V:l- 4» f tV & ~ > ■-v %V* 4;& '^ *s • f .:V\< >*^ '^ *S W 8*»-*' »t ^y k F Htr'^S ' ^ V -OK . ***f(U n * ■ja £ 4P' *-fcv HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. jJJjukjlS, tqtri SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. HUNDERTACHTER BAND. KO— ^«>— 0-»- WIEN, 1899. AUS DER KAISERLICH- KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREi. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. I SITZUNGSBERICHTE DER MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN CLASSE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. CVIII. BAND. ABTHEILUNG I. Jahrgang 1899. — Heft I bis X. (MIT 15 TAFELN, 7 KARTEN, 2 KARTENSKIZZEN UND 9 TEXTFIGUREN.) WIEN, 1899. AUS DER KAISERLICH -KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. JUN 3 1901 I N H A LT. I. Sitzung vom 5. Jänner 1899: Übersicht II. Sitzung vom 12. Jänner 1899: Übersicht III. Sitzung vom 19. Jänner 1899: Übersicht IV. Sitzung vom 3. Februar 1899: Übersicht V. Sitzung vom 9. Februar 1899: Übersicht VI. Sitzung vom 16. Februar 1899: Übersicht VII. Sitzung vom 2. März 1899: Übersicht . VIII. Sitzung vom 9. März 1899: Übersicht . IX. Sitzung vom 16. März 1899: Übersicht X. Sitzung vom 13. April 1899: Übersicht XI. Sitzung vom 20. April 1899: Übersicht XII. Sitzung vom 4. Mai 1899: Übersicht . XIII. Sitzung vom 12. Mai 1899: Übersicht . XIV. Sitzung vom 18. Mai 1899: Übersicht . XV. Sitzung vom 8. Juni 1899: Übersicht . XVI. Sitzung vom 15. Juni 1899: Übersicht . XVII. Sitzung vom 22. Juni 1899: Übersicht . XVIII. Sitzung vom 6. Juli 1899: Übersicht XIX. Sitzung vom 13. Juli 1899: Übersicht . XX. Sitzung vom 12. October 1899: Übersicht XXI. Sitzung vom 19. October 1899: Übersicht XXII. Sitzung vom 3. November 1899: Übersicht XXIII. Sitzung vom 9. November 1899: Übersicht XXIV. Sitzung vom 16. November 1899: Übersicht XXV. Sitzung vom 30. November 1899: Übersicht XXVI. Sitzung vom 7. December 1899: Übersicht XXVII. Sitzung vom 14. December 1899: Übersicht Seite 3 ' 5 6 11 14 16 21 23 25 29 227 231 431 471 475 491 493 533 536 605 610 687 711 735 737 801 802 Becke F., Optische Orientirung des Anorthits vom Vesuv. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 20 kr. = 40 Pfg.] 434 Brauer F., Beiträge zur Kenntniss der Muscaria schizometopa. [Preis: 35 kr. = 70 Pfg.] 495 Enderlein G., Die Respirationsorgane der Gastriden. (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 70 kr. = 1 Mk. 40 Pfg.] 2X5 VI Seite Fuchs Th., Der Giesshübler Sandstein und die Flyschgrenze bei Wien. [Preis: 5 kr. = 10 Pfg.] 612 Hoerttes A\, Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XIII. Bericht über das obersteirische Beben vom 27. November 1898. (Mit 2 Karten.) [Preis: 55 kr. = 1 Mk. 10 Pfg.] 443 Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XIV. Bericht über die obersteirischen Beben des ersten Halbjahres 1899 (zumal über die Erschütterungen vom 1., 7. und 29. April). (Mit 3 Karten und 2 Kartenskizzen im Texte.) [Preis: 1 fl. 5 kr. = 2 Mk. 10 Pfg] 617 Jäkowatz A., Die Arten der Gattung Genliana, Sect. Thylacites Ren. und ihr entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang. (Mit 2 Karten, 2 Tafeln und 1 Textfigur.) [Preis: 75 kr. = 1 Mk. 50 Pfg.] 305 Mazellc E., Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XI. Die Ein- richtung der seismischen Station in Triest und die vom Ilorizontalpendel aufgezeichneten Erdbebenstörungen von Ende August 1898 bis Ende Februar 1899. (Mit 8 Text- figuren.) [Preis: 50 kr. = 1 Mk.] . . 357 Mojsisovics E., v., Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. X. All- gemeiner Bericht und Chronik der im Jahre 189S innerhalb des Beobachtungsgebietes erfolgten Erdheben. [Preis: 1 fl. 00 kr. — 3 Mk. 20 Pfg.] 33 Molisch H., Botanische Beobachtungen auf Java. (IV. Abhandlung.) Über Pseudoindican, ein neues Chromogen in den Cysto- lithenzellen von Acanthacecn. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 35 kr. = 70 Pfg.] 479 Nestler A., Zur Kenntniss der Wasserausscheidung an den Blättern von Phasci'his multiflorus Willd. und Boetimeria. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 30 kr. = 60 Pfg.] 690 Pelikan A., Die Schalsteine des Fichtelgebirges, aus dem Harz, von Nassau und aus den Vogesen. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 95kr.= l Mk. 90 Pfg.] . 741 Rdthay /*"., Über eine Bakteriose von Dactylis glomcrala L. [Preis: 5 kr. = 10 Pfg.] • 597 Schardinger F., Entwicklungskreis einer Amocba lobosa (Gyinna- moeba): Amqeba Gruben'. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 35 kr. = 70 Pfg.] 713 Sri,// /•'., Mittheilungen der Erdbeben-Commision der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XII. Übersicht der VII Seite Laibacher Osterbebenperiode für die Zeit vom 16. April 1S95 bis Ende December 1898. [Preis: 35 kr. = 70 Pfg.] . 395 Steindachner F., Über das Vorkommen von Gaslerosletts platygaster Kessl. im Stromgebiete der Donau. [Preis: 5 kr. = 10 Pfg.] 539 Siebenrock F., Über den Kehlkopf und die Luftröhre der Schild- kröten. (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 70 kr. = 1 Mk. 40 Pfg.] . . 563 Zukal H., Untersuchungen über die Rostpilzkrankheiten des Ge- treides in Österreich-Ungarn. (I. Reihe.) [Preis: 20 kr. = 40 Pfg.] 543 JUN 3 1901 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. I. BIS IV. HEFT. JAHRGANG 1899. — JÄNNER bis APRIL. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBUST2 ,'i:F MtNIZ^ALOCIF, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DLR PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. WIEN, 1899. AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN INHALT des 1. bis 4. Heftes Jänner bis April 1899 des CVIII. Bandes, Abtheilung- 1 der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe. Seite I. Sitzung vom 5. Jänner 1899: Übersicht 3 IL Sitzung vom 12. Jänner 1899: Übersicht 5 III. Sitzung vom 19. Jänner 1899: Übersicht 6 IV. Sitzung vom 3. Februar 1899: Übersicht 11 V. Sitzung vom 9. Februar 1899: Übersicht 14 VI. Sitzung vom 16. Februar 1899: Übersicht 16 VII. Sitzung vom 2. März 1899: Übersicht 21 VIII. Sitzung vom 9. März 1899: Übersicht 23 IX. Sitzung vom 16. März 1899: Übersicht 25 X. Sitzung vom 13. April 1899: Übersicht 29 Mojsisovics v., E., Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. X. All- • ' gemeiner Bericht und Chronik der im Jahre 1898 innerhalb des Beo'bashtungsgebietes erfolgten Erdbeben. [Preis: 1 fl. 60 kr. =?= 3 Mk. 20 Pfg.] 33 .. XI. Sitzung vom 20. April 1899: Übersicht §27 Preis des ganzen Heftes: 1 fl. 70 kr. = 3 Mk. 40 Pfg. JUN 3 1901 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. I. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. I. SITZUNG VOM 5. JÄNNER 1899. Erschienen: Monatshefte für Chemie, Bd. 19, Heft IX (November 1898). Se. Excellenz der Herr Oberstkämmerer Sr. k. und k. Apostolischen Majestät übersendet ein Exemplar der aus Anlass des 50jährigen Regierungsjubiläums Seiner Majestät des Kaisers geprägten Erinnerungsmedaille. Der Bürgermeister von Wien, Herr Dr. Karl Lueger, über- mittelt eine ebenfalls zur Erinnerung an das Allerhöchste Regierungsjubiläum von der k. k. Reichshaupt- und Residenz- stadt Wien geprägte Gedenkmedaille. Herr Dr. Fritz Blau spricht den Dank für die ihm gewährte Subvention im Betrage von 500 fl. zur Fortsetzung der Unter- suchungen über neue organische Metallverbindungen aus. Das vv. M. Herr Prof. Franz Exner legt eine in seinem Institute ausgeführte Arbeit des Privatdocenten Herrn Dr. M. Smoluchowski Ritt. v. Smolan vor, betitelt: »Weitere Studien über den Temperatursprung bei Wärme- leitung in Gasen«. Herr Prof. Dr. L. Weinek in Prag übersendet eine Ab- handlung, betitelt: »Berghöhenbestimmung auf Grund des Prager photographischen Mond-Atlas«. Herr k. und k. Hauptmann Paul Wostrowsky in Wien übersendet eine Abhandlung unter dem Titel: »Graphische Berechnung der Bewegungsgleichungen eines in einem Punkte gestützten starren Körpers, der von einer Kraft bewegt wird«. Herr Gymnasial-Supplent Karl Langer in Mödling über- sendet eine Abhandlung unter dem Titel: »Directe Con- struction der Contouren von Rotationsflächen IL Ord- nung in orthogonaler Darstellung«. Herr Regimentsarzt d. R. Dr. Isidor Aschkenasy in Fiume übermittelt ein versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität mit der Aufschrift: »Beschreibung einer neuen radicalen Heilmethode des chronischen Harn- röhrentrippers beim Manne«. Zur Erlangung des Baumgartner-Preises ist eine Ab- handlung unter dem Motto: »Scire, per causas scire (Bacon)«, eingelaufen, welche den Titel führt: »Differences d'actions de la lumiere ultraviolette sur les poten- tiels explosifs, statiques et dynamiques«. II. SITZUNG VOM 12. JÄNNER 1899. Das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht übermittelt ein Exemplar der Regierungsvorlage des Staats- voranschlages für das Jahr 1899, Cap. IX. »Ministerium für Cultus und Unterricht«, Abtheilung A, B und C. Die Societe mathematique de France in Paris über- sendet eine Einladung zu dem im Jahre 1900 zu Paris tagenden internationalen mathematischen Congresse. Das w. M. Herr Prof. F. Becke in Wien überreicht einen Bericht über den Fortgang der Arbeiten zur petrographischen Durchforschung der Centralkette der Ostalpen. Herr Dr. Berthold Cohn in Wien überreicht eine Ab- handlung, welche den Titel führt: »Definitive Bahnbestim- mung des Kometen 1853 1«. Herr Dr. Victor Hammerschlag legt eine im physio- logischen Institut der Wiener Universität ausgeführte Unter- suchung vor, betitelt: »Über die Reflexbewegung des Musculus tensor tympani und ihre centralen Bahnen«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Mazelle E., Meteorologia ed Oceanografia. Con autorizzazione ed a spese dell' eccelso R. Ung. Ministerio del Commercio e perincarico dell' inclitadirezione dellaR. Ung. Accademia Nautica di Fiume. Con 77 figure intercalate nel testo e 2 grandi carte. Fiume, 1898; 8°. Dufet H. Recueil de donnees numeriques, publie par la societe francaise de ph\Tsique. Optique. Ier fasc. Paris 11 III. SITZUNG VOM 19. JÄNNER 1899. Erschienen: Sitzungsberichte, Bd. 107, Abth. I, Heft VII (Juli 1898) und Abth. II. b, Heft VII (Juli 1S98). - Denkschriften, Bd. 66, II. Abth. (1898). Der Vorsitzende, Herr Präsident E. Suess, gedenkt des Verlustes, welchen die kaiserliche Akademie durch das am 18. Jänner 1. J. erfolgte Ableben ihres w. M. Herrn Hofrath Professor Dr. Karl Claus erlitten hat. Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Der prov. Secretär legt das im Auftrage Sr. k. und k. Hoheit des Durchlauchtigsten Herrn Erherzogs Ludwig Salvator, Ehrenmitgliedes der kaiserlichen Akademie, durch die Buchdruckerei Heinrich Mercy in Prag übersendete Druck- werk »Alboran« vor. Das k. und k. Reichs-Kriegs-Ministerium (Marine- See tion) übermittelt die für die akademischen Denkschriften bestimmten wissenschaftlichen Arbeiten über die von den k. und k. See-Officieren während der Reise in das Rothe Meer 1897/98 angestellten Beobachtungen. Das Elaborat besteht aus folgenden Abtheilungen: I. »Zeit- und Orts-Bestimmungen«, von k. und k. Linien- schiffs-Lieutenant Karl Koss. II. »Relative Schwerebestimmungen«, von k. und k. Linienschiffs-Lieutenant Anton Edlen von Triulzi. III Magnetische Beobachtungen«, von k. und k. Linien- schiffs-Fähnrich Karl Rössler. Die Bearbeitung des beschreibenden The iles ist bereits dem Abschlüsse nahe. Herr E. Kittl übersendet folgenden vorläufigen Beri ch t über die im Spätsommer 1898 mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften unter- nommene Bereisung des westlichen Bosnien und des nördlichen T heiles der Hercegovina. Herr Prof. Dr. Karl Fritsch legt eine Abhandlung vor unter dem Titel: »Beitrag zur Flora von Constantinopel. Bearbeitung der von J. Nemetz in den Jahren 1894 bis 1897 in den Umgebungen von Constantinopel gesam- melten Pflanzen. Erster Theil: Kryptogamen«. (Mit einer Farbentafel.) SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. IL HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE. ERDBEBEN UND REISEN. 11 IV. SITZUNG VOM 3. FEBRUAR 1899. Das Curatorium der Schwestern Fröhlich-Stiftung zur Unterstützung bedürftiger und hervorragender schaffender Talente auf dem Gebiete der Kunst, Literatur und Wissenschaft übermittelt die diesjährige Kundmachung über die Verleihung von Stipendien und Pensionen aus dieser Stiftung. Die Stadtvorstehung Korneuburg übersendet eine von der Stadtgemeinde Korneuburg anlässlich des 50jährigen Regierungsjubiläums Seiner k. und k. Apostolischen Majestät und des 600jährigen Stadtjubiläums geprägte silberne Erinne- rungsmedaille. Herr Heinrich Friese in Innsbruck dankt für die ihm bewilligte Subvention zur Herausgabe des V. Bandes seines Werkes: »Die Bienen Europas«. Herr Prof. Dr. Vincenz Hilber in Graz spricht seinen Dank für die ihm zur Fortsetzung seiner geologischen Arbeiten in Nordgriechenland bewilligte Subvention aus. Der prov.Secretär legt eine von Herrn Günther Enderlein in Leipzig eingesendete Abhandlung vor, welche den Titel führt: »Die Respirationsorgane der Gastriden.« Der prov. Secretär legt ferner folgende eingelaufene Abhandlungen vor: 1. -Über die Oktaederlage und die Ikosaederlage von zwei cubischen Raumcurven«, von Prof. Dr. Gustav Kohn in Wien. 2. »Chemische Untersuchung eines antiken Wasser- leitungskittes«, Arbeit aus dem chemischen Labora- torium der k. k. technischen Hochschule in Graz von Friedrich Dorn er 12 3. »Über färbende Bestandtheile des Amethysten, Citrines und gebrannten Amethysten«, Arbeit aus dem III. chemischen Universitätslaboratorium in Wien von Arnold Nabl. 4. »Über ein neues Spiegelmetall«, von Dr. Ludwig Mach, d. Z. in Jena, und dessen »Optische Unter- suchung« von Dr. Victor Schumann in Leipzig. Das c. M. Herr Director Prof. Dr. R. v. Wettstein über- sendet eine im botanischen Institute der k. k. deutschen Univer- sität in Prag ausgeführte Arbeit des cand. phil. A. Jakowatz, betitelt: »Die Arten der Gattung Gentiana, Sect. Thyla- cites Ren. und ihr entwicklungsgeschichtlicher Zu- sammenhang«. Der Obmann der Erdbeben-Commission, w. M. Herr Ober- bergrath E. v. Mojsisovics, legt die Beobachtungen vor, welche Se. Hochwürden Herr P. Fr. Schwab, Director der Stiftsstern- warte zu Kremsmünster, an den von der Erdbeben-Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in der Sternwarte zu Kremsmünster aufgestellten Seismographen bisher, insbeson- dere aber am 22. Jänner 1899, zu machen Gelegenheit hatte. Hiezu bemerkt Herr Oberbergrath v. Mojsisovics, dass die Erdbeben-Commission auf seinen Antrag beschlossen hat, die Leiter der vier Seismometerstationen zu ersuchen, allmonat- lich (in besonderen Fällen sofort) einen Bericht über die Beob- achtungen an den Apparaten einzusenden, welcher im akade- mischen Anzeiger veröffentlicht werden wird. Das w. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht folgende Arbeiten: 1. »Zur Grösse der Molekel«, von Prof. Dr. G. Jäger in Wien. 2. »Die magnetische Susceptibilität des Wassers«, von Prof. Dr. G. Jäger und Dr. St. Meyer in Wien. 3. »Über die Dissociation der Gase bei constantem Druck und bei Überschuss eines der Dissocia- tionsproducte«, von Dr. Rud. Wegs ch eider in Wien. 4. »Über die Dissociation des Wasserstoff methyl- äthers«, ebenfalls von Dr. Rud. Wesrscheider. 13 Das w. M. HerrÜbersanitätsrath A. Weichselbaum über- reicht eine Arbeit aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien, betitelt: »Über die bactericide Wirkung des Blutes bei Infectionen«, von Dr. G. Pierallini. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. F. Mertens überreicht eine Abhandlung mit dem Titel: »Eine assymptotische Aufgabe«. Das vv. M. Herr Prof. G. v. Escherich legt das 2. Heft des I. Bandes von Theil I. der mit Unterstützung der cartellirten Akademien der Wissenschaften zu München und Wien und der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen herausgegebenen Encyklopädie der Mathematischen Wissenschaften vor. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien für das Jahr 1896, 14. Jahrgang. Bearbeitet von Dr. Stephan Sedlaczek, Magistratsrath, Dr. Wilhelm Löwy, Magistratssecretär und Dr. Wilhelm Hecke, Magistratsconcipist. Wien, 1898; 8°. Carte geologique internationale de l'Europe, Livraison III contenant les feuilles A III, A IV, B III, B IV, CV,D V, D VI. Berlin, Dietrich Reimer, 1898. Gr. 4°. P.Angel Rodriguez de Prada. Pubblicazioni della Specola Vaticana. Fascic. I (1891), Fascic. II (1891), Fascic. III (1893), Roma. Volume IV (1894), Torino. Volume V (1898) Roma. Gr. 8°. K. k. Handelsministerium: Annuario Marittimo per l'anno 1899, compilato per cura dell' I. R. Governo Marittimo in Trieste. XLIX annuata. Trieste, 1899.8°. Philippi Georg: Landwirtschaftliches und Etwas für Alle. Selbstverlag, Berlin, 1898. 8°. 14 V. SITZUNG VOM 9. FEBRUAR 1899. Erschienen: Sitzungsberichte, Bd. 107, Abth. II. a, Heft VI und VII (Juni und Juli 1898). — Monatshefte für Chemie, Bd. XIX, Heft X (December 1898). Das w. M. Herr Prof. F. Becke übernimmt auf Einladung des Vorsitzenden die Stellvertretung des prov. Secretärs während der heutigen Sitzung. Der Referent der Erdbeben-Commission der kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften für das Gebiet von Triest, Herr Eduard M az eile, übersendet einen Bericht. Das c. M. Herr Hofrath Prof. A. v. Waltenhofen über- sendet eine Arbeil aus dem elektrotechnischen Institute der k. k. technischen Hochschule in Wien, von Friedrich Eich- berg und Ludwig Kallir, betitelt: »Über Lichterscheinun- gen in elektrolytischen Zellen mit Aluminium- und Magnesiumelektroden«. Herr k. k. Sections-Chef i. R. Dr. Josef Ritter Lorenz v. Liburnau in Wien übersendet einen vorläufigen Bericht über seine durch eine Subvention von Seite der kaiserlichen Akademie unterstützten wissenschaftlichen Untersuchungen über Flysch- Algen. Herr cand. med. Alfred Oberwimmer in Wien übermittelt einen vorläufigen Bericht über seine mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie unternommene wissenschaftliche Reise in das Velebit-Gebirge und die Exploration desselben in Hin- sicht auf die Malako Zoologie. 15 Das w. M. Herr Prof. Franz Exner legt vor: »Beiträge zur Kenntniss der atmosphärischen Elektricität. 1. Messungen des Potentialgefälles in Oberägypten«. Das \v. AI. Herr Director E. Weiss überreicht eine Abhandlung von Prof. Dr. G. v. Niessl in Brunn: »Bahn- bestimmung des grossen Meteors vom 20. November 1898«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. A. Lieben legt eine Ab- handlung von Dr. Adolf Jolles in Wien vor, welche den Titel führt: »Über die Einwirkung von Jodlösungen auf Bili- rubin und über eine quantitative Methode zur Be- stimmung desselben im Harn«. 16 VI. SITZUNG VOM 16. FEBRUAR 1899. Erschienen: Sitzungsberichte, Bd. 107, Abth. III, Heft VIII— X (October bis December 1898).' Der Verein österreichischer Chemiker in Wien übersendet eine Einladung zu seiner am 18. d. M. sattfindenden Plenarversammlung. Herr stud. ing. Paul Stiassny in Wien übermittelt einen von ihm erfundenen Winkeltheile r zur Theilung eines ge- gebenen Winkels in eine beliebige Anzahl gleicher Theile. Herr Privatdocent Dr. Anton Elschnig in Wien dankt für die ihm gewährte Subvention zur Anfertigung von Ab- bildungen zu seiner Arbeit: »Normale und topographische Anatomie des Sehnerveneintrittes des menschlichen Auges«. Der prov. Secretär legt eine Abhandlung von Prof. Dr. O. Tumlirz in Czernowitz vor, betitelt: »Mechanische Er- klärung der Verdünnungswärme von Lösungen«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. J. Hann in Graz übersendete eine Abhandlung von Herrn Eduard Mazelle, Adjuncten am meteorologischen Observatorium in Triest, welche den Titel führt: »Zur täglichen Periode und Veränderlichkeit der rejativen Feuchtigkeit«. Das w. M. Herr Prof. F. Exner überreicht eine Arbeit aus dem physikalisch-chemischen Institute der k. k. Universität in Wien von Dr. Egon Ritt. v. Schweidler, mit dem Titel: »Über die lichtelektrischen Erscheinungen« (II. Mittheilung). 17 Das w. M. Herr Hofrath F. Steindachner legt einen Bericht der Herren Dr. H. Rebel und Fr. Kohl über den ento- mologischen Theil der Anfangs Februar 1. J. hier angelangten Sendung des Mitgliedes der Expedition nach Südarabien, Herrn Prof. Oscar Simony, aus Aden vor. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Atlas photographique de la Lune, publie par l'observatoire de Paris, execute par M. M. Loevvy et AI. P. Puiseux. Planches du meme fascicule. Paris, II Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. III. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. 21 VII. SITZUNG VOM 2. MÄRZ 1899. Erschienen: Denkschriften, Bd. 65 (1898). — Sitzungsberichte, Bd. 107, Abth. II. a, Heft VIII (October 1898); Abth. II. b, Heft VIII -X (October bis December 1898). — Berichte der Commission für oceano- graphische Forschungen, VI. Reihe. Der prov. Secretär theilt ein von dem Leiter der Expe- dition nach Süd-Arabien, Prof. Dr. D. H.Müller, eingelaufenes Telegramm ddo. Aden, 27. Februar d. J. mit, dessen Inhalt zu- folge die Expedition der kais. Akademie nach ausserordentlich erfolgreicher Durchforschung von Sokotra wohlbehalten diese Insel verlassen und sich nach Kischin begeben hat. Im Anschlüsse daran verliest der prov. Secretär das folgende von Sr. Majestät dem Könige Oskar von Schweden und Norwegen eingelangte Telegramm: »Kaiserliche Akademie der Wissenschaften Wien. Herzlich dankend für Telegramm, spreche ich meine wärmsten Wünsche für ferneren Erfolg aus. Oskar.« Der prov. Secretär legt eine' Abhandlung von Herrn Adolf Ducke in Odrau vor, welche den Titel führt: »Die Bienengattung Osmia Panz als Ergänzung zu. Schmiedeknecht's ,Aphidae europaeae', Vol. II, in ihren paläarktischen Arten«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. J. Hann in Graz übersendet eine Abhandlung von Herrn Dr. Fritz v. Kern er in Wien mit dem Titel: »Die theoretische Temperaturvertheilung auf Prof. Frech's Weltkarten der altpaläozoischen Zeit«. 22 Das w. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht eine Abhandlung aus dem physikalischen Institute der k. k. Universität in Wien von Dr. Stefan Meyer, betitelt: »Über die magnetischen Eigenschaften der Elemente«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: K. K. Finanz -Ministerium: Tabellen zur Währungsstatistik. Zweite Ausgabe. Erster Theil. Wien, 1896—1899; 4°. Lueger, Karl, Dr.: Die Gemeindeverwaltung der k. k. Reichs- haupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1894 — 1896. Wien, 1898; 8". Goering,, A.; Über die verschiedenen Formen und Zwecke des Eisenbahnwesens. Rede zum Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm II. in der Aula der König! technischen Hochschule zu Berlin am 26. Jänner 1899, gehalten von dem derzeitigen Rector. Berlin, 1899; Gross 8°. Peschka, Gustav Ad. V., Dr.: Darstellende und projective Geo- metrie nach dem gegenwärtigen Stande dieser Wissenschaft, ■ mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse höherer Lehr- anstalten und das Selbststudium. Erster Band. Zweite Auflage. Mit einem Atlas von 43 lithographischen Tafeln. Leipzig und Wien, 1899; 8°. 23 YIII. SITZUNG VOM 9. MÄRZ 1899. Der Vorstand des österreichischen Ingenieur- und Architecten-Vereines übersendet zwei Eintrittskarten zu der am 18. März 1. J. stattfindenden Festsitzung zur Feier des 50jährigen Bestandes dieses Vereines. Der Ausschluss des Deutsch-akademischen Lese- vereines in Brunn dankt für die bewilligte Betheilung mit dem akademischen Anzeiger. Herr Dr. Theodor Pintner in Wien dankt für die ihm bewilligte Reisesubvention zum Zwecke von zoologischen Studien in Neapel und Messina. Herr Dr. Carl Camillo Schneider in Wien spricht seinen Dank aus für die Bewilligung einer Reisesubvention zur Fort- setzung seiner Untersuchungen über die Hydropolypenfauna der Adria. Das c. M. Herr Professor Dr. L. Gegenbauer in Wien übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Über transcendente Fu n ctio n en, de rensämmtlic he Wurzeln trän scendente Zahlen sind«. Das c. M. Herr Prof. Dr. Guido Goldschmiedt übersendet eine im chemischen Laboratorium der deutschen Universität Prag ausgeführte Arbeit von Dr. Hans Meyer: »Über die Constitution des Phenolphtalei'ns«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht eine Abhandlung von Prof. J. Klemencic in Innsbruck: »Über die Abhängigkeit des Temperaturcoefficienten des permanenten Magnetismus von den Dimensionsver- hältnissen des Magneten« 24 Das w. M. Herr Prof. F. Exner überreicht folgende Ab- handlungen: »Beiträge zur Kenntniss der atmosphärischen Elektricität IL Messungen des Potentialgefälles in Sibirien«, von Dr. Hans Benndorf in Wien. »Beiträge zur Kenntniss der atmosphärischen Elektricität III. Luftelektricitäts-Messungen im Luftballon«, von Dr. Josef Tuma. »Beiträge zur Kenntniss der atmosphärischen Elektricität IV. Über eine während der totalen Sonnen finster niss vom 22. Jänner 1898 ausgeführte Messung der atmosphärischen Elektricität«, von Dr. Rud. Ludwig. Der Referent der Erdbeben-Commission der kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften, Herr Eduard Mazelle, übersendet einen Bericht über die am Horizontalpendel zu Triest beobach- teten Erdbebenstörungen für den Monat Februar 1899. Herr Dr. Andre Daniel-Bek in St. Petersburg übersendet eine Mittheilung bezüglich einer von ihm demnächst zur Ver- öffentlichung kommenden Milch- und Abmagerungscur. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Rein hold A. E.: Nature vs. Drugs. A challenge to the drugging fraternity. London. 8°. Dufet H.: Recueil de donnees numeriques publie par la societe francaise de physique. Optique. Deuxieme fascicule. Paris, 1899; 8°. Socolow L.: Correlations regulieres du Systeme planetaire avec l'indication des orbites des planetes inconnues jusqu'ici. 20 IX. SITZUNG VOM 16. MÄRZ 1899. Die Leitung des Wiener Flugtechnischen Vereines dankt für die Herrn Hugo Ludwig Nikel bewilligte Subvention zur Fortsetzung der Versuche mit grossen Registrirdrachen. Die Direction des kö'nigl. Sächsischen Meteorologi- schen Institutes in Leipzig spricht den Dank für die be- willigte Überlassung mehrerer akademischer Publicationen aus. Der prov. Secretär legt eine Abhandlung von Herrn Dr. Heinrich Gottlieb in Lemberg vor, welche den Titel führt: »Zur Ätiologie der Schwere und des Lebens«. Das w. M. Herr Oberbergrath Dr. E. v. Mojsisovics legt den von dem Mitgliede der südarabischen Expedition, Herrn Dr. Franz Kossmat (de dato Hanläf bei Tamarida, Sokotra, 15. Februar 1899), eingelangten vorläufigen Bericht über die geologischen Untersuchungen in Sokotra, Abd al-Kuri und Semha vor. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ludwig Boltzmann legt eine Voranzeige einer von ihm in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Mache durchgeführten Arbeit: »Über eine Modification der van der Waals'schen Zustandsgieichung« vor. Das w. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht eine Abhandlung des Herrn Prof. G. Jäger in Wien, betitelt: »Über den Einfluss des Molecularvolumens auf die innere Reibung der Gase«. Das w. M. Herr Prof. H. Weidel überreicht eine Arbeit aus dem I. chemischen Universitätslaboratorium: »Zur Kenntniss des Nitrovanillins«, von W. Vogl. 26 Das w. M. Herr Obersanitätsrath Prof. A. Weichselbaum legt eine Arbeit aus dem pathologisch-anatomischen Institute der k. k. Universität in Wien vor, welche den Titel führt: Über Gangrene foudroyante«, von Dr. Fritz Hitschmann und Dr. Otto Th. Lindenthal. Das w. M. Herr Director E. Weiss bespricht die Kometen- entdeckung, welche, soweit man dies aus dem etwas unklar gehaltenen Entdeckungstelegramm entnehmen kann, Lewis Swift in den ersten Abendstunden des 3. März gelungen ist. Se. Hochwürden P. Franz Schwab, Director der Stifts- sternwarte zu Kremsmünster, übersendet einen Bericht über die seismographischen Beobachtungen in den Monaten Jänner und Februar d. J. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Lukas Franz Karl: Über Hilfsmittel und deren Anwendung bei statistischen und versicherungstechnischen Untersuchun- gen. Wien, 1899; 8°. Jahr E.: Die Urkraft, oder Gravitation, Licht, Wärme, Elek- tricität, chemische Kraft etc. sind secundäre Erscheinungen derselben Urkraft der Welt. Berlin, 1898; 8°. Petersen G. J.: Über die Harmonie im Weltenraum. Bänd- chen I. Gleiswitz, 1899; 8°. Grecescu D., Dr.: Conspectul Florei Romaniei, Bucuresti, 1898; 8°. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAETEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. IV. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. 29 X. SITZUNG VOM 13. APRIL 1899. Erschienen: Monatshefte für Chemie, Bd. XX, Heft 1 und 2 (Jänner bis Februar 1899). Der Vorsitzende, Herr Präsident E. Suess, bringt ein Danktelegramm Sr. kaiserl. Hoheit des durchlauchtigsten Cura- tors Herrn Erzherzogs Rainer für die Trauerkundgebung der kaiserlichen Akademie anlässlich des am Dienstag den 4. April 1. J. erfolgten Hinscheidens Sr. kaiserl. Hoheit des durchlauch- tigsten Herrn Erzherzogs Ernest zur Kenntniss. Der Vorsitzende gedenkt des schmerzlichen Verlustes, welchen die kaiserliche Akademie und speciell diese Classe durch das am 20. März 1. J. erfolgte Ableben des wirklichen Mitgliedes, Herrn Hofrathes Dr. Franz Ritter v. Hauer, Inten- danten des k. k. naturhistorischen Hofmuseums i. R., erlitten hat. Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide über diesen Verlust durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Der prov. Secretär verliest ein Schreiben des Herrn Oberbergrathes Dr. Emil Titze in Wien, in welchem derselbe anlässlich des Ablebens seines Schwiegervaters, Hofrathes v. Hauer, der kaiserlichen Akademie für die bewiesene Theil- nahme den Dank ausspricht. Die Direction der k. k. Geologischen Reichsanstalt in Wien spricht der kaiserlichen Akademie ihr Beileid über den Verlust aus, den sie durch das Hinscheiden ihres w. M. Hof- rathes v. Hauer erlitten hat. Herr Prof. Dr. Anton Fritsch in Prag dankt für die ihm bewilligte Subvention zur Herausgabe des Schlussbandes seines Werkes: »Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Böhmens«. 30 Herr Prof. Dr. Theodor Escherich in Graz dankt in seinem und im Namen seines Mitarbeiters, Herrn Prof. Dr. Ernest Mi sc hier, für die ihnen bewilligte Subvention zur Durchführung der Arbeiten über die Morbidität und Mortalität der Kinder. Das w. M. Herr Prof. Leopold Pfaundler in Graz über- sendet eine Abhandlung, betitelt: »Über den Begriff und die Bedingungen der Convergenz und Divergenz bei den Linsen«. Herr Joachim Unger in Wien übersendet ein Manuscript astronomischen Inhaltes. Herr Mark Mihalinez in Brenham, Washington Co. Texas, übersendet eine Mittheilung, betreffend die Corona der Sonne. Der Leiter der Erdbebenwarte in Laibach, Herr Prof. A. Belar, legt eine Mittheilung vor, betitelt: »Beobachtungen an der Erdbebenwarte in Laibach im Monate März 1899«. Versiegelte Schreiben behufs Wahrung der Priorität haben eingesendet: 1. Herr Karl Schi e bei in Oberlangendorf mit der Aufschrift: »Über weitere Steigerung optischer Vergrösse- rungen« ; 2. Herr Dr. Oskar Nagel in Wien mit der Aufschrift: »Über borsaure Salze«. Das w. M. Herr Oberbergrath Dr. E. v. Mojsisovics legt Namens der Erdbeben-Commission folgende für die Sitzungs- berichte bestimmte Abhandlungen vor, welche in der Reihe der »Mittheilungen der Erdbeben-Commission« die Nummern X bis XIII tragen werden, und zwar: X. »Allgemeiner Bericht und Chronik der im Jahre 1898 innerhalb des Beobachtungsgebietes erfolg- ten Erdbeben«, zusammengestellt von Dr. E. v. Mojsi- sovics, w. M. XI. »Die Einrichtung der seismischen Station in Triest und die vom Horizontalpendel aufgezeich- 31 neten Erdbebenstörungen von Ende August 1898 bis Ende Februar 1899«, von Eduard Mazelle, Refe- renten der Erdbeben-Commission. XII. «Übersicht der Laibacher Osterbebenperiode füt die Zeit vom 16. April 1895 bis Ende December 1898«, von Ferdinand S e i dl, Referenten der Erdbeben- Commission. XIII. »Bericht über das ober steierische Beben vom 27. November 1898«, von Rudolf Hoernes, Referenten der Erdbeben-Commission. Das w. M. Herr Prof. K. Grobben überreicht eine Mittheilung von Herrn Privatdocenten Dr. Theodor Pintner: »Nectonema agile Verrill in der Bai von Neapel«. Das w. AI. Herr Prof. H. Weidel überreicht eine Arbeit aus dem I. chemischen Universitätslaboratorium in Wien: »Über die Einwirkung von Chlor auf die Homologen des Phloroglucins«, von Max Schneider. Das vv. M. Herr Prof. L. Boltzmann theilt mit, dass Herr Dr. Mache die Formel 0-00874 1 -00646 T Vi 273L.-0-003- 0-0000000195623 v2-+- 0-00000961782 mit den Beobachtungen Amagat's über C09 verglichen hat. Die Übereinstimmung ist bei den tiefen Temperaturen eine recht befriedigende, bei den hohen aber sind die Abweichungen ziemlich gross. Das w. M. Herr Prof. V. v. Lang überreicht eine Ab- handlung von den Herren Regierungsrath Director Dr. J. M. Eder und Prof. Ed. Valenta, welche den Titel führt: »Das Spectrum des Chlors«. Herr Privatdocent Dr. Richard Wal las che k in Wien legt eine Abhandlung vor, betitelt: »Die Entstehung der Scala«. Der Referent der Erdbeben-Commission der kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften, Herr Eduard Mazelle, übersendet :v> einen Bericht über die in Triest am Rebeur-Ehlert'schen Hori- zontalpendel im Monate März 1899 beobachteten Erdbeben- störungen. Seine Hochwürden, Herr P. Franz Schwab, Director der Stiftssternwarte in Kremsmünster, übersendet einen Bericht über die am Ehlert'schen Seismographen der kais. Akademie der Wissenschaften im März 1899 zu Kremsmünster ange- stellten Beobachtungen. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Adamkiewicz, Dr. A.: Ein weiterer Beitrag zur Behandlung der Krebse nach meinem Verfahren mittelst Injectionen von Cancroin. Separatabdruck aus Nr. 7, 1899 der »Klin.- therap. Wochenschrift« ; 8°. Brown Goode G.: The Smithsonian Institution 1846 — 1896. The History of its First Half Century. City of Washington, 1897; Gross 8°. Cronander A. W., Ph. Dr.: On the Laws of Movement of Sea- Currents and Rivers. Norrköping, 1898; 4°. K. k. Geologische Reichsanstalt: Geologische Karte der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder dei Österreichisch-ungarischen Monarchie i. M. von 1:75000; I. und II. Lieferung: Jubiläumsausgabe. Wien, December 1898. — Erläuterungen zu Lieferung I und II der geologischen Karte 1: 75000. Gravis A. : Recherches anatomiques et physiologiques sur le Tradescantia Virginica L. Bruxelles, 1898; 4°. Indraccolo, S.: Quadratura del Circolo. Problema resoluto dal sacerdote italiano — . Buenos Aires, 11 Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserliehen Akademie der Wissenschaften in Wien, x. Allgemeiner Bericht und Chronik der im Jahre 1898 innerhalb des Beobachtungsgebietes erfolgten Erdbeben zusammengestellt von Dr. Edmund v. Mojsisovics, w. M. k. Akad. Die Äusserungen der seismischen Thätigkeit waren im Jahre 1898 nicht minder zahlreich und lebhaft als im Jahre 1897. Sie stellten an die Leistungsfähigkeit unseres seismischen Dienstes ebenso grosse Anforderungen, wie im Vorjahre. Dank der hingebungsvollen Thätigkeit der Herren Referenten in den habituellen Stossgebieten functionirte jedoch das Beobachtungs- netz in befriedigendster Weise. Die Herren Referenten Hessen es sich, was zur Erzielung brauchbarer Erhebungen über die topische Verbreitung der einzelnen Beben unbedingt er- forderlich ist, nicht verdriessen, jedesmal bei dem Eintreffen seismischer Meldungen durch die Aussendung von Frage- karten die Beobachter zur Erstattung von Meldungen zu ver- anlassen. In dieser Beziehung entwickelten insbesondere die Herren Referenten R. Hörn es, Mazelle, Noe, Sei dl, Schorn und Woldrich eine intensive Thätigkeit, für welche ihnen der besondere Dank und die Anerkennung der Erdbeben-Commis- sion gebührt. Die Zahl der Erdbebentage — d. i. jener Tage, an welchen zumindestens je ein Erdstoss durch persönliche Wahrnehmung constatirt werden konnte, mit Ausschluss der lediglich durch Sitzb. d. mathem.-natunv. CK; CVIII. Bd., Abth. I. 3 34 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. die Seismographen registrirten seismischen Störungen — betrug im Jahre 1898 in unserem Beobachtungsgebiete 207. 1 Das bedeutendste seismische Ereigniss des Jahres 1898 war das Beben von Sinj in Dalmatien vom 2. Juli. Über Antrag der Erdbeben-Commission entsendete die Akademie zum Stu- dium desselben den Erdbeben-Referenten für Dalmatien, Herrn A. Faidiga, nach Sinj. Ein Specialbericht über dieses Beben, welches ausser in Dalmatien auch in einem sehr grossen Theile von Bosnien verspürt wurde, wird von Herrn Faidiga vor- bereitet.2 Am häufigsten waren im Berichtsjahre wieder Krain und Görz von Erdbeben heimgesucht. Grössere Ausdehnung er- langten insbesondere die Beben vom 5. und 20. Februar, 12. und 17. April, 18. Juni und 7. September. Der Referent für dieses Gebiet, Herr Prof. F. Seidl, hat eine interessante Studie über die krainerischen Beben der letzten Jahre verfasst, welche unter dem Titel: »Übersicht der Laibacher Osterbebenperiode für die Zeit vom 16. April 1895 bis Ende December 1898« in diesen Mittheilungen sub Nr. XII erscheinen wird. Ein interessantes Detonations-Phänomen gelangte am 8. April in der Gegend von Melnik in Böhmen zur Beobachtung. Eine monographische Darstellung dieser Detonation von dem Referenten für die böhmischen Gebiete von Böhmen, Herrn 1 Die einzelnen Monate des Jahres participiren in folgender Weise an dieser Ziffer: Jänner 16, Februar 19, März 19, April 26, Mai 11, Juni 13, Juli 31 (Beben in Sinj!), August 17, September 10, Ociober 13, November 13, December 19. 2 Herr Dr. Fritz Kerner v. Marilaun, welcher gleichfalls auf dem Schauplätze dieses Bebens Studien machte, hat bereits in den Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt (1898, S. 270) einen Bericht erstattet. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 35 Prof. Dr. J. N. Woldrich, wurde bereits als IX. Stück dieser Mittheilungen publicirt.1 Unter den zahlreichen localen Beben des Jahres 1898 erlangte noch die obersteierische Erderschütterung vom 26. No- vember eine gewisse Bedeutung, so dass ihr der Referent für Steiermark, Herr Prof. Dr. Rudolf Hoernes eine mono- graphische Behandlung widmete, welche unter Nr. XIII in diesen Mittheilungen abgedruckt werden wird. Wie bereits in dem vorjährigen Bericht erwähnt wurde,2 hat sich die Erdbeben-Commission mittelst besonderer Ein- gaben an das hohe k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht und an das hohe k. k. Eisenbahn-Ministerium mit dem Ersuchen gewendet, das Lehrpersonale der Volksschulen, sowie die Beamten der Bahnstationen zu veranlassen, Berichte über wahr- genommene Erdbeben an unsere Herren Referenten gelangen zu lassen. Beide Ministerien Hessen diesen Eingaben eine günstige Erledigung zu Theil werden, und wurde insbesondere im Einvernehmen mit dem hohen k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht am Schlüsse des Berichtsjahres durch die Landesschulbehörden der einzelnen Provinzen (mit Ausnahme von Galizien und Bukowina, in welchen Ländern Erdbeben zu den grössten Seltenheiten gehören, so dass dieselben beinahe immun genannt werden könnten) die Beobachtungsinstructionen und Fragebogen an sämmtliche Volksschulen in den Landes- sprachen vertheilt. Wir hoffen, durch die regere Antheilnahme unserer intelligenten Lehrerschaft die für die Berichterstattung über unsere localisirten Gebirgsbeben so wichtige Verdichtung unseres Beobachtungsnetzes zu erzielen. Von grösstem Interesse für das intensivere Studium der periadriatischen Schütterzone ist die Organisation eines ein- heitlichen seismischen Beobachtungsdienstes in Bosnien und in der Hercegovina, welcher im amtlichen Auftrage von dem Leiter der meteorologischen Beobachtungen in diesen Ländern, Herrn Oberbaurath Ph. Ballif in Sarajevo in das Leben gerufen wurde. Die Publication der Erdbebenbeobachtuns;en erfolgt in i Diese Sitzungsber., Bd. CVII, Abth. 1, S. 1179. 2 Diese Sitzungsber., Bd. CVII, Abth. I, S. 197. 3* 36 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. den »Ergebnissen der meteorologischen Beobachtungen an den Landesstationen in Bosnien und der Hercegovina«.1 Im Jahre 1899 sollen auch zwei Horizontalpendel an den Stationen von Mostar und Jaice zur Aufstellung gelangen, und zwar die gleichen Instrumente, wie an unseren seismischen Observa- torien, nämlich die Rebeur-Ehlert'schen Pendel aus der Werk- stätte von T. und A. Bosch in Strassburg i. E. Die Aufstellung dieser Instrumente an unseren vier Sta- tionen konnte leider nicht, wie wir gehofft und bestimmt erwartet hatten, im Laufe des vergangenen Jahres vollständig durchgeführt werden. In rühmlicher Weise that sich indessen in dieser Richtung das k. k. astronomisch-meteorologische Ob- servatorium in Triest hervor, wo unter der Leitung des Herrn Eduard Mazelle die Aufstellung des dreifachen Horizontal- pendels bereits im Monate August beendet war, so dass die regelmässigen Beobachtungen an diesem Instrumente bereits Ende August beginnen konnten. Herr Mazelle hat in einer als Nr. XI dieser Mittheilungen bezeichneten Abhandlung einen eingehenden Bericht über die Einrichtung der seismischen Station in Triest und die daselbst vom Horizontalpendel von Ende August 1898 bis Ende Februar 1899 aufgezeichneten Erdbebenstörungen erstattet. Bis zum Schlüsse des Jahres 1898 war dann auch die Aufstellung des Horizontalpendels an der Stiftssternwarte zu Kremsmünster unter der fürsorglichen Leitung des Directors derselben, des hochwürdigen Herrn P. Franz Schwab beendet. Die regelmässigen Beobachtungen nahmen Ende December 1 898 ihren Anfang. Auf der k. k. Sternwarte auf der Türkenschanze in Wien stellten sich der Montirung des Horizontalpendels Hindernisse verschiedener Art entgegen und konnte die Aufstellung erst zu Beginn des laufenden Jahres durchgeführt werden. Die Beob- achtungen sollen mit 15. April d. J. aufgenommen werden. Auch in Lemberg stellten sich Schwierigkeiten ein. Es war ursprünglich von Herrn Prof. Laska in Aussicht gestellt 1 Als erste Publication liegt die Zusammenstellung der Erdbeben des Jahres 1896 voi. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. 3/ worden, dass die Apparate noch im Laufe des Monates Juli aufgestellt sein würden. Ende Jänner d. J. meldete aber Herr Prof. Laska, dass die Kellerräume, welche zur Aufnahme des Horizontalpendels bestimmt sind, erst in den Stand gesetzt werden müssten, so dass die Functionirung des Instrumentes vor 1. März d. J. nicht in Aussicht gestellt werden könnte. Die Erdbeben-Commission gedenkt mit anerkennendem Danke der mühevollen Unterstützung, welche ihren Bestre- bungen von Seite der Herren Referenten, Stationsleiter und der zahlreichen Beobachter zu Theil geworden ist. Sie rechnet mit Sicherheit darauf, dass diese werthvolle, ja unentbehrliche Unterstützung und Förderung ihren Bestrebungen auch in Zu- kunft erhalten bleiben wird. Mit Dank sei hier auch noch des Directors der k. k. geo- logischen Reichsanstalt, Herrn Hofrath Dr. G. Stäche, und des Directors der k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erd- magnetismus, Herrn Prof. Dr. J. Pernter, gedacht, welche Herren die an die genannten Institute eingelaufenen Erdbeben- meldungen der Erdbeben-Commission freundlichst übermittelt hatten. I. Nieder-Österreieh. (Referent Herr Prof. Dr. Franz Noe.) Die Zahl der Beobachtungsstationen war am Ende des Jahres 1898 im Ganzen 301 ; die Zahl der Beobachter beträgt 306. Erdbebenbeobachtungen liefen im Berichtsjahre nicht allzuviele ein. Die seismischen Erscheinungen beschränkten sich haupt- sächlich auf das Senkungsfeld in dem südöstlichen Theile des Kronlandes. Eine vereinzelte Beobachtung wurde im Flyschgebiete (St. Gotthard, Bezirk Mank) und zwei im Flach- land des ausseralpinen Wienerbeckens gemacht (Schieinbach, Bezirk Korneuburg, und Wilfersdorf bei Mistelbach). Die habituellen Schüttergebiete Nieder-Österreichs, die »Thermenlinie« und die »Kamplinie«, blieben in Ruhe, nur längs der »Mürzlinie« wurde ein schwaches Beben wahr- genommen. Die Intensität der beobachteten Erschütterungen überstieg nirgends III oder IV der Forel'schen Skala. 38 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nachfolgend der Bericht über die eingelaufenen Beob- achtungen. 1. Beben vom 21. Jänner.1 Nach einer Mittheilung des Herrn Eugen v. Fasold in Wien wurde einige Minuten vor 2h in Strebersdorf ein Erd- stoss wahrgenommen, welcher die Pendeluhren zum Stillstand brachte. Zur selben Zeit wurde der Stoss auch in Penzing beob- achtet, wo gleichfalls die Pendeluhren stehen blieben. 2. Beben vom 27. und 28. April. St. Gotthard, Bezirk Mank (Berichterstatter Herr Schul- leiter Cyrillus Zötl). Briefliche Mittheilung. Nach Aussage der Ehegattin des Herrn Berichterstatters, mehrerer Bauern und des Kaufmannes Karl Braunsteiner war am 27. April in der Nacht zwischen 23h und 23'1 30m ein Klirren der Fensterscheiben wie bei einem Donner zu ver- nehmen. Dieselbe Erscheinung wiederholte sich am 28. April, Früh zwischen 5h und 5h 30m. Die Wahrnehmungen wurden während des Liegens im Bette gemacht. Mehrere Personen erwachten um die angegebene Zeit, ohne die Ursache zu wissen. Sonstige Erscheinungen wurden nicht wahrgenommen. Aus den Nachbarorten liefen keine Beobachtungen ein. 3. Beben vom 29. Juni. Wilfersdorf. Um 22h 55m wurde ein heftiges, in drei Stössen sich äusserndes Erdbeben gefühlt, welches nach dem Berichte des Pfarrers von Eibesthal (bei Mistelbach), Franz S. Riedling, von einem heftigen Sturm und Gewitter gefolgt war. In den Orten Wilfersdorf, Hobersdorf und Bullendorf wurden viele Häuser durch den Sturm beschädigt. 4. Beben vom 4. September. Kirchberg am Wechsel (Berichterstatter Herr Lehrer August Holz er). Dem eingesendeten Fragebogen ist zu 1 Sämmtliche Zeitangaben sind von Mitternacht zu Mitternacht (1- 24) gerechnet. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 39 entnehmen, dass am 4. September, Mittags um 12h32ra, in ver- schiedenen Gebäuden von einzelnen Personen eine leichte Erschütterung des Bodens, ein schwaches Zittern desselben, begleitet von einem donnerartigen Rollen, durch 5S empfunden wurde. Andere Erscheinungen wurden nicht wahrgenommen. Die Beobachtung blieb vereinzelt. Mehrere in Ortschaften des Wechsel- und Semmeringgebietes abgeschickte Fragekarten ergaben ein negatives Resultat. Auch Herr Prof. Dr. R. Hoernes erhielt aus den benachbarten steirischen Beobachtungsstationen nur negative Berichte. 5. Beben vom 28. September. An dem obengenannten Tage wurden zahlreiche Punkte in dem inneralpinen Becken von Wien erschüttert. Die seis- mische Bewegung beschränkte sich jedoch auf den östlichen Theil dieses Senkungsgebietes und erreichte weder den Alpenrand längs der Thermenlinie, noch die Donaufurche. Dagegen äusserte sich das Beben ziemlich kräftig in Ungarn an der Ostseite des Leithagebirges und in der Umgebung des Neusiedlersees; so wurde in Ödenburg und dessen Um- gebung an vielen Orten eine ziemlich starke Erschütterung wahrgenommen. Auch in Budapest und in Tolna wurde das Beben beobachtet. Das E r s c h ü 1 1 e r u n g s c e n t r u m dürfte jeden- falls in Ungarn gewesen sein, sodass in Nieder-Österreich nur die mittelbare Wirkung durch seitliche Fortpflanzung der Boden- schwingungen zu verspüren war. Die angegebenen Stoss- richtungen stimmen wohl im Allgemeinen nicht mit einander überein, doch wird am häufigsten eine Stossrichtung zwischen E und S angegeben. Einen succussorischen Charakter scheinen die Stösse nur in Ebenfurt und Pottendorf gehabt zu haben. Die Intensität des Bebens war überall eine massige und lässt sich durch III und IV der Forel'schen Skala ausdrücken. Am 29. und 30. September, sowie am 1. October wurde an mehreren Orten ein Nachbeben wahrgenommen. Die meisten Zeitangaben für den 28. September halten sich in den Grenzen zwischen 19h30'n und 19h 35m. Die am meisten abweichenden Zeiten 19h 15m und 20h 5m sind wohl ganz unsicher. 40 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Die ersten Nachrichten brachten die Tagesblätter. In der Morgenausgabe des »Neuen Wiener Tagblattes« vom 29. September stand folgende Notiz: »Erdbeben. Aus Öden bürg, 28. d. M., wird uns telegraphirt: Wenige Minuten nach Y28h Abends wurde hier ein heftiges Erdbeben verspürt. Die Fenster klirrten, die Uhren blieben stehen, viele Menschen liefen aus den Häusern. — Aus Pottendorf wird uns vom Gestrigen telegraphirt: Um 7h 38m Abends wurde die Bewohner- schaft durch ein 5S andauerndes, ungemein heftiges, von donner- ähnlichem Getöse begleitetes Erdbeben erschreckt. Die Bilder an den Wänden, Hängelampen etc., geriethen in schwingende Bewegung und die Menschen liefen eiligst auf die Strasse.« Mittelst Fragebogen langten die folgenden Berichte ein (die Beobachtungsorte sind von S nach N geordnet): S c h e i b 1 i n g k i r c h e n, Bezirk Neunkirchen (Berichterstatter Herr Oberlehrer Franz Mühl). Der Herr Berichterstatter ver- spürte um 19h35m corr. Zeit (verglichen mit der Bahnuhr) im 1. Stocke des Schulhauses, beim Schreiben sitzend, eine circa 2S dauernde Erschütterung; es war eine gleichartig schaukelnde Bewegung, die von einem anhaltenden Rollen, wie verhallender Donner, begleitet war. Die Erschütterung wurde auch von vielen anderen Personen wahrgenommen. Die Leute bemerkten, dass Lampen schwankten, Teller klirrten. Liegende sprangen auf. Der Stoss kam von NE. Schaden wurde keiner angerichtet. Auffallende Nebenerscheinungen keine Es regnete und war sehr warm. An demselben Tag wurde schon um 13h 15m ein schwaches Beben wahrgenommen. Alle Schüler der Classe fühlten das Rollen. Der Beobachtungsort steht auf Schuttboden. Pitten, Bezirk Neunkirchen (Berichterstatter Herr Ober- lehrer Anton Trefuy). Um 13h 6m corr. Zeit (nach Angabe der Eisenbahnbeamten in Pitten) wurde von mehreren Personen ein Zittern des Bodens durch einen »Moment« wahrgenommen. Eine zweite gleichartige Erschütterung wurde um 19h30m ver- spürt. Diese letztere Erschütterung war wahrnehmbarer. Andere Erscheinungen wurden nicht beobachtet. — Schuttboden. Wr. Neustadt. Herr Hans Crammer, Professor an der L;mdesrealschule in Wr. Neustadt verspürte wohl selbst nichts E. v. Mojsisovios, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898.- 41 von dem Erdbeben, hatte jedoch die Güte, in Neustadt und Umgebung genaue Nachfrage zu halten und übersendete so- dann die folgenden Beobachtungen. Beobachter Herr Carl Schrimpf, Bürgerschullehrer und Frau. Pfarrplatz Nr. 3, 1. Stock. Um 19h33m nichtcorr. Zeit, beim Tische sitzend. Es herrschte vollständige Ruhe; es wurde eine nur kurze Zeit andauernde Erschütterung wahrgenommen. Es war, als ob eine enorme Last an der Grundmauer des Hauses dahingewälzt würde. Gleichzeitig wurde ein dumpfes Rollen vernommen. Ein Mitbewohner des Hauses glaubte, es sei der Sturz eines schweren Gegenstandes erfolgt und eilte, um nach- zusehen, auf die Gasse. Ein west-östlich schwingendes Uhr- pendel schlug rückwärts an die Wand des Uhrkastens, die Stossrichtung dürfte daher N — S gewesen sein. Fenster und Jalousien rasselten. Beobachterin Frau Dr. v. Hochstetter, Grabenring Nr. 6, 1. Stock, sass bei Tisch und verspürte zwei Erschütterungen, von denen die erste kürzer und schwächer war als die zweite. Beide Male war zuerst ein Stoss und dann ein Zittern fühlbar. Der Stoss schien nach der unmittelbaren Empfindung von E zu kommen. Jede Erschütterung dauerte mehrere Secunden. 19h 30m uncorr. Zeit. Zu vernehmen war nur das Geräusch der zitternden Möbel. Beobachterin Frau E. Breues, Kaufmannsgattin, Neun- kirchnerstrasse Nr. 2, 2. Stock, sass beim Tisch und verspürte um 19h 35m (angeblich nach mitteleuropäischer Zeit gutgehende Uhr) eine Erschütterung, und zwar ein plötzlich beginnendes, mindestens 5S dauerndes Zittern, während der ganzen Dauer in gleicher Stärke, dann plötzlich aufhörend. Geräusch wurde keines wahrgenommen. Nach der Empfindung zu urtheilen, schien die Ursache der Erschütterung direct unterhalb zu sein. Jedoch gerieth eine Hängelampe in Schwingungen. Der Aus- schlag betrug nach beiden Seiten circa 4 cm. Die Schwingungs- ebene war nach allerdings unsicherer Erinnerung N — S, was auf die gleiche Stossrichtung schliessen Hesse. Beobachter Herr Kohs, Mechaniker, und dessen Tochter. Es wurde um 19h30m (nach 2 Taschenuhren, uncorr. Zeit) bei Tisch sitzend (Deutschgasse 9, 1. Stock) eine Erschütterung 42 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. verspürt in Form eines ziemlich heftigen, von unten kommenden Schütteins durch einige Secunden mit gleichbleibender Intensi- tät andauernd. Die Ursache des Bebens schien unterhalb zu liegen. Auch wurde ein rasselndes Geräusch, als ob ein Wagen über Pflaster fahren würde, gehört. Dieses Rasseln begann früher und hörte früher auf als die Erschütterung. Die Fenster klirrten. In der Wohnung unmittelbar nebenan sassen vier Per- sonen im Gespräch, von denen keine das Beben spürte oder etwas hörte. Beobachterin Frau Manz und deren Tochter. Fabrikslocal, ebenerdig; man sass bei Tisch. Es wurde um 19h 35m (angeb- lich nach mitteleuropäischer Zeit gutgehende Uhr) ein Schaukeln verspürt, das etliche Secunden anhielt. Die Bewegung kam von E oder S. Kein begleitendes Geräusch. In einem benach- barten Zimmer hörte man Gläser klirren. Nach Mittheilung des Herrn Dr. A. v. H ochste tter wurde das Erdbeben in vielen Orten der Umgebung VVr. Neustadts verspürt. Herr Prof. Crammer ersuchte die Bevölkerung durch beide in Neustadt erscheinenden Wochenblätter um Bekannt- gabe von Nachrichten, worauf der eben mitgetheilte erste und dritte Bericht einlief. Bei der geringen Intensität des Bebens wurde dasselbe eben meistens nicht beachtet. Lichtenwörth-Nadelburg, Bezirk Wr. Neustadt (Be- richterstatter Herr Volksschuldirector Josef Schachel). Um 19h33m Ortszeit, die gegen die Bahnzeit um 6m voraus ist, wurde von beiläufig der Hälfte der Bewohner eine Erschütte- rung in Form eines gleichartigen Zitterns durch beiläufig 11/2S wahrgenommen. Gleichzeitig hörte man ein Geräusch wie beim Fahren eines schwerbeladenen Wagens, so dass die Einwohner in einigen Häusern auf die Strasse gingen, um zu sehen, wer vorbeifahre. Der Stoss kam von NW. Ein Schüler, der zu Hause zeichnete, wurde beim Sitzen geschüttelt, ein anderer beim Stehen etwas nach der Seite gerissen. Eine Uhr blieb stehen. Die Uhr eines Schülers fiel von einem Nagel herab. — Schotter- boden. Neu-Ebenfurth bei Ebenfurth, Bezirk Mödling (Bericht- erstatter Herr Franz Reis sn er, Volksschullehrer). Zeit 19h 15m Bahnzeit. Während des Lesens in sitzender Stellung wurde E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 43 ein seeundenweises »Schlagen« von unten nach oben verspürt, so dass man auf dem Sessel das Gefühl des Indiehöhehebens hatte. Es wurden 5 — 6 derartige Erschütterungen in der Dauer von je ls beobachtet. Die Stossrichtung war ganz vertical von unten, die Gegenstände im Zimmer rührten sich gar nicht. Nach der Erschütterung war ein dröhnendes Rollen, wie von einem verhallenden Donner zu hören. Mehrere Personen, die sich in einem nahen Wäldchen befanden, behaupten, dass bei vorheriger gänzlicher Windstille die Bäume plötzlich zu rascheln begannen, als erhöbe sich ein Sturmwind. Das Beben wurde von vielen Bewohnern wahrgenommen. Im Freien befindliche Personen wurden durch das Beben sehr erschreckt. An anderen Orten der Umgebung bis zu einer halben Stunde Entfernung wollen einige Personen auch um 20h 30m noch eine Erschütte- rung wahrgenommen haben. — Schotter- und Sandboden. Pottendorf, Bezirk Mödling (Berichterstatter Herr Bürger- schullehrer Florian Müller). 19h 35m corr. Zeit. Das Beben wurde in sitzender Stellung beim Rasiren wahrgenommen im 1. Stock eines Gebäudes. Es waren drei rasch aufeinander- folgende Stösse oder Schläge von unten nach oben. Es wird jedoch auch angegeben, dass nach unmittelbarer Empfindung eine Stossrichtung von SSW gegen NNE anzunehmen sei. Die Gesammterschütterung dauerte höchstens 5S und war von einem sehr starken Fensterklirren mit unterirdisch rollendem Getöse (Donner) begleitet. Dieses Beben wurde ganz allgemein von der Bevölkerung wahrgenommen. Es wurde auch ein An- einanderprallen der Gläser in den Kästen, die Entstehung von Sprüngen in einer Zimmerdecke, die Senkung des Einsatzes eines Ofenrohres beobachtet. Alles eilte auf die Strasse und besprach die Erscheinung. Auch am 29. September um 4h, am 1. October um lh und am 3. October um lh wurden schwächere Erschütterungen wahrgenommen. — Schotterboden. Seibersdorf, Bezirk Ebreichsdorf (Berichterstatter Herr Schulleiter Josef Popp), 19h 30m uncorr. Zeit. Im Schulgebäude, sitzend, bei der Zeitungslectüre, wurde ein etwa 5S andauerndes, ununterbrochenes, vom Anfang bis zum Ende gleichmässiges. heftiges Zittern wahrgenommen. Das Beben wurde von allen 44 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Bewohnern des Ortes verspürt. Nach der unmittelbaren Empfin- dung zu schliessen, schien der Stoss von S zu kommen. Be- gleitet war die Erschütterung von einem donnerartigen Rollen. Sowohl die beweglichen Gegenstände, als auch die Gebäude geriethen in zitternde Bewegung. Vier Uhren des Ortes blieben momentan stehen. Die Bevölkerung verhielt sich ziemlich ruhig, nur einzelne Personen eilten erschreckt ins Freie. Die Hunde liefen ängstlich winselnd umher, die übrigen Thiere zeigten grosse Unruhe. — Schotterboden. Mannersdorf, Bezirk Brück a. d. Leitha (Berichterstatter Herr Oberlehrer Ignaz Bauer). Der Herr Berichterstatter hatte selbst nur ein Getöse vernommen, das er anderen Ursachen zuschrieb. Erst tagsdarauf erfuhr er, dass mehrere Leute um circa 19h30m Wienerzeit ein Erdbeben wahrgenommen hätten. Über den Charakter der Erschütterung wird nichts Näheres angegeben. Der Ort liegt auf jungtertiärem Kalkstein, unmittelbar am Fusse des Leithagebirges. Gramat-Neusiedl, Bezirk Mödling (Berichterstatter Herr Lehrer Adolf Altenbacher). Das Beben wurde um 19h35m Wienerzeit in Gebäuden von vielen Ortsbewohnern verspürt und äusserte sich als ein durch 3S dauerndes, gleichartiges Zittern, dessen Richtung S — N war, wie an Geschirren (?) beob- achtet wurde. Nachfolgendes Geräusch als ein Klirren der Gegenstände. Sonst keine näheren Angaben. — Schotterboden. Um die Zahl der Beobachtungen zu vermehren, wurde an die Herren Berichterstatter in Lanzenkirchen, Schwarzenbach, Ebreichsdorf, Trautmannsdorf, Traiskirchen, Tattendorf, Höflein, Baden, Mödling, Hochwolkersdorf, Wiesmath, Arbesthai Frage- karten abgesendet. Darauf berichteten Herr Schuldirector Alois Matscher in Lanzenkirchen, Bezirk Wr. Neustadt, däss dortselbst und in der Umgebung am 28. September eine Erd- erschütterung verspürt wurde. Im Schulhause selbst wurde nichts bemerkt, aber beim Bäcker im Orte sollen einige Töpfe von einer Stellage herabgefallen und zerbrochen sein. Auch in Klein-Wolkersdorf und in Ofenbach hat sich das Beben bemerkbar gemacht. Die Zeitangaben sind schwankend, zwischen 19h 15"1 und 20h5,M. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 45 Aus Ebreichsdorf, Bezirk Mödling, schreibt Herr Ober- lehrer J. Hanreich, dass am 20. September nach 19h 30m eine stark bemerkbare Erschütterung wahrgenommen wurde. Richtung von SW nach NE. In Trautmannsdorf, Bezirk Brück a. d. Leitha, hat Herr Oberlehrer Karl Han reich um 19h 37m Ortszeit eine etwa 4 s bis 5S dauernde Erschütterung wahrgenommen. Die Richtung schien W — E zu sein. Die von Herrn Oberlehrer Karl Hüb er in Traiskirchen, Bezirk Baden, eingelangte Nachricht spricht sich nur zweifel- haft über ein schwaches Beben aus. Ebenfalls zweifelhaft ist die Mittheilung des Herrn Lehrers Alois Kurz in Schwarze nbach, Bezirk Wr. Neustadt. Er selbst hat nichts wahrgenommen. Von einer Person ist um 19h37m Südbahnzeit ein schwaches Beben, Richtung ENE ver- spürt worden. Durch Vermittlung der k. k. Centralanstalt für Mete- orologie und Erdmagnetismus in Wien erhielt der Referent eine Karte des Herrn Adalbert Majerszky (seither gestorben) in Baden, welcher berichtet, dass er am 28. September um circa 19h30m in seiner Villa in Baden, Bergstrasse 60, ein secundenlanges, von donnerähnlichem Getöse begleitetes, mit Schwanken vermischtes Schütteln in sehr deutlicher Weise verspürte. Die vom Referenten bei dem Herrn Berichterstatter in Baden, Prof. Benedict Just eingeholte Erkundigung ergab jedoch für Baden ein negatives Resultat. Gleichfalls negative Antworten liefen ein aus Tatten- dorf, Höflein, Hochwolkersdorf, Wiesmath; gar keine Antwort kam aus Arbesthai. Herr Prof. Just in Baden schrieb, dass die »Badner Zeitung« vom 5. October d. J. die Mittheilung enthielt, es wäre in Eben- furt und Umgebung vor »einigen Tagen« ein kurzes, aber heftiges Erdbeben unter donnerähnlichem Getöse verspürt worden. Richtung E — W. Zeit und sonstige nähere Angaben fehlen. Durch gütige Vermittlung des Herrn Prof. Dr. Eduard Suess sind dem Referenten noch einige Nachrichten über das Beben vom 28. September zugekommen, die Herr Eduard Fink. 46 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Erzh. Friedrich'scher Central-Buchhaltungsrevident in Wien, 'so freundlich war zu sammeln. Dr. v. Hochstetter in Wr. Neu- stadt schrieb an Herrn Fink, er habe erfahren, dass das Erdbeben vom 28. September in Kirch schlag und in den ungarischen Orten südöstlich des Leithagebirges, in Walpers- dorf, Bettelsdorf, Zemmendorf, Stödra, Anton, Zagersdorf, Hirm, Wulka, Brodersdorf und Gross-Höflein, wahrgenommen wurde. Herr Bürgermeister Eduard Stadimann in Hof berichtet in gleicher Weise, dass die Erderschütterung vom 28. September in H.of und Au (Ortschaften am Westrande des Leithagebirges) sehr stark verspürt wurde. Herr Pfarrer Josef Kai noky in Statzing (Ungarn, Süd- rand des Leithagebirges) schrieb an Herrn Fink, dass dortselbst am 28. September, 19h 45m ein Erdbeben wahrgenommen wurde. Herr Fink berichtet auch, dass jenes Beben in Tolna, Budapest und Umgebung, desgleichen in vielen anderen Orten zwischen Plattensee, Tolna, Donau und Budapest wahrge- nommen wurde. 6. Beben vom 29., 30. September und 1. October. In der Morgenausgabe des »Neuen Wiener Tagblattes« vom 1. October d. J. findet sich folgende Notiz: Erdbeben. Aus Ebreichsdorf wird uns unterm Gestrigen gemeldet: Das am 28. September von Ödenburg und Pottendorf gemeldete Erdbeben wurde auch hierorts verspürt. Erdstösse wieder- holten sich noch am 29. September um Y24h Früh und heute (30. September) Nachts um lh 28m in der Dauer von 3S, und letzteres war von starkem Getöse begleitet. — Aus Potten- dorf wird uns mitgetheilt, dass dort neuerlich Erdstösse ver- spürt wurden, und zwar am 30. September um 4h Früh und am 1. October um lh Früh. Richtung S — N. Herr Bürgerschullehrer Florian Müller in Pottendorf theilte mit, dass (wie schon oben erwähnt) am 29. September um 4h, am 1. October um lh schwächere Erschütterungen dort- selbst wahrgenommen wurden. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 47 Herr Oberlehrer Joh. H an reich in Ebreichsdorf be- richtet, dass dort am 1. October lh 38m eine stark bemerk- bare Erschütterung wahrzunehmen war. Herr Pfarrer Kai noky schreibt an Herrn Fink, dass in Statzing (Ungarn) auch am 29. September, um 4h Früh ein schwächerer, am 1. October, s/iib Nachts wieder ein stärkerer Erdstoss zu fühlen war. 7. Beben vom 3. October. Berichterstatter Herr Florian Müller in Pottendorf th eilt mit, dass dortselbst auch am 3. October um lh Nachts eine schwächere Erschütterung wahrgenommen wurde. Nähere Daten fehlen. 8. Beben vom 26. November. Ein mit der »Mürzlinie« in Zusammenhang stehendes Beben wurde an einigen Orten des Semmering- und Wechsel- gebietes wahrgenommen. Intensität gering, etwa III — IV der Forel'schen Skala. Die Stossrichtung wird meist E — W oder N — S angegeben. Zeitangaben schwankend zwischen 2h 29m und 2h 44m. Über dieses Erdbeben brachten die Tagesblätter folgende Meldungen. »Neues Wiener Tagblatt«, Morgenausgabe vom 28. November: Erdbeben. Wie uns mitgetheilt wird, unternahm Prof. Dr. Koch mit Studirenden der Hochschule für Bodencultur eine geologische Excursion ins Wechselgebirge. Auf dem Wege von Aspang nach Mariensee wurde den Theilnehmern der Excursion am Samstag den 26. d. M. mit- getheilt, dass von mehreren Bauern angeblich gegen 4h Früh ein Erdbeben mit starkem Detonationsphänomen wahrgenommen worden sein soll. Sonntag den 27. d. M. theilten mehrere Herren aus Gloggnitz dem Prof. Dr. Koch mit, dass in der Nacht von Freitag auf Samstag um 1/23h daselbst ein starkes, mehrere Secunden andauerndes Erdbeben verspürt wurde. Apotheker Pittner gab eine von W nach E laufende Stossrichtung an. Der Bezirksrichter von Gloggnitz nahm einen heftigen succussorischen, von unten nach oben wirkenden Stoss 48 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. wahr, welcher von einem kräftigen unterirdischen Rollen begleitet war. In der Morgenausgabe des »Neuen Wiener Tagblattes« vom 29. November war Folgendes zu lesen: »Von Dr. Theodor Branowitzer, Gemeindearzt in Pottschach bei Gloggnitz, erhalten wir folgende Zuschrift: Geehrte Redaction! Zu Ihrem Erdbebenberichte erlaube ich mir mitzutheilen: Auch in Pott- schach wurde am 26. November Morgens 2h 35m mitteleuro- päische Zeit ein mehrere Secunden dauerndes Erdbeben, Rich- tung NE — SW von mehreren Personen beobachtet; dasselbe war von kräftigem unterirdischen Rollen begleitet.« Mittelst Fragebogen liefen folgende Berichte ein: Kirchberg am Wechsel, Bezirk Neunkirchen (Bericht- erstatter Herr Lehrer August Holzer). Um 2h 44m nach der Uhr des Telegraphenamtes wurde von den meisten Bewohnern des Ortes in ebenerdigen und einstöckigen Gebäuden eine wellenförmige »Seitenbewegung« (Seitendruck) durch 1V2S dauernd wahrgenommen; manche sprachen von einem Stoss von unten. Gesonderte Erschütterungen waren nicht wahrzu- nehmen. Die Wellenbewegung kam von E und setzte sich nach W fort. Der Bewegung ging ein donnerartiges Rollen voran und folgte derselben in der oben erwähnten Richtung nach; vor und nach dem Drucke (?) 2S lang. Andere Neben- erscheinungen waren nicht zu beobachten. Die Erzählungen auch von den weiter vom Ort entfernt wohnenden Personen stimmen mit dem früher Angeführten überein. Scheiblingkirchen, Bezirk Neunkirchen (Berichterstatter Herr Oberlehrer Franz Mühl). Um 2h 37ra Bahnzeit wurde der Herr Berichterstatter aus dem Schlaf aufgerüttelt, ebenso seine Frau, die in einem anderen Zimmer schlief. Es war ein Rollen, wie wenn ein schwerbeladener Wagen rasch vorüberzufahren versuchte, schwach, stärker werdend, dann wieder schwächer. Dauer circa 3S. Die Richtung konnte nicht ermittelt werden, da alle Personen aus dem Schlaf erwachten. Ein rollendes Geräusch ging der einmaligen Erschütterung voran, in der zweiten Secunde erfolgte anscheinend die Erschütterung, so- dann wieder das Geräusch. Die Erscheinung wurde von 23 Per- sonen im Orte bemerkt. In den Classenzimmern des 1. Stockes L. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 49 fand der Berichterstatter Kalkstaubcben auf den Bänken liegen, sonst keine Nebenerscheinung. — Der Herr Berichterstatter fügt noch folgende Bemerkung hinzu: Starker Wind, auffallend warm (10° R.). Seit 18 Jahren mache ich die Erfahrung, dass unter vorangeführten Bedingungen jedesmal im Herbst Erd- beben eintritt. Klamm am Semmering (Berichterstatter Herr Schulleiter M. Wernbacher). Das Beben wurde im Zimmer zu ebener Erde, liegend im Bette wahrgenommen. Zeit 2h 29m nach einer genau gehenden Pendeluhr, mitteleuropäische Zeit. Es wurde nur eine Erschütterung in Form eines kurzen Schlages verspürt durch etwa 2 — 3S. Nach unmittelbarer Empfindung schien der Stoss von N zu kommen. Mit dem Stoss war gleichzeitig ein kurzer, dumpfer Donner verbunden. Die Erscheinung wurde nur von einzelnen Personen wahrgenommen, da die meisten Leute schliefen. Keine auffallenden Nebenerscheinungen. Aus Schottwien, am Nordfusse des Semmering, sind dem Referenten durch die gütige Vermittlung des Herrn Prof. Hans Crammer in Wr. Neustadt die Beobachtungen des Herrn Theodor Heissenberger, Uhrmacher in Schottwien, zuge- gangen. Um 2h 38m corr. Wienerzeit wurde sowohl im Freien, als im Erdgeschosse und 1. Stock von Gebäuden eine wellen- förmige Bewegung der Erde wahrgenommen, der ein donner- artiger Schlag vorausging; es herrschte starker Sturm. Zeit- dauer 3 — 4S. Die Bewegung kam von NNW nach SSE, und wurde dies durch unmittelbare Empfindung festgestellt. Das Beben wurde im Orte ganz allgemein wahrgenommen. Die Gebäude wurden erschüttert, ohne dass Schaden entstand; nur in Stuppach wurde nach Mittheilung des dortigen Oberlehrers im Schulhaus der Schornstein beschädigt. Die Erschütterung wurde auf der Nord- und Nordostseite im Umkreise von 4 bis 5 Stunden wahrgenommen, während gegen S, jenseits des Semmerings, z. B. in Steinhaus, nichts verspürt wurde. — Fels- boden. Durch die freundliche Vermittlung des Herrn Dr. Conrad Dohany (»Schneebergclub« in WTien) lief ein Bericht des Herrn Med. Dr. Heinrich Fischer aus Puchberg am Schnee- berg ein, aus dem zu entnehmen ist, dass um 2h 25m (uncorr. Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl. ; CVIII. Bd., Abth. I. 4 50 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Zeit) auch dort das Erdbeben als eine 2S lange, wellenförmige Bewegung des Bodens in der Richtung SE — NW zu verspüren war. Diese Wahrnehmung wurde von einzelnen Personen gemacht. Reichenau, Bezirk Gloggnitz (Berichterstatter Herr Ober- lehrer Franz Haas). Um 2h30muncorr. Zeit wurde im Schul- haus zu ebener Erde ein durch 8 — 9S dauerndes gleichartiges Zittern verspürt mit einem fast gleichzeitigen, donnerähnlichen Geräusch verbunden. Die Bewegung schien nach unmittelbarer Empfindung von S zu kommen. Die Erscheinung wurde von vielen Personen wahrgenommen. Auffallende Nebenerschei- nungen keine. Trattenbach, Bezirk Gloggnitz (Berichterstatter Herr Lehrer Franz Scheibenreif). Um 2h 30m Bahnzeit (nicht ganz präcise) wurden die Leute durch ein ziemlich heftiges Erdbeben aus dem Schlaf aufgeschreckt. Eine zitternde Erschütterung durch etwas mehr als 2S durchaus gleichartig. Diese Erschütte- rung war mit einem gleichzeitigen dumpfen, donnernden Geräusch verbunden. Richtung der Bewegung konnte nicht festgestellt werden. Das Erdbeben wurde im Ort und in der Umgebung allgemein wahrgenommen. Die Betten wurden stark geschüttelt. Schaden wurde keiner angerichtet. Die Bevölkerung besprach allgemein das Ereigniss, jedoch ohne Aufregung. Die ganze Nacht herrschte furchtbarer Sturm aus S. Wörth bei Gloggnitz. Durch Vermittlung des Herrn Pro- fessors Hans C ramm er in Wr. Neustadt langte ein Bericht des Herrn Oberlehrers Gustav Schöffmann in Wörth ein, dem zu entnehmen ist, dass dortselbst das Beben um x/23h bemerkt wurde. Ein Erzittern der Gebäude und Einrichtungsstücke durch circa 1 — 2S. Ein donnerartiges Geräusch und Rollen ging ls lang der Erschütterung voraus. Richtung N — S. Das Beben wurde allgemein wahrgenommen. Die Rauchfänge des Schul- hauses (die allerdings schon vorher etwas schadhaft waren) wurden beschädigt, sonst kein Schaden und keine Neben- erscheinungen. Nachfragekarten wurden abgeschickt nach Gloggnitz, S c h o ttwi e n, M ari as chutz, H irs chwan g, Pitt e n, Fei s tri tz, Aspang, Mönnichkirchen, Zobern, Nasswald. E. v. M ojsiso vics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. Ol Den eingelaufenen Antworten ist zu entnehmen, dass in Schottwien (siehe auch die oben mitgetheilten Berichte von dort) nach Angabe des Herrn Oberlehrers Josef Schmidt am 26. November dortselbst keine Erderschütterung verspürt wurde, dagegen am 23. November 2h 38m Wiener Zeit eine stärkere Erschütterung zu beobachten war. Es waren acht Stösse und ging eine wellenförmige Bewegung von ENE gegen WSW. Die Saiten eines Pianos erklangen. (Dieser auffallende Widerspruch in der Angabe des Datums bei sonst überein- stimmenden Daten dürfte vielleicht doch auf einem Irrthume beruhen.) Herr Fabriksdirector Emerich Tomischka in Hirsch- wang beiReichenau schreibt, dass das Beben vom 26. November um circa 3h von vielen Personen dortselbst verspürt wurde. Aus eigener Wahrnehmung konnte wohl nichts berichtet werden, aber nach Aussage verschiedener Personen soll sich das Beben durch ein etwa 2 — 3S andauerndes, mit ziemlich heftigen Stössen verbundenes Rollen bemerkbar gemacht haben. Als Richtung wird vermuthungsvveise NW gegen SE angegeben. Die Gläser in den Kästen klirrten. Die Antworten aus Mönnichki rchen, Zobern, Nass- wald, Aspang und Pitten lauteten negativ. Aus Gloggnitz. Mariaschutz (Berichterstatter gestorben) und Feistritz kamen keine Antworten. 9. Beben vom 27. November. Das »Neue Wiener Tagblatt« meldet in seiner Morgen- ausgabe vom 28. November: »In mehreren Orten Obersteier- marks wurde in der Nacht von Samstag auf .Sonntag (26. bis 27. November) zwischen lh20mund lh30m ein mehrere Secunden dauerndes, überaus starkes Erdbeben wahrgenommen«. — Aus Kirchberg am Wechsel meldet uns Herr Med. Dr. Spitaler, der Beobachter der dortigen meteorologischen Station: »Sonntag (27. November) Früh um 1/03n wurden alle Bewohner von Kirch- berg am Wechsel und Umgebung durch ein Erdbeben aus dem Schlafe gerüttelt; dasselbe währte ungefähr 1 s und war von starkem Donnerrollen begleitet. Dabei herrschte eine Temperatur von 14'2° und orkanartiger Südwind«. — Aus Hirschwang im 4* 52 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Semmeringgebiete wird uns berichtet: »Sonntag (27. November) Morgens, 3h10m wurde in Hirschwang ein Erdbeben verspürt. Es war ein kurzes, heftiges, gut wahrnembares Rollen von NW gegen SE. Die Hausgeräthe geriethen in Bewegung.« Aus einer gütigen brieflichen Mittheilung des Herrn Referenten für Steiermark, Prof. Dr. Rudolf Hörnes in Graz, geht hervor, dass thatsächlich am 27. November an vielen Orten Obersteiermarks (Eisenerz, Vordemberg, Mautern, Radmer, Garns, Gaishorn, Johnsbach, Frauenberg, Scheiben, Kallwang u. s. w.) zwischen IM 5™ und lh35m ein ziemlich heftiges Erd- beben verspürt wurde. Diese seismische Bewegung hat sich, allerdings bedeutend abgeschwächt, längs der »Mürzlinie« auch nach Niederösterreich fortgepflanzt. Der Referent konnte jedoch nur wenige und unsichere Daten hierüber erlangen. Aus Pitten meldet Herr Oberlehrer Anton Trefuy über Anfrage, dass dort und in der Umgebung am 27. November gegen 811 Abends (?, dürfte wohl auf einem Irrthume beruhen) von mehreren Personen ein Erdbeben wahrgenommen wurde. Der Stoss sei von N gekommen. Herr Fabriksdirector Tomischka in Hirsch w a n g schreibt, dass dort am 27. November, ungefähr 3h, von mehreren Personen ein schwaches Erdbeben (bedeutend schwächer als am 26. November) verspürt wurde. 10. Beben vom 15. December. Schieinbach, Bezirk Korneuburg (Berichterstatter Herr Oberlehrer Anton Ludwig). Um 21h35m verspürte der Herr Berichterstatter im Bette liegend, lesend (Erdgeschoss des stockhohen Schulhauses), ein Zittern des Bodens, andauernd (Angabe der Zeitdauer fehlt) mehr und minder stark, verbunden mit einem schwachen Geräusche, dem fernen Rollen eines Eisenbahnzuges vergleichbar. Der Herr Berichterstatter stand dann auf, um zu beobachten. Eine Pendeluhr, deren 65 cm langes Pendel E — W schwingt, blieb um 21h45m (diese Minuten- angabe dürfte wohl ein Schreibfehler sein?) stehen. Die Scheibe des Pendels schlug während der Erschütterung mehrmals an die hintere Wand des Gehäuses. Eine im Schlafzimmer frei- hängende, V7m lange, ausser Gebrauch stehende Hängelampe E. v. Moj sisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. Oo fing zu pendeln an, und zwar beschrieb die untere Spitze eine Ellipse, deren Längsaxe ungefähr 2 — 3 Cm in der Richtung NNW — SSE betrug (festgestellt an der unter die Lampe ge- haltenen Zeitung). Das Beben wurde sonst nur noch von einzelnen Personen, z. ß. von dem diensthabenden Beamten der hiesigen Eisen- bahnstation bemerkt. Gleichzeitig herrschte orkanantiger Sturm. — Lehmboden. II. Oberösterreieh. Der Referent, Herr Prof. H. Commenda in Linz berichtet über den Stand des Beobachter-Netzes: »Vom Vorjahre her verblieben circa 220 Stationen. Hiebei sind nicht einbegriffen die Post- und Telegraphenstationen, welche wie die k. k. Gensdarmerie-Posten und Vorstände der Eisenbahnstationen officiell im Wege ihrer vorgesetzten Behör- den beauftragt wurden, gegebenen Falles Meldungen- einzu- senden. Nachdem das hohe k. k. Finanzministerium es abgelehnt hatte, die unterstehenden Zollämter etc. zu analogem Dienste zu verhalten, suchte der Berichterstatter durch private Verbin- dungen die für derartige Beobachtungen durch die Natur ihres Dienstes sehr gut geeigneten Zollorgane zu gewinnen, was ihm auch in den meisten Fällen gelang und wegen des Anschlusses an das Nachbarland Bayern von Wichtigkeit ist. Die Zahl der Beobachtungsstationen beträgt am Schlüsse des Berichtjahres 242.« 1. Beben vom 28. Jänner. Um circa 8h (Ortszeit) wurde in mehreren Ortschaften um Gallneukirchen eine sehr kurzwährende Erderschütterung, wie ein Schlag von unten wirkend, allgemein wahrgenommen. Auf in Häusern befindliche Leute machte es den Eindruck, als sei nebenan ein Gewölbe eingestürzt, ein Bauer verglich sie mit dem langgezogenen Geräusche eines Schusses. Erschütte- rung und Geräusch wurden gleichzeitig bemerkt, Wirkungen an Gebäuden wurden nicht beobachtet. Ein einzelner Mann 54 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. glaubte die Richtung als von N — S angeben zu können. Im Freien befindliche Pferde erschraken und zitterten. Am Stall- vieh wurden, weil um diese Zeit die Morgenarbeiten schon vorüber sind, keine Beobachtungen gemacht. Am merklichsten war die Erschütterung in Engerwitzdorf, Kleedorf und Gratz. Hier will ein Schuster noch unmittelbar vor llh einen zweiten sehr schwachen Erdstoss bemerkt haben. Herr Lehrer A. Bock in Gallneukirchen, der sich um das Sammeln der vorgenann- ten Daten sehr viel Mühe gab, fügt bei, dass auch in Kats- dorf, St. Georgen und Gusen die Erschütterung wahrge- nommen wurde. Nachrichten liefen von dort keine ein, der Herr Stationsvorstand der nächst gelegenen Eisenbahnstation Lungitz gab auf Befragen dem Referenten bekannt, dass weder in der Station, noch in der Umgebung etwas beobachtet wurde. 2. Beben vom 1. Februar. In Alt he im wurde vom Herrn Brauereibesitzer Fr. Baum gart n er um 23h 45m eine schwache Erderschütterung bemerkt, welche nach der Mittheilung des Herrn Oberlehrers W. Wachb erger auch von mehreren anderen glaubwürdigen Personen wahrgenommen wurde. 3. Beben vom 19. Juli. Herr Apotheker Preissl in Frankenburg meldet, dass er mit seiner Frau um etwa 21h 45m zwei schwache Erdstösse verspürte, wejche ihn auf mit Stahlfedern versehenem Sessel sitzend in schwingende Bewegung setzten, so dass er unwill- kürlich nach dem Tische griff. 4. Beben vom 25. November. Auf Ersuchen des Herrn Referenten für Steiermark, Prof. Dr. R. Hörnes in Graz, wurde bei den oberösterreichischen Grenzstationen nachgeforscht, ob von den steierischen Erd- beben Ende Novembers nichts daselbst bemerkt wurde. Von Hallstatt, Spital a. P. und Weyer liefen Fehlanzeigen ein; aus Innerstoder berichtete Herr Oberlehrer J. Angerhofer hier- über, dass am 25. November zwischen 14 — 15h vom Herrn E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 55 Med. Dr. Hauer und dem Gensdarmerie - Postenführer Harrer dreimal nacheinander ein Donnern in Abständen von 1 — 2m wahrgenommen wurde, das vom Hochkastengebiete gegen die Spitzmauer herzukommen schien. 5. Beben vom 27. November. Von der Jägerin beim Dietl, Helene Hackl, wurde Nachts (nähere Zeitangabe fehlt) eine Erschütterung wahrgenommen. 6. Beben vom 15. December. 11" 15m wurde in Goldwörth bei Ottensheim nach dem Berichte des Herrn Schulleiters F. Hechinge r ein etwa 3S dauerndes, mit Getöse verbundenes Erdbeben verspürt. Rich- tung SW — NE. Eine Pendeluhr blieb stehen. III. Salzburg1. Der Referent Herr Prof. Eberhard Fugger in Salzburg erstattete nachfolgenden Bericht: »Die Zahl der Salzburgischen Erdbeben-Beobachtungs- Stationen beträgt dermalen 140. Berichte über Erdbeben erhielt ich im Laufe des Jahres nur von einem einzigen Orte, nämlich von Zinkenbach am Wolfgangsee durch den Beobachter Herrn Lehrer Emil Hofer. Hier fanden mehrere Beben statt; der Beobachter befand sich jedesmal zu Hause, d. h. im Schulhause. Zinkenbach steht auf Schotterboden, dem Schotter, welchen der Zinkenbach in den Wolfgangsee hinein abgelagert hat. Die Beben fanden an fol- genden Tagen statt: 1. Beben vom 28. Februar. Um 13h 35m, dann 17h 3631 und 19h 2m Bahnzeit; es war jedesmal ein kurzer Stoss zu beobachten, ein Seitendruck in der Richtung von Ost nach West; beim dritten Stoss fiel im Zimmer des Beobachters der Vorhang vom Fenster herab ■ — > der Beobachter befand sich in seinem Wohnzimmer. Jede einzelne Erschütterung schien 1 s zu dauern, es war stets ein momentaner, secundenlanger Schlag mit minimalem Geräusch, welches ebenfalls 1 s währen mochte. 56 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2. Beben vom 26. November. Um 18h 15m wurde ein donnerähnliches Rollen durch circa 15s und ein starker Stoss von Süd nach Nord wahr- genommen. 3. Beben vom 22. December. Um 1 7h 30m ebenfalls ein donnerähnliches Rollen und leichter Stoss von Süd nach Nord. Diesen Stoss bemerkten ausser dem Beobachter noch einige Häusler in Reith. 4. Beben vom 25. December. Um 14h 30m ein starker Erdstoss von Süd nach Nord. Der Beobachter befand sich lesend in seinem Wohnzimmer; ein Bild, welches auf einem Seitentische gut aufgestellt war, fiel um in Folge des Stosses. 5. Beben vom 26. December. Um 5h 30m ein sehr starker Stoss, so dass die Gegen- stände, welche an der Wand hingen, sich unter starkem Geräusch bewegten. Auch andere Personen in der Umgebung von Zinkenbach haben diesen Stoss bemerkt. Nachdem die Erdstösse in Zinkenbach ziemlich häufig und, wie es scheint, ohne jeden Zusammenhang mit anderswo beobachteten Erdbeben, also rein local auftreten, wird man der Wahrheit ziemlich nahe kommen, wenn man dieselben auf 'irgend welche Umlagerungen im Schutt- und Schotterboden, auf welchem der Ort steht, zurückführt.1 Möglicherweise fliesst das Wasser des Zinkenbach's zum Theil nach Art eines Grund- wasserstromes unterirdisch dem See zu, und bewirkt so etwa durch mechanischen Stoss oder durch chemische Erosion L'm- lagerung der Schuttstücke und Schottersteine und dadurch Erschütterungen an der Oberfläche. 1 Es wurde bereits im Berichte über die Beben des Jahres 1S97 (diese Sitzungsberichte Bd. C VII. Abth. I, pag. 209) angedeutet, dass es sich hier wahrscheinlich nur um eine localisirte Bebenerscheinung handeln dürfte. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. Ol IV. Steiermark. (Referent Herr Prof. Dr. Rud. Hörnes in Graz.) Die Zahl der Beobachter hat sich vermehrt, trotzdem 27 derselben im Laufe des Jahres durch Tod, dauernde Erkran- kung, Domicihvechsel und andere Veranlassungen ausgeschieden sind. In vielen Fällen haben die bisherigen Beobachter bei Domicihvechsel selbst dafür gesorgt, dass die Beobachtungen von einer geeigneten Persönlichkeit fortgeführt wurden. Ausser- dem haben sich zahlreiche Personen theils freiwillig, theils über Einladung des Referenten bereit erklärt, an den Beobachtungen theilzunehmen, so dass mit Schluss des Jahres 1898 die Ge- sammtzahl der Beobachter 357 betrug, welche sich jedoch nur auf 28S Stationen vertheilt. 1. Beben vom 6. Jänner. Mürzsteg 8h40m, Neuberg, Frein, Wegscheid. Inten- sität in Mürzsteg IV, Richtung daselbst E-W, an den drei übri- gen Orten, war das Beben nur unbedeutend und wurde nur von einzelnen Personen wahrgenom irren. Mürzsteg. Herr k. k. Forstmeister Wilhelm Meyer be- richtet mittelst Fragebogen, dass das Beben daselbst um 8h40m (nach der Telegraphenuhr corrigirte Zeit) von den meisten Be- wohnern auch im Freien wahrgenommen wurde. Der Bericht- erstatter verspürte es im Erdgeschoss des auf Schotter errich- teten Forstvervvaltungsgebäudes am Schreibtische sitzend als ein nach unmittelbarer Empfindung von E kommendes, eine Secunde dauerndes Zittern. Es war mit einem als unterirdischen Donner bezeichneten Geräusch verbunden, welches zu gleicher Zeit mit dem Beben begann und mit demselben aufhörte. Im ersten Stockwerke fiel ein Hirschgeweih herab, doch war das- selbe schwach befestigt, eine im Stalle angehängte Kuh gerieth ins Schwanken und trat ängstlich nach vorwärts. Neuberg. Herr Sigmund Mosauer, Werkssecretär der österr. alpinen Montangesellschaft, schreibt, dass er selbst und seine Familie im ersten Stockwerke des Stiftsgebäudes das Erdbeben nicht wahrnahmen, er glaubte nur gehört zu haben, dass ein Wasren durch den unter einem Zimmer seiner 58 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Wohnung befindlichen Thorbogen gefahren sei, was auch wirk- lich der Fall gewesen sein könne; hingegen wurde das Beben vom Herrn Werksdirector Pummer im zweiten Stocke des- selben Gebäudes als eine mit Geräusch verbundene Erschütte- rung, so als ob etwas stark auf den Boden gefallen wäre oder sich Jemand im Nebenzimmer schwer auf ein Bett geworfen hätte, wahrgenommen, u. zw. zur selben Zeit wie sie von Mürzsteg gemeidet wurde. Sonst wurde das Beben in Neuberg selbst von Niemandem bemerkt, hingegen haben einige in dem 3Y2 km von der Stiftskirche nordwestwärts gegen Mürzsteg gelegenen Dorfe Krampen wohnhafte Arbeiter eine deutliche Erschütterung wahrgenommen. Fr ein. Herr k. k. Forst- und Domänenverwalter Guido Hentsch schreibt, dass er selbst nichts von dem Beben wahr- genommen hat, hingegen ergaben seine Nachfragen, dass das- selbe thatsächlich auch in Frein ungefähr um 8h in der Dauer von 1 — 2S wahrgenommen wurde. Die Richtung war nicht eruirbar, die Bewegung sehr schwach, nur Zittern der Gegen- stände wahrnehmbar. Wegscheid. Herr k. k. Forst- und Domänenverwalter Konstantin v. Millesi berichtet, dass das Beben nach einge- zogenen Erkundigungen ungefähr gleichzeitig wie in Mürzsteg und Neuberg vom k.k. Postmeister Adalbert Kain in Wegscheid wahrgenommen wurde. Negative Nachrichten liefen ein aus Gollrad, Lange n- wang, M a r i a z e 11, M ü r z z u s c h 1 ag, Spital amSemmering, Steinhaus a. S. und Veit seh. Auch Herr Prof. Dr. Franz Noe theilte mit Karte vom 12. Jänner 1898 mit, dass das Beben in Niederösterreich nicht wahrgenommen wurde. 2. Beben vom 8. Jänner. Zeltweg, 3h55"\ 4 Stösse, NE— SW, mit Geräusch in Intervallen von Secunden. (K. k. meteorologische Beobachtungs- station.) 3. Beben vom 5. Februar. Eine heftige Erderschütterung, welche in Laibach 14h53m auftrat und nach freundlicher Mittheilung Herrn Prof. Ferdinand E. v. M ojsiso vi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 09 Seidl's vom 7. Februar 1898 sich über Adelsberg im SW und Veldes in NW fortpflanzte; wurde auch an einigen Orten in Untersteiermark verspürt, nämlich in Franz, Oberburg und Riez. Franz. Herr Oberlehrer Ignaz Cizelj berichtet, dass da- selbst gegen 15h eine schwache Erderschütterung wahrgenom- men wurde. Die Leute glaubten, der Schnee sei von den Dächern gefallen. Oberburg. Herr Bezirksgerichtsadjunct J. Erhartic schrieb an Prof. Seidl: »Am 5. Februar verspürten hier einige Personen ein paar Minuten vor 15h eine Erderschütterung mit Getöse in der Richtung WE. Eine Dame erzählte mir, sie habe das Dröhnen gut gehört und die Erschütterung verspürt, des- gleichen das Schwanken eines Spiegels auf dem Kasten ge- sehen. Ich selbst habe das Beben nicht wahrgenommen«. Riez. Herr Oberlehrer Johann Klemencic berichtet: »Wie ich durch Nachfragen in Erfahrung gebracht habe, ist in Riez am 5. Februar einige Minuten vor 15h, aber nur von sehr wenigen Personen, eine schwache Erderschütterung wahrge- nommen worden«. Negative Nachrichten kamen aus Cilli, Hrastnigg, Laufen, Steinbrück, Trifail und Tüffer. 4. Beben vom 20. Februar. Cilli, Montpreis und Packenstein, 6 h. Intensität III -IV. Cilli. Herr k. k. Bergrath Albert Brunner berichtete mit- telst Fragebogen, dass am 20. Februar, 611 Bahnzeit in Cilli und Gaberje von ihm und einzelnen Personen ein langsames Schaukeln in der Dauer von 3 s und in der Richtung von SWS nach NEN wahrgenommen wurde. Dem Beben ging ein etwa 2S dauerndes Brausen wie bei einem heftigen Sturmwinde voran. Bewegliche Gegenstände schwankten. Montpreis. Herr Forstmeister J. Schwall er schreibt: » Heute, den 20. Februar, früh morgens nach 6h wurde hier ein schwaches Erdbeben verspürt«. Packen stein (Post Rietzdorf a. d. Pack). 5h55m Bahnzeit. »Ich war gerade mit meiner Toilette beschäftigt, als ich plötzlich 60 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. ein starkes Sausen und gleichzeitiges Erzittern der Fenster wie bei einem heftigen Sturme hörte. Unwillkürlich blickte ich auf und spürte deutlich ein ziemlich heftiges Erdbeben. Glas- und Porcellangegenstände auf den Kästen bewegten sich, sowie auch die Thüren das gewisse Ächzen hören Hessen. Ein schwä- cherer zweiter Stoss folgte. Meine Frau war in Folge der Erschütterung aus dem Schlafe erwacht. Die im ebenerdigen Theile des Hauses wohnenden Dienstboten haben die Bewegung nicht wahrge- nommen.« (Freiherr v. Warsberg.) Negative Berichte liefen ein aus Lichtenwald, Neuhaus bei Ci 11 i, Rann, Schönstein, St. II gen bei Windischgraz. 5. Beben vom 24. Februar. Fresen, 0U 45m, ein mit Donnergeräusch verbundener Stoss, welcher Schlafende weckte und eine N— S pendelnde Uhr zum Stehen brachte. 6. Beben vom 25. Februar. Cilli, Hochenegg, Sachsenfeld, St. Georgen an der Südbahn, 23h 24m bis 30m. Intensität III— IV. Cilli. Herr k. k. Bergrath Albert Brunner schreibt: »Frei- tag 25. d. M. um 23h30m wurde von mir und mehreren Personen ein scheinbar aus SW kommender Erdbebenstoss in der Dauer von circa 2S verspürt. Die Bewegung wurde als Schaukeln wahrgenommen. Einige Vasen auf einem Kasten wankten und der Plafond wurde beschädigt. Ein Geräusch, ähnlich dem Brausen eines heftigen Sturmes, war kurz vor Eintritt des Bebens hörbar«. Hochenegg. Herr Oberlehrer Josef Koschutnik be- richtet mittelst Fragebogen, dass daselbst um 23h 24m eine kurze, nur wenige Secunden dauernde, aber als heftiger Ruck bezeichnete Erschütterung sowohl im Freien als in Gebäuden, im Orte wie in der Umgebung, jedoch nicht von sämmtlichen Leuten wahrgenommen wurde. Nach unmittelbarer Empfin- dung war die Richtung der Bewegung S — N. Im Orte wurde kein eigentliches Erdbebengeräusch, sondern nur das Rasseln der Gegenstände wahrgenommen; in der Umgebung will man E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 61 vorausgegangenes Geräusch, ähnlich dem Brausen des Windes durch den Wald gehört haben. Gegenstände, Nachtkästchen, Stehlampen u. s. f. klirrten. Beschädigungen sind nicht erfolgt. Sachsenfeld. Herr Lehrer Anton Petricek berichtet mittelst Fragebogen, dass das Beben um 23h 25m corrigirte Zeit von einzelnen Personen als ein leichtes Schaukeln in der Richtung N — S und in der Dauer von 3 — 4S wahrgenommen wurde. Der Erschütterung ging ein anhaltendes Rauschen voran. Eine Uhr blieb stehen. Beschädigungen erfolgten nicht. St. Georgen an der Südbahn. Nach dem Berichte des Herrn Oberlehrers Anton Petronell wurde das Beben daselbst von einer einzigen Person, einem Bahnwächter um 23h 30m verspürt. Negative Berichte kamen aus Lichtenwald, Neuhaus bei Cilli, Rann, Schönstein und St. Ilgen bei Windisch- graz. 7. Detonation vom 4. März. Paldau bei Feldbach. 20h 32™ wurde von mehreren Per- sonen durch beiläufig 3m (?) ein Getöse, ähnlich dem in der Nähe eines Maschinenhauses wahrgenommen. Da dasselbe Geräusch auch eine Gehstunde südlich in einem Bauernhause gehört wurde, und in derselben Nacht tbatsächlich ein Erd- beben in Italien stattfand, sehe ich mich veranlasst, trotzdem keine Erschütterung zu bemerken war, diese Wahrnehmung mitzutheilen (Margarit Mayer, Lehrerin). 8. Beben am 9. März. Franz, 1 lh 30m. Herr Berichterstatter Oberlehrer Ignaz Cizelj schreibt am 9. März 1898: »Soeben — llh 30m — ver- spürten wir hierorts einen ziemlich starken Erdstoss mit Getöse. Die Kinder in der Schule waren beunruhigt.« Eine anderweitige Meldung lief nicht ein. Bemerkenswerth ist, dass die Laibacher Erdbeben- warte am 9. März ein auswärtiges Beben verzeichnete. Die Hauptbewegungsphase, welche durch 4m dauerte, begann um llh47m32s, der Maximalausschlag der Instrumente um llh 48m 18 s. Die Zeitdifferenz ist — mit Rücksicht auf die von 62 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Haus aus approximative Angabe 1 lh 30,n und eine wahrschein- liche Ungenauigkeit der Ortszeit bis zu 20m — nicht genügend, um die Möglichkeit gänzlich in Abrede zu stellen, dass die Laibacher Beobachtung und die Wahrnehmung in Franz sich auf ein und dasselbe Phänomen beziehen. 9. Beben vom 15. März. G aal bei Knittelfeld, 22h 15m. Herr Anton J. Aust, Werks- und landwirtschaftlicher Districtsarzt berichtet mittelst Frage- bogen, dass er um 22h 15m Ortszeit im ebenerdigen Schlaf- zimmer eines auf Schuttboden, nahe dem steinigen Berggehänge befindlichen Hauses eine kurze, nur einen Moment dauernde Erschütterung wahrnahm, ähnlich dem Anprallen eines grossen, von der Berglehne herabkollernden Steines an die Hauswand, ohne Nachzittern oder sonstige Erscheinungen. Das Erdbeben wurde an mehreren Stellen der ausgedehnten Gemeinde zu gleicher Zeit und in gleicher Weise verspürt. Anderweitige Meldungen liefen nicht ein. 10. Beben am 17. April. Das ziemlich heftige Beben, welches in Laib ach um 23b 50m 30s eintrat, wurde an vielen Orten Untersteiermarks wahrgenommen. Im Ganzen liegen aus 27 untersteierischen Orten Berichte über die Wahrnehmung des Bebens vor, näm- lich von Cilli, Franz, Frasslau, Greis, Hohenegg, Hrast- nigg, Laufen, Mahrenberg, Montpreis, Neuhaus, Prass- berg, Reichenburg, Riez, St. Georgen a. d. Südbahn, Schönstein, Straussenegg bei Gomilsko, Tepina bei Gonobitz, Trifail, Tüffer, Turje und Windischgraz. Cilli. Herr k. k. Bergrath Albert Brunn er berichtet: »17. April, 23h50"\ 3— 4S dauerndes Erdbeben S\V— NE. schaukelnde Bewegung, keine Beschädigungen.« Franz. Herr Oberlehrer Ignaz Cizelj schreibt am 18. April: »Heute Nachts 12h 10,n wurde hierorts ein ziemlich starkes Erdbeben verspürt. Der Erdstoss war mit einem unheimlichen Getöse begleitet. Richtung West nach Ost.« Die »Tagespost« berichtet in ihrem Abendblatt vom 19. April übereinstimmend: »Aus Franz: Heute (18.) Nachts E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 63 um 12b 10'" wurde hierorts ein ziemlich starkes Erdbeben, be- gleitet von einem unheimlichen Getöse verspürt. Der Erdstoss, welcher einige Secunden dauerte, verursachte sonst keine wei- teren Folgen. Die Leute sind im tiefsten Schlafe erschreckt worden.« Fräs s lau. Herr Oberlehrer V. Jarc berichtet mittelst Fragebogen, dass das Beben daselbst um 23h 50m corrigirte Zeit als wellenförmige Bewegung in der Richtung von Süd nach Nord an einer schwingenden Lampe und in der Dauer von 3S wahrgenommen wurde. Dem Beben ging ein Geräusch, welches als Rauschen oder Sausen bezeichnet wird, in der Dauer von 2S vorher. Die Erschütterung wurde vielfach, jedoch nicht allge- mein verspürt. Kettenhunde zeigten ihre Unruhe durch lautes Bellen. Greis. 23h 50m, starkes Beben, N— S, 4— 5S dauernd (Jos. Supanek, Lehrer). Ho chen egg. Herr Oberlehrer Josef Kosen utnik berichtet mittelst Fragebogen, dass das Beben zwischen 23h 50m und 24h von sehr vielen Personen in den Gebäuden, zumal im ersten und zweiten Stockwerke verspürt wurde. Personen im Freien (Nachtwache) verspürten nichts, auch der Berichterstatter wurde nicht aus dem Schlafe geweckt. Die Bewegung bestand in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Erschütterungen, zuerst stossend, darauf folgte Zittern. Die Richtung wird mit SW — NS, von einigen Personen auch W — E angegeben, die Dauer betrug 3 — 4S. Sowohl während der Erschütterung als nachher wurde starkes Sausen wahrgenommen, das nachfol- gende Geräusch soll circa 8 — 10s gedauert haben. Hrastnigg. Die Abendausgabe des »Grazer Tagblatt« vom 19. April 1898 enthält folgende Notiz: »Aus Hrastnigg wird uns geschrieben: In der Nacht vom 17. auf den 18. um 1 lh 50m wurde hier ein Erdbeben wahrgenommen. Es begann mit leisem Beben, dann erfolgte ein so heftiger Stoss, wie sol- cher vor drei Jahren beim Laibacher Beben verspürt wurde. Diesem folgte durch mehrere Secunden ein schwaches Zittern. Die Richtung des Stosses konnte nicht bestimmt werden«. Laufen. Herr Oberlehrer Peter Wudler meldet mittelst Fragebogen, dass er die Erschütterung um 23h 50m (corrigirte 64 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Zeit, die Uhr wurde vor- und nachher mit der Telegraphenuhr verglichen), das Beben im wachen Zustand im Bette liegend als ein 6 — 8S dauerndes Zittern verspürte. Nach unmittelbarer Empfindung und nach Beobachtung der offenen und bewegten Zimmerthür war die Richtung der Bewegung S — N. Ein dem Donner ähnliches Geräusch ging der Erschütterung etwa 3S voran. Das Beben wurde im Orte und in der Umgebung allge- mein wahrgenommen. Die meisten Personen wurden aus dem Schlafe geweckt. Mahrenberg. Herr k. k. Notar Martin Kobeck schreibt: »Nach eingeholten Erkundigungen wurde auch hierorts am 17. April um 23h 30 — 50m eine circa 2S dauernde Erderschütte- rung unter unterirdischer Geräuschbegleitung verspürt. Rich- tung SVV— NE.« Marburg a. d. Drau. Das Beben wurde nur von einzelnen Personen wahrgenommen. Herr Spediteur Franz Ouandest schreibt: »Wie ich bereits der Marburger Zeitung mittheilte, habe ich das Erdbeben am 17. d. in meiner Wohnung Tegetthofstrasse 14, IL Stock um 23h 55m verspürt. Es waren zwei Stösse in wellenförmiger Bewegung. Die Hängelampen bewegten sich. Merkwürdiger Weise konnte ich Montag niemand erfragen, der die gleiche Beobachtung gemacht hätte. Erst Abends erfuhr ich durch die »Tagespost«, dass wirklich ein Erdbeben stattgefunden habe.« Fräulein Willibalde Grögl theilt Folgendes mit: »Ich lag in völlig wachem Zustande im Bett, als (es war vor 12h Nachts) eine sehr empfindliche Doppelthüre zu schütteln anfing, ohne dass ein Wagen, der sonst auch genügt, sie ins Schütteln zu bringen, vorüberfuhr. Zum Schlüsse folgte ein Aneinanderschie- ben der beiden Thürflügel, das auf die Hauptrichtung S — N schliessen Hess.« Herr Prof. Vincenz Bieber schreibt: »Ausser der ihnen von Fräulein Grögl bereits mitgetheilten Beobachtung konnte ich durch Umfrage keinerlei andere Wahrnehmung des Bebens erfahren.« Montpreis. Herr Forstmeister J. Seh wall er schreibt, dass in der Nacht vom 17. auf den 18. nach Mitternacht ein Erdbeben verspürt wurde. Er selbst habe nichts davon wahr- E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 65 genommen. Die nicht genau stimmende Zeitangabe sei wohl dem verschiedenen Gange der Uhren zuzuschreiben, die nicht selten Zeitdifferenzen bis zu einer halben Stunde aufweisen. Nach den Schwankungen einer Hängelampe dürfte die Bewe- gung die Richtung NE — SW gehabt haben. Von einer nam- haften Beschädigung hat Berichterstatter nichts gehört, nur in einer Dachkammer des zweiten Stockwerkes der gräflich Blome'schen Villa am Verputze einige Haarrisse wahrge- nommen. Neuhaus bei C i 1 1 i. Herr Realitätenbesitzer Paul Weszther schreibt, dass er, sowie Andere die Erschütterung, die als »kleiner Rucker« bezeichnet wird, um 23h50m in süd- westlicher Richtung wahrnahm. Prassberg. Herr Lehrer Josef Fischer berichtet mittelst Fragebogen, dass die Erschütterung um 23h 40m (nach der Telegraphenuhr corrigirte Zeit) im Orte und in der Umgebung von Wachenden allgemein wahrgenommen wurde. Schlafende wurden zum Theile wach. Es war eine als Schaukeln bezeich- nete Erschütterung, der Stoss schien nach unmittelbarer Em- pfindung von SW zu kommen, doch behaupten Einige, er wäre in entgegengesetzter Richtung, von NE erfolgt. Ein dumpfes Rollen ging der Erschütterung voraus und dauerte während derselben an. Leute wollen auch zuvor ein blitzartiges Leuchten wahrgenommen haben. Gebäude haben keinen Schaden gelitten. Nebeneinander stehende Gefässe stiessen zusammen und klirrten, von einem Hausdache im Orte fielen Dachziegel. Reichenburg. Herr Oberlehrer Johann Matko schreibt, dass sich am 17. April eine Erschütterung daselbst angeblich durch gelindes Gläserklirren fühlbar machte, er selbst habe nichts davon wahrgenommen. Riez. Die »Tagespost« enthält in ihrem Abendblatt vom 19. April folgende Nachricht aus Riez vom 18.: »Heute Früh, um 12h15m ziemlich starker Erdstoss, beiläufig 4S lang«. Herr Oberlehrer Johann Kieme ncic berichtet aus Riez mittelst Fragebogen, dass das Beben daselbst um 23h 54m corrigirte Zeit allgemein in den auf Schuttboden stehenden Gebäuden wahrgenommen wurde. Es war ein Schaukeln in der Richtung von W nach E in der Dauer von 3 — 4S. Die Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 5 66 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Erschütterung war mit einem als Rasseln bezeichneten Geräusch verbunden, welches der Bewegung voran ging und dieselbe begleitete. Gebäude haben keinen Schaden gelitten. St. Georgen an der Südbahn. Herr Oberlehrer Anton Peternell schreibt, dass er selbst das Beben nicht wahrge- nommen habe, dass aber nach Mittheilung mehrerer Personen ungefähr 23h 45m ein beiläufig 3S dauerndes Erdbeben zu ver- spüren war. Schönstein. Die »Tagespost« meldet in ihrem Abend- blatt vom 19. April: »Das letzte Laibacher Erdbeben in der Nacht vom 17. auf den 18. April wurde auch in vielen Orten Untersteiermarks wahrgenommen. So schreibt man uns unterm Gestrigen aus Schönstein: Heute Nachts um 23h 50™ war hier ein ziemlich starkes Erdbeben mit unterirdischem Rollen, welches 5 — 6S andauerte, wahrnehmbar. Die wellenförmige Bewegung kam von SYV, Barometer stand 735 mm, Thermo- meter 7° R., sanfter Regen«. Das »Grazer Tagblatt« berichtet in seiner Abendaus- gabe vom 19. April: »Zu dem bereits mitgetheilten Erdbeben wird uns aus Schönstein, 18. d. M. berichtet: Heute Nachts gegen '' 4l2h wurde hier ein heftiger Erdstoss in der Dauer von 6S verspürt. Die Erscheinung war von unterirdischem Rollen in der Richtung nach SW begleitet«. Herr Josef Gorican, Privatbeamter, schreibt, dass um 23h 45m oder einige Minuten später in Schönstein von Leuten, welche wach und ruhig waren, ein Erdbeben wahrgenommen worden sei, er selbst habe nichts verspürt. Die ihm erstatteten Berichte lauten übereinstimmend dahin, dass ein anscheinend von SW oder W kommender, einzelner, 1 oder iy2s dauernder Stoss von mittlerer Stärke, welcher keinen Schaden anrichtete, deutlich wahrgenommen wurde. Straussenegg bei Gomilsko. Die »Tagespost« ent- hält in ihrem Abendblatt vom 19. April folgende Nachricht aus Straussenegg vom 18.: »Heute Nachts 23h 49m wurde eine bei os währende, vom NE gegen SW gerichtete, wellenförmige Bewegung, sowohl hier sowie in den umliegenden Ortschaften verspürt. Die Bewegung war von unterirdischem Rollen beglei- tet. Das Aneroi'd war in keiner Weise beeinflusst«. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 67 Tepina bei Gonobitz. Herr Oberlehrer Anton Eberl berichtete an die k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erd- magnetismus am 18. April: »Heute, 3m nach Mitternacht waren drei nach einander folgende wellenförmige Erdstösse zu ver- spüren«. Die Richtung wird von S gegen N angegeben. Trifail. Herr E. VVertheimer, Buchhalter der Cement- fabrik Trifail, berichtet mittelst Fragebogen, dass das Beben um 23il 55m uncorrigirte Zeit sowohl im Freien als in Gebäuden allgemein wahrgenommen wurde. Es waren zwei gleich auf einander folgende Erschütterungen, die Bewegung wird als Zittern, gleichartig während des ganzen Verlaufes der Erschüt- terung bezeichnet, die Dauer mit 2 — 3S angegeben. Das Beben war mit einem Geräusch verbunden, ausserdem wurde ein Rasseln der Thüren wahrgenommen. Beschädigungen wurden keine angerichtet. Angeblich wurde von anderer Seite auch um 2h ein neuerliches Beben wahrgenommen. Herr Bergingenieur J.Krassnigg gibt als Zeit des Bebens 23h50m bis 23h 51m an. Tüffer. Herr Otto Withalm schreibt, dass in der Nacht vom 17. zum 18., 23h 56m ein massiges Erdbeben in der Rich- tung von S nach N stattfand. Turje. Herr Schulleiter Jos. Topolovsek schreibt, dass am 17. April, ungefähr um 23h 57™ (Ortszeit) ein Erdbeben ver- spürt wurde, welches 2S dauerte. Windischgraz. Herr Volksschuldirector Josef Barle schreibt, dass weder er selbst noch die Eltern und Angehörigen seiner Schüler am 17. etwas von einem Erdbeben verspürt hätten; doch erfuhr er von einem Herrn, dass dieser um 23k40m eine leichte Bewegung nach aufwärts verspürt habe, welche auch Gläser zum Klirren brachte. Negative Nachrichten liefen ein aus folgenden 12 Orten: Ar nf e 1 s, E i b i s w a 1 d, G o n o b i t z, Hohenm a u t h e n, Lichte n- wald, Maria-Rast, Pettau, Rann, Schwanberg, Weiten- stein, Wi n d i s c h - F e i s t r i t z , Wi ndisch-Landsberg. Nach mündlicher Mittheilung des Herrn Prof. Dr. Leopold Pfaundler zeigten die im physikalischen Institute der Univer- sität Graz aufgestellten Seismographen keinerlei Ein- wirkung. 5* 68 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 11. Beben vom 18. April. Lediglich aus zwei Orten Untersteiermarks, ausRohitsch und Trifail sind Berichte über eine weitere Erschütterung im Laufe der Nacht vom 17. zum 18. April eingelaufen. Wenn die beiden Zeitangaben unter einander nicht genau übereinstimmen, so dürften beide Nachrichten doch mit grosser Wahrscheinlich- keit auf ein und dasselbe Erdbeben, und zwar auf ein Nach- beben der ungefähr vor zwei Stunden vorher von Laibach aus- gegangenen Erschütterung bezogen werden. Allerdings soll in Laibach selbst nach der Erschütterung vom 17., 23h 50m 30s (vergl. die Berichte der Erdbebenwarte zu Laibach in »Tages- post« und »Grazer Tagblatt«) bis5h, in welchem Zeitpunkte die Alarmglocke wieder die Uhr auslöste, keine Unruhe an den Apparaten bemerkbar gewesen sein. Rohitsch. Herr Oberlehrer Johann Dreflak schreibt: »Am 18. d. M. um 2h 25m wurde ich durch einen Erdstoss aus dem Schlafe geweckt. Die Quasten des Toilette-Tischchens be- wegten sich. Ein zweiter Stoss folgte nicht nach. Richtung von SW nach NE«. Trifail. Herr E. Wertheimer, Buchhalter der Cement- fabrik Trifail, bemerkt auf seinem, der Erdbebenwahrnehmung vom 17. April, 23h 55m gewidmeten Fragebogen: »Angeblich wurde von anderer Seite auch gegen 2h ein neuerliches Beben wahrgenommen«. 12. Beben vom 22. April. Tainach am Bachergebirge, circa 8h40m. Ein scheinbar aus N kommender Erdstoss in der Dauer von 3 — 4S bewirkte ■das Erzittern der Zimmerthüre des Schulzimmers, das Klappern der Fenster und das Erzittern des Fussbodens. Die in ostwest- licher Richtung aufgehängten Wandbilder bewegten sich nicht (Joh. Tomazic, Lehrer). 13. Beben vom 29. April. Gonobitz und Seizdorf bei Gonobitz, llh5m, Inten- sität III— IV. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 69 Herr Prof. Karl Prohaska theilte mir eine Meldung der Gewitterbeobachtungsstation Seizdorf an die k. k. Central- anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus mit. Der Beob- achter, Herr B. Jurko, schreibt: »29. April, 5m vor Mittag ver- spürten ich und mehrere Schüler einen massigen Erdbebenstoss von nur momentaner Dauer (l8); die Tafel auf dem Gestelle setzte sich in leise Schwingungen, die ich aber von der Seite ganz gut beobachten konnte«. Nach Cilli, Hochenegg bei Cilli und St. Georgen an der Süd bahn entsendete Fragekarten erzielten negative Antworten, nur aus Gonobitz kam vom Herrn Apotheker J. Pospisil die Nachricht, dass vor einigen Tagen, eventuell am 29. April etwas vor 12h eine Erschütterung in der Richtung SW — NE wahrgenommen wurde. 14. Beben vom 3. Mai. Leoben, Sekkau, Tragöss-Grossdorf, Trofaiach, Vordernberg. Die genaueste Zeitangabe für Leoben lautet 4h34m23s, andere Angaben 4h41m, 42 und 45m, letztere (4h45m) wird auch für Vordernberg und Trofaiach gemacht, für Tragöss- Grossdorf lautet sie nur approximativ 41/2 — 43/4h- In Tragöss- Grossdorf wurde auch um l3/4 — 2h eine Erschütterung wahr- genommen, ferner nach dem »Grazer Tagblatte« in Sekkau ein Erdbeben einige Minuten vor 7h verspürt, doch konnte letztere Nachricht durch directe Erkundigung nicht verificirt werden. Intensität in Leoben III — IV, an den anderen Orten III. Leoben. In der Abendausgabe des »Grazer Tagblattes« vom 3. Mai 1898 findet sich die Nachricht: »Leoben, 3. Mai. Heute um halb 5h wurde hier ein leichtes Erdbeben beob- achtet«. Das Abendblatt der »Tagespost« vom 3. Mai hin- gegen berichtet: »Leoben, 3. Mai. Heute um 4h45m wurde hier ein Erdbeben in der Richtung S — N verspürt. Der Stoss war ziemlich heftig und dauerte 3S. Ein Schaden ist bis jetzt nicht zu verzeichnen«. Das Morgenblatt der»Tagespost« vom 5. Mai enthält folgende Mittheilung: » — Aus der Umgebung von Leoben (Tollinggraben) schreibt man uns: Am 3. Mar, / < ' Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 4h 41m verspürten wir einen heftigen Erdstoss in der Richtung NE — SW. Derselbe dauerte etwa 2 — 3S und war von donner- ähnlichem Rollen begleitet. Vor und nach dem Stosse wurde insbesonders unter dem Federvieh grosse Aufregung bemerkt«. Herr Prof. Hans Hoefer schreibt: »Heute 4h34m23s wurde in Leoben von mehreren Personen ein schwaches Erdbeben beobachtet, das von einem Geräusche, ähnlich dem eines fahrenden Wagens, begleitet war. Die Bewegungsrichtung wird übereinstimmend N — S oder S — N angegeben, welche jedoch nur nach dem Schaukeln der Betten bestimmt wurde«. Herr Oberverweser Ignaz Prandstetter berichtet aus Leoben (Mühlthal) mittelst Fragebogens, dass er das Beben um 4h46m in einem auf drei Seiten freistehenden, stockhohen, auf Schuttboden errichteten Gebäude, im Hochparterre im Bette liegend, als Schlag von unten wahrnahm. Die Erschütterung, welche ihn aus dem Schlafe weckte, dauerte 4S; es war ein gleichzeitiges Zittern ohne Schaukeln; an Lampen, Bildern, Uhren war nichts zu bemerken. Das Erdbeben wurde von mehreren Personen des Ortes wahrgenommen. Sekkau. Die Morgenausgabe des »Grazer Tagblattes« vom 5. Mai 1898 enthält folgende Nachricht: »Aus Sekkau wird uns unter dem 3. geschrieben: Heute, einige Minuten vor 7h wurde hier ein von einem donnerartigen Rollen begleitetes Erdbeben beobachtet«. Eine Anfrage in Sekkau ergab jedoch einen negativen Bericht. Herr P. Willibald Wolfsteiner, Prior der Abtei Sekkau, schreibt: »Leider wurde in der Abtei nichts wahrgenommen, sonst wäre sofort Bericht erfolgt. Dienstag den 3. war ich schon von 4h an auf dem berufsgemässen Posten, habe aber weder zu dieser Stunde, noch gegen 7h eine Er- schütterung bemerkt. Auch meine Erkundigungen sind bisher erfolglos«. Trag öss-Grossdor f. Herr Schulleiter Franz Graf schreibt: »Die Erderschütterungen am S.Mai wurden auch hier verspürt, die erste zwischen l3/4 und 2h und die zweite zwischen 4a/2 und 43/4h. Die Erschütterungen waren nicht heftig, von kurzer, momentaner Dauer, und das Geräusch hatte Ähnlichkeit mit dem eines rollenden Wagens. Die Richtung konnte nicht erfragt werden. Berichterstatter selbst hatte nichts wahrgenommen«. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. < 1 Trofaiach. Die Morgenausgabe des »Grazer Tag- b'lattes« vom 6. Mai enthielt folgende Nachricht: »Trofaiach, 3. Mai (Erdbeben). Heute um 3/A5h wurde hier ein kurzer, aber ziemlich starker Erdbebenstoss in der Richtung von N nach S verspürt«. Vordernberg. Das Morgenblatt der »Tagepost« vom 5. Mai bringt folgende Notiz: »Das vorgestrige Erdbeben wurde auch in Vordernberg beobachtet. Um 3/55u erfolgte ein kurzer Stoss, von donnerndem Rollen begleitet, in der Richtung S— N«. Herr Dr. Josef Caspaar schreibt: »Am 3. Mai 1898, 4h 42m M. E. Z. wurde in Vordernberg ein 2S dauerndes Erdbeben ver- spürt. Es bestand in einem starken rollenden Getöse und einem leichten Vibriren. Ein Schwanken, Stossen oder Rütteln wurde nicht gefühlt. Die Hängelampe blieb ruhig«. . Nach zahlreichen Orten Obersteiermarks wurden Frage- karten entsendet, welche negativ beantwortet wurden. Aus folgenden 18 Orten liefen Meldungen über Nichtbeobachtung der Erschütterung vom 3. Mai 1898 ein: »Aflenz, Brück an der Mur, Eisenerz, Gaal, Gais hörn, Hieflau, Johnsbach, Judenburg, Kallwang Kapfenberg, Kindberg, Knittel- . feld, Kraubath, Oberaich bei Brück, Rottenmann, St. Michael ob Leoben, Wald und Zelt weg. Das Beben blieb sonach der Hauptsache nach auf die Umgebung von Leoben beschränkt, und von all den seismischen Linien, welche in Leoben zusammenlaufen, blieben die meisten, wie die Mürz- linie und ihre Fortsetzung die Murlinie, sowie die Paltenlinie träge; nur auf der Linie gegen Eisenerz wurde eine Erschütte- rung von Vordernberg und Trofaiach wahrgenommen, aus Eisenerz selbst aber und der weiteren Fortsetzung dieser Linie Hieflau kamen negative Berichte. 15. Beben am 19. Juni. Oberwölz, St. Lam brecht, St. Peter am Kammers- berg, Scheiben, nach 22h. Intensität III. Oberwölz. Beobachter hochw. Herr Pfarrer Carl Urban schreibt: »19. Juni, 22h 5S wurde von mir und mehreren Per- sonen ein Beben verspürt, es war ein kurzer Seitenruck, die Richtung schien W — E«. 72 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. St. Lambrecht. Herr Oberlehrer Franz L. Rubisch be- richtet mittelst Fragebogen, dass das Beben vom hochw. Herrn Stiftscapitular P. Bruno Quitt, im zweiten Stockwerke des Stifts- gebäudes um 22h und einige (3?) Minuten (corrigirte Zeit nach der Bahnuhr) als etwa eine Secunde donnerndes Zittern wahr- genommen wurde. Ziemlich gleichzeitig wurde ein Geräusch, wie es das Fahren eines Wagens verursacht, vernommen. Das Beben wurde sonst von Niemandem verspürt. Das Stiftsgebäude steht auf einer schwachen Schichte von Schuttboden, unter welcher sich Felsen befinden. St. Peter am Kammersberg. Herr Oberlehrer Josef Haas schreibt: »Das Erdbeben vom 19. Juni 1. J. wurde hier von drei Personen um 22h (Ortszeit, die mit der Bahnzeit über- einstimmen dürfte) als ein dumpfes Rollen, ähnlich einem ent- fernten Donner, wahrgenommen. Zwei der Personen waren mit Lesen beim Tische beschäftigt, diese geben an, dass das Beben aus der Richtung NW gekommen sei«. Scheiben bei Unz markt. Herr Schulleiter Josef Schwan da schreibt, dass er selbst das Beben am 19. Juni nicht verspürte und bemerkt ferner: »Meine Frau erzählte mir am benannten Tag in der Früh, dass sie ein donnerähnlicher Knall aus dem leisen Schlafe gebracht habe; die Zeit kann sie nicht genau angeben, jedoch meint sie, dass dies vor Mitternacht und möglicherweise um diese Zeit, 22h 5m gewesen sei. Von anderen Personen kann ich nichts erfahren«. Negative Meldungen liefen ein aus Ober-Zeiring, Pol lau bei St. Peter am Kammersberg, Predlitz, St. Georgen ob Murau, Scheifling, St-adl, Turrach und Unzmarkt. 16. Beben vom 30. Juni. Neumarkt, 2h 20m (auch in St. Lambrecht wahr- genommen?). Intensität III. Herr Dr. Friedrich Sperl, k. k. Notar in Neumarkt, be- richtet mittelst Fragebogens, dass der Nachtwächter Roman Wiltschi auf seinem Dienstgange am nördlichen Ende des Marktes auf der denselben durchziehenden Reichsstrasse ein etwa 3S dauerndes, von N nach S gerichtetes Beben, das als Erzittern des Erdbodens bezeichnet wird, verspürt habe. Gleich- E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. < 3 zeitig vernahm er ein donnerähnliches Rollen und bei mit Brettern gedeckten Häusern ein Knistern der Dachbedeckung. Nach K a t h a 1 , AI urau, Ob d ach, Ob er wo lz , St. M a r ga- rethen am Silberberg, Scheifling und Neumarkt ent- sendete Fragekarten wurden insgesammt negativ beantwortet; nur aus St. Lamb recht schrieb Herr Oberlehrer Franz L. Kubisch: »In St. Lambrecht konnte ich nichts erfragen. Meine Tochter hörte wohl vor einigen Tagen Nachts ein Geräusch, das jenem eines rollenden Wagens glich, doch Bestimmtes getrauen wir uns nicht zu behaupten«. 17. Beben vom 14. Juli. Lichtenwald, 17h23m, Intensität III. Herr Civilingenieur Anton Smreker schreibt am 14. Juli 1898: »Heute, 17h23m, hier ein schwacher Erdstoss. Richtung S— N«. Aus Bianca und Reichenburg liefen negative Meldun- gen ein. 18. Beben vom 17. Juli. Fürth, Klachau, Krungl, Tauplitz, 23h 12m; Inten- sität III— IV. Herr k. k. Landesgerichtsrath Max Marek in Irdning schreibt am 20. Juli 1898: »Ich habe erst heute erfahren, dass am 17. d. M. circa 23h in Klachau (Bahnstation zwischen Steinach-Irdning und Aussee) ein Erdbeben verspürt wurde. Dasselbe dürfte stärkeren Grades und weiter verbreitet gewesen sein. Ich werde Nachforschungen pflegen und deren Resultate mittheilen«. Am 22. Juli 1898 berichtete sodann Herr Landes- gerichtsrath M. Marek mittelst Fragebogens, dass das Beben um 23h 12m genaue Bahnzeit im Stationsgebäude der Bahn- station Klachau auf der Strecke Steinach-Irdning — Aussee wahrgenommen wurde. Das Erdbeben wurde nicht bloss in dem auf Schuttboden stehenden Stationsgebäude wahrgenommen, sondern, wie der Berichterstatter erhob, auch im benachbarten Gasthause, in einem Hause der Ortschaft Fürth und in einem Hause der Ortschaft Krungl, letztere bereits im Bezirke Aussee gegen Mitterndorf gelegen; dann in gewiss fünf ver- schiedenen Häusern des Gebirgsdorfes Tauplitz. Auch 74 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Burschen, welche am Heimwege von einer Alm nach Tauplitz, also in einer höheren Lage sich befanden, sollen es verspürt haben. Dagegen konnte der Berichterstatter trotz Nachforschens Niemand eruiren, der das Beben in Irdning und Umgebung und Donnersbach, also diesseits der Enns, wahrgenommen hätte. »Es mag wohl sein«, bemerkt Herr Landesgerichtsrath Marek, »dass die Zeit für eine Wahrnehmung ungünstig war, weil die Leute meistens schon zur Ruhe sich begeben hatten«. Allgemein wurde nur eine einzige Erschütterung wahrgenom- men. Nach der Beobachtung im Stationsgebäude, war es ein Seitenruck, und nach unmittelbarer Empfindung ging die Er- schütterung von SW nach NE. Sie dauerte etwa 2S, gleichzeitig war ein dumpfes Geräusch hörbar, zu vergleichen dem Falle eines schweren Kastens. Ein eiserner Ofen im Zimmer des Stationsgebäudes wurde gerüttelt. Beschädigungen wurden nicht bekannt. Der Fragebogen wurde nach den Angaben des Herrn Stationsvorstandes von Klachau ausgefüllt. Von den Angaben anderer Persönlichkeiten erwähnt der Berichterstatter, dass auch sie das Geräusch mit dem Fall eines Kastens ver- glichen. In Tauplitz wurde der Herr Pfarrer durch die Er- schütterung aus dem Schlafe geweckt, es kam ihm vor, als sei auf dem Dachboden etwas Schweres umgefallen, weshalb er sogar nachschauen ging. Auch im Schulhause soll, nach An- gabe des Herrn Pfarrers, die gleiche Wahrnehmung gemacht worden sein. Aus Aussee und Mitterndorf liefen negative Berichte ein. Mit Rücksicht auf die von Herrn Landesgerichtsrath Marek mitgetheilte Thatsache, dass das Beben auch in Irdning und Donnersbach nicht wahrgenommen wurde, ergibt sich, dass es überhaupt nur in einem sehr engen Verbreitungsbezirke im N des Grimming fühlbar war. 19. Beben am 3. August. Scheiben bei Unzmarkt, 2h 55m. Eine vereinzelte Meldung lasst es zweifelhaft erscheinen, ob überhaupt zur angegebenen Zeit ein Beben stattfand. Herr Schulleiter Josef Schwan da schreibt am 3. August 1898, dass er um 2h 55m Ortszeit durch einen dumpfen unterirdischen starken Schuss aus den Halb- !•". v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 75 schlaf geweckt worden sei. Gleichzeitig habe er die Nachbar- hunde bellen gehört, anderwärts konnte er nichts erfahren, leicht bewegliche Gegenstände blieben in Ruhe. Das am 4. September 12b 32m in Kirchberg am Wechsel in Niederösterreich beobachtete Erdbeben veranlasste die Ver- sendung von Fragekarten noch Langenwang, Mürzzu- schlag, Ratten, Rettenegg, Schaueregg am Wechsel, Steinhaus am Semmering, die insgesammt negativ beant- wortet wurden. Aus Aussee liefen für 26. September und 9. October Erdbebenmeldungen ein, welche lediglich auf individuelle Selbsttäuschung der beobachtenden Persönlichkeit zurückzu- führen sind, wie die aus Mitterndorf, Gössl, Irdning und aus Aussee selbst von anderer Seite eingelaufenen Berichte ergaben. Erwähnt sei hier auch, dass directe Berichte aus Vordern- berg und Eisenerz die Wahrnehmung von Erderschütterun- gen im Sommer 1898 in Abrede stellen. 20. Beben vom 7. September. Obern bürg (Gornji grad) bei Cilli, l'1 45m. Von einzelnen Personen verspürtes, ziemlich kräftiges Beben. Erschütterung des Geschirres im Glasschrank. Mitgetheilt von Herrn J. Er- hart ic an Prof. Seidl. 21. Beben am 31. October.1 Scheiben bei Unzmarkt und Unz markt, 1" 30'11. Inten- sität III— IV. Scheiben. Herr Schulleiter Josef Schwan da berichtet mittelst Fragebogen, dass er um lh 35m (Ortszeit, die Uhr war annähernd um 5,n vor der Bahnzeit) im wachen Zustand im 1 Aus Scheiben bei Unz markt wurden wiederholt locale Beben gemeldet, welche, wie z. B. das am 31. October 1898 wahrgenommene, sich nur in der unmittelbaren Umgebung fühlbar machten. Es ist deshalb wahr- scheinlich, dass auch der Meldung vom 3. August ein solches locales Beben zu Grunde liegt, weshalb es in die Zahl der steierischen Beben 1898 auf- genommen wurde, wenn auch eine anderweitige Bestätigung der etwas un- bestimmten Wahrnehmuno; fehlt. 