.>* ^^.^ : f\ :,M ■:''' JüSr» "'«^ /• . A ' »fe #.v • A C S) t.% . . S^ibruriJ üf ihz |ilus£um OF COMPAHATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. JJ'ounte'ö tiD jpvibatc suliscriptfon, in 1861. DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY. No- /J2J. OF COMPARATIVE ZOüLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. iFounticti t» piibate subscrfptfon, fn 1861. DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY. No. /JZ. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AMDEHIE DER WISSESISCHIFTEK. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. NEUNTER BAND. WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER li. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1852. SITZllGSBERICHTE DER MATHEMATISCH-NATÜRWISSENSCHAFTLKHEN CLASSE 5er KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. NEUNTER BAND. Jahrgang 1852. Heft I — V. WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER, BÜCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. INHALT. Seite Sitzung vom 17. Juni 1852. Schneider und Kollur, Der Kartoffel -Blattsauger, Psylla solani (uherosi Schneider {Cycuda [Typhlocyba] solani tuberosi, KoUar). Ein die Kartoffelfäule erzeugendes Insect . . 3 Sehneider, Über den Kartoffel-Blattsauger , als Ursache der Kar- toffelkrankheit. (Mit 1 Tafel.) 8 Kollar, Bericht über die Abhandlung des Dr. Schneider, aus Prestic in Böhmen, betreffend ein Insect, welches die Kar- toffelkrankheit verursacht , 22 A. V. Ettingshausen , Weitere Bemerkungen zu dem Vortrage des Herrn Prof. Petzval vom 15. Jänner 1852 .... 27 Baue, Über die Karten der Gebirge und Thäler-Richtungen . . 31 Hauer, Bericht über die Reise des Herrn Directors Czarnotta nach Teheran 35 Goldherger, Prodrom einer Naturgeschichte der fossilen Insecten der Kohlenformation von Saarbrücken 38 C. V. Ettingshausen, Beitrag zur Kenntniss der fossilen Flora von Wildshuth in Ober-Österreich. (Mit 4 Tafeln.) ... 40 wSifzung vom 24. Juni 18S2. Heckel, Fortsetzung des im Juli-Hefte 1851 enthaltenen Berichtes über eine , auf Kosten der kais. Akademie der Wissen- schaften unternommene ichthyologische Reise. Anhang III. (Mit 8 Tafeln.) 49 Heeger, Beiträge zur Naturgeschichte der Physopoden (Blasen- füsse). (Mit 10 Tafeln.) 123 Baue, Crber die -wissenschaftliche und praktische Wichtigkeit einer genauen geognostischen Aufnahme aller grossen Durch- brüche, so wie aller Becken- und Länder-Trennungen . 141 Vlacovie, Dell' apparecchio sessuale de' monotremi. (Con 2 tav.) 152 Ptischl, Über das Entstehen progressiver Bewegungen durch Ver- brauch lebendiger Kraft oscillatorischer Bewegungen . . 173 Pokorny , Über die Verbreituftg und Vertheilung der Lebermoose von Unter-Österreich 186 Simony, Die Bedeutung landschaftlicher Darstellungen in den Na- turwlssi'nschaften 200 Geschäftsbericht der k. k. Central - Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus 208 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 210 Sitzung vom 1. Juli 18S2. Doppler, Bemerkungen über die von dem Herrn Prof. Petzval gegen die Richtigkeit meiner Theorie vorgebrachten Ein- wendungen 217 llyrtl, Bemerkungen zu zwei anatomischen Abhandlungen über Manis und Myrmecophaga 225 Türck, Über Compression und Ursprung des Sehnerven . . . 229 VI Seite Sitzung vom IS. Juli 1852. Heuglin, Schreiben aus Assuan an die kais. Akademie der Wis- senschaften 335 Haidinger, Die Löwe'schen Ringe, eine Beugungs-Erscheinung . 240 Hinterherger, Über die Einwirkung der Wurtz'schen flüchtigen Basen auf Senföl 249 Kohl und Swoboda, Über einige Doppelsalze des Cyanquecksilbers 252 Reckenschuss , Über einige neue Doppelsalze des Äthylamins und Propylamins 256 Leyer und Koller, Zersetzungsproducte der Federn, Igelstacheln, Haare, des Globulins, Hamatins und der Flügeldecken der Maikäfer mit verdünnter Schwefelsäure 258 Sitzung vom 22. Juli 1852. Heeger, Beiträge zur Naturgeschichte der Insecten. 4. Fortsetzung. (Mit 5 Tafeln.) 263 Rochleder, Über die natürliche Familie der Ericineae . . . 286 Kawalier, Über das Corianderöl 313 Papousek, Über das flüchtige Öl des Ingwer 315 Jordan, Mergel von Finstergraben in der Gosau 317 Griesinger, Über die pathologische Anatomie des in Ägypten vorkommenden biliösen Typhoids 318 Haidinger, Niedrigste Höhen von Gewitterwolken .... 338 Zippe, Über den Rittingerit, eine neue Species des Mineralreiches 345 Rokitansky, Über den Gallertkrebs, mit Hinblick auf die gutarti- gen Gallertgeschwülste. (Mit 3 Tafeln.) 350 Pohl, ijber die Anwendung der Pikrinsäure zur Unterscheidung von Geweben vegetabilischen und thierischen Ursprunges . 386 Schabus, Über das bei der Quecksilbergewinnung aus Fahlerzen gebildete Kalomel. (Mit 2 Tafeln.) 389 Schmidt, Über die Abfassung einer Chronik der Erdbeben in der österreichischen Monarchie 401 Kenngott, Über die Einschlüsse von Mineralien in krystallisirtem Quarz 402 Sehrötter, Über die Ursache des Leuchtens gewisser Körper beim Erwärmen 414 Geschäftsbericht der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus 420 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften . . ' . . . 421 Sitzung vom 7. October 1852. Ministerium für Handel übersendet einen neuerlichen Bericht über die Expeditionen zur Aufsuchung Fr ankl in's, ferner fünf autographische Berichte Keppler's. — Gödel, Sendung von Petrefacten und einer Antilope 427 Czermak, Beschreibung und mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. (Mit 1 Tafel.) 427 Bilharx, Alestes macrolepidoius (mihi), ein neuer Nilfisch. (Mit 1 Tafel.) 469 Heeger, Beiträge zur Insecten-Fauna Österreichs. 5. Fortsetzung. (Mit 6 Tafeln.) 473 Schmidt, Neue Rhabdocoelen aus dem nordischen und dem adria- tischen Meere. (Mit 4 Tafeln.) 490 Schweigger, Über die Auffindung der zwei ersteü Uranustrabanten durch Lassen 506 V Skoda, Geschichte einer durch mehrere Monate anhaltenden Kata- lepsis ,,,,,, 515 VII Seit« Brücke. Über die Farben, welche trübe Medien im auffallenden und durchfallenden Lichte zeigen 530 Priisch, Die Lichtmeteore in der Atmosphäre als Vorzeichen von Niederschlägen 549 — Jährliche Vertheilung der Hemipteren 554 Kenngott, Mineralogische Untersuchungen, betreffend die Minerale Zinkenit, Gyps, Antimonsilber, Kupferglanz, Millerit, Pyr- rhotin, Danait und den oktaedrischen Antimon-Baryt . . 557 — Mineralogische Untersuchungen , betreffend die Minerale Liebenerit, Brevicit, Quarz, Kryptolith, Pyrargyrit undDiaspor 595 Si (Kling vom 14. October 18152. Ministerium des Äussern sendet das Prachtwerk von Lepsius: „Denkmäler aus Ägypten etc. Geschenk Sr. Majestät des Königs von Preussen 621 Ministeriitm für Handel sendet den Bericht über den Verlauf der Cholera in den Jahren 1848 und 1849 und eine Sammlung von Untersxichungen über Ursachen der Explosionen in den englischen Kohlengruben 621 Doleschttl , Systematisches Verzeichniss der im Kaiserthum Öster- reich vorkommenden Spinnen 622 Kreil, Zweiter Bericht über die k. k. Central-Anstalt für Meteoro- logie und Erdmagnetismus 652 Heckel, Beschreibung des Gymnarchus niloticus Cuv., nach zwei aus dem weissen Nile vorliegenden Exemplaren . . . 680 Baue, Über die umgekehrte Lagerung der Gebirgsmassen . . 682 C. V. Eitingshttvsen, Beiträge zur näheren Kenntniss der Cala- miten. (Mit 4 Tafeln.) 684 Sitzung^ vom 21. October 18S2. Pohl, Reisenotizen 690 Petzval , Über die Unzukömmlichkeiten gewisser populärer An- schauungsweisen in der Undulationsthcorie und ihre Un- fähigkeit das Princip der Erhaltung der Schwingungsdauer zu ersetzen 699 Geschäftsherichi der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus für die 3Ionate August, September und October 738 Vet'zeichniss der eingegangenen Druckschriften (August, Septem- ber und October) 741 Sitzung; vom 4. November 1852. Ztterkennung der von Sr. Exe. dem Herrn Präsidenten A. Ritter V. Baumgartn er, für Arbeiten von Nichtmitgliedern der Akademie, ausgesetzten Preise 755 Czermak, Über den Bau und das optische Verhalten der Haut von Ascaris lumbricotdes 755 Kirchhoff, Über die Gleichungen des Gleichgewichtes eines ela- stischen Körpers bei nicht unendlich kleinen Verschiebun- gen seiner Theile 762 Heeger, Beiträge zur Naturgeschichte der Insecten. 6. Fortsetzung. (Mit 4 Tafeln.) 774 Kenngott, Über die Krystalle, welche sich an der inneren Seile der Schaufenster von Kästen, die zur Aufbewahrung aus- gestopfter Thiere dienen, bilden 782 Hyrfl, Über das arterielle Gefäss-System \onr Dasyptts, Bradypvs und Oryeteropus ''83 Unger, Linnes Museum in Hammarbü. (Mit 1 Tafel.) . . 784 VIH Seite Skoda, Über die Fiuictton der Voikiiniinern des Hei'^eiis, uud über den Einfluss der Conlraelioiiskraft der Lunge uud der Ilespirationsbewegungevi auf die Blutcirculation . . . 788 Sii'f'Xm^ vom II. November 1852. Haidinger, Besuch der Versammlung der deutschen Naturforseher und Ärzte zu Wiesbaden 807 FrUsc/i, Die tägliche Periode der Geuitler und ihre Ursachen . 809 C. V. Eltingshansen, Über fossile Proteaceen. (Mit 2 Tafeln.) . 820 SIt;eung- vom 18. November 1832, Schweigger, Über medicinische Missionsanstalten ..... 825 Hochstetler, Das Kalkspath -System, seine Deduction, Projection und Vei'gleichung mit der Entwickelung des Tesseral- Systems in rhomboedrischer Stellung 830 Pohl und Schahus, Tafel zur Bestimmung der Capillardepression in Barometern S'i'-i Gesohttßsbericht der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus 848 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 850 Sitzung vom 2. Deeember 1852. Freih, v. Prokesch-Osten , Die versteinerten Holzstämme im Hafen von Sigri auf der Insel Lesbos 855 Unger, Bemerkungen zur vorstehenden Mittheilung .... 857 Schofka, Über einige Lichtmeteore 858 Auer^ Der polygraphische Apparat der k, k. Hof- und Staats- druckerei zu Wien. l. Vortrag 868 Sitzung; vom 9. Deeember 1852. Unger, Nehmen die Blätter der Pflanzen dunstförmiges Wasser aus der Atmosphäre auf? 885 Brücke, Über die Aufsaugung des Chylus aus der Darmhöhle . 900 Fritsch, Is'achweisung einer seculären periodischen Änderung der Lufttemperatur. Aus vieljährigen an mehreren Orten ange- stellten Beobachtungen 903 Sitzung; vom 16. Deeember 1852. Ministeritim für Handel etc. ertheilt dem Consulate in Smyrna den Auftrag, Proben des versteinerten Holzes von Sigri auf der Insel Lesbos einzusenden 9J2 Litirow, Bericht über die in den Jahren 1847 — 51 ausgeführte österreichisch-russische Vei'bindungs-Triangulation . . 912 Ileuglin, Reisebericht aus Chai'tum vom 25. October 1852. (Mit 2 Tafeln.) 915 Kreil, Dritter Bericht über die k. k. Central-Anstalt für Meteoro- logie und Erdmagnetismus 921 flruilich, Bestimmung des Winkels der optischen Axen mittelst der Farbenringe, angewendet auf den prismatischen Blei- Baryt (Weissbleierz) 934 Geschäftsbericht der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus 947 Verzeichnis!' der eingegangenen Druckschriften 949 SITZUNGSBERICHTE KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. IX. BAND. /. HEFT, — JUNI. '-'JAHRGANG 1852. l^ibrarg üf i\t gtustum OF COMPAHATIYE ZOÖLOGY, AT HARVARD COlLEfiE, CAMBRIDGE, MASS. jFounTieti tj pcitoate sufiscrfptfon, fn 1861. DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY, No. n^- SITZUNG VOM 17. JUNI 1852. Eingesendete Abhandlangen. Der Kartoffel'Blattsauger, Psylla solani tuberosi Schneider, (Cicada [Typhlocyba] solani tuberosi Kollar). Ein die Kartoffelfäule erzeugendes Insect. Von Dr. J. H. Schneider, bevor wortet von Y. Rollar. VORWORT. Herr Doctor Schneider, Stadtarzt zu Prestic im Klattauer Kreise in Böhmen, hat im Oetober des vorigen Jahres an das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht eine Abhandlung über die Trockenfäule der Kartoffeln und ihre eigentliche Ursache in der höchst löblichen Absicht eingesendet, nach Kräften zur Hebung eines Übels beizutragen, das so mächtig in das Bereich der Privat- und der Staatsökonomie eingreift. Der Herr Minister des Cultus und Unterrichts hat die erwähnte Schrift des Dr. Schneider, als rein ökonomischen Inhalts, dem Ministerium für Ackerbau und Bergwesen übermittelt, und dieselbe wurde, da darin ein Insect als die wahre Ursache der Kartoffel- krankheit angegeben wird , mir als Experten von dem hohen Ministe- rium zur Begutachtung übergeben. Nach Dr. Schneide r^s Angabe gehört dieses Insect zur Ordnung Hemipterahmn. (Halbflügler) oder /l%nc/totoFabr.(Schnabelkerfe), in die natürliche Familie Psyllodes (Blattflöhe), zur Gattung Psylla Geoffr. Latr. (Blattsauger) (Chermes de Geer), und soll eine neue 4 Kollar, Art dieser Gattung sein, welche Dr. Schneider ,^Psylla Solani tuberosi'''' (Kartoffel - Blattsauger) nennt. Der von dem Insecte ent- worfenen Beschreibung fügt der Herr Doctor zugleich eine Abbildung des Insectes in seinem Nymphen- und vollkommenen Zustande bei, nach welcher jedoch, da sie ohne Hülfe gehörig vergrössernder Instrumente angefertigt ist, weder die Gattung noch Art des Insectes mit voller Gewissheit erkannt werden konnte. In der Voraussetzung, dass Dr. Schnei der's Bestimmung des Insectes, namentlich dessen Versetzung in die Gattung Psylla Latr. (^Chermes de Geer) richtig sei, erklärte ich in dem an das hohe Ministerium erstatteten Berichte, dass, obgleich ich das fragliche Insect nicht kenne , dennoch die Erfahrung lehre , dass andere Arten derselben Gattung pflanzenschädlich sind, ich führte namentlich zwei von dem bekannten Pomologen Schmidtbe rger in meiner „Natur- geschichte der schädlichen Insecten" beschriebene Arten Chermes Pyri Linn. und Chermes Mali Schmidtb. an , von denen erstere, wenn sie sich in grösserer Menge an jungen Birnbäumen einfindet, dieselben sogar zu zerstören im Stande ist, während die letztere der Apfelernte schädlich wird. Es sei daher nicht unmöglich, dass etwas Ähnliches bei der Kartoffelpflanze stattfinde; gleichwohl fände ich es befremdend, dass dieses Insect bisher sowohl von den Naturforschern als Ökonomen, welche bei der ausserordentlichen W^ichtigkeit des Gegenstandes die Kartoffelpflanze auf das Sorgfäl- tigste untersucht haben, bisher übersehen worden sei. Ich rieth daher dem hohen Ministerium , mit grösster Vorsicht zu Werke zu gehen, da bei den redlichsten Absichten in derlei naturhistorischen Unter- suchungen so leicht Irrthümer und Täuschungen unterlaufen. Vor allem trug ich darauf an, dass Herr Doctor Schneider aufgefordert werden möge, seine Untersuchungen und Beobachtungen zu wiederholen, und durch neue Daten zu constatiren; ferner rieth ich dem hohen Ministerium, Schneid er's Schrift mit dessen Ein- willigung drucken und unter die Naturforscher und Landwirthe ver- theilen zu lassen, damit auch von Andern diese Beobachtungen angestellt werden könnten. Zu dem Ende sei es aber nöthig, von dem Insecte eine möglichst getreue Abbildung anfertigen und der Schrift beilegen zu lassen. Dr. Schneider sollte daher aufgefordert werden, das Insect im getrockneten Zustande zum Behuf einer genauen Bestimmungund Abbildung einzusenden, InFolge des an ihn gestellten Vorwort, 5 Ansuchens sandte der Herr Doctor das Insect sowohl in seinem voll- kommen entwickelten Zustande, wie auch als Nymphe oder Puppe ein; und obgleich die Thiere auf dem Transporte etAvas gelitten hatten, so konnte doch eine genauere Bestimmung vorgenommen und eine ziemlich vollständige Abbildung — bis auf die Fühlhörner, welche abgebrochen waren — angefertigt worden. Bei der genauen Untersuchung der natürlichen Exemplare stellte sich heraus, dass sich Herr Dr. Schneider aus Mangel an den nöthigen wissenschaftlichen Behelfen in der Bestimmung der Gattung geirrt habe ; das Insect gehört nämlich nicht in die natürliche Familie der Psylloden und nicht zur Gattung Psylla, sondern zur Familie CicadeUina Burm. (Kleinzirpen oderCicaden) und in die von G e r m a r aufgestellte Gattung „TyphlocybcC {Cicadula Zetterstedt). Es hat sich übrigens gezeigt, dass es eine noch nirgends beschriebene * Species sei. Der systematische Name dieses Kartoffelschädlings ist daher in Folge dieser Berichtigung Typhlocyha Solanl tuberosi, oder Avenn man, wie es in populären Schriften iiblig ist, den Lin nei'- schen Gattungsnamen beifügt: Cicada (Typhlocyha) Solani ttihe- rosi; der deutsche Name „Blattsauger" kann beibehalten Averden, da eigentlich alle Cicaden an Blättern oder Stengeln saugen. Nach erlangter Überzeugung, dass das Insect nicht zur Gattung Psylla oder Chermes gehöre, hat natürlich meine oben gemachte Bemerkung, dass bereits einige Arten derselben Gattung als den Pflanzen schädlich bekannt seien , auf den umgetauften Kartoffel- schädling keine AuAvendung und somit steht er in der ganzen Familie der CicadeUina als der einzige PflanzenverAvüster da, dem freilich Herr Dr. Schneider noch einen zAveiten, die Cicada (Typhlocyha) Rosae Linn., beigesellt, eine Cicaden-Art, Avelche die Rosenblätter ansticht und abfallen machen soll, eine Erscheinung, die ich nicht beobachtet, obgleich ich das Insect bei einem hiesigen Rosenliebhaber in grosser Menge an seinen Rosenstöcken angetroffen habe. Liegen auch bisher von keinem Insect der genannten Familie und Gattung ähnliche Erscheinungen vor, denn die bekannten Schaum - Cicaden, ^/>Äroy^Aorfl, die den bekannten Schaum oder speichelähnlichen Saft auf Weiden und auch an krautartigen Pflanzen absondern, der als Kukuks-Speichel oder Qualster Jedermann bekannt ist, können doch eigentlich nicht als schädlich erklärt werden, da die ^ Kollar. betreffenden Pflanzen in Folge dessen nicht zu Grunde gehen, — so sind Dr. Schneider's Angaben und Beweise von der Schädlichkeit des von ihm entdeckten Insects so klar und so überzeugend, dass man an der Wahrheit der Thatsache nicht zweifeln zu dürfen glaubt. Dass das Insect existire, beweisen die von Dr. Schneider mitgetheilten Exemplare; es fragt sich nur, Avarum bringt es diese Erscheinungen erst seit einem Decennium hervor, nachdem doch auch früher Kartoffeln in grosser Menge angebaut worden sind? Ist es aus andern Ländern eingeschleppt Avorden, und Avoher? Oder sollte doch die Krankheit aus anderen Ursachen entstehen und der alte Satz „cum hoc seil non propter hoc''^ auch auf den vermeinten Kartoffelschädling seine Anwendung finden? Alle diese Fragen können nur durch sorgfältig und in grösster Ausdehnung angestellte Beobach- tungen und Untersuchungen beantwortet werden. Die hier bereits von mir, dem Herrn Dr. Seh in er und Herrn Ministerialrath Ritter von Kleyle in dieser Hinsicht vorgenomme- nen Untersuchungen der Kartoffelfelder haben gezeigt, dass in den Umgebungen Wien's überall ein dem Schneider'schen Blatt- sauger ähnliches Insect in bedeutender Menge und zwar nur auf den Kartoffeln vorkomme. Ich glaube sogar nicht zu irren, wenn ich die hier schon An- fangs Juni als vollkommenes Insect beobachtete Cicade mit Dr. Schneider's „Psylla Solani tuberosV für identisch halte; denn der von Herrn Dr. Sehneider, welcher auf Veranlassung des zur Erforschung der Kartoffelkrankheit zusammengesetzten Comite's wegen mündlicher Besprechung und näherer Aufklärung seiner An- gaben hieher berufen wurde, und das hier auf den Kartoffelfeldern vorkommende Insect mit angesehen hat, geltend gemachte Unter- schied der Grösse — sein Blattsauger sei nämlich breiter als der hiesige — gibt kein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ab. Auch der Umstand, dass Schneider's angeblicher Kartoffel - Schädling erst Mitte Juli's und dann nur als Larve erscheint, kann nicht als entscheidend gelten, da sich die Verspätung aus klimatischen Ur- sachen erklären Hesse; oder sollte Herr Dr. Schneider schon die zweite Generation vor sich gehabt haben, die immer in grösserer Anzahl als die erste auftritt? Dass das Schneid er'sche Insect, wie behauptet wird , stets nur auf der Unterseite des Kartoffellaubes erscheint, kann wohl am Vorwort. 7 wenig:sten als Beweisführung gelten, da ein so flüchtiges Thier ge- wiss sich auch bisweilen auf die Oberseite setzen mag; vielleicht hält sich auch unser Insect in seinem LarvenzAistande vorzugsweise auf der Unterseite der Blätter auf, worüber spätere Beobachtungen Aufschluss geben Merden. Der wichtigste bisher wenigstens geltende Unterschied besteht allerdings darin, dass unsere Cicade bisher durchaus keinen schädlichen Einfluss auf das Kartoffelkraut ausgeübt, wenn nicht etwa später die Wirkungen folgen. Volle Gewissheit werden wir darüber erlangen, Avenn die von Dr. Schneider, zu Versuchen an in Töpfen gepflanzten Kartoffeln, einzusendenden lebenden Blattsauger anlangen werden. Sollten die auch von Andern anzustellenden Beobachtungen auch nur ein negatives Resultat liefern, so bleibt Herrn Doctor Schneider immer das Verdienst in einer, für die Menschheit so wichtigen Angelegenheit zu Forschungen in einer bisher nicht befolgten Richtung Veranlassung gegeben zu haben. Bewährt sich aber Dr. Schneider's Angabe, hat man die eigentliche Ursache derKartofFelkrankheit gefunden, so ist auch nicht zu zweifeln, dass man Mittel finden werde, derselben vorzubauen. Um aber die passendsten Mittel in AnAvendung bringen zu können, ist es vor allem nöthig, die Ökonomie des Insectes, falls dieses die eigentliche Ursache der Krankheit ist, vollständig zu kennen. Möchten sich daher alle Entomologen die Erforschung dieses und überhaupt jedes auf den Kartoffeln vorkommenden Insectes ernstlich angelegen sein lassen. Möchten sie vorzüglich zu erforschen trachten, wohin das Thier seine Eier legt, und in welchem Zustande und wo es den Winter zubringt. Wi e n im Juni 18S2. V. Kollar. Schneider. Über den Karfoffel-Blattsauger, als Ursache der Kartoffelkratikheit, Von Dr. J. ff. Schneider. Alle die Berichte und Mittlieiliingen , welche in der Neuzeit die Verderbniss der Kartoffeln, die Trockenfäule, oder brandige Trockniss oder Vertrocknung genannt, zum Gegenstande haben, und in den verschiedenen Zeitschriften und Journalen erschienen sind, können, in Belang der Ansicht über die Eigenthümlichkeit der Krankheit und die Ursache derselben , in folgende verschiedene Theorien zusammen- gefasst werden: A. Die Trockenfäule ist die Folge der Entartung oder Ausartung der Setzknollen. B. Die Schimmelpilze oder Brandschwämme, welche man an den kranken Kartoffelpflanzen findet, sind die Ursache der Krankheit. C. Die Krankheit wird durch ungünstige Einflüsse des Acker- grundes erzeugt und bedingt durch die schlechte Wahl des Feldes, unzweckmässige Düngung, überhaupt vernachlässigte Culturmethode. D. Atmosphärisch-tellurische, dynamische u. dgl. Einflüsse, welche noch gar nicht erforscht sind, haben die Krankheit hervor- gebracht und unterhalten sie. E. Die Trockenfäule der Kartoffeln wird veranlasst durch die Ein- wirkung schädlicher Insecten. Diese fünf Ansichten will ich ohne Vorurtheil und vorgefasste Meinung, eingedenk des Spruchs : Multafhint cadent sed alilcr ■ — nun auf dem Prüfsteine der Erfahrung probiren , um von jeder den Gehalt an Wahrheit ausmitteln zu können. Ad A. 1. In dem Kreise meiner Beobachtungen, von Klaltau bis Pilsen in Böhmen , wurden alle Sorten der Früh- und Spätkarloffeln, jene früher und mächtiger als diese, ob sie aus einheimischer Fecli- sung, oder aus vollkommen gesunder Nachbarschaft, oder aus Ham- burg oder gar aus Amerika bezogen, im Ganzen oder zerschnitten, in Dämmen oder in Gräben gesetzt worden sind , von der Krankheit be- fallen. Auch verschonte die Verderbniss jene Pflanzen nicht, welche Der Kartoffel-Blattsaiiger. 9 man aus Samen erzielt hat, ohne Unterschied der Art, Herkunft und Abstammung. 2. Während im Jahre i84ö nur sporadisch, und im Jahre 1846 bereits auf mehren Feldern im südlichen Antheile des Pfesticer Feldkreises die brandige Trockniss wie ein Loealiibel herrschte, war auf den andern nördlich gelegenen Gauen nicht eine Spur derselben zu bemerken, obwohl die Setzknollen an vielen Stellen aus demselben Vorrath genommen wurden, und die Verhältnisse des Bodens und der Cultur entweder ganz gleich, oder hier anscheinlich noch minder günstig erachtet werden mussten. Im Jahre 1847 wurden fort- schreitend auch die im verflossenen Jahre verschont gebliebenen Fluren, bis auf eine kleine Markung, umfangreich befallen. 3. Sehr viele Knollen, welche brandtleckig waren, trieben an den reinen Stellen hoffnungsvolle Keime und wuchsen, zur gehörigen Zeit der Erde anvertraut, gleich den vollkommen gesunden. An den Pflanzen dieser Setzlinge sah man in reinen Feldfluren kein Krankheits- symptom, und der Fechsungsertrag hat der Erwartung in Gänze ent- sprochen. Diese Beobachtung, welche zum Tröste der bedrängten Menschheit gereicht, wurde hier häufig gemacht. 4. Das erste Symptom der Verderbniss bemerkt man auf dem Kraute und den Stengeln der Pflanze, von da theilt sie sich abwärts den zunächst liegenden Wurzeln mit, Avährend die entfernten und an längeren Schnüren hängenden Knollen entweder ganz verschont bleiben, oder weit später befallen werden. Wird das brandiggewordene Kraut bei Zeiten tief abgeschnitten und weggeschafft, so bleiben die Wurzelknollen zwar im Wachsthum zurück, aber von der Krankheit nicht angegriffen. ä. In denselben Feldfluren, wo die Trockenfäule im Jahre 1846 zuerst geherrscht, trat sie auch im nächsten Jahre zuerst auf und ging von da allgemach auf die Nachbarfelder über, und gefährdete zuvörderst die Frühkartoffeln. Wie läss sich das mit der Theorie der Degeneration vereinbaren? Lässt sie Stufen zu, soll da die blaue Frühsorte, welche hier kaum seit 12 Jahren mehr bekannt ist, mehr ausgeartet sein, als die alte sogenannte gelbe Spätkartoffel ? 6. Wie erklärt man aus der Theorie der Degeneration das üppige Treiben und Gedeihen der Kartoffeln, welche im April oder im Mai, oder gar iin Anfange des Juni gesetzt und von gewünschten Witterungseinflüssen höchlich begünstigt wurden, bis gegen die Mitte 10 Schneider. oder das Ende des Juli, und nun das ungeahnte, beinahe plötzliche Auftreten der Verderbniss? 7. Zieht man im August einen sichtlich leidenden Kartoffelstock aus der Erde heraus, so findet man nicht selten die Mutterknollen noch ganz gesund , während die nebenan ruhenden neuen Knollen brandfleckig sind. Aus diesen Wahrnehmungen folgt daher, dass die Kartoffeln nicht degenerirt sind , daher die Trockenfäule eine andere genetische Ursache zum Grunde haben müsse. Ad B, Die Theorie der Schmarotzerpilze , welche man auf den erkrankten Kartoffelpflanzen findet , und mit viel Lärm als Ursache der Krankheit ausgibt , ist auch unstatthaft. 1. Denn warum sieht man alle Jahre die Krankheit zuerst auf jenen Feldern auftreten, wo sie im verflossenen Jahre zumeist intensiv aufgetreten ist, und warum verbreitet sie sich von da stufenweise auf die Nachbarschaft, von Feld zu Feld ? 2. Wo befinden sich die den Samen entsprechenden Theile der kryptogamischen Gewächse, die Sporchen, durch die lange Zeit, von der allgemeinen Kartoffelernte im Herbst an gerechnet bis Mitte oder Ende Juli, bis zu der Zeit nämlich, wann man wieder die Krankheit zu beobachten Gelegenheit hat? und welche tellurische, atmosphärische oder kosmische Potenzen veranlassen sie zur Fortbildung ? Schweben sie fort in der Luft, ohne im Winter Schaden zu leiden, und werden sie durchwinde, Gewitterregen oder Hagel auf die Pflanzen herunter- geschlagen? Und vorausgesetzt, die Pilzsporen werden durch Regen oder heftige Winde aus der Luft herabgeschlagen, warum findet man da beim ersten Gewahrwerden der sich entwickelnden Trockenfäule auf den frei , sonnig und luftig gelegenen Kartoffelfeldern nicht eine Pflanze an ihrer Blüthe, den oberen Trieben und oberen Blättern, sondern durchaus nur auf den beschatteten unteren Trieben , und da nur auf der Unterseite der Blätter , welche der Erde zugekehrt ist, von der Schmarotzerkrankheit befallen? Oder überwintern die Sporchen an perennirenden Gegenständen auf der Erdoberfläche oder im Ackergrunde ? Oder ist vielleicht die Schmarotzerkrankheit der Kartoffeln mit dem Mehlthau ein gleiches Naturproduct? Der Annahme, der Kartoffelpilz habe einen Zwinger an und in den trockenfaulen Knollen und werde auf die einfachste Weise fortgepflanzt und ver- Der Kartoffcl-Blattsaiiger. 1 1 mehrt, wenn man die kranken Knollen setzt, widerspricht die oben angeführte Erfahrung. 3. Wenn auf einem in mehre Pareellen getheilten Felde ver- schiedene Sorten von Kartoffeln gebaut wurden, warum befallen die Parasiten immer zuerst die Frühsorten und breiten sich dann nach und nach über die andern? — Eine Erscheinung, welche dafür zu sprechen scheint, dass die Schimmelpilze wohl mehr eine Folge, als eine Ursache der Trockenfäule zu sein scheinen. Ad C. Die Beschaffenheit des Bodens, ob er thonig oder sandig, und die Wahl des Grundstückes, ob es trocken und warm oder feucht und kalt, tief oder hochgelegen ist, hat Mohl auf das Fruchtergebniss und den Geschmack der Kartoffeln einen entschiedenen Einfluss, aber keinen auf die Krankheit derselben (als solche) geäussert. Denn während im Jahre 1845 und 1846 in einer Feldflur mit thonigem Boden, tiefer und feuchter Lage, die Pflanzen vollkommen gesund geblieben sind, erkrankten sie im sandigen und hochgelegenen Grunde und umgekehrt. So hat auch die Art des Düngers und die Zeit der Düngung gar keinen Einfluss auf die Krankheit als solche und ihre Weiterverbreitung gewahren lassen. Die Behauptung der empirischen Ökonomen, die Kartoffelkrank- heit sei nichts anderes als ein Ereigniss langjähriger Misscultur, ver- nachlässigter Culturmethode, entbehrt völlig der praktischen Wahr- heit. Es ist zwar nicht zu läugnen, dass viele Landwirthe die Kartoffeln stiefmütterlich behandeln, dass aber im Jahre 1845 und 1846 hiergegendlich anlangend die Trockenfäule nur jene Felder schlecht, welche südlich von Pf estic, jene hingegen, welche nördlich von der Stadt gelegen sind , gut bearbeitet worden wären , und dass im Jahre 1847 bis auf einen kleinen Bezirk, östlich gelegen, alle Kartoffelfelder unzweckmässig und verkehrt behandelt worden wären, weil sie insgesammt mehr oder weniger trockenfaule Frucht gaben, dünkt mir nicht ganz logisch. Anmerkung. Die Erscheinung, dass die Kartoffeln in einem niedrig und feucht gelegenen Felde, und wenn sie üppig stehen, früher und heftiger von der Krankheit befallen werden, wird, als nicht hierher gehörig, später ihre Aufklärung linden. Ad D. In Rücksicht der atmosphärischen, kosmischen, tellurischen Einflüsse, gewisser Luftströmungen u. dgl. Dunstgebilde, will ich, 12 Schneider. ein Freund des Realen, kein Wort nutzlos verlieren, foret enim impossihile , non facere satiram. Ad E. Die Trockenfäule der Kartoffeln wird veranlasst durch die Einwirkung eines eigenen schädlichen Insectes. 1. DieKrankheit befällt die Felder in Strecken und geht schritt- weise weiter, wie die Heuschrecken im Orient, und wie man es im vorvorigen Decennium bei mehren Wald- und Obstgartenschädlingen (der Nonne, Liparis Monacha, in den Nadelwäldern, und dem Dickkopfspinner, Liparis Dispnr , und grünen Spanner, Acidalia Bmmata, in den Gärten) augenfällig gesehen hat. Von einem Herde , einem Centrum , wo die Insecten zuerst in Mehrzahl auftreten, gehen sie strahlen- und bogenförmig in die nächste Umgebung; so kann jedes Kartoffelfeld zur neuen Wiege, zu neuem Centrum werden. 2. Eine isolirte Kartoffelansaat entweder in einem schattigen Garten oder auf einem Felde, mit Cerealien zumal nach der Wind- seite umgrenzt, leidet, wenn sie inficirt ist, am meisten von der Trockenfäule. Eine ähnliche Erscheinung hat man in einem beschränkten Raupenzwinger: die gefrässigen Thiere greifen da, wenn sie bereits das gewohnte zarte Futter aufgezehrt haben, endlich gar die harten Stiele und Stengel an, dass die Verwüstung höchst wider- lichen Anblick gewährt. 3. Künstlich gemachte Durchhaue und Gräben thaten Einhalt dem fortschreitenden Raupenfrasse der Nonne in den Nadelwäldern. Auf ähnliche Art gewähren weite Kornsaaten , Wiesen und Wälder vielen Kartoffelnfeldern schützende Schranken vor der Trockenfäule, dass dieselbe auf den so gelegenen Feldern entweder gar nicht oder namhaft später zum Vorschein kommt, wenn die Ansteckung nicht von einer anderen Seite her stattfindet. 4. So wie die Nonnenranpe im Walde zumeist in dichten und dem Winde minder zugänglichen Reständen verderblich hauset, und bei freier Wahl die Eiche der Ruche, und die Fichte der Kiefer vor- zieht, ebenso tritt die Trockenfäule am auffallendsten in beschatteten und dichten Kartoffelfeldern auf, und bedroht allererst die Frühsorten der Knollenfrucht. 5. Das in allen Gegenden gleichzeitige Auftreten der brandigen Trockniss, nämlich in der Mitte oder zu Ende des Monats Juli, ent- spricht ganz den Erfahrungen , welche man in der Insectenwelt zu machen Gelegenheit hat. Die Lebensepochen der Insecten sind Der KartofFel-Blattsauger. 1 3 bei einer jeden Art unabänderlich festgesetzt. Zwar kann heitere und warme Witterung einen Zeitraum abkürzen , kalte und feuchte Witterung hingegen verlängern; im Ganzen jedoch ist die Abweichung unbedeutend, und ein aufmerksamer Forscher wird ungefähr die Zeit wissen, wann ein Insect im Larvenzustande auftritt , und wann das fortpflanzungsfähige Insect die Puppenhülle durchbricht. Die Nonnen- raupe z. B. herrscht als Verwüster der Nadelwälder vom Anfange des Frühjahres bis Ende des Juni , und nach vier Wochen entwickelt sich der Falter. So gewärtiget man alle Jahre mit Unlust der Ankunft der Stubenfliegen im August. 6. In allen Orten, wo die Verderbniss auftritt, kann die Gegen- wart des Feindes genau und in Unzahl nachgewiesen werden. Er gehört in die Insectenordnung der Hemipteren, im Deutschen durch Halbflügler übersetzt, eine Insectenabtheilung, welche sehr mannigfache Formen vereinigt. Die einen, mit ungleichen, zum Theil halbharten Flügeln, wie die Wanzen; die anderen mit vier gleich- artigen glashellen, wie die Cicaden, Blattsauger; endlich noch ganz defecte, flügellose, wie die Läuse; — sämmtliche aber durch den Bau ihrer Mundwerkzeuge charakteristich, der einen längeren Saug- rüssel oder Schnabel darstellt und die Thiere auf eine bloss flüssige Nahrung organischer Säfte anweiset. Ihrer Lebensart nach sind also die Hemipteren durchaus Parasiten, d. h. solche Thiere, die sich fast stets auf andere lebendige Organismen setzen, um sich von deren Säften zu nähren. Durch das Saugen werden die gesunden höheren Organismen geschwächt und beeinträchtigt, bei vielen wird hierdurch eine sichtliche Veränderung des verletzten Theiles, oder Verderbniss aller Säfte, sogar völliges Absterben veranlasst, denn hier möge nicht nur das unmittelbare Abzapfen edler Nahrungssäfte, sondern auch das Einflössen giftiger Flüssigkeit in Beachtung kommen. Die Insectenfamilie, zu welcher unser Kartoffelfeind gehört, heisst Blattsauger (Psyllida) ^) und hat folgende Charakterzeichen: *) Wie in dem Vorworte bereits erwähnt wurde, gehört der Kartoffel-Blatt- sauger in die Zunft der Cicaden zur Gattung Typhlocyba, welche durch folgende Merkmale charakterisirt wird : Insecten von sehr geringer Grösse, die grössten Arten kaum über 1 Linie lang. Ihr Körper schmal, fast cylindrisch, mit einem ziemlich dicken Kopfe, der nach oben halbmondförmig, keineswegs dreieckig, am Vorderrande vollkommen abgerundet erscheint, und nicht in eine Spitze ausläuft; grosse, 14 Schneider. Sehr kleine, sich zahlreich vermehrende Insecten , mit fadenförmigen Fühlern und grossen Augen. Beide Geschlechter sind geflügelt, die Flügeldecken wenig von den Unterflügeln verschieden , dachförmig. Der Schnahel liegt zwischen den Vorderbeinen ; wird beim Ge- brauch vorgestreckt. Sie haben Springfüsse, die Beine fein be- dornt, die Tarsen zweigliedrig. Ihre Larven sind von dem vol- lendeten Insecte nur durch den Mangel der Flügel unterschieden, und haben einen plattrundlichen Leib von lebhafterer Farbe als das geflügelte Kerf. seitUch liegende facettirte Augen, die fast eiförmig sind und bis zum Hals- schild reichen; keine Nebenaugen. — Der Halsschild breiter als lang, nach vorne convex, nach hinten gerade gerandet, fast durchaus von glei- cher Breite. Das Rückenschildchen dreieckig. Die Flügel flach dach- förmig auf dem Rücken aufliegend . mit der Spitze über den Hinterleib hinausragend. — Die Bejne schlank , die hintersten bedeutend länger als die vorderen , ihre Schienen mit deutlichen , sehr feinen Dornen besetzt und zum Springen eingerichtet. Die bisher bekannten Arten meist von grüner, gelber oder weisser B'arbe, häutig bunt und zierlich gefleckt. Sie leben auf Bäumen, Sträuchern vmd krautartigen Gewächsen oder Gräsern. Man kennt bereits über 50 Arten. Der Kartoffel-Blatt Sauger Cicada (Typhlocyhn) Solani iu- berosi zeichnet sich vor den übrigen bekannten Arten durch nachfolgende Charaktere aus : Der ganze Körper einfarbig gelbgrün, die Beine spangrün, die Augen braun. Die Oberflügel sind an der Basis intensiver grün, gegen die Spitze fast glashell; sie sind der ganzen Länge nach von ziemlich starken Adern durchzogen, die bis zum äussersten Rande der Flügelspitze reichen. Im letzten Drittel sind diese Adern von einer Querader durchschnitten , wo- durch in der Flügelspitze gegen die Wurzel zu abgestutzte Zellen gebil- det werden, von denen die beiden Randzellen gegen die Spitze des Flügels, die beiden mittleren gegen dessen Wurzel sich verschmälern (Fig. 1 a). Die äusserst zarten Hinterfiügel, welche in der Ruhe von den Obei-flügeln bedeckt sind, sind fast niilchweiss, wegen ihrer Feinheit irisirend. Die Fühlhörner haben zwei dickere Basalglieder und laufen in eine äusserst feine haarförmige Spitze aus ; sie sind von halber Körperlänge. Die Krallen an den Beinen erscheinen bei getrockneten Stücken schwärzlich. Bei der Nymphe (Fig. 2) erscheint der Körper mit steifen Haaren besetzt. Länge des Körpers 1 Linie. Der Schnabel (Fig. 2 a) reicht bis zum hintersten Fusspaar und besteht aus einer dickeren Scheide, in welcher mehrere (4?) Borsten lie- gen, mit denen das Thier die Blätter ansticht. Kollar. Der Kartoffel-Blattsauger. 15 Die Art : der Kartoffel-Blattsauger (Psylla Solani tube- rosi S c h n e i d e r) ist kaum eine Linie lang, der Leib gelbgrün , glas- artig glänzend, fein bebaart, die Oberflügel sind durcbscbeinend, blassgrün, die unteren durebsicbtig, bläulieb scbillernd. Die Larve ist flügellos, gelblicbgrün, glasglänzend, zumal auf der Unterseite des mit feinen Härchen besetzten Körpers; sie häutet sich niehrmal beim Zunehmen des Umfanges, und erhält bei ihrer letzten Häutung die Flügel, daher sie eigentlich nicht die Verwandlung der anderen In- secten, nämlich die in eine Puppe, übersteht. Das Thierchen ist, besonders im ausgebildeten Zustande, sehr flüchtig und lichtscheu, es hält sich stets auf der Unterseite der Blätter auf; bei der geringsten Lüftung der Pflanze enthüpft und ent- flieht es, um sich behend in dem Schatten zu bergen, daher wird es auch schwer lebendig gefangen. Auch die Larve springt und lauft schnell, wenn sie nicht saugt, wobei sie den Vorderleib tief an das Blatt oder den Stengel drückt und die Füsse an sich zieht. Dass dieses Thierchen wirklich die Ursache der Trockenfäule der Kartoff"eln ist, geht aus folgenden Beobachtungen, welche Jeder- mann selbst machen kann, unwiderleglich hervor : 1. Wo die Trockenfäule nicht herrscht, dort sucht man den Blattsauger vergebens ; wenige Tage nach dessen Gewahrwerden be- merkt man die Spuren der beginnenden Krankheit auf den Blättern. 2. Immer hebt die brandige Trockniss an den untersten Trieben der Pflanze an. Das lichtscheue Insect greift da die Blätter auf der unteren Blattfläche an. Die Stelle, welche der Sauger angebohrt hat, wird binnen 24 — 48 Stunden missfärbig, wobei sich die Ober- fläche des Blattes an dem Orte oft blasenartig hebt, nachher. bildet sich ein feines haarförmiges, weiches Gewebe, dessen Spitzen sich verschiedenartig in kleinen, rundlichen oder länglichen, blasenför- migen Punkten enden. Dies ist die erste Entwickelung der krypto- gamischen Schmarotzerkrankheit. Nach einiger Zeit nehmen die Stellen eine gelbliche Farbe an, und dies nennt man Rost; im Alter, wenn er trocken ist, erhält er eine schwarze Farbe, zumal an saftigen Ge- wächsen, wobei die Blattfläche vertrocknet und zusammenschrumpft, und die Pflanze in Folge der Verderbniss ihrer Säfte einen wider- lichen Geruch bekommt, besonders bei feuchtem und warmen Wetter. Sind die unteren Blätter der KartofFelpflanze abgestorben, so findet man das Insect auf den höheren; hat aber die brandige Trockniss 16 Schneider. bereits die ganze Pflanze ergriff'en,so ist es weiter gewandert, um an den grünen Pflanzen der Nachbarschaft frische Nahrung zu suchen. Auch der Wind, wenn er unaufhaltsam die Pflanzen bewegt, und die Unter- seite der Blätter dem Sonnenlichte zukehrt, verleidet dem Schmarotzer sein Sauggeschäft, und verscheucht ihn in den Schatten der unteren Triebe. 3. In schattigen Gärten und auf niederen Feldstellen, wo beson- ders die Frühkartofl"eln dicht und üppig stehen, hat der lichtscheue ßlattsauger zuvörderst ein freies Spiel; überraschend nimmt die Krankheit da überhand, dass bei feuchtwarmen Wetter in ein paar Tagen ganze Strecken der Kartoffeln völlig abgestorben dastehen. Auf offenen Anhöhen und in weiten, dem Luftzuge freien Gräben gepflanzte Kartoffeln werden aufl'allend später von dem Schädlinge heimgesucht. 4. Ist ein inticirtes Kartoffelfeld bei herrschendem Südwinde nördlich von einer üppigen Kornsaat umgrenzt und die Witterung feucht und warm, so findet man den Blattsauger in täglich zuneh- mender Menge flücke und als Larve längere Zeit auf demselben, und die Pflanzen ersterben insgesammt sichtlich. Wenige Stunden nach Wegräumung des Roggens sieht man in dichten Schwärmen die fliegenden Vampyre auf das hinter dem Roggen befindliche neue Kartoffelfeld anfallen und binnen 24 — 48 Stunden tritt die Trocken- fäule auf dem nächsten Saume auf und verbreitet sich beetweise über das ganze Feld, welches vor dem Kornschnitte in blühender Gesundheit dastand. 5. Ich pflanzte im Frühjahr 1847 in einem Blumentopfe eine gesunde Knolle der blauen Frühsorte, und in einem anderen eine trockenfaule, die nur an einer 6 Linien im Geviert betragenden Fläche gesund einen frischen Keim getrieben hat. Beide pflegte ich sorg- sam wie kostbare Blumen zwischen Fenstern, und war vergnügt, beide gleich kräftig gedeihen zu sehen. Am 23. Juli setzte ich auf die erste Pflanze eine ausgewachsene Larve des Kartoffel-Blattsaugers, die ich durch 8 Stunden in einer leeren Schachtel hungern Hess. Am 27. Juli fand ich 5 Blätter und ihren Stengel brandig schwarz. Ich be- seitigte den bereits flücke gewordenen Schädling, schnitt die bran- digen Blätter ab und die Pflanze wurde gerettet. Der andere Setz- ling blieb fort gesund. Am 10. August stellte ich den geretteten und reichlich blühenden Stock in einen Garten, wo die brandige Trock- niss bereits alle da gesteckt gewesenen Frühkartoffeln völlig zu Der Kartoffel-Blattsaugcr. j 7 Grunde gerichtet hat, frei hin. Am 12. August war die Pflanze gänzlich vernichtet, während der andere Setzling zwischen den Fen- stern unbeschadet fortwuchs und seine Reife erlangte. Einen gleichen Versuch wiederholte ich im nächsten Jahre und gewahrte denselben Erfolg. 6. In demselben Frühjahre habe ich auf einer bei 20 Q Kl. grossen Blässe eines der Stadt Prestic benachbarten Kiefernwaldes vier Kartoffeln derselben blauen Frühsorte gesetzt, welohe ohne ein Krankheitssymptom ihre normale Reife erreichten, während die ex- quisite Trockenfäule am Saume des Waldes grässlich hauste. Im heurigen Jahre 1851 gab derselbe Versuch dasselbe Ergebniss. Dieses Thierchen steht auch keineswegs vereinzelt da in der Familie der Hemipteren, ein ähnlicher Blattsauger stellt den Rosen — im hiesigen Bezirke sonderbarerweise seit dem Jahre 1845 sehr zahlreich — nach, er bohrt auf ähnliche Art die Blätter auf der Un- terseite an, und saugt ihnen den Lebenssaft aus, dass nicht nur das Abfallen des vertrockneten Laubes, sondern nicht selten das gänz- liche Absterben des hartholzigen Rosenstockes die Folge ist, jedoch von unkundigen Gärtnern ganz anderen, auch erdachten Einflüssen, einem strengen Winter, einem Frühjahrsfroste, einer Krankheit der Wurzel u. dgl. zugeschrieben wird. Wie kann es uns nun Wunder nehmen, dass die Kartoffelpflanze mit ihren saftreichen Blättern und dem weichen Stengel so übel davonkommt, wenn sie viele blutgierige Vampyre feindlich beschleichen? Hier mögen einige der gehalt- und sinnreichen Einwendungen gegen die Theorie des Kartofl'elblattsaugers an ihrem Platze sein. 1. Das Jahr 1847 war in der hiesigen Gegend rücksichtlich der Trockenfäule der Kartoffeln ein sehr ungünstiges, und erschreckend klangen die Vorhersagen für die Zukunft, zumal bei Beachtung der namhaften, beinahe universalen Verbreitung der Krankheit. Nichts- destoweniger war die Ernte an gesunden Knollen in den Jahren 1848, 1849 und eines Theils auch im Jahre 1850 gegen alle Er-« Wartung gut. Nur niedrig und feucht gelegene Gründe boten Symptome der exquitäten brandigen Trockniss dar, während dieselbe • auf sandigen, trockenen und höher gelegenen Feldern sich nur in dem Absterben einzelner Blätter der KartofTelpflanzen beurkundete. Dieses wiederholte Erlebniss scheint die von mir aufgestellte Theorie des KartofTelblattsaugers völlig umgestossen und jene bekräftigt zu Sitzb. d. mathem.-nafurw, Cl. IX. Bd. I. Hft. 2 1 (S Schneide v. haben, welche die Verderbniss diircli ungünstige Einflüsse des Acker- grundes zu erklären sich bemüht. Denn, wie könnte ein und der- selbe Schädling in oinem Jahre oder auf einem Felde die Kartoffel - pflanzen bis auf den Stengel zerstören, und in einem anderen Jahre oder auf einem anderen Felde nur einzelnen Blättern der Pflanze schaden ? 2. Mit dem Zunehmen der Trockenfäule nimmt die Zahl des Blattsaugers sichtlich ab, wie kann er also die Ursache der Krankheit sein? Es ist doch jedem Obstzüchter bekannt, dass je weiter die Ver- derbniss eines Baumes geht, auch die Zahl der Schädlinge, der Blatt- läuse, Holzkäfer, Schwämme, Flechten u. s. w. zunimmt. 3. Warum sollte dem scharfen Blicke der Naturkundigen, die sich mit der Erforschung des Mikrokosnuis so erfolgreich beschäf- tigten, gerade dieses verderbliche Geschöpf völlig entgangen sein, und wie konnte es sich so fürchterlich vermehrt haben, ohne bemerkt worden zu sein? 4. In manchen Sommern der früheren Decennien beuhachtete man auf mehreren Kartoffelfeldern sehr viele Raupen des Todten- kopfschwärmers (Arlieronlia Atropos) in Gesellschaft einer Unzahl der Raupe der Erbseneule (Mameslra Pisi) ; das Kraut der Kar- totTeln war auf diesen Feldern grösstentheils aufgezehrt, und doch keine Spur von der Trockenfäule iw gewahren. Sollten da die Ver- wüster von so grossem Körperumfange minder schädlich sein, als der winzige Kartofl'elblattsauger ? Um diese wichtigen Fragen zu beantworten und die in den- selben enthaltenen Einwürfe aufzuhellen, möge die Erfahrung als Hebel dienen. Ad 1. In den beiden Sommern 1848 und 1849 fiel im hiesigen Bezirke nicht Ein Regen nieder, der bis zu den Wurzeln der Kar- toffelpflanzen gedrungen wäre, beide Sommer waren sehr trocken. Die Kartoffeln standen nur auf niederen und feuchten Feldern in Saft und Kraft; auf sandigen und höher gelegenen Gründen waren sie insgesammt matt, welk, wie saftlos, kamen auch hier nur spärlich zur Blüthe. Nun drängt sich hier die Gegenfrage von selbst auf, welche der beiden Pflanzungen, ob die auf trockenen, ob die auf feuchten Feldern, hat von dem saugenden Schädlinge grösseren Schaden genommen ? Der naturkundige Ökonom geräth in keine Ver- legenheit und sagt unumwunden aus : Die saft- und kraftvoll stehen- Der KiirlonVl-BIaltsiingei-. O) den Kartüd'elii müssen bei gleicher Menge des Schädlings bei weitem mehr leiden, als die kümmerlichen, denn die Pflanze verträgt ja nur beim Zurücktreten des Saftes, oder wenn sie welk ist, einen grös- seren Eingriir leichter. So beschneidet man die Obstbäume im Winter und übersetzt Hliunen (z. ß. Reseda, Levkoje u. a.) mit mehr Glück, wenn sie in Folge des Trockenstehens welk geworden sind. ■^Von meiner Ansicht vollkommen überzeugt, habe ich im Jahre 1848 im freien Gartenrannie zwei Knollen der blauen Frühsorte in einer Entfernung von 3 Klaftern auseinander gesteckt. Beide wuchsen, wurden vorschriftgemäss vom Unkraute gereinigt und beliackt, die eine nach Bedarf mittels einer Brause begossen, die andere diesfalls der Natur üherlassen. Am 18. Juli gewahrte man auf beiden Pflanzen Larven von dem Kartoffel-Blattsauger, auf der üppig wuchernden natürlicherweise mehr als auf der dürstenden. Während diese letz- tere bis zum 15. August noch ziemlich viele grüne gesunde Blätter zwischen den brandigen Spitzen hatte, war der andere KarlolVelstock bereits am 1. August völlig zerstört. Die Wurzelernte am 15. Augiisl war dem Symptome auf den Blättern entsprechend. Die sorgsan» gepflegte Kartoffel gab 17 in Gänze Trockenfäule, die andere 11 ganz gesunde Knollen als Ertrag. Ein ähnlicher Versuch im Jahre 1849 gab ein ganz ähnliches Resultat. — Aus diesen Beobachtungen kann man sich auch das scheinbar plötzliche Auftreten der Trockenfäule nach einem geholTten Gewitterregen in der zweiten Hälfte des Juli oder im Anfange des August erklären. Ad 2. Der Kartoffel-Blattsauger ist kein Begleiter der Verwesung, daher an den Pflanzen, welche in Folge seiner Einwirkung brandig geworden sind, nicht mehr zu iinden, er ist weiter gewandert, und an gesunden, saftigen, grünen Zweigen seine Tafel wieder gedeckt. Ad 3. Leider ist es wahr, dass so mancher w egen lauter Bäume den Wald nicht sieht, zumal wenn Vorurtheil und vorgefasste Mei- nung seinen Geist beherrschen. Wie lange wurde nicht die Raupe des Vierpunktspinners (Lithosia quadra) für einen Obstbaumschäd- ling ausgegeben? — Oken und Treitschke kannten nicht die interessante Biographie des überall gewöhnlichen Schabengeschlechts Yponomeuta, und den irrthüinlichen Angaben dieser Autoritäten folgten blindlings andere Schriftsteller, wohl nicht zum Frommen und Vortheile der Wissenschaft. — Der Kartoffel-Blattsauger ist wohl ein seit vielen Jahren einheimisches luvsect, jedoch durch viele ihm 2 * 20 Schneider. günstige Einflüsse (seine Kleinheit, Flüchtigkeit, unsägliche Ver- mehrung, gänzliches Verkanntsein oder Unbekanntsein, die von Jahr zu Jahr überhandnehmende Verbreitung des Kartoffelbaues, seiner Nahrungspflanze u. dgl.) zu der Menge angewachsen, in welcher es uns gegenwärtig so verderblich begegnet. Dasselbe Bewandtniss hatte es in den vorvorigen Decennien mit der Nonne in den Fichten- waldungen von Schinkau, Grünberg, Planic etc. und mit dem Dick- kopfspinner in den Obstgärten von Prestic, Kukawic, Prichowic, Lu- schan etc. Ad 4. Die Wirkung der verschiedenen Insecten auf die Vege- tabilien ist sehr verschieden. Die meisten Raupen entlauben Bäume und Kräuter, welche im zweiten Safttriebe oft wieder ausschlagen. Die durch die Nonne entnadelte Fichte wird nicht wieder grün, ihre Säfte verderben, der Baum erstickt und fällt dem Borkenkäfer zur Beute, wenn ihn der Forstmann nicht beseitigt. Die Eichenblatt- gallwespe (Cynips guercus folii) verursacht die bekannten Gall- äpfel, die Eichenblüthenkelchgallwespe (^Cynips quercus calicis) hingegen die Knoppern; die Rosen-Gallwespe (^Cynips rosue) er- zeugt die moosartigen , unter dem Namen Bedeguar oder Schlafäpfel bekannten Auswüchse auf den Ästen der wilden Rose; so verursacht der Kartoffel-Blattsauger eine eigentliümliche Krankheit der Kartoffeln, welche, zum Unterschiede der gewöhnlichen Fäulniss, die Trocken- fäule genannt wird, weil die Knollen unter den kranken Pflanzen graubraun gefleckt, nach und nach entweder an einzelnen Stellen oder im ganzen Umfange härtlich, korkartig werden, zumal weim man sie der freien Luft aussetzt. Die Überwinterung des Kartoff"el-Blattsaugers scheint theils im ausgebildeten, und theils im Eizustande zu geschehen, und zwar in Erdaufwürfen, Feldrainen, Grabenrändern, zwischen Steinen, Erd- schollen, unter Laub, in Sträuchern, Baumritzen, Winkeln der Garten- zäune u. s. f. zunächst dem lezten Aufenthaltsorte zu geschehen, weil er im Herbst zuletzt als geflügeltes Insect beobachtet wird, und die Trockenfäule auf demselben oder dem nächst benachbarten Felde zuerst auszubrechen pflegt, wo sie im verflossenen Jahre zuvörderst gehaust hat, und weil man zur Zeit des Wiederauftretens der Krank- heit den Blattsauger theils flücke, theils als Larve in verschiedener Grösse auf der Kehrseite der Blätter an den unteren Trieben der Kartoft'elpflanzen im Beginne vereinzelt findet. Der Kartoffel-Blattsauger. 21 In Betreff der Prognose muss man 1) die bereits erwähnten Eigenschaften des Schädlings, der erzeugenden Ursache der Krank- heit, als: seine Kleinheit, Flüchtigkeit, zahllose Vermehrung, Ver- borgenheit im Schatten, Sicherheit gegen Nebel und Regen, völliges Verkannt- und Ungekanntsein, daher ungestörte schädliche Wirk- samkeit; 2) die von Jahr zu Jahr überhandnehmende Verbreitung und Vermehrung seiner Nahrung, der Kartoffeln, gegen welche die Natur selbst durch Erzeugung eines solchen Feindes hemmend Avirken zu wollen scheint, und 3) die aus seiner Biographie erwie- sene Nutzlosigkeit und Unzulänglichkeit aller gegen andere Schäd- linge des Waldes oder des Gartens bewährten Verhütungs- und Ver- tilgungsmassregeln berücksichtigen, und unumwunden die leidigste Zukunft vorhersagen, zumal wenn im Hochsommer hinlängliche und zeitgemässe Feuchtigkeit und Wärme die Vegetation der Kartoffeln befördert. Denn nicht nur das Erkranken der Wurzelknollen ist die Wirkung des Saugers, sondern zugleich auch der durch das Ver- derben des Krautes der Pflanzen bedingte Abgang an Wurzelknollen. Nur in dem Falle, wenn im Jahre 1852 ein trockener Sommer ein- tritt, und die Knollensetzlinge kümmerlich, welk und dürstend vege- tiren werden, wird sich das Jahr 1848 und 1849 wiederholen, d. h. die schädliche Wirkung des Saugers eine minder erheb- liche werden. Eine Curmethode, die als allgemein heilend, oder verhütend oder die Gesundheit der Kartoffeln erhaltend zu betrachten wäre, ist bis jetzt nicht bekannt. Aus der Lebensgeschichte des Insectes geht hervor, dass man auf eine zweifache Art eine Cur einleiten könne : 1) Man trachte den Saft der Kartoffelpflanzen durch Anwendung natürlicher oder künstlicher Stoffe so zu ändern, dass er dem Sauger minder behagen, oder ihn gar tödten würde, z. B. zerfallener Kalk, Gyps, Asche, Phosphor- und andere Salze, welche man von Mitte Juli an mehrmals, entweder als Streupulver oder als Aufguss in An- wendung brächte. 2) Als Radikalcur gilfs, dem Schmarotzer die Nahrung dauernd zu entziehen. Um dies, ohne auf die Allgemeinheit völlig lähmend einzuwirken, zu Stande zu bringen, müsste auf aller- höchste Anordnung der Kartoffelbau in der Nachbarschaft bezirks- w^eise durch wenigstens zwei auf einander folgende Jahre gänzlich unterbleiben, und statt Kartoffeln, je nach der Gegend, ein Cereale oder eine Hülsenfrucht gebaut werden, für welche im Herbste aus 22 Kollar. Bericht über den entfernteren Bezirken durch Umtausch Kartoft'ehi umgesetzt würden. Auf diese Art könnte das Kronland Böhmen in einigen Jahren von dem Feinde in Gänze hefreit werden. Bei der diesfäl- ligen Eintheihing in Bezirke oder Kreise müsste man auf natürliche hreite Grenzen, z. B. diclite, lange Wälder, Flüsse mit weiten Wiesen, Teiche, Hutweiden u. s. f. bestimmende Bücksicht nehmen. Erklärung der Abbildung. Figur 1. Das vollkommene Insect, 32 Mal vergrössert. „ 1. a) Kill Vorrtertlügel in demselben Verhältniss vergröst.ert. „ 3. Die Puppe oder Nymphe, gleichfalls 32 Mal vergrössert. „ 2. a) F)or Schnabel oder Rüssel ebenfalls vergrössert. Bericht über die Abhandlung des Dr. Schneider^ aus Prestic in Böhmen, betreffend ein Insect, welches die Kartoffelkrankheit verursach t. Von dem w. M. V. Kollar. Das hohe k. k. Ministerium für Landescultur und Bergwesen sprach in einem Erlasse ddo. 14. Mai dieses Jahres an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften den Wunsch aus : 1) Dieselbe wolle für Bekanntmachung und Verbreitung einer Ab- handlung des Dr. Schneider aus Prestic (Klattauer Kreis in Böhmen), in welcher er ein Insect aus der Familie der Cicadel- linen für die wahre Ursache der Kartoffelkrankhcit angibt, Sorge tragen. 2) Die kaiserliche Akademie möge nach vorgenommener Durch- sicht und Prüfung der erwähnten Abhandlung und einer ihr beigefügten Abbildung des vermeinten Kartotfelschädlings Dr. S c h n e i d e r's Ansicht zu constatiren oder zu widerlegen trachten, und endlich 3) sollte sie den hier bestehenden zoologisch-botanischen Verein auffordern, durch die demselben zu Gebote stehenden Kräfte, die Forschungen und Angaben des Dr. Schneider einer besonderen Prüfung unterziehen zu lassen. Von der geehrten Ciasse zum Berichterstatter in dieser Ange- legenheit bestimmt, erlaube ich mir nach vorgenommener Prüfung Schneiders „Kartofl'el-Blallsauger." 23 der von Dr. Schneider dem hohen Ministerium überreichten Abhiindlun^ meine unmassgebliche Meinung dahin auszusprechen: ad 1) Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften möge dem Wunsche des Ministeriums, wegen Bekanntmachung und Verbreitung von Dr. Schneider^s Schrift ohne Anstand Folge leisten. Dieselbe ist streng wissenschaftlich gehalten und behandelt einen Gegenstand von der grössten Wichtigkeit. Herr Dr. Schneider hat sich zwar in der systematischen Bestimmung des von ihm als Urheber der Trockenfäule der Kartoffeln angegebenen Insectes aus Mangel an wissenschaftlichen Behelfen geirrt, wie der Vergleich und die genaue Untersuchung der von ihm später eingesendeten getrockneten Insecten, welche ich gemeinschaftlich mit dem geehrten correspondirenden Mitgliede der kaiserl. Akademie, Herrn Dr. Ludw. Redtenbacher vorgenommen, gezeigt haben. Dieser Irrthum modificirt allerdings eine schon früher von mir an das hohe Ministerium in dieser Angelegenheit abgegebene Meinung, thut aber dem wissenschaftlichen Werthe dieser Schrift keinen Ab- bruch und kann in dem Vorworte, welches der Abhandlung, wenn ihr Druck von der geehrten Classe bewilligt wird, vorauszuschicken wäre, auf eine schonende Weise berichtigt werden. Statt der von Dr. Schneider ohne Hülfe von optischen Instrumenten angefertigten Abbildung, die das fragliche Insect nicht klar und deutlich zu ver- sinnlichen im Stande ist, dürfte die von mir treu nach der Natur unter dem Mikroskope veranstaltete Darstellung des Insectes der zu publi- cirenden Schrift beigegeben Averden" , Dr. Schneider hat zwar bereits in einem periodischen Blatte, in der „Prager Zeitung, 10. September 1847" auf seine Entdeckung aufmerksam gemacht; indess die dort gemachte Anzeige ist nicht so ausführlich , wie die gegenwärtige Abhandlung, in welcher er überdies durch spätere Beobachtungen und Versuche seine Ansicht über das Wesen der Krankheit und ihre Ursache noch mehr zu begründen sucht. Ich glaube daher, dass auch dieser Umstand der beantragten Pu- blication nicht hinderlich sein dürfte. Die zweite von dem hohen Ministerium der Akademie gestellte Aufgabe: Dr. Schneider's Angaben nach gehöriger Prü- fung seiner Schrift zu c o n s t a t i r e n oder zu widerlegen, kann vor der Hand nicht auf genügende Weise gelös't werden. Das als die wahre Ursache der Kartoffelfäule angegebene Insect ist neu 24 Kollar. Bericht über und bisher von niemand Anderem beobachtet worden. Es fehlt zwar nicht an Beispielen , dass Insecten aus den verschiedenen Ordnungen und Gattungen und von nicht grösserem Körperumfang als Dr. Schnei- der's KartolTelblattsauger ist, zu wiederholten Malen an verschiedenen Culturgewächsen grosse Verwüstungen angerichtet und manche Länder mit Hungersnoth bedroht haben, wie dies namentlich von der berüch- tigten Hessenfliege Cicidomyia dcstructor bekannt ist, weichein manchen Districten von Nordamerika zu wiederholten Malen die Cerea- lien verwüstet und auch in England einst der Gegenstand ernster Be- rathungen im Parlament wurde. Auf ähnliche Art sind andere Insecten, z. B. die Wintersaat-Eule (Noctua segetwn) aufgetreten, auf deren Vernichtung von der russischen Regierung im vorigen Jahrhunderte ein bedeutender Preis gesetzt wurde. Welche Verheerungen richten nicht die Borkenkäfer, der Fichtenspinner, die Nonne, die Kiefern- blattwespe an den Nadelhölzern an! Blatt- und Schildläuse sind im Stande, Pflanzen in ihrem Wachsthum aufzuhalten und mittel- oder unmittelbar zu vernichten, wie wir dies nicht selten an Zierpflanzen, Küchengewächsen und selbst an manchen Bäumen sehen können. Es ist also nicht zu läugnen , dass Insecten den Pflanzen zuweilen sehr verderblich werden. Auch geht aus dem Vortrage, welchen Ehren- berg in der Sitzung vom 27. October 184S in der Berliner Akademie über die Kartoffelkrankheit gehalten, hervor, dass er nicht abgeneigt sei, die Seuche von Verletzungen der Knollen durch Insecten herzu- leiten , und er empfiehlt unter den Massregeln für die weitere wissen- schaftliche Forschung unter anderm auch : „Nicht die in faulen Kar- toffeln lebenden, sondern die, die gesunden Kartoffeln benagenden Insecten und Würmer mit möglichster Umsicht zu beachten und zu sammeln, damit ihre Vermehrung, die gelegentlich sehr schädlich werden kann, auch gelegentlich beschränkt werden könne." (S. die Krankheit der Kartoffeln im Jahre 1845 von Dr. G. W. Focke, S. 53—57, Bremen 1845.) Gleichwohl ist bisher kein Beispiel bekannt, dass Arten aus der Familie, zu welcher der angebliche Kartoffel feind gehört, verwüstend aufgetreten wären. Alle zur Zunft der Zirpen oder Cicaden (Cicadina) und zur Familie der Kleinzirpen (Cicadellina) zählenden Arten nähren sich zwar von Pflanzensäften , die sie mittelst ihres Schnabels oder Rüssels aussaugen, den sie in die Pflanzensubstanz einsenken, es ist indess kein Beispiel bekannt, dass die Pflanzen in » Schneid er's „Kartoffel-BlattBauger." 25 Folge dessen zu Grunde gehen, und dass namentlich Theile der Pflanzen, die keine unmittelbare Verletzung erlitten haben, eine krankhafte Veränderung gezeigt hätten. Man kennt zwar bisher nur von einer sehr geringen Anzahl von Cicaden oder Zirpen den Haushalt ganz genau, die meisten Entomo- logen beschränkten sich bisher auf die Kenntniss des vollkommenen Insectes, ohne sich um den Larvenzustand desselben zu beküm- mern, in welchem, wie fast alle übrigen Insecten, auch diese vorzugs- weise Nahrung zu sich nehmen und mit ihrer Nahrungspflanze im innigeren Verkehr stehen. Es sind bisher nur Arten aus der Gat- tung Aphrophora (Schaum-Cicade") und auch von dieser hauptsäch- lich nur die auf Weiden lebende gemeine Schaum-Cicade (Aphro- phora spumaria) genauer beobachtet worden. Diese Cicadenar lebt bekanntlich auf den Zweigen mancher Weiden und sondert eine Speichel- oder schaumartige Flüssigkeit ab, in welcher ihreV#wand- lung zum vollkommenen Insecte vor sich geht. Sie findet sich zuweilen in solcher Menge ein, dass fast alle Äste der Weide in diese schaum- artige Flüssigkeit gehüllt erscheinen, und dieselbe in grossen Tropfen gleich dem Regen von den Bäumen herabträufelt; demungeachtet gehen die Bäume, die an so vielen Stellen eine Verletzung erleiden, und denen doch gewiss sehr viel von ihrem Nahrungssaft entzogen wird, desshalb nicht zu Grunde, ja man sieht nicht einmal einzelne Zweige derselben absterben. Eine ähnliche Erscheinung sieht man nicht selten auf verschie- denen Pflanzen auf Wiesen und Feldern, sie ist unter dem Namen Kukuksspeichel oder Qualster bekannt und rührt gleichfalls von Cica- den-Lurven her, und dennoch ist kein Beispiel bekannt, dass diese Pflanzen in Folge der Verletzung und durch Entziehung am Nah- rungssafte in einen krankhaften Zustand versetzt worden wären. Indess sind dies nur einzelne Beispiele und beschränken sich auf eine einzige Gattung dieser grossen Familie, sie können nicht als völlig massgebend angesehen werden und es bleibt daher nichts anderes übrig, als auch über andere Cicaden-Arten und namentlich jene, welche mit Dr. Schnei der's KartolTelschädling congenerisch sind, genaue Beobachtungen und Untersuchungen anzustellen, um wo möglich auszumitteln, ob dasselbe Insect auch in anderen Ländern auf den Kartoffeln erscheint und ähnliche Wirkungen hervorbringt. Durch Dr. Schneid er's Schrift angeregt, habe ich bereits mehrere 26 Kollar. Bericht übec Seh aeid e r's „Kartoffel-ßlattsauger." Kartoffelfelder in der Umgebung Wiens untersucht und auf allen das fragliche Insect anfangs Juni vollkommen entwickelt angetroffen, dieselbe Beobachtung haben auf anderen Kartoffelfeldern die Herren Ministerialrath Ritter von Kleyle, Dr. Schiner und Bürgermeister S c h e f f e r in Mödling gemacht. Überall wurde das Insect in Mehr- zahl beobachtet und zwar ausschliesslich nur auf den Kartoffeln, ohne dass an dem Kartoffelkraute bisher die geringste krankhafte Erschei- nung, wie sie Dr. Sehn eid er stets bemerkt haben will, wahrge- nommen worden wäre. Herr Dr. Schneider, welcher auf Veranlassung des zur Er- forschung der Kartoffelkrankheit zusammengesetzten Comitt^s von dem Ministerium fürLandescultur und Bergwesen wegen umständlicheren mündlichen Aufklärungen in dieser höchst wichtigen Angelegenheit hieher berufen wurde, und welcher sich von der Anwesenheit des von mi^hier aufgefundenen Insectes überzeugt hatte, behauptet zwar, dass sein Kartoffelschädling grösser sei und nicht vor der Mitte Juli's und dann erst im Larvenzustande erscheine, seine Wirkung, die Kar- toffelkrankheit, daher erst in der Mitte oder gegen Ende Juli's wahr- genommen werden könne. Es ist möglich, dass das Insect wegen des milderen Klimas bei uns früher zur Entwickelung gelangt und dass es in zwei Generationen erscheint, dass wir später auch seine Larven zu beobachten Gelegenheit haben werden und dass diese sichtbare Zeichen der Krankheit schon am Kraute verursachen werden. An der Identität des hier aufgefimdenen Insectes mit Dr. Schneider's Kartoffelschädling ist nach meinen und Dr. Redt en- bacher's genau angestellten Untersuchungen nicht mehr zu zweifeln. Herr Dr. Schneider ist von dem hohen Ministerium aufge- fordert worden, seinen Kartoffelschädling, sobald er erscheint, zu wiederholten Malen in allen seinen Entwickelungszuständen lebend einzusenden; wir werden dann Gelegenheit haben, beide Thiere in ganz frischem Zustande mit einander zu vergleichen und auch aus ihrem Benehmen im lebenden Zustande weitere Schlüsse über ihre Verschiedenheit oder ihre Identität ziehen können. Die Hauptabsicht des Ministeriums geht aber dahin, mit den einzusendenden Thieren an in Töpfen gezogenen Kartoffelpflanzen Versuche nach der Art, wie sie Dr. Schneider in seiner Schrift angibt, anzustellen um zu sehen, ob nämlich jene Pflanzen, aufweiche das Insect gebracht wird, wirklich erkranken und kranke Knollen K It i n g sha usen. Bemerkungen-/,. «I. Vortrage des Hrn. Prol. Petz va | 27 liefern, die von dein Insect verschont gebliebenen aber die entgegen- gesetzte Erscheinung darbieten. Aus dem eben Gesagten geht nun hervor, dass aus Mangel an Beobachtungen und Erfahrungen Anderer Dr. Schneider'« Angaben vorläufig weder constatirt noch widerlegt und somit die von dem hohen Ministerium in dieser Beziehung der Akademie gestellte Aufgabe noch nicht gelöst werden könne. Bezüglich des dritten Antrages des genannten hohen Ministeriums, „dass nämlich die kaiserl. Aka demi e den hiesigenzoo- 1 0 g i s c h - b 0 1 a n i s c h e n Verein a u f f o r d e r n möge, durch die demselben zu Gebote stehenden Kräfte die For- schungen und Angaben des Dr. Seh ne idcr einer beso n- deren Prüfung unterziehe n zulassen," dürfte die geehrte Classe keinen Anstand nehmen, demselben durch eine kurze Dar- stellung der Sachlage und durch Mittheilung einer grösseren Anzahl von Exemplaren der in Druck zu legenden Schrift des Dr. Schneider Folge zu leisten. Es ist dann zu erwarten, dass auch andere der Akademie nicht angehörende Naturforscher diesem wichtigen Gegen- stande ihre Aufmerksamkeit zuwenden, und auf diese Art um so schneller und sicherer mit vereinten Kräften ein Resultat erzielt werden wird. Vorträge. Weitere Bemerkungen zu dem Vortrage des Herrn Prof. Petzval vom 15. Jänner 1852. Von dem w. M., A. v. Ettingshausen. Dem Wunsche des Herrn Collegen Prof. Petzval Folge lei- stend, habe ich der geehrten Classe in der Sitzung vom 21. Mai die Schwierigkeiten angedeutet, welche mich abhalten, dem von dem genannten Mitgliede in seinem Vortrage vom 15. Jänner aufgestellten Gesetze der Erhaltung der Schwingungsdauer als allgemeinem Prin- cipe der Undulations - Theorie beizustimmen. Angeregt durch den in der letzten Sitzung vor der Lesung meiner Note gehaltenen Vor- trag des Herrn Prof. Petzval, erlaube ich mir heute nochmals auf 28 A. V. Ettingshausen. diesen Gegenstand zurückzukommen, um meine Ansicht in einer dem allgemeinen Verständnisse etwas mehr zugänglichen Form und mit einer, keiner Missdeutnng Raum gebenden Bestimmtheit auszusprechen. Ich gebe die Prämissen zu, von welchen Herr Prof. Petzral in dem Vortrage vom 15. Jänner ausging; muss aber die daraus- gezogene Schlussfolge , als zu weit getrieben , in Abrede stellen. Ich erkenne mit gebührender Achtung, dassHerr Prof. Petzval in der Aufstellung der Differential-Gleichungen für die Fortpflanzung der Bewegung in einem Medium, dessen Theilchen sowohl durch äussere als auch durch Molecularkräfte beherrscht werden, einen Schritt vorwärts gethan hat, insofern er, was meines Wissens bis jetzt nicht geschehen war, auch den Fall, wenn das Medium sich in einem permanent gewordenen Strömungszustande befindet, in die Betrachtung zog. Ich gebe zu, dass diesen Differential-Gleichungen, auch In der so eben belobten allgemeineren Gestalt stets durch Ausdrücke Genüge geleistet werden könne , welche die Componenten der Verschiebungen der Theilchen in der Form von Producten zweier Factoren vorstellen, deren einer eine periodische Exponentialgrösse ist, mit einem der Zeit proportionalen, sonst aber von den Coordinaten des Ortes der in Frage stehenden Bewegung unabhängigen Exponenten, während der andere Factor lediglich diese Coordinaten, nicht aber die Zeit in sich enthält; also kurz gesprochen, ich erkenne die Möglichkeit der Fortpflanzung schwingender Bewegungen mit jeder beliebigen , aller Orten constanten Schwingnngsdauer in allen mit Beharrung strö- menden Medien. Ich gebe endlich zu, dass durch das Zusammen- bestehen einer unendlichen Menge solcher Wellensysteme jedem initialen, d. h. in einem festgesetzten Augenblicke vorhandenen Be- • wegungs-Zustande des Mediums entsprochen werden können. Wird nun die Aufgabe gestellt, die Folgen anzugeben, die ein solcher momentaner Zustand des Mediums nach sich zieht (oder auch die Erscheinungen zu berechnen, die vorangehen müssen, damit der vorgeschriebene Zustand in dem festgesetzten Augenblicke ein- trete) so kann mit Hülfe der zugestandenen Sätze die Lösung dieser Aufgabe auf die einer andern , bei weitem einfacheren zurückgeführt werden, nämlich auf die Ausmittelung der Bewegung, welche aus dem Zusammensein eines Systems von Wellenzügen mit stetig sich an einander reihenden Schwingung?zeiten hervorgeht. Weitere Bemerkungen zu dem Vortrage »les Hrn. Prot. Pe Iz val. 29 So weit — aber auch um keinen Scliritt weiter — reicht die Analyse, welche Herr Prof. Petz val, der von den neueren Mathe- matikern eröffneten Bahn folgend, in dem Vortrage vom 15. Jänner angedeutet hat. Diese Analyse umfasst also noch nicht die Bewe- gungen, welche in einem Medium Platz greifen, wenn die Erregung durch eine längere Zeit andauert, wie dies stattfindet, wenn ein schwingender Körper auf ein ihn umgebendes Medium einwirkt; es kann daher auf alleiniger Grundlage dieser Analyse auch nicht von einer Vergleichung der in dem Medium hervorgerufenen Schwin- gungen mit den Schwingungen des Körpers die Rede sein. Der Schlusssatz der Abhandlung vom 15. Jänner ist demnach durch die in selber vorgetragenen Betrachtungen keineswegs gerechtfertigt, und der Herr Verfasser geht über die Befugniss , welche ihm die Prämis- sen gestatten, hinaus, wenn er (Sitzungsberichte, Jännerheft, S. 155), nachdem nur ein anfänglicher Erregungszustand, besprochen war, die für selben in Anspruch genommene Folge auch ohne weitere Erörterung auf jeden, einem schwingenden Körper anhängenden permanenten Erregungszustand bezieht. Sehen wir auf die Ausdrücke , welche der Zustand an irgend einem Orte im Medium als Folge einer momentanen initialen Erregung darstellen , so finden wir in den Fällen , in welchen sich die Summirung entweder ganz zu Stande bringen, oder doch hinreichend weit durchführen lässt, dass die in den einzelnen Glie- dern vorhanden gewesene Periodicität in den erhaltenen Summen selbst nicht weiter erscheint. Die mit regelmässigen Schwingungen versehenen Wellenzüge setzen sich also zu Bewegungsformen zu- sammen , auf welche die Vorstellung einer Schwingung nicht mehr passt, die also auch zu keiner Betrachtung einer Schwingungsdauer Anlass geben. Ich berufe mich zur Rechtfertigung dieser Behauptung auf den bekannten einfachsten Fall linearer Fortpflanzung der Be- wegung, dessen Differential-Gleichung sich unmittelbar durch willkürliche Functionen integriren lässt; dessgleichen auf die Inte- grale, welche Poisson und Ostrogradsky für Medien mit durchgehends gleichmässiger Elasticität, in welchen die Fortpflanzung der Bewegung mittels kugelförmiger Wellen vor sich geht, gefunden haben. In dem allgemeinen Falle lässt sich die Summirung nicht weit genug ausführen und die blosse Nachweisung der Abgrenzung der Wellen ist Alles, was man zu leisten vermag. 30 Ettingshauseu. Bemerkungen t. d. Vortrage des Hrn. Prof. Pet.ival. Wie die Rechnung bei einem andauernden Erregungszustande anzulegen sei, habe ich in meiner Note vom 27. Mai hinreichend deutlich gesagt, und ich brauche dies hier um so weniger zu wie- derholen, als Ja Herr Prof. Petzval selbst in seinem letzten Vor- trage diesen Weg besprochen und an einem Beispiele erläutert hat, welches ihm dieselben Resultate gab, die man durch die vom Herrn Prof. Doppler zuerst angestellte einfache Überlegung erhält. Aber weit davon entfernt, dieses Verfahren als ein so irriges anzusehen, wie es Herrn Prof. Petzval erscheint, bin ich der Meinung, dass es zu Resultaten führe, die wenigstens die, bereits durch die Erfah- rung bewährte Veränderlichkeit der Schwingungsdauer, nach Mass- gabe des Ortes der Wahrnehmung bei stattfindender Bewegung der constant schwingenden Schallquelle, auch von theoretischer Seite hin- reichend begründen. Es dürfte nicht unnützt sein hier bemerklich zu machen , dass die Unveränderlichkeit der Sehwingungsdauer sich bereits in der Un- dulationstheorie, jedoch in einem anderen Sinne, geltend gemacht hat, nämlich bei der Untersuchung der Modificationen, Avelche sogenannte einfache Wellen (deren Gesetz man mit gutem Grunde als jenes betrachtet, nach welchem sich das sogenannte homogene Licht fort- pflanzt) an der Trennungsfläche zweier verschiedenartiger Medien erleidet. Die Unveränderlichkeit der Farbe bei der Reflexion mit Brechung des einfachen Lichtes ist von Couchy zu verschiedenen Malen als Resultat seiner grossartigen und erfolgreichen Untersu- chungen ausgesprochen worden, und erscheint in dessen neuesten Forschungen als das Ergebniss eines allgemeinen Princips über das Verhalten der Schwingungen an der Trennungsfläche zweier hetero- genen Medien. Mit diesem ist das Princip des Herrn Prof. Petzval nicht zu verwechseln. Boue. Über di» Karten 9 Leuciscufi Cephalus, Yarrell Brit.Fishes 2. Ed., Tom. I, Pag. 400 (oxci. Fig.). S(/nalius Cephalus, Heckel. Squag;lIo, der Fischer um Rom. Sgualus., Sa 1 vi an i, Pag. 83. Cyprinus 10, Artetli Syn., Pag. 7 (partim). Ci/prinus Cepitafus, Linne Syst. nat. (partim). Sgiialins t/iyben'nus, Bonaparte Iconog. della Fauna d' Italia. Leuciscus Sgualius, C u v. Valcnciennes Hist. nat. XVII, Pag. 19i. Sgualius thyherinus, Bonaparte Cat. met., Pag. 31. Sgualius thyherinus, Heckel üispos. syst. Cyp. Pag. 51. L/euciscus Virgo Heck. Nerfling, Orfus (jermanornm Mars iL, Cijpriniis Idxs Meid. Taf. VI und VII. Ein stattlicher Fisch von etwas breiter karpfenartiger Gestalt, kleinem Kopfe und grossen Schuppen. Die grösste Höhe seines Körpers ist 4V3, die Länge des Kopfes ß'/s Mal in der ganzen Länge des Thieres enthalten. Die grösste Körperdicke beträgt etwas weniger als die Hälfte der grössten Höhe, und eben so verhält es sich bei der geringsten Dicke im Schwanzstiele in Betreff seiner Höhe, welche letztere 2% Mal in der grössten Körperhöhe vor der Riickentlosse enthalten ist. Wenn man sich, bei der gewöhnlichen Haltung des Fisches, unter dem Ende des Hinterhauptes eine durch die Mitte des Kopfes und des Schwanzstieles gezogene Achse denkt, deren Anfang und Ende auf der hier beigegebenen Figur angedeutet ist, so befindet sich vom Hinterhaupte bis zum Anfange der Rücken- flosse die grössere Hälfte des Rumpfes über derselben, während bei dem nachfolgenden Theile zwischen dem Anfange der Rückenflosse und dem Ende der Afterflosse die grössere Hälfte unter dieser Achse liegt. Es erhebt sich nämüch das Profil des Vorderrückens in einem gedehnten sanften Bogen weit mehr über die Körperachse, als das untere, nach der schwachen Senkung der Brust beinahe gerad- linig-horizontale Profil, sich unter dieser Achse hinzieht. Nach dem Be- ginne der liückcnnusse i^evM sich die obere beinahe gerade Profil- 'IQ HcckeJ. linie bis in den Schwanzstiel, während die untere, wie gewöhnlich erst vom Anfange der Afterflosse aus sich dahin erhebt. Der Kopf ist verbältnissmässig kurz, von oben gesehen aber ziemlich breit und durchaus stark gewölbt, so dass hier von einer Stirnfläche keine Rede sein kann. Seine grösste Höhe unter dem Hinterhaupte gleicht kaum Vs und seine Breite, zwischen den Augen, beinahe der Hälfte seiner Länge von der Nasenspitze an bis zum hinteren Kiemendeckelrande. Das Stirnprofil ist geradlinig und schliesst sich mit einer sanften Erhebung von circa 25 Grad an den Vorderrücken an. Die Nase ist fleischig, stumpf und rund ; die Nasenlöcher von mehr als gewöhnlicher Grösse liegen dem Auge etwas näher als der äussersten Rundung der Nase. Der Mund ist klein und öffnet sich unter der dicken vorragenden Nase, so dass die halbkreisförmige Mundspalte, Taf. VI, Fig. 3, deren Querdurch- messer kaum einer halben zwischen den Augen liegenden Stirn- breite gleicht, bis unter die Nasenlöcher reicht. Der wenig vorschieb- bare Zwischenkiefer liegt bei geschlossenem Munde beinahe ganz unter dem Hauptkiefer verborgen und ist gleich dem Unterkiefer, dessen Äste SVs Mal in der Kopflänge enthalten sind, mit einem fleischigen, runden Lippenwulst umgeben. Das Auge ist klein und liegt, vermöge der starken Wölbung der Stirne, ziemlich weit unter der eigentlichen Profillinie, so dass es von der gedachten Körperachse beinahe mitten durchzogen wird. Der hintere Augenrand befindet sich genau in der Mitte der Kopflänge und der Diameter eines Auges gleicht einem Fünftel derselben, oder 3/5 der Stirnbreite zwischen beiden Augen. Der hintere Rand des Vordeckels liegt senkrecht unter dem Ende des Hinterhauptes, etwas nach dem zweiten Drit- theile der Kopflänge , oder um einen Augendiameter hinter dem Auge, tritt aber erst unter der Körperachse sichtbar hervor, zieht sich geradlinig herab und wendet sich unten in einem ziemlich scharfen Winkel nach vorwärts. Der hintere und untere Rand des Haupt- deckels bildet zwar bei seiner Vereinigung nach rückwärts einen etwas stumpfen Winkel, in Verbindung des Unterdeckels aber be- schreibt der gemeinschaftliche äussere Kiemendeckelrand genau das Drittheil eines Kreises, dessen Mittelpunkt zwischen dem oberen Anfang der Kiemenspalte und der Anlenkung des Unterkiefers in der Mitte liegt. Der Abstand des Vordeckels vom äusseren Kiemendeckel- rande gleicht jenem des vordereren Augenrandes von der Nasen- Bericht einer iclitbyologischen Reise. 71 spitze. Der Winkel des Scliullergürtels, unter welchem tlie IJrnst- rtosse ansitzt, springt zwar ziemlich weit hervor, erreicht aber bei weitem nicht, wie an Leuciscus rutilus, die Mitte zwischen der Nasenspitze und den Bauchtlossen. Die Sehlundknochen und Zähne, Fig. 4, sind im Verhältnisse zum Fische sehr stark, letztere bilden eine einfache Reihe, die an der rechten Seite aus 5, an der linken aus 6 Zähnen besteht. Der vorderste Zahn in jeder Reihe ist stumpf zuge- spitzt, der zweite sehr dick und walzenförmig mit ebener Kaufläche, die nachfolgenden Zähne werden immer mehr comprimirt und ihre schmale concave ajn letzten Zahne etwas gezähnelte Kaufläche er- hebt sich einwärts in einen kleinen Haken. Die Rückenflosse entspringt in der Mitte des Körpers oder des Abstandes der Nasenspitze bis zum Ende der Schuppenbedeckung, ihre Basis enthält ein wenig über V^ der Kopflänge oder Vs der Ge- sammtlänge des Fisches mit der Schwanzflosse. Sie besteht aus 3 ungetheilten Strahlen, deren erster sehr kurz ist, während der dritte die Basislänge um y^ übertrifl't, dann aus 10 — 11 breiten vier- mal dichotomen Strahlen, deren letzter nur die halbe Basislänge er- reicht. Der obere schief abgeschnittene Flossenrand ist ein wenig concav und bildet mit dem hinteren und vorderen Strahlenrand einen vollständigen Winkel. Die Afterflosse beginnt mit dem fünf- ten Siebentel der zwischen Nasenspitze und dem Ende der Be- schuppung enthaltenen Länge, oder um zwei Augendiameter nach dem Ende der Rückenflosse. Ihre Basis ist etwas kürzer als jene der Rückenflosse und enthält nur 1/9 der ganzen Fischlänge, sie besteht aus 3 ungetheilten Strahlen, deren erster 1/4 der Länge des dritten einnimmt, welcher die Länge der Flossenbasis nicht erreicht, dann aus 11 — 12 gespaltenen Strahlen, wovon die vor- deren vier- die hinteren dreimal dichotom sind, der letzte aber, welcher nur «/j der Basislänge enthält, bis auf dieselbe hin ge- spalten ist. Übrigens entspricht die Gestalt der Flosse jener der vorigen. Die Schwanzflosse ist breit und stark eingebuchtet, so dass ihre mittleren Strahlen um die Hälfte kürzer sind als jene in den beiden Lappen, deren unterer etwas längerer der Entfernung des Schultergürtelwinkels von der Nasenspitze gleich kommt. Die ganze Schwanzflosse besteht aus 7 oberen und 6 unteren, allmählich längeren ungetheilten Stützenstrahlen, zwischen welchen sich 17, drei- bis viermal dichotome Strahlen befinden. 72 Heckel. Die Brustflossen erreichen % der Kopflänge und legen sich über die Mitte des zwischen Kopf und den Bauchflossen befindlichen Abstandes zurück; sie sind ziemlich breit und bestehen jede aus 18 Strahlen, davon ist der erste Lange ungetheilt, die nachfolgenden sind dreimal dichotom und der letzte kurze abermals ungetheilte schliesst sich flach und aufwärts gekrümmt an die vorhergehenden an. Die Bauchflossen sitzen, in senkrechter Richtung gegen die oben gedachte Achsenlinie betrachtet, um einen halben Augendiameter vor dem An- fange der Rückenflosse, sind etwas kürzer als die Brustflossen, ab- gerundet, und bestehen jede aus 9 Strahlen, wovon der erste unge- theilt ist, die nachfolgenden sind viermal dichotom, der letzte nur einfach gespalten. Die Schuppen sind gross und stark, die grössten liegen in der vorderen Hälfte des Rumpfes über und unter der Seitenlinie, die selbst aus 46 Schuppen besteht, die kleinsten befinden sich wie ge- wöhnlich auf der Brust, und sind viermal kleiner als jene die 1 '/a Augendiameter enthalten. Die grösste Anzahl wagrechter Schuppen- reihen liegt unter dem Anfange der Rückenflosse, woselbst 27 Reihen den ganzen Rumpf umfassen, nämlich jederseits 7 Reihen über der Seitenlinie bis zur Rückenflossenbasis, 4 Reihen unter derselben bis zur Anlenkung der Bauchflossen und 3 mittlere Bauchreihen vor diesen letzteren auf dem Bauchkiele allein. Über der Seitenlinie nehmen jederseits 6 der horizontalen Schuppenreihen ihren Anfang am Hinterhaupte, nur die siebente oder oberste aus 12 Schuppen bestehende Reihe allein beginnt kurz vor der Rückenflossenbasis und endet mit derselben, so dass gleich nach der Rückenflosse bloss 6 Schuppenreihen über der Seitenlinie liegen. Die zweite Schuppen- reihe von oben aus 31, so wie die dritte aus 35 Schuppen erlischt senkrecht über der Afterflosse; die vierte enthält 40 Schuppen und reicht bis zu den oberen Stützenstrahlen der Schwanzflosse; die fünfte Reihe besteht aus 46, die sechste und zugleich längste aus 48 und die siebente gleich der darauf folgenden Seitenlinie wieder aus 46 Schuppen. Es erreichen mithin über der Seitenlinie drei Schuppenreihen die Schwanzflossenbasis, unter derselben Linie sind es blos. zwei, deren jede ebenfalls 46 Schuppen enthalten, denn die dritte erlischt mit dem Ende der Afterflossenbasis, über welcher sie gleich der ersten unter der Rückenflosse bedeutend kleinere Schuppen enthält. Eine vollständig neutrale Schuppenreihe besteht auf der Bericht einer ichtli unlogischen Reise. 73 Rückenfirste nicht, es sind bloss wenige Schuppen, die man jedesmal nach den VereinignngssteÜen der beiderseitigen dort beginnenden oder erlöschenden Horizontalreihen als neutrale Schuppen bezeichnen kann. Auf dem Bauche lässt sich an den drei, den abgerundeten Kiel bedeckenden Reihen, wegen der unregelmässigen viel kleinere Sciuip- pen enthaltenden Brustreihen keine bestimmte Zahl angeben, allein hinter den Bauchtlossen bis zum After liegt eine etwas gekielte wirk- lich neutrale Reihe aus 7 — 8 Schuppen, und ebenso zwischen der After- und Schwanzflosse eine ähnliche, 9 Schuppen enthaltend. Die Anzahl so wie die Stellen des Beginnens und Erlöschens sämmt- licher horizontalen Schuppenreihen bleibt sich au allen Individuen, seltene kleine Abnormitäten abgerechnet, vollkommen gleich, nur die in jeder dieser Reihen angegebene Zahl einzelner Schuppen vermag, wie bekannt, im Verhältnisse ihrer Grösse zu variiren, so dass in den Hauptreihen auch 44 anstatt 46 Schuppen vorkommen können. Die Textur der einzelnen Schuppen besteht aus sehr zahlreichen und sehr zarten concentrischen Kreisen (Taf. VII, Fig. 3, 4, S), die, wie ge- wöhnlich mit dem Sehnppenrande parallel laufend, an der Vorderseite durch wellige Biegung den Einbuchtungen der Schuppenbasis folgen, nach rückwärts auf der unbedeckten Fläche aber, gleich dem gekerb- ten Schuppenrande selbst, fein gekräuselt erscheinen , wie es ein bei stärkerer Vergrösserung gezeichneter Keilschnitt aus dieser Stelle, Fig. 4, darstellt. Der Strahlenpunkt der Schuppen liegt ziemlich in deren Mitte, wird niemals durch ein Chaos verwischt, und empfängt beinahe sämmtliche aus der Peripherie ihm zulaufenden Strahlen des vorderen und hinteren Fächers, erstere sind zahlreich, letztere be- stehen aus 5 — 7. Vor dem Eintritte der Laichzeit vermehren sich bei Männchen die schleimigen Absonderungen unter der Epidermis des ganzen Rumpfes und der Flossen. An vielen Stellen erheben sich ein- zelne linsenförmige Fleckchen , die allmählich zu Hügelchen von weisser, sulziger Beschaffenheit werden, und oft über einen hal- ben Augendiameter an Höhe und Breite erlangen, Taf. VI, Fig. 1. Je mehr dabei ihre Masse äusserlich an Festigkeit zunimmt, ver- ändert sich auch die Gestalt dieser anfangs stumpfen Kegel in eine spitzere, über ihrer flachen Basis etwas comprimirte schiefe Pyramide, Fig. 5 — 8. Nach dem Laichen lösen sich diese nun lederartig fest gewordenen Ansätze von ihrer schleimigen Unter- 74 Heckel. iage wieder ab, und man bemerkt auf der Fläche, womit sie aufsassen, kaum eine Vertiefung an der innen noch sulzigen Masse; kommen aber dieselben in Weingeist oder gar an die freie Luft, so erhärten sie mit hornartiger Festigkeit, werden innen hohl, Fig. 8, und se- hen äusserlich den Dornen wilder Rosen ähnlich. Aprili et Majo dum gignit, verrucas cavas albas sparsim enasci, quas postea deperdit omnes. Marsilius IV, Pag. 13. An den Seiten des Rumpfes sind diese konischen , bei dem lebenden Fische perlen- ähnlichen Auswüchse am grössten und stärksten, ihre Rasis nimmt beinahe die ganze Länge des freien Raumes der Schuppen ein, so dass auf einer Schuppe auch bloss eine dieser Perlen ansitzt. Sie bilden daselbst an jeder Seite des Fisches f ü n f horizontale Reihen, indem sie die zweite bis fünfte Schuppenreihe über der Seitenlinie beinahe vollständig besetzen, auf der Seitenlinie selbst oder unter der- selben zeiget sich selten eine dergleichen Erhöhung. Auf dem Kopfe sind sie etwas kleiner, und bilden daselbst durch eine dicht gedrängte Reihe eine Art Diadem das über den Nasenlöchern liegt und den Porenöffnungen folgend, sich über den Augen bis zum oberen Winkel der Kiemenspalten hinzieht. Über dieser ersten Reihe befindet sich jederseits noch eine zweite kürzere, die über dem Winkel der Kie- menspalten beginnt, und in der halben Stirnlänge sich abwärts wen- dend mit der vorigen verbindet. Die Stirne selbst wird von wenigen zerstreuten kleinen Perlchen besetzt, Fig. 2. Ausser den Schuppen und dem Oberkopfe sind auch die Hauptstrahlen der Rücken- und Schwanzflossen mit ähnlichen kleinen Ansätzen so dicht versehen, dass sie dem vorderen Rande derselben ein verdicktes gezähntes Ansehen geben, übrigens bemerkt man sie zersträut und nur in der Grösse von Mohnkörner auch auf den mittleren Strahlen der Schwanz- flosse. Die Wirbelsäule besteht aus 42 Wirbeln, wovon 23 der ab- dominalen und 19 der Schwanzhälfte angehören, die Rauchhaut (Peritonaeum) ist beinahe schwarz, P. 1117 V. 1|8 D. 3|10— 11 A. 3|11— 12 C. 7|17l6. Sqam. 44^ 46. In der Mitte des Jänners ist die Färbung des Nerflings folgende : Auf dem Rücken herrscht ein blasses, grünliches Rraun, das an den Seiten durch eine bläuliche Schattirung in hellglänzendes Silber ßericlit einer ichthyologischen Reise, 75 übergeht, und auf Brust und Bauch milchweiss wird. Der Oberkopf ist dunkler als der Bücken, und die Iris hellgelb mit schwärzlichen Wolken über der Pupille. Die Rückenflosse hat eine ähnliche aber weit hellere Farbe als der Rücken. Die Brustflossen sind gänzlich farblos, die Bauchflossen und die Afterflosse nach vorne bis zur Hälfte oder Vs der Strahlenlänge blassroth, übrigens weiss. Die Schwanz- flosse ist mitten röthlich-weiss , und wird gegen den Rand beider Lappen allmählich intensiver roth, ein grauer Saum begrenzt das Ende ihrer Strahlen, Taf. VII, Fig. 1. Gegen Ende März, zu welcher Zeit sowohl am Kopfe als auf den Schuppen des Nerflings die ersten Spuren jener merkwürdigen Ansätze erscheinen, ist sein Rücken etwas dunkler schmutzig-grün, seine Stirne über den Augen bekommt einen violeten Schimmer, der sich vorne auf der dicken hautfarben Nase in einen hellen röthlich- blauen Ton verliert; übrigens hat der Kopf sowie der ganze Rumpf besonders nach unten zu ein sehr weisses Aussehen. Betrachtet man ihn aber nach einer gewissen Richtung gegen das einfallende Licht, so erscheinen die Wangen, die Kiemendeckel und alle Schuppen an den Seiten des Körpers mit den glänzendsten Farben des Regen- bogens geschmückt und zwar so, dass letztere partienweise in den einzelnen Farben des herrlichen Spectrums prangen , welche eine helle Silberbasis noch erhöht. Keiner unserer Cyprinen besitzt in so hohem Grade dieses prachtvoll schillernde Farbenspiel, das bei der Grösse der Schuppen einen reizenden, durch keine Kunst nachahm- baren Anblick gewährt. Die Rückenflosse beginnt sich nach oben röthlich zu färben; die Brustflossen werden gelblich, das blasse Roth an der vorderen Hälfte der Bauch- und Afterflossen verwan- delt sich in hoch-orange ; aus der Mitte der Schwanzflosse ver- schwindet das röthliche Weiss und ein etwas gedämpftes Gelbroth verbreitet sich durchgehends auf der ganzen Flosse bis an den schwärzlichen End-Saum ihrer Strahlen. Gegen die Mitte des Aprils oder im Anfang des Mai's, wenn das Nerfling-Männchen in seinem vollen Schmucke prangt , das Perlen- diadem sich um seine Stirne windet und beinahe auf jeder Schuppe einzeln eine Perle glänzt, sind auch alle früheren Farben seines Kör- pers und seiner Flossen viel intensiver. Ein grünliches Braun über- zieht den Rücken, erlischt auf der bläulich-röthlichen Nase und um- fasst den Schwanzstiel an der Basis seiner dunkel-orangerothen 76 Heckel. Flosse, deren Ende ein tief-schwarzer Saum umgibt. Wangen und Kiemendeckel spiegeln auf ihrem hellen Silhergrunde die zartesten in einander fliessenden Farben , ein leiser Hauch von Rosenroth, Yiolet, Azurblau, Grün und Gelb scheint sich von da aus über die ganzen Seiten des Rumpfes zu ergiessen und seinen Perlenreihen noch höheren Glanz zu verleihen. Rrust und Bauch bleiben rein weiss. Ein schwärzlicher Halbring, der oben die Pupille umgibt, unterscheidet sich scharf auf dem hellgelben Grunde der Iris. Die ganze Rückenflosse und zwar am meisten ihr Vorderrand ist röthlich überflogen. Die Brustflossen hüllen sich in ein blasses Röthlich- schwarz, dagegen glühen die Bauchflossen und die Afterflosse be- sonders in ihrem Anfange im feurigsten Roth, und vollenden so die schimmernde Farbenpracht des hochzeitlichen Cypriniden. Taf. VI, Fig. 1. Nach der Laichzeit hinterlassen die abgefallenen Perlen noch Spuren ihres Daseins durch Narben, die sich besonders auf dem Kopfe eine Zeitlang erhalten. Die glühenden Farben erblei- chen, ein einfacher Silberglanz verbreitet sich über alle Schuppen und von den Flossen entweicht allmählich das gesteigerte Roth , bis die zuerst geschilderte gewöhnliche Färbung wieder eintritt. Der N e r f 1 i n g , D o n a u - N e r f 1 i n g oder F r a u f i s c h gehört seines Fleisches wegen, wie alle sogenannten Weissfische zwar nicht zu den geschätzten Arten , welche auf den Tafeln der Reichen zum schmackhaften Genüsse einladen, er bietet jedoch dem weniger ver- feinerten Gaumen eine gesunde Nahrung, wird bis 2 Pfund schwer, wohnt im fliessenden Wasser der Donau, so wie auch in ihren grös- seren Nebenflüssen, ist minder häufig als der Gängling (Idus mela- notiis Heck.^ und laichet vom halben April bis Anfang Mai. Länge der beschriebenen Exemplare 6 — 15 Wiener Zoll. Unter allen unseren Flussfischen sind mir ausser dem gegen- wärtigen Nerflinge nur noch der Pigo des Comer-Sees, Leuciscus Pigus de Filippi, und der Perlfisch der Attersees (^Leuciscus Meidingerii Heck.^ bekannt, an welchen diese warzenähnlichen Ansätze zur Laichzeit einen so bedeutenden Umfang erreichen. Marsilius hat zwar auf Taf. 16 eineBraxe (Abi^amis Baina Cuv.J mit ziemlich grossen Dornen dargestellt, allein ich habe sie bei die- ser Art verhältnissmässig nie grösser gefunden, als an vielen anderen Cyprinoiden, hei welchen sie den Gries- oder Hirsekörnern gleichen. Bericht einer iththyologischen Reise. 77 auch ;m unseren Exemplaren des Leuciscus prasintiff Acjass. aus dem Neuenburger See haben sie dieselbe griesähnliche Gestalt. Doch muss ich hier noch bemerken, dass Herr V a 1 e n c i e n n e s in der Hist. nat. T. XYII, in dem Artikel des Cfieücitne ouMeimier auf Pag. 184 von der Abbildung eines am (>. April 1786 im Lech gefangenen Che- vaine spricht, dessen Kopf und Rumpf mit perlenähnlichen auffallend grossen Ansätzen versehen war. Herr V a 1 e n c i e n n e s meint, dieser Fisch habe sich in einem krankhaften Zustande befunden, und zwar M'egen der scheinbar dargestellten Dicke und seitlichen Zähnelung seines ersten Rückenflossenstrahles. Ohne diese Abbildung selbst gese- hen zu haben, erinnere ich bloss an die eben beschriebenen grossen Ansätze unseres Nerflings, an die Stellung, welche sie soAvohl auf dem Körper selbst, als auf den Hauptstrahlen der Rücken- und Schwanz- flosse einnehmen, an die Jahreszeit, in welcher diese Erscheinung ein- zutreten pflegt, dann an das Flussgebiet, worin jener abgebildete Fisch gefangen wurde, und erlaube mir die Frage, ob dieser angebliche Che- vaine nicht derselbe N e r f 1 i n g sei, welchen M a r s i 1 i u s Tat". S unter dem Namen Orfus germanorum darstellt und der von Herin Valen- ciennes mit der wahren Orfe für identisch gehalten wird? Wir würden in diesem Falle linden, dass unser Nerfling oder Fraulisch, welcher in der Nist. naturelle XVH, zwar nicht das Glück hatte, als eigene Species beschrieben zu werden , doch wenigstens unter zwei anderen ganz verschiedenen Arten, nämlich unter Leuciscus Orfus und Leuciscus Dohula dort vorkonunt. Ich habe bereits gesagt, dass der hier beschriebene Cyprinoide, den ich Leuciscus Virgo nenne, in dem Leuciscus Pigus des Comer-Sees seinen nächsten Verwandten habe, allein auch dem Leuciscus prasinus aus dem Neuenburger See und selbst unserem gemeinen Leuciscus rutilus ist er ähnlich. Alle vier Arten besitzen 3|10 Strahlen, in der Rücken- und 3 | 11 — 12 Strahlen in der Afterflosse. Die Anzahl der Schuppen in der Seitenlinie weicht bloss darin ab, dass sie hei Leuciscus rutilus aus 40 — 41, bei Leuciscus prasinus aus 43 — 45, bei Leuciscus Virgo aus 44 — 46 und bei Leuciscus Pigus aus 47 — 49 einzelnen Schuppen besteht. Was aber unserem Leuciscus Virgo unter jenen Cyprinoiden, die ich nach ihren S c hin nd zahnen zu der Gattung Leuciscus zähle, ganz eigenthümlich ist und ihn allein schon von den Verwandten auf das Bestimmteste auszeichnet, ist, dass er beständig nur sieben Schup- 78 Heckel. penreihen über der Seitenlinie bis zur Rüekenflossenbasis besitzt, während jene deren acht aufzuweisen haben. Leuciscus Pigus de Filippi zeichnet sich übrigens von den Vorangehenden sehr leicht durch die beinahe schAvarze Farbe seiner Bauch- und Afterflossen aus , und wenn man ihn mit unserem Leuciscus Virgo , dessen allgemeine Gestalt er übrigens besitzt, zugleich vor Augen hat, so tritt in beider Kopfform, gerade wie zwischen unserem Sgualius Dohula und dem englischen Sgualius Cephalus ein zweiter schlagender Unterschied, der, einmal erfasst, beide Arten nie verwechseln lässt, darin hervor, dass an unserem Leuciscus Virgo, so wie am Sg. Dohula der vordere Kopf oder vielmehr die Schnauze stets dicker und stumpfer ist, als an ihren genannten Verwandten. Bevor ich die weiteren Unterschiede zwischen Leuciscus Virgo und Leuciscus prasinus mit Bestimmtheit hervorheben kann, ist es, um nicht zu neuen Verwirrungen Anlass zu geben, unerlässlich , uns zuvor über die Identität dieses letzteren näher zu verständigen. Bald nachdem Herr Agassiz die Beschreibung und Abbildung seines Leuciscus prasinus in den Memoiren von Neuchatel bekannt gemacht hatte, erhielt ich durch die Güte des Herrn Vouga vier, 6 bis 7 Zoll lange Exemplare dieses Fisches, die aus dem nämlichen Gewässer herrühren, wie jene, die Herrn Agassiz vorlagen; sie entsprechen obiger Beschreibung und ihrer betreffenden Abbildung in allen Theilen so genau, als wären sie selbst die Originale dazu gewesen und diese mit Herrn Agassi- zen's Beschreibung und Abbildung vollkommen übereinstimmenden vier Exemplare sind es nun, die ich hier mit meinem Leuciscus Virgo vergleiche. Sie von letzterem zu unterscheiden, bedarf es nur eines Blickes auf die Tafel II der genahnten Memoiren und auf meine hier gegebene Darstellung Taf. VI und VII. Was an jenen den Leuciscus prasinus vorstellenden Figuren zuerst auffallen muss, sind die verhältnissmässig viel grösseren Augen, deren Dia- meter 31/3 Mal und nicht wie an Leuciscus Virgo fünf Mal in der ganzen Kopflänge enthalten ist, auch liegen sie nicht über einen ihrer Diameter von der Nasenspitze entfernt. Ferner ist der rückwärts gewendete Winkel des Schultergürtels, unter welchem die Brustflosse ansitzt, den Bauchflossen etwas mehr genähert als der Nasenspitze , an Leuciscus Virgo findet bei weitem das Ge- Bericht einer ichthyologischeii Reise. 79 gentheil Statt. Die ganze Gestalt des Leuciscus prasinus ist etwas schlanker, ihre grösste Höhe ist 41/3 Mal in der ganzen Länge des Fisches enthalten. Endlich besitzen die Männchen unter meinen erwähnten vier Exemplaren jene zur Laichzeit entstehenden Aus- wüchse nicht allein auf dem Kopfe und an der oberen Körperhälfte, sondern sie sind ganz unregelmässig, oft zu zwei und drei auf einer Schuppe, über den ganzen Körper zerstreut, wobei sie nicht einmal die Grösse eines Hirsekornes erreichen. Ganzanders verhält es sich mit dem von Herrn Valenciennes beschriebenen Leuciscus prasinus. Dieser Beschreibung sollen, wie der Autor sagt, Exemplare, welche das Pariser Museum von Herrn Coulon aus demselben See erhalten hatte, zu Grunde gelegen sein. Seine Worte daselbst: Hist. nat. XVJI, Pag. 154, lauten: xfija hauteur du tronc est comprise cinq fois et demie dans la longueur totale, le diametre de Voeil est cinq fois un tiers dans la longueur de la iete." Man ersieht daraus leicht, dass hier ein ganz anderer Fisch, als der wirkliche Leuciscus prasinus A g a s s. gemeint sein müsse, und ohne mich in werthlose Vermuthungen hierüber einzulassen , erlaube ich mir bloss die Ichthyologen bei Be- stimmung der Species Leuciscus prasinus ausschliesslich auf die in den Memoires de Neuchätel gegebene Original-Beschreibung und Abbildung hinzuweisen. Von unserem Leuciscus Virgo würde sich dieser sogenannte Leuciscus prasinus der Hist. naturelle jedenfalls durch einen sehr gestreckten Körper, dessen Höhe fünf und ein halbes Mal in seiner Länge enthalten sein soll, hinrei- chend unterscheiden *). Ob Cyprinus rutilus Jurine, Mem. de Geneve IJI, Pag. 211, PI. 13, mit unserem Leuc. Virgo identisch sei, wage ich, da mir *) Ich erhaUe so eben durch die Gefälligkeit des Herrn Louis Coulon fils, Directeur du Musee d'histoire naturelle de Neuchdtel, vier andere in dem dorti- gen See frisch gefangene Exemplare des Vengeron, Leuciscus prasinus Ag., und des Ronzon, Leuc. rodens Ag., nebst der Versicherung „je crois que ce sont les especes que vous demandez les ayant compares avec les echantillons deposes dans notre Musee par Mons. Agassiz et nommes par lui." Die beiden Vengerons stimmen so vollkommen mit meinen früher durch Herrn Vouga er- haltenen Exemplaren, so wie mit der angeführten Agassizischen Beschreibung überein und sind so weit von jener des Herrn Valenciennes entfernt, dass auch in dieser Beziehung gar kein Zweifel über das bedauerliche Missgeschick des XVII. Bandes der Hist. nat. übrig bleibt. 80 Heckel. keine Exemplare aus dem Genfer See vorliegen , zwar nicht zu ent- scheiden, muss es aber sehr bezweifeln. Jedenfalls ist dieser Ci/pr. rutUus nicht der wahre Cypr. rtitilus Linn. und noch weniger der Leucisciis Pigo de Fil. oder gar Limc. prafiimis Agass. wie Manche es glauben. Meinerseits halte ich ihn, bis neuere Untersuchungen uns näher hierüber belehren für eine eigene Art, die vielleicht mit obigem Leuciscus prasinus der Hist. natu- relle XVI J, Pag. 153, zusammen fallen dürfte. Unserem gemeinen Leuciscus nitilus ist der Leuciscus Virgo in seiner Jugend sehr ähnlich, und selbst die Körperhöhe ist nur wenig verschieden, jedoch enthält die Seitenlinie an letzterem um 5 — 6 Schuppen mehr. Entschiedener tritt aber der Arten-Unter- schied zwischen Beiden noch dadurch hervor, dass an Leuc. rutilus die Rückenflossenbasis bedeutend länger ist als jene der Afterflosse, dass die Seitenlinie sich rasch abwärts beugt, und dass der Winkel des Schultergürtels zwischen Nasenspitze und Bauchflossen mitten inne liegt, während an Leuc. Virgo Rücken- und Afterflossenbasis gl eich lang sind, die Seitenlinie nur all mäh lieh sich senket, und der Winkel des Schultergürtels der Nasenspitze viel näher liegt als den Bauchflossen. Übrigens hat Leuc. rntihis auch einen etwas grösseren Kopf und niederen Schwanzstiel. Ü» «1 u a 1 i u s D o b u 1 a Heck. Allel, Cypr. Duhula L i ii ii. , Ci/pr. Idus Bloch., Lencisc. frigidus V a 1 e n e. Taf. VIII, Fig. 1—7. Ein starker, fest beschuppter Weissfisch mit rundem Rücken, dickem , stumpfen Kopfe und breitem Maule. Die grösste Höhe seines Körpers ist 4^/3, die Länge des Kopfes ö'/s Mal in 'der ganzen Länge des Fisches enthalten. Die grösste Dicke beträgt nicht ganz die Hälfte jener Höhe, und dasselbe Verhältniss findet auch bei dem Schwanzstiele Statt, dessen Höhe der grössten Körperdicke wenig nachsteht. Wenn man sich eine auf beiliegender Figur angedeutete Achsenlinie denkt, welche, bei der normalen Haltung des Fisches, seinen Kopf unter dem Hinterhaupte so wie den Schwanzstiel mitten durchzieht, so ergibt sich, dass bis zur Rückenflosse kaum ein grösserer Theil des Rumpfes über als unter dieser Achse liegt; ein umgekehrtes Verhältniss findet jedoch bei dem Anfange der After- flosse Statt, woselbst der Körper sich etwas mehr unter seiner Achse Bericht einer icht'b.vologi.sclieii Rei.se. O I ausdehnt. Im Gunzeii ist die Gestalt des Fisches eine der regel- mässigsten, denn sowohl das obere als das untere Körperprofil be- sehreibt bis zum Anfange der Rückenflosse und bis zur Anlenkung der Bauchflossen denselben sanft gezogenen Bogen ; nach dem An- fange der Rückenflosse senkt sich der Rücken in gerader Linie all- mählich bis zur Schwanzflosse, während die ßauchlinie hinter den Bauchflossen wagrecht bis zum Anfange der Afterflosse fortläuft, von da aus sich längs der Afterflossenbasis etwas rasch erhebt, und dann abermals wagrecht die Schwanzflosse erreicht. Der Kopf ist stumpf, nur um \/^ weniger dick als lang, von oben gleich dem ersten Drittheile des Vorderrückens flach gewölbt ; seine grösste Höhe unter dem Hinterhaupte gleicht nicht ganz V5 , und die Breite der Stirne zwischen den Augen beinahe einer Hälfte der ganzen Kopflänge von der Nasenspitze bis zum hinteren Rande des Kiemendeckels. Die Erhebung der Stirne geschieht in beinahe gerader Linie, die sich in einem Winkel von 2S Grad über die ge- dachte Körperachse erhebt. Die Nase ist niedergedrückt und breit, die Nasenlöcher selbst haben eine massige Grösse, und liegen dem Augenrande um % näher als der Nasenspitze. Die Mundspalte Öftnet sich vorne in der Achsenlinie des Körpers, und senkt sich rückwärts in demselben Winkel unter die Achsenlinie herab, mit welchem sich die Stirne über dieselbe erhebt; die Mundwinkel ste- hen senkrecht unter den Nasenlöchern , und die Entfernung beider, oder die Sehne des ein halbes Oval bildenden Mundbogens ist um Vä länger als der grösste Halbmesser desselben, welcher Vg der zwischen den Augen liegenden Stirnbreite gleichet. Der Oberkiefer ist etwas vorstehend, sein schmaler häutiger Rand nimmt bei gänzlich geschlossenem Munde den dickeren abgerundeten Lippenwulst des an seiner Symphyse etwas erhöhten Unterkiefers auf. Bei dem Offenen des Mundes schiebt sich der Zwischenkiefer nur wenig vor und der Unterkiefer, dessen Äste einem Fünftheile der ganzen Kopf- länge gleichen, tritt dann etwas weiter vor als der obere Kieferrand. Das Auge hat eine massige Grösse, sein Durchmesser ist S '/a Mal in der Kopflänge und 2\L in der Stirnbveite zwischen beiden Augen enthalten, es liegt um l V 2 dieser Durchmesser hinter der Nasenspitze, und die gedachte Körperachse durchschneidet das untere Viertheil seiner Höhe ; der hintere Augenrand befindet sich mithin nicht in, sondern v 0 r des Kopfes Mitte, und die Stirnbreite zwischen den Nasen- Sitzb. d. mathem.-nalurw. Cl. IX. Bd. I. Hft. 6 82 He ekel. löchern gleichet der Hälfte des Abstandes beider Augen. Eine senk- recht vom Hinterhaupte auf die Achse gefällte Linie würde die Kopf- länge etwas hinter ihrem zweiten Drittheile durchschneiden. Abermals hinter dieser senkrechten Linie und zwar um 1 1/2 Augendiameter vom Auge entfernt , beginnt der sanft einwärts gehende Hinterrand des Vordeckels , welcher sich unien nach einem spitzen Winkel vor- wärts wendet. Der Zwischendeciiel ist ziemlich breit. Der hintere ujid untere Rand des Hauptdeckels bilden zusanunen einen rechten Winkel, welcher von gedachter Körperachse durchzogen wird ; erst unter diesem ^^'inkel beginnt mit dem Unterdeckelstücke die Ab- rundung des allgemeinen Kiemendeckelrandes, welchen ein ziemlich breiter und tieischiger Hautsaum umgibt. Die Schlundknochen, Fig. 4, sind vorwärts etwas schlank und ihre schmalen, mit 3 — 4 Gruben versehenen Flügel beginnen am auf\\ärts steigenden Theile mit einem plötzlich scharf vorspringenden Winkel, dessen Spitze von dem Anfange und Ende jedes Schlundknochens stets gleichweit entfernt ist. Die Zähne sitzen daselbst auf zwei lockeren Reihen, die vordere enthält an jedem Schlundknochen zwei, die hintere fünf Zähne. Sie haben eine lang- konische ziemlich comprimirte Gestalt und enden in einen rückwärts gekrümmten spitzen Haken, die letzten in der hin- teren Reihe sind viel schlanker und mit dem Rücken ihres Hakens vorwärts geschwungen. An den hinteren Zähnen beider Reihen zeigen sich an der den Haken bildenden Seite, wenn diese noch nicht abgenützt ist, einige seichte Kerben, die jedoch niemals, wie bei Scordinius-Avten, eine scharfe Zühnelung darstellen. Die läng- sten in der Mitte der Hinterreihe stehenden Zähne enthalten eine halbe Rasislänge dieser ganzen Reihe: jene beiden in der Vorderreihe sind um die Hälfte kürzer. Der Schultergürtel, welcher beinahe die l^mrisse der Schlundknochen wiederholt, springt scharfwinklig über die Basis der Brustflossen zurück, so dass die Spitze dieses Winkels den Bauchflossen etwas näher liegt als der Nasenspitze. Die Rückenflosse entspringt etwas nach der Mitte des Körpers, oder vielmehr des Abstandes dov Nasensititze von dem Ende der Be- schuppung, senkrecht über der 16. Schuppe der Seitenlinie; ihre Basis erreicht nicht ganz eine halbe Kopflänge. Sie enthält 3 un- getheilte Strahlen, deren erster sehr kurz ist, der dritte aber die ganze Basislänge um die Hälfte übertritft; diesen folgen, allmählich küi'zer werdend, 8 getheilte Strahlen, deren jeder gegen sein Ende Bericht einer icliliiyologl.sfliea Reise. 83 viermal dieliotom gespalten ist, nur der letzte Strahl, welcher dicht hinter dem vorletzten steht, macht zuweilen eine Ausnahme, indem er bloss dreimal dichotom erscheint. Der obere Rand der Flosse ist gerade, und bildet mit dem Vorderrande, da der letzte Strahl über die Hälfte länger ist als dieser, einen nicht sehr spitzen Winkel von 75 Grad. Die Afterflosse beginnt etwas nach dem zweiten Drittheile der Körperlänge (ohne Schwanzflosse), senkrecht um li/g Augendiameter hinter dem Ende der Rückentlossenbasis. Die Länge ihrer Basis ist jener der Rückenflosse vollkommen gleich oder nur unbemerkhar länger, sie enthält im Ganzen, wie die Rückenflosse, 1 1 Strahlen, die sich sowohl ihrer Stellung, als Länge und Dichotomie nach ebenso verhalten , mit dem einzigen aber sehr charakteristischen Unter- schiede dass hier, nicht wie in der Rückenflosse der dritte ungetheiite Strahl, sondern der zweite und dritte der getheilten Strahlen die längsten sind , wodurch der untere Rand dieser Flosse keine gerade Linie, sondern einen auffallenden Bogen beschreibt. Die Schwanzflosse ist breit und kräftig. Wenn man beide Lappen, deren unterer etwas längerer "'/^ der Kopflänge erreicht, zusammenlegt, so sind die mittleren Strahlen der Flosse nicht ganz um die Hälfte länger als diese. Im ausgebreiteten Zustande dagegen erscheint der hintere Flossenrand nur wenig ausgebuchtet. Die ganze Flosse enthält 17 drei- bis viermal dichotome Strahlen, die oben von 6, unten von 7 stufenweise längeren einfachen Randstrahlen gestützt werden. Die Brustflossen haben mit den vorderen Strahlen der Rücken- flosse eine gleiche Länge und reichen zurückgelegt weit über die Mitte des zwischen ihnen und den ßaucbflossen befindlichen Ab- standes. Sie enthalten jede 15 Strahlen; der erste starke Strahl ist wie immer ungetheilt, hierauf folgen 11, die nicht über zweimal dichotom sind, und an diese legen sich die letzten drei, schon sehr kurze, abermals ungetheilt an. Die ßauchflossen sind etwas kürzer, ihr erster ungetheilter Strahl sitzt, weim man sich eine durcb obige Körperaehse recht- winkelig gezogene Linie denkt, um einen ganzen Augendiameter vor dem Anfange der Rückenflosse. Die nachfolgenden acht sind, mit Aus- nahme des letzten, der nur zur Hälfte zweimal gespalten ist, sämmtlich dreimal dichotom, und bilden einen schief abgerundeten Rand. 6 '■'■' ö4 Heck^•l. Die Schuppen sind gross und stark, die grössten, welche, her- ausgezogen, 1 I/o Augendiameter lang und breit sind, liegen über der Seitenlinie zwischen Brust- und Bauchflossen ; gegen den Rücken und Bauch hin, sowie auf dem Schwanzstiele nehmen sie an Grösse ab; die kleinsten auf der Brust erreichen nur noch den vierten Theil der ersteren. Die grösste Anzahl wagrechter Schuppenreihen befindet sich vor dem Anfange der Rücken- und Bauchflossen, woselbst 28 Reihen in folgender Weise den ganzen Rumpf umgeben. Es liegen nämlich über jeder Seitenlinie 7 Reihen, die auf dem Rücken durch eine neutrale Reihe verbunden sind, und unter den Seitenlinien be- linden sich ebenso 10 Reihen, mit einer neutralen Bauchreihe ver- bunden. U n t e r dem Anfange der Rückenflosse bis senkrecht hinter den ßauchflossen enthält der Umkreis des Körpers nur 27 wagrechte Reihen, welche Abnahme, obschon die Anzahl der über der Seiten- linie belindlichen jederseits um eine Reihe zuninnnt, daher rühret, weil, nebst dem Abgange der oberen Firstreihe, hinter den ßauch- flossen nur 8 Reihen mit einer neutralen Ivielreihe den Bauch unter den beiden Seitenlinien bedecken. Es betinden sich mithin an jeder Seite des Fisches 8 wagrechte Schuppenreihen über der Seitenlinie bis zur Rü(;kenflossenbasis, und 3 liegen zwischen dieser Linie und der Anlenkung der Bauchflossen. Die Seitenlinie selbst senket sich gegen das Ende der Bruslflossen bis auf Vs dci* Körperhöhe herab, und besteht aus 43 — 46 Böhrchenschuppeii . so wie die drei nächsten Reihen über ihr, die ebenfalls vom Kopfe bis zu der Schwanzflosse reichen. Die 4. und 5. Reihe nach aufwärts beginnt ebenfalls noch am Hinterhaupte, wiewohl etwas minder deutlich, die 4. mit 45 Schuppen endigt vor der Schwanzflosse, die o. mit 33 zwischen der Rücken- und Afterflosse in der Mitte. Die drei obersten Reihen ent- springen nach dem Hinterhaupte hinter einander aus der Firste des Vorderrückens und endigen vor der Mitte des Schwanzrückens, wobei die 6. Reihe 25, die 7. nur noch 15 — 16 Schuppen zählt, während die 8. aus den Firstschuppen dicht vor der Rückenflosse ent- springend, nicht weiter als die Basis dieser Flosse selbst reicht, welche sie mit 7 — 8 meistens kleinen sogenaimten halben Schuppen besetzt. Bei manchen Individuen ist diese oberste oder achte Schuppenreihe viel weniger entwickelt, so dass sie zuweilen bloss rudimentär aus zwei kleinen Schüppchen unter den vordersten Flossenstrahlen besteht, und daher ganz zu fehlen scheint. Unter der Bericht eiiu'r ichtlivologisi-lieii Hei.se. 85 Seitenlinie .sind e.s blo.s.s die zw ei iiir zunächst liegenden Sehuppen- reihen, welche mit 44 und 43 Schuppen vollständig die Schwanz- flosse erreichen. Die 3. ans 28 Schuppen endiget mit der After- flossenbasis, die sie in der letzten Hälfte begleitet, und enthält die schmale, lange Heckenschuppe, worunter die Bauchflosse sitzt. Die Textur der. wie gesagt, starken, bis zum Rande horn- aitig harten, rückwärts einen Viertelkreis beschreibenden, an der Basis abgestutzten und mehrfach ausgebuchteten Schuppen (Fig. S) bestehl aus sehr feinen concentrischen Ringen . deren Mittelpunkt rein und deutlich in der Mitte jeder Schuppe liegt. Der Fächer des unbedeckten Theiles besteht, an den in der Mitte des Rumpfes über der Seitenlinie befindlichen Schuppen, aus 8^ — 10 Strahlen, die eine kaum merkbare Kerbung des Schuppenrandes, daher auch kaum eine wellige Biegung der von ihnen durchschnittenen concentrischen Ringe verursachen und grösstentheils den Mittelpunkt erreichen. Die aus der Basis entspringenden Fächerstrahlen sind viel zahl- reicher, feiner und kaum die Hälfte von ihnen erreicht den Mittel- punkt. An den Schuppen der Seitenlinie ist das Schleimröhrchen sehr kurz, und die Fächerstrahlen sind in geringerer Anzahl vor- handen. Die Wirbelsäule besteht aus 4(1 Wirbel, wovon 22 der abdo- minalen und 18 der caudalen Hälfte angehören. V. IjU. V. IjS. I). 3|8. A. 3|8. C. 6|17|7. Squam. 41; ^46. Kin grünliches Rraun oder schwärzliches Grün, das den oberen Theil des Rückens einninnnt, verliert sich an den Seiten in hell- glänzendes, golden schillerndes Silber, Avelches auf der Brust in eine etwas röthlich spielende m eisse Farbe übergeht. Der Kopf ist über den Augen und der Kiemenspalte heller und grünlicher als der Vorderrücken, die silherliellen Wangen imd Kiemendeckel schimmern in sanft rosenrothem und goldgelben Glänze. Mund und Kinn sind röthlich. Die Farbe dei- Iris gleichet einem halbdurchsichtigen Grünlich-braun auf goidenem Grunde, und bloss ein schmaler schön gelber Ring umgibt die schwarze Pupille. Ausser dem Wasser ver- liert sich diese zarte Färbung aber bald, die ganze Iris Avird all- mählich einförmig gelb und dann weiss. Die Rückenflosse ist schwärz- lich, besonders gegen ihren oberen Rand; nur in ihrer halben Höhe 86 Hecke). und zwar mehr gegen den vorderen und den hinteren Rand zu wird die Spannhaut rötlilich. Die Sehwanzflosse ist ebenfalls schwärzlich, an ihrer Basis heller, am hinteren Rande beinahe ganz schwarz, nur in der Mitte des oberen und unteren Lappens röthet sich die Spann- hant ziemlich stark. Die wie gewöhnlich schwach gefärbten Brust- flossen erscheinen an der Basis etwas röthlich, übrigens blassgelblich. An den Bauchflossen und an der Afterflosse sind die Strahlen weit intensiver gefärbt als die Spannhaut, die vorderen überzieht ein feuriges Hochroth, welches gegen ihr Ende so wie an den hinteren Strahlen blässer wird, und längs der ganzen Basis, besonders an der Afterflosse in ein blasses Veilchenblau übergeht. Bei jungen Indi- viduen haben die unteren Flossen eine oft viel mattere Farbe, und die Schwanzflosse ist ganz schwärzlich ohne Roth. Der Schulter- gürtel mit der angrenzenden vertiealen Schuppenreihe ist grünlich- schwarz überflogen, dieselbe Farbe nimmt auch die Basis jeder Schuppe an den Seiten des Rumpfes ein , und überdies ist der hintere Rand dieser Schuppen noch mit einer Reihe feiner schwärz- licher Punkte geziert. Die langen Beckenschuppen über der Bauch- flossenbasis zeichnen sich durch eine lebhaftere röthliche Farbe vor den übrigen aus. An todten Individuen, so Avie an solchen, die man im Weingeist aufbewahrt, ersterben auch hier, wie gewöhnlich, alle Farben, nur der grosse Fleck hinter dem Kieinendeckelrande und die kleineren an jeder Schuppenbasis treten alsdann schwärzer hervor. Unser Altel hält sich in seiner Jugend am liebsten in kleinen Gewässern auf, an langsam fliessenden Stellen klarer Bäche sieht man oft hunderte derselben gemächlich neben und hinter einander herziehen, zuweilen durch den blossen Schatten des Lauschers er- schreckt, pfeilschnell über den kiesigen Grund dahin fahren. Kleine Würmer und verunglückte Fliegen sind anfangs ihre Nahrung, sobald sie aber etwas grösser Averden und lieber in den Dümpeln der Bäche verweilen, oder sich in die Flüsse begeben, zeiget sich bereits ihre raubsüchtige Natur; ihre jüngeren Mitbürger, Avelcher Art sie auch angehören mögen, sind dann vor dem breiteren Maule nicht mehr sicher, auch Frösche und Wassermäuse gehören zu ihrer Nahrung. Sie sollen, nach der Angabe eines erfahrenen Fischers der unteren Donau, Jos. Burgstaller in Battina, 8 — 9 Jahre alt werden, und ein Gewicht von 4 — 5 Pfund erreichen; in den Seen Oberösterreichs werden sie bisweilen 9 Pfund schwer. Ihre Laichzeit fällt in die Bericht einer iilithyologischcn Reise. 3T Monate Mai und Juni. Das Fleisch ist wohlsclinieckend, allein der vielen Gräthen wegen nicht geschätzt. Unter den Cypriniden Österreichs findet unser Altcl, gleich der vorigen Art, nämlich dem Nerflinge, seinen zunächst stehenden Verwandten jenseits der Alpen in dem Cnvedano, Cave-:,zale oder Cavazino des Po-Gehietes, welchen Bon aparte in seiner Icono- grafia della fauna d'' Italia unter dem Namen Leuciscus Cave- damis heschriehen und sehr gut abgehildet hat <). Dieser Caoe- ('lc. imd iindei-eii Arten in eine Abtheilnng der Cyprinideii mit rundlippigem Munde ohne Bartfäden, kurzer Rücken- und After- flosse ohne Knochenstrahl, für welche ich in meiner Dispos. syst, fam. Cyprin. den Gattungsnamen Leuciscus beibehielt, und aus- schliessend dadurch cliarakterisirt habe, dass der linke Schlund- k n 0 c h e n e i ii e e i n f a (! h e Reihe von 6 , der rechte eine eben s o 1 c h e v o n 5 s t a r k e n D r ü c k z ä h n e n trage ; Fig. 4. Unter dieser also scharf begrenzten Gattung oder Untei-gattung Leuciscus zeichnet sich der Perlfisch, wie es schon aus einer zwar nicht sehr gelungenen Abbildung Meidinger^s zu ersehen ist, durch seine be- sonders schlanke, ja beinahe walzenförmige Gestalt und auffallend kleine Schuppen von seinen beiden Verwandten, dem Pigo und dem Nerflinge, aus, so dass die Selbstständigkeit seiner Art in Bezug auf diese Beide nicht den mindesten Zweifel leidet. Wenn man sich bei der natürlichen Haltung des Fisches unter dem Ende des Hinterhauptes eine durch die Mitte des Kopfes und des Schwanzstieles gezogene Körperachse denket, so befindet sich zwischen dem Hinterhaupte und dem Anfange der Afterflosse, wo- selbst die Körperhöhe mit der Kopfhöhe gleich, und achtmal in der ganzen Fischlänge enthalten ist, der grössere Theil des Rumpfes durchaus über dieser Achse, Taf. IX, Fig. 1 a — b. Der grösste Höhendurchmesser des Körpers bei dem Anfange der Rückenflosse ist der ganzen Länge des Kopfes gleich und sechsmal oder etwas darüber in der Fischlänge enthalten; über dem Ende der Afterflosse beträgt die Körperhöhe y^g und vor den ersten Schwanzflossen- strahlen i/i4 der ganzen Fischlänge. Der Querdurchmesser des Kopfes zwischen den Kiemendeckeln enthält %, die Dicke des Rumpfes, Fig. 3, unter dem Anfange der Rückenflosse y^, und in der Mitte des Schwanzstieles zwischen After- und Schwanzflosse % des jedes- maligen Höhendiameters an denselben Stellen. Der Kopf ist konisch stumpf, der Rücken hinter demselben kaum erhöht und bis zur Rückenflosse, so wie der Bauch bis zur Afterflosse geradlinig. Die sehr gewölbte breite Stirne ist hinter der dicken Nase der Länge nach sanft gebogen ; die Entfernung der letzteren von dem Hinter- haupte gleichet der Kopfliöhe unter diesem; die bedeutende Breite der Stirne zwischen den Augen, Fig. 2, erreichet beinahe eine halbe Kopflänge, oder, was nicht viel weniger ist, die Entfernung des hinteren Augenrandes von der Nasenspitze. Das Auge selbst liegt 90 Heckcl. nicht ganz um 2 seiner Diameter, deren einer Vg der Kopflänge be- trägt, hinter der Nasenspitze, mehr über als unter der oben gedachten Körperachse. Über der dicken Nase liegt ein etwas schief gespal- tener vorne halbkreisförmiger Mund mit fleischigem Lippenrande, dessen Querdurchmosser zwischen den bis unter die Nasenlöcher reichenden Mundwinkeln einer halben Stirnbreite gleichet. Der hintere Vordeckelrand beginnt tief unter und etwas nach dem Hinter- haupte, so dass die Entfernung des Auges bis zum Vordeckelrande 1 i/a imd hinter diesem letzteren die Länge des Hauptdeckels 2 Augendiametor beträgt. Eine vom Hinterhaupte senkrecht auf die Achse gefällte Linie würde etwas mehr als das letzte Drittheil der Kopflänge abschneiden. Der Anfang der Rückenflossenbasis liegt der Nasenspitze etwas näher als dem Ende des Schwanzstieles oder vielmehr der Be- schuppung, er steht zwischen obiger Senkrechten des Hinterhauptes und einer parallelen auf das Ende der Analflossenbasis gesenkten Linie gerade in der Mitte. Die Rückenflossen- und die Afterflossen- basis gleichen eine jede y^o der ganzen Fischlänge oder Vs der Kopflänge; die längsten Strahlen der ersteren sind \% in dieser Basislänge enthalten, jene in der ZMeiten übertrefTen sie nicht; beide Flossen sind eckig und schief abgestutzt, so dass ihr Ende um 1/3 niederer ist als ihr Anfang, die obere besteht aus 3 ungetheilten und 9 getheilten, die untere aus 3 ungetheilten mit 10 getheilten Strahlen. An dem Ende des schlanken Schwanzes, der bis zur obigen Senkrechten der Afterflosse über 1 % Kopflängen enthält, sitzt eine aufTallend tief eingebuchtete Schwanzflosse aus 17 ge- theilten Strahlen, mit 8 ungetheilten sowohl darüber als darunter bestehend. Die mittleren und kürzesten Strahlen erreichen kaum %, die längsten in beiden Lappen oder Gabeln 1 % der Kopflänge. Die Brustflosse enthält einen ungetheilten und 19 getheiltc Strahlen, deren untersten sehr kurz sind, während die oberen % der Kopflänge erreichen. Die grossen breiten Bauchflossen silzen senkrecht unter dem Anfange der Rückenflosse, sind nicht viel kürzer als die Brust- flossen , und bestehen aus einem ungetheilten mit 8 getheilten Strahlen, deren letzter zuweilen bis auf die Basis gespalten oder doppelt ist. Die Schuppen sind ziemlich klein, etwas länglichrund, mit einer wellenförmig auseebuchteten Basis und einem stark eingekerbten freien Rerielil oinor ichdiyologisrhen Reise. 91 Rande; die concentrisclien Ringe sind zahlreich, fein und ohne Chaos an dem in der Mitte gelegenen Strahlenpnnkte, nach welchem sich aus den zahlreichen Kerben des freien Randes weit mehr, iK — 20, ganze und halbe Radien hinziehen, als aus den Rucliten der Rasis; die beiden Seitenflächen haben keine Radien, Fig. 5. Die Sei- tenlinie senkt «ich kaum etwas unter die gedachte Achse des Körpers höchstens bis zu 2/5 der ganzen Körperhöhe hinab, sie enthält 64 bis 67, gewöhnlich aber 65 Röhrchenschuppen. Über ihr liegen gegen den Anfang der Rückenflosse 10 horizontale Schuppenreihen, die Rücken- firste wird vor dieser Flosse von einer einfachen (neutralen) Reihe bedeckt; es besteht sonach der Schuppenpanzer über der rechten und linken Seitenlinie an dieser Stelle zusammen aus 21 horizontalen Schuppen reihen. Unter der Seitenlinie bis zur Anlenkung der Rauchflossen und ebenso bis zum After befinden sich 6 horizontale Schnppenreihen, den Rauchkiel selbst bedecken vor den Rauchflossen 5 und vor dem After eine neutrale Reihe. Der Schuppenpanzer unter der Seitenlinie bestellt also an der ersteren Stelle aus 17. an der zweiten aus 13 Reihen, und die vor der Rückenflosse den ganzen Körper umgebenden Schuppen bilden in allem 40 horizontale Reihen. Diese Angaben der Schuppenreihen ist nach sechs vorliegenden Exemplaren entworfen, und ich ftuid nicht die geringste Abweichung unter ihnen; nur an einem siebenten Individuum, das übrigens voll- kommen mit den vorigen sechsen übereinstimmt, erscheint die An- zahl der Schnppenreihen unregelmässig, gleichsam als eine Miss- bildung. Hier liegen nämlich 11 Reihen anstatt 10 vor der Rücken- flosse über der Seitenlinie, indem die sonst einfache neutrale Reihe der Rückenfirste sich in eine doppelte aufgelöset hat, und eine eigent- liche Firstreihe aus convexen Schuppen hier gänzlich verschwunden ist. Aus dieser Anomalie entsteht eine zweite unter der Seitenlinie, woselbst sich nur 5 anstatt 6 Reihen bis zur Anheftung der Rauch- flossen befinden. Die Gesammtzahl der Scluippenreihen an den Sei- ten bleibt dabei zwar dieselbe wie früher, nur enthält wegen Abgang einer Firstreihe der ganze, den Rumpf vor der Rückenflosse umge- bende Panzer um eine horizontale Schuppenreihe weniger, daher 39. P.l|19. Y. 1|8. D.3|9. A. 3|10. C.8.17|8. Squam. 64-^67. Im Leben ist der Oberkopf und der Rücken des Perlfisches schwärzlich-grün, die Seiten sind graulich-silbern. Brust und Bauch 92 He ekel. milchweiss; jede Schuppe, mit Ausnahme der unteren, hat hinter dem Rande der sie überdeckenden einen rein abcfeschnittenen, halbmond- tormigen Fleck von schwärzlicher, bei Exemphiren im Weingeiste schwarzer Farbe; Rücken-, Rrust- und Schwanzflosse sind schwärz- lich, die beiden letzteren unten weisslich; Bauchtlossen und Afler- flosse an der Basis bläuüch-Meiss, übrigens zwischen den schmut- zig-gelblichen Strahlen durchscheinend -weisslich. Zur Laichzeit erscheint der ganze Fisch, sowohl Männchen als Weibchen, mit auflfallond grossen konisch zugespitzten Erhabenheiten besät, die ihm ein weissbedorntes Ansehen geben; die grössten derselben sitzen auf dem dicken breiten Oberkopfe und Vorderrüeken, und kleinere finden sich selbst an den Flossen : ein röthlicher Schimmer übergiesst zugleich die ganze Bauchgegenn und erhöhet den üppigen Hochzeits- schmuck. Die Wirbelsäule enthält 40 Wirbel, deren 21 dem abdominalen und 19 dem caudalen Antheile entfallen. Die Bauchhaut ist schAvärz- lich mit grossen, intensiv-schwarzen Punkten besät, und der Darm- canal macht nur eine einfache Beugung. Dieser Fisch wohnt das ganze Jahr hindurch in den grössten Tiefen des Attersees und erscheint bloss zur Laichzeit an seiner Oberfläche oder in den dort einmündenden Bächen, niemals in der Donau. Er erreicht über 20 Zoll Länge, hat ein zähes Leben, ist als Speise nichtsehr geachtet, und wird von den Fischern gewöhnlich W e i s s f i s c h oder P e r I f i s c h genannt. Dieselben Individuen dieses eben beschriebenen und hier abge- bildeten Perifiscbes sah Nordmann bei seiner Durchreise nach Paris an dem hiesigen Museum unter der Aufschrift: Cyprinvs Gri sJ (Hjine Linn. nach Meidinger, und hielt sie mit anderen bei Odessa vor- kommenden, die er, da Linne unter Cypr. Grislagine eine ganz andei-e Species *) bezeichnet, LcKciscus Frisii zu benennen vor- liutte, für identisch. Unser Perllisch erschien darauf auch wirklich in dem auf Kosten Demidoff's herausgegebenen Praelitwerke, Fo^w^/e flans hl Russie meridionale, tome Ul^ pffff- ^^7, mit einem in Odessa Wyi'esub genannten Fische, unter dem Namen //e?/r?.9rw,9 *) Cyprinus Grishiyine Jjinn. ist eine eigene Art. von welcher ich nachfol- gend unter dein Capitel Cyprinus Leuciseus An ct. sprechen werde. liericht eiinn' ichllivologisilicii Heise. J)ä Frisii Kovdiu. Die daselbst gegebene Diugnose bezeicliiiet weder unseru Pei-llisi'h noch jenen Wijresub genau, weil beide von ein- ander ve rs c'lii edene Arten ihr zu Grunde lagen. Ebenso be- zeichnen die beiden als Synonyine beigesetzten Citate : Cyprinus Cephalus Pallas und LeucLsniS Grinhiyine H e c k e l , ersteres den Wyresuh das andere unsern Perlliscli. Anstatt aller näheren Beschreibung berufet sich Nordmann bloss auf die in der Zoogr. rosfi. asiat. t. III, pug- 301, unter Cypr, Cephalus von Pallas ge- gebene, die sich auch (mit Ausnahme des iirig dazu citirten Mar- silius ') ganz vollkommen auf jenen eben daselbst Wyresub ge- nannten Fisch, keineswegs aber auf unsern Perlüsch beziehen lässt. Bei meiner Ausarbeitung der üispos. syst, fuiii. Cypnnoruin nahm ich selbst weniger auf äussere Unterschiede nahe verwandter Arten als auf den Bau, deren Schlundzähne, bedacht, und so ge- schah es, dass, auf Xordmann bauend, dessen Fauna mir damals noch nicht zu Händen gekommen war, Cypr. Grislayitw Meidin- ger doit als eine Synonym von Leuciscus Frisii Nordm. vor- kommt. Später untersuchte ich die mir von Nordmann hinteilassenen Exemplare, und fand wesenlliche Unterschiede zwischen ihnen und dem Perltische des Attersees, die noch schlagender aus den einem älteren Individuum eiitnommenen Massangaben des Pallas selbst hei- vortreten, so dass ich erstaunt war, wie sie übersehen werden konnten. Damit nun diese beiden allerdings verwandten Fische nicht fernerhin als einer und derselben Art angehörig betrachtet werden mögen, füge ich hier zum besseren Verständnisse und zur leichteren Überzeugung eine, wie ge\\öhnlich mit meinem Ichthyometer ange- fertigte, auf dieselbe Grösse des dargestellten Perltisches reducirte Zeichnung des Wyresuh aus Odessa bei, und werde in meiner Be- schreibung desselben, auf Grundlage der eben gegebenen Beschrei- bung des PerKisches. seine bemerkenswertheren Abweichungen her- vorzuheben suchen. M Ich habe bereits Irühor bewiesen, dass dieses falsch angeführte auch hier in der Finnin pontieu copirle Cilat. nach den beigesetzten Worten dem Orfus gcrinanorum iVIarsil. oder un.serem Xertlingc, Leuciscus Virgo Heck, angehöre. 94 Heckel. Leuciscus Friesii Nordmann. Wyresiib. Taf. X, Fig. 1 — 4. Zwischen dem Hinterhaupte und dem Anfanoe der Rückenflosse belindet sich der grössere Theil des Rumpfes über und von da aus bis zum Ende der Afterflosse unter der Achse des Körpers. Die Kopfhöhe unter dem Hinterhaupte ist etwas über 7 Mal, die grösste Körperhöhe vor der Rückenflosse 4*/3 Mal, und die Höhe über dem Anfange der Afterflosse oder die ihr gleichende Kopflänge 6 Mal in der ganzen Fischlänge enthalten; über dem Ende der Afterflosse beträgt die Körperhöhe nicht ganz Vg un^^ vor den ersten Schwanz- flossenstrahlen Vis derselben ganzen Länge. Der Querdurchmesser des Kopfes zwischen den Kiemendeckeln enthält % , die Dicke des Rumpfes unter dem Anfange der Rückenflosse weniger als %, und in der Mitte des Schwanzstieles zwischen After- und Schwanzflosse Va des jedesmaligen Höhendiameters an denselben Stellen. Der Kopf ist kurz und stumpf, der Rücken hinter demselben setzt sich als ein gleichmässig erhöhter Bogen bis zu seiner Flosse fort, das Profil des Bauches bildet dagegen von der Brust- bis zu der Afterflosse eine beinahe gerade, mit der Achse parallele Linie. Die etwas flache, n u r 75 der Kopflänge breite Stirne erhebt sich hinter der dicken stampfen Nase in gerader Linie. Die Entfernung letzterer vom Hinterhaupte erreicht nicht ganz die Kopfhöhe daselbst. Auge und Mund sind wie an dem Perlfische gestaltet, nur gleichet der Querdurchmesser des letzteren der geringeren Stirnbreite wegen % der Entfernung über beiden Augen. Der hintere Vordeckelrand beginnt tief unter dem Hinterhaupte, so dass die Entfernung des Auges von diesem Rande kaum über einen, und die Länge des Haupt- deckels nicht ganz zwei Augendiameter betragen. Eine Senkrechte des Hinterhauptes Mürde daher weniger als Vs der Kopflänge ab- schneiden. Der Anfang der Rückenflossenbasis liegt der Nasenspitze näher als dem Ende der ßeschuppung iin Schwanzstiele, er nähert sich auch etwas mehr einer Senkrechten am Ende der Afterflossenbasis als jener des Hinterhauptes. Die Länge der Rückenflossenbasis und jene , nach hintenzu sehr stark ansteigende, der Afterflosse gleichen sich, beide sind lOVs Mal in der ganzen Fischlänge ent- halten, übrigens ist sowohl die Strahlenanzahl als die Gestalt beider Bericht einer ichthyologischeu Reise. 95 Flossen mit jener an dem Perlllsche gleich, nur erscheint die After- flosse etw.is spitzer, da ihre vorderen Strahlen länger als die Flossen- basis sind. Brust- und Bauchflossen zeigen keinen anderen Unter- schied, als dass erstere einige Strahlen weniger enthält und letztere mit ihren vorderen Strahlen ein wenig vor dem Anfange der Bücken- tlosse ansitzen. Die Seh\\anzflosse am Ende des ziemlich hreiten, nicht ganz 1 1/2 Kopflänge erreichenden Schwanzes, ist massig aus- gebuchtet, die mittleren Strahlen erreichen eine halbe, die längsten in beiden Lappen kaum über eine Kopflänge. (Diese Strahlenlänge ist wie früher vom Bande der ihre Basis überdeckenden Schuppen aus gemessen.) Die Gestalt und Textur der Schuppen ist dieselbe wie an der vorangehenden Art, nur scheint der freie Band etwas tiefer eingekerbl zu sein und die concentrischen Binge zwischen den rückwärts aus- laufenden Badien sind mehr wellenförmig gebogen. Die Seitenlinie senkt sich tief unter die Achse des Körpers, bis zu einem Drit- theile der ganzen Körperhöhe hinab, sie enthält nur 60 — 61 Böhr- chenschuppen. Über ihr liegen bis zum Anfange der Bückenflosse an jeder Seite des Bumpfes 10 horizontale Schuppenreihen mit einer neutralen auf der Bückenfirste, zusammen also 21 Beihen wie früher am Perlfische; allein unter der Seitenlinie bis zu der Anlenkung der Bauchflossen befinden sich jederseits bloss S horizontale Schuppen- reihen mit abermals 5 zwischen beiden unten am Bauche, daher nur IS Beihen in allem, welche mit InbegrifF der beiden Seitenlinien und der darüber liegenden 21 Beihen eine Anzahl von 38 wagrechten Schuppenreihen ausmachen, die den ganzen Bumpf vor der Bücken- flosse umgeben. Vor den Afterflossen befinden sich 6 Beihen mit einer neutralen Kielreihe, zusammen 13 Beihen unter der Seitenlinie. P. 1|17. V. 1|8. D. 3|9. A. 3ll0. C. 7|17iT. Lin. lat. 60^61. Die Farbe ist an intMuen 1 1 Zoll langen Exemplaren im Wein- geiste bräunlich-gelh, auf dem Bücken dunkler. An der Basis jeder Schuppe über der Seitenlinie sind schwarze Punkte bemerkbar, und jeder freie Schuppenrand hat eine breite sch\\ ärzliche Einfassung, letztere dürfte jedoch bloss durch die Wirkung einer kleinen Mace- ration entstanden sein. Übrigens sind nirgends Dornansätze vor- handen, die selbst, wenn sie durch den Transport der Fische abge- 96 Heckel. fallen wären, wenigstens auf dem n;tckten Oberkopfe ihre Spuren zurückgelassen hätten, woraus sieh schliessen lässt, dass dieser Wyresub auch ausser seiner Laichzeit zu Markte gebracht werde, und daher nicht wie unser Perlfiseh während der übrigen Zeit des Jahres hindurch in unzugänglichen Tiefen wohne. Die Wirbelsäule enthält in der ßauchhälfte 22, in derScliwanz- hälfte 19 Wirbel, zusammen 41. Wenn man nun die hier gegebenen Beschreibungen und Ab- bildungen des Perlfisches und des russischen Wyresub mit einander vergleichet, so wird es sehr leicht srin, beide Arien an der sehr verschiedenen Körperhöhe ^), der Stellung der Afterflosse, dem Ausschnitte der Schwanzflosse, der Beugung der Seiten- linie, der Anzahl ihrer Schuppen, so wie der Schuppenreihen unter derselben zu erkennen. Unser Perlfisch ist übrigens nur ein Bewohner tiefer Gebirgsseen, und zeigt sich bloss im Mai zu seiner Laichzeit, niemals kommt er in grösseren Flüssen oder gar in der Donau vor. Der Wyresub ist ein Flussfisch in dem Dniester, dem Bug, dem Dnie}»er und Don zu Hause, worin er zu jeder Jahreszeit, besonders aber im Februar (vcrmuthlich seiner Laich- zeit) häufig gefangen wird. Nordmann bearbeitete den ichthyologischen Theil der Fauna pontica in Paris, und hiiiterliess nach dessen Vollendung dem dor- tigen Museum das hierzu mitgebrachte Material, welches hierauf Valenciennes bei Verfassung des 17. Bandes der Histoire naturelle des poissons gleichfalls benützte. Es ist auff"allend in diesem Bande, worin doch der Fauna pontica öfters Erwähnung geschieht, gerade diesen Leuciscus Frisii Nor du», gänzlich zu vermissen. Dagegen finden wir daselbst auf pag. 220 eine neue Species: Leuciscus grislayine nob. nach einem von Nordmann aus Odessa als Cyprinus Grislagine erhaltenen 1 1" langen Exemplare beschrieben, mit der aus- drücklichen Bemerkung: ,jV ne vois pas cette espece mentionnee dans la Faune pontique de M. Nordmanny Nacb eben dieser ') Die von Pallas nach einem l' S'/j" langen Exemplare angegebenen IMaase zeigen diesen Unterschied noch deutlicher, denn an diesem viel älteren Fische war die grösste Körperhöhe bloss i'/j IMal in der ganzen fjänge enthalten, während dieselbe an unseren Ferltischen gleicher Grösse kaum über Yß der ganzen Fischlänge beträgt. Bericht einer iolithyologischen Reiüe. 97 Beschreibung ist jedoch Leuc, grislagine Valenc. mit Leiiciscus Frisii Nor dm. vollkommen identisch, wovon sich Herr Valen- ciennes leicht hätte überzeugen können, wenn er vielleicht durch das unter der Aufschrift Leuciscus Frisii Nor dm. befindliche Syno- nym Tjeiic. Grislagine aufmerksam gemacht, die von Pallas ge- gebene Beschreibung des Cypr. Cephahis, Avorauf sich Nordmann bei seinem Leuc. Frisii ausschliesslich beruft, zu Rathe gezogen hätte. Die zweite Unrichtigkeit in diesem unglücklichen Artikel de VAble grislagine , Pag. 220 , betrifft eine sans gene dazu be- zogene schöne Abbildung, welche Herrn Valenciennes wohl schwer- lich in solcher Meinung von Agassiz anvertraut wurde, um mit ihren Farben eine ganz andere Species aus Süd -Russland zu schmücken. Ohne diese Abbildung des Herrn Agassiz je gesehen zu haben, bin ich doch vollkommen überzeugt, dass sie nach keinem Individuum aus dem Bug, Diiieper oder Don angefertigt wurde, ja es ist nur zu sehr wahrscheinlich, dass sie wirklich unsern Perlfisch des Atter- sees oder den Cyprinus Grislagine M ei ding er, welchen die grosse Hist. naturelle ebenfalls ignorirt, vorstelle. Meidinger war der erste, und wie es scheint, auch einzige Autor, welcher uns in seinen Icones piscium Austritte indigenorum, Decuria IV., mit dem schönen Perl fische des Attersees bekannt machte, allein er beging dabei den Irrthum, diesen Fisch für den Cyprinus Grislagine Linn. zu halten, welchem er der allgemeinen Gestalt nach allerdings ähnlich ist. Bevor sich aber der Unterschied zwischen beiden Fischen in bestimmter Weise angeben lässt, kommt es erst darauf an, jene Species näher zu kennen, welche Linne durch den Namen Cyprinus Grislagine bezeichnet wissen wollte. Hier sind nun die Ansichten der Autoren neuester Zeit wesentlich ver- schieden. Fries und Ekström erklären, dass Cyprinus Leuciscus Linn. et Au ct. mit dessen Cyprinus Grislagine zusammenfalle oder identisch sei. Valenciennes ist in Zweifel, ob sein Leuciscus grislagine, nämlich der Wyresub von Odessa, der wahre Linneische Cyprinus Grislagine sei, oder ob unter dieser Species vielleicht gar der Leuciscus l ancas tr i ens is S\\'d\v verstanden werden müsse, er überlässt es Herrn Agassiz, diese Verwirrung zu lösen. Bis dahin erlaube ich mir, meine eigenen Resultate, die ich in dem nach- folgenden Capitel (über Cyprinus Leuciscus Au ct.) begründen werde, als Basis anzunehmen. Sitzb. cl. raathein.-naturw. Cl. IX. Bd. I. Hl't. 7 98 He ekel. In keinem Falle hatLinne unter seinem Cypr. Grislagine unsern Perlfisch, noch weniger den Leuciscus gi^islagine Y nlenc, oder den Leuciscus lancastriensis verstanden und am aller entfern- testen steht gerade jene )S/>ecie«, welcher Will ughby zuerst diesen von Linne missbrauchten Namen gab. Es sind nur zwei Arten, worüber man in Zweifel sein könnte, auf welche von beiden der Linneische JMame sich eigentlich beziehe, nämlich der gegenwärtige Squalins Cephahis Heck, und Cyprinus Grislagine Fries et Ekst. Jedenfalls wollte L i n n e den Stamm der Schweden darunter verstanden wissen, da es aber nur zu sehr wahrscheinlich ist, dass sieh Linne in Beziehung dieses Stamms geirrt und in denüpsaler Acta unsern Squalius Cephalus damit verwechselt habe, so halte ich mit Fries und Ekström den wahren Stamm der Schwe- den für den Cyprinus Grislagine hin ne. Leider aber haben weder Artedi, Linne, noch Fries und Ektsröm der Schlundzähne erwähnt, und es bleibt daher für jetzt unentschieden, ob dieser wahre Stamm des Fries und Ekström jenen, dem Cyprinus Leuciscus Linne ähnlichen, vielmehr darunter begriffenen Arten näher stehe, oder jener Gruppe, wohin Leuciscus Friesii Nor dm. und Leuciscus Meidingerii Heck, gehören, beizuzählen sei. Er mag sich aber den Ersteren, nämlich der Gattung Sqalius Heck, mit einer doppelten, oder den Letzteren mit einer einfachen Schlund- zahnreihe, als wirklicher Leuciscus anieihen, so viel bleibt je- denfalls gewiss, dass dieser Stamm des Fries als eine ganz eigene in den deutschen Gewässern nicht vorkommende Art von unserm Perlfische, oder Meidinger's Cyprinus Grislagine durch eine weit geringere Schuppenanzahl, nämlich nur 52 in der Seiten- linie, auf das Bestimmteste verschieden sei. Da ich nun den Stamm der Angermannen für den wahren Cyprinus Grislagine L i n n. halten muss und Leuciscus Friesii Nordm. ebenfalls von unserm Perlfische verschieden ist, so habe ich letzteren , um das Andenken unseres vaterländischen Ichthyo- logen zu ehren, hier mit seinem Namen anstatt des früheren jeden- falls unzukömmlichen belegt. Bericht einer ichtliyologi.scheii Reise. 1)9 Anmerkung zu der Vandoise, dem Grieslaugele, dem Stamm, dem Hasel, dem Märzling, dem Ronzon, dem Poissonnet, dem Graining, dem Weissfische der Maas und dem Weissfische des Kamp. Unter den Cypriniden, welche ich vermöge der Stellung ihrer Schlundzähne, 2|5 — 5|2, in eine besondere Gattung oder auch Untergattung Squalius zusammengestellt habe , gibt es eine kleine Gruppe von Fischen, die durch ihre gestreckte Gestalt, den kleinen Mund, 3j7 Strahlen in der Rücken-, 3|8 Strahlen in der weissen Afterflosse, 49 — 51 Schuppen in der Seitenlinie, und durch eine Länge, welche 12 Zoll niemals überschreitet, mit einander näher verwandt sind; sie wurden gewöhnlich bloss einer Species ange- hörend betrachtet und mit dem Namen Cyprinus Leuciscus be- zeichnet. Ehe ich aber auf eine Auseinandersetzung der einzelnen Arten eingehen kann, welchen man bisher ohne Unterschied diesen Namen beigelegt hatte, wird es unumgänglich sein, uns vorerst über jene Ur-Species, welche Linne oder vielmehr der ihn leitende A r t e d i, bei Aufstellung des Cyprinus Leuciscus vor Augen hatten, zu verständigen , ferner auch jene Linneischen Arten näher zu be- leuchten, die, wie Cyprinus Grislagine und Cyprinus Dohula, von Anderen gleichfalls als Bezeichnung der eben angedeuteten nur für eine Species gehaltenen, in der That aber aus verschiedenen Arten bestehenden Gruppe angewendet wurden. Die kurze Diagnose des Cyprinus Leuciscus in Linne's Syst. nat. gewährt keinen weiteren Aufschluss, als dass dieser Cy- prinus, der Strahlenanzahl nach, unserer gegenwärtigen Gruppe angehöre und Mittel - Europa bewohne. Weiter beruhet Linne's Species einzig auf Artedi's Syn. Pag. 9. Daselbst verstand Artedi, wie es aus dem Texte und den Abbildungen der von ihm angeführten früheren Autoren deutlich zu ersehen ist, unter seinem kurz beschriebenen Cyprinus 16, die Vandoise der Franzosen. Die einzige Unrichtigkeit, welche hier unterlief, ist , dass der eben- falls dabei citirte Gesner (Tig.) Pag. 30, unter der Aufschrift : De Leucisci flumatilis secunda specie Rondeletius , anstatt Rondelet's Vandoise die Abbildung einer, in der Schweiz und dem angrenzenden Süd -Deutschland, Lauyrle genannten Alburnus- Art gibt. 7 * 100 Heckel. W i i 1 u g h I) y gab in seiner Ichthyographia Pag. 263, Cap. XXI, unter der Aufschrift : G r isla g ine Augustae dietus, Gobii fluviatilis species, die kurze und zwar auf ziemlich allge- meine Charaktere beruhende Beschreibung eines Rutilo- (Leucis- cus rutilo) ähnlichen Cypriniden, worin jedoch folgende bezeich- nende Stelle vorkommt, die jedenfalls ein hinreichendes Licht auf diese stets verkannte Species wirft. Es heisst daselbst: „Linneae ipse laterales citri nae sunt, supra lineas citri nas ductus hinc in de niger ab oculis ad caudam continuus." Wenn man nun die Farbenzeichnnng aller unserer Ruiilus-'AviigQW Fische durchgeht, so zeiget sich ein von den Augen bis zum Schwänze reichender schwarzer Streif bloss in der Gattung oder Untergattung J'i.srl)en Reise. j | ^ HlHrzlIng, in ßiixlegg. Leurrscus rotitralus, Agassiz. Mein, de Neuchat. I, Pa(>. 41. Li'urisrns rostratus, C n v. V a I e ii c i e n n e .s, Hisl. XVII, Pag. 20 1 . Lcuriscfis rostratus. Bo iiap ;ii' t e. Tat. met. Sqnalius rnsfralus. H e c k e I. fiiraining'. di'i lliii^lüiidei'. T/ie ariiiniug. Pennanl. Biit. Zool. IIK Pag. Ö2t. Cyprinus lancastriensis , Shaw. Ger. Zool.. Vol. V. Pari. I, Pag. 234. Lcucfscus fanrastriensis. . Yarrell. Brii. Fishes, II. Ed., Tat". I. Pag. 40G. Leuciscus lancnstriensis , Ciiv. V a I e n o i e ii n o s , Hist. XVII. Pag. 210. Leuciscus lancastn'cnsis, B o n a parte, Cat. met. SguaUns lanrastriensts. He ekel. Poli-isoiinet« um Neuctiatel. Leuciscus niajalis. Agassi z. Mein, de Neuchat. Pag. 43, PI. 1, Fig. 3. Leuciscus majulis, B o n a parle, Cat. met. Leuciscus luajalis, He ekel. ^täiuin, nach Artedi. Cyprimis 4, Artedi, Decript. spec. pisc., Pag. 12. Ci/prinus 4, Artedi. Syn. noni. pisc., Pag. 5 (excl. syn.). Cyprinus Grislagine, Liiiiie, Syst. nat. (excl. Act. ups.). Cyprinus Grislagine, Linne, Fauna suec. Cyprinus Grislagine , Fries et Kkström, Scand. Fisk., Heft III, Taf. 14. Leuciscus Grislagine, Bon aparte, Cat. mef. Leuciscus Grislagine, H e c k e 1. Der schwedische Stamm, nach l-innc. Stamm, Linne, Acta upsal. 1744, Pag. 35, Tab. III (exclus. syn.). Squalius Cephalus, H e c k e 1. Orieslaugele, der Fischer von Augsburg. Grislagine Augustae (Heins, Willughby, Ichthyog., Pag. 263, Tab. Q 1, Fig. 1. 118 Hecke 1. Leuciscus Aphya, Agassiz, Mem. de Neuchat., Pag. 138. Leuciscns Agassizii, Cii y. V a 1 e n c i e n n e s , Hist. XVII, Pag. 254, PI. 495, Telestes Aphya, Bon aparte, Cat. met. Telestes Agassizii, He ekel. Ich lasse nun zu einer leichteren Übersicht ein Verzeichniss der berichtigten Synonyme, welche sich auf sämmtliche , in diesem II. Anhange zu meinem Reiseberichte in Rede stehenden Cyprinen beziehen, in zwei Abtheilungen alphabetisch geordnet folgen. In der zweiten Abtheilung sind die Species- Namen vorangesetzt. I* Vor Linne* Alant, in Berlin Idiis melanotus H. Ahe, Meyer \ Snnalms Dobula U. Alfel, in Wien, Kr am er • ) Bratfisch, in Wien Leuciscus Virgo H. Capito Ausonii, Aldrov. ,Marsil. . . . Squalins Dobula H. Capito s. Cephalus fluvialilis, Gesn er . . Squalius Meunier H. Capito fluviutilis, Gesner Squalius Dobula H. Capito fluv. illo quem Jesen appell., Gesner j Capito fluviat. coeruleus, Aldrovandes, >Idn8 melanotus H, Schwenk f., Marsilius . . . .' Capito fluviat. subruber, Gesner. . . . IdusOrfusH. Capito fluviat. sive Squalus minor, Aldrov., ) Marsilius ^Squalius Lepusculus H. Cephalus fluviatilis,RonAe\ Isqualius Meunier U. Chevaine, in Paris ' Chub, in London, WiUughby . . . . Squaliua Cephalus H. Cyprimis 4, Artedi, Syn. Art. Descipt. . Squalius Grislagine H. Cyprinus 6, ArtediSyn Leuciscus Vii'go H. Cyprinus 8, Orfiis dictus, Artedi Syn. . . Idtis Orfus H. fSquaUus Dobula H. ^ . ^« A i j- ci \SquaUus Cephalus H. Cyprinus 10, Artedi Syn Idus melanotus H. Cyprinus 10, Artedi Gen ) Bericht oiner ichllijtolouii.sclu'n Reise. t I «) Cypri'nus chtrnfus s. Pifjus. Gesner, Wil- liighby Leuciscvs Piflus, De Fil. Döbel, in Schlesien ) Dübel, in Schlesien }Sqtialius Dobula H. EUe, Meyer * Erfte, Gesner ), . ,.. ,, ' \ LeneiscHs Virgo H. Franfiscn, in Wien ) Gänqliiin, in Wien ),, , , „ • ■ Uaus melanolus H. Gentlmp. in Wien . ) Graining, in England. Pennant . . Sqnalius lancasfrlcnsis H. Grislagine Aunsiae (h'ctiis, W iWaghhy . ■, Grieslaitgele, in Augsburg '.Telestes Agassifuii H. Grieslnugeii, in Augsburg ) Hasel, in Wien. Kramer . . . . . Squalius Lepusculus H. Hasel, in Gmunden Albiirnus Menfo H. LeuciscHS 2. Klein hhis Orfns H. Leuciscus 4, Klein Levciscvs Virgo H. Leuc'iscus 11, Klein ....... Squalius Dobula U. Lenciscus 13, Klein Idus melanotus H. Leuciscus aecunda spec, Rondel. . . . Squalius Leuciscus H. Mär%ling, in Brixlegg Sqiialius rostraius H. Meunier, in Paris Squalius Meunier H. Mugil, vel Ceph. fluviat.gen. minor. Gesner ) Squalius Lepusculus H. Mugil, vel Ceph. fluv. spec. minor. W 111 u g h. ) 2Ver/?m^, in Wien, Kramer \ Leuciscus Virgo H. Nörfling, Gesner 5 Orfe, in Bayern lldusOrfusH. Orfus germanorum, A\ Ar ovüJii es . . . ) Orfus germanorum, Marsilius Leuciscus Virgo H. Orfus ruber, Willughby Mus Orfus H. Perlfisch, am Attersee Leuciscus Meidingerii H. Pigo, Aldrov., am Comer See ....), • n- n.. i?-i-^ . ' \ Leuciscus Pigus, UQ hih^. Pigus, Salviani. Rondel » Poissonnet in Neuenburg Leuciscus majalis Agass. Ron%on, in Neuenburg Squalius rodens H. Schwal vel Furn, Gesner Leuciscus prasinus Agass. Staetn, Linn e Acta, ups SquallKs Cephalus H. Sfcimm, in Schweden, Artedi . . . . Leuciscus Grlslag ine H. Squaylio, in Rom Squalius thyberlnus Bonap. Sqnalus, Bellen Squalius Meunier U. Squalus, Salviani Squalius fhi/berlnus Bonhp. Squalus major. Schwenk f. Squalius Dobula H. Vandolse, in Paris, Belon Squalius Leuciscus H. Vungeron, in Neuenburg Leuciscus prasinus Aga.ss. Vrowfisch. Willughby Leuc'scus Virgo II. 120 Heck el. Weisse Orfe, Meyer . . , . . . .1 Weissfisch, Gesn er ^Leuciscus Virgo H. Wyresub, in Odessa Leuciscus Friesii Nordm. II. Seit liinne« Ag assi^ii (Lencis.), Cuv., Valenciennes. , Aphya (Telestes). Bon aparte . . . . {Telesfes Agassizii U. ApJiya (Leucis.), Agass ) Argentatus (Leucis.), Fitz Squalitts Lepuscuhis H. Ar^enft^us (Leucis.), Agass., Selys. re/>Äa??/« (Cypr.), Linne Cephalus (CyT^r.), Pennant ? Cephalus (Cypr.), Fries et Ekst. . Cephalus (Cypr.), Pallas. Eichw. . ? Cephalus (Gardonus), Bonaparte. Cephalus (Leucis.), Yarrell, die Figur. CephaJns (Leucis.), Yarrell, die Beschreib Z)o6h/« (Cypr.), Bloch, Meidinge r . Dobida {Cy^w), Linne, excl, Syn. . />o6?(/a (Leucis.), Agass., Fitz.. Dobnia {Leucis.), Selys. Cuv. Valenc DobuJa (Leucis.), Variet. du Lech, Cuv. V^a lenciennes D obul a (Squnl.), Bonaparte Frigidus (Leucis.), Cuv. Valenciennes Grislagine (Cypr.), Linne, Syst. Linne Faun, suec, Fries et Ekström Grislagine (Cypr.), Meiding. (rrislagine (Leucis.), Agass., Fitz.. Grislagine (Leucis.), Cuv. Valencienn Grislagine (Leucis.), Bon aparte 1 (Ins (Cypr.), Linn., Fries et Eckst. Idvs (Cypr.), Bloch, Reisinge r. . 7rfMs (Cypr.), Meidinge r. Jeses (Cypr.), Linn., Bloch, Meiding Reisinge r Jeses (Cypr.), Jurine Jaculus (Cypr.), Jurine .... Wms (Leucis.), Yarrell, Selys Idus (Leucis.), Cuv. Valenciennes. Idus (Leucis.), Fitz Idbarus (Cypr.), Meiding er. Squalius Leuciscus H. (Squalius Dobula H. ]Sf/iialii(s Meunier H. \Squalitis Cephalus H. {^Squalius ihyberimis Bonap. Squalius Cephalus H. Squalius Dobula H. Leuciscus Friesii Nordm. Squalius Dobula H. fdus melanotus H. Squalius Cephalus H. Squalius Lepusculus H, \ Squalius Dobula H. Squalius Meunier H. Leuciscus Virgo H. Squalius Meunier H. Squalius Dobula H. '> Leuciscus Grislagine H. iLeuciscits Meidingerii H. Leuciscus Friesii Nordm. Leuciscus Grislagine H. Idifs melanotus Heck. Squalius Dobula H. Leuciscus Virgo H. S(piaUus lancastriensis H. Bonaparte ) Leucisctts (Cypr.), Linne Squalius LeuciscKs H. Leuciseus (Cypr.). Bloch, Reisinge r. . Sqnnlius Lepiisculvs H. i>/ö/rt//s (Leucis.), Agass. ,Bonap. . . . Leuciseus majalls Ag&ss. Neglectus {Leucis.), Selys Jdus nefjlectus U. Orf'us (Cypr.). Linn., Bloch, Meidinger. Idus Orfus H. Or/«s (Cypr.). Reisinge r Leuciseus Virgo H. Or/"»« (Cypr.), Pallas Sc/ualius Dohtila U. Orfus (Leucis.), C u v. reg., C u v. V a 1.. F i tz. Idus Orfus H. P/oMs (Gardonus), Bonap i, . „. r^ r,.i Prasinus (Leucis.), Cu v. Val., Pag. 378 , . S Prasiv u s (heiicos). Bonaparte .... Leuciseus prasinus Agnss. Rodeus (Leucis.). Agass., C u v. Valenc, ( T, . \S(iuaJius rodens H. Bon aparte I ' Rostrafns (Leucis.), Agass.. Cnv. Valenc. Bonaparte 1. GATTUNG. (Pfiloeot/in'ps) Halid, A. Ohne Nebenaugen und Flügeln. Hiervon besitze ich bereits fünf Arten , welche sich sowohl in Lebensweise, als auch in der Färbung und dem Baue der verschie- denen Körpertheile auffallend unterscheiden , und sicher als voll- kommen ausgebildet anzusehen sind , da ich nicht nur hievon beide Geschlechter besitze, sondern auch mehrfältig ihre Begattung beobachtete. Ihre bereits fertigen , sehr vergrösserten Abbildungen sammt deren Lebensgeschichte und Beschreibung werde ich in einer zweiten Abtheilung liefern. B. Mit Nebenaugen und Flügeln. a) Kopf ziemlieh parallelseitig. a) Vorderfiisse mit einem Zahne nacli innen. 1. Pill, aculeata Fah. {Il^W WS .) Fiisco- nigra, antemiis toiis , tibiis, farsis alisque flavesrentihus ; femorihus anteriori- hus stibincraftsatis, inermihus ; tnho elnngatn Burm. a. a. Orte S. 409. Thr. aculeata Phr., S. Rhyng. 312, 1. Halid. 1. 1. 441, 2. Dunkelbraun, vollkommen erstarket, glänzend schwarz, Fühler, Schienen der Vorderbeine, alle sechs Füsse und die Flügelwurzeln, Naturgeschichte der Phjsopodeu. 123 mehr und weniger gelbbraun, Schenkel der Vorderbeine sehr ver- dickt, ohne Zähne, Schienen der Vorderbeine nach innen mit einem, aber kaum merklichen zahnähnlichen Fortsatz; Afterröhre lang, ziemlieh dick. Im Sommer in allerlei Bliithen. 1 — V5'" lang. Kopf etwas länger als der Vorderbrust-Abschnitt, 1/5 schmäler als lang, die Seiten wenig ausgebogen, mit zerstreuten kurzen Borsten besetzt. Augen rund, '/s so lang und breit als der Kopf, gelbbraun, mit ziemlich grossen erhobenen runden Pusteln. Nebenaugen klein , braun , wenig erhoben , gegen vorne am Innenrande der Augen , die beiden hinteren zwischen den Fühlern, an der Stirne das dritte. Fühler doppelt so lang als der Kopf, die beiden ersten, d. i. erstes und zweites die kürzesten; drittes und viertes, jedes so lang als erstes und zweites zusanunen; fünftes und sechstes merklich kürzer als das vierte; der Grilfel, das siebente Glied, ist verkehrt spindelförmig, zweiringlig, der Vordertheil (die Spitze) kürzer als der hintere ; alle Glieder ziemlich dicht mit unregelmässig stehenden Borsten besetzt. Vorderbrust-Abschnitt fast viereckig, am Vorderrande verschmä- lert, nur Vs breiter, — am Hinterrande nochmal so breit als der Kopf, beinahe nur halb so lang als der Hinterrand breit, unbehaart, nur an jeder Seite des Hinterrandes steht eine starke Borste auswärts. Mittelbrust-Abschnitt mit dem Schildchen kaum so lang als der vorhergehende, und am Vorderrande Yg breiter als dessen Hinter- rand; Schildchen 2/5 schmäler als der Mittelbrust- Abschnitt, kaum '/s so laug als breit, Hinterrand stark ausgebogen. Hinterbrust-Abschnitt so breit als das Schildchen , % kürzer als breit, mit abgerinidetein, gewölbten Hinterrande ; die beiden Seiten des Mittel- und Hiuterbrnstkastens mit länglichrunden, nicht sehr erhobenen Schildplatten geschützt. Flügel an der Wurzel hornig, gelbbraun, übrigens sehr blass bräunlich gefärbt, fast glashell; V* kürzer als der Hinterleib sammt Röhre, gegen die Mitte merklich verengert, die Hinter- flügel nur wenig kürzer, aber fast '/s schmäler als die vorderen, alle beinahe rundum mit langen ziemlich genäherten Haaren, welche mehr als doppelt so lang als die Flügel breit sind, befranset. 126 Heeger. Besonders bemerkenswerth ist, dass bei allen mir bis nun be- kannten Arten dieser Gattung am Hinterrande der Vorderflügel gegen den Aussenrand, immer an der gleichen Stelle, sechs bis acht Haare , von gleicher Länge und Stärke der anderen der Fransen- haare zwischen diesen eingetheilt, dort daher die Fransen ver- doppelt sind, diese Verdopplungshaare sich aber stets noch dadurch besonders auszeichnen, dass sie krumme, die übrigen aber gerade Haarwurzehi haben. Beine, ungleichlang : die vorderen, die kürzesten, nur so lang als die Fühler, die anderen um '4 länger; Schenkel der Vorder- beine Ys länger als der Kopf, beim Männchen halb so dick als lang, beim Weibchen kaum halb so dick als beim Männchen ; Schienen, halb so lang als die Schenkel, kaum nur y- so dick als lang, bei- nahe Malzig, an der Wurzel etwas gebogen und verschmälert, am Vorderrande nach innen etwas erweitert; Füsse kaum Vs so lang, und so breit als die Schienen-, Mittel- und Hinterbeine, auch in ihren Theilen gleich lang und gleich geformt ; die Schenkel so lang als die der Vorderbeine, fast spindelförmig, kaum halb so dick, jedoch beim Männchen die der Hinter- bedeutend dicker als die der Mittel- beine ; Schienen nur wenig länger als die Schenkel , fast walzig nicht 1/5 so dick als lang, am Wurzelgelenke etwas verschmälert; die Füsse nicht halb so lang als die Schienen, fast nur V3 so dick als lang. Hinterleib mit neun Abschnitten, länglich, spindelförmig, flach, die Abschnitte fast alle gleich lang, die vier letzten etwas verlän- gert; die kegelförmige, aber abgestutzte Afterröhre fast so lang, doch nur halb so breit als der letzte Leibes-Abschnitt, mit vier Borsten am Hinterrande; die Leibes-Abschnitte aber mit einzelnen etwas längeren Borsten besetzt. Phl. Ulmi. nigra, untennarum articulis subiegualibus tU' midis , 2 — toto, sequentibus basi pallidis ; genibus tarsisque anticis ferrugineis, fenioribiis anticis incrassatis, 2 — dentatis ; long. IV3'" (Tab. XV.) Burm. a. a. 0. S. 309, 3. Th7\ Ulmi Fab, S. Rh. 313, 5. — Thr. corticis de Geer, III. T. /, F 8—13. Naturgeschichte der Ph.v.sopodeii. 127 Blausclnvarz ; Kopf, Brustkasten und Schenkel fein bepnstelt, Fühler lichthraun, Flügel sehr schmal auch verhältnissmässig- kurz, Afterröhre lang. 1 — i%"' lang. Unter Buchen- und Eichenrinde. Kopf 1/4 kürzer als der Yorderbrust- Abschnitt, so lang als breit, an den Seiten etwas ausgebogen, mit kurzen, vor\värts stehenden Dornen. Augen , ungewöhnlich klein , kaum y^ so lang und breit als der Kopf, auch mit kleinen Augenpusteln. Fühler, die ersten zwei Glieder napfförmig, dunkelbraun, das erste sehr kurz ; das zweite manchmal so lang als das erste, die übrigen lichtbraun, spindelförmig, allmählich kleiner werdend, alle mit kurzen einzelnen Borsten besetzt. Vorderbrust-Abschnitt am Hinterrande etwas breiter als lang, am Vorderrande kaum breiter als der Kopf; Mittelbrust-Abschnitt, so lang und breit als der Vordere, am Hinterrande etwas verschmälert, und im Drittelkreis abgerundet. Der Hinterbrust-Absehnitt mit ein- zelnen Borsten, '/^ länger, aber so breit als der Mittlere, von dessen Hinterrandschild er etwas überdeckt ist. Hinterleib länglich, fast walzig, nochmal so lang als der ganze Brustkasten, etwas mehr als y^ so breit als lang, der 1., 2., 4., 6., und 7. Abschnitt gleich lang, fast halb so lang als breit, der dritte und fünfte kaum halb so lang als jene; der achte und neunte bei- nahe nochmal so lang als der 3., aber bedeutend verschmälert; die Afterröhre etwas länger als der neunte Abschnitt , kaum Yi so dick als lang, mit vier Endborsten. Alle Abschnitte am Hinterrande mit einigen Borsten besetzt. Flügel sehr schmal, blassgelblich, getrübt, die Hauptfläche mit sehr feinen kurzen Härchen zerstreut besäet, % des Randes mit langen Haaren umfranset, die Wurzelgegend unbefranst; die Vorder- flügel kaum so lang als der Hinterleib Vu so breit als lang; die Hinterflügel \\ kürzer und schmäler als die Vorderen. Die Beine fast gleich lang, halb so lang als der Hinterleib, auch ihre Glieder gleich lang und dick, nur die Schenkel der Vor- derbeine nochmal so dick, als jene der übrigen, -/s so lang als das ganze Bein, kaum 1/5 so dick als lang ; die Schienen lichtbraun, wie die Schenkel kurz beborstet, so lang und nicht halb so dick als die Schenkel ; die Fussglieder auch lichtbraun halb so lang und etwas schmäler als die Schienen; das erste Vorderfussglied nach innen 128 Heeger. mit einem kleinen Zahn bewaffnet; die Mittel- und Hinterbeine fast gleich geformt. Phl. flavipes. Halid castanea, ano ferrugineo, anteiinis ante basim pedibusque flavo-ferrugineis ; femorihus poslicis medio fiiscis ,' anticis incrassatis. (Taf. XVI.) Burm. a. a. 0. Halid. a. a. 0. 442, 4. Rothbraun, langgestreckt; Fühler nur i/j länger als der Kopf, die Glieder gleich lang, lichter, braun; Beine gleich lang, verhältniss- mässig kurz ; Flügel blass, getrübt, so lang als der Hinterleib , fast ganz umfranset. Die Haare erweitert. Tn vielerlei Blüthen. 1 — 1 V*'" lang. Kopf so lang als der Vorderbrust-Abschnitt, so breit als lang, an den Seiten etwas eingebogen ; Augen so gross fast als der Kopf, mit stark erhobenen Pusteln; Nebenaugen am Innenrande der Augen, grösser als eine Augenpustel. Fühler um die Hälfte länger als der Kopf, braun, die Glieder fast gleich lang, das Endglied gesj)itzt, alle mit kurzen Borsten un- gleich besetzt. Vorderbrust-Abschnitt, am Hinterrande so breit als der Hinter- leib, halb so lang als breit, am Vorderrande merklich schmäler als der Kopf; kurz behaart. Mittelbrust-Abschnitt kaum merklich breiter als der vordere, % so lang als breit, am Hinterrande etwas aufge- bogen. Hinterbrust-Abschnitt Vg schmäler, fast nochmal so lang als der mittlere, an den Seiten etwas ausgebogen. Hinterleib langgestreckt, ohne die Afterröhre dreimal so lang als breit, beim Weibchen mehr als beim Männchen, walzig; die Leibes-Absclinitte gegen den Hinterrand mit einigen Borsten besetzt, beinahe gleich lang, die beiden letzten verschmälert; die Afterröhre abgestutzt, kegelförmig, um die Hälfte länger als der letzte Abschnitt, am Grunde 1/3 so breit als lang, am Hinterrande mit einem kurzen ßorstenbüschel. Flügel nur y^ kürzer als der Hinterleib, kaum '/^ so breit als lang, blass-gelblich, an der Wurzel dunkler, hornig, gegen die Mitte etwas verschmälert, mit langen erweiterten Haaren ganz um- franset, am Hinterrande gegen den Aussenrand der Vorderflügel nur vier bis sechs doppelte Haa'-e. Die Hinterflügel nur wenig kürzer und schmäler. Naturgeschichte der Physopoden. 1 29 Die Beine kurz, mir '/g der Hinterleibslänge lang , alle beinahe gleich, nur die mittleren wenig kürzer; Sehenkel fast halbe Länge der Beine, gegen die Wurzel 1/3 so dick als lang; Schienen kaum % kürzer und schmäler als die Schenkel; Schenkel und Schienen der Mittelbeine aber 1/4 kürzer als die der vorderen ; Füsse nicht halb so lang, etwas mehr als halb so dick als die Schienen. Phl, stätices Halid. atra, antennaruin medio tibiarum apice iarsisque fuseo-pallidis ; femoribus anticis incrassatis. (Taf. XVII.) Halid. a. a. 0. 4"43, 5. Burm. a. a. 0. 409, 5. Blauschwarz glänzend ; Augen gross mit kleinen Pusteln ; Fühler länger als der Kopf, braun ; Beine fast gleich lang ; Flügel beinahe so lang als der Hinterleib, 1/2 — V4'" lang. In Blüthen. Kopf länglich, 1/5 länger als der Vorderbrust-Abschnitt, und 1/5 schmäler als lang, mit einigen kurzen Härchen; Augen gross, er- weitert, länglich, 3/5 so lang, V* so breit als der Kopf, Augenpusteln klein; Nebenaugen kleiner als die Augenpusteln. Fühler braun , fast nochmal so lang als der Kopf, die Glieder beinahe gleich lang, das vierte das grösste, das letzte das kleinste, alle kurz beborstet. Vorderbrust-Abschnitt am Vorderrande wenig, am Hinterrande um die Hälfte breiter als der Kopf, halb so lang als der Hinterrand breit, bedeutend gewölbt. Mittelbrust-Abschnitt nochmal so breit, und nur so lang als der Vordere lang, mit einem dreieckigen, am Hinterrande abgerundeten Schildchen fast ganz bedeckt. Hinterbrust-Abschnitt nur so breit und wenig länger als der vordere, gcAvölbt und an den Seiten etwas ausgebogen. Flügel wie bei Phl. flaoipes, nur sind hier am Hinterrande ge- wöhnlich sechs bis acht verdoppelte Fransenhaare. Beine, halb so lang als der Hinterleib, alle fast gleich lang, und mit kurzen, zerstretit stehenden Borsten besetzt; Schenkel, wieder Hinterleib, blausclnvarz, gegen die Mitte erweitert, so lang als die Schienen, 1/3 so dick als lang; Schienen lichtbraun, so lang als der Hinterbrust-Abschnitt, die der Vorderbeine gegen die Wurzel, jene der Hinterbeine gegen vorne etwas verdickt; Füsse lichtbraun halb so lang als die Schienen, halb so dick als lang. Sitzb. d. mathein.-iiaturw. Cl. IX. Bd. I. Hft. 0 130 Hp..g.M-. Hinterleib flach, beinahe doppelt so lang als der ganze Brust- kasten, Vi so breit als lang; der erste Abschnitt kaum y^ so lang als der zweite; der zweite halb so lang als breit; die vier folgenden nur halb so lang als dieser, und die drei letzten so lang als der zweite ; der achte und neunte allmählich verschmälert, alle am Hinter- rande mit erweitert stehenden kurzen Borsten besetzt; die After- röhre meist nochmal so lang als der neunte Leibes-Abschnitt, 1/4 so dick als lang, mit einigen Borsten am Hinterrande. Zweite Familie. Bohrblasenfüsse (Terehrantia) Halid. Antennaes — articulatae ; palpi maxillares 3 — articu- lati, Ala inaequales, paraUelae, pilosae, inaequaliter fimbriatae; superiores venis duabus parallelis , setigeris. Femina aculeo iialvato. A. Stenoptera ßurm. Stenclytra Halid. Flügel schmal, lanzettförmig, mit 1 — 2 Längsnerven ohne Quernerven. 3. GATTUNG. (Thrips aut.) h) Beide Geschlechter geflügelt, Männchen kleiner als die Weibehen, heller oder abweichend gefärbt; ändern immer mehr die Farbe. Thr. Vlicis, elytris nigricantibus, basi albidis. (Taf. XVIII.) Burm. a. a. 0. S. 414, 5. Halid. 1. 1. 446, 6. Lichtbraun, gedrungen, Beine fast gleich lang, Flügel schmal mit Längsadern, ungleiche Fransen. Vs — Vs" lang- In Blüthen der Reaeden und Meliloten am häufigsten. Kopf kurz, kaum halb so lang als breit, 1/3 schmäler als der Vorderbrust- Abschnitt; Augen gross, fast rund, braun, mit grossen, bedeutend erhobenen Pusteln. Nebenaugen gross. Fühler gelbbraun, so lang als Vorder- und Mittelbrust-Ab- schiiitt zusammen, die Glieder spindelartig, fast gleich lang und Naturgeschichte der Physopoden. 131 dick, mir die beiden letzten die kleinsten; alle mit einzelnen län- geren, und ringartig mit kürzeren Borsten besetzt. Yorderbrust-Absclinitt rund. Vorder- und Hinterrand gerade, fast so lang als der Mittel- und Hinterbrust-Abschnitt zusammen, so breit als lang, mit einigen vereinzelten Borsten; Mittelbrttst-Ab- schnitt etwas breiter aber kaum 1/3 so lang als der Vordere, am Hinterrande abgerundet , ausgebogen. Hinterbrust-Abschnitt gegen vorne so breit und noehmal so lang als der Mittlere, gegen den Hinterrand etwas verschmälert, in der Mitte etwas vertieft. Flügel dolchtormig, schmal, die Vorderflügel Vg länger, die Hinteren so lang als der Hinterleib, kaum i/ia so breit als lang, alle mit deutlichen Randadern umsäumet, die Hauptfläche mit kurzen, in Längsreihen stehenden Härchen besetzt; die Vorderflügel werden durch zwei gerade, gleichlaufende starke Adern, welche überdies mit schwarzen, erweitert stehenden längeren Borsten bewachsen sind, in drei fast gleiche Längstheile getrennt; in der Mitte aber gehet eine feine nackte Ader von der Wurzel bis zur Spitze; die Hinterflügel sind auch durch eine gegen die Wurzel erweiterte nackte Längsader ausgezeichnet; die Flügel dieser Art sind auf besondere Art befranset, nämlich: Der Vorderrand der Vorderflügel hat zwischen bedeutend erweitert stehenden Borsten, in der Mitte je eine halb so lange, und zwischen dieser wieder zwei sehr kurze, nur mit dem Mikroskop bemerkbare Härchen ; der Hinterrand ist mit nochmal so grossen Borsten, als die langen des Vorderrandes, und mit einer kurzen zwischen jeder langen befranset; der Vorderrand der Hiiiterflügel hat nur so lange Borsten, als die mittleren des Vor- derrandes der Vorderflügel, und zwischen diesen immer drei der kürzesten; der Hinterrand dieser ist aber ganz wie der der Vor- derflügel befranset, nur stehet der grösste Theil enger als dort. Die langen Haare der Hinterränder dieser Gattung haben noch das Besondere, dass sie nur an der Wurzel und gegen die Spitze zu glatt, in der Mitte aber wellenartig gekräuselt sind. Beine fast gleich lang, nochmal so lang als der Vorderbrust- Abschnitt, Schenkel und Schienen braun, sehr kurz beborstet, und gegen die Mitte verdickt; die Schenkel haben halbe Beinlänge, und sind nur Vg so dick als lang; die der Vorderbeine aber nochmal so dick als die übrigen; die Schienen '/g kürzer als die Schenkel, 1/4 so dick als lang, am Vorderrande der Vorderbeine nach innen ragt 9 * 132 Heeger. ein kurzer, abgerundeter beweglicher, nicht mit dem Rande ver- wachsener Dorn hervor; die Füsse halb so lang als die Schienen, Va so dick als lang. Hinterleib spindelförmig, nochmal so lang als die Hinterbeine, gegen die Mitte fast 1/3 so breit als lang; die fünf ersten Abschnitte gleich lang, so lang als die Füsse; der sechste V4 länger; der sie- bente beinahe nur halb so lang als der sechste; der achte kaum halb so lang als der siebente; der neunte merklich länger als der sechste, allmählich bedeutend verschmälert; die Afterröhre nur so lang als der sechste Abschnitt, halb so dick als lang, mit zwei Borsten- büscheln am Hinterrande. Thr. phalerata: elytris nigricantibus , fascia ante apicem basique paUidis. (Taf. XIX.) Halid. 1. 1. 447, 7. Burm. a. a. 0. 414, 6. Röthlichbraun, gedrungen, Fühler lang, gelbbraun ; Beine stark, fast gleich lang; Flügel schwärzlich mit Längsadern und bräunlichen Querbinden; Fransen ungleich, Va — V*'" lang. In verschiedenen Blüthen. Kopf kurz, nur halb so lang als breit, wenig schmäler als der Vorderbrust-Abschnitt; Augen gross, rund halb so lang, 1/3 so breit als der Kopf, mit grossen Augenpusleln. Nebenaugen grösser als die Augenpusteln. Fühler dreimal so lang als der Kopf, Glieder fast gleich lang und dick, kurz beborstet, erstes braun, die übrigen alle gelb, die beiden letzten sehr klein, in eine Spitze auslaufend. Vorderbrust-Abschnitt fast viereckig, an den Seiten etwas aus- gebogen, oben gewölbt, mit einigen kurzen Borsten besetzt; Mittel- brust-Abschnitt Vi breiter als der vordere , V3 so lang als breit, ny t zwei Querfurchen , am Hinterrande im Drittelkreis ausgebogen ; Hinterbrust-Abschnitt nochmal so lang als der Kopf, vorne so breit als der Mittelbrusl-Abschnitt, nach hinten etwas verschmälert, am Hinterrande in der Mitte tief eingeschnitten und die beiden dadurch entstehenden Seitentheile abgerundet, auch mit erweitert stehenden Härchen bewimpert. Flügel schmal, in der Nähe der Wurzel etwas breiter, die vor- deren so lang als der Hinterbrust-Abschnitt und Hinterleib zusammen, nicht 1/10 so breit als lang, mit einer Randader ganz umsäumet; die Naturgeschichte der Physopodcn. 133 zM'ei an der Wtirzel und an der Spitze vereinigten Längsadern, M'elche mit erweitert stehenden Borsten besetzt sind, trennen die Oberfläche in drei gleiche Längstheile, welche, so wie bei Ulicis, mit kurzen Härchen bedeckt sind; hinter der Mitte und an der Spitze befindet sich eine gelbbraune breite Makel (Querbinde); die den Vorderrand bewimpernden Borsten stehen erweitert und sind nur so lang als der Flügel breit; die des Hinterrandes sind mehr ge- nähert und noehmal so lang; die Hintertlügel sind kaum merklich kürzer, aber beinahe um y^ schmäler als die vorderen, mit einer geraden, vor der Mitte gegabelten nackten Längsader, gelbbrauner Spitze, und wie die Vorderflügel mit feinen Härchen auf der Haut- fläche besäet; Vorder- und Hinterrand sind, wie an den vorderen, bewimpert. Beine fast gleich lang, halb so lang als der Hinterleib, mit einzelnen ungleich langen Borsten besetzt; Schenkel braun, so lang als der Vorderbrust-Abschnitt, fast 2/5 so dick als lang, in der Mitte merklich verdickt; Schienen 1/5 länger, % schmäler als die Schen- kel, beinahe kegelförmig, am Vorderrande des ersten Paares gegen innen mit einem beweglichen, stumpfen Zahn wie bei Ulicis versehen; die der Mittelbeine gewöhnlich merklich kürzer, am Grunde braun, übrigens bräunlichgelb wie die Füsse, welche halb so lang und dick als die Schienen sind. Hinterleib länglich eiförmig, nochmal so lang als die Beine, fast halb so breit als lang, die Leibes-Abschnitte beinahe gleich lang, nur die drei letzten merklich länger, an den Hinterrändern mit einigen Borsten und allmählich verschmälert; Afterröhre so lang als der letzte Abschnitt, halb so dick als lang, hat zwei Seiten- und vier Hinterrand-Borsten. B. Coleoptrata Hai id. Oberflügel breiter, am Hinterrande gewimpert, mit Längs- und Queradern. Leib weniger flach, die Legescheide nach oben zurück- gebogen. Hai id. 4. GATTUNG. (Melanothrips) Halid. Fühler deutlich neungliederlg; Mundtheile verkürzt, Kiefer- taster-Glieder gleich lang; Vorderflügel an der Rippe feinhaarig, mit 134 Heegei-, drei Qiieradern ; Vorderschienen am Ende in einen Fortsatz erweitert ; Legescheide vom Grunde aus ein wenig zAirückgebogen. Hai id. Mel. ohesa.atra,alis superiorihus nigricantihus. (Taf. XX.) Hai id. 1. 1. 450, V. t. Burm. a. a. 0. 417. In Blumen der Reseda und Ranimculen, auch die Larve ; sie ist flach gedrückt, blassgelb, nach hinten breiter, der letzte Hinter- leib-Abschnitt mit vier kleinen zugespitzten Schuppen, Fühler ziem- lich lang, Tgliederig. Halid. a. a. 0. 450. Lichter und dunkler braun, Augen gross, Beine gleich lang, Flügel so lang als der Hinterleib, mit Längs- und Quer -Nerven (Adern); Vorder- und Hinterrand bewimpert, V^ — V" lang, Männ- chen gewöhnlich kleiner als die Weibchen. In Sonnenblumen. Kopf so lang als der Vorderbrust- Abschnitt, Ve schmäler als lang, auf der Mitte eine Längserhöhung, welche Vs der Kopfbreite einnimmt, Hinterrand wellenförmig; Augen lichtbraun; sehr vor- ragend, halb so lang als der Kopf, fast so breit als lang; die Pusteln gross, sehr erhaben , zwischen den Pusteln mit kurzen Härchen be- setzt; Nebenaugen verhältnissmässig sehr gross, nochmal so gross als eine Augenpustel. Fühler genähert, neungliederig, schnurförmig, die Glieder kurz behaaret, keilförmig, fast gleich lang, die drei letzten allmählich kleiner, das Wurzelglied das grösste, napfförmig. Vorderbrust-Abschnitt so breit als der hintere, Vs kürzer als breit, gewölbt, vorne etwas verschmälert, mit zerstreuten schwarzen einzelnen Borsten. Der Mittelbrust-Abschnitt um 1/4 breiter, und so lang als der vorige breit, an den Seiten bauchig, besteht aus drei deut- lich gesonderten Theilen : am Vorderrande ein förmliches dreieckiges Schildchen (Scutellum) am Grunde so breit, als der Vorderschenkel lang, Hinterrandwinkel abgestumpft, ^/g so lang als breit; dann aus zwei sehr bauchig erhobenen Seitenplatten, an deren Innenwand die Flügel ziemlich genähert eingefügt sind ; Hinterbrust- Abschnitt, wie schon bemerkt, so breit als der vordere, fast so lang als breit, am Hinterrande gerade abgeschnitten; bestehet ebenfalls aus drei Theilen ; Mittelstück nochmal so lang als der Vorderbrust- Abschnitt, so breit als die Hinterflügel, vom Vorderrande bis über die Hälfte erhoben und schildartig abgerundet; die zwei Seitenplatten sind am i\a(ui'gcscliichti> (Icr Phyt^opoden. 135 Vorderrando tief ausgeschnitleii, am Hinterrande halbzirkelförmig abgerundet. Flügel : die vorderen so lang als der Hinterleib, i/g so breit als lang, mit zwei, wenig gebogenen, mit kurzen erweitert stehenden Borsten besetzten Längs- und fünf kurzen, nackten Queradern verseheu, wovon zwei sehr erweitert im Rand-, eine gegen die Wurzel im Mittel-, und zwei, auch sehr erweitert, im Nathfelde stehen; der Rand istmit einer, manchmal an der Spitze unterbrochenen Ader umsäumt; die Flügel- haut mit kurzen Härchen dicht bestreut; der Vorderrand ist mit kurzen Borsten, zwischen welchen einzelne feine, kürzere Haare stehen, bewimpert, der Hinterrand mit langen mehr genäherton Haaren befranset; an der Oberseite der Flügelwurzel entspringt eine Halteren ähnliche, starke, ziemlich lange Borste. Die Hinterflügel sind nur sehr wenig kürzer und schmäler als die vorderen, mit einer von der Wurzel entspringenden, sehr verkürzten Längsader; der Vorderraud mit kurzen, der Hinterrand mit langen Borsten befranset, die Hautlläche wie die der Vorderflügel mit kurzen Härchen besäet. Hinterleib spindelförmig, so lang als die Vorderflügel, '/s so breit als lang; der erste Abschnitt sehr kurz, die acht Mgenden fast gleich lang, die drei letzten allmählich verschmälert; alle am Hinterrande mit einzelnen Borsten besetzt, die Afterröhre (nicht Eier- legscheide, denn diese entspringt aus dem letzten Hinterleibs-Abschnittc unter der Röhre) so lang als der achte Hinterleibs-Abschnilt, kegel- förmig, am Grunde halb so breit als lang, mit vier Endborsteu. Beine fast gleich lang, braun, halb so lang als der Hinterleib, sehr kurz und ziemlich dicht behaart; die Schenkel halb so lang als die Beine, hinter der Mitte verdickt; '/^ so dick als lang: Schienen wenig länger als die Schenkel, keulenförmig, Vg so dick als lang, an der Wurzel bedeutend verschmälert; Füsse 1/3 so lang als die Schienen, nur halb so dick als lang. 5. GATTUNG. (^Aeolothrips) H a I i d. Fühler eigentlich achtgliederig, aber die vier letzten sind sehr klein, und in eine längliche (nicht runde) Spitze verwachsen, daher sie fünfgliederig aussehen; Mundtheile lang, zugespitzt, drehrund; das letzte Glied der Kiefertaster sehr kurz ; Augen gegen den Mund hin verlängert. Die Weibchen haben eine nach oben zurückgebogene 136 Heeger. Legescheide, wodurch der Hinterleib nach unten gewölbartig auf- getrieben ist. Halid. Burm. a. a. 0. 417. . Man kennt nur wenige Arten. 1. Einige haben einen kürzeren Leib, einen breiten Meso- und Meta- Thorax, und Flügel, deren Vorderrand nicht bewimpert ist, sie haben deutliche Queradern , die Männchen haben Fortsätze an den Seiten des Hinterleibes. Coleothrips Halid. Aeolothrips fasciata Linn. nigra, elytris basi, fascia media, apiceque alhis. (Taf. XXL) Burm. a. a. 0, 417. Trips fasciata Linn. Faun. Sv. 1030. — De Geer III, p. II, Nr. 4. Geoff. Ins. I. 38S, 3. — Fab. S. Rhg. 314, 7. Halid. L 1. 4SI, L — Burm. a. a. 0. 417, 1. Gelb- dann dunkelbraun, Vorderflügel mit zwei braunen Quer- binden und Hinterrand-Fransen, Beine und Fühler braun. % — i'" lang. In Convolvuhis und andern Blüthen. Kopf gleichseitig viereckig, so breit als lang, kaum y^ schmäler als der Vorderbrust-Abschnitt; am Hinterrande mit einem deutlich abgesonderten Saum; Augen sehr gross , länglichrund, vorragend, fast schwarz , Ys so breit , halb so lang als der Kopf; Nebenaugen grösser als die Pusteln der Augen, Fühler so lang als der ganze Brustkasten (thoraxj , braun, neungliederig, alle Glieder kurz beborstet, erstes und zweites Glied beinahe napfförmig," dunkler als die übrigen, zusammen y^ der ganzen Fühlerlänge, drittes und viertes so lang als die beiden ersten zusammen, fast walzig, 2/5 so dick als lang, fünftes (Griffel) im Ganzen so lang als das vierte , die vordere Hälfte allmählich zur Spitze verschmälert, ist in vier Theile, drei Ringe und die Spitze getheilet. Vorderbrust- Abschnitt querviereckig, nicht so lang als der Kopf, ys breiter als lang, am Hinterrande abgerundet; Mittelbrust- Abschnitt % breiter als der vorige, kaum y^ so lang als breit, am Hinterrande im Achtelkreis ausgebogen; Hinterbrust- Abschnitt fast dreimal so lang als der Mittlere, % breiter als lang, auf der Mitte mit einer schildchenartigen Erhöhung, die Seiten mit zwei runden Naturgeschichte der Phj'sopoden. 137 gesäumten Hornplatten geschützt, der fast gerade Hinterrand, auf- gestülpt. Flügel gerade, die vorderen etwas länger als der Hinterleib, kaum Vs so breit als lang; die hinteren etwas kürzer und schmäler, alle mit einer Randader gänzlich umsäumet und dicht auf der Haut- obertläche, mit sehr kurzen, feinen Härchen bestreut. Der Vorderrand der Vordertlügel nackt, der Hinterrand mit langen paarweise genäherten Haaren befranset, sie sind durch zwei innere, gerade, gleichlaufende Längsadern , welche mit sehr kurzen, schwarzen, erweitert stehenden Borsten besetzt sind, in drei gleiche Felder getheilt; zwei braune Querbinden, so breit als der Flügel, theilen die Flügellänge in fünf fast gleiche (drei weisse, zwei braune) Binden. Im Randfelde ist am Innenrande der braunen äusseren Binde, und etwas hinter dem Vorderrande der inneren braunen Binde, die Rand- mit der vorderen Mittelfeldader am Vorderrande der hinteren braunen Binde, die beiden Mittelfeldadern, und im Nathfelde am Innenrande der äusseren Binde die Nathfeldrand- mit der hinteren Mittelfeldader durch je eine nackte Querader verbunden. An den Hinterflügeln ist die äussere Hälfte des Vorderrandes mit kurzen , erweiterten Härchen bewimpert, am Hinterrande aber ganz mit etwas genäherten einfachen Borsten befranset. Beine fast gleich lang, halb so lang als der Hinterleib, braun ; die Schenkel so lang als Kopf und Vorderbrust-Abschnitt, gegen die Mitte verdickt, % so breit als lang, die der Vorderbeine etwas kürzer und dicker; Schienen wenig länger als die Schenkel, keulen- förmig, die der Vorderbeine an der Wurzel, die der vier hinteren am Vorderrande verdickt; die Füsse ebenfalls braun, nur halb so lang als die Schienen, kaum halb so dick als lang. Der Hinterleib etwas mehr als das Doppelte der Länge des ganzen Brustkastens, spindelförmig, die Leibes-Abschnitle fast gleich lang, nur der letzte sehr verschmälert und fast % länger als die anderen und mit längeren und kürzeren Borsten am Hinterrande be- setzt; die Afterröhre, besonders beim Weibchen grösser als bei anderen Arten, % länger, an der Wurzel % schmäler als der letzte Abschnitt, hat an jeder Seite eine, am Hinterrande zwei lange Borsten. 138 Heeger. Aeol. viltata. nigra, elytrorum basi costaque anteriori di~ midia albis (Taf. XXII). Burm. a. a. 0. 418, 2. Halid. 1. 1. 4SI, 2. Dunkelbraun, Hinterleib lichter, im Herbst fast schwarz, nur die Männchen bleiben etwas lichter als die Weibchen ; Fühler neun- gliederig, kürzer als bei Aeol. fasciata', Flügel beinahe wie bei dieser nur kürzer befranset. 1'" lang. In Cochlearia firaba u. dgl. Blüthen. Kopf Vi kürzer als der Vorderbrust-Abschnitt, am Hinterrande Avenig breiter als lang, oben in der Mitte vertieft, an den Seiten etwas eingebogen ; Augen nur halb so gross als bei fasciata, auch die Augenpusteln und Nebenaugen verhältnissmässig viel kleiner als dort. Fühler nochmal so lang als der Vorderbrust-Abschnitt, bedeu- tend zarter, sonst ganz gestaltet wie bei fasciata. Vorderbrust-Abschnitt abgerundet viereckig, die Seiten etwas eingedrückt, am Hinterrande merklich breiter als vorne. Mittelbrust-Ahschnitt beinahe % breiter und halb so lang als der vordere, das Schildchen hinten abgerundet; Hinterbrust-Ab- schnitt nochmal so lang als der Kopf, 1/4 schmäler als der mittlere, am Vorderrande mit einer länglichen hinten abgerundeten Erhöhung, zwei derbhornige, länglich runde Seitenplatten, Avelche mit einer verdickten Leiste umgeben sind; der Hinterrand ist gerade, mit einer abgerundeten Leiste. Flügel fast um % länger als der Hinterleib, y« so breit als lang, alle mit kurzen schwarzen Härchen auf der Hautfläche dicht bewachsen; die mit zwei inneren Längsadern durchschnittenen Vorderflügel sind am Vorderrande nackt, am Hinterrande wenig über die äussere Hälfte mit gedoppelten Haaren von der Länge der Flügelbreite befranset, die Wurzelgegend aber uackt; die Rand- feldader ist in der äusseren braunen Binde mit der vorderen Längs- ader, die beiden inneren Längsadern am Aussenrande der hinteren braunen Binde, im Mittelfelde, und die hintere Längsader wieder in der äusseren braunen Binde mit der Nathfeldader durch eine kurze Querader verbunden. Die beiden inneren Längsadern sind wie bei fasciata mit erweiterten schwarzen Borsten besetzt. Die Hinter- Naturgi'soliiolilir (U>r Physopoden. 139 ttügel sind ' 5 kürzer, gegen den Anssenrand wenig, an der Wurzel aber nni die Hälfte schmäler als die Vorderflügel, am Vorderrande mit kurzen Borsten bewimpert : am Hinterrande mit einfach stehenden so langen Haaren als die gedoppelten des Vorderrandes befranset. Beine fast gleich lang, kaum % kürzer als der Hinterleib, mit kurzen Härchen zerstreut besetzt; Schenkel % so lang als die Beine, in der Mitte verdickt, V^ so dick als lang ; Schienen so lang und etwas schmäler als die Schenkel; Schenkel und Schienen der Mittelbeine % kürzer. Füsse beinahe halb so lang als die Schienen, 1/3 so dick als lang. Hinterleib nochmal so lang, als Mittel- und Hinterbrust-Ab- schnitt zusammen, 1/3 so dick als lang, spindelförmig ; die acht ersten Abschnitte fiist gleich lang, beinahe Vio der Leibeslänge; der letzte (neunte) % länger als der achte, mit mehreren langen Borsten am Hinterrande und den Seiten ; die Afterröhre fast so lang als der letzte Abschnitt, kegelförmig, am Grunde % so l>i'eit als lang, und mit mehreren kürzeren Borsten besetzt. 6. GATTUNG. (P/iys. T/irips SchottiQ Heeger. Ich t;ebe diesem besonders gestalteten und von den anderen Gattungen sehr abweichenden Thierchen keinen eigenen Gattungs- namen, möge dies später durch einen geeigneteren Mann geschehen, den Artnamen aber gab ich zu Ehren des um die Naturwissenschaften sehr verdienten Herrn Schott, Director der k. k. Hofgärten , wel- cher diese Art, die einzige mir bekannte aussereuropäische, aus Bra- silien für das k. k. Hofnaturalien-Cabinet mitgebracht hat. Thr. Schottii ater, ondis luteis ,- antennia 8-articulatis, filiformibiis, alis ensif'ormihus (Taf. XXllI). Schwarz, glänzend, sehr gestreckt , Fühler fadenförmig acht- gliederig ; Augen nicht vorne, sondern an den Seiten, vor der Mitte des Kopfes, gelb; schmale, gleichbreite, ganz umfranste Flügel. 13/,'" lang. Kopf stumpf, kegelförmig, noclimal so lang, am Hinterrande halb so breit als der Vorderbrust-Abschnitt ; Augen, vor der Mitte an den Seiten eingefügt, gelb, rund, erhoben, mit grossen Pusteln, fast 1/5 so lang als der Kopf; Nebenaugen keine. 140 Heeger. Naturgeschichte der Physopoden. Fühler fein fadenförmig, unbehaart, achtgliederig, nochmal so lang als der Kopf; erstes und zweites Glied gleich, kurz, so kurz als das achte ; drittes und viertes, jedes viermal so lang als das zweite ; fünftes und sechstes y^ kürzer als das vierte; siebentes nur halb, achtes nur 1/3 so lang als das sechste. Yorderbrust-Abschnitt fast glockenförmig gewölbt, halb so lang, am Vorderrande 1/4 breiter als der Kopf, abgerundet, Hinterrand gerade, um die Hälfte breiter als der vordere ; Mittelbrust-Abschnitt Ve breiter, 1/3 so lang als voriger, der Hinterrand flach gebogen, an den Seiten zur Spitze verschmälert; Hinterbrust-Abschnitt fast nur so lang als die Schienen und so breit als lang; an den Seiten des Vorderrandes sind die zwei halbrunden dünnhornigen Platten, so lang als der Kopf breit, gegen den Hinterrand eine schildchenartige, hinten ausgebogene schwache Erhöhung, und der Hinterrand gerade abgeschnitten. Flügel: die vorderen halb so lang als Brustkasten und Hin- terleib zusammen, alle sehr schmal, kaum %„ so breit als lang, gleichbreit, gerade, blass, bräunlich gelb, nicht dicht, aber sehr fein behaart, ganz mit Haaren umfranset, welche doppelt so lang als die Flügel breit sind ; aus der Wurzel ziehet sich eine gerade Längsader bis gegen die Mitte der Flügellänge, wo sie in eine Spitze ausläuft. Die Hinterflügel fast nur halb so lang als der Hinterleib, Vs kürzer als die Vorderflügel. Beine schwarz mit rothbraunen Borsten besetzt, nur die Fuss- glieder dunkelbraun; Vorder- und Hinterbeine gleichlang, halb so lang als der Hinterleib, die mittleren aber % kürzer; Schenkel der Vorderbeine mw halb so lang als das ganze Bein, verkehrt keulen- förmig, an der Wurzel % so dick als lang, am Knie kaum 1/3 so breit als die Keule; innen gerade, aussen am Knie eingebogen; Schienen i/g kürzer als die Schenkel, spindelförmig, am Vorderrande nach innen mit einem langen, dünnen, gebogenen Dorn bewaffnet; Füsse nur 1/4 so lang als die Schienen, halb so dick als lang; Schenkel der Mittelbeine V^ kürzer als die vorderen, gegen die Mitte verdickt, i/g so dick als lang; die Schenkel der Hinterbeine, der Form nach, den mittleren gleich, nur % länger und verhältnissmässig stärker ; Schienen beider Paare an Grösse wenig unterschieden, an Form gleich, fast spindelförmig gegen die Mitte verdickt, Vorderrand Boue. LTjer die Wichtigkeit einer Aiilnalune aller grossen Durclibrüche. 