wie ich weiß, in Holland vorkommt. Trotz meiner Mühe, die ich Nachmittags darauf verwandte, noch einige Exemplare zu erhalten, gelang es mir nicht, das Geschossene in diesem undurchdringlichen Dickicht aufzuflnden. Gegen Abend schwärmen hier Millionen der Fringilla montana , ungefähr eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang, und machen dabei während ihres Fluges ein unangenehmes lautes Geschrei. Die Nacht über bleiben sie hier im Rohr, woselbst ihre Nester in Unzahl vorhanden waren. Am nächsten Tage ging es weiter, ich passirte bald darauf Tiraspol, die Monotonie der Steppe blieb dieselbe. Alle 60 Werst (9 Meilen deutsch) findet man, wenn man sonst den Weg nicht verfehlt, was leider bei ver- schneeten Wegen in dieser endlosen Ebene nur zu leicht geschieht, ein kleines russisches Dorf oder einen am Wege liegenden Gasthof, in dem man aber weiter nichts, als die harte Erde zum schlafen, einen Heering zu essen und einen Wotky (Schnaps) zu trinken erhält; wofür man gewöhnlich, da man gezwungen ist zu übernachten, einen halben Rubel Silber zu zahlen hat. Daß unter solchen Verhältnissen mein Muth mehr und mehr schwand, glaube ich nicht noch be¬ sonders bemerken zu dürfen; allenfalls hält man es 4 — 5 Tage in den Steppen stillschweigend aus und sucht sich in dem Wenigen, was man hier überhaupt außer Himmel und platter Erde sieht, Einiges zur Zerstreuung und Unter¬ haltung hervor; aber ich blieb fast vierzehn Tage unterwegs und langte dann recht mißgestimmt und mit meinen Mitteln auf Null reducirt in Odessa an. Nach einem ersten Besuche, den ich meines Wechsels wegen dem Herrn Banquier Ephrussi machte, an den ich durch die Gebrüder Meyer in Berlin 3 V 4 - . gewiesen war, erhielt ich einige Einladungen zu Herrn Consul Triton und Professor Jacoby, die, erfreut über meine Absichten, gerne über meine weitere Reise Rücksprache nahmen. Leider erfuhr ich auch durch sie, daß zu dieser Jahres¬ zeit weder Handelsschiffe noch Kronsdampfbote an die Krimmsche Küste fahren, und sah mich daher genöthigt, eine der hier üblichen tatarischen Fuhren zu miethen (Furgon genannt), um über Cherson meine Reise nach Simferopol fortzusetzen. Am 16. Februar durfte ich, nachdem ich an der Tamoshne (Zollamt, da Odessa damals einen zur Hälfte freien Hafen hatte) genau revidirt worden, Odessa verlassen. Von hier fährt man eine Strecke von circa 70 Werst ziemlich nahe dem Meere, dann wendet man nordöstlich, um auf dem nächsten Wege Nikolajew zu erreichen, woselbst ich nach drei Tagen anlangte. Der Rüg, der sich 60 Werst südlich dieser Stadt ins Meer ergießt, hat hier eine an¬ sehnliche Breite erreicht. Wir brauchten mit den freilich sehr plumpen Fahr¬ zeugen, deren sich hier die Russen zum Uebersetzen bedienen, drei Stunden und kehrten erst Abends 10 Uhr, da die Revision unserer Gepäcke wiederum 2 Stunden in Anspruch genommen hatte, bei einem Karaiten ein. Am nächsten Mittage ging es weiter durch die unabsehbare Steppe. Freitags den 20. Februar erreichte ich Cherson, eine, wie alle südrussischen Städte, sehr weit¬ läufig gebaute Stadt, und mußte dort bis Montag verweilen, da der Besitzer einer andern Fuhre, die ich hier miethete, noch mehr Passagiere suchte. Montag fuhr ich weiter, und da bei Cherson, der Macht des Wassers wegen, der Dniepr nicht zu passiren war, so mußten wir 70 Werst nordöstlich fahren, um uns bei Berislaw übersetzen zu lassen. Ich brauchte für diese 10 Meilen, des er- weichten, fast unfahrbaren Steppenweges und eines aus NO tobenden fürchter¬ lichen Sturmes wegen, zwei Tage, obgleich der Furgon mit vier guten tatarischen Pferden bespannt war. Am ersten Tage wurden 25 Werst zurückgelegt; ich hatte auf dieser Strecke Gelegenheit, die vorjährigen Steppengewächse, namentlich unter ihnen Centaurea ovina Pall., Gypsophila paniculata, Xanthium und einige Salsolen, mit unglaublicher Schnelligkeit vom Winde getrieben über die Steppe rollen zu sehen. Alles bewegt sich in einer Richtung, fern am Horizont sieht man die zu kleinen Kugeln zusammengeballten Gewächse sich bewegen, welche, wenn sie näher kommen, oft einen Durchmesser von 3 — 4 Fuß haben, da sie bei ihrer Bewegung alles andere mit aufnahmen, wa3 nicht gar zu fest am Boden haftete. In Berislaw, wo ich am 24. anlangte, legte sich der Sturm, und wir konnten ohne Gefahr den folgenden Tag Mittags den Dniepr passiren. Das rechte Ufer dieses mächtigen Stromes ist durch steilabfallende, oft 150' hohe Kalkfelsen und verschiedenartige Muschelkalke gebildet, während das linke Ufer, nachdem es sich in einer Strecke von 3 — 4 Werst etwas erhoben, terrassenartig zur Steppe ansteigt. Die flachen Niederungen zwischen Steppe und Fluß sind reichlich mit Weiden und Ellern bewachsen und bieten dadurch dem Auge eine angenehme Abwechselung. Von Berislaw fuhren wir in südlicher Richtung, um Pcrekop zu erreichen, und kamen dorthin Donnerstags Nachts 3 Uhr. Von hier hat man noch 4 5 120 Werst zurückzulegen, uni nach Simferopol zu kommen; wir setzten daher, um noch am Freitag in dieser Stadt anzulangen, 8 Uhr früh unsern Weg fort. Auf dem Wege dorthin sah ich große Mengen der Zieselmäuse, die, da die Witterung etwas gelinder geworden war, ihre Winterbaue verlassen hatten und sich in einer Entfernung von 6—7 ' von ihren Schlupfwinkeln sonnten. Beim jedesmaligen Bemerken dieser Thiere verließ ich das Fahrzeug, um sie von ihren Verstecken abzuhalten und zu erschlagen. Meine Versuche blieben diesmal fruchtlos, jedesmal waren sie eher in ihrer Behausung, als ich an der¬ selben. Ihr Bau krümmt sich erst, nachdem er 4 — 6 ' senkrecht in die Erde gemacht wurde, die Oeffnung hat 2—3 Zoll im Durchmesser. Wie ich später erfuhr, kann man sie nur durch Ausgießen ihrer Wohnung erhalten, und ich will diese Methode, sobald ich Eupatoria besuche, woselbst sie häufig Vor¬ kommen sollen, in Anwendung bringen. Schon bei Cherson sah ich Tataren, ihre Fahrzeuge und ihr Zugvieh, das vornehmlich in Kamelen besteht. Von Perekop an begegnet man ihnen öfters, ja oft sieht man ganze Karawanen, die entweder Wein, Leder oder Fleisch und Fische transportiren. In einem solchen Zuge zählte ich 74 Wagen, und ehe ich ihn sah, auf eine Entfernung von 6 — 7 Werst, konnte ich schon hören, daß er sich nähere, da die Ilädcr, ungeschickt geformt, sich auf hölzernen Axen bewegen, und so bei der langsamen Bewegung ein lautes Knarren stattfindet. Endlich am 27. früh morgens sah ich im Süden das taurische Gebirge. Noch am Abend desselben Tages erreichte ich die Stadt. Die Sonne ging gerade unter. Eine Menge tatarische Minarets, von denen um diese Zeit die Mullas (tatarische Priester) durch lautes Singen zum Gebet auffordern, dann die großen hellgrünen Kirchen -Kuppeln, geschmückt auf ihrer Spitze durch ein Kreuz, dabei die niedrig gebauten Häuser, in den Vorstädten fast durchgängig Hütten, deren Dach, beinahe flach, bei den Armen mit Erde, bei den Reichen entweder mit Holz oder Ziegeln gedeckt ist, die entlang der Straße frei dastehenden Kaufläden der Tataren, Alles dies verlieh der Stadt ein eigenthümliches, orientalisches Ausselm, das noch erhöht wird, wenn man die Bewohner und ihre Gebräuche kennen lernt. Auf dem großen Basar hat man dazu die beste Gelegenheit. Dort sieht man träge Zigeuner neben betriebsamen Tataren stehn, hier eine Griechin ihre Einkäufe besorgen und dort einen Russen Fische von Dniepr zum Kauf ausbieten, ab und zu bemerkt man einen Armenier, Perser oder Tscherkessen, schon durch die Gesichtszüge, aber noch mehr durch ihre spitzzulaufenden Kopfbedeckungen aus schwarzem Lammpelz charakterisirt. Nur ausnahmsweise eilt durch die wogende, handelnde Menge eine verschleierte Tatarin, fast wie ein Gespenst erscheinend, aber stets ihren Kopfüberwurf sowohl, als auch die Bedeckung des Körpers aus feinem, blendend weißem Leinenzeug tragend. Ich hatte hier für den ersten Augenblick meines Verweilens genug zu sehen und ging erst Sonntag zu meinem jetzigen Wohlthäter, ohne alle Empfehlungen. 6 Der wirkliche Staatsrath Herr Christian von Steven, ein hochbejahrter Mann, wohnte auf seiner Villa, circa 3 Werst von Simferopol, an dem hier herr¬ lichen Salghir-Ufer. Er erlaubte mir, nachdem ich ihm meine Absichten und die bis¬ herigen unerfreulichen Erfahrungen in den Steppen mitgetheilt hatte, bei ihm zu wohnen, und ich erfreute mich seit jener Zeit unaufhörlich seines Wohlwollens. Bis Ende März blieb ich bei ihm, da ausnahmsweise der Winter in diesem Jahre hier spät endigte, machte meine täglichen Jagdexcursionen, zeichnete für ihn die Genera Xiphocoma und Ceratocephalus, welche beiden er neuerdings mono¬ graphisch bearbeitete, benutzte seine ausgezeichnete Bibliothek und machte dann Anfang April eine Excursion an die Alma, einen Gebirgsbach, der in einem üppigen Thale, vom Tschatyrdagh kommend, seinen Lauf nach NW nimmt. Hier verweilte ich lx/2 Woche bei Herrn von Steven’s Schwiegersohn, machte dort einige Sammlungen, kehrte dann nach Simferopol zurück, um eine Woche später die große Tataren-Stadt und ehemalige Residenz der Chane zu besuchen (ßakschischarei). Hier im hochgelegenen Gebirge gab es jedoch noch viel weniger für mich zu tliun, es herrschte fortwährend ein aus SO kommender Wind. Ich beeilte mich daher wieder zurückzukehren, machte einige Ausflüge in die Steppen und ging vor Kurzem an die Alma, von wo aus ich mit dem 12. Mai zurückkehre, um zunächst die Steppe bei Perekop und dann die Südküste zu bereisen. Die beifolgenden Verzeichnisse1) enthalten dasjenige meiner bis zum 1. Mai gemachten Sammlungen, was ich kenne. Die Masse des mir Un¬ bekannten ist glücklicher Weise größer, und hoffe ich, daß der Sommer und die Südkiiste reichlichere Beute liefern werden, als das Frühjahr und die bis jetzt abgesuchten Gegenden. II. Jenisala, November 1852. Einer Wohllöblichen Naturforschenden Gesellschaft sende ich jetzt erst den schon für den August bestimmten Reisebericht. Der Grund einer so langen Verzögerung ist ein doppelter. An der Südküste, die ich Ende Juli und August durchwanderte, waren die Geschäfte für mich zu bedeutend und die Landschaft oft zu reizend, als daß ich nicht schon manches Stündchen bei ihrer Betrachtung verloren hätte. Erst Anfang September verließ ich die Paradiese der Krimrn, um so rasch als möglich, da der Herbstzug der Vögel bereits begonnen (Wachteln und Kraniche verließen die Steppe), mich in die traurigen Einöden an den Siwasch (faules Meer) zu begeben und dort in 14 Tagen tüchtig für die Ornithologie zu sorgen. So gut mein Vornehmen war, so sollte es diesmal ganz anders werden. Nach 4 Tagen erreichte ich meinen Bestimmungsort !) Vergl. Anmerkung 1 auf Seite 1. (Red.) 6 7 Tonko1), und nach noch 4 Tagen, die ich gesund verlebte, nöthigte mich schwere Krankheit (Typhus), das Bett zu hüten, welches ich erst nach 4 Wochen ver¬ ließ, obwohl ich noch so geschwächt war, daß ich an keine Arbeit denken durfte. Dies der zweite Grund für das Ausbleiben meines Berichtes, den ich den verehrten Herren Mitgliedern mir jetzt vorzutragen erlaube. Eine im Ganzen wohl verunglückte Steppenreise, die ich am 18. Mai in Gesellschaft eines wortbrüchigen Polen antrat, möge den Anfang machen, ich folgte allein dem Rathe meines guten Wohlthäters, Herrn von Steven, und begab mich am besagten Tage zu jenem Polen, der mit mir über Perckop das ganze taurische Gouvernement in Zeit von höchstens 14 Tagen bereisen wollte. Von Mittheilungen in Worten zwischen uns Beiden konnte keine Rede sein, da ich nur einige Worte Russisch schlecht aussprechen konnte und mein Reise¬ gefährte vom Deutschen keine Idee hatte. So saßen wir still im Wagen und flogen förmlich durch die Steppe dahin, denn die Landpostpferde sind hier überall in gutem Stande, und die leimige Steppenerde auf den Wegen ist im Frühjahr glänzend glatt gefahren. Wem ist es aber möglich, unter solchen Be¬ dingungen botanische Ausbeute zu machen? Ich schrie alle Augenblicke: Stoi (halt), denn die Flora der Steppe war zu jener Zeit recht entwickelt, und ich hätte gar zu gerne bald dies bald jenes mir davon zugeeignet; aber der Pole sagte meistens: posle budet (später giebts dies auch noch), und wir fuhren, ohne zu halten, weiter. Die ersten Tage glaubte ich dem verheißenden „posle bildet“, als ich aber sah, daß die Reise stets in gleicher Weise fort¬ gesetzt wurde, ich beim besten Willen nur geringe botanische und keine zoologischen Sammlungen machen konnte, erklärte ich dem Herrn, ich würde im nächsten Dorfe bleiben, um dort so rasch als möglich eine Rückreise- Gelegenheit zu suchen. Davon wollte er nichts wissen, er würde mich, so bedeutete er mir, zu einem Gutsbesitzer in Zeit von 10 Tagen bringen, dort könnte ich bleiben, und nach noch 10 Tagen wolle er mich, um nach Hause zu fahren, abholen. Was sollte ich machen? Gelegenheit, die ich im Dorfe suchen wollte, hätte ich schwerlich gefunden, ja selbst, wenn eine Fuhre zu miethen gewesen wäre, so müßte doch zum Verständnisse zwischen mir und den Tataren ein Dolmetscher vorhanden gewesen sein, denn die Dörfer der krimmschen Steppen sind ausschließlich vor denen des übrigen Gouvernements von Nogaiern bewohnt. Ich blieb also im Wagen und sah mit Sehnsucht auf den üppigen Pflanzenwuchs der Erde. Endlich aber mußten die Pferde halten, denn eine lang erwünschte botanische Erscheinung zeigte sich meinen Blicken. Es war Tulipa Gesneriana. Leider war das Frühjahr schon zu weit vor¬ gerückt, und ich fand in der Eile nur ein blühendes und einige Fruchtexemplare. Auffallend war mir, daß hier schon in dieser Zeit (20. Mai n. St.), gleichzeitig mit Muscari ciliata und Tulipa, auch Verb as cum phoeniceum und Salvia vertidllata blühten. Von Insecten zeigten sich besonders Canthariden und unter ihnen Alylabris in Mengen, aber nicht viel Species-Verschiedenheit. 0 Tonko liegt am Zusammenflüsse des Siwasch und des Asowsclien Meeres. 7 8 I Ungeduldig durch ein 3 Minuten langes Warten, nöthigte mich mein Be¬ gleiter, öfters rufend, in den Wagen zurückzukehren, worauf wir unsere Reise rasch fortsetzten. Es war heute recht wann, und daher konnte man eine Er¬ scheinung oft beobachten, die in den Steppen ganz besonders häufig anzutreffen ist. Ich meine die Luftspiegelungen, die sich hier aber höchst einfach darstellen. Gewöhnlich sieht man beim Ueberblick des ganzen Horizonts 6—7 dieser Phänomene, von denen die meisten sich als ausgedehnte Wasserflächen zeigen; nur selten, wenn sie sehr entfernt sind, glaubt man baumartige Formen, in Nebel gehüllt, zu erblicken. Wenige Tage nach unserer Abreise erreichten wir Kachowka, ein am Dniepr gelegenes großes Dorf, in welchem um diese Zeit gerade Jahrmarkt war. Man staunt über die vielen Tausende der hier zum Verkauf gebotenen Pferde, deren einige mit 500 Silber-Rubel und noch darüber bezahlt werden. Interessant war es, hier das Treiben der Kleinrussen bei ihren Vergnügungen zu beobachten. Besonders zeichnen sie sich im Tanze aus, den sie zwar meistens nach einfachen Melodien ausführen, wobei sie jedoch einen solchen Eifer entwickeln, daß man oft veranlaßt wird, zu glauben, es hätten geistige Getränke sie in diesen Zustand versetzt. Die Lebhaftigkeit erstreckt sich über den ganzen Körper, nicht nur die Füße werden in die verschiedensten Stellungen gebracht, auch die Arme müssen, besonders gegen das Ende der Vorstellung, rasen, und selbst der Kopf hat seiue regelrechten Touren. Man sieht gewöhnlich zwei junge Leute miteinander tanzen, von denen jedoch jeder sich allein bewegt. Die Zelte, in denen Thee getrunken wurde, boten hier einen ganz besonders bunten Anblick. Auf einer Bank, die breit genug ist, beim Sitzen die Füße zu kreuzen, sitzt, gemächlich gegen die Wand gelehnt, der bequeme Tatar, einen hohen Turban auf dem Kopfe, und raucht behaglich seinen türkischen Tabak aus langem Rohr, nur von Zeit zu Zeit einen Schluck dunkelbraunen Thee’s dazu schlürfend. Wenige Schritte davon entfernt, zeigt sich der betriebsame griechische Kaufmann in seiner besten Tracht. Die weiten, fein mit Silberfaden garnirten Aermel seiner fast zur Jacke gewordenen Kutte hängen offen herunter und lassen die rothseidenen Unterärmel blicken, Eine saubere, fein tuchene Weste bedeckt die Brust, sie ist bis oben an den Hals durch kleine runde Silber-Knöpfe geschlossen. Der Mann selbst, dem zur Seite wohl sein Geschäftsfreund sitzt, ist sehr gesprächig, er ist Wirth und schenkt seiner Gesellschaft fleißig und geschickt Thee ein. Weiter in dunkler Zelt-Ecke sehen wir ein anderes Bild: arme Russen sind’s, die hier beim heißen Wasser ihre Sorgen wohl vergessen, wenigstens machen sie so fröhliche Gesichter, als seien sie durchaus aller Noth überhoben, und das thut gewiß der Thee, den sie in bedeutender Quantität, aber höchst verdünnt, hier zu sich nehmen. Noch viele andere Gruppen, die jede ihren besonderen Charakter deutlich ausgeprägt zeigt, hat man hier Gelegenheit zu beobachten. Perser und Tataren, Groß- und Kleinrussen, Deutsche und Griechen, alles findet sich hier zusammen. Man kann leicht denken, daß die 8 9 Geschäfte eines Theehausbesitzers gut ansfallen müssen. Setzen wir die Zahl der Besucher auf 3000 täglicli in dieser Zeit fest, was nicht zu viel ist, so wäre die Einnahme 300 Rubel Silber pro Tag, von denen wenigstens 100 verdient wurden. Auf den Straßen drängen sich dichte Menschenmengen, die sich bald hier um ein großes Faß mit Kwas1) einfinden, aus dem sie sich für wenige Kopeken einige Maße geben lassen, bald der Musik, die aus einem Tatarcn-Zelt schallt, zuhören. Diese Musik aber ist so jämmerlich cigcn- thümlicher Art, daß jeder, der je eine bessere hörte, gerne davonläuft, seine Ohreu zu schonen. Gewöhnlich wird sie durch drei Leute gemacht, eine schrillend tönende erste Geige, mit altem Bogen gestrichen, macht stets den Anfang, bald fällt, den Takt bestimmend, entweder das Tambourin oder die große paukenartige Trommel, die beide sehr geschickt, oft schon durch Kinder, gehandhabt werden, ein, und diesem schließt sich ein Klarinett oder ein nur mit drei Saiten versehener kleiner Baß an. Andere Gruppen beten und lassen sich die Sünden vergeben; mitten unter allem Jubel, umbaut mit Branntwein- Buden und Bublikzelten 2) erblickt man einen kleinen, aber ganz offen gebauten Tempel, der, besetzt mit Heiligenbildern, den Ort der Gnade vorstellt. Es brennen Wachskerzen vor den Bildern, die jeder, der hier Trost empfängt, besonders bezahlen muß, welche Einnahme der Kirche zufließt. — Nach¬ dem ich den ersten Tag dazu verwendet, mir Alles dies anzusehen, dachte ich am folgenden an meine Excursionen, deren erste ich beschloß den Dniepr hinunter eine Strecke zu machen. Malerisch in dem ewigen Einerlei der Steppe markiren sich die Ufer dieses mächtigen Stromes, aber noch mehr als diese, die mit herrlichen Ellern und Weiden bewachsenen Inselchen in demselben. Columba oenas und eine große Zahl Hasen bewohnen diese schönen Plätze, außerdem sah ich hier den Falco rufipes Beciist. wieder, und zwar nicht, wie bei Simferopol, auf dem Zuge, sondern die Nester bauend. Von Insecten wäre besonders der großen Zahl einer Pimelien-Species zu erwähnen, die sich vorzüglich unter dem, hier den Boden bedeckenden Polu- gonum aviculare fand. Ateuchus- Arten waren ebenfalls, laufend und oft das in große Mistballen gelegte Ei, mit dem letzten Fußpaar gefaßt, wegrollend, an¬ zutreffen. Euphorbia Gerardiara diente als Rastpflanzc verschiedener schöner Cryptocephalen, die davon gekäschert wurden. Am nächsten Tage setzten wir unsere Reise fort und langten Montag, den 23. Mai, ich recht krank, da mich, seitdem ich im Dniepr gebadet, ein heftiges Gallenfieber quälte, in der Besitzung des Herrn Vasall, eines Franzosen, an. Hier fand ich eine Pharmacie, schlechtes Chinin und einen alten russischen Soldaten vor, der als einziger Provisor, mir gerne 5 Gran Tartarus emeticus auf einmal gegeben hätte. Ich war vorsichtiger und nach 2 Tagen, die ich hier verweilte, gesund. Diese und noch einige den Deutschen und Franzosen gehörenden Besitzungen sind ff Ein aus grobem gebackenen Brode durch Gährung bereitetes säuerliches Getränk. 2) Bublik heißen die tatarischen, kreisförmig gebackenen Kringel, 9 10 in den liier sonst so wenig bebauten Gegenden wahre kleine Reiehe für sich. Herr Vasall z. 13. besitzt nach preußischem Maß 15000 Hufen Land, deren theilweise Wirthschaft durch 300 leibeigene Bauern besorgt wird. 150000 Schafe, die er hält, bringen gewiß eine bedeutende jährliche Revenue, nicht der vielen andern Einnahmen zu gedenken, die das Gut sichert. Die Wirtschafts¬ gebäude waren in bester Ordnung, eine Eisengießerei ist fortwährend nur für das Gut in Thätigkeit; man findet hier alle Handwerke vertreten, Tischler, Schlosser, Stellmacher u. s. w. haben Jahr aus Jahr ein täglich zu thun, um Alles in dem Stande seiner jetzigen Beschaffenheit zu erhalten. Kommt zu diesen Dingen, die den Reisenden sehr erfreuen, der nur selten auf seinen Wegen in russischen Dörfern etc. eine Idee solcher Ordnung und Reinlichkeit sah, kommt dazu noch die große Freundlichkeit des Wirthes, den er zum ersten Male sah, wie es mir geschah, so ist das Maß der Freude voll, man sehnt sich, hier zu weilen. Mir wurde dies sehr leicht gemacht, da Herr Vasall mir selbst vorschlug, ganz bei ihm zu bleiben, aber ich dachte an die Südküste, an die schon vorgerückte Jahreszeit und mußte, wenn ich das mir Vorgenommene leisten wollte, meine Rückreise beschleunigen. Schon am nächsten Tage reisten wir weiter. Die Steppe zeigte auch hier, als wir sie zwei Tage durchfuhren, eine üppige Vegetation, die Gräser waren oft 3' hoch, und darüber ragte überall Verbascum Phoeniceum in Blüthe hervor. Von Thieren sah man in dieser Zeit hier wenig. Otis tetrix und tarda brüteten versteckt im üppigen Grase, Grus Virgo paarte sich und war für mich unerlegbar, da Alle bei jedem Versuche schon auf 500 Schritt scheu davonflogen. Nur Alaada calandra wurde geschossen, sie findet sich hier ziemlich oft, hat einen der Haubenlerche ähnlichen Gesang und wird im Herbste und Winter viel für die Tafel Vornehmer gefangen. Am 27. er¬ reichten wir das Gut eines Russen. Ich erklärte nunmehr meinem Begleiter, daß ich, um nicht Zeit zu verlieren, unter jeder Bedingung von hier meine Rückreise antreten würde, und sei es auch zu Fuß. ,,Nein, Nein, sie bleiben hier, bei diesem Manne4’, war seine Antwort, ,,ich reise weiter und hole Sie nach 10 Tagen ab44. Ich blieb, sammelte, was es gab, an Insecten, besonders Clytren, Chrysomelen, Cryptocephalen, Cetonia viridis , einige Saperden, Mordelia- und Malachias- Species; die Pflanzen wurden eingelegt, auch zwei Otis tetrix präparirt und einige Eier derselben gefunden. Die 10 Tage verstrichen, und der Pole erschien nicht, mich zur Rück¬ reise abzuholen; nachdem ich noch einige Zeit gewartet, entschloß ich mich daher nach Tonko, einem amSiwasck (faulen Meer) gelegenen Städtchen zu fahren. Hier, versicherte man mir, würde ich entweder, wenn ich dort bliebe, reiche Sammlungen machen, oder jedenfalls sehr bald eine Tatarenfuhre (Majarc) iniethen können, die mich nach Simferopol bringen werde. Die Bewohner dieses kleinen Ortes sind zum größten Theil sehr freundliche Kleinrussen, die hier bei der großen Salzstraße als Controlleure angestellt wurden. Ich fand bei ihnen Quartier, so lange ich wollte, und beschloß, da es wohl selten ein besseres io 11 Terrain für ornithologische Sammlungen geben kann, einstweilen noch 14 Tage liier zu verweilen. In dieser Zeit präparirte ich 30 Bälge, vorzüglich Recurvirostra avocetta , eine Anas Tadorna und einen ganz alten Pelekan, der leider schon während des Trocknens ein Raub der Fliegen wurde. Cet.onia viridis wurde hier häufiger, außer ihr fand ich eine große Zahl Agapantliia carduelis auf Diestel-Arten. Nach verflossenen 14 Tagen verließ ich diesen Ort, fest ent¬ schlossen, ihn im Herbst bei der Zugzeit der Vögel wieder zu besuchen, ln eine Majare, die mit Ochsen bespannt war und durch einen alten weißbärtigen Tataren aus der ehemaligen Residenz der Krimmschen Chane, Bakschischarei, geführt wurde, packte ich meine Schätze und bettete mich dann selbst hinein. Ueber mir ein altersschwaches, durchlöchertes Bastgeflechte und vor mir ent¬ weder die unabsehbare Steppe oder den alten Wagenführer, langweilte ich mich natürlich auf dem 20 Meilen weiten Wege. Fünfmal am Tage wurde gehalten, der Tatar breitete eine Decke über die schöne Flora des Bodens und verrichtete, sich zuvor Gesicht und Hände waschend, sein Gebet mit großer, den Mohamedanern allgemein eigener Andacht. Ich sammelte in derselben Zeit die zahlreich auf Diesteln sich findenden Mylabris , und, als wir beide geendet, wurde geschmaust. Gesalzene Oliven und ein Stück Brod, dazu ein Trunk salzes Wasser aus den Brunnen der Steppe war Alles, was ich hatte. Nachts blieb ich in meinem Häuschen bei den Sammlungen, der Alte legte sich auf seinen Barannenpelz *) an die Erde, und beide schlummerten wir ebenso sanft, als ob wir auf weiche Daunen gebettet wären. Nach drei Tagen zeigte sich endlich unsern Blicken das Gebirge, und bald erreichten wir die Stadt. Ich überraschte Herrn von Steven in seinem Garten, erklärte ihm mein langes Ausbleiben, worauf ich seinen Rath empfing, der dahin lautete, daß ich so rasch als möglich ins Gebirge zu eilen hätte, um dort Sammlungen zu ver¬ anstalten. Eilig packte ich das Nöthigste der mitgebrachten Insecten fort und konnte nach fünf Tagen die Equipage eines freundlichen Herrn besteigen, den ich auf sein Gut begleiten wollte, um dort einige Zeit zu bleiben. Herr Nestor Groten, bei dem ich seit November ganz bin, um seinen Kindern den nöthigen Unterricht zu ertheilen, wohnt mitten im Gebirge, am Fuße des Vaters der taurischen Berge, am Tschatyrdagh. Die großartig schöne Natur rings um seine Besitzung entzückte mich, als ich Mittwoch den 30. Juni Abends, bei Sonnenuntergang, seine Wohnung betrat. Der Blick vom Balkon nach Süd-West auf die herrlichsten Laubwälder, hinter denen man die aus festem Kalkstein bestehenden Bergkuppen sieht, die alle durch den nach Osten schroff abfallenden Tschatyrdagh, dessen Spitze sich fast immer in Nebel verhüllt hält, überragt werden, ist unvergleichlich schön. Ich blieb bei den freundlichen Bewohnern in dieser Landschaft vierzehn Tage, machte in dieser Zeit täglich Excursionen in die Wälder und einmal sogar bis an die Südküste, die 25 Werst von hier entfernt ist. Schöne Orchideen, so die seltene Orchis caprina , und Orobanchcn (vorzüglich Orobanche coccinea ) lohnten in 0 Schafpelz, U 12 botanischer Hinsicht die oft nicht geringe Mühe, welche Ausflüge ins Gebirge machen. Den Waldwiesen verlieh die hier gemeine Polygala major einen großen Ileiz. Procerus tauricus, im Mai in manchen Jahren häufig, war wohl schon zum größten Theil (es war Mitte Juli) gestorben. Einige Exemplare dieses Prachtthieres fand ich zwar noch, aber im Ganzen ist die Zahl, die sich auf 12 — 15 Stück belaufen mag, doch gering. Dagegen sammelte ich den Carabus Dejanii gegen Ende des Monats unter gemähtem Gras ziemlich häufig und werde wohl gegen 40 Exemplare zusammengebracht haben, rimelien und Dorcaclien waren ebenfalls schon für dies Jahr vorbei, hingegen Mylabris, Clytus und eine Galeruca- Species häufig auf blühenden Umbelliferen und der Spiraea Filipendula anzutreffen. Es war am Sonntag den 18. Juli, als ich Nachmittags 2 Uhr aulbrach, eine Fußreise an die Süd-Küste zu machen, die sich von Aluschta bis Sewastopol erstrecken sollte. Gekleidet in einen langen, weißen Staubmantel, dessen Taschen reichlich gefüllt, so daß sie beim Gehen schlotternd gegen die Kniee schlugen, um den Leib meine Wandertasche mit den nöthigen Instrumenten und Gläsern zum Insectenfang, über die linke Schulter die große Jagdtasche, welche den Wäsche- und Kleiderbedarf, sowie 3/4 Ries Papier zum Pflanzen- Trocknen enthielt, und dann endlich über die rechte Schulter an einem Riemen die Schreibe- lind Zeichenmappe nebst Botanisirtrommel und einem Säckchen, welches mein Handwerkzeug zum Balgen barg, wanderte ich um 2 Uhr Nachmittag, herzlich beglückwünscht von den Jenisalaern, fort. Der harte Schieferboden, den ich jenseits des Gebirges zu erwarten hatte, veranlaßte mich, als Fußzeug meine hohen, bis an den Leib reichenden Stiefel anzuziehen. Bald erreichte ich den Kamm des Gebirges, nachdem ich schöne Buchen- und Eichenwaldungen durch¬ schritten und oft in engen Felsrinnen fließende Gebirgsbäche passirt hatte. Ungefähr 2500' über dem Meere mich befindend, konnte ich in der Ferne mein erstes Ziel, Aluschta, erblicken. Der Weg, der sich von jetzt an 15 Werst bergab erstreckte, führte mich durch schöne Laubwaldungen am östlichen Abhang des Tschatyrdagh fort. Zur Linken ist ein schönes Thal gelegen, stark durch die Bewohner mehrerer darin gelegenen Tatarendörfer angebaut. Das helle Grün großer Weinberge contrastirte, weiter entfernt, angenehm mit dem dunkler gefärbten Eichenlaube, aus dem hie und da schon das Haupt dei‘ taurischen Fichte sich blicken ließ. Die Vegetation, bis dahin auf dieser Höhe in vieler Hinsicht mit der norddeutschen übereinstimmend, veränderte sich jetzt bedeutend. Jenseits der Berge sieht man keine Kiefern, diesseits, an der Küste, fehlt, besonders mehr westlich, fast alles geschlossene Laubholz, und ausgedehnte wilde Pinus- Waldungen bedecken die Waldstrecken. Paliurus * Gesträuche an den Hecken und Tama nir-Gebüsche an fast allen feuchten Orten fielen mir, da sie mir neu waren, besonders auf. Salvien und Althaea ficifolia und A. hirsuta bedecken die steinigen Felder. An Insecten war, wenigstens in dieser Jahreszeit die Gegend sehr arm, ich sammelte nur einige Chrysomelen. Bald nun ebnete sich die Poststraße mehr und mehr, ich befand mich in dem 12 13 Aluschtaerthale selbst. Links bildeten hohe nackte Felsen den Hintergrund der Landschaft, an deren Südabhang man in collossaler Größe deutlich das Brustbild eines Weibes, nach dem Meere das Gesicht gewendet, erblickt. Die Natur hat aber nur, wenn man die Seiten-Ansicht wählt, so trefflich und klar die einzelnen Züge geschahen, daß durchaus keine Phantasie dazu gehört, die Gestalt und deren einzelne Theile zu erkennen. Anders vei hält es sich mit dem vielfach gerühmten Alexander-Kopf in Ursuf, auf den ich später zurück¬ komme. Noch sechs Werst legte ich zurück und langte Abends in Aluschta bei einem sehr reichen Weingartenbesitzer an. Nachdem ich am folgenden Tage zuerst eine Excursion in den geräumigen Wein-Keller dieses Herrn gemacht, und mich verschiedene Muskate etc. in einen so vergnügten Zustand gesetzt, daß ich am Liebsten ganz unten geblieben wäre, ging ich in die Wein¬ gärten, um dort die Cicaden, welche sich mir durch ihr lautes Lärmen bereits angezeigt hatten, zu fangen. Es gelang, wenn auch schwer. Diese Thiere setzen sich nämlich stets in der Richtung der Aeste und sind so, da sie grau, sehr schwer zu sehen, zumal das Geräusch, von verschiedenen Seiten gleich¬ zeitig ertönend, Täuschungen unvermeidlich macht. Die großen schwarzen Maulbeeren, sowie Cupressus horizontedis und pyramidalis gedeihen hier vor¬ trefflich. Selbst Liriodendron tulipifera sah ich als hohen Baum, Mirnosa Julibrissin und Bignonia Catalpa standen in schönster Blüte da. Der Gemüse- Garten zeigte viele dem Norden fremde Gewächse, von denen ich, als die Vorzüglichsten, folgende erwähne: Solanum Melongena und S. Lycopersicum, Bybiscus esculentus und die vielen Spielarten von Melonen und Arbusen. Flasclien- Kürbisse und Herkules-Keulen waren, um sie später als Gefäße zu benutzen, ebenfalls angepflanzt. Tags darauf verließ ich Aluschta, um weiter der Küste entlang bis gegen Karabagh (tatarisch, zu deutsch: schwarzer Weinberg) zu wandern. Hier auf dem Gute Sajani wohnte ein hochbejahrter ehemaliger Moskauer Fabrikant, den ich bereits kannte, und bei dem ich mich einige Zeit aufzuhalten gedachte. Die Küste fällt hier, wie überall gegen Süden, in schroflen Absätzen terrassenförmig ab, und zwar sind besonders zwei Terrassen dem Auge überall sichtbar. Die obere besteht aus hartem Kalkstein und hat wohl an einzelneu Stellen eine Höhe von 2500' bis 3000', oft in zackigen Vorsprüngen und schräge geneigten Ab¬ flachungen zur Oberfläche der zweiten Terrasse abfallend. Diese erhebt sich vom Meeresspiegel an einzelnen Orten nur einige 100', an andern 1000' bis 1500'. Ihre Oberfläche, oft sehr schmal, ist in einen geräumigen Postweg ver¬ wandelt, der entlang der Küste die einzige Verbindung mit den jenseits des Gebirges liegenden Orten bildet. Das Gestein ist ein verschieden rotli und grau gefärbter Schiefer, dessen Lagen auf die mannigfachste Weise durch einander geworfen sind, so daß man oft, z. B. in Magaratsch, rosetten¬ artige Figuren mit concentrischer Schichtung bemerkt. Die gewöhnlichste Neigung gegen den Erdboden ist die unter einem Winkel von 30°, jedoch sah ich bei Massandra auch Schichten, deren Ansteigen 65° mindestens betrug. IS 14 Nur an einzelnen Stellen, so bei Ursuf und Jalta, erhebt sich am Fuße des hohem Gebirgsabsatzes zu wilden Waldungen herangewachsenes Nadelholz, jedoch sind die höchstens 4000' hohen Spitzen der Gebirge gewöhnlich schon von 3000' Höhe an baumlos. Es war bereits 6 Uhr, als ich von Aluschta ausging. Da ich vermuthete, daß das Gestade wandelbar sei, auch keinen bessern Weg wußte, so verfolgte ich zunächst einen schmalen Fußsteg, dessen Richtung mir die richtige zu sein schien. Er führte mich aber hart an das Meer und hörte, großer Felsen wegen, bald ganz auf; ich überstieg sie und befand mich nun in einem Labyrinth von Felsblöcken, an denen sich die brausende Fluth schäumend brach, und die, so weit sie naß, von Taschenkrebsen (Pagurus) bewohnt waren, die, sich seitwärts bewegend, die Steinblöcke zu erklettern strebten. Von Fels zu Fels springend hatte ich bis zur Dunkelheit eine Strecke von 4 Werst zurückgelegt, dann befand ich mich in der Gegend, in welcher die Besitzung des Herrn, den ich besuchen wollte, sich befinden mußte. Aber ich fand, da es dunkler Abend war (das Dämmerungslicht fehlt hier, es stellt sich 5 Minuten nach Sonnenuntergang Dunkelheit ein, und nur der Westen flammt oft im herrlichsten Purpurschein), nicht den Weg, der bergan zum Hause führte. Daher versuchte ich, die steilen, mit Eichengestrüpp besetzten Schieferberge zu erklimmen, um aufs Gerathewohl dem Hause zuzueilen. Einen Tlieil meiner Bürde legte ich ins hohe Gras, das ich fühlend an einem Eichen¬ stamme entdeckte, merkte mir den Platz und stolperte über Stein und Strauch weiter den Berg hinan. Es half nichts, ich fand das Haus nicht und mußte schwitzend den Rückweg antreten, der gefährlicher war, als das Hinaufsteigen. Ueberall finden sich nämlich in diesem Schieferboden 8 — 10' tiefe Schluchten, die oft steile Wandungen haben. Immer erst mit Hand und Fuß füldend, ob der nächste Schritt sicher sei, befand ich mich wohl schon auf der Hälfte dieser nächtlichen Excursion, als mich ein Gesträuch täuschte. Ich glaubte sicher zu treten und fiel, kaum dem Fuße vertrauend, in eine dieser Schluchten, deren Boden mich höchst unsanft berührte. Geduld brachte mich, freilich scheltend, an das Meeres-Ufer, worauf ich, vom Durste getrieben, einem Gebirgsbache zueilte, an dessen Rande ich mich unter das dichte Laub der hier oft verwilderten Weinrebe bettete, um, da die Nacht Regen versprach, meinen Transport und mich einigermaßen zu schützen. Mit dem ersten Morgenroth brach ich auf, um mein gestern verstecktes Gepäck zu suchen, aber die ganze Gegend sah mir bei Tage so verändert aus, daß ich mich nicht orientiren konnte und erst mit Hülfe einiger Leute später meine Sachen wiederfand. Natürlich lachte der alte Herr, den ich nach drei Stunden sali, herzlich über mein Abenteuer. Schöne immergrüne Rhamnus- Arten, sowie Lorbeergesträuche und die verschiedenen Bignonien, als vorzüglich: Bignonia radicans , B. capensis und B. grandißora , untermischt mit Fiats- Arten, bildeten bei Herrn Sciileiden’s Besitzung herrliche Gruppen. Als größere Bäume sicht man hier Borbus domestica, und Pistacca mutica , sowie Pyrits Cydonia überall. Aus diesem ' H 1:5 Vordergrund überschaut man die sauber gehaltenen Weinberge, dann das Meer und rechts die Karabagher Besitzung, in der sich zuerst Diorit-(Grünstein-)Felsen finden. Ein kleiner Vorsprung, der hier ins Meer steil abfällt, ist bepflanzt mit jetzt schon ziemlich herangewachsenen Feigen und Oelbäumen, und ein Cypressen-Hain gedeiht ebenfalls gut. Die nacktesten Stellen des abschüssigen Gestades sind von Aluschta bis hier mit Kaperngesträuchen (aber nicht Cap- paris spinosa, sondern C. lierbcicea) bedeckt, deren große, schöne Blumen eine wahre Zierde des kahlen Gesteins bilden. Schon von Karabagh aus er¬ blickt man die weißen Kalksteinfelsen, welche sich 5 Werst entfernt befinden, und deren größte Zahl, pyramidenartig geformt, unzusammenhängend aus dem Boden sich erhebt, oft 15 — 20' hoch. Zwischen beiden Plätzen, diesem stei¬ nigen und Karabagh, erheben sich im Meere in 3 Werst weiter Entfernung vom Lande zwei mächtige Grünsteinblöcke, die wohl 40 — 50' hoch sein mögen und den Brutplatz wilder Tauben ( Columba oenas ) bilden, auch soll Caprimulgus Melba sich hier antreffen lassen. Ich erreichte bald jene beschriebenen Kalk¬ steinfelsen und fand zwischen ihnen eine nur an dieser Stelle vorkommende merkwürdige Vegetation. Ueberall sah ich Rhus taurica1) und Jasminum fruticans zu eng verwickelten Knäulen von heckenartiger Ausdehnung. Zwei Werst vor mir erhob sich der Karasaner Berg, der bei allmählichem Ansteigen von Norden gegen Süden steil ins Meer abfällt und durch ein Denkmal und kräftige Cypressen- Alleen geziert ist. Erstaunt war ich, als ich die Höhe erstiegen hatte, vor mir eine Landschaft mit neuen Reizen zu sehen, es zeigte sich meinen Blicken die Bucht von Karasan. Im Hintergründe sah ich den collossalen Ajudagh (Bärenberg), der sich, wohl 4 Werst laug, bedeckt mit Waldungen, steil in die Fluth absenkte. Dann übersieht man das flach anstei¬ gende und sich in 8 — 10 Werst weiter Entfernung zur obersten Terrasse er¬ hebende Karasaner-Thal, ■welches, schon ziemlich augebaut, einen erfreulichen Anblick bietet. Dieser cultivirten Gegend folgt, höher gelegen, wilder Laub¬ holz- und später Nadelholz -Wald, und über alles ragt, fast immer mit Nebel bedeckt, der Rand der Jaila2), zackig geformt, hervor. Maulbeerbäume bilden stellenweise die Einfassung der Landstraße, dem erhitzten Wanderer ihre er¬ quickende, oft 172 Zoll lange, fast schwarze Frucht bietend, die hier einen so über¬ aus milden Geschmack und eine so angenehme Säure hat, daß sie jedem andern Obst dieser Art vorgezogen wird. Mit Ausnahme eines der Fürstin Gagarin gehörenden Gartens, dessen Orangerie und Oleander- Flor vorzüglich war, wird hier wenig Gartenbau getrieben, dagegen sind ausgedehnte Wein¬ berge, oft auch von Tataren schon bewirthschaftet (obgleich diese den Wein, gegohren, nach ihrer Religion sehr meiden), überall anzutreffen. Um weiter zu meinem Ziele (Ursuf) zu kommen, mußte ich den bedeutenden Umweg von G— 7 Werst an der Nordabdachung des Bärenberges (Ajudagh) wählen, da p — Ritus coriaria L. ü) Jaffa heißen die Oberflächen der Gebirge, ziemlich gleichbedeutend mit Alpen. 