76 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Bette liegend ein Zittern mit gleichzeitig hörbarem Donnerrollen verspürte, dem ein pfeifendes Pfnausen folgte. Das Dröhnen sammt dem Pfnausen währte 6 — 8S. Der Schallempfindung nach war die Richtung NW — SE. Die Nachbarschaft habe wegen festen Schlafes die Erscheinung nicht verspürt, Oberlehrer Bammer in Unzmarkt aber die Wahrnehmung des Bericht- erstatters bestätigt. Unzmarkt. Herr Hüttenassistent V. Rissel schreibt aus Unzmarkt in Beantwortung einer Fragekarte. »Es ist thatsäch- lich am 31. October um lh 30I11 auch am hiesigen Ort ein Erd- beben von einigen Personen verspürt worden, welches nach eingezogenen Erkundigungen scheinbar die Richtung N — S hatte und sich durch Bewegen von kleineren Gegenständen. Gläserklirren etc. bemerkbar machte.« Aus Judenburg, Murau, Neumarkt, Oberzeiring, Oberwölz und Scheifling liefen negative Berichte ein. 22. Beben am 26. November. (Wahrnehmung einer niederösterreichischen Erschütterung.) Schau er egg am Wechsel, 2h 35m. Intensität III — IV. Das Morgenblatt der »Tagespost« vom 29. November 1898 brachte folgende Nachricht: »Wien, 28. November. Prof. Dr. Koch, der mit den Studierenden der Hochschule für Boden- cultur eine Excursion in das Wechselgebi et machte, theilt mit, dass ihm Landleute erzählt haben, dass Samstag gegen 4h ein Erdbeben mit starker Detonation wahrgenommen worden sei. Auch in Gloggnitz wurde Herrn Prof. Dr. Koch mitge- theilt, dass um 2h 30m dortselbst ein starkes, mehrere Secunden andauerndes Erdbeben verspürt wurde«. Aus Hirschwang wird gemeldet: Sonntag gegen 3h 10m wurde ein Erdbeben verspürt. Es war ein kurzes heftiges, gut wahrnehmbares Rollen von NW — SE. Die Hausgeräthe gerie- then ins Schwanken. Mit Rücksicht auf diese Zeitungsnotiz, sowie auch eine Zuschrift des Herrn Referenten für Nieder- österreich, Prof. Dr. Franz Noe vom 29. November 1898, von welchen aus Reichenau, Wörth, Klamm und Kirchberg am Wechsel Berichte über eine daselbst am 26./27. November ein- getretene Erderschütterung eingelaufen seien (wie auch mit E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S9S. 77 Rücksicht auf die Meldungen, welche vom 27. November aus dem Paltenthale und von zahlreichen Orten Obersteiermarks den Eintritt eines grösseren Bebens signalisirten), wurden sehr zahlreiche Fragekarten versendet, welche jedoch gerade in dem gegen Niederösterreich gelegenen Grenzgebiete des Sem- mering und Wechsel, im ganzen Mürzthal und der gesammten Oststeiermark lediglich negative Berichte erzielten. Lediglich aus Sc hau er egg im Bezirk Friedberg ist der mittelst Frage- bogen erstattete Bericht des Herrn Schulleiters Franz Maurer eingelangt. Diesem zu Folge wurde in Schauer egg am 26. Novem- ber 2h 35m ein Erdbeben von einzelnen Personen wahrgenom- men. Des Berichterstatters Frau wurde im ersten Stockwerke eines auf Fels gebauten Hauses plötzlich, wie durch einen Ruck aus dem Schlafe geweckt und und vernahm dann ein Geräusch als ob ein Wagen fahre. Nach unmittelbarer Empfindung war die Richtung W— E oder NW— SE. Offenbar handelt es sich hier um dieselbe Erschütterung, welche in Niederösterreich am 26. November wahrgenommen wurde und bezüglich welcher Herr Prof. Dr. Franz Noe am 6. December schrieb. »Genauere Angaben erhielt ich nur aus Reichenau, Klamm, Trattenbach, Scheiblingkirchen und Kirchberg am Wechsel. Sie beziehen sich auf Samstag den 26. November und schwanken die Zeitangaben zwischen 2h 30IU und 2h 44m.» 23. Beben am 26. November. St. Loren zen im Paltenthale 21h 30m. (Über diese als Vorbeben der am 27. November lh 30m eingetretenen Er- schütterung, welche in einem grossen Theile Obersteiermarks wahrgenommen wurde und — wie es scheint — von der Palten- Liesing-Linie ausging, zu betrachtende Beben wurden in dem Specialberichte über die Erschütterung vom 27. November ein- gehende Mittheilungen gemacht, desgleichen über die am 27. No- vember, 1., 3. und 6. December erfolgten Nachbeben.) 24. Beben am 27. November. Meldungen über ein um lh 30m (die Zeitangaben schwan- ken beträchtlich, doch erscheint dies die der Wahrheit am 78 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. nächsten kommende) wahrgenommenes Beben, welches an eini- gen Orten des Paltenthales die Intensität V erreichte, sind aus folgenden 32 Orten Obersteiermarks eingelaufen: Aussee, Eisenerz, Ettmissl, Fachwerk bei Wildalpen, Frauen- burg und Frauen dorf bei Unzmarkt, Gaal, Gaishorn, Garns, Grossreifling, Haus, Hieflau, Johnsbach, Kallwang, Mautern, Oberwölz, Oberzeiring, Palfau, Pols, Pux bei Teufenbach, Radmer, Scheiben, Sekkau, St. Gallen, St. Johann am Tauern, Treglwang, Trieben, Trofaiach, Vordernberg, Wald, Wegscheid und Weissenbach bei Liezen. Der Inhalt der einzelnen Mittheilungen findet sich in dem Special -Berichte über das obersteierische Beben vom 27. November 1898 wiedergegeben; desgleichen sind daselbst die zahlreichen Orte aufgezählt, aus welchen negative Berichte kamen (Mittheilungen der Erdbeben-Commission Nr. XIII). Am 27. November wurden ferner noch einige Erschütte- rungen wahrgenommen, welche als Nachbeben zu den um lh 30m stattgefundenen betrachtet werden können: so um 5h 8m (erstes Nachbeben) in Hieflau; ferner um 7h (zweites Nach- beben) in Frauenberg, Mariazeil, Murau, Scheiben und Wildalpen. Aus Vordernberg wird ein Nachbeben in der Nacht vom 26. zum 27. ohne Angabe der Stunde gemeldet; aus Baum- garten bei Friedberg ein Beben, welches nach einigen Personen um 7h, nach anderen um 7h Abends stattfand und möglicher- weise nicht mit der von der Palten-Liesinglinie ausgehenden seismischen Bewegung in Zusammenhang steht, sondern viel- leicht eher als Nachbeben zu den Erschütterungen im Wechsel- gebiet zu betrachten ist. 25. Beben am 1. December. Als drittes Nachbeben der Erschütterung vom 27. No- vember kann die um 2h 15m in Rotten mann beobachtete Bewegung, als viertes die um 3h 45'" in Gross -Sölk und St. Johann am Tauern wahrgenommene Erschütterung gelten. 26. Beben am 3. December. Zwei Erschütterungen, welche in Weissenbach bei Liezen um 2h und llh verspürt wurden, können als fünftes E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 189 79 und sechstes Nachbeben der Erschütterung vom 27. Novem- ber betrachtet werden. Hinsichtlich der Einzelheiten sei auch bezüglich dieser Nachbeben auf den Bericht über das ober- steierische Beben vom 27. November verwiesen. 27. Beben am 6. December. Scheiben bei Unzmarkt,' 23h 23"\ Intensität III. Herr Berichterstatter Schulleiter Josef Schwan da schreibt am 7. December 1898: »Gestern Nachts um 23h 23m spürte ich (wach im Bette liegend) ein schwaches Zittern des Hauses mit einem donnerähnlichen, dumpfen, schwachen, 2S langen Rollen. Es wurde sonst von Niemandem wahrgenommen.« Nach Judenburg, Murau, Oberwölz, Oberzeiring, Scheifling und Unzmarkt entsendete Fragekarten ergaben insgesammt negative Antworten. Es dürfte sich hier kaum um ein (siebentes?) Nachbeben der Erschütterung vom 27. November, sondern um eines jener schwachen ganz localen Beben handeln, welche nicht selten in Scheiben und einigen andern Orten der Umgebung von Unz- markt wahrgenommen werden. V. Kärnten. (Referent Herr k. k. Oberbergrath Ferd. Seeland in Klagenfurt.) In dem Stande der Beobachter trat im Berichtsjahre keine Veränderung ein. Bei dem Herrn Referenten trafen Meldungen über acht Erdbeben ein (Nr. 2 — 9), während der Referent für Krain und Görz, Herr Prof. F. Sei dl in Görz, den Bericht über das Beben (1) vom 5. Februar erstattete, welches in seinem eigenen Referats- bezirke eine bedeutende Ausdehnung erlangte. 1. Beben vom 5. Februar. 14h 53m in Seeland (Jezero) bemerkten meine Ange- hörigen etliche Secunden andauernde, leichte Bewegungen der Blumenstöcke. Auch der Gläserkasten machte sich fein hörbar. Im Nachbarhause wurde ein dumpfes Getöse vernommen. Ich selbst habe das Beben während des Schulehaltens nicht ver- nommen (Schulleiter V. Legat). 80 Mittheilungen der Erclbeben-Commission. 2. Beben vom 17. Februar. Um 3h 14m (Telegraphenzeit) wurde vom Bergverwalter R. Prugger im Hause Nr. 160 der Obirgasse in Eisenkappel ein kurzes, circa 1 — 2S dauerndes, gleichrnässiges Beben, von dem die Richtung nicht angegeben werden konnte, wahr- genommen. 3. Beben vom 19. Februar. Um 12h20m (Telegraphenzeit) wurde vom Bergverwalter R. Prugger im 1. Stock des Hauses Nr. 160 in Eisenkappel ein 21 /9S dauerndes, gleichrnässiges, vibrirendes Erdbeben ver- spürt, so dass man das Geschirr im Kasten klirren hörte. Nach dessen Empfindung hatte das Beben die Richtung NW — SE. Weder dieses Beben, noch jenes vom 17. Februar wurde auf dem Hochobir verspürt. 4. Beben vom 17. April. Eisenkappel. Berichterstatter Bergverwalter R. Prugger. 23ü 58m (Telegraphenzeit). Ein Erdbeben 2S dauernd und so stark, dass die Fensterscheiben etwas klirrten. Die Richtung konnte nicht bestimmt werden. Das Beben wurde auch von Anderen im Orte wahrgenommen. Eisenkappel. Beobachter Oberlehrer Jurkovic. Das Erdbeben war um 23h 50m von N — E nach S — W ziemlich stark hörbar. Die Fenster klirrten, die Vögel flatterten. Völker markt. Bezirkscommissär Kremensek war um 23h 30m eingeschlafen, wachte kurz nachher auf und nahm die Bewegung eines Leuchters auf dem Nachttische wahr. Von welcher Art oder Richtung das Beben war, kann nicht an- gegeben werden. Die Uhr zeigte genau 23h 50m. Rosegg im Rosenthal. Beobachter Oberlehrer Johann Klein theilt mit, dass um 23h 53m ein ziemlich starkes Erdbeben in der Richtung S — N wahrgenommen wurde. Vor dem einzigen ein paar Secunden dauerndem Stosse, sowie nach demselben, wurde ein dem Wagenrollen ähnliches Geräusch vernommen. Ein Fensterklirren wurde nicht bemerkt. Kappel a. d. Drau. Beobachter Oberlehrer Philipp Schlatte hat um 23h 50m ein ziemlich starkes Erdbeben ver- spürt. Dauer ls. Die Richtung des Stosses war E — Wund E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 81 wurde das Beben von einigen Bewohnern Kappeis, die noch wachten, verspürt. In der Wohnung des Pfarrers bewegten sich die Bilder an der Wand. 5. Beben vom 23. April. Klagen fürt. Beobachter, Gymnasialprofessor Dr. J. Sket, verspürte im zweiten Stocke des Hauses Seeland (auf Diluvialschotter) um 8h19m50s Bahnzeit ein 3S andauerndes Erdbeben, das ziemlich stark war, rollend, in der wahrschein- lichen Richtung SE — NW. Die Fenster und die Balconthür klirrten. Die Bewegung war wellenförmig. Dieses Beben wurde im Parterre-Geschosse auch vom Referenten beobachtet. Klagenfurt. Steueramtsofficial Sabidussi stand im Kanzleizimmer des naturhistorischen Landesmuseums (Rudolfi- num, ersterStock, auf Diluvialschotter) als unter starkem Brausen und Rollen der Boden erzitterte. Die Fenster klirrten, in den Parquetten und Bücherkästen knisterte, knackte und krachte es fortschreitend von den Fenstern zur Thür. S — N. Die Dauer war 2 — 3S. Die an der Westwand des Custoszimmers an- gebrachte Pendeluhr tickte ohne Störung weiter und an der tief herabhängenden Gaslampe war kein Pendeln zu sehen, als ich sie nach 10m betrachtete. Klagen fürt. Beobachter C. Kaiser, Diener im histori- schen Landesmuseum (zweiter Stock, Rudolfinum), verspürte um 8U 18m einen Erdstoss. Klagen f u r t. Beobachter Josef G r i e n d 1, Lehramtscandidat, beobachtete das Beben um 8h 19m in der Übungsschule der k. k. Lehrerbildungsanstalt an der Westseite der Bahnhof- strasse; Bewegung in der Richtung S — N, ein Rollen; erster Stoss in der Dauer von 2 — 3S. Unterferlach. Beobachter S. Hauer verspürte um 3/48h ein leichtes Erdbeben mit donnerähnlichem Geräusche. Richtung S — N. Dauer circa 3S. Kappel a. d. Drau. Beobachter Oberlehrer Philipp Schlatte beobachtete um 8h 25m ein ls dauerndes Erdbeben und ein fernes donnerähnliches Rollen. Der Boden zitterte unter den Füssen. Der Stoss hatte die Richtung NE — SW. Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl.; CVIII. Bd., Abth. I. 6 82 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Lind bei Karnburg. Beobachter Josef Jauz, Schulleiter, beobachtete um 9h 16m ein circa 4S dauerndes, von donner- ähnlichem Getöse begleitetes Erdbeben. Der Stoss schien verti- cal erfolgt zu sein. Das Getöse verlief genau N — S. (Nachbeben.) 6. Beben vom 24. April. Klagenfurt, Bahnhofstrasse 61, zweiter Stock, auf Dilu- vialschotter. Beobachter Baron Haus er beobachtete um circa 3'1 einen Erdstoss in der Richtung S — N. Ein Deckel fiel von der am Tische stehenden Nachtlampe herab. 7. Beben am 24. Juni. Maierhofwirth, Pfarramt St. Georgen im Lavantthale. Beobachter Pfarrer O. B. Placidus Kleinbacher berichtet, dass in der Nacht vom 23. auf 24. Juni um lh von Leuten im Wirths- haus Maierhofwirth während des Gewitters mehrere Erdstösse verspürt wurden, in Folge dessen ein dort Schlafender geweckt wurde. 8. Beben am 13. October. Bleiberg. Beobachter, Bergdirector Otto Neuburger, ver- spürte um 22h 25m ein starkes Erdbeben, bestehend aus einem einzigen Stoss, der aus der Tiefe kam, so stark, dass die Ge- bäude erzitterten, Fenster klirrten, und bewegliche Gegenstände in die Höhe hüpften. 9. Beben vom 16. December. Pontafel (»Klagenfurter Zeitung«). Um 611 20m wurde da ein 3S dauerndes, von S gegen N gehendes, stark rollendes Erd- beben wahrgenommen, das mit einem sausenden Geräusche verbunden war. Leichtere Gegenstände wurden umgeworfen. Die Aufregung der Bewohner war gross. VI. Krain und Görz. In Folge der fortgesetzten Bemühungen des ausserordent- lich thätigen Referenten, Herrn Prof. Ferdinand Sei dl in Görz, vermehrte sich die Zahl der Beobachter in Krain von 134 im Vorjahre auf 174, während in Görz- Grad i sc a Ende 1898 der Stand der Beobachter sich auf 59 belief, gegen 50 im Vorjahre. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 83 Die Originalmeldungen über die nachstehend verzeichneten und vom Referenten zusammengestellten Erdbeben liefen in Krain und in dem Görzer Gebiete zum grössten Theil in slove- nischer, in Gradisca in italienischer und in allen drei Gebieten zum Theil auch in deutscher Sprache ein. a) Krain. I. Jänner 1898. 1. Jänner, 17h 10m, in Laibach ein sehr schwacher Erd- stoss (fürstbisch. Consistorialrath Theol.-Prof. J. Smrekar). 3. Jänner, 17h 16m, in Laibach zwei schwache senkrechte Stösse rasch nacheinander (Oös). Noch an demselben Tage, 3. Jänner, 18h42-5m, in Laibach ein kurzer (0-5s), schwacher, wellenförmiger Stoss (derselbe Berichterstatter). 4. Jänner, lh, in AI Ott n ig (Motnik, Bezirk Stein) ein leichter, wellenförmiger Stoss aus SW mit gleichzeitigem unter- irdischen Dröhnen. Wahrgenommen nur von einer Person (Besitzer K. Kriznik). 4. Jänner, I8h 5L3m, in Laibach Dröhnen durch 1V2S mit schwächstem Erknistern der Zimmerdecke (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). 5. Jänner, 3h, in Peuc (bei Schwarzenberg ob Idria) spürte ich, im Bette liegend, ein leichtes, circa 7S dauerndes Zittern. 5h 10m wiederholte sich dasselbe durch 4S. Es war in beiden Fällen so leicht, dass ich die Richtung nicht beurtheilen konnte (k. k. Förster K. Schebenig). 17. Jänner, lh 30m, in Möttnig eine momentane wellen- förmige Bewegung aus W mit gleichzeitigem dumpfen, unter- irdischen Getöse. Klirren des Geschirres. Wahrgenommen nur vom Berichterstatter, im Bette liegend (Besitzer K. Kriznik). 17. Jänner, 17h 36-5'", in Laibach ein leichter, sehr kurzer Stoss 0/3 s) aus SE (fürstbischöflicher Consistorialrath J. Smrekar). 19. Jänner, 13h 45m, in Möttnig eine momentane wellen- förmige Bewegung aus W mit gleichzeitigem unterirdischen Getöse. Wahrgenommen nur vom Berichterstatter, in der Thür des Verkaufsgewölbes stehend (Besitzer K. Kriznik). 6* 84 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 21. Jänner, 3'1 10m, in Peuc drei schwache Vibrationen, im Bette ruhend, beobachtet. 4h in Peuc desgleichen (k. k. Förster K. Seh ebenig). 22. Jänner, 2h, in Gereuth (Rovte), Bezirk Loitsch, ein langsames Zittern durch 5S ohne Getöse, von Wachenden wahr- genommen. 24. Jänner, lV2h, ebendaselbst, von Wachenden wahr- genommen zwei einander folgende Stösse durch 3S, mit fol- gendem donnerartigen Getöse durch 6S. Das ganze Schulhaus erzitterte. Die verputzten Sprünge über den Fenstern zeigten sich wieder. — Man erzählt mir, dass Nachts öfters Erschütte- rungen der Gebäude erfolgen (Schulleiter A. Sezun). 25. Jänner, 2h, in Möttnig ein Dröhnen ohne Stoss (Be- sitzer K. Kriznik). 28. Jänner, 9h 20m, in Aich (Dob) bei Laibach eine von vielen Personen (vom Berichterstatter ebenerdig, sitzend) be- merkte, ziemlich starke Vibration durch 3S aus SE (nach dem Gefühle beurtheilt) mit gleichzeitigem rauschenden Getöse. — An demselben Tage llh55m, ebendaselbst, von Einigen wahrgenommen ein leichtes Erzittern durch 3S aus SE mit gleichzeitigem dumpfen Dröhnen, hierauf nach kurzer Unterbrechung ein dumpfer Knall (Oberlehrer M. Janezic). 30. Jänner, 6h, in Peuc ein leichtes Zittern durch 8S. Im Bette ruhend wahrgenommen (k. k. Förster K. Seh eben ig). 30. Jänner, 211/2h, Beben im Bezirke Rudolfs wert. 21h40m in Stauden (Germ) bei Rudolfswert eine leichte, von allen Bewohnern des Schulgebäudes gefühlte wellenförmige Erschütterung aus E (beurtheilt nach der Bewegung der Betten)^ Erzittern der Möbel, kein Getöse (Lehrer der landwirtschaft- lichen Schule A. Lapajne). 2172'' m St. Michael bei Rudolfswert ein Vibriren W — E durch 1 — 2S im 1. Stockwerke (Oberlehrer J. Barle). 2 1 1/2U in Walte ndorf (Valtavas) bei Rudolfswerth, allge- mein verspürt ein wellenförmiger Stoss S — N, Erschütterung der Fenster und Mauern gleichwie bei einem starken Donner- schlag (Schulleiter Fr. Dular). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. öO * Circa 22h in Ajdovec bei Seisenberg von mehreren Per- sonen wahrgenommen ein Stoss. Klirren der Fenster, Ertönen der Klaviersaiten (Pfarrer M. Poljak). 21 Voh in Susice bei Töplitz, von ruhig im Bette wachenden (nicht von im Nebenraume im Gespräch begriffenen) Personen ebenerdig ein kurzer Stoss wahrgenommen in zwei Häusern. Klirren der Fensterscheiben (Schulleiter J. Zupancic). Die vorstehenden fünf Meldungen zeigen eine gelinde Er- schütterung im mittleren Gurkthal Unterkrains an. Eine nähere Bestimmung des Epicentrums und der Form der Schütterfläche ist nicht möglich. II. Februar 1898. 1. Februar, 15h54m in Laib ach ein sehr schwacher Stoss (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). 2. Februar, Nachts in St. Gotthard bei Trojana (Bezirk Stein) laut Angabe einiger Personen ein unbedeutendes Beben (Schulleiter G. Kozelj). 2. Februar, circa 15h in Peuc nach unterirdischem Vor- getöse eine 3S andauernde Erderschütterung. Boden und Thüre im Zimmer des ersten Stockwerkes knarrten, Kasten, Wand- bilder und Rehkrückeln an der Mauer jedoch nicht bewegt; die ebenerdig aufgehängte Petroleumlampe wurde in schwaches Schwingen versetzt. Richtung östlich. Auch in den Nachbar- gemeinden mehrfach bemerkt (k. k. Förster K. Seh eben ig). 2. Februar, 1 5h 5 ■ 0m in L a i b a c h leichtester Stoss N W— SE ; 15h19'0m ebendaselbst desgleichen, doch in umgekehrter Richtung (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). 5. Februar, lh45m in Vodice (Bezirk Stein) von Einigen wahrgenommen ein ziemlich starker Stoss (Pfarrer S. Zuzek). 5. Februar, 6h 35m in Aich (Dob) bei Laibach ein von Wenigen (auch ebenerdig) wahrgenommenes leichtes Zittern wahrscheinlich aus SW durch 3S mit gleichzeitigem Getöse 5. Februar, 6h 45m ebendaselbst ein etwas kräftiges, von der Mehrzahl der Bewohner verspürtes Zittern durch 3S, wahr- scheinlich aus SW mit gleichzeitigem dumpfen Getöse (Ober- lehrer M. Janezic). 86 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. t 5. Februar, 91/2h in Sittich (Zaticina, Bezirk Littai), von Einigen bemerkt ein wellenförmiges Beben mit Getöse (Schul- leiter F. Kovac). Diesem Vorbeben folgte noch an demselben Tage die Erschütterung eines grossen Theiles von Krain und dessen nächster Nachbarschaft. 5. Februar, 14h 53m Erschütterung Krains etc., vom Laibacher Becken ausgehend. Im Folgenden werden die Berichte über das Hauptbeben des 5. Februars auszugsweise angeführt, geordnet nach den Verwaltungsbezirken. 5. Februar, Bezirk Radmannsdorf. Circa 15h in Veldes ein Beben, nur von einzelnen mhenden Personen wahrgenommen (Oberlehrer Fr. Rus). 15h in Seebach (Mlino) bei Veldes ein leichtes Beben. Die Zimmerthür wurde ziemlich kräftig erschüttert, und jede stehende Person konnte die Bewegung unter den Füssen ver- spüren (Zeitschrift »Slovenec»). Circa 15h vermeint in Sava bei Assling (Jesenice) jedoch nur eine Person ein Beben wahrgenommen zu haben. Im benach- barten Assling wurde es von Niemandem gespürt (Oberlehrer J. Medic). Circa 15h in Radmannsdorf (Radovljica) ein sehr leichter, nur von Einzelnen bemerkter Stoss. Richtung nicht bestimmbar (Oberlehrer A. Grcar). 143/4h in Kropp (Kropa) ein ziemlich namhaftes Beben. Man vernahm ein unterirdisches Donnern, gleich darauf folgten Vibrationen aus S oder SW durch 3 — 4S. Klirren der Glas- gefässe. Keine Mauersprünge (Oberlehrer J. Koros ec). 5. Februar, Bezirk Krain bürg. 14h 55m in Kovor bei Neumarktl verspürten mehrere Personen einen Stoss S — N oder umgekehrt nach vorangehendem Dröhnen (Schulleiter M. Debelak). E. v. M ojsisovi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. ö7 14h53m in Eisnern (Zelezniki). Von mehreren befragten Personen gab nur eine an, eine schwache Erschütterung ohne Getöse verspürt zu haben (Schulleiter J. Levicnik). 14h55m in Fessnitz (Besnica) zwei starke und darauf drei schwache Stösse aus NE mit vorangehendem und gleich- zeitigem dumpfen Getöse. Erschütterung einiger Möbel (Schul- leiter J. Baraga). Circa 15h in Krainburg von wenigen Personen ein schwacher Stoss vernommen (Gymnasialdirector F. Hubad). 14h58m in St. Georgen bei Krainburg von Vielen eine wellenförmige Bewegung aus NE ohne Getöse gefühlt (Ober- lehrer J. Jelenec). Vor 15h in Naklo ein Erdstoss annähernd in der Richtung NE — SW von Einigen bemerkt (Schulleiter J. Traven). Circa 15h in Zirklach (Cerklje) ein kurzer Stoss nach vorangehendem donnerartigen Getöse, nur von ruhig sitzenden oder liegenden Personen wahrgenommen (Oberlehrer A. Km et). 14h51m in St. Martin bei Krainburg eine wellenförmige Bewegung, wie daraus zu ersehen, dass der Ofen, an welchem ich lehnte, schaukelte. Gleichzeitig ein Getöse, Gesammtdauer 2 — 3S. Der Stoss war so schwach, dass ihn die Schulkinder nicht wahrnahmen; ich selbst war anfänglich der Meinung, dass der Schnee vom Dache abgerutscht sei. Die Erschütterung wurde auch von Anderen bemerkt, doch nicht von Allen. Die Richtung dürfte SW — NE gewesen sein (Oberlehrer M. Bregant). 14h 55m in Bischof lack (Skofjaloka) allgemein wahr- genommen ein wellenförmiger Stoss durch etwa 3S in der Richtung W — E. Die Fenster klirrten (Oberlehrer F. Papa). 14h 54m in Trata bei Poljana allgemein wahrgenommen ein langsames gleichförmiges Zittern durch 2S, mit gleichzeitigem und darnach noch ls andauerndem Dröhnen. Richtung aus E, beurtheilt nach dem Schwanken der Bilder im Schulzimmer, erster Stock. Daselbst bekam die Mauer einen Sprung auf der Seite, von welcher der Stoss gekommen war (Oberlehrer A. Pozar). 14h52m in Flödnigg (Smlednik) allgemein wahrgenommen ein Getöse durch 3 — 4S, hierauf ein Stoss aus NE, begleitet 88 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. vom Krachen in den Mauern und dem Gebälke. Kein nennens- werther Schaden, Schrecken unter der Bevölkerung (Pfarrer J. Karl in). 5. Februar, Bezirk Stein. 14h 55m in Komenda eine wellenförmige Bewegung SW nach NE, mit nachfolgendem Getöse. Von mir selbst nicht wahrgenommen, obgleich ich allein im Zimmer war und las (Oberlehrer J. Mesner). 14h 55m in Theinitz (Tunjice) eine schwache Erschütte- rung mit nachfolgendem Getöse, verspürt im Pfarrhause, jedoch von Niemandem im Schulhause (Schulleiter J. Pintar). Circa 15h in St. Martin bei Stein, von Einigen gespürt, eine Erschütterung, angeblich aus N, mit unterirdischem Getöse (Schulleiter F. Zore). 141147m jn jaUchen (Ihan) allgemein gespürt mehrere Schwankungen N — S durch 3 — 4S, nach vorangehendem Dröhnen (gleichwie wenn der Schnee vom Dache abrutscht) (Schulleiter V. Sadar). Circa 14n 55m in Domzale vom Berichterstatter ebenerdig nicht gespürt, dagegen im ersten Stockwerke des Schulgebäudes während des Unterrichtes von Allen bemerkt, nach voran- gehendem Dröhnen eine Erschütterung von S — N. Es schien, dass der Dachstuhl krache. Das federnd hangende Glöcklein am Hausthor schlug an (Oberlehrer F. Pfeifer). Circa 14h 50m in Egg (Brdo) ein schwacher Stoss und Schwingungen durch 2 — 3S mit einem schwachen Getöse, das fernem Donner glich, und einem Sausen, als ob der Schnee vom Dache rutschte. Wahrgenommen besonders von Sitzenden oder Stehenden in Wohnräumen, nur von Wenigen auch im Freien. Vom Berichterstatter selbst nicht bemerkt (Pfarrer J. Bizjan). 14h 58m in Stein (Kamnik) allgemein wahrgenommen ein langsames Schaukeln aus SW, ohne Getöse. Hängende Gegen- stände begannen zu schwingen, die Thüre knarrte, kein Schrecken (P. 0. S. F. Hieronymus Knoblehar). 14h 54m in Ober-Tuch ein (Gor. Tuhinj) nur von solchen Personen, welche einer ruhigen Beschäftigung oblagen, ein n. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 89 Seitenstoss verspürt. Richtung S—N, denn die E- und W-Fenster klirrten, die N- und S-Fenster nicht. Dauer 2S, gleichzeitig ein dumpfes, fernes, donnerartiges Getöse. Leichte Gegenstände wurden erschüttert (Schulleiter F. Malen sek). 14h 53m in Woditz (Vodice) allgemein verspürt (aus- genommen auf dem Wege befindliche Personen) ein kurzer kräftiger Stoss (kräftiger als lh 45™ desselben Tages). Richtung aus NE nach der Behauptung des Messners, welcher, am Altare beschäftigt, sah, wie die Kerzen so in Bewegung geriethen. dass sie sich kreuzten, und hörte wie der Kirchenluster klirrte. Dauer des Stosses 7S, gleichzeitig und einige Secunden hernach ein starkes Getöse, Erschütterung der Möbel und Klirren der Fenster. Die alten Sprünge in den Mauern erweiterten sich, stellenweise fiel der Anwurf ab. Grosser Schrecken, Alle flüch- teten aus den Häusern, das Vieh in den Stallungen beunruhigt und scheu, die Hunde schlugen ein eigenthümliches Heulen an (Pfarrer S. Zuzek). 14h 50m in Aich (Dob), von der Mehrzahl der Ortsbewohner wahrgenommen, vom Berichterstatter im Freien. Daselbst spürte man ein leichtes Zittern unter den Füssen, im ersten Stock- werke fühlte man ein kräftiges Vibriren. In den Gebäuden krachte es zweimal. Dauer 6S (Oberlehrer M. Janezic). 14h 54m in Tersain (Trzin) allgemein wahrgenommen ein 3S andauernder, leichter Stoss aus S. Erschütterung der Möbel. Schwingen der Hängelampen (Schulleiter L. Blejec). 14s/4t in Pece bei Moräutsch ein unterirdisches Getöse, hierauf durch einige Secunden eine Erschütterung, dass das ganze Haus schwankte, die Thüren knarrten und die Fenster klirrten. Auch von den Nachbarn wahrgenommen. Richtung angeblich N — S (Zeitschrift »Slovenec«). Vor 15h in Moräutsch (Moravce) verspürten Einzelne das Beben. In Pece und in den Bergen wurde es besser gespürt. Es war wellenförmig, nach ankündigendem Getöse und kam aus N (Oberlehrer J. Tom an). 14h 53m in Homec Erschütterung durch 3S, in Verbindung mit starkem Getöse (Zeitschrift »Slovenec«). Circa 14h50m in Möttnig (Motnik) verspürten bloss in einem Hause einer ruhigen Beschäftigung obliegende Personen 90 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. ein Getöse, hierauf eine Erschütterung. In Folge derselben knarrte die Thüre und die Fenster klirrten (Besitzer K. Kriznik). 5. Februar, Bezirk Littai. Circa 15h in Islak (Izlake) bei Sagor und St. Gotthard von Einigen eine leichte Erschütterung bemerkt. Die Fenster klirrten (Schulleiter F. Luzar). 14h55m in Hotitsch von Vielen eine wellenförmige Er- schütterung mit gleichzeitigem Dröhnen durch 4S wahr- genommen. Richtung SE — NW. Knarren der Thüren (Pfarrer M. Absec). 14h 53m in Watsch (Vace) eine wellenförmige Erschütte- rung aus W (Oberlehrer F. Nagu). 14h 50m in Zaljna von Einzelnen ein Stoss verspürt nach vorangehendem Getöse (Schulleiter J. Svetina). 14h 53m in Sittich (Zaticina) ein ziemlich starkes, wellen- förmiges Beben, W — E, mit Getöse (Schulleiter F. Kovac). 5. Februar, Bezirke Laibach und Umgebung. 14h 46™ in Preska allgemein gespürt ein ziemlich starkes Beben durch 2S mit unterirdischem Getöse. Man fühlte zuerst einen Stoss von unten, hierauf Schwingungen S — N. Klirren der Fenster, Knarren der Thüren; im ersten Stockwerk erweiterte sich der Sprung zwischen der Decke und der Mauer (Schul- leiter A. Sonc). 14h 55m in Sora allgemein gespürt ein langsames Zittern in der Richtung S — N durch 2S, vorher, gleichzeitig und nach- her ein Getöse von der Gesammtdauer 3S, Klirren und Erschütte- rung verschiedener Gegenstände (Schulleiter M. Potocnik). 14h521/2'n in St. Veit ob Laibach allgemein verspürt ein Zittern durch 3S und hierauf eine wellenförmige Bewegung ls. Richtung SW — NE, vorher, gleichzeitig und ls hernach ein ( ietüse, Krachen des Gebälkes der hölzernen Scheune, einiger Schreck, Einige flüchteten aus den Häusern (Schulleiter A. Sitsch). 14h 57m in Cernuce ein starker Erdstoss mit starkem Getöse, angeblich in der Richtung SW— NE (Schulleiter J. Gregor in). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. Jl 15h in Jezica ein unterirdisches Dröhnen, zwei ziemlich heftige Stösse, einer nach dem anderen und hernach neuerdings Dröhnen, welches im Ganzen etwa 8S dauerte. Dessen Richtung war SE — NW. Die Schulkinder im ebenerdigen Schulzimmer sprangen erschreckt auf. Der Messner war in der Kirche be- schäftigt und hörte das Rasseln der Luster, worauf er eilig aus der Kirche sich entfernte. Leute, welche im Freien waren, bemerkten, dass die Bäume den auf ihren Ästen, lagernden Schnee abschüttelten. In den hölzernen Wirthschaftsgebäuden vernahm man das Knarren des Gebälkes. Das Beben wurde hierorts, sowie in der Umgebung allgemein bemerkt (Schulleiter A. Zibert). 14h 53m 15s mitteleurop. Zeit in Laib ach starker Doppel- stoss (der stärkere nach etwa 1/2 s dem schwächern folgend) unter schussähnlichem Getöse, Dauer 3 — 4S, Bewegung gegen Ende etwas drehend, Richtung mir nicht sicher, fremde Beob- achtungen variiren zwischen SSE — SW, also vermuthlich etwa SSW — NNE (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). — 14h 50m Ortszeit, allgemein, auch im Freien, bemerkt eine Bodenschwankung in der Richtung SSW — NNE durch 5S, gleichzeitig ein Dröhnen, als ob der Schnee von den Dächern abrutschte. Die Bäume schüttelten den Schnee, welcher nachts und tagsüber gefallen war, von ihren Kronen ab (Bezirksschul- inspector Prof. Fr. Levec). — 14b49— 50m ein sehr heftiger, ausgesprochen verticaler Erdstoss in der Dauer von 2 — 3S. Auf dem Sparherde der Küche geriethen die zum Trocknen auf- gestellten eisernen Töpfe durch den senkrechten Stoss in sicht- liches Hüpfen, so dass einige derselben durch den senkrechten Stoss fast ganz bis zum Rande vorrückten. Geräusch habe ich keines vernommen. Der Stoss übte besonders auf Personen in oberen Stockwerken ein sehr beängstigendes Gefühl aus; selbst auf offener Strasse, mitten im Stadtlärm, wurde er vielfach bemerkt (k. u. k. Lieutenant i. d. R. Leo Suppantschitsch). — 14h 52m ein allgemein bemerktes Beben. Es war zuerst ein donnerartiges Geräusch durch 21/2S, dann ein Zittern und zuletzt ein kurzer Seitenruck durch 1 V2 — 2S. Der Stoss schien mir von NW zu kommen Im Museum ist in einem freistehenden Kasten ein Glasbild, und in der Hölzersammlung sind die Hölzer 92 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. nach N umgefallen. In der Wohnung ging eine Thür auf. Der Bericht der »Neuen Freien Presse«, wornach das Beben »viel- fach Risse und Sprünge im Mauerwerk« verursachte, entspricht nicht der Wirklichkeit. Weder in unserem Museum, welches gegen Erderschütterungen sehr empfindlich ist, noch an anderen Häusern wurden, gemäss den eingezogenen Erkundigungen, Sprünge oder Risse in den Mauern bemerkt (Museumassistent Ferd. Schulz). — In der Schule am Laibach er Moor, 15h, Erschütterung der Möbel und des Geschirres, eine Hängelampe schwang W — E. Es war ein gleichförmiges Schaukeln (Ober- lehrer J. Lik ar). 14h 58m in Mariafeld (D. M. v Polju) ein starker verticaler Stoss mit durch 10S anhaltendem Vibriren, zugleich starkes Getöse; Richtung S — N (Oberlehrer F. Kavcic). — Ein verti- caler Stoss mit kurze Zeit vorangehendem Dröhnen, Dauer 2S, die ebenerdigen Fenster klirrten etwas. Auf Möbel etc. keine Wirkung (Lehrer Th. Campa). Circa 14h56m in Rudnik allgemein verspürt zwei einander folgende Stösse von unten von je 2S Dauer, gleichzeitig Er- schütterung der Möbel und Krachen des Gebälkes, Klirren der Fenster. Bevölkerung erschreckt (Schulleiter J. Petric). 14h48m in Brunndorf (Ig) ein wellenförmiges Beben aus SW (Oberlehrer F. Trost). 14h 55m in St. Mar ein (Smarje-Sap) allgemein wahr- genommen ein Stoss von unten durch ls, hierauf ein Schaukeln durch etwa 6S, gleichzeitig ein Dröhnen; Richtung aus SE, beurtheilt aus der Bewegung kleiner Fläschchen. Man sah und hörte die Erschütterung der Möbel. Eine Flasche im ebenerdigen Zimmer fiel um, die Wanduhr blieb stehen. Wären die Dächer nicht mit einer 3 dm dicken Schneelage bedeckt, so wären wohl Dachziegel herabgefallen (Oberlehrer J. Borstnik). 15h in St. Kanzian bei Auersperg (Skocjan) verspürt von Einzelnen in allen Dörfern der Umgebung, gleichzeitig ein unterirdisches Dröhnen. Jemand fühlte die Erschütterung des Ofens (Schulleiter J. Cerar). Circa 14h 55m in Lipoglav von Einzelnen bemerkt ein kurzer Stoss, die Bewegung dauerte etwa 2\ voran ein Geräusch, E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 93 als ob der Schnee von den Dächern abgerutscht wäre. Die Fenster klirrten (Pfarrer F. Maresic). Circa 15h in St. Georgen bei Grosslup allgemein gespürt nach vorangehendem Donnern kräftige Vibrationen. Laut Mit- theilung eines Beobachters (Besitzer K. Kriznik). Circa 14h 55m in Dobrova allgemein verspürt eine hin- und herschaukelnde Bewegung NE— SW durch 2 — 3S, mit gleichzeitigem unterirdischen Dröhnen (Oberlehrer M. Rant). 14h 55m in Franzdorf (Borovnica) allgemein verspürt ein Stoss von unten mit gleichzeitigem Dröhnen (Lehrer A. Pirc). — Ein Beben mit Getöse durch 2% gehört und gespürt von ruhig und still sitzenden Personen (Oberlehrer F. Papier). 14h55m in Oberlaibach (Vrhnika) allgemein gespürt ein schnelles, gleichförmiges Schaukeln durch 3 — 4S, anscheinend N — S (beurtheilt nach der Bewegung des Wassers). Vorher ein Geräusch wie von einem vorüberfahrenden Wagen. Die Blumen in den Töpfen sichtlich erschüttert (Lehrer A. Luznik). 14h 53m in Saplana (Zaplana) allgemein verspürt ein wellenförmiger Stoss, anscheinend N — S, die früheren Sprünge im Mauerwerke des Pfarrhauses haben sich unbedeutend er- weitert (Pfarrer J. Seigerschmied). 15h in Billichgratz (Polhovgradec) nach vorangehendem Getöse ein verticaler Erdstoss; in einigen Häusern klirrten die Fenster (Oberlehrer J. Bajec). 5. Februar, Bezirk Loitsch. 14h 56m in Idria von einzelnen Personen verspürt ein schwaches Zittern durch kaum ls von nicht bestimmbarer Richtung, nach unmittelbar vorangehendem unterirdischen Rasseln (k. k. Probirer F. Jan da). Circa 15h in Godovic von Einzelnen verspürt ein Stoss (Schulleiter K. Mally). 15h in Hotederschitz (Hotedrsica) mehrfach wahr- genommen ein unterirdisches Dröhnen und hierauf ein leichtes Erzittern durch höchstens 3S. Die Schultafel knarrte auf dem Gestelle (Oberlehrer M. Kabaj). 94 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 14h 56m in Gereut h (Rovte) allgemein gespürt ein wellen- förmiges Beben durch 3S in der Richtung E — W. Klirren der Fenster, Knarren der Thüren (Schulleiter A. Sezun). 14h55m in Unter -Loitsch (Dol. Logatec) nach ankündi- gendem Dröhnen ein Beben SW — NE durch 4 — 5S (Oberlehrer J. Turk). 14h53m in Rakek ein gelindes unterirdisches Dröhnen, bewegliche Gegenstände wurden leicht erschüttert (Oberlehrer J. Pozenel). Circa 15h in Blöke im Pfarrhause gelinde Erschütterung einer Thüre, in einem anderen Hause leichtes Klirren eines Fensters; anderweitig nicht gespürt (Oberlehrer J. Bozja). 5. Febuar, Bezirk Adelsberg. 14h57m in Adelsberg (Postojna) durch einen Augenblick ein heftiger Erdstoss (Schulleiter St. Primozic). Negative Berichte zum 5. Februar wurden eingeholt von folgenden Orten: Bezirk Radmannsdorf: Lees (»stürmischer Tag, vielleicht deshalb übersehen«), Lengenfeld, Kronau, Mosnje, Woch. Feistritz, Vigaun, Breznica, Laufen (Ljubno); Bezirk Krainburg: Zarz, Neumarktl, St. Anna bei Neumarktl (hier orkanartiger Sturm), Gorice (hier heftiger Sturm), Höflein; Bezirk Loitsch: Altenmarkt, Zirknitz, Planina, Haasberg, Zavratec; Bezirk Adels- berg: Senosetsch (hier starke Bora); Bezirk Littai: Gross-Gaber, Sagor, Kolovrat, .St. Gotthard bei Trojana, Kressnitz; Bezirk Rudolfswerth: Neudegg; Bezirk Gottschee: Gross-Laschitsch; Bezirk Cilli: Trifail; aus diesem Bezirk erhielt Universitäts- professor Dr. R. Hoernes , gemäss freundlicher Mittheilung negative Nachrichten aus Hrastnigg, Trifail, Steinbrück, Tüffer, Cilli; positive Nachrichten dagegen aus Oberburg, Franz und Riez.1 Die im Vorstehenden angeführten Meldungen zeigen an, dass die Haupterschütterung am 5. Februar um 14h53m aus- gelöst wurde, wenn wir die beste Zeitangabe Laibachs als die zuverlässigste annehmen. Ohne Zweifel spielte sich das Beben 1 Vergl. üben S. 59. E. v. Moj sisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S9S. 95 auf dem ganzen erschütterten Terrain innerhalb des Zeitraumes einer Minute ab. Die divergirenden Zeitangaben sind daher (wie in anderen Fällen) auf ungenauen Gang der Uhren und Abrundung der Angabe zurückzuführen, wenn sie nicht gerad- aus als angenähert bezeichnet werden. Die grösste Intensität entfaltete das Beben in dem Laibacher Diluvialbecken südlich vom Breitenkreis von Krainburg. Es wurde daselbst allgemein auch ebenerdig und im Freien wahrgenommen und verursachte Klirren der Fenster, Knarren der Thüren, Erschütterung der Möbel, Krachen hölzernen Gebälkes, Abschütteln des Schnees (welcher an demselben Tage reichlich gefallen war) von den Bäumen. Als besonders stark werden die Wirkungen in Woditz und Laibach geschildert. Die stärkst erschütterte Fläche wird von einer Zone geringerer Wirksamkeit rings umgeben. Die- selbe reicht im SW etwa bis Adelsberg, d. i. etwa 40 km von Laibach, in W ebensoweit bis Idria, in NW etwa bis Veldes, 40 km von Woditz, ebensoweit in E bis Franz in Südsteier- mark, in SE über Sittich hinaus, d. i. über 30 km von Laibach. Es mag aber bezeichnend sein, dass innerhalb dieser Zone in NW den positiven Meldungen bereits eine grössere Zahl negativer gegenübersteht, und es beginnen diese schon bei Höflein, 13 km NNW von Woditz. Doch meldet Seeland in Kärnten (vergl. oben S. 79), in einem Hochalpenthale gelegen, 25 km N von Woditz, bestimmte Anzeichen des Bebens, und es trägt vielleicht die stürmische Witterung im oberen Savethale Schuld, dass das Beben mehrerenorts nicht zur Wahrnehmung gelangte. Auch in SW liegen die Orte Zirknitz und Planina, welche negative Berichte einsandten, näher an Laibach, als die positiv berichtende Station Adelsberg. Anderseits lieferten östlich von Woditz alle Orte bis Franz im Cillier Bezirk übereinstimmend positive Meldungen. Demnach scheint es, dass auch diesmal die Boden- bewegung in das östlich an das Laibacher Becken angrenzende Hügelland weiter vordrang, als nach irgend einer anderen Richtung. Ausserhalb der betrachteten Zone schwacher Wahrnehmung des Bebens bei vorwiegend positiven Berichten erlosch die 96 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Bodenbewegung keineswegs rasch. Noch in 70 km Entfernung W von Laibach taucht innerhalb unseres Referatsgebietes eine Nachricht von der Wahrnehmung des Bebens in Görz auf, und wird dieselbe bekräftigt durch die Angabe, gemäss welcher die Erschütterung in der Umgebung von Görz (bei St. Peter) von einer Person sogar im Freien gefühlt wurde (vergl. weiter unten S. 153). Man kann in ungefährer Schätzung annehmen, dass das Beben auch nach allen übrigen Richtungen der Windrose in gleichem Grade merklich sich erstreckt habe, obgleich weitere Meldungen aus der äussersten Zone im Hinblick auf die begreifliche Unvollkommenheit unseres Beobachtungsdienstes nicht vorliegen. Es berechnet sich alsdann die Gesammtgrösse des am 5. Februar, 14h53m, merklich erschütterten Gebietes als eine Fläche von über 15.000 km2. In dieser beträchtlichen Zahl kommt die grosse Erschütterbarkeit der oberflächlichen Schichten der Erdrinde neuerdings zum Ausdruck, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Bodenbewegung im Laibacher Becken, wo sie am heftigsten war, sich wohl allgemein bemerk- bar machte, aber nicht die Kraft hatte, einen Schaden an Gebäuden zu verursachen. — Noch ein anderer Vergleich liegt nahe. Das Beben vom 5. Februar 1898 ist, was Ursprung und Art der Ausbreitung anbelangt, offenbar als eine Wiederholung des verheerenden Hauptbebens vom Ostersonntag 1895 anzu- sehen. Damals wurde nach Suess' Berechnung eine Fläche von 713.000 km2 merklich erschüttert. Das Nachbeben vom 5. Februar 1898 hat unter Zugrundelegung unserer obigen Schätzung nur etwa den 47. Theil dieser Fläche fühlbar in Störung versetzt. Wenn man ferner die Abschätzung der Beben- intensitäten nach der üblichen Scala vornimmt, so wird man dem Hauptbeben den IX. Rang, dem in Rede stehenden Nach- beben den V. bis VI. Rang der Scala zuweisen. Angesichts der grossen Unterschiede in der Flächenausdehnung beider Beben erinnert man sich lebhaft daran, dass den Ziffern der Intensitäts- scala, so unentbehrlich sie für die kartographische Darstellung der Bebenwirkungen sind, doch nur eine relative Bedeutung zukommt. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 97 5. Februar, circa 20\ wurde in Islak (Izlake) bei Sagor von Einigen ein Nachbeben zu der Haupterschütterung dieses Tages gespürt. Auch Bewohner der nahen Ortschaft St. Gott- hardt vernahmen beide Erschütterungen. Es waren wenige Stösse und die Fenster klirrten (Schulleiter F. Luzar), 5. Februar, 2 1 h 45m erfolgte auch in Trata, woselbst die Haupterschütterung um 14h 53m auffallend stark gewesen zu sein scheint, ein Nachbeben durch ls (Oberlehrer A. Pozar). 6. Februar, circa 5h 30m in Peuc eine leichte Vibration durch 10s (k. k. Förster K. Seh ebenig). 8. Februar, 21h 20m in Littai von Einigen gespürt — vom Berichterstatter ebenerdig sitzend, im Gespräch begriffen — ein gleichförmiges Schaukeln durch 2S mit gleichzeitigem dumpfen Getöse (Oberlehrer J. Verbic). 9. Februar, llh 24m in Jauchen (Ihan) eine von Einzelnen bemerkte Erschütterung (Schulleiter V. Sa dar). 9. Februar, 14h 40m in Altenmarkt (Stari trg) bei Laas (Bezirk Loitsch) ein leichtes Vibriren durch 2S, S — N (Ober- lehrer K. Gasperin). 12. Februar, 4h30m in Peuc eine leichte Vibration durch 8% und um 5h ebendaselbst ein ziemlich starker Stoss ohne Getöse durch ls, wobei die Dielen im Zimmer leicht knarrten. Beide Erschütterungen, im Bette ruhend, wahrgenommen (k. k. Förster K. Seh ebenig). 12. Februar, \81/2h und 191/2h, Beben zwischen der Temenitz und der Gurk. 18V0h in Gross-Gaber (Bezirk Littai) nach vorangehendem dumpfen Getöse ein starker Stoss. Laut Angabe Einiger klirrten die Fenster (Oberlehrer J. Zajec). I8V411 m Döbernig (Dobrnic), Bezirk Rudolfswert, eine Erschütterung (Oberlehrer M. Hiti). 19V2h m Gross-Gaber ein schwächerer Stoss, als eine Stunde vorher, ohne Getöse (Oberlehrer J. Zajec). I97411 m Döbernig ein stärkerer Stoss als um 18V4h- Die Wandkarte wurde bewegt und man hörte ein unterirdisches Donnern (Oberlehrer M. Hiti). Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd. Abth. I. 7 98 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 19yoh in Ajdovec bei Seisenberg von Einzelnen gespürt ein Stoss mit langsamem Schaukeln durch ein paar Secunden. Erschütterung der Möbel. Einige flüchteten aus den Häusern (Pfarrer M. Poljak). 191/.,11 in Seisenberg eine sehr leichte Erschütterung, von Einigen bemerkt (Oberlehrer F. Koncilija). 191/211 in Gottschee im 1. Stockwerke des Gymnasial- gebäudes ein leichtes Zittern N — S (Prof. H. Satter). Negative Nachrichten zum 12. Februar sandten folgende Stationen ein: Neudegg, Hönigstein, Waltendorf, Töplitz, Hinnach, Ambrus, Unterwarmberg, Altlag. Demnach zeigen die oben angeführten Meldungen vom 1 2. Februar zwei schwache, wenig ausgedehnte Erschütterungen an, welche in dem Terrain zwischen dem Oberlaufe der Gurk und dem ihr zufliessenden Temenitzbach sich abgespielt haben. Die von dort ausstrahlenden Bodenwellen waren in dem süd- westlich anschliessenden Kalkplateau zwischen der Gurk und der Stadt Gottschee nicht mehr kräftig genug, um körperlich wahrnehmbar zu sein. Die Wellen des zweiten Bebens erstarkten aber in dem weniger consolidirten Boden der tertiären Kohlen- mulde von Gottschee und traten daselbst als fühlbare leichte Erschütterung auf. 16. Februar, 1 lh47m in Pres ka (Bezirk Umgebung Laibach) ein leichter Erdstoss mit unterirdischem Dröhnen gefühlt von mir und den Schülern im Schulzimmer des 1. Stockwerkes. Ebenerdig wurde der Stoss nicht bemerkt (Schulleiter A. Sonc). 18. Februar, 1 U/o1' in Seisenberg eine sehr gelinde, kaum fühlbare, nur von Wenigen bemerkte Erschütterung nach SW (Oberlehrer Fr. Koncilija). 19. Februar, 15h30m in Hermsburg (Bezirk Loitsch) ein ganz schwaches Beben von vier Personen gespürt, es war eine Erschütterung mit gleichzeitigem sanften unterirdischen Rollen (Oberförster J. Nowak). 20. Februar, 2h in Peuc eine 18s dauernde Vibration, die mich weckte, worauf ich die Dauer der schwachen Bewegung am Pulse abzählte. Diese Vibration wurde auch von den In- wohnern des Nachbarhauses deutlich wahrgenommen. Drei Stunden später, am E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 99 20. Februar, 5h ebendaselbst, erfolgte eine circa 10s dauernde Vibration, welche ich wach im Bette wahrnahm (k. k. Förster K. Seh eben ig). 20. Februar, einige Minuten vor 5h in Sturje bei Haiden- schaft nach der Behauptung Einiger ein schwacher Stoss (Gemeindesecretär A. Seh legi). 20. Februar, 5h 57m, Beben von Cividale. Am 20. Februar erfolgte circa 6h ein umfangreiches, zer- störendes Beben, welches sein Epicentrum bei Cividale in Italien hatte und das Gebiet von Görz-Gradisca verquerend, nach Krain ausstrahlte. In der Chronik für Görz-Gradisca findet man die aus diesem Lande eingelangten Einzelmeldungen an- geführt. Hier folgen die Berichte aus Krain, geordnet nach den Verwaltungsbezirken. 20. Februar, Bezirk Adelsberg. 5h 50m in Sturje bei Haidenschaft allgemein bemerkt ein Schaukeln mit darauffolgendem Stoss in der Richtung E — W durch 2 — 3S, Richtung beurtheilt aus der Beobachtung schwin- gender Gegenstände (Gemeindesecretär A. Schlegl). 5h 59V2ra m St. Veit bei Wippach ein Beben durch 3S. Die Weckeruhr und die Lampe auf dem Kasten vernehmlich er- schüttert, in den Mauern krachte es (Oberlehrer J. Raktelj). 5h 50m in Goce ein ziemlich starker Stoss durch 4S, NW bis SE, voran ein dumpfes Getöse (Schulleiter F. Mercina). 20. Februar, Bezirk Loitsch. 6h5m in Ober-Idria fast allgemein bemerkt eine Erschütte- rung (Zittern) N — S durch ls mit gleichzeitigem schwachen Sausen. Mehrere Personen wurden aus dem Schlafe geweckt. In der Pfarrkirche verspürten im Schiffe während der Predigt bloss einzelne Personen eine schwache Erschütterung, hin- gegen empfanden jene auf dem Chor allgemein ein Beben, wobei die Thüren gerüttelt wurden, die Fenster klirrten und die im Kasten befindlichen Musikinstrumente schepperten (k. k. Pro- birer F. Janda). — 6h Beben E — W, starke Erschütterung der Möbel und Fenster (Schuldirector A. Novak). 100 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Circa 5h 45m in Peuc, im Bette wachend, beobachtet ein schnelles Schaukeln durch 2— 3S, welchem circa la/2s ein leichtes Zittern folgte. Der Stoss schien von S gekommen zu sein, nach der Empfindung beim Schaukeln des Bettes beurtheilt. Ohne Geräusch. Knarren der Thüre, Erschütterung der Möbel, Klirren der Fenster. Die meisten Bewohner in Schwarzenberg, Zadlog, Godovic haben die Erschütterung wahrgenommen (k. k. Förster K. Seh eben ig). 5h 53m in Godovic ein mittelstarkes Beben WE, Krachen in den Mauern und dem Gebälke (Pfarrer A. Bobek). 5h 59m in Hotederschitz (Hotedersica) nur von einigen ruhenden Personen bemerkt. Im Bette wachend, verspürte ich ein leichtes verticales Auf- und Abschwanken des Bettes. Beim Fenster war ein leichter Knall zu hören. Es war das leichteste Beben von allen, die ich je vernommen hatte (Oberlehrer M. Kabaj). 5h 48m in Loitsch (Logatec) fast allgemein bemerkt ein Stoss anscheinend aus NE mit nachfolgendem dumpfen Getöse. Fenster und Thüren erschüttert (Oberlehrer J. Turk). 61' in Planina allgemein bemerkt eine wellenförmige lang- same Bewegung aus SE nach NW durch 3S, Erschütterung der Möbel (Oberlehrer J. Benedek). Circa 6h in Blöke bei Rakek erfuhr ich nach mehrfachen Erkundigungen von drei Personen, dass sie ca. 6h einen fernen Donner und eine leichte Erschütterung der Thüre bemerkten. Die Bewegung war kaum als Beben zu erkennen (Oberlehrer J. Bozja). 20. Februar, Bezirk Laib ach und Umgebung. Circa 5h 58'" in Laibach eine wellenförmige Bewegung, welche mich und andere Inwohner des Hauses aus dem Schlafe weckte. Krachen der Zimmerdecke, Richtung der Bewegung meridional (f.-b. Consistorialrath J. Smrekar, St. Peterstrasse 12, I. Stock). Einige Personen theilen mir mit, dass um 5h 55m eine schwache schaukelnde Bodenbewegung stattfand, verbunden mit einem leisen Ruck, Richtung EW, Dauer 1 — 3S. Ich selbst E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 101 wurde durch dieselbe nicht aus dem Schlafe geweckt (Museum- assistent F. Schulz, Landesmuseum, Hochparterre). Einige Minuten vor 6h in Cernuce von Wenigen eine an- geblich horizontale Erschütterung ohne Getöse wahrgenommen. Schlafende wurden nicht geweckt (Schulleiter J. Gregorin). 20. Februar, Bezirk Krainburg. 5h 57m in Bischoflack (Skofjaloka) von einzelnen eine wellenförmige Bewegung durch ein Paar Secunden gefühlt (Oberlehrer F. Papa). 6h in Fessnitz (Besnica) mehrere einander rasch folgende Stösse aus NE ohne Wirkungen (Schulleiter J. Baraga). 20. Februar, Bezirk Radmannsdorf. 611 15m in Kropp (Kropa) ein leichtes Beben anscheinend WE. Drei auf einander folgende Schwingungen durch 3 — 4S ohne unterirdisches Getöse. Erschütterung der Gläser und Lampen, auch im Bette fühlte man die Schwingungen gut (Oberlehrer J. Korosec). 5h 55m (genaue Telegraphenzeit) in Wo chein er Feist ritz (Boh. Bistrica) von den meisten wachenden Personen verspürt ein Stoss aus SW durch 2S, der die Tischlampe gehoben und geneigt hat, mit gleichzeitigem donnernden Geräusch. Der Lampenschirm rasselte. Beobachtet ebenerdig im Gebäude, neben dem Tische gestanden (k. k. Postmeister M. Bevc). 5h 58m in Sava bei Assling ein wellenförmiges Beben aus W ohne Getöse durch 5S (Oberlehrer J. Medic). 20. Februar, Bezirk Stein. 61' in Theinitz (Tunjice) im Schulhause nicht gefühlt, wohl aber am Fusse des Theinitzer Berges in einem Hause, welches auf lehmigen Boden steht. Daselbst fielen in Folge der Erschütterung die Stubenvögel von den Sprossen herab und die Zimmerdecke soll einen Sprung erhalten haben (Schulleiter J. Pintar). 5h55m in Ob er- Tuch ein (Gor. Tuhinj) durch 3S ein leich- tes Vibriren SW — NE mit dumpfem Dröhnen, kein Klirren der Fenster, keine sonstige Wirkung (Schulleiter F. Malensek). 102 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 20. Februar, Bezirk Gurkfeld. 6h 15m in St. Margarethen (Smarjeta) bei Weisskirchen ein verticaler Stoss, welcher uns aus dem Schlafe weckte. Klirren der Fenster (Oberlehrer W. Gebauer). 20. Februar, Bezirk Gottschee. -h-gm (g-enaue Bahnzeit) in Schalkendorf bei Gott- schee ein Beben bemerkt vom Kohlenwerksdirector in einem Zimmer des ersten Stockwerkes im Bette ruhend. Aber auch die Arbeiter, welche eben zur Schicht auf den Bau ausfuhren, spürten und sahen die Erschütterung, und zwar alle. Es war ein Schlag von unten, genaue Richtung NNW — SSE, er währte 4 — 5S. Ein heulendes donnerndes Geräusch ging voran. Das Rasseln während des Stosses war stark. Bilder in schwin- gender Bewegung. Angst unter den Leuten. Pferde zitterten. Der grosse Haushund (Dogge) winselt hinterdrein noch die längste Zeit. Schutthalden sollen in dieser Zeit sich gesenkt haben. Merkwürdigerweise ist dieses Beben in der 1 km ent- fernten Stadt Gottschee von Niemandem gespürt worden (Prof. H. Satter nach Angaben des Kohlenwerksdirectors A. Kom- posch). Folgende Stationen lieferten zum 20. Februar negative Nachrichten: Kronau, Lengenfeld, Neumarktl, Stein, Möttnig, Littai, Gurkfeld, Nassenfuss, St. Barthelmä, Rudolfswert, Gross- Gaber, Watsch, St. Marein-Sap, Ambrus, Senosetsch. Das Epicentrum sowie die westliche Hälfte der Schütter- fläche des zerstörenden Bebens von Cividale, welches in Görz am 20. Februar 5h 57m Telegraphenzeit beobachtet wurde, liegt in Italien. Es obliegt uns nun die Wirkungen und die Ausbrei- tung der Erscheinung in Görz-Gradisca und Krain, also in der östlichen Hälfte der Schütterfläche, übersichtlich darzustellen. Eine kurze Schilderung des Schauplalzes der heftigsten Äusserung der unterirdischen Kraft möge vorausgesendet werden. Cividale liegt am Nordostrande der diluvialen und alluvialen Ebene des italienischen Friauls am Nadisone- Flusse, dort, wo derselbe aus den Flyschhügeln der Mte. Maggiore- Gruppe der Julischen Alpen in die Ebene tritt. Gemäss einer telegraphischen Depesche der in Triest erscheinenden Zeitung E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 103 »Piccolo« wurden durch das Hauptbeben (angeblich 5h 47'") in der kleinen Stadt Cividale fast alle Häuser beschädigt (20.000 Lire Schaden); viele Rauchfange sind gefallen; die Kirchen mussten gesperrt werden. Ein zweiter Stoss erfolgte um 6h45m, ein dritter um 12h34m; beide waren schwach. In Udine wird als Zeit der Haupterschütterung 5h 57m angegeben, sie bewirkte ein starkes Schwanken der Häuser, aber keinen Schaden. Ein zweiter Stoss wurde daselbst um Q1/2h nur vom Seismographen verzeichnet. Einige behaupten, heisst es weiter in der ange- zogenen Quelle, dass circa 2h ein Stoss vorausgegangen sei. Dieser Vorläufer der Hauptstörung wurde auch im Görzer Gebiete, ja sogar noch in Peuc bei Idria in Krain beobachtet. Die Meldungen über andere leichte Vorbeben 0h, 3h, 4h, 5h findet man in unserer Chronik angeführt. Für die Eintrittzeit der Haupterschütterung ist die Angabe von Görz als die zuver- lässigste anzunehmen, welche mit jener von Udine überein- stimmt, demgemäss 5h 57m. Hiezu passen die Meldungen von Laibach: 5h 58m und Gottschee: 5h 59m, wenn man sich mit einer angenäherten Zeitbestimmung begnügt. Unter allen unseren Stationen, welche einen Bericht ein- gesendet haben, liegt auf österreichischem Gebiet dem Epi- centrum am nächsten die Ortschaft Dolegna, nämlich nur 8 km südöstlich von Cividale. Der von dort eingelangte Bericht be- merkt ausdrücklich, dass das Beben keine die Gebäude schä- digenden Wirkungen zurückgelassen habe. Dagegen hatte die Erschütterung Energie genug, um im Isonzo-Thale, im öster- reichischen FriauL im grössten Theile des Wippach- und Idria- Thales allgemein bemerkt zu werden und Schlafende zu wecken. Diese Gebiete bilden eine breite Zone, welche die stärkst er- schütterte Fläche der Umgebung von Cividale in einem Bogen umfasst. Am weitesten scheint dieselbe von dem Bebenherde in östlicher Richtung auszugreifen, reicht daselbst etwa bis Kirchheim und Idria. Die nächste Zone umfasst ein Gebiet, in welchem das Beben noch allerorts, wenn nicht allgemein, so doch von mehreren Personen wahrgenommen wurde (Flitsch, Wocheiner Feistritz, Kropp, Bischoflack, Loitsch, oberes Wip- pachthal). Jenseits dieser Zone wurde das Beben in noch schwächerem Grade und nur mehr in einigen Orten beobachtet. 104 Mitthe.ilungen der Erdbeben-Commission. Es entsteht so ein äusserster Gürtel, welchem das obere Save- Thal, ferner das Laibacher Becken, sowie die Südhälfte des Loitscher und Adelsberger Bezirkes angehören. Eine unerwar- tete Erweiterung erfährt diese Zone durch einige anscheinend ganz isolirt und zumTheil in Folge eigenartiger Bodenbeschaf- fenheit auffallend heftig erschütterte Orte. So vor allen Schal- kendorf bei Gottschee am Rande einer tertiären Kohlenmulde, ferner St. Margarethen bei Weisskirchen, am Saume der terti- ären Bucht von Landstrass, schliesslich Obertuchein in dem von Brüchen durchsetzten Hügelland auf der Südseite der Steineralpen. Am 5. Februar war eine seismische Störung von einer Stelle des Laibacher Beckens ausgegangen. In westlicher Rich- tung strahlte sie bis über Görz hinaus. Wenige Tage nachher, am 20. Februar, schritt eine Bebenbewegung von Cividale (welches von Laibach nicht viel weiter entfernt liegt als Görz) aus nach allen Richtungen der Windrose, also um bis Laibach zu gelangen den entgegengesetzten Weg in östlicher Richtung fort. Es erscheint naturgemäss, dass die diesmal von der Erre- gungsstelle mit grösserer Heftigkeit ausgehende Bewegung einen grösseren Umfang erreichte und bis über die genannten äussersten Punkte Gottschee, St. Margarethen, Tuchein sich fortzupflanzen vermochte. Mit dieser Proportionalität der Ener- gie am Epicentrum und der Ausbreitung derselben auf der Erd- oberfläche ist die Annahme vereinbar, dass die Herdtiefe in beiden Fällen keine wesentlich verschiedene war. 20. Februar 16h 15m MEZ in Laib ach ein sehr schwacher Stoss durch 73s. 21. Februar 18h50'5mMEZ ebendaselbst eine sehr schwa- che wellenförmige Bewegung durch ls (f.-b. Consistorialrath J. Smrekar). 23. Februar 2h in Möttnig (Motnik) im ersten Stockwerke im Bette liegend, wach, eine wellenförmige Bewegung mit fol- gendem dumpfen Getöse. Nur vom Berichterstatter beobachtet (Besitzer K. Kriznik). 24. Februar von lh bis 6h in Peuc habe ich mehrere kurze, sehr schwache Vibrationen im Bette ruhend beobachtet (k. k. Förster K. Seh ebenig). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre L898. 105 24. Februar circa 23h20m in Mötnig von einigen Personen bemerkt zwei wellenförmige Stösse aus SYV. klirrende Fenster, Erschütterung der Möbel, voran ein starkes dumpfes Getöse (Besitzer K. Kriznik). 25. Februar von 20h bis Mitternacht in Peuc im Bette ruhend kurze schwache Vibrationen bemerkt (k. k. Förster K. Seh eben ig). 25. Februar circa 22h in Hinnach (Hinje), Bezirk Rudolfs- wert, ein schwacher wellenförmiger Stoss N — S, Klirren des Glasgeschirres auf dem Kasten (Schulleiter P. Borstnik). 25. Februar circa 23h 28m in Ratschach (Radeee), Bezirk Gurkfeld, von Einzelnen ein Stoss mif dumpfem Getöse bemerkt. In einem Hause Klirren der Gläser im Kasten (Pfarrer J. Za- gorjan). 26. Februar 4h 20m in Peuc eine ziemlich starke Vibration durch 18s, 411 40m desgleichen durch 12% 13h45m ebenda- selbst eine Erschütterung von kurzer Dauer. Von mehreren Bewohnern der Umgebung beobachtet. Zittern der Gebäude (k. k. Förster K. Seh eben ig). 27. Februar 15h52m in Laibach eine Erschütterung. Un- sichere Beobachtung (f.-b. Consistorialrath J. Smrekar). 28. Februar 4h bis 6h in Peuc, im Bette ruhend, zwei schwache Vibrationen, 8 — 10s dauernd beobachtet (k. k. Förster K. Scheb enig). III. März 1898. 1. März 2h 30m in Hermsburg (Bezirk Adelsberg) ein gleichmässiges Zittern, laut Angabe des oben erwähnten Forst- aufsehers »solange man auf 5 zählt,« ich selbst spürte aus dem Schlafe erwachend nur das Ende. Nicht sehr starkes Klirren der Fensterscheiben (Oberförster J. Nowak). 2. März 3V2h in Peuc schwache Vibration durch 12s. 2. März 5h ebendaselbst desgleichen durch 19s. 2. März 22h ebendaselbst eine ziemlich starke Erschüt- terung. 4. März von 22h bis 5 März 5h habe ich ebendaselbst mehrere schwache kurze Vibrationen beobachtet (k. k. Förster K. Schebe nig). 106 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 4. März 13h 40m in Laibach eine Erschütterung. Un- sicher e Beobachtung (f. -bisch. Consistorialrath J. Smrekar). 5. März 2h 15m in St. Margarethen bei Weisskirchen (Bezirk Gurkfeld) von Einzelnen verspürt (vom Berichterstatter ebenerdig im Bette) eine wellenförmige Erschütterung durch einige Secunden, zugleich mit einem sturmähnlichen Rauschen (Oberlehrer W. Gebauer). 6. März lh 30m in Peuc und 6h ebendaselbst vier kurze schwache Vibrationen. 7. März 0h 20m ebendaselbst zwei schwache Vibrationen durch je 15s. 8. März 3h ebendaselbst eine Vibration durch circa 16s. 8. März 4h30m ebendaselbst desgleichen durch circa24s. 8. März 6h 28m ebendaselbst zwei nach einander fol- gende Vibrationen von je circa 14s. Alle diese Beobachtungen im Bette ruhend gemacht (k. k. Förster K. Schebenig). 9. März 3h 30h in Obertuchein (Gorenji Tuhinj), Bezirk Stein, von einigen zur Zeit wachenden Personen ebenerdig ein kurzer Stoss S — W, zugleich mit fernem gelinden Getöse beob- achtet (Schulleiter F. Malensek). 9. März 21h in Möttnig blos von mir und meinem Nach- bar im ersten Stockwerke am Tische sitzend etwa zehn Er- schütterungen SW — NE durch eine Minute zugleich mit gelin- dem tiefen Getöse beobachtet. Schwingen der Gewichte einer Pendeluhr (Besitzer K. Kriznik). 10. März 16h 15m in Laib ach schwächste Erschütterung von 72s Dauer. Unsichere Beobachtung (f. -bisch. Consistorial- rath J. Smrekar). 11. März 3h in Hermsburg eine Erschütterung durch 4 bis 5S von drei Personen gespürt, die übrigen erwachten nicht. Man hatte das deutliche Gefühl als ob das Bett wagrecht hin und her bewegt würde, gleichzeitig ein anwachsendes, hierauf abnehmendes, nicht heftiges dumpfes Rollen. Leichtes Rollen noch nach der Bewegung vernehmbar (k. k. Oberförster J. Nowak). 11. März 15h 45m in Krainburg (Kranj) beobachtete ich einen schwachen Erdstoss E — W circa 2S zugleich mit unter- irdischem Rollen. Auch eine andere Frau, die in einem anderen E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. 107 Hause wohnt, nahm das Gleiche wahr (Schulleiterin Fanny Jugovic). 15. März 9h 55m Ob er- Tuch ein von Einzelnen bemerkt, sechs Stösse im Zeitraum von fünf Minuten, mit Intervallen von je einer Minute jedesmal ein leichtes Schaukeln durch je circa 3S in nicht bestimmbarer Richtung, zugleich gelindes Getöse. Die Schulkinder erschraken (Schulleiter F. Male nsek). 23. März circa 20V2h Beben im Bezirke Gottschee gemäss folgenden Meldungen: 20h 36m in Gottschee ein Sausen, darauf ein Stoss an- geblich S — N oder umgekehrt. Ich selbst spürte den Stoss als ob er nach unten ginge. Fenster klirren, Thüren krachen, star- kes Gepolter im Hause, donnerndes Getöse mitten in der Bewe- gung, die etwa 2 — 3S dauerte (Prof. H. Satter). 20h 29m (Bahnzeit) in Schalkendorf bei Gottschee ein Knall, dann ein Donnern, hierauf ein 2S dauernder Stoss durch V2S von E — W wellenförmig gehend, vernommen von allen Be- wohnern des Hauses, welches auf tertiären Kohlenschiefer steht. In der Stadt Gottschee von den meisten Bewohnern verspürt (Bergwerksverwalter A. W. Komposch). 20h 35m in Lienfeld ein anscheinend verticaler Erd- stoss, verbunden mit donnerähnlichem Getöse (Oberlehrer J. Windisch). 20h 38m in Stalzern mehrere wellenförmige Erdstösse N — S, 2S. Klirren der Fenster (Schulleiter F. Högler). 20h 40m in Rieg eine ganz geringe Erschütterung S — N (Schulleiter J. Ostermann). 20y2h in Gross-Laschitz (Velike Lasce) von Einzelnen eine leichte kaum wahrnehmbare Erschütterung beobachtet (Oberlehrer K. Simon). 201/2h in Tabor bei Travnik ein unbedeutendes Getöse von einzelnen Personen verspürt (Oberlehrer J. Sedlar). Folgende Stationen beantworteten die Fragekarte zum 20. März negativ: St. Canzian bei Auersperg, Gutenfeld, Pölland bei Ortenegg, Soderschitz, Reifnitz, Dolenja vas. bei Reifnitz. Ebenthal, Altlag, Nesselthal, Unter-Deutschau, Banjaloka, Fara bei Kostel, Vinica, Osilnica, Morobitz, Masern. 108 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Es handelt sich also um ein locales Beben, welches in Gottschee Thüren und Fenster vernehmlich erschütterte und von den meisten Bewohnern der Stadt verspürt wurde und ähnlich in Lienfeld und Stalzern aufgetreten zu sein scheint. Bereits in Rieg, 8kwi SW von Gottschee, wurde es nur als geringe Erschütterung bemerkt. Die Zone ganz schwacher Wahrneh- mung mit vorwiegend negativen Berichten scheint auch in die- sem Falle eine ziemliche Breite erlangt zu haben, da noch in Gross-Laschitsch, 28km. NW von Gottschee, eine »kaum wahr- nehmbare Erschütterung« beobachtet werden konnte. In Trav- nik, 22 km. WN W von Ciottschee, vernahmen einzelne Personen ein unbedeutendes Getöse, aber keine Bodenbewegung. 25. März 23h45m inPeuc schwaches Beben 2S, ohne Getöse. 26. März 22h in Peuc Vibration, etwa 10s. 27. März 4h 20m in Peuc schwache Vibrationen, etwa 8 bis 1 1 8 dauernd. 4h 30m in Peuc schwache Vibrationen, etwa 8 bis lls dauernd. <)'' 30m in Peuc schwache Vibrationen, etwa 8 bis lls dauernd. 28. März 0h 301'1 in Peuc schwache Vibrationen, etwa 10s dauernd. 29. März lh 45m in Peuc schwache Vibrationen, etwa 15s dauernd. 29. März 7h in Peuc schwache Vibrationen, etwa 12s dauernd. 30. März lh 15™ in Peuc schwache Vibrationen, etwa 15s dauernd. 30. März lh 35'" in Peuc schwache Vibrationen, etwa 12s dauernd. 30. März 2h 10m in Peuc schwache Vibrationen, nur kurz und schwach. 30. März 4h 20™ in Peuc schwache Vibrationen, etwa 20s dauernd. 30. März 4h 35m in Peuc zwei schwache Stösse nach- einander. 30. März 21h 30m in Peuc Vibration, lang und stark dauernd. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 109 Diese Vibrationen wurden im Bette ruhend beobachtet und sofort notirt. In Folge der fortwährenden schwachen Vibra- tionen zweifelte ich an der Thatsächlichkeit derselben. In Er- manglung eines Instrumentes stellte ich neben dem Bette einen grossen Compass sowie mehrere spiralige Drähte auf. Beim Erscheinen der Vibrationen wird nun wirklich der Compass unruhig und die Drähte werden in leichte zitternde Bewegung versetzt (k. k. Förster K. Seh eben ig). IV. April 1898. 1. April, oh in Peuc starke Vibrationen durch etwa 18s. 2. April, 3h 15m in Peuc schwache Vibration. 2. April, 5h 50m in Peuc schwache Vibration. 4. April, 4h 15m in Peuc schwache Vibration durch etwa 14— 18s. 4. April, 5h 30m in Peuc. 7. April, 3h 45m in Peuc zwei schwache einanderfolgende Stösse von je 1/4S. Bemerkung zu den Beobachtungen vom 27. März bis April bereits oben angeführt (k. k. Förster K. Schebenig). 1 1. April, 3h 40m in Peuc ziemlich starke Vibration. 1 1. April, 3h 45m in Peuc ziemlich starke Vibration. 12. April, 3h 10m in Peuc ziemlich starke Vibration, im Bette ruhend beobachtet (k. k. Förster K Schebenig). 12. April, 19h 30m und 20h 1.8m aus der Provinz Udine ausgestrahlte Beben gemäss folgenden Meldungen: 19h 30m in Schalkendorf bei Gottschee eine ganz leichte Erschütterung in einem Hause bemerkt (Kohlenwerksverwalter A. Komposch). Anscheinend die local verstärkte Ausstrahlung einesBebens, welches aus dem Görzer Gebiet (vgl. Chronik desselben) von Görz und Pecine gemeldet wird. Eine analoge Verstärkung fand am 20. Februar 51' 59m statt (siehe oben die Daten zu die- sem Tage). 12. April inSturje bei Haidenschaft von Mehreren ge- spürt eine Erschütterung. Die Zimmerthüre zitterte durch 6S (Besitzer J. Budihna). 110 Mittbeilungen der Erdbeben-Commission. 12. April, 20y4h in Senosetsch (Senozece) nach Angabe anderer Personen ein wellenförmiger Stoss. Voran ein dumpfes Getöse. Erschütterung der Möbel (Oberlehrer L. Abram). 12. April, 2072h in Ober-Idria ein Beben (Gewerkschul- director A. Novak). 12. April, girca 21ft in Kropp ein von Einigen bemerktes Beben. Richtung angeblich SW — NE. Gelindes unterirdisches Getöse (Oberlehrer J. Korosec). 12. April, 20h 18m in Schalkendorf bei Gottschee, bemerkt von allen Personen des Hauses und auch im Nachbarhause ein langsames Schaukeln S — N, beurtheilt durch die Beobachtung einer Hängelampe durch 2S, leises Krachen der Thüre und Klirren der Gläser, nachfolgend ein leises Rauschen (Bergwerks- verwalter A. Komposch). Zu den Beben vom 12. April lieferten negative Nachrichten folgende Stationen Krains : Idria, Peuc, Laibach, Reifnitz, Stein, und Kirchheim im Görzer Gebiet. Die vorstehenden vier positiven Meldungen beziehen sich auf das Beben, welches am 12. April 20!l 18m, von einer Erre- gungsstelle im Gebiete von Cividale in Italien ausgehend, fast das ganze Gebiet von Görz-Gradisca (siehe Chronik desselben) körperlich wahrnehmbar erschütterte und von dort auch in die angrenzenden Theile Krains ausstrahlte. Idria, Sturje und Senosetsch hängen mit der Görzer Schütterarea ohne Zweifel in Continuität zusammen. Kropp und Gottschee erscheinen jedoch isolirt erschüttert in gleicher Weise wie Gottschee an demselben Tage, nur eine Stunde vorher (19V2h) und früher schon am 20. Februar. Beide Orte liegen nämlich diesmal in jener äussersten Zone der Schütterfläche, in welcher die seis- mische Energie bereits dem Erlöschen nahe, körperlich nicht mehr wahrnehmbar sich fortpflanzt. Wenn sie aber hiebei über besonders nachgiebige Stellen schreitet, etwa wenig consoli- dirte junge Ablagerungen oder von Brüchen durchsetzte Ge- steinsmassen, so kann die in solidem Felsboden völlig gedämpft fortschreitende Bebenbewegung wieder körperlich fühlbare Wirkungen hervorrufen. In der That liegt Kropp nahe dem Ab- bruch des Jelovca-Plateaus, und Schalkendorf in einer tertiären Kohlenmulde. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 1 1 13. April, lßh in St. Martin bei Stein von mir und ande- ren Personen im Freien beobachtet ein dumpfes Dröhnen (Schulleiter F. Zore). 13. April, 17h in Tuch ein fernes dumpfes Getöse (Schul- leiter F. Malensek). 15. April, 5h50min Peuc schwacheVibration (k.k. Förster K. Seh ebenig). IG. April, 5h 26m in Laib ach kurzer, schwacher, senk- rechter Doppslstoss. Unsichere Beobachtung (f.-bisch. Con- sistorialrath J. Smrekar). 16. April, 201/2h in Slavina bei Adelsberg nach Angabe Einiger ein leichtes Beben mit unterirdischem Getöse (Zeit- schrift »Slovenec«). Vorbeben des 17. April. 17. April, 19h 52m in Soder schitz (Sodrazica) nur von einzelnen ruhig sitzenden Personen wahrgenommen ein schwa- ches Vibriren durch einige Secunden in der Richtung E — W, diese beurtheilt nach dem schwachen Knarren der Thür und Klirren der Fenster. Auch Erschütterung der Kästen und Klei- derstöcke. 17. April, nach 22h ebendaselbst desgleichen (Lehrer M. Verbic). 17. April, 19x/oh in Seisenberg nach Angabe einiger Per- sonen ein leichter Stoss (Oberlehrer F. Koncilija). 17. April, 21h 6m in Krainburg vermeine ich einen Erd- stoss verspürt zu haben (Schulleiterin F. Jugovic). 17. April, circa 22h in Laib ach leichte Erschütterung. Ich hatte das Licht bereits ausgelöscht, da vernahm ich wie ein Glas, welches neben der Flasche stand, klirrend an dieselbe anschlug. Ich machte Licht. Das Klirren wiederholte sich noch- mals, dennoch löschte ich das Licht aus und schlief ein (Be- zirksschulinspector Prof. F. Levec). 17. April, 2272h in Hin je bei Seisenberg ein von Einigen bemerkter leiser, kurz andauernder Seitenstoss N — S, Klirren der Gläser (Schulleiter P. Borstnik). 17. April, circa 23l1 in Laibach ein ganz leichter Erdstoss (Spediteur M. Perles). 112 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 17. April, zwischen 22h 30m und 23h 50 in Bischoflack vernahm ich im Bette wachend 3 — 4 sehr leichte, zitternde Erd- stösse (Oberlehrer F. Papa). 17. April, 23h in Moräutsch nach Angabe einiger Perso- nen eine leichte Erschütterung (Oberlehrer J. Tom an). 17. April, vor dem Hauptstosse in Möttnig ein leichter Stoss (Besitzer K. Kriznik). Hauptbeben des 17. April. Am 17. April, 23h 50m erfolgte ein Erdbeben, welches, vom Laibacher Becken ausgehend, fast ganz Krain und seine nächste Nachbarschaft in N, E und W körperlich wahrnehmbar erschüt- terte. Hier folgen die Berichte hierüber, geordnet nach den Verwaltungsbezirken. 17. April, Bezirk Radmannsdorf. Vor 24h in Kronau (Kranjska gora) von Einigen ein Erd- beben bemerkt (Oberlehrer J. Bregar). 23h 45m in Sava ein Erdstoss S — N so stark, dass Einige aus dem Schlafe geweckt wurden. Klirren des Geschirres in den Kästen, Knarren der Thüren (Oberlehrer J. Ale die). 231/2h in Veldes (Bled) ein kurzer (1/2S), ziemlich starker Stoss mit sturmähnlichem Brausen (Oberlehrer F. Rus). 23h 47m in Görjach (Gorje) bei Veldes ein Erdstoss N— S, 2— 3S (Oberlehrer J. Zirovnik). — 233/4h ebendaselbst ein ziemlich starkes Beben, welches so Manchen aus dem Schlafe geweckt hat. NW — SE, 3 — 5S. Begleitend unterirdisches Getöse, Klirren der Fenster (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 35m in Woch ein er- Fe istritz (Bohinjska Bistrica) zwei ziemlich starke Stösse SW — NE, durch 4S von Rollen begleitet (k. k. Postmeister AI. Bevc). Vor 24h in Vigaun (Begunje) von Einigen bemerkt eine Schwankung durch ls. Klirren der Fenster (Oberlehrer V. Zaverl). Einige Alinuten vor 24h in Kropp (Kropa) wurden Viele aus dem Schlafe geweckt durch ein Dröhnen, hierauf erfolgte E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 13 eine schaukelnde Bewegung, Klirren der Fenster und Gläser, Erschütterung der Betten. In den Betten konnte man gut wahr- nehmen das Anwachsen und Anschwellen der Welle. Dauer 4\ Richtung NW— SE (Oberlehrer J. Koros ec). 17. April, Bezirk Krainburg. Vor 24h in Neumarktl (Trzic) Erdstoss E— W, Klirren der Fenster, Knarren der Thüren (Lehrer J. Okorn). 23h 55m in Kovor allgemein bemerkt, indem die Leute aus dem Schlafe geweckt wurden, ein Seitenruck E — W durch 2 — 3S mit folgendem Getöse. Klirren der Fenster (Schulleiter M. Debelak). Einige Minuten vor 24h in Gorice von Vielen bemerkt zwei schwache schaukelnde, hierauf ein starker, alsdann wieder zwei schwache, an Intensität abnehmende Stösse aus S, voran ein leichtes Getöse. Klirren der Fenster, Schwanken der Wand- bilder (Schulleiterin Ther. Kovacic). Vor 24h in Zarz (Sorica) von Vielen bemerkt drei Stösse durch 3 — 5S und unterirdisches dumpfes Getöse. Hie und da Klirren der Fenster (Schulleiter J. Armic). 231149m jn Fessnitz (Besnica) allgemein wahrgenommen, indem aus dem Schlafe geweckt, ein langsames Zittern aus N durch 30s vorher, gleichzeitig und kurz hernach ein Getöse. Erschütterung der Fenster und Möbel. Hie und da in den Mauern ein leichter Riss. Einige Ortsbewohner machten Licht, die Meisten verblieben ruhig (Schulleiter J. Baraga). 23h 52m in Krainburg (Kranj) allgemein wahrgenommen ein Stoss, der mich (IL Stockwerk) aus dem Schlafe weckte. Ein kurzer Schlag von der Seite, Richtung E — W, Dauer 4S, vorher und hernach ein Getöse. Erschütterung der Fenster und Möbel (Schulleiterin Fr. Jugovic). — 23h 39m ebendaselbst ein starkes Beben; innerhalb 10s unterschied ich zwei namhafte Stösse. Namhafter Lärm (Gymnasialdirector J. Hub ad). • Ein kurzes leichtes Beben, nur von Wenigen bemerkt (Zeit- schrift »Slovenec«). 23h 55m in St. Martin bei Krainburg ein wellenförmiger Erdstoss, welcher Alle aus dem Schlafe weckte. Ziemlich star- kes Klirren der Fenster (Oberlehrer M. Bregant). Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl; CVJII. Bd., Abth. I. 8 114 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 23h 50m in Bischoflack (Skofja loka) ein allgemein wahr- genommenes Beben. Es war ein wellenförmiger Stoss durch 2 — 3S, N — S, gleichzeitig ein dumpfes Getöse. Die Stubenvögel und der Hund in meiner Wohnung im Erdgeschosse blieben ruhig. In höheren Gebäudetheilen wurde das Beben stärker gespürt (Oberlehrer F. Papa). 23h50m inFlödnigg (Smlednik) allgemein wahrgenommen ein Stoss E — W durch 2 — 3S mit dumpfem Getöse, welches den Berichterstatter aus dem Schlafe weckte. Krachen der Mauern, Schrecken unter der Bevölkerung (Pfarrer J. Karl in). 17. April, Bezirk Stein. 23h 45m in Komenda allgemein bemerkt eine wellenför- mige Erschütterung SW — NE durch ls, voran ein Donnern durch l72s (Oberlehrer J. Mesner). Starkes wellenförmiges Beben mit donnerartigem Getöse. Die Leute zum grösstenTheile aus dem Schlafe geweckt (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 56m in Theinitz (Tunjice) allgemein wahrgenommen ein Beben, das die Leute vom Schlafe weckte. Zwei einander folgende Stösse SE — NW durch 3S, voran ein unterirdisches dumpfes Getöse. In einem Hause ist etwas Tünche von der Zimmerdecke herabgefallen, anderwärts erhielt die Tünche blos Sprünge (Schulleiter J. Pintar). 23h 52m in Stein (Kamnik) ein allgemein wahrgenommenes Beben. Ich wurde durch das vorangehende dumpfe Getöse aus dem Schlafe geweckt. Drei einander folgende Stösse mit wellen- förmigem raschen Schaukeln SW — NE (nach dem Gefühle be- urtheilt). Dauer 2 — 3S. Man hörte ein Rasseln wie von einem W7agen (P. O. S.F. Hieronymus Knoblehar). — Erschütterung der Thüren und Fenster (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 45m in St. Martin bei Stein ein allgemein wahrgenom- menes Beben. Das vorangegangene dumpfe Getöse weckte mich aus dem Schlafe. Wach geworden, verspürte ich eine leichte wellenförmige Bewegung SW — NE durch 3S. Erschüt- terung des Hauses, kein Knarren der Mauern. Das Getöse ver- lor sich nach der Erschütterung (Schulleiter F. Zore). 23'' 4.")'" in Ober-Tuchein (Gorenji Tuhinj) allgemein wahrgenommen eine Erschütterung SW — NE durch 5S, zugleich E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 189S. 115 mit starkem Getöse. Klirren der Gläser und Fenster. Im Schul- zimmer erhielt die Mauer über dem Fenster einen Riss. Die Leute verliessen die Betten und machten Licht (Schulleiter F. Malen sek). — Dumpfes Getöse, leichtes Vibriren durch 15s, Klirren der Fenster, sonst nichts (Zeitschrift »Slovenec«). 23" 55 m in Möttnig (Motnik) fast allgemein aus dem Schlafe geweckt durch zwei Stösse von unten und eine wellen- förmige Bewegung; voran, gleichzeitig und hernach ein dum- pfes Getöse. Vom Kozjak, also vom W her, vernahm man noch lange nach dem Beben ein Rauschen (Rauschen der Wälder? Bemerkung des Referenten). Die seit dem letzten Beben ver- putzt gewesenen Mauersprünge klafften wieder. Die Leute er- schraken. Das Wasser des Möttnig-Baches rauschte wie bei jedem grösseren Erdbeben. Die Leute, welche N von Möttnig auf Felsboden angesiedelt sind, geben an, dass die zwei Erd- stösse fast so stark waren wie zu Ostern (14. April) 1895 (Be- sitzer K. Kriznik). Circa 23h41m in Egg (Brdo) allgemein wahrgenommen ein Seitenstoss, hierauf zitternde Bewegung SE — NW durch 3 — 48. Gleichzeitig ein schwaches Getöse und ein Rasseln wie von einem schwerbeladenen vorüberfahrenden Wagen. Erschütte- rung der Möbel, Krachen der Mauern und des Gebälkes. Eini- ger Schrecken unter der Bevölkerung (Pfarrer J. Bizjan). 23ü 50m in Moräutsch (Moravce) ein allgemein wahrge- nommenes Beben. Ich wurde dadurch aus dem Schlafe ge- weckt. Es war eine wellenförmige Bewegung NW — SE, beur- theilt nach der Bewegung des Bettes und der Herkunft des Ge- töses. Letzteres ging der Erschütterung voran. Erschütterung der Möbel (Oberlehrer J. Tom an). Einige Minuten vor 24h in Goricica zwei Stösse. Der Erd- boden schien sich unter den Füssen zu heben. Die Leute stan- den auf, verschiedene Gegenstände fielen von den Wänden (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 47m in Domzale ein Donnern und Zittern durch 4S (Oberlehrer F. Pfeifer). 23h 57m in Mannsburg (Menges) fast allgemein gespürt ein Stoss von unten und gleich darauf zwei Erschütterungen anscheinend aus SW, voran und gleichzeitig ein dumpfes 8* 116 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Getöse. Krachen der Mauern und des Gebälkes. Von einigen Dächern fielen Ziegel herab. Gläser fielen von den Gestellen herab, desgleichen eine Porcellanfigur. Die Leute wurden all- gemein wach und erschraken. Keine Beschädigung der Mauern (Oberlehrer L. Letnar). 23h 45m in Aich (Dob) fast allgemein aus dem Schlafe ge- weckt durch eine rüttelnd schaukelnde Bewegung aus NE durch 3S, in der Mitte am heftigsten. Voran durch ebenfalls 3S ein nicht sehr dumpfes Getöse, welches erschien gleichwie wenn grosse Stücke der Schneelage vom Dache nacheinander abrutschen würden. Eigenthümlich war es, dass das Rütteln in gleichen Intervallen vor sich ging wie das vorangehende Getöse, welches zu Beginn der Erschütterung aufhörte. Erschütterung der Fen- ster und Möbel, Krachen der Mauern. Jemand, der sich im Freien befand, gibt an, wahrgenommen zu haben, dass es im Erdboden unmittelbar vor dem Getöse krachte (Oberlehrer M. Janezic). 23h 50m in Jauchen (Ihan) zwei starke Stösse SW — NE, der erste ls, der zweite 2S. Die Bevölkerung, aus dem Schlafe geweckt, machte Licht und war sehr erschreckt (Schulleiter V. Sadar). 23h 49m in Tersain (Trzin) allgemein wahrgenommen ein Seitenstoss aus SW durch 2S, vorangehend ein Getöse. Erschütterung der Möbel. Fenster und Gläser klirrten un- bedeutend. Einige Leute verliessen die Betten (Schulleiter L. Blejec). 23h 45m in Lustthal (Dol) ziemlich starkes Beben 14s, Erschütterung der Fenster und Thüren (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 55m in Woditz (Vodice) allgemein bemerkt, vom Be- richterstatter ebenerdig, lesend im Bette, ein einziger Stoss, sicherlich der stärkste seit 14. April 1895. Er kam anscheinend aus NE, doch ist die Bestimmung unsicher. Gleichzeitig ein Getöse und Krachen in den Mauern und im Gebälke durch 5 — 7*. In mehreren Zimmern fielen der Bewurf und die Tünche, alte nicht verputzte Sprünge in den Mauern erweiterten sich. Man machte Licht, betete und weinte, unbeschreiblicher Schrecken. Die Hunde begannen zu bellen, die Rinder spran- gen erschreckt vom Lager auf. Ein leichtes Vibriren wurde von E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 I t vielen Personen schon in den vorangegangenen Tagen nach dem Eintreten des Regenwetters bemerkt (Pfarrer S. Zuzek). 17. April, Bezirk L i 1 1 a i. Einige Minuten vor 24h in Kolovrat ein Getöse, alsdann drei Stösse in der Richtung E — W und schliesslich starke Er- schütterung aller Gegenstände (Schulleiter J. Janezic). 23h54m (Bahnuhr, M.E.Z.) im Bahnhof Littai (Ortschaft Grazdorf, linkes Saveufer) allgemeines Erwachen in Folge eines starken Erdstosses anscheinend aus N mit nachfolgendem leichteren Stoss und geringem Schaukeln durch ls, voran und während der Erschütterung etwa 1 s ein Donnern. Klirren der Gläser. Meine zwei Hunde sind vom Polster in die Mitte des Zimmers gesprungen und waren sehr unruhig (Stationschef J. Jenko). 23h47m (Uhr verglichen) in Littai (rechtes Saveufer) ein Stoss N — S, welcher Viele aus dem Schlafe weckte. Die Bewe- gung war eine zitternde durch 3S, voran ein dumpfes Dröhnen. Vom Berichterstatter wurde das Beben bemerkt, während er sich ebenerdig in grosser geräuschvoller Gesellschaft befand (Oberlehrer J. Verbic). 23h 50m in Stanga bei Littai weckte das starke Beben viele Leute aus dem Schlafe. Richtung NW — SE. Vorangehend und nachfolgend dumpfes Getöse (Zeitschrift »Slovenec«). 23h45m in Heil. Kreuz bei Littai ein Beben. Die Thüren wurden gerüttelt, einige Ortsbewohner verliessen die Betten und machten Licht (Zeitschrift »Slovenec«). 23h51m in Sagor (Teplitz), Kohlenwerk, wurden die Schla- fenden durch einen ziemlich heftigen Stoss geweckt (Ingenieur Seh üll er). 23h 53m in Ho titsch (Hotic) allgemein wahrgenommen zwei einanderfolgende Stösse. Die Bewegung war zuerst lang- sam, zuletzt stark, wirbelartig, Richtung aus N — VV, Dauer 7S, voran ein Getöse. Klirren der Fenster, Bevölkerung erschreckt (Pfarrprovisor M. Absec). 23h 45m in Kressnitz (Kresnice) fast allgemein bemerkt, viele aus dem Schlafe geweckt durch zwei unmittelbar auf- einanderfolgende Stösse mit schaukelnder Bewegung, voran 1 18 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. ein Geräusch. Klirren der Fenster und Gläser, Krachen des Gebälkes, Erschütterung der Möbel, besonderes der Bettstätten (Schulleiter J. Wochinz). 233/4h in Zaljna ein Beben, welches von Vielen, und zwar Wachenden bemerkt wurde, aber Niemanden aus dem Schlafe weckte. Drei einander folgende Seitenstösse aus W, inzwischen ein Schaukeln (Zittern), Dauer 6S, voran und gleichzeitig ein fernes Donnern. Erschütterung der Thüren und Fenster (Schul- leiter J. Svetina). Circa 23h 50m in Gross -Gab er (Veliki Gaber) fast all- gemein bemerkt zwei einander folgende Seitenstösse, angeblich aus NW, durch einige Secunden, voran ein Getöse. In den oberen Stockwerken Erschütterung beweglicher Gegenstände auf den Kästen, Klirren der Gläser. In den Dörfern standen die Leute aus den Betten auf (Oberlehrer J. Zajec). 23h 55m in St. Veit ein Beben durch 3S W— E (Schulleiter J. Kremzar). 17. April, Bezirk Gurkfeld. 23h 50m in Ratschach (Radece) von Einzelnen bemerkt, eine leichte Erschütterung, SW — NE. Klirren der Fenster. Der Berichterstatter wurde durch das Beben nicht aus dem Schlafe geweckt (Pfarrer J. Zagorjan). Circa 24h in Nassenfuss (Mokronog) nur von einer eben wachenden Person eine Erschütterung des Bettes und Klirren der Fenster bemerkt. Alle Anderen, bei denen ich mich erkundigte, gaben eine negative Antwort (Notariatscandidat J. Rohr mann). 23h 50ra in St. Barth elmä beobachtet von zwei im Bette wachenden Personen. Es waren zwei horizontale Vibrationen von je 4 — 5S Dauer, getrennt durch eine Zwischenzeit von 10,n. Erschütterung des Bettes und der Thür. Auch eine Person im Dorfe Stranje beiVrhpolje in unserer Pfarre bemerkte das Beben, sonst Niemand (Mitgetheilt durch Oberlehrer F. Saje). 17. April, Bezirke Laib ach, Stadt und Umgebung. 23h 50m in Mariafeld (Devica Marija v Polju) ein wellen- förmiges Beben durch 5% angeblich W — E. Schlafende wurden durch dasselbe geweckt (Schulleiter F. Kavcic). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 119 23h 50m in Zeyer (Sora) allgemein wahrgenommen ein Seitenstoss aus SE (beurtheilt durch das Gefühl und durch die Beobachtung in Schwingen gerathener Gegenstände). Dem Stoss folgt ein gleichförmiges Schaukeln und Zittern SE — NW, Gesammtdauer 3S. Vorangehend, gleichzeitig und noch nach dem Stosse ein Getöse. Erschütterung der Möbel (Schulleiter M. Potocnik). 23h 50 in Preska allgemein beobachtet zwei Erdstösse, welche ich im Erdgeschosse stehend als vertical empfand. Nach dem ziemlich starken Getöse zu schliessen, war die Richtung SE — NW. In einem Hause erhielt die Zimmerdecke einen Sprung. In den Stallungen erhob sich das lagernde Vieh (Schulleiter A. Sonc). 231144m jn Cernuce ein starker Stoss, 2S, mit kanonen- schussartigem Knall. Kein Schaden (Schulleiter J. Gregor in). 233/4h in St. Veit ob Laibach allgemein wahrgenommen ein Schlag oder wellenförmiger Druck von unten nach aufwärts. Richtung SW — NE. Voran und gleichzeitig mit dem Stosse ein Getöse durch 3S. Klirren der Gläser. In einigen Häusern lösten sich Theile des Mauerbewurfes ab. Starkes Bellen der Hunde (Lehrer A. Sitsch). 23h 50m in Jezica ein allgemein wahrgenommenes Beben, da es das stärkste nach Ostern 1895 war. Schlafende wurden durch dasselbe geweckt. Zwei Stosse von unten rasch nach- einander, der zweite stärker, beide während der Erschütterung, welche wellenförmig war. Richtung SE— NW. Gleichzeitig ein Getöse, Dauer sicherlich 10s. Die Erschütterung der Möbel und das Krachen des Gebälkes hörte man im Erdgeschosse, viel mehr noch in höheren Gebäudetheilen. Schrecken unter der Bevölkerung, Einige flüchteten aus den Häusern (Schulleiter A. Zibert). 23h50d=73m M. E. Z. in Laibach starker Doppelstoss, 5 — 7S dauernd, die anfänglichen 4 — 5S ungleich heftiger, wellen- förmig. Ich wurde aus dem Schlafe geweckt, daher fühlte ich nicht den senkrechten Stoss. Auf freiem Felde wurde nach schussähnlichem Getöse zuerst ein senkrechter Stoss, dann wellenförmiges Schütteln wahrgenommen (fürstbisch. Consisto- rialrath J. Smrekar). 120 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Ein anderer Bericht aus Laibach meldet: »23h 50m ein sehr starker Erdstoss, Dauer 3S, nach meinem Empfinden nicht vertical, sondern horizontal schwingend. Richtung S — N oder umgekehrt. Starkes Getöse. Pendeluhr, W — E schwingend, stehen geblieben. Vielfach Mörtelabfall. Eindruck — weil Nacht — zumeist sehr allarmirend. Grosser Theil der Bevölkerung aufgestanden, Manche begaben sich ins Freie. Dieser Stoss entschieden weit stärker wie jener am 5. Februar d. J., doch jedenfalls schwächer als am 15. Juli v. J. Ich war wach, las im Bette. Stoss kam rapid, ohne akustische Vorzeichen, wie sonst oft bemerkt. Gleichzeitiges schussähn- liches Dröhnen. Auch im Freien allseits bemerkt« (k. u. k. Lieu- tenant d. R. L. Suppantschitsch). Ein dritter Bericht besagt: »23h 50m (Bahnzeit) wurde ich durch ein starkes Beben und den dadurch verursachten Lärm aus dem Schlafe geweckt. Die Thüre wurde gerüttelt, die Möbel erschüttert, die Gläser auf dem Tische klirrten, in der ganzen Wohnung war ein grosses Gepolter. Von den Dächern flogen Bruchstücke von Dach- ziegeln, nicht aber ganze Dachziegel. In den Mauern wurden die verputzten Risse der früheren Erdbeben neuerdings sichtbar. Diesmal sind neue Sprünge nicht entstanden. Die Bevölkerung sehr erschreckt. Die meisten gingen nicht mehr zu Bett, sondern erwarteten angekleidet den Morgen. Die Wohnung verliess man jedoch nicht« (Bezirksschulinspector Prof. F. Levec). Ein vierter Bericht lautet im Auszuge: »23h49m20s (nachher mit der Bahnuhr verglichene und corrigirte Zeit) wurde ich durch ein Beben aus dem Schlafe ge- weckt, welches von allen Bewohnern Laibachs wahrgenommen wurde. Es war eine wellenartige Bewegung mit einem Ruck. Nach den im Landesmuseum umgefallenen Gegenständen zu urtheilen, dürfte der Stoss die Richtung WT — E oder umgekehrt gehabt haben. Das Beben war mit einem Knall verbunden. Das neuerbaute k. k. Postgebäude hat kleine Sprünge erlitten, ähnlich dürften andere Häuser betroffen worden sein« (Museums- assistent F. Schulz). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 121 Ein fünfter Bericht vermeldet: 03h 4@m ejn allgemein wahrgenommenes Beben. Der erste Stoss war senkrecht, hierauf folgten wellenförmige Schwin- gungen SW — NE, Gesammtdauer 3 — 4S. Unterirdischer Donner (Spediteur M. Perl es). Tageszeitungen entnehmen wir folgende Darstellungen: 23h 50m ein 5S dauerndes, mit unterirdischem Geräusch verbundenes Erdbeben. Richtung S — N. Ausser Mörtelsprüngen an alten Mauerbruchstellen dürfte kein wesentlicher Schaden zu verzeichnen sein. Ein Theil der Bevölkerung ward stark erregt (»Grazer Tagespost«). Man schreibt aus Laibach: Die Bevölkerung unserer Stadt wurde heute wenige Minuten vor Mitternacht durch ein ausser- ordentlich starkes Erdbeben aus dem Schlafe aufgeschreckt. Der kurze, von SW nach NE verlaufende Stoss war von mäch- tigem unterirdischen Rollen begleitet. Zahlreiche Bewohner flüchteten ins Freie oder verbrachten die Nacht, zur Flucht bereit, in wachem Zustande. Ein weiterer Stoss ist indess bis 7h Früh nicht nachgefolgt. Vom Gemäuer löste sich vielfach der Mörtel los;- ein grosser Schaden ist jedoch — soweit bis jetzt bekannt — nicht vorgekommen (»Grazer Tagespost«). 23h 4gm e^n verticaler Stoss durch 3S; der grösste Theil der Bevölkerung wachte erschreckt auf. Kein Schaden (Zeitschrift »Slovenec«). 233/4h in Rudnik allgemein wahrgenommen zwei rasch aufeinanderfolgende Stösse von unten, der zweite stärker. Die Gewichte einer Pendeluhr schwangen E — W. Dauer des ersten Stosses ls, nach 2S der zweite Stoss von 2S Dauer. Nach letzterem hörte man ein unterirdisches, N — S fortschreitendes Getöse. Die Bevölkerung war sehr erschreckt (Schulleiter J. Petric). 23h 50m in Inner- Gorica (am Laibacher Moor) soll eine Kirchenglocke angeschlagen haben (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). 233/4tl in Pres er ein starkes unterirdisches Getöse, in Folge dessen die Leute erwachten. Während desselben erfolgte durch 3S ein starkes Schaukeln des Erdbodens, welches jedoch nicht durch heftige Stösse verursacht erschien. Richtung 122 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. desselben SE — NW. Sämmtliche Möbel geriethen in starke wiegende, nicht schüttelnde Bewegung (Oberlehrer A.Likozar) Circa 24h in Brunndorf (Ig) ein 7S dauerndes Beben SE — NW. Das Glöckchen am Haiisthor, ebenso ein zweites klingelten. In einigen Häusern Mörtelabfall. Kein Schaden, viel Schrecken (Cooperator Dr. J. Mauring). — Wellenförmiges Beben N— S durch 2S, im Freien weniger als in den Häusern wahrgenommen (Oberlehrer F. Trost). 24h in St. Kanzian bei Auersperg. Alle aus dem Schlafe geweckt durch eine starke wellenförmige Bewegung mit gleich- zeitigem starken Getöse. Heftige Erschütterung der Möbel (Schulleiter J. Cerar). — 23h 58m Beben S — N mit schwachem unterirdischen Getöse, Dauer 1 1/2S, Klirren der Fenster (Zeit- schrift »Slovenec«). 231143m m gt Marein-Sap allgemein wahrgenommen gleichförmige Seitenstösse aus NW (nach dem Gefühle be- urtheilt), vorangehend und gleichzeitig ein unterirdisches Getöse. Erschütterung der Möbel, welche mich aus dem Schlafe weckte. In der Pfarrkirche fiel etwas Tünche ab. Die meisten Orts- bewohner verliessen das Bett und machten Licht. Einige flüchteten ins Freie (Oberlehrer J. Borstnik). 23h48m in F r a n z d o r f (Borovrica) allgemein wahrgenommen ein Beben nach vorangehendem starken Getöse (Lehrer A.Pirc). — Ziemlich starker Stoss durch 5S mit starkem Getöse. Derselbe war bei uns der stärkste seit Ostern 1895. Kein Schaden, auch kein besonderer Schrecken, da die Mehrzahl der Bevölkerung gerade im besten Schlafe war (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 48m in Ober-Laibach (Vrhnika) allgemein wahr- genommen ein gleichförmiges Zittern durch 2S, Klirren der Fenster, Lärm, in einem alten Hause etwas Mörtelabfall (Lehrer A. Luznik). 23h 48m in Dobrova bei Laibach sehr Viele aus dem Schlafe geweckt durch einen raschen Stoss von unten, hierauf ein Hin- und Herschwanken des Erdbodens, zuletzt eine momentane kurze Vibration, Gesammtdauer 2l/2s. Vor und nach dem Beben je ls ein unterirdisches dumpfes Getöse, wie von fernem Sturmwind, Krachen in den Mauern, starkes Knarren der Dachgerüste, Klirren der Fenster, Schwingen der Hänge- E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 123 lampen, alte Mauern erhielten da und dort fadendünne Risse, hie und da etwas Mörtelabfall. Ziemlicher Schreck unter der Bevölkerung. Im Dorfe Kozarje bei Dobrova fielen von drei Dächern bereits vorher zersprungene Dachziegel herab, in einem Hause fiel im Dachzimmer ein Wandbild zu Boden, und in einem Zimmer des Erdgeschosses stürzte eine Statuette vom Kasten (Oberlehrer M. Rant). 23h 45™ in Billichgratz ein 6S dauerndes, wellenartiges Beben, S — N, drei Stösse, von denen der mittlere der stärkste war (»Laibacher Zeitung«). 23h 55™ in Horjul Erdbeben mit unterirdischem Getöse. Kein Schaden, aber genug Schrecken (»Laibacher Zeitung«). 17. April, Bezirk Rudolfswert. 23h 50m in St. Laurenz a. d. Temenitz ein Beben W — E, welches Möbel und Fenster vernehmlich erschütterte (Schul- leiter J. Vozel). 23V2h in Rudolfswert ein nur von Wenigen bemerktes Beben, die dadurch aus dem Schlafe geweckt wurden. Er- schütterung der Mauern und Klirren der Fenster (Gymnasial- professor J. Fajdiga). 23h 55m in Stauden (Grm) bei Rudolfswert von Einigen wahrgenommen ein Beben. Schaukeln aus W dreimal im Zeit- raum einer Stunde, das erste kräftig, die beiden anderen schwächer, jedesmal durch kaum ls. Erschütterung des Bettes und des Ofens (Lehrer der landvv. Schule A. Lapajne). 233/4h in Seisenberg (Zuzemberk) ein Beben, welches Viele aus tiefem Schlafe weckte. Es war ein Stoss, wellenförmige Bewegung NW— SE (nach der Empfindung und durch Beob- achtung bewegter Gegenstände beurtheilt) durch 2S. Voran ein dumpfes Geräusch, gleichwie wenn ein schwer beladener Wagen umfällt; es dauerte länger als das darauffolgende Beben (Oberlehrer F. Koncilija). 23h 58m in Waltendorf (Valtavas) von Einzelnen bemerkt ein langsames Schaukeln S — N (nach dem Gefühle) durch ls und ein dumpfes Getöse durch 4S. Erschütterung der Möbel (Schulleiter F. Dular). 124 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Circa 24h in Ajdovec bei Seisenberg ein vielfach be- merktes Beben. Einige wurden durch dasselbe aus dem Schlafe geweckt (Pfarrer M. Poljak). 17. April, Bezirk Gottschee. 231159m in Gottschee nur von einer Person beobachtet zwei rasch aufeinander folgende Schaukelstösse SW — NE durch 2S, nach vorangehendem Rasseln (Kohlenwerksverwalter A. Komposch). 23h 50m in Reifnitz (Ribnica) von wenigen Personen gespürt ein Stoss N — S (nach Gefühl) durch 3S und ein Getöse (Pfarrdechant F. Dolinar). 24h in Gutenfeld (Dobre polje) ein Erdbeben mit drei Stössen (Oberlehrer M. Hudovernik). 17. April, Bezirk Loitsch. 23h 50m in Blöke bei Rakek ein nur von Einigen be- merktes Beben. »Ich wurde aus leichtem Schlafe geweckt, als der ferne Donner herangelangt war, alsdann folgte durch 3 bis 4S eine gelinde Erschütterung, W — E. In einem Hause des Nachbardorfes hörte man ein leises Erklirren des Küchen- geschirres, sogar ein Fenster ging auf« (Oberlehrer J. Bozja). 23h 50m in Rakek leichtes Beben durch 3S (Zeitschrift »Slovenec«). 233/4h in Haasberg bei Planina allgemein wahrgenommen eine langsam schüttelnde Bewegung S — N (nach Gefühl), nach vorherigem donnerartigen Rollen. Klirren der Fenster, Schwingen von hängenden Gegenständen. Die Bevölkerung theilweise auf- geregt (Schlossgärtner J. Kuchler). 23h 47m (Bahnzeit) in Hotederschitz (Hotedersica). »Ich war wach und habe seit Ostern 1895 kein Beben so genau beobachten können als dieses. Vorerst Hess sich ein sehr gelindes, unterirdisches dumpfes Getöse durch 2S vernehmen. Hierauf folgte ein sehr leichter Stoss von unten hinauf. Alsdann setzte sich das Getöse fort, wie vorher, und zwar durch 2S. Nun empfand ich wieder einen Stoss gleich dem ersten. Beide Stösse sehr kurz, höchstens 1/4S, versetzten das Federbett in sehr leichte, einmalige wiegende Bewegung. Gesammtdauer E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 125 der seismischen Erscheinung höchstens 5S. Die sehr empfind- lichen Fenster klirrten nicht« (Oberlehrer M. Kabaj). Vor 24h in Godovic durch mehrere Secunden ein Beben mit starkem Getöse, Klirren der Fenster, Krachen des Gebälkes (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 51™ in Idria von sehr vielen Bewohnern der Stadt bemerkt ein Schlag, dem ein einmaliges Erzittern, anscheinend E — W, durch 2S folgte. Einige Personen hörten zuvor ein Gerassel, wie von einem schnell fahrenden Wagen. Rütteln der Thüren, Rasseln der Tischlampe. Mehrere wurden aus dem Schlafe geweckt (k. k. Probirer F. Janda). — 23h 55m Beben mit Getöse. Eine leicht im Schloss liegende Thürging auf (Gewerk- schuldirector A. Novak). Circa 24h in Iderskilog, Zadlog, Iderska Bela und Um- gebung nach vorangehendem dumpfen Getöse eine Erschütte- rung 2S. Knarren der Zimmerthür und des Dachgerüstes. Laut Mittheilung verlässlicher Personen (k.k. Förster K. Sehe benig). 17. April, Bezirk Adelsberg. 23h 50m in Adelsberg ein leichtes wellenförmiges Beben durch l1/.?8 (Schulleiter St. Primozic). 24h in Slavina ein Beben (Zeitschrift »Slovenec«). 233/4h in Senosetsch (Senozece) ein kräftiger, 3S dauern- der, wellenförmiger Stoss nach vorangehendem Dröhnen. Er- schütterung des Geschirres. Laut Angabe Anderer (Oberlehrer L. Abram). Circa 231/2h in Podkraj ein kurzer horizontaler Stoss aus NW mit unterirdischem Donner (Schulleiter E. Mark ose k). 23h50m in Fuzine bei Sturje-Haidenschaft ein Erdstoss, bemerkt von der Fabriksbesitzersfrau Nussbaum, welche erschreckt ihren Gemal weckte. Sonst von Niemand wahr- genommen (Gemeindesecretär A. Seh legi). Negative Berichte zum 17. April lieferten die Stationen: Möttling, Adlesici, Osilnica, Reifnitz, Dornegg (Trnovo) bei Illyrisch-Feistritz, Gurkfeld, Ratschach. Das Erdbeben vom 17. April, 23u50m ist das grösste, seis- mische Ereigniss des Berichtsjahres in Krain. In der stärkst betroffenen Region des Laibacher Beckens verursachte es zwar 126 Mitteilungen der Erdbeben-Commission. keinen Schaden an Gebäuden; es verbreitete sich aber über fast ganz Krain und die angrenzenden Theile der Nachbar- länder in N, E und W. Im W wurde es noch in Udine als äusserst schwaches Beben beobachtet. Demgemäss gehört das Beobachtungsmateriale mehreren Referatsbezirken an, und eine Zusammenfassung wird erst möglich sein, wenn die Jahres- berichte der betheiligten Länder vorliegen werden. Zeitungs- meldungen Hessen erkennen, dass das Beben in einem grossen Theile Untersteiermarks beobachtet wurde, trotz der für die Wahrnehmung ungünstigen Eintrittszeit in mitternächtlicher Stunde. Auch die oben angeführten Meldungen unseres Stations- netzes in Krain stellen es ausser Zweifel, dass die Schütterarea eine vom Laibacher Becken aus nach Osten hin gestreckte Gestalt besitzt. Dem Wesen nach ist also das Beben vom 17. April, 23h 50m, offenbar eine der zahlreichen Betätigungen ebendesselben Erdbebenherdes, von welchem die verwüstende Erschütterung des 14. April 1895 ausgegangen war. 18. April, circa 072h, Beben im Laibacher Becken etc. 18. April, gleich nach 0h in Fessnitz (Besnica) ein dumpfes Getöse und eine kaum fühlbare Erschütterung (Schul- leiter F. Baraga). 18. April, nach 0h hörte man in Laibach unterirdisches Getöse, ein Stoss erfolgte nicht (Zeitschrift »Slovenec«). 18. April, 074h in St. Veit ob Laibach ein Getöse von Einigen gehört (Schulleiter A. Sit seh). 18. April, 0y2h in Aich (Dob) von Einigen ein leichter Stoss gefühlt (Oberlehrer M. Janezic). 18. April, circa 0h 30m in Goricica eine leichte Erschütte- rung (Zeitschrift »Slovenec«). 18. April, 0h 30m in Ober -Tuch ein eine Erschütterung durch 1/2S, mit gleichzeitigen Knall (Schulleiter F. Malensek). 18. April, nach 0h in Möttnig ein Vibriren des Erdbodens von Einigen bemerkt (Besitzer K. Kriznik). 18. April, 0'1 29m in Littai ein kurzer leichter Stoss von Einigen bemerkt (Oberlehrer J. Verbic). Vorstehende Meldungen beziehen sich anscheinend auf dasselbe seismische Ereigniss: ein Nachbeben zu der kurze E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 127 Zeit vorher erfolgten Haupterschütterung. Durch dasselbe ist das Laibacher Becken gelinde betroffen worden. Es mag besonders beachtenswerth sein, dass dieses Nachbeben auch von Obertuchein und Mötting gemeldet wird. Dadurch wird es wahrscheinlich, dass die Schütterfläche aus dem Laibacher Becken über das Tucheiner-Thal ostwärts sich fortsetzt, daher in ihrem Gesammtumriss volle Ähnlichkeit mit der kurz vorher erschütterten Area besitzt, also wohl demselben Erregungs- herde enstammt. Nachstehende Meldungen signalisiren noch Nachbeben. Sie sind jedoch zu vereinzelt, um Lage und Schütterfläche erkennen zu lassen. 18. April, in Seisenberg geben Mehrere an, noch nach dem Stosse vom Vortage 233/4h einige Stösse vernommen zu haben (Oberlehrer F. Koncilija). 18. April, lh40m in Littai von Einzelnen verspürt ein leichter Stoss (Stationschef (J. Jenko). 18. April, lh 45™ in Marein-Sap ein Stoss durch ls (Oberlehrer J. Borstnik). 18. April, circa 3h in Neumarktl von Einigen eine Er- schütterung E — W verspürt (Lehrer J. Okorn). 18. April, 3h in Laib ach ein sehr leichter Stoss (Spediteur M. Perles). 18. April, 2h 54m in Dobrova bei Laibach ziemlich starkes unterirdisches Getöse ohne Stoss (Oberlehrer M. Rant). 18. April, 23/4h in Heil. Kreuz bei Littai eine Erschütterung (Zeitschrift »Slovenec«). 18. April, circa 4h in Kropp eine Erschütterung, viel schwächer als 0h. Knarren der Thüre, Klirren der Fenster (Oberlehrer J. Korosec). 18. April, circa 5h in Senosetsch nach Angabe anderer Personen ein kräftiger wellenförmiger Stoss E — W, vor dem- selben ein Getöse (Oberlehrer L. Abram). 21. April, Mitternachts in Peuc eine starke Vibration. 22. April, 3h 10m ebendaselbst eine schwache Vibration. »22. April, circa 19h 40m ebendaselbst ein starker Stoss durch ls, ohne Vorgetöse, während ich im Erdgeschosse mit Familie bei Tische sass. Erschütterung der Sessel, Schwingen der Hängelampe. Im Nachbarhause wurde auch das Knarren 128 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. der Thüre und Klirren der Fensterscheiben vernommen. Eine ebenerdig am Boden sitzende Person sagt aus, dass sie durch das Beben gerüttelt wurde. Als Richtung urtheile ich SE« (k. k. Förster K. Seh eben ig). 23. April, 9h in Möttnig von einer Person ein Getöse und eine leichte einmalige Schwingung bemerkt. Überdies von zwei Personen im Freien wahrgenommen. Eine von diesen stand unter einen Kirschbaum und vernahm einen einem Pfiff ähnlichen Schall, welcher von oben, gleichsam aus dem Baume, zu kommen schien. Darauf erfolgte ein Erdstoss von unten durch einen Augenblick. Gleichzeitig und noch lange hernach vernahm man auch den Schall. Durch den Stoss wurden die Bäume erschüttert (mitgetheilt durch Besitzer K. Kriznik). 23. April, Nachts (Stunde nicht angegeben) in Walten- dorf (Valta vas) bei Seisenberg ein sehr schwaches Beben (Schulleiter F. Dular). 24. April, 272h in Gross-Laschitz (Velike Lasce), Bezirk Gottschee, ein leichter. 24. April, circa, 3h ebendaselbst ein kräftigerer Erdstoss, so dass leichte Bilderständer umfielen. Beide Stösse begleitet von unterirdischem Getöse (Zeitschrift »Slovenski Narod«). 24. April, 23h 15m in Rudolfswert ein Erdstoss (Ober- lehrer K. Kristof). — Verticalstoss ohne Getöse (Gymnasial- professor J. Fajdiga). 24. April, 231// in Stauden (Germ) bei Rudolfswert von Einigen bemerkt ein leichter Stoss aus SE. Krachen in der Mauer (Lehrer in der landwirtschaftlichen Schule A. Lapajne). 24. April, 233/4h in Kropp, von zwei Personen bemerkt, nach vorangehendem unterirdischen Rauschen aus W eine Erschütterung, ähnlich jener vom 18. d. AI. (mitgetheilt durch Oberlehrer F. Koros ec). 25. April, 4h 40m in Peuc eine schwache, kaum 1 s dauernde Erschütterung. 25. April, 5h 10ra ebendaselbst schwache Vibration (k. k. Förster K. Schieben ig). 25. April, 21h 1 3 • 3m M. E. Z. in Laibach momentaner sehr schwacher Stoss (zuckend), Stehpult erknistert (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 129 26. April, 22 VJ' in Ajdovec hei Seisenberg eine Er- schütterung (Pfarrer M. Poljak). 30. April, 17h 23 -5m M. E. Z. in Laibach schwaches Oscilliren SW — NE, ls. Unsichere Beobachtung (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). V. Mai 1898. 2. .Mai, 21h30m in Möttnig (Motnik) bloss vom Bericht- erstatter bemerkt (sitzend und lesend im 1. Stockwerke) ein wellenförmiger Stoss aus SW mit gleichzeitigem und durch 10s nachfolgendem Getöse. Getöse ohne Erschütterung wird von den Leuten öfters bemerkt (Besitzer K. Kriznik). 6. Mai, 3h in Peuc eine schwache, circa 20s dauernde Vibration, welche einzelne Personen der Umgebung spürten. Ich beobachtete dieselbe im Bette ruhend. 7. Mai, 5h ebendaselbst eine schwache Vibration von circa 25s, welche ich ebenfalls im Bette ruhend beobachtete. 11. Mai, 211 25m ebendaselbst eine schwache Vibration von circa 25s. 1 1. Mai, 4h 20m ebendaselbst desgleichen. 15. Mai, 23h 45m ebendaselbst eine schwache, 14s dau- ernde Vibration (k. k. Förster K. Sehe benig). 27. Mai, 2h 29m in Gurkfeld (Krsko) ein leichtes, 5S dau- erndes Beben. 27. Mai, 2h 44m ebendaselbst desgleichen, 4S dauernd (Zeitschrift »Slovenski Narod«). VI. Juni 1898. 4. Juni, 187o'\ Beben an der Temenitz gemäss folgenden Meldungen. 18h30m in St. Veit bei Sittich allgemein wahrgenommen ein verticaler Stoss aus SW durch 2S (Schulleiter J. Kremzar). 18h 35m in Gross- Gab er in den Gebäuden allgemein, im Freien nicht wahrgenommen zwei Stösse mit einer Zwischen- zeit von nahezu lm. Es waren Seitenstösse aus E mit wenige Augenblicke andauerndem Zittern, welches beim zweiten Stoss schwächer war. Vorher und theilweise gleichzeitig mit der Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIIJ. Bd., Abth. I. 9 130 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Erschütterung Klirren des Geschirres im Küchenschrank (Ober- lehrer J. Zajec). \81/2h in Catez bei Treffen drei leichte Stösse, der erste vertical, die beiden anderen wellenförmig (Schulleiter P. Po- gacnik). Gegen Abend in Döbernig (Dobrnic) von Vielen ein unterirdisches Getöse vernommen, ähnlich dem Rollen eines schweren Wagens; eine Erschütterung wurde jedoch nicht gefühlt. In einem Hause bemerkte man ein Klirren des Küchen- geschirres (Oberlehrer M. Hiti). • Auf Anfrage sandten zum 4. Juni negative Berichte folgende Stationen: St. Martin bei Littai, Polica bei Weixelburg, Neudegg (Mirna), Treffen, Gurk, St. Marein-Sap. Das schwache Beben vom 4. Juni, \o1/2h, trat somit in Unterkrain im Gebiet eines Karstflusses, der Temenitz, auf. Es erschütterte eine entlang der Temenitz, also NW — SE, im Streichen des Karstgebirges gestreckte elliptische Fläche von etwa 23 km messender Längsaxe, während die Queraxe etwa 13 km beträgt.1 Im Bereiche der Schütterarea folgte alsbald ein Nachbeben, über welches nur die nachstehende Meldung einlief: 10. Juni, circa 24h in Catez drei ziemlich kräftige, wellen- förmige Erdstösse (Schulleiter P. Pogacnik). 12. Juni, 20h33-0m mitteleurop. Zeit in Laibach zwei schwache, senkrechte Stösse innerhalb 2S, Thürknistern, kein Getöse (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). 13. Juni, 3h 30m in Möttling (Metlika) von Einzelnen ver- spürt ein kurzer Stoss, ls, SW — NE (Oberlehrer V. Burnik). 15. Juni, 211//, Beben an der Poik. 21h 15m in Rakek nach Aussage von Ortsbewohnern ein unterirdisches Rauschen und Getöse und hierauf eine leichte Bodenbewegung (mitgetheilt durch Oberlehrer J. Pozenel). 1 Valvasor berichtet, dass am 10. März 1689 um 41' in Krain sich ein gewaltiges Erdbeben erhob, welches an der Temenitz am allerheftigsten auftrat. Es hat viele Kirchen gänzlich ruinirt, etliche Kirchthürme über den Haufen geworfen, auch in manchen Schlössern grossen Schaden angestiftet etc. Citirt bei Mitteis, Erderschütterungen in Krain. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 131 21h 15m in Adelsberg (Postojna) angeblich ein leichter Erdstoss (Schulleiter St. Primozic). 21h 15m in Slavina bei Adelsberg von Einigen bemerkt ein Erdstoss von unten mit gleichzeitigem Schall, ähnlich einem Schuss, oder als ob im unterirdischen Keller eine Stellage um- gefallen wäre (Pfarrer J. Sajovec), — Ein verticaler Stoss mit starkem Getöse, als ob ein Theil des Hauses eingestürzt wärt- (Zeitschrift »Slovenec«). 21h 15m in St. Peter allgemein bemerkt ein kräftiger Stoss aus N mit starkem, gleichzeitigen Getöse (Oberlehrer M. Kalan). 2 1 x/2h in Suhorje bei Ostroznobrdo angeblich von Einigen ein unbedeutender Erdstoss bemerkt (Schulleiter F. Cuk). Dieses Beben vom 15. Juni, circa 211/4'\ wurde laut auf Anfrage eingelangten Berichten nicht gefühlt in: Haasberg, Zirknitz, Babenfeld (Babino polje), Klana, Masun, Dornegg, Ostrozno brdo, Vreme, Senosetsch, Podgrad (Castelnuovo in Istrien), Präwald, Kosana. 17. Juni, 21\ Beben an der Poik. 21h in Adelsberg verspürten Einige ein Getöse und einen leichten Erdstoss (Zeitschrift »Slovenec«). 21h in Slavina gemäss Mittheilung eines Beobachters ein unterirdisches Getöse (mitgetheilt durch Pfarrer J. Sajovec). 18. Juni, circa 3l/2h, Beben an der Poik. 3y2h in Rakek gemäss Angabe der Nachbarn ein unter- irdisches Rauschen und Getöse und darnach eine leichte Boden- bewegung (Oberlehrer J. Pozenel). 4h in Zirknitz (Cerknica) von Einigen bemerkt ein leichter Stoss mit Getöse (Oberlehrer J. Dermelj). [Im Originalberichte wird dieses Beben dem 17. Juni zugeschrieben. Wahrscheinlich aus Versehen. Ref.] 3h 25m in Oblak (Blöke) bei Zirknitz nur von wenigen wachenden Personen verspürt eine leichte Erschütterung W — E. Ich selbst wurde dadurch aus dem Halbschlafe geweckt (Ober- lehrer J. Bozja). 9* 132 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 3h 25m in Adelsberg ein verticaler Stoss, welcher Schlafende weckte, da er das Bett heftig erschütterte. Richtung W — E, nachfolgend ein Getöse (Schulleiter St. Primozic). — Ein 10s dauerndes Getöse aus S, darauffolgend ein Stoss, welcher uns in unangenehme Schwingungen versetzte, Fenster und Thüren laut vernehmlich erschütterte (Zeitschrift »Slo- venec«). 3V2h m Senosetsch (Senozece) ein leichtes Beben, worüber ich, nach mehrfacher erfolgloser Umfrage, in einem Hause folgende Mittheilung erhielt: Es war ein leichter Stoss durch 3S, nach vorangehendem dumpfen Getöse. Die Möbel wurden erschüttert. Eine halbe Stunde darauf folgte ein kräf- tigerer, 5S, also länger dauernder Stoss (Oberlehrer L. Abram). 3h 30m in Slavina ein von Allen, die nicht in gar tiefem Schlafe waren, gefühltes Beben. Ich selbst wurde dadurch ge- weckt (1. Stockwerk). Es war ein Seitenstoss aus S (nach Gefühl) durch 2S mit Getöse, welches mit der Erschütterung aufhörte. Krachen der Mauern, Knarren der Thüren, Klirren der Fenster. Die Bevölkerung erschreckt. Das Beben wurde auch in Adelsberg, an der oberen Poik, in St. Peter, in Zagorje und Grafenbrunn wahrgenommen. Einige vermeinen nach dem ersten Stoss einen zweiten unbedeutenden wahrgenommen zu haben (Pfarrer J. Sajovec). 3h 35m in St. Peter ein von den am Bahnhof im Dienste befindlichen Personen allgemein, sonst von Einigen bemerktes Beben. Ich selbst wurde dadurch (im Erdgeschosse) aus dem Schlafe geweckt. Es war ein verticaler Stoss aus N durch 2S mit starkem Getöse. Starke Erschütterung der Mauern (Ober- lehrer M. Kai an). Circa 4h in Ostrozno brdo von Einigen bemerkt eine schaukelnde Bewegung. Dasselbe verspürte jenseits der kraini- schen Landesgrenze in Preloze (Istrien) der Messner auf dem Wege in die Kirche. Kein Getöse (Schulleiter F. Cuk). 3h 50'" (Bahnzeit) in Masun von allen erwachsenen Per- sonen verspürt ein Beben, durch welches sie geweckt wurden. Es war ein kurzer Seitenruck E— W (nach Gefühl) durch 2S bis 3S. Unterirdisches Rollen. Klappern der Thüren (Oberförster E. Schollmayer). E. v. Mojsi.sovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 133 3h 35m in Dorn egg (Trnovo) bei Illir.-Feistritz ein Getöse mit nachfolgendem Erdstoss, Dauer ls. Leichtes Klirren der Fenster, Erschütterung des Geschirres in den Schränken (Ober- lehrer M. Zarnik). oh 10m in Hermsburg eine schwache Erschütterung. Drei Stösse von unten in 3S, verbunden mit einem von S nach N verlaufenden Rollen. Klirren der Fenster etc. Schlafende wurden nicht geweckt (Oberförster J. Nowak). [Im Orginalbericht vom 26. Juni wird dieses Beben dem 15. Juni zugeschrieben. Wohl aus Versehen. Ref.]. Dieses Beben wurde nicht beobachtet in folgenden Sta- tionen: Haasberg, Babenfeld (Babino polje), Klana in Istrien, Kosana, Vreme, Präwald (Razdrto), Podkraj. Die angeführten Berichte zeigen an, dass in den Tagen 15. — 18. Juni in Innerkrain ein bemerkenswerther, obwohl in seinen Wirkungen unbedeutender Bebenschwarm stattgefunden hat. Hiebei erfolgte die Haupterschütterung zum Schlüsse, am 18. Juni, 3V2h. Ein Überblick über das von derselben betroffene Terrain lehrt, dass die am stärksten erregten Stellen längs der Linie Adelsberg— Slavina — St. Peter — Dornegg sich aneinanderreihen, also in der schmalen Poikmulde und am Ostrande der an- schliessenden Rekamulde. Hier, wahrscheinlich in der Gegend von Slavina oder St. Peter, ist die Stelle über dem Ausgangs- punkte der unterirdischen Kraft zu suchen. Entsprechend dem Streichen der Mulden ist die Schütterfläche langgestreckt in der Richtung NNW— SSE. Sie misst vom Nordrand des Adelsberg— Präwalder Thalkessels bis Klana 50 km. Den Breitendurchmesser kann man auf etwa 40 km veranschlagen, wenn man in die — schematisch genommen — elliptische Schütterfläche die Stationen Rakek, Zirknitz und Oblak ein- bezieht und nicht etwa einen 30 km breiten Hauptantheil der Bebenarea entlang der Axe Adelsberg— Klana annimmt, von dem aus eine bei Adelsberg ostwärts vordringende Ausbuchtung die genannten drei Stationen in sich einverleibt. Da die Ein- trittszeit der seismischen Störung der Beobachtung ungünstig war, so kann die Randzone der erschütterten Fläche kaum hin- reichend bestimmt umgrenzt werden. 134 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Bemerkenswert!} ist die Beziehung des Epicentrums der Erderschütterung vom 18. Juni zu dem geologischen Aufbau des betroffenen Gebietes. Die Rekamulde Innerkrains bezeichnet das Stück einer Dislocationslinie, welche durch ihre bedeutende Längenerstreckung für den geologischen Bau der östlichen Küstenländer des adriatischen Meeres maassgebend ist, wie bereits in unserer vorjährigen Chronik (Mittheilungen der Erd- beben-Commission, 1897, S. 1 10) in Erinnerung gebracht wurde. Die Poikmulde ist ein Seitenzweig der Hauptlinie. Dieselbe ist in tektonischer Beziehung eine Synclinale, deren Ostflügel steil aufgerichtet ist, während dessen Fortsetzung in der Rekamulde in einem weiter gediehenen Stadium des Faltungsvorganges überkippt erscheint. Nichts liegt näher als die Annahme, dass die Erschütterung vom 18. Juni die mechanische Folge- erscheinung der local in einem Ruck ausgelösten Spannungen ist, welche den Faltungsvorgang noch in der Gegenwart fort- zusetzen bestrebt sind. Die vorausgegangenen Erschütterungen vom 15. Juni, 21h 15m, und 17. Juni, 21h, sind als Bethätigungen ebendesselben Bebenherdes anzusehen, die jedoch eine geringere Intensität erlangt haben. VII. Juli 1898. 5. Juli, 201/2h> locales Beben bei Lees. 20h 25m in Lees (Lesce), Bezirk Radmannsdorf, ein von Wenigen bemerkter leichter Stoss SE — NW. Erschütterung der Uhr (Schulleiter J. Sem er!). 201/V1 (Original 19V2h) m Brezovica bei Kropp wurde das Beben nur in einem Hause von ruhig sitzenden Personen bemerkt. Man hörte ein Rauschen, hierauf ein wiederholtes gelindes, knarrendes Anstossen der Thüre. In Kropp nicht beobachtet (Oberlehrer F. Korosec). 23. Juli, 6'1 35m (Bahnzeit) in Jezica ein leichter Stoss NW — SE mit Getöse im Freien und in Gebäuden wahr- genommen (Schulleiter A. Zibert). 28. Juli, 20h21m in Dobrova bei Laibach vom Bericht- erstatter vor dem Hause sitzend, und sonst von Einzelnen E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 135 wahrgenommen ein kanonenschussähnlicher Knall durch 2S, NE — SW verlaufend, in der letzten 7os ein sehr leichter Stoss. Gelindes Klirren der Fenster. — Auch in den umliegenden Dörfern Gabrova, Kozarje, Podsmereka, Svica, Hrusevo und Brezje bemerkt (Oberlehrer M. Rant). Die letztgenannten zwei Beben in Cernuce nicht beob- achtet (Schulleiter J. Gregorin). VIII. August 1898. 2. August, 5h 44m in Krainburg (Kranj) wachend im Bett ein leichter Stoss E — W. Erschütterung der Thür und der Fenster (Schulleiterin F. Jugovic). 5. August, 1 lh 20m in Trebelno bei Treffen eine Erschütte- rung aus SW durch einige Secunden mit begleitendem unter- irdischen Getöse (Zeitschrift »Slovenski Narod«). 22. August, circa 4h, Beben im Bezirke Littai gemäss folgenden Meldungen: 3h 57m (Bahnzeit) in Littai (Litija) ein Beben, welches die meisten Bewohner aus dem Schlafe rüttelte, mit nach- folgendem Getöse. Krachen der Holzbaracke des Wächters (Stationschef J. Jenko). 4h in Sava ein Erdstoss (Pfarrer M. Molek). 4h in Ho titsch ein von Vielen bemerkter, wellenförmiger Stoss ohne Getöse. Klirren der Fenster, Krachen der Mauern (Pfarrprovisor M. Absec). 4h in Watsch (Vace) ein von Einzelnen verspürter, leichter Erdstoss, NE — SW, mit gleichzeitigem Getöse (Schulleiter F. Nagu). 3a/2h in Kressnitz (Kresnice) ein leichter Erdstoss ohne Getöse; von mir selbst nicht gespürt (Schulleiter J. Wochinz). Das Beben, welches am 22. August, 3h 57m, Littai und Umgebung im Umkreise von vielleicht 25 km Durchmesser merklich erschütterte, wurde nicht gespürt in folgenden Orten : Sittich, Lipoglav, Polica, Salloch, Jezica, Dobrova, Franzdorf. '136 Miltheilungen der Erdbeben-Commission. 30. August, circa 231/2h, Beben im Bezirke Littai und in Zirknitz. 23h 39m in Littai ein von Wachenden allgemein bemerktes Beben. Einige wurden dadurch aus dem Schlafe geweckt. Einem einleitenden leichten Schaukeln folgte ein kräftiger Stoss von unten. Kein Getöse (Oberlehrer J. Verbic). 23h 37m in Sava ein kurzer Erdstoss (Pfarrer M. Molek). 23h 56m in Watsch ein leichter Stoss NE— SW mit gleich- zeitigem Getöse (Schulleiter F. Nagu). 23h 30m in Zirknitz von Einzelnen bemerkt ein leichter Stoss mit kurzem Getöse ans E. Klirren des Glasgeschirres (Oberlehrer K. Dermelj). Zu diesem Beben sandten negative Berichte die Stationen : Lipoglav, Dobrova, Jezica, Franzdorf, Loitsch. Der oberwähnte Bericht von Salloch (Stationschef J. Ressmann), datirt vom 31. August, erwähnt nichts von einem Beben des Vortages. Die Erschütterung vom 30. xAugust scheint eine Wieder- holung jener des 22. August zu sein. Auffallend ist die Wahr- nehmung derselben in Zirknitz, in einer Entfernung von 45 km SW von Littai. 31. August, 6h 15,n in Jezica nur ein unterirdisches Ge- töse (Schulleiter J. Zibert). IX. September 1898. 