141 gerade und etwas erweitert; Füsse Ve so lang als die Schienen, halb so dick als lang. Hinterleih, wie oben bemerkt, nochmal so lang als die Hinter- flügel, gegen die Mitte Vg so dick als lang, glatt, spindelförmig, mit wenigen Borsten; erster bis dritter Abschnitt wenig unterschieden, fast Vs kürzer als breit, vierter und fünfter um ^/\ — sechster um 1/3 länger als der dritte ; siebenter und achter halb so lang als der sechste, neunter nur halb so lang als der dritte, fünfter bis neunter allmählich bis zur Afterröhre verschmälert; Afterröhre so lang als der sechste Abschnitt, schmal kegelförmig Ve so dick als lang, mit vier Borsten am Hinterrand. Vorträge. Über die wissenschaftliche und praktische Wichtigkeit einer genauen geognostischen Aufnahme aller grossen Durchbrüche, so wie aller Becken- und Länder- Trennungen. Von dem w. M. Dr. A. Boae. In jeder Wissenschaft kann man wohl Theorie und Praxis unterscheiden, doch sind beide so unzertrennlich, dass selbst, was heute nur als eine höchst reizende theoretische Ansicht erscheint, morgen seinen praktischen Nutzen mittel- oder unmittelbar finden kann. Diese so gegründete und doch so oft verkannte Wahrheit immer im Auge zu haben, war mein beständiges Bestreben in der Geologie und sie ist ein fruchtbares Feld. Letztere Wissenscliaft kann Avirk- lich auf mancherlei Weise ins Volksleben eingreifen. Geognosti- sche Aufnahmen von Gebirgsländern, so wie von Schuttformationen führen zur Anlage von, für den Staat wichtigen Bergwerken, eine hohe Kette oder ein niedrigeres Becken gänzlich geognostisch durch- forscht, liefert ein reiches Material für Strassenbauten, Industrie und Landwirthschaft. Doch manches Andere selbst der theoretischen Geologie hat seinen praktischen Nutzen, den man oft aus dem Auge lässt, so z.B. führte die Lehre von der Bildung der Thäler den Geo- gnosten viel weiter als den Geographen und Ingenieur. Die Thäler 142 Boue. Über die Wichtigkeit einer genauen sind für ihn nicht nur Spalten, Auswaschungen, Einsenkungen, son- dern er unterscheidet noch unter ihnen die Alluvial- und vulcanisch geformten Thäler , die terrassenartig eingefassten Niederungen, die durch Conglomerate ausgefüllten alten Seegründe, die ehemaligen Meerengen mit steilem Ufer, die Flussgehiete mit Erweiterungen und Engpässen u. s. w. Jede dieser besonderen Thälerarten gibt Anlass zu eigenen technischen Arbeiten , wenn man sie zum Strassen- oder Eisenbalmbau benützen will. Gewisse Gattungen, wie z. B. die ter- rassenartigen begünstigen die Nivellirungsarbeiten ; noch mehr ist es aber der Fall in den mit Conglomerat gefüllten alten Seeboden- Thälern. Solche mit Erweiterungen und Engpässen werden fast immer zu Sprengungen und Tunnel-Arbeiten Anlass geben u s. w. Auf diese Weise kann der Geognost die Vorarbeiten der Ingenieure sehr abkürzen. Es gibt aber eine geognostische Erforschung, die eine grosse Ausbeute von theoretischen Ansichten gewährt, und zu gleicher Zeit äusserst praktisch in die Civilisation und das Treiben der Mensch- heit eingreift. Ich meine die genaue geognostische Aufnahme aller grossen Durchbrüche, so wie die plastischen Trennungen aller Becken kleiner oder grosser Länder. Werden dadurch auch nur selten neue Erzgänge entdeckt, wie es z. B. in der Erdenge von Pananta der Fall war, so sind die That- sachen um so reichhaltiger, die solche Arbeiten für alle möglichen Arten von Communicationswegen, so wie gleichzeitig über die geo- logischen Veränderungen auf der Erdoberfläche liefern. Leider aber ist dieser Theil der geognostischen Geographie der am wenigsten bearbeitete, weil gerade diese Theile der Erde die Menschen trennen und durch ihre Plastik die natürlichen Abthei- lungen im Continente, in Ländern und Provinzen verursachen. Ge- wöhnlich beschränkt sich der Geognost aufsein Geburtsland; solche, die die Wissenschaft in einem grösseren Maasstabe treiben, gibt es viel wenigere, wäre es selbst, dass sie keine fremden Sprachen er- lernen müssten. Dann kommen noch die politischen Schwierigkeiten dazu, die unsere überfeine Civilisation an so vielen Ländergrenzen durch Quarantaine, Pässe oder commercielle Vorschriften ange- häuft hat. Die Provinzen, Länder und Continente werden durch Meere, Wüsten, Gebirge, Wasserscheiden und Flüsse natürlich getrennt. geognostischcii Auriiahiiio alliM- giossoii Durohbruche. 143 Wenn wir von kleineren Trennungen in diesem Augenblicke abstra- bireii , so stellen sich auf dem Erdbälle folgende als die hauptsäch- lichsten heraus, nämlich: diejenigen des atlantischen und stillen Meeres durch den amerikanischen Damm, diejenigen in Afrika und Asien durch die Wüsten der Sahara auf einer Seite und der Gobi- wüste auf der andern, diejenigen des grossen nordamerikanischen See-Complexes von dem Missisippi-Becken, diejenigen des Eis-, balti- schen, schwarzen und kaspischen Meeres in Europa durch die Höhen in Polen und Russland , diejenigen Brasiliens, sowie Guyana's von Süd- Amerika durch mehrere Fhiss-Gebiete, diejenigen des Indostan vom Himalaya durch ähnliche Verhältnisse, diejenigen der Pyrenäen vom südlichen Frankreich auch durch Fhissthäler, diejenigen des Kauka- sus von Armenien, diejenigen des mittelländischen und rothen Meeres, diejenigen der Meerenge von Gibraltar, des Bosphorus, des engli- schen Canals, des Kattegats, der Meerenge von Ceylon, der Lauf des Niger und Senegal u. s. w. Mehrere dieser Trennungen sind ziemlich genau untersucht, doch andere und selbst einige der bedeutensten erwarten noch ihren Ge- schichtsschreiber. Doch war es uns sehr erfreulich über die grösste dieser plastischen Eigenheiten unseres Erdballs endlich eine Auf- klärung zu erhalten. Vielmals ist namentlich gesagt worden, dass im Uranfang die Rotation der Erde, mit dem Einflüsse der Sonne ver- bunden, eine Meeresströmung hat verursachen müssen, die sich um die Erde unter den Tropen bewegte. Die Zeit dieser Verhältnisse konnte aber bis jetzt Niemand bestimmen. Durch die neuere geolo- gische Forschung des Herrn Bouchard zeigt es sich deutlich, duss diese kreisförmige Bewegung von Osten nach Westen, während der Periode der altern Steinkohlen, oder besser nach ihr, aufhörte und dann ähnliche Bewegungen von Süd nach Nnrden. sowie von Norden nach Süden anfingen. Diese Ansicht wird noch dadurch unterstützt, dass man durch die vergleichende Paläontologie der neuen und alten Welt zu dem Schlüsse kommt, dass die jetzigen Isothermen, obwohl mit andern numerischen Zahlen, ungefähr schon in der Trias- Periode vorhanden waren. Nun hängen diese Linien, wie man weiss, eng zusammen, eben sowohl mit den grossen oceanischen Strömun- gen als mit der Configuration der Continente. Herr Bouchard hat nämlich gefunden, dass die Er d enge von Panama westlieh aus primären Gesteinen, namentlich aus 144 Boue. Über die Wichtigkeit einer genauen Devonischen bestehe, indem der übrige Damm nm* Porphyre und Trappe mit etwas Granit und möglichst Flötzkalk darbietet. Östlich bildet eine sehr junge Meeresbildung das Uferland. Wie unsere Lava-Ströme Flussbette verändert, so hätten plutonische Kräfte durch einen ähnlichen Damm vielleicht die grösste aller Erdum- wälzungen verursacht. Wir wissen bis jetzt noch nicht, ob südlich von der darischen Erdenge das stille und atlantische Meer einige Zeit durch den Atrato und St. Juan-Thäler verbunden waren. Hr. V.Humboldt hat namentlich die Möglichkeit eines Yerbindungs- canales zwischen jenen zwei Flüssen nachgewiesen, aber die Geo- gnosie jener Gegenden ist nicht hinlänglich erläutert worden. Überhaupt scheint in ganz America dieses das natürliche Mittel gewesen zu sein um Meerengen zu verstopfen, und da diese Veränderungen in sehr alten Zeiten geschahen, so haben sie bedeu- tend beitragen müssen jenem Continente seine langen , N — S. gezo- genen Formen zu geben. Ein ähnlicher porphyrischer Damm liegt in dem nahen Nicaragua-Staate gerade wo der Chagresfluss fliesst und man eine commercielle Wasser- und Eisenbahn-Strasse einrichtet. Der ganze Nicaragua-See ist mit Trachyten und Porphyren umgeben und daneben ist das primäre und das nur sehr junge im flachen Lande gegen Osten. Weiter nördlich, wo die Nord-Amerikaner ihren Tehuantepec, Communicationsweg, haben, treten in der Hervorbrin- gung der Wasserscheide auch porphyrische Gesteine hervor. Wir werden bald etwas Ausführlicheres darüber erfahren. Dann finden wir auch ähnliches in Süd- America. Die Porphyre der Cordilleren trennten Chili von den Ebenen von Men- doza und Buenos-Ayres, wahrscheinlich auch in der Trias- und Jura- Zeit, \\"ie ich mich schon darüber geäussert habe. Selbst südlicher, wo America schmäler wird, stiess Darwin auf Vulcanisches und Plutonisches, das vielleicht auch hier eine ehemalige Meerenge ver- stopfte. In der alten Welt erkennen wir die ganze Bedeutung eines vulcanischen Dammes in der jetzigen Verbindung des Kaukasus mit dem armenischen Hochlande. Das ehemalige Inselförmige jenes Hochgebirges ersieht man deutlich durch die breiten Tertiär- und Alluvial-Thäler des Rioni oder Phasus und des Kur, die jetzt die Stelle der tertiären Meerenge ohne den trachytischen N— S. laufen- den Querdamm, ganz einnehmen würden. gcogaosUscheu Aulnaliiiie aller grossen Uurchbrüche. 141) Weiter in Central-Asien linden wir wieder Porphyre in dem Himmelsgebirge in jenen Gegenden, wo, nach den letzteren Nach- richten ein Theil, wenn nicht alles, des Wassers des grossen Gobi- Beckens durch eine ungeheure, in den Karten nicht aufgezeichnete Spalten-Pforte in den Irtisch und das Eismeer abfloss. Wahrschein- lich waren es vorzüglich nur die Wasser des westlichen Theiles des Becken, da der Amur für die östlichen scheinbar einen nähern Ab- fluss hat geben müssen. Selbst in der Trennung des mittelländischen und rothen Meeres, auf welche Eisenbahn- und Canal-Pläne so viel Licht geworfen haben, bemerken wir im Sinai-Gebirge eine grosse Anhäufung von plutonischen Gebilden. Es ist, als wenn diese Erup- tionen für einen Damm doch nicht hinreichend gewesen wären. Im kleinen Massstabe sehen wir am östlichen Ufer des kaspi- schen Meeres das alte Bett des Amu durch Porphyre abgesperrt. Endlich in Nord- Afrika kennen wir wenigstens in den Län- dern des südlichen ägyptischen Nils viele Granite und Porphyre, ^iie gerade da stehen , wo vielleicht ein Theil wenigstens des ehemaligen grossen Binnen-Sees Afrikas ausfloss. Über die Trennung des Beckens desMissisippi und der grossen amerikanischen Seen haben wir nach und nach viele wichtige Auflvlärungen bekommen , weil diese Wasserscheide in den Vereingten Staaten liegt. Durch die Terrassen, die verlassenen Uferstellen und die sogenannte Portages oder Scheidepunkte kleiner Wasser scheint es ausser Zweifel, dass in der altern Alluvial- Zeit die Wasser der Seen höher standen und wenigstens die meisten ihre Abflüsse im Missisippithale fanden. Ihre jetzige Ausleerung in Canada ist nur eine spätere Spaltenöffnung im untern Theile dieses Landes. Die höchste Terrasse hatte nach Roy 996 engl. Fuss Höhe, so dass 960,000 engl. Quadratmeilen amerikanischen Landes einmal unter Wasser stand (Lond. geol. Soc. 5. April 1837). Über die alten südamerikanischen Inseln in der Tertiär und und vielleicht Alluvial-Zeit, ich meine Brasilien und Guyana, sammt einem Theil von Kolumbien bis zum Orinoko, ist man nicht im Reinen. Niemand hat, vorzüglich wegen der feindlichen Indianer, die ganze westliche brasilianische Grenze äusserlich umgangen. Im Gegentheil haben wir über ähnliche Verhältnisse im südwest- lichen Frankreich die vollständigsten Urkunden, da man schon SiUb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. I. Hit. 10 146 Boue. Über die Wichtigkeit einer genauen lange jene ehemaligen am nördlichen Fusse der Pyrenäen gele- genen Meerenge für die Ausgrabung eines Verbindungs -Canals zwi- schen dem atlantischen und mittelländischen Meere benutzt hat. Eine Meerenge war da nicht nur in der Flötzzeit, sondern auch in der Eocen- und Miocen-Zeit vorhanden. Aber in letzterer und in der pliocenen vorzüglich, bestanden schon in gewissen Seiten-Thälern grosse Lagunen von Süsswasser, die viel Süsswasser, Kalk und Mer- gel absetzten, um später wieder mit Salzwasser gefüllt zu werden, wie es Austern-Bänke und dergleichen deutlich zeigen. In der altern Alluvial-Zeit endlich, waren auch hie und da grosse Süsswasser-Seen, aber ein natürlicher Wasser-Verbindungs-Canal blieb immer vor- handen. Ähnliches, in grösserem Massstabe charakterisirt ' die zwei Thälerdes Ganges und Indus mit ihrer niedrigen Scheide- wand; aber die geognostischen und hypsometrischen Thatsachen darüber sind noch unvollständig, und vorzüglich die Verhältnisse der vorhandenen Sandwüsten noch wenig aufgeklärt. Das jetzige Eisen- bahn-Trace wird uns bald das Mangelhafte ausfüllen. Das Alluvium scheint wenigstens da einen sehr bedeutenden Raum einzunehmen, so dass das Eocen und Miocen nur meistens am Rande jener Becken zu Tage kommt oder selbst Hügelreihen bildet. Von Süsswasser-Gebilde ausser Molasse ist bis jetzt noch nichts entdeckt worden. In Europa würde diese ehemalige Meerenge viele Ähnlichkeit im Grossen mit dem Po-Becken und seinem ehemaligen Meere haben, das auch in der Eocen- und Miocen-Zeit mit dem mittelländischen Meere durch das Thal des Bormida und bei Albisola und Savona in Verbindung stand. Jetzt erreicht selbst in dem Centrum der ligurischen Appenninen das Eocen durch Umstürzung die Höhe von 900 Meter (Bull. Soc. geol. F. 1851, B. 8, S. 1 10). Süsswasser-Ge- bilde fehlen auch, aber das Alluvium füllt die grosse niedrige Thalfläche aus. Durch die geognostische und hypsometrische Aufnahme ist auch Ähnliches über die Verhältnisse der Wasserscheide zwischen dem Elsasser Rhein-Becken und derjenigen des Doubs und der Saone zu Tage gekommen. Aber wünschenswerth wäre die gänzliche Ermittelung der verschiedenen Wasserstände der tertiären Wasser am nördlichen Fusse der Alpen, während den drei Abschnitten der Tertiär-Zeiten, sowie auch in der Alluvial-Zeit. Man hat erstens, den südwestlichen geogiioätischeii Auriialmie aller grossen Durchbrüehe. 147 Ausfluss dorselbeii zwischen Genf und Grenoble nicht in genügen- dem Detiiil studirt. Selbst die bestandene Verbindung des tertiären Meeres der mittleren Schweiz mit dem Rhein-Becken lässt noch viel zu wünschen übrig. Endlich käme noch der südöstliche Theil und jetziger Ausfluss der Donauwasser, der bis jetzt gar wenig genau durchforscht wurde. Noch eine andere wichtige Wasserscheide, sowohl für die theoretische Geologie als für das praktische Leben bilden nicht nur die niedrigen Karpathen zwischen der Popper und der Tarcza, sowie die kleinen Sudeten zwischen Oder und March, sondern auch die zwischen der Eger und dem weissen Main, und zwischen diesem und der Nah. Diese werden uns die Herren Reichsgeologen wohl bald eben- so ganz ins Reine bringen, wie uns der Ludwigs-Canal über den Scheidedamm zwischen der Altmühl und Reignitz schon genug be- ehrt hat. Was die Trennung der vier Meere um Russland betrifft, so häu- fen sich die Thatsachen, es fehlt uns fast nichts mehr, als ähnliches über den Aral-See, der auch zu jenem einmal so ausgedehnten Meere gehörte. Auf der andern Seite erscheinen in weiter Entfernung die Zerstückelungen und Zerstörungen der Kreide - Gebilde in Dänemark, sowie in Nord-Deutschland doch nur als Bruchstücke der Katastrophe jener grossen Wasser-Entleerungen. Durch neue Reisen wurde auch das hochwichtige schmale Flötz- und Tertiär-Terrain gehörig hyprometrisch und geologisch beleuchtet, das den alten Euphrat bei Bir vom syrischen Meere trennt. Eine Eisenbahn wird einmal diese gesegnete Erdzunge durchkreuzen und endlich Mesopotamien ein neues aber europäisches Leben wieder- geben. Vom untern Euphrat wird seiner Seits die civilisirende Eisenstrasse in Central-Persien eindringen können. Unter den wichtigen kleineren Trennungen ist eine der berühm- testen, die des Bosphorus, in letzterer Zeit völlig beleuchtet worden . Den Herren Vi qu es nel und Hommaire gebührt diese Enträthse- lung, die ich leider wegen der schrecklichen Pest im Jahre 1837 und wegen andern unbedeutenden Reise -Hindernissen ihnen über- lassen musste. Der Bosphorus ist eine förmliche Spalte, die eine Zickzack-Form hat; das Meerwasser füllt sie aus und neben ihr ist nur hie und da Platz für einen Uferdamm und eine schmale Reihe Häuser. Überall 10 * 148 Boue. Über die Wichtigkeit einer genaue« steigen die Felsen sehr steil empor, kein Alluvium liegt am Ufer und doch schneidet diese Furche alle jüngeren Gebilde durch, so dass es keinem Zweifel unterliegt, dass man es hier mit einer Spaltenbildung zu thun habe , die nur in der jüngsten Zeit Statt fand. Man weiss jedoch durch Hrn. Hommaire und Andere, dass das Niveau des schwarzen Meeres einmal höher war. Es liegen nament- lich längs der Küsten Gehäuse-Ablagerungen der jetzigen Mollusken jenes Meeres bis zu einer Höhe von 90 bis 120 Fuss über ihrem Wasserspiegel, darum wird es wahrscheinlich, dass das schwarze Meer vor der Bildung des Bosphorus über ihn floss. In der That liegen längs dieser Meerenge einige Andeutungen, dass dieses stattfand. Wenn man sich namentlich über dem steilen Ufertheil zu 100 bis 200 Fuss erhebt, so findet man vorzüglich auf der europäi- schen Seite ein ziemlich bedeutendes Alluvium, sowohl etwas Lehm als Gerolle (siehe la Turquie d'Europe B. 1, S. 32t3). Dieses ist auch Viquesnel aufgefallen und ich stimme ganz mit seiner Meinung überein, dass dieses auf dem Plateau liegende Alluvium, keineswegs durch Süsswasserfluthen aus dem Belgrader Gebirge herstammt. Doch die genaue geognostische Aufnahme der Umgegend Kon- stantinopels hat uns noch ältere Verhältnisse des Wasserlaufes ange- deutet. Es scheint nämlich, dass zu gleicher Zeit, als das schwarze Meer hoch über der jetzigen Spalte des Bosphorus floss, es sich auch auf der asiatischen Seite durch das Kreidethal von Sakaria und über die jetzt 100 Fuss hohe Ebene des Sabandjak-See nach dem Busen von Ismid wendete , und auf diese Art mit dem Marmara-See in freier Verbindung stand. Irren wir uns in etwas , so könnte dies nur in der genauen Zeitbestimmung jener Verbindung sein, die wohl möglichst auch etwas früher hätte stattfinden können, in allen Fällen aber in der Miocen-Zeit frei war. Früher war in der Eocen-Zeit westlich von Konstantinopel eine wenigstens S bis 6 Stunden breite Meerenge. Das devonische Terrain des Bosporus erstreckt sich nur bei St. Georg, Perindjkoi, Petinokorio und Domusdere (siehe Bull. Soc. geol. de Fr. 1851, Bd. 8, Taf. 6). Von jener Linie an herrscht im Hügellande der Erdzunge das nununulitische Eocen ungefähr bis zur Ruine der atha- nasischen Mauer oder Makrontichos. Die krystallinische Schiefer- kette längs dem schwarzen Meere füllte ein Dreieck zwischen Size- geognostischen Aufiialiine :illor grossen Durchbrüche. 14<) bol, Faki, rthanie, Erekli, Kirkkilisse und Midia aus, dessen Höhe von NW. nach SO. abiiinimt. Seine breite Kante liegt nördlich, seine schmälste Spitze endigt südöstlich in einem Punkte zwei Stun- den WSW. von Ornianli. Von da beginnt ein ganz anderes Gebirge mit besonderen Formen, namentlich die tertiären Plateaux mit kleinen Thälern und nur gegen das schwarze Meer sind einige unbedeutende eocene Erhöhungen, deren absolute Höhe nicht 200 Fuss über- schreitet. In der österreichischen Karte der Türkei findet man selbst die orographische Verschiedenheit, wenn nicht ganz, doch fast natur- getreu ausgedrückt. Aber sie zeigt gar nicht an,dass dieNummuliten- Bildnng die westliche Grenze das Schiefer-Gebirge als Ufer benutzte und sich da absetzte, indem weit niedigere Plateaux das Miocen charakterisiren und noch niedrigere Stufen die Alluvial-Gebilde um Adrianopel. Auf dem Nummuliten- und Miocen-Plateau in der ehe- maligen Meerenge westlich von Konstantinopel liegt auch, wie über dem Bosphorus , einiges Alluvial - Gerolle , so dass das Meer auch einige Zeit darüber hat fliessen müssen. Wenn man sich im Gedanken in die Zeit der Kreidebildung zurückversetzt, so wird es wahrscheinlich, dass das schwarze Meer den krystallinischen Schiefer des thracischen Ufers als Insel umfloss, da der östliche Balkan nur zur Kreide gehört und dieses Gebilde östlich von der devonischen Insel des Bosphorus schon auf einer Linie zwischen Chile und Guebisse anfängt, um sich weiter gegen Eregli und Sinope auszubreiten und ältere Schiefergebirge auf diese Art vom Meere trennt. Verbindet man die Öffnung der Dardanellen mit derjenigen des Bosphorus, so zeigt die geognostische Aufnahme des südöstlichen Thraciens, (-ass während der ganzen tertiären Zeit und selbst in der ältesten Alluvial-Periode die Verbindung des Marmara-Becken mit dem ägeischen Meere hauptsächlich etwas westlich von den Dardanellen lag, denn diese letztere Meerenge ist meistens nur ein Spalten- Canal im Miocen. In der Alluvial-Zeit lag der Durchgang vorzüglich im Maritza-Thale und war etwas eng, indem früher ein breiter Meer- busen mit einigen Inseln oder einigen Felsen von krystallinischem Schiefer diesen ganzen SO. Theil Thraciens einnahm. Der ganze Rhodopus bildete einst nur ein grosses Vorgebirge in den Eocen- und Miocen-Meeren, dessen Form die einer Scheere gleich war, weil V i q u e s n e 1 die Eocenbildung in dem vor ihm nie besuchten Ardathal 150 Bou e. Über die Wichtigkeit einer genauen ziemlich weit hinauf gehen sah. Dieselben Sande mit versteinerten Hölzern die Hr. Tschihatsch ef bei Konstantinopel fand, bedecken gewisse Theile der Molasse-Hügel des Tekirdagh bei Malgara und Cyrenalager sind auch darunter. Die besondere Höhe über 1300 Fuss für einen Theil dieser Hügelreihe erklärt sich durch die Um- stürzimg der Schichten, die da wie gewisse Eocen-Nummuliten-Lager beim See Derkos am schwarzen Meere an dynamischen Erdbewegun- gen Theil nahmen. Auch etwas Alluvium bemerkte ich hie und da. Diese letzteren so jungen Veränderungen finden aber ihren na- türlichsten Schlüssel in den vielen vulcanisch-trachytischen Erup- tionen, die während der Pliocenzeit Inder grossen Bucht Adrianopels statt fanden, namentlich vor den Vorgebirgen des Rhodopus bei Soflu und auf dem jetzigen Laufe der Arda und der Usundscha sowie zwi- schen Karabunar, Eski-Sagra und Jeni-Sagra. In letzterer Gegend stehen diese Vulcane noch da, theilweise wie ganz isolirte Kegel auf dem flachen ßoden des ehemaligen Meeresufers. Endlich muss man noch dazu die gleichzeitigen Eruptionen in der Gegend des ehemaligen Troja, in Samothrakien, auf Lemnos und überhaupt in dem Archipel und in Klein -Asien berücksichtigen. Da aber längs dem ägeischea Meere Muschelbänke von jetzt noch lebenden Gattungen über der Meeresfläche liegen, so muss das Niveau des mittelländischen Meeres eben sowohl wie das des schwarzen Meeres in der Alluvial-Zeit ge- sunken sein, eine Meinung, für welche man leichter Ursachen erwähnen kann, als für eine allgemeine Erhebung von ungeheurer Ausdehnung. Damals fand namentlich die Bildung der Central-Alpenkette Statt, die seitwärts Boden -Versenkungen verursachte und die vielen steilen Ränder beider Meere zur Genüge erklärt. In allen Fällen hatte das schwarze Meer einst viele grosse Buchten und manche grosse Insel. Merkwürdiger Weise zeigt uns der Bosphorus wieder ein Bei- spiel, dass die sogenannten Durchbrüche der jetzigen Wasser sich sehr oft nicht in den verstopften Rinnen sondern in einem Nebengebirge befinden. Anstatt im Flötzgebilde des Sakariathales oder im Eocen der europäischen Seite liegt dieser Canal im Devonischen. Der Neptunist sagt darum, dass die Wasserfluth durch den aufgeworfenen Damm gehemmt, eine neue Bahn sich daneben geöffnet hat. Aber diese theoretische Ansicht wird durch die Anschauung solcher Durchbrüche gänzlich wiederlegt, weil sie alle Merkmahle einer Spaltung und höchst selten einige Auswa- geognostischeii Aufnaliinc aller grossen Durchbrüclie. 131 scliiings-Spuren und nie terlläro Ablagerungon offenbaren, wie z.B. die wie durch ein IMesser gemachte Spalte zwisclien Moldova und Schloss Golubatz an der Donau, der Ausfluss der Elbe aus Böhmen, der Donau aus Biiiern und Ungern u. s. w. Auf der andern Seite bleibt doch, auch wenn man der richtigen Ansicht huldigt, die Ursache dieser Spaltungen schmaler Dämme höchst problematisch. Sie nur dem Zu- fall zuschreiben zu wollen, scheint mir nicht ganz stichhaltig; im Gegentheil , gerade ihre kleine Breite hat wahrscheinlich diese Bil- dung begünstigt. Was nur ein Thal im grossen Gebirge wurde, ver- wandelte sich hier in einen natürlichen Abzugscanal, der die merk- würdigsten Länder-Metamorphosen hervorbrachte ; das Wasser des Binnenmeeres schoss in den grössern herunter. Interessant bleibt es eine Seala von solchen Durchbrüchen der Flüsse und Meere sich anzufertigen, denn nur auf diese Weise kann man gewisse Trennungen in ihrer Grösse nicht verkennen. So über- geht man leicht z. B. von der Spalte zwischen dem Bisam- und Kah- len-Berg, zu denjenigen der Elbe bei Meissen, mit der Insel Berg neben Spaar oder der Seine bei Paris mit der Montmartre Gyps-Insel, oder zu denjenigen der Donau bei Pressburg mit mehreren Inseln; dann von denjenigen der Donau zwischen Yps und Grein, zu dem viel grössern von der Drau zwischen Unter-Drauburg und Zellnitz oder zu dem der Donau zwischen Passau und Linz, wo jetzt doch die Eisenbahn zwischen Salzburg und Linz auf dem Boden des alten tertiären Wasserweges gebaut wird. Von diesem lässt sich zu dem der Donau zwischen Gran und Waizen schreiten, indem vor jener SpaltenöfTnung die pliocenen Wasser des westlichen Ungern mit denjenigen des östlichen süd- lich des Ph.'ten-Sees in Verbindung standen. Hat man dieses Ver- hältniss verstanden , so wird es auch mit demjenigen der Fall sein, wodurch die Donau jetzt zwischen Panschova und Orsova durch eine Spalte fliesst, indem in der ganzen tertiären Zeit das ungrische Meer durch das serbische Morava- und Nischavathal über Bulgarien mit demjenigen der Wallachei verbunden war. Dieses führt endlich zu der Erkenntniss, dass die Meerenge von Gibraltar auch nichts anders als ein ähnlicher Durchbruch ist, das ganze marokkanische und algierischeTertiär-Flötz und primäre Land ist nur ein Bruchstück von Spanien. Anstatt, wie ehemals von dem Busen von Tunis einen Theil der Sahara zu bedecken, setzt 152 Vlacovic. sich das etwas gesunkene mittelländische Meer durch diese Meer- enge in Verbindung mit dem atlantischen Meer. Es ist im Grossen nur die Geschichte des Bosphorus. Der Lauf des Niger wäre auch dazu zu rechnen, denn an der Stelle des Meeres der Ebene läuft westlich der Senegal und östlich der Niger, um sich plötzlich zu Avenden und durch eine Spalte im altern Gebirge den Busen von Benin zu erreichen. Als höchst interessante Untersuchung der Durchbrüche unserer Donau, möchte ich doch auch den Geologen Österreichs denjenigen zwischen Passau und Efferding nennen, weil ich bei einer Herunter- fahrt bemerkte, dass ein gerader wahrer Canal hundert Fuss über der Wasserfläche den Theil des Gebirges durchbricht, wo derFluss von Strass aus eine so bedeutende Krümmung gegen Norden beschreibt. Wäre wirklich die Donau durch jene Halbinsel geflossen ehe die tiefern Spalten entstanden ? das wäre die zu lösende Frage. Delf apparecchio sessiiale de monotremi. Del Dr. Paolo Vlacovic, giji pubblico Dissettore d' anatomia« or assistente alla cattedra di Flsiologia presso I' universita di Vienna, presentata all' i. r. aocademia delle scienze in Vienna, nella seduta del 3 Oiiigno 1853. (Con tav, XXIV— XXV.) La parte morfologica deir apparecchio sessuale negli animali, fu a questi ultimi tempi fatta segno di solerti investigazioni. E par- lando in ispecialitäde'poppanti, bastiaccennare agi' interessanti lavori di Weber, Leydig,Meckei etc. Ma ove bon rivolgasi T atten- zione anehe a questa classe soltanto, vedrassi tosto, come ia suppel- letile delle cognizioni nostre sia ben lungi dal soddisfare a' requisiti dalla scienza addimandati. — E non e solo ne' minuti particolari che v' abbia difetto : che anzi discrepanze non poche, regnano appunto intorno ai fatti piü facili ad essere accertati, da quella che merita si cliiami vera e solida anatomia; V anatomia cioe, che anche ad occhio inerme non tiene a vile il coltello; e se ne vale traendo suo pro, in pari tempo, da tutti que' pratici sussidi della tecnica, che sono pre- zioso patrimonio deir arte. Ne pub essere taciuto inoltre, come il disaccordo ne' principi faccia si. che nelTinterpretazione degli organi Dell' apparecchio sessuale de' monotremi. 153 sorgano qiiestioni frequenti, allorche trattisi di ricondurne compara- tivamente le forme svariatissime, al tipo prescelto quäl tertnine di confronto. E qui basti ricordare ia confusione cagionata dalle forme differenti softo alle quali presentansi T utero mascolino, la prostata, e le veseichette seminali ; confusione che ben poeo venne dileguata, allorquando, quasi apalliativo, furono introdotte le denominazioni di prostata accessoria, di veseichette aecessorie, e persino di vesei- chette spurie. Neil' intenzione di contribuire in parte almeno a rischiarare questa materia, ei rivolsi da qualche tempo miei studi; primo frutto dei quali, e il breve scritto che m'onoro di presentare a questa rispettabile aecademia, e in cui trattai degli organi compo- nenti V apparecchio genitale de' monotremi. Che se fui cosi fortunato, da poter scegliere a soggetto d' indagine P ordine tra' mammali piii singolare e men conosciuto, ne devo grazie alla bontä e gentilezza delSignor. Professore Hyrtl, che mi eccito adimprendernel'investi- gazione; avvertendo, comenelpiü recente tra'lavori pubblicati intorno agli organi della generazione de' mammali, gli edentati e i monotremi avessero sofferto, forse necessitata, esclusione. E fu egli che, col- r usata cortesia, mi fu largo dell' occorrente, traendolo da' preziosi materiali, onde va ricco il bei museo zootomico, con si sapiente ed instancabile cura da lui fondato ed eretto. Ma il prevalersene, dovea seguire col riguardo dovuto ad oggetti, che abbiano sortit« a destinazione Tessere, come si meritano, conser- vati illesi da guasto. Ond' e che, specialmente per ciö chesi riferisce alla parte micografica, non tutto venne trattato con quella pienezza e precisione che altri avrebbe forse desiderato : tanto piu che le con- dizioni de'tessuti non erano, ne potevano essere tali, da rendere pra- ticabile neppure tanta accuratezza. Dei genitali dell' echidna, ven- nermi favoriti un' esemplare dei maschio, e un' altro della femmina ; ma rispetto agli organi dell' ornitorinco, dovetti starmi pago ad un' esemplare dei solo maschio. I. Organi genitali de' maschi. Vescica urinaria, eseno urogenitale. Tanto nell' ornito- rinco (Ornythorynchus paradoxus, Blum.), quanto nell' echidna (Echidna setosa, Home-Tachyglossus setosus, 111.), la vescica dell' urina ha sua foce in ampio e lungo canale, cui per ora daremo il nome di uretra, ma che, come vedremo piü tardi, e un vero seno urogenitale: dopo 154 Vlacovic. percorso il tratto di circa pollicl uno, quest' uretra ristringesi im- provvisamente in breve condotto, il quäle, del pari che l'intestlno retto, sbocca nella cloaca. Ed e in codesta uretra, e cio che e piü strano, inferiormente allo sbocco de' condotti deferenti, che gli ureteri ver- sano direttamente V urina. Angustissimi ne sono gli orifici neir orni- torinco: ampi invece nel maschio dell' echidna; nella femmina poi di questa, trovansi trasferiti in cima a due piccole papille sporgenti nella cavitä dell' uretra. Se la vescica sia provveduta o no d' un vero sfintere, eil' e cosa ch'io non ho potuto ben constatare: certo e, che nel sito ov' essa ristringesi nel breve collo con che mette foce nell' uretra, lo strato muscolare ingrossa visibilmente , ed e composto di fibre, che s' accostano per lo meno assai a direzione trasversale. Testicolo, epididime e condotto deferente. I testicoli giaciono tutti e due nella cavita deU'addome, e sono rivestiti delle tonache consuete, peritoneo e albuginea. Del corpo dell'Hygmohro, non vidi traccia: spaccato il testicolo, non altro vi ravvisai che certa sostanza giallo bruna, equabilmente diffusa. Tra i canaletti seminali, sparsi qua e lä incontrai pure i corpuscoli descritti daLeydig; ma dural qualche fatica a riconoscerli, per ragioni ben facili a indovinare. L'epididime supera di gran lunga in mole il testicolo cui spetta, e non vi sta a ridosso come altrove : larga falda peritoneale, ripiegata in addoppiatura, stendesi fra loro; verso al margine superiore di questa, avviansi alla testa dell' epididime i vasi efferenti ; jrerso al margine inferiore, dirigonsi serpeggiando alla volta del testicolo i vasi che ei conducono e ne rimenano il sangue. II condotto deferente sviluppasi ben per tempo, merce la eonfluenza de' canaletti del seme: ma anziehe correre difilato all' uretra, ripiegasi in mille modi, allungando per tal giiisa la coda dell'epididime : distendesi poscia all'indietro, e ingrossato nella tonaca muscolare, raggiunge 1' uretra; ove accos- tatosi a quello dell' altro lato, sbocca per entro alla cavitä dellastessa, perforandone la parete superiore (quella cioe rivolta alla colonna vertebrale). L'orificio e ad occhio nudo appena visibile, e giace d'una linea circa piü su dello sbocco degli ureteri: per tal modo 1' uretra ac- quistasi di buon diritto il nome di seno urogenitale. Questo aprirsi de' condotti deferenti nelle vie urlnarie, al di sopra dello sbocco degli ureteri, ricorda in certo modo un primo principio di quello strano spostamento nello sbocco delle ultime vie seminali, che notasi in alcuni pesci, e in certi amfibi (sbocco de' condotti deferenti nella Peir apparecchio sessuale de' monotremi. lo5 vescica deirurina, Anableps tetroph tlialmus [HyrtI] — negli ureteri, Acipenser — nelle capsule de corpetti malpighiani, amfibf des quam ati [Bidder]). Inciso il condotto deferente, ravvisai ben tosto siccome la mucosa cbe ne tappezza le pareti, rile- visi in grinze basse e sottili, che percorrendola in sensi svariatissiini, incontransi ad ogni tratto fra loro. Ad eccezione delle piccole niechiette risultanti dalT incrociechiamento di queste grinze, non mi riusd di scoprirvi follicoli o ghiandolette segregatrici di siiccbi particolari. Ma v' ha nell' eehidna oltracciö un' altro canaletto (Tav. XXV, fig. 3, b), rispetto al valore ed all' importanza del quäle non mi fu tanto agevole venire in chiaro. Apresi questo pure neU'uretra, e la boccuceia ne giaee preeisamente nella porzione anteriore del margine che fa periferia alla foce uretrale del condotto deferente (Tav. XXV, fig. 3, 1). Nella porzione inferiore o, dirö piü esattamente, poste- riore dello stesso, il calibro ne e di poco inferiore a quello del con- dotto deferente; giacionsi anzi entrambi nello spessore d'un cordone incassato tra le due lamine d'un addoppiatura del peritonco, e tanto addossati, che traccia alcuna non ne appare esternamente: ed e sol- tanto recidendo di traverso il cordone, che scopronsi nell' area d'entrambi i segmenti, i due rispettivi orifizi. Procedendo verso Tin- nanzi, il canaletto in discorso si stacca dal suo compagno, ed iso- landosi, s'assottiglia e restringe sempre piü; finche giunto all'altezza del testicolo, curvasi ad un tratto, per terminare bruscamente e, in apparenza, con aperto orificio. Lungo il suo cammino trovasi appiat- tato sempre tra le due lamine dell' addoppiatura poc' anzi mento- vata; addoppiatura che, nella sua totalita, raffigura un legamento, il quäle per rispetto al testicolo, alP epididime ed al vaso deferente, e ciö che il mesenterio agl' intestina Ho detto apparente T orificio aperto al 'termine libero del canaletto, e ne dirö tosto la ragione, spiegando il metodo adoperato in quest'indagine. Senza grave difficoltä mi riesci di spingere la merce d'un tubo sottilissimo alcune gocciole di mercurio entro al canaletto : premendo quindi legger- mente col dito, e sospingendo delicatamente la sottile colonna del fluido iniettato , vidi da ultimo, scapparsene le gocciole per sottile apertura alP estremitä sua superiore (anteriore) ; ma siccome quest' apertura venne a scoprirsi appunto lä dove 1' addoppiatura peritoneale fu recisa neirestrazione dei genitali, egli e ben manifesto non potersi 156 VlacoviC. decidere, se il canaletto toccasse veramente qiiivi al suo termine coii aperta boccuccia, o sia stato invece (ciö che e piü probabile) sfor- tunatamente troiicato neH'atto deirasportazione. Quanto agli ele- menti istologici, diro come ne trovai rivestita la superficie interna d'un epitelio a cilindri, conservatosi per buona Ventura incolume: sotto a questo , una niembrana simile alle miicose , inguainata all' esterno (nella porzione inferiore almeno del canaletto) da uno strato museolare a fibre organiche. Rami che lateralniente comunicassero col canaletto, non ci vidi. Agginngero da ultimo come ad accertarmi sul punto dello sbocco nelFuretra, abbia ricorso tanto alle iniezioni, quanto airesplorazione per mezzo d'un erine sottilissimo, e spaccato in fine il canaletto per intero. Quanto alla significazione dello stesso, ne parlero trattando dei genitali della femmina. Prostata. AI capo anteriore del seno urogenitale, dapresso allo sbocco della vescica, scorgesi neir ornitorinco un' ingrossamento, che ricinge quel seno in forma di anello ; e al margine anteriore della porzione superiore dello stesso anello, notasi un'incavatura, che pro- lungasi alFindietro in lieve solco : con che viene segnata la traccia di due metä laterali. L' aspetto esteriore trasse probabilmente in inganno gli autori, che questo ingrossamento ritennero come costituito pura- mente di fibre muscolari; ma coiraiuto del microscopio, trovansi facilmente gli organi ghiandolari appiattati fra quelle. Offronsi questi in forma di tubi allungati , che serpeggiando dolcemente, sMnsinuano tra le fibre muscolari organiche sottoposte, terminando in rigonfiatura. Yeggonsi fittamente stlpati tra loro, e qua e la par- vemi di scorgere come se parecchi costituissero un gruppo solo, ram- pollando i singoli da un tubo comune(Tav. XXIV, fig. 4, B). Riguardo al contenuto, non altro ci scorsi, se non se una materia molecolare, che dava al tutto una tinta in bruno carico. Sia dunque per rispetto alla forma esterna, sia per rispetto agli elementi ond'e costituito, queir ingrossamento anellare va interpretato come organo analogo alla prostata. Anche il restante della mucosa che fodera il seno uro- genitale e fornito di ghiandolette, foggiate a somiglianza delle prime; ma vi son sparse irregolarmente, e diradano sempre piü, sino a scom- parire atfatto. — L'apparecchio genitale delT echidna e destituito della prostata; ma la mucosa del seno urogenitale e provveduta, quasi in compenso, lungo tutto il suo tratto di follicoli secernenti, disposti in file parallele, che decorrono nel sonso della lunghezza ; Deir apparecchiü sessuale de" nionolreiiii. Ib7 lile a cui rispondono altrettante crespe rialzate della niucosa. I fol- licoli han forma di taschette, terminate da uno o piü rigonfiamenti. Ghiandole del Cowper. a) Echidna. Le trovai nell' ornitoriiico, non cosi nelT echidna. Siccome perö tanto Cuvier, quanto Home iie parlano, non parmi sia da dubitare deir esistenza loro ; benche poco per vero s' aeeordino neu' assegnarcene lo sboeco del condotto escretore. Home ci dice(a proposito dell' echidna), che i due condotti confondonsi da ultimo in uno solo , e sboccano nella sua pretesa uretra seminale. Cuvier, che trovo il pene imperforato, non poteva naturalmente accordarsi con Home, e li fe' terminare separa- tamente nel seno urogenitale. Ambedue perö accennano alla lunghezza ragguardevole dei due condotti : onde nii nasce sospetto, che nell' as- portazione dei genitali possano essere stati recisi, restando le ghiandole nel corpo dell'animale. Fatta la quäle congettura, non mancai di cercarne diligentemente il moncone ; ma se non ne scopersi traccia, deesene forse la colpa alle difficolta poco men che insuperabili. — b) Oriii torin CO. Le ghiandole cowperiane delP ornitorinco sono sviluppatissime ; toccano alla grandezza d'una grossa nocciola, e son proYvedute di robusta tonaca muscolare; le fibre della medesima spettano alle cosi dette fibre aniraali o rigate; verso il collo della ghiandola, codesta tonaca muscolare tramutasi in gran parte in una laminetta tendinea, adagiata esternamente alla ghiandola stessa ; ed e da questa che le fibre muscolari dipartonsl, e alla quäle, dopo cir- cuito l'organo in discorso, tornano per fissarvlsi terminalmente. Spaccata la ghiandola per metä , m*" abbattei in ispaziosa cavita centrale, dalle pareti della quäle sporgeano all' interno, altre libere affatto, altre in parte aderenti, numerevoli assicelle muscolari ordinate quasi a rete, e rivestite della mucosa che tappezza T interna super- ficie della ghiandola. Gli intervalli liberi fra quelle assicelle, s'affos- sano in piccole nicchie, unici vani che, come stromenti di secrezione, riscontrai nella porzione posteriore della ghiandola. Non cosi verso al condotto escretore: trovansi qui perforate le pareti da forellini, i quali parvemi che menassero in altretlanti sacchetti, forniti lateral- mente di follicoli o vescicole ghiandolari. Credetti in sulle prime, che qui pure, come rispetto a' marsupiali e a'pachidermi fu da altri de- scritto, questi sacchetti venissero divisi da tramezzi intersecantisi, in numerevoli alveoli comunicanti Ira loro : mi accorsi ben tosto perö, essere veramente i sacchetti cavi affatto; ma protrudersi le pareti 158 Vlacoviö. loro all'iufuori in rigontiamenti obluughi spessissimi ; ecl essere in questi che doveano ravvirsarsi ie ultiine vescicole gbiandolari. Avver- tii'ü per altro, eome il tessuto congiuntivo interstiziale sia tanto com- patto e resistente , che schiantandone pure quelle vescicole , con- serva esso intatte le lacune che ci davan ricetto: lacune che, sotto al microscopio, presentansi in forma di maglie resistenti pertinace- mente alla sfilatura; donde il raffronto che se ne fece da altri col tes- suto della Cornea. Quanto al conlenuto loro , stimo superfluo di pur farne cenno. Tutte e due le ghiandole sviluppano un lungo condotto escretore, del diametro di circa 1/3 linea; ma dove ei versi le materie dalle ghian- dole elaborate, egli e argomento sul quäle, colpa T imperfezione dell'oggetto da me notomizzato, non posso offrire nulla di positivo. Spinte alcune gocciole di niercurio dalla cavita centrale della ghian- dola nel suo condotto escretore, vidi qui pure scapparsene ad un tratto il fluido da un apertura terminale sepolta nella cellulare, ove il con- dotto venne slortunatamente reciso. Invano spesi ogni dilegenza per trovarne la continuazione : ne fui piü felice tanto qui, quanto nel- Techidna, cercando scoprirne lo sbocco nell' uretra. Ed e da notare siccome nella monografia sulPornitorinco pubblicata da Meckel, avverta egli espressamente, non essergli riuscito di cacciare il fluido iniettato sin dentro alla cavita del seno urogenitale, benche vi giun- gesse affatto attiguamente : del quäl accidente, ei cliiama in colpa la soverchia delicatezza delle pareti del condotto , la cui dilacerazione oppose ostacolo, a suo credere, al progredire del liquido. Pare che Cuvier non abbia indagata direttamente la cosa nell' ornitorinco : trattando delle ghiandole del Cowper, cita e descrive quelle del- Techidna; e quanto all' ornitorinco, induce per analogia eguaglianza di condizioni. Home volle da prima, che i condotti escretori terminas- sero nella cloaca; ma se ne disdisse in seguito, e ci assicura di aver veduto come terminino, anche nell' ornitorinco, entro alla cosi detta uretra seminale. Owen inline si riporta interamente a Meckel. Or provatevi a decidere ! Altro organo misterioso per me nell'ornitorinco, si e certa piccola vescichetta, piantata lateralmente alla radice del pene, dalla parte sinistra; ristringendosi improvvisamente in breve condotto, sboccava questa nel meato escretore della ghiandola cowperiana del lato stesso. La mucosa ond'era tappezzata, apparve liscia e priva d'organi secretori. Dal lato Dell' apparecchio süSüiiale de' inouotremi. Ib9 manco, fu vana ogni cura per trovanie pur orma. Se sia poi produ- zione costante od accidentale, e quäl importanza possa avere nel pri- mo caso, soiio giudizi cb' io rimetto a piü favorevole congiiuitura. Ma riflettendo alle taute soiniglianze che corrono tra gli uccelli e i inono- tremi — soiniglianze che, com' e noto, resero sin dubbio per qualche teinpo il posto loro nei quadri sistematiei della zoologia, e che appunto negli organi della generazioneincontransi frequenti — riflettendo, dico, a queste somiglianze, non sarebbe forse lecito di scorgervi qualche analogia colla borsa del Fabbrizio, esistente negli uccelli ? La borsa del Fabbrizio sbocca senipre nella cloaca, gli e vero edeorpiiior meno riccadifollicolidisecrezione: ma per veritä e ignoto affatto quäle importanza si abbia, e quali funzioni incombano a quesf organo negli uccelli. Onde se il sostituire ad un' incognita nuova, altra di piü vecchia data, merita tutt' altro che il nome di soluzione d'un problema proposto; egli e chiaro, come appunto per la ragione stessa, scemi di molto Tentitä degli argomenti che sembrano contraddire alla conget- tura poc' anzi arrischiata. Certo e almeno, essere questo V unico or- gano col quäle codesta borsetta ha qualche benche, in appareuza, lontana rassomiglianza. Organi genitali esteriori. A) Ornitorinco. E gia noto come, nell' ornitorinco, il pene giacciasi profondamente appiattato nella cloaca; di modo che, stando basati puramente ai caratteri fisio- grafici , la diagnosi del sesso non altrimenti puö farsi, se non avendo riguardo alla presenza o alla mancanza dello sprone. Penetrando dal di fuori nell vestibolo della cloaca, trovasi questa esser divisa in due lunghi ed ampi seni, Tuno inferiore, superiore l'altro. — Sboccano nel seno superiore, come fu gi^ descritto, Tinte- stino retto, e il seno urogenitale. A limite di separazione fra il retto e la cloaca, notansi nella parete superiore di quesf ultima, da otto sin dieci fori, disposti, in ciascuno dei due lati, alla periferia d'un' area elittica. Menano questi in altrettanti sacchetti larghi e schiacciati, in cui sboccano parecchie ghiandolette; ma stante il guasto de' tessuti, mi fu impossibile decifrare aggiustatamente le forme loro. — II seno in- feriore termina cieco,e da ricettoal pene nel maschio, alla clitoride nella femmina. — Ilpene sviluppasi dalle parti laterali del seno urogenitale, ed e perciö, come ne' marsupiali e ne' cetacei, privo d' aderenze collo scheletro. L'estremita della testa penzolante allungasi lateralmente in due processi di forma conica, sepolti, nello stato di flaccidita, entro 160 Vlacovi«'. ad iina fossetta. Dalla punta smussata di questi proeessi, ravvisati dagli autori come dupplice ghiande , spuiitano alquante papille oblunghe, della figura d'iin Va spicchio arrotondato , e col dorso rivolto alT iii- fuori. Quanto al niimero di queste papille, discordano le descrizioni datene dai zootomi. Home ne vide cinque; Meekel da tre a quattro. lo ne trovai tre dalla parte sinistra, quattro dalla destra; ma quasi ad equilibrio del numero, altre piü piccole vidi nascoste fra quelle , e precisamente due fra le prime, ed una fra le seconde; tanto riguardo la forma, quanto riguardo all' aspetto esteriore, s'accordavano anelie queste eolle papille piü grandi. Ad eecezione del doppio ghiande, e della fossa che l'accoglie, la cute del pene e tutta coperta di picco- lissime spine appiattite. Ho detto spine e non papille, stanteche non sono prolungamenti della eute, ma sempliei proeessi epidermoidali. Sembra a prima giunta, sotto al mieroscopio, come se risultassero composte difibre variamente intrecciate; ma nasce qui come neir epi- dermide, che Fazioneprolungata della sodacaustica, tramuta lecredute fibre in un' elegante cumulo di cellule o vescichette epidermoidali. — Una lieve assolcatura, che senza interruzione cammina lunghesso ia faccia superiore ed inferiore del pene, serve quasi a demarcazione delle due meta laterali ; in ciascuna delle quali, il sistemavascolaredell'una, e isolato del tutto da quelle deir altra. — I due corpi cavernosi, che a buon diritto potrebhero chiamarsi seni cavernosi (tanto ne suo ampi, spe- cialmente al principio, gli alveoli) giacionsi alle bände del membro, e riscontrai senza fatica le fibre muscolari organiche ch' entrano alla composizione dei tramezzi loro. — Lungo il solco superiore cor- re Tarteria dorsale del pene, in compagnia d'un piatto cordoncino muscolare — il muscolo ritiratore del pene lungo il solco inferiore trovasi parimenti un canale, ch' io, sedotto dair analogia di ciö che vidi nell' echidna, ritenni nel primo istante per un' arteria; ma dopo esame piü maturo mi sento inclinato a ricredermi. Dopo le indagini di C u V i e r e di R u d o I p h i, stimavasi generalmente che il pene dei mo- notreni fosse imperforato. Narraci Tillustre Meekel, che avendo sot- toposta la cosa al cimento delle iniezioni tentate ripetutamente dall' m-etra, mai riusci a cacciare pur una goccia di liquide entro al membro. Ma non contento di cio, dissectioneni. injectioni adjeci soggiunge; e fu allora che, alla faccia inferiore del pene, trovö il canale or ora men- tovato. Dividesi questo verso Testremita del pene in due brancho, ciascuna delle quali penetra nel ghiande rispettivo ; all' altezza delle hell' ;i|)parefchio sessjualc tle" iiioiiotrcini. 101 piipille insideiitivi , Tiina e T altra branca suddividonsi ancora, per penetrare neirassedelle papille: trovasiinfineincimaalleultiineunfo- rellino, che e la boecuccia apertadel canalctto centrale. Praticato un taglio di traverso, e scoperto il canaletto in discorso, tentai Tiniezione verso le papille; senza spingere con troppa forza, vidi spicciare il fluido dalle punte, non perö di tutte: pizzicando tuttavia la punta di quelle mostratesi restie, vidi poi scapparsene anclie da queste sottilis- simo zampillo. Ma codesti fori, son essi naturali, o conseguenza di lacerazione cui sieno per avventura soggiacinte le punte delicatissime delle papille? E la renitenza allo spillare, devesi forse ad accidentale ostruzione delle boccuccie , od e forse in alcune (nelle piü piccole), 0 in tutte, condizione normale? Le cose che andrö esponendo piü sotto, potranno contribuire in parte almeno a sciogliere questi dubbi. Assi- cura Meckel, che il canale in discorso trae origine dair istmo del- Turetra, nel breve ed angusto condotto cioe che il seno urogenitale congiunge colla cloaca: non ne informa perö del come ei siasene ac- certato: suppose perö, che se il fluido cacciato nell' uretra negö ostinatamente d' entrare in questo canaletto, denominato in seguito uretra seminale, la colpa debbasene forse ad accidentale otturamento. H om e ci riferisce d'aver cacciata la punta d'un tubo nell' orificio ure- trale del canaletto, e praticatane felicemente V iniezione. Quanto a me, ecco che qui pure il guasto fortuito sofferto dall'oggetto alTidatomi, mi privö delPopportunita di veriticare le reali condizioni della cosa: perocche inseguendo il canale verso V uretra, m'accorsi che gli eran toccate sorti comuni col condotto escretore delle ghiandole del Cow- per; d'altronde Tincisione delP uretra era stata praticata per modo, che quand' anche esistente, non avrei potuto giungere a scoprir traccia di qualsiasi orificio. Non mancai di sottoporre all' analisi microscopica la membrana ond'era tappezzata codesta uretra se- minale, e ne feci confronto coUe tonache di arterie e di vene da un canto, colla mucosa dell' uretra dall' altro. Ma il guasto totale deir epitelio, e la mancanza di elementi ghiandolari neila membrana dell canaletto, mi derubarono di due preziosi criteri: d'altronde Talte- razione dai tessuti sofferta era giunta a segno tale, ch'io non oserei dar illimitata fiducia a'dati microscopici: tanto piu che, a non guastar troppo le parti , non mi permisi neppure di trar partito da que nie- todi tutti, soliti ad essere adoperati, onde riescire a piena certezza. Senza dubbio perö i caratteri istologici di quella membrana, somi- Sitzb. d. inathem.-naUirw. Cl. IX. Bd. I. Hft. 11 102 VlHcovic. gliavano a quelli d'una mucosa ben piü, che non a quelli delle tonache vascolari. E per primo considerandone il solo abito esterno, offrivano i vasi quel colore gialliccio , tutto proprio, ehe acquistano conservati nello spirito di vino, e che vuolsi ascrivere alla tinta peculiare che ne as- sume la tonaca media : il colore invece della membrana del canaletto tirava in un grigio biancastro. Coli' uopo delle lenti riconobbi nei vasi, benche oscuramente, lo strato muscolare; piu confusa m' apparve la disposizione del tessuto elastico; di capillari, scarsissime tracce: nella membrana del canaletto invece, non orma alcuna di fibre musco- lari; ravvisai chiaramente all'opposto il tessuto elastico, molto simile a queDo della cellulare sottoposta alle mucose; e ci vidi quell' ordi- namento in reti a maglie si fitte, da costituire quasi membrane continue, con filamenti in parte sottili, in parte grossetti; per giunta, infine, ac- cennerö alle notevole ricchezza di capillari, Tratti a confronto al- cuni briccioli della mucosa del seno urogenitale, grande mi parve la somiglianza; soltanto che le reti del tessuto elastico erano in quest' ultima ancora piü fitte. 11 non aver scoperto alla superficie della mem- brana del canaletto alcuna traccia di forellini, ne rami collaterali a questi rispondenti, militerebbe pure a farla dichiarire spettante alla classe delle mucose; ma ciö potrebbesi ascrivere alTesilitä dei mede- simi; e siccome lo stesso dovrei dire d'un'arteria che appositamente confrontai, ed era pari quasi in calibro al canaletto uretrale, sembrami che questo argomento perda cosl notabilmente del suo valore. — Le quali cose imparzialmente punderate, non mi credo lecito mettere in con- tingente l'esistenza dell' uretra seminale dagli autori descritta; e sa- rebbe vana impresa entrare in congetture sulle illusioni possibili, aflTa stellare ragioni pro e contro, trattandosi di materie che dalT osserva- zione diretta potrannno essere poste in piena luce, subitoche oppor- tunita se ne presenti. B) Echidna. La disposizione delle parti nella cloaca, non offre differenze da quella deU'ornitorinco. A scanso di ripetizioni, avver- tirö ancora, siccome nella sfera esterna dei genitali, abbiavi quasi identitä di forme tra il maschio e la femmina. II pene e la clitoride, non differiscono se non quanto alle dimensioni; ma la somiglianza resta tale tuttavia, che ne fui tratto persino a prima giunta in inganno; avendo stimato che il divario nella grandezza del membro, provenisse da ciö che l'esemplare favoritomi, appartenesse giä a soggetto piiigiovane. I)(>ir ;i|)par*-C('liit) ,s('.ssii;iU> (i't>iiii. If>«{ e piu piccolo ; e noii fu so uoii so esaniiiiando gli organi interni che m'accorsi dello sbaglio. Quello a(liin(|ne che sara detto rispetto all' uno, ritengasi come valevole anche por Paltra. — La pcriferia del vestibolo della cloaca, e greniita iiolF echidiia di orilici, che rispondono agli sbocchi di altrettante ghiandole, le quali possono senza difficolta venir isolate dal tossiito circostante. sorpassando in grossezza quella d\in granello di semi di lino. Ciasciina di queste, non e veramente che un gruppo di tre o quattro ghiandolette, e queste pure risultano alla lor volta da un gruppo di circa altrettanti sacchetti forniii di qualche rigonfiamenti. A giudicare dalP aspetto peeuliare che rimarcai nella disposizione deir epitelio, sonihra che la superficie interna dei sac- chetti non sia liscia aflatto , ma sollevisi in grinze disposte reticolar- mente; donde tale senibianza ne risulta, come se la cavitä dei sac- chetti fosse intersecata in tutti i sensi da piccoli tramezzi. Le ghian- dolette secondarie sboccano con orifizio proprio nel fondo di un corto canaletto, che puö riguardarsi come il condotto escretore comune , e nel quäle peiietrano altresi da tre sino a quattro peli setolacei. Nelle adiacenze di queste, altre ghiandole v' hanno, siniili in tutto alle sudori- fere, e delle piii colossali ch'io mai siami avvisate; vi riscontrai pa- tentemente divisioni dicotomiche dei tubi, e ciascuno dei rami separat tamente aggrovigliarsi : m'accordo perö a negaro Tesistenza di tau divisioni neir uomo. Pare che versino i succhi elaborati nel luogo stesso che le altre, standosi niolto a ridosso dei follicoli dei peli. La dove il retto riesce nella cloaca, sollevansi, a confine. alquante rughe Ordinate paralellamente in senso alla lunghezza, e che perdonsi dol- cemente nella niucosa delF intestino; senza di che giä Taspetto este- riore rende l'una dall'altra distinte le due membrane. La mucosa e qui ricca di follicoli disecrezione — aicuni distinguonsi per conside- revole grossezza; e gli sbocchi di questi, sparsi irregolarinente qua e lä, son giä percettibili ad occhio inerme. Ed e altro sbaglio gros- solano di Home, che nell' ecbidna ne diede immagine alla foggia stessa quasi che nell' ornitorinco. — II pene sviluppasi come nell' ornito- rinco : la testa perö suddividesi in quattro piccoli cilindri, misuranti circa due lince in lunghezza, ed altrettante in larghezza. La f^iccia libera dei cilindri e liscia alla pcriferia, ma affossandosi versoal centro, copresi d'innumerevoli papille filiformi : o son queste vere papille, nelle quali ravvisai confitto nell' asse un capillare attortigliato, benche non siami riescito di scoprirne nettamente l'altra branca del- 11 '* 164 V I ;i c o V i C. Tansa in cui probabilinente ripiegasi, II pene stesso componesi in gran parte di sostanza miiscolare, spartita in due porzioni, superiore l'una e piii piccola, inferiore l'altra e piii grossa: ciascuna delle due por- zioni e da robusto involuero di eellulare foggiata in eilindro : il quäle involuero spinge inoltre innunierevoli proiungamenti, variamente inter- seeantisi fra le tibre muscolari stesse, cui serve quasi d'appoggio. Nel eilindro superiore decorre Tarteria dorsale, neir inferiore la profonda del pene: le tibre muscolari spettano alle organiche. Questi cilindri fibroso -muscolari , non penetrano perö nei quattro partimenti ter- minali in cui suddividesi il membro , ov' entrano invece altret- tanti proiungamenti de' corpi cavernosi, coUocati lateralmente verso alla faccia inferiore del membro. Quanto alla questione se il pene sia perforato o no, se qui esista uu^ uretra seminale nel senso che sembra trovisi neirornitorinco — dopo diligentissime inda- gini, dopo esaminatane, per cosi dire, tibra per fibra, mi decido risolutamente per la negativa. Se crediamo ad Home, 1' uretra seminale vi comincerebbe a un dipresso nel luogo istesso che nelP ornitorinco, per suddividersi poi in quattro rami , ch' entrano nei quattro piccoli cilindri alla testa del pene, ove s'aprono nella fossetta alla faccia libera degli stessi. Ma nel centro di codesta fossetta, ne ad occbio nudo, ne armandolo di lenti, mi riesci di veder indizio di forellino. Detratta pazientemente in istrato sottilissimo la cute che ricopre la faccia libera de' cilindri , la tesi contro la kice e — non ombra alcuna di fori, neppur artificiali. Reciso il pene di traverso, il lasciai immerso nell' acqua per parecchie ore, aftniche bene se ne inzuppasse; estrattolo poi, e legato per di dietro il moncone anteriore, premetti quest' ultimo fortemente tra le dita, spingendo il fluide ond'era imbevuto verso al centro della fossetta: l'acqua si fece strada equabilmente traverso a' pori della cute, ma nulla che accen- nase a foro alcuno; dal quäle, ove foro realmente ci fosse stato, il li- quide dovuto avrebbe stillare piü agevolmente, e con piü abbondanza. Quanto allo sbocco del eanaletto nell" uretra, il disegno datone da H 0 m e, s' adatta perfettamente ad un prolungamento del seno urogeni- tale, ehe per breve tratto penetra nel pene, e vi termina cieco. Sic- come da Home non ei vien riferito il come egli abbia constatata la permeabilita del pene, accennando solo alla bocca uretrale e agli orilizi terminali della pretesa uretra seminale, egli e lecito supporre, che siasi forse lasciato illudei'e da codesta apparenza di canale. E che Dt'ir apparecchio sossuale de' monoticmi. 163 rillusiüiie possa aver Iiiogo, mi permettero di addurne a prova l'acci- dente, cui IMnesperienza niia im' istante soggiacque. Che spaccato nella femmina Tangusto canalecliecongiunge il seno urogenitale colla cloaca, e ciü dalla parte che sta a contatto col retto, scorsi alla parete opposta uirürifiziü, ch'io, iielh» falsa credenza d'aver per mario gli organi del maschio, ritenni veramente per quello da Home descritto: e non potea darmi pace vedeiido, come ne Tirijezione, ne V introduzione d'iina setola, e sin l'incisione colIa forhice, non avessero valutoaguidarmi in codesto canale. Accortomi poi dello shaglio in cui era incorso rispetto al sesso, venni pienamente in chiaro della cosa. Se in questo sbaglio non caddi appunto nel maschio, ascrivasene la causa alla circostanza , che nel- reseniplare alTidatoini, il seno urogenitale era stato gia spaccato dalla parte opposta, e ineisa cos'i anche le parete superiore del prolunga- mento descritto; ma ne riconohbi ancor bene le tracce: duolmi pero, che, appunto per la circostanza or ora accennata. non abbia potuto praticare Tiniczione: ma gli esperimenti sovra esposti, e il non aver potuto trovar traccia della continuazione del' canale (cio che non avrebhe potulo fallirmi. se il canale di cui tengo ragione veramente esistesse), son argomenti che a mio credere han qiialcbe pesu. Sol una difiicolta resta ancora, cd e la mancanza di solco alla faccia inferiore del pene, a guida del fludo seminale nelT eiaculazione: ma qui e da avvertire, come la disposizione dei corpi cavernosi tale mi sembri. da dover far sl che, nello stato di turgescenza, non possa altrimenti dal prodursi un' assolcatura al luogo stesso tra quelli: se non che qui [iure al solo sperimento compete la decisione. Owen, per ([uanto e a mia cognizione, il piü recente tra gli scrittori che trattarono Tanatomia de' monotremi, s' accorda pienamente con Home: ma l'assentimento del dotto zoologo, pare dettato da pura fede ; che troppa, a suo dire, sa- rebbe Tanomalia, ove il pene fosse veramente imperforato, lo non m' inoltrerö in ravvicinamenti e confronti : ma non posso tacere, che se V imperforazione del pene sarebbe strana eccezione fra' mammali, un' uretra seminale nel senso e nella maniera che ascri- vesi a' monotremi, sarebbe cosa (se la memoria non mi fa inganno) senza esempio nel regno zoologico tutto: ma cbi vorrä dirla impos- sibile? A me pero non e lecito asseverare se non quanto ho ve- duto : senza pretesa non dimeno ch'abbiasi a preferire l'autoritä mia a quella di Owen e di Home, e contrapponendo a queste quelle di Cuvier e di Rudolphi, chiuderö facendo voto perche, o 160 Vlacovic. altri si provi, o siami foniita occasione di meglio investigare questa materia. II. Urgani genitali della femmina delf echidna. Organ i genitali interni. Rispetto alla vescica ed agli ureteri niilla e da aggiungere a qiianto accennai parlando del maschio ; avvertirö soltanto, che nel seno urogenitale cercai invano dei follicoli trovati in qnello. Tra la boeca della vescica e gli orifizi degli ureteri, trovansi due larghi seni di forma conica: il diametro alla base n'e di poco piu che Va linea, mentre circa 1 linea misurano in lungliezza e sono rudimenti di diie cavita uterine sepa- rate, e, in proporzione. sfraordinarianiente piccole. Considerando l'uretra dal di fuori, non se ne scopre vestigio; ed e appena dopo spaccatane la parete inferiore che si presentano allo sguardo; e di qui spiegasi come gli autori abbiano potuto negarne affatto V esistenza. Alla periferia inferiore ed esterna deiriniboccatnra loro. s'aprono con angusto forellino le tube: il calibro di queste e relativamente molt' ampio, e aumenta insensibilmente sempre piü verso Pestremitä libera, che apresi nella cavita delPaddome. con larga fessura. All' altezza di questa giacesi poco discosta, ed avvolta nel peritoneo, Tovaia; e ne isolai senza difficoltä i minuti follicoli graafiani. Ha la forma e la grandezza, all' in circa, d'un grosso fagiuolo; e 1' om- bellico suo trovasi, com' e solito, dalla parte della concavitä; la superficie n' e liscia alFato — nel che pure , differisce dall' ovaia della femmina dell' ornitorinco , che e bernoccoluta, pel protudere che vi fanno gli ovuli piü o meno niaturi. E qui noterö come neir esemplare da me esaminato, poco o nulla abbia scorto di quell'assimetria laterale quanto a grandezza delle ovaie, di cui parla- no Stannius ed Owen; secondo i quali autori, 1' ovaia destra e si piccola , da doversi considerare come abortiva : — sembra dunque questa essere condizione per lo meno incostante. Anche la descri- zione fornitaci da Stannius intorno all' utero de' monotremi, non dubito s'addatti alla femmina dell' ornitorinco: ma quanto all' echidna, r utero nepuo essere risguardato comeun' allargamento terminale delle tube, ned e conforme al vero, ch'esso aprasi nel seno urogenitale per mezzo d'una papilla prominente (os uteri s. tincse). Veroe bensi, giacersi 1' ovaia entro ad un' ampia tasca peritoneale, nel cui vano Dell' appareccliio sessualo de' monotremi, 167 sporge pure l'ampio orificio addominale della tuba rispettiva. — A con- tattü deirorifizio iiretrale delle tube, e propriamente verso la parte loro anteriore interna, giacesi an forellino angiistissimo e percettibile appena, il qiiale p:uida ad un canaletto che, per rispetto alla forma, alla posizione e al suo corso, soniiglia in tutto a qiiello descritto nel maschio, e de| quäle promisi qui teuere ragione, avendo avuto la for- tuna di trovarne nella femmina la fine. Partivansi dunque dall' ilo ossia ombeliico deir ovaia, dalP uno de' lati sei, dall'altro otto tubetti esilissimi , che in piccoli e sempre piü fitti ripiegamenti diri- gevansi, divergendo alquanto, verso al canaletto poc' anzi mentovato :, vidi parecchi di que' tubetti congiungersi realmente col canaletto in discorso, altri invece terminarsene a qualche distanza, senza entrare in comunicazione con quello. Nel quäl gruppo di tubi, altro non saprei ravvisare se non se il cosi detto parovario, organo che sviluppasi, com' e noto, dalle reiiquie de' corpi wolfiani, e conosciuto giä neirem- brione, sotto al nome di organo del Rosenmüller. Anche l'egre- gio sign. Prof. Brücke al quäle mostrai il preparato relativo (e al quäle sono anzi debitore di molte grazie per la gentile assistenza in tale incontro prestatami), se ne die per inteso. Quanto poi al cana- letto che s'apre nell'uretra, io ci vedo il condotto escretore de' corpi stessi, conservatosi permanente. Che alcuni di que' tubetti non rag- giungessero il canaletto escretore, spiegasi facilmente per ciö che sappiamo dalle indagini di Kobelt: trovö egli infatti, che ne' cana- letti laterali de' corpi wolfiani, l'obliterazione comincia sempre dall' estremitä che coniunica col condotto escretore, e procede di mano in mano verso il capo libero rivolto all' ovaia. Ed emerge chiaramente come sotto lale aspetto vadano considerati qui pure i piccoli tubetti staccati. Quanto poi al canaletto trovato nel maschio, tanto s'accorda esso in tutti suoi caratteri con questo della femmina, che non parmi soverchio ardimento, s' io non esito a dargli pure lo stesso valore, e la stessa importanza. La quäl supposizione convertirassi in piena cer- tezza, ovee'ciriesca in altro esemplare piü perfetto, ditrovare nel ma- schio pure qualche avanzo de' tubetti laterali de' corpi wolfiani; del che molta e la probabilitä: perocche ci e noto siccome il condotto escretore di questi, soggiaccia generalmente all'involuzione, prima di quello che i meati laterali spariscano affatto. La quäl cosa verificandosi, non sarebbe senza Interesse il vedere, come r anatomia comparata, possa venir qui molto acconciamente in 168 viiicovic. aiuto, a dilucidare imo de' punti piü delicati, e piü controversi del- 1' embriologia. Qnantiinque 1' entrare in simili discussioni eeceda forse i limiti d'una modesta memoria, mi permetterö, tuttavia aleune riflessioni. E non sarä forse discaro a taluno se , a rendere piü ciliare le cose che sono per dire, comincerö dall'esporre brevemente alciine fra le sentenze de' principali scrittori in proposito. — Basandosiilteinvesti- gazioni da lui fatte negli iiccelli, crede G. Müller che il condotto eseretore dei corpi Avolfiani, tramutisi immediatamente nel condotto deferente, e che lo sviluppo deH'epididime dehbasi a successiva evo- luzione d'un certo nnmero de' canaletti laterali de' corpi stessi, cana- letti che vanno infine a congiimgersi con qiielli del testicolo; che all'opposto nella femmina i canaletti laterali spariscano affatto, e il loro condotto eseretore tramutisi nell'ovidutto : rispetto poi a' mam- mali, vide egli dal punto ove il condotto eseretore partesi da' corpi wolfiani, camminare sulla superficie de' corpi suddetti nn lungo filo, e dirigersi in alto per terminarvi lihero : parvo all' illustre notomista, ehe codesto filo si tramutasse, ora nel mcato deferente, er nella tuba, a seconda del sesso; appropriandosi si nell' uno, come nell'altro caso quella porzione del condotto eseretore de' corpi wolfiani, che trovasi al disotto del punto ove il filo, da lui veduto, congiungesi al condotto stesso : al quäl punto appena stimava egli veramente, cheil condotto co- minciasse ad isolarsi, cometale, dal resto de' corpi del Wolfio. Ond'e che la porzione inferiore del condotto deferente, quäle riscontrasi nell' adulto, spetterebbe alla porzione inferiore del condotto eseretore de' corpi wolfiani, omai scomparsi ; la porzione superiore od esterna, dovrebbe invece 1' origine sua al filo da lui descritto : e da questo svilup- perebbesi pure l'epididime nel maschio. Ratke nelle indagini da lui instituite nella vipera ci riferisce, svilupparsi liinghesso il condotto esere- tore di ciascuno de' corpi wolfiani, cominciando dal rispettivo shocco neir allantoide, un filamento solide in origine, che piü tardi pero diviene pervio, e termina con orifizio lihero all'altezza de' corpi su mentovati: assunta cosi la forma d'un canale, persister esso nella femmina, e svi- lupparsi quäl tuba : soggiacere invece nel maschio al riassorbimento, nel mentre che il condotto eseretore de' corpi Wolfiani veste a poco le forme del condotto deferente, e nel mentre che de' suoi tuhetti laterali, altri scompaiono allatto, altri trasformansi nei eoni vascolari del- l'epididime, inosculandosi, in qualitä di vasi elTerenti, a' canaletti del Deir apparoocliio .sossiuilc de' inoiintrcnii. 1C9 testicolo. Quest'e l'opinione in pieno divisa anche da Kobelt, Nel suo opuscoletto siil parovario, vede cgli a ragione in quesforgano la persistenza d'un rimasuglio de' corpi wolfiani : anche ne' condotti del Gärtner (tra'ruminanli specialmente nella morella, tra' pachi- dernii nella scrofa), noti gia a Maipighi, altro einonravvisa se non se un rimasuglio de' corpi stessi, c specialmente del loro condotto escretore. E noi nella femmina delP ecliidna, troviamo chiaramenteP una cosa conginnta coll'altra, com' e normale condizione all' epoca em- brionale. Gli e vero che questi organi scorgonsi sviluppati nell'adulto assolutamente piü che nell'embrione: onde sembra quasi contraddi- torio che si dicano rimasugli, mentre sorpassano realmente in mole le parti di cui si credono avanzo. Ma ciö deesi forse alla circostaiiza, che resistit(» , per cosi dire, clie abhiano all'involuzione cui soccom- bono in gran parte neirenibi'ione, le condizioni organiehe de' tessuti entro a' quali si trovano annidati, sono tali probabilmente da promuo- verne un' incremento or piu or meno csuberante. Ma non e per qnesto che il parovario tocchi all' iniportanza che, esageratamente a mio sen- tire, vorrebbesegli attribuita da Kobelt. Trovasi quest'organo, a suo dire, in nesso organico coli' ovaia — fräse stereotipa , ripetuta dal- l'autore immutabilniente in tutto il corso dell' interessante opuscoletto da lui pubblicato. Questa vaga maniera di esprimersi, non s'addice punto al rigore del linguaggio anatomico, e chiediamo se abbiasi ad intendere con cio, che i canalelti suoi s' aprano con aperta boccuceia nel parenchima dell' ovaia , o che altro ei si voglia dire ? Nel prinio caso d' uopo sarebbe ch'ei cene fornisse le prove. Che il parovario se- guadipari passo losviluppo dell' ovaia, nonparmi altresi assaiconforme al vero. In qualche bambina che a tal uopo esaminai, ho trovato il parovario giä sviluppatissimo, e talvolta dall'una delle parti piü che dall'altra, quantunque le ovaie non differissero in grandezza. Nel feto del porcello marino (Cavia cobaya), vide egli stesso il parovario ben grande ; e non dimeno la femmina adulta non ne porta piii traccia. E r incostanza dell" occorrere suo negli animali, non s'oppone forse a dargli queir importanza che all'epididime si compete, organo che mai scom- pare ne'poppanti? Che se coll'isterilire dell' ovaia, inanisce pure il parovario, ciö puo interpretarsi come progressiva retrovoluzione del- r organo in discorso, restando la coincidenza puramente accidentale; ond'e che a dar forza alla sua tesi, sarebbe necessario niostrare che non solamente l'involuzione, ma anche l'evoluzione fra luro cammi- 170 Vlacovic. nino di pari. — Ne saprei adattarmi a pensare „essere il paro- yario organo di secrezione, e prendere parte energica alla ripro- duzione degli oviili; Tazione pero esserne opposta a quella delFepi- didime; versare questo i succhi elaborati all'esterno e quello alPin- terno, nel parenchima cioe deirovaia." Omettendo ogni altra con- siderazione, egli e chiaro come dovrebbesi allor concedere, che nell'eehidna, eodesto versamento possa effettuarsi e all' indentro ed all'infuori, ciö che pare un'assurdo. L'iinica analogia fra il parovario e l'epididime ristringerebbesi per tal modo al substrato genetico, che sarebbe porzione del corpo wolfiano. Esaminiamo quanto sia in ciö pure di plausibile. — Egli e dimostrato che, tanto rispetto alla struttiira, quanto rispetto alla funzione i corpi wolfiani accordansi pienamente co' reni (capsule renali e glomeruli di Malpighi [Ratke], acido urico nel contenuto dell'allontoide degli uccelli [Jacobson]), i quali sembra quasi che a quelli subentrino; vülendo taluni persino, che i reni dei pesci, altro non sieno che i corpi wolfiani sviluppatisi in permanenza — donde il nome di reni primordiali conferito da altri ai corpi stessi; eppure, allo sviluppo de' reni, vediamo depositarsi dairorganismo apposito blastema, independente affatto da' corpi wol- fiani. E non ripugna egli a credere, che se questi non tramutansi ne' reni tanto a loro affini, abbiano a subire poi nietaniorfosi sl eterogenea, da entrare a far parte essenziale degli organi della generazione , co' quali nulla aveano per lo passato di comune ? Lasciamo essere logica alquanto larga il dichiarare, che un' organo provenga da un' altro per- che trovasi piü tardi, in parte almeno, al posto occupato da quello. L' embriologia ci olTre esempi non pochi di comparse e scomparse si rapide, da non poterle seguire nei singoli stadi; e questo fu gia non poche volte fönte dierrore. — Ond'eche Bischo ff e Costedichiara- ronsi avversi a tali vedute. Conferma il primo di aver ritrovato il fila- mento da Ratke descritto, e lo vide confuso all' in basso assieme col condotto escretore de' corpi wolfiani in un sol cordone, e distaccar- sene poi ed isolarsi piü in alto. Or non s'accorda ciö appuntino con quello si e veduto nell' echidna? — Vide di piu auch' egli , eodesto filamento essere solido in principio, e divenire in seguito permea- bile, terminandosi con bocca libera. Ma quanto alle metamorfosi cui soggiace, opina, che da questo filamento svolgasi la tuba nella fem- mina, che nel maschio chiudasi invece ancora, ed allungandosi e spartendosi in rami, dia origine airepididirae ed al condotto deferente. Deir apparecchin sossuale <1e' nionotiemi. 171 — A pro (lello quali vediile , niilitano tanto gll argomenti a priori, quanto quolli dedotti dall'airalogia; dacclie sappiamo come in altre ghiandole pure, 11 corpo della ghiandola e 11 condotto escretore svi- luppinsl separatamente, correndo Tuno all'altra, per cos\ dlre , all' incontro. E qiialora si verificasse da ultimo , corrispondere 11 cana- letto trovato nel maschio delF echldna al condotto escretore de' corpi woltlani, laquestione sarebbe sciolta, parini, definitiyamenten nel senso di Bisclioff e dl Coste. Quanto alle altre interpretazioni tentate da Kobelt, sembranmi meno forzate le seguenti: il sacchetto del Cowper, e le idatidi alla testa deirepididime; direi produzioni pura- mente accidentali : i vasi aberranti di Haller , non altro se non cana- lettl, che per fortuita circostanza non abbiano raggiunto il testicolo : ed e piuttosto nelT idatide del Morgagni che piacerebbemi ravvisato un' avanzo del condotto escretore de' corpi wolfiani : restando all' idatide della tiiba (idatide sepolta col suo picciuolo neH'ala della nottola) il valore assegnatole da Kobelt. Che se avesse ad avverarsi invece, il suaccennato canaletto del maschio dell' echidna terminare con orilicio veramente aperto nella cavitä dell'addome, questo tornerebbe sicuro di valido appoggio alle vednte contrarie. Ma quanto poca siane la verimiglianza, non e chi nol vegga : ad ogni modo stinio pero che, sia qualsivogiia il senso della decisione, non poco gioverä ad appianare le controversie, l'eruire esattamente in questo animale le reali con- dizioni notomiche del canale in discorso. (Jpere ed aiitori citati. Chi brainasse un'indice compiuto delle memorie e degli opuscoli di piii antica data, consulti la monografia di Meckel: J. F. Meckel. Ornythorhynchi paradoxi descriptio anatomica. Lips. 1826. E. Home. Philosophical Transactions. Londra 1802. Due articoli. H. Stannius. Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Berlin 1846. G. L. Kobelt. Der Nebeneierstock des Weibes, das längst vermisste Seitenstück des Neben-Hoden des Mannes entdeckt. Heidelberg 1847. Tb. L.W. Bischoff. Entwickelungs-Geschichte derSäugetliiere und des Menschen. Leipzig 1842. 172 Vlacovic. Ueir apparecchio sessuale de" monotremi, R. Owen. Moiiotremata ; nella Cyclopaedia of Anatomy and Phy- siology di Todd. Part. XXII et XXIII. C II vier, Le^ons d'anatomie comparee. Vol. V. Leydig. L'articolo iiiserito nel giornale di Kolli cker e Sie- bold: Zeitschrift für systematische Zoologie IL V. I. Fase. 1 850. Spiegazione delle tavole. Tav. XXIV. Organi genitali dell' ornitorinco. Figura 1. « vescica urinaria; h'h Ureter!; e'c loro sboeco nel seno urogenitale rf; e testicolo; /" vasi afferent!; !ssiver Rewegiingeii eti". 1 7 «> lluenza ili alcuiii tVa' tubetti dell'ovaia; i sbocco delle tuhe; A: sbocco del canaletto (coiulotto ilcl Gärtner); / aildoppiatura peritoneale, che d;i ricetto all' ovaia, al parovario, ed alla porzione superiore del condotto del Gärtner (che piü giii, s'addossa e conl'onde colla tuba). Fig. 2. La cloaca incisa per disotto : a seno urogenitale ; /> il breve ed anguslo condotto che il seno urogenitale congiunge colla cloaca, inciso per disotto: la menibrana che ne tappezza le pareti, scorgesi soUevata in rete di sottili e basse piegoline varianu-nte intersecantisi ; c cloaca; d grinze al confine tra la cloaca e il retto; e oritici di lollicoli inaggiori, sparsi qua e lä fra quelle; /"la clitoride estratta alquanto dal seno o canale prepuziale, in cui stacelata; g le quattro papille cilindrlche nelle quali terminalmente suddividesi. B. ürgani genitali del maschio. Fig. 3. a vescica urinaria; h b' ureterl ; c c' i due oritici di sbocco degli stessi ; d testicolo; e vasi afferenti; /' epididime; .9 condotto deferente; Ä canaletto (riinasuglio del condotto escretore dei corpi woUiani, o condotto del Gärtner), che in i scorre confuso col condotto deferente, in un cordoue ad entrambi comune; Ä sbocco del condotto deferente; /sbocco del canaletto; m addop- piatura peritoneale che riveste il testicolo , r epididime ed il canaletto gart- neriano reciso in n : A A' epitelio cilindrico che tappezza le pareti del cana- letto or ora nominato; p griuze paralelle, lungo le quali trovansi disposti nel seno urogenitale o, i lollicoli semplici e coinposti B B' \ B doppia lila di follicoli semplici: a) veduti in protilo; a') piii per di sotto. B' un follicolo con tre rigoniiamenti. Fig. 4. L' estremita penzolante del pene. a) La faccia del taglio : a a! i corpi cavernosi del pene, separat! fra loro dal cilindro muscoiare ß\ dal cilindro muscoiare piii grosso y; e dal piccolo setto (J; e l' arteria dorsale; C r arteria profonda del pene. 6) faccia inferiore del membro; c le quattro papille cilindriche in cui ter- minalmente suddividesi; d fossetta fornita di papille alla faccia libera de' cilindri. Über das Entstehen progressiver Bewegungen durch Verbrauch lebendiger Kraft oscillalorischer Bewegungen. Von K. Pasc hl, Capitiilar des Stiftes Seiteiistetteu. In der neuesten Zeit wurde hekaniitlich, besonders durch die Versuche von J. P. Joiiie, die liochwichtige Thatsache festgestellt, dass ein bestimmtes unveränderliches Verhältniss obwaltet zwischen Wärmequantität und mechanischer Arbeitskraft. Der genannte Natur- forscher hat nämlich experimentell bewiesen, dass demselben Auf- wände von bewegender Kraft, diese mag durch Compression der Gase ]Y4 Piischl. ITber das Kiitstclien progressiver Bewegungen oder durch Reibung oder durcli magnet-elektrisclie Erregung eines elektrischen Stromes zur Wärnieproduction verwendet werden, ein gleiches Quantum erzeugter Wärme entspricht, während umgekehrt, wenn Wärme als fortbewegende Kraft wirkt, wie z. B. bei der Fort- schiebung eines Druckes durch Ausdehnung von Gasen, stets eine der geleisteten Arbeit proportionale Wärmemenge consumirt wird und verschwindet. Mechanische Kraft kann also in Wärme, Wärme in mechanische Kraft umgesetzt werden und eine gegebene Quantität Wärme ist einer bestimmten Arbeitskraft äquivalent. Dieser unmittel- bar der Erfahrung entnommene und auch durch theoretische Unter- suchungen, besonders von Clausius, mehrfach erprobte Satz hat bereits eine sehr verbreitete Anerkennung gefunden und es spricht sich die Würdigung der unermesslichen Wichtigkeit desselben für alle Zweige der Naturforschung vorzüglich auch in dem Antrage aus, worin die genauere Ermittelung des mechanischen Äquivalentes der Wärme im vorigen Jahre der kaiserUchen Akademie der Wissen- schaften von einem berühmten Mitgliede derselben als Preisaufgabe vorgeschlagen wurde. Wenn nun aber feststeht, dass Wärme erzeugt wird durch mechanische Kraft, so ist evident, dass dieselbe nicht eine Substanz sei, die durch ihr blosses Vorhandensein die Wärme-Erscheinungen bedingt, sondern dass sie in einer Bewegung bestehe, welche in der wärmeenthaltenden Materie vor sich geht und offenbar keine pro- gressive, sondern nur eine oscillatorische Bewegung, ein Vibriren materieller Tlieilchen um eine Lage stabilen Gleichgewichtes sein kann. Besteht aber die Wärme in einer wie immer gearteten oscilla- torischen Bewegung, so kann die fortbewegende Kraft, als welche in Wirklichkeit die Wärme auftritt, nur ein Resultat eben jener oscilla- torischen Bewegung sein, welche das Wesen der Wärme ausmacht, jene oscillatorische Bewegung muss also im Stande sein, progressive Bewegungen zu erzeugen, und weil die Wärme verschwindet, soweit sie als bewegende Kraft mechanische Arbeit verrichtet , so muss auch die entsprechende oscillatorische Bewegung verschwinden in dem Maasse, als sie progressive Bewegung hervorbringt. Es sei m die Masse, welche durch Verbrauch einer gcM issen Wärmequantität q auf die Höhe h gehoben Avird , und g die Intensität der Schwere, so ist mgh die dadurch gewonnene und jener Wärmemenge äquivalente Arbeits- grösse; man. kann daher setzen: (f = nujli. Um senkrecht frei zu durch Verbrauch lebend ifter Krall (i.sfill;i(ori.'scher Bewegungen. 17h derselben Hohe emporzusteigen, braucht die Masse m die Anfangs- geschwindigkeit v^VJgli; es ist also nigh = - mv~; an die Stelle des Masses der Arbeitsgrösse mgh und folglich für die äquivalente Wärmemenge g kann daher die lebendige Kraft i my^ gesetzt werden. Versteht man nun unter Wärinequantität die lebendige Kraft der ent- sprechenden oscillatorischen Bewegung, so sagt der Satz von dem Kraft-Äquivalente der Wärme nichts anderes, als dass die lebendige Kraft einer oscillatorischen Bewegung äquivalent ist der lebendigen Kraft der daraus erzeugten Translationsbcwegung. Dass von diesen beiden Arten der Bewegung durch Übertragung lebendiger Kraft die eine in die andere umgesetzt werden könne, ist schon an und für sich keineswegs unwahrscheinlich; gegenüber so unzweideutig sprechenden Thatsachen aber, wie die Wärme-Erscheinungen sind, kann es nur als dringend geboten erscheinen , näher auf die Frage einzugehen, wie ein solcher Vorgang zu denken sei und aufweiche mechanischen Gesetze er sich gründe. Ich werde daher in dem gegen- wärtigen Vortrage im Allgemeinen darzuthun versuchen, dass wirk- lich unter gewissen Umständen aus einer oscillatorischen eine progressive Bewegung nach bestimmten Gesetzen hervorgehe; dabei aber, um den Schein des Hypothetischen so viel als möglich zu ver- meiden, jede Anwendung auf die Erklärung von Naturerscheinungen bei Seite lassen. Die beiden Gesetze, welche ich für die einfachsten Fälle undu- latorischer Bew egung ableiten werde, bilden die Grundlage einer von mir vor mehreren Monaten veröflenllichten Theorie der Naturkräfte, welcher bereits früher einmal die Ehre einer nicht ungünstigen Be- sprechung vor der hochverehrten Classe zu Theil geworden war. Ich erlaube mir daraus nur zu bemerken, dass, dieser Theorie zufolge, der Fall eines Überganges lebendiger Kraft oscillatorischer Bewegung in lebendiger Kraft einer progressiven Bewegung keineswegs ein auf die Wärme-Erscheinungen beschränkter Vorgang sei, der sonst in der Natur nicht mehr seines Gleichen habe; (so dass etwa bloss jene Bewegungen, welche durch die Wärme erzeugt werden, einen äqui- valenten Verbrauch lebendiger Kraft fordern , andere Bewegungen aber, z. B. die eines zur Erde fallenden Körpers, ohne irgend einen Verbrauch lebendiger Kraft entstehen sollten); sondern dass auch die übrigen aus bisher unbekannten Ursachen hervorgehenden Be- wegungen in der Natur auf den nämlichen Ursprung zurückgeführt 17(5 Puschl. Über das Eiitsleheii progressiver Bewegungen und namentlich die Wirkungen der Gravitation, der Coliäsion, der elektrischen, magnetischen und elektro-magnetischen Kräfte abge- leitet werden können aus sehr kleinen Bewegungen allverbreiteter Stoffe, aus rein mechanischen Vorgängen der Übertragung und Er- haltung lebendiger Kraft. Als höchstes Princip der Natur stellt sich demgemäss der Satz dar, welcher zugleich die Bedingung ihrer Begreiflichkeit in sich schliesst, nämlich: dass die Quantität der lebendigen Kraft in der Natur unveränderlich ist wie die Quantität der Materie. Zerlegt man nämlich das Weltall in seine Elemente, bezeichnet man durch m die Quantität der Materie in irgend einem dieser Elemente und durch v die Geschwindigkeit desselben in einem bestimmten Augenblicke, so ist für alle Zeiten iS (nw^) = C, wo das Summenzeichen ä gleichzeitig auf sämmtliche Elemente der Natur zu beziehen und unter C eine unveränderliche Grösse zu verstehen ist. Dieser Gleichung gemäss stehen alle Naturerscheinungen und Kräfte im Verhältnisse gegenseitiger Abhängigkeit, alle sind unter einander in gewissem Sinne äquivalent und das Verhältniss von Wärme und mechanischer Arbeit erscheint sofort als Ausfluss eines allgemeinen Princips. Damit also ein Körper oder ein beliebiges System materieller Punkte an lebendiger Kraft zunehmen könne, muss ihm solche anders- woher zugeführt, damit die lebendige Kraft desselben abnehme, muss davon anderswohin abgegeben werden; nie kann irgendwo eine Ver- mehrung lebendiger Kraft eintreten, ohne dass derselben anderswo eine gleich grosse Verminderung entspricht und umgekehrt. Wesent- lich zu demselben Resultate gelangt Helmhollz in einer von ihm ver- öffentlichten Abhandlung : „Über die Erhaltung der Kraft." Unter der Voraussetzung nämlich , dass alle Wirkungen in der Natur zurückzu- führen seien auf anziehende und abstossende Kräfte, deren Intensität nur von der Entfernung der auf einander wirkenden Punkte abhängt, deducirt Helmholtz folgenden Satz : „In allen Fällen der Bewegung materieller Punkte ist der Verlust an Quantität der Spannkraft stets gleich dem Gewinn an lebendiger Kraft und der Gewinn der erstem dem Verluste der letzteren," oder kurz: „die Sunnne der vorhandenen lebendigen und Spannkräfte ist constant." Dieser Satz, welchen der Verfasser das Princip der Eihaltung der Kraft nennt, ist mit dem aus meiner Theorie hervorgehenden , dass die Quantität der lebendigen Kräfte selbst constant ist, identisch; denn, was Hehnhultz unter Quantität der Spannkräfte eines Systems materieller Punkte versteht. durch Verbrauch lebemliger Krall oscillaloriseher Bewegungen. 17T ist meiner Theorie zufolge nichts anderes als eine Summe lehendiger Kräfte, welche sowohl auf die Vermehrung der lehendigen Kraft jenes Systems verbraucht, als auch durch Verminderung- derselben wieder zurüekerbalten werden kann. Die oben erwähnten Fundamentalsätze über die Entstehung progressiver Bewegungen aus oscillatorischen ergeben sich sehr ein- fach aus der Betrachtung des Verhaltens eines in stabilem Gleich- gewichte befindlichen Mediums bei der Fortptlanzung einer ebenen Welle. Geschehen die Schwingungen senkrecht auf die Richtung der BcM-egungsfortpflanzung, so werden jene Theilcben, welche im Zu- stande der Ruhe in einer in jene Richtung fallenden geraden Linie lagen, wälirend ihrer Theilnahme an der Schwingungsbewegung sich zwischen den nämlichen Grenzen in einer krummen, also längeren, Linie befinden; sie müssen daher weiter aus einander gerückt sein. Nimmt man die erwähnte Gerade zur Axe der x in einem rechtwinke- ligen Coordinatensysteme, wobei die Abstände der schwingenden Theilcben von ihren Gleichgewichtslagen als Ordinaten erscheinen, so ist bekanntlicli die Gleichung der Linie, welcbe dieselben in einer bestimmten Zeit t darstellen: 1) y^= a sin. -r— (or -}- 7 ?) wenn a die Schwingungsweite, A die Wellenlänge und 7 die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit bedeutet. Ist nun ds ein unendlich kleines Stück dieser Linie, so hat man ds^-^dx y ^4"(jt)'' folglich 1 ds =d x\i -] r^ — cos " ^-- (j?+7 1)\ oder mit Vernachlässigung der vierten und höhern Potenzen von a, I . fj I 2?:-«^ „ 2;: /- , ,^ 1 dS=dx\l -\ :rj COS 2-— (^X-^'^t) \ . Es ergibt sich demnach für die Verdünnung d = — -j — , welche in der Richtung des Elementes ds und folglich wegen der Kleinheit von -yj- auch in der Projection desselben auf die Richtung der Wellenbewegung stattfindet, der Ausdruck: 2) 0 = ^a COS 3 — (x f 7 f). Silzb. d. UKithem.-iiaUuw. C'l. IX. Bd. I. Uli. 12 l / i immer in dem nämlichen, und zwar in dem der Fortpflanzungsrichtung der Welle entgegengesetzten Sinne. Ist V die Geschwindigkeit, welche der Masse m durch die ver- änderliche Kraft p am Ende der Zeit t mitgetheilt ist , so hat man, dv wegen p^=m,-j-, folglich wenn c die Geschwindigkeit bedeutet, welche die ganze Welle der Masse m beizubringen vermag, durch Integration zwischen den gehörigen Grenzen, 4) c 2X3m (liiieli Verl)r;uicli lebendiger KiMl't oscillalorischcr Bewegungen. 1 7 {) Ist die betrachtete Welle ein Stück einer sphärischen Welle und bezeichnet man die Sdnvingungsweite, die in einer nach allen Richtungen gleichförmig sich ausbreitenden Welle mit der Entfernung r vom Erregungsorte im verkehrten Verliältnisse steht, für die Ent- fernung 1 durch a, so ist a = — und somit 2 X* m r Nennt man nun P die Stärke des Impulses, welcher der Masse m die Geschwindigkeit c zu ertheilen vermag, so hat mau P = mc, mithin S) 2).^^ Die Wirkung einer transversalen Welle auf ein von ihr getrof- fenes isolirtes Körpertheilchen ist daher einem in der Richtung gegen ihren Mittelpunkt auf dasselbe ausgeübten Impulse äquivalent, dessen Intensität dem Quadrate der Entfernung von jenem Punkte verkehrt proportional ist. Der Erregungsort einer ununterbrochenen Folge solcher Wellen muss demnach auf ein in der Distanz r befindliches Körpertheilchen die Anziehung C) K=4^ ausüben. Dieses Resultat hat sich ergeben, ohne dass es nöthig war, irgend eine neue Hypothese zu Hülfe zu nehmen. Gibt es in der Natur ein Medium, welches geeignet ist, transversale Schwingungen fort- zupflanzen und gibt es in diesem Medium Massentheilchen, wovon sol- che Schwingungen ausgehen und wechselseitig einander zugeschickt werden, so ist ohne alle weitere Voraussetzung eine noth wendige Folge das Stattfinden der eben gefundenen Anziehung zwischen den- selben, wobei nur noch gefragt werden kann, bei welchen Natur- erscheinungen diese Kraft eine merkliche Rolle spielt. Es ist ferner klar, dass die auf solche Weise entstehende pro- gressive Bewegung dem Verluste an lebendiger Kraft entspricht, welchen die jene Bewegung erzeugenden Wellenstücke erleiden. Denn diese werden keineswegs ungeschwächt an dem getroffenen Körpertheilchen zurückgeworfen, was nur im Falle einer voll- kommenen Unbeweglichkeit desselben geschehen könnte; sondern 12 ■■' 180 Pusclil. über tlas Entstehen progiesbiver Bewegungen ein gewisser Antlieii der lebendigen Kraft jener Wellenstücke wird auf dieses übertragen , folglicb der Wellenbewegung des Mediums entzogen oder daraus absorbirt. Die Formel für die Intensität der anziehenden Kraft stellt daher zugleich die lebendige Kraft der absorbirten Wellenantheile dar. Nimmt man an, dass die Zwischenräume eines Systems materieller Theilchen, z. B. eines Körpers, mit einem zur Fortpflanzung trans- versaler Vibrationen geeigneten Medium erfüllt seien, so wird eine im Innern des Systems von einem Theilchen desselben in dem vor- ausgesetzten Medium erregte und darin fortschreitende \\ eile durch Mittheilung lebendiger Kraft an die auf ihrem Wege befindlichen Körpertheilchen eine Schwächung erleiden, während diese selbst in Folge der bewegenden Kraft jener Welle aus ihrer Ruhelage hinaus- tretend, dann aber vermöge der Molekularkräfte, durch welche sie zusammengehalten werden, wieder dahin zurückkehrend, um ihre ursprünglichen Positionen zu oscilliren anfangen. Ist fx der Antheil lebendiger Kraft, welchen die betrachtete Welle bei ihrem Durchgange durch eine mit ihr concentrische kugelschalenförmige Schichte von der Dicke des Molekularabstandes p verliert, so wird die Wirkungs- intensität, Avomit dieselbe bei der wten Schichte anlangt, wobei sie den Weg r = np zurückgelegt hat, ausgedrückt durch wenn i die Intensität vorstellt, welche im freien Medium in der Ent- fernung 1 stattfinden würde. Setzt man hier 1 — p. = e-", wo e die Basis der natürlichen Logarithmen und a eine positive Constante ist, so kann man dem vorhergehenden Ausdruck die Form geben : Die Anziehung, welche der Erregungsort der Welle ausübt, wird daher bei wachsender Distanz anfangs ziemlich langsam, zuletzt aber wenn - schon eine sehr bedeutende Zahl geworden ist , mit grosser Schnelligkeit abnehmen, wobei immerhin r=np noch unmessbar klein sein kann. Dieselbe Ursache also, welche im freien Medium als fern- wirkende Kraft erscheint, erstreckt in diesem Falle ihre unmittelbare Wirksamkeit nur bis in unmessbar kleine Distanzen. iliu'cli Vor))riuicli I«*)>eiii1igor KrafI osrillatorisclior rn'woguiigcii. i ?4 I rmniltolltar n\is doiii zuvor nhgoloitofcn Salze ühor dio howc- geiule Kraft transversaler Wellen erj^ibt sich noch eine andere Wirkuni? derselben, die ich nur mit einigen Worten berühren will. Es vermag nämlich ein Körpcrtheilchen nicht bloss dadnrch auf andere einzuwirken, dass es denselben selbst Wellen zusendet, sondern auch, indem es die Wirkung anderswoher kommender Wellen aufhebt oder schwächt, sowie etwa, um einen naheliegenden Vergleich anzinvenden. ein Körper nicht bloss Licht aussenden, sondern auch Schatten Averfen kann. Stellt man sich z, B. vor, in einem allenthalben mit leuchtenden Punkten erfüllten Räume befinde sich eine undurchsichtige Scheibe, so wird diese auf beiden Seiten und zwar, wenn die leuchtenden Punkte ringsum gleichmässig ver- theilt sind, auf jeder Seite gleich stark erleuchtet sein. Denkt man sich aber neben diese Scheibe noch eine andere von gleicher Be- schafVenheit gebracht, so ist jeder Punkt auf den einander zugekehrten Flächen derselben im Schatten oder im Halbschatten in Bezug auf die hinter der andern Scheibe liegenden leuchtenden Punkte; die Anzahl dieser von beiden Scheiben wechselseitig einander verdeckten Punkte wird desto grösser, und folglich die gesammte Erleuchtung der gegen einandei- gekehrten Flächen desto schwächer, je näher die beiden Scheiben an einander rücken, während die Erleuchtung der abgewendeten Flächen keine Verändeiung erleidet. Der Äther ist in diesem Falle oHenbar auf den zwei entgegengesetzten Seiten der nämlichen Scheibe in verschiedenem Bewegungszustande, folglich von verschiedener Dichte, da nach dem Vorhergehenden die bei transversalen Vibrationen eintretende Verdünnung in der Richtung der Wellenfortiitlanzung der lebendigen Kraft derselben proportional ist; es mus.> daher, weil die Verdünnung auf den von einander abge- wendeten Seiten grösser ist, eine wenn auch in dem betrachteten Beispiele nicht merkliche Anregung zur Bewegung stattfinden, ver- möge Avelcher die beiden Scheiben sich von einander zu entfernen trachten. Derselbe Schluss bleibt aber auch dann noch richtig, wenn man statt der undurchsichtigen Scheiben blosse Körpcrtheilchen und statt der Lichtstrahlen Wärmestrahlen setzt. Als Wirkung transver- saler Vibrationen eines Mediums zeigt sich also unter den angegebenen Umständen eine gegenseitige Abstossung materieller Theilchen. Diese Betrachtung auf die Erklärung der abstossciiden oder aus- dehnenden Kraft der Wärme anzuwenden, wird zwar nur dann erlaubt 182 Piisclil. Üboi tla,s Entstehen progrcssivci' Bewegungen sein, wenn angenommen werden darf, dass nicht bloss die strahlende, sondern auch die im Innern der Körper fortgeleitete Wärme auf trans- versalen Yihrati(»nen des Äthers beruht; dass aber diese Annahme keineswegs unüberwindliche Schwierigkeiten darbiete, sondern mit den Wärme -Erscheinungen sehr gut in Einklang gebracht werden kann, ist auf die umfassendste Weise unlängst von Wilhelmy in Heidelberg gezeigt worden. Das zweite Fundamentalgesetz, dessen Ableitung hier gegeben werden soll, laute^ dahin, dass progressive Bewegungen auch erzeugt werden können durch longitudinale Vibrationen eines Mediums. Da in diesem Falle die Welle aus Verdichtung und Verdünnung in der Richtung der Fortpflanzung besteht, so könnte man ohne genauere Untersuchung meinen , dass die Wirkungen, welche beide Wellen- theile auf ein in ihrem Wege befindliches Körpertheilchen ausüben, sich gegenseitig tilgen; allein eine nähere Betrachtung zeigt, dass dies nicht ganz genau der Fall sei. Es sei 0 die Verdichtung des Mediums, welche eine in der Richtung der Abscissenaxe fortschreitende Longitudinal-Welle an der von ihr getroffenen Oberfläche eines Körpertheilchens von verhältniss- mässig grosser Masse m hervorbringt, so hat man ö = — ^^ sm -y (a? + 70 5 wenn wieder a die entsprechende Schwingungsweite, l die Wellen- länge, 7 die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und t die Zeit bedeutet. Man erhält daher aus dem bereits oben angeführten Grunde für die aufm wirkende Kraft den Ausdruck 2) «7 = — ^ — sm -y i-r+'^t), wenn co einen von der ßeschafl'enheit von m. abhängigen Factor vor- stellt. Hat dieses Theilchen nach Verlauf der Zeit t die Geschwindig- keit V erlangt, so ist dv= — , daher dv = — r Sin -^— (x + "vtjdt. km k ^ ' ■' Befand sich m. im Anfange der Verdichtung oder für .s/,j — (.r + 7t) — 0 in Ruhe, so ist die Geschwindigkeit, welche ilurcli Verbraiul» U'beiulig*M* Kiall o.scillatoritiihor l5»»wogiingen. 1(S3 dasselbe am Ende der Verdichtunof, also nach Verlauf der Zeit — 2 oder der halben Dauer einer Schwingung erlangt hat, 2rt oj 3) und der zurückgelegte Weg 4) 7?» «wT 2«/»* die Geschwindigkeit ist also dieselbe, als wenn das Körpertheilchen den Impuls p = — - in der Richtung der Wellenbewegung empfangen hätte. Ist r die Entfernung des Punktes, wovon die Verdichtung aus- ging, von dem Theilehen m; und oc die Schwingungsweite in der Entfernung 1 vom Erregungsorte, so hat man o. ■= -, mithin /?= und o -= r . Folgt nun auf den verdichteten der verdünnte Wellen- theil, so belindet sich im Augenblicke des Anlangens desselben das Theilehen m schon in der Entfernung r + jr vom Erregungsorte der Welle. Bedeutet r' die Entfernung des Theilchens in vom Erregungsorte beim Anfange der Verdiinnung, und a wie vorhin die Amplitude in der Distanz 1, so ist die Wirkung der Verdünnung dieselbe, als wenn der Impuls p = -^-j- und zwar in dem der Fortpflanzungsrichtung entgegengesetzten Sinne auf m gewirkt hätte ; dieses Theilehen be- findet sich daher , wenn es beim Anfange der Verdünnung in Ruhe war, am Ende derselben in der Entfernung r' — rvom Mittelpunkt der Welle. Die Wirkung der ganzen Welle auf das von ihr getroITene Körpertheilchen lässt sich demnach, wenn ihr verdichteter Theil vorangeht, so ansehen, als wenn demselben zuerst ein Impuls in der Richtung ihres Fortschreitens, und dann nach Verlauf eines bestimm- ten sehr kleinen Zeittheilchens ein zweiter Impuls im entgegenge- setzten Sinne beigebracht würde. Bedeutet a' den sehr kleinen Weg, den das Körpertheilchen vermöge des zuerst erhaltenen Impulses bis zum Eintritte des zweiten zurücklegt, so ist, wenn die Stärke des ersten dem Vorhergehenden gemäss durch p = — - ausgedrückt wird, die Stärke des zweiten »'=-t t^, und die Bewegungsgrösse, wo- mit zuletzt das Theilehen m im Sinne des ersten Impulses fortgeht, 184 Pnsclil. Über das Flntslelien progressivpi' Bewegungen Für (lenWeff o' ersibt sich der Ausdruck 7; , wo h eine A'on der ^ ^ l'j m r Einheit nur wenig verschiedene Constante bedeutet; man hat daher 5 ) p — yt = — 5 — s— y f f «y m r" Ist hingfgen der verdünnte Wellentheil der vorangehende , so erhält das Theilchen m zuerst den Impuls p ■= — gegen den Mittel- punkt der Welle, und dann, wenn es in dieser Richtung den sehr kleinen Weg a" zurückgelegt hat, den zweiten Impuls v' ^^—r ^r^in der Richtung der FortpflanzAuig der Welle; es ist daher die bewegende Kraft, welche in letzterer Richtung noch übrig bleibt : p' — /) ■=■- -. Da aber q und a" nur um eine verschwindende Grösse von einander verschieden sind, so ist ohne Fehler rs" = a und folglich . ,1 ha-wr-T 6) W — M = — s 5-. nie Wirkung einer longitudinalen Weih' auf ein von ihr ge- trolTenes ruhendes Kftrpertheilchen ist daber stets einem in der Richtung ihrer Foitpllanzung auf dasselbe ausgeübten Impulse äqui- valent, dessen Intensität dem Kubus des Abstandcs jenes Theilchens vom Erregnngsorte der Welle verkehrt proportional ist. Werden solche Wellen im Innern eines Körpers in einem zwischen den Molekeln desselben gelagerten Medium erregt und fort- gepflanzt, ^^obei jede derselben an die von ihr getroflenen Körper- theilchen einen Theil ihrer lebendigen Kraft abgibt, so findet man für die ^^'irkung, welche eine Welle in der ?}fachen Molekular- distanz np -^ r auszuüben vermag, einen Ausdruck von der Form ,-'(f-') Av^enn i die Intensität der Wirkung im freien Medium in der Distanz i bedeutet. Ist daher b nicht gar zu klein, so kann die so entstehende Abstossung zwischen den Theilchen des Körpers schon in unmessbar kleinen Distanzen unmerklich sein. Unter ähnlichen Umständen, für welche wir oben eine aus transversalen Vibrationen hervorgehende Abstossung gefunden haben; wird aus longitudinalen SchMingungen eine Anziehung entstehen. iliircli \erl>raiiel) U-bomligiM' Kraft oscillalorisclior Rewi'giingon. i S^i Dies sind die einfachslon Fälle von Krzeugiing' progrosslvor Bewegunqeii aus oscilliitoriscliPii durch Übertragung leliendiger Kraft. Man kann nicht behaupten, dass die auf dem hier betretenen Wege erlangton Resultate, um als richtig gelten zu können, auch aus den allgemeinen Bewegungsgleichungen hervorgehen sollten, welche der l^ndulationstheorie des Lichtes zu Grunde liegen ; denn diese Gleichungen gelten bekanntlich, weil darin die Quadrate der Ver- schiebungsditTerenzen vernachlässigt werden, nur für solche BcAve- gungszustände, wo nahe an einander liegende Theilchen sich nahezu auf gleiche Weise bewegen müssen; mit der Zeit fortwährend wachsende Ortsveränderungs-DitTerenzen , wie sie sich hier ergeben haben, sind davon aus eben jenem Grunde im Vorhinein ausgeschlossen und es ist daher ganz natürlich, dass sie nicht darin enthalten sind. Könnten die ursprünglichen DilTerential- Gleichungen ohne Weg- lassung der Quadrate der Verschiebungs-Diflferenzen integrirt werden, so würden sich gewiss für die Verschiebungen Ausdrücke ergeben, welche nicht bloss periodische Functionen der Zeit enthalten, sondern auch solche, die mit der Zeit fortwährend wachsen. Da nun mit dem hier auf elementarem Wege abgeleiteten Gesetzen über die bewegende Kraft der Wellen ein neuer Standpunkt gewonnen sein dürfte für die Betrachtung des Wesens und Ursprungs der Natnrkräfte und mir auch kein durch speciell bezeichnete Gründe unterstützter Einwurf gegen dieselben bekannt ist, so glaubte ich diesen geAviss interessanten Gegenstand vor der hochverehrten mathematisch -natiH'wissenschaftlichen Classe zur Sprache bringen zu dürfen. 180 Pokoi'iiy. (iber aumstämmen. Um Gmünd (Wel witsch), 34. Jungermannia crenulata Sm. mit der Form ß, gracil- lima. — In Waldhohlwegen. Am Wechsol und im böhmisch-mähri- schen Gebirge. Vorlliciliing der Fiob^nnoosp von Uult'r-(>sl(Mri'icli. 107 'Mi. Jung ermann ia nana Nces. — Tn scliiiHi^ci) NV;il(llioIil- wojion des l»öliinisch-niähris<*lion Gohirges , sollen. liei .liiinslciii (Grüner): »m Giitenbrnini. 36. ,Junfjerinannia Injalina Hock. — In sclmlli^cn WiildlndiU wegen des hölunisch-niähriselien Gebirges zienilieli ;ill. Die Bedeutung 70. Frullania dilatata Nees. — An Bäumen, seltener auf Fel- sen, in allen Gebirgsgegenden häufig. Die Form ß, microphylla und /3, macrotvs Nees am Kuhschneeberg beim Höhbauer (W e 1 w i t s c h). T 1 . Frullania Tamarisci Nees. — An schattigen Felsabhängen, seltener als Vorige. Um Giesshübel; bei Dornbach (P u tterlick); am sogenannten Wassersteig des Sehneebergs ; viel häufiger im böh- misch-mährischen Gebirge. Die Bedeutung landschaftlicher Darstelhinyen in den Naturwissenschaften . Von Prof. SinioDy. Ich erlaube mir, vor dem Forum der Wissenschaft einen Gegen- stand zur Sprache 7Ai bringen, welcher seinem Wesen nach zwar dem Gebiete der Kunst angehöi't, der aber bei der gegenwärtigen Ent- wickelung wissenschaftlicher Auftassungs- und Veranscbaulichungs- weisen einen so wesoutlichen Theil gewisser naturhistorischer Fächer zu bilden berufen ist, dass es vielleicht nicht überflüssig erscheinen dürfte, darüber Ansichten auszusprechen, welche unter den Erfah- rungen einer mehrjährigen Praxis im Gebiete der physikalisch -geo- graphischen Forschung gereift sind. Ich meine die auf tiefere Natur- erkenntniss gegründete wissenschaftliche Landschaftszeichnung und ihre Bedeutung in allen Zweigen des physikalischen Wissens, welche auf die Gestaltung des Terrains , auf die Verschiedenartigkeit der Formationen unserer Erdfeste und auf die Entwickelungsstufen des organischen Lebens in verschiedenen Zonen und Höhen Rücksicht zu nehmen haben. Der hohe Werth, ja die Unerlässlichkeit bildlicher Veranschau- lichungen in der Anatomie, Physiologie, Zoologie, Botanik so wie in der Paläontologie ist längst anerkannt worden. Die zeichnende Kunst hat in diesen Zweigen gegenwärtig schon ein weites Feld, zum Theil für ihre höchsten Leistungen in Anspruch genommen. Anders dagegen verhält es sich in der Geologie und in der Geo- graphie. In der Geologie erseheinen solche landschaftliche An- sichten, welche die äussere Charakteristik der verschiedenen Gebilde zu versinnlichen geeignet sind, höchst spärlich; in Wissenschaft- landschaflliclicr Darsli'lhingeii in ilon Nalur\vissenscliiif(tM». 201 liehen Läiuloi- und Reisescliiklernngen fehlen veranschanlichende Darslolhnigen entweder gänzlich odei- sie sind doeh nur diii-flig zuge- messen, nnd üherdies erseheint das Gebotene, was qualitative Aus- führung hetriirt, gegenüber den präcisen Illustrationen der obenge- nannten naturhistorischen Fächer meist sehr mangelhaft, so sehr auch ein Grosstheil dieser Darstellungen den gewöhnlichen Anforderungen der Kunst immerhin Genüge leisten mag. l^nd gerade in der Geo- logie, so wie in gewissen geographischen Gebieten erreicht die bild- liche Darstellung die umfassendste Bedeutung, erfordert die tiefste, treueste und durchdachteste Autfassung des Gegenstandes. Seit jeher ist man gewöhnt bei den Individuen des Thier-. Pflanzen- und Mineralreiches die äussere Gestalt als etwas fest- stehendes, durch die innere Natur Bedingtes zu betrachten. Die äussere Form gibt hier für die Wissenschaft alle Merkmale ab, welche zur Unterscheidung der Individuen in Classen, Familien, Gat- tungen und Arten erforderlich sind. In der Geologie und Geographie hat man dagegen verhältnissmässig noch wenig daran gedacht, die äussere Gestaltung der zu behandelnden Gegenstände in jenem Um- fang und in jener Weise, wie in den oben genannten drei Gebieten in Betrachtung zu ziehen, feststehende Merkmale in denselben aufzu- suchen und diese dann zur weitern Unterscheidung des vorliegenden Materials zu benützen. Die äussere Physiognomie galt hier nicht als etwas bestimmt Gegebenes, sondern als etwas Zufälliges, Ver- änderliches und wurde daher ganz oder doch zum grössern Theile ausser Acht gelassen. Der Grund von dieser abweichenden Auffassungsweise dürfte zunächst in der noch jugendlichen Entwickelung der beiden Wissen- schaften zu suchen sein. Das Colossale, schwer Übersehbare der zu betrachtenden Massen mit dem sie bedeckenden Leben erschwert die nothwendige Jndividualisirung derselben und damit auch die Wahrnehmung, die Erkenntniss der charakteristischen Merkmale in der unendlichen Mannigfaltigkeit der Gestaltungen. Diese unend- liche Mannigfaltigkeit ist's, welche hier dem Gedanken an eine vor- handene Gesetzmässigkeit wenig Raum lässt. Und dennoch ist die- selbe eben so gut vorhanden, wie in den Individuen der organischen Natur, nur ist sie da andern Gesetzen unterworfen als in den Einzel- gebilden der organischen Schöpfung. Die äussere Gestaltung beruht nämlich hier vorzugsweise auf dem Zusammenwirken mechanischer 202 Simoiiy. Die Bedeutung- und chemischer Elemente, ja zum o-rossen Theil auf dem bloss äusser- licheu Einfluss derselben und erscheint daher regelloser bei den organischen Individuen, wo ausschliesslich das geheimnissvolle Ge- setz des Lehens die Form unwandelbar bestimmt. Aber eben dess- halh. M'eil hier solche Ursachen die äussern Gestaltungsverhältnisse hervoirufen, welche uns in ihren Wirkungen verständlicher sind, als die formende Tjchenskraft in den Individuen der organischen Natur, dürfen wir auch diese äussern Gestaltnngsverhältnisse der Massen und Erscheinungen im Grossen um so weniger ausser Acht lassen, als wir durch dieselben umgekehrt zu einer nähern Erkennt- niss der gestaltenden Ursachen selbst gelangen, und wir müssen das Charakteristische dieser äussern Erscheinungen mit eben jener Be- stinmitheit für den Gebrauch der Wissenschaft durch das ßild zu veranschaulichen streben , wie dies in den mehrfach erwähnten Fächern längst geschehen ist. Ich will jetzt nur die wesentlichsten Formverhältnisse andeuten, deren bildliche Darstellung für den Geologen wichtig ist. Von der mehr oder minder geebneten Thalsohle über die Stufen des Diluviums und die Rücken der Tertiärgebilde erheben sich die verschiedenen Felsmassen je nach ihrer plutonischen, vulcanischen oder sedimen- tären Natur in Formen, die sich unter gewisse gemeinsame Charak- tere eben so zusammenfassen lassen, wie etwa die Familien der Pflanzen und Thiere. Jede dieser drei Gruppen von Bildungen zerfällt in Bezug auf äussere Gestaltungsverhältnisse wieder in min- destens eben so viele physiognomische Typen, als sie petrographische Unterschiede bietet. Die einer und derselben Formation zukom- menden mannigfaltigen Innern Structurverhältnisse von krystal- linischer Absonderung, Schieferung, Schichtung und Zerklüftung, die verschiedene Stellung oder Lage aller dieser Structurtheile zur Hori- zontalebene; die auf der Verschiedenheit der Mischungs- oder Mengungstheile der Massen und deren innerer Anordnung beruhende verschiedene Verwitterungsfähigkeit; und endlich die Erhebung der Gebilde in verschiedene Höhen und der dadurch bedingte verschie- dene Einfluss der Atmosphäre, des Niederschlages, der Gletscher, des Wassers, in der Gegenwart und in den vorweltlichen Perioden, diese alle bringen vielfache aber doch bestimmte Modificationen in der Bodenplastik hervor, die sich um so leichter wahrnehmen lassen, je mehr das Auge in der Unterscheidung von Formen geübt, je mehr landscbafllicher Darstellungen in don Naturwissenschaften. 203 der Beobitchfer mit allen Ursaelien vertraut ist, welche auf die Ge- slaltiuig der Massen Eintluss übet). Derjenige Künstler, welcher alle tliese Formen der Landschaft bis zu ihrem letzten bezeichneten Detail zu erfassen, richtig zu deuten und vollkommen treu wiederzugeben versteht, wird zum Historienmaler der Natur; er veranschaulicht im Bilde eine Beihc von Begebenheiten, die dem Leben der Erde ange- hören. Wenden wir uns ab von der Masse des Starren und richten unsere Blicke in den unbemessenen Luftraum, das Gebiet des Meteoro- logen, so bemerken wir überall den mächtigen Eintluss der Terrains- gestaltung auf die Vorgänge in der Atmosphäre. Wer den mannig- faltigen Witterungserscheinungen nur einige Aufmerksamkeit zu- M'endet, \\ ird gar bald wahrnehmen, welche wechselvolle Rolle den verschiedenen Gebirgs- und Thalbildungen oft ganz nahe gelegener Gegenden inBezug auf Wärme-Entwickelung, Luftströmung, Gewitter und Niederschlag zugewiesen ist. Von den in Thalwinkeln , an ge- wissen Berghängen oder Gipfeln als Regenverkünder sich bildenden Nebelhaufen, bis zu den regelmässig in bestimmten wiederkehrenden Richtungen sich entladenden Hagelschlägen und Wolkenbrüchen finden wir überall als erste Ursache eine gewisse Configuration des Terrains, welche die Erscheinung hervorruft und an eine bestimmte Richtung bindet. Ein genaues Studium des einen Beobachtungsort umgebenden landschaftlichen Reliefs und zwar nicht bloss nach verticaler Erhe- bung und horizontaler Massenausdehnung in verschiedenen Niveaux, sondern auch nach dem gegenseitigen Verhalten aller Flächen des Reliefs zu einander, zum Horizont und zur Mittagslinie, wird gewiss zum vollständigeren Verständniss, namentlich der localen meteorolo- gischen Erscheinungen führen. Dass auch die Vegetationsverhält- nisse, die den Charakter der Landschaft bestimmen, einen nicht selten ziemlich bedeutenden Eintluss auf örtliche Witterungsprocesse üben, bedarf keines besonderen Beweises. So wird denn auch dem Meteorologen die Landschaft mit all ihrem Detail ein Gegenstand von erster Beachtung und die bildliche Darstellung in einer dem Zwecke angepassten Form ein wichtiger demonstrativer Beleg für denselben. Werfen wir einen Blick auf die Gestaltungen des Pflanzenlebens in den verschiedenen Zonen und Höhen, so treten uns überall gewisse Typen entgegen, die, je grösser der horizontale oder verticale Ab- 204 Simon.v. Die Bedeutung stand ihrer Lebensstätte, um so schärfer von einander geschieden sind. Überall jedoch bildet das Pflanzenleben den trenesten Reflex der klimatischen Verhältiüsse, es ist «leiehsam die Verkörperung derselben. Wie aber der generelle Habitus der geologischen Ge- bilde seine bestimmten Modificationen din-ch die Einwirkung äusserer Elemente erfährt, so finden wir auch in den generellen Typen des Pflanzenlebens, welche durch die geographische Breite und Höhe begründet sind, gewisse weitere essentielle Unterschiede ausge- sprochen, die auf dem Zusammenwirken mehr örtlicher Verschieden- heiten in Bodenbeschaflfenheit. Regenmenge und periodischen Wärme- zuständen beruhe, und die der Landschaft einen charakterisirenden Ausdruck geben, Avelcher dem schärfer beobachtenden Auge nicht entgeht. Welches Feld hier der zeichnenden Kunst aufgeschlossen ist, wenn dieselbe mit tieferem Verständniss die Erscheinung zu beherrschen verstellt, bezeugen die meisterhaften Vegetations- ansichten von Kittlitz, in denen künstlerischer und wissenschaft- licher Werth um den Vorrang streiten. Und dennoch ist mit diesen eine weite Bahn kaum erst eröffnet. Für die Zoologie erscheint die Landschaft im ersten Augenblick als eine ziemlich überflüssige Sache. Aber wenn wir bedenken, dass jedes Thier der höheren Ordnungen an grössere oder kleinere Ver- breitungsbezirke gebunden ist und die stets bestimmte Stellen von einer eigenthümlicben, ihm besonders zusagenden Gestaltung des Terrains, einem ge^^■issen Klima und einer bestimmten Pflanzennatur zu seinem Lieblingsaufenthalte wählt, so erscheint auch da die Land- schaft nicht mehr als etwas Gleichgültiges, sie kann vielmehr durch eine verständige Darstellung zum sprechendsten Commentar der Lebensweise des Thieres werden, l'nd wie der Pflanzenzeichner den Vegetationscharakter verschiedener Erdstriche durch das Bild zu veranschaulichen im Stande ist, so vermag auch der Thierzeichner die zu schildernden Gebiete nach ihren bezeichnendsten Thierformen zu charakterisiren. In Ungers genialen Bildern der Vorwelt, Avelche beide Gebiete des organischen Lebens umfassen, ist angedeutet, wie die Kunst den reichen Stoff der jetzigen Schöpfung zum Nutzen der Wissenschaft zu behandeln vermöchte. In diesen, wenn auch nur fragmentarischen Hinweisungen dürfte die Wichtigkeit einer allgemeinen Einführung landschaftlicher Dar- stellungen in das Gebiet der genannten Naturwissenschaften hinläug- lamlsclial'tlichor Diirstellutigcii in den XaUu'uissentrchaften. äOb lieh dai'gethau sein. Es ist aber auch daraus zugleich ersichtlich, dass der Landschaftszeichriung hier eine Aufgabe vorliegt, welche über das Bereich der gangbaren Geschmacks- und Kunstanforde- rungen, die man an landschaftliche Bilder zu stellen gewohnt ist, weit hinausgeht. Hier handelt es sich nicht mehr bloss darum, Scenerien der Landschaft, AAclche durch Formen und Färbung die Anschauung fesseln, treu nachzubilden oder zu componiren, sondern das Ziel des Künstlers muss sein, die Natur mit tieferm Blick zu er- fassen, in dem Wechsel der verschiedenen Gestaltungen alle die ge- heimnissvollen Kräfte erkennen zu lassen, welche die Landschaft ihre Physiognomie gegeben haben. Das Pflanzen-, Thier- und Menschen- leben darf ihm nicht mehr als ein Avillkürliches Bei- oder Schmuck- werk dienen, es muss in vollem Einklang mit der landschaftlichen Natur stehen, welche er zu veranschaulichen hat — denn es ist die Gewandung der Landschaft, die ihr eben so ein charakteristisches Gepräge gibt , wie die Draperie dem geschichtlichen Bilde. Landschaftliche Darstellungen in diesem Sinne aufgefasst, können, wenn sie in entsprechender Vollständigkeit ausgeführt, grössere Ländergebiete repräsentiren, allmählich eine Physiognomik der Erde begründen, welche einen wichtigen Bestandtheil der vergleichenden Erdkunde bilden und geographische Verhältnisse in einer Allgemein- heit zur unmittelbaren Veranschaulichung bringen wird, welche selbst mit der reichsten Sprache nur höchst unvollständig dargestellt werden können. Damit wäre nun vielleicht wohl genügend angedeutet, welche Aufgabe die landschaftliche Kunst gegenüber den Naturwissen- schaften zu lösen berufen ist; es dürfte nun aber auch nicht über- flüssig sein, darauf hinzuweisen, was die Wissenschaft gegenüber der Kunst zu thun verpflichtet ist, um ihr jene Richtung zu geben, die das wissenschaftliche Interesse fordert. Das Sprichwort : „Die Kunst geht nach Brod" hat leider nie eine so umfassende Bedeutung gewonnen als in unserer sturmbe- wegten, sorgenreichen Zeit. Der Weg, welchen der herrschende Geschmack dem Künstler vorzeichnet, ist im Allgemeinen nicht der- jenige, welcher die Kunst zu ihrem wahren, erhabenen Ziele führt — einem Ziel, welches mit jenem der Wissenschaft einen gemeinsamen Brennpunkt hat — Veredlung, Erhellung des Geistes. Auch ist der herrschende Geschmack nicht dejjenige, welcher die Kunst bestim- 206 Simony. Die Bedeutung rnen könnte, den für die Wissenschaft vvünschenswerthen Pfad zu betreten, einen Pfad, welcher zuversichtlich nicht nach „Kalifornien" führt. Hier ist es also demnächst die Aufgabe der Wissenschaft, den ersten Schritt zu thun und dafür Sorge zu tragen, einmal, dass Künst- ler für die bezeichnete Aufgabe nach und nach herangebildet, dann aber auch in die Lage gesetzt werden, das weite Feld zu bebauen, welches für ihre Thätigkeit offen liegt, und zwar mit jenem Erfolg zu bebauen, den einerseits die Wissenschaft, anderseits aber auch der Künstler von seiner Arbeit zu erwarten berechtigt ist. Es dürfte hier vielleicht gerade am Orte sein, das Irrige der ziemlich allgemein geltenden Ansicht zu berühren, dass nämlich der Landschaftszeichner kein wissenschaftlich begründetes, tieferes Verständniss der Natur bedürfe, um doch Bilder zu schaffen, welche jeder Anforderung genügen können. Genialität und technische Fer- tigkeit machen alle wissenschaftliche Anschauung entbehrlich. Dieser Ansicht ist eben so wenig allgemeine Richtigkeit zuzuerkennen, wie es nicht möglich ist, dass ein Künstler ohne bezügliche historische Detailstudien und ohne psychologische und physiognomische Kennt- nisse ein in jeder Beziehung vollendetes Gemälde auszuführen im Stande sei. Der gegenwärtige Zustand der Historienmalerei gibt hievon hinlängliche Beweise. Es wäre nun noch näher zu bezeichnen, in welcher Weise die Wissenschaft hier die nöthigen ersten Schritte zu thun habe. Bei diesem Punkte angelangt, erscheint es mir als eine Verpflichtung, die Ansicht offen auszusprechen, dass einer Körperschaft, welche die höchsten Interessen der Wissenschaft in unserem Staate zu vertreten hat, es vor allem zukommen dürfte, ihren geistigen Einfluss, und wenn es an der Zeit ist, auch einige pekuniäre Mittel dahin zu ver- wenden: dass mehrere begabte Kunstjünger aufgefordert würden, sich durch den Besuch einschlägiger naturhistorischer Vorträge und durch den Verkehr mit Männern des Faches jene Vorkenntnisse zu verschaffen, welche zu einem gründlicheren Verständniss der Natur und einer klareren Anschauung ihrer Verhältnisse erforderlich sind. In dieser Weise ausgebildete, mit dem wissenschaftlichen Bedürfniss bekannt gemachte Künstler wären dann von der hohen Akademie der Wissenschaften mit Aufgaben zu betheiligen, welche in dem Vorher, gehenden mehrfach angedeutet worden sind. IrtiulMliafllicher nHislellungen in tloii Natiirwisbenschal'teii. 207 Der Kaiserstnat, reich an belehrenden Naturbildern jeder Art, würde allein der für ANissenscliaftliclie Zwecke arbeitenden land- schaftlichen Kunst ein nicht leicht zu erschöpfendes Feld bieten. Welchen Gewinn dabei namentlich die bei uns noch ziemlich brach liegende physikalisch-geographische Defailkenntniss unseres grossen schönen Vaterlandes ziehen und welche grosse Verbreitung dieselbe zugleich durch die bildliche Darstellung finden wiu'de, bedarf wohl keines weiteren Beweises. 208 Getjchättttbericht der k. k. Central- Anstalt GESCHÄFTSBERICHT der k. k. Ceiitral-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Iiu Juni 1852. Eingegangene Beobachtungen : 3. Juni. Vom Hrn. Dr. K r z i s c h in Holitsch, die Beobaclitungen vom Monate Mai 1852. 4. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Adelsberg, die Beobachtun- gen vom Monate Mai 1852. 5. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Cilli, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 5. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Gratz, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 6. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Olmütz, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 6. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Pressburg, die Beobachtun- gen vom Monate Mai 1852. 6. „ Vom Hrn. Dr. Stropnicki aus Strakonitz, die Beobach- tungen vom Monate Mai 1852. 6. „ Vom Hrn. Dir. Bayer aus Schössl, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 8. „ Vom Hrn. Prof. Beissenberger aus Hermannstadt, die Beobachtungen vom März bis October 1851. 9. „ Vom Hrn. Dr. K r z i z aus Saibusch, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 9. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Laibach, die Beobachtungen vom Monate Mai J 852. 11. „ Vom Hrn. Beneficiaten Hartmayr in Kirchschlag, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. für Meteorologie und Krilmagnclismus. 209 11. Juni, Vom Hrn. Prof. Co innhus, in Linz , die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 11. „ Vom Hrn. Prof. Gallo in Triest das meteorologische Tage- buch von 1841 bis 1851. 14. „ Vom Hrn. Cooperator Aichholzer in Obergörjach, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 15. „ Vom Hrn. OberbergschafTer v. Rothberg in Altaussee, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 15. „ Vom Hrn. Mag. Pharm. Spillmann im Markt Aussee, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 15. „ Vom Hrn. Contumaz-Director Dr. Soucha in Zavalje bei Ottocaz, die Beobachtungen vom Monate Mai 1852. 25. „ Von der k. k. Stern\varte zu Krakau, die Beobachtungen vom Monate April 1852. Sitzb. d. malbein.-naturw. Cl. IX. Bd. I. Hit. 14 210 V>rzeichniss VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (Juni.) iVccademia delle scienze deiristiiuto di Roiogua. Coinmentarii T. 1—10. 1834—49; 4«- — Memorie, T. 1, 2, 1850; 4"- — Reiidiconto, Vol. I und die Jahrgänge 1837 — 51. Bologna 1833 — 51; 8ö- Akademie, k. bayerische, Abhandlungen der math.-physik. Classe. Bd. VI, Abth. 2. Annale n der Chemie und Pharmaeie. Bd. 82, H. 1. Annalen der k. Sternwarte bei München. Suppl. 1. Annales des Universites de Belgique. Annee 8 — 9. ßruxelles 1852; 8«- Annee Academique de Puniversite de Liege 1850 — 51. Liege, Renard 1851; 8«- Baer,K. E. v. und Helmersen Gr. v., Beiträge zur Kenntniss des russischen Reiches und der angrenzenden Länder Asiens. Vol. 17, St. Petersburg 1851; 8"- Bedeus von Scharberg, Jos., histor.-geneal.-geogr. Atlas zur Über- sicht der Geschichte des ungarischen Reiches, seiner Neben- länder etc. Hermannstadt 1851; Fol. aSe^rnauer, SOßatter, %v. 5tb. , ©ie 40 9Sejtere ober tneifen 5Weifter. (Sin aItmoi-genIänbi;"(^er «Sittenroman jum erften 3)ia(e üoüftänbicj auö betn 3:ürf tfd>m übertragen unb mit Qtnmerfiingen üerfe(;en. Seip* jigl852; 80 Bellavitis, Giusto, Saggio sulF Algebra degli immaginarii. Vene- zia 1852; 4"- der oingogangoncn DriicUsrlirinon. 211 Bizio, B., rnlangil)ilila (lella diiiomica chiniica da ogni accusa voliita darlo. Venezia 1852, S'- Bland, N., The atesli kodah, or Fire-Temple, by flajji Lutf Ali Bog oflsfahan. London 1844; 8'- — Porsian chess, illustratcd from oriental sources. London 1850 ; S«- — Aoentury of persian Ghazals froni iinpublished Diwans, London 1851; 4ö- C i t a d 0 1 1 a - V i g 0 d a r z e r e , Andrea , Biografia di Gins. Farlanetto. Padova 1852; 8«- Für eil ha mm er, P. W., Topographische nnd physiographische Be- schreibnng der Ebene von Troja. Mit einer Karte von T. A. B. Spratt. Frankfnrta. M. 1850; 4"- Friese, Franz, Die Bergwerks -Production der österreichischen Monarchie. Nach ämtlichen Quellen. Wien 1851 ; 4"- ® efeUfd)aft, Okvlaiiftl^tfc^e, ber SCßiffenf^aften. 5i)Ja9ayn, neiieg Sauft^i|cl)e§. 33b. 14—28, 29. ^cft. ©orti| 1836 — 52; 8"- — Scriptores rermn Lusaticarum. Bd. 1^ — 3. Görlitz 1837 — 1852 ; 80- Gesellschaft, schleswig-holstein-lauenbiirgische, für die Samm- lung nnd Erhaltung vaterländischer Alterlhümer. Bericht. 16. Gesellschaft, k., der Wissenschaften zu Göttingen: Nachrichten, 1851, Nr. 1 — 19. Gelehrte Anzeigen, 1851; Bd. 1 — 3. ^ammer^^urgftall, §:i)UÜ'S, beö 6atbina(g, 3:)irector§ beg gel^eimen ßabineteS; ^aiferS SKatt^ia§ «eben. 4 «Bbe. SÖien 1847 — 51 ; 8o- ^tngenau, Otto g^retf)err, UekrjTcf)t ber geoIogifc^enS^er^dttniffe wou SJid^ren unb £)efterr.=@(f)Iejien. Sßien 1822; 8«- — Geologische Übersichts-Karte von Mähren undÖsterr.-Schlesien. Wien 1852; Fol. |)intj, Sof., ®ef(^i(^te beg a^tgt^umö bev griec^. mcf)t:'unirten ©laubenS* genoffen in ©iebenbiirgen. ^ermanuftabt 1850; 8"' Hogard, Henri, Carte, Croquis et Coupes pour servir ä l'explication de la Constitution geolog. des Vosges. Epinal 1848; Fol. HuIäkoYsky, Joann. , Abbreviaturae vocabuloruni usitatae (inscrip- turis praecipue latinis medii aevi) etc. Pragac 1852; 4** Ihn Jemin's Bruchstücke. A. d. Persischen von Oltokar Maria Freih. V. Schlechta-Wssehrd. Wien 1852; 8o- Istituto, I. R., Lombardo: Giornale, Fase. 15. 14 * ^ I li Vt'i"/,cichiii,ss «etviiö, Unit?cif(lät^fd)nftcn a. b. 3i. I«H!J1. M<»Z}i^or, Arcliilcldoiiisclie Zei(*linimj;on. IVlinn'lioii 1(SJ)2; 4<'" Sfieununn, Xt^eobor, Uebcv Ataifev ä\u'( IV. alö ®d)rtftftctrcr. Wür<= — SücitväiU' juv ^»301*11)111)10 bcö ®cl)malfa(bifd)cn .Stricöoö. ©üvlK^ 1828; 80- Ny|M'l.s. ,1. S. (i. (ot LocMuans) Notico sur Ics |»r()(V.s,seurs V. A. (J. Dnpicl olEin. Taiulci. Licgo 1852; 8". Parcliiippc, Max., Du Coeur, do sa slructui'c cl (U^ scs niouveuiculs vir. I'aris 1848; 4'»- ^vantl Atari, bie i-jCijcnVüai'tirte 'Jlufiiabe ber ''^f)t(ofovt;(c. 9)?iin(^cn 1852; 4<'- Puttricli L. , Sy.slomalischo Darsk-lliing der hiiitwickclnni'' der IJaiikuusl in den ober.siielisi.sehcii Ländern vciin 1(K — 1I>. .Tahrh. \jo\\y/:vT 18:52; Fol. Heichsansl a II. f^cido^iscdie. .laiiiit. II, .lalirt;. 4"* Seil acht. Ilernianii, die IMlanzenzelle , ^\^'\^ innere Hau und das Leben der (lewaehse. Ilerlin 181)2; 8<»- Societe, IL, des scicnees d(^ Liej^e, Meinnires, V(d. I - - 7. Liege 1844 — Kl; So- Society, IL, of Edinburgh. Proeeediiigs, Vol. II. 40, 41. Trans- aelions Vol. XX, p. 2. Tafel, (i. L. , Kornueuen und Normannen. Ulm 18.')2; 8"- Trau seil, Jos., Chronicon Fuebsio-Lupiiio-Ollardinnin ele. 2 Vol. Coronae 1847; 4"- Sßercin, l;iftovif(f)cr , ^u .^vain. 9)JittI)ci(uiuv*n l'aibad). 4"- Sßerciu, l)iftür. von uub für DbcibaieiMi. *2U-4)ii\ 23b. 12, .- — Aus dem Lehen und\Viiii. 236 Heuglin. Südwinde kamen bis jetzt nie vor. Gegen Aufgang der Sonne erhebt sich um diese Jahreszeit hier gewöhnlich starker Luftzug aus Norden mit unbedeutender Neigung gegen West und Ost; dieser in- termittirt meist gegen Mittag und setzt zuweilen in vollkommene Windstille um. Zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags erheben sich wieder Winde aus derselben Richtung, die gegen Sonnenuntergang nicht selten sich zu Stürmen steigern. Plötzliche, abgesetzte Windstösse sind um diese Zeit ganz gewöhnlich. Der Himmel ist bei Tag und Nacht immer klar und rein, einige Male bloss waren bei Sonnenuntergang am westlichen Himmel leichte Wölkchen zu bemerken, die bald verschwanden. Sternschnuppen sind in dieser Jahreszeit nicht häufig, sie schie- nen mir aber immer grösser, glänzender und länger sichtbar, als in Europa; auch habe ich nie J)eobachtct, dass sie in einer bestimmten Himmelsrichtung häufiger vorkommen, als in einer andern. Am 2. Juni begann der Nil, als wir Tatah (zwischen Asiut und Girgeh) passirten, etwas zu steigen. Am 5ten war er in der Nähe von Kenneh bereits 3 Spannen über den niedrigsten Stand dieses Jahres erhoben und er hatte dort viele Melonenfelder unter Wasser gesetzt. Seine Wasser sind aber nichts weniger als trüber ge- worden; diese Erscheinung tritt bekanntlich erst mit dem etwa in 4 Wochen erfolgenden Steigen des Bahr-el-Abiad ein. Ungefähr mit dem 10. d. M. trat wieder ein langsames Zurücktreten des Vi'as- sers ein, so dass jetzt der alte Stand so ziemlich wieder erreicht ist. In Siut , dem jetzigen Stapelplatz der Darfur-Caravanen, hatte ich Gelegenheit einige Nachrichten über die verschiedenen Marsch- routen dieser Handelszüge einzuziehen. Ich verdanke dieselben theils dem sclion lange dort stationirten Herrn Dr. Cunny, theils einigen in Siut anwesenden Gellab's, die schon grosse Caravanen- reisen im Innern Afrika^s gemacht haben wolllen. „Die Stationen der Route von Siut nach Darfur wurden mir folgendermassen angegeben : Von Siut über Beni Ali nach Baris (grosse Oasis von Theben) 3 Tagereisen. Von Baris nach Mokehs G „ Von Mokehs bis Schehp 9 „ Von Schehp bis Ase-Selime ü „ Brief aus Assuan. 237 Von Ase-Selinie nach Legia oder L'gia . 5 Tagereisen. Von Legia nach Bir-ol-Melch 7 „ ^ Von Bir-el-Melch nach Miduhb .... 5 „ Midiihb ist an der Grenze Darfurs in einer kleinen herrlichen Oase und ist bewässert durch eine famose Quelle. Von Miduhb bis Darfur 4 „ Route von Darfur nach Tripolis : Darfur bis Borgu (Wadai) überall Wasser in Fülle 16 Borgu, Bahr-el-Gasahl — Baggerme, Wasser in Fülle 10 Baggerme bis Afnuh, theilweise Wasser .18 „ Afnuh bis Bornu 16 — 17 „ Bornu bis Fezzan , 32 „ In Bornu sollen sich Consular-Agenten von England und Frank- reich befinden. Der Sultan von Bornu, der jetzt in Streitigkeiten mit Darfur verwickelt ist, ist den Europäern nicht abhold und wünscht vorzüglich Waffen-Arbeiter aus dem Land der Franken zu erhalten. In seinem Lande soll es Weisse und Christen geben. Das erstere ist sehr fruchtbar und durchfurciit von vielen nach Süden und Westen ziehenden Strömen. Der gegenMärtige Sultan von Wadai heisst Sultan Scherif Im Süden von Darfur liegen einige kleine von Darfur abhängige Staaten : Dar Mara, Dar Kalla und Dar Fungaru. Dar Mara ist sehr gebirgig, hat viele nach Süden fliessende Ströme und Bäche, producirt ungemein viel Honig, Wachs und Früchte aller Art und besitzt reiche Minen. Die Bewohner sind ein Neger- stamm, der keine Fremden in seinem Lande duldet, und das Land ist sogar den Darfurern verschlossen. Sie bezahlen aber 10 Procent des Ertrags ihrer Felder etc. an den Sultan von Darfur. Dort finden sich auch antike Städte und Tempel, viel schöner erhalten als die Egyptens und Nubiens und mit ähnlichen Schrift- zügen wie letztere bedeckt. Der Bahr-el-Abiad (über dessen Lauf man mir aber bloss ganz undeutliche Schilderungen gab) soll viele Zuflüsse aus Norden erhalten und gegen den Äquator zu einen sehr starken Schellal *) überspringen ; von diesem Punkt aus soll er mehr *) Wasserfall. 238 Heuglin. nach Westen umbeugen (nämlich seine Richtung gegen seine Quel- lenländer zu). Die grossen sumpfigen Ebenen im Süden und Osten von Dar Sehilluk waren meinen Berichterstattern wohl bekannt. Wie schon bemerkt, konnte ich wenige Zeit meiner Reise bis hierher am Lande zubringen, daher auch die gemachten naturhistori- schen Sammlungen nicht eben belangreich sind. Von Säugethieren aquirirte ich bloss eine Partie Fledermäuse, eine Myodes-Art (vielleicht M. niloticus) in allen Altersstufen und einen Erinaceus auritus. Ein bei Garnak erlegter Canis pullidus konnte, da er mit der Kugel durch den Schädel geschossen war, nicht präparirt werden. Aus der Vogelwelt beobachtete ich von Minieh aufwärts sehr viele Vultur auricularis (^Otogyps nubicus , Griff.^ und V. ful- vus. Von Adlern wurden bloss 2 Aquila pennata eingesammelt und Circaetos brachydactylus bemerkt. Erstere, ein gepaartes Paar, waren eben mit Reparatur eines alten Nestes auf einer Sykomore be- schäftigt. In der Nähe von Liut war ich so glücklich, einen Falco Eleonorae, Gene zu erlegen. Er trägt das sogenannte Normalkleid und befand sich einige Tage lebend auf der Barke, wo ich ihn längere Zeit beobachtete und zeichnete. In seinem Magen fand ich eine Menge Ascaris und in seinen Eingeweiden Bandwürmer von nam- hafter Grösse. Bei den Ruinen von Dendera erhielt ich einen Circus, den ich bis jetzt nicht bestimmen konnte. Es ist ein altes Männchen, von Grösse und Schwungfederverhältnissen des Circus pallidus, Sykes, unterscheidet sich aber von letzterm durch braungelbe Längsflecken auf Brust, Weichen und den äussern Schwanzfedern. Yon Circus cine- raceus, Moni, unterscheidet er sich durch Aveit kürzere Schwingen. Von dem südlichen Uhu (Bubo ascalaphus , Sav.) beobachtete ich S Exemplare in einer Felsschlucht etwas nördlich von Alt-Gurna (Theben), konnte aber trotz aller angewendeten Mühe keines der- selben habhaft werden. Von Raben kamen mir bloss der überall gemeine Corvus cornix und selten C. nmbrinus , Haselq. vor. Hirundo aJpcstrls und riparia sind überall häutig, seltener in Oberegypton 7/. cahiriaca. Merops Savignii und apiaster, die in Unteregypten so ge- mein, sind hier ganz verschwunden und ersetzt durch Mrrops viri- Brief aus Assuan. 239 dis , Lath., der eben brütet. Cuculus (^Coccystes) glandarius selten, bloss einmal bei Siut erlegt. Aus der Ordnung der eigenliichen Singvögel ist Alles, mit Aus- nahme von Drymoica gracilis, Sylvia galactotes, S. ßoncllii, S. ci/sticola und S. pallida, Alauda cristata, A. isaheUina und A. hifasciata, und einigen Steinscbmetzern (Saxicola lugens, Ä. leucura und einer bei El Käh erlegten neuen Species) dem Norden zugeeilt. Pyrgiia Inspaniolensis und domestica sind überall gemein. Pyrrhula githaginea, der etwa unter dem 2S" N. B. be- ginnt, hat sich von seinen Felsgebirgen und aus den steinigen Ebenen mit seinen Jungen in die Palmwälder geflüchtet. Pterocles senegcdensis und Pt. Lichtensteinii sind in Ober- egypten weit seltener als Pt. guttatus. Im seichten Wasser treiben sieh grosse Schaaren von Pele^ caniis crispiis, Platalea leiicorodia, Ciconia alba etc. herum, einzelner ist am Strande Ardea garzetta, A. comata, A. riissata und A. cinerea. Ardea nycticorax brütet derzeit in grosser Menge auf Palmen, Sykomoren und Sant {Acacia nilotica). Anas cly- peata et crecca sind noch ziemlich selten. Larus fuscus, Sterna nigra, leucopareja et nilotica und Rhyncliops orientalis fischen einzeln und in grossen Gesellschaften am Strand, wohin auch Chenalopex aegyptiaca ihre Jugend auf die Weide bringt. Phocnicopterus antiquoinnn und Ihis falcinel- lus trafen wir bloss südlich vom 2ß^ N. B. und nur junge Yögel. Ge- mein sind dagegen überall Hoplopterus spinosus, Pluvianus aegyptiacus et Oedicnemus crepitans , weniger häufig Tringa Temmincldi et Tr. alpina, aber alle im schönsSen Sommerkleid. Von Reptilien, Fischen und Insecten ist noch nichts von Be- deutung eingesammelt worden ; auch bin ich bezüglich der Präpara- tion in grosser Verlegenheit, da mir fast Alles in jetziger , heisser Jahreszeit, trotz aller möglichen Sorgfalt, zu Grunde gegangen ist. Sehr auffallend ist hier zu Lande, dass verschiedene Arten und sogar verschiedene Individuen aus der Vogelwelt so ganz abwei- chende Brutzeiten haben ; die an den Seen und Sümpfen des Delta nistenden Wasser- und Sumpfvögel, als Pelikane, Flamingo, Purpur- hühner etc. machen ihre Brüten regelmässig zwischen März und Juni. Dagegen glaube ich, dass z. B. manche Singvögel, die hier schon im Februar Eier legen, und 2 Monate später mit ihren Jungen 240 Haidinger. weiter nördlich ziehen, dort wieder zum 2ten Male und mehr nisten. So fand ich Hirundo riparia schon zu Anfang Februar am Nilufer brütend und später bis auf die letzte ausgezogen. Anthus cervinus, Alaiida cristata, Motacilla flava etc. brüten ebenfalls schon An- fang März und verschwinden grossentheils im April und Mai. Andere Arten, wie Hirundo cahiriaca, Sylvia cysticola etc. traf ich von Frühlings Anfang bis December mit Eiern oder Jungen und beobachtete nie, dass mehrere oder viele Paare, die in nächster Nachbarschaft wohnten, zu ganz gleicher Zeit Brüten machen. Ho- plopterifs spinosus und namentlich Ardea russata (A. bubulcus der Descripi. de VEgypte^ habe ich nie vor Juli und August auf ihren Brüteplätzen getroffen. Spätere Erfahrungen werden hoffent- lich bald zu einigen sicheren Aufklärungen hierüber führen. Von hier aus werde ich so schnell als möglich nach Phylae um- barkiren und von dort meine Reise nach Wadi Haifa , das in 6 — 8 Tagen erreicht werden sollte, fortsetzen. Den Weg nach Neu- Dongola muss ich zu Kameel machen und dort oder in Alt-Dongola gedenke ich den Verlauf der Regenzeit im Sudan abzuwarten; dort muss sich auch weitere und bessere Gelegenheit zu naturhistorischen Sammlungen ergeben, die nicht versäumt werden soll, und über deren Verlauf, sonstige Beobachtungen und geographische Notizen mög- lichst regelmässige Berichte ich abzustatten mich bestreben werde. Heuglin. Vorträge, Die Löwe sehen Ringe, eine Beugungs- Erscheinung. Von dem w. M. W. Haidinger. Als ich geleitet durch die Erscheinung des Interferenz-Schach- brettmusters 9 die gelben Farben der Polarisationsbüschel , und die begleitenden violetgrauen Räume als durch Beugung hervorgebracht bezeichnete, lag bereits eine weitere mir damals unbekannte Beob- achtung über die Natur der gelben Farbe der Sectoren vor, die als eine unzweifelhafte Bestätigung der dort auseinandergesetzten An- *) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. October 1851. Die Löwe'schen Ringe, eine Beugungs-Erscheinung. 241 sieht gelten darf. Hr. Professor Stokes hatte nämlich bereits im Jahre 18S0 eine Untersuchung über die Wirkung der verschiedenen Arten des farbigen Lichtes auf die Erscheinung der Polarisations- büschel in der Versammlung britischer Naturforscher zu Edin- burg mitgetheilt ')• Er betrachtete zu diesem Zwecke durch ein NichoTsches Prisma, das abAvechselnd rasch um einen rechten Winkel gedreht wurde, die einzelnen Farbentöne eines Spectrums, das auf einem weissen Papierblatt aufgefangen war, hervorgebracht durch ein zur Beobachtung der Frau nhofer'schen Linien mit einem Prisma combinirtes Fernrohr. In Roth und in Gelb erschien keine Spur eines Büschels. Sie fingen erst im Grün, etwa bei der Linie E an, sichtbar zu werden. Sie waren besonders deutlich im Blau, vorzüglich bei der Linie F. Prof. Stokes konnte sie ungefähr bis zur Linie G verfolgen, und es schien ihm, dass nur die Licht- sehwäche verhinderte, sie noch im Violett zu sehen. Im homogenen Lichte waren die Büschel, wenn sie je erschienen, nur dunkler als das farbige Feld , aber von derselben Farbe. Im Blau erschienen sie bei Hrn. Prof. Stokes etwas kürzer als sonst. Im weissen Lichte, so schliesst Hr. Prof Stokes, welches aus allen Farben zusammengesetzt ist, muss daher die Farbe der Büschel aus Roth , Gelb, ohnedem der hellsten Farbe, und vielleicht etwas Grün bestehen, die zusammen gerade den nicht ganz reinen gelblichen Ton hervorbringen, den man in der That beobachtet. We- niger glücklich als der gelbe Ton der Büschel ist vielleicht das Blau (oder Grauviolet) der begleitenden Flecken erklärt, indem sie ent- weder dem Farbencontrast , oder dem Umstände zugeschrieben werden, dass das den Büscheln abgängige Licht gerade denselben zur Seite gefunden werden muss 3). *) On Haidinger's Brushes. By Professor Stokes M. R. Report of Ihe twentieth Meeting of the British Association for Ihc Advancement of Science; held al Edinburg in July and August 1850. Notices and Abstracts pag. 20. ~) The biucness of the side patches may be merely the effect of contiast, or the cause may be more deeply seated. If Ihe total illiMniualioii per- ceived bo independent of the brushes , the light withdrawn froiti the brushes then must be found at their sides, which would account, inde- pendently of contrast , both for the coinparative brightness and for the blue tint of the side patches. 242 Haidinger. Bei Kerzenlicht sieht man keine Büschel. Hr. Prof. Stokes sah sie deutlich, wenn er durch blaues Glas und das NichoTschen Prisma liindurchsah. Durch das blaue Glas wird ein Theil der weniger brechbaren Strahlen des Kerzenlichtes absorbirt. Bei ziemlich dun- kelblauem Glase erschienen nach Stokes die Büschel statt gelb, roth. Dass im Tageslichte durch das nämliche blaue Glas die Büschel nur dunkler, im Kerzenlichte aber deutlich roth erschienen, nicht sowohl durch Lichtintensität, als durch ihre Farbe verschie- den, erklärt Stokes dadurch, dass das Verhältniss der rothen Strahlen gegen die blauen grösser im Kerzenlicht, als im Tages- licht ist. Farbige Gläser gaben ähnliche Erscheinungen; in rothen und gelben Gläsern kein Büschel. Grüne Gläser Hessen die Büschel fast deutlicher wahrnehmen, als das gleichförmige Wolkenlicht. Bei einer Anzahl von farbigen Gläsern, bei farbigen Auflösungen habeich Hrn. Prof. Stokes Beobachtungen vollkommen bestätigt gefunden, namentlich die Beobachtung beim Kerzenlichte durch blaues Glas. Die Erscheinung des rothen Büschels im Kobaltglase ist besonders merkwürdig. Sie hängt wohl mit dem Umstände zu- sammen, dass das Kobaltglas bei einer gewissen Dicke alles Orange, Gelb und das meiste Grün bereits absorbirt hat, wie man sich leicht durch ein Prisma überzeugen kann, welches einerseits eine rothe Licht- flamme, anderseits die blaue, immer schwächer von Grün und Violett eingesäumt erscheinen lässt. Ist das Glas heller blau , so ist auch bei Kerzenlicht der Büschel gelb. Dagegen ist bei dunkelblauen Gläsern, auch wenn man gegen die Sonne sieht, und die dichroskopische Loupe zur Untersuchung anwendet, der Büschel deutlieh roth; über- einstimmend mit den vorhergehenden Beobachtungen, hatte ich auf Hrn. Begierungsrath von Ettingshausen's Veranlassung längst die Erscheinungen der Büschel im homogenen Lichte zu untersuchen be- gonnen, aber weil die erste Beobachtung im homogenen gelben Lichte der Spiritusflamme kein besonderes Ergebniss wahrnehmen Hess, andere Lichtarten niclit ferner untersucht. Erst kürzlich, und zwar bevor i<'li von der Mittheilung des Hrn. Prof. Stokes Kenntniss hatte, untersuchte ich zu dem gleichen Zwecke die Auflösung des Kupferoxyd-Ammoniaks, die bekanntlich ein nahe homogenes Licht zeigt. Nach Sir John Herschel geht diese schöne blaue Farbe in den dicksten Stellen in Violett über, so dass der reine violette Strahl Die Löne'schcn Ringe, eine Bougungs-Krsclieinung. /643 in allen Dicken durch eine solche Aiiflösuno: hindurchgeht. Ich hooh- achtoto den Contrast der heiden Bilder mit einer dichroskopisclien Loupe, indem ich durch eine mit der genannten Anflösimg gefüllte länglich- viereckige Flasche hindurchsah. Nach den dickeren Stellen gesehen, erscheinen nun die Büschel, nicht wie etwa auf dem Blau des Himmels gelh auf blassblauem Grunde, sondern auf dem reinen dunkelblauen Grunde vollkommen schwarz. Schwarz ist der Ab- gang alles Lichts, aber wenn in dem Blau der Auflösung schon kein Grün, kein Gelb, kein Roth mehr übrig war, was konnte sich für eine andere Erscheinung zeigen, als gerade die, dass jede Farbe fehlt, und also der Büschel schwarz ist. Mir scheint die Reihe der vorbemerkten Erscheinungen der An- sicht, dass die Farbentöne der Polarisationsbüschel auf der Beugung des Lichtes beruhen , die vollständige Gewissheit zu geben. In dem mehr gemischten Lichte, besonders im Weiss, erscheinen die gelben, kräftigen, heilern Töne auch in der Erscheinung der Büschel. Wo das schwächere Blau oder Violet fehlt, im Gelb, Roth, verschwindet das den Büschel begleitende, und ihn durch Contrast deutlicher hervor- hebende Blau oder Violet ebenfalls, und man sieht das Feld einfach Gelb oder Roth. Im Gegentheile, wo das Gelb und Roth fehlt, sieht man freilich die begleitenden Räume um so deutlicher hervortreten, aber gerade da, wo der Büschel sich zeigen sollte, fehlt der Farben- eindruck gänzlich, der Büschel ist schwarz, und erst nach einiger Zeit gleicht sich die Empfindung des Auges wieder zu einem gleichförmig blauen Felde aus , welches indessen sodann die Netzhaut um so empfindlicher zurücklässt, den schwarzen Büschel in der Kreuz- richtung wahrzunehmen, wenn ihm die in dieser Richtung polarisirte Lichtfläche nun dargeboten wird. Ich beabsichtige hier nicht alle Theorien zur Erklärung der Erscheinung der Polarisationsbüschel vergleichungsweise wieder durchzugehen, die in ihrer Zeit mehrfach besprochen worden sind. Nur der Ansicht des Hrn. Abbe Moigno glaube ich hier erwähnen zu müssen, weil sie an sich sehr annehmbar erschien, und bisher als auch neben andern Erklärungsarten giltig angenommen werden konnte, durch die neue Beobachtung aber eben so vollständig aus- geschlossen Mird, als die übrigen bisher vorgeschlagenen Erklä- rungsarten durch anderweitige Betrachtungen bereits unstatthaft er- schienen, Hr. Moigno betrachtete nämlich das Gelb der Büschel als 244 H a i d i n g e 1*. durch das Maximum des Lichtes, das Violet als durch das dazu com- plementäre Minimum hervorgebracht i)j eine Ansicht, welcher ich gerne beipflichtete 3) , weil sie doch einige Rechenschaft über die Natur der Farbentöne zu geben schien. Allein man findet die Büschel im reinen Blau schwarz. Dies ist nicht nur Abgang von Roth, Gelb und Grün, sondern es ist Abgang des Maximums vom Licht über- haupt. Die Form der Erscheinung bleibt, aber die Farbe verschwindet. Die Erklärung, dass der Büschel durch das Maximum von Licht über- haupt hervorgebracht ist, findet sich also durch die neueren Beob- achtungen von Stokes und von mir gänzlich ausgeschlossen. Zur Beobachtung der schwarzen Büschel kann man anstatt des Contrastes der beiden Bilder der dichroskopischen Loupe auch sehr einfach und zweckmässig einer Turmalinplatte sich bedienen, welche man auf das die blaue Flüssigkeit enthaltende Fläschchen legt und mit den beiden Daumen von der Seite her fest hält, so dass es vollkommen um den Azimuthalwinkel von 90» beweglich bleibt, um den es zur Hervorbringung des Contrastes der in zwei senkrecht auf einander stehenden Richtungen polarisirten Lichtflächen herumgedreht werden muss. Man hält die ganze Gruppe fest vor das Auge und blickt gegen ein gleichförmiges Lichtfeld hin, am besten gegen einen gleichför- mig grauen Wolkenhimmel. Als ich die Beobachtung das erstemal an- stellte, war ich indessen kaum mehr über das Er- scheinen der Büschel mit schwarzen Farben über- rascht, als durch das gleichzeitige Hervortreten der Löwe'schen Ringe, und zwar in einem so innigen Zusammenhange, dass sie in der That wie ein einziges aus einem Gusse mit den Pola- risationsbüscheln hervorgegangenes Phänomen sich darstellten. Die Erscheinung selbst ist in der beifolgenden Skizze beiläufig dargestellt; zu Innerst die Er- scheinung der schwarzen Büschel, aber gegen aussen unmerklich verlaufend und gänzlich um- geben von dem rund herum zusammenhängenden Löwe'schen Ringe, der wie der Büschel auch im *) Repertoire d'Optique. IV. 2) Poggeiidorlf's Annalen. Bd. 68, S. 74. Die liü we'schen Ringe, eine Beugungs-Erscheinung. 243 Blau am dunkelsten sich zeigt. Zieht man die Turmalinplatte zwi- schen dem hlauen Kupferoxyd-Ammoniakfläschchen und dem Au^^e hinweg, bleibt der Eindruck des Ringes allein noch übrig, verliert aber doch auch hei längerem Hindurchsehen an Intensität. Die Lö we'schen Ringe sind noch bisher so wenig Gegenstand der Untersuchung der Physiker gewesen, dass ich hier w^ohl das Wichtigste zur Charakterisirung derselben wiederholen darf, so wie ich die Nachricht am 1. Jänner 1847 in einer Versammlung von Freunden der Naturwissenschaften!) gegeben habe. Hr. General- Probirer A. Löwe beobachtete, dass wenn man durch ganz klare selndongrüne Auflösungen von Chromchlorid im Wasser gegen einen hellen Grund hinblickt, sich dem Auge genau in der Sehrichtung auf dem grünen Grunde violette Ringe darstellen , und das zwar stets von scheinbar gleicher Grösse — mit der Iris des Auges ver- gleichbar, w^elche die Pupille umgibt — man mag nun durch cylin- drische oder flache von Ebenen begrenzte Glasflaschen hindurch- sehen, man mag sie ganz nahe vor das Auge halten oder sie in der Entfernung des deutlichsten Sehens dem Auge darbieten. Auflösun- gen von Chromalaun, von grünem mangansauren Kali bei seinem Über- gänge in die rothe Färbung durch Oxydation , zeigten analoge Er- scheinungen ; beim Chromalaun neigte sich die Farbe der Ringe in das Indigblaue. Kupferchlorid, essigsaures Kupfer gaben keine Ringe, sondern in der Sehaxe einen etwas lebhafter gefärbten helleren Fleck. Durch längeres Betrachten der Ringe erschienen auf abwech- selnd betrachtetem weissen Grunde die Erscheinungen subjectiver Farben. Ringe erscheinen auch, wenn man durch Glasplatten hindurch sieht; man vermehrt ihre Lebhaftigkeit, wenn man sie allmählich neigt, so dass man gewissermassen durch eine während der Beobachtung immer dicker werdende Schicht hindurchsieht. Nach einer von Lö we angegebenen Methode bemerkt man die Ringe immer deutlicher, wenn man das gleichfarbige, durchsichtige Feld erst in einiger Entfernung betrachtet und es dann nach und nach dem Auge näher bringt. Ver- grössert man die Entfernung, so wird gegentheils die Erscheinung eines etwas helleren, selbst eines complementären Fleckes hervor- gebracht. *) Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften In Wien. II. Bd., S. 77, 246 Haidinger. Ich glaubte damals für die Erklärung mit der Eimvirkung des gleichfarbigen Gesichtsfeldes auf die Netzhaut des Auges durch Er- müdung desselben auszureichen, wobei namentlich bei den von Sir John Her sc hei sogenannten dichromatischen Mitteln der gereizte Theil ausserhalb rings um ein kleines Centralfeid liegend vorzugs- weise für die Farbe des zweiten Farbenmaximums empfindlich würde. Schon dort (p. 81) folgt die Stelle : „Aber auch solche Mittel, „die nur ein Maximum haben, zeigen oft die Erscheinung der „Ringe. Darunter muss insbesonders die Auflösung von Kupfer- „oxyd in Atzammoniak erwähnt werden, deren schöne blaue Farbe „in den dicksten Stellen nach He rs chel in Violett übergeht, indem „sie den reinen violetten Strahl in allen Dicken hindurchlässt. Hier „erscheinen die Ringe dunkler, blau, etwas ins Violette geneigt. In „grösserer Entfernung vom Auge gehalten, ist eine gleich grosse „Fläche dunkler, näher zum Auge gebracht, wird sie lichter, aber „der Ring erscheint.'' Seit jener Mittheilung habe ich noch oft die L Ö av e'schen Ringe gesehen. Sehr auffallend schien es mir, als ich sie kurze Zeit darauf bei Hrn. Prof. Petzval in dem Blau des prismatischen Spectrunis erblickte, welches durch ein Fernrohr zur Beobachtung der Frau n- hofer'schen Linie gebildet, auf mattgeschliffenem Glase aufgefangen war. Hier war nicht an ein dichromatisches Mittel zu denken , eben so wenig als bei dem Kupferoxyd-Ammoniak. Die Projection des Ringes auf einer durch das blaue Mittel be- trachteten Fenstertafel lässt eine ziemlich entsprechende Messung zu. Die Entfernung fand ich etwa zwanzigmal so gross als der Durch- messer des Ringes. Aus diesem Verhältnisse folgt die Winkelgrösse des Ringes 4« 50' übereinstimmend mit der Schätzung der Grösse der Polarisationsbüschel von Silber mann S*»*) und mit der Schätzung derselben Büschel von Sir David Brewster zu ^^~'). Die letztere Stelle heisst „Die scheinbare Grösse der Büschel „ist etwa = 4», dieselbe wie die des Foramen centrale, und „des von mir entdeckten schwarzen Fleckes von abweichender „Empfindlichkeit." Ich habe die Beschreibung dieser zuletzt ange- *) Comptes reiulus etc. J. XIII, Nr. 13, 28. Sept. 1846, p. 629. 2) Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Math»-natur\v. Classe, November-Heft 1850. Die Löwe'schea Hinge, eine Beugungs-Erscheinuiig. 247 gebenen Entdeckung noch nicht aufgefunden, doch bezieht sich auf sie auch eine Stelle in Abbe Moigno's Repertoire d' optigue moderne. Gewiss ist sie es, die mit der Erscheinung der Ringe übereinstimmt. Aus der vollständigen Übereinstimmung der Ringe im polari- sirten und im gewöhnlichen Licht in ihrer Lage, und aus den ganz gleichen Farbentönen, welche sie in beiden /eigen, scheint hervorzu- gehen, dass auch eine ganz gleiche Grundursache bei der Hervor- bringung der Erscheinung beider im Auge thätig ist. Dass die Beu- gung des Lichtes die Farbe der Polarisationsbüschel erklärt ist, glaube ich durch die Erscheinung des Schachbrettes, durch die in der gegenwärtigen Mittheilung angeführten Arbeiten von Prof. Stokes und durch die „Schwarzen Büschel im Blau" hinlänglich fest begründet. Es blieben freilich noch mancherlei Versuche und Beobachtungen zu machen übrig, um die Verbindung mit den Ringen vollständig herzustellen und jedes Einzelne genügend nachzuweisen, dennoch glaube ich nicht anstehen zu sollen, die oben erwähnten Beobachtungen bekannt zu machen und auf sie die Ansicht zu gründen, dass auch die Löwe'schen Ringe durch die Beugung des Lichtes bedingt sind. Als ich im verflossenen Februar das Vergnügen hatte, Hrn. Wilhelm W^ertheim bei mir zu sehen, sprach er die Ansicht aus, dass die Grösse der Pupille einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Erscheinung ausüben dürfte. Es ist dies gewiss nicht un- wahrscheinlich, aber ich untersuche es hier nicht weiter, so wie ich überhaupt mehr die bisherigen Erfahrungen den theilnehmenden Forschern in diesem schönen Gebiete der Physik darlegen wollte, als dass ich alle die Arbeiten selbst unternähme, welche eine Aufklä- rung der mannigfaltigen Fragen versprechen, welche sich an das Bisherige anreihen. In Verbindung mit der Erscheinung des Schachbrettes , und an- geregt durch die schönen Beobachtungen der rothen Polarisations- büschel im Blau von Hrn. Stokes, bei der Beobachtung derselben in blauem Kobaltglase von angemessenem dunklen Ton, will ich nur noch einiger Wahrnehmungen gedenken, die sich mir bei der Anwendung dieser Beobachtungen auf das Schachbrett und verwandte Erschei- nungen darboten. Man betrachte durch ein gesättigt blaues Kobaltglas, oder durch mehrere weniger gesättigte , bis man einen schönen dunklen Sitab. d. niathem.-naturw. Cl. IX. Bd. II. Hft. 17 248 Haidinger. Die Löwe'schen Ringe, eine Beugungs-Erscheinung. Ton erhält, eine Kerzenflamme, die hinlänglich weit entfernt ist , um sie nm* als helle Scheibe zu sehen. Die Anwendung einer Loupe er- laubt es, die Entfernung kleiner zu nehmen. Das Bild der hellen Seheibe selbst erscheint nun r o th, aber sie ist von einem herrlichen blauen Rande eingefasst. Bringt man im Gegentheil die Flamme dem Auge näher als die deutlichste Sehweite, wobei man indessen wohl thut, nicht die ganze Flamme auf einmal übersehen zu wollen, sondern man halte eine von einer runden kleinen Öffnung durchbohrte Karte vor das Licht, so erscheint die Scheibe blau und ist von einem rothen Rande umgeben. Die Erscheinung hat genau den- selben Grund in der Beugung dei* Lichtstrahlen, wie die gelben und blauen Ränder der Begrenzung von Weiss und Schwarz , welche die schöne Erscheinung des Schachbrettes hervorbringen , das im Octo- berhefte des Jahrganges 1851 unserer Sitzungsberichte beschrieben ist. Eben so erscheint ein einzelner runder Punkt, etwa y^ Linie gross auf Schwarz , wenn man ihn dem Auge näher bringt als die deutlichste Sehweite, innen blau umsäumt v o n G e 1 b. Entfernt man ihn jenseits der deutlichsten Sehweite, so erscheint er innen gelb umsäumt von Blau. Die Beobachtung eines Lichtpunktes durch blaues Glas verändert die Natur der Erscheinung nicht, aber sie steigert die matteren Töne des blassen Gelb und unansehnlichen Blau zu dem herrlichen Gegensatze des tiefen gesättigten Granatroth und Lasurblau. Ausgezeichnet schön ist eben so die Beobachtung des Schachbrettmusters selbst durch das Stickpapier; auch hier er- scheinen die herrlichsten rothen und blauen Töne, anstatt, der gelben und bläulichen oder violettgrauen. Durch violettes Manganglas er- scheint der Grund des Schachbrettes rosenroth statt weiss, die farbi- gen abwechselnd dunklen Felder dazwischen statt gelb und blassblau erscheinen roth und von einem schönen gesättigten Blau. Die schwarzen Büschel kann man sehr schön und einfach auf folgende Weise beobachten. Man hält ein mit Kupferoxydammoniak- lösung gefülltes Fläschchen vor das Auge, so dass das ganze Ge- sichtsfeld gleichförmig dunkelblau erscheint und betrachtet fest einen Punkt des blauen Himmelsgewölbes, wo das Blau ziemlich stark po- larisirt ist, und also dem blossen Auge die gelben Büschel erscheinen würden. Gewiss ist sehr bald der L ö we'sche Ring sichtbar. Ohne die Lage der Auflösung zu verändern dreht man nun den Kopf so , dass man denselben Punkt unter einem Azimuthaiwinkel von 90<> sieht. H inteib eiger. Ober die Liiiw. der W u r t it'schcn tlüchl. Dtiöeii aufSenföl. ,c49 Sogleich erscheint der schwarze Büschel, begleitet von dem Löwe- sclien Ringe. Bei wiederholter Veränderung der Lage wird die Er- scheinung immer deutlicher. IJber die Einwirkung der Wurtz sehen fluchtigen Basen auf Senföl. Von Dr. Hinterberger. Senföl und Äthylaniin. Äthylamingas wird von Senföl unter bedeutender Erwärmung aufgenommen. Flüssiges Äthylaniin fällt unter Zischen in Senföl. Schüttet man Senföl in flüssiges Äthylamin, so ist die Einwirkung so stark, dass das Senföl wieder heraus geschleudert wird. Diesen Vorversuchen nach glaubte ich hoffen zu dürfen, eine dem Thionsina- min ähnliche Verbindung darstellen zu können. Ich leitete Äthylamin so lange in Senföl bis dieses stark nach Äthylamin roch und vermied hierbei dadurch die zu starke Erhitzung, dass ich das Senföl in Eis stellte. Während des Durchleitens des Äthylamins wird das Senföl gelb und immer dickflüssiger, so dass es am Ende die Consistenz eines dünnen Syrups hat. Der Geruch des Senföles und sein Geschmack ist nun verschwunden, es riecht jetzt nach Äthylamin und hat einen gewürz- haften und zugleich bitteren Geschmack. Diese syrupdicke Flüssig- keit wurde beim Stehen an der Luft immer mehr rothbraun und schied selbst nach 6 Monaten keine Krystalle ab ; sie bildete auch mit Säu- ren keine krystallisirbaren Salze. Erhitzt man dieselbe in einer Proberöhre , so entwickeln sich weisse Nebel von stechendem Geruch, die sich zu ölartigen Tropfen verdichten; diese reagiren alkalisch, und werden durch Eisenchlorid blutroth gefärbt. Beim stärkeren Erhitzen bleibt eine glänzende Kohle zurück. Ich versuchte nun das Platinsalz darzustellen, das dem Thionsinamin- Platinchlorid entspricht, um auf diesem Wege zur Kenntniss der Zusammensetzung dieser Verbindung zu gelangen. Ich leitete in die syruparfige Masse trockenes Chlorwasser- stoffgas bis zur Sättigung, löste die dadurch noch dickflüssiger gewordene Masse in starken Alkokol und setzte dazu eine alkoho- lische Lösung von Platinchlorid. 17 * 250 Hinterberg er. Das Gemenge blieb klar, erwärmte sieb aber naeb einigen Mi- nuten, trübte sieb biebei und scbied eine Menge gelber nadeiför- miger Krystalle ab. Diese wurden auf ein Filter geworfen und mit Alkobol ausgewaschen. Die Mutterlauge wurde mit den Wasch- flüssigkeiten vereinigt und durch mehrere Monate bei Seite gestellt; es setzten sich daraus grosse, vollkommen ausgebildete Krystalle von hellgelber Farbe ab. Die Krystalle sind luftbestäiidig, lösen sich schwer im Wasser und Alkohol und bleiben bei 100" ganz unverändert. Die Analyse derselben, bezüglich des Platingehaltes ergab fol- gendes : 0.932 Grm. der bei lOO" getrockneten Substanz hinterliessen nach sechsstündigem Glühen 0,2636 Grm. Platin. Mithin enthalten 100 Theile der Substanz Gefunden Berechnet P1^28^28 ^28^208^ Diesem zu Folge ist die Formel der Verbindung: C,3 //i3 N. S^, HCl + Pt Ck. Diese Verbindung enthält die Basis Cja Hxz Nz Sz die, da sie dem Thionsinnamin homolog ist, vielleicht Thiosinaethylmnin genannt werden kann. Das Platindoppelsalz würde dann heissent Chlorwasserstoffsanres Thlosinäthylamin - Platinchlorid. Dieses Salz muss bei der Atomgewichtsbestimmung durch meh- rere Stunden geglüht werden, sonst ist das zurückbleibende Platin immer zu viel ; da es hartnäckig den Schwefel zurückhält. Da es mir trotz vieler Versuche nicht gelang, die Basis Thio- sinäthylamin für sich krystallinisch darzustellen, so machte ich mich an die Darstellung des dem Sinnamin homologen Sinaethylamins und erhielt biebei befriedigendere Resultate. Zur Darstellung des Sinätbylamins mischt man Thlosinäthylamin mit frisch gefälltem reinen Bleioxydhydrat und erhitzt im Wasser- bade, bis eine filtrirte Probe mit Bleioxydhydrat unter Zusatz von Kali nicht mehr schwarz wird. Man kocht nun die erhaltene schwarze Masse zuerst mit Wasser, dann mit Alkohol aus, und verdampft die über die Einwirkung der Wurtz'schen fliichtigon Biisen auf Senföl. 251 erhaltene Lösung. Man erhält eine dunkelgelbe syriipartige Masse, die nach Monaten fast ganz krystallinisch wird. Trennt man die Mutterlauge durch Auspressen zwischen Papier von den Krystallen und löst diese in Äther, so bekommt man die Verbindung rein. Das Sinäthylamin krystallisirt in dendritenartig angeordneten Nadeln schmeckt sehr bitter, und löst sich in Alkohol und Äther, nicht in Wasser, die Lösungen reagiren alkalisch. Es schmilzt bei 100" C. zu einer farblosen Flüssigkeit, die bei Berührung mit einem kalten Gegenstande, z. B. mit einem Glasstabe rasch von der Berüh- rungsstelle aus krystallinisch erstarrt. In Chlorwasserstoffsäure löste es sich zum Theile auf, diese Lö- sung wurde verdünnt, und mit Platinchlorid versetzt. Es schieden sich rothgelbe Federchen ab, die behufs der Analyse mit Wasser ge- waschen, und bei 100» C. getrocknet wurden. Die Analyse ergab Folgendes 0,2155 Grm. Substanz gaben 0,068 Grm. Pt. Mithin in 100 Theilen Gefunden. Berechnet. Platin 31,55 31,24 Das salzsaure Sinäthylaminplatinchlorid hat mithin die Formel C,3 Äio iVa , H Cl + PtCk. Lässt man ein Gemisch der alkoholischen Lösung des Sinäthy- lamins mit der alkoholischen Lösung von Platinchlorid durch längere Zeit stehen, so erhält man dieselbe Verbindung in warzenförmig en Krystallen. Die Lösung des Sinäthylamins gibt mit einer wässerigen Lö- sung von Einfachchlorquecksilber einen weissen, flockigen Nieder- schlag. Dieser wurde mit Wasser, und dann mit Alkohol gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. Die Quecksilberverbindung des Sinäthylamins schmilzt im Was- serbade zu einer gelben harzartigen Masse, die beim Erkalten kry- stallinisch erstarrt. 1,0398 Grm. der Substanz geben bei der Verbrennung mittelst chromsauren Bleioxydes 0,52 Grm. Kohlensäure 0,171 Grm. Wasser und 0,6099 Grm. Quecksilber, 252 Kohl und Swoboda. In 100 Theilen Gefunden. Berechnet. Kohlenstoff . . TJeF" — 13,95^ — 72 — ^12 Wasserstoff.. 1,82 — 1,93 — 10 — HiQ Stickstoff ... — — 5,44 — 28 — N, Chlor — — 20,57 — 106,2 — Ch Quecksilber. . 58,65 — 58,11 — 300 — Hg, Das Sinäthylamin-Quecksilberchlorid besteht mithin aus 1 Äquiv. Sinäthylamin und 3 Äquiv. Quecksilberchlorid und hat die Formel Ci3 ^10 Nz + ^Hg Cl. Aus Mangel an Rohmaterial zur Bereitung des Athylamins konnte die Arbeit nicht weiter ausgeführt werden. Ich habe ferner versucht, die Verbindungen des Senföls mit Methylamin, Propylamin und Amylamin darzustellen. Ich bekam nirgends eine krystallisirte Verbindung, sondern nur braune syrupdicke Flüssigkeiten. Die Platinverbindungen der meisten dieser Senfölammoniaks können aber , soviel mich die bis- herigen Versuche lehrten, krystallinisch dargestellt werden. Die Fortsetzung dieser Arbeit wird mir in kurzem möglich sein, da ich durch meine Schüler grössere Mengen von salzsaurem Äthylamin, Methylamin, Propylamin und Amylamin darstellen lasse. Über einige Doppelsalze des Cyanquecksilhers* Von €. Kohl und A. Swoboda. Das Cyanquecksilber geht mit Chlornatrium und anderen Chlor- metallen Doppelverbindungen ein, wie Poggiole ^) gezeigt hat; es bildet auch nach Custer a) Doppelsalze mit verschiedenen Jodme- tallen. Die Doppelverbindungen, die das Cyanquecksilber mit den Alkaloiden eingeht, sind bis jetzt wenig oder gar nicht untersucht worden. Wir machten es uns daher zur Aufgabe, dergleichen Ver- bindungen darzustellen, und theilen hiermit die bisher erlangten Resul- tate mit. *) Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 64, S. 302. 2) Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 68, S. 333. Über einige Doppelsalze des Cyanquecksilbers. 253 Striehnin - Qiiecksilbercyanid. Zur Darstellung dieses Salzes bereitet man sich eine wässerige he^se Lösung von neutralemsalzsauren Striehnin und eben- falls eine hoisse wässerige Lösung von Cyanquecksilber und mischt die beiden Lösungen, nachdem man sie mit ziemlich viel Wasser verdümt hat. Es bleibt das Gemische nur kurze Zeit klar ; bald scheuen sich nadelförmige Krystalle ab. Die Mutterlauge wurde von d«n Krystallen getrennt, diese selbst auf ein Filter gebracht, und behufs der Analyse bei 100" C. getrocknet. Die Krystalle dieser Verblutung sind sehr gut ausgebildet, vollkommen farblos, lösen sich schwer m kalten, ziemlich leicht in heissem Wasser, und in Alkohol. Dil Analyse wurde nach der von Bunsen angegebenen, und von Hin erb erger bis ins Detail beschriebenen und etwas ver- besserten Methode für die Analyse quecksilberhaltender organischer Substanzer. ausgeführt. 1,0192 Grm. Substanz gaben bei der Verbrennung mittelst chrom- sauren BleiDxydes 2,0134 Grm. Kohlensäure, 0,4338 Grm. Wasser und 0,201 Grm. Quecksilber. Es enthalten mithin 100 Theile: Gefunden. Berechnet. Kohlenstoff . . . . '"sSsT - - K3,18 — 264 - — C44 Wasserstoff . . . . 4,72 - - 4,63 — 23 - — ^23 Stickstoff . . . . . — - - 8,45 — 42 - - N, Sauerstoff . . — — - 6,46 — 32 - - 0, Quecksilber . . . . 19,72 - - 20,14 — 100 - - Hg Chlor .... . . — - - 7,13 — 35,4 - - Cl 100,00 — 496,4 Hiermit besteht diese Verbindung aus einem Äquivalente chlor- wasserstoffsauren Strichnins und aus 1 Äquivalente Cyanquecksilber, und hat die Formel : Qa H^z N^O^, HCI + Ca N Hg. Berberin - Quecksilbercyanid. Man erhält diese Verbindung, wenn man eine heisse, wässerige Lösung von salzsaurem Berberin mit einer heissen, wässerigen Lösung von Cyanquecksilber versetzt und das klare Gemisch an einem ruhigen Ort stehen lässt. Es scheiden sich beim Erkalten eine Menge gelber, sternförmig gruppirter Krystallnadeln ab, die wegen ihrer Unlöslich- 154 Kohl und Swoboda. ; keit im kalten Wasser und Weingeist zur Genüge damit auf eineift Filter ausgewaschen werden können. Dieses Salz ist löslich in heissem Wasser und heissem wässerigen Weingeiste; verändert sich weder an der Luft noch bei 100« C. / 0,4067 Grm. der bei 100*'C. getrockneten Substanz lieferter bei der Verbrennung mit chromsaurem Bleioxyd 0,078 Grm. Quecksilber. Dieses gibt in 100 Theilen: Kohlenstoff . Wasserstoff . Stickstoff . Sauerstoff . Quecksilber . Chlor . . Gefunden. Berechnet. — ^io^ — 264 — Cl^l^ — 3,66 — 19 - ^19 — 5,40 — 28 - N, — 13,91 — 72 — Oo 19,17 19,29 — 100 — tfg — 6,82 — 35,5 — Cl 100,00 — 518,5 Aus dieser Zusammensetzung ergibt sich die Formel : C4a ^18 ^Og , HCl+C^N Hg. da 1 Äquivalent salzsaures Berberin mehr 1 Äquivalent Cyanqueck- silber. Caffein - Qiiecksilbercyanid. Setzt man zu einer heissen Lösung von Caffein in 85% Wein- geist eine heisse wässerige Lösung von Cyanquecksilber , so bleibt die Flüssigkeit klar, scheidet aber beim Abkühlen eine Menge nadei- förmiger farbloser Krystalle ab. Da dieselben im Wasser und Alko- hol schwerlöslich sind, so konnten sie damit zur Genüge ausgewaschen werden. Sie veränderten sich nicht bei 100" C. und gaben, nachdem sie bei dieser Temperatur getrocknet waren, bei der Analyse fol- gende Resultate : 0,7181 Grm. Substanz gaben bei der Verbrennung mit chrom- saurem Bleioxyde 0,324 Grm. Quecksilber. Mithin sind in 100 Theilen enthalten Gefunden. Berechnet, Kohlenstoff . . "^2 2^7" — 120 — t^ao Wasserstoff . — 3,24 — 10 — ^10 Stickstoff . . . — 18,83 — 84 — iVe Sauerstoff . . . — 7,18 — 32 — 0, Quecksilber . . . 45,11 44,84 — 200 — Hg, 100,00 446 toer einige Doppelsalze des Cyanquecksilbers. 2o5 Hieraus ergibt sich die Formel: Ce ffioN.O, + 2CNHg. Es gehen mithin 2 Äquivalente Cy Hg. mit 1 Äquiv. Caffein eine Verbindung ein. Das Caffeinquecksilbercyanid ist auf äbnliche Weise zusammengesetzt, wie das von Nicholson zuerst dargestellte Caffeinquecksilberchlorid, das die Formel hat Qe /^lo iV^ O^ + 2 Hg Cl. Äthylamin - Qnecksilbercyanid. Mischt man eine wässerige Lösung von neutralem salzsauren Äthylamin mit einer wässerigen Lösung von Qnecksilbercyanid und dampft hernach im Wasserbade bis zur Krystallisation ein, so erhält man diese Verbindung in grossen farblosen Krystallen. Es bildet blättchenförmige Krystalle, löst sich leicht im Wasser, schwer im kalten Weingeist und hat einen unangenehmen metallischen Geschmack. Es ist luftbeständig und erträgt vollkommen gut die Hitze des Wasserbades. 1,077 Grm. der bei 100" C. getrockneten Substanz lieferten bei der Verbrennung mittelst chromsauren Bleioxydes 0,642 Grm. Quecksilber. Demnach sind in Theilen enthalten : Gefunden. Kohlenstoff . . Wasserstoff . . Stickstoff . . Chlor . . . Quecksilber . . . 59,61 ~100,00 — 333,5 Aus diesen Zahlenwerthen ergibt sich die Formel : C„ H, NHCl + 2 HgC^ N. d. i. 1 Äquivalent chlorwasserstoffsaures Äthylamin mehr 2 Äquiva- lente Cyanquecksilber. Es wurde ferner versucht, die Quecksilbercyanid-Verbindungen von Piperin, Chinin und Solanin darzustellen. Das Piperin-Queck- silbercyanid konnte ebenso wie das Chinin-Quecksilbercyanid bisher nicht krystallisirt erhalten werden. Mischt man eine alkoholische Lösung von salzsaurem Chinin mit einer alkoholischen Lösung von Quecksilbercyanid , so erhält man nach dem freiwilligen Verdunsten der Flüssigkeit, eine braune harzartige Masse, die selbst nach monate- Bei'echnet. 14,39 — 48,0 - Cs 2,39 — 8,0 - H, 12,59 — 42,0 — iVa 10,67 — 35,5 — Cl 59,96 — 200,0 — Hg, 236 Rec kenschuss. Über einige neue langem Stehen keine Spur von Krystallisation zeigt. Eine rothgelbe harzähnliehe Masse, neben reinem Piperin bekommt man, wenn man ein Gemisch von salzsaurem Piperin und Quecksilbereyanid, die beide in alkoholischer Lösung sind, an der Luft stehen lässt. Das Solanin scheint mit Quecksilbereyanid ebensowenig, wie mit andern Salzen eine Verbindung zu einem Doppelsalze einzugehen. Über einige neue Doppelsalze des Äthylamins und Propylamins. Von M. Reckens chass. Chlorwasserstoffsaures Äthylamin - Chlorpalladiiim. Dampft man eine wässerige Lösung von chlorwasserstoffsaurem Äthylamin mit einem Überschusse einer wässerigen Lösung von Pla- diumchlorur im Wasserbade ein, so krystallisirt dieses Doppelsalz heraus, die Krystalle sind schwarz im durchfallenden Lichte sehr schön roth, federfahnenartig gruppirt, und haben eine beträchtliche Grösse. Sie geben ein rothbraunes Pulver und behalten ihren Glanz in der Hitze des Wasserbades vollkommen bei. 0,2495 Grm. der bei 100» C. getrockneten Substanz geben 0,078 Grm. Palladium, mithin sind in 100 Theilen enthalten: Gefunden. Berechnet. Kohlenstoff . . ' " '^ 14,10 — 24 - c. Wasserstoff . . . . — 4,70 — 8 - ffs Stickstoff . . — 8,22 — 14 — N Palladium . 31,26 31,26 — 53,2 — Pd Chlor — 41,73 — 71,0 — C4 100,00 — 170,2 Die Formel dieser Verbindung ist mithin : a ^7 iV, CIH+Pd Cl. das chlorwasserstoffsaure Propylamin bildet mit Palladiumchlorur ebenfalls ein schön krystallisirtes Doppelsalz , das im trocknen Zu- stande nach Häringen riecht, und bei lOO«* C. schmilzt. Ich hatte zu wenig von diesem Salze, als dass ich eine Atomgewichtsbestimmung machen konnte. Doppelsalze des Äthylamins und Propylamins. 257 Propylamin - Alaun. Zur Darstellung dieses Salzes wurde das Propylamin durch Destillation der Häringslaeke mit Kalilauge dargestellt. Trotzdem, dass bedeutende Mengen Häringslaeken in Arbeit genommen wurden, war die Ausbeute von Propylamin verhältnissmässig gering, weil sieh hierbei immer zugleich eine grosse Menge Ammoniak entwickelt. Wenn man daher eine grössere Menge des Destillats mit Chlor- wasserstoffsäure neutralisirt, dann eindampft und den Rückstand mit absolutem Alkohol auskocht, so bleibt das meiste ungelöst, und erweist sich als Chlorammonium. Das zuerst erhaltene chlorwasser- stolTsaure Propylamin ist braun. Zersetzt man dieses mit Atzkalk, leitet das Propylamingas in Wasser, und neutralisirt die erhaltene Flüssigkeit mit Schwefelsäure und dampft sie zur Trockene ein, so erhält man vollkommen weisses, schwefelsaures Propylamin. Mischt man eine wässerige Lösung dieses Salzes mit einer wässerigen Lö- sung von schwefelsaurer Thonerde , und lässt das Gemische durch längere Zeit an der Luft stehen , so scheiden sich grosse , farblose Krystalle aus, die dem-gewöhnlichen Alaun, dem Aussehen nach, ähn- lich sind. Die Krystalle des Propylamin-Alauns sind farblos, vollkommen durchsichtig, verbreiten den penetranten Geruch nach Häringen, lösen sich leicht in Wasser, und haben einen süsslich zusammenziehenden Geschmack. Sie schmelzen bei lOO« und blähen sich bei einer Temperatur über 1200 unter Verlust des Krystallwassers bedeutend auf. Die Ana- lyse derselben ergab folgende Resultate: 0,542 Grm. lufttrockener Substanz verloren im Luftbade bei 1500 C. — 0,243 Grm. Wasser. 0,2067 Grm. der Substanz gaben 0,195 schwefelsaure Baryterde. Dieses gibt in 100 Theilen: Gefunden. Bei-echnet. Wasser . . . ^"KsT — 44,407 Schwefelsäure . 32,38 — 22,89 Es ist demnach die Formel des Propylamin-Alauns: C, H,N, SO, , Ah Os, dSOs + 2iH0. Es ist mithin Ammoniak-Alaun in dem das Ammonium - Oxyd durch Propylamin ersetzt ist. 258 Leyer und Koller. Zersetzungsprodiicte der Federn, Igelstacheln, Haare, des Globulins, Hamatins und der Flügeldecken der Maikäfer mit verdünnter Schwefelsäure. Von A. C. leyer und Koller. A. Federn, Igelstacheln und Haare. Diese drei Producte des Thierlebens werden gewölinlieh unter den Hornsubstanzen abgehandelt, weil sie viele Eigenschaften mit dem Hörn und unter einander gemein haben. Seherer hat die meisten organischen Analysen der Horngebilde gemacht und von G o r u p -B e- sanez wies zuerst den bedeutenden Kieselerde-Gehalt der Vogel- federn i) nach. Gorup hat gefunden, dass die Vogelfedern im Mittel zwischen 1 und 32 Vo Kieselerde enthalten; er hat auch her- vorgehoben, dass sich dadurch die Vogelfedern wesentlich von den andern Horngebilden unterscheiden ; er fand nämlich bei der Analyse der Asche der Igelstacheln, dass diese nur ganz geringe Mengen von Kieselerde enthalten. Das Ochsenhorn wurde in Liebig's Labora- torium von Dr. Hinterberge r bezüglich der Zersetzungsproducte mit verdünnter Schwefelsäure und Kalihydrat untersucht und dabei gefunden, dass Tyrosin und Leucin hierbei als die Producte der Zer- setzung auftreten. Da einiger Unterschied zwischen den einzelnen Horngebilden schon aufgefunden wurde (wie z. B. ZAvischen Igelsta- cheln und Federn) und eine Untersuchung der Zersetzungsproducte der meisten Horngebilde noch nicht bekannt ist, so wurden die obigen Hornsubstanzen in dieser Richtung von uns untersucht. Es wurde die Arbeit zuerst mit den Federn begonnen, und in derselben Weise mit den Igelstacheln und Haaren wiederholt. 1 Pfund Gänsefedern, welche durch Abwaschen vom anliegenden Schmutze und Fette befreit waren, wurden mit 4 Pfund Schwefel- säure, die vorher mit 12 Pfund Wasser verdünnt worden war, über- gössen und in einem geräumigen Glasballon am Sandbade der Koch- liitze überlassen. Nach 3stündigem Einwirken der heissen, verdünn- ter Schwefelsäure schwollen die Federn an, bekamen ein gallert- artiges Aussehen, und lösten sich nach längerem Kochen vollständig *) Annalen der Chemie und Phannaci»', Bd. 6), S. 46. Zeri>cl^uiigsproducle der Federn, Igelütachelii , iiuure etc. 259 ZU einer dunkelbraunen Flüssigkeit auf. Diese Flüssigkeit wurde nun durch 4 Tage in der Kochliitze erhalten, und das verdampfte Wasser von Zeit zu Zeit durch frisches ersetzt. Diese Flüssigkeit wurde nun, um die Schwefelsäure zu entfernen , mit verdünnter Kalkmilch ver- setzt, bis sie stark alcalisch reagirte kurze Zeit gekocht und filtrirt. BeimNeutralisiren mit Kalkmilch und beim nachherigen Kochen entwickelte sich neben Ammoniak ein eigenthümlicher Geruch, der an den Geruch der von Wurtz entdeckten Basen erinnerte. Um die hiebei entweichenden Gase näher zu untersuchen, wurde das Filtrat von schwefelsaurem Kalk behufs der Destillation in eine Retorte gebracht, diese luftdicht, mit einem Liebig'schen Kühlapparate in der Weise verbunden, dass die wenigen flüchtigen Producte wieder in die Retorte zurückfliessen konnten, und ein Gefäss, das mit verdünnter ChlorwasserstofTsäure zum Tbeil erfüllt war vorgelegt. Das Destillat wurde im Wasserbade verdampft, vollkommen getrocknet und dann mit absolutem Alkohol ausgekocht, die alkoholische Lösung wurde wieder verdampft und das Ausziehen des Rückstandes mit Alkohol wiederholt. Die so erhaltene Salzmasse wurde nach kurzer Zeit an der Luft feucht, löste sich leicht im Wasser und gab, mit Platinchlorid im Wasserbade eingedampft, dunkelgelb gefärbte Krystalle, die sich zum Tbeil in heissem Wasser lösten. Es wurde zu wiederholten Malen der Gehalt derselben an Platin bestimmt und dabei 43 bis nahe 440/0 Platin gefunden. Es ergaben mithin diese Analysen , dass das dabei entweichende Gas vorzüglich Ammoniak ist, lassen aber auch in Frage gestellt, ob nicht noch andere Basen die dem Ammoniak homolog sind, hierbei entweichen. Seit dem Werthheim aus der Härings- lacke Propylamin dargestellt hat, ist man sogar im Interesse der Wis- senschaft verpflichtet, jedes Gas, das wie Ammoniak riecht, näher zu un- tersuchen. Bei der Fäulniss einiger albuminartiger Stofl'e, erhielt Bopp dieselben Producte wie bei der Behandlung derselben mit Schwefelsäure; tritt nun bei der Fäulniss der Häringe ein Glied der Wurtz'schen Reihe auf, warum sollten nicht ähnliche Ammoniaks sich auch bei der Zersetzung der albuminartigen Stoffe mittelst SchAvefelsäure bilden ? Nachdem die Ammoniak-Entwicklung aufgehört hatte, wurde die Flüssigkeit zur Ausfällung des überschüssigen Kalkes mit Schwefel- säure versetzt und zu dem Filtrate von dem hierbei enstandenen Nie- derschlage so lange essigsaures Bleioxyd gegeben, als noch ein Nieder- 260 Leyer und KöUer. schlag entstand. (Die Neutralisation der den überflüssigen Kalk ent- haltenden Flüssigkeit mit Schwefelsäure geschah mit der grössten Sorgfalt, dessen ungeachtet brachte das jetzt zugesetzte essigsaure Bleioxyd einen voluminösen Niederschlag hervor. Es enthielt dieser Niederschlag ausser schwefelsaurem ßleioxyd noch andere organische Substanzen, deren Untersuchung noch im Gange ist.) Die Flüssigkeit wurde nun mit dem Bleiniederschlage kurze Zeit gekocht, filtrirt, und durch das Filtrat zur Entfernung des überschüssigen Bleioxydes Schwe- felwasserstoffgas geleitet. Das Filtrat vom Schwefelblei gab beim Eindampfen und nachherigen längeren Stehen concentrisch gruppirte Krystallnadeln, die durch 2maliges Umkrystallisiren aus Wasser voll- kommen weiss erhalten wurden. Sowohl die äusseren Eigenschaften als auch die Analyse dieser Krystalle zeigen , dass sie Tyrosin Ct^ Hu N O, sind. 0,352 Grm. Substanz gaben bei der Verbrennung mittelst chromsauren Bleioxydes 0,7637 Grm. Kohlensäue und 0,194 Grm. Kohlensäure und 0,194 Gnu. Wasser mithin sind in 100 Theilen enthalten. Gefunden. Berechnet. Kohlenstoff . . . 59,14 — 59,67 - - 108 — Cis Wasserstoff . . . 6,12 — 6,08 - 11 - H,, Stickstoff . . — — 7,73 - - 14 — Ni Sauerstoff — — 26,52 - - 48 — 0, 100,00 — 181 — CisHuNO^ In der Mutterlauge von dem Tyrosin waren noch anorganische Salze und Leucin enthalten. Um das Letztere darzustellen, wurde folgende Methode als die einfachste und am schnellsten zum Ziele führende erkannt: Es wird die Mutterlauge von den Tyrosinkrystallen mit viel starkem Alkohol versetzt, wodurch alle anorganischen Salze gefällt werden und das Filtrat abgedampft; es krystallisirt hierbei das Leucin in Menge heraus und kann durch einmaliges Umkrystallisiren aus Al- kohol vollkommen rein erhalten werden. Es stellte perlmutterglän- zende Blättchen dar, die bei der Berührung mit einem trockenen Glas- stabe nach vielen Richtungen verstäubten, sich sublimiren Hessen und beim Verbrennen den Geruch nach gebratenen Vögeln verbreiteten. Die Krystalle lösten sich leicht in Wasser, Alkohol, Säuren und Alka- lien und gaben bei der Analyse folgende Resultate : Zersetzungsproducle der Federn, l^elstuchcln, Ilaare etc. !cbl 0,2526 Grm. Substanz gaben bei der Verbrennung mittelst chromsauren Bleioxydes 0.5114 Grm. Kohlensäure und 0,2287 Grm. Wasser. In 100 Theilen sind demnach enthalten: Gefunden. Berechnet. Kohlenstoff . - . 55,18 54,96 - - 72 — Ci3 Wasserstoff . . . 10,05 9,92 - - 13 — ^3 Stickstoff . . — 10.68 - - 14 — iV Sauerstoff . . — 24,44 - - 32 — O4 100,00 — 131 — CisT/isiVO^ Schliesslich wollen wir noch eines Versuches erwähnen, den wir bezüglich der Löslichkeit der Federn im Wasser von höherer Tempe- ratur als 100*> Cels. machten. Wir füllten eine 5 Zoll lange Glas- röhre mit Federfahnen und Wasser soweit an , dass nur mehr ein Zoll freier Raum blieb, schmolzen diese zu und legten sie in ein Öl- bad. Dieses wurde bei 200*» C. durch mehrere Stunden erhalten und nach dieser Zeit das Rohr aus demselben genommen. Es waren die Federfiihnen spurlos verschwunden. Die Flüssigkeit war schwach gelblich gefärbt, zeigte den Geruch nadh verbrannten Federn und hatte einen flockigen Niederschlag abgesetzt. Auf dieselbe Weise wie die Federn wurden die I g e 1 s t a c h e 1 n, die Menschenhaare und die Flügeldecken der Maikäfer mit verdünnter Schwefelsäure behandelt und hierbei ebenfalls neben Leucin Tyrosin erhalten. B. Globulin und Haematin. Ein halber Eimer Ochsenblut wurde der freiwilligen Gerinnung überlassen, das hierbei abgeschiedene Serum abgegossen und der Blutkuchen zu wiederholten Malen mit kaltem Wasser gewaschen. Der Blutkuchen wurde nun in Portionen in leinene Tücher gebunden und unter Wasser ausgepresst. Die erhaltene rothe Flüssigkeit wurde ferner mehrmals durch feine Tücher filtrirt, um die kleineren Flocken von Fibrin zu entfernen, und nun durch Kochen unter Zusatz von et- was Essigsäure coagulirt. Das erhaltene Coagulum konnte, dem vor- her angegebenen Verfahren gemäss, nur kleine Mengen von Eiweiss und Faserstoff enthalten und musste der Hauptmasse nach das sein, was man gewöhnlich mit dem Namen Blutkörperchen bezeichnet. Die Blutkörperchen wurden mit Schwefelsäure haltenden Weingeist 262 Leyer u. Koller. Zersetz ungsproducte der Federn, Igelstacheln etc. ausgezogen; hierbei blieb das Globulin ungelöst, während sich das Hämatin löste. Die alkoholische Lösung wurde nach der Neutralisa- tion mit Ammoniak zur Trockniss verdampft , und das schwefelsaure Ammoniak durch Waschen des Rückstandes mit Wasser vom Hämatin, das in Wasser unlöslich ist, getrennt. Sowohl das Globulin als das Hämatin lieferten bei Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure reichliche Mengen von Tyrosin und Leucin. Beim Verarbeiten einer grösseren Menge von Globulin wurde folgende Methode angewendet und als praktisch und schnell zum Ziele führend gefunden: Es Avurde 1 Pfund Globulin mit 4 Pfund Schwefelsäure und 12 Pfund Wasser durch 40 Stunden gekocht, die erhaltene braune Lösung mitKalkmiich bis zur alkalischen Reaction versetzt und wieder erhitzt. Das Filtrat von dem hierbei entstandenen Niederschlage wurde mit Schwefelsäure versetzt, bis es nur mehr schwach alka- lisch reagirte, darnach filtrirt und das Filtrat eingedampft. Es krystallisirt hierbei das Tyrosin in Massen heraus und aus der Mut- terlauge von dem Tyrosin lässt sich das Leucin ebenfalls in grosser Menge nach dem schon obfen angedeuteten Verfahren gewinnen. Das freie Akali schadet mithin der Krystallisation nicht so sehr, als die freie Säure, die man in Form von Schwefel- oder Essigsäure bei je- der andern Bereitungsart in die Flüssigkeit hinein bekommt. Ferner vermeidet man bei dieser Bereitungsart das Fällen der freien Schwe- felsäure durch essigsaures Bleioxyd, das immer eine bedeutende Menge Tyrosin und Leucin mit niederschlägt. Abgesehen von der Einfach- heit dieser Methode, bietet sie noch den Vortheil, dass man nicht so oft zu filtriren braucht, denn jeder Niederschlag, sei er schwefel- saurer Kalk oder schwefelsaures Bleioxyd oder Schwefelblei, schliesst einen Theil der krystallisirbaren Substanzen ein, der dann natürlich ein Verlust ist, indem er sich schwer vom besagten Niederschlage trennen lässt. Mag man nun annehmen, es enthalten die Blutkörperchen als Hauptbestandtheile Fibrin und mit dem Blutfarbstoff verbundenes Albumin oder es bestehen dieselben aus dem sogenannten Globulin und Hämatin; die Thatsache ist durch diese Arbeit bekräftigt, dass die Blutkörperchen albuminartige Substanzen enthalten, die dem Fibrin Cascin, Albumin und der Hornsubstanz ähnlich sind, denn die Blut- körperchen liefern beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure die- Heeger. Beiträge zur Naturgeschichte der Insecten. 26«i selben Zersetzungsprodiicte, wie die in dieser Richtung bereits nnter- suehten Albuminkörper. Den bisherigen Forschungen gemäss geben mithin Albumin, Fibrin, Cascin. Hörn, Federn, Haare, die Bkitkörperchen und die Flü- gehlecken der Maikäfer bei der Behandlung mit verdünnter Schwefel- säure Tyrosin und Leucin als Zersetzungsproducte. SITZUNG VOM 22. JULI 1852. Eingesendete Abhandlnngen. Beiträge zur Naturgeschichte der Insecten. Von Ernst Heeger. (Mit Taf. XXVI— XXX.) (Vorgetragen in der Sitzung am 2. October 1851.) (Vierte Fortsetzung.) Naturgeschichte des Bibio Marci L. (Märzen-Haarmücke). Die Larven (Maden) der Haarmücken überhaupt überwintern gesellschaftlich im kalten, d. i. Kuh- oder Schaf-Dünger oder auch in sonst.verfaulten Pflanzenmassen und verwandeln sich Anfangs Frühling; jene des B. marci aber schon Ende Februars oder mit Beginn des März zur ganz besonders geformten Puppe, aus welcher sich dann nach vierzehn bis zwanzig Tagen , jedoch nur an warmen Tagen, anfangs die Weibchen, sechs bis acht Tage später die Männchen entwickeln und zum Vorschein kommen; sie nähren sich dann auf Blüthen, noch lieber auf Pflanzen, welche mit Aphiden besetzt und deren Blätter mit dem Saft derselben befeuchtet sind. Nachdem sie sich so mehrere Tage genährt haben, begatten sie sich bei Tage. Die befruchteten Weibchen legen dann an einem pas- senden Ort in oberwähnte Düngerarten, wo die Larven hinläng- liche Nahrung finden, 120 bis löO Eier auf einmal ab, und sterben gewöhnlich bald darnach an demselben Orte; nach drei bis vier Sitzh. d. mathem.