1.0 16 die schroff abfallende Südseite keinen passirbaren Weg hat. Heber die Ab¬ leitung des tatarischen Namens dieses Berges sind die Gelehrten im Zweifel. Die meisten Orte, die sich hier in der Nähe befinden, haben die Silbe Ai], d. h. heilig, (z. B. Aijdaniel, Aijthodor, Heiliger Daniel, Heiliger Theodor), daher es wahrscheinlich ist, daß auch dieser Berg einst Aijdagh, heiliger Berg, genannt wurde. Aju jedoch heißt ein Bär, und da, von den Höhen eines in der Nähe gelegenen Dorfes betrachtet, die Form des Berges einige Aehnlichkeit mit einem sich schräge gegen das Meer legenden, trinkenden Bären hat, so verwandelte sich Aij in Aju, und jetzt hört man allgemein nur vom Bärenberge sprechen. Nach 4 ständigem Wandern zwischen (des felsigen Bodens wegen) kränkelnden Buchen und Eichen erreichte ich die höchste Stelle der Passage, und die reizende Ursufer Bucht lag vor mir. Diese Einschnitte und geschützten Buchten be¬ dingen wohl mit den Reiz der Küstenlandschaft; denn jede von ihnen bietet neue Eigenheiten, und die Ueberraschung nach mühevollem Bergansteigen erhöht den Genuß bedeutend. Der Aijdaniler Bergrücken erhob sich in 5 Werst weiter Entfernung vor mir, üppige Laubwaldungen bedeckten seinen Rücken, dann folgt das große Ursufer Thal, dessen prachtvolle Gärten sich bis hart an den flachen Meeresstrand erstrecken, so daß bei hoher See die Brandung gegen die niedrige Mauer einiger Besitzungen schlägt. Im Vordergründe links bemerkt man, dem Meere zu, die alten aus der Genueser Zeit stammenden Ruinen einer Burg. Zur Rechten bietet sich der überraschende Anblick eines Gebirgstataren- Dorfes, das terrassenförmig mit dem gegen SO ansteigenden Thale sich erhebt. Die Dächer der Häuser sind hier stets flach, mit gestampfter Erde bedeckt, so daß man über eine Reihe Häuser dahinwandeln kann und oft auf einem an ein Dach stoßenden Fußsteg mitten in das Dorf gelangt. Die regelmäßige Bauart und große Ausdehnung Ursufs machen es zu einem der schönsten Dörfer, die in der Krimrn liegen. Im Meere davor, in 4 Werst weiter Ent¬ fernung, erheben sich 3 große Grünstein -Felsen, an denen sich die Wogen krachend brechen. Mein Brief, an den Verwalter des Herren-Gutes (dem Grafen Fundukle gehörend) adressirt, verschaffte mir bei ihm Alles, was ich brauchte. Müde durch die an diesem Tage gemachte Wanderung ruhte ich aus. und erst am folgenden sah ich die herrlichen Anpflanzungen, welche dieses Gut vor vielen andern an der Küste auszeichnen. Blühende: Granatenbüsche wechseln mit Elaeagnus (besonders hortensis flava) und der eleganten Glycine chinensis , deren violette, in Trauben gestellte Blüthen einen angenehmen Geruch verbreiten. Salix babylonica, oft 60' hoch, beschattet blühende, Erythrinen und Hybiscus-Arten, beide hier im Winter im Freien ausdauernd. An den todten Stämmen rankt sich der großblättrige kaukasische Epheu ( Heclera Reyneriana), und die äußeren Wände des Palais sind bedeckt mit sauber geschorenen klein¬ blättrigen Ficus- Arten, besonders mit Ficus stipulacea , und der zierlichen Rosa bracteata. Aber noch tropischere Gewächse gedeihen in der geschützten Bucht so schön, daß ich sie zu nennen nicht unterlassen kann. Viele duftende, weiße Blumen der Magnolien zierten die oft 25 Fuß hohen Bäume, deren lederartige große IG 17 Blätter in den Gruppen einen vorzüglichen Anblick gewährten. Unter diesen Prachtbäumen, in den Duft ihrer Blüten gehüllt, erheben sich mächtige Agaven (beide Varietäten), oft ein Blatt von 3 — 4' tragend. Von den großem Bäumen, die hier wohl eben so gut als in ihrer Heimat gedeihen, sind ganz beson¬ ders Platanen und Sterculia platanifolia zu erwähnen, deren verschiedenes Grün angenehm mit Elaeagnus und den großen (vom Herzog v. Richelieu gepflanzten) Cypressen contrastirt. Jetzt, nachdem ich mir die stets im Freien bleibenden Gewächse angesehen, die alle hier zu nennen zu weit führen würde, trat ich in die Orangerie. Die Passifloren, unter ihnen besonders schön Passiflora quadr angularis und P. fllamentosa , bedeckten die Wandungen. Die Exposition lag frei gegen Süden offen. Außer den starken, 4 — 5 Zoll dicken Stämmen verschiedener Citmis- Arten, die alle reichlich mit Blüten und Früchten besetzt waren, fielen mir folgende Gewächse besonders auf: Yucca gloriosa , Yucca fllamentosa und Canna inclica in schönster Blüte, Ceratonia Siliqua mit Früchten (zum ersten Male in diesem Jahre in der Krimm), Arum odorum mit 8 Zoll dickem Trieb und vor allen Dingen Pointiana Gilliesii, die, erst seit 4 Jahren aus Ostindien gebracht, hier reichlich blühte und Schoten angesetzt hatte. Die Lage des Gutes selbst ist eine vorzüglich schöne. Auf der Südabflachung des Ursufa-Thals befinden sich die Gebäude, der Park und die Gärten bis zum Meeres-Ufer, dessen oft schäumende Wogen man zwischen dem bewegten Grün der Gewächse überall bemerken kann. Die Anberge sind in Weinberge verwandelt, und die oberen, wohl 1000' — 1200' hohen, steilen, felsigen Erhebungen zieren, jetzt noch junge Coniferen-Anpflanzungen, die aber seltene Species, so Pinus lanceolata, P. Nordmaniana und die schöne P. Sabiniana , enthalten. Nach zweitägigem Aufenthalte wanderte ich am 25. Juli nach dem in derNähe liegenden Aijdaniel, einem Gute, das dem Fürsten Woronzhof gehört, reich an Weinbergen ist und eine Champagner-Fabrik besitzt, die ein vorzügliches Product liefert. Laubwaldungen bedecken hier überall die niederen Gebirge, aber kaum ging ich 3 Werst weiter westlich, als mich der Anblick eines Juniperus -Waldes überraschte. Es ist Juniperus excelsa , der hier zu (oft 30 — 35') hohen Bäumen sich erhebt; als kleiner Busch bedeckt den Boden hie und da eine andere Juniperus- Species, nämlich Juniperus oxycedrus. Dieses Juniperus -Wäldchen hat eine Ausdehnung von 4 Werst, hört dann aber plötzlich auf, was wohl auf eine große Verschiedenheit des Bodens schließen läßt, der jetzt folgt, da in dem sich dann wieder erhebenden Laubwald sich kein einziges, auch nur kleines Exemplar beider Species zeigt. Spät am Abend des 26. erreichte ich Magaratsch, nachdem ich den bekannten Nikitaer Kronsgarten passirt hatte. Magaratsch erstreckt sich mit seinen Besitzungen längst der Poststraße, also an der Höhe der untersten Terrasse. Von Nikita 2 — 3 Werst bis zum Meere verbreiten sich die reichen Weinberge, die auf hartem Schieferboden, der oft durch tiefe breite Schlünde und Spalten zerrissen erscheint, angepflanzt sind. Hier hielt ich mich einige Tage auf, sammelte Clytus plebejus und CI. ornatus, einige 17 2 18 Pflanzen, unter andern Cistus tauricus , und wanderte dann weiter nach Jalta hin, das ich schon von den Höhen in Magaratscli in seiner malerischen Lage bemerkt hatte. Zwischen Lorbeer- Gesträuchen sieht man zunächst auf lachende Weinberge, später über Waldungen hinweg nach Massandra, einem dem Fürsten Woronziiof gehörenden Gute, und erblickt dann einen Theil des kleinen Städtchens Jalta mit seiner nicht sichern Rhede. In weiter Ferne übersieht man als Hintergrund der Landschaft die südwestlich ins Meer laufende Fortsetzung der Küste mit den auffallenden Besitzungen Livadia und dem Kaiserlichen Schloß Urianda (vom Großfürsten Konstantin bewohnt). Man denke sich dazu einen ziemlich heitern Himmel, ein ganz ruhiges Meer und den Sonnenuntergang im Westen und Süden, die in den verschiedensten Nuancen von gelb zu roth und violett bis endlich in grau übergehende Färbung der Wolken und die in Nebel gehüllten Spitzen der Jaila, so wird man sich einen ungefähren Begriff von der Schönheit dieser Gegend machen können, die ich zu betrachten Muße genug beim Wandern nach Jalta hatte. Es war schon dunkel, als ich den mir dort empfohlenen Mann, fröhlich mit den Seinen unter hohem Wallnußbaume sitzend, fand. Ein Brief und die mündliche Mit¬ theilung meiner Absichten machten ihn noch fröhlicher und verschafften mir ein gutes Quartier. Nach eintägigem Aufenthalt in dem kleinen Städtchen, während dessen ich eine Bekanntschaft mit dem dortigen Apotheker machte, brach ich auf, um noch am Abend das Gut des Grafen Pototski, 4 Werst west¬ lich gelegen, zu erreichen. Ein Brief von Herrn v. Steven empfahl mich an den Gärtner und Verwalter dieses großartigen, schönen Gutes, und da er zu mir sehr freundlich war, beschloß ich hier einstweilen zu bleiben und später ohne Gepäck eine Reise nach Sewastopol anzutreten. Während meines dreiwöchent¬ lichen Aufenthaltes bestieg ich einmal in Gesellschaft einiger Herren und Damen die Jaila, um auf ihr bis in die Alupkaer Gegend zu reiten, dort vom obern Gebirge herunter zu gehen und auf der breiten Landstraße den Rückweg anzutreten. Bei heiterm Wetter bestiegen wir die Tataren-Pferde schon 3 Uhr früh und ritten, geführt durch 2 Tataren, die den Weg kannten, zwischen kränkelndem Eichen- und Buchengestrüpp bergan, bis wir nach 4 Stunden den Hochwald^ nur aus Nadelholz bestehend, erreichten. Nach eingenommener Mahlzeit ritten wir weiter; die Wildniß dieses Waldes war an einzelnen Stellen so groß, daß man diese nur mit Mühe passiren konnte. Umgestürzte mächtige Kiefern ( Pinus tciurica ), zum Theil vom Winde geworfen oder auch der Axt erlegen, lagen bisweilen 4 — 5 aufeinander quer über dem Woge. Dabei herrschte im Walde überall völlige Stille, kein Vogel ließ sich sehen noch hören. Endlich erreichten wir die Jaila selbst. Das sind die oft 6 — 7 Werst breiten, wellenförmigen Randebenen des Gebirges, die zwar überall mit kräftiger Viehweide bewachsen sind, aber großen Mangel an Wasser haben. Etliche Tataren und Russen, die hier ansässig, benutzen den in einigen Fels¬ spalten, auch im heißesten Sommer, bleibenden Schnee zum Kochen, während ihnen im Sommer besonders durchgesäuerte Schafmilch (Katick) zum Löschen 18 19 des Durstes dient. Gentiana ervciata blühte hier ziemlich oft, Galium Mollvgo und Teucrium Chamaedrys bedeckten ganze Strecken. Man übersieht von diesen Höhen einen großen Theil der Küste. Bis Sudak hin erscheint die Landschaft zur Linken ziemlich deutlich und reizend, das tiefe große Jaltaer Thal mit seinen Tataren-Dörfern und Besitzungen, die aus üppigen Waldungen hervor¬ blicken, lag unmittelbar vor unsern Augen. Zackige, oft 100' senkrecht ab¬ fallende Kalksteinfelsen bildeten die zuletzt erstiegenen Höhen, auf ihnen ver¬ suchten unsere Führer herumzuklettern, was sie mit großer Geschicklichkeit thaten, und nur mit Mühe lockten wir sie von den gefährlichsten Stellen ab. Wir brachen auf, ein ziemlich starker NW-Wind wehte uns entgegen, der die große Hitze des Tages einigermaßen erträglich machte. Nach zweistün¬ digem Traben erreichten wir einen geschützten Ort, der ziemlich reichlich mit Buchenwaldung besetzt war, hier sollte gerastet werden, und bald loderte ein lustiges Feuer auf, an dem ich Kartoffel kochte, weshalb sofort die ganze Gesellschaft mich mit dem hier allgemein für Deutsche gebräuchlichen Spott¬ namen dieser Pflanze neckte. Auf grünem Rasen wurde später ein Stündchen geschlafen und dann aufgebrochen, um Alupka noch bei Tage zu erreichen. Die Sonne aber sank mehr und mehr, während wir uns noch im dichtesten Walde befanden, bald wurde es ganz dunkel, wir ließen den Pferden ihren Willen (diese treten außerordentlich sicher), und nach 2 Stunden, 11 Uhr Nachts, begrüßten wir den deutschen Gastwirth in Alupka. Müde durch die ungewohnte langzeitige Bewegung zu Pferde, war die ganze Gesellschaft verstimmt. Die Damen setzten sich in die hier schon wartenden Equipagen, und wir bestiegen die ermüdeten Pferde, um die letzten 17 Werst nach Livadia zurückzu¬ legen. Reichlich belohnt für die Mühen durch eine ziemlich bedeutende botanische Ausbeute und die verschiedensten Naturgenüsse, kam ich wohlgemuth, wenn auch müde in Livadia au. Am andern Tage gab es neue Freuden, ich fand das erste Exemplar des durch v. Steven benannten Elater Pareysii , eine große Selten¬ heit, die er mir, beim letzten Sehen in seiner Sammlung, ganz besonders empfohlen hatte. 8 Exemplare habe ich im Ganzen zusammengebracht, von denen jedoch zwei geschenkt und eins gekauft wurde. Nach noch zwei Tagen aber verbot mir der Zustand meines linken Fußes das Gehen ganz und gar, ich mußte eines Geschwürs wegen 1V2 Woche das Bett hüten und verlor dadurch bedeutende Zeit, meine Sammlungen zu fördern. Nachdem ich gesund geworden, machte ich eine Reise nach Sewastopol, zu der mich besonders Herr Professor Becker aus Odessa veranlaßte. Es befinden sich nämlich 25 Werst südwestlich von der Stadt viele Baureste aus ältester Vorzeit, und ich sollte die Ruinen der cyclopischen Mauern, die Herr Becker hier zuerst entdeckt hatte, zeichnen. Die sehr geringen Ueberreste des Tempels der Iphigenie fand ich nach er Beschreibung auch, jedoch ist es wahrscheinlicher, da nach den Ansichten des Herrn von Koppen, der die Alterthümer der Krimm beschrieben hat, der Diana in Höhlen geopfert wurde, daß sich der Tempel in der Erde befinde und die Be¬ hauptungen anderer Forscher irrig sind. ln drei lagen kehrte ich aus 19 2* 20 Sewastopol zurück und wandert, e dann, am 3. September, von Livadia aus, um wieder nach Jenisala zu kommen. Am 12. erreichte ich es, und schon am 15. fuhr ich mit Nogaiern in einer durch Kamele gezogenen Majare fort, um an den Si wasch bei Ton ko zu kommen. Unsere Karawane vergrößerte sich auf dem Wege mehr und mein-, so daß zuletzt wohl 20 Fuhrwerke und 30 Tataren dabei waren. Abends wurde gelagert; beim Feuer, durch Mist unterhalten, kochten sich die einzelnen Gruppen ihr Essen. Ich machte mit meinen Nogaiern Gemeinschaft, da meine Arbusen verzehrt waren und man in den Steppen nichts für den Hunger erhält. Diese Leute kochen, wie die Zigeuner in einem Kessel, der an drei gegeneinander gestellten Stäben hängt, sind aber sehr unsauber; niemals wird ein Kochkessel gereinigt, stets kommt in das daran haftende Fett Schaffleisch, mit Staub besudelt, dazu ein Quantum Wasser und eine Prise Salz. Ist das Wasser im schönsten Sieden, so nimmt man das Fleisch halb gar heraus und thut in die Brühe eine Portion Hirse, die zuvor mit Wasser und den schmutzigen Händen tüchtig gerieben wurde. Obgleich die Zubereitung dieser Speise höchst unsauber war, so setzte ich mich dennoch in den Kreis der Mohamedaner und dankte Gott, daß über¬ haupt nur etwas in den Magen kam, denn Hunger thut weh. In der vierten Nacht hatten wir den Siwasch erreicht, ich verließ mein Fuhrwerk und blieb auf der Steppe, in der fürchterliche Winde tobten, allein. Die Karawane zog weiter. Hinter einer kleinen Erhöhung bettete ich mich, mein Gewehr zur Seite. Am Morgen wanderte ich dann nach Tonko, einem von hier 35 Werst entfernten Oertchen, um daselbst zu bleiben. Nur 4 Tage befand ich mich wohl, erfreut über das reichlich sich bietende Material für Ornithologie. Drei Platalea leucoroclia , ein Pelecanus onocrotaluSj ein junger Ardea nycticoraac waren präparirt; da wurde ich, nachdem ich eine Nacht mit einem Schützen auf die Pelekans-Jagd gegangen war, mich dabei heftig erkältet hatte und Tags zuvor die Fasten der Kleinrussen mitmachen mußte, die mir Leinöl und Fische vorsetzten, so krank, daß ich in der That glaubte, nicht mehr aufzukommen, in der ersten Zeit oft bewußtlos und phantasierend. Ein russischer Arzt behandelte mich falsch, erst dem deutschen Doctor, Herrn Pink, der zufällig hier durchreiste, gelang es, mich einiger¬ maßen wiederherzustellen. Einen Monat lebte ich, ohne das Bett zu verbissen, in diesem Orte, in dem kein Mensch deutsch verstand. Man hatte mich in ein Hospital gebracht, welches namentlich für die Kranken der durchziehenden Salzkarawanen nothdüiftig eingerichtet war. Ohne mich mittheilen zu können, nur die nöthigste Pflege genießend, gesundete ich langsam und bestieg daher noch halb krank eine Britschka, die nach Simferopol fuhr. Einige Nächte mußten wir im Freien bei starkem Regen zubringen, da sich der Fuhrmann in den wegarmen Steppen verirrt hatte. Seit meiner Ankunft in Simferopol nöthigte mich mein Zustand noch 14 Tage den größten Theil des Tages im Bette zu bleiben. Daher konnte ich erst Ende Oktober nach meinem jetzigen Aufenthaltsorte, Jenisala, reisen und mußte die beabsichtigte 20 21 Fahrt nach Odessa, dort meine zwei Collis plombiren zu lassen und sie dem deutschen Consul zur Expedition zu übergeben, unterlassen. Erst im April oder frühestens Ende März, nach wiedereröffneter Dampfschifffahrt, werde ich dorthin und das Nöthige zur Fortschaffung der Sammlungen besorgen. Vom Transport zu Lande kann für zerbrechliche Sachen nicht die Rede sein. Erstens würde der Posttransport zu theuer und zu rasch sein, zweitens aber würden alle Gegenstände an der Grenze untersucht und der größte Theil derselben dabei leicht verdorben werden. Bis zum Frühjahr kann ich daher nur die Verzeichnisse mittheilen und sende hiemit das der bestimmten Gegenstände ein1). Was ich für die Zukunft hier unternehmen werde, kann ich jetzt noch nicht gewiß sagen. Empfohlen durch zwei Personen, deren Fürsprache, wie man mich versichert, großen Werth hat, hoffe ich entweder als Conservator und Zeichner die geographische Expedition mitzumachen, die unter Direction des Herrn Professor v. Nordmann, jetzt in Helsingfors, Ende März aufbrechen wird, um das ganze asiatische Rußland zu bereisen; oder ich begleite vielleicht Herrn Akademiker v. Baer, der den Fischfang in den russischen Meeren beobachten soll, und mit dem ich bereits in Briefwechsel deshalb stehe. Erhalte ich den ersten Platz, so habe ich für 5—6 Jahre ein gutes Engagement und den großen Vortheil der Be¬ kanntschaft verschiedener, hochgestellter Fürsprecher auf welche hier zu Lande Alles ankommt. Außer diesen beiden, mir als vortkeilliaft erscheinenden Anerbieten, fanden sich genug andere. Als Pharmaceut könnte ich einträgliche Stellen beziehen, da mir solche schon bereits angeboten wurden, auch beab¬ sichtigt mich Herr v. Steven, falls aus den Reisen nichts wird, mit festem Gehalt als seinen botanischen Zeichner zu beschäftigen. Meine erste Probe¬ arbeit dieser Art, die jetzt im Moskauer Bulletin gedruckt wurde und die Genera Xiphocoma und Ceratocephalus in Abbildungen darstellt, scheint ihn ver¬ anlaßt zu haben, mehr zu veröffentlichen, obgleich er oft gegen mich äußerte, sein hohes Alter erschwere ihm die Beschreibungen sehr. Jetzt zeichne ich für ihn die Asperifolien, über die er einen Aufsatz dem botanischen Publikum bereits mitgetheilt hat, in welchem er zwei, dem Heliotropium europaeum ver¬ wandte Species beschreibt. Auch von Arguzia Messer schmidtii, die ich am Asowschen Meere sammelte, kommt die erste Abbildung jetzt zu Stande. x) Vergl. Anmerkung 1 auf Seite 1. (Red.) 22 Bericht über die vierundzwanzigste Wander -Versammlung des Westpreussischen Botanisch- Zoologischen Vereins zu Graudenz, am 28, Mai 1901. Im Aufträge des Vorstandes ausgeführt von Dr. Paul KuMM-Danzig. Graudenz, die viertgrößte Stadt unserer Provinz, obwohl gleich ausgezeichnet durch seine centrale Lage wie durch seine schöne und botanisch interessante Umgegend, war bislang noch nicht von unserem Verein besucht und deshalb für dieses Jahr zum Versammlungsort ausersehen worden. Auf Anregung des Vorstandes hatte sich in der Stadt ein Ortsausschuß gebildet, dem die Herren Kommandant Aldenkrott, Rector Ambrassat, Gymnasial-Director Dr. Anger, Geheimer Regierungsrath Landrath Conrad, Oberrealschul- Director Grott, Sanitätsrath Dr. Heynacher, Oberlehrer Hugen, Schulrath Kaphaiin, Director Knuth, Oberlehrer Kronke, Erster Bürgermeister Kühnast, Fabrikant Kyser, Stadtverordneten-Vorsteher Mehrlein, Professor Dr. Reimann, Oberlehrer Dr. Rosikat, Seminar-Director Dr. Rüdenick, Apothekenbesitzer Stricker und Handelskammer -Präsident Ventzki an¬ gehörten. In den Händen dieser Herren, vornehmlich in denen des rührigen Geschäftsführers Herrn Fritz Kyser, lagen die in der Stadt selbst erforder¬ lichen Vorbereitungen für die Tagung, und der eifrigen und erfolgreichen Thätigkeit dieser Herren ist der wohlgelungene Verlauf der Versammlung hauptsächlich zu danken. Bereits am frühen Nachmittag des Vorversammlungstages, Montag, den 27. Mai, trafen einige auswärtige Mitglieder in Graudenz ein und unter¬ nahmen, begünstigt vom schönsten Frühlingswetter, einen Spaziergang zu der südlich am hohen Steilufer der Weichsel belegenen Böslersliöhe. Der reiche Mischbestand, der hier die diluvialen Abhänge bedeckt, bot mannig¬ fache Gelegenheit zu botanischen Beobachtungen; vor allem fielen die zahl¬ reichen schönen, alten und starken Rüstern den pflanzenkundigen Besuchern auf. Nicht minder aber fesselte der herrliche Blick über die Weichsel und das jenseitige Ufer des Stromes, wie er sich aus dem Garten des beliebten Aus¬ flugsortes dem Auge darbietet, ihre Aufmerksamkeit. Gegen Abend trafen i 23 weitere Mitglieder in Graudenz ein, und spät am Abend, mit dem letzten von Laskowitz kommenden Zuge, hielten noch einige Herren ihren Einzug in Graudenz, unter Donner und Blitz und in einem wolkenbruchartigen Regen¬ guß, der stellenweise die Straßen der Stadt in Bäche verwandelte, so daß z. B. vor dem ,, Schwarzen Adler“ das Aussteigen aus dem Hötelwagen nur unter Zuhilfenahme einiger als Nothbrücke dienender Bretter möglich war. Yon 8 Uhr Abends ab entwickelte sich im ,, Schwarzen Adler“ ein fröh¬ liches Treiben. In der gedeckten Veranda des dortigen Gartens versammelten sich die auswärtigen Theilnehmer mit Graudcnzer Damen und Herren zu einem gemüthlichen und zwanglosen Beisammensein. Geschützt vor der Unbill der Witterung und unbekümmert um das Toben der Elemente draußen, fanden sich hier alte und neue Freunde und Bekannte zusammen, und eine angeregte Unterhaltung über botanische und zoologische Themata, über Vereinsfragen und über Alles, was sonst das Herz bewegte, vereinigte die Erschienenen noch lange. Als die Letzten aufbrachen, um zur Ruhe oder „behufs Be¬ reicherung ihrer Lokalkenntniß“ ins Cafö zu gehen, hatte das Unwetter längst ausgetobt, und ein sternenklarer Himmel verhieß für die beiden folgenden Versammlungstage prächtiges Wetter und einen schönen Verlauf der ge¬ planten Excursionen. * * Früh am Morgen des Hauptversammlungstages, Dienstag, den 28. Mai, trafen sich die Mitglieder des Vereins in dem Conferenzzimmer der Ober¬ realschule zur geschäftlichen Sitzung, die um 8V4 Uhr durch den II. Vorsitzenden Herrn Professor Dr. SCHMIDT-Lauenburg i. P. mit dem Wunsche, daß der gemeinsamen Arbeit ein guter Erfolg beschieden sei, eröffnet wurde. Der I. Schriftführer Herr Professor Dr. CoxwENTZ-Danzig legt zunächst das erst in den letzten Tagen im Druck fertig gestellte Heft der Vereinsberichte vor, welches die Berichte über die Versammlungen in Flatow 1899 und in Putzig 1900, nebst den zugehörigen Anlagen, umfaßt und den stattlichen Umfang von 186 Druckseiten besitzt. Das verspätete Erscheinen dieses Heftes erklärt sich vornehmlich daraus, daß die Drucklegung des umfangreichen und durch zahlreiche wohlgelungene Abbildungen illustrirten Berichts des Herrn Ew. H. Rübsaamen über seine Reiseu in der Tucheier Heide eine schwierige und zeitraubende Arbeit war, die erst kürzlich abgeschlossen werden konnte. Wie das vorliegende, so umfaßte auch schon ein früheres Heft der Vereinsschriften die Berichte über zwei Wanderversammlungen (XVII. in Stargard 1894 und XVIII. in Christburg 1895), doch dürfte es sich im Interesse des Vereins nicht empfehlen, dieses Verfahren zur Regel werden zu lassen; im Gegentheil spricht Redner den Wunsch und die Hoffnung aus, daß in Zukunft immer alljährlich der Bericht fertiggestellt und den Mitgliedern übersandt werden möge. 24 Der I. Schriftführer Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig nachfolgenden o Geschäftsbericht für 1900/1901. verliest sodann Meine Herren, auch in dem verflossenen Jahr hat der Verein zwei Mitglieder durch den Tod verloren. Am 3. Oktober v. Js. starb im 75. Lebensjahr der frühere Director der Provinzial-Hebammen- Lehranstalt in Danzig, Geheimer Medizinalrath Dr. Abegg, welcher seit der Gründung unserem Verein angehört und dessen Bestrebungen eine besondere Theilnahme entgegengebracht hat. Sodann ver¬ schied am 1. Dezember v. Js. in Danzig Major a. D. Runge, der viele Jahre hindurch mit Eifer an unseren Versammlungen theilgenommen und zu deren Belebung beigetragen hat. Geboren am 10. September 1847 zu Löwenberg in Schlesien, studirte er in Berlin fünf Semester Naturwissenschaften und Mathematik. Er widmete sich später zwar der militärischen Laufbahn, ver¬ folgte jedoch daneben auch seine naturwissenschaftlichen Neigungen Nachdem er schon in jungen Jahren eine Pflanzen- und eine Käfersammlung begonnen hatte, die aber verdorben waren, legte er 1881 in Metz zum zweiten Mal ein Herbarium an, welches durch seine Reisen in das Riesengebirge und in die Schweiz bereichert wurde. Dabei verwendete er große Sorgfalt auf das Ein¬ legen und Pressen der Pflanzen, sodaß dieselben stets einen sehr sauberen Eindruck machten. Während der letzten fünf Jahre begann er mit gleicher Sorgfalt eine Käfersammlung von Neuem anzulegen, welche schon zwanzig Glas¬ kasten anfüllt. Mitten im Dienst, durch einen Sturz auf der Treppe, ereilte ihn ein frühzeitiger Tod, nachdem er am Abend zuvor noch einen zoologisch¬ botanischen Reiseplan für dieses Jahr entworfen hatte. Lassen Sie uns das Andenken der Verewigten durch Erheben von unseren Plätzen ehren, (Geschieht.) Der Bericht über die XXII. und XXIII. Versammlung des Botanisch-Zoolo¬ gischen Arereins in Flatow bezw. Putzig liegt jetzt in einem stattlichen Druck¬ heft mit 19 Textfiguren vor. Dasselbe enthält besonders auch den ausführ¬ lichen Bericht des Herrn Rübsaamen- Berlin über seine bemerkenswei then Beobachtungen über Insecten, Thiergallen, Arachniden etc. in der Tucheier Heide vom Jahre 1896 und 1897. In dem letzten Jahr hat Herr Fritz Braun durch neun Tage ornithologische Excursionen auf der Elbinger Höhe unternommen; das Ergebniß ist in dem bereits erschienenen Heft mitgetheilt. Ferner ist Herr Dr. Wolterstorff, Kustos am Städtischen Museum in Magdeburg, nahezu sechs Wochen in der Tucheier Heide gereist, um die Fauna der Amphibien, Reptilien und wirbel¬ losen Thiere zu untersuchen. Auch diese Excursionen waren von reichem Erfolg begleitet, jedoch ist der Bericht hierüber noch nicht abgeschlossen. Der Kassenbestand am Ende des Etatsjahres 1900/01 betrug 2559,29 M. Dazu kommt für das neue Jahr die Subvention von 1000 M., wofür der Pro- 3 25 vinzial-Verwaltung der lebhafteste Dank des Vereins auch an dieser Stelle abgestattet sein mag. Angesichfs dieser günstigen Finanzlage wird unser Verein im Etatsjahr 1901/02 seine Ziele in ausgedehntem Maße verfolgen können. Derselbe verliest weiterhin in Vertretung des am Erscheinen behinderten Schatzmeisters Herrn Consul MEYER-Danzig den von demselben erstatteten Kassenbericht für das verflossene Jahr. Behufs Prüfung desselben werden, den Vorschriften der Statuten entsprechend, drei Rechnuugsrevisoren ernannt, und zwar die Herren Professor Dr. BAIL-Danzig, Stadtrath Dr. Helm- Danzig und. Oberlehrer REHBERö-Marienwerder. Im Anschluß an die Vorlage des Kassen¬ berichts wird — in Uebereinstimmung mit einem seit Jahren schon öfters geübten, aber bisher nicht formell sanctionirten Verfahren — der I. Schriftführer er¬ mächtigt, in Behinderung der beiden Vorsitzenden, die etwa für den Verein eingehenden Rechnungen zur Zahlung durch den Schatzmeister anzuweisen. Durch diese Bestimmung soll unliebsamen Verzögerungen im Geschäftsgang vorgebeugt werden, wie sie bei genauer Befolgung der bisher gütigen Vor¬ schriften unvermeidlich wären, sofern beide Vorsitzende ihren Wohnsitz außer¬ halb Danzigs haben. Der I. Schriftführer trägt sodann den vom Vorstände vorgeschlagenen Arbeitsplan für 1901/1902 vor. Seit dem Jahre 1898 hat kein Botaniker im Aufträge des Vereins die Provinz bereist. Dieser Umstand erklärt sich vor allem aus der Schwierigkeit, geeignete Kräfte für diesen Zweck zu ge¬ winnen. Die wenigen einheimischen Pflanzenkenner sind zumeist viel zu sehr durch ihre Dienst- oder Berufsgeschäfte in x4nspruch genommen, um mehrere Wochen hindurch andauernde botanische Excursionen, wie sie zur gründlichen Durchforschung eines bestimmten Gebietes erforderlich sind, ausführen zu können. Auch die an Berliner Museen angestellten Herren, die in früheren Jahren zuweilen unseren Wünschen entsprochen haben, sind zur Zeit aus dem gleichen Grunde unabkömmlich. Da aber eine erneute botanische Bereisung- dringend erwünscht erscheint, um so mehr als wichtige botanische Fragen eine baldige umfassende Bearbeitung erfordern, hat der Vorstand sein Augenmerk auf einen auswärtigen jungen Botanikei-, Herrn Dr. Ahlfvengren in Ystad, gelenkt, der durch die Herren Akademiker A. G. Nathorst in Stockholm und Professor Svante Murbeck in Bund warm empfohlen ist. Herr Dr. Ahlfvengren hat sich bereit erklärt, unter den im Verein üblichen Be¬ dingungen in diesem Sommer eine 7 — 8 wöchige botanische Reise in der Provinz behufs Bearbeitung bestimmter, ihm vom Verein näher zu bezeichnender Auf¬ gaben auszuführen. Der Vorstand beantragt nun, Herrn Dr. Ahlfvengren mit einer botanischen Bereisung in dem angegebenen Umfange zu betrauen und ihm als Aufgabe die Untersuchung der Pflanzenformationen der Moore im südöstlichen Tlieil der Provinz zu stellen. Diese Aufgabe erscheint besonders dringlich, weil durch die rapide fortschreitende Meliorirung und 4 26 Kultivirung der Moorflächen deren Beschaffenheit so verändert wird, daß auch die ursprüngliche Pflanzendecke schwindet und bald schneller bald langsamer einer oft völlig anderen Platz macht. Schon jetzt ist es bei uns schwer, ein ganz ursprüngliches Moor aufzufinden, und die Erforschung der Pflanzen¬ gemeinschaften der Moore muß daher bald ins Werk gesetzt werden, wenn wir nicht zu spät kommen wollen*). — Nachdem Herr Professor Dr. BAiL-Danzig den Antrag warm empfohlen hat, wird derselbe von der Versammlung an¬ genommen, die sich auch damit einverstanden erklärt, daß dem Sendboten Reisekostenentschädigung von dem Ort an, wo er deutschen Boden betritt bezw. bis zu dem Ort hin, wo er denselben verläßt, gewährt wird. Es gelangt sodann ein Schreiben des Directors der Naturforschenden Ge¬ sellschaft zur Vorlage, worin derselbe dem Verein ein ursprünglich an die Naturforschende Gesellschaft gerichtetes, von derselben aber aus Mangel an verfügbaren Mitteln mit Bedauern abschlägig beschiedenes Gesuch des Herrn Referendar Dr. HENRici-Langfuhr um Gewährung eines Stipendiums zur Unter¬ stützung seiner ornithologisclien Studien warm zur Berücksichtigung empfiehlt. Nach den vom Vereinsvorstand mit Herrn Dr. Henrici gepflogenen Verhand¬ lungen beabsichtigt derselbe, seine schon seit längerer Zeit betriebenen ornitho- logischen Studien — bei denen er unter Anderem die höchst interessante Thatsache feststellen konnte, daß die bisher nur vor mehr als fünfzig Jahren am Drausensee als Brutvogel beobachtete Zwergmöwe, Larus minutus Pall., auch jetzt noch dort in ziemlicher Anzahl brütet — auf ein weiteres Gebiet unserer Provinz auszudehnen. So plant er, abgesehen von einer Vervoll¬ ständigung seiner Durchforschung des Drausensee-Gebiets eine ornithologische Untersuchung des Durchbruchsgebiets der Nogat bei Jonasdorf, des Neustädter Gebiets und der Umgegend des Zarnowitzer Sees, ganz im Norden unserer Provinz. Da diese Arbeiten des Herrn Dr. Henrici ganz in den Rahmen der Vereinsthätigkeit fallen, so beantragt der Vorstand, demselben als Bei¬ hilfe zu seinen ornithologischen Studien 150 M. zu bewilligen, mit der Bedingung, daß er seine Berichte darüber für unsere Vereinsschriften zur Ver¬ fügung stellt. Die Versammlung beschließt dementsprechend**). Außerdem schlägt der Vorstand auch noch eine ento mologische Be¬ reisung eines Theiles der Provinz vor. Abgesehen von der Umgegend einiger Städte, insbesondere Danzig’s, sind bisher nur ganz wenige Theile unserer Provinz eingehend und planmäßig auf ihre Insectenfauna und ihre niedere Thierwelt überhaupt untersucht worden. Und doch zeigen die Resultate derartiger Bereisungen, wie z. B. der im letzten Vercinsheft publicirten RÜBSAAMEN’schen Reisen durch die Tucheier Heide, wie viel des Interessanten *) Ausführlichere Angaben über die einschlägigen Verhältnisse finden sich in dem Vor¬ trage: Conwentz. Die Gefährdung der Flora der Moore. Prometheus. No. 635. — XIII. Jahr¬ gang 1901/1902. No. 11. **) Der Bericht über die Umgegend des Zarnowitzer Sees folgt bereits weiter unten hier bei (Anlage B). 