2. September, 3h 25m in Aich (Dob) nur von Wachenden ein leichtes Zittern durch 3S mit gleichzeitigem anschwellenden Getöse vernommen (Oberlehrer M. Janezic). 2. September, circa 3y9h in Tersain (Terzin) nur von ein- zelnen wachenden Personen verspürt ein leichter Stoss. Eine Person sagt aus, durch das Getöse und das Klirren der Fenster der Dachstube aus dem Schlafe geweckt worden zu sein (Schul- leiter L. Blejec). 2. September, 153/4h in Aich angeblich ein Getöse (Ober- lehrer AI. J anezic). 3. September, li/2 — 2h in Masun nur von einer Person (1. Stock, im Bette) ein gleichmässiges und regelmässiges E. v. M oj siso vics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 137 Zittern durch eine halbe Stunde, welches durch eine Tisch- lampe angezeigt wurde, vernommen. Dieselbe stand so nahe an der Wand, dass der Schirm die ganze Zeit wie ein Glöckchen tönte. Ein gleiches Phänomen zeigte sich circa 1 Wochen vor dem grossen Laibacher Erdbeben; ein zufällig gleichgestelltes W7aschbecken tönte und surrte fast eine Stunde lang (Ober- förster E. S c h o 1 1 m a y e r). 3. September, 3h 18m in Aich (Dob) von Einzelnen gefühlt ein leichter Seitenruck aus SW. Gleichzeitig ein kanönenschuss- ähnliches Getöse mit dreimaligem, immer schwächer werdenden Widerhall. Gesammtdauer ls. Etwa 2m später hörte man neuer- dings einen schussähnlichen Schall ohne Widerhall und ohne Erschütterung (Oberlehrer M. Janezic). 3. September, 19h 11™ in Laib ach schwaches, ls dauerndes senkrechtes Beben. Unsichere Beobachtung (fürstbisch. Con- sistorialrath J. Smrekar). 4. September, circa 21/2h in Kraxen ein von einigen Per- sonen bemerkter starker Stoss; in einem Hause bewirkte er einen Sprung in der Mauer. — In Egg von Niemand bemerkt (mitgetheilt durch Pfarrer J. Bizjan). 7. September, lh 46m, Beben im Laibacher Becken und dem östlich anschliessenden Hügelland. 7. September, Bezirk Krainburg. lh 50m in Zirklach (Cerklje) ein von sehr Wenigen be- merktes unterirdisches Dröhnen, aber keine Erschütterung (Oberlehrer A. Km et). 7. September, Bezirk Stein. l3/4h in Woditz (Vodice) allgemein bemerkt ein Beben, welches fast die gesammte Bevölkerung aus dem Schlafe rüttelte. Man verliess die Betten und machte Licht. Ein kurzer starker Stoss durch 5S ohne schaukelnde Bewegung mit gleich- zeitigem Getöse und Lärm. Starkes Krachen des Dachstuhles des Pfarrhofes und der Kirche. Pferde erschreckt, Hunde bellten, ein gezähmtes Reh begann aufgescheucht herumzulaufen. — 138 Miitheilungen der Erdbeben-Commission. Seit meinem letzten Bericht (17. April) empfanden einzelne Personen wiederholt schwache Erdstösse, welche nicht notirt wurden (Pfarrer S. Zuzek). lh 40m in Theinitz (Tunjice) ein Beben, welches eine so kräftige Erschütterung des Bettes bewirkte, dass der Bericht- erstatter dadurch erwachte. In einem Hause sollen neue Mauer- risse entstanden sein (Schulleiter J. Pintar). — Beben mit unterirdischem Getöse (Zeitschrift »Slovenec«). lh 42m in Komenda mittelstarkes Beben mit einem Getöse, welches einem fernen Donner glich (Zeitschrift »Slovenec«). lh 45m in Stein (Kamnik) allgemein bemerkt zwei einander folgende starke, kurze Seitenstösse durch 2S, N — S. Krachen der Mauern. Im Kloster kurz vor dem Beben allgemeines Er- wachen (P. O. S. F. Hieronymus Knoblehar). lh45m in Domzale ein Beben, welches die Schlafenden weckte. Dauer 3S, ziemlich starke Erschütterung und fernes Donnern (Oberlehrer F. Pfeifer). Circa 1V2 in Aich (Dob) ein Beben, welches die Meisten aus dem Schlafe weckte. Ein starker Stoss von unten, aus NW herangelangt, darauffolgend ziemlich heftige Erschütterung. Ein dumpfes Dröhnen schwoll bis zum Stoss an, hierauf ab. Ge- sammtdauer 4S. In ebenerdigen Häusern fiel etwas Tünche ab; in einigen Häusern entstanden zwar unbedeutende, doch neue Sprünge. Einige Leute flüchteten aus den Häusern, die Mehr- heit verliess die Betten (Oberlehrer M. Janezic). lh53m in Jauchen (Ihan) allgemein beobachtet ein Beben, welches den Berichterstatter im ebenerdigen Zimmer aus dem Schlafe weckte. Ein Stoss mit gleichförmiger Bewegung, NE — SW (nach dem Schwingen der Hängelampe), nach voran- gehendem Getöse durch 2S Erschütterung der Möbel. Schrecken unter der Bevölkerung (Schulleiter V. Sa dar). lh 44m in Egg (Brdo) bei Lukowitz allgemein bemerkt ein Stoss, ls, von unten und aus W mit zweimaliger verticaler Vibration, 1 — 2S. Sturmähnliches Sausen, Krachen der Mauern und des Gebälkes, Erschütterung der Möbel und Thüren. Von einigen Häusern fielen Ziegel vom Dache, in der nahen Filial- kirche in Raholce fiel eine Verzierung von der Kanzel. Einiger Schrecken unter der Bevölkerung (Pfarrer J. Bizjan). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. 139 1 :; /' in St. Martin bei Stein allgemein bemerkt ein Beben, welches den Berichterstatter im ebenerdigen Zimmer aus dem Schlafe weckte (Schulleiter F. Zore). Kurz vor 2h in Glogowitz (Blagovica) ein fast allgemein bemerktes Beben. Auch den Berichterstatter weckte das starke Getöse, welches dem verticalen Stosse folgte (Pfarrer L. Skufca). l1/2h in Möttnig (Motnik) nur vom Berichterstatter (im Halbschlafe) und vom Pfarrer ein Stoss von unten, Richtung SW — NE mit nachfolgendem Getöse. Die übrigen Ortsbewohner verschliefen das Beben (Besitzer K. Kriznik). lh47m in Tersain (Trzin) ein Beben, welches einige Per- sonen aus dem Schlafe weckte, aus S, sehr leichter Stoss mit Getöse (Schulleiter L. Blejec). Circa 2h in Lustthal (Dol) ein starker Erdstoss. Erschütte- rung beweglicher Gegenstände auf den Tischen und Schränken (Zeitschrift »Slovenec«). 7. September, Bezirk Littai. l3/4n in Watsch (Vace) von Einigen gespürt ein wellen- förmiger Stoss aus NE mit Getöse. Leichte Erschütterung der Möbel (Schulleiter F. Nagu). Circa 2h in Kressnitz von einer Person wahrgenommen ein donnerartiges Geräusch ohne Erschütterung (Schulleiter J. Wochinz). l3/4h in Hotitsch (Hotic) von Vielen bemerkt ein wellen- förmiger Stoss (Pfarrprovisor M. Absec). 7. September. Bezirke Laibach und Umgebung. lh 38m in Cernuce mittelstarkes, Beben ls, mit geringem Getöse. Von Vielen bemerkt (Schulleiter J. Gregor in). I'1 50m in Jezica von Vielen bemerkt ein verticaler Stoss SW— NE, fortschreitend durch 3 — 4S. Voran ein ziemlich star- kes unterirdisches Getöse. Ziemlich andauerndes Schaukeln der Betten (Schulleiter A. Zibert). lh 45m in Laibach mehrseits bemerkt ein schwacher Stoss nach vorangehendem unterirdischen Getöse (k. k. Lieu- tenant d. R. Suppantschitsch. — lh 46m MEZ, 2S dauernde 140 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. senkrechte Erschütterung mit Getöse (f.-bisch. Consistorialrath J. Smrekar). lh 44m in Rudnik von Einzelnen bemerkt ein Erdstoss S — N mit Getöse (Schulleiter J. Petric). Das Beben wurde nicht gespürt in folgenden Orten: Rat- schach, Krainburg, St.. Martin bei Krainburg, Bischof lack, Flöd- nigg (Berichterstatter, Pfarrer J. Karl in, war zur Zeit des Bebens wach, vernahm jedoch keine Spur davon), Zeyer, Dobrova, Lipoglav, Polica bei Weixelburg, Cemsenik, Franz im Bezirke Cilli in Untersteiermark. Alle Berichterstatter bemerken ausdrücklich, dass sie ihren negativen Bericht auf Grund mehr- facher Umfrage einsenden. Eine Viertelstunde nach der Haupterschütterung trat eine unbedeutende seismische Erscheinung ein. über welche fol-' gende zwei Meldungen berichten: 7. September, circa 2h in Aich angeblich nochmals ein Getöse und eine leichte Erschütterung (Oberlehrer M. Janezic). 7. September, 2h in Jezica ein dumpfes unterirdisches Dröhnen (Schulleiter A. Zibert). Unter den Erderschütterungen, welche als Nachwirkungen des zerstörenden Hauptstosses vom 14. April 1895 in Oberkrain aufgetreten sind, ist das Beben von l3/4n des 7. September 1898 eines der bemerkenswerthesten. Wenn man das Schüttergebiet desselben kartographisch darstellt, so zeigt sich der Umriss als eine eiförmige Fläche, deren Längsachse etwa durch die gerade Verbindungslinie der Orte Zwischenwässern und Tro- jana gegeben ist und annähernd einen westöstlichen Verlauf hat. Das breitere Ende des Ovals liegt über der Laibacher Diluvialebene, das schmälere über dem Hügellande, welches vom Ostrande der Ebene gegen Trojana und weiterhin gegen Trifail und Tüffer hinzieht. Dem Westrand der Congiomerat- und Schotterebene angrenzende Orte, wie Krainburg, Bischof- lack, Zeyer, Dobrova lieferten bereits negative Berichte, des- gleichen wurde das Hügelland der Umgebung von Trifail nicht mehr in nächtlicher Stunde wahrnehmbar erschüttert, da Franz und Cemsenik verneinende Meldungen einsandten. Die Quer- dimensionen des Schütterovals sind durch die positiven Be- richte und im Süden durch die negative Correspondenz von E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. 141 Polica, sowie das Ausbleiben einer Meldung von den Statio- nen Littai, Sava und Sagor ausreichend bestimmt. Conform dem Umriss der äussersten Zone schwacher Wahrnehmung des Bebens folgen sich die Umgrenzungen der innern durch heftigere Wirkung gekenzeichneten Abstufungen bis zu der stärkst erschütterten Region, welche durch die Meldungen der zwei Stationen Aich und Egg bestimmt wird. Zwischen oder in der Nähe dieser beiden von einander 6 km entfernten Orte ist di-e Stelle über dem Ursprungsorte des Erdbebens von 1 3/.ü des 7. September zu suchen. Die Ausbreitung desselben hat eine unverkennbare Ähnlichkeit mit jener des Hauptstosses des Osterbebens. Das Schütteroval des Bebens vom 7. Septem- ber deckt sich nahezu mit dem Umriss der »Zone sehr starker Beschädigung (stellenweise Deckeneinstürze etc.)« in F. E. Suess' Isoseismenkarte des Osterbebens 1895 von Laibach in dessen bekannter meisterhaften Monographie (Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt 1896). 25. September, 7h 7m in Tscher nembl (Cernomelj) ein Beben mit unterirdischem Getöse (Zeitschrift »Slovenec«). X. October 1898. 10. October, circa 83/4, Beben im Laibacher Becken. gh 4Qm jn ^icn (Dob) ein von Einzelnen bemerktes leises Zittern E — W durch 5% mit vorangehendem und gleichzeitigem dumpfen Getöse. Im Schulzimmer (ebenerdig) vernahmen wir alle die Erscheinung, obgleich ich eben im Sprechen begriffen war (Oberlehrer M. Janezic). 83/4h in Woditz (Vodice) von Vielen bemerkt ein Stoss mit Getöse in der Dauer von 3S (Pfarrer S. Zuzek). gh 4Qm -m jefica nach Angabe anderer Personen eine Er- schütterung mit Getöse (Schulleiter A. Zibert). Dieses Beben wird als nicht beobachtet gemeldet: in Stein, Glogowitz, Watsch, Salloch, Kressnitz, Cernuce, Flödnigg, Oberburg (Südsteiermark). Von Laibach langte kein Bericht ein, die Erschütterung trat also dort nicht wahrnehmbar auf. Ein Beben am 13. October veranlasste folgende Nach- richten. 142 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 13. October, circa 01/2h, in Grad i sc e nächst St. Martin bei Stein, eine Erschütterung nach Mittheilung eines Beobachters (Schulleiter F. Zore). Eine Stunde hernach löste sich der Hauptstoss des Tages aus. 13. October, circa l1/^1, Beben im Laibacher Becken und dem östlich anschliessenden Hügellande. 13. October, Bezirk Stein. I1' 18m in Woditz (Vodice) ein Schaukeln mit kräftigem Stoss, begleitet von Getöse, welches von Vielen für einen Donner gehalten wurde, da ein Regen im Anzüge war. Doch haben -Viele auch die Erschütterung wahrgenommen. Der Dach- stuhl knarrte, die Hunde bellten, ein zahmes Reh sprang auf- gescheucht auf. Während der verflossenen regnerischen Witte- rung traten wiederholt leichte Schüttler ein, die aber wegen des Donners nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnten (Pfarrer S. Zuzek). lh 13m in Tersain (Trzin) allgemein wahrgenommen ein Seitenruck aus S durch ls nach vorangehendem Getöse. Er- schütterung der Betten und Möbel, Erwachen der Ortsbevöl- kerung (Schulleiter L. Blejec). lh 24m in Jauchen (Ihan) von WTachenden allgemein wahrgenommen ein Zittern durch 3S mit gleichzeitigem Getöse. Ungewöhnlichen Eindruck machte es* auf die Bevölkerung, dass vor der Erschütterung bei heiterem Himmel zwei Blitze wahr- genommen wurden (Schulleiter V. Sadar). lh 15"' in Aich (Dob) ein Beben, welches Viele (den Be- richterstatter im ebenerdigen Zimmer) aus dem Schlafe weckte. Es war ein Seitenruck aus E durch 2S, welcher eine dreimalige Hin- und Herbewegung des Bettes bewirkte. Kurz vorher und gleichzeitig ein Getöse. Klirren der Fenster und des Geschirres, Knarren der Thüren und des Bettes, Erschütterung der Möbel, Krachen in den Mauern und dem Gebälke (Oberlehrer M. Ja nezic). lV4h in Egg (Brdo) bei Lukowitz fast ausnahmslos von Allen wahrgenommen — da man aus dem Schlafe geweckt E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 143 wurde — ein Stoss von unten mit darauffolgender Erschütte- rung; vorangehend und zum Theile gleichzeitig ein Dröhnen und Rauschen. In hölzernen Gebäuden krachte das Gebälk, in gemauerten klirrten hie und da die Fenster. Die Bevölkerung erschrak einigermassen, da sie in der Nachtruhe gestört wurde. verliess aber nicht die Betten (Pfarrer J. Bizjan). iy4h in Domzale leichtes Beben mit Getöse, 3\ Vorher ein Blitz bei heiterem Himmel (Oberlehrer F. Pfeifer). lh Sm in Stein (Kamnik) ein von Vielen bemerktes schwa- ches Beben, doch war es nicht fähig Schlafende zu wecken. Berichterstatter wurde kurz vor dem Eintritt des Bebens wach. Es war ein Stoss SW — NE von ls, nach vorangehendem Getöse durch 2S; keine Wirkung auf bewegliche Gegenstände (P. 0. S. F. Hieronymus Knoblehar). l1/2h in St. Martin bei Stein von eben wachenden Perso- nen bemerkt nach einem Getöse eine Erschütterung des Bettes E— W, 3S (Schulleiter F. Zore). [b in Möttnig (Motnik) nur von einer Person wahr- genommen ein Seitenruck aus SW nach vorangehendem Ge- töse. Letzteres fünfmal solange dauernd als die momentane Erschütterung (Mitgetheilt durch Besitzer K. Kriznik). lh 8m in Glogowitz (Blagovica) von den meisten Perso- nen wahrgenommen ein starkes Getöse durch 2 — 3S, zum Schluss ein starker verticaler Stoss. Erschütterung der Möbel, im Pfarrhofe und in der Kirche wurden die verputzt gewesenen Mauerrisse wieder sichtbar. Das Getöse verlief anscheinend N— S (Pfarrer L. Skufca). 13. October, Bezirk Laibach. jh 9Qm -n j e 2 i c a. eine leichte Erschütterung mit unterirdi- schem Getöse (Schulleiter A. Zibert). lV4h in Sali och (Zalog) ziemlich starker Stoss ohne Ge- töse (Stationschef J. Resman). 13. October, Bezirk Littai. lh 10m verspürte man in Kolowrat eine Erschütterung. zwei einander folgende Stösse E — W oder umgekehrt, 3S, mit 144 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. begleitendem Getöse. Das Klavier im Zimmer stiess an die Wand an. Einige Saiten ertönten. Wachend wahrgenommen (Schullei- ter J. Zupancic). Negative Berichte zum 13. October l1// sandten: Watsch, Kressnitz, Cernuce und Oberburg in Südsteiermark. Die kartographische Darstellung auf Grund der vorliegen- den Stationsmeldungen lässt dieses Beben als eine völlige, nur etwas schwächere Wiederholung jenes vom 7. September l3/4h erkennen. Das Epicentrum ist dasselbe (Aich — Egg), die Art der Ausbreitung desgleichen, der Umfang um WTeniges kleiner. Auffallend stark erschüttert ist (wie gewöhnlich) Woditz, dies- mal anscheinend auch Glogowitz. Die aus Jauchen und Domzale gemeldeten Lichterschei- nungen vor dem Beben sind ohne Zweifel thatsächlich Blitze eines Gewitters, welches (gemäss Wahrnehmung des Referen- ten) in der Zeit zwischen 0 und lh über dem Gebiete von Görz sich entlud und in der Richtung nach Krain fortzog. 17. October, circa lh 27m in Laibach schwaches wellen- förmiges Beben, nach vorhergehendem Getöse (f.-bisch. Con- sistorialrath J. Smrekar). 18. October, circa 3h in Jezica ein leichtes Beben W — E, 2S, begleitet von Getöse (Schulleiter A. Zibert). Diese Erschütte- rung wurde nicht gefühlt in Cernuce (Schulleiter A. Gre- gor in). 25. October, 14h 48m 4S MEZ, in Laibach sehr schwacher, senkrechter Stoss, 1/2S, ohne Getöse (f.-bisch Consistorialrath J. Smrekar). XI. November 1898. 3. November, 5Y4h in Aich (Dob) von wenigen, ruhenden Personen wahrgenommen ein leichtes kaum fühlbares Zittern, 3S, mit gleichzeitigem Getöse, als ob der Schnee vom Dache abrutschen würde (Oberlehrer AI. Janezic). 8. November, llü 39m 20s Bahnzeit in Schalkendorf bei Gottschee bemerkt ein ziemlich heftiges Schaukeln, 4S, zum Schluss ein leichtes Zittern, 4S, Richtung W — E, ohne Getöse, Klirren der Gläser im Schranke (Kohlenwerksverwalter A. Komposch). E. v. Mojsisovics. Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 145 Hiezu lieferten auf Anfrage folgende Stationen eine nega- tive Meldung: Reifnitz, Altlag, Rieg, Nesselthal, Unter-Deutschau, Ebenthal, Banjaloka, Vinica, Adlesici. 9. November, 16:/2h in Unter-Idria ein von Vielen be- merkter Stoss mit gleichzeitigem Getöse, keine Wirkungen (Oberlehrer L. Puncuh). Diese Meldung bezieht sich auf ein wenig umfängliches Beben aus der Gegend von Kirchheim (siehe Chronik des Görzer Gebietes). IL'. November, circa 22y.2h, Beben im Bezirke Tscher- nembl. Nach 22h in Tschernembl (Cernomelj) ein von Einzelnen (vom Berichterstatter im Freien) bemerkter Stoss, »als ob von einem Dache eine grosse Menge Schnee abgerutscht wäre« (Gemeindesecretär L. Bencic). 221/2h in Doblice bei Tschernembl fast allgemein wahr- genommen ein Beben, welches uns aus dem besten Schlafe weckte. Ein Stoss mit Getöse wie bei einem fahrenden schwer beladenen Wagen. Das Getöse W — E fortschreitend (Schullei- ter J. Lokar). 221/2h in Möttling (Metlika) von Einzelnen ein leichter Stoss bemerkt (Oberlehrer V. Burnik). Zu diesem anscheinend localen Beben des 12. November, circa 221/2h, lieferten negative Meldungen die Stationen: Semic, Podzemelj, Adlesici, Altenmarkt bei Poljane (Bezirk Gottschee). 14. November, 10'1 16m MEZ, in Laibach ziemlich starker senkrechter Stoss, V2S, ohne Getöse. Unsichere Beobachtung (f.-bisch. Consistorialrath J. Smrekar). 27. November, 10V2h in Zeyer bei Zwischenwässern (Sora) allgemein bemerkt zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Stösse aus SW (nach Gefühl), 3S, voran und gleichzeitig ein Getöse, ähnlich einem Rauschen. Berichterstatter war zur Zeit in der Kirche. Das Beben bewirkte eine Erschütterung der Fenster und Bänke (Schulleiter M. Potocnik). 29. November, 411 in Ho titsch und 30. November, 411 eb endaselbst von den meisten Orts- bewohnern wahrgenommen ein Stoss von unten (am 30. stärker , Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. ; CVIII. Bd., Ablh. I. 10 146 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2S, schien von Süden zu kommen, ohne Getöse (Pfarrprovisor M. Absec). 30. November, 4h in Watsch (Vace) zwei Stösse rasch nacheinander. 30. November, 4h 15m ebendaselbst wieder ein Stoss. Alle drei bewirkten eine leichte Erschütterung der Möbel (Schulleiter F. Nagu). 30. November, 2Ü 30m in Sava ein leichter senkrechter Stoss, ls. Es schien als ob ein schwerer Gegenstand in einen tiefen Keller gefallen wäre (Stationschef A. Jug). Die Nachrichten aus den zwei letzten Novembertagen be- ziehen sich auf leichte locale Stösse in der Gegend von Watsch und Hötitsch, welche eine geringe Ausbreitung gefunden haben, deren Grenzen nicht näher verfolgt werden können. XII. December 1898. 2. December, circa 23 h 30m, Beben im Hügellande östlich vom Laibacher Becken gemäss folgenden Meldungen: 2. December, Bezirk Stein. Circa 23h30m in Petsch (Pece) wurden die Leute aus dem Schlafe geweckt durch einen starken Erdstoss, dass wir er- schreckt erwarteten, was noch kommen werde. Doch wieder- holte sich der Stoss nicht (Zeitschrift »Slovenec«). 23h 20m in Glogowitz (Blagovica) ein von den Meisten gefühltes Beben, welches den Berichterstatter aus dem Schlafe weckte. Es war ein kurzer Seitenruck aus N (nach Gefühl und nach der Verschiebung der Wandbilder beurtheilt) durch 2S mit gleichzeitigem starken Getöse, Erschütterung des Bettes und der Möbel (Pfarrer L. Skufca). 23h 30m in St. Oswald wurden die Leute aus dem Schlafe geweckt durch einen sehr starken, 3S dauernden Erdstoss, wel- chen ein Getöse begleitete, ähnlich dem Rasseln eines fahren- den Wagens (Zeitschrift »Slovenec«). 23ll30"1 in Möttnig (Motnik) nur vom Nachtwächter wahr- genommen eine Bodenschwankung während des Gehens auf E. v. Mojsisovi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 -L der Strasse ohne Getöse. Sonst von Niemandem im Orte be- merkt (Besitzer K. Kriznik). 2. Decemher, Bezirk Littai. 23h 30"' in Kolovrat von Wachenden gespürt ein kurzer Stoss aus E. Vor demselben ein Getöse, dessen Dauer ich nicht angeben kann, da ich während desselben wach wurde. Er- schütterung der Thür (Schulleiter J. Zupancic). 23h 30m in Watsch (Vace) von Vielen ein wellenförmiger Stoss bemerkt. Leichte Schwankung des Hauses (Schulleiter F. Nagu). 23h22m in Sava eine leichte Erschütterung durch etwa 3S. Richtung kann nicht angegeben werden (Stationschef A. Jug). 23h 30m in Kressnitz (Kresnice) von allen zur Zeit wa- chenden Personen verspürt eine von donnerartigem Geräusch begleitete Erschütterung. Eine auf dem Kasten befindliche Lampe zitterte sehr heftig (Schulleiter J. Wochinz). Negative Meldungen schickten die Stationen: St. Martin bei Stein, Ober Tuchein, St. Franz Xaver bei Oberburg in Steier- mark (Mittheilung des Besitzers K. Kriznik auf Grund verläss- licher Angabe einer zur Zeit daselbst wachenden Person), Ober- burg, Hrastnig, Franz, Tüffer und Trifail in Steiermark, Hotitsch, Salloch, Egg bei Lukowitz, Bischoflack. Das Beben vom 2. December hatte sein Epicentrum offen- bar in der Gegend der drei stärkst erschütterten Orte Petsch, Glogowitz und St. Oswald — also in der Nähe des Ursprungs- ortes der vorausgegangenen Erschütterungen des 30. und 29. November. Eine befriedigend genaue Umgrenzung der Schütterfläche gestatten die vorliegenden Meldungen nicht. Wenn man sie schematisch als kreisförmig auffasst, so kommt ihr ein Halbmesser von etwa 9 km zu. Von besonderem Interesse sind die Erschütterungen des 2. December und der vorangegangenen Tage insofern, als sie sich in jenem Hügellande abspielten, welches von der Laibacher Ebene ostwärts gegen Tüffer hinstreicht, und bei dem Haupt- stoss des Osterbebens 1895 jene Linie bezeichnet, entlang welcher nach Suess »eine viel geringere Abnahme der 10* 148 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Erschütterungsintensität beobachtet werden konnte, als in irgend einer Richtung« (Suess, 1. c. p. 32). Seitdem hat eine Anzahl von Beben stattgefunden, die ohne Zweifel ihr Epicentrum im westlichen Endabschnitte dieses Hügellandes hatten. Schon am folgenden Tage, am 3. December, war der Stoss- punkt wieder westwärts übergesprungen, indem gemäss fol- genden Meldungen neuerdings die Laibacher Ebene erschüttert wurde. 3. December, 17h35m, Beben im Laibacher Becken. 3. December, Bezirk L a i b a c h und Umgebung. 17h 34*5m in Laib ach nach vorgängigem Dröhnen schwa- ches wellenförmiges Beben, 2S, SSE — NNW (fürst-bisch. Con- sistorialrath J. Smrekar). 17h35m eine Bodenerschütterung von vielen Personen verspürt, nicht so sehr wegen ihrer Stärke als wegen des starken Rollens, welches die Erschütterung be- gleitete (B. wohl Prof. Belar, in der »Laibacher Zeitung«). 17h30ni in Rudnik bei Laibach allgemein wahrgenommen (vom Berichterstatter ebenerdig sitzend und lesend) ein kurzer Seitenruck SE — NW (nach Gefühl), mit gleichförmiger Bewe- gung durch 2S. Voran durch ls und gleichzeitig ein unterirdi- sches Getöse. Erschütterung der Möbel, Klirren der Fenster und der Glasgefässe auf dem Schubladkasten (Schulleiter J. Petric). 17h34min Salloch (Zalog) ein starker Stoss S— N, 2S (Stationschef J. Resman). 17h 35m in St. Veit ob Laibach fast allgemein wahrge- nommen ein Zittern SW — NE (nach Gefühl), 2N, merklich voran, gleichzeitig und eben merklich hernach, also in der Gesammt- dauer 21/.> — 3S ein Getöse, wie von einem rasch vorüberfahren- den Landauer. Keine Wirkungen, nicht einmal Schwingen von Hängelampen (Lehrer A. Sit seh). 17h45m in Cernuce allgemein wahrgenommen ein Ge- töse und eine Bewegung durch ls. Erschütterung leichter Gegenstände (Leuchter etc.) auf den Kästen (Schulleiter J. Gre- gorin). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 149 3. December, Bezirk Stein. 17h 30"' in Aich (Dob) von Vielen, auch im Erdgeschosse, bemerkt eine schaukelnde Bewegung mit gleichzeitigem und nachfolgenden Getöse. Berichterstatter hörte während des Ge^ hens wohl das Getöse, fühlte aber die Erschütterung nicht. Im Erdgeschosse vernahm man kein anderes Geräusch (Oberlehrer M. Janezic). 17h 33m in Egg (Brdo) bei Lukowitz ein Getöse von Allen, die nicht einer geräuschvollen Beschäftigung oblagen, vernom- men, die darauf folgende Erschütterung bemerkten nur ruhig sitzende Personen. Ich hörte das Getöse (I. Stockwerk, sitzend) durch 3S und erwartete den Stoss. Noch während desselben verschwand das Getöse. Der Stoss verursachte ein gelindes Klirren der Eenster, starkes Krachen der Fensterrahmen und ein Knistern in der Mauer. Kein Knarren der Thür, keine Er- schütterung der Möbel, keine sonstige Bewegung. Die Fenster der Westseite klirrten zuerst, dann jene der Ostseite (Pfarrer J. Bizjan). 17h30m in Moräutsch (Moravce) von Einigen eine sehr leichte Erschütterung, aber ein umso stärkeres Getöse wahr- genommen (Oberlehrer J. Tom an). 17h 25m in Woditz (Vodice) ein von der Mehrheit der Be- völkerung vernommenes starkes dumpfes Getöse und gleich- zeitig ein Stoss von unten und ein Schaukeln. Der Stoss schien aus NW zu kommen, beurtheilt nach der Bewegung der Lampe. Dauer 3 — 4S. Krachen im Dachstuhle des Pfarrhauses und der Kirche. Der Herr Cooperator flüchtete aus dem Beichtstuhle in Folge der Schwankung desselben in den Pfarrhof (Pfarrer S. Zuzek). Negative Meldungen zum 3. December liefern: Zarz, Bi- schoflack, Krainburg, St. Martin bei Stein, Ober-Tuchein, Watsch, Hotitsch, St. Marein-Sap, Lipoglav, Preser, Bresowitz, Billich- gratz. Es erscheint somit festgestellt, dass am 3. December 17h35m die Laibacher Diluvialebene sehr leicht erschüttert wurde. Die Umgrenzung der Schütterfläche folgt im S und W dem Rande der Ebene, vom Moor haben wir keine Nachrichten, 150 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. i m E bildet sie wie diese eine Ausbuchtung überAich und Egg; im N aber zieht sie quer über die Ebene und wurden Krainburg und St. Martin nicht mehr fühlbar bewegt. Es hat somit die Schütterfläche des 3. December genau den Umriss der pleisto- seisten Region des Osterbebens, und demnach ist wohl auch anzunehmen, dass die Äusserung der unterirdischen Kraft demselben Herde entstammt. In Folge besonderer localer Ver- hältnisse des Untergrundes scheint auch diesmal Woditz die Wirkung des Bebens in etwas verstärktem Maasse gefühlt zu haben. 7. December, circa 0h45m, Beben in der Umgebung von Kirchheim gemäss folgenden Meldungen: 0h 50m in Kropp (Kropa) mehrere Personen aus dem Schlafe geweckt durch ein Beben. Man vernahm ein unterirdi- sches Getöse, hierauf durch 3 — 4S eine Erschütterung der Betten und Möbel, sowie heftiges Klirren der Gläser. Richtung S— N oder SW— NE (Oberlehrer J. Korosec). Circa 0h 30m in Zarz (Sorica) ein Beben, welches mehrere Personen aus dem Schlafe weckte. Es war begleitet von unter- irdischem Getöse und dauerte 6 — 8S (Schulleiter J. Armic). Circa 2 — 3h in Woch einer Feistritz (Bohinjska Bistrica) angeblich ein wellenförmiges Beben durch 3S (mitgetheilt durch k. k. Postmeister M. Bevc). 0h 42in in Peuc ein dumpfes windähnliches Geräusch, dem die Erschütterung in der Dauer von 5 — 6S folgte. Das leise Zittern verschwand gleichzeitig mit dem Getöse. Auch in der Umgebung von einigen Personen wahrgenommen (k. k. Förster K. Schebenig). Über die vermuthliche Verbreitung und den Ursprung dieses Bebens sehe man die Bemerkung in der Chronik für Görz nach. 23. December, 171' 10- 8m M.E.Z.. in Laib ach drei schwa- che, raschest (innerhalb ls) folgende senkrechte Vibrationen (fürstbisch. Consistorialrath J. Smrekar). E. v. MojsisovicSj Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. lol b) Görz-Gradisca. I. Jänner 1898. 14. Jänner, 20h 35m, locales Beben der Stadt Görz und Umgebung. Am 14. Jänner wurde die Stadt Görz und ihre nächste Umgebung leicht erschüttert. Über dieses locale Beben langten folgende Meldungen ein: 20h 35m in Görz durch einen Augenblick ein Ruck in den Mauern meiner Wohnung im zweiten Stockwerke. Sonst von einzelnen Personen verspürt auch im Hochparterre. Der Stoss war schwächer als am 6. März 1897 (Realschul-Prof. Ferd. Seidl). 20h 35m in Solkan ein Ruck, von Einigen verspürt. Des- gleichen in Sveta Trojica bei Kronberg (Supplent A. Jug). 201/2h in Ajsevica zwei Stösse von Einigen bemerkt (Lehrer H. Leban). 201/4h in Vertojba ein schussähnlicher Knall, nicht allge- mein wahrgenommen (Oberlehrer J. Zorn). 20h 36m in St. Andrä bei Görz ein allgemein wahrgenom- mener verticaler Stoss mit Dröhnen. Leichte Erschütterung der Möbel (Oberlehrer L. Furlani). 20'1 36m inGabrije bei Rubije eine allgemein bemerkte wellenförmige Bewegung aus SW durch einen Augenblick, mit nachfolgendem starken Dröhnen. Klirren der Fensterscheiben, Schwingen der Gewichte von Pendeluhren (Schulleiter J. Kriz- mann). Nicht gespürt wurde die Erschütterung in: Gergar, St. Peter bei Görz, Bilje, Ozeljan, Rence, Doberdob, Opatje selo, Monfalcone, Ronchi, Fogliano, Sagrado, Medea, Aquileja, Ma- riano, Lucinico, Pevma. Es ergibt sich somit, dass 20h 35m ein gestreckt elliptischer Flächenraum der diluvialen, auf einer Flyschunterlage ruhen- den Ebene von Görz erschüttert wurde, ähnlich wie am 6. März 152 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 1897, doch gelinder. Die Längsachse des Schüttergebietes be- rührt mit ihren Endpunkten in NE und SW die Gebirgsumran- dung am Ausgange des Wippachthaies und misst etwa 12 km, während die Querachse nur halb so lang ist. Die lange, schmale Gestalt der Schütterfläche gibt der Ver- muthung Raum, dass der Herd der seismischen Störung kei- neswegs in grosser Tiefe zu suchen ist. Auch der Umstand, dass die Achse der erschütterten Area mit dem Laufe des Isonzo auf der Strecke Solkan-Görz-Sovodnje fast zusammen- fällt, scheint beachtenswerth. Auf dieser Strecke ist die Con- glomeratdecke durch den Isonzo eingeschnitten. Dort wo die letztere der wasserundurchlässigen Flyschunterlage aufruht, fliesst dem Isonzo der unterirdische Grundwasserstrom der Görzer Ebene zu. Hier ist offenbar dessen Geschwindigkeit die grösste, und demgemäss auch die erodirende Wirkung. Sobald durch die Auswaschung an der Trennungsfläche von Flysch und Conglomerat ein genügender Raum geschaffen und dem letzteren die unmittelbare Unterlage entzogen ist, bricht ein an den Isonzo angrenzender Streifen der Conglo- meratdecke ab, und es ist denkbar, dass durch dessen Anprall auf die Flyschbasis eine Erderschütterung von der Art der oben durch die Stationsmeldungen beschriebenen entsteht. Es wäre demnach auch klar, dass sich die Erscheinung nicht selten wiederholt. Man müsste aber auch erwarten, als blei- bendes Zeugnis derartiger Abbruche der Randpartien der Con- glomeratdecke letztere aus ihrer ursprünglichen horizontalen Lagerung in eine geneigte versetzt zu finden. Der Augenschein bestätigt nun diese Folgerung nicht. Allerdings sind nament- lich jene Stellen, wo am Isonzoufer an der Ftysch-Conglomerat- grenze Quellen hervorbrechen, durch Ansammlungen abge- stürzter Conglomeratblöcke (mitunter von Hausgrösse) bezeich- net. Es wäre aber trotz der grossen Erschütterbarkeit der Erd- rinde nicht leicht festzustellen, ob sich das Ablösen der Con- glomeratmassen unter Umständen vollzieht, die eine merkliche Erschütterung des Isonzoufers auf eine Erstreckung von mehr als 5 km. flussaufwärts und abwärts zu bewirken imstande wären. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 153 II. Februar 1898. 5. Februar, circa 15h, vom Laibacher Becken ausgestrahlte Erderschütterung. 15h in Görz in der Villa Via Dreossi eine leichte Er- schütterung (Fabriksdirector C. Sikowsky). Sonst in Görz nichts darüber bekannt (Prof. Ferd. Seidl). 15h bei St. Peter nächst Görz. Auf einem Flyschhügel zwischen St. Peter und Rence im Freien stehend und beschäf- tigt spürte ich eine Bodenschwankung, die mein Körper mit- machen musste. Nacher las ich im »Slovenec«, dass gleich- zeitig in Laibach ein Beben stattgefunden hat. In St. Peter hat Niemand etwas verspürt (Besitzer J. Mervec). Persönliche Mit- theilung an den Referenten. Die übersichtliche Darstellung dieses vom Laibacher Becken ausgehenden Bebens ist in der Chronik für Krain enthalten. 19. Februar, 17h 45m in Görz von wenigen ruhenden Per- sonen unter günstigen Nebenumständen eine sehr leichte Er- schütterung bemerkt (Prof. Ferd. Seidl). 20. Februar, circa 0\ 2h, 3h, 4h, 5\ Vorläufer des Bebens von Cividale. Bald nach 0h in Görz eine schwache Erderschütterung, gefühlt von wachenden Personen (Prof. Ferd. Seidl). 0h in St. Peter bei Görz eine Erschütterung. 2h ebendaselbst desgleichen wachend beobachtet (Oscar Graf Christallnigg). 2h auf dem Heiligen Berge bei Görz eine Erschütterung, schwächer als vier Stunden später (Besitzer J. Makarovic). 3h in dem zum Tolmeiner Bezirk gehörigen Theil des Idriathales ein Beben (Zeitschrift »Soca«). 3h in Medea von Mehreren eine Erschütterung verspürt (Oberlehrer V. Coos). Etwas nach 3h in Görz eine ganz leichte Erschütterung nach Mittheilung von zwei Beobachtern, welche, im I. Stock- werk eines und desselben Hauses wohnend, durch sie aus dem Schlafe geweckt wurden. Die Fenster klirrten. Nach Angabe lo4 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. eines Beobachters in einem anderen Stadttheile vor 3h Zittern der Fenster und Thüren. 41' hat ebendaselbst laut Angabe einzelner eben wachen- der Personen wieder ein derartiger Stoss stattgefunden (Prof. Ferd. Sei dl). 4h in Medea angeblich eine leichte Erschütterung (Ober- lehrer V. Coos). Zwischen 4 und 5h in Cormons ein leichter Stoss (Ober- lehrer A. Pizzul). 4h in Cervignano und 4h 45m ebendaselbst je eine leichte Erschütterung (k. k. Gensdarmeriepostenführer F. Cebokli). 4h in Tolmein ein leichter Stoss (Bezirksarzt Dr. E. G raffe). 20. Februar, 5h 57m, Erdbeben von Cividale. 20. Februar, circa 6h erfolgte in der Provinz Udine des benachbarten Königreiches Italien ein zerstörendes Beben, welches — soweit man nach Zeitungsnachrichten urtheilen kann — sein Epicentrum in der Nähe von Cividale hatte. Die oben bereits angeführten Erschütterungen dieses und des vor- angehenden Tages sind als Vorbeben der Hauptbewegung aufzufassen. Cividale liegt in der Nähe der österreichisch-italienischen Reichsgrenze, in der Luftlinie nur etwa 23 km von Görz ent- fernt. Es ist daher begreiflich, dass die zerstörende Haupt- erschütterung über das ganze Gebiet von Görz-Gradisca aus- strahlte. Auch ein grosser Theil Krains wurde noch von der Bewegung ergriffen. Die von dort eingelaufenen Nachrichten findet man in unserem Referate über Krain. Allem Anscheine nach sind die Bebenwellen auf österreichischem Gebiete auch nach Kärnten, Triest und Istrien vorgedrungen. Ein orientirender Überblick über den auf Görz und Krain entfallenden Antheil der Schütterfläche wird in dem Referate über Krain im Anschluss an die Meldungen der Stationen gegeben. Hier folgen die aus dem Gebiete von Görz-Gradisca eingelangten Nachrichten auszugsweise und geordnet nach den Verwaltungsbezirken. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 155 ' Bezirk Tolmein. 6h 2111 in Breth (Log) nur in den höheren Theilen der Häuser bemerkt (vom Berichterstatter im zweiten Stockwerk, 8 — 10 m über dem Boden, im Bette liegend). Nur ein Stoss, in der Richtung NW — SE durch 5 — 7S. Die Bewegung war ein langsames Schaukeln. Erschütterung der Möbel (Schulleiter F. Je 1 i n c i c). Circa 5h 30m in Flitsch (Bovec) von vielen, doch nur von wachenden, zumeist im Bette liegenden Personen ein Stoss wahrgenommen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass derselbe fähig war, Schlafende zu wecken. Vor und nach dem Stoss hörte man ein kurzdauerndes Sausen, angeblich in der Richtung SE — NW. Stellenweise Klirren der Fenster und des Glas- geschirres (Oberlehrer Chr. Bratina). 5" 54m in Logje bei Breginj eine Erschütterung. Ich war sehr ermüdet, da ich in dieser Nacht zweimal zu Kranken gerufen wurde, ich erwachte dennoch, als durch das Beben das Bett in starkes Schaukeln versetzt wurde. Leichte Stösse gab es schon vor dem 20. Februar (Pfarrvicar F. Guzelj). 5h 55m Tolmein (Tolmin) ziemlich allgemein wahr- genommen ein Beben, welches den Berichterstatter aus dem Schlafe weckte. Es waren drei schnell aufeinanderfolgende Stösse, von denen der letzte der stärkste war. Es schien ein Seitenruck gewesen zu sein, da Leute, die ihr Bett in der Rich- tung N — S haben, von der Erschütterung fast nichts merkten, hingegen am stärksten jene, welche in der Richtung E — W lagen. Heftiges Schütteln der Häuser. Die Einwohnerschaft nicht besonders erschreckt (Bezirksarzt Dr. E. G raffe). 5h 55™ in Tolmein (Tolmin) allgemein wahrgenommen, ausser im Freien und von ebenerdig Beschäftigten, zwei Stösse von unten, der erste schwach, der zweite stärker. Es war eine langsame, zuerst anwachsende, dann abnehmende Bewegung, bis schliesslich das Vibriren unfühlbar wurde. Richtung NW, erkannt durch die Beobachtung bewegter Gegenstände. Dauer 5— 6S. Kein Schall, Klirren der Fenster und Gläser, die Wand- bilder sprangen wiederholt ab. Stark lärmende Erschütterung 156 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. der Möbel. Kein Krachen der Mauern und des Gebälkes. Schla- fende wurden geweckt. Einige verliessen die Häuser (Oberlehrer J. Sirca). 6h 2m in Kirchheim (Cerkno) allgemein wahrgenommen ein Stoss aus SE. Die Bewegung war ein Schaukeln. Dauer 2S. Voran und zugleich ein Sausen (wie bei Wind) durch 3S. Er- schütterung der Möbel. Aufrecht stehende Bretter fielen um (Oberlehrer A. Trebse). 53/4h in Woltschach (Volce) ein sehr starker Stoss. Grosser Schreck (Zeitschrift »Edinost«). Circa 6h in Otalez die Meisten durch das Beben aus dem Schlafe geweckt, Erschütterung der Betten und Möbel. Es war ein wellenförmiges Beben durch 3S, NW — SE, voran ein Getöse. Starkes Krachen der Mauern, stellenweise löste sich der Bewurf ab. Einige haben schon vor 6h eine leichte Erschütterung bemerkt (Schulleiter A. Sattler). Bezirk Görz. Circa 53/4h wurden in Kanal die Bewohner allgemein aus dem Schlafe geweckt durch drei kurze Stösse, welche nur ebenerdig wenig oder gar nicht sich bemerkbar machten. Der erste Stoss E — W, der zweite entgegengesetzt, der dritte, schwache, S — N und zurück. Dauer 3 — 4S. Gleichzeitig schwaches Getöse (Oberlehrer M. Zega). — 5h 57m (Tele- graphenzeit) allgemein verspürt ein Beben. Voran ein unter- irdisches Getöse, welches mit der Erschütterung insgesammt 3S dauerte. Das Getöse und die Erschütterung erfolgten in der Richtung SW — NE. Rasseln der Gegenstände in den Wohnungen (k. k. Gendarmerie-Postenführer J. Ozbalt). Circa 53/4h in Cepovan allgemein beobachtet zwei ein- ander folgende Stösse, der zweite stärker. Die Bewegung war ein Vibriren N — S, voran ein dumpfes Getöse (Schulleiter A. Mlekuz). 5h 50m in Ternovo bei Solkan zwei einander folgende Erdstösse durch 4S, N — S, Erschütterung der Thüren und Betten. Laut Angabe anderer Personen war Nachts auch ein Stoss erfolgt (Pfarrvicar F. Kodric). K. v. Mojsiso vi es, Chronik der lüdbeben im Jahre 1898. J o7 51149m jn Kojko (Quisca) ein allgemein wahrgenommener Erdstoss NW — SE durch 3 — 5\ voran ein unterirdisches Geräusch (k. k. Gendarmerie-Postenführer F. Gregorcic). 5h 57m (Telegraphenzeit) in Görz eine Erschütterung; in den oberen Stockwerken klirrten die Fenster, die Möbel durch 2 — 3S wellenförmig erschüttert, stellenweise Krachen in den Mauern und dem Gebälke. Viele wurden durch die Erschütte- rung aus dem Schlafe geweckt, aus der Kostanjevica-Kirche, welche auf einem Flyschhügel im Bereiche der Stadt steht, flüchteten die Leute ins Freie. Nur einige ebenerdig wohnende Personen bemerkten das Beben nicht. Keine bleibenden Wir- kungen (Prof. Ferd. Sei dl). — »Ein starker Erdstoss, scheinbar aus NW, mit folgenden Schwingungen des Fussbodens und schaukelnder Bewegung des Bettes, in dem ich lag« (Fabriks- director C. Sikowski, Villa Dreossi). 6h in Kronberg ein unterirdisches Getöse, drei Stösse durch 6S, Erschütterung aller Gegenstände; das Küchengeschirr an der Mauer klapperte (Schulleiter J. Copi). Circa 6"5m in Vertojba in den oberen Theilen der Häuser von Wachenden allgemein gespürt, weniger ebenerdig; nach einem Stoss eine allmälig abnehmende, wellenförmige Be- wegung; das Haus wurde einigemale erschüttert. Dauer 2S. Rasseln des Geschirres an der Mauer (Oberlehrer J. Zorn). 5h 50m in Schönpass (Sempas) zwei Stösse durch 2S, der zweite stärker, SW — NE (Pfarrer B. Grca). 5h 55m in Gabrije bei Rubije-Sovodnje zwei allgemein beobachtete Stösse aus SW, der zweite stärker; Dauer 2S, voran ein dumpfes Getöse. Erschütterung der Möbel (Schul- leiter J. Krizman). 5h 56m in Sovodnje ein von Wenigen bemerkter Stoss, lm darauf ein zweiter, fast allgemein beobachteter Stoss, welcher die Meisten aus dem Schlafe weckte. Der zweite Stoss bewirkte zuerst ein gelindes Schaukeln durch 5S; dasselbe wuchs an, war stark durch 3S und nahm dann ab durch 2S. Richtung E— W, beurtheilt nach dem Gefühl und nach der Bewegung der Wandbilder. Unmittelbar vor dem zweiten Stoss ein dumpfes Donnern. Ziemlich starke Erschütterung der Möbel, Krachen in den Mauern (Lehrerin Karoline Komac). lo8 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Circa 6h in Ozeljan bei Schönpass eine fast langsam zu nennende Bodenbewegung mit drei Stössen, auch während des Gehens beobachtet; Erschütterung aller Gegenstände, besonders der Wandbilder (Schulleiter H. Leb an). 6h 2m in Cernice, fast allgemein wahrgenommen, ein gleichförmiges Schaukeln durch 2 — 3S; einiges Krachen in den Zimmerdecken (Oberlehrer Fr. Strnad). 5h 50m in Hai den schaft (Ajdovscina) ein allgemein ge- spürtes Vibriren durch 3S, gelindes Knarren der Thüre (Ober- lehrer F. Bajt). 6h in Reifenberg allgemein gespürt ein Schaukeln NW — SE durch l1 2S; vorangegangen war 5'1 45m ein Stoss, laut Angabe Einiger ein dritter Stoss (Oberlehrer A. Poniz). Circa 53/4h in Gabrije bei Haidenschaft, von Einigen gefühlt, drei einander folgende, wellenförmige, seitliche Stösse durch 2 — 3S, Richtung E — W, beurtheilt nach dem Gefühl, sowie nach der Erschütterung des Bettes und der Thüren (Schulleiter F. Srebrnic). > Bezirk Gradisca. 6h 2m in Dolegna und den umliegenden Ortschaften, Golobrida, Mimik, Skerlje, Rutars und Nebola, allgemein, auch im Freien beobachtet ein heftiger, dumpfer, unterirdischer Donner durch 2S, gleich darauf ein durch 3 — 4S gleichmässig andauerndes Schaukeln des Erdbodens. Der erste Anstoss schien aus NE in der Form eines dumpfen Rollens gekommen zu sein. Anhaltendes stummes Hin- und Herwackeln der Häuser, ohne mit einem besonderen Geräusche verbunden zu sein. Kein Schaden an Gebäuden. Klirren der Fenster, Knarren der Thüren. Die Bevölkerung, aus dem Schlafe geweckt, blieb ruhig. Im benachbarten Orte Prepotto (Italien) sind in Folge der Erschütterung in der Kirche zwei Palmen vom Altare gefallen, und eine Heiligenstatue wurde gedreht (k. k. Gendarmerie- Postenführer H. Konz). 5h 55'" in Medana allgemein wahrgenommen ein ununter- brochenes Zittern, 2S. Dasselbe begann allmälig und hörte ebenso auf. Bald nach dem Beginn verspürte man den ersten, E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 159 stärkeren, vor dem Aufhören den zweiten, schwächeren Stoss. Herkunft der Stösse aus S, da zuerst die auf der Südseite, dann die auf der Nordseite des Zimmers hängenden Gegen- stände ins Schwingen geriethen (Oberlehrer A. Zorzut). 5h 57m in Cormons allgemein wahrgenommen zuerst eine suscultorische, hierauf eine undulatorische Bewegung durch 2S aus ESE (beurtheilt nach der Schwankung des Bettes im zweiten Stockwerke). Voran ein Getöse. Erschütterung der Möbel und des Hauses. Die Bevölkerung blieb ruhig. Am 21., 22. und 24. jedesmal Morgens verspürte ich schwache Stösse, Stunde nicht mehr erinnerlich (Oberlehrer A. Pizzul). — 5h 56m ein allgemein, auch im Freien wahrgenommenes, wellenförmiges Beben N — S durch 4S (k. k. Gendarmerie -Postenführer A. Vatovec). -h 571D jn Moraro allgemein bemerkt ein undulatorischer Stoss aus S durch 5— 6S. Bevölkerung ruhig. Weder der Hund, noch die Vögel im Käfig (ebenerdig) beunruhigt (Schulleiter P. Nigris). 5h 55Y2m in Ron chi allgemein wahrgenommen zwei Er- schütterungen, die zweite einige Minuten später. Schlafende geweckt. Es war ein Schaukeln NNW — SSE durch 3S, voran durch 1 s ein schwaches Rollen. Einige Bilder wurden ver- schoben, die Kanarienvögel flatterten auf, die Bevölkerung blieb ruhig (Stationschef der Südbahn M. Pittner). 5h 58m in Medea allgemein wahrgenommen im Freien wie in den Häusern, auch von gehenden Personen; mehrere wurden durch das Beben aus dem Schlafe geweckt. Zuerst ein Stoss von unten, dann ein Schaukeln E— W, 4 — 5S, gleichzeitig ein donnerartiges Geräusch. Klirren der Fenster, Schwanken des Bettes und anderer Möbel (Oberlehrer V. Coos). 5h 48m in Belvedere bei Aquileja ein massiger Stoss von 5S Dauer (Don Domenico Veliscig). 5h 57m in Aquileja ein undulatorisches, allgemein ver- spürtes Beben. Schlafende geweckt, wohl auch ebenerdig. Klirren der Fenster, Schwanken der Betten, Thüren aufgerissen, im Museum nichts umgefallen (Leiter des Staatsmuseums Prof. H. Maionica). 1 60 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 5h 59m in Sagrado zwei aufeinanderfolgende, ziemlich starke, schaukelnde Erderschütterungen, SE — NW (k. k. Gen- darmerie-Postenführer A. Morth). 5h 55m in Gradisca von den meisten Bewohnern des Ortes wahrgenommen eine heftige, wellenförmige, mit Zittern anhebende Erderschütterung durch 5S (k. k. Bezirksschul- inspector J. Pich). — ■ 5h 55m in den Wohnungen allgemein verspürt zwei einander folgende Stösse N — S (k. k. Gen- darmerie-Wachtmeister A. Pih). 5h 55m in Cervignano allgemein verspürt ein langsames gleichförmiges Schaukeln N — S. Die letzte Bewegung dauerte 2S, die vorausgegangenen zwei Stösse nur Augenblicke. Rasseln der bewegten Gegenstände (k. k. Gendarmerie -Postenführer F. Cebokli). Circa 6h in Monfalcone fast allgemein verspürt zwei wellenförmige Stösse in einem Zeiträume von 2m. Dauer je ls, voran ein geringes Getöse, Erschütterung der Möbel (k.k. Grund- buchsführer A. Batelli). — 5h 58m allgemein wahrgenommen ein kurzer Stoss aus N mit unterirdischem Geräusch (k. k. Gendarmerie-Postenführer P. Pernat). Circa 6h 10m in Visco und den umgebenden Ortschaften allgemein wahrgenommen zwei Stösse und eine wellenförmige Bewegung (k. k. Gendarmerie-Postenführer J. Delmarco). Circa 6h10m in Ajello desgleichen (k. k. Gendarmerie- Postenführer J. Sardagna). C\b in Doberdob allgemein bemerkt zwei einander folgende Stösse, der erste sehr kurze Zeit, der zweite 2S anhaltend. Die Bewegung war ein Zittern, Richtung N — S, beurtheilt durch die Beobachtung bewegter Gegenstände (Pfarrvicar A. Bratina). Bezirk Sesana (Sezana). 5h 55m in Komen allgemein wahrgenommen zwei Stösse E — W, begleitet von einem Rauschen. Klirren der Gläser. Schwanken der Wandbilder, Erschütterung der Möbel. Die Leute nicht beunruhigt (Oberlehrer A. Leb an). Als Nachbeben vom 20. Februar werden gemeldet: 20. Februar, 6h 25m in Gradisca eine sehr schwache Er- schütterung (k. k. Bezirksschuiinspector J. Pich). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 ' > ' 20. Februar, nach 7'' in Otalez (Bezirk Tolmein) haben Einige ein leichtes Beben bemerkt (Schulleiter A. Sattler). 25. Februar, circa 21' in Haidenschaft (Ajdovscina) vom Kaufmann Casagrande zwei leichte, verticale, aufeinander- folgende Erdstösse bemerkt; sonst von Niemand (Oberlehrer F. Bajt). III. April 1898. »?5. April, circa 1611 in Logje bei Breginj ein Beben, doch erinnere ich mich dessen jetzt (24. April) nicht mehr genau« (Pfarrvicar F. Guzelj). 6. April. 221/.,'1 in Tolmein angeblich von Einzelnen verspürt eine leichte Erschütterung in den oberen Stockwerken (Oberlehrer J. Sirca). 6. April, circa 23h in Pecine (Bezirk Tolmein) ein verticaler Stoss durch 3S, Klirren der Fenster, Erschütterung der Möbel. Auch in Slap beobachtet (J. Mrak). 6. April, 231/2h m Sta. Lucija ein Stoss von Wachenden gespürt, nicht von Schlafenden (Professor J. Kragelj). 6. April, 23h10m in Cepovan von Einigen bemerkt ein Zittern 3S und ein Knall (Schulleiter A. Mlekuz). 6. April, circa 23h auf dem Heiligen Berge bei Görz von Wachenden eine Erschütterung bemerkt (Besitzer J. Maka- rovic). 7. April, 1 V4h in Cepovan ein Zittern durch 3S, schwächer als am Vortage, von Einigen bemerkt, und ein Knall (Schul- leiter A Mlekus). 11. April, 23h in Joanniz von einzelnen wachenden Personen ein gelinder Erdstoss von unten verspürt (J. Graf Strassoldo). 12. April, 19u 40m, Vorläufer eines Nachbebens von Cividale. 19h 40m in Görz von einzelnen Personen eine ganz leichte Erschütterung beobachtet. Erklirren des Geschirres durch einen Augenblick, Erschütterung der Tischlampe im zweiten Stock- werke. Schon IS1// will man in einem Hause eine Erschütte- rung verspürt haben (Prof. Ferd. Sei dl). 19h 30 in Pecine eine leichte wellenförmige Erschütterung (Zeitschrift »Soca«). Sitzh. d. mathem.-naturw. CL; CV1II. Bd., Abth. I. H 162 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Die vorstehenden zwei Meldungen scheinen sich auf ein umfangreiches Beben zu beziehen, welches noch in Schalken- dorf bei Gottschee in localer Verstärkung als sehr leichte Er- schütterung auftrat (vergl. Chronik Krains). 12. April, 20h 18m Nachbeben des Bebens von Cividale. Das Beben, welches aus Görz und Pecine gemeldet wurde, war ein Vorläufer des schwachen Erdbebens, welches bald darauf im benachbarten Italien sich als Nachwirkung des Bebens von Cividale (20. Februar d. J., 6h) auslöste und über das Gebiet von Görz-Gradisca fortpflanzte. Hier folgen die hierüber eingelangten Meldungen, geordnet in der gewohnten Weise. Auch einige Punkte Krains wurden noch von der Be- wegung erreicht (siehe Chronik Krains). Über das Auftreten dieses Bebens in Italien hatte Prof. Teilini in Udine die Freundlichkeit, folgende briefliche Mit- theilung zu machen: »In Udine wurde das Beben um 20u 25m beobachtet, nach anderen Mittheilungen 20'1 23m. Der Stoss war kurz, aber nicht schwach, Richtung N — S. Auf den Strassen war das unterirdische Rollen hörbar und in den Häusern starkes Schwanken der Möbel und der Wände. — In Cividale wurde das Beben um 20'1 15s beobachtet, ein starker succussorisch- undulatorischer Stoss, 3S andauernd. Fast alle Einwohner flüchteten auf die Strassen und kehrten nicht vor 22h in die Wohnungen zurück. Im Gerichtsgebäude von Cividale zeigten sich Risse in den Wänden. Dieser Stoss war jedoch weniger heftig als jener vom 20. Februar 6h, welcher ebenfalls Beschädi- gungen an Gebäuden und Verschiebungen in der Mauer des Gartens »Moro« in Cividale verursachte. — Das Beben vom 12. April wurde auch in anderen Ortschaften der Provinz Udine wahrgenommen. Am heftigsten und heftiger noch als in Civi- dale war es in Buja und Attimis. Am rechten Ufer des Taglia- mento wurde kein Beben beobachtet« (übersetzt aus dem Italienischen). 12. April, Bezirk Tolmein. 201/4h in Soca eine Erschütterung gespürt, in Breth nicht mehr (Schulleiter E. Jclincic). R.v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre L898. 163 20 V211 in Flitsch (Bovec) fast allgemein bemerkt ein Stoss mit langsamer wellenförmiger Bewegung durch 2S, SE — NW. voran ein dumpfes Getöse. Klirren in den Glaskästen. In gleicher Weise wurde das Beben in Breth beobachtet. Ich selbst befand mich in lauter Gesellschaft. Ich hörte wohl das Getöse, schrieb es aber einem Lavinensturz zu, da kein Gegenstand im Zimmer erschüttert wurde (Oberlehrer Chr. Bratina). 20h 20m in Karfreit (Kobarid) allgemein wahrgenommen eine etwa 12s dauerndes, mit zwei aufeinanderfolgenden wellen- förmigen Erdstössen auftretendes Erdbeben anscheinend aus W. Kein Schaden (Gendarmerie -WTachmeister J. Uranic). — Viel- fach verspürt zwei Stösse, welche die Gebäude etwas erschütter- ten (Schulleiter A. Miklavic). 20'1 20m in Toi mein (Tolmin) von Einigen bemerkt (von mir selbst im Erdgeschoss sitzend) zwei aufeinanderfolgende, wellenförmige, langsame Bewegungen mit gleichzeitigem Getöse wie von einem vorüberfahrenden Wagen. Letzteres auch eben- erdig bemerkt, in den oberen Stockwerken eine leichte schau- kelnde Erschütterung (Oberlehrer J. Sirca). Nach 20h in Logje bei Breginj eine Erschütterung (Pfarr- vicar F. Guzelj). 20h 12m in Breginj allgemein wahrgenommen ein verticaler Stoss, voran ein Gepolter wie von einem fahrenden Wagen. Hie und da Klirren. der Fenster und Gläser (Schulleiter A. Stres). 12. April, Bezirk Görz. 20h 15m in Rocinj zuerst ein Getöse, anscheinend aus dem Venezianischen, hierauf Erschütterung und Krachen der Möbel (Oberlehrer A. Pavlin). 20h 18m in Kanal von Vielen bemerkt ein wellenförmiger Stoss, anscheinend aus S, mit gleichzeitigem dumpfen Getöse. Stellenweise Klirren der Fenster, Erschütterung der Möbel, Knarren der Thüren (Oberlehrer M. Zega). Nach 20V4h in Gorenje polje allgemein bemerkt durch einen Augenblick ein Seitenstoss aus NE, voran ein dumpfes Getöse durch einige Secunden. Krachen der Mauern. Vorher und hernach kein Beben (Schulleiter T. Lukancic). 11* 164 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 20V2h in Plava fast allgemein gespürt ein Stoss aus NE und durch ls ein Getöse (Schulleiter K. Mlekuz). ' 20'1 19m in Kojsko (Quisca) nicht allgemein wahrgenommen ein leichter Erdstoss N — S durch 2 — 3S, voran ein unterirdi- sches Geräusch (Gendarmerie-Postenführer J. Gregorcic). 20h14m in Lucinico ein kurzer Seitenruck, circa 2S, ohne Getöse von einzelnen Personen in den höheren Stockwerken bemerkt (Gendarmerie-Postenführer A. Sepich). 20ll18m (Telegraphenzeit) in Görz von mehreren ruhenden Personen nicht bloss in den höheren Theilen der Häuser, sondern auch im Hochparterre eine leichte Erschütterung nach vorangehendem Dröhnen beobachtet. Stellenweise gelindes Erklirren der Fenster, Schwingen von Hängelampen, Schwanken von Flüssigkeiten in Gefässen (Prof. Ferd. Sei dl). 20 V2h in T r n o v o bei Solkan im ersten Stockwerke ein Stoss N — S. Die Wandbilder sprangen einmal ab (PfarrvicarF.Kodric). 20h 29m in Sovodnje ein allgemein bemerktes, ziemlich langdauerndes Beben. Erschütterung der Häuser, sämmtlicher an Wänden hängender Gegenstände. Klirren des Glasgeschirres (Lehrerin Karoline Komac). 20h19m in Gabrije bei Sovodnje ein allgemein verspürtes Zittern aus SW durch 3S, nach vorangehendem Getöse, Er- schütterung beweglicher Gegenstände. Hunde begannen zu bellen (Schulleiter J. Krizman). Circa 201/4h in Cernice bei Schönpass eine nicht all- gemein bemerkte, leichte, schaukelnde Bewegung mit leichtem Getöse (Oberlehrer F. Strnad). 20h18m in Dornberg fast allgemein wahrgenommen ein leichtes unterirdisches Getöse, Klirren der Fenster, Erschütte- rung der Kästen und der Zwischenwände (Lehrer A. Urbancic). 20h 51" in Unter-Reifenberg ein allgemein wahr- genommenes rasches Schaukeln NW — SE durch l1, 2S. Klirren der Fenster, Knarren der Thüren, Erschütterung des Küchen- geschirres (Oberlehrer A. Poniz). 12. April, Bezirk Grad is ca. 20'1 18m(Uhr an demselben Tage nach der Eisenbahnuhr in Cormons gerichtet) in Dolegna in Gebäuden, wie im Freien E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 165 verspürt ein schwacher Erdstoss durch 1 s mit durch ls voran- gehendem und gleichzeitigem dumpfen, schwachen Donner. Der Erdstoss bewirkte in ein- bis dreistöckigen Gebäuden einen Druck von unten und erschütterte die Bauobjecte nur wenig; bewegliche Sachen setzte er nicht in schaukelnde Bewegung (Gendarmerie-Postenführer H. Konz). 2Qh 9Qm jn ;\Tecjana und umliegenden Dörfern von Vielen verspürt eine kurze wellenförmige Schwankung ohne Getöse, anscheinend aus NE. In einigen Gebäuden leichtes Klirren der Fenster (Oberlehrer A. Zorzut). 20h16m in Cormons ein ziemlich heftiges, wellenförmiges Beben N— S durch 3S in Gebäuden wie im Freien wahr- genommen (Gendarmerie-Postenführer A. Vatovec). - - All- gemein verspürt eine leichte Wellenbewegung W — E. Erschütte- rung der Möbel (Oberlehrer A. Pizzul). 20h19m (Bahnzeit) in Cervignano in den oberen Stock- werken, nicht im Erdgeschosse, wahrgenommen ein gleich- förmiges langsames Zittern, nach Maassgabe des Gefühls an- scheinend NE— SW, Dauer 3S. Begleitet von einem dumpfen Geräusche und schwacher Erschütterung der Fensterscheiben, Tischlampen etc. (Gendarmerie-Postenführer F. Cebokli). 20h15m (Bahnzeit) in Visco ein theilweise bemerktes, leichtes Beben durch circa 7 — 8S. Ein Stoss und eine wellen- förmige Bewegung E — W (Gendarmerie-Postenführer J. Del- marco). 20h 30m in Aquileja von einzelnen Personen bemerkt eine undulatorische Erschütterung. Angeblich um 21h30m des- gleichen (Leiter des Staatsmuseums Prof. H. Maionica). 20u 25™ in Medea im Freien wie in den Häusern all- gemein bemerkt ein Schaukeln von E nach W durch 3S mit gleichzeitigem Donnern. Bilder, Uhren, Hängelampen erschüttert, Stubenvögel beunruhigt (Oberlehrer V. Coos). 20h20m45s (Bahnzeit) in Ronchi vom grössten Theile der Ortsbewohner (auch ebenerdig) verspürt ein Zittern E — W durch 3S, zugleich mit einem Rollen, wie von einem Wagen. Schwingen der Hängelampen. Geringes Krachen der Öfen und Kästen, Flattern der Stubenvögel (Stationschef J. Pittner). 166 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2Qi» o\m (Bahnzeit) in Gradisca von den meisten Orts- bewohnern verspürt eine wellenförmige Erschütterung durch 4S. In meiner Wohnung im zweiten Stockwerke eines isolirten Hauses wellenförmige Erschütterung der Sessel und anderer Gegenstände, Beunruhigung der Stubenvögel (Bezirksschul- inspector J. Pich). Nach 20h in Devin (Duino) ein kurzer wellenförmiger Stoss mit dumpfem unterirdischen Dröhnen, nur von Einigen wahrgenommen. Jemand, der ebenerdig auf dem Boden sass, gelehnt an die Mauer, verspürte das Schwanken der letzteren (Oberlehrer J. Komac). 12. April, Bezirk Sesana. 2Qii 17m -m Komen eine leichte Erschütterung (Zeitschrift »Slovenec«). Negative Berichte zum 12. April lieferten folgende Stationen: Breth, Kirchheim, Podberdo, Sesana, Komen. 12. April, 21h 30111 in Aquileja angeblich eine leichte Erschütterung (Leiter des Staatsmuseums Prof. H. Maionica). 17. April, circa 21/2h in Doberdob von Einzelnen bemerkt ein Zittern durch 40s (Pfarrvicar A. Bratina). 17. April, circa 24h ein vom Laibacher Becken ausgestrahltes Beben. Circa 24h in Rocinj (Ronzina) vernahm eine Person ein Beben. Der Wandspiegel und die Möbel wurden erschüttert (mitgetheilt durch Oberlehrer L. Pavlin). 233/4!l in Toi mein ein Beben, welches mich aus dem Schlafe weckte (erstes Stockwerk) und hierorts von Einzelnen wahrgenommen wurde. Es war eine leichte, langsame, wellen- förmige, zweimalige Schwingung, anscheinend NW — SE. Leichte Erschütterung beweglicher Gegenstände (Oberlehrer J. Sirca). 23'1 50™ in Sta. Lucia durch 6S ein unterirdisches Getöse aus S und gleichzeitig ein Vibriren der Erde, aber kein Stoss (Oberlehrer J. Gerzelj). !•;. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. 167 23n 50m in Pecine bei Slap (Bezirk Tolmein) ein ziemlich starkes, undulatoriscb.es Beben, welches die Möbel und die Fenster erschütterte (Zeitschrift »Soca«). Etliche Minuten vor 24h in Podbrdo ein von einigen Personen beobachtetes Beben von 5S Dauer. Übereinstimmend melden sie: Horizontales Rütteln mit unterirdischem Getöse; kein starker Stoss. Die Fenster klirrten, leichtere Einrichtungs- stücke wurden erschüttert (mitgetheilt durch Pfarrer A. Zarli). 23u 50m in Kirchheim (Cerkno, Bezirk Tolmein) von Vielen bemerkt ein wellenförmiger Stoss aus SE (nach Gefühl) durch 2S, nach vorangehendem Getöse, welches ähnlich war dem Sausen des Windes. Erschütterung der Möbel (Schulleiter A. Trebse). 23h 50m in Flitsch (Bovec) ein Beben, welches eine Person aus dem Schlafe weckte, sonst nur von Wenigen bemerkt wurde. Es war ein Stoss ohne Getöse. Keine Erschütterung der Möbel und Fenster (Oberlehrer Ch. Bratina). In Udine (Italien) war der Stoss nach Angabe einiger Personen äusserst schwach. Keine Zeitung erwähnt etwas von einem Erdbeben am 17. April (freundliche briefliche Mittheilung des Prof. Teilini in Udine). Die vorstehenden Berichte zu 17. April, circa 24h, beziehen sich auf ein umfangreiches Beben, welches in Krain (siehe Chronik für Krain) auftrat, seine stärksten Wirkungen im Laibacher Becken entfaltete und gemäss obigen Meldungen stellenweise auch im Görzer Gebiete wahrgenommen wurde, trotz der für die Beobachtungen ungünstigen Eintrittszeit. Es überschritt die österreichische Reichsgrenze und wurde als äusserst schwaches Beben noch in Udine von einigen Personen wahrgenommen. 18. April, circa 3h in Doberdob (Bezirk Gradisca) eine Erschütterung. Unsichere Beobachtung (Pfarrvicar A. Bratina). 19. April, 2h 33'" in Gergar bei Solkan (Bezirk Görz) ein leichtes Schaukeln, W — E durch 25 s (Oberlehrer J. Budal). 19. April, 20h 20m in Logje bei Breginj (Bezirk Tolmein) ein ziemlich kräftiges Beben. In Mazarole (Masarolis, Provinz Udine, Italien, 7 km S von hier) soll am 19. die Kirche Sprünge erhalten haben (Pfarrvicar F. Guzelj). 168 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. IV. Mai 1898. 29. Mai, circa 5h 50"' in Logje bei Breginj nur vom Bericht- erstatter verspürt eine leichte Schwingung, im Bette ruhend (Pfarrvicar F. Guzelj). V. November 1898. 9. November, circa 17'', Kirchheimer Beben. 161' 52'11 in K i r c h h e i m (Cerkno) ein allgemein, auch im Freien wahrgenommenes Beben. Voran ein Getöse. Die Bewegung war eine schüttelnde von der Richtung E — W, 3\ Erschütterung der Möbel, Fenster, Thüren, Wandbilder. Einige flüchteten ins Freie (Oberlehrer A. Trebse). Circa 17h in Otalez ein von auf den Feldern Beschäftigten allgemein, in den Wohnungen nicht allgemein bemerkter verti- caler Stoss mit kanonenschussähnlichem Knall (Schulleiter A. Sattler). Dieses Beben wurde auch in Unter-Idria in Krain beob- achtet und vermeldet (siehe Chronik Krains). 10. November, circa 3h in Kirchheim von Einigen wahr- genommen ein leichtes Beben (Oberlehrer A. Trebse). 10. November, nach 19h in Otalez von Einigen bemerkt eine sehr leise schaukelnde Bewegung (Schulleiter A. Sattler). Zu 9. und 10. November sendeten auf Anfrage negative Meldungen ein die Stationen: Podmelec, Podbrdo, Grahovo, Trebusa im Görzergebiet, und Ober-Idria, Trata, Sairach, Zarz, Davca, Vojsko in Krain. Auf Grund dieser Berichte kann man nur erkennen, dass das Beben vom 9. November, circa 17\ eine in Kirchheim und Otalez allgemein wahrgenommene Äusserung der unterirdi- schen Kraft war, jedoch höchstens einen Umkreis von etwa 10 km Halbmesser wahrnehmbar erschütterte. VI. December 1898. 7. December, circa 01' 45"\ Kirchheimer Beben. 0b 45'" in Kirchheim (Cerkno) ein allgemein, auch eben- erdig wahrgenommenes Beben, welches die Bevölkerung aus E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1 89S. 169 dem Schlafe weckte. Es war eine zitternde Bewegung nach vorangehendem Knall. Erschütterung der Fenster, Thüren und Möbel (Oberlehrer A. Trebse). Weitere Nachrichten über dieses Beben siehe in der Chronik Krains. Es scheint dasselbe entweder eine Wieder- holung der Erschütterungen vom 9. und 10. November gewesen zu sein oder von einem etwas nördlicher, näher dem Abbruch der Wocheiner Berge gelegenen Herde zu entstammen, und dürfte auf einem Umkreise von etwa 20 km Radius fühlbar gewesen sein. Es würde eine grössere Anzahl von Meldungen •veranlasst haben, wenn es nicht nächtlicher WTeile eingetreten wäre. VII. Gebiet von Triest. (Referent Herr Eduard Mazelle.) Im Beobachternetze hat im Jahre 1898 keine Änderung stattgefunden. Die durch Abgang einzelner Beobachter ent- standenen Lücken konnten sofort durch deren Nachfolger ergänzt werden, welche Herren in freundlichster Weise sich bereit erklärten, an den seismischen Beobachtungen theil- zunehmen. 1. Beben vom 5. Februar. Am Abend des 5. wurde Referent vom Stationschef des Südbahnhofes in Triest, Herrn Inspector Mahorcic, auf ein in Laibach vor 15hl beobachtetes Erdbeben aufmerksam gemacht, wobei gleichzeitig bemerkt wurde, dass am Triester Südbahn- hofe nichts wahrgenommen werden konnte. Ebenso wurde von den Mitgliedern des Triester k. k. astronomisch-meteorologischen Observatoriums nichts bemerkt und auch eine Anfrage bei vielen Bekannten blieb resultatlos. Am Morgen des 6. lief jedoch ein ausgefüllter Fragebogen vom Besitzer der Krystalleisfabrik Herrn v. Ritter-Zähony, welcher die Erderschütterung in Barcola bei Triest verspürt hatte, ein. Auf das hin wurde den Beobachtern der wichtigsten Punkte des Triester Gebietes ein Fragebrief zugeschickt mit dem Ersuchen, eventuelle Angaben einzusenden. 1 Sämmtliche Zeitangaben beziehen sich auf mitteleuropäische Zeit. 1 i 0 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Telephonische und telegraphische Anfragen an den Leucht- turm, an das Telegraphen-Hauptamt und an die Telephon- centrale gerichtet, erhielten als Antwort, dass an keinem dieser Orte eine Erderschütterung bemerkt wurde. Auch auf die erwähnten brieflichen Anfragen liefen durch- . wegs Antworten ein mit der Bemerkung, nichts beobachtet zu haben. Nur der Schulleiter in Barcola, Herr Mösettig, glaubt aber um 19h 2m eine leichte Erderschütterung verspürt zu haben. Der Beobachter charakterisirt die Bewegung als eine zitternde, in der Dauer von ca. 3S. Schallphänomen wurde keines gehört. Auch zwei Mitglieder seiner Familie bemerkten das- selbe Beben. Der Schulleiter in Servola, Herr Sovich, theilt mit, dass nach der Aussage von Schulkindern in der Nacht vom 5. auf den 6. zu einer nicht mehr festzusetzenden Zeit eine Erder- schütterung stattfand. Der 17jährige Bruder eines Schulkindes, aufgeweckt durch das Bellen des Wachhundes, hörte das An- schlagen der an der Wand hängenden Deckeln der Küchen- töpfe. Die Bewegung war von kurzer Dauer. Herr Dr. Gräfte, Inspector der k. k. zoologischen Station, meldet, nichts wahrgenommen zu haben. Auch auf See war nichts zu spüren, obgleich gerade zu dieser Zeit der Beobachter und sein Dienstpersonale auf dem Meere fischten. Dr. Gräfte theilt zugleich mit, dass auch bei dem Erdbeben verflossenen Jahres, welches in Laibach Verwüstungen anstellte und im Triester Gebiete meist als Erschütterung wahrgenommen werden konnte, keinerlei Wellenbewegung beobachtet wurde. Herr J. N. Krieger, Besitzer der Pia-Sternwarte, schreibt ebenfalls, nichts wahrgenommen zu haben, und theilt auch mit, dass die bei ihm aufgestellten Seismoskope keine Bewegung ankündigten. Aus der Eingangs erwähnten Mittheilung des Herrn v. Kitter-Zahony in Barcola ist zu entnehmen, dass genannter Herr 7 — 8m vor 15h eine Erschütterung wahrnahm, bei welcher mehrere Gegenstände der Zimmereinrichtung hörbar wackelten. Diesem Stosse folgten weitere schwächere Erschütterungen. Die Art der Beweffunir wird als ein Zittern ereschildert und der 1-;. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 i 1 Empfindung nach die Richtung mit N — S angegeben. Die Bewe- gung machte den Eindruck, als ob das Haus gerüttelt würde 2. Beben vom 20. Februar. Diese Erderschütterung wurde im Triester Gebiete an ver- schiedenen Orten beobachtet; auffallend ist es jedoch, dass ge- rade von den Bewohnern der Stadt verhältnissmässig viele die Bewegung verspürten, während vom Territorium fast lauter negative Meldungen einliefen. Herr Josef Bednarz, Vicedirector der Triester Filiale der österr. Creditanstalt, berichtet, zwar selbst nichts wahrgenom- men zu haben, dass jedoch nach Angaben Anderer um 6h im Hause Carciotti, woselbst diese Bank untergebracht ist, eine Erschütterung in der Dauer einiger Secunden beobachtet wurde. Das Haus ist auf Pfählen gebaut. Geräusch wurde keines gehört, ebenso kein Schaden beobachtet. Demselben Herrn verdanken wir nachfolgenden Bericht aus Cividale (italienisches Friaul).1 Einige Secunden nach 6h wurde ein so starker Erdstoss beobachtet, dass er in der ganzen Umgebung wahrgenommen werden musste. Dieser Erschütte- rung, in einer Stärke wie sie schon mehrere Jahre hindurch nicht beobachtet werden konnte, folgte nach einer halben Stunde eine sehr schwache und gegen Abend mehrere schwache Bewegungen. Die erste Erschütterung soll lm gedauert haben, die fol- genden 1 — 2S. Ausser dem Krachen des Gebäudes, dem Knar- ren der Thüren, dem Klirren der Fenster und anderer Gegen- stände, wurde ein donnerähnliches Geräusch gehört, welches der Erschütterung voranging. Vor diesem akustischen Phäno- men wurde ein blitzartiger Schein wahrgenommen. Mehrere Gebäude erlitten Beschädigungen. Ausser Sprün- gen, Spalten und Herabfallen des Mörtels von Zimmerdecken, wurden grössere Beschädigungen von der Franciscaner Kirche, welche sogar gesperrt werden musste und der sogenannten Teufelsbrücke gemeldet. Ein Brunnen, aus dem die ganze Nachbarschaft Wasser holte, da es frisch, gut und reichlich war, trocknete ganz ein, 1 Versrl. oben S. 154 u. fe. i i 1 .Mittheilungen der Erdbeben- Co mmission. während die Fontaine am Platze, welche früher nur spärlich Wasser gab, plötzlich einen reichen Abfluss zeigte. Viele Bewohner flüchteten aus den oberen Stockwerken in die ebenerdigen Räume, woselbst die meisten taglang verweilten, da ganz kleine Erschütterungen sich continuirlich wiederholten, namentlich des Abends. In den umliegenden Ortschaften wurde das Erdbeben auch verspürt, allerdings in etwas leichterer Form, 'darunter auch in Udine, woselbst es einige Secunden nach 6h in schaukelnder Form auftrat und ca. 5S andauerte. Herr Othmar Fischer, Beamter der hiesigen Handels- kammer, berichtet, dass er um 5h 58m (Zeit der öffentlichen Uhr der Griechenkirche) in seinerWohnung im Handelskammer- gebäude (Centrum der Stadt) eine stärkere und eine schwächere Erschütterung wahrgenommen habe. In beiden Fällen wurde zuerst ein Heben beobachtet, dem ein Senken folgte. Die Rich- tung wird auf Grund unmittelbarer Empfindung und einer Be- obachtung der Wasserflasche am Nachtkästchen mit NE — SW angegeben. Beide Erschütterungen dauerten mehrere Secunden. Ein unterirdisches Dröhnen ging beiden Bewegungen voran, und zwar in der Dauer mehrerer Secunden, jedoch länger als die Erschütterung selbst. Dann folgte ein Geräusch, wie wenn Wasser eine Höhlung füllen würde. Die Erderschütterung brachte eine Verschiebung leicht beweglicher Gegenstände mit sich, es konnte jedoch an Stellen, wo frühere Erdbeben deut- liche Spuren zurückliessen, diesmal keine Schädigung wahr- genommen werden. Vom Adjuncten des hiesigen naturhistorischen Museums, Herrn Anton Valle, lief die Mittheilung ein, dass er den Erd- stoss um 5h 47m 36s in seiner Wohnung im Bette liegend wahr- genommen hatte. Die Zeitangabe ist unverlässlich, da die Uhr nicht verglichen wurde. Es wurde eine einzige Erschütterung verspürt. Die Bewegung nahm sich so aus, als ob ein starker Stoss der Thür versetzt worden wäre, und zwar aus einer südwestlichen Richtung. Die Dauer wird mit 1 s angegeben. Aus dem Kapuzinerkloster berichtet P. Alexander, dass um circa li1' 2m (Zeitangabe ohne Vergleich) in geschlossenen Localen, in horizontaler Lage, von sechs Personen eine einzige E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 < 3 Erschütterung beobachtet wurde. Die Bewegung wird als eine zusammengesetzte geschildert, und zwar als eine succusso- rische und eine undulatorische, in der Dauer von 3S, der Rich- tung nach aus E kommend. Die Art der Bewegung wird so geschildert, als ob Jemand starken Schrittes auf einem elasti- schen Bretterboden ginge. Dieser Bewegung ging ein unterirdi- sches Dröhnen voraus. Schaden wurde keiner bemerkt. Bevor zu den Mittheilungen aus der Stadtperipherie über- gegangen werden soll, mögen noch die Beobachtungen zweier Collegen am Observatorium und meine eigenen Wahrnehmun- gen mitgetheilt werden. Mein College Dr. Ferd. Anton, durch den Erclstoss auf- geweckt, notirte nach seinem Taschenchronometer als Zeit des Eintrittes 5h58m. Nach erfolgtem Vergleiche mit der Normaluhr unseres Observatoriums ergab sich ein Stand von -+- 10s. Die Zeit zwischen dem ins Bewusstseintreten des Erdbebenstosses bis zum Ablesen der Uhr experimentell durch Wiederholen des Vor- ganges (Aufstehen, Zündholzanreiben) wird mit ca. 35s ermittelt. Daher die Eintrittszeit mit 5h 57m 35=FlOs angenommen. Die Bewegungsform wird als ein gleichmässiges Schaukeln geschil- dert, welches nur ein Krachen der Möbel und Knistern der Wände hervorbrachte. Der zweite College, Herr Ing. Ad. Faidiga, wurde um öh ,")7m30s (corrigirte Zeit) durch den Erdstoss aus dem Schlafe geweckt, ohne eine eigentliche Erschütterung wahrgenommen zu haben. Es wurde blos ein Krachen des Fussbodens im Nebenzimmer bemerkt, als ob ein langer steifer Strick von der Zimmerdecke herabgefallen wäre. Die Dauer wird mit 1 s ange- nommen. Referent selbst beobachtete um 5h57m28s (nach der Nor- maluhr des Observatoriums corrigirt), im Bette liegend, eine einzige Erschütterung in der Form eines starken gleichartigen Erzitterns mit einer Dauer von 2 — 3S. Das vertical hängende Nachtlicht zeigte keine Spur einer Bewegung, ebenso auch die übrigen Hängelampen der Wohnung. Das mit der Erschütte- rung verbundene Geräusch war so, als ob in unmittelbarer Nähe ein Wagen vorübergefahren wäre. 1 / 4 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Von der Stadtperipherie und Umgebung langten nachfol- gende Berichte ein: Herr M. Franc es chetti, Beamter des österr. Lloyd, beobachtete um ca. 5h 50m im Bette wach liegend eine einzige wellenförmige Erschütterung in der beiläufigen Richtung von SE — NW, in der Dauer von 1 — *2S. Herr Gustav Pach, Director der Dreher'schen Bierbrauerei, berichtet, um 5h 58m (corrigirte Zeit) im Bette liegend, nur eine Erschütterung, jedoch eine ziemlich starke, in der Form eines ununterbrochenen Rütteins in der Dauer von ca. 15s beobachtet zu haben. Hoch würden Ant. L. Tempesta, Seelsorger des katho- lischen Friedhofes, berichtet, selbst nichts wahrgenommen zu haben, trotzdem er um 5h 45m aufstand, um ein Licht anzu- zünden. Nach Erkundigungen, die er freundlichst bei Nach- barn einholte, wurde diese Erschütterung in geschlossenen Räumen sowohl zu ebener Erde als im ersten Stocke verspürt, und zwar um ca. 6h. Einige schildern dieselbe als eine sehr starke, Andere als eine schwache Erschütterung, jedoch Alle als eine wellenförmige Bewegung in der Dauer ls. Eine Bewegungs- richtung konnte nicht festgestellt werden, umsoweniger als keiner der freihängenden Gegenstände in Schwingungen gerieth. Herr Franz Drasch aus Pantaleone bei Triest nahm beim Tische sitzend einen kurzen Seitenruck in der Richtung N — S wahr. Geräusch wurde keines beobachtet, ebenso keine Bewe- gung von Hängelampen. Herr v. Ritter-Zähony (Barcola bei Triest) wurde 3™ vor 6'' (Zeit nach einem genau gehenden Chronometer) durch das Erdbeben aus leichtem Schlafe geweckt. Auch seine Frau wurde durch den Erdstoss geweckt. Es wurden zwei Erschüt- terungen unterschieden, und zwar erschien die Bewegung als ein Rütteln ungleichförmiger Art. Die Richtung, durch unmittel- bare Empfindung festgestellt, wird mit N — S angegeben. Herr G. Mosettig, Schulleiter in Barcola, berichtet, zwar selbst die Erschütterung nicht gespürt zu haben, doch wurde dieselbe von anderen Familienmitgliedern beobachtet. Die Ein- trittszeit wird mit 5b 58m angegeben, und zwar corrigirt nach dem Mittagszeichen des vorangehenden Tages. Diese Bewe- E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 1 < •' gung wurde im Orte von vielen Personen wahrgenommen. Die Mehrzahl unterschied Mos einen Stoss zur angegebenen Stunde, doch glauben Einige eine zweite äusserst schwache Erschütte- rung gegen 6h 30m annehmen zu können. Die Bewegung wird als eine leichte wellenförmige geschildert, in der Dauer von 4 — 58. Schallphänomene, sowie besondere Erscheinungen wur- den im Orte nirgends wahrgenommen. Der Beobachter berich- tet nur über ein Klirren des Geschirres und eine Verschiebung einiger Wandbilder. Unmittelbar vor dem Erdstoss hüpfte ein Canarienvogel in seinem Bauer unruhig hin und her. Herr A. Valentic, Schulleiter in Opcina, meldet, dass in der ganzen Ortschaft Niemand ein Erdbeben beobachtet hatte. Nur eine Schülerin, am Bergabhange gegen Roiano (Ortschaft zwischen Triest und Barcola) wohnend, berichtete, dass ihre Eltern gegen 6h einen Erdstoss verspürt hatten. Hochwürden J. Martelanz, Pfarrer zu Prosecco, schreibt, dass von ihm und einzelnen Personen der Ortschaft um 5h 55m (beiläufige Zeitangabe) eine einzige, kaum spürbare Erschütte- rung wahrgenommen wurde. Dieselbe wird als ein kurzer Seitenruck geschildert und als vom S kommend angenommen, in der Dauer von kaum 1/2S. Ausser dem durch die Erschütterung des Gebäudes hervorgerufenen Geräusche wurde nichts gehört. Aus Zeitungsnachrichten lässt sich hervorheben, dass die »Triester Zeitung« für den 20. Februar um 5h58m einen starken wellenförmigen Erdstoss, in der Richtung NNW zu SSE mel- det, dem eine halbe Stunde später ein schwächerer Erdstoss folgte. Der »Mattino« schreibt, dass in Triest um 5h 55m eine ziemlich starke Erschütterung, in der Richtung NNW zu SSE in der Dauer von 3S stattfand. Um 6h 25m folgte ein zweiter äusserst schwacher Stoss. Aus dem »Piccolo« ist zu ersehen, dass eine fühlbare wellenförmige Erschütterung von vielen Personen um 5h 59m beobachtet wurde und nach der Aussage Mehrerer eigentlich zwei Erschütterungen unterschieden werden konnten. Zu erwähnen wäre noch, dass die Aufseher des Triester Leuchtthurmes eine deutlich wahrnehmbare Vibration der dreh- baren ziemlich schweren Linsencombination der Seeleuchte verspürten, und zwar gegen 6h, in der Dauer von 2\ 176 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Meldungen, nichts wahrgenommen zu haben, liefen ein: vom Herrn Dr. G raffe (von der zoologischen Station in Triest- St. Andrea1), von den Vorständen der Post- und Telegraphen- ämter, von der Fabrik vegetabilischer Öle aus Servola, vom Vorstande der Südbahnstation Grignano, von den Schulleitern in S. Croce, Trebich und Basovizza, wie auch vom Pfarrer in S. Croce. Wollten wir aus den hier mitgetheilten Beobachtungs- ergebnissen eine Schlussfolgerung ziehen, so müsste in erster Linie hervorgehoben werden, dass als annähernd richtige Zeit des Eintreffens der fühlbaren Erschütterung 5h57-5m angenom- men werden darf. Die Bewegung muss als eine undulatorische, in der Dauer weniger Secunden betrachtet werden. Die Rich- tungsangaben weichen wie gewöhnlich sehr stark von einander ab, die grösste Wahrscheinlichkeit würde sich für eine Rich- tung von beiläufig N — S ergeben. Ein der Bewegung voraus- gehendes Dröhnen wurde von zwei Beobachtungsstellen ver- bürgt. 3. Beben vom 12. April. Dieses Erdbeben wurde im Triester Gebiete nur von wenigen Personen verspürt. Schon am Abend des 12. liefen Meldungen vom Telegraphen-Hauptamte und am nächsten Morgen von der Finanz-Expositur am Molo Sartoris, über einen gegen 20y2h wahrgenommenen Erdstoss ein. Von den Mit- gliedern des hiesigen Observatoriums hatte keines irgend eine Spur einer Bewegung beobachten können. Nach eingezogenen Erkundigungen wurde jedoch von einigen Personen ein Beben, in Form eines von unten kommenden Stosses von äusserst kurzer Dauer um 20" 22m wahrgenommen. Die Leuchtthurm- aufseher spürten nichts davon. 1 Welcher jedoch die Liebenswürdigkeit hatte, einen eingehend aus- gefüllten Fragebogen seines Sohnes, Bezirksarztes in Tolmein, einzusenden; derselbe wurde dem Referenten für das Görzer Gebiet abgetreten, im Vereine mit anderen Erdbebenmeldungen verschiedener Gendarmerie -Postenführer, welche durch das hiesige Landes-Gendarmerie-Commando freundlichst über- mittelt worden waren. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 177 Von den eingelaufenen schriftlichen Mittheilungen wäre Folgendes hervorzuheben : Herr Regierungsrath E. Geleich, Director der nautischen Akademie, schreibt, dass er gegen 20'1 20m 5S einen starken Ruck aus zwei Hebungen und einer dazwischenliegenden Senkung bestehend in der Richtung von N gegen S verspürte, mit der Dauer von nur ls. Der Beobachter sass ruhig im Fauteuil, war allein im Zimmer und ist Zeit, Dauer und Richtung als sehr genau zu betrachten. Die Hängelampe im Zimmer zeigte keinerlei Bewegung. Der Adjunct des naturhistorischen Museums, Herr A. Valle, theilt mit, dass er lesend um 20h 21m eine suecussorische Bewegung von circa 2S Dauer verspürte. Ausserdem theilt genannter Herr mit, dass der Präparator des Museums dieses Beben auch bemerkte und dass die von ihm gehaltenen Vögel im Momente des Stosses erwachten und stürmisch herumflogen, mehrere Federn dabei verlierend. Der Lloydbeamte Herr Franceschetti, in der Nähe des Lloydarsenales wohnend, berichtet, dass seine Frau und seine Töchter zwischen 20h 20m und 20h 22m einen Erdstoss ver- spürten, dessen Bewegung als eine wellenförmige geschildert wird. Die Richtung wird mit NE — SW angegeben, die Dauer mit einer oder kaum etwas länger als 1 s angenommen. Ausser dem Knarren der Möbeln wurde kein Geräusch gehört. Der Schulleiter von Barcola, Herr G. Mosettig, theilt mit, das Beben zwar nicht selbst gemerkt zu haben, doch nach Mit- theilung anderer — in verschiedenen Theilen des Ortes wohn- haften — Personen für 20h 20m eine Erschütterung annehmen zu dürfen. Mit Bestimmtheit lässt sich nur ein einziger Stoss annehmen, trotzdem mehrere Bewohner meinen, später einen zweiten leichteren wahrgenommen zu haben. Die Bewegung wird als ein Seitenruck geschildert in der Richtung N — S, Dauer von 2 — 3S. Alle Beobachter, bis auf einen, hatten nur das Krachen der Möbel entnehmen können; dieser Eine behauptet, ein unterirdisches Getöse gehört zu haben, und zwar soll dasselbe dem Beben vorangegangen sein mit einer Dauer, welche die des Stosses überschritt. Es wird ferners mitgetheilt, dass einige hängende Gegenstände etwas Sitzb. d. mathem.-natunv. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 12 178 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. verschoben wurden und dass ein Beobachter zur kritischen Zeit am Tische lesend, sitzend, eine leichte Verschiebung des Tisches beobachtet habe. Es kann daher angenommen werden, dass diese Erschütte- rung vom 12. April im Triester Gebiete als eine kurze, stoss- förmige — in der Dauer kaum ls überschreitende — Bewegung zur Geltung kam, in der Richtung N — S, und zwar um 20h 20m. 4. Beben vom 2. Juli. Über diese Erdbewegung liefen von den Beobachtern des Triester Gebietes grösstentheils negative Berichte ein. Herr Othmar Fischer, Beamter der hiesigen Handels- kammer, schreibt, um 5h20m eine heftige Erschütterung verspürt zu haben. Auch mehrere seiner Familienmitglieder machten die- selbe Wahrnehmung. Die Bewegung wird als eine succus- sorische angenommen, in der Richtung NW — SE. Nach genau einer Stunde sollen zwei seichte, kaum 1 s dauernde Hebungen stattgefunden haben in der gleichen Richtung NW — SE. Andere Personen vermuthen, dass der erste Erdstoss von einem donner- ähnlichen Rollen begleitet war. Der Oberinspector der k. k. Seebehörde und Hafencapitän Herr Kloss schreibt, dass diese Erschütterung von seiner Frau wahrgenommen wurde. Herr J. Bednarz. Vicedirector der Creditanstalt, theilt brieflich mit, am betreffenden Tage in Mailand gewesen zu sein, dass jedoch sein Sohn in Triest um 5h 20m die Beobachtung machte, dass ein Kanarienvogel, gegen seine Gewohnheit, sehr unruhig war. Herr J. N. Krieger, Pia-Sternwarte, meldet, im kritischen Augenblick in der Nähe des Läutewerkes des Seismometers I1 gestanden zu sein, und trotzdem er durch das plötzliche Functioniren beider Seismoskope (I und II) auf diese Erd- bewegung aufmerksam gemacht wurde, nichts wahrgenommen habe. Die Zeit wird auf Grund der Angabe beider Seismometer mit 5h 19m58s angenommen, die Dauer mit 2-5 — 3S. 1 Siehe vorjährigen Bericht, S. 173. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 179 Herr v. Ritter Zähony beobachtete im ersten Stockwerke seiner Villa im wachen Zustand um 5h 20m ein ungleichmässiges Zittern, aus W kommend, in der Dauer von 5 — 6S. Es wurde nur ein leichtes Klirren einiger Gegenstände wahrgenommen, ohne irgend eine sichtbare Beschädigung später constatiren zu können. Schriftliche Mittheilungen, nichts gespürt zu haben, liefen ein von den Vorständen der Telegraphen- und Telephon- centrale, wie von den Vorständen der meisten Post- und Tele- graphenfilialämter des Gebietes, ferners vom Leuchtthurm- aufseher, vom Lloydarsenal, vom Kapuzinerkloster, von der zoologischen Station, von der Maschinenfabrik Stabilimento tecnico, von der Linoleum fabrik und vom Staatsbahnhofsvor- stand in S. Andrea, von der Fabrik vegetabilischer Öle bei Servola, von der Mineralölraffinerie in S. Pantaleone, von der metallurgischen Gesellschaft bei Servola, vom Director der Bier- brauerei Dreher im Boschetto, von den Schulleitern in Servola, Barcola, Cattinara, Basovizza, Trebich, Opcina, Prosecco und S. Croce, wie auch vom Pfarrer des letztgenannten Ortes. Negative Berichte sendeten noch der Commandant des Gar- nisonsspitales, Herr Oberstabsarzt Dr. Galambos, der Leiter der kaiserlichen Schlossverwaltung Miramar, Herr Ingenieur E. Swoboda, und der Stationsleiter der Südbahnstation in Grignano, H. Brumen. Aus allen diesen Mittheilungen lässt sich der Schluss ziehen, dass dieser Bewegung in Triest eine geringe Intensität zugeschrieben werden rnuss, mit der Dauer weniger Secunden, und dass die Zeit des Eintreffens mit 5h 20m angenommen werden darf. Die Erschütterung war eine wellenförmige aus der muthmasslichen Richtung ESE — WNW. 5. Beben vom 8. November. Um 3/.il2h wurde an den Referenten von Seite der Telephon- centrale die Anfrage gerichtet, ob nicht ein Erdstoss statt- gefunden habe, da es Einigen im Amte vorkam, als ob ein solcher um 1 lu 41™ gespürt worden wäre Kurz darauf lief auf der Telegraphenlinie des Observatoriums die Notiz ein, dass in Zara ein sehr starkes Erdbeben beobachtet wurde, dass aber 12* 180 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. im hierortigen Telegraphenhauptamte keine Erschütterung wahrgenommen werden konnte. Eine wellenförmige Bewegung wurde vom Berichterstatter, am Schreibtisch sitzend, gefühlt, und zwar, als ob auf einem weichen Teppich sitzend, unter demselben eine .Schlange sich plötzlich durchgewunden habe. Die Bewegung schien aus SSW zu kommen. Das Beben war jedoch nicht in der Lage, das Pfaundler'- sche Seismoskop in Thätigkeit zu setzen; aus dem sogleich entwickelten Curvenblatt des photographisch-registrirenden Rebeur-Ehlert'schen Horizontalpendel konnte als Zeit des Beginnes der seismischen Störung llh 40m angenommen werden. Eine Discussion der Photogramme wird, bei Bespre- chung sämmtlicher von diesem dreifachen Horizontalpendel registrirten seismischen Störungen folgen (Mitth. der Erd- beben-Commission Nr. XI). Dieses Beben vom 8. November ist für Triest entschieden als ein sehr schwaches zu betrachten. Trotz vielfacher Er- kundigungen konnten grösstentheils nur negative Mittheilungen erzielt werden. Man kann sagen, dass nur wenige Personen eine wellenförmige Bewegung wahrnahmen. Einen regelrecht ausgefüllten Fragebogen verdanken wir nur Herrn J. Bednarz, Vicedirector der Creditanstalt, mit der Angabe, dass einzelne Herren um circa llh40m ein Zittern ver- spürt haben in der Dauer einiger Secunden. Geräusch war keines wahrnehmbar. Die in der Cassa haufenweise zu 25 Stück aufgestellten Goldmünzen, die früher ganz gerade standen, zeigten nach der Erschütterung ganz deutlich eine Neigung, eigentlich eine Verschiebung und Krümmung in der Richtung von NE gegen S. Es möge zum Schluss angeführt werden, dass Erd- bewegungen, welche sonst von Niemandem im Triester Gebiete verspürt wurden, von den Seismoskopen des Herrn J. N. Krie- ger, Pia-Sternwarte (siehe vorjährigen Bericht, S. 173) angezeigt wurden, und zwar: am 17. Februar um 8h 26"1 24" durch Seismoskop II, » 23. März » 12 3 30 II, 5. April »19 1 30 » I. am .>•> Juni » 23. » » 23. » » 23. » » 1. Juli E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1 S98. 181 um 171' ö'2m 51 s durch Seismoskop I, » 9 '26 55 » I, » 11 18 20±5S » .II, »18 7 20±5S » II, » 10 9 30s I. Die Zeitangaben beziehen sich auf ein Bordchronometer, dessen Stand mit dem Zeitball des hiesigen k. k. astronomisch- meteorologischen Observatoriums verglichen und demgemäss corrigirt wurde. VIII. Istrien und Dalmatien. i Referent Herr Adolf Faidiga, Assistent am k. k. astronomisch-meteoro- logischen Observatorium in Triest). Die Zahl der Beobachtungsstationen stieg im Jahre 1898 auf 122 mit 157 Beobachtern. Es langten 99 Erdbeben- meldungen (die über das Erdbeben vom 2. Juli im Gebiete von Sinj, sowie über die in diesem Monate erfolgten Nachbeben nicht mitgerechnet) über 46 Erdbebentage ein. Die Zahl der in obige Ziffer nicht eingerechneten Erdbeben- tage des Monates Juli beläuft sich auf 31. Mit Hinzurechnung dieser Bebentage zählte man daher im Ganzen im Referats- bezirke »Istrien und Dalmatien« 77 Bebentage. Die Daten über das Erdbeben vom 2. Juli im Gebiete von Sinj, werden in einem gesonderten Berichte von Herrn Faidiga mitgetheilt werden. Die Übersetzungen der in serbo-croatischer Sprache aus- gefüllten Originalberichte und Fragebogen besorgte auch im Jahre 1898 Herr Regierungsrath E. Gelcich. Nur während dessen Inspectionsreise nach Dalmatien übernahm diese müh- same Arbeit ein Schüler des Diöcesan-Convictes in Triest, welcher unter der Aufsicht des Directors dieser Anstalt, Herrn Dr. Jos. Ivanic, diese Aufgabe vorzüglich löste. Der Referent ist den genannten Herren für diese werthvolle Unterstützung zu besonderem Danke verpflichtet. 182 Mittheilungen der Erdbeben-Comrmssion. a) Istrien. 1. Beben (Seebeben) vom 23. Jänner. Aus Isola, Bezirk Capodistria, Beobachter Anton Cumar, Oberlehrer, wird mitgetheilt, dass, wie aus dem Journale der k. k. Seesanität zu entnehmen ist, zwischen 10 und 12h in jenem Hafen und in der Umgebung ein alle 5m sich wiederho- lender Fluthwechsel in der Höhe von 5 Fuss beobachtet wurde. Die Wellen kamen von der Punta Ronco (Süd). 2. Beben vom 20. Februar. Im Schloss Bellay, Bezirk Pisino, 31° 46' 32" östlich von Ferro, 45° 16' 14" nördliche Breite, 222 Meter über dem Meere, wahrscheinlich felsiger Untergrund, 6h 7m (Uhr nicht corrigirt, dürfte aber von der Bahnzeit kaum differiren), wurde vom Beobachter Hugo Steindl, Schlossverwalter, im ersten Stocke. im Bette liegend, eine wellenförmige, nicht bedeutende Schwin- gung in der Richtung NW — SE, durch unmittelbare Empfin- dung und durch das fortschreitende Geräusch bestimmt, ver- spürt. Dauer etwa ls. Ein unterirdisches dumpfes Geräusch schien der Bewegung vorauszugehen, welchem das Knistern der Mauern und das Krachen der hölzernen Kästen und Thür- verschalungen folgte. Nur vom Beobachter allein wahrgenom- men. Ausser dem Aufflattern eines Stubenvogels wurde sonst nichts bemerkt. 3. Beben vom 12. April. Pola, Schuttboden. Vom Beobachter Luigi Caenazzo, Schulleiter, wurde um 20h 22m (die Uhr um 12h desselben Tages mit der Sternwarteuhr verglichen), im zweiten Stocke eines Hauses am Tische schreibend, ein von einzelnen Personen wahrgenommenes, aus einem kurzen Zittern bestehendes Erd- beben verspürt. Dauer 3S. 4. Beben vom 18. Juni. In Podgrad (Castelnuovo) circa 4h von Einzelnen ein ziemlich kräftiger Yerticalstoss beobachtet (Oberlehrer K. Bogatec). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 183 5. Beben vom 29. Juni. Von Monte Maggiore, Beobachter Job. Flanger, wird berichtet dass um 23h 33m ein Erdbeben in der Richtung S — W (?) und in der Dauer von 2S beobachtet wurde. 6. Beben vom 2. Juli. Das Erdbeben von Sinj in Dalmatien wurde in Istrien blos aus zwei Orten, und zwar aus Piemonte im Bezirke Parenzo und von der Insel Sansego gemeldet. Wir verweisen diesbe- züglich auf den demnächst erscheinenden Bericht des Herrn Faidiga über das Beben von Sinj. 7. Beben vom 29. September. Auf dem Monte Maggiore, Beobachter Herr Joh. Flan- ger, wurde um 4h ein Erdstoss wahrgenommen. 8. Beben vom 7. October. Aus Pola, Schuttboden. Vom Beobachter Luigi Caenazzo, Schulleiter, wurde um 22h 23m (die Uhr um 12h desselben Tages mit der Sternwarteuhr verglichen), im zweiten Stocke an einem Tische sitzend und mit Lecture beschäftigt, ein von einzelnen Personen wahrgenommenes, aus einem Stosse beste- hendes Erdbeben verspürt. Es war ein Stoss von unten mit einer leichten wellenförmigen Bewegung. Es schien von NE zu kommen, nach der unmittelbaren Empfindung und nach der Bewegung einer Hängelampe bestimmt. Dauer ungefähr 3S. Dem Erdbeben folgte ein leichtes Getöse in der Dauer von 2S. Wirkungen sind keine zu verzeichnen. Vom grössten Theile der Bevölkerung wurde der Stoss nicht bemerkt. Aus Pola, Untergrund Schutt- und Felsboden, Beobach- ter Luigi Petronio, Lehrer der Knabenschule in Piazza Alig- hieri, wird mitgetheilt, dass um 22h 21m (Uhr zu Mittag dessel- ben Tages regulirt) ein aus einem Stosse bestehendes fast all- gemein verspürtes Erdbeben stattfand. Es war ein Stoss von unten in der Dauer von ungefähr ls. Ein Geräusch wurde 184 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. durch das Rütteln der Fensterscheiben und durch das Schütteln der Möbel hervorgerufen. Eine Person versicherte, ein Geräusch ähnlich dem eines entfernten fahrenden Wagens gehört zu haben. Am Tage nach dem Erdbeben forschte der Beobachter bei den Schülern über die Wahrnehmungen dieses Erdbebens. Die Meisten gaben an, den Stoss verspürt und ^das Klirren der Fensterscheiben gehört zu haben. Einer der Schüler, welcher mit dem Kopfe an einer Wand angelehnt schlief, wurde von dem starken Stosse plötzlich geweckt. In Lussingrande, Bezirk Lussinpiccolo, Untergrund Fels, Beobachter G. P. Scarpa, Schulleiter, um 22h 30m (Uhr nach dem Stosse verglichen) ein einziger, allgemein gefühlter Stoss, in der Dauer von 3S. Bewegungsrichtung W — E. Er war succus- sorisch mit leichter Wellenbewegung. Nach dem Stosse hörte man ein circa 3S dauerndes Geräusch, es schien wie ein Platzen einer Bombe. Kein Schaden. Die Bevölkerung verhielt sich im Allgemeinen passiv. In Cherso, Bezirk Lussinpiccolo, Bodenart Fels, wurde vom Beobachter Valentin Longo, Schulleiter, um 22h 28m(Tele- graphenzeit) im zweiten Stocke eines Hauses in sitzender Lage lesend, ein nur von einzelnen Personen, aus einem einzigen Stosse bestehendes Erdbeben wahrgenommen. Es war ein Zittern, in der Dauer von 1/2S. Man hörte ein Getöse, welches dem Erdbeben folgte. Ein Hund, welcher im Augenblicke des Erdbebens beobachtet wurde, verhielt sich ruhig. 9. Beben vom 8. November. Aus Lussinpiccolo, Bodenart steinig, Beobachter Pavao Skopinic, k. k. Bezirksschulinspector, wird um 1 1 h 43m ein einziger Stoss von unten gemeldet in der Dauer von 2 — 4S, und nur von einzelnen Personen verspürt. Das Geräusch wurde nur durch die Bewegung der Gebäude hervor- gerufen. In Cherso, Bezirk Lussinpiccolo, Schuttboden, wurde vom Beobachter Valentin Longo, Schulleiter, um llh 42™ (corrigirt) im ersten Stock eines isolirten Hauses im geschlossenen Zimmer beim Unterrichte stehend, ein einziger, von vielen Personen !•'.. v. Mojsi.so vi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1398. ISo verspürter Stoss von unten, von sehr kurzer Dauer wahr- genommen. Es war kein eigentliches Geräusch zu hören, ausgenommen dasjenige welches durch die Bewegung des Bodens, Fensterscheiben, Möbel etc. hervorgerufen wurde. Aus Pola, Schuttboden, wird vom Beobachter Luigi Caenazzo, Leiter der Schule in Piazza Alighieri, um 1 1 h 40m 30s (die Uhr wurde vorher mit der Sternwarteuhr verglichen), ein von einzelnen Personen verspürter Stoss, in einem Zimmer des zweiten Stockes, in sitzender Lage an einem Tische lesend, wahrgenommen. Es war ein Stoss von unten, dem eine leichte wellenförmige Bewegung folgte. Bewegungsrichtung scheinbar von SE, bestimmt nach der Empfindung des Beobachters. Dauer 5S. Nach dem Stosse wurde ein kurzes Geräusch gehört. Ohne Wirkungen. Der grösste Theil der Bevölkerung verspürte den Stoss nicht, und Diejenigen die ihn vernahmen blieben etwas erschrocken. Auch von der Insel Sansego wird durch Herrn Zäza gemeldet, dass daselbst um 1 l11 40m ein iy2s andauernder Stoss wahrgenommen wurde, welcher mit einem wirbelnden Ge- räusch im Osten verbunden war. Die Mauern der Häuser zitter- ten. Richtung der Bewegung E — W. Vom Schlosse Bellay, Bezirk Pisino, Untergrund Fels, wird vom Beobachter Hugo Stein dl, Schlossverwalter, mitge- theilt, dass er um 1 lh 40m im ersten Stockwerke beim Schreiben sitzend, ein Rütteln verspürt hatte. Dauer etwas über ls. Eine Hängelampe zeigte leichte kurze Schwingungen zwischen N und S. Ohne unterirdisches Geräusch. Thüren und Fenster klirrten. b) Dalmatien. 1. Beben vom 3. Jänner. In Pakostane bei Zara, steiniger Grund, Beobachter Ivan Pastrovich, Lehrer, hat zwischen 2 und 3h ein Erdbeben statt- gefunden, welches allgemein wahrgenommen wurde. Es war einförmig, von einem donnerähnlichen Geräusche begleitet. und dauerte 2 — 3S. Es wurde auch in der Umgebung verspürt. Beobachter schlief im zweiten Stocke. 186 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2. Beben vom 17. Jänner. In Spalato, steiniger Grund, Beobachter Vido Petricevic, k. k. Gymnasialprofessor, wurde um 15h 45m im dritten Stocke des Gjannasialgebäudes während des Unterrichtes ein allge- mein verspürter Stoss wahrgenommen. Es war ein Stoss von unten, scheinbar aus SW. Zugleich mit dem Beben war ein Geräusch zu hören als wenn Jemand im vierten Stocke etwas geworfen hätte. Im Dorfe Grahote auf der Insel Solta, Bezirk Spalato, Bodenart zumeist steinig, theilt Beobachter Anton Mladinov p. Luke, Schulleiter, mit, dass um 15h 35m (nicht verglichen) ein Erdstoss allgemein verspürt wurde, und zwar schien es wie ein Kanonenschuss von unten. Bewegungsrichtung N — S nach unmittelbarer Empfindung. Dauer 2S. Dauer des gleichzeitigen Geräusches 4S. In den Häusern zitterten die Möbel. Auf den Feldern sind Steine von den Trockenmauern herabgerollt. Das Wasser in den Flaschen gerieth in Bewegung und hob sich auf der N und S Seite. Die Leute erschraken und sagten, das Beben wie einen Stoss unter den Füssen bis zum Kopfe gefühlt zu haben. Aus S. Pietro, Insel Brazza, Bezirk .Spalato, Bodenart Fels. Beobachter Domenico Rendic, Bürgermeister, Post- meister und Lloyd-Agent, meldet, um 15h 38m (Telegraphenzeit) im Caffeehause (unmittelbar am Meere), während er Caffe trank und rauchte, einen einzigen starken, succussorischen Erdstoss gespürt zu haben. Es war als ob in den oberen Stockwerken ein schwerer Gegenstand gefallen wäre. Der Stoss wurde allge- mein verspürt. Dauer 3 — 4S. Dem Stosse folgte ein Getöse in der Dauer von 2S. Kein Schaden. Der Himmel war wolkenlos, vollständige Windstille, das Thermometer zeigte 14°C. In Spalato, Bodenart Fels, Beobachter k. k. Hafencapitän Peter Pavicic, wurde um 15h 37m (nicht verglichen) ein im ganzen Amtsgebäude wahrgenommener, einförmiger Stoss ver- spürt. Beobachter sass am Tische beim Schreiben beschäftigt. Von der Bevölkerung fast allgemein verspürt. Es war ein Stoss von unten. Bewegungsrichtung S — N, bestimmt nach der Em- pfindung des Beobachters. Dauer circa 2S. Es wurde ein mit E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 18/ dem Stosse gleichzeitiges Geräusch verspürt, und zwar wai dieses so zu vernehmen, als ob ein schwerer Kasten gestürzt wäre. In Folge dessen dachten auch Viele nicht gleich an ein Erdbeben. Kein Schaden und kein besonderer Eindruck in der Bevölkerung. In Milnä, Bezirk Spalato, Schuttboden, 60 cm über dem Meeresspiegel, Beobachter Eduard Siglic, k. k. Hafenbeamter, wurde auf dem Platze »Zalo« um 15h 15m (corrigirt) eine zitternde Erdbewegung verspürt in der Dauer von 3S. Richtung W — E, nach der Empfindung des Beobachters. Geräusch gleich- zeitig mit dem Stosse. Keine Wirkungen. Die Bevölkerung verhielt sich gleichgiltig. 3. Beben vom 20. Jänner. Dicmo, Bezirk Sinj, Bodenart Thon. Beobachter Georg Tripalo, Schulleiter, hat um 13'1 15m auf dem Felde ein leichtes, sich 5 mal wiederholendes, mit Donnern begleitetes Beben ver- spürt. Bewegungsrichtung NE — SW. Das Phänomen wird mit »wellenförmigem Donnern« bezeichnet. Nach der Erdbe- wegung ein starker Borastoss.- 4. Beben vom 21. Jänner. Orahovac, Bezirk Cattaro, Untergrund steinig. Beobach- ter Peter Rafailovic, Pfarrer, meldet um circa 22h ein allge- mein auch in der Umgebung verspürtes Erdbeben beobachtet zu haben. Es war einförmig. Dauer circa 1 — 2S. Ein langes Donnern auch nach dem Stosse. 5. Beben vom 20. Februar. Imoski, Bezirk Imoski. Beobachter Ivan Uje vi c, Lehrer, vernahm um 22h ein leichtes Beben in der Dauer von ö — 6S. Richtung unbestimmt. 6. Beben vom 5. März. Gjevrske, Bezirk Sebenico, Untergrund steinig (in der Umgebung gibt es unterirdische Höhlen). Beobachter Spasenije Knezevic, Lehrer, verspürte um 20h 12m 30s (Uhr nicht ver- glichen, aber wahrscheinlich 15m zurück) im ersten Stocke des 188 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Schulgebäudes beim Unterrichte, drei von einzelnen Personen wahrgenommene Stösse in horizontaler Richtung, mit leichtem Beben und kurzen Erschütterungen. Bewegungsrichtung E — W. Dauer 3S. Vor dem Beben ein unterirdisches Geräusch, welches etwas länger dauerte als das Beben selbst. 7. Beben vom 8. März. Orahovac, Bezirk Cattaro, Untergrund steinig. Beobach- ter Peter Rafailovic, Pfarrer, hat um ungefähr 16h ein aus 2 Stössen bestehendes Erdbeben mit den Zwischenzeiten von 10 bis 15s wahrgenommen, welches auch in der Umgebung von vielen Personen verspürt wurde. Es war einförmig. Dauer ls. Schwaches unbedeutendes Donnern zugleich mit dem Stosse. Hängende und liegende Gegenstände bewegten sich. Gravosa, Bezirk Ragusa, Untergrund Fels. Beobachter Anton Illich, k. k. Hafendeputirter, im Amtsgebäude am Meere, im ersten Stocke arbeitend, verspürte um 16h 5m einen starken und um 16h 15m einen leichten Erdstoss; beide wellenförmig und einförmig. Die Stösse wurden allgemein wahrgenommen. Bewegungsrichtung W — E. Diese konnte sehr gut nach der Reihenfolge der sich bewegenden Gegenstände bestimmt wer- den. Dauer des ersten Stosses über 2S; die des zweiten sehr kurz. Kein Geräusch, mit Ausnahme desjenigen durch die Be- wegung des CTebäudes und der Möbeln veranlassten, das sehr bedeutend war. Ein Getöse konnte vielleicht auch wegen des Wagenverkehres nicht gehört werden. Keine besondere Wir- kungen. Die Familienmitglieder erkundigten sich gegenseitig, was vorgefallen war. In Gravosa selbst wurden die Stösse stär- ker empfunden als auf den nahe liegenden Anhöhen. 8. Beben vom 11. März. Gradisca in der Bocche di Cattaro, Untergrund steinig. Beobachter Niko K. David ovic, Lehrer, fühlte im Schulge- bäude bei der Arbeit am Tische um 7h 45m (nicht verglichen) einen schwachen Stoss, einförmig. Die Schultafel hat förmlich den Stoss verrathen; nur von einzelnen Personen verspürt. Richtung SVV — NE. Dauer höchstens 6S. Kein Geräusch. E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 189 9. Beben vom 12. März. Aus Calamotta, Bezirk Ragusa, Untergrund felsig. Beob- achter Franz Lettis, k. k. Lootse, verspürte im Amtszimmer, ebenso wie Andere im ersten und im zweiten Stocke, eine zitternde Bewegung, die auch von einzelnen Personen gefühlt wurde. Dauer circa 2 — 3S. Nur ein geringer Schrecken unter den Bewohnern. Dieses Erdbeben ist das einzige, welches auf der Insel Calamotta seit dem 1. Jänner 1897 wahrgenommen wurde. 10. Beben vom 15. April. Orahovac, Bezirk Cattaro, Untergrund steinig. Beobach- ter Peter Rafailovic, Pfarrer, vernahm um 10h 9m zwei Stösse in der Zwischenzeit von 30s; einförmig, auch in der Umge- bung verspürt. Dauer eines jeden Stosses ls. Hängende und liegende Gegenstände bewegten sich. 11. Beben vom 17. Mai. Vallegrande, Bezirk Curzola, Bodenart steinig. Beobach- ter Luca Mladineo, Oberlehrer, vernahm im Wohnhause um 4h 34m (verglichen) einen allgemein auch im Freien gefühlten Stoss von unten, welchem ein Getöse durch V/2S vorausging. Auch in der Umgebung wahrgenommen. Bewegungsrichtung E — W. Dauer 1\ Es wurde auch ein Gerassel von hängenden Gegenständen gehört. 12. Beben vom 27. Juni. Dicmo, Bezirk Sinj, Bodenart Thon. Beobachter Georg Tripalo, Schulleiter, hat um 23h 30m im Bette liegend einen Erdstoss verspürt, welchem ein donnerähnliches Geräusch vor- anging. Nach dem Geräusche zu schliessen, war die Bewe- gungsrichtung SW — NE. Das Bett wurde geschüttelt. Um 22h 30m fiel ein starker Regen, aber von kurzer Dauer. Es wehte Südwind. 13. Beben von Sinj vom 1. bis 31. Juli. Dieses Erdbeben, welches im Bezirke Sinj sich besonders stark kundgab und ganz bedeutende Schäden verursachte. 190 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. (der Hauptstoss ereignete sich am 2. Juli) wird in einem Specialberichte behandelt werden. 14. Beben vom 1. August. I. In Sinj wurde um 20h 20m ein 2S dauernder, von N kommender, ziemlich starker Erdstoss verspürt, der mit Getöse begleitet war. II. In Bajagic bei Sinj wurden um 22h 30m und 23h 30m zwei schwache Stösse wahrgenommen. In Trilj bei Sinj nach 22h starkes Beben, von Turjake (NW) kommend (mitgetheilt von Herrn Pfarrer von Trilj, Don Simeon Simonie). 15. Beben vom 2. August. In Trilj bei Sinj um 9h30m ziemlich starker Stoss, Dauer 3S. 16. Beben vom 3. August. In Trilj bei Sinj um 4'1 10m ein leichter Stoss, Dauer 2S. 17. Beben vom 7. August. In Trilj bei Sinj verspürte Herr Stefan Alidenjak, Tech- niker in Sinj, als er sich dort um 6h12m auf der Jagd befand, ein deutliches unterirdisches Krachen ohne Beben, welchem 2"' später ein dumpferes folgte. 18. Beben vom 8. August. In Sinj wurde um 21 u 15m ein Dröhnen ohne Erschütterung verspürt. 19. Beben vom 9. August. I. In Crappano (Bezirk Sebenico), Untergrund Fels, berichtet der Guardian des Minoriten-Observantenklosters, P. Benedict Stancic, um llh10m (vorher mit der Eisenbahnuhr verglichen) in einem Zimmer des ersten Stockes beim Lesen, stehend, einen einzigen Stoss verspürt zu haben. Von einzelnen Personen wahrgenommen. Es war ein starkes Rütteln in der Dauer von 3S, begleitet von einem gleichzeitigen Geräusche; E. v. Moj siso vi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1S98. 191 letzteres schien wie vom Fallen eines grossen Fasses her- zurühren. II. In Sinj, felsiger Untergrund, Beobachter Stefan Mi de n- jakj Techniker, wurde um 23h 45m eine Erschütterung in der Dauer von 2S verspürt. 20. Beben vom 10. August. In Sinj, felsiger Untergrund, Beobachter Stefan Midenjak, wurde um 2h 12m eine wellenförmige Bewegung in der Dauer von 3S, mit Getöse verspürt. Die Erschütterung war an Inten- sität jener vom 9. Juli gleich. Viele aus dem Schlafe geweckt wurden unruhig. (Besonders stark in den Ortschaften Turjake, Kosute, Trilj und Vojnic verspürt.) 21. Beben vom 12. August. I. In Sinj, derselbe Beobachter, starker Stoss um 6h 45m, Dauer 2S, mit Getöse. IL In Sinj, derselbe Beobachter, leichter Stoss um 12" 25m, Dauer ls. 22. Beben vom 17. August. In Sinj, derselbe Beobachter, um 4h 50m ziemlich stark, Dauer 2S, es erzitterten Fenster, Gläser wurden verschoben. 23. Beben vom 25. August. In Sinj, derselbe Beobachter, um 20h 25m, allgemein ver- spürter Stoss, besonders stark in Dicmo (Bezirk Sinj;. 24. Beben vom 26. August. In Sinj, derselbe Beobachter, um 20h 18m, Dauer 2S; in Jabuka und Vedrine stark. 25. Beben vom 29. August. In Sinj, derselbe Beobachter, um 5h 15m, Dauer 2S, in Trilj stark. 26. Beben vom 4. September. In Sinj. derselbe Beobachter, um 21h 10m starkes Getöse ohne Erschütterung. 192 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 27. Beben vom 6. September. In Sinj, derselbe Beobachter, um 7h 22m, Dauer 3S, ziem- lich stark und allgemein wahrgenommen. 28. Beben vom 18. September. In Sinj, derselbe Beobachter, um Sh 45m, Dauer 2S, leicht mit Dröhnen. In Dolac stark verspürt. 29. Beben vom 10. October. In Sinj derselbe Beobachter, um 18h46m, Dauer 2S, mit Getöse. In Spalato, Untergrund steinig, theilt Herr Vido Petri- cevic, k. k. Gymnasialprofessor, mit, um 18h 54s, ebenerdig ein allgemein gefühltes Beben gespürt zu haben. Bewegungs- richtung NE — SW, Dauer 1— 2S. Am selben Tage ein starker Stoss wie am 2. Juli 1898 in den Dörfern Gardun, Vojnic und Kosute (Bezirk Sinj). 30. Beben vom 13. October. In Sinj, Beobachter Stefan Midenjak, Techniker, um 5h 10m, Dauer 2S. Viele wurden aus dem Schlafe geweckt. 31. Beben vom 18. October. I. Spalato, felsiger Untergrund, Beobachter Peter Pavicic, k. k. Hafencapitän um 16h 29m, im ersten Stock- werke des Hafen-Capitanates in einer Fensternische ein einziger succussorischer Stoss. Allgemein gefühlt. Dauer 2S. Der Stoss war von einem Rasseln begleitet. Vor und nach dem Stosse kein Geräusch. Kein Schaden und kein Eindruck auf die Bevölkerung. II. In Sinj, felsiger Untergrund, Beobachter Stefan Miden- jak, um 21 h 5'", sehr stark, Dauer 3S; versetzte die Bevölkerung in Aufregung. 32. Beben vom 19. October. In Sinj, derselbe Beobachter, um 20h 45m, 2S Dauer, sehr leicht. E. v. Moj si so vi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 193 33. Beben vom 30. October. I. In Vrhgorac, Bezirk Macarsca. Untergrund steinig. Beobachter Franz Tonkovic, Pfarrer, berichtet über einen allgemein verspürten Erdstoss um 5h 30m, 4S Dauer. Ein sehr starkes Geräusch Hess sich vor dem Beben und während desselben hören. Bewegungsrichtung E— W. Ein Geräusch war auch vom Schwanken des Gebäudes und der Möbel hervor- gerufen. II. In Sinj, felsiger Untergrund, Beobachter Stefan Miden- jak, um 14h 35m, 2S Dauer, leichter Stoss. 34. Beben vom 2. November. In Sinj, derselbe Beobachter, um 19h 20m, Dauer 2S; wurde nur von wenigen Personen verspürt. 35. Beben vom 3. November. In Pakostane bei Zara, steiniger Untergrund, Beobachter Ivan Pastrovic, Oberlehrer, verspürte im Hause um 6n (nicht verglichen) zwei leichte, allgemein wahrgenommene Stösse mit einem Intervalle von einigen Secunden. Ein Donnergeräusch folgte dem Beben. Zeitungsbericht des »Dalmata« (Zara) vom 12. November 1898. Es wird uns aus S. Filippo und Giacomo mitgetheilt: Am 3. 1. M. um 6h ist hier ein Erdstoss beobachtet worden, welchem ein Getöse, gleich dem Fallen einer grossen Steinmasse, voran- ging. Der Stoss dauerte 2S. 36. Beben vom 8. November. In Pakostane bei Zara (derselbe Beobachter) wurde um llh40m ein starker Stoss verspürt; Bewegungsrichtung NE (?); undulatorisch; allgemein verspürt. Dauer einige Secunden. Ein donnerähnliches Geräusch folgte dem Stosse. Im nahen Orte Benkovac sind einige Hausmauern gesprungen. Aus Knin theilt Herr Dinko Giunio mit, um llh33m (nicht verglichen) ein von einzelnen Personen beobachtetes Erdbeben verspürt zu haben. Es war einförmig und undula- torisch. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl .; CVIII. Bd., Abth. I. 13 194 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. In Zemuniku bei Zara, Beobachter Martin Paleka, Ober- lehrer, wurde um llh25m ein auch in der Umgebung allgemein verspürtes Erdbeben beobachtet. Ein einziger Stoss; Bewe- gungsrichtung E — W. Vor dem Stosse unterirdisches entferntes Donnern. Dauer 5 — 6S. Die Bevölkerung war vom Schrecken erfasst und befürchtete eine Wiederholung. Im nahen Dorfe Skabruje wurde die Kirche arg beschädigt und in zwei benach- barten Dörfern sind zwei Bauernhäuser zusammengestürzt. Aus Novigrad bei Zara, Karstboden, berichtet Herr Franz Vuletin, Lehrer, um llh 45m (mit Telegraphenuhr verglichen) einen auch in der Umgebung wahrgenommenen Erdstoss beob- achtet zu haben. Der Stoss begann zuerst leise und wurde bis zum Aufhören immer stärker. Bewegungsrichtung NE — SW. Dauer 5S. Die Leute im Orte sagen, man habe noch nie so einen starken Stoss gefühlt. Ein Donnergeräusch ging dem Stosse voran, in der Dauer von6s. Es liess sich zuerst schwach, dann stärker hören. Kein Schaden zu verzeichnen. Die Möbel ge- riethen in Bewegung. Ein Bauer, welcher sich gerade bei seinem Pferde befand, wurde von diesem im Augenblicke des Stosses beinahe gebissen. In Arbe, Bez. Zara, steiniger Untergrund, Beobachter Christian Marko vi c, Schulleiter, im zweiten Stocke des Schul- hauses, wurde um llh45m (nicht verglichen) ein allgemein ge- fühlter Erdstoss beobachtet. Es war ein starker Stoss von unten mit gleichförmigen Schwingungen. Bewegungsrichtung N — S, aus der schwingenden Bewegung einer Lampe bestimmt. Dauer ls. Es wurde ein durch die Bewegung der Möbel hervorgeru- fenes Geräusch gehört. Es fielen auch Bilder von den Wänden. Dieses Erdbeben wurde auch in Pago gefühlt. Aus Nin bei Zara, Schuttboden, theilweise steinig, Beob- achter Pavao Zank i, Pfarrer, wird gemeldet, dass um llh36m (nicht verglichen) im Hofe sitzend, ein auch in der Umgebung allgemein gefühlter Stoss wahrgenommen wurde. Wellenförmig. Bewegungsrichtung SW — NE auf Grund des Gefühles mehrerer Personen. Geräusch wie ein Kanonendonner aus der Ferne; es ging voran, währte und folgte dem Beben, alles zusammen durch 5 — 6S. Die Gegenstände (Möbel etc.) haben sich sichtlich bewegt In kleineren Häusern ist der Mörtel abgefallen und sind E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 195 Sprünge in den Mauern entstanden. Schon vorhanden ge- wesene Sprünge haben sich erweitert. In einem Hause ist das Pendel der Wanduhr, welches NW — SE schwang, stehen ge- blieben. Die Fische sind aus dem Wasser gesprungen, die Pferde wurden scheu. Die Leute im Orte erschraken und Nie- mand erinnert sich- dort eines so starken Stosses. In Gorizza-Zaravecchia, Bez. Zara, Schuttboden. Be- obachter Don Marco Forbarina, Pfarrer, verspürte um llh35m (einige Tage vorher mit der Platzuhr in Zara verglichen) im Hause, ebenerdig conversirend, einen allgemein gefühlten ein- förmigen wellenartigen Stoss. Bewegungsrichtung NW — SE, durch unmittelbare Empfindung bestimmt. Dauer 2S. Das Ge- räusch war ein schrecklicher Knall, gefolgt von einem fürchter- lichen Getöse. Geräusch gleichzeitig mit dem Stosse. In den umliegenden Dörfern wurde dasselbe beobachtet. In Selve auf der gleichnamigen Insel, Bez. Zara, felsiger Untergrund, Beobachter Antonio Nach ich, Lehrer, wurde im ersten Stocke des Schulgebäudes, beim Schreiben, um 1 lh37m30s (die Uhr nachher mit der Telegraphenuhr verglichen; sie ging 4m voraus) ein leichter, nur von wenigen Personen und vom Beobachter selbst gefühlter Stoss wahrgenommen. Es war keine Wellenbewegung, sondern nur ein Zittern, welchem ein leichtes donnerähnliches Geräusch voranging und während 8S folgte. Nach unmittelbarer Empfindung des Beobachters schien der Stoss die Richtung S — N gehabt zu haben. Es wurde keine Bewegung an hängenden oder angelehnten Gegenständen be- obachtet. Dauer des Stosses 4S. Kein Schaden. Der Beob- achter erfuhr, dass zwischen llh30mund llh45m sowohl auf der Insel Meleda, 14 Seemeilen SSE von Selve, als auch auf der Insel Ulbo, 5 Seemeilen ENE von Selve auch ein schwacher Stoss verspürt wurde. Orahovac bei Cattaro, steiniger Untergrund, Beobachter Peter Rafailovic, Pfarrer, um llh25mein allgemein auch in der Umgebung gefühlter Erdstoss; Bewegungsrichtung unge- fähr aus SE, aus der Bewegung hängender Gegenstände be- stimmt. Dauer 2S. Nach Aufhören des Bebens ein fortgesetztes Donnern. Kein Schaden. 13* 196 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. In Razancu bei Zara, steiniger Untergrund, am Meere ge- legen, Beobachter Marcus Lukic, Lehrer, wurde um llh23m (verglichen) ein allgemein gefühltes, sowohl in den Häusern als auch auf den Feldern wahrgenommenes Erdbeben verspürt. Es waren fünf Stösse, erster Stoss leicht, sodann drei starke, auf welche wieder ein leichter Stoss folgte. Bewegungsrichtung SW — NE, mittelbar und unmittelbar gemessen. Dauer aller fünf Stösse zusammen 4S. Vor dem Beben wie ein starker Kanonen- schuss, hierauf constantes Donnern durch 3S. Einige Mauern gesprungen. Einige Kinder konnten während der Stösse nicht stehen und sind umgefallen. Ein Kind verlor das Bewusstsein. Veranlasste allgemein grossen Schrecken. In Zlarin bei Sebenico, steiniger Untergrund, Beobachter Josef Stepancic, Oberlehrer, wurde im ersten Stockwerke des Schulhauses um llh45m ein allgemein gefühlter Erdstoss wahrgenommen. Er war einförmig mit der Bewegungsrichtung W — E, aus der Bewegung der Gegenstände bestimmt. Dauer3s. Donnergeräusch vor dem Beben durch 3S. Zeitungsbericht des »Dalmata«: Um 1 lh30m wurde in Zara ein starker wellenförmiger Erdstoss mit der Bewegungsrichtung SE — NW wahrgenommen. Es dauert der Eindruck des Erd- stosses fort. Der erste succussorische Stoss hatte die Dauer von 3S. Hierauf folgte ein zweiter wellenförmiger Stoss in der Dauer von 6S. In Novigrad und in Bencovaz gibt es bedeutende Schäden. Auch in Obrovaz und in Zara wurden einige Häuser durch Mauerrisse leicht beschädigt. Der Eindruck unter der Bevölkerung ist bedeutend. Anderer Zeitungsbericht des »Dalmata«: Gestern, S.No- vember, wurde in unserer Stadt (Zara) ein sehr starkes succus- sorisches Erdbeben verspürt. Viele Personen flüchteten aus den Häusern. Man theilt uns mit, dass derselbe Stoss auch in Ben- covaz, Obrovaz und Novigrad, Ortschaften unweit von Zara, verspürt wurde. Die Naturerscheinung, wenn sie nur um ein Geringes länger gedauert hätte, würde auch in der Stadt Zara schwere Schäden angerichtet haben, wie solche in der Umgebung ziemlich beträchtlich sind. In Zemuniku wurde das Häuschen der Witwe Jurca Buljat zerstört. In Scabergne sind in mehreren Häusern die Mauern geborsten und die Pfarr- E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 197 kirche zu S. Luca ist so beschädigt, dass man Anstand nimmt, sie für den Gottesdienst offen zu halten. In Miragne in der Umgebung von Bencovaz wurde ein Herrenhaus beschädigt. 37. Beben vom 8. December. In Sinj, felsiger Untergrund, Beobachter Stefan Miden- jak, Techniker, um 23h 58m, Dauer 3S, ziemlich stark. In Spalato, Santorinerde auf felsigem Untergrunde. Beob- achter Peter Pavicic, k. k. Hafencapitän, wurde um 23h 56m (M.E.Z.) im Gebäude des k. k. Hafencapitanates vom Schlafe geweckt. Ein einziger, scheinbar succussorischer Erdstoss. Bewegungsrichtung N — S. Dauer 2 — 3S. Kein Geräusch. Zur selben Zeit wurde auch im Bezirke Sinj ein starkes Erdbeben verspürt. In Spalato, steiniger Untergrund. Beobachter Vido Petri- cevic, k. k. Gymnasialprofessor, verspürte um 23h 58™, im ersten Stocke liegend, einen einzigen allgemein gefühlten Stoss, mit der Bewegungsrichtung NE — SW. Dauer 5 — 6S. Zugleich mit dem Stosse ein unterirdisches Geräusch. In Sinj war der Stoss stärker als hier zu fühlen. 38. Beben vom 10. December. In Spalato, Santorinerde auf felsigem Untergrund. Vom Beobachter Peter Pavicic, k. k. Hafencapitän, um 2h 20m im Gebäude des k. k. Hafen-Capitanates wurde ein auch allgemein gefühlter Stoss verspürt. Viele Personen wurden aus dem Schlafe geweckt. In Sinj, felsiger Untergrund, Beobachter Stefan Miden- jak, Techniker, um 2h 30m, Dauer 2S, ein stärkerer Stoss als jener vom 8. December. 39. Beben vom 12. December (I). In Sinj theilt derselbe Beobachter mit, dass um 5h 15m ein starker Stoss in der Dauer von 2S verspürt wurde. Ein starkes 3S dauerndes Getöse ging voran. Von zwei Häusern in der Richtung gegen Ervace rutschten einige Dachsteinplatten ab. Die Bevölkerung wurde stark beunruhigt; Viele verliessen die Wohnunsren. Dieses Beben wurde mit eben solcher Stärke 198 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. in Spalato empfunden und veranlasste die dortige Bevölkerung zum Verlassen der Wohnstätten. Zeitungstelegramme des »Piccolo« (Triest) aus Zara, 12. December. Im ganzen Erdbebengebiete wurde heute Früh um 5h 30m ein starker Erdstoss verspürt, welcher von einigen leichteren Stössen gefolgt wurde. Bis jetzt sind keine Nach- richten über Schäden eingelangt. Aus Sinj: Heute Früh um 5h 20m wurde ein sehr starker Stoss in der Dauer von 8S wahrgenommen. Spalato, Santorin-Erde auf felsigen Untergrund. Beobach- ter Peter Pavicic, k. k. Hafencapitän, berichtet, dass er um 5h 15m (M. E. Z.) im zweiten Stocke von einem starken Erdstosse vom Schlafe geweckt wurde. Diesem Stosse gingen nach Mitter- nacht zwei andere leichtere voran. Das Beben war succusso- risch und gleichförmig und schien von N zu kommen. Die Richtung wurde nach der Empfindung des Beobachters selbst und auch von anderen Personen festgestellt. Dauer des Stosses 2 — 3S. Es wurde auch ein wirkliches Getöse gehört in der Dauer von 1— 2S, welches dem Erdbeben voranging. In einigen Häusern wurde beobachtet, dass die Zimmervögeln vor dem Stosse flatterten. Sonst kein Schaden. Die Bevölkerung ver- hielt sich ruhig. Der Stoss wurde auch auf den Inseln Brazza, Solta und Lesina, sowie im Gebiete von Sinj verspürt. In Spalato, steiniger Untergrund. Beobachter Vido Petricevic, k. k. Prof., verspürte im ersten Stocke, liegend, um 5h 10m einen allgemein gefühlten Stoss. Einige behaupten, zwei Stosse wahrgenommen zu haben; der Berichterstatter hat nur einen beobachtet. Stoss von unten, sodann undulatorisch. Dauer 2 — 3?. Geräusch der Möbel und der Gebäude. Man sagt dass lh vorher auch ein Stoss gewesen sei. In Sinj war das Beben sehr stark. In Macarsca, Schuttboden, im ersten Stocke eines Hau- ses am Meeresufer. Beobachter Paul Mar des sich, k. k. Hafen- deputirter, berichtet um 4h 59m, als er wach im Bette lag, ein Erdbeben in Form eines einzigen von unten kommenden Stosses gespürt zu haben. Es folgte hierauf eine leichte zitternde wellenförmige Bewegung. Nach der Empfindung des Beobach- ters schien die Bewegung von S zu kommen. Dauer circa 2S. K. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 199 Kein Geräusch. Keine Wirkungen. Die Bevölkerung scheint beruhigt gewesen zu sein. In Gelsa, Bezirk Lesina, Schuttboden. Beobachter Ivan Ruzevic, Oberlehrer, im zweiten Stocke im Bette liegend, ver- spürte um 5h 15m (verglichen mit der Telegraphenuhr nach dem Stosse) einen allgemein wahrgenommenen Erdstoss undula- torisch; aus NE, aus der Bewegung der Gegenstände bestimmt. Dauer 2S. Vor dem Stosse ein leichtes Donnern. Kein Schaden. Bevölkerung ruhig. In Risano, Bezirk Cattaro, steiniger Untergrund. Beobach- ter Nicolaus Mirovic, Lehrer, verspürte um 5'1 20ra zwei unmittelbar aufeinander folgende allgemein gefühlte Stosse. Dieselben waren succussorisch, gleichförmig mit der Bewegungs- richtung N — S (das Pendel einer Wanduhr stehen geblieben). Dauer l/2s. Geräusch der Möbel. Die Bevölkerung wurde beängstigt, weil der Stoss stark war. In Trau, Bezirk Spalato, Schuttboden. Beobachter Pavao Vucenovie, Oberlehrer, im ersten Stocke im Bette liegend, beobachtete um 5h (nicht verglichen) einen allgemein auch in der Umgebung gefühlten einförmigen Erdstoss. Bewegungs- richtung N— E (?). Donnergeräusch gleichzeitig mit dem Stosse, die Bevölkerung wurde erschreckt. In Knin, steiniger Untergrund. Beobachter Dinko Giunio, Oberlehrer, verspürte im Bette liegend um 5h (nicht verglichen) einen einförmigen Stoss in der Dauer von 2S, welcher von ein- zelnen Personen auch in der Umgebung gefühlt wurde. Es wurde ein Geräusch gehört, das aber vom Erzittern der Möbel herrührte. 40. Beben vom 12. December (II). I. Risano, Bezirk Cattaro, Schuttboden. Beobachter Vinzenz Damiano vi ch, k. k. Lootse, fühlte im dritten Stock- werke des Gebäudes des k. k. Hafenamtes, im ruhigen Zustande, zwei allgemein verspürte Stosse, u. zw. den ersten um 1 7h 7m leicht, den zweiten um 17h 9m ziemlich stark (Uhr nach dem Be- ben mit der Telegraphenuhr verglichen). Die Stosse kamen von unten von N — S gerichtet. Dauer des ersten Stosses ls, die des zweiten 2S. Den Stössen ging ein besonderes Geräusch wie ein 200 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Krachen voran, in der Dauer von 2S. Keine Schäden. Die Be- völkerung wurde etwas beängstigt, beruhigte sich aber bald. In Orahovac bei Cattaro am Meere, steiniger Untergrund. Beobachter Peter Rafailovic, Pfarrer, berichtet, um 17h 32m drei unmittelbar aufeinander gefolgte Stösse, die allgemein auch in der Umgebung gefühlt wurden, wahrgenommen zu haben. Es war starkes einförmiges Beben. Bewegungsrichtung SE nach NW, aus der Bewegung der Gegenstände bestimmt. Dauer aller drei Stösse zusammen ungefähr 2S. Gleichzeitig mit dem Beben ein augenblickliches starkes Donnern. Kein Schaden. Die Bevölkerung erschrak. IL Perzagno (Fraction Mrzep), Bezirk Cattaro am Meeres- ufer, felsiger Untergrund. Beobachter Franz Jelinek, k. k. Gen- darmerie-Wachtmeister (am 13. December von der eingerückten Patrouille gemeldet), theilt mit, dass um 18h 15m (nicht ver- glichen) im Hause des Gemeindevorstehers von verschiedenen Personen in stehender und in sitzender Lage während eines Gespräches ein starker Schlag von unten verspürt wurde, wel- chem ein starkes Zittern folgte. Das Beben wurde von mehre- ren Personen wahrgenommen. Bewegungsrichtung N — Wr (?), durch unmittelbare Empfindung festgestellt. Dauer 4 — 5S. Man hörte circa 8S vor dem Schlage ein donnerähnliches Geräusch, als wenn ein Wagen vorbeigefahren wäre. Das Gebäude erzit- terte stark, ein. hängender Korb schaukelte. Die im Hause anwe- senden Personen geriethen in Furcht, und der Ortsvorsteher bekreuzte sich mit den Worten: »ja fällt denn das Haus zu- sammen!« 41. Beben vom 18. December. I. In Cattaro, Schuttboden auf felsigem Untergrund. Be- obachter Nicolaus Tom i eich, k. k. Hafendeputirter, wurde um 4h 25m (M. E. Z.) von einem suecussorischen Erdstosse vom Schlafe geweckt. Der Stoss wurde allgemein gefühlt, dauerte circa 2S, und war von einem durch das Schwanken des Gebäu- des hervorgerufenen Geräusch begleitet. In Mula, Dorf bei Cattaro, steiniger Untergrund. Beob- achter Alexander Netzmeskal, Lehrer, verspürte um ungefähr 4h 30m im 1. Stocke, im Bette liegend, einen Stoss von unten. E. v. Mojsiso vics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 201 Allgemein gefühlt. Bewegungsrichtung NW — SE, aus der Bewegung einer Zimmerthüre, die sich von selbst geschlossen hatte, bestimmt. Dauer ls. Vor dem Stosse "hörte man starken Lärm. In Risano, Bezirk Cattaro, Schuttboden. Beobachter Vin- zenz Damianovich, k. k. Lootse, im 2. Stocke des k. k. Hafen- expositurgebäudes, wurde um 4h 39m (Uhr nachher am nahen Post- und Telegraphenamte verglichen) durch einen kurzen Seitenstoss vom Schlafe geweckt. Dauer circa 2S. Geräusch vom Krachen des Gebäudes herrührend. In Risano, Bezirk Cattaro, steiniger Untergrund. Beob- achter Nicolaus Mirovic, Lehrer, ist durch einen allgemein gefühlten Stoss zwischen 4h und 5h aufgewacht. Es wurde nur ein Geräusch der Möbel und Thüren gehört. In Orahovac bei Cattaro, am Meeresufer, steiniger Unter- grund. Beobachter Peter Rafailövic, Pfarrer, theilt mit, um 4h 25m zwei Stösse verspürt zu haben. Der erste war einförmig, wellenartig; Dauer 3 — 4S. ls später erfolgte wieder ein Stoss in der Dauer von 6S. Bewegungsrichtung NW, aus der Be- wegung der Gegenstände bestimmt. Vor dem Beben ein kurz dauerndes Geräusch. Kein Schaden. NB. Am 12. December um 5h 20m und um 17h 30m, und am 13. d. M., um 19h 50m, sollen auch Erdstösse gewesen sein, jedoch alle sehr schwach. In Dobroto bei Cattaro, Untergrund Fels mit Erdschichte. Beobachter Hauptmann Gustav Tatra, Platzcommandant in Cattaro, theilt mit, dass im Hause des Obersten Schleiss in Dobroto und in der Wohnung des Oberstlieutenants Swatek im 2. Stocke in Cattaro, als beide Familien im Bette waren, um 4Ü 30m ein mittelmässiger Stoss von unten verspürt wurde. Dauer 1 — 2S. Gleichzeitig mit dem Stosse wurde in Dobroto ein Gepolter in der Erde vernommen. In Cattaro wurde kein besonderes Geräusch gehört, ausser Klirren von Fenstern. Keine Schäden. II. In Orahovac bei Cattaro, am Meeresufer, steiniger Untergrund. Beobachter Peter Rafailövic, Pfarrer, berichtet, dass um 23h 43m dortselbst von einzelnen Personen ein ein- förmiges, wellenartiges Erdbeben beobachtet wurde. Bericht- 202 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. erstatter selbst hat den Stoss nicht wahrgenommen. Bewegungs- richtung NW — SE. Dauer 2S. Geräusch durch die Bewegung der Gegenstände hervorgerufen. IX. Deutsches Gebiet von Tirol und Vorarlberg. Das Beobachternetz hat zwar in Folge von Todesfällen und Versetzungen manche Verluste zu verzeichnen, doch ist es dem Referenten, Herrn Prof. Dr. J. Schorn in Innsbruck gelungen, nicht nur die entstandenen Lücken zum grossen Theil auszufüllen, sondern auch die Zahl der Beobachtungs- stationen um 8 zu vermehren, so dass wir heute in Deutsch- tirol 164 Beobachter und in Vorarlberg 28 zählen. Im Jahre 1898 waren Erdbeben verhältnissmässig selten, indem Deutschtirol nur 12, und Vorarlberg bloss 4 Erdbeben- tage aufzuweisen haben, die sich auf die Monate März (3), April (1), Mai (2), Juni (1), Juli (1), August (1), October (2), November (2) und December (3) vertheilen. Mit Ausnahme des auch auf die Ostschweiz übergreifenden Erdbebens vom 14. Juni — und vielleicht auch des vom 3. November — dürften wohl alle anderen nur locale Erscheinungen sein, denn ihr schwaches, engbegrenztes Auftreten spricht hiefür. 1. Beben vom 8. März. Um 8h 18m erfolgte im Unterinnthal eine ziemlich heftige Erschütterung, worüber folgende Berichte vorliegen: Weerberg. Um 8h 25m wurde ein starkes Erdbeben wahr- genommen. 2S lang schien es ein centraler Stoss zu sein mit einer Erschütterung, wie wenn der Schnee vom Kirchdach als Lawine heruntergefallen wäre. Dann aber erfolgten die Schwin- gungen und das Getöse in der Richtung SSE. Desgleichen wurde es in Vomp, Terfens und Kolsass wahrgenommen (Pfarrer Joh. Peer). — In Fritzens -Wattens (Stationschef Lichtensteine r) und im Gnadenwald (Lehrer Joh. Lech- leitner) wurde von einer Erschütterung nichts mehr verspürt. Schwaz. Vier Herren, die sich im ebenerdigen Tele- graphenbureau des Bahnhofgebäudes eben aufhielten, bemerkten um 8h 18m eine 5 — 6S dauernde Erschütterung: ein Zittern des E. v. Moj siso vi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 203 ganzen Gebäudes mit gleichzeitig rollendem Donner, wie wenn ein Bahnzug auf gefrorenem Boden »unter- und abginge«. Von den anwesenden Personen verspürten zwei die Erschütterung von SE nach NW, die beiden anderen in umgekehrter Richtung. Die Fenster klirrten heftig. Vier Streckenarbeiter, 100m gegen N von der Station beschäftigt, haben die Erschütterung heftig ver- spürt; der Boden zitterte, Richtung quer durch das Thal: SE nach NW. Vier Arbeiter im Frachtenmagazin (Holzbau) nahmen die Erscheinung in gleicher Richtung wahr (Stationschef Carl Prack). Schwaz. Im grossen Hausgange des Bezirkshauptmann- schaftsgebäudes verspürte der Berichterstatter, eben im Begriffe, denselben zu durchschreiten, eine zusammenhängende Er- schütterung. Die Bewegung war als verticales Zittern von schwächerem Beginne, starkem Anwachsen und schwächerem Verlaufe wahrzunehmen und ähnlich dem Getöse einer von der Nordseite des Daches herabfallenden grossen Schneemasse, nur in sehr verstärktem Maasse, so dass Beobachter glaubte, es kämen alle Schornsteine herab. Hiebei erzitterte das ganze Gebäude, der Stoss schien von NNE zu kommen, richtiger, sich von dort her fortzupflanzen. Die Anfangserschütterung dürfte a/2S' die stärkere Haupterschütterung mehr als 2S und das Verlaufen der Bewegung wieder gegen ls angedauert haben. Die Erscheinung war von fast lawinenartig donnerndem, in derselben Weise verlaufendem Geräusche begleitet, welches durch die vom Gange ins Freie führende Balkonthüre zu ver- nehmen war, während das Zittern des Gebäudes ' für sich ein anderes Geräusch bildete. Nicht befestigte Gegenstände bewegten sich (klirrten). Die Vögel zwischen den Winter- fenstern sassen lange Zeit nachher ganz erschreckt, aber ruhig auf den Zweigen. Das Erdbeben dürfte im Markte all- gemein wahrgenommen worden sein (k. k. Bezirkshauptmann A. Kneussl). Schwaz. Im 3. Stocke eines auf drei Seiten freistehenden Hauses der Paradiesgasse des Marktes verspürte man um 8h 15m eine circa 6S währende Erschütterung. Es war ein während der ganzen Dauer der Bewegung gleichmässiges Zittern zu bemerken. Teller und Fensterscheiben klirrten 204 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. leichtere Gegenstände geriethen in Bewegung; ebenso klirrten und bewegten sich auf Nägeln an der Wand hängende Schlüssel. Die Bewegung war offenbar von S nach N gerichtet, da ein leicht beweglicher, hölzerner Wäscheständer sich heftig in dieser Richtung bewegte. Gleichzeitig vernahm man ein Ge- räusch, das mit gleichmässigem unterirdischen Rasseln und Rollen vergleichbar war. Leichtere Gegenstände geriethen ins Schwanken, auch die grossen elektrischen Bogenlampen auf der Strasse bewegten sich. Allgemein im Orte wahrgenommen (k. k. Hauptsteuereinnehmer Edwin Pöltz). Schwaz. Im zweiten Stocke des ca. 20 w vom Innflusse entfernten Wohnhauses beobachtete der Berichterstatter um 8h 18m eine ca. 2S andauernde, vom donnerähnlichen Geräusch begleitete Erschütterung. Die Bewegung war gleich drei Schlä- gen von unten: ein schwächerer und ein stärkerer schnell auf einander folgend, darauf nach ganz kleiner Pause ein leichterer Stoss. Stossrichtung wohl von S her. Leichtere Gegenstände geriethen ins Schwanken. Das Erdbeben wurde wohl nur von einzelnen Personen nicht wahrgenommen.. Auch im Schwazer Bergbaue war die Erschütterung wahrzunehmen. Mehrere Ar- beiter verglichen das Getöse mit einem auf 100 m Entfernung abgefeuerten Schusse, andere meinten, eine Abrutschung oder einen theilweisen Einsturz eines Seitenstollens wahrgenommen zu haben (Cassier des Schwazer Bergwerks-Vereines Otto Franc k). Schwaz, k. k. Metallbergbau. Um 8h 17m wurden so- wohl im Berghause am Unterbaustollen als auch an den Beleg- orten bis zu 600 m von der Erdoberfläche während der Arbeit in der Grube von sämmtlichen Personen zwei Erschütterungen beobachtet, und zwar mit einem Intervalle von 2 — 3S. »Ober- tags« anhaltendes Zittern des Gebäudes, diesem vorangehend ein Stoss; in der Grube machte es auf die Mannschaft den Ein- druck, als ob in grosser Entfernung die Firste der Strecke auf mehrere Meter Erstreckung eingegangen wären. »Obertags« Hess sich die Stossrichtung nicht bestimmen; in der Grube schien der Stoss vom W zu kommen (durch Vermittlung des k. k. Bergwerksverwalters Alois v. Koschin in Brixlegg einge- sandte Beobachtung des Grubenaufsehers Emanuel Snep). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 20o Die k.k. meteorologische Beobachtungsstation in Schwaz- Sch wader (Beobachter J. Grub er) meldet, dass um 8t28m ein Erdbeben beobachtet wurde, welches man auch 1500 munter der Erde wahrgenommen habe. Stift Fiecht bei Schwaz. In zweitem Stocke des Kloster- gebäudes nahm der Beobachter am Pulte lehnend um 8h 20m einen Erdstoss mit nachfolgendem Rütteln wahr. Die Feder der Schlaguhr kam ins Klingeln. Das ca. 2S andauernde Klappern der nur locker in ihrem Schlosse liegenden Zimmerthür zeigte die Stossrichtung SE — NW an. Der Erschütterung folgte ein auch im Freien wahrgenommenes Dröhnen, wie von einer ab- rutschenden Dachlawine herrührend, das 3S gedauert haben mag. Die Vögel im Käfig flatterten ängstlich mit aufgesperrtem Schnabel umher, und der zahme Thurmfalke, der häufig halbe- stundenlang draussen am Fensterbalken sitzt, flog schleunigst davon. Das Erdbeben wurde im Hause und im Freien von Allen verspürt; die Zöglinge in der Schule stutzten und erblassten. P. Leo bemerkte es sogar auf der Rodel, von St. Georgenberg herunterfahrend. Diesem sagte der Waldhüter, der während des Erdbebens im Walde auf einem Baumstamme sass, dass es ihn eine Spanne hoch aufgeworfen und darnach ordentlich gerüttelt habe (Convictslehrer P. Bonifaz So hm O. S. B.). Jenbach. Auf der Bahnstation selbst wurde das Erdbeben nicht verspürt, wohl aber im Dorfe, ferner in der Pertisau, in Scholastica (Achenthai) und in Strass (am Eingange ins Ziller- thal), wo es sich durch Klirren der Fenster, Geschirre etc. be- merkbar machte (Stationschef Hermann Wie r er). Achenkirch im Achenthaie. Um 8h 9m (nach der Tele- graphenuhr in Achenkirch) beobachtete der Berichterstatter in der Kirche einen kurzen Seitenruck von E her mit gleichartiger Erschütterung von ca. 3S Dauer und begleitet von dem Ge- räusch eines donnerartigen Einsturzes. Die Fenster der Sakri- stei klirrten, die Kinder schauten alle erstaunt in die Höhe. Das Erdbeben wurde von mehreren Personen in der Kirche und auch noch i1/2km weit von der Kirche wahrgenommen (Lehrer Norbert Knoll). Rotholz: Im Gebäude der landwirtschaftlichen Landes- anstalt verspürte der Berichterstatter um 8h 15m eine anschei- 206 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. nend mehr von unten kommende, anfangs schwache, aber rasch ansteigende zitternde Erschütterung von ca. 1 s Dauer. Sowohl das subjective Gefühl wie die Beobachtung von Hängelampe und Barometer deuten auf die Richtung NE — SW, also auf die Richtung des Thaies. Das gleichzeitige Geräusch schien mehr vom Gebäude selbst zu kommen und war ähnlich dem Rollen einer vom Dache fallenden Schneelawine. Einzelne auf schma- len Stellen befindliche Gegenstände, wie Blumenstöcke, stürzten herab (Director der landwirtschaftlichen Landesanstalt Dr. J. Tollinger). Fügen. Im Amtsgebäude des Bezirksgerichtes beobach- tete der Berichterstatter um 8h37m (Ortszeit) eine Erschütterung, die sich als ein Schlag (knallartig) von unten mit folgendem donnerartigen Getöse von ls Dauer äusserte. Durch unmittel- bare Empfindung sowie durch Bewegung des Geschirres in Kästen und Credenzen, besonders in den höheren Stockwerken, Hess sich die Stossrichtung als von E nach W gehend fest- stellen (k. k. Landesgerichtsrath und Bezirksgerichtsvorstand Max Tribus). Stumm. Um Sh 22m wurde von einzelnen Personen ein centrales, einige Secunden andauerndes, massig starkes Erd- beben wahrgenommen (Dr. Haffner). Zell am Ziller. Das Erdbeben wurde hier nur von einigen Personen — vom Berichterstatter selbst nicht — wahrgenommen (Lehrer Andr. Kr ei dl). May erhofen. Nur zwei Personen glauben um die frag- liche Zeit eine Erschütterung verspürt zu haben (k. k. Forst- und Domänen Verwalter Franz Lessnag). Brixlegg. In der Platzinspection der Südbahn verspürte der Berichterstatter während der Aufnahme einer Depesche um 8h 21m eine ziemlich gleichartige, ca. 5S andauernde Er- schütterung, ähnlich der, welche ein schwerer, über eine mit Koppeln gepflasterte Strasse fahrender Wagen erzeugt. Der Stoss pflanzte sich von S nach N fort. Es schien, als ob ein schwerer Train eben die Station passiere, und zwar so deut- lich, dass der Berichterstatter sich erhob und hinauseijte, um zu sehen, ob nicht ein aussergewöhnlicher Zug verkehre (Ver- kehrsassistent Josef v. Pul ci an i- Glücksberg). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 20/ Brixlegg, Fahlerzbergbau Gross- und Kleinkogl. Um 8h 15m wurde im Grosskogler Berghause und an den Belegorten des Gross- und Kleinkogler Bergbaues bis zu 400m von der Bergoberfläche während der Arbeit in der Grube von sämmtlichen Personen eine 2 — 3S andauernde Erschütterung wahrgenommen. Die Bewegung »Ober Tags« war schaukeiför- mig; in der Grube machte es den Eindruck, als sei in einem von der Belegschaft entfernten Grubentheile die Erschütterung dadurch entstanden, dass sich in einem der dortigen Verhaue von der Firste ein grösseres Gesteinsstück losgelöst hätte und auf die feste Sohle aufgefallen wäre. »Ober Tags« schien die Erschütterung von NE zu kommen; in der Grube war die Rich- tung nicht bestimmbar. Das der Erschütterung vorangehende und nachfolgende Geräusch dauerte jedesmal ls (durch Vermitt- lung des k. k. Bergwerksverwalters Alois v. Kosen in ein- gesandte Beobachtung des Grubenaufsehers Georg Hoch- w immer). Brandenberg. Ungefähr um 8h 20m erfolgte eine ca. 3S andauernde Erschütterung. Es war als wenn eine schwere Kugel über den Zimmerboden rollen würde (Lehrer Haas er). Die Richtung des starken Rollens ging von W gegen E (k. k. Forst- und Domänenverwaltung). In Rattenberg (Lehrer Joh. Prosser), Alpach (Lehrer Ant. Baumgartner), Breitenbach (Lehrer Joh. Emberger), Kundl (Schulleiter Alois Jöchl) und Wörgl (Comm. Vertreter der k. k. Staatsbahn Karl Stiefler) wurde das Erdbeben nicht mehr be- merkt. 2. Beben am 26. März um circa 0h 45m in der Umgebung Merans, im Vinschgau und im Gebiete von Nauders. Folgende Berichte liegen hierüber vor: St. Pankraz im Ultenthale. Ungefähr 10ra vor lh begann plötzlich bei sonstiger Ruhe und Stille unter anwachsendem brummenden, dumpfen Rollen das Haus des Beobachters zu erzittern, so dass die hölzernen Wände desselben zu krachen anfingen. Es dauerte solange, dass man etwa 4 — 5 zu zählen vermochte (Correspondenz in Nr. 26 des »Burggräfler«). Meran. Gegen lh soll in der Stadt ein Erdbeben verspürt worden sein (Notiz in Nr. 38 der »Meraner Zeitung«); der 208 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Erdbeben -Berichterstatter jedoch konnte trotz aller Umfrage über ein Erdbeben in Meran und nächster Umgebung nichts in Erfahrung bringen .(Leiter der gewerblichen Fortbildungsschule Alois Menghin). Partschins. Von mehreren Ortsbewohnern wurde bei- läufig um 0h 45m eine Erderschütterung in der Richtung N — S wahrgenommen (Lehrer Josef Blaas). St. Leonhard im Passeier. Die um 0h 47m in mehreren Häusern des Ortes verspürte Bewegung war eine rollende in der Dauer von 2--3s, endend mit einem Stosse. Das dem Stosse vorausgegangene Geräusch war das eines rollenden Wagens. Die Mobilien wurden bewegt, die Vögel wurden un- ruhig (k. k. Bezirksrichter Dr. AI. Wo 11). Schi anders. Um lh verspürte man in der Gegend von Schlanders zwei lange (eine »halbe Minute« währende), mittel- mässige Stosse in der Richtung des Thaies von E nach W. Die Pfannen in der Küche klapperten (Correspondenz in Nr. 26 des »Burggräfler«). Mittelvinschgau (ohne nähere Ortsangabe). Am 25. grosser Schneefall, dem am 26. um 0h 55m ein Erdbeben folgte, das aus zwei rasch aufeinanderfolgenden Stössen bestand, die von einem dumpfen, unterirdischen Getöse begleitet waren. Uhren blieben stehen, kleine Gegenstände, die nicht auf solider Basis ruhten, drohten umzufallen (Correspondenz in Nr. 26 des »Burggräfler«). Kort seh bei Schlanders. Gegen lh erfolgten zwei Stosse, so stark, dass sich leichte Gegenstände im Zimmer bewegten, die Pfannen in der Küche klapperten, ebenso die Schindeln auf den Dächern. Der Stoss war nicht wellenförmig, sondern wie ein Puff. Die Stossrichtung war von E nach W dem Thal ent- lang (Lehrer Ig. Adam). Laas. Vom Berichterstatter und vielen anderen Personen wurde um 0h 47m eine starke, 6S andauernde Erschütterung verspürt, die sich in gleichmässigem Zittern kundgab und, von E kommend, nach W verlief. Donnerähnliches Geräusch begleitete gleichzeitig die Erschütterung. Diverse Gegenstände in den Wohnungen zitterten, die Vögel flatterten in den Käfigen hin und her. Nach Angaben mehrerer Personen ging dieser E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 209 Erschütterung 15m früher eine leichtere voran (k. k. Fachschul- director Heinrich Lenz). Nach einer Laaser Correspondenz in Nr. 38 der »Meraner Zeitung« wurde das Erdbeben nur am linken Etsch-Ufer wahr- genommen. Gl ums. Ungefähr um V2lh wurde eine Erschütterung verspürt, doch konnte Niemand deren Richtung angeben (Dr. Ferd. Plant). Sulden. Um 0h 47m wurde von 5 Personen eine Erd- erschütterung beobachtet, deren Richtung von N nach S gewesen sei (Pfarrer Jos. El ler). Trafoi. Nur von einer einzigen Person wurde um die fragliche Zeit ein Erdbeben verspürt. Es war von ganz kurzer Dauer und nicht stark (Expositus Gottfr. Prieth). Benedictinerstift Marienberg (Gemeinde Schlinig). Im Klostergebäude wurde eine Erschütterung nur von einer Person wahrgenommen. Die Bewegung war stossartig, während des ganzen Verlaufes gleichartig und von SSE— NNW gerichtet. Anhaltendes Rollen begleitete gleichzeitig die nicht ganz »eine Minute« währende Erschütterung. Ein Krachen der Oberdecke des Zimmers wurde bemerkt. In dem eine Viertelstunde ent- fernten Orte Burgeis scheint der Stoss mehr bemerkt worden zu sein, denn es standen während der Nacht viele Personen auf (Pater Albert Raffeiner O. S. B.). Graun. Um 1/2\Xl wurde ein ziemlich starker, 3 — 4S an- dauernder Erdstoss verspürt (Gemeindearzt J. Alb er). Langläufers. Ungefähr um 3/4lh bemerkte man eine thaleinwärts gerichtete Erderschütterung, die mit dumpfem Rollen verbunden war. Nauders. Ungefähr um 0h (?) wurde von einzelnen Be- wohnern eine circa »2 — 3m« andauernde, von E kommende Erschütterung bemerkt, und zwar ein ununterbrochenes Zittern, wie wenn eine Lawine vom Berge stürzt. Blumengeschirre klirrten (Schulleiter Urban Sanctjohanser und k. k. Tele- graphenaufseher Peter Blaas). — Obige Zeitangabe dürfte nach den Beobachtungen im benachbarten Martinsbruck wohl auf einen Irrthum beruhen Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVJI. Bd., Abth. I. 14 210 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Marti nsbruck. Im Zollamtsgebäude bemerkten einzelne Personen um 0h 55m zwei innerhalb einiger Secunden auf- einanderfolgende Erschütterungen, und zwar eine mehrere Secunden andauernde wellenförmige Bewegung, welche in ihrem zweiten Acte mit Krachen der Zimmerwände endete. Stossrichtung von NE nach SW. Aufschlagen des Kopfes an die Bettrücklehne (k. k. Zoliamtsleiter Heinrich Stolz). In Vilpian (Schulleiter A. Bachmann), Taufers im Münsterthale (k. k. Zolleinnehmer Jos. Pitsch), Stilfs (Pfarrer Joh. Jos. Schöpf) und Ried im Oberihnthal (k. k. Kanzlist Joh. Hofer) wurde das Beben nicht mehr beobachtet. 3. Beben am 28. März. Um 20h 45m wurde in Windischmatrei von einigen Personen eine schwache Erderschütterung in der Richtung SW — NE wahrgenommen (Schulleiter Joh. Nutzinger). Eine Correspondenz in Nr. 29 der »Brixner Chronik« berichtet hierüber: Kurz nach 20b 30m fand ein circa 30s lang- dauerndes, von S nach N hin sich erstreckendes Erdbeben statt. In Virgen (Pfarrer Jos. Pabst), St. Jakob in Defereggen (Lehrer Vincenz U n t e r k i r c h e r), S t. Ve i t in Defereggen (Lehrer Kasp. Leitner), An ras (Lehrer Joh. Kai er), Lienz (k. k. Be- zirksarzt Dr. Wörle) und Kais (Gutsbesitzer Joh. Hut er) wurde hievon nichts bemerkt. 4. Beben am 10. April. Um 3h 40m wurden wieder in Windischmatrei von einzelnen Personen zwei aufeinanderfolgende Stösse mit darauf- folgender Wellenbewegung in der Richtung von SW nach NE und von 3 — 4S Dauer wahrgenommen. Stubenvögel fielen von ihren Sitzen und flatterten längere Zeit in den Käfigen herum. Gegenstände schwankten (Schulleiter Joh. Nutzinger). Eine Correspondenz in Nr. 12 der »Lienzer Zeitung« be- richtet noch, dass die Bewohner unsanft aus dem Schlafe gerüttelt wurden. In Virgen (Oberlehrer Joh. Bacher), St. Veit in Defe- reggen (Lehrer Kaspar Leitner), Hopfgarten in Defereggen (Lehrer Rupert Hopfgartner), Lienz (k. k. Bezirksarzt E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 21 1 Dr. Wörle) und in Kais (Gutsbesitzer Job. Hut er) wurde keine Erschütterung beobachtet. 5. Beben vom 6. Mai. Circa um 14'1 10 — 1 lm fand in der ganzen Schweiz, Savoyen und im östlichen Frankreich ein Erdbeben statt, welches auch in Bregenz beobachtet worden war. Von anderen vorarlbergischen und tirolischen Orten sind keinerlei Meldungen eingelangt. 6. Beben vom 12. Mai. Um 17h 10m wurde in Kufstein im Freien und in Gebäuden in allen Stockwerken von den meisten Personen eine zitternd schwankende, ungefähr 2S währende Bewegung wahrgenommen, wobei man zwei Stösse unterscheiden konnte, die von W nach E zu gehen schienen. Die Erschütterung war gleichzeitig mit einem Geräusch verbunden, das einzelne Beobachter mit nahem, schweren Flug einer Schaar Tauben verglichen. Die Erschütterung schien vom Rollen eines schwer beladenen Wagens veranlasst zu sein. Die Fenster zitterten, ja selbst im Gebälke krachte es. Ein auf dem Geleise stehender Bahn- bediensteter glaubte, dass eine schwere Locomotive an ihm vorbeifahre (Schulleiter Franz Kurz). 7. Beben vom 7. Juni. Gegen 51' wurde in der Ostschweiz, in Lichtenstein und im Rhätikon-Gebiete Vorarlbergs ein ziemlich heftiges Erd- beben wahrgenommen, worüber folgende Beobachtungen be- kannt wurden: Vaduz. Um 4h 46m wurde ein heftiger, von SE nach NW gehender, concentrisch wirkender, circa 3 — 4S dauernder Erd- stoss verspürt. Im Orte wurde ein Kamin umgeworfen, ferner wurden bei einigen Häusern Mauer- und Deckenrisse beob- achtet. Das Erdbeben wurde auch von Leuten verspürt, die um diese Zeit schon im Freien mit Mähen beschäftigt waren. Das mitfolgende Geräusch wurde allgemein als Explosionsdetonation aufgefasst (Dr. Rudolf Schädler). 14* 212 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Feldkirch. Um 4h 49m wurde allgemein von Personen, die wach waren, eine zitternde und während der ganzen Dauer gleichartige Bewegung von 4 — 5S Dauer wahrgenommen, wobei man 6 Erschütterungen von je 1/2S Dauer unterscheiden konnte. Manche Personen haben eine schaukelnde Bewegung wahr- genommen, der in einem von NE gegen SW gerichteten Bett im wachenden Zustande liegende Beobachter aber nicht, woraus er schliesst, dass seine Bettstelle in ihrer Richtung von der Be- wegung ergriffen wurde. Der Berichterstatter selbst nahm ein Geräusch nicht wahr, andere Personen jedoch glaubten ein der Erschütterung vorausgegangenes Getöse, ein Krachen, wahr- genommen zu haben. Manche Leute wurden geweckt, Fenster und Thüren sollen bewegt worden sein. Auch in der Umgebung, unter Anderem auf einem 100 m höher gelegenen Weiler, beob- achtete man das Beben (k. k. Professor Jos. Kiechl). Feldkirch. Gegen 5h wurde in der Stadt ein ziemlich heftiges Erdbeben verspürt. Es waren zwei, wie es schien, wellenförmige Stösse, von welchen der zweite, schwächere, in sehr kurzer Zwischenzeit folgte. Das Erdbeben verursachte Fensterklirren und schreckte viele Leute aus dem Schlafe. In Ragatz (Schweiz) wurde um dieselbe Zeit ein ziemlich heftiges Erdbeben mit der Richtung von SE nach N wahr- genommen (Notiz in Nr. 1 33 der »Vorarlberger Landeszeitung«). Feldkirch. Gegen 5h wurden in der Stadt zwei ziemlich starke Erdstösse in der Richtung von E nach W gespürt (Notiz in Nr. 48 der »Feldkircher Zeitung«). Gisingen bei Feldkirch. Um 4h 45m verspürte man all- gemein eine Erschütterung von einigen Secunden Dauer. Es war ein Rollen und Zittern, wie wenn ein schwerer Gegenstand im Hause umgefallen wäre. Das Haus des Berichterstatters zitterte noch nach .dem Aufhören des Geräusches, das dem von SW kommenden Stosse voranging (Pfarrer Joh. Peter Düringer). Tisis (Lehrerseminar) bei Feldkirch. Im Seminar merkte man nichts vom Erdbeben, auch die Schulkinder erzählten nichts hievon. Mündlich erfuhr der Berichterstatter noch vom Lehrer Schauert, dass es in Brand, am Ausgange des Brandnerthaies, von vielen Leuten bemerkt wurde, und zwar in E. v. Mojsisovi es, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 213 west — östlicher (oder ost — westlicher) Richtung: quer durchs Thal. Es war, wie wenn der Wind durchs Laub rauscht. Nach der Meinung des Berichterstatters scheint dieses Erdbeben in der Richtung des Rhätikons verlaufen zu sein (Prof. Fr. Xaverius Stelzel). Rank weil. Um 4h 50m bemerkten im Orte einzelne Per- sonen ein Erdbeben; am Bahnhofe jedoch wurde nichts wahr- genommen (k. k. Stationsvorstand Othmar Bertel). Göfis bei Feldkirch. 10m vor 5h wurde ein schwaches Erdbeben wahrgenommen (Correspondenz in Nr. 33 des »Vorarl- berger Volksblattes«). Frastanz (Bahnstation). Um 4h 51in wurde zuerst ziemlich allgemein eine Erderschütterung von 1 — 2S Dauer wahr- genommen, die sich als ein zweimaliges Schaukeln mit gleich- zeitigem Rauschen bemerkbar machte. Das Geräusch war, als wenn ein Zug in die Station einführe. Es ging der Erschütterung voraus. Die Stossrichtung war westlich (k. k. Stationsvorstand Chr. Wiederin). Frastanz. Etwa vor 5h wurden zwei rasch aufeinander- folgende Erdstösse in der Richtung von SE nach NW verspürt, wovon der letztere bedeutend stärker war und Möbel in zitternde Bewegung versetzte (Correspondenz im »Anzeiger für die Be- zirke Bludenz und Montafon«, Nr. 25). Nenzing. Im Bahnstationsgebäude wurde von Niemandem ein Erdbeben beobachtet, wohl aber im benachbarten Gais, von wo durch die Bemühungen des Herrn Stationsvorstandes Josef Latzel nachfolgender Bericht einlief: Gais bei Nenzing. Von mehreren Personen wurde um 4h 55m (um einige Minuten der Eisenbahnuhr vorausgehend) eine stärkere und gleich darauf eine schwächere stossartige Erschütterung mit scheinbarer Richtung von S nach N wahr- genommen. Die ganze Erschütterung dauerte etwa 28. Dem ersten Stosse ging ein starkes Rauschen, durch das der Bericht- erstatter erwachte, voraus (Procurist und Director der Baum- wollfabrik der Firma Douglass: Cornelius Buder). Thüringen. Nur in zwei Häusern wurde um die fragliche Zeit eine Erschütterung ohne Geräusch wahrgenommen. In einem Hause bemerkte eine Person Klirren der Fenster. Im 214 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Freien arbeitende Leute verspürten nichts (Oberlehrer Gebhard Kremmel). Bludenz. Ungefähr um 4h 50m — kann auch 2 — 3m früher gewesen sein, Correctur durch Zufall verhindert — verspürte der Berichterstatter zwei durch eine gute Secunde von einander getrennte Erschütterungen, von denen die erstere eine etwa ls währende, wellenförmige Bewegung war, wie sie etwa heftige Stösse von der Tiefe hervorrufen, während die zweite sich mehr als auffälliges Zittern von a/2s Dauer äusserte. Stoss- riehtung der Empfindung nach E — W (k. k. Bezirksschul- inspector und Bürgerschuldirector Fleisch). Brand. Um 4h 50m zwei ziemlich starke Stösse ungefähr in südöstlicher Richtung bemerkbar (Pfarrer A. Dönz). Bürserberg. Um 5lL wurde ein circa 4S dauerndes Erd- beben verspürt (Correspondenz in Nr. 133 des »VorarJberger Volksblattes«). Dal aas. Die Frau des Berichterstatters nahm im ersten Stocke des Stationsgebäudes, gegen 5h durch die Bewegung erwachend, ein von W nach E verlaufendes wellenförmiges Schaukeln des Bettes von 2S Dauer wahr. Der im Parterre amtirende Berichterstatter konnte nichts beobachten (k. k. Stationsvorstand Rud. Ratzka). In Meiningen (Pfarrer Lorenz Duelli), Victorsberg (Pfarrer A. Spiegel), Kl aus -Weil er (Oberlehrer Joh. Jos. Hau sie), Götzis (k. k. Stationsvorstand H. Hosp), Bezau (Oberlehrer Gasser), Au (Pfarrer L. Berchtold) und Schruns (Ortsschulrath Ant. Fitscb) wurde das Erdbeben nicht mehr verspürt. 8. Beben am 3. Juli. Auf der alten Stosslinie Thauer — Arzl — Mühlau — Inns- bruck erfolgte gegen 211/2h e,ne leichte Erschütterung, die wohl wieder in Arzl ihr Centrum hatte. In Innsbruck wurde das Erdbeben nur von wenigen Personen verspürt; im ersten Stocke eines am Pfarrplatze befindlichen Gebäudes, kurz vor 2 1 1/2h, gleichzeitig von drei Personen zwei schwache centrale Stösse (Katechet Wechn er); im dritten Stocke ebendaselbst um 21h17"' zwei schwache, E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 21o centrale Stösse ohne Geräusch mit 1 s Zwischenzeit, wobei der zweite etwas schwächer war (Prof. Wiedemayr); endlich im Parterre eines Hauses in der Fallmerayerstrasse nach 21h ein leises Zittern ohne Geräusch (Prof. Rudolf Böckle). In Müh lau wurde es von mehreren Personen um dieselbe Zeit als eine von W nach E verlaufende, ziemlich starke Er- schütterung beobachtet (k. und k. Oberstlieutenant v. Payr). In Arzl wurde von mehreren Personen, die im »Stern- graben« sassen, circa um 21h ein heftiger, von W nach E gerichteter Stoss wahrgenommen, wobei sie auch ein kurzes dumpfes Getöse zu hören vermeinten. In T hau er beobachteten die beiden Cooperatoren um L'l1 th zwei leichte Erschütterungen, welche in kurzem Intervall aufeinanderfolgten (Pfarrer Georg Ausserlechner). In Hall (Lehrer Kühl wein), Tulfes (Lehrer AI. Kössler), Matrei (Beneficiat AI. May r), Wüten (Dr. Sc hör n) und Völs (k. k. Stationsvorstand Ziffer) wurde nichts mehr bemerkt. 9. Beben am 15. August. Um 1 lh 15™ wurde in Seilrain (Rothenbrunn) in Häusern und im Freien — so im Weiler »Danöben« und »Lechen« — eine Erderschütterung verspürt, die von SW kam und ungefähr 3S dauerte. Sehr kurzes, doch deutlich wahrnehmbares Rollen ging der Erschütterung voran, jedoch ohne Zwischenpause bezüglich der Erschütterung. Die Bewegung selbst äusserte sich als gleichmässiges Zittern (Schulleiter Fr. Karl Pfeifer). Auch im höher gelegenen Weiler Neder wurde es als »Rumpier ohne Rüttler« wahrgenommen. Am stärksten soll es im Freien (»Brueder Au«) verspürt worden sein. Erdbeben — sehr fraglich — am 19. September. Eine Correspondenz der »Neuen Tiroler Stimmen« be- richtet in Nr. 216 aus Hall: »Am Montag zur Mitternachtszeit wurde nach kurzer Zwischenzeit zweimal nach einander ein mehrere Secunden andauerndes Erdbeben verspürt, welches sich in Erschütterungen von Thüren und Fenstern mit unter- irdischem Getöse kund that«. Mündliche und schriftliche Erkundigungen in Hall (Prof. P. Jul. Gremblich, Lehrer Kühl wein und Südbahnofncial 216 Mittheilungen derErdbeben-Commission. Stillebacher) und im Nachbarorte Thauer (Pfarrer G. Ausser- lechner) ergaben ein völlig negatives Resultat, so dass obige Notiz wohl auf einen Irrthum zurückzuführen sein dürfte. > 10. Beben am 2. October. Um 19h 4m und 21h 35m wurden im Brennergebiete zwei Erschütterungen beobachtet, worüber Folgendes vorliegt: Gries am Brenner. Ungefähr um 19h und 21h 30m ver- spürten auf der Bahnstation im Telegraphenbureau, im Wächter- signalhäuschen und in den Wohnzimmern, ferner im Dorfe Gries die meisten Personen ein gleichartiges Zittern von einigen Secunden Dauer mit einem Geräusche, gleich wie bei einer Erdabrutschung (Stationsaufseher Jos. Anker). Obernberg. Um 2 1 h 38m wollen mehrere Personen ein Erdbeben, bestehend in drei Secunden andauernden Stössen, begleitet mit unterirdischem Rollen in der Richtung von SE nach NW, und um circa l/2 Stunde später ein zweites, 5S an- dauerndes, von gleicher Art wie ersteres bemerkt haben (Pfarrei- Thomas Mössl). Brenner. Im Pfarrhause verspürte man um 19h 4m und um 21h35m ein fortlaufendes Rollen von ungefähr 2S, beziehungs- weise 4 — 5S ununterbrochener Dauer, mit gleichzeitigem rasselnden Geräusche (Pfarrer Isidor Alvera). Gossensass. In Gebäuden des Ortes fühlten mehrere Personen um 21b 30m ein gleichartiges, 4S andauerndes Zittern in der Richtung von E nach W. Das Geräusch äusserte sich als anhaltendes Donnern (Schulleiter Detter). Ausserpfitsch. Um 19h15m wurde von den meisten Personen des Ortes eine 4— 5S andauernde Erderschütterung in der Richtung von W nach E wahrgenommen. Dieselbe bestand in einem Stosse, dem ein kurzes Donnern folgte (Pfarrer Peter Alvera). In Steinach, St. Jodok (Pfarrer Obersanner), Schelle- berg (Stationsleiter Mittelberger) und Sterzing (Capuziner- lector P. Zierler) wurde von der Erschütterung nichts bemerkt. 11. Beben vom 5. October. Um 5h 43ra bemerkte der Berichterstatter in St. Pankraz (Ultenthal) im zweiten Stock eines freistehenden Hauses ein E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. - 1 < fernes tiefes Donnern, als ob man mit einem schweren Fuhr- werke über einen hohen Stadeltennen fahren würde. Das ferne, etwa 3S andauernde Poltern (ohne Zittern oder Stoss!) schien von W oder NW herzukommen. Eine Selbsttäuschung ist aus- geschlossen (Dr. A. Tinzl). Über dieselbe Erscheinung berichtet der »Burggräfler« in gleicher Weise. 12. Beben vom 3. November. Rankweil. Nr. 254 des »Voralberger Volksblattes« enthält folgende Correspondenz: »Rank weil 7. November. Soeben lese ich in einem Wiener Blatte, dass am 3. d. M. in Italien ein Erdbeben verspürt wurde, welches auch hier um die nämliche Zeit bemerkt wurde; denn um 10m vor 5h wurde Schreiber dieses am selben Tage aus dem Schlafe geweckt. Es war ein kurzer Stoss, da,ss er zuerst glaubte, es sei eine andere Ursache, welche das Haus erschütterte«. In Rankweil (Stationsvorstand Bertel), Feldkirch (k. k. Professor Kiechl), Kl aus -Weil er (Oberlehrer Johann Josef Hau sie) und Tisis (Prof. Fr. Xavertus Stelzel) über dieses Erdbeben eingezogene Erkundigungen ergaben ein negatives Resultat; nur in Alten Stadt bei Feldkirch will eine Frau auch einen Stoss verspürt haben. 13. Beben 28. November. Um 3'1 14m wurden in D Öls ach (Bezirk Lienz) von wenigen Personen zwei heftige Stösse mit 3S Zwischenzeit bemerkt. Dem zweiten Stosse folgte ein leichteres Rütteln von 9 — lls Dauer. Richtung anscheinend von SE nach NW (Schulleiter Jos. Defr egger). Da am selben Tage auch in dem weit entfernten Ausser- pfitsch (bei Sterzing) etwas vor lh und um 4U 25m abermals von einigen Personen ein »Rumplen«, »als ob ein Erdbeben gewesen wäre«, bemerkt wurde, zog Referent aus dem ganzen Zwischengebiete Erkundigungen ein, erhielt aber von sämmt- lichen angegangenen Beobachtern: Kapuzinerlector P. Zier ler in Sterzing, Stationsvorstand Hillbrand in Grassstein, Schulleiter Ed. Hillebrand in Villnöss, Decan Peter Pallua 218 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. in Enneberg, Lehrer Fr. Oberhollenz er in St. Johann in Ahm, Stationschef Moriz Kubin in Toblach, Canonicus Hieron. G ander in Irinich en, Schulleiter V. G oll er in Sexten, Pfarrer Niederwanger in Abfalter sbach, Lehrer Joh. Kaier in Anras und k. k. Bezirksarzt Dr. Wörle in Lienz negativ lautende Antworten. 14. Beben vom 9. December. Um 18'1 24m bemerkten 15 — 20 Personen in Seefeld im Freien bei einem Spaziergange eine donnerähnliche Erschütte- rung, die sich als ein Druck von unten in der Dauer von 3 — 5S äusserte. Druck und donnerähnliches Geräusch waren gleich- zeitig. Zwei Schlittschuhläufer theilten dem Beobachter nach- träglich mit, dass um dieselbe Zeit, circa 18h 30m das Eis des zugefrorenen Sees an mehreren Stellen Stösse erhielt, aus welchen nur für einige Augenblicke Wasser hervorquoll (Lehrer Jos. Seh wein est er). In Scharnitz (Lehrer Jos. Mariner), Oberleutasch (Pfarrer Joh. Sponring) und Reu th (Pfarrer Mai r) verspürte man nichts hie von. 15. Beben vom 24. December. Ungefähr um 171/,1' wurde im nördlichen Gebiete der Ötzthaler- und Stubaieralpen eine Erderschütterung verspürt, worüber folgende Berichte einliefen: Ridnaun. Beiläufig um 17h 30™ Ortszeit (die Uhr dürfte circa 10 — 15m gegen die Bahnuhr zu spät gehen) wurde vom Berichterstatter in der Kirche stehend, ferner von seinen im Pfarrhofe ebenerdig sich aufhaltenden Hausgenossen, sonst nur noch von wenigen anderen Personen des Ortes eine von SE kommende Erschütterung wahrgenommen. In der Kirche war es, als wenn von* der Höhe etwas herabrollen würde, im Pfarr- hofe ebenso, nur glaubte man, es würden die Fenster zu klirren beginnen. Die im ganzen Verlaufe gleichartige Erschütterung dauerte beiläufig 1/2 Minute. Das Geräusch, dem beim Auffallen einer Dachlavvine entstehenden ähnlich, war mit der Erschütte- rung gleichzeitig (Pfarrer Joh. Mayr). E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 219 Neustift im Stubai. Um 17h 30m wollen einige Personen eine schwache Erschütterung wahrgenommen haben (Lehrer Benedict Pedevilla). St. Sigmund im Sellrainthale. Im ganzen Orte wurde ungefähr um s/±\8h (nach Kemater Bahnuhr) ein continuirliches Zittern mit verstärkter Erschütterung am Ende, begleitet von unterirdischem, ziemlich starken polternden Rollen in der Richtung von NE — SW wahrgenommen. Geräusch und Er- schütterung, so ziemlich rasch aufeinanderfolgend, währten 2 — 3S. Die Vögel flatterten in den Käfigen (Pfarrer Gottfr. Konrath). Gries im Sulzthal (Nebenthal des Ötzthales). Ungefähr um 17h 35 — 40m wurde ein Erdbeben beobachtet, begleitet von donnerähnlichem unterirdischen Getöse. Die wellenförmige, circa 1 — 2S andauernde Bewegung schien die Richtung von W nach E zu haben (Caplan Aldabert Reisigl). Längenfeld. Trotz Umfrage konnte der ständige Beob- achter (Uhrmacher Serafin Arnold) keine positiven Daten erlangen. Ein Correspondent des »Bote für Tirol und Voralberg« berichtet jedoch aus Längenfeld in Nr. 297: »Am heil. Abend wurde um 17h 50m ein Erdbeben verspürt. Fenster und Häuser wurden erschüttert«. Umhausen. Um 17h 35m wurde ein ganz kurzes Erdbeben verspürt, das den Eindruck eines über eine Brücke fahrenden Wagens machte und von Sausen begleitet war. Gegen NE, un- gefähr 200 in vom Dorfe entfernt, war der Eindruck erheblicher (Pfarrer Schmid). Ötz. Hier wurde nichts bemerkt (Pfarrer Alois Matt). Bahnhof Station Ötzthal. Um 17h 35m wurde vom Be- richterstatter während des Telegraphirens und noch von eini- gen anderen Personen eine einzelne schwache Erschütterung mit gleichzeitigem dumpfen, unterirdischen Rollen — wie beim Vorbeifahren eines schweren Fuhrwerkes — scheinbar in der Richtung von SW — NE und in der Dauer von höchstens 2S beobachtet. Einzelne Glockenschläge am Läutewerk, ferner das Ausbleiben der Zeichen während des Telegraphirens waren die einzigen bemerkbaren Wirkungen des Erdbebens, während die 220 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nadel der Boussole bereits vor der Erschütterung in rotirende Bewegung gerieth (k. k. Stations-Assistent Isnenghi). Bahnstation Silz. Hier war das Erdbeben vom Bahn- stationsgebäude in linker Richtung gegen die Kühtheieralpe zu fühlbar, u. zw. als kurzer dröhnender Stoss, dann Rollen von E — W. Dauer 1 X/2S (k. k. Stationsvorstand Lugauer). Bahnstation Roppen. Um 17b 25m wurde von einzelnen Personen eine einmalige, schaukelartige Erschütterung beob- achtet, die von NW kam und einige Secunden währte. Rasseln- des Geräusch folgte unmittelbar der Erscheinung (k. k. Sta- tionsvorstand Georg Gatt). Bahnstation Im st (k. k. Stations-Vorstehung) und im Markte Imst (k. k. Landesgerichtsrath R. v. Trentinaglia) wurde nichts bemerkt. Jerzens (Pitzthal). Der Berichterstatter selbst nahm zwar nichts von einem Erdbeben wahr, wohl aber andere vertrauens- würdige Personen, u. zw. um 17h 45m (Lehrer A. Le titsch). Kaltenbrunn (Kaunserthal). Ungefähr 1 7x/2h wurden mehrere Erdstösse wahrgenommen, die eine ähnliche Erschüt- terung hervorbrachten, wie eine zu Thal gehende Lawine. Dauer circa 2S (Pfarrer Jos. Prieth). Nach mündlichen Mit- theilungen wurde auch noch in Kauns (Kaunserthal) kurz nach 17h 30m auf dem Kirchenchore während des Gottesdien- stes allgemein ein »Rumpier« mit seitlichem Stoss von SSW verspürt. In Ried (k. k. Kanzlist Joh. Hofer), Prutz (Pfarrer P. Bernhard), Nassere it (Pfarrer Schöpf), Telfs (Privat K. Daum), Solde n (Pfarrer Gottfried Klucker) und im ganzen Wippthale wurde nichts mehr verspürt. 16. Beben am 27. December. Nr. 294 des »Vorarlberger Yolksblattes« bringt folgende Erdbebennotiz: Götzis, 27. December. Heute verspürte man in hiesiger Gegend etwas nach llh ein ziemlich heftiges Erdbeben. Die Erschütterung war so stark, dass einzelne Häuser zitterten und die Leute angstvoll zusammenliefen, um zu sehen was los sei. K. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. --'-1 Zöglinge des Lehrerseminars in Tisis bei Feldkirch be- richten, dass man dasselbe Erdbeben nur noch in Hohenems und Dornbirn (Oberdorf) beobachtet habe, u. zw. als eine kurze Erschütterung in ostvvestlicher Richtung (Prof. Fr. Xaverius Stelzel). Weitere mündliche Mittheilungen und durch Oberlehrer Joh. Jos. Häusle in Klaus, Stationsvorstand Bertel in Rankweil und Stationsvorstand Gorbach in Hohenems eingesendete Erkundigungen ergaben ein negatives Resultat. X. Tirol, italienische Gebiete. Der Referent Herr Prof. Jos. Damian in Triest erstattet folgenden Bericht: Von den 53 Beobachtern des Jahres 1897 ist einer (Ca- valiere de Pizzini in Ala) gestorben, einer übersiedelte, wofür ein anderer gewonnen wurde. Einzelne sind versetzt worden, ohne dass sie dem Referenten hievon Mittheilung gemacht haben. Es kann die Befürchtung nicht unterdrückt werden, dass solche Fälle öfters eintreten dürften. Mit Dankbarkeit muss anerkannt werden, dass der Director der Mori-Arco- Rivabahn, Julius Mühle isen, die Stationsleitungen dieser Bahn aufgefordert hat, die Erdbeben-Beobachtungen der k. Akademie der Wissenschaften zu fördern. An dieselben wur- den in Folge dessen Fragebogen gesendet. Im abgelaufenen Beobachtungs-Jahre sind nur über zwei Beben Meldungen eingelaufen. 1. Beben vom 4. März. Um 22u 10m fand in Riva am Gardasee ein Beben statt. Die Station liegt auf Alluvialboden. Die allgemein wahrgenom- mene Erschütterung bestand in einem stärkeren Stoss, dem ein schwächerer nachfolgte. Nach dem Hauptstosse trat ein schnelles Zittern (Schaukeln) ein, diesem folgte ein schwaches nach. Die Richtung des Stosses scheint von Südosten gekom- men zu sein. Diese Richtung deuteten auch die Schwingungen einer Hängelampe an, die mit der Magnetnadel orientirt wur- den. Die Vibrationen des ersten Stosses dauerten 2 — 3S, die 222 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. des zweiten ungefähr 2S. Ein dumpfes Rollen, wie Gewitter- rollen, ging dem ersten Stosse voran; eine nervenkranke Dame dachte anfangs, es habe sich von der Spitze der Rochetta ein Felsstück losgelöst und sei wie eine Steinlawine den Abhang herabgerutscht. Das Geräusch ging der Erschütterung voraus. In der Villa des Beobachters krachten einzelne Möbelstücke, nahe beieinander stehende Gläser klirrten und die Hängelampe gerieth in Schwingungen. Die Bevölkerung verhielt sich ruhig, nur die Fremden waren etwas erregt. Die Haushunde neben der Villa winselten (Dr. med. Christoph von Härtungen). In Arco wurde ungefähr um 22h 30m ein ziemlich starkes, nur kurz anhaltendes Beben beobachtet. Richtung von Westen nach Osten. Bewegung wellenförmig (Arthur Wildgrub er, k. k. Postverwalter). Vom Beobachter in Pregarina lief keine Meldung ein. Predazzo. In der Nacht vom 4. auf den 5. März haben einzelne Personen des Ortes starke Erschütterungen der Erde wahrgenommen (Agreiter). 2. Beben vom 2. October. Um 5h 30m wurde in Arco eine ziemlich starke Erderschüt- terung verspürt. Der Beobachter wurde vom Schlafe aufgeweckt. Auch andere Beobachter der Stadt haben die Bewegung des Bodens wahrgenommen (A. Wildgruber, k. k. Postverwalter). Von den Stationsleitungen der Mori-Arco-Rivabahn, von Riva und Pregarina liefen keine Nachrichten ein. XI. Böhmen, deutsches Gebiet. In Folge der Übersiedlung des Herrn Prof. Dr. F. Becke nach Wien ist in der Person des Referenten ein Wechsel ein- getreten, indem Herr Prof. Dr. Victor Uhlig in Prag die Func- tionen eines Referenten übernahm. Herr Prof. Uhlig erstattete nachstehenden Bericht. Von den 251 Beobachtern des Jahres 1897 sind im Laufe des Jahres 1898 zwei gestorben, und ein Beobachter ist über- siedelt. Somit kamen im Ganzen 3 Beobachter in Wegfall, da- gegen wurden 16 Beobachter neu gewonnen, so dass gegen- E. v. Moj siso vics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 223 wärtig 267 Beobachter fungiren. Die Zahl der Stationen ist von 230 im Jahre 1897 auf 237 im Beobachtungs-Jahre gestiegen. Entsprechend der Weisung der Erdbeben-Commission vom 21. December 1898 wurden 2500 Stück Fragebogen und Auf- rufe an den Landesschulrath für Böhmen zur Vertheilung an die Lehrerschaft der deutschen Volks- und Bürgerschulen über- mittelt. Seine Excellenz der Herr Statthalter von Böhmen, Graf Coudenhove hat die thunlichste Förderung der Erdbeben- Beobachtung in freundlicher Weise zugesagt, desgleichen die Post- und Telegraphendirection in Prag. Im Jahre 1898 sind im deutschen Gebiete Böhmens nur zwei Erdbeben zur Beobachtung gelangt. 1. Beben vom 18. April. Bleistadt. Um 2h 45m nahm Herr Dr. med. R. Fuchs in Bleistadt in seiner Wohnung mehrere Erschütterungen in der Richtung von Westen nach Osten wahr, denen ein rasselndes Geräusch nachfolgte. Das Beben wurde ausser von dem Beobachter auch noch vom Herrn Pfarrer Kaspare k bemerkt. 2. Beben vom 31. December. Brambach. Zu Folge der Meldung des Herrn Beobach- ters in Asch, Herrn Bürgerschuldirector Karl Albert i, ist in Brambach und Rohrbach bei Asch in der Nacht zum 31. De- cember gegen Y^'1 ein Erdstoss bemerkt worden. Derselbe war von donnerähnlichem Rollen begleitet und machte die Fensterscheiben erzittern. Die Richtung war von Nordost nach Südwest. XII. Böhmen, böhmisches Gebiet. (Referent Herr Prof. Dr. Wo ld rieh in Prag.) Im Laufe des Jahres 1898 änderten mehrere Beobachter ihren Wohnort und wurden durch neue Persönlichkeiten er- setzt. Selbständig meldeten sich zehn Beobachter aus noch nicht im Beobachtungsnetze vertretenen Orten. Anlässlich der »Melniker Detonation« vom 8. April wurden an vierzig neue Beobachter aus verschiedenen Orten Mittel- und Nordböhmens 224 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. gewonnen, und das Interesse für die neue Beobachtungsorgani- sation stieg bedeutend, so dass gegenwärtig das Netz des böhmischen Beobachtungsgebietes an 310 Stationen zählt. Über Auftrag der »Erdbeben-Commission« wurden je 3200 Exemplare des Aufrufes und des Fragebogens an den k. k. Landesschulrath für das Königreich Böhmen betreffs Ver- keilung derselben an Volks- und Bürgerschulen mit böhmi- scher Unterrichtssprache übergeben; auch für den Herrn Referenten Prof. Dr. Makowsky in Brunn wurden die für den gleichen Zweck nöthigen Exemplare in böhmischer Sprache besorgt. Aus dem Beobachtungsgebiete des Referenten langten nur Berichte über die am 8. April 1898 beobachtete unterirdi- sche Detonation von Melnik ein; sonst wurde nichts wahr- genommen. Diese gewiss beachtenswerthe und nicht unwichtige Detonation, welche in drei Gebieten: im Melniker, im Turnauer und im Neu-Paka-Josefstädter Gebiete fast gleichzeitig beob- achtet wurde, wäre sicherlich unbeachtet und unregistrirt ver- laufen, wie wahrscheinlich manche frühere solche Erschei- nungen, wenn die Organisation der Erdbeben-Commission nicht bereits fungirt hätte, zumal mit dieser Detonation keine inten- siveren Erderschütterungen verbunden waren. Über diese Er- scheinung liegt bereits ein eingehender Bericht gedruckt vor.1 Der am selben Tage (8. April) eingetretene Erdrutsch bei Klape ist wohl tektonischen, aber keineswegs seismischen Ursprungs; derselbe hängt mit bedeutenderen atmosphärischen Nieder- schlägen zusammen und bereitete sich seit längerer Zeit vor, da er schon im Herbste des Jahres 1897 begann. Über denselben habe ich in den Schriften der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Prag eine eingehende Abhandlung ver- öffentlicht. XIII. Mähren und Schlesien. Nach dem Berichte des Referenten Herrn Prof. Alex. Makowsky in Brunn hat sich im Berichtsjahre weder im 1 Bericht über die unterirdische Detonation von Melnik in Böhmen vom 8. April 1898, von J. N. Woldr ich. Mittheilungen der Erdbeben-Commission. IX. Diese Sitzungsberichte, Bd. CVII, Abth. 1, S. 1179. F.: v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. 220 Stande der Beobachter eine Veränderung ergeben, noch sind dem Referenten Nachrichten über seismische Erscheinungen in Mähren und Schlesien zugekommen. XIV. Galizien. Der Referent Herr Prof. Dr. Ladislaus Szajnocha in Krakau berichtet, dass im Laufe des Jahres 1898 weder irgend ein Erdbeben in Galizien beobachtet wurde, noch irgend eine Veränderung im bisherigen Stande der Beobachter stattgefunden habe. XV. Bukowina. Auch dieses Land hat sich im Berichtsjahre als ein immunes Gebiet erwiesen, da nach den Mittheilungen des Herrn Referenten Oberbaurathes Anton Pawlowski in Czerno- witz von keinem Punkte des Landes Meldungen über Erdbeben einliefen. Der Stand der Beobachter hat sich gegen das Jahr 1897 etwas erhöht, indem fünf neue Beobachter gewonnen wurden. Vier von diesen Beobachtern ergänzen das Beob- achtungsnetz in der karpathischen Region der Bukowina in erwünschter Weise. Nachtrag. Erst nach Abschluss der Chronik der Erdbeben lief die verspätete Mittheilung der k. k. meteorologischen Beobach- tungsstation G o 1 1 r a d (Steiermark) ein, dass daselbst am 5. December 1898 um 14h 50m von mehreren Personen ein Erdbeben bemerkt wurde, welches etwa 3S dauerte und die Richtung W — E erkennen liess. Mit Hinzurechnung dieses Bebens erhöht sich (vergl. S. 34) die Zahl der Erdbebentage des Jahres 1898 auf 208. Mit Hinzurechnung des auf S. 201 erwähnten Stosses vom 13. December 1898 in Orahovac bei Cattaro, welchen der Herr Referent für Dalmatien nicht als selbständiges Beben in die Chronik aufgenommen hatte, würde sich die Zahl der Erdbebentage des Jahres 1898 auf 209 erhöhen. Es ist wohl Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 15 226 E. v. Mojsisovics, Chronik der Erdbeben im Jahre 1898. selbstverständlich, dass auch diese Ziffer nur als ein Minimal- werth angesehen werden kann, da die Berichterstattung nur in jenen Ländern eine annähernd vollständige ist, wo, wie z. B. in Krain und Görz, der Referent einen unausgesetzten Contact mit den Beobachtern aufrecht erhält und sie wiederholt zur Berichterstattung auch ganz schwacher seismischer Erschei- nungen ermuntert. Inhalt. Seite Allgemeiner Bericht 33 I. Niederösterreich 37 II. Oberösterreich 53 III. Salzburg 55 IV. Steiermark 57 V. Kärnten 79 VI. Krain und Görz 82 VII. Gebiet von Triest 169 VIII. Istrien und Dalmatien • 181 IX. Deutsches Gebiet von Tirol und Vorarlberg 202 X.- Italienische Gebiete von Tirol • 221 XI. Böhmen, deutsches Gebiet 222 XII. Böhmen, böhmisches Gebiet 223 XIII. Mähren und Schlesien 224 XIV. Galizien 225 XV. Bukowina 225 Nachtrag 225 227 XI. SITZUNG VOM 20. APRIL 1899. Erschienen: Denkschriften, Bd. G7 (1899). — Sitzungsberichte, Bd. 107, Abth. II. a., Heft IX und X (November und Deccmber 1897). Herr Dr. Julius Tandler in Wien spricht den Dank für die ihm bewilligte Subvention zur Ausarbeitung des II. Theiles seiner Arbeit über die Schädelarterien aus. Herr Dr. Oskar Nagel in Wien übersendet ein versiegeltes Schreiben behufs Wahrung der Priorität mit der Aufschrift: »Über Ei w e i s s « . Das w. M. Herr Intendant Hofrath F. Stein dachner berichtet über eine neue Uromastix- Art, U. simonyi, welche während der arabischen Expedition der kaiserlichen Akademie von Herrn Prof. 0. Simony in Südarabien sowohl in den gebirgigen Umgebungen von "Azzan, als auch — und zwar in besonderer Häufigkeit und seltener Grösse — in dem nördlich von Ras Fartäk gelegenen Weihrauchgebiete beobachtet wurde. Im letzteren nährt sich dieses träge, ausschliesslich pflanzen- fressende Nachtthier nach zuverlässigen Mittheilungen der Ein- gebornen vorwiegend von den Blättern des Weihrauchbaumes. Das w. M. Herr Dr. E. Weiss überreicht eine Abhandlung von Hofrath Prof. Dr. W. Tinter, betitelt: »Bestimmung des Azimuthes der Richtung: Obs ervatori um der k. k. tech- nischen Hochschule Wien (Punkt 4) — Leopoldsberg und Bestimmung der Meereshöhe einzelner Punkte des Observatoriums«. Herr Dr. Egon v. Oppolzer, I. Assistent der k. k. Stern- warte in Prag, übersendet eine vorläufige Notiz über eine neue Methode, Fadenantritte zu beobachten. 15* 228 Herr k. und k. Linienschiffslieutenant Theodor Scheim- pflug überreicht eine von ihm und Herrn Max Stotter ver- fasste Abhandlung: »Temperaturmessungen im Queck- silberbergwerke von Idria«. Herr Leopold Kohn überreicht eine von ihm in Gemein- schaft mit Herrn Otto Bleier im II. chemischen Universitäts- laboratorium in Wien ausgeführte Arbeit: »Über ein all- gemein verwendbares Verfahren der Dampfdichte- bestimmung unter beliebigem Drucke« (I. Mittheilung). Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Hildebrand Hildebrandsson, Dr. H. et Teisserenc de Bort, L. : Les bases de la Meteorologie dynamique, histo- rique-etat de nos connaissances. Paris, 1898; 8°. Lais, P. Giuseppe: Tre nebulose fotografate recentemente alla Specola Vaticana. Rom, 1899; 8°. Schumann, Dr. W.: Die Verbreitung der Cactaceae im Ver- hältniss zu ihrer systematischen Gliederung. (Aus dem Anhang zu den Abhandlungen der königl. preuss. Aka- demie der Wissenschaften zu Berlin vom Jahre 1899.) Berlin, 1899; 4°. Vallot, J.: Annales de l'Observatoire meteorologique, physique et glaciaire du Mont Blanc. Tome III. Avec figures et 14 reproductions photographiques. Paris, 1898; Gross-8°. Weinek, Dr. L.: Photographischer Mondatlas, vornehmlich auf Grund von focalen Negativen der Lick-Sternwarte im Maassstabe eines Monddurchmessers von lOFuss. Heft V (Tafel 81 — 100 in Lichtdruck). Prag, 1899. Woldrich, J. N.: Geologische Studien aus Südböhmen. I. Aus dem böhmisch-mährischen Hochlande. Das Gebiet der oberen Nezärka. (Archiv der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung von Böhmen, Bd. XI, Nr. 4.) Prag, 1898; 8°. — Sesuti u klapeho z roku 1898. (Vestnik kral. ceske spolec- nosti näuk. Trida mathematicko-prirodovedeckä, 1899, II.) Prag, 1899; 8°. Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abtheilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abtheilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio- logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo- logie, Physischen Geographie, Erdbeben und Reisen. [ Abtheilung II. a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. ?Abtheilung II. b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. tAbth eilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Thiere, sowie aus jenem der theoretischen Medicin. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Manuscripte voran. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand- lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichniss ein Preis beigesetzt Jäst, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Carl Gerold's Sohn (Wien, I., Barbaragasse 2) zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Theile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel : »Monatshefte fürChemie und verwandte Theile anderer Wissenschaften« heraus- gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 5 fl. oder 10 Mark. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus- gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. oder 3 Mark JUN 3 1901 IV o^- SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. V. HEFT. JAHRGANG 1899. — MAI. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE D'xLR MI.\ER\I OGiE, £ KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. (MIT 4 KARTEN, '6 TAFELN UND 9 TEXTFIGUREN.) "*-~V*^§jr?£sP^" WIEN, 1899. AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN INHALT des 5. Heftes Mai 1899 des CVIII. Bandes, Abtheilung' I der Sitzungs- berichte der mathem.-naturw. Classe. Seite XII. Sitzung vom 4. Mai 1899: Übersicht 231 Enderlein G., Die Respirationsorgane der Gastriden. (Mit 3 Tafeln.) [Preis: 70 kr. = 1 Mk. 40 Pfg.] 235 Jäkowatz A., Die Arten der Gattung Gentiana, Sect. Jhylacites Ren. und ihr entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang. (Mit 2 Karten, 2 Tafeln und 1 Textfigur.) [Preis: 75 kr. = 1 Mk. 50 Pfg.] • . 305 Mazelle E., Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XI. Die Ein- richtung der seismischen Station in Triest und die vom Horizontalpendel aufgezeichneten Edbebenstörungen von Ende Aagust 1898 bis Ende Februar 1899. (Mit 8 Text- figi-cfl,) [Preis: 50 kr. = 1 Mk.] 357 Seidl F., Mittheilnnron der Erdbeben-Commision der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XII. Übersicht der Laibacher Osterbebenperiode für die Zeit vom 16. April 1895 bis Ende December 1898. [Preis: 35 kr. = 70 Pfg.] . 395 XIII. Sitzung vom 12. Mai 1899: Übersicht 431 Becke F., Optische Orientirung des Anorthits vom Vesuv. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 20 kr. = 40 Pfg.] ^.434 Hoernes R., Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XIII. Bericht über das obersteirische Beben vom 27. November 1898. (Mit 2 Karten.) [Preis: 55 kr. = 1 Mk. 10 Pfg.] 443 XIV. Sitzung vom 18. Mai 1899: Übersicht 471 Preis des ganzen Heftes: 2 fl. 50 kr. = 5 Mk. — Pfg. JUN 8 1901 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. V. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. 16 231 XII. SITZUNG VOM 4. MAI 1899. Erschienen: Sitzungsberichte: Bd. 107, Abth. I, Heft VIII— X (October bis December 1898), womit nun der Druck dieses Bandes in allen Abthei- lungen abgeschlossen ist.-1— Monatshefte für Chemie, Bd. 20, Heft III (März U Das k. und k. militär-geographische Institut übersendet ■eine Studie über die Niveauveränderungen im Gebiete von Laibach von k. und k. Oberlieutenant Julius Gregor, betitelt: »Trigonometrische Höhenbestimmung des Punktes Uran schitz (Ras ica) im Erdbebengebietevon Laibach«. Der prov. Secretär legt folgende zwei Arbeiten von Herrn Karl Garzarolli-Th urnlackh in Prag vor: 1. »Über die Einwirkung von Benzylidenanilin auf Brenztraubensäure und ihren Äthylester«. 2. »Über die Einwirkung von Brenztraubensäure auf Malonsäure (Synthese der Itaconsäure«). Die Marine-Section des k. und k. Reichs-Kriegs-Mini- steriums übermittelt den von Herrn k. und k. Linienschiffs- capitän Paul Edlen v. Pott verfassten »Beschreibenden Theil« der Expedition S. M. Schiff »Pola« in das Rothe Meer (Südliche Hälfte) September 1897 bis März 1898. Der Referent der Erdbeben -Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Herr Eduard Mazelle, über- sendet einen Bericht über die in Tri est am Rebeur-Ehlert'schen Horizontalpendel im Monate April 1899 beobachteten Erdbeben- störungen. 16* 232 Herr Johann Meissner in Budapest übersendet eine Notiz über einen nach ähnlichen Gesetzen wie ein Pendel schwin- genden Kreis. Das w. M. Herr Prof. H. Weidel legt folgende im I. chemi- schen Laboratorium der Universität in Wien ausgeführte Arbeiten vor: I. »Über den Bindungswechsel bei den Homologen des P h 1 o r o g 1 u c i n s « , von R. R e i s c h. II. »Über ein Condensationsproduct des Trimethyl- phloroglucins«, von J. Cecelsky. III. »Über Brasilin und Hämatoxylin«, von J. Herzig. Das w. M. Herr Hofrath Fr. Steindachner berichtet über eine von Herrn Prof. 0. Simony während der südarabischen Expedition in Sokotra entdeckte neue Sepsina-Art. Das w. M. Herr Hofrath L. Boltzmann legt folgende Arbeiten vor: 1. »Über die Wärmeentwicklung durch Foucault- sche Ströme bei sehr schnellen Schwingungen«, aus dem physikalischen Institute der k. k. Universität in Innsbruck, von Prof. Dr. Ignaz Kieme ncic. 2. »Über die Bewegung einer Saite unter der Ein- wirkung einer Kraft mit wanderndem Angriffs- punkt«, von Dr. M. Radakovic in Innsbruck. Das w. M. Herr Hofrath V. v. Ebner überreicht eine Abhandlung aus dem histologischen Institute der k. k. Uni- versität in Wien, betitelt: »Zur Entwicklung der Vogel- hypophyse«, von Constantin J. Economo. Das c. M. Prof. J. M. Pernter überreicht eine vorläufige Mittheilung über die blaue Farbe des Himmels. Herr Dr. St. Bern heim er in Wien legt die Ergebnisse seiner experimentellen Studien zur Kenntniss der Bahnen der synergischen Augenbewegungen beim Affen und. der Beziehungen der Vierhügel zu denselben, vor. 233 Herr O. Abel, Assistent am geologischen Institute der k. k. Universität in Wien, legt eine Abhandlung vor, welche den Titel führt: »Untersuchungen über die fossilen Plata- nistiden des Wiener Beckens«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Hirschberg, Dr. J.: Handbuch der gesammten Augenheil- kunde. XII. Band: Geschichte der Augenheilkunde. Leipzig, 1899; 8°. Poincare, H.: »Scientia«. La theorie de Maxwell et les oscilla- tions Hertziennes, Chartres; 8°. 235 Die Respirationsorgane der Gastriden von Dr. Günther Enderlein in Leipzig. (Mit 3 Tafeln.) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. Februar 1899.) Die wesentlichen Differenzen, welche die Organisation der in den Magen einiger pflanzenfressenden Säugethiere parasitär lebenden Östridenlarven im Vergleich mit den Larven der übrigen Östriden und der Muscarien im Allgemeinen aufweist, veranlassten mich zu einer eingehenderen anatomischen und histologischen Untersuchung jener interessanten Thiere. Die directe Anregung war eine grössere Anzahl von ziemlich erwachsenen Larven von Gyrostigma sumatreiise Brauer, die ich aus dem Magen eines im Leipziger zoologischen Garten verendeten Exemplars von Rhinocerus lasiotis Sclater erhielt, das erst kurze Zeit vorher aus Sumatra eingetroffen war. Ein Theil der Larven wurde zu einem Versuch verwendet, die Imago zu züchten. Leider misslang derselbe jedoch, obgleich für nöthige Feuchtigkeit gesorgt wurde. Die Larven starben innerhalb weniger Tage. Jedenfalls hatten sie doch noch nicht das nöthige Entwicklungsstadium erreicht. Der andere Theil wurde theils frisch untersucht, theils conservirt. Wie bei allen entoparasitär lebenden Thierformen, bei denen sich ja in Folge des Mangels der directen atmosphäri- schen Luft eine tiefgreifende Anpassung in respiratorischer Hinsicht nothwendig macht, so weisen auch die Gastriden eine so weitgehende Complication der Athmungswerkzeuge auf, dass sie als Extreme ihres Typus hingestellt zu werden ver- dienen. Von den Untersuchungen an diesen Thieren sind denn auch diejenigen der respiratorischen Organe unter Hinzuziehung auch der übrigen Typen dieser Thierform eingehender behandelt 236 G. Ender lein , und zusammengefasst worden. Ihr Resultat ist diese Abhand- lung, die sowohl die vergleichende Anatomie, Histologie und Physiologie, als auch in einigen Punkten die Entwicklungs- geschichte und Entwicklungsmechanik berücksichtigt. Objecte der Untersuchung. Die Seltenheit der Infection von Gastrus -Arten bei Pferden in der Stadt bereitete zunächst einige Schwierigkeiten betreffs Erlangung lebenden Materials, doch erhielt ich nach einigen Bemühungen eine grössere Anzahl Larven aus der Pferde- schlächterei des Schlachthofes und des zoologischen Gartens. Meist waren es Pferde vom Lande, die sich also auf der Weide befunden hatten, an deren Magenwänden Gastrus- Larven sich befanden. Leider ist es mir nicht gelungen, jüngere Stadien von Gastrus lebend zu erhalten, es waren stets die dritten Larvenstadien. Ja, selbst in den Besitz von conservirten jüngeren Stadien zu gelangen, schlug trotz den grössten Bemühungen fehl, mit Ausnahme von vier Exemplaren des zweiten Stadiums, von denen zwei unter einer grossen Anzahl Larven an einem Stück Magenwandung vom Pferde aus der Sammlung des zoologischen Institutes festsitzend gefunden wurden. Es scheint die Entwicklung der beiden ersten Stadien äusserst rasch vor sich zu gehen; denn wie sollte man sich sonst die Thatsache erklären, dass bei der ungeheuren Häufigkeit und Massen- haftigkeit des Auftretens dieser Thiere in manchen Gegenden und bei der grossen Anzahl von Forschern und Beobachtern, die sich mit ihrer Lebensweise und Entwicklung beschäftigten, das erste Stadium nur wenigen Autoren vorgelegen hat, so Joly und Nu man. Letzterer bildet dieses auch ab. Das zweite Stadium scheint ausser von Nu man, der es erwähnt, eben- falls nur von Wenigen gesehen worden zu sein. Ausserdem gelangte ich in den Besitz einer Puppe und einer Puppenhülse, welche mir das Verständniss der Function einiger Theile sehr erleichterten. Da im Laufe der Untersuchung constatirt wurde, dass die verschiedenen Species der Gattung Gastrus in ihrem anatomi- Respirationsorgane der Castriden. -,J" sehen Bau keine wesentlichen Differenzen aufwiesen, so sind die Arten selbst grösstenteils nicht getrennt gehalten. Nur wo sich diese geringen Abweichungen zeigten, sind die Artnamen angeführt worden. Die Hauptmasse des untersuchten Materials gehört den Species Gastrus equi Fabricius und Gast ms haemorrhoidalis Linne an. In zweiter Linie lagen die schon oben angeführten Gyro- stigma sumatrense Brauer vor, die Brauer in den Achtziger Jahren beschrieb. Die Imago selbst ist noch unbekannt, doch vermuthet Brauer, gemäss einer brieflichen Mittheilung, dass sie sehr wahrscheinlich mit Spathicera Corti zu identificiren ist, die das Gastrus-Geädev besitzt. Durch die Güte des Herrn Prof. Dr. Fr. Brauer in Wien erhielt ich gegen Abschluss der mikroskopischen Arbeiten die beiden noch fehlenden, durch ihre Verschiedenheiten der Orga- nisation sehr wesentlichen Typen: Gyrostigma rhinocerontis bicomis Brauer und Cobboldia elephantis Brauer, das erstere Thier in einem Exemplar, das letztere in zwei Exemplaren zu freier Verfügung gestellt. Dieses äusserst interessante und seltene Material versetzte mich in die Lage, die Untersuchungen bedeutend zu erweitern und zu verallgemeinern. Auch betreffs biologischer Fragen und Literatur unterstützte derselbe mich mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit, für welche ich dem ge- nannten Herrn auch an dieser Stelle noch meinen besten Dank sage. Gyrostigma rhinocerontis bicomis stammt aus dem Magen des Rhinoceros bicomis. Diese Species repräsentirt, ähnlich wie Gyrostigma sumatrense, eine extreme Form der Anpassung. Besonders in die Augen springend sind die ausserordentlich vergrösserten Stigmenplatten, die auf beiden Seiten die Arcaden in Form dreier mäandrischer Bänder vielfach verschlungen auf- gewickelt zeigen. Auch bei dieser Form ist die Fliege selbst noch unbekannt. Eine sehr interessante Abweichung findet man schliesslich bei der Cobbotdia elephantis Brauer (Cobb.) aus dem Magen von Elephas indiens. Von dieser Art gelang es Brauer die Imago zu züchten, und er beschreibt sie in der Gedenkschrift der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien im Jahre 238 G. Enderlein 1896 (Beiträge zur Kenntniss aussereuropäischer Östriden und parasitischer Muscarien). Die lebhafte schwarze Fliege mit rothgelbem Kopfe zeichnet sich von den übrigen Östriden durch ihren Fühlerbau aus, indem nämlich das dritte Fühlerglied sehr gross und breit ist und dasselbe im Leben vorgestreckt gehalten wird, während die anderen Östriden ihre meist in Gruben versteckt liegenden kurzen Fühler selten heraustreten lassen. Ihr Flügelgeäder ist durch die Anwesenheit einer Spitzenquer- ader von allen übrigen Gastriden verschieden und zugleich sehr ähnlich dem der Musca domestica. Sie erinnert auch im Leben an eine echte Musca. Cobboldia loxodontis Brauer hatte ich nicht zur Ver- fügung, doch ist sie nach Brauer der Cobboldia elephantis so nahestehend, dass sich wesentliche Differenzen kaum ergeben würden. Alle bisher in den Magen von Vertretern der Perissodactyla (Pferd, Esel, Zebra, Rhinoceros) und der Proboscidea (Elephant) gefundenen Östriden fasse ich hier unter Gastriden zusammen. Es sind folgende Arten bis jetzt beschrieben worden, einige nur im Larvenstadium, und zwar die mit * versehenen. Der Wirth ist hinter dem Thier angegeben, dahinter das Vaterland. Cobboldia elephantis B r. Elephas indicus. Indien. — loxondontis B r. Elephas africanus. Afrika. Gastrus haemorrhoidalis L. Pferd. Europa, Nordamerika. — nigricomis Low. Krim. — snbjacens W 1 k. Pferd. Nordamerika. — lativentris Low. Europa. — flavipes Oliv. Esel. Südeuropa. — in er ih is Brauer. Pferd. ■ Europa, Nordamerika. — cqni Böhmi I, B r a u e r. Zebra (Equus Böhmi). Afrika. — pecorum Fabr. Pferd. Europa. — eqni Böhmi III, Br. Zebra. Afrika. cqni Böhmi II, Br. Zebra. Afrika. — veter inus Clark Pferd. , Europa. (nasalis). — eqni Fabri eins. * Gyrostigma sumatrense Br. rhinocerontis bi- cornis Br. Pferd, Esel. Europa, Asien, Afrika, Nordamerika. Rhinoceros sumatren- Sumatra. sis und lasiotis. Rhinoceros bicornis. Afrika. Respirationsorgane der Gastriden. 2'od Historischer Überblick. Die Literatur über Gastriden im Allgemeinen beschränkt sich nur auf die Gattung Gastrus. Gyrostigma und Cobbohiiq sind anatomisch noch nicht untersucht, abgesehen natürlich von den beschreibenden Arbeiten über die Gattungs- und Art- charaktere dieser Formen, die sich bei den systematischen Untersuchungen Braue r's ergaben. Obwohl nun die Zahl der Forscher und Beobachter, die sich mit der Gattung Gastrus beschäftigten, ziemlich gross ist, so gibt es doch nur wenige Arbeiten, welche ihre Anatomie behandeln. Leider sind die respiratorischen Organe trotz ihrer sehr abnormen Verhältnisse, ja vielleicht gerade in Folge der- selben, sehr lückenhaft bekannt, und es herrscht eine Anfangs geradezu verwirrende LJnklarkeit in der Erkennung dieser Organe. Verleidet durch die eigenthümlichen Lebensbedin- gungen und Lebenserscheinungen in den Athmungsverhält- nissen dieser Organismen hat sich ein origineller, ja fast un- glaublicher Missgriff in der Deutung derselben von Anfang an eingeführt, der sich weder anatomisch, noch histologisch begründen lässt, und fast durch die ganze Literatur erhalten. Es handelt sich um die Deutung der Stigmenplatte als Kiemenapparat. Doch davon bei den einzelnen Autoren aus- führlicher. Der erste Autor, der sich mit dem Bau und der Function unserer Athmungsorgane beschäftigte, ist Bracy Clark. Der- selbe scheint in seiner im Jahre 1797 veröffentlichten, systema- tischen, eingehenden Abhandlung wenigstens von der Function der Stigmenplatte eine richtige Vorstellung gehabt zu haben. Er schreibt: »When these (the lips) unfold, or are removed with the knife, a plate of horny or cartilaginous consistence is seen, having six semicircular lines, with their points opposed to each other«, weiter unten: »That the air is admitted by these means, is proved by immersing one of the larvae of this class of insects in a vassel of water; when a bubble may be extri- cated by pressure, and may be distinctly seen forming in the water, and 011 removing the pressure the bubble will be again entirely re-absorbed«. 240 G. Enderlein, Nach ihm ist es Nu man in seiner Arbeit über die Bremsen- larven im Magen der Pferde, die 1833 in holländischer Sprache erschien und 1837 von L. G. Hartwig ins Deutsche über- tragen wurde, welcher sich in eingehender Weise mit den eigenthümlichen Athmungsvorgängen der Gastrus-Larven be- schäftigte. Er brachte Gastrus-havven in verschiedene Gasarten und bestimmte in sehr umfassender Weise ihre Lebensdauer in denselben. Die wesentlichen Resultate sind etwa folgende. Die Larven lebten in Sauerstoff etwa vier Tage, in Kohlensäure und Wasserstoff etwa drei Tage, in Stickstoff vier Tage und in Schwefelwasserstoff \1/2 Stunden. Das Resultat dieser und einer mikroskopischen Untersuchung war, dass er die Stigmen- platte als dem Organismus direct Sauerstoff zuführend deutete, also nicht als Verschlussapparat, was sie wirklich ist. Seine Worte sind hierüber: »Am hinteren Ende wird der Körper durch eine sehr harte, hornige Platte geschlossen, welche aus sechs halbzirkelrunden Streifen, deren Enden einwärts gekehrt ein- ander gegenüberstehen, gebildet sind. Diese Streifen sind an den Seitenrändern mit Bläschen versehen, die mit Luft gefüllt sind; sie können daher als Lungen oder Kiemen betrachtet werden und scheinen die Respirationsorgane des unvollkom- menen Insectes zu sein«. Von ihm stammt also jener Fehlgriff der Deutung, der sich so verhängnissvoll zeigen sollte. Nun musste aber auch noch eine Öffnung für den Apparat gefunden werden, denn die Platte war ja nach ihm nach aussen völlig durch eine Chitinschicht abgeschlossen-. Diese wurde denn auch in der Mitte des im Mittelfelde liegenden Höckers gefunden, der in Wirklichkeit nichts als eine blosse Vertiefung zeigt. Auf S. 19 schreibt er: »Jene einander gegenüberliegenden Kiemen- streifen sind durch ein Häutchen vereinigt, in dessen Mitte sich eine Öffnung befindet, welche zu einem allgemeinen Aus- leerungscanal der Luft aus dem Körper dient«. Die Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass er, was schon erwähnt wurde, jüngere und jüngste Stadien von Gastrus -Arten beschreibt und abbildet. Oken kennt die Arbeit von Numan nicht. In seiner all- gemeinen Naturgeschichte, die 1835 erschien, erwähnt er nichts von der Möglichkeit einer Kiemenathmung. Der Satz: »Der Respirationsorgane der Gastriden. 24 1 Schwanz hat hinten eine Scheibe mit sechs Löchern, welche sich wie ein Beutel zusammenziehen kann, wodurch das Ein- dringen der Darmsäfte verhindert wird« (Bd. 5, S. 769) beweist dies, abgesehen von der verfehlten Deutung der Stigmenfalten, zur Genüge. Eine eigentliche anatomische und histologische Unter- suchungunternahm erst Schröder van der Kolk. Das Resultat derselben ist eine umfangreiche Arbeit, betitelt: »Memoire sur l'Anatomie et la Physiologie du Gastrus equi«, die im Jahre 1845 in Amsterdam in den Verhandlungen des Königlich Nieder- ländischen Institutes erschien. Sie behandelt die Gesammt- anatomie der Gastms -Larven. Betreffs der Athmungsapparate führt er nun die Anschauungen Numan's weitgehend durch. Die Platte am Körperende theilt er in zwei Abtheilungen, in die Kiemenplatte (lame branchiale) mit den Kiemenbögen (arcades branchiales) und in die in der Mitte gelegene Stigmenplatte mit dem Stigmenloch, das er als für Luftathmung eingerichtet deutet. Ja, er geht so weit, dass er an diesem Luftloch Schliess- muskel beschreibt. Seine Kiemenplatte communicirt mit der äusseren Luft nicht, trotzdem er die Härchen an den Spalten sah. Diese Spalten hielt er aber nochmals für überdeckt. Eine Deutung derselben war ihm natürlich unter solchen Umständen nicht möglich (S. 90). Das spongiöse Chitinwerk beschreibt er als Netz, die Klammern als dunkle Streifen, später nochmals als unvollkommene Scheidewände, welche die »Kiemencanälchen« in Kammern theilen. An diesen Kiemencanälen hängen auch seine »Kiemenbläschen« (vesicules branchiales ou organes respiratoires aquatiques), die, ebenso wie die »Kiemenplatte«, sich noch in der heutigen Literatur zuweilen finden. Den Inhalt der Bläschen hält er für das Medium, das den Sauerstoff auf- nimmt. Die eigenthümlichen Zellen, welche von Tracheen- capillaren durchsetzt werden, findet er auch und nennt sie »Lungenbläschen« (Vesicules poulmonaires), den ganzen Com- plex der Zellen »Lungen« (poumons), S. 99. Eigenthümlicher- weise beschreibt er die vorderen Stigmen als drüsige Organe, in die Tracheen einmünden. Er schreibt von den beiden Seiten- tracheen: »Elles consistent en deux troncs principaux, se termi- nant en tubes glanduläres brunätres, fermes ä l'extremite (S.85). 242 G. Enderlein, Auch er hat ein zweites Stadium in den Händen gehabt, erkennt es jedoch nicht als solches, sondern schreibt es der Species Gastrus haemorrhoidalis zu (S. 87). Joly behandelt in seiner 1850 erschienenen Arbeit Gastrus equi F. im Larvenstadium (auch im ersten Stadium), Gastrus haemorrhoidalis L. und einige andere Östriden (Cephalomyca, Hypoderma) in allen Entvvicklungszuständen. Er erkennt im Gegensatz zu Schröder van der Kolk die Stigmennatur der beiden Vorderstigmen. Leider lag mir die Arbeit nur im Aus- zuge vor. 1858 erschien eine weitere Arbeit über die Östriden von Schwab, allerdings im Wesentlichen systematisch. Die Stigmen- platte, die er Steissplatte nennt, erkennt er allerdings als für Luftathmung eingerichtet. Die Arkaden beschreibt er als halb- mondförmige concentrische Linien, wovon jede mit braunen Pünktchen besetzt ist. Diese sind seiner Meinung nach die Luft- löcher oder Poren. Was die vorderen Stigmen anbetrifft, so nennt er sie bei der Larve »Blindsäckchen«, bei der Puppe »Hörnchen«. Er meint, dass sie erst bei der Puppe ihre Function beginnen und hält sie für die einzigen Athmungsorgane der Puppe. Eingehende Untersuchungen macht er über die Lebens- dauer der Larven in verschiedenen Flüssigkeiten, also unter Abschluss von der atmosphärischen Luft. Die Resultate mit Brunnenwasser will ich hier angeben: Von 26 Larven, die untersanken, starben 5 nach 6 Tagen, 12 nach 11 Tagen und 9 nach 14 Tagen. Auf diese Erscheinungen, welche diese Ver- suche, als auch die von Numan zum Gegenstand haben und welche für das Verständniss der Athmungsvorgänge sehr wesentlich sind, wird später zurückgegriffen. Einen bedeutenden Fortschritt in der Kenntniss der Ge- sammtanatomie der Gasti"us-La.\'ven lässt die in den Jahren 1860 — 1862 erschienene Arbeit von Scheiber erkennen, die unbedingt als die eingehendste Arbeit über diese Thierform hingestellt werden kann. Sehr umfassend ist besonders das Nervensystem behandelt. Leider ging Scheiber bei den Unter- suchungen der Respirationsorgane von den Anschauungen aus, die Schröder van der Kolk in seiner Arbeit durchgeführt hatte, und so gingen jene Fehlschlüsse Numan's auch in diese Respirationsorgane der Gastriden. 243 Arbeit über. Er hält die Gastrus-Larven für vorwiegend wasser- athmende Thiere. Die Irrthümer Schröder van der Kolk's betreffs der Schliessmuskel im Mittelfelde der Stigmenplatte erkennt er, ebenso die spongiöse Natur der beiden braunen Körper am Vorderende und ihre Function als Stigmen. Das Stigmenloch im Mittelfelde glaubt er experimentell dadurch nachgewiesen zu haben, dass er Larven in heisses Wasser warf. Die vom Hinterende der Larve aufsteigenden Luftblasen sollen nun der vermeintlichen Stigmenöffnung entstammen. Schröder van der Kolk, ebenso auch Nu man thun das- selbe vermittelst einer Luftpumpe, wobei sich die Larven in Kalkwasser befinden. Schon Brauer weist aber auf die Un- möglichkeit einer sicheren Beobachtung hin. Scheiber zerlegt die ganze Platte in drei Schichten. Seine Vertheilung der ein- zelnen Plattenelemente in diese drei Schichten ist jedoch histo- logisch nicht begründbar. Den Ring und die Luftkammer beschreibt er genau, allerdings findet sich ein, wenn auch unwesentlicher Irrthum, der auch von Schröder van der Kolk stammt, dass die beiden Tracheenstämme des Darmes von der ventralen Seite der Luftkammer aus gehen, während sie in Wirklichkeit bei allen Gastriden in der Mitte der vorderen Wand entspringen, und zwar dicht unter den Seitenstämmen. Die Tracheenzellen (die Lungenbläschen Schröder van der Kolk's) deutet er genetisch als metamorphosirte Fettzellen, functionell ganz richtig als athmungsvermittelnde Elemente in der umgebenden Blutflüssigkeit (nicht als Vorrathskammer für Aufbewahrung von Luft). Er sagt: »Es muss demnach jedes Bluttheilchen während der Vollendung einer Kreisbahn zwei Tracheencapillarenbezirke, gleichsam zwei verdünnte Sauer- stoffschichten passiren, um den für die Lebensenergie dieser Thiere passenden Grad des Stoffwechsels unterhalten zu können«. Ferner untersuchte er die Histologie der äusseren Körperhaut, wo er zwei Schichten, und der Tracheenwandung, wo er drei Schichten constatirt. Hierauf werde ich bei der Ausführung wieder zurückkommen. Zu derselben Zeit erschien auch die Schrift Meinert's, eine Kritik von Schröder van der Kolk's Arbeit, die in respiratorischer Hinsicht die Vorstellung der Kiemenathmung 2-14 G. En d erl ein , bestreitet (S. 112 — 115). Begründet wird es durch die chitinöse Beschaffenheit der Platte, durch das Auffinden von Längs- schlitzen in den Arcaden, die eine Communication des inneren Luftraumes nach aussen bewerkstelligen und durch die That- sache, dass ein centrales Loch in der Platte nicht vorhanden ist. Er hält dieses scheinbare Loch für eine verdünnte Haut- stelle, an der bei jungen Larven die Mündung einer später schwindenden Drüse gelegen ist. Allerdings ist die Arbeit doch nicht eingehend genug, um einen Zweifel vollständig zu be- seitigen und Klarheit über diese Dinge zu schaffen. In derselben Richtung ist auch die Untersuchung Brau er's (Beitrag zur Kenntniss des Baues und der Function der Stigmenplatten der Gastrus-Larven), der experimentell und durch makroskopische Beobachtungen sich der Meinung Meinert's anschliesst, dass die Gastrus-Larven reine Luftathmer sind. Einen weiteren Beweis hiefür bringt Brauer durch morpho- logische Untersuchungen gelegentlich der Bearbeitung der Larven von Cobboldia elephantis;1 bei diesen, wie bei den übrigen Formen weist er ebenfalls wie Meine rt die Längs- schlitze der äusseren Arcadenmembran im Gegensatz zu Schröder van der Kolk und Schreiber nach. Von jener Zeit ab liegt keine weitere Bearbeitung der Anatomie von Gastrus vor. Erwähnen will ich nur die Arbeit von Kran eher über den Bau der Stigmen bei den Insecten, in der auch die Stigmen der Gastrus-Larven einige Berücksich- tigung finden. Von weiteren Arbeiten allgemeineren Inhaltes, in denen auch Gastrus-Larven behandelt werden, sind besonders die Untersuchungen von Portschinsky und De Meijere (Über zusammengesetzte Stigmen bei Dipterenlarven, 1895) hervor- zuheben. De Meijere weist nach, dass das erste Stadium nur eine Stigmenöffnung hat, was Brauer bestätigt (Beiträge zur Kenntniss der aussereuropäischen Östriden etc., 1896), das zweite je zwei2 von diesem Loch nach aussen liegende Schlitze 1 Fried. Brauer, Nachtrag zur Monographie der Östriden. IV. Über Cobboldia elephantis, in Wiener Entomologische Zeitung, VI, Heft 8 (30. Oct. 1SS7). - Diese Fonnenverschiedenheiten der Stigmen bei den drei Stadien weist Leuckart schon 1858 an Pupiparen und 1861 bei Muscidenlarven nach. Respirationsorgane der Gastriden. 245 (Arcaden), und dass das neue Stigma bei der Häutung einfach dadurch entsteht, dass sich die neuen Spalten ausserhalb der ersten bilden und das alte durch Zusammendrängen nach innen geschlossen und überhäutet als runde Narbe zurück- bleibt. Die so bis zur Stigmenplatte des dritten Stadiums sich erhaltenden Reste des primitiven Stigmenloches vom jüngsten Stadium sind die Veranlassung zur Annahme des centralen Stigmenloches, welche Anschauung ja Seh ei b er und noch eingehender Schröder van der Kolk vertreten hat. Diese Zusammenstellung der bisherigen Literatur über unseren Gegenstand gestattet einen genügenden Überblick über die bedeutenden Meinungsverschiedenheiten, die sich betreffs der Athmung von Gastrus und der Function der einzelnen Theile geltend gemacht haben, und es erschien als wünschens- werth, der Deutung dieser Verhältnisse mit Hilfe der modernen Technik eine bestimmtere Form zu geben. Methoden der Untersuchung. Die ausserordentlichen Schwierigkeiten, welche das Mate- rial in technischer Hinsicht, besonders in Betreff des Färbens und Schneidens der Objecte darbot, geben die Veranlassung, einen Überblick über die Methoden dieser mehr praktischen Seite der Behandlung, die sich im Laufe der Untersuchung herausgebildet haben und hauptsächlich angewendet wurden, dieser Arbeit beizufügen. Was zunächst die Fixation anbetrifft, so wurden die Larven in einer Sublimatlösung conservirt. Weitaus die besten Resultate lieferte eine Behandlung in folgender "Weise: Die Thiere wurden frisch in eine Mischung von einem Theil con- centrirter Sublimatlösung und zwei Theilen 96procentigem Alkohol bei einer Temperatur von 55 — 60° C. gebracht. Diese Temperatur wurde einige Zeit erhalten und dann langsam auf einem Sandbad vermindert. Bei einer geringen Menge der Conservirungsflüssigkeit konnte auch eine höhere Temperatur angewendet werden, da das Object die Flüssigkeit selbst Leuckart, Die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen, nach Beob- achtungen axiMelophagus ovinus. Halle, 1858; Die Jugendzustände der Musciden- larven, im Archiv für Naturgeschichte, 1S61, Theil I, S. 60. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 17 246 G. Ender lein, abkühlte, besonders ehe sie durch die dicken Chitinpanzer durchdringen konnte. Behufs Auswaschung des überschüssigen HgCl2 wurden sie nach Verlauf von 1 — 2 Stunden in 96pro- centigen Alkohol gebracht, dem einige Tropfen Jodlösung zugesetzt wurden, und zwar so lange, bis1 keine Entfärbung der jodhaltigen Flüssigkeit mehr eintrat. Für eine Untersuchug auf Fett wurden einzelne Theile, z. B. die Tracheenzellen, lebend in eine viertelprocentige Lösung von Überosmium- säure gebracht, bis sich daranhängende Fettzellen lebhaft schwarz gefärbt hatten. Theile dieser Tracheenorgane wurden auch lebend den Dämpfen einer einprocentigen Lösung von Überosmiumsäure ausgesetzt. Diese gaben besonders schöne Bilder. Um diejenigen Exemplare des dritten Stadiums, welche ganz geschnitten werden sollten, um die einzelnen Organe in den natürlichen Lagerungsverhältnissen nebeneinander histo- logisch untersuchen zu können, zum Färben und Schneiden vorzubereiten, wurden sie von ihrer Chitinhülle befreit, da dieselbe sowohl dem Mikrotom, als auch den färbenden Ingre- dienzien einen bedeutenden Widerstand entgegenstellte. Zu diesem Zwecke wurde vom zweiten Ringe angefangen, erst dorsal längs mittelst einer geraden Scheere dicht unter der Haut geschnitten, und dann wurde die Haut rings um den Körper vorsichtig abgezogen, und zwar in dünnen Streifen bis ungefähr in die Mitte des Körpers. Dann wurde vom Hinter- ende aus begonnen, indem man die feinere Haut rings um die Stigmenplatte abschnitt und nach vorn zu wieder allmälig Streifchen abhob und abzog. Die cuticulare Bedeckung des Kopfes und des ersten Ringes, ebenso die Stigmenplatte bieten dem Mikrotom keine Schwierigkeiten und können daher daran- gelassen werden. Am besten eigneten sich zu diesem Ent- häuten Larven, die lebend schnell sehr heiss conservirt wurden, weil sich jedenfalls die Hypodermis von den darunter- liegenden Organen bei dieser Behandlung losreisst. Die so ihrer Hypodermis und Cuticula beraubten Individuen gestatteten nun ein leichtes Eindringen der färbenden Lösungen und ein sicheres und gleichrriässiges Mikrotomiren, selbst bei sehr dünnen Schnitten. Respirationsorgane der Gastriden. 247 Vorzügliche Färbungen wurden durch Hämatoxylin, ebenso durch Säurecarmin und Boraxcarmin erreicht. Doch genügten diese Färbungsmittel nicht für Chitin. Für dieses mussten die intensivsten Farbstoffe benützt werden. Mit Erfolg wurde Gentianaviolett und Alkoholfuchsin verwendet, nebenbei auch Methylenblau. Zu einer Differenzirung der einzelnen Chitin- schichten gab eine Färbung von Bleu de Lyon mit einer Nach- färbung durch Paracarmin vorzügliche Bilder. Diese letzteren Farben, ebenso wie die Anilinfarben, wurden fast nur auf .Schnitten selbst angewendet. Bleu de Lyon wurde mit 70pro- centigem Alkohol abgespült, worauf mit 90procentigem Alkohol schnell nachgespült wurde. Beim Einbetten kam eine härtere Sorte Paraffin mit der Schmelztemperatur von 58° zur Verwendung, da dies dem Chitin mehr Widerstand entgegenbot. Für Gebilde, die fast gänzlich aus Chitin bestehen, wie die Stigmenplatte und die Vorderstigmen, genügte schon eine Viertelstunde, um das Object ganz mit Paraffin zu durchtränken. Zur Herstellung der dünnsten Schnitte und Schnitt- serien kam ein Mikrotom von Jung in Anwendung. Es gelang mit demselben, Schnitte durch die ganz chitinöse Stigmenplatte bis zu 2y2 [x Dicke, bei den Vorderstigmen im Querschnitt in einzelnen Fällen bis 2 \x Dicke herzustellen. Wenn auch der Paraffin schnitt bei dieser ganz beträchtlichen Dünne sich stark zusammenfaltete, das spongiöse Chitin erhielt dem Schnitt seine natürliche Form. Zur Untersuchung der Lagerungsverhältnisse, besonders der einzelnen Elemente in der Stigmenplatte, durften die Schnitte nicht dünner als 20 ja angefertigt werden. Gewöhn- lich reichte eine Dicke von 25 — 30 jx vollkommen aus und gab die klarsten und übersichtlichsten Bilder. Das Aufkleben der Schnitte erfolgte durch Collodium- nelkenöl, mehr aber noch durch Albuminglycerin. Zum Ein- schluss kam Canadabalsam, auch Glyceringelatine zur Verwen- dung. Als Einschlussmittel für frisches Material eignet sich besonders Glycerin, für Dauerpräparate wieder Glyceringelatine. Die frischen Larven selbst wurden in physiologischer Kochsalzlösung präparirt, aus der dann die einzelnen Theile leicht unverändert entnommen werden konnten. l /* 248 G. Enderlein. Allgemeine Topographie der Respirationsorgane. Trotz der durch die ungewöhnliche Lebensweise bedingten Modifikation ist die Zugehörigkeit der Gastriden zu den Musca- rien nicht zu verkennen; es handelt sich eben nur um eine entsprechende Anpassung an eine neue Lebensbedingung. Ebenso sind die einzelnen organischen Elemente, trotz ihrer grossen Variationsfähigkeit, doch bei den einzelnen Vertretern dieser Gruppe nicht so verändert, dass man sie nicht auf- einander zurückführen könnte. Alle Vertreter besitzen elf Körpersegmente, wie sie von Gastrus bekannt sind, von denen das erste (vom Kopf aus gezählt) durch Verschmelzung zweier ursprünglich getrennter Segmente entstanden ist. Der Vorderrand der Segmente ist theilweise mit einer oder mehr Reihen Dornen besetzt. Die Art und Weise der Bedornung wird theilweise zur Charakterisirung der Arten benützt. Die einzelnen Segmente sind lateral zum Theil wulstig gefaltet, zwischen ihnen finden sich zuweilen Zwischenwülste, wie bei Cobboldia vom fünften bis achten, bei Gyrostigma vom vierten bis achten Segment. Das elfte Segment, welches das Körperende bildet, stülpt sich nach innen zu einer ringförmigen wulstigen Ealte ein, der äusseren Stigmen falte (Eig. 1, asf), die im Inneren nochmals eine kleinere und schmälere Falte, die innere Stigmenfalte (Fig. 1. isf) abgibt und schliesslich in den Rand der Stigmen- platte (Fig. 1, p) übergeht, nachdem sie noch dicht vor der Platte eine sehr kleine Falte nach dem Körper zu gebildet hat, die in Form einer Rinne sich um das ganze hintere Stigma zieht, die Ringfurche (Fig. 1, /-/und Fig. 13, rf). Die beiden Stigmenfalten können sich durch einen später noch ausführlich zu besprechenden Mechanismus ganz über der Stigmenplatte lippenähnlich schliessen, was Schröder van der Kolk veranlasste, sie Lippen zu nennen. Die innere Stigmenfalte besteht bei der Gattung Gastrus hauptsächlich aus zwei Lappen, von denen der eine dorsal, der andere ventral steht, und die sich von da aus aufeinander zu über die Stigmen- platte ziehen. Bei Gyrostigma ist im Wesentlichen nur der ventrale Lappen ausgebildet. Ebenso bei Cobboldia, wo der Respirationsorgane der Gastriden. 249 dorsale gänzlich verschwindet, der ventrale dagegen zieht sich flächenartig nach hinten zu aus, endigt schliesslich in zwei spitze, kegelige, geringelte, zapfenähnliche Warzen (Brauer), die rechts und links von der Medianlinie stehen, und bildet durch seine langgestreckte flächenartige Ausbildung für die sehr schräg nach der ventralen Seite geneigte Stigmenplatte eine vorzügliche Deckung. In ähnlicher Weise läuft die dorsale Lippe der äusseren Stigmenfalte in je zwei ebenfalls lateral stehende solche Warzen aus. Zwischen jenen Stigmenfalten steht nun die bei den ein- zelnen Formen mehr oder minder geneigte chitinöse Stigmen- platte (Fig. 1, p). Schon bei oberflächlicher Betrachtung erinnert sie recht an den Typus der Muscarien. Die drei Spalten, die von der Medianlinie aus rechts und links beim dritten Stadium stehen, haben sich mehr oder weniger der Medianlinie genähert und so eine zusammenhängende Platte, eben die Stigmenplatte, gebildet. Durch das Bestreben, den Spalt nach Möglichkeit zu vergrössern, bildete sich bei den meisten Formen eine concentrische Krümmung der Stigmenspalten, und zwar so, dass die Bogen nach innen zu offen sind, wie z. B. bei Gastrus cqni (Fig. 3). Dies veranlasste Schröder van der Kolk, sie mit Arcaden zu bezeichnen. Diese Arcaden bilden bei Gyro- stigma sumatrense durch eine weitgehende Verlängerung der Spalten eine S-förmige Biegung (Fig. 4), um schliesslich bei der extremsten Form, bei Gyrostigma rhinocerontis bicomis in eine wunderliche, mäandrische, vielfach gewundene Figur über- zugehen (Fig. 5). Während die Länge einer Arcade bei Cobboldia etwa 1*3 mm beträgt, erlangt sie durch die Krümmung bei Gastrus haemorrhoidalis eine Länge von 1* 6 mm, bei Gastrus equi von l'75mm, bei Gyrostigma sumatrense von 5- 6 ;//;//, um schliesslich bei Gyrostigma rhinocerontis bicomis die ausserordentliche Länge von etwa 13 mm zu erreichen. Sehr wenig vom Typus der Muscarien abweichend ist die Lage der Arcaden bei Cobboldia, die fast parallel auf jeder Seite der Mittellinie liegen (Fig. 2). Eine grössere Krümmung zeigt schon Gastrus haemorrhoidalis, und diese einfache Krümmung erreicht ihren Höhepunkt bei der Gattung Gastrus in Gastrus equi, wo die inneren Arcaden fast spitzwinklig in der Mitte 250 G. Enderlein, geknickt sind, während die beiden übrigen in starker Krümmung auf jeder Seite diese umgeben (Fig. 3). Das zweite Stadium der Muscarien hat bekanntlich nur zwei Arcaden auf jeder Seite, so auch Gastrus. Fig. 6 zeigt die ganze Stigmenplatte eines zweiten Stadiums von Gastrus haemorrhoidalis. Alle Abbidungen der Stigmenplatten sind in gleichem Verhältniss vergrössert, und zwar in zehnfacher Ver- grösserung. Ausser dieser zuletzt erwähnten ist in allen Fällen nur die rechte Hälfte der Stigmenplatte abgebildet. Die Stigmenplatte, die im Wesentlichen ein complicirtes System von Stützvorrichtungen und Verschlusseinrichtungen bedeutet, wird im Larvenkörper nach vorn zu von einem grösseren Hohlraum, der Luftkammer (Fig. 1, lk) begrenzt. Die Hinterwand derselben ist also die dem Kopf zu gerichtete untere Fläche der Stigmenplatte, die Vorderwand ist concav und ihre Hohlfläche der Luftkammer zugewendet. In dieser Kammer steht hinten dicht hinter der Stigmen- platte ein streifenartiger Ring (Fig. 1 und 13, v) aus spongiösem Chitin, der, gleich einem Diaphragma parallel zur Stigmen- platte gestellt, diese verdeckt. Mit der breiteren Basis inserirt er auf der Wand der Luftkammer. Auf der dorsalen und ven- tralen Seite bildet der Ring in der Mitte je einen grösseren Zapfen. In der Medianlinie nähern sich die Enden dieser beiden Zapfen (Fig. 3 — 5, z) so, dass sie nur einen kleinen Zwischen- raum zwischen sich lassen. In ihrer ganzen Länge setzen sich die Zapfen an die Stigmenplatte an, auf ihnen ruht gewisser- massen die Stigmenpatte und stützt sich in ihrer Mitte auf sie. Die Vorderwand der Luftkammer ist der Ausgangspunkt sämmtlicher nach dem Körper zu gerichteter Tracheen- stämme (Fig. 1). Fig. 7 zeigt schematisch die rechte Hälfte dieser Wand mit den Ausgangslöchern für die Tracheen. In der Mitte der Wand entspringen zunächst die beiden normalen Seitentracheen (Fig. 1 und 7, 5/). Dicht unter den- selben (nicht ventral, wie Schröder van der Kolk und Scheiber angeben) inseriren zwei Darmtracheenstämme (Fig. 1 und 7, dt), und rings um diese vier Öffnungen finden sich noch auf jeder Seite vier sehr weite Löcher. Die acht Tracheenstämme, die sich aus diesen erheben, verzweigen sich Respirationsorgane der Gastriden. -251 gleich von ihren Ausgängen aus äusserst vielfach, indem sie nach allen Seiten Äste abgeben, zuweilen schon dicht an ihrer Basis; die Ausgangslöcher der grösseren dieser Äste sind in der schematischen Zeichnung (Fig. 7) mit berücksichtigt. Durch diese reichliche Abgabe von Seitenästen verjüngen sich diese mächtigen Stämme schnell und reichen mit ihrer conischen Gestalt (conische Tracheenstämme) nicht sehr weit in dem Körper nach vorn, sondern erreichen nur etwa l/3 der Ge- sammtlänge desselben. Diese grosse Anzahl von Tracheen- ästen geben nun wieder viele ganz kleine Zweige ab, die in regelmässigen Abständen dem Ast entspringen (Fig. 21). An diesen Zweigen hängt dann schliesslich je ein kleines, rund- liches Körperchen, die Schröder van der Kolk und spätere Beobachter Lungenbläschen nannten und sich bei genauerem Betrachten als Zellen von ziemlich bedeutender Grösse ergeben (Fig. 21, tz). Da sich die Tracheen als Capillaren in sie hinein verzweigen, mögen sie hier Tracheenzellen genannt werden. Eine eingehendere Behandlung werden sie im speciellen Theile erfahren. Alle diese Verhältnisse zeigen sich bei allen Gastriden in sehr ähnlicher Gestaltung, die Differenzen werden später erörtert. In gleicher Weise verhält es sich auch mit den Darm- tracheenstämmen. Bei allen Formen zeigen sich gleiche Verhältnisse. Zum besseren Verständniss gebe ich hier einen kurzen Überblick über den Darmtractus. Scheiber theilt ihn in folgende Stücke ein: Der Oesophagus bildet nach seinem Durchdringen durch die Hauptganglionmasse einen kugel- förmigen Vormagen. Der enge Ausgang desselben erweitert sich sofort und bildet den langen Chylusmagen, der sich bis zur Einmündungssteile der vier malpighischen Ge fasse erstreckt (von denen sich zwei vor der Mündung vereinigen). Von hier aus beginnt der Dünndarm, der in den kurzen Dickdarm übergeht. Dieser endigt schliesslich in den sehr engen Mastdarm, der ventral dicht unter der Luftkammer hingeht und innerhalb der inneren Stigmenfalte direct unter der Stigmenplatte in der Medianlinie mündet. Die beiden Darm tracheenstämme geben nun zunächst eine Anzahl schwacher Gefässe an den Dickdarm ab. Da der Dünndarm in der Mitte 252 G. Enderlein, einen Knick bildet, so läuft der linke Darmtracheenstamm von den Malpighischen Gefässen aus längs des Dünndarmes bis zur Mitte ' desselben, wobei er zahlreiche Gefässe nach denselben entsendet. Der rechte Stamm dagegen läuft längs der hinteren Dünndarmhälfte, und zwar von hinten angefangen bis zur Mitte. Anders verhält es sich mit den Seitentracheenstämmen, bei ihnen zeigen sich grössere Differenzen. Bei Gastrus und Gyrostigma liegen die Verhältnisse folgendermassen: Nicht weit hinter dem Ausgangspunkte gibt der Seitentracheenstamm einen starken Ast nach dem Herz und den dorsal gelegenen Muskeln ab. In jedem Segmente werden nun, und zwar haupt- sächlich nach der ventralen Seite, Äste abgegeben, die allerdings wieder einen Zweig nach der dorsalen, drei dagegen nach der ventralen Seite entsenden. Der erste derselben schickt ein feines Luftgefäss nach dem Hauptganglion. Alle Tracheen verzweigen sich schliesslich dendritenförmig in feinste Röhrchen. Vorn mündet der inzwischen sehr eng gewordene Stamm, nachdem er jedoch noch einen dünnen Ast nach dem Kauapparate ab- gezweigt hatte, in einen chitinösen Luftsack, dessen vorderes Ende die Stigmenöffnungen tragen. Dieser Luftsack ist bei Gastrus 1 mm (Fig. 26), bei Gyrostigma rhinocerontis bicomis L5 mm und bei Gyrostigma sumatrense 3 mm (Fig. 29) lang. Über den Stigmenlöchern findet sich eine trichterförmige Einstülpung der Körperhaut, der Trichter (Fig. 26 und 29, tri). Er ist bei den verschiedenen Formen verschieden lang, bei Gastrus besitzt er eine Länge von etwa 0- 2 mm, bei Gyro- st ig ma -Arten ist er länger, und zwar erreicht er bei Gyrostigma rhinocerontis bicomis die Länge von fast 1 mm. Die Mündung dieses Trichters befindet sich am Vorderrande des zweiten Seg- mentes, an der Grenze zwischen erstem und zweiten Segment. Eine wesentliche Modification bietet Cobboldia dar, bei der übrigens auch der Ring fast gänzlich fehlt. Hier rücken nach vorn zu die Seiten tracheenstämme dorsal näher zusammen, und die Aste erweitern sieh zu langen vvurstförmigen Tracheen- blasen (Fig. 8), die ausserhalb des Fettkörpers, allerdings in denselben hineingedrückt, unter der Körperwand von der dor- salen nach der ventralen Seite sich erstrecken. In jedem Respirationsorgane der Gastriden. 253 Segmente ist es je eine auf jeder Seite. Am Ende ziehen sie sieh durch allmälige Verengung in eine Spitze aus und vertheilen sich schliesslich in die ganz normal verlaufenden dendriten- förmigen Capillarbüschel. Die Verdickung findet gleich nach dem Austritt aus dem Tracheenstamme plötzlich statt. Wir haben es hier augenscheinlich mit luftaufbewahrenden Be- hältern zu thun, mit Luftreservoiren, die, wie wir später sehen werden, den Mangel anderer luftaufbewahrender Vor- richtungen im Gegensatze zu den Gastrus- und Gyrostigma- Arten in dieser Richtung ergänzen. Die vorderste dieser Tracheenblasen ist von geringerer Dicke und geht schliesslich, wie bei den anderen Formen, aber ohne Zertheilung in Nebenäste, in den Luftsack des Vorder- stigmas über. Dieses hat bei Cobboldia die geringe Länge von :! , mm. Der Trichter ist äusserst kurz und weit. Bevor nun zur Behandlung der einzelnen Elemente im Speciellen übergegangen werden soll, muss eine Untersuchung sowohl des Baues der äusseren Körperhaut, als auch der Tracheenwandung unserer Gastriden vorausgeschickt werden, da die Kenntniss dieser Dinge zu einem Verständniss der histo- logischen und genetischen Verhältnisse sich unumgänglich nothwendig macht. Bau der äusseren Körperhaut. Die äussere Körperhaut zerfällt im Wesentlichen in zwei Schichten (Fig. 9), und zwar sind es: 1. Eine epitheliale Schicht, die Hypodermis, 2. eine von dieser gebildete Schicht, die Cuticula. Die Hypodermis. Sie wird von einer einzigen Zellschicht gebildet, in der bei unseren Thieren meist verhältnissmässig spärlich Kerne zerstreut liegen (Fig. 9, hy und khy). Die Kerngrösse variirt massig, sie enthalten meist mehrere Kernkörper. Das Hyalo- plasma der Zellsubstanz ist reichlich von Spongioplasma durch- setzt. Mit ziemlicher Gleichmässigkeit zieht sich diese Schicht 254 G. Enderlein, über den gesammten Körper weg und zeigt nur an denjenigen Stellen, wo sich eine dickere Cuticula gebildet hat, eine reich- lichere Kernansammlung und grössere Dicke. Zuweilen ist sie auf weite Strecken sehr dünn ausgezogen und zeigt äusserst wenig Kerne. In einigen wenigen Fällen verdickt sich auch die Innenmembran der Hypodermiszellen chitinartig, und es bildet sich eine meist sehr dünne innere Cuticula, die Basalmembran (Fig. 9, bm). Die Cuticula. So ähnlich und gleichartig die verschiedenen Stellen der Hypodermis sind, so verschieden und mannigfaltig zeigt sich die Cuticula. Nicht nur, dass sie in ihrer Dicke an den ver- schiedenen Körperstellen ganz bedeutend variirt, sondern sie bietet auch in ihrer Erscheinung grosse Mannigfaltigkeit dar. Im Wesentlichen lässt sie sich in zwei Schichten zergliedern: a) Die Faserschicht. Sie liegt der Hypodermis direct auf und bildet eine zuweilen sehr dicke Lage von feinen faserigen Chitinlamellen (Fig. 9, a), deren Färbbarkeit und Dichte der Lagerung der Fasern von innen nach aussen zunimmt. Die meist parallelen Fasern können entweder ganz glatt sein, oder sie sind wellig, was meist der Fall ist, zuweilen sogar sehr stark und eng gewellt (Fig. 27, wf). Hin und wieder sind körnige Elemente eingelagert. Stets ist sie farblos. b) Die äussere Cuticularschicht. Sie ist homogen und structurlos (Fig. 9, b). Farbstoffe nimmt sie äusserst schwer an und auch nur die intensivsten, hauptsächlich an ihrem basalen Theile. Bleu de Lyon färbt sie schwach, und zwar entsteht bei einer Doppelfärbung von Bleu de Lyon und Para- carmin eine schöne Contrastfärbung: die Faserschicht färbt sich roth, die äussere Cuticula, besonders in ihren basalen Theilen, dagegen blau. Ihre natürliche Farbe variirt sehr. Meist ist sie schwach gelblich, es finden sich jedoch alle Übergänge bis zum tiefen Braun, im Gegensatze zur Faserschicht, die stets farblos ist. Die Neigung der äusseren Cuticularschicht, sich zu ver- dicken, ist gering; es ist der Fall hauptsächlich an den Dornen, die aber auch mehr durch eine mächtige Verdickung der Faser- schicht und durch eine höckerähnliche Ausstülpung der Hypo- dermis entstehen. In vielen Fällen wird sie nach innen zu stark Respiiationsorgane der Gastriden. ...).) körnig (Fig. 9, k) und sie ist dann in dieser Zone, besonders auf ihrer der Faserschicht aufsitzenden Basis, stärker färbbar. Eine Färbung der äussersten Zone dürfte kaum gelingen. Eine besondere Eigenthümlichkeit ihrerseits ist es noch, dass sich an einigen Stellen auf ihr Höcker befinden, die sich zu kleinen, zuweilen auch verzweigten Chitinstäbchen und -Härchen vergrössern können. Dies ist an den Wandungen der Ringfurche der Fall (Fig. 13, //). Durch beide Schichten hindurch erstrecken sich hier und da von der Hypodennis aus feine Röhrchen, die Poren- canälchen, die plasmatische Fortsätze der Hypodermiszullen enthalten. Bau der Tracheenwandungen. Die Tracheenwandungen, genetisch ja auch ectodermale Bildung, stimmen in ihrem Bau trotz mannigfacher Verschieden- heiten im Wesentlichen mit dem der äusseren Körperhaut überein. Wieder sind es zwei Hauptschichten: 1. die epitheliale Schicht oder Matrix: 2. die Cuticularschicht. Die Matrix. , (Fig. 10, mx). Ihre Übereinstimmung mit der Hypodennis ist ziemlich bedeutend, doch macht sich eine grössere Variabilität bemerk- bar. Auch hier drängen sich manchmal die Kerne dichter zusammen und bilden eine sehr dicke Matrixschicht. Meist ist sie reich an Spongioplasma, das sich bei einigen Arten, besonders bei Gyrostigma sumatrense, zu besonderer Mächtigkeit ent- wickelt hat. Bei dieser Form zeigt sich auch an einigen Stellen sehr stark entwickelt die auch bei der Matrix zu beobachtende Basalmembran oder Stützmembran (Fig. 10, bm), die sich auf dem Schnitt in Form eines ziemlich breiten, hyalinen, structur- losen, ungefärbten, stark lichtbrechenden Bandes dem Beob- achte!" darbietet. Die Cutieularsehieht. Auch an den Tracheen ist deutlich eine Trennung in zwei Schichten zu beobachten. 256 G. Enderlein, a. Die Faserschicht. Ihre Erscheinung hat grosse Ähn- lichkeit mit der Faserschicht der äusseren Körperhaut, nur ist ihre Mächtigkeit meist viel geringer (Fig. 10, a). An Stellen, wo sie sich der darüberliegenden Schicht dichter anschmiegt, ist ihre Existenz immer noch unzweifelhaft zu erkennen, besonders da, wo sich zufälligerweise beim Conserviren die obere Schicht mechanisch abgespaltet hat. Die einzelnen Fasern sind vielfach dichter gelagert, wie bei der Faserschicht der Körpercuticula. ß. Die den Spiral faden führende Chitinschicht. Diese der äusseren Cuticularschicht der Körperhaut ent- sprechende Schicht (Fig. 10, ß) gibt durch bedeutende Modi- ficationsmöglichkeit der Variationsfähigkeit und somit der Zuchtwahl ein ganz hervorragendes Mittel in die Hand, sich durch Auswahl und Vervollkommnung des Zvveckmässigsten den Lebensbedingungen möglichst anzupassen. Es hat denn auch diese Schicht, wie wir später sehen werden, zur Entwick- lung der absonderlichsten Gebilde Anlass gegeben, und so ist denn auch eine eingehendere Betrachtung derselben völlig begründet. Die Grund Substanz dieser Schicht besteht zunächst aus einem färbbaren, hyalinen und farblosen Chitin, das die meist viel dichteren und stärker lichtbrechenden Spiralleisten in sich führt (Fig. 10, sf). Sie umgibt diese allseitig in schwachen Schichten und wird von einer meist sehr dünnen Membran, der Grenzmembran (Fig. 10, gm), nach dem Lumen der Trachea zu, begrenzt. Diese Membran ist stark färbbar, auch mit den gewöhnlichen Farbstoffen und umhüllt diese Chitinschicht in allen ihren Unregelmässigkeiten, Auszackungen, tiefen Ein- senkungen etc., die ja durch die mannigfaltige .Stärke und Form der Spiralfäden bedingt ist. Der Spiralfaden selbst ist in sich völlig gleichartig. Sein Liehtbrechungsvermögen ist ziemlich stark. Was die Farbe anbetrifft, so ist er meist glashell, geht aber auch in gelbe, bei grösserer Verdickung sogar in bräunliche Färbung über. Im Querschnitte lässt er eine reichhaltige F\:>rmverschiedenheit erkennen. Meist ist es eine Eiform, deren Spitze dem Lumen Jer Trachee zugekehrt ist, oft aber auch eine Ellipse, eine Spindel, die sich schliesslich, an Grenzbezirken vielfach Respirationsorgane der Gastriden. 25 1 zerklüftet, eng zusammendrängt und so eine blätterartige An- sammlung von dünnen Chitinlamellen repräsentirt (Fig. 10, sf; Fig. 13, spf). Es kommt dann zuweilen noch eine Zerspaltung der Lamelle hinzu, und es entsteht so eine dichte Anhäufung von Chitinblättehen und Chitinstäbchen, die ihren genetischen Zusammenhang mit dem Spiralfaden ohne Betrachtung der Übergänge schwer erkennen lassen. Aber in allen Fällen ist der Chitinfaden und seine Derivate unfärbbar, oder er zeigt wenigstens nur einen äusserst schwachen Anflug von Färbung. Alle drei Schichten der Tracheenwandungen werden dünner und dünner, je mehr sich die Trachee selbst verengt und ver- ästelt. Kurz vor ihrer Auflösung in Capillaren verlieren sie auch die Spiralfäden, und schliesslich vereinigen sie sich zu einer einzigen, nach dem Ende zu immer dünner werdenden Schicht. Die Intima der Capillare ist also durch eine äusserst geringe Chitinisirung charakterisirt, ein Umstand, der als eine wesent- liche Begünstigung der functionellen Bedeutung dieser Organe zu betrachten ist. Die Stigmenplatte. Wie schon früher erwähnt wurde, ist die Stigmenplatte chitinöser Natur. Es finden sich jedoch auch in geringem Maassstabe zellige Elemente, aus denen in letzter Linie die ganze Stigmenplatte hervorgegangen ist. Schon bei oberfläch- licher Betrachtung sieht man eine Zergliederung in ein helles Mittelfeld (Fig. 3 — 5, m), an das sich auf jeder Seite nieren- förmig die drei Arkaden anschliessen, die eine braune Chitin- färbung besitzen. Die Aussenmembran. Die Aussenfläche der Platte ist eine dünne Membran, die von der äusseren Cuticularschicht b der Körperbedeckung (Fig. 12 und 13, b) gebildet wird und entsprechend den sechs Arkaden sechs Längsspalten, Ar- kadenspalten oder Schlitze (Fig. 11, /; Fig. 12 und 13. /> auf- weist, welche in derselben Lage alle ihre Biegungen und Ver- schlingungen, in der Mitte jeder Arkade verlaufend, verfolgen. Die Weite des Spaltes ist meist etwa 0"005 mm, die Länge der- jenigen der Arkade selbst gleich. Die Spaltenränder sind bei allen Formen dicht mit äusserst feinen Chitinhärchen 2o8 G. Enderlein, (Fig. 11, h) besetzt, die durchschnittlich eine Länge von O0025 mm besitzen. Bei Cobboldia sind sie jedoch bei weitem kürzer und weniger dicht angeordnet. Auf der dünnen Aussen- membran setzen sich die Chitinhärchen als feine, erhabene Linien fort (Fig. 11, //'), die sich theilweise in gewissen Ab- ständen vereinigen, und zwar gerade über je einer jener braunen Querlinien, die schon beim äusseren Betrachten der Stigmen- platte mit einer Lupe in den Arkaden auffallen, und die wir später als mechanische Apparate, als die Klammern, weiter kennen lernen werden. Die von Schröder van der Kolk beschriebene undurchbrochene Haut ausserhalb dieser Aussen- membran ist jedenfalls eine Ansammlung von Schleim gewesen, der beim Conserviren der Larve nicht entfernt worden ist. Gerade in der Mitte zwischen den einzelnen Arkaden- spalten bildet die Aussenmembran enge und nicht sehr tiefe Kinnen, die Längsrinnen (Fig. 11 — 13, Ir), die also in ihrer ganzen Länge parallel zu den Arkaden laufen. Es sind somit auf jeder Seite zwei solcher Längsrinnen vorhanden. Die Ent- fernung von einer dieser Längsrinnen bis zu einem Arkaden- spalt beträgt bei Gastrus equi etwa 0* 1 mm, variirt jedoch bei den einzelnen Formen; bei Gyrostigma ist die Entfernung- geringer, bei Cobboldia grösser. Bei Gastrus equi beträgt also die Entfernung von Längsrinne zu Längsrinne oder, was die- selbe Entfernung ist, von Arkadenspalt zu Arkadenspalt etwa 0 • 2 mm. Die Stützbalken. Direct unter den Längsrinnen liegen feste, dick chitinöse Balken, die Stützbalken, welche der ganzen Platte einen festen Halt geben. Sie haben auf dem Querschnitt Ähnlichkeit mit einem gleichseitigen Dreieck, dessen eine Seite auf der Aussenmembran basirt. Die dieser Seite gegenüber- liegende Spitze ist körperlich gedacht natürlich eine Kante, die somit parallel zur Längsrinne verläuft (Fig. 12 und 13, sb). Bei Cobboldia weicht diese Gestalt insofern ab, dass die nach innen zu liegende Kante sich mehr abrundet und verbreitert (Fig. 14, sb). Bei Gyrostigma snmatrense schliesslich verdickt sich der Chitinbalken seitlich und bildet so quer geschnitten ein Rechteck, dessen längere Seite der Aussenmembran anliegt und dieser zur Stütze dient. Respirationsorgane der Gastriden. 259 Diese vier Stützbalken gehen am Rande der Stigmenplatte in eine feste chitinöse Stützleiste (Fig. 13, stl) über, welche die Platte rings umgibt und ihr Festigkeit gewährt. Auch die inneren beiden Arkaden besitzen an ihrer Innenseite eine wenn auch schwächere Stütze in dem etwas verdickten Rande des schon erwähnten Mittelfeldes. Die Höhe der Stützbalken von der Aussenmembran nach innen zu ist bei Gastrus equi 0*09 nun. bei Gyrostigma sumatrense 0-12 mm, bei Gyrostigma rhino- cerontis bicornis O'OSmm, bei Cobboldia 0*1 mm im Durch- schnitt. Die Klammern. Um nun auf den weiteren Bau der Stigmenplatte einzugehen, greife ich aus den Arkaden irgend eine beliebige heraus, z. B. eine mittlere Arkade. Schon bei einer äusserlichen Betrachtung bemerkt man unter der Aussen- membran in bestimmten Abständen kleine, braune Querlinien (Fig. 2 — 6), die zu mannigfacher Deutung Anlass gegeben haben. Vielfach werden sie als Querleisten, dann auch als Chitinstäbchen (Krancher) erklärt. Brauer schreibt ihnen die Function zu, das Lumen der Arkade zu erhalten und nennt sie Chitinstege (Brauer, Nachträge zur Monographie der Oestriden, 1887). Betrachten wir zunächst auf diese Elemente eine Arkade des abdominalen Stigmas bei Musca. Hier haben die Chitin- stege augenscheinlich die Form von Chitinstäbchen, die sicher als stützende Elemente functioniren, denn sie erstrecken sich quer durch das langgestreckte Stigmenloch und erhalten so das Lumen desselben. Anders bei Gastnts. Hier ist absolut keine Ähnlichkeit mit Chitinstäbchen zu bemerken. Es sind vielmehr halbkreisähn- lich gebogene solide Klammern (Fig. 12 und 16) aus einem äusserst festen, spröden und elastischen Chitin von brauner bis dunkelbrauner Färbung. Wie sollte aber eine gebogene Klammer als Stütze gegen seitliche, nach innen gerichtete Kräfte wirken können? Das wäre eine sehr unzweckmässige Verwendung mechanischer Principien. Während die Kraftleistung der Stab crfen, indem sie eben von aussen nach innen gerichteten Kräften entgegenwirken, nach aussen gerichtet ist, ist es bei dein Klammern gerade umgekehrt. Hier soll nach aussen wirkenden Kräften entgegengearbeitet werden, die Richtung ihrer Kraft- 260 G. Enderlein, leistung ist also nach innen. Eine genaue Betrachtung der Arkaden, besonders auf dem Querschnitte, zeigt nun, dass bei Gastrus equi die Verhältnisse sich folgendermassen gestalten: Unterhalb des Stigmenspaltes in der ganzen Länge einer jeden Arkade liegt in einem Abstände von etwa 0*05 — 0-06 mtn eine Anzahl von etwa 30 Stück Klammern, die quer zu dem Spalt gelagert sind, und deren Arme auf beiden Seiten des Stigmen- spaltes auf der Aussenmembran inseriren, und zwar breit und fest mit' dieser vereinigt und in der Richtung der Kraftwirkung stark verbreitert sind (Fig. 13 und 16). Jetzt sieht man denn auch ihre Function klar und deutlich. Sie halten' durch ihren mehr oder minder federnden Bogen oder Bügel die Ränder des Stigmenspaltes fest zusammen, so dass dieselben nicht über ein gewisses Maass von einander entfernt werden können. Die Zweckmässigkeit dieser Verhältnisse liegt vor Augen. Es würde, wenn es an einer verschliessenden mechanischen Einrichtung mangelte, schon bei einer geringen Biegung der Platte, was ja bei ihrem grossen Umfange leicht eintreten kann, sich ein bedeutendes Klaffen des Stigmenspaltes geltend machen, und sofort würden Flüssigkeitsmengen von dem die Platte umgebenden Mageninhalt in das Innere der Platte eindringen und so in die Luftwege gelangen. Dies würde aber die Platte selbst unbrauchbar machen und ihre Zweckmässig- keit sehr fraglich erscheinen lassen. Ihrer Form und Anzahl nach bieten die Klammern mannigfaltige Verschiedenheiten dar. Gastrus equi. Bei dieser Species finden sich in jeder Arkade, die eine Länge von Ylhmm besitzt, etwa 30 Stück. Die Breite dieser Klammern beträgt durchschnittlich 0 ■ 1 1 mm, ihre Höhe 0*05 mm. Die Enden der beiden Arme (Fig. 12 und Fig. 13) inseriren mit ihrer Innenseite dicht am Stigmenspalt, mit ihrer Aussenseite neigen sie sich etwas nach unten und basiren auf den Ausläufern der Stützbalken (Fig. 12). Dies ist ihre breiteste Stelle; nach unten zu verengen sie sich allmälig, sich gegen einander zuwendend, und vereinigen sich schliess- lich senkrecht unter dem Stigmenspalte zu einem rhombi- schen Täfele hen (Fig. 16, vir. Fig. \2,fb), das von der Seite betrachtet, wie in Fig. 12, als Verschmälerung der Arme erscheint. Da man in dieser Ansicht durch die Fläche des Respirationsorgane der Gastriden. 