-uaturw. Cl. IX. Bd. II. Hft. 18 264 Heeger. Wochen entwickeln sich die Larven, häuten sich in Zwischenräumen von 12 bis 15 Tagen dreimal, und überwintern gewöhnlich vollkom- men ausgewachsen. Beschreibung'. Die Eier sind weiss, häutig, glatt, fast walzig, vorne etwas zu- gespitzt, gewöhnlich % Linie lang, halb so dick. Die Larven sind gleich nach dem Auskriechen nochmal so lang als das Ei, schmutzig-weiss, werden graulich, dann braungrau; der Kopf vom Körper deutlich abgesondert ; sie haben zwölf Leib- abschnitte, welche in Querreihen mit hornhäutigen Dornen besetzt sind; vollkommen ausgewachsen 7 bis 8 Linien lang, Vs so dick \md gänzlich fusslos. Der Kopf fast kugelig, etwas gedrückt, harthornig, oben wenig, unten am Hinterrande tief eingebuchtet und mit einer bedeutend erhobenen Leiste umgeben; oben hat er vier im Quadrat stehende runde Vertiefungen, und ist kaum halb so breit als der erste Leib- abschnitt. Die Oberlippe vorne häutig abgerundet, mit sechs kurzen ge- raden Zähnen bewalTnet, und mit Borsten bewimpert, die hintere Hälfte derbhornig-braun, weberschitzenähnlieh geformt, 1/3 so breit als der Kopf, halb so lang als breit. Die Oberkiefer derbhornig, dunkelbraun, so lang als die Ober- lippe breit, etwas mehr als halb so breit als lang, der Rücken fast im Viertelzirkel gebogen, sehr verdickt, au der Spitze doppelzähnig; die Kaufläche unter der Spitze zweizäbnig. Die Unterkiefer am Grunde nur '/^ schmäler als die Oberlippe, so lang als breit; der Stiel hat die ganze Breite des Grundes, kaum Ve so lang als breit, liegt quer, das Tasterstück ebenfalls braun, hornig, etwas schmäler und so lang als der Stiel in derselben Lage; die äusseren Taster dreigliederig, hornig, am äusseren Rande fast nochmal so lang als am Innenrande , kaum 1/4 so breit als der Stiel ; am Vorderrande mit kurzen, geraden, um den Rand stehenden beweg- lichen und hornigen Zähnchen bewaffnet; das zweite Glied kugelig, halb so dick als das erste; drittes Glied walzig, so lang als das zweite, fast nur 1/4 so dick als lang; innere Taster eingliederig, tonnenförmig, fast so lang als die äusseren , am Vorderrande mit acht stumpfen hornigen imd beweglichen Zähnchen umkreiset; Kaustück (innere Xatiirgesclncliti- der In.soiMi'n. '4(>!) Lappen) nicht vorfindij;'. Unterlippe iiäutig. niciit so hreit als das Kinn, so lang als breit, mit a])genindetem Vorderrande; Kinn 1/3 so breit als lang", dickhornig, am Vorder- und Hinterrande mit abgerundet zahnartigen Verlängerungen , in der Mitte eiförmig ausgehöhlt und nur häutig ; Taster konnte ich keine vorfinden. Fühler fehlen ebenfalls, obschon B 0 u c h e bei Bibio hortulanus sehr deutlich drei Glieder angibt und abbildet; eben so wenig konnte ich auch Augen auffinden. Die AthmungsöfTnungen (Stigmata) sind verhältnissmässig gross, hornig und rund, die beiden am Aftergliede linear , dreimal so gross als die der Seilen, auch anders gebildet als jene. Die Leibes-Abschnitte sind mit halbhornigen, dornartigen und mit kleinen, spitzen, mit aufwärtsstebenden Schüppchen besetzten, kegelartigen Auswüchsen bewaffnet, so zwar, dass am Vorder- brust-Abschnitte oben und unten in zwei Querreihen je sechs, auf der Oberseite der neun folgenden Abschnitte oben nur eine Reihe zu sechs, unten aber am zweiten und dritten auch nur eine, an den folgenden acht Abschnitten hingegen zwei Reihen, die vordere zu sechs, die hintere zu vier sich zeigen, der vorletzte (eilfte) hat auf den Rücken nur vier in einer Reihe, der letzte oben keine, unten aber um die After-Öffnung sechs, übrigens hat noch jeder Abschnitt, den letzten ausgenommen, an jeder Seite einen solchen Auswuchs; die übrige Haut ist mit grösseren und kleineren hornigen Dornen dicht besetzt. Die Puppen (Nymphen) sind schmutzig-grau, vier bis fünf Linien lang, eine bis anderthalb Linien breit; die männlichen, gewöhnlich bedeutend kleiner, haben, wie die Fliegen selbst, einen verhältniss- mässig viel grösseren Kopf und Augen als jene der weiblichen ; neun Hinterleibs-Abschnitte, deren Rückentheile an den Seiten gesäumt sind und die. Bauchtheile überragen; die Flügelscheiden ragen bis an den Vorderrand des dritten Leibabschnittes, zwischen ihnen han- gen die Fussglieder, welche ebenf\dls nur bis an das Ende der Flügelscheiden reichet!. Am Rücken ist der Brustkasten ungetheilet , beinahe 1/3 so lang als die ganze Nymphe , halb so dick als lang, mit abgerundetem Vor- der- und Hinterrande, in der Mitte der Länge nach schneidig erhoben, welche Erhöhung gegen den Hinterrand einen Höcker bildet; an den Seiten des zweiten und der fünf folgenden Hinterleibs-Abschnitte, 266 Heeger. zunächst des Saumes, sitzen in vertiefter Umgebung die kleinen kreisrunden, iiornigen Athmungsöffnungen. Aus dem Hinterrande des letzten Abschnittes ragen an beiden Seiten zwei stumpfe, gerade, fast häutige Dornen hervor, welche kaum so lang als der Abschnitt, und nicht halb so dick als lang sind, Beschreibung' der Fliegte und ihrer Theile. Meig. I. Th., S. 311. Die Fühler sind neungliederig, die Glieder beim Weibchen gleichgross, nur das neunte ist fast kugelförmig und beinahe nochmal so lang als das vorletzte, beim Männchen die beiden ersten, dann das siebente und achte Glied y^ länger als die vier Zwischenglieder, das letzte aber halbrund, und fast nur halb so lang als das vorletzte ; alle Glieder bei beiden Geschlechtern dicht und kurz behaart, am Vorder- rande mit kurzen schwarzen Borsten bewimpert, beim Männchen aber noch die ZM^i ersten Glieder mit längeren schwarzen Haaren an der Aussenseite ziemlich dicht bewachsen. Oberschnabel (Oberlippe) dünnhornig, fast lanzettförmig, flach, Ys so lang als der Kopf, am Grunde halb so breit als lang, die vor- dere Hälfte dicht mit gelben Haaren umsäumt, die hintere mit ver- dickten hornigen Leisten. Die Oberkiefer (Saugriissellappen) sind aussen dickhäutig, grau, mit kurzen Borsten im Haargrübchen besetzt, gewölbt, innen flach, dünnhäutig, dicht mit kleinen Saugwärzchen besäet, so lang als die Oberlippe, halb so breit als lang. Unterkiefer hornig, braunschwarz, nur mit einfachem kegelför- migen Stiele, fünfgliederigen Tastern , und zwar: beim Männchen erstes Glied sehr klein, ringförmig, so breit als das zweite, am Vor- derrande kaum halb so lang als breit, zweites Glied keilförmig, fast Ys so lang als der Oberschnabel , am Vorderrande 1/3 so breit als lang, drittes Glied 1/3 länger und kaum merklich breiter als das zweite, viertes wie das zAveite, fünftes wie das vierte aber vorne abgerundet. Beim Weibchen das erste Glied naptförmig. so breit aber nochmal so lang als beim Männchen, zweites keilförmig, vier- mal so lang, und nur wenig breiter als das erste, drittes und viertes gleichgross, keilförmig, 1/3 kürzer als das zweite, fünftes fast pfrie- menförmig, auch am Grunde verschmälert, gegen die Mitte so breit, und 1/4 länger als das zweite. Naturgeschichte der Insecteii. 26T Unterlippe (Unterselinabcl) dickhoniig. braun, vorne an den Seiten verdünnt, so lang als die Oberlippe, am Hinterrande bis 1/3 der Länge breit ausgeschnitten, und durch eine dünne mit sehr kleinen, hornigen Dornen dicht besetzte Haut mit dem kurzen, kegelförmigen Kinne verbunden; am Vorderrande derselben raget die gelbhäutige, zweillappige und feinbehaarte Zunge bedeutend hervor. Die grossen, ganz genäherten, halbkugeligen Augen haben sehr kleine sechseckige Zellen, in deren Winkeln ein langes schwarzes Haar stehet. Die Augen der Weibchen sind getrennt, klein, länglich und nackt. Die drei sehr kleinen Nebenaugen stehen auf einer Erhöhung im Dreieck dicht an einander, bei beiden Geschlechtern gleich, und ganz am Hinterrande des Kopfes. Die Vorderbeine der Männchen sind merklich länger als die der Weibchen, so lang als die Fliege; Schenkel länglich, 1/4 so lang als das ganze Bein; Schienen i/^ kürzer als die Schenkel, am Vor- derrande stark ausgeschnitten, am Aussenrande mit einem ziemlich langen Dorne bewaffnet, an beiden Beinen 1/3 so dick als lang, die fünf Fussglieder zusammen nochmal so lang als die Schenkel, keil- förmig; erstes und letztes gleichlang und breit, fast nochmal so lang als jedes der drei anderen gleich langen und auch gleich dicken Glieder; die Klauen kaum halb so lang als das letzte Glied, im Viertelzirkel gebogen , gegen den Grund mit einem stumpfen flachen Zahn. Die Ferse dreilappig mit gelbem Filz. Die Vorderbeine der Weibchen smd beinahe '/« kürzer als die Fliege; die Schenkel 7^ so lang als das ganze Bein, halb so dick als lang, die Schienen '/s kürzer als die Schenkel, gewöhnlich auch halb so dick als lang, am Aussenrande mit einem langen geraden Dorne bewaffnet; die Fussglieder wie bei den Männchen; die Klauen einfach ohne Zahn; die Fersenlappen gefilzt aber Y^ kürzer als die der Männchen. Erklärung der Tafel XXVI. Figur 1. Die Larve vom Rücken. „ 2. Der Kopf von unten. „ 3. Oberlippe der Larve. „ 4. Oberkiefer derselben. 268 Heeger. Unterkiefer i , ,, derselben. F igur 5. n 6. n 7. 8. n 9. n n 10. 11. e ) Unterlippe Atiiniungsött"nun>>'. Dessgleichen des Afterabschnittes. Häutige Dornen. Ein Stück der Larvenhaut. a) Puppe von vorne. 11. h) Puppe von der Seite. 12. a) Männiiches, b) weibliebes Vorderbein der Fliege. 13. a) Männlicher, h) weiblicher Fühler der Fliege. 14. Oberschnabel. 15. Oberkiefer, (Saugerlappen). 16. Untersciinabel (Saugerlappen). 17. Verbindungsknochen , welche unter der Rüsselhaut verborgen sind. 18. Männlicher Taster. 19. Weiblicher Unterkiefer und Taster. 20. Männliche Fussklauen und Fersenlappen. Naturgeschichte der Porphyrops fascipes Meig. ILiebensbeschreibung^. Es überwintern sowohl vollkommene Fliegen unter loser Baum- rinde und auch unter Laubwerk u. dgi. als auch Larven und Puppen unter der Rinde bereits gefällter Föhrenstänime, welche von Borken- käfern durchwühlt ist und deren Bast in Fäulniss übergeht. Erstere kommen schon Ende März und Anfangs April zum Vor- schein, letztere verwandeln sich gegen Mitte April in der Larvenhaut zur Puppe, aus welcher dann nach 10 bis 14 Tagen, gewöhnlich des Morgens, einige Stunden nach Sonnenaufgang, die Fliege sich ent- wickelt. Sie begatten sich gewöhnlich erst 10 bis 20 Tage nach ihrem Ausbrechen aus der Puppe, und dies nur bei Avarmer sonnen- heller Witterung in den Nachmittagsstunden , bleiben nur kurze Zeit in copula, und das befruchtete Weibchen legt dann erst nach meh- reren Tagen die Eier einzeln in faule Vegetabilien an den Rändern kleiner, unreiner Wassergräbern, oder hauptsächlich im Herbste bei warmer, nasser Witterung unter die aufgesprungene feuchte Rinde, oder in die kleinen Löcher oberwähnter Baumstänune, weiche von Borkenkäfern durch dieselbe gebohrt sind, wo sich aber die Naturgeschichte der Insecteii. 26«) Larven iiiclit mir von ExeronitMiten der Käferlarven, sondern vielmehr, wie oben erwälmt, vom fanlen Baste nähren. Ans den Eiern entwickeln sich die Larven nach kurzer aber sehr ungleicher Zeit, weil sowojil Wärme als Feuchtigkeit auf ihre Entwickelung in allen Verwandlungszuständen ungewöhnlich ein- wirken, so dass hei trockenem Friihlinge der grösste Theil der- selben 7A\ Grunde geht, den Soiumer hindurch aber alle Verwand- lungslbrmen einzeln bei feuchter, warmer Witterung, in Mehrzahl auf den Baumstämmen umherlaufend anzutreffen sind. Die Fliegen schwärmen nur bei Tage in der grössten Hitze um oder an genannten Baumstämmen, oder laufen auch an den Wasser- gräben oder auf dem Wasser umher nnd nähren sich von der Feuchtig- keit des üferschlammes an den Gräben. Ich erzog sie auf beide Arten ; zwischen faulem Laube und zwi- schen faulem Bast ; sie fordern mehr als andere Larven Aufmerksam- keit, weil man sie weder zu nass noch zu trocken halten darf, und ihnen die Nahrung täglich zweimal befeuchten niuss. Besolireibuug^. Die Eier sind walzig, weiss, der Länge nach eng gerift't, kaum Ve'" lang. Vi/' dick. Die Larven werden 2 bis 2% Linie lang, kaum % so dick, unten flach , fusslos , oben etw as gewölbt, rauh - lichtbraun, vorne und hinten verschmälert, mit deutlichem Kopf- und zwölf deutlichen Leibesabschnitten. Der Kopf abgestumpft dreieckig, vorn verschmälert, flach, ge- körnt, hornig, rothbraun, Ve" hreit und lang, mit zwei erweiterten ausgebogenen, vom Munde bis zum Scheitel reichenden gekörnten Riffen und einer im Halbkreise gebogenen Leiste an jeder Seite. Die Fühler stehen am Vorderrande des Kopfes, sind dünn- hornig, zweigliederig, nur y^ so lang als der Kopf; das erste Glied braun, fast kugelig, kaum halb so lang als das zweite; dieses gelb, fast glasartig, walzenförmig, halb so dick als lang. Die Oberlippe dünnhornig, gelbbraun . % so breit als der Kopf. halb so lang als breit, abgerundet, länglich- viereckig, am Vorder- rande mit kurzen Härchen bewimpert. Erster Leibring so lang als der Kopf, aber etwas breiler; er hat auf der Mitte ein dunkelbraunes, horniges, grosses, am Vorderrande 270 Heeger. schmal, aber tief eingebuchtetes Schildchen, an der Seite einen hor- nigen, ziemlich langen Dorn. Zweites Segment um Vs breiter und länger als das erste , niit zwei, aber nur halb so langen Dornen an jeder Seite, als bei dem ersten; auf der Mitte des Rückens aber mit sechs, gegen den Hin- terrand mit einander verbundenen, schmalen, hornigen LängsrifFen, welche die Form einer Leuchterkrone bilden. Dritter Abschnitt wenig breiter und so lang als der zweite, eben- falls mit zwei Seitendornen und acht Läugsriften. Die sechs folgenden Abschnitte sind gleich dem dritten, haben sieben Ritfe, wovon der mittlere bedeutend verdickt ist; der zehnte gleicht dem zweiten , hat aber nur fünf Rifle ; der eilfte ähnlich dem ersten, nur ist er bedeutend länger und hat statt dem Schiklchen drei Riffe; der zwölfte Abschnitt ist ganz hornig, etwas breiter und länger als der Kopf, läuft in zwei Seiten und zwei Hinterdornen aus und ist am Ende mit einer ebenfalls bornigen, mit Borsten besetzten After- röhre versehen. Die Puppe ist 1 %"' lang, Vg'" dick, fast walzig, vorne und hin- ten wenig verschmälert, etwas vorwärts gebogen, dunkelgrünlichgrau, hat vorne am Kopfe eine hornige, schneidige Yorragung, und etM as weiter unten einen kurzen, breiten Dorn; die Flügelscheiden reichen an der Bauchseite bis über die halbe Puppenlänge hinab , zwischen ihnen liegen die Scheiden der Beine senkrecht; an den Seiten, hinter der Wurzel der Flügelscheiden, steht je eine, borstenähnliche, dicke, sehr lange hohle Röhre ; der Halsschild nimmt y. der Rückenlänge ein und ist am Hinterrande stark abgerundet; die neun Hinterleibs- abschnitte sind fast alle gleich lang, die acht vorderen am Hinter- rande mit ungleich langen, steifen und spitzen Dornen bewaffnet. Hat die Fliege die Puppenhülle verlassen , so bleibt diese als weisse, dünne, fast glasartige Haut zurück. Die Fliege ist zwar bei M ei gen Bd. IV, S. ^4, Nr. 20 gut, aber nicht ganz genau beschrieben, da er nur das Männchen kannte; darum gebe ich die vergrösserte Abbildung und genauere Beschreibung des Weibchens. Die Fliege wird 1%— 2'" (Weibchen), 1— l'/a'" (Männchen) lang; sie ist metallischgrün; Untergesicht schmal, die Augen aber ganz genäbert (Männchen); weiter bis hinter diebedeutend getrenn- ten Augen grün (Weibchen), im Tode schwärzlich. Nebenaugen Natiirgosihiclito dci- Iiisocten. 27] ziemlich gross, sehr genähert am Hinterrande des Kopfes. Brustkasten mit schwarzen Borsten zerstreut besetzt; der fünfringige Hinterleib mit sehr kurzen grauen Härchen ziemlich dicht besetzt, die Hinter- ränder der Abschnitte mit kurzen, sclnvarzen Dornen l)eAvafTnet; die Beine dunkelbraun, die Schienen gelbbraun, an der gehohlkelilten Aussenseite mit starken Borsten auf den beiden Kanten besetzt; die hinteren blass, nur bei den Männchen etwas verdickt; die Fliigelhaut etwas getrübt, und oben und unten mit kurzen Härchen bestreut; am Vorderrande mit schwarzen Dornen bewafTnet, der Aussen- und Hinterrand abwechselnd mit längeren und kürzeren Härchen be- wimpert. Die Härchen am Leibe, auf den Flügeln und an den Flügel- rändern sind bei erzogenen deutlicher, aber doch immer nur mikro- skopisch zusehen, auch sind die Beine bei jenen, welche in freier Luft leben, wohl dunkler; sonst stimmt alles übrige mit Meigen's Beschreibung überein. Erklänuis diM- Tafel XXVIl. Fig. 1. Ein Ei, 24 Mal linear vergrössert. „ 2. Eine Larve, 8 Mal linear vergrössert. „ 3. Eine Puppe von vorne, ) . '^'^ j o u r ebenso. „ *. „ „ von der beite,) ^ S. Eine Fliege (Weibchen), 6 Mal vergrössert. Naturgeschichte und LebeDSbeschrelbung der Coccinella quinque- punctata Fab. Die Käfer beiderlei Geschlechtes überwintern in unbewohnten Gartengebäuden, auch unter Baumrinden, abgefiillenem, vom Winde in Winkeln zusammengetriebenem Laubwerke und anderen ähnlichen Orten, kommen im Frühlinge bei einer Wärme von 14 Graden aus denselben hervor, begatten sich aber erst bei Sonnenschein und noch höherer Wärme. Drei bis vier Tage nachher legt das Weibchen bei Windstille und Sonnnenschein 3 bis höchstens 10, im Ganzen aber 50 bis 60 Eier auf die Oberfläche solcher Pflanzen , welche mit braunen Blatt- läusen ^^;?ÄiV/ew^ häufig besetzt sind; als Wermuth (Ahsinthium), Disteln (Carduus), Centaurea u. dgl. Aus diesen brechen nach 6 bis 8 Tagen die anfangs ganz schwarzen Larven , welche sieh zuerst von der leer gewordenen 272 Heeger. Eierschale, später von den kleinen jungen Blattläusen, nach der ersten Häutung aber, die nach 8 bis 10 Tagen erfolgt, schon von den er- wachsenen nähren; nach weiteren 8 bis 10 Tagen erfolgt die zweite, und wieder nach ähnlicher Zeit die dritte Häutung; nach letzterer erhalten die Larven ochergelbe Flecke; nach 10 bis 12 Tagen heften sie sich an der Pflanze oder auch an andere trockene Gegenstände mit dem After, den Kopf nach abwärts gekehrt, an , und verwandeln sich nach 6 bis 8 Tagen, indem sie die Larvenhaut rückwärts schieben, zur anfangs gelben und endlich braun werdenden Nymphe. Aus dieser erscheint nach 8 bis 10 Tagen der Käfer, mit gelben, punktlosen Flügeldecken , auf welchen erst nach einigen Stunden die schwarzen Punkte erscheinen , und sich die gelbe zur rothen Farbe umändert. Erst anderen Tages geht dieser auf Nahrung aus , frist 80 bis 100, bei höherer Wärme aber auch bis 200 Blattläuse des Tages. Beschreibung^ der verschiedenen Ver^vandlung'szustände. Das Ei kaum 1 Linie lang, halb so dick als lang, fast walzig, an beiden Enden wenig verschmälert, beinahe häutig, glatt, glänzend, gummiguttgelb. Die Larve mit sechs Beinen und zwei After-Füssen , vor der dritten Häutung schwarz, ohne Glanz, hat durch alle drei Häutungen gleichen Bau bis zur vollkommenen Grösse, wird vier Linien lang, und erhält nach der dritten Häutung ochergelbe Flecke. Kopf und seine Theile dichthornig, schwarz , ohne Glanz, platt- gedrückt, kaum halb so breit als der Mittelleibsabschnitt, nicht ganz '/i so dick als breit, vorne fast rund; erster Leibes- oder Vorder- brustabschnitt schwarzgrau, Vorder- und Hinterrand gerade, ocher- gelb gesäumt, nur um die Hälfte breiter als der Kopf, halb so lang als breit, an den Seiten stark abgerundet, mit zwei hornigen, schwar- zen , abgerundet länglichen , in der Mitte sclimal getrennten Schild- chen, die gegen den Vorderrand etwas eingedrückt sind; der zweite oder Mittelbrustabschnitt etwas breiter und kürzer als der vorige, an den Seiten wie die übrigen neun abgerundet, schwarzgrau, in der Mitte eine Quei-reihe von sechs glänzend schwarzen, hornigen, ziem- lich grossen, fast gleich weit entfernten Wärzchen, welche mit fünf bis sechs kurzen, schwarzen Borsten besetzt sind; er hat in der Mitte einen runden , fast die Länge des Abschnittes bedeckenden ocher- Naturgeschicillo »Um- Inticcteii. 273 sjelben Fleck. Hiiiterbrust-Absclinitt m ieder etwas breiter, aber sehr wenig' länger als der vorhergehende, mit einem ochergelben Mittel- tleck , in der Grösse des vorigen , der sich aber am Hinterrande als eine breite kurze Linie erweitert, und an den Aussenseiten des Hin- terrandes eine eben so gelbe Makel hat; vierter Leibes-Abschnitt, wieder etwas breiter und nur wenig länger als der dritte, in der Mitte, wie die fünf folgenden , mit einer kleinen, runden, an beiden Seiten aber, M'ie der siebente Leibesabschnitt, mit zwei grossen, die Zwischenräume der Wärzchen ausfüllenden ochergelben, einwärts gebogenen Flecken. Fünfter und sechster Abschnitt etwas breiter und kaum merklich länger als der vierte, haben, ausser den schon besagten Merkmalen, nur zwischen dem inneren Wärzchen eine fast dreieckige, mehr und weniger grosse , ochergelbe Makel ; siebenter Leibesabschnitt der breiteste, aber auch nur wenig breiter und länger als der sechste, gezeichnet aber wie der vierte; achter und neunter an Grösse und Zeichnung beinahe ganz wie der fünfte und sechste ; der zehnte etwas schmäler und kürzer als der vorhergehende, hat zwischen den inneren Wärzchen zwei dreieckige ochergelbe Makeln, welche am Hinterrande durch einen eben solchen Strich mit einander verbunden sind; der eilfte wieder schmäler und kürzer als der vorige, aber ohne gelbe Zeichnung; der zwölfte oder Afterabschnitt ohne Wärzchen und Zeichnung, um Vi schmäler, aber wenig kürzer als der vorletzte; die beiden After-Füsse bedeutend vorstehend, Beschreibung' der Mundtheile der Larve. Oberlippe fast häutig, 1/3 so breit als der Kopf, halb so lang als breit, an den Seiten abgerundet, in der Mitte des Vorderrandes etwas umgebogen ; Hinterrand gerade , hat aber das besonders Be- nierkenswerthe, dass er an den Seiten mit einem, die Oberkiefer umschliessenden, schwarzhornigen, an der Wurzel fast die Hälfte der Lippenbreite einnehmenden Mundtheil unmittelbar verwachsen ist, Unterlippe fast häutig, länglich-schildförmig, halb so breit und fast so lang als die Oberlippe breit, vorne an den Seiten abge- rundet, hinten zugespitzt, in der Mitte der Seiten etwas zusammen- gedrückt; der Vordertheil ist mit einer schwarzhornigen Leiste ein- geschlossen , die ober der Mitte der Seitenränder einwärts gebogen endigt. In dieser Einsäumung stehen die beiden zweigliederigen, hornigen Taster , deren erstes Glied kaum % so breit als die Lippe, 274 Heeger- und halb so lang als breit ist; das zweite Glied ist so lang als das erste breit, an der Wurzel so breit als das erste lang, kegelförmig abgestumpft. Oberkiefer y^ kürzer als die Oberlippe breit, 1/4 schmäler als lang , stark gebogen , zweizähnig und sehr stark ausgeschnitten, gehohlkehlt ; der Rücken an der Wurzel nicht ganz 1/4 so breit als der Oberkiefer an der Wurzelfläche; der innere Rand schneidig und mit einem schmalen, bedeutend langen, geraden und vorne abgerun- deten Zahne versehen. Unterkiefer etwas länger als die Oberlippe breit, an der Wurzel so breit als der Oberkiefer; Angel krumm; Stiel verkehrt herzförmig, 1/4 länger als breit, das Tasterstück halb so lang als der Stiel, halb so breit als lang, oben und unten zugespitzt ; Taster drei-, gliederig; erstes Glied etwas breiter als das Tasterstück, nur halb so lang als breit; zweites Glied wie das erste; drittes Glied so breit und dreimal so lang als das zweite, am Ende verschmälert; Kaustück 1/4 schmäler, aber so lang als das dritte Tasterglied, walzig, vorne abgerundet, mit drei kurzen, geraden Zähnen und einer langen Borste besetzt. Fühler und Augen konnte ich keine entdecken. V 0 r d e r f ü s s e harthornig, dreigliederig, mit einzelnen Borsten besetzt. Erstes Paar: erstes oder Wurzelglied klein, abgestumpft dreieckig; ZMcites Glied so lang als die Oberlippe breit; % so breit als lang, flach, Avenig gebogen, die innere Seite gehohlkehlt; drittes Glied 1/4 länger und beinahe nur halb so breit als das zweite, an der Wurzel etwas verdickt, am Ende gehohlkehlt. Die Mittel- und Hinterfüsse sind gleichgestaltet; erstes Glied etwas breiter als das der Vorderfüsse, kaum halb so lang als breit; zweites so lang, an der Wurzel fast so breit als das dritte der Vorderfüsse, vorne nochmals so breit als an der Wurzel, bis gegen die Mitte gehohlkehlt; drittes Glied so lang, gleich breit, aber etwas breiter als das zweite an der Wurzel, die Innenseite in der ganzen Breite gehohlkehlt, vorne ab- gerundet. Die Klauen aller sechs Füsse sehr klein , flach , stark ge- bogen, zweizähnig, welche Zähne aber nicht neben, sondern hinter einander stehen. Beschreibung: dei* IVyinphe. Die Nymphe um y:^ kürzer, aber nochnial so breit als die Larve, eiförmig, fast hornig, schwarzbraun, mit wenigen, sehr feinen und Naturgeschichte der Iiisecten. 2T5 kurzon Härchen besetzt. Am Rücken zeigt sich der Vorderbrust- kasten am Vorderrande im Viertelzirkel gebogen, an iler Wurzel gerade abgeschnitten, die beiden Enden etwas vorstehend, abgerundet; Mittelbrustkasten vorne gerade, % schmäler als der Vorderbrust- kasten, am Hinterrande 1/3 schmäler als vorne, im Viertelzirkel ein- gebuchtet, kaum y'e so lang als am Vorderrande breit; Hinterbrust- kasten an der Wurzel gerade und fast so breit als voriger am Vorder- rande, fast nur y^ so lang als breit, der Vorderrand im Halbzirkel gebogen ; in der Mitte des Vorderbrustkastens befindet sich ein ocher- brauner, mehr und weniger grosser Fleck, welcher sich als ein schmaler, aber erhabener Streif der Länge nach durch die Mitte der beiden anderen ßrustkastentheile zieht; die acht folgenden Hinter- leibsabschnitte sind fast gleich lang; der neunte oder Afterabschnitt aber ist nur 1/4 so breit als der Vorderbrustkasten an der Wurzel, Vi so lang als breit, im Viertelzirkel abgerundet ; vom ersten Hinter- leibsabschnitte ziehen sich drei gleichweit entfernte, an den Seiten verwischte, ocherbraune Streifen, von welchen die beiden äusseren am Vorderrande des fünften, der mittlere aber am siebenten endigt. Die Flügeldecken ziehen sich gegen die Bauchseite und endigen an der Rückseite am Ende des vierten Hinterleibs-Abschnittes. Auf der Bauchseite ist der Vorderbrustkasten am eigentlichen, hier abwärts geneigten Vorderrande, in dor Mitte sehr tief eingebuchtet und an den Seiten lappeiiartig ausgebogen : in dieser Einbuchtung liegt der Kopf, welcher herzförmig, Va so breit als der Vorderbrustkasten, und so lang als breit ist; die Augen rund. % so breit als der Kopf; vor ihnen liegen die Fühler, welche an der inneren Seite derselben eingefügt, und, so wie die aufgeschwollenen Lippentaster, hinter den Vorderfüssen zum Theile verborgen sind. Die Vorder- und Mittel- füsse liegen an beiden Seiten zusainmengezogen , so dass die Tarsen in der Mitte abwärts hangen; die Hinterfüsse sind unter den Flügel- decken, welche hier bis über den Vorderrand des fünften Hinter- leibs-Abschnittes reichen, verborgen, und die Tarsen hängen in dem schmalen Zwischenräume der Flügeldecken in der Mitte; die übrigen fünf Hinterleibs-Abschnitte sind vorne wie am Rücken ge- zeichnet. Der Käfer ist in vielen Werken schon so deutlich und zur Ge- nüge beschrieben, dass ich ihn füglich übergehen zu können glaube. 2 7 (> H c e g c r. Da aber die Mund- und Kopftheile in manchen Stücken von denen der nächstäimiichen Art (Coccinella septem-punctuta Linn.) abweichen, so halte ich es für nöthig, hier diese Theile vergleichungs- weise zu beschreiben, als: Oberlippe 1/3 so breit als der Kopf, halb so lang als breit, die Aussenseite mit einzelnstehenden Borsten besetzt , die Seitenränder im Viertelzirkel ausgebogen, also bei gleicii grossen Käfern um y^t schmäler, aber so lang als bei CoccineWt, Septem - punctata. Unterlippe mit dem Kinne fast um ^/^ länger als die Oberlippe breit, kaum halb so breit als lang, vorne abgerundet, an den Seiten umgebuchtet, dadurch um die Hälfte schmäler als an beiden Enden; das Kinn vorne so breit als die Unterlippe am Vorderrande; an der Wurzel nur halb so breit, innen breit und tief, beinahe bis zur Mitte der Länge ausgeschnitten; die dreigliederigen Taster fast wie bei Coccinella scptem- punctata; erstes Glied '/r, so breit als die Unterlippe, beinahe so lang als breit, durch eine eben so lange Haut mit dem zweiten verbunden; zweites Glied keulenförmig, so breit als das erste, viermal so lang als breit, an der Wurzel um die Hälfte verschmälert; drittes Glied stumpf, kegelförmig, -/s so lang und an der Wurzel wenig schmäler als das zweite vorne, gegen Aussen mit einigen Borsten besetzt. Bei Coccinella septem-punctata ist die Unterlippe vorne um Vi breiter, gerade abgestutzt, an der Wurzel um die Hälfte schmäler als vorne, und um % kürzer als bei quinque- punctata; das Kinn nicht ausgeschnitten, die Taster sind aber gleich denen von Coc- cinella quinque punctata. Oberkiefer fast Vs schmäler als die Oberlippe, Vc länger als breit, an der Spitze und unten am Ende der Kautläche zweizähnig, der Rücken etwas ungleich im Halbzirkel gebogen , die Kautläche gerade, nach der ganzen Länge mit einem schmalen, häutigen, fast filzig be- haarten Läppchen, an der Innenseite eine tiefe Aushöhlung, deren Grund ebenfalls filzig ist. Bei Coccinella septem-punctata ist der Oberkiefer fast um 1/4 breiter, der Rücken gerade und die Kaufläche an der Wurzel eingeschnitten. Unterkiefer etwas länger und schmäler als die Unterlippe; die Angel am breitesten, ungleich abgestumpft, viereckig, an der Wurzel bedeutend schmäler als vorne, Vs kürzer als vorne breit; Stiel an der Naturgeschichte der liisiu-lon. ä77 Wurzel nur wenig- selimäler als die Angel vorne, fast nucluna! so lang als breit, gespitzt kegelförmig; Tasterstück kaum y^ so breit als der Angel an der Wurzel, viermal so lang als breit, unten ge- spitzt, oben gerade; äussere Taster viergliederig; erstes Glied fast gleichseitig dreieckig , so breit als das Tastenstück oben ; zweites Glied keulenförmig, an der Wurzel fast halb so breit als das erste, vorne viermal so breit als an der Wurzel, y^ kürzer als der Stiel; drittes Glied wieder fast gleichseitig dreieckig, etwas schmäler als die Keule des zweiten; viertes Glied flachgedrückt, trichterförmig, oben offen, ungleichseitig dreieckig, an der Wurzel so schmal als das dritte Glied, äussere Seite \\ länger als der Stiel, obere OSfnung wenig kürzer als die Aussenseite, innere Seite halb so lang als die äussere; innere Taster flach, zweigliederig, das erste Glied wenig länger als das zweite; das zweite am Vorderrande durchaus mit einwärts geneigten, ziemlich langen Härchen dicht besetzt; Kau- stück Vs länger als der Stiel , auch ungleichseitig dreieckig , innere Seite von der Mitte bis an die vordere Spitze behaart, wie die inneren Taster, und etwas eingebogen. Diese Unterkiefer unterscheiden sich von denen der Coccinella Septem -punctata dadurch, dass sie bedeutend kleiner sind und auch die Tasterglieder, besonders das zweite und dritte . kaum ein Drittel der Länge von jenen der genannten Art betragen. Fühler eilfgliederig ; erstes Glied so breit als die Keule des zweiten Gliedes der äusseren Kiefertaster, fast dreimal so lang als breit, mit kugeliger Wurzel: zueites Glied V?. schmäler, fast nur halb so lang als das erste, beinahe walzig; drittes bis achtes allmäh- lich kürzer und schmäler, fast naplförmig; neuntes so breit als das erste, kaum halb so lang als breit, ringförmig; zehntes y^ länger und breiter als das neunte ; und das eilfte wieder y^ länger und breiter als das zehnte; alle Glieder am Vorderrande mit kurzen einzelnen Borsten besetzt. Bei Coccinella septeni-punctata sind die Fühler selbst bei kleineren Individuen bedeutend stärker, das Wurzelglied wohl wenig länger, aber auffallend dicker, das zweite Glied kaum halb so lang als bei Coccinella quinqur -punctata. Die Klauen von C. quinque-punclata sind im Drittelzirkel ein- wärts gebogen und haben am Timenrande in der Mitte einen geraden Zahn. 278 Heeger. Erklärung der Tafel XXVIII. Fig. 1. Eine Larve vom Rücken, nach der dritten Häutung. „ 2. Eine Oberlippe derselben. „ 3. Unterlippe derselben. „ 4. a) Oberkiefer von aussen, h) von innen. „ 5. Unterkiefer von aussen. „ 6. Ein Vorderbein. „ 7. Ein Mittel- und Hinterbein. „ 8. Eine Fussklaue, noch mehr vergrössert. „ 9. a) Puppe von vorne, h) vom Rücken. „ 10. Oberlippe eines Käfers. „ 11. a) Oberkiefer eines Käfers von aussen, h) von innen. „ 12. Unterlippe eines Käfers. „ 13. Unterkiefer „ „ „ 14. Ein Fühler. „ 15. Fine Fussklaue. Naturgeschichte der Opostega tremulella F. R. Es überwintern sowolil Puppen dieser Motte in den Blättern der italienischen Pappeln , als auch das vollkommene Thier unter Baum- rinde oder an anderen geschützten Orten, und kommen im Frühlinge bei einer Temperatur von 9 bis 10 Graden Wärme zum Vorsehein, schwärmen und begatten sich bei schöner günstiger Witterung Abends vor Sonnenuntergang, und das befruchtete Weibchen legt nach einigen Tagen die Eierchen einzeln an die Unterseite der Haupt- rippe der Blätter dieser Bäume. Aus den Eiern brechen nach 8 bis 14 Tagen die Räupchen aus, und beissen sich, sobald sie an der Luft erstarkt sind, in das Blatt ein, nähren sich von den Blattsäften, indem sie sehr flache, dem Auge kaum bemerkbare, unregelmässig gewundene Gänge machen, wodurch nur die Oberhaut von der inneren Blattsubstanz getrennt wird; machen darin auch ihre drei Häutungen in Zwischenräumen von 7 bis 10 Tagen nach Beschaffenheit der Temperatur, gehen aber 7 bis 10 Tage nach der zweiten Häutung an den Blattrand, miniren dort einen grösseren Raum aus, wodurch sich gewöhnlich der Blatt- saum umschlägt, häuten sich da zum dritten Male, Avornach sowohl der Kopf als auch die drei letzten Hinterleibsabschnitte gänzlich ver- ändert erscheinen, bleiben, ohne Nahrung zu sich zu nehmen, noch Naturgeschichte der Insecten. 279 mehrere Tage und verpuppen sich nach 6 his 8 Tagen in diesem Räume. Nach weiteren 10 bis 14 Tagen bricht der Schmetterling des Morgens bakl nach Sonnenaufgang aus der Puppe, welche sich vor- her bis zur Hälfte durch die lose Oberhaut durchgearbeitet hat. Unter günstigen Umständen gibt es in einem Jahre zAvei Generationen. Beschreibung-. Die Eierchen kaum Via'" lang und halb so dick, sind fast walzig, niir nach vorn sehr wenig verschmälert, weiss, dünnhäutig und glatt, ohne sonstige Auszeichnung. Die Räupchen, vollkommen ausgewachsen, sind kaum 1 1/3'" lang, ^l>J" breit; bis zur dritten Häutung grünlich gelb, flach, mit vorragendem , sehr flachem , fast dreieckigem Kopfe ; nach hinten sind die sehr stark eingeschnürten zwölf Leibesabschnitte sehr ver- schmälert und ungleich lang, die Haut durchgehends zart, bepustelt ohne Haarwärzchen; an den Seiten des zehnten und eilften Abschnittes ragen je ein stumpfer fleischiger ungefärbter Dorn und am letzten die beiden Nachschieberfüsse auf ähnliche Art geformt , gegen hinten vor. Die Oberlippe zeichnet sich durch ungewöhnliche Grösse und Form besonders aus, denn sie ist so breit als der Kopf vorn und 1/3 so lang als breit, ragt an beiden Seiten beträchtlich weit über den Mund hinaus und ist am ganzen Vorderrande mit kurzen Härchen, ziemlich dicht bcAvimpert. Die Unterkiefer sind rund , fast kuglich mit breitem Grunde, nach aussen hornig, nach innen schwammig, die Unterlippe wird nur durch eine Verbindungshaut der Unterkiefer gebildet. Nach der dritten Häutung ändern die Räupchen Farbe und Form; sie werden sehr blass bläulichgrün; der Kopf gelbbraun, hornig, abgerundet wie ein gewöhnlicher Raupenkopf, halb so breit, aber eben so lang als der erste Leibesabschnitt; der Vorderrand Avellenförmig, in der Mitte ober der Oberlippe eingebuchtet, durch den gleichbreiten, gewölbt erhobenen Scheitel in drei fast gleich- breite Theile geschieden; die wenig erhabenen fast eiförmigen Augen , liegen gegen den Vorderrand in den Seitenvertiefungen des Scheitels. Die ganze Haut ist oben und unten zart bepustelt, unbehaart, die drei ersten Leibesabschnitte stark, die übrigen schwach einge- Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl. IX. Bd. II. Hft. 1 9 280 Heegec. schnürt; der Vorderbrustabschnitt mit einem dünnen, ungefärbten, aber glänzenden runden Schildchen, ist so lang und fast nochmal so breit als der Kopf; — der Mittelbrustabschnitt fast nochmal so lang und um y^ breiter als der erste, mit zwei sehr erweiterten, sehr kleinen , flachen Haarwärzehen ; — der Hinterbrustabschnitt um Vi länger und breiter als der erste , auch mit zwei Haarwärzchen. Die acht folgenden Abschnitte werden allmählich schmäler, wechseln aber in der Länge, haben wie die vorhergehenden, zwei Haarwärzchen ; der letzte so breit als der Kopf und so lang als breit, ist in der Mitte des Hinterrandes etwas eingeschnitten. Die Puppen sind schwarz, glänzend, sehr beweglich, fast kegelförmig, nach hinten sehr verschmälert; am Vorderrande des Kopfes mit einem rückwärts gebogenen dünnen Dorne , an dessen Seiten je ein kurzer, gerader, abgerundeter Kegel steht; Von den neun Hinterleibsab- schnitlen sind die sieben vorderen fast gleichlang, der achte und neunte aber sehr kurz 5 letzterer abgerundet mit zwei erweiterten, kurzen, flachen, etwas vor- und seitwärts gebogenen Dornen bewaff"net. Die Augen verhältnissmässig gross , eiförmig , wenig erhoben ; die Flügelscheiden schmal, sehr lang und am Ende spitz, reichen bis an den Hinterrand des sechsten Leibesabsehnittes, zwischen ihnen liegen die Fühler und Beine senkrecht, welche nicht länger als die Flügelscheiden sind. Am Rücken sind die vordersten sieben Hinterleibsabschnitte, mit sechs bis acht ungleichgrossen , spitzen, abwärtsgekrümmten Dornen bewafl'net; an den Seiten des dritten bis siebenten Abschnittes sind erhabene, mit einer langen krausen Borste besetzte Haarwärz- chen, am zweiten bis siebenten stehen mehr nach vorn, die länglichen wenig erhobenen Stigmata. Bei dem ausgebildeten Thiere ist der Grund der Vorderflügel durchaus periweiss, glänzend; vom Vorderrande der äusseren Hälfte gegen das Mittelfeld ziehen sich vier schwarze gekrümmte Striche, von welchen der zweite bis an den Innenrand reicht; sowohl die beiden äusseren als die inneren sind durch gelbe, glänzende unregel- mässige Flecken verbunden; an der Unterseite des Aussenfleckes ist ebenfalls ein feiner, langer, schwarzer Strich; an der Flügelspitze (der Fransenwurzel) vor dem äusseren Fleck steht ein schwarzer Punkt, aus welchem zwei schwarze Striche durch die Fransen bis an den Rand ziehen. Die Aussenrandfransen sind durch eine graue Naturgeschichte der Insecten. 281 Querlinie getlieilt. Die Hluterflügel silbergrau, die Fransen periweiss, viermal so lang als der Flügel breit. Die Unterseite aller Flügel blassgrau, die Fransen, Beine und Palpen periweiss; die Fühler weissgrau geringelt; die Schienen der Hinterbeine jede mit zwei Paar Dornen bewaffnet. Die entschuppten Vorderflügel sind länglich eiförmig, am Aussen- rande mit langer Spitze endend; Vs so breit als lang, haben keine Quer- aber drei starke Längsadern; die Vorderrandader hat eine braunhornige breite Wurzel ; die innere Randfeldader ist weiss und geht durch die Flügelmitte; die innere Nathfeldader entspringt mit braunhorniger Wurzel neben der inneren Randfeldader und geht schräg bis an die Mitte des Nathrandes , an welchem keine Randader sichtbar ist; das Randfeld und Nathfeld werden jedes durch eine einfache, wenig gebogene Längsader in ihrer Mitte durchschnitten. Die entschuppten Hinterflügel sind pfriemenförmig, so lang als die vorderen und an ihrer breitesten Stelle etwas mehr als halb so breit; von einer starken Ader ganz eingesäumt und von drei Längs- adern durchschnitten; die Vorderrandader hat eine breite, abgerundete braunhornige Wurzel; die innere Randfeldader ist gerade und schliesst sich noch vor der Mitte an die äussere an ; die innere Nath- feldader entspringt in der Mitte der Flügelwurzel, ist bedeutend breiter als die beiden andern, und vereinigt sich in der Mitte der Flügellänge mit der äusseren Nathfeldader; das grosse Mittelfeld wird durch eine fast gerade Ader in seiner Mitte der Länge nach durchschnitten. Erklärung der Tafel XXIX. Eine Raupe nach der dritten Häutung. Eine Puppe vom Rücken , b von der Seite. Ein Afterglied (Cremaster) noch mehr vergrössert. Ein Raupenkopf vor der dritten Häutung. Eine Oherlippe. 6a. Ein Oberkiefer von aussen, b von innen. 7a. Ein Unterkiefer von aussen, b von innen. 8. Ein Cremaster der Raupe vor der dritten Häutung, 9. Ein Kopf der Raupe nach der dritten Häutung. 10. Ein entschuppter Vorderflügel. 11. Ein entschuppter Hinterflügel. 12. Ein Blatt der italienischen Papel mit den Raupengängen und umgeschlagenen Rande, in Avelchem die Verpuppung vor sich geht. 19 * Fig, ,1. w 2 a. w 3. « 4. T) 5. 282 Heeger. Naturgeschichte der LithocoUetis emberizäpennella, Orriixemberizäpennella. B 0 u c h e Naturgeschichte d. I. S. 132. Lebensgpeschichte. Die mit den Blättern der Nahrimgspflanze abgefallenen Puppen der zweiten Generation überwintern darin, die Schmetterlinge der zweiten Generation , welche schon Ende August oder Anfangs Sep- tember sich entwickelten , überwintern unter losgewordener Baum- rinde oder abgefallenem Laub u. d. gl. , kommen gegen Ende April bei warmer Witterung zum Vorschein, schwärmen des Abends vor Sonnenuntergang um die Futtersträuche (Lonicera) und begatten sich um diese Tageszeit erst, wenn sie sich mehrere Tage lang im Freien herumgetrieben. Einige Tage nach der Begattung legt das befruchtete Weibchen des Morgens nach Sonnenaufgang einzeln die Eier an die Unterseite der Lonicera tatarica, wo die Pflanze in Gärten, vom Winde ge- schützt, die Mittagssonne geniesset, die Blätter, welche sie besetzt, aber doch beschattet werden. Ein Weibchen legt in mehreren Tagen zwanzig bis dreissig Eierchen, und lässt sich auch mehrmals befruchten. Nach 10 — 14 Tagen brechen die Räupchen bei Tage aus dem Ei und beissen sich kurze Zeit nachher zwischen die beiden Blatt- häute ein, nähren sich, ohne Gänge zu machen, mit dem Rücken nach unten gekehrt, von den Säften zunächst der Unterhaut, so dass man vor der zweiten Häutung am Blatte, in welchem eine Raupe lebt, nichts bemerkt; nach der ersten Häutung, welche nach acht bis zwölf Tagen geschieht, gehen sie in ein anderes Blatt, gewöhnlich Nachts; dort unternagen sie ebenfalls nur die untere Blatthaut auf vorbemerkte Weise ; nach der zweiten Häutung , welche , wie die dritte , auch in neun bis zwölf Tagen erfolgt, bespinnen sie täglich die nackt und losgewordene Haut des Blattes, wodurch immer mehr und mehr die Verkrüppelung des Blattes entsteht. Einige Tage nach der dritten Häutung beginnt die Raupe das Cocon, welches sie elliptisch formt; die Cocons der männlichen Raupen werden grösstentheils schmutziggrün und bedeutend schmäler als die der weiblichen , welche fast immer bräunlichgelb werden. Zwölf bis achtzehn Tage nach der Verpuppung entwickelt sich der Schmetterling des Morgens, nachdem sich die Puppe durch das Naturgeschichte der Insecten. 283 Cocon und dann zur Hälfte durch die Blatthaut gebohrt hat, und mit dem Häkehen des Rückens an dem Gespinnst der Blatthaut hängen geblieben ist. Mit Anfang Juli beginnt die zweite Generation, welche ge- wöhnlich viel fruchtbarer und für die Nahrungspflanze nachthei- liger ist. Beschreibung^. Das Ei kaum Ve" lang und nur halb so dick , ist walzenförmig, nur gegen vorn wenig verschmälert, an beiden Enden abgerundet, fast häutig, glatt, Anfangs weiss, dann grünlich. Die Räupchen blass , grünlichgelb , vollkommen ausgewachsen, vor dem Einspinnen blassgelb, mehr flach als walzig, mit gelbbraun hornigem , gerundeten Kopfe und zwölf tief eingeschnürten Leibes- absclmitten, werden 2V2 — 3'" lang, 1/4 so breit als lang; sie haben sechs Vorder-, acht Bauch- und zwei Hinterfüsse. Der etwas lä'nglich-runde Kopf ist dünnhornig, gelblich-braun, fast verkehrt herzförmig, am Hinterhaupt in der Mitte bedeutend ein- geschnitten, unten über die Hälfte ausgehöhlt, halb so breit als der Vorderbrustabschnitt, so lang als breit. Oberlippe dünnhornig, halb so breit als der Kopf, halb so lang als breit , am Vorderrande stark abgerundet und in der Mitte des- selben etwas eingebuchtet und fein bewimpert, am Hinterrande gerade abgeschnitten. Oberkiefer dickhornig, rothbraun, etwas mehr als doppelt so lang als die Oberlippe, vorne gegen innen abgerundet, mit vier gleich- grossen, kurzen und flachen Zähnen, gegen aussen gewölbt, innen ausgehöhlt, am Grunde verschmälert. Die Unterlippe sehr klein, kaum Vg so breit als die Oberlippe, so lang als breit, fast viereckig, etwas abgerundet. Das Kinn am Vorderrande um die Hälfte breiter, am Grunde nur so breit, aber dreimal so lang als die Unterlippe. Der Unterkiefer fast pfriemenförmig , nochmal so lang als der Oberkiefer, halb so breit als lang, ohne bemerkbare Angel; der Stiel am Grunde gespitzt, vorne halb so breit als lang, aussen gewölbt, innen gerade, ohne Tasterstück, es müsste nur ein, aussen neben den Taster stehender, gerader walziger Dorn die Stelle des Tasterstückes, vertreten, die äusseren Taster zweigliederig; erstes Glied napfförmig. 284 Heeger. halb so breit und lang als die Unterlippe; zweites Glied walzig , so lang als das erste, nur halb so dick als lang; innere Taster ein- gliederig, stumpf, kegelförmig, so breit als das erste Glied der äus- seren Taster, dreimal so lang als breit; das Kaustück sitzt auf einer Verlängerung des Stieles, ist stumpf, kegelförmig, merklich breiter und kürzer als der innere Taster. Die Fühler in einer kleinen Einbuchtung neben dem Oberkiefer, gelbbraun, dünnhornig, zweigliederig; erstes Glied fast kugelig, so lang und breit als die Unterlippe ; zweites Glied walzig , so lang als das erste, halb so dick als lang. Die drei Augen stehen im Dreieck am Untergesicht neben den Unterkiefern, sind klein, rund, braun, ziemlich erhoben. Der Vorderbriistabschnitt nochmahl so breit als der Kopf, halb so lang als breit, ist mit einem blassgelben, hornigen, breitherzför- migen Schildchen, welches zwei entfernte Grübchen hat, fast bedeckt. Der Mittelbrustahsclmitt ist um 1/4 breiter und länger als der erste, hat zwei sehr erweitert stehende, ziemlich erhobene Haar- wärzchen am Rücken und eines an jeder Seite, alle mit einer langen Borste besetzt. Die folgenden neun Abschnitte sind allmählich schmäler und kürzer, aber wie der zweite gebildet; der letzte (Afterabschnitt) ist kaum halb so lang und breit als der Kopf, hinten abgerundet. Die sechs Vorderfüsse dreigliederig , wie die Raupe gefärbt, mit einfacher, wenig gekrümmter Klaue. Die acht Bauchfüsse sind mit gelbbraunen Hafthäkchen um- säumt; die beiden Hinterfüsse sind lang und ragen bedeutend über den letzten Abschnitt vor. Der Schmetterling hat glänzend weisslichen Grund , Kopf- und Afterbüschel gelblich ; Fühler und Beine dunkler und blässer schwarz- braun geringelt, Hinterleib bräunlichgrau glänzend; die Vorderflügel haben bis zur Gabel der beiden inneren Längsadern drei gleichweit entfernte Querbinden, welche bis in die Fransen des Nathfeldrandes gehen, innen goldbraun und aussen schwarz sind; zwischen den bei- den Gabeln am Ende der inneren Längsadern sind wieder goldbraune und schwarze Flecken, welche durch gemengt gefärbte, zwischen den Längsadern befindliche Schuppen verbunden , eine Binde zu bilden scheinen; endlich ist noch an der Spitze eine fast dreieckige, aus ge- mischten Schuppen bestehende Makel. Naturgeschichte der Insecten, 285 Die Fransen ziehen sich von der Spitze des Vorderrandes bis über die dritte Querbinde am Hinterrande, sind oben weiss, unten bräunlich glänzend, am Aussen- und am Hinterrande so lang als der Flügel breit. Die Hinterflügel sind oben und unten glänzend bräunlichgrau; die die Flügel ganz umgebenden blasslichtbräunlichen Fransen, sind doppelt so lang als der Flügel am breiten Orte breit. Der entschuppte Vordertlügel ist breit-pfriemenförmig, bis zur dritten Querbinde fast gleich breit, drei und ein halbmal so lang als breit, ohne deutlichen Rand-, aber mit vier starken Innenlängsadern, wovon die beiden inneren am Ende gegabelt und die auswärts ge- krümmten Gabeln das Ende des Rand- und des Nathfeldes begrenzen ; von der äussersten Flügelspitze ziehet sich einwärts eine kurze, feine Ader, gerade bis ans Ende der beiden Gabeln. Der entschuppte Hinterflügel ist ebenfalls pfriemenförmig , aber am Vorderrande stark ausgeschweift, mit verlängerter Spitze, ohne Rand-, aber mit vier Längsadern. Die äussere Randfeldader ist braun, hornig, an der Wurzel ver- dickt, gebogen, reicht bis an die Versciimälerung am Vorderrande; die innere Randfeklader ist braun, hornig am Grunde, fast gerade, entspringt an der Mitte der Flügelwurzel und zieht sich bis in die äusserste Flügelspitze ; die innere Nathfeldader entspringt unweit der der inneren Randfeldader, hat auch braune, hornige Wurzel, und zieht sich schräge , etwas über der Hälfte der Flügellänge an den Hinterrand; zwischen den beiden inneren geraden Adern, welche das Rand- und das Nathfeld begrenzen, entspringt auch an der Flügel- wurzel eine feine Ader, welche durch das Mittelfeld wellenförmig bis gegen die Spitze zieht, und am Hinterrande endet. Erklärung der Tafel XXX. Fig. 1. Eine Raupe nach der dritten Häutung. „ 2 a. Eine Puppe von vorne, b. vom Rücken. „ 3. Ein Rückendorn von der Seite, 80mal linear vergrössert. „ 4 «. Ein Raupenkopf von oben, b. von unten. „ 5. Oberlippe. „ 6. Ein Oberkiefer von aussen. „ 7. Ein Unterkiefer von aussen. „ 8. Unterlippe und Kinn. 286 Rochleder. Figur 9. Entschuppter Oberflügel. „ 10. Entschuppter Unterflügel. „ 11. Ein Blatt von Lonicera tatarica. „ 12. Ein Cocon. Über die natürliche Familie der Ericineae, Von dem w. M., Prof. F. Rochleder. Ich habe vor einiger Zeit der k. Akademie die Resultate der Untersuchungen mehrerer Pflanzen aus der Familie der Rubiaceae vorgelegt. Diese Untersuchungen wurden über mehrere Familien ausgedehnt und in den folgenden Zeilen die Ergebnisse der Unter- suchung mehrerer einheimischen Pflanzen aus der Familie der Eri- cineae niedergelegt. Die Herren Schwarz, Kawalier und Dr. Willigk haben die betreff'enden Arbeiten in meinem Laboratorium mit Fleiss und Genauigkeit durchgeführt. Ich lasse die Einzelunter- suchungen hier folgen, und werde am Schlüsse eine Übersicht der Resultate folgen lassen. Über die Calluna vulgaris (Erica vulgaris). Von Fr. Rochleder. Die ganzen Pflanzen, mit Ausnahme der Wurzel, wurden zer- schnitten und mit Weingeist ausgekocht. Die dunkelgrüne Flüssig- keit Avurde in einen Destillirapparat gebracht, und der Weingeist im Wasserbade abgezogen. Der Rückstand wurde mit Wasser gemischt und auf ein Filter gebracht. Auf dem Filter bleibt eine grüne Masse aus Wachs, Fett und Chlorophyll bestehend, zurück; die filtrirte Flüssigkeit ist gelb gefärbt, und enthält hauptsächlich eine eigen- thümliche, Eisenoxydsalze grünfärbende Gerbsäure, die ich mit dem Namen Callutannsäure bezeichnen will. Callutannsänre. Die erwähnte wässerige, gelbe Flüssigkeit gibt, mit Bleizucker- lösung versetzt, einen schmutziggelben Niederschlag , der abfiltrirt und mit Wasser ausgewaschen wird. Man bringt denselben mit dem Filter in ein Becherglas und übergiesst ihn mit sehr verdünnter Essigsäure. Es löst sieh ein Theil des Niederschlages mit gelber Farbe auf, während ein anderer Theil mit grünbrauner, gelblicher über die iiatiirliche l'ainilie der Ericineae. 287 Farbe ungelöst bleibt. Die Lösung wird abfiltrirt und siedend mit basisch -essigsaurem Blcioxyd in geringem Überschüsse versetzt. Es bildet sieh ein voluminöser Niederschlag von der Farbe des ehromsauren Bleioxydes, der an der Luft, weder bei gewöhnlicher Temperatur noch bei 100" C. sein Aussehen verändert. Ich setze die Analyse zweier, zu verschiedenen Malen dar- gestellten Bleis«lze hierher. Sie wurden, bei lOO» C. getrocknet, zur Analyse verwendet. I. Bleisalz der Callutannsäure. 0,3265 Substanz gaben 0,227S Kohlensäure und 0,0495 Wasser. 0,2080 Substanz gaben 0,1330 Bleioxyd oder 63,94 pCt. Bleioxyd. Dies entspricht, auf 100 Theile berechnet, folgender Zusam- mensetzung: Berechnet. Gefunden. 28 Äquivalent Kohlenstoflf = 168,00 — ^"TSjT — Tä^ol^ 13,00 — 1,48 — 1,68 136,00 — 15,54 — 15,37 558,69 — 63,80 — 63,94 13 n Wasserstoff 17 r Sauerstoff 5 n Bleioxyd 875,69 —100,00 —100,00 QsffuO,^ , 5P60 = (iC^,H,Os, 2P&0) + PbO, HO. II. Bleisalz der Callutannsäure. 0,4085 Substanz gaben 0,2730 Kohlensäure und 0,0570 Wasser. 0,5570 „ „ 0,3630 Bleioxyd. 0,4010 „ „ 0,2610 Bleioxyd. Auf 1 00 Theile berechnet, ergibt sich hieraus folgende Zusam- mensetzung : Berechnet. Gefunden. 42 Äquiv. Kohlenstoff = 252,000 -Ts^SI"— 18^2?" 20 „ Wasserstoff = 20,000 — 1,45 — 1,55 26 „ Sauerstoff = 208,000 — 15,15 — 15,06 ' 8 „ Bleioxyd ^ 893,904 — 65,06 — 65,17 — 65,08 1373,904 —100,00 —100,00 — Qa //ao O26 , 8 PöO = 3 (Ci4 H,Os ,2PbO) -+- 2 (Pb 0 , HO). Die Zusammensetzung der wasserfreien Callutannsäure wird demnach durch die Formel C^ //g Og ausgedrückt. Wird ein auf solche Art dargestelltes Bleisalz in Wasser ver- theilt und durch Schwefelwasserstoffgas zersetzt, die Flüssigkeit mit 288 R o c h 1 e d e r. dem Schwefelblei zum Sieden erhitzt und kochend filtrirt, so erhält man eine goldgelbe Lösung der reinen Callutannsäure. Wird diese wässerige Lösung in eine Retorte gebracht und im Chlorcalciumbade, in einem Strome von Kohlensäure das Wasser verflüchtigt, so bleibt das Hydrat der Callutannsäure zurück, das nach dem Zerreiben zu Pulver, eine bernsteingelbe, geruchlose Masse darstellt. Um die Feuchtigkeit, welche die Säure während dem Zerreiben angezogen hatte, zu entfernen, wurde sie über Schwefelsäure im Vacuo ge- trocknet. 0,4080 Substanz gaben 0,7735 Kohlensäure und 0,1685 Wasser, oder in 100 Theilen : Berechnet. Gefunden, 14 Äquival. Kohlenstoff = 84 — ^51^53" — ^~5Mr 7 „ Wasserstoff = 7 — 4,30 — 4,58 9 „ Sauerstoff = 72 — 44,17 — 43,73 163 — 100,00 — 100,00. C,^H,0, = Ci,H,Os + HO. Eine warme, wässerige Lösung der Callutannsäure , mit einer Zinnchloridlösung versetzt, gibt einen schön-eigelben Niederschlag, der sich in einem Überschüsse des Fällungsmittels auflöst. Die Zusammensetzung dieses, bei lOO*» C. getrockneten Niederschlages, war folgende: 0,431 Substanz gaben 0,3035 Kohlensäure und 0,092 Wasser, 0,3065 „ „ 0,1840 Zinnoxyd. Auf 100 Theile berechnet, entspricht dies folgender Zusam- mensetzung : Berechnet. Gefunden. 28 Äquivalent Kohlenstoff = 168 - - ^TdM^ — ^T9^ 16 Wasserstoff = 16 - - 1,84 — 2,37 20 Sauerstoff = 160 - - 18,42 — 18,40 T Zinnoxyd = 525 - - 60,41 — 60,03 869 — 100,00 — 100,00. ^28 //i6 0,0 , 7 SnO, = [2 (C,4 H, Og) 3 SnO,] + 4 [SnO, , HO^ Das Salz enthält einen kleinen Überschuss an Säure, wahr- scheinlich in Folge einer beginnenden Zerselzung, während des Aus- waschens. Mit Alkalien und alkalischen Erden, so wie mit Silberoxyd, konnte keine Verbindung der Callutannsäure erzeugt werden, indem über die natürliche Familie der Ericinene. 280 die erstereu Salze sich rasch oxydiren , das Silberoxyd aber redu- cirt wird. Die Calhitannsäure erleidet in wässeriger Lösung durch Mine- ralsäureii, besonders unter Mitwirkung der Wärme, eine Verände- rung; sie verliert Wasser oder die Elemente des Wassers, und ver- wandelt sich in einen amorphen, gelben oder rothgelben Farbstoff, der in heissem Wasser löslich, aber beinahe unlöslich in kaltem Wasser ist. Ich nenne diesen Körper Calluxanthin. Seine Darstellung gelingt am besten, wenn zu einer concentrirten wässerigen Lösung der Säure, tropfenweise concentrirte Schwefelsäure gesetzt wird. Die Flüssigkeit nimmt eine rothgelhe Farbe an^ indem sie sich er- hitzt und leicht getrübt wird. Beim Erkalten scheiden sich gelbe Flocken aus, von denen man die Flüssigkeit, die man mit etwas Was- ser vermischt hat, abfiltrirt. Das Calluxanthin wird mit kaltem Was- ser ausgewaschen. Es löst sich in Alkohol auf, die Lösung in alka- lischen Flüssigkeiten zieht rasch Sauerstoff an und durch Zusatz von Säuren fällt aus der dunkelgefärbten Flüssigkeit ein Oxydationspro- duct in rothbraunen Flocken nieder. 0,338 Calluxanthin bei lOO» C. getrocknet, gaben 0,7210 Kohlen- säure und 0,1150 Wasser*). Dies gibt, auf 100 Theile berechnet, folgende Zusammen- setzung : 14 Äquivalent Kohlenstoff 5 „ Wasserstoff 7 „ Sauerstoff Berechnet. Gefunden. 84 — 57,93 — 58,07 5 — 3,45 — 3,77 56 — 38,62 — 38,16 145 100,00 — 100,00. C\4 H, 0, = Qi, H, O9 — 2 HO. Wir haben hier ein Austreten von 2 Äquival. Wasser aus dem Hydrat der Säure. Die Calhitannsäure ist im unveränderten Zustande ein Farb- stoff, durch dessen Anwendung sich schöne gelbe Farben erzeugen lassen. Eine wässerige Lösung der Säure mit Zinnchlorid und eini- gen Tropfen Salzsäure versetzt, und zum Sieden erhitzt, färbt hin- *) Diese Analyse, so wie die vorhergehenden sind mit Gewissenhaftigkeit von Hrn. Schwarz, meinem Assistenten, ausgeführt worden. 290 Rochleder. eingebrachte, mit Alaun gebeizte Schafwollenzeuge, je nach der Concentration, der längeren oder kürzeren Zeit, welche die Zeuge mit der Flüssigkeit in Berührung sind, vom blass-schwefelgelb bis dunkel-chromgelb und orange. Durch Kochen der ausgefärbten Zeuge mit Seifenwasser, wird die Farbe lebhafter. Wird das Auskochen der Zweige und Blätter der Calluna vul- garis statt mit Weingeist mit Wasser vorgenommen, so erhält man ein braungefärbtes Decoct von dicker, schleimiger Beschaffenheit, während Spuren eines ätherischen Öles sich verflüchtigen. Die schleimige dickflüssige ßeschaff'enheit des Decocts rührt von einem Körper her, der, nach allen seinen Eigenschaften, zu der Pectin- gruppe gezählt werden muss. Ausserdem kommt noch eine Säure, die ich nicht vollkommen rein erhalten konnte, in der Calluna vulgaris vor, von welcher ich mit aller Wahrscheinlichkeit vermuthe, dass sie Citronsäure sei. Fer- ner enthält das Decoct einen Körper in sehr kleiner Menge, den ich mit dem Namen Ericolin bezeichne, von dem weiter unten beim Le- dum palustre ausführlicher die Rede sein wird. Untersuchung; der Blätter von Aretostaphylos uva ursi. Von A. Kawaiier. Die Blätter der Bärentraube enthalten, nach früheren Unter- suchungen, Gerbstoff" und eine bitter schmeckende krystallisirte Sub- stanz, die den Namen Arbutin erhielt. Werden die Blätter mit kochendem Wasser behandelt, so er- hält man ein braungelbes Decoct, das mit Bleizuckerlösung vermischt, einen, ins Grünliche ziehenden blassgelben Niederschlag gibt. Die vom Bleisalze abfiltrirte Flüssigkeit ist blass-weingelb gefärbt. Sie enthält etwas Zucker, Arbutin, Ericolin und eine harzartige Substanz. GallusScäure. Der Niederschlag, den Bleizuckerlösung in dem Decocte der Bärentraubenblätter hervorbringt, wird mit Wasser gewaschen, mit Wasser zu einem Brei angerührt und durch Schwefelwasserstoflgas zersetzt. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit wird in einem Strome von Kohlensäuregas bis zur schwachen Syrupsconsistenz ab- gedampft. Nach vierundzwanzig Stunden setzen sich bräunlich ge- färbte Krystalle ab, die zwischen Löschpapier gepresst, in siedendem über die natürliche Familie der Ericineae. 291 Wasser gelöst, mit Thierkohle behandelt werden. Die von der Kohle heiss abfiltrirte Flüssigkeit gibt farblose Krystalle, die durch noch- maliges Umkrystallisiren vollkommen rein erhalten werden. Ihre wässerige Lösung zeigt gegen Eisenoxydsalze und andere Reagentien, das Verhalten einer Gallussäure-Lösung : 0,2ÖOo Substanz gaben 0,408 CO^ oder 44,42 pCt. Kohlen- stofT. Die krystallisirte Gallussäure 6^4 //g Oio + 2 HO verlangt 44,68 pCt. Kohlenstoff. Eine heisse Lösung der Säure , mit heisser Bleizuckerlösung gefällt, gab ein Bleisalz von weisser, ins Grünlichgraue ziehender Farbe. 0,832 Salz gaben 0,4199 CO^ oder 13,76 pCt. Kohlenstoff. Das Salz gab 72,56 pCt. Bleioxyd. Die Formel C^r^H.O^^ + A PbO verlangt 13,63 pCt. Kohle und 72,41 Bleioxyd. Da sowohl das Auskochen der Blätter in einem geschlossenen Destillirapparate, als auch das Auswaschen des Bleisalzes durch De- cantiren in einer geschlossenen Flasche vorgenommen und die, durch Zersetzen des Bleisalzes mit Schwefelwasserstoff erhaltene Flüssig- keit im Kohlensäurestrome eingedampft und unter der Glocke im Vacuo erkalten gelassen wurde, so kann die Gallussäure nicht aus einer anderen Substanz, z. B. Galläpfelgerbsäure, entstanden, sondern sie muss in den Blättern fertig gebildet enthalten gewesen sein. Arbutin. Die blassgelbe, vom gallussauren Bleioxyd abfiltrirte Flüssig- keit wird in einer Retorte abdestillirt, wobei sich noch etwas Bleisalz ausscheidet, das abfiltrirt wird. Man leitet hierauf Schwefelwasser- stoffgas in die Flüssigkeit, und filtrirt von dem ausgeschiedenen Schwefelblei ab. Wird das Filtrat mit Bierhefe versetzt, so geräth es in Gährung, von einem Gehalte von Zucker, ohne dass dabei das Arbutin zersetzt würde. Wird diese Flüssigkeit, ob man sie in Gäh- rung versetzt hat oder nicht, zur Syrupsdicke verdunstet, so scheiden sich, nach mehrtägigem Stehen, sternförmig gruppirte Prismen von Arbutin aus. derselben aus. Zuletzt erstarrt die ganze Flüssigkeit zu einem Brei von Krystallen. Man bringt denselben auf feine Lein- wand, lässt die Mutterlauge abtropfen und presst die schwach braun gefärbten Krystalle aus , wobei sie beinahe farblos zurückbleiben. Durch Lösen in siedendem Wasser und Behandeln mit Thierkohle 32 Aquival. Kohlenstoff — 24 Wasserstoff — 21 Sauerstoff — 292 Rochleder. erhält man das Arbutin rein, in farblosen, bitterschmeckenden, lan- gen, nadeiförmigen Krystallen, die zu Büscheln vereinigt sind. 0,323 Grm. der lufttrockenen Substanz gaben 0,5917 Grm. CO^, und 0,184 Grm. Aq. Dies entspricht folgender procentischer Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. 192 — "ßÖ^ — "4S9F 24 — 6,25 — 6,32 168 — 43,75 — 43,75 384 — 100,00 — 100,00. Die Krystalle des Arbutin sind löslich in Wasser, Alkohol und Äther, schmelzen bei höherer Temperatur zu einer farblosen, kla- ren Flüssigkeit, die beim Erkalten zu einer farblosen, amorphen Masse erstarrt, in der sich viele Risse bilden. Bei 100" C. erleiden die Krystalle keine sichtbare Veränderung. Die Lösungen des Arbu- tin wirken nicht auf Pflanzenfarben; Eisenoxydsalze, Bleizuckerlösung und Bleiessig bewirken keinen Niederschlag in wässeriger Arbutin- lösung. Bei lOOo C. getrocknet, verlieren die Krystalle des lufttrocknen Arbutin Wasser, ohne ihre Durchsichtigkeit zu verlieren. I. 0,433 Substanz gaben 0,837 CO.. II. 0,3635 Substanz gaben 0,701 CO,. III. 0,3007 Substanz (aus gegohrner Flüssigkeit dargestellt) gaben 0,5782 CO2 und 0,1666 Aq. IV. 0,4271 Substanz (geschmolzen), gaben 0,821 t'Oa und 0,233 Aq. Dies gibt, auf 100 Theile berechnet, folgende Zusammensetzung: Berechnet. Gefunden. 1. II. III. IV. 32 Äq. Kohlenstoff 192 — 52,46 — 52,42 — 52,57 — 52,44 — 52,43 22 „ Wasserstoff 22 — 6,01 — „ — „ - 6 16 — 6,06 19 „ Sauerstoff 152 — 41,53 — „ — „ — 41 ,40 — 41,52 366 —100,00 100,00 —100,00 Es ergibt sich aus diesen Analysen, dass das lufttrockene Ar- butin bei lOO** C. zwei Äquivalente Wasser verliert. ^32 H.j. O,, == C, H,^ 0,, + 2H0. Lufttrockenes Arb. Man ersieht zugleich aus der Analyse IV, dass durch weiteres Erhitzen bis zum Schmelzen das Arbutin kein Wasser mehr abgibt. ÜluM- die natiiiliche Familie der Erichieae. 293 Das Ärbutiu in Wasser gelöst, wurde in einem verschlossenen Gefiisse an einem massier warmen Orte durch mehrere Tage mit Emulsin in Berührung gelassen, welches aus süssen Mandeln, durch Zerreiben derselben mit Wasser, Versetzen mit Essigsäure, Filtriren und Ausfällen des Filtrates mit Alkohol dargestellt worden war. Die farblose Flüssigkeit färbt sich röthlich, riecht, erwärmt, schwach nach Carbolsäure , schmeckt nicht mehr rein bitter, Avie die ursprüngliche Arbutin-Lösung. Nach dem Verdunsten im Wasserbade bleibt ein fester, bräunlich-gefärbter Rückstand , der gepulvert und mit Äther ausgezogen wurde. Der in Äther unlösliche Theil wurde in sieden- dem Wasser gelöst und die Lösung mit Thierkohle behandelt und abgedampft. Nach längerem Stehen entstehen Krystalle und zuletzt verwandelt sich die ganze Masse in Traubenzuckerkrystalle. Es wurde sowohl der bei 100" C. getrocknete Traubenzucker, als der bei gewöhnlicher Temperatur, über Schwefelsäure im Vacuo getrock- nete Zucker analysirt. Der bei gewöhnlicher Temperatur Getrocknete gab folgende Resultate bei der Analyse: 0,5305 Substanz gaben 0,7130 CO^ und 0,337 Aq. Berechnet. Gefunden. 12 Äquivalent Kohlenstoff — 72 — ^^3F' — ^"smF 14 „ Wasserstoff — 14 — 7,07 — 7,05 14 „ Sauerstoff — 112 — 56,57 — 56,31 198 — 100,00 — 100,00. Alle Eigenschaften der analysirten Substanz stimmten vollkom- men mit denen des Traubenzuckers überein. Arctiivin. Die ätherische Lösung, welche den Traubenzucker ungelöst Hess, gibt beim Verdunsten braungefärbte Krystalle, die in Wasser gelöst werden. Man setzt der Lösung Thierkohle zu und filtrirt nach 24 Stunden die Lösung von der Kohle ab. Bei langsamem Verdun- sten an einem kühlen Orte setzen sich braun -gefärbte, zolllange, halb zolldicke Krystalle ab. Die braune Farbe rührt von einer ge- ringen Menge einer Verunreinigung her, die übrigens so wenig beträgt, dass sie, wie die Analyse der braunen Krystalle zeigt, kei- nen Einfluss auf das Ergebniss der Analyse ausübt. Die Analyse der- selben ist unten unter I. angeführt. 294 Rochleder. Durch wiederholtes Umkrystallisiren aus Wasser oder Alkohol oder Äther, und wiederholte Behandlung mit Thierkohle, werden farblose, 4 — 6 Linien lange, 2 — 3 Linien dicke Krystalle erhal- ten. Es sind vierseitige Prismen, von bitter-süssem Geschmack. Erhitzt schmelzen sie; bei lOO** C. erleiden sie keine Veränderung. Durch vorsichtiges Erhitzen können sie sublimirt werden. L 0,2806 Gr. der braunen Krystalle gaben 0,6621 Gr. CO^ und 0,143 Gr. Aq. II. 0,256 „ farblose Prismen , aus Äther krystallisirt , gaben 0,606 Gr. CO. und 0,1284 Aq. III. 0,2345 „ farblose, lange Nadeln aus Alkohol, dann aus Was- ser umkrystallisirt, gaben 0,5532 Gr. CO^ und 0,120 Gr. Aq. IV. 0,1887 „ von derselben Menge gaben 0,096 Gr. Aq. Dies entspricht folgender Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden, I. II. III. IV. 20 Aq. Kohlenstoff 120 — 64,51 — 64,35 — 64,55 — 64,34 — . . . 10 „ Wasserstoff 10 — 5,38 — 5,65 — 5,57 — 5,70 — 5,65 7 „ Sauerstoff 56 — 30,11 — 30,00 — 29,88 — 29,96 — , . . 186 —100,00 —100,00 —100,00 —100,00. Die Formel des Arctuvin = Coq/^io O^. Das Arctuvin ist das einzige Product, welches durch die Ein- wirkung des Emulsin auf Arbutin neben Traubenzucker gebildet wird. C*32 ^4 öoi = 6^20 ^10 0-2 + Ciz Hii^ Oii^ Lufttrockenes Arbutin Arctuvin Traubenzucker. Qs "23 ^19 = ^20 fflO Ol + da Hiz ^13 bei iOO** C. getroek- Arctuvin bei 100*' getrockneter netes Arbutin Traubenzucker. Die wässerige Lösung des Arctuvin mit Bleiessig und etwas Ammoniak versetzt, gibt einen weissen Niederschlag, der bald miss- farbig und braungrau wird. Setzt man tropfenweise Eisenchlorid- lösung zu einer wässerigen Lösung von Arctuvin, so gibt jeder Tropfen der Eisenlösung eine blaue Farbe, die im nächsten Augen- blicke grün Avird und verschwindet; die Lösung ist bräunlichgelb gefärbt. Es bildet also das Arctuvin, auf Zusatz eines Eisenoxydsal- zes, zuerst eine blaue Verbindung, Avie das Saligenin, die aber ver- schwindet, weil das Eisenoxydsalz das Arctuvin oxydirt. über die ntiUirliche Familie der Ericinene. 295 Das Arctuvin mit einer wässerigen Lösung von doppeltchrom- saiirem Kali in der Kälte zusammengebracht, wird augenblicklich oxydirt, es bildet sich ein brauner Niederschlag, der sich beim Ko- chen mit überschüssiger Lösung von doppeltchromsaurem Kali mit dunkelbraunrother Farbe löst. Beim Erkalten scheidet sich sehr we- nig ab. Wird aber die filtrirte Lösung mit Salzsäure vermischt, so fällt die Chromoxydverbindung von schwarzbrauner Farbe in Flocken nieder. Ihre Zusammensetzung, die übrigens nicht constant ist, ent- spricht zuächst der Formel, 2 (Cjo Hn 0,5) + HO + 5 Cr^ O3. Wird Arctuvin, mit etwas Wasser befeuchtet, bei Zutritt der Luft der Einwirkung des Ammoniakgases ausgesetzt, so färbt es sich bald schwarz. Nach dem Trocknen bei 100« C. ist diese gebil- dete stickstotrhaltige Verbindung grau, wird aber, durch Befeuchten mit Wasser, wiederum schwarz. Die Analyse derselben gab folgende Resultate: I. 0,7025 Substanz gaben 0,9243 CO. und 0,192 Aq. II. 0,3995 „ „ 0,3522 Platin. Dies entspricht folgendem Resultate : Berechnet. Gefunden. 20 Äquivalent. Kohlenstoff — 120 — "UTT — ^^5^ 10 „ Wasserstoff — 10 — 3,01 — 3.03 3 „ Stickstoff — 42 — 12,65 — 12,52 20 „ Sauerstoff — 160 — 48,20 — 48,57 332 — 100,00 — 100,00. Schreibt man die Formel C.qH^^N^O.o = C.oH^N.O^^ + NH^ O, so erklärt sich die Bildung dieses Körpers, den ich mit dem Namen Arctuvein bezeichne, aus dem Arctuvin einfach durch die Aufnahme von 2 Äquival. Ammoniak und den Austritt von 10 Äquival. Wasserstoff unter Eintritt von 12 Äquival. Sauerstoff. Coo^ioO, + N^H, + 12 0— 10 iyO = C30 ^6 iVaOis, welche Substanz sich mit 1 Äquivalent Ammoniumoxyd vereinigt. Wenn man die Formel des Arctuvin C^z^^2 0^ betrachtet, so zeigt sich, dass dieser Körper als ein Campher oder ein Oxyd eines Öles Cio Bg betrachtet werden kann, in welchem ein Theil des Was- serstoffes durch Sauerstoff vertreten ist. Ao H20 O,, + Hi2—0,.=C,o Hzz O^ oder 2.(^0 Hte O) 2Aq. Arctuvin. SiUb. d. mathem.-natunv. Cl. IX. Bd. II. Hft. 20 296 Rochleder. Das Terpentinöl und viele andere ätherische Öle, der Campher der Laurineen u. s. w. enthalten Kohlenstoff und Wasserstoff in dem- selhen Atomverhältnisse, wie 5 : 4. Wir werden später sehen, dass ein ätherisches 01 aus den Blättern der Bärentraube künstlich dargestellt werden kann, welches Kohle und Wasserstoff in demselben Verhältnisse enthält. Das Arctuvin enthält ferner die Elemente von 1 Äquival. Oxal- säure und einem Äquivalente salicyligsaurem Äthyloxyd. Co O3 + C:tH50 + Cn /^5 O3 = C^Q HioO-;. In der Gaultheria procum- hens kommt ein Stoff vor, der unter gewissen Veranlassungen sali- cylsaures Methyloxyd liefert. Die Gaultheria procumbens gehört derselben natürlichen Familie an, wie Arctostaphylos uva ursi. Das Arctuvin ist Gallussäure, von der sich die Elemente der Oxalsäure und Ameisensäure getrennt haben. Cas H,, O,, = €,0 H,o O, + S(C,H O,) + C, H, O, + HO. Wasserhält. Gal- Arctuvin. Oxalsäure. Ameisensäure, lussäure. Es geht aus dem Zerfallen des Arbutin in Zucker und einen indifferenten Körper, das Arctuvin hervor, dass das Arbutin eine dem Salicin und Phlorrhizin nahe stehende Substanz ist. Gleich wie das Phlorrhizin färbt es sich, mit Luft und Ammoniak in Berührung, wie- wohl äusserst schwach, blau. Das Arctuvin Hesse sich, dem Phloretin gegenüber, als ein Oxyd eines Radicles C^, IT^ betrachten, das auch im Phloretin enthalten, anzunehmen wäre , Avenn man für das Phloretin die Formel Liebig's C30 Hi5 Oio annimmt. Arctuvin = 2 . (6% ^s) + O, Phlorrhizin == ^ .(€% H,) + O^o- In den Blättern der Bärentraube ist eine Substanz enthalten, die, ähnlich dem Emulsin, die Fähigkeit besitzt, das Arbutin in Zucker und Arctuvin zerfallen zu machen. Aus einer Mutterlauge, aus wel- cher Arbutin auskrystallisirt war, Hessen sich, nach mehrere Wo- chen langem Stehen, Krystalle von Arctuvin erhalten, die früher in der Flüssigkeit nicht nachgewiesen werden konnten. Aus der Mutterlauge des Arbutin kann durch Behandlung mit Äther alles Arbutin entfernt werden, sie enthält, Avenn sie nicht frü- her mit Bierhefe in Gährung versetzt wurde, Zucker, ferner Ericolin und eine braune harzartige Materie. i'ber die natürliclic Familie der Erieineae. 297 llarzarlige Materie. Wird die Mutterlauge des Arbutin mit Salzsäure oder Sclnve- felsäure versetzt und erMürmt , so scheidet sich eine Harzinasse aus, die durch Lösen in Alkohol und Fällen der flltrirten Lösung mit Wasser gereinigt werden kann. Bei lOO^ C. getrocknet stellt dieser Körper ein sprödes, beinahe schwarzes Harz dar, leicht zu einem dunkelbraunen Pulver zerreiblich, das erhitzt, schmilzt und angezün- det mit russender Flamme verbrennt. L 0,319 Substanz (mit Schwefelsäure gefällt) gaben, bei 100» C. getrocknet, 0,737 CO. und 0,1 S9 Aq. 11. 0,3448 Substanz (mit Salzsäure bereitet) gaben 0,7956 CO. und 0,1492 Aq. Die Substanz hinterlässt beiläufig 0,0002 pCt. Asche. Berechnet. Gefunden. 80 Äq. KohlenstoiT — 480 — 62,90 - - 62,99 — 62,92 35 „ Wasserstoff — 35 — 4,58 - - 5,32 — 4,80 31 „ Sauerstoff — 248 — 32,52 - - 31,69 — 32,28 763 — 100,00 — 100,00 — 100,00. Cso^ssOsi = 2(040^^170,5) + HO. C'to Hii Oi5 = CiiO H^o — His + O15. C40 ^3 2 ist die Zusammensetzung des Terpentinöles oder einer polimeren Verbindung. Ericinol. In der Mutterlauge des Arbutin befindet sich eine Substanz, das Ericolin , die auch in dem Kraute von Erica vulgaris, den Blättern von Erica herhacea und RJiododendron ferrugineuni in kleiner Menge, in grösserer in den Blättern von Ledum pahistre enthalten ist. Die Bärentraubenblätter enthalten ebenfalls wenig von diesem Körper, der durch Erwärmen mit Salzsäure oder SchAve- felsäure zerfällt und dabei ein flüchtiges Öl liefert. Daher kommt es, dass bei der Darstellung des oben erwähnten Harzes mit dem Wasser, ein flüchtiges Öl verdunstet, das Ericinol, Avas der Zer- setzung des Ericolin seinen Ursprung verdankt. Dieses Öl besitzt einen eigenthümlichen, nicht unangenehmen Geruch, ist, frisch bereitet, farblos, zieht mit Begierde Sauerstoff an , und färbt sich dadurch zuletzt dunkelbraun. Je nachdem es 20* 298 Rochleder. mehr oder minder lange Gelegenheit gehabt hat, Sauerstoff auf- zunehmen, ist der Sauerstoifgehalt verschieden gross, den Kohlen- stoff und Wasserstoff enthält es, wie die nachfolgende Analyse zeigt, in demselben Verhältnisse, wie das Terpentinöl. Das Öl, was zur folgenden Analyse diente, hatte durch meh- rere Tage Gelegenheit gehabt, Sauerstoff aufzunehmen. 0,135 Substanz, über CaCl getrocknet, gaben 0,3374 CO^ und 0,114 Aq. Berechnet. Gefunden. 20 Äquival. Kohlenstoff — 120 — 68,18 — 68,1S 16 „ Wasserstoff — 16 — 9,09 — 9,37 5 „ Sauerstoff — 40 — 22,73 — 22,48 176 — 100,00 — 100,00. Ausser den angeführten Substanzen enthalten die Blätter der Bärentraube Wachs, Fett und Chlorophyll, Pflanzenfaser und Spu- ren einer Gerbsäure, neben der Gallussäure. Untersuchung der Blätter des Rhododendron ferrugineutn» Von Robert Schwarz. Werden die Blätter des Rhododendron ferrugineum mit Weingeist ausgekocht, der Alkohol von dem grünen Decocte im Wasserbade abdestillirt und der Rückstand mit Wasser gemengt» auf ein Filtrum gebracht, so erhält man eine hellgelbe Flüssig- keit, während ein grünes Gemenge von Wachs , Harz , Fett und Chlorophyll auf dem Filter bleibt. Die filtrirte wässerige Flüssigkeit, die durch Eisenoxydsalze stark grün gefärbt wird, gibt mit Bleizuckerlösung einen gelben Nie- derschlag, der mit verdünnter Essigsäure übergössen unter Zurück- bleiben einer grünlichgelben Masse sich mit goldgelber Farbe löst. Diese Lösung wird filtrirt zum Sieden erhitzt und mit dreibas. essig- saurem Bleioxyd im Überschuss versetzt. Es bildet sich ein schön chromgelber Niederschlag, der, ohne eine Veränderung zu erleiden, bei 100" C. getrocknet werden kann. Ich setze hieher die Analyse eines auf diese Weise bereiteten Bleisalzes. 19 n Wasserstoff = 22 n Sauerstofl' = 4 n Bleioxyd = über die natürliclie Familie der Erieineae. 299 0,4010 Substanz bei 100" C. getrocknet gaben 0,4150 Kohlensäure und 0.0825 Wasser. 0,2735 Substanz gaben 0,1355 Bleioxyd. Dies entspricht folgender procentischer Zusammensetzung: Berechnet. Gefunden. 42 Äquivalent. Kohlenstoff -= 252,000 — 28,21 — 28,20 19,000 — 2,13 — 2,28 176,000 — 19,70 — 19,57 =- 446,952 — 49,96 — 49,95 893,952 — 100,00 — 100,00 C42 //,9 O20, APbO = 3(C,4 H, O,, PbO) + PbO, HO. Die Rhodotannsäure hat also im wasserfreien Zustande, die der Formel C^ H^ 0^ entsprechende Zusammensetzung. Wird ein auf diese Weise erhaltenes Bleisalz unter Wasser durch Schwefehvasserstoff zersetzt, die Flüssigkeit mit dem Scliwe- felblei zum Sieden erhitzt und siedend liltrirt, so erhält man eine sattgelbe Lösung der reinen Rhodotannsäure, aus welcher diese Säure durch Abdestilliren des Wassers im Chlorcalciumbade in einem Strome von Kohlensäure dargestellt werden kann. Gepulvert ist sie ein bernsteingelbes , säuerlich - adstringirendes Pulver. Nach dem Zerreiben wurde sie über Schwefelsäure in den leeren Raum gebracht. Die beiden Analysen sind mit Säuren von zwei verschiedenen Darstellungen ausgeführt. I. 0,3995 Substanz gaben 0,803 Kohlensäure und 0,167 Wasser. II. 0,2825 Substanz gaben 0,569 Kohlensäure, 0,1945 Substanz liinterliessen 0,003 Asche oder 1,5 pCt. Dies entspricht folgender Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. I. II 1) 56 Äquival. Kohlenstoff = 336 — 55,00 — 54,81 — 55,01 27 „ Wasserstoff = 27 — 4,41 — 4,64 — „ 31 „ Sauerstoff = 248 — 40,59 — 40,55 — „ 611 — 100,00 — 100,00 — *) Nach Abzug der Asche. Berechnet. Gefunden, 840,0 — 22,61 — 22,39 87,0 — 2,34 — 2,96 776,0 — 20,89 — 20,42 202o,0 — 54,16 — 54,23 300 Rochleder. Die wässerige Lösung der Rhodotannsäure verhält sich gegen Zinnehlorid ganz nämlich der Calliitannsäure. Das Zinnsalz ist von schön gelber Farbe und lässt sich ohne Zersetzung bei 100" C. trocknen. 0,409 Salz gaben 0,3025 Kohlensäure und 0,109 Wasser. 0,319 Substanz gaben 0,173 Zinnoxyd. Dies entspricht, auf 100 Theile berechnet, folgender Formel: 140 Äquival. Kohlenstoff — 87 „ Wasserstoff = 97 „ Sauerstoff = 27 „ Zinnoxyd := 3728,0 — 100,00 — 100,00 Ci4o ^87 O97, 27 Sn O. = i0(C,, H^ 0„ 2 Sn O.) + 7 (Sn^ O, HO). Das Resultat der Analyse stimmt auch nahe mit der Formel Ci4 ^9 0,0 , 3*S^n O2. Die wässerige Lösung der reinen Rhodotannsäure gibt beim Er- wärmen mit Mineralsäuren einen rothgelben im unreinen Zustande einen rothbraunen Niederschlag. Der aus unreiner Säure dargestellte Körper hatte alle Eigenschaften und dieselbe procentische Zusammen- setzung, wie das Phlobaphen. Die aus reiner Säure dargestellte Substanz, die ich mit dem Namen Rhodoxanthin bezeichne, und die auf dieselbe Art dargestellt wird , wie das Calluxanthin mit dem es auch sehr ähnliche Eigenschaften zeigt, wurde im Vacuo über SchAve- felsäure getrocknet zur Analyse verwendet. 0,2477 Substanz gaben 0,476 Kohlensäure und 0,104 Wasser. Dies entspricht folgenden Zahlen, auf 100 Theile berechnet: Berechnet. Gefunden. 28 Äquivalent. Kohlenstoff = 15 „ Wasserstoff = 17 „ Sauerstoff = 319 — 100,00 — 100,00 As Hi, 0,, = C,,H,Os+ Cu //s O9 oder 2 (Q^ H, O,) + HO. Offenbar wäre das eine Äquivalent Wasser bei lOO*» C. auszu- treiben, allein der Körper veränderte bei lOO^C. sein Aussehen so, dass von dem Trocknen bei höherer Temperatur abgestanden werden musste. 168 - - 52,66 - - 52,40 15 - - 4,70 - - 4,66 136 - - 42,64 - - 42,94 Cbor rtit' iialiirliclie Familie der Krieineae. 301 Werden die BliUtcr des Rhododendron forrngincnni in einer I)e- stillii'blase mit Wasser ausgekocht, so geht mit den Wasserdänipfen ein Öl von eigenthümliehem nicht unangenehmen Geruch über, das zur Chisse der zahh-eichen Öle gehört, die den Kohlenstoff und Was- serstolY in demselben Verhältnisse enthalten, wie das Terpentinöl. Das Öl ist in den Blättern des Rhododendron ferrugineum in sehr kleiner Menge enthalten, so dass es nicht möglich war, eine ausge- dehntere Untersuchung desselben vorzunehmen. Es besitzt eine lichtgelbe Farbe, durch Destillation über wasserfreie Phosphorsäure M'ird es farblos und nimmt einen, dem Terpentinöl ähnlichen Geruch an. Ich setze hier die Analysen neben einander, die mit solchen Ölen dargestellt wurden, nachdem man sie über Chlorcalcium getrocknet hatte. 0,202 Substanz gaben 0,623 Kohlensäure und 0,214 Wasser. Dies gibt auf 100 Theile berechnet: Berechnet. Gefunden. 80 Äquivalent. Kohlenstoft' == 480 — 84,51 — 84,19 64 „ Wasserstoff = 64 — 11,26 — 11,22 3 „ Sauerstoff = 24 — 4,23 — 4,59 568 — 100,00 — 100,00 0,256 Substanz gaben 0,806 Kohlensäure und 0,459 Wasser, oder in 100 Theilen: Bereclinet. Gefunden. 80 Äquivalent. Kohlenstoff = 480 — 85,71 — 85,85 64 „ Wasserstoff = 64 — 11,43 — 11,73 2 „ Sauerstoff = 16 — 2,86 — 2,42 560 — 100,00 — 100,00 Wahrscheinlich Hesse sich der Sauerstoff enthaltende Theil des Öles durch Behandlung des Öles mit Kalium entfernen, die zu geringe Menge des Materials machte alle derlei Versuche unmöglich. In dem wässerigen Decocte der Blätter ist ausser der Rhodo- tannsäure noch eine Säure enthalten, die alle Reactionen der Citron- säure gab, aber nicht krystallisirt erhalten werden konnte. Ferner finden sich im wässerigen Decocte noch unbedeutende Mengen von Ericolin, und einige dunkelgefärbte Oxydationsproducte der Rhodo- tannsäure. 302 Rochleder. In dem Wasser, welches hei dem Auskochen der Blätter des Rhododendron ferrugineum in einem Destillirapparate mit den geringen Mengen von ätherischem Öle ühergeht , sind sehr geringe Mengen fetter Säuren enthalten. Sättigt man das Wasser mit etwas kohlen- saurem Natron und dampft die Flüssigkeit ab, so bleibt ein Salzrück- stand, der, mit Schwefelsäure befeuchtet, den Geruch der Essigsäure oder Ameisensäure, so wie den der Buttersäure entwickelt. Untersuchung; der Blätter von JLedutn palustre. Von Dr. Erwin Willi gk. Wenn die Blätter von Ledum pahtstre in einem Destillirappa- rate mit Wasser ausgekocht werden, erhält man ein braunrothes De- coct, während mit den Wasserdämpfen sich ein ätherisches Ol ver- flüchtigt, nebst kleinen Mengen von flüchtigen, fetten Säuren. Das braunrothe Decoct gibt auf Zusatz von Bleizucker anfangs einen in Essigsäure beinahe unlöslichen Niederschlag von schmutzig- brauner Farbe, später entsteht ein gelber, in verdünnter Essigsäure leicht löslicher Niederschlag. Der erste Niederschlag wurde auf ei- nem Filter gesammelt , mit essigsäurehaltigem Wasser und dann mit reinem Wasser ausgewaschen, dann durch Schwefelwasserstoflgas zersetzt, die vom Schwefelblei abflltrirte Flüssigkeit mit Thierkohle behandelt und die so gereinigte Lösung verdunstet. Aus der concentrirten Lösung krystallisirte nach mehrere Monate langem Stehen die Citronsäure in grossen, regelmässigen Krystallen aus. Wird das wässerige Decoct so lange mit Bleizuckerlösung aus- gefällt, bis der Niederschlag in Essigsäure löslich ist, dann von dem Niederschlage die Flüssigkeit abfiltrirt und mit dreibasisch essigsau- rem Bleioxyd versetzt, so entsteht ein gelber Niederschlag, der, mit Wasser ausgewaschen und durch Schwefelwasserstoff zersetzt, eine Lösung der Gerbsäure des Ledum palustre gibt, die vom Schwefel- blei abiiltrirt und im Wasserbade zur Trockne gebracht wurde. Die bei 100" C. getrocknete Säure gab folgendes Resultat bei der Analyse : L 0,353 Substanz gaben 0,705 Kohlensäure und 0,167 Wasser. n. 0,356 Säure gaben 0,7125 Kohlensäure und 0,166 Wasser. III. 0,344 Säure hinterliessen 0,004 feuerbeständigen Rückstand. über die natürliche Familie der Ericineae. 303 Dies ffibt auf 100 Thcile berechnet: c Berechnet. Gefunden. I. II. 28Äquivalent.KohlenstofT = 168— S5,44 — 05,20— 50,07 15 „ Wasserstoffe 15— 4,95 — 5,10 — 5,13 15 „ Sauerstoff =120— 39,61 — 39,70 — 39,80 303—100,00 — 100,00 — 100,00 C,s H,, 0,5 = 2(Ci, H, Oe) + 3öO. Das getrocknete und gepulverte Hydrat dieser Säure, die ich mit dem Namen Leditannsäure bezeichne, stellt ein röthliches Pulver dar , geruchlos, in Wasser sowie in Aklohol leicht löslich. Die wäs- serige Lösung wird durch Eisenchlorid dunkelgrün gefärbt, auf Zusatz von Ammoniak kirschroth. Durch Alkalien wird die wässerige Lösung dunkelgefärbt , an der Luft bald braun. Mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure erwärmt, bildet sich in der Wasserlösung der Säure ein bald mehr rother, bald mehr gelbrother Körper, Inder Kälte entsteht derselbe Körper von hellgelber Farbe auf Zusatz von eoncentrirter Sclnvefelsäure. Es wurden zwei Bleisalze dieser Säure dargestellt, das Eine bei 100" C. getrocknet, das Andere überYitriolöl im Vacuo von Feuchtig- keit befreit, zur Analyse verwendet. I. Blei salz. Ein wässeriges Decoct der Blätter von Ledmn palusfre wurde mit neutralem, essigsauren Bleioxyd ausgefällt, der Niederschlag durch ein Filter entfernt und die Flüssigkeit mit drei- basisch-essigsaurem Bieioxyd gefällt. Der entstandene gelbe Nieder- schlag mit Wasser ausgewaschen und bei 100» C. getrocknet, gab folgende Zahlen bei der Analyse : 0,4265 Substanz gaben 0,5045 Kohlensäure und 0,096 Wasser. 0,3680 Salz gaben 0,173 Bleioxyd. Oder auf 100 Theile berechnet: Berechnet. Gefunden. 140 Äquivalent. Kohlenstoff -- 840,00 — 32,22 — 32,26 60 „ Wasserstoffe 60,00 — 2,30 — 2,49 60 „ Sauerstoff =- 480,00 — 18,42 — 18,25 11 „ Bleioxyd =- 1227,16 — 47,06 — 47,00 2607,16 — 100,00 — 100,00 Q,o H,o Oeo, l\PbO== 10. (CU H, Oe) + \lPbO, 304 Rochleder. also ein Gemenge von 9 (Cu H, 0„ PbO) mit 1 . (Cu H, 0„ 2PhO). Die Formel der wasserfreien Säure ist demnach C^ H^ Og. IL Bleisalz. Aus einem wässerigen Decocte der Blätter wurde ganz auf ähnliche Weise, Avie in I. ein Bleisalz bereitet und im Vacuo getrocknet, zur Analyse verwendet. 0,480 Substanz gaben 0,5015 Kohlensäure und 0,116 Wasser. 0,434 Substanz gaben 0,212 Bleioxyd. 0,378 Substanz gaben 0,185 Bleioxyd. Dies entspricht folgender Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. 98 Äquivalent. Kohlenstoff = 588,00 —^""28^ — """SsM 51 „ Wasserstoff = 51,00 — 2,49 — 2,68 51 „ Sauerstoff = 408,00 — 19,89 — 19,84 9 „ Bleioxyd = 1004,04 — 48,96 — 48.94 2051,04 — 100,00 — 100,00 C98 ^51 O51 , 9 PbO = 7 (Ci, H, O, , PbO, HO) + 2 (PbO, HO). Es wurde weiter oben schon erwähnt, dass in der wässerigen Lösung der Leditannsäure durch Salzsäure und ScliAvefelsäure ein roth- gelber oder rother Körper erzeugt wird, den ich Ledixanthin nennen will. Er ist leicht in Alkohol und Alkalien löslich, seine weingeistige Lösung gibt mit einer weingeistigen Bleizuckerlösung einen roth- braunen Niederschlag. Ein durch Schwefelsäure erzeugtes Ledixan- thin wurde mit Wasser gewaschen und bei 100" C. getrocknet zur Analyse verwendet : 0,300 Substanz gaben 0,670 Kohlensäure und 0,1215 Wasser. Dies gibt, auf lOOTheile berechnet, folgende Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. 14 Äquivalent. Kohlenstoff =84 — 6 „ Wasserstoff = 6 — 6 „ Sauerstoff = 48 — 138 — 100,00 — 100,00 Es entsteht daher das Ledixanthin aus der Leditannsäure durch Austreten von Wasserstoff und Sauerstoff in der Form von Wasser. Unterwirft man diesen Körper der trockenen Destillation, so er- hält man neben einem dunklen Öle eine farblose Flüssigkeit, die nach 60,87 - - 60,90 4,35 - 4,50 34,78 - - 34,60 über die natürliche Familie der Ericincae, 305 einiger Zeit zu perlmutterglänzeiulen Krystallcn erstarrt. Durch Pressen zwischen Löschpapier, Umkrystallisiren und Suhlimation er- hält man sie völlig rein. Diese Krystalle geben alle Reactionen des Brenzcatechin, ihre Menge ist aber sehr gering, die Ausbeute aus 30 Pfund Blättern Leduni betrug nur 250 Milligrammen. Es wurde bereits oben erwähnt, dass beim Auskochen der Blät- ter des Leduni palustre mit Wasser sich mit den Wasserdämpfen ein ätherisches Öl verflüchtiget. Dieses Öl ist blassgelb, riecht aus- nehmend stark, nicht unangenehm, setzt kein Stearopten ab, wie dies von einigen Chemikern beobachtet wurde, und ist ziemlich löslich in Wasser. Über Chlorcalcium entwässert, erhielt man bei der Analyse folgende Zahlen: 0,278 Substanz gaben 0,8395 Kohlensäure und 0,273 Wasser. Dies entspricht, auf 100 Theile berechnet, folgender Zusammen- setzung: Berechnet. Gefunden. 80 Äquivalent. Kohlenstoff = 480 — ^^82^ — ^"8^35 63 „ Wasserstoff = 63 — 10,80 — 10,89 5 „ Sauerstoff = 40 — 6,87 — 6.76 883 — 100,00 — 100,00 Qo -^63 Oc, = 7(Cio /^s) + Qo H-i O5. Es wäre demnach ein Gemenge eines mit dem Terpentinöl iso- meren Öles mit einem Oxydationsproduct desselben. Die Formel Cgo H^z Or^ lässtsich auch betrachten als 3 (C^oH^^O) -1- (Czof^isOo). Die Ausbeute war zu gering, um Versuche zur Trennung anzu- stellen oder Verbindungen des Öles zur Analyse zu bereiten. Wird das mit dem Öle überdestillirte Wasser mit etwas kohlen- saurem Natron versetzt und zur Trockne verdunstet, so bleibt ein Salzrückstand, der, mit Schwefelsäure befeuchtet, den Geruch der Es- sigsäure oder Ameisensäure neben dem der Valeriansäure entAvickelt. Die Menge der fetten Säuren ist äusserst gering. Wird das wässerige Decoct der Blattei- von Leduni pahistre mit basisch -essigsaurem Bleioxyd ausgefällt, die vom Niederschlag abfiitrirte Flüssigkeit vom Blei befreit und eingedampft, die concen- trirte Flüssigkeit mit etwas Schwefelsäure vermischt und der Destil- lation unterworfen, so scheidet sich aus der Flüssigkeit eine bedeutende Menge eines harzartigen Körpers aus, während unter Entwickelung von Kohlensäure mit dem Wasser ein ätherisches Öl übergeht , wel- 306 Rochleder. clies in nichts von dem Öle unterschieden ist, welches fertig gebildet in den Blättern enthalten ist. Durch Stehen über Chlorcalciumstücken entwässert, gab es bei der Analyse folgende Resultate. 0,2505 Substanz gaben 0,726S Kohlensäure und 0,240 Wasser. Auf 100 Theile berechnet, entspricht dies folgender Zusammen- setzung. Berechnet. Gefunden. 20 Äquivalent. KohlenstofT = 120 — 79,47 — 79,08 15 „ Wasserstoff -- 15 — 9,93 — 10,33 2 „ Sauerstoff == 16 — 10,59 — 10,59 151 — 100,00 — 100,00 Die Formel C40 H^i O4 stimmt noch genauer mit der Analyse überein. Jedenfalls ergibt sich aus dieser Zusammensetzung, dass das Ol ein oxydirter Kohlenwasserstoff ist, der ursprünglich, dem Ter- pentinöl isomer zusammengesetzt war. Dieses Ol, welches auf diese Weise aus den Blättern des Rho- dodendron ferrugineum , der Calluna vulgaris , Erica herhacea und Arctostaphylos uva ursi erhalten werden kann und Ericinol genannt wurde , ist ein Product der Einwirkung der Schwefelsäure, auf eine in diesen Pflanzen enthaltene geruchlose Substanz, das Ericolin. Der Ausbeute an Ericinol nach zu schliessen, enthalten die Blätter von Lediim paliistre weit mehr Ericolin als die übrigen ge- nannten Pflanzen. Der harzartige Körper, welcher sich aus der Flüssigkeit aus- scheidet, aus welcher das Ericinol abdestillirt wurde, wird von der sauren Flüssigkeit getrennt , mit Wasser zu wiederholten Malen ge- waschen und damit ausgekocht, in Alkohol gelöst, die filtrirte Lösung in Wasser gegossen und erhitzt. Das ausgeschiedene, zusammenge- ballte Harz wird gepulvert, was leicht zu bewerkstelligen ist , da es beim Erkalten spröde wird und im Vacuo getrocknet. Die Analyse gab folgendes Resultat: 0,4055 Substanz gaben 1,0255 Kohlensäure und 0,237 Wasser. In 100 Theilen entsprechend folgender Zusammensetzung: Berechnet. Gefunden. 60 Äquivalent. Kohlenstoff" -=- 360 — ^^8^96" — ^K9f 34 „ Wasserstoff' = 34 — 6,51 — 6,49 16 „ Sauerstoff" - 128 — 24,53 — 24,54 522 — 100,00 — 100,00 Cbei' die natiuliohe Familie iler Erictneae. 307 Es ist dieses Harz ebenfalls M'ie das von Kawalier aus Arctosta- ■phylos iiva iirsi auf gleiche Weise erhaltene Harz, als ein Oxyda- tionsproduct eines, dem Terpentinöl isomeren Kohlenwasserstoffes anzusehen. Machschrift zur Untersuchung; des EiCdutn palustre» Von Fr. Roehleder und R. Schwarz. Da Hr. Dr. Willigk durch seine Anstellung an der deutschen Oberrealschule zu Prag zum mindesten auf so lange, bis dort ein La- boratorium eingerichtet sein wird, gehindert ist, diese Arbeit zu voll- enden, haben wir einige Versuche mit den Blättern des Ledum pa- lustre angestellt, die den, von Dr. Willigk erhaltenen Resultaten zur Bestätigung dienen mögen. Wir haben versucht, die Leditannsäure auf die Weise darzu- stellen, wie die Callutannsäure und Rhodotannsäure. Es wurde zu diesem Zwecke eine weingeistige Abkochung der Blätter, nach dem Abdestilliren des Weingeistes mit Wasser vermischt filtrirt, von der ausgeschiedenen grünen Masse von Wachs, Blattgrün , Fett und Harz abfiltrirt und mit Bleizuckerlösung gefällt, der Niederschlag mit ver- dünnter Essigsäure behandelt und die abfiltrirte essigsaure Lösung mit dreibasisch-essigsaurem Bleioxyd in der Siedhitze gefällt, wodurch ein schöngelber Niederschlag entstand , der von dem auf diese Art dargestellten callutannsauren oder rhodotannsauren Bleioxyd kaun> zu unterscheiden ist. Dieser Niederschlag unter Wasser mit Schwe- felwasserstoffgas zersetzt, die Flüssigkeit mit dem Schwefelblei zum Kochen erhitzt und heiss abfiltrit liefert eine schöngelbe Lösung der Leditannsäure, die in einer Retorte im Chlorcalcium-Bade, in einem Strom von Kohlensäure zur Trockne verdunstet wurde. Der gepulverte Rückstand wurde im Vacuo getrocknet, er gab bei der Analyse fol- gende Zahlen : 0,2870 Substanz gaben 0,524S Kohlensäure und 0,1 380 Wasser. 0,5035 Substanz hinterliessen 0,0105 feuerbeständigen Rück- stand oder 2,08 pCt. Dies gibt auf 100 Theile aschenfreier Substanz berechnet, fol- gende Zusammensetzung : R 0 c h 1 e (1 e r. Berechnet. Gefunden. Kohlenstoff = 84 — ^"ToJT — ^"^50^ Wasserstoff ^ 9 — . 5,45 — 5,46 Sauerstoff = 72 — 43,64 — 43,65 308 9 9 165 — 100,00 — 100,00 Cu H, 0, = C,, H, Oe + ZHO. wasserfreie Säure. Die wässerige Lösung der Säure erwärmt und mit Zinnchlorid versetzt, gibt einen sehöngelben Niederschlag, der, im Yacuo getrock- net, folgende Zusammensetzung zeigte: 0,2310 Substanz gaben 0,1955 Kohlensäure und 0,0635 Wasser. 0,2720 Substanz gaben 0,1360 Zinnoxyd. Dies entspricht, auf lOOTheile berechnet, folgender Zusammen- setzunff: Berechnet. Gefunden. 28 Äquivalent. Kohlenstoff = 168 — 22,95 — 23,07 21 „ Wasserstoff = 21 — 2,87 — 3,05 21 „ Sauerstoff = 168 — 22,95 — 23,88 5 „ Zinnoxyd = 375 — 51,23 — 50,00 732 — 100,00 — 100,00 Cos H^i 0,1 ,^SnO, = 2 (Cu H, O^ , Sn O,) + 3 (^Sn O^ , HO). Aus einer auf die angegebene Weise dargestellten wässerigen Lösung der Leditannsäure erhält man durch Einwirkung von Schwe- felsäure das Ledixanthin als schön citrongelbe oder oranienrothe Masse. Werden die Blätter yon Le dum palustre mit Wasser ausgekocht, das Decoct bei einer nicht bis zum Sieden gehenden Wärme verdun- stet, bis der Rückstand honigdick geworden ist, und dieser mit Wein- geist von 40 Graden vermischt, so scheidet sich ein grosser Theil als unlöslich in Weingeist aus, während ein anderer mit rothbrauner Farbe sich löst. Der in Weingeist unlösliche Theil mit Wasser be- han,delt, ist nunmehr nur noch theilweise in demselben löslich. Wird diese wässerige Lösung zum Sieden erhitzt ein paar Tropfen Salz- säure zugefügt und dann Alkohol hinzugegossen, so scheiden sich helle, voluminöse Flocken einer Substanz aus, die, mit Alkohol gewa- schen und getrocknet, sich zu einem blassröthlichen Pulver zerreiben lässt. Der gefundenen Zusammensetzung nach scheint dieser Kör- per ein Gemenge von Pectin und Parapectin zu sein. über die natürliche Familie »1er Erieineae. 300 Der alkoliolischcAuszup^des wässerigen Extnictos der Blätter von Ledum palustre wurde eingedampft und nachdem der Alkoliol ver- flüchtiget war, mit Barytlosung versetzt. Der gelbe, sich schnell bräunende Niederschlag, der grösstentheils aus leditannsaurem Baryt besteht ahfiltrirt und Kohlensäure in dasFiltrat geleitet. Es fällt koh- lensaurer Baryt nieder, gemengt mit einem rothen Oxydationsproduct der Gerbsäure, das durch den überschüssigen Baryt in Lösung gehal- ten war. Die abfiltrirte Flüssigkeit wurde mit neutralem essigsauren Bleioxyd versetzt, der Niederschlag der noch etwas Gerbsäure und Citronsäure enthielt, abfiltrirt und dasFiltrat mit basisch-essigsaurer Bleisäure in geringen Überschuss versetzt. Die abfiltrirte Flüssigkeit mit Alkohol versetzt, lässt ein weisses Bleisalz fallen, das abfiltrirt und mit Weingeist gewaschen wurde. Unter Wasser mit Schwefelwas- serstoff zersetzt , erhält man daraus eine blassgelbe Flüssigkeit, die in einem Strom von Kohlensäuregas in einem Chlorcalciumbade ver- dunstet, einen Rückstand hinterliess, der mit Schwefelsäure haltendem Wasser erwärmt unter Absatz brauner Flocken, den Geruch des Eri- einols sogleich entwickelte. Dieser Körper ist das Ericolin. Es zerfällt durch Säuren in höherer Temperatur in Ericinol und wenigstens noch einen Körper, der das Aussehen der Huminsubstanzen besitzt. Ob andere Producte nebenbei entstehen , die in der Flüssigkeit gelöst bleiben, Avollen wir einstweilen dahin gestellt sein lassen. Willigk hatte eine Entwickelung von Kohlensäure bemerkt als er das ericolin- haltige Extract mit Schwefelsäure destillirte. Eine Analyse des bei 100" C. getrockneten Ericolin gab folgende Zahlen : 0,44o0 Substanz gab 0,222 Wasser und 0,5620 Kohlensäure, oder auf 100 Theile berechnet: Berechnet. Gefunden. 16 Äquivalent. Kohlenstoff = 96 — 34,41 — 34,42 15 „ Wasserstoff = 15 — 5,37 — 5,54 21 „ Sauerstoff =168 — 60,22 — 60,04 279 — 100,00 — 100,00 Wir legen auf diese Analyse keinen besonderen Werth und be- halten uns das genauere Studium dieser Substanz vor. Nehmen wir die Formel Cje Ha Ogi als den richtigen Ausdruck der Zusammen- 310 Rochleder. Setzung an, so würde dieser Körper sich nach folgendem Schema spalten können : = Cie ^15 ^21 = Ericolin. ^10 "8 ^2 Wasser, Kohlensäure und im Körper C^^H^ O2 wären die Zersetzungs- producte. Nimmt man die Formel des Ericolin doppelt so gross = C33 /^3o 0,^0 so könnte die Zersetzung in folgender Weise vor sieh gehen : ^-12 ü\% Oiz Zucker, der durch die Säuren in humin- artige Körper übergeht. . Cio ^8 Ein mit dem Terpentinöl isomerer Koh- ^" *^ lenwasserstoff. Cio O20 Kohlensäure. Bs Os Wasser. Ein fortgesetztes Studium dieses Körpers verspricht Aufschluss über die Entstehung der Öle n (C5 J/4) die so häufig in den Pflanzen erzeugt werden, zu geben. iüher die Pflanzen der Familie der Ericineae* Die untersuchten Pflanzen dieser Familie enthalten alle eine Gerbsäure. Arctostaphylos uva ursi . die Gallussäure = C^ Äg ^jo in deren einbasischem Bleisalze. Calluna vulgaris die Callutannsäure = C14 H^ Og in den Salzen bei 100<* C. getrocknet. Rhododendron ferrugineunt A\QK\\oAoi2L\\n&2i\\ve = Cii^ H^ O7 in den bei 100" C. getrockneten Salzen. Ledwn palustre die Leditannsäure = Cin J/q 0^ in den bei 100" C. getrockneten Salzen. Die Erica herhacea *) enthält eine ganz ähnliche Säure, die nach vorläufigen Versuchen nach der Formel C^,^ H^ O7 zusammen- *) Was über die Erica herhacea sich angeführt findet, ist das Ergebniss vorläufiger Versuche, die Herr Kuberth in dem hiesigem Laboratorium mit dieser Pflanze angestellt hat. über die natürliche Familie der Ericineae. 311 gesetzt ist, also isomer mit der Kaflfeegerbsäure und der Gerbsäure von PorÜandia grandiflora (China nova Xavxa) , ich will sie Eritannsäure nennen. Alle diese Säuren werden durch Eisenoxyd- salze grün gefärbt i). "lit Ausnahme der Gallussäure. Mit Alkalien in Verbindung oxydiren sie sich rasch und geben dunkle Lösungen. Durch SchAvefelsäure oder Salzsäure geben alle einen gelben oder rothen Farbstoff unter Verlust von Wasser oder dessen Elementen, die zu Wasser zusanmientreten. Die Gallussäure gibt die Para-El- lagsäure,die Callutannsäure, das Calluxanthin, die Rhodotannsäure, das Rhodoxanthin, die Leditannsäure , das Ledixanthin, die Eritann- säure, das Erixanthin. Die Callutannsäure, Rhodotannsäure und Leditannsäure, so wie die Eritannsäure geben mit Zinnchloridlösung gelbe Niederschläge, die basischen Rleisalze aller angeführten Säuren sind gelb, wie chromsaures Bleioxyd. Mit Ausnahme der Gallussäure färben alle diese Säuren mit Zinnsalz gebeitzte Zeuge schön und dauernd gelb, ebenso mit Alaun gebeitzte Zeuge , wenn Zinnchlorid und Salzsäure zugesetzt wird. So wie in den Rubiaceen eine Reihe von Gerbsäuren C,4 Hg 0„ sich enthalten zeigt, haben Avir in den Ericineen eine Reihe von Gerbsäuren C^ H^ 0„. Sie sind aber nicht in der Weise zusam- mengesetzt, dass ihr Kohlenstoff wie bei den Gerbsäuren der Rubiaceen sich in zweierlei Weise, in zAvei Gruppen vertheilt darin befindet, sie verlieren nur Wasser bei der Behandlung mit Säuren oder dessen Elemente, während die Säuren der Rubiaceen dabei eine Spaltung er- leiden. Ausser den angeführten Säuren enthalten alle angeführten Pflan- zen einen indifferenten Stoff, das Ericolin , welches mit Säuren in Avässeriger Lösung erwärmt nebst andern Producten ein ätherisches Ol liefert. Die grösste Menge von diesem Stoffe ist in Ledum pa- lustre enthalten, zunächst steht in dieser Beziehung Arctostaphy- los uva ursi, Calluna vulgaris, Erica herhacea und Rhododeri' dron ferrv gineum enthalten davon äusserst wenig. Fertig gebildetes ätherischesÖl ist in allen den an- gegebenen Pflanzen enthalten. Calluna vulgaris, Erica herhacea ^) Das Öl der Gaultheria procumbens aus dieser Familie ist salicylsaures Methyloxyd. Die Salicylsäure Cj^ Hg Og gehört ebenfalls dieser Reihe an. Sitzb. d. mathem.-natiirw. n. IX. Bd. FI. Hft. 21 312 Rochleder. Über die natürliche Familie der Ericinene. und Arctostaphylos enthalten davon nur Spuren , Ledmn palustre am meisten, etwas weniger Rhododendron ferrugineum. Fett in geringer Menge, Chlorophyll und eine bedeutende Menge Wachs ist in den Blättern aller dieser Pflanzen enthalten. In Calluna vulgaris in Erica herbacea und Ledum palustre sind Stoffe enthalten, die indie Pectinreihe gehör en, in Rhodo- dendron ferrugineum, und Arctostaphylos wurde nichts davon wahrgenommen. Citronsäure ist in Ledum palustre nachgewiesen, aller Wahrscheinlichkeit nach ist diese Säure auch in den übrigen Pflanzen in sehr geringer Menge vorhanden. Wir haben in der Familie der Rubiaceae eine Reihe von Kör- pern (Gerbsäuren) mit 14 Äquivalenten KohlenstofT, fast durchgehends begleitet von Substanzen mit 12 Äquivalenten Kohlenstoff (Citron- säure und Chinovasäure) und weniger hervortretend eine dritte Reihe, deren Glieder (Alizarin , Chinin , Cinchonin) 20 Äquivalente Kohlenstoff enthalten. In der Familie der Ericineae finden wir ebenfalls eine Reihe (Gerbsäuren) mit 14 Äquivalenten Kohlenstoff und eine zweite, deren Glieder 20 Äquivalente Kohlenstoff enthalten. Die ätherischen Öle des Ledum palustre und Rhododendron ferrugineum enthalten Coo und das Ericinol, das aus dem Ericolin entsteht, enthält ebenfalls 20 Äquivalente Kohlenstoff. Das Arbutin des Arctostaphylos uva ursi ist die Zuckerverbindung des Arctuvin, welches ebenfalls 20 Äquivalente Kohlenstoff enthält. (Arctuvin = Czo HxQ O7). Denkt man sich 5 Äquivalente Sauerstoff" im Arc- tuvin durch 5 Äquivalente Wasserstoff ersetzt, so haben wir C^2o Hi^ O2, die Zusammensetzung des Öles, welches Willigk aus dem Ledum mittelst Schwefelsäure darstellte. Es wird mein Bemühen dahin gerichtet sein , mir das Material zur Untersuchung mehrerer Pflanzen dieser Familie zu verschaffen, um die Kenntnisse, die wir davon besitzen, so wie auch die Unter- suchung der Familie der Rubiaceae zu vervollständigen. Kiiwalier. Üher das Corianderöl. «{13 Über das Corianderöl. Von A. Kawalier. Die Früchte von Coriandriim sativum wurden zerstossen und mit Wasser der Destillation unterworfen. Das auf dem überdestil- lirenden Wasser schwimmende Ol ist blassgelblich, beinahe farblos und besitzt in hohem Grade den Geruch und Geschmack des Corian- ders. In sehr verdünntem Zustande ist der Geruch dieses Öles dem der Pomeranzenblüthen ähnlich. Sp. G. bei 14* C. = 0,871, der Siedepunkt 150» C. Um die Zusammensetzung dieses Öles zu ermitteln wurde es über Chlorcalcium stehen gelassen , und von dem Chlorcalcium ge- trennt für sich destillirt. I. 0,3633 Substanz gaben 1,0336 CO, und 0,3810 Aq. IL 0,3396 Substanz gaben 0,9715 CO^ und 0,3572 Aq. Eine grössere Menge des Öles wurde in einer Retorte im Öl- bade einer Temperatur ausgesetzt, bei welcher das Öl nicht zum Sieden kam. Der zuletzt abdunstende Theil des Öles wurde zur Analyse verwendet. Die Luft war bei dem Versuche durch Kohlen- säure aus dem Destillirapparate entfernt. III. 0,2677 Substanz gaben 0,763 CO^ und 0,281 Aq. Dies entspricht folgender Zusammensetzung in 100 Theilen: 10 Äq. Kohlenstoff 9 Äq. Wasserstoff 1 Äq. Sauerstoff . Die Formel Ci^H^O ist dieselbe, welche die Zusammenset- zung des Borneocamphers ausdrückt. Das Corianderöl ist daher als das Hydrat eines, dem Terpentinöl gleichzusammengesetzten Öles zu betrachten. C,« Ä^ O = C.« //s + HO. Wird das Öl mit wasserfreier Phosphorsäure gemengt , der De- stillation zu wiederholten Malen unterworfen, so erhält man ein gelb- lich gefärbtes, Aviderlich riechendes Öl von der Zusanunensetzung des Terpentinöls. 0,3080 von diesem Öle gaben 0,997 CO^ und 0,327 Aq. 21 * Berechnet. Gefunden. "^^""^ - I. II. III. . 750,0 — 77,92 — 77,62 - 78,01 — 77,73 . 112,5 — 11,69 - 11,64 - 11,69 — 11,63 . 100,0 — 10,39 — 10,74 — 10,.30 — 10,64 9l>.i,5 — 100,00 — 100,00 — 100,00 — 100,00 314 Hawaii er. Über das Coriantleröl. Dies gibt, auf lOOTheile berechnet, folgende Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. 10 Äquivalent. Kohlenstoff = 750 — 88,23 — 88,28 8 „ Wasserstoff == 100 — 11,77 — 11,78 8S0 — 100,00 — 100,00 Es wurde in das rohe Öl ein Strom von Salzsäure-Gas geleitet, und durch Umlegen des Gefässes mit Eis dafür gesorgt, dass die Temperatur nicht zu hoch steigen konnte. Es wurde auf diese Weise keine krystallisirte Verbindung erhalten. Das Product der Einwir- kung wurde mit Wasser, dem etwas kohlensaures Natron zugesetzt war gewaschen, über Chlorcalcium getrocknet und der Analyse unter- worfen. I. 0,3586 Substanz gaben 0,8877 CO^ und 0,328 Aq. II. 0,3780 Substanz gaben 0,324 Aq. III. 0,4155 Substanz gaben 0,3388 Chlorsilber. Dies entspricht in 100 Theilen folgender Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. 40 Äquiv. Kohlenstoff = 3000,00 — 67,81 — 67,51 — 67,51 35 „ Wasserstoff = 437,50 — 9,89 — 10,50 — 9,52 2 „ Chlor = 886,56 — 20,04 — 20,40 — 20,40 1 „ Sauerstoff = 100,00 — 2,26 — 1,59 — 2,57 4424,06 —100,00 —100,00 —100,00 C,o ffs5 Ch O = (a„ H,,,HO + HCl) + (Qo H,e, Cl H). Eine andere Quantität von zerstossenem Coriander gab mit Was- ser destillirt ein Öl, das in allen seinen Eigenschaften mit dem eben erwähnten übereinstimmte. Es wurde mit Chlorcalcium entwässert und für sich der Destillation unterworfen, bei einer nicht bis zum Sieden steigenden Temperatur. Das zuerst Abgedunstete besitzt (wie die Analyse I zeigt) dieselbe Zusammensetzung, wie der zuletzt (230» C.) abgedunstete Antheil (Analyse II). I. 0,2955 Öl gaben 0,9282 CO^ und 0,3080 Aq. II. 0,3606 Öl gaben 1,1302 CO^ und 0,3770 Aq. Papouiek. Über das flüchtige Öl des Ingwer. 315 Dies gibt auf 1 00 Theile berechnet : Berechnet. Gefunden. I. II. 80 Äquiv. Kohlenstoff = 6000,0 — 85,41 — 85,67 — 85,47 66 „ Wasserstoff = 825,0— 11,74— 11,58— 11,59 2 „ Sauerstoff = 200,0 — 2,85 — 2,75 — 2,94 7025,0 — 100,00 — 100,00 — 100,00 Qo Hee 0,=^ (C.o ffiO + '^ffO oder 2(0,0 ffi6') + 2 (C,oH,„ HO). Das Corianderöl ist diesen Erfahrungen nach ein Ol aus der Familie der Camphene, und enthält verschiedene Quantitäten von Hy- dratwasser, die durch wasserfreie Phosphorsäure (nicht durch Chlor- calcium) entzogen werden können, wodurch es in einen mit dem Terpentinöl isomeren Kohlenwasserstoff übergeht. Die Früchte des Coriander werden zum Würzen von Backwerk und dergleichen häufig in Anwendung gebracht. Es ergibt sich aus den angeführten Resul- taten, dass der Coriander zu den Gewürzen der Camphengruppe ge- hört, wohin die Gewürznelken, Neugewürz, Pfeffer, Wachholder, Kümmel, Petersilien, Calmus, die Fruchtschalen der Citronen, Pome- ranzen und Apfelsinen und der Wermuth zu zählen sind. Über das flüchtige Öl des Ingwer. Von A. Papoas'ek. hieWurzel von Zingiber officinale Rose, enthält nach Morin ein ätherisches Öl. Um dasselbe in hinreichender Menge zu erhal- ten, wurde Ingwer mit Wasser der Destillation unterworfen. Es ging mit dem Wasser ein gelb gefärbtes Öl über, das den Geruch des Ingwer im hohen Grade besass und brennend, gewürzhaft schmeckte. Der Siedepunkt desselben war 246" C, das sp. Gewicht betrug 0,893. Das rohe Öl wurde durch Stücke von geschmolzenem Chlorcalcium entwässert und in einer Retorte bei einer Temperatur erhalten , die den Siedepunkt nicht erreichte. Es dunstete bei 150" C. ein farbloses Öl ab , welches bei der Analyse folgende Zahlen gab : 0,2965 Öl gaben 0,881 COo und 0,309 Aq. 316 Papousek. Über das flüchtige Öl des Ingwer. Dies entspricht in 100 Theilen folgender ZusammensetzAing : Berechnet. Gefunden. 80 Äquivalent. Kohlenstoff . . . - 69 „ Wasserstoff . . . - 5 „ Sauerstoff ... - 81,49 - - 81,03 11,72 - - 11,58 6,79 - 7,39 100,00 - - 100,00 ^HO. ^80 -"69 ^5 ^80 "«4 + Dieses Öl ist demnach ein Gemenge von Hydraten eines dem Terpentinöl isomeren Kohlwasserstolfes. Da sich bei weiter fortgesetztem Erhitzen das Ol dunkler färbte und eine Zersetzung erlitt, die sich durch die Bildung von Wasser zu erkennen gab, so wurde die Destillation nicht weiter fortgesetzt. Das rohe Öl wurde zu wiederholten Malen mit wasserfreier Phosphorsäure destillirt. Das gelblich gefärbte Destillat gab bei der Analyse folgende Zahlen : I. 0,209 Öl gaben 0,6745 CO^. II. 0,382 Öl gaben 0,4085 Aq. Auf 100 Theile berechnet sich hieraus folgende Zusammen- setzung : Berechnet. Gefunden. 10 Äquivalent. Kohlenstoff ... — 88,24 — 87,99 8 „ Wasserstoff ... — 11,76 — 11,88 100,00 — 99,87 Die Formel C,o Hs stellt dieses Öl neben die zahlreiche Menge von Kohlenwasserstoffen die man mit dem Namen der Camphene zu bezeichnen pflegt. Die Trennung des Hydratwassers von dem Koh- lenwasserstoffe scheint durch die Einwirkung der Salzsäure ebenso leicht vor sich zu gehen, wie durch die Action der wasserfreien Phosphorsäure. Wird salzsaures Gas in das rohe Ingweröl geleitet, so färbt sich dieses braun, auch wenn durch Abkühlung dafür gesorgt wird, dass die Action nicht zu heftig werde. Das braune, mit Salzsäure ge- sättigte Öl wurde mit Wasser gewaschen , dann mit Wasser der De- stillation unterworfen und das chlorhaltig gelblich gefärbte Product über Chlorcalcium getrocknet. Wie sich aus der Analyse ergibt, hat bei diesen behufs der Reinigung vorgenommenen Operationen die salzsaure Verbindung sich theilweise zerlegt, und sich ein Gemenge Jordan. Mergel von Finstergraben. 317 einer salzsauren Verbindung in noch unverändertem Zustande mit einem Kohlenwasserstoff gebildet, der seinen Gehalt an Salzsäure verlor. 0,372 Substanz gaben 1,0015 Kohlensäure und 0,347 Wasser. Dies entspricht folgender procentiger Zusammensetzung : Berechnet. Gefunden. Qo — -73,45 - - 73,39 H,, — 10,25 - - 10,36 eis — 16,30 100,00 Cgo Ä'öT CI3 = Qo H^!i + 3 CIH. Diese Formel lässt sich in folgen- der Weise spalten 3 (Qo H^^, CIH) + Co« H^^. Es gehört das Ingweröl demnach in dieselbe Classe ätherischer Öle, wie das Corianderöl. Der in der Kochkunst häufig als Gewürz gebrauchte Ingwer ge- hört demnach ebenfalls zu den Gewürzen der Camphengruppe. 55,82 pCt. in CIH löslich. Mergel von Finstergraben in der Gosaii. Analysirt von W. Jordan. Kali 0,50 Eisenoxyd .... 8,00 Kohlensaurer Kalk . 41,69 KohlensaureMagnesia 5,31 Kieselsäure . . . 0,32 Spuren von Phosphor- säure und Mangan. Magnesia .... 0,76 Eisenoxyd . . . 4,18 Kieselsäure . . . 30,80 Thonerde .... 8,13 Zusammen '. . 99,69 Procente. Der Mergel Mar vom Hrn. Professor Dr. Reuss mitgetheilt. 43,87 pCt. in C7^ unlöslich. 318 Grie Singer. Über die pathologische Anatomie Vorträge. Über die pathologische Anatomie des in Egypten vor- kommenden biliösen Typhoids. Von Prof. W. Griesinger. Während nach meinen Erfahrungen der Typhus mit Darmgeschwüren in Cairo selten ist, während eine dem Typhus - Fever der Englän- der analoge Krankheitsform zwar häufig beobachtet, aber bei grosser Gutartigkeit des Verlaufs selten Gegenstand anatomischer Untersu- chung wird, so ist dagegen durch grosse Frequenz und häufige Tödt- lichkeit eine acute Krankheit ausgezeichnet, welche wohl am passend- sten als biliöses Typhoid bezeichnet wird. Von früheren Beobachtern in anderen Gegenden ist sie zum Theil als „remittirendes Fieber warmer Länder," zum Theil wohl auch als „gelbes Fieber" bescbrie- ben worden; von anatomischer Seite ist sie noch nie hinreichend er- forscht, ja fast ganz unbekannt, wesshalb ich gerade diese Seite des Gegenstandes vor Allem einer Darstellung werth erachtete. Meine Untersuchungen wurden sämmtlich im Hospitale von Casr-el-Ain in Cairo angestellt; aber ich habe die Gewissheit, dass die Krankheit auch im übrigen Egypten und in den oberen Nilländern häufig vorkommt. Ihre Dauer ist in der Regel kurz, von S oder 6 bis 10 oder 14 Tagen. Sie verläuft unter stürmischen Fieber-Erscheinungen mit star- kem Schwindel, Gliederschmerzen, Empfindlichkeit des Epigastriums und der Hypochondrien, Milzvergrösserung, zuweilen starken galli- gen Ausleerungen ; bald stellen sich Ikterus, Prostration, Delirium, Stupor, öfters Petechien oder andere Blutungen ein, neben verschiede- nen andern Symptomen, welche den einzelnen rasch sich bildenden, gleich näher zu beschreibenden Lokal-Affectionen angehören. Diese bestehen im Allgemeinen in Catarrhen oder croupösen Entzündungen einzelner Schleimhäute, namentlich der des Nutritionscanals, in Schwel- lung der Leber, Nieren, Milz und Mesenterialdrüsen, Entzündung der beiden letzteren, leichteren Exsudativprozessen auf einzelnen serösen Häuten, Absatz von Gallenpigment in die Haut und die inneren Theile. Dabei findet Ecchymosenbildung in vielen Organen und meist Auf- zehrung der Blutmasse Statt, wahrscheinlich mit Vermehrung des des in Egypten vorkommenden biliösen Typhoids. 319 Blutfibriiis. Der Tod erfolgt am häufigsten um den 6 — 8"" Tag der Krankheit, Ich Merde nun, ohne in zu viele Details einzugehen, die einzel- nen pathologisch-anatomischen Thatsachen übersichtlich zusammen- stellen und die wichtigeren derselben mit Zahlen belegen. Es wurden im Ganzen 92 Leichen von an biliösem Typhoid Verstorbenen unter- sucht, alle männlichen Geschlechts, Soldaten oder Arbeiter; die grosse Mehrzahl der Individuen war im mittleren Lebensalter ; 18 Ge- storbene waren unter 16 Jahren; nur dreimal waren es ältere ihrem Äusseren nach über 50jährige Individuen. In der Mehrzahl der Fälle waren es kräftige, wohlgenährte, zuweilen mit leichteren Graden von Anämie — einem unter dem egyptischen Militär sehr verbreite- ten Leiden — behaftete Individuen. Die Leichen zeigten in der Regel bald eintretende nur sehr massig ausgesprochene und schnell vorübergehende Todtenstarre und raschen Eintritt der Zersetzung. Bei Individuen mit heller Hautfarbe waren die allgemeinen Decken öfters leicht ikterisch gefärbt ; constanter und viel deutlicher war diese Färbung an der Sclerotika des Auges zu bemerken. In einer ziemlichen Anzahl von Fällen zeigte sich äusserlich noch keine Spur von Ikterus, während einzelne innere Organe und namentlich das Fibrin des Blutes schon eine entschiedene gallige Färbung er- kennen Hessen. In 15 — 20 Fällen fehlte jede Spur von Ikterus, auch in den inneren Organen; hierunter sind einige sehr frühzeitig und einige erst an Nachkrankheiten Gestorbene, so dass also ein ge- wisser Grad von galliger Färbung der Organe oder des Blutes auf der Höhe der Krankheit weitaus die Regel bildet. Ausserdem zeigten die allgemeinen Decken in einer massigen Anzahl von Fällen Petechien auf Brust und Bauch, aber selten in star- ker Verbreitung. Ein ziemlich verbreitetes Roseola-Exanthem auf der Brust und den Armen wurde an der Leiche eines sehr frühzeitig nach dem Tode secirten Knaben von heller Hautfarbe bemerkt, in einigen Fällen auch Herpes an den Lippen oder der Nase. Hirnhäute und Hirn. Der Schädelinhalt wurde nur in 73 Fällen untersucht; unter den übrigen 19 Leichen war eine Anzahl Neger, deren Schädel zu anderen Zwecken präparirt wurden. 320 Griesinger. Über die pathologische Anatomie Der Längenblutleiter der harten Hirnhaut enthielt in der Regel einen weichen Strang von geronnenem Fibrin, mit etwas wässerigem Blut. Auf der Innenfläche der harten Hirnhaut fand sich in 18 Fällen eine dünne Schichte eines weichen, fast schleimigen Exsudates; solches 12mal bei Blutarmuth der zarten Hirnhäute, 5mal bei mittlerem, Imal bei vermehrtem Blutgehalte derselben. Die zarten Hirnhäute zeigten sich 52mal entschieden blutarm, worunter öfters fast vollkommen anämisch; 18mal war der Blutgehalt ein mittlerer; nur 3mal schien er vermehrt. In 10 Fällen wurden frische Blutergüsse von mitunter sehr bedeu- tendem Umfang in das Gewebe der Pia mater beobachtet — Smal bei sonst blutarmen, 2mal bei mittel-bluthaltigen Häuten. Eine erheb- liche Serumausscheidung auf die Gehirnoberfläche oder in die Ven- trikel war äusserst selten ; die letzteren enthielten fast immer die gewöhnliche Menge heller Flüssigkeit. Die Gehirnsubstanz war gleichfalls in der Mehrzahl der Fälle blutarm, das auf der Schnittfläche austretende Blut meistens dünn, wenig gefärbt, und die Consistenz der Hirnmasse hie und da auffal- lend fest. Schlund und Kehlkopf. Diese Theile wurden in 63 Fällen untersucht. Am Pharynx fand sich 14mal keine Veränderung, ISmal Catarrh, d. h. eine in der Regel leichte Schwellung und Injection der Schleimhaut mit schleimigem oder schleimig-eitrigem Secret, öfters mit erheblicher Schwellung der Mandeln. 38mal, also in mehr als der Hälfte der Fälle, zeigte die Schleim- haut des Pharynx eine entschieden croupöse Entzündung. Ein zu einer meist dünnen Haut geronnenes gelbliches oder blutig tin- girtes Exsudat bedeckte hie und da die ganze Pharynxschleimhaut, öfter nur einzelne Stellen derselben, bald fest aufsitzend, bald schon gelockert. Die Schleimhaut darunter war in der Regel stark in- jicirt, zeigte wohl auch kleine Blutextravasate und in den späteren Zeiträumen der Krankheit sehr häufig seichte scharf ausgeschnittene Erosionen. Mit dem Catarrh des Pharynx war in etwa der Hälfte der Fälle derselbe Process an der Schleimhaut des Larynx-Einganges und des Kehlkopfes selbst zu bemerken. Noch häufiger, nämlich 21mal, setzte dos in Egy|)ten vorkommenden biliösen Typlioiil.s. 321 sich der Croup des Pharynx auf die Luftwege in verschiedener Aus- dehnung fort. — In 2 Fällen war der Exsudativprocess über den grössern Theil der Larynx- und Tracheal-Schleinihaut ausgebreitet. In den meisten Fällen aber griff er nicht weiter als auf den Kehl- deckel. Bald war dessen Schleindiaut auf der obern und untern Fläche in grossem Umfange geschwollen, injicirt und mit Exsudat belegt, bald waren es nur die Seilenränder, die einen sehr fest sitzenden, aber dünnen Exsudatstreif zeigten, oder es fand sich eine seitliche scharf ausgeschnittene Erosion des Kehldeckels (6mal in sehr stark ausgesprochenem Grade). In 18 Fällen bot die Kehlkopfschleimhaut über dem M. trans- versus Veränderungen dar : 6mal bloss croupöses Exsudat, 12mal Erosionen oder Geschwüre, rundlich, scharf ausgeschnitten, öfters schon den Muskel und die Knorpel biossiegend, vollkommen identisch mit der einen Form von Larynx-Geschwüren in unserem Abdominaltyphus. In einem Falle war zugleich mit starker Schwellung und Injection der Pharynxschleim- haut, mit seitlicher Erosion des Kehldeckels und feinen Erosionen über dem Musculus transversus, das submuköse Gewebe im Zäpfchen und im Gaumensegel mit einem reichlichen eitrigen Exsudate infiltrirt. Wenn die erwähnten Processe im Pharynx oder Larynx statt hatten, so waren häufig die Lymphdrüsen am Winkel des Unterkiefers und die tiefer gelegenen , welche die grossen Gefässe längs des Hal- ses begleiten, mehr oder Aveniger geschwollen; in 10 Fällen waren diese letzteren Drüsen stark hyperämisch und acut infiltrirt. Eine in Eiterung übergegangene Parotitis kam nur Inial vor. Pleura und Lunge. Ausser dem häufigen Befunde älterer pleuritischer Anheftun- gen und dem Vorhandensein eines ikterischen Serums in der Pleura- höhle boten die Pleuren folgendes Bemerkenswerthe dar. lOmal unter den 92 Fällen zeigten sie beschränkte oder um- fangreichere Ecchymosirung , lOmal einen allgemeinen sehr dünnen klebrigen Exsudatüberzug, 8mal war ein reichlicheres frisches über- wiegend flüssiges pleuritisches Exsudat vorhanden, worunter 3mal mit Pneumonie. Die Lungen waren in 44 Fällen entschieden blutarm, nur Imal allgemein hyi)erämisch. In der Regel waren sie mehr trocken, oder 322 Griesinger. Über die pathologische Anatomie nur massig durchfeuchtet; ein höherer Grad von Lungenödem wurde nur 11 mal beobachtet. Catarrh der mittleren und feineren Bronchialverzweigung kam in höherem Grade 12mal vor als dunkle Röthung und Schwellung der Schleimhaut mit zähem oder eitrigem Secrete, namentlich im Bereich der hinteren und unteren Theile der Lunge. Eine hypostatische Splenisation der Lunge kam 2mal in grösserem Umfange vor. In 6 Fällen fanden sich apoplectische Heerde, meistens in grosser Menge durch beide Lungen zerstreut, höhnen- bis wallnussgross, trocken, luftleer und meistens in einem sonst sehr blutarmen Gewebe. Einmal war bei umfangreichen, blutigen Infarcten eine copiose Blu- tung in die Luftwege erfolgt, welche wahrscheinlich Todesursache geworden war. 8mal kamen lobäre Hepatisationen, mitunter einer ganzen Lunge, vor. Ihre Beschaffenheit war verschieden, in einigen Fällen grau- röthlich, auf der Schnittfläche granulirt, in andern war es eine schlaffe, ein unplastisches Product setzende Infiltration. In 12 Fällen kamen lobuläre Hepatisationen vor, immer mit Ca- tarrh, häufig mit Ödem; die befallenen Stellen waren in der Regel blass graugelblich, kaum oder gar nicht granulirt. Einmal kam ein jauchiger in die Pleura durchgebrochener Ab- scess der Lunge, einmal innerhalb einer umfangreichen pneumoni- schen Infiltration Lungenbrand vor. Die Bronchialdrüsen zeigten öfters eine erhebliche acute Schwel- lung und dies namentlich auch in 3 Fällen, wo die Lunge gar keine Veränderung darbot. 11 e r z. Der flüssige Inhalt des Herzbeutels zeigte sich in Bezug auf seine Menge verschieden , von einer völligen Trockenheit an bis zu sehr reichlichen Mengen Serum. In sehr vielen Fällen war das- selbe gallig gefärbt. Unter den 92 Fällen zeigte 35mal der Herzbeutel, und zwar weit überwiegend an seinem visceralen Blatte, Ecchymosen. Dieselben waren mitunter sparsam, fein, punktförmig; in anderen Fällen bil- deten sie, namentlich um den Ursprung der grossen Gefässe herum, grössere unregelmässige Platten. — In einigen wenigen Fällen war auch das Endokardium ecchymosirt. des in Egypten vorkommenden biltüsen Typhoids. 323 13mal kam pericarditisches Exsudat vor, einmal reichlich, eitrig, flockig (um den 12'*" Tag der Krankheit abgesetzt), einmal pseudo-menibranös , in den übrigen Fällen nur in der Form feiner dem Fluidum beigemengter Fibrinflocken. In mehreren dieser Fälle war das oben erwähnte Exsudat auf der dura mater oder auch Pneumonie oder Pleuritis zugleich vorhanden. Der Herzmuskel war in der Mehrzahl der Fälle schlafl" und ziem- lich blass; chronische Herzleiden, wie Hypertrophie, Klappenfehler, waren öfters, aber nur in leichten Graden zugegen. Endokarditis kam 2mal vor, d. h. in beiden Fällen fand sich auf dem dem Vorhof zugekehrten Rande der Mitralklappe ein Saum fri- scher festsitzender feiner Fibringranulationen. Das einemal war der Tod am 7 — 8**" Tage der Krankheit erfolgt: die Leiche zeigte Blutar- muth des Gehirns und der Lungen mit einer kleinen Hypostase; frische, festaufsitzende, pseudomembranöse Exsudatflecke auf demVi- sceralblatt des Pericardiums, im Herzen nur Fibringerinnungen, die zum Tlieil fest adhärirten, nebst den erwähnten Granulationen. Die Leber gross, grobkörnig, blass, die Lymphdrüsen in der Porta geschwollen und erweicht; massiger, frischer Milztumor von dunkelvioletter Farbe ohne Entzündungsproducte; acuter Magencatarrh mit haemorrhagi- schen Erosionen, der sich bis ins Duodenum fortsetzt; viel Galle im Darmcanal, die Solitaerfollikel des Heum geschwollen, die Mesenterial- drüsen massig geschwellt und infiltrirt; etwas Ikterus. — Der andere Fall betraf ein öO — GOjähriges Individuum mit Ikterus, geringem Rachencroup, Verdickung und Rigidität des Klappen-Apparates im linken Herzen; das Herz enthielt neben den erwähnten Granulationen derbes Fibrin mit viel schwarzem Blutcoagulum ; die Leber gross, blass, mürbe; die Milz etwa aufs Doppelte vergrössert, brüchig, mürbe, roth- braun mit entwickelten weissen Körpern und mehreren haselnuss- grossen, tief eindringenden, fibrinösen, festen keilförmigen Exsudat- heerden. Viel Galle im Darmcanal, die Schleimhaut überall blass; die Nieren geschwollen, massig bluthaltig. Blut. Das Herzblut in den Leichen bot grosse Verschiedenheiten dar. Unter den 92 Fällen war 21mal gar kein oder nur eine unerheblich kleine Menge Fibrin ausgeschieden. In diesen Fällen war das Blut 6mal ganz flüssig, 15mal bildete es lockere weiche Coagula. In den 324 Griesinger. Über die pathologische Anatomie übrigen 71 Fällen fanden sich immer erhebliehe FaserstofF-Gerinnun- gen, 2Smal mit einem noch entsprechenden Antheile eines gewöhnlich dunkeln und locker geronnenen Blutes; 44mal aber war bei einer beträchtlichen FaserstofTausscheidung sehr wenig , ja fast gar kein Blut im Herzen und im übrigen Gefäss - Systeme aufzufinden , und das wenige dann in der Begel dünn und hellroth. In diesen Fällen fand offenbar Fibrinvermehrung neben acuter Aufzehrung der übri- gen Blutbestandtheile Statt. Im Allgemeinen gehörte dieser Befund den vorgeschritteneren Zeiträumen der Krankheit an; bei früher etwas anämischen Individuen schien aber, wie leicht begreiflich, dieser Process der Aufzehrung der Blutmasse sehr rasch erfolgen zu können. Der ausgeschiedene Faserstoff war in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle stark gelb (gallig) gefärbt, serös imbibirt, also weich ; nur selten war er derb und zähe. Die Farbe des Blutes in den Fällen, wo dasselbe flüssig war, war in der Begel mehr bräunlich roth, kirschroth , doch in einzelnen Fällen auch mit einem sehr entschiedenen Stich ins Violette. Die Fälle, avo Petechien auf der Haut, oder BIut-Extravasate in innere Theile vorkamen, waren gerade in der grossen Mehrzahl solche mit starken Fibringerinnungen im Herzen und Aufzehrung des Bluts. — In mehreren Fällen wurden auch während des Lebens kleine Mengen Blutes zum Behuf der Untersuchung entzogen; mehrmals wo Pete- chien und Ikterus da waren , gerann das Blut schnell und vollständig und wurde an der Luft schnell und stark hellroth ; bei vorhandener Pneunomie oder Pericarditis bildete es eine Crusta. Dabei war die Neigung der Blutkörper zur geldrollenartigen Verklebung im Durch- schnitt massig , wohl geringer als im Normalen. Die Zahl der farb- losen Körper wurde während des Lebens im Blute der Hautvenen im- mer gering gefunden; im Blut des rechten Herzens fand sie sich in einzelnen Fällen vermehrt. Leber. Die Leber bot sehr häufige und sehr wichtige Veränderungen dar. In einem Drittheil der 92 Fälle war frische Leberperitonitis vorhanden , nämlich bald eine zusammenhängende , dünne , weiche, gelbe Pseudomembran auf der convexen Fläche, bald ein mehr zer- theiltes Exsudat in dünnen Schüppchen oder Fetzchen, zuweilen auch des in Egjpten vorkoniineiHlen biliösen Typhoids. 325 auf der unteren Seite der Leber. Hatte die Kranklieit etwas länger gedauert, so fand man diese Exsudate bereits in zellgewebiger Me- tamorphose. Diese Leberpcritonitis kam auch in einigen Fällen vor, wo kein Ikterus da war. Sie gehörte ganz überwiegend den Fällen an, wo die Leber gesdnvoUen war, und dürfte sich auch wohl am richtigsten aus einer raschen, wenn auch nicht sebr bedeutenden Ausdehnung des. Organs erklären lassen. Sehr häufig, nämlich in mehr als der Hälfte der Fälle hatte die Leber eine massige acute Schwellung erfahren, erkennbar an der Ab- stumpfung der Ränder und straffen Spannung der Hülle mit einiger Zunahme des Volums. Es kamen auch Fälle vor, wo zwar das Gesammtvolum der Leber das normale oder eher klein war, und doch die Ränder nicht unbedeutende Abstumpfung und Schwellung zeigten. In einem Falle war ein massiger Grad gelber Atrophie vorhanden; das Volum des Organs war etwas vermindert, die Substanz gleichförmig citrongelb, sehr schlaff und zähe, ungemein blutarm, und das wenige Blut ganz wässerig. Das Blut im Pfortaderstamme war dabei hell car- minroth, sehr dünnflüssig und wenig färbend, die Galle in der Blase sehr reichlich, theerartig, dunkel und dick mit pulverigen Ausschei- dungen. Dieser Fall betraf einen etwa 20jährigen Berberiner, der 12 Tage im Spital gewesen. Es war bloss Ikterus der Innern Theile vorhanden; Anämie des Hirns und der Hirnhäute, Anämie der Lungen mit derben, sehr fein geschichteten Blut- und Fibrinpfröpfen in ihren Gefässen und Bronchialcatarrh. Im Herzen sebr weiche, dunkle Blut- gerinnsel mit schleimig weichem, rothgefärbten Faserstoff; in der Milz eine Menge keilförmiger, graugelber, etwas mürber Exsudatherde; Magen und Darmschleimhaut blass mit reichlicher Schleimsecretion, der Darm-Inhalt grauröthlich, wässrig; starker Croup im Endstück des Ileum mit Schwellung sämmtlicher Darmhäute; Catarrh des Dickdarms; Injection und geringe Schwellung der Mesenterialdrüsen. Die Nieren sehr blutarm, die linke etwas geschwollen und weich, im Nierenbecken trübes , grauröthliches Fluidum, der Urin der Blase nicht ikterisch. — Ausserdem war das Lebergewebe in sehr vielen (46) Fällen gallig getränkt, von einer hoch- bis orangegelben gleichmässigen Färbung, blutarm und von etwas weicher, schlaffer Consistenz. Die- ser Zustand kam zuweilen auch bloss stellenweise, auf einzelne Ab- schnitte der Leber beschränkt, vor. Die so befallenen Stellen zeigten 326 Griesingcr. Über die pathologische Anatomie einen das Normale weit übersteigenden Gehalt an Fett, in freiem Zu- stande und in den Leberzellen. Die Fälle mit galliger Tränkung der Leber waren fast sämmtlich Ikterische. Auch wo diese Veränderungen nicht vorhanden waren , war der Blutgehalt der Leber meistens gering, unter dem gewöhnlichen; nur 12mal wurde eine wirklich blutreiche Leber beobachtet. Chronisches Leberleiden, namentlich ein massiger Grad von Cirrhose, war bei mehreren Individuen vorhanden. Das Blut des Pfortaderstammes, in 35 Fällen untersucht, war in der Regel copios; 17mal war Faserstoff, zum Theil auch hier in Menge ausgeschieden; 5mal hatte es nur Blutcoagula gebildet, 4mal war es ölig, 9mal dünnflüssig. Das Blut der Milzvene war Inder über- wiegenden Mehrzahl der Fälle, wo es untersucht wurde, dünnflüssig. Die Galle der Gallenblase war mit Ausnahme weniger Fälle reichlich; in etwa der Hälfte der Fälle sehr zähflüssig, dick und dunkelgefärbt, theerartig, und es war dies namentlich die Regel in den Fällen, wo das Lebergewebe gallige Tränkung zeigte. In der ande- ren Hälfte der Fälle war eine mehr dünn-flüssige, zuweilen schmutzig graugrüne, hellgelbe oder braune Galle vorhanden. In wenigen Fällen zeigten auch die Wände der Gallenblase Ecchymosen; in sehr wenigen andern eine massige, ödematöse Ver- dickung ihrer Häute. So oft die Gallengänge in Bezug auf ihre Wegsamkeit untersucht wurden, konnte nie ein mechanisches Hinderniss des Abflusses aus dem ductus choledochus in den Darm bemerkt werden, wie denn auch die Darm-Contenta in der Regel stark gallenhaltig waren. In mehreren Fällen^ wo die Galle der Gallenblase dunkel schwarz- grün und sehr dick war, floss bei leichtem Drucke auf die Gallen- gänge eine hellgelbe, dünne (Leber-) Galle ins Duodenum, und die Gallenblasengalle schien durch ihre zähe Beschaffenheit gehindert, abzufliessen. M i 1 z. Die Milz ist dasjenige Organ, welches noch mehr als die Leber constante und bedeutende Abweichungen zeigte. Sie war in keinem einzigen Falle ganz normal. In einer gewissen Anzahl von Fällen fanden sich auf der Milz- hülle, wie auf der Leber frische peritonitische Producte, immer nur ih's in Kgvpten vorkoiitiiiLMulen biliösen 'lyplioids. 327 in geringer Menge; meist nur einige weiche Fibrinfäden. Wir glauben sie auch hier der rasch erfolgenden starken Spannung des Peritoneal- überzugs zuschreiben zu müssen. Schwellung der Milz \var in allen Fällen ohne Ausnahme vor- handen, wenn die Kranken auf der Höhe der Krankheit gestorben waren ; in einem späteren Zeitraum wurde sie hier und da wieder aufs normale Volum zurückgegangen gefunden , zeigte aber dann andere Spuren vorausgegangener Erkrankung. 86mal war Entzündung des Milzgewebes , 8mal blosser acuter Milztumor vorhanden. In den letzteren 8 Fällen zeigte das Organ eine Vergrösserung vom 2- bis 4- und öfachen des Normalen, in der Regel starke Turgescenz, eine mürbe lockere Consistenz , dunkelrothbraune oder mehr violette Färbung. In 4 dieser Fälle waren die Malpighischen Körper sehr reichlich entwickelt, als Bläschen mit einem Tröpfchen molkiger Flüssigkeit gefüllt, überall im Milzgewebe sichtbar. Ein- mal waren zugleich die der Milz nächstgelegenen Lymphdrüsen bedeutend acut geschwollen. In den 86 Fällen mit Milzentzündung ging die Volumsvermeh- rung vom doppelten bis zum 6- und 8fachen des Normalen, und wie stürmisch und heftig die Hyperämie, welche die Schwellung be- dingte, in manchen Fällen gewesen sein muss, zeigt das Smalige Vor- kommen der Ruptur der Milz. In diesen Fällen fand sich natürlich ein ziemlich bedeutendes Blutextravasat über der Milz mit mehr oder weniger Verbreitung in der Bauchhöhle. Einmal geschah die Zer- reissung auf der hintern Seite, 2mal am obern Ende durch eine Menge feiner zum Theil zusammengetlossener nach aussen etwas um- geworfener Sprünge. Trotz der Ruptur war in den beiden letzteren Fällen das Volum der Milz immer noch das 5- bis 6fache und die Hülle noch sehr stark gespannt. Das Gewebe der geschwollenen Milz war unter den 86 Fällen von Milzentzündung bei weitem am häufigsten dunkelbraunroth , von einer mürben, brüchigen Consistenz, in der Regel mehr trocken, selten breiigweich und darin blasser. In vielen Fällen waren sehr dunkle schwarzrothe, um ein gerin- ges festere Stellen, namentlich an der Milzperipherie und ohne scharfe Begrenzung mit dem vorhin beschriebenen Milzgewebe gemischt vor- handen, oft in bedeutender Ausdehnung, so dass die Schnittfläche Sitzb. d. mathem.-ualurw. Cl. IX. Bd. II. Hit. 22 328 Griesinger. Über die pathologische Anatomie eine unregelmässige durch das ganze Organ durchgehende, schwarz- rothe und heller braun- oder graurothe Marmorirung zeigte (Infarc- tus; zum Theil frühes Entzündungsstadium). In allen 86 Fällen waren aber ausserdem deutliche Entzündungs- producte vorhanden, und zwar in 2 verschiedenen Formen. In mehr als einem Yiertheile der Fälle kamen die bekannten, als spätere Entwickelung der erwähnten schwarzrothen Infarcte zu betrachtenden peripherisch gelagerten, keilförmigen, oder unregel- mässig in die Milz Substanz eingreifenden Exsudate vor; in allen Stadien ihrer Entwickelung, als graugelbe, später oft rein orange- gelbe (ikterische) , zuweilen von einem dunkel pigmentirten Saum umgrenzte Fibrinausscheidungen. Es kamen Fälle vor, wo nur ein einziger bohnengrosser der- artiger Herd da war , und wieder andererseits solche, wo das enorm geschwollene Organ von allen Seiten der Peripherie her mit so massenhaften Exsudaten durchsetzt war, dass neben denselben die eigentliche obwohl stark geschwollene Milzsubstanz kaum mehr ein Viertheil des gesammten Volums ausmachte. Öfters waren auch mehre successiv erfolgte Exsudatabsätze erkennbar. Mehrmals, namentlich bei diesen massenhaften Absetzungen des lienitischen Exsudates war dasselbe stellenweise jauchig zerfallen, necrosirt. In einem dieser Fälle enthielt die Milzvene reichliche feste, den Wandungen ziemlich stark adhärirende Fibringerinnsel. Ein anderesmal war, ohne Zweifel durch denselben Process, die ganze stark vergrösserte Milz zu einem brandig riechenden dunkeln dünn- flüssigen Brei aufgelöst, in welchem nur noch einzelne Flocken und Fetzen von Gewebe und Exsudat zu erkennen waren. Auch eine umschriebene Abscessbildung aus dem keilförmigen Exsudate kam vor, einmal mit Eröffnung ins Peritoneum; aber in der Mehrzahl der Fälle Avar die Metamorphose des Exsudats die günsti- gerein allmähliche Verkleinerung und Austrocknung ; wie denn auch die häufig in diesen Leichen vorgefundenen Reste alter derartiger Exsu- date mit oft ungemein starker narbiger Einziehung die späteren Folgen dieses Processes und zugleich das mehrmalige Befallenwerden mancher Individuen zeigten. Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass diese Form von Milz- entzündung mit grösseren peripherischen Herden vorzüglich solchen Fällen angehörte, wo die Krankheit etwas länger, etwa 11 oder 12 des in Kg'.V|iten vorkoiiiniendeii biliösen Typhoids. 329 Tage gedauert hatte; übrigens war diese Form häuflg mit der fol- genden eombinirt. In weit über der Hälfte der Fälle kam nämlich die Milzentzündung in anderer Weise, in Form kleiner durch das ganze Organ gleichförmig zerstreuter , meistens zu Tausenden vorhandener herdchen vor. Sie fanden sich vorzüglich in zweierlei Entwicklungsstadien. In einer früheren Periode stellten sie Stecknadelkopf bis hanfkorngrosse grau- gelbe oder grauröthliche, feste, etwas mürbe, ziemlich scharf umschrie- bene Exsudatpunkte dar. An einzelnen Stellen, besonders gegen die Peripherie hin, Maren in der Regel mehrere derselben zu grösseren Herden vom Umfange einer Erbse oder Bohne verschmolzen, oder Sassen sie doch an solchen Stellen sehr dicht gedrängt in Nestern beisammen, und es war deutlich, wie die keilförmigen zusammen hän- genden Herde in vielen Fällen aus dem Zusammentreten vieler solcher Exsudatpunkte an der Milzperipherie entstehen. Da, wo diese Form und dieses Stadium der Milzentzündung recht charakteristisch vorhanden i.st, kann man den Durchschnitt der Milz mit dem elfter grossen durch und durch mit feinen Speckstückchen durchsetzten Blutwurst vergleichen. Sehr häufig nun findet sich als späteres Stadium die eitrige Umwandlung dieser kleinen Exsudate; dann enthält die Milz Tau- sende von Abscesschen, jedes nur aus einem Tröpfchen Eiter beste- hend, meistens so, dass neben ihnen noch viele feste oder nur halb erweichte Exsudat-Punkte sich finden. Nicht leicht, vielleicht niemals fliessen diese kleinen Eiterherde zu grösseren Abscessen zusammen. Dieser Umstand , wie überhaupt jede etwas sorgfältigere Untersuchung lässt erkennen, dass diese zahlreichen disseminirten Exsudate und die daraus hervorgehenden Abscesschen durchaus den Malpighischen Körpern angehören. Am deutlichsten zeigt sich dies auf den Bruch-Flächen : hier hängen eine Menge kleiner Säckchen, jedes einen Eitertropfen enthaltend, wie kleine Träubchen an dem geschwollenen Milzgewebe. Anfangs ist wohl das feste Exsudat in die Höhle und auf die äussere Wand des Malpighischen Körpers zugleich abgesetzt. Bei der Verflüssigung desselben ist nur der cohae- rente Tropfen im Innern recht deutlich. Es ist in manchen Fällen schwierig, die ein eitriges Exsudat enthaltenden Malpighischen Körper von den einfach mit ihrem normalen trüben Inhalte in vermehrter Menge gefüllten zu unterscheiden. Abgesehen von dem rahmartigen 23 * 339 G r i es i u ge r. Über die pathologische Anatomie Öfters gelbgrünlichen Aussehen des Eiters der kleinen ALscesse , dient namentlich der Umstand zur Unterscheidung, dass bei denselben sich immer auch noch nicht ganz erweichte, feste oder halbflüssige, gleich- falls deutlich den Malpighischen Körpern angehörende Exsudatpunkte finden. In diesem Zustande findet man die Milz in der grossen Mehrzahl der Fälle, wenn die Kranken um den T""" oder 8'"" Tag der Krankheit gestorben sind. Eine weitere Metamorphose dieser kleinen disse- minirten Entzündungsproducte kennen wir nicht; es scheint, dass sie, einmal verflüssigt, ungemein rasch abgeführt werden oder zer- fallen. Bauchfell. In einer massigen Anzahl von Fällen fanden sich Ecchymosen im Peritoneum, besonders in dessen Duplicaturen. Das Mesenterium besonders zeigte zuweilen sehr viele hellrothe kleine , runde petechienartige Blutaustritte. Dies immer in Fällen, wo auch an andern Orten ähnliche Blutungen stattgefunden hatten. In einem Falle ent- hielt das ZellgeAvebe der rechten Fossa iliaca ein starkes Blutextra - vasat. Solche grosse ecchymosenförmige spontane Blutungen in innere Organe erinnern sehr an den Leichenbefund bei der Pest. Leichte Grade von Peritonitis kamen in mehreren Fällen zu- gleich mit starker Entzündung der Darmschleimhaut (s. unten) vor; ein grösseres eiterig-jauchiges Exsudat fand sich in einem Falle von Eröffnung eines Milzabscesses in die Peritonealhöhle. Magen. Das einzig Bemerkenswerthe hinsichtlich des Mageninhalts ist dessen oft sehr bedeutender Blutgehalt. In 18 Fällen Avar er auffallend stark und es kam mehrmals vor, dass beinahe der ganze Magen aus- gefüllt war mit einer fast tintenschwarzen zähflüssigen oder einer dünnen kaffeesatzartige Niederschläge reichlich enthaltendem Flüssig- keit. Dieser Befund, der mit dem im wahren gelben Fieber beobachte- ten übereinstimmt, war immer mit hämorrhagischen Erosionen ver- bunden. — Die Schleimhaut im Allgemeinen war in mehr als der Hälfte der Fälle blass, anämisch, öfters mit Secretion eines reichlichen zähen Schleims. Ein stärkerer Grad von acutem Katarrh mit Injection kam lOmal vor, die dem chronischen Katarrh angehörigen Veränderungen etwa20mal, Erweichung des Magenfundus nur einmal, hämorrhagische des in Kgypteii voikoinineiideii biliössen Typhoids. 331 Erosionen 25mal; diese oft in grosser Menge, in Form mehrer, ausgedehnter Längsstreifen. Zweimal endlich kam Croup der Magenschleimhaut vor. Der eine dieser Fälle hetraf einen kräftigen Mann im mittleren Lebensalter von der Nation der Gallas, der moribund ins Spital gebracht war und wo über die Dauer der Krankheit nichts erforscht werden konnte. Die Sklorotika zeigte intensen Ikterus , auf der Innenfläche der Dura mater war eine gelbe schleimige Exsudatschichte. Die zarten Hirnhäute und die Hirnsubstanz waren von mittlerem Blutgehalte, die Lungen ebenso, überall lufthaltig, massig ödematös; viel dunkelgelbes Serum im Herz- beutel, viele feine Ecchymosen auf dessen Visceralblatt, Verdickung und Verkürzung an der Mitralklappe, in beiden Herzhälften festes derbes Fibrin mit wenig dunkel gefärbtem, theils flüssigem, theils geronnenem Blut; die Leber etwas vergrössert, derb, gelbgrau, mit einer Spur vom galliger Tränkung; in ihren grösseren Gefässen viel dunkles, flüssiges Blut; die Galle dick und dunkel gefärbt; das Blut im Pfortaderstamme theilweise geronnen und sehr dunkel; die Milz etwa auf das Vierfache vergrössert, die Hülse prall gespannt, die Substanz mürbe, gegen die Peripherie hin schwarzrotheinfarcte; über- all durch die Substanz zerstreut waren stecknadelkopfgrosse, theils feste, theils Aveichere und an mehreren Stellen einen Eitertropfen darstellende Exsudate. Leichter Grad von Croup des Pharynx; die Magenschleimhaut am Fundus und längs der grossen Curvatur bei sehr geringer Injection mit einem dicken , gelben pseudomem- branösen ziemlich locker sitzenden Exsudat bedeckt, nach dessen Wegnahme sie seichte Erosionen zeigt; an einer Stelle bildet das Exsudat mit der Schleimhaut einen festsitzenden linsengrossen Schorf, der weggenommen eine tiefe Erosion hinterlässt. Der Pylorus- theil des Magens ist frei von diesem Process. Der ganze Darm ist gefüllt mit einem trüben wässrigen Fluidum, die Schleimhaut überall blass, im Mesenterium einige Ecchymosen ohne Schwellung der Drüsen; die Nieren geschwollen, blutreich, die Corticalsubstanz sehr gelockert, kleine Ecchymosen im Nierenbecken , in der Blase ikterischer Urin. Der zweite Fall von Magencroup betraf einen kräftigen Sol- daten, von dem man nur erfahren konnte, dass er während eines Gtägigen Aufenthalts im Spital typhöse Symptome gezeigt hatte. Der Leichenbefund Mar folgender: Äusserlich etwas Ikterus; die 33!(« Griesinger, Über die pathologihilie Anatomie Musculatiiilrocken; Hirnhäute und Hirn ziemlieh blutarm; ilie Schleim- haut des Pharynx stark injicirt, stellenweise mit dickem gelblichem Exsudat belegt; im Larynx fleckige, in der Trachea gleichförmige starke Injection , mit einer ausgedehnten dünneji, weichen, lockeren Pseudomembran; die Pleura pulmonalis ecchymosirt, beide Lungen blutreich, ziemlich ödematös, durchsäet mit einer Menge bis hasel- nussgrosser, luftleerer, blutiger Infarcte. Im Herzbeutel icterisches Serum, viele Ecchymosen ; das Herzblut sparsam, ganz flüssig, kirsch- roth; die Leber massig vergrössert, blutarm, etwas fett ; die Galle dunkelgrün, flüssig, das Blut im Pfortaderstamme ölig: die Milz 3 — 4fach vergrössert. etwas schlaft', überall durchsetzt mit hell-grau- röthlichen festen Exsudatherden von allen Grössen, das Parenchym selbst weich und dunkelroth. Der Magen enthält etwas blutige Flüssig- keit; die ganze Schleimhaut , mit Ausnahme einer kleinen Stelle an der Portio pylorica, ist bedeckt mit einer fest aufsitzenden, dicken, gelblichen, areolirten Pseudomembran, unter welcher jene überall stark geschwollen und injicirt, stellenweise auch fein ecchymosirt ist. Im Dünn- und Dickdarm graues, wässeriges Secret, die Schleim- haut blass, die Solitärdrüsen des Ileum geschwollen. Die Mesen- terialdrüsen blutreich, und auf ihrem Durchschnitt gelbliches strei- figes Exsudat erkennbar. Einige Ecchymosen auf der Oberfläche der Nieren, dieselben geschwollen, blutarm, schlaff, gelockert; in der Blase stark ikterischer Urin. Dünndarm. Der Inhalt des Dünndarmes zeigte in der Mehrzahl der Fälle eine entschieden gallige Färbung. In mehr als einem Viertheile der Leichen war sogar eine auffallend grosse Gallenmenge vorhanden, und dies gerade in manchen Fällen mit stärkerem Ikterus. Zuweilen waren die Contenta gallig-schleimig, zuweilen blutig; ein reich- liches wässeriges, kaum oder gar nicht gallig gefärbtes Contentum wurde 6mal notirt, jedesmal mit Katarrh der Schleimhaut. Acuter Katarrh des Duodenum wurde Tmal beobachtet; sonst war dieses Darmstück immer normal. An der Schleimhaut des Ileum wurde eine blasse, blutarme, hier und da ganz anämische Beschaftenheit in beinahe der Hälfte der Fälle bemerkt; eine selten starke, das Endstück des Ileum betreffende, meist fleckige Injection kam lOmal vor; starke schleimige oder 533 des in Egypten vorkommenden biliösen Typhoids. 433 schleimig-wässerige Absonderung fand sich öfters bei ganz blasser Schleimhaut. Die Solitärdrüsen im Ileum waren 1 6mal erheblieh geschwollen. Einigemal fand sich auch leichte Schwellung der Peyer'schen Drüsen, doch ohne jede Spur der Ablagerung, welche unserm Typhus zukommt. Endlich war in 15 Fällen Croup des Endstücks des Ileum vor- handen. Auf der zuweilen querstreifig oder allgemein injicirten, in andern Fällen aber auch ganz blassen Schleimhaut fand sich grau- liches oder graugelbes Exsudat, zuweilen nur wie ein feiner Antlug, zuweilen in Form distincter, lockerer Schüppchen, zuweilen als dickere mehr cohärente Pseudomembran. Dieser Zustand war oft verbunden mit der Anschwellung der Solitärdrüsen; in einem Falle schien das croupöse Exsudat über den Peyer 'sehen Drüsenhaufen vor- zugsM'eise abgesetzt, in mehreren andern Fällen zeigten sich gerade diese Stellen am freiesten. Der Croup des Ileum wurde einigemale bei Individuen beobachtet , die schon am 6ten und 7ten Tag der Krank- heit gestorben waren. Dickdarm. Auch das Contentum des Dickdarms war in der Regel , oft sehr stark gallig gefärbt; in 2 Fällen wurde im Dickdarm ein auffallender Wechsel vollkommen ungefärbter hellgrauer mit normal gallig tin- girten Materien bemerkt, was doch nicht wohl anders als aus einer zeitweisen Retention der Galle zu erklären sein dürfte. Die Schleim- haut des Dickdarms zeigte weniger häufig (i2mal) eine entschieden anämische Beschaffenheit. In 7 Fällen war ein massiger Grad von frischem Katarrh vorhanden; 7mal fanden sich, meistens im obern Abschnitt des Dickdarms, Ecchymosen. 17mal kam frischer dysen- terischer Process vor, in einzelnen Fällen neben älterer Ruhr; mei- stens als ausgedehnte , in den unteren Partien des Dickdarms über- wiegende croupöse Entzündung; 2mal als gangränöse Dysenterie mit ungemein reichlichen mürben Exsudaten und septischem Zerfallen derselben sammt der Schleimhaut. Dysenterie in allen Formen kommt übrigens nach meinen Erfahrungen in Egypten in etwa der Hälfte aller Leichen überhaupt vor. Zum dysenterischen Processe im weitesten Sinne sind wohl auch die in 4 — 5 Fällen beobachteten, merkwürdigen, circumscripten, auf ganz kleine Stellen des obern Dickdarms beschränkten Entzündungs- 334 Griesi liger. Über die pathologische Anatomie processe ZU rechnen. In einem dieser Fälle (intenser Ikterus ; schwarz- rotlie nicht granulirte Hepatisation der ganzen rechten Lunge mit sehr zahlreichen kleinen Brandschorfen; frische Peritonitis der Leber und Milz; in der vergrösserten Milz 10 — 12 peripherische schmale, ästig und tiefins Innere dringende gelbe Ablagerungen, zum Theil eiterig zer- flossen; blasse geschwollene Nieren; Ecchymosen der Harnblasen- Schleimhaut, Croup des Pharynx und der Epiglottis) zeigte die Schleimhaut des Coecum und Colon ascendens bei allgemeiner Blut- armuth eine Menge 2 — 2V3 Linien breite stellenweise mit einem dünnen weissen Exsudat bedeckte, als Querstreifen verlaufende dunkel- graue Schorfe , die ziemlich leicht losgingen und eine tiefe Erosion hinterliessen; der übrige Darmcanal war ganz normal. In einem andern derartigen Falle, wo der Tod am 7''" Tage erfolgt war, und Ikterus, Exsudat der Innenfläche der Dura, massiger Croup des Pharynx, frische Leber-Peritonitis mit Schwellung, Blut- armuth und gallige Infiltration der Leber, Schwellung und Entzündung der Milz in Form der kleinen disseminirten Exsudate, etwas Katarrh des Duodenum, SchMellung und Hyperämie der Mesenterialdrüsen vorhanden waren, fanden sich im Colon ascendens bei allgemein blasser Schleimhaut 10 — 12 etwas geschwellte, scharf umschrie- bene bis Sechsergrosse dunkelrothe Flecke, mit einer dicken Schiebte eines graugelben Exsudates bedeckt; dasselbe haftet fest, ist aber an mehreren Stellen sammt der oberen Schichte der Schleimhaut gan- gränös zerfallen. Diese circumscripten Entzündungsflecke sassen dicht beisammen; unmittelbar weiter unten fand sich eine Anzahl von demselben Processe befallener Injections -Flecke nur erst mit einem dünnen Exsudat-Antluge bedeckt. Der ganze übrige Darm war normal. Fast ganz dieselbe Veränderung auf der Schleiinhaut des CoecuiTi fand sich bei einem 15jäbrigen Knaben — am 7'*"' Tag der Krankheit gestorben — mit Ikterus, Ecchymosen in den inneren Theilen, sehr entwickelter Milzentzündung und Schwellung der Me- senterialdrüsen. Mesenterialdrüsen. Diese Lymphdrüsen waren in einem Drittheil der Fälle verän- dert; oft sehr stark angeschwollen, injicirt und oft von kleinen Extra- vasaten durchsetzt. In 4 Fällen hatte das, die stark geschwollenen Drüsen iuflltrirende Exsudat eine so entschieden markige Beschaffen- des in Rgypten voikommeiulcu biliösen Typhoids. o35 licit , wie nur jemals bei unserm Typhus; sonst war die Drüsen- Substanz mehr locker, roth oder graugelb, meistens auf dem Durch- schnitt durch Exsudat fleckig oder streifig. Einmal, eben in dem zuletzt erwähnten Fall von circumscripter Entzündung auf der Schleimhaut desCoecum, Hessen die geschwollenen Mesenterialdrüsen auf dem Durchschnitt ein reichliches, ganz wässeriges Fluidum aus- treten. Die Intensität und Ausdehnung, in welcher die Mesenterial- drüsen befallen m urden, stand in gar keinem constanten Verhältnisse mit den AtTectionen der Darmschleimhaut. Die Drüsen-Affection war zuweilen sehr stark bei normalem Darm, zuweilen fehlte sie trotz eines ausgebreiteten Entzündungsprocesses auf der Mucosa. Von grossem Interesse scheint mir die Beobachtung, dass in 6 Fällen auch die Lymphdrüsen des Plexus lumbalis sehr erheblich angeschwollen Maren, einzelne bis zur Taubeneigrösse, und eben so entschieden markig wie die Mesenterialdrüsen. Einmal waren sie bei starker Schwellung so blutreich, dass eine Vergleichung mit dem Milzparenchyme zulässig war; einmal waren dabei auch die In- guinaldrüsen zwar nicht erheblich vergrössert, aber succulent und geröthet. In allen diesen Fällen waren keine Affectionen in den Theilen, aus denen die Lymphe zu diesen Drüsen strömt, vorhanden, welche ihr Befallenwerden erklären könnten. So weit man die pathologische Anatomie der Pest kennt, so werden bei derselben gerade die Drüsen des Lumbar-Plexus häufig befallen. Harnwerkzeuge. Die Nieren zeigten in 2 Fällen äusserlich in und unter der Kapsel Ecchymosirung; noch öfter kamen im Nierenbecken feine ßlutextravasate vor. In den recht ausgebildeten Fällen waren die Nieren sehr selten normal; über 30mal wurde eine acute Infiltration bald nur auf einer, meistens auf beiden Seiten beobachtet. Diese Nieren waren mitunter stark geschwollen, auffallend blutarm, auf dem Durchschnitte oft hellgelblich, meist mit feinen rosenrothen Pünktchen oder Streifen, dabei auffallend locker und schlaff; in einzelnen Fällen zeigte sich schon ein Fettbeschlag am Messer, in einer Reihe anderer wies das Miskroskop einen sehr reichlichen Fettgehalt nach. Das ganze Verhalten dieser Nieren erinnerte in jeder Beziehung an das der gleichfalls blutarmen, leicht geschwollenen, weichen und schlaiTen, viel Fett enthaltenden Leber. 336 Griesinger, Über die pathologische Anatomie Auch da, wo die Voliimszunahme fehlte, war in der Regel doch die Blässe und Erschlaffung des NierengeAvebes auffallend. Blut- reiche Nieren kamen kaum in einem Sechstheil der Fälle und auch dann selten in erheblichem Grade vor. Das Nierenbecken zeigte in vielen Fällen Katarrh der Schleim- haut, namentlich oft in den blutarm-geschwollenen Nieren; es enthielt alsdann ein trübes, schleimiges Fluidum, wobei übrigens in einzelnen Fällen doch ein reichlicher, klarer, wenig gefärbter Urin sich in der Blase fand. In 2 Fällen fanden sich keilförmige peripherische Entzündungen in den Nieren. Der eine dieser Fälle betraf einen kräftigen Sol- daten, der nur 2 Tage im Spital gelegen ; die Leiche zeigte eine Spur von Ikterus, blutarmen Schädelinhalt, massigen Rachencroup, blutarme Lungen, feine Ecchymosen des Pericardiums, im Herzen grosse Klumpen gelbes infiltrirtes Fibrin mit wenig Blut; die Leber von normaler Grösse, schlaff, in massigem Grade gleichförmig gallig durchtränkt; die Gallenblase ausgedehnt von sehr copioser theer- artiger Galle; über der Milz einige frische Exsudatfäden, dieselbe etwa ums 4faehe vergrössert, sehr mürbe, mit starker EntAvickelung der weissen Körper, ohne deutliche Entzündung; die Magen- und Darmschleimhaut blass, mit Ausnahme des stark injicirten, mit einem dicken grau-gelben croupösen Exsudate belegten Endstückes des Ileum; die Mesenterialdrüsen massig geschwellt, aber ihr Gewebe stark geröthet und festes Exsudat enthaltend. Die rechte Niere zeigte einen wallnussgrossen, nach Innen scharf keilförmig zu- gespitzten Exsudatherd, aussen eitrig zerflossen, während die innere Spitze noch eine feste Consistenz und weisse Farbe hatte. Die Nieren sonst kaum geschwollen, etwas gelockert; in der Blase schwach icterischer Urin, auf ihrer hintern Wand einige weiche grau- gelbe Ablagerungen. Der andere Fall war ähnlich, nur fehlte der Croup des Ileum und es war dagegen Milzentzündung vorhanden. Die Nieren waren blutarm, locker, in der rechten mehrere grosse, duiikelrothe, keil- förmige Infarcte. Endokarditis war in diesen Fällen nicht vor- handen. Die Blasenschleimhaut war in der Regel normal; einigemal kamen frische Ecchymosen vor; 18mal fanden sich, meist auf der hintern Blaseijwand, Exsudativprocesse von croupösem Ansehen. Solche des in Kgypten vorkommeinlen biliösen Typhoids. 337 sind aber in Egypten überhaupt häufig, werden durch eigen- thiUnh'che pathologische Verhältnisse, die hier nicht näher erörtert werden können, bedingt und ihre Bedeutung beim biliösen Typhoid dürfte als untergeordnet betrachtet werden. Der Urin der Blase war in vielen Fällen durch GallenfarbstofT tingirt; in nur sehr wenigen wurde er eiweisshaltig gefunden. Es sei erlaubt, zum Schlüsse darauf hinzudeuten, wie den aus- gebildeten Fällen von biliösem Typhoid eine Schwellung der grossen Drüsen des Unterleibs, an der Leber und Niere mit Blutarmuth , Er- schlaffung des Gewebes und Fettablagerung, an der Milz in der Regel mit Entzündung, zukömmt; Processe, welche bis jetzt in dieser bestimmten Combination von keiner andern Krankheit bekannt sind. Diese Organe zeigen hierin eine gemeinschaftliche Theilnahme an einem acuten Allgemeinleiden, welche an ihre so oft bemerkte, gleichmässige Affection bei chronischen constitutionellen Leiden erinnert , z. B. die oft gleichzeitig in der Leber und Niere vorkom- mende spekig-albuminöse Infiltration. Die Milz ist aus anatomischen Gründen und nach der Beobach- tung an Lebenden als das beim biliösen Typhoid zuerst erkrankte Organ zu betrachten. Der charakteristische Exsudat-Absatz in ihre Malpighischen Körper bietet eine sehr interessante Analogie mit der in unserem Typhus vorkommenden Infiltration der Peyerschen Drüsen, deren Follikel ja jenen Gebilden in der Milz anatomisch so sehr nahe stehen. Aus den krankhaften Vorgängen in der Milz lassen sich auch, wie ich später zeigen werde, sehr viele der weiteren Veränderungen im Blute und in den Organen einfach und befriedigend erklären. Bemerkenswerth ist endlich das im biliösen Typhoid sicher pri- märe Vorkommen von Exsudativprocessen auf den Schleimhäuten, welche bei unserm Typhus als secundäre und „degenerirte" Processe betrachtet werden. Die sonstigen mannigfachen Analogien und Differenzen der hier besprochenen Krankheit mit den bis jetzt bekannten europäischen Typhusformen, namentlich dem in neuerer Zeit in Prag und in Ober- schlesien beobachteten Typhus, mit der Pest und dem amerikanischen gelben Fieber, wie sich solche aus dem Leichenbefunde ergeben, sollen hier nicht weiter verfolgt werden. 338 H a i d i n g e r. Niedrigste Höhen von Gewitterwolken» Zwei Fälle, iu Erinnerung gebracht von dem w. M. W. Haidinger. In dem trefflich redigirten Artikel: „Kleines Wörterbuch der Meteorologie" von Hrn. A. Martin, Custos an der Bibliothek des k. k. polytechnischen Institutes, in dem Jahrgange 1852 des Kalen- ders Austria, herausgegeben von den Herren Professor S a 1 o m o n und Archivar Kalten back, fiel mir die Stelle (Seife XCIX) auf, in wel- cher die geringste beobachtete Höhe von Gewittern angegeben wird. Sie ist aus Arago's bekannter classischen Zusammenstellung: Siir le Tonnerre entlehnt, welche in dem Annuairc du hureau des longitudes für das Jahr 1838 erschien. Für die tiefste Stellung der Gewitterwolken in Paris fandArago aus den bisherigen Beobachtungen von De l'Isle 1400 Metres. Tiefergehende von LeGentil in der heissen Zone, nach dessen Beobachtungen in Isle de France, Pondichery und Manilla geben die gewöhnliche Höhe des Herdes der Gewitter auf 900 Metres. „Die Tobolsker Beobachtungen geben einen Fall, wo die Gewit- terwolken nicht höher streichen konnten , als 214 Metres, einen zweiten, wo u. s. av 292 „ sechs Fälle, wo die Höhen lagen zwischen . 400 und 600 „ drei 600 „ 800 „ fünf Fälle, wo die Höhen beträchtlicher waren als 800 „ Ich habe diese vielen Zahlen nicht bloss der Curiosität wegen zusammengestellt. Sie können bei der Erörterung von Hauptfragen zu Rathe gezogen Averden, über Avelche die Physiker keinesweges einig sind; nämlich bei der Untersuchung der Frage: ob der Blitz stets von oben nach unfen, oder auch zuweilen von der Erde auf- wärts fährt." Einige Zeit vorher, bei einem Gespräch über die Höhe, in wel- cher die Gewitterwolken in einigen merkwürdigen Fällen zum Aus- bruche kamen, mit den Herren Minister v. Thinnfeld und Sections- rath V. Helms, hatten beide Nachrichten über Ergeignisse gege- ben, bei welchen sich die wirkliche Höhe an in Berührung stehenden Gegenständen messen Hess, namentlich ersterer über GcAvitter in Graz und Admont, letzterer über Gewitter in Laibach und Raibl. Nietlriüste Hohen von Go\\ iKerwulken. ;«9 Aus dtMii Umstantlo, dass in dem Kalender für 18^2 keine neuereu Nachrichten über niedrigstehende Gewitter verzeichnet waren, als die aus einem Werke von 1837, schien es mir, dass ich doch über jene Er- eignisse noch so viel möglich Erhebungen pflegen sollte, um sie bekannt zu machen, bevor noch längere Zeit vergeht, seitdem sie statt fanden. Es waren vorzüglich zwei derselben, über welche es mir gelang, noch einige nähere Einzelnheiten zu erfahren, und zwar waren diess 1. Das Gewitter von Admont am 26. August 1827, und 2. das Ge- witter von Graz vom 19. Juli 1826, theils aus den Mittheilungen des Herrn v. Thinnfeld, theils aus den Erinnerungen eines Augenzeu- gen beider Erscheinungen, des Herrn Professors Dr. P. Engelbert Prangner, Stiftscapitularen von Admont, der auch noch einige nähere Angaben durch Correspondenz erhob. 1. Gewitter zu Admont am 26. August 1827. Mehrfach ist dieses Gewitters gedacht worden und es bleibt ihm ein trauriges Andenken in den Annalen des Stiftes daselbst durch den Umstand, dass der Blitz während des Gottesdienstes in das Chor der Stiftskirche einschlug, und zwei junge Geistliche lödtete. Man erwähnte wohl bei den Eigenthümlichkeiten des Schlages, dass der elektrische Strahl augenscheinlich zuerst die Schnallen rückwärts an der Halsbinde getroften, und daher Veranlassung zu dem unglückli- ehen Ausgange gab. Aber eines andern merkwürdigen Umstandes geschah keine Er- wähnung. Die Wolke, aus welcher der Blitz fuhr, war nicht dicker als vier Klafter, und nicht weiter vom Boden entfernt als vierzehn Klafter. Die beifolgende Skizze gibt eine annähernde Vorstellung der Lage der Wolken, welche damals beobachtet wurden. A. Stift Admont. B. Schloss Rottelstein. C- Grabner-Alpe. D. Lerelieck-Bergf. E. Pitz-Berg. F. Untere Höhe der oberen Wolke. G. Die Gewitterwolke. H. Spiegel der Enns. 340 Haidinger. Im Stifte selbst erschien das ganze Gewitter eigentlich nur von untergeordneter Heftigkeit. Es nahm einen sehr raschen Verlauf, so dass das Ganze nicht länger als etwa eine halbe Stunde währte. Es war vor dem Ausbruche wohl finster geworden, aber ganz ohne besonders drohende Voranzeichen. Der gegenwärtige hochwür- dige Stiftsprior Hr. P. Leo Kaltenegger glaubte daher ohne Ge- fahr den nachmittägigen Gottesdienst abhalten zu können. Wenige Augenblicke vor dem Schlüsse geschah die Entladung. Es waren überhaupt deren nur sehr wenige gewesen, auch fiel beinahe kein Regen. Die wenigen Blitze, welche man sah, gingen von oben nach unten, von der Wolke gegen die Erde. Merkwürdig war es erschie- nen, dass die Wolke so niedrig stand; der obere Theil des Kirch- thurms war durch die Wolke verhüllt: die Basis der Wolken ver- glich sich ungefähr mit den 14" 2' 9" über dem Grunde beginnenden Thurmfenstern, unter der Uhr. Man kann also in runder Zahl für die Grundfläche der Wolken 84 Fuss Höhe annehmen. Die Spitze der Thürme bis zum Kreuz reicht noch um vier Klafter über die Basis der Fenster hinauf. Das Stift besitzt in einer kleinen Entfernung gegen Süden das Lustschloss Höttelstein (-ß), welches um 351 Fuss höher liegt als Admont (^A). Der daselbst wohnende Jäger und seine Frau beobach- teten beide den Vorgang des Gewitters, und von ihnen wurden fol- gende Angaben ausgesagt. Man sah die Kreuze der Kirchthürme über die Wolkenschicht (6?) herausragen. Da sie etwa 108 Fuss über dem Pflaster liegen, so war also die obere Fläche der Wolken- schicht noch etwas unter dieser Höhe, und mit der vorhergehenden Angabe über die Höhe der untern Fläche verglichen, bleibt für die Wolke selbst keine grössere Dicke als vier Klafter oder 24 Fuss. Diese Wolkenschicht reichte über die ganze Breite des Enns- thales, von den südlich bis zu den nördlich sich erhebenden Bergab- hängen. Aber es gab zugleich eine noch höhere Wolkenschicht, die sich gleichfalls zwischen den beiden, den südlichen und nördlichen Bergabhängen ausbreitete. Ihre Höhe Hess sich daraus schätzen, dass ihre untere Fläche {F) etwas weniger tiefer lag als die Grab- ner-Alpe (C), welche bedeckt war. Da die Höhe derselben 4372 Fuss beträgt, so war ihre Höhe über Admont = 2196 Fuss, und der Zwischenraum zwischen der untern und der obern Wolkenschicht etwa 2Ü00 Fuss. Zwei Berge, nördlich vom Stift gelegen, das Niedrigste Höben von Gewitterwolken. 341 Lercheck (ö) und der Pitzberg (^), wurden von den Wolken nicht berührt. Man sah meistens Blitze aus der untern Wolkenschicht gegen die obere fahren; nur sehr wenige Blitze gingen entgegen- gesetzt von der oberen Wolkenschicht gegen die untere. Die im Vorhergehenden erwähnten Höhenmessungen verdanke ich Hrn. Prof. Dr. Prangner. Sie wurden schon vor langer Zeit, beginnend mit dem Jahre 1814, von dem verewigten trefllichen P. Gotthard Wisiak, Stiftscapitularen von Admont, ausgeführt. Sie sind einem Manuscripte von der Hand des Letzteren entnommen, wel- ches mir Hr. Prof. Prangner anvertraute. Es enthält nebst dem vorhergehenden noch eine Anzahl von Höhenmessungen in der Um- gegend von Admont, grösstentheils bei Gelegenheit von wissenschaft- lichen Excursionen mehrerer Stiftscapitularen vorgenommen, eines Leo Kalten egg er , Cölestin Keppler, Albert von Muchar und Anderer. Da sie nie bekannt gemacht worden sind, so schien es wünschensM'erth, sie hier wenigstens als Resultate mitzutheilen manche davon beziehen sich auf Höhen, die überhaupt nicht gemessen sind, bei andern bilden sie einen Vergleichungspunkt mehr zu den schon bekannten. Es sind dies folgende : Höhen über dem Meere. Wiener Klafter Fuss *■ 1. Admont, Benedictiner-Stift 2. Biichau, Dorf * 3. Buchstein, Berg 3626 465-3 1181-7 488-9 888-8 728 '7 1147-1 595-2 1053-3 379-4 421-2 1102-0 426-9 350-1 2175 2792 7080 2333 5332 4372 6882 3571 6320 2276 2527 6612 2561 2100 4. Frauberg, Pfarrliaus 5. Glrn-Schöberl , Berg 6. Grabner-Alpe 7. Gross -Kalbling, Berg * 8. Kaiserau , Alpen-Landhaus * 9. Natterriegel, Berg 10. Oberhof bei Admont 11. Rüttelstein, Lustschloss 12. Scheibelstoin, Berg 13. Strecbau, Ritterschloss 14. Weng, Dorfwirthshaus •) Die mit * bezeichneten Höhen sind auch in der Zusammenstellung von A. Senoner, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt 1851, 3, 73 enthalten. 34^ Haidinger. Die oben gegebene Skizze stellt einen Tbeil eines Durcbschnittes des Ennsthales bei Admont vor. Zur Ergänzung des Bildes möge noch in Erinnerung gebracht werden, dass Admont in einer Erweite- rung des von der Enns in west-östlicher Richtung durchströmten Gebirgsthales liegt, zwischen zwei Kalksteingebirgsketten, deren höchste Punkte die Höhe von sechs- bis achthalbtausend Fuss erreichen. Östlich etwa eine Meile von Admont schliesst sich das Thal vollständig, in dem Gesäuse, bis auf das Flussbett und die erst vor wenig Jahren geführte Strasse , am Fasse nördlich des hohen Buchsteins, südlich des Hochthores (7212 Fuss nach Weidmann). Gegen Westen verengert sich das Thal ebenfalls bis zum Einflüsse der Palten, aber doch nicht so zur vollständigen Klause wie gegen Osten. 2. Gewitter zu Graz am 19. Juli 1826. Die elektrische Entladung erfolgte des Abends, und es war Alles innerhalb einer Stunde vorüber. Es fielen keine Schlössen, wohl aber heftiger Platzregen, vorzüglich in der ersten Hälfte der Dauer des Gewitters. Dabei folgte Blitz auf Blitz, im Ganzen genommen ohne ailzuheftigeni Donner. Die zündenden Blitzschläge fielen in- dessen mit lebhaftem Krachen vorzüglich am Anfange, aber auch gegen das Ende. Es hatte neunzehn Mal eingesehlagen, darunter fünf Mal gezündet. Graz ist bekanntlich am Fusse und eine ziemliche Höhe hinauf am Abhänge des Schlossberges angebaut. B " .^'"a " "" "" \-ä \ [ __ F E A. Uhrthurin. D. Obere Fläche der Wolke. B. Untere Fläche der Wolke. E. Terrasse des Johanneiims. C. Feuerbatterie. F. Spiegel der Mur. Ziemlich hoch oben steht der bekannte Uhrthurm {A}. Der untere Theil der Bastion, auf welcher der Uhrthurm sich befindet, war von Wolken frei, und konnte von dem untern Theile der Stadt gesehen werden. Der Uhrthurm selbst war ganz in Wolken einge- hüllt. Die Höhe des Sehlossberges mit der Feuerbatterie {C) war wieder ganz frei, und lag vollkommen oberhalb der Wolkenschieht, Niedrigste llöliei» von Gewillorwolkcn. 34 «> SO diiss man don hiauon lliniinel sah, und also D die obere, li die untere Oberlläehe der Wolkenscliichte ist. Die bei der Katastral- Vermessung trigonometrisch bestimmten Puncte : 1. Höhe des Sehlossberges i470 Fuss 2. Höhe der Terrasse des Johannevmis 1 099-^0 „ die Höhe des Schlossberges über der Fläche 370-44 „ Ich habe die Skizze Fig. 2 nach einer Ansicht in „Grätz und seinen Umgebungen" von Dr. A. J. Polsterer, in Ermangelung un- mittelbarer Messungen nach dem Augenmasse verzeichnet, was übrigens gewiss bei der Bestimmung der Oberfläche einer Wolken- schichte hinreichend genau ist, Avoraus folgt, dass annähernd die obere Oberfläche der Wolke über der Fläche etwa 320 Fuss die untere Oberfläche der Wolke etwa 210 « die Dicke der Wolkenschichte also 110 „ betrug. Die Höhe des Spiegels der Mur F beträgt nach Seh midi 1086 „ Zur Vervollständigung des geographischen Bildes der Lage des von der Mur in der Richtung von Norden gegen Süden durchströmten Beckens von Graz möge hier noch erinnert werden, dass der Schlossberg ganz isolirt in der Ebene liegt, die sich gegen Süden gegen drei Meilen bis an den Wildonerberg (1749 Fuss, Trig. Kat. Mess.) eröffnet, wo sich die Mur ostwärts wendet. Gegen Norden steigt der Grund bald auf bis zu dem etwas über zwei Meilen ent- legenen Berg Schöckel (4545 Fuss, Trig. Kat. Mess.). Gegen Westen nicht ganz eine Meile weit, dehnt sich die Ebene bis an den Fuss des Plabutsch- Berges (2353-86 Fuss, Trig. Kat. Mess.) aus. Gegen Osten steigt das Terrain sehr bald sanft an, etwas näher als eine Meile liegt die Anhöhe des Plattenberges bei Maria Trost (2041*74 Fuss, Trig. Kat. Mess.). Gleichzeitige Berichte über diese beiden merkwürdigen Gewit- ter würden vielleicht noch manche andere wissenswerthe Beziehung aufbewahrt haben. Ein Vierteljahrhundert, nachdem sie Statt fanden, gelang es noch Einiges zusammen zu stellen , was gewiss eine Er- weiterung unserer Kenntniss dieser so häufig statt findenden und oft gewaltigen, aber auch eben so schnell vorübergehenden Erscheinun- gen genannt werden kann, wenn man erwägt, dass fünfzehn Jahre Sitz,b. d. inathem.-naliirw. CI. FX. Bd. 11. Hit. 23 344r Hai ding er. Niedrigste Höhen von Gewitterwolken. nach dem Erscheinen von Arago's Abhandlung noch keine anderen Angaben verzeichnet sind, als die, welche die umfassende Kenntniss dieses vielerfahrncn Forschers aus den bis dahin bekannt gemachten Beobachtungen ziehen konnte. Gewiss ladet dieser Umstand recht eindringlich zu vervielfäl- tigten Beobachtungen , aber auch zu Mittheilungen derselben ein. Dass sie fortan nicht fehlen werden , lässt sich wohl mit Grund vor- aussetzen, seitdem wir in Wien mit unserem hochverehrten Collegen, Hrn. Director Kr eil, in der k. k. Central- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus selbst und in den vielen Theilnehmern an den Arbeiten desselben auswärts im ganzen Kaiserreiche überall beob- achtende Organe besitzen. Es scheint mir nicht am unrechten Orte zu sein , diese Mitthei- lung mit einer Note Arago's zu schliessen, aus demselben Bande des Annuaire (Seite 245), und gerade bei den in Bede stehenden Beobachtungen, welche so sehr aus dem Leben gegrifTen ist, dass sie verdient, immerfort im Gedächtniss behalten zu werden. „Wenn diese Ergebnisse nicht häufiger sind, so muss man dies „der beklagenswerthen Gewohnheit der meisten bisherigen Verfasser „von Lehrbüchern der Physik zuschreiben, welche alle Aufgaben „als gelöst, alle Fragen als vollkommen erschöpft darstellen. Ab- „sprechende Behauptungen, da wo der Zweifel jedes Wort begleiten „sollte, schaden wesentlich dem Fortschritt der Wissenschaft. Die „Lücken bezeichnen ist noch nützlicher als die Entdeckungen zu „verzeichnen. Dadurch , dass man Jenen nicht aufs Wort glaubte , „welche kürzlich noch mit voller Stimme schrien : „Man kann gegen- „„wärtig in der Lehre der Elektricität und des Erdmagnetismus „„nichts mehr finden, was nicht bereits dem Calcül unterworfen ist," „geschah es, dass man diese beiden Wissenschaften mit einer zahl- „losen Reihe erstaunenswerther Erscheinungen bereichert hat, von „welchen man vor wenigen Jahren noch nicht die leiseste Ahnung „hatte." Zippe. Der Rittingerit, eine neue Mineralspecies. 345 tJber den Rittingerit , eine neue Species des Mineral^ reiches. Von dem w. M. F. X. 1. Zippe. Durch Herrn Ritter von Sache r-M a s o c h , k. k. Ministerialrath und Stadthauptmann in Prag, einen der eifrigsten Förderer der Na- turwissenschaften in Böhmen, wurden mir unlängst einige Stückchen mit kleinen Krystallen von der lichten Ahänderung der rhomboedri- schen Rubin-Blende von einem neuen Anbruche aus den Gruben von Joachimsthal zugeschickt, welche von sehr kleinen Krystallen eines, Avie es scheint dort noch nicht vorgekommenen, wenigstens bisher nicht beobachteten Minerals begleitet sind. Es wurde die Frage gestellt: ob diese Krystalle nicht vielleicht der vom Hrn. Breithaupt bekannt gemachten, mit dem Namen Feuerblende bezeichneten Mineralspecies angehören? Ich fand jedoch in der Krystallgestalt, in den Verhält- nissen der Theilbarkeit, so wie in Farbe und Strich eine wesentliche Verschiedenheit von der Feuerblende und erklärte, dass die mir zur Bestimmung überschickten Krystalle einer bisher noch nicht be- kannten Mineralspecies angehören. Auf mein Ersuchen um eine grössere Menge möglichst deutlicher messbarer Krystalle erhielt ich durch gütige Verwendung des Hrn. Ministerialrathes Ritter von S ach er vom Hrn. Berggeschwornen Jos. Flor. Vogl zu Joachimsthal noch einige Exemplare, welche wenig- stens zu einer theilweisen, für die Bestätigung der specifischen Selbst- ständigkeit der neuen Species nöthigen Untersuchung ausreichten, deren Ergebniss hier mitgetheilt wird. Da die Krystalle sehr klein, und nur durch ein mit genauen mikroskopischen Vorrichtungen versehenes Reflexions -Goniometer messbar sind, so hatte Hr. Schabus die Gefälligkeit, die nöthigen Messungen mit dem , der Akademie gehörigen, gegenwärtig ihm zu seinem Gebrauche überlassenen M i t s c h e r 1 i c haschen Goniometer vorzunehmen; auf diese Messungen gründet sich die krystallogra- phische Bestimmung. Die Krystalle haben eine rhombisch-tafelförmige Gestaltung. Der grösste, welcher mir von Hrn. Vogl mitgetheilt wurde, misst im längsten Durchmesser nicht viel über eine Linie, ist jedoch zu 33 * 346 Zippe. keiner Messung geeignet, da er sieh unter der Loupe als ein Aggregat von kleineren Krystallen zeigt. Die zur Messung verAvendeten Kry- stalle sind kaum eine halbe Linie gross, es sind sämmtlich Combina- tionen, deren Träger durch ein paralleles Flächenpaar (ein Plnakoid nach Naumann) gebildet wird, aus dessen Figur das Krystallsystem entweder als Orthotyp oder als Hemiorthotyp bestimmt werden kann, die anderen Flächen sind sämmtlich sehr schmal und einige werden erst bei der mikroskopischen Untersuchung deutlich; aus der Ver- theilung, so wie aus der Neigung dieser Flächen ergibt sich das Krystallsystem als ein hemiorthotypes. Die beistehende Figur 0 ' ^~'-- ~^^"^>s. stellt eine Combination dar, an welcher sich sämmtliche bisher beob- achtete Flächen zeigen. Herr Schabus fand die Neigung von o gegen p ^= 132" 14 bis 132» 34'; also im Mittel 132« 24'. o gegen p' = 130" 50' p gegen p' = 96" 20' o gegen ^ = 98" 30' o gegen r = ISO". Aus diesen Messungen ergeben sich die Flächen p', p als die eines Hemiorthotypes, dessen Abweichung der Axe in der Ebene der kürzeren Diagonale = 1" 34' und dessen Dimensionen a:b:c:d = 36,5764 :36,40J)S: 71,8910:1 sind. Dienach diesen Axenver- hältnissen berechneten Kanten stimmen sehr nahe mit den Messungen überein, sie sind nämlich : 140» 1' 141" 0' Betrachtet man dieses Hemiorthotyp als die Grundgestalt p = + -— , so sind die Flächen 0 = P — oo 96" 48'; 96" 18'. 6P 2 iP q^ q' annähernd + r annähernd = 7Jf=P + c5o = 126" 18'. Die Neigung von P-|-oo gegen P — (X) = 91" 24'. Der Riltingeril, eine neue Mineralspecics. 347 In der Zcichnun!? ist, um die Flächen der Combination zu einer mehr deutliolien Anschauung bringen zu können, die Figur so gestellt, dass der Abweiehungs-Cosinus auf die vordere Seite fällt. Nicht alle Krystalle zeigen die Flächen 3f, q, q und r ; letztere, sowie auch q sind stets sehr schmal, ohne Vergrösserung nicht be- merkbar: q, q' und /?, p' sind gestreift, parallel den Combinations- kanten mit M und bei einigen Krystallen verfliessen sie in Folge der Streifnng zu gekrümmten Flächen, welche die Bestimmung un- sicher machen. Die Theilbarkeit ist unvollkommen , parallel der Fläche o , der Bruch unvollkommen muschlig. Die übrigen Merkmale sind : Melallähnlicher Demantglanz, ziemlich lebhaft. Die Farbe auf den Flächen o bei den grösseren Krystallen schwärzlich braun , bei den kleineren bräunlich schwarz, auf den übrigen Flächen eisen- schwarz, mitunter sind sie bunt angelaufen. Durchscheinend in der Richtung der Hauptaxe mit dunkelhoniggelber, ins Hyazinthrothe ge- neigter Farbe. Der Strich oraniengelb. Spröde, die Härte, so weit sie sich beim Streichen auf der Bis- quitplatte im Vergleiche mit rhomboedrischer Rubin-Blende beur- theilen liess, etwas grösser als bei dieser, beiläufig 2,5 bis 3,0. Das eigenthümliche Gewicht konnte bei der geringen Menge des Minerales nicht bestimmt werden. Aus allen diesen Merkmalen geht nun wohl hinreichend die spe- cifische Selbstständigkeit des Minerales hervor, wie auch, dass es seine Stelle in der Ordnung der Blenden erhalten Averde Ob es aber als Species mit dem Genus Rubin-Blende vereinigt werden könne? "wofür die gleich anzuführenden chemischen Eigenthümlichkeiten zu sprechen scheinen, darüber wird sich erst entscheiden lassen bis das eigenthümliche Gewicht wird bestimmt werden können und bis das Verhältniss der Härte mit grösserer Zuverlässigkeit ausgemittelt sein wird. Die chemische Zusammensetzung des Minerales zeigt die ,Be- standtheile der lichten Abänderung der rhomboedrischen Rubin- Blende , soweit das Verhalten vor dem Löthrohre darauf schliessen lässt; es schmilzt nämlich sehr leicht, gibt Arsenikrauch und bei fortgesetztem Blasen am Ende ein im Verhältniss der zur Probe an- gewandten Menge ansehnliches Korn von reinem Silber. Ob aber 348 Zippe. die quantitativen Verhältnisse die nämlichen seien? ist aus dieser Prohe nicht wohl zu entnehmen ; das Abweichende in dem Verhält- nisse der Farbe und des Striches beider Mineralien lässt wohl jedenfalls auf andere Mengen des Schwefels und Arseniks schliessen. Eine quantitative Analyse, welche erst ausführbar seiuAvird, bis es gelingt, eine grössere Menge des Minerales zu erhalten, wird über die Zusammensetzung desselben Aufschluss geben, hier mag nur noch angeführt werden, dass es sich in derselben auf ähnliche Weise von der Feuerblende zu unterscheiden scheint, wie das lichte Roth- gültigerz vom dunklen, mit welchem letztern die Feuerblende darin übereinkommt, dass sie aus Schwefelsilber und Schwefelantimon besteht. Wenn nun aber die lichten und dunklen Abänderungen der rhom- boedrischen Rubin-Blende, welche hinsichtlich ihrer chemischen Zu- sammensetzung als Arsenik-Silberblende und Antimon -Silberblende unterschieden zu werden pflegen , hinsichtlich ihres Krystallsystems als isomorphe Substanzen erscheinen, so scheint ein solches Verhält- niss des Isomorphismus zwischen Feuerblende und unserer neuen Mineral-Species nicht vorzuliegen. Zwar ist nach Herrn Brei t- haupt das Krystallsystem der Feuerblende ebenfalls ein hemiortho- types, allein, obwohl davon keine Abmessungen bekannt sind, so sind die Combinationsgestaltungen desselben, insbesondere aber das Ver- hältniss der Theilbarkeit Avesentlich von denen des neuen Minerales verschieden; so dass beide Mineralien als isomorph nicht angesehen werden können. Ein anderes Mineral , welches in der qualitativen Zusammen- setzung ebenfalls mit der neuen Mineralspecies übereinkommt, ist ferner derXanthokon (ßreith); allein dieser unterscheidet sich hinreichend durch sein rhomboedrisches Krystallsystem, wie auch durch lichtere Farben und höhere Grade von Durchsichtigkeit. Der Fundort des neuen Minerales ist der Geistergang an der Eliaszeche des altberühmten und durch seltene Mineralien, insbe- sondere durch mannigfaltige Verbindungen des Silbers ausgezeich- neten Bergwerkes zu Joachimsthal in Böhmen. Dort ist es in der neuesten Zeit in einer Teufe von 140 Klaftern in einer ausnehmend reichen Erzlinse an der Scheidung des Porphyrs und Schiefers vor- gekommen, welche bereits mehrere Klafter anhält und deren Füllung aus rhomboedrischer Rubin -Blende, hexaedrischem Silber -Glanz, Der Rittingerit, eine neue ftliueralspecies. 349 liexaeilrisclicin und prismatischen Eisen-Kies, oktaedriscliem Kobalt- Kies, dodekaedrischer Granat-ßlende, hexaedrischem Blei-Glanz, he- xaedrischem Silber, nebst zerstörtem Silber-Glanz (Silberschwärze) Ganomatit, rhomboedrischem Quarz, Porphyr und zerstörtem Schiefer- gestein besteht. Der Gang selbst ist von verschiedener Mächtigkeit , welche von 2 bis 12 Zoll abändert, eben so häufig wechselt auch das Erzvor- kommen; Eigenthümlichkeiten der Joachimsthaler Gänge überhaupt, M'elche sich bekanntlich oft auf weite Strecken zu einer äusserst dünnen leeren Kluft verdrücken, dann plötzlich wieder mit Füllungen von reichen Erzen aufthun. Diese für einen planmässigen Betrieb des Bergbaues sehr misslichen Verhältnisse, in Folge deren die Aus- beute der Gruben einem Schwanken in der Art unterworfen ist , dass oft durch lange Zeit nichts von edlem Metall gewonnen werden kann, haben in neueren Zeiten schon öfters ein gänzliches Aufgeben der Hollhung auf fernere Ausbeute und in Folge dessen auch Entmuthi- gung in der Fortführung dieses Bergbaues zur Folge gehabt , welche nur durch richtige Erkenntniss der Natur dieser Erzlagerstätten und darauf gegründete zweckmässige Massregeln wiederholt besiegt wer- den konnten. Solche Verhältnisse Avaren auch vor beiläufig 10 Jahren wieder eingetreten, und nur den Bemühungen des Herrn Peter Bittinger, gegenwärtig Sectionsrath im hohen k. k. Ministerium für Landeskultur und Bergwesen, welcher im Jahre 1843 den Bergbau zu Joachimsthal leitete, ist es zu verdanken, dass derselbe gegenwärtig wieder in einem blühenden Zustande sich befindet, dass insbesondere die Elias- zeche, der Fundort des neuen Minerales, im Bauzustande erhalten werden konnte. In Anerkennung solcher Verdienste, durch welche auch der Mi- neralogie wesentliche wissenschaftliche Bereicherungen zu Theil werden, stinune ich gerne dem Wunsche des Herrn Berggeschwornen J. F. V 0 g 1 bei, das neue Mineral nach dem Namen des hochverdienten k. k. Montan -Beamten zu benennen, dessen genialer Leitung des Joachimsthaler Grubenbaues die Entdeckung desselben zunächst zu verdanken ist, und es mit dem Namen Rittinfferitzu bezeichnen. 350 * Rokitansky. Über den Gallertkrebs , mit Hinblick auf die gutartigen Gallertgeschwülste. Von dem w. M., Prof. R. Rokitansky. (Mit Taf. XXXI— XXXIII.) Der Galle rtkreb s (C. gelatiniforme, C. colloide) ist, seit- dem ihn Otto im J. 1816 in seiner präsumtiven alveolaren Form als eine besondere Art des Magenkrebses in die Wissenschaft einge- führt, der Gegenstand vielfacher Untersuchungen geworden, welche sowohl den Bau desselben, wie auch dessen Stellung in der Reihe der Afterbildungen zur Aufgabe hatten. Ich habe in Betreff des Ersteren Einiges in meiner Abhandlung über die Cyste (Denkschrif- ten d. kais. Akad. Bd. I) berührt, und mich daselbst über das Wesen der durch mein Handbuch in die Wissenschaft eingeführten, beim Gallertkrebs so sehr in Betracht kommenden alveolaren Texturanord- nung überhaupt klar ausgesprochen. Die Veranlassung hiezu war die genetische Verwandtschaft dieser Dinge mit dem Gegenstande jener Abhandlung. Untersuchungen, die ich seitdem von Zeit zu Zeit an- zustellen Gelegenheit hatte, und bei denen ich in neuester Zeit eine besondere Aufmerksamkeit dem Gerüste des Aftergebildes zuwandte, ergaben mir Resultate, zu deren Mittheilung ich mich zunächst auf- gefordert sehe desshalb, weil sie mich in den Stand setzen, Manches von dem, was ich in meinem Handbuche über den Gallertkrebs lehrte, schärfer zu fassen und zu begründen, oder zu berichtigen. Ein Hinblick auf die sehr lehrreichen Arbeiten über den Alveolarkrebs von Leb er t und von Luschka (Virchow's Archiv 4. Bd., 2. und 3. H.) wird zeigen, dass die im Nachstehenden enthaltenen An- schauungen auf Thatsachen beruhen, welche den Forschern bisher entgangen sind. Der Gallertkrebs, so genannt wegen der äusserlichen Ähnlich- keit der ihn constituirenden, für das freie Auge ziemlich structurlos erscheinenden Aftermasse kommt in mehreren Formen vor, welche man als eben soviele Species eines Genus oder Varietäten eines Grund- typus auffassen muss , indem sie sich auf Entwickelungsstufen und Entwickelungsweisen derselben Grundlagen zurückführen lassen. Diese sind einerseits das Gerüste, andererseits die in der Gallertmasse über Jen Gallcrtkrebs. 351 vorfindigen Elementargebilde. Die Gerüste variiren von einem zarten Maschenwerke bis zn ganz kolossalen Fachwerken; die Gallertmasse begründet durch die in ihr Statt findende Entwicklung der struktur- losen Blase und des sie aufnehmenden Alveolus eine ganz besonders hervorragende Form des Gallertkrebses. Diese Form erscheint bei dem Umstände, dass sie fast aus- schliesslich den Gegenstand der bisherigen Beobachtungen von Gal- lcrtkrebs darstellt, in der Entwicklung beider Bestandtheile so geeig- net zum Anreihungspunkte der anderen Formen , dass wir dieselbe ziierst betrachten wollen. Wir nennen sie den alveolaren Gal- ler tkrebs und stellen unter dieser Bezeichnung eine bestimmte Species auf, während der Terminus C. areolaire eine generische Bedeutung hat, indem die areolare Textur (Tissu areolaire) das Gerüste der Krebse überhaupt in Form eines Maschemverkes abgibt. Es sind hier aber nebst den Areolis auch noch und zwar in der Gallertmasse Alveoli — zwei Avesentlich verschiedene Dinge — zugegen. 1) Der alveolare Gallertkrebs besteht aus einem in seiner Textur faserigen Maschenwerke mit membranösen Balken, so dass dasselbe vielmehr ein Fachwerk mit zellenartigen Bäumen darstellt. Die Grösse der letzteren variirt ungemein, indem sich neben ganz kleinen eben wahrnehmbaren, andere Hirsekorn-, Hanfkorn- und Erb- sengrosse vorfinden. Sie kommuniciren vielfach untereinander, Avie schon daraus hervorgeht, dass sich der Inhalt derselben aus beträcht- licher Tiefe nach der blossliegenden natürlichen freien Oberfläche oder nach einer Durchschnittsfläche durch Druck entleeren lässt, und wie diess die nähere Besichtigung der Wände des Fachwerkes lehrt. Die grösseren Räume sind häufig von einem ganz zarten Ma- schen- oder Fachwerke ausgefüllt, welches sich unter Wasser wie ein dichter sehr feiner Filz ausnimmt. Manchmal sehen ganze grosse Strecken so aus, und man gewahrt darin von einem massenreicheren Fachwerke nur Rudimente, welche jenen Filz in verschiedener Rich- tung in Form durchlöcherter Häute durchsetzen. Zuweilen stösst man auf Durchschnitten auf prall gefüllte Räume, welche sich nach keiner Richtung hin gleich dem umgebenden Maschen- und Fachwerke entleeren lassen, und sich ganz wie Cysten verhalten, indem sie in der That ringsum geschlossen sind. Sie sind eine in mehrfacher Hinsicht wichtige Erscheinung. 352 Rokitansky. Die Räume des Fachwerkes stehen unter gCAvissen Umständen, wie namentlich beim Gallertkrebse des Magens , des Darms , beim incystirten Gallertkrebse nach innen hin, weit offen und das Fachwerk ist dann meist von dem zitternden gallertähnlichen Inhalte über- wuchert. In anderen Fällen sind die Räume allenthalben nach der Oberfläche so weit verdeckt, von dem Maschenwerke übersponnen, und der Inhalt derselben so weit verschlossen, dass der letztere min- destens für das freie Auge nirgends bloss liegt. In den Räumen dieses Fachwerkes ist eine durchscheinende zitternde gallertähnliche Masse enthalten, welche, als Charakter der in Rede stehenden Form, schon für das freie Auge eine feine leicht opake, weissliche, einem aufgequollenen Griese ähnliche Körnung zeigt. Eine nähere Untersuchung ergibt in Rezug dieser zwei Restand- theile Folgendes : Das Fachwerk weist sich als eine faserige Textur aus ; es besteht aus wellig-gekräuselten Rindegewebsfibrillen, denen oblonge Kerne und sogenannte Kernfasern in verschiedener Menge beigemischt sind. Macht man einen Durchschnitt durch die Masse des Aftergebil- des nach seiner Rasis, d. i. dem wahrscheinlichen ursprünglichen Entwickelungsherde, z. R. bei einem Darmkrebse von der inneren Fläche desselben nach dem submucösen Rindegewebsstratum hin, so ist das Gerüste hier insbesondere dichter, und stellt ein eigentliches Fachwerk, d. i. ein Maschenwerk mit hautartigen, sepimenta-ähnli- chen Ralken dar. Zwischendurch sieht man auch hier schon, noch mehr aber mit zunehmender Entfernung von hier, dass das Fachwerk allmählich zu einem Maschenwerke wird, indem die Sepimenta sich zu strangförmigen Ralken verjüngt haben, welche, sofort immer weitere Maschen bildend , die oben bemerkte periphere Gallertwu- cherung durchsetzen, und endlich mit freien Ausläufern — offenen Maschen — in deren oberflächlichste Schichte hereinragen. Rei- spiele mikroskopischer Maschen- und Fachwerke sind in Fig. 1 bei neunzigmaliger und in Fig. S bei vierzigmaliger Vergrösserung zu s eben. Die Entwickelung dieses Gerüstes kommt mit der der Krebs- gerüste überhaupt überein , wie ich in meiner hierauf bezüglichen Abhandlung in den Sitzungsberichten der k. Akad. 1852, Märzheft, auseinandergesetzt habe. Ja gerade die erste Reobachtung, die mich über den Gallertkrebs. 