0 27 und für die Provinzialfauna, ja selbst für die Wissenschaft überhaupt Neuen bei zweckentsprechend und von geeigneten Kräften durchgeführten Sammel¬ reisen bei uns noch zu finden ist. Nachdem schon früher Verhandlungen angeknüpft waren, ist es nunmehr gelungen, Herrn Dr. Kuhlgatz- Berlin, Assistenten am Königlichen Zoologischen Museum, für eine mehrwöchige ento- mologische Bereisung der Provinz in diesem Sommer zu gewinnen. Der Vorstand beantragt daher bei der Versammlung die Bewilligung der für eine solche Reise erforderlichen Mittel mit der Maßgabe, daß Herr Dr. Kuhlgatz den südöstlichen Theil der Provinz auf seine Insecten- und Kleinthierfauna durchforschen soll, unter besonderer Berücksichtigung der bisher bei uns wenig beachteten Insecten-Ordnungen der Orthoptera , Neuropterci und Hemiptera. Die Versammlung beschließt entsprechend dem Anträge des Vorstandes. Was endlich die vom Verein bereits auf seiner vorjährigen Versammlung in Putzig in Aussicht genommene Publication der Untersuchungen des Herrn Oberlehrer Dr. Lakowitz - Danzig über die Flora der Danzig er Bucht anbetrifft, so ist Weiteres darüber nicht zu berichten, da die betreffende Arbeit noch nicht fertig vorliegt. Im Hinblick darauf, daß die Arbeit jedoch ziemlich umfangreich zu werden verspricht, und daß ihre Drucklegung daher voraussichtlich nicht unerhebliche Kosten verursachen wird, ermächtigt die Versammlung auf Antrag des Vorstandes den I. Schriftführer, an den West¬ preußischen Fischerei- Verein mit der Frage heranzutreten, ob derselbe, mit dessen Arbeitsgebiet die Untersuchungen des Herrn Dr. Lakowitz ja vielfach in inniger Beziehung stehen, sich etwa gemeinsam mit unserem Verein an der Herausgabe des Werkes und der Tragung der dadurch entstehenden Kosten zu betheiligen geneigt ist. ln ähnlicher Weise hat sich seiner Zeit unser Verein an der Herausgabe der im Aufträge des Westpreußischen Fischerei- Vereins durch Herrn Dr. Seligo ausgeführten , .Untersuchungen in den Stuhmer Seeen“ betheiligt. Es folgt nunmehr die Wahl des Vorstandes für 1901/1902. Nach den Statuten soll eigentlich Zettelwahl stattfinden, doch erklärt die Ver¬ sammlung einstimmig die auch in früheren Jahren geübte Wahl durch Zuruf für zulässig. Der I. und II. Vorsitzende werden nunmehr durch Zuruf einstimmig wiedergewählt; ebenso wird der bisherige I. Schriftführer einstimmig wiedergewählt, jedoch erklärt sich derselbe außer Stande, das Amt unter den bisherigen Voraussetzungen weiterzuführen. Nach seiner Ansicht sei der I. Schriftführer für die rechtzeitige Fertigstellung der jedesmaligen Vereius- berichte verantwortlich, aber wie die Arorkommnisse der letzten Jahre gezeigt haben, ist dieselbe nicht immer thatsächlich erfolgt. Einerseits wären nicht immer die Referate der Vortragenden und die Reiseberichte der Sendboten pünktlich eingegangen, und andererseits habe er, seitdem die Versammlungs¬ berichte nicht mehr von ihm, sondern von einem andern, besonders damit be¬ trauten Mitglied zusammengestellt und bei der Drucklegung überwacht werden, auch auf die Fertigstellung dieser nicht mehr einen genügend bestimmenden 28 Einfluß, um für ein rechtzeitiges Erscheinen derselben einstehen zu können. Er könne daher die vorerwähnte Verantwortlichkeit und damit das Schriftführer- amt nicht mehr übernehmen. Die Versammlung wünscht jedoch, daß der I. Schriftführer die Wiederwahl annehmen möchte, und beschließt, ihn von der speciellen Verantwortung für die Berichterstattung, insbesondere für die recht¬ zeitige Fertigstellung der Vereinsberichte, zu entbinden; hierauf nimmt Herr Professor Dr. Conwentz die Wiederwahl an. Endlich werden auch der II. Schriftführer und der Schatzmeister durch Zuruf einstimmig wiedergewählt, und der Vorstand setzt sich demnach aus folgenden Herren zusammen: Dr. H. von KLiNGGRAEFF-Paleschken (I. Vorsitzender), Professor Dr. ScHMiDT-Lauenburg i. P. (II. Vorsitzender), Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig (I. Schriftführer), Oberlehrer Dr. LAKOWiTZ-Danzig (II. Schriftführer), Consul MEYER-Danzig (Schatzmeister). Zum Versammlungsort für 1902 wird vom Vorstand Könitz in Vor¬ schlag gebracht und vom Verein gewählt, mit der Maßgabe, daß der Vorstand berechtigt ist, auch einen andern Ort für die Versammlung zu bestimmen, falls sich ihrer Abhaltung in Könitz etwa unvorhergesehene Schwierigkeiten in den Weg stellen sollten. — Hierbei macht der Director des Provinzial- Museums, Herr Professor Dr. Conwentz - Danzig die Mittheilung, daß der Herr Landeshauptmann der Provinz Westpreußen es für die Zukunft als nicht angängig bezeichnet habe, daß zur Pfingstzeit beide wissenschaftlichen Beamten des Provinzial-Museums — wie bisher zur Theilnahme an der Ver¬ eins-Versammlung — von Danzig abwesend sind. Gerade um diese Zeit finde ein reger Besuch Danzigs von auswärts statt, und leicht könnten auch aus¬ wärtige Fachgelehrte zu Studienzwecken ins Museum kommen, wo sie das Fehlen jeglicher wissenschaftlicher Führung mit Recht unliebsam empfinden würden. Der Herr Landeshauptmann hat daher die Erwägung nahe gelegt, ob der Verein seine Versammlungen nicht von den Pfingsttagen — etwa auf den Herbst — verlegen wolle. — Der Veiein hat aus anderen Gründen schon vor längerer Zeit wiederholt die Frage einer Verlegung der Versammlungen erörtert. Er konnte dabei aber nicht die Ueberzeugung gewinnen, daß der Herbsttermin für das Vereinsleben besonders günstig sei. Auch jetzt vermag sich die Versammlung so schnell nicht über diese Frage schlüssig zu werden, und verschiebt die Entscheidung darüber bis auf das nächste Jahr. Endlich berichtet, Namens der Rechnungsrevisoren, Herr Stadtrath Dr. LIei jM-Danzig über die Prüfung der Kasse und beantragt, dem Schatzmeister Decharge zu ertheilen. Die Versammlung beschließt demgemäß und spricht ist das Arbeitspensum der geschäftlichen Sitzung erledigt, und dieselbe wird um 9V2 Uhr vom Vorsitzenden geschlossen. * * * 29 Die öffentliche Hauptversammlung des Vereins fand in der prächtigen Aula der neuerbauten Oberrealschule statt. Auf Anregung hatten hier die Herren Oberlehrer Kronke, Professor Dr. Praetorius und Oberlehrer Dr. Tümmler eine umfangreiche Ausstellung botanisch-zoologischer Unterrichtsmittel veranstaltet Auf zwei langen Tischen an den beiden Längsseiten des geräumigen Saales waren hier zahlreiche ausgestopfte Thiere und Thiergruppen, Spirituspräparate, Skelete und Skelettheile, anatomische, biolog'sche und entwickelungsgeschichtliche Präparate, botanische Objecte und Producte unserer Colonicn u. a. m. aufgestellt, und zahlreiche farbige Wand¬ tatein ergänzten und vervollständigten das dargebotene Bild. Alles in Allem war es eine Sammlung, wie sie nicht all zu viele höhere Lehranstalten unserer Provinz zusammenzustellen in der Lage sein dürften. Und eine zahlreiche Menschenmenge, vor allem Damen und Herren aus Graudenz, daneben die Vereinsmitglieder, füllte den Raum, bald in eifriger Unterhaltung, bald mit sichtlichem Interesse die ausgestellten Gegenstände betrachtend. Gegen 10 Uhr Vormittags eröffnet, in Abwesenheit des durch sein schweres Augenleiden an der Theilnahme leider verhinderten I. Vorsitzenden, Herrn Dr. von KLiNGGRAEFE-Paieschken, und auf den Wunsch des II. Vor¬ sitzenden, Herrn Piofessor Dr. Schmidt - Lauenburg, der I Schriftführer Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig die wissenschaftliche Sitzung und erklärt, die Erschienenen herzlich begrüßend, die vierundzwanzigste Wanderversammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins für eröffnet. Gleich darauf, noch vor Eintritt in die specielle Tagesordnung, ergreift Herr Erster Bürgermeister KÜHNAST-Graudenz das Wort zu folgender Ansprache: Hochgeehrte Versammlung! Als Erster Bürgermeister dieser Stadt habe ich die angenehme Aufgabe, Sie hier aufs herzlichste zu begrüßen und Ihnen Namens des Magistrats und der Bewohnerschaft für Ihren Besuch unserer Stadt zu danken. In der letzten Zeit haben wir hier häufig auswärtige Gäste begrüßen können; bald waren es politische, bald sozial wirkende, bald sportliche Vereine. Heute sind es Männer der Wissenschaft, die hier tagen und uns mit den neuesten Fort¬ schritten auf dem Gebiete der Botanik und Zoologie bekannt machen wollen. Wenn wir Graudenzcr auch wissen, daß nicht die Schönheit unserer Stadt und die Reize ihrer Umgebung Sie hergelockt haben dürften, sondern die günstige Lage unseres Ortes im Centrum der Provinz, so freuen wir uns doch nicht minder Ihrer Anwesenheit. Wie sympathisch die Bevölkerung der Stadt den Besuchern und ganz besonders diesem Verein gegenübersteht, dafür haben Sie mannigfache Beweise : das zeigt Ihnen in erster Linie der stattliche Neubau der Oberrealschule, in der wir tagen, die aus städtischen Mitteln erbaut und in hervorragendem Maße dem Unterricht in den Naturwissenschaften zu dienen bestimmt ist, das zeigt Ihnen die reiche Sammlung von Lehrmitteln für diesen Unterricht, die Sie hier ausgestellt sehen, das beweist Ihnen nicht zum letzten 8 BO auch der zahlreiche Besuch der Eiuheimischen iE dieser Versammlung. Wir Graudenzer wünschen Ihnen, meine Herren vom Botanisch-Zoologischen Verein, alles Gute und hoffen, daß Ihre Verhandlungen für denVerein und für weitere Kreise nutz- und segenbringend sein werden. Möge Ihuen nach Ihrer Arbeit in unseren Mauern aber auch die Erholung winken, damit Sie sich bei uns wohl fühlen. Dann wird auch unser Wunsch in Erfüllung gehen, daß Sie beim Scheiden von hier mit Befriedigung auf Ihren Aufenthalt zurückblicken und unserer Stadt ein gutes und freundliches Angedenken bewahren mögen. Im Namen des Vereins dankt Herr Professor Dr. BAIL-Danzig dem Hemm Vorredner für die warme Begrüßung. Er weist darauf hin, daß der Verein schon lange den Wunsch gehegt hat, die Stadt Graudenz zu besuchen, schon deshalb, weil sich hier, besonders unter der Aegide Scharlok’s, die Natur¬ beschreibung eifriger Pflege erfreut habe. Wie gerechtfertigt dieser Wunsch war, das zeige sich auch in den zum Empfange des Vereins getroffenen Vor¬ kehrungen, zu denen vor allem die reichhaltige Ausstellung naturwissenschaft¬ licher Sammlungen gehöre. Zu dem Besitz dieser Sammlungen, wie zu dem neuen Oberrealschul-Gebäude, in dessen schöner Aula er soeben spreche, be¬ glückwünsche er die Stadt Graudenz aufrichtig. Vor allem aber freue ihn die rege Betheiligung einheimischer Damen und Herren an der Versammlung. Gehöre es doch mit zu den Zielen des Vereins und zu den Hauptzwecken seiner öffentlichen Versammlungen, die Schönheiten, die seine Mitglieder bei der liebevollen Beschäftigung mit der Pflanzen- und Thierwelt kennen lernen, und die hehren Genüsse, die ihnen aus dieser Thätigkeit erwachsen, auch Anderen, dem Studium der Natur noch Fernerstehenden, zugänglich zu machen und sie so für dasselbe zu gewinnen. Er wünsche, daß die zahlreichen Gäste aus der heutigen V ersammlung reiche Anregung mit nach Hause nehmen möchten. Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig setzt nun die Präsenz- und die Vortragsliste in Umlauf, bringt eine Anzahl der Berichte über die vorjährige Wander-Versammlung des Vereins in Putzig zur Vertheilung unter die An¬ wesenden und verliest die zahlreich eingegangenen telegraphischen und brief¬ lichen Beglückwünschungen, darunter auch solche von Fräulein Elisabeth LEMKE-Oschekau und von den Herren: Professor Barthel- Breslau, Oberlehrer BocK-Bromberg, Professor Dr. BocKwOLDT-Neustadt, Prokurant Walter KAUFFMANN-Bremen, Oberlehrer Dr. KoRELLA-Danzig, Oberlehrer DiuLakowitz- Danzig, Professor MoMBER-Danzig (zugleich im Namen der Naturforschenden Gesellschaft), Probst a. D. PREUSCHOFF-Frauenburg, Professor Dr. Winkelmann- Stettin und Kustos Dr. WoLTERSTORFF-Magdeburg. — Derselbe macht sodann bekannt, daß das Alterthums-Muscum der Stadt Graudenz, unter Führung des Herrn Director Dr. Anger, für die Versammlungstheilnehmer heute geöffnet sei, und schließt daran Mittheilungen über das nach Schluß der Sitzung im Restaurant Seick stattfindende Frühstück, sowie über die für den heutigen Nachmittag geplante Dampferfahrt nach Sartowitz. o Bl Hierauf hält Herr Professor Dr. BAIL-Danzig einen durch viele lehrreiche Demonstrationsobjecte erläuterten Vortrag: Umschau in der Ordnung der Hülsengewächse. So sehr wir auch der genannten Pflanzenordnung im täglichen Leben zu Dank verpflichtet sind, ist Vortragender bei der Wahl seines Stoffes doch nicht durch praktische, sondern durch ästhetische und wissenschaftliche Gesichts¬ punkte geleitet worden. Zunächst sind es zwei Gewächse aus jener Ordnung ge-' wesen, die ihm an den herrlichsten und berühmtesten Punkten seiner eben beendeten Reise — in Pegli, Genua, am Comersee, in Miramar, Abbazia und Wien — reiche Augenweide gewährt haben. Es waren dies die wegen ihrer langen Trauben großer hellblauer Blüten allgemein beliebte Glycine, Wistaria sinensis , und die über und über im Schmuck ihrer rosa gefärbter Blüten prangende Gerds Siliquastrum. Aber auch auf die Formvollendung und Farbenschönheit der Blüten unser einheimi¬ schen Hülsengewächse, der Papilionaceen oder Schmetterlingsblütler, weist Vor¬ tragender hin, ebenso wie auf den fesselnden Anblick, den selbst noch im Winter unsere Robinien (falsche Akazien) durch ihre kühn und kraftvoll kin- und hergebogenen Aeste gewähren. Außer 1. den Schmetterlingsblütlern gehören zu den Hülsengewächsen noch 2. die Familie der Caesalpiniaceen (Beispiele: der Johannisbrotbaum, die Cassia, der Heuschreckenbaum, die Gerds, die Gleditschia und die Erd¬ nuß) und 3. die Familie der Sinnpflanzen oder Mimosaceen, welche hauptsäch¬ lich die Mimosen und echten Akazien umfaßt. Wie reich der wissenschaftliche, besonders in biologischer Beziehung durch die Ordnung der Hülsengewächse gebotene Stoff ist, weist Vortragender nach, indem er der Reihe nach von jedem einzelnen der Organe besonders interessante Thatsachen hervorhebt, worüber hier nur andeutungsweise be¬ richtet werden kann. Dahin gehören die Wurzelknöllchen der Bohnen, Erbsen, Lupinen und des Klees, welche von Bacterien erzeugt werden, die den freien Stickstoff der Luft in eine Form überführen, in der er erst von der Pflanze verarbeitet werden kann. — Bei der Besprechung der oberirdischen Achsengebilde gelangt wieder Cercis Siliquastrum, der Judasbaum (an dem sich, dem Volksmunde nach, Judas Ischariot aufgehangen haben soll), zur Besprechung. Er ist dadurch gekennzeichnet, daß seine büschelig gestellten Blüten nicht wie die der meisten anderen Gewächse aus den Blattwinkeln, sondern, nach Art der¬ jenigen des Kakaobaumes, aus jeder beliebigen Stelle der Rinde, selbst aus der des Stammes, hervorbrechen. Ferner kommen die oft verzweigten Ast¬ dorne der nordamerikanischen Gleditschia triacanthos , fälschlich Christusakazie genannt, zur Demonstration. Während die Blätter der meisten Hülsengewächse einfach-, die mancher auch doppelt- gefiedert sind, hat Vortragender schon bei früheren Vereinsversamm¬ lungen (in Tuchei 1893 und in Stuhm 1898) darauf aufmerksam gemacht, daß die tu 32 eben erwähnte Gleditschia einfache, einfach- und doppelt-gefiederte Blätter und Uebergangsformen zwischen denselben trägt. Gerds, von welcher Präparate aller Theilc herumgezeigt werden, hat nur einfache, verkehrt herzförmige Blätter, und die Blätter der Lupinen sind bekanntlich gefingert. — In der Familie der Mimosaceen sind die Blattstiele der gefiederten Blätter oft blattartig er¬ weitert und vertreten häufig, als sog. Phyllodien, die Blätter vollständig oder erscheinen, wie bei der verschiedenblättrigen Akazie, Acada heterophylla, untermengt mit doppelt gefiederten Blättern. Am Grunde der Blätter mehrerer echten Akazien sitzen Dorne, welche bei Acada sphaerocephala hohl sind und gewissen Ameisen als Wohnung und Wachtlokal dienen, aus dem, bei Annäherung von Blattschneiderameisen, die Insassen hervorbrechen, um jene zu vertreiben. Solche Ameisenpflanzen, die mit bestimmten Ameisenarten in einer Art Trutz- und Schutzbündniß leben, indem sie den Thieren Nahrung und Wohnung gewähren und dafür von denselben gegen ihre Feinde geschützt werden, sind auch aus anderen Pflanzenfamilien bekannt geworden. — Die uns bei den Akazien bekannte Schlafstellung der Blätter verhindert eine zu starke Wärmeausstrahlung und befördert die für das Zuströmen neuer Nahrungs¬ säfte sehr wichtige Verdunstung. Außer den periodischen Bewegungserschei¬ nungen, welche die Blätter vieler Hülsenfrüchtler allabendlich beim Ueber- gang in die Schlafstellung ausführen, sind bei manchen Mimosaceen auch momentane Bewegungserscheinungen zu beobachten, am schönsten und augen¬ fälligsten bei der brasilianischen Schamhaften Sinnpflanze, Mimosa pudica, deren Blätter aufs Lebhafteste durch jede Berührung oder Erschütterung beeinflußt werden, wie Vortragender des genaueren schildert. Gehen wir zu den Blüten über. Fahne, zwei Flügel und das Schiffchen sind die charakteristischen Theile der Schmetterlingsblüte, doch treten bei der großblütigen Erythrina die Flügel zurück (Nachweis am Präparat) und können auch schon ganz fehlen. Die Caesalpiniaceen haben meist noch Schmetterlings¬ blüten, das Johannisbrot, Ceratonia siliqua, aber entbehrt der Blumenkrone ganz, und die Mimosaceen haben nie Schmetterlings- sondern stets ringsum gleiche Blüten. — Der Hauptunterschied in den Blüten der drei Familien liegt in den Staubgefäßen. Die Mehrzahl der Papilionaceen hat zehn Staubgefäße. Von diesen sind bei allen Arten, bei denen die Innenseite der Staubfäden Honig abscheidet, neun in ein Bündel verwachsen, während das zehnte, obere, frei ist und an seinem Grunde durch Einbuchtung auf beiden Seiten Spalten bildet, durch welche Insectcnrüssel zum Honig gelangen können. Bei den honiglosen Arten, mit Ausnahme der Kronwicke, Coronilla varia, bei der aber die nun überflüssigen Spalten am Grunde des zehnten, freien Staubgefäßes fehlen, sind dagegen alle zehn Staubgefäße verwachsen. Höchst interessant sind die mechanischen Einrichtungen (Hebelwerke) der Blumenblätter, welche das Beschießen oder Bestäuben besuchender Insecten mit Blütenstaub be¬ wirken, das die Befruchtung der Stempel ermöglicht. Ist diese bei unserem an Blutenstaub armen Besenstrauch, Sarothamnus scoparius, erfolgt, dann künden u 33 die herabhängenden Flügel als optischer Telegraph anderen, Beute suchenden Insecten an, daß aus der betreffenden Blüte nichts mehr zu holen ist. — Die Caesalpiniaceen haben meist zehn freie Staubgefäße, das Johannisbrot sogar nur fünf; die Mimosaceen dagegen besitzen viele freie Staubgefäße. Die Früchte der in Rede stehenden Pflanzen sind Hülsen, die sich meistens wie die unserer Erbse in zwei Klappen öffnen und bei ihrer spiraligen oder kreisförmigen Einrollung die Samen häufig fortschnellen, bei der Wistaria sinensis sogar bis 9 m weit, eine Einrichtung, die ein wirksames Verbreitungsmittel der betreffenden Arten bildet. Viele andere Gattungen dagegen haben Gliederhülsen, so die Gattung Ornithopus , zu der die Serradella gehört, deren drei bis vier, dicht bei einander entspringende Gliederhülsen oft täuschend einem Vogelfuß ähneln, ferner die Kronwicke, Coronilla , und endlich der Hufeisenklee, Hippocrepis , mit hufeisenförmigen Hülsengliedern. Diese Halsen zerfallen in ihre Glieder, welche durch den Wind verbreitet werden. Dagegen werden die kreisförmig aufgerollten Hülsen, z. B. des Schneckenklees, Medicago , vom Winde wie Rädchen am Boden umhergerollt. Andere Hülsen wieder werden durch Flügel verbreitet, und manche sind ge¬ dornt, so die des Kleinsten Schneckenklees, Medicago minima, und werden durch Haarthiere fortgeführt. — Vorgelegt werden die über 1 m lange Hülse von Entada scanclens und ihre 5 cm im Längsdurchmesser haltenden kastanien¬ braunen Samen, die durch den Golfstrom aus dem tropischen Amerika und von den Canaren bis nach Nowaja Semlja geführt werden, wo die Kastanien¬ bai nach ihnen genannt ist. Gezeigt werden ferner noch die nicht aufsprin¬ genden Hülsen (und die Samen) des Heuschreckenbaumes, Hymenaea , und die der Erdnuß oder Erdeichel, Arachis hypogaea. Letztere bilden sich, wie die des Trifolium subterraneum , nur aus, nachdem sich ihre Träger in den Boden ver¬ senkt haben. Die Erdeichel, deren Hülsen, neben dem Gummi arabicum der echten Akazien, den Haupthandelsartikel Alexandriens bilden, und aus deren Samen man feinstes Speiseöl gewinnt, wird in Bildern der vom Vortragenden er¬ zogenen Keim- und blühenden Pflanzen vorgeführt. Auch die bis 70 cm laugen, stielrunden Hülsen der Röhrenkassie, Cassia fistula , und ihre Längs¬ und Querschnitte, wie viele schön gefärbte Samen aus Hülsenfrüchten werden herumgereicht. Der außerordentliche Nutzen der Hülsenfrüchtler, in Bezug auf Ernährung der Menschen und Thiere, ferner als Lieferer von Heilmitteln, Gummi arabicum, werthvollen Nutzhölzern, Färb- und Gerbstoffen, wie von feinem Oel, wird vom Vortragenden in Anbetracht der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nur angedeutet, dagegen werden als giftige Arten besonders hervorgehoben: 1) der allbekannte Goldregen, Cystisus Laburnum , dessen Rinde, Blätter und Samen lähmend auf Rückenmark, motorische Nerven und das Athmungscentrum wirken; 2) die Calabarbokne, Physostigma venenosum , welche das zur Verengerung der Pupille verwandte Physostigmin liefert, und deren große, auf der Rückseite mit zwei hervorspringenden Leisten versehene 34 Samen gleichfalls gezeigt werden; endlich 3) der aus Indien stammende Paternosterstrauch, Abrus precatorius. Seine kaum erbsengroßen, lebhaft rothen, mit glänzend schwarzem Nabelfleck versehenen Samen, die wir als Zierde von Muschelkästchen, leider aber auch als Kinderspielzeug antreffen, sind so giftig, daß, wie Dr. Schmorl im Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden 1900 mittheilt, schon das bloße Zerkauen eines halben Samens schwere Vergiftungserscheinungen herbeiführt. Die Vor¬ zeigung einer prächtigen Fruchttraube dieses Gewächses, mit aufgesprungenen Hülsen, bildet den Schluß des Vortrages. Herr Oberrealschul-Director GROTT-Graudenz erläutert sodann in gedrängter Form die reichhaltige, im Sitzungssaale befindliche, der Oberrealschule gehörige Ausstellung botanischer und zoologischer Lehrmittel. In der alten Schule war die Sammlung wegen des engen Raumes nur recht beschränkt, erst das neue, geräumige Gebäude hat es möglich gemacht, sie so auszudehnen, wie es für eine höhere Schule — besonders aber für eine Oberrealschule - — nöthig ist. Wünschenswerth ist es, die Thiere den Schülern nicht nur in einzelnen Exemplaren, sondern möglichst häufig auch in Lebens¬ gemeinschaften vorzuführen. Von diesen sind in der hiesigen Sammlung besonders bemerkenswerth: ein Fuchs, der eine Waldschnepfe zerfleischt, zwei Iltisse, die um einen erbeuteten Specht streiten, ein schöner Auerhahn und ein Birkhahn mit ihren Weibchen. Schöne Gruppen weist die Samm¬ lung in Raben, Lerchen, Meisen, Spatzen und Kolibris auf. — Auch für den Vergleich der Thiere mit ihrem inneren Knochenbau ist genügend gesorgt. Es sei hier verwiesen auf eine Katze, eine Fledermaus, einen Hamster, einen Seehund, eine Schlange, einen Frosch und einen Dorsch mit ihren Skeleten; ein Tümmler, der noch im Frühjahr d. J. in der Danziger Bucht gelebt hat, ziert mit seinem Handskelet die Sammlung. — Auch Skelettheile, wie die Schädel eines Pferdes, Widders, Ebers, ein Pferdehuf, ein Elephantenzahn, eine Walfischbarte und eine Reihe von schönen Geweihen und Gehörnen sind vorhanden. Von einzelnen seltenen Säugethieren enthält die Sammlung ein Gürtel¬ thier und einen Fliegenden Hund. Die Vögel sind in großer Zahl vertreten. Von besonderem Interesse sind die in der Umgegend von Graudenz gefundenen Nester einer Beutelmeise*), eines Rohrsperlings und einer Elster; ferner eine der Schule geschenkte Sammlung exotischer Vögel (aus Neu - Guinea). Unter den Reptilien sind sicher Seltenheiten für Schulsammlungen die in Spiritus aufbewahrten Exemplare einer Riesenschlange, eines Kaimans und von drei Spielarten der Kreuzotter, der gewöhnlichen, der Teufelsotter, die *) Das Pro v i nzi ul-M useum in Danzig besitzt drei Nester der Beutelmeise, Aegithalus pendulinus Vig., die von der Bazarkämpe und von einer anderen Weichselkämpe bei Thorn sowie von einer Nogatkämpe unweit Zeyer im Landkreis Elbing herstammen, (Anmerkung der Redaction.) 13 35 sich mit ihrem schwarzen Kleide dem Moorboden, und der Kupferotter, die sich mit ihrer rothen Farbe dem Sandboden anpassen. — Fische enthält die Sammlung in Spiritus und ausgestopft. Hier sind bemerkeuswerth ein Stör und ein Dornhai, ferner das Gebiß des großen Hundshais. Für den Unterricht in den niederen Thieren hat die Schule reichhaltige Sammlungen von Insecten, Spinnen, Ivrebsthieren und einzelne Vertreter der Würmer, Quallen bis herunter zu den Protozooen. Besonders wichtig sind auch die Präparate der inneren Organe und der Entwickelungsstadien einzelner Thiere. So besitzen wir Situs-Präparate der Ratte, Taube, des Frosches, Barsches, einer Schnecke und einer Teichmuschel, Präparate zum Nachweis der Blutgefäße (durch Doppelinjectionen) einer Ratte und eines Hechtes. Die Entwickelung kann an einer Ente im Ei, einer Schlange, (Ei, auskriechende und junge Schlange), einem Frosche, Goldkäfer und einer Schmeißfliege (vom Ei, zur Larve und dem entwickelten Thier) erklärt werden. Zum Nachweis der Anpassung dient außer einzelnen schon früher ge¬ nannten Präparaten eine Zusammenstellung von mehreren Insecten mit den Gegenständen, denen sie sich anpassen (Mimicry). — Ferner dient eine reich¬ haltige Sammlung von Producten unserer Colonien dazu, das Interesse der Schüler für diese wachzurufen und zu erhalten. — Auch hier mag den Städtischen Behörden der Dank für das Interesse, das sie der Schule durch Anschaffung der schönen Sammlung gezeigt haben, ausgesprochen werden. Herr Professor Dr. Conwentz - Danzig spricht im Namen des Vereins denjenigen Herren, welche sich der Mühe unterzogen haben, die Ausstellung zu Stande zu bringen, den wärmsten Dank aus, und weist darauf hin, daß auch andere Graudenzer Lehranstalten schöne naturgeschichtliche Sammlungen besitzen, so das Gymnasium und vor allem die Höhere Töchterschule, die eine besonders schöne entomologische Sammlung ihr eigen nennt. Darauf hält Herr Oberlehrer REHBERG-Marienwerder einen längeren, durch zahlreiche, von ihm selbst gezeichnete, sehr instructive, farbige Tafeln erläuterten V ortrag Ueber die schädlichen Insecten unserer Getreidearten und ihre Bekämpfung. Der Vortrag ist in etwas erweiterter Ausführung und mit zahlreichen Abbildungen diesem Bericht als Anlage A beigegeben. Herr Professor Dr. CoNWENTZ-Danzig bringt alsdann einige bemerkens- werthe botanische Objecte zur Demonstration, die von Herren aus Graudenz und der Umgegend zur Versammlung mitgebracht sind. So hat Herr Major vom Platz Joachim - Graudenz Zweige der Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., und ein ganz ungewöhnlich großes Blatt der Linde, vom Graudenzer Festungs¬ berge, und Herr Lehrer ZoDROW-Roggenhausen blühende Zweige der Elsbeere aus dem die Hänge des Gardenga- Thaies bei Roggenhausen, Kr. Graudenz, bedeckenden Misch walde mitgebracht. u 36 Im Anschluß an seinen auf der vorjährigen Versammlung in Putzig ge¬ haltenen Vortrag „über Blitzschläge in Bäume" macht Herr Professor Dr. Söhmidt Lauenburg i. P. sodann einige Mittheilungen Ueber das Wetterschiessen. In den österreichischen und baierischen Gebirgsländern ist es eine uralte Sitte, zur Erhöhung der Feststimmung bei religiösen und sonstigen Feier¬ lichkeiten tüchtig mit Böllern zu schießen. Es mag nun wohl vorgekommen sein, daß sich gelegentlich einer solchen Festlichkeit bei drohendem Gewitter der Himmel klärte, woraus dann das Volk die Meinung gewann, daß das Schießen, bezw. die durch dasselbe bewirkte Erschütterung der Luft, einen gewichtigen Einfluß auf das Verschwinden der Gewitterwolken übe. Setzt doch schon Schiller seiner Glocke den Sinnspruch vor ,,Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango". So entstand denn aus dem festlichen Brauch der Glaube, daß man durch recht geräuschvolles Schießen das Wetter aufhellen könne. Da diese Gewohnheit vielfach zu einem gefährlichen Unfug ausartete, wurde das Schießen zeitweilig von der österreichischen Regierung verboten, hat sich aber gleichwohl in manchen Gegenden bis in die neueste Zeit erhalten, und die Bevölkerung glaubt fest an seine wohltliätige Wirkung. Da mancherlei Erfahrungen diese Ansicht zu unterstützen schienen, machten sich vor einigen Jahren der Bürgermeister Stieger in Windisch Feistritz und sein Vertrauter, der Leiter der Greinitz-Hammerwerkc, Suschnig, daran, durch planmäßige Versuche festzustellen, ob denn Böllerschüsse wirklich einen Einfluß auf die Zertheilung der Gewitterwolken ausüben können. Bei seinen Versuchen brachte Suschnig auf den Rath des Obersten Mundy auf der Mündung seiner Böller einen 4 m hohen Trichter an. Beim Schießen flog dann aus der so ver¬ längerten und erweiterten Mündung ein deutlich sichtbarer, laut sausender Wirbelring, der auch mechanische Wirkungen auszuüben vermochte. So wurden in größerer Entfernung aufgestellte Scheiben sammt ihren Gestellen zerrissen, und Hunde und Schwalben, die in den Wirbelring geriethen, wurden mit fort¬ gerissen. Je stärker der Wirbel, je länger und lauter das Sausen war, desto größer var auch die Kraft der Wirbelringe, und desto höher stiegen sie in ü J , j _ die Luft. Eingehende Versuche zeigten, daß die Wirbelringe 400 m bis mehr als 1200 m weit vordrangen. Nach diesen Versuchen schien in der That die Möglichkeit nicht aus¬ geschlossen, durch derartige zweckmäßig geleitete Böllerschüsse vor Beginn des Gewitters die bekanntermaßen niedrig ziehenden Gewitterwolken in wirk¬ samer Weise zu beeinflussen. Nachdem die nöthigen Erfahrungen über die zweckmäßigste Größe und Beschaffenheit der Böller und Trichter, über die anzuwendeude Pulvermenge u. a. m. gesammelt waren, gingen Stieger und Suschnig an die Einrichtung von Schießstationen, die derartig vertheilt wurden, daß ihre Wirbelringe die erfahrungsmäßig in bestimmten Lagen und Höhen vorüberziehenden Gewitterwolken erreichten und so Störungen in der Electricitäts- 15 37 Entwickelung verursachten. Besonders in gebirgigen Gegenden ist der Zug der Gewitter, der sie begleitenden Hagelwolken und deren Höhe der Bevölke¬ rung aus langjähriger Erfahrung genau bekannt. In solchen Gewitterzug¬ strichen wurden mehrere Schießstationen eingerichtet, über deren erforderliche Zahl und Entfernung im Laufe der Versuche nähere Erfahrungen gewonnen wurden. Diese Schießstationen werden von den umwohnenden kleinen Be¬ sitzern mit militärischer Pünktlichkeit bedient, da sie ja ihr eigenes Interesse zur Wachsamkeit treibt. Sobald das Gewitter mit den erkennbaren Hagel¬ wolken naht, beziehen die Bedienungsmannschaften ihre Posten und das Schießen beginnt. Auf diese Weise ist es in manchen Gegenden angeblich gelungen, die früher alljährlich in großer Zahl über den hochkultivirten Weinbergen hin¬ ziehenden Gewitter, welche durch die sie begleitenden Hagelschläge die größten Zerstörungen anrichteten, unschädlich zu machen, sodaß Wetterschäden seit dem Bestehen der Schießstationen nicht wieder eingetreten sind. Nach den vorliegenden Berichten soll das in den Jahren 1899 und 1900 planmäßig durchgeführte Schießen das mit Schießstationen besetzte Gebiet in Steiermark, Ober-Italien und Kroatien die ganze Zeit über hagelfrei gehalten haben, während früher keine Woche des Sommers ohne schwere Gewitterschäden vorübergegangen war. Daher setzen auch die Gemeinden und Behörden der vorzugsweise von Gewitter und Hagel bedrohten Gegenden in dem genannten Gebiet das plan¬ mäßige Schießen trotz der'nicht unbedeutenden Kosten mit aller Sorgfalt ins Werk. Demnach scheint es, daß dem alten Volksglauben doch ein richtiger Kern zu Grunde gelegen hat. Immerhin bedarf es noch weiterer exakter Versuche und Erfahrungen, um den Zusammenhang zwischen dem Schießen und der Gewitterbildung bezw. -Verhütung mit Sicherheit und bis in die Einzelheiten hinein einwandsfrei klarzulegen. Herr Stadtrath Dr. HELM-Danzig legt sodann einige von ihm bei Danzig gesammelte eingeschleppte Pflanzen vor. Da dieselben in der Nähe, bezw. nicht weit vom Güterbahnhofe gefunden sind, ist anzunehmen, daß sie durch den Güterverkehr verbreitet wurden. Es sind: 1. Echinops sphaerocephalus L., in großer Anzahl auf dem Ravelin am Leegethor gefunden; 2. Hyssopus ofßcinalis L., vor dem Leegethor auf den Wällen; 3. Borago ofßcinalis L., in Groß Walddorf bei Danzig; 4. Melilotus coerulea L., ebendaselbst gefunden; 5. Phacelia tanacetifolia Bentham, auf dem Wege nach Krampitz in großer Anzahl verbreitet. Weiterhin berichtet Herr Dr. Helm in längerem Vortrage Ueber die unter dem Kollektivnamen „Bernstein“ vorkommenden fossilen Harze, unter denen der in den Ostseeländern vorkommende Succiuit das bemerkens- wertheste ist. Vortragender benutzt zu seinem Vorfrage eine reichhaltige Sammlung dieser Harze, an welcher er die Eigenschaften derselben demoustrirt. 6t 38 Vom Succinit zeigt Vortragender mehr als 100 Stücke von Farben¬ varietäten, klare vom hellsten Weingelb bis Goldgelb, röthliche, rothe, grünlich schimmernde und hellblaue Stücke, dann durchscheinende und undurchsichtige, kumst- und knochenfarbige, kreideweiße, bräunliche, honigfarbige, dunkel- bis schwarzbraune Stücke. Der Succinit zeichnet sich vor allen andern fossilen Harzen durch seinen hohen Gehalt an Bernsteinsäure, welcher 3 — 8 % beträgt, aus. Der Fundbezirk des Succinits erstreckt sich der Hauptsache nach von den ost- und westpreußischen Küstenländern durch Pommern bis nach Holstein und den friesischen Inseln. Kleinere Fundbezirke befinden sich in den russi¬ schen Ostsee-Provinzen, in Polen und Wolhynien. Selten kommt er in Süd¬ schweden, Holland und an der Ostküste Englands vor. Nach Süden hin findet das Vorkommen des Succinits in vereinzelten Funden seine Grenze an den großen Gebirgszügen der Provinzen Schlesien und Sachsen. Von den, dem Succinit äußerlich ähnlichen fossilen Harzen, welche nicht allein in Europa, sondern auch in anderen Erdtheilen verbreitet sind, legt Vortragender einige zwanzig Sorten vor. Von diesen steht dem Succinit am nächsten ein in Rumänien vorkommendes fossiles Harz, der Bumänit (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. VII. Band, 4. Heft. 1891. Seite 186 — 189), welcher, wie der Succinit, Bernsteinsäure, wenn auch in geringerer Menge, enthält. Vortragender zeigt von verschiedenen Bezugsquellen Stücke von Rumänit vor, welche er chemisch untersucht hat. Sie unterscheiden sich vom Bernstein schon durch ihr Aussehen, in chemischer Beziehung namentlich durch ihren geringeren Gehalt an Bernsteinsäure. Er fand in ihnen 0,3 , 0,9 , 1,35 und 3,2 % Bernstein¬ säure. Klebs in Königsberg untersuchte sechs verschiedene Proben Rumänit nach einer von ihm angegebenen Methode auf nassem Wege und bezeichnete die Proben als frei von Bernsteinsäure (Klebs, Cedarit, ein neues bernstein¬ ähnliches fossiles Harz Canada’s. Jahrbuch der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt und Bergakademie. XVII. 1896. Seite 199 — 230). Vortragender hat sich in Folge dieser Mittheilung nochmals Probestückchen von Rumänit verschafft, und zwar aus ganz zuverlässiger Quelle, von Gangel- berger in Bukarest. Er untersuchte einen Theil derselben auf trockenem Wege durch Destillation, einen anderen auf nassem Wege nach der von ihm im Archiv der Pharmazie (Band VIII, Heft 3. 