2b 1 Täfelchens blickt, so sieht man dasselbe in dunklerer Färbung. In dieser Lage erkennt man auch mehr seine Function als federnder Bügel. Von oben betrachtet, entweder direct auf die Stigmenplatte, indem man es durch richtiges Einstellen mit der Mikrometerschraube deutlich durch die Aussenmembran hin- durch erkennen kann, oder an Flächenschnitten durch die ganze Platte sieht man es in seiner wahren Gestalt. Auf diese Weise sieht man auch die Form der Arme selbst im Quer- schnitt, es ist eine nicht zu dünne Spindelform. Kurz vor der Vereinigung zu den Täfelchen bilden die Arme einen ge- schwungenen Vorsprung nach innen. Dieser Vorsprung ist meist glatt, zuweilen aber in eine feine Spitze ausgezogen. Die Klammer umschliesst so mit ihren Armen eine herz- förmige Öffnung. Fig. 16 zeigt eine solche Klammer schräg von oben gesehen. Gastnts liaemorrhoidalis. Diese Form besitzt in jeder etwa 1 • 6 nun langen Arkade ungefähr 20 Klammern, die in einem Abstände von 0 07 — 0-08 mm voneinander aufgestellt sind. Sie bilden einen etwas engeren Bogen, als bei Gastrus equi, und zwar besitzen sie eine Breite von etwa 0"09;«/;/ und ersetzen so dadurch und durch eine etwas grössere Stärke die geringe Anzahl. Gyrostigma sumatrense. Die sich hier geltend machende Verlängerung der Arkaden (Fig. 4) bis auf 5*6 mm macht schon eine grössere Anzahl (140) von Klammern in jeder, in Abständen von 0*04 mm. voneinander, nöthig (Fig. 17). Sie sind denen der Gattung Gastrus sehr ähnlich, besitzen eine Breite von 0'lmm und eine Höhe von 0-04 mm und weichen von ihnen morphologisch nur insofern ab, als die rhombischen Täfelchen des Bügels an ihren beiden Spitzen sich seitlich in feine Chitinfäden ausziehen, die in die Spitzen der nächsten Klammern übergehen (Fig. 17, clif). So hängen also sämmtliche Klammern durch diese Chitinfäden an den rhombischen Täfel- chen zusammen. Das Chitin, aus dem sie bestehen, ist spröder, fester und dunkler als bei denen der Gastrus- Arten. Gyrostigma rliinocerontis biconüs. Die ausserordentliche Verlängerung der Arkaden bis auf 13 mm (Fig. 5), die ja schon die merkwürdige, mäandrisch zusammengeschlungene Figur Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 18 262 G. Enderlein, veranlasste, erhöht die Anzahl der Klammern zu der stattlichen Menge von durchschnittlich 370 Stück, die sich auf die ganze Länge einer Arkade ziemlich gleichmässig in Abständen von 0-035 mm vertheilen. Ihre Breite beträgt 0' 075 mm, ihre Höhe 0'03mm. Eine wesentliche Modifikation macht sich im Bau des Bügels (Fig. 18 und 19, bg) bemerkbar, indem sich nämlich keine Verbreiterung in ein rhombisches Täfelchen vor- findet; die beiden Arme gehen vielmehr gleichmässig im Bogen ineinander über, wie es sich von der Seite in Fig. 19 zeigt. Diese Vorrichtung beschränkt die Möglichkeit einer schwachen federnden Biegung der Klammern bis auf ein äusserst geringes Maass und veranlasst, in Verbindung mit einer noch grösseren Härte, Sprödigkeit und Verdunklung des Chitins, eine ganz bedeutend erhöhte Starrheit, die sich gerade bei dieser umfang- reichen Platte als besonders zweckmässig erweisen dürfte. Cobboldia elepkantis. Scheinbar wesentlich anders bieten sich diese Verhältnisse bei der Form aus dem indischen Elephanten dar, doch ist eine genetische Übereinstimmung bei genauerem Betrachten nicht zu verkennen und eine Deutung als Modifikation des Typus ist ohne Schwierigkeit möglich. Das Auffallendste ist zunächst, dass immer nur ein halber Bogen vorhanden ist. Diese Halbbögen oder Halb klammern (Fig. 14, hb) stehen auf jeder Seite eines Arkadenspaltes in einer Anzahl von etwa 30 Stück, die einen Zwischenraum von ungefähr 0*04 111111 zwischen sich lassen. Ihre Höhe ist ziemlich bedeutend, und zwar 0-12 mm. Alternirend zu diesen finden sich gegenüber eine gleiche Anzahl, jeder Halbbogen steht gerade in der Mitte vom Zwischenraum zwischen zweien der anderen Seite. Diese Halbbögen verjüngen sich nach unten zu gleichmässig und endigen in einem Chitinstrang (Fig. 14, es), der alle Enden miteinander verbindet, indem er, in Zickzack- linie senkrecht unter dem Arkadenspalt von einem Halbbogen zum anderen gehend, die ganze Länge der Arkade durchläuft. Im Querschnitte zeigt dieser Strang eine ovale Form (Fig. 14). Es fragt sich nun, wo die anderen Hälften der Klammern geblieben sind. Sind die anderen Hälften etwa verschoben oder sind sie verkümmert? Beobachtet man nun die einem Halb- bogen gegenüberliegende Stelle genau, an der die andere Respirationsorgane der Gastriden. 263 Hälfte vorhanden sein müsste, so findet man denn in der That kleine, braune, chitinöse Vorsprünge, die zuweilen auch grössere Zacken bilden, mit Fortsätzen nach unten. Dies sind die Rudimente der anderen Klammerhälften (Fig. 15, rkb). Dass sie es wirklich sind, kann man daraus zur Genüge ersehen, dass sie sich ausnahmsweise zu vollkommenen Halbbögen ent- wickeln können, die sich dann unten beide zu ganzen Klammern vereinigen, ja es bildet sich sogar an dieser Stelle im Chitin- strang jene Verbreiterung zu einem rhombischen Täfelchen. Eine solche Stelle ist schematisch in einem Aufblicke schräg von oben in Fig. 15, k abgebildet. Unter den normalen Halb- bögen findet sich eine solche Ausnahme, die nun wieder den Typus der übrigen Formen repräsentirt. Im entgegengesetzten Sinne findet es sich auch, und zwar nicht selten, dass die Rudimente gänzlich verschwinden. Diese Halbbögen, gewöhn- lich aus einem helleren Chitin bestehend, das höchstens am oberen Ende dunkler wird, besitzen eine Höhe von 0-12 ;//;//. Der Zwischenraum von dem äussersten Punkte der Insertions- stelle bis zu einem Rudiment oder, was dasselbe ist, die Breite einer der ausnahmsweise sich findenden Klammern beträgt 0* 15 min. Bei dem zweiten Stadium werden durchgängig ganz ähn- liche Verhältnisse sein. Dieses Stadium hat bekanntlich nur zwei Arkaden auf jeder Seite. Allem Anscheine nach dürfte die Anzahl der Klammern in einer jeden Arkade derjenigen bei der erwachsenen Larve gleich sein, wenigstens ist dies bei den beiden im zweiten Stadium untersuchten Formen bei Gastnis eqni und haemorrhoidalis der Fall. Die Breite der Klammern beträgt hier 0'04wm, ihr Abstand von einander 0- 03 /;//// (Fig. 6). Nachdem die Gleichartigkeit dieser Organe festgestellt worden ist, soll nun zunächst die innerste Wand der Stigmen- platte unter den Arkaden einer eingehenden Untersuchung unterworfen werden. Das spongiöse Chitingerüst (Stützwerk). Die nach unten gerichtete Kante der Stützbalken sowohl, wie die Ränder der die Platte umringenden Stützleiste, als auch die stützenden Ränder der das Mittelfeld bildenden Platte sind dicht mit einem 18* 264 G. Enderlein. spongiösen Chitinwerke besetzt, das bei den verschiedenen Arten eine verschiedene Ausbildung und Mächtigkeit hat. Am einfachsten ist es bei Cobboldia (Fig. 14, sp). Es sind kleine Chitinbäumchen von einer Höhe von 0'04 mm. Sie ent- springen alle der am meisten nach innen zu gelegenen Chitin- schicht der Platte. Es ist eine sehr dünne, unfärbbare Schicht. Von ihr aus erheben sich lange Pfeiler, die eine grosse Anzahl von Ästen abgeben. Dieselben vereinigen sich theilweise mit den Ästen der benachbarten Chitinbäumchen, theilweise endigen sie in kleine Verdickungen (diese Verdickungen sind jedoch nicht zu verwechseln mit den bei abgeschnittenen Ästen erscheinenden Verdickungen; dies sind nur optische Er- scheinungen). Ihre Farbe ist durchwegs die bräunlichgelbe Chitinfärbung. Die übrigen Arten haben in dieser Beziehung eine ziem- liche Ähnlichkeit; aus diesem Grunde sollen die Verhältnisse dieses spongiösen Chitingerüstes bei Gastrus klargelegt werden, wo sich die schönste und deutlichste Ausbildung vorfindet. Von der Kante eines Stützbalkens erheben sich starke Chitin- pfeiler, Stützpfeiler (Fig. 12, chp), in grösserer Anzahl. Im Ausgangspunkte stehen sie zunächst senkrecht auf ihrer Basis, biegen sich aber bald nach der Innenseite der Platte, um kurz darauf sich wieder der Aussenseite in ihrer Biegung zuzuwenden. Im Ganzen entfernen sich jedoch die Pfeiler immer mehr von der Aussenseite der Platte und endigen schliesslich dicht in der Nähe der Endigung des gegenüberliegenden Pfeilers, der auf dem benachbarten Stützbalken basirt. In ähnlicher Weise stehen so im Ganzen meist vier solcher Pfeiler sich auf dem Querschnitte gegenüber. Die übrigen Pfeiler endigen an der Innenfläche der Platte, ohne sich in ihren Endpunkten nahe- zutreten, doch correspondirt ihre gegenseitige Lage so, dass sie im Sinne ihres Bogens auf einander zustreben und man leicht das fehlende Stück des Bogens zu ergänzen in der Lage ist. Die Endigungen der sich treffenden Pfeiler sind kleine Bäl la- chen, die sich gegenseitig stützen. Ebenso sind die Pfeiler unter sich durch Querbalken en (Fig. 12, qb) gestützt, die meist senkrecht zu diesen stehen. Ist dies nicht der Fall, so gabeln sich diese Qucrbälkchen einfach oder mehrfach, unter- Respirationsorgane der Gastriden. -DO einander wieder Verbindungen eingehend; in letzter Linie lassen sich jedoch alle mit Hilfe des Parallelogramms der Kräfte zu einfachen Querbalken vereinigen, die dann alle senk- recht zu den Pfeilern stünden. Dicht hinter dieser Lage von Pfeilern befindet sich wieder eine solche Lage, dieser völlig ähnlich, und so fort durch die ganze Arkade hindurch. Alle diese Lagen sind wieder durch kleine Querbälkchen zwischen sich gegeneinander gestützt. An jenen Stellen, wo sich nun eine Klammer über dem spongiösen Chitingerüste befindet, hängt von der äusseren Kante derselben eine äusserst dünne, fast farblose, unfärbbare oder höchstens nur schwach färbbare Chitinlamelle (Fig. 12, cht) herab. Unter dem rhombischen Täfelchen der Klammer ver- schmälert sie sich zu einem wenig breiten, verbindenden Bande, so dass im Wesentlichen zwei Lappen entstehen. Mit ihren Aussenrändern inseriren diese Lappen auf den Stützbalken, ihre unteren Ränder gehen in ein spongiöses Netz von feinen Chitinfäden (Fig. 12, n) über, das von dem Bälkchensystem des spongiösen Chitingerüstes lamellenartig ausgeht. Diese Chitin- lamelle ist jedenfalls die Veranlassung zur Annahme von Kiemenbläschen seitens Schröder van der Kolk's gewesen. Nicht vorhanden ist diese Lamelle bei Cobboldia, stets jedoch ist sie bei Gastrus und Gyrostigma sumatrense und in viel stärkerem Maasse bei Gyrostigma rhinocerontis bicomis ent- wickelt, wo sie sich in Form eines fast gleichbreiten Bandes zwischen den beiden Stützbalken erstreckt, ohne eine Ver- schmälerüng unterhalb des rhombischen Täfelchens zu erfahren, indem sich der Mitteltheil der Lamelle nicht spongiös wie bei Gastrus entwickelt. Zu dieser Entwicklung werden diese Bänder noch die Function des Zusammenhaltens neben den Klammern übernehmen, darauf weisen auch feine Linien und Erhebungen in der Richtung des Bandes hin. Das System der Chitinpfeiler mit ihren Querbälkchen bietet bei Gyrostigma viel Übereinstimmung dar. Die Pfeiler sind bedeutend stärker entwickelt, bei Gyrostigma sumatrense ist ihre Anzahl im Querschnitte auch grösser, da ja hier die basale Fläche des Stützbalkens stark verbreitert ist, und zwar bis zu einer Breite von 0*09 mm. 266 G. En derlein. Was hat nun aber dieses complicirte System von Pfeilern und Bälkchen funct ioneil für eine Bedeutung? Vereinigen wir zunächst einmal alle die Querbälkchen, die sich gabeln, zu ihren Resultanten und verschieben sie so, dass die einzelnen Stückchen sich zu Linien verbinden lassen, so erhalten wir ein System von zwei Curvenschaaren, von denen alle Curven in ihren gemeinsamen Punkten sich einander senkrecht schneiden. Bekanntlich nennt man nun Curvenschaaren, die sich unter irgend einem gegebenen Winkel schneiden, Trajectorien und alle Kraftlinien sind ebenfalls Trajectorien. und zwar Tra- jectorien im engeren Sinne, da sie sich rechtwinklig schneiden. Unser Querschnitt Fig. 12 zeigt nun auch schon ohne jene Ver- einigung der gegabelten Querbälkchen eine auffallende Ähn- lichkeit mit solchen Trajectorien, und dies bestärkt die Ver- muthung und lässt es unzweifelhaft erscheinen, dass hier ein den mechanischen Principien in weitgehendem Maasse ange- passter Organisationspunkt vorliegt. Für das Individuum würde das in diesem Falle gleichbedeutend mit einer sehr zweck- mässigen und ausserordentlichen Materialersparniss sein. Die Wirkungsweise dieser Einrichtung wäre demnach folgendermassen zu erklären: Die ganze Chitinplatte der äusseren Plattenschicht, die an ihren Spalten fest durch die Klammern zusammengehalten wird, ist die Basis für die Pfeiler- bögen, die man mit Brückenbögen vergleichen kann. An ihr sitzen sie frei, in den hinter der Stigmenplatte gelegenen Luft- raum hineinragend. Bei der Brücke steht die von aussen kommende zu überwindende Kraft senkrecht nach den Bogen- wölbungen zu; die Richtung der Kraftleistung ist also entgegen- gesetzt, senkrecht von den Bogenwölbungen wreg nach aussen. Ähnlich ist es bei unserer Stigmenplatte. Würde sie so gebogen, dass sie in der Richtung der Körperaxe nach hinten (also nach aussen) sich wölbt, würden also so gerichtete Kräfte parallel zur Körperaxe auf sie einwirken (z. B. würde ein seitlicher Druck auf das Hinterende der Larve solche Kraftrichtungen auslösen, ebenfalls eine durch Muskelthätigkeit bewirkte Ver- engerung des letzten Körpersegmentes), so ständen diese senkrecht auf den Wölbungen unseres Bogensystems der Chitinpfeiler. Diese wirken nun in gleicher Weise, wie es die Respirationsorgane der Gastriden. ^')( Brückenbogen thun, einer ihrer Länge. Stärke, Biegung und Anzahl entsprechenden Kraft entgegen. Die Wirkungsweise ihrer Kraftleistung ist also bei nicht zu starkem Druck auf- hebend oder vermindernd. Sie wird noch erhöht durch die Beschaffenheit des Chitins, aus dem das Stützwerk besteht. Es ist eine sehr biegsame und zähe Modification des Chitins von bräunlichgelber Farbe. In Folge dieser Elasticität der Substanz kann man auch annehmen, dass das spongiöse Chitingerüst auch einen Druck nach innen zu bis zu einem gewissen Grade wird überwinden können, doch findet sich noch eine specifisch dieser Function angepasste Einrichtung, auf die ich bei Behand- lung des »spongiösen Ringes« zu sprechen komme. Nun bliebe bloss noch übrig, einen Versuch zu finden, um nachzuweisen, dass aus geraden Linien wirklich jene Curven entstehen können. Ihre einfachste Form repräsentirte sich in Cobboldia; hier waren es gerade Pfeiler (Fig. 14), die sich nach allen Richtungen senkrecht zur Basalfläche, der Oberfläche des Stützbalkens, anordnen. Ähnlich wird es in der ursprünglichen Bildungsform bei der Gattung Gastrus gewesen sein, denn ihre Arten bilden in dieser Hinsicht einen phylogenetisch höheren Entwicklungsgrad als die Arten von Cobboldia. Zum Zwecke dieses Versuches wurde eine Lamelle von Plastilin (oder auch Thon) zwischen zwei Glastäfelchen gespannt. Von zwei sich gegenüberliegenden Punkten der Glastafeln wurden gerade Linien in die weiche Masse gefurcht, die bis zu den Schnitt- punkten mit den gegenüber in entsprechenden Richtungen aus- gehenden Geraden verlängert wurden. Nun sollten Kräfte ange- wendet werden, die senkrecht auf die entstandenen Spitzen einwirkten. Diese Kräfte würden sich, da die Basis der Lamelle fest und unveränderlich gedacht werden muss, in seitlich wirkende Kräfte auflösen. Man dreht also die beiden Platten um die Endpunkte der festen Basis nach aussen in der Weise, dass die plastische Lamelle oben angezogen und gedehnt wird, und in der That, es entstehen ganz ähnliche Curven, wie sie von dem spongiösen Chitingerüste her bekannt sind. Wie schon aus der morphologischen Erklärung hervor- geht, befindet sich also unter dem Arkadenspalt ein lang- gestreckter Luftraum, der durch die von den Klammern herab- 268 G . E n d e r 1 e i n , hängenden Lamellen in partiell abgeschlossene Fächer getheilt wird. Diese communiciren miteinander durch die in der Mitte der Lamellen befindlichen Chitinnetze, sowie durch die zwischen den Armen der Klammern befindlichen Öffnungen; nach innen stehen sie ferner durch das spongiöse Chitingerüst mit der Luftkammer in Verbindung, durch welches die Luft in das Körperinnere einzudringen vermag. Das Mittelfeld. Zwischen den Arkaden und von ihnen eingeschlossen, liegt in der Mitte der Stigmenplatte das läng- lich ovale Mittelfeld (Fig. 3 — 5, m) von farblosem, färbbaren Chitin. Die Pfeiler mit ihren Balken werden auf der Innenseite nach der Mitte zu immer kleiner und verkümmerter, bis schliess- lich kleine Erhebungen mit merkwürdigen Auswüchsen und knopfartigen Verdickungen übrig bleiben (Fig. 20). Auf der Aussenseite ist die Oberfläche glatt. Im Mittelpunkte der Innen- seite erhebt sich ein kegelförmiger Ce n tral h ö ck er (Fig. 1, c); auch auf der Aussenfläche findet sich an dieser Stelle eine kleine Erhebung. Dieser Höcker ist nach De Meijere der zusammengedrückte und überwucherte Rest des primitiven Stigmenloches vom ersten Stadium, dessen Deutung durch Schröder van der Kolk und Andere schon im geschicht- lichen Überblicke berücksichtigt wurde. Auf der Mitte des Höckers findet sich auch noch im dritten Stadium eine krater- artige Vertiefung. Der Ring. In der Luftkammer nun, dicht hinter der Stigmenplatte selbst, befindet sich der schon mehrfach erwähnte Ring (Fig. 1 und Fig. 13, r), ähnlich wie das spongiöse Chitingerüst der Platte gänzlich aus ebensolchen Chitinpfeilern und Bälk- chen zusammengesetzt. Er läuft in zwei Hälften rings um die Stigmenplatte herum und bildet in der Medianlinie ventral und dorsal bei der Berührung der Enden der beiden Hälften je einen langen, spitzen Zapfen (Fig. 3 — 6). Diese Zapfen sitzen in ihrer ganzen Länge dem Mittelfelde auf und stützen dieses. Der ventrale erreicht eine grössere Länge als der dorsale, beide nähern sich bis auf einen geringen Zwischenraum, in welchem der Centralhöcker des Mittelfeldes gelegen ist. Die Form und Lage des Ringes macht man sich am besten auf einem Quer- Respirationsorgane der Gastriden. 269 schnitte durch den Ring, also z. B. auf einem Frontalschnitte durch das Thier klar (Fig. 13, r). Der Querschnitt ist am geeignetsten mit einem rechtwinkeligen, Ungleichschenkel igen Dreiecke zu vergleichen. Die kurze Kathete basirt auf der Wand der Luftkammer, die mehr als noch einmal so lange zweite Kathete liegt, parallel zur Innenseite der Stigmenplatte, dieser dicht an, die Hypothenuse endlich wendet sich der nach dem vorderen Körpertheile zu liegenden Luftkammer zu. Die Chitin- pfeiler stehen wieder senkrecht auf der Basis und wenden sich mit geringeren Biegungen der Hypothenuse zu, wo sie gabelig enden. Der nach der Stigmenplatte zu gelegene erste Chitin- pfeiler erstreckt sich in der ganzen Länge der langen Kathete bis zur Spitze, also körperlich gedacht bis zum Innenrande des Ringes. Er ist zugleich der stärkste von allen. Die nachfolgenden nehmen sowohl an Länge, als auch an Stärke immer mehr ab und wenden sich immer mehr der Luftkammer zu. Bei Cobboldia fehlt der Ring fast ganz. Die Zapfen zeigen im Querschnitte wunderschöne Bogencurven, ähnlich wie zwischen den Stütz- balken der Stigmenplatte, doch sind die Bogen gerade umge- kehrt. Auf ihren Wölbungen ruht die Platte, wird also durch sie verhindert, nach innen eingebogen zu werden, ihre Kraftleistung wirkt somit in entgegengesetzter Richtung, und zwar nach aussen. In gleicher Weise ist denn auch die mechanische Function des Ringes selbst zu denken. Er bietet der Platte eine breite, stützende Fläche dar, die selbst spongiös ist, also einen Gasaustausch nicht verhindern kann. Die Richtung der ent- gegenwirkenden Kräfte beider Mechanismen ist somit nach aussen zu, sie verhindern eine Biegung der Patte nach innen mit einer bedeutenden Materialersparniss. Es bietet sich hier eine Zweckmässigkeit der Organisation der Beobachtung dar, wie sie bei ihrer Einfachheit schöner und zweckentsprechender kaum gefunden werden kann. Über eine weitere Function aller dieser spongiösen Gebilde soll bei der Behandlung der Vorder- stigmen gesprochen werden. Die Luftkammer. Die Wandungen der schon aus einem früheren Abschnitte bekannten Luftkammer sind sehr einfach gebaut. gje werden 270 G. Ender lein, durchzogen von dünnen, parallelen Chitinleisten, die aus einer Verdickung der Chitinspiralen der Tracheen hervorgegangen sind, die Luftkammer ist gewissermassen eine sehr erweiterte Trachee. Die meist gelben bis bräunlichgelben Chitinfäden gehen allmälig in die farblosen Chitinspiralen über und besitzen dieselbe Lagerung und Form. Die Ringfurche. Es soll nun auf den Bau der dicht um die Stigmenplatte gelegenen Ringfurche (Fig. 1 und 13, rf) eingegangen werden. Sie faltet sich ziemlich eng zusammen und besitzt an ihrer Aussenfläche zahlreiche Härchen und stäbchenförmige Erhebungen, die an einigen Stellen mit feinen Härchen besetzt sind (Fig. 13, h). Es zeigt sich hier eine mit dem spongiösen Chitingerüste der Platte und des Ringes genetisch parallele Erscheinung, auf die später noch eingegangen werden soll. An der äusseren Kante der Ringfurche inseriren nun auch die Plattenmuskeln (Fig. 1 und 13, pm) in der bekannten Weise, dass sich die Faserschicht zu einer langen Sehne aus- zieht, die Hypodermiszellen indessen sich weit in den Muskel hineinziehen und mit diesem verschmelzen. Umgeben wird jeder Muskel von einem oft sehr weiten Sarcolemmasack, inner- halb dessen die Muskelkerne verstreut liegen. Die Platten- muskeln stehen im Kreise um die Stigmenplatte auf dem Rande dieser Furche ziemlich gleichmässig vertheilt in einer Anzahl von etwa 4ö — 50 Stück und endigen am Einschnitte zwischen diesem Endsegment und dem vorhergehenden zehnten Leibes- segment. Sie wirken in der Weise, dass sie in Verbindung mit den Längsmuskeln der nächsten Leibesringe die Stigmenplatte in den Körper hineinziehen können. In Folge dieser Manipula- tion bildet die innere und die äussere Stigmenfalte, also die letzten Körpersegmente, eine starke Wulst, die sich durch den Druck der in ihr enthaltenen Blutflüssigkeit und einiger der später behandelten Tracheenzellen über der Stigmenplatte schliesst. Ein Nachlassen der Muskelfunction öffnet sofort die Falten wieder. Respirationsorgane der Gastriden. '17 [ Genese des gesummten hinteren Stigmenapparates. Wie aus den Abschnitten über den Bau der äusseren Körperhaut und der Tracheenwandungen hervorgeht, haben beide sehr viel Ähnlichkeit, und die einzelnen Schichten lassen sich auf einander zurückführen. So entsprechen sich Hypo- dermis und Matrix, die Faserschicht a über der Hypodermis der Faserschicht a der Trachea. So lässt auch die äussere Cuticular- schicht b mit der den Spiralfaden führenden Chitinschicht ß einen Vergleich zu. obgleich die grosse Variabilität dieser Schicht einen weitgehenden Polymorphismus verursacht hat. Die Chitinsehieht ß. Verfolgt man von den Tracheenmündungen in die Luft- kammer diese den Spiralfaden enthaltende Schicht, so sieht man diesen, wie schon angeführt, sich stark verdicken; ebenso verdickt sich die Grenzmembran etwas, welche die Wand nach dem Lumen der Luftkammer abschliesst und als derselben Schicht angehörig betrachtet wird. Nach der Übergangsstelle zum spongiösen Ring zu verändern sich die Spiralfäden eigen- thümlich. Sie werden immer dünner und höher, theilen sich an ihrer Spitze, zerreissen und zerspalten, so dass schliesslich kleine Chitinstäbchen entstehen, die, je weiter man sich dem Ringe nähert, immer höher werden und sich selbst wieder theilen, indem sie Äste abgeben (Fig. 13, u). So sind es endlich unsere Pfeiler und ihre Querbälkchen geworden, und man sieht eben, dass dieselben genetisch dem Spiralfaden entsprechen. Diesen Übergang findet man an verschiedenen Stellen und bei verschiedenen Formen in mannigfacher Weise modificirt. Reste der jedenfalls zerreissenden Grenzmembran finden sich dem Augenschein nach hier und da über das spongiöse Chitingerüst weg verstreut. Die Pfeiler basiren auf einer dünnen Schicht von derselben gelblichen Farbe, welche ebenfalls der Schicht ß an- gehört. In gleicher Weise geht nun diese Schicht in die Stigmen- platte über, bildet hier das spongiöse Chitingerüst, ebenfalls mit einer dünnen Basis versehen. Diese Basis überkleidet sodann die ganze Innenwand der Platte, auch an den Stellen, wo sich kein spongiöses Chitin befindet, überzieht also die 272 G. Enderlein, Stützbalken nach den Stigmenspalten zu, an deren Rändern sie endigt und bildet die Klammern und die von diesen herab- hängenden Querlamellen. Alle diese Verhältnisse sind bei ent- sprechenden Färbungen, z. B. mit Bleu de Lyon und Para- carminnachfärbung, aber auch schon mit Färbung durch Säure- carmin u. s. w. deutlich erkennbar. Ferner überzieht die Schicht ß die Innenmembran des Mittelfeldes, wo auch die verkümmerten Chitinbäumchen (Fig. 20), die schon behandelt wurden, ihr zuzuschreiben sind. An Fig. 12 und 13 sieht man die Lagerungs- verhältnisse dieser Schicht bei Gastrus eqtii am deutlichsten. Die Chitinschicht b. Die von der Aussenseite des Körpers herkommende äussere Cuticularschicht zieht sich, über die Aussenfalte und Innenfalte immer dünner werdend weg, um sich vor dem Stigma einzu- stülpen und die Ringfurche (Fig. 1 und 13, rf) zu bilden. Hier haben wir eine parallele Erscheinung zu dem spongiösen Chitingerüst der Innenfläche der Platte und des Ringes, indem sich hier die schon beschriebenen Härchen, Stäbchen und Stäbchen mit Härchen besetzt finden (Fig. 13, h). Was sie für eine Bedeutung haben, ist nicht ersichtlich, vielleicht dass sie das Lumen der Falte einigermassen erhalten helfen, doch sind sie um so interessanter und wichtiger für den Beweis der Über- einstimmung der Schichten b und ß. Von dieser Furche aus zieht sich nun diese Schicht weiter über die Stigmenplatte und bildet die Aussenmembran. Die Stigmenspalten mit den Härchen sind also Bildungen dieser Schicht. Die beiden Faserschichten 7. und a. Die in den Tracheenwänden verhältnissmässig dünne Faserschicht a verdickt sich immer mehr, je mehr sie sich der Platte nähert. Schon unter dem Ring ist sie meist ziemlich mächtig. Sie vereinigt sich am Rande der Stigmenplatte mit der von aussen kommenden Schicht a. Beide Schichten dringen in den Stützbalken vor, zwischen sich im Innern jedes Balkens einen Raum lassend (der mit Epithelien ausgekleidet ist; vergl. nächsten Abschnitt). Eine dünne Lamelle dringt bis nahe an den Stigmenspalt vor, parallel zu diesem sich abgrenzend. Respirationsorgane der Gastriden. 273 Schliesslich enthalten noch die Chitinpfeiler des spongiösen Stützwerkes feine Züge einer färbbaren Chitinart in sich. Bekanntlich ist nun die Faserschicht färbbar und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese färbbaren Züge im Innern der Stütz- pfeiler der Faserschicht angehören. Diese Erklärung gewinnt noch dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass bei den compli- cirteren Verhältnissen am Vorderstigma, die später speciell behandelt werden, thatsächlich die Faserschicht deutlich nach- weisbar ist. Das ganze Innere des Mittelfeldes wird schliesslich ebenfalls von diesen zwei Schichten gebildet. Die Epithelien (Matrix, Hypodermis). Die von den Tracheen kommende Matrix verdickt sich unter dem Ring mächtig, besonders bei Gyrostigtna sumatrense, wo sich auch eine bedeutende Ansammlung von Spongio- plasma zeigt. Bei dieser Art findet sich auch unter dem Ring die Basalmembran am meisten entwickelt. Sie ist hier verhält- nissmässig dick, ohne Structur und stark lichtbrechend und gibt so ganz das Bild einer chitinösen Cuticula. An der Platte nähert sich die Matrix der Hypodermis, einen engen, mit Blut- flüssigkeit angefüllten Raum zwischen sich lassend. So dringen beide Schichten auch in die Stützbalken ein, wo sie sich an ihren Rändern vereinigen und so eine einzige Schicht bilden (Fig. 12 — 14). Der im Innern dieser Schicht mit Blutflüssigkeit angefüllte Raum (Fig. 12 — 14) wird immer enger und enger, je weiter man vom Rand des Stigmas ins Innere der Stützbalken vorschreitet, bis schliesslich die beiden Innenflächen der Zell- schichten sich berühren. Ganz im Innern verschwinden auch diese Zellen, und es scheinen sich bis hierher nur plasmatische Fort- sätze derselben zu erstrecken, also gewissermassen modificirte Porencanälchen. Ob ähnliche Porencanälchen mit Zellfortsätzen auch in die Stützpfeiler hineinführen, ist am Hinterstigma nicht möglich gewesen, mit Sicherheit zu constatiren. Dies gelang jedoch völlig bei ähnlichen Gebilden am Vorderstigma. Auch in das Mittelfeld setzt sich ein Stück weit eine Lamelle von Zellen fort. Bei Cobboldia ist der von der Blutflüssigkeit durchspülte Canal, der sich in jeden Stützbalken hinein erstreckt, sehr weit; im Übrigen variirt er wenig. 274 G. Enderlein, Wie wäre nun die Bildung dieser so complicirten Verhält- nisse zu verstehen? Durch eine sehr verschiedene und ungleiche Ausbildung der Mächtigkeit der einzelnen Schichten werden unregelmässige Zug- und Druckwirkungen ausgelöst. Es ent- stehen so Wellen und Faltungen. Unsere Stigmenplatte besteht der vorangehenden Untersuchung zufolge im Wesentlichen aus sechs Schichten. Es sind betheiligt: 1. Die äussere Cuti cular Schicht, II. die äussere Faserschicht, III. die Hypodermis, IV. die Matrix, V. die innere Faserschicht, VI. die den Spiral faden führende, stark meta- morph o s i r t e Schicht. Die beiden Faserschichten entwickeln sich zunächst in grösserer Ausdehnung, eine Folge ist: die Zellschichten reissen. Ein Überwiegen der Flächengrösse der Schicht V veranlasst eine Faltung nach innen (Fig. 12) und die bedeutende Aus- dehnung der Schicht VI eine starke Faltung nach aussen. Alle Schichten reissen schliesslich am Spalt ausser Schicht VI, die noch an einigen Stellen ihren Zusammenhang bewahrt. Dieser Zusammenhang wird durch die Bügel der Klammern gebildet. Nun erklärt sich auch die morphologische Verschiedenheit der Klammern bei den einzelnen Formen. Gyrostigma sumatrense erhielt sich noch den verbindenden Chitinfaden zwischen den Bügeln (rhombischen Täfelchen, Fig. 17, chf), bei Cobboldia bildeten die Reissungen einen noch mehr an eine Fläche erinnernden Bügelcomplex (Fig. 14 und 15). Im Innern formte die Schicht VI durch die entstandenen Zugverhältnisse eine spongiöse Zerreissung und Ausziehung in Fäden (Pfeiler und Bälkchen), deren Bildung ebenfalls durch den Versuch mit der Plastilinlamelle versinnlicht werden kann. So sind auch die Längsrinnen in der Aussenmembran, also in der Cuticular- schicht I Producte dieser Faltungen. Da beim zweiten Stadium die Organisation ganz ähnlich isl, soll an dieser Stelle nicht weiter auf dasselbe eingegangen werden. Respirationsorgane der Gastriden. -7o Der vordere Stigmenapparat. Viel complicirter gebaut und der Untersuchung ganz be- deutende Schwierigkeiten entgegensetzend ist das Vorderstigma. Bei der ausserordentlichen Kleinheit (der gesammte Apparat mit Luftsack hat z. B. bei Gastrus equi eine Länge von 1 mm) und der dichten Verhüllung in dicke Chitinhäute ist es äusserst schwierig, sich eine klare Vorstellung von seinem Bau anzu- eignen, und dies ist auch der Grund, dass hierüber so gut wie nichts bekannt ist. Da eine Orientirung auf Schnitten nach vielen missglückten Versuchen nicht möglich war, so blieb nichts übrig, als den Apparat von seinen dicken Chitinhüllen zu befreien, was bei der Kleinheit des Organes sehr schwierig zu bewerkstelligen war, aber doch endlich mit Hilfe von Präparirnadeln gelang. Nun konnte das Stigma in Glycerin oder in Canadabalsam von allen Seiten hinlänglich unter dem Mikroskop betrachtet und gewendet werden. Der feinste Bau musste natürlich auf Längs- und Querschnitten untersucht werden. Es machten sich dabei sowohl Schnitte von einer Dicke von 20 — 25 (J., als auch solche von 2 ja nothwendig, wovon die dünnsten für Untersuchung gewisser Verhältnisse gerade ausreichten. Der Versuch, Schnitte von 1 [t Dicke darzu- stellen, gelang nicht. Da die Gattung Gastrus nahezu eine Mittelform in der Entwicklung des vorderen Stigmenapparates bildet, will ich zunächst ein Vorderstigma von Gastrus equi (Fig. 26) vor- nehmen. Der Stigmenapparat zerfällt schon bei oberflächlicher Betrachtung in zwei Theile, in einen länglichen braunen Körper, der bei dieser Form die Länge von 1 mm hat und den darüber nach aussen führenden Trichter (Fig. 26, tri). Der braune Körper stellt einen festen chitinösen Luft sack dar, den man in drei Theile zerlegen kann. Dem Tracheenende sitzt zunächst der Stiel (Fig. 26, sl) auf, von einer Länge von O'Smm. Hieran schliesst sich eine kurze Verengerung, der Hals (Fig. 26, hs), diesem folgt der Kopf (Fig. 26, H). Der Durchmesser des Halses beträgt O- 13 mm, der übrigen beiden Stücke 0-22 mm. Auf dem Kopf befinden sich nach vorn zu gerichtet vier hufeisen- förmige Wülste, die Stigmenwülste, von denen zwei auf 276 G. Enderlein, einer seitlichen Ansicht eines Vorderstigmas in Fig. 26 zu sehen sind. Wie hier zu bemerken ist, sind die Bogen der Wülste nach vorn nach dem Larvenkopf zu gerichtet, die Hörner der Bogen nach hinten. Die beiden oberen Wülste sind länger als die unteren, und ihr unteres, nach hinten gerichtetes Hörn theilt sich kurz vor dem Ende durch eine schwache Spaltung. Auf jedem dieser Wülste ist eine gewisse Anzahl von Stigmen- löchern (Fig. 26 und 27, stl) nicht ganz regelmässig vertheilt, auf einer oberen etwa 20 Stück, auf einer unteren etwas weniger. Es mögen so etwa 70 bis 80 solcher Löcher auf ein Vorderstigma vertheilt sein. Ihr Durchmesser ist äusserst gering, er beträgt etwa 0 • 005 mm. Sie führen durch einen complicirten Stützapparat direct in das Lumen des Luftsackes, es communi- cirt somit die Trachea durch dieselben mit der Aussenwelt. Der Trichter. Seine Länge und Weite ist sehr verschieden. Er ist stets eine Einstülpung der äusseren Körperhaut und wird daher aus ihren drei Schichten gebildet. Die Hypodermis bleibt unverändert, enthält jedoch spärlich Kerne. Die Faserschicht dagegen zeigt in dem Luftgange eine starke Wellung der Fasern zu kurzen und ziemlich hohen, parallelen Wellen (Fig. 27, wf). Dies erweckt den Anschein einer leichten Querstreifung. Die äussere Cuticularschicht endlich ist nicht verändert, bis auf einige sehr enge und kleine Fältchen in der innersten Region des Trichters (Fig. 27, ß). Sehr kurz und weit ist der Trichter bei Cobboldia, viel länger bei Gyrostigma rhinocerontis bicornis (fast 1 mm). Gastrus hat ihn ziemlich eng und von einer Länge von 1 ///;//. Bei Gyrostigma sumatrense erreicht er endlich die Länge von 1 -4 mm, bei einer Weite des Lumens von 0" 13 mm. Der Durch- messer des Trichters mit den Wandungen beträgt hier 0'25 //////. Die Stigmenlöeher. Fig. 27 zeigt die rechte Hälfte eine:- Längsschnittes durch J den Kopf des Luftsackes quer durch die hufeisenförmigen j Respirationsorgane der Gastriden. -'< Wülste, so dass jeder der Wülste zweimal getroffen ist. Das untere Hörn des unteren Wulstes zeigt eines der Stigmenlöcher geschnitten, die übrigen drei weisen je zwei längsgeschnittene Löcher auf. Zwischen den einzelnen Wülsten finden sich ähnliche Stützbalken (Fig. 27, 30 und 31, sb), wie in der Stigmen- platte, der Unterschied ist nur, dass sich hier niemals Zellen finden. Ein jedes der etwa 0'005 mm grossen Stigmenlöcher liegt in einer flach trichterförmigen Einsenkung auf der Spitze einer hügelartigen Erhebung, deren Höhe bei den einzelnen Arten variirt, und führt in eine Hohlkugel mit festen chitinösen Wan- dungen, die eine Stützkapsel darstellt (Fig. 30 und 31). Der untere Theil der Hohlkugel ist ebenfalls durchlöchert, jedoch weiter. Die Entfernung beider Löcher von einander, also ge- wissermassen der Durchmesser der Hohlkugel beträgt 0-03 bis 0-035 mm. Diese Hohlkugeln heben sich bei Gyrostigma vhino- cerontis bicoruis (Fig. 30) hoch über die Wand des Körpers hinaus. Etwa gerade in der Mitte stehen sie bei Gastnis (Fig 27 I, flacher dagegen sind sie bei Cobboldia (Fig. 31), wo sie in Form von halben Hohlkugeln auftreten. Die Anzahl der Löcher scheint bei den übrigen Formen im Vergleich zu Gastrus zu variiren, es scheinen weniger Löcher zu sein. Doch war es in Folge des knappen Materials nicht möglich, dies mit voller Sicherheit festzustellen. Unter den Stützkapseln findet sich wieder ein spon- giöses Chitingerüst aus gelbem Chitin, in dem in ähnlicher Weise wie bei der Stigmenplatte die Pfeiler gegenüberstehen (Fig. 30, sp). Eine Ausnahme macht Cobboldia (Fig. 31). Hier treffen sich die Bogen nicht, sondern die Pfeiler streben, senk- recht auf ihrer Basis stehend, gerade in die Höhe, einen Luft- gang zwischen sich lassend. Das Stützwerk erreicht allerdings hier eine bedeutende Höhe, verrichtet somit denselben Zweck, wie bei den übrigen Formen. Die Genese verhält sich auch ähnlich wie bei der Stigmenplatte, nur findet sich in dem ganzen Stigmenapparat absolut keine Zelle. Die äussere Schicht ist die äussere Cuticularschicht, die innerste die metamorphosirte innere Schicht der Tracheenwand. Aus diesen beiden Schichten Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. ; CVIII. Bd., Ahth. I. 19 278 G. E n d e r 1 e i n , werden auch die Stützkapseln geformt, allerdings nehmen auch die Faserschichten daran theil. Beide Faserschichten vereinigen sich innig und bilden die Stützbalken. Die untere, also die genetisch der Trachea zugehörige Faserschicht enthält eine An- zahl von äusserst dünnen chitinüsen Canälchen mit dünnem fadenförmigen Plasmainhalt, die langen flaschenförmigen Zellen, Bildungszellen, mit langgestreckten Kernkörperchen der Matrix des Luftsackes entstammen. Es ziehen sich also durch die ganze Dicke der mächtig entwickelten Faserschicht feine plasmatische Fortsätze bis in die entlegendsten Theile des vorderen Stigmenapparates und stehen in enger Beziehung zum Aufbau desselben. Viele dringen in die Stützpfeiler ein, wo sich jedenfalls auch ein Theil von färbbarem Chitin der Faserschicht mit hineinerstreckt. Der Luftsack. Seine Wände sind trachealen Ursprungs und werden daher von den drei Schichten der Trachea gebildet. Die Faserschicht hat meist eine beträchtliche Dicke. Die innere Cuticularschieht ist dicht bewachsen von wunderlichen, sehr polymorphen Chitingebilden, welche die Innenfläche des gesammten Luft- sackes bei allen Arten erfüllen. Beginnend mit dem phylo- genetisch einfachsten Typus der Entwicklungsform dieser Chitingebilde, wie er sich bei Cobboldia findet, will ich dieselben, geordnet nach ihrer Complication, die bei Gyrostigma suiua- /rcuse den Höhepunkt erreicht, vorführen. Cobboldia. Der Luftsack ist wenig abweichend von Gastrus. In ihm findet sich eine Form von Chitingebilden, die, ihrer Gestalt nach wenigstens, nichts Absonderliches bietet. Es sind Chitinbäumchen von einer Höhe von etwa 0-035 ;/;///, die mit denen der Stigmenplatte grosse Übereinstimmung zeigen (Fig. 14, sp). Die Pfeiler senden eine Anzahl von Zweigen ab, die Querbälk che n. Diese Querbälkchen sind hier sehr weit, bilden auch weite Maschen, theilweise berühren sie sich nicht. In diesem Falle endigen sie in einer kleinen Verdickung. Die Pfeiler vereinigen sich, indem mehrere zusammengedrängt stehen, öfters büschelförmig. In die Pfeiler hinein dringen feine plasmatische Fortsätze, Bildungscanälchen, der in der Respirationsorgane der Gastriden. _/9 Matrix liegenden vergrösserten flaschenförmi gen Bildungs- zellen. Gastrus. Der in Fig. 26 abgebildete Luftsack wird dicht von einer ziemlich gleichmässig dicken Schicht schwammigen Chitins ausgekleidet, aus dem sich dicht gedrängt zahlreiche Chitinsäulen (Fig. 27, clis) erheben, die von einem äusserst feinschwammigen Bälkchensystem umgeben sind. Diese Säulen (Fig. 32) weisen beide Chitinschichten auf; in der Mitte findet sich ein äusserst feiner Canal, das Bildungscanälchen (Fig. 32, bc), jedenfalls ein modificirtes Porencanälchen. Es ist theilweise hohl, zeigt aber dann an vielen Stellen plasmatische Reste, ein Beweis, dass es bei der Bildung mit lebendem Plasma angefüllt war. Durch die sehr dicke Faserschicht (Fig. 32 und 33, a) zieht es sich hindurch und endigt schliesslich in eine flaschenförmig ausgezogene, sehr grosse Zelle der Matrix. Solche Zellen liegen an einigen Stellen der Matrix des Luftsackes sehr dicht gedrängt, es sind die Bildungszellen der Chitin- säulen. Ihre Kerne sind gross und enthalten eine Anzahl faden- förmiger Kernkörperchen (Fig. 32 und 33, bz). Auf Querschnitten durch diese Bildungscanälchen sieht man, dass die Hauptfaser- schicht sich in secundären concentrischen Schichten (Fig. 33, rf) um das Plasmafädchen anordnet, die Wände des Bildungscanälchens sind also chitinöser Natur. Von den flaschen- förmig modificirten, vergrösserten Matrixzellen des Luftsackes, den Bildungszellen, aus erstreckt sich daher ein plasmatischer Fortsatz bis in die Spitze der Säulen. Zuweilen sieht man auch zwei und mehr solcher Fortsätze in einer Hülle der Faser- schicht vereinigt (Fig. 33). Sie dringen dann gemeinsam in die soliden Innenkolben ein. Die Säulen haben eine sehr ver- schiedene Höhe (0-03 — 0 -Odium). Das Maschenwerk der nach dem Stiel zu stehenden wird immer dichter und dichter, schliess- lich scheinen sich die Querbälkchen flächenhaft zu verbreitern, wenigstens sieht man auf Querschnitten von etwa 0' 002 ;///// Dicke noch ein Bild, das man analysiren kann (Fig. 34). Es zeigen sich da flächenhafte Verbreiterungen der Chitinbälkchen (fcb), die Anschnitte von ausgedehnteren Flächen sein können. Es spräche für diese Annahme die Thatsache, dass man schon auf ein wenig dickeren Schnitten kein analysirbares Bild mehr 19* 280 G. Enderlein, bekommt. Es sind gewissermassen nur einzelne Schnitte, die einen Einblick in diese kleinsten und feinsten Bildungen ge- statten. Gyrostigma rhinocerontis biconüs. Der Luftsack dieser Art hat eine etwas grössere Ausdehnung (Fig. 29). Seine Länge ist 1*5 nnii . Der Stiel allein hat die Länge von 0-6 mm, einen Durchmesser von 0"3 — 0*4 mm. Der Durchmesser des Kopfes beträgt O'ßmm. Die Faserschicht seiner Wand ist weniger dick ausgebildet. Die auf der Innenwand des Luftsackes dicht gedrängt stehenden Chitinsäulen haben eine sehr lange, keulen- oder ähren form ige Gestalt (Fig. 35). Auf einem sehr langgezogenen Stiele sitzt eine keulenartige Verdickung, die zuweilen nach dem Ende zu in eine Spitze ausgezogen ist. Die Länge der Gebilde schwankt zwischen 0'05 — 0-3iiiui. Die grössten stehen im Kopfe des Luftsackes, die kleinsten im Stiel. Der Durchmesser des langen Stieles dieser Chitin- säulen beträgt 0-01 mm. Der Bau der ganzen Säule ist folgendermassen. Im Inneren findet sich ein solider Chitin- kolben (Fig. 37 und 38, clili), möglicherweise auch aus den zwei Schichten bestehend, mit einem äusserst feinen Bild ungs- canälchen (Fig. 37, bc). Ein Endstück einer solchen Chitin- säule ist in Fig. 38 im Längsschnitt abgebildet. Ob dieser ßildungscanal auch ein plasmatischer Fortsatz von Matrixzellen ist, konnte nicht constatirt werden, doch ist es nach Analogie sehr wahrscheinlich. Die ganze Oberfläche der Säule, von der Basis bis zur Spitze, ist mit kleinen dünnen Chi t ins chüpp- chen dicht besetzt (Fig. 36), die alle etwas schräg nach oben gerichtet sind. Fig. 37 zeigt einen Querschnitt so, dass gerade eine Lage von parallelstehenden Schuppen getroffen ist. Da sie etwas schräg nach oben stehen, sind sie hier in die Ebene heruntergeklappt gedacht. Die Chitin Schüppchen, welche die Länge von 0 005 bis 0 • 0055 mm erreichen, haben eine auffallende Ähnlichkeit mit Flügelschuppen von Schmetterlingen. Sie sitzen mit einem dünnen Stiel auf und verbreitern sich allmälig flächenartig, sind allerdings ganz bedeutend kleiner als diese. In der Mittellinie scheinen sie eine Rinne zu besitzen. Die nächste Lage von Schüppchen steht alternirend zur vorhergehenden, so dass die Respirationsorgane der Gastriden. 2b 1 ganze Säule dachziegelartig gänzlich von Schuppen bedeckt ist. Ein Stückchen aus der Länge des Säulenstieles, körperlich geJacht, bietet Fig. 36. Übrigens stehen solche Schüppchen auch auf der Wand des Luftsackes zwischen den Anheftungs- punkten der Chitinsäulen. Gyrostigma sumatrense. Die Complication dieser merk- würdigen Gebilde erreicht ihren Höhepunkt bei dieser Species. Zunächst hat sich hier der Luftsack (Fig. 29) beträchtlich ver- grössert. Er erreicht eine Länge von 3 mm bei einer Breite von L 4 min. an der breitesten Seite gemessen, und ist im Quer- schnitte nicht rund, wie die anderen Formen, sondern etwas seitlich zusammengedrückt. Der Stiel ist kurz und stark um- geknickt. Fig. 29 zeigt dieses Organ in vierfacher Yergrösserung. Die ganze Innenfläche dieses verhältnissrnässig grossen Luft- sackes ist besetzt mit zierlichen Gebilden (Fig. 39) von solch merkwürdiger und dem Zoologen so ungewohnter Gestalt, dass man ihre thierische Natur kaum erkennen würde, wenn man sie isolirt betrachtete. Man würde sie viel eher für Gebilde pflanzlichen Ursprunges halten. Zunächst ist die Innenwand ausgekleidet mit einer dünnen Lage spongiöser Chitinmaschen, die in ihrem Aufbau mit der Auskleidung des Luftsackes von Cobboldia am meisten Ähnlich- keit zeigt. Es stehen in gewissen Abständen chitinöse Pfeiler, deren Aste mit einander verbunden sind. Allerdings sind die- selben nicht büschelweise vereinigt. Sie werden wieder von der innersten Cuticularschicht der Trachea gebildet. Darunter liegt eine dünne Faserschicht, die sich nach dem langen Trichter zu verdickt, unter ihr die Matrix mit den Bildungszellen (Fig. 39, bz). Dicht gedrängt erheben sich nun aus dieser Basis feste Chitinsäulen, die von demselben spongiösen Chitin über- zogen sind, und zwar in derselben Mächtigkeit. Der Körper dieser Säule wird äusserlich von demselben homogenen Chitin- häutchen, wie bei allen anderen Formen gebildet, darunter liegt die Faserschicht; im Inneren findet sich der Bildungscanal (Fig. 39, bc). Er ist verhältnissrnässig weit, und es kommt vor,, dass die Kerne der Bildungs Zeilen ein wenig in denselben eindringen, wie es in Fig. 39 angedeutet ist. Der obere Theil der Säule ist in eine feine Spitze ausgezogen, auf welcher ein 282 G. Enderlein, Chitinballon in Form eines Ellipsoides festsitzt. Seine Länge beträgt 0'03 — 0"07 mm, der Durchmesser 0-03 — 0*04 mm. Im Inneren desselben findet sich ein hohler Kolben, dessen Hohlraum (Fig. 39, ebc) vielfach mit Resten von Plasma durch- setzt ist, die entweder spongiöse Fäden ziehen oder sich in den Winkeln und an den Wänden angesetzt haben. Dieser Hohlraum zieht sich nach unten in ein äusserst feines Röhrchen aus, das mit dem Bildungscanale der Säule communicirt; er ist also eine Erweiterung des Bildungscanales. Die chitinöse Verbindung zwischen dem Kolben und dem Ende der Säule ist sehr schwach. Aus diesem Grunde brechen die Ballons leicht ab, wenn man ein Stück Wand des Luftsackes ablöst, und finden sich dann in der Präparirflüssigkeit verstreut. Der Wand des Kolbens sitzen nach allen Richtungen des Raumes eine Anzahl stützender Äste auf, die sich nach der Wandung in feinere Ästchen auflösen. Diese stützen die eiförmige dünne Wandung des Ballons, den Hohlraum (h) zwischen ihr erhaltend. Die Wandung endlich, dicht mit feinen Härchen von der Länge von etwa 0 • 001 5 ;///;/ besetzt, erscheint zunächst als solides Häutchen. Betrachtet man sie jedoch auf Flächenschnitten mit homogener Ölimmersion, so zeigt sich folgendes Bild (Fig. 40): Die feinen Härchen, auf die man senkrecht blickt, erscheinen optisch als dunkle Punkte (h). Sie sitzen einem kleinen Chitin- feldchen auf, das zu den nächstliegenden Feldchen Chitin- stäbchen sendet. So wird ein äusserst feinmaschiges Chitin- netz gebildet, das in einer einzigen Lage den ganzen Ballon darstellt. Wie fein diese Maschen und die Stäbchen sind, ergibt die Thatsache, dass die Entfernung der Härchen von einander, also auf der Abbildung der Zwischenraum zwischen den dunklen Punkten, etwa O'OOl mm beträgt. Die farblosen Wände und Aste des Kolbens, die sich mit intensiven Farblösungen stark färben, aber auch andere Farbstoffe aufnehmen, bestehen aus der Faserschicht. Eine darüberliegende Schicht war nicht zu constatiren. Die verzweigten Enden und das äussere Chitinnetz bestehen aus gelbem unfärbbaren Chitin, gehören also der innersten Tracheenschicht an. Auf nicht zu dünnen Schnitten von etwa 20 \l Stärke geben alle diese Organe mit Alkohol- fuchsin, Gentianaviolett, Bleu de Lyon etc. reizende Bilder. Respirationsorgane der Gastriden. 286 Zuweilen stehen diese Ballons direct auf der untersten spongiösen Schicht, ohne eine basale Säule zu besitzen. Dann finden sich solche mit sehr kleinen Säulchen, die in allen Übergängen bis zu einer Länge von 0*09 mm vorhanden sind. Im Stiele des Luftsackes, nach der Tracheenmündung zu, werden diese Organe immer schmäler und gehen schliesslich in solche baumartige Säulen über, wie wir sie bei Gastrus kennen gelernt haben. Höchstwahrscheinlich wird die Genese dieser Organe viel Ähnlichkeit haben mit der Entwicklung der Schmetterlings- schuppen. Nach Semper1 sind es auch hier flaschenförmige Zellen, die lange plasmatische Fortsätze bilden. Diese Fortsätze bilden grosse kugelförmige Blasen, die dann durch Rückbildung ihres flüssigen Inhaltes zusammenfallen und so die endgiltigen Schuppen mit ihren mannigfaltigen Zacken und Fortsätzen formiren. Ähnlich dürfte es hier sein. Von den Bildungszellen aus geht ein ähnlicher Canal, der Bildungscanal. Die daran hängende Flüssigkeit und vielleicht auch festere Bestandteile (Spongioplasma) enthaltende Blase, deren Wandungen aus doppelter Chitinschicht besteht, vermindert ihr Volumen durch Verringerung der Flüssigkeitsmenge. Hierdurch entstehen un- vermeidlich Druckverhältnisse. Am complicirtesten sind diese bei Gyrostigma smnatrense. Hier hält die feste und elastische äussere Wandung (die spätere Ballonwandung) der Blase aus dem unfärbbaren Chitin den Druck aus, was noch durch die maschige Bildung begünstigt wird (vielleicht entsteht sie auch dadurch erst), die weichere und nachgiebigere Faserschicht löst sich somit los von ihr und fällt zusammen, lange Fäden ihrer Substanz an den Wänden des Ballons anhaften lassend. Alle Bilder machen den Eindruck einer solchen Entstehung. Ein Einblick in die realen Verhältnisse der Entwicklung wäre jedoch nur an in Häutung befindlichen Exemplaren möglich, doch dürften solche Stadien dieses ohnehin seltenen Materials 1 Karl Semper, Beobachtungen über die Bildung der Flügel, Schuppen und Haare bei den Lepidopteren, in Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, 1857, Bd. 8. 284 G. Enderlein, sehr schwierig zu erlangen sein. Doch würden auch schon solche Stadien von Gastrus manchen Aufschluss geben. Be- trachtungen über die Function dieser eigenthümlichen Gebilde folgen an späterer Stelle. Das vordere Stigma des zweiten Larvenstadiums. Die mannigfachen Formenverschiedenheiten der Haare und haarähnlichen Bildungen, wie sie aus der Insectenwelt zur Genüge bekannt sind — ich erinnere nur an die Complication der Haare bei Anthrenus-Larv on1 und an die Schuppen der Lepidopteren und einiger anderen Gruppen, die ja analoge Gebilde sind, geben Veranlassung zur Vermuthung, dass man es auch hier genetisch mit ähnlichen Verhältnissen zu thun hat. Und in der That, betrachtet man ein jüngeres Stadium, so findet sich diese Vermuthung bestätigt. Es standen zwar nur zweite Stadien von Gastrus zur Verfügung, doch sind die Differenzen schon so gross, dass sie hinlänglich zum Vergleiche genügen. Fig. 28 stellt einen Längsschnitt durch ein solches vorderes Stigma dar. Man sieht eine einfache, doppelt geknickte Röhre, deren Wandung im Inneren nach der Tracheenmündung zu mit kurzen Härchen (h) besetzt sind. Das ganze Organ ist bei diesem Stadium schon so ausserordentlich klein, dass es schwer hält, es überhaupt aufzufinden. Die Länge von der Tra- cheenmündung bis zu der Umknickung beträgt etwa 0-05 //////, von da bis zum Austritt aus dem Körper etwa 0 4 mm. Der Durchmesser des Lumens der Röhre ist 0-015 — 0*02 /;////. Beide Chitinschichten und die Matrix sind zu erkennen, die Faserschicht ist verhältnissmässig sehr stark. So wäre auch hierüber ein einigermassen befriedigender Aufschluss gegeben. Übrigens finden sich auch bei Lampyris2 in den grösseren Tracheen frei in das Lumen hineinragende Chitinborsten, und 1 C. H. Vogler, Über die Haare der Anthremis- Larven, in Illustr. Wochcnschr. für Entom., Neudamm, 1896, S. 533, 549, 565; 1897, S. 683. - Die Schuppen der Anthrenen, 1897, S. 707. - A. Gerstaecker, Bronn's Classen und Ordnungen des Thierreiches. 5. Bd., 1866-1879. Athmungsorgane, S. 119—131. Respirationsorgane der Gastriden. LöO Leydig fand auch bei Procrustes Chitinvorsprünge. Es dürften dies genetisch ebenfalls analoge Bildlineren sein. Die Tracheenzellen. Ausser den beiden Seiten- und Darmtracheenstämmen ent- springen aus der Luftkammer vor der Stigmenplatte auch die acht conischen Tracheenstämme (Fig. 1, et), die viele Äste nach allen Seiten abgeben. Diese Aste tragen wieder kurze Zweige, an denen sich, wie schon hervorgehoben wurde, eigenthümliche grosse Zellen, Tracheenzellen, finden (Fig. 21, tz). Die nun folgende Beschreibung gilt für Gastrus und Gyrostigma. Fig. 22 stellt eine solche Tracheenzelle stärker vergrössert dar. Ihre Länge ist durchschnittlich 0*2 — Ö'Smm, ihr Durchmesser etwa Od mm. Der an sie herantretende Tracheenzweig (z) gabelt sich vor dem Eintritt in die Zelle öfters zwei- oder mehr- fach. Bis zum Eindringen in die Zelle ist deutlich der Spiral- faden nachzuweisen. In der Zelle zertheilen sich diese Luft- gänge in eine sehr grosse Anzahl feiner Capillaren, die sich selbst wieder verzweigen, nach ihrem Ende zu immer dünner werden und endlich wirr verschlungen und aufgeknäult endigen. Die ganze Zelle ist so dicht mit diesen feinen und feinsten Capillaren angefüllt, dass der Querschnitt durch eine solche Zelle von einer unzählbaren Menge dichtgedrängt stehender, äusserst kleiner Ringe angefüllt ist. In dem oberen Theile der Zelle liegt der grosse Kern von einer Zone körnigen Plasmas umgeben. Die Zelle zieht sich in ihrem oberen Polpunkte, aber auch seitlich in einen feinen Faden aus, einem Zellfortsatze, der eine Capillare enthält und in eine der Nachbarzellen eindringt. Zuweilen besitzt eine einzige Zelle zwei und mehr solcher Fortsätze, die auch manchmal nicht in andere Zellen münden (Fig. 21, cz; Fig. 22, c). Der Zellkern. Er ist ungewöhnlich gross, von ellipsoider Gestalt und besitzt eine deutliche und feste Membran, die ihn von dem ihn umlagernden Zellplasma abtrennt. Diese Kern- membran (km) ist meist so dicht mit Kernplasma vollgestopft, dass sie sehr straff gespannt ist und in Folge dessen stark glänzt. Im Innern der Membran finden sich, im gleichartigen 286 G. Enderlein, Plasma verstreut, zahlreiche Kernkorperchen. An gut fixirtefn Gewebe kann man diese bei Differenzirung mit Alkoholfuchsin- färbung weiter analysiren. Es zeigt sich dann, dass es zwei Formen von Kernkorperchen sind. Die einen sind gross, un- regelmässig begrenzt und färben sich mit Fuchsin schwach, die anderen sind viel kleiner und kugelig. Sie nehmen stark Fuchsin auf und machen sich dann durch ein intensives Licht- brechungsvermögen bemerkbar. Eigenthümlicherweise zeigt sich bei einer Behandlung der lebenden Zelle mit 1/4procentiger Überosmiumsäure wenig oder nichts von diesen Kern- korperchen. Die ganze Kernsubstanz gerinnt dann vielmehr zu einer gleichartigen Masse, in welcher eine äusserst feine Schaumstructur zu bemerken ist. Schröder van der Kolk und nach ihm Scheiber deutete diese Zellen als dem Adiposum zugehörig, also als metamorphosirte Fettzellen. Mit Osmiumsäure-Conservirung gelang jedoch völlig der Nachweis, dass sie kein Fett enthalten. Nach vorn zu zeigen sie jedoch wieder unstreitig einen voll- kommenen und gleichmässigen Übergang zum Fettkörper, indem die Zellen, je mehr man sich diesem nähert, den Charakter von Fettzellen mehr und mehr annehmen. Erst finden sich einige wenige kleine Fetttröpfchen an der Aussen wand der Zellen, und in dem Maasse wie die Anzahl und Grösse derselben zunimmt, verringert sich die Anzahl der Capillaren immer mehr, bis zuletzt die typische Fettzelle mit ihren wenigen Capillaren übrigbleibt. Auch hier finden sich bekanntlich ähn- liche Zellfortsätze wie bei den Tracheenzellen; ebenso stimmen die Kerne sehr überein, doch sind sie etwas kleiner und zeigen in Folge dessen die Kernkorperchen dicht gedrängt. Nun findet sich zwar vielfach bei passiven, d. h. also bei nicht activ am Körperbau betheiligten Zellen besonders eine starke Vermehrung der Kernkörperzahl, doch bleibt die grosse Ähnlichkeit beider Zellen, sowie der zwischen ihnen vorhandene Übergang immer- hin auffallend. Eine viel nähere Beziehung scheinen sie genetisch zu Elementen, die zwischen ihnen liegen, zu haben. Fig. 21. te, zeigt sie im Zusammenhang mit den übrigen Zellen. Sie finden sich sowohl zwischen ihnen, als auch am Ende eines Tracheen- Respirationsorgane der Gastriden. 28< ästchens, auf dünnen Tracheenzweigen aufsitzend. Fig. 23 gibt eine stärkere Vergrösserung zweier solcher Elemente. Es sind kleine Zellen, in die eine enge Trachea eindringt und sich in zwei, drei oder mehr Capillaren auflöst. Diese Capillaren treten dann einzeln aus der Zelle aus und dringen noch ziem- lich weit vor. Es sind diese Zellen also Tracheen en dz eilen, wie sie schon vielfach aus verschiedenen Gebieten der Insecten- histologie bekannt sind. Ich erwähne nur die Arbeit von Wielowiejski 1 über die Leuchtorgane der Lampyriden und die Arbeiten von Leydig.2 Die Frage, ob diese feinsten Capil- laren an ihrem Ende geschlossen oder offen sind, war auch hier nicht möglich zu constatiren. Nun finden sich neben diesen Formen der Tracheenendzeilen auch solche mit mehr Capillaren, die schliesslich Übergangsstadien zu den Tracheen- zellen bilden. Es ergibt sich hieraus, dass diese Tracheenzellen genetisch viel wahrscheinlicher als m etamorphosirte Tra- ch eenendzellen zu deuten sind. Für diese Deutung spricht noch folgender Umstand sehr. Wären es Fettzellen, so müssten doch die Tracheencapillaren von aussen in die Fettzellen eindringen, es müsste somit, da bei der Bildung des Chitins nur ein Dickenwachsthum von der Oberfläche der Epithelzellen aus, nie ein Längenwachsthum stattfinden kann, Matrixzellen in die Fettzellen eindringen. Die Möglichkeit einer solchen Erklärung durch das Eindringen von Zellen in andere Zellen ist aber völlig von der Hand zu weisen. Es müssen also die Capillaren wie bei den typischen Tracheen- endzeilen von der Zelle selbst gebildet werden, und dies spricht wieder für die Deutung als Endzellen selbst. Ganz ähnlich verhält es sich in dieser Beziehung bei Cobboldia. Nur verlängern sich hier die Tracheenzellen zu der ganz ungewöhnlichen Länge von ungefähr 1 mm (Fig. 24). Die Trachea verzweigt sich nach dem Eintritt in die Zelle in eine Anzahl dicker Capillaren, wie es der Querschnitt durch diese 1 Heinrich Ritter von Wielowiejski, Studien über die Lampyriden. Dissertation, Leipzig 1882. - Leydig, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere, 1884. Levdi«, Zelle und Gewebe. 288 G. Ender lein, Stelle, Fig. 25, demonstrirt. Diese Capillaren verzweigen sich selbst immer mehr und mehr. Der Zellkern, der keine wesent- lichen Differenzen darbietet, liegt an dem der Tracheeneintritts- stelle entgegengesetzt gerichteten Pole der Zelle. Diese langen, wurstförmigen Zellen sind in ihrer Lage der Länge nach der Aussenwand des Larvenkörpers zu gerichtet und machen auf Querschnitten durch das ganze Thier einen merkwürdigen Eindruck. Neben diesen extremen Formen finden sich auch kleinere bis zur Grösse der von den anderen Arten bekannten Tracheenzellen. Die Deutung der Function dieser Organe ist sehr einfach. Sie schwimmen in der umgebenden Blutflüssigkeit und bieten der Luft eine grosse Berührungsfläche mit derselben dar und damit dem Thiere die Möglichkeit, den Sauerstoff der Luft in ausgiebigster Art und Weise aufzunehmen und zu verwerthen. So werden auch sehr geringe Spuren von Sauerstoff der im Magen enthaltenen Gasgemenge dem Organismus zugänglich gemacht. Der Austausch findet natürlich durch die feinen Wandungen der Tracheenzellen hindurch statt. Die mit Sauer- stoff durchsetzte Blutflüssigkeit wird von der hinteren Öffnung des Herzens aufgenommen und so hauptsächlich den Organen des vorderen Larvenkörpers zugeführt, die, wie in der topo- graphischen Übersicht schon hervorgehoben wurde, spärlicher mit Tracheen versorgt werden. Diesem Mangel wird so auf diese Weise gesteuert. Vergleichende Übersicht über die Function der gesammten Respirationsorgane. Es bleibt nun noch übrig, ein Gesarnmtbild der Function dieser complicirten Apparate zu entwerfen. Da die Larven sich von Magenflüssigkeit an den Magen- wandungen, zuweilen auch an den Wandungen der Därme festsitzend umgeben finden, so wird auch die Stigmenplatte oft, wahrscheinlich sogar meist von Magenflüssigkeit umspült sein. Ist dies der Fall, so sind die Athmungswege vor einem Ein- dringen von Flüssigkeit durch die engen Stigmenspalten, die noch durch die Chitinhärchen der Ränder überdeckt werden, Respirationsorgane der Gastriden. 289 völlig geschützt. Ein Eindringen durch diese Härchen ist kaum denkbar, denn Chitin weist eine ausserordentlich geringe Ad- häsionskraft Flüssigkeiten gegenüber auf. Dies wird noch ver- stärkt durch die bekannte Thatsache, dass dem Chitin, wie allen festen Körpern, aber in erhöhtem Maassstabe die Eigen- schaft zukommt, Gase auf seiner Oberfläche zu verdichten. Es wird sich so jedenfalls immer über den Härchen parallel zum Spalt eine Luftschicht nach aussen zu befinden, die, wenn sie einmal zurückgedrängt würde, immer wieder von innen aus erneuert werden kann. Kommt nun eine Blase von der mit dem pflanzlichen Material der Nahrung des Wirthes jedenfalls reichlich ver- schluckten Luft oder der sonst im Magen vorhandenen sauer- stoffhaltigen Gasgemenge an das Stigma, so wird die Magen- flüssigkeit schnell in P'olge ihrer geringen Adhäsion verdrängt. Es kann jetzt ungehindert ein Gasaustausch stattfinden. Ob in diesem Falle durch Anspannung der Stigmenmuskel unter Biegung der Bügel der Klammern und des elastischen Chitin- gerüstes die Stigmenspalten ein wenig weiter geöffnet werden, bleibt dahingestellt. Jedenfalls ist dies völlig unwesentlich, denn der Gasaustausch kann ebensogut durch die feinen Härchen hindurch stattfinden, die eher ein Beschleunigungsmittel als ein Hinderniss bilden. Unwahrscheinlich ist diese Erweiterungs- fähigkeit bei Gyrostigma rhinocerontis bicornis, wo ja die Klammern äusserst fester Art und ohne federnden Bügel sind. Möglich ist sie dagegen bei den anderen Arten, wo sich ein federnder Bügel an den Klammern vorfindet. Das Wesentliche der Function der Klammern ist auf alle Fälle jedoch das Zu- sammenhalten der Ränder der Stigmenspalten. Ein Durch- dringen der Luft durch das spongiöse Stützwerk der Platte, wie des Ringes kann leicht stattfinden, und so gelangt die Luft in die inneren Respirationswege der Tracheen. In ähnlicher Weise wirken die vorderen beiden Stigmen. Die ausserordentlich kleinen Öffnungen der stützenden Hohl- kugeln wirken in derselben Weise, wie die Härchen an den Stigmenspalten. Ein Eindringen von Flüssigkeit ist nicht denkbar. Höchstwahrscheinlich kommen diese beiden Vorder- stigmen zur Aufnahme von Luft für das Larvenleben unserer 290 G. Enderlein, Thiere wenig oder gar nicht in Betracht. Die Öffnung des mehr oder weniger langen Trichters, meist versteckt zwischen der Segmenteinschnürung, wird in den meisten Fällen sich in der Magenschleimhaut des Wirthes befinden und von dieser über- deckt werden, da sich ja die Larve mit einem ziemlichen Theil ihres Vorderendes in dieselbe eingräbt. Zum Ausstossen der unbrauchbar gewordenen Gasmengen wird sie aber jedenfalls neben der Stigmenplatte mit verwendet. Ihre eigentliche Be- deutung erlangen die Vorderstigmen erst im Puppenstadium, wo sie sich in Form der runden, braunen Knöpfchen hervor- stülpen; die Innenwand des Trichters gelangt dann nach aussen, ähnlich wie man den Finger eines Handschuhes herausstülpen kann. Die Stigmenplatte wird im Puppenstadium tief in den Körper eingezogen, indem die beiden Stigmenfalten sich über sie zusammenwölben und so, nur eine kleine spaltartige Öffnung zwischen sich lassend, erhärten (Fig. 41). Sollte doch der Fall eintreten, dass an irgend einer Stelle der Stigmenplatte oder der beiden Vorderstigmen etwas Flüssig- keit des Mageninhaltes eindränge, so könnte diese sofort wieder entfernt werden, indem die Stigmenplatte durch Contraction der Längsmusculatur der letzten Segmente in den Körper ein- gezogen würde. Durch die entstehende Verkürzung der Körper- länge wird ein Theil der in den Luftwegen enthaltenen Luft mit Heftigkeit sowohl zur Stigmenplatte, als auch zu den Vorderstigmen hinausgetrieben, der dann diese Flüssigkeits- partikelchen mit sich fort nach aussen reisst. Auf ähnliche Weise wird auch das Entfernen unbrauchbar gewordener Gas- mengen vor sich gehen, die Aufnahme dagegen durch entgegen- gesetzte Bewegung. Man könnte diese Function mit der eines Blasebalges vergleichen. Zu vergleichenden Betrachtungen der Stigmenplatten der einzelnen Species füge ich folgende Übersichtstabelle der Grössenverhältnisse bei. Die Zahlen sind in Millimetern aus- gedrückt und sind selbstverständlich abgerundet und Durch- schnittszahlen. Respirationsorgane der Gastriden. 291 s ü t5 k .«0 i- •h c/3 "8 S : 5 ' / -< '■ -:-\ • " *v$. J4-. N Autor del Lifll Aiisl v Tb BaiinwarttiWien Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw.Classe, Bd.CVfflAbth. I. 1899. 305 Die Arten der Gattung Gentiana, Seet. Thylaeites Ren. und ihr entwieklungs- gesehiehtlieher Zusammenhang von cand. phil. A. Jakowatz. Aus dem botanischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag. (Mit 2 Karten, 2 Tafeln und 1 Textfigur.) (Vorgelegt in der Sitzung am 3. Februar 1899.) Trotz wiederholter Bearbeitungen (Grisebach, P erriet- et Songeon, Beck, Kusnezow, Saint-Lager u. A.) ist die im Titel genannte Artengruppe der Gattung Gentiana durchaus nicht vollständig geklärt, insbesondere ist die geographische Verbreitung und Nomenclatur der einzelnen Formen nicht voll- kommen sichergestellt. Dies ist die Ursache, warum ich mich dem Studium dieser Artengruppe zuwendete, umsomehr, als sie geeignet schien, die allgemeinere Anwendbarkeit der soge- nannten geographisch-morphologischen Methode1 zu erproben. Die Untersuchung versprach in dieser Hinsicht nur dann klare Ergebnisse, wenn sie sich auf ein umfassendes Materiale stützte; ich war daher bestrebt, ein reichliches und möglichst erschöpfendes Material mir zu beschaffen. Ausser lebenden Exemplaren von G. latifolia, vulgaris und alpina, die ich aus dem botanischen Garten der deutschen Universität in Prag benutzen konnte, hatte ich Gelegenheit, die Arten aus folgenden Herbarien zu untersuchen:2 1 Vergl. Wettstein, Grundzüge der geographisch-morphologischen Methode der Pflanzensystematik, 1898. 2 In der Folge bediene ich mich bei Anführung der Herbarien der hier beigefügten Abkürzungen. rj CO u £ sz CÜ o cS Cfi W ',-■ — ] cd J l)' derselbe in bereitwilligster und entgegenkommendster Weise meiner Arbeit angedeihen Hess, meinen ergebensten Dank aus- zusprechen. Eine kleine Reise, welche mir die Verleihung des Karl Nickl'schen Reisestipendiums ermöglichte, gab mir Gelegenheit, in den steirisehen Kalk- und Urgebirgsalpen die Verhältnisse des Vorkommens zweier in diese Gruppe gehörenden Arten kennen zu lernen. Von dem Grundsatz ausgehend, dass die thatsächliche Beobachtung nicht durch theoretische Erörterungen beeinflusst werden darf, dass es anderseits wissenschaftlich fehlerhaft ist, die Wiedergabe der Beobachtungen durch Rücksichtnahme auf die praktischen Bedürfnisse des Systematikers zu stören, habe ich meine folgenden Darlegungen in dreiTheile getheilt. Der erste Theil bringt eine Bestimmungstabelle, welche die Mög- lichkeit bietet, die wildwachsenden Arten dieser Section leicht und sicher zu bestimmen; der zweite enthält die Wiedergabe meiner Beobachtungen, und in dem dritten Theile will ich versuchen, durch Zusammenfassung meiner Beobachtungen zu einer naturgemässen Auffassung der Entwicklung der Arten zu gelangen. Bezüglich des zweiten Theiles will ich bemerken, dass die Beschreibungen nur den Zweck haben, die Unterscheidungs- merkmale hervorzuheben, dass die Literatur- und Abbildungs- angaben selbst nachgeschlagen wurden und die Angabe der Exsiccaten und Standorte sich durchwegs auf selbst gesehene Exemplare stützt. Bei meinen Untersuchungen habe ich ferner auch 'darauf geachtet, ob sich nicht etwa anatomische Unterschiede zwischen den Arten beobachten lassen. Ich möchte hinsichtlich dessen kein abschliessendes Urtheil abgeben, da meine diesbezüglichen Untersuchungen sich auf nur weniges Materiale bezogen. Nur das möchte ich behaupten, dass wesentliche Unterschiede, welche deutlicher als die morphologischen wären, im ana- tomischen Bau nicht zu finden sind. Ein im gewissen Sinne anatomisches Merkmal hat Palla hervorgehoben (Mittheilungen des naturw. Vereines für Steiermark, Jahrgang 1896, S. LXV1I), indem er darauf aufmerksam machte, dass auf den Blättern von 308 A. Jakowatz, G. vulgaris (respective nach Palla's Nomenclatur G. Chisii) Papillen vorkommen, welche jenen von G. Jatifolia (respective G. excisa) fehlen. Dieses Merkmal war bezüglich der Stengel- blätter schon Gremli aufgefallen, der in den »Neuen Beiträgen zur Flora der Schweiz«, IV. Heft, S. 21, die Bemerkung machte, dass die Ränder der Stengelblätter bei G. excisa unter der Lupe glatt, jene von G. vulgaris (respective nach seiner Nomenclatur G. acaulis Jacq.) rauh erscheinen. Ich kann diese Angabe nur bestätigen und hinzufügen, dass bezüglich dieser Blattpapillen G. alpina sich wie G. latifolia, und G. Dinarica wie G. vulgaris verhält. I. Bestimmungstabelle der wildwachsenden Arten der Gattung" Gentiana, Seet. Thylaeites. 1. Kelchzähne kürzer, selten so lang als die halbe Kelchröhre, oft stumpf 2 Kelchzähne so lang oder länger als die halbe Kelch- röhre, stets scharf zugespitzt 4 2. Ausgewachsene Rosettenblätter breitelliptisch, ei- förmig oder verkehrt-eiförmig, 2 — 3 mal so lang als breit, stumpf, stets mattgrün 3 Rosettenblätter lanzettlich oder lineallanzettlich, viel- mal länger als breit, stumpf oder kurz zugespitzt, matt oder glänzendgrün G. angustifolia Vill. 3. Rosettenblätter klein, 2 — 4 cm im Durchmesser, Blüthen meist fast sitzend G. alpina Vill. Rosettenblätter gross, oft 5 — 15 cm im Durchmesser, Blüthen meist deutlich gestielt G.lalifolia(Gren. et Godr.) Jakow. 4. Kelchzähne am Grunde deutlich zusammengezogen 5 Kelchzähne am Grunde nicht zusammengezogen, Rosettenblätter lanzettlich, scharf zugespitzt, glänzend- grün G. vulgaris (Neilr.) Beck. 5. Rosettenblätter eiförmig oder eiförmig-lanzettlich, fast halb so breit als lang G. Dinarica Beck. Rosettenblätter lanzettlich, mehr als doppelt so lang als breit G. occidentalis Jakow. Arten der Gattung Gentiana. 309 II. Die Arten der Gattung- Gentiana, Seet. Thylacites.1 1. Gentiana latifolia. Grcnier et Godron, Flore de France, II, p. 492 (1850) pro var. G. acauli , Beschreibung: Blätter der Blattrosette weich, oval-elliptisch, eiförmig oder verkehrt eiförmig, mit allmälig verschmälertem Grunde, stumpf lieh oder kurz spitz; grösste Breite im oberen Drittel, nur selten um die Mitte; 1*4 — 7 ■ o ein lang. Stengel- blätter viel kleiner, sitzend, eiförmig, spitz; 0-9 — 2'2 cm lang. Alle Blätter in Herbarexemplaren graugrün, matt. Blüthen stets gestielt; Stiel 0-5 — 6 cm lang. Kelchzähne aus etwas zusammengezogenem Grunde spateiförmig, spitz, selten stumpf, kürzer als die halbe Röhre, etwas von der Blumen- krone abstehend. Bucht zwischen den Kelchzähnen breit, ßlumenkrone fünfzipflig, röhrig-trichterförmig, azurblau, selten vveisslich, ohne grüne Flecken; Zipfel zugespitzt. Blüthenstiel zur Zeit der Fruchtreife meist stark verlängert. Wichtigste Synonyme: G. acaalis a L., Spec. pl. ed. I, p. 228 (1753). — Froelich, De Gent. Dissert. p. 57 (1796) pr. p. — Grisebach, Gen. et spec. Gent. p. 295 (1839). G. acaulis Lamarek et De Candolle, Flore franc. III, p. 654 (1815) pr. p. — Reichenb., Flora Germ, excurs. p. 427 (1830/32) pr. p. — Heget seh weile r und Heer, Flora der Schweiz, S. 207 (1840).- — Neilreich, Gefässpfl. von Ungarn und Slavonien, S. 157 (1866) pr. p. — ■ Willkomm et Lange, Prodrom, flor. Hisp. II, p. 655 (1870) pr. p. — A. Kern er, in »Üsterr. botan. Zeitschrift«, XXIII, S. 56 (1873). — Caruel et 1 Renealm. ex Adams, fam. II, p. 50-1 (1763) = Megalanthc Gaud. Flor, helv. II, p. 270 (1828) = Gentiana groupe grandiflora Saint- Lager, Les Gentianella etc. (1895). — Vergl. Kusnezow in: Engler- Prantl, Natürliche Ptlanzenfam., IV, 2. Abth., S. 84 (1895); Monogr. p. 285 (1894). — In der Schreibweise des Namens folge ich dem Monographen Kusnezow. '-' Nach dem Herbar Hege tsch weil er. Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. -1 31< ' A. Jakowatz, Bertoloni, Flora Ital. VI, p. 759 (1883) pr. p. — A. Kern er, Schedae ad flor. exs. Austro-Hung. III, p. 105 -{1884). Simonkai, Enum. flor. Transs. vasc. crit. p. 397 (1886). — Beck, Flora von Südbosnien, III, S. 129 (1887). — Kolb, Die europ. und überseeischen Alpenpfl., S. 129 (1890). — Bück, Flora von Niederösterr., S. 938 (1893). — F ritsch, Excursionsfl. f. Osterr., S. 444 (1897). G. acaulis a. latifolia Acloque, Flore de France, p. 464 (1894). G. acaulis b, respective ß alpina Willkomm, Führer in das Reich der deutschen Pflanzen, 1. Aufl., S. 440 (1863), 2. Aufl., S. 560 (1881). - - Karsten, Flora von Deutschland, 1. Aufl., S. 1022 (1880/83), 2. Aufl., S. 599 (1894). G. acaulis b, respective ß mollis Neilreich, Flora von Niederösterreich, S. 477 (1859). — Sauter, Flora der Gefäss- pflanzen von Salzburg, 1. Aufl., S. 99 (1868); 2. Aufl., S. 73 (1879). — Duftschmid, Flora von Oberösterreich, III, S. 52 (1883). G. acaulis var. excisa Neilreich, Nachträge zur Flora vi >n Wien, S. 190. G. acaulis ß excisa Wartmann und Schlatter, Obers. der Gefässpfl. von St. Gallen etc., S. 290 (1888). G. acaulis Subspec. 2 excisa Kusnezow, Monographie, p. 295 (1894). G. acaulis 7 excisa Arcangeli, Compendio della Flora Ital, p. 472 (1882). G. alpina Reich enb., Flora Germ, excurs., p. 865, adnot. ad 2841 (1830/32) pr. p. G. grandiflora Pers., Synops. plant. I, p. 285 (1805) pr. p. G. Kochiana Perr. et Song., Ind. des q. q. plant, nouv. en Savoie, in Ann. de la Soc. d'hist. nat. d. Savoie de 1854, p. 33 \ 1855). — Correvon, in Wiener illustr. Garten-Zeitung, S. 181 (1888). G. excisa Koch, Synops. flor. Germ. et. Helv, ed. I, p. 488 1 1837) exclusive ß; ed. II, p. 562 (1844) exclusive ß. - - Haus- mann. Flora von Tirol, 2. Heft, S. 590 (1852) pr. p. — Löhr, Enum. der Flora von Deutschland, S. 451 (1852) pr. p. — Sendtner, Veg. Yerh. von Südbayern, S. 825 (1854). — Arten der Gattung Genti 311 Facchini, Flora von Südtirol, S. 28 (1855) pr. p. — Schur, Emmi, plant. Transs., p. 458 (1866). — ?Maly, Flora von Steiermark, S. 122 (1868). — Lorinser, Bot. Excursionsbuch, 4. Aufl., S. 298 (1877). — Koch, Taschenbuch der deutschen und Schweizer Flora, herausgegeben von Hall i er, S. 333 (1878) pr. p. — Hinterhuber und Pichlmayr, Prodrom, einer Flora von Salzburg, 2. Aufl., S. 137 (1879). — Pacher und Jabomegg, Flora von Kärnten, S. 229 (1881). — Wohlfarth, Pfl. des Deutschen Reichs, Deutsch-Österr. und der Schweiz, 5. 338 (1881). — Killias, Flora von Untereng., S. 125 (1888). — Wünsche, Alpenpfl., S. 145 (1893), exclusive var. — Garcke, Illustr. Flora von Deutschland, 17. Aufl., S. 410 (1895). — Saint-Lager, Les Gent. d. gr. grandifl., p. 13 (1895). — Gremli, Excursionsfl. der Schweiz, 8. Aufl., S. 295 (1896). Gent iauclhi alpina latifolia magno flore Bauh., Prodrom, theatri bot., p. 97. Exsiccaten: E. BoLirgeau, PI. des Alp. maritim. 1861, Nr. 237 (als (7. acaulis). — - E. Bourgeau, Pyrenees Espagnoles Nr. 344 (als G. acaulis). — Herb. Maced., Exs. Nr. 255 (als G. Kochiana). — Huguenin, Exs. Nr. 96 (als G. acaulis). — A. Kerner. Flora exsicc. Austr.-Hung. Nr. 956 (als G. acaulis). — Magnier, Flora sei. exs. Nr. 1758 (als G. Kochiana). — Magnier, Flora sei. exs. Nr. 2527 (als G. acaulis). — Flora Sequaniae, Exs. Nr. 94 (als G. excisci). — Puel et Maille, Flores Regionales, France. Nr. 61 (als G. Kochiana). — Reichenbach, Flora Germ. exs. Nr. 1018 (als G. acaulis). - — Reliquiae Mailleanae, Nr. 297 (als G. acaulis). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 1443 (als G. acaulis). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 1444 (als G. Kochiana). — Reverchon, Plantes de France, 1886, Nr. 109 (als G. Kochi- ana). — Rostan, Exs. pl. Alp. Cottiarum praeeipue Italicarum, 1880 (als G. Kochii). — Schleicher, Exsicc. (als G. acaulis). — F. Schultz, Herb. norm. nov. ser. Cent. 9, Nr. 863 Tals G. excisa). — F. Schultz, Herb. norm. nov. ser. Cent. 12, Nr. 1171 (als G. Kochiana). — F. .Schultz et Doerfler, Herb, norm. Cent. 38, Nr. 3716 (als G. acaulis). 21* 312 A. Jakowatz, Abbildungen: Barrelier, Plantae per Gall., Hisp. etc. obs. fig. 105 (1714), (Abbildungen schlecht). — Correvon, in Wiener illustr. Garten-Zeitung, S. 180 (1888). — Flore des Serres, XXIII, tab. 2421 (schlecht). — Schimper A. F. W., Pflanzengeogr., S. 116 (1898) (schlecht). — Vergl. Taf. I, Fig. 1—4; Taf. II, Fig. 5. Blüthezeit: An niederen Standorten im April und Mai, an hohen später, bis in den Herbst. Selten an niederen Standorten im Herbst zum zweiten Male blühend (z. B. Trins im October 1893; lg. Wettstein). Verbreitung: Auf Urgebirge in der alpinen und subalpinen Region, in den Alpen, und zwar in Steiermark, Kärnten, Salzburg, Ober- österreich,1 Tirol, Vorarlberg, SW- Bayern,2 in der Schweiz, in Oberitalien, SO-Frankreich, ferner im Jura, in den Pyrenäen, sowie in den östlichen und südlichen Karpathen, in Bosnien, Südserbien und Bulgarien. Manchmal steigt die Pflanze in den alpinen Thälern an relativ niedrige Standorte herab. — Vergl Karte I und II. Vo n mir untersuchte Exemplare: Österreich-Ungarn: Steiermark. In den Rotten- manner Tauern, auf Gneiss (Oberleitner, Strobl; H. Hofm. - Strobl; H. B. M., H. Kern. — lg. ?; U. H.). Krahberg bei Schladming (Loitlesberger, A. Zahlbruckner; H. Hofm.). Bei Gröbming, 800 m (Preissmann; H. Pr.). Zeiritzkampel ober der Zeiritzalm (Preissmann; H. Pr.). Am Zinken bei Seckau (Kremer, Brand may er; H. z. b. G. — Jakowatz). 1 Vergl. Duftschmid, Flora von Oberösterreich, III, S. 52. - Vergl. Sendtner, Veg. Verh. von Südbayern, S. 825 (1854) und Garcke, Illustr. Flora von Deutschland, S. 410 (1895). Ich habe keine Exem- plare von dort gesehen, kann daher die Angabe nicht controliren; doch erscheint sie mir durch die Autorität Sendtner's hinlänglich gesichert. Arten der Gattung Gentiana. 313 Um Seckau (Pernhoffer; H. B. M.). Gössgraben bei Leoben (lg. ?; H. B. M.). Speikkogel bei Knittelfeld (R. Freyn; H. F. — Ig. ?; H. z. b. G.). Pleschkogel bei Graz (Preissmann; H. Pr.). Rappelkogel(Pittoni; H. Hofm.). Slatingwiese bei Murau, 900;/?, auf Schiefer (Preissmann; H. Pr.). Eisenhut (Heufler; H. z. b. G.). Kärnten. In den Hohen Tauern bei Heüigenblut, auf iss (J. Freyn; H. F.). Pasterze bei Heiligenblut (Hoppe; H.Hofm.). Maltathal »Faschaun« (Kohlmayr; H.B.M.). Rabisch bei Malnitz (Pacher; H. F.). Flatnitz (Pacher; H. Hofm.). -Kärntner Alpen« (Hoppe; H. Hofm.).1 Salzburg. Lofer (Spitzel; H. Hofm.). Kallbrunaipe bei Lofer, auf Kalk (Spitzel; H. Hofm.). »Auf Alpen im Salzburger Gebirge« (Mielichhofer; H. Hofm.). Pinzgau (Spitzel; H. Hofm., H. L. M.). Schmittenhöhe (lg. ?; H. R. — Beck; H. B.). Bei Fusch, auf Schiefer (Storch; H. B. M. — Mielichhofer; H. Hofm.). Gamsgrube bei Gastein (Hoppe; H. L. M.). Gams- kogel bei Gastein (Spreitzenhofer; H. z. b. G.). Lasaberg im Lungau (V i erhapper; H. B. M.). Tirol. Um Kitzbühel, auf Schiefer (Traun stein er; H. Hofm., H. I. — Waldmüller; H. L. M.). Hopfgarten (Scheitz; H. I.). Bei Innsbruck, auf Schiefer (Glanz; H. Hofm., H. L. M., H. z. b. G. — Sarnthein; H. B. M., H. F., H. Hofm., H. L). Sistrans (Heufler; H. I.). Bergwiesen südlich vom Lansersee bei Innsbruck (A. Kerner; H. Kern.). Wiesen um das heilige Wasser bei Innsbruck (A. Kern er; H. Kern. — Sarnthein; H. Hofm.). Patscherkofel bei Innsbruck, auf Schiefer (Heufler; H. I. — Hofmann; H. F. — A. Kerner; H. Kern.). Rosskogel bei Innsbruck (A. Kern er; H. Kern. — Roth; H. L. M.). Höhen- berg (Sarnthein; H. I.). Bei Seefeld (A. Kern er; H. Kern.). Bei Imst (lg. ?; H. I.). Im Lechthal (Moll; H. I.). Finstermünz (Ig. ?; H. I.). Zillerthaler Alpen (lg. ?; H. I.). Tristneralpe (lg. ?; H. I.). Gschnitzthal, auf Schiefer (Wettstein; U. H. — A. Kern er; 1 Im Herbarium der zoolog.-botan. Ges. Wien findet sich ein Exemplar aus dem Kanalthale, gesammelt von Ressmann. Mit Rücksicht auf die Bemer- kung in Pacher und Jabornegg, Flora von Kcärnten, S. 229, nach der G. lati- folia im Kanalthale fehlt, führe ich den Standort hier nicht an, in der Ver- muthung, dass irgend eine Etiquettenverwechslung o. dergl. vorliegt. 314 A. Jak o walz. H. Kern. — Sarnthein; H. R. — A. Zimmeter; H. I.). Zeräg am Brenner, auf Schiefer (Huter; H. R.). Lorenzenspitze in Obernberg (Ebner; H.Kern.). Sterzing, auf Schiefer (Huter; U. H.). Riedberg bei Sterzing, auf Schiefer (Huter; H. Hofm.). Finsterstern, auf Glimmerschiefer (J. Freyn, Huter, Wett- stein; H. F.). Um Luttach (Treffer; H. z. b. G., H. Z.). Taufers am Burstein (Isser; H. I.). Pusterthal, Antholz, auf Schiefer (Huter; H. F., H. z. b. G.). Gschlossalpe bei Windisch-Alatrei (Beck; H. B.). Kaiser Thörl, auf Schiefer (Krem er; H. z. b. G. — lg. ?; H. Hofm.). Um Lienz, auf Schiefer (Gander; H. Hofm. — lg. ?; H. L. M. — lg. ?; H. I. — lg. ?; H. z. b. G.). Inner- Villgraten (Scheitz; H. L). Sexten (Gander; H. B. AI. — Huter; H. Hofm.). Bei Welsberg (Hell; H. I.). Kresswasserl bei Bruneck (Schönach; H. Kern.). Bei Brixen (Gander; H. I.). Villanderer Alpe (Val de Li e vre; H. I.). Rittner Hörn bei Bozen (Giova- nelli; H. Hofm., H. z. b. G.). Bei Bozen (Hausmann; H. I.). Schiern (Hausmann; H.Hofm. — Spreitzenhofer; H.z.b.G.). Joch Grimm (Gundlach; H. I.). Weisshorn (Kremer; H.z.b.G.). •Um Meran (lg.?; H. L). Ifinger (Isser, Hausmann; H. 1.). Spronserjoch (lg. ?; H. L). Kirchberg-Joch in Ulten (Heufler; H. I.). Gadria bei Laas (lg. ?; H. I.). Bei Laas (Tappeiner; H. L. M.). Am Rasin im Suldenthal (Preissmann; H. Pr.). Ortlerstock, auf Schiefer (J. Freyn; H. F.). Jochwiesen bei Andalo (lg. ?; H. I.). Val Vascia = Fassathal (Bracht; H. L. AI.). Val Sugana (Ambrosi; H. Hofm., H. Laus.). Kuppe der Costaita, auf Porphyr (Val de Li e vre; H. I.). Civezzano, auf Porphyr (Val de Li e vre; H. I.). Bergvviesen der Alaranza (Val de hie vre; H. L). Alpenregion des Mt. Bondone (Heufler, Val de Lievre; H. L). Voralpen um Trient (Pichler; H. z. b. G.). Um Riva (Pichler; H. z. b. G., H. L. AI.). Alt. Baldo bei Riva (Spreitzenhofer; H.z.b.G.). Mt. Altissimo (Beck; H. B.). Vorarlberg. Ammerling bei Feldkirch, auf Schiefer (Schön ach; H.B.M., H.F., H.I.). Schröcken, Passhöhe (Tavel; H. Z.). Ungarn. Auf den Petrovaer Alpen (Jabornegg; H.Hofm. — Vagner; H. L. AI., H. Pr.). Alpe Terentin nächst Raho (Vagn er; H. Kern.). Arten der Gattung Gentiana. diu Siebenbürgen. Rodnaer Alpen (Czato; H. F. - Wolff; H. z. b. G.). Butsets1 (Kotschy; H. Hofm.). Wolkendorf (Römer; H. I.). Szurul (Fuss; H. Kern.). Bei Grossau (Barth; H. F.). Monte Preschbe1 (Schur; H. Hofm.). Retyezät (Czato; H. Duc.). »Banater Alpen« (Heufler; H. Hofm.). Bukowina. Bei Kirlibaba (Herb ich; H. Hofm.). Bosnien. Vranica Planina: gegen die Treskavica, auf Schiefer (Beck; H. B.); Krstac (Beck; H. B.); Vitrusa, auf Schiefer (Beck; H. B.); auf der Tikva, auf Schiefer (Beck; H. B.); Matorac-Luka (Schwarz; H. B.); Strazica, auf Schiefer Beck; H.B.); Locike(Beck; H.B.); bei Prokosko jezero (Beck, Schwarz; H. B.); Matorac (Beck; H. B.). Vucja luka Planina bei Sarajevo (Fiala; H. B.). Inac Planina bei Kresevo (Schwarz; H. B.). Pogorelica (Schwarz; H. B.). Serbien. Mt. Kopaonik (Friedrichsthal; H. Hofm.). Bulgarien. Mara Gidik im Novoselsky Balkan (Urumoff). Italien. Mt. Baldo (A. Kern er; H. Kern.). Mt. Generoso (Muret; H. M.). Mt. Blanc (Carrega; H. Hofm.). Valdieri (Reichenbach; H. Hofm.). Col di Tenda (Bourgeau; H. C, H. Hofm.). Mt. Piano (Eugen; H. B.). Frankreich. Dep. Haute-Savoie: Arve-Thal (Timothee; H. R.). Chamonix (Comte; H. Duc. — lg. ?; H. z. b. G.). Ad Bossen Chamonix (K o t s c h y ; H. Hofm.). Mont Mezi (D e s e gl i s e ; H. Mss.). — Dep. Savoie: bei Chambery (Huguenin; H. Hofm., H. Kern.). — Dep. Isere: bei Allevard (Neyra; H. Hofm.). — Dep. Hautes- Alpes: La Grave (Mathonnet; H. Hofm.). Col du Lautaret (Lere sehe; H.Laus.). Saint Martin (Rostan; H.B.M.). Col de Bayard »auf Kalk«!2 (E. de Valon; H. Hofm.). — Dep. Basses-Alpes: Aurent (Reverchon; H. B. M.). — Dep. Alpes- Maritimes: Fontan (Reverchon; H. B. M., H. Hofm., H. R.). St. Martin d'Entrannes (Reverchon; H. F.). — Dep. Aude: Aunat (Respaud; H.B.M.). Pic de Bugarach3 (Gautier; H. F.). 1 Schreibweise nach Schur. '-' Exemplare sehr schlecht, daher Bestimmung unsicher. 3 Die Pflanze weicht von G. latifolia durch weniger stumpfe Blätter ab. Mit Rücksicht darauf, dass ich von diesem Standorte nur wenige Exemplare, noch dazu im Fruchtzustande sah, möchte ich daher diesen Standort mit einiger Reserve anführen; dies umsomehr, als mir vom gleichen Standorte G. occidentalis vorliegt. 316 A. Jakowatz, — Dep. Pyrenees-Orientales: Mt. Canigou (Gautier; H. F. — lg. ?; H. Hofm.). — Dep. Haute-Garonne: Burgalais (Cauvet; H. Hofm.). Bagneres de Luchon (Irat; H. Hofm.). — Dep. Hautes- Pyrenees: Gedre (Borde re; H. Kern.). Spanien. Bei Set-Casas (Bourgeau; H. Hofm.). Punta de Bondellas (Willkomm; H. C.). Schweiz. Ct. Appenzell: Appenzeller Alpen (Stein; H. Hofm. — Rehsteiner; H. L. M.). — Ct. St. Gallen: Kalfeuser- thal (Muret; H. AI.). — Ct. Graubünden: Saas (Zurbrücken; H. Hofm.). Unter-Engadin (Bosshart; H. Z.). Im Engadinthal (lg. ?; H. Z.). Geröllhalden des Piz Umbrail (Ronniger; H. R.). Worms er Joch (J. Freyn; H. F.). Albula-Hospitz (H. Schinz; H. Z.) Ober-Engadin (Nickerl; H. L. M.). Val Fex (lg. ?; H. Z.). Splügen (Papperitz; H. Hofm.). — Ct. Unterwaiden: Am Titlis (Christ; H. Hofm., H. L. M.). — Ct. Tessin: St. Gotthard (J. Freund, Reichen bach; H. Hofm.). Losone (Muret; H. M.). Mt. Boglia (Muret; H. M.). Camoghe (Muret; H. M.). Alpes de Cadro (Muret; H. M.). Curregia (Muret; H. M.). — Ct. Frei- burg: Hochmatt (Wilczek; H. Wilcz., H. Z.). — Ct. Bern: Leuk (Tavel; H. Z.). — Ct. Wallis: Monte Fouly (lg.?; H. L. M.). Alesse (Muret; H. M.). Col de la Forclaz (Muret; H. M.). Pierre a voir (Muret; H.M.). Val de Heremence, Saas (Rion; H.Hofm.). Meidenalp, Turtmannthal (Keller; H. Z.). Alpe de 1' Allee (Wilczek; H. Wilcz.). Riffel bei Zermatt (Ducommun; H.Duc). Zermatt (lg. ?; H. Hofm.). — Ct. WTaadt: Alpes de Bex (Muret; H. Hofm.). Enzeindaz (Ros. Masson; H. Mss., H. Kern.). Bovonaz (Muret; H.M. — Masson, Reichenbach; H.Hofm.). Javernaz (Muret; H. M.). Solalex (Muret; H. M.). Chasseron (Vetter; H. Z. — ■ Muret; H. M.). St. Croix am Chasseron (Wilczek; H. Wilcz.). Dt. de Jaman (Muret; H. M.). — Ct. Neuchatel: Chaumont (lg.?; H. Mss.). Tete de Rang (Muret; H.Laus., H. M.. — Masson; H. Mss.). Les Ponts (Muret; H. M.). Creux du Vent (Payot; H. Hofm.). Mery bei Cluse (M agnin; H. Wilcz.). G. latifolia ist in den meisten Fällen von den übrigen Arten dieser Section leicht zu unterscheiden. Am nächsten steht sie der G. alpina, von der sie aber durch die stets bedeutenderen 'Jimensionen aller Theile, sowie durch den längeren Blüthen- Arten der Gattung Gentiana. 3 1 i stiel und durch die am Grund allmälig verschmälerten Rosetten- blätter abweicht. Ob in den Gebieten, in welchen diese beiden Arten vorkommen, auch Übergangsformen sich finden, ist mir nicht bekannt. Sehr oft kommen Verwechslungen der G. lati- folia mit G. vulgaris vor, die wohl auf das vielfache Auftreten beider Pflanzen in demselben Gebiete zurückzuführen sind. Un- wesentlicher Unterschied von dieser besteht im Bau der Kelch- zähne und in der Form und Farbe der Rosettenblätter. Nicht hybride Übergangsformen zwischen G. latifolia und G. vulgaris habe ich nicht gesehen.1 Keine besonderen Schwierigkeiten bietet es zumeist, G. latifolia von G. Dinarica und G. angusti- folia zu unterscheiden, indem letztere durch die schmalen Rosettenblätter, erstere durch die langen Kelchzähne, beide durch das Colorit der Blätter recht auffallend von G. latifolia verschieden sind. G. occidentalis endlich weicht von G. latifolia ganz wesentlich durch die schmalen Rosettenblätter, durch die langen Kelchzähne und durch die glänzende Farbe der Blätter ab. . Hinsichtlich der Formverschiedenheiten, welche diese Pflanze aufweist, ist zu bemerken, dass dieselben am auf- fallendsten durch die Höhenlage des Standortes bedingt sind. Während die Pflanze an hochalpinen Standorten in allen Theilen kleiner wird, insbesondere deren Blätter und Blüthenstiele kürzer und die Blumenkronen von geringeren Dimensionen erscheinen, sind die Exemplare an abnorm tiefen Standorten oft ausserordentlich gross und üppig entwickelt. Eine Be- nennung dieser Standortsvarietäten erscheint mir in Anbetracht der Inconstanz derselben nicht am Platze. Eine kurze Bemerkung erfordert die G. latifolia Bosniens. Nachdem ich ursprünglich der Ansicht war, dass in den Ge- birgen Bosniens nur G. Dinarica vorkommt, wurde ich durch ein reiches Material, das mir Herr Prof. Dr. v. Beck freundlichst 1 Wenn solche von einzelnen Autoren angegeben werden, so beruht dies gewiss auf Irrthümern; sicherlich als ein Irrthum ist es zu deuten, wenn Wart- mann und Schlatter in Krit. Übers, der Gefässpfl. von St. Gallen, S. 290, die Bemerkung machen, dass Exemplare vorkommen, deren eine Blüthe der einen, die andere der zweiten Art angehört. 318 A. Jako watz , zur Verfügung stellte, eines anderen belehrt. Während G. Di- nar ica die bosnischen Kalkalpen bewohnt, findet sich auf den Schiefergebirgen genannten Landes eine Pflanze, die ich nur als G. latifolia bezeichnen kann. Ich will nicht leugnen, dass die meisten Exemplare durch die durchschnittlich etwas längeren Kelchzipfel, die weniger stumpfen und lichter grünen Blätter im ersten Momente etwas von G. latifolia abweichend erscheinen, doch vermag ich präcise Unterscheidungsmerkmale nicht anzugeben und möchte die Pflanze umsomehr als G. lati- folia bezeichnen, als einzelne der mir vorliegenden Exemplare von typischer G. latifolia absolut nicht zu unterscheiden sind. Immerhin aber erscheint die geringe Abweichung der bosnischen Pflanze von typischer G. latifolia theoretisch von Interesse, wenn man beachtet, dass sie dort auf Jen Schieferbergen die G. Dinarica vertritt, analog wie G. latifolia, in den Alpen die G. vulgaris substituirt und dass auch an ihr die Eigenthümlich- keiten der G. Dinarica etwas hervortreten. Exemplare mit einer anderen als der charakteristischen azurblauen Blüthenfarbe lagen mir von folgenden Standorten vor: Weissblühende Formen von Lofer (Spitzel; H. Hofm.). Trins (Wettstein; U. H.). Kaiser Thörl (Krem er; H. z. b. G.). Mt. Baldo (A. Kern er; H. Kern.). Camoghe (Muret; H. AI.).1 — Auffallend violettblühende Formen von der Kuppe der Costaita (Val de Lievre; H. I.). Mt. Altissimo (Beck; H. B.). Unter- engadin (Bosshart; H. Z.). Albula-Hospiz (H. Schinz; H. Z.) — Blau- und weissgestreifte Exemplare erwähnen Wartmann und Schlatter in Krit. Übers, der Gefässpfl. von St. Gallen, S. 290. Nicht selten finden sich Exemplare der hier in Rede stehenden Pflanze, bei welchen einzelne Theile, als Kelchzähne oder Blätter eine Abweichung von der normalen Form erfahren, indem erstere bisweilen ausserordentlich breit und spitz, und dabei länger als die halbe Kelchröhre sind, letztere mitunter schmal und zugespitzt erscheinen und dadurch den Blättern der G. vulgaris recht ähnlich sehen. Im Herb. Kerner 1 Vergl. auch unter Anderem Eichenfeld in Verh. der z.-b. Ges. Wien, 47. Bd., S. i 13. Arten der Gattung Gentiana. 319 (Lorenzenspitze in Obernberg; lg. Kern er) und Herb. Preiss- mann (Am Rasim im Suldenthale in Tirol; lg. Preissmann) fand ich je ein Exemplar dieser Pflanze, das von der normalen Form durch die blattartig vergrösserten Kelchzipfel und durch das Fehlen der die Kelchzähne verbindenden Haut abwich. Erwähnenswerth ist auch die im Herb. Zürich aufliegende Pflanze aus dem Fexthale, die insofern eine abnormale Bildung aufweist, als hier die die Kelchzähne verbindende Haut zu einer röhrenförmigen, innerhalb der Kelchzähne emporragenden und diese an Höhe sogar übertreffende Bildung auswuchs. Was die Verbreitung der G. latifolia anbelangt, so geht dieselbe im Allgemeinen aus dem vorstehenden Standortsver- zeichniss hervor. Demselben kann man auch entnehmen, dass G. latifolia eine typische Urgebirgspflanze ist. In der Literatur rinden sich zwar mehrfach Angaben von dem Vorkommen der G. latifolia auf Kalk und Dolomit; doch möchte ich solche Angaben einerseits auf die vielfach nicht genügende Unterscheidung zwischen G. vulgaris und G. lati- folia zurückführen, anderseits auf Etiquettenvervvechslungen, drittens auf einen Umstand, der mir bisher zu wenig Berück- sichtung gefunden zu haben scheint. Es ist bekannt, dass an vielen Orten der nördlichen Kalk- alpen selbst in bedeutender Höhe Geschiebe aus Urgebirge als Reste der Vorgänge während der Eiszeit sich finden. Solche Ansammlungen von Glacialgeschiebe sind mitunter in solcher Mächtigkeit vorhanden, dass sie zweifellos die chemische Con- stitution des Bodens beeinflussen und das locale Vorkommen von Urgebirgspflanzen ermöglichen können.1 Auf solche Ver- hältnisse könnte sich vielleicht das von Sauter (Flora von Salzburg, 1. Aufl., S. 99) erwähnte Vorkommen der G. acaulis ß mollis {—latifolia) auf Kalk, die durch Reichen baeh's Flora Germ. exs. belegte Auffindung der Pflanze auf Kalk durch Spitzel bei Lofer oder das Vorkommen auf Kalk bei Seefeld (A. Kerner; H. Kern.) zurückführen lassen. In analoger Weise dürfte das bekannte Vorkommen anderer Urgebirgspflanzen 1 Nach einer mir von Herrn Prof. Dr. R. v. Welt stein gemachten Mit- theilung. 320 A. Jakowatz, {Rhododendron ferrugineum, Sempervivum arachnoideum u. a.) im Bereiche der nördlichen Kalkalpen zu erklären sein. Etwas complicirter gestaltet sich die Nomenclaturfrage, deren Lösung gleichzeitig von Wichtigkeit für die Nomenclatur der ganzen Section ist. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die hier von mir besprochene Pflanze diejenige ist, welche Linne in seiner Spec. plant., ed. I, p. 228 (1753) als die Form a seiner G. acaulis meinte. Dieselbe wurde deshalb von vielen neueren Autoren (Beck, Fritsch, Kern er, Reichenbach), welche den Unter- schied dieser Pflanze von der im Folgenden zu besprechenden sehr gut kannten, als G. acaulis L. im engeren Sinne bezeichnet. Wenn ich nun dem Beispiele Saint-Lager's, Perrier's und Songeon 's u. A. folgend, den Namen G. acaulis L. auf die vorliegende Pflanze nicht in Anwendung bringe, so geschieht es mit der Begründung, weil ich es einerseits nicht für ange- messen erachte, den Namen in einem anderen Sinne zu gebrauchen, als ihn sein Autor meinte,1 weil anderseits aber in Anbetracht der Verwirrung, welche bezüglich der hier in Rede stehenden Arten herrscht, der Name G. acaulis ein ganz unbe- stimmter geworden ist. Es wird sich nun darum handeln, denjenigen Namen auf- findig zu machen, der die Pflanze unzweideutig bezeichnet und dabei der älteste ist. Als ein solcher Name wurde bisher von denjenigen Bota- nikern, welche den Namen G. acaulis L. nicht anwenden wollten, der Name G. excisa Presl benützt (Garcke, Haus- mann, Koch u. A.). Dieser Vorgang stützte sich darauf, dass Presl in der Beschreibung seiner G. excisa (Flora, 1828, p. 2G9) als ein diese Pflanze ganz besonders auszeichnendes Merkmal die am Grunde zusammengezogenen Kelchzipfel hervorhob, durch die sich bekanntlich G. latifolia von G. vulgaris unter- scheidet. Die aber a. a. O. gemachten Bemerkungen Presl's sprechen entschieden dagegen, dass G. latifolia gemeint sei. So nennt er gleich in der einleitenden Diagnose die untersten 1 Linne wollte zweifellos unter dem Namen G. acaulis zumindestens G. latifolia und G. vulgaris zusammenfassen. Arien der Gattung Gctünuia. 321 Blätter »lanceolata«, er wiederholt dies später in der ausführ- lichen Beschreibung und nennt dort sogar die Blätter »acuta . Diese Bezeichnungsweise passt keinesfalls auf G. latifolia, sondern schliesst diese Pflanze geradezu aus. Dazu kommt, dass Presl als Fundorte seiner G. excisa den Schneeberg in Niederösterreich und den Untersberg in Salzburg nennt. An ersterem Orte kommt gewiss, am letzteren Orte wahrscheinlich G. latifolia gar nicht vor, sondern bloss G. vulgaris. Vollständige Klarheit erbrachte der Befund in den Prager Herbarien,1 in welchen sich die Presl'schen Originale befinden. Dieselben stellen nun durchwegs eine Pflanze dar, welche ungefähr die Mitte zwischen G. latifolia und G. vulgaris hält, von letzterer aber durch die am Grunde verschmälerten Kelch- zipfel sich unterscheidet, ihr aber sonst sehr ähnlich ist, von G. latifolia aber durch die langen Kelchzipfel, durch die schmalen Rosettenblätter auffallendst verschieden ist.2 Die Exemplare Presl's scheinen durchwegs eultivirten Pflanzen entnommen zu sein. Ich will es an dieser Stelle unterlassen, auseinanderzusetzen, wofür ich die G. excisa Presl halte, indem ich später noch einmal darauf zurückkommen werde. Hier möchte ich nur ausdrücklich hervorheben, dass diese G. excisa von G. latifolia wesentlich verschieden ist und letztere unmöglich mit ersterem Namen belegt werden kann. Unter den nun erübrigenden Namen kommen zur Bezeich- nung der Pflanze zweifellos in Betracht: G. acaulis a. latifolia Gren. et Godr. (1850), G. Kochiana Perr. et Song. (1855) und G. acaulis ß mollis Neilr. (1859). Von diesen Namen ist G. latifolia (Gren. et Godr.) der älteste, weshalb ich ihn für die Pflanze in Anwendung bringe. 2. Gentiana alpina. Villars, Hist. d. plant, d. Dauph., II, p. 526, tab. X (1787). Beschreibung: Grundständige Blätter klein, elliptisch, stumpf; grösste Breite um die Mitte; 1 — 1' 7 cm lang. Stengelblätter elliptisch- 1 Herb, der deutschen Univ. und Herb, des böhm. Landesmuseums. - Solche Presl'sche Exemplare fand ich später noch vor im Herb. Hofm., Herb. Laus, und Herb. Z. 322 A. J akowatz, lanzettlich, spitz; 0*9 — 1' 4 cm lang. Alle Blätter in Herbar- exemplaren graugrün, matt. Blüthen sitzend oder gestielt. Stiel 0-3 — 1 cm lang. Kelchzähne von der Mitte bis zur Basis gleich breit, nur selten an der Basis ein wenig zu- sammengezogen, stumpf, selten spitzlich; ungefähr so lang als die halbe Röhre. Kelchbucht stumpf lieh. Blumenkrone fünfzipflig, röhrig-trichterförmig, blau, violett oder weisslich, mit grünen Flecken; Zipfel abgerundet. W i c h t i g s t e Synonyme: G. grandiflora humßlima foliis uuinerviis Lam., Dict. encycl, II, p. 637 (1786). G. acaulis ß Froelich, De Gent, diss., p. 58 (1796), pr. p. G. graudiflora 7 alpiua Pers., S3mops. plant., I, p. 285 (1805). G. alpiua De Candolle, Flore franc., VI, p. 427 (1815). — Gaudin, Flora Helv., II, p. 280 (1828). — Reichenb., Flora Germ, excurs., p. 427 (1830/32) pr. p. — Hegetschweiler, in Hegetschweiler und Heer, Flora der Schweiz, S. 207 (1840).1 — Philippe, Flore des Pyrenees, II, p. 52 (1859). - Nyman, Conspectus flor. Europaeae, p. 498 (1878/82). — Beck, Flora von Südbosnien, III, S. 129 (1887). — Correvon, in Wiener illustr. Gartenzeitung, S. 181 (1888). — Kolb, Die europ. und überseeischen Alpenpfl., S. 129 f. (1890). — Saint- Lager, Gent. d. gr. grandiflora, p. 13 (1895). — Planchon, in Flore des Serres, XXIII, p. 141. G. acatilis 7 parvifolia Gren. et Godr., Flore de France, 11. p. 492 (1850). — Acloque, Flore de France, p. 464 (1894). G. acaulis Zetterstedt, Plantes vasc. des Pyr. prineip., p. 185 (1857) pr. p. G. acaulis a alpiua Reichenb., Icon. Flor. Germ, et Helv., XVII, p. 7 (1854/55). G. acaulis ß alpiua Willkomm et Lange, Prodrom, flor. Hisp., II, p. 656 (1870). 1 Exclusive der Angabe »in Bündten« (nach dem Befunde im Herbar Hegetschweil er). Arten der Gattung Gentiana. 323 G. acaulis 7 alpina Lamarck et De Candolle, Flure traue., III, p. 655 (1815). — Grisebach, Gen. et spec. Gent., p. 296 (1839). — Kusnezow, Monogr., p. 301 (1894). G. excisa (3 minor Koch, Synops. flor. Germ, et Helv., ed. I p. 488 (1837), ed. II p. 562 (1844). — Koch, Taschenbuch der deutschen und Schweizer!!., herausgeg. von Hallier, S. 333 (1878) pr. p. G. excisa b alpina Gremli, Flora der Schweiz, 8. Aufl., S. 295 (1896). Exsiccaten: Bordere, PI. m. Pyren. altio.r. ed. Hohenacker, Nr. 186 (als G. alpina). — E. Bourgeau, Pyrenees Espagnoles, Nr. 343 (als G. alpina). — E. Bourgeau, PI. d'Espagne, 1851, Nr. 1293 (als G. alpina). — Endress, Unio itineraria, 1829 (als G. alpina). — Huter, Porta et Rigo, Iter Hisp., 1879, Nr. 549 (als G. alpina). ■ — Magnier, Flora selecta exs., Nr. 1249- (als G. alpina). — Porta et Rigo, III. Iter Hisp., 1891, Nr. 591 (als G. alpina). — Puel et Mai 11 e, Flores Regionales, France, Nr. 80 (als G. alpina). — R eichen b., Flora Germ, exs., Nr. 465 (als G. alpina). — Schleicher, Exs. (als G. alpina). — Schultz, Herb, norm., nov. ser. Cent. 15, Nr. 1425 (als G. alpina). — Schultz et Doerfler, Herb, norm, Cent. 38, Nr. 3717 (als G. alpina). - Willkomm, Iter Hispanicum, Nr. 199 (als G. alpina). — ■ Willkomm, Iter Hispanicum, I, Nr. 200 (als G. excisa). Abbildungen: Correvon, in Wiener illustr. Gartenzeitung, 1888, S. 181. Reichenbach, Icon. Flor. Germ, et Helv., XVII, tab. ML III, Fig. I und III. — Villars, Hist. d. pl. d. Dauph., II, tab. X. — Vergl. Taf. I, Fig. 25—28; Taf. II, Fig. 2. Blüthezeit: Juni bis August. Verbreitung: In der hochalpinen Region der Pyrenäen, der Sierra Nevada, der südwestlichen Schweizer Alpen und in den Seealpen. 324 A. Jakowatz, Von mir untersuchte Exemplare: Schweiz. Ct. Tessin: Camoghe (Muret; H. AI.). — Ct. Wallis: Alpes d' Alesse (Christ; H. z. b. G. — Favrat; H. Z. — Muret; H. Hofm., H. Laus., H. M, H. Mss. — Rambert; H. M. - Spiess; H. Hofm.). »Alpes de Fully« (Ducommun; H. Duc. — Favrat, Vetter; H. Z. — Ros. Masson; H. Pr. — Mme. De Loes de Roulet, Morthier; H. F., H. Mss. — Reichen- bach; H. Hofm. — Wilczek; H. VVilcz. — lg.?; H. L. M.i. »Lacs de Fully« (Lugeon; H. Lug.). Alpen bei Salvan (Schleicher; H. Schi). Val d'Anniviers, Col de Torrent (Bernoulli; H. R.). Col de Torrent (Wolf; U. H. — lg.?; H. Laus.). Pierre a voir (Muret; H. M.). Col de Balme (Kotschy; H. Hofm.). Frankreich. Dep. Haute-Savoie: Chamonix (Comte; H. Duc; lg. ?; H. Hofm.). Alpen bei La Rochette (Huguenin: H. Hi itm.)- — Dep. Isere: Chanrousse bei Uriage-les-bains. auf Granit (Abbe Faure; H. Hofm. — Neyra; H. Hofm., H. R.). — Dep. Hautes- Alpes: La Grave (Grenier; H. L. M.). Lac Noir bei Briancon (E. de Valon; H. Hofm.). Massif du Pelvoux (Lardiere; H.Wilcz.). — Dep. Basses-Alpes: Revel (lg.?; U. H.). Dauphine: Sept-Laus1 (lg.?; U. H.). — Dep. Pyrenees Orien- tales: Mt. Canigou (lg.?; H. Laus.). Plaguillem (Endress; H. Hofm., U. H. — ■ Mr. Sarrat de Gineste; H. Laus). Mt. Cambre- daze (Lere sehe; H. Laus.). — Dep. Hautes -Pyrenees: Port d'Oo (Lange; H. L. M.). Pic de Salettes (Borde re; H. F.). Col de Campvieil (Bordere; H.Duc, H.L.M.). Pic du Midi (Jordan; H. z. b. G). Troumouse (Bordere; H. I.). Pic Mene (Becker; H. B. M. — Bordere; H. Hofm, H. I, H. K, H. R.). Spanien. Prov. Gerona: Set-Casas, Montagne de Morens (Bourgeau; H. Hofm.). Col de Brassato bei Panticosa (Le- re sehe; H.Laus.). Gipfelregion der Sierra Nevada (Boissi er, Campo, Funk, Hackel, Willkomm; H. Hofm. — Hegel- maier, Willkomm; H. F. — Porta et Rigo; H. B. M, H. R. — Winkler; H. Kern. — Huter; H. L. M. — Campo; H. Laus. Ig.?; U. H. — Funk; H. z. b. G, H. C. — Willkomm, Bo urgeau; H. C). 1 Originalstandort Villars'. Arten der Gattung Gentiana. 325 Die Unterscheidung der G. alpiua von den übrigen Arten bereitet fast niemals Schwierigkeiten. G. vulgaris, Diuarica, angustifolia und occidentalis sind allein durch die Kelchform hinlänglich von G. alpiua verschieden; auch die Blattform ist selbst bei hochalpinen, mithin abnorm kleinen Exemplaren dieser Arten stets eine andere. Am meisten Ähnlichkeit mit G. alpiua hat G. latifolia. Sie unterscheidet sich von ihr durch die bedeutenderen Dimensionen aller Theile, durch die länger gestielten Blüthen, durch die Form der Blätter und durch die am Grunde zusammengezogenen Kelchzähne. Hochalpine Exem- plare der G. latifolia sehen manchmal der G. alpiua recht ähnlich. G. alpiua kann keineswegs als eine hochalpine Varietät der G. latifolia aufgefasst werden; sie erhält sich in der Cultur constant, wie ich dies an Exemplaren feststellen konnte, die Herr Correvon an den botanischen Garten der deutschen Universität in Prag sandte. Von Variationen seien folgende hervorgehoben. Ab und zu findet sich die Pflanze mit deutlich entwickelten Blüthen- stielen und erhält dadurch ein recht abweichendes Aussehen; ich sah solche Exemplare von Fully, leg. Schleicher im Herbar (var. elongata Schleicher in sched.). Die Blüthenfarbe ist gewöhnlich blau; vermuthlich kommt die Pflanze, wie alle anderen, ab und zu auch weisslich oder violett blühend vor.1 G. alpiua ist sicherlich auf die Pyrenäen, die Sierra Nevada und die Westalpen beschränkt; alle Angaben, welche eine G. alpiua für Standorte der Ostalpen (Salzburg, Tirol etc.) an- führen, sind gewiss irrthümlich. 3. Gentiana vulgaris. Neilreich, Nachträge zur Flora von Wien, S. 190 (1851) pro var. — Beck, Flora von Südbosnien, III, S. 129 (1SS7). Beschreibung: Grundständige Blätter etwas lederig, lanzettlich oder elliptisch-lanzettlich, spitz oder zugespitzt; grösste 1 Altere Herbarexemplare zeigen häufig, insbesondere in den oberen Theilen der Corolle eine grünlichblaue Färbung und unterscheiden sich dadurch recht auffallend von allen übrigen Arten. Silzb. d. mathem.-naturw. Cl. ; CVIII. Bd., Abth. I. 22 326 A. J akowatz, Breite um die Mitte oder unterhalb derselben; 1*3 — 6 cm lang. Stengelblätter bedeutend kleiner, eiförmig-lanzettlich, scharf zugespitzt; 1-3 — 2- 2 cm lang. In Herbarexemplaren alle Blätter glänzendgrün. Blüthen stets gestielt. Stiel 1 bis 8-5 cm lang. Kelchzähne aus breiter Basis verschmälert, lanzettl'ich, zugespitzt, der Blumenkrone fast angedrückt, länger oder ebenso lang als die halbe Röhre. Kelch- bucht spitz oder beim Auseinanderziehen der Kelchzähne stumpf. Blumenkrone fünfzipflig, röhrig-trichterförmig, azurblau, ohne grüne Flecken; Zipfel spitz. Blüthenstiel zur Zeit der Fruchtreife wie bei G. latifolia stark verlängert. Wichtigste Synonyme: Gentianella major venia Clusius, Rar. plant, hist., p. 3 14- ■ — ■ Clusius, Rar. aliqu. stirp. per Pann. etc., p. 284 (1583). G. acaulis ß L., Spec. pl. ed. 1, p. 228 (1753). G. acaulis a Froelich, De Gent. Diss., p. 57 (1796), pr. p. Pnewmonanthe acaulis Schmidt, Flora Boem. Cent., II, p. 16 (1793).1 Gentianella alpina augustifolia magno ßore Casp. Bauh., Pinax, p. 137. G. grandißora Pers., Synops. plant., I, p. 285 (1805).2 G. acaulis Lam. et De Cand., Flore franc., III, p. 654 (1815), pr. p. — Host, Flora Austr., I, p. 335 (1827). — Jacquin, Flora Austr., IL p. 135. — Jacquin, Enum. flor. Vind., p. 41 (1762). — Reichenb., Flora Germ, excurs., p. 427 (1830/32), pr. p. — Koch, Synops. flor. Germ, et Helv., ed. 1, p. 488 (1837) pr. p.3 ed. II, p. 562 (1844) pr. p. ■ — Hausmann, Flora von Tirol, 2. Heft, S. 590 (1852) pr. p. -■ Löhr, Enum. der Flora von Deutschland, S. 451 (1852). — Sendtner, Veg. Verh. von Süd- bayern, S. 825 (1854). — Schur, Enum. plant. Transs., p. 458 (1866). — Neilreich, Gef. Pfl. von Ungarn und Slavonien, S. 157 (1866) pr. p. — Maly, Flora von Steierm., S. 122 (1868). — Lorinser, Bot. Excursionsbuch, 4. Aufl., S. 298 (1877). — 1 Fundortsangabe falsch. - Ist vermuthlich wenigstens zum Theil G. vulgaris (»foliis ovato- lanceolatis trinerviis«). Arten der Gattung Gentiana. 32/ Koch, Taschenbuch der deutschen und Schweizern., heraus- geg. von Hallier, S. 332 (1878). — Hinterhub er und Pichl- mayr, Prodrom, einer Flora von Salzburg, 2. Aufl., S. 137 (1879). — Pacher und Jaborn egg, Flora von Kärnten, S. 229 (1881) salt pr. p. ■ — Wohlfarth, Pfl. des Deutschen Reiches, Deutsch- esten-, und der Schweiz, S. 338 (1881). — Caruel, Flora Ital., VI, p. 759 (1883) pr. p. — Killias, Flora d. Untereng., S. 125 (1888). — Wünsche, Alpenpfl, S. 145 (1893). -- Garcke, Illustr. Flora von Deutschi., 17. Aufl., S. 410 (1895). — Gremli, Flora der Schweiz, 8. Aufl., S. 295 (1896). G. acaulis a resp. a vulgaris Willkomm, Führer in das Reich der d. Pflanzen, 1. Aufl., S. 440 (1863); 2. Aufl., S. 560(1881). — Karsten, Flora von Deutschi, 1. Aufl., S. 1022 (1880/83); 2. Aufl., S. 599 (1894). — Wartmann und Schlatter, Krit Übers, d. Gef. Pfl. v. St. Gallen und Appenzell, S. 290 (1888). G. acaulis a resp. a firma Neilreich, Flora von Nieder- österr, S. 476 (1859). — Neilreich, Nachtr. zur Flora von Niederösterr, S. 64 (1866). — Saut er, Flora der Gef. Pfl. von Salzb, 1. Aufl., S. 98 (1868); 2. Aufl., S. 73 (1879). G. acaulis ß media Grenier et Godron, Flore de France, p. 492 (1850). — Acloque, Flore de France, p. 464 (1894)?. G. acaulis ß angustifolia Gaudin, Flora Helv, II, p. 279 (1828). — Grisebach, Gen. et spec. Gent., p. 295 (1839) pr. p. — Arcangeli, Compendio della Flora Italiana, p. 472 (1882) G. acaulis 7 angustifolia Reiche nb, Icon. Flor. Germ, et Helv, XVII, p. 8 (1854/55). — Karsten, Flora von Deutschi, 1. Aufl., S. 1022 (1880/83); 2. Aufl., S. 599 (1894). G. acaulis var. Clusii Beck, Flora von Hernstein, S. 234 (1884). G. acaulis und G. excisa Do Hin er, Enum. plant, phan., p. 87 (1842). G. acaulis b excisa Jessen, Deutsche Excursionsflora, S. 88 (1879). G. excisa Facchini, Flora von Südtirol, S. 28 (1855). 1 G. coriacea Saint-Lager, Flore de Cariot ed. 8, p. 586. - Saint-Lager, Les Gentianella d. gr. grandifl, p. 13 (1895). 1 Ist nach der Angabe »solo granitico et calcareo« wenigstens zum Theil G. vulgaris. 22* 328 A. Jakowatz, G. vulgaris Fritsch, Excursionsfl. für Österr., S. 444 (1897). G. Clusii Perr. et Song., Ind. des q. q. plant, nouv. en Savoie, in Ann. de la Soc. d'hist. nat. de Savoie de 1854, p. 33 (1855). — Plane hon in Flore des Serres, XXIII, p. 140. — Halacsy und Braun, Nachtrag zur Flora von Niederösterr., S. 100 (1882). — A. Kern er, Schedae ad flor. exsicc. Austro- Hung., III, p. 105 (1884). — Simonkai,- Enum. flor. Transs. vasc. crit, p. 397 (1886).1 -- Sagorski und Schneider, Flora der Centralkarpathen, S. 397 (1891). — Beck, Flora von Nieder- österr., S. 938 (1893). — Wettstein in Kerner, Schedae, VI, p. 66 (1893). — Pospichal, Flora des österr. Küstenl.-, II, 1. Hälfte, S. 478 (1898). G. Rochelii A. Kern er in Sched. cf. Wettstein in Kern er, Schedae ad flor. exsicc. Austro-Hung., VI, p. 66 (1893). G. firma Kern er, Veg. Verh. in Österr. bot. Zeitschrift, S. 56 (1873). G. augustifolia Reichenb., Flora Germ, excurs., p. 865 (1830/32). — Hegetschw eiler und Heer, Flora der Schweiz, S. 207 (1840). 2 — Fleischmann, Übers, der Flora Krains, S. 77 (1844). Exsiccaten: Baenitz, Herbarium Europaeum, Nr. 2149. — Billot, Flora Gall. et Germ, exs., Nr. 1039 pr. p. — E. Bourgeau, PI. des Alpes de la Haute-Savoie, 1864 (als G. acaulis). — Flora Galliae et Germaniae exsicc, 4. Cent., Nr. 6 (als G. acaulis). — Kern er, Flora exsicc. Austro-Hungarica, Nr. 957 (als G. Clusii). — - Kern er, Flora exsicc. Austro-Hungarica, Nr. 2197 (als G. Clusii). - Magnier, Flora sei. exsicc, Nr. 3550 (als G. Clusii). — Reichenb., Flora Germ, exs., Nr. 1019 (als G. angustifolia). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 419 (als G. Clusii). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 419 a (als G. Clusii). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 1445 (als G. Clusii). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 1447 (als G. acaulis). — Reliquiae Mailleanae, Nr. 1447 a (als G. acaulis). 1 In Folge eines Druckfehlers heisst es hier G. Clussii. - Nach dem Befunde im Herb. Heget schweiler. Arten der Gattung Gentiana. 329 — Schleicher, Exs. (als G. acaulis ß angustifolia). — F. Schultz, Herbarium norm. Cent. 10, Nr. 911 (als G. acaulis). — Schultz und Doerfler, Herb. norm. Cent. 38, Nr. 3714 (als G. vulgaris). — Sieber, Exs., Nr. 84 (als G. acaulis). Abbildungen: Barrel i er, Plant, per Gall., Hisp. etc. obs., Fig. 47, schlecht; Fig. 1 10, I, schlecht. — Clusius, Rar. aliqu. stirp. per Pann. etc., p. 285 (1583). — Correvon in Wiener illustr. Gartenzeitg., 1888, S. 178. — Hartinger, Atlas der Alpenflora, Bd. III, Bl. 334. — Jacquin, Flora Austr., II, tab. 136. — A. Kerner, Pflanzenleben, 2. Aufl., 2. Bd., S. 347 (1898). — Reichenbach, Icon. Flor. Germ, et Helv., XVII, tab. MLIII, flg. IV. — Schimper A. F.W., Pflanzengeogr., S. 1 16 (1898), schlecht. — Vergl. Taf. I, Fig. 13 — 16; Taf. II, Fig. 1. Blüthezeit: An tieferen Standorten im April und Mai, an höheren später; in der hochalpinen Region an Schneefeldern bis in den September. Verbreitung: Auf kalkreichem Boden in den Alpen, und zwar in den ganzen nördlichen und südlichen Kalkalpen, sowie in den Centralalpen dort, wo kalkreiche Gesteine auftreten; ferner in den nördlichen und östlichen Karpathen und im Jura. Die Pflanze bewohnt die alpine und subalpine Region, steigt manch- mal in die Alpenthäler herab und in die den Alpen vorgelagerten Niederungen, z. B. im südlichen Bayern.1 Von mir untersuchte Exemplare: Österreich -Ungarn: Niederösterreich. Um Pernitz, auf Kalk (Beck; H. Hofm., H. R. — Keller; H. Z.).' Um Guten- stein (Mariahilferberg, Urgesbachthal, Klosterthal) (Wettstein, Dörfler; U. H. — Dörfler, Reichel, Ronniger; H. R. — 1 Entgegen mehrfachen Angaben kommt G. vulgaris in den Vogesen und in der Provinz Sachsen wildwachsend gewiss nicht vor. 330 A. Jak owatz, Czjzek, Rechinger; H. B. M.). Unterberg (Becke; H. B.). Auf der Mandling bei Waldegg (Ronniger; H. R.). Öd, 600 m (Beck; H. B.). Lange Wand bei Wiener-Neustadt, auf Kalk (Sonklar; H. B. M.). Bergwiesem am Hals, 750 m (Beck; H. B.). Raxalpe (Heimerl, Halacsy, Juratzka, Raim ann; H. Hofm. — Kirchstetter, Spreitzenhofer; H.z.b.G. — Beck; H.B. — Ronniger; H. R. — Sonklar; H. B. M.). Schneeberg, auf Kalk (E. Beck, H. B. — Brand m ayer, Freyn; H. F. — Halacsy; H. Hofm. — Bilimek, Leithner; H. L. M. — Mitter- dorf er, Wett stein; U.H. — Preissmann; H.Pr. — Ronniger; H. R. — Spreitzenhofer, Stur; H. z. b. G.). Sonnwendstein (Reuss; H. Kern. — Wettstein; U. H.). Nasswald (lg. ?; H. B. M.). Schwarzau im Gebirge (Brandmayer; H.z.b.G.). Göller (Planner; H. z. b. G. — Widerspach; H. L. M.). Hechtensee bei Mariazeil (Hölzl; H. z. b. G.). Erlafthal (lg.?; H. Kern.). Ötscher (Beck; H. B. — Ronniger; H. R. — lg.?; H. z. b. G.). Dürrnstein (Beck; H. B.). Göstling (Kerner; H. Kern.). Bei Opponitz (Gl atz; H. Hofm.). Bauernboden bei Waid- hofen a. d. Ybbs (Gl atz; H. Hofm., H. L). Oberösterreich. Reichraming (Steininger; H. R.). War- schenek (Zeller; H. Hofm.). Windischgarsten (lg.?; H. Hofm.). Hohe Nock, auf Kalk (Zell er; H. B. M.). Bergwiesen bei Leon- stein, 450 m, auf Kalk (Freyn; H. F.). Traunstein bei Gmunden (Knaf; H. L. M. — Spreitzenhofer; H. z. b. G.). Lainaustiege bei Gmunden, auf Kalk (K. und F. Ron n ige r; H. R.). Nächst dem Laudach-See (Dörfler; H. B. M. — Ronniger; H. R.). Redtenkogel (Loitlesberger; H. Hofm.). Goisern, auf Kalk (Stohl; H. B M.). Plassen bei Hallstatt, auf Kalk (Stapf; H. F.). Um Hallstatt, auf Kalk (Stapf; H. B., H. Hofm., H. I.). Dachstein (Papperitz; H. Hofm. — lg.?; H. Kern. — Wettstei n, H. B. M.). Salzburg. Schaf berg bei St. Wolfgang (Krem er; H. z. b. G. — H. L. M.). Moorwiesen bei Salzburg (Hoppe, Richter; H. Hofm. — Hinterhuber; H. L. M. — Storch; H. B. M. — Jg.?; H. I.). Glaneggermoor bei Salzburg, circa 500 m (Eysn; H. B. M. — lg.?; H. Hofm.). Hirschbühel (Eysn; H. Hofm.). Untersberg (lg.?; H. Hofm., H. L. M.). Bei Lofer (Spitzel; H. Hofm., H. L. M.). Schwarzkopf (Mitterdorfer; U. PL). Keferthal bei Ferleiten (Krem er; H. z. b. G.). Durcheck- Arten der Gattung Gcutiana. 331 alpe bei Ferleiten (Krem er; II. z. b. G.). Gastein (lg.?; H. z. b. C). Steiermark. Pyrgas bei Admont, auf Kalk (Strobl; H. B. M.). Gesäuse bei Admont (Strobl; H. Hofm.). Bei Gstatter- boden (Beck; H. B.). Kalbling bei Admont (Gassner; H. B. M., H. Hofm. — Angelis; H. L. M.). Bei Johnsbach (Strobl; H. Kern.). Zeiritzkampel ober der Zeiritzalm (Preissmann; H. Pr.). Schoberstein bei Steyr (Zimmeter; H. I.). Reichenstein bei Vordemberg (Breidler; H. B. M.). Reiting bei Vordernberg (Wettstein; U. H.). Tragöss (Breidler; H. B. M.). Hochschwab (Wettstein; U. H. — Höl'zl; H. Hofm.). Hohe Veitsch, auf Thonschiefer(Pittoni; H. Hofm. — Wettstein; U. H.). Schnee- alpe (Miller; H. Hofm.). Trienchtling bei Leoben, auf Kalk (Breidler; H. B. M.). Hochlantsch (Keil; H. L. M.). »Juden- burger Alpen« (Fenzl; H. Hofm.).1 Raducha, auf Kalk (Weiss; H. z. b. G.). Oistritza, auf Kalk (Weiss; H. z. b. G.). Humberg bei Tu ff er, 350 m, auf Kalk (Preissmann; H. Pr. — lg.?; H. Hofm.). Kärnten. Saualpe (lg.?; H. Hofm.). Obir (lg. ?; H. z. b. G. — Preissmann; H. Pr. — Wuzello; H. Hofm.). Dobratsch, auf Kalk (Jabornegg, Dörfler; H. R.). Bei Malborgeth, auf Kalk (Jabornegg; H. B. M.). - - Kanalthal (lg.?; H. Hofm.). Vieschbergalpe bei Raibl (Kremer; H. z. b. G.). Geröllfelder hinter dem Raibler-See, auf Kalk (Preissmann; H. Pr.). Predil bei Raibl (Kremer; H. z. b. G.). Raiblthal (Krenberger; H. Hofm.). Mont Ortatcha (Leresche; H. Mss.). Krain. Sedloalpe bei Stein (Rastern; H. L. M.). Monte Stol bei Neumarktl (Rastern; H. L. M.). Grmada (Svigelj; U. H.). Schneeberg (Kern er; H. Kern. — Heufler; H. z. b. G.). Alpe Planina (lg.?; H. L. M.). Cerna prst in der Wochein (Sonklar; H. B. M.). Istrien. Alpe Rombon (Tommasini; H. Kern.). Ternova (Marchesetti; H.F.). Mons Caven bei Aidussina (Grabowski; 1 Im Herbar der deutschen Universität in Prag findet sich G. vulgaris mit der Standortsangabe »St. Lambrecht, lg. Streinz«. Mit Rücksicht darauf, dass mir dieser Standort höchst unwahrscheinlich erscheint, und dass im genannten Herbar in früherer Zeit vielfach Etikettenverwechslungen vorkamen, habe ich diesen Standort weggelassen. 332 A. J akowatz, H. Hofm. — ■ Marchesetti; H. F. — Tommasini; H. Kern, H. L. M., H. z. b. G.). Görz bei Ciporano (Smirnow; H. F.). Kroatien. Velebit (Beck; H. B.). Kiek bei Ogulin (Beck; H. B.). Tirol. Unnutz im Achenthai, auf Kalk (Kerner; H.Kern.). Am Achensee, auf Kalk (Kerner; H. F., H. Hofm., H. Kern.). Georgenberg bei Schwaz (lg.?; H. I.). Haller Salzberg (Kerner; H. Kern.). Solsteinkette bei Innsbruck (Höttingergraben, Brand- joch, Mühlauerklamm, Thaurer Alpe etc.) (Roth; H. L. M. — Beck; H. B. — Giovanelli; H. z. b. G. — Heufler; H. I. — Kerner; H. Kern. — Sauter; H. Hofm. — Winkler; H. Mss.). Zirler Mähder bei Innsbruck, auf Kalk (Kerner; H. Kern.). Kranabitsattel (Simony; H. Hofm.). Um Seefeld (Kern er; H. Kern.). Karle bei Grünau im Lechthal (Moll; H. I.). Neder im Lechthal (Moll; H. I.). Finstermünz (lg.?; H. L). Blaser bei Steinach, auf Kalk (Sarnthein; H. I.). Gschnitz (Kerner; H. Kern.). Alpe Falsun ober dem Brenner (Kerner; H. Kern.). Brenner auf Kalk (Huter; H. R.). Finsterstern bei Sterzing. auf Kalk (Freyn, Hut er, Wettstein; H. F.). Pfitsch (lg.?; H. I.). Tristen bei Weissenbach (Treffer; H. Hofm., H. R.). Glanzeralpe bei Windisch-Matrei (Kremer; H.z.b.G.). Ködnitz- alpe bei Kais (Scheitz; H. I.). Rauchkofel, auf Kalk (Gander; H. Hofm.). Sexten, auf Kalk (Gander; H. B. M. — Huter; U. H., H. Hofm.). Bei Welsberg (Hell; H. I.). Drei Zinnen, Höhlenstein bei Toblach (lg.?; H. Hofm.). Schiern (Val de Li e vre; H. I. — Spreitzenhofer; H. z. b. G.). Laaserthal (lg.?; H. I.). Fassathal (Simon; H. L. M.). Borgo (Ambrosi; H. Laus.). Val Sugana (Ambrosi; H. Hofm., H. L). Val Arsa (Sartori; H. z. b. G.). Bei Rovereto (Strobl; H. Hofm.). Um Riva (Pich ler; H. z. b. G., H. L. M. - - Evers; U. H.). Val di Ledro, auf Kalk (Porta; H. Hofm.). Castello dei Camozzi, auf Dolomit (Loss; H. I.). Ungarn. Com. Trencsin: Szulov bei Trencsin, auf Kalk (Haläcsy; H. Hofm., H. L. M., H. R. — Rochel; H. Hofm., H. Kern., H. z. b. G. — Wie mann; H. B. M., H. F., H. Hofm., H. R., H. Z. — Beck; H. B. — Holuby; H. Hofm. — Khek; H. Pr., U.R.). — Chocs (Scherfei; H.z.b.G.). Drechselhäuschen (Scherfei; H. Hofm., H. L. M, H.z.b.G). Belaer Kalkalpen (Greschik; H. L. M.). Faixblösse in den Belaer Kalkalpen Arten der Gattung Gentiana. 