353 die Maschenwerke und ihre Entwickelung weiter zu verfolgen veran- lasste, war, wie aus der gedachten Abhandhing zu entnehmen, ein (alveolarer) Gallertkrehs. Von den Balken eines faserigen Maschen- M'erkes erheben sich kolbigc Excrescenzen , bestehend aus einer hyalinen Membran und gefüllt mit kernhaltigen Zellen. Diese Kol- ben wachsen zu biichtigen membranartigen Ausbreitungen heran, welche rundliche sich zu den Räumen des Maschenwerkes erwei- ternde Lücken bekommen, während die Zellen durch wechselseitige Verschmelzung mit Zurückbleiben der Kerne die Grundlage von Bin- degewebe werden. Daraus, dass jene Kolben sowohl als auch deren Ausbuchtungen sich durch die Räume des bestehenden Maschen- werkes hindurchschlingen, geht die Erscheinung hervor, dass sich Maschenwerke der verschiedensten Entwickelungsperioden wechsel- seitig durchsetzen und das Gerüste zu einer sehr complicirten Structur machen. Indem ferner die zwischen den Lücken zurückblei- bende Grundlage des Maschenwerkes ein gewisses Übergewicht über eben die Lücken behält, oder indem die Balken nicht in der Form kolbiger Excrescenzen sondern in Masse auswachsen (Vergl. Entwickelung der Krebsgerüste in den Sitzungsberichten der k. Akad. 18S2, Märzh., und über den Zottenkrebs 1852, Aprilh. S. 513), so kommt ein Maschenwerk mit hautartigen Balken d. i. vielmehr ein Fachwerk zu Stande, wie es eben ganz besonders dem Gallertkrebse zumal in seinen centralen Portionen , den ursprünglichen Entwicke- lungsherden zukommt. Das hiemit erläuterte Wachsthum der Maschen- und Fachwerke und deren Vervielfältigung lässt keinen Zweifel darüber zu, dass dieselben eine Neubildung seien , und nicht etwa durch das Ausein- anderweichen einer soliden Grundlage, einer präexistenten derben Fasertextur zu Stande kommen. Wendet man sich zur Untersuchung des anderen Bestandtheils des Gallertkrebses, zu der in den Räumen des Fach- und Maschen- werks enthaltenen, feingekörnten Gallertmasse , so sieht man rund- liche oder meist ovale, hyaline Räume von verschiedenem, Vio — 1/5 Mill. befragenden Durchmesser Fig. 2, 10 und 11, welche von einer eben auch hellen durchscheinenden, bald mehr bald weniger deutlich concentrisch geschichteten Masse umfasst werden. In dieser Masse, zwischen den Schichten derselben, finden sich mit entspre- chender Krümmung oblonge faserig ausgezogene Kerne, geschwänzte 354 Rokitansky. Zellen, auch wolil helle, rundliche, einen oblongen Kern einschlies- sende Fasern eingeschaltet. Zuweilen bietet diese geschichtete Gal- lertmasse selbst eine zarte Streifung, hie und da selbst eine merk- liche wellig gekräuselte Faserung dar. Mit jenen Elementen ausge- stattet streichen die peripheren Schichten jener Masse, indem sie sich von den concentrischen Lagen ablösen, zwischen den durch diese dargestellten Kapseln hindurch. Öfters sind mehrere solche Kapseln, eine Gruppe derselben von einer gemeinschaftlichen Schichtung um- geben, deren periphere Lagen sich in derselben Weise zu einer an- stossenden Gruppe verhalten. Dieses complexeBild fordert eine tiefer eingehende Analyse, um dessen Begründung einzusehen. Ich habe mich derselben seit Lan- gem gewidmet und in der That dasjenige, was ich in meinem Hand- buche und seitdem über die alveolare Gewebsanordnung und ihre Be- dingung gelehrt, zum guten Theile dem Studium des alveolaren Gal- lertkrebses entnommen. Was zuvörderst die oben gedachten Bäume betrifft, so liegt das Wesentliche der Aufgabe darin, in ihnen eine strukturlose Blase zu erkennen, welche in dem von der concentrisch geschichteten Gallert- masse gebildeten Alveolus aufgenommen wird. Der direkte NachAveis jener strukturlosen Blase ist zwar bei der Zartheit des ganzen Objek- tes ausserordentlich schwierig, allein einer unverdrossenen Unter- suchung gelingt es doch, in einem oder dem anderen Präparate eine derselben isolirt zu finden oder eine solche aus ihrem Alveolus frei zu machen Fig. 2 bei c. Einen anderen Nachweis liefert die Unter- suchung von Gallertkrebsen, in welchen die strukturlosen Blasen eben in Entwickelung begriffen sind. Hier finden sich in der Gallertmasse Zellen, deren Kerne ungemein gross, zu Blasen herangewachsen sind, welche die ganze ansehnliche Zelle ausfüllen ; nebst solchen nackte Kerne, welche in demselben Wachsthume begriffen sind. An solche sieht man hie und da oblonge Kerne , geschwänzte Zellen sich anschmiegen und sofort die strukturlose Blase in einem aus solchen Elementen und der zwischen diese eingelagerten Gallertmasse beste- henden Alveolus aufgenommen. Endlich ist hier die Analogie von Belange, der gemäss sich die durch das Vorhandensein von struktur- losen Blasen bedingte alveolare Anordnung der Gallertmasse und der in ihr vorfindigen faserigen Elemente an andere Neubildungen von alveolarem Baue und namentlich die Cystenbildungen anreiht. über tlen Gallerlkrobs. 355 Wenn mit der striicktiirlosen Blase und ihrem Alvooliis die Grundlage der Cyste gegeben ist, so liegt die Vermuthung nahe, die nach dem oben Gesagten im Gallertkrebse vorfindigen geschlossenen cystenartigen Räume mit faserigen Wänden aus jener Grundlage abzuleiten. Ja ich ging ebedem weiter, indem ich den Gallertkrebs durchaus für eine wuchernde Cystenbildung, ein Convohit von Cysten, die sich sekundär in einander erölTnen , hielt und dieselben auf die von mir in meiner Eingangs bezogenen Abhandlung über die Cyste auseinander gesetzten Weise aus den strukturlosen Blasen und ihren Alveolis ableitete. Nunmehr ist mir klar, dass jenes Convolut von in einander mündenden Cysten ein fächeriges Stroma und als solches ein von dem alveolaren Bestandtheile des Gallertkrebses völlig unab- hängiges Gebilde ist, dass die Alveoli mit ihren strukturlosen Blasen im Gallertkrebse kaum je zu eigentlichen Cysten werden , und dass endlich — wie sich später erweisen lassen wird — die obgedachten im Gallertkrebse vorfindigen Cysten aus dem Stroma und nicht aus dem alveolaren Bestandtheile hervorgegangen sind. Oben ist der Elemente gedacht worden, welche die Gallertmasse rings um die Blasen d. i. in den Alveolis und zwischen diesen — die Interalveolarsubstanz — durchsetzen. Es sind oblonge , faserig ausgezogene Kerne, geschAvänzte Zellen und zarte, helle, rundliche, einen oblongen Kern einschliessende Fasern. Diese sind augen- scheinlich aus der geschwänzten Zelle hervorgegangen und beide mit den von Vircbow nachgewiesenen Bindegewebskörperchen identisch. Nebst solchen finden sich häufig mehr oder weniger deut- lich ausgeprägt noch zartere, wellig gekräuselte Fibrillen vor. Sie gehen, wie geeignete Präparate lehren, augenscheinlich aus der Gallertmasse unmittelbar durch einen Spaltungsprocess hervor, wel- cher auch der Schichtung der Gallertmasse in den Alveolis und zwischen denselben zu Grunde liegt. Die Menge der Blasen ist in verschiedenen Fällen, und auch zuweilen in verschiedenen Abschnitten desselben Aftergebildes ver- schieden, zuweilen sind sie nur spärlich in die an formellen Ele- menten arme Gallertmasse eingestreut, oft sind sie in wuchernder Menge zugegen. Eben so verschieden ist die Menge der nächst den Blasen vor- handenen Kerne und kernhaltigen Zellen. Vorzüglich die ersteren sind oft sehr zahlreich. Ebenso verschieden endlich ist die Menge der in 356 Rokitansky. den Blasen enthaltenen Brut-Elemente. Oft enthalten viele Blasen keine solche und dann bilden sie die S. 353 angegebenen hyalinen Räume; in anderen Fällen enthalten sie Kerne und kernhaltige Zellen, einmal in geringer Menge , zerstreut oder zu einem centralen Häuf- chen gruppirt , das anderemal in ansehnlicher Menge bis zur gänz- lichen Ausfüllung. Nicht selten ist einer oder der andere der Kerne (Brutkerne) zu einer secundären (Tochter-) Blase herangewachsen. Sehr gewöhnlich sind die Kerne und Zellen in grosser Anzahl zu opalisirenden, brüchigen, eckigen, eingezackten Körperchen mit schwarzem Contour umstaltet, welche sich sofort zu grösseren und kleineren, meist rundlichen Körnern desaggregiren. Sie widerstehen sämmtlich der Einwirkung von Essigsäure sowohl wie von kaustischen Kalien und sind das Resultat einer Umwandlung der obgedacliten Elemente zu Colloid — dieselben Gebilde, welche Lebert, jedoch in einem von dem unsrigen verschiedenen Sinne, d. i. schlechthin als Bestandtheile des sogenannten Colloidkrebses , Colloidkörperchen nennt. Fig. 13. Sie sind oft in sehr grosser, eine deutliche Anschauung des Präparats vereitelnden Menge zugegen, wobei sie theils die Alveoli kappenartig decken, theils in der Interalveolar-Substanz ange- häuft sind. Nebst diesen kommen im Gallertkrebse zuweilen auch grössere einfach oder concentrisch geschichtete farblose oder farbige (gelb- liche, gelbbräunliche) Colloidkugeln vor, an denen man häufig eine Desaggregation der Masse zu Körnchen, zu nadeiförmigen Splittern wahrnimmt, Fig. 11. Zuweilen enthält der Gallertkrebs auch ein- fache oder geschichtete Incrustate, Fig. 10. Endlich sind Fettkörnchen als aus der Metamorphose des Kern- und Zelleninhaltes hervorgegangen in jedem Gallertkrebs eine ge- wöhnliche Erscheinung. Was die Entwicklung dieses alveolaren Bestandtheils des Gallert- krebses betrifft , so ist vorerst nicht zu zweifeln , dass die Gallert- masse als ein freier Erguss zu Stande komme und Avachse , und dass sich die in ihr vorfindigen Elemente aus und in einer freien Blastem- masse entwickeln. Allein es gibt auch eine zweite Art des Wachs- thums der Gallertmasse und der Vermehrung ihrer Elemente. In meiner Abhandlung über die Cyste habe ich von einem Falle von alveolarem Gallertkrebs das Rectum angeführt, dass von der Innen- über (Ich Gallortkivhs. 357 fläche einer der Cysten zahlreiche hyaline Hohlkolben hervorwuchsen, welche nebst anderen ansehnliche sehr zarte structurlose Blasen einschlössen (s. Taf. IV, Fig. 16, jener Ahhandlniig). Wenn ich nunmehr geneigt bin, jene Cysten als die geschlossenen Loculi eines Fachwerkes, d. i. des fächerigen Stromas des Galiertkrebses zu deuten, so sind jene Kolben von der Wand eines Loculus des Fachwerkos herausgewachsen, ganz so, wie jene, die von den Balken der Fach- und Maschenwerke überhaupt als Grundlagen und Träger neuer Gerüste auswachsen. Allein nach ihrem Inhalte fand in ihnen nicht die Entwickelung desStroma, sondern dieEntwickelung der Elemente der alveolaren Gallertmasse Statt. Sie gleichen hierin also der den Zottenkrebs constituirenden dendritischen Vegetation, welche sich als einfacher Hohlkolben auch von den faserigen Balken eines maschigen Stroma eihebt, in ihrem Innern aber, mindestens eben zur Zeit, nicht Stroma, sondern die Elemente des die Bäume des Stroma aus- füllenden medullären Krebssaftes und nebst diesen häufig auch struc- turlose Blasen erzeugt. Ich habe jene Hohlkolben im Gallertkrebse zwar noch nicht in einer Ausbuchtung zu dendritischer Vegetation begriffen zu sehen bekommen, allein man nimmt häufig in Präparaten eine Anordnung der Gallertmasse wahr, welche sich nicht anders als dahin deuten lässt, dass derlei Hohlkolben zu ansehnlichen viel- fach ausgebuchteten Hohlgebilden herangewachsen sind, in denen es zur Entwickelung neuer Alveolarparenchyme kam. Es sondern sich nämlich in Präparaten Portionen der alveolaren Gallertmasse, welche nach einer Bichtung hin von einem zarten buchtigen Contour um- geben sind, welcher Contour allem Anscheine nach ein Hohlgebilde begrenzt, in dessen Innerm sich die Elemente der alveolaren Gallert- masse entwickelt haben, Fig. 2 bei b, Fig. 10, Fig. 11. Zuweilen kommen in alveolaren Gallertkrebsen und zwar auf der freien Oberfläche von peritonälen Krebsmassen auch gestielte beuteiförmige Anhänge vor, welche in ihrem Innern das Parenchym des alveolaren Gallertkrebses auf verschiedenen Entwickelungsstufen enthalten, Fig. 3, 4, ä, 6, 7, 8. Diese Anhänge sind Verlängerungen des Stroma; es wachsen nämlich die häutigen Balken des Fachwerkes, zuweilen vielleicht die Wände eines Loculus ringsum, zu einem platten Streifen, einer rundlichen Schnur, einem Schlauche aus, welcher an ■ seinem freien Ende sich wieder zu einem Fachwerke entwickelt, das zu jüngeren Fachwerken auswächst und eine mit ihm gleich- 358 Rokitansky. massig zu Stande gekommene Gallertmasse in sich aufnimmt. Bis- weilen mag einem solchen Anhange auch ein strukturloser Hohl- kolben zu Grunde liegen , in welchem neues Parenchym erzeugt worden war. Das Gesagte nachzuweisen und zu verdeutlichen sind vor Allen die nachstehenden Fälle vom alveolaren Gallertkrebs geeignet. Erster Fall. Langer Leop., 54 Jahre alt, Taglöhner, am 5. Sept. 1828 secirt, bot eine alveolarkrebsige Wucherung innerhalb des Bauchraums dar, welche im hiesigen Kabinete seitdem aufbe- wahrt wird. Ich entnehme dem in den Protokollen niedergelegten Berichte und dem Präparate Folgendes: das sämmtliche Peritonäum der Bauchwand war mit Erbsen- bis Wallnuss-grossen kugeligen derben weisslichen gallerthältigen Wucherungen besetzt; in mehreren durch Adhesion der Baucheingeweide mit der Bauchwand abgeschlos- senen Bäumen waren ansehnliche Mengen Serums enthalten. Leber geschrumpft, sehr dicht, zähe. Milz dunkelbraun. Das grosse Netz füllte fast ganz die sehr erweiterte Bauchhöhle aus und war zu einer den Wucherungen an der Bauchwand ähnlichen, an Gestalt die Leber nachahmenden , an dem unteren an die Symphyse reichenden Rande eine tiefe Incisur darbietenden 4 — 9" dicken knolligen , seicht ge- lappten Masse entartet. Die Entartung setzte sich auf das Peritonäum des Magens und sofort auf das kleine Netz fort, dessen Stelle eine faustgrosse Aftermasse einnahm. Aus dem Gekröse des unteren Krumdarmstücks trat eine Aftermasse von Mannsarmdicke an das Coecum , welches in seinen inneren zwei Drittheilen zu derselben gallertehältigen nach der Darmhöhle hin biossliegenden, mit tiefen Sinuositäten verjauchenden Aftermasse degenerirt war. Von hier stieg längs dem Os sacrum ein noch dickerer Forlsatz der After- masse nach dem Rectum herab , umgab dasselbe ringsum bis an den Spliincter int. und drang in dessen Häuten bis an die Schleimhaut vor. Diese ganze vielfach verzweigte Aftermasse wog über 14 Civil- Pfunde. An dem oben beschriebenen Netze , aus dessen Masse das Prä- parat Fig. 1 und das Präparat Fig. 2 mit der isolirten Blase bei c genommen ist, und zwar in dessen Concavitat, an den daselbst befindlichen Einschnitten, gingen hie und da brückenartige einfache, theils rundliche, theils platte hautartige Stränge oder aus mehreren solchen bestehende weitmaschige Netze von weisslichem sehnen- ri)iM- ticn Galloitkrcbs. 359 artigen Ausehen hin. In und an den hautartigeu Portionen der Stränge sassen kleine plattrundliche Alveohirmassen , au den rund- lichen Schnüren aber fand man gestielte keulen- oder birnförmige, mohnkorn- bis erbsengrosse sowohl fluktuireude, als auch solide resistente Anhänge von alveolarkrebsigem Ansehen , Fig. 3. Die nähere Untersuchung dieser Gebilde ergab Folgendes *) : Ein kleiner, et^a niohnkorngrosser Anhang, an seinem Stiele abgeschnitten, ist in Fig. 4 bei einer 400maligeu Vergrösserung dar- gestellt; der aus Bindegewebsfibrillen bestehende Stiel, welcher an seinem Durchschnitte den Contour eines Schlauches zeigt , tritt an einen ovalen Körper, indem er ihn in Form einer gefensterten Mem- bran , eines Netzes umstrickt. In den Lücken desselben fanden sich zartere, minder bestimmt auf ein Maschenwerk zurückzuführende, strangförmige Faserbündel. Ein Stückchen eines grösseren feindrusigeu Anhanges erscheint nach Fig. 5 bei einer 40maligen Vergrösserung als ein parenchyma- töses Fachwerk, an dem sich einzelne Loculi in der Peripherie als offenstehende Taschen darstellen; die zwei Contouren oben gehören dem äusseren Stratum; zwischen ihnen trat beim Drucke eine hya- line Gallertmasse von zarter, alveolarer Structur heraus. Rechts tritt eine Lamelle des Fachwerkes an einen rundlichen Ballen und umspinnt denselben. Ein etwa einer kleinen Erbse grosser, birnförmiger, beutelartiger Anhang enthielt dem Anscheine nach eine helle zähe Feuchtigkeit, in welcher kleine eben wahrnehmbare opake weissliche Körperchen suspendirt waren. Die Untersuchung der entleerten Feuchtigkeit zeigte, dass sie von einem äusserst zartfaserigen Fach- und Ma- schenwerke durchsetzt war, Avelches eine zähe hie und da alveolirte Gallertmasse enthielt, und jene opaken Körperchen waren, wie Fig. 6 ein solches bei 40maliger Vergrösserung und Fig. 7 ein ähn- liches bei 400maliger Vergrösserung zeigt, aus einem häutigen Maschenwerke bestehende Ballen oder vielmehr von einem solchen Maschenwerke umstrickte und durchsetzte Gallertmassen. In Fig. 7 sieht man in den Lücken des äusseren Stratums und durch dieses *) Das seitdem im Weingeiste aufbewahrte Präparat hat sich so durchaus nicht verändert, dass ich darin Alles so finde, wie in einem frischen Exemplare. Es stimmt dies mit den Erfahrungen von Bruch und Lebert übercin. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, IX. Bd. II. Hff. 24 360 Rokitansky. liiiifUirchsehend ein zweites, welches aus zarten Zellen besteht, wäh- rend jenes zum grössten Theile gefasert erseheint. Bei # tritt dieses Stratum von dem Körperchen als ein gefensterter Lappen ab, mittelst dessen dasselbe ohne Zweifel mit dem übrigen die Flüssigkeit durch- setzenden Fachwerke zusammenhing. Die Hülle dieses Anhanges be- stand aus einem zartfaserigen Gewebe. Ein anderer ähnlich gestalteter, etwas grösserer Anhang war von einem zarten alveolaren Parenchyine ausgefüllt, von dem sich nach einem Querdurchschnitte des Anhanges fast von selbst die wie im vorigen aus einem zartfaserigen Gewebe bestehende Hülle ablöste. Ein Stückchen von der Peripherie des feindrusig aussehenden Pa- renchyms zeigte sich nach Fig. 8 bei 40maliger Vergrösserung als gefensterte Membran, d. i. ein Stück eines häutigen Maschenwerkes, an dem mit zwei häutigen Stielen ein von einem Netze umstrickter Ballen der Gallertmasse sass. Das freie Ende eines Anhanges Avurde durch ein bohnengrosses, rundes Hohlgebilde dargestellt, welches sich mit einer kleinen Aus- buchtung in die Masse seines Stieles einsenkte. Es glich vollständig einer Cyste, deren Wand mit der tunica sclerotica an Weisse und Dichtigkeit ihrer faserigen Textur übereinkam. Diese stellte einen Filz von sich vielfach durcheinander schlingenden Faserbündeln dar. An einzelnen kleinen, punktförmigen, durchscheinenden Stellen war dieses Gefüge maschig auseinander gewichen und enthielt eine zähe, helle Feuchtigkeit. Innen löste sich von diesem Gebilde ganz leicht ein mosaikartiges Stratum ab , welches, wie sich beim ersten Anblick errathen Hess, ein Maschenwerk darstellte, das allenthalben in einer wuchernden Menge zu kolbigen Verlängerungen auswuchs. In diesem Befunde bedarf nach dem S. 357 Gesagten nur das letztgedachte Hohlgebilde einer Erläuterung. Es ist der erweiterte cystenartig geschlossene Loculus eines zarten Fachwerkes, dessen Wände rings um diesen Loculus dicht aneinander liegen und die Cy- stenwand darstellen, in welcher sich einzelne Räume des Fachwerkes an jenen durchscheinenden Punkten durch Aufnahme von Gallertmasse erweitern. Innen wächst dieser Loculus gleichförmig wieder zu einem Maschenwerke aus. — Hieran wird sich bei der Erläuterung der Räu- me in der cystoiden Gallertgeschwulst zu erinnern sein. Zweiter Fall. Kraschovitz Dilmar, 52 J,, Handelsmann, secirt am 8. März 18S2, bot eine ähnliche, wiewohl bei weitem über (U'h (Jiilleitkrebs. 3()1 nicht SO Yoluininöso alvoolarkrebsige Degeneration des Netzes und des Coecnni und Colon ascend. dar. Diese beiden Maren auf 4y3" Länge geschrumpft, in ilirer Wand 1" dick; nebstdem war das ge- sammte Peritonäuni , besonders das der Bauchwand , an einzelnen Stellen z. B. am Diaphragma zu einem zusammenhängenden dicken Krebsstratum degenerirt. Die Untersuchung dieses Gallertkrebses ergab zunächst das Vorhandensein eines faserigen Maschengeriistes. Die Gallertmasse, zumal entnommen dem oberflächlichen Stratum, zeigte sparsame, darunter aber allerdings einzelne grosse structurlose Blasen , welche ziemlich zahlreiche, grossentheils in Gruppen aneinanderhaftende, das Licht stark brechende, colloide Kerne, hie und da auch solche, die zu einfachen structurlosen Blasen aufgebläht waren, so wie auch granulirte Zellen mit derlei Kernen enthielten. Dabei war eine Al- veolusbildung in der umgebenden Gailertmasse nur undeutlich d. i. nur unmittelbar an den Blasen einigermassen durch einzelne zum Theile unmittelbar an der Blase haftende faserig ausgezogene Kerne und eine beiläufig wahrnehmbare Schichtung der Gallertmasse ange- deutet. Ein Zusatz von verdünnter Essigsäure stellte die letztere deutlicher her. Fig. 9 zeigt bei 400maliger Vergrösserung bei a eine der structurlosen Blasen mit ihrem Inhalte dar; rings um sie bemerkt man eben nur eine Schichtung der Gallertmasse mit einge- lagerten sehr kleinen faserig ausgezogenen Kernen. Bei h haftet an der Blase ein faserig ausgezogener Kern, in dem ein Fettkügelchen sitzt. Bei c löst sich von der Blase eine geschwänzte Zelle ab. Daneben fanden sich in der Gallertmasse ungewöhnlich zahl- reiche Kerne und kernhaltige Zellen Fig. 9 c?. Von den nackten Kernen som ohl , wie auch von den Zcllenkernen waren viele , die letzteren mit entsprechender Erweiterung der Zelle, zu hellen, struc- turlosen Blasen herangewachsen. In der Nähe einzelner solcher Hess sich eine umkreisende Schichtung der Gallertmasse wahrnehmen. Dieser Fall klärt in allseitiger Weise über die Entwickelung des alveolaren Bestandtheiles und die Unabhängigkeit derselben von dem maschigen Gerüste auf. Kerne Avachsen zu structurlosen sterilen oder Brut erzeugenden Blasen heran, um welche sich unter Auftre- ten faseriger aus dem Kerne und der kernhaltigen Zelle hervorge- hender Elemente eine umkreisende, einkapselnde Schichtung der Gallertmasse entwickelt. 24 * 363 Rokitansky. Dritter Fall. Zorn er Anna, 47 Jahre, Handarbeiterin, secirt am 7. Mai 1851, bot einen alveolaren Gallertkrebs der linken Brnst neben Medullar-Carcinom der Leber und der grossen Schani- lefzen dar: Der Leichnam ahgezehrt, die Brüste eingewelkt, an der Stelle der linken eine faustgrosse , planconvexe , derbe , nächst ihrem obe- ren Ende mit der adstringirten Brustwarze bezeichnete Geschwulst, auf der die allgemeine Decke festsass, schmutzig-bräunlich gefärbt und von einer in grossen Blättern sich abschilfernden Epidermis be- kleidet war. Mit ihrer planen Fläche sass sie auf dem grossen Brust- muskel und drang hie und da in denselben. Oben haftete an ihr ziemlich lose ein grosser Theil der verschrumpften Brustdrüse. Sie bestand aus einem weisslichen meist sehr gedrängten , sehr zarten Fachwerke, aus dessen Bäumen eine grauliche gallertartige Sub- stanz hervortrat , wobei das Ganze eine auffallende Ähnlich- keit mit einer strumösen Schilddrüse hatte. Daneben zogen ansehn- lichere fascienartige Streifen durch die Masse oder grenzten auch von ihr solche Portionen ab , welche von einer viel lockereren , von einem vascularisirten ausserordentlich zarten Gerüste durchsetzten Gallertmasse ausgefüllt Avaren. Die Bauchhöhle enthielt 6 — 7 Pfund gelber, trüber, ein eiteriges Sediment absetzender Flüssigkeit. Das Bauchfell , besonders am Dünndarme injicirt, von Exudatflocken bekleidet. Die Leber gross, von unzähligen bis nussgrossen Medullarknoten durchwebt, so, dass man ihre Substanz nur in wenigen blassbraunen Besten erkannte. In der Vagina etwa 1" über dem Eingange eine narbige Striktur, im Uterus ein nussgrosser Blasenpolyp. Die grossen Schamlefzen von zahlreichen dunkelrothen Medullarknoten durchwebt. Die nähere Untersuchung des Aftergebildes in der linken Brust ergah neben alten faserigen Fach- und Maschenwerken einen namhaften Antheil solcher, die in Entwickehmg begriffen waren und in ihren Balken aus Kernen und kernhaltigen Zellen bestanden. Daneben die Gallertmasse in alveolarer Anordnung, wobei die Blasen hie und da ganz von Brutkernen ausgefüllt waren. Überdies fanden sich stel- lenweise zahlreiche Incrustationen einfacher und concentrisch ge- schichteter glatter und buchtiger Blasen vor. Bei der besonderen Untersuchung der schon oben hervorgehobenen hie und da abge- grenzten Portionen zeigte sich ein grösstentheils in Entwickelung tiicr den Gallertkrebs. 363 begrifteiies Stroma, die Gallertmasse zeigte ihre zarten Alveoli in Gruppen beisammen nach einer Richtung hin von einem zarten hellen, scharf begrenzten buchtigen Saume umfasst, und in einzelnen Prä- paraten fanden sich zwischen solchen einfache sehr zarte hyaline Kolben, von denen in dem Fig. 10 dargestellten Präparate mehrere eine Incrustation einschlössen. Die Medullarknoten der Leber zeigten den gewöhnlichen Bau, ein maschiges Fasergerüste, dessen Räume die Elemente des me- dullären Krebssaftes einnahmen. In diesem Falle ist zuerst das Vorkommen der Incrustationen überhaupt wichtig. Ich habe sie auch in anderen alveolaren Gallert- krebsen, aber nirgends in so ansehnlicher Menge, wie stellenweise in diesem gesehen. Sie kommen also auch hier neben der in wuchernder Anzahl und als charakteristischer Texturbestandtheil auftretenden strukturlosen Blase vor. Die Coexistenz jener von einem hellen, buchtigen Saume umgrenzten Portionen der alveolaren Gal- lertmasse neben einfachen hyalinen Hohlkolben macht die S. 337 gedachte Deutung höchst wahrscheinlich. Der Befund der in meh- reren solchen Hohlkolben enthaltenen Incrustate ergänzt von Seite des alveolaren Gallertkrebses dasjenige, was ich von der Bedeutung dieser Gebilde, ihrem Vorkommen neben der Cyste und ihrer Grund- lage (der structurlosen Blase) in der dentritischen Vegetation zeit- her gelehrt habe. Vierter Fall. Ein von einer dicken fibrösen Hülle umschlos- sener ansehnlicher, alveolarer Gallertkrebs eines Ovariums, Avelcher nach dem Rectum hereinwuchert, den ich seit vielen Jahren zur näheren Demonstration bei systematischen Vorträgen benütze, zeigt nebst einein mikroskopischen ein mit freiem Auge wahrnehmbares grossfächeriges von ansehnlichen sepimenta-artigen Bildungen ge- tragenes faseriges Stroma, welches nach innen, dem Centrum des Aftergebildes hin, zu einem jungen, opaken auswächst. Die Räume sind^von einer körnigen Gallertmasse ausgefüllt, welche die gewöhn- liche alveolare Textur zeigt, Fig. 11. Nebstdem sieht man in ihr, be- sonders stellenweise, zahlreiche runde bei GOmaliger Vergrösserung : a. braune, bei 400maliger Vergrösserung, h. bräunlichgelbe Kugeln eingestreut, welche sich als einfache und geschichtete, theils zu Körnchen, theils zu nadeiförmigen Splittern zerfallende, y^o — Vso Mill. messende CoUoidkugeln erweisen. 364 Rokitansky. Dieser Fall weist das Vorkommen von Colloidkugeln als das Resultat der Umwandlung der einfachen und geschichteten structur- losen Blase und ihres Inhaltes nach. Sie kommt also hier so , wie in allen physiologischen und pathologischen Gehilden vor, in deren Zu- sammensetzung die structurlose Blase mit ihrem albuminösen Inhalte eingeht. — Ich muss hier andeuten , dass ich unter Colloid eine Substanz verstehe, mit deren Auftreten eine Reihe von Meta- morphosen beschlossen wird, welche die Eiweiskörper frei oder als Inhalt von Zelle, zumal aber als Inhalt des Kernes und der aus ihm hervorgegangenen structurlosen Blase und der Cyste erleiden — eine leimartige einer saturirten Gummilösung ähnliche, endlich zu einem Concrement eintrocknende Substanz, mit deren Auftreten die ehedem bestandene Organisation ihrer Grundlage für immer untergegangen ist und welche auch selbst keiner fähig ist (Vergl. S. 356 und meine Abhandlung über die Cyste). Nächst dem hiemit erledigten alveolaren Gallertkrebse lassen sich noch zwei Varietäten aufstellen, welche sich auf das Gerüste beziehen; eine alveolare Anordnung der Gallertmasse kommt ihnen gemeinhin nicht zu. 2. Eine zweite Form des Gallertkrebses zeichnet sich durch das kolossale fächerige Stroma aus. Ich führe hier vorerst die ein- schlägigen Beobachtungen an: Bei einem 60 Jahre alt, am 23. Mai 1852 secirten Post- conducteur (L e b w o h 1 Anton) fand man bei der Leichenunter- suchung : Allgmeine Abmagerung, im rechten Pleurasäcke einige Unzen röthlichbrauner, eiterige Flocken absetzender Flüssigkeit, die Costal- pleura sowohl wie die Lungenpleura am mittleren und untern Lappen von einem dünnen Exsudate bekleidet, die Substanz der eben genann- ten Lappen zum grossen Theile gewulstet, von einer eitrig-serösen Feuchtigkeit infiltrirt. In den Oesophagus und zwar gleich über der Cardia ragte eine schmutziggrauliche, breiigweiche auf dem Durchschnitte weisse, hirn- mark - ähnliche fungusartig mit einem Halse aufsitzende Aftermasse von Enteneigrösse herein, wobei die Oesophagushäute in mehr als zwei Drittheilen des Kreisumfangs degenerirt waren. Über diese hin- aus drang die Aftermasse an die Aorta heran, indem sie sich in deren zellige Scheide einwebte. Ausserdem sassen am Zwerchfelle in der über den GalleiCkrcbs. 365 Umgebung des For. oesophageum und auf dem Bauelifelle des Cardia- Magens einzelne lielhveisse derbe platte Medullarknoten. An der vierten Rippe reebtor Seite sass eine bülinereigrosse, prall anzufiililende, zienilicb gleicbinässig naeli aussen und naeb innen protuberirende Gescbwulst, innerbalb welcher die Rippe zer- stört war. Eine andere nussgrosse sass am Köpfchen der 10. linken Rippe. In beiden Darmbeinen sass nächst dem hintern obern Höcker eine graulichweisse auf beiden Flächen als ein drusighöckeriger Tu- mor hervorspringende Aftermasse. Nächst dem vordem untern Darm- beinhücker kam links ein einer halben Wallnuss gleicher, rechts ein mehr als bühnereigrosser, weisslicher, derber Tumor aus der peri- pheren Knoehensubstanz. Das rechte Sitzbein in seinem aufsteigen- den Aste sammt dem absteigenden Aste des Schambeins in einer mehr als fanstgrossen mit den Adductoren an das Femur hintreten- den länglichrunden Geschwulst untergegangen. Gleich vor ihr, nächst ihrem unteren Ende sass ein nussgrosser schwielig-derber Knoten im Muskelfleische. Am linken Schambeine sassen gleich un- ter der Symphyse mehrere erbsengrosse Tumoren in der äusseren Knochenschichte. Die nähere Untersuchung der Oesophagusgeschwulst zeigte, dass sie aus einem jungen, weichen, aus Zellen bestehenden maschi- gen Gerüste bestand, dessen Räume Cylinderepithelium-ähnliche Zel- len als die Elemente eines dicklichen medullären Krebssaftes ein- nahmen. Die Knochengeschwülste bestanden, wie der Durchschnitt zeigte, aus einem Conglomerate von theils in einander mündenden, theils abgeschlossenen rundlichen oder meist schlauchförmigen, von wech- selseitiger Anlagerung facettirten, in ihren Wänden aus einem seh- nenartigen atlasartig glänzenden Gewebe constituirten Localis von der verschiedensten Grösse. Die der grossen vom rechten Sitz- und Schambeine ausgehenden Geschwulst waren erbsen- bis bohnengross, während die der anderen Geschwülste hirsekorn- bis hanfkorngross erschienen. Dabei fanden sich, zumal an der Geschwulst, an der rechten vierten Rippe und am rechten Sitz- und Schambeine auch grössere hie und da von grobdurchlöcherten Sepimeiitis durchsetzte Räume und daneben auch wieder Portionen, an welch es waren die Wände junger aus den alten auswachsender Fach- Averke. Die Fachwerke lagerten besonders im unteren Umfange der Cysten , die sich gleichsam aus ihnen erhoben und übereinander thürmten. Nebstdem fanden sich solche auch in der Wand der Cysten, indem dieselbe gleichsam vielfach auseinander gewichen war; andere wuchsen in Form von Geschwülsten aus der Cystenwand heraus, bald über einer breiten Basis, bald über einem Halse oder Stiele, grösstentheils nach innen, so, dass mehrere den Cystenraum nahezu ausfüllten , einige derselben aber auch nach aussen , wo sie dann meist gestielte Anhänge bildeten. Dabei waren sie von der vor sich hergedrängten inneren oder äusseren Schichte der CystenAvand bekleidet. Die Wand der Cysten bestand aus einem anscheinend derben Fasergefüge, eine genauere Untersuchung zeigte aber, dass es lauter Fachwerke in einem Zustande von Leere und Compression der Lo- culi Avaren, welche stellenweise durch die Dazwischenkunft der gal- lertähnlichen Substanz auseinandertraten. — So sind denn die bei den Cystoiden sich aus der Wand der sogenannten Muttercyste ent- wickelnden, bald nach aussen, bald nach innen wachsenden Tochter- Cysten die Loculi eines in jener bereits ursprünglich bestehenden Fachwerkes. In mehreren Cysten stellte die innerste Schichte ein zartes Gitter dar, dessen Balken sehr kleine eben wahrnehmbare Areolae begrenzten, von dem sich hie und da kleine rundliche, oder kolbige helle Bläschen und Fältchen, kleine aus einer gedoppelten Mem- bran bestehende Leistchen erhoben. Bei einiger Vergrösserung er- schien dieses Gitter als ein Maschenwerk, dessen Balken nach ver- schiedenen Bichtungen hin zu zahlreichen Kolben auswuchseUo Es bildete ungeachtet einer gewissen Schichtbarkeit der Cystenwand ein Continuum mit dem diese letzteren constituirenden Fachwerke. Hie und da drängte sich ein folikelartig strotzendes Bläschen in und durch jenes Gitter nach dem Cystenraum herein, welches in seinem Inneren gallertähnliche Feuchtigkeit und ein zu reichlichen Kolben auswachsendes Maschenwerk enthielt. — Jene von den Balken des Gitterwerks sich erhebenden kolbigen Bläschen und diese letzteren — Loculi des die innersten Lagen der Cystenwand constituirenden Fachwerkes — bilden die Grundlage der von der Innenfläche der Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. II. Hft. 25 3^6 Rokitansky. Muttercyste in deren Raum hereinwaclisenden Tochtercysten in dem sogenannten zusammengesetzten Cystoid. An einer leistenarlig ausgewachsenen Partie der Fachwerke im untern Umfange der Cysten sah das Gewebe wie ein von zarten Mohn- korn grossen Bläschen durchsetztes weisses, faseriges Mascheuwerk aus. Hier zeigte das Mikroskop ein Maschenwerk, in dessen Räumen in der That strukturlose Blasen, gefüllt mit einer opaken Körner- masse und Kernen, sassen. Endlich ist in Bezug auf den Inhalt des Peritonäalsacks zu be- merken: Eine der grossen Cysten im hinteren Umfange der ganzen Geschwulst war mit einem etwa 5" Durchmesser haltenden rundlichen scharfrandigen Loche in den Bauchraum eröffnet, wobei sich meh- rere aus der Cystenwand in die Cyste hereinwachsende, fächerige Geschwülste in das Loch hereindrängten. 3. Eine dritte Form von Gallertkrebs glaube ich repräsentirt zu finden durch ein Aftergebilde, wie es der nachstehende Fall dar- bietet — eine Anhäufung gallertähnlicher Substanz bis zu monströ- sem Umfange, welche von einem zarten mikroskopischen Maschen- werke gestützt wird. Der Sectionsbefimd eines am 29. Jänner 1844 secirten, 26 Jahre alten Mannes (Kutschers, Vincenz Fat zeit) lautet nach dem Protokolle und übereinstimmend mit dem Referate, welches Herr Dr. G. Löbl in einem in der Zeitschrift der Gesellschaft der Ärzte i. Jahrg., I.E., S. 70, eingerückten Monatsberichte veröf- fentlichte, folgendermassen : Der Körper ziemlich gross, abgemagert, in der unteren Hälfte infiltrirt, Brustkorb in seiner unteren Hälfte auseinandergedrängt, Unterleib ungemein voluminös, rund, elastisch derb anzufühlen, die allgemeinen Decken desselben infiltrirt. Lungen überhaupt stellenweise mittelst Bindegewebes, der rechte obere Lappen nächst seiner Spitze nach aussen mittelst einer mehr als faustgrossen Aftermasse angeheftet. Diese füllte, einerseits in die Lungenpleura , andererseits in die Cortalpleura und die unterliegenden fibrösen Schichten eingewebt, die Spitze des Pleura- kegels aus, bildete gleichsam eine zolldicke, an der Spitze offene Haube, an deren innerer Wand ein ihren Raum und jene Öffnung ausfüllender enteneigrosser Lappen mit einem Halse auswuchs, und war übrigens in allem der die Bauchhöhle ausfüllenden Aftermasse gleich. Die Substanz der oberen Lappen grauröthlich, ödematös , die über den G aller Ikrebs. 377 der unteren dichter, etwas comprimirt. Die Brusthöhlen vom Bauch- raunie her sehr verengt, das Zwerchfell zur Höhe der ä. — 4. Rippe heraufgedrängt. Den Bauchraum füllte mit Verdrängung der Eingeweide in die Seitengegenden und in die Aushöhlung des Zwerchfells eine in jedem Durehmesser hei 2' und im Gewichte über 15 Pfund haltende After- masse aus. Sie war gross gelappt, senkte sich mit einem Fortsatze in das Becken zwischen Rektum und Harnblase herein und adhärirte am Netze, Gekröse, Darme, zumal aber am Peritonäum der Bauchwand vielfach, jedoch nirgends so, dass sich ein bestimmter Ausgangsheerd aus seinem und noch weniger aus subperitonäalen Geweben nach- weisen Hess. Sie war äusserlich glatt, in der Richtung einer anschei- nenden Lappung brüchig, graulich oder gelbröthlich , gallertartig durchscheinend, locker, zitternd, von einem fast tluktuirenden Anfühlen. Hie und da fanden sich weisslich opake Stellen von einem medullä- ren Ansehen , in der Tiefe zahlreiche erbsen- bis haselnussgrosse, innen glatte und glänzende, eine farblose, synovia-ähnliche Flüssig- keit enthaltende Hohlräume, nebstdem von Extravasat ausgefüllte Ca- vitäten. Der Processus vermif. adhärirte hinten an die Aftermasse, war auf 6 — 7'' Länge gezerrt , enthielt mehrere weisslichgraue, erbsen bis bohnengrosse Concremente (eingedicktes blennorrhoisches Secret) , und war in seiner Mitte bis nahe ans Peritonäum ulcerirt. Diese Aftermasse, von der ich einige Stücke seitdem aufbewahrt habe, hat sich, eine kaum merkliche Trübung abgerechnet, in nichts verändert. Die mikroskopische Untersuchung wies in derselben ein sehr zartes, in seinen Balken %o — Viss Mill. dickes, meist hyalines, maschiges Stroma nach; die gallertartige Masse enthält runde granu- lirte Kerne von i/jgg — y^oo ^iH- Durchmesser und spärliche kernhaltige Zellen, nebstdem diskrete und'conglomerirte Fettkügelchen in gros- ser Menge, endlich ansehnliche gelbe, drusige, gelappte und concen- trisch geschichtete, körnig-splittrig auseinanderweichende Körper von Vso — V33 Mill. Durchmesser von coUoidem Ansehen und Verhalten. Dies sind die verschiedenen Varietäten des Gallertkrebses. In Bezug der bei ihnen obwaltenden histologischen Verhältnisse lässt sich aus dem Gesagten entnehmen : a) Sie bestehen aus einem im entwickelten Zustande faserigen Gerüste in Form eines Maschen- oder Fachwerkes und einer gallert- ähnlichen Masse. 35 * 378 Rokitansky. h) Das Gerüste variirt von einem ganz zarten mikroskopischen Maschenwerke bis zu ganz kolossalen Fachwerken. In den Gerüsten dieser Art kommt es durch Combination vielfacher einander durch- setzender Fachwerke oft zur Bildung von geschlossenen cystoiden Räumen. c) Die Gallertmasse enthält an wesentlichen Form-Elementen in verschiedener Menge Kerne und kernhaltige Zellen. In einer be- stimmten Form entwickeln sich die Kerne zu strukturlosen Blasen und unter dieser Bedingung werden die Zellen in dem die struktur- lose Blase umgebenden Antheile der Gallertmasse zu geschwänzten Zellen (Bindegewebskörperchen), die Kerne zu oblongen u. s. w., in der Gallertmasse selbst wird eine Schichtung und Faserung be- merklich, welche sämmtlich concentrisch angeordnet einen Alveo- lus für die strukturlose Blase constituiren. Dies ist jener Gallert- krebs, welchen wir in einem von dem gewöhnlichen Sprachgebrauche abweichenden Sinne als alveolaren aufgeführt haben. d) Die Entwickelungs-Vorgänge in der Gallertmasse sind von der Entwickelung der Maschen- und Fachwerke unabhängig ; die Gallertmasse stellt einen Inhalt der letzteren dar. Ausser ihnen gibt es noch andere Gallertgeschwülste, welche unterschieden werden müssen, wie ich dies schon in meinem Hand- buche durch die Bemerkung B.I, S. 353, dass sich auch in der Reihe der Krebse, d. i. neben den gutartigen gallertigen Sarkomen ein sog. colloides Aftergebilde finde, angedeutet habe. Ich habe diese Geschwülste daselbst, S. 33S, unter dem Namen gallertige Sarkome abgehandelt. Es lässt sich die besondere Natur der Gallertkrebse nicht wohl begründen, ohne dass man Rücksicht auf diese letztge- dachten Geschwülste nimmt. Diese Geschwülste bestehen aus einer gallertähnlichen, grauli- chen, gelbröthlichen Masse und einer in directer Entwickelungsbe- ziehung zu ihr stehenden faserigen Textur, deren variirende Menge die vielfachen Verschiedenheiten in der Dichtigkeit und Consistenz dieser Geschwülste begründet. Diese Verschiedenheit diente in mei- nem Handbuche zur Aufstellung mehrerer Varietäten dieser Ge- schwülste. Auf einem Extreme steht das C o 1 1 o n e m a (Job. Mülle r's) — eine Geschwulst gleich der Anhäufung einer gleichförmig lockeren, zitternden gallertartigen Masse, in der sich neben Kern und kern- haltiger Zelle nur sehr spärliche Bindegewebs - Elemente vorfinden ; über den Gallertkiebs. 379 auf dem anderen Extreme wird die faseri, zu p,, = 98° 10-5' — Q8° 12' y> y> n n n ^^ "ö IZ'O „ „ „ „ = 98° 11-75 woraus der Mittelwerth : Neigung von p zu p^ = p, zu p,, = 98° 11*0' erhalten wird, ferner: II. Neigung von p zu p,, = 44° 20-75 „ „ , „ = 44° 20-5' y> y> y> VI n = 44 Iv'lO n « ji M « = 44 iil'O = 44° 20-75' 26 » » » » Sitzb. d. mathem.-uaturw. Cl. IX. Bd. II. Hit. 39>^ Schabus. woraus sich der Mittelwertli : Neigung von p zu />,, = 44° 20*64' ergibt, während der aus obigem Neigungswinkel berechnete = 44°20' ist. Die von Brooke a. a. 0. gegebenen Neigungswinkel sind folgende : Neigung von o zu M = 90° 0' „ o „ p = 112° 5' „ o „ q = 119° 50' „ M „ M = 90° 0' „ M „ q = 1S0° 10' „ V „ N ^ 157° 55' Aus den von mir bestimmten Werthen aber ergeben sich fol- gende Winkel: 0 zu M = 90° 0' 0 „ V = 112° 10' 0 „ <7 = 119° 57' M „ M = 90° 0' M „ Erze 5. Scheidklein. 3. ordinäre ) iber die Ki-jslallfonnpii dch Kiilomels. 397 Die drei ersteren Sorten sind ihres Formates wegen, da sich bei der Schichtung viele grosse Zwischenräume bilden, wodurch die Luft hinreichenden Zutritt erhält, zur Gewinnung des Quecksilbers viel geeigneter als die zwei letzteren, deren Theile der kleinen Scheidung wegen so dicht aneinander liegen, dass sie das Streichen der atmo- sphärischen Luft hemmen und das Feuer ersticken ; desshalb sucht man die klein geschiedenen Erze dort zu benützen, wo sie der Mani- pulation unbeschadet, so gut als möglich zu Gute gebracht werden. Die zweckmässigste Art der Schichtung ist nun folgende: die Sohle des Hofes wird unmittelbar bis zum Niveau der in der Mauer angebrachten Luftzüge c mit den kleinstgeschiedenen abgeraiterten Erzen (Scheidklein) bestürzt , worüber die von den schon gebrann- ten aber noch quecksilberhaltigen Erzen durch geraiterte Abfälle zu liegen kommen; übe'r beide Schichten wird das aus Holz und Kohle bestehende Brennmateriale gelagert. Das dreischuhige, weiche Scheitholz wird so geschichtet, dass der Atmosphäre ein freies und leichtes Streichen ermöglicht ist, Avesshalb man die Scheite senk- recht auf die Richtung der Mauern, und nie parallel zu denselben, auf eine Höhe von 2 Schuhen, und darüber einlegt, wie Fig. 5 zeigt. Flu. 5. ^ — _^ 7° 0' 0" Darauf werden so viele Kohlen gegeben , dass auf eine Klafter Holz 2-Ö Mass Kohlen (1 Älass =10 Kubikschuhe) zu liegen kommen. Um das Unterzünden zu ermöglichen, werden , noch vor dem Auftragen der Kohlen, in der Mitte des Hofes längs der Linie A B, Fig 5, unmittelbar auf das Holz verticalstehende Lutten oder Schächte, welche etwa zwei Klafter von einander entfernt sind, aufgestellt. ovo S ch abus. Diese bestehen aus drei Stücken etwas breiterem Scheitholze, welche gegenseitig unter Winkeln von 60 Graden geneigt und so geordnet sind, dass ihr Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck bildet. Auf das Brennmateriale wird das bei der frühem Campagne als Decke gebrauchte vom Feuer nicht angegriffene , ordinäre , mittlere und beste Erz gegeben, so wie in dieser Schichte, welche 3 — 5 Zoll hoch wird, auch die Stufen , welche zwar schon gebrannt aber noch quecksilberhaltig sind , vertheilt werden. Auf dieser Schichte werden die bei der frühern Campagne erhaltenen Quecksilberschliche, und zwar in Form eines 2 Fuss breiten und 6 Zoll dicken Streifens , der sich an der Mauer herumzieht, ausgebreitet; die Mitte des Hofes aber ebenfalls auf etwa 6 Zoll Höhe mit ärmeren Erzen ausgefüllt. Nun wird der ganze Hof zuerst mit mittleren und dann mit besten Erzen derart vollgestürzt, dass das Erz am Rande des Hofes noch 4 Zoll über dem Niveau der Mauer steht, während gegen die Mitte des Stadels zu ein Fallen zu bemerken ist, so dass der tiefste Punkt in der Mitte ungefähr 4 Zoll unter dem Niveau der Mauerhöhe zu liegen kommt, und das Ganze ein muldenförmiges Aussehen hat. Hat man auf diese Weise den Hof mit Erzen voll gelaufen, so schreitet man zur Feuerung. Das Anzünden geschieht dadurch, dass man in die oben erwähn- ten Schächte, etliche glühende Kohlen gibt, und um das Herauschla- gen des Feuers bei den Seiten zu verhindern, die Schächte mit so- genannten Quandeln (Kohlenklein) vollfüllt. Das auf diese Art angefachte Feuer verbreitet sich nach allen Seiten hin möglichst gleichmässig, und bringt die schwefelreichern Erze selbst im Brand. Das Quecksilber, welches sich entweder als SvJfür oder Sulfid im Erze befindet, wird auf diese Weise, da das Sulfür sich ohnehin bei der höhern Temperatur in Quecksilber und Quecksilbersulfid zerlegt , letzteres aber ebenfalls aus den untern Schichten sublimirt, und sich bei der hinreichenden Menge von atmos- phärischer Luft, welche zuströmt, in der Region des Brennmaterials zersetzt, indem der Schwefel verbrennt, abgeschieden und steigt in Dampfform in die höheren Schichten des Erzes, woselbst es abgekühlt wird und sieh in kleinen Tröpfchen an den Erztheilen selbst absetzt. Von nun an ist die sorgfältigste Überwachung der Höfe nöthig, denn sobald man bemerkt, dass die obersten Lagen des Erzes stellen- weise warm werden, oder gar schon Quecksilberdämpfe entweichen. über die Krysfallformcn des Kalomels. 399 mnss auf dio hefreffendc Stelle sogleich frisches Erz, wozu man mei- stens Graupen nimmt, gestürzt Merden, damit immer eine kühle Decke vorhanden ist, an der sich die Quecksilberdämpfe condensiren. Dem durch das allmähliche Verbrennen von Holz und Kohlen an einzelnen Stellen sinkenden Erze, hilft man durch zugeben einer Partie Grau- pen nach. In ungefähr drei Wochen bat sich an der obersten Erzschichte das Quecksilber schon in bedeutender Menge abgesetzt, und die Campagne ist beendet. Die oberen Schichten, an denen sich das Quecksilber in Perl- form befindet, werden behutsam mit eisernen Schaufeln abgehoben, in kupferne Durchschläge (Raitern) gegeben, und in eine mit Wasser gefüllte Bütte abgewaschen: indem sich bei dieser Operation das Quecksilber von den gröberen Tbeilen des Erzes trennt, fällt es mit dem Schlich durch die kleinen Öffnungen der Raiter in die Bütte. Um aber auch die hie und da an den Stufen zurückbleibenden Quecksilber- tbeile nicht zu verlieren , und das in den Erzen, welche bei dieser Campagne von Feuer nicht angegriffen wurden, enthaltene Quecksil- ber ebenfalls zu gewinnen , werden sie bei der nächsten Campagne auf das Brennmateriale gestürzt. Die durch die Raiter gefallenen Schliche werden nun in kleinen Partien aus der Bütte genommen, und mit Wasser in eigenen Gefässen über einer Bütte gebeutelt, wodurch sich das Quecksilber in grössern Massen vereinigt und so von dem Schlich abgegossen werden kann. Das Quecksilber wird bis zur Versendung in kupfernen Kesseln auf- bewahrt; die Schliche aber, die noch bedeutende Mengen dieses Metalls enthalten , werden bei der nächsten Manipulation zugetheilt, und auf die beschriebene Art über der Erzschichte in Form eines Rahmens ausgebreitet. Das Abheben der Erze , welche zum Durcbwaschen benützt Merden , wird so lange fortgesetzt als man an den vom Feuer nicht angegriffenen Stellen noch Spuren von Quecksilber wahrnimmt. Die darunter liegenden Erze, deren Stufen und grösseren Theile durch den Röstprocess derart zersetzt sind, dass sie ganz zerfallen, wer- den noch einer Probe unterworfen , um falls sie noch Quecksilber enthalten bei der nächsten Manipulation abermals zur Entquecksilbe- rung gegeben , im entgegengesetzten Falle aber , da sie Silber und Kupfer halten, der Rohmanipulation zugetheilt zu werden. 400 Schabus. Cber di«.' Krystallforinen des. Kalomels, Noch miiss bemerkt werden , dass auf die Vertheilung der Erze in den Höfen besondere Sorgfalt verwendet werden muss; denn an dem Umfange der Stadeln entsteht, der dort befindlichen Luftlöcher Myogen, ein starker Luftzug wodurch, so wie der höheren Temperatur wegen, die sich so erzeugt, leicht ein Theil des Quecksilberdampfes mit fortgeführt wird. Durch die Schlichschichte wird der Zug etwas vermindert, ausserdem aber gibt man, um den Metallverlust so gering als möglich zu machen, an den Umfang des Stadels die ärmsten und kleinsten Zeuge, während man die reichen Erze mehr gegen die Mitte zu vertheilt. Bezüglich der unter der Sohle der Quecksilberhöfe gefundenen Kalomelkrystalle ist zu bemerken, dass, da die Mauern der Stadeln ohne Fundamente bloss auf einem losen Boden von Gerolle und Schlak- ken ruhen, und die Sohlen der Höfe häufig Risse bekommen , die Dämpfe von Quecksilber sowohl, als auch die von vielleicht schon gebildetem Kalomel , wenn ihnen der Ausweg nach oben durch zu dicht aneinander liegendes Erz versperrt ist , durch diese Öffnungen getrieben werden , und sich dann an den kälteren Theilen der Steine und Schlacken , erstere in Krystallen letztere aber in Tropfen abset- zen. An manchen Stellen , selbst in ein bis zwei Klafter Entfernung von den Mauern der Stadeln, findet man unterirdisch, condensirtes Quecksilber, und die zwei Schuh dicke Mauer ist durchgehends theils mit einer grauen Masse, theils mit flüssigem Metalle imprägnirt. Auf die beschriebene Art wurden im Jahre 1851 aus 32,494 Ct. Fahlerzen 436 Vo Ct. Quecksilber gewonnen. Es mag hier der Queck- silber-Gewinnungsausweis für 1851 folgen. In die Manipulation genommen 32,494 Ct. 38 Pf, quecksilber- haltige Fahlerze, Darin ist, laut Probe, Quecksilber ent- halten 498 Ct. 91 • 5 Pf. Daraus wurde Quecksilber erhalten . . . 436 „ 50 „ Daher ergibt sich ein Abgang von. ... 62 „ 41 • 5 „ Verbraucht weiche Kohlen ,...,. 799 • 5 Mass, Verbraucht Rostholz 350-5 Klft. Die Manipulationskosten betragen .... 4531 fl. 44-25 kr. Daher entfallen auf 1 et, Erz — „ 8-36 „ Und auf 1 Ct. Quecksilber 10 „ 23 Schmidl. Abfassung einer Chi oiiik der Erdbeben der osterr. Monarchie. 401 Über die Abfassumf einer Chronik der Erdbeben in der österreichischen Monarchie. Von Dr. A. Schmidl. Bei der Ausarbeitung? eines für die Lehrer der rntergyninasien bestimmten Handbuches der „österreichischen Yaterlandskunde," welches in wenig Tagen im Verlage von W. Braumüller erschei- nen wird , wünschte ich auch die Resultate aus einer Zusammenstel- lung der in der österreichischen Monarchie vorgekommenen Erdbe- ben zu geben. Wie es bei so vielen Objecten der österreichischen Vaterlandskunde der Fall ist, fanden sich auch bei diesem Gegenstande noch so wenig Vorarbeiten, dass die Resultate, welche man aus den vorliegenden Daten ableiten möchte , gewiss noch weit von der Wahrheit entfernt sind, und es vor der Hand unmöglich ist, die schöne vergleichende Über- sicht welche Per r ey *) über die Erdbeben von Nord-Europa und Asien geliefert hat, auf unser gemeinsames Vaterland anzuwenden. Ausser diesem genannten Werke ist bekanntlich Hoffs Werk die Hauptquelle über Erdbeben ~) , welches aber leider über die Jahre 1806 bis 1820 keine Angaben enthält. Aus* meinen eigenen früheren Excerpten waren mir noch eine Anzahl von Erdbeben bekannt, welche in den erwähnten Werken nicht verzeichnet sind, aber im Ganzen sind es doch nur 20ä dergleichen Erscheinungen, welche sich noch dazu auf eine Reihe von 875 Jahren verbreiten, von denen der Tag ihres Eintretens bekannt ist. Berücksichtiget man die Jahreszeiten, so entfallen auf den Frühling (März, April, Mai) .... 60 Winter (December, Jänner, Februar) . 59 Sommer (Juni, Juli, August) .... 40 Herbst (September, October, November) 38 *) Doeumenis relatifs aitx iremhlemenis de terre dans le Nord de l'Europe et de l'Asie, par Alexis Parrey. St. Petersbourg, 1849; 4^' 2) Chronik der Erdbeben und Vulcan -Ausbrüche. Von K. E. A. v. Hoff. 2 Thle., Gotha 1840. Vergleiche auch Bögner's- Das Erdbeben und seine Erscheinungen. Frankfurt a. M. 1847; 8"- 402 Kenngott. Die meisten Erdbeben fallen also auf das Frübjahr , und insbe- sondere auf den April, nämlich 26, darnach auf den Winter, und ins- besondere auf den December, nämlich 25; im Juni und Juli sind nur 12 bemerkt worden. Eine vollständige Chronik der Erdbeben in der österreichischen Monarchie ist nur dadurch herzustellen , dass die sämmtlichen alten Chronisten u. s, w., sodann sämmtliche Provinzial-Zeitungen von ihrem Entstehen an durchgegangen und die betreffenden Notizen excerpirt werden. Es liegt auf der Hand, dass dies insoferne nicht die Arbeit eines Einzelnen ist, als derselbe ein paar Jahre darauf ver- wenden müsste, abgesehen davon, dass sich an den öffentlichen Biblio- theken Wiens nicht alle Provinzial-Zeitungen seit deren Erscheinen vorfinden. Die Veröffentlichung der vorliegenden Zeilen dürfte vielleicht die Veranlassung geben, dass Forscher in den österreichischen Kronlän- dern sich diesem Gegenstande zuwenden , und so nach und nach die nöthigen Vorarbeiten entstehen, welche einst eine „Chronik der Erd- beben in dem österreichischen Kaiserstaate"^möglich machen werden. Über die Einschlüsse von Mineralien in krystaUisirtem Quarz. Von Dr. A. Kenngott. Wenn früher Einschlüsse von Mineralien in Mineralien die Auf- merksamkeit der Mineralogen und Liebhaber naturhistorischer Merk- würdigkeiten wegen ihres oft eigenthümlichen Aussehens auf sich zogen , so sind sie jetzt um so mehr Gegenstand der Beachtung geworden, wo es sich um die Entstehung der Minerale handelt, deren Ergründung für die Geologie so wichtig ist. Ich habe aus diesem Grunde die Einschlüsse von Mineralien in krystaUisirtem Quarze, welche sich in den Sammlungen des k. k. Hof-Mineralien-Cabinetes vorfinden , einer genauen Durchsicht unterworfen , deren Ergebniss ich hiemit vorlege. Fast alle beobachteten Einschlüsse führen zu der Ansicht hin, dass die überAviegend grosse Mehrzahl, man möchte nicht zu viel sagen, alle Quarzkrystalle sich auf wässerigem Wege gebildet haben. über die Kiiischlüsse von ftliiieralieii in krystallisirtein Quarx. ^Oä indem sie aus Flüssigkeiten herauskrystailisiiten, welche Kieselsäure, entweder für sieh oder neben andern aufgelösten, bisweilen auch nur suspendirten und in der Flüssigkeit vertheilten StofTen enthielten. Seiion das Vorkommen des krystallisirten Quarzes in Gemeinschaft mit vielen anderen Mineralien, welche sich unzweifelhaft aus wässerigen Lösungen abgesetzt haben und den krystallisirten Quarz auf die mannigfachste Weise begleiten, ist Beweis dafür, wenn auch bisweilen gemeinschaftlich mit Quarz Minerale vorkommen, welchen man wohl eine andere Art der Entstehung zuschreiben möchte. Die Einschlüsse dagegen beweisen um so mehr, und namentlich ist die Art, wie die Einschlüsse darin vorkommen, der sicherste Beweis, Avenn selbst den eingeschlossenen Mineralien bisweilen eine andere Entstehungstheorie zugesprochen werden möchte. ImVergleich mit anderen Mineralien, welche Einschlüsse enthalten, zeigt der Quarz den grössten Reichthum in Bezug auf die Verschie- denartigkeit der eingeschlossenen Minerale, was nicht allein mit seinem Aveit verbreiteten Vorkommen in Zusammenhang gebracht werden kann, da der eben so häutig vorkommende Kalkspath bedeutend weniger Minerale als Einschlüsse und überhaupt weniger Einschlüsse enthält. Der Hauptgrund dieses auffallenden Reichthums mag in dem Widerstände liegen, welchen der Quarz nachfolgenden Zerstörungen entgegensetzt, wodurch seine aus den verschiedensten Perioden her- stammenden Gebilde länger erhalten werden; nebenbei ist wohl auch die vorherrschende Durchsichtigkeit und der Stand des Quarzes unter den Gemmen Ursache, dass man die Einschlüsse desselben eher wahrnimmt und sie beachtet. Die in krystallisirtem Quarz anzutrelFenden Minerale sind folgende : 1. Chlorit. Dass hier bei der Erwähnung des Chlorits nicht Rücksicht auf die Trennung in zwei Species, den Chlorit und Ripidolith genommen werden kaim, versteht sich von selbst, und es bleibt sich auch im Ganzen bei der Anführung dieses Minerals ziemlich gleich, welches von beiden der genannten Mineralien es eigentlich sei, da sie an und für sich zwei so nahe verwandte Species sind, dass ihr Auftreten als übereinstimmend angenommen werden kann. Der Chlorit findet sich auf mannigfache Weise in dem krystalli- sirten Quarze eingeschlossen und zwar als pulverförmiges , grünes Pigment, an dem man wegen der Kleinheit die Krystallisation nicht 404 Kenngott. erkennen kann, oder in kleinen glänzenden Schüppchen, welche ihre krystallinische Bildung deutlich zeigen, oder in erkennbaren deut- lichen Krystallen. Die letzteren treten in zweierlei Formen auf, ent- weder in lamellar oder in linear ausgedehnten. Die lamellar ausge- dehnten Krystalle haben verschiedene Grösse, bis mehrere Millimeter im Durchmesser und kommen einzeln oder in gehäuften Massen ver- schiedener Gestaltung vor, wodurch sie fächerförmige, büschlige, kuglige, knospenförmige und dergleichen Gruppen bilden. Dabei sind die Dyoederflächen vorherrschend vorhanden und ausser den schmalen Prismenflächen auch Dihexaeder- oder Rhomboederflächen sichtbar. Die linearen Krystalle sind lange, sechsseitige Prismen mit horizontal gestreiften Flächen und erscheinen vielfach gekrümmt. Sie sind ein- zeln oder in dendritischen und nioosförmigen Gruppen eingelagert, und bringen, wenn sie in grösserer Menge vorkommen, sehr schöne Gebilde hervor. Dabei bieten sie häufig ein eigenthümliches Aussehen dar, indem die sonst wenig glänzenden Prismenflächen durch den Reflex des Lichtes von den sie dicht berührenden Quarztheilchen sehr stark glänzend erscheinen und dadurch ein oft täuschendes metallisches Aussehen erzeugt wird, so dass sie silberweiss, gold- gelb, bräunlichroth bis kupferroth erscheinen, je nachdem sie unbe- deckt oder mit gelbem, braunem oder rothen Eisenocher bedeckt sind. Als Belege für das Vorkommen des erdigen Chlorits in Quarz dienen die Bergkrystalle aus dem Dauphine in Frankreich, aus der Schweiz, namentlich vom St. Gotthard, und von Billichgrätz in Krain. Das Chloritpulver befindet sich entweder in grosser Menge durch die ganze Quarzmasse verbreitet, wodurch die Krystalle ganz grün erscheinen (Dauphine), oder in geringerer Menge durch die ganze Masse des Quarzes zerstreut, wodurch die wasserhelle Quarzsubstanz nebenbei sichtbar wird (Dauphine) , oder es bildet parallele mehr oder weniger dicht auf einander folgende Lagen , entsprechend ein- zelnen oder allen Dihexaederflächen (Billichgrätz) oder als einmalige Ablagerung in der Weise, dass man daraus ersieht, wie dasselbe sich auf der Oberfläche eines bereits ausgebildeten Krystalls niederlegte und wie nachher das Individuum sich wieder vergrösserte, wodurch die Chloritsubstanz inmitten des wasserhellen Quarzkrystalls einen gewissen Moment in der Bildungszeit des Individuums markirt, wie deren viele an den Krystallen mit der vorerwähnten schichtenweisen Ablagerung markirt sind. über die Einschlüsse von Mineralien in krystalllsirtem Quarz. 40Ö Als Belege für das Vorkommen krystallinischer Schuppen des Chlorits in Qinu'z, welches sich an das vorige eng anschliesst, dienen Bergkrystalle aus der Schweiz, namentlich vom St. Gotthard, aus dem Dauphine in Frankreich, von den französischen Pyrenäen und von Hambe, aus der Capitanie Minas Geraes. Die Vertheilung und Art der Einlagerung stimmt mit der des erdigen vollkommen überein, indem die Blättchen ebenso einen früher gebildeten Krystall markiren (Schweiz) , oder sich in parallelen Schichten entsprechend den Dihexaederflächen zeigen (Schweiz), oder indem die Chloritblättchen in einzelnen Theilen der Krystalle, oder durch den ganzen Krystall, und da wieder sparsam oder reichlich vorhanden sind. (Dauphine, Schweiz.) Oder die Schuppen bilden flockige Partien, die sparsam oder zahlreich sind (Hambe, Dauphine, Pyrenäen) . Hierbei findet sich der Chlorit entweder für sich oder in Gemeinschaft mit andern Mineralien, wie mit Glimmer (Schweiz, Dauphine, Pyrenäen), Eisenoxyd (Hambe), und Epidot (Dauphine). Als Belege für das Vorkommen lamellar ausgedehnter Krystalle des Chlorits sind anzuführen Bergkrystalle von Madagascar, von Gross- kirchheim in Kärnten, aus Brasilien, Sibirien, Ostindien, aus der Schweiz, wie namentlich vom St. Gotthard und vom Berge Schlipsius. Die Chloritkrystalle sind meist dunkelgrün, einzeln oder in Gruppen verschiedener Art, sparsam oder zahlreich, für sich allein oder in Begleitung anderer Minerale, wie mit Glimmer (IMadagascar, Gross- kirchheim, Schweiz), Rutil (Brasilien) und Amphibol (Schweiz, Ostindien und Sibirien). In einem wasserhellen Bruchstück aus Brasilien, worin auch Rutil eingeschlossen war, bildete der Chlorit einen ziemlich hohen und dicken Krystall. Als Belege endlich des Vorkommens linearer, fast immer ge- krümmter Krystalle des Chlorits verdienen erwähnt zu werden Berg- krystalle von Grosskirchheim in Kärnten, vom St. Gotthard, aus dem Maderaner Thale und von andern Orten in der Schweiz, von Dissentis in Graubündten, von den französischen Pyrenäen, aus Ostindien und Geschiebe von Madagascar. Die Chloritkrystalle sind in der Regel dunkelgrün, bisweilen gelb oder roth durch Überzüge von braunem (Schweiz) oder rothen Eisenocher (Madagascar); sie finden sich einzeln oder in Gruppen verschiedener Grösse und Ausdehnung, allein oder zugleich mit anderen Mineralien, wie mit 406 Keiiiigott. Glimmer (Pyrenäen , Schweiz), Eisenocker (Schweiz , Madagascar), Epidot (Ostindien) , Rntil (Dissentis , Grosskirchheim) und weissen Flocken erdiger Kieselsäure (Grosskirchheim). 2. Amphibol. Die Amphiholsubstanz zeichnet sich durch ihre linearen Krystalle und Krystalloide aus und erscheint in den verschie- denen Abänderungen, denen man nach der Feinheit, Biegsamkeit, Starrheit, Stärke und Breite die Namen Amiant, Byssolith, Strahl stein und Grammati t gegeben hat. So wenig bei dem gesonderten Vorkommen dieser Abänderungen die Grenzen angegeben werden können, bis zu welchen sie unter diesem oder jenem Namen begriffen werden sollen, so ist hier, wo man nur nach dem Aussehen urtheilen kann, die Unterscheidung der Abänderungen um so schwie- riger. Die Farben sind die bekannten, wasserhell, grau, weiss, grün- lichgrau, grünlichweiss, gelblichgrün, gelblichweiss bis dunkelgrün. Die linearen Krystalle erscheinen einzeln in den verschiedensten Richtungen , in büschligen , parallel faserigen , strahligen und der- gleichen Gruppen, lang und kurz, gerade und gebogen, durchsichtig bis durchscheinend u. s. w. Sie sind bald durch die ganze Masse des Quarzes vertheilt, oder erfüllen einzelne Theile derselben oder zeigen regelmässige Ablagerung, erscheinen aber überhaupt auf sehr mannigfaltige Weise und sind fast ebenso häutig anzutreffen als der Chlorit , allein oder gemeinschaftlich mit andern Mineralien, am häu- figsten mit Chlorit. Die Oberfläche der Krystalle ist gewöhnlich glatt und glänzend, zuweilen aber sind sie auch mit Überzügen, namentlich braunem Eisenocher versehen. Amphibole, welche dem Amiant zuzuzählen sind, linden sich in Bergkrystallen von Tintagel in Cornvallis in England, aus der Schweiz, von den Pyrenäen, von Madagascar in Afrika, aus dem Dauphine. Amphibole, welche dem Byssolith zugehörig zu betrachten sind, finden sich in den Krystallen aus der Schweiz, aus Sibirien, von Hambe in Minas Geraes und aus Ostindien. Besonders bemerkens- werth ist ein Bergkrystall aus Sibirien, welcher, wie ein senkrecht auf die Hauptaxe geschnittenes Stück zeigte , sich in nachfolgender Weise bildete. Der zuerst gebildete wasserhelle Krystall enthält in seiner Masse kurze, weisse Nadeln zerstreut, hierauf bildete sich eine Schichte über dem ganzen Krystall, welche so reichlich mit Amphiholsubstanz versehen ist, dass sie als vorherrschend die Farbe bestimmte und die ganze Schichte weiss erseheinen lässt. Auf dieser C^ber die Einschlüsse von Mineralien in krystalllsirtem Quarz. 407 bildeten sich sehr kleine und zahlreiche Quarzkryställchen , welche den Beginn einer fortgesetzten Krystallisation bezeichnen und zuletzt wurde der ganze Krystall mit sammt den vielen kleinen durch neue Substanz bedeckt, welche von Beimengungen frei wieder wasserhell und durchsichtig ist. Bedeutend zahlreicher sind die Bergkrystalle , welche den Strahlstein enthalten, dessen Krystalle bisweilen eine ansehn- liche Grösse erreichen und die Bergkrystalle mannigfach durch- setzen, oft aber in solcher Menge vorhanden sind, dass sie die Berg- krystalle ganz oder theilweise erfüllen und sie in verschiedener Stärke grün färben. Hierhergehören viele Krystalle aus der Schweiz, namentlich vom St. Gotthard , und vom Berge Schipsius, aus Eng- land , Böhmen , Cumberland auf Rhode Island , aus dem Dauphine in Frankreich (mit Epidot), von den französischen Pyrenäen, aus Sibirien und Ostindien. Seltener findet sich der Gramm atit, wie in ßergkrystallen aus der Schweiz, wo er sich an dem einen Exemplare nur durch die übriggebliebenen Räume erkennen lässt, und aus Sibirien. An einem hierher gerechneten Exemplare ist jedoch die Identität mit Grammatit noch zu bezweifeln, indem die breiten Krystalle wohl ein rhombisches Prisma mit den vorherrschenden Flächen eines verticalen Dyoeders darstellen, die Enden aber nicht sehr für Grammatit sprechen, indem sie ein horizontales Prisma in derselben Stellung zeigen, welche das Dyoeder angibt, und ausserdem noch die Flächen eines rhombischen Oktaeders zu beiden Seiten des horizontalen Prismas haben. Es ist wohl möglich, dass die Flächen des horizontalen Prismas zweierlei schiefe Endflächen darstellen und das scheinbare rhombische Oktaeder durch die Flächen zweier augitartigen Endzuschärfungen erklärt werden könnte, das Aussehen aber spricht sehr wenig dafür, sondern lässt irgend ein anderes Mineral vermuthen. 3. Glimmer. Der Glimmer findet sich verhältnissmässig seltener in den Quarzkrystallen eingeschlossen und man mag oft Chlorit dafür halten, wenn derselbe durch den Contact mit der Quarzmasse weiss erscheint. Da, wo ich ihn neben dem Chlorit angegeben habe, habe ich ihn genau unterscheiden können und er zeigt nie die gewundenen linearen Krystalle, Avelche dem Chlorit eigen sind, sondern erscheint in Gestalt einzelner Blättchen oder in blätterigen Gruppen. Er findet sich in Krystallen von Grosskirchheim in Kärnten , von Madagascar Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. 11. Hft. 27 408 Kenngott. in Afrika, vom Ilmengebirge in Sibirien (in ziemlich, grossen blätterigen Massen), vom St. Gotthard und andern Orten der Schweiz, aus der Dauphine, von den französischen Pyrenäen, von Schlackenwald in Böhmen, von Serra do Conceicao in Minas Geraes und aus Sibirien. Bisweilen ist er durch gelben oder rothen Eisenocher überdeckt und zeigt nur selten das metallische Aussehen, was dem Chlorit auf seinen Prismenflächen eigen ist. 4. Butil. Die Krystalle des Rutils zeichnen sich durch ihre rothe, rothbraune oder gelblichrothe Farbe aus, welche an sehr dünnen Krystallen fast gelb erscheint. Bisweilen sind sie auch stahl- grau, wie die Krystalle des gleichfalls eingeschlossen vorkommenden Grauspiessglanzerzes , was durch den Contact mit der Quarzmasse hervorgebracht wird. Bei genauer Betrachtung aber hält es nicht schwer, bei durchfallendem Lichte die rothe Farbe zu erkennen. Die Krystalle des Rutils sind gewöhnlich lang und fein , bisweilen auch ziemlich dick, ihre Lage ist verschieden, sie bilden aber selten grös- sere Massen, sondern sind meist vereinzelt oder strahlig und büschlig gruppirt. Rutil zeigen eingeschlossen die Bergkrystalle von Madagascar in Afrika, von Grosskirchheim in Kärnten, von Matto grasso in Brasilien, von Dissentis in Graubünden mit Chlorit, aus der Schweiz mit Chlorit, Glimmer und Grammatit, aus Sibirien mit Kalkspath. (An diesem Exemplare sind einzelne Rutilkrystalle mit wasserhellen Rhomboedern bedeckt, welche man wohl am ersten für Kalkspath zu halten berech- tigt ist, da Kalkspath in gleichen Gestalten in anderen Quarzkrystallen vorkommt). Dessgleichen zeigte auch Rutil ein wasserhelles Bruch- stück aus Brasilien. 5. Sphen. Derselbe war an einem muschligen Bruchstück aus der Schweiz zu sehen. Wenn man durch die Quarzmasse hindurch- sieht, bilden die Sphenkrystalle scharf ausgebildete Gestalten von gelber Farbe, an der einen Seite aber gehen sie frei aus und da zeigt sich in den Krystallräumen ein erdiges Pulver, in welches die Sphen- krystalle zersetzt worden sind. Sie haben wahrscheinlich sich auf einem anderen Minerale aufsitzend befunden und sind von der Quarz- masse überdeckt worden, so dass eine Zersetzung derselben von ihrer ursprünglichen Unterlage aus möglich wurde und somit jetzt nur noch die im Quarz befindlichen Abdrücke mit dem Residuum ihres Zerset- zungsproductes sichbar sind. über die Einschlüsse von Mineralien in krystallisirtem Quarz. 409 6. Eisenoxyd. Dasselbe findet sich in sehr vielen Quarz- krystallen und Quarzabänderungen überhaupt als rothes Pulver und bildet somit ein oft vorkommendes Pigment, welches man in den verschiedensten Graden der Dichtigkeit verfolgen kann. Es ist daher nicht nöthig, die einzelnen zahlreichen Fundorte anzuführen, da es als Pigment keine besondere Wichtigkeit hat. Der Erwähnung werth sind allein die Bergkrystalle von Billichgrätz in Krain, in denen das Eisenoxyd als sehr fein vertheiltes Pulver von blass röthlicher oder fast rosenrother Farbe in der Art vorkommt, dass es in parallelen Schichten entsprechend einzelnen Dihexaederflächen in successiver Zu- und Abnahme der Menge erscheint, wodurch das allmähliche Grösserwerden der Krystalle sehr deutlich markirt ist. Hierbei ist es auch nur von einer Seite aus vorherrschend zu bemerken, von welcher es mit der die Kieselsäure enthaltenden Flüssigkeit den Kry stallen zugeführt wurde. Krystallisirtes Eisenoxyd oder Eisenglanz in lamellaren dünnen Krystallen von hexagonaler Form findet sich reichlich in einem wasserhellen Quarzkrystall von nicht angegebenem Fundorte eingestreut; die Blättchen sind eisenschwarz und zeigen deutlich die Krystallform, gegen das Licht gehalten sind die dünneren mit rothem Lichte durchscheinend. Ähnliche Krystalle enthält ein graulich- weisser bis wasserheller Quarz in Krystallen vom Vorgebirge der guten Hoffnung; dieselben sind im Aussehen von den erstgenannten nicht verschieden, zeigen aber bei durchscheinendem Lichte keine Durchscheinheit oder nur sehr geringe mit grauem Lichte , obgleich die Blättchen viel zarter und kleiner sind als die vorangehend er- wähnten. Dieser Umstand könnte auf etwas anderes schliessen lassen, nach dem Aussehen jedoch zu urtheilen, sind diese Blättchen vor- läufig als Eisenglanz zu erwähnen. Bei dem einen Exemplare sind auch zugleich eingeschlossene Kalkspathkryställchen zu bemerken. Schwarze krystallinische Lamellen von Eisenglanz endlich enthält auch noch ein Bergkrystall aus Ostindien. 7. Wasserhaltiges Eisenoxyd. Das Eisenoxyd in Verbin- dung mit Wasser zeigt sich am häufigsten in Form des gelben oder braunen Eisenochers, welcher zum Br aun eisen erz zu rechnen ist; als solcher bildet er das Pigment vieler gelben und braunen Quarzkrystalle und ist oft in grosser Menge anzutreffen. Bisweilen sind die pulverförmigen Theilchen fein vertheilter und lassen sich 27 '" 410 Kenngott. deutlich unterscheiden, wohei sie bisweilen, wie das rothe Pulver des Eisenoxydes in Schichten auftreten, oder auch mit demselben wechseln. Ausserdem kommt das wasserhaltige Eisenoxyd als Pyrrho- siderit vor und bildet meist haarförmige , einzelne oder büschel- förmig gruppirte, oder nadeiförmige Kryställchen von brauner Farbe, welche nach der Menge und dem Grade der Durchscheinheit den ent- sprechenden Wechsel in der Quantität, bisweilen in der Qualität der Farbe zeigen , wie er bei der Mineralspecies selbst hinreichend be- kannt ist. Beispiele derartiger Vorkommnisse sind ßergkrystalle von Madagascar in Afrika, Amethyste vom Onegasee in Russland, nament- lich von der Insel Wölk, ßergkrystalle von Altwoschitz in Böhmen und aus Sibirien. Einer der letzteren zeichnete sich , wie bereits bei dem Byssolith ein ähnlicher Fall erwähnt wurde , durch seine Regel- mässigkeit aus, wie man aus einem Abschnitt senkrecht auf die Haupt- axe ersehen konnte. Graulichweisser Quarz mit eingestreuten Pyr- rhosideritkrystallen erhielt, während der Zunahme an Grösse einen durch Eisenoxyd rothgefärbten Überzug, indem sich auf dem bereits gebildeten Krystall neue Quarzmasse , aber innig mit rothem Eisen- ocher gemengt, absetzte. Diese Beimengung hörte aber wieder auf, die lichte Färbung der Quarzmasse tritt wieder hervor und mit ihr die Krystallbüschel des Pyrrhosiderits, in welcher Weise der Kry- stall noch um ein Bedeutendes zunahm. 8. Manganoxyd und wasserhaltiges Manganoxyd. Da sowohl das Manganoxyd für sich als auch in Verbindung mit Wasser von graulichschwarzer Farbe vorkommt, so lässt sich nicht gut unterscheiden, welches von beiden es sei, wenn dergleichen Substanz in Quarzkrystallen eingeschlossen ist. Es bildet nämlich das Manganoxyd für sich oder in Verbindung mit Wasser, bisweilen ein schwarzes Pigment, welches aber nie so verbreitet auftritt, als wie das Eisenoxyd mit oder ohne Wasser. Gewöhnlich sind es ein- zelne schwarze Flocken oder grössere Partien, an denen man keine Spur von Krystallisation entdeckt. Beispielsweise sind für diese Art von Einschlüssen die ßergkrystalle von Canada in Nordamerika , von Kerkiwa im Staate New- Vork, von Schemnitz in Ungern, von Schlacken- walde in Böhmen, von Eibenstock in Sachsen zu erwähnen. 9. Magneteisenerz. Derbes Magneteisenerz fand sich in einem Vorkommen krystallisirten Amethystes aus einer Eisengrube in Schottland. über die Einschlüsse von Minerallen in krystallisirtem Quar/,. 411 10. Epidot. Derselbe ist öfter anzutrefTen und bildet gewöhnlich lineare, stark vertical gestreifte Krystalle von gelblicbgriiner Farbe, welche häufig Quersprünge zeigen. Ihre Endflächen sind zuweilen deutlich zu sehen und die Krystallflächen sind starkglänzend. Als Beispiele sind anzuführen: Bergkrystall aus dem Chamounithale in Savoyen, aus dem Dauphine in Frankreich (in Gemeinschaft mit Chlorit oder mit Strahlstein), aus Brasilien, aus Ostindien (gemein- schaftlich mit Chlorit). 11. Tur malin. Er findet sich eben so häufig, Avie der Epidot, die Krystalle sind lang und vertical gestreift, mit Quersprüngen versehen, glänzend und gewöhnlich schwarz. Hierher gehören als Beispiele Bergkrystalle von Schemnitz in Ungern (hier war der Tur- malin nicht mehr vorhanden, sondern nur aus dem Durchschnitt seiner Krystallform auf seine Anwesenheit zu schliessen , nebenbei zeigten sich an dem einen Exemplare flache und breite Krystallgestalten, welche auf Cyanit schliessen lassen), aus Mähren ohne nähere Angabe des Ortes mit schwarzen Krystallen, von Bozena in Mähren gemeiner Quarz mit blaulichgrünen Krystallen; Bergkrystalle aus der Schweiz mit schwarzen Krystallen, wasserhelle Geschiebe aus dem Bhein mit schwarzen Krystallen. 12. Apophyllit. Es muss noch in Frage gestellt bleiben, ob die hier anzugebenden Krystalle dem Apophyllit angehören oder nicht. Ein grosser wasserheller Krystall aus der Schweiz zeigte nämlich bis vier Zoll lange und eine Linie dicke Krystalle als Ein- schluss, die in verschiedenen Grössenverhältnissen und wechselnder Lage eingewachsen waren. Ihre Masse war aber meist nicht mehr vor- handen, sondern durch Verwitterung und Feuchtigkeit aus den Räu- men allmählich entfernt worden, wie man sich durch die blossge- legten ()fFnungen deutlich überzeugen konnte, welche an Stelle der einst vorhandenen Krystalle nur hohle Kanäle von der Form der Kry- stalle im Quarz zeigten. Alle Krystalle , welche die Oberfläche des Quarzkrystalls erreichten , waren verschwunden und die Wandungen der Krystallräume sind bei vielen mit erdiger Substanz belegt, nur zwei ganz vollständig in der Quarzmasse liegende Krystalle zeigten das Aussehen der ursprünglichen Masse und bildeten an beiden Enden scharf ausgebildete Krystalle, die, da sie vollständig von der Quarz- masse eingeschlossen waren, nicht verwittern konnten. Die Masse ist wasserhell und durchsichtig, die Gestalt der Krystalle ist ein recht- 412 Kenngott. winklig vierseitiges (quadratisches) Prisma mit den Flächen des qua- dratischen Dyoeders, und die Spaltbarkeit ist als eine parallel den letztgenannten Flächen vorhandene anzusehen, da Sprünge in der Masse der beiden vollständig eingeschlossenen, diese Richtung zeigen. Die so vorliegenden Gründe lassen auf Apophyllit schliessen , wenn auch freilich die Identität mit Gewissheit nicht daraus erfolgt. 13. Kalkspath. Bei dem häufig gemeinschaftlichen Vorkom- men des Quarzes mit Kalkspath ist das Vorhandensein des Kalkspa- thes zu erwarten, es zeigt sich dieser Fall aber selten. Am schönsten sieht man Kalkspathrhomboeder in den wasserhellen, losen Quarzkry- stallen von Zirknitz^ Reissnitz und Katharinaberg im Kraiti. Dieselben sind weiss oder graulichweiss und die Untersuchung wies sowohl den Gehalt an Kohlensäure als auch an Kalkerde nach. Bisweilen finden sich diese rhomboedrischen Krystalle auch in den sogenannten Marmo- roscher Diamanten , so wie sie in Bergkrystall vom Vorgebirge der guten Hoffnung neben Eisenglanz und in Bergkrystall aus Sibirien neben Rutil und Glimmer gefunden wurden. 14. Grauspiessglanzerz. Dasselbe ist vorzüglich in Ungern als Einschluss anzutreffen und Felsöbanya der Hauptfundort. Es bildet Krystalle von verschiedener Grösse bis zum schwarzen Pigment herab, und kein Zweifel ist gegen das gemeinschaftliche Entstehen beider Minerale aus demselben Fluidum zu erheben, wie nicht allein die Einschlüsse, sondern auch viele andere Exemplare von daher, nament- lich die grossen innig mit Quarzkrystallen der verschiedensten Grösse untermengten Massen des haarförmigen Grauspiessglanz-Erzes zeigen. Ausser in Ungern findet es sich eingeschlossen in Bergkrystall von Capao bei Villarica in Brasilien, wo die Krystalle bisweilen metallisch bunt angelaufen sind und deutliche Gestalten zeigen. 15. Sprödglaserz. Derbe Partien finden sich in den Kry- stallen von Schemnitz in Ungern eingesprengt, für sich oder in Begleitung von Schwefelkies, Kupferkies, Zinkblende und Blei- glanz. 16. Kupferkies. Dieses häufig mit Quarz vorkommende Mineral zeigt sich auch als deutlicher Einschluss in krystallisirtem Quarz, wie in Amethyst von Porkura in Siebenbürgen, von Schemnitz in Ungern , im Bergkrystall oder gemeinen Quarz von Misbonya in Ungern, aus Sibirien und besonders schön in einem Bergkrystall von nicht bekanntem Fundorte. über die Einschlüsse von Mineralien in Urvstiillisirtem Quarz. 4 t 3 17. Arsenikkies. Derselbe findet sich in deutlichen Krystallen von besonderer Schönheit einzeln oder in Gruppen in Bergkrystall von Zinnwalde, in Begleitung von Glimmer im Bergkrystall von Schlackenwalde in Böhmen. 18. Schwefelkies. Denselben enthalten zuweilen Quarzkry- stalle von Schemnitz in Ungern. 10. Zinkblende und 20. Bleiglanz. Dieselben finden sich in Quarzkrystallen von Schemnitz in Ungarn und von Altwoschitz in Böhmen. 21. Zinnober. Quarzkrystalle von Almaden in Spanien sind durch erdigen Zinnober gänzlich zinnoberroth gefärbt, wie die Kry- stalle von Compostella durch Eisenoxyd. 22. Wasser. Die Anwesenheit von Wasser zeigt sich in Berg- krystallen und Amethysten von Schemnitz in Ungern besonders durch gleichzeitig vorhandene Luftblasen, welche Krystalle überhaupt durch ihre gestörte Ausbildung bemerkenswerth sind. Dessgleichen findet sich Wasser in Bergkrystallen aus demDauphine und aus der Schweiz, und von Serra do Conceicao in Minas Geraes in Brasilien. 23. Luft. Der Quarz enthält sehr häufig in seinen Krystallen hohle Räume , welche mit Luft erfüllt sind. Dieselben erscheinen unter zweierlei Gestalten, indem sie entweder völlig regellos gestaltet sind oder Gestalten annehmen , welche der äusseren Krystallform entsprechen. Sie sind mehr oder weniger zahlreich , bisweilen so zahlreich, dass der Bergkrystall das Aussehen eines blasigen Glases erhält (Zinnwald in Böhmen, Penig in Sachsen). Gewöhnlich int die Richtung ohne alle Regelmässigkeit, bisweilen, wenn die krummflä- chigen Räume langgestreckt sind , ist eine parallele Lage sichtbar (rauchgrauer Bergkrystall aus Sibirien, wasserhelle Bergkrystalle aus der Schweiz). Ein Bergkrystall aus dem Dauphine in Frankreich zeigte röhrenförmige durch circulare Streifung gegliederte Räume. Der äusseren Krystallform entsprechende und mit Luft erfüllte Räume sind in vielen Quarzkrystallen und in wechselnder Grösse und Regel- mässigkeit zu beobachten , wesshalb Fundorte beispielweise anzu- führen nicht erst nothwendig erscheint. 414 Schrotte r. Über die Ursache des Leuchtens gewisser Körper heim Erwärmen* Von dem w. M., Prof. A. Schrötter. (^Auszog ans einer für die Denkschriften bestimmten Abhancllung.} Der Zweck der YOrliegenden Arbeit ist die Ausmittelung der Ursache des Leuchtens, welches man an mehreren Körpern beob- achtet, wenn sie in einem finstern Räume bis zu einer gewissen Temperatur erwärmt werden. Anfangs war es nur meine Absicht diese, am Phosphor längst bekannte, ja sogar an keinem andern Körper so auffallend hervortretende Eigenschaft, über deren Erklä- rung die Naturforscher immer noch verschiedener Meinung sind, zu erforschen, wozu ich durch mehrere, gelegentlich bei andern Arbei- ten mit diesem Körper gemachten Beobachtungen , veranlasst wurde. Nachdem mir dies aber für den Phosphor gelungen war, lag der Gedanke nahe auch zu versuchen, ob nicht andere Körper ähnliche Erscheinungen und zwar aus demselben Grunde, zeigen. Diese Ver- muthung hat die Erfahrung bis jetzt für den Schwefel, das Selen und Arsen bestätiget. Alle die genannten Körper leuchten bei einer bestimmten Tem- peratur, die niedriger ist als jene, bei welcher das Verbrennen der- selben eintritt und erleiden dabei eine Oxydation, welche die Ursache dieses Leuchtens ist. Hiebei werden eigenthümliche Verbrennungs- producte gebildet, welche von denen verschieden sind, die beim gewöhnlichen Verbrennen derselben entstehen. Ich werde mich aber für jetzt bloss auf das Verhalten des Phosphors beschränken und die Richtigkeit des obigen Satzes einst- weilen nur für diesen beweisen. Berzelius erklärte sich bekanntlich für die Ansicht, dass der Phosphor nur durch Verdunstung leuchte und stützte sieh dabei auf die für richtig angenommenen Thatsachen, dass der Phosphor auch im Torricelli'schen Vacuum und in Gasen, die keinen freien Sauerstoff enthalten, leuchte, jedoch nur so lange bis der Raum für die in dem- selben herrschende Temperatur mit Phosphordunst gesättiget ist i)- 1) Siehe dessen Lehrbuch der Chemie. 5. Aufl. 1843, Bd. I, S. 195. über das Leuchten des Phosphors. 4: 1 S Fischer *) suchte zai zeigen, dass diese Thatsachen, und somit auch die daraus gezogenen Schlüsse unrichtig seien , und dass wenn der Phosphor leuchte, dies immer nur der Oxydation nie aber blosser Verdunstung zuzuschreiben sei. Fischer behauptet nämlich : der Phosphor leuchte weder im Torricelli'schen Vacuum noch in Gasen, die wirklich absolut frei von ungebundenem Sauerstoff sind ; dass ferner eine sehr geringe Menge Sauerstoff genüge, das Leuchten des Phosphors durchlange Zeit zu erhalten. Hieraufmachte Marchand ») eine Reihe von Versuchen be- kannt, welche zum Zwecke hatten zu zeigen, dass der Phosphor sowohl durch blosse Verdunstung als auch durch Oxydation leuchte, und dass bei den Versuchen Fischer's fremdartige Einflüsse die Ursache des Nichtleuchtens des Phosphors in sauerstofffreien Gasen wären. Nach Marchand leuchtet der Phosphor ohne Unterbrechung fort, wenn Gase, denen kein freier Sauerstoff beigemengt ist, über denselben wegströmen. M a r c h a n d Hess aber mehrere Punkte in F i s c h e r's Arbeit ganz unerörtert, auch lässt sich gegen seine Versuche Manches ein- wenden, so dass durch sie die Frage noch keineswegs entschieden ist. Meine Versuche, welche zur endlichen Aufklärung dieses Ver- haltens dienen sollten, wurden in einem vollkommen finsteren Räume angestellt, und ich war jedesmal mit einem oder zwei Reobachtern so lange in demselben, bis das Auge für sehr schwache Lichtreize empfänglich war. Diese Versuche sind folgende : 1. Unter der Glocke der Luftpumpe leuchtet der Phosphor anfangs etwas stärker, dann aber leuchtet er beim weiteren Ver- dünnen unverändert fort, Ist das Rarometer bis auf 1 Millim. herab- gesunken, so erhebt sich, ungefähr 10 — 15 Minuten nachdem man zu Verdünnen aufhörte, eine leuchtende Flamme von dem Phosphor. Diese erfüllt bald, indem sie sich an den Wänden der Glocke ver- breitet, den ganzen Innern Raum derselben mit einer leuchtenden, undurchsichtigen, bläulichen Atmosphäre, durch welche man nicht einmal die Phosphorstange erkennen kann. Eine halbe bis eine *) Erdmann's Journal für prakt. Chemie Bd. 35, S. 342, 1845. ^) Erdmann's Journal für prakt. Chemie Bd. 50, S. 1, 1850, 416 Schi-öttei-, Minute später zieht sich diese leuchtende Atmosphäre wieder um die Phosphorstange zusammen, welche dann noch einmal erscheint und alles bleiht nun dunkel , selbst wenn man die Glocke erwärmt. Ver- dünnt man, nachdem der Phosphor zu leuchten aufgehört hat, noch länger fort, so sieht man nur ein abwechselndes Leuchten in den beiden gläsernen Cylindern bei jedem Kolbenhube. Eine höchst geringe Menge Luft in die Glocke gebracht, bewirkt, dass sich die Glocke für eine kurze Zeit mit einer leuchtenden Atmosphäre füllt, ein schöner Versuch, der sich 3 — 4 Mal wiederholen lässt. Wäre hier die Verdunstung allein die Ursache des Leuchtens, so müsste dasselbe sich wenigstens momentan in der Glocke bei jedem Kolbenhube zeigen, da es in dem Cylinder sichtbar ist , was nur geschehen kann, wenn Phosphorgas in denselben tritt, das der in der Glocke verdunstende Phosphor abgibt. Aus der Oxydation erklärt sich die Erscheinung ohne Schwierigkeit. Da nämlich der Phosphor um zu leuchten sehr wenig Sauerstoffes bedarf, und neben freiem Sauerstoff kein Phosphorgas bestehen kann ohne sich sogleich zu oxydiren , so leuchtet der Phosphor selbst bei starker Luftverdünnung eine Zeitlang unverändert fort. Endlich aber muss die Menge des Sauerstoffes so abnehmen, dass die Menge des sich bildenden Phos- phorgases überwiegt, dann wird sich dieses in dem Räume ver- breiten, dabei noch die letzten Antheile von Sauerstoff unter Leuch- ten aufnehmen, und so die Erscheinung, welche eben beschrieben wurde , hervorbringen. 2. Um die widersprechenden Angaben über das Verhalten des Phosphors im Torricelli'schen Vacuum aufzuklären, Avurde die- sem, damit die Verdunstung darin möglichst stark sei, ein Raum- inhalt von ungefähr 265 Cnb. Cent, gegeben. Der in denselben gebrachte Phosphor zeigte aber nicht die geringste Lichterschei- nung, und zwar seihst dann nicht, als er in der möglichst schief gehaltenen Röhre , wobei sich das Vacuum auf etwa die Hälfte ver- minderte, bis zum Kochen erhitzt, und diese rasch in die verticale Stellung gebracht wurde. Der Phosphor sublimirte hiebei bis in den obersten Theil der Röhre und legte sich daselbst in dünnen glänzen- den Blättchen an. Der Phosphor kann also sehr lebhaft verdunsten ohne zu leuchten, und gerade dieses negative Resultat ist bewei- send, während ein durch einige Zeit fortdauerndes Leuchten immer noch durch die Annahme von etwas vorhandener Luft hätte erklärt über das Leuchten des Phosphors. 417 werden können, also nicht entschieden für die Verdunstungs-Ansicht gesprochen haben würde. 3. Als Phosphor in eine von innen befeuchtete, durch Queck- silber abgesperrte Glocke gebracht wurde, in der sich etwa 800 Cub. Cent, reinen, durch Elektrolyse erzeugten Wasserstoffgases befanden, leuchtete er durch etwa eine Viertelstunde. Als nun die Glocke mit heissem Wasser umgeben, und so die Temperatur in derselben bis auf 80 — 90° C. erhöht wurde, zeigte sich nicht das mindeste Leuchten, obwohl hiebei eine so lebhafte Verdunstung des Phosphors stattfand, dass die Wand derselben mit feinen Kügelchen von sublimirtem Phos- phor bedeckt war. Auch dieser Versuch ist, als ein negativer, voll- kommen entscheidend gegen die Verdunstungsansicht. Das anfäng- liche Leuchten rührt offenbar von einer geringen Menge Luft her, die bei einer so grossen Glocke vollkommen zu beseitigen ganz un- möglich ist. 4. Da Marc hau d behauptete, der Phosphor leuchte ununter- brochen, selbst in Gasen, die keine Spur von freiem Sauerstoffe ent- halten, wenn diese nur darüber fortströmen, so mussten die Versuche auch unter diesen Umständen angestellt werden. Ich verwendete hiezu Wasserstoffgas, und zwar sowohl durch Elektrolyse, als auch auf gewöhnliche Weise mittelst Zink und Schwefelsäure dargestelltes. Das durch Elektrolyse erzeugte Gas strömte aus einer Bunsen'schen Flasche durch eine daran gekittete horizontale Röhre , und die Ein- richtung war so getroffen , dass der ganze Apparat ehe die Wasser- zersetzung begann , mit Flüssigkeit gefüllt war , so dass das Gas gar keine Luft, sondern nur Wasser zu verdrängen hatte. Auch war keine Kautschukröhre als Verbindung gebraucht, sondern der ganze Apparat bestand gewissermassen aus einem Stück. Der Phosphor leuchtete nicht im geringsten, selbst dann nicht als er bedeutend erhitzt wurde. Bei dem Versuche mit, auf gewöhnliche Art bereitetem Wasser- stoflFgase M-ar die Einrichtung so getroffen, dass das Gas zuerst durch Atzkali , Schwefelsäure etc. vollkommen gereinigt und geruchlos gemacht war, und dann in eine etwa 2 Meter lange Röhre trat, deren erste mit dem Entwickelungs-Apparate verbundene Hälfte sorgfältig gereinigte und vorher in Wasserstoffgas erhitzte Kupferdrehspäne enthielt, während sich in der zweiten Hälfte, die mittelst einer abge- bogenen Röhre durch Wasser abgesperrt war, der Phosphor befand. 418 Schrott er. Dieser Theil der Röhre ragte durch eine durehhohrte Thüre in das finstere Zimmer, während der andere Theil, so wie der ganze übrige Apparat ausser demselben sich befand Der Phosphor leuchtete noch fort, selbst nachdem das Gas län- ger als 6 Stunden ununterbrochen durch den Apparat strömte, und würde sehr wahrscheinlich so lange fortgeleuchtet haben als Phos- phor in der Röhre vorhanden war. Als aber das Kupfer bis zum schwachen Glühen erhitzt war , verlöschte der Phosphor sehr bald, liess man dasselbe aber wieder erkalten , so fing es auch sogleich mit der früheren Lebhaftigkeit zu leuchten an. So lange das Kupfer erhitzt wird, d. h. Sauerstoff aufnimmt, also während der Phosphor nicht leuchtet, leuchtet der Kork, durch Avelchen das in das Wasser getauchte Rohr geht , an seiner inneren Fläche, bei raschem Gasstrome leuchten auch die entweichenden Gasblasen ; so wie aber das Kupfer erkaltet und der Phosphor wie- der leuchtet, ist auch am Korke kein Leuchten mehr wahrzuneh- men. Wenn nämlich der Phosphor nicht leuchtet, so kann der weg- strömende Wasserstoff Phosphorgas aufnehmen, an der inneren Fläche des Korkes befindet sich aber , durch Diffusion , immer eine dünne Schichte Sauerstoff, welche das Leuchten desselben verur- sacht. Sobald aber der Phosphor zu leuchten beginnt, consummirt er selbst die geringe Menge des in dem Gase enthaltenen Sauer- stoffes und bis zu dem Kork gelangt kein Phosphorgas mehr. Dieser ganze Versuch ist für sich so sprechend und so ent- scheidend gegen die Ansicht, dass es ein Leuchten durch Verdun- stung gebe, dass er keiner weiteren Erläuterung bedarf, er zeigt aber auch ganz deutlich die Ursache, welche Marchand zu einem falschen Schlüsse verleitete. Da derselbe nämlich hinter der mit Platinschwamm gefüllten Röhre, welche die Reseitigung der kleinen Menge von , dem Wasserstoffgas beigemengten Sauerstoffe durch Wasserbildung bewirken sollte und wohl auch bewirkte, noch eine Chlorcalciumröhre anbrachte, was mindestens die Anwendung von zwei Kautschukröhrchen und vier Korken erforderte: so war dadurch hinreichend Gelegenheit für Zutritt von Sauerstoff gegeben, um das in seinen Versuchen unausgesetzt fortdauernde Leuchten zu erklären. Was die übrigen Einwendungen M a r c h a n d's gegen F i s c h e r's Versuche im Ganzen genommen betrifft, so muss ich hierüber auf über das Leuchten des Phosphors. 419 meine Abhandlung selbst verweisen. Jedenfalls glaube ich, ist man nach dem hier Angeführten zu dem Schlüsse berechtiget : Dass es nicht zweierlei Ursachen für das Leuchten des Phosphors gibt, son- dern dass dieses ganz allein der Oxydation desselben zuzuschreiben ist; es ist der erste Grad der Verbrennung, deren dieser Körper fähig ist, bei dem die sogenannte phosphatische Säure, entweder ein Gemenge von unterphosphoriger Säure und Phosphorsäure, oder eine bestimmte, jedoch sehr leicht in diese beiden Körper zerfal- lende Verbindung, gebildet wird. 420 Geschäftsbericht der k. k. Central-AnstaH. GESCHÄFTSBERICHT der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Im Juli 1852. Eingegangene Beobachtungen: 3. Juli. Vom Herrn Dr. Stropnitzki in Strakonitz. Juni 1852. 3. „ Von dein k. k. Telegraphenamte in Adelsberg, Juni 18ö2. 3. „ Vom Hrn. Wundarzt Brendl in Starkenbach. Juni 1852. 4. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Cilli. Juni 1852. 4. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Mürzzuschlag. Juni 1852. 4. „ Vom Hrn. Cooperator Aiehholzer in Obergörjach. Juni 1852. 5. „ Vom Hrn. Dr. Krziz in Saybusch. Juni 1852. 5. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Gratz. Juni 1852. 9. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Laibaeh. Juni 1852. 9. „ Vom Hrn. Direct. Bayr in Schlössl. Juni 1852. 10. „ Vom Hrn. Dr. Kr zisch in Holitseh. Juni 1852. 11. „ Vom Hrn. Prof. Königs borg er in Salzburg. April, Mai, Juni 1852. 12. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Olmütz. Juni 1852. 12. „ Vom Hrn. Prof. Columbus in Linz. Juni 1852. 12. „ VomHrn.Beneficiaten Hartmayr in Kirchschlag. Juni 1852. 15. „ Vom Hrn. Dir. Soucha in Zavalje. Juni 1852. 16. „ Vom Hrn. Apoth. Spillmann in Aussee. Juni 1852. 16. „ Vom Hrn. OberbergschafFer v. Roithberg in Alt- Aussee. Juni 1852. 17. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Pressburg. Juni 1852. 21. „ Vom Hrn. Dir. Weisse in Krakau. Mai und Juni 1852. 22. „ Vom Hrn. Dir. Zawadski in Lemberg. Mai 1852. Verzeichniss der eingegangeneit Druckschriften. 421 V£RZEI€H1VISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (Juli.) Academie d'Archeologie de Belgique. Annales, Vol. IX, 2. Accademia pontißcia de' nuovi Lincei. Tom. I und anno IV, ses- sione 8". Akademie, kön. bayrische. Abhandlungen der philos.-histor. Classe. Vol. I, 3. — Abhandlungen der mathem.-physik. Classe. Vol. VI, 3. Archiv der Mathematik und Physik, von Dr. Grunert. Vol. XVIII, Nr. 2, 3. Babbage, Lavvs of mechanical notation s. 1. etd. Bouthors, M. A., Coutumes locales du BailUage d'Amiens redigees en 1507. Vol. I, II. Amiens 1845; 8». (Euvttu^, ®eorg, ®rie(^ifd)e ®d)ulgrammatif. ^rag 1852; 8«- Eisen! oh r, Otto, Vollständige Auflösung der cubischen Gleichungen durch die Methode der Wurzeldifferenzen s. 1. etd. — Untersuchungen über den Zusammenhang des Barometerstandes mit der Witterung im Winter. Karlsruhe 1852; 8*'' F r e i s a u f f V. Neudegg, Felix, das fortschreitende Bewegungsprincip für Dampf- und Eisenbahn- Wagen etc. Wien 1852; 4". Gesellschaft, naturforschende, in Danzig. Neueste Schriften. Bd. IV, Heft 4. Gesellschaft, physik.-medicinische, in Würzburg. Verhandlungen. Bd. III, 1. Holmboe, Chr. Andr., det norske Sprogs vaesentligste Ordforroad. Hopkins, Will. , Address, delivred of the anniversary meeting of the geolog. society of London. London 1852; 8». — On the causes which may have produced changes in the earths superficial temperature. London 1852; 8**. 3cua, Uniöerfitätöfc^rlften a. b. ^. 1851, 1852; 4». ^:ii/i Verzeichniss Karsten, G. , die Fortschritte der Physik im Jahre 1847. Berlin 1849; 8«. Lancet, nederlandsch, N. 9, 10. Liais, Emmanuel, Memoire sur la Substitution des electromoteurs aux machines ä vapeur. Paris 1852; 8". — Notes sur les observations faites ä Cherbourg pendent l'eclipse du 28 Juillet 1851. Cherbourg 1851; 8». Lotos, Nr. 6. Sömen, UniöerfitätSfc^riften a. b. 3. 1851. Louvain, Annuaire de l'universite. 1852; 12". Maats c ha ppij, Hollandsche der Wetenschappen te Haarlem. Historische en letterkundige Verhandelingen. Deel I. Haarlem 1852; 4». Mittheilunge n aus dem Gebiete der Statistik. Herausgegeben von der Direction der administrativen Statistik. Wien Jahrg. I, H. 1, Wien 1852: 8». Neve, Felix, Revue des sources nouvelles pour Tetude deTantiquite ehretienne en Orient, Louvain 1852; 8". — Note sur un lexique hebreu qu'a public ä Louvain en 1615 Jos. Abudacinus. 2. ed. Louvain; 12". Patellani, Sullo studio veterinario. Milano 1852; 8". Pigeaux, J. , Traite pratique des maladies des vaisseaux. Paris 1843. Plantamour, E., Resume des observations thermometriques ect. fait ä l'observatoire de Geneve et au grand St. Bernard. Geneve 1851; 4«. Reymond du Bois, Untersuchungen über thierische Elektricität. Zweite Fortsetzung. Berlin 1851; 8". Rigollot, Catalogue de l'oeuvre de Leonard de Vinci. Paris 1849; 8. — Essai sur le Giorgion. Amiens 1852; 8". Safafik, P. T., Pamätky drevniho pisemnictvi j ihoslovanüv. Praze 1851; 8«. Scarp ellini-Fabri, E., Sopra i lavori chimico-farmaceutici del professore P. Peretti. Roma. 1850; 8». — Influenza della scienza sui prodotti dell' industria. (Album di Roma, XVIII.) 8«. Selskabs, K., Danske Videnskaberness. Oversigt over det Forhand- linger 1851. der eingegangenen Druckschriften. 423 Selskab, K., Skriften. Naturvidensk. Afdeling. Vol. II. — Forhandlinger 1849. Siniony, Friedrich, Panorama des Schaafberges nächst Ischl in Oberösterreich. Wien; Fol. Societe des Antiquaires dePicardie, Bulletins Tom. II, III. 1850, 1851, Nr. 1—4. Amiens; 8«. — Memoires, I. Ser., Tom. 1 — 3, 6 — 10; II. Ser., Tom. 1. Amiens; 1838—51; 8«. — Statute et reglement. 8*. Society geological. Quarterly Journal. No. 30. Venerio, Girolamo , Osservazioni meteorologiche fatte in Udine ne Friuli pel Quarantennio 1803—40. Udine 1851; 4». Verein, historischer, der fünf Orte Lucern etc. der Geschichts- freunde. Nr. 8. — naturwissenschaftl., in Hamburg, Abhandlungen Bd. II, 2. — für Naturkunde im Herzogthum Nassau , Jahrbücher. Wiesba- den, Nr. 1—7. 80. — naturforschender, zu Riga, Correspondenzblatt. 1851. Nr. 3 — 8. Sitzb. d. inalliem.-naturw. Cl. IX, Bd. II. ilft. 28 SITZUNGSBERICHTE DER KVISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. IX. BAJVD. ///. HEFT. — OCTOBER. JAHRGANG 1852. 29 OF COMPARATIYE ZOÖLOGY, AT HAßYARD COLLEGE, CAMBRIDGE. MASS. JFountie^ fijj pciöate suhscrfption, m 1861. DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY. No. J^l' 427 SITZUNG VOM 7. OCTOBER 1852. Das hohe k. k. Ministerium für Handel etc. übersandte mit Erlass vom 22. Juli 1852, Zahl 1674, einen neuerliehen durch die königl. grossbritannische Regierung veröffentlichten Bericht über die Expeditionen zur Aufsuchung Fr an kl in's , ferner mit Erlass vom 4. October d. J. , Zahl 2230, fünf autographische Berichte Kepp- ler's aus dem Linzer Museum, nebst einem, Keppler's Mappen von ■Oberösterreich betreffenden Acten- Auszuge. Der k. k. General -Consul zu Beirut, Herr Dr. Gödel, über- sandte ddo. 20. Juli eine Kiste mit Petrefacten aus Cypern und ddo. 3. August eine lebende männliche Antilope aus der Gegend des Euphrat. Die Antilope, ein ausgezeichnet schönes männliches Exem- plar, wurde der k. k. Menagerie in Schönbrunn übergeben, — Die Petrefacten übernahm das w. M. , Herr Director P. Partsch, ftir das k. k. Hof- Mineralien -Cabinet. Dasselbe wurde mit einer aus Rhodus von Herrn Ho denborg eingelangten Sendung von Petre- facten veranlasst. Eingesendete Abhandlnugen. Beschreihiing und mikroskopische Untersuchimg zweier ägyptischer Mumien. Von Dr. Johann Czermak in Prag. (Mit Taf. XXXVI.) Durch die gütige Vermittlung des Herrn Hofrathes S a c h e r- Masoch erhielt das physiologische Institut in Prag aus der Samm- lung des böhmischen Museums zwei ägyptische Mumien zum Ge- schenke. Als Assistent des genannten Institutes hatte ich Gelegenheit, diese beiden Antiquitäten, welche mein Interesse in vielfacher Beziehung erregten, genauer zu untersuchen. Was ich gefunden und beobachtet habe, ist in Folgendem mitgetheilt, und wird, Avie ich hoffe, als ein 29 * 428 Czermak. Beschreibung und Beitrag zur Vervollständigung der Kenntnisse von den Mumien Ägyp- tens nicht unwillkommen sein. Über den Fundort und die übrigen Verhältnisse unserer beiden Exemplare habe ich leider nichts ermit- teln können, was in archäologischer Beziehung von Bedeutung wäre. Man weiss von ihnen nur, dass sie zu sehr verschiedenen Zeiten nach Prag gebracht wurden und seit einer langen Reihe von Jahren im Besitze des böhmischen Museums sind. In unser Institut kamen sie im Frühjahr 1851, verpackt in einer einfachen Kiste. Der Sarkophag, welcher die eine der Mumien eingeschlossen haben soll, ist in der Sammlung des Museums geblieben. I. Die grössere der beiden Mumien war noch vollständig in ihren Binden eingewickelt. Es mochten höchstens die oberflächlich- sten fehlen, welche vielleicht auch in diesem Falle beschrieben und verziert waren (Zierbinden). Die kleinere Mumie hingegen musste schon früher einmal einer ziemlich rohen Untersuchung unterlegen sein und war zum Theil abgewickelt und zerbrochen. Sie erschien weniger gut conser- virt, woran wohl die Zerstörung des Zusammenhanges und der Ein- fluss des wechselnden Klimas die meiste Schuld haben mag. Der Kopf Kar bei jener früheren Untersuchung vom Rumpfe getrennt, das Gesicht bis auf die Knochen entblösst und der Thorax von hinten geöffnet worden. Sämmtliche Hals-, fast alle Brustwirbel nebst den Rippen, dem Brustbeine, den Schulterblättern und Schlüsselbeinen fehlten, so dass in der Brustgegend nichts übrig blieb, als vorne die über einen Zoll dicke Lage der einhüllenden Binden, welche seitlich die beiden Arme in ihrer ursprünglichen Stellung mit einschloss. In der Bauchgegend war ein tiefes Loch in die Hüllen gegraben; wahr- scheinlich hatte man damals nach einer Papyrus-Rolle oder sonst einer Beigabe gesucht. Die Art der Einwickelung konnte ich namentlich an der grösseren Mumie genau studiren. Es folgte, Lage auf Lage, bald eine Menge schmaler Binden , regelmässig und symmetrisch gewickelt, bald ein grösserer Lappen , der sich über ganze Körpertheile aus- dehnte und hie und da Ballen von Fetzen überdeckte, mit welchen die übriggebliebenen Vertiefungen ausgestopft waren. Über die ver- schiedenen Arten der Wicklung sind schon von mehreren Autoren, welchen ein grösseres Material zu Gebote stand, sehr detaillirte mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 429 Angaben gemacht worden, und ich verweise um so mehr auf dieselben, als ich über diesen Punkt nichts Neues beizubringen wüsste. Die Menge des zur Einwicklung einer Mumie verwendeten Ma- terials ist sehr bedeutend und es muss die für die Hunderttausende von Mumien aufgebrauchte Gesammtmenge eine abenteuerliche Summe geben. Nach der Masse die ich selbst von der grösseren Mumie abgewickelt habe, kann ich die Angabe des bekannten Rei- senden F. W. Sieb er i), nach welcher 500 bis 4000 Ellen Stoff verbraucht wurden, nicht für übertrieben halten. Das Gewebe der Lappen und Binden, in welche unsere beiden Mumien eingewickelt waren, ist ziemlich grob, aber sehr gleich gearbeitet. Ich habe die Fasern desselben mikroskopisch und chemisch untersucht. Sie waren nicht platt und drehten sich unter Wasser nicht spiralig zusammen, Avie die Fasern der Baumwolle ; sie waren vielmehr gerade gestreckt und rundlich, und stimmten auch sonst mit den Bastzellen des Leines und des Hanfes überein. Im Durchschnitt haben sie einen Durchmesser von 0-006 — 0008 W. L. , doch kom- men auch dickere von 0*0 12"' und viel feinere von 0-004'" vor. Mit Jod und Schwefelsäure behandelt, quollen die Fasern rasch auf und färbten sich schön blau; der Primordialschlauch setzte sich sehr deutlich als ein braungelber Faden von den blauen Verdickungs- schichten ab, welche in ziemlich regelmässigen Abständen ringför- mig eingeschnürt waren. Das Verhalten gegen diese Reagentien unterscheidet die Fasern nun auch von jenen des Hanfes und ver- vollständigt ihre Übereinstimmung mit denen des Leins. (Vgl. die Pflanzenzelle, den inneren Bau und das Leben der Gewächse von Dr. Schacht, Berlin 1852, pag. 214—217; ferner Taf IX, Fig. 10.) Demnach muss ich das fragliche Gewebe an unseren Mumien für LeinAvand erklären. Jomard ~) findet zAvar (wie er glaubt in Übereinstimmung mit H e r 0 d 0 1 , welcher überall, wo von dem Zeuge zum Einwickeln der Mumien die Rede ist, den Ausdruck Byssus braucht), dass das *) F. W. Sieber: Beschreibendes Verzeichniss der in den Jahren I8I7 und 1818 auf einer Reise durch Creta , Ägypten und Palestina gesammeUen Alterthiimer etc., nebst einer Abhandlung über ägyptische Mumien. Wien 1820. ^) Description de t Egypte, seconde edUion, Paris 1821, iom. III, p. 7i. 430 Czermak. Beschreibung und Gewebe durchgängig aus Baumwolle gemacht sei, allein er gibt doch auch eine Ausnahme von der Regel zu. Die Mumien aus den Kata- komben von Philae sind nämlich nach seiner Beschreibung in überaus grobe Flachsleinwand gewickelt. Rouyer *) behauptet entgegen Caylus und Rouelle, dass das Gewebe nicht immer ein Baum- wollenstofF, sondern sehr häufig Leinwand sei. Gerade die mit mehr Sorgfalt behandelten Mumien, so auch jene des Ibis, sind nach ihm meist in Leinwand eingewickelt. Thomson und Bauer ^) endlich wollen bei der mikrosko- pischen Untersuchung einer überaus grossen Menge von Proben der verschiedensten Gewebe , welche an den Mumien gefunden wurden, auch nicht eine Baumwollenfaser erkannt haben und erklären alles Mumienzeug für Leinwand, den Byssus der Alten aber demgemäss für Flachs. (Vgl. hierüber bes. C. Ritters: Über die geograph. Verbreitung der Baumwolle und ihr Verhältniss zur Industrie der Völker alter und neuer Zeit, I. Abschnitt, S. 19. Berlin 1852, bei Dümmler.) Von Papyrus-Rollen, Amuleten und dgl., fand ich weder bei der grösseren noch bei der kleineren Mumie eine Spur; es wäre denn ein lose um den linken Oberarm der ersteren gebundenes Strickchen, von welchem in keiner der mir bekannten einschlä- gigen Schriften Erwähnung geschieht, hierher zu rechnen. Die klei- nere Mumie könnte möglicher Weise schon früher dieser Dinge be- raubt Avorden sein. Übrigens sind namentlich die Papyrus-Rollen sel- ten genug und scheinen nur besonders ausgezeichneten Personen, unter welche unsere beiden Mumien wohl nicht gehört haben, bei- gegeben worden zu sein. Es darf desshalb gar nicht Wunder nehmen, wenn diese interessanten Beigaben fehlen. Nach völliger Enthüllung ergab sieh die grössere Mumie als der Körper eines erwachsenen weiblich en Indi vi du ums, die klei- nere als der eines Knaben von etwa 15 Jahren. Ich habe schon oben angegeben, in welchem Zustande sich die kleinere Mumie be- fand, als ich sie zur Untersuchung bekam. Trotz der beschriebenen Zerstörung war ich jedoch nichts destoweniger im Stande, die *) Description de V Egypte, seconde edition, Paris 1822, iom. VI, p. 477. 2) Thomson: Über das Gewebe an den ägyptischen Mumien. Liebig's Ann. Band 69. mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 431 wesentlichsten Verhältnisse mit Sicherheit zu ermitteln. Zum Theil ver- danke ich gerade diesem Umstände einige wichtige Aufschlüsse, über die Erhaltung der Struetur verschiedener Gewebe, welche nur durch die, an diesem Exemplare eben gestattete, rücksichtslosere Untersuchung zu erhalten waren. Die Grösse des Knaben vom Scheitel bis zur Sohle habe ich annähernd auf 1-35 Meter bestimmt. Die Stellung, in welcher derselbe mnmificirt und eingewickelt worden war, Hess sich aus der relativen Lage der vorhandenen Theile im Allgemeinen ganz gut erkennen. Ob der abgetrennte Kopf auf der nicht mehr vorhandenen HalsM'irbelsäule etwas nach vorne geneigt war, konnte freilich auf keine Weise ermittelt werden , ist aber Avohl mit einiger Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen. Der Rumpf und die Beine sind gerade gestreckt; die letzteren einander wohl genähert doch nicht bis zur Berührung, indem zunächst nicht nur jedes Bein, sondern auch jeder Fuss für sich mit Leinwand umwickelt worden war 1). Die Arme sind gleichfalls gerade gestreckt, dabei aber nach vorne und einwärts gerichtet , so dass sich die Hände über der Schoossgegend kreuzen. Nach Sieb er (a. a. 0., S. 18) findet man gewöhnlich daselbst, zwischen den zusammengeneigten Händen, jene merkwürdigen Papyrus-Rollen , welche die Biographie des Verstor- benen enthalten sollen; seltener trifft man sie in den Achselgruben oder an den Füssen an — falls sie überhaupt vorhanden sind. Die Haut und die von ihr bedeckten W ei ch theile waren zu mehr oder weniger dicken pergamentartigen Schienen zusammen- getrocknet, welche aussen schmutzig dunkelbraun, auf der Innen- fläche hellbraun, ja selbst weisslich gefärbt erschienen, und vielfach geborsten, den Knochen fast überall nur lose auflagen. Die äusseren Geschlechtstheile waren auffallend gut conservirt. Namentlich der Penis, welcher seine eigene, einfache Hülle und um diese, der Eichel entsprechend, einen abziehbaren Ring von Leinwandstreifen hatte, zeigte sich vollkommen erhalten. Seine Länge betrug über 4 Centi- meter, seine Dicke etwa 1 Centimeter, die Lichtung der Harnröhre 1 Millimeter. Die glans war nicht abgesetzt, doch konnte ich auch von einem Präputium nichts bemerken, welches den freien Rand *) Selbst jede einzelne Zehe fand ich mit Bindfaden umwickelt. Ähnliches berichtete Jomard (a. a. 0. , S. 70) u, A. 432 Czermak. Beschreibung und derselben hätte überdecken können. Übrigens hat man in Ägypten, wie es scheint ganz allgemein, an den 14jährigen Knaben die Be- schneidung vorgenommen i) , und der Mangel der Vorhaut würde nur darauf hindeuten, dass dieser Knabe über 14 Jahre alt war. An Querschnitten des Penis, welche in Wasser aufgeweicht waren, konnte ich die Corpora cavernosa penis und den Schwellkörper der Harnröhre mit unbewaffnetem Auge deutlich unterscheiden. Von einer Vergoldung oder Färbung der Genitalien war durch- aus nichts wahrzunehmen. Der Mangel dieser sonderbar angebrachten Verzierung zeugt entweder für die wenig ausgezeichnete sociale Stel- lung des betreffenden Individuums, oder es erklärt sich derselbe durch das jugendliche Alter des Mumificirten. Möglicher Weise könnte dies Exemplar aber auch aus einer Zeit stammen , wo das Vergolden und Färben der Cadaver noch nicht oder nicht mehr Mode war. Die vordere Bauchwand hatte , offenbar durch die erwähnte Zerstörung der deckenden Binden, sehr gelitten und brach trotz der vorsichtigsten Behandlung ein. Ich kann desshalb nicht mit Bestimmt- heit angeben, ob in derselben eine Öffnung, behufs der Entfernung der Eingeweide, bestanden hat oder nicht. In der Beckenhöhle fand ich eine schwarze, poröse, schlacken- artige Masse, welche auf dem durch eine grosse Öffnung in der Dammgegend hereingestopften Leinwandpfropf aufsass und nach vorne in beide foramina ohturata reichte. Die hintere obere Partie dieser Schlacke nahm eine compacte aber weichere, braungefärbte Sub- stanz ein. Die fraglichen Massen , welche offenbar anstatt der Eingeweide in den Bauch gebracht worden waren , füllten die Beckenhöhle nicht ganz aus, und lagen ziemlich lose in dem bezeichneten Räume, so dass ihre Entfernung keine Schwierigkeiten verursachte. Auf dem Platinblech geglüht, verflüchtigten sie sich bis auf einen unbedeuten- den Rückstand. Von den Weichlheilen des Kopfes war nach jener früheren, rohen Untersuchung nichts übrig geblieben , als die pergamentartig ') Jomard citirt als Gewährsmann für diese Sitte der alten Ägypter den heiligen Ambrosius (a. a. O., p. 83), welcher, bezüglich der Mädchen, ähnliches berichtet: „. . . et feminae apud eos eodem anno (sc. decimo quario) circumcidi feruntur ,• quod ah eo videlicet anno incipiat fla- yrare passio virilis et feminarum mensfrua sitmani exordia,"" mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 433 zusninmenjTctrockncte Kopfschwarte und die beiden sehr wohl erhal- tenen, 4o Millimeter langen und 28 Mm. breiten, zierlich gerundeten Ohren, an welchen HcUx und Anühelix, die Crura furcata, Tragus und Antitragus mit aller Deutlichkeit zu sehen sind. Die Lage des Ohres bietet ebenso wenig als jene des äusse- ren Gehörganges die geringste Abweichung von der Norm dar. Es ist bekannt, dass man eine Zeit lang die höhere Lage des Ohres, Avelche in den Darstellungen der bildenden Künste Ägyptens oft bis zur Caricatur gesteigert ist, als eine Eigenthiimlichkeit im ethno- graphischen Charakter der alten Ägypter angesehen hat. Nach M or- te n's 1) ausgedehnten Untersuchungen, mit welchen meine Beob- achtungen an unseren beiden Mumien übereinstimmen, ist der knö- cherne äussere Gehörgang weder höher noch tiefer angebracht, als bei anderen Racen. Die höhere Lage des Ohres, falls sie die natür- liche Erklärung des schon von Winkelmann an den menschlichen Darstellungen der alten Ägypter bemerkten Proportionsfehler wirk- lich abgeben sollte, könnte sich demnach nur auf die äusseren knor- peligen Theile beziehen. Aber auch diese zeigen durchaus nichts Abweichendes, weder in der Gestalt, noch in der Lage. Morton be- merkt zwar, dass sich durch das Zusammentrocknen der Weichtheile das Lagenverhältniss des Ohres an den Mumien etwas geändert haben könnte, allein er scheint, mit Recht, selbst nicht viel Gewicht auf diesen Einwurf gelegt zu haben. Übrigens führt er auch an, dass der besprochene Fehler in der Zeichnung, an den Köpfen aller Nationen, welche auf den ägyptischen Gemälden vorkommen , häufig zu sehen sei. (Vgl. a. a. 0. Plate XIV.) Von den Haaren fand ich nach sorgfältiger Untersuchung ein- zelne rothbraun gefärbte Reste auf der Kopfliaut; in feinen Durch- schnitten der aufgeweichten Schwarte konnte ich sie in grösserer Anzahl entdecken. Das Kopfhaar war an diesem Exemplar keinesfalls rasirt worden. Es wurde vielmehr ohne Zweifel erst von später ein- gedrungenen Insecten zum grössten Theil zerstört. Schamhaare waren nicht vorhanden. Die Untersuchung der Zähne war mir wegen des jugendlichen Alters dieses Individuums von besonderem Interesse. Es ist bekannt. *) Crania aegyptiaca ; or observaiions on egyptinn Ethnograjihy , derieed from Anatomy, Hlufnry and tfie Mnnnmenis, hy S. G. Morton M. D, London, 1844. 434 Czermak. Beschreibung und dass Blumenbach wiederholt auf die eigenthümliehe Form der stark abgenutzten Zähne der Mumien aufmerksam gemacht und die Vermuthung ausgesprochen hat, dass dieselbe kaum genügend durch das blosse Abschleifen beim Kauen harter Nahrung erklärt werden möchte, sondern ihren Grund wohl in einer ursprünglich verschie- denen Bildung der Zähne habe. Prichard *) u. A. fanden diese Conjectur, welche bei der Wichtigkeit des Gegenstandes alle Berück- sichtigung verdiente, durch die Untersuchung von Kindermumien völ- lig unbegründet, indem bei diesen alle Zähne, sowohl die bleibenden als die Milchzähne, genau denen anderer Kinder des gleichen Alters ähnlich waren, und kamen zu der Überzeugung, dass das besondere Aussehen der Zähne Erwachsener von der Beschaffenheit ihrer Nah- rungsmittel abhängen muss, wenn es nicht etwa durch Abfeilen oder eine analoge Gewohnheit hervorgebracht wurde. An unserem Schädel waren die Zähne vollzählig, wohlerhalten und in sehr geringem Masse abgenutzt; ich kann daher einen nicht unwichtigen Beitrag zur Entscheidung der angeregten Frage liefern, indem das Alter des Knaben vielleicht gerade das passendste zu der betreffenden Untersuchung sein möchte. Ich fand im Ganzen 28 Zähne, von denen 14 auf den Oberkiefer und 14 auf den Unterkiefer kommen. Von den letzten Mahlzähnen (den sogenannten Weisheitszähnen) konnte ich im Oberkiefer keine Spur entdecken, im Unterkiefer waren sie wohl schon angelegt, aber noch nicht durchgebrochen. Die Schnei- dezähne hatten meisselartig zugeschärfte Kronen, mit vorderer con- vexer, und hinterer concaver Fläche wie gewöhnlich; die Eckzähne konisch zugespitzte Kronen, und an der hinteren Seite eine flache mittlere Leiste; die Backenzähne zeigten auf der Kaufläche einen äusseren und einen inneren Höcker, die Mahlzähne 4 — 5 Höcker. Auch die Dimensionen der Kronen und Hälse der Zähne waren die gewöhn- lichen. Kurz, ich fand nicht die geringste Abweichung vom normalen Zahnbau, welche man als eine besondere Eigenthümlichkeit hätte bezeichnen können. Die Abnützung der sehr dicht an einander stehenden Zähne deutet trotz ihres geringen Grades bei der Jugend des Individuums auf sehr harte Nahrungsmittel, vielleicht auch auf die relative Weichheit der *) J. C. Prichard- Naturgeschichte des Jlenschengeschlechts, Leipzig 1840, Bd. II , S. 265 u. f. mikroskopische Untersuchung Mvcier ägyptischer Mumien. 435 Scliinelzsubstanz. Die Zähne des Unterkiefers zeigten sieh mehr ab- genutzt als jene des Oberkiefers, was mit der freien BeAvcgiichkeit des ersteren im Zusammenhang steht. Die unteren Schneidezähne waren etwas schräg von hinten und oben, nach vorne und unten abg - schliffen, die oberen Schneidezähne aber dem entsprechend auf ihrer hinteren concaven Fläche ausgewetzt, und an der Schneide schräg von vorne nach liinten und oben abgestutzt. Die substantia tubulosa sah an den Stellen, wo der Schmelzüberzug bereits durchgerieben war, als ein schmaler gelber Querstrich hervor. Die unteren Eckzähne trugen nach aussen und vorne auf ihrer Spitze eine abschüssige Fa- cette, die oberen nach hinten und innen. Das kaum entblösste Zahn- bein markirte sich als ein gelber Punkt. Die Höcker der Backen- und Mahlzähne waren, in sehr verschiedenem Grade , quer angeschliffen. Auf der rechten Seite, namentlich im Unterkiefer, hatten sie mehr gelitten als auf der anderen Seite. Dies Verhalten und die Richtung und Lage sämmtlicher Abnützungsflächen beweisen, dass der Knabe meist auf der rechten Seite gekaut hat. — Schliesslich erlaube ich mir noch die Bemerkung, dass, obgleich die oben angeführten Unter- suchungen an Kindermumien und meine eben mitgetheilte Beobach- tung keinen Zweifel über den normalen, gewöhnlichen Charakter des Zahnbaues dieser Exemplare lassen, dennoch eine weitere Berück- sichtigung des Gegenstandes nothwendig ist, weil wir, namentlich seit Morton's umfassenden Arbeiten, mit Bestimmtheit wissen, dass die Mumien sehr verschiedenen Racen angehören. Die Knochen, welche zum grossen Theil fast vollkommen skeletisirt waren, trugen das Gepräge des jugendlichen Alters unverkennbar an sich. Die Mehrzahl der Epiphysen war noch nicht mit den Diaphysen verwachsen. Auch die paarigen Beckenknochen, Avelche in der Gelenkpfanne für den Kopf des Oberschenkels zu- sammenstossen, um daselbst später innig mit einander zu verwachsen, waren vollkommen getrennt. Am Schädel hatte die Vereinigung des Keilbeinkörpers und des Basilartheiles des Hinterhauptbeines noch nicht Statt gefunden. Als Spuren der Trennung des Stirnbeines in zwei seitliche Hälften und der anfänglichen Selbstständigkeit des Zwischenkiefers, fanden sich über der Nasenwurzel eine senkrechtslehende, rudi- mentäre Nath, auf dem harten Gaumen zwei \om for amen incisi- vum nach aussen ziehende feine Spalten. Die Stirnhöhlen sind 436 Czermak. Beschreibung und massig entwickelt. Die Schädelknochen, welche nach Einigen bei den alten Ägyptern auffallend massiv und fest gewesen sein sollen, boten hinsichtlich ihrer Dicke durchaus nichts Abweichendes dar. Morton, welchem ein bedeutendes Material zu Gebote stand, sagt über die Beschaffenheit der Mumienschädel: „the structure of the cranial bones is as thin and delicate as in ihe European, and a ponderous skull is of unfrequent occurrencey Hiernach wären die Dicke und Schwere der Schädelknochen als rein indivi- duelle Eigenthümlichkeiten aufzufassen. Die Formen des Schädels sind ausnehmend rein und schön. Von obenher betrachtet, stellt sich der Umriss des Schädels als ein Oval dar. Die Gesichtsknochen werden bei dieser Ansicht völlig von der mächtig entwickelten Hirnschale verdeckt, und nur die Nasenbeine und die Anfänge der Jochbogen ragen an der vorderen Peripherie ganz unbedeutend hervor. Die grösste Länge des Schä- dels von der glahcUa bis zum Höcker des Hinterhauptbeines be- trägt = Ol 76 Meter; die grösste Breite fällt nach vorne und unten vom Scheitelbeinhöcker und misst = 0*142 Meter. Der Umfang des Schädels ist = 0*512 Meter, und die grösste Höhe, von der vorderen Peripherie des for. magnum. bis zum Scheitel = 0*136 Meter. Bei der Seitenansicht bemerkt man keine Spur von Progna- thismus. Das Gesicht ist verhältnissmässig klein und die Kiefer nicht im mindesten vorgestreckt. An der Nasenwurzel biegt sich die Profil- linie sehr unbedeutend ein. Von der Nath zwischen den Nasen- beinen und dem Stirnbeine bis zum unteren Bande der Alveolen der Schneidezähne beträgt die Entfernung 0*064 Meter. Die Höhe des Alveolarfortsatzes von der spina nasalis anterior inferior bis zu seinem unteren Bande ist = 0*016 Meter. Der Gesichtswinkel er- reicht fast 90". Von vorne betrachtet ist das flache Gesicht auf seine Länge ziemlich breit. Besonders aufl'allend ist die Breite der wenig gewölbten Nasenwurzel (= 0*026 Meter). Die geräumigen Augen- höhlen stehen weit aus einander. Die Entfernung der beiden Jochbeine beträgt 0*105 Meter, der Abstand der höchsten Punkte der Joch- bogen = 0*125 Meter. Die Gestalt des Unterkiefers zeigt nichts Auffallendes. Vom Condylus bis zum hinteren Kieferwinkel habe ich 0*051 Meter ge- messen, vom Kinnwinkel senkrecht hinauf zum Bande der Alveo- len = 0027 Meter. mikroskopische Uiitcr.sucliung zweier ägyptischer Mumien. 437 Nacli der Schädelform muss ich diese Mumien in die Abtheilung der Gentes dolichocephalae orthognathae stellen. Herr Prof. Retzius aus Stockhohn, hat während seines letzten Besuches in Prag den Schädel gesehen und ist derselben Meinung. Die von ihm *) früher beschriebenen Mumienschädel stimmen in ihren Formen nicht vollkommen mit dem in Rede stehenden überein, indem dieselben weit mehr an den Negertypus erinnern und mit Wahrscheinlichkeit „Kopten oder den uralten Einwohnern Ägyptens angehört haben." Die Race, zu welcher unser Schädel zu zählen ist, näher zu bestimmen , hat grosse Schwierigkeiten. Nach einer genauen Ver- gleichung desselben mit den zahlreichen Abbildungen, welche Mor- ton (dessen wichtiges Werk über die Crania aegyptiaca mir durch die Güte des Herrn Prof. Retzius zugekommen war) von den, an den verschiedensten Orten gefundenen Mumienschädeln gibt, glaube ich jedoch, dass unser Schädel noch die meiste Übereinstim- mung mit jenen Formen hat, welche Morton zu seinem „Pelasgic Type'' rechnet. Morton fand nämlich, dass die Mumienschädel theils zur Ne- ger-Race, theils zur kaukasischen gehören und innerhalb dieser Grenzen mehrere Typen zeigen. Von der ersteren findet sich der echte „iVe^ro"-Typus und ein weniger reiner, der „Negroid'''' ge- nanntwird; von der letzteren der „Pelasgic Type,'''' „Semitic Type''"' und „Egyptian Type.''"' Schlüsslich muss ich noch erwähnen, dass an unserem Schädel nicht nur das Siebbein, sondern auch ansehnliche Stücke der be- nachbarten Knochen (Keilbein, Stirnbein [pai^s horizontalis^, Ober- kiefer, Thränenbein etc.) durch die Excerebration völlig zer- stört worden sind. Der Vomer ist jedoch trotz dem fast ganz geblie- ben. Die ägyptischen Balsamirer haben nämlich, wie man seit langer Zeit weiss, das Gehirn meist entfernt und durch Harzmassen ersetzt. Dabei verfuhren sie auf verschiedene Art; entweder sie nahmen das Gehirn, wie in unserem Falle, durch die Nase heraus, oder sie bahn- ten sich durch die Weiehtheile des Nackens einen Weg zum foramen magnum des Hinterhauptbeines und entfernten das Gehirn durch diese Öffnung. An vielen Mumien scheint das Gehirn jedoch nicht berührt worden zu sein. *) Prof, A. Retzius: Über die Form des Knochengerüstes des Kopfes bei den verschiedenen Völkern. Müll. Archiv 1848, S. 276. 438 Cisermak. Beschreibung und Diese Verschiedenheiten scheinen theils durch die angewandte Sorgfalt und die Fortschritte in der Kunst des Baisamirens , theils durch Localgebräuche bedingt gewesen zu sein. Die Mumien von Theben haben das Siebbein meist zerstört, jene von Memphis selte- ner. Morton fand unter 26 der letzteren nur S mit durchlöcherter Nase. (A. a. 0., S. 26.) Die weibliche Mumie, welche im Allgemeinen besser er- halten war , als die so eben beschriebene, bot manches bemerkens- werthe Verhältniss dar. Ich lasse zunächst die Gr ös se nbe Stim- mungen folgen. Sie mass vom Scheitel bis zur Sohle = 1*53 Meter. Die Länge der Arme bis zu den Fingerspitzen be- trug = 0-695 „ Davon kommen 0*290 auf den Oberarm, 0*225 auf den Radius, und 0*180 auf die Hand. Der Oberschenkel, vom grossen Trochanter an ge- messen, hatte eine Länge von = 0*400 „ Der Unterschenkel von = 0*350 „ Der Fuss von der Ferse zur Spitze der grossen Zehe = 0*225 „ Von einer Schulterhöhe zur anderen = 0*300 „ Von einer Spina anterior superior des Darmbeines zur anderen = 0*270 „ Der grösste Abstand der Darmbeinkämme = 0*300 „ Von der vorderen Fläche der Schambeinfuge zur hin- teren des Kreuzbeines = 0 150 „ Länge der Wirbelsäule = 0*645 „ Die Formen des Schädels weichen von jenen des oben beschriebenen in mehrfacher Hinsicht ab, doch finden sich im Allge- meinen übereinstimmende Verhältnisse. Von obenher betrachtet, ist der Umriss ein von beiden Seiten abgeflachtes, mehr in die Länge gezogenes Oval. Das Gesicht ist bei dieser Ansicht dem Blicke völlig entzogen. Die grösste Länge (von der glahella zum Hinterhaupthöcker) . . . . = 0*183 Meter. Die grösste Breite, welche über und hinter die Ohren fällt = 0*140 Der Umfang = 0*525 „ Die geringste Breite (= 0*105 Meter) ist vorne in der Schläfen- mikroskopische Inlcisuchung y.weier ägyptischer Mumien. 439 gegeiid. Im Profil fällt das bedeutende Hervorstehen des Hinterhaup- tes auf. Der Gesichtswinkel ist ansehnlich gross, die Prolillinic des Gesichts wenig geneigt. Die Kiefer sind nicht vorgestreckt. Das In- dividuum gehört also jedenfalls unter die dolichocephalischen Orlho- gnathen. Von vorne betrachtet ergibt sich das Gesicht als sehr breit, im Verhältniss zu den merklich abgeflachten Schläfen. Die Länge des Gesichts vom Kinn bis zur Nasenwurzel = 0"105 Meter. Die Augen stehen >veit aus einander; die Nasenwurzel ist auffallend breit, wenig gewölbt, aber aufgerichtet. Die Jochbeine stehen stark her- vor, die Entfernung von einem zu dem anderen beträgt = 0115 Me- ter. Die Jochbogen liegen 0-131 Meter aus einander. Von den durch Mort on aufgestellten Typen scheint mir der ägyptische zu den vorliegenden Formen ziemlich zu passen, obschon das flache Gesicht nicht genug prominirt. Zur Neger-Race gehört weder dieser noch der andere Schädel, zum semitischen Typus eben so wenig, das ist gewiss. Demnach bliebe die Wahl zwischen dem pelasgischen und ägyp- tischen Typus. Den Schädel des Knaben glaubte ich eher zum pelas- gischen Typus stellen zu müssen, weil die Charaktere des ägyptischen nochMcniger stimmen wollten. Morton sagt nämlich 'the Egyp' tian form differs from the Pelasgic in having a narrower and more receding forehead, while the face being more prominent, the facial angle is consequently less\ Der Schädel des V\^eibes jedoch spielt durch seine seitliche Abflachung mehr in diese Formen herüber. Die Kreuzung der Racen einerseits und die noch immer nicht hinreichend festgestellten Charaktere der Typen andererseits machen das Schwankende der Bestimmung in diesem und in anderen Fällen begreiflich. Die Übergangsformen Hessen sich wohl mit grösserer Bestimmt- heit unterbringen , wenn nur die Haupttypen besser charakterisirt wären und die ganze Methode der Untersuchung exacter wäre. Der Weg, welchen Retzius i) durch seine wichtigen Arbeiten ange- bahnt hat, scheint mir aus der bisherigen Unsicherheit herauszu- führen. Auf die Betrachtung der Schädelformen darf sich jedoch die anthropologische Untersuchung nicht beschränken. Die Proportionen *) Vergl. dieses Naturforschers zerstreute craniologischen Aufsätze in Mül- ler's Archiv. 440 Czermak. Beschreibung und des Rumpfes und der Glieder müssen in gleicher Vollständigkeit be- handelt und berücksichtiget werden. Carus hat in seiner Physis einen ganzen Abschnitt der Betrachtung der Grössenverhältnisse der Körpertheile gewidmet. In ähnlicher Weise würden alle Racen durch- zuarbeiten sein. Als Resultat ergäbe sich dann wo möglich eine Anzahl mathematischer Formeln, welche der präcise Ausdruck für die charakteristischen Formen der Racen wären. — Die Stellung, in welcher die Mumie eingewickelt worden war, ist die eines ausgestreckt Liegenden. Der Kopf ist etwas geho- ben, wie wenn er auf einem Kissen ruhte. Der Rumpf und die Beine sind gerade gestreckt Die Arme, im Ellenbogengelenke leicht gebo- gen, laufen an den Seiten herunter, so dass die Hände mit der Pal- marfläche an den Schenkeln liegen und der Mittelfinger jederseits bis gegen die Mitte des Femur reicht. Dies ist die gewöhnliche Richtung der Arme bei weiblichen Mumien; die Männer hatten meist die Arme über der Brust gekreuzt i)- Zwischen den zusammenge- neigten Beinen bleibt wegen der Breite des Beckens ein dreieckiger Raum, dessen Spitze nach abwärts sieht. Die Ferse des linken Fus- ses ist stark nach innen gedreht. Die Haut und die Weichtheile sind ziemlich stark zusam- mengetrocknet und bilden eine feste, lederartige Masse, welche auf der Oberfläche schmutzig schwarzbraun gefärbt ist und nirgends eine Spur von Vergoldung oder Bemalung zeigt. An ihr bemerkt man deutliche Eindrücke der festgeschnürten Binden, und zahlreiche Fal- ten und Runzeln. Ihr Zusammenhang mit den Knochen ist meist noch sehr innig , es finden sich keine so ausgedehnten leeren Zwischen- räume unter den Weichtheilen, wie an dem zuerst beschriebenen Exemplare. % Die Ohren sind, wie schon oben bemerkt wurde, an ihrem ge- wöhnlichen Platze und vollkommen erhalten. Das Ohrläppchen reicht ziemlich tief herunter und steht, wie die ganze Ohrmuschel, nach hin- ten frei ab. Die Ohren erscheinen lang und schmal. Die Nase zeigt deutliche Spuren, dass die Excerebration durch dieselbe vorgenommen worden ist. Der knorpelige Theil ist etwas eingesunken, plattgedrückt und deckt, wie eine Klappe, den Eingang zur Nasenhöhle, doch so, dass ein rechtes grösseres und ein linkes *) Jomard a. a. 0., S. 86. mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 441 kleineres Nasenloch gebildet wird. Die unteren Ränder der ossa nasalia springen auf dem Nasenrücken etwas vor. Die Lippen sehliessen fest aufeinander; die untere deckt die obere. Die Mundwinkel stehen tief und die Lippenspalte erhält da- durch die Gestalt eines bogenförmigen, seichten Einschnittes, dessen Concavität nach abwärts sieht. Die Mundhöhle musste ich uneröfFnet lassen. Die oberen Augenlieder sind stark gewölbt und haben ihre Cilien. Der Raum zwischen dem eingesunkenen Auge und den Liedern ist mit Harz ausgefüllt. Die unteren Lieder kehren ihren freien Rand nach einwärts. Die Liedspalten, welche jedenfalls lang geschlitzt waren, sind daher nicht geschlossen, obgleich die oberen Augenlieder herabgelassen sind. Die R rüste stellen zwei nach unten abgerundete, platte, run- zelige Hautfalten dar, welche bis zur siebenten Rippe herabreichen. Sie sind in diesem Falle durch die Rinden fest an den Thorax ange- drückt worden. An anderen Exemplaren findet man sie mit Harz aus- gegossen oder mit Ryssus ausgestopft, so dass sie ihre natürliche Rundung haben. (Sieb er a. a. 0., pag. 14.) Ihr Umfang ist sehr bedeutend. Die Ägypterinnen hatten bekanntlich sehr grosse Milch- drüsen i). Von den äusseren Geschlechtstheilen fand ich die labia majora als zwei wohlgerundete volle Hautfalten, welche durch einen, in der DammöfFnung steckenden Leinwandpfropf weit auseinander getrieben waren. Von den Nymphen glaube ich die Rudimente er- kannt zu haben. Die Klitoris war nicht deutlich. Die DammöfFnung führte unmittelbar in die Reckenhöhle; die inneren Geschlechtstheile sind jedenfalls ausgeschnitten, und wahrscheinlich ganz entfernt worden. Die Haare am Kopfewaren gelblichbraun und rothbraun ge- färbt. Es scheint dies nicht ihre natürliche Farbe gewesen zu sein. Doch lässt sich darüber eben so wenig, als über die wahre Farbe der Haut mit Sicherheit urtheilen. Der Einfluss der zur Ralsamirung ver- wendeten Stoffe, auf die Färbung der Theile ist nicht zu bestimmen. *) Vergl. Blu m enbacb : De generis humani vurietate nativa. Ediiio tertia Göiüngae 1795, p. 238. yAliae gentes amplitudlne et turgore mammarum conspicuae, ut Aegyptii i Juvenale jam „„I« Meroe crasso majorem infanie papillam" " tamquam rem vulgarem et omnibus communem memoranie." Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 30 442 Czermak. Beschreibung und Die Haare sind übrigens ziemlich kurz geschnitten und liegen schlicht und ungekräuselt am Schädel an. Bei weiblichen Mumien findet man sonst öfter langes und coiffirtes Haar. In der Hinterhauptgegend, etwas nach rechts, bemerkte ich eine mehr als Handteller grosse, völlig kahle Stelle , welche wahrschein- lich durch eingedrungene Insecten entblösst worden war. Es ist kaum anzunehmen, dass man es mit einer Tonsur oder dergleichen zu thun hat, denn in der Mitte der kahlen Stelle standen noch 3 bis 4, mehrere Linien lange Härchen. AulTallend bleibt es mir aber, dass auf PI. XLIX der grossen, von der französischen Expedition gelie- ferten Description de VEgypte, an dem Hinterhaupte einer männ- lichen Mumie eine ganz ähnliche kahle Stelle abgebildet ist*). Die Cilien an den Aiigenliedern waren, mit einzelnen Ausnah- men nicht licht wie das Kopfhaar, sondern dunkel rothbraun bis schwarz. Dies spricht für die obige Annahme des Farbenwechsels der Haare in Folge der Balsamirung. Die Schamhaare fehlten. Es scheint bei den alten Ägyptern, wie noch heut zu Tage bei den meisten Orientalen, die Entfernung dieser Haare gebräuchlich gewesen zu sein 2). Die Nägel der Finger und Zehen waren kurz geschnitten und zeigten keine Spur einer Vergoldung. Hire Farbe ist röthlich braun, ob in Folge einer künstlichen Färbung, welche heute noch Sitte in Ägypten sein soll s^, oder durch die Balsamirung, kann ich nicht entscheiden. Schon der verschiedene Zustand , in welchem sich die Weich- theile befinden, lässt vermuthen, dass der Leichnam des Knaben nach einer andern Methode balsamirt worden war, als jener des Weibes. Diese Vermuthung wird zur Gewissheit, wenn man erfährt, dass un- mittelbar auf dem Körper der weiblichen Mumie, der ganzen Ausdeh- nung nach (namentlich auf dem Kopfe, den Ohren, der Nase, auf und unter den Augenliedern, am Halse, in der Elaviculargegend , in der Achselhöhle, auf dem Bauche, unter den Brüsten, in der Leisten- *) In der Erklärung zur PI. 49, heisst es: Les cheveux sonf courts, et man- quent a la purtie posterieure de la tete, p. 171. — Description de VEgypte. Tom. X. Explieation des Planches. ^) Jomard a. a. O. , S. 83: „Les deux sexes sont epiles , l'un comme V autre." ^) Rouyer a. a. O., S. 483 und Sieber a. a. 0., pag. 16. inikro!skopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 443 gegend, zwischen den Schenkeln und an Händen und Füssen), mehr oder weniger dicke Lagen von schwarzem Mumien harz aufgestrichen waren , welche meist ziemlich leicht abgesprengt werden konnten ; während bei dem Knaben kaum eine Spur davon zu finden war, ob- schon die seinem Körper aufliegenden Leinwandstücke mit einem ähnlichen, harzigen Stoffe imprägnirt zu sein schienen, und beim Verkohlen einen weihrauchähnlichen Geruch von sich gaben. Die weibliche Mumie hatte ferner in den Bauchdecken über dem linken Darmbein , eine 72 Millimeter lange und 4S Millimeter breite ovale Öffnung , welche in die Bauchhöhle führte und nicht zusam- mengenäht 1), sondern durch einen Leinwandpfropf, in ähnlicher Weise, Avie die Dammöffnung, verstopft war. An der Mumie des Knaben hingegen, konnte ich wohl die letztere, nicht aber die Öffnung in den Bauchdecken nachweisen. Freilich Hess die erwähnte Morschheit der Bauchdecken keine vollkommen genügende Untersuchung zu, und die Anwesenheit jener seitlichen Öffnung hätte mir aus dissem Grunde entgehen können ; allein nach sorgfältiger Berücksichtigung aller Verhältnisse bin ich nichts desto- weniger der Überzeugung , dass die Seitenöffnung wirklich ge- fehlt hat. Auch der Inhalt der Körperhöhlen beweist die Verschiedenheit des Verfahrens beim Einbalsamiren der beiden Mumien. Bei dem Knaben fand sich, wie oben mitgetheilt wurde, nichts im Körper, als jene schlackenartige poröse Masse, welche einen Theil der Becken- höhle ausfüllt. Anders bei der weiblichen Mumie. Ich schnitt , da dieses Exemplar möglichst geschont werden musste , mit einer Rund- säge aus der Brust und der Bauchwand ein grosses viereckiges Stück heraus, welches, der Bequemlichkeit wegen, nach der Quere halbirt wurde Sind wie ein Deckel die gemachte Öffnung schloss, und bahnte mir auf diese Weise den Weg zur Untersuchung der Brusthöhle sowohl als der Bauchhöhle. Die Brusthöhle fand ich fast ganz leer. Das Herz und die Lun- gen waren entfernt worden, eben so das Zwerchfell, von welchem rechts an der vordem Brustwand nur noch ein kleines Rudiment zu *) Vergl. Rouyer (a. a. O. , pag. 479) . . . „Cette ouverture ne m'a point paru recoustie, comme le dit Herodote; les bords avaient seulement ete rapproches et se mainienaieni ainsi pur In dessicationy 30 * 444 Czermak, Beschreibung und sehen ist. Hinter dem Sternum, nach oben, macht die das Cavum thoracis auskleidende braune Haut , eine vorspringende Duplicatur, welche als Rest des vordem Mediastinum anzusehen ist. Auf der lin- ken Seite der Wirbelsäule konnte ich die Aorta durch den ganzen Brustraum nach oben verfolgen und alle Einzelnheiten des Aorten- bogens nachweisen. Die Aorta war knapp am Herzen abgeschnitten worden. Nach hinten und innen vom Bogen der Aorta erkannte ich mit aller Deutlichkeit die Luftröhre, deren halbe Knorpelringe zu schmalen, auf dem Durchschnitt schwarzbraun gefärbter Spangen zusammengetrocknet waren. An der hinteren Wand der linken Thoraxhälfte reichte bis zur vierten Rippe hinauf, eine dicke Schichte schwarzen Mumienharzes, welches von dem Balsamirer nach Entfer- nung der Brusteingeweide , in flüssigem Zustande durch jene Seiten- öffnung in den Bauchdecken hereingegossen wurde und im Flusse erstarrte. In die rechte Thoraxhälfte ist Nichts von dem Harze einge- drungen. Die Grenze zwischen der Bauchhöhle und der Brusthöhle bilden zwei untereinander durch Fäden zusammenhängende Ballen von Lein- wandfetzen, welche rechts und links von dem letzten Stück der Brust- wirbelsäule festgestopft worden waren. Die Bauchhöhle ist ganz aus- gefüllt mit unregelmässigen knolligen Massen, Avelche über und über mit Harz umgeben, und zu einem festen Klumpen zusammengebacken erscheinen. Gleich unter dem Leinwandballen, welcher die rechte Thoraxhälfte von der Bauchhöhle trennte; lag jedoch ein isolirtes keilförmiges Stück, welches sich leicht herausnehmen liess, und bei näherer Untersuchung als ein Convolut von Gedärmen ergab, und eine schwarze, lederartige, dünne Platte, welche gefaltet und zusam- mengerollt war. Nachdem ich diese letztere in Wasser aufgeweicht und von den Harzmassen gereinigt hatte, erkannte ich zu meinem nicht geringen Erstaunen, dass es die abgezogene Epidermis der rechten Fusssohle war. Die ganze Zeichnung der Tastlinien präsen- tirte sich mit ausgezeichneter Schärfe. Eine genaue Besichtigung der Fusssohlen bewies, dass die Epidermis beiderseits von der Ferse bis zu den Zehen fehlte. Die Epidermis der Zehen hörte am Grunde derselben mit einem scharfen gezackten Rande auf. Die vordere Contour des in der Bauch- höhe gefundenen Stückes der Epidermis passte nicht mehr genau an den unteren Rand der Epidermis der Zehen des rechten Fusses, allein mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 445 es Mieb dennoch nicht der gcring^ste Zweifel, dass das Stück daselbst abgesciinitten worden war. Die Epidermis der linken Fusssohlc habe ich nicht gefunden, doch wird sie ohne Z^weifel auch im Bauche stecken. Die übrigen mit Harz bestrichenen und übergossenen Massen, welche als ein grosser unregelmässiger Klumpen die Bauchhöhle erfüllten, konnte ich nicht herausnehmen und näher untersuchen, denn sonst hätte die Integrität der Mumie geopfert werden müssen; man darf jedoch, nach dem bereits Mitgetheilten, mit Wahrscheinlichkeit vor- aussetzen, dass es Reste von Eingeweiden sind. Sieber (a. a. 0., pag. 14) fand häufig in den Mumien, welche sorgfältig balsamirt waren, Klumpen von zusammengedrückten, mit Balsammasse bestrichenen Gedärmen. Die Behauptung des Porphy- rius, dass die Priester die Eingeweide des Verstorbenen unter bestimmten Gebeten in den Nil geworfen haben sollen, dürfte demnach auf eine geringere Anzahl von Fällen zu beschränken oder nicht auf sämmtliche Eingeweide zu beziehen sein. R 0 u y e r scheint niemals Eingeweide in den Mumien gefunden zu haben, denn er sagt (a. a. 0., pag. 478) bei Gelegenheit der Sei- tenöffnung in den Bauchwandungen: „L'ouverture , se faisait, sans doiite, non seulement pour retirer les intestins qu'on ne retrouve dans aucun de ces cadavres des seches, mais encore pour mieux nettoyer la cavite du has-ventre, et pour la remplir d'une plus grande quantite de substances aroma- tiques et resineuses'''' .... Die Manipulation, Avelche die Ägypter bei ihren Einbalsami- rungen befolgten, kennen wir theils durch die Berichte alter Schrift- steller, theils aus der Untersuchung der Mumien selbst ; die antisep- tischen, harzigen, aromatischen etc. Stoffe jedoch, welche dabei ver- wendet wurden, sind uns sehr unvollständig bekannt. Die alte Kunst des Baisamirens muss demnach eigentlich zu den verloren gegangenen gerechnet werden. Die neueren Methoden unterscheiden sich sehr wesentlich von ihr und haben noch nicht Zeit gehabt zu beweisen, dass sie vorzüglicher oder doch wenigstens gleich gut sind. Übrigens dürfte der Verlust dieser Kunst leicht zu verschmerzen sein. In anderer Weise als die Ägypter haben auch die alten Guan- chen, welche die canarischen Inseln bewohnten, ihre Todten balsa- mirt. Die in den Grotten von Teneriffa gefundenen Mumien sind nicht in Leinwand, sondern in Binden von Ziegenleder eingewickelt, und 446 Czermak. Beschreibung und zeichnen sich durch ihre Leichtigkeit vor allen anderen aus. Unter- leib und Brust sind mit einer Art Körnern oder aromatischen Kräutern angefüllt, unter denen das Chenopodium ambrosioides niemals fehlen soll. Die peruanischen Mumien zeigen wieder eine andere Zu- bereitungsweise und Stellung; sie sitzen nämlich ganz zusammenge- krümmt, so dass die Knie fast das Kinn berühren, während die Mu- mien der Guanchen aufrecht stehen. Die alten Ägyptier selbst, hatten weit mehr als jene drei , dem Preise nach verschiedenen, Einbalsamirungsmethoden, von welchen Herodot und Diodor erzählen. Dies beweisen alle neueren an Mumien angestellten Untersuchungen. So unterscheidet S ieb er (a. a. 0., pag. 16) im Allgemeinen zwar nur drei Arten von Mumien, nämlich mit Harz ausgegossene, ausgetrocknete und mit Salz imprägnirte, behauptet aber, dass kein Exemplar die nämliche Behandlung verrathe, wie das andere. Ebenso stellt Rouyer, welcher als Memhre de la Commission des sciences et des arts mit der französischen Expe- dition Ägypten besuchte, nach seinen am Ort und Stelle gemachten ausgedehnten Beobachtungen, mehrere Arten von Mumien auf. Rouyer scheidet zunächst die Mumien, welche auf der linken Seite eine Öffnung in den Bauchdecken haben, von jenen, welche nirgends eine solche Öffnung zeigen, und betrachtet dann jede dieser Gruppen für sich. Die Zerstörung des Siebbeins in Folge der Excere- bration wird in beiden Hauptgruppen beobachtet. Unter den Mumien mit der Seitenöffnung gibt es a) solche, welche mit balsamischen und adstringirenden Stoffen behandelt wur- den, und h) solche, welche mit Salz imprägnirt sind. Von den suh a begriffenen Mumien sind die Einen mit aromatischen Harzen, die Anderen mit Asphalt oder Bitumen ausgefüllt. Dasselbe gilt von den suh b rangirten Mumien. Diese letzteren bedecken sich, entwickelt und der Atmosphäre ausgesetzt, mit einer Efflorescenz von Glau- bersalz. Unter den Mumien ohne Seitenöffnung, deren Eingeweide durch den After entfernt worden sind, gibt es ebenfalls zwei Sorten : aj solche, welche gesalzen und dann getrocknet wurden , und bj solche, welche nebstdem noch mit Pisasphalt umgeben und aus- gefüllt wurden. Rouyer beschreibt das Aussehen und die Beschaffenheit der Weichtheile der einzelnen, nach diesen verschiedenen Methoden zu- bereiteten Arten von Mumien ziemlich ausführlich und genau ,• allein mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 447 nichts (lestoAveniger kann ich versichern, dass keines seiner Schemen vollkommen mit dem, was ich an unseren Mumien beobachtet habe, übereinstimmt. Die grössere weibliche Mumie gehört jedenfalls in Rouyer's erste Gruppe, aber selbst die Charakteristik der mit Bitumen ausgegossenen Mumien passt nicht ganz auf sie *) ; noch weniger die anderen. Es scheint, dass das Einbalsamiren der Leichname, obschon durch religiöse, mit dem Glauben an die Seelenwanderung zusam- menliüngende Vorschriften geboten, dennoch in Bezug auf die dabei verwendeten Mittel und Methoden , der Kunst und der industriellen Concurrenz, innerhalb gewisser Grenzen, freigegeben war, und nicht nach starren durch den Ritus festgesetzten, unwandelbaren Normen vorgenommen werden musste. Jedenfalls erklären sich die Verschie- denheiten in der Behandlungsweise der Mumien leicht durch die für die verschiedenen Kasten geltenden Gesetze, ferner durch die Ver- schiedenheit der Localgebräuche, welche auch in anderer Beziehung massgebend erscheinen, und endlich durch die Vermögensumstände und das Belieben der betreffenden Familien und durch die Fort- schritte, der mit der Einbalsamirungskunst zusammenhängenden W^is- senschaften. Die Sitte, die Verstorbenen durch das Balsamiren gegen die völ- lige Zerstörung auf die Dauer zu schützen, herrschte von dem grauesten Alterthumebis in die erste Zeit der christlichen Chronologie und wurde ungefähr zwei und zwanzig Jahrhunderte lang fast ununterbrochen geübt. Die Verschiedenheiten der Mumien , sowohl hinsichtlich der Zubereitungsart, als der ethnographischen Charaktere, verlieren ab- 1) Rouyer a. a. 0., S. 480: „Les momies remplies de hitume pur ont une couleur noirätre; la peau est dure, luisante comme si eile avait ete eouverte d' un vernis; les traits du visage ne sont point älteres; le venire, la poitrine et la tele sont rempKs d^une suhstance resineuse, noire , dure, ayant peu d'odeur : cette matiere quefai retiree de V in- terieur de plusieurs momies, m'a presente les memes caracieres phy- siques et a dotme a V analyse chimique les memes resultats que le hitume de Judee qui se trouve dans le commerce. Ces sortes des momies qu^on rencontre assez communement dans tous les eaveaux, sont seches, pesantes, sans odeur, difficiles a developper et a rompre. Presque toutes ont le visage, les parties naturelles, les mains et les pieds dores : elles paraissent avoir ete preparees avec beuucoup de soin; elles sont tres- peu susceptibles de s' alterer et n'attirent point l'humidite de Vair. 4:48 Czermak. Beschreibung und gesehen auch von den oben angeführten Momenten, einem solchen Zeitraum gegenüber, alles Befremdende. IL Die ägyptischen Mumien sind seit langer Zeit ein Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Man betrachtet mit Staunen und Interesse die wohl erhaltenen Formen menschlicher Körper, welche seit den frühen Tagen der, an den Nilufern aufgeblühten Cultur und Civilisa- tion dem Zahne der Zeit getrotzt haben. Die Vergänglichkeit organi- scher Bildungen ist so sehr Gegenstand der täglichen Lebenserfah- rung, dass auch der Ungebildete von der Thatsache ergriffen wird, dass dem ewigen Kreislauf des Stoffes in diesem Falle Halt geboten worden ist. Das Bewusstsein, dieselben Gestalten vor sich zu haben, welche vor mehr als ein, zwei Jahrtausenden die lebendigen Träger jener geheimnissvollen, in ihren Trümmern noch grossartigen, ägyp- tischen Welt gewesen, reizt wohl selbst eine wenig bewegliche Fan- tasie den Schleier der Vergangenheit zu lüften, sich zurück zu ver- setzen in das lebendige Treiben des volkreichen Theben, des alten Memphis, und all die kleinen Freuden und Leiden des Daseins, alle die bedeutenden Fragen und Anschauungen, welche einst diese Herzen und Köpfe bewegt und beherrscht haben, auferstehen zu lassen ! Der wissenschaftlichen, nüchternen Betrachtung bieten die Mu- mien nicht minder Stoff zu ernsten, ergiebigen Studien , als sie den sinnigen Beschauer gemüthlich erregen. Was dem Geologen die pflanzlichen und thierischen Versteine- rungen sind, welche die vorweltlichen Perioden charakterisiren und die Geschichte des Erdkörpers in grossen, lebendigen Zügen skizziren helfen, das sind dem Anthropologen solche Antiquitäten, wie die Mu- mien, für seine Sphäre. Die Mumien sind auch Fossilien, welche der rastlose Forschungstrieb aus den dunkeln Hypogeen hervorgräbt und zwischen den Blättern der Geschichte abgelagert findet, wie die Petrefacten in den Schichten der Erde. Das alte Ägypten , wie es sich nach seinen natürlichen Bedin- gungen mit Nothwendigkeit entwickelt hat, ist eine untergegangene Formation, welche mit Baudenkmälern, Sculpturen, Bilderwerken, und so mancher fortwirkenden Anschauung in die Gegenwart her- einragt. mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 449 Neben dem archäologischen Interesse haben die Mumien auch ein physiologisches. Es ist zu ermittehi in wie weit es durch das Einbalsamiren gelungen ist, den menschlichen Körper zu erhalten und die unvermeidliche Zersetzung und Zerstörung der organischen Elemente zu verhindern. Bisher hat man sich damit begnügt, die oft sehr vollkommene Erhaltung dpr allgemeinen Formen des Körpers, der Gesichtszüge und die Anwesenheit der Kopfhaare, der Augenbraunen, der Cilien, der Nägel etc. zu bewundern. Es ist meines Wissens noch kein er- heblicher Versuch gemacht worden, die Beschaffenheit der Mumien mit Hilfe des Mikroskopes zu untersuchen. Ich erinnere mich nur dunkel, dass mir Queckett in London beiläufig eine Abbildung von Mumienhaaren in einem Journal für Mikroskopie gezeigt hat. Es ist mir aber nicht möglich diese Quelle näher zu bezeichnen. Die mikroskopische Untersuchung der Mumien , welche ich in ziemlich ausgedehntem Umfange unternahm, hat mir bewiesen, dass die Erhaltung der organischen Formen noch viel weiter geht, als man bisher wohl allgemein geglaubt hat. Ich zweifle gar nicht, dass man im Stande wäre eine ziemlich vollständige Histologie der Mumien zu schreiben, wenn das genügende Material zu Gebote stünde. Dass sich nicht alle Mumien zu diesen Untersuchungen gleich gut eignen werden, versteht sich nach dem über die verschiedenen Methoden der Einbalsamirung Bekannten wohl von selbst. Auch die Behandlung der zu untersuchenden Theile, so wie die Bereitung der mikroskopischen Präparate selbst, muss passend gewählt und mit der gehörigen Umsicht ausgeführt werden. Ich weiss aus eigener Erfah- rung, dass man nicht gleich von der begonnenen Untersuchung ab- stehen darf, wenn sie keinen augenblicklichen Erfolg hat, denn häufig ist nur die unzweckmässige Behandlung des Objectes und nicht die schlechte Conservirung daran Schuld. Man darf sich nicht gleich mit dem Gedanken an die Möglichkeit der Zerstörung eines Ge- webes beruhigen. Dies bemerke ich für Jene, welche die Gelegen- heit haben sollten, ähnliche Untersuchungen, wie die folgenden an- zustellen. Eine wesentliche Vorsichtsmassregel, um sich vor Täuschungen zu bewahren, denen man leicht zum Opfer fallen könnte, Avill ich noch beiläufig erwähnen. Es ist dies die genaue Messung der betref- fenden Gewebsbestandtheile und die Vergleichung der gefundenen 450 Czermak. Beschreibung und Grössenverhältnisse mit den normalen Dimensionen dieser Form- elemente. Am Schlüsse der Abhandlung findet sich zur grösseren Bequem- lichkeit eine tabellarische Zusammenstellung und Vergleichung meiner sämmtlichen Messungen mit jenen, welche Kölliker in seinem Lehr- buche der mikroskopischen Anatomie des Menschen geliefert hat. Ich habe von beiden Mumien Theile der mikroskopischen Be- trachtung unterworfen und werde es weiter unten, bei der Beschrei- bung der Gewebe, stets angeben, woher ich dieselben genommen habe. Die Mumie des Knaben durfte ich nach Bedürfniss zerstückeln und verarbeiten, da an derselben Nichts zu halten war. Mit der weib- lichen Mumie, welche als interessante Reliquie der Sammlung des physiologischen Institutes einverleibt wurde, musste ich jedoch schonender verfahren und entnahm derselben nur kleinere Stücke, wie sie gerade zur mikroskopischen Untersuchung ausreichten. 1. Von der Haut. Ich habe von beiden Mumien Hautstücke aus verschiedenen Regionen des Körpers untersucht. Ich Hess dieselben theils in Wasser aufweichen und fertigte dann Durchschnitte an, theils schnitt ich gleich vom Trockenen dünne Lamellen und behandelte sie mit Terpen- tinöl, welches mir bei dieser ganzen Untersuchung die wesentlichsten Dienste geleistet hat. Das Derma mit dem Papillarkörper habe ich überall in der entsprechenden Form erkannt. Das Bindegewebe zeigte meist eine deutliche lamellöse Anordnung und löste sich an der dem Körper zugewendeten Seite in die Maschen des Unterhautzellgewebes auf. Zwischen den Bündeln desselben fand ich viele grössere und kleinere, anscheinend homogene, unregelmässige, braunroth gefärbte Klümpchen einer spröden Masse von muscheligem Bruch. Schon von blossem Auge unterschied ich an den meisten Hautdurchschnitten die glänzenden Bruchflächen dieser harzartigen Substanz und war im ersten Augenblicke geneigt an eine Injection mit Harzmasse zu denken. Die Behandlung solcher Präparate mit kaustischer Natronlösung lehrte mich jedoch bald, dass diese Massen nichts als die, in den Maschen des Unterhautzellgewebes steckenden, durch den Process der Einbalsamirung zusammengebackenen Fettzellen sind. Das Natron wirkte in der gewohnten Weise auf das Bindegewebe, die einzelnen Bündel quollen auf und gewannen an Transparenz, während mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 431 jene Massen in einzelne rundliche Bläschen mit bräunlichom Inhalt auseinander Helen, welche einen Durchmesser von 0,02 bis 0,025 W. L. halten, und somit mit den Dimensionen der Fettzellen überein- stimmten. Ich habe, Fig. 13, die Fettzellen einer ßindegewebsmasche von der Beere der grossen Zehe der weiblichen Mumie abgebildet. 2. Von den Epidermoidalgebiklen. a) Epidermis. Die Oberhaut war nicht an allen Punkten der Haut zugegen; sie mag zum Theil beim Einbalsamiren unbemerkt abgestreift worden oder sonst wie abhanden gekommen sein , zum Theil haben sie die Balsamirer, wie das von mir in der Bauchhöhle der weiblichen Mumie gefundene Stück der Epidermis der rechten Fusssohle beweist , mit Wissen und Willen abgezogen. Es wäre zu untersuchen , ob die an den Füssen und Handtellern häufig vorkommenden Vergoldungen und Färbungen, von welchen an unseren Exemplaren, Avie bereits erwähnt, nirgends eine Spur zu finden ist, auf die vorher entblösste oder noch von Epidermis überzogene Lederhaut aufgetragen wurden. Die in der Bauchhöhle gefundene Epidermis der Fusssohle bot die schönste Gelegenheit zur Untersuchung dieses Gewebes. Mit der Loupe konnte ich auf der äusseren Fläche derselben, die den Tastleistchen entspre- chend angeordneten Schweissporen deutlich sehen. Nach Behandlung mit kaustischer Natronlösung quollen die platten Oberhaut-Schüppchen zu länglich runden, hellen, kernlosen Bläschen in gewohnter Weise auf. Fig. 2, habe ich auf diese Art behandelte Epidermiszellen, welche sich von dem Nagelfalz über die Wurzel des Nagels herüberschieben, dargestellt. An vielen Epidermiszellen bemerkte ich den Wandungen anhängende braune Körnchen, welche wohl nichts als Beste von Harz- masse sind. Die abgebildeten Zellen massen der Länge nach 0,016'", der Breite nach aber 0,013'". Auf Durchschnitten, der den Tastflächen der Hände und Füsse angehörenden Oberhaut, erkannte ich mit voller Deutlichkeit die zier- lichen spiralig gewundenen Ausführungsgänge der Schweissdrüsen und Beste des Malp ighi 'sehen Netzes. 6) Nagel. Das vom Derma gebildete Nagelbett ist in allen seinen Theilen wohlerhalten; nach hinten wird es vom Nagelfalz, an beiden Seiten 452 Czermak. Beschreibung und von zwei Hautwülsten begrenzt; die vom Grunde nach vorn ausstrah- lenden Längsleistchen sind ziemlich deutlich ausgeprägt. Der Nagel selbst und die mit ihm zusammenhängende Epidermis lassen sich leicht von der Haut abziehen. Seine Farbe ist ein gesättigtes Rothbraun. Lässt man ihn einige Tage in Wasser liegen , so gibt er einen Theil seines Farbstoffes ab und erweicht, Durchschnitte sind in jeder Rich- tung leicht zu fertigen. Die Oberfläche des Nagels ist glatt; an der unteren Fläche findet sich ein deutlicher Abdruck der Leistchen des Nagelbettes. Die Nagelwurzel, welche im Falze steckt, ist um die Hälfte dünner als der 0,2'" dicke Körper und biegsam. Auf Durchschnitten zeigen nur die obersten und untersten Schich- ten eine intensive braunrothe Färbung, während die Mitte gelblich durchscheinend ist. Parallel mit der Fläche tritt eine von den Rissen des Messers und der Schnittrichtung unabhängige Streifung und Punk- tirung auf, welche der Ausdruck der schichtenweisen Anordnung der kernhaltigen Nagelzellen ist. Der braunroth gefärbte Streif an der unteren Fläche ist das zusammengeschrumpfte Mal pighi'sche Netz des Nagels. Kalte Natronlösung dehnt das Nagelgewebe nach einigen Minuten, kochende, fast augenblicklich zu überaus deutlichen, schönen kernhaltigen Zellen auf, welche sich gegenseitig polygonal abplatten, isolirt aber vollkommen rundliche Formen annehmen. Die Zellen des Malp ighi'schen Netzes quellen dabei nicht minder auf, doch wer- den ihre Kerne fast gleichzeitig durch die energische Einwirkung des Alkali zerstört. Ich habe dieselbe nachtheilige Wirkung auf die Kerne der Malpighi^schen Zellen auch an frischen Präparaten, beim Aufkochen mit Natron, häufig beobachtet; Essigsäure bringt diese Kerne deutlich zur Anschauung. Das Stratum Malpighii er- scheint somit als eine Lage von kernlosen zartwandigen Bläschen. Ich habe, Fig. 1, einen Querschnitt des Nagels vom Ringfinger der weib- lichen Mumie, nach Behandlung mit Natron gezeichnet; nach unten sieht man die kernlosen Zellen des Malp ighi'schen Netzes. Die oberen Schichten der Nagelzellen dehnen sich manchmal nicht so vollständig aus und erscheinen dann platt und lang. (Fig. 2, b.) Die Nagelzellen haben einen Durchmesser von 0,016'", die Kerne, welche meist keine ganz regelmässige Gestalt hatten, sind 0,001 S bis 0,002'" dick und 0,004'" lang. Die Zellen der Schleimschicht waren etwa um die Hälfte kleiner als die Nagelzellen. mikroskopische Untersuchung /.weier ägyptischer Mumien. 4o3 c) Haar. Als Object der Untersuchung dienten mir vorzüglich die Kopf- haare der weiblichen Mumie. Ich habe schon oben bemerkt , dass die Farbe derselben verschiedene, hellere und dunklere Schattirungen zeigt, M'elche wohl aus der Einwirkung der zur Balsamirung ver- wendeten Stoffe erklärt werden müssen ; hier kann ich noch hinzu- fügen, dass auch die Dicke der Haare ungleich ist, aber mit der ver- änderten Färbung kaum in directer Beziehung steht, obschon die dunkleren Haare meist feiner sind als die helleren. Der Durchmesser der Haare variirt von 0,045'" bis 0,029'". Die dachziegelförmig sich deckenden Schuppen des Oberhäutchens können schon bei einfacher Betrachtung des Haares unter Wasser, deutlich wahrgenommen wer- den. Kocht man das Haar mit kaustischer Natronlösung, so quillt es, wie ein frisches auf, und man erkennt in der weichen, längsgestreiften Rindensubstanz die langen , spindelförmigen Kerne der Faserzellen und in der Medianlinie die polygonalen, senkrecht an einander ge- reihten Markzellen, welche öfter ganz oder streckenweise fehlen. Besonders bemerkenswerth erscheint mir noch der Umstand, dass die Schuppen des Oberhäutchens, das sich manchmal als zusammenhän- gende Membran bauchig von der Corticalsubstanz abhebt, Avahrschein- lich in Folge eines bestimmten Concentrations- und Hitzegrades der Natronlösung an einigen Präparaten zu Bläschen aufgequollen sind. (Vgl. Fig. 3, a). Die Oberhautschüppchen frischer Haare konnte ich bisher eben so wenig wie Kö lliker und A., zum Aufquellen bringen. Man betrachtet bekanntlich gerade das Ausbleiben dieser Erscheinung als ein unterscheidendes Merkmal dieser Schuppen von den gewöhn- lichen Epidermiszellen. Ich habe an die Möglichkeit einer Täuschung gedacht, indem, wenn die Flüssigkeit zwischen zwei Schüppchen eindringen würde, ein ähnliches Bild entstehen müsste, wie wenn die Wandungen eines und desselben Schüppchens durch Imbibition auseinander getrieben werden. Bei genauerem Zusehen hat sich jedoch diese Vermuthung als unstatthaft erwiesen, und die mitgetheilte Thatsache muss als solche stehen bleiben. Vielleicht gelingt es später auch an frischen Haaren Ähnliches zu beobachten. An mit Natron gekochten Querschnitten der Haare, habe ich in der Corticalsubstanz eine deutliche polygonale Zeichnung bemerkt. Die polygonalen Abtheilungen waren von verschiedener Grösse und 454 Czermak. Beschreibung und Gestalt, und hatten meist in der Mitte einen dunkel contourirten Punkt, welcher sieh bei Veränderung der Fokaldistanz in die Dicke des Schnittes, als ein dünnes Stäbchen, hinein verfolgen Hess. Die kleineren Zwischenräume zwischen den Polygonen hatten gewöhnlich keine oder nur sehr feine Punkte. Diese centralen Punkte hatten einen Durehmesser von 0,0006'" bis 0,001'", während der Durchmesser der eckigen Felder zwischen 0,0067'" und 0,0033'" schwankte. Diese Messungen stimmen auf so überraschende Weise mit den durch Köl- liker angegebene Dimensionen der Faserzellen der Rinde und ihrer langen dünnen Kerne überein , dass nicht nur kein Zweifel über die Bedeutung jener von mir beobachteten polygonalen Felder und Punkte übrig bleibt, sondern zugleich auch der Beweis für die Richtigkeit der Grössenverhältnisse dieser Elementartheile, welche Kolli ker nach Zerfaserung der mit Schwefelsäure behandelten Rinde bestimmt hat, geliefert wird. Die auf Durchschnitten der Rinde erscheinenden zart contourirten Polygone und rundlichen Punkte, welche ich Fig. 4, von einem mark- losen Mumienhaare abgebildet habe, sind nichts anderes als die Quer- schnitte der über und neben einander gereihten Faserzellen der Rin- densubstanz und ihrer Kerne. Es ist mir seither wiederholt gelungen, an frischen Haaren dieselbe Beobachtung zu machen. Die Schuppen des Oberhäutchens erscheinen auf dem Quer- durchschnitte der Haare als dünne, gebogene Stäbchen, welche in mehreren Lagen den Umkreis der Rinde bedecken (vgl. Fig. 4, a), weil sie sehr nahe über einander stehen und wie die Ziegeln eines Daches angeordnet sind, so dass eine senkrecht auf die Längsachse des Haares gestellte Ebene, welche durch die Dicke des Oberhäutchens schneidet, auf diesem Wege mehrere Plättchen treffen muss. Das bräunliche Pigment der Haare war theils in Form von kleinen Körnchen an den bekannten Punkten abgelagert, theils machte es sich mehr als eine diffuse , gleichmässige Färbung der Substanzen bemerklich. Die Elemente der inneren Wurzelscheide des Haares habe ich mit aller Deutlichkeit unterschieden. Die Zellen der äusseren Schichte der inneren Wurzelscheide (Henle's Schichte) konnten leicht im Zusammenhange und einzeln isolirt werden; sie hatten, einzeln ge- messen, eine Länge von 0,013"'— 0,02'" und eine Rreite von 0,006'" und zeigten, wo der Zusammenhang zwischen ihnen noch nicht auf- mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 453 gehoben war, jene charakteristischen Spalten, welche diese Lage so leicht kenntlich machen. (Vgl. Fig. 5.) Die innere Schichte der inne- ren Wurzelscheide (Huxley's Schichte) bestand aus polygonalen Zellen, welche keine Spalten zwischen sich Hessen und kürzer und breiter waren, als die Elemente der äusseren Schichte. Die Dicke der aus diesen beiden Schichten, der H e n 1 e 'sehen und der H u x 1 e y 'sehen zusammengesetzten inneren Wurzelscheide betrug zwischen 0,007'" und 0,009"'. Nach innen von der Huxley 'sehen Schichte erkannte ich noch die äussere Lage des Oberhäutchens, welches, soweit die innere Wurzelscheide reicht, den Haarbalg auskleidet und aus ein- zelnen dachziegelförmig sich deckenden Plättchen besteht. Die Rich- tung und Anordnung dieser Plättchen ist im Allgemeinen dieselbe, wie die der Schuppen des Oberhäutchens am Haarschaft. Wurden die Haare vorsichtig aus den Bälgen herausgezogen, so blieb die innere Wurzelscheide an ihrem unteren Ende sitzen, und konnte dann leicht untersucht werden. An Falten der inneren Wur- zelscheide, welche auf diese Art isolirt worden war, habe ich, bei gehöriger Fokaleinstellung den Zusammenhang aller erwähnten Ele- mente wie an einem Durchschnitte deutlich übersehen können. Nach einem solchen Präparate ist Fig. 6, entworfen ; bei a^ er- kennt man die äussere oder durchbrochene, bei h) die innere Schichte der inneren Wurzelscheide und bei c) das Oberhäutchen, und zwar dessen äussere, von Bo w m ann und KöUiker zuerst beschriebene Lage; bei d) sind krümelige Reste der äusseren Wurzelscheide angedeutet. 3. Von dem fibrösen und elastischen Gewebe. Nicht minder wohlerhalten, als die bisher abgehandelten Gebilde, sind die Bänder, die Sehnen und die Aponeurosen. Ich hatte Gelegen- heit die verschiedenen tibrösen Elemente von beiden Mumien zu un- tersuchen, und fand ihre physikalischen und mikroskopischen Charak- tere im Allgemeinen übereinstimmend mit jenen der frisch getrock- neten Theile. Wurden die hornartig spröden, bräunlichroth durch- scheinenden fibrösen Gebilde in Wasser erweicht, so quollen fast alle bedeutend auf, und Hessen sich leicht in Fasern zerlegen. Nach Zusatz von Essigsäure oder Natronlösung verschwand die fibrinöse Structur und machte einem mehr homogenen Ansehen Platz. Dabei traten die Kerne, die Kernfasern und die elastischen Fasern , je nach der ihnen 456 Czermak. Beschreibung und zukommenden Verbreitung, deutlicher hervor. Ich habe den ganzen rechten Arm der Knaben-Mumie in Wasser maceriren lassen und konnte hierauf die Aponeurosen, Bänder und Sehnen mit dem Skalpel verfolgen. Die Bänder hafteten meist nur lose an den Knochen, das Lig. carpi transversiim hing jedoch noch sehr fest mit den betref- fenden Handwurzelknochen zusammen, und hielt durch die straffe Spannung, die zur Hohlhand laufenden Sehnen der Fingerbeuger nieder. Auf feinen Querschnitten der Bänder und Sehnen zeigte sich ihre Zusammensetzung aus einzelnen grösseren und kleineren Bündeln mit aller Deutlichkeit. In Fig. 7, ist eine kleine Partie des Querschnittes der Sehne des Muse, flexor polHcis longus, bei starker Vergrös- serung abgebildet. Die grossen unregelmässigen, polygonal abgeplat- teten Felder entsprechen secundären Sehnenbündeln, welche durch interstitielles Bindegewebe auseinander gehalten werden. Die schwar- zen Pünktchen im Innern dieser Felder sind die Durchschnitte der Kernfasern, welche nach Kölliker zwischen den primären Bündeln sitzen. Von den Querschnitten der zu den Primitivbündeln vereinigten Fibrillen habe ich Nichts wahrgenommen. An vielen Punkten hatten die Sehnen das bekannte auch an Ner- venbündeln vorkommende, quergebänderte Ansehen, welches in beiden Fällen der optische Ausdruck der regelmässigen, wellenförmigen Biegungen der Primitivfasern ist. An derselben Mumie habe ich noch Stücke vom Periost und Peri- chondrium ferner die Fascia lata, die Seitenbänder des Kniegelenkes und die Tunica alhuginea der Schwellkörper des Penis untersucht und in entsprechender Weise erhalten gefunden. Von der anderen Mumie lieferte das ligam. longitudinale anterius der Wirbelsäule den Beweis , dass auch hier die fibrösen Elemente, wie das Bindegewebe überhaupt, vor der Zerstörung bewahrt worden sind. Bündel und Fasern waren vollkommen deutlich. Das elastische Gewebe habe ich in ausgezeichneter Form in der Fascia lata und in den gelben Bändern beobachtet. Stücke der Letzteren verschaffte ich mir bei Eröffnung des Bückgratcanals der Aveiblichen Mumie. Die elastischen Fasern waren dunkel contourirt, einfach, ver- zweigt, netzförmig verbunden und widerstanden der Einwirkung der Essigsäure, ja selbst der Alkalien sehr gut. Der Durchmesser der Fasern der Ligamenta flava betrug 0,0016'" bis 0,0034'". mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 4o7 Als einen Unterschied zwischen frischgetrockiieten Obrösen Massen und den Bändern und Sehnen etc. der Mumien, muss ich schliisslich hervorheben, dass jene durch die Maceration die Durch- siclitigkeit verlieren, und ihr weissliches silberglänzendes Ansehen wieder annehmen , während diese nach dem Aufweichen eine mehr gelatinöse BeschalTenheit zeigen. 4. Von dem Knorpel. Die Knorpel waren bei beiden Mumien zu harten, mehr oder weniger spröden, gelbbraun oder selbst schwärzlich gefärbten, durch- scheinenden Massen zusammengetrocknet, ohne übrigens durch den Wasserverlust ihre Gestalt ganz eingebüsst zu haben. In Wasser gelegt quollen sie leicht auf, und verloren ihre mitunter glasartige Sprödigkeit, so dass ich ohne Schwierigkeit feine Durchschnitte an- fertigen konnte. Dabei behielten die Knorpel einen lebhaften Stich ins Gelbbraune. Von Fa serknorp ein habe ich die halbmondförmigen Zwi- schengelenkknorpel des Kniegelenkes der Knaben-Mumie, die Liga- menta intervertehralia der weiblichen Mumie und die Ohrknorpel beider untersucht. In den ersteren fand ich keine Spur von Knorpelzellen, dagegen eine nicht undeutliche Faserung. Die Lig. intervertehralia waren in eigenthümlicher Weise zusammengetrocknet. Die beiden den Wirbelkörpern unmittelbar auf- liegenden Knorpellamellen hatten ihre natürliche Form und einen hohen Grad von Härte. Die peripherischen Schichten der Band- scheibe waren stark eingezogen, so dass zwischen je zwei Wirbel- körpern eine mehr oder weniger tiefe concave Rinne herumlief. Auf Durchschnitten zeigten sich um einen centralen Hohlraum concen- trisch gelagerte peripherische Spalten und Gänge, welche dem cen- tralen Kern und dem geschichteten Bau der Zwischenwirbelbänder entsprechen. Mit Wasser behandelt, quollen die Bandscheiben stark auf und Hessen sämmtliche Elementartheile und deren bekannte Anordnung deutlich wahrnehmen. Die Knorpel des äusseren Ohres endlich, welche von einem starken Perichondrium eingehüllt waren , bestanden aus einer eigen- thümlich faserigen Grundsubstanz und deutlichen länglich runden, mit ein bis zwei kernartigen Massen ausgefüllten Zellen. In Fig. 8, Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 3 1 4S8 Czermak. Beschreibung und habe icli ein Stück des Ohrknorpels gezeichnet, bei a) bemerkt man ovale Lücken der Grundsubstanz, in welchen Knorpelzellen einge- bettet waren, die in Folge der Präparation herausgefallen sind. Besonders wohlerhalten waren die Rippenknorpel und die Knorpel ringe der Trachea bei der Aveiblichen Mumie. Sowohl die ersteren als die letzteren hatten auf dem Durchschnitte ein schwärz- liches, matt glänzendes Ansehen. Die homogene Grundsubstanz zeigte eine feine Granulirung und enthielt reichliche Knorpelzellen , an welchen scharfcontourirte theiis centrale, theils wandständige Kerne und mehr oder weniger bedeutende Verdickungsschichten überaus deutlich wahrgenommen werden konnten. Die Zellen lagen theils ein- zeln, theils in Reihen oder Häufchen geordnet, welche offenbar Gruppen von Tochterzellen entsprechen. (Vgl. Fig. 10.) Die Gelenkknorpel habe ich an der kleineren Mumie unter- sucht. Ich fand eine fein granulirte, in unregelmässige Fasern reis- sende Grundsubstanz und meist kernlose, einfache oder zusammen- gesetzte Knorpelhöhlen. Die Anordnung der letzteren konnte auf feinen Durchschnitten leicht übersehen werden. Gegen die freie Oberfläche lagen sie dicht gedrängt und parallel dem Umriss, in den tieferen Schichten weniger zahlreich und ohne bestimmte Ordnung. An der dem Knochen zugewendeten Seite war ihre Längsachse mehr oder weniger senkrecht gestellt. Von den zusammengesetzten Zellen des Knorpelüberzuges der Patella habe ich, Fig. 9 , eine Abbildung gegeben. Zwischen den Gelenkknorpeln und den Knochen-Enden erkannte ich jene eigenthümliche Schichte von ossificirtem Knorpel, welche erst in neuerer Zeit genauer beschrieben worden ist. Diese Schichte, von welcher sich der wahre Knochen sehr deut- lich mit rundlichen Umrissen absetzt , enthält sehr schöne, grosse Knorpelzellen mit stark verdickten Wandungen, und hängt mit dem Gelenkknorpel Aveniger innig, als mit dem Knochen zusammen, so dass sie immer am Knochen haften blieb, wenn ich den Gelenkknorpel absprengte. Die Knorpelzellen erschienen, ohne weitere Behandlung des Präparates, als längliche, undurchsichtige Körper; nach Zusatz von etwas Salzsäure aber hellten sie sich auf, und zeigten deutliche Zellkerne und starke Verdickungsschichten. In ähnlicher Weise ver- hielten sich die Reste von Knorpelmasse , Avelche ich zwischen den noch unverwachsenen Diaphysen und Epiphysen gefunden habe. Die mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 459 Knorpelzellen waren auch hier tlieils einfach, theils Mutterzellen mit Tochterzellen, und hatten deutliche Kerne, aher keine auffallend ver- dickten Wandungen. 5. Von dem Knochengewebe. Das Periost iiatte sich hei der kleineren Mumie, mit den Weich- theilen an den meisten Stellen abgelöst, an einigen Punkten haftete es jedoch an den Knochen noch fest. Bei der grösseren Mumie war es noch überall nachzuweisen. Die Knochen selbst Hessen an allen Theilen , welche ich unter- sucht habe, meist sehr reichverzweigte Knochenkörperchen, Haver- sianische Canälchen und deutliche Lamellensysteme erkennen. Nach Zusatz von verdünnter Salzsäure traten die allgemeinen und speciellen Lamellensysteme noch schärfer hervor und zerfielen bei geeigneter Behandlung in einzelne Lamellen. Die Knochenkörperchen verloren dabei ihre Ausläufer und erschienen als blasse längliche Lücken. Bemerkenswerth war mir die auffallende Morschheit der spon- giösen Substanz der Wirbelkörper der weiblichen Mumie, welche sich, wie geröstetes Brod, mit dem Messer schneiden Hessen. Die Markhöhlen und Markzellen der Knochen fand ich meist ganz leer, doch ist es mir gerade an den morschen Wirbelkörpern gelungen, deutliche Reste des fettreichen Markes zu entdecken. Ich unterschied nach Behandlung des Präparates mit etwas ver- dünnter Natronlösung Bindegewebe, FettzeHen und jene kernhaltigen MarkzeUen, welche Hasse und Kölliker in aHem rothen Mark ge- funden haben, und Anfangs für pathologische Producte hielten, später aber als einen constanten Bestandtheil des Markes gewisser Knochen erkannten. 6. Von den Zähnen. In den Zähnen walten die anorganischen Substanzen in einem solchen Grade vor, dass es Niemand Wunder nehmen kann, wenn diese Gebilde bis ins mikroskopische Detail erhalten gefunden werden. Des günstigen Resultates von vornherein gewiss , verfertigte ich ein Präparat von der zufällig abgebrochenen Krone eines Schneidezahnes und ein anderes von der Wurzel eines anderen Zahnes. Der Schmelz zeigte sich zusammengesetzt aus einzelnen Prismen , welche an mehreren Stellen fein quergestreift und in 31 * 460 Czermak. Beschi'eibung und gewohnter Weise angeordnet waren. Sehr ausgeprägt erschienen jene Färbungen, die auf LängsschlifTen als braungelbe, schräg von unten und innen nach aussen und oben aufsteigende Linien sich darstellen. Auf der äusseren Oberfläche des Schmelzes bemerkte ich jene zier- lichen quer um die Krone herumlaufenden feinen Wülstchen und Furchen, welche ich immer nur an den zweiten oder bleibenden Zähnen gesehen und an einem anderen Orte ausführlich beschrieben habe. Der untere Theil mehrerer Zahnkronen , war mit dicken Abla- gerungen von Weinstein umgeben. Die homogene Grundsubstanz des Zahnbeines hatte einen merklichen Stich ins Gelbe, besonders an der Spitze der Krone, wo sie, wegen der Abnutzung des Schmelzüberzuges frei zu Tage lag. Die Zahncanälchen, welche sich auf dem Wege von der Pulpa- höhle zur Peripherie verästelten und verjüngten, waren namentlich im unteren Theile der Wurzel an manchen Punkten, unregelmässig erweitert. An der Grenze zwischen Cement und Zahnbein fand ich die kleinen eckigen Hohlräume, welche ich in meinen „Beiträgen zur mikroskopischen Anatomie der menschlichen Zähne" *) als Inter- globularräume gedeutet habe, in zahlreicher Menge vor. Von den grösseren Interglobularräamen, welche mehr imKronen- theil des Zahnbeines vorkommen, und wie Kölliker gezeigt hat, in frischen Zähnen nicht ossificirte Dentine enthalten, habe ich nichts bemerkt. Das Cement enthielt stellenweise sehr gehäufte, grosse Knochenkörperchen mit buschig verzweigten Ausläufern. Auf der äusseren Oberfläche des Cements zeigte sich eine ähn- liche Furchung wie auf der Oberfläche des Schmelzes. In den Keimhöhlen der Zähne, welche ich durch Anschleifen geöfl'net hatte, fand ich unzweifelhafte Reste der Pulpa. Die mikro- skopische Untersuchung dieser mühsam eroberten Überbleibsel konnte jedoch keine deutliche, sichere Spur von Nervenfasern oder Gefässen nachweisen. Dagegen waren die Fäden und Keimkörner eines Pilzes, welcher sich in den faserigen der Länge nach spaltbaren Rudimenten der Pulpa eingenistet hatte, unverkennbar. Da die untersuchten Zähne der kleineren Mumie angehörte , deren entblösstes Gesicht jahrelang dem Einflüsse der wechselnden Zustände der Atmosphäre ausgesetzt war, so kann die Anwesenheit dieses Epiphyten nicht auff'allen. *) Zeitschr. f. wiss. Zool. 1850, Bd. II , S. 295. mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 461 7. Von den Muskeln. Bei der Untersuchung, namentlich dieses Gewebes, habe ich die Erfahrung gemacht, wie sehr das Resultat solcher Nachforschungen von der Präparationsmetliode und Behandlungsweise der Objecte abhängt. Ich suchte lange vergebens nach den sonst so leicht dar- stellbaren quergestreiften Muskelfasern. Die verschiedensten Reagen- tien hatte ich ohne Erfolg angewendet; aus den verschiedensten Regionen des Körpers hatte ich Theile, die nothwendig Muskelfasern enthalten mussten, der mikroskopischen Untersuchung unterworfen, und doch wollte mir es nicht gelingen, die unverkennbaren Quer- sti'eifen zu entdecken. Schon war ich im Begriffe von diesen fruchtlosen Bemühungen abzustehen, und mich dem Gedanken hinzugeben, dass sich das Mus- kelgewebe trotz der Einbalsamirung eben doch zersetzt habe, als ich endlich vermittelst einer sonst nicht gerade häufig angewendeten Flüssigkeit, an das erwünschte Ziel gelangte. Diese Flüssigkeit war das Terpentinöl, welches die Eigenschaft besitzt die verschiedensten Körper langsam zu durchdringen und auf- zuhellen. Die Wirkung des Terpentinöls tritt ganz allmählich ein und man muss oft mehrere Stunden zuwarten. Den ersten günstigen Erfolg davon sah ich auf die Fasern des Sphincter palpebrarum der weib- lichen Mumie. Ich hatte mir einen mikroskopischen Durchschnitt von dem rechten oberen Augenlied verfertigt und denselben gleich mit Terpen- tinöl behandelt. Das Präparat quoll nach und nach auf, und wurde in hohem Grade durchsichtig; dabei legten sich die im Schnitte enthal- tenen Bündel des Muse, sphincter palpehrarum unter dem leisen Drucke des Deckgläschens um und zeigten sich als kurze Säulchen von der Seite. Die Querstreifen, welche das Muskelgewebe vor allen anderen Merkmalen charakterisiren und auszeichnen, erschienen nun mit überraschender Deutlichkeit auf den umgelegten und theilweise ganz isolirten Bündeln. Dabei machte ich die Bemerkung, dass die einzelnen cylindrischen oder abgeplatteten Bruchstücke der Bündel Anfangs keine Spur von Querstreifen hatten und ganz glatt, homogen und braungelb gefärbt aussahen, und erst nach einiger Zeit, unter der Einwirkung des Terpentins, eine allmählich immer schärfer sich aus- prägende Querstreifung erhielten. 462 Czermak. Beschreibung und Nun erst erinnerte ich mich der glatten, fast hornartigen, braun- gelben Bruchstücke, welche mir oft in den früheren Präparaten zwischen den Blättern der Aponeurosen und Fascien vorgekommen waren, und erkannte jetzt in ihnen die Reste der vergebens gesuchten Muskelbündel, welche nur der Durchdringung mit Terpentinöl bedurft hätten, um sich als solche zu manifestiren. In Fig. 12, habe ich die Muskelbündel des Sphincter "palpe- brarum nach einem mit Terpentinöl behandelten Präparate abgebildet. Bei A, ist ein Bündel, welches oben noch keine Querstreifen zeigt, während dieselben am unteren Ende schon aufzutreten beginnen, dargestellt. Das erste Bündel linker Hand zeigt bei a, die ausge- sprochene Tendenz in die Bowman'schen „disks"''' zu zerfallen. Ich habe überhaupt beobachtet, dass an diesen Muskeln die Theilbarkeit nach der Quere, in Scheiben, gegen die Spaltbarkeit nach der Verlaufsrichtung der Primitivfibrillen bei weitem überwiegt. Die abgebildeten Muskelbündel hatten eine Dicke von 0,003'", 0,006'" bis 0,008"'. Die sichere Ermittelung des Zustandes, in welchem sich das Muskelgewebe der Mumie beOndet, ist um so wichtiger , als es unter jene Gewebe gehört, welche am leichtesten und schnellsten der Zer- setzung und Zerstörung schon durch sehr geringe Grade der Fäulniss unterliegen. Nachdem ich die Erhaltung des mikroskopischen Details der Muskeln mit voller Bestimmtheit erkannt habe, verliert die Conser- virung der meisten anderen Gewebe alles Überraschende. 9. Von den Gefässen. Die Art. Aorta, welche ich bei der weiblichen Mumie fast von ihrem Ursprünge am Herzen bis in die Bauchhöhle herunter verfolgen konnte, hatte eine rauhe äussere und eine glatte, scbwärzlich gefärbte, innere Oberfläche. Ihre peripherische Umhüllung bestand aus ver- filztem Bindegewebe. Die eigentlichen Gefässwandungen, welche zu einer ziemlich harten, brüchigen Lamelle zusammengetrocknet waren, verhielten sich auf feinen, in Wasser erweichten, mit Essigsäure oder Natronlösung behandelten Durchschnitten, ganz so wie frisch getrock- nete Theile dieser Arterie. Von derselben Beschaffenheit fand ich auch die grossen vom Aortenbogen abgehenden Arterien, mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 463 In der vorderen Wand des absteigenden Thciles des Aorta- bogens, Avaren mehrere nicht unbeträchtliche, kalkige Abhtgerungen zu bemerken. Diese pathologischen Producte sprechen, nebst der übrigen Beschaffenheit des Körpers, für ein vorgerückteres Alter des weiblichen Individuums. Kleinere Venen, Arterien und Capillargefässe glaube ich an ver- schiedenen Stellen wahrgenommen zu haben; doch wage ich nicht, dies mit Bestimmtheit auszusprechen. An der kleineren Mumie haben mir die Gefässe des Penis eine sehr günstige Gelegenheit zur Untersuchung geboten. Ich unter- schied auf feinen Querschnitten des Penis mit voller Deutlichkeit die Vena dorsalis penis mit den beiden sie begleitenden' Arterien und das zusammengesetzte , schwammige Gewebe der Schwellkörper der Ruthe und der Harnröhre. Die Gefässe hatten eine peripherische Bindegewebschichte und eine centrale, den Ringfasern entsprechende, circulär gestreifte Lage. In dem Balkengewebe der Corpora caver- nosa, der Basis der Ruthe, bemerkte ich braunrothe stumpf endigende Streifen, welche vielleicht Reste des gestockten Blutes waren. Von einer Injection der Blutgefässe mit antiseptischen Sub- stanzen, ^velche in den meisten neueren Einbalsamirungsmethoden eine Hauptrolle spielt, findet sich an den ägyptischen Mumien keine Spur. — 10. Von den Nerven. An dem in Wasser aufgeweichten rechten Arm der kleinen Mumie konnte ich, wie bereits erwähnt, die verschiedenen Fascien, Sehnen und Bänder mit dem Skalpel verfolgen. Dabei richtete ich natürlich meine Aufmerksamkeit zugleich auf die anderen Gebilde, Avelche sich etwa noch grob anatomisch darstellen lassen würden, und fand dann auch am Handgelenke , wo die Weichtheile mit dem Knochen in natürlicher Anordnung zusammenhingen, sowohl den Nervus ulnaris als den N. medianus ; jenen am Radialrande des Erbsenbeines, diesen zwischen den Sehnen des Musculus ffexor digitorum profundus und suslimis. Beide Nervenstämme waren bräunlich gefärbt und von den be- nachbarten fibrösen Gebilden, welche stark aufgequollen und gela- tinös erschienen , leicht zu unterscheiden. Die topographischen Ver- hältnisse des Nervus ulnaris und medianus stimmten so genau 464 C'Aermak. Beschreibung und mit jenen dieser beiden braunen Stränge überein, dass ich die letzte- ren schon aus diesem Grunde fiir nichts anderes halten konnte , als für die Rudimente der genannten Nerven. Die mikroskopische Untersuchung ergab nebst den fibrösen Ele- menten, welche der Umgebung und der Hülle angehörten, noch eigen- thümliche, gelblich gefärbte Fasern von 0,0031'" bis 0,0062"' Dicke, welche jedenfalls Nervenfibrillen waren. Diese Fasern hatten wellig gebogene, unregelmässige Contouren und Hessen hie und da eine Runzelung bemerken, wie sie gerinnendes Nervenmark zeigt. Ihre Consistenz und Biegsamkeit erinnerte mich lebhaft an die in Chrom- säure oder Sublimat gehärteten Axencylinder der Nervenfasern. Ihre lichtbrechende Kraft war nicht gering, eben so ihre Durchsichtig- keit, denn wo sich zwei Fasern überdeckten, konnte ich die Umrisse der tiefer liegenden durch die Substanz der deckenden Faser hin- durch deutlich sehen. In Fig. 1 1 habe ich, mehrere Primitivfasern des N. medianus, welchen ich nach Durchschneidung des queren Handwurzelbandes zwischen den Sehnen der Fingerbeuger hervorholte, dargestellt. Die abgebildeten Fasern sollen, falls es auf der Tafel gelungen ist ihren natürlichen Charakter zu treffen, den Eindruck von gehärteten Axencylindern machen, und müssen schon durch ausschliessende Diagnose, als nervöse Elemente erkannt werden, da es weder fibröse, noch elastische, noch auch musculöse Fasern sein können. Ich habe oben, bei der Beschreibung der Mumien erwähnt, dass die Köpfe Beider die Spuren der Excerebration an sich trugen. In der SchädelhÖhle des fast gänzlich skeletisirten Kopfes des Knaben fanden sich auch nicht einmal mehr Reste von dem Harze, mit wel- chem die Balsamirer das entleerte Cranium ausfüllten. Bei der weiblichen Mumie war das Gehirn ebenfalls durch die Nase entfernt worden; die Eröffnung der ohne Zweifel mit Harz ausgegossenen Schädelhöhle, hätte mir daher eben so wenig Material zur mikroskopischen Untersuchung des Gehirns verschaffen können, als der leere Schädel des Knabens. Ich stand unter diesen Um- ständen von der Eröffnung des Craniums , dessen völlige Erhaltung aus anderen Gründen wünschenswerth erschien, gern ab. Dagegen versprach ich mir von der Eröffnung des Rückgratcanals irgend ein bemerkenswerthes Resultat, denn entweder mussten sich Reste des Rückenmarks daselbst finden oder doch Aufschlüsse über das Schicksal mikroskopisclu^ Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 463 dieses Organes gewinnen lassen. Ich erbrach den Rückgratscanal von der Loiheshöhle aus, indem ich einige der morschen Wirbel- körper ohne bedeutende Schwierigkeit entfernte. Unter den vor- sichtig abgehobenen Wirbelkörpern fand sich das Ligamentum Ion- gitudinale posterius, welches mit denselben ziemlich lose zusam- menhing. Nachdem ich auch diese Decke gelüftet hatte, lag der Rückgratscanal olTen da. Ich überzeugte mich nun, dass vom Rücken- mark nicht die geringste Spur vorhanden war, während einige Reste der Rückenmarkshüllen mit dem erwähnten Längsbande zusammen- hingen. An der hinteren Wand des Rückgratscanais entdeckte ich eine Schichte von Harz. Die inneren Oberflächen der Wirbelbogen markirten sich in der Weise durch die Harzschichte hindurch , dass ich sie zählen und ihre Gestalt deutlich erkennen konnte. Es ergab sich als endliches Resultat dieser Untersuchung, dass die Ral- samirer nicht nur das Gehirn, sondern auch das Rückenmark auf künstliche Art entfernt und die geleerten Räume mit Harz ausgegossen haben. Das im Rückgratscanal gefundene Harz war ohne ZAveifel aus der Schädelhöhle , welche in liegender Stellung des Cadavers mit Harz gefüllt wurde, an der hinteren Wand des Canals herab- geflossen. Ich muss hier an die oben angeführte, zweite Methode der Excerebration erinnern, wo man die Centraltheile des Nervensystems, statt durch die Nase, durch eine quere Öffnung herauszog, welche von hinten her durch die Dicke der Nackenmuskeln zwischen Atlas und Hinterhauptbein angelegt wurde. In diesem Falle war dann das Rückenmark so leicht zugänglich, dass es gewiss nebst dem Gehirn entfernt worden ist. Anders verhält es sich bei der Excerebration durch die Nase. Es könnte hier die Frage aufgeworfen werden , ob es möglich war, bei so ungünstiger Lage der Excerebrationsöffnung die Entfernung des entlegenen Rückenmarkes zu bewerkstelligen? Zunächst möchte ich als Antwort darauf bemerken, dass es selbst schwer halten würde, die Entfernung des Gehirns, namentlich des versteckten Cerebellum's, zu begreifen, wenn man sich vorstellen wollte, dass es die Ralsamirer unternommen hätten mit dem ge- krümmten Eisen , von welchem man bei den Schriftstellern liest, die unebenen Schädelgruben auszuräumen. Meiner Ansicht nach müssen die Ralsamirer die Excerebration auf eine andere Weise ausgeführt haben, — nach einer Methode nämlich, welche sie auch bei der 466 Czermak. Beschreibung und Entfernung der Eingeweide benützt haben, wenn keine Seitenöffnung in den Bauchwandungen angelegt Avorden war. Die angeregten Zwei- fel werden durch diese nahe liegende, bis jetzt, meines Wissens, noch nicht versuchte Erklärung auf die einfachste Art gelöst. Schon Herodot erzählt, dass die Balsamirer eine besondere Flüssigkeit besassen, welche, beim After eingespritzt, sämmtliche Eingeweide zerstört und herausgespült habe. Rouyer sagt hierüber (a. a. 0., S. 482} Folgendes : „Poiir parvenir ä faire soriir les intestins sans ouvrir le bas-ventre, selon Herodote, on injectait du cedria par le fondement ; et poiir les pauvres, on se servait d'une liqueur composee, appelee suraima, quij au bout de quel- ques jours, entralnait les visceres. Cotnme on ne peut pas sup' poser que la resine du cedre , qui n''est que balsamique , ait eu la propriete de dissoudre les intestins, non plus que cette pre- tendue liqueur purgative designee dans le texte grec par le nom de suratma, il est beaucoup plus naturel de croire que ces injections etaient composees d^une Solution de natruni rendue caustique, qui dissolvait les visceres,' et qu' apres avoir fait sortir les matieres contenues dans les intestins, les enibaumeurs remplissaient le venire de cedria ou dhine autre resine liquide, qui se dessechait avec le corps.''"' Mir erscheint es nunmehr als wahrscheinlich, dass bei der Excerebration dasselbe Verfahren befolgt wurde, um die versteckten Nervenmassen aufzulösen und herauszuschwemmen. Wenn man be- denkt, wie unzugänglich die Vertiefungen der Schädelbasis von der Nase aus sind , wie klein die Öffnung selbst war und wie sorgfältig jede Zerstörung der äusseren Nase vermieden worden ist, so wird man diese Vermuthung sehr plausibel finden. Jenes eiserne Instrument mag zur Durchbohrung des Siebbeins, zur Zerreissung der Hirn- häute und zur vorläufigen Zerstückelung des Gehirns gedient haben, welche einer Injection der corrodirenden Flüssigkeit jedenfalls vor- ausgegangen sein muss. Nach erfolgter Injection und endlicher Zer- störung und Entfernung des Gehirns und Rückenmarks , wurde dann ein flüssiges Harz in den leeren Schädel gefüllt, welches bis in den Rückgratscanal herabfloss, woselbst es noch heut zu finden ist. Fragen wir uns schlüsslich, auf welche Weise durch die Ein- b^lsamirungsmethode der alten Ägypter die erstaunlich weit gehende mikroskopische Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. 