1877) angegebenen Methode und fand im Widerspruch zu den Resultaten des Herrn Klebs in ihnen auf trockenem Wege l,so % Bernsteinsäure, auf nassem Wege fast ebenso viel. Wenn sich diese Differenzen in der chemischen Untersuchung nicht auf¬ klären, kommt in Rumänien sowohl ein bernsteinsäurehaltiges wie ein bernstein¬ säurefreies fossiles Harz vor. — Die Farbe des Rumänits ist gewöhnlich bräunlichgelb bis braun, selten gelb, und undurchsichtig; es kommen aber auch durchsichtige, durchscheinende bis undurchsichtige braune Stücke vor; sie haben gewöhnlich im Innern eine rissige Beschaffenheit, oft sind die Risse dunkeier gefärbt, und das Stück sieht dann schön dunkelgeadert aus. Der 17 39 Rumänit ist so hart wie Succinit, läßt sich auch ebenso gut wie dieser be¬ arbeiten. Er wird in Rumänien in kohligen, blättrigen Schiefern und in Sand¬ schichten gefunden, auch auf secundärcr Lagerstätte, namentlich zwischen Bachgeröllen. Den Succinit an Schönheit übertreffend, wenn es geschliffen und polirt wird, ist ein in Sizilien vorkommendes fossiles Harz, der Simetit (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. V. Band, 1./2. Heft. 1881. Seite 293 — 295, und V. Band, 3. Heft. 1882. Seite 8 — 9; Malpighia. 1886. Ann. 1, fase. 2). Vortragender zeigt eine Anzahl prächtiger Stücke davon vor, namentlich hellweinrothe, rothgelbe, rein rothe durchsichtige bis granat- rothe, ferner prächtig grünlich und blauschillernde, hell- und dunkelbraune undurchsichtige und ganz schwarze glänzende Stücke. Der Simetit enthält keine Bernsteinsäure; er giebt durch trockene Destillation nur ein wenig Ameisensäure ab. Die durchsichtigen Stücke zeichnen sich durch ihre lebhafte Fluoreszenz aus. Im polarisirten Licht zeigt der Simetit sehr lebhafte Inter¬ ferenzfarben, welche zweimal bei einer vollen Umdrehung des Polarisators wechseln, blau und gelb, grün und orange, violett und roth. Der Simetit trägt seinen Namen von dem Flusse Simeto, am Fuße des Aetna, wo er auf secun- därer Lagerstätte nicht häufig gefunden wird. Dieselbe Eigenschaft, zu fluoresziren, schön blau und grünlichblau, und unter dem Polarisator lebhafte Interferenzfarben, blau und orange, zu zeigen, besitzt ein in Birma vorkommendes, in mehreren Stücken vom Vortragenden vorgeführtes fossiles Harz, der Birmit (Schriften der Naturforschenden Gesell¬ schaft in Danzig. N. F. VIII. Band, 3./4. Heft. 1894. Seite 63 — 66). Der Birmit findet sich nach Dr. Fritz Nötling in posteoeänen Schichten nördlich von Mogaung in Oberbirma. In den Farbentönen dieses Harzes, welches eben¬ falls frei von Bernsteinsäure ist, herrscht verhältnißmäßig Monotonie. Vor¬ wiegend sind die dunkelbraunen undurchsichtigen Farbentöne, seltener rubin- rothe durchsichtige und durchscheinende, sehr selten goldgelbe klare und weingelbe fluoreszirende Stücke, welche von den Birmanen am höchsten ge¬ schätzt und theuer bezahlt werden. Vortragender zeigt von letzterem ein schönes, geschliffenes Ohrpflöckchen von etwa 3 cm Länge und 1,5 cm Breite vor. Der Birmit ist etwas härter als Succinit, er setzt dem Drechsler oder Schnitzer deshalb einen größeren Widerstand entgegen. Von bernsteinähnlichen fossilen Harzen aus Galizien zeigt Vortragender eine große Anzahl, die von verschiedenen Orten dieses Landes ihren Ursprung herleiten. Zwei bei Lemberg im tertiären Sandstein eingelagerte, dunkelrothe, undurchsichtige Stücke enthalten 4 % Bernsteinsäure, ein drittes bei Eisen- bründel ebenfalls in Sandstein vorkommendes, helldurchsichtiges, röthlichgelb gefärbtes Stück enthält 3,35 % Bernsteinsäure; ein viertes, von demselben Fundorte aus Thonlagern entnommenes enthält 5 % Bernsteiusäure; letzteres hat die Härte von Succinit und eine röthlichgelbe Farbe. — Dann stammen uoch zwei, wie Succinit aussehende fossile Harze aus Galizien, welche Vor- 18 40 tragender von Herrn Professor J Nied&wiedski in Lemberg erhalten hat, und welche den untertertiären Schichten der Karpathenränder bei Delanyn in Ostgalizien entnommen waren. Das eine ist von hellgelber Bernsteinfarbe, ziemlich hart und enthält 0,74 % Bernsteinsäure, das andere, ebenfalls ziemlich harte, von dunkler undurchsichtiger Beschaffenheit enthält 1,67 % Bernstein¬ säure. Beide geben bei der trockenen Destillation noch etwas Ameisensäure ab. — Aus Galizien liegen noch einige bernsteinsäurefreie fossile Harze vor, vor allem der auch in der Bukowina vorkommende Schrauffit, von dunkel- rother undurchsichtiger Farbe. Ihm ähnlich, vielleicht identisch, sind drei in Eisenbründel und in Mizun bei Lemberg im untertertiären Karpathensandstein vorkommende, ebenfalls dunkelroth bis rothgelb aussehende, undurchsichtige fossile Harze. Aus Spanien hat Vortragender einige Stücke eines fossilen Harzes erhalten, welche in der Kreideformation in der Nähe von Oviedo gefunden worden waren. Die Stücke zeigen dunkele Farben töne, in roth und bräunlich, sind undurchsichtig, weniger hart als Succinit und enthalten keine Bernsteinsäure. Nach Dr. Francisco Quinoza in Madrid kommen auch in Asturien und bei Valencia bernsteinälmliche fossile Harze vor, welche frei von Bernsteinsäure sind. Sehr ähnlich dem spanischen Bernstein sind fossile Harze, die in den Apenninen gefunden werden, und welche Vortragender genauer untersucht hat (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. V. Band, 3. Heft. 1882. Seite 11 — 14). Stücke aus dem Sitta- und dem Sillarothale bei St. Clemente sind zum Theil braunroth und undurchsichtig, zum Theil honigfarbig und halb¬ durchsichtig; sie sind stark verwittert. Andere Stücke, bei Scanello gefunden, sind klar und durchsichtig, schön orangeroth bis weinroth. Letztere gleichen dem Succinit schon mehr, sind jedoch lange nicht so hart als dieser und zu Drechslerarbeiten deshalb wenig geeignet. Die untersuchten Proben enthalten keine Bernsteinsäure. Aus Syrien legt Vortragender einige Stücke von bernsteinähnlichen fossilen Harzen vor, welche er seiner Zeit von Herrn Professor Dr. Fraas in Stuttgart erhalten hat, der größere Mengen davon aus Kreideschichten im Libanon gesammelt hatte. Alle hierher gesandten Stücke sind wenig zu¬ sammenhängend. Ihre Farbe ist theils honiggelb bis bräunlichgelb, theils orange- bis hellblutroth; einige sind durchsichtig, andere nur durchscheinend. Die vom Vortragenden chemisch untersuchten Stücke enthalten keine Bern¬ steinsäure. Aus Japan zeigt Vortragender einige Stücke sogenannten Bernsteins, welche Herr Dr. Carl Gottsche dem Westpreußischen Provinzial -Museum übersandt hat. In Nordjapan kommt dieses Harz in jungtertiären Sauden bei Kuji, Regierungsbezirk Iwatekun, vor; ein Stück ist von tertiärer Kohle ein¬ geschlossen und stammt aus Inotani. Alle Stücke enthalten keine Bernstein¬ säure (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. VII. Band, 4. Heft. 1891. Seite 199- — 201). Ihre Farbe ist hellgelb bis gelbbraun und un- 19 41 durchsichtig. Vortragender hat durch Herrn Dr. 0. Schneider in Dresden zwei schöne Götterstatuetten, welche aus japanischem Bernstein geschnitten waren, zur Ansicht erhalten; dieselben sind com Succinit in Farbe, Härte und Glanz nicht zu unterscheiden. Aus China stammend zeigt Vortragender ein Stückchen eines dunkel- rothen fossilen Harzes vor, welches wahrscheinlich identisch ist mit Birmit, vielleicht auch einst aus Birma bezogen wurde. Dann legt Vortragender noch eine Anzahl schön dunkelrother, durch¬ sichtiger und durchscheinender Stücke vor, welche aus Mexico stammen. Sie gleichen an Farbe, Härte und Feuer außerordentlich dem in Sizilien vorkommen¬ den Simetit, zeichnen sich auch, wie dieser durch Fluoreszenz aus. Sie sind frei von Bernsteinsäure. Aus Frankreich erhielt das Westpreußische Provinzial-Museum mehrere bei Havre (Seine införieure) gefundene Stücke eines bernsteinähnlichen fossilen Harzes, welches in seiner Mikrostruktur Aehnlichkeit mit dem vom Vortragen¬ den beschriebenen Glessit hat. Auch in der Härte stimmt es mit diesem unter Succinit sehr selten vorkommenden Harz überein. Bernsteinsäure fand sich in den hellgelben Stücken nicht, in den dunkelgefärbten nur in Spuren. Aus Belgien hat Vortragender ein bernsteinähnliches fossiles Harz durch Herrn F. Meunier in Brüssel zur Untersuchung erhalten, welches aus dem belgischen Laudenien bei Brabant stammt. Es besitzt eine wasserhelle bis hellweingelbe Farbe, ist so hart wie Succinit, jedoch frei von Bernsteinsäure. Aus Kanada stammen Proben eines bernsteinähnlichen fossilen Harzes, welches Vortragender von Fräulein Lemke, unserem Mitgliede, erhielt. R. Klebs in Königsberg hat dieses fossile Harz eingehend untersucht, seine chemischen und physikalischen Eigenschaften festgestellt (Jahrbuch der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt und Bergakademie. XVII. 1896. Seite 199 — 230). Er gab ihm den Namen „Cedarit“, weil es am Cedar Lake und in dessen Umgebung in großer Menge gefunden wird, und zwar im Alluvium, wahrscheinlich aus dem Tertiär stammend. Es finden sich unter dem Harz klare gelbe Stücke, selten sind sie rötldichgelb; die trüben Stücke zeigen meist eine dunkelbraune Farbe. Die Härte des Cedarits ist geringer als die des Succinits. Klebs fand in dem Harz keine Bernstein¬ säure. Aus Fehlenberg im Canton Genf in der Schweiz legt Vortragender einige klare, goldgelbe Stücke eines fossilen Harzes vor, welches wie Succinit aussieht. Das Harz ist unter dem Namen „Allingit“ von Dr. A. Bilfinger in Heilbronn untersucht und beschrieben worden. Dr. Bilfinger fand in ihm eine flüchtige organische Säure, welche er für Bernsteinsäure hält. Chemische Reaktionen auf diese Säure giebt er jedoch in seinem Bericht nicht an. Vortragender hat in den ihm vorliegenden Stücken keine Bernsteinsäure finden können. 20 42 Des Weiteren führt Vortragender noch aus, daß auch in der eigentlichen Heimat des Succinit, Ost- und Westpreussen, und mit ihm zusammen, aller¬ dings sehr selten, zwei fossile Harze Vorkommen, die dem Succinit im Aeußern ähnlich sind, aber keine Bernsteinsäure enthalten. Sie wurden von ihm unter dem Namen „Gedanit“ und „Glessit“ beschrieben (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. IV. Band, 3. Heft. 1878. Seite 214—216, und V. Band, 1./2. Heft. 1881. Seite 291 — 293; Archiv der Pharmacie. 1878. X, Band, 6. Heft). Ersterer sieht gewöhnlich hellweingelb aus und ist durchsichtig, seltener hat er eine schmutziggelbe Farbe und ist dann undurchsichtig. Auf der Oberfläche sieht er wie abgerieben und bestaubt aus; es ist das eine dem Gedanit eigenthümliche Verwitterungserscheinung. Er ist weicher als Succinit, splittert leicht beim Brechen und Schneiden, der Bruch sieht muschelig aus und ist glänzend. Beim Erwärmen bläht sich der Gedanit schon bei einer Temperatur von 140 — 180° C. blasig auf und schmilzt dann bei weiterer Temperaturerhöhung allmählich unter Ausstoßung von Dämpfen, welche die Schleimhäute der Nase und des Schlundes, da sie keine Bernsteinsäure enthalten, nur wenig reizen. Nicht zu verwechseln mit dem Gedanit ist eine häufiger unter dem Succinit vorkommende Abart des letzteren, der sogenannte ,, mürbe Bernstein“, welcher weniger hart und widerstandsfähig ist, als der eigentliche Succinit, aber auch Bernsteinsäure enthält (Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. IX. Band, 1. Heft. 1896. Seite 52 — -57). Der Glessit ist ebenfalls frei von Bernsteinsäure, besitzt eine gelbliche bis gelblichbraune Farbe, ist gewöhnlich undurchsichtig und weicher als Succinit. Er charakterisirt sich durch seine eigenthümliche Mikrostruktur. In Dünnschliffen dieses Harzes sind nämlich bei etwa 200-facher Vergrößerung zahlreiche kugelrunde zellige Gebilde wahrzunehmen; sie wechseln darin in allen Größen ab und sind mit einem körnigen Inhalt angefüllt, welcher sich bei stärkerer Vergrößerung wieder in kleine runde Zellkörperchen auf lösen läßt. Der Glessit ist nach dieser seiner Beschaffenheit als ein ehemaliges Gummiharz anzusprechen. Nach diesen Ausführungen unterscheidet sich der eigentliche Bernstein, der Succinit, von allen anderen unter dem Namen „Bernstein“ vorkommenden fossilen Harzen recht wesentlich, namentlich durch seinen hohen Gehalt an Bernsteinsäure (3 — 8 %). Diese vom Vortragenden durch Jahre fortgesetzten Untersuchungen haben wesentlich zur Klärung und Kenntniß der unter dem Kollektivnamen „Bern¬ stein“ in den verschiedenen Ländern der Erde vorkommenden Harze bei¬ getragen; namentlich sind die Resultate seiner Untersuchungen von großer Tragweite für die vorgeschichtliche Forschung; denn man kann jetzt, leichter als früher, die in verschiedenen Ländern in alten Grabstätten gefundenen Artefakte von Bernstein auf ihre Abstammung untersuchen und erkennen. 21 43 Es ist eine bekannte Thatsache, daß außerordentlich häufig Schmuck- gegenstände, aus Bernstein angefertigt, in alten Grabstätten gefunden werden, nicht allein bei uns, wo der Bernstein zu Hause ist, sondern auch in anderen, weitab belegenen Ländern, namentlich des Mittelmeergebietes. Der Bernstein ist zu diesen Völkerschaften schon seit den ältesten Zeiten durch den Handel hin¬ gekommen und hat ihre Aufmerksamkeit in hohem Grade erregt; denn die wunderbar geheimnißvolle Natur dieses Körpers, verbunden mit seiner glänzenden Erscheinung, machten ihn allgemein beliebt und begehrenswerth sowohl als Gegenstand des Schmuckes, wie auch als Schutzstein. Der Bernstein ver¬ einigte nach der Ansicht der Alten in sich alle Eigenschaften, die bei den andern Schutzsteinen nur vereinzelt hervortraten; er verband die Anziehungs¬ kraft des Magneten mit dem Lichtglanze der Edelsteine und dem Schimmer des Goldes. Sie schrieben ihm wegen seiner Anziehungskraft eine Seele zu. Die wunderbare Erhaltung der in ihm oft eingeschlossenen Thiere bestärkte die Alten in ihrer Annahme, daß der Bernstein die Lebenskraft und Lebens¬ frische erhalte. Aus diesen Gründen war der Bernstein bei ihnen ein ge¬ suchter und gutbezahlter Handelsartikel. Handelsstraßen führten von der fernbelegenen baltischen Küste auf mühsamen und beschwerlichen Wegen nach dem Süden. Wäre es möglich gewesen, daß die alten Völker den geschätzten Stein aus näher belegenen Orten hätten beziehen können, so hätten sie solches sicher gethan. Es gilt das namentlich von den in Sizilien, Ligurien, Rumänien und Oberbirma gefundenen sogenannten Bernsteinen, welche hart und gut be¬ arbeitungsfähig sind; es gilt auch bedingungsweise von den weniger gut zu bearbeitenden fossilen Harzen, welche in den Apenninen, in Syrien, Spanien und in andern vorhin angeführten Ländern Vorkommen. Es war deshalb sehr natürlich, daß Prähistoriker die Ansicht aussprachen, daß das Rohprodukt der in den alten Grab- und sonstigen Fundstätten der Mittelmeerländer gefundenen bearbeiteten Bernsteingegenstände nicht den weiten Weg von der Ostsee bis dorthin gemacht habe, sondern d;;ß es aus heimischen oder näher belegenen Ländern stamme. Es wurde das namentlich behauptet von den aus den mehr als 3000 Jahre alten Königsgräbern von Mykenae entnommenen Bernsteinperlen und von den in den Grabstätten der italisch- keltischen und der etrurischen Epoche Italiens vorkommenden Bernsteinschmuck¬ gegenständen. Vortragender trat diesen Ansichten in den Jahren 1872 und 1874 zuerst entgegen. Er hatte sicli zur Begründung seiner entgegenstehenden Ansicht aus den vorbezeichneten Ländern die dort natürlich vorkommenden bernsteinähnlichen fossilen Harze kommen lassen und sie chemisch untersucht. Ebenso hatte er sich zahlreiche Bernsteinartefakte, namentlich aus den Mittel¬ meerländern und den dortigen alten Fundstätten verschafft, wobei ihn die Herren Virchow, Schliemann, Gozzadini und Pryorini wesentlich unter¬ stützten. Er untersuchte diese alten aus Bernstein gefertigten Grabfunde dann ebenfalls chemisch. Hierbei stellte sich einerseits die Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung und physikalischen Beschaffenheit heraus, welche 22 44 zwischen dem nordischen Bernstein, dem Succinit, und den in andern Ländern vorkommenden Harzen bestand. Namentlich enthielt der Succinit größere Mengen Bernsteinsäure (3 — 8%), während die anderen fossilen Harze frei davon waren oder nur eine kleine Menge davon enthielten. Anderseits hatten die aus den alten Grabstätten Italiens, Griechenlands und anderer benachbarter Länder entnommenen Bernsteingegenstände genau dieselbe chemische Beschaffen¬ heit wie der nordische Succinit. Das Rohmaterial zur Anfertigung derselben muß also einst aus denjenigen Ländern bezogen worden sein, wo das bernsteinsäurehaltige Harz, der Succinit, gefunden wird, und dieses Land ist das entfernte baltische Küstengebiet. Andere Länder, in denen Succinit in vereinzelten Stücken oder kleinen Beständen gefunden wird, kommen hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die alten Grabstätten, z. B. die der Villanova-Periode in Italien, welche etwa von 800 bis 1000 vor Chr. Geb. anzusetzen ist, so außerordentlich reich an verarbeitetem Succinit sind, daß schon dieser Umstand allein genügen würde, die Herkunft desselben aus einem Lande abzuleiten, in welchem dieses Produkt in großer Menge gewonnen wird. Es ist denn auch, dank den Untersuchungen des Vortragenden, heute allgemein anerkannt, daß der in den alten Nekropolen der Mittelmeer- und anderen Ländern vorkommende Bernstein Succinit ist Endlich legt Herr Dr. Helm noch eine größere Bernsteinperle, eine so¬ genannte Koralle, vor, wie sie auch in Danzig gefertigt werden und, auf Schnüre gezogen, zum Tauschhandel mit Völkerschaften in Afrika dienen. Diese im Preise recht gut bezahlten Perlen unterliegen nun auch schon, wie andere Bernsteinartefakte, der Verfälschung. Die vorliegende, nicht aus Danzig sondern von auswärts bezogene Koralle ist aus Kopal gefertigt, der wahr¬ scheinlich aus Afrika stammt und recht geschickt und dem Succinit ziemlich ähnlich zubereitet ist. Im Anschluß an diese ausführlichen Mittheilungen des Herrn Stadtrath Dr. Helm giebt Herr Professor Dr, Conwentz- Danzig eine kurze Darstellung der Verbreitung des Succinits im Ostseegebiet*). Dieselbe reicht im Norden bis nach Finland und Norwegen, im Westen bis zur englischen Küste, im Süden bis zu den mitteldeutschen Gebirgen und im Osten bis tief nach Rußland hinein. Allerdings sind diese äußersten Vorkommnisse des Succinits auf die Verbreitung desselben durch das Inlandeis während der Glacialzeit zurück¬ zuführen. Die eigentliche Heimat der Bernsteinbäume und des Bernsteins war das heute vom südöstlichen Ostseebecken und seinen südlichen Rand¬ ländern eingenommene Gebiet, auf dessen vorgeschichtliche Entwickelung die in seinem Boden vorhandenen Bernsteinschätze einen so großen Einfluß gehabt haben. *) Conwentz, H., Ueber die Verbreitung des Succinits, vornehmlich in Schweden und Dänemark. Schriften der Natur forschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. VII. Band, 3. Heft, Seite 165 — 176. Tafel V. Danzig 1890. 23 45 Herr Oberlandesgerichts- Sekretär ScHOLZ-Marienwerder legt Seltene Pflanzen aus der Umgegend von Marienwerder in frischen Exemplaren vor, nämlich das erdbeerblütige Fingerkraut, Potentilla rupestris L., und das Federgras, Stipa pennata L. Beide Pflanzen stammen von den sonnigen Abhängen des Cypelle-Thales bei Lieben¬ thal, Kr. Marienwerder, woselbst die erstere auf weiten Strecken in Menge die Abhänge ziert, während letztere dort an nur einer Stelle recht zahlreich vorkommt. Leider scheint dieser Standort des Federgrases bereits weiteren Kreisen bekannt geworden zu sein, wie die vielen nutzlos niedergetretenen Rasen erkennen lassen. Vortragender hebt hervor, wie das erdbeerblütige Fingerkraut in West¬ preußen nur in den Kreisen Strasburg, Thorn, Graudenz, Marienwerder, Danzig, Pr. Stargard, Schlochau und Dt. Krone an sehr vereinzelten Stand¬ orten beobachtet worden ist und anscheinend keine große Ausbreitungsfähigkeit besitzt. — Das Federgras dagegen, in Ungarn Waisenmädehaar genannt, ist eine echte Steppenpflanze, die mit dem Leben der Pußtenbewohner aufs innigste verwoben ist. Bei uns bildet das durch seine silbernen und federartigen Grannen ausgezeichnete Gras den Ueberrest jener Steppenflora, die nach der letzten Eiszeit den größten Theil Mittel- Europas besiedelt hatte. Eine nahe Verwandte dieses schönen Grases, Stipa capillata L , die bei uns wild z. B, am Lorenzberge bei Althausen, Kr. Kulm, vorkommt, hat ebenfalls lange Grannen aber mit scharfer Spitze. Sie bohren sich in Folge ihrer hygroskopi¬ schen Beschaffenheit zum Schrecken der Hirten in den Steppen Südrußlands, wo die Pflanze bestandbildend auftritt, den weidenden Schafen durchs Fell tief in den Leib, woran die Thiere mitunter elendiglich zu Grunde gehen müssen. Anschließend an die Mittheilungen des Vorredners macht Herr Professor Dr. Conwentz darauf aufmerksam, daß, wie ehedem eine Steppenflora bei uns vorkam. als deren Rest u. a. die beiden Stipa- Arten anzusehen sind, so auch eine Steppenfauna unsere Provinz bevölkert hat. Zu den charakte¬ ristischsten Vertretern dieser Fauna zählt die Saigaantilope, Saiga prisca Nehring, von welcher Schädelreste nicht all zu weit von Graudenz, in der Kies¬ grube Gruppe, Kr. Schwetz, und ferner in Osnowo bei Kulm im Boden gefunden sind, während ihre jetzt lebendenVerwandten, Saiga tatarica Gray, die Steppen Süd- und Ostrußlands bewohnen. Sodann spricht Herr Professor Dr. Conwentz- Danzig in längerem Vor¬ trage über Bemerkenswerthe urwüchsige Bäume und Bestände im Kreise Graudenz. Wenn wir von Graudenz aus auf die Suche nach bemerkenswerthen Bäumen gehen, so haben wir es gar nicht weit; denn die nächste Stelle liegt gleich im Norden der Stadt auf dem Graudenzer Festungsberg, welcher die von den Napoleonischen Kriegeu her berühmte Feste Courbiere trägt. Hier 24 46 kommt eine unserer seltensten Baumarten, die Elsbeere, Pirus torminalis Eiirh., vor. Der Festungsberg war ursprünglich mit dichtem Walde bestanden, und erst bei der Belagerung der Festung durch die Franzosen im Jahre 1807 wurde der Berg zwecks besserer Verteidigung abgeholzt. Aber die Stubben der Bäume wurden damals nicht gerodet, und so hat sich denn im Laufe der Zeit aus denselben durch Stockausschlag ein neuer Wald erhoben. In ihm findet sich nun auf dem Südabhang des Festungsberges die Elsbeere in etwa zwanzig, zum Theil fruchttragenden Bäumen und zahlreichen Sträuchern. Um dieses Vorkommen besser schützen zu können und vor einer gelegentlichen Abholzung zusammen mit anderen Bäumen des Bestandes sicher zu stellen, sind auf Anregung des Vortragenden die Eisbeer- Bäume neuerdings Seitens der Kommandantur in dankenswerte Weise durch einen weißen Ring gekennzeichnet. — Gehen wir etwas weiter nördlich, so kommen wir nach Sackrau, das auf den benachbarten Bingsbergen eine reiche Flora beherbergt, die u. A. von Herrn Hauptlehrer PEiL-Sackrau sorgfältig durchforscht wird. Wie schon der Name des Ortes (Sackrau, zusammengesetzt aus sa — nach, hinten, und te kre = Gebüsch) erkennen läßt, war das Gebiet ursprünglich von Gehölz bedeckt, das aber vor längerer Zeit abgetrieben ist. Hier steht auf der Feldmark des Besitzers Karl Zobel ein 3 m hohes Stämmchen der Kurznadeligen Kiefer, Pinus silvestris L. parvifolia, deren Nadeln — wie bei der gewöhnlichen Kiefer zu zweien in einer Scheide sitzend — nur 10 bis 15 mm lang sind. Vortragender wurde im Jahre 1898 durch Herrn Hauptlehrer Peil auf diese sehr seltene Baumform aufmerksam gemacht, von der bereits früher einmal in Westpreußen am linken Ufer der Weichsel, Thorn gegenüber, einige Exemplare beobachtet wurden, die aber nicht mehr erhalten sind. Sonst findet sich dieselbe in Deutschland z. B. bei Wendisch Wilmersdorf in der Mark Brandenburg. — Setzen wir unsere Wanderung noch weiter nördlich fort, so gelangen wir in das König¬ liche Forstrevier Jammi. Gleich am Rande der Jammi’er Forst im Schutzbezirk Walddorf stand bis vor wenigen Jahren eine botanische Merkwürdigkeit, ein Wachol derbaum , Juniperus communis L., von 10 m Höhe, dessen Stamm lm über dem Erdboden noch 77 cm Umfang hatte. Da der Baum abgestorben und de” Gefahr des Windbruchs ausgesetzt war, mußte er 1891 abgeholzt werden, so daß sich jetzt dort nur noch der 1,22 m Umfang aufweisende Stubben befindet. Dieser Wacholderbaum war der größte in Westpreußen; ein gleichfalls sehr starkes Exemplar steht in der Tucheier Heide. — Das Revier Jammi ist auch sonst ausgezeichnet und zwar durch das reich¬ liche Vorkommen der schon weiter oben erwähnten Elsbeere. Dieselbe findet sich besonders in den Schutzbezirken Jammi, Walddorf und Wolz in zahlreichen Exemplaren, darunter mehreren fruchttragenden Stämmen, vor. Früher scheint dieselbe noch reichlicher vorhanden gewesen zu sein; zum wenigsten deutet darauf der Umstand hin, daß in den Wirtschaftsbüchern der Oberförsterei erwähnt wird, daß im Jahre 1885 ein Elsbeeren -Nutzholz¬ ende von 8 m Länge und 25 cm mittlerem Durchmesser zur Versteigerung 25 47 gelangte. Die stärkste jetzt lebende Elsbeere im Schutzbezirk Jammi hat etwa 80 cm Stammumfang in 1 m Höhe. Unsere Wanderung nach Norden hat uns bereits aus dem Graudenzer Kreise herausgeführt, denn der Haupttheil des Forstreviers Jammi liegt schon im Marien werderer Kreise. Ebenso wie in nördlicher Richtung stoßen wir, von Graudenz ausgehend, auch nach Osten hin auf eine Anzahl bemerkens- werther Baumvorkommnisse. Zunächst steht bei Mühle Klodtken an der Ossa, wo auch die oben gedachte Stipa pennata L. vorkommt, eine schöne alte Linde von 6,8 m Stammumfang in 1 m Höhe. Die Urwüchsigkeit dieses Baumes ist allerdings nicht ganz einwandsfrei nachweisbar; jedenfalls ist es eine der stärksten Linden in der Provinz Westpreußen. Die stärkste Linde Westpreußens, die bei Sedlinen auf oder z. Th. in dem Bahnplanum steht und in 1,5 m Höhe 7,5 m Umfang hat, ist neuerdings von der Eisenbahn- Ver¬ waltung in dankenswerther Weise mit einem eisernen Gitter und weiter aus¬ wärts noch mit einem Holzgitter umfriedigt worden*). — Folgen wir dem Lauf der Ossa weiter ostwärts, so erreichen wir dort, wo die Gardenga einmündet, Schloß Roggenhausen, eines der schönsten Plätzchen im Kreise Graudenz. Hier erhebt sich auf dem linken steilen Ufer der Gardenga ein ur¬ wüchsiger Waidbestand von etwa 125 ha Größe, in dem so ziemlich alle Baumarten Vorkommen, die bei uns heimisch sind. Es befinden sich dort: Ahlkirsche, Prunus Padus L , Apfel, Birke, Birne, Eberesche, Eiche, Elsbeere, Esche, Espe, Feldahorn oder Maßholder, Geißblatt, Lonicera Xylosteum L., Hartriegel, Cornus sanguinea L., Hasel, Holunder, Sambucus nigra L., Kiefer, Kleinblättrige Linde, Pfaffenhütchen, Rothbuche, Rothdorn, Rüster, Ulmus campestris L. und Ulmus ejfusa Willd., Sahlweide, Spitzahorn, Wacholder, Weißbuche u. a. m. Die Elsbeere, die hier in zahlreichen Exemplaren, zumeist Stockausschlägen, aber auch Fruchtbäumen, vorkommt, ist zuerst im Jahre 1900 durch Herrn Lehrer ZoDROW-Roggenhausen beobachtet worden. Bei der sehr bemerkenswerthen Zusammensetzung des Waldes wäre es höchst wünschens- werth, den ganzen Bestand zu erhalten, und es steht zu hoffen, daß sich das erreichen lassen wird, da Roggenhausen eine königliche Domäne ist. — Gehen wir noch weiter an der Ossa ostwärts, so erreichen wir bei Mühle Slupp den Mendritzer Wald, jetzt Herrn von BiELER-Melno gehörig. Das ist ein etwa 70 ha großer urwüchsiger Bestand aus Kiefer, Eiche, Weißbuche und Roth¬ buche, in dem sich die Elsbeere in etwa zwanzig, theilweise fruchttragenden Stämmen vorfindet. Dieser bereits 1877 durch Sciiarlok beobachtete Stand¬ ort ist deshalb bemerkenswert!!, weil er das östlichste Vorkommen der Els¬ beere überhaupt darstellt; dieselbe erreicht im Mendritzer Walde die Ost¬ grenze ihrer Verbreitung. ■ — Endlich ist hier noch ein bemerkenswerther Baum zu erwähnen, eine sog. Beutkiefer, die allerdings nicht mehr von *) Bedauerlicherweise ist dieser schöne Baum im Herbst 1901 vom Sturm gebrochen worden. 2 c 48 Bienen bewohnt wird. Der Baum, eine starke alte Kiefer von 23 m Höhe und 2.55 m Stammumfang in Brusthöhe, steht ganz im Nordosten des Graudenzer Kreises, nahe der Grenze gegen den Rosenberger Kreis, in dem zum Majorat Klein Ludwigsdorf gehörigen Schutzbezirk Bischdorf. Die noch gut erkenn¬ bare Beute liegt 4,5 m über dem Boden und ist, wie schon erwähnt, un- bezogen. — Zum Vergleich mit dem aus dem Graudenzer Kreise aufgeführten Vorkommen der Elsbeere legt Vortragender vom Schwarzwasser in der Tucheier Heide Zweige derselben Baumart vor, die von Herrn Lehrer Behrend- Kommerau mitgebracht sind. Außer den vorgenannten urwüchsigen Bäumen in der Umgebung von Graudenz besitzt die Stadt in ihrem Innern eine sehr bemerkenswerthe, hier allerdings angepflanzte Baumart, die Schwedische Mehlbeere, Pirus suecica Grcke. Exemplare davon stehen dort an drei Stellen, auf dem Bahnhof, in der Schützenstraße und in der Amtsstraße. Wild kommt die Pflanze in West¬ preußen nur an wenigen Oertlichkeiten im Norden der Provinz, zumeist dicht am Meere, vor, außerdem in Deutschland nur noch in dem angrenzenden pomrner- schen Gebiet. Ihre Hauptverbreitung und eigentliche Heimat hat Pirus suecica dagegen weiter nördlich, in Schweden, Bornholm, Öland, Gotland u. s. w., wo sie bestandbildend auftritt. In Graudenz sind die Bäume seiner Zeit auf An¬ regung Scharlok’s gepflanzt worden. Mit ihren glatten grauen Stämmen und dichtbelaubten rundlichen Kronen schön geformter, oben glänzend dunkel¬ grüner, unten dagegen grauweißer Blätter, zwischen denen die weißen Blüten¬ rispen oder glänzend orangerothen Fruchtstände hervorlugen, bilden sie eine Zierde der Stadt. Wenden wir schließlich unseren Blick nach rückwärts, auf vergangene Zeiten. Auch lange vor unserer Zeit hat es in unserem Lande Wälder gegeben, aber dieselben haben vielfach eine andere Zusammensetzung gehabt, wie diejenigen, die heute gedeihen. In unseren Torfmooren finden wir nicht selten Reste von Bäumen und anderen Pflanzen, die heute weit und breit in der Gegend nicht mehr Vorkommen. Eine möglichst genaue Untersuchung der in den Torfmooren enthaltenen Pflanzenreste ist daher das beste Hilfsmittel, um einen Einblick in die frühere Flora unserer Wälder zu gewinnen und die Wandlungen kennen zu lernen, welche die Pflanzendecke unserer Heimat im Laufe der Zeiten durchgemacht hat. Wichtige Fingerzeige in dieser Hinsicht können uns aber zuweilen auch die Ortsnamen gewähren, die vielfach noch aus einer Zeit herstammen, wo die Pflanzendecke und die Waldverhältnisse von dem gegenwärtigen Zustande erheblich ab wichen. Um nur einige Bei¬ spiele anzuführen, so weist der Namen Lessen (von lesso) auf einen Laubwald in bruchigem Gelände hin, der Ortsname Dombrowken hängt mit Eiche, Bukowitz mit Rothbuche, Grabau und Grabowitz mit Weißbuche, Lipowitz mit Linde und Jablonowo mit dem wilden Apfelbaum zusammen Der Name Tannenrode, verdeutscht aus Schwirkoschin, deutet auf das Vorkommen der Rothtanne oder Fichle, unseres Weihnachtsbaumes, hin und legt die Frage 27 49 nahe, ob die Fichte, die sich bei uns zwar überall angepflanzt findet, aber in urwüchsigem Zustande gegenwärtig nur im äußersten Osten der Provinz auf- tritt, früher nicht vielleicht in weiteren Gebieten Westpreußens wild vorkam. Im Hinblick auf die Mittheilungen des Herrn Vorredners über unge¬ wöhnlich starke Wacholderbäume macht Herr Schulrath KAPHAHN-Graudenz darauf aufmerksam, daß auch auf den Wolzer Bergen große Wacholderbäume stehen, die bis 7 m Höhe erreichen. Herr Referendar Dr, HENRici-Langfuhr ergreift sodann das Wort zu einem eingehenden Vor trage Ueber die Bedeutung der Vogelwelt Westpreussens. Die meisten Gebiete unseres deutschen Vaterlandes sind in Bezug auf die Erforschung ihrer Avifauna erheblich weiter vorgeschritten, wie unsere engere Heimat, die Provinz Westpreußen. Wohl nur noch die Provinz Posen ist in einem gleich geringen Maße der Gegenstand fachmännischer ornithologischer Durchforschung gewesen. Wenn man sich nach dem Grunde fragt, weshalb denn bisher nicht mehr Nachrichten über die Vogelwelt gerade unserer Provinz in die Oeffentlichkeit gedrungen sind, sodaß man noch weit davon entfernt ist, eine genaue Uebersicht über unsere Brut-, Durchzugs- und Strichvögel geben zu können, so ist jedenfalls die Erklärung zurückzuweisen, daß unsere Avi¬ fauna eine alltägliche sei, sie daher kein Interesse für den Forscher biete. Meines Erachtens liegt der Grund einzig und allein darin, daß es während der letzten Jahrzehnte zu wenig Fachleute gegeben hat, die in unserer Provinz wohnhaft gewesen sind, und die mithin am besten Gelegenheit gehabt hätten, an Ort und Stelle das ganze Jahr hindurch ornithologische Studien zu treiben. Andere Gebiete des östlichen Deutschlands — ganz abgesehen von dem Westen, der auch in dieser Beziehung kultivirter ist — sind glücklicher daran. In erster Linie ist hier die Provinz Pommern zu nennen, wo die Orni¬ thologie schon seit langen Jahren zu hohen Ehren gekommen ist. Ich brauche nur an Eugen Ferdinand v. Homeyer, einen unserer hervorragendsten Ornithologen überhaupt, zu erinnern, der bereits im Jahre 1837 seine syste¬ matische Uebersicht der Vögel Pommerns herausgab. Außer ihm waren noch viele Andere, so Dr. Schilling, die Gebrüder Hintz, Forstmeister Wiese, Major Alexander v. Homeyer dort thätig bezw. sind es jetzt noch. Auch die beiden Großherzogthümer Mecklenburg sind seit langer Zeit Gegenstand ornithologischen Interesses geweseu. In allerneuester Zeit ist eine Avifauna dieses Gebiets durch die beiden riihmlichst bekannten Männer Baurath Wüstnei und Pfarrer Clodius erschienen. Schlesien ist durch Gloger erforscht, der im Jahre 1833 sein Werk „Schlesiens Wirbelthicrfauna“ herausgab. Seit einer Reihe von Jahren macht sich u. A. Rechtsanwalt Kolllbay in Neiße besonders um die Kenntniß der schlesischen Vogelwelt verdient. Cj 28 4 50 Auch Ostpreußen ist nicht zurückgeblieben. Durch eine ganze Anzahl einzelner Beobachtungen ist uns die A^ogelwelt dieser in Bezug auf ihre Fauna überhaupt äußerst interessanten Provinz ziemlich bekannt geworden, wenngleich als sicher angenommen werden kann, daß es auch dort noch viel zu erforschen giebt. 