333 (Scherfei; H. Hofm,). Popivan (lg.?; H. L. AI.). Gevvont (Bos- maki; H. z. b. G.). Siebenbürgen. Pietra muncellu im Bihariagebirge (A. Kern er; H. Kern.). Bayern. Torfmoor bei Allach (Firle; H. Hofm.). Bei München (Schultz; H. Hofm.). Schwabhausen bei Landsberg, 550/// (Kugler; H. F., H.Hofm.). Starenberger See (lg.?; H.L.M.). Garmisch (Papperitz; H. Hofm.). St. Bartholomä am König- See (A. Kern er; H. Kern.). Frankreich. Dep. Jura: Mte. Reculet (Ducommun; H. Duc. — Schmidely; H. B. AI.) — Dep. Haute-Savoie: Mte. Vergy bei Faucigny (Timothee; H. Duc). Mte. Brizon, auf Kalk (Bourgeau, Crozet-Bourgeau, Gave; H. B. AI, H. Hofm. — Deseglise; H.Mss.). ColJoli bei Haute-Luce (Perrier; H. Hofm.). — Dep. Savoie: Bei Chambeiy (Huguenin; H. B. AI. — Songeon; H. Hofm.). Schweiz. Ct. Appenzell: Ebenalp (lg.?; H. Z.). — Ct. St. Gallen: Sentis (Müller; H. Z.). Murgthal (Schinz; H. Z.). — Ct. Schwyz: Alte. Hacken (lg.?; H. Hofm.). Röthliflut am Rigi (Ducommun; H. Duc). — Ct. Glarus: Glärnisch (Baen- ziger; H.Z.). — Ct. Graubünden: Martinsloch (Hirzel; H.Kern.). S. Bernardino (lg.?; H. Z.). — Ct. Tessin: Cadro bei Lugano (Aluret; H. AI.). Alt. Salvatore (Wilczek; H. Wilcz. — Tavel, Schinz; H. Z. — Aluret; H. M.). — Ct. Unterwaiden: Pilatus (Hampe; H.Hofm. — Schinz; H. Z.). -- Ct. Bern, Alpen: Rosenlaui, auf Kalk (lg.?; H. B. M. — Tavel; H. Z.). Niesen (Ducommun; H. Duc). — Faulhorn (Aleiringen; H.Hofm.). - Ct. Bern, Jura: Diesse (Aluret; H. M.). Chasseral (Aluret; H. AI. — Schimper; H.Hofm.). Bei Court (Mur et; H. M.). — Ct. Frei- burg: Kaisereck (Wilczek; H. Wilcz.). Hochmatt (Wilczek; H. Z.). »Nudetz« (Deseglise; H.Kern.). — Ct. Wallis: Gemmi- Pass (lg. ?; H. Duc). Alpen von Lens bei Sierre (Muret; H. AI.). Alesse (Aluret; H. AI.). Bei Fully (Ducommun; H. Duo- Pierre ä voir bei Martigny (Lugeon; H. Lug. — ■ Muret; H. M.). — Ct. Waadt: Solalex et Anzeindaz (Vetter; H. Z.). Javernaz bei Bex (Aluret; H. M. — Reichenbach; H. Hofm.). Chau de Nant (Aluret; H. M.) — Nant bei Bex (Aluret; H. M.). Coufm bei Bex (Muret; H. AI.). Gryon bei Bex (Muret; H. AI. — 334 A. J akowatz, Favrat; H. Hofm. — Ros. Mas so n; H. Mss.). Alpen von Bex (Favrat; H. B. M. — Hausknecht; H. I. — Kiener, Thomas; H. Hofm. — lg.?; H. z. b. G.). Tour d'Ai bei Aigle (Muret; H. M.), Chateau d'Oex (lg.?; H. Laus.). Dent de Jaman bei Vevey ('Aluret; H. M.). »Noire vaux« (Muret; H. M.). La Dole (Du- commun; H. Duc. — Jordan; H. z. b. G. — Muret; H. M.) Dent de Vaulion (Lugeon; H. Lug.). Mt. Suchet (Muret; H. M.). Noirreux am Chasseron (Wilczek; H. Wilcz.). Mont Aubert (lg.?; H. z. b. G.). — Ct. Neuchatel: Mery ober Cluse (M agnin; H. Wilcz.). Fleurier (Muret; H. M.). Creux du Van (Poux; H. B. M.). Italien. Monte Piano (Freyn; H. F.). Monte Serva bei Belluno (Spreitzenhofer; H.z.b.G.). Monte Pastello (Bracht; H. Hofm., H. L. M. — Manganolly; H. L. M.). Monte Baldo (Sarnthein; H. I.). G. vulgaris ist von allen hier in Betracht kommenden Arten zweifellos die verbreitetste und dabei häufigste. Da sie geographisch mit G. latifolia, G. alpina und G. angustifolia zusammentrifft, wird sie am häufigsten mit diesen verwechselt. Die Unterschiede von G. latifolia liegen insbesondere im Bau des Kelches und der Rosettenblätter. Die Kelchzähne von G. vulgaris sind so lang oder länger als die halbe Kelchröhre, zugespitzt lanzettlich, am Grunde niemals eingeschnürt und - soferne sie nicht durch Pressung auseinandergezogen sind — daselbst aneinanderstossend, d. h. nicht durch eine häutige Wand von einander getrennt. Die Kelchzähne von G. latifolia sind dagegen kürzer als die halbe Kelchröhre, stumpflich, am Grunde meist eingeschnürt und daselbst deutlich von einander getrennt. Die Blätter von G. vulgaris sind stets lineal-lanzett- lieh, schmal, um Vieles länger als breit, scharf zugespitzt, im lebenden Zustande lederig, glänzend; jene von G. latifolia dagegen sind oval oder eiförmig, nur 1 — 3 mal so lang als breit, stumpflich, im lebenden Zustande weich, mattgrün. Unter- schiede in der Corolle sind wohl vorhanden, aber sie treten in ihrer Bedeutung gegenüber den erwähnten Merkmalen zurück. Von G. alpina ist G. vulgaris begreiflicherweise noch leichter zu unterscheiden, da bei dieser die Merkmale der G. latifolia, noch extremer zum Ausdrucke kommen. Arten der Gattung Gentiana. 335 Von G. angustifolia ist G. vulgaris relativ leicht an den spitzen Rosettenblättern und an den an der Basis nicht ein- geschnürten Kelchzähnen zu unterscheiden. Dieses letzterwähnte Merkmal ist überhaupt jenes, durch das G. vulgaris von allen übrigen dieser Section angehörenden Arten verschieden ist, denn auch G. Dinarica und G. occiden- ialis besitzen an der Basis eingeschnürte Sepalen. Überdies ist G. Dinarica durch die breiten Rosettenblätter von G. vulgaris verschieden. Hinsichtlich der dieser Pflanze zukommenden Vielge- staltigkeit ist auch hier, wie bei allen anderen Arten, hervor- zuheben, dass je nach der Höhe des Standortes sowohl die Länge des Blüthenstieles und der Blätter, als auch die Üppig- keit der letzteren wechselt; dass Beides an Exemplaren niedriger Standorte abnorm vergrössert, an Exemplaren hochalpiner Region dagegen extrem verkürzt erscheint. Die Blüthe.nfarbe wechselt wie bei allen anderen Arten der Gruppe; neben der normal blauen Färbung finden sich Exemplare mit blauvioletten Corollen, selten solche mit weissen oder weisslich-gelben Blumenkronen:/, albißora1 (z. B. Mariahilferberg bei Gutenstein, lg. Wettstein, Doerfler; Ochsenboden des Schneeberg, lg. Wettstein; Hochschwab, lg. Wett stein; Reiting, lg. Wett- stein, Höttingeralm, lg. Beck). Besondere Erwähnung verdient die im Bereiche der Kar- pathen auftretende G. vulgaris, die durch die manchmal auf- fallende Schmalblättrigkeit ausgezeichnet ist. Insbesondere von einem Standorte (Com. Trencsin: Szullov) sind zahlreiche derartige Exemplare in die Herbarien gekommen, wodurch vielleicht nicht selten der Eindruck erweckt wurde, als wenn die Pflanze daselbst nur in dieser schmalblättrigen Form vor- käme. Dieser Eindruck hat wohl Kerner dazu bewogen, die Pflanze unter dem Namen G. Rockelii2 von G. vulgaris ab- zutrennen. Mir ist G. vulgaris aus den Karpathen vielfach in 1 Vergl. Doerfler in Verh. d. zool.-bot. Ges. (Wien), 47. Bd., S. 112 und Fritsch, ebendaselbst, S. 113. Vergl. darüber Fritsch in Sitzungsbericht der k. k. zool.-bot. Ges. in Wien, 48. Bd. 336 A. Jakowatz, vollständig typischer Form vorgelegen; anderseits findet sich G. vulgaris in den Ostalpen nicht selten ebenso schmalblätterig, wie in den Karpathen, so dass ich nur der Ansicht Wettstein's1 beipflichten kann, dass G. Rochelii von G. vulgaris nicht zu trennen, sondern mit ihr zu vereinigen ist. Ab und zu vorkommende unregelmässige »Füllungen« (z. B. Wiesen bei Trins, lg. Wett stein) stellen, ebenso wie bei G. latifolia ein Zoocecidium dar. Was den Namen für die in Rede stehende Pflanze betrifft, so geht schon aus dem Synonymenverzeichnisse hervor, dass derselbe im Laufe der Zeit ein sehr wechselnder war; diese Ver- schiedenheit der Bezeichnungsweise geht zum Theil darauf zurück, dass manche Botaniker in unserer Pflanze die G. acaulis L. erblicken zu können glaubten, andere diese für G. latifolia hielten. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass Linne mit G. acaulis a in erster Linie G. latifolia, mit G. acaulis ß in erster Linie die hier besprochene Pflanze meinte, dass er also beide Pflanzen unter G. acaulis zusammenfasste, weshalb auch der Name G. acaulis L. am besten als Sammelname für beide Formen reservirt bleibt. Sehen wir uns um einen Namen um, der als Bezeichnung für unsere Pflanze verwendet werden könnte, so kommen da mit Rücksicht auf die chronologische Reihenfolge in Betracht: G. grandiflova Pers. (1805), G. media Gren. et Godr. pro var. (1850), G. vulgaris N eil r. pro var. (1851), G. Clusii Perr. et Song. (1855), G. firma Neilr. pro var. (1859) und G. coriacea Sa int- Lager (1895). G. grandiflora Pers. ist vollständig synonym mit G. acaulis L. und so wie diese ein Sammelname für G. vulgaris und G. latifolia, daher zur Bezeichnung der ersteren nicht verwend- bar. Dafür spricht nicht bloss die ganz allgemein gehaltene Diagnose, sondern insbesondere der Umstand, dass Persoon selbst G. acaulis als Synonym zu seiner G. grandiflora zieht, dass er als Varietät unter ß und 7 wohl G. augustifolia und G. alpina aufführt, aber weder G. latifolia noch G. vulgaris. Es ist zweifellos, dass es sich Persoon hauptsächlich darum 1 In A. Kern er Schedae ad flor. exsicc. Austro-Hung., VI. p. 66 (1893). Arten der Gattung Gentiana, 33/ handelte, den ihm unpassend erscheinenden Namen G. acaulis (mit Rücksicht auf »planta culta caulescens«) durch einen ihm passender erscheinenden zu ersetzen. G. media Gren. et Godr. ist ebenfalls zur unzweideutigen Bezeichnung unserer Pflanze nicht recht geeignet. Gren i er und Godron unterschieden a. a. O. drei Formen von G. acaulis, nämlich a latifolia, ß media, 7 parvifolia. a ist die im Vorher- gehenden als G. latifolia bezeichnete Pflanze, 7 ist zweifellos G. alpiua; unter ß media scheinen die Verfasser G. vulgaris und G. angustifolia Vi 11. zusammengefasst zu haben. Dies geht daraus hervor, dass sie einerseits G. angustifolia Vill. als Synonym zu ihrer forma media citirten, anderseits Reichen- bach exsicc. Nr. 1019 mit einem ! anführten, welche letztere aber eben G. vulgaris ist. Auch die Diagnose von ß media, so kurz sie ist, deutet durch die Bemerkung «feuilles lanceolees ou elliptiques« auf ein Zusammenziehen von G. vulgaris und G. angustifolia. Der nächst jüngere Name, nämlich G. vulgaris Neilr. pro var. bezeichnet dagegen unsere Pflanze in vollkommen zweifel- loser Art und Weise. Neilreich bezeichnet dort mit diesem Namen die Pflanze der niederösterreichischen Kalkvoralpen, in denen ausschliesslich die hier beschriebene Pflanze vorkommt. 4. Gentiana Dinarica. Beck, Flora von Südbosnien, III, S. 129 pro var. et spec. Beschreibung: Blätter der Blattrosette elliptisch, spitz; halb so breit als lang; grösste Breite um die Mitte; 2 — \-hcm lang. Stengelblätter kleiner, elliptisch-lanzettlich, spitz; 1 — 2 cm lang. Alle Blätter in Herbarexemplaren glänzendgrün. Blüthenstiel 1 — -7 ' 5 cm lang. Kelchzähne lanzettlich, am Grunde etwas zusammengezogen, allmälig in eine feine Spitze auslaufend, länger als die halbe Röhre, Kelchbucht breit. Blumen- krone fünfzipflig, trichterförmig, blau, ohne grüne Flecken; Zipfel der Blumenkronblätter zugespitzt. 338 A. Jakowatz, Wichtigste Synonyme: G. acaulis Caruel, Flora Ital., VI, p. 759 (1883) pr. p. G. acaulis a Murbeck, Beitr. zur Kenntniss der Flora von Südbosn. und Hercegov., S. 91 (1891). G. acaulis o" dinarica Kusnezow, Monogr., p. 303 (1894). Exsiccaten: Beck, Plantae Bosn. et Herceg., Ser. II, exsicc. Nr. 85 (als G. acaulis var. dinarica). — Beck, Plantae Bosn. et Herceg., Ser. II, Nr. 198 (als G. acaulis var. dinarica). — Keller, Iter Bosniacum, Nr. 167 (als G. acaulis). — Magnier, Flora selecta exsicc, Nr. 3060 (als G. Dinarica). — Schultz und Doerfler, Herb. norm. Cent. 38, Nr. 3715 (als G. Dinarica). — Sendtner, Plantae Bosniacae, Nr. 423. Abbildungen: Beck, Flora von Südbosnien, Taf. IV, Fig. 10. — Vergl. Taf. I, Fig. 5—8; Taf. II, Fig. 4. Blüthezeit: Juni — Juli (vermuthlich, so wie bei den anderen Arten je nach der Höhenlage, auch früher oder etwas später). Verbreitung: G. Dinarica ist bisher am häufigsten in den dinarischen Kalkalpen von Bosnien, seltener in den südlichen Karpathen und in den Abruzzen gefunden worden. Vo n m i r untersuchte Exe m p 1 a r e : Österreich-Ungarn: Bosnien, Hranicava-Alpe bei Pazaric, auf Kalk (Beck; U. H., H. Hofm. — Fiala; H. B. M., H. L. M., H. Pr., H. R, U. H.). Bjelasnica, auf Kalk (Beck: H. B., H. B. M., H.B., H. F., H. Hofm., H. L. M. — Reiser; H. B.). Vratlo in der Treskavica PI. (Beck; H. B.). Treskavica PI. (Keller; H. Z.). Vlasic. auf Kalk (Beck; H. B. — Brandis; H. B. M., H. F., H. Hofm. — Franjic; H. B.). Gucagora am Vlasic (Franjic; H. B.). Maglic (Beck; H. B.). Ortis in der Prenj PI. (Beck; Arten der Gattung Gentiana. 339 H. B.). Plasa PI. (Beck; H. B.). Vranica PL: Strazica, auf Kalk (Beck; H. B.). Bei Crkvica (Franjic; H. B.). Hercegovina. Velez-Gebirge (Baenitz; H. B.). Am »Mali Vran« (Fiala; H. B. M.). Siebenbürgen. Kurmetura (Fuss; H. z. b. G.). Italien. Abruzzen: Mte. Majella (Groves; H. F. — lg.?; H. Kern.). G. Dinar ica nimmt, wie dies bereits Beck, dem über- haupt die Klarstellung der Pflanze zu verdanken ist, a. a. 0. hervorhob, in gewisser Hinsicht eine Mittelstellung zwischen G. latifolia und G. vulgaris ein; ersterer ähnelt sie in der Form der Kelchzähne, letzterer in der Länge derselben, sowie in der Form und Consistenz der Blätter; sie ist jedoch von beiden leicht zu unterscheiden. Vermuthlich schwankt G. Dinarica je nach der Beschaffen- heit des Standortes in Bezug auf Blüthenstiellänge, Grösse der Blätter etc. ebenso wie die zwei genannten Arten. Was die Verbreitung der Pflanze ausserhalb der dinari- schen Kalkalpen anbelangt, so erscheinen mir die beiden in den Karpathen und in den Abruzzen angegebenen Standorte nach den vorliegenden Exemplaren als gesichert; ich muss es vorläufig dahingestellt sein lassen, ob die Pflanze in den beiden Gebirgen verbreiteter ist; bezüglich der Abruzzen will mir dies sehr wahrscheinlich erscheinen. 5. Gentiana angustifolia. Villars, Hist. des plantes de Dauph., II, p. 526 (1787). Beschreibung: Grundständige Blätter weich, lineal.- lanzettlich, schmal, stumpf, 3 — 5mal so lang als breit; grösste Breite um die Mitte oder über derselben; 2 — 5*5 c-/// lang. Stengelblätter elliptisch, spitz; 1 — 2 cm lang. Alle Blätter in Herbarexemplaren graugrün. Blüthenstiel 1'5 — 7 cm lang. Kelchzähne am Grunde eingeschnürt, spitz, kürzer als die halbe Kelchröhre, von der Blumenkrone abstehend, Kelch bucht stumpf. Blumenkrone fünfzipflig, trichterförmig, blau; Zipfel spitz. 340 A. Jak ow atz, Wichtigste Synonyme: G. caulescens Lam., Dict. II, p. 638 (1790) 1 pr. p. G. acaulis [1 augustifolia Grisebach, Gen. et'spec. Gent., p. 295 (1839). G. acaulis 7 Froelich, De Gent. Diss., p. 58 (1796) pr. p. G. acaulis var. longifolia Billot in Sched. G. acaulis Koch, Synops. flor. Germ, et Helv., ed. I, p. 488 (1837) pr. p., ed. II, p. 562 (1844) pr. p. G. acaulis ß media Gren. et Godr., Flore de France. IL, p. 492 (1850) pr. p. G. sabauda Boiss. et Reut, in Reichenb. Icon. Flor. Germ, et Helv., XVII, p. 101, tab. 149 (1854/55). G. augustifolia Perr. et Song., Ind. des q. q. plant, nouv. observ. en Savoie, in Ann. d. 1. Soc. d'hist. nat. d. Savoie de 1854, p. 33 (1855). - - Nyman, Conspectus flor. Europaeae, p. 498 (1878/82) pr. p. — Planchon in Flore des Serres, XXIII, p. 142. - - Beck, Flora von Südbosn., III, S. 129 (1887) exclu- sive Standorte. — Correvon, in Wiener illustr. Gartenzeitung, 1888, S. 181. — Saint-Lager, Les Gent. d. gr. grandifl., p. 13 (1895). - - Gremli, Flora der Schweiz, 8. Aufl., S. 295 (1896). G. acaulis ß sabauda Kusnezow, Monogr. p. 299 (1894). G. grandiflora ß augustifolia Pers., Synops. plant. I, p. 285 (1805). Exsiccaten: Herbier des Flores Europeennes Nr. 48 (als G. augusti- folia). — Huguenin, Nr. 196 (als G. augustifolia). — Reliquiae Mailleanae Nr. 506 (als G. augustifolia). — Magnier, Flora sei. exsicc. Nr. 346 (als G. augustifolia). Abbildungen: . Correvon, in Wiener illustr. Gartenzeitung, S. 179 (1888). - Reichenb., Icon. flor. Germ, et Helv. XVII, tab. MCC, Fig. III. — Vergl. Taf. I, Fig. 17—20; Taf. II, Fig. 6. 1 Citirt nach Beck. Arten der Gattung Gentiana. 341 Blüthezeit: Mai bis August, je nach der Höhenlage. Verbreitung: Auf Kalk in den Alpen des südöstlichen Frankreich und der benachbarten Schweiz. Von mir untersuchte Exemplare: Frankreich. Dep. Savoie: Mt. Cenis (Huguenin; H. Hofm.). Chambery (Huguenin; H. Hofm. ■ — Rostan; H. Laus.). Collines de St. Baldoph et d'Apremont bei Chambery (Chabert, Sangeon; H. Hofm.). — Dep. Isere: Grand Chartreuse (Hu- guenin; H. Kern., H. L. M., H. Laus. — Verlot; H. Kern. — Jordan; H. z. b. G.). Mont Rochais et Comboire pres Grenoble, 250— 800 m (Richard; H. Hofm.). — Dep. Hautes-Alpes: La Grave (Grenier; H. L. M.). Pic de Bure (Wilczek; H. Wilcz.). Bei Rabou (lg. ?; H. Hofm.). Alpen der Dauphine (Rolland; H. Hofm.). Schweiz. Mt. Blanchard bei St. Gingolph (Bonnaz; H. Laus.). G. angustifolia ist von allen anderen Arten unschwer zu unterscheiden; von G. latifolia und G. alpina durch die schmalen Blätter, von G. vulgaris durch die am Grunde deutlich eingeschnürten, kürzeren Kelchzähne, von G. Dinarica und G. occidentalis durch die schmäleren, stumpferen Blätter und die kürzeren Kelchzähne. Hinsichtlich des Villars'schen Namens nehme ich keinen Anstand, denselben für unsere Pflanze zu verwenden; nach der Beschreibung a. a. 0. hat Villars wohl zweifellos dieselbe gemeint, wie dies aus den Bemerkungen »foliis linearibus enerviis«, »les divisions de la corolle et les denti- cules intermediäres sont manifestemen t dentees«, hervorgeht. Diese Verwendbarkeit wird dadurch, dass Villars ein Bauhin sches Citat anführt, welches sich auf G. vulgaris bezieht, und dass die meisten der späteren Autoren den Namen G. angustifolia fälschlich auf G. vulgaris bezogen, nicht alterirt. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVJII. Bd., Abth. J. 23 342 A. Jakowatz, Eine Bestätigung dafür, dass die hier besprochene Pflanze G. angustifolia Vi 11. ist, fand ich im Herbar der Universität Lausanne, in welchem typische G. angustifolia liegt, mit einer Etiquette Bonnaz's, auf der er- sagt, er habe die Pflanze mit den Originalexemplaren im Herbier Villars in Grenoble im Mai 1836 verglichen und vollständig gleich gefunden. 6. Gentiana occidentalis Jakow. spec. nov. Beschreibung: Grundständige Blätter lanzettlich bis lanzettlich- elliptisch; grösste Breite um die Mitte oder etwas über der Mitte, gegen den Grund allmälig, gegen die Spitze rascher verjüngt, spitz, nur an sehr jungen Blattrosetten stumpflich' im trockenen Zustande glänzend, im frischen wahrschein- lich steif; 1*5 — 4 cm lang. Stengelblätter eiförmig-lanzettlich, zugespitzt. Blüthenstiel 2 — -7 cm lang. Kelchzähne lanzettlich, zugespitzt, am Grunde verschmälert, meist länger als die halbe Kelchröhre; Buchten zwischen den Kelch- zähnen breit; Blumenkrone fünfzipflig, blau, 5 — 6 cm lang, mit scharf zugespitzten Zipfeln. Wichtigste Synonyme: G. acaulis Willkomm et Lange, Prodrom, flor. Hisp., IL 2, p. 655 (1870) pr. p. — Philippe, Flores des Pyrenees, II. p. 52 (1859) salt. pr. p. G. acaulis ß sabauda Kusnezow, Monogr., p. 299 (1894) pr. p.1 Exsiccaten: Willkomm, Iter Hisp. secund. Nr. 150 (als G. acaulis). - Gautier, Exsiccata de la Flore de Narbonne et des Corbieres (als G. acaulis var. caulesccus). Abbild u n gen: Taf. 1, Fig. 21—24; Taf. II, Fig. 7. 1 Bezüglich der Exemplare aus den Pyrenäen. Arten der Gattung Gentiana. 343 Blüthezeit: Mai bis Juli. Ve r b r e i t u n g : In der alpinen Region der Pyrenäen, und zwar anscheinend insbesondere im westlichen Theile derselben auf Kalk. Von mir untersuchte Exemplare: Frankreich. Dep. Basses-Pyrenees: Monts des Eaux- bonnes (Lere sehe; H. Laus.). — Dep. Aüde: Pic de Bugarach (Gautier; H. F.). Spanien. Pena Gorveya in Viz^aya, auf Kalk (Will- komm; H. C, H. Hofm.). In valle Izas (Willkomm; H. C). Die hier beschriebene Art konnte ich mit keiner der früher besprochenen identificiren. Obgleich sie ohne Zweifel der G. Dmarica und G. angiistifolia sehr nahe steht, so vermag ich sie nach dem mir vorliegenden, nicht geringem Materiale mit derselben doch nicht zu vereinigen. G. occidentalis unterscheidet sich von G. Dmarica durch die schmäleren Blätter, in denen sie vollständig mit G. vulgaris übereinstimmt, von der sie aber wieder durch die am Grunde deutlich verschmälerten Kelch- zähne abweicht. Von G. angiistifolia ist G. occidentalis sofort durch die spitzen, steifen Blätter und die längeren Kelchzipfel zu trennen. G. latifolia und G. alpiria sind in Folge ihrer breiten, stumpfen Blätter schon habituell von G. occidentalis recht ver- schieden. Da ich die Pflanze nur in Herbarexemplaren gesehen habe, vermag ich nicht zu sagen, ob an der lebenden Pflanze nicht noch andere Unterscheidungsmerkmale hervortreten. Ebenso kann ich bezüglich der Variabilität der Pflanze nichts weiter mittheilen. 7. Gentiana excisa Presl. »Flora« oder »Botanische Zeitung«, XI. Jahrg., I, S. 267 (1828). Bereits gelegentlich der Besprechung der Nomenclatur der G. latifolia hatte ich Anlass, kurz zu erwähnen, dass G. excisa Presl bisher zumeist nicht richtig gedeutet wurde. Der Name G. excisa wurde bisher von vielen Botanikern zur Bezeichnung 23* 344 A. Jakowatz, jener Pflanze in Anwendung gebracht, die ich im Vorher- gehenden als G. latifolia nominirte. Ich habe auch schon aus- geführt, dass dies vollständig irrthümlich geschah, da die Worte der Diagnose Presl's »foliis infimis lanceolatis«, dann »folia acuta ... lanceolata« geradeso wie die Fundorts- angaben (Schneeberg in Niederösterreich und Untersberg in Salzburg) die G. latifolia geradezu ausschliessen. Was ist nun G. excisa Presl ? Eine diesbezügliche Aufklärung gibt der Befund in den Prager Herbarien,1 in denen zahlreiche Presl'sche Originalien aufliegen. Eines derselben ist auf Tafel II, Fig. 3, abgebildet. Die Pflanze zeigt genau die von Presl hervorgehobenen Merk- male; sie verbindet die Form der Kelchzähne von G. latifolia mit der Länge der Kelchzähne und der Blattform von G. vul- garis. Sie stellt damit nicht bloss eine Pflanze dar, die inter- mediär zwischen den genannten zwei Arten ist, sondern sie- hält die Mitte zwischen sämmtlichen hier besprochenen Arten, deren Merkmale sie gewissermassen in sich vereinigt. Bei dem Fehlen von Zwischenformen zwischen G. latifolia und G. vulgaris lag zunächst der Gedanke nahe, dass G. excisa eine Hybride zwischen beiden darstelle. Doch dieser Gedanke erwies sich bald als hinfällig, da eine Untersuchung des Pollens, trotz des bedeutenden Alters der Exemplare, eine volle Fertilität derselben ergab, da manche Eigentümlichkeiten der Pflanze weder auf die eine, noch auf die andere Art hinwiesen. Dagegen fand sich eine andere Erklärung für die Pflanze. Bei sämmtlichen Originalexemplaren Presl's ist kein Stand- ort vermerkt. Die Exemplare wiesen Merkmale auf, welche dafür sprachen, dass sie aus dem botanischen Garten stammten (üppige Entwicklung, Befleckung der unteren Blätter mit lehmiger Erde, was bei Pflanzen von alpinen Wiesen sich nicht findet). Vom Schneeberg in Niederösterreich und vom Unters- berg in Salzburg fand sich die Presl'sche Pflanze in den genannten Herbarien nicht, wohl aber von beiden Standorten G. vulgaris, woraus ich schliessen möchte, dass Presl erst 1 Herb, der deutschen Universität und Herb, des böhmischen Landes- museums. Arten der Gattung Gxnliana. .34.) nachträglich, und zwar irrthümlich die Pflanzen von diesen beiden Standorten zu seiner G. excisa zog. Die Originalexemplare Presl's scheinen demnach culti- virte Exemplare gewesen zu sein und das bringt uns einer Erklärung dieser Pflanze insoferne näher, als fast alle in Gärten cultivirten Exemplare, welche ich bisher sah, den Presl'schen Typus darstellen. Im Herbarium des böhmischen Landesmuseums befindet sich G. excisa Presl aus dem Herbare J. Kablik ohne Stand-' Ortsangabe mit dem Vermerke »c. « = culta. Josephine Kablik sammelte bekanntlich im Nordosten Böhmens, wro »G. acaulis« gar nicht vorkommt, so dass auch dies dafür spricht, dass das Exemplar einem Garten entstammte. In demselben Herbar liegt ein Exemplar der G. excisa ohne Standortsangabe mit dem Vermerke »coult<'. Im Herbarium der Universität Zürich liegen zwei von Pen zig herrührende Exemplare der G. excisa ebenfalls ohne Angabe des Fundortes und mit der Bemerkung »Exemplar, eultum«. Im Herbarium des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien findet sich ein Stück der G. excisa mit der Angabe »bei Zerbst«. Bei Zerbst im Herzogthum Anhalt kann die Pflanze nie wildwachsend, sondern nur in Cultur vorgekommen sein. Alle diese Befunde sprechen dafür, dass G. excisa eine nur in Gärten vorkommende Pflanze ist. Bekanntlich wird >G. acaulis« nicht nur in ganz Mitteleuropa, sondern ins- besondere auch in England seit langer Zeit als Zierpflanze, als unentbehrlicher Bestandtheil sogenannter »Alpenanlagen« viel- fach eultivirt. Diese »G. acaulis« wird grösstenteils nicht aus Samen gezogen, die den natürlichen Standorten entstammen, sondern aus Samen, die bereits der cultivirten Pflanze ent- nommen werden. Ich möchte nun glauben, dass die als Garten- pflanze gezogene »G. acaulis« meist G. excisa, also eipe von den wildwachsenden Formen abweichende Pflanze ist. Für diese Annahme sprechen nicht bloss die obenerwähnten Herbarbefunde, sondern auch noch folgende Thatsachen: Herr Prof. v. Wett stein hatte die Freundlichkeit, mir mit- zutheilen, dass ihm schon seit lange bekannt ist, dass die in 346 A. Jakowatz, den Gärten als Zierpflanze gezogene G. acaulis mit unseren einheimischen Gentiana- Arten nicht ganz übereinstimmt; er hielt die Pflanze aus diesem Grunde früher für G. angtistifolia Vi IL, weshalb auch von ihm schon im Jahre 1885 die Pflanze im Wiener botanischen Garten so bezeichnet wurde, woher sie dann unter diesem Namen auch in andere Gärten kam. Im Sommer 1898 überbrachte mir Herr Prof. v. Wettstein einige Exemplare der im Wiener botanischen Garten als G. angtisti- folia cultivirten Pflanze, welche sich auch als G. excisa erwiesen. Ebenso gehörten dieser Form Pflanzen an, welche Herr Prof. v. Wettstein 1889 in Strassburg i. E. und im Frühjahr 1897 in Gärten in London sah. Ich selbst habe in Schönlinde in Böhmen im Mai 1898 in einem Garten »G. acaulis« als Zierpflanze cultivirt gefunden und sie als G. excisa erkannt. Zu erwähnen wäre ausserdem noch Folgendes: In Sturm's »Deutschlands Flora«, Heft 4, findet sich eine Abbildung der G. acaulis, welche wegen ihrer Eigentümlichkeiten späteren Botanikern viele Schwierigkeiten bereitete. Die Abbildung stellt zweifellos unsere G. excisa dar1, und im Hinblick auf das Vor- herstehende ist es gewiss von Interesse, dass Dietrich in seinem vollständigen Lexicon der Gärtnerei und Botanik, IV. Bd., S. 304 (1804), dazu sagt: »In Sturm's europäischer Flora, 4. Heft, ist diese Pflanze (nämlich G. acaulis) abgebildet, welche nach einem Gartenexemplare gezeichnet ist und daher von der wildwachsenden Pflanze etwas abweicht«. Von besonderem Interesse erscheint mir diesbezüglich folgende Mittheilung eines erfahrenen Cultivateurs, nämlich Correvon's, des Directors des »Jardin alpin d'acclimatation« in Genf, welcher in »Wiener illustrirten Gartenzeitung« 1888, 5. Heft, S. 178, sagt: »Ich habe daneben auch die Gentiauella der Engländer cultivirt und beobachtet. Sie ist besser und leichter als alle anderen und buchstäblich »wie Unkraut« 1 Diese Abbildung ging dann in Garcke's »Ulustr. Flora von Deutsch- land-', 17. Aufl., S. 410, über, welche mithin auch nicht die G. acaulis im Sinne Garcke's darstellt. Auch die Abb. in Curtis Rot. Mag. Vol. I. tab. 52 und Regel, Gartenflora, Jahrg. 1875, Taf. 844; Jahrg. 1879, Taf. 966, stellen G. excisa Pres! dar. Arten der Gattung Gentiana. .347 gewachsen. Sie vermehrt sich schnell und ist sehr kräftig. Es scheint eine ganz andere Art geworden zu sein und sicher hat sie sich durch die Cultur — botanisch genommen — verändert. Die englische Pflanze verbreitet sich viel rascher, gibt kräftige und zahlreiche Ausläufer und vermehrt sich sehr leicht durch Theilung des Busches, was nicht der Fall ist bei der Pflanze der Alpen. Es ist eine ausgeartete Pflanze, mit der die botanische Welt nichts mehr zu thun hat; sie ist vollständig geeignet für die Gärtnerei«. Nach all' dem erscheint es mir nicht mehr fraglich, was G. excisa ist; nämlich die seit langer Zeit eultivirte G. acaulis, welche durch den Einfluss der Cultur morphologisch sich ver- ändert hat und zu einer Gartenpflanze geworden ist. Es ist in theoretischer Hinsicht von ausserordentlichem Interesse, dass diese Gartenpflanze, welche den den örtlichen Einflüssen ent- zogenen Typus der »G. acaulis« darstellt, morphologisch zwischen allen in der Natur vorkommenden Formen die Mitte hält. Ich werde auf diesen Umstand im nächsten Abschnitte meiner Arbeit noch zurückkommen und hier nur constatiren, dass in systematischer Hinsicht der Name G. excisa ganz berechtigt und zur Bezeichnung der Gartenpflanze ganz ge- eignet ist. 8. Gentiana vulgaris > latifolia. — Gentiana digenea Jak ow. hybr. nova. G. digenea unterscheidet sich von G. vulgaris durch die breiteren Rosettenblätter, die wesentlich kürzeren Kelchzähne und durch die stumpfen Kelchbuchten, von G. latifolia durch die steifen, spitzen, lanzettlichen Rosettenblätter und durch die am Grunde nicht verschmälerten Kelchzähne. Fundort: Wiesen bei Seefeld in Tirol mit den Stamm- arten. 1875 lg. A. Kern er (H. Kern.). Die hier als G. digenea beschriebene Pflanze fasste schon A. Kern er, der sie sammelte und im Leben beobachtete, als Hybride auf. In seinem Herbar liegen vier Exemplare der Pflanze, an deren Hybridität ich nicht zweifeln möchte; die Pflanzen fanden sich zusammen mit beiden Stammarten; sie nehmen in jeder Hinsicht eine morphologische Zwischenstellung 348 A. Jakowatz, ein. Besonders beweisend für die hybride Natur erscheint mir die Beschaffenheit des Pollens. Derselbe liess sich an den Herbarexemplaren noch ganz gut beurtheilen. Die wohlaus- gebildeten Pollenkörner quollen beim Aufkochen oder Behandeln mit kaltem Wasser auf und nahmen ihre ursprüngliche Gestalt an, sterile Pollenkörner blieben verschrumpft. Typische G. vul- garis von Seefeld zeigte 100% ausgebildeter Pollenkörner; bei G. digenea fanden sich durchschnittlich 85"/0 verkümmerte Pollenkörner. G. digenea dürfte nicht häufig sein, da sich ja die Verbrei- * tungsgebiete der beiden Arten im Allgemeinen streng aus- schliessen. Am ehesten wären einzelne Stellen der nördlichen Kalkalpen, an welchen Urgebirgspflanzen auftreten, sowie tiefe Standorte, an denen beide Arten herabsteigend vorkommen, geeignete Fundstellen. Unter dem reichen Herbarmateriale, das ich studirte, hatte ich Gelegenheit, noch zweimal Formen, die eventuell G. digenea sein könnten, zu finden. Das eine Exemplar stammte von Lofer in Salzburg, wo es .Spitzel sammelte (H. z. b. G.), die anderen stammten vom Alte. Salvatore im Canton Tessin, lg. Schi nz (H. Z.); an beiden Standorten kommen beide Arten vor, so dass die Möglichkeit der Bildung des Bastardes vorhanden ist; in beiden Fällen war eine geringe Reduction der Fertilität des Pollens zu constatiren; doch möchte ich in beiden Fällen die Hybridität nicht mit solcher Sicherheit behaupten, wie bei den Seefelder Exemplaren. III. Der entwicklungsgesehiehtliehe Zusammenhang der heute lebenden Arten der Gattung Gentiana, Seet. Thylaeites. In den vorstehenden Zeilen habe ich meine Beobachtungen bezüglich der im Titel genannten Arten wiedergegeben; ich habe in vollkommen unbefangener Weise die existirenden Arten unterschieden, ihre Merkmale und Verbreitung constatirt. Im Folgenden möchte ich nun versuchen, durch Zusammenfassung der Beobachtungen zu einer Vorstellung über die genetischen Beziehungen der unterschiedenen Formen zueinander zu ge- langen. Arten der Gattung Geutiana. 349 Hiezu stehen mehrere Wege zu Gebote; vor Allem der morphologische Vergleich und die Beachtung der geographi- schen Verbreitung der einzelnen Formen.1 Wenn ich es nun zunächst versuche, durch den morpho- logischen Vergleich allein zu einer Vorstellung über die ver- wandtschaftlichen Beziehungen der Formen zu gelangen, so wird hiezu das nachstehende Schema2 gute Dienste leisten. In demselben habe ich die Namen jener Formen, zwischen denen G. angnstifolia G. latifolia G. alpina G. Occidental is G. Dinarica G. vulgaris deutliche morphologische Beziehungen vorhanden sind, durch ununterbrochene Linien (— — ) verbunden; unterbrochene Linien ( ) deuten weniger klare Beziehungen an. Was in diesem Schema zunächst auffällt, ist die ziemlich isolirte Stellung der G. alpina. Dieselbe hat nur zu einer Art, nämlich zu G. latifolia klare morphologische Beziehungen, steht also muthmasslich nur dieser nahe. Die fünf übrigen Formen stehen unter sich in viel innigeren Beziehungen; dieselben sind so complicirt, dass sich auf Grund 1 Vergl. Wettstein, Grundzüge der geographisch-morphologischen Methode der Pflanzensystematik, 189S. 2 Über diese Form vergl. Wettstein a. a. 0. S. 44. 350 A. Jakowatz, des morphologischen Vergleiches allein ein Bild irgend welchen genetischen Zusammenhanges nicht entnehmen lässt. Höchstens Hesse sich daraus entnehmen, dass G. augusti- folia, occidentalis und G. Dinarica eine Reihe von Formen darstellen, die innigere Beziehungen zu einander besitzen; dass in dieser Reihe G. latifolia und G. vulgaris gewissermassen Endglieder repräsentiren, welche morphologisch am meisten voneinander abweichen. Wesentlich klarer gestaltet sich die Vorstellung über die verwandtschaftlichen Beziehungen, wenn man die Verbreitungs- verhältnisse der Formen in Betracht zieht (vergl. Karte II). Ein Blick auf die Karte lehrt, dass es sich hier durchwegs um Formen handelt, deren Areale sich aneinandergrenzend aus- schliessen. Dieser Eindruck wird beim ersten Anblick aller- dings etwas gestört, wenn man Standorte von G. vulgaris im Areale von G. latifolia, solche von letzterer im Areale von G. vulgaris, das Areale von G. alpin a in jenem von G. latifolia findet u. s. w. Aber ein genaueres Verfolgen der Sachlage klärt diese im ersten Momente störenden Erscheinungen vollkommen auf. G. vulgaris vertritt die G. latifolia auf kalkreicher Unter- lage, G. latifolia die erstere auf Urgebirge; nachdem Ur- und Kalkgebirge zwar im Allgemeinen, nicht aber im Einzelnen geographisch scharf getrennt sind, sondern an vielen Stellen in Folge von grossen geologischen Störungen oder von localen secundären Verschiebungen ineinandergreifen, so drückt sich dies in der Verbreitung der Pflanzen aus, wobei dieselben trotz- dem scharf in ihrem Vorkommen sich ausschliessen. Das Areale von G. alpina fällt nur scheinbar mit dem von G. latifolia zu- sammen, indem es bei horizontaler Projection auf dieses zu liegen kommt. In der That besitzen daher die sechs erwähnten Formen aneinandergrenzende, -sich aber vollständig ausschliessende Areale, was nach Wettstein1 das Kennzeichen junger Arten ist, die in Anpassung an räumlich getrennte Factoren, also in erster Linie an Klima- und Bodenverhältnisse am gemein- samen Ursprünge entstanden sind. 1 Vergl. a. a. 0. Arten der Gattung Gentiana. 3ol Der vorliegende Fall ist, wie nicht so bald ein zweiter, geeignet, die Richtigkeit dieser Annahme zu beweisen. Er ist in dieser Hinsicht aus zwei Gründen beweisend. Erstens deshalb, weil man ohneweiters zum Theil die räumlich getrennten Factoren erkennt (G. latifolia, alpina sind Urgebirgspflanzen, G. vulgaris, Dinarica, angustifolia Kalkpflanzen); zweitens deshalb, weil hier durch das Experiment gezeigt wurde, rdass dadurch, dass man die Pflanzen den wechselnden Einflüssen des Bodens entzieht, die formgestaltende Wirkung derselben allmälig aufhört. Dieses Experiment wurde im grossen Maassstabe durch den Gartenbau ausgeführt. Seit langer Zeit schon wird G. acaulis als Gartenpflanze cultivirt; diese Gartenpflanze, deren Cultur insbesondere in England betrieben wurde und betrieben wird, nahm fern von den Klima- und Bodeneinflüssen der Alpen eine zwischen allen Formen intermediäre Form an, sie wurde zur G. excisa Presl. Mit voller Bestimmtheit lässt sich zunächst für die sechs erwähnten wildwachsenden Formen die Behauptung aus- sprechen, dass sie in Anpassung an klimatische und Bodenverhältnisse in relativ später Zeit entstanden sind und gemeinsamen Ursprung haben. Eine andere Frage ist die, ob die vorhandenen Formen unter sich Altersabstufungen aufweisen und ob eventuell ein- zelne derselben der muthmasslichen Stammform näher stehen als andere. Einzelne Anhaltspunkte zur Beantwortung dieser Frage sind allerdings vorhanden. Aus dem morphologischen Ver- gleiche konnte man entnehmen, dass G. alpina nur zu G. lati- folia innigere Beziehungen aufweist und daher muthmasslich aus dieser hervorgegangen ist. Allerdings dürfte dieser Ursprung schon recht weit zurückreichen, da sonst beispielsweise das alleinige Vorkommen der G. alpina in der Sierra Nevada nicht ganz verständlich wäre. Der morphologische Vergleich hat ferner gezeigt, dass möglicherweise G. angustifolia, Dinarica und G. occidentalis etwas ältere Typen als G. latifolia und G. vulgaris darstellen. Dies findet in den geographischen Verhältnissen insofern eine 252 A. Jak ow atz, Stütze, als die drei Arten in Gebieten sich finden, in denen sie die Eiszeiten überdauert haben können, was von G. Jatifolia und G. vulgaris wenigstens bezüglich der heute von ihnen occupirten Gebiete nicht angenommen werden kann. Immerhin sind aber diese Verhältnisse nicht unzweideutig genug, dass es mir zweckmässig erschiene, auf sie im syste- matischen Ausdrucke Rücksicht zu nehmen. Im Allgemeinen dürfte nachstehende Vorstellung von dem Entwicklungsgange der in Rede stehenden Artgruppe den wirk- lichen Verhältnissen sehr nahe kommen. 1. Die ganze Artengruppe reicht zeitlich weit zurück; bereits in der Tertiärzeit war sie in den südeuropäischen und wohl auch in den mitteleuro- päischen Gebirgen vertreten und zeigte damals wohl noch deutliche morphologische Beziehungen zu anderen, geographisch nicht sehr entfernten Typen der Gattung. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht vor Allem der Umstand, dass die Artengruppe nicht dem nordischen Elemente der Alpenflora angehört, da sie im arktischen Gebiete ganz fehlt. 2. Die Eiszeiten bewirkten eine Einschränkung des Gesammtareales, ein Zurückdrängen der Pflanzen auf die Hochgebirge Südeuropas. In der Sierra Nevada, in den Pyrenäen, in den West- und Südalpen, in den italienischen Gebirgen und jenen der nördlichen ßalkanhalbinsel haben die Pflanzen die Eiszeit über- dauert. Die geographische Differenzirung reicht ver- öl uth lieh schon in diese Zeit zurück. Für den ersten Theil dieser Annahme sprechen wohl deut- lich die in den genannten Gebieten zerstückten Areale, für den zweiten spricht die Gleichheit der Arten in von einander weit getrennten Gebieten (G. Diuarica in den Abbruzzen und in Bosnien, G. alpina in den Pyrenäen und der Sierra Nevada u. s. w ). 3. Im Allgemeinen hat nach Ablauf der Eiszeiten eine Vergrösserung der Areale in Südeuropa nicht stattgefunden; eher könnte man in Folge der Arten der Gattung Gcnlidini. 353 Reductioin der alpinen Flora von einer Verringerung dieser Areale sprechen. In den Alpen von Mittel- europa aber haben zwei Arten, G. latifolia und G. vul- garis, eine weite Verbreitung in zusammenhängenden Gebieten gewonnen. Wenn ich schliesslich noch die Frage erörtere, wie sich die im Vorstehenden gewonnenen Erkenntnisse für die Syste- matik der Gattung verwerthen lassen, so komme ich zu folgenden Ergebnissen. Wir haben gesehen, dass die heute festzustellenden sechs wildwachsenden Formen als in Anpassung an geographische Factoren entstandene Arten gleichen Ursprungs aufzufassen sind, zwischen denen wesentliche Altersunterschiede sich nicht nachweisen lassen. Systematisch kann man dies in zweifacher Weise ausdrücken, indem man entweder nur den gegen- wärtigen Sachverhalt in Berücksichtigung zieht; dann haben wir sechs gleich werthige Species, etwa in folgender Anordnung: 1. G. latifolia, 2. G. alpina, 3. G. angustifolia, 4. G. vulgaris, 5. G. Diuarica, 6. G. occidentalis ; oder wenn man noch die gemeinsame Abstammung von einem Stammtypus, den man als Art bezeichnen kann, zum Ausdruck bringen will, während man die jüngeren Formen Unterarten nennt, dann erhalten wir folgendes Schema: Art Unterarten / 1. G. latifolia, \ 2. G. alpina, n j. T , ) 3. G. angustifolia, G. acaulis L. ampl. ; ; . ~ . ° \ 4. G. vulgaris, I 5. G. Diuarica, \ 6. G. occidentalis. Zur Bezeichnung der Stammart oder Sammelart lässt sich hiebei sehr gut der Linne'sche Name verwenden, welcher 354 A. Jakowatz, nachweislich G. latifolia und G. vulgaris, also die ohnedies am meisten verschiedenen Arten umfasst und von den meisten Botanikern bisher in einem solch weiten Sinne in Anwendung gebracht wurde. Index der wichtigsten Pflanzennamen. Seite Gentiana acaulis a F r o e 1 i c h 326 «L 309 ß Froelich 322 ß L 326 » -,' Froelich 340 » ß angustifolia Gaudin 327 » ß angustifolia Grisebach 340 » var. ClusiiBecli 32 7 » h dinarica Kusnezow 33S » » afirma Neilreich 327 » » var. latifolia Gren. et Godr 309 » » var. longifolia Billot 340 ß media Gren. et Godr 327, 340 » » b mollis Neilreich 310 » y parvifolia Gren. et Godr 322 » ß sabauda Kusnezow 340 » var. vulgaris Neilreich . 325 » » a vulgaris Willkomm 327 alpina Vi 11 321 >. » var. elongata Schleicher 325 angustifolia Vi 11 339 » caulescens Lam 340 » Clusii Perr. et Song 328 >• coriacea Saint- Lager 327 digenea Jakow 347 » Dinarica Beck 337 » excisa Koch 310 excisaVre&l 320, 343 » b. excisa Jessen 327 » excisa ß minor Koch 323 * finita Kern er 328 ■• grandiflora l'ers 310 > > y alpina Pers 322 Arten der Gattung Gent'iana. 355 Seite Gentiana grandiflora ß angustifolia Pers 340 » » humillitna foliis uninerviis Lam 322 Kochiana Perr. et Song 310 *• latifoliay(vuIgaris Jakow 347 » occidentälis J akow 342 » Rocliclii Kern er 328 » sabauda ßoiss. et Reut 340 vulgaris Beck 325 /. albijlora Dörfl 335 » vulgarisYJatifolia Jakow. . - 347 G.entianella alpina angustifolia magno ßore B auh. . 326 » » latifolia magno flore B auh 311 major vernä Clusius 326 Ptieutnonanthe acaulis Schmidt 326 Erklärung der Tafeln und Karten. Tafel I. Von den drei Blättern, welche von jeder Art dargestellt sind, zeigt das erste die Form der beiden untersten Rosettenblätter, das zweite die Form der beiden mittleren Rosettenblätter, das dritte die Form der beiden obersten Rosettenblätter. Von den Kelchen sind Stücke mit je zwei Kelchzähnen dar- gestellt. — Sämmtliche Figuren in natürlicher Grösse. Fig. 1 — 4 G. latifolia (Gren. et Godr.) Jakow. » 5—8 G. Dinarica Bec k. 9—12 G. excisa Presl. » 13-16 G. vulgaris (Neilr.) Beck. » 17 — 20 G. angustifolia Vi 11. » 21 — 24 G. occidentälis J a k o w. > 25—28 G. ö^z'«a Vi 11. Tafel II. Habitusbilder. Photographische Reproductionen von Herbarexemplaren in 2/3 der natürlichen Grösse. Fig. 1. G. vulgaris (Neilr.) Beck. — Niederösterreich: Mariahilferberg bei Gutenstein, lg. Doerfler. » 2. G. alpina Vill. — Schweiz: Ct. Wallis, Fully. lg. Lugeon. 356 A. Jakowatz, Arten der Gattung Genliana. Fig. 3. G. excisa Presl. — Originalexemplar Presl's aus dem Herb, des böhmischen Landesmuseums in Prag. » 4. G. Dinarica Beck. — Bosnien: Crkvica, lg. Franjic. » 5. G. latifolia (Gren. et Godr.) Jakow. — Tirol: Alpen um Sterzing, lg. Hute r. » 6. G. angustifolia Vill. — Frankreich: Dep. Hautes-Alpes, Pic de Bure; lg. Wilczek. » 7. G. occidentalis Jakow. — Spanien: Pena Gorveya, lg. Willkomm. Karte I. Übersicht der Verbreitung der Arten der Gattung Gcntiana, Sect. Thy- lacitcs. — Die Verbreitungsgebiete der Arten sind, dem kleinen Maassstabe der Karte entsprechend, etwas schematisirt; einzelne isolirte Vorkommnisse, wie z. B. das der G. latifolia im Areale der G. vulgaris u. dergl. sind nicht berück- sichtigt. Karte IL Verbreitung der Arten G. latifolia, G. vulgaris, G. angustifolia und G. alpina im Bereiche der Alpen. Die mit ununterbrochenen Linien begrenzten Areale sind thunlichst genau gezeichnet; die mit unterbrochenen Linien umgrenzten sind etwas schematisirt. Vollkommen isolirte und fragliche Vorkommnisse sind in der Karte nicht berücksichtigt. A. Jakowatz : Arien der Galtung Gentiana G.laJUolia h\\< )_^ \ / Taf.l. G.Binxiricxis G. angustifolia. Autor del Lith Aiist v TU BannwartKWien Sitzungsberichte d.kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw.Classe, Bd.CVTHAbth. I. 1899 A. Jakowatz: Arten der Gattung Gentiana Tafel Lichtdruck v. Max .Tafte, Wien. Sitzungsberichte d. kais. Akad.d. Wiss.,math.-naturw.Classe, Bd CVIII.Abth.1. 1899 w o 'CO t5 cd I -5 2 S fl 2 «> L" 55 -H _; hs U T * fei p 'S 71 ff n 0 g i 1 ü o i\ A Jakowalz : Arten der Gattung Gentiana i G.vulgaris(Neilr.)Jieck. 3 : ZZ) G.alpina Vi// Verbreitung der Arten der Gattung Gentiana Secl Tlvylai ites in den Alpen Sitzungsberichte d. kais. Akad. d- Wiss., rnath.-naturw.Classe, Bd.CVm.Abth I. 189 0 angustifolia I ///. 35i Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserliehen Akademie der Wissenschaften in Wien. XI. Die Einrichtung der seismischen Station in Triest und die vom Horizontalpendel aufgezeichneten Erdbebenstörungen von Ende August 1898 bis Ende Februar 1899 von Eduard Mazelle, Referent der Erdbeben-Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. (Mit S Textfiguren.) (Vorgelegt in der Sitzung am 13. April 1899.) Wie aus den Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften1 zu entnehmen ist, wurde von dieser akademischen Commission beschlossen, in Triest ein seismisches Observatorium zu errichten. Zu diesem Zwecke wurde mir zu Beginn des Jahres 1898 ein Pfaundler'sches Seismoskop und ein modificirtes dreifaches Horizontalpendel von Rebeur-Ehlert übersendet. Beide Instrumente sollten am k. k. astronomisch-meteorologischen Observatorium in Triest :zur Aufstellung gelangen. In Folge der gerade mit Beginn des Jahres 1898 vom hohen k. k. Unterrichts-Ministerium angeordneten Trennung des Observatoriums von der k. k. Handels- und nautischen Aka- demie und Verlegung desselben an die Stadtperipherie, ver- zögerte sich einigermassen die Aufstellung dieser Instrumente. Mit den Vorarbeiten zur Aufstellung wurde sobald als möglich begonnen. Der in Aussicht genommene Kellerraum, 1 Fünfte Mittheilung: Allgemeiner Bericht und Chronik der im Jahre 1897 innerhalb des Beobachtungsgebietes erfolgten Erdbeben, von Dr. Edl. v. Moj- sisovics. Diese Sitzungsber., Bd. CVII, 1898, S. 195. Sitzb. d. mathem.-naturw. GL; Bd. CVIII, Abth. I. 24 358 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. welcher in einen ehemaligen Sandsteinbruch hineingebaut ist, wurde durch Errichtung einer Ziegelwand in zwei gleiche Theile getheilt. Der rückwärtige Raum, welcher an drei Seiten unter die Erde zu liegen kommt und an dessen nördlicher Seite die Felsenwand direct zu Tage tritt, wurde für die Seismo- graphen bestimmt; der vordere Raum, auf einer Seite mit zwei Parterrefenster versehen, wird zur Aufstellung besonderer In- strumente des Observatoriums verwendet werden. Durch diese Einrichtung wurde erzielt, dass der Seismographen-Raum nicht nur vom täglichen Verkehre vollständig unberührt bleibt, son- dern auch die Temperaturschwankungen auf einen minimalen Betrag reducirt wurden. Es möge gleich hier erwähnt werden, dass die zur Auf- nahme des k. k. Observatoriums bestimmten Gebäude mitten in einer Parkanlage zu liegen kommen, daher vom Strassenver- kehre vollständig unbehelligt sind. Zur Fundirung der Pfeiler wurde das Erdreich ausgehoben, bis auf Felsen gestossen wurde, auf diesem dann die Unterlage aus Sandsteinstücken und Cement aufgemauert. Der zur Auf- nahme des Horizontalpendels bestimmte Pfeiler besteht aus einem Blocke aus Kalkstein, während der für die Walzenuhr, wie für das Lampengehäuse bestimmte aus Sandsteinstücken mit Cement angefertigt wurde. Für das Pfaundler'sche Seismo- skop wurde eine Steinsäule auf die gemauerte Unterlage befestigt. Fig. 1 stellt den Grundriss dar, während Fig. 2, 3 und 4 die Querschnitte der drei Pfeiler wiedergeben. Auf Pfeiler AB ist das Horizontalpendel aufgestellt (siehe Fig. 5). Der Block, 70 cm breit, 60 cm tief und 130 cm hoch, ruht 44 cm unter dem Fussboden auf der gemauerten Unter- lage, welche 135 cm tief auf Felsen stosst. Der Block reicht daher über dem Fussboden bis zu einer Höhe von 86 cm. Der Pfeiler CD, welcher das Lampengehäuse, die Walzen- uhr sammt Registrirtrommel trägt (siehe Fig. 6), reicht bis zu einer Tiefe von 1 20 cm und schliesst obenhin mit einer Kalk- steinplatte ab. Die Höhe über dem Fussboden beträgt 73 cm. Für das Pfaundler'sche Seismoskop dient Pfeiler EF. Das Fundament reicht bis zu einer Tiefe von 135 cm und rasrt die E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in T nest. 359 1 m hohe Säule 82 cm über den Fussboden hervor. Der aus Steinplatten gebildete Fussboden steht bei allen drei Stein- k-- 010- ^ -«- i i i ! 1 1 Fig. 1. Postamenten um einige Centimeter ab und sind ausserdem noch die zwei Pfeiler des Horizontalpendels durch Holzver- schalungen vor eventuellen Stössen geschützt. 24* 360 Mittheilun2;en der Erdbeben-Commission. Da das Local in Folge der photographischen Registrirung des Horizontalpendels vom Tageslicht geschützt sein muss, Pfeiler AB. El Fig. 2. wurde für den Luftaustausch dadurch gesorgt, dass unter der Verbindüngsthür, T in Fig. 1, ein Luftcanal gezogen wurde, Pfeiler CD. Fig. 3. welcher an zwei Stellen im Fussboden mündet. Zwei oben an der gegenüberliegenden Wand angebrachte Luftschläuche ge- statten zwar den Luftaustausch, verhindern jedoch den Eintritt E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 361 des Tageslichtes. Auch die erwähnte Verbindungsthür wurde durch eine Holzverschalung lichtdicht gemacht. Die Pfeiler für das Horizontalpendel sind so orientirt, dass ein Pendel genau in die Richtung Ost — West fällt, demnach die beiden anderen West 60° Nord und West 60° Süd (siehe Fig. 7). Die drei Pendeln sollen mit den drei Buchstaben E, N und V bezeichnet werden; es liegt demnach Pendel £ in der Richtung E, Pendel N in der Richtung W 60° N und Pendel V, das vordere Pendel, in der Richtung W 60° S. Eine Beschreibung der Instrumente hier wiederzugeben, wäre zwecklos und soll nur auf untenstehende 1 Angaben ver- wiesen werden. Die Schaltungen beim Pfaundler'schen Seismoskop sind analog der auf S. 554 der angeführten Pfaundler'schen 1 v. Rebeur-Paschwitz, Das Horizontalpendel. Nova Acta der kaiserl. Leopold. -Carolin, deutschen Akademie der Naturforscher, J. 1892, Bd. LX, Nr. 1 v. Rebeur-Paschwitz und R. Eh ler t, Horizontalpendelbeobachtungen ...Beiträge zur Geophysik. Zeitschrift für physikalische Erdkunde von Prot. Dr. G. Gerland; II. Bd., J. 1895, S. 211 u. ff.; III. Bd., J. 1898, S. 131 u. ff, S. 350 u. ff. und S. 481 u. ff. L. Pfaundler, Über einen Erdbeben-Registrator. . . Diese Sitzungsber., Bd. CVI, J. 1897, S. 551 u. ff. 362 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Publication1 wiedergegebenen Zeichnung, nur wäre hier zu er- wähnen, dass die photographische Cassette sammt Accumulator sich in einem Nebenlocal befindet, während die Alarmglocke im 2. Stockwerk, in meiner Amtswohnung aufgestellt ist, und dass, um ein unnöthiges Läuten und unnützen Stromverbrauch für den Fall meiner Abwesenheit zu vermeiden, in der Schaltung insofern eine Änderung vorgenommen wurde, als der Strom- schluss nicht direct die Alarmglocke in Thätigkeit setzt, sondern ein Relais (siehe Fig. 8). Der vom Ap- parat kommende Draht A, wie Draht E des Accumu- lators laufen zur Klemme 1 und 2. Bei Stromschluss in Folge des Herabfallens der kleinen Steinkugel, wird der Anker K angezogen, daher der Hebelarm H freigelassen, welcher in die punktirte Lage H1 fällt, den Strom bei F unterbricht und die Local- batterie L bei G schliesst. Durch das Fallen des Hebel- armes H wird auch ein Signalblatt vorgeschoben. Die Glocke kann bei S, durch das Herausnehmen eines Stöpsels, aus- geschaltet werden, so dass ein stattgehabter Stoss auch nur durch das erwähnte Signalblatt angezeigt werden kann. Der Pfaundler'sche Registratur ist seit Ende Juli 1898 auf- gestellt, hat aber bis Ende Februar keine Gelegenheit gehabt, in Function zu treten. Das Laden des Accumulators wird von der Abtheilung für Elektrotechnik der hiesigen k. k. Staats-Gewerbeschule auf das Freundlichste besorgt, wofür dem Director dieser Anstalt, Herrn Regierungsrath Hesky, wie dem Vorstande dieser Abtheilung, Herrn Ingenieur Sartori, bestens gedankt wird. Fig. 5. i L. Pfaundler, 1. c. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 363 Die Vorarbeiten für die Installirung des Horizontalpendels nahmen viel Zeit in Anspruch, namentlich bereitete die Be- leuchtungsquelle grosse Schwierigkeiten. Die Versuche mit Einführung des Gasglühlichtes misslangen in Folge der zu grossen Wärmeentwicklung. Es müsste zu diesem Zwecke ein grösseres Lampengehäuse mit besserer Ventilation construirt Fig. 6. werden. Im Studium befindet sich eine einfach scheinende Lampenconstruction. Die Benzinbeleuchtung erwies sich als umständlich und theilweise gefährlich in Folge der fortwährender, kleinen Explosionen, welche auch zu verschiedenen Malen die Lampe auslöschten. Die hierauf versuchte Einführung von Öl als Beleuchtungsquelle musste in Folge der umständlichen Dochtbehandlung auch aufgelassen werden, da die Flamme nie 24 Stunden continuirlich brennen konnte. Endlich gelang eine sehr gute Beleuchtung mit einer Gas- flamme. Es wurde nämlich ein kleiner Brenner construirt, so dass die Gasflamme nur einige Millimeter breit und einige 364 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Centimeter hoch ausfällt, während zugleich beim Gehäuse für eine bessere Ventilation vorgesorgt wurde. Diese Einrichtung bewährt sich vollkommen und bietet den grossen Vortheil, dass das Lampengehäuse gar nie angerührt und daher neu einge- stellt zu werden braucht. Um die Bilder deutlicher zu erlangen, wie auch zur Ver- meidung von Doppelbilder, wurde der Tubus mit den drei Licht- NE W60oN NW W \ / V \ / SE W60°S SW Fig. 7. spalten nach innen durch einen ähnlichen, verschiebbaren Cylinder ergänzt. Dieser ist auf der der Lichtquelle zugekehrten Seite durch eine Platte abgeschlossen, welche in der Mitte nur einen Spalt aufweist. Die regelmässigen Beobachtungen begannen mit Ende August 1898. Die tägliche Bedienung dieser Instrumente wird vom ersten Assistenten des Observatoriums, Herrn Ingenieur A. Faidiga, auf das Gewissenhafteste besorgt und benütze ich gleich hier die Gelegenheit, um ihm auch meinen besten Dank zu sagen für die Mühe, die er sich, namentlich bei der Ein- führung der neuen Beleuchtungsquelle, gegeben hat. Der E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 365 Papierwechsel und die Uhrvergleiche erfolgen gleich nach Mittag; am Abend wird der Apparat stets controlirt. Eine Besprechung der weiteren Vorkommnisse bei der Installirung kann hier unterlassen werden, es soll nur erwähnt werden, dass beim .E-Pendel bisher nicht möglich war, ein Fig. 8. continuirliches Schwingen ganz zu eliminiren. Auch folgt dieses Pendel nicht ohneweiters den Correctionen der beiden Schrauben N und E für die Neigung, wie für die Schwingungsdauer. Um die Beobachtungen nicht gleich zu Beginn zu unterbrechen, wurde bisher unterlassen, diesen Theil des Apparates einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Auch zeigt dieses Pendel eine geringere Empfindlichkeit. 366 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Die vor der Aufstellung mit Hilfe eines Chronographen bestimmte Schwingungsdauer T0 bei verticaler Lage der Pendel ergibt folgende Resultate: Pendel N T0 = 0?315, V T0 — 0-317, » E T0 = 0-316. Die allmonatlich neu bestimmte Schwingungsdauer T bei horizontaler Lage ist folgende: 31. Aug. 1. Oct. 29.0ct. 30.Nov. 30. Dec. 4. Febr. Pendelt 8?55 8?59 8?74 8?54 8?69 8?63 V 8-85 9-01 9-04 9-16 9-11 9*20 » E 8-60 7-12 8-19 9'43 10-62 10*21 Unter Berücksichtigung der Distanz des Spiegels von der Walze, und zwar für Pendel N und E im Betrag von 433 • 7 cm und für das Pendel Fvon 410*4 cm ergeben sich nachfolgende Reductionsconstanten, welche in Bogensecunden die Neigungs- änderung der Pendelaxe senkrecht zur Pendelrichtung angeben, wenn sich der Lichtpunkt auf der Walze um 1 mm bewegt. Reductionsconstanten (R). 31. Aug. l.Oct. 29. Oct. 30. Nov. 30. Dec. 4. Febr- Für Pendel N. .0° 032 0r032 0'-'031 0V032 0r031 0r032 » V. .0-032 0-031 0-031 0-030 0-030 0-030 » £..0-032 0-047 0-035 0-027 0-021 0-023 Es möge noch hervorgehoben werden, dass der Höhen- unterschied zwischen dem beweglichen und dem fixen Licht- punkte, die Parallaxe, für Pendel iV — 0*9 mm » V —1-0 » E —0-9 beträgt. Unter Annahme, dass einem Stundenintervall im Durch- schnitte 43-30 mm entsprechen (daher 1 mm = l'!13857), so resultirt für diese Parallaxe nachfolgender Zeitunterschied: E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 36 < Für Pendel N — 1*25, V —1-39, E —1-25. Es muss noch erwähnt werden, dass die zur Markirung der Stundenlänge herabfallende Blende, welche 5m vor Ablauf der Stunde sich vorschieben und zur vollen Stunde die Auf- zeichnung der Basislinie wieder freigeben sollte, dies um 0"'19 früher bewerkstelligt. Zur Bestimmung der Zeitangaben muss auch die ver- schiedene Stundenlänge berücksichtigt werden, welche, nach der photographischen Entwicklung, durch die Contraction des Papierstreifens hervorgerufen wird. Der Stand der Walzenuhr wird täglich durch Vergleiche mit einem Bordchronometer (Torthouse Nr. 6767) bestimmt, dessen Gang, sowie der einer Control-Pendeluhr (H. Fischer, Wien), solange das Observatorium nicht vollständig in das neue Heim übersiedelt ist, regelmässig nach dem optischen Mittagszeichen des Observatoriums (Fall des Zeitballes) in Evidenz gehalten wird. Der für die Walzenuhr resultirende Gang ist in Anbetracht der Uhrconstruction ein genügend zufriedenstellender zu nennen. In Folge der täglichen Vergleiche liegt die damit erreichte Genauigkeit in der Zeitangabe über jene, welche auf Grund der am Papierstreifen markirten Stundenlänge verlangt werden kann. Nehmen wir diese durchschnittlich mit 43 • 30 mm pro Stunde an, so entspricht 1 mm Länge einer Zeit von lni3857 und 0-1 mm noch 0ip1386 oder 8?3. Eine genauere Ablesung als Zehntelmillimeter ist aber bei dieser Art von Aufzeichnungen nicht zu verlangen, weshalb die Zeitbestimmungen schon auf Grund der directen Streifen- ablesungen nur auf 8?3 genau sein können. Es würde daher hier eine ausführliche Wiedergabe des Ganges der Walzenuhr kein Interesse beanspruchen können, weshalb bloss, um einen allgemeinen Eindruck über das Ver- halten dieser Uhr, welche die Registrirtrommel in continuir- licher rotirender Bewegung erhält, gewinnen zu können, der Stand und Gang von 10 zu 10 Tagen mitgetheilt wird. 368 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Stand und Gang der Walzenuhr. 1898, August 31 +0h 2m 33 September 10 ... +0 1 October November December 1899, Jänner Februar 20. 30. 10. 20. 30. 9. 19. 29. 9. 19. 29. 8. 18. 28. 7. 17. 27. -+-0 + 0 2 + 0 2 -4-0 3 + 0 4 43 0 + 0 1 +0 0 24 —0 0 2 — 0 0 33 — 0 0 54 — 0 1 — 0 0 — 0 0 — 0 0 + 0 0 -f-0 0 + 0 0 1 — 4! 95 —4 31 —3 59 2 73 —3 12 — 2 02 — 1 49 + 1 74 + 1 32 + 2 94 + 2 10 — 0 11 + 2 77 + 4 76 + 3 95 + 3 60 + 6 20 + 5 34 Von Interesse dürften noch Angaben über das Verhalten der Lufttemperatur und der Feuchtigkeit im Seismographen- locale sein. Die erstere entspricht hier in höchst zufrieden- stellender Weise einer der Grundforderungen zur Aufstellung der Horizontalpendeln, da die Temperaturschwankungen sehr minimale sind. Die Ablesungen erfolgen täglich beim Streifen- wechsel unmittelbar nach Mittag und beziehen sich auf ein in einer Höhe von 40 -Ocm über den Fussboden aufgestelltes Psychrometer. Zu Beginn der Beobachtungsreihe wurde die Temperatur mit 1998 bestimmt, dieselbe sank bis zum Schlüsse der hier angeführten Aufzeichnungen auf 1094, also änderte sich dieselbe in 183 Tagen um 9?4. Die Änderung erfolgte jedoch allmälig, da die Schwankungen der Temperatur von einem Tage zum anderen, also die Temperaturveränderlich- keit, nie 095 überschritt. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 369 Die Häufigkeit der einzelnen Veränderlichkeiten war vom 1. September bis 28. Februar nachfolgende: Veränderlichkeit 090 0?1 092 093 094 095 Häufigkeit 80 66 19 10 4 2 Gar keine Änderung in der Temperatur wurde daher an 80 Tagen beobachtet, während an 66 Tagen nur eine Änderung von 091 stattfand. Eine Veränderlichkeit von 093 bis 095 wurde nur 16 mal gefunden, also mit einer Häufigkeit von nur 8 '84%. In nachfolgender Reihe wird die mittlere Veränderlichkeit für die einzelnen Decaden mitgetheilt. Mittlere Veränderlichkeit der Temperatur. 1898, September; 1. Decade 0 October; 2. 3. 1. 2. 3. November; 1. 2. 3. December; 1. 2. 3. 1. 2. 3. 1. 2. 3. 1899, Jänner; Februar; 0- 11 0- 17 o- 09 o- 10 0- 05 o- 07 0 15 0 04 0 07 0 16 0 14 0 04 0 02 0 07 0 ■09 0 •02 0 •11 Im Durchschnitt änderte sich die Temperatur von einem Tage zum anderen nur um 0909. In nachfolgender Tabelle finden sich die Aufzeichnungen der Temperatur, der absoluten und relativen Feuchtigkeit von 5 zu 5 Tagen wiedergegeben. 370 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Temperatur und Feuchtigkeit im Seismographenraum. Datum Temperatur Grade C. Feuchtigkeit absolute, Millimeter relative, Procent August September October November December 1899, Jänner Februar 30 1 6 11 16 21 26 1 6 11 16 21 26 31 5 10 15 20 25 30 5 10 15 20 25 30 4 9 14 19 24 29 3 8 13 IS 23 28 19-8 14 3 19-7 14 2 19-4 15 0 19 6 15 7 19-6 15 2 19-3 15 9 189 15 3 18-7 15 2 18 5 15 4 17-8 14 2 17-5 14 4 17-4 14 0 17-1 14 1 17-0 14 1 16-9 14 0 16-5 13 7 16-2 13 4 15-0 12 3 14-9 12 3 14-8 12 3 14-6 12 1 14-3 12 0 14-0 11 6 13-3 11 o 120 10 2 11-8 10 2 11-7 10 1 11-6 10 1 11-7 10 1 11-8 10 o 11-8 10 2 11-4 9 9 11-2 9 8 10-9 9 6 11-0 9 •7 11-1 9 7 11-0 9 • 7 10-4 9 3 83 83 90 92 90 95 94 95 97 94 97 95 97 98 98 98 98 97 98 98 98 99 98 99 98 99 99 99 99 99 99 99 99 99 99 99 99 99 E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 371 Die absolute Feuchtigkeit war zu Beginn der Beobach- tungen, d. i. Ende August 14*3 min, stieg bis 16-2 mm am 23. September, nahm sodann ab bis zu 9" 2 mm. Die relative Feuchtigkeit ist eine sehr hohe,1 sie betrug zuerst 83% und stieg sodann im geschlossenen Räume bis 99%- Ein einziges Mal wurde 100% beobachtet. Die Veränderlichkeit der Feuchtigkeit von einem Tage zum anderen ist natürlich äusserst klein, wochenlang dasselbe procentuelle Ergebniss. Nur nach Bora- tagen in Folge der vermehrten Ventilation und der besonderen Trockenheit der äusseren Luft ist ein grösserer Sprung (natür- lich Abnahme) zu bemerken. Die Pendeln im geschlossenen Gehäuse sind durch CaCl2 gegen die Feuchtigkeit geschützt. Vom Bestreben geleitet, die Beobachtungen über seis- mische Störungen so rasch als möglich zu veröffentlichen, hat die Erdbeben-Commission der kaiserl. Akademie der Wissen- schaften beschlossen, allmonatlich in ihrem akademischen An- zeiger diese Aufzeichnungen zu publiciren. Mit den Anzeigern Nr. IV und V vom 3. und 9. Februar 1899 wurde bereits diese regelmässige Publication eingeleitet. Um eine Veröffentlichung sämmtlicher bisher in Triest beobachteten Erdbebenstörungen nicht länger aufzuhalten, soll hier vorderhand nur diese Art von Aufzeichnungen mitgetheilt werden. Die daraus abzuleitenden Resultate, wie z. B. die Be- stimmung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erdbeben- wellen, und die sonstigen mit Hilfe dieser Horizontalpendeln zu erhaltenden und nicht direct mit Erdbeben zusammen- hängenden Ergebnisse sollen gelegentlich nachgetragen werden. Um das Verzeichniss bis Ende Februar, also durch sechs Monate, lückenlos zu bringen, werden die im akademischen Anzeiger erwähnten Beobachtungen vom 19. Jänner bis Ende Februar 1899 hier nochmals wiedergegeben. Die Beobach- tungen des Jänner weisen jedoch für die einzelnen Pendeln eine constante Differenz auf, welche sich auf den Höhenunter- schied zwischen dem beweglichen und fixen Lichtpunkte 1 Allerdings ist zu erwähnen, dass diese Feuchtigkeitsangaben, da sie aus den Ablesungen eines gewöhnlichen Psychrometers im geschlossenen Räume entnommen sind, mit zu grossen Beträgen resultiren. 372 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. bezieht. Diese Correction wurde in der ersten, provisorischen Veröffentlichung nicht berücksichtigt, was hiemit, nach erfolgter genauer Bestimmung derselben, nachgetragen erscheint. Die hier gebrauchten Abkürzungen gründen sich auf die von Rebeur und Ehlert verwendeten Zeichen. Die in Milli- metern angegebene Amplitude bezieht sich auf die ganze Aus- schlagsweite. Y Es bezeichnen : B Beginn der Störung. Max Maximum. Mx ,M2,M3 1 ., 2., 3 Maximum der Störung. E Ende der Störung. Am grösster Ausschlag. A mittlerer Ausschlag. Aly A2, A3 .... Ausschlag des 1., 2., 3.. . . Maximum. > Plötzliches Anschwellen der Bewegung, darauf- folgende allmälige Abnahme. (> Sehr rasches Anwachsen und allmälige Ab- nahme der Bewegung. < Allmälig anwachsende Bewegung. <> Langsame Zu- und Abnahme. Sämmtliche Zeitangaben beziehen sich auf mitteleuro- päische Zeit und sind in denselben ausser dem Uhrgange noch der Fall der Blende, die Parallaxe und die Contraction des Papieres mitberücksichtigt. Die Stunden sind von Mitternacht zu Mitternacht gezählt. Erdbebenstörungen. Nr. 1. 31. August 1898: Yielphasige Störung mit Pendelversetzungen. In Folge der ersten Beleuchtungsquelle (erster Versuch mit der 01- flamme) sind die Aufzeichnungen lichtschwach. <> AT...£21h2,p80. Mehrere Maxima. Mt 21h25,p75, Ax 42mm, M2 21h40'!'95, Am 46mm; E 23h49'"81. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 373 <> V...B 21h31!149. Mehrere Maxima. Curve verschwindet um 21hll'!7S, wird wieder sichtbar, jedoch licht- schwach, um 21h58'!79; Amplitude jedenfalls grösser als 26 mm; E 23h49'!167. <>E...B 21h2,p80. Mehrere Maxima. Max. 21h 30,p87, Am \%mm; E 22h 12'!76.'; Bei allen drei Pendeln folgen noch nach den hier ange- gebenen Schlusszeiten kleine knotenförmige Anschwellungen, welche aber bei den einzelnen Pendeln auf verschiedene Minuten fallen. Alle drei Pendel zeigen zwischen 21h 1CT54 und 22h38"'19 successive Pendelversetzungen, und zwar verschieben sich im Ganzen das Pendel N um 27 mm nach rechts, d. i. nach Westen, » V » 14 uiui links, d.i. » » » » ~E » 7 mm » » d. i. » Süden. Nr. 2. 1. September 1898: Yielphasige Störung, ohne Pendelversetzungen. (> X...B 10h 9"72; Max. 10"23,p38, Am 22mm; E llh59™94. <> V...B 10h14'!132; M1 10h40n,84, A1 10 mm; M2 10h48,!122, A2 12 mm; M3 10h 55^90, A3 \2ium; MA 10h 59*38, A± 11 mm; E llh59,p80. <•> E...B 10h9,p62; Max. 10ll20'!,88, Am 10 mm; Aufzeich- nungen werden undeutlich, da sie in die des AT-Pendels fallen. Nr. 3. 2. September 1898: (> N...B 19h 56*70; Mx 20h 2,p45, Am 6" 2 mm; M2 20h13'!'13, A, 5 mm; E circa 23h. <> V...B 20'1 1™21 ; Max. 20"30'!'26, Am 4mm; E circa 23h. <> E...B 19h 55^86; Max. 20h l'!,35,^,„ 3'4mm; E circa 23\ Nr. 4. 3. September 1898: ON...B llh24,p36; Max. llh30ip88 bis llh43n,93, Am 2-8 mm; E 12h31n'44. Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 25 374 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. <> V...B llh22lp27; Max. llh 291!'90 bis 11*33*37, Am 2-6 mm; E 1 1*49*64. E... — Nr. 5. 3. September 1898: <> N...B 16h441!181; Max. 17*25*00, Am 8mm; E 18h27l!'60. <> V...B 16h 44*67; Max. 17h 26*74, Am 6mm; E 18h 13*00. E... — Nr. 6. 4. September 1898: <> iVund V. . . 13h 28*50, A {'8mm. Nr. 7. 5. September 1898: <> N...B 19h381!'18; Mx 19h39'u57, Am 2mm; M2 19h 52*07 bis 19h 54*02, A2 1 -.7 mm; E 19h57*91. <> V...B 19h38,!'61; M1 19*39*71, Ax 2mm; M2 19h50*13 bis 19*54*29, Am 2-bwni; £20h 17*22. E... — Nr. 8. 6. September 1898: Zweiphasige Störung. (> N...B 23h44,!'56; M1 23" 45*93, Am 4mm; M2 23*51*15, A2 3 mm; £24h 23*21. (> F...5 23*45*38; M1 23h47*44, Ax 2-5mm; M, 23u 55* 67, Am 2 '6m in; E 24" 23*07. (> E... Nur einen Stoss registrirt. B 23h45I!138; Max. 23*47*30, Am 3- 2 mm; £23*51*13. Nr. 9. 10. September 1898: <> N...B 1811 5 1*43; Max. 18h591!'66, A m 24 mm;E 19h 50*47. <> V...B 18*53*48; Max. 18h 57*33, Am2mm; E 19h 22*87. <> E...B 18*51*70; Max. 18h59'!'66, Am 1 -4 mm; E 19" 16'!1 14. Nr. 10. 13. September 1898: <> N...B 16*40*49; Max. 17h 3*69, Am 2'8mm; E 17h35*63. <> V...B 16h 42*02; Max. 1 7h 6*32, Am Vömm: E 17*28^54. <> E...B 16h 40*49; Max. 16h43*27,^w 2-Qmm;E 17h 0*91. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 375 Nr. 11. 13. September 1898: Vielphasige Störung. > N...B 19hll*53; Max. 19h 26*88, Am \\-4mm, A 7 mm; £21h24*92. (> V...B 19h 11*94; Max. 19h40*13, Am 6 mm, Abmm; £21h24*78. > E...B 19h 11*25; Max. 19" 14*32, Am 10 mm, A 3mm; E 20h 36*08. Nr. 12. 14. September 1898: <> N...B lh 19*79; Max. 1"41*47, Am 2-4mm; E 2h21'!'74. <> V...B lh 32*99; Max. lh 39*94, Am 1 mm; E lh 49*66. OE...B lh20*21; Max. lh25*34, Am \-8mm; E 2h 7'!'86. Nr. 13. 14. September 189 > N...B 19h 35*23; Max. 1 9h 35*64, Am 1-6 mm; E20h 8,!46. V... — > E...B 19h35™23; Max. 19h 37*18, Am 3 mm; E 19h54'!'20. Nr. 14. 14. September 1898: (> iY...5 20h39"184; Max. 20h 42*73, Am .3-3 mm; E 21 h20*76. <> F...5 20h4Cr53; Max. 20h 42*73, Am 2mm; £21*20*62. E... — Nr. 15. 14. September 1898: (> AT... £23h 55*20; Max. 24h 7*59, A,„ omni; E 24h41*58. (> V...B 23h52*27; Max. 24h 7*04, Am ßmm; E 24h 48*32. E... — Nr. 16. 19. September 1898: <> N...B 7h 46*80; Max. 7h52*41, Am 2mm; E Sh 20*09. <> V...B 7h 43*51; Max. 7h 53*65, Am 2mm; E Sh 13*11. E... — 2o* 376 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nr. 17. 22. September 1898: Mehrphasige Störung mit annähernd gleich grossen Maxima. (> N...B 13h 39*70; Max. 13h531-152, Am \bmm, A 11 mm. Amplituden werden kleiner als 5 mm nach 14h 57*67; E gegen 18h. (> V...B 13h 39*84; Max. 14h 10*61, Am Hmm, A 10mm. Amplituden werden kleiner als 5 mm nach 15h14ni59; E gegen 18h. <> E...B 13h 40*25; Max. 13h 52*97, Am 4mm; E gegen 15". Nr. 18. 25. September 1898: (> N...B 10h53*65; Max. 10h57,p61, Am 7 mm; E 12h13,!'84. (> V...B 10h54ip19; Max. 10h57ip06,^m 4Amm;E 12h 27*34. (> E...B 10h 53*79; Max. 10h56,pl 1, Am \'8mm;E gestört. Nr. 19. 25. September 1898: Mehrphasige Störung. <> N...B 13h26'p16; Max. 14h 3,p25, Am 6-4 ■;;/;;/; E 15h12ip64. (> V...B 13h29'p88; Max. 13*55*26, Am 10 mm; E 15h12m50. E... — Nr. 20. 25. September 1898: ( > N...B 20h 3*58 ; wiederholt Maxima. A 2 mm ; E 20h 43*63. < > V.. B 20h3ip85; wiederholt Maxima. A 1 mm;E 20h47,n56. E... — Nr. 21. 26. September 1898: <> ,V...5 23h34*90; Max. 24'1 3*45 bis 24h15,p92, A3mm; E 24h 48*35. <> V...B 23h34,p76; Max. 24h 1*37 bis 24h10,p80, A 2*4mm; E 24h37"-12. E... — Nr. 22. 28. September 1898: (> N ..B 22h 26*78; Max. 22h 32*39, Am 2'omm; £23h 14*45. (> V...B 22h 27*20; Max. 22h 28*04, <4W 2w*a; £ 22h54,p68. (> £...£22h26*78; Max. 22h 28*74, 4« 2 mm; E 22h42*20. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 377 Nr. 23. 1. October 1898: <> X...B 15h 57*78; Max. 16h 26*26, Am 4mm; E 17h4(5'!'S I. <> V...B I5h57*64; Max. 10" 18*06 bis 16h26*12,^4 S'bmm; E 17h 32*31. E... — Nr. 24. 7. October 1898: <> N...B 3*' 19*30; Max. 4h 8nl72, Am 2'bmm; E 4h41*68. <> V...B 3h 21*90; Max. 3h53ni07, Am 2 mm; E 4h41'!'54. E... — Nr. 25. 7. October 1898: Schwache knotenförmige Anschwellungen. N...B 15h 18*31; Max. lbh 35*76, Am 1- 8mm; E 16h 20*50. F...5 15h19*00; A 1:6 mm wiederholt; E 16h 20*36. E...B 15h 18*72; Max. 15h 23*22, Am 2mm; E 16h 6*86. Nr. 26. 11. October 1898: Vielphasige Störung. (> N...B 17h 50*79; M1 18h 2'!79, ^ 11mm; M2 18h 20*37, ^2 10mm; M3 18h30,v'94, Am \ßmm; M4 18*37*80, 44 15mm;£21h45*22. (> F.. .5 17h50*09; Mx 18h 1*96 bis 18h8*83, At 10mm. Folgen mehrere Maxima. A 9mm; Max. 18h48I!'65, ^m 12mm; £21h24*45. (> E...B 17h50*92; 71^ 17h52*87, ^ 4mm; AT2 18h 1*71, A2 4 mm. Folgen con- tinuirlich knotenförmige Anschwellungen. Nr. 27. 12. October 1898: <> N...B 12h 32*90; Max. 12h 35*08,4™ V8mm;El3h 12*36. <> V...B 12h 32*49; Max. 12h33'!185, Am 1 • 6 mm ;E 12h 59*89. 378 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nr. 28. 12. October 1898: > N...B 14h 17*14; Max. 14h 22*83, Am 14mm; E 15h8*05. > V...B 14h 16*72; Max. 14h 21*56, 4M 18»«»; £ 15h2ni23. E... — Nr. 29. 15. October 1898: Mehrphasige Störung. <> N...B 4h 17*71; Max. 5h 28*04, Am 7 mm, A omni; E 6h 40*03. <> V...B 4M 3*39; Max. 5l1 23*16, Am 7 mm, A 3 mm; E 6h 42*68. E... — Nr. 30. 16. October 1898: Kleine knopfartige Anschwellung bei N und V. B 8h 9*70. Besser ausgebildet bei N, mit Max. 8Ml*83, Am 2mm; £8h52'n93. Nr. 31. 18. October 1898: <> .V. . . B 20h 43,!146 ; Max. 20h 55'1' 84, Am ±6mm; E 22h 12*91. <> V...B 20h 37I!'81 ; verschiedene fast gleich grosse Maxima. A 2mm; E 22h 12'!'77. Nr. 32. 22. October 1898: (> N...B lh 14*59; Max. lh37*58, Am 6 mm; E 2h 46*04. (> V...B lh15*84; Max. lh33*84, Am 4-ßmm; E 2h45*90. E... — Nr. 33. 30. October 1898: (> A/"...5 0h21*84; Max. 0h 24*75, Am3'5mm; £ 1M4*07. (> F...5 0h21*15; Max.0h24*61, Am3-5mm; E0h46*15. E... — Nr. 34. 30. October 1898: <> N...B 19h 28*62; Max. 19h 38*94, Am 1\S mm; E 19h56:!'83. <> V...B 19h 27*79; Max. 1 9h 36*60, Am 2-2 »«»; £ 19h41*55. E... - E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 379 Nr. 35. 2. November 1898: (> X...B 12h50*90; .4 3 m; E unbestimmbar. (> V...B 12h51*72; .4 2mm; E unbestimmbar. E... — Nr. 36. 3. November 1! Knopfförmige Anschwellungen. N...B 7h4"'58; Max. 7*7*64-, Am 3 //////; £ 7h 36*60. !'.../>' 7h5*14; Max. 7h9*59, Am V2mm;E 7" 32*28. £... — Nr. 37. 5. November 1898: Anfang gestört, da derselbe in die Zeit des Streifenwechsels fiel. N...M&X. 13h18*05, Am bmm; E 13h53*49. F.. .Max. 13h12*45, Am 5 mm; E 13h 39*72. E... — Nr. 38. 6. November 1898: <> N...B 8b57*58; Max. 9h14,!,64bis 9h21'!'75, A 2 wm; £ 9h 40*24. <> V...B Sh58*15; Max. 9h 14*50 bis 9h 23*03, A l'4mm; £ 9h 30*14. £... - Nr. 39. 8. November 1898: > A\ . . B und Afj 1 1 h 40'!l24, A1 4 mm : .1/, llh44*97, A, 4;/////; £ 12h6!n92. > V...B llh39*69; Max. 1 lh 40*39 bis llh 45*94,^1 2-2/;//;/; E llh 58*44. > E...B llh 40*24; Mx llh 40*53, Am 8/;////: M2 llh46*08, A2 4//////; E llh57,!119. Nr. 40. 9. November 1898: (> X...B 19h 45*59; Max. 19h 49*39, Am 24//;;;/; £20h56'!,84. (> V...B 19h44*05; Max. 19h49*53und 1 9h 54*02, ^ 7/;;;;/; E 20h 32*81. (> E...B 19h 46*58; Max. 19h48*82, Am 16//////; E 20h 14*69. 08O Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nr. 41. 13. November 1898: <> N...B 16h 52*07; Max. 17h0*18, Am 2 mm; E 17h 12*34. <> V...B 16h51,!'93; Max. 17h6*80, Am 12 mm; E 17h 12,p20. E... schwingt continuirlich. Nr. 42. 14. November 1898: <> N...B 8h21*26; Mt 8"59,!190, Ax 3mm; M, 9h5'!'21 bis 9h 17*78, A, 'S mm; £9"54,u74. <> V...B 8h 22*51; Mx 8h 49tp03, A, 3mm; M2 9hlip58 bis 9h 7™ 17, A2 5mm; E 9" 35,!'07. £... continuirlich kleine Schwingungen. Nr. 43. 15. November 1898: <>iV...5 9h42,11ll; Max. 9''49,!'64 bis 9h 55* 13, Am 2mm; E 10h 12*94. <> F...JB9h371!117; Max. 9h49'-50 bis 9h52,!125, Am 2mm; E 10b14,|l16. E... continuirlich kleine Schwingungen. Nr. 44. 17. November 1898: Mehrphasige Störung, bestehend aus mehreren fast gleich grossen Maxima. Aufzeichnungen äusserst undeutlich. <> N...B 14h2"-'89; Maxima dürften 7mm nicht überschreiten und liegen zwischen 14h40"'52 und 14h53'!,61; E 1611 50*88. <> V...B 14n 2*34; Maxima bis zu 8 mm, undeutlich; E 16h 50*74. Nach dem hier angeführten Ende bleiben sowohl AT als V unruhig. E ... continuirliche Schwingungen mit kleiner Amplitude. Nr. 45. 17. November 1898: Pendel N und V zeigen eine plötzliche, scharf registrirte Senkung, ohne dass die Pendeln in Schwingungen ge- riethen, und zwar: AT...um 20h 39*60 um 4-5;;//// nach links, also nach NE. F...um 20h 39*74 um 4-5////// nach rechts, also nach SE. 2s ...unbeeinflusst geblieben. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 381 Nr. 46. 21. November 1898: Kleine knopfförmige Anschwellungen. 2V-... Max. 16h 0'!'40, Am 1-8 mm. V...Max. 15h 59*98, Am 1 ■mm. Nr, 47. 22. November 1898; <> N...B 12h 47*97; Mj 13h 18*10, M2 13h 22*68, M3 13h 27*69, .4 4/;//;/; £ 14h5,!,74. <> V...B 12h51*99; M1 13h 7ip97, M, 13hll'!144 bis 13h 12*83, A öuim; E 14h5'!,60. E . . . starke Unruhe. Nr. 48. 23. November 1898: <> N...B lln12'!105; Max. llh 19*19, Am '1mm; E 1 lh28,"33. <> V...B llh 9*34; Max. llh 14*77 bis lTh 16*19, A 2mm; E llh28ni19. E ... starke Unruhe. Nr. 49. 27. November 1898: (> N...B 21h 15'- 70; Max. 21h 18*78, Am 2 mm; E 21"49,!'4S. <> V...B 21M4'!145; Max. 21 h 17*80, Am 1 mm; E 21h32*60. E ... unruhig. Nr. 50. 29. November 1898: <> N...B 23*41*98; Max. 23h57*12, Am 2mm; E 24h 48*04. <> V...B 23h42*ll;Max. 24h 1*11 bis 24h 10'!'74, Am 2mm; E 24h 47*90. E ... kleine Unruhe. Nr. 51. 1. December 1898: Vielphasige Störung. (> N...B 13h42*ll; Mt 13!l 50*05, 13h 51*42, 13h 53*21, A \2mm; M2 13h 58*28, Am 33mm; M?> 14h 20*60, A3 9mm; M4 14h 41*69, AA 7-ßmm; E 15h H 382 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. (> V...B 13h42n79; Mx 13h49ip91, 13*51*28, 13h53h07, A 7mm; M2 14h 2'!,24, Am 19;/;///; M3 14h 6,p36, Az 15//////; .1/, 14h39'!77, A± 7 Amin: E 15h17'!159. (> E...B 13*43*21; M1 13h50'"05, 13h511-142, 13*53*21, A 4//////; M2 13h56'!191, A, 3-8////;/; i¥3 14* 0'!133, A3 3 mm; E 14h24,p30. Alle drei Pendeln auch nach der angegebenen Zs-Zeit noch unruhig. Nr. 52. 3. December 1S98: > N... B 7* 15*51; Max. 7*20*94, A,'n 29/;//;/; E 8h 9*51. > V...B 7*16*51; Max. 7*22lp23, Am lOmm; E 8* 9m:;7. > E...B 7hl 6*65 ; Max. 7h 1 81'1 93, ,4,„ 5 ////// ; E 7*44*5 1 . Nr. 53. 3. December 1898: <> N...B 18*4*41; Max. 18"34,!'55, Am 3mm; E 19h29'!'22. <> V...B 18*9*18; Max. 1 8*42^26, Am 4mm: E 19h 8*06. E... — Nr. 54. 4. December 1898; <> X...B 8h14I1110; Max. 8h48,!113, Am 2'8mm; E 9h49'!,24. <> V...B 8*14*66; Max. 8*48*40, Am 2 //////; E 9*42*15. E... — Nr. 55. 6. December 1898: <> AT... £8* 50*68; Max. 9*12*06, Am 3-ßmm: E 10*7*24. <> V...B 8*58*13; Max. 9" 4*06, 9*9*16, Am '2'bmm: E 10h14,!'00. E ... sehr unruhig. Nr. 56. 6. December 1898: Der Beginn dieser Aufzeichnung ist durch eine Pendelcorrection gestört worden. A ...Max. 12*34*99, Am 3Amm: E 13h28'!'35. l'...Max. 12*35*26, Am 3mm: E 1 2*53*57. E ... sehr unruhisr. E. Mazclle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 383 Nr. 57. 6. December 1898: <> X...B 14h 45*01; Mx 15h 3*88, Ax 3-7»; .1/, 15h 16*18, A2 4-2«; £ 16h 14*96. <> V...B 14" 45*01; Mx 14h54*18 bis 1 5*1*83, Ax 2 mm; M2 15h 39*69, A2 2 mm; E 16h 7*98- E ... sehr unruhig. Nr. 58. 10. December 1898: <> N...B 6h29*68; Max. 6h40*73, Am l'Sntnt; E 7h 5*14. <> V...B 6h29*25; Max. 6h 36*63, 4« VS-tum; E 6h57*91. £... fortwährende Unruhe. Nr. 59. 10. December 1898: <> N...B 15h13*98;Max. 15h 32*57, Am 3-ömm; E 15h 49*19. <> V...B 15h 15*95; Max. 1 5h 34*97, Am \Siiru;E l(3h 3,n14. E... — Nr. 60. 11. December 1898: <> N...B 7h50*34; verschiedene Maxima zwischen 7h55*18 und 8h 39*43, A 3' 5mm; E 9h 40*25. <> V...B 7h 52*28; Max. 8h 12*74, Am 2- 6 ;///;/; £ 9h 40*11. £ . . . Pendel unruhig. Nr. 61. 12. December 1898: > A\..£5h2*83; Max. 5h3*ll, Am V2mm; £ 5h 11*40. V... — > E...B 5h 3*54; Max. 5h 3*97, 4W 3 ;//;//; £ 5h 12*54. Nr. 62. 12. December 1898: <> N...B 17h 54*48; Max. 18h26*ll,^4„2 3mm; E 19h 4*01. <> V...B 17h54*61;Max. 1 8h 28*43, Am 2-6 mm ;E 18h 47*52. E... vor- und nachher unruhig. Nr. 63. 16. December 1898: <> X...B 18h 19*34; Max. 18h 24*83, 18h28*95, 18h 39*25, A 2 mm: E 18h 54*35. 384 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. <> V...B 18h19ip02;M1 18h24,p27, Ax 2 min: M2 18h271!,84, A2 2- diu in; M3 18h3(T73, Am 3 mm; E 18h42,p54. £... — Nr. 64. 19. December 1898: (> N...B 13h29n\38; Max. 13h31"75, Am 2mm; E 13h57ip92. V ... kleine knopfartige Anschwellungen von 131129'"94 bis 13h32,p03, A lmm. E ... unruhig. Nr. 65. 20. December 1898: N... kleine knopfartige Anschwellung; B 20h58"185; Max. 2 1 h 4,p54, Am 2 mm ; E 2 1 h 1 8n75. V... kleine knopfartige Anschwellung; B 20h58"171; Max. 21h4ip40, Am V8mm; £21h16™48. E... — Nr. 66. 21. December 1898: <> N...B 5h4,!139; Max. 5!l16,p14, Am 2mm; E5h25lp13. <> V...B 5h3,p56; Max. 5hHn-'16 bis 5h23'!'61, A V2 uiiu; Eöh2T-61. E... — Nr. 67. 4. Jänner 1899: (> N...B lh51 • 10; Max. lh54,p28, Am 8mm; E 2h 44ip05. (> V...B lh521!107; Max. lh54ip00, Am 8mm; ^2h28Ip70. (> E...B lh50ni82; Max. lh52'!'07und lh54I?14, Am fs'bmm; E gestört durch anhaltendes Schwingen des Pendels. Nr. 68. 6. Jänner 1899: Vielphasige Störung. (> N...B 20h6"7l: Max. 20h34,!'36, Am 10- Amin; Maxima zwischen 20'1 14'!'32 und 20h58,!,56, A lmm; E 22h0,!77. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 385 (> V...B 20"6,|,85; Max. 20h51rp51, Am ß-5mm; Maxima zwischen 20h 14M,18 und 20u58,p42, Abuinr. E 22h42'!4 1. E... — Nr. 69. 11. Jänner 1899: Kleine knopfförmige Anschwellung. N...M&X. 2h53ni56, Am 2 mm. V...Max. 2h 54",82, 4,„ Vbmm. Nr. 70. 12. Jänner 1899: Schwache Störung. N..\ zwischen 5h16ip23 bis 5h19'"02, A Vbniui. V... zwischen 5h10'"51 bis 5h25ni86, A 2mm. Nr. 71. 14. Jänner 1899: Mehrphasige Störung. (> N...B 3"48,!148; M1 3h52'!'24, Al 3 mm; M2 4h 5,!122, A2 9 '5mm; M3 4h25,p46, A 6 mm; M44h 37*31, A 9' 5 mm; Mh 4h 44,!129, Am 1 0 mm ; M6 5Ü 1*73, A 5 mm; E 6*14*98 (> V...B 3h48*34; Mx 3h52*10, Ax 2-5mm; M2 4h 2,!129, A2 1 1 mm ; M3 4h27ni41, A3 6 mm; Af4 4h37"-'17, Am 21 mm; HL 4h44'!115, A6 \5nim; M6 4h 591-1 49, .4, 9 mm; E 6h21'!182. £ . . . unruhig. Nr. 72. 18. Jänner 1899: Kleine knopfförmige Anschwellung. N... 5h91!188 bis 5h16'-95, A VI mm. V... 5h8ni32 bis 5h12,p57, A VI mm E... — 386 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nr. 73. 18. Jänner 1899: > N. . . B und Max. 2 1 h 55™87, Am 3 mm ; E 22h 43,!7 1 . > V...B und Max. 21h56'"56, 4m V8mm; E 22ü22nlS3. £... — Nr. 74. 19. Jänner 1899: > N...B 23h5ip85; Max. 23h9™69, 4m 2- 4mm; E 23h53'!'53. > F...5 23h5"7l; Max. 23h81" 18, 4« 2- 8mm; E 23h50,"65. E... — Nr. 75. 21. Jänner 1899: (> N...B 15ll47,!'91;Max. 15h49,!46, ^4m 3 //////; JE 16h 26*41. > V...B 15h47'!77;Max. 15h49,p02, Am 5-4 mm;E 16h26'"27. £... — Nr. 76. 22. Jänner 1899: <> Schwache Störung mit Am 2 mm um circa lh. Nr. 77. 22. Jänner 1899: Vielphasige Störung mit ausserordentlich grossem Maximum. (> N...B 9h16'!'03; Max. 9h 20*32, Am 84mm; E 10'1 18,!'95. (> V...B9U 14*46; Max. 9h20*18, Am 53;/////; E 10'1 18*81. (> £...£9h15'!'32; Max. 9U20'!'32, Am 37 nnir. E 9h36,!'05. Diese Störung war zur Zeit des Maximums mit Pendel- versetzungen verbunden, und zwar: Ar... um 1 "5 ///;// nach rechts, d. i. gegen Westen, r... » 1*3 mm » » d.i. » Südosten, E... » l'5mm » links, d.i. » Süden. Nr. 78. 22. Jänner 1899: < N...B 1 11' 19'!'50; Max. 1 lh22*56, Am 12//////; E 12h 0*09. < V...B llh20'!147; Max. 1 lh23,p81, v4;„ 5//////; E 1 lh59'!195. E...B 11" 19*78; Max. 1 lh22*56, Am 5mm; folgt mikro- seismische Störung. E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 08 / Nr. 79. 23. Jänner 1899: < X...B 3h 12'- 05; Max. 3h 37*90, Am 3- 5mm; E 4h 16*82. < V...BSh 12*32; Max. 3h22*47 und 3h29*42, 4m 6;/////; E 4h 11*12. < E...B 3h14,!'27: Max. 3U15,!'66, Am 2- 5mm; £3"28'!,17. Nr. 80. 23. Jänner 1899: <> Kurze, schwache Störung. B 20h 30*35, Am 2 mm, E 20h 54*83. Nr. 81. 24. Jänner 1899: (> N...B 13h26*91; Max. 13h28'"30, Am 5mm; E 14h22*51. (> V...B 13h27*05; Max. 13h28*16 und 13u 29*55, Am 3- Dil 1111; E 14h2*91. (> E...B 13h 27*19; Max. 1 3h 28*30, Am 1- 5mm; £13h 38*03. •Nr. 82. 24. Jänner 1899: (> Sehr schwache Störung. B 21*30*45, Am 1*8 mm; E 21h 59*01. Nr. 83. 25. Jänner 1899: Mehrphasige Störung, mit annähernd gleich grossen Maxima; ohne Pendelversetzungen. <> X...B 0h 57*13, E 3h341!145. <> F... SO11 58*37, £3h 34*31. <> E...B0h 59*20, E 2h 4"'75. Viele Maxima, darunter: X.. M1 1*2*65, .4, ~ 111 111; M2 lh 13*69, A, 20 mm. V...Mt lh2*55, Ax 10mm; M2 lh 12*17, A2 23mm. E...M1 lh2'!'65, At 4mm; M2 lh 13*14, A2 5'5mm. Das grösste Maximum hei AT um lh49*57, Am 22mm. bei V um lh46*67, A,„ 33unn. Nr. 84. 31. Jänner 1899: <> X...B 12h28*23; Max. 12h38*51, Am 1mm; E 13h36*73. <> V...B 12h29*46;Max. 12h 39*05, Am 10mm; E 13h22*89. E .. — 388 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nr. 85. 31. Jänner 1899: <> N...B 17*54*1$; Max. 18h52,p37, ,4,,, 5mm; E 19*57*65. <> V...B 17*57*83; Max. 18h 39*99, Am \0mm; E 19h 16*71. E . . gestört. Nr. 86. 8. Februar 1899: (> N...B 22h 29*06; Max. 22n34* 10, Am 3mm; E 23h 9*56. (> V...B 22h301!128; Max. 22*31*24, Am 2mm; E 22h 55*78. (> E...B 22h 28*92; Max. 22h 30*01, Am 3mm; E ist gestört durch Unruhe des Pendels. Nr. 87. 11. Februar 1899: Mehrphasige Störung. <> A7...5 9h3*05; Max. 9h10*16 bis 9h 13*29, Am 6mm; E 11* 9*60. <> V...B 9h3*91; Max. 9h 15*71 bis 9h18*55, Am 5-8 mm; E llh9*46. E .. . durch continuirliches Schwingen des Pendels gestört. Nr. 88. 16. Februar 1899: (> N...B 1611 20*95; Max. I6h 23*67, Am 2mm; E 16h 55*23. > V...B 16h 19n72; schwache Anschwellungen, Max. 16h19*72 bis 16*23*80, A \mm. E... — Nr. 89. 20. Februar 1899: <> N ..B 10^34*03; Max! 10" 49*34, Am 3Amm; E 1 lü23*87. <> V...B 10h34,!'16;Max. 10h 48*52, Am 3Amm; E 1 lh 16*96. E... — Nr. 90. 23. Februar 1899: (> N...B 14h 48*90; Max. 14h57'!149, Am b'bmm; E 15h37'n04. (> V...B 14h 48*76; Max. 1411 58*98, Am 3-ömm; E 15h 19'- 17. E... — E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 389 Nr. 91. 26. Februar 1899: .Mehrphasige Störung. <> X...B 14h 48*36; Max. 15h0'!77, Am 8mm; E 16" 101;,57. <> V...B 14h49,pJ9; Max. 15"1'!73, Am7mm; E 16" 0m22. E ... Pendel unruhig. Nr. 92. 26. Februar 1899: <> N...B 21 h 13,p28; Max. 2 lh 41*07 bis 21h44'!'24, A 2 mm; E 21h59ip31. F.. .5 211' 14,!'64; Max. 21h47'n79, Am 2 //»»; £ 22"23'!182. E... continuirliche Unruhe. Nr. 93. 27. Februar 1899: <> N...B 3h46'!150; Max. 4"19,!155, Am 2- 6mm; £4h34ip82. <> V...B 3h46'!'49; Max. 4h 14ip45, Am 2 mm; E 4" 27 "7 1. E... continuirliche Unruhe. Nr. 94. 27. Februar 1899: Der Beginn dieser Störung fällt gerade zur Zeit des Streifen- wechsels, des Uhrvergleiches etc. N...M1 12h37ip53, Am7mm; M2 12h44ni38, A2 6mm; M3 13h 7*28 bis 13h8,]192, A3 5mm; E 13h50'!'92. V...Ml 12h 38*25, Am 5mm; M2 12h44"152, A2 3mm; M3 13h 7,p14 bis 13"8ip50, A3 2- 8mm; E 13h50h78. E... knopfartige Verdickungen. Nr. 95. 27. Februar 1899: (> N...B 16"28,p56; Mx 16"38,p65, M2 16h41ip37, A 3-8mm; E 17h25™02. <> V...B 16h28'!'28; Max. 16h 40*55, Am Amin; E 17"24,p88. E ... unruhig. Nr. 96. 28. Februar 1899: <> N...B 4h7,p77; Max. 4"30,!'55, Am 3-5mm; E 6h24'!75. <> V...B 4h 7,p77 ; Max. 4h 54ip04, Am 4 mm; E 6h 3'!,3< ). E... knopfartige Bildungen. Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 26 390 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nr. 97. 28. Februar 1899: (> N...B 8h 101!'10; von 8h 17'!'36 bis 8h35'"17 mehrere gleich grosse Maxima, A 5mm; JE9h7"163. (> V...B 8h&"55; Max. 8h21,!'33, Aw 5mm; £9h4'"7b. E ... knopfartige Bildungen. Nr. 98. 28. Februar 1899: <> N. .B 13h 20*01; Max. 13h36'!'76, Am omm; E 14h39'!'55. <> V...B 13h201!'57; Max. 13h33'!'83? Am 4mm; E 14h12'!'90. E ... knopfartige Anschwellungen, Am 2 in m. Nr. 99. 28. Februar 1899: (> N...B 20h50ip34; Max. 21h41!'54 bis 21h5,n93, Am ömm: £21h50,|l48. <> V...B 20h501!'20; Max. 21h7"'88, Amo-5mm; £21h33,!'Ö4. E... knopfförmige Bildungen, Am 2mm. Nr. 100. 28. Februar 1899: ON...B 23h42'!,83; Max. 0h 14ni52 (1. März), Am 2mm; E 0h381!'35. <> V...B 23h42'!'97; Max. 0h 15"78 (1. März), Am 1 -(3 ;/////; E 0h38"'21. E... Pendel unruhie. Die hier mitgetheilten Erdbebenaufzeichnungen vertheilen sich auf die einzelnen Monate folgendermassen: September 21, October 12, November 15, December 16, Jänner 19, Februar 15. Die Beobachtung vom 31. August wurde hier nicht berück- sichtigt, wie auch die vom 17. November, welche nur eine E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 391 Senkung der Pendeln darstellte, ohne dieselben in Schwin- gungen zu versetzen. Es würde hier der wärmste Monat die grösste Häufigkeit aufweisen, womit jedoch nicht behauptet werden soll, dass diese kurze Beobachtungsreihe schon zur Ableitung eines Ergebnisses herangezogen werden darf. Ihrer Grösse nach lassen sich die beobachteten Erdbeben- Störungen folgendermassen ordnen: Maximal-Amplitude bei einem der drei Pendeln (in Millimetern): 1—2, 3—4, 5—6, 7—8, 9—10, 11 — 15, Anzahl der Fälle : 29, 30, 15, 8, 4, 3, Maximal-Amplitude bei einem der drei Pendeln (in Millimetern) : 16—20, 21—30, über 30 Anzahl der Fälle: 2, 4, 4, wobei allerdings erwähnt werden muss, dass dieser Eintheilung nur eine bedingte Genauigkeit zukommt, da eigentlich die Amplituden nach den einzelnen Reductionsconstanten erst um- gerechnet werden müssten. In Anbetracht der verhältniss- mässig geringen Schwankung dieser Reductionsgrössen kann obige Eintheilung doch dazu dienen, einen Einblick in die Vertheilung dieser Störungen zu gestatten (die Beobachtung vom 17. November wurde weggelassen). Man ersieht daraus, dass den kleinen Störungen die weit- aus grösste Häufigkeit zukommt. Es wäre hier am Platze, anzuführen, dass im Verzeichnisse bloss jene Störungen auf- genommen wurden, welche gleichzeitig an mindestens zwei Pendeln verzeichnet wurden. Die Beobachtungen, nach Monaten und Amplituden ge- trennt, geben nachfolgende Resultate: :><;■■■■ 392 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Vertheilung der Erdbeben-Störungen nach Ampli- tuden. Maximal-Amplituden in Millimetern 1,2,3 4-10 >10 54 51 August bis 10. September September » 20. » 30. October » 10. October . » 20. » 31. November » 10. November . » 20. » 30. December »10. » » 20. »31. Jänner » 10. Jänner . » 20. » » 31. » Februar » 10. Februar » 20. 3 6 3 6 4 5 9 6 1 2 6 11 1 3 11 Es soll noch angeführt werden, auf wie viele Tage im Durchschnitt eine Erdbebenstörung fällt, unter gleichzeitiger Trennung nach verschiedenen Amplituden: > l m in September 1*4 October 2-6 November 2*0 December 1*9 Jänner 1 '6 Februar 1-9 Amplitude > 4 nun > 10 nun •3-3 10-0 Tage. 4-4 10-5 » 5-0 30-0 » 4-4 10-5 » 2-8 7-8 » 3-1 (CO) » E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. 393 Durchschnittlich fällt in dieser Beobachtungsperiode auf je zwei Tage (1 -85 Tage) eine Erdbebenstörung. Bewegungen mit einer Amplitude von mindestens An/m sind jeden vierten Tag (3-69 Tage) zu erwarten. Zum Schlüsse möge noch erwähnt werden, dass diese Beobachtungen nach den Tagesstunden geordnet, eine regel- mässige tägliche Periode erkennen lassen. In Berücksichtigung der kurzen Beobachtungsreihe sollten diese Resultate gar nicht mitgetheilt werden, da aber bei Trennung der Aufzeichnungen nach den Amplituden >1«« und >4m»w ein übereinstimmender Gang in der Häufigkeit gefunden wurde, so mögen, der Vollständigkeit halber, auch diese Ergebnisse hier angeführt werden. Es resultirt, wenn die Erdbeben nach der Zeit des Beginnes der Oscillationen geordnet und je drei Stunden zu einem Werthe zusammengefasst werden, nachfolgendes Ergebniss. In den zwei letzten Columnen sind die Werthe mitgetheilt, wie sich dieselben nach einer kleinen Ausgleichsrechnung, — (a-\-2b-{-c), ergeben. Häufigkeit der Erdbebenstörungen nach dreistünd- lichen Intervallen sreordnet. Amplitude > t ;///// 4 mm ;>. 1 mm 4 mm ausgeglichen lh— 3h 4 - (3 7-9 10 -12 13 -15 16 -18 19 —21 22 24 S 9 12 10 19 13 18 11 4 2 5 6 11 4 8 1 9-00* 9-50 10-75 12-75 15-25 15 75 15-00 12-00 2-75* 3-25 4 50 7-00 8-00 6-75 5-25 3-50 394 E. Mazelle, Einrichtung der seismischen Station in Triest. Man findet ein Maximum der Frequenz für die Stunden zwischen 2h und 5'1 Nachmittags, die geringste Frequenz um 2h Morgens. Dass diese Periode dem localen Verkehre zuge- schrieben werden könnte, ist bei dieser Aufstellung und dem Wesen des Horizontalpendels als gänzlich ausgeschlossen zu betrachten. Es dürfte nicht unangezeigt sein, zu sehen, ob diese Periode auch bei längerer Beobachtungsreihe erhalten bleibt und ob sich dieselbe auch in anderen Orten bei ähnlichen Auf- zeichnungen ergibt. 395 Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserliehen Akademie der Wissenschaften in Wien. XII. Übersicht der Laibacher Osterbebenperiode für die Zeit vom 16. April 1895 bis Ende December 1898 von Ferdinand Seidl, Referent der Erdbeben-Commission für Kram und Görz-Gradiska. (Vorgelegt in der Sitzung am 13. April 1899.) Die lebhafte Bethätigung der unterirdischen Kraft in Krain während der Jahre 1897 und 1898 hat die Bereitwilligkeit der Beobachter der Erdbeben-Commission der kaiserl. Akademie der Wissenschaften unerwartet häufig in Anspruch genommen. Dieselben haben sich der freiwillig übernommenen Mühewaltung zum Nutzen der Forschung in dankenswerthester Weise unter- zogen. Die Meldungen wurden vielfach mit aller Sorgfalt erstattet und man war sichtlich bestrebt keine der Fragen des Frage- bogens unbeantwortet zu lassen, um einen für die Aufgaben der wissenschaftlichen Untersuchung mehrseitig verwerthbaren Bericht zu erstatten. Gelegentlich der vielen schwachen Beben bemühten sich die Beobachter, ihre eigenen Wahrnehmungen durch Umfrage bei den Ortsbewohnern zu ergänzen, um con- statiren zu können, ob das Beben nur von Einzelnen, von Vielen oder allgemein wahrgenommen wurde, sowie welche (wenngleich nur vorübergehende) Wirkungen es zuwegen brachte. Zahlreiche negative Berichte sind dadurch besonders werthvoll, dass der Absender ausdrücklich bemerkt, seine Meldung sei das Ergebniss vielseitiger Umfrage. 396 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Dank diesen Umständen war es uns möglich bei vielen Beben, die umfänglich genug waren, um eine grössere Anzahl von Meldungen zu veranlassen, in unmittelbarem Anschlüsse an letztere in unserer Chronik jeweilen eine übersichtliche Darstellung der Intensität und Ausbreitung zu versuchen. Dieselbe gründet sich jedesmal auf eine kartographische Ver- sinnbildlichung der ganzen seismisch bewegten Region, wobei die Abstufungen der Intensität der Bewegung durch Isoseismen, als Linien gleicher Erschütterung, abgegrenzt wurden. Eine zusammenfassende Darstellung der Einzelereignisse unserer Chronik für die genannten zwei Jahre ist schon an und für sich von Interesse, auch wenn dieselbe wegen der Unvoll- kommenheit unserer Kenntnisse der unterirdischen Kraft nicht eine strenge pragmatische sein kann. Das Interesse erhöht sich noch, wenn man beachtet, dass die Beben der Jahre 1897 und 1898 in Krain offenbar eine Fortsetzung der in den voraus- gegangenen zwei Jahren ausgelösten Beben sind und mit diesen mehr oder weniger als Folgewirkungen des zerstörenden Oster- bebens vom 14. April 1895 einen Schwärm von Nachbeben bilden, welcher mit Schluss des Jahres 1898 noch keineswegs beendet sein dürfte. Während das Hauptbeben selbst eine meisterhafte wissen- schaftliche Untersuchung durch F. E. Suess1 erfahren hat. ist in der ausführlichen Monographie den Nachbeben der Jahre 1895 und 189(3 nur ein kurzes Capitel zugedacht. Auch dieses ist zum grossen Theile den Hauptstössen der ersten Nacht gewidmet. Für die Darstellung der später erfolgten Erschütte- rungen lag eben nicht ein planmässig gesammeltes Beobach- tungsmateriale vor, sondern zum grossen Theile nur zufällige Zeitungsmeldungen, welche, wie Suess selbst sich äussert, »in den meisten Fällen zu spärlich sind, als dass die Schütter- gebiete der einzelnen Nachbeben mit Sicherheit umgrenzt werden könnten«. Erst Ende Juli 1896 trat in Krain die von der Erdbeben-Commission der kaiserlichen Akademie angeregte Organisation ins Leben und lieferte die in deren Mittheilungen (Heft I) veröffentlichten Meldungen. 1 F. E. Suess, Das Erdbeben von Laibach am 14. April 1895. Jahrbuch der geol. Reichsanstalt, Wien, 1896. F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895—1898. 39« Dennoch war F. E. Suess in der Lage, den Verlauf der Bebenperiode der Hauptsache nach zu charakterisiren. Wir erlauben uns, seine Darstellung (im Capitel »Nachbeben« S. 68 bis 72 des Sonderabdruckes) hier im Auszuge wiederzugeben und hiebei auch einige anschliessende Ergebnisse der Unter- suchung desselben Autors einzufügen, welche den Verlauf und das Wesen der ganzen Erscheinungsreihe beleuchten. Wie bei anderen grösseren seismischen Bethätigungen würde — nach Suess — auch beim Laibacher Erdbeben die seismische Activität durch eine Curve darzustellen sein, von welcher der eine Ast sehr steil ansteigt, während der zweite sieh asymptotisch der Geraden, d. i. dem Erlöschen der unter- irdischen Thätigkeit nähert. Der Wendepunkt der Curve, von dem an die Activität langsam abnimmt, dürfte nach 20 bis 24 Stunden eingetreten sein. Bis October 1896 betrug die Zahl der Nachbeben bereits mehr als 200, doch war der normale seismische Zustand noch nicht erreicht. »Unter den vielen Nachbeben finden sich gewiss neben den sicheren localen noch viele sporadische Erschütte- rungen mit besonderem Ursprungsorte; nur wenige unter diesen können als mit Sicherheit festgestellt betrachtet werden (St. Barthelmä, Windischgraz). Nur eines von diesen (Verona, 10. Juni 1895, 2h 4m) hat ein grösseres Verbreitungsgebiet betroffen. Weitaus die grösste Mehrzahl der Angaben, welche mit Laibach nicht übereinstimmen, haben ohne Zweifel ihre Ursache in irrthümlichen Verschiebungen der Zeitangaben um Stunden oder Tage, oder auch in falschen Wahrnehmungen einzelner Personen.« Bei den genauer untersuchten Hauptstössen der ersten Nacht (14. /l 5. April 1895), sowie bei den sichergestellten späteren localen Erschütterungen, kurz bei allen Nachbeben hat sich nach Suess ohne Zweifel genau derselbe Vorgang in derselben Weise und ohne wesentliche Verschiebung des Ausgangspunktes wiederholt, der bei dem Hauptbeben statt- gefunden hatte. Die Stelle über dem Ausgangspunkte der stärksten Erregung bei der Haupterschütterung selbst ist am wahrscheinlichsten innerhalb der Ebene, wenige Kilometer nörd- lich von Laibach (zwischen Laibach und Woditz) zu suchen. 398 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Ein langgestreckter Erdbebenherd ist hiebei nicht anzunehmen; die Länge der gleichzeitig bewegten Linie konnte kaum viel mehr als \Okm betragen haben. Für die ostwestliche Längs- erstreckung und die unregelmässige Umgrenzung des Schütter- gebietes bleibt keine andere Deutung übrig, als dass sich die Energie vom Herde aus nicht gleichmässig gegen alle Seiten entladen hat, sondern schon dort eine bevorzugte Richtung erhielt. Über die Beziehungen des Bebens zu dem geologischen Gefüge der betroffenen Gegend äussert sich Suess folgender- massen: »Die Gesammtheit der Beobachtungen und dermaligen Erfahrungen lässt den Eindruck zurück, dass es sich um einen Vorgang handelt, welcher mit der Structur des umliegenden Gebirges und vielleicht mit der Ausbildung des Senkungsfeldes von Laibach in Verbindung steht und jedenfalls in die Gruppe der tektonischen Beben zu zählen ist« (1. c. S. 200). Da Herr Dr. F. E. Suess durch anderweitige Aufgaben abgehalten ist, die nach dem Erscheinen seiner Monographie erfolgten Nachbeben einer besonderen Studie zu unterziehen,1 so mag es hier gestattet sein, das über dieselben — wie erwähnt — planmässig gesammelte Beobachtungsmateriale in der Ab- sicht zu verwerthen, um den Verlauf des in den zwei Jahren 1897 und 1898 enthaltenen Abschnittes der Bebenperiode zu schildern und hiebei die aus dem vorangegangenen Abschnitte derselben Bebenperiode abgeleiteten Ergebnisse Suess' an- zuwenden und sie eventuell zu erweitern. Man kann auch von vorneherein die Erwartung berechtigt finden, dass durch die vollkommener beobachteten Ereignisse der letzten zwei Jahre in mancher Beziehung Licht geworfen werde auf die voraus- gegangenen Erschütterungen, über welche dem Verfasser der Monographie des Hauptbebens nur spärliche Meldungen vor- lagen. Bevor wir an die Ausführung der so vorgezeichneten Aufgaben herantreten, sei noch die einschränkende Bemerkung gemacht, dass unser Augenmerk ausschliesslich den in Krain ausgelösten seismischen Erscheinungen zugewendet werden 1 Gemäss brieflicher Mittheilnner an den Verfasser dieser Zeilen. F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895-1898. 399 soll. Ob und inwieweit durch das zerstörende Osterbeben des Jahres 1895 das seismische Gleichgewicht ausserhalb Krains gestört worden ist, wird hier nicht erörtert. Auch muss daran erinnert werden, dass die Bebenperiode, welche der genannten Haupterschütterung folgte-, mit Schluss des Jahres 1898 noch nicht als beendet zu betrachten ist. Denn schon am 18. Jänner 1899 wurde im Laibacher Becken und dessen nächster Um- gebung neuerdings ein Beben verspürt, welches andeuten dürfte, dass der normale seismische Zustand noch nicht eingetreten ist. Um in einfachster Form einen Überblick über die Action der unterirdischen Kraft in Krain während der genannten zwei Jahre 1897 und 1898 zu gewinnen, wurden die im Anhange folgenden tabellarischen Zusammenstellungen III und [V sämmtlicher in unseren Chroniken aus diesem Zeiträume ver- meldeten seismischen Ereignisse abgeleitet. Die mehr oder minder umfänglichen Beben, von welchen Meldungen aus zwei bis über hundert Orten vorliegen, sind in den Tabellen typographisch kenntlich gemacht. Die zumeist wohl ganz eng umgrenzten, sporadischen Erschütterungen, welche nur je eine oder höchstens zwei benachbarte Stations- meldungen veranlassten, sind in den Tabellen in geographische Gruppen zusammengefasst worden, welche durch die Schütter- regionen der umfänglicheren Beben gegeben sind, und erscheinen im Anschlüsse an diese angeführt. Diese Anordnung ist zu- nächst eine rein geographische, ohne Voraussetzung eines inneren seismischen Zusammenhanges. Die von den Beob- achtern als unsicher bezeichneten Meldungen sind durch ein Fragezeichen kenntlich gemacht. Gemäss Tabelle IV erscheinen im Jahre 1898 als mit Sicherheit festgestellt 6 Beben, welche im Laibacher diluvial- tertiären Becken ihren Herd hatten, 8 stammen aus dem östlich daran anschliessenden, gegen Tüffer hin streichenden Hiigel- lande, 3 regten sich an der Temenitz, einem Nebenflüsse der Gurk in Unterkrain, je 1 löste sich in den Gebieten der Lahinja (einem Zuflüsse derKulpa, der Gurk) und des Rinnseeflusses (bei Gottschee) aus, 3 erschütterten das Poik -Terrain in Innerkrain, 2 strahlten anscheinend aus der Kirchheimer Gegend der be- nachbarten Grafschaft Görz nach Krain aus, 3 endlich sind 400 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. völlig fremde Beben, welche in der Provinz Udine des König- reiches Italien ihren Herd hatten und in unserer Chronik als Beben von Cividale angeführt werden, da ihre Wellen auch nach Krain sich fortgepflanzt hatten. Im vorangegangenen Jahre 1897 waren die meisten um- fänglichen Beben gleichfalls vom Laibacher Becken, sowie dem östlich benachbarten Hügellande ausgegangen. Unsere Chronik zählt deren im Ganzen nicht weniger als 32. Beben des Temenitz-Gebietes, der mittleren Gurk und der Lahinja findet man in unserer Tabelle III nicht unter den umfänglicheren Erschütterungen aufgezählt, wohl aber unter den sporadischen angedeutet (Weixelburg - Sittich, Gross - Gaber, Tschernembl, Adlesici), offenbar nur in Folge der noch weniger vollkommenen Einrichtung des Beobachtungsdienstes. Beben des Poik-Reka- Gebietes sind auch im Jahre 1897 vertreten und überdies Erschütterungen, welche aus anderen Herdgebieten Innerkrains ausgegangen zu sein scheinen. Als fremdes Beben dieses Jahres begegnet uns in der Tabelle eine aus Kroatien ausgestrahlte Störung. Wenn man es unternimmt, die Nachrichten über den voran- gegangenen Theil der Bebenperiode, insoferne sie dem ab- steigenden Aste der seismischen Activität angehört, also etwa vom 16. April 1895 an, tabellarisch zusammenzustellen, so hat man sich vor Allem gegenwärtig zu halten, dass man — wie schon F. E. Suess bemerkt — für das Jahr 1895 zumeist auf die zufälligen Zeitungsnachrichten angewiesen ist, wobei auch zu beachten wäre, dass das Interesse der Correspondenten, über Erderschütterungen ihres Wohnortes an eine Zeitung zu melden, allmälig erlahmte. Selbst die in Laibach auftretenden Nachbeben wurden von den dort erscheinenden Tagesblättern seltener oder gar nicht mehr registrirt, seitdem sie, in gleicher Weise sich wiederholend, das Gepräge des Ungewöhnlichen verloren hatten. So ist eine unbestimmte Zahl von Nachbeben der Aufzeichnung entgangen. Im Jahre 1896 dürften die Noti- rungen wenigstens für Laibach befriedigend vollständig sein. Ans den ersten vier Monaten liegt eine, allerdings nachträgliche, cumulative Meldung des Directors des k. k. Obergymnasiums Herrn A. Senekovic vor, welcher sich zu derselben als F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1S95 — 1898. 401 Vorsitzender des Laibacher Musealvereines veranlasst sah, nachdem dieser durch einen öffentlichen Aufruf die Anregung zur Einsendung von Bebenmeldungen an den Verein gegeben hatte. Seit 9. April stellte Se. Hochwürden der fürstbischöfliche Consistorialrath Theol. Dr. Smrekar seine sorgfältigen kurzen Bebennotizen unserer Chronik bereitwilligst bei. Nähere Mit- theilungen lieferten im Jahre 1896 aus Laibach überdies die Herren L. Suppantschi tsch, k. und k. Lieutenant d. R. und Ferd. Schulz, Museumsassistent. Seit Ende Juli desselben Jahres traten auch mehrere Stationen der Erdbeben-Commission der kaiserlichen Akademie in Wirksamkeit, und belief sich deren Anzahl im ganzen Lande Krain (10.000 km2) zu Ende des Jahres auf 90. Trotz aller Unvollkommenheiten der Berichterstattung verlohnt es sich, das vorhandene Nachrichtenmateriale über- sichtlich zusammenzustellen, wie es in den Tabellen I und II geschehen ist. Bei weitem die meisten Nachbeben des Zeitraumes vom 16. April bis zum Ende des Jahres 1895 werden aus dem Laibacher Save-Becken gemeldet, nämlich 190. In Wirklichkeit dürfte diese Zahl beträchtlich überschritten worden sein. Denn beispielsweise wird in dem Berichte des Beobachters in Dobrova bei Laibach, Herrn Oberlehrers M. Rant, die Zahl der Beben vom 14. bis 26. April im Ganzen mit 109 angegeben, wovon 31 der Nacht vom 14. auf den 15. zuzuzählen sind (bei Suess S.619). (Übereinstimmend wird die Zahl der Erderschütterungen in Laibach während der ersten Nacht auf 30 — 40 geschätzt. Suess, 1. c. S. 417). Das Beben, welches am 9. October 1895 das Oberkrainer Becken und dessen Umgebung erschütterte, wird in dem Berichte darüber aus Dobrova bei Laibach (in der Zeitschrift »Slovenec«) als »das 173. seit Ostersonntag« be- zeichnet (bei Suess S. 885). Die nächsthöchste Bebenfrequenz weist unsere Tabelle für das Oberkrainer Hügelland aus, welches vom Laibacher Becken ostwärts gegen Tüffer und Cilli hinstreicht. Der Beob- achter in Möttnig, Herr K. Kriznik, führt für die Zeit vom 14. April bis 14. Juni nicht weniger als 87 Erderschütterungen an. über welche aus anderen Orten Meldungen nicht vorliegen. 402 Mittheilungen der Erdbeben-C'ommission. Sein Bericht schliesst mit den Worten: »Vom 1. bis 14. Juni wurden von den Bewohnern ausserdem (d. i. ausser den Stössen des 2., 9., 10., 11. Juni) noch oft unterirdischer Donner, Getöse und Detonationen ohne eine Erschütterung wahrgenommen (bei Suess, S. 643). Meldungen über Beben, welche zeitlich nicht mit solchen des Laibacher Beckens zusammenfallen, führt unsere Tabelle an aus Innerkrain (Adelsberg, Dornegg etc.), sowie aus Unter- krain (Rudolfswert, Barthelmä, Nassenfuss, Ajdovec bei Seisen- berg, Adlesici bei Tschernembl, Altlag bei Gottschee), und zwar aus eben jenen Gegenden, welche in den folgenden Jahren 1897 und 1898 Nachrichten über selbständige locale Beben geliefert haben. Während nun diese Nachrichten als wohl- verbürgt hinzunehmen sind, vermeinte Suess nur wenige von den im Laufe des ersten Jahres der Bebenperiode ausserhalb des Laibacher Beckens gemeldeten Erschütterungen als mit Sicherheit festgestellt betrachten zu können (1. c. S. 479). Diese Zweifel dürfte der Vergleich unserer Tabelle I mit den Tabellen III und IV, woselbst ebendieselben Regionen als erschüttert vorgeführt werden, im Allgemeinen verscheuchen. Die Über- sicht II über das relativ bebenarme Jahr 1896 ist eben wegen der geringen Anzahl in ihr vertretener Ereignisse wenig geeignet, unsere vergleichende Betrachtung zu fördern. Jedenfalls aber wird durch dieselbe kein Einspruch erhoben. Es ist somit wahrscheinlich, dass die in Rede stehende Erdbebenperiode nicht bloss durch Wiederholungen des Osterbebens gebildet wird, sondern auch durch das Mitwirken mehrerer anderer über Krain zerstreuter Bebenherde, deren Eingreifen bereits zu Beginn der Periode (April 1895) wohl durch die zerstörenden seismischen Bewegungen der verhängnissvollen Osternacht angeregt wurde. In dieser Ansicht fühlt man sich bestärkt durch einige ausgeprägte Fälle, welche in die Kategorie der Relaisbeben gehören. Schon Klugge1 hat die Ansicht ausgesprochen, »dass ein Erdbeben durch seine letzten, abgeschwächten Wellen an 1 Klugge, Über die Ursachen der in den Jahren 1850 bis 1857 statt! gefundenen Erderschütterungen. Stuttgart. 1861, S. 62, 63. Citirt bei Hoernes, Erdbebenkunde. Leipzig, 1893, S. 416. F. Sei dl, Laibacher Osterbebenperiode 1895-1898. 403 einem anderen, weit entfernten Punkte eine selbständige Er- schütterung hervorrufen kann, die möglicherweise einen ganz anderen Ursprung hat, als dieses primäre Erdbeben. Es gibt nämlich Stossgebiete, welche gewissermassen den Wiederhall oder das Echo weit entfernter Erdbeben bilden, in denen zwar die Disposition zu einer Erderschütterung vorhanden ist, dieselbe aber häufig erst, wie es scheint, durch eine andere geweckt werden muss. Dergleichen Gegenden zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass die Wellen eines entfernten Erdbebens in ihnen allemal stärker gefühlt werden als in den dazwischen liegenden Gebieten, oder dass in ihnen ein weit entferntes Erd- beben beobachtet wird, während die zwischen ihnen und dem Ursprungsorte des Erdbebens gelegenen Punkte gar nichts merken, sondern auch dadurch, dass in ihnen erst Stunden oder halbe Tage nach der primären Erschütterung des ent- fernten Stossgebietes ein secundäres Erdbeben eintritt.« — A. v. Lasaul x sagt über die Veranlassung secundärer Erschütterungen ausserhalb des Gebietes des Hauptbebens Folgendes : 1 »Findet in einem Gebiete eine Erderschütterung statt, so kann sie nachfolgende neue Erschütterungen hervorrufen, indem die vorhandene Spannung durch die von aussen hinzu- kommende Erregung ausgelöst wird. Sowohl Einsturzbeben, als auch tektonische Beben vermögen auf diese Weise ausser- halb des Erschütterungsbereiches eines voraufgehenden Erd- bebens, demselben aber mehr oder weniger unmittelbar nach- folgend, gleichsam als Relaiswirkungen verursacht zu werden: Relaisbeben würde daher vielleicht für solche Erschütterungen eine passende Bezeichnung sein. Durch den innigen Zusammen- hang, in dem die Spalten der Gebirge oft über grosse Gebiete hin untereinander stehen, ist gerade bei den tektonischen Beben die Möglichkeit für Relaisbeben eine sehr grosse.« »Es ist gewiss, »bemerkt hierzu Hoernes 1. c, «dass Relaisbeben sehr häufig auftreten; es ist jedoch aus leicht be- greiflichen Gründen in vielen Fällen schwierig, sie in dieser ihrer Eigenschaft zu erkennen. Oft mag man vermeinen, es mit der directen Fortpflanzung des Hauptbebens zu thun zu haben. 1 Citirt bei Hoernes, Erdbebenkunde. S. 416. 404 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. während in der That eine zweite, secundäre Erschütterung sich ereignete, oft hinwiederum mag man ein durch eine ent- fernte Erschütterung hervorgerufenes Beben für vollkommen selbständig erachten.« Aus unserer Chronik können zunächst etwa folgende Belege für Relaisbeben hervorgehoben werden. Am 2. Februar 1897 wurde (gemäss Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserl. Akademie, Heft V, S. 88) um 0h 24 -5m das Laibacher Becken neuerdings durch ein Nach- beben erschüttert und anscheinend zu gleicher Zeit fand eine wohlverbürgte isolirte Bodenbewegung in St. Barthelmä statt, 70 km südöstlich von Laibach, am Rande der tertiären Bucht von Landstrass. Dieser Fall ist besonders bemerkenswerth dadurch, dass er die Wiederholung einer analogen Coincidenz aus der ersten Zeit der Laibacher Erdbebenperiode ist. Es war nämlich (nach Suess 1. c, S. 880) am 2. Juni 1895 um 21h 34m im Laibacher Becken »ein ziemlich heftiger« Stoss erfolgt, welcher auch aus St. Barthelmä und von Radovica, einen noch südlicher gelegenen Orte gemeldet wird. Tags darauf wieder- holten sich in Barthelmä mehrere massig starkeErschütterungen, und auch in Rudolfswert wurde ein Beben empfunden. Diese Beben von St. Barthelmä sowie eine schon am 25. April 1895 erfolgte Erschütterung desselben Ortes, sowie des benachbarten Landstrass betrachtet F. E. Suess als zu den wenigen selbst- ständigen Erschütterungen der Nachbebenperiode gehörig (1. c, S. 479). Es liegt aber nahe, sich auf den durch ein vollkom- meneres Beobachtungsmateriale festgestellten Vorgang vom 2. Februar 1897 zu stützen und die oben genannten Erschütte- rungen von St. Barthelmä aus dem Jahre 1895 ebenfalls als Relaiswirkungen und als secundäre Beben im Sinne des Schlussatzes der oben citirten Ausführungen Klugge's anzu- sprechen. Dieselben treffen offenbar auch für folgende Fälle zu: Am 20. Februar 1898 5h 57m löste sich das zerstörende Leben von Cividale aus, welches ostwärts bis in die westlichen Theile Krains ausstrahlte. Ausserhalb der Randzone der Schütter- fläche tauchen als gleichzeitig, aber isolirt erschütterte Inseln Schalkendorf bei Gotschee und St. Magarethen bei Weiss- kirchen auf. Wenige Tage darauf, am 5. März 1898 wurde F. Sei dl, Laibachei Osterbebenperiode 1895—1898. 405 St. Magarethen wieder von einer (zwar ganz schwachen) Erd- erschütterung überrascht, wobei hervorzuheben ist, dass diese Ortschaft das ganze vorausgegangene Jahr hindurch von keinem körperlich wahrnehmbaren Beben heimgesucht worden war (Mit- theilungen der Erdbeben-Commission, Heft V, S. 143). Analog erfolgte am 23. desselben Monats (März 1898) in Gottschee eine seismische Störung, welche ebenfalls als Nachwirkung des Relaisbebens vom 20. des vorangehenden Monats aufgefasst werden kann. — Andere Fälle von Relaiswirkungen bieten namentlich die Meldungen der Station Kropp (z. B. 18. October 1897, ferner weniger sicher gelegentlich mehrerer Beben des Laibacher Beckens, wenn nämlich die relative Ruhe der Region zwischen Kropp und dem Becken nicht durch negative Berichte verbürgt ist), desgleichen der Station Ajdovec (z. B. 15. No- vember 1895). Als ein Erfolg von Relaiswirkungen dürfte ferner aufzu- fassen sein die Fortsetzung der Schütterfläche des 10. December 1897 um lS1/^11 aus dem Laibacher Diluvial- und Alluvialbecken südwestwärts auf die Linie Zirknitz — Hotederschitz, ebenso die eigenthümliche Gestaltung der Schütterregion des 20. Mai 1897, circa 8h 10m. Es genügt übrigens, durch die erstangeführten charakte- ristischen Fälle gezeigt zu haben, dass sowohl in der ersten Zeit als auch während des späteren Verlaufes der Laibacher Osterbebenperiode in Krain die Disposition zu Ralaisbeben im Bereiche der mikroseismischen Randzone einiger Beben vor- handen war. Um so kräftiger musste dieselbe in der stärker bewegten Region verschiedener Beben zur Auslösung» gelangt sein, obwohl es gerade in diesen Fällen nicht leicht ist, den Sachverhalt klar zu erkennen, indem es oft näher liegt, innerhalb einer Schütterfläche gelegene isolirte Regionen mit auffallend starken Wirkungen als Effect des daselbst lockeren, leichter erschütterbaren Untergrundes zu deuten. Diese Erklärungs- weise hat F. E. Suess in seiner meisterhaften Monographie vielfach in überzeugender Darstellung vertreten. Jedenfalls tragen in manchen Fällen beide Momente, die physikalischen und die tektonischen Verhältnisse, zugleich zu dem Hervor- treten relaisbebenartiger Phänomene bei. Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd.. Abth. I. 27 I 406 Mittheilunsren der Erdbeben-Commission. Die Frage, ob die Aufeinanderfolge der Erderschütterungen unserer Bebenperiode rein ein Werk des Zufalles sei oder ob eine seismische Störung auf das Eintreten der folgenden einen Einfluss ausübe, kann an dem befriedigend vollständigen Beob- achtungsmaterial der Jahre 1897 und 1898 auch einer strengen mathematischen Behandlung unterworfen werden. Fasst man die Erderschütterungen eines oder mehrerer ohne Unterbrechung einander folgender Tage jedesmal als eine Gruppe auf und ordnet man diese Gruppen nach der Zahl der in ihnen enthaltenen Erschütterungen, so erfährt man, wie Die zeitliche Folge der Erderschütterungen in Krain in den Jahren 1897 und 1898. Umfang der Gruppen Zahl der Gruppen von Erderschütterungen Zahl der Gruppen von Tagen mit Erderschütterungen beobachtet nach Zufall beobachtet nach Zufall 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 16 18 21 52 31 11 7 3 5 1 o 3 o 3 4 2 1 1 1 64 40 25 16 10 6 4 2 1-5 1-0 0-6 0-4 0-2 o-i o-i 74 31 9 7 3 5 108 35 11 4 1 0 Gesammtzahl der 129 171 129 160 F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895 — 1898. 40/ oft während des betrachteten zweijährigen Zeitraumes in Krain Gruppen von je 1,2,3... Erderschütterungen vorgekommen sind. Diese Häufigkeitszahlen rindet man in der zweiten Colonne der hier eingeschalteten Tabelle angegeben. Es kamen also 52 einzelne Erschütterungen vor, 31 mal traten sie zu je zwei auf, in 1 1 Fällen gab es Gruppen von je 3 Erderschütterungen u. s. w. Die längste Gruppe umfasst 21 Erschütterungen, welche in den drei Tagen vom 14. bis 16. Juli 1897 ausgelöst wurden. Die in unseren Tabellen III und IV ausgewiesenen 262+ 196=: 458 seismischen Bewegungen traten in 129 Gruppen auf (66 Gruppen im Jahre 1897, 63 Gruppen im folgenden Jahre). Nach den Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung kann man nun finden, dass der Zufall 171 Gruppen geschaffen hätte, und zwar 64 mit je einer, 40 mit je zwei, 25 mit je drei Erschütterungen u. s. w., gemäss Angabe der dritten Colonne der vorstehenden Tabelle.1 Bei der Vergleichung dieser Colonne mit der ihr voran- stehenden fällt der Unterschied in der Vertheilung der ver- schieden umfänglichen Gruppen sofort in die Augen: in Wirk- lichkeit sind grössere Gruppen von Erschütterungen viel häufiger, kleinere viel seltener, als wenn der Zufall allein die Anordnung bestimmt hätte. Hierin gibt sich auf das deutlichste zu erkennen, 1 Angewendet wurde der Rechnungsgang, welchen W. Koppen angibt in seiner Abhandlung: »Die Aufeinanderfolge der unperiodischen Witterungs- erscheinungen, nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung unter- sucht« (Repertorium für Meteorologie, II. Bd, 1872, Petersburg). Wenn darnach in einer Reihe von S Tagen a Elemente der einen und b Elemente der anderen Art (z. B. Bebentage und bebenfreie Tage) in regelloser Succession durch- einandergemischt sind, und bezeichnet a = a : S die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Elementes a, so sind die durch den blossen Zufall erzeugten Anzahlen P\, P-i> P&- • • der Gruppen von 1,2,3... aufeinanderfolgenden Elementen a darzustellen durch: = P(l-7.) = P\ rj = p., rj. wobei die Gesammtzahl aller Gruppen P= aS(l — a). 