467 Erhaltung der beiden Mumien , die Conservirung selbst des mikro- skopisclioii Details der Gewebe, möglich war; so werden wir als die wesentlichsten Momente hervorheben müssen : 1. Die antiseptische Wirkung der zur Einbalsamirung verwen- deten Stoffe, 2. die durch das Klima und den Aufbewahrungsort begünstigte Entziehung und Verflüchtigung der flüssigen ßestandtheile, und 3. endlich die Hintanhaltung der atmosphärischen Luft und Feuchtigkeit, durch die zahlreichen Binden und den Harz- Überzug, welcher unmittelbar auf dem Körper mancher Mu- mien gefunden wird. Die umsichtige Untersuchung anderer Mumien wird zu ähn- lichen, vielleicht noch zu günstigeren Resultaten führen. Interessant wäre es, die Mumien der übrigen Völker, welche diese Kunst übten, gleichfalls mikroskopisch zu untersuchen und die gefundenen That- sachen mit den Beobachtungen an den ägyptischen zu vergleichen. Trotz der Menge der ausnehmend gut erhaltenen Gewebe , gibt es dennoch verschiedene Theile des Körpers, deren Structurver- hältnisse nicht hinreichend deutlich darzustellen sind, um mit Sicher- heit erkannt zu werden. So habe ich die in einen Klumpen zusam- mengewickelten in der Bauchhöle gefundenen Gedärme, Avohl als solche erkannt, war aber nicht im Stande zu bestimmen, welchem Theile des Darmkanals dieselben angehört haben mochten. Auch die sorgfältigste Untersuchung, die verschiedensten Präparations- methoden werden häufig genug nicht zum Ziele führen. Dies darf wohl gegenüber den 2000 und mehr Jahren, welche an diesen merk- würdigen Überbleibseln ferner Tage vorübergerauscht sind, gar nicht Wunder nehmen ! „// fallt moins s'etonner de trouver plusieurs parties alte- rees ou detruites dans les momies, que d'^en voir tant de con- servees." (Jomard.J 468 Czermak. Beschr. u. inikrosk. Untersuchung zweier ägyptischer Mumien. TABELLE zur Vergleichung der mikrometrisclien Bestimmungen der Gewebs- theile der Mumien mit den Messungen der frischen Theile nach A. Kölliker. Gegenstand. Grössenverhältniss desselben, in W. L. ausgedrückt. I Von der Mumie. Vom Frischen Fettzellen im Unterhaut-Zellgewebe.. Epidermiszellen mit Natronlösung be- handelt; Längsdur ehmesser Querdurehmesser Nagelzellen Kerne der Nagelzellen ; Länge 5? « « Uieke Faserzellen der Rinde des Haares; Querdurchmesser Spindelförmige Kerne derselben; Dicke . Zellen der durchbrochenen Schichte der inneren Wurzelscheide ; Länge Breite Dicke der inneren Wurzelscheide. Fasern der Lig. flava Dicke der quergestreiften Muske 1- biindel des Muse, sphincter palpe- barum Primitiv- Fibrillen des Nerv, media- nus 0,02 -0,026 0,016 0,0i3 0,016 0,004 0,0013-0,002 0,0067-0,0033 0,0006-0,0001 0,013 —0,02 0,006 0,007 -0,009 0,0016-0,0034 0,003 -0,008 0,0031—0,0062 0,022 -0,034 0.02 —0,032 0,016 -0,02 0,016 0,003 -0,0046 0,002 0,00S -0,002 0,0003-0,00012 0,016 -0,02 0,004 -0,006 0,006 -0,013 0,0013-0,003 0,005 -0,016 0,001 -0,006 Erklärung der Abbildungen. Figur 1. Querschnitt des Nagels vom Ringfinger der weiblichen Mumie; mit Natron gekocht; a) Nagelzellen; b) deren Kerne; c) Malpi- ghisches Netz aus zartwandigen kernlosen Bläsehen bestehend; die Kerne sind durch das Natron aufgelöst worden. „ 2, Längsschnitt desselben Nagels in der Nähe der Wurzel, a) Epider- miszellen, welche sich vom Nagelfalz über den Grund des Nagels herüberschieben; b) abgeplattete Nagelzellen der oberflächlichen Schichten, nicht vollständig aufgequollen. „ 3. Mit Natronlösung gekochtes Kopfhaar der weiblichen Mumie. A) das Oberhäutchen, dessen dachziegelförmig sich deckende Schuppen hie und da zu Bläschen ausgedehnt sind («). B) Rindensubstanz mit den langen spindelförmigen Kernen. C) Markzellen. Billiai-/.. Alcsh'S macrolepidoftis (mihi), ein neuer Nilfisch. 469 Figur 4, Querschnitt eines marklosen, 0,066'" dicken Haares; a) Schuppen des Oberiwutchens; b) Durchschnitte der Faserzellen der Rinden- substanz ; c) Durchschnitte der spindelförmigen Kerne. „ S. Die äussere durchbrochene Schichte der inneren Wurzelscheide. „ 6. Die innere Wurzelscheide; a^ Henle's Schicht; 6^ Huxley's Schicht; c) äussere Lage des Oberhäutchens. „ 7, In Wasser aufgeweichter Querschnitt der Sehne des Muse, flexor pollicis longus von der kleineren Mumie. „ 8. Ohrknorpel von der kleineren Mumie; faserige Grundsubstanz (6)^ welche die Knorpelzellen einschliesst; Leere Lücken ausgefallener Knorpelzellen (o). „ 9. Flächenschnitt des Gelenkknorpels der Patella ; mehrere Zellen liegen in der Tiefe und erscheinen als dunkle Flecken. „ 10. Knorpelzellen mit sehr stark verdickten Wandungen und deutlichen Kernen; aus dem Rippenknorpel der weiblichen Mumie. „ 11. Nervenfibrillen aus dem Nerv, medianus; a) zwei aufeinander lie- gende Fasern, welche einen Axencylinder mit der Markscheide vor- täuschen; h) eine Faser mit deutlich gerunzelter, dem geronnenen Nervenmark entsprechender Substanz. „ 12. Muskelbündel aus dem Ringmuskel der Augenlieder ; mit Terpentinöl behandelt. -4 ein aus mehreren Bruchstücken bestehendes Bündel, dessen oberer Theil noch keine Querstreifen zeigt. Diese Muskeln haben die Tendenz in Scheiben zu zerfallen (a). Die Querstreifen erscheinen oft winkelig gebogen (-ß, C). „ 13. Unterhaut -Zellgewebe mit einem Neste von Fettzellen, von der Beere der grossen Zehe der weiblichen Mumie ; mit Natronlösung behandelt. Alestes macrolepidotus (mihi), ein neuer Nilfisch. Von Dr. Theodor Biiharz. (Mit Taf. XXXVII.) Diagnos. Alestes, corpore elongato , lateraliter minus compresso ; dorso et praesertim fronte lato, margine supraor- bitali prominente ; pinna anali basi brevi^ oblique fixa, margine falciformi, radio quarto et quinto ceteris longioribus ; squamis permag ni s ,• linea laterali antice occulta; colore inferioris par- tis corporis roseo. Im Jahre 1849 hat J. H e c k e 1 (die Fische Ägyptens, in R u s s- egger's Reisen, XIV. Abtheilung, pag. SOS) zu den beiden, bisher aus dem Nil bekannten Arten der Gattung Alestes M. u. Tr. eine 470 Eil harz. dritte hinzugefügt. Im Herbste vorigen Jahres erhielt ich hier eine vierte, sehr ausgezeichnete Art. Während jene Heckel'sche Species sich sehr enge an A. dentex Haaselq. anschliesst, steht unsere Art, durch die kurze , nach hinten gerückte schief aufsitzende Afterflosse, die grossen Schuppen und die Färbung der Flossen dem A. Nurse Rüpp. näher, entfernt sich aber von demselben durch andere Charak- tere wieder weit. Der Körper ist langgestreckt, weniger comprimirt als bei den übrigen Arten, besonders der Rücken, namentlich die vordere Partie desselben und der Kopf, breit (Fig. 1). Das Rückenprofil ver- läuft von der Schnauzenspitze bis zur Wurzel der SchAvanzflosse fast gerade und zeigt nur gegen den Anfang der Rückenflosse beiderseits ein leichtes Aufsteigen (Fig. 2). Das Bauchprofil senkt sich von der Schnauzenspitze rasch nach unten bis einen Augendiameter hin- ter der Spitze des Operculum; von diesem Punkte läuft es fast gerade und mit dem Rückenprofile fast parallel bis zum After, wo es sich wieder erhebt bis zum Ende der Afterflosse, und dort wieder mit dem Rückenprofile parallel zieht bis zur Wurzel der Schwänzflosse. Die Körperhöhe bleibt sich demnach in den 2 mittleren Viertheilen der Länge (Schwanzflosse abgerechnet) fast gleich, und fällt in dem ersten und vierten rasch gegen die beiden Körper -Enden ab. Die grösste Höhe (vor der Rückenflosse) ist nicht ganz 4mal in der Kör- perhöhe enthalten. Der Kopf ist länger und schmaler als bei den übrigen Arten; seine Länge genau 4mal in der des Körpers (ohne die SchAvanz- flosse) enthalten. Die Stirne ist breit und wenig convex, der Su- praorbitalrand vorragend, so dass der Querschnitt des Kopfes (Fig. 3) ein stumpfwinkliges Dreieck darstellt, dessen lange Seite der Stirn- fläche entspricht. Die beiden Supraorbitalränder sind 3 Augendiame- ter, die beiden Nasenlöcher fast 2 Augendiameter von einander ent- fernt. Das Maul ist von mittlerer Grösse, mit starken Zähnen be- setzt, die sonst ganz mit denen der übrigen Arten übereinstimmen. Der Unterkiefer wird vom Oberkiefer etwas überragt, und ist von einer fleischigen Lippe bedeckt. Das Auge ist gross, fast genau in der Mitte der Kopflänge gelegen. Der Augendiameter A% mal in der Kopflänge enthalten. Die Rückenflosse liegt weit nach hinten. Sie beginnt im 4. Sechstel der Körperlänge (Schwfl. ausgen.). Ihre Basis^ die nicht Alestes macrutcpidotus (mihi), ein neuer Niltisch. 4-71 ganz Ya Kopflänge ausmacht, ist nicht ganz 2miil in iler Länge des 2. Strahls enthalten. Die Länge des letzten Strahls gleicht 1/3 des zweiten. Die Brustflossen liegen am unteren Viertel der Kopfhöhe, entspringen etwas vor der Spitze des Operculum und reichen fast his zum Ursprünge der Bauchflossen. Die Bauchflos sen Avurzeln fast genau in der Mitte der Körperlänge (Schwfl. abgerechnet). Die Afterflosse beginnt 1 Augendiameter nach dem Basis-Ende der Rückenflosse. Die Länge ihrer Basis beträgt etwas über i/a Kopf- länge. Sie hat einen sichelförmig ausgeschnittenen Rand, da der 4. und 5. Strahl die übrigen an Länge übertreffen. Der 4. Strahl misst fast 4 Augendiameter, der letzte nur 1. Die S chwanz flösse ist tief zweilappig, der untere Lappen etwas länger als der obere. Seine Länge übertrifft etwas die grösste Körperhöhe. Die länglich rhom- bische, nicht sehr kleine Fettflosse entspricht dem Ende der Basis der Afterflosse. Brfl. Vii Bchfl. Vs Rfl- V8-9 Afl. 3/i3_i4 Schfl. 4 + 18 + 4. Die Seitenlinie verläuft, nur schwach abwärts gebogen, im untern Drittel der Körperhöhe, hinten im untern Fünftel der Höhe der Schwanzbasis; vorn zieht sie nach oben der Körpermitte zu, ist aber einen Augendiameter hinter der Spitze des Operculum wegen der dichten Stellung der grossen Schuppen nicht mehr sichtbar. Die Zahl der sichtbaren schleimröhrentragenden Schuppen beträgt 22. Von der Seitenlinie bis zur Rückenflosse liegen 4 (4%) Schuppenreihen zwischen ihr und der Afterflosse 1 (IVa) zwischen ihr und der Bauchflosse 2 {l^/^)- Die Schuppen sind sehr gross (die grössten über 2 Augendiameter lang. 1 1/2 breit) unregelmässig rund oder ab- gerundet stumpf dreieckig, bruchig, mit wenigen Radien. (Fig. 4.) Leider habe ich keines der beiden vor mir liegenden, sehr beschädigten, aber glücklicherweise sich gegenseitig ergänzenden Exemplare ganz frisch gesehen. Beide hatten schon einige Tage im Weingeist gelegen. Der Rücken mit der Rücken- und Fettflosse war grünlichbraun , die obere Hälfte der Seitenfläche und nach hinten auch ein Theil der untern hell grünlichgelb, ebenso der grössere Theil der Schwanzflosse. Die Färbung dieser Theile soll im frischen Zustande nicht sehr verschieden gewesen sein. Die untere Hälfte der Seitenfläche soll, besonders nach vorn, licht rosenroth gefärbt 472 Bilharz. Alestes macrolepidotus (mihi), ein neuer Nilfisch. wesen sein, eine Farbe die sich an den Operkeln und am vordem Theile des Körpers noch sehr schön erhalten hatte und auch jetzt noch, nachdem der Fisch ein halhes Jahr lang im Weingeist gelegen, noch ziemlich deutlich ist. Alle Schuppen haben einen breiten silber- glänzenden Rand , in der obern Körperhälfte bräunlich unterlegt. Brust, Bauch und Afterflosse sind hyalinisch , ihre Strahlen in der Mitte gelbroth, Brustflosse vorn, After- und Schwanzflosse am freien Rande hell graulich gefärbt. Das eine der beiden Exemplare misst mit der Schwanzflosse 10 Zoll 11 1/2 Lin. Pariser Mass, das andere ohne die Schwanzflosse 9 Zoll 1 Lin. Den arabischen Namen dieses Fisches konnte ich nicht erfahren. Er wurde mir als : „Seede" (Sudis niloticus) überbracht. Ohne Zweifel haben die grossen Schuppen diese Verwechslung veranlasst*). Erklärung der Tafel. Figur 1. Alestes inacrolepiüolus Bilharz in natürlicher Grösse, mit der Ansicht von oben. „ 2. Derselbe von der Seite. „ 3. Vertical-Durchschnitt des Kopfes, durch die Mitte der Augen. „ 4. Eine Schuppe über der Seitenlinie, zweimal vergrössert. ,5 S. Verticaler Körper-Durchschnitt vor der Rückenflosse. *) Rifaud hat in seiner Voyage en Egypte et en Nubie, Tafel 189, diesen Fisch nebst dessen Skelet bereits im Jahre 1836 unter dem Namen : Cambout abgebildet, eine nähere Beschreibung desselben ist jedoch bis- her nicht erschienen, auch hatte kein anderer Reisender desselben ge- dacht, es schien daher allen Ichthyologen, welche die Characinen des Nils untersuchten, bedenklich in jener bloss graphischen Darstellung, deren Treue noch dazu bezweifelt werden konnte, eine eigene, den Schuppen nach mit AI. Nurse, durch die Gestalt aber mit AI. deniex verwandte Species zu erkennen. Da nun durch die erfreuliche Mittheilung des Herrn Dr. Bilharz, so wie durch Einsendung eines Exemplares dieser Alestes- Art an die kais. Akademie der Wissenschaften, jeder Zweifel von deren Bestehen beseitigt ist, so reihet sich abermals einer der interessantesten Siisswasser-Faunen der Erde, eine bisher verkannte neue Species an. H e c k e 1. Heeger. Beiträge zur Insecten-Fauna Österreichs. 473 Beiträge zttr Insecten-Fauna Österreichs. Von Ernst Heeger. (Mit Taf. XXXVIII — XLIII.) (Fünfte Fortsetzung.) Die Sitzungsberichte der k. Akademie enthalten in einer Reihe von Abhandlungen *) die Lebensgeschiehte und Beschreibung einer Zahl von Insecten, welche in Österreich vorkommen, und deren Studium mich durch viele Jahre beschäftigte. Die anliegende Mittheilung, die fünfte der ganzen Reihe , um- fasst folgende Insecten : 1. Heliothrips haemorrhoidalis Bouche. 2. Phloeothrips hicolor Hg. 3. Phlosothrips lativentris Hg. 4. Phloeothrips Ulmi. Larve und Nymphe. 5. Phloeothrips Kollari Hg. 6. Thrips vulgatissimus Hai. 1. Heliothrips haemorrhoidalis Bouche. Bouche, Naturgeschichte I, 206, 1. Haliday entom. 3Iag. Vol. III, 439. Burm. Handbuch der Entom. B. II, Abth. 2, S. 412. Bouche a. a. 0. vermuthet, Amerika sei das Vaterland dieses von ihm zuerst entdeckten Kerfes, sagt aber nur „in temperirten *) Die in dem Junihefte 1851 der Sitzungsberichte dieser Classe der kais. Akademie der Wissenschaften im Druck veröffentlichte , enthält die Lebens- geschichte und Abbildungen: 1. Lasioptera rubi; 2. Drosophila aceti; 3. Cynegetis aptera'^ '*. Trachys nana; 5. Phratora vitellina ; 6. Dolerus, sechs Tafeln. Die II. in dem Julihefte 1851 veröffentlichte: 7. Lasioptera pusilla; 8. Mycetophila lunaia\ 9. Phytoccia ephippium; 10. Phytonomus ma- culatus 11 a, 11 b; Gelechia siipella, auf sechs Tafeln, Die III. in dem Junihefte 1852 erschienene: Die Physopoden \. acu- leata\, 2. ulmi; 3. fluvipes; 4. Statices ; 5. Ulicis; 6. phalerata; 7. obesa; 8. fasciata'^ 9. vittata; 10. Schotti, auf zehn Tafeln. Die IV. in dem Julihefte 1852 erschienene: 12. Bibio marci; 13. Porphyrops fascipes; 14. Coccinella 5-punctata ; 14. Opostega iremu- lella; 16. Lithocoletis embericepennella. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 32 474 Heeger. und warmen Häusern auf verschiedenen Pflanzen," ohne eine zu nennen und ohne eine Abbildung dieses Kerfes zu geben. licbensg-eschichte. Diese Art lebt das ganze Jahr hindurch in allen Verwandlungs- gestalten in warmen Glashäusern des botanischen Gartens des k. k. Schlosses Schönbrunn; ich fand sie dort auf Ficiis retusa, und Begonia cehrina, beide aus Indien, an der Unterseite der Blätter junger Triebe, die in Folge ihrer häuflgen Stiche abwelken. Das Insect nimmt gewöhnlich des Nachts Nahrung zu sich und begattet sich. Das befruchtete Weibchen legt die Eierchen meistens einzeln an die Unterseite der Mittelrippe der Blätter; aus diesem kommt nach acht bis zehn Tagen das junge Insect als Larve ohne Flügel zum Vorschein, macht in eben solchen Zeiträumen drei Häutungen und in gleichen Perioden geschieht auch des Morgens die Ver- wandlung zur Nymphe und zum vollkommenen Kerf. Die Nymphe kann sich wohl bewegen, geht aber nur wenn sie gestört wird, und auch da sehr langsam, kann aber keine Nah- rung zu sich nehmen, denn ihr ganzer Körper ist mit einer geschlos- senen Haut, wie ihr Kopf, überzogen. Erst sechs bis acht Tage nach Ablegung der Nymphenhülle sind die ausgebildeten Kerfe vollkommen erstarkt, und zur Begattung reif; erst vier bis fünf Tage nach der Befruchtung legt das Weib- chen die Eier ab. Sie kommen in so grosser Zahl vor, dass sie auf manche Pflanze sehr nachtheilig einwirken. Beschreibung' der verschiedenen VerwandlungTszustände. Das Ei ist weiss, länglichrund, häutig, kaum i/jg'" lang. Die Larve anfangs grünlichgelb , vor der ersten Häutung blass röthlichgelb , hat alle Körpertheile wie das vollkommene Kerf, nur fehlen ihr Nebenaugen und Flügel ; die Augen sind nach allen drei Häutungen roth: die Fühler weiss, eigentlich nur dreigliederig; das erste Glied napflormig, i/g der ganzen Fühlerlänge lang, halb so breit als lang; das zweite, länglich eiförmig, etwas länger und dicker als das erste; das dritte (der Griffel) spindelförmig, dreimal so lang als die beiden ersten zusammen , am Grunde verschmälert, hinter der Mitte verdickt, fast so dick als das zweite, in eine lange borstenähnliche Spitze auslaufend, besteht aus vielen Bingen. Beiträge zur Inscctcn-Fauna Österreichs. 47S Auch hat die Laine vor der ersten Häutung am After zwei bla- senartige Kügelchen, welche nach derselben verschwinden. Nach der dritten Häutung bekommt sie Flügel-Rudimente, die weiss und fast halb so lang als der Hinterleib sind. Die Nymphe ist gelb,- sieht im Allgemeinen der Larve ähnlich, hat aber längere, am Ende einwärtsgebogene Flügelscheiden, und Meisse, über dem Kopf zurückgeschlagene, deutlich sechsgliederige Fühler, die aber, wie der Mund und alle anderen Theile, von einer weissen Haut eingeschlossen sind; sie fängt nach vier Tagen an, sich in den einzelnen Theilen zu färben, nur bleiben Fühler, Beine und Flügel weiss. Beschreibung des Tollkommenen Kerfes. Helioih. kaemorrhoidalis. Bouch. adonidum Halid. fusca ano ferrugineo, oculis, antennis pedibusque lividis. — Vs — V3' ' '• Schwarzbraun, Augen, Fühler und Beine blassgelb, Flügel trübweiss, die beiden letzten Hinterleibs -Abschnitte rothbraunn, 3/8 bis 1/2"' lang. Scheint matt schwarzbraun zu sein , bei starker Vergrösserung aber, mehr oder weniger dunkel röthlichbraun ; alle Theile: Kopf, Brustkasten, Beine und Hinterleib schuppig, die Schüppchen aber ungleich gross, und mit der Haut verwachsen. Der Kopf abgerundet viereckig, Vio der ganzen Körperlänge lang, 1/4 breiter als lang, deutlich vom Vorderbrustabschnitte ge- trennt, mit stumpfer vorragender Stirne, und etwas gebogenem Hinterrande. Die Augen sind bräunlichgelb, kreisrund, im Durchmesser 1/3 so lang als der Kopf, am Vorderrande erAveitert, an den Seiten der Stirne bedeutend vorragend, mit stark erhobenen Pusteln. Nebenaugen verhältnissmässig gross, bedeutend erhoben, gelb- braun. Fühler fadenförmig, ungleicbgliederig, fast dreimal so lang als der Kopf; die beiden ersten gleichgross, braun, naptVörmig, jedes Vio der Fühlerlänge lang, etAvas schmäler als lang, am Vorderrande mit kurzen Borsten; die drei folgenden spindelförmig,Jiell blassgelb, fast glasartig durchsichtig, jedes mit drei inneren Ringen, nicht ganz nochmal so lang als das zweite, nicht halb so dick als lang ; sechstes trichterförmig, beinahe nur halb so lang als das vierte, etwas 32 •' 476 Heeger. schmäler als lang, braun, am Grunde gelb; die drei letzten bilden eine Borste, welche aber deutlieh aus drei gleichlangen allmählich verschmälerten Gliedern besteht, fast weiss nhd glasartig durch- sichtig ist. Vorderbrustabschnitt, querviereckig, 1/4 kürzer aber etwas breiter als der Kopf, am Vorderrande etwas schmäler als hinten, vom Mittelbrustabschnitt sehr deutlich getrennt. Der Mittelbrustabsehnitt , 1/3 so lang, und Yj breiter als der vordere, an den Seiten verschmälert, hat einen geraden Hinterrand, welcher nur Vs der ganzen Breite misst und mit einer schmalen Leiste versehen ist ; an dieser ist deutlich ein Schildchen (Scutel- lum), wie bei den Käfern, am Grunde so breit als der Hinterrand des genannten Brustabschnittes, so lang als am Grunde breit und am Ende verschmälert, abgerundet. Der Hinterbrustabschnitt etwas länger, 1/3 breiter als der Kopf, an den Seiten und am Hinterrande etwas eingebuchtet, und abge- rundet. Flügel; die vorderen blass, schmutziggelb, V^ kürzer als der Hinterleib, unweit des Grundes erweitert, y« so breit als lang, dann verschmälert gleichbreit, kaum 1/3 so breit als unweit des Grundes, mit abgerundeter Spitze, der verschmälerte Theil, mit sehr kurzen, feinen Härchen dicht besetzt, der übrige fast nackt; sie sind mit einer starken Ader umsäumt, und vom Grunde bis an die Spitze durch eine fast gerade Längsader, welche an der Verschmälerung einen kurzen Zweig in die vordere Randader sendet, in zwei un- gleiche Hälften getheilt, von welchen die vordere nochmal so breit als die hintere ist. Der Ansatz am Grunde, der dieser Gattung eigen zu sein seheint und den man wohl Flügelschüppchen nennen könnte, ist dicht und fein behaart, und durch eine kurze dicke Ader, mit dem Flügel- hinterrande verbunden. Der Vorderrand dieser Flügel ist mit erweiterten Borsten, welche etwas länger sind, als der Flügel breit ist, bewimpert; der Hinterrand aber am verschmälerten Theile mit genäherten, langen, schwachwellenförmig gekräuselten Haaren befranset. Die Hinterflügel um % kürzer und schmäler als die vorderen, sind zunächst des Grundes am Hinterrande etwas erweitert, ohne Randader und durch eine gerade, am Grunde verdickte Längsader Beiträge zur Insecten-Fauna Österreichs. 477 in zwei gleiche Hälften getheilt; die vordere Hälfte des Flügels ist nackt, die hintere fein und dicht hehaart; der Vorder- und Hinter- rand wie bei den \ orderfliigeln bewimpert und befranset. Die Beine verhältnissmässig kurz, alle fast gleichlang, nur die hinteren etwas länger als die anderen, kaum so lang als Kopf und Vorderbrustabschnitt zusammen, blassgelblich, mit wenigen kurzen Härchen besetzt. Die Schenkel haben halbe Beinlänge und sind 1/3 so dick als lang; die Schienen etwas kürzer und schmäler; die Füsse 1/4 so lang, und fast nur halb so dick als die Schenkel. Der Hinterleib fast spindelförmig, etwas platt gedrückt, nochmal so lang als Kopf und Brustkasten zusammen, so breit als der Hinter- brustabschnitt, beim Weibchen mehr walzig, i/g länger als beim Männchen, mit neun deutlichen Abschnitten, welche wie die anderen Theile braun, fast gleichlang, eng schuppig und am Hinterrande mit dornartigen kurzen Borsten bewaffnet sind; nur die beiden letzten Abschnitte sind rothbraun, glatt, der letzte keglig, merklich länger als die übrigen, und hat am Ende einen Borstenbüschel. Farn. A. aptera. 2. Phloeothrips bicolor lleeger. Phl. bicolor. Diese Art auch von dem unermüdeten Sammler Herrn Bitter v. Goldegg schon im Jahre 1808 bei Dornbach unweit Wien zuerst entdeckt, ist wohl ebenfalls keine Larve oder Nymphe, sondern vollkommenes Kerf, denn ihre hornigharten Körpertheile sowohl als auch die Dornen an den Vorderbeinen, sind Charaktere, welche noch bei keiner dieser Larvenarten gefunden wurden. Sie lebt in Waldungen um Wien, meistens nur unter faulen Erica-Abfällen im Frühlinge und Herbst, jedoch fand ich sie, so wie Goldegg, immer nur einzeln, in gleicher Form und Grösse. Phloeothrips bicolor: capite, meso- et tnetkuihoraee, ahdomineque ohscure-brttnneis j prothorace, antennis pedihusque flavo- fuscis. Loyigit. V2'". Kopf, Mittel- und Hinterbrustabschnitt, sowie Hinterleib dunkel- braun; Vorderbrustabschnitt, Fühler und Beine braungelb, gänzlich flügellos, erstes Fussglied der Vorderbeine mit einem Dorne. 478 Heeger. Kopf, dunkelbraun, fast verkehrt herzförmig, etwas länger als der Yorderbrustabschnitt, 1/4 schmäler als lang, auf dem Seheitel eine gewölbte Erhöhung ; Stirne in der Mitte zugespitzt, bedeutend vor- ragend. Die Augen sind gross , vorragend, sehr erweitert, am Yorder- rande des Kopfes fast rund, gelbbraun mit runden Pusteln. Fühler fadenförmig, achtgliederig, fast noehmal so lang als der Kopf breit, alle am Grunde verschmälert, allmählich kleiner werdend, am Vorderrande mit kurzen Borsten, das erste Glied braun; die drei folgenden gelb, die übrigen gelb mit braunem Yorderrande. Der Yorderbrustabschnitt braungelb, wenig kürzer als der Kopf, ungleich viereckig, am Yorderrande so breit, am Hinterrande um die Hälfte breiter als der Kopf. Der Mittelbrustabschnitt braun, halb so lang, am Yorderrande so breit, und am Hinterrande um 1/3 breiter als der vordere. Hinterbrustabschnitt braun, so lang und breit, aber am Hinter- rande um Vi breiter als der mittlere. Die Beine bräunlichgelb, sind alle fast gleichlang und von gleicher Gestalt, beinahe so lang als die Fühler. Die Schenkel halb so lang als das ganze Bein, gegen die Mitte verdickt; bei dem Männchen beinahe nochmal so dick als bei dem Weibchen. Die Schienen sind um 1/4 kürzer und schmäler als die Schenkel, ebenfalls gegen die Mitte dicker. Die Füsse nur 1/4 so lang und merklich schmäler als die Schie- nen, am Innenrande des ersten Yorderfussgliedes ist ein dünner wenig abwärts gekrümmter Dorn, welcher bei den Mäunchen merk- lich länger als bei den Weibchen vorkommt. Der dunkelbraune Hinterleib ist nochmal so lang als die drei Brustabschnitte zusammen , gegen die Mitte mehr als halb so dick als lang, die Abschnitte alle fast gleichlang, bis gegen die Mitte allmählich breiter, von da bis zur Afterröhre allmählich verschmälert. Die fast keglige Afterröhre ist abgestutzt, so lang als der Hin- terrand des letzten Abschnittes breit, halb so dick als lang , und am Ende mit kurzen Borsten besetzt. Beiträge zur Insecten-Fuuna Österreichs. 4tT9 3. Phloeothrips lativentris Heeg. Diese Art wurde von dem bekannten und eifrigen Sammler Herrn Ritter v. Gold egg zuerst, schon im Jahre 1818, bei Dornbach unweit Wien entdeckt, und später auch von mir an mehreren Aval- digen Orten der Umgebung Wiens gefunden; sie ist weder bei Hali- day noch bei Bur meist er beschrieben, auch hat sie mehrere auiTallende Eigenheiten ihres Körperbaues , welche allen bisher be- kannten Arten dieser Abtheilung fehlen. Ihres besonders breiten Hinterleibes wegen bei beiden Ge- schlechtern, nenne ich sie Phloeothrips lativentris. Sie leben zu allen Jahreszeiten an Waldrändern und Waldwe- gen gesellschaftlich, unter Laubwerk und Pflanzenbestandtheilen, welche unter den Gesträuchen vom Winde zusammengetrieben, in Faulung übergehen. Ihre Grösse ändert von y^ — 2'", ihre Farbe und Zeichnung habe ich aber noch nie verschieden gefunden. Phloeoth. lativentris : nigro-hrunnea ; tibiis tarsisque flavo-brun- neis; capite tuhuloque anali solito longioribus; elytris alisque incotnpletis. Longit. vix. 1'". Schwarzbraun, Schienen und Fasse bräunlichgelb, Kopf und Afterröhre ungewöhnlich lang, mit Flügel-Rudimenten. Kopf beinahe halb so breit als der Mittelbrustabschnitt, fast nochmal so lang als breit, beinahe walzig. Augen an den Seiten des Vorderrandes, länglichrund, gelb- braun mit kleinen Pusteln. Nebenaugen sehr erweitert und klein , an dem Innenrande der Augen und an der Vorragung der Stirne, je eines. Fühler fadenförmig, einzeln behaart neungliederig, fast so lang als Kopf und Vorderbrustkasten zusammen; erstes Glied dunkel- braun, walzig, kaum V* so lang als der Kopf breit, Vs so dick als lang; zweites lichtbraun, trichterförmig, etwas breiter als das erste, so lang als breit; drittes, keulenförmig, bräunlichgelb, dreimal so lang, fast so dick als das zweite, am Grunde sehr verschmälert; die drei folgenden lichtbraun, fast gleichgross, nur y^ kürzer als das dritte; siebentes V^ kürzer und schmäler als das sechste, am Vor- derrande schräge abgestutzt; achtes braun, fast walzig, wieder V* 480 Heeger. schmäler aber so lang als das achte; neuntes gelb, keglig, halb so lang als das achte. Vorderbrustabschnitt dunkelbraun, ungleichviereckig, i/g kürzer, am Vorderrande so breit, am Hinterrande fast nochmal so breit als der Kopf, ausgebogen, mit einigen einzelnen Härchen. Mittelbrustabschnitt querlänglich , rechtwinklig viereckig , fast so lang als der Kopf, Vs breiter als lang, am Vorderrande mit einer schmalen abgerundeten Leiste, hinter welcher in den Winkeln die Flügelrudimente entspringen. Hinterbrustabschnitt auch querlänglich, viereckig, am Vorder- rande so breit, am Hinterrande i/g breiter als der mittlere, Vs so lang als am Hinterrande breit. Beine alle gleich geformt, wenig länger als die Fühler, die mittleren % kürzer, alle mit kurzen Härchen besetzt; Schenkel und Schienen fast gleich geformt, fast walzig, nur gegen die Mitte etwas verdickt, so lang als der Vorderbrustabschnitt, kaum 1/5 so dick als lang; erstere braun, am Grunde gelblich, letztere fast gelb; Füsse Vs so lang als die Schienen, halb so dick als lang; erstes Glied gelb, zweites braun. Hinterleib flach und breit, fast dreimal so breit und viermal so lang als der Kopf, die neun Abschnitte fast gleich lang, die sieben ersten wenig an Breite unterschieden, der siebente an den Seiten des Hinterrandes fast dornig ausgeschweift; der achte 1/5 schmäler als der siebente; der neunte am Vorderrande fast so breit als der achte, am Hinterrande halb so breit als vorne; an den Seiten des Vorderrandes des vierten Abschnittes hängen, sehr leicht angefügt, je ein dichthorniger, schwarzbrauner Dorn, welcher nochmal so lang als der Abschnitt, am Grunde y^ so dick als lang, und nach aussen etwas gekrümmt ist; seine Bedeutung ist mir noch nicht erklärlich. Die Afterröhre ist schwarzbraun, ebenfalls hornig , fast walzig, nur gegen das Ende etwas verschmälert und abgestutzt, mit einigen Borsten am Hinterrande, etwas länger als der Kopf, fast i/g so dick als lang, nackt. Beitrage /.\ir Naturgeschichte Österreichs. 481 Fam. B. Elyoptera. 4. Phloeothrips Uimi. Fabricius. Die Besehreibung und vergrösserte Abbildung des vollkommenen Thieres ist bereits in den Sitzungsberichten dieser Classe der knis. Akademie im IX. Bande, Seite 126, erschienen, es folgt nun hier die Lebensgeschichte und die vergrösserte Abbildung der Larve und der besonders gebildeten Nymphe dieser Art. Von diesem Kerf findet man in unseren Gegenden fast zu allen Jahreszeiten alle Verwandlungszustände; denn selbst im Winter fand ich in Waldungen , wo sie einheimisch sind, unter von Holz- käfern unterfressener Rinde der Eichen , Rothbuchen und Ulmen, Eier, Larven und vollkommene Thiere erstarret, aber noch nie in grösserer Gesellschaft, höchstens vier bis sechs beisammen. Gewöhnlich gegen Mitte oder Ende Mai, bei einer Wärme von 10 — 12 Graden Reaum. beginnt ihr Wiederbelebtwerden, wo die vollkommenen Thiere hauptsächlich Abends und Nachts auf Nahrung ausgehen und sich begatten. Sie nähren sich von den feuchten, faulen ßestandtheilen unter den minirten Rinden der vorerwähnten Baumarten, begatten sich eben dort bald nach dem Erwachen , indem das Männchen vom Weibchen getragen wird und die beiden Afterröhren aneinander hangen; sie bleiben grösstentheils in diesem Zustande ruhig, oder gehen , wie auch sonst gewöhnlich sehr lan'gsam , nur bei sehr warmen ruhigen Nächten bemerkte ich sie fliegend, welches aber auch nur auf kurze Strecken stattfand. Das Weibchen legt erst mehrere Tage nach der Befruchtung des Nachts, aber nur vier bis sechs Eier an denselben Ort, aus welchen erst nach zehn bis vierzehn Tagen, während sie immer röther werden, die ebenfalls sich sehr träge bewegenden Larven erscheinen. Auch erfolgt erst nach neun bis zwölf Tagen, jede der drei Häutungen, so wie auch die Verwandlung zur Nymphe und zum voll- kommenen Kerf, so dass im Sommer vom Ei bis zum Erscheinen des ausgebildeten Thieres beiläufig drei Monate verstreichen. Zu jeder Häutung wie vor der Verwandlung zur Nymphe, suchen sie sich ein vertieftes Plätzchen unten den genannten Rinden- arten, wo dann die Metamorphosen des Morgens vor sich gehen. 482 Heeger. Die Nymphen dieser Gattung bleiben stets ruhig liegen, sind besonders anfangs fast fleischig und nehmen auch keine Nahrung zu sich. Beschreibung* der Terschiedenen Vervrandlung^szustände. Das Ei ist fast walzig, häutig, anfangs röthlichweiss , endlich hellroth, so lang und dick als der Fuss des ausgebildeten Kerfes. Die Larven sind hellroth und stets unregelmässig dunkler gefleckt, die Leibesabschnitte stark eingeschnürt, die Beine blass- gelb %'" lang Vs"' dick. Der Kopf gewöhnlich etwas dunkler als die übrigen Theile, ist dünnhornig, länglich viereckig, nach vorn etwas verschmälert, kaum Vio"' lang, V5 schmäler als lang, auch nur mit sehr feinen, kurzen und einzeln stehenden Härchen besetzt. Die Augen am Vorderrande , aussen neben den Fühlern, sind schwarz, rund, einfach, bedeutend erhoben und verhältnissmässig sehr klein. Die Fühler sind fadenförmig, an die beiden bedeutend erwei- terten Stirnvorragungen eingefiiget, 1/3 länger als der Kopf, neun- gliederig, die Glieder am Grunde verschmälert, gegen die Spitze allmählich kleiner werdend, roth wie der Kopf, doch am Vorderrande dunkel und mit einigen kurzen Borsten umkreiset; die drei letzten Glieder bilden zusammen einen Kegel. Der Vorderbrustabschnitt ungleichviereckig, so lang als der Kopf, am Vorderrande wenig breiter, am geraden Hinterrande nochmal so breit als lang, wenig gewölbt, mit abgerundeten Ecken. Der Mittelbrustabschnitt so breit als der Hinterrand des vor- deren, kaum 1/4 so lang als breit, in der Mitte über quer abgerundet gefurcht. Hinterbrustabschnitt, fast nochmal so lang, aber nur merklich breiter als der mittlere, an den Seiten abgerundet, wie die übrigen Leibesabschnitte. Die Beine sind blassröthlichgelb, fast gleichlang, wenig kürzer als die drei Brustkastenabschnitte zusammen, von gewöhnlicher Form der vollkommenen Thiere; die Schenkel etwas länger und dicker als die Schienen, beinahe walzig; die Füsse % so lang als die Schienen, die Glieder walzig und ohne Dornen, sparsam mit feinen Härchen besetzt. Beiträge zur liisecten-Fauna Österreichs, 483 Die neun Hinterleibsabschnitte sind fast gleichlang und bis zur Aftei röhre alhnählich verschmälert, so dass der letzte Abschnitt nicht halb so breit als der erste ist. Die Afterröhre ist ebenfalls roth, fast so lang als der Vor- derbrustabschnitt, am Grunde halb so dick als lang, gegen das Ende bedeutend verschmälert und mit mehreren feinen Borsten besetzt. Die wenigen meistens einzelnstehenden feinen und weissen Haare der Brust- und Hinterleibsabschnilte, sind an der Spitze rund geknöpft. Nebst dem, dass die Puppen durch vollkommene Verwandlung erscheinen, und ruhig liegen bleiben ohne Nahrung zu sich zu nehmen, zeichnen sie sich auch noch durch ihre ganz besondere Form und Körperbestandtheile aus: Sie sind hochroth, häutig und fleischig; aber Flügel, Fühler, Beine und Afterröhre sind durchsichtig, wachsartig, gelblichweiss, die Augen schwarz. Der Kopf hat die Grösse und Form des Larvenkopfes, nur ist er etwas länger. Die Augen länglich, stumpf eiförmig, einfach ohne sichtbare Zellen oder Pusteln, bedeutend erhoben, und zehnmal grösser als die der Larven. Die noch etwas getrennten, neungliederigen Fühler, sind an den Seiten des Kopfes inserirt, die Glieder sind nicht scharf getrennt, fast alle gleichlang und dick und sind mit einigen zarten Härchen besetzt. Der Vorderbrustabschnitt wie bei der Larve, nur an den Seiten des Hinterrandes eckig, nicht abgerundet. Der Mittelbrustabschnitt eben so lang als bei der Larve, ohne Querfurche, an den Seiten aber eckig, an ihm sitzen die Vorder- flügel-Scheiden; die Unterseite dieses Abschnittes ist so breit aber nochmal so lang als oben, besteht hier aus zwei förmlich Brustzizen ähnlichen Theilen, da sie sehr erhoben und besonders am Hinterrande abgerundet sind. Der Hinterbrustabschnitt ist beinahe 1/4 länger und schmäler als bei der Larve, viereckig, mit einem ziemlich erhobenen, am Hinterrande abgerundeten Schilde; am Vorderrande desselben sitzen die Hinterflügel-Scheiden. 484 Heeger. Vorder- und Hinterflügel sind übereinander liegend, in Form einer schmalen gekrümmten Lanzette und reichen bis an den Hinter- rand des zweiten Hinterleibsabschnittes. Die Beine sind, wie schon gesagt, von derselben Substanz und Farbe, wie die anderen Extremitäten; die Vorderbeine sitzen an den unteren Aussenwinkeln des Vorderbrustabschnittes und sind gerade vorgestreckt, nochmal so lang als der Vorderbrustabschnitt; die Hüften sind verkehrt herzförmig, 1/3 so lang als die Schenkel ; diese fast walzig, an der inneren Seite des Hinterrandes mit den Hüften verbunden, gegen aussen abgerundet erweitert, so lang als Schienen und Fuss, halb so dick als lang; Schienen gerade, walzig 1/4 kürzer als die Schenkel , Vs so dick als lang, innen am Vorderrande mit einem stumpfen Zahne bewaffnet; die Füsse nicht halb so lang und wenig schmäler als die Sehenkel; die Schenkel der Vorderbeine der Weibchen sind nur halb so dick als die der Männchen. Die Mittelbeine, am Hinterrande der Mittelbrusttheile sitzend, sind, so wie die Hinterbeine, welche am Vorderrande der Hinterhrust eingefügt und fast gerade gegen rückwärts ausgestreckt sind , kaum so dick als die Schienen der Vorderbeine, die mittleren merklich kürzer als die hinteren, die Hüften sind länglich viereckig; die übrigen Theile entsprechen beinahe der Form dieser Theile des vollkommenen Kerfes. Der Hinterleib fast verkehrt kegelförmig, die Abschnitte fast gleichlang, aber allmählich bis zur Afterröhre verschmälert, sind von den Stigmatenwärzchen bis zum Hinterrande schräge , wie einge- schnitten; der erste Abschnitt ist der längste; der achte der kürzeste, kaum Vi so lang als der neunte; die Afterröhre, so lang aber nur halb so dick als der letzte Hinterleibsabschnitt, hat am Hinterrande vier bis sechs Borsten. 5. Gen. Thrips Aiit. Thr. Kollari Heeg. Liebensg-eschichtliches. Diese bisher noch unbekannte Art lebt in Gesellschaft der Thr. haemorrhoidalis Bouche, in warmen Glashäusern des k. k. botanischen Gartens zu Schönbrunn, aui Ficus retusaunA Begonia cebrina, auf welchen sie sich gewöhnlich wie jene, an der Unterseite der zarteren Pflanzenblätter nähret und diese durch häufiges Anstechen und Aus- saugen welken und abfallen macht. Beiträge zur Insecten-Fauna Österreichs. 48 O Sie nähren und begatten sich grösstentheils Nachts, und das be- fruchtete Weibchen legt seine Eierchen zu zwei bis höchstens sechs auch nur an die Unterseite der Blätter neben die Blattrippen; daraus kommen nach acht bis zehn Tagen die Jungen zum Vorschein , und häuten sich in ähnlichen Perioden dreimal; nach gleicher Zeit geht die Verwandlung zur Nymphe und dann auch zum vollkommenen Kerf vor sich. Sie kommen aber in obgenannten Glashäusern nur in geringerer Anzahl vor. Den Namen gab ich ihr, um meinem hochgeehrten Freunde, Herrn Kollar, Custos und Vorstand des k. k. zoologischen Cabinetes von dem ich so viele Beweise des Wohlwollens, durch Belehrung, und freund- schaftliche Aufmunterung in diesem meinem Streben erhalten habe, und namentlich auch besonders in dieser Insecten-Abtheilung erhielt, dankbar meine aufrichtigste Anerkennung, bleibend zu erAveisen. Beschreibung-. Thr. Kollari: fusca, antennis, oculis, iihiis iarsisque anticis flavis, alis grisescentibus. Longit. Vi'"- Langgestreckt, braun, Augen, Fühler, Schienen und Füsse der Vorderbeine gelb, Flügel graulich, ^/•J" lang. Kopf dunkelbraun, länglich, so lang als der Vorderbrustabschnitt, am geraden Hinterrande y^ breiter als vorne, wenig gewölbt; Stirne zugespitzt vorragend. Augen gelb, erhoben, rund, gegen vornan den Seiten des Kopfes, mit grossen vorragenden Pusteln ; ich zählte deren vier und sechzig. Nebenaugen drei, im rechtwinkligen Dreieck, die beiden hinteren gross wie die Augenpusteln, gelbbraun, unweit des Innenrandes der Augen, das vordere nicht halb so gross als die beiden hinteren am Scheitel, hinter der Stirne. Fühler neungliederig, fast nochmal ,jso lang als der Kopf , die Glieder sehr ungleich am Vorderrande mit wenigen kurzen Borsten besetzt; das erste Glied braun, tief schüsseiförmig, fast nochmal so breit als lang; zweites ebenfalls braun, napfförmig, etwas länger und schmäler als das erste; drittes gelb, beinahe trichterförmig, 1/4 länger als das zweite, am Vorderrande fast so breit als lang, nach aussen in einen geraden Dorn verlängert; viertes und fünftes 486 Heeger. gelb, länglich eiförmig, y^ länger, aber kaum halb so dick als das dritte; das sechste, die eigentliche Geissei, gelb, viertheilig, im Ganzen nochmal so lang als das fünfte, der Grundtheil, kaum so lang aber so dick als das fünfte Glied, die beiden nächsten Theile (siebentes und achtes Glied) ringförmig gleichlang, allmählich ver- schmälert, der letzte Theil (das neunte Glied) spitz kegelförmig, so lang als die beiden vorigen, Vorderbrustabschnitt, so lang, und fast 1/3 breiter als der Kopf am Hinterrande, länglich viereckig, abgerundet, wenig gewölbt, am Hinterrande etwas breiter als vorn. Mittelbrustabschnitt, querlänglich-viereckig, so lang und % breiter als der vordere, flach, mit einer schmalen, abgerundet erhobenen, an den Seiten spitz vorragenden Leiste, am Vorder- rande. Hinterbrustabschnitt, ungleichviereckig, fast so lang, und am Vor- derrande beinahe um die Hälfte breiter als der Kopf, die am Innen- rande abgerundeten Seitenschilde so lang, aber nur 1/3 so breit als der Abschnitt, und nach innen mit einer Leiste versehen. Beine ungleich lang, zerstreut mit sehr kurzen Härchen besetzt, die mittleren die kürzesten, die hinteren die längsten. Die Vorderbeine fast nochmal so lang als der Kopf, Schenkel braun, platt, verkehrt keulenförmig, 1/5 kürzer als der Kopf, am Grunde beim Männchen beinahe halb so breit als lang, beim Weib- chen nur halb so breit als beim Männchen. Schienen gelb, keulenförmig, nochmal so lang als der Fuss, 1/3 so dick als lang. Füsse gelb, fast nur halb so dick als die Schienen vorne. Mittelbeine braun, fast y^ kürzer, sonst gebildet wie die vor- deren der Weibchen. Hinterbeine braun, ^/^ länger als die vorderen. Die Schenkel fast walzig, halb so lang als das Bein, kaum Ye so dick als lang. Schienen walzig, ^/^ kürzer und merklich schmäler als die Schenkel. Füsse halb so lang, y^ schmäler als die Schenkel. Flügel auf dem Hinterleibe übereinander geschlagen, die obere und untere Fläche durchaus dicht mit sehr kurzen Härchen bewach - sen, dadurch graulich. Beiträge /.ur Inscclen-Fauna Österreichs. 487 Die Vordei'flügel wenig kürzer als der Hinterleib, kaum i/jo so breit als lang, unweit der Wurzel am Vorderrande erweitert, gegen aussen etwas versclimälert und gespitzt , ganz mit einer starken Ader umsäumt, sind durcb zwei eben so starke gerade Längs-Adern, in drei fast gleichbreite Felder getheilt; die vordere innere Längs- Ader geht von der Wurzel gerade bis zur Spitze, die hintere beginnt erst ausser der Erweiterung des Vorderrandes, aus der vor- deren Längs-Ader, und verliert sich noch bedeutend weit an der Spitze. Der Vorderrand ist mit weit auseinander stehenden Borsten, welche nächst der Wurzel kürzer, weiter hinaus aber länger sind, als der Flügel breit, bewimpert; der Hinterrand nächst der Wurzel wie der vordere bewimpert, übrigens aber mit langen einander genäherten Haaren befranst. Die Hinterflügel sind wenig kürzer, aber fast 1/4 schmäler als die vorderen, ohne deutliche Rand-Ader nur durch die Mitte zieht sich eine deutliche gerade Längsader , von der Wurzel bis gegen die Spitze; der ganze Vorderrand ist beinahe wie der der Vorder- flügel mit ebenso langem weit auseinander stehenden aber schwä- cheren Borsten bewimpert, der Hinterrand mit genäherten, langen, aber wellenartig gekräuselten Haaren befranst, welche sich aber noch dadurch besonders auszeichneu, dass an der Wurzel eines jeden Haares, ein rückwärts gebogener kurzer Dorn steht. Der Hinterleib ist fast walzig, nochmal so lang als die drei Brusttheile zusammen, 1/4 so breit als lang, die Abschnitte beinahe halb so lang als breit, doch der erste nur halb so lang als die übrigen, und die drei letzten allmählich verschmälert. Die gespitzt kegelförmige Afterröhre ist kaum % kürzer als die Leibabschnitte und halb so dick als lang, hinter der Spitze an jeder Seite mit einem geraden, gleichdicken, stumpfen Dorne bewaffnet, die Spitze aber mit einem dichten Haarbüschel bedeckt. Hinter der Mitte und am Hinterrande eines jeden Leibabschnit- tes ist eine Querreihe, weit auseinander stehender kurzer Borsten. 488 Heeger. 6. Thrips vulgatissima Hallday i. i. 447, 11. Thrips physapus De Geer III. 4. Tab. I, fig. 1. — Schaw. Zool. XI, 199, pl. 63. liCbensg'eschichtliches. Diese auch in der Gegend um Wien sehr gemein vorkommende Art, hat genau mikroskopisch beobachtet, ebenfalls ihre, sie aus- zeichnenden Eigenheiten, die bisher weder beschrieben, noch abge- bildet erschienen: Sie kommt, wie mehrere Autoren richtig bemerkten, auf sehr vielerlei Pflanzenarten in den Blüthen vor , jedoch erscheint sie bei uns gewöhnlich erst Mitte Mai einzeln, und Ende Juni findet man junge Larven ; verschwindet aber meistens gegen Ende August. Wo sie sich über Winter aufhalten, konnte ich, aller Mühe und Aufmerksamkeit ungeachtet, bisher nicht ausfindig machen , denn weder unter Moos, noch unter loser Baumrinde, oder anderen faulen Pflanzenbestandtheilen waren sie anzutreffen. Die Larven und Nymphen leben ebenfalls in Blüthen, und ich glaube daher annehmen zu können, dass die Weibchen ihre Eier an den Frucbtboden der Blüthen ablegen, weil man sie auch in der Ruhe dort verborgen findet. So gemein diese Art ist, so fand ich sie doch noch nie gesell^ schaftlich, wie viele andere Arten, beisammen. Am zahlreichsten findet man sie in den Gegenden um Wien in den Blüthen der Helianthis- und Resedae-Kview, sie wurden Va — 3/i'" lang ; die Weibchen gewöhnlich grösser als die Männchen. Beschreibung" des vollkommenen Kerfs. Thr. vulgatissima Halid: corpore fusco ; antennis, oculis, pedi- busque flavis ; alis dilute flavogriseis. Longit. %"• Braun, Fühler, Augen und Beine gelb, Flügel blass gelblichgrau. Der Kopf, querlänglich, viereckig, abgerundet, mit geradem Stirn- und Hinterrande, y^ der ganzen Körperlänge lang, 1/3 breiter als lang. Augen gelb, fast kuglig, starkvorragend, sehr gross, beinahe Vs so breit als der Kopf, am Vorderrande neben der Stirn, mit sehr erhobenen grossen Pusteln. Die Fühler gelb, sechsgliederig, mit viertheiligem Griffel, alle Glieder am Vorderrande mit einigen sehr kurzen Borsten besetzt, 21/2 Mal so lang als der Kopf. Doitiägo /Axr Insccteii-Fiimia Österreichs. 489 Erstes und zweites Glied braun, napffönnig, gleiehgross, jedes kaum 1/4 so lang und V« so breit als der Kopf; drittes gelb wie alle folgenden, so gross als das erste, am Grunde versclimälert; viertes länglich eiförmig, so dick, aber merklich länger als das dritte; fünftes geformt wie das dritte aber um 1/4 kleiner ; das sechste (der Griffel) viertheilig, nochmal so lang als das dritte, der Grundtheil in Form und Grösse wie das dritte, die zwei nächsten Theile walzig, gleichlang, allmählich verschmälert, die Spitze kegelförmig; alle diese drei Theile gleichlang. Der Vorderbrustabschnitt, querlänglich viereckig, abgerundet, so lang und wenig breiter als der Kopf. Mittelbrustabschnitt, querlänglich, an denAussen-Enden gespitzt, mit einer in der Mitte quer durchlaufenden Furche, etwas breiter, aber nur 1/3 so lang als der vordere. Der Hinterbrustabschnitt länglich viereckig, nach hinten etwas verschmälert, abgerundet, 1 Drittel breiter und nochmal so lang als der Kopf, in der Mitte, der Länge nach etwas vertieft; an jeder Seite finden sich zwei Schilde , die am Innenrande gesäumt, die vorderen rund , und etwas kürzer als die länglichen hinteren sind. Die Beine sind gelb , ungleichlang von gewöhnlicher Form, die vorderen, die längsten , gut nochmal so lang als der Kopf; Schenkel und Schienen fast gleichlang; die Füsse kaum 1/3 so lang als die Schenkel; die Mittelbeine die kürzesten. Die Flügel geformt, wie bei Th. ulicis , welcher Art sie im Ganzen sehr nahe kommt, sind schmal und lang. Die Vorderflügel so lang als der Hinterleib, kaum Vg so breit als lang, am Grunde und gegen die Spitze verschmälert ; zunächst des Grundes dicht mit kurzen Härchen besetzt, 1/4 der Länge fast nackt, weiss, der übrige Theil blass gelblichgrau; sie sind mit einer starken Randader ganz umsäumt und durch zwei gerade Längs- Adern, wovon die vordere vom Grunde bis in die Spitze geht, die hintere aber unweit des Grundes entspringt und noch bedeutend vor der Spitze endet, in drei fast gleichbreite Felder getheilt; diese beiden Adern sind überdies , noch mit ziemlich weit auseinander stehenden kurzen, gelben Borsten besetzt. Der Vorderrand auf der Oberseite der Ader mit längeren, an der Unterseite mit kürzeren Borsten bewimpert. Sit7,b. d, mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft, 33 490 Schmidt. Neue Rhabdocoelen. Der Hinterrand mit langen, genäherten, wellenartig gekräu- selten Haaren befranset. Die Hinterflügel sind fast gleiehbreit, etwas kürzer und schmä- ler als die vorderen, weiss, beinahe glasartig, mit einer vom Grunde ausgehenden die Spitze nicht erreichenden, mehr gegen den Hin- terrand geneigten Längs-Ader, und mit kurzen auf der Fläche reihen- weise stehenden Härchen; am Vorderrande mit erweiterten kurzen Haaren bewimpert; am Hinterrande mit etwas kürzeren, als die der Vorderflügel, aber auch wellenartig gekräuselten Haaren befranset. Der spindelförmige Hinterleib, fast dreimal so lang und y^ brei- ter als der Hinterbrustabschnitt, hat neun fast gleichlange, deutlieh gesonderte Abschnitte, und eine stumpfe kegelförmige Afterröhre, welche beinahe so lang als die Leibesabschnitte, aber nur halb so dick als lang, und am Ende nur mit vier kurzen Borsten besetzt ist. Neue Rhabdocoelen aus dem nordischen und dem adrialischen Meere. Von Oskar Schmidt, Professor zu Jena. (3Iit Taf. XLIV — XLVII.) Nachdem ich in meiner Monographie der rhabdocoelen Strudel- würmer des süssen Wassers, Jena 1848, zum ersten Male eine um- fassendere Darstellung der anatomischen Verhältnisse dieser Thier- gruppe zu geben versucht und noch in demselben Jahre (in den neuen Beiträgen zur Naturgeschichte der Würmer) die Anatomie und Naturgeschichte einiger merkwürdigen im Nordmeere beobachteten Formen mitgetheilt, sind im Herbst 1851 die ausgezeichneten „Bei- träge zur Naturgeschichte der Turbellarien," von uieinem Freunde Max Schnitze erschienen, eine Arbeit, Avelche die meinigen in den meisten wesentlichen Stücken completirt und erweitert und wodurch unsere Art-Kenntniss abermals vermehrt wird. Wenn ich sage abermals, so hat das im Grunde nicht viel zu bedeuten; denn trotz der Leichtigkeit, mit der diese grösstentheils mikroskopischen Thiere sich finden, ich will nicht hinzufügen, sich beobachten lassen, kennen wir doch nur höchst wenige sicher be- iuis (lern nordischen und dem iidriatischcn Meere. '491 stimmte Arten im Vergleich zu der wohl sehr grossen Menge, welche über die Meere und süssen Gewässer verbreitet sind. Aus Ehren- berg's Sy7nbolis physicis geht die Reichhaltigkeit der von ihm durchforschten Meeresstrecken an Turbeliarien hervor; andere, besonders Duges und Oersted, wiesen das häufige Vorkommen der Turbeliarien und insbesondere der Rhabdocoelen in Frankreich und Dänemark nach, und doch sind viele der von den genannten Natur- forschern beobachteten Arten vergeblich gefunden, weil die aufge- stellte Charakteristik zu kurz oder die Abbildung zu unvollkommen. Mehrere Arten fanden Frey und Leuckart bei Helgoland, und von der bis in den hohen Norden gehenden Verbreitung der Rhabdocoelen habe ich selbst mich auf zwei Reisen nach den Färör und Norwegen überzeugen können. Man würde in den tang- und algenreichen Buchten der Färör eine eben so ergiebige Ernte halten können, als wie ich im Folgenden zeigen werde, an der dalmatinischen Küste zu erzielen ist; an der Küste des nördlichen Norwegen aber habe ich unsere Thierchen bis nahe an Hammerfest verfolgt. Was die Süsswasserfauna jener nördlichen Gegenden betrifft, so will ich nur anführen , dass um Bergen herum , wie bei uns, Vortex truncatiis der gemeinste ist, dass ich im Vorbeigehen bei Muonioniska Ma- crostouiuin hystrix und eine, meiner viiridis nahe stehende !ri//>Ä/o- plana, in der Bucht des Torneoelfs endlich, zwischen Torneo und Haparanda die erwähnte Typhlnplana, ein Steno st omum. und e'mMe- sostomum fand. Man braucht also, wie es scheint, wo man will, nur zuzugreifen und ist der Ausbeute sicher. Über den, allerdings vielfach variirten Typus des inneren Baues der Rhabdocoelen ist seit Schultzens Arbeit, deren Fortsetzung mit Nächstem zu erwarten, ein ziemlich helles Licht verbreitet; und da wir von der bis jetzt unübersehbar grossen Zahl der Arten überzeugt sind, so scheint mir das nächste Erforderniss die möglich- ste Fixirung derselben zu sein. Hierzu will ich einen Beitrag geben. Ich werde nur die Gattungen und Arten feststellen, ohne für die neuen Genera die Familien zu bestimmen. Ich müsste nämlich neue Familien creiren, und das scheint mir so lange unzweckmässig, als nicht mehr Material zur Vertheilung vorhanden ist. Ich habe in Lesina während eines zehntägigen Aufenthaltes fünfzehn oder sechzehn neue Rhabdocoelen aus der nächsten Umge- bung des Ortes beobachtet, und zwar nicht so, dass ich von früh bis 33 ■* 492 Schmidt. Neue Rhabdocoelen abends darüber gesessen bälte, sondern indem ich nebenher noch verschiedenartige, zum Theil zeitraubende Arbeiten vorhatte und grössere Excursionen unternahm. Eine besondere Unterstützung wurde mir aber durch meinen Reisegefährten, Herrn Custos Dormitzer aus Prag zu Theil, von welchem, was ich mit grosser Dankbarkeit öffentlich ausspreche, die meisten und besten Zeichnungen der Lesi- nensischen Turbellarien herrühren. Gattung: CONVOLUTA örsted. Körper vorne abgerundet oder stumpf, hinten zugespitzt, die Seiten tutenförmig über die Bauehfläche zusammengeschlagen. Örsted etablirte diese ausgezeichnete Gattung mit einer von ihm in der Nähe von Kopenhagen gefundenen Art, die wir der Ver- gleichung wegen auch abbilden und kurz beschreiben wollen. Schultze 1) hat an der Küste von Rügen eine neue, von ihm Convo- luta albicincta genannte Species beobachtet, welche der Reschaf- fenheit des Mundes und Schlundes nach den Mesostomeen sich anschlies- sen würde. Dies gilt aber nicht, wie sich zeigen wird, von den übrigen Arten. 1. Convoluta paradoxa örsted. Die Convoluta paradoxa gehört, wie der der Figur 1 beige- fügte Strich zeigt, zu den grössten Rhabdocoelen. Sie ist vorn ziem- lich stumpf abgerundet; der Hinterkörper erscheint beim ruhigen Schwimmen allmählich zugespitzt. Die Hautbedeckung ist farblos, in das übrige Körperparenchym sind braune, zähe Kügelchen einge- streut, welche, so weit die Seiten über den Rauch zusammengeschla- gen sind, den Körper fast ganz undurchsichtig machen, während der freie Rauchstreifen am Vorder- und Hinter-Ende sich durch grössere Durchsichtigkeit auszeichnen. Nahe dem Vorder-Ende liegt das bläs- chenförmige Organ, welches die meisten Reobachter für ein Gehör- werkzeug halten, eine Erklärung, der ich mich auch anzuschliessen geneigt bin. (Vergl, unten über Proporus ruhropunctatusi) Die *) über die Microstomeen. Archiv für Naturgeschichte 1849, S. 281. aus dem nordiscbeii und dem adriatischen Meere. 403 quere Mundspalte liegt hinter dem Gehörorgan, so dass sie, vom Bauch aus gesehen, grösstentlieils frei erscheint, während die etwas nach unten gezogenen Mundwinkel von den ühergeklappten Seiten- lappen bedeckt werden. Fundorte : Helgoland, Färö, Bergen, Sund, Rügen. 2. Convoluta Diesingii nov. sp. DasVorder-Ende ist mehr abgerundet, das Hinter-Ende stumpfer als bei C. paradoxa ; die umgeschlagenen Seitenlappen erstrecken sich von vorne bis nach der Schwanzspitze und lassen einen breiten Streifen der Bauchfläche frei, etwa den dritten Theil der ganzen Breite. Die Lage des Gehörwerkzeuges ist wie bei der vorigen Art; etwas weiter nach hinten liegt die mit den Winkeln nach vorne ge- richtete Mundspalte, welche mit grösseren Wimpern besetzt ist. Bei einigen Exemplaren beobachtete ich jederseits einen schlauchförmigen Keimstock. In der von braunen Pigmentkugeln hervorgebrachten Färbung stimmt unsere Art ganz mit Convoluta paradoxa überein. Fundort: Lesina. 3. Convoluta Schultzii nov. sp. Die Grundfarbe dieser zierlichen Convoluta ist ein schönes in der bei den vorangehenden Arten berührten Weise vertheiltes Saft- grün. Das Pigment ist jedoch in dichteren Massen vorhanden. Ausser- dem ist die äussere Körperschicht roth getüpfelt, in der Weise, wie sonst bei so vielen Turbellarien die Hautbedeckung mit den stab- förmigen Körperchen gespickt ist. Auch die Gestalt dieser rothen Tüpfeln stimmt mit der der stabförmigen Körperchen überein. Die Umklappung der Seitentheile geschieht von vorne bis hinten, so nahe dem Vorder-Ende, dass nur die äusserste Spitze frei bleibt; in der Mitte des Körpers beträgt die Breite des umgebogenen Stückes ein Drittheil der Leibesbreite. Das Gehörorgan nimmt die schon bekannte Stelle ein. Dagegen habe ich eine MundöfTnung nicht entdecken können. Bei einem Individuum fand sich in der hinteren Körperhälfte ein paariger, schlauchförmiger Hode; die Zoospernien sind haarförmig ohne Köpfchen. Fundort: Lesina. 494 Schmidt. Neue Rhabdocoelen Gattung: PROSTOMUM örsteü. Mundöffnung am vorderen Körper-Ende. Schlund röhrenförmig, aus meh- reren Abtheilungen bestehend, einer vorderen, innen mit Papillen besetzten, einer zweiten musculösen, dickwandigen, und einer dritten dünnwandigen, einem Oesophagus vergleichbaren. (Schnitze.) So charakterisirt Schnitze die Familie der Prostomeen , die zur Zeit nur durch eine einzige Gattung gebildet wird. 4. Prostomum Botterii nov. sp. Der spindelförmige Körper ist vorn und hinten gleichmässig zugespitzt, von mehr oder weniger schwarzgrauer Farbe. Die hinter dem musculösen Theile des Schlundkopfes liegenden, mit Linsen ver- sehenen Augen liegen deutlich auf einer Nervenmasse auf. Die Ge- schlechtsöfFnung befindet sich unweit des Hinter-Endes und führt zu einem complicirten Generationsapparat, von dem ich einen, zu- nächst hinter der Öffnung gelegenen scheidenartigen Behälter, zwei Keimstöcke, zwei Hoden, zwei vasa deferentia und einen ductus circulütorius erkannt habe. Die Saamenthierchen sind haarförmig. Besonders interessant, weil ich bei den Meer-Rhabdocoelen vielfach vergeblich darnach gesucht, war mir die Wahrnehmung eines sehr zertheilten Gefässnetzes, was bei Prostomum lineare in seinen Hauptstämmen so klar zu Tage liegt 9« Zu dieser Beobachtung eignen sich jedoch nur grosse und wenig pigmentirte Exemplare. *) Meine Entdeckungen über das Wassergefässsystem der Rhabdocoelen sind von »Schultze lediglich bestätigt und von ihm auch auf die Nemerti- nen und Dendrocoeleu ausgedehnt worden. Eine andere physiologische Auffassung dieses Gefässsystems findet sich in der schätzbaren anatomisch- physiologischen Übersicht des Thierreiches, von Bergmann und Leuc- kart, Stuttgart 1852. Leuckart betrachtet nämlich dasselbe und die offenbar einer ähnlichen Function vorstehenden contractilen Blasen der Infusorien für eine Art von Excretionsorgan, wodurch dns durch Imbi- bition der gesammten Hautoberfläche in den Körper gelangte Wasser nach aussen geschafft würde. Für die Turbellarien bleibt dies eine Ansicht; diese hat jedoch für die Infusorien desshalb keine Geltung, weil sie den wenigen directen Beobachtungen , die bisher von mir über den Wasser- wechsel des contractilen Organs gemacht sind, Aviderspricht. Man kann bei Bursaria leueas beobachten, was ich nun zum so und so vielten Male sage, ohne dass man mir eine Beobachtung entgegen gehalten hätte, dass die Blase nach der Contraction sich von aussen füllt. aus dem nordischen und dem adriatischen Meere. 495 Fundort: Lesina. Dieses Prostomiim war die häufigste der am Strande von Lesina vorkommenden Turbellarien. Ich widme es Herrn Botteri in Lesina, einem vorzüglichen Kenner der gesammten dalma- tinischen Fauna. 5. Prostomum Steenstrupii no> sp. In den neuen Beiträgen zur Naturgeschichte der Würmer habe ich einen Theil der Generationsorgane eines Prostomum beschrieben und dabei die Frage offen gelassen, ob es das P. croceum Örsted sei. Nach abermaliger Vergleichung scheint es mir gewiss, dass wir eine neue Species vor. uns haben. Der Körper ist vorn zugespitzt , hinten abgerundet, die Farbe safran- oder ochergelb. Die Lage des Schlundes, der Augen und des Saugmundes stimmt mit der bei P. Botterii überein; beide weichen darin von Prostomum lineare^ der gemeinen Süsswasserform ab, dass bei dieser der Saugmund in die Mitte der Bauchseite gerückt ist und ganz dem Schlünde eines Mesostomum gleicht, während die Öffnung des Saugmundes der beiden neuen Prostomen excentrisch, nach vorn gerichtet erscheint. Von Fortpflanzungsorganen erkannte ich zwei elliptische Keimstöcke, im hinteren Drittheil des Körpers gelegen; unweit davon fand sich ein Ei mit einem langen, biegsamen und am Ende knopfförmig erweiterten Stiele, und es stellte sich in meh- reren Fällen, wo das immer einzeln vorkommende Ei noch nicht die gewöhnliche Grösse erreicht hatte, deutlich heraus, dass durch diesen hohlen Stiel das Ei Dotter an sich zieht. Dieselbe Erscheinung hatte ich schon früher an Vortex viridis Schnitze, Vortex truncatus und Prostomum lineare beobachtet. Man bemerkt ferner, heisst es, in meiner früheren Arbeit (Neue Beiträge etc. pag. 16) eine langgezo- gene, retortenähnliche Blase, auf deren Hals ein hornartiger Schaft aufgesetzt ist, mit einer schraubig gebogenen Spitze. Nur mit Mühe überzeugt man sich, dass die immer Zoospernien enthaltende Blase mit den sehr ausgebreiteten Hoden in Verbindung steht, da diese Ver- bindung leicht zerstört wird. Ich habe zwar nie gesehen, dass der hornige Theil des Organs (penis) aus dem Körper hervorragt, doch Sehr auffaUend ist die Schwierigkeit, mit der man sich bei den im Meere wohnenden FäUen das Wasser-Gefässsystem zur Anschauung bringt. Bei der grossen Jlehrzahl habe ich keine Spur davon bemerkt. 496 Schmidt. Neue Rhabdocoelen befindet sich ganz in seiner Nähe eine Öffnung , welche in eine das Organ umgebende Scheide führt. Fundort : Färö (Hafen von Thorshavn auf Stromö). Gattung: VORTEX ehrenberg. Mundöffnung etwas hinter dem vorderen Körper-Ende, Schlund tonnen- förmig, vordere Öffnung des Schlundes kreisrund. 6. Vortex Benedeni nov. sp. Der Körper ist vorn abgestumpft, hinten zugespitzt; er ist durch kein besonderes Pigment gefärbt, daher, bis auf den durch seinen Inhalt grünlichen oder gelblichen Darm, durchsichtig und hyalin. Auf einem sehr deutlichen Doppelganglion nahe am Vorder-Ende sitzen vier Augen auf, ein hinteres grösseres Paar und ein kleineres, einander mehr genähertes. Zwei Längsnerven entspringen aus dem Gehirn. Die Geschlechtsöffnung liegt ungefähr ein Viertel der Kör- perlänge vom Hinter-Ende ab. Von den Geschlechtsorganen habe ich nur den paarigen Keimstock gefunden. Fundort: Lesina. 7. Vortex reticulatus nov. sp. Körper vorn zugerundet, hinten spitz. Die Grundfarbe des Körpers ein Blassgrau, wird durch keine wahrnehmbaren Pigment- molecüle hervorgebracht. Vorn, zwischen und hinter den Augen jedoch, so wie auf der hinteren Hälfte ist der Körper schwarz mar- morirt oder genetzt, bei dem einen Exemplare dichter, bei anderen grobmaschiger. In dem Abschnitte „Pigmente unter der Haut" führt M. Schnitze *) diese Pigmentirung als eine Abart der Form auf, wo moleculäre Pigmentkörnchen einzeln oder in Klümpchen vereinigt im Körper zerstreut sich finden, nicht in Bläschen eingeschlossen. Mir ist bis jetzt noch keine Rhabdocoele aus dem süssen Wasser bekannt, welche diese Art der Färbung und Pigmentvertheilung zeigte; da- gegen scheint sie bei den im Meere wohnenden ziemlich häufig zu sein. Das von Schnitze beschriebene und so gezeichnete Mesosto- mum marmoratum ist aus der Ostsee; die Lage des Schlundes, so wie seine Stellung zum Darm ist gerade so, wie bei der von mir^) *) A. a. o. S. 16. 2) N. rhabd. Strudelwürmer S. 30. aus dem iiortUsilieii untl dem adriatischeii ftleere. 497 aufgestellten Gattung Hypostomum, die Scliultze jedoch, und wohl mit Recht, cassh't und zu Vorlex gezogen hat. Die durch ein besonders dichtes Pigmentgeäder verbundenen zwei Augen haben eine nach aussen und vorn gerichtete Linse. Die Geschlechtsorgane sind mir in ihrer Anordnung sehr undeutlich geblieben ; der porus genitalis liegt unweit des Schwanz-Endes. Fundort : Lesina. Gattung: MESOSTOMUM. Mundöffnung in der Mitte, oder nahe der Mitte des Körpers. Schlund ringförmig, einem Saugnapf ähnlich. Ich bin mit Schnitzel) einverstanden, wenn er die wenigen Gattungen, welche bisher die Familie der Mesostomeen bildeten, ein- zieht und dem einen Mesostomum unterordnet, so dass diese Familie, gleich den Prostomeen, nur aus einer Gattung besteht. 8. Mesostomnm ovoideum uov. sp. Dieses Mesostomum ist von plumper Gestalt, vorn und hinten abgerundet, aber so, dass der Körper nach hinten breiter wird. Der Schlund liegt etwas hinter der Mitte des Leibes, die zwei Augen gegen das Vorder-Ende. Die ungefärbte zur Hautbedeckung zu rech- nende Parenchymschicht ist auffallend stark; unten ist ein schwarz- graues oder schwarzes Pigment über den ganzen Körper unregel- mässig fleckig verbreitet. Von Generationsorganen wurde mit Sicherheit nur eine mit Zoos- pernien gefüllte Blase erkannt; ein unverhältnissmässig grosses Ei nahm bei einzelnen Exemplaren des ziemlich häufigen Thieres fast den ganzen Raum zwischen Mund und Hinter-Ende ein. Fundort : Lesina. 9. Mesostomum lenticulatum nov. sp. Die Form der vorstehenden Art gleicht der unseres gemeinen Vortex truncatus, d. h. das Vorder-Ende ist ziemlich scharf abge- stutzt, die grösste Breite fällt ungefähr mit der Mitte des Körpers zusammen, der hinten zugespitzt ist. Bis auf den carmoisinrothen Darm ist das Thier völlig farblos und durchsichtig. Der Mund liegt nur sehr wenig vor der Mitte. Ausgezeichnet ist die Species durcli 1) A. a. 0. S, 52 ff. 498 Schmidt. iNeue Rhabdocoelen die Beschaffenheit ihrer Augen. Es sind deren, wie gewöhnlich, zwei, und man isolirt an ihnen leicht eine Linse, welche von oben stumpf viereckig, mit etwas ausgeschweiften Seiten, von der Seite wie ein Kreisbogen oder Kreisabschnitt erscheint. Die Linse liegt in einer nieren- oder vielmehr halbmondförmigen Pigmentmasse, wel- che aus einer grösseren Menge ansehnlicher Kugeln besteht, die sich auch isoliren lassen. Bekanntlich findet sich sonst das Augen- pigment als unvereinigte oder unregelmässig zusammengeballte Molecüle. Fundort: Färö. (Hafen von Thoi'shavn.) Gattung: PROPORUS Schmidt. Die runde Mundöffnung ist am äussersten Vorderrande, der Sclilund eine einfache Röhre ohne bemerkbaren Muskelbeleg. Diese Gattung wurde von mir *) mit einer, bei den Färör ge- fundenen Art begründet, welche ich Proporus cyclops nannte. Der Specialname hat allerdings keine rechte Bedeutung mehr, nachdem ich mich von der Unhaltbarkeit meiner früheren Erklärung des im Nacken gelegenen, bläschenförmigen Sinnesorgans als eines Auges überzeugt habe. 10. Proporus rubropunctatus nov. s,). Die vorliegende Species zeichnet sich von den andern durch einen schlankeren Körper aus, der ganz hyalin und äusserst zart ist, etwa von der Consistenz der Vorticellen. An keiner Species lässt sich eine eigene, bei den meisten Turbellarien scharf abgegrenzte Hautschicht unterscheiden, so dass der Körper nur von einer einfa- chen Contour begrenzt wird. Ein besonderes Kennzeichen für unsere Art sind die beiden ziegelrothen Augenflecke, welche, von oben betrachtet, auf dem äussersten Körperrande zwischen Mundöffnung und Nackenorgan erscheinen und mit den beiden genannten ziem- lich genau die Ecken eines Quadrates bilden. Es begegnen uns also hier, wenn ich nicht irre, zum ersten Male gleichzeitig die Augen- flecke und das glashelle Bläschen, mit der eingeschlossenen durch- sichtigen Kugel ; und gerade diese Gleichzeitigkeit des Vorkommens bestimmt uns zum Aufgeben der früher verfochtenen Deutung. ^^ Neue Beiträge etc. S. 9. aus dem nordischen und dem adriatischen Meere. 499 Der porus genitalis liegt nicht weit vom Hinter - Ende ; mehrere zum Fortpflanznngs-Apparate gehörige Blasen Hessen sich nicht näher bestimmen; die eine enthielt Zoospernien. Fundort: Lesina. Gattung: VORTICEROS nov. gen. Unter den von Quatrefages heschriebenen sicilianischen Dendro- coelen befinden sich einige höchst zierliche, durch tentakelartige Anhänge ausgezeichnete Formen, wie bekanntlich eine der am längsten beschriebenen Dendrocoelen die Planaria suhtentaculata ist. Diesen schliesst sich der Gestalt nach die neue Gattung an, bis jetzt mit einer Art. 11. Vorticeros pulchellum nov. sp. Dieses sehr schöne Würmchen erscheint dem blossen Auge als ein kirschrother Strich; die ganz hyalinen Seitentheile erkennt man erst mit starker Loupe. Die Körperform ist schlank; das Vorder-Ende bilden zwei tentakelförmige Anhänge, hinter welchen die Kopfge- gend etwas anschwillt. Der folgende Abschnitt ist Avieder dünner, und bildet somit eine Art von Hals. Das carmoisin- oder kirschrothe Pigment zeigt sich nur in der Mittellinie des Körpers in derselben Weise, wie bei dem oben beschriebenen Vortex reticulatus; es ist nämlich ein unregelmässiges Gestrichel, wodurch ein Netz- oder Maschenwerk hervorgebracht wird, übrigens von ungleicher Ausdeh- nung und Dichtigkeit, sowohl nach den verschiedenen Körperstellen, als nach den Exemplaren. Eine dichtere Anhäufung zeigt sich immer in dem Winkel zwischen den Tentakeln, dann in der die beiden Augen verbindenden Pigmentbrücke. Gleich hinter den Augen pflegt am wenigsten Pigment zu sein und gegen das Hinter-Ende nimmt die Breite des rothen Streifens im Verhältniss des Körpers selbst ab. Der nicht musculöse Mund, fast kreisförmig, liegt hinter den Augen. Die Geschlechtsorgane sind nur unvollkommen beobachtet. Fundort: Lesina. Gattung : PLAGIOSTOMUM nov. gen. Die Mundöffnung bildet eine Querspalte im vorderen Drittel des Körpers ; Schlund nicht bemerkbar. ÖÜO Schmidt. Neue Rhabdocoelen 12. Plagiostomum boreale nov. sp. Auch dieses an beiden Körper-Enden ziemlich gleich massig ver- schmälerte Thier zeigt ein schön carmoisinrothes Pigmentnetz, das ich jedoch nie über den ganzen Körper ausgebreitet gefunden habe. Die Färbung fehlt von kurz hinter den zwei Augen bis unmittelbar hinter der Mundspalte, eben so auf einem Querstreifen in der Nähe der Genitalöffnung. Letztere ist ungefähr so weit vom Hinter-Ende entfernt, als der Mund vom Vorder-Ende; zwei grössere seitliche Drüsen sind ent- weder Hoden oder Dotterstöcke; neben ihnen habe ich Keime lie- gend gefunden. Fundort: Färö, Insel Loppen (nördliches Norwegen). Gattung: TRIGONOSTOMUM nov. gen. Die MundöfFnung , unweit des Vorder-Endes bildet einen dreistrahligen Stern, hinter den Augen ein Saugmund? 13. Trigonostomum setigerum nov. sp. Trigonostomiim setigerum hat einen schlanken, vorn abge- stutzten, hinten zugespitzten Körper. Der Vorderrand ist mit eini- gen steifen, borstenartigen Wimpern besetzt. Die Grundfarbe ist ein schwaches hellgrau ; ein schwarzer Pigmentstreifen (genetzt) zieht sich von der Mundöflnung an bis in die Nähe der Schwanzspitze. Hinter dem Munde liegen vier Augen, die beiden vorderen einander etwas mehr genähert als die hinteren. Ob das biscuitförmige, mus- culöse mit o. s. bezeichnete Organ ein Saugmund ist, wie ich ver- muthe, davon habe ich mich nicht vergewissern können. Ein sicheres Kennzeichen der Art ist der hornige Penis. Er besteht aus einem spiraligen Theile von drei Windungen und in des- sen äusserem Rande wahrscheinlich ein Canal verläuft; der vordere Theil ist rigid, gerade und zeigt ganz deutlich einen mittleren Ca- nal. Eine Samenblase steht mit diesem Organe in Verbindung. Fundort: Lesina. Gattung : ORTHOSTOMUM nov. gen. Mund eine Längsspalte hinter den Augen; kein rausculöser Schlund ist vorhanden ; der Dotterstock ist vom Keimstock getrennt, aus (Ion» nordischen und dem adriatischon ftleere. 501 14. Orthostomum siphonophorum nov. sp. Die Körperform dieser Art ist die von Trigonostomum setige- rum.. Die Seiten und der Vorderrand sind farblos; ein breiter Strei- fen blauschwarzen Pigmentes zieht sich in der uns wiederholt begeg- neten Form eines unregelmässigen Netzwerkes von vorn bis in die Schwanzspitze, zwischen den Augen hindurch. Letztere zwei sind mit Linsen versehen. Der Mund ist eine kurze, etwas klaffende Längsspalte. Zu den Genitalorganen gehört höchst wahrscheinlich ein rüssel- ähnlicher, in der Nähe des Schwanz-Endes befindlicher Sipho; der- selbe zeigt Ring- und Längsmuskeln, ist äusserst beweglich und contractu und kann ganz eingezogen werden ; das freie Ende ist mit stärkeren Wimpern besetzt. Ausserdem wurde noch ein einfacher Keimstock erkannt. Dieser Umstand ist für die Diagnose der Gat- tung von besonderer Wichtigkeit, indem sich hiernach unsere Gat- tung von Macrostonium unterscheidet, bei welcher nach Schultzens Beobachtungen die Trennung des Eierstockes in Keim- und Dotter- drüse nicht stattfindet. Wenn die von mir aufgestellte Familie der Schizostomeae nicht etwa wegen zu grosser üngleichartigkeit der zugerechneten Gattungen später aufgegeben werden muss , gehört Orthostomum so wie die folgende Gattung zu ihr. Fundort: Lesina. Gattung: SCHIZOPRORA nov. gen. Die Mundöffnung ist eine kurze, unmittelbar vom Vorderende ausgehende Längsspalte ; ein Saugmund ist nicht vorhanden. 13. Schizoprora venenosa nov. sp. Der Körper ist vorn etwas schmäler als hinten, an beiden Enden ziemlich abgerundet. Die Farbe ein gleichmässig vertheiltes, nicht in einzelnen Molekülen oder Kügelchen wahrnehmbares Grüngelb. Eine ungefärbte Hautschicht ist nicht vorhanden. Hinter dem Mund- spalt liegen zwei Augen und hinter diesen, in der Mittellinie des Rückens das auch bei Proporus u. a. vorkommende Gehörorgan. Die Geschlechtswerkzeuge habe ich nur sehr unvollkommen erkannt. Sehr auffallend ist ein flimmernder, am Schwanz-Ende mün- dender Gang; kugelförmige Gebilde zu beiden Seiten des Darmes sind wohl die Dotterstöcke. 502 Schmidt. Neue Rliabdocoelen Merkwürdig ist ferner eine Art von Hautgebilden, welche sich an die Giftorgane Yon Microstoinum linearennreihen. Ich glaubte zu- erst eine Modification der gewöhnlichen stabförmigen Körperchen vor mir zu haben, indem ich unter der Oberfläche und aus dersel- ben hervorragend eine grosse Menge unregelmässig gekrümmter Körper fand. Beim Zerdrücken des Thieres zeigte es sich, dass je- des der in Frage stehenden Körperchen zu einer länglichen Blase mit fadenförmigem Anhange wurde, so dass es der Form und dem Vorkommen nach von den häufigsten Arten der Gift- und Nessel- organe nicht zu unterscheiden ist. Fundort: Lesina. ANHANG. Zwei rhabdocoele Strudelwürmer aus Lappland. Den beschriebenen, das Meer bewohnenden Turbellarien reihe ich noch zwei der in den einleitenden Worten erwähnten Formen des süssen Wassers aus dem hohen Norden an. Es war mir, als ich im Sommer 1850 von Alten über Kautokrino kommend, den Muonio und Torneoelf hinunterfuhr, ungemein interessant, die mikroskopi- sche Fauna jener lappländischen und finnischen Distriete, wenn auch nur flüchtig , mit der unsrigen vergleichen zu können. 16, Mesostomum (Typhloplana) lapponicum nov. sp. Die von Ehrenberg gegründete, von Örsted und mir beibehal- tene Gattung Typhloplana unterscheidet sich von Mesostomum eigent- lich nur durch den Mangel der Augen, wesshalb Schnitze in seinen Beiträgen sieb veranlasst gesehen hat, sie einzuziehen. Die Zahl der sicheren augenlosen Species belief sich bis jetzt auf drei (^M. viri- datum mihi, sidphureum mihi, pratense Schultze), denen ich hier eine vierte hinzufüge. Sie ist spindelförmig, grün gefärbt durch (Cblorophyll-) Kügelchen. Die Mundöff'nung befindet sich gerade in der Mitte; die Wassergefässöfl'nung, die am Bücken liegt, erscheint noch innerhalb des Schlundkreises, etwas hinter der Mundöff'nung, und eine dritte Öff'nung, wohl der porus genitalis, befindet sich noch etAvas weiter nach hinten. Fünf elliptische Eier hier von ungleicher Grösse, mit einer rothen liarten Schale versehen, lagen bei dem einen aus (lern nordischen und dem adriatischen Meere. SO 3 Exemplar in zwei Reihen in der hinteren Körperhälfte, neben ihnen noch zwei, denen die Schale fehlte. Fundort: Ein von dem Miionio gebildeter Sumpf bei Muonio- niska; sumpfige Bucht des Torneoelfs zwischen Torneo und Ha- paranda. Gattung: STENOSTOMUM schmidt. Die Gattung Stenostomuin gehört der sehr abweichenden Fa- milie der Microstomeae an, charakterisirt durch das Vorhandensein einer Analöflhung getrenntes Geschlecht und Fortpflanzung durch sogenannte Quertheilung. Schnitze bringt noch meine Gattung Dino- philus , die ich in Färö gefunden , und welche van Beneden i) bei Ostende beobachtete, in unmittelbare Nähe der Microstomeen^). ■ Stenostomuin weicht von Microstonium unter anderm darin ab, dass bei letzterem eine blindsackartige Ausstülpung des Darmes über dem Schlünde liegt. 17. Stenostomnm torneense nov. »p. Bei einer Vergleichung dieser Art mit den beiden in meiner Monographie beschriebenen S. leucops und unicolor stellen sich augenblicklich die Verschiedenheiten heraus. Dem S. unicolor fehlen nämlich die augenartigen Gebilde, welche bei iS». leucops vor der Mundöffnung, bei der neuen Form dagegen etwas hinter der MundöfTnung liegen. Die berührten Organe sind von der Gestalt einer runden, oben etwas convexen, unten ebenen Dose, die, mit Ausnahme der scharf contourirten Seitenwandungen durchsichtig ist; ein eigentliches Pigment fehlt. S. torneense ist bis auf den bräun- lichen Darm farblos. Bei einem Exemplare lagen vier unbefruchtete Eier zwischen Darm und Körperwandung, eine Beobachtung, die mit den von Schnitze über die Geschlechtsverhältnisse der Microstomeen gemachten übereinstimmt. Fundort: Bucht des Torneoelfs zwischen Torneo und Hapa- randa. *) Bulletin de VAcad. Roy. de Belgique, Tom. XVIII, 1. part., pag. 23. ^) Schultze, über die Microstomeen. Archiv f. Naturgeschichte 1849, 504 Schmidt. Neue Rhabdocoelen Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Convoluta paradoxa a. Gehöi'organ. o. 3Iund. Fig. 2. Convoluta Diesingii, a. Gehörorgan. o. Mund. ov. Keimstock. Fig. 3. Convoluta Schultzii. a. Gehörorgan. t. Hoden. 3." Zoospernien. Fig. 4. Prostomuni Botierii. 0. Mundöffnung. 1. Mit feinen Papillen besetzter vorderer Theil des Schlundes. m. Musculöser Theil des Schlundes. n. Häutiger enger Theil des Schlundes. s. Saugmund. ov. Keimstock. p. g. Geschlechtsöffnung. 4." Zoospernien, Fig. 5. Prostomum Steenstrupii. o, l, m, n, s, ov wie bei 4. p. Penis. 5." Horniger Theil des Penis. Fig. 6. Vortex Benedeni. c. Gehirn. o. Schlund. ov. Keimstock. p. g. Geschlechtsöffnung. Fig. 7. Vortex reticulatus. o. Schlund. p. g. Geschlechtsoffnung. 7." Seitenansicht des Vorder-Endes. Fig. 8. Mesosfomum ovoideum. 0. Schlund. V, s. Blase , welche Zoospernien enthält. ov. Ein Ei. Fig. 9. Mesostomum lenticulatum. 9." Auge. 9.' Linse von oben. 9.' Linse von der Seite. aus Hein nordischoii und dem adriatischen Meere. 505 Fig. 10. Proporus rubropunctadis. o. Mundöffuung. o. Gehörorgan. oc, Auge. p. g. Geschlechtsöffnung. Fig. 11. Vorticeros pulchelluni. 0. Schlund. Fig. 12. Playiostomum boreale. 0. Mund. gl. Geschlechtsdrüsen (Hoden? Dotferstöcke?). p. g. Geschlechtsöffnung. Fig. 13. Trigonostomum setigerum. 0. 31und. o. s. Saugmund. s. Blase mit Zoospernien. p. Penis. 13". Penis. Fig. li. Orihostomum sipkonophorum. o. Mund. ov. Keimstock. g. Sipho. Fig. 15. Schizoprora venenosa. o. Mund. d. Flimmernder, am Hinter-Ende mündender Canal. 15". Giftorgan. Fig. 16. Mesoslomum lapponicum. o. Schlund. V. Wassergefässöfifnung. p. g. GeschlechtsölTnung. Fig. 17. Stenostomtim iorneense. o. Mund. f. Schlund. i. Darm. oc. Augen. Ol'. Eierstock. 17a. Schlund und Anfangsstück des Darmes von der Seite. 17b. Auge, sehr vergrössert. Sitzh. d. mathem.-nutunv. Cl. IX. Bd. IIF. Hft, 3% 5 0 6 S c h w e i g g e r. über die Auffindung Über die Auffindung der zwei ersten Uranustrabanten durch Lasseil. Von Prof. Schweigger in Halle. 1. In Humbold t's Kosmos, Bd. HI, S. 529 (wo es sieh von den Satelliten des Saturn handelt) kommt folgende Stelle vor : „Die Periode des dritten Satelliten ist das Doppelte von der des „ersten; der vierte Satellit hat die doppelte Umlaufszeit des zweiten. „Die Genauigkeit geht bis auf ssö der längeren Periode. Dieses nicht „beachtete Resultat ist mir bereits im November 1845 in Briefen von „Sir John Herschel mitgetheilt worden." Es wurde aber schon im Jahre 1814 dasselbe Resultat umständ- lich dargelegt als nothwendige Folge eines Gesetzes, welches un- mittelbar darauf zur Bestimmung der Umlaufs zeit der zwei ersten Uranus trab anten führte*). Und diesem Gesetze gemäss wurde die Umlaufszeit der beiden ersten Uranustra- banten theoretisch zu 2-1767 und 3-3S34 Tagen bestimmt, während La SS eil seinen ersten Beobachtungen gemäss, sie vorläufig zu 2*5 und 4 Tagen bestimmte, so dass also nur in den Decimalen noch eine Abweichung Statt findet 2). *) S. S. 27 — 29 der „Abhandlung über die Umdrehung der magnetischen Erdpole und ein davon abgeleitetes Gesetz der Trabanten- und Planeten- Umläufe" von J. S. C. S eh wei gg er in Briefen an W. Pfaff nebst einem Schreiben des Letzteren über K epler's „Weltharmonie." (Aus dem Journal für Chemie und Physik, Bd. X, Hft. 1, besonders abgedruckt.) Nürnberg bei J. L. Schräg, 1814. — Übrigens ist das hierüber im vor- liegenden Blatte Mitgetheilte lediglich als ein Bruchstück zu betrachten, das mit weiter fortgesetzten Forschungen über Weltmagnetismus zu- sammenhängt, wie schon im Jahre 1828 die an Sömmerring's „Son- nenflecken-Beobachtungen'' sich anschliessende Abhandlung „über die Natur der Sonne" zeigte, welche im Jahrbuch der Chemie und Physik von 1828, Bd. III (der ganzen Beihe , Bd. LIV) , S. 434 — 464 mitgetheilt, aber auch in besonderen Abdrücken erschienen ist. ^) „Astronomische Nachrichten'' Nr. 783, worin S. 259 Lasseil in einem Briefe vom 4. November 1851 sich also ausdrückt: / first saw these two satellites of lohieh I tiow announce the discovery on the 2iih of last month, I ohtained fiirther observations of ihem on the 28th and 30th of October and on the 2nd inst., and 1 found that all the observations were well satisfied, for so short an intervall, by a period of der /.wi'i ersten Uraiuistrahaiiten durch Las seil. 507 2. La Place hatte in seiner Periode keinen Grund, besonderes Gewicht zu legen auf das in so grosser Strenge bei den ersten Ju- piterstrabanten vorkommende Verdoppelungsgesetz, das er, vielmehr als zufällig herbeigeführt, durch gegenseitige Störungen als ein Systeme a part de ces corps betrachtet. Die bei chemischen Combinationen öfters vorkommenden Ver- doppelungen (woraus man ein Gesetz der multiplen Propor- tionen gemacht hat) mussten auch bei den grossartigen von der Astronomie in Betracht gezogenen Körpercombinationen die Auf- merksamkeit auf dieses Verdoppelungsgesetz hinlenken. Daraus ent- steht auf alle Fälle ein Gewinn für die Chemie, welche dadurch abgezogen wird von geistlosen atomistischen Betrachtungen. 3. Das in der Planetenwelt annähernd geltende Gesetz des Abstandes, das zur Aufsuchung der Ceres anregte und auch neuer- dings bei Berechnung des Neptun mit benützt wurde, bezeichnete man bei den entfernteren Planeten gewöhnlich als ein Verdoppelungs- gesetz. Das Verdoppelungsgesetz, welches in der Trabantenwelt bei den Umläufen gilt, würde daher bei den Planeten in den revoluüon of four days for the outermost and two days and five tenths for the innermost. Eine Zeichnung dieser in vier Nächten gemachten Beobachtungen ist in einer Tafel angereiht. Übrigens heisst es in einem späteren Briefe vom 26. Mai 1852 (s. astronomische Nachrichten Nr. 812, S. 328):TÄe observations of 1851 are well represenied by a period of 2,5117 days and 4,1445 days, periods not differring greatly front these given in my former eommunieation. — Eben darum wurde obige Note zunächst für die „astronomischen Nachrichten" geschrieben. In einem physikalischen Blatte mitgetheilt, mag sie zur Ankündigung einer grösse- ren Abhandlung dienen, welche zunächst dazu bestimmt ist, über das so- gleich nachher (Nr. 2) zu erwähnende , von den Chemikern sogenannte Gesetz der multiplen Proportionen umständlicher in dem Geiste zu sprechen, der schon bezeichnet durch einen Aufsatz „über einige noch unerklärte chemische Erscheinungen" (im Journal für Chemie und Physik von 1812 oder Bd. V, S. 49 — 74), sowie durch mehrere andere daran sich reihende Mittheilungen in demselben Journal, z. B. Bd. VII (aus dem Jahr 1813), S. 305 — 308 und Bd. XIV (aus dem Jahre 1815), S. 127, sowie Bd. XXXIX (aus dem Jahre 1823), S. 214 — 250 und Bd. LIX (aus dem Jahre 1830), S. 299, Note. Diese Betrachtungen, welche sich darauf beziehen, die sogenannte indifferente allgemeine Körperanziehung auf ein polares Princip zurückzuführen , erhielten stets weitere Ausdehnung in meinen Vorlesungen über physikalische Chemie. 34 ■* 508 Schweigger. Über die Auffindung Distanzen sich geltend machen. — Nur trat das Gesetz nicht scharf hervor , weil man willkürlich verlangte, dass es lediglich auf die mittleren Distanzen bezogen werden solle. 4. Ganz scharf aber treten in den Planetendistanzen bei ver- schiedenen Lagen der Planeten gegen einander die Verhältnisse 1:2:4 hervor , und zwar : a) bei den mondlosen Planeten: Mercur, Venus, Mars. Welche Lage der Venus man auch annehmen mag von der klein- sten bis zur grössten Distanz: so wird dieselbe halbirt, immer die Zahl einer Mercurdistanz geben, die etwas kleiner ist, als die mittlere. — Verdoppelt aber gibt jede Venusdistanz eine Mars- distanz, die gleichfalls etwas kleiner ist als die mittlere (was wir durch < M bezeichnen wollen) : Abstand. Mercur. Venus. Kleinster Grösster 0,3592001Äph. 20,0763 Abstand, Kleinster . Grösster . Jupiter. 4,951871 Ö,019075 in der Achselhöhle 36*. Mit Ausnahme der straff gespannten Sterno-cleido-masloidei alle Muskeln weich , schlaff. Die Kranke blieb stehend, sitzend, oder liegend in jeder Stel- lung, in die sie gebracht wurde, nur der Kopf Hess sich wegen Spannung der Sterno-cleido-mastoidei nicht nach BeHeben stellen. Im Bette oder am Bettrande verharrte der Rumpf in allen Posi- tionen von jener des rechten Winkels, bis zu einer Neigung von 10 — 12" gegen den Horizont durch eine geraume Zeit, ohne dass ein Zittern oder eine Anstrengung sich bemerkbar machte; ein Gleiches war der Fall bei Streckung des Oberarmes mit gleich- zeitiger Streckung oder Beugung des Unterarmes in liegender, sitzender, oder aufrechter Stellung der Kranken. Ein ähnliches Verhalten zeigte sich an den untern Extremitäten, doch nicht in so hohem Grade als am Rumpfe und an den Händen, und ungewöhn- liche Stellungen der unteren Extremitäten , z. B. eine sehr starke Drehung nach aussen oder nach innen wurden nicht beibehalten. Bei den verschiedenen Stellungen , die man die Kranke annehmen Hess, waren stets nur die Muskeln zusammengezogen, deren Action eben zur Erhaltung der gegebenen Stellung nöthig war, alle übrigen Muskeln zeigten sich vollkommen schlaff. Nachdem eine Stellung durch kürzere oder längere Zeit beibehalten worden war, wurde sie nicht plötzHch, sondern nur allmählich in die der Schwere entspre- chende verändert, der schief gesteUte Rumpf, der nach aufwärts mehrere lAIoiiate anhaUenden Katalepsis. 019 gestreckte Oberarm senkte sich nur langsam herab , und nach dem Wechsel der Stellung kamen verschiedene Muskeln in Thätigkeit. Die Kranke konnte an allen Stellen des Körpers gekitzelt, gekneipt oder gestochen Morden, ohne dass darauf eine Bewegung erfolgte; ein rasches Anfahren mit dem Finger oder einer Messerspitze gegen das oOene Auge brachte weder im Auge noch an den Augenlidern eine Bewegung hervor, wurden jedoch die Cilien berührt, so zuckte das Augenlid, auch das rasche Nähern einer Kerzenflamme brachte ein Zucken der Augenlider hervor. Wurde die Nasenschleimhaut mittelst eines Federbartes oder durch stark riechende Substanzen, selbst Ammoniak, gereizt, so wurden bloss die Zehen schwach bewegt. Bei Vornahme derartiger Experimente zeigte sich bald eine Röthung der Wangen und Stirne, das Auge überfloss von Thränen, der Puls wurde beschleunigt, die Temperatur erhöht. Die Beobachtung der nächstfolgenden Tage ergab einen un- zweifelhaften Unterschied zwischen Wachen und Schlafen der Kran- ken. Um 7 Uhr Abends drehte sich nämlich die Kranke die den ganzen Tag auf dem Rücken mit otfenen, stieren Augen regungslos gelegen war, auf die linke Seite, schloss die Augen und ihr Athem wurde hörbar. Am Morgen drehte sie sich nach dem Öffnen der Augen entweder selbst auf den Rücken, oder man nahm diese Lageverände- rung mit ihr vor, wenn sie es zu thun unterliess. Auch im Schlafe blieb der in die Höhe gehobene Arm in der gegebenen Stellung. Weiter zeigte sich, dass die Kranke mit Ausnahme von Wasser und stark versüsstem Milchkaffee nichts zu sich nahm. Sowohl das Wasser als der Kaffee wurden, nachdem der Mund zuweilen leicht, zuweilen mit ziemlicher Gewalt geöffnet worden war, in kleinen Portionen eingeflösst, und von der Kranken unter unmerklichen Schlingbewegungen, hauptsächlich durch Verschiebung der Zunge nach abwärts befördert. Brachte man etwas anderes als Wasser oder Milchkaffee, z. B. eine Suppe, oder blosse Milch in den Mund, so legte die Kranke die Zunge an die Zähne, und das Eingeflösste floss zum Munde heraus. Wurde die Flüssigkeit mit Gewalt tiefer in die Mundhöhle gebracht, so erfolgte ein Hustenanfall und Er- brechen. Man versuchte mehrere angenehm schmeckende Flüssigkeiten. Mit Ausnahme von etwas Limonade, die nur einmal geschluckt wurde, wurde alles Übrige verschmäht. Man konnte nach dieser Thatsache 520 Skoda. Geschichte einer durch nicht zweifeln, dass die Kranke schmeckte, und somit einen gewissen Grad von Bewusstsein noch besass. Das Wasser und der Kaffee konnten nicht zu beliebigen Stunden beigebracht werden ; in der Regel war die Kranke nur Morgens oder Abends zum Schlingen befähigt, einmal und zwar am 2. November richtete sie sich am Abend im Bette auf, ergriff ein Glas Wasser und trank. Die Menge des täglich genossenen Milchkaffees war 6 bis 10 Uncen, eben so gross die des Wassers. Der Harn betrug täglich 6 bis 14 Uncen, er war dunjcel, klar, hatte ein specif. Gewicht von 1,033, und schied in kurzer Zeit Krystalle von Harnsäure aus. Die Salze waren die gewöhnlichen , und ihr Verhältniss wich vom Nor- malen nicht ab. Der Harn wurde durch längere Zeit vollständig aufgefangen , indem die Kranke mehreremal täglich , insbesondere Abends nach dem Genüsse von Kaffee auf das Nachtgeschirr gesetzt, und so zur Harn-Entleerung aufgefordert wurde. Die Stuhl-Entleerung erfolgte die erste Zeit nicht, es war bei dem Mangel der Faeces in den Gedärmen nicht nöthig, den Stuhl- gang zu sollicitiren. Die Menstruation war im August ausgeblieben, und seitdem nicht mehr eingetreten. Das Körpergewicht der Kranken betrug am 30. October 55 lib. 12 Loth. Nachdem die ersten Tage Elektricität zu wiederholten Malen ohne Erfolg angewendet worden war, liess ich die Kranke am 5. No- vember in ein Bad von 25" R. durch 10 Minuten setzen. Eine Stunde nach dem Bade wurde die Kranke livid, der ganze Körper fühlte sich kalt an , und die unteren Extremitäten waren straff gespannt. Man musste mit Wärmflaschen zu Hülfe kommen, erst nach 48 Stunden erhöhte sich die Temperatur bis zu dem vor Anwendung des Bades bestandenen Grade, verlor sich der Livor und die Span- nung der Muskeln. Ich wagte kein zweites Bad. Nachdem die Tem- peratur von ES*^ R. einen ungünstigen Erfolg hatte, glaubte ich die Wirkung einer höheren Temperatur mit Wahrscheinlichkeit nicht bestimmen zu können. Da bei der Weigerung der Kranken, etwas anderes als Wasser und Kaffee zu verschlucken, an Beibringung von Medicamenten durch den Mund nicht zu denken war, so schien es passend; medicamentöse Stoffe mittelst Klystieren zu verabfolgen. Ich wählte zuerst den schwarzen Kaffee. Es ist bekannt, dass der schwarze Kaffee den Schlaf vertreibt und mithin auf das Gehirn mehrere Monale anhiiltondeii Kutalcpsis. 521 erregend Mirkt. Vom 7. November im wurden täglich 6 Unzen schwarzen Kaffees mittelst Klystieren beigebracht. Die folgenden Tage schien sich die Kranke zu bessern, der Speioheltluss wurde geringer, die Injection der Conjunctiva hatte sich auf kalte Umschläge sehr vermindert. Nachdem es sich herausstellte, dass der durch Klystiere bei- gebrachte schwarze Kaffee vollständig resorbirt wurde, so wurden vom 10. November an nebst dem schwarzen Kaffee auch noch 6 Uncen Rindsuppe mit 1 Ei täglich mittelst Klystieren beigebracht. Am 11. November erfolgte zum ersten Male seit der Anwesenheit der Kranken auf der Klinik eine Stuhl-Entleerung. Der Koth war massig fest, von gewöhnlicher Färbung. Am 14. November wurde die Kranke wieder gewogen. Ihr Ge- wicht betrug an S3 Lib. Beim Wägen machte man die Beobachtung, dass die Kranke, auf die Füsse gestellt, wohl gestreckt blieb, aber das Gleichgewicht nicht balten konnte, somit ohne Unterstützung der Länge nach hingestürzt wäre. Am 17. November erfolgte die zweite Stuhl-Entleerung. Der Koth stellte feste Knollen dar, und wog 8 Uncen. Man hatte schon am 16. November eine abermalige Abnahme der Temperatur bemerkt; am 17. mussten Wärmflaschen angewendet werden, der Puls sank auf 66. Da am 18. November die Temperatur und die Pulsfrequenz sich nicht hob, so wurde ausser dem schwarzen Kaffee, der Milch und der Rindsuppe Nachmittags eine Drachme Chinoidin im Klysma bei- gebracht. Gegen Abend wurde der durch den Mund beigebrachte Milchkaffee erbrochen. Am 19. November schlief die Kranke bei Tage sehr viel, musste künstlich erwärmt werden , nahm keine Nahrung und erhielt nebst schwarzem Kaffee, Milch und Rindsuppe, abermals eine Drachme Chinoidin in Klystieren. Am Abend trat der Schlaf nicht ein, später befiel die Kranke ein Zittern des ganzen Körpers , die untern Extre- mitäten wurden steif. Gegen 4 Uhr Morgens hörte das Zittern und die Anspannung der Muskeln auf, nachdem feste knollige Kothmassen und Urin ins Bett entleert Avorden waren. Am 20. November 8 Uhr Morgens trat Schlaf ein, die Tem- peratur besserte sich, ein Zucken der Augenlider und der Gesichts- muskeln, und ein häufiger Farbenwechsel im Gesicht machte sich Sitzb. d. mathein.-naturw. Cl. IX, Bd. III. Hft. 35 522 Skoda. Geschichte einer durch noch durch mehrere Stunden bemerkbar. Der Puls stieg auf 84. Durch den Mund konnte nichts beigebracht werden , schwarzer Kaffee, Milch und Rindsuppe wurden in Klystieren gegeben. Die Nacht vom 20. auf den 21. November war schlaflos, der Puls stieg auf 88 , die Füsse wurden zeitweise steif, die künstliche Erwärmung musste noch fortgesetzt werden. Nachdem die Abnahme der Temperatur schon vor Anwendung des Chinoidins begonnen, und das Zittern nach erfolgter Entleerung des knolligen Kothes aufgehört hatte, so konnte das Chinoidin nicht als die Ursache der eingetretenen Verschlimmerung angesehen wer- den, es war jedoch klar, dass das Chinoidin auch keine günstige Wirkung hatte. Es wurde somit nicht weiter gegeben, und statt des schwarzen Kaffees , dessen Anwendung bis dahin auch ohne Erfolg blieb, am 21. November russischer Thee in Klystieren beigebracht. Durch den Mund wurde keine Nahrung genommen. In der Nacht vom 21. auf den 22. schlief die Kranke ununter- brochen , die Spannung der untern Extremitäten blieb aus , am 22. November sank der Puls auf 60. Am 2S. nahm die Kranke wieder 6 Uncen Milchkaffee, der Puls schwankte zwischen 60 und 72, in der Nacht auf den 24. trat ruhiger Schlaf ein. Als ein besonders günstiges Moment wurde der Umstand her- vorgehoben, dass ungeachtet des langen Liegens und der Regungs- losigkeit der Kranken kein Decubitus sich zeigte. — Von der künst- lichen Erwärmung konnte erst am 25. November abgelassen werden. Mehrseitig wurde der Wunsch geäussert, die Einwirkung der Musik auf die Kranke zu erproben, und ungeachtet der Entgegnung, dass die Kranke schon in Anbetracht ihrer Schwerhörigkeit von der Musik nicht afilzirt werden könne, immer wieder vorgebracht. Ein Versuch war leicht anzustellen, und so wurde die Kranke am 26. No- vember in die Nähe eines Klaviers, dann ihr Kopf an verschiedenen Stellen mit dem Resonnanzboden in Berührung gebracht, während theils heitere, theils ergreifende Tonstücke gespielt wurden; doch nicht die leiseste Bewegung war zu bemerken, aus der man hätte schliessen können , dass die Kranke die Musik vernahm. Bei Gelegenheit dieses Versuches wurde die Beobachtung ge- macht, dass die Kranke wieder stehen konnte, und unterstützt und nach vorwärts geschoben. Schritte machte. iiu'hroi'c Moiiato anhaltcmltMi Katalepsis. 523 Die tägliche Nahrung der Kranken bestand jetzt wieder in 6 bis 12 Uneen MilcbkafTees, der durcli den Mund beigebracht wurde, dann in 6 Uncen russischen Thees und 6 üncen Rindsuppe mit einem Ei, in Klystieren gegeben. Nach der am 26. November gemachten Erfahrung, dass die Kranke stehen , und unterstützt schreiten könne , wurde sie von da an täglich ausser Bett gebracht, und im Saale herumgeführt. Mit Ausnahme der Füsse , die beim Vorwärtsschieben der Kranken die Bewegung des Schreitens machten, blieb an der Kranken Alles regungslos. Die ersten Tage konnte sie nur durch einige Minuten aufrecht bleiben, nach einiger Zeit wurde sie schon durch den ganzen Saal herumgeführt, und dann zum Ausruhen nicht ins Bett gebracht, sondern in einen Lehnstuhl gesetzt. Ungeachtet dieser Besserung konnte der Harn nicht wie früher aufgefangen werden , er wurde ins Bett gelassen. Das Körpergewicht nahm noch ab. Die Kranke wog am 28. November 491/4 Lih. , am 12. December 48% Lib. Etwa jeden fünften Tag erfolgte eine Entleerung knolligen Kothes von 6 bis 8 Uncen. Am 13. December konnte sich die Kranke ohne Unterstützung auf den Füssen halten , und an der Hand geführt im Saale spazieren gehen. Nachdem sie am 14. December, ungeachtet der Unterstützung, nicht zum Gehen zu bringen war, und auch den Milchkaffee zu neh- men sich geweigert hatte, trat mit dem 15. December eine auf- fallende Besserung ein, in der Weise, dass die Kranke von da täglich 24 Uncen Milchkaffee trank und täglich zweimal im Saale herumgeführt wurde. Vom IS. bis 27. December wurde täglich ein warmes Fussbad gegeben , um allenfalls die seit August nicht mehr eingetretene Menstruation hervorzurufen. Am 27. December wurde in gleicher Absicht der haemospasische Apparat durch 20 Minuten an die rechte untere Extremität applicirt. Der Puls stieg gegen Ende der Operation auf 140, das Gesicht wurde leichenblass, die Temperatur sank, es stellten sich Zuckungen am ganzen Körper ein, und mit einem heftigen Ruck wurde die am Rücken liegende Kranke auf die linke Seite gedreht. Man beeilte sich den haemospasischen Apparat zu entfernen , und die erkaltende Kranke durch Wärmflaschen zu restauriren , was nach wenigen Stunden zu Stande gebracht wurde. 35 * ö24 Skoda. Geschichte einer durch Die Haemospasie hatte weiter keine üble Folge. Am 28. December ging die Kranke wieder im Saale herum, und trank von da an täglich 30 Uneen Milchkaffee. Die nährenden Kly- stiere wurden fortgesetzt. Das Körpergewicht betrug am 28. De- cember 481/4 Pf. Am S. Jänner 18S2 musste, da die Kranke durch festen Koth gequält schien, ein Clysma zur Beförderung der Stuhl-Entleerung ge- geben werden. Vom 9. Jänner an ging die Kranke, ohne geführt zu werden, der voranschreitenden Wärterinn im Saale nach, und setzte sich auf deren Wink im Stuhle nieder. Das Gesicht blieb aber noch aus- druckslos. Vom 13. Jänner an zeigte sich Heiterkeit im Gesichte, die Kranke begann die Gegenstände mit den Augen zu fixiren, der Mund blieb jedoch geschlossen, und musste behufs der Beibringung der Nahrung noch immer geöffnet werden; derAusfluss eines übelriechenden Spei- chels dauerte fort. Vom 20. Jänner an blieb die Kranke nicht mehr in den ihr ge- gebenen Stellungen, der erhobene Arm sank, sobald er freigelassen wurde, sogleich und rasch herab, das Merkmal der Katalepsis war hiemit verschwunden ; die durch den Mund beigebrachte Nahrung stieg von jetzt an täglich auf 40 bis 42 Uncen, und zwar wurde nicht bloss Milchkaffee, sondern auch Suppe und Milchspeise genossen. Der Urin wurde noch immer im Schlafe ins Bett gelassen. Am 31. Jänner war das Gewicht der Kranken ungeachtet der Vermehrung dej Nahrung auf 45 Pfd. vermindert. Von da an begann es wieder zuzunehmen, es betrug am 7. Februar 46 Pfd. 4 Loth, am 14. Februar 46 Pfd. 10 Loth, am 28. Februar 46 Pfd. 28 Loth. Vom 24. Februar an wurde jeden vierten Tag ein laues Bad gegeben. Am 29. Februar mussten zur Entfernung harten Kothes mehrere Klystiere gegeben werden. Vom 1. März an öffnete die Kranke selbst den Mund, um Spei- sen zu empfangen , nicht bloss das Gesicht war bereits belebt , auch die Hände wurden willkürlich bewegt, der Gang war sicherer, die Haltung des Körpers fest; die Kranke brachte täglich mehrere Stun- den ausser Bett zu, der Harn wurde willkürlich entleert. Vom S. März an nahm die Kranke die Nahrung selbst, und täg- lich erfolgte eine Stuhl-Entleerung. mehrere Monate anhaltenden Katalepsis. 525 Am 8. März wurde der Kranken eine Strickerei in die Hände gegeben. Sie setzte die Arbeit mit grosser Geschicklichkeit, und fehlerlos fort. Am 9. März bemühte sich die Kranke sichtlich, kund zu geben, dass sie an der Umgebung Antheil nehme. Sie strickte emsig, be- suchte die übrigen Kranken im Saale der Reihe nach , machte bei Scherzen eine lächelnde Miene. Zu Mittag richtete sie mit Sehnsucht ihre Blicke nach dem Braten, es wurde ihr ein Stück gegeben. Sie war im Stande, das Fleisch zu kauen, und erhielt von nun an täg- lich auch gebratenes Fleisch. Am 12. März besuchte sie ihr Stiefvater. Sie wurde bei seinem Erscheinen blass , und blieb darauf durch mehrere Stunden nieder- geschlagen. Zu Mittag ass sie mit Appetit, spielte nachher Karten, aber beim Wiedererscheinen ihres Stiefvaters wurde sie abermals traurig. Am 13. und 14. März hielt die Niedergeschlagenheit an, das Gesicht hatte einen schmerzlich- kläglichen Ausdruck , die Kranke wollte das Bett nicht verlassen, nahm sehr wenig Nahrung, die Nächte waren schlaflos, die Unterldeferspeicheldrüsen zeigten sich geschwellt, die Conjunctiva geröthet, das Auge war beweglich, das charakteri- stische Zeichen der Katalepsis machte sich an den obern Extremitäten wieder bemerkbar. Der Stiefvater der Kranken war schon am 12. wieder abgereist. Am 15. März waren die Drüsen noch stärker geschwellt, die Conjunctiva sehr stark injicirt, die Kranke wollte Nahrung nehmen, schien jedoch durch Schmerz am Schlingen verhindert zu werden. Nachmittag sprang sie im Bette auf, stiess klägliche Laute aus, fiel dann zurück, zog die Füsse an und blieb mit weit offenem Munde starr liegen. Puls 86. Diese Verschlimmerung die anfangs dem Er- scheinen des Stiefvaters zugeschrieben wurde, leiteten wir nach dem Auftreten der entzündlichen Schwellung der Unterkieferspeichel- drüsen von dieser Erkrankung her, die höchstwahrscheinlich in Folge einer Erkältung eingetreten war. Es wurden auf die Augen sowohl, als auf den Hals kalte Umschläge applicirt. Am 16. war die Röthung der Conjunctiva und die Schwellung der Unterkieferspeicheldrüsen geringer, die Kranke konnte etwas Milch nehmen. 52(5 Skoda. Geschichte einer durch Am 19. März konnte die Kranke wieder das Bett verlassen, und alles essen. Von da an nahm ihre Kraft so zu, dass sie am 22. März schon einen Spaziergang im Spitalshofe machen konnte. Am 27. März beantwortete die Kranke einige an sie gestellte Fragen schriftlich mit Ja oder Nein. Am 28. schrieb sie einen Brief an ihre Mutter , und datirte ihn richtig von Wien. Vom 29. März an äusserte sie alle ihre Wünsche schriftlich. Alle Bemühungen sie zum Sprechen zu bringen, waren bis jetzt ver- geblich geblieben. Auf die Frage, warum sie nicht sprechen wolle, schien sie entweder verlegen oder unwillig zu werden. Am 4. April wurde die Kranke ohne bekannte Veranlassung niedergeschlagen, wollte nicht schreiben, und nicht spazieren gehen. Die Nacht auf den 5. war schlaflos. Am 5. Morgens war der Puls 100, der Blick unstätt, der Ge- sichtsausdruck zeigte Ängstlichkeit, die Nahrung wurde mit gieriger Hast genommen. Die Nacht vom 5. auf den 6. April war wieder schlaflos. Am 6. Morgens schlug der Puls 120, die Kranke war sehr unruhig, am ganzen Körper wärmer; es wurde zur Beförderung der Stuhl-Entlee- rung ein Klysma gegeben. Am 7. April der gleiche Zustand. Die Kranke führte die ge- reichte Nahrung hastig zum Munde, behielt sie aber lange darin, wälzte den Bissen zwischen den Zähnen und brummte dabei auf un- heimliche Weise. Die erste Hälfte der Nacht auf den 8. April abermals schlaflos. Gegen Mitternacht setzte sich die Kranke im Bette auf, fasste die Wärterinn am Arme und rief: „Ich will in den Hofgarten gehen." Auf die Entgegnung der Wärterinn, dass dies in der Nacht nicht angehe, wendete die Kranke sich zur zweiten Wärterinn mit den Worten: „Komm Du, wenn ich gehen will," blickte diese einen Augenblick sehnsüchtig an, sank dann ermattet ins Bett, und schlief ein. Am 9. April war der Puls 84, der Gesichtsausdruck ruhig und heiter, die Esslust sehr gering. Am 12. konnte die Kranke wieder das Bett verlassen, ging spazieren, strickte und lachte, der Appetit war wieder gut. Am 14. April schrieb die Kranke einen längeren Brief an ihre Mutter, beantwortete jede Frage schriftlich, spielte Karten und ging niehi'ere Monate anhaltenden Katalepsis. 527 spazieren etc. , nur zum Sprechen war sie nicht zu bewegen , und zeigte bei der Frage warum sie nicht sprechen wolle, entweder ein Befremden oder Unwillen. Am 20. April fing die Kranke endlich an zu sprechen. Ihre Stimme war sehr schwach und näselnd und versagte häufig ganz. Am 21. April war die Stimme bereits stärker. Die Kranke äusserte eine ungemeine Freude, dass sie sprechen konnte, und dankte für die genossene Pflege. Von allen krankhaften Zuständen Avar nur noch die vermehrte Speichelabsonderung, und eine Steifheit des Halses zurückgeblieben. Die Periode war noch nicht eingetreten, ungeachtet die Ernäh- rung sichtlich zugenommen hatte, und die Kranke jeden vierten Tag ein warmes Bad erhielt. Bis zum 1. Mai verlor sich auch die vermehrte Speichelabson- derung und die Steifheit am Halse. Die Stimme war nun so , wie vor der Erkrankung. Die Genesene war ungemein geschwätzig, und wurde nicht müde, alles was sie von ihrer Krankheit wusste, jedem, der sie anhörte, zu erzählen. Wir erfuhren nun von ihr, dass sich ihrer während der Behand- lung durch Dr. S c h o de r plötzlich eine Traurigkeit bemächtigt habe, die sie trotz aller Bemühungen nicht überwinden konnte. Weder Theater, noch eine andere Lustbarkeit konnten ihre Unbehaglichkeit verscheuchen. _ „Ich sass unbeweglich, glotzte jedermann an , die an mich gestellten Fragen glaubte ich zuweilen beantwortet zu haben, und war unwillig, zweimal befragt zu werden, zuweilen wusste ich deutlich, dass ich nicht gesprochen hatte und nicht sprechen konnte." Sie erinnerte sich an die Abreise von Wien. In Wiener Neu- stadt, wo man nach ihrem Passe fragte, glaubte sie, man wolle sie einsperren und hängen, weil sie mit der Polizei wegen ihres Be- gleiters, den man ihr nehmen wollte, gestritten habe. Als ihr zu Hause wohler geworden war , fühlte sie dessenunge- achtet einen Druck im Kopfe und konnte sich auf nichts besinnen. Sie erinnerte sich weiter auf ihre zweite Beise nach Wien , und erzählte ziemlich genau die auf meiner Klinik mit ihr vorgenommenen Versuche. Sie beschrieb den Botations-Apparat, wusste, dass man sie ans Klavier angelehnt habe, die unangenehmste Erinnerung war für sie der grosse blecherne Stiefel — haemospasische Apparat. — 528 Skoda. Geschichte einer durch Die mit ihr vorgenommenen Versuche hatten sie häufig in grosse Angst versetzt , indem sie nicht wusste, was man mit ihr vorhabe. Nur der Umstand , dass sie aus den an ihrem Bette gehaltenen Vor- trägen zu wiederholten Malen die Versicherung vernahm, dass sie genesen werde, und dass mit ihr nichts vorgenommen würde, was ihr schaden könnte, hatte ihre Angst gemildert. In Bezug auf ihre Begungslosigkeit gab sie an, dass es ihr unmöglich war, ein Glied zu bewegen, dass sie häufig und jedesmal, wenn man mit ihr Versuche anstellte, sich auf das Äusserste an- strengte, den Körper zu bewegen und sich den Versuchen zu ent- ziehen, dass ihr insbesondere die Beibringung von Speisen häufig eine grosse Qual machte, dass sie aber nicht im Stande war, dies anders als durch Andrücken der Zunge an die Zähne kund zu geben. Mehrere Male habe sie die Empfindung gehabt, als gehe vom Munde ein Seil in den Magen, und schnüre diesen zusammen; dann sei das Schlingen unmöglich gewesen. Die Zuckungen und Krämpfe verursachten ihr Schmerzen. Bei ihrem Besserwerden fühlte sie, wie ein Theil nach dem andern freier wurde. Dass sie einige Zeit vor ihrer gänzlichen Herstellung in der Nacht gesprochen habe, wusste sie, und gab weiter an, dass sie dadurch, dass sie einige Tage nicht in den Spitalshof geführt wurde, in die grösste Aufregung kam , und nach langer Anstrengung plötz- lich reden konnte. Am 4. Mai verliess sie vollkommen wohl das Krankenhaus. Ihr Körpergewicht war 59^8 Pfund. Die Schwerhörigkeit war geblieben, und die Menstruation nicht eingetreten. — Im Juli wurde mir ge- meldet, dass sie bis dahin ganz gesund geblieben war. Man ersieht aus dem Mitgetheilten, dass die sogenannte wäch- serne Biegsamkeit der Kataleptischen nicht durch eine massige An- spannung der sämmtlichen Muskeln bedingt werde. — Professor Brücke, der die Kranke zu wiederholten Malen untersucht, und das Verhalten der einzelnen Muskeln bei den verschiedenen der Kranken gegebenen Stellungen geprüft hat, war der Ansicht, die Kranke werde durch eine dunkle Vorstellung, durch irgend ein Traumbild zur Beibehaltung der ihr gegebenen Stellungen veranlasst. Gegen diese Erklärung sprach vor Allem der Umstand, dass der Arm auch während des Schlafes der Kranken, die gegebene Stellung beibehielt. Weiter blieb das Gesieht stets ausdruckslos. mehrere IMonato nnlialt enden Katalepsis. 529 die verschiedenen der Kranken gegebenen, und von ihr beibehaltenen Stellungen wurden von keiner Veränderung der Mienen begleitet, was doch hätte erfolgen niiissen, wenn eine dunkle Vorstellung die Kranke zur Beibehaltung der gegebenen Stellungen veranlasst hät!c. Eine Beschränkung der Wirkung der dunklen Vorstellung auf die Muskeln des Rumpfes und der Extremitäten mit Übergebung der Gesichtsmuskeln schien mir nicht möglich , da die Beobachtung an Geisteskranken lehrt, dass der Gesichtsausdruck mit der durch eine fixe Idee bedingten Haltung des Körpers stets harmonirt. Endlich sprach die Abwesenheit jedes Zeichens einer Anstren- gung von Seiten der Kranken, behufs der Beibehaltung ungewöhn- licher Stellungen gegen die Annahme, dass der Wille der Kranken irgendwie thätig sei. Die von der Genesenen gegebene Aufklärung, dass sie während ihrer Krankheit unausgesetzt Anstrengungen machte, ihre Glieder zu bewegen, gibt nun vollends die Bestätigung, dass die der Kranken gegebenen Stellungen gegen ihren Willen , also gewiss ohne Zuthun einer dunkeln Vorstellung beibehalten werden. Ich bin somit der Ansicht, dass die sogenannte wächserne Biegsamkeit derKataleptischen als eine Reflex-Erscheinung aufgefasst werden müsse. Hofrath Bischoff lieferte in einem seiner Werke: „Darstel- lung der Heilungsmethode in der med. Klinik an der k. k. med. chir. Josephs-Akademie in den Jahren 1826 — 1827 von Dr. Ignaz Rudolf Bischoff etc., Wien 1829'', die Geschichte eines Krankheitsfalles, der mit dem von mir beschriebenen in der Hauptsache gleich war. Er gab der Krankheit den Namen: Lethargus. Ich konnte meinen Krankheitsfall nicht Lethargus nennen, da die Kranke in der Regel den ganzen Tag wacli war, und nur in der Nacht schlief. Mir schien unter den vorhandenen Krankheitsnamen die Benennung Katalepsis für meinen Fall am meisten geeignet. Bei Gelegenheit der Geschichte des Lethargus hat Hofrath Bischoff die in der medieinischen Literatur vorfindigen ähnlichen Krankheitsfälle mitgetheilt. Nur der erste der angeführten Fälle — aus den Memoiren der Akademie zu Paris 1713 — kann mit Wahr- scheinlichkeit als identisch mit dem von mir mitgetheilten angesehen werden. Die übrigen lassen wegen Mangelhaftigkeit in den Angaben keine Beurtheilung zu. 530 Brücke. Über die Farben, welche trübe Medien Über die Farben , ivelche trübe Medien im aifffcdlenden und durchfallenden Lichte zeigen. Von dem w. M. Prof. Brücke. (Gelesen in der Sitzung vom 29. Juli 18152.) Trübe Medien erscheinen im auffallenden Lichte und vor einem dunkeln Hintergrunde betrachtet blau, im durchfallenden Lichte gelb oder roth. Die ersten Beobachtungen in Rücksicht auf diese Thatsache rühren von Leonardo da Vinci her, der sie in seinem Trat- tato della pittura benutzt, um die Farben des Himmels und der Landschaft zu erklären. Es ist bekannt, dass Göthe sie in das Trug- gewebe seiner Farbenlehre verflocht, indem er sie, wie er sich selbst ausdrückt, als ein ürphänomen auffasste und dadurch in den Köpfen Vieler eine beträchtliche Verwirrung hervorbrachte. Indessen ver- danken wir ihm die ausgedehntere empirische Begründung des oben ausgesprochenen Satzes durch eine Sammlung von Beispielen 9» welche, der gewöhnlichen Anschauung entnommen, dem Laien wie dem Physiker zugänglich sind, und seine Farbenlehre, namentlich bei den Malern zu Ehren gebracht haben, da diese täglich Gelegenheit finden, sich von der Richtigkeit der Göthe'schen Angaben zu über- zeugen und, nicht gewöhnt an methodische Forschung, leicht geneigt sind, Schlüsse ohne Weiteres für richtig zu halten, wenn sie die Beobachtungen bestätigt finden, auf welche sich dieselben stützen. Bei meinen Untersuchungen über den Farbenwechsel des Chamäleons fand ich, wie gewisse Farben dieses Thieres dadurch entstehen, dass ein helles Pigment, welches als trübes Medium wirkt, über ein dunkles gelagert wird. Es erinnerte mich dies wiederum daran, dass, so viel auch Göthe's Farbenlehre besprochen worden ist, man doch niemals eine allgemeine und dabei dem gegenwärtigen Zustande unserer optischen Kenntnisse homogene Erklärung von den von ihm und von Leonardo da Vinci in Rücksicht auf die trüben Mittel beobachteten Thatsachen gegeben hat. Da mir eine zoophysiologische Abhandlung über das Chamäleon nicht der geeignete Ort schien , um auf diesen rein physikalischen Gegenstand näher einzugehen, so habe ich mir vorbehalten in einer ') Göthe's Farbenlehre. Didactischer Theil. X. §. U5 — 173. iiu aufTalleiulen und durehl'iilleiiden Lichte zeigen. b3 I andern Classensitzung wieder auf denselben zurückzukommen, um ihn in seinen einzelnen Punkten zu erörtern. Es drängt sich uns zunächst die Frage auf: Was sind trübe Medien? Trübe Medien sind Gemenge zweier oder mehrerer Medien von verschiedenem Breehungsverraögen, bei welchen die einzelnen Partikeln der eingemengten Substanzen so klein sind , dass sie nicht als solche in die Augen fallen, sondern nur dadurch wahrge- nommen werden , dass sie die Durchsichtigkeit des Ganzen schwä- chen, sowohl indem ein Theil des Lichtes an ihren Grenzflächen reflectirt, als auch Meil das durchgehende Licht durch die Brechung theilweise zerstreut M'ird. Trüb und undurchsichtig sind desshalb nur relative Bezeichnungen für die Eigenschaften der Medien; denn jedes trübe Medium kann undurchsichtig und selbst undurchscheinend genannt werden, sobald man davon eine so dicke Schicht in Betracht zieht, dass kein Licht mehr hindurchgelassen wird. Wir stellen uns für unsere Untersuchungen zunächst die einzelnen Medien des Gemen- ges als farblos durchsichtig vor, damit dasselbe keine eigene Farbe habe, das heisst keine solche, die davon herrührt, dass eines der zusammensetzenden Medien als solches auf Licht von verschiedener Wellenlänge eine verschiedene Absorption ausübt. Ein solches an sich farbloses trübes Medium erscheint nun vor einem dunkeln Grunde im auffallenden Lichte betrachtet blau oder bläulich grau , im durchfallenden Lichte bräunlich , gelb , orapge oder roth. Das heisst in die Sprache der Undulationstheorie übersetzt: Das Medium reflectirt vorherrschend Licht von kurzer Schwin- gungsdauer, und lässt vorherrschend Licht von langer Schwingungs- dauer hindurch. Dass dies im Allgemeinen bei trüben Medien der Fall sein müsse, ergibt sich aus der Natur derselben und aus den Formeln für die Intensität des reflectirten und des gebrochenen Strahles. Bezeichnet man mit A^ das Maximum der Ausweichung eines Äthermoleculs im einfallenden und mit A,. das Maximum der Ausweichung eines Äther- moleculs im zurückgeworfenen Strahle, mit i und p den Einfalls- und den Brechungswinkel und mit Z, das Azimut der Polarisationsebene des einfallenden Strahles, so hat man für die Intensität des reflectirten Strahles bekanntlich ism- (i + p) ' ' tg^ (.i+p) 3 532 Brücke. Über die Farben, welche trübe Medien Da man jeden Strahl gemeinen Lichtes für unsere Zwecke als zusammengesetzt betrachten kann aus zwei Strahlen von der halben Intensität, welche senkrecht auf einander polarisirt sind, so hat man, falls das einfallende Licht nicht polarisirt ist, für die Intensität des zurückgeworfenen •- ^ ' isin^ (i + />)"• tg^ (i + pV' Indem nun i — p immer kleiner als 90^ ist, und man für jeden gegebenen Werth von i -\- p einen um so grösseren Werth für i — p erhält, je stärker der Strahl gebrochen wird, so ist es klar, dass die brechbareren Strahlen unter allen Umständen stärker zurückgeworfen werden müssen, als die minder brechbaren, so lange nicht totale Reflection für alle eingetreten ist. Bei jeder Reflection also von gemischtem Lichte, bei welcher noch ein gebrochener Strahl existirt, tritt eine chromatische Zerlegung in der Weise ein, dass der gebro- chene Strahl relativ mehr Licht von hsnger, der zurückgeworfene mehr Licht von kurzer Schwingungsdauer enthält als der einfallende. Bei einer einmaligen Reflection ist dieser Unterschied so gering, dass er in der Regel gar nicht beachtet wird; er entgeht indessen dem Auge des Malers nicht, der sehr wohl weiss, dass er seine Spiegelun- gen immer in einem etwas blaueren Tone halten muss, als die Objecte, von denen ^as gespiegelte Licht ausgeht. Denken wir uns aber , dass der ersten Reflection eine zweite, drifte, vierte u. s. w. folge, so wird die Intensität des zurückgeworfenen Strahles immer mehr abneh- men, aber auch seine Farbe sich immer mehr von der des ursprüng- lichen entfernen, indem die Strahlen von kurzer Schwingungsdauer in ihm immer mehr das Übergewicht erlangen. In den trüben Medien nun, in denen die Lichtreflection an einer grossen Menge von kleinen durchsichtigen Körpern vor sich geht, reflectirt jeder einzelne offenbar nicht nur das Licht, welches primär auf ihn fällt, sondern auch das, welches ihm von den benachbarten zugeworfen wird, und in den so entstehenden vielfachen Reflectionen finde ich den ersten Grund, wesshalb an sich farblose trübe Medien uns im auffallenden Lichte allgemein mehr bläulich als im durchfal- lenden erscheinen. Wenn man aber verschiedene trübe Medien unter- sucht, so wird man bald finden, dass der Unterschied zwischen der Farbe des aulTallenden und der des durchfallenden Lichtes bei ihnen einen sehr verschiedenen Grad hat. Er ist z. B. sehr gering bei einer im aufTallenden und durchfuUoiiden Lichte zeigen. 533 Trübung durch Oxalsäuren Kalk, schon grösser hei einer Trühung durch schwefelsauren Baryt , aber im höchsten Grade auffallend bei einer Trübung, die man durch Zusatz von Ammoniak zu der Lösung eines Thonerdesalzes hervorgebracht hat. Diese erscheint im durch- fallenden Lichte gelb, in dickeren Schichten orange und roth, wäh- rend eine dünne Schicht vor einem dunkeln Grunde eine schöne matt lasurblaue Farbe zeigt. Untersucht man nun diese Trübungen unter dem Mikroskope, so zeigt sich der Oxalsäure Kalk als ein grobkörniger krystallinischer Niederschlag; der schwefelsaure Bisryt ist schon feinkörniger, am allerfeinsten aber das Thonerdehydrat, welches nur theilweise kör- nige Massen darstellt, während andere Stellen wie bräunliche Schleier unter dem Mikroskope erscheinen, welche keine Vergrösserung mehr aufzulösen vermag. In ähnlicher Weise findet mau auch bei anderen trüben Medien, dass die Dimensionen der trübenden Elemente einen wesentlichen Einfluss auf die Lebhaftigkeit der besagten Farbener- scheinungen haben. Es lässt sich dies dahin erklären, dass je kleiner die Theilchen werden und je näher sie desshalb aneinander rücken müssen, um einen gewissen Grad der Trübung hervorzubringen, um so zahlreicher und wirksamer auch die vielfachen Reflectionen und Brechungen werden, von denen die Steigerung der Farben abhängt. Andererseits aber ist es klar, dass wenn die trübenden Theilchen einen gewissen Grad der Kleinheit erlangen, sie zu Interferenzfarben Veranlassung geben müs- sen, die sich freilich mit einander zu Weiss vermischen werden, Avenn kleine Theilchen von allen verschiedenen Grössen nach gewissen Gesetzen mit einander gemengt sind, aber auch irgend eine andere Farbe geben können, wenn vorherrschend Theilchen von einer bestimmten Grösse vorhanden sind. In der That lässt es sich nach- weisen, dass gerade in solchen trüben Medien, welche die in Rede stehenden Farben in sehr auffallender Weise zeigen , die trübenden Theilchen so klein sind, dass sie zu Interferenzerscheinungen Veran- lassung geben müssen. Bekanntlich war schon Newton der Meinung, dass das Blau des Himmels ein Blau erster Ordnung sei, welches durch Reflection an sehr kleinen Wassertheilchen in derselben Weise entstehe, wie das Blau erster Ordnung im Farbenglase durch Reflection an einer sehr dünnen Luftschicht. 534 Brücke. Über die Farben, welche trübe Medien Diese Ansicht des grossen Mannes, welche vielfältig angefoch- ten war, hat in neuester Zeit einen ausgezeichneten Vertheidiger an Dr. Claus ins (Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie Bd. LXXVI, p. 188) gefunden, der aber zugleich nachweist, dass Newton im Irrthume gewesen ist, wenn er die Farben der Wolken für Farben höherer Ordnung hielt, welche als solche durch Reflec- tion an grösseren Wassertheilchen hervorgebracht würden , indem die Wolken das Licht nur in der Farbe zurücksenden, in der es auf sie gefallen ist. Es lässt sich gegen die Ansicht Newton's, so wie gegen Clausius' Vertheidigung derselben, ein auf den ersten Anblick sehr schlagender Einwand erheben, nämlich der, dass das sogenannte Blau erster Ordnung, wie ich im Jahre 1848 in einem Aufsatze in Poggendorffs Annalen (Bd. LXXIV, p. 582) gezeigt habe, nur ein schwachbläuliches Grau ist, welches am meisten mit der Farbe der Hers c hePschen sogenannten lavendelgrauen Strahlen über- einstimmt, und mit dem Blau des Himmels, welches, wenn es schön und tief ist, vielmehr dem Blau der zweiten Ordnung gleicht, keinerlei Ähnlichkeit hat. Dennoch glaube ich, dass Newton's Ansicht die richtige ist und dass sich der so eben erhobene Einwand durch fol- gende Betrachtung beseitigen lässt. Das Grau erster Ordnung nimmt im Farbenglase eine sehr be- deutende Breite ein, indem es an dem Punkte beginnt, an welchem die Hers cheTschen lavendelgrauen Strahlen zuerst aus dem Dun- kel auftauchen und sich bis zu dem Abstände fortsetzt, bei welchem das Blau seine grösste Intensität erreicht hat. Hier nimmt es, sehr hell werdend, einen schwachen Stich ins Grüne an und geht gleich darauf ins Gelb über, indem jetzt die Intensität des Grün und Gelb ins Maxi- mum tritt, während die des violetten Endes des Spectrums schon wieder geschwächt ist. Betrachten wir nun einmal eine bestimmte Zone unseres Grau, z. B. diejenige, bei welcher für eine gegebene Incidenz der Gangunterschied der beiden reflectirten Strahlen des blauen Lichtes eine ganze Wellenlänge beträgt, dann werden Strah- len von allen Wellenlängen reflectirt werden, aber die Intensitätsver- luste werden nach den Wellenlängen verschieden und der des Blau am geringsten sein. Denken wir uns , dass das so entstandene graue Licht ein zweites, drittes, viertes , etc. Mal unter derselben Incidenz an Schichten von derselben Dicke und Substanz reflectirt werde, so ist es klar, dass unter der Voraussetzung^ dass das Azimut der im au(TallciuU>ii und (Uirchfaüeiulcii LicIUo -/.cigcii. I)o!) Polarisationsebene immer dasselbe ist, für die einzelneu Farben der Quotient der Intensität des einfallenden Strahles, dividirt durch die Intensität des zurückgeworfenen Strahles bei allen Retlectionen ein und derselbe sein wird. Nennen wir also die Intensitäten der Farben: Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett «'1 » «'s » • • • • «'S und ihre Intensitäten nach der ersten Reflection so ist es klar, dass sich ihre Intensitäten nach der w'*" Reflection unter einander verhalten, wie sich unter einander verhalten JiQi^J.Q^'^ . . . J.Q^ und da alle fechte Brüche sind, und der grösste unter ihnen Q--,, so wird bei jeder neuen Reflection die Farbe des zurückgeworfenen Lichtes mehr in Blau übergehen. Wenn also in einem trüben Medium die trübenden Theile, von denen der eine dem andern das von ihm reflectirte Licht zuwirft, einen Durchmesser gleich dem vierten Theile einer Wellenlänge des blauen Lichtes haben, so lässt sich wohl einsehen, wie dadurch zwar kein reines Blau , welches auch am Himmel nie Avahrgenommen wird, wohl aber eine viel blauere Farbe entstehen kann, als das sogenannte Blau der ersten Ordnung, welches durch Reflection an einer Schicht von der besagten Dicke entsteht. Es ist hiezu aber auch nicht nöthig, dass alle trübenden Elemente gerade von ein und derselben und der besagten Grösse sind, sondern es ist hinreichend, dass ihr Durch- messer im Allgemeinen kleiner sei als y^ Wellenlänge des grünen Lichtes, weil dann durch die Schwächung der minder brechbaren Strahlen im weissen Lichte dasselbe in Blau umgewandelt wird, wie ja auch das schöne Blau zweiter Ordnung nicht darin seinen Grund hat, dass an dieser Stelle des Ringsystems nur blaues Licht reflectirt würde, sondern lediglich darin, dass sich an dieser Stelle Roth, Orange, Gelb und Gelbgrün im Allgemeinen in dunkeln oder minder lichtstarken, Blaugrün, Blau und Violett dagegen in helleren Phasen befinden. Je mehr grössere Elemente sich unter den trübenden befin- den, um so weniger schön und gesättigt, d. h. um so mehr mit Weiss oder Grau gemischt, wird das Blau sein, indem dadurch um so mehr gelbes und rothes Licht zurückgeworfen wird. 536 Bi-ücke. Über die Farben, welche trübe Medien Es kann endlich noch gefragt werden, ob der Fall vorkommt, dass die trübenden Elemente in einem Medium hinreichend klein sind, damit nicht Blau sondern Violett als Farbe des auffallenden Lichtes zur Erscheinung komme. Ich habe denselben einmal beobachtet, und zwar an dem weissen Pigmente der Haut des Chamäleons, welches in einer dünnen Schichte über einem schwarzen Grund gelagert, eine Farbe gibt, die mehr violett als blau ist und unter den Aquarell- farben am meisten der sogenannten Neutraltinte (teinte neutre) entspricht. Man kann in dem Blau, welches trübe Medien im auffallenden Lichte zeigen, sehr verschiedene Abstufungen unterscheiden, je nach der Dicke der Schicht, welche vor dem dunkeln Hintergrunde ausgebrei- tet ist. Am meisten gesättigt, aber auch am dunkelsten, am lichtärm- sten, ist es so lange die Schicht dünn ist. Je dicker die Schicht wird, um so heller, aber auch um so blässer wird es und geht am Ende in ein bläuliches Weiss über. Es hängt dies zusammen mit der chromatischen Zerlegung, welche das Licht bei seinem Fortschreiten in dem trüben Medium erleidet. Wir haben angenommen, dass die Substanzen, aus denen das trübe Medium gemengt ist, farblos durch- sichtig sein sollen, und mithin auch, dass, wenn weisses Licht einfällt, das in dem Medium absorbirte weiss sei , und durch die Absorption keine Änderung der Farbe bedingt werde. Da nun von dem Eintritte des weissen Lichtes an vorherrschend Strahlen von kurzer Schwin- gungsdauer reflectirt werden , so muss das fortschreitende Licht an diesen verarmen. Das aus den tieferen Schichten reflectirte Licht wird also auch nicht mehr blau sein können, sondern es wird weiss und endlich gelb werden, und so das Blau des aus den ersten Schich- ten reflectirten Lichtes neutralisiren, um so mehr, da es auf seinem Rückwege noch trübende Elemente durchwandert. Desshalb erscheint uns der Himmel auf hohen Bergen dunkler blau als in der Ebene, und im Zenith blauer als am Horizont, wo seine Farbe am hohen Tage dem Weiss sehr nahe kommt. Man kann sich leicht überzeugen, dass dies mehr von der Dicke der Schicht des trüben Mediums abhängt, durch welche man hindurch sieht, als von einer verschiede- nen Beschaffenheit der unteren Luftschicht, denn Avenn wir auf eine entferntere Bergkette sehen, welche an der uns zugewendeten Seite eben nicht von der Sonne beschienen wird, und desshalb einen dunk- leren Hintergrund bildet, so erscheint sie uns blau, oder richtiger im auffiilleiulen und diiiclifalleiulen Lichte zeigen. 537 gesagt, die Luft zwischen uns und ihr erscheint uns blau, wie dies schon Le onardo da Vinci deutlich auseinandersetzt i). Gehen wir jetzt zur Betrachtung der Farben des durchfallenden Lichtes über. Dr. Clausius ist der Meinung, dass durch den Durch- gang des Lichtes durch eines der reflectirenden Elemente der Atmo- sphäre, als welche er sehr dünne Dampfbläsehen bezeichnet. Orange entstehe, diese Farbe aber wegen der sehr ungleichen Intensität der interferirenden Wellenzüge sehr schwach sei, erst bei dem Durch- gange durch viele Bläschen deutlich hervortrete und dann die Mor- gen- und Abendröthe, die er allgemein Orange nennt, als Complemen- tärfarbe der Himmelsbläue hervorbringe. Es wird sich später ergeben, wie die Ansicht, dass die Farbe der Morgen- und Abendröthe sich complementär zur Himmelsbläue verhalte, eine Ansicht die Dr. Clau- sius mit vielen anderen ausgezeichneten Gelehrten theilt, auf einem Irrthume beruht. Im Newton'schen Ringsysteme ist die erste Farbe erster Ord- nung im durchfallenden Lichte braun, aber ihre Intensität ist gering, so dass sie nur bei schwächerer Beleuchtung wahrgenommen wird, bei stärkerer völlig verschwindet. Auch trübe Medien können im durchfallenden Lichte braun zeigen, welches dann mit zunehmender Dicke der Schicht rasch in schwarz übergeht. Sie thun dies aber auch nur bei schwächerer Beleuchtung, z.B. wenn man sie unter dem Mikroskope oder vor einem weissen, matt beleuchteten Grunde betrach- tet. Wird die Intensität des durchfallenden Lichtes grösser, so ver- schwinden die helleren Tinten des Braun ganz, die mittleren gehen in falbes Gelb, die dunkleren in Orange über. Dies geschieht dadurch, dass das neutrale Grau, welches als in allem Braun enthaltend gedacht werden kann, durch die Verstärkung des Lichtes weiss wird. Bringt man also zwischen sich und eine möglichst weisse Flamme, oder *) L'azzurro delV aria nasce dalla grandezza del corpo delV aria allumi- nata, interposta fra le lenehre superiori e la terra. U aria per se non ha qualHa d''odori, o di sapori o di colori , ma in-se-piglia le simüiiu- dini delle cose che dopo lei sono coUocate, e tanto sarä di piü beW ««- zurro, quanio dietro ad essa saranno rnaggiori ienehre, non essendo essa di troppo spazio, ne di troppa grossezza d^umidita ; e vedisi ne' monti che hanno piü ombre esser piü bell azzurro nelle lunghe distanze, e cosi dove e piü alluminato , mostrar piü il color del monte che delV azzuro appiccatogli dalV aria che infra lui e V occhio s' interpone, (Trattato della pittura CLL) Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl. IX. Bd. III. Hft. 36 o3o Brücke. Über die Farben, welch;: trübe Medien zwischen sich und einen von der Sonne sehr hell beleuchteten weissen Gegenstand, nach und nach immer dickere Schichten eines trüben Mediums, so ist die erste Farbe, welche man deutlich wahr- nimmt ein helles, aber in Rücksicht auf seinen Farbenton dem Orange schon nahe stehendes Gelb, dann folgt bei wachsender Dicke Orange und endlich Roth. Um die Erklärung für diese Erscheinung zu finden, blicken wir auf die Deduction zurück, vermittelst welcher ich Seite S41 gezeigt habe, dass durch vielfache Reflection aus dem Grau erster Ordnung wirklich Rlau entstehen könne. Behalten wir die dort gebrauchten Bezeichnungen bei, so ist es klar, dass bei dem Fortrücken durch das trübe Medium eine Lichtsorte durch die aufeinander folgenden Reflec- tionen um so rascher geschwächt werden muss, je grösser für die- selbe Q ist. Diejenige, für welche Q am kleinsten ist, wird sich am längsten erhalten. Wir haben nun früher, behufs der Erklärung der blauen Farbe des reflectirten Lichtes, angenommen, dass i^ je nach der Grösse der einzelnen trübenden Partikeln am grössten sein soll für die blauen und demnächst für die violetten und blaugrünen Strahlen, kleiner also für die gelbgrünen, gelben, orangefarbenen und rothen, und da unter diesen das Roth die grösste Wellenlänge hat, so wird Qi füj die grosse Mehrzahl der Reflectionen kleiner sein als alle übrigen Q. Das Roth also wird sich am längsten erhalten und die grössten Dicken eines trüben Mediums durchwandern können, dem- nächst die orangefarbenen und demnächst die gelben Strahlen. Hier- durch erklärt sich leicht, wie, je nach der Menge der trübenden Ele- mente in der Atmosphäre, das schön-rothe oder orangefarbene Licht entsteht, mit welchem die auf- und untergehende Sonne die Land- schaft , die Wolken und einen Theil des Himmelsgewölbes selbst färbt. In Rücksicht auf das hier Gesagte kann nun noch die Frage auf- geworfen werden, ob denn auch eine Schicht trüben Mediums, wenn sie so dick geworden ist, dass sie im durchfallenden Lichte roth erscheint, nun im auffallenden Lichte grün sei. Ich muss diese Frage nach meinen Versuchen mit Nein beantworten. Rei solcher Dicke erscheinen trübe Medien im auffallenden Lichte immer bläulichweiss. Man bemerkt freilich am Morgen- und Abendhimmel oft entschieden grüne Tinten, aber nur sobald das Sehfeld mit rothem Lichte so erfüllt ist, dass man Verdacht schöpfen muss, das Grün sei nur sub- im au(Tallcnden und (lurchfiilleiiilcii Lichlc /.eigen. b39 jectiv, wenn man die Täuseliungen kennt, welchen man in dieser Hinsieht ausgesetzt ist »). So viele verschiedene trübe Medien ich mir auch dargestellt habe, so ist es mir doch niemals gelungen, ein solches zu finden, das während es im durchfallenden Lichte roth war, im reflectirten grün gewesen wäre ; sie wären alle bläulichweiss wie ein Milchglas. Um diese Thatsache zu erklären müssen wir uns fragen, welche Art von Grün wir denn nach der Farbe des durchfallenden Lichtes zu erwar- ten hätten, d. h. wir müssen fragen, welche Farbe ist die Comple- mentärfarbe des Roth des durchfallenden Lichtes. Dieses Roth ist ein zusammengesetztes, welches in Rücksicht auf seinen Farbenton zwischen dem Orange und dem äussersten Roth des Spectrums steht und sich diesem um so mehr nähert , je dicker die Schicht wird. Ein solches Roth lässt sich mittelst des Polarisationsapparates nicht in hinreichender Schönheit darstellen, um sein Complement direct aufzusuchen; dagegen zeigt aber das dritte System der Newton'schen Ringe im auffallenden Lichte ein schönes Gras- oder Papageigrün, dessen durch den Polarisationsapparat bestimmtes Complement 2) sich nicht als unser Roth und auch nicht als das reine Roth des Spectrums erweist, sondern als ein sich dem Purpur näherndes Roth, das am meisten mit der Farbe der Rosen zu vergleichen ist, eine Farbe die im Spectrum gar nicht vorhanden, sondern die man erst erhält, wenn man die äussersten Enden zweier Spectra über einander fallen lässt. Hieraus geht also hervor, dass das Complement unseres Roth nicht Gras- oder Papageigrün, sogenanntes eigentliches Grün, sein kann, sondern dass es entschieden ein Rlaugrün sein muss «). Die ZAveite Frage wird die sein, nach dem Sättigungsgrade des Grün, welches wir zu erwarten haben. Wenn sich uns irgend eine Farbe darbietet, so können wir dieselbe allgemein als aus zwei Com- plementärfarben zusammengesetzt betrachten *), von denen ich die. *) Vergl. E. Brücke über die subjectiven Complementärfarben. Denkschriften Bd. III. — Poggendorff's Annalen Bd. LXXXIV, pag. 418. ^) Vergl. meine oben citirte Abhandlung über die JVe w t on'schen Farben- ringe in Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie. ^) Die Versuche von Helmholtz (über die Theorie der zusammengesclzten Farben. Berlin 1852), weisen auch für das reine Roth des Spectrums Blaugrün und nicht eigentliches Grün als Complementärfarbe nach. *) Man muss wohl unterscheiden zwischen einer Complementärfarbe und dem Complement einer Farbe. Zwei Felder können mit Complementärfarben 36 * 540 Bi'iicke. Über die Farben, welche trübe Medien welche im Überschusse vorhanden ist, die tonangebende nennen will, weil sie den Ton der ganzen Farbe bestimmt, d. h. den Ort, welchen man ihr, der natürlichen Verwandtschaft nach, im Farbenkreise an- weisen würde, oder in einem Spectrum, welches man sich so zusam- mengebogen denkt, dass rothes und violettes Ende über einander greifen und die fehlenden Zwischenstufen zwischen Roth und Violett ergänzt werden. Es ist dies stets eine Farbe, welche selbst kein Weiss oder Grau enthält, welche aber, mit einer grössern oder gerin- geren Menge von Weiss oder neutralem Grau gemischt, die zu unter- suchende Farbe gibt. Bezeichnet man die Lichtintensität dieser tonangebenden Farbe selbst mit a, die der Complementärfarbe mit ß, so drückt die Formel den Sättigungsgrad oder die Intensität der Farbe als solcher aus, welche nicht zu verwechseln ist mit ihrer Lichtintensität, die vielmehr durch a -\- ß gemessen wird. Ist a = ß so ist die Intensität der Farbe als solcher gleich 0, d. h. sie ist weiss oder bei schwächerer Lichtintensität neutral grau, ist dagegen ß = 0, so ist die Intensität der Farbe als solcher = 1, d. h. so gross als sie werden kann. Mit dieser Formel stimmt also der Sprachgebrauch der prakti- schen Chromatik in so fern überein, als dieselbe für diejenigen Far- ben, welche man absolut gesättigte, ganze oder volle Farben nennt, den Werth 1 gibt, für diejenigen aber, welche man gebrochene Far- ben nennt, einen echten Bruch. Man kann auch mittelst dieser For- mel, sobald die tonangebende Farbe bekannt ist, den Ort einer Farbe in einem dem D oppler'schen Farbenoctanten *) analogen Schema bestimmen, wenn man diesem einen Kugelausschnitt substi- gefärbt sein, ohne dass sie desshalb mit einander Weiss oder ein neutra- les Grau geben; da sieh der Ausdruck Complementärfarbe nur auf den Ton der Farbe, aber weder auf ihre Lichtintensität noch auf ihren Sät- tigungsgrad bezieht. Sage ich dagegen die eine Farbe sei das Complement der Anderen, so verstehe ich darunter, dass sie einander so das Gleich- gewicht halten, dass sie im Sehfelde übereinanderfallend weiss oder neu- trales Grau geben. *) Versuch einer systematischen Classification der Farben. Abhandlungen der k. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften V. 5, besonders abgedruckt und in Cominission bei Borrosch und Andre. Prag 1848. im auffallenden und dui-chfallenden Lichte zeigen. 1)41 tuirt, den man erhält, wenn man einen Radius so bewegt, dass sein peripherisches Ende an der Kugeloberfläche einen Kreis von S7» 17' 45" Halbmesser beschreibt. In der Mitte des Kreises auf der Kugel stehe Weiss, auf der Peripherie desselben seien Roth, Orange, Gelb, Grün, Rlau und Violett und zwischen ihnen ihre Mischungsfarben auf- getragen. An der Spitze des Kugelausschnittes endlich stehe schwarz, so dass seine Axe die Linie des neutralen Grau ist. Übrigens sei Alles wie beim Doppler'schen Farbenoctanten. Dann wird man um den Ort einer Farbe in diesem Schema zu bestimmen, diejenige Farbe in ihr, welche ich die tonangebende genannt habe, auf der Peripherie des Kreises auf der Kugel aufsuchen, und durch sie und die Axe des Kugelausschnittes eine Ebene legen, in der dann jedenfalls die zu bestimmende Farbe liegt und zwar auf derselben Seite der Axe mit der tonangebenden. Bezeichnet man dann mit a -\- ß den gerade- linigen Abstand der Farbe vom Kugelcentrum, d. h. der Spitze des Kugelausschnittes, so ist wie leicht einzusehen a — /? die Länge des Kreisbogens, durch welchen der Abstand der Farbe von der Axe des Kugelausschnittes gemessen wird und somit ihr Ort bestimmt. Ist also ac = ß, so fällt die Farbe in die Linie des neutralen Grau, ist ]3 = 0 so fällt, da für 57*> 17' 4S" der Bogen näherungsweise gleich dem Radius ist, die Farbe in den Mantel des Kugelausschnittes, auf dem die vollen Farben in ihren verschiedenen Lichtintensitäten aufgetra- gen sind. Denken Avir uns nun eine Quantität weissen Lichtes aus rothem und grünem zusammengesetzt und in zwei ungleiche Theile zerlegt, in welchen die rothen und grünen Strahlen einander nicht mehr das Gleichgewicht halten, so wird der eine Theil roth erscheinen, der andere in dem complementären Grün; aber die Intensität der Färbung kann in beiden Theilen sehr verschieden sein. Seien «0 w'id «1 die Lichtintensitäten der rothen; und ßo und ßi die der grünen Strahlen in beiden Theilen, so ist die Intensität der Färbung für den einen Theil ^ «0 — ßo /o für den andern «0 -h ßo f ^ ßi — g^i 542 Brücke. Über die Farben, welche trübe Medien und da «0 + «1 = i3o + /3i , und mithin «0 — ßo = ßi — 4S und ihm, im ersteren Fnlle eine dünnere Schicht des trühen Mediums ist als im letzteren, und dass er uns am hellen Tage besonders weiss erseheinen mnss. weil das von der zwischen uns und ihm befind- lichen Atmosphäre reflectirte blaue Licht seine gelbe Färbung eompensirt. Da ich mich aber einmal unterfangen habe, mein Fach so weit zu verlassen, dass ich von den Farbenerscheinungen der Atmosphäre rede, so will ich es auch noch wagen einige Worte über die Frage hinzuzufügen, ob sich aus den Farbenerscheinungen der Atmosphäre bis jetzt ein Schluss auf das Material und die Gestalt der trübenden Bestandtheile machen lasse. Dr. Claus ius hat in einer eigenen Abhandlung *) nachzuweisen gesucht, dass die lichtreflectirenden Elemente der Atmosphäre, nothwendig Wasserbläschen sein müssen. Der Gang der Beweisführung ist folgender: Es wird zunächst darauf hingewiesen, wie unwahrscheinlich es sei, dass die lichtreflectirenden Theile kleine undurchsichtige Körper seien, und dann die Licht- zerstreuung berechnet, welche kleine durchsichtige aber nicht hohle Massen, z. B. kleine Wasserkugeln durch ihre Brechung in der Atmosphäre hervorbringen müssten, wenn sie in solcher Menge vor- handen wären , dass durch sie die beträchtliche Lichtreflection der- selben bedingt sein könnte. Es zeigt sich nun, dass diese so gross sein würde, dass wir statt der scharfbegrenzten Sonnenscheibe einen grossen hellen Raum sehen müssten, welcher sich vom Zenith mit allmählich abnehmender Helle bis über 60" heraberstrecken würde. Es wird ferner gezeigt, dass selbst wenn man den lichtreflectirenden Massen einen viel geringeren Brechungsindex zuschreiben wollte, als der des Wassers ist, ja wenn man annehmen wollte, dass die Licht- reflection immer da vor sich gehe, wo ein Sauerstofl"- und ein Stick- stoflftheilchen an einander grenzen , doch die durch die gleichzeitige Brechung nothwendig verursachte Lichtzerstreuung sich immer als so gross ergibt, dass dergleichen Annahmen sich in ihren Consequen- zen als vollkommen unverträglich mit der täglichen Erfahrung her- ausstellen. Es bleibt dessbalb nichts anderes übrig als anzunehmen, dass die Körper, welche das Licht reflectiren, Bläschen seien, da in solchen die Wasserschicht vermösre des Parallelismus ihrer äusse- *) über die Natur derjenigen Bestandtheile der Erdatmosphäre , durch welche die Lichtreflexion in denselben bewirkt wird. Bd. LXXVI, S. 161. 546 Brücke. Über die Farben, welche hübe Medien ren und inneren Begrenzung, ihre reflectirende Wirkung äussern kann, ohne übrigens den Lichtstrahl bleibend von seiner ursprüng- lichen Richtung abzulenken. Ich kann einen Einwand gegen diesen Beweis nicht unterdrücken, der mir von Belang scheint, nämlich den, dass Dr. Clausius in der Art, wie er die Zerstreuung von der Menge des reflectirten Lichtes und denConstanteii für das Brechungsvermögen der einzelnen Medien abhängig gemacht hat, die Dimensionen der trübenden Elemente nicht so berücksichtigte, wie es für die Anwendbarkeit des Resultates auf unseren Fall wünschenswerth gewesen wäre. Es ist mir gelungen aus der Erfahrung nachzuweisen, dass die Grösse der trübenden Elemente sehr wesentlich in Betracht kommen konnte, indem mit der- selben die Zerstreuung, wenn die Theilchen eine gewisse Kleinheit erreicht haben, sehr rasch abnimmt. Man nehme eine Lösung von einem Gramm des feinsten und möglichst farblosen Mastix in 87 Grammen Weingeist, und tröpfle dieselbe in Wasser , das durch stetes Umschütteln in heftige Be- wegung versetzt wird, so erhält man eine trübe Flüssigkeit, welche die in dieser Abhandlung beschriebenen Farbenerscheinungen in hoher Vollkommenheit zeigt. Die blauen Tinten sieht man am besten wenn man sie auf eine schwarze Glastafel oder in eine schwarze Schale giesst, um die gelben und rothen zu untersuchen, füllt man sie in eine Flasche mit parallelen Wänden, durch welche man nach hell beleuchteten weissen Gegenständen, nach der Sonne selbst oder nach einer Flamme sieht. In dieser Flüssigkeit in der man die trübenden Elemente doch schwerlich für Bläschen halten kann, stehen Lichtre- flection und Zerstreuung in keinem wesentlich anderen Verhältnisse zu einander als in der Atmosphäre, Sieht man durch eine Schicht hindurch, welche im auffallenden Lichte himmelblau erscheint, so erblickt man alle beleuchteten Gegenstände vollkommen deutlich und scharf begrenzt, nur schwach gelblich gefärbt. Sieht man durch ein solches Medium nach einer Flamme , und macht die Schicht immer dicker oder das Medium durch Hinzufügen von mehr Mastixlösung trüber, so erscheint die Flamme immer röther und verliert immer mehr an ihrer Lichtintensität, aber sie erscheint noch immer voll- kommen scharf begrenzt, so dass man sehr deutlich wahrnehmen kann, wie zuletzt die lichtärmeren Theile der Flamme ganz verschwin- den und nur diejenigen noch sichtbar bleiben, welche rothe und im auffallenden und durrhi'allendon Lichte zeigen. 547 orangefarbene Strahlen in grösserer Menge enthalten. Einen prächti- gen Anblick gewährt es, wenn man durch eine solche Flüssigkeit nach der Sonne sieht, indem dieselbe dann mit den sie umgebenden und von ihr erleuchteten Wolken in der schönen Farbe der Abend- röthe prangt, während der blaue Himmel sich dunkel , fast schwarz dagegen absetzt. Es ist leicht zu zeigen, dass dieses Verhalten, vermöge dessen man sich die Entstehung der Farbenerscheinungen der Atmosphäre so schön veranschaulichen kann, wesentlich an die Dimensionen der trübenden Elemente gebunden ist. Man nehme eine concentrirte weingeistige Lösung von demselben Mastix und fülle sie durch Zusatz von Wasser, dann erhält man eine Mastixmilch, durch deren Verdün- nung mit mehr Wasser man sich trübe Medien von verschiedenen Durchsichtigkeitsgraden verschaffen kann. Diese aber haben wesent- lich andere Eigenschaften. Erstens ist der Unterschied, welchen ihre Farben im auffallenden und durchfallenden Lichte zeigen ausseror- dentlich viel geringer, und zweitens lassen sie die Gegenstände nicht mehr deutlich erkennen durch Schichten, von welchen Aveit weniger Licht reflectirt wird, als von solchen der vorherbeschriebenen Flüs- sigkeit , durch welche alle Einzelnheiten der Gegenstände noch aufs Schärfste erkannt Avurden. Vielleicht könnte jemand glauben, dass das ungleiche Verhalten beider Flüssigkeiten von ihrem ungleichen Alkoholgehalte abhängt ; man kann sich aber überzeugen, dass dies nicht der Fall ist. Man füge der alkoholärmeren so viel Weingeist hinzu, dass sie die alko- holreichere wird, und dann wieder so viel Mastixmilch, dass die von ihr reflectirte Lichtmenge wieder so gross wird wie vorher, und man wird finden, dass sich ihre optischen Eigenschaften, so weit wir die- selben betrachten, nicht wesentlich geändert haben. Nun untersuche man unter dem Mikroskope die mittelst Mastix- milch bereitete trübe Flüssigkeit. Man wird in ihr schon bei zwei- bis dreihundertmaliger Linearvergrösserung viele Mastixkügelcben schwimmen sehen, deren Zahl sich bei Anwendung stärkerer Ver- grösserungen noch vermehrt. Untersucht man dagegen die durch Ein- tragen einer verdünnten Mastixlösung in Wasser bereitete trübe Flüssigkeit, so findet man in dersel'/en wenn sie gut bereitet war, mit den verschiedensten Vergrösserungen nur einzelne Mastixkügel' eben, woraus klar hervorgeht, dass dieselben der grossen Mehrzahl 548 Brücke. Über die Farben trüber Medien etc. nach kleiner sind, als dass sie selbst mit den stärksten Vergrösserun- gen entdeckt werden könnten. Ausser der Kleinheit der trübenden Elemente muss aber auch ihre gleichmässige Vertheilung sehr wesentlich in Betracht gezogen werden. So haben wir oben gesehen, dass das Thonerdehydrat mit zu den feinsten Niederschlägen gehört, und dass durch dasselbe getrübte Flüssigkeiten, die bewussten Farbenerscheinungen sehr schön zeigen; aber immer zerstreuen sie das durchfallende Licht unverhältnissmässig stark, da es nie gelingt die Trübung gleichmäs- sig zu vertheilen, sondern sich immer Kugeln und unregelmässige Ballen bilden, die von einer Schicht des Niederschlages wie von einer Haut umschlossen sind, wovon man sich theils mit blossen Augen, theils mittels derLoupe unddesMikroskopes hinreichend über- zeugen kann. Die beschriebenen Thatsachen sprechen, wie ich glaube, klar und deutlich aus, dass man aus den optischen Eigenschaften der Atmosphäre in Rücksicht auf die Theilchen, von welchen die Him- melsbläue und die Morgen- und Abendröthe herrühren^ vor der Hand keinen anderen Schluss machen, als dass sie sehr klein und im Allge- meinen mit einer gewissen Gleichförmigkeit in der Atmosphäre ver- theilt sind, wenn auch die oberen Schichten davon viel weniger als die unteren enthalten. Wenn es mir einerseits leid thut, einer Beweisführung nicht bei- stimmen zu können, welche uns versprach, einen wichtigen Gegen- stand, über den man bisher nur Vermuthungen hegen konnte, allem Zweifel zu entrücken, so kann ich andererseits meine lebhafte Freude darüber nicht verhehlen, dass ich die Ansichten zweier der grössten Geister die über unsere Erde gegangen sind, miteinander und mit der Wahrheit übereinstimmend gefunden habe, während man früher bald der einen, bald der anderen ausschliesslich anhing oder die Richtigkeit beider bezweifelte. Leonardo da Vinci, dem keine physikalische Theoriedes Lichtes zu Gebote stand, that Alles, was er in seinem Zeitalter thun konnte, indem er die Himmelsbläue davon ableitete, dass sich zwi- schen uns und dem dunkeln Welträume ein trübes, an sich farbloses, beleuchtetes Medium befinde. Newton, im Besitze des Schatzes optischer Kenntnisse, welche er theils vorfand, theils selbst erworben hatte, konnte einen grossen Schritt weiter thun und sagen, dass die Fritsch. LiclUmeteore als Vorzeichen von Niederschlägen. 549 Farben der Atmosphäre auf dieselbe Weise entstehen, wie die Far- ben des nach ihm benannten Ringsystemes, und als solche durch die trübenden Elemente der Atmosphäre hervorgebracht werden : aber der Undulationstheorie musste es überlassen bleiben, die Erklärung in Rücksicht auf die einzelnen Farbenerscheinungen vollständig zu begründen. Die Lichtmeteore in der Atmosphäre als Vorzeichen von Niederschlägen. Von Karl Fritsch. Wenn die Meteorologie sich vor wenigen Jahren noch nicht jener Anerkennung wie andere Naturwissenschaften erfreute und wie es ihre hohe Wichtigkeit für das praktische Leben verdient, so geschah es vorzüglich aus dem Grunde, weil es den Meteorologen bisher nicht gelungen ist und nach dem gegenwärtigen Stande unse- rer Kenntnisse eben nicht zu viel Hoffnung gehegt wird, ob es je gelingen wird, der Witterung ihren künftigen Verlauf so vorzu- zeichnen, wie es den Astronomen zum grossen Ruhme für die Wis- senschaft mit den Bewegungen der Gestirne gelungen ist. Unser Wissen ist vorzugsweise auf die Kenntniss des mittleren (normalen) und nur selten vollständig zutreffenden Verhaltens der Witterung und wenn eine vieljährige Beobachtungsreihe vorliegt, allenfalls noch auf die Kenntniss der Grenzen beschränkt, innerhalb welcher die Mittelwerthe gleicher Zeitabschnitte auf- und abschwan- ken und sich nach Verschiedenheit der geographischen und physika- lischen Verhältnisse der Orte , dann nach der Tages- und Jahreszeit gestalten. Alle Versuche, in den Abweichungen (Anomalien) der Witterung vom normalen Typus eine Periodicität aufz-ufinden, sind beinahe ohne Erfolg geblieben und werden es allem Anschein nach auch bleiben, so lange eine Reihe vergleichbarer Beobachtungen nicht vorliegen wird, welche den Zeitraum von Jahrhunderten um- fasst wie es z. B. mit einzelnen Bestimmungen der magnetischen Declination bereits der Fall ist. 050 Fritsch. Wenn diese Bedingung erfüllt sein muss, bevor es gelingt, der Witterung oder selbst nur einzelnen meteorischen Potenzen , wie z. B. der Lufttemperatur, dem Niederschlage etc. den Verlauf wäh- rend eines bestimmten Zeitraumes vorzuschreiben , so kann davon dennoch Umgang genommen werden, wenn es sich lediglich um den .Eintritt einer isolirten Erscheinung, z. B. eines Gewitters, Niederschlages u. s. w. handelt, und die Frist, binnen welcher die Erscheinung eintreffen soll, einige Stunden oder die Dauer eines Tages nicht beträchtlich überschreitet. Eine solche Voraus- bestimmung ist unter gewissen Bedingungen nicht so schwierig, ohne desshalb ihre Wichtigkeit für das praktische Leben zu ver- lieren. Die Meteorologie kennt in vielen Fällen die Bedingungen, unter welchen gewisse Erscheinungen eintreten. Man weiss z. B. dass zum Ausbruche eines Gewitters im Sommer, ein feuchtes der Insolation ausgesetztes Terrain und Windstille, bei hinreichender Feuchtigkeit und Temperatur der Luft erforderlich sind. Die Beurtheilung, ob die Bedingungen zum Eintritte gewisser Erscheinungen vorhanden sind, bleibt aber in den meisten Fällen die Aufgabe des Meteorologen. Allgemein anwendbar sind nur solche Vorausbestimmungen, die sich nach gewissen Vorzeichen richten. Man schliesst von dem Eintritte einer Erscheinung auf jenen einer andern, ohne für den Causalnexus beider einen andern Grund anführen zu können, als die zeitliche Auf- einanderfolge. Diese Schlussweise findet besonders bei ungewöhn- lichen Erscheinungen Anwendung. So ist ziemlich allgemein die Meinung verbreitet, dass Höfe um Sonne und Mond, sowie Nebengestirne dieser Himmelskörper Vor- boten von Niederschlägen sind. Meine Aufgabe sei es, zu prüfen, was an dieser Ansicht Wahres ist, und einige andere damit verwandte Erscheinungen, als z. B. Wasserziehen der Sonne, Begenbogen u. s. w. einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Ich habe in dieser Absicht in Prag durch eine Beihe von sieb- zehn Jahren (1834 bis 1851) auf die Lichtmeteore mein Augenmerk gerichtet. Während dieses langen Zeitraumes liegen jedoch nur von 6 Jahren (1840 bis 1845) so vollständige Beobachtungen vor, wie sie zur vorstehenden Untersuchung erfordert werden. Aus der fol- genden Tafel ersieht man, an wie viel Tagen während des letzteren Zeitraumes Lichtmetcore als Vorzeichen von Niederschlägen. 551 1. Höfe um die Sonne oder den Mond *)» 2. Kränze „ „ „ „ „ ~), 3. Nebengestirne dieser Himmelskörper, 4. das sogenannte Wasserziehen der Sonne s), 5. Regenbogen aufgezeicbnet worden sind. TAFEL I. Mittlere jährliehe Anzahl der Tage mit Lichtmeteoren nach 6jährigen Beobachtungen. Jänner H af Kranz Neb gest en- irne Wasser- ziehen Reg bo en- gen o € o € o c G € G € 2-3 10 00 3-0 2 0 ü-0 1-5 0-0 0-0 0-0 Februar 3-3 0 3 0-0 50 1-2 0-0 2 3 0-0 0-2 0 0 März 4 0 0-7 0-2 2 2 1-5 0-0 4-2 0-0 0-2 0-0 April 6-0 0-8 0 5 30 2-0 00 5-7 0 0 0-5 0 0 Mai 7-5 0-8 0-2 0-7 2-7 0-0 o-a 0-0 1-5 0 0 Juni 5-8 3-2 4-3 0-S 0 2 0-3 0-2 0-3 0-2 0-3 0-2 1-0 2-2 13 20 00 0-0 0-0 7-8 8-0 7-2 0-0 0-0 00 13 1-8 1-7 0.0 0-0 0-0 Juli August September . . . 3-8 0-8 00 2-0 10 0-0 5-0 0-0 0-5 0-0 October 3-0 1-3 00 3-2 0 8 0 0 4-8 0-0 1-0 0-0 November .... 1-7 1-7 0-0 20 0-5 00 2-8 0-0 0-5 0-0 December .... 0-5 0-3 0-0 1-0 2-0 0-0 1-7 0-0 00 0 0 Winter 61 1-6 0-0 9-0 5-2 0 0 5-5 00 0-2 0-0 Frühling 17-5 2-3 0-9 5-9 6 2 0-0 15-4 0 0 2-2 0-0 Sommer 13-3 to 0-7 1-5 5 3 0 0 230 0-0 4-8 0-0 Herbst 8-5 3-8 0-0 7-2 2 3 0 0 12-6 0-0 20 0-0 Jahr 43-4 8-7 16 23-6 19-2 00 56-5 0-0 9-2 0 0 Man sieht, dass alle Lichtmeteore, welche häufiger vorkommen, nach einem bestimmten Gesetze im Laufe des Jahres vertheilt sind, worauf vorzüglich die Vertheilung der Wolkenart, welcher das Meteor seine Entstehung verdankt, die Tageslänge; bei den Meteoren, welche mit dem Erscheinen des Mondes in Verbindung stehen, seine Phasen und der Umstand von Einfluss ist, dass die späteren Nachtbeobach tungen fehlen. Bei dem Gegenstande der vorstehenden Untersuchung kommt aber die jährliche Vertheilung der Lichtmeteore nur insoferne 1) Lehrbuch der 31eteorologie von Kämtz. III. Bd., S. 2) 3Iet. V. K. III. B., S. 88. •■') Met. V. K. III. B., S. 49. 552 Fritsch. in Betrachtung, als sie auf die Grösse des wahrscheinlichen Fehlers der Ergebnisse von Einfluss ist. Alle Theorien dieser Phänomene machen ihre Entstehung von einer bestimmten Form, Vertheilung und einem gewissen Aggregat- zustande der Dünste etc. abhängig, aus welchen die Wolken be- stehen, durch deren Vorübergang an den Gestirnen sie entstehen. Es liegt daher der Gedanke sehr nahe, dass sie mehr als die sehr oft unbestimmte Form der Wolken über den Zustand, in welchem sich die Dünste befinden, Aufschluss zu geben im Stande sind, und insoferne die Niederschläge davon abhängig sind, auch als Vor- zeichen der letzteren dienen können. Bevor man im Stande ist zu beurtheilen , ob ein Niederschlag als eine Wirkung eines bestimmten Zustandes der Dünste, so weit derselbe durch ein Lichtmeteor angezeigt wird, angesehen werden könne; muss jener Theil des Niederschlages bestimmt werden, wel- cher auf Rechnung der übrigen dabei wirksamen Potenzen zu schreiben ist. Man kann ohne Anstand die normalen täglichen Summen des Niederschlages, als der letzteren Wirkung entsprechend, annehmen. Ich habe dieselben schon bei einer frühern Gelegenheit *) für alle Tage des Jahres nach 40jährigen Beobachtungen berechnet. Vergleicht man nun die Mengen des Niederschlages jener Tage, an welchen Lichtmeteore erschienen oder der darauf folgenden Tage mit jenen, so lässt sich aus der Grösse und den Vorzeichen der Unterschiede der fragliche Zusammenhang sogleich beurtheilen. Ich habe die nach der Formel A^^n — N, wo A die Abweichung der Menge des Niederschlages von der Normalsumme, n jene des Tages, an welchen ein Lichtmeteor erschien oder des darauf folgenden und N die normale bedeutet, folgende mittlere Werthe von A erhalten, und zwar: 1. Für den Tag des Lichtmeteors selbst, dann 2. für den folgenden Tag. *) Meteorologie für den Horizont von Prag. S. 161 ff. liiohtniotcore als Voraeiclien von Niederschläj'eii. <)bti TAFEL IL Winter Frühling .... Sommer Herbst Jahr Hof Kranz Neben- gestirn Wasser- ziehen Regen- bogen o c G (D O € o (D o € — o"l4 — 014 — 013 — 0-33 — 019 — ö'äi — 0-Ü2 — 0-03 — 0-02 — 0-07 W'inter Frühling .... Sommer Herbst Jahr — 0-03 — 0-13 — 0-02 + 0-13 — 0-01 — 0-09 — 013 -0-73 — 0-18 — 0-29 — 0-20 + 017 + 0-21 + 0-37 + 0-14 — 0-04 — 0-22 — 0-17 — 0-17 — 015 — 0-07 + 0-07 Die Wei'the =iV fand ich nach 43jährigen Beobachtungen *) : Winter 0'''27 Frühling 0-45 Sommer 0-7J> Herbst 0-37 Jahr 0-46 Da die in der Tafel II enthaltenen Grössen eine bloss locale Bedeutung (nur für Prag) haben, so habe ich, um ihnen eine allgemeine Geltung zu verschaffen , dieselben nach der Formel a:= lOOA : N reducirt und in folgender Tafel zusammengestellt: TAFEL in. Hof Kranz Neben- gestirn Wasser- ziehen Regen- bogen o 1 C o € o c o € o € — 52 — 31 — 20 — 90 — 41 — 78 — 4 — 7 — 13 Frühling Sommer . Herbst . Jahr . . Winter . Frühling Sommer Herbst . Jahr . . — 11 — 29 — 3 + ii — 33 — 29 —100 — 47 — 63 — 74 + 38 + 28 + 100 + 30 — 13 — 49 — 23 — 46 — 33 — 13 + 15 Diese Tafel gibt Aufschluss, um wie viel Procente im Falle der Erscheinung eines Lichtmeteors die Menge des Niederschlages ^) Meteorologie für Prag, S. 102. Sitzb. d. inathem.-naturw. CK IX. Bd. III. Hft. 37 554 Fritsch. kleiner ( — ) oder grösser (-|-) ist, als die normale. Die Lücken der Tafel erklären sich ganz einfach durch den Mangel an Beob- achtungen bei einigen Arten der Meteore. Man sieht, dass weder die Höfe um Sonne und Mond, noch die Lichtkränze des Mondes, wie die Meinung verbreitet ist, als Anzeichen von Niederschlägen gelten können, wohl aber die Nebensonnen Die Erscheinung des Wasserziehens der Sonne deutet sogar gegen die herrschende Meinung, entschieden auf eine Verminderung der Nie- derschläge hin, dagegen der Regenbogen eher auf eine Vermehrung, was jedoch noch einer Bestätigung durch länger fortgesetzte Beob- achtungen bedarf. Bei den Nebensonnen zeigt sich, so weit sie als Vorboten von Niederschlägen gelten, eine Abhängigkeit von der Jah- reszeit, Avelche mit dem jährlichen Gange der Windstärke in Ver- bindung zu stehen scheint, so dass die Wahrscheinlichkeit im Herbste, wo die Atmosphäre in der Regel am ruhigsten ist, am grössten, im Winter hingegen, wo das Gegentheil stattfindet, am geringsten ist. Man kann hieraus folgern, dass zur vollständigen Ausbildung der Nebengestirne eine ruhige Atmosphäre erfordert werde und dass die Höfe nur dessbalb die verbreitete Meinung, dass sie Vorboten von Niederschlägen sind, nicht bestätigen, weil die Dünste, denen sie ihre Entstehung verdanken, sehr häufig durch Luftströme hinweg- geführt werden. Jährliche Vertheilimg der Hemipteren. Von Karl Fritsch. Meinem Vorhaben gemäss, die Beobachtungen über das perio- dische Erscheinen der Insecten nach und nach über alle Ordnungen derselben auszudehnen, gebe ich in der nachfolgenden Zusammen- stellung die Ergebnisse der Beobachtungen , welche von mir in der Umgebung von Prag über die jährliche Vertheilung der Hemipteren in den Jahren 1849 und 1830 angestellt worden sind, und zwar nach demselben Plane , wie jene über die Lepidopteren und Coleopteren, deren Resultate in den Sitzungsberichten bereits veröffentlicht wor- den sind *)• 1) Novemberheft 1850, Jänner- und Novemberheft 1851. .lährlichc Vcrlheilung tlor Heui[pteren. ÖSH Zui- Bestimmung der Arten dienten mir: „Die wanzenartigen Insecten: getreu nach der Natur abgebildet und bescbrieben" von Dr. Karl Wilhelm Halin und Dr. Her rieb -Schäfter, Nürnberg 1831 bis 1844; 8 Bde., 8'- Viele Bestimmungen verdankte ich früher schon Herrn Dr. Franz X. Fieber, k. k. Landesgerichts -Secretär in Hohenmaut, welcher uns hoffentlich bald mit einer Hemipteren-FaiÄa erfreuen wird. Im Allgemeinen zeigte sich bei dieser Ordnung der Insecten eine ähnliche periodische Zu- und Abnahme im Laufe des Jahres, wie bei den Coleopteren. In den Wintermonaten December und Jän- ner verschwinden die Hemipteren fast ganz , mit einziger Ausnahme der Gattungen Pachymerus und Platynotus; mit zunehmender Luft- temperatur, im Frühjahre, vermehren sie sich bis in den Juni, worauf im Juli eine sehr merkliche Abnahme eintritt, die schon im August durch eine schnelle Zunahme wieder verdrängt wird , so dass nun zum zweiten Male im Laufe des Jahres die Hemipteren am zahl- reichsten vorkommen. Von da an beginnt eine bis in den Winter fortwährende , ununterbrochene Abnahme bis zum Einti-itte der folgenden Jahresperiode. Auf ähnliche Weise gestalten sich die Verhältnisse bei den ein- zelnen Gattungen, doch sind hier noch länger fortgesetzte Beob- achtungen wünschenswerth, welche auch zur Sicherstellung der Eigenthümlichkeiten bei den einzelnen Gattungen führen werden, besonders, wenn die Beobachtungen immer in derselben Localität angestellt werden sollten und nicht, wie es hier der Fall war, in • einem grossen Umkreise zerstreut sind. 37 556 P ritsch. Jährliche VertUeilung der Hemipteren. ET (B -i '-< o « (i • o • Phylus Phytocoris . Platyiiotus . Rhynoeoris Scutellera . Nepa Notonecta . Pachymerus Pentatoma • Jalla Miris Monanthia . Nabis D- 5: 0 2' 3 S —. • SB . CS 0 3 : Attus Bellocoris . Capsus. . . . Coreus .... Coryzus . . . Aelia Alydus. . . . Aptus «5 02 rf* »-»■ H^ H> 1-^ H^ 00 >-' ^ «0 H^ »-. tO 1^ W lv> H- f^ Hl" CO !->. CO IC CO Hi. i-i. h^ 1-^ H' CO 0 1.^ 05 IC CO w 10 IC M- co 0 00 HÄ ^5 h*. ►.». 0 ^ CO 00 1-^ CO CS CO 1^ ►^ tc h^ 00 0 H-. 00 OS 00 0 — ^ 2 s 3 CR 5. Sept. April — 1 Febr. - 10 5. o" -5 1 ' "' ' k Hi- t* 00 0 1 1 1 g ^ 0 w SS >^ MI "1 0 ^, W Hi- ^5 0- CO HA. CO CO fC 2_ — 1 1 «t CO ic£ 0 1— — cn: M 11 L ^ IC 2. OS *» tc c« 1 1 1 OS OS IC < 2. 0 2: « =s 0 f'lU 0 0 a -0 _2 fs c 0 -0^ r-aq r* S. '^ >P»V 1 >^ » 1 Ü? • W Hi- . ""■^ 00 . . • . CO 05 • - 05 *» • ' WC • . 0 ^5 • -^ 0 *>' • ^ • ^5 0 • 0 • 0 • . »^ . 0 • -^ 0 • TS ►1_ ^ 1*S' • • • 0 00 . ijs> 00 W . *" • 00 ^ • ZJi ■ ^ • . rfi- • M- •->■ 0 >t!» (-1 c s CO 05 • OS 0 • h^ . i-k. CO • 00 0 OS • ^ M. Crt ' • • • 0 IU4 OS • • • • CO OS OS 00 0 00 • OS • tc 0 • *» 00 1-^ • 00 OS 0; • • • • 00 • 0 00 ►- . CO ■ • 0 <1 • • CO • '• OS • «t IC *» • CO 00 0 *• • ■ 0 ÜC c CR 0 • • • -5 M- 0 • 00 ^ • • trt • • 0 • -1 <» CO • IC W -I CO • • 00 0 H- . 0 0 ■ ~J o> • h-- *» CO • to • • OS • «« »^ OS • ^5 00 • tc • . h^ 1^ 05 • 00 CO • 00 05 • 0 *» 0 • 00 • . ^5 • 00 0 *=■ • 00 ^5 . 0 • • e 0 CO • • • . ifs. 00 • 00 M. *» • tC • • h- CO M • . Hi. ^ h* • 0 0 üt . . . . ^5 0 • 26' und 124» 18' und dessen Seitenkanten = 6{>o 28' sind. Mobs hat dasselbe bei veränderter Stellung der Krystallformen bezüglich der Axen mit (-P^) bezeichnet, (Naturgeschichte des Mineralreiches, zweiter Theil, Seite 536) und die analogen Winkel 148" 20'; 124»11, und 63° 28' angegeben. Behält man diese Grundform bei, und fasst, wie Hausmann gethan hat, den Silberkupferglanz und Kupferglanz unter dem Namen Kupferglanz zusammen, so sind bei dem Kupferglanz nachfolgende Krystallformen in verschiedenenCombinationen beobachtet worden: 0 ; |0 ; 3O ; Of,| ; ooO ; ooO| ; 00O3 ; lOSb; 2O06; 3O06 ; sOob ; gOoo ; Ooooo; ooOob und 00 Oöö, deren Winkel in der später folgenden Tabelle angegeben werden sollen. Bei dem Antimonsilber (dem prismatischen Antimon Mobs) hat Hausmann (a. a. 0. Seite 37) als Grundform ein rhom- bisches Oktaeder gewählt, welches die Endkantenwinkel = 132" 42' und 92" 0' hat, und die Seitenkanten = 106" 40'; während ein anderes bei dem Antimonsilber vorkommendes rhombisches Oktaeder die End- kantenwinkel = 147" 37' und 1220 16' und die Seitenkantenwinkel = 67"46' hat. Mobs hat (a. a. 0. Seite 476) dasselbe rhombische Oktaeder als Grundgestalt angenommen, und dieselbe Stellung der Gestalten wie Hausmann gewählt, ohne nähere Angabe der Winkel, ausser für das rhombische Prisma der verticalen Hauptreihe 00 0 (P + 00, Mobs = 120" 0'). Wählt man entsprechend dem Kupferglanz das zweite der ange- führten rhombischen Oktaeder als Grundform des Antimonsilbers, so kommen bei demselben nachfolgende einfache Krystallformen, deren Winkel in der später folgenden Tabelle angegeben werden sollen, in verschiedenen Combinationen vor O ; 2O ; 2O3 ; ooO ,* ooOi ; 00O3 ; 00O5 ; 20ob ; /iOob ; zOöö ; Ooooo ; ooOob und oo'Oöö- Eine tabellarische Übersicht der bei beiden Species gefundenen Krystallgestalten mit den entsprechenden Winkeln zeigt hinreichend deutlich, wie sie als isomorph zu betrachten sind , und die geringen Differenzen ohne Zweifel ihren Grund in den Besultaten der Messungen haben. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 38 5T0 Kenngott. «»0 = |0 = 20 = 30 = 203 = 124° 18' 122° 15' 31" 10(J° IT 45" 93° 59' 28" 92° 0' 79° 48' 24" 135° 55' 33" 145° 27' 37" 144° 18' 49" 148° 26' 147° 37' 12" 139° 7' 23" 133° 12' 11" 132° 42' 126° 56' 28" 154° 45' 46" 117° 31' 44" 115° 52' 50" ooO 119° 34' 48" ; 60° 25' 12" = 119° 59' 21" 60° 0'39" ooOf := 97° 44' 4" ; 82° 15' 56" oo02 = 81° 18' 30" ; 98° 41' 30" = 81° 46' 28" ; 98° 13' 32" oo03 == 59° 34' 55" ; 120° 25' 5" = 59° 59' 21" 120° 0'39" ooO» = 37° 54' 54" 142° 5' 6" = 38° 13' 20" 141° 46' 40" ^05i 128° 15' 4" ; 51° 44' 56" 20~ = 114° 13' 6" ; 65° 46' 54" = 112° 12' 59" ; 67° 47' 1" 30« = 91° 44' 32" ; 58° 15' 28" 40~ = 75° 25' 9" ; 104° 34' 51" = 73° 19' 17" , 106° 40' 43" 50oo = 63° 28' 32" ; 116° 31' 28" (iO^ = 54° 33' 12" ; 125° 27' 48" 20dS = Ooo oo ooOoo ooOoo 83° 59' 44" ; 96° 0' 16" 81° 22' 4" ; 28° 37' 56" 65° 28' 67° 46' 19" 87° 54' 46" 104° 14' 49" 106° 40' 125° 11' 53" 51° 28' 41" 73° 23, 8" 75° 35' 51" Sp. K A K A K K K K A K A K K Hausm. SP 8AE2 8AEI 8P 8EA± 8EA^ 8DB'4, kE kE kBB'^ kBB'2 4Bi5'3 iiBB'3 kBB'5 ikBA kBA kD kBA kBA itBA kBA 42)' 2A 2A 2B 2B 2B' 2B' Mohs. P— 1 Pr P+oo fPr + l (P + " Pr Pr + 1 (P+oo)' Pr + c P— oo PJ+< Pr + c P— oc Minei'tilogi.sche rntersuchungen. i)71 An den mit * bezeielineteii Stellen dieser Übersicht sind die bei dem Antimonsilber (A) vorkommenden Krystallformen, welche noch nicht bei dem Kupferglanz (Ä') vorkommend angetroffen worden sind, für die erwählte Grundform O des Kupferglanzes berechnet angegeben. Aus dieser Übersicht geht hervor, dass zunächst die Krystall- formen beider Species sehr nahe übereinstimmen, um sie darnach als isomorphe, in der weiteren Bedeutung dieses Ausdruckes, annehmen zu können, dass beiden Species die einfachen Krystallformen 0 ; ooO ; 00O3 ; 2 0c>b ; Ooooo ; ooOob ; ooOöö gemeinschaftlich eigen sind; dass der Kupferglanz das bis jetzt selten vorgekommene Antimonsilber an Mannigfaltigkeit der Formen ein wenig übertrifft, indem bei ihm noch acht andere Krystallformen nämlich: |0; 3O; Oi,}; ooOf ;|0d6 ; sOdb ; ^Oob ; eOoo vorkommen, welche dem Antimonsilber fehlen, während bei dem An- timonsilber sechs andere Krystallformen, nämlich : 2O ; 2O3 ; 00O2 ; 00O5 ; iOob ; 2O00 vorkommen, welche bei dem Kupferglanz noch nicht gefunden worden sind. Beiden Species ist ein zweifacher unvollkommener Blätterdurch- gang parallel dem vertikalen rhombischen Prisma ooO gemeinschaftlich, das Antimonsilber aber zeigt ausserdem deutliche Spaltbarkeit parallel dem horizontalen rhombischen Dyoeder Ooooo und parallel dem brachydiagonalen Prisma 2O0G. Bei beiden Species ist häufig eine Zwillingsbildung zu bemerken, nach dem Gesetze, dass zwei Individuen bei paralleler Hauptaxe die Fläche des verticalen rhombischen Prisma 00 O als Verwachsungs- fläche zeigen, nur ist bei dem Antimonsilber die Tendenz" zur Zwil- lingsbildung grösser, was sich besonders dadurch zeigt, dass auch mehr als zwei Individuen nach demselben Gesetze verwachsen; bei dem Kupferglanze dagegen zeigt sich noch eine zweite Art der Zwil- lingsbildung, nämlich nach dem Gesetze, dass die Fläche der Grund- form Verwachsungsfläche ist. 38 * 572 Kenngott. Bei beiden Species endlieh zeigt sich auch dieselbe Streifung des horizontalen rhombischen Dyoeders Oooc5o parallel der kürzeren Diagonale und ist bei dem Antimonsilber auf den Spaltungsilächen, bei dem Kupferglanz auf den Krystallflächen bemerkbar. Geht man nun bei der Betrachtung beider Species als isomor- pher zur chemischen Beschaffenheit über, so ergibt sich hier eine interessante Thatsache, welche im Vergleich mit anderen Mineralien bemerkenswerth ist. Der Kupferglanz nämlich enthält wesentlich Kupfer und Schwefel in dem Verhältnisse, dass seine Zusammen- setzung durch die Formel Cu^ S auszudrücken ist. Ausserdem ent- halten aber einzelne Abänderungen desselben neben Kupfer auch noch Silber (der sogenannte Silber-Kupferglanz, der isometri- sche Kupferganz nach Mobs) und zwar in mannigfach wech- selnden Verhältnissen, so dass dabei ein Mischungsgewicht Silber zwei Mischungsgewichte Kupfer ersetzt und als Formel des silberhaltigen Kupferglanzes sich die Formel (Cuq, Ag) S ergibt. Hierüber ist nach den Analysen Stromeyer's, Sander's, Lampadius und Domeyko's kein Zweifel und G. Rose hat dies schon hinreichend dargethan. (Poggendorf f's Annalen, Band XXVIII, Seite 427.) Es würde hiernach gleichfalls die Möglichkeit anzunehmen sein, dass ein Silberglanz = Ag S aufgefunden werden könnte, welcher dieselben Formen zeigte, wie der Kupferglanz, so wie umgekehrt schon gefunden worden ist, dass durch Zusammenschmelzen von Kupfer und Schwefel, so wie durch Schmelzung des Kupferglanzes das Schwefelkupfer Cuz S in regulären Oktaedern krystallisirt erhal- ten werden kann, wie dies Mit sc herlich und G. Rose beob- achtet haben. Ist aber das Kupfer und Silber in der angegebenen und hin- reichend bewiesenen Weise als isomorph und stellvertretend zu betrachten, so dass ein Mischungsgewicht Silber stets zwei Mischungs- gewichte Kupfer vertritt, wie es auch in andern Mineralien, nament- lich in den Fahlerzen häufig stattfindet, so führt der Isomorphismus des Antimonsilbers mit dem Kupferglanz, den silberhaltigen Kupfer- glanz mit eingeschlossen, zu der Annahme, dass zwei Mischungs- gewichte Schwefel ein Mischungsgewicht Antimon vertreten können. Die Zusammensetzung des A n t i m o n s i 1 b e r s ergibt nämlich nach den davon bekannten Analysen die chemische Formel Agz Sb. Ersetzt aber ein Mischungsgewicht Silber zwei Mischungsgewichte Mineralogische UntersuclumgiMi. 373 Kupfer, so inüssto Ag^ Sb mit Ow^ Sb isomorph sein; da nun im Kupterglanzo zwei Miscliungsgewichte Kupfer auf ein Miscliungs- gewicht Schwefel kommen, so entspräclie die Mischung Cun Sb der Mischung Cui tS., oder 2 (Cu., S), was auch bei der Annahme von Cmj ä ^ Ag S aus der Formol Ag^, Sb unmittelbar hervorgeht, indem Ag.y Sb — 2 Ag S zu setzen wäre. Diese Folgerung, dass ein Mischungsgewicht Antimon zwei Mischungsgewichte Schwefel vertreten kann , erregt um so mehr unsere Aufmerksamkeit, weil mehrere Mineralogen geneigt gewesen sind, Antimon, Arsenik und Schwefel als isomorph anzunehmen, wonach ein Mischungsgewicht Antimon oder ein Mischungsgewicht Arsenik, ein Mischungsgewicht Schwefel vertreten könnten. Zu dieser Annahme haben die verschiedenen Minerale geführt, welche Eisen, Kobalt oder Nickel mit Schwefel, Arsenik oder Antimon in ein- fachen und zusammengesetzten Verhältnissen verbunden enthalten, wo- gegen bereits G. Rose sich (Poggend orff's Annalen, Bd.LXXVI, Seite 75) ausgesprochen und die Unhaltbarkeit dieser Annahme an den Mineralien: Speerkies, Arsenikeisen, Eisenkies, Kobaltglanz und Speiskobalt nachgewiesen hat, ohne jedoch die Möglichkeit einer Vertretung gänzlich in Abrede zu stellen, weil manche Analysen der Verbindungen von Eisen, Kokalt oder Nickel mit Schwefel, Arsenik oder Antimon derartige Schwankungen zwischen dem Gehalte an Schwefel , Arsenik oder Antimon zeigen , dass man an eine Ver- tretung zu denken genöthigt wird. Die oben angeführte Folgerung aus dem Isomorphismus des Antimonsilbers mit dem Kupferglanz , wonach Schwefel und Antimon nicht in gleichen Mischungsgewichten, sondern zwei Mischungs- gewichte Schwefel ein Mischungsgewicht Antimon und umgekehrt vertreten können, welche Folgerung sich bei der bereits erwie- senen Vertretung des Antimons durch Arsenik in gleichen Mischungs- gewichten auch auf das Arsenik erstreken müsste, eröffnete hiernach, wie es scheint, den Weg, wie derartige Minerale zu betrachten sein dürften , in denen der schwankende Gehalt an SchAvefel, Arsenik und Antimon zu keiner übereinstimmenden Formel führt, und es läge vor, den Beweis an ihnen zu führen. Dass ein solcher Beweis nicht durch Berechnungen der vorhan- denen Analysen allein geführt werden könne, versteht sich von selbst und die nachfolgende Übersicht derjenigen Species, welche sich mit 574 Kenngott, Sicherheit herausgestellt haben und als die Anhaltspunkte nachfol- gender Untersuchungen dienen müssen, zeigt nur, wie in der That ' wenig Grund zu der Annahme vorliegt, dass Schwefel, Arsenik und Antimon einander in einfachen Verhältnissen vertreten, und wie noth- wendig die Untersuchungen derjenigen Minerale sind, welche auf eine Vertretung hinweisen, eine Nothwendigkeit, welche von den Chemikern in vollem Maasse gewürdigt werden möge. Die anzuführenden Species sind folgende : E i nfa c h - Antimonnickel ^ Ni Sb, Breithauptit, H a i d i n g e r. Einfach -Ar seniknickel = iVt As, Nickeline, B e u- dant; prismatisch er Nickelkies, Mohs. Einfach-Arsenikkobalt ^= Co As. Die ersten beiden krystallisiren hexagonal, haben fast gleiche Farbe und Härte und ziemlich gleiches specifisches Gewicht. Eisen und Kobalt kommen in geringet Menge als stellvertretend vor, wie die Analysen des erstem von Andreasberg am Harz nach Stro- meyer, die des zweiten von Riecheisdorf in Hessen nach Stro- meier und Suckow, von Zinkwand in Ungern, von AUemont im Dauphine und von Baien in den Pyrenäen nach Bert hier, von Östra Langöe in Norwegen nach Scheerer, von Olpe in Westphalen nach Schabel und von Ayer im Haute -Valais in Frankreich nach Ebelmen zeigen. In dem Nickelin von Baien und von AUemont tritt mehr oder weniger Antimon vicarirend ein , so dass wohl beide Species als isomorphe anzunehmen sind, wenn auch die Bestimmung der Krystallformen dieses noch nicht ganz hinreichend erwiesen hat. Geringe Beimengungen der verschiedensten Art sind in beiden Species anzutreffen, ohne den Charakter derselben wesentlich zu verändern. Diesen dürfte sich ein von Tessaert analysirtes Mineral anrei- hen, von Tunaberg in Schweden, welches vorherrschend Co As enthält, nebenbei eine geringe Menge Fe S., nahezu in dem Ver- hältnisse Q Co As -\- Fe Sz- Betrachtet man das Schwefeleisen als beigemengt, so stellt dieses Mineral Co As dar, man könnte aber auch bei der Annahme einer Vertretung des Arseniks durch Schwefel in der oben angedeuteten Weise dasselbe als (Co Fe) (As, Sz) ansehen. Näheres darüber ist nicht bekannt. Einfach-Schwefelnickel =MÄ Millerit, Haidinger. Mineralogische Untersucbungen, 575 E i n f a c li - S c li Av e f e 1 k 0 b a 1 1 = Co Ä, S y e p 0 0 r i t e, N i c 0 1 ; G r a u k 0 b a 1 1 e r z , H a u s ni a n II. E i n f a c h-S c b w e f e 1 e i s e n ^= FeS, magnetischer P y r r li o t i n , Breithaupt;rbomboedriscberEiseiikies,Mobs. Einfach-S chwefelnickeleisen = (Ni Fe) S, Eisen- nick e 1 k i e s , S c b e e r e r. Von diesen vier Species sind die erste und dritte am bekann- testen mid zeigen die meiste Übereinstimmung^. Beide krystaliisiren bexagonal , baben gelbe Farbe, nur die Härte und das specifische Gewicbt zeigten grössere Abweichung, als man erwarten dürfte. Was die Härte betrifft, so lässt die Krystallisation des Mille rits, welcher dünne nadeiförmige Prismen bildet, die Angabe einer etwas gerin- geren Härte leicht erklärlich finden , ohne dass man dieselbe geringer anzunehmen hat, der LTnterschied aber des specifischen Gewichts war um so auffallender, da der Millerit den Pyrrhotin um ein Ganzes übertreffen sollte. Ich unterwarf daher beide einer wiederholten Prüfung und fand das specifische Gewicht des Millerits von Joachimsthal in Böhmen =4,601, das des Pyrrhotins von Kongs- berg in Norwegen = 4,S84. Zur Bestimmung des Pyrrhotins wählte ich den von genann- tem Fundorte darum, weil die blättrigen, körnigen und dichten Abän- derungen des Pyrrhotins von den verschiedensten Fundorten keine ganz genaue Bestimmung des specifischen Gewichts erwarten Hessen, indem sie so innig mit andern Kiesen, mit Bleiglanz, Zinkblende, Glimmer, Quarz, Dichroit und anderen Mineralien verwachsen vor- kommen, dass, wenn man selbst ein möglichst reines Stück ausge- wählt hätte, man dennoch nicht gewiss gewesen Aväre, ob man durchaus reines Material gehabt hätte, da die beigemengten Minerale bis zur innigsten Verschmelzung damit verwachsen sind, was nament- lich die geschwefelten betrifft. Der kleine Krystall, welchen ich zur Bestimmung des specifi- chen Gewichts wählte, war von dem schönen Vorkommen des Pyrrho- tins vom genannten Fundorte mit gediegen Silber, Fluss und Calcit; die Pyrrhotinkrystalle sitzen auf beiden auf, zumeist auf dem Silber und bilden die Combination des hexagonalen Dyoeder mit dem hexa- gonalen Prisma D oo oo . oo />, (P — oo , P -j- oo Mobs) worin das Dyoeder vorherrscht, die Tafeln aber noch von einiger Dicke sind, oder (wie der gewogene Krystall) dieselbe Combinationen 376 Kenngotf. mit einem Dihexaeder derselben Reihe. Der Krystall war ganz frei von Silber in Fluss eingewachsen und veranlasste wegen seiner glän- zenden Flächen eine Bestimmung vermittelst des Reflexionsgonio- meters. Die Messung ergab die Neigung der Dihexaederflächen zum Dyoeder = II60 30', zu dem hexagonalen Prisma = 153» 19' mithin ist der Seitenkantenwinkel des Dihexaeders = 126" 38' und der daraus berechnete Winkel der Endkanten = 126" 56'. Die Dihexaeder- und Prismenflächen waren zart horizontal gestreift. Es ist als sehr wahrscheinlich anzunehmen, dass diese beiden Species isomorph sind, wenn auch bei dem Millerit die endlichen Gestalten noch nicht bestimmt sind, wegen der Zartheit der unvoll- kommenen an den Enden ausgebildeten nadel- und haarförmigen Kryställchen, welche hexagonale Prismen oder auch die Combination zweier hexagonaler Prismen , des der Haupt- und Nebenreihe dar- stellen, wie ich an Kryställchen des Millerits von Joachimsthal in Böhmen schon früher. gefunden habe. (Mineralogische Untersuchun- gen Hft. I , Seite 40.) Der Millerit enthält nach den übereinstimmenden Analysen Arfvedson's Rammelsber g 's und SchnabeTs Nickel und Schwefel, entsprechend der Formel Ni S und in dem von Kamsdorf in Thüringen wurde von Rammeisberg ein Wenig Eisen als stell- vertretend gefunden. Über die Zusammensetzung des Pyrrhotins ist man bis jetzt noch nicht einig geworden, und ich bin der Ansicht H a US mann's gefolgt, nach welcher der Pyrrhotin wesentlich eine Verbindung des Eisens und Schwefels entsprechend der Formel Fe S darstellt und durch Beimengungen von Zweifach-Schwefeleit^en ab- weichende Resultate in den Analysen ergeben hat. Die Berechnung der vorhandenen Analysen ergibt daher keine Übereinstimmung ; fast ganz entspricht obiger Formel die Analyse des Pyrrhotins aus Corn- wall nach Hatchett, welche das Verhältniss der Mischungs- gewichte = 1 : 1,0059 für Eisen und Schwefel ergibt, die anderen Analysen weichen davon ab, indem dieses Verhältniss in dem Pyr- rhotin von Klefva in Schweden nach Berzelius Analyse ^ 1 : 1,0926 ßodenmais in Baiern nach H. Rose's Analyse = 1 : 1,1214 Congonhas in Brasilien nach Plattner^s Analyse = 1 : 1,1392 Fahlun in Schweden nach Plattner's Analyse = 1 : 1,1786 Treseburg am Harz nach Stromeyer's Analyse -= 1 : 1,2015 Mineralogische Untersuchungen. 577 Modiim in Norwegen nach Seh eerer's Analyse = 1 : 1,2036 Bareges in Frankreich nach Stromeyer's Analyse = 1 : l,3JJö5 ist. Dass man unter solchen Umständen mehrere Formeln aufstellen könne, versteht sich von seihst, keineswegs aher würde es annehm- bar sein, verschiedene Species aus den Resultaten der Analysen zu entnehmen, wie deren drei von Graf Schaffgotsch aufgestellt worden sind. Will man jedoch eine Formel wählen , so ist die von Hausmann gewählte darum die wahrscheinlichste, weil wir in den meisten Fällen den Pyrrhotin mitZweifach-Sehwefeleisen verwachsen sehen und darum unter den Analysen diejenige als die der wahren Zusammensetzung am nächsten kommende anzusehen hahen, welche den geringsten Schwefel- und den grössten Eisengehalt ergibt, indem dann die geringste Beimengung von Zweifach-Schwefeleisen zu ver- muthen ist. Wir sehen auch aus obiger Anordnung der Verhältnisse, wie wechselnd die Mengen sind, und können mit Sicherheit annehmen, dass selbst Pyrrhotine von demselben Fundorte nicht vollkommen gleiche Resultate geben werden. Die Beimengung selbst aber ist an den Exemplaren mehr oder weniger deutlicher erkennbar und kann so innig sein, dass sie sogar dem bewaffneten Auge entgeht, ohne dabei die krystallinischen Verhältnisse des Minerals zu stören. Gehalt an Nickel wurde auch gefunden, wie in dem von Modum in Schweden von Scheerer (bis zu 8 Procent) und in dem von Klefva in Smaland von Berzelius. Was den Eisennickelkies Scheerer's hetrilTt, so würde derselbe ein ferneres Beispiel der Vertretung beider Metalle sein, worin etwa der dritte Theil des Eisens durch Nickel vertreten ist, Avesshalb Scheerer die Formel 2 Fe S -{- Ni S aufgestellt hat, und derselbe ein verbindendes Glied beider Species darstellen , wenn nicht die Angabe von Blätterdurchgängen anscheinend parallel den Flächen des regulären Oktaeders dagegen spräche , ihn mit Pyrrhotin und Millerit zusammenzustellen. Erwiese er sich in der That als dem regulären System angehörig, so wäre dieser Fall um so bemer- kenswerther, weil dadurch ein Dimorphismus der Substanzen FcS, Ni S und (Fe, Ni)S vorläge. Das Graukobalterz Hausmann's, welches derb zu Syepoor bei Rajpootanah in Hindostan vorgekommen ist und nach der Analyse M i d d 1 e 1 0 w n's der Formel Co S entspricht , ist in seinen übrigen 378 Kenngott. Eigenschaften zu wenig bestimmt und bekannt, um es den obigen Species gleichzustellen. An diese Gruppe geschwefelter Metalle reihen si«h das Einfach-Schwefelmangan = J/n Ä AI aha n din , del Rio jhexaedrische Glanzblende, Mobs. Ei nfach-Sc h wefelzink = Zn S, Blende; dodekae- drische Gr anatblende, Mobs. Einfach-Schwefelkadmium = Cd S, Greenockite, Bro oke. Dieselben gehören zwar nicht in die Ordnung der Kiese, lassen sich jedoch mit obigen Mineralien vergleichend zusammenstellen, so wie das noch zweifelhafte Einfach - Arsenikmangan = Mn As , Kaneit, Hai- dinger. Die ersteren beiden krystallisiren regulär und die Blende zeigt eine theilweise Vertretung des Zinks durch Eisen und Kadmium ; der Greenockit dagegen krystallisirt hexagonal ähnlich dem Pyrrhotin. Das Ander tbalb-Arsenikeisen =^ Fe., As^, L ö 1 i n g i t, Haidinger; axotomer Arsenikkies, Moihs, steht bis jetzt vereinzelt da und lässt keine Vergleichung zu. Die Ana- lyse des von Schladming in Steiermark nach E. Ho ff mann hat aber auch gezeigt, dass Nickel und Kobalt als vikarirend eintreten können. Das von Reichenstein inSchlesien hat etwas Misspickel, welcher daselbst häufig vorkommt, beigemengt, das von Schladming die dem Misspickel entsprechende Nickelverbindung und das von Carriso in Chile etwas Zweifach-Schwefeleisen, wie aus den Analysen K a r s t e n's , M e y e r's Hoff man n\s und Domeyko's hervorgeht. Mehr Species zeigen sich dagegen unter den Verbindungen des Doppelt-Arseniks und Doppelt-Schwefels. Hierher gehören das Zweifach -Arseniknickel = Ni As^, Chloantbit, Breithaupt; Rammelsbergit, Haidinger. Zweifach: Arseniknickel = iVt Asg, Weis snickelki es, Breithaupt. Z w e i f a c h - A r s e n i k k 0 b a 1 1 = Co As^ , S m a 1 1 i n e, B e u- dant, oktae drischer Kobaltkies, Mohs. Zweifach -Arsenikkobalt = Co As, , S a f f 1 o r i t- Breithaupt. Zweifach-Arsenikeisen = Fe As^ , Sätersbergit. Mineralogische Untersuchungen. 379 Unter diesen sind der Chloanthit nnd Smaltin am bekanntesten und zeigen die meiste Übereinstimmnng'. Sie haben gleiche, in das reguläre System gehörige Krystallformen, gleiche Farbe, Härte und specifisches Gewicht. Tn beiden tritt das Eisen vikarirend ein, so wie Kobalt in dem Chloanthit, Nickel in dem Smaltine, wie dies aus den von Rooth, Sartorius,Rammelsberg, Stromeyer, Var rentrapp und v. Kobell ausgeführten Analysen hervorgeht, so dass wir dieselben als zwei isomorphe Species zusammenstellen können. Eine eigenthümliche Dimorphie dieser Verbindungen Ni As^ und Co Aso ist von Breithaupt beobachtet worden, wesshalb er die beiden Species Weissnickelkies und Safflorit aufgestellt hat, welche sich von andern bekannten Beispielen des Dimorphismus noch dadurch unterscheiden , dass die letztgenannten rhombisch kry- stallisirenden Species ein höheres specifisches Gewicht haben als die regulär krystallisirenden Species Chloanthit und Smaltin, da sonst immer der umgekehrte Fall beobachtet worden ist. In wie weit das von Scheerer untersuchte Z wei fa ch-Ar- senikeisen vom Sätersberge bei Fossum im Kirchspiele Modum in Norwegen, für welches der Name Sätersbergit als der geeig- netste erscheint, mit obigen zusammengehörig zu betrachten ist, lässt sich noch nicht ganz genau entscheiden, jedenfalls aber gehört es in die Reihe des Weissnickelkieses und Safflorits, wie die rhombischen Krystallformen und das höhere specifische Gewicht andeuten. Zweifach-Schwefeleisen = Fe S3, Pyrit; hexae- drischer Eisenkies, Mohs. Z M' e i f a c h - S c h w e f e 1 e i s e n = Fe S.^, M a r k a s i t ; p r i s- matischer Eisenkies, Mohs. Diese beiden Species sind hinlänglich bekannt, und es bleibt nur zu bemerken, dass sie im Gegensatz zu den zuletzt angeführten zeigen, wie Schwefel nicht als das Arsenik und Antimon in gleichen Verhältnissen vertretend angesehen werden können, da bei ihnen nicht die rhombisch krystallisirende Species ein höheres specifisches Gewicht hat, was bei einer Analogie mit jenen erwartet werden müsste. Der Unterschied beider ist gering, aber das des regulär krystallisirenden Pyrits entschieden höher als das des rhombisch krystallisirenden Markasits. 