1887 veröffentlichte Ernst Hartert, der jetzige Director des PoTiisCHiLD’schen Zoologischen Museums in Triug bei London, seinen „vorläufigen Versuch einer Ornis Preußens“. Er faßt unter dieser Bezeichnung die beiden Provinzen Ost- und Westpreußen zusammen, da er diese beiden Provinzen in Bezug auf ihre Fauna nicht trennen zu dürfen meint, weil die Grenze eine ganz willkürliche und durch irgendwelche Boden Verschiedenheiten nicht bedingt sei. Hartert hat gewiß insofern Recht, als die politische Grenze zwischen Ost- und Westpreußen, die vielfach durch zusammenhängende ausgedehnte Forsten läuft, die auch das Frische Haff und die Frische Nehrung in zwei Theile theilt, für die Fauna keine Grenze bildet. Dennoch ist der Charakter unserer Vogelwelt bereits ein anderer wie der Ostpreußens. Die nordöstlichen Theile Ostpreußens sind von der westpreußischen Grenze 200 km entfernt, um soviel sind sie bereits weiter nach Nordosten vorgeschoben. Es ist daher verständlich, wenn sich dort bereits Vogclformen finden, die uns hier unbe¬ kannt sind. Wenn wir die beiden Provinzen in dieser Hinsicht mit einander vergleichen, so müssen wir unumwunden eingestehen, daß Ostpreußen der Vorrang gebührt. Diese Provinz steht in ornithologischer Beziehung einzig da, im Verhältniß zum übrigen Deutschland. Ich brauche nur an folgende drei Arten zu erinnern: Carpodacus erythrinus Pall , den Carmingimpel, Nucifraga caryocatactes L., den Tannenhäher, Syrnium uralense Pall , die Habichtseule, die sämtlich als Brutvögel in Ostpreußen verkommen. Es sind dies Vogelarten, deren Brut¬ gebiet im Allgemeinen erheblich weiter nördlich und nordöstlich liegt, ja die dem hohen Norden Europas und Asiens noch angehören. In Westpreußen haben wir diese Vögel als Brutvögel bereits nicht mehr, wenigstens sind sie bisher nicht als solche festgestellt. Wenngleich Hartert beide Provinzen behandelt hat, so war er selbst doch nar in Ostpreußen thätig und hat für Westpreußen nur einige ihm ge¬ machte Mittheilungen verwendet. Außer ihm ist besonders Pastor Dr. Lindner für Ostpreußen zu nennen Er war es, der als Königsberger Student Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre den großartigen Vogelzug auf der Kurischen Nehrung bei Rossitten feststellte. Hierdurch hat sich recht bald die Aufmerksamkeit aller Ornithologen auf jenen weltentlegenen Ort ge¬ lenkt. Rossitten ist im Begriff eine zweite Vogelwarte Deutschlands — ebenso wie Helgoland für die Nordsee — zu werden. Es ist von der Deutschen Orni- thologischen Gesellschaft mit Unterstützung seitens des preußischen Staates dort eine Beobachtungsstation errichtet und am 1. Januar dieses Jahres (1901) insLeben getreten. — Durch Hartert’s, Lindner’s und Anderer Mittheilungen hat Ost¬ preußen für Deutschland gewissermaßen ornithologische Berühmtheit erlangt, 29 51 und so kommt es, daß; wenn einmal Jemand im Westen den Entschluß faßt, die Vogelwelt im Osten Deutschlands kennen zu lernen, er sich nach Ost¬ preußen begiebt. Westpreußen wird von auswärtigen Forschern nur selten besucht, da man von Westpreußens Ornis in weiteren Kreisen nur wenig kennt. Ein¬ heimische Ornithologen hat es aber nur einzelne gegeben, und besonders in neuerer Zeit ist auf ornithologischem Gebiet hier nicht viel veröffentlicht. So ist also nach wie vor unsere Provinz in dieser Hinsicht wenig gekramt und wird demgemäß wenig berücksichtigt. Als erster Ornithologe Westpreußens ist der berühmte Naturforscher Jakob Theodor Klein (geb. 1685, gest. 1759) zu nennen, der wegen seiner Vielseitigkeit auf naturwissenschaftlichem Gebiet den Namen „Gedanensium Plinius“ erhielt. Er schrieb u. A. einen Prodromus avium und ferner Ova avium, Werke, die für uns nur noch einen historischen Werth haben. Die ornithologische Wissenschaft war zu jener Zeit erst im Entstehen. Man findet die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung mit Mythen und Legenden ge¬ mischt, die aber als wahre Thatsachen hingestellt werden. So befand sich der gelehrte Klein in dem großen, uns unerklärlichen Irrthum, daß die Vögel, die man zur Winterzeit in unseren Breiten nicht bemerkt (Zugvögel), einen Winterschlaf in Höhlen und Winkeln, unter Wurzeln von Bäumen und gar im Wasser hielten. Das Letztere behauptet er von den Schwalben, die im Herbste zu mehreren an Rohrhalmen unter die Wasseroberfläche hinab¬ kletterten, sich dort gegenseitig verkrallten, in einen lethargischen Schlaf ver¬ fielen und im Frühjahr, wenn durch laue Lüfte die Eisdecke zum Schmelzen gebracht sei, wieder an die Oberfläche kämen. Klein hält es für völlig aus¬ geschlossen, daß Vögel wie die Wachtel oder der Kuckuck über das Mittel¬ meer zu fliegen vermögen und ließ sich trotz vieler Bekämpfungen seiner An¬ nahme nicht von derselben abbringen. Der zweite Ornithologe unserer Provinz und gleichzeitig der einzige, der in neuerer Zeit von namhafter Bedeutung gewesen ist, ist Prediger Boeck, der durch seine ornithologischen Berichte und durch seine Tauschobjekte (besonders Enten) bald rühmlichst bekannt wurde. Er lebte in Danzig um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Boeck ist zwar nie Biologe gewesen, er hat nicht Wald und Busch, See und Sumpf durchsucht, sondern er beschränkte seine Thätigkeit im Wesentlichen darauf, daß er den damals überaus reichen Danziger Vogelmarkt besuchte. Dennoch hat er Großes geleistet. Er war selbst Präparator, und durch das große Material, insbesondere von Entenarten, das ihm zu Gebote stand, brachte er es als Balgzoologe zu einer bedeutenden Kenntniß. Die Mauser, die gerade bei den Enten so wesentlich auf die Färbung des Gefieders einwirkt, die verschiedenen Kleider des Männchens, des Weibchens und des jungen Vogels wurden theilweise erst durch Boeck festgelegt. Seine Samm¬ lung, die er sowohl für die unter seiner Leitung stehende höhere Knabenschule als auch für jeden Interessenten gern zur Verfügung stellte, wurde durch Zu- 30 4* 52 sendußg von außerhalb immer mehr bereichert und allmählich so bedeutend, daß sie grundlegend für die Ornis Westpreußens geworden ist. Gar mancher Ornithologe stand mit Boeck in Beziehungen und Tauschverbindung, und mancher — unter ihnen auch E. F. v. Homeyer — kam lediglich zu dem Zwecke nach Danzig, um sich die BoECK’sche Sammlung anzusehen, die den Grundstock der \7ogelsammlung unseres heutigen Provinzial-Museums ge¬ bildet hat. Wir sind daher dem Prediger Boeck zu großem Danke verpflichtet, daß er diesen Schatz der Wissenschaft uns hinterlassen hat. Auf dieser Grundlage läßt sich wohl ein Werk aufführen, dessen Vollendung dem westpreußiseben Ornithologen am Herzen liegen muß und für ihn ein überaus erstrebenswerthes Ziel bildet. — Leider sind die Notizen Boeck’s über die vorhandenen Exemplare häufig recht dürftig. Denn wenn wir einen Vogel mit der Bezeichnung ,, Danzig“ vor uns haben, so kann insofern noch ein Zweifel obwalten, ob der Vogel in der nächsten Umgebung Danzigs erlegt, oder ob er nur in Danzig auf dem Markte erstanden, sein eigentlicher Fundort aber ein ganz anderer ist. Boeck theilt z. B. in seinem ornithologischen Bericht vom Jahre 1844 mit, daß es häufiger vorkäme, daß auf dem Danziger Markte Vögel (Schneehühner) feilgehalten würden, die in Norwegen erlegt seien. Man kann daher nur solche Exemplare der BoECiFschen Sammlung für eine Ornis Westpreußens verwerthen, bei denen der Fundort genau bezeichnet ist. Anderenfalls würde man leicht zu falschen Resultaten kommen. Auch das Datum, welches in der BoECK’schen Sammlung manches Mal fehlt oder unvollständig ist, ist ebenso von eminenter Wichtigkeit für das Object wie der Fundort. Denn es ist ein großer Unter¬ schied, ob ich einen Eudytes arcticus L. (Polartaucher) aus dem Dezember oder aus dem Mai oder Juni aus Westpreußen vor mir habe. Die erstere Notiz würde kein besonderes Ereigniß darstellen, da dieser Vogel in den Winter- monaten häufig an den deutschen Küsten gesehen wird. Erhalte ich aber einen solchen im Mai oder Juni, so spricht dieser Umstand mit einiger Ge¬ wißheit dafür, daß der Vogel auch Brutvogel bei uns gewesen ist; zum mindesten dürfte diese Notiz aber zu weiteren Nachforschungen in dieser Richtung Veranlassung geben. Gewiß sind nach Boeck’s Tode noch allerlei wichtige Entdeckungen auf unserem Gebiete in Westpreußen gemacht, aber es sind doch nur vereinzelte, und an einer einheitlichen zusammenfassenden Behandlung des gesamten Stoffes fehlt es bisher vollkommen. Ende der siebziger Jahre verfaßte der jetzige Land¬ gerichtsrath Eiimcke ein Verzeichniß der bei Danzig vorkommenden Vögel, das gelegentlich der in Danzig tagenden Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte veröffentlicht wurde. In neuerer Zeit hat Oberlehrer Ibartii manche interessante Notiz über unsere heimische Vogelwelt mitgetheilt, von der die Boobachtung. daß der Girlitz, Serinus serinus L., seit einer Reihe von Jahren bei Danzig Brutvogel ist, die hervorragendste ist. Außer ihm hat Professor Conwentz in den jährlichen Verwaltungsberichten des Westpreußischen Pro- 31 53 vinzial-Museums und in den Schriften der Danziger Naturforschenden Gesell¬ schaft regelmäßig einschlägige Mittheilungen veröffentlicht, die aber in der ornithologischen Fachwelt anscheinend wenig bekannt geworden sind. Der Gymnasiallehrer Fritz Braun, der durch seine Uebersiedelung nach Kon¬ stantinopel der heimischen Forschung leider wieder entzogen ist, hat ins¬ besondere bezüglich des Vorkommens der Sperlingsvögel uns manche Mit¬ theilung gemacht. Wenn ich Ihnen nun Einiges über unsere westpreußische Vogelwelt mit¬ theile, so möchte ich damit das Interesse für diesen Zweig der Naturwissen¬ schaften, der bei uns noch eifriger Pflege bedarf, zu einem regeren machen, als es bisher gewesen ist. Daß es sich der Mühe lohnt, unsere Provinz auf ihre Vogelwelt zu untersuchen, rechtfertigt sich allein schon aus dem Grunde, daß bisher nur wenig in dieser Richtung geschehen ist. Daß aber unser Gebiet auch des Interessanten genug bietet, also von diesem Ge- sichtspunkte aus die Durchforschung der Provinz dem Forscher lohnt und ihm Freude macht, das will ich Ihnen an der Hand einiger Beispiele zu erläutern versuchen. Wir wissen, daß die Thiere und insbesondere auch die Vögel, die die Erde, und speciell auch diejenigen, welche Deutschland bewohnen, an das Gebiet, das ihre Fortpflanzung ermöglicht, ganz verschiedene Anforderungen stellen. Die einen lieben tiefen, zusammenhängenden Wald, die anderen freies Feld, diese Moräste und Sümpfe, jene Steppen, die einen bevorzugen das Tief¬ land oder wenigstens die Ebene, andere wieder das schroffe Gebirge, die einen halten sich nur im Binnenlande, andere vorzugsweise an den Meeresküsten auf, einige folgen dem Menschen an dessen Kulturstätten, andere fliehen ihn u. s. w. Wir können daraus wohl den allgemeinen Schluß ziehen, daß ein Gebiet, welches alle derartig verschiedenen Gestaltungen der Erdoberfläche aufzuweisen hat, die qualitativ reichste Thierwelt enthält. Wenn wir uns von diesem Gesichtspunkt aus unsere Provinz ansehen, so werden wir finden, daß wir mit derselben, wenn auch nicht an der Spitze Deutschlands marschiren, so doch den Durchschnitt der einzelnen Gebiete weit überragen. Schon die nordöstliche Lage unserer Provinz im Gegensatz zum übrigen Deutschland läßt erwarten, daß wir hier manche Art antreffen, die in anderen Gegenden Deutschlands nicht gefunden wird. Außerdem ist die Boden¬ gestaltung und Vegetation unserer Provinz eine durchaus mannigfaltige und keineswegs so eintönig und gleichmäßig wie sie auf den ersten Blick zu sein scheint, wenn man, von Berlin kommend, die schier endlosen Kiefernheiden auf der Strecke Sclmeidemühl-Dirschau durchschneidet. Westpreußen hat im Norden eine Meeresküste. Dazu kommt noch die eigentümliche Bildung eines Haffs mit davorgelagerter sandiger schmaler Nehrung, theils bewaldet, theils unbewaldet. In dem Marienburger großen und kleinen Werder, sowie in dem Danziger Werder haben wir ein Marsch¬ land, das an Ueppigkeit der A'egetation in Deutschland seines Gleichen 32 51 sucht. Durch die ganze Provinz erstreckt sich der Lauf eines großen Stromes, der Weichsel, deren Ufer und Mündungsgebiet geeignet sind, besonderen An¬ sprüchen gewisser Arten zu genügen. An kleineren Flüssen und Bächen, selbst Gebirgswassern ähnlichen — wie uns das Vorkommen der Gebirgs. bachstelze im Gebiete lehrt — , mangelt es dabei nicht. Der uralisch-baltische Höhenzug, der die Provinz der Länge nach durchzieht, zeigt sich im hügeligen Gelände und vielen Seen, die theils frei daliegen, theils von tiefen Wäldern umschlossen sind, und deren Flora gar manchen Vogel zu längerem oder kürzerem Aufenthalt verleitet. Wir haben in den Gebieten links der Weichsel, der Tucheier Heide, in den Kreisen Pr. Stargard, Könitz, Schlochau, Flatow große zusammenhängende Kiefern Waldungen, die als Unterholz häufig den Wacholderstrauch, Juniperus communis L., aufweisen, ein Umstand, der für manche Vogelart von Bedeutung ist. Auf den Höhen, die sich von Danzig nach Neustadt längs der Danziger Bucht erstrecken, auf der Elbinger Höhe, in vielen Theilen des Kreises Rosenberg, auch im Schlochauer Kreise und bei Karthaus haben wir bedeutende Laubwälder bezw. gemischten Wald. In Theilen der Kreise Loebau und Strasburg, sodann Graudenz gegen¬ über am linken Weichselufer, ferner in Theilen der Tucheier Heide und in der sogenannten Kassubei, besonders auch zwischen Ivonitz und Berent, finden wir dürre Heidestrecken und Sandflächen, auf denen kaum die an¬ spruchslose Kiefer gut fortkommt. Die zahlreichen Durchbrüche der Weichsel und Nogat, das Mündungsgebiet der letzteren, sodann die Gegend nördlich des Zarnowitzer Sees, Kreis Neustadt, Theile des Rosenberger Kreises (z. B. der Karrasch-See mit der angrenzenden Groß Herzogs walder Forst), die Ufer vieler Seeen mit ihren ausgedehnten Rohrwäldern bilden Sümpfe und Moräste verschiedener Art in größerer und kleinerer Ausdehnung. Nur Gebirge hat die Provinz nicht aufzuweisen, denn wenn auch die höchste Höhe des uralisch-baltischen Höhenzuges, der Thurmberg, gerade in unserer Provinz liegt, so ist die Höhe von 330 m doch zu gering, um auf die Existenzbedingungen der Vogelwelt wesentlich einzuwirken. Im Allgemeinen aber kommen wir zu dem Resultat, daß die verschiedenartige Bodengestaltung und Flora unserer Provinz den verschiedenen Ansprüchen der einzelnen Vogelarten in hohem Maße Rechnung trägt. Das Interesse, welches ich unserer heimischen Vogelwelt entgegengebracht habe, hat sich in erster Linie darauf gerichtet, möglichst die Brut Vögel fest¬ zustellen, denn nur diese sind doch die Vögel, die in einem Gebiet heimats¬ berechtigt sind. Den Höhepunkt des Lebens eines Geschöpfes macht die Fort¬ pflanzung aus. Dort, wo ein Thier sich fortpflanzt, wo wieder für neue Individuen seiner Art ein Leben beginnt, sucht man mit Recht die Heimat dieses Thieres. Ich meine, gerade bei den Vögeln, die vermöge ihrer Flugfähigkeit so leicht den Ort wechseln können, ja von denen einzelne Arten, wie wir wissen, vom hohen Norden bis zu dem Aequator und darüber hinaus wandern, ist es wichtig, die Brutvögel von solchen Vögeln zu unterscheiden, die nur ge- 33 55 legentlich ihres Zuges, sei es auf längere oder kürzere Zeit, ein bestimmtes Gebiet besuchen, oder von solchen, die gar nur zufällig dorthin verschlagen werden, Immerhin ist es aber auch nicht zu unterlassen, Beobachtungen über Zug- und Wandervögel zu machen, da wir hierdurch über Zugstraßen und Zugzeit der Vogelarten unterrichtet werden. Dazu kommt noch die Kenntniß der Unterarten (Subspecies), die hierdurch wesentlich gefördert wird. Einige interessante Brutvögel unserer Provinz will ich Ihnen nun im Folgenden vorführen, deren Bälge ich Ihnen theilweise gleichzeitig zeigen kann, und Sie darauf aufmerksam machen, was diese Vögel für unsere Provinz be¬ sonders bemerkenswerth erscheinen läßt. Daß der Girlitz, Serinus serinus L., jetzt Brutvogel unserer Provinz ist, bemerkte ich schon bei der Erwähnung des Herrn Oberlehrer Ibarth, dem das Verdienst gebührt, diesen Vogel in unserer Provinz zuerst konstatirt zu haben. Diese Thatsache ist insofern interessant, als der Girlitz ursprünglich ein — von uns aus betrachtet — südwestlicher Vogel war. Zu Naumann’s Zeiten (etwa 1824) war er noch im südlichen und südwestlichen Deutschland wenig häufig, in Anhalt kam er noch garnicht vor. Das Exemplar der BoECiPschen Sammlung stammt aus Frankreich, wo er damals — wie auch jetzt noch — • ein häufiger Vogel war. 1876 wurde er in der Mark Brandenburg festgestellt, aber auch da noch ziemlich selten, während er jetzt dort an geeigneten Orten allgemein vorkommt. In Russisch Polen soll er seit 1877 Brutvogel sein, und in neuester Zeit ist er also auch bereits bei uns angekommen. In den Vor¬ orten Danzigs, in Langfuhr, Pelonken, Oliva, Zoppot ist er überall zu hören; auch hörte ich ihn in Klein Katz*). Doch scheint er noch nicht bis Elbing vorgedrungen zu sein, denn sowohl Braun wie ich konnten ihn dort nicht fest¬ stellen. Es ist somit bei diesem Vogel die merkwürdige Thatsache zu konsta- tiren, daß er zu ornithologisch historischer Zeit sein Wohngebiet von Südwesten ganz erheblich nach Nordosten hin ausgedehnt hat, und zwar in verhältniß- mäßig sehr kurzer Zeit. Das Umgekehrte scheint bei der Wachholderdrossel, dem Krammetsvogel, Turdus pilaris L., der Fall zu sein, der ursprünglich ausschließlich im hohen Norden (Sibirien, Skandinavien, Rußland) brütete und allmählich in südwest¬ licher Richtung sein Brutgebiet erweiterte, sodaß er bereits im mittleren Deutschland, im Thüringer Walde, als Brutvogel gefunden wurde. Auch für Westpreußen ist er als solcher, und zwar von Oberlehrer Ibartii festgestellt worden. Ibarth fand die Wachholderdrossel im Kulmer Kreise, wo sie nach seiner Angabe seit 1892 regelmäßig, wenn auch in beschränkter Anzahl, brütet. Ein anderer Vogel, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, der lange — und auch jetzt noch — selbst von Fachleuten wenig gekannt wurde, *) Am Tage nach der Versammlung (29. Mai 1901) stellte ich den Girlitz in Graudenz fest, und zwar am Eisenbahnübergange der Chaussee, die durch den Stadtwald führt. 3 t 56 der Zwergfliegenfänger, Muscicapa parva Bechst., ist ebenfalls ein Be¬ wohner unserer Provinz, und zwar gar kein so seltener. Dieses kleine zierliche Vögelchen hat eine ungeheure Literatur in den Fachzeitschriften hervorgerufen. Es wurde so wenig gekannt und demgemäß entdeckt, daß man jedes Vorkommen desselben der Veröffentlichung werth hielt. Exemplare und Eier dieses Vogels waren und sind auch jetzt noch so gut wie garnicht erhältlich. Der Zwergfliegenfänger ist hin und wieder als Brut¬ vogel in Deutschland gefunden, so z. B. in Mecklenburg, in Pommern, speziell auf Rügen, auch in der Mark Brandenburg und in den schlesischen Gebirgen, zweifellos ist er aber an viel mehr Oertlichkeiten vorhanden wie man vermuthet. Er ist aber im Allgemeinen eine seltene Erscheinung, die stets das regste Interesse bei jedem Ornithologen hervorruft. Der König¬ liche Oberförster Henrici war der erste, der den Vogel in neuerer Zeit in unserer Provinz, und zwar in seinem Reviere, das im Schlochauer Kreise gelegen ist, feststellte und mich gleichzeitig auf ihn aufmerksam machte. Das seltene Vögelchen hält sich im Hochwalde, und zwar besonders im Buchenhochwalde, auf. Meistens befindet es sich in einer ziemlichen Höhe im grünen Laube der hohen Bäume und läßt von dort aus seine wenig ab¬ wechselungsreichen, aber glöckchenrein klingenden Strophen ertönen, die von der Höhe zur Tiefe herabgehen und einen melancholischen Klang haben. Es wechselt dabei fast ständig seinen Ort, indem es zwischen dem Singen stets dem InsectenfaDge nachgeht, und da es sich obendrein, wie schon bemerkt, meist in bedeutender Höhe befindet, das Thierchen aber äußerst klein ist, so bekommt man es, selbst wenn man darauf aus ist, nur selten zu Gesicht. Nach meinen Beobachtungen ist der Zwergfliegenfänger nun durchaus keine Seltenheit in unserer Provinz. Ueberall, wo er der Oertlichkeit entsprechend zu vermuthen war, habe ich ihn gefunden. Besonders häufig ist er in den Laubwäldern des Höhenzuges zwischen Danzig und Neustadt. So fand ich ihn bei Pelonken, gleich hinter dem Waisenhause, ferner bei Zoppot, wo ein Pärchen sogar in der Schlucht, die vom sogenannten Kaiserthal aus zum großen Stern führt, sich angesiedelt hatte und sich durch die vielen Spaziergänger nicht stören ließ. In sehr großer Zahl, dennoch aber in den weiten Waldungen nicht gerade dicht gedrängt, kommt er in der Oberförsterei Kielau vor. So¬ dann fand ich ihn in den Abhängen der Höhen an der Westseite des Zarno- witzer Sees (zur Oberförsterei Gohra gehörig). Ich zweifle daher durchaus nicht, daß der Vogel überall in Westpreußen, wo ihm die Lebensbedingungen gegeben sind, in durchaus nicht geringer Zahl vorkommt. Mit ziemlicher Sicherheit vermuthe ich ihn z. B. in den prachtvollen Laub- und gemischten Waldungen bei Dt. Eylau. Eine noch viel größere Seltenheit für Deutschland ist ein anderer kleiner Arogel, die Beutelmeise, Aegithalus pendulinus Boje, die ihren Namen be¬ kanntlich daher hat, daß sie beutelförmige, und zwar überaus kunstvolle Nester baut. Sie ist — von uns aus gerechnet — im Allgemeinen ein östlicher bezw. 3j 57 ein südöstlicher Vogel. Ihr Aufenthalt sind besonders mit Weiden und Pappeln besetzte Ströme. So ist sie an der Donau von Ungarn bis in die Dobrudscha gemein, ferner ist sie im Delta der Wolga, des Ural, des Irtisch u. s. w. ein häufiger Vogel. Wir können nun auch diese seltene Art für unsere Provinz, und zwar auch als Brutvogel verzeichnen, da wir drei Nester in unserem Provinzial-Museum haben, von denen zwei von den Weichselkämpen bei Thorn stammen, während eins im Nogatdelta unterhalb Zeyer gefunden ist. Die beiden ersten Nester stammen aus den Jahren 1865 und 1868, während das letztere 1882 aufgefunden ist. Sehr freudig überrascht war ich heute früh, hier in Graudenz in der Sammlung der Oberrealschule noch ein weiteres Nest vorzufinden, das im Jahre 1899 bei Sanskau, Kr. Schwetz, unweit Graudenz an der linken Weichselseite gefunden ist. Durch diese Funde ist zweifellos nachgewiesen, daß die Beutelmeise bei uns zur Fortpflanzung geschritten ist. Ob aber unser Vogel nicht regelmäßig bei uns Brutvogel ist — wie es zunächst allerdings den An¬ schein hat — oder ob er dauernd, wenn auch nur in geringerer Zahl bei uns brütet, läßt sich noch nicht mit Gewißheit sagen. Bei den wenigen Kennern unserer Vogelwelt und bei dem abgelegenen und wenig von Menschen be¬ suchten Gelände, in dem der Vogel sich aufhält, ist es jedoch möglich, daß die Beutelmeise ständiger Brutvogel unserer Provinz ist, und daß sie nur nicht bemerkt wird. Immerhin aber kann unsere Provinz stolz darauf sein, daß in ihr die einzigen Brutplätze der Beutelmeise innerhalb Deutschlands liegen, die bisher mit Sicherheit nachgewiesen sind. Ebenso interessant wie das Vorkommen der Beutelmeise als Brutvogel bei uns ist die Mittheilung des Major Alexander v. Homeyer, nämlich daß die Gebirgsbachstelze, Motacilla boarula Bechst., ebenfalls in Westpreußen brütet, ln dem Park des Grafen von Kayserlingk in Neustadt, in dem sich klare, schnell fließende Forellenbäche befinden, hat sich danach die Gebirgs¬ bachstelze angesiedelt und im Sommer 1897 glücklich Junge ausgebrütet. Die am weitesten nördlich gelegenen Wohnplätze der Gebirgsbachstelze inner¬ halb unseres Vaterlandes sind in den Gebirgen des Harzes, Thüringer Waldes und Riesengebirges zu finden. Wie ihr Name sagt, verlangt die Gebirgsbach¬ stelze gebirgiges, mindestens hügeliges Terrain, in dem kleine, klare Gebirgs- wasser eilig zu Thale rieseln. Wenn danach die Gegend von Neustadt auch wohl im Allgemeinen als Brutplatz für diesen Vogel geeignet erscheinen mag, so ist doch insofern das Vorkommen desselben an dieser Stelle überaus be- merkenswerth, als der zunächst gelegene Brutplatz, der bis jetzt wenigstens bekannt ist — nämlich der in den Sudeten — etwa 450 km in südlicher Richtung von diesem entfernt liegt. — Am 10. Oktober 1898 sah ich im Garten des Gastwirths Kühl in Klein Katz an dem durch denselben fließenden Bache, dem Katzfließ, gleichfalls eine Gebirgsbachstelze, von der wohl auzu- nehmen ist, daß sie von dem Neustädter Brutplatz aus auf der Heimreise begriffen war. 36 58 Bin anderer Kleinvogel, der zwar für viele Gegenden Deutschlands durch¬ aus keine Seltenheit ist, der aber insofern Interesse bietet, als er die Oert- lichkeiten seines Vorkommens wechselt, ist der Ortolan oder die Garten¬ ammer, Emberiza hortulana L. Dieser Vogel findet sich bald an einer Stelle, und an einer anderen, die denselben Charakter hat und unter demselben Himmelsstriche liegt, fehlt er völlig. In unserer Gegend wird eigentümlicher¬ weise und irrtümlich häufig die Grauammer, Emberiza miliaria L , für den Ortolan gehalten, eine Thatsache, die auch Boeck schon erwähnt. Wer aber nur einmal seine überaus melodischen, im Moll gehaltenen Strophen — im Gegensatz zu dem schirkenden Geleier der Grauammer — vernommen hat, wird den Vogel nie wieder verkennen. Während Boeck den Vogel für seine Sammlung nicht aus Preußen (d. h. aus Ost- und Westpreußen) hat erhalten können, wenngleich er angiebt, daß er bei Thorn häufig Vorkommen solle, so scheint der Vogel in unserer Provinz jetzt überall zu finden zu sein. Ich habe ihn bisher nirgends ver¬ mißt, ja in einer Gegend war er so enorm häufig, daß er dort geradezu Charaktervogel ist. Dies ist das südöstliche Westpreußen und südwestliche Ostpreußen, insbesondere ist er mir an der Chaussee, welche die Städte Lautenburg — Soldau — Neidenburg mit einander verbindet, überall aufgefallen. Dort hört man seine Stimme, ich möchte fast sagen von jedem zehnten Chaussee¬ baum. Der im Allgemeinen wenig gekannte Vogel war dort auch Personen aufgefallen, die sich sonst durchaus nicht um die Vögel kümmern. Ferner fand ich den Ortolan bei Elbing, und zwar besonders an der Chaussee zwischen Elbing und Güldenboden, sehr vereinzelt in der Niederung des Marienburger Werders, sodann bei Pelonken und Zoppot, an der Chaussee von Danzig nach Karthaus (bei Nenkau, Gr. Leesen), zwischen Neustadt und Lauenburg, an der Dirschau- Bromberger Chaussee, sodann im Schlochauer, Graudenzer und Kulmer Kreise. Man hat wohl gesagt, daß der Ortolan besonders an Oertlichkeiten mit fruchtbarem Boden vorkomme, und daß sich danach sein mehr oder weniger zahlreiches Vorkommen beurtheilen ließe. Nach meinen Erfahrungen ist das durchaus nicht der Fall, denn sonst müßten wir ihn besonders viel in unserer Niederung haben, was nicht zutrifft; und die Gegend, wo ich ihn am häufigsten gefunden habe, die Umgegend von Soldau, ist nichts weniger wie fruchtbar. Der Ortolan legt vielmehr nach meinen Beobachtungen in erster Linie Werth auf dichtbelaubte, verhältnißmäßig vereinzelt stehende Bäume, die in der Nähe von Getreidefeldern stehen, wie wir sie an Chausseen, Wegen und Alleen häufig finden. Die Bäume dürfen nicht so dicht stehen, daß die Sonne nicht mehr recht bis auf den Boden dringen kann, und daher Feuchtigkeit vorhanden ist. Ec liebt eine buschige Baumkrone, in der er sich einerseits gut verbergen kann, die aber anderseits auch frei genug steht, um recht der Sonne ausgesetzt zu sein. Ueberhaupt scheint er sehr die Wärme zu lieben. An heißen sonnigen Tagen hört man seinen schönen Gesang immerfort, ist dagegen trübes, kühles Wetter, so schweigt er vollkommen. 37 59 Mein Aufenthalt in Elbing hat mich noch mit einem anderen Vogel be¬ kannt gemacht, der als Brutvogel innerhalb Deutschlands bei jedem . Ornithologen das größte Interesse wachrufen muß. Es ist die Zwergmöwe, Larus minutus Pall. Zwar kannte Boeck dieselbe bereits als westpreußi¬ schen Brutvogel, aber später betrachtete man sie als bei uns ausgestorben. Jedenfalls scheint sie zu Boeck’s Zeiten auch bereits ziemlich selten als Brut¬ vogel gewesen zu sein, denn unter den fünf Exemplaren der BoECK’schen Sammlung, die sich im Provinzial-Museum befinden, ist kein einziges Exemplar im Sommerklcide. Das eigentliche Brutgebiet der Zwergmöwe ist Bußland und Sibirien, das Brutcentrum dürfte nach Brehm in West-Sibirien zu suchen sein. In Rußland fand man sie als Brutvogel auf dem Onega- und Ladoga-See, ferner am Kaspischen Meer, und im vorigen Sommer wurden von einem See in Livland Bälge und Eier dieser Möwe nach Berlin gebracht. In Deutsch¬ land ist sie in Litthauen und bei Rossitten auf der Kurischen Nehrung be¬ obachtet Daß sie dort Brutvogel ist, wird man wohl annehmen können Wir können uns aber rühmen, den westlichsten Punkt des Brutbezirks dieser Möwe, der zur Zeit bekannt ist, und den es überhaupt wohl geben wird, innerhalb unserer westpreußischen Grenzen zu haben. Im Jahre 1847 unternahm Eugen Ferdinand von Homeyer gemeinschaft¬ lich mit Prediger Boeck einen ornithologischen Ausflug nach dem Drausensee um — wie er schreibt — „die zierlichste, lieblichste aller Möwen, die Zwerg¬ möwe, am Nistplatze aufzusuchen“. Schon hieraus können Sie ersehen, welches große Interesse man diesem Vogel schon damals entgegenbrachte. Von Homeyer, der in der Stolper Gegend wohnte, unternahm diese Reise, der damaligen Zeit entsprechend, zu Pferde, begleitet von seinem Bruder, der ebenso wie er selbst, ein tüchtiger Jäger war, und einem anderen guten Schützen. In Danzig schloß sich Boeck an, der nun der eigentliche Führer der Expedition wurde. Die Reise war insofern von Erfolg gekrönt, als es von Homeyer gelang, ein Pärchen dieses Vogels zu erlegen und ein Gelege von drei Eiern zu erbeuten. Er konnte aber trotz zweitägigen eifrigen Suchens außer diesen beiden kein weiteres Exemplar auf dem See feststellen, und es schien ihm deshalb zweifel¬ haft, ob „diese liebliche Möwe den See im nächsten Jahre wieder besuchen wird“. Im Jahre 1874 besuchte von Homeyer den Drausensee zu derselben Jahreszeit wie früher (Juni) von neuem, fand aber kein Exemplar unseres Vogels mehr vor. Auch Hartert berichtet in seiner Omis Preußens 1887, daß die Zwergmöwe auf dem Drausensee nicht mehr bemerkt werde. Um so erfreulicher ist es datier, daß ich Ihnen mittheilen kann, daß diese Möwe in den letzten Jahren wieder in einer ziemlichen Anzahl von Pärchen den west¬ preußischen Theil des Drausensees bewohnt hat. Es ist meines Erachtens äußerst interessant, daß die Zwergmöwe den Drausensee, auf dem sie nachweislich vor mehr als 50 Jahren schon ihre Brutstätte aufgeschlageu hatte, um ihn darauf aber zu verlassen, in neuster Zeit wieder aufgesucht hat. Sic hat sich durch die in nächster Nähe vorbeigeführte Eisenbahn nicht abschrecken lassen, ihren 38 ' 60 altgewohnten Brutplatz von Neuem zu erobern. Ich glaube diese Anhänglich¬ keit der Zwergmöwe auf eine Eigentümlichkeit des Drausensees zurückführen zu müssen, die ihn vor allen anderen mir bekannten westpreußischen Seen aus- zeiclmet.. Die geringe Tiefe des Sees verursacht, daß er im Laufe der Sommer¬ monate vollständig zuwächst. Rohr, Schilf, Binsen^ die gelben und auch be¬ sonders die herrlichen weißen Wasserrosen mit ihren breiten, flachen Blättern bedecken die Wasseroberfläche durchweg. Außerdem scheint mir aber eine Pflanze von besonderer Wichtigkeit zu sein, die Wasseraloe, Stratiotes aloides L., von den Fischern Sichelkraut genannt, welche an manchen Stellen auf der Wasseroberfläche große Flächen bildet. Hier befinden sich ausschließlich die Nester der Zwergmöwe. Während die Nester der Lachmöwe, Larus ridibun- dus L., auf einigermaßen festen Schilfkufen, sozusagen auf kleinen Inselchen, stehen und dort einen umfangreichen Bau bilden, sind die Nester der Zwerg¬ möwe völlig in der dichten Fläche der Blätter der Wasseraloe angebracht. Da sie ebenfalls aus grünem Material erbaut sind, so kann man sie, selbst wenn man in der Nähe derselben sich befindet, noch leicht übersehen. Im Gegensatz zu den Nestern der Seeschwalben, die bekanntlich kaum Anspruch auf die Bezeichnung „Nest“ haben, ist es aber ein ordentlicher Bau, und ob¬ wohl die Nester gleichsam schwimmen, habe ich doch nur selten in denselben Feuchtigkeit gefunden. Im Anfang des Frühjahrs sieht man die Zwergmöwen noch häufig unter sich zu mehreren über den See streichen, später zur Brut¬ zeit aber findet man sie meist in der Nähe von Brutcolonien der Lachmöwe. Sobald man sich von fern den gemeinsamen Brutstätten nähert, fliegt der ganze Schwarm in die Luft, und es ist für den Laien dann zunächst garnicht so leicht, die Zwergmöwen von den Lachmöwen zu unterscheiden, da beide das bekannte helle Möwengefieder mit schwarzem Kopf (bei der Zwergmöwe geht das Schwarz etwas tiefer herunter und bedeckt auch noch den Hals) haben und der Größenunterschied, der ja ziemlich bedeutend ist (die Lachmöwe hat 95 cm, die Zwergmöwe 67 cm Flugbreite) bei den Thieren, die theils höher theils niedriger in der Luft sich befinden, nicht auffällt. Ein untrügliches Kennzeichen sind jedoch die dunkeln Unterflügel der Zwergmöwe, die beim cT völlig schwarz, beim 2 dunkelgrau bis schwarz sind. Leider steht die unverständige Eierräuberei auf dem Drausensee in hoher Blüte, und hierdurch haben die Zwergmöwen wie viele andere Vögel auf dem See sehr zu leiden. Die Unkenntniß unserer Vogelwelt ist ja aber leider so verbreitet, daß sich wohl keiner der Eierräuber bewußt ist, welchen Schatz der westpreußischen Fauna er mitvernichten, zum mindesten mitvermindern, hilft, und der Gourmand, dem es auf „Möweneier“ nur im Allgemeinen an¬ kommt, weiß nicht, welche Seltenheiten er vertilgt. Möchte doch ein wenig mehr auf unsere Vogel welt geachtet werden, damit sich die Kenntniß der einzelnen Arten immer mehr verbreitet, denn ein Vogelschutz ist nur auf der Basis einer gründlichen Kenntniß unserer Vögel zu erzielen. 39 61 Ich hoffe, daß ich Ihnen schon an den wenigen hier vorgeführten Vogel¬ arten gezeigt habe, daß Westpreußen eine Vogelfauna besitzt, die der Be¬ achtung wertli ist. Da dieselbe aber noch bei Weitem nicht vollständig be¬ kannt ist, so ist es unsere Pflicht, fleißig an die Arbeit zu gehen und die Lücken unserer Kenntniß auszufüllen. Das Arbeitsfeld ist ein großes und reiches. Der Lohn der Arbeit ist der Mühe werth: Er stellt sich dar in der hohen Befriedigung, die Jeder empfindet, der in dem großen Reiche der Natur thätig ist. Nach ihm macht Herr Hauptlehrer PEIL-Sackrau einige Botanische Mitteilungen. 1. Beim Wohnhause der katholischen Pfarre zu Mockrau, Kr. Graudenz, befindet sich ein kleiner Park mit seltenen Bäumen und Sträuchern. Nicht weit vom Eingänge stehen zwei etwa 6 m hohe Exemplare von Gingko biloba, einer Conifere aus China mit breiten, verkehrt -keilförmigen, lederartigen Blattgebilden, die zur Tertiärzeit auch in Nord-Europa einheimisch war. — An einer quelligen Stelle breitet sich Polygonum cuspidatum Sieb., ein krautiges Gewächs mit hohlen Stengeln, das in China und Japan wild vorkommt, manns¬ hoch aus. — Weiterhin steht ein Exemplar von Magnolia glauca, etwa 3 m hoch. — Der in zwei Exemplaren vorhandene Gewürzstrauch, Calycanthus ßoridus , scheint hier nicht zu gedeihen, da größere Triebe vertrocknet sind. An einer anderen Stelle sieht man einige Exemplare von Juniperus Sabina und der Eibe, Taxus baccata, ferner zwei Tulpenbäume, Liriodendron tulipi- fera, einen Platanus orientalis und verschiedene Tannen. Sodann sind noch zu erwähnen: Gleditschia triacanthos mit so wechselvollen Blattgebilden, wie sie Herr Professor Dr. BAiL-Danzig vorhin vorlegte, ein Exemplar der rothen Maulbeere, Morus rubra, und mehrere Exemplare von Robinia hispida und R. Pseudacacia, letztere dornenlos. 2. Vortragender überreicht ein Exemplar von Ceterarch officinarum Willd. und belichtet über das Vorkommen dieser Pflanze an den Eestungsmauern von Graudenz. Nachdem mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit ein noch auf dem Programm stehender Vortrag zurückgezogen ist, spricht Herr Professor Dr. Conwentz Allen, die zum Gelingen der Tagung beigetragen haben, den Dank des Vereins aus und schließt gegen 1 Uhr die wissenschaftliche Sitzung. 