408 Mittheilungen "der Erdbeben-Commission. dass im Allgemeinen eine Erschütterung auf die Reifung und Auslösung der folgenden, in dem gleichen oder in einem Nachbargebiete, einen beschleunigenden Einfluss hat; die Erd- erschütterungen haben demgemäss die Tendenz, in Schwärmen aufzutreten. Dieses durch eine exacte mathematische Analyse festgestellte Verhalten gilt vermuthlich nicht bloss für Krain und den betrachteten Zeitabschnitt, sondern dürfte in Gebieten, deren geologischer Aufbau die Bedingungen für tektonische Bewegungen bietet, überhaupt massgebend sein. Wenn man aus unserer Chronik des bezeichneten zwei- jährigen Zeitraumes die Gruppen von 1,2,3... aufeinander- folgenden Tagen mit Erderschütterungen auszählt und deren Aneinanderreihung berechnet, wie sie durch den blossen Zufall bewerkstelligt würde, so erhält man die vierte und fünfte Colonne der voranstehenden Tabelle. Der Vergleich lehrt, dass grössere Gruppen von Bebentagen viel häufiger, kleinere viel seltener sind, als wenn der Zufall die Succession bestimmt hätte. Es ist demnach ersichtlich, dass die oben erkannte Tendenz der Erderschütterungen, in Schwärmen aufzutreten, länger andauert als einen Tag. Ein Werk ebenderselben Tendenz, welche die kleinen Bebenschwärme erzeugt hat, die der vorstehenden Analyse unterzogen wurden, dürfte die einheitlich aufgefasste grosse Erdbebenperiode sein, welche, durch die zerstörenden Erschütte- rungen der Osternacht des Jahres 1895 eingeleitet, am Schlüsse des Jahres 1898 noch nicht beendet war und deren Theile eben die obigen Schwärme sind. Wenn diese Auffassung richtig ist, so ist die Tendenz der Beben, in Schwärmen aufzutreten, nicht in erster Linie auf entsprechend andauernde äussere Agenden (etwa kosmische, meteorologische u. dergl.) zurückzuführen, sondern erscheint als eine der seismischen Bethätigungsweise anhaftende, wesent- liche Eigenthümlichkeit. Es wäre indess übereilt, anzunehmen, dass Krain während dieser Zeit bebenfrei geblieben wäre, wenn nicht vom Laibacher Hecken die Anregung zu Relaisbeben, sowie zu diesen nach- folgenden secundären Erschütterungen ausgegangen wäre. Das Verzeichniss der seismischen Ereignisse Krains in der grossartig F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895-189S. angelegten »Statistik der Erdbeben von 1865 — 1885« von C.W. C. Fuchs beruht nicht auf planmässig gesammelten Beobachtungen, sondern besteht vorwiegend aus zufällig in die Öffentlichkeit gelangten Meldungen. Dennoch führt die Durch- sicht des Verzeichnisses zum Schlüsse, dass in Krain, so gering der Flächenraum des Landes ist (10.000 km2), geradezu kein Jahr ohne seismische Regungen verläuft. Bald da, bald dort löst sich die unterirdische Kraft aus. Die bezeichnete Statistik enthält Meldungen aus Laibach, Littai, Steinbrück, Stein, Rad- mannsdorf, Neumarktl, Idria, Adelsberg, Gottschee, Rudolfswert, Möttling, Landstrass, St. Margarethen, Nassenfuss etc., kurz aus allen Theilen des Landes. In Anbetracht dieses Umstandes kann man sagen: Das verhängnissvolle Osterbeben wurde durch eine ungewöhnlich heftige Erregung eines im Bereiche des Oberkrainer Beckens bestehenden und wahrscheinlich häufig thätigen Bebenherdes bewirkt. Die gewaltige Bewegung verursachte in dem Bruch- gebiete des Laibacher Senkungsfeldes eine anhaltende Störung, die in zahlreichen nachfolgenden Erschütterungen des Beckens zum Ausdrucke gelangte. Im Sinne der oben angeführten Äusserung A. v. Lasaulx's konnten nun sowohl das erste, sowie die späteren Beben neue Erschütterungen in den benach- barten Bebenherden auf einem vielleicht weiten Umkreise hervorrufen, indem die jederzeit vorhandenen Spannungen durch die von aussen hinzukommende Erregung ausgelöst oder doch gesteigert werden. Indem auf diese Art im Allgemeinen jedes Beben die Vorbedingungen für die Entstehung eines nach- folgenden beschleunigt, so ist dem Osterbeben zunächst in ganz Krain eine Phase anhaltender, gesteigerter Bethätigung der seismischen Kraft gefolgt, welche im Grossen und Ganzen binnen wenigen Jahren eine beträchtliche Anzahl von Beben zeitigte, die bei normaler Action in einem viel grösseren Zeit- räume zur Auslösung gelangt wären. Wenn unsere Auffassung eine zutreffende ist, so wird man in der nächsten Nachbarschaft des Laibacher Diluvialbeckens, als der Ursprungsstelle der .Haupterschütterungen, eine leb- haftere seismische Bethätigung. erwarten als in dessen weiterer Umgebung. In der That wurden während der Jahre 1897 und 410 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 1898 gemäss den Tabellen III und IV aus dem Laibacher Becken im Ganzen 28 umfänglichere Beben gemeldet, aus dem östlich anschliessenden Hügellande (zwischen den Steiner Alpen im Norden und der Save im Süden) 18 und aus den übrigen Theilen Krains 23. Zählt man auch die Bodenbevvegungen mit, welche nur von je einer Station gemeldet wurden, so entfällt auf das Laibacher Becken sammt dem östlich angrenzenden Hügellande gerade die Hälfte der aus dem ganzen Lande in beiden Jahren bekannt gewordenen Erderschütterungen. Dieses Verhältniss tritt indess in das rechte Licht erst dann, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Flächeninhalt des Beckens sammt dem bezeichneten Hügellande nicht einmal einem Zehntel der Fläche des ganzen Landes Krain gleichkommt. Die un- mittelbare Nachbarschaft des Herdes des Osterbebens ist jedoch nicht ausschliesslich die Veranlassung der hohen Beben- frequenz im genannten Hügellande; denn die südlich und westlich an das Diluvialbecken angrenzenden Landestheile sind bei weitem weniger häufig von Erschütterungen betroffen worden. Das südliche Kärnten ist jedoch, gleichwie das süd- liche Krain, in der Zeit der Osterbebenperiode verhältnissmässig am wenigsten behelligt worden, ebenso das Gebiet von Görz- Gradiska in grösserer westlicher und Untersteiermark in grösserer östlicher Entfernung vom Hauptherde der seismischen Störungen. Insoferne bestätigt sich die oben gemachte Voraussetzung über den Zusammenhang des Hauptbebens mit den Nachbeben und dieser selbst untereinander. Die auffallendste Eigenthümlichkeit der Nachbebenperiode ist die, dass sich während derselben die unterirdische Energie in der Umgebung des Hauptherdes keineswegs nach allen Richtungen der Windrose gleichmässig bethätigt hat, sondern in dem Hügellande, welches vom Ostrande der Laibacher Ebene gegen Tüffer hin streicht, die Gelegenheit fand, in un- vergleichlich lebhafter Weise zu wirken. Es ist dies eben jene Region, nach welcher hin schon die Energie des zerstörenden Hauptbebens der Osternacht 1895 aus der epicentralen Fläche am kräftigsten ausgestrahlt ist. In F. E. Suess' Isoseismen- karte der Haupterschütterung (1. c. Taf. III) erscheint die F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895—1898. 41 1 Laibacher Diluvialehene sammt der anstossenden Moorfläche als die am stärksten betroffene Kegion, und werden deren Grenzen zum grossen Theile von der Umrandung der genannten Flächen bestimmt. Die Region der grössten Zerstörung wird von einer Zone nächst schwächerer Wirkung des Erdbebens umfasst, woselbst noch hie und da Deckeneinstürze vor- kamen und stärkere und schwächere Beschädigungen der Gebäude ganz allgemein waren. Die äussere Umrandung dieser schmalen Zone verläuft in N, S und W wohl parallel dem Um- risse der pleistoseisten Region, in E aber greift sie mit einem langen zungenförmigen Fortsatz über die tertiäre Hügelkette, in deren ganzer Erstreckung bis Tüffer hin aus. Diese ausser- ordentliche ostwestliche Ausdehnung der Zone der zweit- stärksten Isoseisme ist mehr oder weniger bestimmend auch für den Verlauf der übrigen sie umgebenden Isoseismen und gestaltet sich demnach zu der hervorragendsten Eigenthüm- lichkeit in der übrigens mehrfach unregelmässigen Form des Verbreitungsgebietes der Haupterschütterung vom 14. April 1895. In der Discussion dieser Erscheinung bringt F. E. Suess die Erfahrungstatsache in Erinnerung, dass die Wirkungen der Erdbeben auf Alluvialterrain am stärksten, weniger stark auf jungen Sedimentgesteineo und am schwächsten auf festem Kalkstein und krystallinischen Schiefern empfunden werden. Doch meint er, dass die grosse Intensität des Osterbebens in dem langen tertiären Hügelzuge bis Tüffer kaum dem Einflüsse des Untergrundes allein zugeschrieben werden kann (I.e. S. 472). Dem Autor erscheint noch unstatthafter die Annahme, dass eine grössere (mehr als \0 km lange) Störungslinie für die ost- westliche Längenerstreckung des Schüttergebietes bestimmend gewesen wäre. Suess kommt schliesslich zu dem Ausspruche: »Ich glaube, dass keine andere Deutung für die Form der Iso- seismen übrig bleibt, als dass sich die Energie schon vom Herde aus nicht gleichmässig gegen alle Seiten entladen hat, sondern dass die Art und Weise der Bewegung schon eine bevorzugte Richtung enthielt« (1. c. S. 475). Die Zeit der Nachbeben hat in dieser räthselhaften An- gelegenheit folgende Erfahrungen gebracht: 41- .Mittheilungen der Erdbeben-C'ommission. 1. Bei allen stärkeren Erschütterungen des Laibacher Beckens hat sich die Bewegung in der gleichen Weise aus- gebreitet wie bei der Haupterschütterung. Die Isoseismen greifen jedesmal mit einer langen zungenförmigen Ausbuch- tung von dem Diluvialbecken über das anstossende östliche Hügelland aus. Die Ursache dieser Erscheinung ist also eine habituelle. 2. Das zerstörende Beben von Cividale am 20. Februar 1898, 5h 57"', machte sich in Ober- und Innerkrain in der Ent- fernung Laibachs von Cividale (diese als Radius genommen) noch stellenweise bemerkbar. In grösserer Entfernung wurden in Unterkrain bloss zwei isolirte Punkte, St. Margarethen und Schalkendorf bei Gottschee, gut fühlbar e'rschüttert. In noch beträchtlicherer Distanz erreichte die Bodenbewegung mehrere Orte Untersteiermarks. Da aber die Erschütterung auch in Obertuch ein wahrgenommen wurde, so hat es den Anschein, dass die seismisch bewegte Region Untersteiermarks mit jener des Laibacher Beckens durch einen schmalen Steg in Ver- bindung steht, welcher gerade durch den bereits wiederholt genannten Hügelzug gebildet wird. Mag man sich nun die Bewegung als Oberflächenwelle fortgepflanzt denken, oder (was nach den Ausführungen F. E. Suess', 1. c. S. 599, wohl wahr- scheinlicher ist) als direct vom Herde bei Cividale durch die Erdmasse hindurch ausgestrahlt, jedenfalls ist ersichtlich, dass eine ostwärts sich ausbreitende seismische Störung, auch wenn sie nicht im Savebecken ihren Ursprung genommen hat, in dem tertiären Hügelzuge Aich — Tüffer wirksamer auftritt als in dem nördlich und südlich angrenzenden, felsigen, älteren Terrain, sowie dass sie in den gleichfalls jungen Ablagerungen Unter- steiermarks in auffallend grosser Entfernung vom Epicentrum noch körperlich wahrnembar werden kann. Vergegenwärtigt man sich noch die ebenfalls in jungem Terrain auftauchenden Schütterinseln Unterkrains, nämlich St. Margarethen und Gott- schee, so kommt man zu dem Schlüsse, dass gerade die jungen Ablagerungen in einem labileren, leicht erschütterbaren Zustande sich befinden, sei es, dass derselbe in der lockeren Beschaffenheit dieser Massen oder in deren Tektonik begründet ist. odcv zugleich durch beide Momente. F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895—1898. 113 3. Im Verlaufe der Nachbebenperiode ist eine Anzahl von Erschütterungen im Bereiche des oft genannten Hügelzuges Aich — Tüffer selbst hervorgetreten, und zwar eine beträchtlich grössere Anzahl als in den südlich, westlich und nördlich an das oberkrainische Savebecken anstossenden Landestheilen. Es besteht also in jenem östlichen Hügelzuge eine erhöhte Disposition zu seismischen Störungen, wenn die Bebenthätigkeit im Savebecken eine gesteigerte ist. Jene sowie die innige Wechselwirkung mit dem Becken ist offenbar in den geologischen Verhältnissen beider Regionen zu suchen, da sie übereinstimmende Züge aufweisen, aber verschieden sind von der übrigen Umgebung. Die Save-Ebene Oberkrains ist ein jungtertiäres Senkungs- feld,- welches zum grossen Theile bedeckt ist mit diluvialen Conglomerat- und Schottermassen, während an den Rändern noch miocäne und pliocäne Schichten entblösst sind. Aus der Mitte der Ebene ragen Hügel älterer Gesteine mit alttertiären Vorlagerungen klippenartig empor. Der Hügelzug, welcher vom Ostrande des Beckens gegen Tüffer hinstreicht, besteht nach Bittner aus tertiären Ab- lagerungen, welche, in ältere Gesteinsmassen mannigfach ein- gefaltet, im Norden und Süden durch Bruchränder abgegrenzt und überdies durch ostwestliche Längsbrüche, sowie durch sie verquerende Verwerfungen reichlich gestört sind. Das Miocän des Hügellandes steht mit jenem des Savebeckens in unmittel- barer Verbindung. Es ist daher begreiflich, dass, wenn in einem der beiden aneinandergrenzenden, von leicht erschütterbaren Sedimenten erfülltem Störungsgebiete, noch in der Gegenwart tektonische Bewegungen sich auslösen, dieselben leicht Wiederhall finden in dem benachbarten. In der That ist daselbst im Verlaufe der Laibacher Oster- bebenperiode als Ausdruck jener Wechselbeziehung in aus- gezeichneter Weise eine Erscheinung zur Geltung gekommen, welche als das Wandern der Stosspunkte bezeichnet wird und von E. Suess zuerst für die benachbarten und tektoniseh zusammengehörigen Erdbebenlinien Calabriens und Siciliens festgestellt wurde. 414 Mittheilungen der Erdbeben-* 'ommission. Zum Nachweise jener Erscheinung auf unserem Gebiete wählen wir die Folge der Erderschütterungen in Krain, welche gemäss unserer Chronik in der zweiten Hälfte des Jahres 1898 stattgefunden hat. Bei der fortschreitenden Vervollkommnung des seismischen Beobachtungsdienstes besitzen wir aus diesem Schlussabschnitt des dermalen abgelaufenen Theiles der Oster- bebenperiode wohl das am wenigsten lückenhafte Nachrichten- materiale. Dieser Umstand rechtfertigt vor Allem unsere Wahl. Das Verzeichniss der Erschütterungen ist folgendes: 23. Juli, 6h 35m in Jezica. 28. Juli, 20h 21m in Dobrova bei Laibach und Umgebung. 2. August, 5h 44m in Krainburg. 5. ^> llh 20 in Trebelno. 22. » circa 4h im Bezirke Littai. 30. » 23 i/2h, dessgleichen und in Zirknitz. 31. » 6'1 15™ in Jezica ein unterirdisches Getöse. 2. September, 372h in Aich und Tersain. 2, » lö1// in Aich ein Getöse. 3. » 172— 2h in Masun. 3. 3.h 18m in Aich, 3h 20m ebendaselbst schuss- ähnlicher Schall. 3. September, 19u Ül™ in Laibach schwaches Beben, un- sichere Beobachtung. 4. September, 272h in Kraxen. 7. » lh46™ im Laibacher Becken und dem <">stlich anschliessenden Hügelland. 7. September, 2h in Aich und Jezica. 25. » 7h 7™ in Tschernembl. 10. October 83/4h im Laibacher Becken. 13. » circa 072h in Gradisce nächst St. Martin bei Stein. 13. October, I74h im Laibacher Becken und dem östlich anschliessenden Hügellande. 17. October, l1 2" in Laibach. 18. » circa 3b in Jezica. 25. » 14h 48'" in Laibach. 3. November 51 / in Aich. 8. 1 lh 39m in Schalkendorf bei Gottschee. F. Sei dl, Laibacher Osterbebenperiode 1895- 1898. 415 l. '. November 16Y2h Beben der Kirchheimer Gegend. 12. >■> 22i/2h im Bezirke Tschernembl. 14. » 1011 lö"1 in Laibach, unsichere Beobachtung. 27. » 1072h in Zeyer bei Zwischenvvässern. 29. » 4h in Hotitsch. 30. » 4h in Hotitsch und Watsch. 30. » 4V4h in Watsch. 30. » 2V2h in Sava bei Littai. 2. December, 231/2h im Hügellande östlich vom Laibacher Becken. 3. December, lT^SS im Laibacher Becken. 7. 0h 3/±h Beben der Umgebung von Kirchheim. 23. » 17h llm in Laibach. Aus dieser Chronik lasst sich entnehmen, dass die beiweitem meisten Erschütterungen im Oberkrainischen Becken, sowie dem östlich anschliessenden Hügellande stattfanden, und dass wahrscheinlich da wie dort verschiedene Stosspunkte activ sind. Von 36 seismischen Störungen erfolgten nur 7 in anderen Theiles des Landes. Insoferne bietet der betrachtete Abschnitt der Chronik ein getreues Abbild des bisherigen Verlaufes der Osterbebenperiode Krains. Entsprechend der unregelmässig intermittirenden Bethätigung der unterirdischen Kraft, tritt auch der Stosspunkt bald im Laibacher diluvial-tertiärem Becken, bald im östlich anstossenden Hügelland auf, dazwischen finden einzeln eingeschaltete Erschütterungen der weitern Umgebung statt. Das stärkste und umfänglichste Beben dieses Halbjahres ist jenes vom 7. September, lu 46m. Wie bereits in unserer Übersicht im unmittelbaren Anschlüsse an die Meldungen der erschütterten Orte erörtert wurde, deckt sich das oval um- grenzte Schüttergebiet nahezu mit dem Umrisse der »Zone sehr starker Beschädigung (stellenweise Deckeneinstürze etc.)« in F. E. Suess' Isoseismenkarte des Osterbebens 1895 (1. c ). Die epicentrale Region ist aber durch die Meldungen der beiden Orte Aich und Egg gegeben, welche, von einander 6 km entfernt, auf einer in das Hügelland hineingreifenden Ausbuchtung der Laibacher Schotterebene liefen. Es ist demnach verständlich, 416 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. dass die Schütterfläche im Streichen des Hügelzuges sich ost- wärts ausbreitet und dadurch ihre Längsaxe bestimmt wird. Ebenso begreiflich ist es aber auch, dass sie in westlicher Richtung vom Epicentrum auf der lockeren diluvialen Auf- schüttung der Save-Ebene gegen die Umrisse dieser selbst ausgreift, wodurch sich die Schütterfläche auf der Ebene oval verbreitert und hier ihren grössten Querdurchmesser erhält. Wäre die Erregung des Herdes vom 7. September, lh 46m wesentlich energischer gewesen, so ist es recht wohl denkbar, dass die Wirkungen derselben auf der Save-Ebene durch die lockere Beschaffenheit des Untergrundes so sehr gesteigert worden wären, dass auf der Ebene eine pleistoseiste Region neben der epicentralen (in der Gegend von Aich-Egg) zu Stande gekommen wäre. Man könnte daher die Möglichkeit ins Auge fassen, dass die eigenthümliche Form der innersten zwei Isoseismen der zerstörenden Haupterschütterung der Osternacht des Jahres 1895 in analoger Weise zu Stande kam. Darnach wäre durch den combinirten Einfluss der lockeren Beschaffenheit des Untergrundes der Save-Ebene und des nahe ihrem Ostrande gelegenen Epicentrums die pleistoseiste Region in die Ebene verlegt worden, und die Lage des letzteren mitten in der Ebene wäre nur eine Täuschung. Wenn das Epicentrum thatsächlich dem Westende des Hügelzuges Aich — Tüffer an- gehört, so entfällt gleichzeitig das Räthselhafte der grossen Intensität des Hauptbebens in diesem Hügelzuge. Die einfacheren Verhältnisse der weniger heftigen Äusserung der unterirdischen Energie am 7. September 1898 würden gemäss obiger Ver- muthung ein Licht werfen auf den durch Complicationen ge- trübten Verlauf der viel stärkeren Kraftäusserung vom 14. April 1896 auf eben demselben Terrain. Eine Complication zeigte sich auch am 7. September 1898 dadurch, dass Woditz, wohl in Folge besonderer localer Ver- hältnisse, nicht viel weniger erschüttert erscheint als die epi- centrale Region, und doch liegt die genannte Ortschaft nur 6 km entfernt von dem Pfarrdorf Flödnigg, in welchem das Beben nicht die Energie besass, sich bemerbar zu machen. Ein zusammenfassender Überblick auf die sub 1, 2 und 3 hervorgehobenen Merkmale der Laibacher Osterbebenperiode F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1S95— 1898. 417 scheint zu zeigen, dass dieselben sich in befriedigender Weise zurückführen lassen auf jene Factoren, welche nach dem dermaligen Stande der Erdbebenkunde für die Verbreitung und die Aufeinanderfolge der Beben als massgebend angesehen werden, nämlich: die physische Beschaffenheit des Untergrundes, der tektonische Aufbau des Schüttergebietes und seiner Um- gebung und die gegenseitige Beeinflussung der seismischen Phänomene im Sinne der von Las au lx gegebenen Erklärung für Relaisbeben. Ein weiteres Merkmal der in Rede stehenden Erscheinungs- reihe liegt in dem Verlaufe des absteigenden Astes der Curve der seismischen Activität. In der zweiten Aprilhälfte des Jahres 1895 noch alltägliche Ereignisse, werden die Erdbeben in Krain in den folgenden Monaten seltener, doch nicht in dem Maasse, welches das recht unvollständige Nachrichtenmateriale (Tabelle I) zeigt. Das Jahr 1896 dürfte thatsächlich ein beträcht- liches Abflauen der unterirdischen Thätigkeit in Krain bedeuten. Während der beiden nachfolgenden Jahre 1897 und 1898 lebt jedoch dieselbe wieder auf und erzeugt am 15. Juli 1897 neuer- dings eine ungewöhnlich intensive Erschütterung, deren pleisto- seiste Region das diluvial-tertiäre Laibacher Becken bedeckt, und welche in der Landeshauptstadt einen Schaden an Ge- bäuden im Betrage von 174.000 Gulden verursacht. Der ab- steigende Ast der Curve, welche die allmälige Abnahme der seismischen Activität darstellt, zeigt also in seinem Verlaufe beträchliche Unregelmässigkeiten und zieht in der zweiten Hälfte des Jahres 1898 kaum in geringerer Entfernung an der Abscisenaxe vorbei, als in der gleichen Hälfte des Jahres 1896. Das Erlöschen der seismischen Thätigkeit, oder vielmehr die Rückkehr des normalen seismischen Zustandes, demzufolge sich im Durchschnitte alljährlich nur wenige schwache Beben auslösen, ist erst in der Zukunft zu erwarten. Eine Gruppirung der seismischen Ereignisse aus den Jahren 1897 und 1898 nach ihrer Intensität, sowie nach der Grösse der Schüttergebiete kann in einer (so gut als überhaupt zu beanspruchen ist) einwandfreien Weise nicht durchgeführt werden. Zu solchem Zwecke müssten vor Allem die jeweiligen Schütterareale srut bekannt und durch negative Nachrichten 418 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. umgrenzt sein. Es scheint aber bereits eine flüchtige Durchsicht der Chroniken zu zeigen, dass die schwächsten und gleichzeitig am wenigsten umfänglichen Erschütterungen die häufigsten sind, sowie dass die Frequenz bei zunehmender Intensität und Verbreitung der Beben rasch abnimmt. Es dürfte sich hierin ein wesentliches Merkmal der Bethätigungsweise der unter- irdischen Kraft bekunden. Eine jährliche Periodicität der Bebenhäufigkeit aus den genannten zwei Jahren ist gemäss Tabelle III und IV insoferne zu erkennen, als das Winterhalbjahr eine beträchlich lebhaftere Frequenz aufweist als das Sommerhalbjahr (October bis März 253 Erschütterungen an 131 Tagen, April bis September 205 Erschütterungen an 105 Tagen). Es bestätiget sich hiedurch eine aus den statistischen Zusammenstellungen der Erdbeben verschiedener Länder hervorgehende Erfahrung, wonach die Bebenhäufigkeit grösser ist zur Zeit der Sonnennähe der Erde, als zur Zeit ihrer Ferne. Den Zusammenhang der seismischen Phänomene mit der kosmischen Constellation stellt man sich nach Hoernes, 1. c. S. 427, höchstens als einen indirecten, etwa durch die Veränderungen in der irdischen Atmosphäre vermittelten vor. Um einer etwaigen täglichen Periodicität der Erderschütte- rungen näher zu treten, wurden dieselben aus den Chroniken pro 1897 und 1898 nach den Tagesstunden, in welchen sie bemerkt wurden, zusammengestellt, und es ergaben sich die Tabellen V und VI. Fasst man in denselben die Zahlen der Jahrescolumnen in entsprechender Weise zusammen, so zeigt sich, dass von den 458 Erschütterungen, welche in dem zwei- jährigen Zeiträume gemeldet wurden, 115 in der Zeit von 8'1 Morgens bis 8h Abends aufgetreten sind, das ist 25* 1% der Ge- sammtsumme. Die übrigen 343, das ist 74*9%' wurden in der Zeit von 8h Abends bis 8h Morgens beobachtet. Die Zahl der nächtlichen Erderschütterungen ist also dreimal so gross als die Zahl der während der Thätigkeit des Menschen auftretenden Erschütterungen, wenn man den Tag in obiger Weise gleich- massig für das ganze Jahr in zwei Hälften theilt. In auffallender Übereinstimmung damit vertheilen sich die Erderschütterungen der Schweiz, welche in den 12 Jahren 1880 — 1891 beobachtet F. Seidl, Laibacher Osterbebenperiode 1895-1898. 419 wurden; 74% derselben entfallen auf die Zeit der Ruhe, 26°/0 auf jene der Thätigkeit des Menschen (8h—20h) (Früh, Erd- beben der Schweiz, Annalen der Schweiz, meteorol. Central- anstalt, 1891). Die geringste Zahl der Bebenmeldungen Krains in dem betrachteten Zeitraum entfällt auf die ersten Nach- mittagsstunden (12h — 15h), etwa 1 -3% Pr° Stunde, am Abende steigt die Bebenfrequenz rasch an, und erreicht etwa um 3h nach Mitternacht das Tagesmaximum (3h — 4n, 9' 4%), um hierauf so rasch abzufallen, dass sie bereits um 7U morgens nahe dem nachmittägigen Minimum ist. Diese eigenthümliche Periodicität ist vielleicht gar nicht eine der seismischen Action angehörige Erscheinung, sondern möglicherweise dadurch zu erklären, dass viele Erderschütterungen von den Menschen beim Tagesgeräusch überhört werden, während die ruhige Lage im Bette gerade für die Wahrnehmung günstig ist. Allerdings kann auch dieser bekannte Versuch, die sonderbare Gestaltung der Tagescurve der Bebenfrequenz zu erklären, nicht befriedigen. Die Lösung der Frage bleibt wohl der Beobachtung mit Hilfe selbstregistrirender Instrumente vorbehalten. (Man vergleiche in dieser Angelegenheit den Abschnitt: »Periodicität der Erd- stösse« in F. Becke, Das Graslitzer Erdbeben vom 24. October bis 25. November 1897, Mittheilungen der Erdbeben-Com- mission, Heft VIII.) 420 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. I. "Übersicht der zeitlichen und räumlichen Vertheilung der Erd- beben Krains vom 16. April bis 31. December 1895 nach nicht planmässig gesammeltem unvollständigen Beobach- tungsmateriale. 3 < u u .Q J2 s > S O o 0) 55 Q Laibacher Becken. . . Laibacher Becken, Hotederschitz, Adelsberg etc Laibacher Becken, Altlag bei Gottschee Laibach Laibach-Dobrova . . . Laibach, Radmanns- dorf Dobrova . Laibach. Heil. Kreuz Laibach, Möttnig . . . Laibach, Frasslau. . . Laibach, Rudolfswert, Idria Laibach , Dobrova, Barthelmä,Radovica Egg, Stein Egg Egg, Möttnig Egg, Salloch Egg, Heil. Kreuz .... Egg, Stein, Heil. Kreuz Egg, Stein, Adelsberg Egg, Adelsberg Egg, Loitsch Egg, Idria Egg, Istrien Stein Stein, Möttnig 15 5 25 24 19 F. Sei dl, Laibacher Osterbebenperiode 1895 — 1898. 421 < '3 c 3 3 m 3 bO 3 < E 0) O, in S o O X! B > o •z 0) E S o o o o | o. < in Laibacher Becken . . Hügelland, davon Laibach Dobrova Jezica . Preska . Zeyer . Woditz Krainbu Aich . . östlich 5+1? 1? 1? 7+1? 1? 21+6? 1 3 1 1 1 3 8 F. Seidl, Läibacher Osterbcbcnpcriode 1895—1898. 427 O (U Z Q Jauchen St. Martin bei Stein . . Ober-Tuchein Kraxen St. Gotthard Islak und St. Gotthard Möttnig Ratschach Watsch Suva Littai Littai und St. Marein Hotitsch , Kropp , Lees und Brezovica . , Temenitz-Gebiet . . Sittich Trebelno Gurkgebiet bei Wal- tendorf Waltendorf Seisenberg Ajdovec Hinnach Rudolfswert St. Margarethen .... Gurkfeld Catez Lahinja-Gebiet .... Tschernembl Möttling Rinnsee-Gebiet . . . Schalkendorf bei Gottschee 428 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. £2 r B -_> ü D Z a Mitternacht 0—1 1—2 2—3 3—4 4—5 5—6 6—7 7—8 8—9 9—10 10—11 11—12 Mittag 12—13 13—14 14—15 15—16 16—17 17—18 18—19 19—20 20—21 21 22 22 23 23—24 »Nachts<, ohne näher gäbe Summe An- 1 1 + 1? 1 1 1 1 1 4 6 2 1? 3(i 28 16 29+2? 11 32 9 12+1? 21 21 15 11 10 7 4 2 4 6 9 16 5+1? 13 16 14 22 23 262+2? 430 F. Seicil, Laibacher Osterbebenperiode 1895— 189S. VI. Die Erderschütterungen Krains im Jahre 1898. Vertheilune über die Tagesstunden. Stunde o ja 'S ,_, X s 03 EL, 0) > 3 •j o & <-> — J < in O z ! Mitternacht 0—1 . 1 — 2 . 2—3 . 3 — 4 . 4—5 . 5—6 . 6—7 . 7—8 . 8—9 . 9—10. 10—11. 11 — 12. Mittag 12 — 13. 13—14. 14—15. 15—16. 16—17. 17—18. 18—19. 19—20. 20—21. 21 22 . 22—23. 23 — 24 Summe 19 4+1? 1 1 3 42+1? 1? 1 1 ? 1 4 1 1 38-2? 8 3 6+1? 6 45+1? 1? 9+1? 1 + 1? 1 9+1? 14 16 22 20 17+1? 8 o 1 9 1 + 1? 6 2+1? 3 6+1? 3+1? 7 5 4+1? 8 13 8 14 196+6? 431 XIII. SITZUNG VOM 12. MAI 1899. Das vv. AI. Herr Prof. Zd. H. Skraup übersendet vier im chemischen Institute der k. k. Universität in Graz ausgeführte Untersuchungen, betitelt: 1. »Über Pseudocinchonin und das Verhalten von Hydrochlorcinchonin«, von F. v. Arlt. 2. »Über den Glutakonsäureester. I.«, von Ferdinand Henrich. 3. »Isomerien in der Cinchoningruppe«, von Zd. H. Skraup. 4. »Über Umlagerungen«, von Zd. H. Skraup. Das c. M. Herr Prof. H. Molisch in Prag übersendet eine Arbeit unter dem Titel: »Botanische Beobachtungen auf Java; IV. Abhandlung: Über Pseudoindican, ein neues Chro mögen in den Cy s toi ithenz eilen von Acanthaceen«. Das c. M. Herr Hofrath Prof. A. Bauer übersendet eine im Laboratorium des k. k. technologischen Gewerbemuseums in Wien ausgeführte Arbeit von Prof. Dr. v. Georgievics in Bielitz: »Über die Condensation von Bernsteinsäure- anhydrid und Pyrogallol«. Herr Prof. V. Hilber in Graz übersendet eine im geo- logischen Institute der dortigen Universität ausgeführte Abhand- lung des Herrn cand. phil. Karl Bauer: »Zur Conchylien- fauna des Florian er Tegels«. 432 Der prov. Secretär legt eine Arbeit von Herrn Ing. Hermann Büttner in Temesvar vor, welche den Titel führt: »Die natürliche Entwicklung des Dreiecks«. Seine Hochvvürden, Herr P. Franz Schwab, Director der Stiftssternwarte in Kremsmünster, übersendet einen Berich't über die am Ehlert'schen Seismographen der kais. Akademie der Wissenschaften im April 1899 zu Kremsmünster ange- stellten Beobachtungen. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. F. Mertens überreicht folgende zwei von ihm verfasste Arbeiten: 1. »Zur Theorie der symmetrischen Functionen«. 2. »Beweis, dass jede lineare Function mit ganzen complexen theilerfremden Coefficienten unend- lich viele complexe Primzahlen darstellt«. Das w. M. Herr Prof. F. Becke legt eine Arbeit vor, betitelt: »Über die optische Orientirung des Anorthits«. Das w. M. Herr Hofrath K. Toi dt überreicht eine Arbeit aus dem I. anatomischen Institute der k. k. Universität in Wien von dem Demonstrator Herrn Josef Wiesel, betitelt: »Über accessorische Nebennieren am Nebenhoden beim Menschen und über Compensations-Hypertrophie dieser Organe bei der Ratte«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang legt eine Arbeit vor, betitelt: »Magnetische Orientirung einer Anzahl einaxiger Krystalle«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: K. k. Landesschulrath in Lemberg: Sprawozdanie c. k. rady szkolnej krajowej o stanie szöt srednich galicyjskich, 1897/8. — Sprawozdanie c. k. rady szkolnej krajowej o stanie szköl przemyslowych, 1897/8. 433 K. k. Landesschulrath in Lemberg: Sprawozdanie c. k. radyszkolnej krajowej o stanie wychowania publicznego, 1897/8. Fritsche, Dr. H.: Die Elemente des Erdmagnetismus für die Epochen 1600, 1650, 1700, 1780, 1842, 1885 und ihre säcularen Änderungen, berechnet mit Hilfe der aus allen brauchbaren Beobachtungen abgeleiteten Coefficienten der Gauss'schen »Allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus«. St. Petersburg, 1880; 8°. S tos sich AI.: Filarie e spiroptere. Triest, 1897; 8°. „ 434 Optische Orientirung des Anorthits vom Vesuv von F. Becke, w. M. k. Akad. (Mit 1 Tafel.) (Vorgelegt in der Sitzung am 12. Mai 1899.) C. Klein hat jüngst in einer in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie publicirten Abhandlung1 unter Hinweis auf die mangelnde Übereinstimmung in den Angaben verschiedener Forscher über die Orientirung des Anorthits neue Beobach- tungen an Anorthitkrystallen von der Somma publicirt. Dies veranlasste mich, einige nach ganz anderer Methode angestellte Messungen hervorzusuchen, welche ich schon im Jahre 1895 aus den gleichen Gründen angestellt hatte, und ich meine um so weniger mit der Publication derselben zurückhalten zu sollen, als Wiederholungen dieser Messungen mit neuem Material eine sehr gute Übereinstimmung mit den 1895 ge- wonnenen Resultaten erkennen liessen. Auch bin ich der Meinung, dass verschiedene theoretische Probleme, welche insbesondere von französischen und russi- schen Forschern in Angriff genommen wurden, so lange keine einwurfsfreie Erledigung finden können, als bezüglich der wichtigsten Beobachtungsgrundlagen noch ein so hohes Maass von Unsicherheit herrscht, wie es durch die Publication C. Klein's neuerdings vor die Augen gestellt wird. Zur Be- hebung dieser Unsicherheit beizutragen, schien mir die Ver- öffentlichung meiner Messungen geeignet. 1 Sitzungsber. der Berliner Akademie, 1899, XIX, 13. April. Optische Orientirung des Anorthits. !•>•> Die Beobachtungen bestanden in der Fixirung der im Gesichtsfelde des Mikrokonoskops auf Spaltblättchen nach M und P sichtbaren optischen Axe nach Azimut und Central- distanz mittelst Camera lucida und gleichsinnig drehbaren Zeichentischchens, welche Methode der Beobachtung vor mehreren Jahren beschrieben1 und seither von mir und meinen Schülern häufig angewendet wurde. Diese Methode besteht, kurz wiederholt, darin, dass auf das Ende des Mikrokonoskops eine Camera lucida aufgesetzt wird, deren Spiegel unter 45° eingestellt ist. Genau senkrecht unter der Drehungsaxe des Spiegels befindet sich ein dreh- bares Zeichentischchen, das mit einer Theilung versehen ist. Der Beobachter sieht das Interferenzbild auf die Mitte des Zeichentischchens projicirt. Durch gleichsinnige Drehung von Object- und Zeichentisch können dem schwarzen, das Axen- bild durchsetzenden Balken verschiedene Stellungen gegeben werden. Der Durchschnittspunkt der auf dem Zeichenblatte verzeichneten Balkenlagen entspricht dem Axenpunkt. Wird dieselbe Operation in einer um 180° verwendeten Stellung des Zeichentischchens wiederholt, so gibt die Entfernung der beiden Axenpunkte nach Multiplication mit der Constanten des Instrumentes den Winkelabstand von der optischen Axe des Instruments. Durch eine Änderung in der Einstellung des Mikroskopes kann man im selben Gesichtsfelde die zur Messung des Azi- mutes erforderliche Kante M/P zu Gesicht bekommen, und die Richtung derselben auf dasselbe Zeichenblatt übertragen. Der Winkel, welchen die Verbindungslinie der beiden Axenpunkte mit der verzeichneten Kantenrichtung einschliesst, ist das Azimut. Besondere Sorgfalt wurde darauf verwendet, die bei solchen Messungen möglichen Fehler zu vermeiden. Voraussetzung einer richtigen Messung sind: 1. Die Plattennormale muss mit der Drehungsaxe des Objecttisches zusammenfallen. 1 Tscherniak's mineralog. und petrograph. Mittheil., Bd. XIV, 563, 1895; Bd. XVI, 180, 1896. 436 F. Becke, 2. Die Drehungsaxe des Objecttisches muss mit der opti- schen Axe des Mikroskopes zusammenfallen. 3. Der Mittelpunkt des Spiegelbildes vom Zeichentisch muss mit der optischen Axe des Mikroskopes zusammenfallen. 4. Die Ebene des Zeichentisches muss auf der Mikroskop- axe senkrecht stehen. Die Bedingung 4 braucht nur mit einer Annäherung erfüllt zu sein, welche zu erreichen keine Schwierigkeiten hat. Zur Erfüllung von 1 wurde folgendes Verfahren an- gewendet: Es gelangten Objectträger zur Verwendung, welche nach Prüfung ziemlich genau planparallel waren, und es wurden die Spaltstücke so auf dem Objectträger befestigt, dass das von der zu untersuchenden Spaltfläche gelieferte Reflexbild einer Flamme mit dem vom Objectglas gelieferten zusammenfiel. Hiedurch wurde erreicht, dass die Normale der Spaltfläche senkrecht auf der Ebene des Objectträgers stand. Da ein weiterer Fehler noch bei der Auflagerung des Objectträgers auf den Objecttisch erfolgen kann, wurde nach jeder Beobachtungs- reihe der Objectträger um 180° in seiner Ebene herumgedreht und die Beobachtungsreihe wiederholt. Die Bedingung 2 ist wohl durch die Construction des Mikroskopes annähernd erfüllt; ein merklicher Fehler kann aber doch vorhanden sein; um ihn zu eliminiren ist es nur erforderlich, jede Beobachtung zweimal zu machen, in zwei um 180° verwendeten Stellungen des Objecttisches. Die Bedingung 3 kann durch die Centrirschrauben des Zeichentisches mit hinlänglicher Genauigkeit erfüllt werden. Die Beobachtungen ergaben unmittelbar das Azimut der Axe gegen die O-Richtung, die Kante M/P und die scheinbare Winkelentfernung der optischen Axe mit der Normalen der Spaltfläche in linearem Maasse. Um den wahren Winkel ab- zuleiten, ist die Kenntniss des Brechungsexponenten von Anorthit erforderlich. Es genügt aber schon eine beiläufige Kenntniss desselben zur Construction. Bei den Messungen wurde ß zz 1-58 angenommen. Die Messungen waren im Sommer 1895 in Prag mit einem Mikroskop von Fuess, Modell II, angestellt worden und hatten ergeben: Optische Orientirung des Anorthits. 43/ Position der Axe B aufP(OOl), Azimut —16°, Centraldistanz 20V2°- Position der Axe .4. aufM(OlO), Azimut -f- 5°40', Centraldistanz 27°. Gemessen wurden Spaltstücke von Anorthit der Somma von derselben Stufe, die ich im Jahre 1894 zur Ermittlung der optischen Axe B des Anorthits verwendet hatte.1 Da die hienach bestimmten Positionen weder mit den älteren Angaben von Fouque, v. Fedorow und Michel Levy, noch mit den Angaben von Klein gut übereinstimmten, habe ich diese Messungen vor Kurzem mit Spaltblättchen von Anorthit vom Vesuv wiederholt, die bereits meinem Freunde Max Schuster zu seinen Untersuchungen gedient hatten; dieselben werden im mineralogisch-petrogfaphischen Institute der Wiener Universität als eine kostbare Hinterlassenschaft aufbewahrt und wurden mir von Herrn Hofrath G. Tschermak gütigst zur Untersuchung anvertraut. Die Wiederholung der Messungen ergab eine vorzügliche Übereinstimmung mit den Messungen von 1895, sowie mit den Messungen, welche ich 1894 ander Axe B auf P nach einer im Princip identischen, in der Ausführung verschiedenen Methode angestellt hatte: Position der Axe. 4 auf.V(OTO) Position der Axe B auf P(001) Azimut Centraldistanz Azimut Centraldistanz 1894 — - 1895 +5-7° 27° 1899 +6*5 26-5 - o — 17-5° 21 -2 — 16 20-5 — 17-5 20-2 — 18-9 21 — 18-2 20-5 Mittel ...+6-1° 263/4° —17-6° 20-7° Aus diesen Messungen leiten sich folgende Positions- winkel für die optischen Axen A und B ab: ? = -62-2" , = -2-6' X = +57-9 X =—6-2 1 Tschermak 's mineral. und petrograph, Mittheil., XIV, 424, 1894. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.: CVIII. Bd., Abth. I. 29 438 F. Becke, Hieraus ergaben sich weiter auf graphischem Wege: Der Axenwinkel um die negative Mittellinie a 2I/=76'3°, die Auslöschungsschiefe auf M ■= — 38-2° (gemessen 37 -6°), auf P = — 40-0° (gemessen 404). Ferner ergibt sich die Aus- löschungsschiefe auf e (021) zu 59 -8° in naher Überein- stimmung mit Klein's und Schuster's Beobachtungen; die Positionen der Mittellinien a und 7 (vergleiche die Tabelle und die Tafel, in welcher die hier ermittelten Positionen der Axen und Mittellinien durch volle Punkte eingetragen sind); endlich die 7/ entsprechenden Auslöschungsschiefen in Schnitten senk- recht zu den Mittellinien, und zwar senkrecht zu n. jz 31°, senkrecht zu 7 =. 55°. Wenn man aus Klein's Angaben1 die Position der Axen und Mittellinien ableitet und in die Protection einträgt, wie auf der Tafel auf graphischem Wege geschehen ist, so zeigt sich eine recht gute Übereinstimmung in der Position der ersten Mittellinie a, dagegen weichen die Positionen der Axen und der zweiten Mittellinie noch merklich ab. Aus den Angaben Klein's würde folgen, dass die Axe A noch etwas näher an die Normale von Af(010) heranrückt als Axe B an P(001). Dies ist bestimmt nicht richtig. Schon Schuster hat beobachtet und S. 213 seiner berühmten Arbeit ausdrücklich hervorgehoben, dass die Axe B der Normalen von P näher kommt als die Axe A der Normalen von .1/. Ja, selbst das Maass dieses Unterschiedes hat er auf den Figuren 7 a und 7b, Taf. II ziemlich genau so dargestellt, wie es meine Messungen ergeben. Die Distanz des Axenpoles vom Mittel- punkte der Figur beträgt bei dem Bilde für M 12x/2 ;;////. für P 1 1 mm. Diese Zahlen verhalten sich ziemlich genau wie sin 26°: sin 23°. (Nebenbei sei bemerkt, dass diese Figuren selbst das Azimut der Axen gegen die Orientirungsfiguren 1 und 2 nicht nur dem Sinne nach richtig, sondern auch beiläufig der Grösse nach entsprechend darstellen, ein neuer Beweis für die ausserordentliche Zuverlässigkeit der Beobachtungen von Max Schuster.) M. Levy's Diagramm, ebenso die Projectionen von Viola und v. Fedorow setzen dagegen Axe A in zu grosse Ent- 1 L. c. S. 35S. Optische Orientirung des Atiorthits. !•'' • fernung von Pol AI, so dass in Konoskopen normaler Apertur die Axe ausserhalb des Gesichtsfeldes fiele. Klein gibt an, dass die positive Mittellinie y auf e (021) senkrecht stehe, und beruft sich auf Schuster, der allerdings an einer Stelle (S. 215) davon spricht, dass die positive Mittel- linie geradezu senkrecht auf e(021) austritt, weiterhin aber einschränkend sagt (S. 215, Mitte): »Dieselbe (die Axenebene) steht auf der Fläche e nahezu oder genau senkrecht«. Meine Beobachtung und die daranschliessende Construction versetzt y allerdings näher an e als M. Levy's und v.Fedorow's Diagramme, lässt aber zwischen y und e noch immer einen Zwischenraum von circa 5°. Eine Divergenz von diesem. Aus- maasse kann leicht übersehen werden, zumal Klein's Platten laut Angabe 1 mm dick waren. Bei solcher Dicke wird das schwarze Kreuz der Interferenzfigur ziemlich breit und ver- waschen und erschwert eine scharfe Controle, ob der Mittel- punkt desselben mit dem Mittelpunkte des Gesichtsfeldes zu- sammenfällt. Eine wirksame Controle wäre da nur durch die Methode der Autocolimation möglich. Abgesehen von diesen Abweichungen stimmen andere Punkte auffallend mit Klein's Beobachtungen. Vor Allem die Lage der Axe B links von der Medianebene. Diese Situation hatten meine Messungen schon 1894 ergeben, und ich habe die Richtigkeit dieser Beobachtung später durch eine Art Differen- tialmethode erproben können,1 indem ich die Position der Axe B in Zwillingslamellen nach dem Albitgesetz am Anorthit von Pesmeda ermittelte. Der von den optischen Axen B ein- geschlossene Winkel wurde zu 61/2° gemessen. Dass dabei die Axe B links von der Medianebeire der Projection liegt, folgt aus dem Umstände, dass die Kreuzung der beiden ins Gesichtsfeld eingezeichneten Axenebenen in dem zwischen B und der positiven Mittellinie 7 gelegenen Abschnitt erfolgt. Bei gesteinsbildenden Plagioklasen habe ich eine solche Lage der Axenebenen bisher nicht wahrgenommen, immer fand die Kreuzung in dem zwischen B und 7. liegenden Abschnitte der 1 Tschermak's Mineralogische und petrographische .Mittheilungen, XIV, S. 565. 29* 440 F. B e c k e . Axenebene statt. Reine Anorthite scheinen darnach als Gesteins- gemengtheile sehr selten vorzukommen. Übereinstimmung herrscht ferner betreffs der Auslöschungs- richtung auf £(021), welche Klein in Übereinstimmung mit Schuster gleich 6072o fand, während die Construction aus den direct gefundenen Axenpositionen 59 "8° gibt. Sehr nahe kommt ferner die Winkeldistanz meiner Axenpositionen (76-3°) dem von Klein ermittelten Werthe 2 V — 76° 30'. Die angehängte Vergleichstabelle gibt die bis jetzt publi- cirten Orientirungen des Anorthits.1 Sie sowohl, wie die Tafel, welche die in der Tabelle aufgeführten Daten graphisch ver- anschaulicht, lässt erkennen, dass weitere Beobachtungen nicht ganz überflüssig wären, ehe man daran geht, eine Theorie der optischen Eigenschaften isomorpher Mischungen aus dem Ver- halten der Feldspathe zu prüfen. Von besonderem Interesse wäre namentlich die Prüfung von Schliffen annähernd senkrecht zur Verticalaxe von Karls- bader Zwillingen des Anorthits vom Vesuv. Trotz eifrigen Suchens habe ich in den mir zugänglichen Sammlungen keinen finden können. Vielleicht geben diese Zeilen Anlass, dass ein Fachgenosse, der im Besitze eines solchen Krystalles ist, sich der erforderlichen Beobachtung unterzieht oder mir ihn zur Untersuchung überlässt. Ein solcher Zwilling würde mit noch grösserer Schärfe, als bisher zu erreichen war, die Position der Axe B zu ermitteln erlauben. Ich hege allerdings die Hoffnung, dass bei weiterer Prüfung sich herausstellen werde, dass die hier angegebenen Positionen der optischen Axen des Anorthits der Wahrheit näher kommen als die anderen Angaben, weil sie unmittelbarer gewonnen sind, und weil bei der von mir verwendeten Methode die Fehler vermieden werden können, die bei Herstellung von orientirten Schliffen schwer zu umgehen sind, indem die Beobachtungen 1 Ausgelassen sind die Angaben von Viola, Zeitschr. für Kryst., XXX, 4.">. Fig 7, welche nicht auf eigenen Untersuchungen beruhen. Auch habe ich keinen Versuch gemacht, die Angaben von Fouque für die Construction zu verwerthen, da dieselben sich vielfach widersprechen (vergl. Fedorow, Zeit- • für Kryst., XXIX, 628). Optische Orientirung des Anorthits. 441 an den von der Natur selbst dargebotenen Spaltflächen an- gestellt werden. Die Tafel beansprucht nur jenes Maass von Genauigkeit, welches beim graphischen Verfahren erreicht werden kann, welches aber, wie eben der Anblick der Tafel lehrt, noch weit höher ist als dass Maass der Übereinstimmung in den Angaben verschiedener Forscher. Vergleichstabelle. Bezeichnung A B a ■; 2V in der Tafel v. Fedorowl..

ix Nachts, wurde eine Er- schütterung durch die Jägerin beim Dietl, Helene Hackl, wahrgenommen«. Aus Salzburg und Kärnten kamen durch die Herren Prof. Eberhard Fugger und Oberbergrath Seeland vollkommen negative Berichte, und auch von der Erdbebenwarte an der k. k. Staatsoberrealschule in Laibach theilte Herr Prof. Albin Belar mit, dass daselbst eine Wahrnehmung des obersteirischen Bebens vom 27. November nicht möglich war. Wie aus dem nachstehenden Bericht der Erdbebenwarte hervorgeht, waren an den empfindlicheren Instrumenten derselben am 26. und 27. November anderweitige Schwankungen ersichtlich, welche theils mit dem hohen Seegang der Adria, theils mit localen Stössen heftigen Sturmwindes zusammenhingen: R. Hocrnes, Das obersteirische Beben vom 27. Nov. 1898. 45< Am 26. d. AI., gegen Mittag, verzeichneten die empfind- licheren Instrumente der Erdbebenwarte ein leichtes Schwanken des Bodens, welches sich zwischen der 1 1. und 12. Stunde Vor- mittags mehrere Male wiederholte. Dem Bewegungscharakter nach zu urtheilen, dürften diese leichten Schwankungen des Bodens vom hohen Seegang an der Adria herrühren. Ahnliche Beobachtungen wurden an der Erdbebenwarte schon wiederholt gemacht, insbesonders schon am 17. October 1. J., an welchem Tage durch 10 Stunden der Mikroseismograph die Bewegungen des Bodens nachbildete. Auch gestern waren die Instrumente den ganzen Tag in Thätigkeit. Die starken localen Windstösse versetzten das Gebäude in eine Zitterbewegung, welche von den Instrumenten sehr deutlich verzeichnet wurde; zugleich konnte man eine deutliche Wiedergabe langsamer, sehr flacher Bodenwellen verfolgen, wie solche etwa gelegent- lich sehr ferner Beben an unseren Apparaten beobachtet wurden. Diese lang andauernden, leichten Schwankungen des Bodens, nicht unähnlich einer »todten See«, sind in diesem Falle vom Wogengange der Adria, als auch vom Anpralle des Windes an den festen Boden hervorgerufen worden. Diese An- nahme ist durch den Umstand begründet, dass am 26. d. M. die Apparate die charakteristische Bodenbewegung 4 Stunden früher anzeigten, bevor ein localer Wind bemerkbar war«. Überdies theilte Herr Prof. Albin Belar noch ausdrücklich folgende negativen Bemerkungen mit: »Am 27. November konnte gegen lh 30m nicht die mindeste Störung an den Instrumenten der Erdbebenwarte constatirt werden. Gegen 7h Früh konnte auch nichts bemerkt werden, da die Instrumente in Folge des Sturmwindes in beständiger Unruhe waren«. Die letztere Bemerkung bezieht sich auf das unten zu erörternde Nachbeben, welches in Obersteiermark an ziemlich vielen Orten wahrgenommen wurde und von welchem auch eine eventuelle Fernwirkung vermuthet werden konnte. III. Vor- und Nachbeben. Als »Vorbeben« könnte man mit einiger Berechtigung das am 25. November 1898 zwischen 2h und 3h Nachmittags 458 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. in Innerstoder wahrgenommene Beben bezeichnen, wenn der nicht ganz bestimmt lautenden Meldung wirklich eine Erd- erschütterung zu Grunde liegt, was allerdings einigermassen zweifelhaft ist, da die im vorhergehenden Abschnitte mitgetheilte Wahrnehmung sich nur auf ein dreimaliges Donnern, ähnlich dem der Schneelawinen, beschränkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich in der That um ein Erdbeben, und zwar um ein Vorbeben der Erschütterung, welche am 27. November von der Linie des Palten- und des Liesingthales ausging, handle, wird lediglich dadurch bedingt, dass Innerstoder nahe der Verlänge- rung dieser Linie liegt und die Erschütterung vom 27. November, wie es scheint, thatsächlich in Innerstoder wahrgenommen wurde. Allerdings stimmt die Zeitangabe nicht genau überein, denn nach der im vorhergehenden Abschnitte mitgetheilten Meldung des Herrn Schulleiters J. Augerhofer wurde die Erschütterung in Innerstoder am 27. November um ^/.fl1 Nachts wahrgenommen — also gerade um eine Stunde später als in Steiermark. Immerhin könnte ein Irrthum in der Zeitangabe, oder ein bis zu einer Stunde ungenauer Gang der betreffenden Uhr angenommen werden, doch bleibt es auch dann zweifelhaft, ob am 25. November Nachmittags in der That ein Vorbeben stattfand, da eine anderweitige Bestätigung der oben angeführten Wahrnehmung nicht vorliegt. Dass das Beben im Semmering — WTechselgebiet vom 26. November mit der Erschütterung der Palten — Liesing-Linie vom 27. November kaum in unmittelbaren Zusammenhang zu bringen ist, scheint hinlänglich klar. Beide Beben dürften nur insofern in Beziehung stehen, als sie beide auf Auslösung von Spannungen an gleichartigen Dislocationslinien eines und des- selben Gebirges zurückzuführen sind, welche Auslösung in beiden Eällen vielleicht durch die Unruhe der Atmosphäre gefördert worden sein mag, die am 26. und 27. November herrschte und im niederen Barometerstand, den Sturmmeldungen und den leichten Bodenschwankungen, welche die Erdbeben- warte in Laibach registrirte, ihren Ausdruck fand. Hingegen dürfte eine gegenseitige Beeinflussung der seismischen Vor- gänge des Semmering — Wechselgebietes und der Palten — Liesing-Linie Ende November 1898 kaum anzunehmen sein, R. HoerneSj Das obersteirische Heben vom 27. Nov. 1S98. 459 da dazwischenliegende, sonst häutig erschütterte Strecken (Mürzlinie) vollkommen ruhig blieben, überdies die Erschütte- rungen beider Gebiete durch einen Zwischenzeitraum von fast 24 Stunden getrennt erscheinen. Ferner ist die Erschütterung von Pux bei Teufenbach, die im vorhergehenden Abschnitte bei dem Hauptbeben vom '27. November selbst angeführt wurde, wohl kaum als Vor- beben zu bezeichnen, wenn sie auch für 12h30m, also um eine Stunde früher als das Hauptbeben, gemeldet wurde, da hier aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich ein Irrthum in der Zeit- angabe vorliegt. Mit vollkommener Sicherheit kann ein einziges Vor- beben nachgewiesen werden, über welches eine ausführliche, mittelst Fragebogen erstattete Meldung des Herrn Districts- arztes August Felber (auf Grund der Wahrnehmungen der Frau Kaltenbrunner, Kaufmannsgattin in St. Lorenzen im Paltenthale) eingelangt ist, welcher die nachstehenden Daten entnommen wurden: Vorbeben am 26. November, circa 21 h 30m zu St. Lorenzen im Paltenthale. Das Beben wurde um 9h 30m Abends in St. Lorenzen, eben- erdig in einem auf Schuttboden stehenden Hause, sowohl von der bereits im Bette befindlichen Frau, wie von vier Kindern wahrgenommen, welch letztere sich erschreckt im Bett empor- richteten. Es war ein starkes Rollen in der Richtung W — E, das Fenster gab ein Geräusch, als ob es aus der Wand gerissen würde und die Personen fühlten sich im Bette geschüttelt. Das Beben soll beiläufig lm gedauert haben. Wenn auch eine weitere Meldung über dieses Vorbeben nicht vorliegt, so sind die obigen Angaben genügend, um mit Bestimmtheit das Eintreten einer Vorerschütterung auf der ungefähr 4 Stunden später von einem stärkeren und ver- breiteteren Beben betroffenen Stosslinie annehmen zu dürfen. Wie gewöhnlich ist die Zahl der Nachbeben eine weit- aus grössere. Solche ereigneten sich noch in den frühen Morgenstunden des 27. November, dann am 1., 3. und 6. De- cember. 460 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 1. Nachbeben am 27. November, 5h 8" . Über diese Erschütterung liegt lediglich eine Meldung aus Hieflau vor, die jedoch so bestimmt lautet, dass ein Irrthum in der Zeitangabe kaum vorausgesetzt werden kann. Der Berichterstatter (Herr Lehrer Valentin Brunner) schreibt in Beantwortung einer Fragekarte: »Auch in unserem Orte wurden zwei Erdbeben verspürt; das erste begann lh 25m und dauerte beiläufig 8S. Die Richtung war von SE nach NW. Dieses Erdbeben wurde von vielen Bewohnern mit Gewissheit constatirt. Das zweite Erdbeben wurde nur von Einzelnen bemerkt. Dasselbe wurde nicht um 7h, sondern um 5h8m wahr- genommen. Schaden wurde durch beide Erdbeben nicht ange- richtet«. 2. Nachbeben am 27. November, 7h. Dieses Beben wurde in Frauenberg bei Unzmarkt, Mariazeil, Murau und Scheiben kurz vor oder um 7'1 Morgens wahrgenommen. Aus Vordernberg ist eine hinsicht- lich des Zeitpunktes unsichere Meldung über ein zweites Beben in der Nacht vom 26. zum 27. November eingelangt. Ferner ist auf die am 27. November, 7h, beobachtete Erschütterung wohl eine Meldung aus Wildalpen zurückzuführen, nach welcher daselbst am 28. November, 7h 10m Früh, ein leichtes Erdbeben verspürt worden sei. Endlich wurde in Baumgarten im Bezirk Friedberg am 27. November ein Beben zwischen 6h und 7h Früh (nach Anderen zwischen 6h und 7h Abends) verspürt. Die betreffenden Meldungen lauten: Frauenberg bei Unzmarkt. Einige Personen wollen um 7'1 Früh eine schwache Erschütterung verspürt haben, welche ich aber nicht beobachtete (Hüttenassistent Victor Rissel). Mariazeil. Das Beben vom 27. November, 7h, beobachtete eine Partei; es schien ihr, als hätte Jemand stark an die Thüre geschlagen (Schulleiter Alois E. Lux). Murau. Von dem Beben um l'1 30m des 27. d. M. hat hier meines Wissens Niemand etwas wahrgenommen. Am selben Tage, ungefähr um 7h Früh, hörten viele Personen ein auf- fallendes Geräusch, das vielfach mit dem Rauschen und Brausen R. Hoernes, Das obersteirische Beben vom 27. Nov. 1898. 4b 1 verglichen wurde, welches vernehmlich ist, wenn Wasser mit grosser Gewalt aus einer Leitung strömt. Eine Anzahl von Personen eilte auf die Gassen und Plätze, und nahmen dieselben, während die Luft in der Stadt unbewegt blieb, auf den Höhen einen ungewöhnlich heftigen Sturm wahr, von welchem Hunderte von Bäumen, ungefähr 60jährige Fichten und Lärchen, geknickt und umgelegt wurden. Hierauf wurde das Brausen zurück- geführt. Eine Erderschütterung wurde meines Wissens nicht gespürt. Etwa 1 a fürstlicher Wald am Lerchberg wurde nieder- gelegt. Auch auf anderen nahen Höhen wurden Wälder und Dächer beschädigt (Rechtsanwalt Dr. Friedrich Goebbel). Scheiben bei Unzmarkt. Der Beobachter nahm das Beben in der Kirche auf dem Orgelsitz, zwischen 1/27h und 3/47h Morgens wahr, es wurde auch von anderen Personen in der Kirche ver- spürt (Schulleiter Josef Seh wand a). Vor der nb erg. Der Berichterstatter fügt seiner Mittheilung über die von ihm um lh 24m beobachtete Erschütterung folgende Worte bei: »Ein zweites Beben in derselben Nacht, später und geringer auftretend, wurde von mir, da es mich nicht weckte, nicht bemerkt« (Dr. Josef Caspaar). Wildalpen. Seiner Mittheilung über die Wahrnehmung der Haupterschütterung um 1/22tl Früh in Fach werk fügt der Berichterstatter bei: »Forstzögling Bischko theilte mir münd- lich mit, dass er am 28. November, 7h 10m Früh, beim Gange zur Kirche ein leichtes Erdbeben verspürt habe. — Försters- gattin M. Zoidl in Hinterwildalpe gibt an, vergangene Woche (Tag weiss sie nicht zu bestimmen) Morgens ein leichtes Erdbeben verspürt zu haben« (Oberlehrer Adolf Victor Heu- berg er). Bezüglich der letzten Mittheilung sei bemerkt, dass die Angabe für Wildalpen vom 28. November deshalb irrig zu sein scheint, weil von einem Kirchgange die Rede ist, der wahr- scheinlich am 27. (Sonntag) stattgefunden haben dürfte. Ist diese Vermuthung richtig, dann bezieht sich wohl auch die zweite, undatirte Meldung aus Wildalpen auf das Beben vom 27. November, 7h Morgens. Baumgarten bei Friedberg. Dem Berichterstatter wurde von zwei Seiten gemeldet, dass daselbst am 27. November eine 462 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. sehr schwache Erderschütterung stattgefunden habe, und zwar hätte die eine Partie das Beben zwischen 6h und 7h Früh, die andere zwischen 6'1 und 7h Abends verspürt (Schulleiter Valentin Pack). 3. Nachbeben vom 1. December, 2h 15m. Über dieses Beben liegt eine mittelst Correspondenzkarte erstattete Meldung aus Rottenmann vor. Sie lautet: »Am 1. December, 1/i3h Morgens, wurde in Rottenmann ein von SW nach NE verlaufendes, kurzes Erdbeben, mit einem ziemlich kräftigen Stoss endend, wahrgenommen« (Lehrer K. Greenitz). 4. Nachbeben am 1. December, 3h 45m oder 3h 50"'. Dieses Beben ist durch zwei Meldungen aus Gross-Sölk und St. Johann am Tauern beglaubigt, deren Zeitangaben nur um 5m von einander abweichen. Die mittelst Antwortkarte erstattete Meldung aus Gross-Sölk betrifft zunächst die daselbst nicht wahrgenommene Erschütterung vom 27. No- vember, dann bemerkt der Berichterstatter: »Am 1. December, 3h 45m Früh, kam es mir vor, dass gegen E ein dumpfes Grollen, etwa iy2s lang, vernehmbar sei« (Lehrer Gustav Frischen- schlager). Nach der mittelst Fragebogen erstatteten Meldung aus St. Johann am Tauern wurde daselbst am 1. December, 3h 50m Ortszeit, ein Beben in auf Schüttboden errichteten Ge- bäuden, meist im ersten Stocke, jedoch auch ebenerdig wahr- genommen; nicht allgemein, aber doch von ziemlich zahlreichen Personen (dem Berichterstatter wurden beiläufig 30 genannt). Es wurde nur eine Erschütterung wahrgenommen; nur eine Person will zwei aufeinanderfolgende Stösse beobachtet haben. Die Bewegung, deren Richtung nicht angegeben werden konnte, wird als ein schwaches Schaukeln oder Zittern bezeichnet, sie soll 3 — 5S gedauert haben. Ausser dem Schaukeln der Betten wurde auch ein Rasseln der Gegenstände beobachtet, Fenster erzitterten. Eine Person will ein schwaches, donnerartiges Rollen gehört haben, welches der Erschütterung nachfolgte. Das Beben am 27. (?) November »zwischen lh und 4h Früh« R. Ho er 11 es. Das obersteirische Beben vom 27. Nov. 1898. 4-63 (Hauptbeben) wurde nur von einigen wenigen Personen wahr- genommen, deren Aussagen sehr unbestimmt lauteten (Ober- lehrer Franz Hanselmayer). 5. Nachbeben am 3. December, circa 2h. Nach mittelst Fragebogen erstatteter Meldung aus Weissen- bach bei Liezen wurde daselbst ein Beben in der Nacht vom 2. zum 3. December, ungefähr um 2h Ortszeit, im zweiten Stockeines auf Kalkgeröll erbauten Hauses (Gasthof Weich- bold) von einzelnen Personen wahrgenommen. Die Bewegung wird als »Rollen« bezeichnet, ihre Richtung und Dauer nicht angegeben. Sie war stark genug, Gegenstände zubewegen; ein Ständer fiel um und die Thür bewegte sich hörbar im Schloss (Schulleiter Carl Reitterer). 6. Nachbeben am 3. December, um ll'1. Nach mit einem zweiten Fragebogen erstatteter Meldung und einer an die k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus gerichteten Karte wurde in Weiss enb ach bei Liezen am 3. December um llh Vormittags, Ortszeit, eine Erderschütterung im Freien von dem beim Gasthofbesitzer Weichbold bediensteten Knecht Isidor Zant wahrgenommen. Derselbe war beim Ausheben einer Grube beschäftigt, die aus- gehobene Erde rollte in Folge der Erschütterung zum Theil wieder in die Grube; zugleich bemerkte Zant ein leichtes Beben bei den Füssen. Die in der Richtung nach W erfolgte Erschütterung dauerte 3\ ihr ging ein Rollen wie Donner voraus (Schulleiter Carl Reiterer). ? 7. Nachbeben am 6. December, 23h 23m. Über diese Erschütterung ist lediglich eine Meldung aus Scheiben bei Unzmarkt eingelangt. Der Berichterstatter, Herr Schulleiter Josef Schwan da, schreibt am 7. December 1898: »Gestern Nachts um 1 lh 23m spürte ich (wach im Bette liegend) ein schwaches Zittern des Hauses mit einem donnerähnlichen, dumpfen, schwachen, 2S langem Rollen. WTurde sonst von Nie- mandem wahrgenommen«. 464 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nach Judenburg, Murau, Oberwölz, Oberzeiring, Scheifling und Unzmarkt entsendete Fragekarten erzielten insgesammt negative Antworten. Es bleibt daher zweifelhaft, ob die in Scheiben am 6. December beobachtete Erderschütterung als ein ganz locales Beben zu betrachten oder den Nachbeben der Erschütterung vom 27. November anzureihen ist. VI. Beziehungen des Erdbebens vom 27. November 1898 zu den orographischen und teetonisehen Verhältnissen. Wie aus den im II. Abschnitte zusammengestellten Nachrichten und aus der Karte I ersichtlich, vertheilen sich die Orte, aus welchen positive Meldungen kamen, über einen grossen Theil Obersteiermarks und liegen vielfach mitten zwischen Orten, aus welchen negative Berichte stammen. So ungünstig auch die Zeit des Eintrittes des Bebens vom 27. No- vember für die Wahrnehmung desselben war, so lassen die eingelaufenen Berichte doch mit ziemlicher Deutlichkeit er- kennen, dass erstlich die Zahl der Orte, an welchen die Er- schütterung wahrgenommen worden ist, in der Linie des Palten- und des Liesingthales eine ziemlich bedeutende ist und dass von dieser Linie nach rechts und links die Häufigkeit der Orte, von welchen positive Meldungen kamen, rasch abnimmt, um- gekehrt aber die Zahl derjenigen Orte steigt, die negative Nachrichten lieferten. In jener Linie selbst liegen zunächst die Stosspunkte Gaishorn, Kallwang, Mautern, Treglwang, Trieben, Wald. — Weissenbach bei Liezen und der ein- zige in Oberösterreich erschütterte Ort Innerstoder liegen nicht allzuferne von der Fortsetzung dieser Linie nach WNW. Die überwiegende Zahl der übrigen, am 27. November mit- betroffenen Orte Eisenerz, Fachwerk bei Wildalpen, Frauenberg und Frauendorf bei Unz markt, Gaal bei Knittelfeld, Garns, Grossreifling, Hieflau, Johnsbach, Oberzeiring. Palfau, Pols, Radmer, Scheiben, Sekkau. St. Gallen, St. Johann am Tauern, Trofaiach, Vordern- berg liegen rechts und links in massiger Entfernung von der R. Hoernes, Das obersteirische Beben vom 2t. Nov. 1898. 46o als Axe des Verbreitungsgebietes gedachten Palten — Liesing- Linie. Die entfernter gelegenen und weniger zahlreichen Orte, von welchen über Wahrnehmung des Hauptbebens vom -7. November berichtet wurde, wie Aussee, Haus, Weichsel- boden, Wegscheid, Etmissl liegen inmitten zahlreicher Orte, von welchen lediglich negative Berichte einliefen. Die Berichte aus Treglwang, Trieben, Gaishorn und Wald lassen auch mit einiger Sicherheit erkennen, dass das Beben vom 27. November dort seine grösste Intensität erreichte. Es ist also auch aus diesem Grunde wahrscheinlich, dass die Palten— Liesing-Linie als eigentlicher Herd der Erschütterung zu betrachten ist. Bestätigt wird diese Annahme auch durch die Vor- und Nachbeben. Allerdings ereigneten sich manche derselben ebenfalls zu einer für die Beobachtung höchst ungünstigen Zeit, so dass nur vereinzelte Meldungen über ihre Wahr- nehmung vorliegen, dann waren diese Beben zumeist so schwach, dass ihre Beobachtung nur durch einen glücklichen Zufall gelingen konnte. Das einzige Beben vom Morgen des '11. November (ungefähr ?h Früh) wurde von einer etwas grösseren Zahl von Orten, nämlich sieben gemeldet, die ziem- lich regellos über Obersteiermark verstreut sind (wie aus der Karte II ersehen werden mag). Man könnte vielleicht den Um- stand, dass dieses Beben von 7h Morgens des 27. November von keinem einzigen Orte der Palten — Liesing-Linie berichtet wurde, gegen die Zugrundelegung dieser Linie für die Haupt- erschütterung einwenden; doch wurde dieses Nachbeben allenthalben nur von einzelnen Personen als sehr schwache Erschütterung oder blosses Geräusch wahrgenommen, welch letzteres auch leicht mit jenem des damals in Obersteiermark wüthenden Sturmwindes verwechselt werden konnte, wie bei- spielsweise der Bericht von Murau zeigt. Es ist also leicht möglich, dass dieses Nachbeben gerade im eigentlichen Stoss- gebiet der Beachtung entging. Dafür wurden nur auf der Palten— Liesing-Linie wahr- genommen: das Vorbeben vom 26. November, 21h 30m, welches sich nur in St. Lorenzen im Paltenthal, dort aber sehr leb- haft fühlbar machte, ferner das Nachbeben vom 1. December, 466 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2h 15'", welches allein in Rotten mann gefühlt wurde, was umso auffallender ist, als aus Rottenmann bezüglich der Haupt- erschütterung vom 27. November eine negative Nachricht kam; — endlich dürfen als Nachbeben auf der verlängerten Palten-Linie wohl die Erschütterungen bezeichnet werden, welche am 3. December um 2h und llh in Weissenbach bei Liezen wahrgenommen wurden. Allerdings reicht das Beobachtungsmateriale nicht hin, um die Annahme der Palten — Liesing-Linie als Stosslinie für den 27. November 1898 mit wünschenswerther Sicherheit zu beglaubigen — es findet dies eben durch die ungünstigen Beobachtungsverhältnisse seine Erklärung. Nur mit einiger Wahrscheinlichkeit kann die angenommene Stosslinie als Herd der erörterten seismischen Erscheinungen bezeichnet werden. Die Palten — Liesing-Linie scheint jedoch nicht die einzige seismische Linie zu sein, welche am 27. November 1898 activ war. Mit einiger Wahrscheinlichkeit kann dies auch von zwei anderen Linien behauptet werden, von welchen die eine über Trofaiach, Vordernberg, Eisenerz, Hieflau, Gross-Reifling ge- zogen werden kann, während die andere durch die Stosspunkte Sekkau, Gaal, Pols, Scheiben, Frauenburg, Pux angedeutet erscheint. Da ich in Bälde Gelegenheit haben werde, die ober- steirischen Schütterlinien eingehend an der Hand der Chronik der steirischen Beben zu besprechen, will ich an dieser Stelle darauf verzichten, darzulegen, dass diese Linien im Laufe der Zeit wiederholt activ wurden, dass häufige und heftige Erd- beben von ihnen ausgingen, welche in manchen Fällen zer- störende Wirkung hatten. Dass andere Stosslinien, wie die durch so zahlreiche Beben ausgezeichnete Mürzlinie und die ebenfalls bedeutsame, wenn auch nicht so häufig active Ennslinie weder bei dem Haupt- beben am 27. November 1898, noch bei den Vor- und Nach- beben, die sich an diese Erschütterung anschlössen, eine Rolle spielten, wird aus den negativen Berichten, welche aus den Gebieten der beiden Schütterlinien kamen, zur Genüge klar. Es sei gestattet, noch mit einigen Worten auf die oro- hydrographische und geologische Rolle der Palten — Liesing- R. Hoernes, Das obersteirische Beben vom 27. Nov. 1S98. 407 Linie hinzuweisen. Die »Rottenmanner Längsfurche«, in welcher heute durch den niedrigen Sattel von Wald getrennt, die Palten und Liesing nach entgegengesetzten Seiten fliessen, wurde zur Tertiärzeit von einem grossen Flusse in einer Richtung durchströmt. »Es ergibt sich« — sagt F. v. Hoch- stetter (»Unser Wissen von der Erde«, I. Allgemeine Erdkunde S. 419) — -aus den Hochschotterablagerungen zu beiden Seiten des jetzigen Laufes der Salzach zwischen Taxenbach und St. Johann, sowie auf der heutigen Wasserscheide zwischen Salzach und Enns bei Wagrein oberhalb St. Johann, dass bevor das Querthal von Zell am See, der Pass Lueg und das Thal bei St. Gallen gebildet waren, und vor der Periode der Seen im Pinzgau und Pongau ein mächtiger Tauernfluss — wahrschein- lich in der Tertiärzeit, wie Dr. Löwl nachweist — in einem höheren Niveau als dem gegenwärtigen, in einem durch die Structur der Ostalpen vorgezeichneten grossartigen Längsthal aus dem Pinzgau durch den Pongau und das Gebiet von Wagrein ins obere Ennsthal sich ergoss und durch die breite Rottenmanner Längsfurche über den niedrigen Sattel von Wald dem Murgebiete zuströmte.« In seiner trefflichen Arbeit »Über Thalbildung« (Prag, 1884), in der unter Anderem die Zerlegung jenes alten Längsthaies des grossen Tauernflusses durch die später entstandenen Durchbrüche der Salzach und der Enns dargelegt wird, welche, nach rückwärts sich einschneidend, die Ketten der nördlichen Kalkalpen bis in das Gebiet jenes alten grossen Flusses durchsägten, sagt F. Löwl: »Die Enns fliesst von Radstatt bis Selzthal genau in der zu einem schmalen Streifen zusammengeschnürten Grauwackenzone, deren leicht zerstörbare Thonschiefer die Aushöhlung des Thaies be- günstigten. Zwischen Selzthal und Admont durchschneidet der Fluss die Grauwackenzone und bei Admont tritt er durch die grossartigen Felsengen des »Gesäuses« in die nördlichen Kalk- alpen ein, um sie von Hieflau aus gegen N zu durchbrechen. Die Strecke Selzthal — Hieflau gehört also schon dem Querthal an, obzwar die Enns hier noch immer ihre östliche Richtung beibehält. Diese auffallende Erscheinung wird bedingt durch die in dem veränderten Streichen des Gebirges ausgedrückte südöstliche Ablenkung der Alpen im Angesichte des Südrandes 468 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. der böhmischen Urgebirgsscholle (Suess, »Die Entstehung der Alpen«, S. 20). Das obere Ennsthal findet demnach im geo- logischen Sinne seine Fortsetzung in der breiten Rottenmanner Längenfurche, welche schon bei Döllach im W von Selzthal beginnt, dem Grauwackenzuge folgend, gegen den niedrigen Sattel von Wald ansteigt und jenseits desselben als Liesingthal zur Mur hinabzieht. Bei Lassing, St. Lorenzen, Trieben und an mehreren anderen Orten sind Reste von Geschiebeterrassen unbestimmbaren Alters erhalten, in denen Gesteine aus den Thälern des westlichen Theiles der niederen Tauern vor-' kommen. Diese fremden Geschiebe machen es wahrscheinlich, dass die Enns früher durch den Rottenmanner Einschnitt dem Murthal e zufloss«. An der von Löwl angezogenen Stelle der »Entstehung der Alpen« sagt Suess über die Anordnung der Falten in den nördlichen Hauptlinien der Ostalpen, dass sie in den äusseren Zonen eine sehr regelmässige ist, »in dem Maass aber, in welchem die Alpen sich dem Böhmerwalde nähern, geht diese Regelmässigkeit verloren. Der Verlauf des äusseren Randes des Gebirges wird allerdings noch lange nicht verändert und die Flyschzone streicht von W gegen E am Südfusse der böhmischen Masse anfangs unbeirrt weiter, aber weiterhin treten in den Kalkalpen Brüche auf, deren Richtung in unverkennbarer Über- einstimmung mit dem Verlaufe des Umrisses der böhmischen Gebirgsmasse ist. Die Linien, auf welchen die tiefsten Glieder der Kalkzone hervortreten, wenden sich mehr und mehr gegen SE, gegen die Umgebung von Lietzen im Ennsthal und Windischgarsten und von hier an nehmen sie wieder den ent- gegengesetzten, nordöstlichen Verlauf, welcher sich mehr und mehr dem Streichen der Karpathen nähert. Insbesondere ist es die grosse Bruchlinie, welche durch die Punkte Gmunden — Windischgarsten — Mödling bezeichnet wird, deren Parallelis- mus mit dem Südrande der böhmischen Masse von den besten Kennern unserer Alpen anerkannt wird (F. v. Hauer: Geo- logische Übersichtskarte der österreichischen Monarchie, Jahrb. geol. R.-A., XVIII, 1868, S. 13)«. Die Abhängigkeit des Baues der in Rede stehenden Gegend der Alpen von dem Südrande der böhmischen Masse scheint R. Hoernes, Das obersteirische Beben vom 27. Nov. 1S98. 469 sich aber noch in den älteren krystallinischen Gesteinen geltend zu machen; sie beherrscht das Streichen der Gneissmassen der Rottenmanner Tauern, der Seckauer Alpen, der Gleinalpe und Hochalpe. »Aus der Gegend des Bösenstein« sagt M. Vacek in seinem Vortrage über den geologischen Bau der Central- alpen zwischen Enns und Mur, Verhandlungen der geol. R.-A., 1886, S. 73 — »bis an 'das Murthal zwischen St. Michael und Knittelfeld streichen die Gneissmassen nahezu NW — SE, entsprechend dem Verlaufe der grossen Kämme. In der Gegend vor St. Michael wendet das Streichen allmälig in die reine W — E-Richtung und lenkt, ebenso allmälig, schon östlich von Leoben und noch viel ausgesprochener in der-Brucker Gegend in NE ein, so dass die grosse centrale Gneissmasse auf der Strecke Rotten mann — Brück eine Bogenwendung von circa 90° durchmacht. Am weitesten nach S weicht der Bogen, in dem die Gneissmassen streichen, in der Gegend zwischen St. Michael und Leoben, und es dürfte nicht ohne Interesse sein, wenn wir bemerken, dass diese Gegend genau südlich der Gegend von Grein an der Donau liegt, in welcher der Granit der böhmischen Masse am weitesten nach S vor- greift. Das Einfallen ist in der ganzen Gneissmasse, soweit sie ins Untersuchungsgebiet fällt, ziemlich steil 30 — 40° nach N, respective NW und NE, d. h. überall nach der Innenseite des Bogens, in dem die Massen streichen, gerichtet«. Die Palten — Liesing-Linie und die Mur — Mürz-Linie zwi- schen Leoben und Mürzzuschlag sind sonach geologisch gleich- artig: es sind am Rande oder nahe dem Rande der älteren krystallinischen Gesteine verlaufende Längsbrüche, welche höchstwahrscheinlich ebenso wie die parallel verlaufenden Brüche in der Kalkzone durch die Stauung der Alpen an dem Widerlager der böhmischen Masse hervorgerufen wurden. Das hohe Alter der Flussläufe auf jenen Linien, welches sich in den breiten Thalböden ausspricht, die seither erfolgte Zerstückelung der alten Thalsysteme, die theilweise Umkehr der Richtung des abfliessenden Wassers und die Bildung neuer Wasserscheiden lehren uns, dass die gebirgsbildenden Vorgänge, mit welchen die Entstehung jener Bruchlinien zusammenhängt, sehr weit zurückreichen; die häufigen Erdbeben aber, welche sich auf Sitzb. d. mathem.-naturw. CL: CVIII. Bd., Abth. I. 31 470 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. diesen Linien ereignen, beweisen, dass die gebirgsbildenden Kräfte, die sie hervorriefen, noch nicht zur Ruhe gekommen sind. Wie häufig insbesondere die Mürzlinie von Erschütterungen getroffen wird, hat E. Suess in seiner Monographie der Erd- beben Niederösterreichs gezeigt. Bei dem grossen Erdbeben, weldhes am 6. Februar 1794 Leoben traf und daselbst arge Verheerungen anrichtete, machten sich die Wirkungen einerseits auf der Mürzlinie, ander- seits im Liesingthale besonders fühlbar. In Mautern wurden viele Häuser beschädigt, am meisten litt das dortige Franziskaner- kloster; in Kallwang war die Wirkung schon geringer; doch wurden auch dort noch einige Häuser beschädigt und Rauch- fänge zum Einsturz gebracht; die Erschütterung wurde im ganzen Ennsthale deutlich verspürt. Im Mürzthal traten in Mürzhofen bei Marein noch Beschädigungen an Gebäuden auf und die Erschütterung pflanzte sich in nordöstlicher Rich- tung bis Wien fort. Nach v. Hoff und Jeitteles wäre das Leobner Beben vom Jahre 1794 selbst in Brunn noch verspürt worden. Damals waren die beiden seismischen Linien, deren über- einstimmende geologische Bedeutung oben erörtert wurde und welche in der Gegend von Leoben in stumpfem Winkel zu- sammenstossen, zugleich activ und die seismische Kraft erreichte ihre grösste Intensität nahe dem Vereinigungspunkte beider Linien, an einem Orte, der, wie die Erdbebengeschichte der Steiermark lehrt, sehr häufig die Ausgangsstelle schwächerer oder stärkerer Erschütterungen gewesen ist. Nachtrag während des Druckes. Als ein Nachbeben der Erschütterung vom 27. November darf wohl auch jenes Beben betrachtet werden, welches nach einer verspätet eingelaufenen Mittheilung der k. k. meteorologischen Beobachtungsstation Gollrad daselbst am 5. November 1898 um 14h50m von mehreren Personen wahrgenommen wurde, etwa 5S dauerte und die Richtung W — E erkennen Hess. (Vergl. Mitth. d Erdb.-Comm. N. S. 193.) 471 XIV. SITZUNG VOM 18. MAI 1899. Herr Prof. Dr. Gustav Gärtner übersendet eine vorläufige Mittheilung über eine neue Methode der Messung des arteriellen Blutdruckes am Menschen. Versiegelte Schreiben zur Wahrung der Priorität sind ein- gelangt: 1. von Herrn Anton Mistaro in Wien mit der Aufschrift: »Fenomeno elettrico«; 2. von Herrn Josef Seelig in Wien, die Lösung eines wichtigen physikalischen Problems betreffend; 3. von Prof. Dr. E. Lippmann in Wien mit der Aufschrift: »Über den Nachweis eines dem Chlor nahestehen- den Elementes im Brom und Bromverbindungen«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht eine im physikalischen Institute der k. k. Universität in Wien ausgeführte Arbeit von Dr. Stefan Meyer, betitelt: »Über Krystallisation im magnetischen Felde« (I. Mittheilung). Das c. M. Herr Oberst R. v. St er neck legt eine Abhand- lung vor, betitelt: »Untersuchungen über den Zusammen- hang der Schwere unter der Erdoberfläche mit der Temperatur«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Agamemnone G. : Eco in Europa del terremoto indico del 12. Giugno 1897 (Estratto dal Bollettino della Societä SismologicaTtaliana, vol. IV). Modena, 1898; 8°. 31* 472 Berthelot, M.: Chaleur animale. I. Principes chimiques generaux. Paris, 8°. IL Donnees numeriques. Paris, 8°. Jan et Ch.: Notice sur les traveaux scientifiques presentes ä l'Academie des Sciences au concours de 1896 pour le prix Thore. RHoernesDas obersteinsclie Belmi .im 21 November IB9H Sitiungsberichte d kais Akad d Wiss . math -natura Classe, Bd CVULAbtb I Kartugi Anal v ThBanjui-jrüiWjt'n S5oemes:Das oliersle irische Bellen am -'■ N Sitzungsberichte dkaisAkad d Wuts, niath -naturw Classe, Bd CVULAbth I l Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abtheilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abtheilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio- logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo- logie, Physischen Geographie, Erdbeben und Reisen. Abtheilung IL a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete 'der Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abtheilung II. b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abtheilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Thiere, sowie aus jenem der theoretischen Medicin. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Manuscrip'te voran. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand- lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichniss ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Carl Gerold's Sohn (Wien, I., Barbaragasse 2) zu dem angegebenen Preise bezogen werden. , Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Theile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte fürChemie und verwandte Theile anderer Wissenschaften« heraus- gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 5 fl. oder 10 Mark. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus- gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. oder 3 Mark. JUN 8 1901 SITZUNGSBERICHTE \^>*v O O o l.itli Ansl v- Tl\ Bamiw;trth,Wioi\ Sitzungsberichte d.kais.Akad. d.Wiss., math.-naturw.Classe, Bd.CVTtLAbth.I. 1899 491 XVI. SITZUNG VOM 15. JUNI 1899. Herr H. Friese in Innsbruck übersendet die beiden Pflicht- exemplare des V. Bandes seines von der kaiserlichen Akademie subventionirten Werkes: »Die Bienen Europas«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. V. v. Lang überreicht eint Arbeit aus dem physikalischen Cabinet der Universität in Wien von Dr. G. L a m p a, betitelt : »Über einen Beugungsversuch mit elektrischen Wellen«. Das c. M. Herr Prof. Guido Goldschmiedt übersendet eine Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der k. k. deutschen Universität in Prag von Dr. H. Meyer: »Zur Kenntniss des Anemonins« (II. Mittheilung über Anemonin). Der prov. Secretär legt eine Mittheilung von E. Friedrich Knopstück-Rowel in Dresden vor, betitelt: »Ein neues, zweitheiliges Heilverfahren gegen Tuberculosen Das w. M. Herr Prof. Dr. G. Ritter v. Escherich überreicht eine Abhandlung unter dem Titel: »Über Systeme von Differentialgleichungen der I. Ordnung«. Das w. M. Herr Prof. Franz Exner legt vor die XV. und XVI. Mittheilung der von ihm gemeinsam mit Herrn Dr, E. Hasch ek ausgeführten Untersuchung über die ultra- violetten Funkenspectra der Elemente. Derselbe legt ferner eine Arbeit des Herrn Dr. E. v. Schweidler, Assistenten am physikalisch-chemischen Institute 33* 492 der Wiener Universität vor, betitelt: »Zur Theorie unipolarer Gasentladungen«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Haeckel E., Kunstformen der Natur. I. und II. Lieferung. Leipzig und Wien, 1899; 4°. Lycortas C, Le mouvement universel. Theorie nouvelle sur le mouvementdes corps Celestes. Traduction du Grec. Athenes- Paris, 1899; 8°. 493 XVII. SITZUNG VOM 22. JUNI 1899. Frau Prof. Weidel dankt für die anlässlich des Hin- scheidens ihres Gemahles seitens der kaiserlichen Akademie bewiesene Theilnahme. Das vv. M. Herr Hofrath Dr. F. Lippich in Prag über- sendet eine Abhandlung von phil. cand. Josef Grünwald unter dem Titel: »Über die Raumcurven vierter Ordnung zweiter Art und die zu ihnen perspectiven ebenen Curven«. Das c. M. Herr Hofrath Prof. A. Bauer übersendet eine Arbeit aus dem Laboratorium für allgemeine Chemie an der k. k. technischen Hochschule in Wien, betitelt: »Zur Kennt- niss der Überwallungsharze« (IV. Abhandlung), von Max Bamberger und Anton Lands iedl. Das c. M. Herr k. u. k. Oberst A. v. Obermayer über- sendet eine Arbeit aus dem Laboratorium des allgem. österr. Apotheker-Vereines in Wien von Dr. Rudolf Jahoda, betitelt: »Über eine Methode zur Bestimmung der Gasdichte mittelst angeblasener Pfeifen.« Der prov. Secretär legt eine Abhandlung von Prof. Dr. L. Weinek in Prag vor, betitelt: »Über die beim Prager photographischen Mondatlas angewandte Vergrösse- rungsmethode«. Herr Dr. Alfred N-alepa, Professor am k. k. Elisabeth- Gymnasium im V. Bezirk in Wien, übersendet eine vorläufige Mittheilung über »Neue Gallmilben« (18. Fortsetzung). 494 Das w. M. Herr Prof. Friedr. Brauer überreicht die dritte Folge der Bemerkungen zu den Originalexemplaren der von Bigot, Macquart und Robineau-Desvoidy beschriebenen Muscaria schhometopa aus der Sammlung des Herrn G. H. Verrall. Das w. M. Herr Prof. K. Grobben überreicht als Geschenk für die akademische Bibliothek das II. Heft des XI. Bandes der «Arbeiten aus den zoologischen Instituten der Uni- vers i t ä t W i e n und der z o o 1 o g i s c h e n S t a t i o n i n T r i e s t. « Herr Franz Baron Nopcsa jun. legt eine Abhandlung: »Dinosaurierreste aus Siebenbürgen« vor, in welcher ein ziemlich vollständig erhaltener Schädel eines obercreta- cischen Dinosauriers aus der Gruppe der Hadrosauriden be- schrieben wird. Herr Hugo Zukal, a. ö. Professor an der Hochschule für Bodencultur unterbreitet seinen, im Einvernehmen mit der Ge- treiderostcommission der Akademie ausgearbeiteten 1. Bericht über die Getreiderostverhältnisse in Österreich-Ungarn. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Klinckert W.: Licht, sein Ursprung und seine Function als Wärme, Elektricität, Magnetismus, Schwere und Gravita- tion. Leipzig; 8°. 495 Beiträge zur Kenntniss der Musearia sehizo- metopa von Prof. Dr. Friedrich Brauer, w. M. k. Akad. Bemerkungen zu den Originalexemplaren der von Bigot, Maequart und Robineau-Desvoidy beschriebenen Musearia sehizometopa aus der Sammlung des Herrn G. H. Verrall. Dritte Folge.1 Da zu dieser Folge eine grosse Zahl der Formen der Gruppe Musca in unserem früheren Sinne (nach neueren Ansichten [Girschner] jener der Calliphorinen und Antho- myinen oder Muscinen im engeren Sinne) gehört, so schicke ich zum Verständnisse meiner Deutungen eine Übersicht der Calliphorinen-Gattungen voraus, also jener der früheren Gruppe Musca, welche auf der Hypopleura, d. h. dem Seitenfelde über den Hinterhüften, eineBorsten reihe zeigen. A. Gattungen mit Hypopleuralborsten und nackten Augen. 1. Vibrissenecken über dem Mundrande stehend und meist in den Clypeus einspringend, convergent 3. Vibrissenecken am Mundrande oder knapp über demselben meist nicht einspringend 2. 2. a) Wangen behaart, dritte Längsader nur am Grunde beborstet (östliche und westliche Halbkugel). Calliphora R. D. i Erste Folge: diese Sitzungsber., Bd. CVI, Abth. I, Juni 1897, S. 329» zweite Folge: 1. c. Bd. CVII, 1898, S. 493. 496 F. Brauer, b) Wangen nackt. a) Dritte Längsader bis zur Mitte oder weiter be- borstet (östliche und westliche Halbkugel). Lucilia R. D. (Hieher gehören auch: Bengalia R. D. n., Ochro- myia Mcq. s. str. n., Zonochroa n., Auchmero- myia S. n. und Hemilucilia n. Alle, mit Aus- nahme der letzten brasilianischen, der östlichen Halbkugel angehörend. Conf. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der Wissensch., mathem.-naturw. Classe, Bd. CIV, Abth. I, 1895, S. 597.) (3) Dritte Längsader nur am Grunde gedornt. X Beugung rechtwinkelig, nach aussen con- cav (westliche Halbkugel). Paralucilia n. X X Beugung bogig, nach aussen convex. -f- Flügel ohne Randdorn (westliche Halb- kugel, Central- und Südamerika). Mesembrinella G. T. -r- + Flügel mit Randdorn (östliche Halbkugel). Synamphoneura Bigot. 3. Sternopleuralborsten: 1, 1 4. Sternopleuralborsten: 2, 1. X Körper metallisch blau oder grün mit grauen Striemen und schwarz, Wangen haarig bis unten (westliche Halbkugel, Central- und Südamerika). Compsomyia Rdi. X X Körper schwarz und schmutzig metallisch grüngrau, meist gelblich bestäubt oder bunt; Wangen höchstens oben haarig oder nackt (östliche südliche Halb- kugel). Neopollenia n. G. Stygia Fbr. 4. Wangen behaart 5. Wangen nackt, zuweilen ein Randdorn (M. terminata Wd.). Östliche Halbkugel. Strongyloneura Bigot. 5. Körper schwärzlich und schmutziggrau, oben bestäubt (europäische und amerikanischeArten, P. vespillo). PolleniaR.D. Körper blau oder grün, metallisch 6. Über Muscai hi sclüzometopa. 497 6. Vibrissenecken sehr hoch stehend, durch den Clypeus getrennt, zwischen den Fühlern ein Kiel (östliche Halbkugel). Thelychaeta n. Vibrissenecken massig hoch über dem Mundrande, Clypeus weniger vortretend, Kiel klein oder fehlend. Dritte Längsader nackt oder zuweilen behaart (östliche Halbkugel, Ostindien etc., Afrika). Pycnosoma n. B. Gattung mit Hypopleuralborsten und behaarten Augen. Australien. Östliche Halbkugel. Neocalliphora n. Jene Formen unserer aufgegebenen Sectio Musca, welche keine Hypopleuralborsten haben, finden sich in unserer früheren Arbeit (Denkschriften der kaiserl. Akad., mathem.-naturw. Classe, Bd. LXI, S. 539 und 540) zusammengestellt, und dort ist auch Girschner's System weiter besprochen. Sie bilden die Sectio Musca im engeren Sinne mit Musca domestica u. a. und den Anthomyiden. Man sieht aus dieser Tabelle auch, dass gewisse Gattungen auf die westliche, andere auf die östliche Halbkugel oder auf die "wärmeren Gegenden derselben beschränkt sind, so dass ich annehmen muss, in der Collectio Bigot seien bei manchen Arten die Fundorte nicht richtig. So gehören Bengalia, Ochromyia, Zouochroa, Auchmeromyia, Synamphoneura, Strongyloneura, Thelychaeta, Pycnosoma und Neocalliphora nur der östlichen, dagegen Hemilucilia, Mesembrinella, Compsomyia nur der westlichen Halbkugel an; wieder andere sind auf beide Hemi- sphären verbreitet oder nur auf der südlichen oder nördlichen. 1. Miltogramma pilimana Rdi. Type = eadem n. Italia. 2. Miltogramma semifasciata Rdi. Parma = eadem n. (wo beschrieben?). 3. Miltogramma brevipennis Bigot. Corsica =r ? Araba fulva n. Wangen sehr fein seidenhaarig. Vide Z. k. M., T. II, p. 360. 4. Miltogramma unicolor 9. Brasil. Mcq. Ganz durch Schimmel verunreinigtes Exemplar. Die Fliege scheint keine Miltogramma zu sein, da die erste Hinterrandzelle nahe der Flügelspitze endet, die Beugung keine Zinke zeigt und die dritte Ader bis zur kleinen Querader gedornt ist. Wahrscheinlich in 498 F. Br au e r, die Gruppe Sarcophaga gehörend, aber nicht mehr sicher zu bestimmen. Dipt. exot., Suppl. I, p. 166, T. 20, Fig. 9. Flügel. 5. Trichodischia Bigot coerulea 9 Bigot. Buenos-Ayres. Bull. Soc. Ent., 1885. Nach Bigot selbst mit Chaetilya Rdi. verwandt. Kopf vierseitig, Backen von halber Augenhöhe, breit; Hinterkopf gewölbt, Wangen breit, bis herab mehrreihig kurz beborstet. Fühler kaum über der Augenmitte, zweites Glied halb so lang als das dritte, erstes aufrecht, das Ende der Fühler reicht im Profile bis zum unteren Augenrande. Augen dicht behaart. Fühlerborste etwas pubescent, nur am Grunde ver- dickt, dann allmälig in eine dünne Borste auslaufend. Zweites Borstenglied kurz. Ocellborsten nach vorne und aussen ge- neigt. 9 mit zwei Orbitalborsten, langen Scheitelborsten und davor mit einer auswärts gedrehten Stirnborste. Taster schlank keulig von fast halber Kopflänge. Rüssel schlank mit kleinen Labellen, länger als der Kopf hoch ist. Vordertarsen des 9 dünn und lang, fast länger als die Schienen, erstes Glied so lang als die vier folgenden zusammen. Hinterschienen ungleichborstig. Schildchenborsten (apicale) massig lang, gekreuzt. Macrochaeten am ersten Ring 0, am zweiten und dritten discal und marginal. Dritte Ader nur basal gedornt. Beugung stumpfwinkelig ohne Zinke und ohne Falte. Spitzenquerader gerade. Erste Hinterrandzelle vor der Flügel- spitze offen. Drei Dorsocentralborsten hinter der Naht. Vibrissen nicht aufsteigend, Vibrissenecken unten kaum einwärtsgedreht und breit getrennt, Schnurren gekreuzt. Randdorn klein. Die Kopfform ist die von Pachystylum angiilatum n. (Taf. IV, Fig. 79, Z. k. M., P. I, Muse. = Pseudopachystyluiu Bremii Seh in.) und weicht sehr von Chaetolya, Taf. X, Fig. 252 ab. Von ersterem weicht Trichodischia durch die dichtbehaarten Augen und die Fühlerborste ab. — Zwischen den Fühlern ist ein Kiel, der die F'ächer oben trennt, ohne im Profil vorzutreten. Eine Ähnlichkeit besteht auch in der Kopfform mit Brachy- coma und Frauenfeldia, 1. c. Taf. VII, Fig. 172 und 173 und P. III, p. (94), Note, beide haben aber nackte Augen. Mit Pseado- pachystylum könnte auch die 1897 ebendiese Berichte, p. 353 besprochene Gonia erythrocera Bigot verglichen werden, die sich wie Trichodischia durch behaarte Augen auszeichnet, Über Muscaria schizometopa. 499 aber ein langes zweites Borstenglied zeigt. — Rhaphiochaeta breviseta trennt sich durch stark convergente Vibrissenecken, die dicke kurze Fühlerborste und das lange dritte Fühlerglied, ferner das zurückweichende Profil. — Erythronychia n. mit behaarten Augen und nicht zurückweichendem Profil zeigt die dritte Ader borstig, dürfte am meisten verwandt sein. Vide P. II, 360. Z. k. AI. Muse. In der Pyrrhosia-Gruppe wäre sie mit Janthiuomyia zu vergleichen. 6. Trichodischia soror o Bigot. Buenos-Ayres. Diese Art unterscheidet sich kaum von der vorigen. Ein Stück zeigt nur eine Orbitalborste und ein an die Bauchseite geschlagenes Hypopygium; ich hielt es für ein cT, dessen Klauen sind aber kurz. Dagegen zeigt ein von Bigot als Männchen bezeichnetes Exemplar an den Vorderbeinen lange Klauen, und die dritte Ader ist bis zur kleinen Querader gedornt. Bei den beiden o ist sie etwas weniger bedornt, etwa bis zur Mitte vor der kleinen Querader. Der Randdorn des c? sehr gross. Die Hinter- schenkel desselben zeigen hinter der Mitte des Unterrandes ein Büschel gespreizter, langer, feiner Haare. Dieses Büschchen ist auch bei dem oben erwähnten fraglichen Männchen mit einer Orbitalborste und kurzen Klauen vorhanden, fehlt dagegen bei dem einen sicheren Weibchen. Der Unterrand des Kopfes ist bei allen Stücken länger als der Oberrand und namentlich nach hinten an den Backen ausgezogen. — (Vide Bull. Soc. Ent. franc. 1885, 25. Febr., p.XLV und XLVI.) Bigot beschreibt das cf mit dem erwähnten Haarbüschel, es scheint also gerecht- fertigt, das oben erwähnte aberrante Stück ebenfalls für ein cf zu erklären. — - Auch mit der bei Rhinophora stehenden süd- amerikanischen Gattung Sarotkromyia wäre diese Gattung zu vergleichen (P. III, p. 160). Es scheint sehr wahrscheinlich, dass Trichodischia und Erythronychia in eine Gruppe gehören, aber vielleicht beide der Pyrrhosia-Gruppe angehören, da die Paramacronychia- Gruppe nicht natürlich scheint. — Zu vergleichen wäre aber auch Tropidobothra und Nemoraea. 7. Glossidionophora bicolor Bigot 9. Australia. 8. Glossidionophora cylindrica c? Bigot. Buenos-Ayres. Beide Formen sind durch die fehlenden Taster mit Ocyptera 500 F. Brauer, nahe verwandt und stimmen durch das kurze zweite Fühler- borstenglied mit Plesiocyptera n. P. III, p. 144. Der Unterrand des Kopfes ist beborstet, die Oueradern sind beide steil, und bei bicolor gleicht das Profil fast einer Clista (vide P. I, Fig. 262). 9. Dichaetometopia rufiventrisMcq. P. Natal. Fragliches cf, I9. — Eadem nobis. 10. Dasyuromyia Bigot penicillata Bigot. cf. Chili. — Drei Stücke gehören hieher, dagegen zwei Stücke, ebenfalls cf, sind mit Paramacronychia verwandt und mussten besonders bezettelt werden (siehe diese weiter unten Nr. 1 1 mit kurz- borstigen Wangen). Dasyuromyia penicillata Bigot hat nackte Wangen, das cf zwei gerade Scheitelborsten und nur lange, haarförmige, zahlreiche Borsten am Ocellenhöcker, während das 9 zwei deutliche Ocellenborsten zeigt. Der Scheitel des cf ist sehr schmal, kaum Y4, der des 9 von Augenbreite. Die Macrochaeten stehen beim cf vom zweiten Ringe an in der Mitte am Vorder- und Hinterrand, sowie in der Mitte der Ringe ziemlich unregelmässig und sind lang und dünn, beim 9 sind sie oft bis zum vierten Ring oben fehlend oder nur am Hinter- rande des dritten und oben am vierten Ringe entwickelt. Die Fühler stehen etwas unter der Augenmitte, und die Backen sind sehr breit (von Augenhöhe). Die Vibrissenecken sind massig ein- wärts gedreht, also über dem Mundrande schwach, aber deutlich convergent mit Kreuzborsten , Mundborsten aber nicht auf- steigend; zwischen den kurzen Fühlern ein deutlicher, in der Grube bleibender scharfer Kiel. Arista nackt, allmälig verdünnt, das zweite Borstenglied kurz. Schildchen mit starken, langen, gekreuzten Apical- und langen Seitenborsten. Vier hintere Dorsocentralborsten, dritte Ader nackt ausser der Basis. Rand- dorn fehlend, erste Hinterrandzelle vor der Flügelspitze endend, offen oder am Rande geschlossen. Beugung »V«-förmig ohne Zinke, aber in einer Grube vertieft liegend. — Beim Männchen an der Bauchseite des dritten Ringes ein senkrecht abstehender Griffel und hinter demselben ein nach hinten gebogener kürzerer klauenförmiger Fortsatz. Unter dem vierten Ringe ist das Hypo- pygium lang und dicht beborstet, und zwar bilden die Borsten zwei Büschel, welche zangenartig gegeneinander gebogen sind. Nach Vergleich der Type ist D. penicillata Bigot, 1885 =: Über Muscaria sckizomelopa. oUl Selenomyia brevicornis Phil. B. B. (Philippi's Type). Bei der Type ist die Unterseite des Abdomens und das Hypopygium schadhaft, ohne Haare, es konnten daher die oben erwähnten Eigenthümlichkeiten des Männchens nicht gesehen werden. Die von Bigot irrthümlich hinzugesteckten Exemplare sind =. 11. Psecacera. Die Exemplare unterscheiden sich von t/ Ps. chiliensis Bigot (vide diese Sitzungsber.,- Bd. CVII, 1898, S. 494) durch stärker behaarte Wangen. Ich halte beide für dieselben Arten. Vergleicht man die Beschreibung, welche Bigot (Bull. Soc. Ent. franc, März 1885) gibt, mit Dasyuromyia, so findet man, dass Bigot ein cT dieser Art (penicillata) vor sich gehabt hat und die Beschreibung des d" in Betreff des Abdomens übereinstimmt, dagegen mischt er in die Beschreibung der- selben jene sub Nr. 1 1 erwähnte Psecacera, da er die Wangen zottig (villos) nennt, während sie bei Dasyuromyia nackt erscheinen. Er hat somit in seiner Beschreibung und in seiner Sammlung beide Gattungen vermischt. ■ — Als Syntomocera 'brevicornis war die Art von Schiner in der kaiserl. Sammlung. 12. Metopia rubricornis 9 (Araba conica R. D.) Mcq. Europa = Araba ead. n. (P. II, p. 359). — Es kann nicht ent- schieden werden, zu welcher Art dieses 9 gehört, da die Weibchen ungenügend bekannt sind. 13. Metopia agilis Bigot 9 (Ophelia ead. R. D.). Europa r= Araba ead. n. (?9 von fastnosa Mg.). Vide Nr. 12. 14. Metopia Philanthia c? (Argyria id R. D.) Bigot. Europa = Metopia s. str. ead. n. (? = M. argyrocephala Mg.). 15. Metopia cinerea 9 (Arabella ead. R. D.) Bigot. Europa = Metopia s. str. n. Vide das sub Nr. 12 über die 9 Gesagte. 16. Heterometopia argentea o Mcq. Vandiem.-Land = ead. nobis. (Klauen kurz, Geschlecht zweifelhaft.) 17. Heterometopia rufipalpis Mcq. 9 = ead. n. Sehr ver- staubt. Klauen kurz, ?£. — Auch bei dem Exemplar des kaiserl. Museums sind die Klauen kurz und keine Orbitalborsten vor- handen. 18. Sphixapata albifrons Rdi. Type c? = ead. nobis. 19. Sphixapata piligena d" Rdi. Italia = Arrenopes ead. n. - Bigot. Cuba — : Btilodexia {Cliuoneara B. B.) haemorrhoa Seh in. = plumosa Mcq. (non Wd.) teste Schiner, Coli. M. C. — Bigot, 1. c. 265. 49. Rhamphinina tineticornis cT Bigot (olim Rhynchio- dexia ead. Bigot). Mexico = Ptilodexia ead. n. Verwandt mit Pt. carolineusis Seh in. — Bigot, 1. c. 266. 50. Rhamphinina partita 9 (ist cf) (olim Dexiosoma id.) Bigot. Mexico. — Eine sehr merkwürdige Fliege vom Aus- sehen einer Sarcophaga. Die dritte Ader etwas bis vor die Mitte vor der kleinen Querader gedornt. Wangen nackt oder sehr undeutlich behaart. Hypopygium des cf nach unten ein- geschlagen, ziemlich kräftig. Stirne breit, Scheitel fast von Augenbreite. Backen sehr breit. Scheitelborsten stark (nach den Narben). Ocellen braun, gross. Beugung »V«-förmig mit Zinke. Ich kann die Fliege nur zur Gattung Pachygraphia bringen, von deren brasilianischen Arten sie verschieden ist. 51. Rhamphinina fumipennis Bigot (olim Dexiosoma id. Big.). Mexico ■=. Ptilodexia n. ead. Verwandt mit Pt. tineti- cornis Big. 52. Myiocera ruficornis cT 9 Bigot. Baltimore. Ist Sardio- cera B. B. und wahrscheinlich S. pictipennis Seh in. litt. Auch sehr ähnlich 5. rutilans Wied. Männchen mit kurzen Klauen. Hinterschienen kammartig beborstet. Ist keine Myio- cera (vide B. B., P. III, p. 175). 53. Myiocera rufipennis (Dexia ead. Mcq.) Bigot. Nord- amerika 9 = Ptilodexia ead. Die Wangen bis unten kurz- borstig. — Ist wohl gleich Pt. carolineusis Seh in. in litt. M. C. (B. B., P. II, 417, Catalog). 54. Dinera pallidicornis (Loew?). Europa — Estheria ead. n. Wahrscheinlich = E. fuscinervis (Dexia) Egger — E. imperatorii R. D. =r cristata Meig. 55. Morphomyia caliendrata Rdi. Italia z= ead. n. 56. Myocera (olim Rhamphinina) argentina Bigot. Bue- nos-Ayres — Ptilodexia ead. B. B. In der kaiserl. Sammlung steckt eine vielleicht identische Art aus Mexico, doch ist bei Über Muscaria schizotnetopa. 509 ihr das dritte Fühlerglied etwas länger und schmäler. — Ann. Soc. Ent. fr., 1 888, p. 265. 57. Myocera major Bigot. Fünf Stücke einer grösseren Art, ebenfalls eine Ptilodexia mit kurzen Borsten in Reihen an den Wangen. Ich halte diese Stücke für Pt. thicticornis Bigot aus Mexico (vide Nr. 49). Mexico. (Rhamphina ead. Bigot.) 58. Myocera simplex cf Bigot. Mexico. Sehr schlecht erhalten. Beugung mit kleiner Zinke. Scheint eine Ptilodexia und verwandt mit Pt. pyrrhoprocta Wd. zu sein. Das dritte Fühlerglied ist dreimal so lang als das zweite, schmal. Der Kopf ist leider seitlich gequetscht. — Ann. Soc. Ent. Fr., 1888, p. 266. 59. Myocera dubia cf Bigot. Mexico. Zwei Stücke, welche nicht zusammengehören, das eine mit dem Zettel »Mexic.« ist eine Ptilodexia, das zweite ist eine Macrometopa n., aber kleiner als M. mexicana.1 (? Rhamphinina dubia. Bull. d. sc, 1885, 14. und 28. Jan.) 60. (Myocera) argyrostoma Mcq. (Inedite). India (Indes). Sehr beschmutztes Exemplar. Zu Miisciuen (oder Rhiuia) gehörend. Schildchen lang, kegelig. Arista lang und doppelt gefiedert. Seitenborsten des Thorax nicht zu sehen, mit Schmutz bedeckt. Beugung abgerundet, stumpfwinkelig. Erste Hinterrandzelle offen. 61. Formosia velutina C7 Bigot. Yandiemensland. Ann. Soc. Ent. fr., IV, 1874, pl. 8, p. 468 = Rutilia ead. n. 62. Formosia variegata Bigot 9. Neuholland = leuco- sticta Seh in. {Rutilia ead. n.). Wahrscheinlich auch synonym mit R. Erichsoni Schin. litt. Vide Schiner, Novara-Reise, Dipt, p. 319, 1868; Bigot, 1. c, 1874, Taf. 8, Fig. 4. — Bigot erwähnt die Art als Formosia sibi, da er die Gattungen anders auffasst. Vide B. B., P. II, p. 445. — Vide Bigot, Ann. Soc. Ent. fr., 1874, T. IV, p. 461. 63. Formosia papua c? Bigot. Neuguinea = Rutilia ead. n. — Wangen nackt. — 23. Jan. 1878, Ann. Soc. Ent. fr., p. 87. 1 Man vergl. Microphthahna calogaster Bigot, Ann. Soc. Ent. fr., 1888, >66. — Nr. 29. 510 F. Brauer, 64. Tritaxis australis Mcq. Vandiemensland {Tritaxys Mcq., 1847, Dipt. exot., Suppl. II, 66). Die drei Exemplare sind sehr schlecht erhalten; ich halte sie alle für Gonio- phana n., und zwar wahrscheinlich für synonym mit Gonio- pkana heterocera Mcq. (Gonia sibi). — Ich kenne die Art auch aus Vandiemensland. — In dem Generalindex B. B., P. III wurde die Gattung ausgelassen, in P. II aber als fraglich mit Perichaeta verwandt angegeben. Man ersieht hieraus nur, dass ein Erkennen der Gattungen ohne Vergleich der Originale bei Macquart nicht möglich oder nur in wenigen Fällen durch- führbar ist und dass Gerstaecker über dessen Arbeiten seinerzeit ein ganz richtiges Urtheil gefällt hat. — Der Hinter- schienen wegen vergleiche man auch Masicera rubrifrons Mcq., diese Sitzungsber., 1897, p. 339, Nr. 22. 65. Microtropeza ignipennis Mcq. Tasmanien. Es sind hier zwei Arten vermengt; die eine Art ist in beiden Ge- schlechtern vorhanden, kleiner, das cT trägt das Zeichen »cf« und hat sehr lange, dünne, gelbe Klauen, das Weibchen hat Orbitalborsten und sehr feine Ocellenborsten, die kaum von den dichten Haaren des Ocellenhöckers abstechen, ausserdem ist an den Vordertarsen das zweite, dritte und vierte Glied sehr stark verbreitert. Die Zeichnung am Hinterleib ist ähnlich wie bei nigricornis Mcq., am dritten und vierten Ring je ein sagittaler, weisser, dreieckiger Fleck, beide mit der Spitze nach hinten gerichtet und zusammenhängend, am zweiten Ring zwei weisse runde Punkte nebeneinander, aber breit getrennt; — bei nigricornis Mcq., Dipt. exot., Suppl. IV, T. 21, Fig. 5, findet man am 2. Ring einen dreieckigen weissen Mittelfleck. — Die zweite, grössere Art ist nur in einem Weibchen vertreten, das keine erweiterten Vordertarsenglieder zeigt, starke Ocellen- borsten hat und der Hinterleib hat nur weisse Quergürtel am Vorderrand des zweiten, dritten und vierten Ringes; der des zweiten ist in der Mitte getrennt; der des dritten bildet sagittal durch Zusammenfliessen einen Längsfleck, der am dritten eine Strieme, am vierten ein Dreieck bildet. — Diese zweite Art bildet die Type von sinuata B. B. (Rockhampton) und ist mit der ersteren im kaiserl. Museum ebenfalls vermengt. — Von der ersten Art trägt hier ein Stück einen Zettel mit: sinuata Über Muscaria schizometopa. 5 1 1 Mcq. Type und sinuaia \V. Donovan. Alle haben am zweiten Ring zwei Punkte, die aber oft verdunkelt und undeutlich sind (fett?). Die Abbildung der M. sinn ata Mcq., Suppl. I, Taf. 16, Fig. 6 passt noch am ehesten zu sinnata Mcq. B. B. — Die Flecke sind bei dem Stücke der Coli. Verrall (grosses 9) und nur bei Beleuchtung von hinten etwas deutlich und auch so geformt wie bei der citirten Figur, sie stehen auf stahlblauem Grunde, während der Grund bei ignipennis dunkelviolett oder sammtschwarz erscheint. Wiedemann's Beschreibung passt genau auf ignipennis Mcq. (die Beschreibung Macquart 's ist nicht zu finden). Coli. Verrall, o und 9 sp. 1 und ebenso auf die Type W. Don. simiata, Coli. M. C. — Auch das von Schin er in der Novara- Reise angeführte Weibchen von sinnata aus Neuseeland gehört zu ignipennis Mcq. =: sinuaia Donov. (nee Guerin) conf. Bigot. — Microtropeza (Rutilia) sinnata Guerin, Rev. Zool., 1843, 270 zeigt das zweite bis vierte Tarsenglied erweitert und die Zeichnung am Hinterleib wie ignipennis Macq. Verrall. Ganz damit stimmt die Type Wied. Don. im M. C. — Die Arten wurden sowohl im Wiener Museum, als auch in der Coli. Verrall-Bigot confundirt und auf zwei Arten der Name sinnata (M. C.) angewendet oder beide als ignipennis bezeichnet (C. V.). — Die Abbildung B. B., P. I, Fig. 307 stellt die M. sinnata Mcq., Suppl. I, T. 16, f. 6 dar (nee sinnata Guerin = ignipennis Mcq.). 66. Rutilia oblonga n. sp. Mcq. (Diaphania). Neuholland. — Ein Exemplar gehört zur amerikanischen Gattung Chaetogyne, ist als solche von mir bezeichnet und sieht von ferne nur einer Diaphania ähnlich. Letztere Gattung hat aber einen kurzen Rüssel. — Das zweite Stück ist dunkelgrün metallisch, der Rüssel ist nicht sichtbar, die Fühlerborste deut- lich kurz gefiedert und nicht wie bei Rutilia, sondern ähnlich wie bei Senostoma (Rntilia) vittata Mcq. Auch sind die Hinter- schienen nicht gewimpert und der Mundrand ist stark nasen- artig vorspringend. Zu diesem Exemplar gehört wohl die Bestimmung. Dipt. exot., Suppl. II, T. 5, Fig. 1. stimmt, sowie die Beschreibung mit dem grünen Exemplar. 512 F. Brauer, 67. Rutilia decora Coli. Bigot (zweiter Zettel mit Gra- pholostyltim dorsomaculatum M cq., Suppl. 4) = Rutilia ead. n. — Die Arista ist sehr kurz behaart, sonst passt Macquart's Beschreibung. Die Wangen sind sehr kurz und feinhaarig. Bigot führt aber beide Gattungen getrennt an (Ann. Soc. Ent. fr., 1874, p. 457, 58). Auch im Wiener Museum als decora Bigot. 68. Rutilia argentifera Bigot. Sydney. — Rutilia ead. n. — Nicht im Wiener Museum, ist in der Zeichnung einer Auienia leonina ähnlich, aber durch die nur pubescente Arista etc. verschieden. 69. Rutilia fulviventris Bigot cfc^. Vandiemensland. Fühlerborste deutlich kurz gefiedert, Hinterschienen in der Basalhälfte aussen gekämmt mit feinen Borsten. Macrochaeten nur marginal am dritten Ringe. 9 mit zwei Orbitalborsten, diese kurz. Wangen nackt. Augen nackt. Eine ? Rutilia mit etwas länger behaarter Arista. Conf. Nr. 75, R. minor, wahr- scheinlich eine Senostoma oder Pseudoformosial — 75. 70. Rutilia echinomyidea 9 Bigot. Neuholland? := Dia- phania ead. — Da die Mundtheile eingezogen sind, so lässt sich nicht entscheiden, ob Taster wie bei Rutilia vorhanden sind oder ob diese kurz wie bei Diaphania sind. Die schulter- artige Basis der Flügelwurzel kann bei beiden, gewiss ver- wandten Gattungen vorkommen. Eine ähnliche Form wäre Rut. accedens Seh in., M. C. Dem Aussehen nach würde ich die Art für Diaphania testacea halten. 71. Rutilia castanipes (9) Bigot. Australien. — ■ Rutilia ead. n. Wangen behaart. Drei 9 und ein d". 72. Rutilia castanifrons Bigot. Australien =r Rutilia ead. n. Wahrscheinlich identisch mit der vorigen Art. 73. Rutilia semifulva Bigot cf. Australia r± Rutilia ead. n. Wangen behaart. 74. Rutilia ruficornis Bigot. Australia — Rutilia ead. n. und vielleicht = Nr. 73. 75. Rutilia minor Mcq. cf 9. Sydney (?) notn. par. Mcq. Fühlerborste kurz gefiedert (doppelt), Wangen nackt, Hinter- schienen nicht dicht gewimpert, nur am Grunde gekämmt, sonst ungleich und weitläufig beborstet. Augen des Männchens Über Mitscaria schizomclopa. 0 1 ö sehr genähert, Macrochaeten marginal am zweiten und dritten King, aber lang und dünn, von den dichten, die Fläche be- deckenden langen borstigen Haaren schwer zu unterscheiden, deutlicher im Profil. Keine Scheitelborsten (cf). Unterrand des Kopfes sehr lang und weit zurückreichend, Taster zart, etwas am Ende verdickt. Klauen an den Hintertarsen ziemlich ver- längert. Beide Exemplare sind Männchen. Der Kiel ist dick und blasig. Der Rüssel ist ziemlich dünn und lang, der zweite Theil von Kopflänge, die Labellen sind klein. Die Beugung ist wenig »V«-förmig mit einer sehr kleinen Zinke. — Nähert sich am meisten der Gattung Pseudoformosia n. ■ — Im Suppl. I d. Dipt. exot., p. 182 ist als Vaterland »de la Tasmanie et de l'ile Sydney« angegeben, wohl Sidney in Australien. Die langen borstigen Haare am Abdomen können ebenso als Macrochaeten aufgefasst werden. Bei Profilansicht decken sich viele dieser Borsten, wodurch am Rande scheinbar dickere Borsten als auf der Fläche stehen. Bei Pseudoformosia sind aber thatsächlich dickere starke Randborsten vorhanden, während bei dieser Art am Rande und auf der ganzen Fläche lange Borstenhaare stehen, was auch bei der Gattung Senostoma Mcq. der Fall ist, besonders in der Sagittallinie. Das 9 von Senostoma flavipes Sc hin. hat zwei feine Orbital- und je eine Scheitelborste, ferner eine breite Stirne von halber Augenbreite; das cf hat sehr lange Klauen. Die Borstenhaare am Abdomen stehen beim Männchen dichter und sind länger als die des Weibchens, wodurch bei dem Weibchen wirklich in der Sagittallinie deut- lich Mittelmacrochaeten sich von kurzen Borsten abheben. Die Beine sind bei 5. flavipes S. 9 ganz gelb, während bei Ritt, minor cf Mcq. die Schenkel schwärzlich sind. Beide Arten gehören aber sicher in eine Gattung und keine ist eine Riitilia in unserem Sinne. Da ein cf der 5. flavipes Schin. ebenfalls schwärzliche Schenkel besitzt, so möchte ich glauben, dass beide Arten nur verschiedene Geschlechter einer Art bilden; es wäre dann Ruf. minor Mcq. cf = Senostoma flavipes Schin. 9 und wahrscheinlich = Senostoma variegata Mcq. 76. Rutilia vittata Mcq. Nova Holl. = Diaphania ead. n. 77. Rutilia nigra n. sp. Mcq. nom. (Coli. Fairmaire). Nova Holl. = Rutilia ead. n. 514 F. Brauer, 78. Rutilia dubia n. sp. nom. p. Mcq. Man i IIa. cf mit fast zusammenstossenden Augen. Wahrscheinlich eine Pseudo- formosia. Fühlerborste fehlend (schlecht erhalten). Dipt. exot, Suppl. I, p. 183. Cubitus nicht »V«-förmig. ? auch zu Nr. 79 gehörend. 79. Rutilia elegans Mcq. n. sp. Sidney. — Ist zweifellos unsere Chrysopasta (B. B., I, 152) versicolor Erich (Rutilia). — Im Bd. III, Nr. 20, p. (95) 7 steht fälschlich: »Setae orbitales in utroque sexu«. Das Männchen hat, wie P. I, p. 152 zu sehen ist, keine Orbitalborsten. (Man vergleiche die vorige Art, welche auch einen schmäleren Kiel besitzt.) — In Macquart, Dipt. exot., Suppl. I, p. 182, heisst es: »de l'ile Sydney«. Ob hiemit die weit östlich gelegene pacifische Insel Sydney gemeint sein soll, kann man nicht entscheiden. 80. Rhynchomyia cuprea Hispan. Bigot =z ead. n. — Verwandt mit cyanescens Loew. M. C. 81. Rhynchomyia gracilipalpis Mcq. Adelaide = ead. n. 82. Rhynchomyia dubia Mcq. 9 Australien. Ohne Ab- domen und Hinterbeine. Kann keine Rhynchomyia sein, hat eine sehr langgefiederte Arista, ein Kiel fehlt. Drittes Fühler- glied dreimal so lang als das zweite. Die Arista ist doppelt gefiedert. Die dritte Längsader ist nackt, sonst erinnert die Fliege an Tricyclea v. d. Wp. aus Südafrika. Die Vibrissen steigen bis über die Gesichtsmitte auf. — Der fehlende Kiel weist von Rhiniiden ab und führt zu Museiden. Wangen mit kurzen Börstchen. — Ich möchte die Fliege vorläufig zur Gattung Thelychaeta B. B. stellen. Macquart sagt Dipt. exot., Suppl. V, p. 109, 110, dass dieselbe eine neue Gattung bilden dürfte, sobald die Taster und Arista bekannt würden. Beide sind aber vorhanden. Erstere sind keulenförmig und gelb, letztere siehe oben. 83. Rhynchomyia tigrina J. Bigot. Australia. Arista fast nackt, sehr kurz und fein behaart, pubescent. Wangen sehr fein und kurzhaarig. Fühler durch einen schmalen, niedrigen Kiel getrennt. Ausserhalb der Reihe neben der Stirnstrieme eine zweite Reihe von 4 — 5 Borsten, welche wie Orbitalborsten aus- sehen. Erste Hinterrandzelle offen = Rhynchomyia ead. n. (conf. Auastellorhina Bigot), Ann. Soc. Ent. fr. 1874, p. 242. Über Muscaria schizometopa. 51 0 84. Rhynchomyia diversicolor Bigot cf. Port Natal = ead. n. 85. Rhynchomyia pictifacies Bigot cf. Cap. b. sp. = ead. n. 86. Rhynchomyia palliceps Bigot. Indes cf = ead. n. 87. Cosmina latecincta o Bigot. Natal = Auchmeromyia luteola F. Loew (Ann. Soc. Eni fr. 1874, p. 240). 88. Cosmina micans Bigot. Poulo Pinang (nächst Ma- lacca). Eine neue Gattung der Calliphorinen; Sternopleural- borsten: 1; 1, eine Hypopleuralreihe, dritte Ader nur im Basal- viertel bedornt, sonst nackt; Spitzenquerader nach aussen concav, Cubitus abgerundet stumpfwinkelig, erste Hinterrand- zelle offen, Augen nackt (im Wiener Museum aus Java von Fruhstorfer). — ' •> satz (p. e.). wie ihn Henle (12) vom Crocodil beschreibt und abbildet. Etwas Ähnliches finden wir auch bei Chrysemys ornata (Taf. II, Fig. 9), nur ist die vordere Wand stark zu- sammengedrückt, so dass der Fortsatz in den dadurch ent- standenen Längskiel übergeht. Die von Henle (12) bei Chelone erwähnte Längsfirste an der Innenseite der vorderen Wand des Schildknorpels finde ich an den von mir untersuchten Kehlköpfen der Chelonidae kaum angedeutet. Dagegen bildet dieselbe bei Testiuio pardalis (Taf. III, Fig. 35), radiata, microphyes und bei Cinixys (Taf. 1, Fig. 3) eine stark hervortretende, knorpelige Längskante (c. 1.), die sich über den ganzen Theil des soliden Schildringknorpels hinabzieht. Sie wird schon aussen durch die früher erwähnte Längsfurche (s. 1.) angedeutet.1 Der hintere Rand der oberen Öffnung des Schild-, respec- tive Schildringknorpels ist bei den Schildkröten entweder schwach ausgeschnitten oder etwas gekrümmt. Sehr häufig bildet er sich auch in eine Spitze um, die den beiden Giess- beckenknorpeln zur Anlenkung dient. Eine solche finden wir bei Podocnemis (Taf. II, Fig. 23), Teshtdo radiata, Cinosteriinui und Clemmys (Taf. I, Fig. 13). Bei der letzteren Gattung steht diese Spitze nur mehr durch zwei Bogenschenkel mit dem Schildknorpel in Verbindung, so wie es Henle (12) bei Cistudo Carolina beschrieben hat. Hierin lässtsich ein Zustand erblicken, der die Trennung dieses Knorpelstückes vom Schildknorpel vorbereitet, und sie erfolgt auch wirklich hei einer ganzen Reihe von Schildkröten. Dieses abgegliederte Knorpelstück wurde zuerst von Bojanus (3) bei Emys orbietdaris (Tab. XVII, Fig. 78) dar- gestellt und als Lamellula cartilaginea posterior cartilaginis erieoideae bezeichnet. Später haben dann Alessandrini (1) 1 Cuvier (6) hat zuerst die Wahrnehmung gemacht, dass bei einer grossen Landschildkröte von Madagascar eine häutige Längskante an der lnnenfläche des Schildknorpels vorhanden ist. Dieselbe Eigentümlichkeit theilte Meckel (17) von Testudo tabulata mit. An den von mir namhaft gemachten Schildkröten handelt es sich nicht bloss um einen häutigen Vor- sprang, sondern um die knorpelige Längsfirste, die demselben zur Befestigung und Verstärkung dienen soll. , w (i F. Sieb en rock, und Mayer (14) bei Thalassochelys caretta und Chelone mydas davon Erwähnung gethan. Der erstere Autor nannte das Knorpelstück »Cricoidea«, letzterer »hinteren Fortsatz des ring- förmigen Knorpels«. Henle (12) hat nachgewiesen, dass das- selbe nach Lage und Function nur dem Ringknorpel der Säuge- thiere homolog sein kann, und als solchen fassen es auch die meisten Autoren auf. Dubois (10) vertritt jedoch die An- schauung, dass den Amphibien und Reptilien ein eigentliches Thyreoideum fehle. Daher bestehe der Kehlkopf bei den Schild- kröten aus den beiden Arvtaenoidea, dem Cricoideum und dem zuweilen getrennt vorhandenen Procricoideum, das somit dem Ringknorpel Henle's entsprechen würde. Henle (12) hat die Anwesenheit des Ringknorpels bloss bei Emys und Chelone hervorgehoben, dann im Nachhange zur Tafelerklärung V auch noch bei Chelys fimbriata, übersehen aber bei Trionyx. Auch Cuvier (7) beschreibt den Ringknorpel nur von Chelone mydas, nicht aber von Trionyx spinifer, p. 808: »Dans la trionix spinifer, le thyrocrico'ide forme Line boite carti- lagineuse eonsiderable, cylindrique en arriere, conique en avant, ouverte obliquement de ce cöte pour recevoir les arytenoides, qui sont un peu arques. Le Iarynx de la chelone midas est le plus complique qui ait ete observe parmi Reptiles, puisqu'il a un thyroide completement annulaire, distinct du crico'ide. « Der Ringknorpel tritt unter den Schildkröten viel häufiger auf, als Henle (12) geglaubt hat, denn wir rinden ihn bei folgenden Gattungen: Chclydra, Macroclemmys, Staurotypus, Chrysemys, Emys, Nicoria, Chelone. Thalassochelys, Emydnra, Trionyx, Emyda, Cyclanorbis und nach Peters (21) auch bei Cycloderma. Es muss daher Owen 's (19) Behauptung, p. 529: »The thyreoid cartilage in all Chelonia is distinct from cricoid« als irrthümlich bezeichnet werden, denn bei Cinosternnm, Clemmys, Cinixys, Testudo, Pelomedusa und Podocnemis bleibt der obere Theil der Hinterwand des Schildknorpels solid, somit kann von der Existenz eines Ringknorpels keine Rede sein. Der Ringknorpel, Cartilago cricoidea (c. c.) ist zwischen den beiden Hinterrändern des Schildknorpels ein- geschaltet, wenn letzterer unten offen bleibt, so z. B. bei Stanro- typus, Chrysemys, Emys und Nicoria; hingegen liegt derselbe in Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. o77 einem Ausschnitte des Schildknorpels, wenn dessen Hinter- wand solid ist, wie z. B. bei Chelone, Thalassochelys, Eniydura, Trionyx, Emyda und Cyclanorbis. Was die Form und Grösse des Ringknorpels anbelangt, so finden wir ihn am kleinsten und oval bei Statirotyptts; grösser und mehr dreieckig, die Spitze nach oben gekehrt bei Nicoria und Trionyx (Taf. II, Fig. 29 und 32, c. c); dreieckig, aber die Basis nach oben gewendet, bei Emydura (Taf. II. Fig. 26, c. c.) und Emyda. Einen bogenförmigen Ringknorpel haben die Gattungen Chrysemys und Emys (Taf. I, Fig. 10 und Taf. II, Fig. 16, c. c). Er ist ziemlich gross und hat an seinem oberen Rande einen kurzen Fortsatz. Die grösste Entwicklung erreicht aber der Ringknorpel bei den Chelonidae und bei Cyclanorbis. Hier bildet er ein ansehnliches Knorpelplättchen, das bei Chelone mydas und Thalassochclys mehr rundlich, bei Chelone imbricata zugespitzt ist. Bei Cyclanorbis gleicht er in der Form mehr den zwei zuerst genannten Arten, nur hat er an seiner oberen Kante einen kurzen Fortsatz. Dass auch hierin wieder individuelle Unterschiede vor- kommen, zeigt die Darstellung des Ringknorpels nach He nie (12) bei Chelone mydas. In Fig. 28, Taf. V hat er eine mehr dreieckige Form mit einer rückwärts gekrümmten Spitze. An dem von mir präparirten Kehlkopfe derselben Art ist der Ring- knorpel ein ovales Knorpelplättchen ohne die geringste An- deutung einer oberen Spitze. Eine sehr merkwürdige und in der Reihe der Wirbelthiere vielleicht einzig dastehende Eigenthümlichkeit finden wir in der Anlage des Ringknorpels bei Chelydra und Macroclemwiys (Taf. I, Fig. 7). In beiden Gattungen ist er so wie die ganze hintere Wand des Schildknorpels in zwei Hälften getheilt. Die beiden Knorpelstücke (c. c.) sind klein, rundlich, verbinden sich unten mit dem Schildknorpel durch Zellgewebe, während an ihrem oberen Umfange die Giessbeckenknorpel anlenken. Nach ihrer Lage und Function zu schliessen, kann wohl kein Zweifel bestehen, dass die beiden Stücke dem Ringknorpel der übrigen Schildkröten homolog sein müssen. Mitchell und Morehouse (18) haben den Kehlkopf von Chelydra serpentina auf folgende Weise beschrieben: »The 578 F. Sieb enrock , Larynx consists of a largely-developed cricoid cartilage and two arytenoid cartilages. The cricoid rests in the bowl of the hyoid bone, is somewhat helmet shaped, and has on its under surface a visor-like oval fenestrum Superiorly the cricoid presents an oval opening, filled in by membrane, lipon which rest the arytenoid cartilages, one on either side, with the glottic slit between them. The arytenoid cartilages etc.« Die beiden Autoren haben also weder auf die Trennung der hinteren Wand des Schildknorpels aufmerksam gemacht, noch der Anwesenheit des Ringknorpels auch nur Erwähnung gethan. Nach dem vorher Gesagten hätte Staurotypus den primi- tivsten Ringknorpel. Aus diesem scheint sich die dreieckige Form von Nicoria, Emydura, Trionyx und Emyda (Taf. II, Fig. 26, 29 und 32, c. c.) entwickelt zu haben. Denkt man sich das Dreieck mehr in die Breite gezogen und den unteren Theil etwas obliterirt, so bekommt man den bogigen Ringknorpel bei Chrysemys und Emys (Taf. I, Fig. 10 und Taf. II, Flg. 16, c. c). Auch die Plättchenform von Chelone, Thalassochelys und Cycla- norbis lässt sich aus dem dreieckigen Ringknorpel ableiten. Seine Theilung in zwei gesonderte Stücke bei Chelydra und Macroclemmys ging offenbar mit jener der hinteren Wand des Schildknorpels vor sich. Der paarige Giessbeckenknorpel, Cartilago arytae- noidea (ca.) aller Autoren bedeckt die obere Öffnung des Schild-, respective Schildringknorpels. Wie verschiedenfach immer sein Aussehen sein mag, lässt sich stets seine Form von dem ihm zu Grunde liegenden Dreiecke ableiten. Die mannig- fachen Modificationen werden hauptsächlich durch die Veränder- barkeit des vorderen Basistheiles, inbesondere aber seiner Spitze oder des oberen Fortsatzes bedingt. Der constanteste Theil des Giessbeckenknorpels ist natürlich der hintere Fortsatz, der die bewegliche Verbindung mit dem Schildring- oder mit dem Schild- und Ringknorpel herzustellen hat. Ich nenne ihn nach seiner Bestimmung den Processus articularis (p. ar.). Von diesem erstreckt sich nach vorne die Basis (b.), indem sie dem lateralen Rande des Schild-, respective Schildringknorpels aufgelagert ist. Ihre untere Fläche kann ziemlich schmal sein, wie z. B. bei Macroclemmys (Taf. I, Fig. 7 und 8), Staurotypus, Kehlkopf" und Luftröhre der Schildkröten. 579 Nicoria, Testudo pardalis (Tat'. III, Fig. 35 und 36), radiala (Taf. II, Fig. 21) und microphyes. Bei den übrigen Schildkröten verbreitert sie sich in geringerem oder grösserem Maasse, so dass ihr innerer Rand in die Höhle des Kehlkopfes frei hineinragt. Die Form der Basis attachirt sich immer dem lateralen Rande des Schild-, respective Schildringknorpels, dem sie auf- liegt. Je mehr gekrümmt derselbe ist, desto stärker gebogen stellt sich die Fläche der Basis dar; verläuft er aber fast gerad- linig, so zeigt auch letztere die gleiche Beschaffenheit, so z. B. bei Cinosteruum und Testudo microphyes. Dass sich aber der untere Rand des Giessbeckenknorpels in seiner Mitte vom oberen Rande des Schildknorpels erheben soll, wie es Henle (12) von Trionyx angibt, so dass einige Ähnlichkeit mit jenem beim Alligator entstehen würde, habe ich nicht finden können. An allen Kehlköpfen der von mir untersuchten Trionychidae passt sich die Basis des Giessbeckenknorpels genau der Krümmung des Schildknorpelrandes an, ohne dass der geringste Zwischenraum entsteht. Ungefähr im vorderen Drittel erhebt sich an der Basis des Giessbeckenknorpels ein verschiedenfach langer, zumeist stiel- artiger Fortsatz, Processusascendens (p.a.), die obere Spitze nach Henle (12), der entweder gerade oder etwas schief nach hinten gerichtet sein kann, bei Chelydra, Macroclemmys (Taf. I, Fig. 7 und 8, p. a.), Staurotypus, Chrysemys (Taf. I, Fig. 1 1 , p. a.), Clemmys (Taf. II, Fig. 15, p. a.), Nicoria, Testudo pardalis Taf. III, Fig. 36, p. a.) und Cinixys (Taf. I, Fig. 6, p. a.), oder er ist im Winkel nach aussen gekrümmt, bei Ciuosternum und Emys (Taf. II, Fig. 16, p. a.), oder hakenförmig nach hinten bei Testudo radiata (Taf. II, Fig. 21, p. a.). Dieser Fortsatz hat eine mediale Fläche, die dem anderen Giessbeckenknorpel zu- gewendet ist, und eine laterale, die frei nach aussen sieht. An ihr lassen sich zweierlei Gebilde unterscheiden, das spitz zu- laufende Ende, Apex (ap.), und davon in wechselnder Ent- fernung, von ihr lateral gelegen eine höckerartige Hervorragung, an die sich wesentlich der Musculus dilatator laryngis anheftet. Die Spitze entspricht dem bei Schildkröten niemals getrennten Santorinischen Knorpel des Menschen und die Hervorragung dem Processus muscularis (p. m.). 