580 Kenngott. An sie reiht sich das Z w e i f a c h - S c h w e f e I m a n g a 11 = Mn S^, H a u e r i t, H a i d i n g e 1" ; welches zwar, wie die oben angeführten Species Ahtbandin, Blende und Greenockit zu der Ordnung der Blenden gehört, die Krystallisation aber dem Pyrit entsprechend zeigt. In ihm tritt auch etwas Eisen als das Mangan ersetzend ein. Als ein isolirt stehendes Glied erweist sich das Dreifach - Arsenikkobalt = Co As^ , Skutterudit, H a i d i n g e r. Dasselbe zeigt nach den Analysen S c h e er e r's und Wohle r's neben dem Kobalt einen geringen Gehalt an Eisen. Ob mit ihm das von Kersten analysirte sogenannte Wismut hkobalterz von Schneeberg in Sachsen zu vereinigen sei, ist noch zweifelhaft, wenn auch wahrscheinlich, da es nach Abzug der Wismuth, Kupfer, Man- gan und Schwefel enthaltenden Beimengungen obiger Formel am nächsten kommt. Eisen und Nickel vertreten einen Theil des Kobalts. Gehen wir zu den zusammengesetzteren Verbindungen über, so finden wir die nach Hisinger's und Wernekink's Analysen aus Einfach-Schwefelkobalt mit A n d e r t h a 1 b - S c h w e f e 1- kobalt ^ Co S ^ Co^ Sg bestehende Species, den Linneit, Haidinger; isometrischen Kobaltkies, Mobs. Dieselbe enthält nach den erwähnten Analysen auch etwas Eisen. Nach den neuesten Untersuchungen über dieses Mineral von Musen, ausgeführt von Schnabel und Ebbinghaus (Liebig's und Kopp's Jahresbericht etc. 1849, Seite 723) besteht dasselbe wesentlich vorherrschend aus Ein fach -Seh wefelnickel und Ändert halb -Schwefel- Nickel = Ni s -1- m. s,, worin eine mehr oder minder grosse Menge Kobalt und wenig Eisen als vikarirend eintritt, so dass es scheint, als fänden sich die beider- seitigen Verbindungen als isomorphe unter gleichen Verhältnissen. In grösserer Mannigfaltigkeit treten dagegen die Verbindungen auf, welche Schwefel und Arsenik oder Antimon enthalten, unter denen aber einzelne noch nicht gehörig ermittelt sind. Mit Sicher- heit lassen sich zunächst fünf Species aufstellen, nämlich: Mineralogische Untersucliungen. b81 Zweifac h- Antim ounickel mit Z weifacli-S chwefel- ii i c k e 1 = Ni Sb^ -\- Ni S2, Antimonnickelkies; Ullmannit, Haidinger; eutomer Kobaltkies, Mohs. Z weif ach - Arsenik ni ekel mit Z weif a ch - Seh we fei- nick e 1 = iV/ As^ -\- ISi S2, A r s e n i k n i c k e 1 k i e s ; Gersdo rffit; LöM^e, euto merKobaltkies,Mohs. Z weif ach- Arsenikkob alt mit Z weif a ch - S chwefel- kobalt = Co Aso -\- Co S^, Arsenikkobaltkies; Cobaltine, Beudant; hexae drischer Kobalt- kies, Mohs. — Dasselbe als Glaukodot, Breit- haupt. — ZNveifach - Ar seni keisen mit Zweifach - S ch we fei- eisen = F^e As^ -\- f^ß ^2, Arsenikeisenkies; Mispickel; pr ismatischerArsenikkies, Mohs. Die ersten drei krystallisiren regulär, haben ähnliche Farbe, ziemlich gleiches specifisches Gewicht und gleiche Härte, die letzteren krystallisiren rhombisch und haben in den übrigen Eigenschaften grosse Ähnhchkeit mit den vorangehenden. Im Allgemeinen zeigt diese Gruppe Iso- und Dimorphismus, für Mielchen alle nöthigen Belege bis jetzt noch nicht gefunden worden sind, und betreffs des Verhält- nisses zwischen Schwefel, Antimon und Arsenik ist hervorzuheben, dass diese Verbindungen der zweiten Ordnung zugehören, das Verhältniss also des Schwefels einerseits und des Antimons oder Arseniks andererseits ein festes zu sein scheint. Geht man näher auf die vorhandenen Analysen ein, so zeigen sich auffallende Abweichungen, welche nicht wohl allein, wie man es am häufigsten annimmt, durch Beimengungen zu erklären sein dürften, sondern welche bestimmt daraufhinweisen, dass entweder eine andere Art der Vertretung als die gewöhnliche stattfindet oder dass bestimmt unterschiedene Species unter gemeinsamem Namen vereinigt wor- den sind. Im Bereich der ersten Species, dem UUmannit'H aidinger's ergeben die Analysen des Ullmannits von Landskrone bei Willisdorf am Westerwalde nach H. Rose und die von Harzgerode am Harz nach Rammeisberg am nächsten die angegebene Formel, wenn man die verhältnissmässig geringe Differenz durch Beimengung von Schwefelnickel erklärt. Weniger entsprechend sind die Resultate 382 Keiingott. Klaproth's und Ullmann's, indem beider Analysen zu wenig Nickel ergeben haben, so dass man eine anderartige Beimengung als vorhin annehmen müsste. Da jedoch der Unterschied nicht zu bedeutend ist, so wird man sich gerne zu dieser Erklärung bereit finden oder die Ursache in einem äusseren Umstände suchen. Ungleich grössere Schwierigkeiten bieten sich der Deutung der Analysen bei der zweiten Species dar, obgleich wir von den in dieses Bereich zu ziehenden Mineralien eir.e bedeutend grössere Anzahl Analysen besitzen, weil die vorgekommenen Unterschiede wichtig genug erschienen, die Untersuchungen fortzusetzen. Unter allen entsprechen der aufgestellten Formel am besten das Mineral von Loos in Schweden nach Berzelius, das von Musen im Siegen- schen nach Schnabel, das von Brackendorf in Ungern nach Löwe, das von Harzger ode am Harz nach Rammeis berg, etwas weniger das von Lobenstein in Reuss nach demselben. An diese dürften sich dann noch diejenigen anreihen, bei denen eine mehr oder minder grosse Menge Zweifach- Arseniknickel als Beimengung in Abzug gebracht werden muss, wie das von ülsnitz nach Ludwig, das von Schladming in Steiermark nach Löwe, das von Tann am Harz nach F. Hoffmann und der sogenannte Wodankies von Topschau in Ungern nach Stromeyer. Bei allen tritt mehr oder weniger Eisen und Kobalt als vikarirend ein. Auszuschliessen sind für jetzt der sogenannte A m o i b i t von Lich- tenberg bei Stehen, welcher nach v. Kobell's Analyse der Formel ZNL Asg -f ^Ni.i 1S3 entspricht und das Mineral von Schladming in Steiermark, welches Pless analysirt hat und welches der Formel 2,Nt As -\- Ni S^ oder , wenn man den wechselnden Kobalt- und Eisengehalt mit ausdrückt, der Formel 2 (Ni, Co, Fe) As -^ (Ni, Co, Fe) So entspricht. Die dritte Species, Beudant's Kobalti ne zeigt dagegen wie- derum eine geringere Abweichung in dem chemischen Ausdrucke, indem dieselbe allen bekannten Analysen gemäss der Formel Co As^ -\-Co So, entspricht. Eisen findet sich in abwechselnden Mengen als stellvertretend und die vorkommenden Differenzen erledigen sich leicht durch Abzug von wenig beigemengtem Schwefeleisen. Hier ist auch die von Breithaupt aufgestellte Species G 1 a u k 0 d 0 1 an- zufügen, welche als ein Beispiel des Iso-Dimorphismus bemerkens- werth ist, indem der Glaukodot rhombisch, analog dem Misspickel, Mineralogische Untersucluingen. 583 krystallisirt und dadurch das verbindende Glied bildet. Nach Breit- hau p t gehört auch das voiiPatera und von A. v. Hubert ana- lysirte Mineral von Orawitza im Banat hierher, welches nur weniger Eisen als der chilenische enthält und durch seine strahligen Massen auf das rhombische Krystallsystem hinweist. Die letzte der angeführten Species endlich, der Misspickel entspricht nach fast allen Analysen der Formel Fe As^, -\- Fe S.^ und enthält bisweilen etwas Kobalt anstatt der entsprechenden Menge Eisens. Ob von ihm der sogenannte Plinian, welchen Breit- baupt wegen der hemiedrisch scheinenden Krystallisation als eigene Species trennte, in der That zu trennen sei, muss noch bean- standet werden, weil G. Rose die Krystalle als unregelmässige ver- zogene des Misspickels erklärt hat. (PoggendorfT's Annalen, Band LXXVI, Seite 84.) Auszuschliessen wären das sogenannte Weiss erz Wem er 's von Andreasberg am Harz, welches nach Jordan 's Analyse an- nähernd die Formel ZFe.i As^ -\- Fe^ Ss erfordert, und der soge- nannte Danait von Franconia in Nordamerika, welcher von Hayes untersucht worden ist und nach desselben Analyse die Formel Fe^, Ass -\- Fe», S3 erfordert. Das Eisen wird darin in geringem Maasse durch Kobalt vertreten. über die Krystallisation des Danaits. Da ich bei Gelegenheit der vorangehenden Arbeit die betreffen- den Minerale in den Sammlungen des k. k. Hof-Mineralien-Cabinetes durchsah, war es mir sehr lieb, ein Exemplar des zum Misspickel gerechneten Minerales von Franconia in New-Hampshire in Nord- amerika zu finden, welches von Hayes untersucht und als eigene Species mit dem Namen Da naite belegt worden war. Die deutlichen Krystalle desselben, eingewachsen in feinkörnigem Gneiss in Beglei- tung von Kupferkies, haben im Aussehen grosse Ähnlichkeit mit Miss- pickel und eigneten sich sehr gut zur Messung. Sie bilden Combinationen mehrerer verticalen rhombischen Prismen, eines horizontalen makrodiagonalen und brachydiagonalen Prsima und zweier rhombischer Oktaeder. Ein deutlicher Kry- stall, an welchem ich die Messungen anstellen konnte, zeigte, wie 584 K e n n g o 1 1. Figur 1 angibt, vier verticale rhombische Prismen, o, p, q und r, welche, dem Resultate der Messungen, gemäss die Zeichen ooOs, ooO, ooOi und 00O3 erhalten. Die Flächen des mit ooO bezeichneten Prisma, die Flä- chen p, waren die vorherrschenden und glän- zendsten, die Flächen q und r der Prismen 00 02 und (X1O3 glänzten auch stark, waren aber schmäler, und die Flächen o des Prismas 00 03 waren matt, wie mit einem grauen Überzüge bekleidet, nach dessen theilweiser Entfernung dieselben etwas glänzend Avurden. Die Prismen werden durch ein makrodiago- nales Prisma t und ein brachydiagonales s begrenzt, welche als Ocx) und Ooo zu bezeichnen sind. Das specifische Gewicht des Krystalles wurde = 6,269 gefunden. Das durchschnittliche Resultat der mehrfach wiederholten und wenig abweichenden Messungen, ergab nachfolgende Werthe: ooO, scharfe Kante =80o6', mithin die stumpfe Kante =99o54'. Hieraus folgt das Verhältniss der längeren zur kürzeren Nebenaxe b: c = 11,8964 : 10,0000. 00O2, stumpfe Kante = 118« 16' ) Combinationskanten mit 00 O, p Combinationskante mit 00 O3, q Stumpfe Kante = 118» 30' 35" scharfe Kante = 61 0 29' 25" 00 O3 stumpfe Kante = 136« 49' gemessen, stumpfe Kante = 136« 44' 19" scharfe Kante = 43» 15' 41" 00O3 stumpfe Kante = 148« 28' Combinationskante mit 00 O, o Stumpfe Kante = 148» 41' 41" scharfe Kante = 31o 18' 19" Oöö Endzuschärfungskante = 112" 33' gemessen. Hieraus folgt das Axenverhältniss der Hauptaxe zur kürzeren Nebenaxe « : c = 6,67548 : 10,00000 O06 Endzuschärfungskante = 121« 20' gemessen. = 1210 24' 13" berechnet. q = 160« 53' r = 170« 57' berechnet. berechnet. p = 155« 43' berechnet. gemessen. gemessen. ^liiiei'alogi.sche Untersuchungen. Ö8H Die beiden vorkommenden rhombisclien Oktaeder konnte ich nicht bestimmen, weil an dem zur Messung dienenden Krystalle nur Spuren der Flächen vorhanden waren, verglichen mit anderen Kry- stallen aber lassen sie sich aus der Lage der Flächen bestimmen. Das eine derselben stumpft die Combinationskanten zwischen Oöö und Oob ab und ist mithin dasjenige, dessen Zeichen 0 2,2 sich ergibt. Seine Kantenwinkel würden nach der Berechnung sein: Endkanten = 144» 22' 8" und 150» 11' 40" Seitenkanten = 47» T 2" Das zweite liegt so, dass seine stumpfen Endkanten durch die Flächen Oöö gerade abgestumpft werden und ist wahrscheinlich das mit O zu bezeichnende. Seine Kantenwinkel würden nach der Berechnung sein : Endkanten =119» 35' 15" und 129» 57' 48" Seitenkanten = 82» 10' 50" Die Flächen t sind oft parallel den Combinationskanten mit s und parallel den Combinationskanten mit O gestreift, dessgleichen die Flächen s parallel den Combinationskanten mit t. Da ich nicht genau wusste, ob die Krystallformen des Danaits bestimmt Morden seien, schlug ich desshalb nach beendeter Arbeit in D ana's System of Mineralogy 1850 nach und fand Seite 428 den Danait unter der Species Misspickel aufgeführt mit einigen Winkel- angaben Teschemachers von den betreifenden Formen. Dana nämlich gibt als Krystallformen des Miss pickeis die drei beifolgen- den Fig. 2 , 3 und 4 an, von denen Fig. 2, Misspickel von Franconia in New-Hampshire, Fig. 3, Misspickel von ebendaher und von Kenth Fig. 2. Franconia N. H Franconia N. H. Kenth N. Y. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 39 586 Kenngott. in New-Yoi'k, und Fig. 4, den Danait in veränderter Stellung darstellt. Er gibt dabei an, dass die Neigung von M: M= 111» 53' a' : a! ^ 145^ 26' a!' : a" == 99» 52' (über a!" gemessen) a!' : a!' = 80» 8' (in der Endzuscbärfungskante) sei, dass nach T e s c b e m a c b e r ein Krystall der kobaltbaltigen Ab- änderung, des Danaits (welcben Tescbeniaeber nacb der Aus- bildung der Flächen so wie ieb gestellt hatte, Dana aber (Fig. 4) analog dem Misspickel stellte), die Neigung von M : M= 112» a : a = 121» 30' a":a" = 100» 15' ergeben hätte, dieser also in veränderter Stellung mit den Gestalten des Misspickels übereinstimme. Dies ist vollkommen richtig und man müsste demnach den oben beschriebenen Krystall eben so stellen , wonach er in der Richtung der kürzeren Nebenaxe abnorm verlängert anzunehmen ist. Die oben angenommene Hauptaxe wird dann zur kürzeren Nebenaxe, die län- gere Nebenaxe wird zur Hauptaxe und die kürzere Nebenaxe wird zur längeren Nebenaxe. Das Axenverhältniss ist dann a:'o:c = 11,8964 : 10,0000 : 6,67548 = 1,78214 : 1,49802 : 1,00000 wesshalb die Flächen p o q 7* f s die Zeichen OoQ sOob O200 O300 ooO 0 erhalten. Das Oktaeder O bleibt Grundform, nur wechseln die Kanten, indem die Endkanten ^ 119» 35' 15" und 82» 10' 50" die Seitenkanten = 129» 57' 48" werden, und das stumpfere Oktaeder 02,2 erhält das Zeichen 2O2. Seine Endkanten sind dann = 144» 22' 8" und 47» 7' 2" die Seitenkanten ^ 150» 11' 40". Es bliebe diesen Messungen zufolge kein Zweifel übrig, dass die unregelmässig ausgedehnten Krystalle des Danaits mit denen des Misspickels übereinstimmen, wie andersartige Verkürzungen und Ver- längerungen bei ihm sonst noch angetroffen werden und dass der Danait wirklich nur eine Abänderung des Misspickels sei. Mineialogi.sfhi' Fntersiichiingen. 1)87 Auffüllend aber bleibt dabei iiocb immer die chemiscbe Be- sebaffenbeit, nacb welcber das bezüglicbe Mineral kein Misspikel sein kann. Beimengungen sind in der Tbat nichts Seltenes und ihre An- nahme ist sehr oft der bequemste Weg, dergleichen Zweifel zu be- sehwichtigen. Wenn man jedoch die schön ausgebildeten Krystalle des Danaits im Gneiss nur von Kupferkies begleitet sieht, so scheint die Annahme von Beimengungen eine willkürliche. Hayesi) näm- lich fand darin (Sillim. J. 1833. XXIV, 586) Eisen 32,94 1,1764 ) Kobalt.. .. 6,45 0,2187 | ^'^^^* Arsenik ... 41,44 0,1051 Schwefel.. 17,84 1,1150 Beimengung 1,01 99,68 Die Division mit den Mischungsgewichtzahlen ergibt die in Klammern gestellten Quotienten, woraus Fe, Co : As : S gleich 1,2624 : 1 : 1,0089 oder 2,5248 : 2 : 2,0178 oder 3,7872 : 3 : 3,0267 hervorgeht, Verhältnisse, aus denen man jederzeit eher die Formel (Fe, Co)., As, + (Fe, Co), S^ als (Fe, Co) As^ + (Fe, Co) S.^ entnimmt. In M'ie weit daher die von Hayes gelieferte Analyse als richtig anzunehmen sei , möchte unbedingt eine erneuerte Unter- suchung nachweisen, da die Gestalten und die übrigen Verhältnisse eine Vereinigung mit dem Misspikel ausser allen Zweifel setzen. Oktaedrischer Antimon-Baryt. Vor zwei Jahren begann ich eine Untersuchung der in den Sammlungen des k. k. Hof-Mineralien-Cabinets beliiidlichen Exem- plare der Arsenikb lüt h e (der oktaedrisch en Arsenik- säure, Mobs), wurde aber von der Beendigung derselben durch meine Übersiedelung nach Pressburg abgehülten. Dieselbe setzte ich daher jetzt fort und fand dabei in regulären Oktaedern krystalli- *) Die schön ausgebildete» Krystalle lieferten das Material zur chemischen rntersuchung und das specifische Gewicht fand Hayes = 6,21-t. 39 * o88 Kenngott. sirtes Antimonoxyd, welches der Mohs'schen systematischen Nomen- klatur entsprechend den Namen: oktaedri scher Antimon- Baryt erhalten müsste. Die Charakteristik desselben ist folgende: Er krystallisirt re- gulär; beobachtet wurde bis jetzt nur das reguläre Oktaeder 0. Die Spaltbarkeit ist sehr vollkommen, der Blätterdurchgang vierfach, parallel den Flächen des regulären Oktaeders. Der Bruch ist nicht wahrnehmbar. Er ist wasserhell, vollkommen durchsichtig, stark glasartig glänzend auf den Krystalltlächen, in den Perlmutterglanz hinneigend auf den Spaltungsflächen. Fast Gypshärte; Strich schneeweiss. Wenig spröde. Für sich vor dem Löthrohre auf Kohle leicht schmelzbar, ver- dampft er und beschlägt die Kohle mit weissem Antimonoxyd, wenn man ihn in die Oxydationsflamme hält; in der Reductionsflamme gibt er Antimon. Mit Soda wird er gleichfalls zu Antimon reducirt. In Wasser unlöslich ; in Salzsäure auflöslich. Er findet sich in einzelnen und zu Gruppen vereinten vollkom- men ausgebildeten glatten und glänzenden Krystallen, deren Gestalt vermittelst des Reflexionsgoniometers bestimmt wurde, auf schwar- zem Grauwackenschiefer, begleitet von Rothspiessglanzerz und Weiss- spiessglanzerz. Das letztere war aber nur auf der andern Seite des Stückes in sternförmigen und büschligen Gruppen nadeiförmiger, de- mantglänzender und gelblichweisser Krystalloide aufgewachsen. Fundort: Perneck bei Bösing (oder Malaczka, welches weiter entfernt liegt) in U n g e r n. Als bereits diese Arbeit vollendet dem Drueke vorlag, wurde ich in Kenntniss gesetzt von der Abhandlung H. de Senarmonfs über das Vorkommen des natürlichen Antimonoxydes in Gestalt regu- lärer Oktaeder bei Sensa oder Serka in der Nähe der Quellen des Ain-el-Bebbouchin der Provinz Constantine. (Annales de Chimie et de Physique III, Serie XXXI , 504) wodurch sich meine Angaben bezüglich der Eigenschaften des oktaedrischen Antimon -Baryts von Pernek vollkommen bestätigt fanden. Das vonSens a bildet ausserdem zuckerähnliche körnige Massen, deren Höhlungen mit Krystallen be- setzt sind. Gestalt und Spaltbarkeit ist dieselbe. Das speeifische Ge- wicht wurde = 5,22 — 5,30 gefunden und der Bruch uneben, oft blätt- rig. Im Übrigen stimmt es mit dem von Perneck vollkommen überein. Mineralogische L'iilersuchungeii. 589 Hierdurch ist die Isodimorphie der heiden Substanzen, der ar- senigen Säure und des Antimonoxydes , As., O3 und Sb^ O3 voll- ständig erwiesen, indem nämlich beide regulär und rhombisch krystallisiren. Senarmont gibt nämlich am angeführten Orte an, dass bereits Mitsch erlich an fasrigen Krystallen der arsenigen Säure, welche durch Röstung kobalthaltiger Minerale sich gebildet hatten. Formen übereinstimmend mit denen des prismatischen Antimon- Barytes gefunden habe, eine Übereinstimmung, die ich auch an den ftisrigen Krystallen der Arsenikblüthe von Geyer in Sachsen vermuthet hatte, indem ich vermittelst des Reflexionsgoniometers fand, dass dieselben rhombische Prismen mit den Flächen der beiden verticalen Dyoeder darstellen, ohne dass ich die Winkel des rhom- bischen Prisma genau ausmitteln konnte, weil die Krystalle zu ge- ringen Glanz besassen. Dessgleichen fand auch Senarm ont, was ich bei Gelegenheit der Untersuchung obigen Antimonoxydes durch Erhitzen des Weiss- spiessglanzerzes in verschlossener Glasröhre beobachtete, dass die reichlichen Dämpfe sich in zweierlei Gestalten an das Glas ansetzen, nämlich in weissen langen Nadeln, welche die Gestalt des Weiss- spiessglanzerzes zeigen und in starkglänzenden Körnern , welche unter der Loupe betrachtet, die Gestalt regulärer Oktaeder zeigen. Die ersteren konnte ich durch Messung mit dem Goniometer als über- einstimmend feststellen. Durch das Zusammenvorkommen des Grauspiessglanzerzes = Sbz Ss mit Rothspiessglanzerz =^ Sbo, (S, 0)^, mitWeissspiess- glanzerz (prismatischen Antimon^Baryt, Mohs) und oktaedrischem Antimon - Baryt = Sb^ S3 wurde ich auf den Gedanken gebracht, dass alle vier Minerale in einem gewissen genetischen Zusammen- hange stehen möchten und dass das Grauspiessglanzerz zur Bildung der anderen Veranlassung gegeben habe. Da die meisten der Exem- plare, an denen man die verschiedenen Species zusammen antrifft, durch ihr Aussehen darauf hindeuten, dass Wärme bei ihrer Bildung thätig gewesen sein könnte, so schloss ich darans, dass das Andert- halb-Schwefel-Antimon durch Erhitzung einen Theil des Schwefels oder nach und nach den ganzen Schwefelgehalt verloren habe, dass das Antimon sich in der Folge mit Sauerstoff verbunden und somit prismatischer oder durch besondere Umstände oktaedrischer Antimon- Baryt sich gebildet haben könne. 590 Kenngott. , Versuche im Kleinen können freilich seltener das zeigen, was wir an den Mineralien im Grossen sehen, sie werden auch nicht an- gestellt, um die Beweise für die Vorgänge im Grossen zu führen, sondern sie sollen nur dazu dienen, auf Erscheinungen dieser Art hinzudeuten und zu ihrer Erklärung beizutragen. Ich erhitzte desshalb Grauspiessglanzerz in einer verschlossenen Glasröhre bis über den Schmelzpunkt desselben und setzte die Erhitzung längere Zeit fort. Es entwickelten sich anfangs weisse Dämpfe von Antimonoxyd neben den Schwefeldämpfen und setzten sich an der Wandung der Glas- röhre an ; sie hörten aber endlich auf, da der nöthige Sauerstoff zur ferneren Bildung von Antimonoxyd fehlte. An einzelnen Stellen in der Nähe des geschmolzenen Grauspiessglanzerzes zeigten sich braune und rothe Flecken, welche vielleicht für gebildetes Rothspiessglanz- erz angesehen werden können. Unter der Loupe zeigte sich der Absatz des weissen Antimonoxydes in zweierlei Form, nämlich in einzelnen Punkten und in sternförmig strahligen Partien. Die erste- ren gehören Mahrscheinlich dem oktaedrischen , die letzteren dem prismatischen Antimon-Baryt an. Grössere streifige Absätze von gel- ber Farbe deuteten den sublimirlen Schwefel an und an einer Stelle hatte sich eine zusammenhängende Partie wasserhellen glasigen Anti- monoxydes abgesetzt. Um die hier angedeuteten Bildungen deutlicher sich darstellen zu lassen, pulverisirte ich Grauspiessglanzerz und mengte es mit gröblich zerstossener Kohle. Eine reichliche Quantität dieses Ge- menges wurde über einer Weingeist- oder Gasllamme auf einer Por- zellanschale oder auf einem Eisenblech bis zum Glühen erhitzt. Das Grauspiessglanzerz schmolz und verlor dadurch nach und nach seinen Schwefelgehalt, welcher in Form schwefeliger Säure, so wie auch als reiner Schwefel davon ging. Der letztere setzte sich auf der Oberfläche der ganzen Masse oder an den Wänden einer aufgehängten Schale an. Bei dem Erhitzen und fortgesetzten Glühen schwoll die ganze Masse auf, bekam an der Oberfläche zahlreiche Spalten, aus denen die Dämpfe herausdrangen und im Innern entstanden hohle Räume. Durch den Zutritt der atmosphärischen Luft, welcher durch seitlich vermittelst eines Glasstäbchens angebrachte Öffnungen ver- mehrt Avurde, verband sich das Antimon mit Sauerstoff zu Antimon- oxyd, welches sich in Gestalt eines weissen Pulvers auf der Oberfläche Mineralogische Untersuchungen, 591 der Masse und an den sich darbietenden Tlicilen der Gefässe ansetzte oder Krystalle bildete, welche sich innerhalb der entstandenen Höh- lungen, oder auch, jedoch sparsamer, an der Oberfläche der Masse und an den Rändern der Gefasse ansetzten. Die Krystalle waren bei mehrfach wiederholten Versuchen zweierlei Art, nämlich entweder wasserhelle, durchsichtige, stark glasartig glänzende reguläre Oktaeder oder lineare und lamellare rhombische Gestalten mit einem starken in den Demantglanz über- gehenden Perlmutterglanz. Die regulären Oktaeder, welche dem oktaedrischen Antimon -Baryt angehören und von ver- schiedener Grösse, bis zur Grösse eines halben Millimeters im Durch- messer Avaren, bekleideten meist die obere Seite der entstandenen Höhlungen oder erschienen zerstreut auf der Oberfläche. Die dem rhombischen Systeme angehörenden linearen und lamellaren Kry- stalle, welche den prismatischen Antimon-Baryt oder das Weissspiessglanzerz repräsentiren, setzten sich meist an der unteren Seite der Höhlungen oder an der nächsten Umgebung der gebrauchten Unterlage an. Oft waren auf den linearen, meist stern- förmig gruppirten Kryställchen kleine reguläre Oktaeder aufsitzend zu bemerken. Hierdurch bestätigt sich die Annahme, dass sich sowohl der prismatische, als auch der oktaedrische Antimon-Baryt durch Zer- setzung des Grauspiessglanzerzes, hervorgebracht durch Hitze bilden können und da der Grauwackenschiefer, worin sowohl das letztere als auch die beiderlei Antimon-Baryte vorkommen, durch sein Aus- sehen auf Einwirkungen der Wärme hinweist, in der ganzen Um- gegend von Perneck häufig und reichlich Schwefelkies enthält und die Zersetzung desselben an mehreren Orten zu beobachten ist, so dürfte für diese Gegend die Annahme einer Entstehung durch Zer- setzung des Grauspiessglanzerzes nicht zu fern liegen. Bei dem einen Versuche, wo ich etwas gröber zerstossene Kohle anwandte, was ich überhaupt in der Absicht that, um das Zusammen- schmelzen des gepulverten Grauspiessglanzerzes zu verhindern, waren die im Innern befindlichen Kohlenstückchen mehr oder wenigen voll- kommen bei Erhaltung ihrer Textur verbrannt und die an ihre Stelle eingetretene Masse war lichtbraun und glänzend, schmolz auf dem Platinblech rasch zusammen und beschlug unter Entwickelung schwacher Dämpfe schweflicher Säure die Oberfläche des Bleches 59^ Keimgott. mit Autimourauch, bis sie mit Ausnahme eines sehr geringen braunen Rückstandes vollständig verflüchtigte. Dieser Vorgang zeigt, wie nach und nach eine organische Substanz durch Austausch der kleinsten Bestandtheile unter Beibehaltung der Gestalt sich in ein Mineral um- wandelt, wie wir es bei den Versteinerungen oft sehen. Bei einem anderen Versuche endlich hatten sich ausser den regulären glasglänzenden und den perlmutterartig glänzenden rhom- bischen Nadeln und Lamellen noch matte, scheinbar regelmäs- sige sechsseitige Tafeln mit geraden Randflächen gebildet, welche sich im Aussehen von den beiden anderen sehr unterschieden ; ihre Kleinheit und geringe Zahl Hess jedoch keine weitere Bestim- mung zu. Das Vorkommen des Antimonoxydes in zweierlei krystallinischen Bildungen und die Bildung einer glasigen Masse, wie ich dieselbe bei dem einen Versuche dargestellt sah, lässt somit einen gleichen dreifachen Zustand der beiden Substanzen, Antimonoxyd und arsenige Säure annehmen und diese bereits in Verbindungen mit basischen Stofi'en aufgefundene Analogie dürfte auch bei den geschwefelten Verbindungen derselben Metalle aufgefunden werden. Nachdem Hausmann, unter der Voraussetzung, dass die arsenige Säure nur eine Art krystallinischer Gestalten zeige, nämlich die des regulären Sytems , sich in einem Aufsatze , betitelt : Bemerkungen über arse- nige Säure, Realgar und Rauschgelb (Poggendorffs Annalen, Bd.LXXlX, Seite 308) dafür ausgesprochen hat, dass man neben der Arsenikblüthe eine neue Species, das Arsenikglas (amorphe arsenige Säure) aufstellen müsse, welche wesentlich von der Arsenik- blüthe als der krystallinischen arsenigen Säure verschieden sei, so muss man, da die krystallisirte arsenige Säure dimorph ist und ent- weder regulär oder rhombisch, analog dem oktaedrischen und pris- matischen Antimon-Baryt krystallisirt, nach der Mohs'schen syste- matischen Nomenklatur eine oktaedrische und prismatische Arsenik-Säure neben der unt heilbaren Arsenik-Säure aufstellen, von denen die erstere den, von W. Haidinger gegebe- nen Namen Arsenit, die zweite den von Hausmann gebrauchten Namen Arsenikblüthe und die letztere den von Hausmann vorgeschlagenen Namen Arsenikglas am zweckmässigsten führen kann. Bei dem Namen Arsenikblüthe ist nur zu berücksichtigen, dass er auch von W^ e r n e r für den Pharma kolith ^2 (Ca 0 -f- Mineralogische Untersuchungen. 1)93 + HO) + (4 HO + i4sa Ö5) gebraucht worden ist und man diesen bisweilen mit der arsenigen Säure verwechselt findet. Die Arsen ikblüthe, mit welchem Namen Hausmann bei seiner Trennung die krystalliniscbe arsenige Säure überhaupt bezeich- net, welcher aber passender nur für die prismatische Arseniksäure in Gebrauch bleiben dürfte, konunt nach Hausmann in der Natur gewöhnlieh als ein secundäres Gebilde aufGängen vor, welche Arse- nik und arsenikalische Erze führen und gehöre in ihren mehrsten Abänderungen zur krystallinischen arsenigen Säure; denn wenn gleich rein ausgebildete Krystalle (hiermit sind die regulären Oktaeder gemeint, welche der oktaedrischen Arsenik-Säure oder dem Arsenit zugehören) äusserst selten gefunden würden, so sei doch in dem blättrigen strahligen und haarförmigen Vorkommen (das ist die Mehr- zahl der prismatischen Arseniksäure oder Arsenikblüthe) die krystal- liniscbe Natur mehr oder weniger deutlich zu erkennen. Nur die schlackige Varietät, welche in der oberen Forste der Grube Katha- rina Neufang zu St. Andreasberg am Harz sich gefunden habe und vielleicht auch einige an anderen Orten sich findende stalaktitische Abänderungen dürften wohl zur amorphen arsenigen Säure gehören. Alle drei Species würden sonach als Minerale vorkommen, ihre Eigen- schaften aber sind nicht mit Sicherheit ermittelt. Die leichtere Lösbarkeit im Wasser und die bedeutendere Härte bieten nach Hausmann für das Arsenikglas, abgesehen von dem Mangel krystallinischer Bildung bestimmte Charaktere dar, um dasselbe als amorphe arsenige Säure von der krystallinischen arseni- gen Säure specifisch zu unterscheiden. Ausserdem ist das äussere Ansehen beider verschieden, und die physikalischen Merkmale abwei- chend. Die amorphe arsenige Säure, das Arsenikglas sei im fri- schen Zustande ein vollkommenes Glas, ausgezeichnet durch musch- ligen Bruch, Glasglanz und Durchsichtigkeit ; (Eigenschaften, welche an der in der Natur vorkommenden amorphen arsenigen Säure zwar nicht beobachtet worden sind, da die schlackige arseiHge Säure, wie Hausmann in seinem Handbuche der Mineralogie, zweiten Theiles ersten Band, Seite 307 angibt, einen in den Perlmutterglanz über- gehenden Fettglanz zeigt, durchscheinend milchweiss und weich ist, Unterschiede, die sich dennoch erklärlich finden lassen würden, für jetzt aber noch bestehen) und wie gewöhnlich zwischen amorphen und krystallinischen Modificationen einer Substanz Differenzen im 594 Kenngott. specifischen Gewichte und in der Härte sich bemerklich machen, so würden solche auch bei der arsenigen in ihrem verschiedenen Zu- stande wahrgenommen. Karsten habe das specifische Gewicht des Arsenikglases = 3,7026 gefunden (welches auch dem natürlich vorkommenden der untheilbaren Arsenik-Säure zukommen müsste), wogegen er das specifische Gewicht der oktaedrischen arsenigen Säure = 3,7202 gefunden habe (welches daher dem Arsenit oder der oktaedrischen Arsenik-Säure zukommen würde). Ein grösserer Unterschied zeige sich in Ansehung der Härtegrade, denn während die Härte des frischen Arsenikglases der des Kalkspathes gleichkomme (was aucb als Eigen- schaft des natürlichen zu gelten hätte und bei der bis jetzt als schlackiger unterschiedenen Abänderung beobachtet werden müsste), und dieselbe wohl noch etwas übertreffe, erhebe sich dagegen die Härte der krystallinischen arsenigen Säure in ausgebildeten Krystal- len kaum über die des Gypsspathes (was als Eigenschaft der oktae- drischen Arsenik -Säure zu gelten hätte) und erreiche in anderen Varietäten oft nur einen zwischen Steinsalz und Gypsspath liegenden Grad. Da hier nicht angegeben ist, in welchen Varietäten, so ist zu vermuthen, dass damit die krystallinischen Krusten mit stenglicher Absonderung gemeint sind, welche vielleicht der prismatischen Arse- nik-Säure zugehören. Eine sehr natürliche Folge ist es daher auch, wie Hausmann bemerkt, dass, da man die einzelnen gefundenen Eigenschaften der arsenigen Säure überhaupt, ohne Unterschied welcher, zuschrieb, in den verschiedenen Handbüchern der Mineralogie die Angaben Mäder- sprechend finden muss; es kann jedoch noch nicht, wie Hausmann am angeführten Orte glaubt, dieser Widerspruch nach der Trennung der arsenigen Säure in zwei verschiedene Species gelöst werden, son- dern es sind erst die wirklichen Eigenschaften an den drei zu unter- scheidenden Species , der oktaedrischen, prismatischen und untheil- baren Arsenik-Säure nachzuweisen, und dann darnach die verschiede- nen Angaben zu berichtigen. Namentlich sind es die Angaben über die Härte unil das specifische Gewicht, welche am meisten abweichen und einer erneuten Bestimmung bedürfen. Dazu dürften aber am ersten Exemplare dienen , welche auf künstlichem Wege diese Species dar- gestellt enthalten, da die natürlich vorkommenden dazu nicht geeignet sind, bis jetzt wenigstens sich nicht als geeignet erwiesen haben. Mineralogische Untersuchungen. 51)«) Hierzu kommt noch die merkwürdigste Eigenschaft der amorphen arsenigen Säure, welche aul" die Entscheidung üher die in der Natur vorkommende arsenige Säure sehr einflussreich und wichtig ist, dass sie ohne eine Mischungsänderung zu erfaliren und ohne den rigiden Znstand zu verlieren, sich allmählicii entglasct und dem Porzellan ähnlich wird. Die wasserhelle Masse wird weiss, die Durchsichtigkeit verschwindet, der Glasglanz wird schwächer und fast Wachsglanz, das specifische Gewicht wird niedriger, von 3,798 auf 3,529 nach Taylor, von 3,7385 auf 3,693 nach Guibourt, die Härte nimmt ab und die Masse wird endlich zerreiblich, im Bruche erdig und matt. Da diese Veränderung, wie Hausmann beobachtet hat, nur weniger Jahre bedarf, so ist es sehr erklärlich, dass das Arsenikglas selten als Mineral anzutreffen ist, indem es sich bereits umgewandelt vorfinden kann und daher als durchscheinende, weisse, wachsglän- zende Masse, oder bereits im zerreiblichen Zustande gefunden wird. An einem Stücke Arsenikglas beobachtete sogar Hausmann den deutlichen Übergang in der Art, dass die glasige Masse von der Oberfläche aus dünnstengliche Absonderung annahm und an der Oberfläche eine grosse Anzahl verschieden grosser, deutlicher, oktae- drischer Krystalle zeigte, wodurch das Vorkommen der arsenigen Säure inkrystallinischen Krusten mit stenglicher Absonderung erklärt und damit in Zusammenhang gebracht werden könnte. Mineralogische Untersuchungen , betreffend die Minerale Liehenerit, Brevicit, Quarz, Kryptolith, Pyrargyrit und Diaspor. Von Dr. A. Kenngott. Das von Leonhard Liebener in einem rothenr Feldspathpor- phyr an Vette di Viezena oberhalb Predazzo im Fl eimser thale aufgefundene Mineral, welches von Stotter als neu erkannt und von W. Hai ding er zu Ehren des Auffinders Liehenerit genannt wurde, ist zuerst von Joseph 0 eil acher (Zeitschrift des Ferdinan- deums 1844) und später von C. Mar ig na c untersucht worden. (v. Leonhards Jaiubuch 1849. 201.) 596 K einig Ott. Wegen der Ähnlichkeit mit dem Gieseckit mid Pinit im Aussehen und anderen Eigenschaften, und wegen der annähern- den Übereinstimmung in der chemischen Beschaffenheit hat man sich der Ansicht geneigt ausgesprochen , denselben wie diese für eine Pseudomorphose und zwar nach Nep heiin oder Cordierit zu halten. Da für die Sammlung der k. k. geologischen Reichs-Anstalt eine grössere Anzahl von Exemplaren dieses noch seltenen Minerals ange- kauft wurde, so erlaubte mir Herr Sectionsrath W. Haidinger dasselbe zu untersuchen, und ich fand die von Oellacher und Marignac angegebenen Eigenschaften im Wesentlichen überein- stimmend. Die Krystalle sind in Begleitung von wenig Schwefelkies meist einzeln und fest in einem rothen Feldspathporphyr eingewachsen, können jedoch mit einiger Vorsicht meist vollständig herausgelöst werden, da sie scharf begrenzt sind. Die Grundmasse des Porphyrs ist splittrig im Bruche , wenig glänzend bis matt und etwas weniger hart als die ähnlichen Porphyre; die eingewachsenen Feldspathkry- stalle sind frisch und glänzend auf den Spaltungsflächen, welche leicht zu erhalten sind. Die Liebeneritkrystalle stellen sechsseitige Prismen mit den Flächen des horizontalen Dyoeders dar , und sind jedenfalls in das hexagonale System zu zählen, da einerseits auf verschiedene Weise vorgenommene Messungen mit dem Hand- und Reflexionsgoniometer keine Unterschiede ergaben, andererseits die Ausdehnung der Flächen nicht auf das rhombische System schlies- sen lässt. Die Krystalle zeigten nämlich in der ungleichen Flächenaus- dehnung keine Neigung zu rhombischer Krystallisation, da die sechs Flächen entweder gleichmässig ausgedehnt sind oder bisweilen zwei parallele sich vorherrschender erweitert zeigen , oder auch drei ab- Avechselnde Flächen etwas grösser erscheinen als die drei anderen. Hieraus geht wohl unzweifelhaft hervor, dass die Krystalle die Com- bination eines hexagonalen Prisma mit dem hexagonalen Dyoeder darstellen, also entweder ooö. Z>oooo oder oo-D2.i>oooo. Spaltungsflächen parallel den Prismenflächen , wie sie von Oellacher angegeben worden sind, konnte ich mit ausreichender Gewissheit darüber nicht beobachten. Die Krystalle zeigten zwar, wenn man das Messer parallel den Prismenflächen aufsetzte, Spalt- Mineralogische Uiitersucliungen. 597 barkeit, wobei die erhaltenen Flächen matt waren, dasselbe Resul- tat wurde aber auch erzielt , wenn man die Schärfe des Messers ein wenig von der Riclitung' der Combinationskante abweichen Hess , so dass ich mich weder für eine Spaltbarkeit parallel denPrismenflächen, noch für Spaltbarkeit überhaupt aussprechen kann. Parallel den Dyoederflächen waren die Krystalle auch nicht spaltbar. Der Bruch ist uneben oder splittrig. Die Farbe ist verschieden , indem sie vom lichten Apfelgrün bis ins Schwärzlichgrüne übergeht, was mit der licht fleischrothen bis bräunlichrothen Farbe des Feldspathporphyrs im Zusammenhange steht. Der Glanz ist auf den Krystallflächen schwach und M^achsartig, auf den scheinbaren Spaltungs- und auf den Bruchfläciien noch schwächer, indem dieselben nur schimmern oder matt sind. Die Durchsichtigkeit ist gering und wechselnd, die Krystalle sind bisweilen in ihrer ganzen Masse schwach durchscheinend , ge- wöhnlich aber undurchsichtig und nur an den scharfen Kanten durch- scheinend. Die Härte gleicht der des Kalkspathes, bisweilen ist sie ein wenig darunter oder darüber. Wenig milde. Ziemlich leicht zer- sprengbar. Strichpulver weiss oder grünlich - oder graulich- weiss. Sp. G. = 2,795. Dasselbe wurde an ganz reinen Krystallen von lichter Farbe bestimmt, was mit den Angaben Oellacher's (2,799) und C. Marignac's (2,814) übereinstimmt. Vor dem Löthrohre ist der Liebenerit sehr schwer schmelzbar und nur in dünnen Splittern sich abrundend; dabei wird er weiss. Das Pulver im Glasrohre geglüht , gibt geringen Beschlag von Wasser an den Wänden, welches sich vollkommen indifferent verhält. Mit Borax und Phosphorsalz ist er schmelzbar zu einem klaren , bla- senfreien "wasserhellen Glase, welches nur heiss Eisenreaction zeigt mit Phosphorsalz ein deutliches Kieselskelet abgeschieden enthält. Mit Soda verschmilzt er nicht vollständig zu einem graulichweissen Glase. In Salzsäure ist das Pulver langsam löslich und die Lösung enthält pulverförmige Kieselsäure , durch Erwärmen schneller, wobei die Kieselsäure gallertartig sich abscheidet. Nach den Analysen Oellacher's (1. und 2.) und Marigna c's (3. und 4.) enthält der Liebenerit: 598 K e n n 1 y 0 1 1. 1. 3. 3. 4. Kieselsäure . 49,60 45,13 44,19 44,76 Thonerde . . 30,46 36,50 36,77 36,34 Eisenoxyd . . 2,61 2,63 1,71 1.83 Talkerde . . 0,59 0,T5 1,39 1,27 Kali . . . . 8,63 8,07 9,79 10,00 Natron . . 0,94 0,420 1,00 0.84 Wasser . . 4,86 4,70 5,15 4,96 Kalkerde . 2,10 ,0,81 — — Litliion . . 0,12 — — — 99,91 99,01 100,00 100,00 Oellacher hält die unter 1, angeführte Analyse für die rich- tigere , weil ihm die Proben , welche zur zweiten gedient hatten, weniger rein erschienen; vergleicht man aber die beiden Mari- gnac's damit, so stimmen dieselben besser mit der zweiten, ein Umstand, der bemerkenswerth erscheint und die zweite nicht so verdächtig erscheinen lässt, da man wohl nicht gut annehmen kann, dass Marignac mit gleichfalls verunreinigtem Materiale gearbeitet habe und ein so nahe übereinstimmendes Resultat erzielte. Oellacher hält ferner die Bestandtheile Natron, Lithion, Eisen- oxyd , Kalkerde und Talkerde , deren Summe in der ersten Analyse 6,36 Procent, in der zweiten Analyse 4,61 Procent beträgt für zu- fällig beigemengt und nicht zur Zusammensetzung des Liebenerits gehörig und bringt einen Kieselsäuregehalt = 7,47 Procent für sie in Abrechnung , um eine Formel zu bilden. Dass dieses Verfahren nicht richtig sein kann , versteht sich von selbst und steht im Wider- spruche mit der Ansicht über die zweite Analyse und mit dem Vor- kommen des Liebenerits. Der Liebenerit ist in dem Feldspath ein- gewachsen und keine anderweitigen Minerale sind zu bemerken; wie könnte man es rechtfertigen, 13,83 Procent als Beimengung abzu- rechnen, welche als neutrales Silikat von Natron, Lithion, Eisen- oxyd , Kalkerde und Talkerde betrachtet werden . wo man höchstens an eine Beimengung von Feldspath denken kann? wozu noch kömmt, dass der Gehalt an Kalkerde 2,10 Procent, und an Eisenoxyd 2,61 Procent nicht in solchem Maasse zum Feldspath gehört, die Annahme neutraler Silikate aber gar keinen Grund hat. Mögen wir den Liebe- ') Lithionhaltiges Natron. Mineralogisdie Untersutluingen. Oi)9 nerlt betrachton, Mie wir wollen, und von der Genauigkeit bei bei- den An;ilysen vollständig überzeugt sein , so werden Avir viel besser daran tbun, Alles, was Oellacber gefunden bat, als dem Liebe- nerit zugebörig zu betracbten, und es bätte weniger Bedenken erregt, wenn Oellacber etwas Feldspatbsubstanz in Abreebnung gebraebt bätte. Dass unter solcben Umständen aucb die von Oellacber auf- gestellte Formel , welcbe sieb nacb dem nicbt gerecbtfertigten Ab- züge von 13,83 Procent Beimengung bei einer für ricbtig angese- henen Analyse mit befriedigender Übereinstimmung der durch die Analyse gefundenen Werthe ergibt, 3 AL O3 , 3 Äi O3 + äO . 2 Si Os + S HO nicht als die richtige angesehen werden kann , ist leicht ersichtlich, da sie nur auf einer Annahme beruht, welche durch die Thatsache, dass die zweite Analyse, als die weniger richtige, jedoch mit Ma- rignac's Analysen besser stimmende, weniger derartige Beimen- gung enthält, sich von selbst aufhebt. Marignac dagegen bat die Formel 3 RO , 2 Si Os -\- ß Al^ O3 , 6 Si Os -|-5 HO aufgestellt, wobei das mit Sauerstoff ver- bundene Eisen als Eisenoxydul in Berechnung gebracht worden ist, während es in der Analyse als Oxyd angegeben wurde. Dies thut keinen Eintrag, da man wohl voraussetzen kann, dass die niedrigere Oxydationsstufe vorbanden gewesen sei. Die Hauptfrage bleibt aber, ob wir diese Verbindung, wie obige Formel sie angibt, als die richtige annehmen können, oder ob das Mineral eine Pseudomorphose darstelle, wie der ihm ähnliche Pinit und Gieseckit. Diese Frage kann mit Sicher- heit dahin entschieden werden, dass der Liebenerit eine Pseudomor- phose bildet, weil die Krystalle keine deutlichen Spaltungsflächen nachweisen lassen, und die Art und Weise , wie dieselben im gerin- gen Maasse auftreten, auf einen Umwandlungsprocess hindeuten, wie namentlich an einem Krystalle recht schön zu sehen war, wo zwei Durchgangsflächen parallel zwei Prismenflächen sich durch das Aus- brechen aus dem Grundgestein von selbst darlegten, welche mehr den Charakter einer schaligen Absonderung an sich trugen, "und bei ziemlich deutlichem Wachsglanz doch einen gewissen Grad von Un- ebenheit zeigten, den man an chemisch angegrifl'enen Flächen beob- achtet, wie z.B. bei dem Gigantolith. Hierzu kommt der Wechsel der Farbe und der Durchsichtigkeit , indem die licht apfelgrüne Färbung 600 Kenngott. in demselben Grade in ein schwärzliches Grün übergeht, wie der umgebende Feldspath von roth in braun abändert, und die Durch- sichtigkeit abnimmt ; ferner das Verhalten vor dem Löthrohre, welches von dem derjenigen Minerale bedeutend abweicht, welche Basen der Form RO neben Thonerde, Kieselsäure und Wasser in ursprünglicher Verbindung enthalten, und nur mit denen Ähnlichkeit zeigt, welche auch als Pseudomorphosen angesehen werden oder werden müssen, wie der Gieseckit, Pinit, Agalmatolith, Esmarkit, Rosit, Praseolith, Chloritoid und andere. Endlich ist auch eine ur- sprüngliche derartige Zusammensetzung nicht in einem Minerale zu erwarten, welches einen Gemengtheil eines Feldspathporphyrs neben Feldspathkrystallen bildet. Wenn demnach die in dem Liebenerit gefundenen Bestandtheile als ursprüngliche nicht anzunehmen sind, sondern man ein Doppel- salz einer Verbindung der allgemeinen Form x RO , ySiO^ -\-z R2 O3 , tSi O3 voraussetzen muss , welches durch den Einfluss der Gebirgsfeuchtigkeit eine theilweise Zersetzung erfahren hat , wie der begleitende Feldspath, an dem man auch die unverkennbaren Spuren der eingetretenen Veränderung, namentlich an dem dichten wahrnimmt, und in welchem gleichfalls durch Glühen ein geringer Wassergehalt nachgewiesen wurde, durch welche Einwirkung auf die ursprüngliche Verbindung der Wassergehalt zu erklären ist, so wäre nur zu entscheiden, ob man den Liebenerit als eine Pseudo- morphose nach Nep heiin oder Cordierit anzusehen habe, mit deren Gestalten er Ähnlichkeit hat. Was den Cordierit betrifft, so ist bereits die oben mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesene Annahme einer hexagonalen Kry- stallisation dagegen , Avenn auch die Krystalle des Cordierits durch die Combination 00 O.oo Oob.Ooooo gleiche Gestalten bil- den können, da die Flächenausdehnung nicht dafür spricht. Ausser- dem ist auch die Zusammensetzung des Cordierits von der Art, dass man in dem vorliegenden Falle wenigstens nicht ihn als ursprüng- liches Substrat annehmen kann. Der Cordierit nämlich enthält, wie die Analysen desselben von den verschiedensten Fundorten, von Kragerön in Norwegen, von Simiutak in Grönland, von Orrijerfvi in Finnland, von Bodenmais in Baiern u. s. w. nachweisen, wesentlich Kieselsäure, Thon- und Talkerde in dem Verhältnisse, dass er durch die Formel ZMg O , 2 St O3 + 3 Ah O3 , 3 Si O3 Mineralogische Untersuchungen. 601 auszudrücken ist, wobei die Thonerde durch geringe Mengen von Eisenoxyd, die Talkerde durch geringe Mengen Eisen- und Mangan- oxydul und Kalkerde vertreten wird. Wollte man nun annehmen, dass der Liebenerit eine Pseudomorphose desselben sei, so müsste durch den Einfluss des Wassers weit über die Hälfte der Talkerde und ein Theil der Kieselsäure weggeführt worden sein , und eine bedeutende Menge Kali müsste noch in dem Reste die Talkerde er- setzt haben. Der Cordierit enthält, wenn wir der Vergleichung wegen die Mischungsgewichte doppelt nehmen, 6 MG. Talkerde, 6 MG. Thonerde, 10 MG. Kieselsäure der Liebenerit dagegen 3 MG. Kali, 6 MG. Thonerde, 8 MG. Kieselsäure, 5 MG. Wasser, wobei neben dem Kali als stellvertretend nur wenig Talkerde angetroffen worden ist. Der bedeutende Unterschied, der vorzüglich die Basen RO be- trifft, könnte nur dadurch erklärt werden , dass die Gebirgsfeuch- tigkeit in viel grösserem Maasse den den Liebenerit dicht umschlies- senden Feldspath zersetzt habe, und dass das aus demselben ausge- führte Kali von dem veränderten Cordierit nach Verlust fast seines ganzen Talkerdegehaltes aufgenommen worden sei. Dagegen aber spricht ganz und gar die Beschaffenheit des Feldspathporphyrs, der durch die Gebirgsfeuchtigkeit sehr wenig verändert worden ist. Es hätten dann auch die Liebeneritkrystalle nicht mehr das frische Aussehen, den noch bedeutenden Grad von Durchscheinheit und die scharf ausgebildeten Formen , Eigenschaften , welche deutlich dar- auf hinweisen, dass die Zersetzung noch nicht weit vorgeschritten ist. Ganz dasselbe gilt auch von der Annahme , dass die Liebenerit- krystalle ursprünglich Nephelin gewesen sind, in welchem ein so grosser Verlust an Talkerde nothwendig zerstörender eingewirkt haben müsste , und dessen Vorkommen meist von dem des Lie- benerits verschieden ist. Wir dürfen jedenfalls annehmen , dass das Mineral , durch des- sen beginnende Zersetzung der Liebenerit gebildet worden ist, ein uns zur Zeit noch unbekanntes sei, welches die Basen R O und die Thonerde in einem anderen Verhältnisse entbalten hat, als sie uns durch Cordierit und Nephelin geboten werden. Vergleichen wir noch am Schlüsse mit demLiebenerit den Gi e- seckit Sowerby's von Akulliarasiarsuk in Grönland, so zeigt es Sifzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 40 602 Kenngott. sich, dass dieses Mineral nicht allein in der Art des Vorkommens, sondern auch in den Gestalts- und physikalischen Eigenschaften, so wie in der chemischen Beschaffenheit dem Liebenerit am nächsten kommt, und wahrscheinlich eine Pseudomorphose derselben Species ist, aus welcher der Liebenerit entstand, nur wie das Aussehen zeigt, in einem etM^as weiter vorgeschrittenen Zustande der bereits eingetretenen chemischen Veränderung. Der Gieseckit zeigt ganz dieselben Gestalten, welche dem Lie- benerit eigen sind , dagegen ist die Spaltbarkeit noch unkenntlicher, während der Bruch mit dem des Liebenerits übereinstimmt. Die Farbe ist graulichgrün bis bräunlichgrün, wie die der weniger frischen Exemplare des Liebenerits, der Glanz ist derselbe wachsartige auf den Krystallflächen und kaum im Bruche wahrnehm- bar, und die Krystalle sind an den Kanten durchscheinend. Die Härte ist Kalkspathhärte mit sehr geringen Abweichungen , der Strich ist graulichweiss , die Masse wenig milde und ziemlich leicht zer- sprengbar. Das specifische Gewicht fand ich= 2,793. Das Verhalten vor dem Löthrohre und gegen Salzsäure ist ganz dasselbe, wie das des Liebenerits, mit dem Unterschiede, dass der Gieseckit ein wenig leichter schmelzbar ist. Das Mineral wurde von Stromeyer (1) und Pfaff (2) analy- sirt und enthält nach denselben 1. 2. Kieselsäure . 46,0798 48,0 Xhonerde 33,8280 32,5 Talkerde . . . 1,2031 1,5 Eisenoxydoxydiil . 3,3587 — Eisenoxyd . . — 4,0 Manganoxyd . . 1,1556 — Kali . . . . 6,2007 6,5 Wasser . . . 4,8860 5,5 96,7119 98,0 Die Vergleichung mit den Bestandtheilen des Liebenerits zeigt, was auch das äussere Aussehen der Gieseckitkrystalle bekundet, dass die Pseudomorphose im weiteren Fortschritte begriffen ist, wodurch der Gehalt an basischen Stoffen, vermöge der auflösenden Kraft der Gebirgsfeuchtigkeit und der erfolgenden Entführung derselben, etwas geringer ist. Bei beiden würde es zwecklos sein, eine Formel für die Mineralogische Untei-suchungen. 603 Zusammensetzung aus den Resultaten der Analysen zu berechnen, weil Pseudoniorphosen während des Verlaufes ihres Umwandlungs- processes keine feste Verbindung zeigen können , und es wäre nur dann möglieh, den Grad der Veränderung und die gebildeten Pro- ducte innerhalb der pseudoniorphosen Substanz durch Rechnung zu bestimmen, wenn Avir das ursprüngliche Mineral kennen möchten, wozu , wie die Beschaffenheit der Liebeneritkrystalle schliessen lässt, am ersten an dem Fundorte des Liebenerits sich die Aussicht eröffnen dürfte. Mit dem Pin it endlich kann der Liebenerit nicht zusammen- gestellt werden, wenn auch der Kaligehalt und die übrigen Bestand- theile der Art nach gleich sind, weil die Krystallgestalten des Pinits, wie W. H a i d i n g e r in seiner überaus lehrreichen Abhandlung über den Cordierit bewiesen hat, unzweifelhaft rhombische sind, und selbst schon weit in ihrer Pseudoniorphose vorgeschrittene Indivi- duen noch die Anwesenheit des Cordierits nachweisen lassen, wovon in der grossen Suite der zur Untersuchung vorliegenden Liebenerite nicht die Spur zu sehen war. Bisweilen ist nur perlmutterglänzender weisser Glimmer in zarten Blättchen in den Liebeneritkrystallen ein- gelagert, ein Beweis, dass durch die fortschreitende Pseudomorphose auch eine Glimmerbildung eintritt, wie bei dem Pinit, Gigantolith, Chloritoid, Esmarkit und anderen. über den Brevicit und sein Verhältniss zum Natrolith. Zwei schöne Krystalle des Brevicit s von Brevig in Norwegen, welche vor kurzem für die Sammlungen des k. k. Hof- Mineralien-Cabinetes angekauft wurden, verschaffen mir Gelegen- heit, die Krystallformen dieses für eine eigene Species ausge- gebenen Minerales zu bestimmen und seine übrigen Eigenschaften zu untersuchen. Die Krystalle bildeten ein verticales rhombisches Prisma von 90" 54' und 89" 6', die beiderlei Kanten sind schwach und gerade abgestumpft durch die Flächen der beiden verticalen Dyoeder, die stumpfen etwas mehr als die scharfen. Die Prismenflächen waren durch unterbrochene Krystallisation gestreift und nicht vollkommen eben, und nahmen nebenbei gegen das Ende an Dicke ein wenig zu ; 40 * 604 Kenngott. es gelang mir aber ein kleines hervorspringendes Prisma zu trennen, dessen kleine Flächen glatt und stark glänzend waren, und Avoran ich die angegebenen Winkel fand. Am Ende waren die Prismen vier- flächig durch die Flächen eines stumpfen rhombischen Oktaeders (Orthotyp, Mobs) zugespitzt, und an dem einen waren zwei gegen- überliegende Oktaederflächen vorherrschend ausgedehnt, wodurch sie eine breite Kante bildeten und so zur Bestimmung des Seiten- kantenwinkels sehr gut dienten, welcher weniger genau durch den Combinationskantenwinkel des Oktaeders mit dem Prisma aus dem angeführten Grunde bestimmt werden konnte. Gefunden wurde der stumpfe Endkantenwinkel -^ 143** 26', der weniger stumpfe Endkan- tenwinkel = 142*' 49', der Neigungswinkel der beiden in der Endecke gegenüberliegenden Oktaederflächen, oder der durch ihre herrschende Ausdehnung gebildeten Kante = 126" 5S', der Neigungswinkel der Oktaederflächen zu den Prismenflächen 116" 20' bis 116" 29'. Die Combination führt das Zeichen ooO . ooOöö . ooOoo . O. Berechnet man aus den Kantenwinkeln des Prisma und dem Neigungswinkel der beiden gegenüber liegenden Oktaederflächen in der Endecke die Kantenwinkel des rhombischen Oktaeders 0, so sind dieselben = 143" 27' 44'; 142« 51' 46" und 53" 5' 0". Diese Winkel stimmen so gut mit den von W. Haidinger am Natrolith gefundenen üborein, dass man in Bezug auf die Gestalt den Brevicit zum Natrolith zu zählen berechtigt ist. W\ Haidinger nämlich fand die Kantenwinkel des rhombischen Oktaeders am Natrolith = 143" 20'; 142" 40' und 53» 20', die Kantenwinkel des rhombischen Prisma = 91" und 89". Ausser der Gestalt stimmen aber auch die übrigen Eigenschaf- ten mit denen des Natroliths zusammen. Die Spaltbarkeit ist voll- kommen, die Theilungsflächen sind parallel den Flächen des rhom- bischen Prisma. Die Krystalle sind weiss bis Masserhell , durchschei- nend bis durchsichtig, haben starken Glasglanz auf den Krystall- flächen, perlmutterartigen Glasglanz auf den Spaltungsfläehen , und sind schimmernd bis wenig glänzend auf den Flächen des unebenen Bruches. Die Härte ist ein wenig über der des Apatites und das Strichpulver schneeweiss. Spröde. Specifisches Gewicht des einen kleineren Krystalles = 2,258 , des anderen grösseren =2,254. Die geringe DilTerenz ist daraus zu erklären, dass der grössere Krystall durch die unterbrochene Krystallisation auf der einen Seite einen in Mineralogische Untersuchungen. 605 das Innere liineing'ehenden und zum Theil verdeckten hohlen Raum entliält, wodurch die eingeschlossene Luft denselben etwas leichter erscheinen lässt. Vor dem Löthrohre ist der Brevicit ruhig und leicht für sich 7a\ einem klaren v.asserhellen Glase schmelzbar, gibt mit Borax eine Masserhelle klare Perle, dessgleichen mit Phosphor- salz unter Bildung eines Kieselskelets. In Salzsäure ist er vollkom- men löslich und bildet eine Kieselgallerte. Er enthält bekanntlich nach Sonden; 43,88 Kieselsäure 28,39 Thonerde 10,32 Natron 6,88 Kalkerde 0,21 Talkerde 9,63 Wasser ^973~r Die Berechnung ergibt hiernach 1,72 Mischungsgevvichte Kieselsäure 1,00 „ „ Thonerde 1,07 „ „ Natron, Kalkerde und Talkerde 1.94 „ „ Wasser, woraus man im Vergleiche mit dem Natrolith , ungeachtet der etwas geringeren Menge Kieselsäure die Formel (Na O, Ca 0) Al^ 0,^2 HO, 2 Si O3 aufstellen kann, welche mit der des Natroliths Na O ,Al^ Os + 2 HO , 2 Si O3 übereinstimmt und neben dem Natron eine geringe Menge stellver- tretender Kalkerde nachweist. Aus Allem geht hervor , dass das als eigene Species aufgestellte Mineral von Brevig in Norwegen, welches nach dem Fundorte den NamenBrevicit erhalten hat, nichts weiter als eine k alker d eh al- tige Abänderung desNathroliths ist und die fernere Tren- nung derselben vom Natrolith sich als überflüssig ergibt. Notiz Über ein eigenthümliches Vorkommen des Quarzes. In den Sammlungen des k. k. Hof- Mineralien-Cabinets befindet sich ein gemeiner Quarz aus Ägypten, welcher durch seine eigenthümliche Gestaltung Beachtung verdient, indem dieselbe auf 606 Kenngott. eine Bildung durch Absatz aus Wasser in gewisser Analogie mit dem Erbsensteine hinweist, mit dem Unterschiede, dass hier keine schalige Bildung zu sehen ist, sondern Krystallisation während der Bildung. Das ganze Stück, von dem hier etwa die Hälfte sich befindet, stellte, von aussen betrachtet, ein unregelniässig gestaltetes Stück von etwa 5 — 7 Zoll im Durchmesser dar. Die Aussenfläche ist bräun- lichgelb, matt, rauh und mit warzen- oder nierenförmigen oder trau- bigen Erhöhungen versehen. Das Innere zeigt , da das ursprünglich ganze Stück zerschlagen worden ist, ein Aggregat von Kugeln im Durchmesser von 1 % — 3 Linien im Durchmesser, welche von der Mitte gegen die Aussenfläche zu dichter gedrängt und durch Quarzmasse zusammengekittet sind. Die im Innern liegenden Kugeln sind nicht so dicht gedrängt mit einander verwachsen, wie die mehr nach aussen liegenden und haben weniger Bindemittel zwischen einander , wodurch ihre Aussenflächen theils frei und leere Räume zwischen den Kugeln sichtbar sind. Gegen die Aussenfläche der ganzen Masse werden sie kleiner und unterscheiden sich, wie die innen liegenden durch ihre Färbung, indem sie mehr weiss sind, während das Bindemittel durch Eisenoxyd in Verbindung mit Wasser gelb oder braun gefärbt ist. Die einzelnen Kugeln sind durch lineare, radialgestellte Krystalloide gebildet, deren Enden an den freigelas- senen Flächen die Dihexaederflächen zeigen. Die Krystalloide selbst waren um einen Mittelpunkt oder richtiger gesagt um einen kleinen in der Mitte gelegenen Kern gruppirt, welcher bei den zufälliger- weise durch das Zerschlagen zertheilten Kugeln nicht mehr zu sehen ist, indem sie in der Mitte eine kleine Höhlung mit rauher Fläche zeigen , in welcher ein weissliches Pulver an den Wänden anliegt. Bisweilen sind zwei oder drei Kugeln während der Gestaltung mit einander vereint worden, wie die nahe liegenden Mittelräume nach- weisen. Die mehr nach aussen liegenden Kugeln lassen nicht mehr so deutlich die stengelig krystalliniscbe Bildung erkennen, sondern erscheinen dichter, ihr Umkreis aber ist deutlich zu unterscheiden. Diese in ihrer Art und ihrem Aussehen eigenthümliche Bildung lässt sich dadurch erklären, dass in einem kieselsäurehaltigen Fluidum sich um irgend Avelche gegebene Mittelkerne viele dergleichen Kugeln bildeten , dass dieselben niederfielen und mit einander durch ein quarziges Bindemittel verkittet wurden, welches nach und nach Mineralogische Untersuchungen. 607 das Ganze zu einer grossen Masse umsehloss, wie Avir es in ähn- licher Weise bei dem Erbsenstein finden, bei welchem sieh aber die Kalktheilchcn sehalig um die gegebenen Mitteikerne anlegen. Der L'ntersciiied in der Färbung der Kugeln und des Bindemittels zeigt auch, wie durch die Krystallisation der in dem Fluidum ent- haltenen Kieselsäure die färbenden erdigen Bestandtheile ausge- schlossen wurden, welche das Bindemittel in grösserer Masse enthält. Inmitten der Kugeln liegt auch ein einzelner grösserer, aber immer verhältnissmässig kleiner Krystall, Avelcher sich neben den Kugeln gestaltete und mit ihnen verkittet wurde. Die Aussentläche des ganzen Stückes zeigt durch ihre Beschaf- fenheit, dass dasselbe ganz aus dergleichen sphärischen Gebilden besteht und später als Geschiebe längere Zeit im Wasser herumge- schoben worden ist, wodurch wohl die freien Enden der Krystalloide abgerundet wurden, die Spur der Aggregation aber nicht verwischt worden ist. Notiz über ein dem Kryptolith ähnliches Vorkonmien In Krystallen des Apatits. In einem graulich weissen bis wasserhellen Krystalle des Apatits, welcher wahrscheinlich aus Tyrol stammt, bemerkte ich kleine, weingelbe, glänzende Kryställchen parallel der Haupt- axe eingelagert und ich glaubte, diese Erscheinung nicht unbe- rührt lassen zu können, da das Vorkommen des von Wo hl er im Apatit von Arendal entdeckten Kryptoliths ein ähnliches ist, so dass wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit der Schluss erlaubt sein dürfte, dass die in dem erwähnten Krystalle eingelagerten Kryställ- chen mit dem Kryptolith in Zusammenhang gebracht werden könnten, wenn auch freilich keine nähere Untersuchung mit diesem einzelnen Krystalle vorgenommen werden konnte, um die Übereinstimmung zu beweisen. Es möge daher diese Notiz nur dazu beitragen, die Aufmerksamkeit anderer Mineralogen auf diesen Umstand hinzulen- ken, wodurch etwas Ähnliches in anderen Apatitkrystallen zu ent- decken sein dürfte. Das bemerkenswerthe Vorkommen des Kryptoliths in dem derben Apatit von Arendal lässt sich aus der übereinstimmenden Zusammensetzung erklären, da man zufolge der von Wo hl er ange- 608 Kenngott. stellten Analyse den Kryptolith als einen Cerapatit anzusehen hat. Wo hier nämlich fand darin als Bestandtheile 73,70 Ceroxyd 1,51 Eisenoxyd 27,37 Phosphorsäure 102,58 Hiernach verhalten sich die Mischungsgewichte von Ceroxyd und Eisenoxj'd zusammen zu den Mischungsgewichten der Phosphorsäure wie 6,403 : 3,801 oder, da man jedenfalls mit Wahrscheinlich- keit annehmen kann , dass nicht Ceroxyd und Eisenoxyd , sondern Ceroxydul und Eisenoxydul in dem Minerale enthalten sind, die Mischungsgewichte von Ceroxydul und Eisenoxydul zusammen zu den Mischungsgewichten der Phosphorsäure wie 12,803 : 3,801 oder 10,104:3,000. Dies ist aber das Verhältniss, welches wir in den Apati- ten finden, sobald wir nicht, wie gewöhnlich zu geschehen pflegt, bei dem wechselnden Gehalte an Fluor und Chlor, die Zusammensetzung des Apatits durch die feste Formel Ca (F, Cl) -|- 3[3Ca O , P. O5] ausdrücken, sondern wie es die verschiedenen Analysen der Apatite und anderer Fluor oder Chlor neben Sauerstoff enthaltender Mine- rale angeben, die Zusammensetzung des Apatits durch die Formel 10 Ca (O, F,Cl)Z P3 O5 ausdrücken. Die Reduction der angegebenen Mengen Ceroxyd und Eisen- oxyd ergibt als Gehalt des Kryptoliths 68,7621 Ceroxydul 1,3588 Eisenoxydul , 27,37 Phosphorsäure ~97,4909 und es ist daraus zu ersehen, dass sicher ein Theil des Sauerstoffes durch Fluor und Chlor vertreten gewesen ist, Avelches bei der Analyse nicht bestimmt wurde. Über eine bemerkenswerthe Krystallisation des Pyrargyrits. Obgleich diejenigen Beispiele nicht selten sind , an denen bei Mineralien eigenthümliche Arten der Verwachsung von Krystallen wahrgenommen werden können, erschien mir die näher anzugebende des Pj^rargyrits so bemerkenswerth, dass ich sie zur allgemeinen Kenntniss zu bringen nicht unterlassen kann. Ein Exemplar nämlich Mineralogische Untersuchungen. 609 des dunkeln Ro thgil tiger zes oder des Pyrargyrits (der rhomboedr ischen Rubinblende nach Mohs) von Joachims- thal in Böhmen in den Sammlungen des k. k. Hof-Mineralien- Cabinetes befindlich zeigte Krystalle von zweierlei Gestalten so verwachsen, Avie die beifolgende Figur 1 , sie angibt. Krystalle von der Gestalt des hexa- gonalen Prisma der Nebenreihe verbunden mit dem hexagonalen Dyoeder erschienen von Krystallen desselben Minerals in Ge- stalt spitzer Skalenoeder mit den Flächen eines stumpfen Rhomboeders, welche an dem Skalenoeder eine dreiflächige Zuspit- zung der Endecken bildeten, die Zuspit- zungsflächen gerade auf die schärferen Endkanten aufgesetzt, in der Art durchwachsen, dass sie die Haupt- axe gemeinschaftlich haben, die Flächen des Skalenoeders mit den Flächen des hexagonalen Prismas correspondiren, dessgleichen auch die Endkanten des Skalenoeders mit den Kanten des Prismas und dass die gleichsam hineingesteckten Skale- noeder mit ihren Enden herausragen , wie die Figur 1 angibt. Die Flächen des hexagonalen Dyoeders waren uneben oder rauh, die übrigen Flächen aber glatt und wenig glänzend. Die Intersec- tionslinien, welche das Skalenoeder mit dem hexagonalen Dyoeder bildet, sind durch Fig. 2 ausgedrückt. Die Krystalle liefern somit den interessanten Fall einer unterbrochenen Krystallisation , ohne dass die Flächen, mit Ausnahme der Dyoederflächen dadurch in ihrer Ausbildung gestört worden sind, und dass dieselbe sich vielmehr durch die Bildung neuer Formen äusserte. Die beschriebenen Krystalle waren auf- und verwachsen mit einer metallischen mehr grauen als speisgelben Masse, welche auf ihrer ganzen Obei fläche ausgebildete Krystalle zeigte. Dieselben bildeten die Combination eines hexagonalen Prisma der Hauptreihe mit einem stumpfen Dihexaeder derselben Reihe, hatten aber rauhe Flächen , weil sie , wie die ganze derbe Masse in einem beginnen- 610 Kenngott. den Zustande der Zersetzung waren. Das ganze Stück überhaupt zeigte die Spuren einer beginnenden Zerstörung, die wie es schien, durch eine äussere spätere Ursache hervorgerufen wurde, als bereits das Stück zum Formatstücke gebildet worden war. Man hatte, wie aus dem Catalog zu ersehen war, diese Masse für Leberkies gehalten, womit aber die Krystallgestalten keineswegs übereinstimm- ten, da sie deutlich die oben angegebene Combination zeigten. Ich untersuchte daher die derbe Masse und die Krystalle, da ich auch einen Nickelgehalt, wegen vorhandenen grünen Beschlages ver- muthete, und fand beide vollkommen übereinstimmend und zufolge des Verhaltens vor dem Löthrohre für sich, mit Borax und Salpeter und zufolge der Untersuchung auf nassem Wege aus Schwefeleisen bestehend. Hieraus geht, wenn man damit die angegebenen Krystall- formen in Verbindung bringt, unzweifelhaft hervor, dass sowohl die derbe Masse als auch die Krystalle Mag neteisen kies oder Pyrr hotin sind. Über die Krystallformen des Dlaspors. Nachdem die schönen Krystalle des Dlaspors (eutomen Disthen-Spathes, Mobs) von Schemnitz in Ungern in ihren Gestalts- und optischen Eigenschaften von W. Hai ding er bestimmt worden waren, mussten die früheren Angaben über die Krystallisation dieser Species von Mra m or skoi am Ural umso aulTallender sein, weil nach ihnen der Unterschied bedeutend genug erscheint, dass man sogar an einen Dimorphismus gedacht hat und zwei verschiedene Species vor sich zu haben glaubte. Die in den Sammlungen des k. k. Hof-Mineralien-Cabinetes vorhandenen Exem- plare dieser seltenen Species von dem Fundorte Mramorskoi bei Gornoschit unweit Katharinenburg am Ural (oder von Kassoibrod bei Polewskoi, wie es gewöhnlich in den Angaben der Etiquetten lautet) gaben mir Gelegenheit zu Bestimmungen der Gestalten, welche dazu dienen, die vorhandenen Widersprüche aufzuklären. Der Diaspor vom Ural , welcher übereinstimmend mit der Beschreibung G. Bose's (Reise nach dem Ural u.s.w. Band I, 249) meist blättrige oder stengligblättrige Massen bildet, bei denen zuweilen durch die wechselnde Lage der Blätter bohle Räume gebildet werden, enthält, wie G.Rose auch beobachtet hat, in Mineralogische Untersuchungen. 611 diesen Räumen dünne tafelartige Krystalle, "welche von G, Rose in der Weise beschrieben wurden, dass sie vierseitige rhomboidische Prismen mit Winkeln von 820 |,nd 98" bilden, welche an den scharfen Seitenkanten stark und so abgestumpft sind, dass die Ab- stumpfungstlächen mit der einen Fläche des vierseitigen Prisma einen Winkel von 134", mit der anderen einen Winkel von 128" bildet. An den Enden sind sie von einer schiefen Endfläche be- grenzt, die auf der Abstumpfungsfläche der scharfen Seitenkanten schief aufgesetzt ist. Die Flächen des vierseitigen Prisma sind nur sehr schmal , die Abstumpfungstlächen der scharfen Seitenkanten dagegen breit, wodurch die Krystalle ein tafelartiges Aussehen erlangen. Nur die letztere Fläche ist glatt, die ersteren parallel den Kanten , die sie untereinander bilden, gestreift, wesshalb bei der Kleinheit derselben die Winkel nur annähernd bestimmt werden konnten. Die Winkel der Endflächen konnten selbst nicht einmal auf diese Weise gemessen werden. Parallel der Abstumpfungsfläche der scharfen Seitenkanten sind die Krystalle vollkommen spalt- bar, unvollkommen dagegen parallel den Abstumpfungsflächen der stumpfen Seitenkanten; auch finden sich Spuren von Spaltungs- flächen parallel einer Endfläche, die vermuthlich dieselbe ist, die auch als Krystallfläche vorkommt. So weit bestimmte G. Rose die Krystallformen und die Bestimmung steht offenbar im Widerspruche mit den Resultaten, ^^•elche W. Haidinger aus seinen Messungen erhielt. Ich war so glücklich, an den vorhandenen Exemplaren auch dergleichen tafel- artige Krystalle zu finden, das Resultat der angestellten Unter- suchungen aber ist ein anderes, welches vollkommen im Einklänge mit den Messungen W. Hai ding er 's an den Krystallen von Schemnitz in Ungern und C. Marignac's an den Krystallen von Campo longo am St. Gotthard steht. Ich fand nämlich nachfolgende Gestalten: Die lamellaren Krystalle stellen das verticale rhombische Prisma von 129" 32' und SO" 28' dar, dessen scharfe Kanten sehr stark durch die herrschend ausgedehnten Flächen des makrodiagonalen Dyo- eders abgestumpft sind. Die sechs verticalen Flächen bilden auf diese Weise eine breite Lamelle, deren horizontaler Durchschnitt ein langgestrecktes Hexagon mit zweierlei Winkeln ist, zwei gegenüber- liegende Winkel sind = 129" 32', die übrigen vier Winkel betra- 612 Kenngott. gen jeder HS" 14'. Hierbei kommt bisweilen der Fall vor, dass von den vier Prismenflächen eine oder auch zwei parallele so klein sind, dass man sie fast übersieht, weil der Reflex so gering ist. Hierin liegt auch der Grund, warum W. Phillips (^Elementary introduction to Mineralogy, augmented by Allan 1837, Seite 68) als Form des Diaspors ein schiefwinkelig vierseitiges Prisma mit zweierlei Seiten und den Winkeln 64" 54' und 115" 6' angibt, welches durch eine schiefe Endfläche begrenzt sein soll , deren Neigung zu der schmalen Prismenfläche = 108" 30', zu der breiten Prismenfläche aber = 101" 20' angegeben wird. Neben obigen sechs vertiealen Flächen fand ich an einem etwas grösseren Krystalle noch die Flächen eines zweiten vertiealen rhombischen Prisma, welches die Winkel 156" 44' und 23" 16' finden Hess, und aus dem ersteren durch Zuschärfung der scharfen Kanten hervorgeht. Die Flächen desselben waren vorherrschend ausgedehnt und stark gestreift, während die des ersteren fast glatt sind. Ausser diesen vertiealen Flächen konnte ich keine anderen derselben Zone wahrnehmen, sie geben aber zunächst den Beweis, dass die Krystalle des Diaspors vom Ural nicht von denen aus Un- gern und vom St. Gotthard verschieden sind, was durch die später anzugebenden Endflächen ferner dargethan wird. Vorher aber ist es nothwendig, die verticale Zone noch näher zu betrachten. Hauy fand, dass der Diaspor, dessen Fundort damals unbekannt war , sich nach den Flächen eines schiefwinkelig vierseitigen Prisma von ungefähr 130" und 50" und nach der kürzeren Diagonale, das ist parallel dem angegebenen Dyoeder spalten lasse. W. Haidinger fand an dem Diaspor von S Chemnitz ausser dem Dyoeder zwei verticale rhombische Prismen, eines, dessen scharfe Kanten durch das Dyoeder abgestumpft werden, mit den Winkeln 129" 54' und 50" 6' und ein zweites, welches die Combinationskanten des erste- ren mit dem Dyoeder abstumpft, mit den Winkeln 109" und 71". (Poggendorffs Annalen Band LXI, 307.) C. Marignac fand an den Krystallen des Diaspors von Campo longo am St. Gotthard (Dana, System of Mineralogy 1850, Seite 684 und Bibliothcque uni- verselle de Geneve, serie JV, tome VI, 18^7, pag. 296) die- selben beiden rhombischen Prismen mit den Winkeln 130" 0', und 50" 0', und 70" 54' und 109" 6'. Ausser diesen beiden aber fand Marignac noch ein drittes Prisma, welches die Combinationskanten Mineralogische Untersuchungen. ß \ 3 des letzteren mit dein Dyoeder abstumpft und die Winkel 5G* 12' und 1230 48' linden Hess. Wenn man hiernach unter den am Diaspor gefundenen Prismen, das allen gemeinschaftliche als das der verticalen Hauptreihe vor- läufig feststellt und ihm das Zeichen 00 0 gibt, so würden in der verticalen Zone nachfolgende Gestalten auftreten: ooO = 129» 54' Haidinger, 130« Hauy Marignac; 129» 48' Phillips; 129» 32' nach meinen Messungen; 128» 10' Dufrenoy (Traite de Mineralogie 1845, II, 349). 00O3 = 71» Haidinger; 70» 54' Marignac; 00 0% = 56» 12' Marignac; ooOio = 23» 16' nach meinen Messungen 00 O^ Was nun die Messungen G. Rose's betrifft, welche so erklärt werden müssen, dass die bezüglichen Krystalle durch ungleiche Ausdehnung die oben angegebenen Resultate hervorriefen, wie ich sie auch an einigen Krystallen v.ahrnahm, so liegen die angege- benen Flächen des vierseitigen rhomboidischen Prisma und die Abstumpfungsflächen der scharfen Kanten in der verticalen Zone, weil die Streifung als eine verticale angegeben ist, wie ich sie an den Krystallen vom Ural auch gesehen habe. DieAbstumpfungsilächen der scharfen Kanten entsprechen gemäss der Angabe über die Spaltbarkeit dem makrodiagonalen Dyoeder ooOdo; die Flächen des vierseitigen rhomboidischen Prisma würden als prismatische zu betrachten sein und zwar verschiedenen Prismen angehören , durch deren unsymmetrische Ausdehnung sie gebildet werden. Eine der beiderlei Flächen bildet mit 00O06 einen Winkel von 128», daraus würde hervorgehen, dass das betreffende rhombische Prisma Winkel von 76» und 104» besässe. Die andere der beiderlei Flächen bildet mit ooOot) einen Winkel von 134», woraus hervorgehen würde, dass das betrefTende rhombische Prisma Winkel von 88» und 92» besässe. Legen wir den von W. Hai ding er gefundenen Winkel = 129» 54' der Berechnung zu Grunde , so ergibt sich für das Prisma 00O2 der Winkel 93» 44' 2" welcher dem Winkel ron 92» nahe käme und wir könnten vielleicht auf Kosten der von G. Rose be- merkten Streifung den Unterschied ausser Acht lassen oder wir müssten eine Zahl annehmen, die Avenig über 2 wäre, um einen näher liegenden Werth herauszufinden, eine Annahme, die wir für 614 K e n n g o 1 1. jetzt nicht weiter verfolgen wollen , später aber noch zur Sprache bringen werden. Für das zweite Prisma von 104*^ würde das Zeichen ooOI am entsprechendsten sein, welches den Winkel von 104» 2' 24" auf Grundlage der Haidinger'schen Resultate erfordert. Gehen wir zu den Endflächen über, so beobachtete ich an den Krystallen des Diaspors vom Ural eine Endzuschärfung durch die Flächen eines brachydiagonalen rhombischen Prisma, welche auf die Flächen des Dyoeders gerade aufgesetzt sind und eine Endzu- schärfungskante von 111" 44' bilden; C. Ma rignac beobachtete an den Krystallen des Diaspors von Campo-Longo eine Endzuschär- fung derselben Zone, welche eine Endzuschärfungskante von IIT*» 46' bildete. Die von G. Rose bemerkte schiefe Endfläche gehört auch hierher. Ausser dem horizontalen Prisma waren noch die Flächen eines rhombischen Oktaeders zu bemerken, welche zu beiden Seiten des- selben Zuschärfungen der Combinationsecken zwischen ooO und dem horizontalen Prisma bildeten, deren Flächen auf die Flächen ooO aufgesetzt erscheinen. Leider konnte ich wegen der Kleinheit und wegen des geringeren Glanzes dieser Flächen die Combinationskan- tenwinkel nicht bestimmen, nur der Endkantenwinkel erlaubte eine annähernde Bestimmung und ergab einen Werth von nahezu 150**, woraus wohl mit grösster Wahrscheinlichkeit zu schliessen ist, dass dieses rhombische Oktaeder das von W. Haidinger beobachtete und als Grundform gewählte sei, dessen Endkanten 151 •* 54' und 117*' 24' und dessen Seitenkantenwinkel 69" 58' betragen. Ausser diesem mit O zu bezeichnenden rhombischen Oktaeder fand W. Hai ding er an den Krystallen des Diaspors von Schem- nitz ein zweites spitzeres, dessen Zeichen 9O9 ist, und dessen Endkantenwinkel 470 52' und 154» 56', die Seitenkantenwinkel 139<'56' messen. C. Marignac fand dieses nicht an den Krystallen des Diaspors von Campo-longo , sondern neben dem als Grundform angenommenen Oktaeder O ein anderes spitzeres, dessen Zeichen 2O2 ist, und an welchem er die Endkantenwinkel = 126<* 12' und 122» 15' fand, die Seitenkantenwinkel = 83« 0'. Dabei berech- net C. Marignac für das von W. Haidinger gefundene Oktaeder 9O9 die unwahrscheinliche Formel a : { b : \ c, welche dem Zeichen "Y-Os entspricht, ohne zu bedenken, dass sehr natürlich das Mineralogische Untersuchungen. 615 K M Zeichen gOy für die Resultate seiner etwas von den Haidinger*'- schen Messungen abweichenden Messungen nicht dieselben Winkel ergeben kann, wie sie Haidinger auf Grund seiner Messungen erhal- ten hat. Die Differenzen sind aber gering , und man liat keinen Grund das Zeichen 9 05 zu beanstanden und dafür das unwahr- scheinliche Zeichen ^Os zu setzen, weil es Winkel ergibt, welche nicht ganz genau mit den Marignac^schen Messungen harmoniren. Die Messungen derartiger Krystalle sind immer mit einigen Schwie- rigkeiten verbunden und man könnte mit demselben Rechte auf Grund der Haidinger'schen Messungen auch Zeichen für die von Marignac gefundenen Formen aufstellen, welche etwas abweichend sein wür- den, ein Verfahren, durch welches man nichts für die Sicherstellung der Gestalten gewinnen würde. Einige Aufmerksamkeit verdient die beigege- bene Figur, welche von Dana am angeführten Orte den Resultaten der Messung beigefügt ist, und jedenfalls eine getreue Copie der von Marignac beigegebenen Figur ist. Sie harmonirt nicht mit den Resultaten der Messung und ich hätte sehr gern das Original gesehen um herauszufinden, wo eigentlich der Fehler ist, in dem mir vorliegenden Exemplare aber der Biblio- theque universelle de Geneve waren die Figurentafeln nicht anwe- send, obgleich im Texte auf eine begleitende Figur hingewiesen war. Aus diesem Grunde deute ich nur auf die Figur hin, welche die Gestalt der Krystalle von Campo-longo ausdrücken soll, jeden- falls aber eine andere hätte sein müssen. Die mit 31 bezeichneten Prismenflächen sollen das Prisma c5o O, die Flächen e" das Prisma 00O3, die Flächen e" das Prisma 00 Ol, die Flächen e das Dyoeder 00 Odb, die Flächen o'' das Oktaeder O, die Flächen 0" das Oktaeder 2O2, und die mit a bezeichneten Flächen das Prisma sOob darstellen. Was die von Phillips beobachtete Fläche betrilTt, welche als eine auf die Flächen seines schiefwinkeligen ungleichseitigen Prisma schief an- und schief aufgesetzte Fläche mit der bi^iten Fläche (der Fläche 00 Odb) einen Winkel von 101» 20', und mit der schmalen Fläche (der Fläche 00 O) einen Winkel 108» 30' bilden soll, lässt sich mit den obigen Flächen nicht gut vereinen und muss vorläufig ausser Acht gelassen werden ; sie ist aber jedenfalls als 616 Kenngott. die Fläche eines rhombischen Oktaeders anzusehen, welche durch die ungleiche Flächenausdehnung scheinbar isolirt aufgetreten ist, jedenfalls aber, wenn auch nicht gerade an den mir zur Untersu- chung vorliegenden Krystallen vorhanden, noch die entsprechenden Nachbarflächen finden lassen wird. Wenn wir hiernach alle über den Diaspor gewonnenen Resul- tate zusammenfassen, und die von W. Haidinger gefundenen Werthe der KantenAvinkel des rhombischen Oktaeders O, welches als Grundform gewählt wird, nämlich die Winkel 117* 24', ISl« S4', und 69" 58' der Berechnung zu Grunde legen, so ergibt sich für den Diaspor das Axenverhältniss : a: h: c ^ 1,164083 : 3,928662 : 1,835843 = 0,634086 : 2,139977 : 1 und seine combinirten einfachen Formen sind nachfolgende: ooO = O =1170 24' = 116« 38' 202= 122« 15' = 122« 46' 19" 909= 1540 56' = 1540 53' 56" 500 6' 500 0' 500 12' 500 28' 510 50' 500 5' 34" 760 0' 750 49' 30" 880 0' = 860 7' 38" oo03=109» 0' = 1090 6' = 1080 59' 51" ooOI= 123048' == 1230 42' 25" ooOro= 1560 44' = 1550 50' 32" ooOob und Ooooo ooO|= 7( 00 O2 1510 54' 1510 36' 126° 12' 1260 49' 22" 690 58' nach Haidinger. 700 54' nach Marignac. 83" 0' nach Marignac. 810 54' 7" nach H. O her. 47052' ;139o56' nach Haidinger. 470 54' 4" ;139o 55' 2" nach H. O her. 1290 54' nach Haidinger. 1300 0' nach Hauy und Marignac. 1290 48' nach Phillips. 1290 32' nach meinen Messungen. 128010' nach Dufrenoy. 1290 54' 2 6" nach Haid. O berechnet. 1040 0' nach G. Rose. 1040 10' 30" nach Haid. O berechnet. 920 0' nach G. Rose. 930 52' 22" nach Haid. O berechnet. 710 0' nach Haidinger. 700 54' nach Marignac. 710 0' 9" nach Haid. O berechnet. 560 12' nach Marignac. 560 17, 35" nach Haid. 0 berechnet. 230 16' nach meinen Messungen. 240 9' 28" nach Haid. O berechnet. Mineralogische Untersuchungpu. 617 oOdb-- 117" 40' ; 62M4' nach Marignac. = 118« 41' 50" ; 61« 18' 10" nach Haid. O berechnet. TOdb= 111« 44' ; 68« 16' nach meinen Messungen. = 112« 39' 6" ; 67« 20' 54" nach Haid. O berechnet. Die Krystalle von Schemnitz in Ungern bilden die Combination ooOoo . O . «* O9 . Ooooo . ooO . 00 O3 nach W. H a i d i n g e r, die Krystalle von Campo -longo am St. Gotthard die Combination ooOob.ooO.ooO3 . 00O4 . O . 2O2 • 2066 nach C. Marign a c, die Krystalle von Mramorskoi am Ural die Combinationen ooOdo ooO . jOob . 0 und ooOob . ooO . ooOTo . O und ooOdb . ooO . 0 nach meinen Beobachtungen, dieselben die Combination ooOob . 00O2 . ooO| mit unbestimmten Endflächen nach G. Rose, dieselben die Combination 00 Odb . 00 O mit unbestimmten End- flächen nach Phil I ips. Bei beiden der letzteren sind die prisma- tischen Flächen nicht als vollständig vorhanden angegeben , sondern es sollen deren nur zwei parallele vorkommen. Die Krystalle vom Ural endlich zeigen nach Dufrenoy die Combination 00 Odb . 00 O mit einer Endfläche ähnlich der von Phillips angegebenen , mit der Neigung von 101« — 102« zu einer Prismenfläche, und die Flächen 00 O ^Verden als ungleichmässig ausgebildete so gedeutet, als wäre das Prisma 00 0 ein ungleichseitig-vierseitiges, ein rhomboidalisches. Die Spaltbarkeit ist vollkommen, ein einfacher sehr ausge- zeichneter Blätferdurchgang parallel dem Dyoeder ooOob» ein zweifacher ziemlich deutlicher parallel dem Prisma 00 O. Ausiierdem findet man noch Spuren anderer Blätterdurchgänge, die ich für entsprechend den Flächeu eines makrodiagonalen Prisma halte. Der Diaspor vom Ural ist ursprünglich wasserhell, er erscheint jedoch meist weingelb bis gelblichbraun, weil er mit Brauneisen- erz so imprägnirt und durchzogen ist, dass man die ursprüngliche Färbung nicht gleich sieht. Das Brauneisenerz bekleidet entweder als zarter durchsichtiger Überzug die Lamellen oder ist in zarten Blättchen interponirt, oder als wirkliches Pigment feiner vertheilt oder als stärkerer Überzug vorhanden , wodurch die braune Färbung des Diaspors hervorgebracht wird. Lamellen, -welche voll- ständig von ihrem Überzuge befreit werden, sind wasserhell, durch- sichtig und glasglänzond. Inmitten der von Diaspor gebildeten Räume sind hie und da kleine Krystalle von Brauneisenerz zu sehen, welche die Combi- Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. IX. Bd. III. Ill't. 41 618 Kenngott. nation des regulären Oktaeders und des Hexaeders, das letztere dabei meist vorherrschend zeigen, mithin Pseudomorphosen nach Schwefelkies sind. Das Vorhandensein dieser Krystalle ist um so bemerkenswerther, weil die kleinen ursprünglichen Schwefel- kieskrystalle als solcher erst nach dem Diaspor sich gebildet haben, indem sie auf denselben aufgewachsen und genau in die durch zwei oder mehrere Lamellen gebildeten Räume, respective deren ausspringende Winkel eingefügt erscheinen, die Entstehung derselben auf nassem Wege hiernach unzweifelhaft ist. Später erst erfolgte die Umwandlung in Brauneisenerz, welches aber auch schon vorher bei der Bildung des Diaspors vorhanden gewesen sein muss, da es in der Masse des Diaspors interponirt ist, es sei denn, dass man sich zu der sehr wahrscheinlichen Annahme hinneigt, dass der in Brauneisenerz umgewandelte Schwefelkies auch ursprünglich in dem Diaspor interponirt war, die häutigen Überzüge und die Kry- stalle bildete und nachher erst sich in Brauneisenerz umwandelte. Durch die zunehmende Bekanntschaft mit den Gestalten des Diaspors tritt um so mehr die Analogie oder Übereinstimmung her- vor, welche der Diaspor und der Pyrrhosiderit zeigen und welche seit Haidinger's Messungen erkannt worden ist. Weniger deutlich zeigt sich diese Übereinstimmung mit den Gestalten des Manganit's, obgleich zu erwarten wäre, dass Diaspor, Pyrrhosi- derit und Manganit als Wasseraluminat, Wasserferrat und Wasser- manganat derselben Formel HO , R^ O3 die Gestalten als isomorphe nachweisen müssten. Ich benütze daher die Gelegenheit , einige kurze Betrachtimgen über diesen krystallographischen Zusammen- hang beizufügen und zu zeigen, wie verwandt die Gestalten in der That'sind, wie aber auch der Manganit gleichsam das Streben nicht verkennen lässt, andere Formen zu bilden, ein Streben, welches sich in der Differenz der Krystallisationen bei dem Braunit =M/?3 O3 und bei dem Hausmannit =Mn O, Mn^ O3 im Gegen- satze zu dem Rotheisenerz =: Fe^ O3, dem Corund = AL O3, dem Magneteisenerz = Fe O, Fe^ O3 und dem Spinell =3Ig O, AL O3 deutlich zeigt, wogegen eine Analogie auf der anderen Seite nicht zu verkennen , wie wir dieselbe in der Reihe der Silikate und bei anderen wahrnehmen. Mineralogische Untersuclmng-en. () { 9 Die grössfe Ähnlichkeit in den Gestalten zeigen der Pyrrho- siderit und der Diaspor, wie die Übersieht der von beiden Species bekannten Krystallfornien zeigt, wenn man das bei beiden vorkommende Oktaeder als Grundform setzt, dessen Endkanten bei dem Pyrrhosiderit nach Phillips ISl« 35' und 115» 17' betragen, bei dem Diaspor aber 151" 54' und 117" 24' nach Haidinger. O = 151" 54' ; 117" 24' 69" 58' Diaspor. O = 151" 35' ; 115" 17' 72" 10' Pyrrhosiderit. 2O2 = 126« 49, ; 122" 46' 81" 54' Diaspor. 2O5 = 126" 17' ; 120" 59' 83" 54' Pyrrhosiderit. 9O9 = 47» 54' ; 154» 54' 139" 55' Diaspor. 9O9 bei Pyrrhosiderit nicht vorhanden. ooO = 129" 54' ; 50" 6' Diaspor. 000 =130" 44'; 49» 16' Pyrrhosiderit. ooO| = 104" 10' ; 75" 50' Diaspor. 0001 bei Pyrrhosiderit nicht vorhanden. ooOi = 93» 52' ; 86» 8' Diaspor. 0002 = 94» 56' ; 85" 4' Pyrrhosiderit. 0003 = 71» 0' ; 109» 0' Diaspor. 0003 bei Pyrrhosiderit nicht vorhanden. ooOX = 56" 18' ; 123» 42' Diaspor. 0004 = 57» 12' ; 122» 48' Pyrrhosiderit 1). c5oOTo = 24" 9' ; 155" 51' Diaspor. ooOio bei Pyrrhosiderit nicht vorhanden. ooOoo bei Diaspor und Pyrrhosiderit vorhanden. ooOöö bei Diaspor nicht vorhanden, dagegen bei Pyrrhosiderit. Ooooo bei Pyrrhosiderit nicht vorhanden, dagegen bei Diaspor. aOob = 118» 42' ; 61" 18' Diaspor. 2O00 = 117» 28' ; 62» 32' Pyrrhosiderit. Wob = 112" 39' ; 67» 23' Diaspor. jOSb bei Pyrrhosiderit nicht vorhanden. Das Axenverh. a.b. c = 0,634086 : 2,139977 : 1. Diaspor. = 0,662259 : 2,180549 : 1. Pyrrhosid. Die Spaltbarkeit ist bei beiden Species dieselbe, nämlich sehr vollkommen parallel dem Dyoeder 00O06; deutlich parallel dem 1) Dieses Prisma wurde von mir an den Krystallen von Lestwishiel in Corn- waUis neben ooO . oo02 . ooOao gefunden. 41 ^' 620 Kenngott. Mineralogische Untersuchungen. Prisma ooO bei Diaspor, in Spuren bei Pyrrhosiderit. Der Charakter der Combination ist bei beiden gleich. Hiernach ist wohl kein Zweifel, dass man beide Species als isomorphe anzusehen habe; die geringen Unterschiede, welche vorkommen, sind unerheblich und haben wahrscheinlich ihren Grund in den noch nicht ganz genauen Bestimmungen, da die Krystalle beider Species gewöhnlich klein und die Endflächen der prismati- schen Gestalten daher schAvieriger zu bestimmen sind. Weniger ersichtlich ist die Analogie der Gestalten, wenn man sie mit denen des Manganit's vergleicht, indem namentlich die rhombischen Oktaeder, welche bei dem Manganit vorkommen, beiden Species fehlen. Nur die prismatischen Formen gestatten eine Ver- einigung, mit der besonderen Bedingung, dass man die Zeichen der obigen Species umformen müsste, während die Blätterdurch- gänge abweichen, ein Umstand, der sehr zu berücksichtigen ist. Wenn nämlich bei dem Manganit dasjenige rhombische Oktaeder zur Grundform gewählt wird, dessen Endkanten nach Mobs 120*> 54' und 130" 49' und dessen Seitenkanten 80** 22' messen, welches auch Mohs als Grundform gewählt hat, so sind bei dem Manganit in der verticalen Zone nachfolgende prismatische Gestalten gefunden worden, unter denen nur drei, ooO| , ooOl und ooOi mit denen des Diaspors und Pyrrhosiderits übereinstimmen. ooO == 80« 18' 56" : 99« 41' 4" ooO| = 90« 42' 55" ; 89« 17' 5^' ooO| = 103« 22' 36" ; 76« 37' 24" 0000 = 118« 42' 6" ; 61« IT 54" 0001 = 129« 16' 26" ; 50« 43' 34" ooOs = 136« 53' 18" ; 43« 6' 42" 0001 = 64« 39' 20" ; 115« 20' 40" 0002 = 45« 45' 0" ; 134« 15' 0" 00 0| = 35« 7' 3" ; 144« 52' 57" 00O4 = 23« 49' 26" ; 156« 10' 34" Bei dem Diaspor führt das Prisma 00 0| das Zeichen 00 0, das Prisma ooO| das Zeichen 00 0|, und das Prisma ooOl das Zeichen ooOio, und nur sie allein sind bei der ziemlich grossen Anzahl von Prismen des Manganits vertreten, es bleibt jedoch ihr Vorhandensein immer ein Beweis einer gewissen Analogie in den Gestalten. Die nicht am Manganit beobachteten prismatischen Ministei-ial- Erlässe. 621 Gestalten des Diaspors und Pyrrhosiderits , nämlich: 00O2 , 00 O3 00O4 würden in der Reihe des Manganits als ooOä, Oooi und 00 Ol auftreten müssen. Hierzu kommt noch der aufifallende Unterschied in den Spal- tungsfläclien, indem der Manganit seine vollkommenste Spaltbarkeit nicht demselben verticalen Dyoeder entsprechend zeigt, nach wel- chem Diaspor und Pyrrhosiderit vollkommen spaltbar sind, sondern dem andern verticalen, und dass der Manganit auch nicht demselben Prisma parallel spaltbar ist, wie Diaspor und Pyrrhosiderit, sondern einem andern, seinem Prisma ooO. Diese autfallenden Unterschiede wiegen kaum die Überein- stimmung in einzelnen Formen auf und man kann für jetzt die Isomorphie nur als möglich, nicht aber als wirklich ansehen, so geneigt man auch dafür wegen der Übereinstimmung in der Zusam- mensetzung sein möchte. SITZUNG VOM 14. OCTOBER 18^2. Das hohe k. k. Ministerium des Äussern übersandte mit Erlass vom 9. October d. J., Zahl ^ ^ ■ , ein Exemplar des Prachtwerkes von Professor Lepsius „Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien" welches Se. Majestät der König von Preussen der Akademie zum Geschenke machte. Das hohe k. k. Ministerium für Handel etc. übersandte mit Erlass vom 4. October d. J., die von dem königl. grossbritannischen Sanitäts-Amte verötfentlichten Berichte über den Verlauf der Cholera in den Jahren 1848 und 1849. Ferner erhielt die Akademie von demselben hohen k. k. Ministerium mit Erlass vom 8. O.ctober d. J., Zahl 2210, die vollständige Sammlung der von der königl. gross- britannisclien Regierung über die Ursachen der Explosionen in den Kohlengruben und über die Mittel zu ihrer Verhütung veranlassten Untersuchungen. 622 Doleschal. Systematisches Verzeichniss Eingesendete Abhandlung. Systematisches Verzeichniss der im Kaiserthnm Osterreich vorkommenden Spinnen. Von Dr. ludw. Doleschal *). So mancher Zoolog und Sammler würde zu seinem Studium die nicht uninteressanten Arachniden wählen, er wagt es aber nicht, wegen Mangel aller Vorarbeiten, es fehlen ihm die Anhaltspunkte die ihm beim Aufsuchen dieser Thiere behilflich sein könnten. Um in dieser Hinsicht etwas leisten, als auch zum Vergleich mit anderen Thierclassen ein Verzeichniss aller bisher aus der österreichischen Monarchie bekannten Spinnenthiere geben zu können, stellte ich in Folge eines Auftrages des Herrn Directors des zoologischen Cabinets Vinc. Kollar , der mir mit der grössten Bereitwilligkeit die nöthigen Mittel zur Benützung darbot, einen Catalog der österreichischen Arachniden zusammen. Dass dieses bei weitem nicht die gewünschte und erforderliche Vollständigkeit besitzen könne, wird Jedem ein- leuchten, dem es bekannt ist, wie geringer Theilnahme sich die Arachniden seit jeher insbesondere bei uns, erfreuten. Nur das im k. k. zool. Museum aufbewahrte grösstentheils vom Herrn Director Vinc. Kollar zusammengestellte Materiale konnte auch diesen Anfang ermöglichen, ich brauchte nur die in den wenigen Handbüchern (be- sonders „Koch's Arachniden") angeführten Daten, insoferne sie die österreichische Fauna berühren, hinzufügen. Schon aus diesem Ver- zeichnisse ist es ersichtlich, wie reich die Fauna Österreichs sei, da die hier aufgezählten Arten beiläufig den i/g Theil aller bekannten Arachniden ausmachen , und dürfte sich dieses Zahlenverhältniss bei genauerer Durchforschung des Gebietes zu Gunsten unseres Vater- landes bedeutend ändern. Um den Artenreichthum würdigen zu können , glaubte ich hier einige Worte über die Verbreitung der einzelnen Ordnungen und Familien beifügen zu müssen, was um so mehr entschuldigt werden *) "Eingereicht von dem w. M., Director Kollar. der im Kaiseilhuin Österreich vorkommenden Spinnen. 623 dürfte, als meines Wissens noch in keinem Handbuche der goojjraphi- schen Verbreitung der einzehien Arachniden-Ordnungen eine Erwäh- nung geschah. 1. Die Gruppe der Solpugiden, welche, als den Insecten in mehrfacher Hinsicht am nächsten stehend, für diehöchstorganisirte Arachniden -Ordnung angesehen werden muss (zählt ungefähr 27 bekannte Arten), bewohnt nur wärmere Länder. Europa besitzt eine Art (die in Griechenland vorkommende Galeodes araneoides) deren Verbreitungsbezirk sich östlich und südlich erstreckt. S Arten kommen in Arabien, 4 in Ägypten, 10 am Vorgebirge der guten Hoffnung vor; aus dem nordwestlichen Theile Afrika 's ist 1, und aus Amerika 5 (zur Gattung Gluvia Koch gehörig) bekannt. 2. Gleiches gilt von den Scorpioniden. Von den 140 be- kannten Arten zählt Ägypten und das Vorgebirge der guten Hoff- nung die meisten, nämlich 35, hierauf kommt Amerika (mit etlichen 30 Arten), dann Asien (26 Arten, ausgezeichnet durch Grösse). In Europa kommen nur einige kleinere Arten der eigentlichen Gattung Scorpio vor. Hingegen sind aus unserem Welttheile zahlreiche Arten der Gattungen Chelifer und Obisium bekannt. Unserem Vaterlande ist Blothrus spelaeus. Seh., in der Adelsberger Grotte vorkommend, eigenthümlich. Neuholland hat die Zahl der Scorpioniden nur mit einer Art bereichert. 3. Die echten Spinnen kommen in allen Himmelsstrichen ziemlich gleichmässig verbreitet vor, selbst die nördlichen Gegenden Schwedens und unsere Alpengipfel besitzen einige, ihnen eigenthüm- liche Arten. Die Familien dieser Ordnung sind jedoch bald mehr bald weniger über gewisse Länderstrecken verbreitet, und zwar : a) sind die Mygaliden vorzugsweise Bewohner wärmerer und heisser Länder; von den gegenw^ärtig bekannten 73 — 80 Arten entfallen auf das tropische Amerika allein 52, auf Africa 13, Asien 5, Neuholland 3, das südliche Europa 7. Atypus Suheri reicht am meisten nach Norden, indem er selbst in Deutschland, obzwar selten, gefunden wird. b) Die Zellen spinnen sind grösstentheils Europäer (viel- leicht wird sich bei genauerer Durchsuchung der übrigen Welttheile das Verhältniss ändern). Diese Familie zählt etwa 110 — 120 Arten, wovon aus Europa über 70, aus Africa 28 bekannt sind. Stalitei taenaria Seh. ist der Adelsberger Grotte eigenthümlich. 624 Doleschal. Systematisches Verzeichniss c) Die Familie der Jagd spinnen zählt etwas über 100 Arten, die vorzugsweise Europa und das gemässigte Amerika be- wohnen, aus dem nördlichen Afrika sind durch die letzte natur- wissenschaftliche Expedition 25 neue Arten bekannt gemacht worden. Die Gattung Ctenus ist mit Ausnahme einer Art aussereuropäisch und vorzugsweise amerikanisch; die grösseren Lycosa-Arten (dar- unter die unschuldigerweise berüchtigten) sind dem südlichen Europa eigen. d) Die Springspinnen sind ziemlich gleichmässig über alle Welttheile verbreitet, (Neuholland ausgenommen) ; von den beiläufig 300 Arten kommen auf Amerika 110, auf Europa ungefähr 90, Afrika 70, Asien 30 — 40 Arten. Die Gattung Myrmecia ist aus- schliesslich amerikanisch, hingegen ist aus der Gattung Eresus daselbst kein einziger Repräsentant zu Hause. e} Die arten- und gattungsreiche Familie der Seitenläufer ist wieder grossen Theils europäisch, und zwar sind die Thomisus und Philodromus-Arten Bewohner des südlichen und mittleren Europas ,• die Gattung Delena ist ausschliesslich australisch, Olios amerikanisch. Merkwürdig ist eine Art der letztgenannten Gattung durch ihren grossen Verbreitungsbezirk ; man hat sie in Brasilien und Isle de France gefunden. f) Die Familie der Epeiriden umfasst ungefähr 130 be- schriebene Arten; hievon entfallen auf Europa 60, auf Amerika 52 — 54, Asien 10 — 12, Afrika 11 Arten, mit dem Bemerken, dass die Gattung Epeira Walk, vorzugsweise europäisch und nordameri- kanisch, die Gattungen Gasteracantha Koch und Acrosoma Koch ohne Ausnahme tropisch sind. gr) Die, letzteren zunächst verwandten Tb er idioniden sind, soweit die Kenntniss der meist kleinen Arten reicht, insbesonders europäisch, indem von den beschriebenen 120 Arten allein auf Europa gegen 100 Arten kommen. h) Dasselbe ist von den Tubitelen zu sagen, von denen y» europäisch sind. 4. Die eine Grup pe der Phalangiden, die Gonyleptiden sind ausschliesslich tropische Bewohner, Brasilien allein zählt an 50 Arten dieser eigenthümlich gestalteten Thiere; die eigentlichen Phalangien scheinen gleichmässig über Europa, das nördliche Afrika und Noi'damerika verbreitet zu sein. der im Kaiserthuin Österreich vorkommenden Spinnen. ()25 5. Ü b e r (1 i e g e 0 g r a p h i s c h e Verbreitung der A c a r i- den lässt sich bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft, wegen mangelhafter Untersuchung der Länder hinsichtlich dieser Thiere, gar nichts sagen. Es lässt sich aber annehmen, dass vielleicht mit Ausnahme der Wassermilben alle übrigen Familien in allen Him- melsstrichen eben so häufig, wenn nicht häufiger vorkommen dürften. Die Gesammtzahl der Arachniden wird auf ungefähr 1300 Arten angegeben. — Walkenaer führt in seinen Insectes apt. Suite ä Buff. gegen 840 Arten echter Spinnen an ; die Zahl der bei ihm nicht vollständig durchgeführten Arten der übrigen Ordnungen beträgt nicht ganz 160 Species. Koch beschreibt in seiner Monographie der Arachniden 1000 Arten, die Milben dazu nicht gerechnet, von denen er in der Herrn Schaff. Fauna Deutschland nahe an 250 Arten beschreibt. Dass dieses Zahlenverhältniss ein viel zu geringes sei, erhellt daraus, wenn man bedenkt; a) dass selbst nur wenige Länder Europas auf Arachniden durchforscht sind ; in den südlichen und südöstlichen Ländern werden gewiss zahlreiche diesen Gegenden eigenthümliche somit neue Arten mit der Zeit aufgefunden werden ; 6) aus den Tro- penländern kennt man im Verhältnisse mit den anderen Gliederthier- classen wenige und auch dies grosse, selbst dem ungeübten Sammler leicht auffallende Arachniden; sollte hier die riesenhafte Vegetation nicht zahlreiche von diese Pflanzenzerstörern und Insectenfeinden auf- zuweisen haben? c) jeder, nur wenig aufmerksame Sammler bringt zahlreiche neue Arachniden-Arten von seiner Expedition mit. d) In jeder grösseren Sammlung befinden sich viele unbeschriebene Arten. (Die k. k. Sammlung von Arachniden enthält beinahe y,o neuer unbeschriebener Species.) I. ORDNUNG. ARANINA. 1. Familie. Nlygalidae, Mygale icterica. Koch. d. Ar. 5, flg. 351. In Friaul. :S. Familie. Cellicolae* 1. SEGESTRIA. Latr. 1. S. senoculata. Walk. Koch d. Ar. 5, 164. In Wäldern der Wiener Umgebung. 626 Doleschal. Systematisches Verzeichniss 2. S. perfida. Walk. Sav. Ar. d. Eg. PI. 1, Fig. 2. (Seg. florentina Hahn.) Im k. k. zoologischen Cabinete mehi'ere Exemplare aus Istrien. 3. S. pantherina. Mus. caes. Dalmatien. 4. 3—4 3-75 — 5-8 — w 7-8 4-08 — 6-5 — 5? 9 — 10 — 4-24 — 6-8 ?? 10-11 — 2-52 — 3-6 » 11-12 — 3-91 — 5-7 ?1 13-14 303 — 4-7 — 9? 21—22 5-20 — 8-4 — April 5^ 5—6 8-9 3-79 4-44 5-7 7-0 51 11 — 12 301 — 4-2 — 55 13-14 — 4-49 — 70 55 18-19 — 3-69 — 5-8 Mai 16-17 — 3-36 — 5-4 55 18-19 4-76 — 7-5 — Juni 2-3 — 3-78 — 6-0 55 3-4 4-47 — 6-9 — 55 12—13 5-64 — 8-7 — Juli 0-1 3-67 — 5-7 — 11 1—2 4-27 — 6-4 ■ — 55 8—9 — 3-49 — 5-8 August 0-1 310 — 4-5 — 55 16—17 3-42 — 5-2 — 55 19—20 3-46 — 5-2 — September 0—1 10—11 3-33 4-56 — 50 70 — n 22-23 — 3-51 — 5-3 ^) Diese Änderung erreicht nicht die oben vorgeschriebene Grenze, sie ist aber im Verlaufe einer Stunde (von O"" bis l') eingetreten und die rascheste im ganzen Jahre. Sie wurde beigegeben um zu zeigen, dass der Autograph auch solche Sprünge getreu abzeichnet. k. k. t'entralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, 66t 1848 Barometer Autograph + — + — October 3—4 15-16 18-19 November 3—4 3-4 10-11 16-17 ! „ 18-19 23-24 ^ 24-25 December 3—4 „ 19—20 3- 12 3-30 4-40 3-49 3 02 613 506 3-09 3-41 3-31 3-70 3-08 4-9 5-0 5-9 50 4-5 9-6 7-9 5-1 5-3 5-0 60 4-4 1 Summe . 143-39 71-23 219-7 111-5 ßetratilitet man die Zahlen dieser Tafel , so fällt auf, dass die |)ositiven viel häutiger sind als die negativen , dass also ein rasches Steigen des Barometers öfters eintritt als ein lasches Fallen. Aus der Gesammtanzahl von SfJ Fällen, haben 36 das Zeichen -|- utid 19 das Zeichen — , sie sind daher beinahe im Verhältnisse 2:1; diese Verschiedenheit gleicht sich auch nicht aus durch den grös- seren Betrag der negativen Zahlen, denn die Summe der positiven Zahlen ist = i 43-39 die der negativen . = 71-23 also ebenfalls nahezu in demselben Verhältnisse. Ein Tlieil dieser Erscheinung mag wohl seine Erklärung darin finden, dass bei rasch abnehmendem Barometerstand manchmal , besonders während den Nachtstunden der Bleistift im ferneren Sinken gehindert wurde, daher die ganze Änderung nicht zu erkennen war. Dies geschah am 12. — 13. Jänner wo dieGesammtänderung = „ 19.— 20. Februar „ „ 0. — 1. März 14. -15. October 29. —30. w 2. -3. Novemb iderung = — 5'"74 war. = • — 4-90 „ = — 6-89 „ = — 4-77 „ = — 419 „ = — .5-29 „ Summe = — 31-78 Allein auch wenn diese Summe von . . = — 31-78 zu dem früheren Betrage von = — 7123 hinzu gegeben wird, so bleibt die Gesammtzahl -= — 103-01 noch so weit hinter den positiven Änderungen = -[- 143-39. 66J Kr eil. Zweiter Bericht über die zurück, dass die Vermuthung nicht iingegründet scheint, es gehen die raschen Änderungen des Barometers heim Steigen und Fallen desselben nicht in gleicher Weise vor sich, und letzteres habe einen mehr langsamen und allmählichen Verlauf als das erstere, eine An- sicht die hier nur als eine solche, nicht aher als bewiesene That- sache hingestellt werden soll , obschoii sie mit der gewöhnlichen Vorstellung recht gut in Einklang gebracht werden könnte, nach welcher ausgezeichnet hohe Barometerstände durch rasches Herein- stürzen der Luftmassen über dem Beobachtungsorte, tiefe Barometer- stände aber durch das allmähliche Abfliessen derselben veranlasst würden. Die Summe aller in der Tafel enthaltenen Änderungen (positive und negative zusammen genommen) ist am Barometer . . . =214-62 Linien am Autographen . . . =332-20 Scalentheile. Demnach ist der Werth eines Scalentheiles in Linien aus- gedrückt : 214-62 ==33F-2-=0-64«' Mittelst dieses Werthes (eigentlich mit 0*65) wurden die ein- zelnen aus den Zeichnungen des Autographen abgenommenen Ände- rungen in Linien verwandelt und mit den Angaben des Barometers verglichen. Die Vergleichung ist in der folgenden Tafel enthalten, wo das Zeichen -|- in der Spalte B — A bedeutet, dass das Barometer eine grössere Änderung (sowohl steigende als fallende) angegeben hat, als der Autograph. 1848 Barometer Autograph B—A Jänner 30-31 - 5-"76 - 5-91 - o"l5 Februar 1— 2 + 7-72 + 7-73 - 0-01 n 2- 3 + 3-77 + 3-83 — 006 11 5- 6 - 3-30 — 3-25 + 005 11 7- 8 - 316 — 3-44 - 0-28 51 9—10 - 3-96 - 403 — 007 11 11 -f- 3-58 + 3-26 + 0-32 11 11—12 + 5-42 + 5-52 - 010 11 12-13 + 5-17 + 5-20 — 003 11 16 17 + 316 + 3-18 — 0 02 11 19-20 - 310 - 318 — 0-08 15 20—21 + 3 35 + 3-44 — 009 11 22—23 — 4-43 — 4-68 — 0-25 11 23-24 + 401 f 4- 16 - 0-15 k. k. Ceiitialaiiätalt l'ür I>Ietcot-olo{>iü uiiil Kidinagimtitiinus. 063 1848 Barometer Autogi-apli IS—A Februar 2G + 1-53 + 1-43 -h o'-"io n 27—28 -f 3-03 f 3-25 — 0-22 März 2- 3 + 4-09 + 3-90 + 019 r> 3- 4 + 3-75 + 3-77 — 002 n 7- 8 + 4-08 + 4-22 — 0-14 ii 9-10 — 4-24 - 4-42 — 018 » 10-11 — 2-52 — 2-34 + 0-18 » 11-12 - 3-91 — 3-70 + 0-21 r> 13-14 + 303 + 3-05 — 002 V) 21-22 + 5-20 + 5-46 - 0-26 April 5- 6 - 4-44 — 4-55 - 011 « 8— 9 + 3-79 + 3-70 + 009 r> 11 — 12 + 301 4- 2-73 + 0-28 n 13-14 - 4-49 — 4-55 - 0-06 18-19 — 3-69 — 3-77 — 0-08 Mai 16-17 — 3-36 — 3-51 — 015 r> 18—19 + 4-76 + 4-87 — 011 Juni 2- 3 — 3-78 — 3-90 — 012 « 3- 4 + 4-47 + 4-48 - 001 1) 12—13 + 5-64 -f 5-65 — 001 Juli 0- 1 + 3-67 + 3-70 — 003 n 1- 2 + 4-27 + 416 + 011 w 8— 9 - 3-49 — 3-77 - 0-28 August 0- 1 + 3-10 + 2-92 + 0-18 11 16—17 + 3-42 + 3-38 + 0-04 V 19—20 + 3-46 + 3-38 + 0-08 September 0- 1 + 3-33 + 3-25 -f 0-08 11 10-11 + 4-56 + 4-55 -f 0-01 « 22-23 — 3-51 - 3-44 + 0-07 October 3- 4 + 312 + 318 - 0 06 n 15-16 + 3-30 + 3-25 + 0-05 11 18-19 + 4-40 + 3-96 + 0-44 November 3- 4 - 3-31 — 3-25 + 006 « 3- 4 + 3-49 + 3-25 + 0-24 11 10—11 + 302 + 2-92 + 010 11 16-17 — 3-70 — 3-90 — 0-20 11 18-19 + 613 + 6-24 - 011 11 23—24 + 506 + 513 - 007 11 24-25 + 309 + 3-31 — 0-22 December 3— 4 - 308 - 2-86 + 0-22 r> 19-20 + 3-41 + 3-44 - 003 Es zeigen die Zahlen der letzten Spalte im Allgemeinen keine grösseren Abweichungen, als man bei gewöhnlichen Barometer- Ablesungen zu sehen gewohnt ist. Nur in wenigen Fällen z. B. am 11. Februar und am 18. bis 19. October erlangen sie einen höheren Werth , der vielleicht in irgend einem Versehen seinen Grund hat. Nimmt man aber diese Zahlen so wie sie sind, ohne irgend eine aus- zuschjiessen und rechnet man nach der Methode der kleinsten Quadrate 664 Kr eil. Zweiter Bericht über die den wahrscheinlichsten Werth des Unterschiedes zwischen den Angaben beider Apparate , so findet man ihn = 0". 106, und man muss demnach annehmen, dass der Autograph die raschen Änderungen des Luftdruckes bis auf 0'". 1 genau darstellt. Es war nun um die Vergleichung vollständig durchzuführen, derselbe wahrscheinliche Werth auch für die Ablesungen an meh- reren gewöhnlichen Barometern zu ermitteln , was leicht geschehen konnte, da die für die Bereisung der österreichischen Monarchie angeschafften, an derPi*ager Sternwarte befindlichen Barometer häufig unter einander verglichen worden sind, aus welchen Vergleichungen man nur einige bei hohen und tiefen Barometerständen angestellte auszuwählen brauchte. Diese Ablesungen sind sümmtlich auf 0" reducirl, in der folgenden Tafel zusammengestellt. Es ist hierbei zu bemerken, dass am Barometer von Lamont der Rand der Queck- silberkuppe, bei allen anderen aber der höchste Punkt derselben ein- gestellt wurde. Eines der verglichenen Instrumente, nämlich das von Kap- peller war durch vielen Gebrauch in einem Zustande, in welchem es eine Reparatur erforderte. Auch ist es keines von denen, wie sie jetzt von ihm gemacht werden , wo die Einstellung von oben nach unten geschieht, sondern sie musste von unten nach oben gemacht werden, was viel geringere Genauigkeit gewährt. Ich habe seine An- gaben aber doch beibehalten, da es sich hier nur um Differenzen handelt, und es sich häufig trifft, dass man bei Beobachtern, deren Arbeiten für sehr brauchbar gehalten werden , Instrumente von viel geringerer Schärfe als dieses findet. 1849 und 1850 Mittlere Prager Zeit Barometer Grindel Pistor Fortin Kappeller Lamont Novembei' 25 26 28 December 28 31 Jänner 22 23 » 25 26 27 5'' 8' 9 0 2 6 19 45 23 45 0 25 3 0 9 45 3 5 20 50 321 "'95 327-48 331 02 319-70 329-34 338-91 333-78 328-29 321-64 328-91 321 '"72 327-17 330-59 319-21 329-09 338-57 333-27 327-96 321-19 328-67 322"' 02 327-44 331-04 319-51 329-40 338-92 333 - 65 328-27 321-37 328-99 322"' 16 327-23 331-03 319-79 329-22 338-70 333-44 328-19 321-68 328-74 32r'67 326-90 330-47 320-04 328-96 338-34 333-13 327-79 321-09 328-39 k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. 065 Mittlere B a r 0 m e t e r 1S49 und 1850 Prager Zeit Grindel Pistor Fortin Kappeller Lamont Jänner 27 3'" 51 333'''66 333'"38 333'"75 333"'35 332'"99 28 19 50 336-35 336-03 336-54 336 09 335-70 28 9 15 331 16 330-76 331-01 331-02 330-63 29 3 0 326-92 326-63 326-84 326-63 326-45 11 30 k 55 332-21 331-85 332-23 331-79 331-54 Februar 5 20 20 329-53 329-14 329-60 329-19 328-82 ü 2 48 318-75 318-48 318-58 318-88 318-62 7 2 57 322-02 321-86 321-99 321-92 321-69 Q 20 32 328-46 328-20 328-48 328-25 327-94 12 19 30 324-53 324-11 324-38 324-49 324-08 13 8 35 327-53 327-30 327-52 327-28 326-83 11 14 3 46 333-25 332-90 333-21 333-03 332-72 Die Änderungen des Luftdruckes, welche von diesen Barometern iingegeben werden, sind in folgender Tafel enthalten: B a r 0 m e t e r 1849 und 1850 Grindel Pistor Fortin Kappeller Lamont November 25-26 + 5" '53 + 5' '45 + 5" '42 + 5"'07 + 5" '23 » 26—28 + 3 54 + 3 42 + 3 60 + 3-80 + 3 57 December 28-31 + 9 64 T 9 88 + 9 89 + 9-43 + 8 92 December 31 - - Jänner 22 + 9 57 + 9 48 + 9 52 + 9-48 + 9 38 Jänner 22-23 — 5 13 — 5 30 — 5 27 — 5-26 - 5 21 n 23-25 - 5 49 — 5 31 — 5 38 — 5-25 - 5 34 » 25-26 - 6 65 — 6 77 — 6 90 — 6-51 - 6 70 11 26-27 + 7 27 + 7 48 + 7 62 + 7-06 + 7 30 11 27 + 4 75 + 4 71 + 4 76 + 4-61 + 4 60 11 27—28 + 2 69 + 2 65 + 2 79 -1- 2-74 + 2 71 n 28 — 5 19 — 5 27 — 5 53 — 5-07 - 5 07 ^^ 28-29 - 4 24 — 4 13 — 4 17 — 4-39 - 4 18 n 29-30 + 5 29 + 5 22 + 5 39 + 5-16 + 5 09 Jänner 30 — Februar 5 - 2 68 — 2 71 — 2 63 — 2-60 — 2 72 Februar 5- 6 — 10 78 10 66 — 11 02 — 10-31 10 20 " 6- 7 ■\- 3 27 + 3 38 -i- 3 41 + 3-04 + 3 07 11 7- 9 + 6 44 + 6 34 + 6 49 + 6-33 + 6 25 11 9-12 — 3 93 — 4 09 — 4 10 — 3-76 — 3 86 11 12-13 + 3 00 + 3 19 + 3 14 + 2-79 + 2 75 11 13-14 + 5 72 + 5 60 4- 5 69 + 5-75 + 5 89 Mittel . . 5 54 5 55 5 64 5-42 5 40 Um die Untersuchung so fortzuführen, wie dies bei dem Auto- graphen geschehen ist, wurden die Unterschiede in den Angaben der- Sitzb. d. mathem.-uaturw, Cl. IX. Bd. III. Hft. 44 666 Kr eil. Zweiter Bericht über die selben Änderung des Luftdruckes von verschiedenen Barometern in der folgenden Tafel zusammengestellt, welche demnach nur die Differenzen zwischen den in der vorhergehenden Tafel neben ein- ander stehenden Zahlen enthält. 1849 und 1850 P—G F—P K—F L—K November 25-26 — o' "08 - 0' 03 _ 0"'35 + 0-16 « 26-28 — 0 12 + 0 18 + 0-20 — 0 23 December 28-31 + 0 24 + 0 Ol _ 0-46 — 0 51 Deceinber 31 - - Jänner 22 — 0 09 + 0 04 — 004 — 0 10 Jänner 22—23 ~ 0 17 + 0 03 + 001 -4- 0 05 n 23-25 - 0 18 + 0 07 — 013 + 0 09 » 25-2G - 0 12 - 0 13 + 0-39 — 0 19 « 26-27 + 0 21 + 0 14 — 0-56 + 0 24 n 27 — 0 04 + 0 05 — 015 — 0 Ol n 27—28 - 0 04 + 0 14 — 005 — 0 03 n 28 - 0 08 - 0 26 + 0-46 0 00 « 28-29 + 0 11 — 0 04 — 0-22 + 0 21 ?5 29-30 — 0 07 + 0 17 — 0-23 — 0 07 Jänner 30 — Februar 5 - 0 03 + 0 08 + 003 — 0 12 Februar 5 - 6 + 0 12 — 0 36 + 0-71 + 0 11 n 6— 7 + 0 11 + 0 03 — 0-37 + 0 03 n 7- 9 — 0 10 + 0 15 — 016 — 0 08 n 9—12 - 0 16 - 0 Ol 4- 0-34 — 0 10 n 12—13 + 0 19 — 0 05 — 0-35 — 0 04 r> 13-14 - 0 12 + 0 09 + 0-06 + 0 14 Wenn man aus diesen Zahlen nach der Methode der kleinsten Quadrate die wahrscheinlichsten Werthe sucht, so findet man sie: ftir p- -G = 0' 091 F- -P-0 094 K- -F=0 224 L- -K = 0 •117 Mittel =0-131 Da für die Vergleichung eines Barometers mit einem Autographen der wahrscheinliche Werth : = 0';'106 gefunden wurde, so muss man annehmen, dass der Autograph die grösseren Änderungen des Luftdruckes mit derselben Genauigkeit angibt, wie ein gewöhn lieh es Barometer. Um den bei einem gewöhnlichen Barometer oder einem Auto- graphen zu befürchtenden Fehler mit den täglichen Änderungen, des Luftdruckes zu vergleichen, wurden diese Änderungen, nämlich der Unterschied zwischen dem täglichen Maximum und Minimum k. k. CentralaiisUiU lür Äleteorologie und Eidmagnetisinus. 667 aus den Mitteln der aehtjälii-igen Beobachtungen zu Prag (S. Prag, Beobb. X. Jahrg.) zusammengestellt, und sind folgende: Jänner tägliche Änderung = 0"'353 Februar „ „ =0-265 März „ „ =0-365 April „ „ =0-436 Mai „ „ =0-557 Juni „ „ =0-517 Juli „ „ =0444 August „ „ = 0-477 September „ „ =0-443 October „ „ =0-381 November „ « = 0-267 December „ „ = 0-326 Mittel = 0-403 Es beträgt demnach der zu befürchtende Fehler ungefähr den vierten Theil der mittleren täglichen Änderung , wobei man jedoch nicht vergessen darf, dass diese Fehler eben so wie die Ablesungs- fehler an gewöhnlichen Instrumenten nicht als constante sondern als zufallige anzusehen sind , daher der Einfluss auf die Mittelwerthe ver- schwindend klein angenommen werden kann. Wenn aber auch durch die vorhergehende Untersuchung das Vertrauen, welches die Barometrographen in Hinsicht auf die raschen Änderungen des Luftdruckes geniessen, vollkommen begründet zu sein scheint, so wird man es doch nicht für überflüssig halten , auch die kleineren Änderungen etwas näher zu erörtern, um zu sehen ob bei diesen ihre Angaben eben so verlässlich sind, und insbesondere ob sie auch in der Nähe der Wendepunkte, wenn nämlich ein stei- gender Luftdruck in einen fallenden und umgekehrt übergeht, genaue Angaben liefern. In diesem Falle sind die Änderungen meistens so gering, dass sie sich längere Zeit hindurch innerhalb der Grenze der Beobachtungsfehler erhalten, denen auch geübte Beobachter mit guten Instrumenten ausgesetzt sind , und in so ferne bilden sie die schärfste Probe, auf welche derlei Apparate gestellt werden können ; andererseits sind es gerade diese Partien der gezeichneten Curven, welche in den meisten Fällen alle übrigen an Wichtigkeit übertreffen. Es sind aber zu dieser Untersuchung stündliche Beobachtungen nöthig, welche an gewöhnlichen Barometern ausgeführt werden , und aus 44 * 668 Kr eil. Zweiter Bericht über die dieser Ursache konnte man die Salzburger Beobachtungen nicht hierzu verwenden, weil dort das Barometer wohl mehrmal des Tages aber nicht stündlich beobachtet wird , was aber in Prag von 6 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends geschah, daher der Jahrgang 1847 der Prager Beobachtungen hiezu benützt wurde. Aus den stärksten Änderungen des Luftdruckes suchte man den Werth eines Scalentheiles für den Autographen, wie es in der früheren Untersuchung für den Apparat von Salzburg geschehen ist, hierauf wurden jene Theile der Zeichnung ausgewählt , in denen die Curve eine Wendung anzeigte. Sind die ganzen Stunden, über welche sich das Curvenstück erstreckt: ^, l!, f . . ., die entsprechenden Barometerstände nach dem Autographen A, A^a', A-\-a!' . . ., nach dem Barometer B, B', B" . . ., so konnten die Grössen a', a" . .auf der Zeichnung abge- messen , mit dem bekannten Werthe eines Scalentheiles in Pari- ser Linien verwandelt, und indem man A = B setzte, die Auto- graphenstände : A+a', A-\-a". .. mit den Barometerständen B', B" . . . verglichen werden. Der Werth eines Scalentheiles wurde aus den raschesten Ände- rungen des ganzen Jahres gefunden: = 0-5994 Pariser Linien. In den folgenden Tafeln sieht man ein Paar Beispiele von Ände- rungen , welche in der Nähe der Wendepunkte vorkommen , sammt ihrer Berechnung. Der erste Stand wird beim Autographen (AJ und Barometer (BJ als gleich angenommen , für die folgenden enthält die Spalte unter a die Änderungen am Autographen in Scalentheilen, welche mit obigem Werthe (0-5994) in Pariser Linien verwandelt und zum ersten Stande hinzu gegeben die folgenden Stände ergibt, welche mit den gleichzeitigen Barometerständen verglichen, die unterschiede B — A zeigt. k. k. Ccntralansfall für Meteorologie und Erdmagnetismus. CG9 1847 Stunde a A B B — A 7. Februar 1 0() 32r"89 321 "'89 n o + 0-5 322- 19 322 • 28 + 0"09 » 3 + 0-8 322-37 322 • 50 + 0-13 11 4 + 11 322-55 322 09 + 014 n 5 + 10 322-49 322-70 + 0-21 ■n 6 + 1-0 322-49 322-66 + 0-17 r) • 7 + 0-9 322 43 322 -CO + 0-17 n 8 + 0-6 322-25 322-45 + 0-20 9. März 1 0. 0 325 64 325-64 11 2 — 0.45 325-37 325 29 — 0 08 n 3 — 0.95 325 07 324-98 — 0-09 Yi 4 — 1.45 324-77 324 71 — 006 « 5 — 1.95 324-47 324-42 — 0-05 yi 6 — 1.35 324-83 324-97 + 0-14 H 7 — 1.05 325-01 324-98 — 003 11 8 -0.95 325 07 324-98 — 0-09 Auf liiese Weise wurden 16 Wendungen behandelt und bei einer jeden von den unter B — A eingetragenen Zahlen das Mittel genommen, welche in der folgenden Tafel enthalten sind : 7. Februar . B—j 1 = 0-16 10. j? n = 0-08 12. fi n = 003 9. März 11 = 0-08 12. n » = 009 30. n n = 0-08 5. April y> = 00ä 9. v> y> = 007 9. n n = 0-21 17. n n = 0-09 24. Mai n = 0-18 26. n • » = 0-16 23. Juni 11 = 0-07 18. September n = 013 15. November » = 0-03 6. Deccmber . « = 015 woraus sich der wahrscheinliche Unterschied : = = 0"'08 l also noch kleiner ergibt, als er bei raschen Änderungen gefunden wurde. 670 Kl- eil. Zweiter Bericht über die Es ist demnach keinem Zweifel unterworfen, dass diese Appa- rate in Hinsicht auf ihre Angaben vollkommenes Vertrauen verdienen, wenn man sie ihrer Bestimmung gemäss als Hülfsapparate ansieht, die keinen anderen Zweck hahen als die bei den täglichen Beobach- tungen gelassenen Lücken auszufüllen. Der Therm ometrograph leidet, wie bekannt an dem Übel- stande, dass, da das zeichnende Thermometer einen frei schwe- benden Wagebalken bildet, dessen eines Ende der äusseren Luft ausgesetzt sein muss, die stärkeren Luftströmungen darauf einen nachtheiligen Einfluss ausüben , indem wegen den Schwankungen in welche es dadurch versetzt wird, die gezeichneten Punkte nicht mehr in einer Linie sondern in einer Zone zerstreut liegen, durch deren Mitte man die Curve hindiu"ch zu ziehen genöthigt ist. Um diesem nachtheiligen Einflüsse so viel als möglich entgegen zu kommen, habe ich bei dem hier aufgestellten Autographen, eine zweite Beschir- mung von dünnem Messingblech angebracht, welche wenigstens so weit abhilft, dass nur die stärkeren Stürme noch störend einwirken, aber in den bei Aveiten meisten Fällen die Curven ganz regelmässig gezeichnet werden. Eine gänzliche Abhülfe lässt sich nur erwarten durch Herstellung eines autographen Metallthermometers der Art, wie ich es in den Sitzungsberichten vom Juni 1850 beschrieben habe, und dessen Ausführung auch Herrn Kap peller übertragen wurde, welcher aber jetzt mit der Ausrüstung unserer Stationen und ander- weitigen Commissionen so beschäftigt ist, dass er noch nicht daran Hand anlegen konnte. Bei dieser Untersuchung wurden wieder die Zeichnungen des Salzburger Autographen benützt, und zwar jene vom Jahre 1837 weil vom Jahrgange 1838 noch die Vorarbeiten fehlten. Die Aufstellung ist dort, wie Herr Kottinger schreibt, der Art, dass die Apparate dem freien Anfalle des Windes ausgesetzt sind, es lässt sich daher erwarten, dass sie an einem günstiger gelegenen Platze auch bessere Resultate liefern würden. Diese Störungen sprechen sich auch in den Curven deutlich aus, nichts desto weniger wünschte ich zu erfahren , was sie unter solchen Umständen zu leisten vermögen. Das Verfahren bei der Untersuchung ist dem früheren ähnlich, braucht daher nicht weiter erörtert zu werden. Der Werth eines Scalentheiles wurde aus den grösseren Änderungen des ganzen k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. 671 Jahres, welche vom Maximum des einen Tages zum Minimum des folgenden wenigstens 6 Grade betrugen berechnet, und gefunden: = l-443. Mit diesem Werthe wurden die vom Autographen angegebenen Änderungen in Grade verwandelt , und linden sich mit den Angaben des Thermometers verglichen in der folgenden Tafel zusammen- gestellt, in deren zweiten Spalte das Zeichen — eine abnehmende Temperatur bedeutet. 1847 Autograph Thermo- meter Unterschied Scala Grade T—A Jänner 11-12 — 4 •45 6"?4 6?5 + 0^1 n 18-19 — 6 •2 8 •9 8-7 — 0 •2 n 21—22 - 5 •75 8 •2 90 + 0 •8 v 23—24 — 4 •7 6 •8 6^5 — 0 •3 Februar 5— 6 — 4 •1 5 •9 64 + 0 •5 n 19-20 — 5 •3 7 •7 76 — 0 •1 März 5- 6 — 5 •0 7 •2 70 — 0 •2 n 11 — 12 — 4 •8 7 •0 71 + 0 •1 r> 16—17 — 4 •6 6 7 6-5 — 0 •2 n 17—18 - 5 •5 8 0 7^7 — 0 •3 5^ 20-21 — 7 •0 10 0 99 — 0 •1 » 20—21 + 5 35 7 8 8-1 + 0 •3 » 22—23 — 6 •4 9 2 9-5 + 0 •3 April 2— 3 19—20 — 5 — 6 8 0 8 8 4 6 8^1 8-6 — 0 0 •3 0 Mai 2- 3 - 6 0 8 6 7-7 - 0 9 11 2— 3 + 5 9 8 5 91 + 0 6 VI 3— 4 — 4 3 6 2 70 + 0 8 11 6- 7 + 5 6 8 0 8-1 + 0 1 11 11—12 — 5 1 7 4 6-9 — 0 5 11 12—13 — 8 3 11 9 11-6 — 0 3 )1 16-17 - 7 3 10 5 10-3 — 0 2 11 17—18 — 6 6 9 5 101 + 0 6 11 19-20 — 7 5 10 8 111 + 0 3 n 28 + 7- 3 10 5 10-3 — 0 2 Juni 5— 6 — 6 2 8 9 8-9 0 0 55 8— 9 — 4- 7 6^ 7 70 + 0 3 11 14—15 - 5- 9 8 4 8-3 - 0 1 55 15 + 5 7 8 2 8^1 — 0 1 55 15—16 — 8- 2 11 8 11-5 — 0 3 55 22—23 — 6- 3 9- 0 8-5 — 0 5 55 23 + 6- 5 9- 3 8-7 . — 0 6 Juli 5 + 5- 8 8- 3 7-8 - 0^ 5 55 7-8 — 7- 7 11- 0 9-9 - 1 1 55 8 + 6- 1 8- 7 8-6 - 0- 1 55 15-16 - 4- 7 6^ 7 7-7 + !• 0 55 16 + 4- 7 6 7 7^5 + 0- 8 51 16-17 — 5- 7 8 2 8-2 0- 0 » 19—20 — 6- 1 8 7 9-5 + 0- 8 G72 Kr eil. Zweiter Bericht über die 1 Autograph | 184-''' Thermo- Unterschied lOT • meter T—A Scala Grade August 2 + 7-8 11-2 10?8 -0^4 « 9—10 - 60 8-6 9- 1 + 0-5 H 11 — 12 — 7-0 100 9- 9 - Ol W 12 + 7-0 100 10- 1 + Ol ^1 12—13 — 6-3 90 9 3 + 0-3 ^1 13 + 8-2 11-8 11- 7 - Ol II 16 + 6-2 8-9 9 3 + 0-4 n 19 + 60 8-6 9 0 + 0-4 95 19—20 — 6-7 9-6 9 0 — 0-6 55 20 + 6-3 90 9 0 00 15 30 + 7-0 100 10 2 + 0-2 September 9—10 — 6-1 8-7 9 6 + 0-9 55 11—12 — 6-5 9-4 9 6 + 0-2 55 23—24 - 5-4 7-7 7 3 - 0-4 October 3-4 - 5-2 7-4 7 2 — 0-2 55 4—5 + 5-2 7-4 7 6 + 0-2 55 7—8 — 4-7 6-7 6 4 — 0-3 55 10—11 — 5 3 7-6 7 4 — 0-2 51 11—12 — 5-3 7-6 8 0 + 0-4 55 15—16 + 7-3 10-5 11 0 + 0-5 55 16—17 - 7-4 10-7 11 2 F 0-5 55 18—19 — 60 8-6 8 6 00 55 19(4'>_5i>) - 4-3 6-2 6 8 -f 0-6 November 2—3 _ 7-3 10-5 11 •0 + 0-5 55 3 4 — 7-2 10-3 10 •4 + Ol 55 4—5 - 5-7 8-2 7 •8 - 0-4 99 6—7 - 70 10 1 9 •5 - 0-6 55 8—9 - 5'9 8-6 8 •8 + 0-2 55 20—21 - 60 8-6 8 •1 - 0-5 55 26—27 - 5-1 7-3 6 •9 - 0-4 55 28—29 - 7-6 10-9 11 •2 + 0-3 55 29—30 - 5-7 8-2 9 •2 + 10 December 9-10 - 4 3 6-2 6 •0 - 0-2 51 18-19 — 5-5 7-9 7 •8 - Ol Aus der letzten Spalte dieser Tafel ersieht man, dass die Unter- schiede ihrem Zeichen nach kein Gesetz hefolgen, daher man sie als rein zufällige ansehen und voraussetzen kann , dass sie sich in einer grösseren Beobachtungsreihe tilgen werden. Behandelt man sie nach der Methode der kleinsten Quadrate, so ergibt sich der wahrschein- liche Fehler einer einzelnen Angabe: = 0-302 welcher zwar an sich nicht unbedeutend ist, die Monat- und Jahres- mittel aber aus den früher angeführten Gründen sehr wenig beirren wird, und durch eine fleissigere Ausführung dieser Apparate, als es bei den ersten Exemplaren der Fall war, durch eine günstigere Auf- k. k. CentralanslaU für Meteorologie und Ki-dmagnetisinus. 071» stelliinc: und durdi die neuerlich aufgebrachte zweite Beschirmung wahrscheinlich sehr merklich verkleinert werden kann. Da die tägliche Änderung der Temperatur sehr gross ist im Vergleich mit jener des Luftdruckes, so stellt sich in dieser Bezie- hung das Verhältniss zwischen ihr uud dem wahrscheinlichen Fehler als viel günstiger heraus. Nach dem 10. Jahrgange der Prager Beobachtungen ist diese Änderung : im Jänner . . =1-82 „ Februar . . =2M „ März . . =3-98 „ April . . =5-47 „ Mai . . =5-81 „ Juni . . =600 „ Juli . . =5-63 „ August . . =5-73 „ September . . = 5S2 „ October . . = 3-71 „ November . . =2-23 „ December . . =1-89 im Mittel = 4-19 Gegen dieses Mittel ist der bei einer einzelnen Aufzeichnung zu befürchtende Fehler im Verhältnisse : 14:1 während er beim Luftdrucke im Verhältnisse : 4:1 war. Um zu sehen, mit welcher Genauigkeit das Instrument die kleinen Änderungen angibt , wurden wieder so wie in der früheren Unter- suchung für mehr Tage die um das Maximum oder Minimum herum- liegenden Stunden ausgewählt, zu welcher die Temperatur auch an einem gewöhnlichen Thermometer abgelesen Avorden war. Die grösste oder kleinste Temperatur wurde an beiden Instrumenten gleich angenommen, die Unterschiede zwischen ihr und der Temperatur der nahe gelegenen Stunden auf der Zeichnung abgemessen und mit dem bekannten Werthe eines Scalentheiles in Grade verwandelt. Die Angaben des Apparates, dessen Hauptbestandthoile der freien Luft ausgesetzt sein müssen, sind in mancher Beziehung im Winter weniger verlässlich als im Sommer, weil die Kälte und Feuchtigkeit 674 Kreil. Zweiter Bericht über die störend auf die feine Bewegung einzelner Theile eingreift und der Mechanismus leicht ins Stocken geräth. Unter dreissig ausgewählten Tagen gehört die Hälfte der kalten Jahreszeit an. Auch hierzu konnten die Salzburger Beobachtungen verwendet werden, weil dort das Thermometer sehr oft zu mehreren auf einander folgenden Stunden abgelesen worden war. Die folgende Tafel enthält wieder die Mittel der Unterschiede zwischen beiden Apparaten aus allen bei derselben Wendung (Maxi- mum oder Minimum) gemachten Vergleichungen , ähnlich der Tafel auf Seite 669. 4. Jänner 5. „ 5. . 6. „ 6. „ 9. „ 9. 12. . 14. „ 14. „ 17. 14. 18. 22. 25. 2. .3. 16. 23. 26. 6. 2. 6. 13- 25. 17. 19. 21. Februar März April Mai Juni T— A = 0-1 y> = 01 VI = 01 yi = 0-3 rt = 015 v> = 0-2 n = 01 n = 01 M = 0-3 J? = 0-2 J» = 01 » = 0-2 J) = 01 W = 01 J> -^01 w = 005 w = 01 w = 01 « = 0-35 J» = 01 » = 01 n = 0-4 » = 0-3 n = 0-2 J» = 01 n = 0-4 « = 0-45 » = 01 k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Rrdmagnctismus. 675 28. Juni . . . T—A = 0-65 11. Juli ... „ =0-25 6. August ... „ = 0-2 11. „ ... „ -:0-35 21. « ... „ =0-25 31. „ ... „ =0-25 Aus diesen Zahlen findet man den wahrscheinlichen Fehler : = 0-166 welcher, wie man sieht, nur die Hälfte des früher gefundenen erreicht, was ohne Zweifel seinen Grund darin hat, dass hier die verglichenen Curvenstücke nur zwei bis drei Stunden, dort aber meistens mehr als zwölf Stunden umfassen, und die Änderungen hier viel geringer sind als dort. Geschehen die Änderungen rasch und sprungweise, so vergrössert sich der Fehler, wie man an den Tagen: 6. Mai, 28. Juni, 11. Juli, 6. und 31. August sehen kann, an welchen solche unregel- mässige Änderungen Statt fanden. Überhaupt scheint er in den Sommermonaten grösser zu sein als im Winter, denn das Gesammt- mittel obiger Zahlen ist: 0?147, die Monate vom April bis August aber geben : 0-286 also beinahe das doppelte , woran zum Theil die erwähnten Tage, zum Theil auch der Umstand Schuld sein kann, dass im Sommer der auf- steigende Luftstroni stärker ist und schädlicher einwirkt, als im Winter. Ein Theil des Werthes von T — A kann übrigens ohne Zweifel auf die Verschiedenheit der Aufstellung beider Apparate geschoben werden , da oft bei ganz nahe gestellten Instrumenten , ein geringer, scheinbar kaum beachtenswerther Umstand, einen merklichen Unter- schied ihrer Angaben hervorbringt. Der Hygrometrograph, aus einem Haare bestehend, das den zeichnenden Hebel bewegt, ist einem schädlichen Einflüsse des Windes nicht unterworfen , und in so ferne sind seine Angaben viel sicherer, als jene des vorhergehenden Apparates. Er dient, so wie die beiden früheren Autographen, die Feuchtigkeit in jenen Stunden anzugeben, an welchen sie nicht mittelst des Psychrometers beob- achtet wird. Da aber beide Instrumente , Psychrometer und Haar- bygrometer bekanntlich in ihren Angaben nicht übereinstimmen, 676 Kr eil. Z%veiter Bericht über die sondern ersteres in der ersten Hälfte der Scala zwischen den beiden Fundamentalpunkten zurückbleibt, und in der zweiten das Hygro- meter wieder einholt, so wird für die Angaben des Haares eine Correction nöthig, um sie in Foucbtigkeitsgrade nach dem Psychro- meter zu verwandeln. In den meisten Fällen ist diese Correction an und für sich gering, und wird desto kleiner, je näher die Psy- chrometer-Beobachtungen liegen , auch kann sie durch ein zweck- mässiges Verfahren bei der Reduction ganz umgangen werden. Dies ist bei den für diese Untersuchung verwendeten Prager Beobach- tungen der Fall , da dort die Feuchtigkeit aus stündlichen Beobach- tungen des Psychrometers von 6 Uhr Morgens bis 10 Uhr Abends, und nur während den Nachtstunden, wo die Änderung ohnehin gerin- ger ist, aus den Angaben des Autographen abgeleitet wurde. Die folgende Tafel enthält wieder die stärksten von beiden Apparaten angezeigten Änderungen, von welchen die in der Spalte, „Autograph" eingetragenen die Zahlen enthält, welche aus der Zeich- nung abgenommen wurden und in Scalentheilen ausgedrückt sind. Die in der folgenden Spalte unter „Beob. Feuchtigkeit" vorkom- menden Zahlen, sind die aus den Psychrometer-Beobachtungen ab- geleiteten Feuchtigkeitsgrade, von denen 100 der vollkommen gesät- tigten Luft entspricht. Aus ibrer Gesammtheit findet man den Werth eines Scalentheiles : = 3-96 mit welchem Werthe man die Zahlen der dritten Spalte in Feuch- tigkeitsgrade verwandelte , welche in die vierte Spalte gesetzt, und mit denen der vorhergehenden Spalte verglichen wurden ; dadurch entstanden die DilTerenzen zwischen der Rechnung (R) und der Beobachtung (^J5), welche die letzte Spalte gibt. Feuchtigkeit 1849 Autograph ß jl Beob. Rechn. Jänner 14—15 — 4-7 25 18 + 7 « 19 + S-9 16 15 + 1 « 22 + 5-0 18 20 — 2 « 23 + 5-1 18 20 2 yi 26-27 + 6-3 30 25 + 5 't'i 27 + 71 39 28 + 11 Februar 4-5 + 90 27 35 — 8 J5 7 + 40 26 16 + 10 k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. 677 Feuchtigkeit 18W Autograph B—R Beoh. Rechn. Februar 16 + 6-2 29 24 4- 5 ^ 18 - 3- 0 18 12 + 6 jy 19 - 5 6 21 22 — 1 yy 22 + 5 6 18 22 — 4 ^ 27 — 9 0 35 35 0 jy 27 + 7 3 40 29 + 11 ^ 28 + 7 5 40 30 + 10 März k — 5 3 24 21 + 3 y) 6 + 6 8 31 27 + 4 yy 10 — 6 0 33 23 + 10 15 - 6 2 23 24 — 1 yy 18 - 4 4 17 17 0 y) 30 - 5 2 14 20 — 6 April 2 + 5 0 19 20 - 1 3 — 6 0 18 23 — 5 yf 4 _ 4 8 24 19 •f 5 5 - 7 7 27 30 — 3 y) 7 - 8 0 27 31 - 4 ?1 9 + 6 0 31 23 + 8 ?5 U — 10 4 39 41 2 Yi 13 — 9 3 31 37 — 6 y^ 24 4- 7 3 25 29 — 4 ^y 26 - 11 0 30 39 — 9 Yf 28 — 11 2 38 44 - 6 Mai 2 + 7 8 28 31 — 3 V 4 + 8 5 29 33 - 4 9? 7 + 8 7 35 34 + l y) 14 - 13 3 49 52 — 3 jy 21 + 7 0 33 27 + 6 yi 25 + 6 •5 29 25 + 4 yj 28 — 10 0 36 39 - 3 ft 30 + 9 5 32 37 — 5 Juni 2 + 11 2 37 44 — 7 y^ 6 + 10 •2 38 40 — 2 99 16 + 8 6 36 34 + 2 •)•} 19 — 5 6 26 22 + 4 r) 24 - 6 4 22 25 — 3 yy 26 + 12 •3 42 48 - 6 v 30 — 8 7 35 34 + 1 Juli 2 — 10 3 42 41 + 1 ^ 7 — 9 3 43 36 + 7 5> 8 + 8 5 40 33 + 7 « 9 + 8 •8 37 35 + 2 57 18 — 7 •3 33 29 + 4 55 23 — 8 0 38 31 + 7 August 3 + 7 3 32 29 + 3 yj 6 — 8 •5 29 33 - 4 ^5 8-9 + 12 •6 46 50 — 4 i1 9—10 + 10 •7 45 42 + 3 y) 12 ^- 7 •7 30 30 0 ' 55 22 - 8 •5 42 33 + 9 678 Kr eil. Zweiter Bericht über die Feuchtigkeit 1849 Autograph B-R Beob. Rechn. September 1—2 + 12-5 47 49 — 2 n 3 - 7-8 24 31 — 7 » 16 — 7-2 22 28 — 6 « 23-24 + 8-5 31 33 — 2 n 28 - 7-1 24 28 — 4 w 29—30 + 101 36 40 — 4 October 6-7 + 9-2 33 36 — 3 November 7 - 6-6 30 26 + 4 December 16-17 + 6-7 26 26 0 Die Zahlen der letzten Spalte dieser Tafel erreichen manchmal eine bedeutende Grösse, welche jedoch sicher nicht dem Autographen allein zu Schulden kommt, denn das Psychrometer ist ein Apparat, der, wenn er verlässliche Resultate liefern soll, die grösste Sorgfalt erheischt, und auch diese 'reicht in vielen Fällen nicht aus, um offen- bar unrichtige Angaben zu verhindern, besonders bei tiefen Tem- peraturen , Frostnebeln und in der Nähe des Gefrierpunktes. Wenn man aber , so wie es bei den früheren Apparaten geschehen ist , alle in der letzten Spalte der Tafel eingetragenen Abweichungen zwischen der am Psychrometer beobachteten Feuchtigkeit und den Angaben des Autographen auf Rechnung des letzteren setzt, so findet man für eine einzelne Aufzeichnung den wahrscheinlichen Fehler : = 3-51 in Hunderttheilen der Feuchtigkeit, welche bei vollkommen gesättigter Luft stattfindet. Um auch hier den Vergleich anzustellen zwischen diesem Fehler und der täglichen Änderung der Feuchtigkeit, wurde diese aus den sechsjährigen Mitteln der stündlichen Reobachtungen zu Prag gesucht, und für die verschiedenen Monate folgende Zahlen gefunden : Jänner, tägliche Änderung = 6*51 Februar März April Mai Juni Juli August = 13-80 = 2005 = 27-S8 = 30 14 = 33-90 = 29-67 = 31-05 k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. 670 September, tägliche Änderung = 27-67 October „ „ =15*66 November „ „ =11-34 Deeember „ „ =9-61 Mittel = 21-41 Das Verhältniss dieses Mittels zu dem bei einer einzelnen Auf- zeichnung zu befürchtenden Fehler ist nahezu : 7:1 und es ist somit auf die Mittehverthe der Feuchtigkeit durchaus kein nachtheiiiger Einfluss zu fürchten, auch zeigen die Änderungen dieses Elementes bei einer grösseren Beobachtungsreihe eine Regelmässig- keit, welche jene der anderen meteorologischen Elemente weit übertrifft. Es wird wohl kaum nötliig sein, hier auch noch mehrere Fälle von kleinen Änderungen aufzuführen , wie dies bei den früheren Autographen geschehen ist. da man sich hoffentlich überzeugt haben wird, dass von diesem Instrumente die kleinen Änderungen mit der- selben Genauigkeit angegeben werden, wie die grösseren. Als dieser Bericht schon geschrieben und in der Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften vorgelesen worden war, theilte mir Herr Prettner aus Klagenfurt in einem Briefe mit, dass ausser den bereits im ersten Berichte erwähnten, von ihm eingerichteten fünf Stationen (S. Sitzungsberichte, März 1852, S. 409), sich noch folgende in Kärnten befinden: Obervellach, im Möllthale, 332 Toisen Seehöhe, Beobachter: Herr Forstmeister Kamp tner; Alt- hofe n, 363 T. Seehöhe, Beobachter: Herr Pfarrer Mayer; St. Peter, im Liserthale, 600 T. Seehöhe, Beobachter: Herr Pfarrer Gussenbauer; Kaning, 510 T. Seehöhe, Beobachter: Herr Pfarrer Kehlmayer; Mallnitz, 506 T. Seehöhe, Beobachter: Herr Pfarrer Hof er; Sorg, imGlenthale, 411 T. Seehöhe, Be- obachter: Herr Pfarrer Allesch; Kremsalpe, in einem Seiten- thale der Liser , 727 T. Seehöhe, Beohachter: Herr Pfarrer Wel- wich; B a gg ab erg, im Paliniggebirge im Möllthale, 881 T. See- höhe, Beobachter: Herr Vorsteher Kahn; Obir, drei Stationen, die höchste mit 1054 T. Seehöhe, Beobachter: Herr Vorsteher Dimni gg. 680 Heckel. Alle diese Stationen, mit Ausnahme jener von Obervellach, welche Herr Kamptn er errichtete, sind von Herrn Prettner ins Leben gerufen und meistens auch von ihm mit Instrumenten versehen worden. Seinem rastlosen Eifer verdankt Kärnten eine solche Anzahl zweckmässig vertheilter, grösstentheils hochgelegener Beobachtungsorte, dass ihm keine andere Provinz des Kaiserstaates dermalen gleich kömmt, und wir von dort her eine reiche Ausbeute zur Vermehrung unserer meteorologischen Kenntnisse erwarten dürfen. Möge dies Beispiel bald nachgeahmt werden. Mögen sich bald in mehreren Kronländern solche Filialvereine bilden, welche sich die Erforschung der klimatologischen Verhältnisse ihres Landes zum Zwecke vorsetzen. Die Centralanstalt wird gerne jedes derartige Unternehmen nach Kräften unterstützen , denn nur auf diesem Wege wird es möglich sein, das ihr vorschwebende Ziel zu erreichen. Beschreibung des Gymnarclius niloticus Cuv. , nach zwei aus dem weissen Nile vorliegenden Exemplaren. Von dem w. M. Jakob Heckel. (Auszug aus einer grösseren für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) Ich überreiche hiermit der Classe, zur Aufnahme in die Denk- schriften, eine ausführliche Beschreibung des Gymnarclius nilo- ticus Cuv. , nebst einer naturgetreuen Abbildung dieses seltenen Nilfisches, von welchem, auf Veranlassung des hochgeehrten Herrn Präsidenten der kais. Akademie, vor kurzem das erste in W^eingeist conservirte Exemplar hier anlangte. Rifaud, der Entdecker des Gymnarchus, hat denselben in seinem Werke, Voyage en Egypte, zwar abgebildet, und eine Copie dieser Figur befindet sich auch in Cuvier^s Regne animal, allein diese Darstellungen waren zu einer näheren Kenntniss des Thieres sehr ungenügend, und theilweise unrichtig. Rifaud's Text ist nicht erschienen. Cu vi er selbst gab nur eine kurze Skizze und Prof. ErdI, welcher, wie es scheint, das erste im Fleische nach Europa gelangte Exemplar erhielt, beschrieb dasselbe nur in osteologischer Beziehung. Gymnarchus niloticus hat einen stumpfen nackten Kopf, der jenem des Mormyrus anguilloides täuschend ähnlich sieht, sehr kleine Augen und einfache über der Mundspalte liegende Nasenlöcher. Beschreibung des Gymnarcktts nilotietis Cuv. 681 Die Iniiensolto (kn- dicken Lippen, und die breite fleischige Zunge sind sanimtartig mit zarten Papillen besetzt. Die kleinen meissclför- niigen Schneidezähne, welche in einer einfachen lockeren Reihe stehen, sind nicht bloss oben, wie manche Teuthidenzähne sondern auch an den Seiten, fein gekerbt und dabei ganz durchsichtig. Der langge- streckte, hinter dem niedergedrückten Kopfe seitlich comprimirte Rumpf endiget allmählich in eine rundliche flossenlose Schwanz- spitze, und der After mündet, etwas vor der halben Länge des Thieres, mehr an der rechten Seite als unter der Mitte des Bauches. Die lange Rückenflosse enthält über 200 gespaltene Strahlen und endiget noch ziemlich weit vor der Schwanzspitze. Sämmtliche zahlreiche ovale Schuppen (beiläufig 250 zwischen Schultergürtel und Schwanz- Ende) deren grösste in der Mitte des Rumpfes liegen, haben eine netzförmige den Mormyrus-Schuppen ähnliche Textur und sind, vom Bauche gegen den Rücken zu, stark aufwärts gerichtet, bilden aber dabei, seitwärts sich überdeckend, dennoch wagrechte Längen- reihen, die auffallender erscheinen, als die aufwärtssteigenden eigent- lichen Reihen. Ich erlaube mir bei Gelegenheit dieser merkwürdigen Abweichung in der Schuppenrichtung, auf einige allgemeine Gesetze in der Schuppenlagerung hinzuweisen, und die gegenwärtige Anomalie aus der Wendung der einzelnen wahren Schuppenreihen abzuleiten, die hier , anstatt wie gewöhnlich stufenweise nach abwärts zu ver- laufen, eine wagrechte Stellung einnehmen, ohne dabei die Stufenform der Basislinie zu verlieren. Vorwärts , das heisst mit ihrem freien Rande gegen den Kopf zu gerichtete Schuppen kommen nirgends vor, selbst Lepidosiren und Protopterus haben sie nicht. Die Seitenlinie des Gymnarchus ist gleichfalls ausgezeichnet, ihre Röhrchen liegen diagonal auf der Längenachse der Schuppen und letztere sind rück- wärts stark zerschlissen. Was die systematische Einschaltung des Gymnarchus betrifft, der bisher den Anguilloiden beigezählt wurde, so geht meine Ansicht dahin, dass dieser Fisch mit den Mormyri zu nahe verwandt sei, um ihn wegen des blossen Mangels der Bauchflossen so weit davon zu trennen, ich stelle ihn daher, nebst den Gattungen Cärapus und Sternarchus, mit diesen Mormyri in eine und dieselbe Familie, wodurch zugleich nur ganz nackte, oder mit zarten sich kreuzenden Hautschuppen bekleidete Arten unter den Anguilloiden verbleiben. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 45 682 Bou6. Über die umgekehrte Lagerung der Gebirgsmassen. Von dem w. M. Dr. Bon6. Unter allen Lagerungsverhältnissen der Gebirge sind die ver- kehrten die merkwürdigsten, weil ihre Bildung sich nur durch Bewe- gungen des Starren erklären lassen, und sie auf diese Weise die beste Antwort auf alle Einwendungen der Antidynamisten bleiben. Wenn zwei sich gewöhnlich folgende Gebilde in ganz umge- kehrter Lagerung sind, so müssen sie umgestürzt sein, überlagert aber auf ähnliche Weise ein älteres Gebilde ein viel jüngeres, so kann eben so oft ein Übergleiten als ein Überstürzen dieses Verhält- niss hervorgebracht haben. Was die ordnungswidrigen Überlagerungen anbetrifft, die nur von einer grösseren oder geringeren Neigung der Schichten in einer oder der andern Bichtung abhängen, so können sie nicht nur auf den zwei angedeuteten Wegen der Hebung oder Senkung, sondern auch durch Verschiebungen und Verdrückungen entstehen. Dann kommen auch dazu die Störungen, die durch plutonische Einschiebungen oft geschehen sind, wie *z. B. jenes merkwürdige Einschiessen gewisser Steinkohlen-Flötze unter Porphyre , wie bei Löbegun u. s. w. Darum sah auch de Roys im Jahre 1849 den Berg- und Jurakalk, den Gneiss und Granit von Cabane bei Alais unterteufen. (Bull. Soc. geol. Fr. B. 7. S. 52.) Das Einsehiessen der Flötzformationen unter der elliptischen Masse des Montblanc ist etwas ähnliches in einem ungeheuren Massstabe. Aber gänzlich umgekehrte Lagerungen findet man im Grossen vor- züglich in den bedeutendsten Gebirgen, die in den neueren geolo- gischen Zeiten unter dem Einflüsse von Bewegungen gestanden haben. Dann sieht man sie, obwohl seltener, in kleinen Gebirgen oder in früher gebildeten , aber jetzt schon sehr unkenntlich gewor- denen Bergreihen, wie z. B. im englischen Silurischen. Am Fusse des Mokatam bei Cairo sah im Jahre 1845 Gaillardot Ammoniten- Kalk über Nummuliten-Kalk. (Ann. de la Soc. d''Emulat. des Vosges 1845, Heft 8.) Im Kleinen aber bilden sich solche sonderbare Lagerungen noch täglich unter unseren Augen, wie z. B. längs den tertiären oder über die umgekehrte Lagerung der Oobirgsmnsscn. 683 Kreideküsten Eni^lands und Frankreichs, wo ganze Ei-d- und Stein- jnassen sich spalten, ablösen und sich gesetzwidrig wieder ablagern. Es gibt selbst Beispiele, wie auf der Insel Wight u. s. w., avo wenigstens Kreide und Tertiärgebilde in aufrechtstehender Lagerung nebeneinander sich befinden, und an die durch vulcanische Erderschüt- terungen hervorgebrachten verticalen Sand- und Mergelschichten des Tjitjolang-Thales in Java erinnern. (Siehe Dr. .1 u n gh a h n 's Monats- berichte d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1850—51, S. 148—149.) Doch nur in den Alpen sind gänzliche Umstürznngen des Tertiären und der Kreide bekannt geworden, wie z. B. östlich von Schio, wo Num- muliten-Eocenkalk unter Kreide zu sehen ist, indem ähnliche Felsarten auch von dem rothen Ammoniten-Kalk und Scaglia der Seite Com- muni bedeckt werden. (^Pasini, Atti della 2^" Riun. di Sc. ital. f. 18^0, S. 131. Diario del 7 Congr. 18^5, S. 129.) Im Jahre 1849 beobachteten Es eher und Favre auch Num- muIiten-Kalk unter dem Jura-Kalke der Alpen ; der erstere am Ort- stock-und Glarnisch-Gebirge im Canton Glaris (Bull. Soc. geol. Fr. 1849, B. 6, S, 479) der letztere im Reposoir-Thale, oberhalb Cluse in Savoyen. (Bibl. univ. Geneve 1849, B. 11. Archives S. 114.) Viel früher war schon bei Petit-Cceur in der Tarentaise die Überstürzung des Lias durch ältere, Kohlen -Farnkräuter enthaltene Schichten entdeckt worden. Noch merkwürdigere Lagerungs- Verhältnisse boten schon lange die nördlichen Alpen, wo F erber unfern Thun und Ebel am Vierwaldstädter-See den Nagelfluh steil geneigt unter dem Flötz-Gebilde liegen sahen. Später, im J. 1839, machte Studer auf gleiche Umstürzung des Flysch- und Jura-Kalkes auf der Molasse zwischen dem Thunersee und der Arve aufmerksam. (N. Jahrb. f. M. 1850, S. 830.) Sind solche Umwälzungen der ursprünglichen Lagerungen in unseren Alpen im Allgemeinen in jüngerer Zeit entstanden, so scheinen ähnliche in älterer Zeit in den Alleghanys- und Apalachians-Gebirge geschehen zu sein. So wurden die metamorphischen krystallinischen Schiefer auf den silurischen der östlichen Seite der Alleghanys auf einer Strecke von 1200 Meilen von Canada bis Alabama durch Über- stürzung gelegt (Hichtcock's Americ. J. of Sc. Oct. 1841). Hr. Ro- gers berichtet dasselbe für die Gegend zwischen den Apalachen und der tertiären Ebene Pensylvaniens (Bibl. univ. Geneve 1848, B. 9. Archives S. 232.) 45 * 684 C. V. Etti ngsbaiisen. Doch ein noch merkwürdigeres Beispiel von Üherstürziing mel- dete mir letzthin Herr Alphonse Favre. Er hat namentlich im Jura, etwas südlich von Frick zwischen Basel und Brugg, den Oxforter Mergelkalk gänzlich über einem tertiären Süsswassermergel und unter dem untersten Oolite entdeckt i)- Beitrag zur näheren Kenntniss der Calamiten. Von Dr. Konstantin v. Ettingshaasen. (Mit Taf. XLVIII— LI.) Als ich im Herbste des Jahres 1851 die verschiedenen Vorkom- men von Pflanzenfossiiien in der Steinkohlenmulde von Radnitz in Böhmen untersuchte, fiel mir in dem an Calamiten vorzüglich reichen Schieferthon von Wranowitz das häufige Vorkommen eines Petre- factes auf, welches theils den Habitus der Calamiten, theils den der Equisetiten an sich trägt, jedoch von den bisher bekannt gewordenen Stämmen der Ersteren durch den Mangel der Längsrippen und durch scheibenförmige Wülste, die an den Gliederungen stets in einem Quirl mehr oder weniger gedrängt stehen, von den letzteren aber durch den Mangel der Scheiden auffallend verschieden ist. Auch in dem Steinkohlensandsteine von Swina bei Radnitz, in welchem die Calamiten ungleich seltener vorkommen, fand sich dieses Fossil, jedoch ebenfalls entsprechend selten. Überhaupt konnte ich eine gewisse Beziehung desselben zu den Calamiten schon dem Vorkommen nach nicht verkennen, obgleich ich nicht im Stande war, einem directen Zusammenhange dieser Pflanzengebilde auf die Spur zu kommen. *) Ich kann die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, darauf aufmerksam XU machen, welchen Einfluss die elektrische Telegraphie auf die so noth- ivendige Erweiterung unserer geodetischen und geologischen Kennt- niss des Meeresbodens haben wird. Fürs erste wird das nordatlantische, das mittelländische und indische Meer in dieser Hinsicht untersucht. Ein grosser Gewinn wird es schon sein, wann wir dadurch nur mit den Hauptthälern und Gebirgen des Meeresbodens, so wie mit den bis jetzt unberücksichtigten einzelnen kleinen Felsen und Riffen besser bekannt werden. Diese Kenntniss braucht man zur zweckmässigen Anlage der Drathleitungen, das Geognostische wird gelegentlich noch dazu kommen. Beitrag zur näheren KennUiiiss der Calamilen. 68 5 Bei der Durchsicht der schönen und inleressanlcn Pelref'acten- Sammlunp: des Herrn Hofrathes Bronn in Heidelberg wurde mir nun wesentliche Aufklärung über dieses zweifelhafte Gebilde zu Theil. Ich sah daselbst mehrere Bruchstücke des Equisetites columnaris Sternb. mit deutlich erhaltenen, an der Gliederung im Quirl geordneten Astnarben. Diese Bruchstücke sind den eben erwähnten equisetitenartigen Fragmenten aus der Steinkohlenformation ausser- ordentlich ähnlich. Ausserdem machte mich Herr Prof. Bro nn auf ein eigenthümliches Zusammenvorkommen des Calamites arcna- ceus Brongn. mit dem Equisetites columnaris Sternb. auf- merksam. Ei* beobachtete an mehreren Exemplaren von der Feuer- bacher Haide ein Eingeschaltensein des Ersteren in dem Letzteren, welches unmöglich zufällig gebildet sein kann , sondern deutlich erkennen lässt, dass der Equisetites columnaris nichts anderes als die äussere Binde des Calavätes arenaceus ist und somit diese beiden, bisher verschiedenen Geschlechtern untergeordneten Fossilien die Axentheile einer und derselben Pflanze darstellen i). Ich kann die Richtigkeit dieser Beobachtung auf das Vollkom- menste bestätigen. Auch in den Sammlungen des Hrn. Prof. Blum in Heidelberg, des Hrn. Bergrathes Wal ebner in Karlsruhe und in der Sammlung des böhmischen Nati^nal-Museums zu Prag sah ich Exem- plare von jß^u/se^tY^s columnaris und Calamites arenaceus, welche diese Thatsache ausser allen Zweifel setzen. Es ist daher auf Grundlage dieser Analogie wohl anzunehmen, dass die Radnitzer Fossilien nichts anderes sind als die Fragmente der äusseren Binde eines Calamiten und zwar, da dieselben gleiche Häufigkeit und gleiches Vorkommen mit dem Calamites communis Ettingsh. zeigen, zu dieser Art gehören. Diese äussere Rinde miisste sich von dem, an seiner inneren Fläche gerippten, den hohlen Calami- ten-Stamm bildenden Holzcylinder 2) durch Maceration leicht abge- trennt haben, so dass wir nur in den seltensten Fällen, wo besondere Umstände der Erhaltung gebrechlicher oder leicht trennbarer ^) Auch Queustedt fand einen Calamites arenaceus als Kern in einem Equisetites columnares. S. Bronn's Jahrb. f. Min. 1842, S. 305. 2) Ich schliesse mich der von Petzhold ausgesprochenen Ansicht, dass die gewöhnlich als Stämme der Calamiten betrachteten Fossilien mit sehr scharf ausgeprägten Längsrippen und Quergliederungen nur Steinkerne der Calamiten sind, an. ßSß ^* ^' Et tingshausen. Pflanzentheile günstig waren i), den Zusammenhang dieser Gebilde beobachten können. Beschreibung der Arten. Ord. CALAMITEAE. Calamites communis Ettingsh. Ettingshausen, Beiträge zur Flora der Vorwelt, Naturwissenschaftliche Abhandlungen von W. Haidinger. IV. Bd., 1. Abth., S. 73. Taf. XLVIII, Fig. 1—2. „ XLIX, „ 1. C. caule cylindrico , articulato, tubuloso,' cortice laevi vel irregulariter striata et plicata, vaginis nullis ; cicatri- cihus ramorum articulationi verticillatim insidentibus. rarius ^olitariis, rotundatis, verrucaeformibus ; costis 2% — 8 millm. hitis, tuber cutis rotundatis, ramis cadu- cis , a7'ticulatis, longitudinaliter elevato-striatis, striis 1 — 2 millm. remotis, apice tuberculis seu cicatricibus foliorum impressis ; foliis verticillatis, crebris, ramorum linearibus, patentibus, deciduis, ramulorutn brevioribus acicularibus, saepius sursum. ßexis; spicis rylindricis, 6 — 12 centm. longis pedunculatis, bracteis verticillatis, in spicis fructiferis linearibus, attenuato-acuminatis vel subulatis, patentibus, arcuato-falcatis, in sterilibus longi- oribus, late linearibus, obtusiusculis, erecto-patentibus, uninerviis, planis: sporocarpiis in axillis bractearum soHtariis, sessilibus, obovatis, nuculaeformibus. ^) Gewiss waren hiezu die Vorgänge, welche die Ablagerungen des Keuper- sandsteines begleiteten und die wenigstens stellenweise eine schleunigere Umhüllung der Pflanzenabfälle bewirkten, eher geeignet, als die Bildungs- vorgänge der Schieferthone der Steinkohlenformation , der Thone und Mergel der Keuper- und Liasformation. Auch in dem Liasmergel von Gaming in Ober-Österreich, wo sowohl der CalamUes arenaceus Brongn., als alle Formen des Equisetites columnaris Sternb. sehr häufig vorkom- men, konnte ich einen derartigen Zusammenhang dieser Fossilien nicht auffinden. Beitrag zur näheren Keniilniss der Calainiteii. ÖS7 In fonnatione lithanthracum Bohemiae, Silesiae, Gcnnaniue, Galliae, AngHae, Hossiae et Americac septemtrionalis frequens. Bezä|?Iieh der zahlreichen dieser Art zufallenden Synonyme, welche hauptsächlich dadurch angehäuft worden, uass man einerseits die verschiedenen Theile derselben (Stämme, die leicht abfälligen Äste und Ästchen , Fruetificationsstände) als verschiedene Arten betrachtete, die man dem Geschlechte, ja selbst der Familie nach trennte, andererseits aber einzelne Entwickelungsstufen dieser Theile ja sogar zufällige, durch äussere Einwirkungen an diesen Theilen hervorgerufene Veränderungen als eigenen Arten *) angehörige For- men ansah — verweise ich auf die oben citirte Abhandlung. Nur habe ich noch die Cyclocladia major Lindl et Hutt. hinzuzufügen, ein Fragment, welches in allen seinen Merkmalen, insbesondere aber in der Art der Gliederung und der an derselben im Quirl geordne- ten, grossen Astnarben mit den hier abgebildeten Fossilresten voll- kommen übereinstimmt. Calamites arenacens Brongu. Broiigiiiart, Hist. veget. foss. 1. p. 138, t. 23 , f. 1 , t. 25 , 1'. 1 , t. 26, f. 3 — 5. — Ann. sc. nat. tona. 15, p. 437, t. 15. — Jäger, Pflanzenversteiner. p. 37. t. 3, f. 1 — 7, t. 6, f. 1. • Taf. XLIX, Fig. 1. „ L, „ 1 — 3. „ LI, „ 1-2. C. caule cylindrico, articulato, cortice laevi vel longitudi- nuliter sulcata, vaginis sub articulationibus insertis, erec- tis multidentatis vel multifidis ; cicatricibus ramorum articulationi verticillatini insidentibus , prominentibus, rotundatis, costis 1 — 2% millm. latis, superiori parte angustissimis, basi latioribus, tuherculis minutis, rotun- datis saepe nullis, raniis caducis, articulatis, caule multo angusHoribus, striatis ad artkulationes saepe tumidis. Syn. Calamites arenaeeus minor Jaeger Pflanzenverstein. p. 37, t. 3, f. 1—7, t. 6. f. 1, t. 4, f. 5, 9. Calamites Jaegeri Sternb. Vers. II, p. 21. <) Calamites umJulatus Sternb., C. pachyderma Brongn.. C. columella Kut. (533 C* ^* Ettingsh au sen. Calamites remotus Brongn. Annal. des scienc. nat. tom. XV, p. 438. — Hlst. veget. foss. p. 136, t. 25, f. 2. Calamites elongatus Sternb. Vers. II, p. 49. Equisetites columnaris Sternb. Vers. II. p. 45. Equisetum columnare Brongn. Hist. veget. foss. I. p. 115, t. 13. Oneylogonaiuni carhonarium Koenig, Transact, of Geol. Soc. Ser. 11, tom. II, p. 300. t. 32, f. 1—6. Equisetites acutus Sternb. Vers. II, p. 107, t. 31, f. 3. Equisetites cuspidatus Sternb. Vers. II, p. 106, t. 31, f. 1, 2, 5, 8. Equisetites Bronnii Sternb. Vers. II. p. 46, t. 21, f. 1 — 5, t. 30, f. 4. 6. Equisetitum arenaceum B r o n n. Jahi'b. für Mineral. 1 829, n. 5, p. 75. Equisetites Schoenleinii Sternb. Vers. II, p. 45. Equisetites Sinsheimicus Sternb. Vers. II, p. 107, t. 30, f. 2. Equisetites areolatus Sternb. Vers. II, p. 107, t. 30, f. 3. Equisetites conicus Sternb. Vers. II, p. 44, t. 16, f. 8, t. 30, f. 1, Equisetites elongatus Sternb. Vers. II, p. 107, t. 31, f. 7. Equisetites austriactts Ung. Gen. et Spec. plant, foss. p. 57. In formatione Keuper dicta regni Würtembergensis, magni- ducatus Badensis et ad Herbipolim ; in variis locis Fran- coniae et Galliae ; ad Gaming, Wienerbrückl, Kirchberg et Waidhofen Austritte nee non in psamite versicolore per totum tractiim montium Vogesiorum. Sämmtliche hier abgebildeten Exemplare stammen von der Feuer- bacher Haidebei Stuttgart. Die auf Taf. XLIX, Fig. 2 und Taf. LI, Fig. 1, dargestellten, sind Originalexemplare des von Sternberg aufgestellten Equisetites Bronnii (Vers. II, tab. 21, f. 4, 5). Diese Form, welche sich nur durch mehr oder weniger verkürzte Glieder und ziemlich entfernt stehende Längsstreifen kenntlich macht, sowie die Stammformen von Equisetites acutus, E. Schoenleinii, elongatus E- cuspidatus ^ E. sinsheimicus und E. areolatus sind durch so zahlreiche Übergänge mit dem Equisetites colum- naris Sternb. verbunden, dass es wohl nicht dem geringsten Bedenken unterliegen kann, dieselben unter den Begriff Einer Species zusammenzufassen. Das Gleiche gilt auch von den Schei- denfragmenten, welche Stern berg unter der Bezeichnung ^y^^^- setites conicus und E. elongatus, als besonderen Arten angehörig, unterschied. Diese Übergangsformen fanden sich nicht nur im Ge- biete des Keupersandsteines Wiirtembergs und Badens, sondern auch in den Kalkmergeln der österreichischen Liasformation, wo der Equisetites columnaris sehr häufig vorkommt, aber auch Typen Beitrug zur nilhcreii Kenntniss der C'iilamitcn. 089 erscheinen, die ganz wohl zu E. acutus, E. cuspulatus, E. sins- heimicus, E. conicus gebracht werden könnten. Übersicht der Tafeln. Tafel XLVIII. Fig. 1 — 2. Calamites communis Ettingsh. von Radnitz in Böhmen. In der Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt. Tafel XLIX. Fig. 1. Calamites communis Ettingsh. von Wranowitz bei Radnitz. In der Sammlung der k. k. geologischen Reiciisanstalt. Fig. 2. Calamites arenaceus Brongn. von der Feuerbucher Haide bei Stuttgart. In der Sammlung des Herrn Hofrathes Bronn in Heidelberg. Tafel. L. Fig. 1—3. Calamites arenaceus Brongn.; Fig. 1. aus der Umgebung von Stuttgart; in der Sammlung des bömisehen National -Museums zu Prag. Fig. 2 — 3 von der Feuerbacher Haide; aus der Sammlung des Herrn Hofrathes Bronn. Tafel LI. Fig. 1 — 2. Calamites arenaceus Brongn. von der Feuerbacher Haide; aus der Sammlung des Herrn Hofrathes Bronn in Heidelberg, 690 Fohl. SITZUNG VOM 21. OCTOBER 1832. Vorträge, Reisenotizen. Von Dr. J. J. Pohl. Bestimiiuing von Quell -Temperaturen im nördlichen Steiermark und Ober-Österreich. Die schönen Arbeiten der Brüder Schlaginweit *) lieferten neuerdings den Beweis, welch' wichtige Folgerungen und Gesetze sieh aus einer planmässigen Beobachtung der Temperaturen von Quellen, vorzüglich in Gebirgsgegenden, ableiten iassen. Zugleich wurde aber auch ersichtlich , dass bis jetzt in unserem herrlichen Vaterlande nur höchst unvollständige und unzuverlässliche Beobachtungsreihen in dieser Beziehung angestellt sind, ja es gibt ganze Länderstrecken, auf welche kaum Eine genaue Temperatur-Bestimmung der so zahl- reich vorhandenen Quellen kommt. Zwar lässt sich nicht läugnen, dass ähnliche Untersuchungen zu den schwierigeren gehören, wenn alle Nebeneinflüsse vermieden werden sollen und dass wegen der nöthigen nochmaligen Prüfung ein und derselben Quelle zu ver- schiedenen Zeiten hierzu ein grosser Aufwand von Zeit und Geduld erforderlich ist ; allein dennoch könnte in dieser Richtung thätiger vorgegangen werden , da bis jetzt ausser den Untersuchungen von Fritsch^) und den von Seiten der k. k. geologischen Reichsanstalt angeregten Arbeiten s), wenig geschah. *) Untersuchungen über die physikalische Geographie der Alpen. Leipzig 1850, pag. 234. ^) Magnetische und geographische ürtsbestimniungen im österreichischen Kai- serstaate in den Jahren 1846 bis 1851, 4., Prag, 5 Bände. 3) Siehe die verschiedeneu Theile des Jahrbuches der k. k. geologischen Reichsanstalt. Keiäeitotizen. 691 Nur durch vereintes Wirken von eigentlichen Fachgelehrten und Freunden der Naturwissenschaften ist es möglich für dieses wichtige Gebiet der Hydrographie nützliche Resultate zu gewinnen. Hierbei wird aber nach einem gewissen Plane zu verfahren sein, so z. B. müssen bei Quellen die Temperaturen durchgehends un- mittelbar am Ursprünge derselben gemessen werden, da in der Regel wenige Fuss Erdreichs oder Felsen, über welche das Wasser läuft, schon hinreichen, Wärme-Unterschiede von 0°1 C. und mehr hervor- zubringen. Bei Bestimmungen an sogenannten Quellbrunnen oder Röhren- brunnen hat man sorgfältig zu untersuchen, ob die Quelle unmittel- bar an der Stelle des Brunnens entspringe, oder ob das ausfliessende Wasser ein bloss hergeleitetes sei; ebenso zu welcher Tages- und Jahreszeit die Beobachtung, ob im Schatten oder Sonnenschein, geschähe. Bei Wasser aus Pumpbrunnen benöthiget man oft zehn Minuten langes Pumpen und noch mehr, um Wasser von der eigent- lichen Temperatur der Quelle zu erhalten; die Meereshöhe der Quelle soll möglichst genau bekannt sein , was leider bei uns nur zu, selten der Fall ist. Endlich haben dergleichen Untersuchungen nur dann wissenschaftlichen Werth, wenn hierzu ein und dasselbe In- strument, oder übereinstimmende Instrumente dienten, welcher Um- stand von grösster Wichtigkeit, häutig jetzt noch, theils aus Unkennt- niss, theils der Bequemlichkeit halber, ausser Acht blieb. W'erden die eben angeführten Bedingungen, hier abgesehen von noch anderen, deren Aufzählung zu weitläufig wäre, eingehalten, so kann man sich für versichert halten, durch Bestimmung von Quell- und Brunnen- Temperaturen zur Förderung der Wissenschaft beizutragen, wäre auch die Zahl der angestellten Beobachtungen eine noch so geringe; die letzteren sind dann als einzelne Bausteine zu einem Gebäude zu betrachten, an dem zwar Viele arbeiten und das in der Ausführung langsam vorAvärts schreitet, welches aber endlich dennoch zur Vollendung gelangt. Von letzterem Gesichtspunkte aus sind die Beobachtungen zu- sammengestellt, welche ich im August dieses Jahres während einer kleinen Fussreise machte und die zwar mit möglichster Sorgfalt aus- geführt, dennoch wie ich nicht verkenne, noch Vieles zu wünschen übrig lassen, da ich ausser einem guten Thermometer mit keinem anderen genauen Messinstrumente versehen war. Möge sich -in Zu- 692 Pohl. kiinft Gelegenheit finden, das Begonnene weiter auszuführen, sowie die grossen Lücken auszufüllen. Die Temperatur-Angaben der folgenden Zusammenstellung be- ziehen sich sämmtlich auf das hunderttheilige Thermometer; das benutzte Instrument ist mit einem Thermometer verglichen , welches ebenfalls in meinem Besitze ist, und das als Normal-Instrument einer grösseren Arbeit zu Grunde liegt, die ich mit meinem Freunde Schabus ausführe. Letzteres Thermometer liefert nach Anbringung aller für dasselbe bekannten Correctionen vollkommen genaue An- gaben, natürlich abgesehen von den unvermeidlichen Beobachtungs- fehlern. Die gegebenen Temperaturen der Quellen sind bereits in diesem Sinne corrigirt. Was die Anführung der Meereshöhen betrifft, musste ich mich mit den bereits von Anderen ermittelten begnügen. Als zuverlässigste Höhenbestimmungen sind die von Fritsch*), Morlot^) und Werdmüller von derElgg^) fiist ausschlies- send gebraucht. Wenn die Bestimmungen der Quell-Temperaturen mit Gastein abbrechen, trotzdem dass ich meinen Ausflug zu Fusse durchs Bau- riserthal über Saalfelden nach Berchtesgaden, Salzburg und Ischl fortsetzte, so liegt der Grund theils in dem Umstände, dass sich in letztgenannten Gegenden, leicht zugänglich, grösstentheis nur gelei- tetes Quellwasser vorfindet, theils in dem andauernden Begenwetter, durch welches die kleinste Quelle sowie die Flüsse ungewöhnlich anschwollen und eine Fluth-Höhe erreichten, deren man sich seit langem nicht zu erinnern wusste. Unter solchen Verhältnissen wäre die weitere Anführung von ermittelten Quell-Temperaturen vollkom- men werthlos gewesen. Es mag nur noch die Bemerkung Platz finden, dass im Vergleiche mit den Wässern Steiermarks, die Temperatur der Quellen im Pinzgau , Pongau und selbst in Berchtesgaden auffallend hoch erschien, und zwar nicht nur an im Thale liegenden Punkten, sondern auch an hochgelegenen Alpen und Bergen, wie z. B. bei der Sennhütte am Gamskahrkogel, bei 1728 Meter hoch gelegen, wo die Temperatur der Quelle 10^63 C. beträgt. *) Kr eil, Magnetische und geographische Ortsbestimmungen im österreichi- schen Kaiserstaate. 1. und 3. Band. ^) Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt. 1. Bd., pag. 99. 3) Haidinger: Naturwissenschaftliche Abhandlungen 3. Bd., 2. Abthelhing, pag. 57. Rcisenotizen. 693 s S 'S 00 Zeit der Beobach- tung Ort der Quelle Tempo- ratur der Quelle Höhe über dem adriat. Meere in Metern Beobachter der Meereshöhe 10. 2'50' A. Reichenau in Nieder-Öster- reich, Röhrenbrunn vor dem Thore des Gasthauses von Wasnix. Schatten 11-25 466-90 Weidmann *) « 7''0' A. Oberhof im Nasswalde in Nieder - Österreich , Pump- brunnen vor der nördlichen Fronte des Hauses. Schatten- Temperatur der Luft 18-75 12-37 11. T'SS'M. Nasskamp, Grenze zwi- schen Österreich und Steier- mark, Quelle an der NON. Ab- dachung , wenige Schritte unter dem Rücken. Schatten 6-50 11 7"' .50' M. Altenberg-Graben bei Kapellen in Steiermark, Röh- i-enbrunn bei den Eisenerz- gruben, Sonne 8^56 780'8l Morlot 11 lO'O'M. Neuberg in Steiermark, Röh- renbrunn vor dem Gasthause zum Kaiser voti Österreich. Strasse v.d.Post Sonne 9-75 722-64 Morlot 726-12 Werdmüller 11 ä''0'A. M ü r z t h a 1 , Quelle, wenige Minuten vor dem Wasserfall zum todten Weibe an der Wand links vom Fusssteig entspringend. Sonne 6-87 11 aMo'A. Wasserfall zum todten Weibe in Steiermark, Wasser vor dem Ausflusse aus der Felshöhle im Schatten, die umliegenden Felswände der Schneealpe von der Sonne beschienen 5-5 851-93 Morlot (Morlot fand am 10. August 18i9 die Temperatur des Wassers aus dem Felsen gleich 6°0 C.) 12. 5"45'M. Maria Zell, Röhrenbrunn im Hofe des Posthauses, im Schatten bei 17°5 C. Luft- Temperatur 8-92 863-94 Kirchenpflaster (Fritsch gibt am 22. Mai Morlot 1847, bei 15°0 Luft-Tempe- ratur, die von 2 Röhrenbrun- nen gleich 7°87 und 9°87) 11 8H0'M. R a m s a u, zwischen Grelth und Weichselboden in Steier- ^) Wanderungen durch Östei'reich , Ober-Steiermark etc. Wien 1841. 694 Pohl. g So |< O im" 00 Zeit der Beobach- tung: Oit der Quelle Tempe- ratur der Quelle Hohe über dem adriat. Meere in Metern Beobachter der Meereshöhe mark , Röhrenbrunnen bei Haus Nr. 8. Sonne und ge- 12. »"■IS'M. leitetes Wasser 13°50 Hochschlag, zwischen Ram- sau und Weichselboden: Röh- renbrunnen bei den Kohlen- meilern. Sonne 6-15 « l''50'A. Niedendorf, zwischen Weich- selboden und Wildalpen, Röh- renbrunnen. Schatten 7-85 13. 5''40'M. W i 1 d a 1 p e n in Steiermark, Röhrenbrunn in der Nähe der Kirche im Schatten 8-12 606-63 557-31 Morlot Schultes ^) » eHo'M, Klein- oder Hinter- Wild- alpen, Röhrenbrunn im Schatten 8-00 730-86 Schultes « S"" 0' M. Sattel, zwischen dem Buch- berg und Süsswasserkogel- Quelle gerade unter der Sat- telhöhe SWS. Abdachung. Schatten 5°00 « 10''30'M. L a i n b a c h , Röhrenbrunnen rechts an der Strasse, wenige Schritte nach Einmündung des Weges aus dem Schna- belthal, gegen Hieflau. Schat- w 12''30'A. ten 8-12 Hie flau in Steiermark, Röh- renbrunnen gerade unter dem Postgebäude. Schatten .... 8-50 472-59 Posthausflur n 3''30'A. K r u m a u in Steiermark, er- stes Haus rechts nach dem Pass „Gesäuse." Schatten. . 9'?64 Fritsch n SHO'A. A d m 0 n t , Röhrenbrunnen ge- genüber dem Gasthause zum goldenen Adler. Schatten . . 9-75 611-04 Fritsch (Den 28. und 29. Mai 1847, hatte Fritsch verschiedene Röhrenbrunnen zu 10°, 11°0, 10°37, 10° u. 10°62 C. beobachtet.) 14. 8''48'M. U n t e r-G r i m m i n g im Enns- thale , Röhrenbrunnen beim Gasthause, im Schatten . . . 7-50 w s'ar'A. Grundelsee in Steiermark, Seewasser im Schatten, etwa 60 Fuss vom Ufer entfernt 16-25 659-73 Schultes *) Zach: Monatliche Correspondenz für Erd- und Himmelskunde. 11. Bd. Gotha 1805. Reisenofizen. 69,1 = = Zeit der Beobach- Ort der Quelle Tempe- ratur der Quelle Höhe über dem adriai. Beobachter der oo tung Meere in Metern Meereshöhe 14. %''40'A. Gi-undelsee, Quelle links von der Klause im Schatten 8°12 659-73 Schultes « i'SO'A. Grundelsee, Röhrenbrun- nen links beim Fischmeister- hause zum Erzherzogjohann, im Schatten 8-69 w yi 15. U'-O'M. T 0 p 1 i t z See in Steiermark, Seewasser an einer schatti- gen Stelle etwa 3 Meter unter dem Niveau und gegen 34 Me- ter vom Ufer entfernt 15-62 16. 7''30'M. Kaimsch in Steiermark am Fusse des Koppen, Röhren- brunnen rechts an derStrasse nach Obertraun. Schatten . 7^50 « l'SS'A. Daum? Alpe ober dem Hall- stätter Salzberge, Röhren- brunn bei der Sennhütte rechts vom Bergsteig; im Schatten. (Salzkammergut) . 5°00 17. T'-'kO'M. Zwieselberg im Salzkam- mergut, Quelle auf der Wies- alpe. Sonne 6°00 n 0''30'A. St. Martin im Pongau, Röh- renbrunnen bei der Kirche. 18. eHo'M. Sonne 12-21 552-57 Weidmann St. Johann, Röhrenbrunnen neben der Post im Schatten 11°25 634-82 Posth., Fritsch (Den 26. September 1846 570-59 Werdmüller bestimmte Fritsch einenRöh- renbrunnen zu 12° 7.5 C.) . . » 3''%3'A. Hof Gastein, Röhrenbrun- nen gegenüber dem Militär- spitale. Sonne 10-87 843-21 Fritsch 853-83 Werdmüller 19. 9'' 0' M. Gamskahrkogel, Quelle bei der obersten Sennhütte. Sonne 10°63 1727-6 Rastetzen Werdmüller Höhe des Wasserfalles beim todten Weibe. Der Wasserfall zum „todten Weibe" im nordwestlichen Theile des von den Felswänden des Proles und der Schneealpe dergestalt eingeengten Mürzthales , dass gerade nur noch Platz für die meer- grünen Fluthen der Mürz und eine schmale Gallerie, zum Theile frei über dem Flusse schwebend , übrig bleibt, gehört seiner Um- 696 Pohl. gebungen, des Wasserreichtliums und der leichten Zugänglichkeit wegen zu den besuchtesten und schönsten Wasserfällen von Ober- steiermark. Besonders hat sich das k. k. Berg- und Hütten- Verwes- amt zu Neuberg durch die im Frühjahre 1852 erfolgte Benovirung der langen Holzgallerien, der beiden Kettenstege, die den Zugang zum Falle vermitteln, sowie durch Anbringung einer bequemen mit soliden Geländern versehenen Holzstiege, die bis in die Höhle hinein- führt, aus welcher die gewaltige Wassermasse hervorschiesst, den Dank aller Naturfreunde erworben. Bei all dem geben sowohl die zahlreichen Besucher als Beise- handbücher verschiedene, und gewiss unrichtige Zahlen über die Höhe des in Bede stehenden Wasserfalles; so führt z. B. Schmidl») wahrscheinlich in Folge einer blossen Schätzung nach dem Augen- masse, das in Gebirgsgegenden nur zu leicht täuscht, die Höhe des Falles zu „kaum 6 Klafter" an, welche Angabe, Avie gleich gezeigt werden soll, nahe um die Hälfte zu niedrig ist. Der Wasserfall beim todten Weibe besteht eigentlich aus drei Theilen oder Absätzen. Der oberste Theil beginnt beim Ausflusse des Wildbaches aus der Höhle in der WWS. Felswand der Hoehwiesen an der Schneealpe und reicht bis zu einer etwas vorstehenden, den Absatz bildenden Felswand. Das Wasser stürzt an diesem Theile des Falles frei im Bogen ab, und die Höhe desselben beträgt 728 Meter. Diese so wie die folgenden Messungen geschahen mittelst einer sorgfältig rectificirten im Ölfirniss getränkten Messschnur. Der zweite Theil des Wasserfalles erstreckt sich vom erwähnten Absätze über den etwas vorspringenden Felsen bis zum Niveau der Einsie- delei. Für den oberflächlichen Beobachter ist dieser Theil des Fal- les , wenigstens bei einigermassen vielem Wasser (wie ich das todte Weib sah), gar nicht vorhanden , sondern es scheint der Wildbach von der Felshöhle bis zur Einsiedelei in Einem abzustürzen. Strenge genommen findet man aber, dass der grösste Theil der Wassermasse an dem vorspringenden Felsen abstürzt und dass nur ein kleiner Theil davon im freien Bogen herabfällt. Der dritte Theil umfasst die Strecke von der Einsiedelei bis ins Flussbett der Müiz. Hier fliesst bereits der Wildbach über stark geneigtem Boden und einzelnes Steingerölle, der *) Der Schneeberg mit seinen Umgebungen. Wien 1831, pag. 271. Reisei)otiy,en. 60T Charakter eines Wasserfalles ist verschwunden, es niuss daher dieser letzte Theil des „todten Weibes", bloss als Abflnss betrachtet werden. Den eigentlichen Fall bilden sonach nur der obere und mittlere Absatz, deren Gesammthöhe ich als die senkrechte Höhe des Wasser- falles bestimmte. Was die Messung selbst anbelangt, so konnte dieselbe, wegen des schiefen Wasserabsturzes am unteren Theile des Falles, für die senkrechte Höhe keine directen Resultate liefern; um jedoch zum Ziele zu gelangen, wurde vom obersten Rande des Stiegengeländers, die Messschnur in möglichster Nähe des Falles bis zur Einsiedelei hinab gespannt. Die Länge der so gespannten Schnur betrug 25-63 Meter. Ferner wurde die Höhe des Geländers über dem Wildbache zu 0*79 Meter bestimmt und ebenso gefunden, dass die horizontale Entfernung des unteren Absatzpunktes der Schnur, von dem oberen 5-85 Meter betrug. Hiernach war es ein Leichtes die senkrechte Höhe des Falles zu berechnen; man findet 24-12 Meter = 76-3 Wr. Fuss als die senkrechte Gesammthöhe des ersten und zweiten Absatzes des Wasserfalles „zum todten Weibe." Da die directe Mes- sung für den ersten Absatz 7-28 Meter gab, so folgt nun die Höhe des zweiten Absturzes zu 16-84 Metern. Dämmernngs-Erscheiming. Nirgends treten die Erscheinungen der Dämmerung mit dem sie begleitenden Morgen- und Abendroth schöner hervor, als in Gebirgs- gegenden, besonders jenen, wo nackte und schroffe Felswände von mehreren tausend Fuss Höhe emporragen, an welchen sich als secun- däre Erscheinung des Abendrothes, das sogenannte, bis jetzt nicht genügend erklärte „Erglühen der Alpen" zeigt. Trotz der vielen, alljährlich ins Gebirge unternommenen Reisen, findet man jedoch nur selten eine Beobachtung vor, welche sich auf die Dämmerung oder die damit zusammenhängenden Erscheinungen bezöge. Ich will versuchen, hier eine Dämmerungs- Erscheinung zu beschreiben, welche so auffallend war, dass selbst die mit ähnlichen Phänomenen vertrauten Gebirgsbewohner darüber erstaunt waren. Den 14. August dieses Jahres wechselten im nordwestlichen Steier- mark sowie den vorhergehenden Tag, von 5 Uhr bis 11 Uhr 30 Minu- ten Morgens , heftige Strichregen mit Sonnenschein ab , dauA aber Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl, IX. Bd. III. Hft. 46 698 Pohl. Reisenotizen. war die Atmosphäre bis etwa 4 Uhr 30 Minuten Abends heiter, um welche Zeit wieder ein ungefähr 2V2 Stunden andauernder, starker Strichregen eintrat. Ich befand mich während desselben, am gegen ONO. gelegenen Balkon des Fischmeisterhauses am Grundelsee. Wäh- rend anfänglich die von WWS. ziemlich niedrig einherziehenden Nebel- und Regenwolken nur die nächsten Theile des Sees sowie der umgebenden Vorgebirge einhüllten, die im Hintergrunde liegen- den Felskuppen des 1930-7 Meter hohen drei Bnider-Kogels, der 2124 Meter hohen Elmspitze. des Offenkogels, der Weissen-Wand, aber noch vollkommen rein im Sonnenlichte erglänzten, zog sich nach und nach bei sehr schwachem Winde das Gewölke immer Aveiter zum Hintergrunde des Grundelsees, sich endlich scheinbar über die ge- nannten Berggipfel erhebend. Um 6 Uhr 15 Minuten, fing bei etwas stärkerem WSW. Winde das Gewölke an. sich zu brechen, an einzel- nen gegen WNW. und SWW. gelegeneu Stellen zeigte sich der blaue Himmel, an den gesonderten zunächst über dem See schweben- den, langgezogenen Nebelwolken, war die in schmalen Gebirgsthälern so oft vorkommende Wirkung einer doppelten Luftströmung zu bemer- ken, in deren Folge die oberen Schichten sowie die Gesammtmasse der Nebelwolken mit dem herrschenden Winde zogen, während die unteren Schicluen mit den daran befindlichen Anhängseln eine gerade entgegengesetzte Bewegung annahmen. Um diese Zeit drangen durch die beieits dünnen Nebelmassen die letzten Strahlen der bereits untergehenden Sonne; über dem Grundelsee zeigte sich ein schöner doppelter Regenbogen, der mit seinem rechten Bogen-Ende an dem westlichen Ausläufer desTürken- kogels fusste; links vom See an dem Abhänge des 1787-S Meter hohen Triselbcrges. trat aber eine Erscheinung ein, die unser Aller Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Eine beiläufig 22 Meter dicke und etwa 133 Meter lange Nebel- wolke, schwebte nach ungefährer Messung 64-8 Meter über dem Niveau des Grundelsees und parallel zur Länge desselben. Die ONO. gelegenen 05 Theile der Wolke waren nebelgrau gefärbt, dann folgte gegen 0-15 Theile von hellgelb -oranger Farbe; die uns zunächst liegenden 035 Theile erglänzten aber im herrlichsten Rosen- bis Amaranthroth, welches Farbenspiel bis 6 Uhr 35 Minuten unter fort- währendem feinen Regen aus dem stark zerrissenen Gewölke anhielt und dann, da die Sonne für unseren Standpunkt untergegangen Avar, Petzval. Thor popul. Anschauungsweisen in derUndtilationsthnorie. 099 ziemlich rasch verschwand. Keine Feder wäre im Stande die Farben- pracht dieser im Abendroth erglänzenden Wolke zn schildern, von deren Reflex die ganze Umgebung rosenroth bis ins Röthlichgelbe übergehend erleuchtet Mar, ebenso wenig konnte Einer der noch übrigen Anwesenden sich entsinnen, je ein ähnliches Farbenspiel an einer so niedrig über dem Horizonte schwebenden Wolke gesehen zu haben. Ungefähr 15 Minuten nachher senkten sich auch die Nebel im Hintergrunde des Sees und die 1800 bis über 2200 Meter hohen Felsmassen erschienen mit ihren Schneeflecken ebenfalls in der Farbe des schönsten Abendrothes. Die Atmosphäre blieb hierauf bis um 10 Uhr 30 Minuten Abends vollkommen heiter. Über die Unziikömmlichkeiten yewisser populärer An- schauungsweisen in der Undulationstheorie und ihre Unfähigkeit das Princip der Erhaltung der Schwin- gungsdauer zu ersetzen. Von dem w. M., Prof. Jos. Petzval. (Fortsetzung.) f Vorgetragen in der Sitzung am 1. Juni 1852.) Ich habe in der Sitzung vom 21. Mai 1. J. von einem doppelten Irrthume gesprochen, der in gewissen populären Anschauungsweisen der Undulationstheorie enthalten ist, und auf die Nothwendigkeit hin- gewiesen, bei der Darstellung von Erscheinungen, in denen sich strömende und schwingende Bewegungen compliciren, von einer Theorie Gebrauch zu machen, wie die von mir in der Sitzung vom 16. Jänner d. J. aufgestellte, deren erste Frucht ein Naturgesetz war, für welches ich den Namen : P r i n c i p der Erhaltung der Schwingungsdauer vorschlug. Gegen diese Theorie erhoben zwei meiner hochgeehrten Herren Collegen im gegenseitigen Einver- ständnisse ihre Stimmen. Da ich aber in ihren Vorträgen nichts ent- decken konnte, was als ernster Angriff gegen dieselbe zu gelten ver- möchte, oder sonst irgendwie zu einer tieferen Erwägung veranlassen 40 * 700 Petzval. könnte, da ich ferner die, allerdings sehr gründlichen , unmittelbar zuvor von meinem geehrten Vorredner, dem Herrn Regierungsrathe V. E 1 1 i n g s h a u s e n geäusserten Bedenklichkeiten durch die ohnehin von mir bereits versprochenen Erläuterungen beseitigen zu können glaube, da es mir endlich scheint, dass das Wesen dieser Theorie, ihr Zweck und ihr Nutzen, die Absicht, die ich mit derselben errei- chen will, in Gefahr stehen unrichtig aufgefasst zu werden, sowohl von meinen Herrn Gegnern, als auch von manchem Anderen meiner Leser oder Zuhörer, so wird man mir es wohl zu Gute halten, wenn ich jetzt schon, bevor noch die gegen mich gerichteten Aufsätze ge- druckt in meinen Händen sind, etwas über die Geschichte und Absicht meiner Arbeit sage, um damit zu verhindern, dass der parlamentarische Kampf um das Interesse der Wissenschaft, eine schiefe Wendung nehme. Es geschah zu wiederholten Malen, dass die hochverehrte Classe vom Herrn Bergrathe Doppler aufmerksam gemacht wurde auf seine wissenschaftlichen Abhandlungen und namentlich auf seine Erklärung der Farben der Doppelsterne und die Verbreitung, deren sich seine Ideen erfreuten bei einem Theile des wissenschaftlichen Publikums. Ein anderer Theil war aber mit seinen Lehren keineswegs einver- standen und gewahrte darin manches Irrthümliche — ich gehöre selbst zur Zahl der Letzteren und wurde zu wiederholten Malen aufgefordert, den Doppler'schen Ansichten in der Akademie aus dem mir zuste- henden Standpunkte der formellen Wissenschaft entgegenzutreten. Dass ich dies lange unterliess , weil es in dieser Körperschaft nicht bestehende Sitte war , wurde mir endlich selbst von einigen der M ärmsten Verehrern der Sitte übelgenommen und theils als Mangel an Interesse für die Wissenschaft, theils auch an dem Rufe der Corpo- ration, der ich angehöre, gedeutet. Ich sah mich daher genöthigt, die in der Undulationstheorie vorhandenen Irrthünier überhaupt einer logischen Kritik zu unterwerfen und es entstand eine Arbeit, die bereits vor mehr als Einem Jahre mehreren wissenschaftlichen Männern zur Einsicht fertig vorlag und zu deren unverzüglichen Veröffentlichung mit einigen Modificationen, ich auch aufgefordert wurde. Ich konnte mich demungeachtet dazu noch nicht entschliessen, weil meine Arbeit rein negativer Natur war und noch gar nichts Positives, die Wissen- schaft Bereicherndes und zur Erklärung der Erscheinungen, zu der die irrthümlichen Ansichten dienen sollten, aber nicht dienten, wirk- über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. 701 lieh Dienendes enthielt. Erst als ich im Wintersemester des laufenden Jahres die Grundlehren der Undulationstheorie zum Gegenstände meiner Vorträge an der Universität machte, und hei dieser Gelegen- heit auf dem schon seit lange nicht betretenen Felde wieder heimisch ward, gelang es mir, die Fundamental-Gleichungen der undulatorischen Bewegung zu gründen auf einen neuen Fudamentalzustand — den nämlich einer permanenten Strömung; hierdurch war der mir bisher noch fehlende positive Fortschritt gegeben, den ich auch also- gleich der Akademie am 15. Jänner mittheilte, gesonnen, in einer folgenden Sitzung noch einige Bemerkungen dazu zu liefern und mei- nen Angriff auf die Irrthümer, der, wenn man meine Analysis willig auszubeuten angefangen hätte, auch ganz überflüssig geworden wäre, zu unterdrücken. Der Erfolg hat meinen Erwartungen nicht entspro- chen: man hielt meine Analysis für unnütz, offenbar voraussetzend, dass die vorhandenen Anschauungsweisen den Zweck wenigstens ebenso gut erreichen, ja sie wurde möglicherweise sogar als irrig be- zeichnet. Es Avar daher nöthig, die Irrthümer in den bestehenden Ansichten direct anzugreifen und, durch die gewonnene Überzeugung von der Unzulänglichkeit derselben, die Nothwendigkeit einer wissen- schaftlicheren Behandlung des Gegenstandes, der meinigen, oder einer ähnlichen, zur Geltung zu bringen. Es ist nun aber so eine missliche Sache um einen Angriff; er wird nur zu gerne mit persönlicher Feindseligkeit verwechselt , nur zu gerne als rein destructiv, also den conservativen Tendenzen der Wissenschaft entgegengesetzt, aufgefasst. Ich finde daher für nöthig, um, insoweit es von meiner Seite möglich ist, einer etwaigen Ausar- tung des allerdings sehr interessanten Schauspiels : einer wissen- schaftlichen Controverse im Schoose der Akademie, im Vorhinein vorzubeugen, folgende fünf Dinge zu erklären: Erstens: Jeder Angriff von meiner Seite ist nur gegen die Sache, d. h. gegen den Irrthum gerichtet, nicht gegen die Person und ich werde, wie bisher, das Nennen eines Namens stets vermeiden, es sei denn , dass irgend ein Gegner sich als Inhaber selber meldet — dann wäre dies offenbar unnütze Affeetation. So wissen Sie z. B. von meinem geehrten Gegner, Herrn Doppler selbst, dass ich die- jenige Theorie, die seiner Abhandlung: „Über das farbige Licht der Doppelsterne" zu Grunde liegt, zum Gegenstande meines Angriffs gemacht habe, wobei mich aber keineswegs das Gefühl der Feindselig- 702 Petzval. keit gegen denselben beseelt, sondern vielmehr das der Dankbarkeit; denn eben die Irrthümer, die in seiner Abhandlung niedergelegt sind, haben mich zum tieferen Nachdenken über den Gegenstand angeregt ; ihm verdanken wir also , in gewisser Weise , das Princip der Erhal- tung der Schwingungsdauer, wenn es überhaupt Dank verdient. Ich habe es stets , wie ohnehin mehrere aus dieser hochgeehrten Gesell- schaft wissen, für eine Pflicht des ritterlichen Anstandes gehalten, diese Gerechtigkeit meinem Gegner widerfahren zu lassen. Zweitens: Wenn ich auch gewisse Analogien, von welchen mancher wackere Lehrer in seinem Lehrbuche Gebrauch gemacht hat, zum Gegenstande meines Angriff's mache, so kommt es mir doch keineswegs in den Sinn, diese dem Unterrichte rauben und etwa durch Differential-Gleichungen ersetzen zu wollen; im Gegentheile ich würde es für eine fürchterliche Misere halten, wenn man Maurer- und Zim- mermanns- Lehrlinge zu — ;; zwingen wollte; und eben damit dies nicht geschehe erhebe ich meine Stimme. Denn es gibt oft kein anderes Mittel gewisse Dinge zu erhalten, als sie anzugreifen, oder , genauer gesprochen, den Missbrauch anzugreifen, der mit ihnen getrieben wird. Es soll also keine der bereits nützlich ge- wordenen Analogien irgend mit Untergang bedroht werden ; sie sollen vielmehr fortbestehen innerhalb derjenigen Grenzen, die ich näher bezeichnen will, innerhalb welcher sie wirklich der Wissenschaft die erspriesslichsten Dienste leisten, und ein Lehrer der Physik wird sich durch meine Untersuchungen höchstens bewogen fühlen geringfügige Änderungen an einige Stellen seines Werkes anzubringen und seine Schüler in stetem, regen fJewusstsein zu erhalten, dass eine Analogie eben nur eine Analogie, folglich nur ein wissenschaftlicher Witz sei, der nicht uupied de la lettre zu nehmen und nicht über die Grenzen seiner Wirksamkeit auszudehnen ist, weil er sonst, wie jede Ähnlichkeit, zu hinken anfängt — shiiilifndo Claudicat. Drittens: Wenn meine Untersuchungen, eben darum, weil sie Analogien, d. h. wissenschaftlichen Witz zum Gegenstande haben, zuweilen den Anstrich des letzteren bekommen sollten , was bei der Natur der gegenwärtigen Sache nicht ganz und gar zu vermeiden sein wird, so glauben Sie desshalb nicht, ich wolle Sie durch witzige Vorträge amüsiren — im Gegentheile, nehmen Sie an, dass unter einem jeden Gleichnisse, das Sie in meinem Vortrage gewahren und über populäre Anschauungsweisen iu der Undulationstheorie. 703 das grösstentheils schon gegeben ist und nicht von mir herrührt, ein mehr oder weniger tiefer Strom ernster Gedanken und khirer Begriffe fliesse — Eine nähere Untersuchung wird Sie, hoffe ich, von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugen. Meine Vorträge über diese Gegenstände sollen zwar anzuhören sein , denn verständlich zu sein im möglichst grossen Kreise halte ich für meine Pflicht, sie sollen aber, wie bisher, mehr zum Lesen sein , als zum Hören, und mehr zum Studiren, als zum Lesen. Vi ertens: Ich trete gegenwärtig eigentlich nur als Verth ei- diger meiner Analysis auf, und wenn ich als solcher die ihr gegenüberstehenden Ansichten anzugreifen genöthigt bin, so ist dies keineswegs meine Schuld, sondern vielmehr die meiner Gegner, welche mich in der, der Natur der Sache nach mir zustehenden Rolle des Vertheidigers nicht gewähren Hessen , indem sie meine Theorie mit einem bisher nicht ausgeführten Angriffe bedrohten. Gegenwärtig aber wird es an mir sein, die geäusserten Bedenklichkeiten des Herrn Regierungsrathes von Etting s ha usen, die ich übrigens auch für keinen Angriff halte , nachdem sie keinen Punkt meiner Theorie als irrig , sondern nur als unerwiesen bezeichnen , zu heben. Fünftens: Ich habe demungeachtet gar nichts dawider, ja es wäre mir sogar sehr lieb, wenn sich aus diesem kleinen Parti al kämpfe ein grösserer, langwierigerer, umfassenderer, über die Lehren der Undulationstheorie entwickeln würde, mindestens zwischen mir und dem Einen meiner verehrten Gegner, Herrn Regierungsrathe von Etting s haus e n; ich würde meine Pflicht als Akademiker durch nichts vollkommener zu erfüllen glauben, als durch einen übernom- menen Part in einem solchen Kampfe. Einem solchen, durchgekämpft zwischen Lagrange und Laplace, verdanken wir die erhabenste und vollkommenste aller bisher ausgebildeten Wissenschaften — die Mechanik des Himmels; — und wenn ich nun auch, wegen der über- wältigenden Masse des Stoffes, nicht glauben kann, dass eine neue, vollkommen befriedigende Indulationsllieorie dem Schoose unserer Akademie entsteigen werde, so werden wir doch unseren glücklicheren Nachkönunlingen, die den Vortheil haben werden, auf unseren Schul- tern zu stehen, den Weg zu diesem grossen Werke geebnet haben. Nach dieser kurzen ßarstellung erlauben Sie mir die auf meine Theorie Bezug habenden .\usserungen meiner Gegner ein wenig ins Auge zu fassen. Sie haben dieselbe, wiewohl Sie dagegen spfachen, 704 Petzval. alle Beide im Grunde gar nicht angegriffen; man kann vielmehr sagen, sie hätten sieh gegenseitig bekämpft. Dieses Factum verdient wohl einige Erörterung: Herr Doppler zitirt zwar einige Stellen meines ersten Aufsatzes und äussert darüber sein Missbehagen , ohne jedoch einen darin vor- findigen Irrthum aufzudecken , oder zu widerlegen. Bei einem von mir zur Erläuterung des Princips der Coexistenz der kleinsten Schwin- gungen angeführten Beispiele eines schwingenden Pendels, dessen Linse ein tönender Körper ist, äussert er nur die Meinung, dass dieses im Hingehen einen gewissen, im Zurückgehen einen andern Ton schwingen werde. Eine solche Behauptung, ohne Mass und Beweis, kann aber weder als Angriff noch als Vertheidigung gelten. Sollte jedoch die in der Abhandlung: „Über das farbige Licht der Doppel- sterne" aufgestellte Theorie, als das Mass der Erhöhung und Ver- tiefung des Tones liefernd, angegeben werden , so ist diese Theorie, wegen des doppelten darin enthaltenen Irrthumes, den ich in meinem letzten Vortrage nachgewiesen habe, unrichtig. Überdem, wenn diese Behauptung als Angriff gelten soll , so ist sie mindestens kein Angriff auf meine Theorie, sondern eher einer gegen das vornehmste Bollwerk der Undulationstheorie : das Princip der Coexistenz der kleinsten Schwingungen, welches ich nicht erbaut habe , sondern ein grosser, längst verstorbener Mathematiker. Es wäre daher ein Miss- griff von mir, wenn ich allzu hitzig zum Entsätze des nicht einmal noch bedrohten Principes herbeieilte. Mit den leichten Calibern der Elementar-Mathematik schiesst man darin keine Bresche , und sollte vielleicht der Herr Begierungsrath von Ettingsh ausen mit dem schweren Geschütze der höheren Analysis anrücken, die von mir zu- rückgelassenen A^~, ärj", JC^ in Rechnung ziehend, so habe ich zur Vertheidigung noch Zeit genug — ich lasse also immerhin die Lauf- gräben eröffnen. Weiter behauptet Herr Doppler: das Princip der Erhaltung der Schwingungsdauer könne zu Irrthümern verleiten, da er aber nicht sagt, zu welchen, so ist dies auch kein Angriff. So wie aber in seinem Vortrage kein Angriff auf meine Theorie liegt, so liegt darin auch keine Vertheidigung seiner Ansicht, denn die Phrase : „jetzt sei er mehr als je von der Richtigkeit seiner An- sichten überzeugt" hat auf gar keinem Felde auch nur die mindeste Beweiskraft und auf dem der Wissenschaft, gegenüber der umständ- & über populäre Anschauungsweisen in der Undtilalionstheorie. 705 liehen Nachweisung der in seinen Ansichten enthaltenen Ii'ithünier, die allergeringste, und wenn Herr Doppler behauptet: es sei nicht einmal nöthig Experimente anzustellen, um seine Theorie zu stützen, so entgegne ich darauf ganz einfach , dass ich das auch nirgends be- hauptet habe, dass ich vielmehr in diesem Punkte mit ihm einerlei Meinung bin, insofern wenigstens, als kein Experiment, was auch d a V 0 n d e r A u s g a n g oder d a s E r g e b n i s s w ä r e , s e i n e un- richtige Theorie zu einer richtigen machen würde. Beinahe eben so verhielt es sich mit den Äusserungen des Herrn von Ettingshausen. Er ging zwar etwas tiefer ein in das wissen- schaftliche Detail und sagte unter anderm : dass man die Welle nicht betrachten dürfe als das Resultat eines isolirten Impulses, sondern vielmehr als das Ergebniss unendlich vieler , aufeinanderfolgender, unendlich kleiner Impulse. Da aber diese Ansicht in meine Theorie niedergelegt und mit ihr verflochten ist, wie sich leicht nachweisen lässt, da ich ferner kurz vor seinem Vortrage in dem Meinigen der Doppler'schen Theorie selbst den Vorwurf gemacht habe, dass sie nicht nach dieser Ansicht verfahre, ja sogar durch Rechnung diirthat, wie man es hätte machen sollen , um wenigstens Einem der beiden zur Sprache gebrachten Irrthümer zu entgehen, was übrigens nicht hinreicht, wenn man nicht auch den zweiten vermeidet, so sagte im Grunde der Herr Regierungsrath : dass man es so machen müsse, wie ich es gemacht habe und wie es der Herr Bergrath nicht gemacht hat. Seine Äusserung scheint daher gegen ihn und nicht gegen mich gerichtet. Er sagt zMar am Schlüsse: er sei mit den Doppler'schen Ansichten vollkommen einverstanden und der obenerwähnte Weg führe zu denselben Resultaten. Wie dies Einverständniss mit dem übrigen Inhalte des Vortrages zusammenzureimen sei, liegt nicht mir ob zu erklären , sondern dürfte als Gegenstand einer nachfolgenden Discussion zu betrachten sein, in wie fern aber der angedeutete Weg der Rechnung, den auch ich im letzten Vortrage einschlug, mit den Resultaten der Dop pler'schen Theorie im Einklänge stehe, soll später noch erörtert werden. Es sagt ferner eben dieser mein hochgeehrter Gegner : das von mir vorgeschlagene Princip der Erhaltung der Schwingungsdauer könne ohne Beschränkung aus- gesprochen zu Irrthümern verleiten. In dieser Äusserung liegt, wie schon gesagt, kein wirklicher Angriff, sondern nur höchstens ein angedrohter — lassen Sie mich darüber einige Worte sagen : 706 Pet^val. Es gibt nur sehr wenige Wahrheiten, welche ganz ohne alle Beschränkung eine allgemeine ganz unbegrenzte Gültigkeit behaupten. Nehmen Sie z. B. die Kepler'schen Gesetze, etwa dieses: die Pla- neten beschreiben um die Sonne Ellipsen und die Sonne befindet sich in deren Brennpunkte. Dieses Gesetz ist nur richtig : wenn man der Sonne gar keine eigene Bewegung zuschreibt — erste Beschränkung ; wenn kein ebenfalls anziehender Nebenkörper die Bahn des Planeten stört — zweite Beschränkung u. s. w. Eben so mit dem Principe der Coexistenz der kleinsten Schwingungen, welches durch den Umstand, dass man in der Rechnung die J^",-Jt^^ JC% vernachlässigte, zu ei- nem nur annäherungsweise richtigen, aber desto richtigeren Satze gemacht wird, je geringer die Schwingungs-Intensität ist, daher es auch Princip der Coexistenz der k lein s ten Schwingungen heisst. Solche Beschränkungen sind beinahe stets vorhanden, werden aber in den Ausdruck der Wahrheiten selbst nicht aufgenommen , sondern sind aus der Ableitungsweise jedesmal ersichtlich. Solchen Beschrän- kungen unterliegt auch das Princip der Erhaltung der Schwingungs- dauer, und sie sind bei der Ableitung desselben sanunt und sonders angegeben; sie verstehen sich daher von selbst; aber mein hochver- ehrter Gegner hat solche Beschränkungen nicht gemeint, sondern, wie mir scheint, eine wirkliche Lücke berührt, welche ich in meinem Werke : „C b e r d i e I n t e g r a t i o n d e r I i n e a r e n 1) i f f e r e n t i a 1- Gleichungen" eben im Vortrage vom 15. Jänner 1. J. auszufüllen versprochen habe. Ich werde es versuchen, zuvörderst durch Be- trachtungen populärer Natur dieser meiner Zusage (Genüge zu leisten. Schlüsslich muss ich noch einiger Ausfälle Erwähnung thun, welche Herr Bergrath Doppler gegen ein Paar minder wichtige Stel- len meines Vortrags gemacht hat. Am Eingange desselben befinden sich nämlich die Worte: „Man kann sjtgen, dass es eine grosse und kleine Wissenschaft gebe, so wie es einen grossen und kleinen Krieg gibt." Dieser Eingang erregt sein Missfallen, und er behauptet, dass es keine grosse und kleine Wissenschaft gebe, sondern dass die Wissen- schaft nur Eine sei, dass Männer, wie La Place, Poisson, Gauss nicht so hochmüthig gewesen wären, eine grosse und kleine Wissen- schaft zu statuiren u. s. w. Es klingt dies beinahe so, als ob er mir den Vorwurf des Hochmuthes machte. Ich setze dies nicht voraus, glaube vielmehr, dass dies nur zufällig und ohne seinen Willen so gekommen sei, ja ich würde so was gar nicht übel nehmen, wenn ich über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheoric. 