44 44 44 Schnell wurden nun die für die wissenschaftliche Sitzung mitgebrachten Schätze von den Theilnehmern zusammengepackt und in Sicherheit gebracht, denn die Zeit drängte, da bereits für 2 Uhr Nachmittags die Fahrt nach Sartowitz angesetzt war. Nachdem ein Theil der Versammlung noch die 40 62 städtische Alterthumssammlung unter Führung des Herrn Gymnasialdirector Dr. Anger besichtigt und sich einen, wenn auch nur flüchtigen Einblick in die reichen Schätze derselben, besonders aus dem vorrömischen Gräberfelde von Rondsen bei Graudenz, verschafft hatte, trafen Alle bei Seick zusammen ; hier wurde eilig ein Imbiß eingenommen, der durch frohe Unterhaltung gewürzt war und nach der anstrengenden wissenschaftlichen Arbeit des Vormittags doppelt gut mundete. Um 2 Uhr ging es dann hinunter zur Weichsel, wo der kleine Dampfer schon zur Abfahrt bereit lag. Zahlreiche Damen und Herren aus Graudenz hatten sich den Versammlungstheilnehmern angeschlossen, so daß das Boot voll besetzt war. Bald setzte sich der Dampfer in Bewegung, und unter der stolzen Weichselbrücke hindurch ging es in mäßiger Eile strom¬ aufwärts. Trotz dräuender Gewitterwolken hielt sich das Wetter vortrefflich, so daß die Theilnehmer die wechselvollen schönen Landschaftsbilder, welche die dreistündige Weichselfahrt bot, voll genießen konnten. Vor Sartowitz etwa um 5 Uhr angelangt, stieg man aus. Nach einem Gange durch das Weiden¬ gebüsch des Weichselhoch Wasserbetts wurde zunächst in dem an der Straße liegenden Gasthaus ein kurzer Halt gemacht, und dann ging es auf vielfach gewundenem Fußpfad mit prächtigen landschaftlichen Ausblicken allmählich den Steilabhang hinauf. Die reiche Pflanzenwelt der diluvialen Abhänge fesselte bald Sinn und Auge der Botaniker, für welche die Sartowitzer Gegend in der That ein wahres Dorado darstellt. Als die Höhe erklommen war, lohnten herrliche Aussichten über das Weichselthal und das jenseitige Ufer die Mühe des Aufstiegs. Der große, der Gräfin von Schwanenfeld gehörige Park mit seinen wohlgepflegten Anlagen und schönen alten Bäumen, unter denen manches botanisch Interessante sich befindet, sowie die ausgedehnten Gewächs¬ häuser, besonders die weit und breit bekannten Ananasculturen, wurden unter sachkundiger Führung durchschritten und eingehend besichtigt. Ein längerer Aufenthalt war leider nicht möglich; denn die Zeit drängte. Auf kürzestem Wege, der großen Straße folgend, gingen die Theilnehmer hinunter, um im Gasthaus in Eile den Kaffee einzunehmen und dann wurde, später als geplant, der Dampfer bestiegen. Die Rückfahrt, obwohl zum Theil im Dunkeln vor sich gehend, zeigte neue Bilder, denn die von Holztraften und Flößen belebte Weichsel wurde durch die auf denselben lodernden Feuer malerisch beleuchtet. Erheblich später als im Programm vorgesehen, wurde Graudenz wieder erreicht, und Alle eilten schnell zum ,, Schwarzen Adler“, wo das gemeinsame Mahl unserer bereits länger, als ängstlichen Gemüthern lieb war, harrte. Zahl¬ reiche Toaste würzten das Mahl, und auch nachher blieben die Theilnehmer noch lange in frohem Gespräch beim kühlen Trunk beisammen, sodaß sich erst spät die Auswärtigen von den zahlreich anwesenden Graudenzer Damen und Herren trennten. 41 63 Früh am nächsten Morgen stand der geräumige Wagen zur Fahrt nach Roggenhausen bereit, an der sich neun Herren betheiligten. Begünstigt vom schönsten Wetter ging es durch die prangende Frühlingslandschaft, vorbei an dem Graudenzer Festungsberg ins Ossathal, das bei Klodtken erreicht wurde. Immer schöner gestaltete sich die Gegend, und ein anmuthiges Landschaftsbild wechselte mit dem alidern. Nach zweistündiger Fahrt wurde Roggenhausen erreicht, und nach kurzer Stärkung in dem dortigen Gasthause ging es sodann zu Fuß unter Führung des Herrn Lehrer Zödrow in das Gardengathal. Der Gang durch den unteren Theil des höchst malerischen, schluchtenartig einge¬ schnittenen Thaies gestaltete sich nach den starken Regengüssen der ver¬ gangenen Nächte stellenweise etwas schwierig, und mancher Fehltritt in Sumpf und Morast wurde zur Erheiterung der gerade nicht davon Betroffenen gethan. Stellenweise versagte der Fußpfad völlig, und es hieß dann sich ohne ihn behelfen. Doch ging Alles gut und ohne ernste Gefährdung der Wanderer ab, und eine reiche botanische Ausbeute lohnte mehr als genug die kleinen Mühen des Weges. Mählig wurde der dicht bewaldete Abhang erstiegen und dann die nahe dem oberen Rande desselben in mehreren Exemplaren gedeihende Elsbeere, Pirus torminalis Ehrh., besucht. Ueber eine verfallene Mauer hin¬ weg ging es sodann in den die Reste des alten Ordensschlosses umgebenden Park. Die auch in ihren Trümmern noch großartigen baulichen Anlagen, von denen nur noch ein mächtiger Thorthurm einigermaßen erhalten ist, fesselten aufs lebhafteste das Interesse aller Auswärtigen. Und der von der Höhe sich bietende herrliche Blick auf die von dem tiefen, in malerischen Windungen sich erstreckenden Ossathal durchzogene Landschaft hätte die Ausflügler noch lange festgehalten, wenn nicht auch hier Eile geboten gewesen wäre. So aber mußte nur zu bald der Abstieg vor sich gehen; nach einem einfachen Frühstück in dem ländlichen Gasthause wurde der Wagen wieder bestiegen, und fort gings nach Graudenz, das etwa um 2 Uhr erreicht wurde. Schnell wurde nun das Ränzel geschnürt, einzelne Auswärtige unternahmen noch einen Gang zum Schloßberg, um dort den schönen Rundblick auf die Stadt, das Weichsel¬ thal und die auf 12 Pfeilern ruhende mächtige Eisenbahnbrücke - — eine der längsten im Reiche — zu genießen, darauf ein herzlicher Abschied von den Graudenzern, und dann entführten die Nachmittagszüge die Auswärtigen in ihre Heimat. Die Graudenzer Versammlung aber wird allen Theilnehmern in schönster Erinnerung bleiben. ■u 64 J Schädliche Insecten Westpreussens und deren Bekämpfung. Von A. REHBERG-Marienwerder. 1. Die wichtigsten Schädlinge unserer Halmfrüchte. Mit 54 Einzelbildern in 10 Figuren. Uie Untersuchungen über die Verbreitung der Thier- und Pflanzenwelt haben ergeben, daß die jetzige Vertheilung vieler Lebewesen auf der Erde nicht allein durch die physikalischen Verhältnisse der gegenwärtigen Periode bedingt ist, sondern daß auch die Thätigkeit des Menschen mannigfache Ver¬ änderungen und abnorme Erscheinungen in den Verbreitungsgebieten der Pflanzen und Thiere hervorgebracht hat. Es ist erwiesen, daß mit dem herrschenden Auftreten des Menschen eine Menge von Thier- und Pflanzen¬ formen theils ganz vernichtet, theils sehr selten geworden sind. Mit Schrecken haben alle wahren Naturfreunde erkannt, daß es in den Kulturländern bald keine Stelle mehr geben wird, an der sich Pflanzen- und Thierleben unter natürlichen Verhältnissen entfalten kann, und Pflanzenschutzgenossenschaften und andere Vereine sind bestrebt, wenigstens an einzelnen Punkten der Erde die im Untergang begriffenen Pflanzen- und Thierformen möglichst lange zu erhalten. In den früheren Entwickelungsperioden der Erdoberfläche ver¬ schwanden freilich auch tausende von Arten im Kampf ums Dasein, aber es traten an deren Stelle eine große Anzahl neuer, kräftigerer Formen auf, die es verstanden, sich den veränderten physikalischen Bedingungen anzupassen. In der Jetztzeit jedoch findet ein Ersatz durch neue Arten nicht mehr in dem Maße statt, und nur diejenigen organischen Gebilde, die durch und von dem Menschen leben, erfreuen sich einer immer größeren Verbreitung. Besonders in den dicht bevölkerten Kulturländern ist eine vollständige Umwandelung der ursprünglichen Verhältnisse herbeigeführt worden. Aber nur ein Theil dieser in abnormer Anzahl vorhandenen Geschöpfe ist dem Menschen von Nutzen. Gleichzeitig mit den für unseren Unterhalt gepflegten Gewächsen und Hausthieren hat sich eine Anzahl von anderen Arten vermehrt, deren Bestehen und deren Verbreitung uns durchaus keinen Nutzen bringt, im Gegentheil oft sehr zum Schaden gereicht, wenn durch besondere Verhältnisse eine außergewöhnliche Vermehrung dieser schädlichen Arten begünstigt wird. Wie durch besondere Einflüsse die normale Fluthwelle des Meeres zur ver¬ heerenden Springfluth heranwächst, so entstehen auch gewisse organische 65 Formen durch das Zusammentreffen mehrerer, ihre Vermehrung begünstigender Momente in kurzer Zeit zu Legionen. Ein lehrreiches Beispiel hierfür konnte in dem durch große Trockenheit ausgezeichneten Sommer des Jahres 1901 wahrgenommen werden. An verschiedenen Orten unserer Provinz hatte sich, begünstigt durch die große Dürre, eine kleine Zikade, Jassus sexnotatus , in so gewaltiger Weise vermehrt, daß die Sommerungen, besonders der Hafer, an vielen Stellen vollständig vernichtet wurden. Dieses unscheinbare Insect ist in jedem Jahre auf Wiesen und an anderen Orten auf Gräsern zu finden. Tritt daselbst jedoch ein Nahrungsmangel ein, so wandert es in die Getreide¬ felder aus und richtet dort große Verwüstungen an. Solche Jassws-Perioden sind in den Jahren 1863. 1869, 1892 und 1893 auch schon beobachtet worden. Gewisse Insecten werden erst dann verderblich, wenn in den von ihnen heimgesuchten Gewächsen die Widerstandskraft durch besondere Einwirkungen geschwächt wird oder ganz erlischt. Auch hierfür hat der vorjährige Sommer (1901) ein gutes Beispiel in unserer Provinz geliefert. Auf der Rüster kommt gar nicht selten ein kleiner Käfer vor, dessen Larven zwischen Rinde und Splint ähnliche Gänge einfressen, wie die auf Coniferen lebenden Bostruchus- Arten. Es ist dies der Rüsternsplintkäfer, Scolytus destructor L., der lange schon in den schönen Anlagen des Vergnügungsortes Böslershöhe bei Graudenz sein behagliches Dasein führte, ohne den schönen und oft recht alten Bäumen gefährlich zu werden. Er begnügte sich mit abgestorbenen oder im Absterben begriffenen Aesten. Nachdem aber die große Dürre einmal die Vermehrung des Käfers ganz besonders begünstigt hatte, andererseits der Feuchtigkeits¬ gehalt der Bäume vermindert war, gelang es diesen bisher dort unschädlichen Insecten in kurzer Zeit den größten Theil des so schönen Rüsternbestandes vollständig zum Absterben zu bringen. Solch ein epidemisches Auftreten des Rüsternsplintkäfers ist in unserer Provinz bisher nie beobachtet worden. Die Kälte und Feuchtigkeit des folgenden Frühjahrs wird hoffentlich dazu bei¬ getragen haben, die Vermehrung dieses Käfers auf die früheren Verhältnisse zu beschränken. Die große Gefahr, die das epidemische Auftreten derartiger Insecten den Kulturpflanzen bringen kann, hat Veranlassung gegeben, die Verbreitung der¬ selben auf jede erdenkliche Art zu verhindern, und nach Erfindung der Drucker¬ schwärze sind zahlreiche Bücher erschienen, die sich nicht nur mit der Be¬ schreibung dieser verderblichen Plagegeister beschäftigen, sondern auch Mittel angeben, dem Ueberhandnelimen derselben zu steuern. In späterer Zeit sind dann von einzelnen Landwirthen, Fachvereinen, landwirthschaftlichen Schulen u. a. m. zahlreicheVersuche angestellt, um die geeignetesten Vertilgungsmethoden heraus zu finden. Das Reichsgesundheitsamt, die biologischen Institute und Landwirtlischaftskammern und die Deutsche Landwirthschaftsgesellschaft geben dem um Verhaltungsmaßregeln anfragenden Landwirth nicht nur bereitwilligst Auskunft, sondern entsenden in wichtigen Fällen auch Fachleute an Ort und Stelle und veröffentlichen in besonderen Zeitschriften die Erfolge ihrer Versuche. 2 5 66 Besonders hervorzuheben sind die Bemühungen der Deutschen Landwirthschafts- gesellschaft, die einmal durch ein im Aufträge ihres „Sonderausschusses für Pflanzenschutz“ herausgegebenes Buch*) die Kenntniß der geeignetesten Be¬ kämpfungsmethoden verbreitet, außerdem aber viele Auskunftsstellen für das gesammte Deutsche Reich errichtet hat, bei denen der anfragende Landwirth unentgeltliche Auskunft erhalten kann Dank dieser Einrichtungen ist ein Fortschritt in Bezug auf die Schutzmittel für die gedeihliche Entwickelung unserer Kulturpflanzen unverkennbar. Noch größere Erfolge könnten jedoch erzielt werden, wenn außer den vorhandenen Auskunftsstellen zahlreiche Beobachtungsstationen eingerichtet würden, auf denen das Leben und Treiben der wichtigsten Schädlinge genau controliert würde Von diesen Pflanzenschutz¬ stationen müßten, wie es zur Zeit von den meteorologischen Stationen geschieht, regelmäßige Berichte an eine Centralstelle geliefert werden, von der aus dann rechtzeitig Winke und Maßregeln für die Bekämpfung der Schädlinge aus¬ gehen könnten. Ferner müßte in den Landschulen auf den naturwissenschaftlichen Unter¬ richt mehr Zeit wie bisher verwendet werden, um die heranwachsende Generation über die schädlichen Insecten, ihre Lebensweise und Vertilgungsmethoden gründlich zu belehren. Mit Hilfe geeigneter Sammlungen und guter Wand¬ tafeln, die in keiner Dorfschule fehlen sollten, müßten die Schüler im Winter die wichtigsten Schädlinge genau kennen lernen und im Sommer zum selbst¬ ständigen Beobachten angehalten werden. Wenn später im Laufe der Zeit auch Vieles davon in Vergessenheit gerätli, so werden doch manche Erinne¬ rungen von dem in der Schule Gelernten und Gesehenen erwachen, wenn der ehemalige Schüler als praktischer Landwirth sein Feld durchwandert, und derselbe wird vor allem befähigter sein, sich in der vorhandenen Literatur zurecht zu finden, als es viele kleine Landwirthe von heute sind, die leider oftmals wenig Interesse zeigen, wenn es sich um Förderung des Pflanzen¬ schutzes handelt. Auch der nachstehende Aufsatz, der in wissenschaftlicher Hinsicht dem Eingeweihten nichts Neues bietet, soll dazu dienen, die Kenntniß der schäd¬ lichen Insecten unserer Heimatsprovinz und ihrer Bekämpfung zu erweitern. Er behandelt die wichtigsten Schädlinge unserer Halmfrüchte, und weitere Auf¬ sätze über die Schädlinge der anderen Fruchtarten sollen folgen. Die Ab¬ bildungen sind nicht von bereits vorhandenen Clichds gedruckt, sondern nach Originalzeichnungen des Verfassers gefertigt und bieten insofern etwas Neues, als sie nicht nur die Insecten und ihre verschiedenen Entwickelungsstadien, sondern auch die von denselben verursachten Schäden darstellen. Die Zeich- *) Pflanzenschutz. Anleitung für den praktischen Landwirth zur Erkennung und Be¬ kämpfung der Beschädigungen der Kulturpflanzen. Im Aufträge der Deutschen Landwirth- Schaftsgesellschaft, Sonderausschuß für Pflanzenschutz, bearbeitet von Professor Dr. A. B. Frank und Professor Dr. Paul Sorauer. 2. Auflage. Berlin 1896. 3 67 nungen sind angefertigt nach Wandtafeln, die vom Verfasser auf der Wander¬ versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins im Jahre 1901 in Graudenz vorgezeigt wurden und später in Marienwerder zu einem Vortrage im dortigen Landwirthschaftlichen Verein B Verwendung fanden. Unter den heimischen Käfern werden den Halmfrüchten besonders die Larven des Maikäfers, des Saatenschnellkäfers und des Getreidelaufkäfers gefährlich, im entwickelten Zustande sind der Maikäfer und der Saatenschnell¬ käfer ungefährlich, dagegen greift der Getreidelaufkäfer auch die Aehren an. 1. Der Maikäfer und seine Larve, der Engerling, ist von Jedermann gekannt und gehört entschie¬ den zu den populär¬ sten Thieren, sodaß mir eine genauere Be¬ schreibung und Ab¬ bildung desselben überflüssig erscheint. Man unterscheidet be¬ kanntlich zwei Arten, Melolontha vulgarish., Flügeldecken u. Beine rothgelb, und M. hippocastani Fabr., mit rothem Halsschild und schwarzen Beinen. Ersterer hält sich mehr auf dem Felde, der zweite mehr im Walde auf. An Wald¬ rändern werden beide Fig. 1. Agriotes lineatus L., Saatenschnellkäfer. Käfer (3/i d. n. Gr.), Larve, sog. Drahtwurm (2/i d. n. Gr.) und von letzterem angefressenes Getreidepflänzchen (a/i d. n. Gr.). Arten angetroffen. Die Naturgeschichte des Maikäfers, die Dauer seiner Entwickelung und die Erfolge der verschiedenen Vertil¬ gungsmethoden sind in sehr gründlicher Weise von Forstrat Feddersen (f 1898 in Marienwerder), einem früheren Mit- gliede des Westpreuß. Botanisch - Zoologi¬ schen Vereins, in einer längeren Abhandlung, veröffentlicht in der Zeitschrift für Forst- u. J agd wesen, XXV11I. Jahrgang, Mai 1896, behandelt worden. — Das erfolgreichste Mittel zurBekämpfung ist der Maikäferfang; im Großen. In den Morgenstunden lassen sich die im schlaftrunkenen Zustand befindlichen Thiere am leichtesten von den Bäumen abschütteln und einsammeln. Zur Tötung derselben empfehlen sich leere Petroleumfässer, in welche die Säcke mit den gefangenen Käfern gebracht werden, die dann mit ca. 70 ccm Schwefel¬ kohlenstoff übergossen werden, worauf die Fässer zu schließen sind. 2. Der durch die Larven der Saatenschnellkäfer {Agriotes lineatitsh. (Fig. 1) und Agriotes obscurus L.) verursachte Schaden zeigt sich, wenn die jungen Getreide¬ pflänzchen ein oder nur wenige Blätter getrieben haben, also bei den Winter¬ saaten im Oktober oder November, bei den Sommersaaten im April oder Mai. Wir bemerken dann, daß die Pflänzchen gelb aussehen, sich umlegen, und daß 4 5* 68 man sic leicht meist ohne Wurzel herausziehen kann. In der Regel ist das a-nnefressene Pflänzchen unrettbar vernichtet. Sucht man im Boden umher, so findet man dort auch die 1 V2 — 2 cm langen, walzenförmigen Larven, die sog. Drahtwürmer. Sie haben eine lebhaft gelbe, glänzende Oberfläche, auf der feine Borstenhärchen zu erkennen sind, und laufen hinten in eine stumpfe Spitze aus, auf der sich zwei dunkele Grübchen befinden (Fig. 1, rechts). Vier bis fünf Jahre vergehen, ehe diese Larven zur Verpuppung schreiten, und deshalb sind sie besonders gefährlich. Im Juni erfolgt die Verpuppung der reifen Larve, im Spätsommer kommt bereits der unschädliche Käfer zum Vorschein, der nach der Ueberwinterung seinem Brutgeschäft nachgeht. Der entwickelte, 12 mm lange Käfer ist leicht kennt¬ lich. Die Körper¬ form ist gestreckt, die Farbe hellgrau mit weißen Längs¬ streifen, Agriotes lineatus L. (Fig. 1 , links), oder bräun¬ lich s’rau, A. ob- scurus L., gefärbt. An der Vorder¬ brust besitzen sie einen stielartigen Fortsatz und eine entsprechende Grube am Vorder¬ rande der Mittel¬ brust. Dadurch werden sie be- Fig. 2. Getreidelaufkäfer, Zabrus gibbus Fabr. Käfer (3/2 d. n. Gr.), Puppe (n. Gr.), Larve (n. Gr.) und von letzterer angefressenes Roggenpflänzchen (n. Gr.) fähigt, sich mit knipsendem Ton in die Höhe zu schnellen, wenn sie auf demRücken liegen und wieder auf die Beine kommen wollen. Verschiedene Mittel werden zur Bekämpfung des Drahtwurms em¬ pfohlen. Chilisal¬ peter oder Vieh¬ salz, 150 kg pro ha untergehackt, sollen ein gutes Vertilgungsmittel sein. In kleineren Gärten empfiehlt es sich, dieLarven durch Kartoffelstücke anzulocken, die auf die Oberfläche des Bodens ausgelegt und später wieder abgesammelt werden. In Amerika werden im Frühjahr kleine Kleebündel, die vorher mit Arsensalz besprengt sind, in gleichmäßigen Ab- stäuden auf die Felder gelegt und dadurch die angelockten Käfer vor dem Ablegen der Eier getötet. Auch das Walzen der Saat wird als Mittel empfohlen, die Verbreitung des Drahtwurms zu behindern. Die Larven lieben nämlich ganz besonders lockeren Boden. Ist derselbe aber fest, so wird ihre Fortbewegung von Pflanze zu Pflanze erschwert und die Beschädigung der Felder wird weniger empfindlich. 3. Weniger gefährlich ist die Larve des Getreidelaufkäfers, Zabrus gibbus Fabr. (Fig. 2), falls sie nicht in sehr großen Mengen auftritt Die 2 — 2,5 cm lange Larve (Fig. 2, rechts unten) ist 3 mm breit, mit schwarzem Kopf, 69 braunem Rücken, verschmälert sich allmählich nach hinten und endigt in zwei gegliederte Zäpfchen. Sie gräbt sich fast senkrechte Erdröhreu, die dem sehr scheuen Thier während des Tages zum Aufenthalt dienen. Die Fraßweise ist eine sehr eigentümliche. Mit den kräftigen Oberkiefern werden die zarten Blätter, meist das Herz der jungen Pflanze, zerkaut, und der dabei gewonnene Saft wird aufgesogen. Es bleiben dadurch austrocknende, in der verschiedensten Weise zerfleischte und zerzauste Pfröpfchen zurück, die zum Theil in die Mündung der von der Larve bewohnten Röhre hineingezogen werden. (Fig. 2, rechts.) Wo die Larven des Getreidelauf käfers hausen, verschwinden besonders von den Rändern der Felder die Pflänzchen und lassen nur braune, dürre Büschelchen zurück. Mitte Mai sind die meisten Larven erwachsen und ver¬ puppen sich in dem etwas erweiterten Grunde ihrer Röhre. (Fig. 2, links unten.) Nach einer vierwöchigen Puppenruhe kommt der Käfer aus der Erde ge¬ krochen. Das entwickelte Insect (Fig. 2, links oben) ist 15 mm lang, matt- scliwarz, auf der Bauchseite dunkelbraun und hat ebenfalls eine nächtliche Lebensweise. Während des Tages hält es sich gern unter Steinen auf. Nach Untergang der Sonne klettert der Käfer an den Halmen von Weizen, Roggen und Gerste in die Höhe und benagt die noch weichen Körner, meist am unteren Aehrentheile beginnend. Während dieses nächtlichen Treibens erfolgt auch die Paarung. Das Weibchen legt vom Juni an seine Eier in die Erde, wo die Larven drei Jahre für ihre Entwickelung brauchen und während dieser Zeit ihre Zerstörung ausüben. Tritt das Insect in großer Menge auf, so müssen Larven und Käfer durch Absammeln vernichtet werden. Nach Umpflügen einer zerstörten Getreideart muß eine Nicht- Halmfrucht folgen. Unter den Schmetterlingen ist für die Halmfrüchte am gefährlichsten: 4-. die Wintersaateule, Agrotis segetum W. V. (Fig. 3, Abb. 1), deren Larve unter dein Namen Erdraupe ihre Zerstörungsarbeit nicht nur an den Wurzeln der Wintersaaten, sondern auch an Raps, Rübsen, Kartoffeln und selbst an Zucker- und Futterrüben ausübt. Diese ungefähr 5 cm langen Raupen (Fig. 3, Abb. 1 a) sind von graubrauner Farbe, auf dem Rücken ist ein blasser Längs¬ streifen zu erkennen. Sie entwickeln sich aus kleinen Eiern, welche ein 2 cm langer Schmetterling (Fig. 3, Abb. 1) besonders im August und September an die Erdoberfläche ablegt. Nach 1 — 2 Wochen kommen die jungen Raupen zum Vorschein und beginnen ihr Zerstörungswerk bis zum Eintritt des Winters. Dann ziehen sie sich tiefer in die Erde zurück, um im Frühling noch eine Zeit lang weiter zu fressen. Meist schon im Frühjahr ist die Raupe ausgewachsen, sie verwandelt sich unterhalb der Erde in eine Puppe, aus der im Sommer, bei uns besonders im August, die Schmetterlinge auskommen, die ebenso wie die Raupen eine nächtliche Lebensweise führen und sich am Tage unter Blättern versteckt halten. Zur Vertilgung der Raupen wird empfohlen, Hühner auf die Felder zu fahren, die die Raupen aus ihren Schlupfwinkeln herausholen und mit gutem Appetit verspeisen. Man hat zu diesem Zweck, zuerst wohl in Sachsen, ganz 70 besondere, fahrbare Hühnerställe gebaut; kleine zweirädrige Karren, die mit geringer Kraft vorwärtsgeschoben werden können, tragen einen großen Kasten, in dem passende Sitze für die Hühner und auch einige Nester ange¬ bracht sind. Der Kasten hat eine Wand aus dünnen Brettern, gleichen Boden Fig. 3. Unseren Halmfrüchten schädliche Schmetterlinge. 1. Wintersaateule, Agrotis segetum W. V. (3/2 d. n. Gr.); 1 a. Erdraupe (5/4 d. n. Gr.). 2. Queckeneule, Hadena basilinea W. V. (3/a d n. Gr,); 2a. Raupe (4/3 d. u. Gr); 2b. Beschädigte Weizenähre (n. Gr.); 2c. Angefressenes Weizenkorn (3/i d. n. Gr.); 2 d. Angefressenes Roggenkorn (5/i d. n, Gr.). 3. Kornmotte, Tinea granella L. (3/, d. n. Gr.) ; 3 a. Raupe, sog. weisser Kornwurm (3/i d. n. Gr.); 3b. Roggenähre mit Eiern der Kornmotte (2/i d. n. Gr.). und gleiche Bedachung, die anderen Seiten werden aus dünnem Drahtgeflecht gebildet. Diese fahrbaren Hühnerställe lassen sich so praktisch einrichten, daß sich bis 200 Hühner in denselben unterbringen lassen. Mit diesem Wagen werden in einem Tage ca. 20 Morgen doppelt überfahren Ein Junge fährt alle Viertelstunde eine Strecke weiter, und die Hühner folgen, Raupen sammelnd, 7 71 dem Karren, wenn einzelne von ihnen in demselben ausgebrütet sind. Den Schmetterling vernichtet man am besten mit Hülfe einer Fanglaterne. Auf einem aus vier Füßen bestehenden Gestell von 1,5 m Höhe steht auf einer wagerechten Platte eine große, hell leuchtende, mit Reflectoren versehene Laterne, die oben einen Blechschornstein trägt. Am unteren Theil der Laterne werden vier längliche Blechkästen befestigt, die man am besten mit verdünnter Melasse füllt. Ist die Laterne des Abends angezündet, so werden von derselben die Nachtschmetterlinge aus allen Himmelsrichtungen herbeigelockt, sie fliegen gegen die etwas schräg gestellten Scheiben und fallen dann in die Kästen, wo sie ertrinken. 5. Weniger gefährlich wird den Getreidearten die Queckeneule, Badena basilinect W. V. (Fig. 3, Abb. 2), ein 2 cm langer Nachtschmetterling mit leder¬ braunen Vorderflügeln und gelbbraunen Hinterflügeln, der bei uns besonders im Juni in der Dämmerung auf Wiesen häufig zu finden ist. Zuweilen legt diese Eule ihre Eier auch an Getreideähren. Die auskommenden Raupen (Fig. 3, Abb. 2 a) sind von graubrauner Farbe, durch 3 weißliche Längslinien gezeichnet und im erwachsenen Zustande 3 cm lang. Dieselben fressen beim Roggen und der Gerste den oberen Theil der Spelzen ab, so daß die meisten Grannen abbrechen. Alsdann wird beim Roggen der obere Theil des noch weichen Kornes angenagt (Fig. 3, Abb. 2d). Ara Weizen erscheint die Ver¬ letzung in anderer Form; das Räupchen frißt hier nicht erst die Spelzen ab, sondern erzeugt ein Loch in der Spelze und frißt von hier aus weiter in das Korn hinein (Fig. 3, Abb. 2b und 2c). Als Vertilgungsmittel ist auch hier das Aufstellen von Fanglaternen, wie sie gegen die Wintersaateule gebraucht werden, am geeignetesten. Ist das eingefahrene Getreide noch mit Raupen be¬ setzt, so ist sofortiger Ausdrusch vorzunehmen, um die Raupen dadurch in ihrer ferneren Entwickelung zu behindern. 6. Als dritter schädlicher Schmetterling ist die Kornmotte, Tinea granella L. (Fig. 3, Abb. 3), zu erwähnen, deren Raupe auf den Getreidemagazinen oft erheblichen Schaden anrichtet. Die kleine, silberfarbige, dunkelgezeichnete Motte (Fig. 3, Abb. 3) legt im Juli und August die Eier an das aufgespeicherte Getreide (Fig 3, Abb. 3b). Aus denselben entstehen weiße Räupchen (Fig. 3, Abb. 3a), die einen gelbgrauen Kopf nebst ebenso gefärbtem Nackenschild, im übrigen eine beinfarbene Körperhaut besitzen. Dieser sog. weiße Kornwurm frißt unter dem Schutze eines von ihm erzeugten schleierartigen Seiden- gespinnstes die Körner der verschiedensten Getreidearten auf den Schüttböden und auch die Körner der in den Scheunen aufbewahrten unausgedroschenen A ehren auf. Die im August erwachsene Raupe sucht sich zwischen den Dielen, in den Ritzen der Balken oder sonstwo geeignete Verstecke, spinnt sich hier ein und ruht unverwandelt bis zum April nächsten Jahres Alsdann wandelt sich die Raupe zu einem schlanken Püppchen um, das vom Mai ab die Motte entläßt. 8 72 Fig. 4. Fritfliege, Oscinis frit L. 1. Entwickeltes Insect mit ausgebreiteten und 2. mit anliegenden Flügeln (,0/i d. n. Gr,); 3. Larve (12/i d. n. Gr.); 4. Puppe (,0/i d. n. Gr.); 5. Junges Roggenpflänzchen mit Larven und 6. mit Puppen (3/i d. n. Gr.J; 7. Beschädigtes Haferkorn (3/i d. n. Gr.); 8. Dasselbe, aufgoschnitten (3/i d. n. Gr.) 7. Von der Fritfliege (Fig. 4) kommen bei uns zwei Arten vor, Oscinis frit L. (Fig. 4, Abb. 1 und 2) und Oscinis pusilla Meig., die aber in ihrer Lebensweise keine Verschiedenheiten erkennen lassen. Sie entstehen aus selir kleinen, weißen Maden (Fig. 4, Abb. 3), die im ausgewachsenen Zustande nur 2 — 3 mm lang sind. Da dieses Insect während eines Jahres drei Generationen hervorbringt, sind die Erscheinungen, die seine Anwesenheit auf den Feldern bekunden, verschiedenartig. Durch öfteres Reinigen der Scheunen und Schüttböden, wobei es besonders' auf die Zerstörung der an den Wänden und in den Fußböden befindlichen Cocons ankommt, läßt sich das Ueberhandnehmen dieser Motte leicht ver¬ meiden. Aus der Klasse der Zweiflügler sind den Getreidearten besonders schädlich die Fritfliege, die Hessenfliege, die Weizengailmücke und die scheckige Halm¬ fliege, die alle vier mit dem gemeinsamen Namen ,, Getreidefliegen“ bezeichnet zu werden pflegen. 9 73 Bei der jungen Wintersaat befinden sich die Maden dicht über dem Wurzelknoten hinter den Blattscheiden (Fig. 4, Abb. 5) und nagen dort an dem iungen Stengelchen nach unten abwärts bis zu dem jüngsten Herzblättchen, sodaß die Pflanze gelb wird oder umfällt. Nicht immer tritt eine vollständige Vernichtung ein; nach der Zerstörung des Haupttriebes kann das Pflänzchen aus einem tieferen, unberührt gebliebenen Wurzelknoten einen neuen, gesunden Trieb hervorbringen, oder es kann ein oder der andere Trieb unversehrt bleiben, wenn sich das Pflänzchen vorher schon etwas bestockt hatte. Solche Pflanzen haben dann sogar die Neigung, eine Mehrzahl neuer, oft etwas zwiebelartig anschwellender Stocktriebe zu bilden, sodaß sie eine gewisse Aehnlichkeit mit den krankhaft verändertenPflan- zen erhalten, die von einem Faden¬ wurm, Tyllinchus devastatrix be¬ fallen sind, der die sog. Stock- kraukheit verur¬ sacht. Ebenso wie im Herbst äußert sich die Thätig- keit der Fliegen auch bei den Früh¬ jahrssaaten. Be¬ sonders sind es in dieser Jahreszeit die Haferfelder, für welche die Fritfliege große Vorliebe zeigt. Die im Frühjahr ausgekommenen Weibchen legen ihre Eier auf die Blätter des jungen Hafers, die Larven kriechen nach unten und setzen sich an und hinter den Blattscheiden fest und verpuppen sich auch dort (Fig. 4, Abb. 6). Ganz anders sind jedoch die Beschädigungen der zweiten Generation, die während des Sommers an der im Wachsthum bereits weiter vorgeschrittenen Pflanze sichtbar werden. Da die Fritfliege ihre Eier nur an weiche Theile absetzt, so werden jetzt die noch weichen Körner angegriffen (Fig. 4, Abb. 7). Aus den in die Blüte gelegten Eiern nagen sich dann die Maden in die brucht- knoten hinein und zerstören diese von innen her vollständig (Fig. 4, Abb. 8). Die Spelzen werden jedoch in ihrer normalen Entwickelung nicht beeinflußt 10 Fig. 5. Hessen fliege oder Getreideverwüster, Cecidomyia destructor Say. 1. Entwickeltes Insect (,2/i d. n. Gr.); 2. Larve (15/i d. n. Gr.); 3. Tuppe (,2/i d. n. Gr.); 4. Beschädigtes Weizenpflänzchen (n. Gr.); 5. Bruchstelle eines Halms mit Puppe (3/i d. n. Gr.). 74 und erst bei der Ernte entdeckt man, daß die Körner leicht und leer sind. In Schweden wird diese Beschädigung der Körner des Hafers, der Gerste und des Weizens „Frit“ genannt, was soviel als „leichte Waare“ bedeutet. Von diesem schwedischen Wort stammt der Name der Fliege. Ein vollkommen wirksames Mittel zur Bekämpfung der Fritfliege giebt es nicht. Es wird empfohlen, die Wintersaaten so spät wie möglich, und nicht vor Mitte September zu bestellen. Umgekehrt ist für das Sommergetreide eine möglichst frühe Bestellung angezeigt. Ist ein Winterkornschlag von Fritfliegen sehr mitgenommen, so empfiehlt Nordamerika ver¬ schleppt sein, und dort ist der Name „Hessenfliege“ zuerst entstanden. Nachdem die Le¬ bensgeschichte dieses zu den Gall¬ mücken gehören¬ den K erb thi eres jedoch genauer erforscht ist, weiß man, daß diese ge¬ schichtliche Ab¬ leitung des Na¬ mens unzutreffend ist, da eine Ver¬ breitung durch das Stroh nicht stattfinden kann. Die Larven (Fig. 5, Abb. 2) des Getreidever¬ wüsters sind schwer kenntlich, da sie außerordentlich klein sind. Sie verwandeln sich in eine braune Tönnchenpuppe(Fig. 5, Abb. 3), in der sie überwintern. Das nur wenigeTage lebende, entwickelte Insect (Fig. 5, Abb. 1) verläßt seine Puppe meistens zu einer Zeit, wenn die Getreidearten den Halm zu treiben beginnen. Das Weibchen legt dann nur ein oder zwei Eier an die unteren Blattscheiden. Nach acht Tagen s.chlüpfen die Larven aus und dringen in den unteren Theil des Halmes ein. Dadurch werden die Halme einmal im Wachsthum geschädigt (Fig. 5, Abb. 4), andererseits aber auch leicht zerbrechlich. Durch starken Wind oder Hegen werden sie oft an den Stellen, wo sich die Puppe befindet, umgeknickt (Fig. 5, Abb. 5), und ein solches Feld macht dann den Eindruck, als ob es verhagelt li es sich, in un¬ mittelbarer Nähe desselben kein Sommergetreide zu bauen, da hier¬ durch der Ver¬ breitung der Fliege Vorschub geleistet würde. 8. Noch zier¬ licher als die Frit¬ fliege ist die Hessenfliege oder der Getreidever¬ wüster (Fig. 5), Cecidomyia de- structor Say. Dies Insect soll mit der Bagage der hessi¬ schen Truppen bei Gelegenheit des amerikani¬ schen Befreiungs¬ krieges nach Fig. R. Weizengallmücke, Diplosis tritici Kirby. 1. Entwickeltes Insect (’% d. n. Gr.); 2. Puppe (w/i d. n. Gr.); 3. Larve (10/i d. n. Gr.); 4. deformirte Weizenähre mit Larven (n. Gr.) 75 wäre. — In den Sep¬ tember fällt die Haupt¬ flugzeit der zweiten, winterlichen Brut, wel¬ che die Stoppelfelder zu ihrer Geburtsstätte hat, und für deren Weibchen die Winter¬ saaten des Weizens und Roggens geeigneteBrut- plätze darbieten. Diese besitzen zu der Zeit nur Blätter, und die Larve gelangt, an diesen hin¬ abgleitend, in das Herz des Pflänzchens. Trifft die Larve dabei auf den Vegetationskegel, so ist die ganze Pflanze ver¬ loren, im günstigsten Falle sind es einzelne Triebe. Schon vor Be¬ ginn des Winters ver¬ wandelt sich die Made in eine Scheinpuppe, um zu überwintern; erst im Frühjahr ver¬ wandelt sie sich in eine eigentliche Puppe, und aus dieser kommt nach 14 Tagen dieSom- mergeneration zum Vorschein. Tiefes Um¬ pflügen oder Verbrennen der Stoppel gleich nach der Ernte kann allein das ver¬ derbliche Auf¬ treten des Ge¬ treideverwüs¬ ters verhindern. 9. Es giebt noch einige andere am Ge¬ treide lebende Gall¬ mücken, unter ihnen ist die wichtigste die Weizengallmücke, Diplo - sis tritici Kirby (Fig. 6). Diese b ringt jedoch nur eine Generation im Laufe eines Jahres her¬ vor und ist deshalb nicht so schädlich wie der Getreide verwiister. Die sehr kleine, etwa 2 mm lange, citronen- gelbe, schwach behaarte Mücke (Fig. 6, Abb. 1) legt zu der Zeit, wenn derW eizen seine Aehren hervorgetrieben hat, bis zu zehn Eier in die Blü¬ ten desselben. Nach etwa zehn Tagen koni¬ goldgelb ge- men die färbten Larven (Fig. 6, Abb. 3) aus, die nicht bloß den Blütenstaub verzehren, son¬ dern auch die jungen Frucht¬ knoten angrei¬ fen, was eine Schädigung der Körnerbil¬ dung (Fig. 6, Abb. 4) zur Folge hat. Wenn die Lar- Fig. 7. Scheckige Halmfliege, Chlorops taeniopus Meig. 1. Entwickeltes Insect (8/i d. n. Gr.); 2. Aehre eines Halms nach Entfernung der Blattscbeide, mit Frassgang und Made (2/i d. u. Gr.); 3. Puppe (8/i d. n. Gr.) ; 4. Umhüllung derselben (8/i d. n. Gr.) ; 5. Weizenhalm mit steckengebliebener Aehre (n. Gr.) ; 6. defor- mirtes (sog. gichtisches) Weizenkorn (3/j d. n. Gr.). ven wachsen ausgc- sind, lassen sie sich 12 76 aus den Aehren auf den Erdboden fallen. Den Winter verbringen die Larven unter der Erdoberfläche; erst im Frühling geht die Verwandlung in das Puppen¬ stadium vor sich. Aus diesen Puppen (Fig. 6, Abb. 2) kommt das entwickelte Inscct im Juli zum Vorschein. Zur Bekämpfung wird empfohlen, den geernteten Weizen bald aus¬ zudreschen, die Körner zu reinigen und den Abfall zu zerstören, sobald noch etwa Maden in demselben sich finden sollten. Die Stoppel ist bald nach der Ernte zu stürzen, um die in den Boden gegangenen Maden für das nächste Jahr unschädlich zu machen, indem dieselben durch die Bodenbearbeitung in ihrer Entwickelung gestört werden und in eine Lage kommen, in der nur wenige zur normalen Ausbildung gelangen können. 