707 glauben könnte, dass dies wirklich ein Angriff auf meinen persönlichen Charakter sein soll, denn ganz und gar lässt sich so etwas, wie die Erfahrung lehrt, bei einem etwas reizbaren Gegner im Kampfe selten vermeiden. Ich hin daher hier gerne nachgiebig und erkläre unum- wunden, dass die Eintheilung der Wissenschaft in die grosse und kleine nichts wesentlich mit meiner Theorie Zusammenhängendes sei; wenn Herr Doppler sie nicht gelten lassen will, wie er will, ganz nach seinem Belieben, ich sehe sehr gut ein, wiewohl ich sie für wesentlich zu halten oft Gelegenheit hatte, dass hierin nicht Jeder mit mir einerlei Meinung sein muss. Es geht ja mit dem grossen und kleinen Kriege auch so , die meisten Soldaten werden sagen : was „grosser Krieg, was kleiner Krieg, Krieg ist Krieg;" für einige Wenige jedoch ist diese Eintheilung nicht nur nicht ohne Bedeutung, sondern sogar nothwendig. Sie mögen daher immerhin den Eingang be- trachten lediglich als eine Redefigur, um die Aufmerksamkeit des Auditoriums zu spannen und die Langeweile, welche sehr oft im Gefolge eines tiefsinnigen Vortrages der Natur der Sache nach sich befindet, möglichst zu mildern. — Ein passender Eingang, der wenig- stens nicht so ganz Gemeinplatz ist und von dem ich gerne abstehe, nachdem er seine Bestimmung erfüllt hat. Dasselbe möge auch in Bezug auf einen am Schlüsse meines Vortrages vorkommenden allegorischen Leuchtthurm gesagt sein, der nichts als ein gefälliges Schlusstableau : „Meeresstrand mit Klip- pen, im Hintergrunde ein Leuchtthurm" sein mag, der aber Herrn Doppler besonders missfällig ist und von dem er sagt, er sei kein Leuchtthurm, sondern ein Irrwisch, Nun, meinetwegen, so bleibt mir doch wenigstens das Verdienst, eine nützliche Anwendung der Irrwische auf Leuchtthürme gemacht zu haben; ich bestehe nicht darauf, ich übergebe ihn Herrn Doppler ohne Widerstand, er mag ihn den Errynnien weihen, oder, im trockenen deutsch : mein gewese- ner Leuchtthurm ist, wenn Sie wollen, kein Leuchtthurm , sondern nur eine Allegorie, oder sogar ein Irrwisch, aber das Princip der Erhaltung der Schwingungsdauer ist doch ein Princip. Ein einziger fataler Umstand lässt mir indess diesen Irrwisch, mit dem ich übrigens ganz zufrieden wäre, in einigerniassen irrem Lichte erscheinen. Herr Doppler sagtnämlicli: ich sei auf dem von Cauchy betretenen Wege weitergegangen und hätte da — einen Irrwisch entdeckt! Was würde da Cauchy dazu sagen? Vermuthlich 708 Petzval. Folgendes: „Euer Mann ist von der Annahme eines eigenen Urzu- standes — des der permanenten Strömung — ausgegangen , hat also ah ovo einen andern Weg betreten, von dem man allenfalls sagen könnte, er sei nach dem Muster des meinigen angelegt, er laufe mit dem meinigen parallel, da man u^=v^=tv=o setzend auf den meinigen gelangt. Auf dem von mir betretenen Wege jedoch, ist er in keinem Falle vorgeschritten, hat er sohin ein Princip gefunden, so ist er auf seinem eigenen Wege vorwärts gegangen, hat er einen Irrwisch ent- deckt, dann ist er allenfalls auf seinem eigenen Wege zurückgeschrit- ten — auf meinem Wege findet man auch keine Irrwische, sondern überhaupt in der Regel gar nichts, deini was ich ausbeute, pflege ich auch zu erschöpfen." So würde Cauchy beiläufig sprechen, denn das kann er olTenbar nicht wissen, dass die Phrase : „er ist auf dem von Cauchy betretenen Wege fortgeschritten" nicht wörtlich zu nehmen, sondern lediglich als terminus technicus unserer Kunst zu begut- achten anzusehen sei, durch den der Begutachter zwei Dinge leise anzudeuten, so zu sagen nur zart durchschimmern zu lassen beab- sichtigt, nämlich erstens: er sei auch auf dem von Cauchy betretenen Wege gewesen und zweitens: nicht bloss Cauchy, sondern auch der auf seinem Wege Gewesene hätte allenfalls Das- selbe finden können — wenn er darüber nachgedacht hätte. Bei derselben Leuchtthurmgelegenheit war aber der Herr Berg- rath so gütig mir einen guten Rath zu ertheilen, für den ich dem- selben um so mehr zu Dank verpflichtet bin, als man seinem Gegner selten einen solchen angedeihen lässt, ein solches Verfahren daher jedesmal ritterliche Grossherzigkeit beurkundet. Er sagt nämlich sehr treffend : es sei nicht genug einen Leuchtthurm aufzustellen, son- dern man müsse auch die Klippen und Untiefen, welche die Schifl- fahrt gefährden, bezeichnen und zeigen, wie man daran Schiffbruch leiden könne. Nun, ich bin diesem Rathe zum Theil schon zuvorge- kommen, indem ich zwei Hauptirrthümer namhaft machte, die sich in den Ansichten meines Herrn Collegen vorfinden, nämlich Erstens: die Voraussetzung der explosionsweisen Mitthei- lung der Undulation an das Mittel. Zweitens: die Voraussetzung der Unfähigkeit des Mittels an der progressiven Bewegung der Ton- oder Lichtquelle Theil zunehmen. Ich bitte Sie diese zwei Irrthümer als Klippe und Untiefe aufzu- fassen. Es wäre daher nur noch zu zeigen, wie man daran Schiff- über populäre Anschauungsweisen in der Undulatlonstheorle. 709 bi-iich leiden könne und hier muss ich gestehen, dass das Gleiehniss ein wenig zu hinken anfange. Von einem Schiffbruche, bei welchem man mit Mann und Maus untergeht, lässt sich hier natürlich nicht sprechen, höchstens hat das, was man mit dem hochtrabenden Namen „Schiffbruch'' bezeichnet, eine entfernte Ähnlichkeit mit einer See- krankheit. Der figürliche Ocean der Wissenschaft ist kein so wilder Ocean, als der nichtfigürliche, daher es auch kommt, dass man in dem leichten Kahne der elementaren Mathematik, ohne Furcht vor Lebensgefahr, in die See stechen kann. Damit Sie aber doch einen Begriff davon bekommen, wie man diesen figürlichen Schiffbruch leide, will ich Ihnen erzählen, auf welche Weise ich selbst an diesen Klippen schiffbrüchig geworden bin : Als ich zum ersten Male die Abhandlung über das farbige Licht der Doppelsterne zu Gesicht bekam, ging ich alsobald, von der aus- nehmenden Einfachheit der Theorie etwas frappirt, zu den nu- merischen Anwendungen über, welche in den meisten Fällen den Probirstein der Theorie abgeben. Da ersah ich denn, dass, wenn die Tonquelle sich dem Beobachter nähert mit einer Geschwindigkeit, die gleich ist der Geschwindigkeit des Schalles, gegen denselben ein unendlich hoher Ton schreite, mit unendllich vielen Schwingungen in der Secunde und nach der entgegengesetzten Seite nur ein Ton, der die nächsttiefere Octave desjenigen ist, den die Tonquelle schwingt. Hier ward mir bereits ängstlich zu Muthe. Ja! dachte ich, wenn dieser subjective Beobachter mehr Schwingungen in einer Secunde aufbraucht, als die objective Tonquelle in Jahren liefern kann, wie wird die objective Theorie die Auslage decken? Aber schreiten wir noch weiter ins Extreme : Setzen wir voraus die Ge- schwindigkeit der Tonquelle sei grösser, als die Geschwindigkeit des Schalles, nun, so wird die Welle von der Tonquelle fortwährend überholt; kaum geboren, wird sie schon zurückgelassen; — ach! wie steir ich mir das Alles vor? — welches Bild find' ich auf, um diesen Vorgang zu versinnlichen? — ich denke an die bekannte Geschichte von dem Pferde, welches so schnell lief, dass ihm sein Schatten nicht folgen konnte, ein weiser Magier fand den marodirenden Schatten und benützte ihn als Reitpferd. Diese poetische Fiction tröstet mich aber nicht, und macht mir die Sache um nichts klarer; es folgt eine unruhige Nacht, voll wirrer Träume, unaufhörlich sehe ich besagten Magier auf dem gespenstigen Schattenpferde venire ä 710 Pet'/.val. terre einhergalluppireii. Aul" diese Weise verblütl't und,, wie ich gestehen muss, auch ein wenig geärgert, durch die leichte Manier, mit der die schwierigsten Prohleme der Undulationstheorie, ganz ohne Rücksicht auf vorhandene Strömung, Form, Adhäsion, Continuität oder Diseontinuität der Masse, über einen und denselben Leisten ge- schlagen werden, vermittelst einer kindleichten, achtzeiligen Theorie, nehm' ich den Bleistift zur Hand, um theils die in der Ansicht ausser Acht gelassenen Umstände, in Bezug auf das Rechnungsresultat, mathematisch zu zergliedern und theils auch diejenigen Rechnungs- entwickelungen höherer Art ausfindig zu machen, durch welche die Ergebnisse der Dopp 1 ersehen Theorie allenfalls vertheidigt werden könnten. Ich befreie mich vor allem andern von der Hypothese der explosionsweisen Mittheilung, diejenigen Rechnungen durchführend, von welchen ich Ihnen in meinem letzten Vortrage ein Stück mitge- theilt habe und in die sich auch Herr Regierungsrath v. Ettings- hausen eingelassen zu haben scheint, da er von der Nothwendig- keit spricht, die Sache sit zu behandeln und zugleich äussert : „man gelange dabei zu denselben Resultaten, zu welchen auch Herr Doppler auf seinem Wege kommt." Wenn ich nun aber auch, eben in meinem früheren Vortrage, diese Art zu verfahren, die damals noch ganz und gar die Meine war, indem ich von der Meinung des Herrn Regierungsrathes noch gar nichts wusste, vielleicht in etwas harten Worten des Selbsttadels rügte, äussernd: dass der Mathematiker, der so was „Ton quelle" nennt, sich wie ein Taschenspieler benehme , so kann ich doch nicht umhin, zu bemerken, dass es die bei weitem edlere, an Resultaten reichere Analysis sei und dass ihr der Herr Regierungs- rath höchlich Unrecht thue, \venn er ihre verhältnissmässig reichen Ergebnisse, mit den dürftigen und, selbst auf dem eigenen Stand- punkte nicht einmal volle Richtigkeit habenden der D o p p 1 e r'schen vergleicht. Denn jene von mir und ihm angedeutete Analysis ist ein wichtiger Bestandtheil der Undulationstheorie und besteht auch so lange in voller Richtigkeit, so lange der Mathematiker nur spricht wie folgt: „Setzen wir an diesem Orte des Raumes eine solche Erre- gung voraus"; mit dieser Er r egung, so lange sie nichts weiter ist als eine analytische Fiction, kann er dann im Räume stillstehen, oder fortschreiten, stetig oder sprungweise, nach Belieben, kann Theile des Mittels oder Wellen überhüpfen und hat immer Recht; über populäre Anschauungswelsen in der Undulatlonstheorie. 711 wie er aber diese Erregung „Ton quelle'" zu nennen anfängt, be- ginnt er höchlich Unrecht zu haben. Hier kann er die Strömung nicht mehr ignoriren, sondern mnss die Tonqnelle mit der Strömung gehen lassen, denn, wenn die Tonquelle mit der Strömung nicht gehen will, so geht die Strömung mit der Tonqnelle. Ebenso verhält es sich mit dem Beobachter: so lange ich diesen als imaginären Punkt des Raumes aufTasse, kann ich ihm jede ])ellebige Rolle zu- theilen und kann ihn hören lassen, was ich will, so w ie er aber ein wirklicher Beobachter wird, geht auch er in der Strömung tmd wenn er nicht will, so geht die Strömung mit ihm. Hieraus folgt, dass ich, in meiner, eine permanente Strömung zu Grunde legenden Theorie, allerdings das Recht habe, eine Erregung fortschreiten zu lassen, und auch sogar Ton quelle zu nennen, unter der Bedingung, dass Strömung und Fortschreiten in einerlei Richtung und mit einerlei Geschwindigkeit stattHndeu : bei der älteren Theorie jedoch, der der Zustand des stabilen Gleichgewichts zu Grunde liegt, hat man dieses Recht nicht, sondern muss mit der Erregung stehen bleiben, wenn man sie Tonquelle nennen will. Gleichwohl ist, wie gesagt, diese Theorie, welche die Welle aus unzähligen Erregungen zusammen- setzt, im Vergleich mit der Explosiven, entschieden die edlere, sie steht als intogrirender Bestandtheil der meinigen da und bietet selbst analytische Schönheiten, was mich bestimmt, sie der geehrten Classe, in Bezug auf eine plane und auf eine Kugelwelle, im Anhange dieses Vortrages mitzutheilen. Sie werden daraus ersehen, dass die er- wähnte Übereinstimmung der Dopp 1 e r'schen Theorie mit dieser geläuterteren eine sehr geringfügige Parzelle sei. Ich nehme mir ferner vor, dieselben Probleme auch in meiner Theorie zu behandeln, Rücksicht nehmend auf die Strömung, die durch die Bewegung der Tonquelle erzeugt wird und Sie werden gewahren, dass die Resul- tate ganz andere, dermassen von den Doppl er'schen verschiedene sind, dass man seiner Theorie und auch derjenigen, die ich durch Befreiung von der Hypothese der explosionsweisen Mittheilung aus ihr erhielt, nicht einmal den Werth einer ersten Annäherung zu- schreiben kann. Im gegenwärtigen Augenblicke jedoch könnte die Mittheilung meiner Rechnungen, gegenüber der Behauptung, dass meine Theorie irrig sei, offenbar gar nichts nützen, weil man con- sequenterweise das Prädicat „irrig" ebenfalls darauf anwenden würde. Ich kann es daher vor der Hand nur so juachen, wie es 712 Petzval. meine Herren Gegner tliun; ich wende mich, von meinen analyti- schen Hülfsmitteln keinen Gebrauh machend, lediglich an den ge- meinen Verstand und nehme mir nur die Freiheit, denjenigen Fall herauszuheben, wo die Unterschiede etwas greller ins Auge fallen : eine schallende oder leuchtende unbegrenzte Ebene, welche in der auf sie senkrechten Richtung in Bewegung gesetzt ist. Wir wollen dasjenige, was über diesen Fall die Doppler'sche Theorie und was der gemeine Verstand sagt, einander gegenüberstellen : Nach der Doppl er'schen Theorie werden bei der Bewegung dieser schallenden Ebene die Theile des Mittels vor derselben all- mählich überholt und im Rücken gelassen — der gemeine Verstand sagt: dass eine Tonquelle in Gestalt einer solchen Ebene nicht denk- bar sei, welche die Theilchen des Mittels überholen und im Rücken lassen könnte und dass die Theilchen, welche sich vor der Ebene und in der Nähe oder im Contacte mit derselben befinden, durch die ganze Dauer der Bewegung dort anzutreffen sein werden. Nach der Doppl er'schen Theorie fallen die Impulse, aus denen er seinen Ton zusammengesetzt denkt, auf stets andere und andere Theilchen; sieht man aber von der explosionsweisen Mittheilung ab und betrachtet die Welle als das Resultat unzähliger Impulse, so werden nach der Doppl er'schen Theorie die verschiedenen Oscil- lationsphasen stets an andere und andere Theilchen des Mittelpunktes tragen — der gemeine Verstand sagt: dass die Mittheilung, von der Tonquelle aus, immer nur direct stattfinden könne an die derselben beständig anliegende Schichte des Mittels; diese erhält also die ganze Schwingung und nicht bloss eine Phase derselben, die in grös- serem Abstände befindlichen Theilchen aber bekommen eben dieselbe ganze Schwingung indirect durch eine Art Zwischenhandel. Hierin liegt nun ein grosser Unterschied : nach der Einen Ansicht nämlich kann eine beliebig schwingende Tonquelle jede andere, von der eigenen verschiedene Schwingungsweise an die Theilchen des Mittels übertragen, der Natur der Sache nach aber nur die eigene und keine andere. Nach der Doppl er'schen Theorie befindet sich, wenn die Ge- schwindigkeit, mit der die schwingende Ebene fortschreitet, jener der Fortpflanzung des Schalles in ruhiger Luft gleich oder ihr über- legen ist, vor dieser Ebene gar keine Erregung, gar keine Welle, weil jede Erregung und jede Welle, alsogleich, nachdem sie geboren über populäre Anschauungsweisen in der UnduUitionstheorie. 713 ist, auch zui'ückgelassen wird — der gemeine Verstand sagt: dass Erregung nothwendigerweise bei einer jeden Geschwindigkeit statt- finden müsse vor und hinter der Ebene und dass sie, wenn man nur die Zeit t genügend wachsen lässt, in beliebiger Entfernung vorne und auch rückwärts anzutreffen sein wird. Die Dop pler'sche Theorie statuirt unendlich kleine Wellen- längen und auch negative (!) — der gemeine Verstand muss sie, nach meiner Meinung, wo sie in einer Theorie erscheinen, als eine deductio ad absurduui auffassen. Dieser Zwiespalt nun, in welchem nicht bloss die Dopple r' sehe Theorie, sondern auch die durch das Aufgeben der Hypothese der explosionsweisen Mittheilung Veredelte, mit den Ergebnissen des gewöhnlichen Verstandes geräth, überzeugt uns von der Nothwendig- keit, Rücksicht zu nehmen auf den durch die Bewegung der Ton- quelle veranlassten Strömungszustand, so zwar, dass, wenn man diesen letzteren ausser Acht lässt, Resultate hervorgehen, die in keinem Falle auch nur annäherungsweise richtig sind und von den in der Natur stattfindenden Erscheinungen, also auch den Ergebnissen eines gediegenen Experimentes nothwendig himmelweit ver- schieden ausfallen müssen. Meine hochgeehrten Herren Gegner haben in ihren letzten Vor- trägen gesprochen von objectiv und subjectiv — ich weiss zwar nicht, was damit gemeint sein soll, das ist aber klar und jedem Leser unmittelbar ohne Mühe ersichtlich, dass die Theorie des Herrn Berg- rathes Doppler von einem rein objectiven Vorgange spreche. Denn wiewohl darin ein Beobachter vorkommt, so spielt er darin doch keine Rolle; ferner habe ich in seiner Darstellung des objectiven Vor- ganges zwei, ebenfalls rein objective, bereits zur Sprache gebrachte Irrthümer entdeckt, die natürlich ebenfalls rein objectiver Natur sind. Ich sehe daher gar nicht ein, wie hier das Subjective zur Rettung des Objectiven beitragen soll. Überdem ist sein unendlich hoher und sein negativer Ton, subjectiv eben so gut wie objectiv, unmöglich und dies zwar was er auch für eine der Wissenschaft würdige De- finition des Subjectiven geben möge. Ich erlaube mir zum Schlüsse noch ein Paar einfache Worte, welche aber doch, trotz der Bescheidenheit mit der ich sie äussere, wieder einiges Missfallen erregen werden: Einer meiner Herren Gegner will nicht zugeben, dass es eine grosse und kleine Wissen- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. 47 714 Petzval. Schaft gebe, sowie es einen grossen und kleinen Krieg gibt. Kehren wir also die Sache um und sagen wir: Wenn es auch keine grosse und kleine Wissenschaft gibt, so gibt es doch, um die Interessen der Einen und einzigen Wissenschaft, einen grossen und kleinen parla- mentarischen Krieg. Der grosse geht mit logischen und mathema- tischen Gründen, gerade, wie ein Pfeil, auf sein Ziel los, sucht den Irrthum aufzudecken und neue Wahrheiten zu finden oder fester zu begründen — der Kleine greift Redefiguren und allegorische Leucht- thürme an. Die Folgen sind dieselben wie beim Kriege überhaupt; meine Herren Gegner erscheinen, in demselben Augenblicke als sie sich für Verbündete erklären, bereits in gegenseitigen Zwiespalt versetzt und es erscheinen auf einmal auf dem Kampfplatze drei Meinungen wo nur zwei vorhanden sein sollen. Die Theorie des farbigen Lichtes der Doppelsterne ist in sich zusammengefallen, und selbst der Rückzug nach der schönen objectiv-subjectiven Yer- theidigungslinie, sohin nach dem poetischen Gebirgslande der Physio- logie, gefährdet. Sollten meine hochgeehrten Herren Gegner aus diesen Thatsachen, deren Richtigkeit sie wohl selbst zu fühlen an- fangen werden, nicht Anlass nehmen, fürderhin nur die Sache, mit allem derselben würdigen Ernste und allen Hülfsmitteln, die die höhere Wissenschaft bietet, zum Gegenstande ihres, nicht bloss an- gedrohten, sondern wirklich ausgeführten Angriffes zu machen? Ich würde meinen, dass dies den Interessen der Wissenschaft am meisten zusagen dürfte. Ich glaube nun, den letzten Äusserungen des Herrn Regierungs- rathes v. Ettings hausen zufolge, den gegenwärtigen Stand unse- res Streites richtig zu erfassen, wenn ich annehme, dass meine Theorie von ebendemselben in allen wichtigen Punkten bereits aner- kannt sei, dass nur einige Bedenken übrig bleiben, die ich vermittelst derjenigen Erläuterungen zu heben hoffe, welche den Gegenstand meines zweiten Vortrages, vom 21. Mai, gebildet hätten, wenn die meiner Theorie gemachten Vorwürfe mich nicht genöthigt haben würden, einen andern Weg einzuschlagen, Erläuterungen, die im Wesentlichen die An wendungs wei se meiner Theorie und ihre Tragweite betreffen. Dann aber glaube ich, dass es erspriesslich sein werde, um den Gegenstand in das vollste Licht zu setzen, die Folgerungen, welche aus den drei verschiedenen bisher zur Sprache gebrachten Theorien : über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. 715 der Doppler'schen, der durch das Aufgeben der Hypothese der explosionsweisen Mittheihing Veredelten , aber auf die hervorge- brachte Strömung nach keine Rücksicht Nehmenden, die der Herr Regierungsrath zu vertheidigen scheint , und endlich der Meinigen, die überdies auch die Strömung in Rechnung zieht , in den allerein- fachsten Fällen Avenigstens, hervorgehen, nebeneinander zu stellen. Ich fange damit an, die zweite derselben und das zwar in Anwen- dung auf die Theorie des Schalles , der in einem Mittel von gleicher Elasticität nach allen Seiten erregt ist, derDiscussion zu unterwerfen. Man hat dabei nur mit einer einzigen partiellen DifTerential-Gleichung zu thun, die bekanntlich folgende Gestalt trägt : ^=s.r^_i_^ i_!fül (1) de Vdx^ ' (hf ^ dHl und der man unter andern Genüge leisten kann: Erstens durch solche Werthe von ^, die nur x und t in sich enthalten, von y und z aber unabhängig sind, sohin in allen Punkten des Raumes, wo x denselben Werth bekömmt auch identisch dieselben sind — dies gibt plane, auf die Coordinatenaxe der X senkrechte Wellenebenen. Die DifTerential-Gleichung (1) nimmt unter der Voraussetzung von Solchien die einfachere Form: an und es lässt sich sehr leicht nachweisen, dass das allgemeine Integral mit zwei willkürlichen Functionen bestimmter Grundgrössen versehen sei und so ausschaue: ^ = /-(^_sO + i^(x-i-sO- (2) Man kann aber auch zweitens die Gleichung (1) erfüllen durch anstatt ^ gesetzte Functionen der Zeit t und des aus dem Anfangspunkte der Coordinaten zu dem Orte x, y, z im Räume geführten Leitstrahls r, welcher durch die Gleichung: rä = jr.2 -1-1/3 + S2 * (3) 47 "■' 716 Petzval. gegeben ist. Denn betrachtet man ^ zunächst als eine Function von r und nur insofern als eine von x, y, z als diese Variablen in r enthalten sind, so geht die Differentialgleichung (1) über in: eine Gleichung, aus der die Coordinaten x , y , z herausgefallen sind und in der man sich durch unmittelbare Substitution überzeugen kann , dass sie folgendes allgemeine , mit zwei willkürlichen Func- tionen versehene Integral habe : (ö) ^ = 1. f(r-st) ^ — F {r ^st) , T V und diese zwei allgemeinen Integrale (3) und (S), deren Erstes Erregung in einer Ebene, das Zweite aber Erregung auf der Oberfläche einer Kugel im Räume verfolgt, wollen wir der Keihe nach vornehmen. Wenn im Anfange der Zeit t Erregung nur in denjenigen Punk- ten des Raumes vorhanden ist, die in der Nähe der Coordinaten-Ebene der YZ liegen, etwa zwischen x^= — d und x=-\-8, unter d eine sehr kleine Linie verstanden, so haben die Functionen / (w) und F (u) von der Nulle verschiedene Werthe nur für solche u, die zwischen diese sehr nahen Grenzen fallen, also zwischen x = st — d und X ■= st -{-d, d. h. die Erregung pflanzt sich mit der Geschwin- digkeit s im Räume fort, ohne dass die Dicke 2^ der erregten Schichte eine andere wird. Lässt man nun eine ganze Reihe solcher Erregungen beim Wachsen der Zeit t aufeinandeffolgen , die ihrer Intensität nach am Ende der Zeit 6 dem unendlich kleinen Factor sin. kd dO proportional sind, so hat man eine schwingende Bewegung mit der Schwingungsdauer — vorausgesetzt. Nimmt man noch über- dies an , dass eine solche periodische Erregung mit der Geschwin- digkeit c im Räume längs der Axe der X. fortschreite , so ist das in die Entfernung x von der Coordinaten-Ebene der YZ nach Ablauf der Zeit t fallende ^ gegeben durch folgende Formel : (6) f = r* f(x — cH—s{t — H)\ sin kH . dH -|- -!- r^Fix — cH J^s{t — H)\ sin kH . dH. über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. 717 Um die hier angedeuteten Integrationen zwischen den Grenzen 0 und t zuvörderst im ersten Bestandtheile von ^ durchzufuhren, führen wir eine neue Veränderliche u ein durch die Substitution : woraus : X — st — u ü == dß^ ^ und die neuen Integrationsgrenzen : «1 = or — st , u^ = X — et sohin : r* f{x — cH — s (f— ^)) sin kß .dß = f x—ct f(iC\du ^ ^ sin (x — st — u) X — st und eben so: / F(a:— c9 + «(?— 6)) sin k^ . db = 'x+stF(u) du . k f c-irS Sin — (x -\- st tf). In diesen Formeln ist s die Geschwindigkeit, mit welcher die schwingende Bewegung im Räume fortgepflanzt wird, c aber die Geschwindigkeit, mit welcher man die Erregung schreiten lässt. Wir werden nun zuvörderst s von c verschieden annehmen und dann den Fall betrachten, wo s nahe gleich c ist. Im ersteren Falle kann man, da f(u) nur für sehr kleine Werthe von w merklich von der Nulle verschieden ist, und für solche u, die die sehr kleine Linie c, d. h. die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit grösser als die der Erregung, so werden, für AVerthe von x, die grösser sind als st, sämmtliche Integrationsgrenzen, die in der vorliegenden Formel vorkommen, positiv und, wenn man auch nur x = st-{-d wählt, sämmtlich grösser als d, also die Functionen/" und -F für alle innerhalb der Integrationsgrenzen liegenden Werthe von u der Nulle gleich , was offenbar die Integrale selbst verschwin- den macht, d. h. über die Strecke x = st-\~d hinaus ist die un- dulatorische Bcm egung noch nicht geschritten. Dort ist also zu Ende der Zeit t noch Ruhe. Denken wir uns dagegen x negativ gewählt, und kleiner als — st, wenn auch nur x = — st — d, so werden wieder alle in der Formel (7) vorkommenden Integrationsgrenzen negativ, und abermals beide bestimmte Integrale der Nulle gleich, d. h. über a? = — st — d, nach der negativen Seite der Coordinaten hinaus, ist die erregte schwin- gende Bewegung auch noch nicht gelangt, sie ist daher zwischen x= — st — d und X = st -\- S eingeschlossen. Zwischen diesen Grenzen aber und namentlich für positive Werthe von x, die kleiner sind als st, aber grösser als ct. wird der erste Theil des für ^ vor- liegenden Ausdruckes (7) von der Nulle verschieden ausfallen, da von den zwei Integrationsgrenzen die untere negativ, die obere positiv ausfällt, und man wird sie ersetzen können durch — d und -^d, Aveil ausserhalb dieser sehr nahe aneinanderliegenden Grenzen die Func- tion f (m) verschwindet. Der zweite Bestandtheil von ^ aber bleibt der Nulle gleich , da beide Integrationsgrenzen positiv sind. Man hat daher für x > et, d. h. vor der Erregungsstelle und zugleich < st: (8) ? = 7^ «"» 737 ix—st)J^^ f(u) du über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. T19 oder, da offenbar das hier als Factor erscheinende Integral eine Con- stante andeutet, die wir mit A bezeichnen wollen, A . k . , t= sin (x — st). ■» S — (! c — s ^ Dieser Ausdruck repräsentirt einen Ton, dem die Schwingungs- dauer : 27r (s — c) ^-—Ys ' die Wellenlänge: . _ 27r (s — c) und die Oscillationsamplitude: A a = , also die Tonstärke: A^ J = (_s-ey angehören, also ein desto höherer, schriller und mehr ohrenzer- reissend werdender Ton, je näher c an *• fällt. Man könnte allenfalls darauf ein neues Vernichtungsmittel im Kriege gründen , so eine Art Pulverdampf- Sirene als Projectil, um den feindlichen Schaaren das Trommelfell zu zersprengen — wenn man nämlich an die Theorie glaubte. Nehmen wir dagegen x< et an und zugleich x > — st, so ver- schwindet der erste Theil des Werthes (7) von ^ und der zweite gestaltet sich von der Nulle verschieden. Man hat daher hinter dem Orte der Erregung : fi = sm (x -{- st) , wobei Kürze halber : F (u) du = B 720 Petzval. gesetzt wurde. Dieser Ausdruck repräsentirt einen andern Ton , dem die Sehwingungsdauer : 27r (s + c) die Wellenlänge; ks ^ _2r(. + cO und die Oscillationsamplitude; B s -{- c also die Tonstärke : J = ß2 (s + cy zukömmt, also ein tiefbrummender, gänzlich ungefährlicher Ton. Hie- bei ist der Fall, wo x = et, oder x = st ist , oder auch x = et ±d' angenommen und d' < d gedacht wird , nicht in Betracht gezogen. Es erscheinen in demselben anstatt des A und B nur andere, die Schwingungsamplitude bestimmende Factoren. Von all den hier aufgezählten Ergebnissen liefert die Dopp- ler'sche Theorie nichts als die Wellenlänge und die Schwingungs- dauer in soferne, als sie identificirt wird mit der Zeit, binnen welcher im ruhenden Mittel Eine Wellenlänge zurückgelegt wird. Schreiten wir jetzt zur Erörterung der folgende Annahme c > s, d. h. untersuchen wir, was dann geschehe, wenn man die Erregung, mit grösserer Geschwindigkeit als der des Schalles im unbewegten Mittel, fortschreiten lässt. Dieselbe Form (7) ist auch für diesen Fall noch gültig, nur wird, wenn man x> st sein lässt, der erste der beiden Bestandtheile von ^ nicht wie im vorigen Falle gleich Null, sondern von der Nulle verschieden ausfallen. Verschwinden wird dieser erste Bestandtheil nur für solche Werthe von x, die auchc^ überschrei- ten, während der zweite stets gleich Null bleibt, so lange x zwischen — st und — cx> enthalten ist. Wir haben daher Erregung in einem grösseren Baume, nämlich zwischen x= — st — dx und =-{-et-]-d, vor der Erregungsstelle , für Werthe von x die et -{-d überschreiten. über populäre Anschauungsweisen in der Fndulationstlieorie. 721 wird ^=0; dort ist also keine Bewegung. Hinter derselben und zwar zwischen x= et und x = — st, also in dem ganzen Räume in den sich überhaupt Bewegung verbreitet hat, taucht der zweite Theil von p von der Nulle verschieden auf, Avährend der erste Theil nur in einem beschränkteren Baume, vona: = s^ — 3 nämlich bis x = ct-{-d, von der Nulle verschiedene Werthe erhält. Nennen wir also ^i und ^3 diese beiden Bestandtheile von ^, so dass man: hat, so bedeuten dieselben alle beide schwingende Bewegungen hinter der Erregungsstelle, aber von verschiedener linearer Ausdeh- nung hinter derselben. Die dem ^r^ zukommende lineare Ausdehnung ist nämlich (c — s^t, während die grössere, dem ^^ angehörige, (c-f-s)^ ist. Übrigens sind diese beiden Bestandtheile gegeben durch die zwei Gleichungen : Ä . k ^ £1 = sin (X — st) s — c c — s -^ B , k ^ Aa = sin (x 4- st) , ^ s + c s + c ^ ^ und es ist der Erste von ihnen dem früher erhaltenen (8) dem Zeichen nach entgegengesetzt, der Zweite aber mit dem ebenfalls bereits angeführten (9) identisch. Auch die Constanten A und B sind mit den Grössen dieses Namens, die wir schon früher kennen gelernt haben, sonst gleichbedeutend. Zwischen den beiden Fällen c <.s und c > s d. h. einer kleineren Geschwindigkeit der Erregungsstelle als die der Fortpflanzung des Schalles in der ruhigen Luft und einer grösseren solchen, befindet sich ein dritter mittlerer, nämlich c nahe gleich s. Unsere Formel (7) liefert für denselben einen ersten Bestandtheil von ^, der einen un- endlich hohen Ton mit unendlicher Schwingungsamplitude darstellt, was , wenn eben diese Formel auch für den angedeuteten Mittelfall zu Recht bestände, ein absurdes Rechnungsresultat zu nennen wäre. Dem ist aber nicht so, weil, wie schon erwähnt, in diesem Falle nicht erlaubt ist, den Zusatz u unter dem Zeichen sin. wegzulassen. Während daher der zweite Theil von ^ seine Form, die er in der (10) (11) 722 Petzval. Formel (7) trägt, beibehält, muss der erste durch die frühere ur- sprünglichere ersetzt weiden; jnan hat also für Werthe von c, die nahe an s liegen : /^~«t f(u)du k — sin (x — st — u) 4- s — c s —c ^ X — et 1 k /^« + at -\ sin (x -A- st) 1 F (u) du. s + c s + c ^ ' ^^ ^ ^ X — et Dieser erste Theil, den wir abermals mit ^^ bezeichnen wollen, kann, in zwei Theile zerlegt, auch so geschrieben werden: 1 , k . ^ r^~'^* ^ r ^ ku _ ^1 = sin (st — x) I / (w) cos du ^ s — c s — c ^ -^ ^ • ^ y g — g (12) COS (st — X) I f{u} sin du s — c s — c ^ ^.y s — c X — st und es hängt die Beschaffenheit von ^Tj offenbar von den beiden bestimmten Integralen ab, die in der vorliegenden Gleichung erschei- nen. Zu ihren Werthen gelangt man aber durch die Berechnung des Einen Integrales: /x — et *» 4/ ^ du. sein reeller Theil wird nämlich das eine , der imaginäre das andere von ihnen liefern. Ist nun in aller Strenge s = c, so wird, wegen des Zusammenfallens der Grenzen, E der Nulle gleich. Denkt man sich aber c von .9, wenn auch noch so wenig, verschieden, so wird das Intervall zwischen den Integrationsgrenzen, welches = (s — c) t ist, wenn man nur t gross genug macht, nach Belieben grösser als 2d , d. h. als der Bereich der sensiblen Werthe von f (u), ausfallen. Man wird daher, unter der Voraussetzung eines so grossen t, die In- tegrationsgrenzen abermals durch — ^ und -\-d ersetzen können, ja man wird sich darauf beschränken können, nur das zwischen den Grenzen 0 und S genommene Integral der Betrachtung zu unter- werfen, weil, was von diesem gilt, offenbar auch auf das zwischen 0 und — d genommene Anwendung findet. Endlich ist es klar, dass die unter dem Integralzeichen erscheinende trigonometrische über populäre Anschauungsweisen in der ündulationstheorie. 723 Function oder imaginäre Exponentielle bei geringem Wachsthume von M ausserordentlich rasch variire und namentlich periodisch densel- ben Werth wieder annehme, Avenn dem u das kleine Increment — zu Theil wird. Setzen wir daher : K TT (S c) 2k = £, so ist e eine dermassen kleine Linie, dass man sie selbst in d als sehr oft enthalten ansehen kann. Wir bekommen daher vermittelst Zerlegung des Integrationsintervalles d in kleinere Intervalle s: E= I f(u) e^^c~^ du es-c du (13) /2e ku ^ . + ^5 ^"YIli wobei ; e«— "^ du '(r-i), (r— i; t(T-')+/'c='^)+-] +V^^{^[ao) + /■ W - /■ (30 - /'(30 + /(^O +• •] Wir stellen sie, um ihre Brauchbarkeit durch Vereinfachung zu erhöhen, unter der bereits gemachten Voraussetzung, dass r eine beträchtliche Zahl sei, in eine andere um, auf folgende Weise: Wir bemerken zuvörderst, dass je vier Glieder wie : /•(0)-/-(0-/'(20+/'(3 0 über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. 725 zusammengezogen werden können in ein einziges, da man hat: -no=-fio)- rxoy- r(o)y- -/•(20=-r(o)-2r(o)s-4r(o)y- +A30 = + /• (0) + 3r(0)s +9/- '(0) ^ + also addirend : /•(0)-^(s)-/-(2 0+/(3 0--2r(0)^« + .... Dies gibt, für zwei der in unserer Gleichung enthaltenen Rei- hen, folgende Werthe: /•(o)- /-(o - / (20 -f f (3s) + nu) - ... = 2r(0) s^ + 2/-"(4s) £^ + 2/-'(80 .c« 4- 2r(12s) .^ + . . . A0)+/-(O -/"(^O -/(SO + /"(^O +••• = /■ (0) + 2/-" ( O ^^ + 2r'(ö 0 s^- + 2r'(9 s) s^ ... die sich, da man nach den Grundlehren der bestimmten Integrale in erster Annäherung hat : 4r(o) .+4r (40 s-f 4r(8o ^^- =y n^) ^/« = r\^) -f (0) - -/•' (0) , 0 kürzer auch so schreiben lassen: /'(o)-r(o-A2o 4-/(3 0+^(40- =-|r(o)^- A0)+/-(0-/-(20-/'(30 +/"(40 + =- = /" (0) - 1 r (0 ^ = /• (0) - 4- r (0) £ nahezu. Auf ähnliche Weise wird auch die , ebenfalls in der Gleichung (14) vorkommende Reihe: r(o)-r(2o-i-r(4o-/'(60 + 726 Petzval. und jede ähnliche, in der die einzelnen Glieder und nicht die Glie- derpaare das Zeichen wechseln, behandelt und wo man paarweise zusammennehmend erhält : r(o)- r(2s)+ /"(io - r(6o + = — 2f' (0)£ — 2f' (4£)£ — 2f' (8£)£— Diese Rechnungen führen nun zum folgenden , bis inclusive auf Glieder der zweiten Ordnung nach e genauen Werthe von E: s — c E = ^f(0)V—i -f (0)(- und somit : (15) ^0 r(:it)sm^_du^ f (0) Jjlil^ f In unseren früheren Formeln erscheinen aber nicht diese zwi- schen den Grenzen 0 und d, sondern die ähnlichen zwischen — d und -\-d genommenen bestimmten Integrale. Um zu diesen zu gelangen ist noch nöthig, die zwischen — 3 und 0 gerechneten solchen zu den vorliegenden zuzusetzen. Man kann sie sich genau auf dem ein- geschlagenen Wege verschaffen, kann sie aber auch aus den Formeln (15) ableiten, indem man einestheils bemerkt, dass die in denselben vorkommenden bestimmten Integrale ihre Werthe nicht ändern, wenn man in ihnen /"(«/) in f ( — ii) verwandelt, andererseits aber die beiden bestimmten Integrale : /" (m) cos —du, und / f {}i) sin — — du — 0 — 8 durch Einführung der neuen Veränderlichen — u anstatt u über- gehen in: r %o cos J^^du =^ pn-u) cos J^du ==-r(o) (^t r /■(") «*" ^^*' "" —Jf(—u) sin j^^du = — /"(O) ^ ; (16) über populäre Anschauungsweiaea in der Undulatioiistheorie. 727 diese endlich zu den früheren addirt, geben die gesuchten zwischen den Grenzen — d und -\-d genonniienen, nämlich : p' f 00 cos ^ du == _ 2r(o) (-^); I f («) sin — — du^=Q , die man nunmehr in den Werth (12) von ^i einzuführen hat, um für diesen Einen Theil der erregten schwingenden Bewegung, die für s = c, nach dem übereinstimmenden Urtheile meiner beiden Herrn Gegner, den unendlich hohen Ton geben soll, den Werth zu erhalten : ^1 = 2 i^ f (0) sin -^^{x- si) , (17) der allerdings einen unendlich hohen Ton, kraft des ihm als Factor s — c anhängenden sin. darstellt, aber kraft des anderen Factors ■ — ~ einen mit der Schwingungsamplitude 0 Versehenen, also mit anderen Wor- ten gar keinen Ton. Dies ist aber auch ganz natürlich und es hätte auch der Rechnungen nicht bedurft, um zu diesem Resultate zu gelangen: die ganz populäre Überlegung genügt vielmehr, um die Überzeugung zu erringen, dass eine Erregung, kraft Avelcher alle möglichen Schwingungsphasen auf einmal in demselben Momente nach Einem und demselben Punkte des Raumes gelangen, alldort gar keine Bewegung zur Folge haben könne, eben, weil diese Schwin- gungsphasen sich aufheben, oder, wie man zu sagen pflegt, zu gar keiner Bewegung interferiren. Herr Doppler sagt zwar in seiner Theorie „Über das farbige Licht der Doppelsterne" S. 7, dass die- ser unendlich hohe Ton gar nicht mehr vernehmbar sei , meint aber augenscheinlich nur wegen seiner Höhe nnd nicht darum, weil er gar nicht da ist, denn seine Theorie bietet gar kein Mittel zur Kennt- niss der Tonstärke zu gelangen; diese Kenntniss ist vielmehr der Hypothese der explosionsweisen Mittheilung der Undulation an das Mittel aufgeopfert und in diesem Punkte scheint mir die Behauptung des Herrn Regierungsrathes v. Ettingshausen : dass die Resultate beider Theorien genau übereinstimmen einer Erläuterung, um nicht zu sagen Berichtigung , fähig zu sein. 728 Petaval, Die bisherigen Rechnungen gründen sich auf die Voraussetzung eines allerdings ganz imaginären, in einer Ebene von unendlicher Ausdehnung stattfindenden und im Räume mit constanter Geschwin- digkeit fortschreitenden Erregungszustandes; man könnte daher einwerfen, dass es unendliche schallende Ebenen nicht geben könne und dass die Tonquelle stets ein begrenzter Körper sei, man sohin die Erregung von einem begrenzten Theile des Raumes ausgehend anneh- men müsse, wenn man zu Resultaten gelangen will, die mit der Er- fahrung übereinstimmen sollen. Wir wollen daher, um diesem Elin- wurfe zuvorzukommen, Erregung stattfinden lassen in der Oberfläche einer mit dem Halbmesser R beschriebenen und mit der Geschwin- digkeit c längs der Axe der X bewegt gedachten Kugel. Die Glei- chung dieser Fläche am Ende der Zeit ^ ist : unter x', y' , z' , die Coordinaten eines beliebigen Punktes der Ober- fläche verstanden. Die Formel , von der wir jetzt Gebrauch machen müssen , um die , von einem , am Ende der Zeit 0 von der erAvähnten Kugelfläche ausgehenden, an Intensität dem sin. kß dB proportio- nalen Impulse, verursachte Rewegung im Räume zu verfolgen, ist jetzt die (5), nur wird man, weil sich dieselbe auf eine aus dem Anfangspunkte der Coordinaten beschriebene Kugel und auf die Zeit f = 0 als Erregungsanfang bezieht, wir aber eine Erregung am Ende der Zeit 6 und zwar in einer sphärischen Fläche, die mit dem Radius R aus dem Punkte x = c6, y = z = 0 beschrieben ist, voraussetzen in derselben anstatt x schreiben x — cß , t verwandeln in t — 0 und überdies noch den Factor sin. kH dß hinzufügen. Dasjenige also, M^as , von dem am Ende der Zeit 6 stattfindenden unendlich kleinen Impulse, nach Verlauf der ferneren Zeit t — H, also im Ganzen ge- nommen am Ende der Zeit t, an Rewegung nach dem Orte x, y, z des Raumes gelangt, ist gegeben durch die Gleichung: , sin. kQ (10 „r^ / ^ ^^\ + 7pr^W|?=r ^('' (— '•'> + *= + =' + ^ ('- ^))- Findet eine ganze Reihe ähnlicher kleiner Impulse statt, in ver- schiedenen Zeiten 6, welche sich zu dem von sin. kB repräsentirten über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. 729 Tone mit der Schwingungsdaiier — - ergänzen, so hat man von dem vorliegenden Werthe von ^ nur das Integral nach 6 zwischen den Grenzen 0 und t zu nehmen, um die von einer solchen wandernden Erregung herrührende Oscillationsgrösse ^ im Punkte x , y , z zm erhalten. Man wird also haben : ^ r^ sin kB de c^,- X (18) die zwei Bestandtheile, aus denen ^ zusammengesetzt ist, wollen wir auch hier mit |i und |ä bezeichnen, so dass : wird. Wir nehmen ferner an, dass der, von der Oberfläche der mit dem Radius R beschriebenen Kugel ausgehende elementare Impuls nur in einer geringen Entfernung von dieser Oberfläche nach innen und aussen merkbar sei, so sind die Functionen f (r) und F (r) nur zwischen den engen Grenzen r ^= R — d und r = i? -|- <5, also in einer sphärischen Schichte von der Dicke 2^ , merklich von 0 ver- schieden und unter diesen Voraussetzungen wollen wir nun zur Inte- gration der in der Formel (18) enthaltenen Differentialausdrücke schreiten. Wir beginnen mit: ^ W sin. kO dB „ /^ -t ^-r ^ ,^\ 0 und bemerken alsogleich , dass der allgemeinen Integration für belie- bige Werthe von y und s des vorliegenden Differentialausdruckes Schwierigkeiten im Wege stehen, nach deren Überwindung M^r uns um desto weniger sehnen, als wir selbst von der Unzulänglichkeit selbst dieser veredeiteren Theorie überzeugt sind und die gegen- Avärtigen Rechnungen nur desshalb da sind, um zu einer erschö- pfenden Vergleichung der drei in Rede stehenden Theorien zu dienen und zugleich alles dasjenige, was sich allenfalls aus dem Standpunkte der höheren Wissenschaft zu Gunsten der Doppler'schen Anschau- ungsweise sagen lässt, vorzuführen. Da nun aber diese Letztere nur von Demjenigen spricht, was in der Richtung der Bewegung der Ton- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. III. Hft. %8 730 Petzval. quelle, also nach unseren Betrachtungen in der Axe der x nach vor- und nach rückwärts, vor sich gehen soll, so wollen auch wir unsere analytischen Betrachtungen dadurch vereinfachen, dass wir den Vor- gang in denjenigen Punkten des Baumes nur, welche sehr nahe an der Axe der X liegen, wo also y und z sehr klein sind und y^ + z^ vernachlässigt werden kann, der näheren Erörterung unterziehen. Wir erhalten für solche Punkte : (19) ^ pi sin kd dB ^ ^ ,^, ^N 0 ^ /^t sin kB ilQ „ f ^ r. r s •^\ und hier wird uns das Integriren leichter gelingen. Wir führen zu diesem Behufe, den ersten dieser heiden Werthe, den von ^j nämlich vornehmend, eine neue Veränderliche ein, mittelst der Substitution: X St-\-Q{s c) = ß-j-M woraus : f. R + II — xi-st j r, du S f s — c folgt; die Integrationsgrenzen aber werden: u' = X — st — R , u" = X — et — R und somit: (20) ^, = r '' "" ^ f(R-\-u)8ink In Folge der vorausgesetzten BeschafTenheit von /"(ß -]-«), die nur für sehr kleine u zwischen den Grenzen — 8 und -\-8 merklich von der Nulle verschieden ausfällt, kann man u, überall wo es als Zusatz erscheint, zu der in der Begel von der Nulle verschiedenen Grösse: s {x — et) — eR, oder auch unter dem Zeichen sin zu R — xA^st, letzteres aber nur wenn s nicht gleich e ist, weglassen, was sodann das Herausziehen eines von ii nicht abhängigen Factors von unter dem Integralzeichen möglich macht und so zu folgendem Werthe von ^^ leitet: (21) ^1 = .(.-co-c/i «"* ^' R--^yi ß-'^^-^ fiR^-u) du. x — st — R über populäre Anschauungsweisen in dei* UntUilalionstheorio. 731 Ist jetzt von den beiden hier vorkommenden Integrationsgrenzen die untere negativ, die obere positiv, d. h. ist o; enthalten zwischen ct-\-R und st -\- R, im Falle c <. s ist, so wird man anstatt der- selben — S lind -\- d schreiben können; setzt man nochüberdem: r^'f(R-^u) du = A, so bekommt man folgenden, vor der Erregungsstelle und in geringerer Entfernung als st -|- R geltenden Werth für ^i, nämlich: ^1 = s(_x-ct)-cR «^^ ^ s-c ' (^^) ausserhalb dieses im Räume bezeichneten Intervalles ist aber ^, = 0, innerhalb desselben entspricht ihm ein Ton, dessen Schwingungs- amplitude : A sQx — c f) — cR dessen Schwingungsdauer : 2 7rrs — c) T -^ ~ und die Wellenlänge : ^ 27r(s — c) A - f^ , ist — Ergebnisse, welche den für den Fall einer fortschreitenden Erregung in einer Ebene oben abgeleiteten , ähnlich sind. Hätten wir hingegen c > s, so Hesse sich von den beiden Inte- grationsgrenzen in der Formel (21) die obere negativ und die untere positiv machen, wenn man x > st -\-R und zugleich x — st — R und x <. et -\- R, also hinter der Erregungsstelle und in der Richtung der negativen x bis zu einer Entfernung (js -\-c)t-\- 2R. Für solche x wird man näm- lich, mit Rücksicht auf die Function F, die Integrationsgrenzen in -|-^ und — d verwandeln können und wird noch überdies: f F(R-^u)du^ B setzend zum Werthe von ^2 gelangen, nämlich; B . , R—x — st ^ ) I2 = -7 7^ 5 sin k s (.r — et) + c R s + c der aber, wie gesagt, nur innerhalb des früher bestimmten Raumes von der linearen Ausdehnung (^s-\-c^t-\-2R in der Richtung der Axe der X gültig ist, an den Grenzen dieses Raumes selbst aber ein anderer wird und ausserhalb derselben durch 0 ersetzt werden muss. Ihm entspricht ein Ton, dessen Schwingungsamplitude : s (.r — cf) +c R dessen Schwingungsdauer: 2 ;r (s + c) ks und dessen Wellenlänge : X = 2 ^ (^ + g) k ist, und der mit dem, unter ähnlichen Umständen bei stattfindender Erregung in einer Ebene, in Bezug auf die letzten zwei der erwähnten über populäre Anschauungsweisen in der Undulationstheorie. 733 drei Ton-Elemente, Schwingungsdaiier nämlich und Wellenlänge, zu- sammenfällt und sich von demselben nur in der Amplitude o. und Tonstärke : ,__ ?! *' — [s(x- et) + cß]2 unterscheidet; dort war nämlich die Tonstärke constant, von x und t unabhängig, hier ist sie variabel und deutet eine Abnahme an im um- gekehrten (juadratischen Verhältnisse der durchlaufenen Entfernungen, Der vollständige Werth von ^ sieht also so aus : ^ A . , R — X + st . c = —7 TT w sin k [- s {x — et) — eR s — c ' B . j R — x — st -] ; r Sin k . ' s(x — et) + cR s + c Wir haben jetzt nur noch den vorerwähnten MittelAdl, denje- nigen nämlich in Betracht zu ziehen , wo s von c wenig verschieden ist. Der gewonnene Werth von ^i bleibt hiebei ungeändert stehen, der von ^i jedoch hat desshalb eine Veränderung zu erfahren, weil man nicht mehr berechtigt ist, das u als einen sehr kleinen Zusatz anzusehen, Avie wir bei seiner Berechnung gethan haben. Es scheint nicht nöthig in Bezug auf den ganz genauen Werth s = c die Ana- lyse zu befragen; hier nämlich zerstört offenbar die fortschreitende Erregung in jedem folgenden Momente dasjenige , was sie kurz zu- vor in den Raum gelegt hat und setzt die in derselben liegende Be- Avegungsweise, also den in der Formel vorkommenden Sinus an die Stelle. Wir nehmen also an es sei: s = c-{- a, wo a zwar nicht 0 aber sehr klein ist. Das zwischen den Integrati- onsgrenzen in der Formel (20) für |, vorhandene Intervall ist nun at und man wird das / immer so gross wählen können, dass die Dicke 2(5 der erregten Schichte darin sehr oft enthalten ist. Denken wir uns überdies dem x einen Werth ertheilt, der zwischen et -\- R und st-\- R fällt, etwa : X = cf + ß + C, wo C< at , aber demungeachtet C>'5, etwa als ein Vielfaclies diC' ser kleinen Linie angenommen werden kann. Unter diesen Voraus- 734 Petzval. Setzungen wird nun der Nenner des unter dem Integralzeichen erscheinenden Bruches in der Gleichung (20) fiir ^i d. h. s(x — et) — c(^R-\-u) — (c -\- a) !^ -{- a R — cu zwar sehr klein aher doch von der Nulle verschieden sein, also der Bruch selbst sowohl, wie auch das Product aus demselben in f (7j_|-tt) eine stetige Function darstellen von derselben Natur wie die /■ (m) unserer früheren Rechnung war. Zudem wird man die In- tegrationsgrenzen gerade wie dort — d und -|-^ sein lassen können. Es finden daher die allda unter (IS), (16) und (17) abgeleiteten Ausdrücke auch hier wieder Anwendung , nur wird man : f (R -f u) f (^) 1"^ s{x—cl) — c{R + u) ' ., . . . r(fi-fto , ^/•(^ + ») r' rfi^ • r(^) , ^/•(^) / W "^ s(x-ct} — cR "1" [s(a; — t-O— cfip umwandeln , was zu folgender Formel für |:i leitet : ■cx2r f' (li) cf(K) -1 . , R — x-\-si die zu denselben Folgerungen berechtigt, zu welchen die (17) ge- führt hat, einen sehr hohen Ton nämlich mit sehr kleiner Schwin- gungsamplitude oder mit anderen Worten : gar keinen Ton. Da man die hier vorausgesetzte Erregung in der Oberfläche einer Kugel sehr leicht in eine solche in der nächsten Nähe eines Punktes verwandeln kann, indem man R sehr klein voraussetzt, so liegen hier offenbar vermittelst unserer Analysis die zwei extremsten Fälle einer schallenden unbegrenzten Ebene, und eines schallenden Punktes dem Leser dargelegt vor Augen. Eine gewisse Übereinstimmung zwischen den in diesen extremsten Fällen gewonnenen Resultaten dürfte uns nun der Betrachtung aller Mitlelfälle entheben, z. B. der Betrachtung eines schallerrcgenden unbegrenzten Cylinders, eines Ellipsoides und überhaupt einer begrenzten Fläche von anderer als sphärischer Gestalt. Wir glauben also genügende Daten zu besitzen , um zur vorläufigen vergleichenden Würdigung der beiden Theorien: der Doppler'schen nämlich und der hier vorgetragenen zu schreiten: über populäre Anscliaiitingsweiseii in tler Undulationstlieorie. 731) Der Ersteren habe ich bereits im Verlaufe dieses Vortrages zwei erwiesene, sehr wesentlich irrthümliche Voraussetzungen vor- geworfen : die der explosionsweisen Mittheilung nämlich, welche die Welle als untheilbares Individuum betrachtet, und die der Unfähigkeit des Mittels, an der progressiven Bewegung der Tonquelle theilzu- nehmen. Die hier vorgetragene Analysis ist frei von dem ersten die- ser Irrthümer, hegt aber immer noch den zweiten. Man kann auch nicht sagen, dass die in Rechnung gezogene , von der in Bewegung gesetzten Tonquelle verursachte Strömung, auf das Rechnungs- resultat und beziehlich auf den Vorgang der Erscheinung einen nur geringen Einfluss habe; denn es ist oben , aus ganz po- pulären Gründen , dem gewöhuHchen Verstände entnommen , darge- than worden, dass dieser Verlauf nothwendig ein ganz anderer sein müsse, dermassen verschieden von dem durch die Dopple r'sche Theorie dargestellten, dass dieser Letzteren auch nicht einmal an- näherungsweise Geltung zukommen kann. Gesetzt aber auch, es wäre dem nicht so und der erwähnte Einfluss wäre wirklich unmerklich, so würde dies der Dopple raschen Theorie an Werth noch gar nichts zusetzen und der Meinigen gar nichts nehmen, denn ich verlange von einer guten Theorie, dass eine solche Einflusslosigkeit, wenn sie stattfände, aus ihr hervorgehe als wichtiger Lehrsatz, der im Range eines Principes steht. Das von mir bewiesene und auch nicht wesent- lich angefochtene Princip der Erhaltung der Schwingungsdauer, in Verbindung mit der von mir vorgetragenen Analysis aus der es fliesst, führt aber zu ganz anderen, mit den Doppler'schen Ansichten in keiner Übereinstimmung stehenden Resultaten ; es ist daher an und für sich klar, dass es jetzt eigentlich an meinen Herren Gegnern wäre, den Mangel des Einflusses der strömenden Bewegung darzuthun , in der Weise, dass die aus ihren Anschauungsweisen gezogenen Rech- nungsresultate dadurch nicht wesentlich modificirt werden ; da dies nun aber unmöglich ist, weil man gegen den gesunden Verstand kei- nen wissenschaftlichen Beweis führen kann, so betrachte ich die Doppler'sche Theorie: „Über das farbige Licht der Doppelsterne" als abgethan , als erwiesenermassen irrig. Weil aber die hier vorge- tragene veredeitere, in Bezug auf gewisse Hauptdaten, namentlich Wellenlänge und Schwingungsdauer, mit ihr in gewisser wenn auch nicht vollständiger Übereinstimmung steht, so wird eben durch-diesen Umstand auch über sie der Stab gebrochen und derselbe Vorwurf 736 Petzval. des Irrthums kann auch ihr gemacht werden. Hiermit soll aher nicht gesagt sein, dass den beiden Theorien einerlei Werth zukomme; in dieser Beziehung besteht vielmehr ein sehr wesentlicher Unterschied, der zum Theil bereits oben angedeutet worden ist, den ich aber hier noch summarisch hervorheben will : Die Doppler'sche Theorie ignorirt die aus mechanischen Grundsätzen abgeleiteten Gleichungen , die der Undulationslehre zu Grunde liegen, und geht bloss von einer bildlichen Auffassung einiger daraus abgeleiteten Bestimmungsgrössen aus: Wellenlänge nämlich und Schwingungsdauer, deren erste sie auffasst als den Abstand zweier Dinge, die in der postulirten scharfen Abgrenzung gar nicht existiren — Impulse nämlich. Die zweite betrachtet sie als die Zeit, in welcher im ruhenden Mittel ein Raum gleich einer solchen Wellenlänge von einer Erregung durchlaufen würde. Hierdurch wird das Problem verwandelt in ein rein geometrisches, mit dem mecha- nischen Vorgange eines Schwingungszustandes wie er in der Natur stattfindet in gar keiner Verbindung stehendes und es gehen alle diejenigen Bestimmungsgrössen verloren, welche die der Dynamik angehörenden Rechnungsentwickelungen zu liefern ausschliesslich im Stande sind, wie: Tonstärke und Schwingungsrichtung. Daher auch die nicht vollständige Übereinstimmung der beiden in Rede stehenden Theorien. Da wo die eine einen unendlich hohen Ton sucht, findet die andere, in den zwei extremen und folglich auch in allen Mittel- fällen , gar keinen. Als physikalische Theorie kann man nicht eben sagen, sie habe gar keinen Werth, weil sie den Vorgang einer Er- scheinung entschieden unrichtig angibt , es muss vielmehr behauptet werden, ihr Werth sei ein negativer, weil sie so viele Anhänger der Wissenschaft zum Irrthum verleitet hat, durch eine anscheinende Einfachheit und Klarheit, die aber weiter nichts ist als Oberfläch- lichkeit und Mangel an Tiefe. Als analytische Methode betrachtet kommt ihr ebenfalls nicht nur gar kein Werth zu — denn was fängt der Rechner mit einer achtzeiligen auf die Lehre von den algebrai- schen Gleichungen des ersten Grades mit einer einzigen Unbekannten gegründeten Deduction an? — sondern man kann überdies noch beweisen, dass durch solche Darstellungsart nur Widersprüche und unklare Begriffe eingebürgert, der Unterricht verwirrt, die Mathematik als Hülfswissenschaft entwerthet , und den absurdesten Folgerungen die Thüre geöffnet werde, wie ich gelegentlich noch zu zeigen gedenke. über populäre Anschaiiungs^veisen in der Undulationstheorio. 73T Nicht ganz so verhält es sich mit der hier vorgetragenen Theorie, der Hr. Regieriingsrath v. Ettings hausen beizAipflichten scheint; sie hat zwar ebenfalls keinen physikalischen Werth, weil sie die nie fohlende Strömung unbeachtet lässt, sie wurzelt aber fest in dorn Boden der Dynamik und unterscheidet sich aus dieser Ursache schon wesentlich durch den Reichthum, der aus ihr gezogenen Bestimmungsgrössen; sie ist ferner werthvoll als analytische Methode und wenn der Physiker auch das Recht nicht hat , davon in der hier geübten Weise Gebrauch zu machen bei dem bisher üblichen zu Grunde gelegten stabilen Gleichgewichte des fortpflanzenden Mittels, so kann er es doch thun bei demjenigen Urzustände, auf welchen die von mir abgeleiteten Gleichungen gegründet sind, und hat lediglich die Bedingung zu erfüllen, dass er die Erregung mit der Strömung in gleicher Richtung und mit derselben Geschwindigkeit fortschreiten lässt und unter dieser Bedingung, wenn sie erfüllt wird, was aber nur dann geschehen kann, wenn man von meiner Theorie Gebrauch macht, hat die vorgelegte Analysis nicht bloss analytischen, sondern auch physikalischen Werth. Schlüsslich wird es noch gut sein, wenn ich den Punkt, auf den sich gegenwärtig diese literarische Controverse befindet, mit wenigen Worten genau bezeichne , so zu sagen das Terrain , das ich bisher erkämpft und in festen Besitz genommen zu haben glaube, angebe in scharfer Begrenzung: Wenn auch bei dem gegenwärtigen Stande dieser Streitfrage der Einfluss der progressiven Bewegung einer Ton- oder Lichtquelle auf die schwingende Bewegung als noch nicht vollständig erörtert zu be- trachten ist, so ist er doch ganz gCAviss nicht der- jenige, dem Masse nach, und auch der Ordnung der Wirkungen nach, zu der er gehört, den dieDoppler'- sche Theorie angibt. 738 Geschäftsbericht der k. k. Centralanstalt. GESCHÄFTSBERICHT der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Im August 1852. Eingegangene Beobachtungen: 2. Aug. Vom Herrn Dr. Krziz aus Holitsch. Juli 18S2. 4. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Adelsberg. Juli 1852. 5. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Cilli. Mai, Juni, Juli 18S2. 6. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Laibach. Juli 1852. 6. „ Vom Hrn. Dr. Krxiz aus Saybusch. Juli 1852. 6. „ Vom Hrn. Direetor Bayer in Schlössl. Juli 1852. 7. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Olmütz. Juli 1852. 7. „ Vom Hrn. Dr. Hlavacsek aus Leutschau. Mai, Juni, Juli 1852. 9. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Pressburg. Juli 1852. 10. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Gratz. Juli 1852. 11. „ Von dem k.k. Telegraphenamte in Mürzzuschlag. Juli 1852. 11. „ Vom Hrn. Dr. Stropnitzki in Strakonitz. Juli 1852. 11. „ Vom Hrn. Prof. Columhus in Linz. Juli 1852. 11. „ Vom Hrn. Benefic. Hartmayr in Kirchscldag. Juli 1852. 14. „ Vom Hrn. Coop. Aichholzer in Obergörjach. Juli 1852. 1 7. „ Vom Hrn. Apoth. S p i 1 1 m a n n im Markte Aussee. Juli 1852. 17. „ Vom Hrn. OberbergschalTer v. Roithberg in Alt-Aussee. Juli 1852. 20. „ Vom Hrn. Dr. Hutta in Gran. Mai, Juni, Juli 1852. 20. „ Hr. Direcl. Gluti sendet seine früheren in Gratz ausge- führten Beobachtungen der Jahre 1837 bis 1845, so wie die Beobachtungen von Adniont des Jahres 1846. 22. „ Vom Hrn. Direct. Soucha in Zavalje. Juli 1852. Geschäftsbericht ilei- k. k. Central-Anstiilt. 739 27, Aug. Vom Hrn. Director Weisze in Krakau. Juli 18S2. 29. „ Die Sternwarte zu Kremsmünster sendet ihre früheren im Jahre 1763 begonnenen Beobachtungen. lui September 1852. 2. Sept. Vom Herrn Dr. Krziz in Holitsch. August 1852. 3. „ Vom Hrn. Prof. Zawadski in Lemberg. Juni u. Juli 18S2. 3. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Adelsherg. August 1852, 3. „ Vom Hrn. Dr. Krziz in Saybiisch. August 1852. 3. „ Vom Hrn. Dr. Stropnicki in Strakonitz. August 1852. 6. „ Vom Hrn. Direet. Bayer in Schlössl. August 1852. 6. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Cilli. August 1852. 7. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Laihach. August 1852. 7. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Olmütz. August 1852. 7. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Pressburg. August 1852. 7. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Gratz. August 1852. 8. „ Vom Hrn. Dr. Hutta in Gran. August 1852. 12. „ Vom Hrn. Apotheker Spillmann im Markte Aussee. August 1852. 12. „ Vom Hrn. Oberbergsehaffer v. Roithberg in Alt-Aussee. August 1852. 1 4. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Mürzzuschlag. Aug. 1852. 16. „ Vom Hrn. Dr. Soucha in Zavalje. August 1852. 28. „ Vom Hrn. Dr. Rohr er in Stanislau. Mai, Juni, Juli August 1852. Im October 1852. 2. Oct. Vom Hrn. Dr. Krziz in Holitsch. September 1852. 3. „ Vom Hrn. Dr. Stropnicki in Strakonitz. September 1852. 4. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Adelsberg. Septem- ber 1852. 4. „ Vom Hrn. Dr. Krziz in Saybusch. September 1852. 6. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Pressburg. Septem- ber 1852. 6. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Gratz. September 1852. 7. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Laibach. Septem- ber 1852. 8. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Cilli. September 1852. /4Ü Geschäflsbericht der k. k. Central-Anstalt. 9. Oct. Vom Hrn. Stach in Barkola bei Triest. Juni, Juli und September 18Ö2. 9. „ Von der k. k. Sternwarte in Krakau. August 1852. 12. „ Vom Hrn. Prof. Smetana in Pilsen. Vom Jänner bis April ISO 2. 12. „ Von dem k. k. Telegrapbenamte in Oderberg. Septem- ber 18Ö2. lo. « Vom Hrn. Direct. Soucha in Zavalje. September 18o2. 16. „ Vom Hrn. Prettner in Klagenfurt die Beobachtungen von Klagenfurt (1848— 18Ö1), von St. Paul (1848—1850), von Sagritz (1848—1850), von Althofen (1850), von St. Peter (Mai — Dec. 1850). 16. „ Von der Direction der k. k. Berg- und Forstakademie in Sehemnitz die Beobachtungen von 1845 — 1851. 18. „ Vom Hrn. Direct. Bayer in Schlössl. September 1852. 18. „ Vom Hrn. Prof. Columbus in Linz. August und Septem- ber 1852. 18. „ Vom Hrn. Beneficiaten Hartmayr in Kirchschlag. August und September 1852. 19. „ Vom Hrn. Apoth. Spillmanii in Aussee. September 1852. 19. „ Vom Hrn. Oberbergschaffer v. Roithberg in Alt-Aussee. September 1852. 19. „ Von der Sternwarte in Senftenberg die Beobachtungen und Autographen-Zeichuungen vom 15. April bis 5. Oct. 1852. 20. - Vom Hrn. Prof R eiss enberger in Hermannstadt die Beobachtimgen von 1851. 20. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in ^lürzzuschlag. Sep- tember 1852. 21. „ Von dem k. k. Telegraphenamte in Olmütz. September 1852. 22. „ Vom Hrn. Prof Königsberger in Salzburg die Beobach- tungen und Autographen-Zeichnungen für die Monate Juli, August, September 1852. 24. „ Vom Hrn. Pfarrer Pacher in Leoben (Kärnten). Vom August bis December 1850. 27. „ Vom Hrn. Dr. Rohrer in Stanislau. September 1852. 28. „ Vom Hrn. Prof. Hackel in Böhmisch-Leipa. Vom Jänner bis September 1852. Verzeichniss der eiugefangenen Druckschriften. 7 41 VEßZEKHMSS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (August, September, October.) Abstract ofthe seventh Census. 3. ed. Washington. 1851: 4o. Academv, American of Arts and sciences, Memoirs. N. S. Vul. IV, Academie d'Archeologie de Relgique. Annales. Vol. IN, p. 3, 4. Accademia J. e. R. della Crusca , Atti . T. I — III. Accademici della Crusca, Vocabolario. Impressione V, Fase. 1—6. Firenze 1843— oO; fol. Accademia pontificia de' nuovi Lincei, Atti, Anno IV, sess. 9. Anno V, sess. 1. Academv of natural sciences of Philadelphia. Journal, N. S. Vol. II, 2. — Proceedings, Vol. V, VI, 1, 2. Akademie, k. bayerische, der Wissenschaften. Abhandlungen der historischen Classe. Bd. VI, 3. — Bulletin 18Ö2. Nr. 1—24. — ©clebrte Slnjeijen. Sb. 34. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Abhandlungen, I8ö0. — Monatsbericht. Juli I80I bis Juni 18ö2. Annalen der k. k. Sternwarte in Wien. III. S. Bd. 1. 2. Annalen der Chemie und Pharmacie. Herausg. v. Wühler u. Liebig. Bd. 83, 1 u. 3. Annales des >Iines. T. XX, 6. Archiv der Mathematik etc. Von Grün er t. Bd. XVIII. 4. XIX. 1. Archiv für südsla^vische Geschichte etc. Von Iv. Kukuljevic. Bd. U, 1, 2. Archives des missions scientifiques et litteraires etc. ISöl, Juillet — Decembre. Paris; 8». Argelander. Fr. W. A. Astronomische Beobachtungen. Bd. II. 1. Bonn 1832; 8°. 742 Ver.£eicbuiss Argelander, Fr. W. A., Bd. II, Anhang. Hülfstafeln zu leichteren Beohachtungen in den südlichen Zonen. Association, American, for the advancement of science. Procee- dings. Meeting 1, 3, 5. ßallot, Buys, C. H. D. Meteorologische Wahrnehmungen 1851 — 1852. Utrecht 1852; 4o. Belli, Gius. Pensieri sulla consistenza e sulla densitä della crosta solida terrestre etc. Milano 1851; 4». B 0 0 1 h , James, On recent improvements in the chemical arts. Wa- shington-1851 ; 80. Braun, Alex., Betrachtungen über die Erscheinung der Verjün- gung in der Natur. Freiburg in Br. 1849; 40. SSreglau. Unitterfttätsfc^nften. 1851. Bulletin des comites historiques. Nov., Dec. 1851. Paris; 8o. Cavalca, Domenico, Volgarizzamento degli atti degli Apostol ed. V. Firenze 1837; 8o. Com et, Enr., Lettere al Senato Veneto di Giosafatte Barbai'O ecc Vienna 1852; 8». Costituzioni tleir Imp. e R. Accademia della Crusca. Firenze 1819; 4». Mc. Culloh, A manuel containing tables to be used by the revenue officers of the united states with glass Hydrometers. Washing- ton 1849; 120. <£){ej, grtebric^, 3^^^^ ^^tromanif^e ®ebtct)te. SSonn 1852; 8«. gerbinanbeum, 3eitfc^nft, 3. Sa^rg. 1, 2, 3. Flora, 1852, no. 13—34. §töl)(ic^, 9^ub., .^anbtDÖrterbud) ber illt;rif(^en unb beutf(f)en ®:prad)e. min 1853; 12o. Erben, Karl Jaromir, Tomäsi ze Stitneho knizky sestery o Obec- nych vecech Kfestanskych. Praze 1852, 8o. (Zwei Exemplare). Faraday, Michael, On the physical character of the lines of ma- gnetic foree. London 1852; 4o. — Experimental Researches in Electricity. Series 28 and 29. Lon- don 1852; 40. Ferrari, Silvio, Dodici flgure riguardanti il dodecagono reguläre, inscritto a priori nel circolo ecc. (Dasselbe auch in französi- scher Sprache). Torino 1852; fol. ^reiburg im 33v., Umüerfttätgfii)viften. 1849—52. der eingegangenen Druckscluilten. T43 Gacliard, L. P., Dociimens politiqiies et diplomatiqiies sur la re- volution Beige de 1790. Bruxelles 1834; 8". — Iiiveiitaires des Archives de la Belgique. T, 1 — S. Bruxel- les 1837—51; fol. — Rapport etc. sur difTerentes series de documents concernant riiistoire de la Belgique etc. dans les archives de Lille. Bruxel- les 1841; 8«. — Rapport etc. dans les depots litteraires de Dijon et de Paris. Vol. 1. Bruxelles 1843; 8». — Relation des troubles du Gand sous Charles V. Brux, 1846; 4». — Inventaires de Cartes et Plans manuscr. qui sont conserves aux archives gen. du Royaume. Bruxelles 1848; fol. — Correspondance du Duc d'Albe sur Tinvasion du Comte de Nassau en Frise. Bruxelles 1850; 8«. — Lettres ecrites par les Souverains des Pays-Bas aux etats de ces provinces; depuis Philippe II. jusqu'a Fran^ois II. Bruxel- les 1851; 8«. — Lettres inedites de Maxmilien, Duc d'Autriche, Roi des Ro- mains et Empereur, sur les affaires des Pays-Bas. P. 1, 2. Bru- xelles 1851—52; 8». — Notice histor. sur la Redaction et la Publication de la Carte des Pays-Bas autrich. par le General Comte de Ferraris. (Memoire de l'Acad. de Belg. T. 16.) — Memoire sur Tacceptation et la publication aux Pays-Bas de la Pragmatique sanction. (Ibid. T. XX.) — Notice histor. et descript. des archives de l'Abbaye de Starelot. (Ibid. T. XXI.) Gesellschaft, antiquarische, in Zürich. Mittheilungen. Bd. I bis VI, VIII, 2. ®efenf(^aft, f. f. mä^rift;^inba(i) , ton Jraun^ofer unt con JRot^. ÜJiünc^en 1832; 4«. Toldy, Fer., AmagyarnemzetiirodalomTörtenete. Pesten 1831; 8*. 5:omef, 33inc., ©efc^it^te ber fraget Unirerjität. ^raij 1849; 8". ißercin. ^iftorifc^er, für bas »ürtemb. granfen. ^ehidixiit. ^eft 3. 6. 33 e rein ber g^^funbe ber ^Utur^efc^ic^te in ^dUnbui^. Jpeft 6. der eingegangenen Druckschriften. 749 Verein, natunviss. in Halle. Jahresbericht 18ö2. Verein, zoologisch-botanischer in Wien. Verhandlungen. Band F. Wien 18o2: 8«. Wilkinson, J. Gardner, The tVagments of the hieratic Papyrus of Turin etc. London 1831 ; 8«. Mit Atlas in Fol. Williams W., The travellers and Tourists Guide through the Uni- ted Sfates of America. Philadelphia I8öl: 12«. Woodbridge. Report etc. relative to the navigation of the Great lakes etc. Washington s. d. : 8'^. Wynne, James, Appendix C. to the report on the epidemic Cho- lera of 1848 and 1849. London 18Ö2; 8«. Zantedeschi, Franc. Memorie di tisica. Padova 1832: 8". — Xouyelles experiences delectricite animale. Paris l8o2: 4*. — De la difference de pouvoir dispersif des deux electricites. Paris 1852; 4«. Zejszner. L., Monograficzny opis wapienia liasowego w Tatrach i w przyleglych pasmad Karpackich. s. 1. et d. 8'^. 3b{Sbman, 3ofep6 , bie ^ft^rM^t im cjriet^ifAen ^aaenfreif?. Jriefi I8Ö2; 40. Druckfehler im Vlir- Bande, 5"" Heftes, Seite 595. Zeile 1 von oben, statt : i n i r i n i r t e n lies : mitunter. » 2 « 55 55 So 55 Es. » 5 n 55 55 Astacces 55 Astacus. n 5 55 55 55 Nephrop's 55 Nephrnps. 11 5 » 55 » Homanus 55 Homarus. » 5 n unten 55 Enoplaclytiue 55 Enoploclytia SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CL ASSE. IX. BAND. IV. HEFT. — NOVEMBER. ^"^JÄHRGANe 1852. 50 10^ S OF COMPAHATIYE ZOÜLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. iFountielJ fijj pcitiate subscrfption, fix 1861. DR. L. DE KONINCK'S LIBRARY. No. /31. 755 SITZUNG VOM 4. NOVEMBER 1832. In der Sitzung vom 11. März hatte Se. Excellenz der Herr Präsident A. Ritter von Baumgar tner drei Preise von 60^ 50 und 40 fl. C. M. für jene Arbeiten von Niehtmitgliedern der Akademie ausgesetzt, welche in der Periode vom I.Jänner bis letzten Mai dieses Jahres einlangen und als die besten erkannt vrürden. Nach dem Vorschlage der für diese Angelegenheit eingesetzten Commission wurde von der Classe 1. den Herren Pohl und Schabus, für ihre Tafeln: „zurReduc- tion der in Millimetern gegebenen Barometerstände auf die Normaltemperatur von 0" C. und zur Vergleichung und Reduc- tion der in verschiedenen Längenmassen abgelesenen Baro- meterstände, der erste Preis mit 60 fl. ; 2. dem Herrn Leydolt, für seine Abhandlung über die Kry- stallbildung im Glase, der zweite Preis mit 50 fl.; 3. dem Herrn Schabus, für seine Monographie des Euklases, der dritte Preis mit 40 fl. zuerkannt. Eingesendete Abhandinngen. Über den Bau und das optische Verhalten der Haut von Ascaris lumbricoides. Von Dr. Johann Czerniak in Prag. Die Haut von Ascaris ist aus mehreren histologisch verschiedenen schichtenweise über einander liegenden Elementen zusammengesetzt und kann mit Leichtigkeit in beliebig grossen Stücken als eine dünne elastische, glashelle Lamelle isolirt werden. Auch die einzelnen Schichten, aus welchen die Haut besteht, lassen sich in grösserer oder geringerer Ausdehimng von einander abziehen und trennen. 50 * 756 Cxermak. Über den Bau und das Die Beschaffenheit und Aufeinanderfolge der Schichten liabe ich an fiächenförmig ausgebreiteten, sorgfältig gereinigten Hautstücken, bei allmählichem Verändern der Focaldistanz, und an Durchschnitten und Faltungen der Haut, welche in verschiedener Richtung angelegt waren, ermittelt. Ich kann die bisherigen Angaben über der Bau der Ascariden-Haut wesentlich vervollständigen, indem ich bei der von mir befolgten Untersuchungsmethode eine eigenthiimliche Hautschichte aufgefunden habe, Avelche, wie ich aus v. Siebold's Lehrb. der vergl. Anat. der wirbellosen Thiere, pag. 114, ersehe, den früheren Beobachtern entgangen ist, obschon sie die anderen Schichten bei weitem an Mächtigkeit übertrifft. Der Beschreibung des optischen Verhaltens schicke ich die Darstellung des Baues der Ascariden-Haut voraus. d) Zunächst nach aussen findet sich eine etwa 0*007 W. L. dicke, das Licht stark brechende Schichte, welche durch regelmässig angeordnete Furchen in dicht auf einander folgende, bis O'Ol'" breite Querringel getheilt ist, und von den Autoren als Epidermis gedeutet wird. Auf Durchschnitten erkennt man, dass die Epidermis nach innen eine zarte faserige Structur besitzt, während sie nach der Oberfläche in ein homogenes Gewebe übergeht. Am deutlichsten sieht man diese Fältchen oder Fasern der Epidermis, welche mehr oder weniger senkrecht auf die Querringel gestellt sind, wenn man ein gereinigtes Hautstück parallel mit den Querringeln in der Art faltet, dass die Epidermis nach innen zu liegen kommt. Die Furchen, welche mit einander correspondirend an der äusse- ren und inneren Fläche der Epidermis vorkommen und die Entstehung der feinen Querringel bedingen, laufen nicht einfach in sich selbst zurück, sondern spalten sich manchmal dichotomisch und werden niit wenigen Ausnahmen an jenen Stellen, welche den beiden Seitenlinien des Thieres entsprechen, plötz- lich ganz unterbrochen. Fig. 1 stellt ein Stück Epidermis der Seitenlinie dar. Man sieht wie die Querringel in Folge des Ver- haltens der Furchen theils mit ab- gerundeter Spitze enden, theils mit einander verschmelzen. optische Verhalten der Haut von Ascaris himhrico'ides. 757 In dem Räume zwischen den Seitenlinien sind die Theilungen tmd Unterhrechiincen der Furchen nur selten zu treffen, so duss die Querringcl daselbst fast durchgängic^ die gleiche Breite und einen unter sich parallelen Verlauf haben. h) Als Resume der bisherigen Beobachtungen über das Corium der Nematoden findet sich bei Siebold a. a. 0. folgende Stelle: „Das unter der Epidermis liegende Corium hat eine faserige Structur, indem sich zwei Faserschichten als Quer- und Längsfasern in einem rechten Winkel und zwei andere Faserschichten schief durchkreuzen.'" Ich erkannte zwischen der Epidermis und den v. S i e b o 1 d aufgezählten vier Faserschichten noch eine, bis 0-02'" und darüber dicke Lage einer farblosen, dem geronnenen Eiweiss nicht unähnlichen Substanz, welche ganz homogen aussieht. Siebold beschreibt a. a. 0. Seite 11 5, Anmerk. 4, die Structur der Haut der sogenannten Mutterblase von Echinoconus und gibt an, dass sich daselbst „keine Epidermis von einem Corinm unterscheiden lässt, indem die Haut aus einer verhältnissmässig dicken, dem geronne- nen Eiweisse ähnlichen Membran besteht, welche aus einer grossen Menge sehr dünner, homogener, dicht über einander liegenden Lamellen zusammengesetzt wird."" Ich führe diese Beobachtung desshalb an, weil die zwischen der Epidermis und dem faserigen Theile des Coriums eingeschaltete homogene Schichte der Haut von Ascaris ein ähnliches Gewebe, wie jenes der structurlosen Lamellen die Mutterblase von Echinoconus zu sein scheint, und weil sie die Vermuthung wahrscheinlich macht, dass sich bei weiteren Untersuchungen über die Hautbedeckung der Helminthen solche homogene Lagen viel allgemeiner, als bisher bekannt ist, als wesentliche Bestandtheile der Haut finden dürften. Längs der beiden Seitenlinien geht durch die ganze Dicke der homogenen Schichte eine senkrechte Trennungsspur oder Rhaphe, an deren unterem Ende eine seichte Fui^che hinläuft, welche sich auf Querdurchschnitten der Haut als eine leichte Einschnürung darstellt. c) Unterhalb der homogenen Schichte trifft man eine 0-006"' dicke Lage von Fasern, welche unter sich parallel in schräger Rich- tung verlaufen; hierauf folgt eine zweite solche Lage von schrägen Fasern, welche sich mit den Fasern der vorigen Schichte unter einem Winkel von weniger als 45° kreuzen. 758 Czermak. Übpr den Bau und das Es entstehen durch diese Überkreiizung Parallelogramme und Rhomben. Gegen die Längsachse des Thieres sind die Fasern beider Schichten unter demselben Winkel, nur von entgegengesetzter Seite her, geneigt und laufen also eigentlich in Spiraltouren. Dieser Nei- gungswinkel beträgt etwas mehr als die Hälfte von IS^**. Die Längsachse des Thieres fällt mit der kurzen Diagonale der rhombischen Durchkreuzungsfiguren zusammen; die Querringel der Epidermis sind mit der langen Diagonale parallel. Was den Windungstypus der von den Fasern beschriebenen Spiralcontouren angeht, so habe ich an den von mir untersuchten Hautstücken gefunden, dass die Fasern der äussern Schichte in laeo- tropen oder linksgewundenen Spiralen, die der Innern Schichte in dexiotropen oder rechtsgewundenen Spiralen Verlaufen. (Vergl. über diese Begriffsbestimmungen Listings: Vorstudien zur Topologie. Abgedr. aus den Göttinger Studien, 1847, pag. 34.) d) Unter der Innern Spiralfaserschichte liegt ein überaus dünnes, durchsichtiges Häutchen , welches eine deutliche, wenn auch sehr zarte Längsstreifung zeigt. Auf diese Schichte endlich folgt, wie ich an in Weingeist auf- bewahrten Ascariden sehe, eine grob granulirte Membran, welche an ihrer äusseren Oberfläche eine mehr oder weniger deutliche Quer- faserung erkennen lässt. In unmittelbarer Berührung mit dieser Lamelle stehen dann die Längs- und die Quermuskeln, deren animaler Charakter häufig mit ausgezeichneter Schärfe hervortritt. Um den Zusammenhang der beschrie- benen Schichten schnell zu übersehen, habe ich eine schematische Darstellung eines Längsdurchschnittes der Haut (Fig. 2) ent- worfen. a. die Durchschnitte der Querringel der Epidermis , an deren unterer Fläche die i 1 a faserige Structur angedeutet ist; b. die ho-*==^ ' '^ mogene Schichte; c. die äussere, d. die innere Spiralfaserschichte; e. die Längs-, f. die Querfaserschichte. Beim Abziehen und Reinigen der zu den optischen Versuchen bestimmten Hautstücke entfernt man nicht nur die mit den Muskeln inniger zusammenhängende Querfaserschichte, sondern meist auch aaaaaa/'" optische Verhalten der Haut von .i^caris lumhricoides. 7S0 die zarte längsgestreifte Lamelle, so (iass mir die Epidermis, die homogene Schichte und die heiden Spirülfaserlagen übrig bleiben, M'elche zusammen eine glashelle, etwa 0-039 " bis 004' dicke Mem- bran darstellen. Die optischen Erscheinungen, welche ich durch diese Membran beobachtet habe, sind mm folgende: 1. Die zierlichen, feinen Querringel der Epidermis biingen ein sehr brillantes Beugungsphänomen hervor. Sieht man durch ein zwi- schen zwei Glasplatten und unter Wasser ausgebreitetes Hautstück, das dicht vor das Auge gehalten wird, nach einer Kerzenflamme, <:o gewahrt man in der Mitte das unveränderte Bild der Flamme, zu beiden Seiten aber in einer geraden Linie aufeinander folgende, leb- haft gefärbte Spectren, welche mehr oder weniger zu einem Licht- band zusammenfliessen. Die Spectren nehmen an Grösse und Inten- sität ab, je weiter entfernt sie von der Medianlinie stehen. Ich habe bis 4 Spectren auf jeder Seite der Flamme gezählt. Der innere, der Flamme zugewendete Rand der Spectren ist blau gefärbt, darauf folgt Grün, dann Gelb und endlich Roth. Dort wo die Ränder der Spectren zusammenfallen, erscheint Violet. Xebstdem bemerkte ich jederseits zwei gelbliche, etwas verAva- schene Strahlenbüschel, wenn die Entfernung der gesehenen Kerzen- flamme eine gewisse Grösse nicht überstieg. Die Strahlenbüschel derselben Seite convergirten von oben und von unten gegen das zweite Spectrum hin und hatten gegen einander eine Neigung von weniger als Ao". Der Winkel, unter dem die Spiralfasern der Haut gekreuzt sind, ist derselbe; allein die Richtung der Strahlenbüschel fallt nicht mit der Richtung der Spiralfasern zusammen, sondern kreuzt sich mit der letzteren. Legt man zwei Hautstücke der Art über einander, dass sich die Querringel der Epidermis unter einem rechten Winkel kreuzen, so erhält man dieselbe prachtvolle Erscheinung, welche Frauenhofe r durch seine gekreuzten feinen Gitter beobachtet hat. Der erwähnten gelblichen Strahlenbüschel erscheinen unter diesen Umständen 8, welche abwechselnd einen Winkel von 90" mit einander machen. 2. Die Haut von Ascaris ist doppelt brechend und besitzt zwei Schwingungsrichtungen, welche sich rechtwinkelig durchkreuzen und mit der Längs- und der Querachse des Thieres parallel sind. 760 Czermak. Über den Bau und das Sie verhält sieh gegen polarisirtes Licht wesentlieh ebenso wie ein Gypsblättchen von gewisser Dicke. Bringt man ein ausgebreitetes Hautstück unter das Polarisations- Mikroskop oder einen anderen ähnlichen Apparat, und gibt ihm eine solche Stellung, dass die Polarisationsebene der zur Beleuchtung ver- wendeten Lichtstrahlen mit den Querringeln der Epidermis zusammen- fällt oder auf denselben senkrecht steht, so lässt es das polarisirte Licht unverändert durch. Bei jeder anderen Stellung des Hautstückes erfährt das polarisirte Licht eine Ablenkung und Zerlegung, welche dann am stärksten ist, wenn die Querringel der Epidermis mit der Polarisationsebene der Lichtstrahlen einen Winkel von 45* machen. Sind die Nichorschen Prismen des Polarisationsmikroskopes z. B. gekreuzt, so erscheint dann das Hautstück im dunklen Gesichts- felde lavendelgrau erhellt; werden die Prismen parallel gestellt, so schlägt das Lavendelgrau in das complementäre Nussbraun um. Diese Färbungen werden noch greller und auffallender, wenn man 2 oder 3 Hautstückchen gleichsinnig über einander legt. Man hat somit dieselben Erscheinungen, welche Brücke an sehr dünnen Gypsblättchen beschrieben hat (vgl. Brücke: Über das Wesen der braunen Farbe, Pogg. Ann. Band LXXIV, 1848, pag. 461) und muss sie auch auf die gleiche Weise erklären. Merkwürdig ist der Umstand, dass die Haut von As car i s nicht in ihrer ganzen Ausdehnung doppeltbrechende Eigenschaften besitzt. Die den beiden Seitenlinien entsprechenden Hautpartien zeigen keine Spur davon, und lassen das polarisirte Licht in jeder Richtung unver- ändert durch. Sie erscheinen im dunklen Gesichtsfelde bei jedweder Stellung des Hautstückes dunkel, im hellen Gesichtsfelde hell, so dass, Avenn die Hautstücke im übrigen gefärbt erseheinen, diese Stellen als dunkle oder helle Streifen von geringer Breite und verwaschenen Contouren markirt sind. Die mikroskopische Untersuchung der Seiten- linien ergibt, ausser den oben angeführten Verhältnissen der Epider- mis, der homogenen Schichte und einer unbedeutenden Lockerung der Spiralfasern, keine wesentliche Abweichung im Baue ihrer Haut- stellen, welche die beobachtete Erscheinung genügend erklären möchte. Man dürfte demnach zu der Annahme einer Ungleichmässigkeit in der moleculären Zusammensetzung der histologischen Bestandtheile der Haut gedrängt werden, welche eben nur durch ein so empfindliches optische Verhalten der Haut von Ascaris hmihr-icoidcs. 761 Reagens, wie das polarisirte Licht, aufgedeckt Averden kann, der geA> öhnliehen Untersuchung ahcr entgeht. Legt man zwei Hautsliicke in der Art üher einander, dass sich die Querringel rechtwinkelig durchkreuzen, so bleibt die Stelle, wo sie sich bedecken, bei gekreuzten Prismen in jeder^ Stellung dunkel, bei parallelen Prismen hell, M-ährend sich die frei hervorstehenden Ecken nach dem mitgetheilten Gesetze färben. Die Erklärung hiervon ist dieselbe, wie bei gekreuzten Gypsblättchen. Schliessen die Hautstiicke Theile der Seitenlinien mit ein, so werden die letzteren bei einer Neigung von 45** gegen die Polarisations- oder Sclnvingungsebene der beleuchtenden Strahlen in der Ausdehnung, als sie von dem zweiten Hautstück bedeckt werden oder es decken, gefärbt erscheinen müssen, M^eil sie eben keine doppeltbrechenden Eigenschaften besitzen und die Wirkung der darunter oder darüber liegenden Hautstellen nicht verändern können. Auch an Durchschnitten der Haut habe ich dieselben optischen Phänomene beobachtet. Die eine der Richtungen, nach welchen die Schwingungen des durchfallenden Lichtes abgelenkt werden, liegt in der Flächenausbreitung, die andere steht senkrecht auf derselben in der Durchschnittsebene. Dabei bemerkte ich an den untersuchten Schnitten noch fol- gende Verschiedenheit im Verhalten der einzelnen Schichten : In Längsdurchschnitten zeigten die Epidermis und die Spiral- faserlagen nur Spuren der doppelten Rrechung, während die homo- gene Schichte die Färbungen sehr deutlich erkennen Hess. In Quer- durchschnitten war die Wirkung der homogenen Schichte weniger stark, dagegen traten die doppelt brechenden Eigenschaften der Epi- dermis etwas mehr, die der Spiralfaserlagen aber in auffiülendem Grade hervor. Die vorliegende Mittheilung ist ein Reitrag zu den durch Rock in Christiania begonnenen, von Erlach, Thomas u. A. fortgesetz- ten Untersuchungen, durch welche in der Zukunft noch mancher wichtige Aufschluss über die feinsten Organisations-Verhältnisse und Veränderungen in der moleculären Zusammensetzung der organischen Gebilde zu erwarten steht. Wir haben im Polarisations-Mikroskop ein Instrument, welches der Erkenntniss wesentlich neue Rahnen eröffnen kann, wenn einmal dessen Renützung allgemeiner und des'sen 762 Kirch hoff. Über die Gleichungen Anwendung Behufs des Studiums physiologischer und pathologischer Vorgänge möglich geworden sein wird. über die Gleichungen des Gleichgewichtes eines elasti- schen Körpers bei nicht unendlich kleinen Verschiebungen seiner Theile. Von Prof. Dr. Hirchhoff zu Breslau. St. Venant hat in seinem Memoire sttr Vequilibre des corps solides .... Compt. rend. XXIV, pag. 260 , einen Weg ange- deutet, auf welchem man zu den Gleichungen gelangen kann, die die Bedingungen des Gleichgewichtes für einen elastischen Körper in dem Falle ausdrücken, dass die Verschiebungen, die seine Theile durch äussere Kräfte erlitten haben, nicht unendlich klein sind ; einem Falle, der bei einem Körper, bei dem eine Dimension unend- lich klein ist, vorkommen kann, ohne dass die Grenze der vollkom- menen Elasticität überschritten wird. Diese Gleichungen habe ich auf zwei verschiedenen Wegen abgeleitet, von denen der erste im Wesentlichen mit dem von St. Venant angedeuteten übereinzu- kommen scheint, der zweite auf der Entwickelung einer früher von mir (Crelle's Journ. XL) aufgestellten Formel beruht. Ich will als abhängige Variable nicht, wie es sonst üblich ist, die Verschiebungen eines Punktes einführen, sondern die Coordinaten desselben nach der Formänderung selbst; durch Einführung der Verschiebungen gewinnt man nichts, wenn diese nicht unendlich klein sind , im Gegentheil verlieren dadurch die Formeln an Kürze und Übersichtlichkeit. Ich werde die Coordinaten eines Punktes nach der Formänderung |, r; , ^ nennen, die Coordinaten desselben Punktes vor derselben, x , y , z. Im natürlichen Zustande des Körpers denke ich mir durch den Punkt {x, y, zj drei Ebenen gelegt, parallel den Coordinaten -Ebenen; die Theile dieser Ebenen, welche unend- lich nahe an dem genannten Punkte liegen, gehen bei der Form- änderung in Ebenen über, die mit den Coordinaten-Ebenen schiefe, endliche Winkel bilden , mit einander aber Winkel, die unendlich wenig von 90" verschieden sind. Die Drucke, die diese Ebenen nach der Formänderung auszuhalten haben, denke ich mir in Componenten des Gleichgewichtes eines elastischen Körpers. 763 nach den Coordinalen- Axen zerlegt, und nenne diese Componenten: X^, r.., Z,, ä;, i;, Z,, X,, i;, Z,, in der Art, dass z. B. Y^ iVicy Componente des Druckes ist, den die Ebene auszuhalten hat, die von der Formänderung senkrecht zur x Axe war. Diese neun Drucke sind im Allgemeinen schief gegen die Ebenen gerichtet, gegen die sie wirken, und es sind nicht drei von ihnen dreien anderen gleich, wie es bei imondlich kleinen Verschiebungen der Fall ist. Stellt man die Bedingungen dafür auf, dass ein Theil des Körpers sich im Gleichgewicbte befindet, der vor der Formänderung ein unendlich kleines Parallelepipedum ist, dessen Kanten parallel den Coordi- naten-Axeu sind, und die Längen dx , ffy, dz haben, so kommt man zu den Gleichungen: ^ 8.r ^ dy ' 8»i er 31^ an, P^-J^ + Ji+^l wenn man mit p die Dichtigkeit des Körpers, mit X, Y, Z die Componenten der beschleunigenden Kraft bezeichnet, die auf den Körper im Punkte (^, -n , C) wirkt. Man kommt zu diesen Gleichungen, indem man benützt, dass die Winkel und die Kanten des Parallel- epipedums sich nur unendlich wenig geändert haben, übrigens aber dieselben Betrachtungen anstellt, durch die man bei unendlich kleinen Verschiebungen diese Gleichungen beweist. Stellt man ferner die Bedingungen für das Gleichgewicht eines Theiles des Körpers auf, der vor der Formänderung eine unendlich kleine Pyramide war, deren drei Seitenflächen parallel waren den Coordinaten- Ebenen, und deren Grundfläche senkrecht stand auf einer Linie s, die mit den Axen die Winkel (s , x), (s , i/), (s , s) bildet, und nennt man dabei X^, Y„, Z^ die nach den Coordinaten- Axen genommenen Componenten des Druckes, den die Grundfläche nach der Form- änderung zu erleiden hat, so findet man, wenn inan wieder berück- sichtigt, dass die Pyramide unendlich wenig ihre Gestalt geändert hat X^ -= X^ cos (s , x) -\- Xy cos (s , y) -j- X, cos (s , z)\ Y, ■= Y^ cos (s , x') Ar Yy cos (s , y) -{- Y^ cos (s , z)) 2) Z, = Z^ cos (s , x) -f Zj, cos (s , //) -|- Z^ cos (s , z)) 764 Kirchhoff. Über die Gleichungen Hieraus folgt, dass, wenn n die Normale eines Elementes der Oberfläche des Körpers in seinem ursprünglichen Zustande ist, und (X) , (Y) , (Zj die Componenten des Druckes sind, die dieses Element nach der Formänderung von aussen her zu erleiden hat, folgende Gleichungen bestehen müssen : (X) = X^ cos (n , x) -{- Xy cos (ji ,y) -|- X^ cos (n , z\ ( Y) = Y^ cos {n , ar) 4- y; cos (n , y) -|- Y, cos {n , s) 3). (^Z) = Z^ cos {n ,x) -j- Zy cos (n , y) -\- Z^ cos (n , z)) Wir müssen jetzt für die Drucke X^, Xy etc. Ausdrücke durch ^, -r^ etc. suchen, und diese in die Differentialgleichungen 1} und ox cy die Grenzbedingungen 3) substituiren. Zu diesen Ausdrücken gelangen wir leicht durch Betrachtung der Hauptdrucke und der Hauptdilata- tionen. Der Zustand jedes unendlich kleinen Theiles des Körpers nach der Formänderung kann aus dem Zustande desselben vor dieser als auf die Weise hervorgegangen angesehen werden, dass der Theil eine Verschiebung , eine Drehung und endlich in drei auf einander rechtwinkligen Richtungen Dilatationen erlitten hat. Diese Dilatationen sind die Hauptdilatationen; ihre Richtungen müssen mit denen der Hauptdrncke zusammenfallen, d. h. derjenigen Drucke, welche senk- recht wirken; denn eine Ebene, die senkrecht auf einer von ihnen ist, hat nothwendigerweise einen senkrechten Druck zu erleiden, vorausgesetzt, dass die Structur des Körpers nach allen Richtungen dieselbe ist. Es sei a eine unendlich kleine Linie, die in einer dieser drei Richtungen gezogen ist, s die Linie im ursprünglichen Zustande des Körpers, die bei der Formänderung in g übergeht, P der eine Hauptdruck, nämlich der Druck, der gegen die auf o senkrechte Ebene ausgeübt wird; dann haben, da Pin der Richtung von a wirkt, die Componenten von P, X^, Y",, Z,, folgende Ausdrücke: X, = P cos (a , x) \ Y, = Pcos(G,y)i 4). Z, = P cos (a , z) ) Die Grössen cos (^n,x), cos (t.j/)» cos (^a , z) lassen sich ausdrücken durch cos (s , x), cos (s , y), cos (s , s) ; sind nämlich (^x, y, o) und (x-\-dx , y-\-dy , z-\-dz) zwei Punkte der Linie s. des Gleichgewichtes eines elastischen Körpers. i ßo SO siiul (C, vy, Q und (^-\-d^, ri-{-dY), C+f^O zwei Punkte der Linie a; dabei haben wir: "-'' - ^ "- + w "'^ + ^ "'- "^ = § "- + f "2' + H "=• Setzen wir dx'^-\^dy--{-dz'^ = e^ und d^^ -\- dr,^ -\- r- » «- ui^d 5~ > ö"' öT- Substituirt man die Werthe von cos (a , x} , cos {(]i a + -|- & + ^ c)j y^^+Yybi-Kc = P[^a + ^b-{-^cj 6). Z « + Z,ftfZ.c = /'(iia+|-M-f ^) 766 K i r c h h o 11'. Über die Gleichungen Ich will die drei Hauptdrucke Pi , P^, Ps nennen, und den Grössen a, 6, c die Indices 1, 2, 3 geben, je nachdem sie sich auf den einen oder den andern derselben beziehen; diese Gleichungen gelten dann, wenn man den Grössen P, a, h, c gleichzeitig den Index 1, oder 2, oder 3 gibt. Die drei durch die Grössen «j , &i , Cj , «2» &a » ^i> ^Zf &3 5 Czi bestimmten Richtungen stehen aufeinander senkrecht, zwischen ihnen bestehen also die bekannten, für diesen Fall geltenden Relationen. Mit Hülfe dieser Relationen kann man aus dem Systeme 6) X^, X,j etc. durch Pj , P3, Pg «i , 6,, Ci, rto , b., , C3 , as , 63 , Cs , ausdrücken. Multiplicirt man nämlich die Gleichungen : X^ «, + X, 6, + X c, = ^. (# «.+ f- *.+ # ^. ) X. «3 + ^. 63 + X (-3 = P3 (]^ «a+fr «»3+ ]| 6-3) einmal mit ai, Ui, a^, dann mit bi , b^, 63, dann mit Cj , C3 , c's , und addirt sie jedesmal, so erhält man: ^« = -g^ W «1*^ + Pz «a** + A «3-) + -^ (Pl «i h, 4- P3 «3 03 + P3 «3 63) gt + ■65" (^^ "* ^"* + ^- "3 Ca + P3 «3 C3) gt -X^y= -g^ (A «1 ftl + Pi a-i 63 -f P3 «3 A3) + ||- (i*! 61 f, + P3 b, 6-3 4- Pz h C3) gt X^= — (P, «1 t'i + P3 «3 C3 + P3 «3 C3) + -g^ (A &i c, + P3 6a 6-3 + P3 63 C3) des Gleichgewichtes eines elastischen Körpers. 767 Setzt man Pi «1^ Pi by' Pi C,3 + P3 «32 + P3 «8^ = (««) + P, h^ + P3 h' = (*ö) + P, C32 -I- P3 6-3» = (CC) P, &, c, + Po &. Co + P3 63 Cs = (öc) Pi Ci «1 + ^3 ^'3 «a + -P3 ^'3 «3 = («c) Pl «1 61 + ^3 "3 *3 + Ps ^3 ^3 = (^^) V> SO gehen diese Gleichungen und die entsprechenden, die man aus der zweiten und dritten Gleichung des Systemes 6) erhält, in die folgenden über : ^'= H (««) + f («*) + H- c«'' 8« X,= ^(ab)+^(.bb-)+^(bc bx X = ^(«c) + f (6c.)+ii(cc 8a.- 3a? 8« bx z. 8? 8» 8? 8a; 8» z= = -|(-) + |-(*^) + lr(« 8» 8). Bezeichnen wirdieWerthe der Hauptdilatationen durch Xi , X3, X3, so werden P, , Pg, P3 Functionen von Xj , Xo , X3 sein; nehmen wir diese als linear an, so können wir setzen: P,=~2K (l, + 6 (A. -\- X, + A3)) P3 = — 2Ä (X, + 6 (X, -1- A3 + A3)) P,= — 2K (A3 + e (A, 4- A3 + A3)) 9) 768 Kirchhoff. Über die Gleichungen Hierdurch verwandeln sich die Gleichungen 7) in die folgenden (cc) = — 2ä(X, c, -« + 1, c^ -f X3 C3 2 + ö (A, + 1, + X3)) (6c) = — 2ä(Ai öl c, -I- X3 Ö2 C3 + X3 Ö3 C3) (ac) = — 2KCXi Ci tti -\- X3 Ca «3 -j- '^s C3 «3^ (ab) = — 2ä(Ai «1 bi -\- A3 «3 63 -|- X3 «3 63) Nennen wir nun wieder e die Verbindungslinie der beiden Punkte (^x,y,z) und {x-\-dx, y-\-dy, z-\-dz) vor der Form- änderung und c die Entfernung derselben Punkte nach dieser, so ist die Dilatation A, die die Linie e erfährt, = 1 ; berücksichtigen wir, dass A unendlich klein ist, so können wir hierfür schreiben: X = — I— — 1 ); in diese Gleichung hat man zu setzen: £3 = , 8V, 8? 8?>| + 1,1^ "ä?"^ "8^ "8^ "T" 8« 80^ J ^" "T" 1 8a- 81/ ^ 8.r 8y "T g.^ g^ ) "*'• des Gleichgewichtes eines elastischen Körpers. 769 Wir wollen diese Gleichung folgendermassen schreiben: X = La^ + Mb^ ^- Nc-- + llbc + 2mca -f 2nab ... 10) indem wir setzen: '' = \{(^y+(.^y +(-!)'-') ^^=l((f )'+(■&)' +(f)'-0 *" ~~ 2 V 8» 8a- "^ 8« 8.«; "T" 8« 8a- J '^ 2 \Zx 8y "T- g_j. 9^ ' 8a; 8*/ J Suchen wir das Maximum und das Minimum von X , so kommen wir auf die Werthe der Hauptdiiatationen Xj , A3 , A3 ; die zugehörigen Werthe von a, b, c sind «i , bi , c'i , «3, 63, Cg, «3, 63, C3. Um diese zu Gnden, haben wir also das folgende System von Gleichungen aufzulösen : o = (/y — A) a -\- nb -\- mc \ o == na -{- (M—l) b -{- Icl o = ma+ /6 -f (iV— A) c ( ' • ' *^)- a2 -f Ö3 -f c2 = 1 j Diese Gleicliungen werden erfüllt, wenn man den Grössen A, a, b, c gleichzeitig den Index 1, 2 oder 3 gibt; nehmen wir mit ihnen eine ähnliche Operation vor, wie wir sie mit dem Systeme 6) vorgenommen haben, so finden wir: L = Xi «jä + A3 ßa" + A3 03^ JI=AiÖia -i-Aa^a* +\h^ iV=A, Ci^ +AaC32 + A3 6-32 l = li bi Ci -{- A3 63 63 -|- A3 63 C3 m = Ai Cj «1 -f Aa C3 «3 -|- A3 C3 «3 n = Ai ai &i -j- A3 tta 6a -j- A3 «3 63 /, _|- M + iV = A, + A3 + ^a- SItzb. d. mathem.-natunv. Cl. IX. Bd. IV. Hft. 51 770 Kirchhülf. Über die Gleichungen Hierdurch gehen die Gleichungen 9) in die folgenden über: (aa) = — 2K (^L ^- e iL -\- M ^ N)) ; (öc) = — 2KI (hb) = — 2Ä (M + 9 (// + M + iV)) ; {ac) = — 2Km (cc) = — 2Ä (A^ + a (Z; + M + iV)) ; {ah) = — 2Kn und dadurch 4ie Gleichungen 8) in diese : *» = -2'^(f « + f (M+8(t + ;W + JV)) + §() Y^^-ZKi^n + ^iM+ni' + M + N))-^^!) 5-^ = -2ä(|J,« + -| / + 1^ (JV + 6 (i + M + iV») Z, = - 2K (^ (£ + 9 (i + « + iV)) + -| « + -^ •» ) ^. = -2'^(|-'' + f (^ + ^(* + «+ ^)) + -I' ) z. = -2ä:(^,«+^; + -II (iv + 6 (i + ;m + iV))) Substituirt man diese Ausdrücke in die Gleichungen 1) und 3), und setzt dabei für L, M, N, l, m, n ihre Werthe aus 11), so hat man die gesuchten Differentialgleichungen und Grenzbedingungen. In meiner Abhandlung „über das Gleichgewicht und die Bewe- gung einer elastischen Scheibe'' habe ich die Gleichgewichtsbedin- gung für einen elastischen Körper, dessen Theile endliche Ver- schiebungen erfahren haben, in einer andern Form aufgestellt, aus der man aber durch eine verhältnissmässig einfache Rechnung die hier entwickelten Gleichungen finden kann. Ich will mir erlauben, auch diese Rechnung hierher zu setzen. Jene Gleichgewichtsbedingung ist: dP — KoQ = 0, ) ß = fdV{l,^ + l,- + X3=^ + 9 a 4- ^3 + ^'3)) ) ^^^ des Gleichgewichtes eines elastischen Körpers. 771 Hier bedeutet oP das Moment der äusseren Kräfte , die auf den Körper wirken; es ist also: §p = fffdxdydzp (Xd^+ Y§n+ Z rJQ Jrfdf(iX)d^+(Y)dr^ +(Z)^0. wo df ein Element der Oberfläche des Körpers bedeutet. r?Fist das Element des Volumens des Körpers, a\so = dx . dy . dz; der Factor von d V unter dem Zeichen / ist eine Function der neun Differential- quotienten r-^, ^^etc, die wir bilden müssen, die ich aber vor- läufig durch \Bx ' by ' ^z ' dx ' hj ' da, ' dx ' dy ' Zz ) oder kürzer durch F bezeichnen will. Da . '^ = -r-;- -\- -^ — ^^-^ = -r \- -^ etc. ist, so wird: dß = ^ jjj dx dy dz F (8F 85? _8F 85^ 8F 8o"g (8F 85g 8F e^y; 8^^ 85g) +///" «'•^ <^^ «'s \^ 'dy '^ 'J^'dy '^ ~^ 1F( ( 8^ 8y 8y J r8F 85g , dF 85y; +///" *'** ^y ^^ ja^ 8« "1 pi "8^ ^ 8% 82 . 8F 85g "1 .8!; 8« Das erste der drei Integrale rechter Hand zerlegen wir in drei Theile, und wenden auf jeden derselben den Satz an, der durch die Gleichung fffdxd.ydzHj^ = —ffJdxdydz G -^ — f df H G cos (n , x) 51 * 772 Kirchhoff. Über die Gleichungen ausgesprochen wird, indem wir G einmal = o^, dann =00, dann = 0? setzen; nehmen wir entsprechende Operationen mit den beiden andern Integralen vor, so finden wir: Kdü = — KjffdxdydzH sI-M +87teJ +8HaiiJ )^^ X8 ,8F. , 8 .8F. , 8,8F \ ) (i^8F . ^ , 8F . ^ , 8^ /- ^X . •^ (V98^ ^8^ ■ ^8^ y v^s^ ^8, ^3* y (8F , . , 8F . ^ 1 8^ r ^\ ) "8^ cos (n ,x)^~^ cos (n , y) + -g^ cos (n , s) \ ^K ^8^ ^87 ^8» y ) Der Gleichung ^P — Äoß = 0 zufolge, hat man nun die Coefficienten von o|, ^yj, ^t, in den Ausdrücken von dP und KoQ einander gleich zu setzen; man kommt dadurch zu Gleichungen, die mit den Gleichungen 1) und 3} identisch werden, wenn man x,= w 8^ 8^ ^y X. = 8^ y.- ^8F 1^. = 8F ^8« Z. " — -^.ai: ^8i ^.= z. = „8F ^,8C setzt. Es bleibt übrig zu zeigen, dass diese Werthe von X^, X^ etc. mit den oben aufgestellten übereinstimmen. Wir benützen, um die Function F zu bilden, den in 10) für A aufgestellten Ausdruck; die Werthe Xj , X3, X^ finden wir, wenn wir aus dem Systeme 12) a, b, c des Gleichgewichtes eines elastischen Körpers. T73 eliminiren , und die Wurzeln der kubischen Gleichung nehmen, die wir dann für X erhalten. Diese kubische Gleichung ist: o = (L—l) (31— X) (N—l) — (L—l) Z3 — (M—1) w3 — (A^— X)w2 4- 2lmn; es ist also: X, 4-, A3 -}- X3 = Z/ + M + iV Xi X, + X, Xg -f X3 X, = LM 4- MN -\- NL— l^ — m^ — n^ und daher: X,3 -j- Xa^ + X33 = 7,3 -f M^ 4- iV3 + 2/3 -f 2m2 4- 2na, mithin : F = z;3 4- iifa 4- iV2 4- 2/2 4- 2wi2 4- 2w3 4- e (/; 4- M4- /v)^. Bildet man die fraglichen Differentialquotienten dieses Aus- druckes mit Berücksichtigung der Werthe von L, M, N, l, m, n aus 11), so überzeugt man sich, dass die aus ihnen sich ergeben- den Werthe von X^, Xy etc. identisch mit den oben abgeleite- ten sind. Die Übereinstimmung der Gleichungen 13) mit den Gleichungen 1) und 3), die, wie ich meine, mit denen von St. Venant identisch sind, ist hiernach nachgewiesen; ich glaube aber, dass in Beziehung auf die Anwendungen jene meistens die bequemeren sein werden; ich habe aus ihnen in der genannten Abhandlung die Gleichgewichts- bedingung für eine endlich gekrümmte Platte abgeleitet, und für einen Stab lässt sich dieselbe in ähnlicher Weise entwickeln. 774 H e e g e r. Beiträge zur Naturgeschichte der Insecten. Von Ernst Heeger. (Mit Taf. LH— LV.) (Secbste Fortsetzung.) Naturgeschichte der Phytomyza albiceps Meig. ans der Familie der Musei- den. Melgen, Theil VI, Seite 194. Die Lebensgeschichte dieser Fliegengattung blieb bisher unbe- kannt, und Meigen kannte diese Art nur aus der berühmten W i n them'- schen Sammlung; also nur in trockenem Zustande. Die Maden vielfältiger Generationen dieser Fliegenart leben vom Frühling bis in den Spätherbst im grünen Laube der verschieden- artigsten Pflanzengattungen und Arten, als: in Atriplex, Helianthe- tnum, Balofa, Sambueus u. a. m. Sie miniren die Blätter in geschlän- gelten (gerade gemessen, kaum zwei Zoll langen) Gängen, und sind nach zwölf bis zwanzig Tagen vollkommen ausgewachsen. Am Ende ihres minirten Nahrungsganges werden sie nach und nach kürzer und dicker, erhärten zur liehtbraunen Puppe, ohne sich ein Gehäuse gemacht, oder gehäutet zu haben. Nach sechs bis zehn Tagen entwickelt sich die Fliege, kriecht nach Sonnenaufgang aus der Puppe, wo ihr weicher elastischer Kopf sich wie bei den meisten Museiden erst nach längerer Zeit zur geregel- ten Form bildet: dann entstehen erst die Anfangs wassersackähn- lichen Flügel, aus welchen sich nach und nach das Wasser verlieret, und diese ihre natürliche Form erhalten. Sie nähren sich vier und mehr Tage bei Sonnenschein auf Blüthen und feuchter Erde, begatten sich auch nur bei solcher Witte- rung, bleiben im Sommer nur kurze Zeit, im Herbst aber mehrere Stunden beisammen, und gewöhnlich erst andern Tags legt das Weibchen, an windstillen Orten, in Allem zwanzig bis dreissig Eier einzeln, selten zwei, an die Unterseite der Blätter. Zwei bis vier Tage darnach bricht die Made aus, und geht gleich in das Blatt, wo sie den fadendünnen Gang zu miniren beginnt. Die sich noch im Spätherbst entwickelnden Fliegen begatten sieh selten und überwintern dann unter faulem Laubwerk, unter Baumrinde, oder an andern sie vor starker Kälte schützenden Orten. Beitrfige zur Naturgeschichte der Insecten. 773 Im Sommer in allen Verwandlungszustänilen in den Umgebungen Wiens. Beschreibung*. Das Ei weiss, hautig, glatt, fast walzig, gegen vorne zuge- spitzt, kaum Vio'" lang, 1/3 so dick als lang. Die Älade ebenfalls weiss, häutig, glatt, fast walzig ; der Kopf spiu, einziehbar; der Leib mit zwölf deutlieh sichtbaren, aber nicht eingeschnürten Abschnitten, gegen hinten etwas verschmälert, der Afterabschnitt eingebuchtet. Die Stygmatenträger braun, hornig, rund, ziemlich erhoben; sie stehen entfernt an den vorragenden Seitenabrundungen; gewöhn- lich eine und Va bis eine und y^'" lang, '/s so dick als lang. Die Puppe lichtbraun, glatt, fast hornig, die Leibesabschnitte sichtbar aber nicht eingeschnürt, % kürzer als die Made, fast um die Hälfte ihrer Dicke breiter. Die Fliege, bei Meigen a. a. 0. gut beschrieben aber nicht abge- bildet, ist auf der Tafel LII und zAvar nach dem Leben abgebildet. Erklärung der Abbildungen Taf. LII, Fig. I. Ein Ei. „ 2. Die Made. y, 3. Die Puppe. „ 4. Die Fliege; alle 20fach linear vergrössert. „ 5. Ein minirles Blatt in natürlicher Grösse. Naturgeschichte der Notiphila flaveola Meig. ans der Familie der Miisciden, Meigen, Th. VI, Seite 66. Auch von dieser Gattung Fliegen ist die Lebensgeschichte bis jetzt unbekannt geblieben, und Meigen kannte diese Art nur aus der grossen Winthem'schen Sammlung, nach welcher er sie auch beschrieben hat. Die im Spätherbst unbefruchtet gebliebenen Fliegen dieser Art überwintern, wie ein grosser Theil der kleinsten Museiden, unter faulem Laubwerk, unter Steinen, unter feiner Gartenerde u. dgl., kommen oft schon im April an warmen Tagen zum Vorschein, näh- ren sich auf Blüthen mehrere Tage, und begatten sich an ruhigen Orten, wo sie dann gewöhnlich mehrere Stunden, im Sommer aber an heissen Tagen nur kurze Zeit in copula bleiben; einige Tage dar- 776 Heeger. nach legt das befruchtete Weibchen, welches zwanzig bis fünfund- zwanzig Eier trägt, diese einzeln an die Unterseite der Nahrungs- pflanzen, wo sie deren ;in geschützten Orten findet. Nach Massgabe niederer oder höherer Temperatur kommen die Maden vier bis sechs Tage nach dem Absetzen aus dem Ei, beissßn sich gleich zwischen die Blatthäute ein, und nähren sich, indem sie geschlängelte Gänge miniren , und nach vierzehn bis vierundzwsnzig Tagen, ohne Häutung, vollkommen ausgewachsen sind. Sie bleiben dann am Ende ihres Ganges ruhig, werden allmäh- lich kürzer und dicker, ihre Haut erhärtet endlich und Avird licht- braun ; in diesem Zustande, als Puppe, bleiben sie wieder sechs bis zehn, im Spätherbst auch noch mehr Tage, nach welcher Zeit die Fliege auf gewöhnliche Art, " mit weichem Kopfe, und wassersack- artigen Flügeln, welche sich später entleeren und ihre gehörige Gestalt erhalten, auskriecht, und beiläufig nach einer Stunde voll- kommen erstarket. Sie nähren sich im Sommer am liebsten auf Doldenblumen. Man findet die Made in den Blättern von Cochlearien und ande- ren verwandten Pflanzengattungen. Sie erscheint vom Mai bis No- vember in verschiedenen Entwickelungszuständen, da es mehrere Generationen gibt. Sie kommt in der Gegend von Wien einzeln vor. Beschreibang'cn. Die Eier sind weiss, häutig, glatt, fast walzig, kaum Vio" lang, nicht halb so dick als lang. Die Maden sind weiss, glatt, beinahe walzig, mit spitzem, ein- ziehbarem Kopf, und hornigen, schwarzen durchscheinenden Mund- theilen; sie haben zwölf undeutlich gesonderte Leibabschnitte, von welchen die letzten vier allmählich verschmälert sind ; ihr After ist hinten merklich eingebuchtet, und an den abgerundeten Seiten sitzen die runden, braunen, wenig vorragenden Stygmatenträger; sie werden % bis r" lang, und V* so dick als lang. Die Puppen fast tönnchenförmig, gelbbraun, hornig, vorne wenig gespitzt, hinten etwas mehr als die Made eingebuchtet; geMöhnlich Vs kürzer als die Made, halb so dick als lang. Die Fliege fast 1'" lang, bei Meigen a. a. 0. gut beschrieben aber nicht abgebildet, ist auch hier Tafel LIII nach dem Leben gezeichnet. BeitrSge zur Naturg^eschichte der Insecten. 777 Eine noch unbestimmte Microgaster-Art , welche ihre Eier ein- zehi in die Made absetzet, und sich erst aus der Puppe entwickelt, ist häufig ihr Feind. Erklärung der Abbildungen. Taf. LIII. Fig. 1. Ein Ei. „ 2. Eine Made. „ 3. Eine Pijppe. „ 4. Eine Fliege, alle zwanzigmal linear vergrössert. „ 5. Ein Blatt, mit den minirten Gängen, und Puppen in natürlicher Grösse Naturgeschichte der Drosophyla variegata Fallen. Meigen, Th. VI, Seite 82. Fallen. Geomyz. 5. 2. Dros. variegata. Ich fand die Larve früher schon öfter einzeln, erhielt aber nie die Fliege daraus, erst im Jahre 1850 fand ich sie in Mehrzahl in einem Nussbaume im nassen Koth der Raupen von Cossus ligniperda in verschiedenen Grössen, und erhielt im Glase, in welchem ich sie ernährte, die Fliegen, welche sich auch da begatteten und mir neuer- dings Eier in diesen Koth absetzten, wodurch ich ihre Lebens- geschichte beobachten konnte. Die Fliegen brechen des Morgens nach Sonnenaufgang aus der Puppe mit Aveichem Kopf und ohne Flügel ; nach einer Stunde sind sie vollkommen erstarkt, nehmen aber nur Nahrung aus den vorge- nannten Excrementen. Nach drei bis vier Tagen begatten sie sich, aber stets erst des Nachmittags , bleiben gewöhnlich nur kurze Zeit beisammen, wiederholen aber den Act öfter; und die Weibchen, welche nach der ersten Begattung, den zweiten Tag einige Eier einzeln in den Koth legen, lassen sich später wieder befruchten. Ich fand in dem Körper befruchteter Weibchen gewöhnlich gegen dreissig gleichgrosse Eier. Nach acht bis zwölf Tagen entwickeln sich die Larven aus dem Ei, und nähren sich, ohne sich zu häuten, zwanzig und mehr Tage, während welcher Zeit sie eine Länge von zwei Linien erreichen ; sie kriechen sehr langsam. Die Nymphe entsteht ohne sichtbare Veränderung der Larven- haut in derselben, und nachdem sie so zwölf bis fünfzehn Tage ruhig gelegen, brechen die Fliegen, wie oben angegeben, durch. Sowohl Larven als Puppen und Fliegen der dritten Generation überwintern an den bezeichneten Orten. 778 Heeger. Beschreibang^. Das Ei weiss, häutig, glatt, fast walzig, kaum y^" lang, halb so breit als lang. Die Larve Anfangs weiss, dann blass lichtgraubraun, beinahe hornig, mit fast unmerklichem Kopf und zwölf deutlichen Leibes- abschnitten; am Rücken gewölbt und mit Dornen besetzt, an der Unterseite flach; gegen vorne verschmälert, hinten abgerundet und verflächt; vollkommen ausgewachsen, zwei Linien lang, fast halb so breit als lang. Der Kopf kaum 1/3 so breit und lang als der Vorderbrust- abschnitt; dieser halb so breit als der folgende, 1/3 so lang als breit, mit zwei kurzen Rücken- und zwei Seitendornen; der zweite oder Mittelbrustabschnitt halb so breit als die Leibabschnitte , 1/4 so lang als breit, mit vier kurzen Rücken- und zwei Seitendornen; der Hinterbrustabschnitt, wie der mittlere, nur merklich breiter; die sieben folgenden Leibabschnitte fast gleichbreit und gleichlang, % breiterund um die Hälfte länger als der Hinterbrustabschnitt, mit sechs gleichweit entfernten, in einer Querreihe stehenden Rücken- und vier Seitendornen von ungleicher Länge; der achte Abschnitt etwas kürzer und 1/4 schmäler als die vorigen, mit nur zwei langen Seiten- und gegen den Aussenrand je mit einem kurzen und in der Mitte des Hinterrandes mit zwei sehr langen, genäherten Rücken- dornen; der letzte wenig schmäler, aber nur halb so lang als der achte, und am abgerundeten Rande mit vier Dornen von mittlerer Länge bewafl"net. Alle diese Dornen sind wieder mit kurzen, stumpfen Spitzen unregelmässig, ziemlich dicht, aber überdies mit sechs bis acht einen Stern bildenden walzigen Dornen besetzt. Die Fläche der Rücken- haut zwischen den Dornen ist durchgehends mit sehr kleinen geraden Dornen besäet. Die Verwandlung zur Nymphe findet in der erhärteten Larve Statt, daher ihre Form dieser gleich ist. Die Fliege IV4'" lang, bei Meigen a. a. 0. nach trockenen Exemplaren wohl ziemlich gut beschrieben aber nicht abgebildet, ist hier auf Taf LIV nach dem Leben vergrössert gezeichnet, nur kommt noch zu bemerken, dass die Nebenaugen auf einer dreieckigen, grauen, hornigen Erhabenheit am Hinterhaupte sich belinden, und die End- glieder der Füsse, an den gleichlangen Beinen, auch braun sind. Beiträge zur Naturgeschichte der Insecten. 7T9 Erklärung der Abbildungen. Taf. LIV. Fig. 1. Ein Ei. „ 2. Eine Larve. „ 3. Eine Fliege, zelinlaoh linear vergrössert, „ 4. Ein vergrösserter Dorn der Larvenhaut. ,, 5. Das Gesicht der Fliege. „ 6. Ein Fühler, sechzigfach linear vergrössert. Naturgeschichte der Familie Tachydromia und Gattung Hemerodromia. Hemer odromia femorata (mihij Vorderschenkel stark ver- dickt, an der Unterseite ohne Stacheln; Körper, sehwarzgrau, das Untergesicht, die Beine und der Hinterleib gelbbraun, die Abschnitte des letzteren oben am Hinterrande mit einer breiten, braunen nach vorne verloschenen Makel ; Flügel dickhäutig mit einem lichten, weis- sen, verwischten Makel am Vorder- und Hinterrande, sowie in der Mitte des Aussenrandes. Diese besondere Fliegenart fand ich um die Mitte Novembers 1849 um die Mittagsstunden, bei einer Temperatur von -{- 8** Reaumur, an einem Teiche unweit Mödling, unter einem alten, faulen ßret- stück, welches auf verfaulten Pflanzenbestandtheilen am Ufer lag, gesellschaftlich, und auch in Begattung zusammenhängend, das Männ- chen auf dem Weibchen sitzend; sie blieben bis gegen Abend bei- sammen, und die einzelnen liefen ziemlich schnell umher. Sie gehören keiner der bei Meigen, Th. HI, Seite 61 bis 66, beschriebenen neun Arten an , denn sie zeichnen sich schon im Äussern durch gedrungeneren Körper- als auch durch den Flügelbau, besonders aber durch die eigenthümliche Bildung der Vorderbeine und der Flügelgefässe, vor den bekannten zu dieser Gattung gehö- rigen Arten aus. Beschreibung;>. Kopf und Brustkasten graulichschwarz ; Leib blass, bräunlich- grau, häutig; Beine bräunlichgelb; Flügel braun, mit blassen ver- wischten Längsmakeln. %'" laug- Der Kopf graulichschwarz, fast rund, % so lang und so breit als der Brustkasten, Untergesicht gelb, hinter und vor den hinteren Nebenaugen zwei hornige Pusteln, jede mit einer schwarzen Borste besetzt; der Scheitel gelb schimmernd und flach. 780 Heeger. Die Allgen sind gross, rund und schwarz , so lang als der Kopf, erweitert bei beiden Geschlechtern; die verhältnissmässig grossen Zellen (SSO — 360) sind rund, ziemlich flach, durch glatte, schwarze Zwischenräume merklich getrennt, und rundum mit schwarzen, kur- zen Härchen bewimpert. Nebenaugen getrennt, auf der Mitte des Scheitels, die hinteren am Innenrande der Augen. Fühler gelbbraun, viergliederig (denn das erste besteht aus drei deutlich zu trennenden Gliedern); erstes Glied schüsseiförmig, kaum so breit, % so lang als das dritte; zweites ringförmig, so breit und etwas kürzer als das erste; drittes Glied verschoben viereckig, kaum halb so breit als der Scheitel, so lang als breit; viertes, halb so lang und breit als das dritte, am Grunde verschmälert; alle vier dicht, fein und kurz behaart. Die Endborste, um die Hälfte länger als die vier Glieder zusam- men, ist am Grunde mit zwei kurzen, walzenförmigen Gliedern ver- sehen und mikroskopisch fein behaart. Brustkasten fast rund, schwarzgrau, fein behaart, */s länger als der Kopf, ziemlich gewölbt. Schildchen beinahe halbkreisförmig, schwarzgrau, glatt, Vg schmäler, kaum Ye so lang als der Brustkasten, etwas gewölbt. Flügel dickhäutig, gewölbt, Vg länger als der Hinterleib, nicht völlig halb so breit als lang, gleichbreit, am Aussenrande stark abge- rundet, mit vier Längs- und einer sehr kurzen Querader, oben und unten mikroskopisch dicht behaart, und der ganze Rand mit etwas längeren Härchen bewimpert; die Vorderrand -Ader am Grunde getrennt; am Vorder- und Hinterrande und in der Mitte des Aussen- randes mit einem lichten , weissen verwischten Längsmakel. Schwinger unbedeckt, dreigliederig, halb so lang als der Brust- kasten, blass bräunlichgelb, kurz gelb behaart; erstes und zweites Glied gleichlang, fast walzig, zusammen nicht so lang als das läng- lich eiförmige dritte Glied. Beine genähert, gelbbraun, kurz gelb behaart. Vorder- und Hinterbeine gleichlang, 1/3 kürzer als das ganze Kerf, die mittleren bedeutend kürzer; die Vorderhüften haben 1/4 der Beinlänge, sind kaum i/e so dick als lang, fast walzig; Schenkel etwas kürzer als die Hüfte, sehr verdickt, am Grunde halb so breit als lang, am Ende so schmal als die Hüfte. Schienen 1/3 kürzer und etwas schmäler als die Beiträge zuv Naturgeschichte der Insecteii. 781 Hüfte, fast walzig; Füsse länger und etwas schmäler als die Schienen, mit keilföimigen Gliedern; erstes Glied halb so lang als die Schienen, die übrigen halb so lang als das erste. Hüften der Mittelbeine sehr kurz, fast kuglig, ihre Schenkel fast walzig, am Grunde und am Ende etwas verschmälert, wenig breiter als die Schienen der Vorderbeine; die Schienen so lang und wenig schmäler als die Sehenkel, Füsse 1/3 länger als die Schenkel; erstes Glied Va der Füsse lang; die vier folgenden fast gleichlang. Hinterbeine beinahe so gebaut wie die Mittelbeine, aber bedeu- tend länger. Der Hinterleib gelbbraun, blass, häutig, länglich-eiförmig, am breitesten Orte etwas breiter als der Brustkasten, nochmal so lang als breit, mit neun Abschnitten, welche alle fast gleichlang und am Hinterrande mit breiten, braunen, gegen vorne verwischten Makeln bezeichnet sind; der neunte Abschnitt (das Afterglied des Weib- chens) ist häutig, fast walzig, % so breit und fast so lang als der achte. Beim Männchen aber ist der Afterabschnitt so breit als der achte, auch so lang als breit, und besteht aus sechs Theilen, nämlich: oben in der Mitte befindet sich ein braunhorniger, gerader, schnabel- artiger, an der Spitze abwärtsgebogener Deckel; an jeder Seite ein einwärts und abwärts, vorne zugespitzter braunhorniger, innen häuti- ger Zangentheil ; unten in der Mitte ein breiter fleischiger , zungen- förmiger, gelblich weisser, an der Spitze zweitheilig geknöpfter, fein behaarter und ziemlich dicker Lappen; alle diese vier Theile sind von gleicher Länge; endlich ist an der Aussenseite des Grundes eines jeden Zangentheiles, in einer häutigen Vertiefung, ein eiför- miger, festfleischiger und fein behaarter weisser Theil, welcher an der Spitze mit einer langen Borste besetzt ist. Erklärung der Abbildungen. Tafel LV. Fig. 1. Die Fliege fünfzigmal linear vergrössert. „ 2. Ein Augentheil. „ 3. Ein Fühler. „ k. Ein männliches Afterglied von oben. „ 5. Dasselbe von der Seite; diese letzten vier hundertachtzigmal linear vergrössert. 782 Kenngott. Über Krystallbild. an Schaufenstern von Kästen ausgest. Thierö. Über die Krystalle, welche sich an der inneren Seite der Schaufenster von Küsten., die zur Aufbewahrung aus- gestopfter Thiere dienen, bilden. Von Dr. Adolf Kenngott. Hr. Custos-Adjunct J. He ekel theilte mir die Beobachtung mit, dass die neu eingesetzten Scheiben der Glasschränke des k. k. zoolo- gischen Cabinets, worin die Vögel aufgestellt sind, sich in kurzer Zeit mit einem krystallinischen Überzuge bedecken, welcher so stark wird, dass man ihn mit dem Messer abkratzen kann. Die mir von Hrn. J. H e c k e 1 gütigst übergebene Probe bestand aus sehr feinen haarrörmigen, weissen, weichen und biegsamen Kry- ställchen, die, in einer Glasröhre erwärmt, leicht zu einer farblosen Flüssigkeit schmelzen. Bei etwas stärkerem Erhitzen geräth die Masse ins Kochen, wobei sich Wasser an den Wänden der Röhre absetzt, und weisse Dämpfe entweichen, die einen unangenehmen Geruch ver- breiten, gleich dem, welcher sich zeigt, wenn man eine brennende Talgkerze ausbläst. Dabei wird die Flüssigkeit zuerst unter starkem Aufwallen braun, und hinterlässt endlich eine schwarze Masse. Auf Platinblech erhitzt, verbrennen die Krystalle mit gelber russender Flamme unter unangenehmem Gerüche und lassen einen kohligen Rückstand , der mit dem Löthrohre erhitzt , verbrennt und eine geringe Menge einer weissen, geschmolzenen Masse zurücklässt, welche alkalisch schmeckt und das geröthete Lackmuspapier bläut. Auf Kohle mit Soda geschmolzen, lässt sich nur eine Spur knoblauch- artigen Geruches wahrnehmen, was auf Spuren von Arsen hin- weist. In kaltem Wasser ist die Masse schnell löslich, wobei das Wasser klar bleibt, dessgleichen in Alkohol. Mit Salzsäure wird die Flüssigkeit trübe und es bildet sich darin ein weisser , scheinbar pulveriger Körper. In Salpetersäure zertheilt sich die Masse in einzelne feine Kryställchen, in Schwefelsäure dagegen ist sie ganz löslich und färbt die Flüssigkeit bräunlich. Dass diese Substanz durch Ausdunstung der ausgestopften Thiere und wahrscheinlich hauptsächlich in Folge der zur Conservirung verwendeten Arsenikseife entstanden ist , scheint keinem Zweifel zu unterliegen, das Auffallendste aber dabei ist, dass sie sich nur auf Hyrtl. Überdas art.Gefäss-Systein von Dasypus, Br,tdypus u. Orycteropus. 783 den neuen Glasscheiben ansetzt, während die älteren frei davon blei- ben. DusGlas scheint also selbst an der Bildung der Krystalle Antheil zu nehmen. Ich fand die Scheiben nach unlängst vorgenommener Reinigung hiidänglich stark beschlagen, wobei die Art des Absatzes eine oigenthüniliche Bildung der Krystalle zeigte. Zuerst erseheinen die Glasscheiben wie behaucht; unt^r der Loupe sieht man sie mit unzähligen Punkten bedeckt. Später vereinigen sich diese zu nadli- gen Kryställchen, aus welchen sich endlich die grösseren Krystalle bilden. Eine bestimmte Richtung der aufliegenden Kryställchen ist nicht wahrzunehmen und wenn auch bei manchen Scheiben eine gewisse Gleichförmigkeit der Lage zu erkennen ist, so scheint dieselbe doch mit der vorangegangenen Reinigung in Zusammenhang gebracht werden zu können, da sie auf die Richtung hinweist, in welcher die Scheiben mit den Tüchern gerieben worden sind. Nach dem Abwischen der angesetzten Substanz zeigt die Oberfläche des Glases sich nicht angegriffen, was um so mehr bemerkenswerth ist, da offenbar die bestimmte Art des Glases Antheil an der Bildung der Krystalle hat. Vorträge. Über das arterielle Gefäss-System von Dasypus, Bradypus und Orycteropus. Von dem w. M. Prof. Dr. Jos. Hyrtl. Die Abhandlung, welche icli hiermit vorlege , bildet mit zwei früher (im December 1851 und im Juni dieses Jahres) überreichten ein Ganzes , und erschöpft mit diesen die anatomische Darstellung des Gefäss-Systemes der Edentaten, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Wundernetze. Da die umständliche systematische Beschreibung keinen Auszug erlaubt, so wird auf die dejnnächst erscheinende Abhandlung selbst verwiesen. 784 Unger. Linnens Museum in Hammarbü. Von Dr. F. Unger. (Mit einer Abbildung.) Charakterzüge bedeutsamer und grosser Männer, Notizen über ihr Leben und Wirken haben immerhin einen eigenthümlichen Reitz für die Nachkommen , nicht nur weil uns die Grösse und was damit in Verbindung steht, an und für sich interessirt, sondern vielmehr weil uns dadurch der Entwickelungsgang des Geistes, den derselbe genommen und die Hindernisse, die er zu überwinden hatte, auf- geschlossen werden. Einer der hervorragendsten Männer des vorigen Jahrhunderts war der grosse Reformator der Naturgeschichte Karl von Linne. Unmittelbar auf seine Schultern erhob sich der Genius jener Wissen- schaft, wie er gegenwärtig vor uns steht. Über Karl von Linne's wissenschaftliche Thätigkeit, über^seine Entwickelung , Schicksale u. s. w. ist bisher theils durch seine eigenen Anzeichnungen, theils durch die Mittheilungen seiner Freunde und Schüler so viel bekannt geworden, dass es fast überflüssig scheinen dürfte, zu dem Vielen und Detailirten noch Einiges hinzuzufügen. Es ist hier auch nicht die Absicht , unbekannte Data über das Leben dieses Mannes mitzutheilen, eben so wenig die Nachwir- kungen ins Auge zu fassen, welche sein einstmaliges Wirken noch gegenwärtig auf die wissenschaftliche Thätigkeit seines Vaterlandes ausübt, auf das Interesse und die Begünstigung, welche das Studium der Naturgeschichte daselbst «Uenthalben erfährt, so wie auf den Geist, in welchem dasselbe betrieben wird. Was ich hier zu geben habe, ist ganz speciell und steht in unmittelbarer Verbindung mit der grossen Pietät, mit welcher die ganze schwedische Nation noch dermalen an diesem ihren Cory- phäen hängt, die besonders die Jugend begeisterte, ihm ein pracht- volles Denkmal zu setzen, so wie mit der hohen Achtung, die Jeder- mann vor den kleinsten Reliquien dieses grossen Mannes hegt. Es sei mir erlaubt, nur über den letzten dieser Punkte aus eigener Erfahrung einiges zu berichten. Als ich im Verlaufe dieses Sommers in Upsala war, hatte ich vor Allem mein Augenmerk auf die naturhistorischen Sammlungen und Einrichtungen gelenkt und namentlich die aus Linne's Zeit her- Linne's Museum in Hammarbü. 785 rührenden besonders berücksichtigt. Es führte mich dies nach dem Landsitze Linne's — Hammarbü, der wie bekannt, erst im späteren Lebensalter zu einem Ruhesitz des Fürsten der damals lebenden Botaniker ward. Hammarbü liegt ungefähr anderthalb deutsche Meilen von Upsala entfernt in einer ebenen oder flachhügeligen Gegend, die, da dieselbe grösstentheils Culturland enthält, wenig malerische Punkte darbietet. Nur das Gut Hammarbü selbst hat eine sehr liebliche Lage dadurch, dass sich die granitische Unterlage des Bodens höher als ringsumher erhebt und seine abgerundeten von erratischen Blöcken bedeckten Kuppen mit dichtem Laub- und Nadelholze bedeckt sind. Am Fusse dieses Hügels, denn Berg kann man diese Erhöhung wohl kaum nennen, baute sich Linne in den Jahren 1762 — 1764*) ein ganz einfaches Wohnhaus und legte links davon einen botanischen Garten an , in welchem er insbesonders fremde ihm von ferne hergeschickte Pflanzen cultivirte, rechts davon standen die Wirth- schaftsgebäude. Als ich in Begleitung des Herrn Gartendirektors Müller in Upsala auf Hammerbü ankam, es war am 25. Juli 1852 Nachmittags, war man sogleich bereit, uns die von Linne einst bewohnten Zimmer aufzuschliessen. Wie gerührt war ich. Wände und Ein- richtung der beiden Zimmer noch ganz in demselben Zustande zu erblicken, als noch der grosse Geist sie belebte. Auch ohne zu wissen, wo ich mich befand, hätte mich die Tapezirung der Wände darauf führen müssen, dass ich mich in eines Botanikers Wohnzimmer befand, deim von oben bis unten waren dieselben mit grösstentheils colorirten Pflanzenabbildungen bedeckt, so dass kein Fleckchen übrig blieb, aus dem nicht eine Pflanzengestalt hervorgukte. Irre ich mich nicht, so waren es Plumier's amerikanische Pflanzen, welche Johann Burmann, ein Freund Linne's und gewissermassen auch dessen Schüler, in einem Folio -Werke zu Amsterdam vom Jahre 1755 — 1760 herausgab'"^) und die sich auf 262 belaufen. *) Angekauft wurde sowohl Hammarbü als Saeija schon 11 Jahre früher. ^) Plantarum atnericanarum fasciculus . . . continens plantas , quas olim C. Plumieriua bofanicorum princeps dete.vit, eruitque atque in insulis Antillis ipse depinxit , kas primum in lucem edidit, concinis descriptio- nibus et observationibus aeneisque iabiiUs iUustravit Joannes Bur- mann, Sitzib. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. IV. Hft. 52 7 Hamernjk^) und Nega 3) behaupten, dass das durch die Contraction der Vorhöfe in 1) Müller's Archiv 1843, S. 468: „Aus dem bishei-igen ziehen %vir also den Schluss: Die durch die Vorhof- Contraction erzeugte Spannung des im Ventrikel enthaltenen Blutes ist Ursache der Schliessung der venösen Herzklappen." ^) Hamernjk moditicirt ßaumgarten's Angabe dahin, dass der Schluss der venösen Herzklappen nicht immer durch din Zusaramenziehung der Vorhöfe, sondern nicht selten ohne Zuthuu der Vorhöfe, durch den wäh- rend des Einathmens auf die Hohlvenen ausgeübten Druck bewirkt werde. Prager Vierteljahrschrift für praktische Heilkunde 1847 , 4ter Band: Physiologisch-pathologische Untersuchungen über den Mechanismus, nach Avelchem die venösen und arteriösen Klappen des Herzens geschlossen werden, und nach welchem die Töne der Herzgegend entstehen. ^) Beiträge zur Kenntniss der Function der Atrio - Ventricularklappen des Herzens, der Entstehung der Töne und Geräusche in denselben und deren Deutung. Breslau. 1852, S. 15: „Gestützt auf diese meine eigenen und ähnliche (Untersuchungen Anderer, behaupte ich nunmehr, dass die Bewe- gungen des Herzmuskels und seiner Klappen folgende seien : Psachdeni die Vorkammer durch das aus den Venen durch die vis a tergo ausströmende Blut gefüllt, und die Kammer-Contraction beendet, beginnt die Erschlaffung der Kammermuskel , und das Blut strömt unter dem normalen hydrostati- schen Drucke aus den Vorhöfen in die entleerte Kammer; dabei beginnt die Erhebung der Segel der veiiöi.en Klappen. Gegen das Ende der Ent- leerung der Vorhole und Füllung der Kammern, tritt plötzlich die schnelle vollkommene Contraction der Voi'kammern ein, und theils durch die Mus- kelfaser-Contraction vom Vorhofe aus — da. wie schon Kürschner 1840, über «lie Fiinclion doi' Vorkaniinfrn des Heizen». 789 ilie Kainmoi'ii getriebene Blut den Schlnss der Atrioventricularklappeii zustande bringe, Kndlieh soll nacb Zunge nb übler und Wede- n^ayer — Volkmann's Hämodynamik, S. 307 bis 310 — der Vorhof durch seine Ausdehnung das Blut aus den Venen saugen, und durch seine Zusammenziehung das Blut in die Kammern treiben. Aus dem Baue des Vorhofes scheint ohne weitere Beweise klar hervorzugehen, dass derselbe eine einigermasson ausgiebige Saug- kraft nicht besitze, und da weiter die Annahme, dass die vis a tergo gerade nur bis in die Vorhöfe reiche, und das Blut noch eines beson- dern Stosses bedürfe, um aus den Vorhöfen in die Kammern zu treten, ganz unstatthaft ist, so muss, wenn die Vorhöfe durch ihre Zusam- menziehung das Blut in der That in die Kammern treiben, ein beson- derer Zweck dieser ihrer Thätigkeit nachgewiesen werden. Früher wurde ein besonderer Zweck der Zusammenziehungen der Vorkammern nicht angegeben ; nach B a u m g a r t e n , H a m e r n j k und Nega wird durch das in Folge der Zusammenziehung der Vor- höfe in die Kammern gewaltsam getriebene Blut die Schliessung der Atrio-Ventricularklappen bewirkt, und somit hätte die Zusammenziehung der Vorhöfe die Bestimmung , den Verschluss der Atrio-Ventricular- klappen noch vor Beginn der Kammersystole zu Stande zu bringen. Angenommen, dass die Zusammenziehung des Vorhofes den Verschluss der Atrio-V^entricularklappen bewirkt, hätte eine solche Zusammenziehung keine weitere Folgen ? Unter der Voraussetzung, dass die Zusammenziehung des Vor- hofes nur die Bestimmung habe, die Herzkammer mit Blut zu füllen, äussert sich Valentin in Beziehung auf die weitern Wirkungen einer solchen Zusammenziehung in der 2. Auflage seiner Physiologie, S. 430 wie folgt: „Lässt sieh auch nicht mit Bestimmtheit nach- Ludwig und B a um gar t en 1843 nachgewiesen, und neuerdings M ii l- 1er bestätigt hat, die Muskelfasern aus dem Vorhofe nach dem Klappen- segel hinübergehen — also activ, theils durch den Riickdruck des aus dem Vorhofe zuletzt noch gewaltsam in die Kammer gegen deren Spitze hin gepressten Blutes und die hierdurch bewirkte Anspannung der ganzen Kammerwand — also passiv, werden die Segel der venösen Klappen voll- kommen elevirt und so prall gespannt, dass die Communication zwischen Vorhof und Kammer vollkommen abgeschlossen ist. Die sichtlich active musculäre Contraction der Vorhöfe findet also nicht während der ganzen Kauunerdiastole, sondern nur an ihrem Ende statt, und geht sofort in die Kammercontraction über." 790 Skoda. „weisen, dass nie die Vorhofsverkürzung Blut in die Hohlvenen und „Lungenvenen treibt, so kann man wenigstens behaupten, dass mehrere „Einrichtungen getroffen wurden, um den Übe Ist and!! möglichst „zu verkleinern.'" „Die Muskelfasern der Yorhöfe umkränzen die genannten Blut- „ ädern. Die obere Hohlvene besitzt eine starke Ringfaserschicht, die „sich ungefähr drei Centimeter weit erstreckt, die untere dagegen „hat nur einen unbedeutenden Muskelring an ihrer Einmündungsstelle. „Die Fasern des linken Vorhofes drängen sich zwischen den Lungen- „blutadern so durch, dass auch hier unvollkommene Schliessungs- „gebilde erzeugt Averden. Da aber die Verkürzung dieser Muskel- „massen mit der Systole der Vorkammern zusammenfällt, so Averden „dann die grossen Blutadern verengt, wo nicht gänzlich geschlossen. — „Mechanische Verhältnisse eigener Art können vielleicht noch diesen „Rückgang nach einigen Schriftstellern verhüten. Die Zusammen- „ Ziehung des Vorhofes ist rasch vollendet. Das Blut der Hohl- und „der Lungenvenen befindet sich aber dann unter einem, wenn auch „geringen centripetalen Drucke. Hielte die Gegenwirkung, die von „den Kammern ausgeht, lange genug an, so würde sie unzweifelhaft „diese Druckkraft überwinden. Da sie aber weniger als eine halbe „Secunde dauert, so gCAvinnt vielleicht nicht die Flüssigkeit Zeit „genug, um zur Ruhe zu kommen und in entgegengesetzter Richtung „auszuweichen. Die venöse Mündung der Kammern gestattet ihr „jedenfalls einen leichteren Durchtritt, und nimmt mehr Geschwindig- „keitshöhe in Anspruch, als die Gesammtsumme der vielen Öffnungen „der Hauptstämme der Blutadern. Das lebende Herz ist überdies in „seinem Herzbeutel luftdicht eingeschlossen. Geben die Wände dieser „Hülle nicht nach (! !), so muss die diastolische Kammer eben soviel „Blut aufsaugen, als sie durch die vorangehende Entleerung verloren „hat. Da sich aber der Herzbeutel an den Anfangstheilen der Gefässe „oberhalb der Vorhöfe anfügt, so wird hiedurch eher der ccntri- „petale Strom des in ihnen enthaltenen Blutes begünstigt. Die Arte- „rien können dabei keine Störung erleiden, weil sich die halbmond- „förmigen Klappen schliessen. Es wäre daher möglich, dass die eben „eingeführte l^inrichtung des Herzbeutels den regelrechten Lauf des „Vorhofsblufes, und den Schluss der Taschenventile begünstigte.'" „Man sieht leicht, dass die erwähnten Wirkungen der beiderlei „mechanischen Verhältnisse gerechte Zweifel gestatten. Denn es fragt über die Function der Vorkammern des Her/.ens. 79 I „sich sehr, oh nidil die Kürze der Zeit zur Sammlung der Flüssigleit „hinreicht, und oh wahrhaft der Herzheutel einem starren Beliültor „gleichgestellt werden darf. Er könnte eher dazu beitragen, die „Füllung der Vorhöfe im Augenblicke der Kammersystole zu er- „leichtern."' Was würde man von einem Mechaniker sagen, der zur Verhü- tung des Rücktrittes einer Flüssigkeit in einer Maschine Vorrich- tungen anbringen wollte, wie sie nach diesem Citate dem thierischen Organismus zugemuthet werden ! Ich halte es für übertlüssig, das Citat im Detail einer Kritik zu unterziehen, weil ich der Meinung bin, dass das darin Behauptete von Niemand im Ernst vertheidigt wird, und gehe ohne Baumgartens und Hamern jks Angaben, die von dem Inhalte der oben angeführten Stelle aus Valentin's Physiologie wesentlich nicht verschieden sind, zu discutiren, an die Erörterung der Wirkungen einer Contraction des Vorbofes, die das Blut in solcher Menge, und so rasch in die Kammer treibt, dass die Kammerwandungen gespannt, und die Atrio-Ventricu- larklappen geschlossen werden. Die Zusammenziehung des Vorhofes beginnt entweder an der Einmündung der Venen oder an einer andern Stelle. Zugegeben, dass im erstem Falle das Blut des Vorhofes von dem Blute in den Venen ganz getrennt, und dadurch ein Zurück- weichen des Blutes aus dem Vorhofe verhütet Averden könnte, so würde das Blut aus den Einmündungen der Venen in den Vorhof, die nothwendig mit verengt würden, zurückgetrieben; zugleich müssten die Venen während der Dauer der Contraction des Vorhofes durch das continuirlich nachtliessende Blut stärker gefüllt und somit erwei- tert werden. Beginnt die Zusammenziehung des Vorhofes nicht an der Ein- mündung der Venen in der so eben supponirten Weise, so wird das Blut aus dem Vorhofe zum Theil in die Kammer getrieben, zum Theil in die Venen zurückgedrängt, die Venen werden überdies durch das stets nachtliessende Blut wie im ersteren Falle stärker gefüllt und ausgedehnt. Eine jede Zusammenziehung der Vorkammern, die Blut in die Herzkammern treibt, bringt somit eine rückgängige Bewegung des Blutes in den einmündenden Venen und ein Anschwellen dieser Venen durch das continuirlich nachtliessende Blut hervor. 792 Skoda. Den rechten Vorhof speciell in Betracht gezogen, so würde bei horizontaler Lage eines gesunden Menschen , in welcher Lage die Halsvenen massig mit Blut gefüllt wären, eine jede Zusammenziehung dieses Vorhofes, die den Verschluss der dreispitzigen Klappe be- wirkt, eine stärkere Füllung der Halsvenen und ein Aufgebläht- werden der in den Halsvenen angebrachten Klappen zur noth^en- digen Folge haben. Sind nämlich die Halsvenen massig mit Blut gefüllt, so ist die Hohlvene vom Blute ausgedehnt, und es reicht eine ununterbrochene Blutsäule vom rechten Vorhof in die Halsvenen. Wird unter solchen Verhältnissen der Abfluss des Blutes aus der Hohlvene durch die Zusainmenziehung des rechten Vorhofes unterbrochen, so müssen die Halsvonen durch das aus den kleinern Venen stets nachtliessende Blut stärker gefüllt und ausgedehnt werden , und eine rückgängige Bewegung des Blutes in den Hohlvenen wird sich in die Halsvenen fort- setzen, und kann nur durch die in den Halsvenen angebrachten Klap- pen am weitern Fortschreiten gehemmt werden. — Der Einwurf, dass vielleicht die Dauer der Unterbrechung der Blutbewegung in der Hohlvene in Folge der Zusammenziehung des Vorhofes zu kurz sei, um eine stärkere Füllung der Halsvenen zu bewirken , behebt sich durch die Thatsache , dass ein Druck auf eine Halsvene, z. B. das Berühren mit dem Finger, augenblicklich eine Schwellung derselben erzeugt, so wie das Bedenken, es könne die rückgängige Bewegung des Blutes zu geringe sein, um sich bis in die Halsvenen fortzu- pflanzen, und ein Aufblähen der Klappen in diesen Venen zu verur- sachen, beseitigt Avird durch die Betrachtung, dass die durch die Zusamnienziehung des Vorhofes bewirkte rückgängige Bewegung des Blutes in der Hohlvene ebenso stark sein niuss, als die nach vorwärts in den Ventrikel hineingerichtete, dass demnach die rückgängige Bewegung des Blutes in der Hohlvene bei horizontaler Bückenlage eines gesunden Menschen, in welcher Lage die Wirkung der Schwere auf das Blut in den Halsvenen und auf das Blut im rechten Vorhofe fast gleich ist, hinreichen muss, die Klappen der Halsvenen aufzu- blähen, wenn die nach vorwärts in die Kammer hineingerichtete so stark ist, um eine Spannung der Kammerwand und den Verschluss der dreispitzigen Klappe zu bewirken. Aus dieser Erörterung der Wirkungen der Zusammenziehungen des rechten Vorhofes ist zu ersehen, dass gewisse Erscheinungen an über die Function der Vorkammern des Herzens. 793 den Halsvenen benützt werden können zur Ermittlung des Verhaltens des rechten Vorhofes überhaupt, und speciell zur Beantwortung der Frage, ob die Contraetion des rechten Vorhofes den Verschluss der dreispitzigen Klappe bewirke, und insofern die Verhältnisse in den beiden Herzhälften als gleich angenommen werden können, ob die Zusammenziehung der Vorhöfe den Verschluss der Atrio-Ventricular- klappen vor der Kammersystole zu Stande bringe. Zu diesem Behufe folgt hier eine ausführliche Angabe der Er- scheinungen an den Halsvenen unter normalen und abnormen Ver- hältnissen. Es werden des bessern Verständnisses wegen unter Einem auch die von den Bespirationsbewegungen abhängigen Erscheinungen an den Halsvenen angeführt, wiewohl sie zur Aufhellung des Verhal- tens der Vorliöfe nichts beitragen, sondern erst bei Besprechung des Einflusses der Bespirationsbewegungen auf den Blutlauf ihre W^ürdi- gung finden werden. Unter normalen Verhältnissen und in aufrechter Stellung sind die Halsvenen nicht geschwellt. Nur bei zarter weisser Haut schimmert Aiejugularis exterma oder die mediana colli als ein dünner blauer Streif hindurch. Dieser Streif wird beim Inspiriren nicht dünner und beim Expiriren nicht dicker, ebenso wenig ändert die Herzthätigkeit seinen Durchmesser; allein ein noch so geringer Druck mittelst des Fin- gers bringt augenblicklich eine Schwellung des obern Theiles hervor. Zuweilen verursacht die Pulsation der Halsarterien eine Ver- schiebung der umgebenden Weichtheile, unter welchen auch eine sichtbare Vene begriffen sein kann, an der dann mit jedem Arterien- pulse entweder bloss ein Erzittern, oder eine Beugung, oder eine kleine Schwellung, oder selbst ein schwaches Hüpfen der Blutsäule bemerkbar wird. Eine Expirationsbewegung, während welcher der Austritt der Luft aus der Lunge gehemmt ist, bringt eine Schwellung der Hals- venen hervor, und bei zarter Haut lassen sich die Stellen, an denen die Venenklappen angebracht sind , an der knotigen Erweiterung der Venen erkennen. Die durch die gehemmte Expiration geschwellten Halsvenen ändern ihr Lumen während der Systole und Diastole des Herzens nicht, die Wirkung des Pulses der Halsarterien kann auch an den geschwellten Venen sichtbar werden. 794 Skoda. In horizontaler Lage schwellen die Halsvenen massig an, und die heiden früher genannten obertlächliehen Venen sind bei nicht zu dicker Haut sichtbar, selbst wenn diese das Blut nicht durchscheinen lässt. Die Schwellung der Halsvenen in horizontaler Lage ist bei manchen Individuen stark, und bleibt sichtbar, selbst wenn der Kopf und Rumpf etwas erhöht ist, bei andern hingegen ist sie nur schwach, und macht sich erst hinreichend bemerklich, wenn die Füsse höher liegen , als der Hals. Auch in der horizontalen Lage bringt die ge- wöhnliche In- und Expiration keine Veränderung an den Halsvenen hervor, und mit den Bewegungen des Herzens zeigt sich kein An- und Abschwellen derselben. Bei Individuen , welche eine tiefere Lage desj^opfes schwerer ertragen, — was bei den meisten Erwachsenen der Fall ist — bringt die in einer solchen Lage eintretende starke Pulsation der Halsarte- rien nicht selten eine Undulation an den Halsvenen hervor. Es versteht sich von selbst, dass eine Expirationsbewegung, während welcher der Austritt der Luft aus der Lunge gehemmt ist , auch in horizontaler Lage eine stärkere Schwellung der Halsvenen und das Hervortreten der Stellen, wo die Venenklappen liegen, zur Folge hat. — Unter gewissen abnormen Verhältnissen des Circulationsappa- rates findet man entweder schon bei aufrechter Stellung, oder doch bei der gewöhnlichen Lage im Bette die Halsvenen entAveder constant geschwellt, oder es sind an denselben An- und Abschwellungen sicht- bar, die olTenbar mit den Bewegungen des Herzens im Zusammen- hange stehen. Die constante Schwellung der Halsvenen tritt bei jeder Anhäu- fung des Blutes vor dem rechten Ventrikel ein, so lange die drei- spitzige Klappe schliesst; sie wird aber auch durch constanten Druck auf die Halsvenen selbst, z. B. durch eine Geschwulst am Halse, oder durch constanten Druck auf die absteigende Hohlvene hervorgebracht. — Das von den Herzbeweguiigen abhängende An- und Abschwellen der Hohlvenen zeigt sich auf mehrfache Weise : 1. Mit jeder Kammersystole tritt eine rasche Schwellung ein, die mit jeder Kammerdiastole entweder rasch oder langsam verschwindet. 2. Die rasche Schwellung der Halsvenen tritt während der Kam- merdiastole ein , und die Abschwellung kann noch während der Kammerdiastole zu Stande kommen, oder sie zieht sich in die Kam- mersystole hinein. über die Function der Vorkammern des Herzens. T95 3. Die rasche An- und Abselnvellung zeigt sich sowohl während der Kamniersystole, als während der Kanimerdiastole; ja es kann sich das An- und Absehwellen, während der Dauer einer Kamniersystole und Diastole dreimal wiederholen. 4. Die Anschwellung der Halsvenen erfolgt während der Kam- mersystole nur allmählich, dagegen erfolgt das Abschwellen dersel- ben mit dem Eintritte der Kammerdiastole plötzlich. Abnorme Verhältnisse des Respirationsapparates , welche den Eintritt der Luft in die Lunge beim Einathmen und den Austritt der Luft beim Ausathmen hemmen, bedingen nebst anderen Erschei- nungen auch ein Anschwellen der Halsvenen während der Expi- ration, und ein AbschAvellen derselben während der Inspiration. Es versteht sich von selbst, dass in Fällen, wo bestimmte ab- norme Verhältnisse des Circulationsappararates gleichzeitig mit den so eben erwähnten krankhaften Zuständen der Respirationsorgane vorhanden sind, das An- und Abschwellen der Halsvenen sowohl die Respirations- als die Herzbewegungen begleitet^ und dass das durch die Herzbewegungen bedingte Anschwellen bald in den Mo- ment des durch die Inspiration bedingten AbschAvellens und bald in den Moment des durch die Expiration bewirkten Anschwellens fallen muss. Bei magern Individuen im vorgerückten Alter und ausnahms- weise selbst in Jüngern Jahren gestattet die Schlaffheit der Haut am Halse eine besonders genaue Beobachtung des Verhaltens der Blut- säule in den Halsvenen, indem die oberflächlichen Venen am Halse bei geeigneter Lage des Individuums in der untern Partie eine Schwellung zeigen, während die obere Partie der Vene zusammen- gefallen ist. Aus der Veränderlichkeit der Schwellung je nach der mehr oder weniger tiefen Lage des Kopfes ersieht man bald, dass die Grenze der Schwellung das Niveau des Blutes in den Halsvenen bedeutet, und dass der obere dünnere Theil der Vene dem dünnen Strömchen des stets nachfliessenden Blutes entspricht. Bei Individuen, die lange Zeit an Dyspnoe gelitten haben, wer- den die Halsvenen erweitert, und nicht selten wird die erste Reihe ihrer Klappen insufficient. Lässt endlich die Dyspnoe wieder nach, so bleiben doch die Venen erweitert, und das Verhalten der Blutsäule lässt sich nicht bloss in der jugidaris externa und mediana colli, sondern auch in dev jugularis interna, die in der Dicke eines 796 Skoda. Daumens sichtbar wird, und in der Innominuta, die besonders rechterseits über dem Schlüsselbeine hervorragt, beobachten. Die sämmtlichen abnormen Erscheinungen sind in der Mehrzahl der Fälle in den Venen der rechten Seite stärker ausgeprägt, als in den Venen der linken Seite, einige können rechterseits sogar im hohen Grade vorhanden sein, und linkerseits ganz fehlen. Nur selten findet der umgekehrte Fall Statt. Um nun auf die Function der Vorhöfe zu übergehen, so ist aus den angeführten Erscheinungen an den Halsvenen zunächst zu ersehen, dass Baumgartens, Hamernjks und Negas Ansicht nicht haltbar ist. Es geht weiter daraus hervor, dass im rechten Vorhofe im normalen Zustande eine Contraetion, durch welche das Einströmen des Blutes aus den Hohlvenen verhindert würde, gar nicht eintritt — eine solche Contraetion müsste sich nämlich bei geeigneter Stellung des Individuums durch eine stärkere Füllung, durch ein Steigen des Blutes in den Halsvenen kund geben; — ja endlich ist zu bemerken, dass während der Systole der Kammern das Blut in der Hohlvene ebenso rasch fliesst, als während der Diastole der Kammern, indem das Niveau des Blutes in den Halsvenen — wo ein solches sichtbar ist — oder die Schwellung der Halsvenen während der Systole und Dia- stole der Kammern gleich bleibt. Das Gleichbleiben des Niveaus des Blutes in den Halsvenen ist nur begreiflich unter der Voraussetzung, dass das im Momente der Kammersystole aus den Venen kommende Blut in dem erweiterten Vorhofe Baum findet, und dass während der Kammerdiastole die Zusammenziehung des Vorhofes eine solche sei, welche das Einströmen des Blutes aus der Hohlvene in den Vorhof nicht hindert. Mithin ist die Zusammenziehung des Vorhofes nicht vollständig, der Vorhof darf nur zu einem Canale, der den einmün- denden Venen an Weite gleich kommt, verengt werden; sie ist ferner im Beginne der Kammerdiastole, wo das Blut beim Einströmen in den Ventrikel den geringsten Widerstand findet, am stärksten, während bei zunehmender Füllung der Kammer mit der Zunahme des Widerstandes für das einströmende Blut der Vorhofsich wieder zu erweitern beginnt. Der rechte Vorhof hätte sonach die Bestimmung, durch seine Erweiterung zu verhüten, dass die während der Kammersystole zwischen Vorhof und Herzkammer eintretende Unterbrechung der Blutbewegung sich nach den Venen fortpflanze, und durch seine Zusammenziehung, die ihn zu einem mit den einmündenden Venen über die Function der Vorkuinniorn des Hertens. 797 beiläufig gleich weiten Canale umwandelt, die rasche Füllung der Kammer zu ermöglichen, ohne dass ein rascheres Strömen des Blutes in den Venen nöthig wird. Geht man unter Festhaltung der soeben entwickelten Ansicht über die Thätigkeit der Vorhöfe an die Erklärung der sämmtlichen an den Halsveneu vorkommenden nicht von den Respirationsbe^egungen abhängigen Erscheinungen, so folgt zunächst, dass die bei normaler Beschaffenheit der dreispitzigen Klappe mit jeder Kammersystole stattfindende rückschreitende Bewegung des Blutes aus der Kammer gegen den Vorhof durch die Ausdehnung des Vorhofes an der Avei- teren Fortpflanzung in die Venen gehemmt Avird, dass aber diese Bewegung sich bis in die HalsA'enen fortsetzt, und in denselben ein rasches mit der Kammersystole gleichzeitiges Steigen der Blutsäule — den Venenpuls — erzeugt, sobald die rechte Kammer eine grössere Menge Bluts zurücktreibt; — bei Insufficienz der dreispitzigen Klappe — oder sobald der rechte Vorhof an der Ausdehnung gehindert ist — bei grösserem Exsudate im Pericardium. — Weiter wird eine abnorm starke Zusammenziehung des rechten Vörhofes ein rasches Steigen in den Halsvenen — einen Venenpuls — zur Folge haben, welcher Venenpuls gewöhnlich in die Kammerdia- stole fallen Avird, da die normale Zusammenziehung des Vorhofes Avährend der Kammerdiastole stattfinden muss. Eine abnorm starke Zusammenziehung des rechten Vorhofes lässt sich « priori in den Fällen erAA arten, aao der rechte Vorhof durch eine zu grosse Blutmenge ungeAvöhnlich stark erAveitert Avird. In der That beobachtet man den in die Kammerdiastole fallenden Venenpuls nur bei ErAveiterung des rechten Vorhofes in Folge A'on Hemmung des ßlutlaufes , und muss denselben A'on abnorm starken Zusammenziehungen des rechten Vorhofes um so mehr ableiten, als sonst keine andere Ursache eines solchen Venenpulses denkbar ist. Der Avährend einer Kammersystole und Kammerdiastole zAieimal und selbst mehrmal eintretende Venenpuls ist entweder durch ein-, zAvei- oder mehrmalige abnorm starke Zusammenziehung des rechten Vor- hofes bedingt, oder es ist nebst der abnorm starken Zusammenzie- hung des rechten Vorhofes noch eine Insufficienz der dreispitzigen Klappe vorhanden; oder die durch eine abnorm starke Zusammen- ziehung des rechten Vorhofes oder durch Insufficienz der dreispitzi- gen Klappe bedingte rückgängige BeAvegung der Blutsäule Avieder- TOS Sko.la. holt sit'h rill- ixlor mohnnal bloss in Kolijo dos -iostörton GIoi('l\- gowii'luos . ohne ilnss oino zwoito /jisiunnuMi/lohunji" dos Vor- holVs slatllindot. In iK in K>l/ton l";iIU> fol^on auf oiiion slärkoroii Vononpuls rouohuüssig ein oiUm* /\\o'\ soh\väch(M'o. Stolll man sioh ondlioh vor. dor roohio Vorliof haho das Con- traotionsvonnöiion vorloron. so m ird oi' sioh wähioml dor Kanunor- syslolo nii'ht orwoitoin. und waliroml i\cv Kannnordiastolo niohl ver- engern. Das in den Venen naehtliessende Ulnl wird darnn» wahrend der Kanunersystole vom reehlen Vorhofe nieht antjienonunen werden, die Hhilsänle nmss in iUmj Ualsvenen in\ Momente der Kammersyslole aUmählieh steitjen; iiei::entheiliii- wird die Fülhini; der reehten Kam- mer während ihrer DiastohMiieht wie im normalen Znstande theihveise ant" kosten des HIntes im Vorhot'e dnreh dessen Voremiernni;' voll- braeht, sondern nanz auf Kosten des Blntes in den Venen bewirkt werden, wodureh ilie Hlntsänle in den Ualsvenen, die während der Kammersyslole alhnählieh znuenominen hatte, mit den) Eintritte der Kanunerdiastole raseh sinken muss. Oie oben, snh 4. erwähnte abiutrme Krseheinunii" an den Uals- venen erklärt siel» demnaeh aus einer l'aralyse des reehten Vorholes. — leb bin der Ansiebt, dass sieh die Krseheinungen an ilen Ualsvenen nieht anders, als ant" die hier angeiiebene Weise nnd namentlich nur imter \ oraussetzunii' der von mir anuegehenen Art der Thätigkeit des reehten Verbotes beureit'en lassen. leb bin aber w oiter auch der Meinung, tlass die von mir lest- irestellte Funetion der Vorhöfe den Hlullauf auf eine vtdikommenere Weise unterstützt, als die von Uannigarten. Ilammernjk und Nega supponirte. Nach l»a um g a rt en bringt die Tontraetion der Vorhöfe den Sehluss der Atrio-\ entrieularklappen vor Beginn der Kammersystole zu Stande, damit eine retrograde Bew egnng des Blntes aus der Kam- mer in die Vorkammer verhütet werde. l)ass eine solche Contraetion der Vorhüfe eine retrograde Bew egung des Blutes in den Venen zur nothw endigen Folge hätte, wodureh der supponirte Zweck — Verhü- tung einer retrograden Bewegung des Blutes — elndirt würde, hat Baumgarlen vergebens zu negiren sieh bemüht. — Xaeh meinerAnsieht wird die retrograde Bewegung des Blutes aus der Kammer in den Vorhof niclit verhütet, weil das unmöglich ist; allein die retrograde Bew egung ist auf ein bestinnntes (Juantun» des Blutes, und auf die fhiT ilit; l-'uiirlioi) der Vorkaiiiiiiciii iIka Jl(;ry,i;rih. 7 !M) f,'«iiiif,'sl(; IMsIjui/, r<;(liK;irt. Dio rotroj^TiirJo |{ow ' o ei CO © © (N © Ö5 CO CO CO 05 © • »H TH s • •H ^ © ^-1 CO ^^ CO CO ^H ^ uo - CO ^ *» Ol «-4 CO • ^-< 00 5f »H ^ # « lO • to rH CO ^ »M tH • CO Oi CD Cft •* • CO »-I CO «5 - Oi c© • © • »-I «O i> © CO -a CO • CO kO o CO « W • • u •■ei Ol < 'S 'S "3 s bß S < 5» U o « > o 1 iH»t«-*' 09 *• VJ. H». to- • tot«« 9) • h-. {«• »h^ -a OS • - • . H* . l« OD K» to »(?....OS'«--i-''' to © h-. . . . OJOSt*5-H.. ts 1— «)• . • . 1*0500 — • to ts er to 1^ l-k l-k OD. • • a\ CD V^ in i<0 Oi • © l-k — — K) 09 {« — • i«io^t«OiosH-;D- to ^ M 09 *• oa f Vx • ' tOi-»C»0>t*©© — • 0# «: * * » 09 h^ 09 »9 09 i« H^ OO- • tOOxt-rfs-COOlt— »• 4^ l-» l« IS M to OJ. . C5QD***-«ÖQDQOtO- 5C Cn OD H* — — N* _k. >-'09«s}^^Q0O>:i- • — ■- *« 09 h- lO h- t*. OiClt— ^-QDOIOÜ^I-»»-». 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H Iffi a i-O ifi -■i* iH © iH CO © « s 1-* (N © OJ 11 00 + ■ • • ^ • i-t vH © 1-1 iH l-< _; CO CO CO CO CO M (N (N Ol a*. o S iH lO CO CO *» Jj< ^ J> © © © 00 s CA lO l« iS i» CO -f 00 © © © © 00 es »H 1-1 '^ 1-1 1-1 1-1 1-1 C5 S3 seine schärferen Kanten, wie die Endkanten der Skalenoeder, und es scheinen jene beiden Prismen ooS3 und ooS'i nur durch eine Verwechslung in die Lehrbücher der Mineralogie gekommen zu sein. 832 Höchste Her. 1. Die Hori zontalzo ne, die Eins des Systems, da sie nur einmal vorhanden ist. In diese Zone gehören alle Prismen. Sie bildet den Mittelpunkt des Projectionsbildes. 2. Die Verticalzonen des ersten und zweiten ßseitigen Prismas und der Pyramiden, und die Endkantenzonen der Rhomboeder der Hauptreihe, die Dreie des Systems, da sie je 3mal vorhanden sind. 3. Die Verticalzonen der 12seitigen Prismen und der Ska- lenoeder und die Diagonalzonen der Pyramiden u. s. w. die Seehse des Systems, da sie je 6 Mal vorhanden sind. Alle übrigen Zonen sind auch entweder 3 oder 6 Mal vorhanden. Das System, dessen Entwickelung somit nach den Zahlen 1, 3 und 2 -f-3 = 6 Statt findet, nennt daher Weiss ein 3gliedriges. Der Grundcharakter des Kalkspathsystems tritt aber auch individuell hervor durch die Vergleichung mit andern rhomboe- drischen Systemen, besonders mit dem Tesseralsystem in rhomboedrischer Stellung. Auf diese Vergleichung führt die Betrachtung der mannigfaltigen Combinationen der Kalkspathflächen, sofern durch sie oft Combinationsgestalten gebildet erscheinen, wel- che den einfachen Tesseralgestalten z. B. dem Tetrakishexaeder, dem Ikositetraeder entsprechen. Es sind daher die Axenausdrücke der Flächen der tesseralen Körper in rhomboedrischer Stellung für die entsprechenden Axen nach dem sogenannten Weiss'schen Dreieck- satz berechnet, und zwar für die am häufigsten vorkommenden und sicher beobachteten Körper, für das Oktaeder, Hexaeder, Dodekaeder für 8 Ikositetraeder (« : Vs a : Vs « , f/ : ^/a « : Vo «» « : 2 a : 2 a , a: Vs«: %«, a:3a: 3a, o:4a: 4a, a6a:6a, a: 12a: 12a), für 6 Triakisoktaeder {a:a\^/^a, axw-'^/i^a, a'. a\''/i^a, a\a\%a, a:a:da, a.aAa), für 7 Tetrakishexaeder (a: y^ «:ooa, a '.^/iü,: cxia, a:2a:ooa, a'.^/^ci'ooa, a:Z a.ooa, a.yoa.ooa, a:4a:ooa) für 6 Hexakisoktaeder (a : %a: Sa, a : Vg a: 4a, a: 2a: 4a, a : Ys a : 5 a , a : Vs a : 7 a , a: * V5 a : "/g a). Es erscheinen so diese Körper des Tesseralsystems als Combinationen von 30 Rhomboedern, 42 Skalenoedern, 7 Pyramiden, zwei ßseitigen und zwei 12seitigen Prismen nebst der geraden Endfläche des Systems. Alle diese Flächen sind in ähnlichen Tabellen, wie die Kalkspathflächen, nach ihren Reihenverhältnissen zusammengestellt, und lassen sich nun mit diesen vergleichen. Aus der Vergleichung ergibt sieh, dass im Ganzen 35 Das Kalkspalh-System. 833 Flächen beider Systeme, nämlich 12 Rhomboedcr, 16 Skalenoeder, 2 Pyramiden und die Grenzgestalten in ihrem Zeichen vollständig übereinstimmen, wenn man das im Oktaeder enthaltene Rhomboeder dem Hauptrhomboeder des Kalkspathes parallelisirt; 19 Rhomboeder, 17 Skalenoeder, 4 Pyramiden nebst den Grenzgestalten, zusammen 45 Flächen stimmen überein, bei Parallelisirung des Hauptrhomboe- ders und des im Dodekaeder enthaltenen Rhomboeders; die grösste Cbereinstimmung von 47 Flächen, 16 Rhomboedern, 23Skalenoedern, 3 Pyramiden und den Grenzgestalten findet statt bei Parallelisirung des Hexaeders und des Hauptrhomboeders. Es zeigt sich überhaupt bei dieser Parallelisirung eine überraschende Ähnlichkeit in der Entwickelung des Kalkspath- und des Tesseralsystems. Wir haben die Hauptreihe der Rhomboeder im Tesseralsystem (4 iß , 2 R R, R, 1/2 R', Vaß, %R, Vs ß') in ganz ähnlicher Entwickelung, wie beim Kalkspath (16 i?, 8 RAR, 4^R,2R,R, R', %R', Vz R, ViR, YiiR'); ebenso die Reihe der Skalenoeder mit der-Ableitungs- zahl 3 vom Hexaeder aus ('A A3, y,S"S,Sd, 2 S' Z) u. s. w. Auch manche seltenere oder aufTaliende Verhältnisse des Kalkspathes finden im Tesseralsystem ihre Restätigung. Das zweifelhafte Gegen- skalenoeder % S' % beim Kalkspath findet sich wieder als oberes Skalenoeder beim Tetrakishexaeder a : 5/4 a : 00 a, obige beiden 12seitigen Prismen 00 S % beim Hexakisoktaeder a:%a :3a, ooÄYs beim Hexakisoktaeder a:'^/sa-Aa, während die Prismen 00 Ä 3 und 00 S 2 im Tesseralsystem nicht vorkommen. — Es ist daher bei dieser Übereinstimmung beider Systeme an und für sich die Bildung mannigfaltiger den tesseralen Körpern ähnlicher Gestal- ten durch Combination der Kalkspathflächen möglich. Was jedoch der Theorie nach möglich ist, hat die Erfahrung bis jetzt verhält- nissmässig nur in geringem Umfang bestätigt. Es zeigten sich nur die dem Oktaeder, Hexaeder, Dodekaeder, einigen- Tetrakishexaedern und Ikositetraedern entsprechenden Gestalten beim Kalkspath gebil- det, nie aber eine Art von Triakisoktaeder und Hexakisoktaeder. So liegt schon in dieser verschiedenen Art der Combination krystallonomisch gleicher Flächen ein den beiden verglichenen Sy- stemen eigenthümlicher Charakter, der als trennender Unterschied hervortritt in den Grundverhältnissen der Axen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX Bd. IV. Hft. 55 834 Pohl und Seh ab US. Tafel zur Bestimmung der CapUlardepression in Barometern. Von J. J. Pohl und J. Schabns. Die Correction der beobachteten Barometerstände bezüglich der CapUlardepression schien vor einiger Zeit fast in Vergessenheit zu gerathen, da man nach Einführung der Heberbarometer von Pistor und Schiekh annahm: dass die Depression bei über 6 Paris. Linien weiten Barometerröhren verschwindend klein werde, und dass sonach ein derartiges Instrument nach Anbringung aller übrigen Correctionen , absolut richtige Daten liefere. Diese Annahme findet man selbst noch in den letzterschienenen physikalischen, meteorologi- schen etc. Handbüchern, ohschon neuere Untersuchungen bewiesen, dass die CapUlardepression selbst bei Bohren von obigem Durch- messer keine zu vernachlässigende Grösse sei, wenn es sich um Be- obachtungen an Normalinstrumenten handelt. Die Ausserachtlassung der Correction wegen der CapUlardepression oder die Elimiriirung der- selben durch Vergleichen der Barometer mit einem Instrumente, dessen Angaben ohne weiterer Prüfung als absolut richtig angenommen werden, hat wohl ihren Grund in den bisherigen theils unrichtigen, theils in zu enge Grenzen eingeschlossenen und unbequemen Depressionstafeln. So sind die Tafein von Bohn en her ger , Bouvard, Caven- dish, Young, Ivory, Laplace, Poisson etc. unbrauchbar, da entweder bei den zu Grunde liegenden Formeln die Quecksilber- oberfläche im Barometerrohre als genau sphäroidal angenommen, oder aber die Depression bloss als Function der Röhrendurchmesser berechnet wurde. Erst in dem im Jahre 1818 publicirten Aufsatze von Delcros „Sar les nivellements baroinetriques'' *) befindet sich eine von Schleiern! ach er und Eckhardt berechnete Tafel zur Berich- tigung der CapUlardepression, welche als horizontales Argument die Meniskushöhe, und als verticales den Halbmesser der ßarometer- röhre enthält 3). Diese Tafel, nach Formeln berechnet, welche nicht *) Bibliotheque universelle de Geneve. Tom. VI 11, pag. 3. ^) Bei dieser Tafel ist das verlicale Argument der Halbmesser der Röhre und nicht der üurchmesser , wie man irrllüinUich in mehreren Handbüchern gedruckt findet. Bestimiming der Capillardepressioii in Barometern. 835 (1er ÖiTeiitliclikeit übergeben wurden, nimmt zwar einen kleinen Raum ein, erfordert aber beim Gebraucbe ein sebr bäufiges und lästiges Interpoliren; abgeseben davon, dass sie nur die Depression von Röhren bis zu 10 Millimetern Durcbmesser gibt. Viel später, im Jahre 1841, verölTentliehte Del er es eine neue Tafel zur Rerechnung der Capillardepression i). welche nach ver- besserten, ebenfalls von Schi ei er mach er herrührenden Formeln berechnet ist. Diese neue Tafel hat vor der älteren Scbleier- m a c h e r's und Eckhard t's den Vorzug eines bequemeren und auch erweiterten Gebrauches, da sie direct für Röhren bis zu 14 Millimeter Durchmesser verwendbar ist. Ais Argumente dienten wieder die Meniskushöhe und der Röhrenhalbmesser, und nicht wie in Poggen- dorff's Annalen 60. Band, p. 377, zu lesen ist, der Röhrendurch- messer -), welcher sinnstörende Fehler fast in alle deutschen Hülfs- bücher überging. Endlich hat Brav a i s 3) eine Tafel der Depressionen des Queck- silbers in Barometerröhren gegeben, welche sich von allen andern Tafeln dadurch unterscheidet, dass sie als horizontales Argument statt der Meniskushöhe den Einfallswinkel, das beisst, den Winkel zwischen dem letzten Elemente der Meniskuscurve und dem Normale der Röhrenwand enthält. Diese Tafel hat den grossen Vorzug, die De- pressionen für Röhren von selbst 20 Millimeter Durchmesser direct zu geben, dagegen sind für den bequemen Gebrauch die Grundgrössen in zu weite Grenzen eingeschlossen , auch erfordert die Ausmittlung *) Noui}eau.r Memoires de lAcademie Royal de BruxeUes. Tom. XIV, pag. 72. '^) In der Übersclirilt zu Delcros' Tafel im Originale steht: ^^Aryutnent ver- iicul = Diametre du tuhe'\ der Coliimnentitel aber lautet: ,^Ruyon du (übe." Da^ss letzterer, id est der Halbmesser das richtige Argument sei, geht daraus hervor, dass nicht die geringste Übereinstimmungzwischen der älteren und der neuen Tafel stattfindet, wenn man den Durchmesser als verticales Argument setzt , während die Depressionen beider Tafeln für Halbmesser ziemlich identisch sind. Einen weiteren Beweis für das Gesagte liefert auch Bravais' Tafel, deren Werthe für den Halbmesser als Argument bei Delcros' Tafel, mit denen der letzteren nahe zusammenfallen. Ein weiterer Druckfehler in Po gge ndorffs Annalen ist der, dass die Capil- lardepression für 4-6 Mm. Röhrenhalbmesser und 1*3 .^Im. Meniskushöhe zu 0'437 Mm. steht, während aus den Difforenzen 0-i73 folgt, wie auch das Original richtig angibt. 3) Annales de Chimie e( de Physi(iue. Serie 11 1, Tom. V, pag- 492. 55 * OOÖ Pülil uiut Schab US. der Correction wegen der stattfindenden Capillardepression jedesmal eine Winkelmessung. Nach Aufstellung des Normalbarometers nach Prof. Schröt- ter's Construction im chemischen Laboratorium des k. k. polytech- nischen Institutes mehrfacii Inder Lage, die Capillardepression in üher 14 Millimetern weiten Röhren bestimmen zu müssen, wozu Delcros' Tafel nicht ausreicht, überzeugten wir uns von der Unbequemlich- keit und dem zeitraubenden Gebrauche der Tafel Bravais'. Die vorzunehmende Winkelmessung ist zudem nicht von jedermann und unter allen Uihständen ausführbar, wie z. B. auf Reisen, wo die Er- mittelung der Capillardepression als Controle für die Luftleere des Barometerrohres etc. dient. Die Übereinstimmung, welche Bravais' Depressionennach ge- schehener Reduction der Einfallswinkel auf Meniskushöhen mit denen von D elcros darbieten, führte uns dahin, die von Letzterem ge- gebene, für Meniskushöhen geltende Tafel, nach jener von Bravais bis zu 20 Millimeter Röhrendurchmesser zu erweitern, wozu die für die Einfallswinkel lo", 18", 4ö<* und 48" geltenden Depressionen als Nornialörter benützt wurden. Da ferner Delcros' Tafel das ver- ticale Argument nur von 0*4 zu 0*4 Millimeter fortschreitend enthält, dadurch aber wegen zu grosser Unterschiede zweier aufeinander- folgenden DepressionsdilTerenzen, die Interpolation für Zwischen- glieder bedeutend erschwert ist, so haben wir es vorgezogen , die Röhrendurchmesser von 0*2 zu 0*2 Millimeter fortschreiten zu lassen. Hiedurch wird für weitere Barometerröhren, die Interpolation auf ein blosses Addiren oder Subtrahiren der entsprechenden Pro- portionaltheile reducirt. Die in dieser Beziehung vorzunehmende Interpolirung geschah nach der bekannten Formel Lagrange' s, für unsern Fall in der Form: 2/a ^ || (•^•n— a^l) (-t^n— «'s) (^n— ■>^4)l ' (•«•2— -«^l) (*'3— ^3) (-t^S— •^■4)' '^ (-^3— -^i) (-«s— ^a) (-^s— -^4)) . i^k—'^i) 0^4—^3) (^4— ^s); Bestimmung der Capillardcpression in Baronielern. H',\7 Was die Messung der als Argument bciiützfen Mcniskusliöhe anbelangt, so geschieht sie am einfachsten am Baromelerrohre , mittelst der Scale des Instrumentes und ihres Nonius, bei solcher Stellung des Barometers, dass die Quecksilberkuppe zur möglichsten Vermeidung der Irradiation , nicht grell beleuchlct ist. Bei Heber- barometern wird auf gleiche Weise die Meniskushöhe im unteren Schenkel gemessen. An Gefässbarometern, deren Quecksilberniveau im Gefasse sich willkürlich auf eine besUmmte Ebene, die des Null- punktes der Scale einstellen lässt, bewerkstelligen wir die Messung mittelst einer etwa 3 IMillimeter umfassenden, am Quecksilbergefaj^se angebrachten Scale, welche Unterabtheilungen von OS Millimeter enthält 9- Man hat so, da der Nullpunkt der Barometerscale unmittel- bar an der des Gefässes bezeichnet sein kann, nach erfolgter Ein- stellung des Quecksilberniveau's nur eine Ablesung an der Scale des Gefässes zu machen, um bei gehöriger Vorsicht die gewünschte Meniskushöhe bis zu 0-02 Millimeter genau zu erhalten. Solche Ge- fässbarometer endlich, bei denen das Quecksilberniveau nicht will- kürlich in die Nullpunktsebene gebracht werden kann und deren Gefasse undurchsichtig sind, gestatten nicht die directe Bestimmung der Capillardepression, und können nur dann zu brauchbaren Be- obachtungen verwendet werden, wenn sie in nicht zu langen Zeit- räumen mit Normal-Instrumenten verglichen werden. Einrichtung und Gebrauch der Tafel. Die erste Verticalspalte unserer Tafel enthält die Böhrendurch- messer, für welche die Depression bestimmt werden soll, von 2 Millimeter bis zu 20 Mm. Weite und von 02 zu 02 Mm. fortschrei- tend. Die oberste Horizontalspalte gibt hingegen die Meniskushöhen von 0*1 bis zu 1-8 Millimetern mit Intervallen von 0-1 Millimetern, in welchem Längenmasse auch die entsprechenden Depressionen aus- gedrückt sind. Wäre die Capillardepression für irgend einen direct in der Tafel enthaltenen Böhrendurchmesser , sowie eine ebenfalls direct von der Tafel gegebene Meniskushöhe zu suchen, so hat man nur in der Horizontalcolumne des gegebenen Böhrendurchmessers so lange *) Bei möglichst genauen Bestimmungen an Normal-Instrumenten geschieht die Ablesung und Ermittelung der Jleniskushöhe am besten mittelst eines Ka- thelometers. 838 Pohl und Seh ab US. von links n.ich rechts fortzuschreiten, bis mau in die Vertlcalcolumne gelangt, welche mit der gemessenen Meniskushöhe überschrieben ist; die an der Kreuznngsstelle befindliche Zahl ist die gesuchte De- pression in Millimetern. Liegt der Durchmesser der Barometerröhre zwischen zwei Tafelgrössen gerade in der Mitte, und soll die Depression möglichst genau bestimmt werden, so ist mittelst der bereits angeführten For- mel zu interpoliren. Hierzu wählt man am besten die zwei ober und die zwei unter der gesuchten Zahl liegenden Glieder; für diesen Fall werden die Coefficienten, mit denen die einzelnen den Grund- grössen entsprechenden Depressionen der Tafel zu inultipliciren sind: 16 II = + — ^ 16 III = _|_ _L ' 16 IV = --L 16 deren Gebrauch die Interpolation wesentlich erleichtert. Sind aber die Röhrendurchmesser durch Zahlen ausgedrückt, bei denen noch lOOtel Millimeter erscheinen, so bleibt für strenge Rechnung nichts anderes über, als die gegebene allgemeine Formel zu gebrauchen. Hinreichend genau und zeitersparender ist es aber für die Zehntel-Millimeter wie oben zu interpoliren und für die Hun- dertel den entsprechenden aliquoten Theil der betreffenden Differenz zu nehmen. Ebenso reicht es für viele Fälle aus, besonders wenn es sich um weite Röhren handelt, die der gesuchten Zahl zunächst lie- gende kleinere der Tafel, um die der Durchmesserdifferenz entspre- chenden Proportionaltheile der Depression zu vermehren. Wenn endlich weder der gegebene Röhrendurchmesser, noch die Meniskushöhe in der Tafel enthalten ist, so wi:-d für strenge Rechnung zuerst wie oben gezeigt in den 4 zunächst liegenden Gliedern ver- tical interpolirt, wodurch eine viergliedrige horizontale Zwischenreihe resultirt , aus welcher die zu suchende Zahl mittelst der Interpola- tionsformel gefunden werden kann. Selten ist es nöthig, die Interpola- tion so umständlich vorzunehmen, da nur bei sehr engen Röhren die Horizontal-Differenzen unserer Tafel sich bedeutend ändern, und für ßaromeler mit solchen Röhren, da sie nie zu genauen Beobachtun- gen dienen, 00 1 Millimeter nicht in Betracht kommt. In diesem Bestimmung der CapillaidepressLoii in Barometern. 831) Falle hat man aus der dem gegebenen Rüiirendurchmessei' zunächst liegenden Hoiizonlalreihe der Tafel, die entsprechende DifTcrenz zu nehmen und hiervon den entfallenden Proportionaltheil, zu der durch Verticalinterpolatioii gefundenen Zahl, zu addiren oder zu subtrahiren. Für weitere Baroineferröhren reicht diese Interpo- lationsweise ebenfalls aus, da für solche die Horizontal -DilTerenzen hinreichend regelmässig sind. B eispiel I. Es sei der Barometerstand von 754-226 Millimetern bei 16°2 C. an einem Gefässbarometer abgelesen worden, dessen Gefäss: 29-35 Millimeter inneren Durchmesser und die Barometerröhre Oben: 4-7 Millimeter inneren Durchmesser hat, während der äussere Durchmesser dos in das Gefäss eintauchen- den Theiles des Barometerrohres nur 6 Millimeter beträgt. Die Meniskushöhe wäre gemessen: im Barometerrohre zu 0-50 Millimeter, im Gefässe zu 1-29 Millimeter. Suchen wir zuerst die Depression für das Barometerrohr, so wird nach strenger Interpolation dieselbe gleich 1-Otl Millimeter, während mittelst der Proportionaltheile 1-012 folgte. Im Gefäss hat man: 29-35 Mm. — 6-00 Mm. = 23-35 Mm. und als Breite des Quecksilberringes in demselben : "''''* = 11-68 Millimeter; 2 es gibt aber die Tafel für : 1-3 Meniskushöhe und 11-6 Ringbreite = 0-243 Millimeter — 001 „ „ „ „ := _ 0-001 13 „ „ 0-08 „ = — 0-005 Daher wird die Depression für den Ring im Ge- fässe des Barometers ^= 0-237 Millimeter, und die am beobachteten Barometerstande anzubringende Correction Avegen der Capillardepression : 1-011—0-237 = 0'774 Millimeter. Wir erhalten also da der beobachtete Barometerstand 754226 Millimeter bei 16-2» C. war: 754-220 f 0-774 -= 755000 Millimeter 840 Pohl und Seh ab US. und auf die Normaltemperatur von 0» C. reducirt: 75301 6 Milli- meter i). Beispiel II. Am Normalbarometer des cliemischen Laboratoriums wurde der Barometerstand 742-64 Millimeter bei 16°60 C. Temperatur der Scale und 16^40 C. des Quecksilbers abgelesen. Der innere Durchmesser der Röhre beträgt lS-4 Millimeter. Der ins Gefäss eintauchende Theil des Barometerrohres hat 9 Millimeter äusseren Durchmesser. Der innere Durchmesser des Gefässes ist 49"7i) Millimeter. Es folgt also, da die Menisliushöhe für das Barometerrohr zu . . , 1'114 Millimeter, den Quecksilberring im Gefässe zu 1-061 „ gefunden wurde , die Depression für die Röhre von 1J>'4 Millimeter Durchmesser bei 11 Mm. Meniskushöhe . = 0077 „ Correctur für -j- 0014 Millimeter Meniskus- höhe = -I- 0001 *) Leider haben sich in den von uns früher bei-echneten „Tafeln zur Reduc- tion der in Millimetern abgelesenen Barometerstände'' einige Druckfehler in den Beispielen eingeschlichen, auf welche wir erst jetzt aufmerk- sam gemacht wurden. Es soll nämlich im Beispiele 2, Zeile 12 von unten, statt 5 + 0-99866 stehen 5x:0-99866; im Beispiele 3, Zeile 2 von unten, statt 0-99720+21 -54, 0 ■ 99720X;21 '54 ; dann auf der nächsten Seite, Zeile 4 von oben statt 1 • 65 C. soll es heissen — 1 • 65 C, Zeile 4 und 5 von oben statt +t-65 und +21-54, xl-65 und x2i-54; endlich, Zeile 7 von unten statt +11*5 muss stehen xH'^. Ebenso steht durch unser Versehen in den „Tafeln zur Reducfion und Vergleichung der in verschiedenen Längenmassen abgelesenen Barometer- stände" Seite 4, Zeile 16 von oben: /' = « + mzl + (!■— 1) m~ l + ... + ni^ l statt : 2 ' 2.3 ferner Zeile 17 von oben: -\- m^l l' = l + Ttnl + / I (r — \)nr + (t— 2) m- + . . . +»j^ | statt : und Zeile 20 von oben „die Grösse 0" 00001 43 etc." statt: „die Grösse 0-000293 etc." Bi'Sliniiniing der Capillardepre^.sion in Uaromolern. 84 t daher die Capillardepresslon für dieBarome- terrölire von lö'4 Millimeter Diirchmessei* und 1114 Meniskushöhe = 0-078 Millimetei- Im Gefässe ^vird aber ^^ "^^"^ "^ - 20-375 Millimeter, die Breite des Quecksilberringes und folglich die Depression für einen Quecksilberring von 20 Millimeter Durchmesser bei 11 Millinieter Meniskushöhe -- 00240 Millimeter Correctur für — 0-039 Mm. Meniskushöhe = ~ 0-0008 Correctur für 0375 Mm. Breite des Binäres = — 0-0018 Daher die Capiilardepression im Gefässe = 0021 Millimeter und die am beobachteten Barometerstande anzubringende Correction wegen der stattfindenden Capiilardepression: 0-078 Mm. — 0021 Mm. = 0-057 Mm., also 742-64 — 0 057 = 742-583 Mm. bei 16-6 C. Temperatur der Scale und 16°4 C. des Quecksilbers. — Endlich auf 0" C. reducirt wird der Barometerstand 740-009 Millimeter. Beispiel III. An einem Heberbarometer wäre der abgelesene Barometerstand 755-16 Millimeter, bei 18-8 C. Der innere Durchmesser des Glasrohres beträgt 4-94 Millimeter. Die Meniskushöhe im oberen Schenkel = 0-40 Millimeter „ „ „ unteren „ = 0-50 „ so wird die obere Correction für eine Bohre von 5Mm. Durchmesser u. 0-4 Mm. Meniskushöhe = 0-721 „ Correctur für — 0-06 Mm. Böhren- durchmesser ^= — 0020 „ Daher die Depression im oberen Schenkel = 0*701 Millimeter Untere Correction für 0-5 Meniskus- höhe und 5 Böhrendurchmesser = 0-885 „ Correctur für — 006 Mm. Durchmesser = — 0024 „ Daher die Depression im unteren Schenkel = 0-861 Millimeter und die am beobachteten Barometerstande anzubringende Correction wegen der Capiilardepression : 0-701 Mm. — 0-861 Mm. = — Ol 60 Mm. Der vollständig reducirte Barometerstand beträgt daher: 752-698 Millimeter. 842 Pohl und S c h a b u s. Tafel zur Bestimmung der Röhren- Durchmes- ser in Ol 0-3 0-3 0-% O 5 O 6 O 'S OS O 9 Millimetern. i 2 0 1-268 2-460'3-516 4-396 5-085 •2 1-048 2-044i2-942 3-713 4-339 •4 0-876 l-715|2-484 3-162 3-728 4-190 •6 0-744 1-462 2-128 2-724;3-236|3-663 •8 0638 1-256 1-836 2-363 2-825 3-218 3-542 30 0-554 1092 1-601 2068 2-484 2-846 3-150 2 0-484 0-955 1-404 1-820 2-196 2-528 2-812 3-050 •4 0-427 0-842 1-241 1-613 1-954 2-258 2-522 2-748 •6 0-378 0-747 1-103 1-437 1-746 2-024 2-270 2-483 2-662 •8 0-336 0-667 0-986 1-288 1-568 1-823 2-051 2-251 2-422 4 0 0-302 0-598 0-885 1158 1-413 1-648 1-859 2-046 2-209 •2 0-271 0-539 0-799 1046 1-279 1-495 1-690 1-865 2-020 •4 0-245 0-487!0-723 0-948 1-161 1 - 360 1-541 1-705 1-851 •6 0-223 0-442l0-657 0-863 1058 1-241 1-409 1-564 1-701 •8 0-203 0-403 0-599 0-787 0-966 1-135 1-292 1-436 1-565 5 0 0-186 0-368 0-548 0-721 0-885 1-042 1-187 1-321 1-442 •2 0-170 0-337 0-502 0-661 0-813 0958 1093 1-218 1-332 4 0-156'0-310 0-462'0-608 0-749 0-883 1-009 1-125 1-232 •6 0-I43'0-285 0-4250-560 0-6910 815'0-932'l-041 1-142 •8 0-132!0-263 1 0-392 0-517 0-639!0-754l0-863l0-965 ! ! 1 1-060 6 0 0122 0-243l0-362 0-478 0-591 0-698 0-800 0-896 0-985 •2 0-113 0 225j0-336 0-444 0 548 0-648 jO- 743 0-833 0-917 4 0105 0-209,0-312 0-412 0-509 0-602 0-691 0-77610-855 •6 0098 0-194 0-290;0- 383 0-473|0 -56110 •644|0'723!0- 79811 •8 !0-09l'0-18l!0-269 1 ! 1 10-356 0-441I0-523 0-601 0-675 0-745 1 1 7 0 0 085'0-168'o-251 0-3320-41110-488 0-561 0-631 0-697 •2 0-079 0-1570-234 0-310:0-384;0-455 0-524 0-590 0-652 -4 0074 0- 147 0-219 0-290 0-359 0-426 0-490 0-552 0-610 ■6 l0069 0-137'020t> 0-271:0-336 0-399 0-4590-517 0-572 •8 0064 O-128'O- 192 0-254 0- 315 O-373'O- 431 |0-485 0-537|| 80 0060 i 0120 1 0-180 1 0 • 238 1 0-295 i 0-350 0 - i04 I0-455 0-504 Bestimmung der Capillardepression in Barometern. 843 rapillardepression in Barometern. Uöhren- Durchmes- l-O 1-1 1-3 1-3 t ti 1-5 1-6 1-1 18 ser in Millimetera. 2 0 3 4 6 •8 3 0 •2 •4 •6 •8 4-0 ,2-348 •2 2-lä3 4 1-978 2-087 6 1-822 1-926 ! •8 1-680 1 • 780 1-866 1 1 5 0 1-552 1-648 1-731 2 1-436 11-528 1-608 1-676 4 1-331 1-419 l-495'l-561 6 1-235 1-318 1-392 1-456 1-511 •8 1-148 1-227 1-297 1-359 1-413 1 C 0 1 • 068 1 • 1 43 1 • 21 0 1 • 270 1 • 322 1 • 368 •2 0 - 995 1 - 066 1 1 • 1 31 j 1 - 188 j 1 • 238 1 • 282 4 0-928 0-995!l057 1-112;il61 1-203 1 -.238 •6 |0-867|0- 931 0-989 1 «041 1 1-088 1-129 1-164 •8 '0-810 0-871 0-926 0-976 1021 ! 1 i 1-061 1-095 70 0-758 0-815l0-868 0-916 0-959 0-997 1-030 •2 0-710, 0-764i0-814 0-860 0-901 0-938 0-970 4 0-665 0-717 0-764 0-808 0-847 0-883:0-914 -6 0-624 0-6730-718 0-760 0-797'0-831 0-8Ö1 0-887' -8 0-586 0-632 0-675 0-715 0-751 0-783 0-812 0-837 80 0-551 0-594 0 - 635 0-673 i 0-707 0-738 1 0-766 0-790 1 I 844 Pohl und Schal) US. Tafel zur Bestiinimmg der Rüliicii- Durclimcs- ■ sei- in MillimeU-ni. Ol O 3 O 3 O^ O 5 O 6 Ol OH O 9 8 0 0-OGO 0120 0 - 1 80 0-238 0-295 0-350 0-404 0-455 0-504 •2 0 • 0J>6 0113 0-169 0-223 0-277 0-329 0-379 0-428 0-474 •4 0 053 0 • 1 00 0-158 0-210 0 - 260 0-309 0-356 0-402 0-446 •6 0-050 0-100 0-149 0-198 0 • 244 0-290 0-335 0-378 0 419; •8 0 • 047 0-094 0 140 0-185 0 • 230 0-273 0-315 0-356 0-395 90 0-044^ 0-088 0132 0-174 0-2l6lo-257 0-297 0-335 0-372 •2 0-042 0-083 0- 124 0-164 0-204 0-242 0-280 0-316 0-351 4 0-039 0078 0-117 0-155 0-192 0-228 0-264 0-298 0-331 •6 0-037 0-074 0-110 0146 0-181 0-215 0-249 0-281 0-312 •8 0-035 OOGO 0- 104 0-138 0-170 0-203 0-235 0-265 0-294 10 0 0033 0-065 0 098 0-130 0-161 0-192 0-221 0-250 0-278 2 0-031 0061 0-092 0-123 0152 0-181 0 - 209 0-237 0-262 •4 0-029 0 - 058 0-087 0-116 0-144 0-171 0-198 0-224 0-248 •G 0-027 0-055 0 082 0-109 0-135 0-162 0-187 0-212 0-234 •8 0 02(J 0-052 0-078 0-103 0-128 0-153 0-177 0-200 0-222 II 0 0 • 024 0-049 0-074 0-097 0-121 0-145 0-167 0-189 0-210 •2 0-023 0-047.0-070 0 092 0-115 0-137 0-158 0-179 0-199 4 0 - 022 0-044 0-066 0-087 0-109 0-129 0-150 0-109 0-188 •6 0-021 '0-04210-062 0-083 0-103 0-122 0-142 0-160 0-178 •8 0 - 020 0-039 0-059 0-078 0-097 0-116 0-134 0-152 0-169 12 0 0-019 0-037 0-056 0-074 0 092 0-110 0-127 0-144 0-160 •2 0-018 0-035 0-053 0-070 0-087 0-104 0-120 0136 0-152 4 0-017 0 034 0-050 0- 067 0-083 0-099 0-114 0-129 0-144i! •6 0-010 0-032 0- 047! 0- 063 0-078 0-094 0 - 1 08 0 122 0-137 •8 0-015 0-030 0-045 0-060 0-074 0-089 0-103 0-116 0-130 13 0 0-015 0 • 028 0 043 0-057 0-070 0-084' 0-098 0-110 0-123 •2 0-014 0 - 027 0-041 0-054 0-067 0 - 080 0 • 093 0 - 1 05 0-117 4 0013 0-025 0-039 0 • 05 1 0-064 0-076 0-088 0-100 0-111 •6 0-012 0-024 0-037 0 049 0 • 06 1 0-072 0-084 0-095 0-105 •8 0012 0- 023 0-035 0 -046 0-058 0-068 0 079 0 - 090 0-100 14 0 0-011 0-022 0-033 0 044 0-055 0-065 0-075 0-085 0 095 Besdmmuiig «Icr Ciipillarilcpresöioii in üarometcni. cS45 Capillanli'pressioii in Hai'oinolerii. nöhren- Diirchmcs- ser in Mlllliuelern. 1 O 1-1 IS 1-3 14 1-5 1-G 1 'S 1-8 S-0 O-Ööl 0-594 0-635 0-673 0-707 0-738 0-766 0-790 •2 0-ölS 0-559 0-598 0-634 0-666 0-696 0-723 0-746 4 0-487 0-526 0-563 0-597 0-628 0-657 0-682 0-705 •6 0-459 0-495 0-530 0-563 0-59210-620 0-644 0-666 •8 0-432'0-4ü7 0-500 0-531 0-559 0-585 0-609 1 1 0-630 90 0-407 0-441 0-472 0-501 0-528 0-552 0-575 0-596 •2 0-384 0-416J0-445 0-473 0-499 0-522 0-544 0-563 •4 0-3G2 0-392;0-420 0-447 0-470 0-494 0-514 0-532 •6 0-342 0-370 0-397 0 • 422 0-445 0-467 0-486 0-504 •8 0-323 0-349 0-375 0-399 0-421 0-442 0-460 0 - 477 10 0 0-305 0-330 0-354 0-377 0-398 0-418 0-436 0-452 •2 0-288 0-312 0-335 0-356 0-376 0-395 0-412 0-428 •4 0-272 0-295 0-317 0 - 337 0-356 0-374 0-390 0-405 0-418 •6 0-258 0-279 0-300 0-319 0-337 0-354 0-369 0-384 0-396 •8 0-244 0-264 0-284 0-302 0-319 0-336 0-350 0-364|0-376, 11 0 0-231 0-250 0-269 0-286 0-302 0-318 0-332 0-345 0-356 •2 0-218 0-237 0-255 0-271 0-287 0-301 0-315 0-327 0-338 4 0-207 0-225 0-241 0-257 0-272 0-286 0-299 0-310 0 320j •6 0-196 0-213 0-228 0-243 0-257 0-271 0-283 0-294 0-304 •8 0-186 0-202 0-216 0-231 0-244 0-257 0-268 0-279 0-288 12 0 0-176 0-191 0-205 0-219 0-231 0-243 0-254 0-264 0-273 •2 0-167 0.181 !o- 195 0-208 0-219 0-231 0-241 0-251 0-259 •4 0-158 0-172 0-185 0-197i0-208 0-219 0-229 0-238 0 246 •6 0-150 0163 0-175 0-187 0-197 0-208 0-217 0-226 0-233 •8 0-142 0-154 0-166 0-177 0-187 0-197jO-206 0-214 0-221 13 0 0-135 0-146 0-158 0-168 0-178 0-187 0-196 0-203 0-210 •2 0- 128 0-139 0-150 0-160 0-169|0-I78 0-186 0-193 0-200 •4 0- 122 0-132 0-142 0-152 0-161 0-169 0177 0183 0-190 •6 0-116 0-126 0-135 0-144 0153 0-160 0 - 1 68 0-174 0-lSO •8 0- 110 0-120 0-128 0-137 0-145 0-152 0-160 0-166 0-171 14 0 0 105 0-114 0-122 0-130 0-138 0-145 0-152 0-158 0-163 846 Pohl uiul Seh ab US. Tafel zur Bestimmung der Rölirea- , 1 Durciiraeä- scr iu Milliinetein. Ol OÄ O 3 O 4 O 5 t 0-6 Ol 0-8 0-9 14 0 0011 0-022 0-033 0-044 0-055 0-065 0-075 0-085 0-095 •2 0010 0-021 0-031 0-041 0 052 0-062 0-071 0-081 0-090 ■i 0-010 0-020 0 029 0-039 0-049 0-058 0-067 0-076 0-085 •6 0-009 0-018 0-027 0-037 0-046 0-054 0 063 0-072 0-081 •8 0-008 0-017 0-025 0-034 0-043 0-051 0-060 0-068 0-076 15 0 0-007 0-016 0-024 0 032 0-040 0-048 0-056 0-064 0-072 2 0-006 0-014 0-022 0-030 0-038 0-046 0053 0-061 0-068 •4 O-OOö 0-013 0-021 0-028 0-036 0-043 0 050 0-057 0-064 •6 0-005 0-012 0-019 0-027 0-034 0041 0-048 0-054 0-061 •8 0-004 0-011 0-018 0-025 0 032 0-039 0-046 0-052 0-058 160 0-003 0-010 0-017 0-024 0-031 0-037 0-043 0-049 0-055 •2 0-002 0 • 009 0-016 0-023 0-029 0035 0 041 0 047 0-053 •4 0 - 002 0-009 0-015 0-021 0-027 0-033 0-039 0-045 0-051 •6 0-002 0-008 0-014 0 020 0-026 0-031 0 037 0-043 0-049 •8 0-001 0-007 0013 0019 0 024 0-029 0-035 0-041 0-046 170 0-001 0 006 0-012 0-018 0 023 0 028 0-033 0-038 0-043 1 -2 0-001 0-006 0-011 0-016 0 021 0-026|0-031 0-036 0-041: •4 0-005 0010 0 015 0 - 020 0 • 024 0-029 0-034 0-039 •6 0 004 0-009 0-014 0019 0-023 0-028 0-032 0-037j •8 0 004 0-009 0-013 0-018 0 022 0 026 0-031 0-035! 18 0 : o-ooa'o-oos 0-012 0-017 0-021 0-025 0-029 0-033 •2 0-003 0007 0-011 0016 0-020 0-024 0-028 0-032 •4 1 '0-003 0007f0-011 0-015 0019|0-022 0-026 0-030 •6 !0-002 0-006 O-OlO 0-014 0-018 0-021 0-025 0-028 •8 0-002 0-005 0-009 0-013 0-017 0-020 0-023 0-026 19 0 0-001 0 - 005 0-009j0-013|0016 0-019 0-022 0-025^ •2 0-001 : 0 • 004 0-008 0012 0015, 0-018 0-021 0-024 4 io-ooi 0 004 0008 0-012 0-015 0-017 0-020 0-023 6 i ! 0-003 O-007'o-Oll 0-014'0-016 0-019 0 - 022 •8 0-003 0007 0-011 0014i0-016 0-018 0-021 20 0 0 • 003 1 1 0-007 0 010 0 0 1 3 0-015 0-018 0-020 Bestimmung der Citpillardepcession in Baiometern. 847 Capillardepression In Haroiiietern. Ruhrea- Diirchmes- ser in MilliineterD. 1 O 11 1 55 1-3 1 Ift 1-5 1-« 11 1-8 140 0105 0-114 0-122 0-130 0-138 0-145 0-152 0-158 0-163 •2 ü-099 0-108 0-116 0-124 0131 0-138 0-144 0-150 0-155 •4 0-094 0-102 0110 0-117 0-124 0-131 0-137 0-142 0-147 •6 0-089 0-097 0104 0-111 0-118 0-124 0-130 0-135 0-140 •8 0-084 0-092 0-099 0-105 0-112 0-118 0-123 0-128 0-132 150 0-080 0-087 0-094 0-100 0-106 Olli 0-116 0-121 0-1251 •2 0 073 0-082 0 089 0-095 0-100 0-105 0-110 0-114 0-118 •4 0-07l|0-077 0-084 0 090 0-095 0-100 0-104 0-108 0-111 •6 0-067 0-073 0-079 0-085 0-090 0-095 0-099 0-102 0-105 •8 0-064 0 - 070 0-075 0-081 0-086 0-090 0-094 0-097 0-tOO 160 0-061'0-067 0-072'0-077 0-082 0-086 0-090 0-093 0-096 •2 0059 0-064 0-069 0-074 0-078 0-082 0-085 0-088 0-091 •4 0-056jO-061 0-066 0-070 0-074 0-078|0-081 0-084 0-087 •6 0054j0058 0-062 0-066 0-070,0-074 0-077 0-080 0-082 •8 0-051, 0-0o5 0-059 0-063 0066, 0-070 0-073 0-076 0-078 170 0-048 0-052 0 056 0-060 0-063 0-066 0-069 0-072 0-074 •2 0-045 0-049 0-053 0-057 0 060 0-063 0-066 0-068 0-070 •4 0-043 0-047 0-051 0-054 0 057 0-060 0-063 0-065 0-067 •6 0-041 0-045 0-048 0-051 0-054 0-057 0-060 0-062 0-Ü64 •8 0-039 0-043 0-046 0-049 0-052 0-054 0-057 0-059 0-061 18 0 0-037 0 041 0-044 0-047 0-049 0-051 0-054 0-056 0058 •2 0-035!0-038 0-041 0044 0 046 0-049 0-051 0-053 0-055 •4 0-03310-036 0-039 0- 042 0-044 0-046 0-0.48 0-050;0-052 6 0-03110-034 0037 0040 0 042 0-044 0-04610-048 0-049 •8 0-029;0032 0-035;0038 0 040 0-042 0-044|0-046|0-047 1 19 0 0-028 0-031 0033 0036 0-038 0-040 0-042,0-044 0-045 •2 0-027 0- 029, 0-032 0 034 0-036 0 038 0- 04010 042 0-043 •4 0-026 0-028 0-030 0-032 0034 0-036 0-038 0-039 0-040 ■6 0 024|0-026 0-028 0-030 0-032 0034 0-036 0 037 0-038 •8 0 • 023 i 0 • 025 1 0 • 027 0 - 029 0 • 031 0033 0034 0-035 0-036 200 (►•022 0-024 0 026 0-028 0 029 0 031 0 • 032 0 033 0-034 ö4ö Ceschäl'tsbericlit der k. k. Central-Anstalt. GESCHÄFTSBERICHT der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Iiu Noyeiiiber 1852. Eingegangene Beobachtungen: 2. Novb. Vom Herrn Dr. Kr zisch aus Holitscli vom Octb. 1852. 3. „ Vom Herrn Dr. Hutta aus Gran „ Octb. 1852. 3. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Adelsborg' „ Octb. 1852. 4. „ Vom Hrn. Prof. Hacke laus Böhm.-Leippa „ Octb. 1852. 4.. „ Vom Hrn. Prof. Hlavaczek aus Leutschau vom Aug., Septb., Octb. 1852. 4. „ Vom Dr. Krziz aus Saybusch vom Octb. 1852. 5. „ Vom Herrn Dr. Stropnicki aus Strakonitz vom Octb. 1 852. 5. „ Vom Herrn Prof. Zawadski aus Lemberg vom Aug., Septmb. 1852. 7. „ Dir. Weisse aus Krakau vom Octb. 1852 und das Tage- buch der Beobachtungen von 1826 bis 1849. 8. „ Vom k. k. Telegraphenamte in Gratz vom Octb. 1852. 9. „ „ k. k. Telegraphenamtc in Laibach vom Octb. 1852. 11. „ „ k. k. Telegraphenamtc in Pressburg vom Octb. 1852. 12. „ „ Herrn Forstmeister Sei dl aus Bodenbach vom März bis Septb. 1852. 12. „ Vom k. k. Telegraphcnamte in Oderberg vom Octb. 1852. 12. „ Von der k. k. patriotisch-ökonomischen Gesellschaft in Prag, die Beobachtungen der Stationen Czaslau, Deutsch- brod, Hohenelbe, Königgrätz, Leitmerilz, Libotitz, Pilsen, Pürglitz, Schössl , Seelau, Smeena, Bodenbach, Winter- berg, Stubcnbaeh von den Jahren 1848 bis 1850. Gesohäftsbeiidil der k. k. Contral-Anstalt. 849 i4. Novb. Vom k. k. Telegraphenamte in Olmiitz vom Octb. 181)2. 14. „ Vom k. k, Telegraphenamto in Cilli vom Octb. 1852. 15. „ Vom Herrn Cooperator Aicbholzer in Obergörjach vom Octb. 1852. 16. „ Vomk.k. Telegrapbenamtein Mürzzuscblagvom Octb. 1852. 16. „ Vom Herrn Apotbeker Spill mann in Aiissee vom Octb. 1852. 16. „ Vom Herrn Oberbergsehaffer v. Roitberg in Alt-Aussee vom Octb. 1852. 16. „ Vom Herrn Prof. Columbus in Linz vom Octb. 1852. 16. „ Vom Herrn Beneficiaten Hartmayr in Kircbschlag vom Octb. 185^. 16. „ Vom Direct. Bayer in Scbössl vom Octob. 1852. 20. „ Vom Dr. B a u tb 1 e r in Fünfkircben vom Octb. 1 852. 22. „ Vom Pfarrer Kl opps in W^allendorf (bei Bistritz in Sie- benbürgen) vom Octb. 1852. 23. „ Vom Prof. Lurtz in Kronstadt vom März bis Octb. 1852. 25. „ Vom Dr. R obrer in Stanislau vom Octb. 1852. Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl. IX. Bd. IV. Hft. 56 850 Verzeichniss YERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (November.) Academie, Imp. des sciences de St. Petersboiirg; Bulletin de la classe physico-mathematiqiie. Tom, 9, 10; 4*'- — Bulletin de la classe liistorico-philologique. Tom. 8, 9; 4''" Accademia, R. delle scienze dl Torino. Scienze fisiche e mate- maticlie. Memorie. Torino 1829. Serie II, tom. 8 — 12: 4o- — Scienze morali , storiche e filologiche. Torino 18ä2. Seriell. T.l— 12;4«- aSaabev, 23ern^arb, 93o(fgfagen au8 bem Sanbe SSaben unb ben angren* jenben ©egenben. .tar(§ru^e, 1851, 80- Boetticher, Paulus, Epistolae novi Testamenti coptice. Hallae, 1852, 80- Chabert, F. X., Observations on the origin, treatment and eure asiatic cholera etc. New-York 1832; 8"- Cittadella-Vigodarzere, Andrea conte, Scherzi poetici. Padova 1852; U»- Cos mos, Revue encyclopedique hebdomadaire des progres des sciences etc. Paris 1852, Nr. 24—32; 8<»- Delambre, Rapport fait ä l'Academie des sciences surlesmemoires encore inedits de M. de Paravey etc., Pari^ 1835; 8"- Gazzera Costanzo, Del Ponderario e delle antiche lapidi Epore- diesi, Torino 1852; 4»- ©efeUfc^aft, beutf(^e-morgen(änbtfd)e, 3eitf(^vtft bei- Sanb VI, |)eft 4, Sel|)jigj 8«. der eingegangenen I>i'nckschriften. 8h I ©ruber, äBenjel, Jöefc^reihmg jweier neuen Söänber am «Sc^äbel beS 9)Jenfd)en. (Bulletin de la Classe physico-mathem. de l'Acad. de St. Petersbonrg, T. VIII, No. 24). — 5l()l)anblungen au8 ber nienf(f)Ii(^en unb üeri3teid)enben 5lnatomie. «Petersburg 1851 ; 4«. |)elfingförg, Univerfttät§f({)riften a. b. ;3. 1851. Istituto, I. R. Lombardo, Memoria, Tom. 3. Journal, montlily. of medieal science, 1852, Oetob. Kool, ,T. A. , Craniometrie etc. Amsterdam 1852; 8". Kreutzer, J. M.. Grundriss der Veterinärmediein. Lief. 2 — 4. Erlangen 1852; 8«. Lotos, No. 10. Meyer, Herrn, von. Über die Reptilien und Säugethiere der ver- schiedenen Zeiten der Erde. Frankfurt a. M. 1852; 8«. Moses, Narbonensis, Rabbi, Commentar; zu dem Werke More Nebachim des Maimonides. Zum ersten Male nach einer sel- tenen Handschrift der k. k. Hofbibliothek zu Wien herausg. von J. Goldenthal. Wien 1852; 8«. 3Jiu^t «Sebaft. , tk „Cella S. Maximiliani" ju Stfc^ofg^ofen unb bte ältefte ®ef(^tc{)te a3at)erng. SRegen^burg 1852; 4». Pacini, Filippo, Sulla struttura intima deH'organo elettrico del Gimnoto e di altri pesci elettrici. Firenze 1852; 8". Paravey, Note speciale relative au mythe des quatre fils Aymon, guerriers celebres. Paris 1852; 8*. — Preuves de Tantique science qu'ont possedee les peuples ä ecriture hieroglyphique et antediluvienne, s. 1. et d. 8", — Pan, les Pyrenees et la vallee d'Ossau, contrees offrant des traces de Tantique ecriture hieroglyphique et revues en 1847. Paris 1852; 8«. — Lettre ä FAcademie der sciences sur les idees fausses eta- blies en Europe quant a 1' antiquite de la Chine. Paris 1851 ; 8*. Pietruski Historya naturalna zwirzet ssacych dzikich galicyjskich. Lwow 1853; 8». Reichsanstalt, k. k. geologische, Jahrbuch B. III, H. 2. Rizzi, Domen., Sulla istruzione agraria e sul modo di opportune- mente provvedervi per laProvincia diVicenza.Vicenza 1852; 8". Selskabs, k. Danske, Videnskaberness, Skriften. 5. Raekke. Hi- storisk og Philos. Afdelding. Vol. I. Kjöbenhar 1852; 4». 852 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften, Societe geographique de ht Russie. Compte rendu 1851. St. Pe- tersbourg 1852; 8«. Stansbury, Howard, Exploration and survey of the valley of the great salt lake of Utah , including a reconnoissance of a new route through the rocky mountains. Philadelphia 1852; 8". Tagblatt der 28. Versammlung deutscher Naturforscher und , Ärzte. Gotha 1851; 4o. Verein für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Jahrbücher, Heft 8, Nr. 1, 2. Vereine, hessische, für Geschichts-, Landes- und Alterthumskunde, Periodische Blätter Nr. 1, 2. Kassel 1852; 8». SSerein ^iftorif(^er für S^teberba^ern, SSer^anblungen ob. H, ^ft 3. 95 er ein, t)iftortf(^er öon unb für Cfcet&a^ern, 5lrd)tö S3b. 13, .f)ft. 1. — — ^a^xtäbniä^t , 1851. Verein, naturhistorischer, der Preuss. Rheinlande und Westphalens. Jahrg. 