10. Eine der schädlichsten Dipteren ist ferner die scheckige Halmfliege, Chlorops taeniopus Meig. (Fig. 7). Sie kommt im Mai aus ihrem Winterlager zum Vorschein und legt dann ihre Eier an die Blätter des Weizens und der Gerste an solche Stellen, wo die Aehre noch tief zwischen den inneren Blatthüllen sitzt oder eben erst ansetzt. Die ausgeschlüpfte Larve dringt sofort in das Innere ein und gelangt an den sich entwickelnden Halm. Hier nagt sie zwischen der Aehre und dem obersten Knoten von oben nach unten eine Rinne (Fig. 7, Abb. 2). Durch diese Verletzung wird das Längenwachsthum unterdrückt, so daß die Aehre meist garnicht aus der verdickten Scheide heraustritt (Fig. 7, Abb. 5) und entweder ganz taub wird oder nur wenige verkümmerte Körner (Fig. 7, Abb. 6) zur Reife bringt. In England ist der Name Gicht oder Podagra für diese Krankheitserscheinung gewählt worden. Anfangs wird nur die Oberfläche des Halms beschädigt, im weiteren Verlauf dringt die Larve tiefer ein, an den Rändern entsteht eine wallartige An¬ schwellung, und die Länge des Kanals kann bis 9 cm betragen. Ende Juni, auch in der ersten Julihälfte, findet man die gelbbraune Tönnchenpuppe (Fig. 7, Abb. 3 und 4) an der tiefsten Stelle oberhalb des höchsten Knotens vor, wo sie meist drei Wochen ruht, ehe die Fliege (Fig. 7, Abb. 1) auskommt. Die befruchteten Weibchen der Sommergeneration legen ihre Eier an Gräsern ab und sind dem Getreide nicht verderblich, nur wenn bei etwas verspäteter Flugzeit die Wintersaaten bereits vorhanden waren, können diese Schaden nehmen. Die Sommerbrut ist also weit gefährlicher als die Winterbrut, zumal erst die steckenbleibenden Aehren die Gegenwart des Feindes verrathen. Die Bekämpfung ist die gleiche, wie bei den vorerwähnten Getreidefliegen, also möglichst späte Bestellung der Wintersaat und Unterpflügen derselben, wenn die Fliegen in großer Zahl vorhanden waren. Aus der Klasse der Hautflügler die sich von den Fliegen durch die Vierzahl der Flügel leicht unterscheiden, ist für die Getreidearten besonders gefährlich: 11. die Getreidehalmwespe, Cephus pygmaeus L. (Fig. 8), die im Frühling, namentlich zu der Zeit, wenn der Roggen in den Halm wächst, an den Halmen zu finden ist. An irgend einer Stelle durchbohrt das Weibchen mit seinem 13 77 Legestachel die oberste Blattscheide und läßt ein Ei hineingleiten. Die kleine Wundstelle vernarbt bald gänzlich, bleibt aber kenntlich durch ihre bleiche Farbe und hat eine große Aehnlichkeit mit den durch Hagelschlag erzeug¬ ten weißen Flecken. Nach etwa zehn Tagen entwickelt sich aus dem Ei die Larve (Fig.8, Abb. 2). Dieselbe ist fußlos, fleischig, von Farbe glänzend gelbweiß Der Körper erscheint in den drei ersten Rin¬ gen wenig dicker, wird dann sehr allmählich dünner und läuft in ein stumpfes Fleischzäpf¬ chen aus. DerKopf ist bräunlich gelb, mit ge¬ rundeter Stirn und trägt zwei kurze Ober- denen das Innere des Halmes und die Zwischen¬ wände zernagt werden. Um die Zeit der Ernte ist sie erwachsen, un¬ gefähr 10- — 12 mm lang, und am un¬ tersten Halmende angelangt, so daß sie also nach dem Mähen des Ge¬ treides in der Stoppel zurück¬ bleibt (Fig. 8, Abb. 3). Hier spinnt sie ziem¬ lich dicht über dem Wurzelstock eine glasige Haut um sich und überwintert unverwan- delt. Im nächsten Frühjahr wandelt sie sich in eine Puppe Fig. 8. Getreidehalmwespe, Cephus pygmaeus L. 1. Entwickeltes Insect (5/i d. n. Gr.); 2. Larve (7/i d. n. Gr.); 3. Winterlager einer Larve im Grunde einer Roggeuhalm-Stoppel (4/i d. n. Gr.); 4. Durch den Stich der Getreidehalmwespe deformirte, federige Aelire (u. Gr.) um, aus der im Mai und An¬ fang Juni die fertigen kiefer, mit ’ Insecten hervorkommen. Charakteristisch für diese Wespen (Fig. 8 Abb. 1) sind die schwach keulenförmigen Fühler, sowie der auffällig seitlich zusammengedrückte Hinterleib und die gelbe Zeichnung desselben, die in den beiden Geschlechtern verschiedenartig ist, sodaß man dieselben Anfangs für zwei verschiedene Arten gehalten hat. Die durchschnittliche Länge des Weibchens beträgt 7 mm. 14 78 Besonders gefährlich werden die Halmwespen, wenn der Roggen durch ungünstige Witterung im Wachsthum so zurückgehalten wurde, daß er zur Zeit des Eierlegens der Wespe seine Aehren noch nicht aus der Blattscheide her¬ vorgetrieben hat. Die Weibchen treffen jetzt durch ihren Stich die Spindel der unentwickelten A ehre, finden in derselben aber nicht den geeigneten Hohl- raum zur Ablagerung des Eies, versucht aber bald oberhalb, bald unterhalb der ersten An¬ griffsstelle nochmals das Ei passend ab¬ zusetzen. Hier¬ durch ent¬ stehen die fede- rigen Roggen¬ ähren (Fig. 8, Abb. 4), weil durch denSticli das Absterben des darüber befindlichen Stückes der Aelire veran¬ laßt wird. Es ist nun nicht zu bezweifeln, daß die Wespe nach einem sol¬ chen vergeb¬ lichen Versuch diesen an an¬ deren Roggen- Die Wespe legt deshalb kein Ei hinein, derholt und viele derselben beschädigt. Thatsächlich stehen solche Halme mit weißgefeder¬ ten Aehren oft truppweisebei- sammen, oder sie finden sich in ganzen Stri¬ chen des Rog¬ genfeldes. Als Feind der Halmwespe ist eine Schlupf¬ wespe, Pachy- merus calcitra- torh., bekannt, deren Weib¬ chen es ver¬ steht, die Lar¬ ven der Halm¬ wespe im Halminnern durch einen sicheren Stich pflanzen wie- mit einem Ei Fig. 9. Getreide-Blasenfuss, Thrips cerealium Haliday. 1. Entwickeltes Weibchen (25/i d. n. Gr.) ; 2. Larve (25/i d. n. Gr.); 3. Aufgerollte, durch den Getreide-Blasenfuss angegriffene Blatt¬ scheide C/j d. n. Gr.) ; 4. Deformirte Aehre (n. Gr.). zu treffen und zu beschenken. Die daraus sich entwickelnde Larve lebt im Innern der Halmwespen - Larve und tötet dieselbe, sodaß schließlich aus ihr keine Halm- sondern eine Schlupfwespe hervorkommt. Da die Larven der Getreidehalmwespen bis zur Wurzel herabsteigen und dort überwintern, bleiben sie meistens nach der Ernte in der Stoppel zurück. Es empfiehlt sich daher, diese durch Feuer zu vernichten oder sie recht tief unterzupflügen, um die darin sitzenden Larven zu verderben. 15 79 Ein nur 2 mm großes Insect aus der Klasse der Geradflügler bringt be¬ sonders am Roggen und auch am Weizen eine eigenartige Beschädigung her¬ vor, die durch ungünstige Wachsthumsverhältnisse begünstigt, ein Fehlschlagen zahlreicher Körner bewirken kann. 12. Es ist dies der Getreideblasenfuss, Thrips cerealium Haliday (Fig. 9), der durch die sonderbare Bauart seiner Füße und der Mundtheile ausge¬ zeichnet ist. Erstere haben nur zwei Fußglieder, von denen das Endglied einen sehr kleinen blasenartigen Saugnapf trägt, mit dem die Thierchen sich an der Oberfläche der Blätter festhalten können; letztere sind rüsselförmig gestaltet und enthalten borstenförmige Kiefer, mit denen sie kleine, schnitt¬ förmige Wunden auf der Oberhaut der Stengel und Blätter erzeugen. Der langgestreckte Körper trägt nur bei den Weibchen (Fig. 9, Abb. 1) vier schmale, feinbefranzte Flügel; die Männchen und die Larven (Fig. 9, Abb. 2), die kein Puppenstadium durchmachen, sind ungeflügelt. An der Innenfläche der obersten Blattscheide sitzend (Fig. 9, Abb. 3), erzeugen sie mit Hilfe der zum Beißen und Saugen ausgestatteten Mundtheile helle Flecken an den Halmen, die von Unkundigen wiederholt für Hagelschaden erklärt sind. Haben sich die Blasen¬ füße schon früher in der oberen Blattscheide eingenistet, ehe die Aehre aus derselben herausgetreten ist, so greifen sie auch diese an, und dieselbe er* scheint, nachdem sie hervorgewachsen ist, am unteren Ende mehr oder weniger mit Resten verstümmelter Spelzen besetzt (Fig. 9, Abb. 4). Der angerichtete Schaden kann verschiedene Grade erreichen, meistens fehlen die Spelzen nur am unteren Ende, seltener ist die ganze Aehre total zerstört worden. Noch vor der Ernte verlassen die Blasenfüße die von ihnen bewohnte Pflanze und suchen sich dann geeignete Schlupfwinkel zum Ueberwintern auf. Es ist kein Mittel bekannt, um die Blasenfüße mit Erfolg zu bekämpfen. Zum Glück werden sie nur dann gefährlich, wenn das Wachsthum der Aehren durch Witterungsverhältnisse zurückgehalten wird und es den Thieren gelingt, die oberste Blattscheide zu erreichen, ehe die Aehre aus derselben hervorge- wachsen ist. Aus der Klasse der Halbflügler wird den Getreidefeldern besonders gefährlich 13. die Zwergzikade, Jassus sexnotatus Fall. (Fig. 10), die, wie bereits in der Einleitung bemerkt ist, zeitweise epidemisch auftritt und dann große Ver¬ heerungen anrichtet. Besonders auf dem Hafer und der Gerste erscheinen im Frühlinge Millionen dieser Thierchen. Dieselben (Fig. 10, Abb. 1 und 2) sind 3 — 3,5 mm lang, gelblich mit schwarzer Zeichnung und dachförmig über den Hinterleib geschlagenen Flügeln. Die Larven (Fig. 10, Abb. 3) sind flügellos, ernähren sich jedoch mit ihrem Säugrüssel wie die erwachsenen Insecten. Die befallenen Pflanzen (Fig. 10, Abb. 4) bekommen röthliche Färbung, werden bald gelb und vertrocknen, so daß die heimgesuchten Feld¬ striche wie verbrannt aussehen. Das fertige Insect überwintert in geeigneten Schlupfwinkeln und erzeugt zwei Generationen im nächsten Sommer. Die Eier 16 80 (Fig. 10, Abb. 5 und 6) werden in großer Zahl unter die Oberhaut der lebenden Blätter hineingeschoben, aus denen die Larven hervorkommen, deren Entwickelung nach etwa vier Wochen vollendet ist. Erfolgreich läßt sich das Ueberhandnehmen dieses Insects nur bekämpfen, wenn die Ausgangspunkte der Epidemie frühzeitig [zerstört werden. Das Fig. 10. Zwergzikade, Jassus sexnotatus Fall. 1. Entwickeltes Insect, Seitenansicht (12/i d. n. Gr.); 2. Dasselbe, Rückenansicht (13/i d. n. Gr.); 3. Larve (13/i d. n. Gr.); Haferpflanze, von Zwergzikade'n befallen (n. Gr.); 5. Blattscheide mit Eiern (3/i d. n. Gr.); G. Stark vergrössertes Ei mit durchschimmerndem Embryo, im Gewebe der Blattscheide (35/i d. n. Gr.) Unterpflügen der am stärksten angegriffenen Pflanzen ist da unerläßlich. Bei geringerem Auftreten kann ein Abfangen der Insecten versucht werden. Zu dem Zwecke wird eine Fangmaschine hergestellt, die aus zwei leichten hohen Bädern besteht, die durch eine lange Axe verbunden sind. An letzterer be¬ festigt, hängt ein gleichlanger Streifen eines derben Stoffes, so breit, daß die Pflanzen davon gestreift werden. Wird nun dieser Stoff mit Baupenleim, Melasse oder ähnlichem Klebematerial überstrichen, so bleiben beim langsamen 17 Bl Ueberfahren die aufspringenden Tbiere daran kleben. Audi Besprengen mit Gaswasser und einprocentiger Karbollösung werden empfohlen. Außer den hier beschriebenen Schädlingen leben auf unseren Getreide¬ arten noch eine Menge anderer Insecten, die einen bald mehr, bald weniger nachtheiligen Einfluß auf die Entwickelung der Halmfrüchte ausüben. Es sind dies aber nicht so arge Gesellen, die ganze Felder vernichten, sondern sie begnügen sich meistens mit einem kleinen Antheil der Ernte. Die Schäden dieser kann der Landmann daher leichter ertragen, und es ist von einer Be¬ schreibung derselben Abstand genommen, zumal eine Aufzählung und kurze Beschreibung sämmtlicher Insecten, die den Kulturpflanzen unserer Provinz verderblich werden, bereits in dem Bericht über die fünfte Versammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Kulm a. W., am 30. Mai 1882, von C. G. A. Brischke veröffentlicht ist*). *) C. G. A. Brischke: „Beschreibung der forst-, garten- und landwirthschaftlichen Feinde und Freunde unter den Insecten“. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Band V, Heft 4. Danzig 1883. Seite 97 — 125. 1Ö 6 82 Beiträge zur Ornis WestpreussensJ 1. Zarnowitzer See und Umgebung. Von Dil. F. HENRICI. Für das Jahr 1901 hatte ich mir behufs Inangriffnahme der von mir ge¬ planten ornithologischen Durchforschung weiterer Theile unserer Provinz — in dankenswerther Weise wesentlich unterstützt durch eine finanzielle Beihilfe seitens des Westpreußischen Botanisch -Zoologischen Vereins — u. A. vor¬ genommen, den Zarnowitzer See und seine Umgebung aufzusuchen. Ver¬ anlaßt dazu wurde ich zunächst dadurch, daß mir diese Gegend bis dahin noch vollkommen unbekannt war, und daß das Unbekannte mich reizte, und andererseits konnte dies Gebiet von Danzig aus, meinem damaligen Auf¬ enthaltsorte, verhältnißmäßig schnell erreicht werden. Ich führte meine Absicht denn auch gar bald aus, um so eher, als Herr Hauptmann Mielke auf Burgsdorf mich freundliehst einlud, bei ihm Quartier zu nehmen und von dort aus meine ornithologischen Streifzüge zu unternehmen. Für seine große Liebenswürdigkeit, mit der er wie seine Familie in jeder Weise meine Bestrebungen unterstützt hat, sage ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank. Die von Neustadt aus bis zum Dorf Bohlschau in westlicher Richtung, dann von der nach Lauenburg führenden Chaussee sich abzweigend in nordwest¬ licher Richtung laufende Chaussee, die weiter nach Mersin und Zelasen führt, läuft zunächst an dem südlichen Rande des durch den Rhedafluß gebildeten Thaies entlang. Bei Ueberbrück überschreitet sie in gerader Linie das hier nicht ganz 2 km breite Flußthal, das fast durchweg von moorigen Wiesen aus¬ gefüllt ist, und steigt dann von Riebenkrug aus in sanften Windungen all¬ mählich auf die hier befindlichen Höhen hinauf. An dieser Straße bemerkte ich vereinzelt die Gartenammer, Emberiza hortulana L., jenen Vogel, den ich bereits früher wegen seiner eigenartigen Verbreitung besonders erwähnt Icli bemerke, daß ich bei meinen Streifzügen in der Umgebung des Zarnowitzer Sees häufiger die Provinz Pommern, nämlich die nordöstlichen Theile des Kreises Lauenburg, berührt habe und auch die dort gemachten Beobachtungen mit in den Kreis meiner Skizze gezogen habe. Da die verschiedenen Bodenformen aber hier von einer Provinz in die andere ohne irgend welche markante Unterschiede übergehen, so wird darauf kein entscheidendes Gewicht zu legen sein, ob icli eine Art im nordwestlichen Theile des Kreises Neustadt (West¬ preußen) oder im nordöstlichen Theile des Kreises Lauenburg (Pommern) festgestellt habe. 1 habe. Er ist hier aber bei weitem nicht so häufig wie z. B. in der Umgegend von Danzig (Pelonken) und im Süden und Südosten unserer Provinz. Abseits von der Chaussee, auf dem Plateau westlich des Zarnowitzer Sees, habe ich ihn überhaupt nicht mehr bemerkt. Um nun in unser Gebiet zu gelangen, muß man die Chaussee verlassen und auf mehr oder weniger guten Landwegen nach Norden sich wenden. In schmalen Hohlwegen erreicht man ein im Durchschnitt etwa 100 m über dem Meeresspiegel gelegenes Plateau, das nach Nordosten und Osten hin in ziemlich steilen, mit Laubwald bewaldeten Schluchten nach dem Zarnowitzer See hin abfällt. Nach Norden hin dacht es sich allmählich ab und geht in die der Ostsee vorgelagerten Moore über. An klaren Tagen hat man von hochgelegenen Punkten des Plateaus eine herrliche Aussicht nach Norden: Unmittelbar vor sich hat man die üppigen Getreidefelder, die dann allmählich in Wiesen und das Große Wierschutziner Moor übergehen. Dieses wieder wird begrenzt von dem niedrigen Kiefernwald, der sich längs der Düne hinzieht, und aus dem die hohen weißen Dünenkuppen leuchtend hervorblicken. Ueber dem Allen erblickt man die blaue See, die weit in der Ferne der Horizont begrenzt. Der Zarnowitzer See hat etwa die Gestalt eines länglichen Rechtecks und dehnt sich in der Hauptrichtung von Süden nach Norden aus. Er ist etwa 7,5 km lang und durchschnittlich 2 km breit. Durchflossen wird er von dem Piasnitzfluß, der in die vom Nordrande des Sees etwa 4 km entfernte Ostsee mündet. Ebenso wie die Westseite ist auch die Ostseite des Sees mit vollkommen bewaldeten nach dem See zu abfallenden Höhen eingefaßt, unter denen der sogenannte Schloßberg, auf dem eine alte Burg gestanden haben soll, besonders hervorragt. Tritt man oberhalb des hart am See gelegenen Dorfes Nadolle aus dem Walde und erblickt plötzlich die breite blaue Wasserfläche mit den gegenüberliegenden bis zum See hinabreichenden Höhen, die das helle Grün der Laubwälder tragen, auf dem See die weißen Segel der Fischerboote, zu den Füßen die rothen Dächer des Dorfes, unter den blühenden Obstbäumen halb versteckt, so bleibt man gebannt stehen, um die schöne Landschaft in Ruhe zu genießen. Im Norden hat der See flache Ufer. Zwischen seinem nördlichen Ende und der Ostsee dehnt sich das Große Wierschutziner Moor aus, ursprünglich ein ungangbares Gelände, jetzt aber durch Entwässerung zu moorigen Wiesen umgestaltet. Früher muß diese Gegend ein Dorado für Kraniche, Schnepfen, Wasserläufer und andere Sumpf- und Wasservögel gewesen sein, wie man noch an dem, was geblieben ist, feststellen kann. Heute sind durch die fortschreitende Kultur vielen Tliieren ihre Brutstätten genommen. Schreitet man durch das Moor der Ostsee zu, so kommt man, bevor man die Dünen erreicht, in ein mehr oder weniger sumpfiges Terrain. Den Unter¬ grund bildet Moorboden, aber die Winde haben den Dünensand schon weit ins Land geweht und dadurch ist der Boden, der an und für sich last nur Heidekraut hervorbrachte, noch steriler gemacht. Die Vegetation ist äußerst 84 dürftig. Auch die Heide ist theilweise verschwunden, die Kiefer und der Wacholderstrauch sind hier hauptsächlich die Vertreter der Bäume und Sträuchen. Es ist dies eine Gegend, von der gelegentlich eines unserer Aus¬ flüge der uns begleitende Hofmeister von Burgsdorf mit Humor, aber nicht mit Unrecht, sagte, daß hier ein Hase 30 Morgen zur Sommerweide gebrauche. Dann kommen die Dünen, dürftig mit Sandgräsern bewachsen oder auch vollständig ohne jede Vegetation. Sie erreichen z. Th. eine ganz ansehnliche Höhe (die Lübtower Düne ist z. B. über 30 m hoch), und man hat von ihnen eine herrliche weite Aussicht: nach Norden auf das unermeßliche Meer und nach Süden auf die Sümpfe und Brüche, den Ossecker Wald, den Zarnowitzer See und das allmählich ansteigende Gelände. Unweit des Gutes Liibtow findet man auch die eigenartige Erscheinung der Wanderdüne. Ebenso wie an der Küste der Frischen nnd Kurischen Nehrung (vergl. Paul Gerhardt, Handbuch des deutschen Dünenbaues, 1900, Seite 132), so herrschen auch hier die westlichen Winde vor, mit einer ge¬ ringen nördlichen Abweichung. Da nun die Küste hier etwa von Westsüd¬ west nach Ostnordost verläuft, so werden nothgedrungen die Wanderdünen immer mehr landeinwärts getrieben. Die Lübtower Düne befindet sich denn zur Zeit auch bereits mehr als 1 km vom Strande entfernt, Langsam schreitet sie in den vor ihr liegenden Kiefernwald vor, Alles, was ihr entgegentritt, unter sich begrabend, ein Bild des Todes hinter sich zurücklassend. Die jetzt abgestorbenen Kiefernstämme, die vorher von der Düne bedeckt waren, und nun aus dem beinahe jeder Vegetation baren Boden emporragen, bieten einen trostlosen Anblick. Die Düne selbst stellt lediglich einen hohen breiten Rücken mit einer weißgelben Sandfläche dar, ohne jede Vegetation. Ebenso wie die Flora ist auch die Fauna an dieser Oertlichkeit beinahe völlig erstorben. Nur einige Kranichspuren, die sich in den weißen Sand deutlich eingedrückt hatten, belehrten uns, daß diese Vögel aus ihreu nahen Verstecken auch einmal auf die kahle Düne sich hinauswagen. Wie gewaltig der Sturm den Sand am Strande und in den Dünen in Be¬ wegung versetzen kann, hatten wir. am 5. April zu beobachten Gelegenheit. Wir besuchten an diesem Tage die Ostseeküste nördlich des bereits im Lauen¬ burger Kreise gelegenen Dorfes Wittenberg. Ein großartiges Naturschauspiel bot sich uns dar. Es war ein Frühlingstag, wie man sie hier an der Ostsee¬ küste häufig hat: Kein Wölkchen war am blauen Aether sichtbar, die Sonne schien den ganzen Tag unverhüllt wie im Hochsommer, dennoch war es kühl, und ein starker Sturm aus Westen, der gegen Abend noch immer mehr zunahm, wehte den ganzen Tag. Wir erreichten die Dünenkette etwa gegen 6 Uhr Nachmittags. Schon von ferne hörten wir das Getöse des aufgeregten Meeres und sahen den Sand über die Dünen meterhoch dahinjagen. Als wir eine der höchsten vor uns liegenden Dünen bestiegen hatten, bot sich uns ein über¬ wältigender Anblick. Vor uns lag die weite See. Die Wellen gingen hoch und brachen sich schon weit im Meere. Am Ufer mischte sich der auf- s 85 wirbelnde Gischt mit dem dahinfegenden Sande, sodaß man nicht erkennen konnte, wo die See die Küste bespülte. Es war ein wirres Durcheinander. Der ganze Strand schien in Bewegung zu sein. Selbst auf den hoch gelegenen Dünen war es kaum möglich, den Blick nach Westen zu richten, weil der wirbelnde Sand sofort die Augen füllte. Noch viel weniger war es am Strande möglich. Die ins Gesicht schlagenden Sandkörner verursachten einen prickelnden Schmerz. Ueber uns der blaue Aether und im Westen der feurige Ball der bald ins Meer tauchenden Sonne. Dazu das gewaltige Brausen der See und das Getöse des Sturmes. Kein lebendes Wesen ließ sich blicken. Der uns begleitende Hund suchte eiligst Schutz hinter dem hier befindlichen Rettungs¬ schuppen und schloß vor dem fliegenden Sande die Augen. Auch wir konnten wegen des Sandes, der alsbald Augen, Mund. Nase und Ohren füllte, nicht lange das gewaltige Schauspiel bewundern. Wir hatten aber wohl einsehen gelernt, wie die Stürme die gewaltigen Dünen allmählich vorwärts zu bewegen vermögen, und wie die Wanderdünen entstehen. Wenn ich nun im Folgenden eine Uebersicht der von mir beobachteten Vögel des Gebiets gebe, so muß ich von vornherein betonen, daß dieselbe auf Vollzähligkeit keinen Anspruch machen kann. Wenn ich auch das Gebiet in der für die Beobachtung am günstigsten gelegenen Jahreszeit, im Frühling, mehrere Male, und zwar jedesmal acht Tage lang besucht habe, so reicht diese Zeit zu einer abschließenden Beurtheilung einer Avifauna doch nicht aus. Dazu gehören abgesehen von Besuchen in verschiedenen Jahreszeiten auch Besuche in mehreren Jahren. Immerhin aber glaube ich die G-egend einiger¬ maßen skizziren zu können. — Da das Gebiet sehr verschiedene Bodenformen und somit auch verschiedenartige Flora hat, so erklärt es sich, daß wir hier auf verhältnißmäßig engem Raum sehr verschiedenartige Vogelformen haben. Von Raubvögeln brütet in den Wäldern am Zarnowitzer See der Mäuse¬ bussard, Buteo buteo L., der auf den anliegenden Feldern des Plateaus und auf dem schmalen Streifen Feld und Wiese, der zwischen dem Walde und dem See liegt, ausgiebig Nahrung findet. Unter mehreren anderen Horsten sah ich einen, der recht eigenartig angelegt war. Während der Bussard im All¬ gemeinen möglichst starke, hohe Bäume zur Anlage seines Horstes benutzt und weniger damit rechnet, daß man den Horst nicht sieht, als damit, daß er * nicht oder nur recht schwierig erklettert werden kann, hatte hier ein Pärchen seinen Nistplatz offenbar zu verstecken gesucht. Der Horst war in einem sogenannten Hexenbesen angelegt, der sich in einem schräg nach unten stehen¬ den Ast einer Kiefer befand. Er war, obwohl er nur etwa 6 bis 8 m hoch über dem Erdboden stand, durchaus nicht sichtbar. — Aber auch noch in einem ganz anderen Gelände des von mir besuchten Gebiets traf ich den Mäusebussard an. In jenem der Düne vorgelagerten sterilen Terrain, in dem die Kiefer nur kümmerlich gedeiht, fanden wir auf einem leicht zu erklettern¬ den Stamm etwa in einer Höhe von nur 8 — 10 m einen besetzten Bussard¬ horst. — Leider wird der harmlose Geselle auch hier wie an vielen anderen 4 86 Orten von den Jägern emsig verfolgt, die es nun einmal nicht glauben können, daß der Bussard mehr nützlich wie schädlich ist. Ich fand einmal in einem Bussardhorste neben den offenbar bereits gesättigten Jungen 21 Mäuse und ein Wiesel aufgespeichert liegen. Das beweist doch genug. Ein anderer Brutvogel in den Wäldern am Seejst die Schwarze Gabel¬ weihe, Milvus migrans Bodd., die ja häufig in der Nähe von einem Gewässer ihr Heim aufschlägt, da sie neben der Nahrung an warmblütigen Thieren auch gern Fische zu ihrer Speise wählt. Die Rote Gabelweihe, Milvus milvus L., scheint dagegen nicht vorzukommen. Eine andere Gruppe der Raubvögel, die ziemlich häufig vertreten zu sein scheint, sind die eigentlichen Weihen. Von der Wiesenweihe, Circus pygargus L., erhielt ich ein altes Männchen, und von der Rohr weihe, Circus aeruginosus L., ein Weibchen, beide im Sommer geschossen. Die Wiesenweihe ist in der dortigen Gegend unter dem Namen „Blaufuß“ als gefährlicher Räuber bekannt, und es wird ihr energisch nachgestellt. Es ist wohl mit voller Bestimmtheit anzunehmen, daß beide Arten, die ich auch im Wierschutziner Moor bemerkte, im dortigen Gebiet Brutvögel sind. Über das Vorkommen der Kornweihe, Circus cyaneus L., habe ich nichts erfahren. Dagegen glaube ich den Wanderfalken, Falco peregrinus Tunst., in den Wäldern am Zarnowitzer See mehrmals bemerkt zu haben. Wenngleich wir seinen Horst nicht feststellen konnten, so ist sein Nisten in der Nähe doch durchaus wahrscheinlich, zumal der See eine große Anzahl von Enten und anderem Wassergeflügel hervorbringt. In den Feldhölzern, die auf dem Plateau hin und wieder zwischen den Feldern und Wiesen eingestreut liegen und fast durchweg aus Kiefern bestehen, kommt ziemlich häufig unser zierlicher Turmfalke, Falco tinnunculus L., vor. Sein Nest befindet sich stets in den Zopfenden der schlanken Kiefern, indem er wohl meistens die ursprünglich von Krähen gebauten Nester benutzt. Besonders häufig fanden wir diesen Vogel in den sog. „Bychower Fichten“, einem kleinen Feldgehölz nordwestlich von Burgsdorf. Es gewährt einen herrlichen Anblick, wenn man diese Vögel am Nistplatz beobachtet. Während das Weibchen auf dem Neste sitzt und brütet, führt der männliche Falke hoch in den blauen Lüften seine zierlichen Flugspiele aus, bald auf einer Stelle hoch über dem Neste rüttelnd, bald im sanften Bogen ohne Flügelschlag pfeil¬ schnell durch die Luft gleitend. Stört man das Weibchen durch Klopfen an den Stamm auf, so hat es sich bald zum Männchen gesellt, und beide treiben nun gemeinsam ihr Spiel in den Lüften, aber immer wieder den Horstbaum überfliegend, um nachzusehen, ob die Brut etwa gefährdet wird. Von Eulen bemerkten wir mehrfach den Waldkauz, Syrnium aluco L., der in den Wäldern am Zarnowitzer See in hohlen Eichen, wie wir feststellen konnten, brütet. — Gelegentlich einer Treibjagd im Winter 1898/99 ist in der Nähe von Schluschow ein Uhu, Bubo bubo L. geschossen; doch ist mir 5 87 nichts davon bekannt geworden, daß dieser Vogel, der überhaupt wohl nur noch in sehr wenigen Paaren in Westpreußen brütet, hier zur Brut schreitet. An Singvögeln sind die in unserer Provinz überhaupt vorkommenden meistens vertreten. Ich will aber doch die Arten, die von mir festgestellt sind, hier aufzählen, um das Gesamtbild zu vervollständigen. Auf dem Plateau ist ein Vogel charakteristisch, dem wir sonst nicht so häufig in unserer Provinz begegnen. Es ist der graue Steinschmätzer, Saxicola oenanthe L., der uns gar bald durch seine wiederholten Verbeugungen, die er uns macht, auffällt. Die Gegend ist aber auch für ihn sehr geeignet. Man hat im Laufe der Zeit die vielen auf dem Felde umherliegenden Steine und erratischen Blöcke gesammelt und an den Wegen aufgehäuft, z. Th. auch zu regelrechten cyklopischen Mauern aufgeschichtet. Auch kleine, von den Dörfern entfernt liegende Kirchhöfe, Erbbegräbnisse und Schonungen hat man mit diesen Steinen eingefriedigt. Außerdem haben sie zur besseren Markirung der Grenzraine Verwendung gefunden. Dadurch sind dem Steinschmätzer ge¬ eignete Nistplätze in Menge gegeben, und die Schlupflöcher zwischen den Steinen sind durch die hohen Büsche des Besenginsters, Sarothamnus scoparius Wimm., der längs der Wege in Menge wuchert, noch obendrein verdeckt. — Auch der braunkehlige Wiesenschmätzer, Pratincola rubetra L., ist vor¬ handen, doch nicht in solcher Zahl wie z. B. im Weichseldelta. Ueber den Feldern und Wiesen sieht und hört man die Feldlerche, Alauda arvensis L., in bedeutender Zahl, und in den dürren Kienheiden vor den Dünen ist auch die Heidelerche, Alauda arborea L., vertreten. Ferner sieht man Grauammer, Emberiza miliaria L., und Goldammer, Emberiza citrinella L., an den Wegen und an den die Felder trennenden Grenzrainen, jedoch nicht die Gartenammer, Emberiza hortulana L. Am Zarnowitzer See und an den mit Schilf und Rohr bestandenen Wassergräben in den Brüchern brütet die Rohrammer, Emberiza schoeniclus L. Von finkenartigen Vögeln ist im Walde und auch in den größeren Baum¬ gärten überall der Buchfink, Fringilla coelebs L., vorhanden. Dieser Vogel ist auch einer der wenigen Vertreter, der die mit kümmerlichen Kiefern be¬ standene Gegend vor den Dünen mit seinem Schlage belebt. Er ist also wenig wählerisch, denn er bewohnt sowohl die üppigen Laubwälder, die größeren Obstgärten, wie die auf sterilem Sand- und Moorboden kaum fortkommenden Kiefernwälder. — In den Baumgärten und in den Fichtenschonungen, in den Feldern und am Waldrande ist der Grünfink, Chloris chloris L., in bedeuten¬ der Zahl vertreten. Hänfling, Acanthis cannabina L., und Stieglitz, Car- duelis carduelis L., fehlen nicht. Dagegen habe ich nirgends, wie sehr ich auch danach gefahndet habe, den Girlitz, Serinus serinus L., bemerkt, wie¬ wohl in einigen zu den Gutshöfen führenden Baumalleen und in den größeren Baumgärten m. E. geeignete Wohnplätze vorhanden gewesen wären. Er scheint also von seinem im Nordosten Deutschlands vorgeschobenen Posten bei Danzig noch nicht bis hierhin vorgedrungen zu sein. — Am 4. April be- G 88 merkte ich in einem nahe am Zarnowitzer See gelegenen Erlenwäldchen ein Paar Dompfaffen, wahrscheinlich von der im Osten vorkommenden größeren Art Pyrrhula major Brehm, doch glaube ich nicht, daß diese Vögel hier brüten. Ich konnte auch nichts darüber erfahren. In den Wäldern kommen sodann die in Westpreußen überhaupt vor¬ kommenden Meisenarten, ferner die Spechtmeise, Sitta europaea L., und der Baumläufer, Certhia familiaris L., vor. Ebenso trifft man die drei Laubvögel: den Weidenlaubsänger, Phylloscopus rufus Bechst., den Fitis- laub Sänger, Phylloscopus trochilus L., und den Waldlaubsänger, Phyllos¬ copus sihilatrix Bechst., in den Wäldern fast durchweg an, wenn ihr Vor¬ kommen auch gerade nicht häufig genannt werden kann. Phylloscopus trochilus und hin und wieder auch Ph. rufus kommen selbst in den öden Kiefernwäldern t vor den Dünen vor. — Ein anderer in den Laubwäldern am Zarnowitzer See überall vorkommender Waldbewohner ist der niedliche Zwergfliegenfänger, Muscicapa parva Bechst., über den ich an anderer Stelle bereits ausführlich gesprochen habe. Zwei bis drei singende Männchen kann man des Abends, wenn es im Walde schon anfängt ruhig zu werden, häufig von einem Platze aus hören, indem sie entweder noch ihre melancholische Strophe oder ihren klagenden Lockruf ertönen lassen. Drosseln sind recht selten. Die Singdrossel, Turdus musicus L., die für Westpreußen am häufigsten vorkommende Art, hört man nur wenig. Anfang April bemerkte ich wiederholt große Schwärme Wacholder¬ drosseln (Krammetsvögel), Turdus pilaris L., die aber offenbar auf dem Zuge begriffen waren. — In den Torfmooren zwischen dem Zarnowitzer See uud den Dünen fanden wir die gelbe Bachstelze, Budytes flavus L., die dort als ziemlich häufiger Brutvogel aufzutreten scheint. Auch der Wiesen¬ pieper, Anthus pratensis L., ist dort Brutvogel, wie uns ein mit vier Jungen und einem Ei aufgefundenes Nest bewies. — Eine eigenartige Erscheinung trat mir hier in den Moorwiesen entgegen. An einem Wassergraben, der sparsam mit Weidenbüschen besetzt war, hielt sich eine ziemliche Anzahl Gartenrothsch wänzchen, Erithacus phoenicurus L., auf, die eine längere Strecke stets vor uns herflogen, indem wir sie immer wieder von Neuem aus den Büschen aufscheuchten. Sie machten den Eindruck, als ob sie sich noch auf dem Zuge befänden, obwohl die Jahreszeit — - es war der 12. Mai — bereits recht vorgeschritten war. Nisten konnten die Rothschwänzchen an dieser Oertlichkeit jedenfalls nicht, denn abgesehen davon, daß die ganze Gegend überhaupt nicht recht für diese Art paßte, waren auch vor allem gar keine Bäume (Weidenköpfe u. s. w.) vorhanden. — Im Rohr an der Insel im Zarno¬ witzer See konnte ich von Rohrsängern mit Sicherheit nur den Drosselrohr¬ sänger, Acrocephalus turdoicles Wolf, feststellen, der auch bestimmt hier brüten wird. In den Feldern auf dem Plateau kommt das Rebhuhn, Perdix perdix L., ziemlich häufig vor, wogegen der Bestand an Wachteln, Coturnix coturnix L., 7 89 der, nach mir gewordenen Mitteilungen, noch vor 15 bis 20 Jahren recht bedeutend gewesen sein soll, ganz erheblich zurückgegangen ist. Heute kann man sich glücklich schätzen, wenn man in dortiger Gegend überhaupt den Wachtelschlag hört. — Ebenso soll der Wachtelkönig (Wiesenschnarre), Crex crex L., bedeutend seltener geworden sein. Er kommt aber noch dort vor, denn ich habe sein Schnarren hin und wieder vernommen. — Das Hasel¬ huhn, Tetrao bonasia L., das in den Oberförstereien um Neustadt herum ein garnicht so seltener Brutvogel ist, kommt in unserem Gebiete nicht vor. Doch ist einmal eins, das wahrscheinlich verschlagen war, bei Burgsdorf erlegt. Der weiße Storch, Ciconia ciconia L., ist auf dem hochgelegenen, meist trockenen Gelände ziemlich selten. Nur hin und wieder sieht man hier ein Storchnest. Doch ein Dorf, Wierschutzin, unweit vom Nordwestrande des Zarnowitzer Sees gelegen, macht in dieser Beziehung eine bemerkenswerthe Ausnahme. Der Grund dafür ist offenbar der, daß sich östlich und nord¬ östlich des Dorfes ein ziemlich großer Komplex feuchter, sumpfiger Wiesen befindet, in denen die Störche genügend Nahrung finden können. Hier in Wierschutzin sieht man sogar auf recht niedrigen, kleinen Häuschen ein Storchnest. Ein besonderer Reiz wird unserem Gebiet dadurch verliehen, daß es einen Reiherstand aufzuweisen hat. Etwa 1 km nördlich des Dorfes Wierschutzin befindet sich in den etwa 25 bis 30 m hohen Kiefern eine jetzt leider nur noch kleine Kolonie unseres Fischreihers, Ardea cinerea L. Als ich am 5. April 1901 zum ersten Mal die Kolonie besuchte, war ich in gewisser Weise enttäuscht. Ich hatte davon gehört, daß ein starker Reiherstand vor¬ handen sei ; nach den wenigen Reihern zu urtheilen, die bei unserer Ankunft unter dem Stande sichtbar wurden, war dies aber nicht der Fall. Es mochten denn auch -wohl nur etwa 40 Horste vorhanden sein, von denen aber höchstens die Hälfte besetzt war. Nach glaubwürdigen Mittheilungen soll der Stand in früheren Jahren bedeutend größer gewesen sein, ja, noch vor 4 bis 5 Jahren soll er mindestens noch einmal so stark gewesen sein. Die Gewinnsucht der Menschen vertreibt unseren armen Vogel immer mehr aus den deutschen Wäldern. Behörden und Fischereivereine haben Prämien auf jeden erlegten Fischreiher ausgesetzt, weil dieser Vogel nun einmal das Unglück hat, seiner Natur nach sich in der Hauptsache von Fischen zu ernähren. Hat man sich wohl schon einmal die Frage vorgelegt, ob der Mensch ein Recht hat, in dieser Weise die Natur korrigiren zu wollen! Zeugt es nicht von einer unglaub¬ lichen Gefühllosigkeit, wenn man das brütende Reiherweibchen auf seiner Brut erschießt? Oder wird das einem waidgerechten Jäger "Vergnügen bereiten, die eben flügge gewordenen Jungen, die noch unsicher auf ihren schwachen Beinen auf dem Horstrande und in den Zweigen sitzen, in Massen herabzu¬ schießen? Die auf dem Stande auf der Erde umherliegenden Flügel und ver¬ faulten Kadaver und die in den Aesten noch hängenden Skelette bewiesen, in welcher Weise man auch hier den Reihern zu Leibe gegangen war. 8 90 Wenn der Fischreiher in großen Mengen an einem Orte auftritt, so mag immerhin darauf gesehen werden, daß seine Zahl in bescheidenen Grenzen bleibt, weil er fraglos der Fischerei schädlich werden kann, aber rücksichtslos den Reiher, wie so manchen anderen sogenannten „schädlichen“ Vogel, aus¬ rotten zu wollen — dafür spreche ich dem Menschen die Berechtigung ab, Soll auch unser deutscher Osten, der in dieser Beziehung vor dem kultivirteren Westen bis jetzt noch einen nicht zu unterschätzenden Vorzug hat, in Wald und Flur immer eintöniger werden und seine Reize verlieren? Muß es nicht jeden Naturfreund mit Freude erfüllen, wenn er an einem stillen Sommerabend in einem einsamen Weiher im Walde tief im Schatten der überragenden Bäume einige Reiher unbeweglich stehen sieht, die sich noch ein Paar Fischchen zum Abendimbiß fangen wollen? Wird durch ein solches Bild nicht die Scenerie unseres deutschen Waldes bedeutend belebt, und verliert er nicht ein gutes Stück Poesie, wenn diese geheimnißvollen scheuen Vögel verschwinden? — Wenn aber in der jetzt betriebenen Art und Weise fortgefahren wird, dem Reiher nachzustellen, dann wird es nicht mehr lange dauern, daß wir auch bei uns den Reiher aus der Reihe der Brutvögel streichen können, und jeder echte Naturfreund wird mit Wehmuth daran zurückdenken, daß dieser stolze Vogel auch einmal bei uns heimatsberechtigt war. Im Westen Deutschlands ist der Reiher als Brutvogel bereits ziemlich selten anzutreffen, in einigen Staaten ist er schon ganz ausgerottet, so z. B. im Königreich Sachsen, wo jetzt kein Reiher mehr brütet, und es sogar schon zu den Seltenheiten gehört, wenn man einen Reiher zu Gesicht bekommt, während noch vor einem Menschen¬ alter der Reiher dort gar kein seltener Brutvogel war. Soll es uns ebenso gehen? Ich meine: Nein. Deshalb möchte ich an alle, die einen Einfluß in dieser Richtung geltend machen können, die Bitte richten, sich des Fisch¬ reihers anzunehmen. Ein noch seltenerer stattlicher Vogel, der unser Gebiet bewohnt, und der leider auch immer mehr der vordringenden Kultur weichen muß, ist der Kranich, Grus grus L., in der Gegend des Zarnowitzer Sees Truratsck ge¬ nannt. Die Paare, welche jetzt noch dort brüten, haben ihren Standort in dem Terrain nördlich und nordwestlich des Zarnowitzer Sees, in den Mooren und Brüchern, die nach Norden durch die Dünen von der See getrennt werden, so in dem Wierschutziner Moor und in dem sogenannten Schnittbruch. Es kann wohl mit Sicherheit angenommen werden, daß dieses Gebiet in früherer Zeit, als die Moore noch nicht entwässert waren, eine bedeutend größere Zahl von Brutpaaren dieses stattlichen Vogels enthielt, wie dies heute der Fall ist. In neuerer Zeit dringt die Wanderdüne zudem immer weiter in das Schnitt¬ bruch ein und verschüttet die dort für unseren Vogel so geeigneten Plätze. Es brütet aber der Kranich auch jetzt noch in dortiger Gegend. Leicht ist es zwar nicht, ein Nest des heimlichen Vogels aufzufinden, denn das brütende Weibchen schleicht schon lange vorher, ehe man in die Nähe des Nestes kommt, von demselben fort. Außerdem steht es meist an unzugänglichen 9 91 Stellen im Sumpfe. Wenngleich wir zu mehreren Personen zwei Tage lang, und zwar einmal unter sachkundiger Führung eines mit der Oertlichkeit und den Lebensgewohnheiten der Kraniche vollkommen vertrauten Mannes, nach einem Neste gesucht haben, so konnten wir doch nichts mehr als die Fu߬ spuren von Kranichen entdecken, die sich in dem feuchten Moorboden gut abgedrückt hatten. Jedoch brachte uns unser Führer nach einigen Tagen doch noch ein einzelnes vollkommen unbebrütetes Ei unseres Vogels, welches er nachträglich gefunden hatte. Auch lieferte er nach einiger Zeit zwei junge Kraniche auf dem Gutshofe ab, von denen einer vorzüglich gediehen sein soll. Im Spätsommer sollen die Kraniche, nach mir gemachten Mittheilungen, oft in starken Scharen in die Erbsenfelder kommen und dort ziemlich arge Ver¬ heerungen anrichten. Andere Bewohner des Wierschutziner Moores sind die Bekassine, Galli- nago gallinago L., der Kiebitz, Vanellus vanellus L., und der rothsekenk- lige Wasserläufer, Totanus totanus L., die wohl sämtlich hier brüten. Die Rothschenkel flogen bei unserer Annäherung schon von weitem vom Boden auf und warnten mit ihren charakteristischen Flötentönen die übrige Vogel¬ welt. Die Kiebitze hatten noch am 12. Mai frische Eier, ein Zeichen, daß sie auch hier in dieser abgelegenen Gegend vor den Verfolgungen der Menschen nicht sicher sind. Den Kiebitz und den Rothschenkel fand ich ferner als Brutvogel auf der im nördlichen Theile des Zarnowitzer Sees gelegenen kleinen Insel, wohin wir bei prachtvollem Frühlingswetter am 14. Mai eine Segelbootfahrt von Nadolle aus unternahmen. Da die Entfernung beinahe 6 km beträgt, und der Wind immer mehr abflaute, hatten wir schließlich zu thun, unser Ziel zu erreichen. Die kleine Insel ist ganz flach, fast ringsum von Rohr und Schilf umgeben. Sie ist nur mit einer Grasdecke überzogen, kein Baum oder Strauch ladet die über den See fliegenden Landvögel zu einer Ruhepause ein. Flu߬ seeschwalben, Sterna hirundo L., flogen in einer Anzahl von etwa 30 Exemplaren über der Insel und ließen ihre kreischende Stimme ertönen. Sie sind jedenfalls hier Brutvögel. Wenngleich wir beim späteren Absuchen der Insel noch keine Eier fanden, so schien es mir doch, als wenn bereits einige leichte Vertiefungen, die wir in dem feuchten Sande fanden, von den See¬ schwalben zur Anlage der Niststätte hergerichtet waren. Die Lachmöve, Larus ridibundus L., bemerkte ich Anfang April in einzelnen Exemplaren über dem See, ich glaube aber nicht, daß sie im Gebiet des Zarnowitzer Sees brütet, denn der Brutplatz, der Mitte Mai doch bestimmt besetzt gewesen wäre, dürfte mir kaum entgangen sein. Nach einer Weile, bevor wir sozusagen auf der Rhede vor Anker gingen — wegen des flachen Ufers mußten wir das Segelboot etwa 30 m vom Ufer entfernt verlassen — , stiegen einige Rotschenkel mit ihrem nicht zu ver¬ kennenden Ruf Didel — lidel — lidel — lidel u. s. w. von der Insel aus in die Lüfte. Obwohl man nun mit ziemlicher Sicherheit annehmen konnte, daß io 92 diese Vögel hier brüteten, wollte ich mir doch hierüber, wenn es irgend ging, Gewißheit verschaffen. Ich richtete denn, während meine Begleiter nach Enten- und Wasserhühner-Nestern suchten, meine Aufmerksamkeit lediglich auf das Suchen nach Rotlischenkel-Nestern. Meine Ausdauer wurde auch belohnt, denn nach einiger Zeit fand ich unter dem Grase in einer Vertiefung, von einem Grasbüschel überdeckt, ein Nest dieses Vogels mit 4 wenig an¬ gebrüteten Eiern. — Auch der Kiebitz war hier wieder Brutvogel, und zwar wurde ein ganz eigenartig angelegtes Nest gefunden. Dasselbe befand sich nämlich nicht auf dem trockenen festen Boden, wo sonst dieser Vogel zu brüten pflegt, sondern über völlig moorigem Grunde auf stehendem Schlamm am Rande der Insel. Man sank an der betreffenden Stelle beinahe bis zu den Knieen in den Morast ein. Der Kiebitz hatte aber so viel Hähnchen und Würzelclien zusammengetragen, daß die Eier völlig trocken dalagen. — Im Uebrigen fanden wir noch eine ganze Anzahl Nester vom Schwarzen Wasserhuhn, Fulica atra L., (meist mit 8 Eiern belegt), welcher Vogel auf dem Zarnowitzer See recht häufig zu sein scheint, und ein Märzenten nest Anas boschas L., mit 3 Eiern. An dem kiesigen nordwestlichen Ufer des Sees sah ich mehrere Male den Halsbandregenpfeifer, Charadrius hiaticula L., von dem wir ein Exemplar erlegten, um uns über die Art völlige Gewißheit zu verschaffen. Da wir die Vögel z. Th. bereits einzeln, und zwar noch Mitte Mai hier antrafen, so ist die Annahme wohl berechtigt, daß dieser Vogel hier ebenfalls zur Brut schreitet. — Der Goldregenpfeifer, Charadrius pluvialis L., hier irrthümlich Brachvogel genannt, kommt sowohl im Frühjahrs- wie im Herbstzuge ziemlich häufig hier vor. Noch am 3. Mai ließen sich in diesem Jahre drei Stück dieser Art auf einer Brache bei Burgsdorf sehen, von denen ein Exemplar geschossen wurde. Man theilte mir mit, daß der V ogel ebenfalls im großen Wierschutziner Moore brüte. Ich habe deshalb bei unseren mehrfachen Streifereien durch das Moor besonders nach diesem Vogel ausgespäht, da es von bedeutendem Interesse gewesen wäre, wenn diese Art als Brutvogel für unser Gebiet festgestellt würde. Jedoch habe ich nichts von dem Vogel ent¬ decken können und muß daher die mir gemachte Mittheilung vorläufig be¬ zweifeln. Von Enten bemerkte ich auf dem Zarnowitzer See außer der bereits erwähnten Märzente, die neben der Krickente im Sommer und Herbst in ziemlich erheblicher Zahl hier geschossen werden soll, auffällig viel die Schellente, Fuligula clangula L. Am 4. April bemerkte ich mehrere Exemplare dieser Art paarweise beisammen, woraus man schließen muß, daß die Vögel bereits gepaart waren. Dennoch aber erscheint es mir recht fraglich, ob diese Ente hier brütet. Ich habe nichts darüber feststellen können. Im Mai bemerkte ich die Vögel nicht mehr. Von Tauchern scheint nur der Haubentaucher, Podiceps cristatus L., auf dem See zu brüten. Dieser ist allerdings in ziemlicher Anzahl vertreten. li 93 Er hält sich besonders an der Nordwestseite des Sees (nordöstlich Reckendorf) auf, wo der See am Rande von einem breiten Rohrgürtel eingefaßt wird. An der Ostseeküste bemerkte ich im April außer der Weißen Bach¬ stelze, Motacilla alba L., die wohl unter dem Dach eines nahe gelegenen Rettungsschuppen brütete, häufiger die Sturmmöve, Larus canus L., ver¬ einzelt über der See längs der Küste dahinfliegen. Ein Fischer behauptete, daß diese Möve in den Dünen niste, ja daß er selbst schon Eier davon gefunden habe. Wenn auch die Oertlichkeit dieser Angabe nicht zu widersprechen schien, so stehe ich dieser Mittheilung doch äußerst skeptisch gegenüber. Angaben in dieser Richtung von nicht als ganz zuverlässig verbürgten Leuten sind nur mit größter Vorsicht hinzunehmen. Selbst wenn derartige Leute nicht dolos handeln, so irren sie sich doch gar zu sehr und verwechseln die einfachsten Sachen. — Das häufige Vorkommen der Sturmmöve an unserer westpreußischen Ostsee¬ küste, und zwar auch im Mai und Juni, also während der Brutzeit dieses Vogels, bedarf noch der Erklärung, denn es ist kaum anzunehmen, daß soviel Individuen, wie man z. B. häufig auf der sog. Messinainsel bei Oestlich Neufähr Ende Mai sieht, alle als ungepaarte Exemplare eines Geschlechts umherstreifen. Damit sind meine diesjährigen ornithologischen Beobachtungen im Gebiete des Zarnowitzer Sees erschöpft. Ich hoffe aber, daß ich später diese inter¬ essante Gegend noch häufiger besuchen kann, um insbesondere auch die vom Zarnowitzer See nordöstlich gelegenen Moore und Brücher kennen zu lernen, in denen doch vielleicht noch irgend ein seltener Brutvogel festgestellt werden kann. 12 94 Botanische Erinnerungen aus dem Kreise Deutsch Krone. Von HERMANN LÖNS, Hannover. Bis zu meinem achtzehnten Jahre, bis 1884, war ich in Dt. Krone und beschäftigte mich neben Zoologie auch mit Botanik. Mir stand fast gar keine Anleitung zur Seite und auch an Literatur gebrach es mir sehr, da die Gymnasialbibliothek so gut wie keine naturwissenschaftlichen Bücher enthielt. Meine Kenntnisse erstreckten sich darum nur auf besonders auffallende und leicht bestimmbare Arten. Da aber meines Wissens bei Dt. Krone wenig ge¬ sammelt ist, und da die Flora Valciensis von Professor Dr. Krause schon zu meiner Zeit ganz veraltet war, so haben diese Erinnerungen aus der Knaben¬ zeit vielleicht einigen Werth für die Floristen Westpreußens, wenn auch nur den, daß sie zu planmäßigem Sammeln anregen. Und das verdient die Umgegend der hübschgelegenen Stadt, denn sie ist vielgestaltig in ihren geologischen Formationen und besitzt deshalb eine reiche Flora. Allerdings will es mir so Vorkommen, als ob manche Pflanze nicht urwüchsig sei, sondern angepflanzt ist. Die Seeabhänge des Buchwaldes haben einige Arten, die einen subalpinen Charakter tragen und mehr der mittel- und süddeutschen Flora angehören. Da ich aber die Flora des übrigen West¬ preußens und seiner Nachbargebiete fast garnicht kenne, so mag das nur eine Yermuthung sein. Zu diesen mir fremd vorkommenden Pflanzen der Uferflora des Buch¬ waldes gehören Thalictrum aquilegifolium L., die schönste und eleganteste unserer Wiesenrauten — sie war nicht selten im Erlengebüsch des Seeufers — , ferner Aquilegia vulgaris L., die am Abhange des Buchwaldes nach der Seufzerlaube hin mehrfach vorkam, und die ich sonst bei Dt. Krone nicht fand, und schließlich Dianthus superbus L., die den Standort von Thalictrum aquilegifolium L. theilte. Auch Filipendula hexapetala Gilib., die an dem alten Scheibenstande vor dem Buchwald vorkam, kam mir immer etwas exotisch vor. Dieser alte Scheiben¬ stand war auch der mir bekannte einzige Standort von Orchis morio L , die schon zu meiner Zeit von den Zwangsbotanikern des Gymnasiums ausgerottet wurde. i 95 Der Buchwald beherbergte von interessanteren Gewächsen ferner noch Turritis glabra L. auf kahlen, lehmigen Stellen, in Birkenstangenörtern an der linken Seite Ledum palustre L., Saxifraga granulata L. auf steinigen Blößen, und eine Scorzonera spec. im Buchenstangenholz in der Nähe der Seufzerlaube, und mehrere Pirola- Arten. Von dieser Gattung fand ich im Buchwald, Klotzow und in den Sagemülder Kiefern folgende Arten: Pirola chlorantha Swartz, P. rotundifolia L., P. media Swartz, P. minor L., Ramischia secunda Garcke und Chimophila umbellata Nutt. Nur von letzterer weiß ich den Standort noch, rechts vorn in den Sagemühler Kiefern, bei den übrigen weiß ich den Standort nicht mehr genau. Im Buchwald kamen ferner vor Pulmo- naria angustifolia L., aber viel seltener wie die gemeine Art, Melampyrum nemorosum L , Daphne Mezereum L.; Plathantera bifolia Rchb. und Paris cquadri- folia L. Der durch den Stadtsee vom Buchwald getrennte Klotzow beherbergte einige Arten, die dem Buchwald fehlten; so wuchsen an sandigen Gräben Pulsatilla vulgaris Mill., P. pratensis Mill. und P. vernalis Mill. neben den Charakterpflanzen dieser Sandwege Viola arenaria DC. und Anthericum ramo- sum L. Am Stadtseeufer wuchsen häufig Actaea spicata L., Rhamnus cathar- tica L., Ribes nigrum L. und Humulus Lupulus L. Am kleinen Radunsee wuchs Calla palustris L., an einer lehmigen Stelle unter Buchen fand sich noch Asperula odorata L., Anemone ranunculoides L., Daphne Mezereum L. und Adoxa moschatellina L., vor der Försterei am Seeufer noch Origanum vulgare L. Die Sagemühler Kiefern beherbergten wieder einige Pflanzen, die ich sonst nicht fand, so Cirsium oleraceum Scop., Vincetoxicum ofßcinale Moench, links von der Chaussee an der linken Seite des kleinen Sees im Schlehen¬ gebüsch, Ranunculus Lingua L. am Ufer desselben Waldsees und Polygonum Bistort a L., ferner noch Daphne Mezereum L. und Paris quadrifolia L. Eine sehr interessante Flora muß Viermühlen haben. Ich fand an einem Morgen dort in einem Bachthale Anemone ranunculoides L., Adoxa moscha¬ tellina L., Lathraea squamaria L. und Lycopodium complanatum L. Letzteres sandte ich dem Provinzial-Museum, da ich es nicht bestimmen konnte. Von Pflanzen, die mir sonst noch auffielen, erwähne ich ein kleines, gelb- blühendes Thalictrum, ob simplex L. oder minus L., weiß ich nicht, das mit Gratiola ofßcinalis L. auf einerWiese an einem Tümpel zwischen der Chaussee und dem Weg nach Gut Mariensee häufig war, Ranunculus Lingua L., der verbreitet war, Anthyllis vulneraria L. am Lehmabhang des Galgenberges, Sedum boloniense Loisl. und $. reflexum L., deren Standorte mir entfallen sind, Aster salicifolius Schott am Seeufer, Asperugo procumbens L., intermittirend an Gartenhecken, Lysimachia thyrsißora an Seeufern, Stratiotes aloides L. in versumpfteu Gräben und Seebuchteu, Epipactis palustris Crantz am Stadtsee, Ornithogalum umbellatum L. in Grasgärten, Petasites ofßcinalis bei der Stadt, und ein Botrychium , das ich nicht näher bestimmte, am Stadtseeufer vor dem Buchwald. 2 96 Trollius europaeus L. und Pinguicula vulgaris L. fand ich in frischgepreßten Stücken mit der Fundortsbezeichnung ,,Kroner Fier" in dem Herbarium eines Mitschülers. Ich selbst kam in die Gegend nicht. Auffallend war mir — doch bitte ich, meine mangelhafte Kenntniß der Flora der Provinz zu berücksichtigen — das Fehlen folgender sonst sehr ver¬ breiteter Gewächse: Clematis Vitalba L., aller Corydalis- Arten, Impatiens Noli tangere L., Ononis spinosa L., aller Circaea-A rtcn, Achillea ptarmica L., Vinca minor L., aller Gentiana- Arten, Viscum album L., Üagittaria sagittifolia L., Butomus umbellatus L. und Arum maculatum L. An Orchideen kamen meines Wissens nur die gemeinsten Arten vor. 3 97 Gleichgewicht und Stabilität eines schwimmenden homogenen Würfels. Von Professor E. Scheeffer in Danzig. Mit einer Figurentafel. Das Schwimmen homogener, mehr oder weniger regelmäßiger Körper ist meines Wissens nur in zwei in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten1) eingehender behandelt. In diesen sind auch bereits einige Gleichgewichtslagen des Würfels, sowie deren Stabilität untersucht. Die vorliegende Arbeit soll diese Aufgabe weiterführen und zu einem gewissen Abschluß bringen. In den nachstehenden Ausführungen wird als Flüssigkeit Wasser vom spec. Gewicht 1 vorausgesetzt und das spec. Gewicht des schwimmenden Körpers mit s bezeichnet. Der Rauminhalt des Körpers soll mit V, der des eintauchenden Theils mit Yx, der des nicht eintauchenden Theils mit V2 be¬ zeichnet werden und die entsprechenden drei Schwerpunkte mit S Sj S2. Nach dem Archimedischen Princip ist dann Vx = Vs, V2 = V(1 — g) = V d. Für den Würfel soll die Kante = 1 angenommen werden, also auch V = 1, = s, V2 = a. Das spec. Gewicht s soll stets > also tf < -^-vorausgesetzt wer¬ den, denn für s bleibt Alles unverändert, wenn der eintauchende Körper- theil mit dem nicht eintauchenden vertauscht, d. h. wenn 1 — s = ö- statt s ge¬ setzt wird. I. Gleichgewicht und Stabilität eines geraden Prismas. Jedes gerade (homogene) Prisma hat eine Haupt- oder Schwimmachse, welche die Schwerpunkte der beiden Grundflächen verbindet und den Seiten¬ kanten parallel ist. Es schwimmt in aufrechter Lage (d. h. bei vertikaler l) G. Schulen (in Erlangen): „Das Schwimmen, tlieilweise von einem neuen Stand¬ punkt aus bearbeitet“ in Hoffmann’s Zeitschrift f. math. u. naturvv. Unterricht. Jahrg. 31, Heft 7, 8. Jahrg. 32, Heft 2. E. Schef.ffer : „Ueber stabiles Schwimmen homogener Körper“ Programmschrift des Realgymnasiums St. Johann in Danzig. Ostern 1902. I 98 Hauptachse) im Gleichgewicht, da die drei Schwerpunkte S Sj S2 in derselben Yertikallinie liegen. Jede neue Gleichgewichtslage kann mit Hülfe äußerer Kräftepaare durch Drehung des Prismas um eine horizontale Achse von konstanter Richtung er¬ reicht werden. Der veränderliche Drehungswinkel sei cp. Der Körper gelangt dabei nach einander in drei wesentlich verschiedene Drehungsgebiete. Im ersten wird keine der Grundflächen, im zweiten eine, im dritten werden beide Grundflächen vom Wasserspiegel durchschnitten. Stellt Fig. 1 die obere Grundfläche vor, 0 ihren Schwerpunkt, A 0 B die Richtung der Drehungs¬ achse und ist CODJ_A OB, so müssen in der neuen Gleichgewichtslage (

so ist 7. das Gleichgewicht labil, im entgegengesetzten Falle für diese Achse stabil. Man kann dies auch dahin aussprechen, daß in der stabilen Gleichgewichtslage die kleinste Aenderung des Drehungsmoments, d. h. also der Differentialquotient von nq Va (nach cp genommen) positiv, im labilen Gleichgewicht negativ ist. Ist ersteres für alle horizontalen Achsenrichtungen der Fall, so findet voll¬ kommene Stabilität statt. Diese Bedingung für die Stabilität hat zuerst Duhamel in seinem Lehrbuch der Mechanik in folgende Form gebracht: T — Vx ex j> 0 (DuHAMEL’scher Satz). 8. Hierin ist T das Trägheitsmoment des Wasserschnitts1) für jede durch seiuen Schwerpunkt gehende Drehungsachse und e3 = SSX. Natürlich ist diese Bedingung für alle Schwerpunktsachsen erfüllt, wenn sie für die Achse des kleinsten Trägheitsmoments erfüllt ist. Zum Zweck der Bestimmung des letzteren in den einzelnen Fällen werden hier folgende Sätze vorausgeschickt und bewiesen: Erster Satz. Hat eine ebene Figur eine Symmetrieachse 9. und für diese und irgend eine andere Achse (Ax) gleiches Trägheitsmoment, so hat sie für alle durch den Schnittpunkt 0 der beiden ersteren gehenden Achsen auch dasselbe Trägheitsmoment. Beweis. Das Trägheitsmoment für die Symmetrieachse (X-achse) sei Tx , das T. M. für die in 0 auf ihr senkrechte (Y-)Achse Ty und das T. M. für i) Wasserschnitt soll die Fläche heißen, in der der Körper von der Ebene des Wasserspiegels geschnitten wird. 3 100 irgend eine mit der X-achse den Winkel co bildende Achse Tw, so erhält man durch Drehung des Coordinatensytems die Gleichung Tw = Tx • cos 2co -f- Ty • sin 2co + sin 2 co • J k y • d f wo das auf die ganze Fläche zu beziehende fx y*df = 0 ist, also Tw — Tx • cos 2oo -j- Ty • sin CO 10. Bildet nun die Achse Ai mit der X-achse den Winkel co1, so ist ebenso Ttuj ==: Tx == Tx • cos 2co1 -f- Ty • sin 2oo1 Hieraus folgt aber Tx = Ty und folglich (aus 10): Tw = Tx = Ty . w. z. b. w. Zweiter Satz. Von allen die Symmetrieachse einer ebenen Fläche in demselben Punkte schneidenden Achsen haben die Symmetrieachse und die auf ihr senkrechte das größte und kleinste Trägheitsmoment der Fläche. 11. Beweis. Unter Beibehaltung der Bezeichnungen des ersten Satzes gilt auch hier für eine beliebige Achse (co) die Gleichung 10. Tw = Tx • cos 2co -J— Ty • sin “co Soll Tw ein Minimum oder Maximum sein, so muß der erste Differeutial- quotient (nach co) verschwinden, also (Ty — Tx) • sin 2 co = 0 sein. 11a. Diese Gleichung hat für 0 co 180° die beiden Lösungen co = 0 (oder 180°) und co = 90° oder (11a) To» = Tx und Tw = Ty. w. z. b. w. ln der Folge soll ein Gleichgewicht nur dann kurz mit labil bezeichnet werden, wenn es für alle Schwerpunktsachsen des Wasserschnitts labil ist (all¬ seitig labil). Ist das Gleichgewicht aber für die Drehungsachse stabil, für die darauf senkrechte Achse labil, so soll es teilweise stabil (tw. st.) und im umgekehrten Falle teilweise labil (tw. 1.) genannt werden. II. Der Würfel im ersten Drehungsgebiet. Aus den beiden anfangs erwähnten Schriften ist Folgendes zu entnehmen : 1) Wenn s zwischen 1 und 0,7887 ^genau: oder zwischen 0 und 0,2113, so schwimmt der Würfel auf¬ recht, stabil. 12. 2) Wenn s zwischen 0,7887 und 0,7 735 (genau: 1 (4 _j_ |/~2) \ T ) oder zwischen 0,2113 und 0,2265, so schwimmt er aufrecht labil, schief stabil. 13. Die schiefe Lage wird durch Drehung um eine beliebige horizontale Achsenrichtung erreicht. Bestimmungsgleichung für den Drehungswinkel (p1 : tg 2 cp1 = 1 2 s (1 — s) — 2. 14. 101 3) Wenn s zwischen 0,7735 u. 0,7500 oder zwischen 0,2265 u. 0,2500, so schwimmt er aufrecht labil, schief stabil. 15. Die schiefe Gleichgewichtslage wird durch Drehung um eine horizontale Achsenrichtung erreicht, die mit einer Kante den Winkel cd bildet. Obere Grenze für co: sin2 (45° < g , (■ > \) 1 6' Bestimmungsgleichung für wie in 2). 4) Wenn s zwischen 0,7500 u. 0,5000 oder zwischen 0,2500 u. 0,5000, so schwimmt er aufrecht labil. 17. in. Der Würfel im zweiten und dritten Drehungsgebiet. Im zweiten und dritten Drehungsgebiet ist der Wasserschnitt der Gleich¬ gewichtslage ein Dreieck, Viereck, Fünfeck oder Sechseck. Das Viereck ist ein Rechteck, wenn die Drehungsachse einer Würfelkante parallel ist, andern¬ falls ein Trapez. A. Der Rechteckschnitt. Diesen Fall hat Schülen (a a. O.) für ein quadratisches Prisma be¬ handelt, dessen Drehungsachse einer Quadratseite parallel ist. Die Anwendung auf den Würfel ergiebt mit Rücksicht auf die Grenzbedingungen folgende von einander verschiedene Gleichgewichtslagen (0 (f1 <2 45°): 1) Wenn s zwischen 1 u. 0,8750 oder zwischen 0 u. 0,1250 2) s zwischen 0,8750 u. 0,7500 oder zwischen 0,1250 u. 0,2500 3) s zwischen 0,7500 u. 0,7187 theilw. labil 18. <94 = 45°) labil (94 =45°) 19. 20. oder zwischen 0,2500 u. 0,2813 theilw. stabil, labil (94 <45°) (94=45°) Der Drehungswinkel cpt für die erstere Lage ist bestimmt 16 s — 7 — 3 j/32s — 23/ \ 1 \ t ~ 1 0 > yJ ' durch die Gleichung tg (pt — 16 (1— s) 21, 4) Wenn s zwischen 0,7187 u. 0,5000 (4) 0,2813 u. 0,5000 oder zwischen 5 teilw. stabil 22. (cp, = 45°) 102 B Der Fünfeckschnitt. In Fig. 3 sei (entsprechend Fig. 1) M N die Wasserschnittlinie der oberen Grundfläche E F 6 H, 0 ihr Schwerpunkt, A B || N Mx die Richtung der Drehungsachse, CD_[ AB, so ist die Bedingung dafür, daß die Schwerpunkte S Sj S2 in der durch C D gelegten Vertikalebene liegen, (s. 2)/ x y . d f = 0, wo die Integration über die Fläche N M H B F auszudehnen ist und die (+ x) und (-f- y) Achse die Richtungen wie in Fig. 1 haben. Diese Bedingung kann leicht in folgende umgeformt werden*): . d f = 0 28. wo nun PD die (+ x) Achse, PM die (-f- y) Achse und die Integration über die Fläche N M G auszudehnen ist. Wird der kleinere N der beiden Dreieckswinkel N und M mit co be¬ zeichnet (also co x — p sin i) die erste (kleinste) auch (die einzige) Wurzel der Gleichung [tf = u, alle folgenden dagegen Wurzeln der Gleichung tf = tf sein müssen. Um den Verlauf von u zu erkennen, difierentiiren wir die Gleichung F(cry) = 0 nach y: r W + tf'-F' ( — u negativ sein. 61a. 62. Setzt man in 59 für y2 y3 y4 die Werthe (aus 40) ein und reducirt, so wird f = 72 tf2 — 36 tf (1 + 2 y - y2) + w | wo w = 4 -f- 15 y -f- 9 y2 — 20 y3 — 12 y4 -f 21 y5 — 5 y6 | Zunächst sollen jetzt die Grenzwerthe von a' bestimmt werden, (wobei statt a', f kurz tf', f geschrieben werden soll). f 1 f Nach 49 wird df — 6 • yu • y 6 yu y 1 „ , f 0 Für y = 0 wird o" = f = 0, also — — -yr. J 6 v 0 63. li 108 Um den wahren Werth dieses Bruches zu ermitteln, ersetzen wir Zähler und Nenner durch ihre Differentialquotienten. Es wird , ß9v , ff y -ff . f tf also aus 63) tf = — ^ — -= - . woraus 6 • Vu i) positiv sein. 66. Aus 61a und 66 ergiebt sich, daß die Funktion f (er, y) bei konstantem u ^ zwischen der Wurzel von u = u und der ersten Wurzel von ff — u wenigstens einen Zeichenwechsel und zwar — -ff erleidet. 67. Wieviel weitere Zeichenwechsel der Funktion f (y) eintreten können, soll nun untersucht werden. Bildet man aus 62 die abgeleiteten Functionen (bei konstantem o) und bestimmt für jede das Vorzeichen des Anfangs- (y = 0) und des Endwertes (y = 1 ) , so weit es möglich ist, so erhält man mit Unter¬ drückung des positiven Zahlenfactors: f (y) = (72 (ff — 36 o- -ff 4) -ff (15 — 72 a) y -ff (9 -ff 36 dm keine b für ^ d dx eine für u, i fällt S2 mit S2 und P2 zusammen. u 1 li Es folgt also (aus 72, 74) T«-V‘e*=i üL:'-(2T' + r¥ -") 2 cos tpl 2 T ö-2 oder da (88) - ^ - tf = (1 - — x) z 2 T T2 — V, e4 l * 2T1-2T + (l-x)z 2 cos Nach (38, 73) wird aber nach gehöriger Reduction ' 2T, — 2T + (1 — x)z = ^(l — x) folglich T„ — V, e, = ~X> - d. i. > 0. ö 2 11 12 • cos g>, ^ Jede der drei Gleichgewichtslagen (71) ist daher für die Symmetrie. achse stabil. ' 75. 3 — )/J Da (nach 69 und 69 a) Cj — 0,2265 und tfm = 0,2377, also die 4 -hl/ 2 zugehörigen Werthe sx = - — - = 0,7735 und sm = 0,7623, so ergeben sich aus 71 und 75 für den Fünfeckschnitt folgende Gleichgewichtslagen: 1) Wenn s zwischen g ^ 0,8333 und 0,7735 ^ ^ oder zwischen 0,1667 und 0,2265 liegt, so hat der Würfel eine teilweise labile Gleichgewichtslage. 76 2) Wenn s zwischen 0,7735 und 0,7623 (sm) oder zwischen 0,2265 und 0,2377 (am) liegt, so hat er eine stabile und eine teilweise labile Lage. 76a. Die Bestimmungsgleichung für den Drehungswinkel (px ist für beide Fälle (31. 40, 44) 6 ff f2 tg = - , y3 wo y3 — (2 — x)3 — 2 • (1 — x)3, y4 = (2 — ■ x)4 — 2 (1 — x)4, und x eine zwischen 0 und 1 liegende Wurzel der Gleichung y3 — y3 • ]/ y3 — y4 2 y3 y4 (1 — x) = 6 tf y4 ist. C. Der Dreieckschnitt. Im vorigen Abschnitt (B) wurde gezeigt, daß, wenn der Wasserspiegel von der oberen Würfelfläche ein Dreieck abschneidet, letzteres in der Gleich¬ gewichtslage ein gleichschenkliges sein muß. In dem vorliegenden Falle tritt dies in jeder der drei oberen Flächen ein, folglich ist der dreieckige Wasser¬ schnitt senkrecht zu einer Würfeldiagonale. Die beiden Gleichgewichts¬ bedingungen sind dann von selbst erfüllt, es ist daher nur die Frage der Stabilität zu untersuchen. 16 112 Ist x die Kathete des abgeschnittenen Dreiecks, so ist der über dem Wasser befindliche Würfeltheil eine reguläre gerade 3-seitige Pyramide mit der Grund- _ _ j kante x \ 2, der Höhe h = -^ / 3 und dem Rauminhalt V2 = y = tf. 77. Der Schwerpunkt der Pyramide hat von der Spitze die Entfernung h = ~ 3, folglich ist = Yts-X,/3 = und (1) V2e2 = V,e, = jl (l -y)/3 78. Das Trägheitsmoment eines gleichseitigen Dreiecks (mit der Seite a) hat a4 _ für alle Schwerpunktsachsen denselben Werth, nämlich T = ^ / 3, also hier, da a = x / 2, T = g 4 ‘ ^ ^ Aus 2 und 3 folgt also 79. T-V, e^Xl/3 U'-tV'-j— 1! V -f d. i. aber <4 0. Folglich ist nach dem DuriAMEL’schen Satze das Gleich¬ gewicht allseitig labil. 1 80. 5 Als Grenzbedingung für s ergiebt sich aus 1) a <4 y oder s (für s > y) und s < y (für s < y) 81. D. Der Trapezschnitt. Fig. 6 stelle Fig. 1 für den vorliegenden Fall dar. Von der oberen Grundfläche EFGH wird das Dreieck E M N abgeschnitten, in dem der kleinste Winkel EMN (<^ 45°) mit co bezeichnet ist. E M2 N2 sei die Pro- jection des von der unteren Grundfläche durch den Wasserspiegel abgeschnittenen Dreiecks Ea Mj Nj^ auf die obere Grundfläche. Wird E M mit x1? Et Mx = E M2 mit x2 (<^ xj bezeichnet, so ist der nicht eintauchende Theil des Würfels xi eine abgestumpfte 3seitige Pyramide mit den Grundflächen g! = — - tg c 0, Li X 2 g2 — y tg <£> und der Höhe h = 1. Das Volumen dieses Körpertheils ist: V2 = 3 (gi + Vgi g2 + g2)=“^ (xi + Xj x2 + x2) tg co = 12 2 co 84. folglich als I. Gleichgewichtsbedingung (83) 12 ö sin 2co (1 — tg co) • (x® — x®) — (x* — xj) (1 + tg co) = 0 r) / \ • 9 r \ , v I 2 (x2 -}- Xj X2 + X2) oder (sj xg) sin 'w (1 tg a>) • '■ 12 a> ,1 = 0.85 I — (x; + x2) (x, + xj (1 + tg cu)| Diese Bedingung ist erfüllt, wenn einer der vier Factoren links ver¬ schwindet. Der erste Factor x, x2 = 0 führt auf einen bereits behandelten Fall (s. A.). Der zweite sin 2co = 0 ist ausgeschlossen, es bleiben daher die folgenden beiden Fälle zu untersuchen: co = 45° 85a. 2 (x2 + Xj x2 + x2) — (x2 4- x2) (xj + x2) (1 -f tg co) = 0. 85b. Bevor auf diese näher eiugegangen wird, soll zunächst die II. Gleich¬ gewichtsbedingung aufgesucht werden. Das Drehungsmoment ist nach 6 (s. Fig. 3): nq Vj = V2 (q cos (fx — p sin t aus¬ zudrücken und in die Gleichung 86 einzusetzen, der folgende Form gegeben werden soll: in, V, = q • cotg — p = 0 91. o" • sin (px Hierbei ist es zweckmäßig statt Xj x2 neue Größen u v durch folgende Substitution einzuführen: X! + x2 2 u Xi - Xo ■^ir-x = v Hieraus ergiebt sich x2 = u v, x. u x2 + xx x2 + X* = 3 u2 -f V5 x2 -f 2 xx x2 -f- 3 x2 = 2 (3 u2 + v2 — 2 u v) 92. 93. also (82) (3 u2 -j- v2) tg co 6 er (87> ' = "ST (3 u2 -f- v2 — 2 u v) oder 1 u v + A u v ¥ “ 67 ■ *g " und P = 6 « ‘K “ (89) xs = u -f u V2 3 o1 tg co (88) q = — ^cos co + sin co^ u 3 sin co (i + 34 tg ») (90) q • cotg (fi — v sin co u cos co -f- sin co - — sin co 3 u v 90 cos sin“ co co 94. 18 115 folglich aus 91, wenn tg co = t gesetzt wird, nach einigen Reductionen: 6 • • ■ • m xr — v • sin (px • sin co • cos o o 1 1 6 er (1 + t) - ö u t - jj- u v1 2 t2 — u (1 -f- t2) = 0 95. Wird hierin noch aus 94 (82) v2 t = 6 er — 3u2t 96. gesetzt und der stets positive und von 0 verschiedene Factor von n^ V* weg¬ gelassen, so erhält man als II. Gleichgewichtsbedingung: (m, V,) = 6 c (1 4 t) — (1 + 24 er t + t2) u + 8 t2 u3 = 0 97. Hierzu tritt nun die I. Bedingung (85a, 85b). Betrachten wir zuerst den Fall 85b: 2 (x2 -f xx x2 + x2) — (x2 + x2) (x, + x2) (1 4 t) = 0 Wird auch hier u, v statt x1 x2 eingeführt (93), also x® -)— = 2 (u2 + v2) und (82) x2 -f xx x2 4 x2 = — . gesetzt, so wird 1 9 n — - 4 u (u2 -f v2) (1 4 t) = 0 t oder nach 96 : 3 T = hat man folgende Gleichungen: 1 / 6tf „ 2 (93) xx = u 4 v 1/ - »J u , |/ t X2 = u — V 102. 19 8* 116 Mit Hilfe derselben erhält man aus der Bedingung i -i rä" n _ x2 > 0 für t tf’ 2 ' 3(1 — 4o) 4 (12tf — 1) 1 oder tf y-, was der Bedingung 101 widerspricht. Und für t = t2 erhält man aus der Bedingung X, < 1, ä- (l2ff - 1 + /3 (1—4 ff) (12 ff — 1)) < 1 oder da, für die Reellität von x1? tf -y- sein muß, durch weitere Entwickelung tf y, was auch der Bedingung 101 widerspricht. Die Wurzeln t = tt und t = t2 fallen also aus und es bleibt für die Gleich¬ gewichtslage nur der Fall 85 a) co — 45°, t— 1 übrig. Für diesen Fall geht die II. Bedingungsgleichung 97 (mit Unterdrückung des Factors 8) in folgende über: oder (ffliYi) = u (u2 — y) — 3 a (u— y) = (miVi)= (u — y) (u2 + |u-3tf) = 0 0 deren reelle Wurzeln U>=T u2 = y ^]/ 48 tf -f- 1 — 1^ sind. Aus 96 folget ferner v2 = 6 tf — 3 u2 3 u2 103. 104. 105. 106. und aus 93: xi = u -f ]/ 6 (? — 3 u2 x2 = u — 6 d wo die Quadratwurzel mit dem absoluten Wertke zu nehmen ist. Die bereits oben benutzte Grenzbedingung 0 x2 x1 1 soll nun zu¬ nächst auf die Wurzel u = u2 angewendet werden. Die Bedingung x2 0 ergiebt nach 106 1 6 107. 107 a. und wenn hierin u = u2 (104) gesetzt wird, d \ Die Bedingung X] < 1 ergiebt nach 106: y 6 d — • 3 u2 <( 1 — u. Die rechte Seite ist positiv, denn die Reellität von xx und x2 erfordert u2 < 2 tf, also da d -y, u2 1. Folglich können beide Seiten quadrirt werden und man erhält 60 — 1 U 2u (2u — 1), und wenn hier (aus 104) u = u2 ge¬ setzt und weiter entwickelt wird, (l-c)>° 107b- 20 117 Diese Bedingung ist aber mit 107 a nicht zu vereinen. Es bleibt daher für das Gleichgewicht als einzige Wurzel der Gleichung (mx Vj) = 0; u — u2 = — 1 Aus 105 folgt v2 = 6 ö T = 1 r'24ff und aus 93 Xj x. ^24 a — 3^ 1 , _ . 2 h -f-l/24(r— 3\ (l -^247=3) 108. Für diese Lösung ist aber erst noch die Grenzbedingung zu untersuchen. Die bisher benutzte Bedingung xx 1 ist zwar notwendig, aber nicht für jeden Wert von a hinreichend. Aus Gleichung 82 (für tg co, = 1) x| -}- Sj x2 -f x 2 = 6 cs 109. geht hervor, daß xx mit wachsendem x2 abnimmt und umgekehrt. Es gehört daher zum Minimum x2 = 0 das Maximum xA = j/g ^ und zum Maximum x2 = Xj das Minimum Xj = x2 = j/g ~ 45 und x, — x2 — 2 v (s. 108) gesetzt wird 112. Cotg (f1 — |/y(8 tf — 1) 21 118 Die Stabilität. Aus den Gleichungen (92) v = — —(105) v2 = 6 tf — 3 u2 und 199 ff. u geht hervor, daß (mit wachsendem x2) v abnimmt und u zunimmt. x2 wächst aber mit dem Drehungswinkel cp, folglich muß auch u mit cp zugleich wachsen. Da in Gleichung 103 der Factor u2 -f- — u — 3 c für u = und a ^ u A O positiv ist, so hat das Drehungsmoment (mx Vx) beim Verschwinden (mit wachsendem 1/ 3 X2 die Grundfläche gx = V 3, der Rauminhalt — gx hx = 1 — — x3 6 Das Volumen des eintauchenden Würfelteils ist daher V, = -- (g h — 3 g, hl) oder = -1 { (1 + x)=> - 3 xs | 118. Diese Gleichung enthält die Bedingung des Schwimmens. 0 S. SCHEEFFER a. a. 0. im letzten Kapitel. ü3 120 Da die beiden Gleichgewichtsbedingungen hier selbstverständlich erfüllt sind, so ist nur noch die Stabilität nach dem DuHAMEL’schen Satze (8) zu untersuchen. Der Wasserschnitt hat für die drei Symmetrieachsen offenbar gleiches Trägheitsmoment T. Nach dem Lehrsatz (9) (s. Abschn. I) muß folglich für alle Schwerpunktsachsen das Trägheitsmoment denselben Werth T haben. Wir bestimmen ihn für die Symmetrieachse B 0. Das Trägheitsmoment des Dreiecks ABC ist, wie man leicht findet, (1 + x)* 12 (1 + x)2 Pi 24 ■y 3, x4 für das Dreieck P Q B, fh x2 = . y 3 12 24 ’ für jedes der Dreiecke AMN, CLR, ~ (l -j- -X-j = X ^1 — ) ü / y 3 folglich T - K1 + 24 oder • co kn II H X* 24 x 2 rO+y)!-1'3 . (1 + x)4 — 3 x ,4 12 x2 119. Um S S, — ej zu bestimmen, nehmen wir den Wasserschnitt als Momenten- ebene an und bezeichnen seinen Abstand von St mit z. Dann ist die Momenten¬ gleichung p- h2 0 also das Gleichgewicht stabil. 24 12: o Da für s = “g- der Secbseckschnitt in den Dreieckschnitt übergeht, so . . 1 5 iindet dieses stabile Gleichgewicht für (< 45°). A. Für die schiefe Gleichgewichtslage des ersten Drehgebietes ist die Bestimmung des Drehungswinkels cpt aus Abschnitt II (13 — 16) zu ersehen. ]) Hier fallen zwei Gleichgewichtsarten zusammen. 2) Hier fallen vier (bezw. zwei) Gleichgewichtslagen zusammen und das teilweise stabile Gleichgewicht ist auf eine der beiden Drehungsrichtungen beschränkt. 3) Hier fallen unendlich viele Gleichgewichtsarten zusammen. 4) Die Stabilität bleibt bestehen, wenn der Würfel beliebig weit um seine Schwimm¬ achse gedreht Avird. 26 123 ß. Für den Rechteckschnitt ergiebt sich aus ]JI A 20, 21, wenn darin co statt cpt gesetzt und der Drehungswinkel nun mit cp] bezeichnet wird, eine labile (teilweise stabile) Gleichgewichtslage, wenn 0,7500 !> s > 0,7187 oder 0,2500 \) C. Der Trapezschnitt bildet mit zwei zusammenstoßenden Würfelflächen eine rechtwinklige körperliche Ecke, und es ergiebt sich daher mit Hilfe der sphärischen Trigonometrie aus Abschnitt III D tg co =■ ]/ 2 • cotg cp1 oder tg co = ]/ 24 er — 3 tg cp] = — - — oder tg cp] = b24 er — 2 1 cos co 1 Specifisches Gewicht: 0,8750 3> s 0,8333 oder 0,1250 s <2 0,1667 Das Gleichgewicht ist labil (teilweise stabil). D. Für den Fünfeckschnitt ergiebt sich ebenfalls mit Hilfe der sphärischen Trigonometrie aus Abschnitt III B. 1 — 1 6 ö tg w = V V 2 tg cp, oder tg co = L J 3 tg \ = ^ V 36