8. Bonn 1852; 8«. SITZUNGSBERICHTE DER lÜISERLlCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. IX. BAND. V. HEFT. — DECEMBER. •»t-h JAHRGANG 1852. sr 8J>5 SITZUNG VOM 2. DECEMBER 1852. Eingesendete Abhandlung. Die versteinerten Holzstämme im Hafen von Sigri auf der Insel Lesbos. Von Sr. Exe. dem w. M. Freih. t. Prokesch-Oslen. Die auf Versteinerungen bezügliche Stelle in dem vortrefflichen Versuche einer Geschichte der Pflanzenwelt von Dr. F. Unger, herausgegeben durch die kais. Akademie der Wissenschaften, weckte in mir die Erinnerung an derlei Gebilde, die ich im April 1829 nahe am Hafen Sigri der Insel Lesbos sah. Dr. Unger scheint davon zwar Kenntniss zu haben, da er, Seite 65, die Insel unter den Orten auf- zählt, wo man fossiles Holz findet; aber der Reichthum dieser Vor- kommnisse dort schien mir mehr als eine flüchtige Erwähnung zu verdienen. Ich erlaube mir, eine Stelle aus meinem Reisebuche hier wieder zu geben: „Der Hafen von Sigri, der von SSW. nach NNO. eingeht, hat etwa zwei Seemeilen Länge und etwas über eine Meile Breite. Er wird durch die Hügel der Küste vonMytilene und durch eine schmale und lange Insel gebildet, die ihn nach Westen abschliesst. Diese Insel scheint ein vulcanischer Brodel durch und dnrch, und zeigt Hunderte von versteinerten Baumstämmen. Es ist offenbar ein gan- zer Waldbruch, der da verschlungen wurde. Die Stämme liegen bald wagrecht, bald schief, bald einzeln, bald zu Haufen in der grauen, sandigen, bald bimssteinartigen, bald harten Felsmasse; mehrere sind senkrecht aufgerichtet darin. Die ganze Westseite der Insel, vom Meere eingebrochen, zeigt Stamm an Stamm, und dort ist der Waldbruch üui bequemsten zu beschauen; man sieht gleichsam in das Innere des vuleanischen Brodels hinein. Mehrere öbÖ Piok.es ch -ü (5 teil. Die vei»leiiierleii Hulz.6läuime im Haien von Sigri. Stämme sind von 24 bis 40 Zoll dick und drei bis vier Klafter lang ; gan* am Meere liegt sogar einer zu 10% Fuss Durchmesser und 9 Fuss Länge; dort auch ein Kernstück, wo drei Äste sich sondern, zu 10 Fuss Durchmesser; weiter nördlich steht wie gepflanzt in den Brodel ein verkohlter und dann versteinerter Stamm zu IVs Fuss Durchmesser und mehr als 15 Fuss Höhe." „Mir schienen diese Stämme meist Fichtenholz oder sonst wei- ches, jenes Kernstück ausgenommen und die daran liegenden, die wie Olivenholz aussahen. Die Jahresringe, die Astausbrüche, die Rinde sind vollkommen erhalten. Die Stücke klingen und geben mit Stahl Feuer. Bei einigen Stämmen ist die Versteinerung erst theil- weise bewirkt, geht von aussen nach innen, so dass bis zu einer gewissen Tiefe des Durchmessers der Stamm feuerhart, dann aber weiter nach innen weich und zerreibbar ist. Stämme, die im Sturze brachen oder durch die Wucht des vulcanischen Überschuttes ge- brochen wurden, zeigen in den Brüchen häufig eine durchsichtige, trübweisse, kieselartige Masse und sind gleichsam davon überronnen an diesen Stellen. Die Farbe der Olivenstämme ist rothglänzend, die des weichen Holzes roth, weis, gelb und graulich-blau. Die verkohl- ten und dann versteinerten Stämme sind glänzend schwarz. Die Farbenspiele und Scherze der Natur in manchen dieser Blöcke sind seltsam. Da wir Leute und Werkzeuge mit uns hatten, so brachen wir viele Stücke ab und nahmen sie an Bord. Das weiche Holz spaltete sich fast wie im natürlichen Zuslande und doch klang es und hatte völlige Härte. Manche der Seeluft wahrscheinlich seit lange ausgesetzten Stämme waren bereits verwitterter Stein." „Man könnte ganze Schiffsladungen der schönsten Blöcke dort wegführen. Manche haben die lichte, graubraune Farbe des alten, trockenen Olivenholzes. Man würde schwören, sie wären noch im Holzzustande. Die Rinde, die Fasern zwischen Rinde und Holz, das Mark, die Knorpel und Astausbrüche, alles versteinert und erhalten. Die versteinerten Sykomorenblöcke, die ich in der ägyptischen Wüste' hinter Antinoe sah, waren hinge nicht so gross als die hiesigen.'' „Der Hafen von Sigri mag ein durch das Meer ausgefüllter Krater sein. Vielleicht hat die Ers(!heinung, von der ich eben sprach, Zusammenhang mit der von Herodol als uralte Sage aufgeführten vulcanischen Umwälzung, in der cinTheil von Samothrake unterging und manche Cykladen entstanden." Ungor. Bemerkungen /.nr vorsicliendeh Mitlheilung, 857 TniOctoUer 1841 besuchte ich diese Stelle wieder. Ich fand die Stäinmo wieder, die ich zwölf, Inhre früher gesehen hatte. Einige hatte die See einstweilen weggerissen, denn der Andrang des nacli Westen otfenen Meeres ist mächtig und die [Jferinasse leicht ein- zubrechen. Verdient diese Notiz irgend eine Aufmerksamkeit, so könnte dieser leicht Geniige gethan werden. ()sterreicliische Kriegsfahrzeuge kreuzen so oft bei Lesbos. Ein für die Wissenschaft empfänglicher Capitän könnte die Stelle untersuchen und Musterstücke einsenden. Bemerkimyen zur i'orsl eilenden Mittheiliiny. Von dem w. M., Prof. ioger. Die Mittheilung des sehr geehrten Mitgliedes der kais. Aka- demie der Wissenschaften, Sr. Excellenz des Freiherrn Prokesch- Osten über den so interessanten Finidort verkieselter Hölzer auf der Insel Lesbos. veranlasst mich zu nachstehenden Bemerkungen. Vor etwa 14 Jahren mit der mikroskopischen Untersuchnng fossiler Hölzer auf das Eifrigste beschäftiget, erhielt ich durch Se. kais. Hoheit den Erzherzog .lohann eine viele Zentner schwere Kiste mit fossilem Holze von der Insel Lesbos, die Höchstdemsel- ben zugesendet worden war. Das Ergebniss der sorgfältig angestell- ten Untersuchung in so weit es die Systematik berührt, habe ich theilweise in dem „Neuen Jahrbuche für Mineralogie und Geognosie 1842, später in meiner „Chloris protogaea'" und in meinen „Gen. et spec. plantarmn foss.'''' aufgenommen. Nach demselben fanden sich unter den zahlreichen mir zugekommenen fossilen Stammstücken und Trümmern derselben in allem nur fünf verschiedene Pflanzen- arten nämlich zwei Nadelhölzer, herrührend von Peiice leshia und Taxoxylon priscum, dann drei Laubholzgattungen, nämlich Bron- gniartites graecus , Mirhellites lesbius und Juglandinimn medi- terraneum, von welchen bis jetzt nur das zweite und letztgenannte bisher auch anderswo und zwar auf der Insel Sicilien und in Ungern aufgefunden wurden. Es ist kein Zweifel, dass damit der Reichthum dieser wie aus der vorstehenden Mittheilung ersichtlich so grossartigen Ablagerung 8;>8 Schnfka. noch keineswegs aiisgebeiilet isf, und ilass unter diesen merkwürdi- gen Trümmern einer früheren Waldvegetution noch Manches ver- borgen sein mag, was für die gen;inere Kenntniss der vonv eltlichen Vegetation von Werth ist. Ans diesem Gesichtspunkte dürfte es allerdings sehr wünschenswerth sein durch irgend einen aufmerk- samen Sammler von dieser Localität neuerdings Proben für weitere Untersuchungen zu erbalten. Vher einige L ie li I meteo re. Von Prof. Schofka in Leitomischl. Es ereignet sich oft, dass man mit einem Gedanken nicht her- vortreten will, weil er so nahe liegt, dass man ihn als allgemein bekannt voraussetzen zu müssen glaubt. Uiul doch lehrt die tägliche Erfahrung, dass auch die tüchtigsten Gelehrten nicht selten die ein- fachsten Wahrheiten übersehen, und gar oft in den Tiefen der Wis- senschaft vergeblich suchen, was sie auf der Oberlläche derselben liegen Hessen. Selbst die besten physikalichen Lehrbücher enthalten Massen von schlecht verhehlten Unbegreiflichkeiten, und sogar in den ersten Elementen stösst man auf Behauptungen , die sich bei nä- herer Prüfung als nnrichtig erweisen , obwohl sie tausendmal wieder- holt worden sind. So nimmt man zur Erklärung des gemeinsten aller Meteore, der Himmelsbläue, einen Dichroisnms der Luft an, kraft dessen sie die blauen Strahlen zurückwerfen , die orangefarbenen aber durchlassen soll. Abgesehen davon, dass so die Erklärung nur hinausgeschoben werde, indem der angebliche Dichroismus selbst wieder einer Erklärung bedarf, zeigt folgender schon von Newton angestellter Versuch , dass der Dichroismus , wie man ihn heutzutage auffasst, mit der fraglichen Erscheinung nichts zu thun habe. Lässt man auf die Kathete eines gleichschenklich rechtwinkli- chen Prismas einen Lichtstrahl senkrecht auffallen, so bildet sowohl die Hypotheiuisen- als die zweite Kathetenfläche ein Spectrum. Dreht man jedoch das Prisma so, dass die Neigung des einfallenden Strahles zur Hypothenusenfläche nach und nach etwa 49" und weni- ger wird, so verschwindet im Hypothenusenspectro zuerst das Violet, und erst später bei noch stärkerer Verminderung des Neigungs- / über einige Liolilmott'ore. 850 winkeis das Blau. Grün. ii. s. w. wälireiul yleiclizeitig «las andere Spectruni mit den im ersten verschwnndenen Farben i)ereieherl •'rseheint '). Die Erklärung dieser Erscheinung' ist leicht, üeht ein Lichtstrahl aus einem (optiscli) dichtei-en Mittel iti ein dünneres, so wird er nur dann durchgelassen , wenn der Sinus des Einfallswinkels « i 1 kleiner ist als — . Nun ist der ßrecliungsimlex — für die violetten und blauen Strahlen kleiner als t'i'w die gelben und rotben; wenn daher z. B. blaue und orangefarbene Strahlen unter einem gewissen Winkel aus einem dichteren Mittel in ein dünneres übergehen sollen, so werden die letzteren noch durehgelassen, während die ersteren schon eine totale Reflexion erleiden. Das von der Erdoberfläche in die Luft gesandte Licht geht nun fortwährend aus dichteren Schichten in dünnere, und trifft überall optisch verschiedene Lufttheile unter allen möglichen Einfallswin- keln, es muss daher unzähligemal die Bedingungen erfüllt finden, wo die Lnft die blaiuMi und violetten Strablen schon zurückwirft, wäbrend sie die gelben und lotlieii noch durchlässt, wir erhalten sonaeb aus der Luft vorwaltend blaues Liebt zurück, und daher rührt ihre scheinbare Farbe. Ebenso begreift man , dass das von der Erde aufwärts geworfene Licht in bedeutenderen Höhen des grössten Theiles seiner blauen Strablen beraubt sei , und der Him- mel daher auf hohen Bergen schwarz erscheinen müsse. Auch muss sich die Erde von hohen Bergen herab mehr oder weniger gelb an- sehen, eine Erscheinung, die ich zu beachten nicht Gelegenheit hatte, aber doch a priori andeuten zu können glaube. Mit dem Dichroismus des Meeres mag es eben die Be- wandtniss haben, wie mit jenem der Luft. Das Wasser ist zwar nicht leicht zusammendrückbar, aber doch nicht so schwer, dass man es in den aufeinander liegenden Schichten als optisch homogen betrach- ten könnte, auch bedingt ja schon die Temperaturverschiedenheit in den unteren Schichten mit der grösseren Dichte auch eine grössere lichtbrechende Kraft. Das vom Meeresboden und vom Meerwasser ^) Noch besser gelingt der Versuch mit einem Prisma , an dem zwei Winkel = arc . cos . — sind, wo n den Brechungsindex des Materials bedeutet; n zur Xoth lässt er sich aber auch mit einem gewöhnlichen gleichseitigen Prisma anstellen. 860 Schofka, selbst schief lefleetirte Licht geht also auch durch successiv (optisch) tlünner werdende Schichten, wird hiedurch seiner bhiuen Strahlen beraubt, und erscheint dem Tauciier gelb, ja bei grösseren Tiefen sogar roth. Äusserlich verräth sich dieses Gelb und Roth freilich nur dadurch, dass es die blaue Farbe tiefer Gewässer, welche sie der Abspiegelung der Luftblüue verdanken, ins Grüne nuancirt. Senkrecht angesehen erscheint reines Wasser von jeder Tiefe farblos, sobald man durch einen Schirm das Abspiegeln des Himmels verhindert. Es ist sonach auch hier nicht nöthig einen eigentlichen Dichro- ismus anzunehmen , dem bekanntlich eine Eigenthümlichkeit in der Anordnung und Grösse der Molekül zum Grunde liegt, kraft deren sie Lichtwellen von gewissen Längen schwieriger fortpflanzen , und der, wo nicht immer, doch meistens Polarisationsphänomene zu Mit- ursachen hat. Eben so wenig Recht hat Rrandes den Dichroismus der Luft zur Erklärung der Morgen- und Abendröthe zu postuliren i)- Fällt ein weisser Lichtstrahl auf eine durchsichtige Kugel, deren Dichte nach innen wächst, so dringt ein Theil desselben zwar als Aveisses Licht ein , verlässt sie aber nach dem , was oben über die Lichtbläue gesagt wurde , mit vorwaltend gelblicher Farbe , und nur der central auflallende Theil geht weiss und ungebrochen durch. Jede eben im Entstehen oder Auflösen begrifl'ene Wolke muss aber als ein Aggregat solcher Kugeln betrachtet werden, sie färbt daher das durchgelassene Licht desto tiefer gelbroth , je schiefer es auffällt und je dicker sie ist (letzteres freilich innerhalb gewisser Grenzen, weil zu dicke Wolken alles Licht absorbiren). Dass die Nebelbläschen sich optisch wirklich wie solche Kugeln verhallen, ist aus Folgendem zu ersehen. Schon die alten Anhänger der Emana- tionshypothese wussten , dass jeder feste und tropfbare Körper von einer verdichteten Luft- (auch wohl Dunst-) Schichte umgeben sei, die in der anziehenden Kraft der Molekül ihren Grund hat , und nach einem Analogen des Mariotteschen Gesetzes nach innen an Dichte zunimmt. Sie erklärten daraus die Phänomene der Reflexion und / ^) Seine Theorie der Himmel- und Wolkenfarben findet sich vollständig in Gehler's Lexicon; auszugsweise gehen sie fast alle deutschen Lehrbücher der Physik und 3Ieteorologie, über piiu'go F^iditmoteore, Sß | Beui^unL; ilcs Liilitos, und es ist, beiläufig gesagt, mehr als wahr- seheinlieli. dass diese Gasscliiehle bei denselben eine wirksamere Rolle spielt, als die neueren Physiker zu glauben scheinen. Dass sie uirklieh bestehe, und eine überraschend grosse Dicke habe, sieht man unter anderm daran, dass ein circa i/a Millim. weites in ein Kartenblatt gestochenes Loch vollkommen wie ein Concavglas wirkt, \\as niclit möglich wäre, wenn die erwähnte Schiebte nicht vorhan- den und mindestens 0,25 Millim. dick wäre. Nimmt man statt des Kartenblattes Blech oder Staniol, so kann man die Wände benetzen, ohne die Erscheinung zu beirren, zum Zeichen, dass das Wasser sich hier eben so verhalte wie feste Körper •). Jedes Nebelbläschen bildet daher den Mittelpunkt einer Kugel von mindestens 0,5 Millim. Durchmesser, welche die oben stipulirte Eigenschaft besitzt, und die Forbes'sche Hypothese über die Entstehung der Morgen- und Abend- röthe erscheint sonach als folgerichtige Deduction aus anerkannten Naturgesetzen. Es wurden hier nur Nebeltröpfchen betrachtet , deren tropf- barer Kern gegen die Grösse der ganzen lichtbrechenden Kugel ver- nachlässigt werden kann; werden die Tropfen grösser, so verhält sich die Sache anders. Da der optische Unterschied zwischen Gasen und tropfbaren Flüssigkeiten sehr gross ist, wird ein sehr bedeuten- der Theil des die Tropfen treffenden Lichtes zurückgeworfen , und nur der Rest tritt in dieselben, um beim Austritte abermals eine Re- flexion, d. h. Schwächung, zu erleiden. Was daher an Licht durch den Tropfen gegangen ist, behält eine vcrhältnissmässig weit gerin- gere Intensität, als im vorhergehenden Falle, und Wolken, die aus grösseren Tropfen bestehen, absorbiren das Licht vollständig, statt es nur gelb zu färben. Daher die graue oder schwarze Farbe der meisten Wolken im durchgelassenen , und ihre blendende Weisse im reflectirten Lichte. Die anderen Farben, welche diß Wolken anneh- men, lassen sich aber aus dem Gesagten nur unvollständig erklären, auch wird die Morgen- und Abendröthe nicht selten von anderen Phänomenen begleitet , welche direct auf eine von der angeführten verschiedene Ursache hindeuten, die wir sogleich erörtern wollen. *) Ein solches Loch lässt sich als Lorgnette gebrauchen, und gibt mit einem nicht zu scharfen Objectivglase ein überraschend gutes Fernrohr. Mehr hierüber in den Mittheilungen des böhmischen Ge-verbvereines 1843, Seite 423, 862 Schofka. Fallen die parsillelen weissen Lichtstrahlen ab, a^h^, a^h^ " aus dem leeren Räume schief auf die Grenze der Atmo- sphäre AA^, so werden sie nicht nur gebrochen, sondern auch in die prismatischen Farben zerlegt, und während die rotbgelben Strahlen die Wege &r,&, c, , 60C3 ehschlagen , gehen die blauen nach den Richtungen hci , b^ f, , biC^. In r, , c^ , c^ u. s. w. tref- fen sonach stets complementäre Farben zusammen und ergänzen einander mehr oder weniger zu Weiss, bei dem äusersten Sirahle bc hingegen findet diese Achromation nicht statt, er erscheint daher gelb und roth gefärbt. — Fängt eine Wolke das von a^ &, herrüh- rende Strahlenbündel auf, so wird der Punkt c, nur blau, c~ hingegen nur gelbroth erscheinen: man sieht daher sehr oft die am Abend- oder Morgenhimmel schwebenden Wolken am oberen Ende roth, am unteren Blau durchlassen, während der Himmel um sie herum die complementären Farben zeigt. Mit einem etw'as grösseren Convex- glase, das man schief von der Sonne bescheinen lässt, während man das von demselben durchgelassene Licht mit einer parallelen Aveissen Fläche auffängt, kann man den gelbrotlien Rand des Lichtkegels narh- ueisen. Hält man in die Nähe desselben kleine Papierschnitzel, so. zeigen sie an den Rändern die angedeutete Färbung, während ihr Schatten mit den complementären Farben eingesäumt erscheint. — Betrachtet man die Atmosphäre überhaupt als eine Convexlinse (denn das ist sie); so erklären sich die Erscheinungen, welche das Morgen und Abendroth begleiten sammt den Phänomenen der Wolkenfärbung fast immer auf den ersten Blick. Nur muss man ausser dem früher Angeführten nicht vergessen, dass die Wolken auch vom reflectirten Lichte beschienen werden, und dass subjective (physiologische) Gründe eine noch grössere Mannigfaltigkeit der Farben hervorbrin- gen helfen. Da die Intensität, mit der die Strahlen a Liohtnu'd-ore. H(l?t it'clil aiiiVaül . 1111*1 Je schiofcr die Slralilcn zu uns koni- nien, deslo moli r \\'n Itot in ihnen der rotligelhe Anllieil vor. Daher die bhMidende Weisse des Sonnenlichtes in den Tropen- liindern, und der gelbliche Ton, den es in hohen Breiten so wie Mor- gens nnd Abends annimmt. — Da die chemiscben Strahlen in Bezng anf Brechbarkeit den blauen, die thermischen hingegen den rothen näher stehen, begreiff man leicht, dass die elioniische Kraft des Son- nenlichtes gegen den Äquator in (dnem grösseren Verbältnisse wach- sen dürfte, als dessen Intensität, während bei dem Gebalte an WärmestrahliMi das Entgegengesetzte stattzniinden scheint. Der heisse Sommer in hoben Breiten so wie dieUnvergohrenheit unserer Treib- bausproducte scheinen hier einen neuen Erklärungsgrund zu finden; eben so ergäbe sieh hieraus der Nutzen der Himmelsbläue im Haus- balte der Natur. Wir haben die Atmosphäre bis jetzt als eine Art vonConvexlinse betrachtet, ohne uns weiter um ihre Gestalt und Höhe zu bekümmern. Erstere ist bekanntlich ein Ellipsoid, und letztere hat zwei Maxima. eines am Äquator, wo die Centrifugalkraft die Schwere der Luft ver- mindert, und eines naiie an jenem Parallelkreise, wo die eben im Zenith culminirende Sonne einen au'steigenden Luftstrom verursacht, der den Luftdruck verringert, und somit zur Herstellung des Gleich- gewielites einen höheren Luftgürte! bedingt. Fallen zur Zeit der Äquinoctien beide Maxima am Äquator zusammen, so erreicht dort die Höbe der Atmosphäre und mit ihr dieExcentricität ihres durch die Pole gelegten Querscbnittes den höchsten Werth. Dieses hat aber eine gesteigerte Condensation des Lichtes um die Ebene des Äqua- tors zur Folge, welche indessen wegen des geringen Brechungs- coelTicienlen der Luft nur nnhedeutend ist. Anders verhält es sich, wenn das Sonnenlicht, nachdem es durch die Atmosphäre gegangen, in den leeren Weltraum hinaus treten will. Hier wirkt die hoble Oberfläche der Luft wie jeder andere (aus welchem Materiale immer bestehende) elliptische Hohlspiegel, es findet in der Ebene des Äqua- tors eine sehr starke Lichtverdichtung Statt, und wir sehen dort einen hellen Streifen, den wir das Zodiakallicht nennen. Die analytische Behandlung des Gegenstandes führt auf sehr complicirte Bechnungen; die Bichtigkeit dieser Erklärungsweise des so räthselhaften Phänomens iässt sich indessen auf folgende Art auch elementar beweisen. 864 Sclio fka. Es sei AhzaA der halbe Quer- schnitt der Erd- kugel in der Ebe- ne des Äquators, AiJhzaA' die Oberfläche der At- J-^ mosphäre B d B' jene der Erde, AA' der wahre ha der scheinbare Horizont, und g der Zenith. Abstrahirt man vorerst von der Strahlenbrechung, so wird ein von der unter- gehenden Sonne kommender Strahl sb nach d zurückgeworfen, während alle anderen zwischen d und s parallel zu s& eintreffenden Strahlen die Oberfläche der Atmosphäre vor und nach der Reflexion zwischen s und d treffen. Nun ist bd = ba =^ 2bz = 2arc. COS' — = 2arc.cos , wo r den Erdhalbmesser im Äquator e« r+a, '■ und a die Höhe der Atmosphäre bedeutet. Der geocentrische Abstand des letzten noch beleuchteten Punktes d der Atmosphäre von der Sonne beträgt daher wo ß die Strahlenbrechung bedeutet. Ninmit m;in für diese 35' und für die Höhe der Atmosphäre 27 Meilen an, so erhält man D= 135<'. Hier ist also die Grenze, über welche hinaus das Licht nur durch Doppelreflexionen gelangen kann in welchem Falle es indessen für unser Auge verschwindet. Aber selbst in die Nähe von d gelangen nur so wenige Strahlen, dass die Grenze der Sichtbarkeit schon vor öf (ungefähr bei ^) liegen muss. — Wäre die Höhe der Luft und der Erdhalbmesser überall gleich, so müssten wir den Himmel in jeder Nachtin dem angegebenen Abstände von der Sonne ringsum beleuch- tet sehen. Annähernd ist dieses wirklich der Fall, denn die Dämme- rung findet eben in diesem Lichte ihre Hauptursache. Am Äquator ist aber die Atmosphäre höher, ihr spiegelnder Theil um bz erhält daher in eben diesem Verhältnisse mehr Licht , und zeichnet sieh in dieser Beziehung besonders um dieÄquinoctien vor allen übrigen Theilen der Luftoberfläche so sehr aus, dass man ihn als einen wirklichen, wenn auch nicht regelmässigen Hohlspiegel betrachten kann. Als solcher rbei- einige Lichtmeleoie. o6o muss er (bei f) ungefähr in der Entfernung des halben Halbmessers ein wirkliches, wenn auch verzogenes Sonnenbild liefern, und seine Cau- stica muss sich von f aus bis zum Spiegel selbst als ein zweiarmiger Lichtstreifen am Himmel projiciren. Der Zenithabstand des Punktes f beträgt f b -] — ^ = arc. chord. o, S-j-Vs «^*c cos—-^ =37035' wofür man der Strahlenbrechung wegen in runder Zahl 39" setzen kann. Seine Entfernung von der Sonne oder das Maximum in der Länge des Zodiakallichtes kann sonach auf 129" veranschlagt werden. Dieses Resultat stimmt mit der Erfahrung so gut überein, als es bei der Unsicherheit der Prämissen (namentlich des Werthes der Lufthöhe) und der Unvollkommenheit der Rechnungsführung nur immer zu erwarten stand. Was die Grösse anbelangt hat man das Zodiakallicht nur bis zu einem Abstände von 120" von der Sonne beobachtet, es wird aber nicht behauptet, dass dasselbe immer obige Grösse haben müsse, sondern dass es sie haben könne, wenn die Sonne im Äquator steht. Ist dieses nicht genau der Fall, so sind zwar Zodiakallichter auch möglich, müssen aber nothwendig kürzer ausfallen. Übrigens können auch Wolken einen Theil desselben verdecken. Die Gestalt trifft vollkommen zu; denn sie wird genauso beschrieben und gezeichnet wie sich die Caustica eines schief beschie- nenen Hohlspiegels auf einem entsprechend gehaltenen Papierstreifen projicirt. Die Lage trifft ebenfalls vollkommen zu; denn die Spitze des Zodiakallichtes zeigt sich stets an der Gegenseite der Sonne. Die Seltenheit des Phänomens, das schnelle Ver- schwinden desselben ohne wahrnehmbare Ursache, das Ersehe i- nen dunkler Stellen im Inneren desselben, ohne dass man daselbst Wolken sieht u. s. w., erklären sich hier von selbst. Wo die Sonne im Zenith culminirt, herrscht bekanntlich gleichzeitig die Re- genzeit, und ein wolkenloser Himmel in so grosser Ausdehnung, als sie hier bedingt erscheint , gehört dort um diese Zeit zu den gröss- ten Seltenheiten. Eine verhältnissmässig kleine Wolke, welche den Theil bz der Luftoberfläche beschattet, kann das Phänomen ganz oder theilweise aufheben, ohne dass man sie vom Beobachtungs- orte sieht. Die röthlich gelbe Farbe erklärt sich aus dem, was früher über das Abendroth gesagt wurde; da die Nachtkühle sehr gerne 866 Scholka. Wolken erzeugt, wo früher der Himmel heiter war , muss das Z o- dialkallicht des Morgens noch ungleich seltener sein als Abends u. s. w. Man nehme den ersten besten Bericht über dieses Phänomen, z. B. jenen aus Gehler's Lexicon zur Hand, und man wird keine verbürgte Thatsache finden, die sich bei der hier aufgestellten An- schauungsweise nicht sofort erklären Hesse. Betrachtet man dagegen die älteren Hypothesen, so wird man die Einleitung zu diesem Auf- satze nur zu sehr gerechtfertigt linden. Was soll man zu einem Weltkörper sagen, der an Grösse alle übrigen Massen unseres Sonnensystems Billionenmal übertref- fen, den Gravitationsgesetzen pünktlich gehorchen , zeitweilig die ganze Erde einhüllen, und doch von ihrer Anziehungskraft nicht affi- cirt werden soll ? Die Elektricität wirkt auf sich selbst wesentlich abstossend, und breitet sich im leeren Räume mit „Blitzesschnelle'' aus. Wäre wirklich jemals eine elektrische Masse von welcher Ausdehnung im- mer am Hinunel erschienen, so müsste sie in kurzer Zeit spurlos verschwunden sein. Dass wir jetzt das Zodiakallicht seltener sehen, als die Astronomen des siehenzehnten Jahrhunderts, rührt wohl da- her, dass sie bessere Augen hatten, als wir, eine Thatsache, die sich aus unsrer Erziehungs- und Lebensweise nur zu leicht erklärt. Während die Alten ohne Fernröhre wussten, dass der Saturn „Hen- kel'' habe und manches Bauernkind die Jupiterstrahanten mit freiem Auge sieht, unterscheide ich und mit mir die meisten meiner Colle- ge« die Sterne kaum bis zur dritten Grösse, und erkenne die Milch- strasse nur undeutlich. Gewöhnliche Fernröhre, selbst Kometen- sucher haben ein zu geringes Gesichtsfeld, um ein Licht wahrnehm- bar zu machen, das nur durch seinen Contrast mit dem übrigen un- beleuchteten Himmel sichtbar wird ; eher könnten gute Brillen zum Zwecke führen. Ein Zusanunenhang des Zodiakallichtes mit den Polarlich- tern kann nur in so weit angenommen werden, als auch letztere vom Sonnenstande abhängig sind. Ihre elektrische Natur weist den Augenschein und ihre Wirkung auf die Magnetnadel nach. Dass die Elektricität, wo sie sich in verdünnter Luft mit einiger Spannung anhäuft, alles leicht bewegliche Materielle vor sich wegschieben \ind so um sich hernm die bekannte ringförmige Wolke bilden müsse, ist Über einige Lichtiuetcuie. 867 wühl klar, eben su dass sie aus diesem Conductor in die dünne Luft der oberen Regionen büschelförmig' hervorsprühen, und dieses Aus- strömen so lange anhalten müsse, als sie neuen Zufluss erhält. Eine andere Frage ist es aber, wo denn diese ungeheuere Menge von Elektricität herkomme, und warum sie im Sommer meist ausbleibe. Man kann annehmen, dass die festen Theile der Erdoberfläche wie der Turmalin und unzählige andere Körper, in Folge, der un- gleichen Erwärmung durch die Sonne an den Polen elektrisch wer- den, und durch Induction auch die oberen Theile der Atmosphäre elektrisch machen. Im Sommer kann diese Elektricität keine sehr hohe; Spannung erlangen, weil sie durch die grossen , bis in die Nähe der Pole hinreichenden Wassermassen wieder abgeleitet wird ; im Winter frieren diese aber zu, das Eis leitet die Elektricität schlecht, und die Spannung derselben kann dann bedeutend zu- nehmen. Ein Zusammenhang des Zodiakallichtes mit den Kometen- schweifen kann nur in so weit angenommen werden, als auch bei letzteren Reflexionsphänomene die Sichtbarkeit vermitteln dürften. Wahrscheinlich ist das, was wir den Schweif des Kometen nennen, der eigentliche Körper desselben, und der sogenannte Kern nichts weiter als das Spiegelbild der Sonne in seiner convexen Überfläche Ein eigentlicher, aus dichterer Materie bestehender Kern müsste nach den Gesetzen der Schwere die Mitte des Weltkörpers einneh- men. Dass die Masse der Kometen der Schwerkraft folge, unterliegt keinem Zweifel, eben so, dass sie äusserst dünn und durchsichtig, mithin höchst Avahrscheinlich gasförmig sei; dann aber kann sie keine andere Gestalt annehmen, als die eines je nach der Geschwindigkeit der Axendrehung mehr oder weniger abgeplatteten Ellipsoids. Dass in einem solchen Körper ein Spiegelbild der Sonne entstehen könne, oder vielmehr müsse , ist wohl klar. Da ich zu wenige und noch dazu nur flüchtige Kometen-Beobachtungen angestellt habe, kann ich das Gesagte nur als Hypothese aufstellen; Messungen der Kometen selbst und ihrer Kerne in verschiedenen Abständen von der Erde und Sonne dürften indessen diese Ansicht bestätigen. Dass wir an anderen Himmelskörpern nichts Ähnliches bemerken , rührt theils von ihrer Kleinheit, theils (namentlich beim Monde) von üirer gar zu unebenen Oberfläche her. obo Au er. Der pol.vgraplüsclie Apparat Vorträge. Der polygraphische Apparat der k. k. Hof- und Staats- druckerei zu Wien. I. VORTRAG. Die Erklärung der Druckkünste. Von dem w. M. Alois Auer, Direclor der gcnamileii Anstalt. Noch keine Erfindung hat hei gutem Gebrauche Göttlicheres geschaffen als der Gedanke Gutenberg's und die daran geknüpften Entdeckungen der übrigen graphischen Zweige. Ebenso verheerend kann aber ihre schädliche Verwendung werden im gesetzlosen Zu- stande. Sie ist gleich einem schneidenden Instrumente des Arztes : in der Hand des Einen dient es zur Lebensrettung, in der Hand des Andern, der es nicht zu handhaben versteht, wird dasselbe zmn tödtlichen Werkzeuge. Betrübend ist übrigens die Erscheinung, dass die schädlichere Richtung um so näher liegt, und daher ihre edleren Bestrebungen leicht ignorirt werden, besonders wenn sie sich solchen Aufgaben zuwenden, die gern den Tadel herbeiführen, dass durch Verviel- fältigung artistisch -wissenschaftlicher Gegenstände mittels der veredelten Presse, wenn sie auch von der Natur aus bestimmt sind, Gemeingut der Menschen zu werden, der Werth eines Unicums beeinträchtiget erscheine, oder manche Leute ihren Erwerb ver- lieren könnten. Dieses Urtheil traf die Presse schon vor mehr als 400 Jahren, und erneuert sich manchmal noch heute in unverändertem Eifer. Es kann daher Niemanden wundern, wenn bei diesem Stande der Dinge nur die wenigsten der graphischen Kunstzweige im Publicum kaum dem Namen nach bekannt sind. Mancher unterscheidet schwer eine lithographische Leistung vom Holzschnitte, vom Kupferstiche etc., und doch verdient keine technische Verrichtung mehr die Aufmerk- der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien. 869 samkeit des Menschen als diese, denn Jedem gewährt sie schon vom frühen his in sein späteres Alter täglich und stündlich so vielfachen Nutzen. Der Londoner Welt-Ausstellung ward es vorbehalten im ganzen Umfange den Sehleier der Polygraphie zu lüften; sie hat allen Gewerbszweigen und somit auch der Druckkunst die Aufmerk- samkeit zugewendet, sie hat allen Industriellen des Erdballes Gelegenheit geboten, die Erzeugnisse ihres Fleisses zur öffent- lichen Anschauung zu bringen. Dem ehrenvollen Rufe folgte auch die mir zur Leitung anver- traute k. k. Anstalt, und ich darf es aussprechen, mit freudigem Gefühle, wenn auch nicht ganz ohne Besorgniss, dass der Vergleich unserer Producte und jener der übrigen Aussteller aller Länder, einen sehr ernsten Moment der Kritik herbeiführen werde. Das End-Ergebniss zeigte sich indessen günstiger als ich dachte. Die Jury verlieh in der XVIL Classe für „graphische Künste" nur eine einzige grosse Raths- Medaille und zwar der Wiener Hof- und Staatsdruckerei allein. Diese Auszeichnung war um so ehren- voller, als englische und französische Preisrichter an der Zuerken- nung den entschiedensten Antheil hatten. Indessen dürfte der Grund eines so glücklichen Ausganges, so unerwartet er kam, doch nicht so ferne liegen; in allen Druckereien werden die graphischen Kunstfächer sehr vereinzelt betrieben, alle zusammen daher in keiner einzigen derlei Anstalt in und ausser Europa gepflegt. Ich suchte den originellen Gedanken durchzuführen, das ganze graphische Kunstgebiet mit den verschiedenartigsten Leistungen der Staatsdruckerei zu vertreten, und erlaube mir heute der ver- ehrten Versammlung einen Theil unserer Londoner Ausstellungs- Gegenstände mittels des hier vorliegenden Apparates zur An- schauung zu bringen, welcher die Eigenthümlichkeit besitzt, dass er bei genauer Besichtigung in einer sehr kurzen Zeit mehr Kennt- nisse beibringt, als man sonst durch monatlange Studien erlangen konnte. In der ersten und zweiten Lade dieses Kastens befinden sich, nach verschiedenen Abtheilungen mit den nöthigen Titelblättern der graphischen Kunstfächer versehen, die Druck- und Schrift-Proben in 4 Foliobänden, und zwar: Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. V. Hft. 58 870 Au er. Der polygraphische Apparat Iin ersten Bande. Fractur-Schriften 24 Grade. Fractur-Affichen-Schriften 13 Sorten. Halbfette Fractur-Schriften 7 Grade. Fette Fractur-Schriften 10 „ Verzierte Fractur-Schriften 23 Sorten. Gothische Schriften 13 Grade. Kirchengothische Schriften 7 „ Schmale gothische Schriften 7 „ Verzierte gothische Schriften 8 Sorten. Kanzlei-Schriften 14 „ Schwabacher-Schriften 4 Grade. MidoUine-Schriften 8 „ Deutsche Schreibschrift 1 Grad. Schnellschrift oder stenographische Zeichen 1 „ Musiknoten 1 „ Kalligraphische Verzierungen, Linien und Klammern 15 Grade. Einfassungen 10 „ Eckslücke und Schlusslinien 86 Sorten. Spitzendruck 10 „ Im zweiten Bande. Antiqua-Schriften 23 Grade. Cursiv-Schriften 16 „ Halbfette Antiqua- Schriften 6 „ Fette Antiqua-Schriften 9 „ Fette Cursiv-Schriften 6 „ Skelet-Antiqua-Schriften 4 „ Egyptienne-Schriften 8 „ Schmale Antiqua-Schriften 12 „ Didot'sche Titelversalien 18 „ Antiqua-Zierschriften 176 Sorten. Anfangs-Buchstaben 4 Grade. Antiqua-Affiehen-Schriften 38 Sorten. Englische Schreibschriften und Schneilschriften 11 Grade. Französische Schreibschriften 7 „ Buchschriften des Mittelalters 10 „ Gutenberg-Schriften 5 „ Ziersehriften nach Vorlagen früherer Jahrhunderte 5 „ Blindenschriften 6 „ Zusammen 626 S. u. G. der k. k. Hof- und Stuatsdruckerci zu Wien. 871 Im dritten Bande (I. Äthiopisch. Albanisch in zwei Formen. Allgriechisch. Angelsächsisch. Arabisch. Armenisch (Antiqua). — (Cursiv). — (verziert). Batta. Bengalisch. Birmanisch. Bisayisch. Bugis. Chaldaisch. Chinesisch. Cingalesisch. Ciryllisch. Devanagari. Estrangelo. Etrurisch. Formosanisch. Georgisch. — (Kirchenschrift). Glagolitisch. Griechisch (Antiqua). — (Cursiv). Guzuratisch. Hebräisch, Weiberdeutsch. — Merubas, mit und ohne Punkte — Deutsche Raschi. — Talmudische Raschi. — Spanisch-Levantinisch. Himjaritisch in zwei Formen. Hindostanisch. Japanisch (Katakana). — (Firokana). Tertia .Javanisch. Abtheilung) : fremde Texte. Kabulisch. Karnatisch. Kaschmirisch. Keilschrift. Keltisch. Koptisch in zwei Formen. Maghadisch. Malayalam (Grantham). Malayisch in zwei Formen. Mandschu. Moeso-Gothisch. Mongolisch. Monogramme. Multan. Orissisch. Pali. — Nr. 1. Palmyreuisch. Passepa (Quadratschrift). Pehlvi. Phöniciseh in zwei Formen. Runen. Russisch (Antiqua). — (Cursiv). Ruthenisch. Saraaritanisch. Shikh. Siamisch. Sindh. Syrisch. Tagalisch. Taniulisch. Telingisch. Tibetanisch. Tschirokisisch. Türkisch (Neschi). Zend. 58 '■* 872 Auer. Der polygraphische Apparat Im dritten Bande (IL AbtheiUing) : fremde Alphabete. Afoka-Inschrift. Äthiopisch. Ahorn. Albanisch (2 Formen), Allahabad. Altgriechisch. Althebräisch. Altitalisch. Angelsächsisch. Arabisch. Aramäisch.(Ant. u.Curs.) Armenisch. Assam-Inschrift. Batta. Bengalisch. Birmanisch. Bisaya. Bugis. Camboja. Chaldäisch. Chinesisch (Schlüssel). — (aufgelöste Zeichen). Cingalesisch. Ciryllisch. Coreanisch. Demotisch. Deutsche Buchschriften vom 6. bis 14. Jahrb. Devanagari. Estrangelo. Etrurisch. Formosanisch. Georgisch (2 Formen), Glagolitisch. Grantham. Griechisch. (Ant. u. Curs.) Gutenberg. Guzurate (Inschrift). Guzuratisch. Hebräisch, Merubas. — Deutsche Basehi. — Talmud. Raschi. — Spanisch-Levant. — Weiberdeutsch. Hieratisch. Hieroglyphen. Himjaritisch (2 Formen). Japanisch (Katakana). — ■ (Firokana). — (Cliines. Zeichen.) Javanisch. Kabulisch, Kabylisch. Karnatisch, Kaschmirisch. Kayti-Nagari. Keilschrift. Keltisch (2 Formen). Kiousa. Kistna. Koptisch. Kufisch. Kutila. Laos. Lykisch. Maghadisch. Mahrattisch. Malayalam. Malayisch, Maldivisch. Mandsehu, Moeso-Gotbisch. Mola. Mongolisch. Multan. Nerbuddha. Numidisch. Orissisch. Pali, Nr. 1 und 2. Palmyrenisch. Pehlvi. Persisch, Phönicisch, Punisch. Randscha, Runen. Russisch, Serb.,Wallach. Rutbeniseh. Samaritanisch. Sbikh. Shyan. Siamisch. Sindh. Syrisch. Tagalisch. Tamulisch. Telegraphisehe Zeichen. Telingisch. Tibetanisch (u. Passepa). Tschirokisisch. Westgrotten-lnschrift. Zend. Böhmisch, Däolsch, Engtisch, Finnisch, Französisch, Holländisch, Illyrisch, Italienisch, Lettisch, Polnisch, Portugiesisch, Schwedisch, Spanisch, Ungrisch, werden mit lateinischen Typen gesetzt, und sind die erforderlichen acceatuirten Buchstaben und Varianten vorhanden. der k. k. Hof- und Staatsdruckerei /,u Wien. 873 Im vierten Bande ; Masterblätter der übrigen graphischen Künste. Holzschnitt. Copien der älteren Holzschnitte, dann deren nach Albrecht Dürer. Eine Siegelsammlung. Illustrationen zu Werken und bei feierliehen Gelegenheiten. Landschaftliche und historische Bilder. Vier Blätter religiöser Gegenstände, Zeichnung von Professor Führich. Cheiuitjpie. Abbildungen der Arbeitsräume der k. k. Hof- und Staats- druckerei in Wien. Illustrationen zu Werken. Stahl- und Rupferstich. Illustrationen zu mehreren Werken. Karten zu feierlichen Gelegenheiten. Guiliuchirung. Kaiser Franz Joseph I. (Darstellung der vielseitigen Anwen- dung der Guillochir-Masehine.) Lithographie. Federzeichnung, die Titelblätter zu A. Auer's Vaterunser- Sammlung. (Liegen im Portefeuille zum IV. Band.) Lithographischer Farbendruck. Blumen. Studienkopf. Zwei Bluraenstücke. Ein Früchtenstück. Kaiser Joseph II. Abbildungen aus einem Codex. (Liegen im Portefeuille zum IV. Band.) Cheuiigraphie. Verschiedene Proben. Galrauoplastik. Copie eines Kupferstiches und einer Galvanographie. Stjlographie. Illustration zu einem Werke. Galvanographie. Der Abschied. (Ein Abdruck der bei der Galvanoplastik angefügten Platte.) Ein Kopf nach Titian. Jiaturselbstdruck. Achat-Steine, geätzt von Prof. Leydolt und auf der Buch- druckerpresse gedruckt. Achat-Steine, ebenso geätzt, galvanoplastisch copirt, und auf der Kupferdruckpresse gedruckt. Versteinerungen von Fischen, nach Vorlage vom k. k. Custos J. Heckel, ebenfalls galvanoplastiseh copirt, theils geprägt, theils mit Farbe gedruckt. In Farben gedruckte Blumen und Pflanzen, auf Veranlassung des Herrn Sectionsrathes W. Haidinger, nach Vorlage von Dr. Const. v. Ettingshausen und Prof. Leydolt. Glvphographie. Embleme der Typographie. Hjalographie. Der kais.-österr. Adler. Grosse Landschaft. Photographie. Stephansthurm in Wien. Gutenberg. Sprachen-Stammbaum. Mikrotjpie. Eine Spinne wie sie eben aus dem Eie kriecht; abgebildet durch Photographie in dreitausendmaliger Vergrösserung. In der dritten Lade sind alle Driickmanieren zusammenge- stellt, welchen der Gedanke des Menschen in Wort und Bild der Vervielfältigung anheimfällt. In der vierten, fünften, sechsten und siebenten Lade be- finden sich die wie Ölgemälde aufgespannten Farbendrücke der Anstalt. 874 Au er. Der polygraphische Apparat Wir wollen nun mit der neuesten Druekkunst beginnen. Dagueneotypie. Jedermann weiss, dass Daguerre uns die wunderbare Erfindung seines Lichtdrucks auf versilberten Platten gebracht. Allein so lange sein Verfahren ohne Verbesserung blieb, hatte man nicht nur mit der Vergänglichkeit des Bildes, sondern auch mit dem Übelstande zu kämpfen, dass man von dem einmal abgebildeten Gegenstande, wenn er nicht ätzbai gemacht, keine Mehrzahl erlangen konnte. Das veranlasste Talbot ein Verfahren zu ersinnen, seine Erzeugnisse auf Photographie. Papier ZU liefern. Die Mängel des Papiers überhaupt, vorzüglich aber seine fremdartigen Stoffe lassen heute in der Zubereitung noch • Manches zu wünschen übrig, und man schlug daher nach Niepce den Weg zur Benützung des Glases ein. Wir sehen nun hier eine Glasplatte mit einer hierauf befindlichen Zeichnung des erhabensten unserer gothischen Bauwerke, des Stephansdomes, als negatives Bild, wovon das v(»rliegende positiv abgenommen wurde. Wer wäre im Stande und welcher Mittel würde es bedürfen , durch unsere Nachahmungs-Organe — das Auge und die Hand — alle die Millionen Kleinigkeiten wiederzugeben ! Mikrotypie. So wie wir dieses herrliche Baudenkmal auf beliebige Weise hier verkleinert sehen, so liefert die Photographie oder der Licht- druck jeden mikroskopischen Gegenstand in beliebiger Vergrösse- rung, und ich habe hier nach Vorlage des Herrn Ernst Heeger eine Spinne im Momente wie sie eben aus dem Eie kriecht, 3000 Mal vergrössert durch das Sonnen-Mikroskop. Bis in's Unendliche lassen sich die negativen und positiven Abdrücke vervielfältigen, so dass man derlei Bilder jedem gedruckten Buche beilegen könnte. Druckbefiihi- Allein uicht zufrieden mit dem Gelingen der photographischen graphischer Abbildungen bis zur Grösse von 21 Zoll, verfolgten wir das Ziel der ^'' Ätzung, um Druckplatten für die mechanische Vervielfältigung auf der Presse zu gewinnen, und die vorliegende geätzte Platte, welche bereits auf galvanischem Wege vermehrt worden ist, zeigt das lang vergebens angestrebte Problem gelöset, wenn auch auf anderem Wege als der verdienstvolle selige Professor B er res seine Daguer- reotypen druckfähig zu machen suchte. Biindendniek, Vom Licht- oder Sonnendrucke gehen wir nun zum Gegensatze über — zum Drucke für die unglücklichen Blinden. Ich habe, nach- dem ich die verschiedenen Bestrebungen des Auslandes im Blin- dendrucke kennen gelernt, und seine Verbesserungen studirt, ein dftr k. k, Hof- nnd Staatsdnickerei zn Wien. 875 Alphabet schneiden lassen, das sowohl für den Sehenden keine wesentlichen Veränderungen, für den Blinden aber alle jene Vor- Üieile enthält, die bei den Lettern der Amerikaner, Engländer und Franzosen vermisst werden. Der Blinde hat zweierlei Schriften: die sogenannte Stachelschrift, womit er seine Correspondenz führt, seine Briefe und andere Dinge schreibt, und die Druckschrift mit schnei- diger Oberfläche. Dieses Kästchen, welches an dem äusseren Deckel mit Messingstäben zum Geradeschreiben versehen ist, bildet denßlin- denschreibapparat. So oft er einen Buchstaben in das unterhalb auf einer halbweichen Unterlage befindliche Papier nach dem Lineamente eindrückt, nimmt er einen zweiten, reiht ihn an die noch im Papier steckende Type und fährt so fort, bis er die Seite voll bedruckt hat. Ich habe nicht nur alle westlichen sondern auch alle morgen- ländischen Zeichen der Hauptsprachen auf diese Art anfertigen lassen, damit wenn einstens Blinden-Institute im Orient erstehen sollten , keine technischen Hindernisse mehr der Bildung ihrer Buchstaben in den Weg treten. Eben so sind die Musiknoten, die geometrischen Zeichen, Ornamente etc. vorbereitet, um für sie wie für Sehende zu drucken , und es bedarf nur mehr der weiteren Belebung, dass Blinde alle möglichen Bücher und Hilfsmittel gedruckt erhalten, Avie dies bereits in Amerika durchgeführt ist, wo täglich der Blinde die auf seine Leseart gedruckte Zeitung findet. Nun kommen wir zur herrlichen Erfindung Sennefelder's, die Lithographie. stein- oder Lithographie oder besser chemische Druckart, die uns den Stein in chemischer seiner wunderbaren Verwendung zeigt. Man beschreibe denselben mit fetter Tinte, oder drucke ein mit solcher Flüssigkeit beschrie- benes Papier darauf, so haben wir hievon ein vollkommenes Auto- graph. Das Gleiche erlangen wir in jeder andern bildlichen Dar- stellung. Die grössten Künstler haben sich bereits des Steines bemächtiget, und ihre schöpferischen Bilder entweder im einfachen Drucke durch Feder, Kreide oder die Nadel, oder im Bunt- oder Farbendrucke gleich den Ölgemälden diesem willigen Druckmaterial anvertraut. Alle alten Drucke, Handschriften, Zeichnungen sind Anastatiseher - . j Druck. bereits durch chemische Mittel der Falsification unterworfen, und Chemigraphie, es dürfte die Zeit nicht ferne sein, in welcher man Original und Falsificat nicht mehr zu unterscheiden vermag. Wie eine Erfindung die andere ersetzt, und manchmal zum Theile verdrängt, oder besser ihr das abnimmt, was auf eine andere 876 Au er. Der polygraphische Apparat Art leichter hervorgebracht wird, so ging es dem Steine, Er wurde bald zu schwer, seine Gebrechlichkeit veranlasste Wünsche grösse- rer Sicherheit, sein grösseres Raiimerfoi-derniss für die Aufbewah- rung gezeichneter Gegenstände bot Schwierigkeiten, und endlich die Befürchtung: dass die Stein vorräthe in den wenigen Gegenden, in welchen bisher vorzüglich brauchbare aufgefunden, erschöpft Zinkographie. Würden, Hessen uns ein Ersatzmittel in den Zinkplatten finden, die schon jetzt für manche Arbeiten vollkommen hinreichen, und deren Verwendbarkeit sich noch immer mehr erweitern dürfte. Für Gravi- rungen aller Art versieht die Zinkplatle dieselben Dienste wie der Stein, da Zink sich ganz vorzüglich ätzen lässt. Für Umdruck und Federzeichnung hat man bereits bedeutende Fortschritte darauf gemacht. Selbst die Kreide- und Tuschmanier ist mit ziemlichem Erfolge versucht worden, und man hat, wenn die Ziukplatte einstens den Stein vollkommen ersetzen sollte, den unschätzbaren Vortheil erreicht, dass man Zeichnungen ganzer Bände in einem verhält- nissmässig kleinen Räume für Wiederauflagen wie Stereotypen aufbewahren kann. Bisher gewährte die Steinplatte bloss den Abdruck auf der lithographischen Presse , und die Zinkplatte konnte sich nebst der Steindnickpresse nur der Kupferdruckpresse bedienen, man konnte daher auf beiderlei Weise nur so viele Abdrücke an einem Tage erzielen, als eben das langsamere Druckverfahren auf derlei Pressen chemitypie. gestattet. Man versuchte somit Hochätzungen in Stein und Zink, um dann mittels eines zweimaligen Abgusses eine Platte zu erhal- ten, die durch einigen Nachstich nach vorgenommener Ätzung statt Tiefdruck zum erhabenen Abdrucke auf der Buchdruckerpresse die zehnfache Menge in der gleichen Zeit zu liefern im Stande ist. Dieses Verfahren war nun einem Dänen, Namens Pill, welcher gegenwärtig in der Wiener Staatsdruckerei sich befindet, bisher am vollkommensten gelungen , und dadurch ist man dem Mittelwege zwischen dem Stahl- und Kupferdrucke, so wie der vertieften Graviermanier des Steindruckes und dem erhabenen Holzschnitte nahe gekommen. Giiivaiiopiastik. Nun kommen wir in eine neueAera der Druckkunst, zur wunder- baren Anwendung des galvanischen Stromes auf das Formenwesen der Presse. Was das Licht, die Sonne, im Bunde mit der Camera für Zeichnung, das ist die Erfindung Jakobi's oder vielmehr dessen der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien. 877 entdeckte praktisclie Anwendung, die Galvanoplastik für die Druck- form, für die Vervielfältigung in unzähligen Exemplaren. Das Verfahren der Hochätzung hat man daher auch auf die ciiaikotypio. Ätzung von Kupferplatten ausgedehnt, auf galvanischem Wege sich Druckplatten verschafft, die viel dauerhafter sind als Zink, und somit einen bedeutenden Fortschritt in der Herstellung grösserer Menge und Billigkeit erreicht, wodurch einzig Zeichnungen und bildliche Darstellungen den grösseren Massen des Publicums zur Bildung des Geschmackes und Erweiterung seiner Kenntnisse zugänglich gemacht werden können. Die Zeichnungen und bildlichen Anschauungen, die man vor der Erfindung des Stein- oder chemischen Druckes nicht durch Holzschnitte vervielfältigen wollte, wurden in feinerer, weicherer, aber minder kräftigen Weise dem Kupferstiche zugewiesen, der bei ciiaikogiai.hie. der beschränkten Anzahl der Original-Abdrucke und dem langsamen Druckverfahren natürlich sehr kostspielig zu stehen kommen musste. Nun erfand man erst in neuerer Zeit die Behandlung und Siderogiaphie. Ätzung der Stahlplatte. Diese lieferte bezüglich der Dauer ein zehnfach grösseres Quantum, allein wollte man eine tausendfach grössere Menge, so mussten dennoch so viele Platten gestochen werden als hiezu nöthig waren. Die Erfindung, einen Stahlstich durch mechanische Kraft in weicheres Metall einzudrücken, konnte durch die sogenannte Transfer -Presse höchstens bei ordinäreren Leistungen und nur in kleinerem Formate, wie Papiergeld, bei grösserem Mafsstabe jedoch nie in einem ganz geschlossenen Bilde Platz greifen. Da also die Transfer-Presse für grössere Kunstleistungen keine Verwendung finden konnte, so war man bei grossen Auflagen ge- zwungen, sich mit mehrfach gestochenen Platten zu behelfen, und man musste sich begnügen, wenn die zweite und dritte Platte, ungeachtet der bedeutenden Kosten , die Ausdauer des Kupfer- stechers erschöpfend, kaum mehr der erstgestochenen entsprach. Da fand sich denn das dargebotene Mittel der galvanischen Verviel- fältigung der Kupferplatte, und es musste der Stahlstecher wieder zurückkehren von seiner nun liebgewordenen Stahlstichmanier zur Behandlung seiner beinahe entfremdeten Kupferplatte. Bald erkannte man das aus dem galvanischen Strome erhaltene Kupfer ungeachtet seiner Weichheit wegen seiner chemisch-reinen 878 Au er, Der polygraphische Apparat Beschaffenheit seihst für den ersten Original-Stich geeigneter, und so liefert uns der galvanische Apparat nicht nnr das ursprüngliche Materiale für die erste hildliche Darstellung, d. i. für den Kupfer- stich, sondern wenn derselbe vollendet, wird durch den galvanischen Niederschlag eine zweite, nämlich eine Hochplatte angefertigt; diese legt man dann wieder in den galvanischen Apparat, und bekommt abermals eine Tiefplatte, wie die erste, zum Druck auf der Kupfer- druckpresse u. s. AV. Diese vortheilhafte Vermehrung der Druckplatten auf so einfache und wohlfeile Weise, musste nun den Stahlstich, der der galvanischen Vervielfältigung durch sein ahstossendes Metall entgegen war, fast gänzlich verdrängen, bei Auflagen, die so viele Abzüge erforderten, als die Stahlplatte nicht auszuhalten im Stande war. Jedoch fand man bald wieder ein Mittel, der Stahlplatte nach der durch den Galvanismus erlittenen Niederlage aufzuhelfen. Eine Masse, aus verschiedenen Bestandtheilen , die so zart und empfind- lich, dass nicht das feinste Pünktchen des Bildes geschwächt, gibt uns, im flüssigen Zustande aufgetragen, einen genauen Abdruck von dem feinsten sidero- oder chalkographischen Erzeugnisse. Versilbert man die Oberfläche einer auf solche Weise erhaltenen Platte, so hat man die Leitungsfähigkeit des galvanischen Stromes erreicht, und somit die Copirung ermöglicht. So wie der Stahl durch seine Härte besondere Vortheile bietet, so ging man noch weiter, und es versuchten Boettger in Frank- furt a.M. und Bromeis in Hanau zuerst ein noch härteres und zugleich Hyaiographie. reincrcs Material, nämlich das Glas für den Stich und die Atzung zu gewinnen. Unter zwei gleich aufeinander geschliffenen Walzen kann man bei vorsichtiger Behandlung eine unvergleichbare Anzahl von Abdrücken ohne Abnützung und Zerbrechen der Glasplatte, zu- gleich aber eine ganz eigenthümlich feine Darstellung, die nur der Eigenheit des Glases zukommt, erlangen. Um aber bei der Möglich- keit der geringsten Unvorsichtigkeit oder Ungleichheit der Druck- cylinder oder ihrer Unterlage die Glasplatte vor dem Zersprin- gen zu sichern, versuchte man auf dem Wege des galvanischen Stromes Copien in genauer Weise zu erzielen, was so vollkommen gelungen, dass selbst der Ton der Glasoberfläche nicht nur der galvanischen Platte, sondern sogar im Abdrucke dem Papiere sich mittheilt. der U. k. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien, 879 Üass ausser der Erzeugung von Druckplatten dieses in der Wiener Staatsdruckerei verbesserte Verfahren für die Glasfabrika- tion oder vielmehr den GlasschlilT von unberechenbarer Bedeutung noch sein dürfte, wird nächstens aus einer besonders erscheinenden Abhandlung näher erhellen. Von dem Kupfer-, Stahl- oder Glasdrucke gehen wir auf einen Guiiiociiining. andern Zweig über, nämlich die Kunst : durch eine ziemlich einfache aber sinnreiche Maschine Verzierungen oder Bilder durch Linien zu erzeugen, welche mit dem feinsten Instrumente der Hand des Künst- lers weder in ihrer Feinheit noch in ihrer Vollkommenheit erreich- bar wären. Man kann diese Guillochirung entweder bei dessinartigen Ornamenten oder nach CoUas in Paris, selbst auf andere figuralische Darstellungen anwenden, und diese auf Stein, Zink, Kupfer, Stahl, Holz und Glas sowohl für Abzüge auf der typographischen alsKupfer- und Steindruckpresse herstellen, wie die vorliegende Platte in Schriftzeug und jene in Kupfer mit dem Bildnisse Sr. kais. kön. apost. Majestät Franz Joseph I. es versinnliclien. Man sollte glauben, es gäbe nun der Druckverfahren zin' Genüge, um Alles, was der Mensch zur Veranschaulichung bedarf, hervorbringen und vervielfältigen zu können: allein ganz anders verhält es sich , wenn man das unergründliche Bereich der graplü- schen Leistungsfähigkeit noch tiefer durchforscht. Wir kommen nun zur Grenzlinie, wo der Zeichner sich von dem Kupfersteclier unabhängig macht, wo er selbst, der das Ori- ginal seinem Geiste entlockt, das Bild derart scbatFt, dass mit dem Zuge seines Griffels oder mit dem Striche seines Pinsels die Form zur Druckplatte schon gegeben erscheint. Für Original-Federzeichnungen eignet sich die oben zur Copi- styiograpine. rung des Stahlstiches schon erwähnte feine Masse aus verschiedenen Substanzen, welclie man mit aufgelöstem Silber überzieht, um jeden Stricii, den der Zeichner macht, schwarz hervor treten zu lassen. Nachdem der Künstler das Bild, als ob er es auf Papier mit der Bleifeder gezeichnet, in die Tiefe geritzt und vollendet hat, stellt sich dasselbe seinem Auge sclion ähnlich dem schwarzen Abdruck dar, welcher nur mehr des galvanischen Überzuges und einer davon gewonnenen Tiefplatte bedarf, um die Darstellung, gleich der Ori- ginalzeichnung aus des Künstlers Hand (ohne Kupferstecher) von der Kupferdruckpresse zu erhalten. 880 Aller. Der polygraphische Apparat Giyphographie. Ein liievoii Verschiedenes Verfahren führt uns das heinalie LirogTa|ihie. gleiche Ergehniss herbei , wenn man eine Platte mit einem Grunde überzieht, in denselben hineinzeichnet, und dann die leeren Räume mit einer Substanz, theils mit der Walze, theils mit einem Pinsel derart deckt, dass die nicht zu bedruckenden Stellen erhabener, und bei der hierauf erlangten galvanischen Copie, druckfahig erscheinen. Gaivanogiaphie. Ebcnso folgenreich als diese Verfahrimgsweise für die freie Handzeichnung stellt sich uns die wichtige Entdeckung, die Malerei auf Kupfer dar. Wenn eine versilberte Kupferplatte dem Künstler übergeben wird, malt er sein Bild mit eigens zubereiteter Farbe, abwechselnd dunkel und licht, bis zur Vollendung. Nach stattge- fundenem Silber-Überzuge, beAvirkt der galvanische Niederschlag eine genaue Abbildung von dem Originalgemälde, indem die mit dem Pinsel stärker aufgetragenen Farben in derselben tiefer, die minder aufgetragenen Stellen höher und lichter erscheinen. Es lassen sich dabei Töne erreichen, die einem Kupferstecher bei all seinen Manie- ren nicht zugänglich sind. Nicht zufrieden, dass die Menschenhand sich der bisher nöthi- gen Nachahmung entledigt, tritt nun die Natur selbst, als Formerin auf und reicht dem unM'iderstehlichen Denker die Hand zu einer noch einfacheren Darstellungsweise alles schon Bestehenden, und bietet alle ihre Schätze ohne Rückhalt eines einzigen dar, auf dass die galvanische Kraft sie wieder gebe in unzähligen Copien und die Presse in zahlloser Menge sie liefere dem lernbegierigen Menschen. Naturselbst- Es gibt keine Pflanze, kein Mineral, kein Relief, es gibt Nichts, druck. " ' & ' was hoch, tief oder flach, der Eindruck in bereitetes Materiale gibt uns einen wunderbar ähnlichen Abdruck, den man durch den galva- nischen Process zur Erzeugung der Druckplatte benützt. So sehen wir hier Spitzen , fossile Fische, geätzte Achate, mehre Pflanzen in ihrer Blüthe mit einem einmaligen Abzug in mehreren Farben ge- druckt, vor unseren Augen abgebildet, so dass die Natur über die Ähnlichkeit mit der gedruckten Copie in Streit geräth. Ist das Original so gebrechlich, dass eine Abformung auf keine Weise durch Eindrücken räthlich erscheint, so haben wir durch Auflösung der Guttapercha und der obigen Masse das Mittel zur Ab- bildung derjenigen Gegenstände erreicht, die die allerzarteste Be- handlung erfordern. der k. k. Hof- und Staatsdruckerei /lu Wien. 881 Wollen wir einen Gegenstand beliebig verkleinern, so liaben Reduction. wir hiefür allertiings die Photographie und durch die nachherige Druckbarmachung auch die Möglichkeit der Vervielfältigung auf mechanischem Wege, allein ein noch einfacheres Mittel ward in einer Snbstanz gefunden, deren Mittheilung wir in neuester Zeit Sr. Durchlaucht dem Fürsten v. Melternich (P. T.) verdanken, die uns die wunderbarsten Verkleinerungen in beliebiger Form mit dem genauesten Detail wiedergibt, und so ist die Druckform als Seitenstück photographischer Zeichnung gefunden. Wie mannigfaltig hat sich nun das Druckwesen gestaltet, wenn Xylographie. man zurückblickt, wie mühevoll seit Gutenberg's Erlindung bis auf unsere Tage das Bild dem Holz anvertraut und durch hiezu geeig- nete Werkzeuge die Zeichnung ausgeschnitten Averden musste. Das Merkwürdigste bleibt indessen, dass, obgleich so viele Methoden für scheinbar gleiche Zwecke ersonnen, die fast alle aus Eifersucht und Furcht der gegenseitigen Verdrängung in Kampf geriethen, doch einem jeden Zweige das Eigenthümliche geblieben ist. Nur was ihm fremdartig war, trennte sich nach und nach los, und emancipirte sich von der Abhängigkeit zum selbstständigen Fache. So Avird dem Holzschnitte von der ersten Dehandlung Albrecht Dürers des Birnholzes mit dem Messer, bis zum Buchsholze mit dem Grab- stichel, die Kraft des Ausdruckes bleiben, die keine andere Manier ersetzt, und nebstbei der Vortheil hervorragen, dass die Menge seiner Auflage eine unbegrenzte sei. Die Feder- und Kreidezeich- nung auf dem Steine zeigt uns jene unvergleichliche Freiheit, die Zinkplatte eine leichtere Handhabung und bequeme Aufbewahrung gegenüber dem Steine, der Kupfer- und Stahlstich die Vollendung der zartesten Ausführung, die Chemi- und Chalkotypie die dem Kupferstich ähnliche Behandlung mit der zahllos schnellen Anferti- gung, die Stilographie und Galvanographie den Strich des Pinsels und Griffels des Künstlers, der Glasdruck die fast unmerkbare Abnützung und seine eigenthümliche Feinheit und Ausdauer, die Photographie die Schnelligkeit und Richtigkeit der Zeichnung, die Galvanoplastik die Treue des Originals. Wir kommen nun zum Schlüsse unserer Abhandlung, zum eigent- Schriftenschu.it; ° ° und Giiss. liehen Kern, die Seele des Druckwesens. — Die erhabene Erfindung Typog^iaphie. Gutenberg's, die sich mit namenloser Schnelligkeit über die ganze Welt verbreitet, hat im Meyer'schen Album, 1840, in welches die 882 Auer. Der polygraphische Apparat grössten Gelehrten und gefeiertsten Dichter ihre Huldigung nieder- gelegt, ihren Ausdruck gefunden, und jeder in dieser Kunst Beflis- sene muss sich daher um so mehr aufgefordert sehen, die Verherr- lichung derselben anzustreben. Das mir zur Leitung anvertraute Staats-Institut hat es sich zur einzigen Lebens-Aufgabe gestellt, in der Pflege der gesammten Graphik ihr Schärflein beizutragen und suchte vor allen Fächern den Schriftenschnitt in Stahlstempeln ener- gisch zu verfolgen. Sie fertigte nach einer vorher von mir ange- legten Typensammlung aller Völker des Erdkreises, alle uns bekann- ten Alphabete an, welche oben namentlich aufgeführt erscheinen. So wie wir hier eine Type in Stahl für Blinde und Sehende nebst der beigegebenen Matrize und des Bleigusses erblicken, so ist zur grösse- stereotypie. ren Verdeutlicliung auf einer stereotypirten Quartplatte von den Blindendruck- und Schreibschriften, den fühl- und lesbaren Musik- noten und allen fremdsprachlichen Stamm -Alphabeten mit der Aus- dehnung auf die Variationen der verflossenen Jahrhunderte von jeder Gattung eine Zeile ersichtlich gemacht. Alle in der Wiener Staats- druckerei vorhandenen Typen sind nach dem von mir durchgeführten Typometrie. typometrischeu Systeme gegossen, und das Raumverhältniss eines jeden Druckstabes (Buchstaben) sowohl, als der sogenannten leeren Raum-Ausfüllungs-Figuren in der gegenüberstehenden stereotypirten Quartseite dargestellt. Wenn auch diese Bestrebungen schon im Bewusstsein der Resultate und in der uns heute zu Theil gewordenen Aufmerk- samkeit ihre hinlängliche Belohnung finden, so dürfte es doch nicht überflüssig erscheinen, auch die uns von der Londoner Jury zuer- kannten Preise: 1 Council -Medal, für sämmtliehe graphische Leistungen, 2 Preis -Medals, für Photographie und Farbendruck, 1 Preisrichter - Medal, 1) 1 Medal for Services, i) 1 Erinnerungs -Medal , schon darum zu veranschaulichen, als es ausser uns keinen Aus- steller der Welt gibt, der in der XVIL Classe die einzig ertheilte *) Die „Preisrichter- Medal" und die „Medal for Services" wurden unge- achtet der nicht persönlichen Betheilififung hei der .Tury doch dem Director der Anstalt zuerkannt. der k. k. Hol- und Staalsdruckeiei zu Wien. 88 J Council-Medal erhielt, andererseits aber keine Privat- oder Staats- Anstalt existirt, der alle Medaillen zuerkannt worden wären. Das Institut ist daher im Besitze aller ihr ertheilten Londoner Preise und Medaillen ein Unicum geworden. Diese seltene Erscheinung benützten wir daher zur dankbaren Verherrlichung der Erfindung der Galvanoplastik, welche alle gra- phischen Kunstfächer der Neuzeit von sich abhängig gemacht , oder vielmehr, denen sie sich zur bereitwilligen Dienerin darbietet , auf dass Kunst und Wissenschaft zum Gemeingute werden könne. Wir können ihr keinen schöneren Ehrenplatz anweisen, als durch sie die Preise in nachgeahmter Form wiederzugeben *)• Nichts ist unter der Sonne mehr der Vervielfältigung unzu- gänglich, Alles was in der Natur, Kunst und Wissenschaft vorhan- den, ist der so veredelten Presse verfallen. Sie ist die Beherrsche- rin des ganzen Gebietes des menschlichen Geistes ! Nebstdem, dass keines dieser Fächer überflüssig, sondern jedes sich seinen Theil gesichert, zieht noch ein Gedanke durch die meisten dieser graphischen Kunstfächer hin, nämlich die Be- seitigung der Nachahmung durch den Menschen, der nur indivi- duell sieht und empfindet. Der Künstler macht aus dem wissen- schaftlichen Gegenstande ein Bild seiner Phantasie und schafft, wenn Hand und Auge ermüden, das Traumgemälde seiner Empfin- dung. So wie das gemalte Portrait eines Menschen nebst dem Wah- ren viel Unwahres enthält, so trägt jede Nachahmung durch die bisher befolgte Weise ihre Unwahrheiten zur Schau. Nur das Original allein kann seine Copie selbst liefern, ent- weder durch die photographische Abbildung oder durch Prägung und den galvanischen Strom. «) In the „Reports bv tlie Jurios uii (lie Subjects in tlie Tliirty Classes into \ihich tlic Exliibilion was divided,'" which appeared iu London in 18J2, we find under class XVII, page 396. „It will be observed that the Jury, in strict conformity witli the piinciples laid down by the Royal Coiuinisbiou, have only recoinmended one Council Jfledal, and that for typog-raphy ; not that tiiey did not recogiiiie the excellence aud beauty Ol' luany uf the speciniens exhibited, aud the sUill and perfection whieh, in mauy poiuts, the art of piiuling displayed, but because theie did not appear to be any productiou so clearly beariug the chaiacter ol' novellv of iliveiltion or liew applioaliiin of a known principle as to justify sueh a recoimnendatioii, with tiie exception of the pi'oducts of the Imperial Court and Qovernment Prlnting'-office of VIeinia, which pre- sented both novelty of iuvention and a nunibcr of new combinatious in the ait of iypography. ' Then under the sanie class, page 39'J, „Priuting, invcnted at Strasbiu- aud at Mayence, and patroni7,ed by the Emperor Maximilian, who oblaiued masterpieces from it at its very commence- ment, appears in this Exhibitiou with a degree of spleudour which has caused general surprise. No Icss eucouraged in our day by its prcseul sovereign, the Imperial Printing-offiee of Auslria has proved itself equal to its duties, aud has accelerated the progress of the art by numerous expe- riinenls of all kinds. Xylography, eugraving, typo-fouuding, stereotyping whelher by plaster nioulds or by meaas of gutta percha and the galvanoplastic process, electro-metallurgy, by which fossil lisbes and aniinals bttried in the antediluvian era are reproduced tipon paper; galvanography. 884 Au er. Der polygraphische Apparat der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. galvanolypy, cliemitypy, all those new applieations of art and seienee which dimly foreshadow an unknown futnrc, are representtd here ; and lithography , that new sister of typography, also appears , with the new adjuncts of chromo-typy and ehromo-lithography. The beautiful and rieh coUection of Orienlal types, of which we have counted more than a hundred different sorts, as well engravcd as they are well cast, proves that in Austria learnin» is not less eneouraged than the arts. By the side of so many objeets relating; to typography, we must admire the typographic plates, each measuring 540 Square inches, formed by the galvanic process , and producing, in eopper, letters of all languages, from which many millions of copies may be printed without any appearance of wear and tear." Page 403, — «The 130 foreign founls in the specimen-book of the National Printing- office of France offer an interesting subject of eomparison with the rieh colleetion of the Imperial Printing-office of Austria." rl' 'S to l'P desired that the National Printing-office of France , following the example of the Imperial Printing-office of Austria etc." Page 407, „The Imperial Printing-office of Austria has exhibited the whole colleetion of the new applieations of the typographical art, such as the galvanoplastic process, galvanography, galvanoglyphy, and chemitypy, which, bringing their co-operation to the aid of typography, enable it to reproduee, in some degree, nature itself. It may therefore be Said that these new branches are to typography what photography is to the art of drawing." The galvanoplaslic Process. — „We have, for instance, seen antediluvian fishes reproduced upon paper, at this Eihibition, with the exaetness of nature itself. By means of suceessive layers of gutta percha applied to the stone inclosing the petrified fish, a raould is obtained, which being afterwards submitted to the action of a galvanic battery, is quickly covered with coatings of eopper, formiug a plate upon which all the marks of the fish are reproduced in relief, and which, when printed at the typographic (?_) press , gives a result upon the paper identical with the objeet itself." Galvanography. „The Anstrian Printing-office has shown us some remarkable results of this process. An artist Covers a plate of silvered eopper with different coats of a paint composed of any oxide, such as that of iron, burnt terra sienna, or black lead, ground with linseed oil. The suhstance of these coats is of neccssify thick or thin, according to the inteusity given to the lights and shades. The plate is then submitted to the action of the galvanic battery, from which another plate is obtained, reproducing an intaglio copy, with all the unevenness of the original painting. This is an actual eoppcr-plate, resembling an aquatint, and obtained without the assist- ance of the engraver." Chemitypy. „For the purpose of obtaining casts in relief from an engraving, the process of chemitypy is equally ingenious. A polished zinc plate is covered Avith an etching ground; the design is etehed with a poiut and bitten in with diluted aquafortis; the etching ground is then removed, and every particle of the acid well cleancd off. For this purpose the hollows of the engraving are first washed with olive oil, then with water, and afterwards wiped, so that there may not remain the least trace of the acid. The plate, on which must be plaeed filings of fusible metal, is then heated by means of a spirit-lamp, or any conveuient mcans, until the fusible metal has filled up all the engraving; and when cold it is seraped down to the level of the zinc plate, in such a manner that none of it remains except that which has entered into the hollow parts of the engraving. The plate of zinc, to which the fusible metal has become unitud, is then submitted to the action of a weak Solution of muriatic acid, and as of these two metals the one is negative, and the other positive, the zinc alone is eaten away by the acid, and the fusible metal which had entered into the hollows of the engraving, is left in relief, and may then be printed from by means of the typographic press." Page 410, „The Imperial Printing-office of Austria, deeomposing each part of a Chinese Word into as many pieces as it contains strokes of the pen, reconstructs the words by means of these liltle pieces, which the eompositor groups together so as to construct any Chinese word. The number of points aud strokes is about 400, and they appear to be a most complete system of Chinese typography." Page 431, „The Jury have awardod a Council j*ledal to ilie Imperial Court and Government Printing'-offlee of Vienna for their new processcs in typography, gal- vanoplastic, and chemitypic printing: for the variety of their Oricntal types, and perfect cxecution of the punches, as well as for the general eieellence of the numerous specimeos exhibited in Stereotyping, electrotyping, printing, and boolibinding." Finally, under class XXX, page 703, „lithochromy. The Imperial Printing-office of Vienna. The work „Paradisus Vindobouensis," exhibited by this establishment, contains a great number of lithographs of flowers and plants, which are represenled in form, colour, and every other respect, with remarkable truth to nature. Prize Medal." Unser. Nehmen die Blätter der Pflanzen dunstf. Wasser a. d. Atmosph. auf ? 885 SITZUNG VOM 9. DECEMBER 1832. Vorträge. Nehmen die Blätter der Pßanzeti dunstförmiges Wasser aus der Atmosphäre auf? Von dem w. M. Prof. F. Vnger. Über diese Frage ist bisher auch nicht der leiseste Zweifel ge- hegt worden. Man fand es sowohl der Beschaffenheit der Pflanzen als ihren Bedürfnissen entsprechend , dass die Najirungsaufnahme, und dazu gehört offenbar auch die Aufnahme von Wasser, nicht auf ein einziges Organ, d. i. auf die Wurzel beschränkt, sondern dass dieselbe über alle Theile der Pflanze verbreitet, vorzugsweise aber den grünen blattartigen Theilen derselben zukommen sollte. Ent- scheidende Versuche über die Aufnahme von Wasserdunst durch die Blätter, welche mit der nöthigen Präcision ausgeführt wären, liegen zwar nicht vor, allein wie sollte man auch daran zweifeln , da einer- seits die Organisation derselben sie ganz vorzüglich zu dieser Func- tion als tauglich erkennen Hess, anderseits die tägliche Erfahrung nur zu deutlich dafür sprach, dass den Pflanzen in dem der Atmo- sphäre niemals fehlenden Wasserdunste eine nie versiegende Quelle der Ernährung zukomme, die auch dann noch ihre Wirksamkeit äussere, wenn jede andere ihren Einfluss versagt. Wir sehen tagtäglich, dass Pflanzen in einer feuchten Atmosphäre gehalten, sehr wohl gedeihen und dass eben dieser Zustand, in wel- chen wir sie absichtlich versetzen, ganz vorzüglich zu ihremProspe- riren beiträgt, welches sogleich mehr oder weniger verschwindet, so wie diese äusseren Verhältnisse sich ändern. Wir sehen , dass Pflanzen in der trockenen Jahreszeit und unter solchen Umständen, wo der Himmel denselben den Labetrunk des Regens für längere Zeit versagt, nichts desto weniger vertrocknen, sondern obgleich Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. V. Hft. 59 ^^(> ITnger. Nelitnen «lic Rlätter der F'llHii.«eii kümmerlich ihr Leben fristen — natiiriich auf wessen Kosten anders als auf Kosten dos unsichtbar in der Luft vertheilten Wassers. Ja die Aufnahme des Wassers aus der Luft wird unter diesen Umstän- den um so nothwendiger, als gerade in der heissen Jahreszeit und bei vollkommen ausgebildeten Blättern das durch die Transpiration an die Atmosphäre abgegebene Wasser der Pflanze oft bis zu einer enormen Grösse steigt , was bei zarter gebauten Pflanzen durch ein Languesciren, durch ein Hängenlassen ihrer blattartigen und andern Theile sich zu erkennen gibt. Nichts desto weniger bringen oft wenige Stunden der schon halb verwelkten Pflanze wieder Lebens- frische und den nöthigen Turgor. Es fiel dabei kein Regen, es schlug sich kein Thau nieder und dennoch stehen diese vor Trock- niss und Wassermangel halb todten GeM ächse rasch wieder in ihrer vorigen Beschaff"enheit da und lassen kaum irgend eine Spur ihrer vorübergegangenen Noth zurück. Woher kann dies kommen? wie lässt sich diese Erscheinung anders erklären, als dass der Wasserdunst der Atmosphäre den Mangel ersetzte, und daher die in derselben ausgebreiteten Pflan- zentheile, namentlich aber die Blätter als jene Organe angesehen werden müssen , die so wie sie in der Regel den Wasserverlust der Pflanze herbeiführen, unter gewissen Umständen eben so wohl auch die Aufnahme des dunstförmigen Wassers vermitteln. Noch auffallen- der ist dies bei einigen Pflanzen, die wir ihres saftigen Parenchyms wegen Fettpflanzen nennen. Wir sehen dieselben in der Regel auf trockenem, dürrem ja sogar felsigem Boden mit der geringsten Menge Wassers vorlieb nehmen, ja gewisse Familien solcher saftiger Ge- wächse wie z. B. Cacteen, Crassulaceen, Mesembryanthemen u.s.w. bewohnen nicht selten geradezu Gegenden der Tropen und ande- rer wärmerer Länder, welche in der sogenannten regenlosen Zone liegen, oder die doch jedenfalls wenig wässerige Niederschläge empfangen. Noch mehr, diese Pflanzen, deren Wassergehalt bis auf 90 p. C. und mehr steigt, hören seihst in der trockensten Jah- reszeit, MO alle übrige Vegetation aus Mangel an wässeriger Nahrung in einen Selilafzustand versunken ist, nicht ganz zu wachsen auf. Freilich hat ihre Organisation das Eigenthümliche, dass vermöge der festen und derben Besehaflenheit der Epidermis die Transpiration im Vergleiche zu jener anderer Pflanzen auf das Minimum reducirt ist; allein vegetiren diese Pflanzen, entwickeln sie sich, bilden sie ilunstlöriiiiges Wasser aus der Alinospltäic aiit .' 887 neue Theile, mit einem Worte wachsen sie, so bedürfen sie dazu nothwendig eine eben nicht geringe Menge Wassers. Aber woher soll unter den angeführten Umständen das Wasser anders kommen, als eben wieder aus der Atmosphäre, und welche Organe sollen es anders sein, als die Blätter oder die blattartigen Stengel, welche sich desselben bemächtigten? Die Ansicht also, dass die Blätter und die blattartigen Theile der Pflanze überhaupt , wenn auch nicht als die gewöhnlichen Ernährungsorgane, so doch zeitweilig als Auf- nahmsorgane fungiren können, scheint diesen Betrachtungen zu Folge so gesichert dazustehen, dass nicht leicht ein erheblicher Zweifel dagegen vorgebracht werden kann. Hasselquist (Reise nach Palestina, Rostock 1762, S. 264), nachdem er von dem starken Thaue spricht, der in der heissen Jahreszeit in Ägypten des Morgens und Abends fällt, fährt fort: „den Bäumen dient dann die Krone statt der Wurzel, da dieselbe durch ihre vasa absorhentia aus der Luft die Nahrung aufnimmt, welche zu einer anderen Jahreszeit der gewässerten Erde entzogen wird." Indess hat die nähere Bekanntschaft mit dem anatomischen Baue der Blätter dieser Ansicht nur Vorschub geleistet, indem man gar bald die Organe ausgemittelt zu haben glaubte, welche dieser Function vorstehen sollten; nur darin war man nicht ganz einig, ob die bereits entdeckten Spaltöffnungen oder die haarförmigen Fort- setzungen der Epidermis zu diesem Geschäfte am passendsten seien. Alexander v. Humboldt (J. Ingen/iousz, über Ernührung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens, nebst einer Einleitung über einige Gegenstände der Pflanzenphysiologie von A. v. Humboldt, übersetzt von Gotthelf Fischer, p. 20) hält geradezu die Spaltöffnungen für die Organe der Einsaugung atmosphärischer Feuchtigkeit und zwar aus dem Grunde , weil sie bei der Sauerstoff- abgabe an die Luft nicht betheiligt sind. Während die Spaltöffnungen bei den meisten Pflanzen nur über die Blätter verbreitet sind, sind sie bei den Cacteen über die ganze Pflanze zerstreut, daher diese ganz vorzüglich geeignet seien die Feuchtigkeit des Luftkreises aufzuneh- men. Die fleischigen Pflanzen der regenlosen Klimate zeugen nach Humboldt gar nicht für die Entbehrlichkeit des Wassers, das sie im- merhin durch ihre Spaltöffnungen aus der Luft zu erlangen vermögen. Auch J. H e d wi g (Sammlungen von Abhandlungen über bota- nisch-ökonomische Gegenstände I, p.ll6, II, p.143) theilt diese 59» o88 Ung^iM". NohnuMi ilio IMiitlcr ilor l'lliin/aM» Ansieht und gluiihl . dass die Absorption von Feuchtigkeit wenigstens als Nebenzweck der SpaKölViuingen der IMätter zu betrachten sei. Dagegen hält Ch. Bonnet (J{t'r/in'c/i<'s siir rtisage viewohl Hedwig schon früher sie als ()tVnungen richtig angab. Die Gründe, warum er sie so wie die Haare mit Hedwig nicht für ausführende Gelasse erklärte, sind mehr theoretisch ohne anatomische und physiologische Begründung. Endlich spricht auch L. l\ Treviranus der Aufnahmsfälligkeit der Blätter für >\'asserdunst das \Vort, und nachdem er es im hohen Grade wahrscheinlich gemacht hat, dass die Poren der Epidermis die allgemeinen und gewöhnlichen Organe der wässerigen Ausdün- stung seien, fährt er fort: (^Pltysioloyie der Ih'irüchsc 7, p. -175} „Damit streitet keineswegs , dass sie unter anderen rnisländen ein entgegengesetztes Verhalten beobachten uml eine wässerige Flüssig- keit aus der Luft bei eigenem Mangel daran aufnehmen können, Mie- wohl dieses keine natürliche Verrichtung und noch weniger ein Theil des Ernährungsprozesses zu sein scheint.*' Indess scheinen bei genauerer Betrachtung die Versuche, wei- che St. Haies (Vetjetahle stat. 5 , p. 20). Mr. Miller (Veg. stitt. p. 23f 2-1, 23). Ch. IJonnet (/{fc/wrchcs sur C nsage des feuiUca dans Ics plantes. I. Itirnt. De la nutrition des plantes pur It's feuilles). G uettard (Di(haine/, P/iys. (f. urb. 1, p. 106) duriHtfürmigefi Wasser an« tU:v AtrriOK(ihäre auf? 880 Duhamfil du Moncoaii (La p/a/su/ue des arhres /, p. 133), J. Ingftii lioij sz fExpMencea sur les vef/rtmix Vol. JI, XX Jj, ]j. Cli. T r 0 V i r u u ii s f VeriiÜHclite Srhriflcn clr.^ p. 7f^) und andere zu Gunslon dieser Theorie arisUdlten nielit mit derjenif^en IJerüek- 8ichtigun{^ der Umstände aiisgefülirt zu sein, dass sich nicht bei Be- seitigung aller störenden Kinflüsse ein ganz anderes Resultat ergeben haben würde. Diese Voi'aussieht, welche auch durch andere Beob- achtungen unterstützt wurde, hat mich zur Anstellung einer lieihe neuer Versuche bewogen, welche ich hier dem Wesentlichsten nach mitzutheilen mir erlaube. Vor Allem war ich dabei bedacht den blattartigen 7'lieilen der Versuchspflanzen zwar alle nicigliche Wasserzufuhr in iJunslform zu erleichtern, diese jedoch auf das Behutsamste von allen übrigen Theilen der Pflanzen namentlich von den Wurzeln ferne zu halten. Ich glaubte dies auf eine zweifache Weise zu erzielen. In einer Reihe von Versuchen setzte ich beblätterte Zweige, deren Schnitt- fläche sorgfältig durch einen passenden Kitt verklebt wurde , einer mit Wasserdämpfen sattsam imprägnirten Atmosphäre durch kürzere oder längere Zeit aus; in der anderen Heihe von Versuchen wurden ganze Pflanzen sammt der Erde in der sie wuchsen einer gleichen Atmosphäre r'xponirt, jedoch so. dass nur der beblätterte Stamm nicht aber zugleich auch die Krde mit dem Wasserdunste der Luft in Berührung kommen konnte. iJie Gewichtsdiflerenzen vor und nach der Exposition konnten mit Siclierheit auf eine Aufnahme oder Ab- gabe des (lunslförmigen Wassers schliessen lassen. l(-h lasse hier die über j(;den der (iinzelnen Versuche in meinem Tagebuche angegebenen Bemerkungen folgen. I. Versuch. Ein abgeschnittener Zweig von Sparmannia africana mit vier Blättern wurde, nachdem er durch einige Stunden in der Sonne ge- legen und dadurch ziemlich welk geworden war, gewogen, zuvor aber die Sclmittlläclie mit Baumwachs verklebt. Der Zweig hatte am 30. October 1852, 1 2 Uhr Mittags, 7,41 7 Grm. Sogleich wurde nun derselbe in einen mit Wasserdunst hinlänglich geschwängerten geräumigen Glascylinder gebracht, und derselbe nahe dem gegen Mittag gelegenen Fenster meines Arbeitszimmers im botanischen Garten zu Wien gestellt. Die Sonne konnte daher J^OO Ungor. NchmiMi ilio niiiller der man/.cn unc:ohiiul(M( »liMi oinp^oschlossenen Zweig läglich von 10 Uhr bis 3 Uhr treHVii. DioToiniKMadii- dos Zimincrs scliwnnkle von IO"R. l»is iOoR. An ilonuselbon Tugo Nachiiiillags 5 Uhr wurde der Zweig, der noch so schlalT wie früher war, gewogen. Er halle jetzt 7,385 Grni. daher in der Zeit von 5 Stunden, statt zuzunehmen wie man hatte vermulhen sollen, vielmehr 0,032 Grni. an Gewicht verloren. Am fol- genden Tage d.i. an» 3I.Oeloher 10 Uhr Morgens, waren sowohl die Blattfläche ausgebreitet, als die früher schlalfen lilattstiele steif ge- worden. Nichts desto ^^■eniger liess sieh diese aulTallende Erscheinung als eine Folge von Aufnahme der dargebotenen Wasserdünste ansehen, denn der Zweig hatte statt zuzunehmen, neuerdings 0,023 Grm. an Gewicht verloren. Nach weiteren 24 Stunden (am 1. November 10 Uhr M.) war uiigeachtel derselben Steifheit der Blatt-Theile eine noclunalige Verminderung des Gewichtes des Zweiges und zwar um 0.2G2 Grm. eingetreten. Vom t. bis 2. November 6 Uhr Abends betrug der Gewichtsverlust 0.1 05 Grm., wobei sogar eine grössere Steifheit als früher zu erkennen war. His zum 3. November 10 Uhr M. beschräukte sich der Verlust auf 0,010 Grm. und bis 4. November 12 Uhr Morgens stieg er wieder auf 0,089 Grm. Nun wurden nur noch in längeren Zwischenräumen Wägungen des noch immer grünen und vollkommen sleifeu Zweiges vorgenommen. Nach 4 Tagen, also am 8. Nov. 9 Uhr M., halte derselbe neuerdings 0.416 Grm. verloren, dabeiwar das unlerste, kleinste Blatt fahl geworden, und fiel bei Berührung ab, dagegen die übrigen Blätter ihr früheres Aussehen behauplelen. Leider habe ich es versäumt die durch die natürliche Trennung des Blattes entstandene oflene «Wundtläche zu verkleben. Nur diesem Umstände glaube ich es beimessen zu müssen, warum gegen alles bisherige Verhalten nunmehr statt einer Verminderung des Gewichtes auf einmal eine Vermehrung desselben erfolgte. Wenn auch in den drei nächsten auf einander folgenden Tagen die Zunahme im Ganzen nur 0,181 Grm. betrug, so ist dies gleichwohl eine Abweichung von der Regel, die sich, da sonst keine anderweitigen verschiedenen Um- stände einwirkten, nur auf die obgedachte Weise erklären lässt. Mit diesem im Einklänge, denn der Verschluss der Wunde konnte bereits geschehen sein, war der bis zum 13. November, also innerhalb zweier Tagen, erfolgte bedeutende Verlust von 0,405 Grm., womit ich den Versuch zu Ende führte. Noch Maren bis auf das abgefallene und ioMiandgw WaMcr am 4er Alaocphire aoH 891 bereits braun und trocken gewordene Blatt alle übrigen Blätter des Zweiges rollkommen grün und hatten dieselbe Steifheit wie früher. In diesem Versuche, der durch 15 Ta^e dauerte, hatte der Zweig von Sparmannia ufricana statt W asserdunst aus der Luft aufzunehmen, vielmehr im Ganzen 1,312 Grm., d. i. über 17 p. C. .seines Gewichtes verloren, was sicherlich grosstentheils als Wasser- dunst davonging. Das Steifwerden der schlaffen Blätter erklärt sich einfach durch die gleicbmässige Vertheilung des in der Pflanze ent- haltenen Wassers, wodurch auf Kosten der Zellen des Stengels jene der Blattstiele und der Blattflächen gefüllt v^iirden. Die Aufrechthal- tung des Gleichge\»ichtszustandes in der gesammten FlQssigkeits- menge der Pflanze scheint demnach eine der Hauptbedingungen ihres Lebens zu sein. II. Versuch. Gleichzeitig mit dem ersten Versuche und genau unter denselben Umständen wurde ein ähnlicher Versuch mit einem beblätterten Ca- mellienzweige angestellt, und ganz so wie im ersten Falle vorge- gangen. Der Zweig hatte o Blätter und es bedurfte voller zwei Tage, während welchen er fortwährend der Sonne ausgesetzt war, bis man an den Blattstielen einige Schlaffheit wahrnahm. Die Ergebnisse der in derselben Zeit und in denselben Intervallen angestellten Wägungen lassen sich in folgender Cbersicht kurz zusammenfassen: Gewicht Zeit des Bf iBf rku äsen der Beobachtung Zweiges von über Camettia jap. das Aussehen der Pflanze. ! Tag .Stunde iii Grm. I.Xov ' 2. - 10 M 5-^n Die Blattstiele etwas schlaff. ^6A. 5.i3i Die Blattstiele steifer und die Blatt- fläehen frischer. 3. „ 10 M ö kW Ebenso. !*■ - 412 M. o'-\^l Ebenso. Ebenso. ' 1 8- r 9 M. 5 • \:vj 11- „ 9M. .'>;71 Ebenso. Auf einem Blatte der Be- ginn eines Pilzanfla^es. 13. „ 12 M. 5-^31 Alle Pflanzentheile noch straff. Hier war zwar in dem Zeiträume von 13 Tagen eine geringe Gewichtszunahme (0,01 7Grm.) erfolgt, es lässt sich aber voraussehen, dass sich diese gleichfalls in eine entgegengesetzte Grösse verwan- 892 Unger. Nehmen die Blätter der Pflanzen delt haben würde, wenn die Beobachtungen durch längere Zeit fortge- setzt worden wären. Die zeitweilig erfolgte Aufnahme von Wasser- dunst, woher allein die Gewichtsvermehrung stammt, fand hier gewiss weniger durch die Blätter als durch die rissige Periderma-Schichte der Rinde des Zweiges statt. Um diese muthmassliche Ansicht zu erproben, überzog ich einen zweiten Zweig von Camellia japonica mit einem für Wasser un- durchdringlichen der Pflanze unschädlichen Firnis, so dass nur die Blätter davon frei blieben. Auf die gleiche Weise wie der früher erwähnte Zweig behandelt, ergab sich Gewicht Zelt des Bemerkungen der Beobachtung Zweiges von über Camellia jap. in Grni. das Aussehen der Pflanze Tag 1 Stunde 24. Nov. 12 M. 6-850 Ein Blatt etwas zusammengerollt, 25. „ 12 M. 6-849 Mehrere Blätter etwas eingerollt, 27. „ 12 M. 6-827 29. ,, 12 M. 6-787 Alle Blätter etwas trockner. 30. „ 12 M. 6-762 1. Dec. 12 M. 6-755 Noch deutlicher zusammengerollt, 2. ,, 12 M. 6-740 wie aus der fortwährend statt gefundenen Gewichtsabnahme hervor- geht, dass in der That die Blätter dieses Zweiges kein Wasser auf- nahmen, daher auch im vorhergehenden Fall die Gewichtszunahme lediglich der Absorption der Wasserdünste durch die Rinde zuge- schrieben werden muss. III. Versuch. Da die ersten beiden Versuche Pflanzen mit behaarten und mit lederartigen Blättern betrafen, so lag es mir nun ob, auch Gewächse mit fleischigen Blättern und Stengeln zu demselben Zwecke zu unter- suchen. Ich wählte dafür einen mit zahlreichen Blättern besetzten Zweig von Crassula ohUqua, ferner ein Glied von Opuntia vul- garis und Opuntia Pseudotuna. Auch hier wurden die Schnitt- flächen so gut als möglich verklebt und alle drei Pflanzen unter eine hinlänglich befeuchtete Glasglocke gebracht. Die Ergebnisse der von Zeit zu Zeit unternommen.en Wägungen sind in folgender Tabelle zusammengestellt dunstförmiges Wasser ans der Atmosphäre auf? 893 Zeit der Beobachtung Gewicht der genannten Pflanzen in Grm. Bemerkungen über das Aussehen der Pflanzen. Tag Stunde Crassula ohliqua Opuntia vulgaris Opuntia Pseudot. 9. Nov. 12 M. 36-5165 24 7915 29-9340 Alle Pflanzen in vol- lem Tiirgor. 14. „ |12M. 36-2000 24-5370 29-8670 18. „ il2M. 35-8250 24-3780 29-8125 20 „ |12 M, 35-5780 24 • 3065 29-7880 23. „ |12 M. 35-4670 24 2680 29-7930 Ebenso ; nur die Schnittflächen f twas zusammen- 24. „ |12M. 35-4280 24-2440 29-7855 gezogen. !5 Auch aus diesen Versuchen ergibt sich statt einer Gewichts- zunahme vielmehr eine Abnahme, welche wie in den vorhergehenden Fällen gleichfalls luir dem Verluste an Zellsaft zugeschrieben werden kann. Nur ist es hier sehr auffallend und hängt genau mit der Orga- nisation dieser Pflanzen zusammen, dass der Verlust innerhalb der Versuchszeit (IS Tage, so wie bei Sparmannia nfricana) nicht 3 p. C. erreicht, bei Opuntia Pseiidotiina sogar unter '/^ p. C. blieb. Die Anomalie bei letzterer Pflanze, welche einmal eine Gewichts- zunahme bemerken liess, dürfte vielleicht aus der unmittelbaren Be- rührung, in welcher sie mit Opuntia vulgaris stand, und aus der Lage zu erklären sein, wodurch es ihr möglich war, den als feinen Thau condensirten Wasserdampf durch irgend eine verletzte Stelle aufzunehmen. IV. Versuch. Alle die bisher angeführten Versuche, so entscheidend sie immer- hin genannt zu werden verdienen, sind jedoch immerhin nicht ganz frei von jedem Einwurfe, da hiebet nur mit einzelnen Theilen von Pflanzen experimentirt wurde, Avährend die Pflanzen, so könnte man sagen, in ihrer vollständigen Integrität wohl vielleicht ein ganz anderes Resultat gegeben haben würden. Wenn gleich nicht abzusehen ist, wie die Blätter einer Pflanze in einem und im anderen Falle in ihren Functionen wesentlich differiren sollten, da doch nichts anders als die Zuführung des Nahrungssaftes einen Unterschied hervorbringen könnte, so hielt ich es doch für 894 Unger. Nehmen die Blätter der Pflanzen zweckmässig eine Reihe von Versuchen in der Art anzustellen, dass die Versuchspflanzen nicht nur nicht verletzt, sondern ganz und gar in ihren natürlichen Verhältnissen blieben. Ich nahm zuerst eine gesunde junge Kohlpllanze, die durch einige Zeit in einem Topfe im Freien stand, und versenkte sie sammt demselben in ein etAvas grösseres Glasgeschirr. Die obere Öffnung desselben bis auf die Stelle, wo der Stengel emporragte , wurde mit zwei an einander passenden halbkreisförmigen Glastafeln bedeckt, und alle Fugen der Gläser unter einander so wie derselben mit dem Stengel auf das Genaueste mit einem passenden Kitte verklebt. Auf solche Weise konnte aller Verlust der Pflanze an Wasser nur durch den beblätterten freien Stamm und eben so jeder mögliche Gewinn an Wasserdunst und andern gasförmigen Substanzen nur durch die Blätter stattfinden. Die so vorgerichtete Pflanze wurde an die Sonne gestellt. Es dauerte nicht lange, so Hess sich ein Schlaffwerden der äussersten Blätter nicht undeutlich wahrnehmen. In diesem Zustande wurde die Pflanze sammt dem Gefässe, in welchem sie stand, gewogen und gleich darauf unter einen feucht gehaltenen Glascylinder gebracht, in dem mehrere Schalen mit Wasser aufgestellt waren. Der Erfolg war wie vermuthet von der Art, dass sich die schlaffen Blätter wieder aufrichteten und so steif wie früher wurden. Die Pflanze wurde nun Avieder gewogen, allein es zeigte sich keine Zunahme, sondern vielmehr eine Abnahme des Gewichtes, Es erfolgte also die Turgescenz nicht, wie man etwa vermuthen könnte, dadurch, dass die Pflanze mittelst ihrer Blätter Wasser von aussen aufgenommen hat, sondern vielmehr dadurch, dass bei Beschränkung der Transpiration die Pflanze Zeit fand, den allzu grossen Verbrauch durch Aufnahme von Wasser mittelst der Wurzeln zu ersetzen. Dieser Versuch wurde meiirmals nach einander mit demselben Erfolge ausgeführt. Es zeigte sich aber dabei, dass die dem Schlaff- werden am ehesten ausgesetzten äussersten Blätter sehr rasch gelb wurden und abüelen, während die mittleren und jüngeren Blätter ungeachtet des fortwährend spärlicher werdenden Wassers im Topfe (denn es wurde nichts nachgegossen) sich immer weiter entwickelten. Durch mehrere Tage hatte auf diese Weise die Kohlpflanze mittelst ihrer Blätter 30,850 Grm. Wasser verloren. Am 24. October 3 Uhr 20 Minuten Nachmittags wurde sie neuerdings gewogen. Schon dunstförmigcs Wasser aus der Atmosphäre auf? 895 Avaren durcli die Zeit des Versuches die untersten zwei Blatter gelb geAvorden, und auch das dritte zeigte eine beginnende Entfärbung. Nach fünf Tagen (bis zum 29. October) hatte die Pflanze neuerdings 174,053 Gm. verloren. Jetzt liess ich die Pflanze bis zum 3. November fortwährend unter dem befeuchteten Glascylinder stehen. Der Erfolg Avar, dass nun auch das vierte Blatt gelb Avurde und vertrocknete und das fünfte Blatt an der schlaffen Spitze gleichfalls vergilbte. Obgleich schon wenig Wasser im Topfe zur Disposition der Wurzeln vorhanden war, so sah man das Glasgeschirr dennoch an der Innenseite fortwährend mit Wassertropfen bedeckt. Um diese Zeit bemerkte ich nun an der Oberfläche der Erde einzelne Wurzel- fasern emportauchen, die sich jedoch später nicht weiter ausbildeten. Mährend die aus der unteren Öffnung des Topfes hervorgetretenen sich bis zur Beendigung des Versuches verlängerten und verzweigten. Vom 3. November bis 8. November nahm die Pflanze wieder um 7,340 Grm. — von 8. Nov. bis 13. Nov. um S.O Grm. ab, zugleich war das sechste Blatt trocken geworden und abgefallen. Vom 13. Nov. bis 18. Nov. trat abermals eine Abnahme von 3,92 Grm. ein, die von dieser Zeit an bis zum 23. November auf 3,19 Grm. endlich bis zum 25. Nov. aus grossem Mangel an Feuch- tigkeit auf 0,68 Grm. fiel. Als ich den Versuch am 2. December beendete, fand ich aber- mals eine Gewichtsabnahme von 4,75 Grm. Dabei war die Pflanze nichts weniger als welk , sondern hatte noch mehrere grüne und frische Blätter, nur war indessen auch das siebente Blatt durch Fäul- niss zu Grunde gegangen. Die Versuchspflanze hatte demnach durch einen Zeitraum von ungefähr 6 Wochen fortwährend an Gewicht abgenommen, verlor dabei ihre äusseren sieben Blätter und vegetirte bei dem grossen Mangel an Feuchtigkeit im Topfe nur noch kümmierlich unter dem feuchten Glascylinder. Auch aus diesem Versuche lässt sich ersehen, dass die Blätter der Pflanzen durchaus keine Aufnahmsorgane für atmosphärischen Wasserdunst sind, indem die Pflanze selbst bei dem grössten Wasser- mangel in der Erde statt Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen, vielmehr eine nicht unbeträchtliche Menge Wasser fortwährend durch die Blätter dahin abgab. 896 Unger. Nehmen die Blätter der Pflanzen V. Versuch. Aus den Experimenten St. Haies und Mr. Miller (1. e.) geht hervor, dass Pflanzen, die bei Tag zuweilen stark transpirirten, während der Nacht nicht bloss die Transpiration einstellten, sondern sogar an Gewicht zunahmen , was nur der Aufahme von Wasserdunst zugeschrieben werden konnte. Haies fand dies an frischen Citronen- bäumchen, Mill er dessen Beobachtungen im Garten zu Chelsea an- gestellt Haies mittheilt, an einer Musa, Aloe und Paradiesapfel, durchaus Pflanzen die in Töpfen gezogen waren. — Musa hatte inner- halb 18 Tagen 5mal bei Nacht um y^ bis 1 Unze — Aloe innerhalb 5 Tagen 3mal um Va Unze — und der Paradiesapfel um dieselbe Zeit sogar von Mittags bis Abends einmal um l^/a Unzen zugenommen. Gegen die Genauigkeit dieser Versuche lässt sich Manches ein- wenden.— Erstens wurden die Töpfe, in welchen die Versuchspflan- zen standen, zwar in andere glasirte gebracht, jedoch oben nur unvoll- kommen mit Bleiplatten geschlossen; — zweitens wurden etwaige Verletzungen der Pflanzen ganz ausser Acht gelassen ; — drittens die äusserlich an den Pflanzen erfolgten Niederschläge des Wasser- dunstes, welche bei Musa eines Morgens sogar deutlich als Tropfen am Ende der Blätter auffielen, ebenfalls nicht in Rechnung gebracht; viertens endlich durch Translocationen Veranlassung zu Störungen gegeben, Avie das namentlich bei dem Versuche mit dem Paradies- apfel geschah, der vom kalten ins warme Haus gebracht, gegen alle Regel sogar von Mittags bis Abends an Gewicht zunahm. Zuletzt darf auch nicht übergangen werden, dass die angewendeten Wagen, welche bei einer Belastung von höchstens 82 Pf. nur % Unze aus- schlugen, keine hinlänglich genauen Angaben gewähren konnten. Alles dies zusammengenommen veranlasste mich ähnliche Ver- suche neuerdings mit besseren Instrumenten i) anzustellen, und dabei auf alles Bedacht zu nehmen und alles zu vermeiden, was irgend einen störenden Nebeneinfluss haben konnte. Demzufolge schloss ich ein im Topfe befindliches kräftiges Exemplar von Beta viilgai'is und eine gleichfalls im Topfe stehende *) Zu diesem sowohl als zu den (ihrigen Versuchen bediente ich mich zweier Wagen, deren eine von J. Kusche verfertiget bei einer Belastung von 100 Grm. 1 ja wohl noch Vg Mil. Grm. ausschlägt, die andere hingegen von C. Rospini in Grata bei einer Belastung von 4500 Grm. noch mit voller Sicherheit 50 Mil. Grm. angibt. dunstförmiges Wasser aus der Atmosphäre auf? 897 gesunde Pflanze von Naegelia zebrina Rgl. auf die bereits oben angegebene Weise in Glasgescbirre ein, so dass nur der beblätterte Theil des Stammes mit der äusseren Luft in Berübrung blieb, der übrige in der Erde befindlicbe Tbeil, so wie diese selbst sammt dem Topfe bingegen von dieser vollkommen luftdicbt abgescblossen wurde. Beide Pflanzen wurden, obne befeuchtet zu werden, durch mehrere Tage Abends S Uhr und Morgens 8 Uhr gewogen, ausser dieser Zeit die eine in ein kaltes, die andere in ein warmes Gewächsbaus ge- bracbt, wo sie schon lange vor dem Versuche gestanden hatten. Um zu verhüten, dass während dem Wägen irgend eine auf den fraglichen Punkt nachtheilige Wirkung erfolgte, wurden statt die Pflanzen zur Wage zu bringen, diese in einer an das kalte Gewächs- haus anstossenden Kammer aufgestellt und dort die jedesmalige Wä- gung vorgenommen. Das Wägen selbst wurde so rasch als möglich beendet. Ich lasse hier die aus dem darüber geführten Tagebuche entnommenen Resultate in tabellarischer Übersicht folgen, und be- merke nur noch, dass die Gesammtoberfläche der Blätter bei Beta vulgaris 389 Quad. Cent. Met. — bei Naegelia zebrina 890 Quad. Cent. Met. betrug. Beobachtungs- Zeit Gewichtsverlust in Grm. bei Bemerkungen über das Aussehen der Pflanzen. Tag Stunde Beta vulgaris Nnegelia zebrina 16. Nov. 17. Nov. 18. Nov. 19. Nov. 51 5. Ab. 8. Mg. 5. Ab. 8. Mg. 5. Ab. 8. Mg. 5. Ab. 0-06 16-26 207 7-52 0-24 11-55 0-12 8-83 0-17 3-22 0-60 5-46 Die Pflanzen alle frisch. 11 Keine Veränderung an den Pflanzen. 11 Die obersten Bhätter von Nae- gelia aus Mangel an Zell- saft wie bei beginnender Austrocknung etwas zu- sammengezogen, was sich auch weiter nicht änderte. Durch beständigen Luftwech- sel und Einwirkung der Sonnenstrahlen 4 Blätter der Beta der Art welk, dass sie über den Topf herunterhingen. Auch die Blätter der Naegelia etwas schlaff. 808 Ungei*. Nehmen die Blätter der Pflaii'^en Beobachtungs- zeit Gewichtsverlust iu Grni. bei Beiiierkiingeii über das Aussehen der Pflanze, Tag Stunde Beta vulgaris Naegelia zebrina 20. Nov. n 21. Nov. 11 22. Nov. 11 8. Mg. 5. Ab. 8. Mg. 5. Ab. 8. Mg. 5. Ab. 0.37 2.80 O.Ol 7.11 0.03 0.71 4.55 0.10 4.37 0.20 Über Nacht in das warme Haus gebracht die Blätter der Beta wieder vollkommen steif. Zwei Blätter der Beta wie- der ziemlich schlaff ge- worden. Blieb über Nacht im kalten Hause. Die Blätter der Beta wieder ganz steif. 4 Blätter der Beta ganz welk und schlaff. Wurde über Nacht ins warme Haus gestellt. Beta nicht anders geworden. Bei Öffnung des Topfes zeigte sich grosser Mangel an Feuchtigkeit. Naegelia hatte noch genug Feuch- tigkeit, wesshalb sie auch fortwuchs und endlich so- gar eine Blume öffnete. Es stellt sich nunmehr auch aus diesen Versuchen unwiderleg- lich heraus, dass die Blätter der Pflanzen sowohl während des Tages als zur Nachtzeit Wasserdünste an die Atmosphäre abgeben, dass diese Abgabe in der Regel bei Tage zwar immer stärker als bei Nacht erfolgt, dass sie jedoch selbst in der Nacht nicht ganz sistirt, und dass daher aus diesem Grunde auch keine Aufnahme von Was- serdunst durch die Blätter während dieser Zeit erfolgen könne. Sehr in die Augen springend zeigte dies Beta vulgaris am 19. November. Da an diesem heiteren Tage die Pflanze beständig von der Sonne beschienen und durch Lüftung der Fenster dieselbe auch fortwährend von einer trockenen Luft umgeben wurde , so waren bis Abends S Uhr ihre vier grösseren Blätter dergestalt welk geworden, dass sie an den Seiten des Topfes schlaff" herunterhingen. Die Pflanze wurde über Nacht nicht wie sonst in dem kalten Gevvächshause gelassen, sondern in einen warmen und hinlänglich feuchten holländi- schen Kasten gestellt. Am andern Tag früh waren zu meinem gröss- ten Erstaunen sämmtliche schlaffe Blätter vollständig aufgerichtet (Itiii.sHoriiiigPS Wasser aus dei- Atin(ifi|ili;iro aufi* ö"" uiul SO steif geworden wie sie früher w aren. Sollte dies auf Kosten des durch die Blätter aus der Atmosphäre aufgenommenen Wasser- dunstes erfolgt sein ? Die Wägung am 20. November Morgens zeigte nicht nur keine Gewichtsvermehrung, im Gegeutheile vielmehr einen relativ nicht unbeträchtlichen Gewichtsverlust von 0,37 Grm. Die Erholung der welken Pflanze war also hier Avie in allen ähnlichen Fällen nicht das Resultat von Wasseraufnahme durch die Blätter, son- dern das Ergebniss der Wasseraufnahme durch die W^irzeln so wie die Folge einer gleichmässigenVertheilung des wässerigen Zellinhal- tes der ganzen Pflanze bei fast gänzlicher Unterdrückung der Tran- spiration. Dass diese Erklärung richtig ist, beweiset übrigens noch der Umstand, dass dieselbe Pflanze zwei Tage später eben so schlaff geworden , im warmen Hause sich des Nachts nicht mehr erholte, indem die Pflanze während der Vfersuchszeit schon zu viel Wasser durch Transpiration verloien hatte als dass das in ihrem Topfe und im Stamme befindliche hätte ausreichen können, das gestörte Gleich- gewicht wieder herzustellen. Sobald nun aber nach Beendigung des Versuches die trockene Erde des Topfes hinlänglich Wasser bekam, erholte sich die Pflanze so rasch , dass sie in weniger als 3 Stunden die vollkommen welken Blätter steif in die Höhe hob. Aus den vorstehenden Untersuchungen dürfte demnach als hin- länglich erwiesen hervorgehen : dass die Blätter der P f 1 a n z e n in ihrer normalen Function kein dunstförm iges Was- ser aufnehmen, sondern dass ihnen durchaus und unter allen Umständen vielmehr die entgegengesetzte Verrichtung, nämlich Abgabe von Wasser dun st an die Atmosphäre zukomme. Die Wirkungen, welche eine feuchte Atmosphäre auf lebende Pflanzen hervorbringt, sind daher auf eine andere Weise zu erklären, als es bisher üblich war. W^er die Wirksamkeit poröser und fein zertheilter Substanzen, wie das unsere Erdarten in der Regel sind, so wie die Wirksamkeit des Humus auf die mit ihnen in Berührung kommenden Wasserdünste kennt, wird keinen Augenblick anstehen, in den allermeisten Fällen der Erde, in der die Pflanzen wurzeln, jenes Vermögen zuzuschreiben, das man irrthümlich den Blättern zuwenden wollte. Was aber die Fälle betritrr, wo Pflanzen in der Luft hängend ohne Wurzeln sich 900 Brücke. längere Zeit ernährten, so sind die meist vorhandenen Verletzungen so wie der Einfluss eines Theiles der Pflanze auf den andern nicht un- berücksichtiget zu lassen. Auf gleiche Weise sind auch die Erschei- nungen des Vegetirens jener Zweige in warmen und feuchten Gewächs- häusern zu erklären, deren Stämme im tief gefrornen Boden standen. Die ohenstehenden Versuche haben, wie das gewöhnlich der Fall ist, mit der Erledigung der Hauptfrage noch mehrere andere für die Pflanzenphysiologie nicht unwichtige Gesichtspunkte eröfl"net. Diese weiter zu verfolgen, sollen meine nächsten Bemühungen sein. Über die Aufsaugung des Chylus aus der Darmhöhle. Von dem w. M. Prof. Ernst Brücke. (Auszug aus dem ersten, in der Sitzung vom 9. Deeember vorgetragenen Theile einer grösseren für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) Schon vor zehn Jahren haben Gruby und Delafond gezeigt, dass die Fetttröpfchen des Chylus bei der Resorption zunächst in das Innere der Epitheliumzellen hineingelangen. Die Erklärung die- ses Überganges hat immer besondere Schwierigkeiten gehabt, welche auch durch die von v. Wistingshausen in neuerer Zeit publicirten Versuche *) nicht gehoben sind. Noch immer ist es aus physikalischen Gründen in hohem Grade unwahrscheinlich, dass die Fetttröpfchen durch eine feste Zellenmembran hindurchgehen. Nach meinen Untersuchungen weist die directe Beobachtung keine solche Membran nach; sondern sie zeigt vielmehr, dass der Zelleninhalt in zusammenhängenden Massen austreten kann, ohne dass dabei das Zerreissen einer Membran beobachtet wird. Das Erscheinen des feinen gewölbten Contours an der Darmhöhlenseite der Zelle, den man fälschlich als die durch Difl"usion aufgetriebene Zellenmembran zu deuten pflegt, bezeichnet den Beginn dieses Processes. Gruby und Delafond nahmen temporäre ()trnungen der Cylinderzellen an; sie fanden hiermit keine Anerkennung; man hält dieselben jetzt allgemein für allseitig geschlossen. Ich glaube noch weiter gehen zu müssen, als jene Autoren , da meinen Untersuchungen nach jene Zellen dauernd und in ihrer ganzen Breite gegen die Darm- *) (Diss. inaug. Dorpat. 1851.) Schmidt's Jahrbücher der gesaminten Medicin. Bd. 75, S. 148. über die Aufsaugung des Chylus aus der Darmhöhle. 90 l höhle hin offen sind; so dass ihre Höhle von dieser nicht durch eine feste Membran getrennt, sondern nur durch eine schleimige Substanz gedeckt ist. Auch am entgegengesetzten Ende nehme ich mit Gruby und Delafond eine feine Öffnung an, durch welche die Fettkügelchen in das Innere der Zotte gelangen. Hier existi- ren keine geschlossenen Anfänge der Chylusgefässe, sondern die ganze Zotte besteht nur aus dem Epithelium, der Membrana in- termedia, dem Blutgefäss- und Muskelsystem und einem äusserst feinen Stroma, welches beide zusammenhält. Es können sich dess- halb alle Theile der Zotte mit Ausnahme der Blutgefässe und Mus- keln vollständig mit Fettkügelchen anfüllen, wie ich dies sehr oft beobachtet habe. Auch der innere Zottenraum, der bei cylindrischen Zotten cylindrisch, bei keulenförmigen keulenförmig ist, hat keine selbstständige Wand. Die verzweigten und netzförmigen Figuren, welcheman die Fettkügelchen im Parenchym unvollkommen angefüllter Zotten bilden sieht, sind der Ausdruck von Chyluswegen, die gleich- falls keine selbstständigen Wandungen haben. Sie sind es, welche mehrmals zur Annahme von verzweigten, netz- oder schlingenför- migen Chylusgefässen in den Zotten geführt haben. Andere derartige Angaben beruhen auf Verwechselung mit Blutgefässen. Als wesentliche Triebkraft für die Fortbewegung des Chylus sehe ich die jedesmalige Differenz zwischen dem Drucke an den Quellen des Chylusstromes und dem an der Mündung desselben an. Aus dem Innern der Darmhöhle, wo der Druck vermöge der Musku- latur der Darmwand wenigstens zeitweilig grösser ist als an jedem Orte des Strombettes, wird der Chylus zunächst in die Darmzotte ge- presst, während dieselbe durch den Blutdruck in den Gefässen ausge- spannt erhalten und so ihre AnfüUung ermöglicht wird. Die gefüllte Zotte entleert sich durch Contraction ihrer Muskelfasern. Der innere Zotteninhalt wird dabei in die Chyluswege der Darmwand hineinge- trieben, während ein Theil des Inhaltes der Epitheliumzellen durch den Druck, den sie erleiden, wieder gegen die Darmhöhle hin aus- gepresst wird. Ich werde in einer anderen Sitzung meinen Vortrag fortsetzen, und den weiteren Verlauf der Chyluswege beschrei- ben. Ich bemerke nur noch, dass ich eine ähnliche Einscheidung der Blutgefässe in Chylusgefässe, wie sie bei den Amphibien in so grosser Ausdehnung vorkommt, auch im Darm von Säugethieren beobachtet habe. Auch hier sind Blutgefässe in Scheiden aus Binde- Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. V. Hft. 60 902 Fritsch. Nachweisuiig einer seculäien gewebe eingeschlossen, in denen sie unmittelbar voni Chylus umspült werden. Es ist dies der erste Fingerzeig über das Verhaltea der Lymphgefässe im Innern der Organe , Avährend man dasselbe bis jetzt nur an der Oberfläche verfolgen konnte. Nachweisimg einer seculären periodischen Änderung der LdufUemperatur. Aus vieljährigen an mehreren Orten angestellten Beobachtungen. Von Karl Fritsch. Man hat theoretisch zu beweisen gesucht, dass die Temperatur des Erdkörpers im Allgemeinen, sich seit 2000 Jahren nicht um ein Zehntheil eines Grades geändert hat und den Grund in der UnVeränderlichkeit der Rotationszeit unseres Planeten gesucht. Andere, dem Anscheine nach nicht minder begründete theoretische Betrach- tungen haben zu der Ansicht geführt , dass die Temperatur der Him- melsräume nicht in dem Grade veränderlich sei, dass sie die Ursache eines Wechsels der irdischen Klimate werden könnte. Den Variationen, welche an gewissen astronomischen Elementen vor sich gehen, hat man in Beziehung auf die Veränderung der irdischen Klimate eben- falls keine grössere Rolle zugedacht. Man ist noch weiter gegangen und hat mit Hilfe gewisser histo- rischer Daten zu beweisen gemeint, dass einzelne Theile Europa's früher weder kälter, noch heisser waren, als sie es heut zu Tage sind. Solchen Ergebnissen und den Autoritäten (Arago, Fourier, Kämtz u. s. w.) gegenüber, welcheji wir sie verdanken, scheint es gewagt, auf anderen, wenn auch eine grössere Sicherheit der Ergeb- nisse versprechenden Wegen die Lösung der Frage zu versuchen, ob die Lufttemperatur im Laufe längerer Zeiträume einer Änderung unterworfen sei, gleich viel, ob dieselbe eine Periode einhalte oder nicht. Die nicht selten erlangte Überzeugung , dass Beobachtungs-Re- sultate bisher noch bei den meisten meteorologischen Fragen und sehr oft selbst den scharfsinnigsten theoretischen Betrachtungen gegen- über den Sieg davon trugen, bestimmte mich dennoch, den Versuch zu wagen und ich glaube mich überzeugt halten zu dürfen, dass er als ein nicht misslungener angesehen werden dürfe. peiiodisobcn Änderung der Lufttemperatur. 90«> Wenn man an irgend einem Orte die mittleren Temperatm-en einzelner. Fahre unter sich vergleicht und mit der grossen Veränderlich- keit dieses Elementes in einem und demselben Jahre, da die Schwan- kungen gewöhnlich 30 bis bO^ umfassen, zusammenhält, so fallen die geringen Unterschiede der mittleren Jahrestemperaturen sogleich auf. Diese Unterschiede verringern sich noch überdies auf die Hälfte, wenn bei dieser Vergleichung das jährliche Normalmittel der Tempe- ratur, wie man es aus einer vieljährigen Beobachtungsreihe erhält, zu Grunde gelegt wird. In Prag z. B. wo die Beobachtungen der Lufttemperatur einen Zeitraum von fast 80 Jahren umfassen, und die normale mittlere Temperatur des Jahres + 7°63 beträgt, blieb in dem kältesten je vorgekommenen Jahre (1840) die Lufttemperatur nur 22 unter der normalen und erhob sich in dem wärmsten Jahre (1811) nicht um mehr als 1°H über dieselbe. In Wien, wo die normale Jahrestemperatur -j- 8°08 erreicht und die Beobachtungen beinahe einen eben so langen Zeitraum wie in Prag umfassen, stiegen diese Abweichungen nicht über -(- 1°66 in den Ifeiden warmen Jahren 1783 und 1822 und — 2°24 in dem kalten Jahre 1829, hielten sich also in Prag sowohl als in Wien überraschend genau innerhalb derselben engen Grenzen, welche ich auch für viele andere Orte nachweisen könnte. Aber selbst Abweichungen, welche nur die Hälfte, also etwa +1'' der für den äussersten Fall angegebenen Anomalien erreichen, kommen noch sehr selten vor. In Wien findet man nur 6, in Prag höchstens 35 Percent der Jahre, wo die Abweichungen + 1" erreichen. Die mittlere Abweichung vom normalen Jahresmittel beträgt in Prag nur ± 0°7, woraus sich der wahrscheinliche Fehler der normalen mittleren Jahrestemperatur ergibt bei einer 10jährigen Beobachtungsreihe = 0 21 20 „ „ = 015 50 „ „ = 009 80 „ „ = 007 Man sieht demnach, wie sehr diejährlichen Temperatur-Mittel geeignet sind, die Frage zu entscheiden, ob es eine seculäre Änderung der Luft- temperatur gebe oder nicht. Die Annahme einer solchen hat schon einige Wahrscheinlichkeit für sich, wenn die Differenzen der Tempe- ratur-Mittel verschiedener Jahres-Gruppen die eben ausgemittelten wahrscheinlichen Fehler überschreiten, der Grad der Wahrscheinlich- keit wächst mit den Differenzen und nähert sich der Gewissheit, 60 '■' 904 F ritsch. N'achweisung einer seculären wenn diese Differenzen ein periodisches Ab- und Zunehmen ein- halten. Doch setzen diese Schlüsse voraus, dass die Beobachtungen die ganze Jahresreihe hindurch, für welche die seculäre Änderung nach- gewiesen werden soll, mit demselben oder doch wenigstens über- einstimmenden Thermometern angestellt worden sind, oder falls sie es nicht wären, dass die Unterschiede der Instrumente unter sich, in Rechnung gebracht worden sind. Aber auch dann muss man noch versichert sein, dass die Instrumente binnen des Zeitraumes, inner- halb welchen sie zu den Beobachtungen dienten, rücksichtlich ihrer Fundamentalpunkte keine Änderung erlitten haben, worüber durch eine sorgfältige, öfters wiederholte Prüfung Gewissheit erlangt worden sein muss. Ein weiteres Erforderniss ist, dass die Thermometer stets unter denselben Lokal-Umständen der Lufttemperatur ausgesetzt blieben. Von geringerem Einflüsse ist die Art der Aufhängung der Instrumente, weil hiedurch wohl die Extreme der Temperatur alterirt zu werden pflegen, die mittlere Temperatur aber nur selten eine Änderung erleidet. Leider muss man gestehen, dass die so eben gestellten Bedin- gungen nur rücksichtlich der Aufzeichnungen einiger wenigen De- zennien der jüngsten Beobachtungen erfüllt sind und dass die älteren Beobachtungen in dieser Hinsicht Vieles zu wünschen übrig lassen. Man vermisst beinahe in allen Tagebüchern die nöthigen Daten und Bemerkungen, um die älteren Aufzeichnungen mit den neuern vergleichbar zu machen und kann demnach die Änderungen der mitt- leren Jahrestemperatur, welche sich im Laufe der Zeiten ergeben sollten, selbst wenn sie eine Periode andeuten, nicht unbedenklich einer seculären Änderung zuschreiben. Eine seculäre Änderung, wenn sie wirklich besteht, wird sich aber an weniger von einander entfernten Stationen auf eine nahezu übereinstimmende, an entferntem doch wenigstens auf eine ähnliche Weise in den Ergebnissen der Beobachtungen kund geben müssen. Andrerseits ist es wieder in hohem Grade unwahrscheinlich, dass die Änderungen in den Thermometer-Angaben, so weit selbe auf Rech- nung des geänderten Standes der Insti'umente und ihrer Localität zu setzen sind, an verschiedenen Orten, besonders wenn dieselben nicht durch ein und dasselbe Bcobachtungsnetz verbunden sind. periodischen Änderung der Lurttempeiatiir, 905 einen übereinstimmenden Gang im Laufe der Zeiten verrathen wer- den. Es ist vielmehr, wenn ein solcher dennoch zum Vorschein kommt, sehr wahrscheinlich, dass er einer seculären Änderung der Luft- temperatur seine Entstehung verdankt. Es versteht sich übrigens von selbst, dass die Temperaturen eines und desselben Ortes in allen Jahren auf dieselben Beobachtungsstunden bezogen worden sind, wozu die sorgfältigen Untersuchungen über den täglichen Gang der Temperatur, welche wir bereits besitzen, ausreichende Methoden an die Hand geben. Das Beobachtungs-Materiale, worüber ich für den Gegenstand, der mich beschäftigt verfügen kann, besteht in den jährlichen Tem- peratur-Mitteln, abgeleitet aus den Beobachtungen : 1. der k. k. Universitäls-Sternwarte in Wien von den Jahren 1775 bis 1850 (76 Jahre); 2. der k. k. Universitäts-Sternwarte zu Prag von den Jahren 1774 bis 1850 (77 Jahre); 3. der k, k. Universitäts-Sternwarte zu Mailand von den Jahren 1763 bis 1850 (88 Jahre); 4. der Sternwarte des Stiftes Kremsmünster von den Jahren 1768 bis 1850 (83 Jahre); 5. durch Mädler von den Jahren 1719 bis 1839 (121 Jahre), für Berlin mitgetheilt in dem Jahrbuche für 1843 von Schu- macher, reduzirt jedoch von mir auf den Jahresanfang vom 1. December. Man findet die Jahresmittel dieser Beobachtungs-Beihen in fol- gender Tabelle zusammengestellt um nöthigenfalls die von mir darauf gegründeten Folgerungen einer Prüfung unterziehen zu können. 906 F ritsch. Nachweisung einer seculären _ Jahres - Mittel der Lufttemperatur in Berlin von den Jahren 1719 bis 1763. 1719 1720 1721 1722 1723 1724 1725 1726 1727 1728 1729 1730 8-52 7-37 7-41 6-94 1734 1735 1736 1737 1738 1739 1740 7-06 6-79 1749 1750 7^72 8-19 6' 47 7-07 6 74 6-52 4-40 1751 1752 1753 1754 1755 1756 1757 1758 1759 1760 7-61 9-99 8-72 7-63 906 7-36 1741 1742 1743 1744 1745 1746 1747 1748 6-64 6-40 613 7- 09 7-20 612 7-55 7-04 1731 1732 1733 611 7- 03 5-37 1761 1762 1763 9-71 7-93 7-60 Jahres-Mittel der Lufttemperatur in den Jahren 1764 bis 1850. Jahr. Wien. Prag. Mailand. münster. Berlin. 1764 10-3 8-95 1765 — — 10-2 — 7 71 1766 — — 9-8 — 8 59 1767 — — — — 7 90 1768 — — — 5 75 7 22 1769 — — 9 7 6 46 7 88 1770 — — 10 5 5 90 7 79 1771 — — 10 1 6 16 7 33 1772 — — 11 5 8 11 8 34 1773 — — 9 2 6 76 8 44 1774 — — 10 4 7 23 7 88 1775 — 8-73 10 2 7 23 8 89 1776 7-07 6-99 10 2 5 94 7 33 1777 7 21 7-12 9 8 6 74 6 99 1778 8-18 8-05 10 2 7 59 7 08 1779 8-98 8-50 10 9 7 94 8 91 1780 8-04 7-38 10 8 7 00 7 71 1781 8-52 8-06 10 6 7 80 8 09 1783 8-46 6-90 10 1 7 24 7 30 1783 9 74 8-31 9 6 8 00 8 52 1784 7-53 6-46 10 2 6 09 5 73 1785 7-03 6-25 10 1 5 95 5 88 1786 7-45 5-99 10 3 6 28 5 92 1787 811 7-93 10 4 7 52 7 07 1788 8-72 8-08 10 9 7 78 8 35 1789 7-98 6-49 10 0 6 95 5 23 1790 8-43 8-16 9 8 7 94 8 00 periodischen Änderung der Lufttemperatur. 907 Krems- Jahr. Wien. Prag. Mailand. münster. Berlin. 1791 8 84 9 10 10-7 8-22 7 95 1792 8 08 7^73 10 8 5-90 7 33 1793 8 26 8^16 10 6 4-89 7 37 1794 9 53 916 11 4 5-33 8 79 1795 7 86 7-69 10 0 5-74 6 44 1796 8' 83 8-18 10 6 722 8 26 1797 9 13 8^64 10 5 7-08 7 53 1798 8 98 — 10 6 7 30 8 74 1799 7 41 — 9 6 605 5 42 1800 8 39 — 10 9 — 5 85 1801 8 94 8 73 10 ö — 7 61 1802 8 92 8 22 11 3 6 35 7 28 1803 7 53 7 49 10 4 6 29 7 09 1804 8 55 8 15 10 7 6 13 6 57 1805 6 77 6 24 9 6 4 74 5 35 1806 8 83 8 76 10 1 6 81 7 14 1807 9 34 9 02 10 8 7 20 7 39 1808 7 94 7 80 9 6 5 91 6 59 1809 7- 70 7 58 9 8 6 00 6 14 1810 8 26 7 87 10 1 7 18 6 59 1811 9- 47 9 23 11 3 7 68 7 71 1812 7 70 7 47 9 4 6 19 6 02 1813 7 44 7 56 9 9 5 89 6 16 1814 7 47 6 47 9 4 5 77 5 73 1815 7- 85 7 96 10 3 6 25 6 57 1816 7- 46 6 92 8 8 5 47 5 67 1817 8- 54 ■• 7 84 9 7 6 47 7 02 1818 9- 22 8 24 10 6 6 62 7 41 1819 8 73 8^ 38 10 6 6 72 8 04 1820 7* 98 7 40 10 3 5 86 6 42 1821 7 81 7 35 10 0 6 H9 7 29 1822 9 74 9 24 11 3 5 85 8 16 1823 7 62 7 56 9 9 8 12 6 31 1824 8 26 8 49 10 5 6 33 7 92 1825 8 29 8 55 10 5 6 92 7 78 1826 8 20 8 39 10 6 6 56 8 04 1827 8 23 7 73 10 2 6 54 7 53 1828 8 02 7 69 10 9 6 78 7 53 1829 6 47 6 31 9 8 5 42 6 38 1830 7 25 6 72 10 0 5 66 6 26 1831 8 09 7 54 10 1 6 34 7 10 1832 7 66 7 44 9 6 6 36 6 99 1833 7 62 7 52 9 6 5 74 7 26 1834 9 59 9 09 10 1 7 49 8 84 1835 8 21 7 82 8 9 5 83 7 34 1836 7 •92 7 51 8 5 5 84 7 19 1837 7 •07 6 •82 8 •4 5 87 7 Ol 1838 6 •45 5 •71 9 1 5 47 6 17 1839 7 •71 7 •37 9 6 6 13 7-48 II 1840 7 •35 6 •05 9 •6 5 18 908 Fritsch. Nachweisung einer seculären Jahr. Wien. Prag. Mailand, Krems- münster. Berlin. 1841 7-50 6-94 9-8 6-39 1842 7-18 706 94 5-87 — 1843 7-82 7-57 9-8 6 39 — 1844 7-86 7-26 90 6-39 — 1845 6-99 6- 39 9-3 5- 53 — 1846 6-97 8-67 9-7 7-66 — 1847 701 6-47 9-6 5-67 — 1848 811 7-58 9-5 6-67 — 1849 7-4»i 7-08 10 1 615 — 1850 7-46 7-08 9-1 5-86 ~ Da die mittlere Abweichung des Jahresmittels der Lufttemperatur, wie ich früher gezeigt habe, beinahe die Grösse eines Grades er- reicht, so ist begreiflich , dass die seculären Änderungen der Tem- peratur, welche schon desshalb in engere Grenzen eingeschlossen sein müssen, weil sie sich so lange der Entdeckung entzogen, durch die unregelmässigen Schwankungen der Jahresmittel verhüllt bleiben müssen, wenn man den Gang der Temperatur von Jahr zu Jahr ver- folgt. Andrerseits habe ich gezeigt, dass zwanzigjährige Beobach- tungen ein Jahresmittel der Temperatur geben , welches beinahe bis auf 0°1 sicher ist. Es ist daher am zweckmässigsten, den Gang der mittleren Temperatur in Gruppen von 20 zu 20 Jahren zu verfolgen, welche in folgender kleinen Tafel zusammengestellt sind. Zwanzigjährige Mittel der Temperatur. Jahr. Wien. Prag. Mailand. Krems- münster. Berlin. 1731 bis 1750 . 6?68 1741 „ 1760 — — — — 7-53 1751 „ 1770 — — — — 8-23 1761 „ 1780 — — 10-25 6-8J 801 1771 „ 1790 8-10 7^51 10-27 711 7-45 1781 „ 1800 8-37 7-72 10-38 6 80 719 1791 „ 1810 8-40 8-15 10-43 6-42 7-07 1801 „ 1820 8-23 7-87 1016 6.36 6-67 1811 „ 1830 8-09 7-77 10-20 6 35 6 95 1821 „ 1840 7-88 7-55 9-86 6-22 7-29 1831 „ 1850 7-60 7-25 9-44 6 14 — Man hört alte Leute häufig Klage führen über die Verschlimme- rung des Klima und sich desshalb in die Jugendzeit zurückwünschen, wenn ihnen auch von der jüngeren Generation wenig Glauben ge- schenkt wird. Die vorstehende kleine Tafel zeigt, wie gegründet die periodischen Änderung der Lufttemperatur. 009 Klagen der alten Leute sind und wie Unrecht wir thun, die Ursachen ihrer Behauptung in der mit dem Lebensalter zunehmenden Empfind- lichkeit gegen die Kälte zu suchen. Wir sehen in der That und die Beobachtungen von Wien, Prag, Mailand, Kremsmünster und Berlin lehren es übereinstimmend, dass die mittlere Temperatur bereits eine sehr beträchtliche Reihe von Jahren hindurch in ununterbrochener Abnahme begriffen ist und wenn auch diese Abnahme in vielen Dezennien erst die Grösse Eines Grades erreicht, so ist doch zu bedenken, dass sie bei stetiger Fortdauer binnen wenigen Jahrhunderten die mittlere Jahrestemperatur in dem Grade zu verringern jm Stande wäre, dass der lohnende Erfolg des Anbaues so mancher in national-ökonomischer Hinsicht höchst wich- tiger Pflanzen mit Grund bezweifelt werden könnte. Man könnte gegen diese Besorgniss keine trifftigen Gründe gel- tend machen, wenn die meteorologischen Beobachtungen erst zu Anfang dieses Jahrhunderts begonnen worden wären, da von da an bis auf unsereTage die Lufttemperatur in stetiger Abnachme begriffen war. Die Beobachtungen der letzten Dezennien des vorigen Jahrhun- derts lehren aber, dass die nachgewiesene Abnahme der Tempe- ratur in diesem Säculum auf eine ähnliche Zunahme in dem vorigen gefolgt ist, und daher wahrscheinlich in der Folge wieder in eine Zunahme übergehen wird, welche wenn nicht gleich, doch höchstens in einigen wenigen Dezennien eintreten dürfte, wie die Berliner Beobachtungen, welche einen Zeitraum von 120 Jahren umspannen, mit Grund hoffen lassen. An den einzelnen Orten findet man folgende Epochen des Maxi- mums der mittleren Jahrestemperatur: Wien 1800 mit + 8°40 Prag 1800 „ -|- 8.15 Mailand 1800 „ +10.43' Kremsmünster . . 1780 „ ^- 7.11 Berlin 1760 „ + 8.23 Von da an nahm die Temperatur ab, in Wien bis 1840 auf +7.60, also um 0-80 Prag „ 1840 „ +7.25, „ „ 0.90 Mailand .... „ 1840 „ +9.44, „ „ 0.99 Kremsmünster. „ 1840 „ +6.14, „ „ 0.97 Berlin „ 1810 „ +6.67, „ „ 1.56 910 Fritsch. Nachweisung einer seculären Ich habe für Berlin, wo die Temperatur-Schwankungen fast doppelt so gross wie an den übrigen Orten sind, den wahrscheinlichen Fehler der zv.anzigjährigen Temperatur-Mittel aller Jahres-Gruppen be- rechnet und bei keiner grösser als 0 19 und bis 0°11 abnehmend gefunden also beträchtlich kleiner, als die seculären Änderungen der Temperatur von Decennium zu Decennium , so dass die Richtigkeit der Resultate um so weniger einem Zweifel unterliegen kann, als die beträchtlich kleineren Temperatur-Schwankungen an den übrigen Orten einen wahrscheinlichen Fehler der Ergebnisse vermuthen lassen, der kaum mehr als Ol beträgt. Sollten die so eben mitgetheilten Ergebnisse, in den Resultaten der Beobachtungen anderer Orte die Bestätigung finden, worauf mit ziendicher Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, so wird es vielleicht auch gelingen, die Ursache der seculären Temperatur-Änderungen zu entdecken, besonders wenn länger fortgesetzte Beobachtungen zur vollständigen Kenntniss der Periode dieser Schwankungen und der Gesetze geführt haben werden, nach welcher sie innerhalb dieser Perioden stattfinden. Zugleich lehren die hier mitgetheilten Ergebnisse, dass man durch Beobachtungen, welche nur einige Decennien umfassen, nicht hoffen darf, die klimatischen Verhältnisse eines Landes genau zu erforschen, besonders, wenn die Resultate der Beobachtungen ver- schiedener Orte, welche dazu dienen sollten, sich nicht auf dieselbe Reihe von Jahren beziehen und somit als gleichzeitige angesehen werden können. Gesetzt, man hätte die mittlere Temperatur von Prag aus den Beobachtungen der Jahre 1791 bis 1810 bestimmt und jene von Wien aus jenen der Jahre 1730 bis 17S0, so würde man gefunden haben, dass das Klima von Wien um 06 kälter sei als jenes von Prag, während gleichzeitige Beobachtungen lehren, dass es um 0°4 wärmer ist. Man würde also einen Fehler von einem ganzen Grad begangen haben. Es ist daher zur genauen Erforschung der klimatischen Verhält- nisse eines Landes unerlässlich, einige fundamentale Stationen anzu- nehmen, wo die mittlere Temperatur aus einer so langen Beobach- tungsreihe bestimmt ist, dass sie die seculäre Periode vollständig umfasse. Hiezu eignen sich in unserm Kaiserstaate wegen ihrer längsten gleichzeitigen Beobachtungsreihen nur Wien, Prag, Mailand und Kremsmünster. Richtige Mittelwerthe der Temperatur an anderen periodischen Änderung der Lufttemperatur. 911 Orten können nur durch Dlfferenzwerthe gleichzeitiger Beobaehtungs- reihen gefunden werden, wozu nach Massgabe der Entfernung eines Ortes von einer der genannten Fundamental-Stationen, mehr oder weniger Jahre genügen. Es sei mir erhmbt, die Existenz einer seculären Änderung der Lufttemperatur vorläufig als Thatsache hinzustellen und die Fest- stellung ihrer Periode, so wie die Untersuchung über den wahr- scheinlichen Zusammenhang derselben mit der seculären Periode der magnetischen Declination, wie Moser angenommen hat i) dem Zeitpunkte vorzubehalten, bis wir über beide Elemente eine hin- reichend lange Reihe genauer Beobachtungen von denselben Orten besitzen werden. 1) Kämtz, Meteorologie, Bd. III, S. 522. 912 Li Uro w, Bericht über die in den Jahren 1847 — 51 SITZUNG VOM 16. DECEMBER 1852. Das k. k. Ministerium für Handel etc. benachrichtiget mit Erlass vom 15. December, Zahl ^ ^^ die Akademie, dass dasselbe dem k. k. Consulate in Smyrna den Auftrag ertheilt habe , bei vor- kommender Gelegenheit Proben des versteinerten Holzes aus dem Hafen von Sigri auf der Insel von Lesbos in geeigneter Weise der Akademie direct zuzusenden. Eingesendete Abhaiidliiii^en. Bericht über die in den Jahren IS 47 — 61 ausgeführte österreichisch-russische Verbindungs-Triangulation. Von dem c. M. Rarl v. littrow. (AaSKUg aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.) Die vielseitige Wichtigkeit, welche trigonontetrische Anschlüsse für Wissenschaff und Praxis haben, hewog die Regierungen von Russ- land und Österreich über die geodätische Verbindung dieser beiden Staaten eine Convention zu treffen, die durch die hierzu Bevollmäch- tigten: Generallieutenant v. Tenner, Chef der Triangnlirung des Königreiches Polen, und Oberst Marieni, Triangulirungs-Director in dem unter F. M. L. v. S kr i bau eck stehenden geographischen Militär-Institute zu Wien, am 24. August 1847 zu Tarnogrod unter- zeichnet Murde, und vermöge welcher die eben genannten Leiter dieser Operation sich verpflichteten ihre Resultate ohne gegenseitige Mittheilung unverzüglich nach Vollendung der Arbeiten den Directoren der Sternwarten zu Petersburg und Wien zur Beurtheilung einzu- senden, was im Juni 1851 geschah. Die Anknüpfung der beiden Landesvermessungen war an zwei Stellen erfolgt, bei Krakau und bei Tarnogrod. Dort wurden ge- meinschaftlich bestimmt: G Winkel, 8 Seiten, je 6 absolute Höhen, ausgeführte österreichisch-russisclie Verbinduiigs-TrianguUilion. 913 Azimute, und geographische Positionen; hier: 3 Winkel, 4 Seiten, 4 ahsülute Höhen, 3 Azimute, 4 geographische Positionen. Von russi- scher Seite gründete sich die Trianguhition zunächst auf zw ei Basen, die eine bei Czenstochowa, die andere unweit Tarnogrod, eine dritte bei Warschau wurde zur Ausgleichung benützt; von österreiciiischer Seite wurde bei Tarnow eine Grundlinie gemessen. Die russischen Höhenmessungen gingen von Polangen an der Ostsee, die österrei- chischen von Fiume am adriatischen Meere aus, jenes steht in gera- der Linie etwa 8S, dieses 100 d. M. von der Verbindungsgegend ab; der von den Dreiecken wirklich beschriebene Weg belief sich auf beiläulig diis Doppelte dieser Entfernungen. Die mittlere Discordanz der beobachteten Winkel betrug nur 0"-071, der wahrscheinliche Fehler einer einzelnen Winkelmes- sung + 0"-23. Eben so ausgezeichnet stimmten die reducirten Winkel. Die Commun-Seiten zeigten eine mittlere Discordisnz von nur 0-00000041 des Ganzen, den wahrscheinlichen Fehler einer einzelnen Messung + 0.00000239. Die gemeinschaftlichen Höhen ergaben die wieder sehr geringe mittlere Differenz von 1.49 Toisen, und wichen bei Krakau von der durch Hrn. M. Weisse, Director der dortigen Sternwarte, aus eilf- jährigen barometrischen Beobachtungen sorgfältig abgeleiteten See- höhe nur um 0.39 Toisen ab. Auch bei den beiderseits gemessenen Azimuten und geographi- schen Positionen Hess die Beständigkeit des gefundenen Unter- schiedes, die allein man hier zu fordern berechtigt ist, nichts zu wünschen übrig. Für Osterreich hatten diese Operationen noch eine besondere Bedeutung durch die zur V^ergleichung der Resultate nöthige genaue Bestimmung des Verhältnisses der Wiener Klafter .als österreichi- scher Längeneinheit zur Toise, die den russischen Vermessungen zu Grunde liegt. Ein von Hrn. Prof. S. Stampfer mit dem hiesigen Grundmasse streng verglichener Etalon der Wiener Klafter, auf welchem auch die zu Wien bisher gültige Länge der Toise angegeben war, wurde zum ßehufe der Ableitung jenes Verhältnisses nach St. Petersburg geschickt, wo Staatsrath W.v. Struve, Director der Hauptsternwarte Pulkowa, die Vergleichung derselben mit vielfach erprobten französischen und englischen Massstäben vornahm. Das so 914 Littrow. Bericht über die österr.-nissische Verbindungs-Ti'iangulation. mit einer Unsicherheit von nur 0.000516 Pariser Linien gefundene Verhältniss Wiener Klafter = 840.69939Ü Pariser Linien oder Wiener Klafter = 0.9730317 Toises du Perou, erhielt durch die treffliehe Übereinstimmung der trigonometrischen Resultate eine glänzende Bestätigung. Für die Abweichung dieses Verhältnisses von früheren Annahmen ergab sieh durch die Struve'- sehen Messungen als hauptsächliche Erklärung, dass die hiesigen französischen Maasse einer bedeutenden Verbesserung bedürfen. Ein weiteres interessantes Nebenresultat dieses geodätischen Anschlusses war die Überzeugung, dass zwischen der Ostsee und dem adriatischen Meere kein irgend erheblicher Niveau-Unterschied be- steht, ein Resultat, das sich ähnlichen Ergebnissen über die Höhen- ditferenz des mittelländischen und atlantischen Meeres, der Nordsee, des schwarzen Meeres u. a. anschliesst: durch die Verbindung der schwedischen und russischen Vermessungen wird unter die so ver- glichenen Seespiegel bald auch der des Eismeeres zu zählen sein. Die wahrhaft bewunderungswürdige Übereinstimmung in dieser trigonometrischen Verbindung, der sich darin kaum eine andere solche Operation zur Seite stellen lässt, gereicht als strenge Controle der beiderseitigen Vermessungen unseren vaterländischen wie den russi- schen Militär-Geodäten zu bleibender Ehre, und bereitet das für die Wissenschaft hochwichtige Resultat einer genaueren Kenntniss der Gestalt der Erde wenigstens in Europa's Grenzen mächtig vor, indem so Materialien zur Bestimmung von ausgedehnten Meridian- und Parallelbogen geliefert werden. Durch die erwähnten und weitere Anschlüsse, nämlich der russi- schen Triangulationen an die preussischen und schwedischen, und dadurch an die dänischen, hannövrischen, englischen u. s. w., ferner durch die grossartigen Chronometer-Expeditionen, welche zur Be- stimmung von Längendifferenzen unter Schubert, Struve, Schuh- macher, Hansteen u. A. ausgeführt wurden, endlich durch die Verbindungen der österreichischen Operationen mit den französischen in Piemont ist man zunächst und ohne von weiteren Folgerungen zu sprechen, zu der Hoffnung berechtigt, in kurzer Zeit einen Meridian- bogen von mehr als 25" zwischen Donau und Eismeer bestimmt zu sehen, ebenso einen Parallelbogen von 20'* zwischen Christiania und Pulkowa in 60 " Breite, von nahe 50» in mittlerer Breite zwischen He 11 gl in. Reisebei'icht aus Chartiim. 91b Astrakhan am kaspischen See und Marennes am atlantischen Ocean, von 56^' zwischen Feagh - Maine (England) und SaratolT auf dem Parallel von 52" Breite. Ebenso bedeutende Anknüpfungspunkte bildet die Verbindung des österreichischen Netzes mit Baiern , die eben im Gange ist, so wie der bereits ausgeführte Anschluss mit der Schweiz und Neapel, deren letzter die Herstellung gleichsam einer und der- selben, weil überall völlig ausgeglichenen Dreieckreihe vom mittel- ländischen bis zum Eismeere in nahe Aussicht stellt. Reisebericht aus Chartiim vom 25. October 1852. Von Dr. H e u g 1 i n. (Mit Taf. LIX u. LX.) Ich erlaube mir nachstehenden gehorsamsten Bericht über meine Reise von Dongola nach Chartum, durch das sogenannte Darb-el- fogani , den directen Weg zwischen der Steppe von Bajuda und der Strasse von Dabbe nach L'Obeid, nebst der dort aufgenonmienen Karte, hiermit vorzulegen. Am 30. September war der k. k. Vice-Consul Dr. Reitz, von Wadi-Halfa kommend, in Neu-Dongola eingetroffen, und am 3. October segelten wir gemeinschaftlich, stromaufwärts bis Abdom (18" N. B.), das am nordwestlichen Ende der grossen Nil-Krümmung zwischen Chartum, Schendi, Abu-Hamed, Maraui etc. liegt. Aus dieser Gegend führen verschiedene Karawanenstrassen gegen Süden , die ziemlich frequentirt sind, da die Fluss-Schitffahrt hier sowohl wegen des grossen Umweges über Abu-Hamed, vorzüglich aber wegen häufiger widriger Winde und gefährlicher Stromschnellen, gerne vermieden wird. Der noch fünf Stunden westlich von Abdom gelegene Ort Dabbe, ist der Stapelplatz der Strasse von L'Obeid. Von Abdom , Ambukol , Korti und Maraui führen Handelswege nach Chartum, Darb-el-fogani, Darb-el-wostani und Darb-el-warani (obere, mittlere und hintere Strasse). Von den drei letztgenannten Orten ausgehend, berührt man gewöhnlich die Stadt Methemme nach 4 — 6tägigem Marsch, und eben so viel Zeit ist von dort bis Chartum nöthig. Von Abdom dagegen führt ein directer, ziemlich gerader Weg, wo gewöhnlich in nicht grossen Distanzen passables Wasser in Fülle vorhanden, in viel kürzerer Zeit (6 — 8 Tagen) an die Mündung des blauen und weissen Flusses; wir schlugen diesen ein. 916 Heuglin. Nachdem die nöthigen Last-Kameele und Führer zusammen- gebracht waren , Hessen wir am 7. October Abends unser Ge- päck abgehen, und folgten Tags darauf auf unseren Reit-Kameelen (Hegins) nach. Der grösste Theil des durchreisten Landstriches ist nicht Sand- wüste, sondern Steppe, und durch zahh'eiche Regenbette durchzogenes Flachland. Zwischen dem Nil und dem Brunnen Abu Seal hat man zM^ei niedere Hügelreihen zu überschreiten, und etwas westlich von letzterem zieht sich ein mit dem Gebirgsstock von Simmrie zusammen- hängendes kahles Felsgebirge in einer Länge von etwa 40 Stunden in südlicher Richtung. Von diesem aus gehen viele seichte, grössere und kleinere Querthäler nach Osten, und münden ohne Zweifel alle in ein grösseres Thal, das Wadi Mokattem, das südlich von Simmrie aus Kordorfan her kömmt und bei Ambukol münden soll. Alle diese Thäler prangten in üppiger Vegetation; vorherrschend sind verschie- dene Mimosenarten, Balanites, Ziziphus etc., die oft waldartig grosse Partien dieser Wadis erfüllen, und zur Zeit unserer Durchreise im schönsten Grün und duftenden Blüthenschmuck standen. Sind regelmässige Sommerregen gefallen, so findet man hier beim Nachgraben an passenden Stellen das ganze Jahr durch Wasser und zwar meist in unbedeutender Tiefe, zuweilen ist es von fauligem oder salzigem Geschmack, und läuft beim Einsenken von Gruben schnell aus Sand und Geröll zusammen. Wo im Flachland Fels- und Gesteinmassen entweder in Form von kegelförmigen Kuppen oder in Bänken und Kämmen zu Tage kom- men , bestehen diese immer aus einem grobkörnigen, mergelreichen, den obern Gliedern der Trias- Formation angehörigen Sandstein. Der Gebirgsstock von Simmrie dagegen und seine Vorberge dürften den ältesten Gliedern dieser Formation angehören. Weidplätze sind, wenn die Regenzeit günstig war, fast überall hier zu finden. Die verhältnissmässig wenigen menschlichen Bewoh- ner dieser Steppen und Thäler sind Gerajad-Araber, die beim Brun- nen Abu Gaschim und im Wadi Mokattem feste Wohnsitze haben, aber ihre reichen Heerden von einem Wadi zum andern führen, je nach dem Futter- und Wasserbestand desselben. Jener Stamm be- sitzt brave Pferde und Kameele, einiges Rindvieh, und sehr viele Schafe und Ziegen. Auch ist Wild in grosser Menge vorhanden. Am liäufigsten ist wohl Antilope dorcas, doch trafen wir südlich Reisebericht aus Chartuin. 917 von Abu Seal überall auch Antilope Dama (bei den hiesigen Ara- bern „ijc'drd") , einzelne A. Algazella und A. addax ; Hasen *) und Hyänen sind ebenfalls gemein; von Füchsen bemerkten wir bloss Canis Zerda, Ziiiim. und einige Male Fährten von Löwen (?), am Brunnen Abu Gelic die Spuren einer Affenart ^). Auch sollen , nach Versicherung unserer Führer und verschiedener Araber , Igel ^\ Stachelschweine, und südöstlich von Gebra auch der Abu Delläf *) (Ot'ycteropus aethiopicus) und Om Girfa ^) (Manis) nicht selten sein, was sogar sehr wahrscheinlich ist, da in jenen Gegenden die verschiedenen ihre Nahrung ausmachenden Ameisenarten in unglaub- licher Menge vorkommen. Mit jedem Schritte stösst man in jenen buschigen Ebenen auf die Heerstrassen dieser Thiere, und begegnet vielen hunderten von oft über 18' hohen, immer um Bäume herum angelegten, aus Lehm und Quarzsand bestehenden Hügeln, den Wohn- stätten und Vorrathskammern der alles verwüstenden Termiten. Von Vögeln, von denen ich vermuthe, dass sie hier Standvögel sind, habe ich beobachtet: Vultur auncularis, Cathartes inonu- c/ius (überall) , Corvus umbrinus, C. scapularis (Brunnen von Gebra), Buceros erythrorhynchus (Gebra), Lamprotornis rufi' ventris und L. nitens (Gebra), Colins senegalensis (bei Gummer und südl. davon), Loxia cantans, Fringilla simplex, Licht, (am Brunnen Abu Seal und Abu Gehe), Alauda isabellina, Cerihialaudu bifusciata, Pyrrhulauda leiicotis, Columba risoria, Oena ca- pensis, Micropogon margaritatus (Gebra), Pterocles guttatns, Otis nubica (nicht selten südlich von Abu Gelic), Cursorius isabel- linus, Vanellus {melanocephalus? bloss bei Wadi Wohad in einer Steppenlandschaft gemeinschaftlich mit Cursorius isubelUnus beobaditet, ohne dass ein Exemplar erlegt werden konnte). Was die beiliegende Karte des Darb-el-fogani betrifft, so muss ich bemerken, dass ich, da keine Längenbestimmungen vorgenommen werden konnten, die Lage von Abdom, nach den Beobachtungen von Büppell = 29.0 von Paris annahm. Der Brunnen Abu Seal liegt direct südlich von Abdom in einer Entfernung von 21 Wegstunden. *) Leptts isabellinus Rüpp. ^) Cynocephalus Bahuin. ^) Erinuceus auritus. '*) Abu Delläf = Vater des gewundenen Schwanzes. *) Om Girfa ;= Mutter des Zimmt's. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX, Bd. V. Hft. 61 918 Heuglin. Es sind dort zwei Brunnengruben, die aber wenig und faul scbmecken- des Wasser von graugrüner Farbe enthielten. Von dort gelangt man in S. 0. Richtung nach sieben Stunden zu den Brunnen Abu Gelic, die viel aber auch sehr übelriechendes Wasser gaben. Drei Stunden hievon in S. S.W.Richtung sind die verlassenen Brunnen vonWebri. Von Abu Gelic, 11 Stunden südsüdöstlich im Wadi Gummer fanden wir treffliches und ganz klares Wasser in Menge, das in dem 4 — 5 Stunden entfernten Bir-el-Melch ist, wie der Name schon gibt, salzig. Von Wadi-el-Melch gelangt man in vier Stunden in das Wadi Abu Uscher, das eine Menge oft bloss wenige Fuss tiefe Brunnen mit ganz klarem und wohlschmeckendem Wasser enthält. 1 i/a Stunden südwestlich liegt der B i r Abu B u e r a , dessen Was- ser dem von Abu Uscher gleich sein soll. Von letzterem in südsüd- östlicher Richtung neun Stunden entfernt im Wadi Mokattem sind die reichen aber etwas salzhaltigen Brunnen von Gebra und hie- von neun Stunden südöstlich fanden wir im Wadi Schigege viel und gutes Trinkwasser, das aber hier häufig vertrocknen soll : von Wadi Schigege gelangt man in etwa 12 Stunden in 0. S. 0. Richtung an den Nil bei dem Orte Kereri, fünf Stunden nördlich von Chartum. Ober die vonRüppel erwähnten Ruinen im Wadi Mokattem konnte ich nichts Näheres erfahren. Östlich vom Wadi-el-Melch sollen , nach Bericht meines Führers , Trümmer, Inscriptionen im Felswänden, und ein ausgemauerter alter Brunnen sich vorfinden. Die angeblichen Ruinen von Abu Gaschim und Abu Gelic beschränken sich auf niedere, aus Felssteinen aufgeführte, theils viereckige, theils runde Grundmauern , von den Dimensionen der gewöhnlichen arabi- schen Hütten. Vielleicht flüchteten bei anhaltend starken Regen- güssen, die die einzelnen Thäler oft vollständig unter Wasser setzen, die Araber sich zuweilen aus den Wadi's herauf ins Ge- birge, und legten hier in Ermanglung von anderem Material steinerne Hütten an. Was meine theil weise noch in der Provinz Dongola gemachten Beobachtungen über den diesjährigen Herbstzug der Wandervögel anbelangt, erlaube ich mir Folgendes mitzutheilen : Am 25. August bemerkte ich die ersten Blaurake n(Corac/ö« garrula) und den europäischen Kukuk (Dongola); Reisebericht aus Chartum. 919 27. Aug. Ardea minuia, jung (Dongola); 29. „ 3Ierops persica; 30. „ Hirundo urbica (Oasis-el-Gab) Lanius spinitorquus 30. ^ Saxicola stapazina et saltatrix (El Gab), 1. Sept. Perdix coturnix (Wüste zwischen El Gab und Dongola); 7. „ Oriolus galbula et Luscinia minor. (Dongola) ; 8, „ Caprimidgus europaeus (Dongola) et 3[erops apiaster ; 11. „ Scolopax gallinago et Cypselus murarius {Dongola) ; 13. „ Falco rvfipes. (ßio.}, grosse ¥\üge\on3Tachetespugnax,- 17. „ Sylvia cinerea et Muscicapa grisola, Saxicola nibetra; 18. „ Aquila minuta (bei Fandak); 19. „ Circaetos brachydactilus und Motacilla flava (Insel Argo) ; 22. „ Glareola melanoptera, Nordm. oder Glareola limbata Rüpp. / 24. „ StiHx scops und Anas querquedula ; 26. „ Falco subbuteo'l (Ist sehr dilmlich F. Eleonorae im ^or- malkleid) Insel Mogasser ; 28. „ Numenius tenuirostris (Dongola) ; 29. „ Falco tinnuncuhis (dto.) ; 2. Oet. Falco Buteo ; 3. „ Ardea ralloides in kleinen Gesellschaften (Handak) ; 4. „ Turdus cyaneus (dto.) ; 8. „ Sylvia siiecica (in der Wüste bei Bir Abu Seal) ; 9. „ Crex pratensis , Sylvia hortensis et orphea (dto.); 10. „ Sylvia sibilatrix (Abu Gelic) ei Sylvia melanocephala (Wadi Abu Gaschim); IS. „ Motacilla melanocephala (Licht) et Pandion haliaetos (am Nil bei Chartum) ; 19. „ Grus cinereus und Virgo in grossen Flügen auf dem weissen und blauen Fluss; 24. „ Rhynchops Orientalis zu TsiusenAen siu( dem ^i\; 24. „ Aquila naevia in kleinen Gesellschaften bei Chartum. Zu Anfang dieses Jahres hatte ich die Ehre, der hohen kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften die Beschreibung und Abbildung einer neuen Salm-Art, Alestes macrolepidotus, Bilharz, vorzulegen, 61 * 920 Heuglin. Reisebericht aus Chartum. nachdem ich schon früher das Original-Exemplar in Spiritus einge- sendet hatte. Es war damals versäumt worden, sogleich eine Abbil- dung des frischen Fisches mit Farben anzufertigen, wesshalb auch in jener Beschreibung das Colorit nicht bestimmt angegeben werden konnte. Nun war ich später, in den letzten Tagen meines Aufenthaltes zu Neu-Dongola so glücldich , wieder einen solchen zu erhalten. Dieser Fisch muss, da er allen Fischern dort unbekannt war, sehr selten im Nil vorkommen, und ist höchst wahrscheinlich im weissen Fluss zu Hause. Es ist jenes Exemplar 1' 4" lang, und sein grösster Breitendurchmesser beträgt 3" 11". Par. Mass. Seine Hauptfarbe ist gelblich weiss » und alle Schuppen haben ungemein starken Perl- mutterglanz ; unter und hinter dem Auge auf dem Kiemendeckel und um die Basis der Brustflosse zwei grosse licht rosenrothe Flecken; Rücken und Kopf grau-saftbraun; Rückenflosse, Fettflosse und obere Hälfte der Schwanzflosse bräunlich gelb ; die untere Hälfte der letz- tern, Bauch- und Brustflosse zwischen zinnober- und rosenroth. Im Magen befanden sich Wasserpflanzen und Schlamm. Gymnarchus niloticus ist in jetziger Jahreszeit in Chartum eben nickt selten. Ich habe bereits drei weitere Exemplare erhalten, deren eines über vierFuss lang ist. Leider fehlen mir taugliche Gefässe und das nöthige Quantum Alkohol , um solche Prachtexemplare in Weingeist conserviren zu können; ich war daher genöthigt, Skelete daraus zu machen. Sudis niloticus Rüpp. konnte ich bis jetzt noch nicht auf- finden. Die Zeichnung eines in meinem gehorsamsten Bericht von Neu- Dongola erwähnten, mir unbekannten Mormyrus, liegt ebenfalls hier bei. Der Fisch selbst wird mit nächster Sendung vorgelegt werden. Vorläufig werde ich hier einige Zeit durch den k. k. Consular- dienst in Anspruch genommen sein , wodurch übrigens die Interessen der kaiserlichen Akademie nicht beeinträchtigt werden, indem ich bereits einen meiner Diener nach Sennaar abgeschickt habe, mit den nöthigen Mitteln und Anweisungen zum Einsammeln aller dort vor- kommenden zoologischen Gegenstände, und ich selbst habe bereits der Güte des Herrn Vice-Consuls Dr. Reit z die Erlaubniss zu verdanken, den bevorstehenden Feldzug des General -Gouverneurs von Sudan gegen die Schilluk-Neger mitmaciien zu dürfen. Die betreft'ende Kr eil. Dritter Bericht über die k. k. Centralanstalt für Moteorologie etc. 92 I Expedition wird ohne Zweifel nächsten Monat von hier abgehen und wird den Wog zn Wasser bis Sennaar nehmen, von wo aus das Land bis zum Bachr-el-abiad durchritien werden soll. Von dort aus muss ich auch im Stande sein, befriedigende Resultate meiner Arbei- ten der hohen kaiserlichen Akademie zu Füssen legen zu können. Vorträge. Dritter Bericht über die k. k. Centralanstalt für Meteo- rologie lind Erdmagnetismus. Von dem w. M. Rarl Rreil. Wenn gleich die Centralanstalt für Meteorologie und Erdmag- netismus auch unter die Lehranstalten im weiteren Sinne zu zählen ist, indem sie nicht nur den Sinn für derlei Forschungen im Gebiete unseres Kaiserstaates wecken und bilden soll, sondern ihre Räume auch den Freunden dieser Wissenschaftszweige öffnet und sie zur gründ- licheren Ausbildung an allen Arbeiten Theil nehmen lässt, welche dort durchgeführt werden , so ist doch der Unterricht nicht der Haupt- zweck ihres Daseins, vielmehr ist sie vorzugweise dazu berufen, die Leistungen, welche in den von ihr vertretenen Fächern zu Stande kommen, gleichviel, ob von ihr angeregt oder durch eigenen Eifer hervorgebracht, zu sammeln und dem Publicum zur weiteren Be- nützung vorzulegen. Sie muss demnach die Veröffentlichung sowohl ihrer eigenen als der an den Stationen ausgeführten Beobachtungen als ihre Hauptaufgabe ansehen, und sich vor Allem bestreben, sie in einer Weise zu Stande zu bringen, dass dadurch die zu grosse Weit- schweifigkeit vermieden, andrerseits aber doch alles gegeben wird, was als Grundlage der Wissenschaft nach der bis jetzt erreichten Stufe dienen, und zur Lösung der ihr schon vorgelegten, oder vor- aussichtlich zunächst vorzulegenden Probleme dienen kann. Die Wichtigkeit dieses Gegenstandes im Allgemeinen sowohl, als ins- besondere in Betreff unserer Anstalt , hat mich bewogen in einem eigenen Berichte darüber zu sprechen. Ich hoffe keinen Widerspruch zu erfahren, wenn ich die Über- zeugung ausspreche, dass bei der grossen Anzahl von Stationen, 922 Kreil. Dritter Bericht über die welche unser Beobachtangsnetz umfassen wird, es nicht thunlich ist, die Arbeiten einer jeden derselben in ihrer ganzen Ausdehnung zu ver- öffentlichen, so dass jede einzelne Beobachtungszahl gegeben würde. Wenn gleich nicht geläugnet werden kann, dass es jetzt schon viele im Zuge begriffene Untersuchungen gibt, bei denen man mit blossen Mittelwerthen nicht ausreicht, sondern zu den Originalbeobachtungen greifen muss, und dass wahrscheinlich diese Fälle in Zukunft mit dem Fortschreiten der Wissenschaft noch häufiger werden, so beschränkt sich diese Anforderung doch meistens nur auf die Leistungen der Hauptstationen, an denen die Aufzeichnungen in grösserer Anzahl, nämlich zu mehreren Tagesstunden vorgenommen Averden und sich über einen ausgedehnteren Kreis von Erscheinungen erstrecken, und die auch meistens in so bedeutenden Entfernungen von einander gelegen sind, dass sie als die Heftpunkte eines grossartigen, über die ganze Erde auszubreitenden Netzes angesehen werden können. Von diesem Gesichtspunkte aus sind diePublicationen der von den englischen und russischen Stationen ausgehenden Beobachtungen zu betrachten , und es dürfte für den österreichischen Kaiserstaat hinreichen, wenn er mit zwei oder drei Orten in diesem Netze vertreten ist. Da Mailand schon seit einer Reihe von Jahren die an der dortigen Sternwarte ausge- führten Beobachtungen, früher in der BihHotecci italiana nun im Gioimale delV Istituto lomhardo, in ausgedehnter Weise veröffent- licht, so würde für jetzt eine ähnliche Veröffentlichung der Arbeiten der Centralanstalt genügen, für die übrigen Stationen aber die Bekannt- gebung der Mittelwerthe hinreichend sein. Wenn aber einerseits nicht geläugnet werden kann , dass durch eine solche Beschränkung in der Mittheilung unserer Arbeiten der wissenschaftlichen Forschung ein grosser Theil des vorhandenen Stoffes entzogen wird, so stellt sich die Anforderung um so dringender heraus, die Grenzen dieser Mittheilung nicht zu enge zu ziehen, sondern die Bedürfnisse der Meteorologie scharf ins Auge zu fnssen und zu sehen in wie weit denselben hiebei noch entsprochen werden könne. Die Mittelwerthe, welche man aus längeren Beobachtungsreihen abzuleiten pflegt, beziehen sich sämmtlich auf den Stand der Sonne, und theilen sieh wie die Sonnenzeit nach Stunden, Tagen, Monaten und Jahren ab. Daraus folgt, dass sich durch eine solche Vertheilung der Beobachtungen, welche selbst wieder, so wie das ganze bürger- k. k. Ceniralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. 923 liehe Leben nach dem Sonnentag geregelt sind, zwar der unmittel- bare Einfluss dieses Himmelskörpers in aller Schärfe erkennen lasse, und auch grösstentheils schon erkannt wurde, dass aber Wirkungen, die nicht als unmittelbare Sonnenwirkungen hervortreten, oder deren Ursprung anderswo zu suchen ist, kurz alle Erscheinungen, deren Periode nicht mit dem Sonnencyklus zusammenfällt, darin gänzlich verwischt werden. Grössere und länger dauernde Einflüsse bringen höchstens eine geringfügige Änderung des Mittelwerthes hervor, die aber in den seltensten Fällen hinreicht, stichhaltige Schlüsse über die Gesetze ihres Entstehens und ihrer Verbreitung zu ziehen. Schwä- chere und kürzere EinAvirkungen entgehen unserer Wahrnehung ganz. Dies ist um so mehr der Fall, je grösser der Zeitraum ist, den das Mittel umschliesst. Tagesmittel gewähren über viele Erscheinungen Aufschluss, von denen wir in den Monatmitteln keine Spur mehr zu entdecken im Stande sind, und schon desswegen konnten sie nicht umgangen werden, obschon ihre Berechnung viel mehr Zeit und ihre Mittheilung mehr Raum erfordert als jene der Monatmittel. Aber eben desswegen, weil die unmittelbare Sonnenwirkung schon so vielseitig untersucht worden ist, und sich neben ihr noch eine Menge anderer, freilich viel schwächerer Einflüsse gezeigt hat, die aber der grösseren Schärfe und Anzahl der neueren Beobachtungen nicht mehr entgehen konnte, hat sich die Thätigkeit der Meteorologen in unseren Tagen häufig der Erforschung dieser Nebeneinflüsse zuge- wandt, und mit Recht, denn jeder derselben kann eine Quelle von Er- kenntnissen werden, welche uns über den verwickelten Mechanismus der Atmosphäre Aufklärung verscbaff'en. Wie wichtig wäre es nicht, um nur einige Beispiele anzuführen, die Gesetze der raschen Ände- rungen des Luftdruckes oder der barometrischen Störungen zu er- forschen, welche von Luftwellen herrühren, die in regelmässiger Aufeinanderfolge sich über einen grossen Theil der Erdoberfläche wälzen i), und in neuerer Zeit Gegenstand vielversprechender For- schungen geworden sind. Birt^) in England undQuetelet in Brüssel s) haben diesen Gegenstand bearbeitet; letzterer glaubt *) S. astronomisch-meteorologisches Jahrbuch von Prag, Jahrg. 1843, S. 169. 2) Reports of the Meetings of the British Association for the advancement of science 1844, 1845, 1846, 1847. 2) Annales de Vobservatoire de Bruxelles, Vol. VIII. 924 Kreii. Dritter Bericht über die bemerkt zu haben, dass die Unebenheiten der Erdoberfläche der Fort- pflanzung dieser Wellen wesentliche Hindernisse in den Weg legen, und ihre Schnelligkeit viel grösser sei über dem Meere und an den Küstengegenden als über den Gebirgen. Aus den zur Zeit des Som- mersolstitiums 1841 angestellten Barometerbeobachtungen ergab sich eine Form der isobarischon Linien, die einen Pol des stärksten Luftdruckes in den südlichen Alpen vermuthen Hess, während jene des Wintersolstitiums, 1843, auf einen in den sächsischen Gebirgen liegenden Pol hindeuten. Unser Beobachtungssystem, das sich über mächtige Gebirgsrücken und ausgedehnte Ebenen erstreckt, kann für diese Untersuchungen mehr und Avichtigeren Stoff liefern als irgend eines, aber es genügen für diesen Zweck- die Mittelwerthe nicht, denn es handelt sich hiebei vorzüglich darum, die Momente der Wendungen nämlich der Übergänge aus dem Sinken des Barometers zum Steigen und umgekehrt, so wie die Augenblicke der raschesten Änderung scharf wahrzunehmen, was aber aus Mittelwerthen durchaus unmöglich ist, und wozu in manchen besonders merkwürdigen Fällen selbst stündliche Beobachtungen nicht genügen , wo aber die Leistungs- fähigkeit der Autographen am deutlichsten ans Licht tritt. Am Abend des zweiten Octobers dieses Jahres, zu welcher Zeit bekanntlich ein gewaltiger Sturmwind ganz Europa durchtobte, änderte sich bei uns der Luftdruck wenig bis um 8 Uhr 20 Minuten, wo der Sturm auch hier zu wüthen anfing. In diesem Augenblicke zeigte der Baro- metrograph eine Zunahme desselben von beinahe einer lialben Linie binnen fünf Minuten, worauf wieder yon 8 Uhr 25 Minuten bis 9 Uhr Ruhe folgte, erst dann ergoss sich eine neue Luftmasse über unseren Beobachtungsort, welche den Barometerstand im Verlauf einer Stunde um eine Linie erhöhte. Die Autographenzeichnnng von Senftenberg, welches unter demselben Meridian wie Wien, aber 153' nördlich liegt, zeigt einen eben so grossen Sprung, aber schon zwischen 8'' 1 0' und 8'' 15' also um 10 Minuten früher als in Wien, aber auch hier ist vor und nach demselben bis O*" die Änderung des Luftdruckes ganz unbedeutend. Der. dortige Beobachter Dr. B rorsen bemerkt hiezu: „Um 8'' 12' zog eine dicke, sehr schwarze Wolkenmasse von ge- „witterartigem Aussehen gegen den aus Süd -Ost sehr lebhaften „Wind sehr schnell in die Höhe, über das Zonith fort nach Süd-Ost „zu mit plötzlichem heftigem VVindstoss, der Rand der Wolke war „scharf kreisförmig abgegrenzt." k. U. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus 925 In Prag, welches auf demselben Parallel mit Senftenberg, aber zwanzig Mollen westlich liegt, trat nach der Angabe des Autogra- phen diese Erscheinung um S'' 4S'. in Salzburg um 5'' 0' ein. Wir haben also, wenn wir sämmtliche Angaben auf Wiener Zeit zurück- führen, für die Zeit des Überganges der Luft^elle über Salzburg. ... 5"i3' . „ Prag S 53 „ Senftenberg . . 8 12 „ Wien 8 20. Es hatte demnach diese Welle eine Richtung, welche von der Richtung der Meridiane etwas weniges gegen Nordost-Südwest ab- wich und sie bewegte sich mit einer Schnelligkeit von ungefähr 9 Meilen in der Stunde. Ich habe dieses Factum hervorgehoben, weil es den Beweis liefert, dass Avir hoffen dürfen, auch in meteorologischen Erscheinungen, sowohl der Zeit ihres Eintrittes als der Grösse ihrer Wirkung nach, einen hohen Grad von Genauigkeit zu erreichen, und unseren Nach- folgern hinreichend scharfe Daten zu hinterlassen, um die Mechanik der Atmosphäre auf ähnliche Weise zu behandeln, wie es bisher nur mit der Mechanik des Himmels geschehen ist. Da wir, wie man aus dieser Darstellung sieht, jetzt schon im Besitze solcher Daten sind, so würde uns ein gerechter Vorwurf treffen, wollten wir sie der allgemeinen Benützung vorenthalten. Aus diesem Grunde habe ich die Beobachtungen und Aufzeichnungen des Luftdruckes während ähnlichen Störungen zusammengestellt aber nur von jenen Stationen, wo mehr als drei Beobachtungen täglich ausge- führt werden, also von Mailand, wo siebenmal von drei zu dreiStimden von 6'' Morgens bis 12*" Abends, von Kremsmünster, wo zehnmal von zwei zu zwei Stunden, von 4'' Morgens bis lO*" Abends beobachtet wird, und von den Stationen Wien, Prag, Salzburg und Senftenberg, welche mit Autographen versehen sind. Bei den übrigen Stationen sind die Lücken von einer Beobachtung zur folgenden zu gross, um die erforderliche Genauigkeit der Angabe zu gewähren, andererseits leisten die Tagesmittel und die für jeden Monat angesetzte Zeit und Grösse des Mitximums und Minimums des Luftdruckes einige Aushülfe. Um aber das interessante Problem der Luftbewegung auch noch von einer anderen Seite aufzufassen, und die Gesetze des regel- mässigen Verkehrs zwischen den Polen und dem Äquator zu erken- 926 Kreil. Dritter Bericht über die neu, ist es nöthig die Behelfe zu liefern, aus welcher der Zusam- Hienhang zwischen den verschiedenen Classen der atmosphärischen Processe zu entnehmen ist, nämlich der Winde mit den Änderungen der Temperatur, des Luftdruckes, der Feuchtigkeit und des Nieder- schlages, oder die sogenannten thermischen, barometrischen, atmi- schen und udometrisehen Windrosen. Die Windfahne ist nur in ganz flachen Gegenden ein verlässliches Werkzeug; von nahegelegenen Anhöhen oder Gebirgen wird sie aber mehr beirrt, als man für gewöhnlich annimmt, und verdient demnach weniger Vertrauen als der Wolkenzug, auf welchen örtliche Verhältnisse viel geringeren Einfluss ausüben, daher er auch in unserem Beohachtungssysteme als ein Hauptelement angesehen wird. Aber nicht nur aus der unmit- telbaren Beobachtung, auch aus andern gleichzeitig auftretenden Er- scheinungen erkennt man, zu welchen der beiden Hauptströmungen ein Wind gehöre; geringer Luftdruck, grosse Feuchtigkeit, häufige Niederschläge bezeichnen den Südpassat , während der polare Luftstrom fast immer von kalter, trockener Luft und hohem Luft- drucke begleitet ist. Der Wechsel dieser beiden Ströme an den ver- schiedenen Beobachtungsarten, ihre wechselseitige Lage über oder neben einander, ihre grössere oder geringere Ausbreitung, ihre Ab- hängigkeit von den Jahreszeiten u. dgl. sind eben so viele Objecte zu Untersuchungen, für welche die Tagesmittel der verschiedenen meteorologischen Elemente hinreichenden Stoff bieten werden. Den mit der Vermischung der Luftmassen so innig zusammen- hängenden Niederschlägen und wässerigen Lufterscheinungen suchte man dadurch Bechnung zu tragen , dass erstere in Monat und Jah- ressummen aufgeführt, letztere aber in Tafeln zusammengestellt wur- den, welche eine monatliche und jährliehe Übersicht aller Tage mit Niederschlägen, mit Nebel, mit Hagel, Gewittern u. s. f. gewähren. In Ermanglung von Originalbeobachtungen hat die Kenntniss der Extreme und Wendepunkte einen besonderen Werth, weswegen sie auch in diesen Mittheilungen, so Aveit es der Raum gestattete, be- rücksichtigt wurden. Sie sind der unmittelbarste Ausdruck der klima- tischen Verhältnisse eines Ortes, indem ihre grössere Entfernung vom Continentalklima, ihre Annäherung vom Seeklima bedingt wird, ihre Veränderlichkeit auf das Polar- ihre Beständigkeit auf das Tro- penklima hinweiset, daher auch in unseren Breiten die grossen Än- derungen, denen die tägliche Excursion zwischen dem Maximum und k. k. CentralansUU für Meteorologie und Erdmagnetismus. 92T Minimum mieh den Jahreszeiten unterworfen ist. Ihre näheren Ge- setze, ihre Abhängigkeit von örtlichen Umständen, namenth'ch von der Höhe des Beobaehtungsortes sind noch wenig erforscht, unsere Beobachtungen werden aber hotfentlich auch hiezu reichlichen Stoff liefern. Um einen desto vollständigeren Überblick der atmosphärischen Verhältnisse der einzelnen Stationen sowohl als des ganzes Länder- complexes Zugewinnen, wurden alleClassen von Erscheinungen, über welche überhaupt Messungen oder wenigstens abschätzende Wahr- nehmungen vorliegen, in diesem Bande zusammengestellt, Avas um so leichter geschehen konnte, da die Anzahl der Beobachtungsorte in der Periode, die er umfasst, noch kleiner war. Denn es greifen alle diese Prozesse so enge in einander, dass eineTrennuiig der Beobach- tungen ein störender Eingriff in die Darstellung dieses complicirten Mechanismus schien. Für alle diese regelmässigen oder scheinbar unregelmässigen Änderungen sind übrigens die Mittelwerthe aus längeren Perioden, die Monat- und Jahresmittel der Massstab , welcher an alle angelegt werden muss, um sie auf ihre wahre Grösse zurückzuführen. Diese Werthe sind daher auch überall vorangestellt. In den vorhergehenden Bemerkungen wird hoffentlich die hier nachfolgende Übersicht der Anordnung und Vertheilung der Beobach- tungsdaten ihre hinreichende Begründung finden, und ich hoffe, sie auch in den folgenden Bänden unverändert beibehalten zu können, wenigstens so lange die fortgeschrittene Wissenschaft nicht andere Anforderungen stellt. , Nicht nur die Beobachtungen der Jahre 1848 und 1849, son- dern auch die vieljährigen Beobachtungen sind, soweit es die ver- schiedene Ausdehnung derselben über die einzelnen Classen der Er- scheinungen gestattete, auf dieselbe Weise zusammengestellt worden. Die Fächer, nach denen die atmosphärischen Erscheinungen ab- getheilt wurden, sind folgende: 1. Luftdruck, 2. Temperatur, 3. Dunstdruck, 4. Feuchtigkeit, o. Bewölkung, 6. Niederschlag, 928 Kreil. Dritter Bericht über die 7. Windesrichtiing und Stärke. 8. Aussergewöhnliche Erscheinungen, Für das erste dieser Fächer, den Lu ftdruck, werden folgende Grössen gegeben: d) Monat- und Jahresmittel zu den festen Beobachtungsstunden ; 6) allgemeine Monat- und Jahresmittel ^); c) monatliche und jährliche Extreme (grösster und kleinster Luftdruck) ; d) Tagesmittel. Für die Temperatur: a) Monat- und Jahresmittel zu den festen Beobachtungsstunden ; ft) allgemeine Monat- und Jahresmittel; c) monatliche und jährliche Extreme; Kr eil. Dritter Bericht über die auch die künftigen Bände kein grösseres Volumen als der gegen- wärtige, nämlich 40 bis 50 Druckbogen ausfüllen werden. Ich glaubte das Jahr 1848 als die Ausgangsepoche dieser Ver- öffentlichungen annehmen zu müssen, weil es das eigentliche Geburts- jahr unseres Beobachtungssystemes ist, weil dadurch unsere Mit- theilungen denen des preussischen Systems der Zeit nach parallel gestellt werden, und weil auch in diesen beiden Jahren , welche der vorliegende Band umfasst, die keineswegs unbeträchtliche Anzahl von 34 Stationen in Thätigkeit war, deren Leistungen uns zu Gebote standen und in fruchtbringender Weise verwendet werden konnten. Die Stationen sind in alphabetischer Ordnung folgende : Länge Seehöhe Name von Breite j in Beobachter. Ferro Toisen Altholen .... 32» 8' 46» 52' 363 Hr. Pfarrer Mayer. Bodenbach . . 31 52 50 46 67 Hr. Forstmeister Seidl. 1 Brunn 34 17 49 11 106 Hr. Dr. Olexick. Czaslau .... 33 2 49 57 126 Hr. Dechant Pecenka. Deutschbrod . 33 15 49 36 206 Hr. Prof. Sychravva. ! Hohenelbe . . . 33 Ik 50 38 234 Hr. Justiziär Lamb. 1 Klagenfurt . . 31 58 46 37 225 Hr. Prettner. ' Königgrätz . . 33 3i) 50 13 116 Hr. Prof Lhotsky. Krakau .... 37 37 50 4 108 Stei-nwarte. Ki'emsmünster 31 48 48 3 179 Sternwarte. Leitmeritz . . . 31 48 50 32 60 Hr. Professor Hackel. Libotiz .... 31 3 50 19 132 Hr. Pfarrer Fischer. i St. Lorenzen . 30 28 46 42 733 Hr. Pfarrer Bernhard. Mailand .... 26 51 45 28 75 Sternwarte. Obir I 32 7 46 30 630 Hr. Wriessnig. „ 11 - - - 825 Hr. Kettin. „ III - - - 1054 Hr. Dimnig. St. Paul .... 32 34 46 43 193 Stiftsgeistliche. Pilsen 31 3 49 45 153 Hr. Prof. Smetana. Prag 32 5 50 5 93 Sternwarte. Pürglitz .... 31 34 50 2 158 Hr. Forstmeister Gintl- Sagritz .... 30 34 46 58 — Hr. Pfarrer Pacher. Salzburg . . . 30 39 47 48 199 Hr. Prof. Königsberger. Scheinnilz . . . 36 35 48 27 311 Hr. Prof. Hauch. Schössl .... 31 10 50 27 160 Hr. Bayer. Seelau 32 53 49 32 195 Hr. Rössler. Senftenberg . . 3^» 7|50 5 216 Sternwarte. Smecna .... 31 42 50 U 180 Hr. Kaplan Soukup. Strakonitz . . . 31 28 49 16 Hr. Dr. Stropnitzki. Stubenbach . . 31 5 49 7 416 Hr. Pfarrer Pfeiffer, Triest 31 26 45 39 — Hr. Prof. Gallo. Wien 34 2 48 12 96 Sternwarte. Winterberg . . 1 31 27 49 i 3 — Hr. Forstmeister John. k. U. ("eiitialaiistalt für IMeteorolugie und KidinaguetiHmu». 03 ti Unter diesen Beobaclituiigsstationen ist die Hälfte aus Böhmen, weil alle jene Beohaelitungen aufgeiiorrimen wurden, die früher an die patriotiseh-ökoiiomiselie Gesellschaft in Prag eingeschickt und in ihren Schriften veröffentlicht worden sind, während von den durch die Akademie gegründeten Stationen noch keine in Thätigkeit war. Sowohl inläudischo als auswärtige Meteorologen i) haben die böh- mischen Beobachtungen häufig benützt, manche dieser bewährten Beobachter haben sich an unser neues System angescblossen, wäh- rend andere ihre Beobachtungen wahrscheinlich aufgeben Avcrden, da die genannte Gesellschaft nach Errichtung des Beobachtungs- Systemes der Akademie den von ihr gegründeten meteorologischen Verein aufgelöst hat. Um in diesen Beobachtungsreihen, von denen einige sehr werthvoll sind, keine Lücke eintreten zu lassen, habe ich geglaubt ihre Beobachtungen hier aufnehmen zu müssen. Die im obigen Verzeichnisse aufgeführten Stationen sind natür- lich noch nicht mit Instrumenten der Akademie versehen, da die An- fertigung derselben erst im Jahre 1849 Statt hatte; die davon her- rührenden Unterschiede können nachträglich bekannt gegeben wer- den, wenn bei Gelegenheit der Bereisung der Stationen eine Ver- gleicbung mit den hiesigen ausgeführt wird. Ich wünsche, dass diese Erstlinge unserer Bemühungen den Erwartungen der kaiserlichen Akademie entsprechen und sie veran- lassen mögen, der Tochter-Anstalt auch fernerhin jene wohlwollende Unterstützung angedeihen zu lassen , mit welcher sie dieselbe ins Leben eingeführt hat. *) Mahlmann: Mittlere Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. Dove: Über die nicht •• pei'iodische Änderung der Temperaturvertheilung auf der Oberfläche der Erde von 1789 bis 1838 und an mehreren Orten. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. V. Hft, 62 y34- Grailich. Bestimiiiiin. ^ 8 («2-132) 4e2 • • • • • o;. 2) —^ = oo gibt die Punkte, für welche die Tangente senkrecht auf der Berührungslinie der eben gefundenen Maxima und Minima steht. Wie nach dem symmetrischen Baue der Curve zu er- warten war, besteht auch der Nenner aus einem ähnlichen Producte; er ist nämlich gleich Null für y = 0 und a?2-}-y3 _ — i(a3 — ß3) (6). Die erste Annahme gibt das ist «2 = vi" (1 -|- e-) ^' ^ j— /33 =- — m2 (1 — e2) ^)' Da aber ß^ nur für e > 1 negativ wird, so haben wir eben bei den von uns benützten Curven für x vier reelle Werthe zu erwarten. Die zweite Bedingung mit (1) coexistirend, liefert die Differenz •^ ^ — «2-/32 ' woraus X"' ^ — l /i/,2 (I f 4f2) das für alle Fälle imaginär bleibt. Die Gleichungen (5) und (7) geben nun die Daten zur Berechnung aller der zu suchenden Grössen, eigentlich noch mehr als dies, indem 940 Grailich, Bestiunnung des Winkels wir vier Werthe für x und zwei für y erhalten ; der Umstand jedoch, dass dieCurvenbei einer gewissen Dicke derKrystall-Lamelien, wenn ich mich der Sprache Brewster's bedienen will, innerhalb der Pole der resultirenden Axen weit heller und schärfer gezeichnet sich finden, als ausserhalb derselben gegen die polarisirenden Axen hin, macht es nothwendig auf die Messung der verwaschenen Aussenränder zu verzichten und die inneren Wendepunkte so wie die höchsten und tiefsten Punkte allein zu bestimmen. Bei homogen gefärbtem Lichte fällt allerdings zum Theil auch diese Beschränkung weg; da ich aber bisher noch nicht in den Stand gesetzt Avar, mir solches unmittelbar durch ein stark zerstreuendes Prisma zu verschafFen, reingefärbte Gläser nur sehr schwer zu finden sind, und der Versuch mit einer monochromatischen Lampe aus mehreren Gründen, worunter beson- ders der rasch zunehmende Einfluss der strahlenden Wärme auf die Äxeiiwinkel zu nennen ist, nicht zu dem erwünschten Resultate führte, so kann ich nur das Ergebniss der bei gewöhnlichem Tageslichte imd 17" C. gefundenen Werthe vorlegen. Die Messung selbst ist einfach und eigentlich nur wenig von der gewöhnlichen Art der Axenbestimmung mittelst des Soleil'schen Apparates, wie solche in Dufrenoy's Traite de mineralogie' beschrieben ist, verschieden ; die einzigen Abweichungen von diesem Verfahren entspringen aus der Benützung von zwei senkrecht auf einander stehenden Theilkreisen, während die gewöhnlichen Abbil- dungen dieses Instrumentes nur einen solchen zeigen : ein Umstand, welcher unser Instrument besonders für die von mir eingeschlagene Art der Messung tauglich macht. Die Krystall-Lamelle wird in die Ebene der zwei rechtwinkeligen ITmdrehungsaxen der Kreise ge- bracht, und daselbst so lange gedreht , bis die Scheitel der hyper- bolischen schwarzen Büschel in die Brennpiuikte der farbigen Linien treten, und die Büschel selbst über und unter der Abscissen-Axe, welche durch einen der Fäden des rechtwinkligen Fadenkreuzes, markirt wird, eine gleiche Lage annehmen. Bedeutet 2 M„ die Distanz der Scheitel der Ringe a die Abscis- senaxe, ß„ die Entfernung des höchsten und tiefsten Punktes in den- selben, welche Grössen durch die Messung gegeben sind und nach den oben entwickelten Formeln die Werthe der optischen Axe mittelst der Farhenringe. 941 (wo ß' immer negativ, der Wurzelausdruck daher reel ist), haben, so wird ^2 = — + L + VTTK' .... 8), WO, da nach (7) ß^ nur für e > l negativ wird, das Pluszeichen zu nehmen sein wird. Hieraus folgt und aus (2), (8), (9) «=^(| + V±4-f)» oder B in welcher Gestalt es sich am bequemsten zur Berechnung eignet. Als Analyseur diente eine Turmalinplatte. Da diese die rothen und violetten Strahlen ver.schluckt , so wurden die auf diese Art ent- standenen dunklen Ringe zur Messung benutzt; am schärfsten nach innen und aussen begrenzt \var der dritte und vierte Ring, der zweite schon etwas minder deutlich, der fünfte nach innen erträglich, nach aussen neblieh und verwaschen; die sechste Curve bereits mit einer Excentrieität kleiner als 1. Die also bestimmten Werthe sind nun folgende : zweites Ringpaar : 2 3L = Distanz der concaven Scheitel = IS» 18'1, 2 Iffz = Distanz der convexen Scheitel = 12o 48', /?, = innere Distanz des höchsten und -tiefsten Punktes ^ 30 T-2^, B'z = äussere Distanz der höchsten und tiefsten Punkte -= 30 36'; drittes Ringpaar : 2 7M3 = (wie oben) = ll« 24', 2 M's = (wie oben) = 10« 14', Bz = (wie oben) = 4» 40', ß°3 = (wie oben) = 5» 22; 94!, Ap. . .np, der des zweiten, dritten, vierten nten Ringes sein wird. Es ist also tn^ = ap und da nach (2) so Avird, wenn wir a eliminiren P--- (11) das ist p = B = der Distanz der höchsten und tiefsten Punktes. Untersuchen wir nun die gefundenen Werthe aus diesem Ge- sichtspunkte und heben wir etwa den dritten Ring als einen der am zuverlässigsten bestimmbaren hervor, so finden wir p^ = 40 40' = 4-666 p's = 50 22' = 5-366 Dividiren wir dies durch drei, so erbalten wir den Parameter des ersten Ringes; berechnen wir dann hieraus die entsprechenden Werthe für die übrigen Ringe, so ergibt sich folgende Reihe: p' = 1-5.^5 = 1« 33'-3 p\ = 1-789 = 1" 47-3 tier uptiächeii Axe iiiilteLst dtii- Farheiiringe. 943 p.^ = 3110 = 30 6' 6 /?'a - 3-578 = 3« 34'G p, -- 4-665 -= 4« 39'-9 p'3 = 5-367 = 5» 21'-9 /?4 = 6-220 = 60 13-2 p\ = 7156 = 7« 9'-2 p, = 7-775 = 7« 46'-5 und die Differenz der Beobachtung und Berechnung betragen p^ — B., =- — 0-65 p'^ — B\ ^ — l'-65 p^ — B^ = 0-00 p', — B, = 000 p^ — B, = 1-8 ^'^ _ B\ = 11-2 hätten wir den vierten Ring als Normalgrösse angenommen, so fände sich Pi = - 1 4 ~ 1» 33-6 P\ = ß'4 _ 4 10 44-4 und die entspi •echenden Differenzen P2 — B, = — 0-05 P'z — ß'a = — r-2 p^ — B, == — 0-20 yj'a — B, ^ — 9-2 p^ — B^ == 000 />'4 — ß\ = 0-00 p^ — ß, ^ 13-00 Die Einsicht, welche diese Betrachtung gewährt , ist sehr vor- theilhaft zur Beurtheilung der relativen Genauigkeit der aus diesen Curvenelementen zu erwartenden Axengrössen. Es scheint darans auch hervorzugehen, dass die inneren Ringränder eine schärfere 944 Grailich. Bestimmung des Winkels Bestimmung zuliessen, wenigstens sind die Differenzen zwischen den gemessenen und gerechneten Parametern für die inneren Ränder merk- lich geringer als für die Aussenränder. Substituiren wir die Messungsangaben in (10), so erhalten wir die gesuchten Winkel. Es ist, wenn wir die obige ßezeichnungsweise beibehalten a. ^ 80 23'-5 «', =- 8« 27'-2 «3 — 8» 29'-8 «'s = 8« 27'-6 «4 = 80 31'-8 a\ = 80 33'-6 a, = 80 30'-0 und hieraus das Mittel = 8o 29' oder wenn wir, gestützt auf die eben durchgeführte Untersuchung, nur das Mittel aus den drei innern Ringen nehmen « = 8» 28'-2 dies verdoppelt, gibt 2a == 16» 56'-4 das ist den scheinbaren Winkel der optischen Axen, der noch mittelst des Brechungsverhältnisses auf seinen wahren Werth zu reduciren ist, Av elcher sonach A = 80 6'-2 wird. Die Methode, deren ich mich hier bedient habe, darf zwar auf Kürze keinen Anspruch machen, indem es dabei wirklich weit mehr Rechnungen gibt als bei dem gewöhnlichen Verfahren, dagegen wird man derselben die Evidenz nicht absprechen, welche daraus entspringt, dass dasselbe Resultat gleichzeitig auf mehreren ähnlichen jedoch unter einander unabhängigen Wegen, deren Sicherheit selbst wieder in der angedeuteten Weise zu prüfen ist, gesucht wird. Vergleichen wir nun das Ergebniss dieser Messung mit den auf Seite 1 aufgezählten Angaben, so wird man sogleich einen Umstand wahrnehmen, der auch über die Verschiedenheiten in den Winkeln der optischen Axe mittelst der Kaibenriiige. 04 Ji dieses Minerals Aufschliiss zu ^eben scheint. Herr von Haidingei* fand 7» 37' mir ergab sieh, reducirt auf das Breehungsverhältniss, 8« 6'-2 nicht reducirt 160 56-4 und B e u d a n t 17« 30' OlTenbar ist die letztere Angabe ein nicht weiter reducirtes Messungsresultat. Reducirt man ebenso die Angabe Beudant's für Weissbleierz, so wird diese gleich 8*'22'*4, und differirt von der von mir gegebenen Grösse um 16'-4, so dass die, wie es für den ersten Augenblick schien, überraschende Verschiedenheit der von Haidinger und von dem französischen Mineralogen gegebenen Axendivergenz auf 4ö'*4 zusammenschrumpft. Versucht man dieselbe Ansicht auf die Angaben für den Anhy- drit anzuwenden, so näbert sich der Winkel, den Brewster angibt, bis 22' dem Bio tischen. Es bleibt dann freilich noch immer eine ziemliche Differenz zwischen diesem und dem von Miller gefundenen ; da aber die Methoden, welche von den genannten Gelehrten angewendet wurden, so verschieden sind, so ist eine Vergleichung ihrer Angaben weniger möglich als dies bei den übrigen der Fall ist. Hat ja auch Rudberg für den Arragonit (// = 20» 25' 6", B == 19» 44' 40") und farblosen Topas {H = 54» 54' 0", B = oo» 51' 58") Werthe bekommen, welche von den von Brewster (Arragonit =18° 18', Topas = 65») und Biot (Topas = 64» 14') gegebenen ziemlich abweichen, welche Beispiele sich leicht noch vermehren Hessen. Bedenkt man aber, wie schwierig es oft ist, ganz richtig ge- schnittene Platten zu erhalten, welch' sonderbare Unregelmässigkeiten in der Structur der Krystalle vorkommen, die nur im polarisirten Lichte in die Erscheinung treten, wie unsicher die Messung ist bei dünnen Platten, wegen der grossen Ausdehnung der Ringe und der dartius re- sultiren den Unmöglichkeit die Mittelpunkte oder Ränder genau zu mar- kiren, bei dicken wegen der nicht ununterbrochenen Homogenität der Materie, so wird man die gebliebene Differenz gewiss unbeträchtlich 946 Grailich. Bestim, d. Winkels il. optischen Axen mittelst der Farbenringe. genug finden , um die hier versuchte Erklärungsweise zu adoptiren. Die merkliehen Veränderungen, welche unter meinen Augen durch die Wärmestrahlen einer Weingeistlampe hervorgebracht worden, zeigt wie nothwendig es ist auf die Temperatur während der Beobachtung Rücksicht zu nehmen, selbst wejin man nicht in der feinen Weise R u d b e r g s verfährt. Zum Schlüsse fühle ich mich gedrungen, meinen verehrten Lehrern, den Herren Professoren Seh rotte r und Leydolt für die Anregung zu dieser Arbeit, so wie für die freundliche Unterstützung, welche sie der Ausführung derselben angedeihen Hessen, meinen wärmsten Dank auszusprechen. Geschäftsbericht der k. k. Central-Anstalt. 947 GESCHÄFTSBERICHT der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. lui Deceuiber 1852. Eingegangene Beobachtungen: Vom Herrn Dr. Kr zisch aus HoUitsch. November 1852. Vondemk.k. Telegruphenamte in Adelsberg. November 1852. Vom Hrn. Dr. Soucha aus Zavalje. October 1852. Vom Hrn. Dr. S t r o p n i cki aus Strakonitz. November 1852. Von der Sternwarte von Senftenberg. October und No- vember 1852 mit Autographenzeichnungen. Vom Hrn. Dr. Krzia aus Saybusch. November 1852. Vom k. k. Telegraplienamt in Laibach. Novendjer 1852. Vom k. k. Telegraphenamt in Graz. November 1852. Vom Hrn. Cooperator Aichholzer in Obergörjach. No- vember 1852. Vom k. k. Telegraphenamt Mürzzuschlag. November 1852. Vom k. k. Telegraphenamt Cilli. November 1852. Vom k. k. Telegraphenamt Oderberg. November 1852. Vom Hrn. Pfarrer Klopps in Wallendorf. November 1852. Vom Hrn. Prof. Hlavaczek in Leutschaii. November 1852. Vom Hrn. Dir. Bayer in Schössl. November 1852. Vom Hrn. Prof. Columbus in Linz. November 1852. Vom Hrn. Beneficiaten Hartmayr in Kirchschlag. No- vember 1852. Vom Hrn. Prof. Lurtz in Kronstadt. November 1852. Vom k. k. Telegraphenamte in Olmütz. November 1852. 2. Dec 3. r> 4. n 4. v> 5. r> 5. r> 6. » 7. r> 8. n 8. n 9. n 10. » 12. n 12. n 13. « 14. n 14. n 15. w 16. « 948 Geschäftsbei-icbl der k. k. Ceiitral-Anstalt. Von der k. k. Sternwarte in Krakau. November 1852. Vom Hrn. Prof. K ö n i g s b e r g e r in Salzburg. September und October 1852, mit Autographenzeichnungen. Vom Hrn. Dr. Rohrer in Stanishui. November 1852. Vom Hrn. Dr. Soueha in Zavalje. November 1852. Vom Hrn. Apoth. Spilimann in Aussee. November 1852. Vom Hrn. Oberbergsehaffer v. Roit.hberg in Alt-Aussee. November 1852. 17. Dec 20. j? 21. n 22. w 25. n 25. w \er/.oiclini!5S der einfjegaiigencii Dnickschfil'teii. 1)40 VEßZEICMISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (December.) Academie R. Belgique , annuaire 1852. — Bulletins. T, 18. 2. 19. 1, 2. — Compte-rendu des seances de la commission R. d'histoire. T. 3. 1, 2. 4. 1, 3. — Memoires. T. 26. — Memoires couronnes. T. 24; 4"* — Memoires couronnes et memoires des Savants etrangers. T. 5, 1 ; 8«- Accademici della Crusca, Vocabulario. Fase. 7. Akademie, k. preussische, der Wissenschaften zu Berlin. Monats- bericht. Nov. 1852. Akademie k. , der Wissenschaften zu Stockholm. Abhandlungen 1850. 1, 2. — Ucberftc^t ber 3Serf)anbIungen. 1851. (Sn fc^iüebif^er S^vac^c.) Annales des Mines. 5. Serie. T. I, livr. 1 — 3. Söäx, ^ermann, biplomatifc^e ®ef(^td)te ber ^hui ^hnbaä) im öll^eingau. 3m Sluftrage beg 9Sereine§ für S^laffauifc^e Otltert^um^funbe unb bearbeitet üon g. $abe(. ^ft. 1—3. 3Öieg6aben.l851 ; S"- ßellynck, A. , Catalogue des cryptogames recueillies dans les environs de Namur. Bruxelles s. d.; 8<'- Hohe man, C.H., Ärsberättelse om framstegen i insekternas, Myria- podernas och Arachnidernas Naturalhistoria. Stockholm 1852; 8«- aSurtf^arbt, ^atob , (Srjbifc^of 5tnbreag »on Ärdn unb ber te|te ^onciimxfuä) in SSafel 1482—84. SSafel 1852; 8"- — ^ie 3eit ßonftantin'ä be§ ©ropen. SSafel 1853; 8»- Sltzb. d. mathem.-naturw. Cl. IX. Bd. V. Hft. 63 950 Veraeichniss der Cibrai-io, Liiigi, Studi storici. 2 Vol. TorinoiSSl; 8«. — Cenni sulla condizione delle finanze dal 1847 a tutto il 18S2. Torino 18S2; 80' (S;f)rtftiania, Unttierfttätöfcfjriften au^ bem ^a^xt 1851. Le Ca IUI, L. R., Nouvelles etiides sur le sang. Paris 1852; 8"- Dudik, B. , Forschungen in Schweden für Mährens Geschichte. Im Auftrage des hohen mährischen Landesausschusses im Jahre 1851 unternommen und veröffentlicht. Brunn 1852; S*** Edlund, E., Berättelse om framstegen i Fysik. Stockholm 1851 ; 8o- Gachet, Emile, Table generale du recueil des bulletins de la com- mission R. dMiistoire de Belgique. Serie I, T. 1 — 16. Bru- xelles 1852; 8o- Gaupp, Ernst Theodor, deutsche Stadtrechte des Mittelalters, mit rechtsgeschichtlichen Erläuterungen. Bd. 1 — 2. Breslau 1851 —1852; 80- Hartmans dorf, Aug. v. , Tal, om Sambandet och växelverkan mellan Näringarne, Kyrkan och Samhället etc. Stockholm 1852; 8«- Instituut Hollandsch van Wetenschappen etc. Verhandelingen der Eerste Klasse. T.l— 4. 6, 7. 3. 9, 10. Amsterd. 1812— 45; 4»- Instituut k. Nederlandsch van Wetenschappen etc. Nieuwe Ver- handelingen. Th. 12. 13, III. Reihe. T. 1,2, 3. i, 2, 3. 4. Amsterdam 1846—51; 4»- — Jaarboek 1847—50. Amsterdam 1847—50; 8'>- — Tijdscbrilf voor de Wis-en Natuurkundige Wetenschappen etc. Th. 4, Nr. 1-4. Amsterdam 1851; 8«- — Het Instituut, of Verslagen en Mededeelingen etc. 1841 — 46. Amsterdam 1842—47; 8o- ^iel, Un{t)erfttätgfd)i'tften aug bem Sa^ve 1851. Kraijenhoff, Precis histor. des Operations geodesiques et astro- nomiques, faites en Hollande, pour servir de base a la topogra- phie de cet etat. Haye 1817; 4o- Lombardini, Elia, Dei cangiamenti cui soggiaque Tidraulica condizione del Po nel territorio di Ferrara. Milano 1852; 4"- Loven, S., Berättelse om framstegen i Molluskernas, Crustaceernas etc. Naturhistoria. 1845—49. Stockholm 1852; 8«- Morren, C, , Lobelia ou recueil d'observations le Botanique et specialment de Teratologie vegetale etc. Bruxelles 1851; 8"* eingegangenen Druckschriften. 9S1 Morren. C, Palmes et Couronnes de rhorticulture de Belgique ete. Bruxelles i851; 8«- SiJJavburg, Unitoevjttätgfcf)viften au^ bem ^a^u 1851 — 52. Orityd, C. G. , Verhandeling over het verschil tiissehen de alge- meene grondkrachten der Natiuir eii do Levenskracht. Amster- dam s. d.; 80- Nathhorst, J Th. , Landtbruket fön* och nu etc. Stockholm 1851; 80- Pasch, G. E., Ärsberättelse om Technologiens framsteg etc. 1847—48; Stockholm 1852; 8«- Quetelet, sur Telectricite de l'air etc. Bruxelles 1852; 8o- — Siir le Climat de la Belgique. T. I, Part. 1—5. Bruxelles 1849—52; 4«- Reichsaiistalt, k. k. geologische, Abhandlungen, Bd. I. Wien 1852; 4«- SocietasR. scientiarum Upsaliensis, Nova Acta, Series III, Vol I, fasc. Upsaliae 1851; 4». Society R. of Edinburgh, Proceedings Vol. II, Nr. 40 — 42. — Transactions Vol. XX, p. 3. Society chemical, quaterly Journal; Nr. 19. Staffier, ^vanj ^tug., aShtmenlefe im ©arten be^ Sid)teg. :3nngbrucf 1853; 4«- Svanberg, L. F., Ärsberättelse om framstegen i Kemy 1849 etc.; Stockholm 1852; 8o- SBeretn für naffauifc^e ^(tert^um^funbe , S)?itt^eilungen. 0ir. 1 — 4. SeBie^&aben 1851; 8»- — ^Innalen, iBb. IV, $ft. 1, 2. Sieäbaben 1850; 8»- — Denkmäler aus Nassau. Wiesbaden 1852; fol. Verein, naturforschender zu Riga, Correspondenzblatt Nr. 9 — 12. Wackernagel, Wilh., das Bischofs- und Dienstniannenrecht von Basel in deutscher Aufzeichnung des XIII. Jahrhunderts. Basel 1852; 4». Wharton, Jones, discovery that theVeins of the ßatsWing etc. re- endowed with rythmical contractility etc. (Philos. Transact. 1852); 4*>- 2 Exemplare. Wikström, Job., Ärsberättelse om Botaniska Arbeten etc. 1849. Stockholm 1851 : 8o- 63 952 Verzeichniss der eingegangenen Di'uckschi-ifteu. Zejszrier, L. , 0 wzglednym wieku piaskowca karpatowego i ogniwach wchodzacych do jego skladu. s. 1. a. t. d. — Opis geologiczny pokladu siankiw swozzowicach pod krakowem. — Opis skal plutonicznych i przeobrazonycli wraz ich pokladami metalicznemi w Tatrach i w posmach przylglych. I.'.' SHiiM'ldcr . Der K.irinITrI |]|;itt.s.iii';Vi- l'sylti Solaiii ItiliciDsi Scliiicidcr ('ic;i(l,i ( T\ [ililocvli.i ) NdJ.iiii Inliii'dsi Kdll.ir. ' V \utiir/u-hc Grosse .Sitz(m;!>'sli i\n kk Hui rnul Sl,„.lsilru.i'( .Sit/iiu^.sli d k Ak.id (I W iii.itli iijituru (I l),| IX.IJIefi l,~S.V.'. l(liii*».slKMis<»ii.RMi(r;i«)"x.iir lossilcii Floiv» von Wililsliuil Tal'. T\. 5ez Trtm. J.läjuß 'j£. '^ \a:, (lpr I. k Hof niifl .SlaalsKrnflarei. Sitzmiusl. (1 i- Ak;.(l . (I . AV. iimtli n;.lunv Cl Kd.IXM Hffl. l.S.V?. r.KiiiLvslKiUNcii rM'i!i;(0'/.iir lossilci! Vluwi voiiWildsliiilli 'r.il'. \ X '.ii,'. ilrr K k Ifui und M-i.-ii.Mtnjikfroi /?y. / '■'. /Jotnbiyop.Hx t/ni/nhfhJi/f f /f// Silziniö.sT) a k .AUaa (1 ^V. miitli.iiaimw fl Bd.I.X , IHcfl IN V .SN -^ ^ — ' — # ^1 0^' 'ä -^ -d 1^ 03 K ^-^ c ^ '-OÜ 1 ?-( CC -t-^ ^ ^ )^ Sw y: S r-' t;;; ^ r^ VI -d b c^ ^ — =3 ^ 5-; ^ r« T s - X TA/i.XJl^ £■ ff(xyer a^ tü«^. Jel . PUoeotlirips . Burm : Thrips L . Phys apus D. &. L at : sp- anJeata Tai.- Ja"hrgangl85^. Mupierd. aiisJer i. i. JSa/- u . Ji^aatsjrucierei . TAB. XV. £>■ tie^ac/- aJ. not. del . Pliloeotlirips. Biimi: Thrips. L. Pliysapus D. G.Lat : sp. JJlmi . Fab: I' cortids. J). G-: ? Jahrgang 1852. Kup/erd. attsJerJ:. i.. So£-w. <^iais^rueJie, TAB. xn. E. Htiyrr a. äd- . Ttirips.Burm: Thrips . L : Pliysapus. D. fr. Lat sp: UUcis. HaMdy .■ JaTirgang 185^. ^Mpferd. aus der k. h. Mif-io. Staatsäriicke, TAn Y7Y £ ffe€^er aJ- /lat AtL . Thrips. Burni: Tlirips. L: Pliysapus.D. G. Lat: sj): pAalerata Iffalid : Jahrgang 185^. KipürJ. alcsJeri-iFaf-a StajttsJruji^ra^. TU .\.\. A^ ■^//^y v/y//'//////lll!^'^ Willilß'^ .M('I;iii(iiliri().s Ijiiiii! Tri|),s I,, riiv.sajni.s \) \\ . I,,il Sji ,>/>,■,„ M.ilnL TJB.XXI. ^- Beyer ad not. lel . Aeolotlirips.Halid: Tlirips. L. Pliysapus.D.&.Lat sp: £tsciata D. G.- Jalir^aiigl852. .7-"^ Mip:&rd. ausder}^.J:.Mat-y. Stiatsdrudei T/JB. XM- NVNx.; ^ See^a- ad Tizct dd . Aeolotlirips.Burni: Thrips . L . Pliysapus. D. G. L at : ip.vittata^. ßaMd-. Jalirgang 185^ . Äufiferd ans derJi h ffo£-u. Stitatsdrtcc^oi TM'.XX///. Iiriii.o 1.. JMiysapus i)Hi Lal Jahrgang 1852. Iithn aeärmd'k'klfoC-u Staats -Druckerei ^ Vlai'ovir. .Memoria dcll' a|»|)iii(M'(lii(i scssiialc ilc' iiMiiioirciiii. lal'.WIV. F{^/. «. D. / .\us 2. Vlacovii'. IVll ;i|»|):ireri!in) scssiialf de iiiondln'ini. Taf. XXV. ffS 9d B B' ^ A' öez.J/BortolnsEi All-, an k k I1..C mi.l Slaals.lnnk.. Sharnis-sV d. k. Akad. d.W luatJi. i.a«..r» Tl. Bd. [X I llet(. 1X52. Ilcr.u,«'!-. N.i(iii\i;Vscln(lii(' ii licsclii'cihiino- dn IIiIik» fit- nr. TjT.WVI. xy^ 11h 9.a I'iff /-/'S /)ilin< ///t/fr/ Ans (Irr k k Huf iiiiH SUMlvdnickcm. Silziin.^-sli (I. kl Ak.iil (I W iM.illi ii.itmw ( I IXIMlIIcfi l.S.Vj. ll(M'i;«'r. X.iiur.uc.^^tlinlilc ii lii'S(lii('ilMiii,u des ^ll|■|lll\^^l|l^ cir. Hr. 'IViT. \XVI J% Por/iJitlio/is /hsn/)(S .Mtitf. Alis ilci k k Mdl itnil Sl.iiil.silnukiTri Sil7.ini;isl) il k. Akad. .1. W. mall. ii.Mui« Cl IX li.l , J Heil IH.'.-'. ll(M'«»"rr. .Viiiii'vcNcliicIilc ii IJcsrliiciliiiii;'' der ('occiiicll.i.ciccic Tal. \.\\ 9a ) . 3 H IIa. JtO /3 1% t)ff. J - J.) ('<>r- /nunfiifti /'///r .lii> der k Ii Hot- riiiil .Si.i.iisdnickfrt'i Siiziiii'jsli (l k.Ak;i(l.(i W" iiialli ii.itmw (1 IX lid J.llefi IN.V2. lhT»er. \aun;»('siliiclil(' u.lU'Sclin'ihuiv^ der ()|tusi<"«ii eir elr Tal" .\\1.\. Ojio.s/cijti ( PIn/lloanfrs- > Tnniii/fl/(f /' //. Aus (i*r k k H»f und Suialsilnickerpi Sil/uiiosl) >:.:f! Iiü; von Hiunitscli Ans dpi- U.U. Hof iiiul NMiiisdriiikiTci SiUnii«i.sb. d k .\li;id «1 W. iiiaUi. naiiirw -i^^j V^l;/ ff /'///. //. r ;:? Aiix (IciUU Huf »ml Si....i»i\iii.UiTii. .1. Nfhabiis. KrYslalUbniHMi des Kaloiutis. Taf. XXXIV. SiizTin«ish.d k. Akad.d W. matli. iiaiiirw (1. Bd. H, 2. Heft. 1852. J. Schalnis. KTvstallt'ormeii des Kalomels. Taf.XX\'V Fig. 6 Fni.-y /)/r(j/('f //rn/o: Aiu der k k Hol'.. ,Sl.,:il!.l.urllc- Sitzuntfsb d k Akad. il. W. inaUi naturw (1. IX U :< tlel't IR.Vi |(M"»or. r>»Mlr;\j»r /.iir liiscdcii Kiniiii OcsUm it'iclis. Tal'.XIi niJr'f'fllhrif's- hi/iiuttfris Herr///: \,,t der k U Mul .. SIn.ilsai-l.rke Silzims!-.sl> s m4Jffatufsurui Halli/hiji/. SiUun^sb .1 k Ak;.d d W matli naiurw CI IX I! S Heft l«.5? Sdiiiiidt. Neue Fihabdocoelen.etc. Taf. XLIV. f,f//. Ans der k k Hüf und Staats Jruckerti. 2 Com^ohf/r, Bü'.un^ii ^ ProJhj;,mfu /U/Arn Sit!^ung\sl). (Ipr k .\kad d W. matli jutt.irw. Q. Bd. DC, 3. Heil. 185^. S( limidt. Nene ElialxlocoeJen etc, Tai: XLV. />•// ö. OO py Fi^ &. I - .■...riiniiy*t**J^i'- />y. Z iijTiiTmwTnrp.|,r„^: .''•'■-'-.„, '-"/// --^v''^ \ '- Alls der kk Hofunri Sta.'ilsdnickpi-ci 7- Voriejc rei7rif//'/yMs Sitzwigsl). d.k.Akad dAV^malliiiatinw CI. Bd. IX. 3. Heft 185*1. 6'. VorfT'jf ßt^rfeder/^. Siiimidt. ^fue Rhabdocoelen etc. Taf. XLVI. .'JA. /•'/// M />//. //. .0 ,f ....^-„«^^IBjfev^j^ fim Fif/. /2. Ausdi'T kk.Kof-iini] Staat,sdruckerei. ff Afe/ö/fomi/j?7 /e/ifir/ilaüun. Sitaungsli d k Afcad. d W math naturw (1 Bd. IX, 3. Heft 185^ Schmidt. Neue liliah'doroelen otc Fig./ 3. Tat; XLVIl. /■'/'(/. /./. ^^^^^'^^5;:^ v:.v.:.; ; A z ^„ Ausdn-kk.Hof undStaat*Jni.k?rii /3. Tripon^ftomum sefi/fenw, ^^ S'chi\o//?wa ucmmja. M. Orfho-slomum .üphßnnph«rum. /^ Meßxtomu/ti la/i/micum /; S'faw/füiinnii f-ornr^nse Sltzim^sl). .1 k Aka.1 il W matli, r, .•.!.. rw CI Bd.]X,;i..llefl 18D'^ (".\ lilliinisliaiiscii. Icliprdic ( .ihimilcii. i;-.r XLViu. ■^■■f^S^K ^^ t"*l^ .,j,is ,.aln.w fl B.I.X 3 Heft. 1«.V>. / ('.v.KlIiiis'sliaiiscn. \'A)n dir lalümilen Tat; LI. m All» il. k k l|.,i ,l,^l..acs.l!■,l^k.■ „|/,Mn-.-a ,1 k. \k.Ml ,1 W n...ll, n.il.ii'u U. IM\ :'■ H.'!' i;!.V.> llrcoVr. IWilrnoi- zur \;iliii'io.s«linlilc dci liisctlcii. ,11.11. /-/*/. /.-.; f'lilito'.ntj-fi (ilhirrpy ffrif/. SiUiui^isb.d.k.Ab.l .1 W ,.i..th n,.lunv ri LVi;.L4.ilrn. IS.VZ. .\„.« J.l.k,il..r.n SMalMllM.kHl liM'«i('r. lifiliM^i" zur .\.iliii';('silii(lili' ilcr Inscih T.i! i.in. Ihj. /-./. .V()li/>/ii/f/ fliuxolii Ifflf/. .\„. II kk.Ilol'- .■>!., .Vil/,..».ixl: .1 k Ak.,i il W m.dli.....in:.. II !\!i,l -m-'O I^VJ Hpopor. Boilivigi' zur .\.itiir;irsc!iiclil(> der liiscchMi. c c i' ''\ Fuf. Id. llro\(ii>lnih( ifi(vir(jus .1 k.kjliil II .Sl.i«l«(iru.ki' SilT.nM.M, ,1 k \k,i.l.il\V nwilli iMlurw (1 IX.l'.a 4Hen IH.V.' HeooVr. Heitiäöo /.iir .\;ilur<_M\scliuhlr du' ItisecUMi LI". W i "•/.' /' f'n/.l .i.HninroHroinia fcniorahi Iktuf A,,.. Jl. k H„lu.SWl«l» a.k.Vk.ul.dW jn.ill. n,it,irw(l L\B<1 4ll.-n IS.i'i. >■ ^ a e.V. IvllilliJüjil.'Ul.s«'!! r«'!»cr io.Nsili' l'r(»(«';trc«'i hi.ww All. .I.k k llnl' .. Sl.ijU.lni.Lrr,. Ay /' y . Dri/a/i(/ r(4 m fffiloha f.U ^'f/-^- ff'i^'if ('<'ri/itiri /:// .Sllzini.isl.jl k ALmI (I\V iii.ll). llHll/^^ llßl\ lllrh ll).,'; e.V. Klliii<£sh:ilisni. I < lin rossili- l'ioh ,ii c.'n l.il l\!I! AiK >a k IIa' M M.l.'loInMLrr'i. Hpuolin . RtM.velKMicIil ;hi.s K.irtuiu LIM IX U VI) "" "'" " ''^%l>jl)t> Dar ,Sfli«ikif^^oK.)ii i o-iiubukol \fW ' i2 : %•»««» '»'11 V"^ mMiii>. yB.\bu(irra(l .i/,<."iB*.VA1)u Seal ./v. ^|i'to«;| v'V,. >«, KARTE dfl (lilrtlcn K;ii;iv;iiicii Nlr.issi' von Ab dorn ludi Kartum (P:uli el lofiani) W WadilTluiU B.' Bir. iBniiuipii) Tifhtime der Thiiler Kar.ivaiien-Slr.i sspii .': '■''7' W.-Uaras V ^.^-■-!e^^■ •^" »"«.Kim Cx y^ ^^ Giimraet S/ .-^ ■■■• i^- D*» ' ■ 'Ätiaser fcbra El Ooos }>;.' l'.'H)sl von 1'., Alis ilnkklli.lMSl.MlsdnMkfm, Silzunusli (l.lv Ak.n1.il.\\'.in,illi.ii;iliir\\.('l 1\ liil .iHcIl IS.7'.' ^ I Druckfehler im WW Bande, 5'- Heftes, Seite 595. Zeile 1 von oben, statt: incrinlrteti V 2 ,, „ ,, So ,, 5 ^ „ „ Astacces „ 5 „ „ „ Nephrop's n 5 „ „ „ Homanus „13 „ ,. V, Enoplaelytiae lies; mitunter. Es. Astacus. Nephrops. Homarus, Enoploclytia. Im IX» ° Bande, 3'^" Heftes, Seite 712. Zeile 22 u. 23 von oben, statt: Mittelpunktes tragen, lies: Mittels übertragen. ^.>^ -"V- -.y^-'^- 1-1 'i^ 1^1 \, i- ^^i,,^- ..^ m^-L i4rti...J!-. ^4iil