580 F. Siebenrock, Speciell dieser verleiht dem oberen Fortsatze durch sein Verhältniss in der Stärke und Lage zur Spitze ein sehr ver- schiedenartiges Aussehen. Er liegt entweder neben der Spitze oder von dieser entfernt weiter abwärts. Im ersteren Falle ver- bindet sich der Processus muscularis mit ihr durch eine quere Knorpelspange, wodurch das obere Ende des Giessbecken- knorpels ein meisselförmiges Aussehen erhält, so bei Chelydra, Cinostemum, Chrysemys, Clemmys (Taf. I, Fig. 10 und 13) und Emys (Taf. II, Fig. 17). Überdies ist bei den Gattungen Cino- stemum und Emys der Processus muscularis nach aussen1 gekrümmt, aber nicht die obere Spitze, wie sich Henle (12) ausdrückte. Henle hat eben diese beiden Gebilde am oberen Fortsatze des Giessbeckenknorpels nicht unterschieden. Entfernt sich der Processus muscularis von der Spitze mehr nach unten, so tritt er entweder bloss als schwacher Knorpelhöcker auf bei Macroclemmys (Taf. I, Fig. 8, p. m.), Testudo radiata (Taf. II, Fig. 21, p. m.) und Cinixys (Taf. I, Fig. 3, p. m.), etwas stärker bei Nicoria, oder er verlängert sich fortsatzartig und ragt hori- zontal nach aussen hervor bei Testudo pardalis (Taf. III, Fig. 3(3, p. m.). Dadurch, dass sich der obere Fortsatz gewöhnlich im vor- deren Drittel der Basis erhebt, bildet sich vorne ein freies Ende, das dem Processus vocalis (p. v.) beim Menschen analog sein dürfte. Er erreicht niemals die Länge des Processus articu- läris und kann sogar bei manchen Schildkröten fast ganz fehlen, wie z. B. bei Testudo radiata (Taf. II, Fig. 21), wenn der obere Fortsatz am Vorderrande der Basis entspringt. Dieser verbreitert sich bei mehreren Schildkröten an seinem Ursprünge derart, dass er den grössten Theil der Basis besetzt hält und dem Giessbeckenknorpel ein dreieckiges Aussehen gibt. Daher erscheint derselbe viel massiger als bei den bisher betrachteten Gattungen, wo er eine fast trianguläre Form hatte. Hier lassen sich hauptsächlich zwei Gruppen unterscheiden. In der ersten Gruppe übertrifft die Länge der Basis die Höhe des Giess- beckenknorpels, bei Testudo oculifera, Chelone, Thalassochelys, Pelomedusa, Emydura, Trionyx (Taf. II, Fig. 27, 30 und 33), Emyda und Cyclanorbis, in der zweiten ist das Umgekehrte der Fall, bei Testudo graeca und Podocnemis (Taf. II, Fig. 20 Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. 581 und 24), weswegen der Giessbeckenknorpel beträchtlich gross erscheint. Auch in diesen beiden Gruppen finden wir den Processus muscularis entweder näher der Spitze gelegen, bei Chelone, Thalassochelys, Pelomedusa und Testudo graeca (Taf. II, Fig. 19, p. m.), oder weiter unterhalb, bei Podocnemis und Triony* sinensis (Taf. II, Fig. 23, 29, 30, p. m.). Er hat fast immer eine ansehnliche Länge, ragt horizontal nach aussen hervor und immer verbindet ihn eine Knorpelkante mit der Spitze. Der Processus vocalis ist am längsten bei Trionyx spinifer (Tat. II. Fig. 33, p. v.) und fehlt bei Testudo oculifera und radiata (Taf. II, Fig. 21) beinahe ganz. Eine eigenthümliche Form hat der Giessbeckenknorpel von Testudo microphyes. Die Basis ist kurz und sehr schmal, vorne erhebt sich fast senkrecht der Processus ascendens, sehr breit am Ende und etwas nach rückwärts gekrümmt. Der Processus muscularis ist in der Mitte als schwache Hervorragung sichtbar, der Processus vocalis fehlt. Diese Form bildet den Über- gang vom triangulären Giessbeckenknorpel zum dreieckigen. In ähnlicher Weise gibt Henle (12) eine Abbildung von Testudo nigra (Taf. V, Fig. 24). Das mit a bezeichnete Stück stellt den oberen Fortsatz dar, der vorne an der Basis im Winkel nach oben gekrümmt ist. Der Processus muscularis sollte an jener Stelle sichtbar sein, wo sich in Fig. 26 auf der gleichen Tafel der Musculus dilatator laryngis ansetzt. Wie aus der gegebenen Beschreibung des Giessbecken- knorpels hervorgeht, unterliegt dieser bei Testudo einer grossen Formverschiedenheit. Jede der fünf angeführten Arten hat einen so charakteristischen, von einander verschiedenen Giessbecken- knorpel, dass man sie darnach zu unterscheiden vermöchte. In dieser einen Gattung sind fast alle Typen von Giessbecken- knorpeln vertreten, die bei den Schildkröten überhaupt vor- kommen. Der schlanke Processus ascendens von Testudo par- dalis und radiata verbreitert sich bei T. microphyes und geht bei T. oculifera und graeca in die veritable Dreieckform über. Wohl schwer dürfte ein Grund dafür zu finden sein, warum gewisse Organtheile innerhalb einer Gattung einer solchen Mannigfaltigkeit in der Form unterliegen, wie dies hier der 582 F. Sieben rock, Fall ist, obwohl die einzelnen Arten den gleichen Lebens- bedingungen unterstellt sind. Da die Schildkröten keine Stimmbänder besitzen, haben die Giessbeckenknorpel den ausschliesslichen Zweck, zum Öffnen und Schliessen der Kehlritze zu dienen. Damit hängt auch die Reduction ihres Muskelapparates zusammen, der bei den Säugethieren, besonders aber beim Menschen eine viel grössere Ausbildung erlangt hat. Die Luftröhre, Trachea (t), bildet die Fortsetzung des Kehlkopfes, denn sie besteht nach Henle (12) aus zerfallenen Hingen desselben. Sie theilt sich in die beiden Luftröhren- äste, Bronchi (br. d. und br. s.), um in den rechten und linken Lungensack einzumünden. Die Luftröhre sammt ihren Ästen hat in der ganzen Ausdehnung Knorpelringe eingelagert, die entweder solid oder hinten offen sein können. Bei der Mehrzahl der hier untersuchten Schildkröten ist das Erstere der Fall. Häufig finden wir aber auch unvollkommene Ringe vor, und zwar sind es hauptsächlich jene, die unmittelbar auf den Kehl- kopf folgen. Ihre Zahl unterliegt grossen Schwankungen. Der erste Luftröhrenring, d. h. der erste selbständige Ring, der mit dem Kehlkopfe in keinem Zusammenhange mehr steht, bleibt bei Nicoria hinten offen, alle darauffolgenden Ringe sind geschlossen. Die Zahl der unvollkommenen Ringe beträgt bei: Chrys- emys ornata 2 (Taf. I, Fig. 10), bei Chelydra 6, bei Emys 13 bis 30, bei Chrysemys picta 32, und bei Cinosternum odoratum und leucostonmm erstreckt sich dieselbe auf die ganze Luft- röhre.1 Bei einigen Schildkröten kommt es auch vor, dass die Ringe unter dem Kehlkopfe geschlossen sind und erst die späteren offen bleiben, wie dies bei Staurotypus und Cino- sternum cruetitatum zutrifft. Bei der ersteren Gattung folgen nämlich auf den Kehlkopf 8 — 12 vollkommene Ringe, und dann erst beginnen die offenen. Bei der letzteren Schildkröte ist bloss der 15. — 17. Ring offen und dann wieder der 20. Wie sich die weiteren Ringe verhalten würden, vermag ich nicht anzugeben, weil der übrige Theil der Luftröhre fehlt. 1 Macroclemmys hat die ersten 5 und die letzten 10 Ringe offen, alle dazwischen liegenden sind solid. Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. 583 Die Luftröhrenäste bestehen zumeist aus geschlossenen Ringen, offen finde ich sie bei Cinosternum odoratum und Macroclemmys, bloss die letzten Ringe schliessen sich wieder, bevor die Einmündung in die Lungen erfolgt. Die Länge der Luftröhre ist bei den Schildkröten sehr ver- schieden. Sie hängt nicht allein von der relativen Länge des Halses ab, sondern auch von ihrem Verhältnisse zu den Luft- röhrenästen. Spaltet sie sich hoch oben, in der Nähe des Kehl- kopfes, so wird ihre Länge verringert, während diejenige der Aste auf ihre Rechnung zunimmt. Daher finden wir die kürzeste Luftröhre bei jenen Schildkröten, wo die Theilung in die zwei Aste schon nahe dem Kehlkopfe stattfindet, so bei Testudo oculifera und graeca; die erstere hat nur 7 — 8 Luftröhrenringe, die letztere 13 — 14, dagegen betragen die Ringe in den Ästen mindestens viermal so viel. Allein nicht alle Testudo -Arten besitzen eine so kurze Luftröhre, sondern bei Testudo radiata ist die Zahl ihrer Ringe schon auf 60 gestiegen und die der beiden Äste beträgt rechts 63, links 54. Die Länge der Luft- röhre wird bei Testudo pardalis noch um mehr als das Doppeice übertroffen, deren merkwürdige Krümmungen noch besonders beschrieben werden, wenn von der Lage und ihrem Verlaufe die Rede ist. Bei allen anderen Gattungen gehört es wohl zur Regel, dass die Luftröhre an Länge die Äste übertrifft. Die Zahl der Ringe beträgt bei: Macroclemmys 75 in der Luftröhre, 31 im rechten Ast, 27 im linken. Chrysemys picta 71»» » 33» » » 26» » Clemmys 69 » » » 34 » » : 23 » Chelone mydas 36 » » > 27 » > 24 » » Podocnemis 61 » » » 35 - » » 35 » » Trionyx sinensis 59 « » » 33 > » » 47 » » Die relative Länge der Luftröhre und ihrer Äste hängt nicht immer in demselben Grade mit der Anzahl der Ringe zusammen, da die Breite sehr verschieden sein kann. Im Allgemeinen finden wir die schmälsten Ringe bei den meisten Testudo -Arten, besonders aber bei T. radiata (Taf. I, Fig. 5), hinwiederum sind sie bei den Chelonidae am breitesten. Auch die Grösse ihrer Zwischenräume nimmt Einfluss auf die Ge- sammtlänge. Während sich die Ringe bei Testudo radiata 584; F. Sieben rock, dicht aneinanderreihen, sind sie bei den Chelonidae etwas mehr getrennt. Nicht immer finden wir die einzelnen Ringe längs der ganzen Luftröhre vollkommen isolirt, sondern sehr häufig spaltet sich ein Ring in zwei Schenkel, oder aufeinanderfolgende Ringe verbinden sich durch Knorpelstreifen, oder sie ver- schmelzen an einer Stelle mitsammen. Grösstentheils erweitern sich die Ringe an den Luftröhrenästen etwas, bevor sie in die Lungen eintreten. Die Luftröhre verläuft für gewöhnlich in gerader Richtung am Halse. Sie liegt unter der Haut auf der Speiseröhre und theilt sich, wie schon gesagt wurde, in die beiden Luftröhren- äste. Bei Testudo oculifera und graeca, wo die Theilung weit oben, nahe dem Kehlkopfe geschieht, ziehen die Äste spitz- winkelig an den Seiten des Halses abwärts. Der linke Ast hält sich eine kurze Strecke lateral von der Speiseröhre, tritt dann noch am Halse hinter dieselbe und gelangt, getrennt vom rechten Ast, in die Leibeshöhle, wo beide geradlinig zu den Lungen verlaufen. Bei den meisten Schildkröten spaltet sich jedoch die Luftröhre erst in der Leibeshöhle. In diese gelangt sie auf der Speiseröhre liegend, die immer links gelagert ist. Der linke Ast umgibt im Halbbogen den Cardiatheil des Magens und geht in die Tiefe zum entsprechenden Lungenflügel, der rechte Ast thut dies geradlinig. Weil nun das untere Ende der Luftröhre mehr auf der linken Seite ruht, hat der rechte Ast weiter zu seiner Lunge hin als der linke. Daraus ergibt sich der Längenunterschied zwischen den beiden Ästen, der früher durch die ungleiche Anzahl ihrer Ringe ausgedrückt wurde. Allein bei den Trionychidae ist das Umgekehrte der Fall. Hier liegt die Luftröhre nicht auf der Speiseröhre, um gemein- sam in die Leibeshöhle zu gelangen, sondern weit rechts davon. Daher übertrifft der linke Ast den rechten an Länge, und zwar beträgt die Differenz ungefähr ein Drittel. Auf diese Thatsache hat schon Rathke (23) bei Trionyx subplanus, ferox und Emyda granosa aufmerksam gemacht. Einer besonderen Eigenthümlichkeit begegnen wir bei Testudo radiata (Taf. 1, Fig. 5) an der Theilungsstelle der Luft- Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. Oo5 röhre in ihre beiden Äste. Die fünf ersten Ringe der letzteren (br. r. I — V) sind nämlich paarweise durch sehr kurze Knorpel- spangen mitsammen verbunden. Dadurch entsteht im Inneren der Luftröhre eine niedrige Scheidewand, die an ein ähnliches Gebilde nach Rathke (22 und 23) bei Dermochelys coriacea erinnert. Auch der sechste und siebente Ring der beiden Aste bildet noch kurze Fortsätze, die einander zugekehrt sind, sich aber nicht mehr erreichen. Bisher war davon die Rede, dass die Luftröhre und ihre Äste geradlinig zu den Lungen verlaufen, abgesehen von der kleinen Krümmung, die der linke Luftröhrenast bei vielen Schildkröten zu beschreiben hat, wenn er im Halbbogen die Speiseröhre umgibt, um zur Lunge zu gelangen. Nur von der Gattung Cinixys wusste man bis jetzt, dass bei den zwei Arten homeana und belliana die Luftröhre sammt den beiden Ästen durch Krümmungen ausgezeichnet ist. Dieser Befund wurde zuerst von Stannius (25) kurz beschrieben und dann von den übrigen Autoren immer citirt, ohne dass je eine Abbildung davon gegeben worden wäre, welche die knappe Beschreibung von Stannius (25) wesentlich unterstützt hätte. Schon Blasius (2) machte auf die Krümmungen der Luftröhrenäste bei einer Testudo ohne Angabe der Species aufmerksam und gab auch davon eine Abbildung, Tab. XXX, Fig. I und II. Daudin (9), der die erstere Figur copirt hat, glaubte in dieser Schildkröte die Testudo graeca zu erkennen. Auch Parsons (20) hat diese Figur wiedergegeben und die Krümmungen der Äste mit denen verglichen, die bei verschiedenen Vögeln vorkommen. Allein Meckel (17) spricht sich mit Recht dagegen aus, dass dieselben durch eine Verlängerung der Äste entstanden seien, sondern sie stehen bloss im Zusammenhange mit der grossen Zurück- ziehbarkeit und Ausdehnungsfähigkeit des Halses. Und lange vor Meckel hat schon Caldesi (5) gezeigt, dass die Luft- röhrenäste bei den Landschildkröten S-förmig gebogen sind, wenn der Kopf in die Schale zurückgezogen wird. Bei Cinixys handelt es sich aber nicht um solche Krümmungen, sondern hier sind sie durch eine wirkliche Verlängerung der Luftröhren- äste bewirkt, daher sie auch erhalten bleiben, wenn der Hals vollkommen ausgestreckt ist. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVI1I. Bd., Abth. I. 39 586 F. Siebenrock, Die von mir hierauf untersuchte Cinixys komeana Bell, ?, 18 cm lang (Taf. I, Fig. 1), zeigte folgende Befunde. Die Luft- röhre (t.) liegt am Halse rechts von der Speiseröhre (oe.) und macht im weiteren Verlaufe eine schwache Flexion nach der- selben Seite hin, ohne dass von einer stärkeren Krümmung die Rede sein könnte. Das untere Ende, welches in der Leibes- höhle tief unten hinter dem Pylorus gelegen ist, erweitert sich etwas und spaltet sich in die zwei Luftröhrenäste. Unmittelbar hinter der Theilungsstelle wendet sich der linke Ast (br. s.) im spitzen Winkel aufwärts bis zum oberen Leberrande, umgibt die Speiseröhre ober dem Magen (ve.) in der Cardiagegend halbbogenförmig und steigt von da geradlinig in horizontaler Richtung in die Tiefe zur Lunge. Der rechte Ast (br. d.) be- schreibt einen kurzen Bogen nach seiner Seite hin, geht eben- falls bis zum oberen Leberrand aufwärts, macht eine kleine Krümmung nach links und mündet dann etwas oberflächlicher als der linke Ast in die Lunge ein. Die Luftröhre sammt dem Kehlkopfe misst 78 mm Länge, jeder Ast 52 — 53 mm; erstere wird von 68 Ringen zusammengesetzt, jeder Ast von 51 — 53. Unvergleichlich windungsreicher ist die Luftröhre und ihre beiden Äste bei einer Testudo pardalis Bell, ?, 70 cm lang {Taf. III, Fig. 34). Die Luftröhre (t.) liegt am Halse rechts von der Speiseröhre, biegt in der Leibeshöhle angelangt um (1) und zieht hinter der Leber nach links, beschreibt einen Halb- bogen (2) aufwärts und erstreckt sich fast in horizontaler Richtung von links hinter dem verticalen Theile der Luftröhre auf die rechte Seite hinüber. Hier krümmt sie sich im grossen Bogen (3) nach ab- und dann in schräger Richtung gegen die Mitte aufwärts, geht hinter der Krümmung 1 im Bogen (4) auf der linken Seite wieder nach unten, bildet einen verticalen Bogen (5), zieht hinter dem linken Luftröhrenast nach oben, dann wieder in horizontalem Bogen (6) gegen die Mitte hin nach unten, um sich in die beiden Luftröhrenäste zu theilen. Somit hat die Luftröhre sechs Krümmungen bestanden, ehe die Spaltung in ihre beiden Äste erfolgt ist. Der linke Luftröhrenast (br. s.) steigt in kurzem Bogen (a) aufwärts, umgibt den Luft- röhrenbogen 6 halbkreisförmig (b), geht hinter diesem nach unten, bildet eine verticale Schlinge (c), steigt hinten aufwärts Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. Oö/ im Bogen (d) nach vorne, dann abwärts an der lateralen Wand des Luftröhrenbogens 5, wendet sich bei (e) gegen die Mitte hin und mündet endlich in die linke Lunge ein. Der linke Ast beschreibt also von seiner Abzweigung bis zur Lunge fünf Krümmungen. Der rechte Luftröhrenast (br. d.) zieht im Bogen (a) fast vertical nach unten und dann aufwärts, wendet sich hinter der Luftröhre in schräger Richtung gegen den linken Theil der horizontalen Luftröhre, bildet hinter derselben einen horizon- talen Bogen (ß) nach unten und gegen die Mitte hin, biegt mit einer Schlinge (7) um und erstreckt sich hinter der Luftröhre unten nach rechts, um in einem weiten Bogen (3) die Lunge zu erreichen. Der rechte Ast hat daher die geringste Zahl von Krümmungen, nämlich vier, übertrifft aber dennoch den linken in seiner Länge, weil er viel grössere Bogen beschreibt als dieser. Seine Krümmungen liegen fast ganz hinter der Luft- röhre, während jene des linken Astes mehr nach vorne gedrängt sind. Zwischen den Krümmungen der Luftröhre und denen der beiden Äste ist eine seröse Haut (m. s.) ausgespannt, analog der Pleura bei den Säugethieren, die in der Fig. 34, Taf. III, nur an einer Stelle ersichtlich gemacht wurde, um die Deut- lichkeit der darunterliegenden Krümmungen nicht zu beein- trächtigen. Sie hat offenbar den Zweck, die einzelnen Partien in ihrer Lage zu erhalten. Die Luftröhre sammt Kehlkopf misst 871 mm Länge, wovon 25 mm auf letzteren entfallen, der rechte Luftröhrenast 404 mm und der linke 378 mm. Die Luft- röhre enthält 124 Ringe, der rechte Ast 59 und der linke 53. Die Ringe nehmen in der Luftröhre von oben nach unten an Breite zu und sind vom 30. Ring an mit einem medianen hori- zontalen Kiel umgeben. Der letzte Ring ist unten durch eine bogige, ziemlich breite Knorpelspange für die beiden Äste in zwei Öffnungen getheilt. Die Äste sind viel dünner als die Luft- röhre, besonders gegen die Lunge hin, und besitzen ebenfalls breite gekielte Ringe. Nur im oberen Theile der Luftröhre werden die Ringe durch schmale häutige Zwischenräume getrennt, alle übrigen stossen nahtweise zusammen. Es wäre die Frage zu beantworten, warum Testudo par- dalis mit so colossal langen, luftleitenden Röhren ausgestattet ist, während die fast in der gleichen Region und unter denselben 39* 588 F. Sieben rock, Lebensbedingungen vorkommende Testudo oculifera von allen Schildkröten vielleicht die kürzeste Luftröhre besitzt. Parsons (20) hat die Meinung ausgesprochen, dass eine windungsreiche - Luftröhre bei den Schildkröten als Luftbehälter dienen dürfte, wenn diese längere Zeit unter Wasser bleiben. Eine solche besitzen aber nach dem vorher Gesagten nur echte Landschild- kröten, denn die Luftröhre ist bei den Sumpf- und Wasser- schildkröten immer geradlinig. Bei den Vögeln gehört es zur häufigen Erscheinung, dass die Luftröhre den Hals an Länge um ein Bedeutendes übertrifft und diese daher nach Forbes* (11) Beschreibung mehr oder weniger complicirte Windungen bildet. Auch bei den Vögeln wird kein Grund angegeben, warum besondere Ordnungen, wie die Lamellirostres, Pelargi, Grues, Limicolae, Rasores und einige Passeres eine verlängerte Luft- röhre besitzen. Vielleicht spielt sie zur Paarungszeit eine Rolle, um damit gewisse Töne hervorzubringen, die zum Anlocken eines der beiden Geschlechter dienen sollen. Darwin (8) be- richtet von den grossen Landschildkröten auf den Galapagos- Inseln, dass die Männchen während der Paarungszeit ein heiseres Brüllen »a hoarse roar or bellowing« hören lassen, das auf eine Entfernung von 100 Yards vernommen wird. Leider liegen keine Mittheilungen vor, welche über die Form der Luftröhre bei diesen Schildkröten Aufschluss geben würden. Die Frage wäre somit auf biologischem Wege zu lösen, wenn die Möglichkeit geboten wird, lebende Thiere von Testudo pardalis zur Zeit der Paarung in zoologischen Gärten beob- achten zu können. Bei dieser Art sind offenbar beide Ge- schlechter mit einer windungsreichen Luftröhre ausgestattet, während nach Darwin's (8) Angaben bei den Schildkröten der Galapagos-Inseln nur das Männchen Laute von sich gibt, »the female never uses her voice«. Übrigens ist deshalb durchaus nicht anzunehmen, dass nicht auch das Weibchen die gleiche Einrichtung wie das Männchen besitzt. Man findet ja wiederholt im Thierreiche, dass einzelne Organe nur bei einem der beiden Geschlechter der Utilität zugeführt werden, während sie bei dem anderen Geschlechte bloss im Verhältnisse der Cor- relation stehen, ohne dass die Thiere davon Gebrauch machen können. Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. 589 Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen über den Kehlkopf und die Luftröhre bei den Schildkröten sind in Kürze folgende: Der Kehlkopf der Schildkröten ist unter allen Reptilien am meisten differenzirt. Zwar nicht immer, aber bei vielen Gattungen findet man das erste Auftreten eines selbständigen Ringknorpels. Dadurch wird der Anschluss zwischen dem Kehl- kopfe der Reptilien und der Vögel hergestellt. Der Schild-, respective Schildringknorpel bildet in den seltensten Fällen eine homogene Knorpelröhre. Die Anwesenheit von häutigen Interstitien, die in der vorderen und hinteren Wand zu finden sind, deuten auf die Anzahl der Ringe hin, aus denen derselbe zusammengesetzt ist. Die Interstitien sind oftmals individuellen Verschiedenheiten unterworfen, so dass sich in ihrer Anordnung keine strenge Gesetzmässigkeit er- kennen lässt. Die hintere Wand wird bei den Chelydridae durch einen häutigen Längsstreifen getheilt. Bei einigen Gattungen verschmelzen aber die oberen Kehlkopfringe hinten zu einem soliden Knorpelstücke, wodurch eine Verbindung der hinteren Wand entsteht. Dieses Knorpelstück bleibt entweder mit dem Schild-, respective Schildringknorpel verbunden, z. B. bei Clemmys, oder es löst sich beiderseits los und bildet den Ringknorpel bei Chrysemys und Emys. Ein weiterer Schritt zur Ausgestaltung der hinteren Wand geschieht bei Podocnemis und Emydura. Hier verbindet sich auch der untere Theil durch ein Knorpelstück, so dass nur ein häutiges Fenster zurück- bleibt. Endlich verschwindet auch dieses bei Emyda, und die hintere Wand bildet eine homogene Knorpelplatte. Eine knorpelige Epiglottis fehlt; dafür entwickelt sich bei einigen Gattungen am Vorderrande des Schild-, respective Schildringknorpels ein Processus epiglotticus, der aber niemals die Grösse wie bei vielen Schlangen und Eidechsen erreicht. Der Ringknorpel ist bei den Schildkröten viel häufiger zu finden, als bisher geglaubt wurde, denn man kannte ihn bloss von wenigen Gattungen. Seine Anwesenheit konnte aber nach eigenen Untersuchungen nachgewiesen werden bei: Chelydra, Macroclenimys, Staurotypus, Chrysemys, Emys, Nicoria, Chelone, Thalassochelys, Emydnra, Trionyx, Emyda und Cyclanorbis. Er 590 F. Sieben rock, bildet niemals einen Ring, wie bei den Säugethieren, sondern ein verschieden grosses Knorpelstück, ähnlich wie bei den Vögeln, das in der hinteren Wand des Scbildknorpels liegt. Der Ringknorpel tritt in seiner primitivsten Weise bei Staurotypus auf; er gleicht einem sehr kleinen, ovalen Knorpelstücke zwischen den beiden Rändern des Schildknorpels. Aus ihm entwickelt sich die Dreieckform bei Nicoria, Emydura, Trionyx und Emyda; diese bildet sich bei Chryseniys und Emys durch eine Zunahme in die Breite zu einem Bogen um. Dehnt sich sein Wachsthum auch nach unten aus, so erhält man die Plättchenform bei Chelone, Tlialassochelys und Cyclaiwvbis. Seine Theilung in zwei gesonderte Stücke bei Chelyära und Macvoclemniys ging mit jener der hinteren Wand vor sich. Der paarige Giessbeckenknorpel lässt in seiner Form stets das Dreieck erkennen, wenngleich dasselbe den mannigfachsten Alodificationen unterliegt. Diese werden hauptsächlich durch den Processus ascendens bewirkt, der sogar innerhalb einer Gattung so bedeutende Unterschiede in der Form bilden kann, dass man darnach die einzelnen Arten zu erkennen vermag. Dies findet man beispielsweise bei Testudo, wo der Giessbecken- knorpel bei einer jeden der fünf Arten anders geformt ist. Von der schlanken triangulären Gestalt bei Macvoclemniys und Testudo pardalis geht er allmälig in ein massiges Dreieck über bei Testudo graeca und Podocnemis. Die obere Spitze des Processus ascendens wird bei den Schildkröten niemals durch Abtrennung zu einem selbständigen Santorinischen Knorpel. Die Giessbeckenknorpel haben den ausschliesslichen Zweck, zum Öffnen und Schliessen der Kehlritze zu dienen, denn die Stimmbänder fehlen allgemein. Damit steht die Re- duction der Kehlkopfmusculatur in Zusammenhang. Die Luftröhre wird meistens aus soliden Knorpelringen zusammengesetzt, hinten offen sind sie bloss bei Cinostermtm odoratum. Einige Schildkröten besitzen nur im oberen Theile unvollständige Ringe in geringer Zahl, andere in der Mitte oder am Anfange und am Ende. Die Luftröhre hat eine sehr wech- selnde Länge, die sowohl von der relativen Länge des Halses, als auch von der Theilung in die beiden Äste abhängen kann, ob diese am Halse oder erst in der Leibeshöhle erfolgt. Die Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. 591 grössten Unterschiede findet man bei den einzelnen Arten der Gattung Testudo. T. oculifera hat die kürzeste Luftröhre, weil ihre Spaltung schon nahe dem Kehlkopfe geschieht, daher besteht sie nur aus 7 — 8 Ringen, während die beiden Äste die fünffache Anzahl besitzen. Am längsten ist die Luftröhre bei Testudo pardalis, wo sie und die Aste vielfache Windungen bilden, die in solcher Entwicklung bisher von keiner Schild- kröte noch beobachtet wurden. Dieselben ermöglichen wahr- scheinlich das Hervorbringen von Tönen, welche in der Paarungszeit zum Anlocken eines der beiden Geschlechter dienen sollen. Bei den übrigen Schildkröten ist die Luftröhre geradlinig und länger als ihre Äste. Sie liegt gewöhnlich nahe der Speiseröhre links, weshalb der rechte Ast den linken an Länge übertrifft. Bloss bei den Trionychidae findet das um- gekehrte Verhältniss statt, denn die Luftröhre verläuft auf der rechten Seite, etwas abseits von der Speiseröhre, daher der linke Ast einen weiteren Weg zur Lunge zu machen hat als der rechte. Bei Testudo radiaia verbinden sich die ersten fünf Ringe der beiden Luftröhrenäste durch kurze Knorpelspangen paar- weise mit einander, wodurch im Inneren eine kurze Scheide- wand entsteht. Literaturverzeichniss. 1. Alessandrini A., De Testudinis caouanae larynge, in »Nov. Comment. Ac. Sc. Inst. Bonor.iensis», Tom. I, 1834. 2. Blasius G., Anatome animalium. Amsterdam, 1682. 3. Bojanus L. H., Anatome Testudinis europeae. Vilnae. 1819 — 1821. 4. B oul enger G. A., Catalogue of the Chelonians, Rhyncho- cephalians and Crocodiles in the Britisch Museum. London, 1889. 5. Caldesi G., Osservazioni anatomiche intorno alle Tarta- rughe Marittime, d'Acqua dolce e Terrestri. Firenze, 1687. 6. Cuvier G., Lecons d'Anatomie Comparee, Tom. IV. Paris, 1805. 7. — Lecons d'Anatomie Comparee, Ed. 2, Tom. VIII. Parisr 1846. 592 F. Sieben rock, 8. Darwin Ch., Journal of Researches into the Geology and Natural History of the various countries visited by H. M. S. Beagle. London, 1839. 9. Daudin F. M., Histoire Naturelle des Reptiles, Tom. I. Paris. 10. Dubois E., Zur Morphologie des Larynx, in »Anatom. Anz.«, Jahrg. I, 1886. 11. Forbes W. A., On the Convoluted Trachea of two Species of Manucode (Manucodia atra and Phonygama gouldi); with Remarks on similar Structures in other Birds, in »Proc. Zool. Soc«. London, 1882. 12. Henle D. J., Vergleich. -anatom. Beschreibung des Kehl- kopfes mit besonderer Berücksichtigung des Kehlkopfes der Reptilien. Leipzig, 1839. 13. Hoff mann C. K., Bronn's Classen und Ordnungen des Thierreiches. Bd. VI, Abth. I, Chelonii. 1881. 14. Mayer A. F. J. C, Analekten für vergleichende Anatomie. Bonn, 1835. 15. Meckel J.F., Beiträge zur Anatomie des indischen Kasuars, in Meckel's »Archiv für Anatomie und Physiologie«, 1832. 16. — Über das Respirationssystem der Reptilien, in »Deut- sches Archiv für Physiologie«, Bd. IV, 1818. 17. — System der vergleich. Anatomie, VI. Theil, 1833. 18. Mitchell S.W. and Morehouse G. R.: Researches upon the Anatomy and Physiology of Respiration in the Chelonia, in »Smithsonian Contributions«, Vol. XIII, 1863. 19. Owen R., On the Anatomy of Vertebrates. Vol. I, Fishes and Reptiles. London, 1866. 20. Parsons, An Account of some peculiar Advantages in the Structure of the Asperae Arteriae, or Wind Pipes, of several Birds, and in the Land Tortoise, in »Philos. Trans.«, Vol. LVI. London, 1766. 21. Peters W., Naturwiss. Reise nach Mossambique, III. Am- phibien. Berlin, 1882. 22. Rathke H., Über die Luftröhre, die Speiseröhre und den Magen der Sphargis coriacea, in Müller's »Archiv für Anatomie, Physiologie etc.«, 1846. Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. o93 23. Rathke H., Über die Entwicklung der Schildkröten. Braun- schweig, 1848. 24. Schweigger A. F., Prodrom, monographiae Cheloniorum, in »Archiv (Königsberger) für Naturwissenschaften und Mathematik«, 1814. 25. StanniusH., Handbuch der Zootomie, 2. Buch; Zootomie der Amphibien, 2. Aufl. Berlin, 1856. 26. Wiedersheim R., Grundriss der vergleich. Anatomie der Wirbelthiere, 4. Aufl. Jena, 1. Erklärung der Abbildungen. Tafel i. Fig. 1. Cinixys homeana Bell, O, Kehlkopf und Luftröhre in situ. Der Kehl- kopf ist, um ihn sichtbar zu machen, hinter dem Zungenbein hervor- gezogen und daraufgelegt worden. Fig. 2. Cinixys homeana Bell, 9> Kehlkopf von vorne. Fig. 3. » » » 9 > * * hinten. Fig. 4. » » » 9 , » » der Seite. Fig. 5. Testudo radiata Shaw, unteres Ende der Luftröhre mit der Theilung in die beiden Äste. / Fig. 6. Macroclemmys iemminckii Hoibr., Kehlkopf von vorne. Fig. 7. » » » » » hinten. Fig. 8. » » » > » der Seite. Fig. 9. Chryscmys orttata Gray, Kehlkopf von vorne. Fig. 10. » » » » » hinten. Fig. 11. » » » » » der Seite. Fig. 12. Clemmys caspica Gm., Kehlkopf von vorne. Fig. 13. » » » » » hinten. Tafel II. Fig. 14. Clemmys caspica Gm., Kehlkopf von der Seite. Fig. 15. Emys orbicularis Linne, Kehlkopf von vorne. Fig. 16. » » » » » hinten. Fig. 17. » » » > » der Seite. Fig. 18. Testitdo graeca Linne, Kehlkopf von vorne. Fig. 19. » » » » » hinten. Fig. 20. * » » » der Seite. Fig. 21. Testitdo radiata Shaw, Kehlkopf von der Seite. 594 F. Sieben rock. g. 22. Podocnemis madagascariensis Grand., Kehlkopf von vorne. g. 23. » » » > > hinten. g. 24. » » » > » der Seite. g. 25. Emyduni krefftii Gray, Kehlkopf von vorne. g. 26. » » » » » hinten. g. 27. » » *■ » » der Seite. g. 28. Trionyx sinensis Wiegm., Kehlkopf von vorne. g. 29. » » » » » hinten. g. 30. » » » » » der Seite. g. 31. Trionyx spinifer Lesueur, Kehlkopf von vorne. g. 32. » » » » ■> hinten. g. 33. » » der Seite. Tafel III. Fig. 34. Testudo pardalis Bell, 9> Kehlkopf und Luftröhre von vorne. Fig. 35. » »9> * von hinten. Fig. 36. » » » 9 , » » der Seite. Sämmtliche Figuren sind Originalzeichnungen. Erklärung der Buchstaben. a bis c Krümmungen des linken Bronchus, ap. Apex. b. Basis. br. d. Bronchus dexter. br. s. Bronchus sinister. br. r. I bis VI Bronchialring I bis VI. c. a. Cartilago arytaenoidea. c. c. » erieoidea. c. i. » intercalaris. c. 1. Crista longitudinalis. c. t. Cartilago thyreoidea. c t. c. » thyreo-crieoidea. fe. Fenestra in der hinteren Wand der Cartilago thyreo-crieoidea. h. 1. Hinterer Längsstiel. i. Häutige Interstitiell. i. t. Incisura thyreoidea. 1. Larynx. m. s. Membrana serosa. oe. Oesophagus. 0. h. Ös hyoideum. Kehlkopf und Luftröhre der Schildkröten. 595 a. Processus ascendens. ar. » articularis. e. » epiglotticus. m. » muscularis. p. » posterior. v. » vocalis. s. 1. Sulcus longitudinalis. t. Trachea. t. r. I. Trachealring I. ve. Ventriculus. et bis o Krümmungen des rechten Bronchus. 1 bis 6 » der Trachea. i F. Siebenrock: Kehlkopf u Luftröhre der Schildkröten 0»/. ulifl, , l.itli An .' ■ Tli Knnnwnrth '' ■ Sitzungsberichte d.kais.Akad. d.Wiss., math.-naturw.Classe, Bd.CVTU.Abtli. I. 1899 F.Siebenrock : Kolilkopl'u Luftröhre clor Schildkröten Gez U lilli v 1. Eitel '•','1 ^"s! v Tl' K.uiiiwarth Wien Sitzungsberichte d.kais. Akad. d.Wiss., math.-naturw. Classe, Bd.CVÜLAbth. I. 1899. F.Siebenrock: KelilkopFii. Luftröhre der Schildkrölen Taf III O' Gcx 11 luli v 1. Kurt Sitzungsberichte d. kais. Akad d. Wiss., m ,, ir, ,\jis>t v Vh Bamwarth.Wien atb.-naturw.Classe, Bd.CVUI.Abth. I. 1899 597 Über eine Bakteriose von Daetylis glomerata L. Emerich Räthay. In einem 430 m hoch gelegenen Laubwalde des Wiener Sandsteingebietes, wo Daetylis glomerata in der Schattenform vegetirt, von welcher Wiesner angibt, dass sie bei einem Licht- genusse von 1/11 bis 1/30 des allgemeinen Tageslichtes kürzere Stengel und eine schmal ausgezogene Blüthenrispe entwickelt1 und wo überdies die Blüthezeit des genannten Grases um fast zwei Wochen später als in der Umgebung eintritt, wurden in den Jahren 1897, 1898 und 1899 von Ende Mai bis Anfang Juli von Daetylis glomerata häufig Individuen gefunden, unter deren Sprossen sich einer oder einige befanden, welche krank aus- sahen und aus später angegebenen Gründen als bakterios bezeichnet werden sollen. Sie unterschieden sich von den ge- sunden Sprossen durch die folgenden Merkmale: 1. Durch eine häufig geringere Höhe, da die Streckung ihrer obersten Internodien oft nur unvollständig erfolgte. 2. Durch die Anwesenheit eines citronengelben, klebrigen, sehr zähen und aus Bakterien bestehenden Schleimes, welcher in einer bis 0'09mm dicken Schichte entweder die obersten Blätter, die oberen Theile des Halmes und verschiedene Theile des Blüthenstandes (Spelzen, Spindel, Spindelverzweigungen) oder nur die einen oder anderen der genannten Theile gänz- lich oder doch theilweise überzog. Häufig fand sich jener citronengelbe Schleim sowohl auf der Oberfläche der oberen 1 J. Wiesner, »Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen mit Rücksicht auf die Vegetation von Wien, Cairo und Buitenzorg«. Diese Sitzungs- berichte, Bd. CIV, Abth. I. 598 E. Räthay, Internodien, als auch auf der Aussen- und Innenseite der diese Internodien umhüllenden Blattscheiden, und es kamen Fälle vor, in denen ein Internodium, welches mit seinem unteren Theile in 2 — 3 Blattscheiden steckte, an seiner Aussenseite von einer Bakterienschichte umgeben war, während zugleich jede der umhüllenden Blattscheiden sowohl auf ihrer Innen-, als Aussenseite auch von einer Bakterienschichte überlagert war. Hiebei fiel der Umstand besonders auf, dass in den- selben engen Zwischenräumen sich zwei gesonderte Bakterien- schichten, nämlich die eine als Belag auf der Aussenseite des umschlossenen und die andere als ein solcher auf der Innenseite des umschliessenden Organes, deutlich wahrnehmen Hessen. 3. Durch den Umstand, dass sich die Cuticula an den von dem Bakterienschleime überdeckten Stellen der Epidermis durch Behandlung zunächst mit alkoholischer, dann wässeriger Jodlösung und zuletzt concentrirter Schwefelsäure nicht als ein braunes Häutchen, wie an den bakterienfreien Stellen, nach- weisen liess. 4. Durch kleine gelbe Körnchen, welche sich bald unter den von den Bakterien bewohnten Stellen der Epidermis in dem chlorophyllhältigen Gewebe an Stelle der Chlorophyll- körner fanden. 5. Durch das spätere Auftreten des citronengelben Bak- terienschleimes in Intercellularräumen des Grundgewebes und in Holzgefässen ein oder mehrerer Gefässbündel von Halm- theilen, welche aussen von einer Bakterienschichte umgeben waren. Speciell in Blattscheiden und Blattspreiten wurde bis- her die citronengelbe Bakterienmasse nur in Holzgefässen, aber noch nicht in Intercellularräumen gefunden. 6. In Halmtheilen, in denen sich die Bakterien auch in Intercellularräumen des Grundgewebes einnisteten, durch die stellenweise Auflösung der Mittellamelle und die hiedurch bedingte Isolirung der Zellen. 7. Durch knieförmige Krümmungen, mittelst welcher sich oft ein oder mehrere Verzweigungen der Spindel des Blüthen- standes, so lange der letztere noch in der obersten Blattscheide eingeschlossen war, seitlich aus derselben hervorstemmten. Eine Bakteriose von Dactylis glomerala L. 599 Diese Erscheinung wurde einerseits durch die Klebrigkeit des an der Innenseite der Blattscheide vorhandenen citronengelben Bakterienschleimes, an welchem die Ährchenknäuel haften blieben, und anderseits durch die Streckung unterer Halm- theile bedingt. 8. Durch das vorzeitige Vertrocknen aller von dem citronen- gelben Bakterienschleime überkleideten Organe. Dieses Ver- trocknen wird gewöhnlich von einer secundären Infection mit Cladosporium herbarum oder einer Sporidesmium-Art begleitet. Dem Vorstehenden sei noch beigefügt, dass bei Dactylis glomerata bisher weder in den unterirdischen Theilen bakte- rioser Individuen, noch in irgend welchen Theilen normaler Individuen Bakterien gefunden wurden. Auch erwiesen sich alle Bemühungen vergebens, an den Individuen anderer Gräser (Poa nemoralis, Brachypodiuni silvaticum, Triticum caninum), welche sich auf demselben Standorte mit den bakteriosen Individuen von Dactylis glomerata befanden und mit diesem Grase gleichzeitig oder doch nahezu gleichzeitig entwickelten, ähnliche Erscheinungen, als die oben von Dactylis glomerata angegebenen zu finden. Der in und auf Dactylis glomerata vorkommende Bakterien- schleim röthet blaues Lakmuspapier und besitzt keinen auf- fallenden Geruch. Wird er unter dem Mikroskope betrachtet, so macht er wegen der Gleichförmigkeit der in ihm enthaltenen Bakterienzellen den Eindruck einer Reinzucht. Dass er jedoch ausser dem in ihm vorherrschenden Bakterium auch noch andere Bakterien enthält, lehren Aussaaten auf verschiedene Agar- und Gelatinenährböden, auf denen ausschliesslich die nicht citronengelben Colonien der den Bakterienschleim ver- unreinigenden Bakterien wachsen. Um die citronengelben Colo- nien des ihm eigenthümlichen Bakteriums zu erhalten, bringt man mittelst einer an ihrer Spitze etwas verbreiterten und flachen sterilisirten Nadel eine kleine Menge von dem Bakterien- schleim eines bakteriosen Individuums von Dactylis glomerata auf ein sterilisirtes Deckgläschen und verreibt ihn hier in einem Tröpfchen sterilisirten Wassers; sodann werden mit der flachen Nadelspitze auf einer in einer Glasdose befindlichen sterilisirten Kartoffelscheibe mehrere parallele Impfstriche gemacht, von 600 E. Räthay, denen die ersteren zahlreiche Bakterien, die letzteren dagegen nur vereinzelte solcher enthalten. Aus den letzteren Bakterien erwuchsen zum Theile citronengelbe Colonien, deren Bakterium bezüglich aller bisher untersuchten Eigenschaften mit dem auf den bakteriosen Individuen von Dactylis glomerata vor- kommenden Bakterium übereinstimmen. Diese Eigenschaften sind in der unten gegebenen Beschreibung des reingezüchteten Bakteriums durch einen beigesetzten * gekennzeichnet. Das isolirte Bakterium ist kurz ellipsoidisch*, 0*66 — 0-99 ;x lang und nur etwas weniger breit*. Es besitzt eine deutliche Kapsel* und zeigt im hängenden Tropfen keine Bewegungs- erscheinung*, weswegen es sich als geissellos erweisen dürfte. Es färbt sich mit Löffler's Methylenblau*, mit Carbolfuchsin* und nach Gram* und ist nicht säurefest*. Mit Jodlösung behandelt, zeigt es keine Granulosereaction*. Sporenbildung wurde an ihm bisher nicht beobachtet. In flüssigen Nährböden, wie Bouillon, Absud von Dactylis glomerata mit und ohne Peptonzusatz, bildet es im Laufe von 7 Tagen auf dem Flüssig- keitsspiegel kleine blass citronengelbe Flöckchen und auf dem Boden des Culturgefässes einen ebensolchen Absatz, während es die Flüssigkeit selbst klar lässt. Unter den zu seiner Cultur verwendeten festen Nährböden vermehrt es sich rasch auf sterilisirten Kartoffelscheiben, dagegen nur langsam auf ver- schiedenen Gelatine- und Agarnährböden, wie Bouillon-Gelatine, Dflc/>'/z's-Auszug-Gelatine mit und ohne Peptonzusatz, Dactylis- Auszug-Agar mit Peptonzusatz. Auf Kartoffelscheiben gedeiht es sowohl bei schwach alkalischer, als auch neutraler oder auch mittelst verdünnten Citronensaftes hergestellter schwach saurer Reaction. Die auf Kartoffelscheiben gemachten Impf- striche werden bei warmer Sommertemperatur oft schon am zweiten Tage als citronengelbe Streifen sichtbar, welche bereits in den nächsten Tagen eine bedeutende Fläche überdecken. Die Culturen stellen jetzt faltige, intensiv citronengelbe und von ihrer Unterlage leicht abziehbare Häute dar, deren Ränder wenigstens stellenweise grob gekerbt erscheinen. Sie erinnern in diesem Zustande sowohl durch ihre Oberfläche, als auch durch ihren Rand an die Kartoffelculturen von Bacillus vulgatus (Flügge) Migula und Bacillus mesentericus (Flügge) Lehm. Eine Bakteriose von Dactylis glomeraia L. 601 et Neum., unterscheiden sich aber von ihnen schon durch ihre lebhaft citronengelbe F^arbe. Schliesslich dehnen sie sich über die ganze Oberfläche der Kartoffelscheiben aus. Während die Colonien des in Rede stehenden Bakteriums, wie bereits erwähnt wurde, eine schön citronengelbe Farbe besitzen*, erscheinen die einzelnen Bakterien farblos*. Der Farbstoff wird in den Colonien weder in Form von Körnchen, noch Kryställchen aus- geschieden.* Er ist weder in Wasser, noch in Alkohol löslich* und zeigt mit concentrirter Schwefelsäure nicht die für die Lipochrome charakteristische blaue Reaction*. Das Bakterium verflüssigt nicht Gelatine. Ob es in zuckerhaltigen Nährböden Gährung und in eiweisshaltigen Indol erzeugt, wurde bisher noch nicht festgestellt; auch wurde es nicht auf das Ver- mögen, Nitrate zu Nitriten zu reduciren und Schwefelwasser- stoff zu entwickeln, geprüft. Dem directen Sonnenlichte gegen- über erweist es sich als unempfindlich, und damit in Überein- stimmung gedeiht es an sonnigen Orten unter einer mit doppelt- chromsaurem Kali gefüllten Senebier'schen Glasglocke ebenso- gut wie unter einer solchen, welche mit Kupferoxydammoniak gefüllt ist. Alle bisher unternommenen Versuche, das Auftreten des eben beschriebenen Bakteriums auf und in erwachsenen Indivi- duen, sowie Keimpflanzen von Dactylis glomerata künstlich hervorzurufen, blieben bisher erfolglos; doch ist es auf Grund von zahlreichen und genau untersuchten Fällen gewiss, dass dieses Auftreten stets primär und nicht secundär erfolgt, und nicht weniger ist es sicher, dass es an ganz bestimmte Bedin- gungen geknüpft ist. Es wird nur im Walde, wo Dactylis glomerata spät blüht, und zwar nur von Ende Mai bis Anfang Juli und nur auf den oberen Blättern und Internodien und noch auf dem Blüthenstande beobachtet. Dabei ist Dactylis glomerata unter mehreren auf demselben Standorte befind- lichen Gramineen das einzige Gras, auf dem das bewusste Bakterium erscheint. Dasselbe wird zuerst immer nur auf der Oberfläche und erst später in Intercellularräumen und Gefässen beobachtet, dagegen konnte es im Inhalte der Zellen bisher nicht gefunden werden. Es ist im höchsten Grade wahrschein- lich, dass das Bakterium sich auf den Organen von Dactylis Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl. ; CVIII. Bd., Abth. I. 40 602 E. Räthay, Eine Bakteriose von Daclylis glomcrata L. glomerata nur so lange anzusiedeln vermag, als dieselben noch von einer Blattscheide umschlossen werden, indem nach dem Hervortreten der Blüthenstände aus den Blattscheiden keine Neuansiedlungen mehr beobachtet werden. Das Auf- treten des Bakteriums auf den Organen von Dactylis glomerata bedingt, dass deren Cuticula in einer bisher unerklärten Weise verschwindet und die Organe selbst vertrocknen; aus diesem Grunde wurden oben die von dem Bakterium befallenen Sprosse als bakterios bezeichnet und kann von einer Bakteriose des Knäuelgrases gesprochen werden. In der endgiltigen Abhandlung soll das hier in Kürze Mit- getheilte nicht nur ausführlicher dargelegt, sondern auch noch auf Grund von neuen, bereits im Zuge befindlichen Unter- suchungen ergänzt und durch entsprechende und zum Theile farbige Abbildungen der bakteriosen Sprosse und ihrer Gewebe, sowie des Bakteriums und seiner Colonien, erläutert werden. Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abtheilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abtheilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio- logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo- logie, Physischen Geographie, Erdbeben und Reisen. Abtheilung II. a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abtheilung II. b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abtheilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen undder Thiere, sowie aus jenem der theoretischen Medicin. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Manuscripte voran. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand- lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichniss ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Carl Gerold's Sohn (Wien, I., Barbaragasse 2) zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Theile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be- sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Theile anderer Wissenschaften« heraus- gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 5 fl. oder 10 Mark. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus- gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. oder 3 Mark. JUN 3 Ifll SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. VIII. BIS X. HEFT. JAHRGANG 1899. — OCTOBER bis DECEMBER. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEE.EN UND REISEN. (MIT 5 TAFELN, 3 KARTEN UND 2 KARTENSKIZZEN.) ^=^fe=s WIEN, 1899. AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI CARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN INHALT des 8. bis 10. Heftes Oetober bis Deeember 1899 des CVIII. Bandes, theilung I der Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe. Ab- Seite XX. Sitzung vom 12. Oetober 1899: Übersicht 605 XXI. Sitzung vom 19. Oetober 1899: Übersicht 610 Fuchs Th., Der Giesshübler Sandstein und die Flyschgrenze bei Wien. [Preis: 5 kr. = 10 Pfg.] 612 Hoernes R., Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien. XIV. Bericht über die obersteirischen Beben des ersten Halbjahres 1899 (zumal über die Erschütterungen vom 1., 7. und 29. April). (Mit 3 Karten und 2 Kartenskizzen im Texte.) [Preis: l'fl. 5 kr. = 2 Mk. 10 Pfg.] 617 XXII. Sitzung vom 3. November 1899: Übersicht 687 Nestler A., Zur Kenntniss der Wasserausscheidung an den Blättern von Phaseolus multiflorus Willd. und Boehmeria. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 30 kr. = 60 Pfg.] 690 XXIII Sitzung vom 9. November 1899: Übersicht .-.■". 711 Scliardinger F., Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa (Gymna- moeba): Amoeba Grubcri. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 35 kr. = 70 Pfg.] 713 XXIV. Sitzung vom 16. November 1899: Übersicht 735 XXV. Sitzung vom 30. November 1899: Übersicht 737 Pelikan A., Die Schalsteine des Fichtelgebirges, aus dem Harz, von Nassau und aus den Vogesen. (Mit 2 Tafeln.) [Preis: 95 kr. = 1 Mk. 90 Pfg.] 741 XXVI. Sitzung vom 7. Deeember 1899: Übersicht 801 XXVII. Sitzung vom 14. Deeember 1899: Übersicht 802 Preis des ganzen Heftes: 2 fl. 25 kr. = 4 Mk. 50 Pfg. OUN a 1901 SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. VIII. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. 41 605 XX. SITZUNG VOM 12. OCTOBER 1899. Erschienen: Sitzungsberichte, Bd. 108, Abth. I., Heft V (Mai 1899); — Abth. II. a., Heft IV und V (April und Mai 1899); — Abth. II. b., Heft IV und V (April und Mai 1899); — Abth. III., Heft I — III (Jänner bis März 1899). — Monatshefte für Chemie, Bd. XX, Heft VI (Juni 1899); Heft VII (Juli 1899); Heft VIII (August 1899). Der Vorsitzende, Präsident Prof. E. Suess, begrüsst die Classe bei Wiederaufnahme der akademischen Sitzungen und gedenkt des Verlustes, welchen die kaiserliche Akademie und speciell die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe durch das am 16. August 1. J. erfolgte Ableben ihres Ehrenmitgliedes, Geheimen Rathes Prof. Dr. Robert William Bunsen in Heidel- berg, erlitten hat. Die anwesenden Mitglieder geben ihrem Beileide über diesen Verlust durch Erheben von den Sitzen Ausdruck. Das Präsidium der »Societä Adriatica di Seien ze Naturali« in Triest übersendet eine Einladung zu ihrem am 15. October 1. J. stattfindenden feierlichen Gründungsjubiläum. Für die diesjährigen Wahlen sprechen ihren Dank aus, und zwar die Herren Prof. Dr. Otto Stolz in Innsbruck und Prof. Dr. Karl Rabl in Prag für die Wahl zum wirklichen Mit- gliede, die Herren Prof. Dr. Ludwig v. Graff und Prof. Dr. Rudolf Hoernes in Graz für die Wahl zu inländischen cor- respondirenden Mitgliedern, sowie Herr Prof. S. Schwenden er in Berlin für die Wahl zum ausländischen correspondirenden Mitgliede dieser Classe. 41* 606 Weitere Dankschreiben haben übersendet: I. Das w. M. Herr Prof. K. Grobben und das c. M. Herr Prof. B. Hatschek für die Überlassung der Kupferplatte mit dem Bildnisse von Hofrath Claus, behufs Anfertigung von Abzügen für die Zeitschrift: »Arbeiten aus den zoo- logischen Instituten der Universität Wien« ; II. Herr Dr. P. Zeeman in Amsterdam für die diesjährige Verleihung des A. Freiherrn v. Baumgartner-Preises; III. Herr Eduard Mazelle in Triest für die bewilligte Sub- vention zur Entlohnung einer Hilfskraft betreffs Fest- stellung der täglichen Periode der Lothlinie für Triest; IV. Herr Prof. Dr. Arthur Biedl in Wien für die bewilligten Subventionen zum Zwecke der Fortsetzung seiner physio- logischen Arbeiten an der zoologischen Station in Neapel. Die Direction der k. k. Central- Anstalt für Meteoro- logie und Erdmagnetismus in Wien theilt in Beantwortung einer Anfrage seitens der Akademie-Kanzlei mit, dass vom Mai 1899 angefangen, die bisher im akademischen »Anzeiger« veröffentlichten magnetischen Beobachtungen nicht mehr erscheinen werden, da sich die Direction gezwungen sieht, überhaupt die magnetischen Beobachtungen als unbrauchbar infolge der durch die elektrischen Betriebe bei der Tramway und bei der Stadtbahn veranlassten Störungen aufzugeben. Der Secretär, Herr Hofrath V. v. Lang, legt folgende eingesendete Abhandlungen vor: I. von Herrn Ernst Beutel eine Mittheilung aus dem che- mischen Laboratorium der k. k. technischen Hochschule in Graz, betitelt: »Vorläufige Mittheilung über eine Methode zur Messung sehr hohe r Temperaturen« ; II. von Herrn E. Oekinghaus in Königsberg i. P., betitelt: »Das ballistische Problem auf Grundlage der Ver- suche und der Integrabilität« ; III. von Herrn Karl Regensdorfer eine Arbeit aus dem III. chemischen Universitäts-Laboratorium in Wien, be- titelt: » Über die quantitative Bestimm ung des Äthyl- dic'hloramins«. 607 Das w. M. Herr Prof. L. Pfaundler übersendet eine Arbeit aus dem physikalischen Institute der k. k. Universität in Graz von Karl Pfibram, betitelt: »Beiträge zur Kenntniss des verschiedenen Verhaltens bei der Anode und Kathode bei der elektrischen Entladung«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. E. Mach übersendet eine vorläufige Mittheilung des Privatdocenten Herrn Dr. W. Pauli, betreffend einige im chemischen Laboratorium des k. k. Rudolph- Hospitales in Wien ausgeführte Versuche: »Über die physi- kalischen Zus ta nds an d erringen der Eiweisskörper«. Das c. M. Herr Prof. Kud. Hoernes in Graz übersendet eineAbhandlung,betitelt: »Berichtüberdie obersteirischen Beben des ersten Halbjahres 1899 (zumal über die Erderschütterungen vom 1., 7. und 27. April)", welche in der Reihe der »Mittheilungen der Erdbeben-Commission« die Nummer XIV tragen wird. Das c. M. Herr Prof. Dr. R. v. Wettstein übersendet eine Abhandlung von Herrn Prof. Dr. Victor Schiffner in Prag, betitelt: »Expositio plantarum in itinere suo Indico annis 1893/94 suscepto collectarum«. Serie s secunda. Hepaticarum partem alteram continens. Herr Lt. Cl. A. Baudouin in Paris übersendet ein Manu- script, betitelt: »L'ether, sa nature et ses vibrations differentes. Chaleur, lumiere, electricite«. Der Referent der Erdbeben-Commission der kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften für Oberösterreich, Herr Prof. Franz Schwab, übersendet die Berichte über die mit dem Ehlert'schen Seismographen in den Monaten Mai bis August 1899 zu Kremsmünster angestellten Beobachtungen. Versiegelte Schreiben zur Wahrung der Priorität sind eingelangt: I. Von Herrn Dr. Franz Waldner in Innsbruck mit der Auf- schrift: »Aeronautik«; II. von Herrn Raimund Nim führ in Wien mit der Aufschrift: »Lösung einiger physikalischer Probleme«; 608 III. von Herrn Josef Knett in Karlsbad mit der Aufschrift: »Gesetz massiges Wiederkehren mehrwöchent- licher Schwär mbeben im Erzgebirge nach 53 — 75- jährigen Pausen«; IV. von Herrn Anton Braun in Wien mit der Aufschrift: »Theorie und Construction eines Dreifach -Ver- bund-Gebläses zur Erzeugung relativ hoher Pres- sungen bei geringem Kraft b edarf« ; V. von Herrn Franz Rychnowski in Lemberg mit der Aufschrift: »Eine Ätheroid- (Elektroid-) Maschine«. Das w. M. Herr Regierungsrath Prof. F. Mertens über- reicht eine Abhandlung: »Zur Theorie der Elimination. I. Theil«. Herr Dr. Anton El sehn ig, Privatdocent für Augenheil- kunde in Wien, legt eine Abhandlung vor mit dem Titel: »Der normale Sehnerveneintritt des menschlichen Ausres«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Belar, Albin: Laibacher Erdbebenstudien. Laibach, 1899; 8". Decroly, Dr. O.: Etüde de l'action des toxines et antitoxines sur la nutrition generale. Extrait des Archives inter- nationales de Pharmaco-dynamie, vol. IV. fasc. 5 — 6. Gand- Paris, 1898; 8°. K. k. Geographische Gesellschaft: Die Pflege der Erd- kunde in Österreich 1848 — 1898. Festschrift der k. k. geographischen Gesellschaft aus Anlass des 50jährigen Regierungsjubiläums Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph I., verfasst von Prof. Dr. Friedrich Umlauft. Wien, 1898; 8°. Kerntier, Franz: Die Unität des absoluten Maass- Systems in Bezug auf magnetische und elektrische Grössen. Buda- pest, 1899; 8°. K 1 0.SSO vsky. A.: Vie physique de notre planete devant les lumieres de la science contemporaine. Odessa, 1899; 8°. 609 Moravec, Dr. Wenzel: Heilbarkeit der Tuberkulose. Prag, 1899; 8°. Santa Rosa, Dr. Henrique: Album do Parä em 1899 na administracäo do Governo de Sua Excia o Senr. Dr. Jose Paes de Carvalho. 4°. Stossich M.: Appunti di elmintologia. Con una tavola. Trieste, 1899; 8°. — La sezione degli echinostomi. Trieste, 1899, 8°. — Lo smembramento dei Brachycoelium. Trieste, 1899; 8°. ■ — Strongylidae. Lavoro monografico. Trieste, 1899; 8°. Unger, Joachim: Die Ursache der Umdrehung der Erde und aller Planeten um ihre Achse. Wien — Leipzig, 1898; 8°. 610 XXI. SITZUNG VOM 19. OCTOBER 1899. Herr Prof. Dr. Guido Goldschmiedt in Prag spricht den Dank für seine Wahl zum wirklichen Mitgliede dieser Classe aus. Das c. M. Herr Prof. Dr. R. v. Wettstein übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Descendenztheoretische Unter- suchungen. I. Untersuchungen über den Saison- dimorphismus im Pflanzenreiche«. Der Secretär, Herr Hofrath Prof. V. v. Lang, legt eine Abhandlung von Herrn Prof. P. Lenard in Kiel vor, welche den Titel führt: »Erzeugung von Kathodenstrahlen durch ultraviolettes Licht«. Das w. M. Herr Prof. G. v. Es che rieh, legt Theil I, Band I, Heft 3, 4 und Band II, Heft 1 der mit Unterstützung der Akademien der Wissenschaften zu München und Wien und der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen heraus- gegebenen Encyclopädie der mathematischen Wissen- schaften mit Einschluss ihrer Anwendungen vor. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Adolf Lieben überreicht folgende vier im II. chemischen Laboratorium der k. k. Uni- versität in Wien ausgeführte Arbeiten: 1. »Über die Umlagerung des Bis-Isopropylazi- methylens (Isobutyraldazins) in das 4, 4-Di- methyl-5-Isopropylpyrazolin«, von Herrn Dr. Adolf Franke. 2. »Über Isobutylidenaceton und Abkömmlinge des- selben«, von den Herren Dr. Adolf Franke und Dr. Leo- pold Kohn. Ol I 3. »Einwirkung von Cyankalium auf aliphatische Aldehyde« (II. vorläufige Mittheilung), von Herrn Dr. Leo- pold Kohn. 4. »Über ein allgemein verwendbares Verfahren der Dampfdichtebestimmung unter beliebigem Drucke« (II. Mittheilung), von den Herren Dr. Otto Bleier und Dr. Leopold Kohn. Das w. M. Herr Prof. F. Becke überreicht eine Mittheilung: »Zur optischen Orientirung des Anorthit«. Das c. M. Herr Director Th. Fuchs in Wien überreicht eine Abhandlung: »Der Giess hübler Sandstein und die Flyschgrenze bei Wien«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Goering, W. Dr.: Die Auffindung der rein geometrischen Quadratur des Kreises und die Theilung jedes beliebigen Winkels und Kreises in eine beliebige Anzahl gleicher Theile; Dresden, 1899. 8°. (312 Der Giesshübler Sandstein und die Flyseh- grenze bei Wien Th. Fuchs. Südwestlich von Wien, am Beginne der Kalkzone der Alpen findet man bekanntlich zwischen dem Rodaun-Kalten- leutgebener Kalkzuge im Norden und dem Kalkstocke des Aninger im Süden ein System von Conglomeraten, Sandsteinen und Mergeln eingeschaltet, welches zwischen den beiden schrofferen, vorerwähnten Kalkzügen ein niedriges flaches Hügelland bildet und sich von hier aus unter ganz ähnlichen Lagerungsverhältnissen als schmaler Streifen weithin nach Westen über Heiligenkreuz, Alland, Altenmarkt bis in die Gegend von Hainfeld verfolgen lässt, überall einen schmalen Zug von Kalksteinen von der Hauptmasse des Alpenkalkes abschneidend und eine auffallende Depression im Kalkgebirge bildend. Dieser Schichtencomplex, der mitunter auch unter dem Namen des «Giesshübler Sandsteins' angeführt wird, erscheint auf der geologischen Karte der Umgebung Wiens den Gosaubildungen zugerechnet. Als Begründung dieser Auffassung wurde einerseits das Auftreten dieser Schichten angeführt, indem dieselben ähnlich, wie dies die Gosauschichten häufig thun, lange, fjordartige Depressionen im Kalkgebirge ausfüllen, anderseits aber auf das Vorkommen von Blöcken von Actäonellenkalk im Leythakalk von Petersdorf hingewiesen, indem man annahm, dass diese mitunter sehr grossen Blöcke nur aus nächster Nähe herrühren Der Giesshübler Sandstein etc. Ola könnten und höchstwahrscheinlich aus dem in Rede stehenden Schichtencomplex stammen dürften. Einen weiteren Anhaltspunkt gab noch das von Toula beschriebene Vorkommen von losen Conglomeratblöcken mit Orbitolinen bei den »Zwei Raben« in der Vorderbrühl. Ausserdem wurde von Stur am Wassergespreng ein Ammonit gefunden und sollen bei Altenmarkt Inoceramen und Brachiopoden vorkommen. Vor einiger Zeit wurde nun in der Hinterbrühl die Strasse, welche von der Höldreichsmühle über Weissenbach in's Wasser- gespreng führt, erweitert und wurden hiebei eine Reihe inter- essanter Aufschlüsse blossgelegt, welche theils den Trias- schichten, theils aber dem vorerwähnten Systeme der »Giess- hübler Sandsteine« angehören. Die letzteren befinden sich bereits ganz in der Nähe der Restauration »Zum Wassergespreng« und ziehen sich auf eine Länge von mehreren 100 Schritten continuirlich hin. Man sieht hier widersinnig nach Süden einfallend, einen langen Wechsel von ebenflächigen Bänken von feinen licht- grauen Mergelkalken, sowie von feinen mergeligen Sand- steinen mit schieferigen weicheren Zwischenmitteln, an welchen man sofort alle charakteristischen Kennzeichen der Fucoiden- mergel erkennt, wie man diese z. B. in den bekannten Stein- brüchen am Fusse des Leopoldsberges oder aber am Bisamberge bei Lang-Enzersdorf findet. Nicht nur ist die petrographische Beschaffenheit und der Charakter des Schichtbaues vollkommen derselbe, sondern es finden sich auch in grosser Häufigkeit genau dieselben Fucoiden. Manche Schieferplatten sind ganz bedeckt mit den baum- förmigen Zeichnungen des Chondrites intricatus, und in den Mergelkalken sieht man dieselben Fucoiden in zarten Büscheln genau so körperlich in der Gesteinsmasse suspendirt, wie am Leopoldsberg oder Bisamberg. Viele Mergelplatten erscheinen bedeckt mit Helminthoiden, und auf einigen Sandsteinplatten fand ich neben verschiedenen Hieroglyphen auch die so eigenthiimlichen M- Striche. Ich glaube, dass man unter solchen Umständen wohl nicht daran zweifeln kann, dass die hier aufgeschlossenen 614 Th. Fuchs, Schichten noch dem Flysche zugezählt werden müssen, und dass man dies thun muss, obwohl dem Complexe an einigen Stellen mächtige Bänke von Conglomeraten aus Triaskalken eingeschaltet sind. Nach Massgabe der bekannten Thatsachen scheint es mir sogar wahrscheinlich, dass man noch einen Schritt weiter wird gehen und die ganze Masse des sogenannten »Giess- hübler Sandsteines« dem Flysche wird zuweisen müssen. Es wäre dies aber eine Thatsche, welche nach mehreren Seiten hin von grosser principieller Bedeutung wäre. Es ist bekanntlich von jeher aufgefallen, dass die doch ausschliesslich aus Sandsteinen, Mergeln und Thonen, mithin aus Detritusmaterial bestehende Flyschzone, dort wo sie bei Wien an die Alpenkalke grenzte, nirgends Einschaltungen von Conglomeraten zeigte, wie dies ähnliche Bildungen dort, wo sie an älteres Gebirge (gleichsam an ihre alte Küste) grenzen, regelmässig zeigen.1 Nach der hier wahrscheinlich gemachten Anschauung würde nun aber die Flyschgrenze gar nicht dort zu suchen sein, wo man sie bisher annahm, nämlich im Norden des Kaltenleutgebener Kalkzuges, sondern vielmehr erst südlich davon am Nordrande des Aninger, und die den Giesshübler Sandsteinen eingeschalteten Conglomerate würden dann eben die Strandconglomerate des Flyschmeeres darstellen. Ebenso wäre der eigentliche Rand der Kalkalpenzone erst südlich des Zuges der »Giesshübler Sandsteine« zu suchen, während der lange schmale Zug von mesozoischen Kalksteinen, welcher diese Sandsteine von Rodaun und Kaltenleutgeben angefangen bis gegen Hainfeld hin im Norden begleitet, im Grunde genommen alle Charaktere eines aus dem Flysche auf- tauchenden Klippenzuges hätte. Von diesen Aufschlüssen aus, etwa zehn Minuten weiter gegen Weissenbach zurück, sieht man am Wege eine mächtige Masse von Breccien und Conglomeraten anstehen, welche petro- 1 Dieser scheinbare Mangel an litoralen Conglomeraten war auch einer der Gründe, welche mich seinerzeit veranlassten, den Flysch als eine abnormale Bildung aufzufassen und die Hypothese von der Entstehung' der Argille scagliare durch Schlammvulkane auf den ganzen Flysch auszudehnen. Der Giesshübler Sandstein etc. D10 graphisch die grösste Ähnlichkeit mit den vorerwähnten Con- glomeraten des Flyschzuges zeigen und in dicke Bänke ge- sondert sind, welche gegen Ost einzufallen scheinen. Noch etwas weiter zurück, auf der von der Weissenbacher Kirche nach Giesshübl führenden Strasse findet man beiläufig eine Viertelstunde von Weissenbach einen grossen Steinbruch, in welchem in einer Höhe von circa 1(3 Meter eine gewaltige Breccienmasse aufgeschlossen ist. Diese Breccie besteht aus eckigen oder doch nur wenig abgerundeten Brocken verschiedener Triaskalke mit unter- geordneten Sandsteinen, ist dabei dunkelroth oder gelblich gefärbt und erscheint vollkommen massig, ohne irgend welche erkennbare Schichtung. Das Merkwürdigste in diesem Bruche besteht aber darin, dass mitten in diese Breccienmasse eine steil aufgerichtete, von lauter scharfen Bruchflächen begrenzte, circa zehn Meter hohe Scholle aus dunklem Triaskalk wie eine etwas schief stehende Mauer hineinragt. Das Ganze macht einen höchst abnormen Eindruck, er- innert aber lebhaft an die Beschreibungen, wrelche Uhlig und andere Karpathengeologen von manchem Klippenvorkommen der Karpathen machen, wo auch klippenförmige Massen älteren Kalkes von mächtigen, massigen Conglomeraten und Breccien umhüllt werden. Nachschrift. Erst nachdem vorstehende Mittheilung bereits gesetzt war, erhielt ich Nummer 9 der Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt, in welcher sich ein Aufsatz Dr. Bittner's über das hier in Rede stehende Terrain findet. (Neue Daten über die Verbreitung cretacischer Ablagerungen mit Orbitoliua con- cava Lam. in den niederösterreichischen Kalkalpen bei Alland und Sittendorf bei Wien.) Der Verfasser betont im Verlaufe seiner Darstellung zu wiederholtenmalen den »flyschartigen« Habitus der hier auf- tretenden Kreideschichten und erwähnt zugleich zwei neue Fundorte von Petrefakten, nämlich Gryphaca vesiciilaris Lam. von Groisbach bei Alland und Ovbitolina coneava von Sitten- dorf. Mit letzteren fanden sich auch Austernschalen, glatte 616 Th. Fuchs, Der Giesshübler Sandstein etc. Pectines so wie eine aus Gosaubildungen nicht bekannte Modiola. So viel ich verstehe, scheint übrigens Bittner die Schichten mit Orbitolina concava für eine besonders ältere Stufe zu halten, gegenüber der Hauptmasse der hier in Betracht kommenden Sandsteine und Mergel, welche er auch den Gosau- bildungen zurechnet. Der wesentliche Inhalt meiner Mittheilung wird durch diesen Aufsatz nicht berührt. 617 Mittheilungen der Erdbeben-Commission der kaiserliehen Akademie der Wissenschaften in Wien. XIV. Bericht über die obersteirischen Beben des ersten Halbjahres 1899 (zumal über die Erschütterungen vom 1., 7. und 29. April) von R. Hoernes, "Referent der Erdbeben-Commission der kaiscrl. Akademie der Wissenschaften für Steiermark. (Mit 3 Karten und 2 Kartenskizzen im Texte.) Einleitung. Wie aus meinem Bericht über das obersteirische Beben vom 27. November 1898 (Mittheilungen der Erdbeben-Com- mission, XIII., diese Sitzungsberichte, Abth. I, April 1899) er- sichtlich, befand sich Obersteiermark gegen Ende des Vorjahres in einem Zustande der seismischen Unruhe, welcher sich an dem genannten Tage in einem ziemlich verbreiteten Beben äusserte, während schon vorher, am 25. und 26. November, schwächere und örtlich beschränkte, als Vorbeben aufzu- fassende Erschütterungen stattfanden, und nachher, im Laufe des 27. November, ferner am 1., 3., 5. und 6. December einige weitere, gleichfalls schwache und nur an einzelnen Orten ver- spürte Erschütterungen sich ereigneten, welche als Nachbeben betrachtet werden können, obwohl die Orte, an denen sie wahrgenommen wurden, ziemlich regellos über das Gebiet der Haupterschütterung vom 27. November zerstreut sind. Es ist eben die Wahrnehmung solcher schwächerer Erschütterungen eine bloss zufällige, und es ist klar, dass sie deshalb nur in ß\8 Mittheilungen der lirdbeben-Commission. einzelnen Orten ihres Verbreitungsgebietes auftreten, welch letzteres nur dann sicher festzustellen wäre, wenn sehr zahl- reiche Seismographen allenthalben auch die schwächeren Er- schütterungen verzeichnen würden. Auch die Haupterschütte- rung vom 27. November 1898, lh 30m wurde, woran die für clie Beobachtung sehr ungünstige Zeit vor Allem Schuld tragen mag, in einem sehr unregelmässig begrenzten Gebiete wahr- genommen, und in vielen Theilen desselben fanden sich Orte mit positiven und solche mit negativen Berichten derart ver- gesellschaftet, dass es schwierig war, ein Bild von der Ver- breitung dieses Bebens zu gewinnen. Es konnte deshalb auch die Palten — Liesing-Linie nur hypothetisch als Ausgangsort des Bebens vom 27. November 1898 in Anspruch genommen werden. Die seismische Unruhe, deren Schauplatz Obersteier im November und December .1898 war, dauerte Anfangs 1899 fort, wie aus dem nachfolgenden Verzeichnisse der einzelnen Er- schütterungen ersichtlich wird; sie erreichte ihren Höhepunkt in den Beben vom 1., 7. und 29. April, über deren Verbreitung- genauere Erhebungen gepflogen wurden, so dass dieselbe in den beigefügten drei Karten ersichtlich gemacht werden konnte. Schon bei flüchtiger Vergleichung dieser drei Karten fällt auf, dass an den genannten drei Tagen immer dieselben Gegenden und fast stets dieselben Ortschaften betroffen wurden; es ist ferner besonders auffallend, dass die Verbreitung der dritten Erschütterung vom 29. April etwas grösser ist als jene der beiden vorhergehenden, womit auch in Einklang steht, dass sie an den Orten, wo sie am heftigsten verspürt wurde, grössere Intensität erreichte als die Beben vom 1. und 7. April. Der Intensitätsgrad des Bebens vom 29. April kann nach den Berichten von Kraubath und St. Stephan ob Leoben für diese Orte mit VI angenommen werden. Sehr bezeichnend für alle drei Beben ist, dass keines derselben über Brück hinaus nach NE seine Fortpflanzung fand, so dass angenommen weiden muss, dass die so oft erschütterte Mürzlinie diesmal gänzlich inactiv blieb; hingegen hat bei jedem der drei Beben eine weitere Fortpflanzung auf der Palten — Liesing-Linie statt- gefunden, und jedes derselben hat sich nach SE über das R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 619 krystallinische Schiefergebirge bis an das Grazer Paläozoicum fortgepflanzt, Erscheinungen, auf welche unten ausführlich zurückgekommen werden soll, und die es rechtfertigen, dass über diese Beben eine zusammenfassende Darstellung gegeben wird, die sich auch auf die übrigen, im ersten Halbjahr 1899 in Obersteiermark wahrgenommenen Erschütterungen zu er- strecken hat, da mehrere derselben augenscheinlich von dem- selben Erregungsort ausgingen wie die Beben vom 1., 9. und 29. April. Die nachfolgende Darstellung zerfällt in folgende Ab- schnitte: I. Erstes Hauptbeben vom 1. April 1899. II. Zweites Hauptbeben vom 7. April 1899. III. Drittes Hauptbeben vom 29. April 1899. IV. Berichte über die vom 1. Jänner bis 31. Juni 1899 in Obersteiermark wahrgenommene Erschütterungen. V. Beziehungen der obersteirischen Beben vom 1., 7. und 29. April 1899 zu den orographischen und tektonischen Ver- hältnissen. I. Erstes Hauptbeben vom 1. April 1899 um 5h 20m 18s (Leobener Ortszeit). Die angegebene Stosszeit entspricht der Meldung der meteorologischen Beobachtungsstation Leoben (Herr Assistent Rösner) an die k. k. Central -Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, welche unzweifelhaft unter allen vorliegenden Zeitangaben die genaueste ist. Die in den übrigen Berichten gemeldeten Stosszeiten gruppiren sich überdiess um die an- geführte Zeitangabe in der Weise, dass auch hieraus eine Bestätigung der von Leoben gemeldeten Stosszeit abgeleitet werden kann. Das Beben wurde an folgenden 23 Orten wahrgenommen: Brück a. Mur, Deutsch-Feistritz, Döllach bei Liezen, Frohn- leiten, Gratwein, Gross-Stübing, Kallwang, Kammern, Kraubath, Leoben, Lobming, Mautern, Niklasdorf, Peggau, Rottenmann, St. Michael ob Leoben, St. Stephan ob Leoben, Scharsdorf, Seiz, Tragöss-Grossdorf, Trofaiach, Übelbach und Vordernberg. Die Lage dieser Ortschaften möge aus Karte I ersehen werden, auf Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 42 620 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. welcher die Orte, aus welchen positive Meldungen einliefen, roth, jene welche negative Berichte lieferten, schwarz ein- getragen sind. Der wesentliche Inhalt der Berichte, welche aus den oben angeführten 23 Orten einliefen, soll nachstehend in gleicher Reihenfolge wiedergegeben werden. 1. Brück a. Mur. Der Berichterstatter hat das Beben nicht selbst verspürt, sondern die Wahrnehmungen des Bezirksfeldwebels Karl Kortsc hak in einen Fragebogen eingetragen. Die Erschütte- rung wurde um 5h 20m uncorrigirte Ortszeit (die Stadtuhr geht gegen die Eisenbahnzeit gewöhnlich circa 5m nach) im zweiten Stock eines auf Alluvium gebauten Hauses, in wachem Zustand im Bette liegend, wahrgenommen. Es wurden drei kurze, seit- liche Stösse, die scheinbar aus NE kamen, in der Gesammt- dauer von 2S verspürt. Die Hängelampe gerieth nicht in Schwin- gungen, die Wanduhr zeigte ein hörbares Anschlagen des Pendels an die Rückwand, welche nach NE liegt; sonst wurde keinerlei Geräusch beobachtet. Das Beben wurde, vermuthlich der frühen Stunde wegen, nur von einzelnen Personen wahrgenommen (Fabriksbesitzer C. Weydmann). 2. Deutsch-Feistritz!. Aus Peggau wird berichtet, dass um 5b 10m von wenigen Personen, von mehr in Deutsch-Feistritz eine circa 4S dauernde, nicht besonders heftige Erderschütterung in der Richtung E — W wahrgenommen wurde (Oberlehrer Karl Thomann). 3. Döllach bei Liezen. Berichterstatter hat das Beben im Momente des Auf- wachens verspürt, aber so schwach, dass er es nicht bestimmt als Erderschütterung zu erkennen vermochte und daher erst in Folge einer an ihn gesandten Fragekarte darüber berichtete (Lehrer Christian Wolf). R. Hocrnes. Obersteirische Beben 1899. 621 4. Frohnleiten. Das Beben wurde nur von einzelnen Personen wahr- genommen. Berichterstatter beruft sich auf Steuereinnehmer Hugo Beier als Gewährsmann. Es wurde um 1/26h Morgens im ersten Stockwerke eine rollende Erschütterung wahr- genommen, welche das Klirren einer Lampe verursachte (Schul- director Alois Ried er). 5. Gratwein. Nach mündlicher Mittheilung wurde das Beben auch hier ungefähr um 1/26h Morgens wahrgenommen (Lehrerin Anna Jäkle). 6. Gross-Stübing. Laut Fragebogen wurde das Beben um 5h 30m Morgens uncorrigirte Zeit (die Uhr ist der Bahnuhr um circa 10'" voraus, die wahre Stosszeit wäre also etwa 5h 20m) im ersten Stock- werke des auf Schuttboden errichteten Pfarrhauses als ein ein- ziger, als kurzer Seitenruck bezeichneter Stoss wahrgenommen. Nach unmittelbarer Empfindung hatte die Erschütterung die Richtung S — N; sie war von dumpfem Rollen begleitet, Geräusch und Erschütterung waren gleichzeitig von äusserst kurzer Dauer (Pfarrer Norbert Brand 1). Ein zweiter Berichterstatter hat vom Beben nichts wahr- genommen (Oberlehrer A. Jagaditsch). 7. Kallwang. Der Berichterstatter und die Frau desselben haben das Beben ungefähr um 1/J5h Morgens wahrgenommen. Die Lampe erklirrte, Bilder wurden etwas verschoben; die Dauer betrug einige Secunden (Oberlehrer Victor Jabornik). 8. Kammern. Der Berichterstatter schreibt: »Heute Früh, 5h16m, wurden hier drei ziemlich starke Erdstösse in der Richtung von E — W wahrgenommen. Dieselben waren von einem unterirdischen Getöse (Rollen) begleitet. Das Erdbeben wurde zur gleichen 42* 622 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Zeit von mehreren Personen beobachtet und durch die Stösse Manche aus dem Schlafe gerüttelt. Dauer 3S« (Oberlehrer Fritz Feuchtinge r). 9. Kraubath. Der Beobachter meldet: »Am 1. April war auch bei uns um 5h 18in Morgens ein heftiger Erdstoss bemerkbar, so dass Alles jäh aus dem Schlaf aufgerüttelt wurde. Die Vögel in den Käfigen flatterten ängstlich hin und her« (Oberlehrer Franz Kri so). 10. Leoben. Die k. k. meteorologische Beobachtungsstation Leoben meldete an die Central -Anstalt für Meteorologie und Erd- magnetismus: »Erdbeben am 1. April, 5h20m18s Früh. Richtung NW — SE. Dauer circa 2S. Wellenförmige Bewegung« (Assistent Rösner). Die Morgenausgabe des »Grazer Tagblattes« vom 2. April enthielt folgende Meldung: »Leoben, 1. April (Erdbeben). Heute Früh um 5h 20m wurde hier abermals ein Erdbeben verspürt.« Herr Prof. H. Hoefer machte mittelst Fragebogen folgende genauere Angaben: »Das Erdbeben wurde um 5h20m18s Früh (Leobener Ortszeit) verspürt. Die Beobachtung ist auf ±10s genau. Die von mir während des Bebens beobachtete Zeit wurde am 1. April durch Vergleich mit der genau gehenden, von Zeit zu Zeit auf den Gang und Stand geprüften Uhr des bergakademischen geodätischen Institutes richtig gestellt. Die meisten Bewohner Leobens und der Vorstadt Wasen, welche nicht in allzu tiefem Schlafe lagen, wurden durch das allgemein verspürte Beben geweckt. Die Betten wurden zuerst kräftig von W nach E gehoben und schwankten schwächer nach W zurück und darauf schwach nach E in die Ruhelage. Diese Schwingungen und deren Richtungen wurden übereinstimmend in meiner Familie constatirt, ebenso von einer in der Stadt wohnenden Dame, die schon vor dem Beben wach war. Einige wollen die Bewegung von NW kommend wahrgenommen haben. Das ganze Beben dauerte 2S. Die erwähnte wachende R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 623 Dame hat unmittelbar vor dem Beben ein Geräusch gehört, ähnlich dem, als führe auf der Strasse ein mit Brettern beladener Wagen« (Prof. Hans Hoefer). 11. Lobming bei St. Stefan ob Leoben. Der Berichterstatter wurde nach 5h15m Morgens im ersten Stockwerke eines massiv gebauten Wohnhauses aus dem Schlafe geweckt. Das Beben wurde ausserdem von einzelnen Personen, welche die Zeit nur schätzungsweise angeben konnten, wahrgenommen. Es dauerte etwa 7 — -9S, verursachte Krachen der Möbel, der Wände, Klappern der Fenster und Thüren von beängstigender Stärke. Jemand hielt es zunächst für das Rollen eines Lastwagens. Sonst wurde kein Geräusch wahrgenommen (Lehrer Ignaz Fischer). 12. Mautern. Ein Bericht aus Seiz enthielt folgende Mittheilung: »Auch in Mautern theilte mir der Herr Oberförster mit, dass er das Beben um 5h 18m wahrgenommen habe« (Oberlehrer Eduard Maierl). Ein anderer Bericht aus Mautern selbst lautet negativ (Oberlehrer Johann Hyden). 13. Niklasdorf. »Die Erderschütterung wurde auch im hiesigen Orte um 5h 18m Früh wahrgenommen, äusserte sich jedoch nur als ein sehr schwacher Stoss in der Richtung E — W« (Oberlehrer Franz Klepp). 14. Peggau. »Am Charsamstag, 5h 10m Früh wurde, obzwar von wenigen Personen in Peggau, von mehr in Deutsch-Feistritz eine circa 4S dauernde, nicht besonders heftige, in der Richtung E — W gehende Erderschütterung wahrgenommen« (Oberlehrer Karl Thomann). 15. Rottenmann. »Die Erderschütterung vom 1. April war auch hier in Rotten mann um dieselbe Zeit (5h 20m Früh) bemerkbar. Richtung derselben unbekannt« (Lehrer Karl Greenitz). 624 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 16. St. Michael ob Leoben. »Das am Charsamstag stattgefundene Erdbeben wurde auch hier um 5h 20m Morgens wahrgenommen. Ein ziemlich starkes Rollen in der Dauer von 2S Secunden und in der Richtung von S nach N wurde verspürt, wobei meine Hänge- lampe ziemlich ins Schwanken gerieth. Ein Schaden ist nicht zu verzeichnen« (Oberlehrer Karl Haller). Vergleiche auch die auf Seiz bezügliche Meldung des »Grazer Tagblattes«, welche über die Wahrnehmung des Bebens in St. Michael berichtet. 17. St. Stephan ob Leoben. Um 5h19m Morgens wurde ein von N nach S gehendes Erdbeben in der Dauer von 3S wahrgenommen. »Die Erschütte- rung war so stark, dass die Fenster klirrten und Gegenstände, wie Geschirr, Gläser in Bewegung gesetzt wurden. Das Erd- beben war von einem donnerähnlichen Getöse begleitet« (Ober- lehrer Hans Haus er). 1&. Scharsdorf in der Gemeinde Gai. Der Beobachter gibt die von allen übrigen Berichten stark abweichende Stosszeit 4h 30m Früh an, mit dem Beisatze: >'Nach dem Nebelhorn in Donawitz«. Es ist wohl zweifellos, dass die abweichende Zeitangabe lediglich auf einen Irrthum des Beobachters zurückzuführen ist. Die Erschütterung wurde von den meisten Leuten wahrgenommen, die im Bette ge- schüttelt wurden; der Berichterstatter hat sie im ersten Stock- werke des Schulhauses beim Schreiben verspürt; er bezeichnet sie eher als ein Zittern denn ein Schaukeln in der Dauer von 2 — 3S. Die Bewegung schien von SW nach NE gerichtet, gleichzeitig war ein Geräusch hörbar, das als Donner bezeichnet wird. Gläser klirrten, schlecht schliessende Thüren und Fenster wurden geschüttelt. Das Beben wurde auch in dem 2 km von Scharsdorf ent- fernten Gimp lach und Kurz heim wahrgenommen, noch stärker in Seiz und im Liesingthale (Schulleiter Josef Moser). R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 625 19. Seiz. Das »Grazer Tagblatt« enthält in seiner Morgenausgabe vom 2. April 1899 folgende Notiz: »Erdbeben. Aus Seiz, 1. April, wird uns berichtet: Heute Früh, 5h 16m wurde hier ein ziemlich heftiger Erdstoss in der Richtung SE — NW wahrgenommen. Auch in St. Michael ob Leoben wurde er verspürt und sollen dort die Lampen ver- löscht sein.« Ein weiterer Bericht aus Seiz, ddo. 1. April 1899 lautet: »Heute Morgens um 5h18m verspürte ich, vollkommen wach im Bette liegend, drei ziemlich starke Erdbebenstösse. Die Richtung des Erdbebens ging von E nach W. Dasselbe war von unterirdischem Rollen begleitet und dauerte höchstens 2S. Dieses Erdbeben wurde auch von anderen hiesigen Personen verspürt. Eine Person behauptete sogar, auch um 3/412h Nachts Erdstösse wahrgenommen zu haben. Auch in Mautern theilte mir der Herr Oberförster mit, dass er das Beben um 5h 18m wahrgenommen habe. Am Tage vorher war starker Wind, heute Morgens trübes Wetter, welches sich gegen Mittag aufklärte« (Oberlehrer Eduard Maier 1). 20. Tragöss-Grossdorf. »Das am 1. April in Leoben verspürte Erdbeben wurde auch hier wahrgenommen. Angebliche Zeit 5h 30m Morgens; 5h 18m dürfte aber auch hier als richtig angenommen werden können. Der Gewährsmann gab an, zuerst ein Rauschen, dann einen von S nach N gehenden und einen in entgegengesetzter Richtung verlaufenden Erdstoss, begleitet von einem Geräusche, das einem Schusse ähnlich war, wahrgenommen zu haben« (Schulleiter Franz Graf). 21. Trofaiach. Um 5h 20m Früh wurde ein ziemlich starker Erdstoss verspürt. Die Richtung wird von Manchen als N — S, von Anderen entgegengesetzt angegeben. Nur sehr Wenige haben auch ein Geräusch, ähnlich jenem eines rasch fahrenden Wagens vernommen (für Bürgermeister Franz Frei berger Secretär J. Kolisko). 626 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 22. Übelbach. Nach mittelst Fragebogen erstattetem Bericht wurde das Beben in Übelbach von einzelnen Personen in ebenerdigen Gebäuden um 5h 20m corrigirte Zeit wahrgenommen. Es war eine etwa 2S dauernde Erschütterung, welche von N zu kommen schien und den Eindruck hervorrief, als ob im Keller Alles zusammenfiele oder ein Wagen rasch und lärmend vorüber- fahre. Das begleitende Geräusch wird auch dem Donnern und Rasseln verglichen. Fensterscheiben klirrten, und leichte Gegen- stände kamen in Bewegung (Oberlehrer Alois Seyfert). 23. Vordernberg. Die k. k. meteorologische Beobachtungsstation Vordern- berg berichtete an die Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus am 1, April: »Heute Morgens um 5M9111 wurde hier ein 2S währendes, wellenförmiges Erdbeben in der Richtung von N nach S beobachtet; es war massig stark« (K. Komotschar). Ein weiterer, mittelst Fragebogen erstatteter Bericht meldet, dass der Beobachter um 5h 18m M. E. Z. (corrigirt) im zweiten Stockwerk eines auf Schuttboden errichteten Hauses aus dem Schlafe geweckt wurde. Die Erschütterung wurde allgemein wahrgenommen. Der Beobachter, der sie in dem in der Mitte des Marktes gelegenen Hause Nr. 128 wahrnahm, bezeichnet sie als ein 2S dauerndes Zittern während eines rollend- brausenden Geräusches. Auf dem südlich davon gelegenen Bahnhofe wurde als Abschluss der zitternden Bewegung ein Stoss verspürt. Eine Bewegung von Gegenständen wurde nicht wahrgenommen. Eine wache Person hörte zuerst das rollende Geräusch und nahm erst dann das Beben wahr (Dr. Josef Caspaar). Negative Meldungen, welche sich auf die Erschütte- rung vom 1. April 1899, 5n 20m Morgens beziehen, liefen aus folgenden 45 Orten Steiermarks ein: 1. Admont, 2. Aflenz, 3. Altenmarkt, 4. Breitenau, 5. Bretstein, 6. Eisenerz, 7. Ettmissl, 8. Frauendorf bei Unzmarkt, 9. Gaal, 10. Gaishorn. 11. Garns R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 62/ bei Hieflau, 12. Gradenberg bei Köflach, 13. Gross-Lobming, 14. Hohentauern, 15. Judenburg, 16. Kainach, 1 7. Klein-Lobming, 18. Kindberg, 19. Knittelfeld, 20. Krieglach, 21. Langenwang, 22. Liezen, 23. Mitterdorf im Mürzthal, 24. Mürzzuschlag, 2ö. Oberaich bei Brück a. Mur, 26. Oberzeiring, 27. Palfau, 28. Passail, 29. Pols, 30. Radmer bei Hieflau, 31. Rötheistein bei Mixnitz, 32. St. Gallen, 33. St. Johann am Tauern, 34. St. Pankrazen, 35. Scheiben bei Unzmarkt, 36. Sekkau, 37. Sem- riach, 38. Spital am Semmering, 39. Steinhaus am Semmering, 40. Trieben, 41. Unzmarkt, 42. Wald, 43. Weissenbach bei Liezen, 44. Weng bei Admont, 45. Wildalpen. Ausserdem liefen, wie bereits bemerkt, von einigen Orten sowohl positive, als negative Meldungen ein, so von Gross- Stübing und Mautern. Bezüglich des letzteren Ortes bemerkt der eine Bericht ausdrücklich, dass in Mautern und Umgebung die Erschütterung nicht wahrgenommen und bloss in Seiz verspürt worden sei, während ein zweiter Bericht aus Seiz erwähnt, dass die Erschütterung auch in Mautern vom dortigen Oberförster wahrgenommen worden sei. Bei schwächeren Er- schütterungen hängt eben die Wahrnehmung mehr oder minder vom Zufall ab, und es ist wohl lediglich diesem Umstände zuzuschreiben, wenn das Beben vom 1. April beispielsweise in Oberaich nicht verspürt wurde, während es in Brück und Niklasdorf, zwischen welchen Orten Oberaich liegt, wahr- genommen wurde. Gleiches gilt wohl von Wald, Gaishorn und Trieben, wie die Wahrnehmung an den entfernter gelegenen Orten der Palten-Linie: Döllach und Rottenmann lehrt. Unter günstigeren Umständen wäre wahrscheinlich das Beben auch aus den drei Orten der Palten — Liesing-Linie, von welchen negative Berichte kamen, wahrgenommen worden. Abgesehen von diesen kleinen Ungenauigkeiten, welche in der Art der Beobachtung begründet sind, erscheint das Verbreitungsgebiet des Bebens vom 1. April, 5h 20m wohl begrenzt und einheitlich. Bemerkenswert!! ist, dass das Beben, welches in der Gegend von St. Michael und St. Stephan ob Leoben die grösste Intensität zeigte und hier den Grad IV der Forel'schen Scala überschritt, sich einerseits auf der Palten — Liesing-Linie bis Rottenmann und Döllach fortsetzte, während es in südöstlicher Richtung 628 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. das archäische Gebirge überschritt und sich in Frohnleiten, Übelbach, Gross-Stübing, Deutsch-Feistritz, Peggau und Grat- wein fühlbar machte. In Brück wurde die Erschütterung noch wahrgenommen, sonst liefen von der Mürzlinie lediglich nega- tive Meldungen ein; ebenso kamen aus dem oberen Laufe der Mur, von Knittelfeld, Judenburg, Unzmarkt und benachbarten Orten nur negative Berichte. Das Bild, welches Karte I von der Verbreitung des be- sprochenen Bebens gibt, zeigt, wie bereits in der Einleitung bemerkt, grosse Übereinstimmung mit den Erscheinungen, welche bei den Beben am 7. und 29. April zu beobachten waren, nur dass entsprechend der gesteigerten Intensität auch die Ver- breitung der Erschütterung zumal am 29. April eine etwas grössere war. II. Zweites Hauptbeben vom 7. April 1899, 22h25m M. E. Z. Die angegebene Zeit wird von einer ziemlichen Anzahl von Beobachtungspunkten, so von Donawitz, Grat wein, Graz, Knittelfeld, Kraubath, Tollinggraben bei Leoben, vielfach mit dem Beisatze: »Bahnzeit« oder »corrigirte Zeit« angeführt. Andere Angaben differiren nicht wesentlich von dieser, so Vordernberg (22h23m), Seitz (22h24m), Rein bei Gratwein (22h27m). Von Leoben liegen diesmal zahlreiche Angaben vor, die untereinander bis zu 10ra differiren (10h20m, 10;i27m, 10h28,n und 10h30m); auch von diesen dürften die mittleren Werthe sich der wahren Stosszeit am meisten nähern. Manche Zeitangaben lauten ziemlich unbestimmt, so jene von Frohnleiten und Übelbach (»circa l/2\ lh Nachts«), Schars- dorf (»zwischen llh und 12h Nachts«); die Stosszeiten nach 22h30m, welche von wenigen Punkten gemeldet wurden, so von St. Stephan ob Leoben (22h34m), Kammern und Stübing (22h40m), dürften wohl auf ungenau gehende Uhren zurückzu- führen sein. Wie aus der Vergleichung der beiden Karten 1 und II hervorgeht, erreichte die Erschütterung vom 7. April insofern eine grössere Verbreitung als jene vom 1. April, als diesmal sowohl Graz in der Richtung nach SE, als Gross-Lobming, St. Lorenzen und Knittelfeld in der Richtung nach SW mit- R. Hoernes, Obersteirische liehen 1809. 629 betroffen wurden. Hingegen pflanzte sich der Stoss auf der Palten — Liesing-Linie anscheinend nicht so weit fort, da aus Döllach und Rottenmann diesmal negative Nachrichten kamen. Aus Brück und Tragöss-Grossdorf, welch beide Orte das Beben vom 1. April wahrgenommen hatten, kamen diesmal lediglich negative Berichte. Die Mürzlinie blieb auch diesmal vollkommen ruhig, überhaupt gleicht die Verbreitung der Erscheinung vom 7. April, wie aus der Vergleichung der beiden Karten I und II hervorgeht, ausserordentlich jener des Bebens vom 1. April. Aus folgenden 24 Orten Obersteiermarks sind dem Re- ferenten Nachrichten über Wahrnehmung des Bebens vom 7. April 1899, 22h 25m, bekannt geworden: Donawitz, Frohnleiten, Gimplach bei Trofaiach, Gratwein, Graz, Gross-Lobming bei Knittelfeld, Kammern, Knittelfeld, Kraubath, Lainthal bei Trofaiach, Leoben, Mautern, Niklasdorf, Rein, St. Lorenzen, St. Michael ob Leoben, St. Stephan ob Leoben, Scharsdorf in der Gemeinde Gai, Seiz, Stübing (Südbahnstation), Tollinggraben bei Leoben, Trofaiach, Übelbach, Vordernberg. 1. Donawitz. Der Beobachter nahm das Beben um 1 0!l 25"1 Abends cor- rigirte Bahnzeit im ersten Stockwerk eines auf Schuttboden stehenden Hauses, im Bette liegend, jedoch wachend (lesend), als einen von E gegen W gerichteten Ruck wahr. Ein Rauschen, welches dem eines fahrenden Eisenbahnzuges verglichen wird, folgte nach 4S. Die Erschütterung wurde von den meisten Bewohnern des Ortes wahrgenommen (Schuldirector Peter Lorber). Nach einer später eingelaufenen Nachricht aus Tolling- graben bei Leoben soll dieses Beben und jenes vom 1. April beim vulgo Hofmar Sprünge im Hause verursacht haben (Schulleiter Heinrich Scherer in Tollinggraben). 2. Frohnleiten. Das Beben wurde nur von einzelnen Personen, so vom Lehrer Alois Harnig, ungefähr um 10h30m als schüttelnde, 630 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2S dauernde Bewegung wahrgenommen (Schuldirector Alois Rieder). 3. Gimplach bei Trofaiach. In einem aus Scharsdorf eingelaufenen Berichte heisst es: »Im 2 km entfernten Gimplach wurde ein 2S langer Stoss wahrgenommen, dass die Fenster klirrten; Richtung SW — NE« (Schulleiter Josef Moser). 4. Gratwein. Der Referent hatte Gelegenheit, das Beben in Gratwein selbst wahrzunehmen (vergl. »Tagespost«, Abendblatt vom 8. April und »Grazer Tagblatt«, Morgenausgabe vom 9. April): »Ziemlich starke Erderschütterung von 2 — 3S Dauer. Richtung nach unmittelbarer Empfindung E — W, womit die schwachen Schwingungen einer Hängelampe übereinstimmten. Die Wahr- nehmung wurde im ersten Stockwerk einer auf der Diluvial- terrasse nächst der Kirche gelegenen Villa gemacht. Im tiefer gelegenen Bahnhofe wurde die Erschütterung stärker wahr- genommen. Der Wächter an der Nordausfahrt glaubte, sein hölzernes Häuschen ginge in Trümmer. Der Stationsbeamte verspürte die Erschütterung im Bureau und gab als Stosszeit 10h25m an« (R. Hoernes). Der Bericht der Südbahnstation Grat wein an das Ver- kehrs-Inspectorat in Graz lautet: »Am 7. April 1899 fand in Gratwein ein Erdbeben statt, welches durch den Assistenten Herrn Adalbert Saharek und den Weichenwächter Franz Wusser bemerkt wurde. Saharek hörte am 7. April 1899, circa 10h20m Abends, ein Knistern an den Wänden und ver- spürte um 10h 24ln Abends einen stärkeren Stoss; gleich darauf, d. i. 10h26m, traf Glockensignal für Zug 117 von Judendorf in Gratwein ein. Weichenwächter Wusser befand sich zu dieser Zeit in der Signalhütte Nr. 321; derselbe verspürte einen starken Stoss und befürchtete ein Umfallen der Signalhütte. Wusser gibt als Zeit des Stosses 10h25m Abends an. Gratwein, am 23. April 1899« (Stations-Chef Marke 1). 5. Graz. Das Beben wurde von einzelnen Personen in höher gelegenen Stockwerken wahrgenommen. Dem Referenten sind R. Hoern es, Obersteirische Beben 1899. 631 drei Berichte zugegangen, die aus verschiedenen Stadttheilen zu beiden Seiten der Mur stammen. Sie lauten: »Gerade wie vor 8 oder 10 Tagen spürte ich gestern Abends, nachdem ich meinen Kopf ins Kissen gesteckt, ein Heben meines Bettes am Kopfende in zwei Stössen, zugleich vernahm ich ein leises Scheppern meiner Jalousien. Meine Lieben, die nebenan schlafen, und denen ich meine Wahr- nehmung mittheilte, hatten, halb im Schlafe, nichts wahr- genommen. Beim grossen Laibacher Erdbeben wurde in meiner Wohnung Alles drüber und drunter geworfen, auch war der Plafond gesprungen. Ich wohne Naglergasse 8, III. Stock, im höchsten Hause. Graz, am 8. April 1899« (Professor Dr. August Tewes). ». . . Mittheil ung, dass das Erdbeben am 7. d. M. auch von meinem Vater und mir in unserer Wohnung, Volksgarten- strasse 14, III. Stock, 5m vor 1/2llh Abends beobachtet wurde. Es äusserte sich in einem sehr schwachen Stosse von kurzer Dauer und brachte ein Knistern und Knacken der Kästen und Thüren hervor, wie wenn ein Thor im Hause stark zugeschlagen worden wäre. Graz, am 10. April 1899« (Med. Ernst Witter- mann). »...Mittheilung, dass ich Freitag um 10h25m Abends in meiner Wohnung, Murplatz 7, II. Stock, eine ziemlich heftige Erderschütterung in der Richtung E — W verspürte. Selbe machte sich in Klappern der Thüren und Schütteln meines, Bettes bemerkbar. Graz, am 8. April 1899« (Paula Jainschigg). 6. Gross-Lobming bei Knittelfeld. »Am 7. d. M., Abends um 10h25m, verspürte ich hier deut- lich ein wellenförmiges Erdbeben, welches etwa 2S dauerte« (Caspar Gutmann). 7. Kammern. Berichterstatter hat das Beben selbst nicht verspürt und theilt die Wahrnehmung eines anderen Beobachters folgender- massen mit: »Herr J. Grisznitzer verspürte 10b40m Abends einen nicht sehr heftigen Erdstoss. in der Richtung SE — NW. Die Gläser in einem Kasten schlugen aneinander«. Von einem 632 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. anderen Beobachter wurde ein weiteres Beben in der Nacht vom 7. zum 8. April wahrgenommen, durch welches derselbe um 3h45m aus dem Schlafe gerüttelt wurde (Oberlehrer Fritz Feuchtinge r). 8. Knittelfeld. Berichterstatter fühlte am 7. April, Abends Punkt 10h, einen leichten östlichen Stoss, dann 10h25ra ein starkes Rollen, dem ein kräftigerer Stoss aus SE folgte, der die Gläser erklirren Hess (F. v. Forcher). 9. Kraubath. Am 7. April, Abends 10h 25™ wurden auch hier einige (2 bis 3) heftige Stösse verspürt. In manchen Häusern waren die Stösse mehr, in manchen weniger bemerkbar (Oberlehrer Franz Kriso). 10. Lainthal bei Trofaiach. In dem bereits bezüglich Gimplach erwähnten Berichte aus Scharsdorf heisst es: »Mein Sohn, Lehrer in Lainthal, erklärt aufs Bestimmteste, dass in Lainthal zwei Erdbeben stattfanden; eines um 9h5m, das andere um 10h33m Nachts. Letzteres in der Richtung NE — S W. Der Stoss glich dem Rollen und Zusammenprallen von Eisenbahnwagen. Die angegebene Zeit ist M. E. Z., an einer gutgehenden Pendeluhr abgelesen« (Schulleiter Josef Moser). 11. Leoben. Das Abendblatt der »Tagespost« vom 8. April enthielt folgende telegraphische Meldung: »Leoben, 8. April. Gestern Abends, beiläufig um 1/2\li\ wurde hier abermals ein ziemlich starkes, mit donnerähnlichem Getöse begleitetes Erdbeben verspürt, worauf ein strömender Regen niederging. Das Erd- beben wurde unter Anderen auch in Niklasdorf und Tro- faiach wahrgenommen (vergl. die Localnotiz über das Erd- beben in Gratwein. Anm. d. Redaction)«. Es liefen ferner vier mittelst Fragebogen erstattete Berichte ein, welche folgende Daten enthielten. Das Beben wurde im. ersten Stockwerk eines am Haupt- platze gelegenen Hauses beim Schreiben um 10b 30m M. E. Z. R. Ho em es. Obersteirische Beben 1899. 633 wahrgenommen, und zwar als eine einzige, 3S dauernde Er- schütterung. Es verursachte keine Beschädigungen und wurde nur von einzelnen Personen verspürt. Der Berichterstatter bemerkt: »Seit meinem letzten Bericht bis heute sind in Leoben noch drei Erderschütterungen beobachtet worden; ich selbst habe keine Beobachtung gemacht, daher nicht berichtet« (Bau- unternehmer Sebastian Seh ei bei). »Das Beben wurde zwischen 10h27m und 101' 30m in Leoben sowohl in der Stadt, als auch in der Vorstadt wahr- genommen. Die genaue Stosszeit konnte nicht ermittelt werden. Ein zweiter Stoss nach Mitternacht ist unsicher« (Privatdocent Dr. K. A. Redlich). »Am 7. d. M. habe ich um 10h20ra Bahnzeit deutlich ein Erdbeben wahrgenommen. Es war ein ziemlich starkes unter- irdisches Rollen bemerkbar, dem circa 3S anhaltende Schwin- gungen folgten« (Fabriksbesitzer Alois Olb rieh). Der Berichterstatter hat das Beben im zweiten Stockwerk im Bette liegend um 10h28m Leobener Ortszeit als einmaligen, von N nach S gerichteten Stoss wahrgenommen; die Bewegung wird als Schaukelbewegung von kurzer Dauer (1 — 2S) be- zeichnet. Ein Rollen war kurz vor der Erschütterung hörbar. Das Beben wurde von allen Personen in der Wohnung wahr- genommen, doch wird ausdrücklich bemerkt, dass manche Bewohner Leobens nichts verspürten (Dr. Zimmer). Das Beben wurde um Punkt l/2l lh Nachts (Ortszeit) = 34*" nach 10h Bahnzeit in Leoben und Mühlthal bei Leoben in einer bedeutenden Anzahl von Gebäuden im ersten Stockwerke wahrgenommen. Es waren drei Erdstösse innerhalb der ersten Secunde wahrnehmbar, welchen ein unterirdisches, gleich- massiges Rollen, ähnlich jenem eines schnell gezogenen Wagens, folgte. Der Stoss schien nach unmittelbarer Empfindung aus SE zu kommen. Die ganze Erscheinung dauerte 8S; in der ersten ereigneten sich die bereits erwähnten drei Stösse, dann folgte eine gleichmässige schwächere Bewegung mit einem Geräusch, welches jenem eines schnell fahrenden Wagens ver- glichen wird und 7S andauerte. Eine Hängelampe gerieth in Schwingungen. Schaden wurde nicht angerichtet; die Bevölke- rung war vielfach erschreckt. Von verlässlicher Seite wurde 634 Mittheilungen der Erclbeben-Commission. dem Berichterstatter mitgetheilt, dass genau nach einer Stunde noch eine schwache Erschütterung wahrgenommen worden sei. Er selbst hat nichts von derselben verspürt (Lehrer Franz Lieb). Von der Südbahnstation Leoben lief eine negative Meldung an das Verkehrs-Inspectorat ein, folgenden Inhaltes: »In Befolg des telegraphischen Auftrages 2003 B. vom 23. d. M. beehre ich mich ergebenst zu berichten, dass von diesem Erd- beben durch die im Dienst gestandenen Bahnorgane der hiesigen .Station keinerlei Wahrnehmung gemacht wurde, da in dem Zeit- punkte desselben, circa 4!'17m Früh, durch die Einfahrt des Zuges 1 108 und den Stationsverschub zuviel Unruhe geherrscht hatte« (Stationsvorstand B. Lütgendorf). Dieser negative Bericht wurde hier vollinhaltlich wieder- gegeben, nicht, um die oft constatirte Thatsache neuerdings durch ein Beispiel zu erhärten, dass Erderschütterungen von massiger Intensität auf Bahnhöfen häufig nicht wahrgenommen wurden, weil der Lärm des Verkehrs daran hindert, sondern um darauf hinzuweisen, dass in Leoben am 7. April (oder in den Morgenstunden des 8.?) anscheinend noch ein weiteres Beben »circa 4h17mFrüh« stattfand, von welchem allerdings eine directe Meldung nicht vorliegt, das aber durch den bericht- erstattenden Stationschef mit dem Beben um 10h25"' Abends, dem die betreffende Circulardepesche des Verkehrs-Inspectorates galt, verwechselt wurde. 12. Mautern. Die »Tagespost« berichtet in ihrem Morgenblatte vom 9. April: »Das freitägige Erdbeben wurde auch in Mautern wahrgenommen, und zwar, wie dem „Volksblatt" geschrieben wiid, etwa um l/2\\h Abends als schwaches Beben, dessen Richtung von N nach S vermuthet wird«. Eine nach Mautern entsendete Fragekarte erzielte folgende Antwort: »Das Beben vom 7. April wurde vom Unterzeichneten nicht wahrgenommen, wohl aber von einzelnen Personen im Orte, die jedoch keine genauen Angaben über Zeit und Richtung des schwachen Stosses zu machen vermochten -< (Oberlehrer Johann Hyden). R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 635 13. Niklasdorf. Nach der telegraphischen Meldung im Abendblatte der »Tagespost« vom 8. April (siehe oben unter Leoben!) wurde das Beben, welches in Leoben »beiläufig um 1/2llh« stattfand, auch in Niklasdorf und Trofaiach wahrgenommen. Vom ersteren Orte liegt jedoch als Antwort auf eine Fragekarte nach- folgende Meldung vor: »Im hiesigen Orte wurde am 7. April, 8h55m Abends eine Erderschütterung, bestehend aus einem schwachen Stoss in der Richtung von N nach S wahrgenommen. Von einer Erschütterung um 10h25m jedoch wurde weder vom Gefertigten, noch von anderen hiesigen Bewohnern etwas ver- spürt« (Oberlehrer Franz Klepp). 14. Rein. Die k. k. meteorologische Beobachtungsstation Rein bei Gratwein meldete an die k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus: »Erdbeben, 7. April, 10h27m, N« (Lehrer R. Antauer). 15. St. Lorenzen. Die k. k. Staatsbahndirection Villach theilt in ihrer Zu- schrift vom 30. Mai, Nr. 12618, mit: »dass in keiner der hier- seitigen Stationen Steiermarks irgendwelche Wahrnehmungen hinsichtlich des in der Nacht vom 7. auf den 8. April 1. J. statt- gefundenen Erdbebens gemacht worden sind; nur die Station St. Lorenzen berichtet: Das Erdbeben am 7. April 1. J. machte sich einige Minuten nach 10h Abends durch ein einem fernen Donner ähnliches Rollen merkbar, dem eine wellenförmige in der Richtung von SE gegen NW sich hinziehende, wenig fühl- bare Erschütterung folgte; in einigen Häusern des Ortes, die auf festerem Grund erbaut sind, war die Erschütterung heftiger, und wurde in einigen Wohnungen das Klirren von Glasgegen- ständen vernommen. Keinesfalls aber war die Bewegung eine so heftige wie am 29. April, 12h09m Nachmittags, welche fast in der gleichen Richtung hin verspürt wurde, stossähnlich erfolgte und in einigen Häusern, so auch im Stationsgebäude selbst, das Ablösen von Mörtel und Aneinanderstossen von nahestehenden Einrichtungsgegenständen zur Folge hatte und theilweise beunruhigend wirkte. Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 43 636 .Mittheikingen der Erdbeben-Commission. 16. St. Michael ob Leoben. Am 7. April um 10h 30™ Abends abermals Erdbeben, Dauer 1 s mit schwachem Rollen, Richtung von S nach N, ohne Schaden vorübergegangen (Oberlehrer Karl Hall er). 17. St. Stefan ob Leoben. Hier wurden in der Nacht vom 7. zum 8. mehrere Beben wahrgenommen. Ein bezüglicher Bericht lautet: »Ich nahm Folgendes wahr: 1. Um 6k Abends circa ein kurzes Poltern und Rollen ohne Erschütterung, das mir als Geräusch eines Bebens vorkam. Richtung SE. 2. 8h50m ein starkes Beben, einige Secunden langes Zittern der Wände. Richtung von S her. 3. In der Nacht (1 lh?) ein sehr starkes Beben; heftiges Zittern der Wände und des Holzwerkes. Später noch einige (2 oder 3) schwächere Beben, wie mir von ziemlich verlässlichen Personen erzählt wurde; von mir nicht wahrgenommen« (Ign. Fischer). Ein zweiter Bericht aus St. Stefan ob Leoben macht nur zwei Erschütterungen namhaft, und zwar: »die erste um 8h50ni Abends, schwach mit Donnergeroll verbunden, — die zweite um 10h34m Abends (nach anderen Angaben 10h26m), heftig, mit wellenförmiger Bewegung« (Oberlehrer Hans Haus er). 18. Scharsdorf. Einem eingehenden Bericht, der sich auch auf die Wahr- nehmungen in Trofaiach und umliegenden Orten bezieht, entnehme ich folgende Stelle: »Hier in Scharsdorf wurde ein schwacher Stoss verspürt; die Zeit variirt zwischen 1 lh und 121' Mitternacht. Im 2 km entfernten Gimplach wurde ein 2S langer Stoss wahrgenommen, dass die Fenster klirrten. Richtung SW nach NE« (Schulleiter Josef Moser). 19. Seiz. »Gestern Freitag den 7. April um 10h24'" Abends war hier wieder ein Erdbeben wahrzunehmen. Ich war noch wach und R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 637 lag lesend im Bette, als plötzlich die Fenster des Zimmers klirrten und dann die geschlossene Thüre klapperte. Die Be- wegüng war diesmal mehr ein Schütteln und kein Stossen, wie das letzte Mal, auch war das Rollen schwächer, im Ganzen aber war die Bewegung ebenso stark. Merkwürdigerweise schien sie diesmal von S nach N gerichtet zu sein« (Oberlehrer Eduard Maierl). 20. Stübing. Durch das Verkehrs-Inspectorat Graz der k. k. priv. Süd- bahn-Gesellschaft lief ein Bericht der Station Stübing ein, in welchem es heisst, »dass am 7. d. M. um circa 10h40m Nachts vom Gefertigten ein aus drei Stössen bestehendes Erdbeben in der Richtung von NW nach SE beobachtet wurde, wobei die Richtung deutlich durch fortlaufendes Rollen markirt war« (Stationschef Kadivec). 21. Tollinggraben bei Leoben. Das Beben wurde um 10h25m von einzelnen Personen wahrgenommen, Berichterstatter hat es im Bett als ein fort- laufendes ruckweises Zittern in der Richtung N — S und in der Dauer von 2S verspürt. Andere Angaben der Stossrichtung lauten E — W. Ein rollendes Geräusch, »ähnlich, wie wenn im Keller Kartoffel ausgeleert würden«, begleitete das Zittern. Der halbgeöffnete Fensterflügel kam in Bewegung. Der Bericht- erstatter bemerkt, dass in Tollinggraben auch das von Leoben am 1. April gemeldete ganz ähnliche Beben um 5h20m wahr- genommen wurde und theilt im Anschlüsse hievon Folgendes mit: »Beim vulgo Hofmar (Donawitz) soll das erste und zweite Beben Sprünge im Hause verursacht haben« (Schulleiter Heinrich Scherer). 22. Trofaiach. Aus Trofaiach kam eine negative Meldung durch das dortige Gemeindeamt, während nach dem Berichte des Herrn Schulleiters Moser aus Scharsdorf (vergl. oben) in Trofaiach in der Nacht vom 7. zum 8. April zwei verschiedene Erschütte- rungen verspürt wurden. Es heisst in diesem Berichte: »In Trofaiach (sagte mir ein wissenschaftlich gebildeter Mann) 43* 638 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. sei um llh20m Nachts ein so heftiger verticaler Stoss gewesen, dass die Gläser klirrten. Ebenso hat man um 9n30m eine heftige Erschütterung wahrgenommen, wie mir ein anderer Herr (Kauf- mann) bemerkte.« Die Richtung wird in beiden Fällen als E — W angegeben (Josef Moser, .Schulleiter in Scharsdorf). 23. Übelbach. Das Beben wurde circa 1/2 ll1' Nachts von einzelnen Per- sonen wahrgenommen, die sich im Bette geschüttelt fühlten. Die Erschütterung kam nach unmittelbarer Empfindung von N und dauerte 2 — 3S. Ein Geräusch, das dem starken Rasseln oder Rollen eines rasch vorüberfahrenden Wagens ähnlich war, ging der Erschütterung voran. Klirren der Fenster und Schütteln von Gegenständen wurde wahrgenommen, liegende Pferde standen auf (Oberlehrer Alois Leyfert). 24. Vordernberg. Die k. k. meteorologische Beobachtungsstation Vordern- berg berichtet an die Centralanstalt für Meteorologie und Erd- magnetismus am 7. April: Heute Abends, 10h23m, wurde hier ein von S nach N gerichtetes, ls langes, aus zwei ruckweisen Stössen bestehendes Erdbeben verspürt.« (Der Beobachter: K. Komotschar). Ein zweiter mittelst Fragebogen erstatteter Bericht gibt als Stosszeit ebenfalls genau 10h23m Abends M.E. Z. (corrigirt) an. Der Beobachter hat das Beben im zweiten Stockwerk eines am Fusse des Schuttkegels vor der Bergmauer gelegenen Hauses (Nr. 128), im Bett, aber in wachem Zustand, als ein leichtes Zittern wahrgenommen, welches die Stärke des Bebens der Gegenstände im Zimmer bei stärkerem Schreiten nicht erreichte. Die Erschütterung, über deren Richtung keine Angabe gemacht werden konnte, dauerte nicht viel länger als ls; ein leichtes, brausend rollendes Geräusch ging ihr um ein ganz Kleines voraus und endete gleichzeitig mit der Erschütterung. Das Beben wurde von vielen Personen wahrgenommen, eine Anzahl wurde dadurch aus dem Schlafe geweckt, andere aber nicht; auch wurde das Beben von in lärmenden Betrieben arbeitenden Leuten nicht bemerkt (Dr. Josef Caspaar). R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 639 Von zahlreichen Orten liefen in Folge der ausgesendeter, Fragekarten negative Nachrichten ein, so von 1. Brück an der Mur, 2. Döllach bei Liezen, 3. Gaishorn, 4. Grossdorf- Tragöss, 5. Gross-Lobming, 6. Kallwang, 7. Kindberg, 8. Köf- lach, 9. Liezen, 10. Rötheistein bei Mixnitz, 11. Rottenmann, 12. Trieben, 13. Trofaiach, 14. Wald, 15. Weissenbach bei Liezen. Von zweien dieser Orte, nämlich von Gross-Lobming und Trofaiach, kamen indessen auch positive Meldungen. Auch aus dem Unterlande langte spontan eine negative Nachricht ein (Neuhaus bei Cilli), Fragekarten waren dahin nicht entsendet worden, da eine Verbreitung des Bebens in Untersteiermark, südwärts von Graz, kaum zu vermuthen war. Hingegen wurde über Bitte des Erdbeben-Referenten von Seite der Erdbeben-Commission sowohl an die Direction der k. k. priv. Südbahn, als auch an die Direction der k. k. öster- reichischen Staatsbahnen das Ersuchen gerichtet, Erhebungen darüber einzuleiten, ob in den steiermärkischen Bahnstationen in der Nacht vom 7. zum 8. April Erdbeben wahrgenommen wurden. Von Seite des Verkehrs-Inspectorates Graz der Süd- bahn wurden dem Referenten die gesammten, von den ein- zelnen Stationen eingelaufenen Berichte übersendet, welche insgesammt mit Ausnahme der oben bereits mitgetheilten aus Gratwein und Stübing negativ lauten. Obwohl bereits oft hervorgehoben wurde, dass auf negative Nachrichten von Bahn- stationen kein allzu hohes Gewicht gelegt werden darf, weil bei dem Getöse des Verkehrs und den dadurch beeinflussten, für schwächere Bewegungen und Geräusche abgestumpften Sinnen der Verkehrsbeamten zumeist nur Erschütterungen von grösserer Intensität wahrgenommen wurden, sollen doch nach- stehend zunächst die Stationen der Alürzlinie aufgezählt werden, von welchen insgesammt negative Berichte einliefen, zumeist mit der Bemerkung, dass weder in der Station selbst, noch in dem betreffenden Orte ein Beben wahrgenommen wurde. Solche negative Berichte liegen vor von Langenwang, Krieglach, Alitterdorf, Wartberg, Kindberg, Marein, Kapfenberg. Brück. Auch die Stationen zwischen Brück und Graz (mit Aus- 640 .Mittheilungen der lirdbeben-Commission. nähme von Gratwein und Stübing), sowie Graz seihst haben lediglich negative Nachrichten geliefert, so Pernegg, Frohn- leiten, Peggau, Judendorf, Graz. Die Stationen südwärts von Graz, sowie jene der Köflacher Bahn, sandten nur negative Berichte. Von Seite des Verkehrs-Inspectorates der Südhahn in Wien, Klagenfurt und Triest liefen Schreiben ein. laut welchen in den diesen Inspectoraten unterstehenden steirischen Stationen (von welchen insbesonders Steinhaus, Spital am Semmering und Mürzzuschlag als zur Mürzlinie gehörige, oft erschütterte Punkte hervorgehoben sein mögen) nichts wahrgenommen wurde. Von Seite der k. k. Staatsbahndirection Villach wurde der Referent mit Zuschrift vom 30. Mai, Z. 12618, in Kenntniss gesetzt, dass in keiner der ohersteirischen Staatsbahnstationen irgendwelche Wahrnehmungen hinsichtlich des Erdbebens in der Nacht vom 7. auf den 8. April gemacht worden sind; ledig- lich von der Station Lorenz en ist jener Bericht eingelaufen, welcher bereits oben mitsetheilt wurde. Zu dem Bilde, welches die Karte II von der Verbreitung der Erschütterung vom 7. April 1899 gibt, sind wohl nur wenige Bemerkungen hinzuzufügen. Nicht bloss im Allgemeinen, sondern auch in vielen Einzelheiten stimmt die Verbreitung der Erschütterung vom 7. mit jener vom 1. April überein. Das Bild beider Erschütterungen würde noch viel ähnlicher, wenn man beispielsweise auch für den 1. April noch Graz als mit- erschüttert betrachten würde, wozu die Anfangszeilen der Zu- schrift des Herrn Professor Tewes vielleicht berechtigen würden. Da es aber immerhin zweifelhaft ist, ob die bezügliche Wahrnehmung sich wirklich auf die Erderschütterung vom 1. April bezieht, wurde es unterlassen, Graz als positiven Punkt in die Karte I einzuzeichnen. Auf einige leichte Verschieden- heiten in der Verbreitung in der Richtung der Palten — Liesing- Linie und in der Richtung nach SW gegen Knittelfeld und Gross-Lobming wurde bereits oben hingewiesen, sonst aber ist die Verbreitung der beiden Erschütterungen vom 1. und 7. April 1899 so ähnlich, dass wohl behauptet werden darf, dass es R. Hoerncs. Obersteirische Beben 1S99. 641 gleichartige, vom selben Erregungsherde ausgegangene Be- wegungen waren, die den seismischen Erscheinungen beider Tage zu Grunde liegen. III. Drittes Hauptbeben vom 29. April 1899. Am 29. April fanden in Obersteiermark mehrere Erschütte- rungen statt, von welchen jene um 6 — 7m nach 12h Mittags die heftigste war und als drittes Hauptbeben der in diesem Bericht erörterten Erdbebenperiode bezeichnet werden darf. Karte III gibt die Verbreitung dieser Erschütterung an, welche, wie aus der Vergleichung mit Karte I und II hervorgeht, entsprechend der grösseren Intensität, mit welcher sich das Beben vom 29. April in der Nähe seines Ursprunges (Gegend von St. Ste- phan ob Leoben) fühlbar machte, nicht unbedeutend über jene der Erschütterungen vom 1. und 7. April hinausgeht. Über die Stosszeit dieser dritten Haupterschütterung liegen, wie aus den unten angeführten Berichten ersichtlich, ziemlich abweichende Nachrichten vor, welche um die oben angegebene (12h6m) schwanken. Die genauesten Zeitangaben sind wohl jene von Leoben und Graz. Die erstere, von Herrn Professor Hans Hoefer mitgetheilt (auf ±30s genau), ist 12h7m p. m. M. E. Z., die zweite, von Herrn Professor Dr. Arthur R. v. Heider herrührend, ist 12h5m50s M. E. Z. Das Mittel zwischen diesen beiden Beobachtungen wäre 12h6m25s, was der thatsächlichen Stosszeit ziemlich nahe kommen dürfte. Die Intensität erreichte in St. Stephan ob Leoben, in dem benachbarten Kaisersberg, sowie in Kraubath die Intensität VI der Forel'schen Scala. Aus folgenden 36 Orten Steiermarks sind dem Referenten Nachrichten über die Wahrnehmung des Bebens vom 29. April 1899 bekannt geworden: 1. Deutsch-Feistritz, 2. Frohn- leiten, 3. Gaal, 4. Gratwein, 5. Graz, 6. Gross-Lobming, 7. Gross-Stübing, 8. Ingering, 9. Judenburg, 10. Kaisers- berg, 1 1. Kalkleiten bei Graz, 12. Kallwang, 13. Kammern, 14. Klein- Feistritz, Gemeinde Reisstrasse, 15. Klein- Lobming, 16. Knittelfeld, 17. Kraubath, 18. Lan kowit z, 19. Leoben, 20. Lobming bei St. Stephan ob Leoben, 21. Mautern, 22. Neuhof bei Übelbach, 23. Niklasdorf, (342 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 24. Peggau, 25. Preg bei St. Lorenzen unter Knittelfeld, 26. St. Lorenzen, 27. St. Michael, 28. St. Peter-Freien- stein, 29. St. Stephan ob Leoben, 30. Scharsdorf, Ge- meinde Gaj, 31. Seiz, 32. Sekkau, 33. Tragöss-Gross- dorf, 34. Trofaiach, 35. Übelbach, 36. Vordernberg. 1. Deutsch-Feistritz. Nach dem Bericht aus Peggau soll das daselbst um 12h7m Bahnzeit wahrgenommene Beben auch von einzelnen Personen in Deutsch-Feistritz bemerkt worden sein (Oberlehrer Carl Thomann). 2. Frohnleiten. Das Beben wurde von einzelnen Personen wahrgenommen, es war eine kurze Erschütterung von etwa ls Dauer, die sich circa 12h Mittags fühlbar machte. Ein kurzes donnerähnliches Geräusch ging der Erschütterung voran (Director Alois Rieder). 3. Gaal. Das Beben wurde um 12h33m (Ortszeit) als donnerartiges Rollen, dem die Erschütterung nachfolgte, verspürt (xAnton J. Au st). 4. Gratwein. Zwischen 12 und V^'1 Nachmittags wurde ein sehr schwaches Rütteln, so dass das Geschirr in einem Kasten leise bebte, verspürt (Lehrerin Anna Jäckle). 5. Graz. Aus Graz liegen lediglich zwei Berichte vor, welche der Referent Herrn Professor Dr. Arthur von Heider und Frau Professor Eleonore Do elter verdankt. Der erste lautet: »Mit der Eintragung einer grösseren Zahl vor mir stehender, mit Alkohol gefüllter Präparatgläser beschäftigt und beim Arbeitstische sitzend, wurde ich durch das sonst nie vor- kommende Krachen und Knittern der grossen Schränke im Zimmer aufmerksam gemacht und nahm 1 s später ein deut- liches Wiegen meines Sessels, sowie ein Oscilliren der Alkohol- spiegel in den Gläsern wahr. Zeit: 12h5"'50s Mittags, M. E. Z.; R. Ho er n es, Obersteirische lieben 1899. 643 Dauer der Bewegung: etwa 2S; Richtung: anscheinend NE nach SW. Ort der Beobachtung: zoologisches Cabinet im zweiten Stocke der k. k. technischen Hochschule, dessen Fronte NW nach SE verläuft« (A. v. Heider). Dem zweiten, mittelst Fragebogen erstatteten Berichte sind folgende Daten zu entnehmen: Das Beben wurde etwa 10ln nach 12h Mittags (uncorrigirte Zeit) im ersten Stocke der auf Lehmboden erbauten Villa 7 D in der Schubertstrasse als ein kurzer Seitenruck verspürt, welcher die Schubertstrasse entlang gegen den Hilmteich gerichtet schien (SW — NE), ein Gegenstand bewegte sich in dieser Richtung. Es war, als hätte man eine Thüre so heftig zugeworfen, dass alle andern Thüren zitterten, obgleich sich im Hause Niemand bewegte. Die Beobachterin lag in Folge eines Unwohlseins im Bette (Eleonore Doelter). 6. Gross-Lobming. Das Beben wurde um 12h 5m corr. Zeit von wenigen Personen im Orte Gross-Lobming und bei zwei Besitzern in der Gemeinde Apfelberg als ein einige Secunden dauerndes Zittern wahrgenommen. Gleichzeitig war ein als dumpfes Murren bezeichnetes Geräusch hörbar (Oberlehrer Franz Silber- schn eider). 7. Gross-Stübing. Hier wurde lediglich ein Geräusch, ähnlich einem kurzen Donner und sonst nichts wahrgenommen (Oberlehrer A. Jaga- ditsch). 8. Ingering. In dem Berichte aus Gaal wird bemerkt, dass in dem benachbarten Ingering der Herr Revierförster Straska um 12h30m ein donnerartiges Rollen wahrnahm (Werks- und Distfictsarzt Anton J. Au st). 9. Judenburg. Ein mittelst Fragebogen erstatteter Bericht meldet eine Anzahl von Erschütterungen, welche am Nachmittage des 29. April, sowie in der Nacht vom 29. zum 30. April stattfanden, 644 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. und zwar um 12h15m Mittags, dann 1 21' 45m, lh 24m (lh30ra), 8h30m und in der Nacht 121' 45,n (letztere also am 30. April, 0!> 45m), ferner ein Beben vom 2. Mai in den Morgenstunden, etwa 2h 30,n. Der Berichterstatter bemerkt: »Die Zeitangaben sind alle unsicher, denn es konnten wegen nachträglicher An- gaben keine Vergieichungen gemacht werden«. Es bezieht sich ferner die erste Beobachtung (29. April, 12h 15™ Mittags) nur auf Judenburg, die folgenden sind mehr in der Umgebung (Fohnsdorf, Weisskirchen, Zeltweg) gemacht worden. Alle Er- schütterungen wurden lediglich von einzelnen Personen als kurzes Zittern, von etwa 1 s Dauer verspürt, die Bewegung scheint von Westen gekommen zu sein, doch war eine genaue Bestimmung nur bei der Wahrnehmung um 45m nach Mitter- nacht möglich, da in einem Gastzimmer der Murvorstadt die Hängelampe in der Richtung W — E schwang. Über begleitendes Geräusch liegt keine Wahrnehmung vor. Als Wirkungen werden Klirren der Fenster und Gläser, Fallen leichter Gegenstände von den Unterlagen angeführt (Bürgerschullehrer Joh. Unter- w e g e r). 10. Kaiserberg. In einem Berichte aus St. Stephan ob Leoben heisst es: »In Kaiserberg stürzten vom Hause Nr. 37 (Heinreicher) von dem zwar schon etwas schadhaften Rauchfange mehrere Ziegel. Die Fährmännin an der Mur konnte ihre Milchreindl nur durch rasches Zugreifen noch vom Herunterstürzen retten. Die Glocke bei der Überfuhr läutete von selbst« u. s. w. (Oberlehrer I [ans H auser). 11. Kalkleiten. Das Beben wurde Sm vor 12m (uncorr. Zeit) von dem in liegender Stellung auf einem Sopha lesenden Beobachter wahr- genommen. Es ist nur diesem Umstände zu verdanken, dass das Beben von ihm verspürt wurde, da alle Personen, welche stehend beschäftigt waren, nichts bemerkten. Kalkleiten liegt 700 m über dem Meere auf Felsboden (Schöckelkalk). Die Bewegung äusserte sich als ein etwa 4S gleichmässig an- haltendes Zittern (Franz Kalista in Statteg). R. Hoernes, Obersteirische flehen 1899. 645 12. Kallwang. Das Beben wurde um 12b 15'" verspürt, jedoch sehr schwach. Einige Personen hatten ein Rütteln an der Thür wahrgenommen und wurden erst später durch die Zeitung darauf aufmerksam gemacht, dass ein Erdbeben stattgefunden hätte (Oberlehrer Victor Jabornik). 13. Kammern. »Heute den 29. April, 12h 8m Mittags wurde hier ein sehr heftiger Erdstoss wahrgenommen. Er hatte die Richtung von E nach W (nach einer anderen Meinung von W nach E), das Liesingthal entlang. Der Stoss währte kaum 2S. Die Schulkinder waren ganz erschreckt, da es während des Unterrichtes war. Der Stoss war von einem kurzen dumpfen Rollen begleitet. Die Fensterscheiben klirrten. Man hatte das Gefühl, als ob die Wände wankten. Bald nach dem Erdstosse erhob sich ein ziemlich bedeutender Wind, der bis jetzt (V43h) noch andauert« (Oberlehrer Fritz Feuchtinger). 14. Klein-Feistritz in der Gemeinde Reisstrasse. Nach einer mittelst Fragebogen erstatteten Meldung wurde hier eine Erschütterung am 29. April um 12h 3m Mittags und eine zweite am 30. April um lh 5Sm in der Nacht verspürt (uncorrigirte Zeit). Das erste Beben wurde von dem Bericht- erstatter nebst seinen Schülern im Schulzimmer wahrgenommen, aber auch von anderen Personen, im Freien und im Gebirge gehend, verspürt; ferner in einer Holzknechthütte, 1 1/2]1 gegen Süden am Fusse des Ameringkogels gelegen, von im Bette Liegenden. Das zweite Beben hat der Beobachter im Halb- schlafe im Bette liegend wahrgenommen. Die Erschütterung wird als ein Rütteln bezeichnet, das jedesmal 3S dauerte. Die Richtung ging bei dem ersten Beben nach unmittelbarer Em- pfindung des Berichterstatters und der Schüler von N gegen S. Beide Erschütterungen waren mit Geräusch verbunden, welches man 1 — 2S früher hörte; jenes, welches dem ersten Beben (Mittags) voranging, wird als heftiges Rasseln bezeichnet, das mit dem zweiten Beben verbundene als eine Art Donner (Schul- leiter Franz Stöckl). 646 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 15. Klein-Lobming. Das Beben wurde um 12h10m (corrigirte Zeit) allgemein verspürt. Der Berichterstatter hat es laut seiner mittelst Frage- bogen erstatteten Meldung im ersten Stocke des Schulhauses als 2S dauerndes, gleichartiges Zittern wahrgenommen. Die Bewegung kam nach unmittelbarer Empfindung von Süden; sie verursachte Rasseln und Klirren von Gegenständen. Erzittern von Sesseln und Bänken (Oberlehrer Franz Ilsinger). 16. Knittelfeld. Aus Knittelfeld sind zwei Berichte eingelaufen; der erste lautet: »12h10m Mittags (Ortszeit) Erdbeben: 4 - 5S lange, wellen- förmige Bewegung, dann ein ziemlich heftiger Stoss. Richtung S — N. Klirren der auf dem Tische stehenden Gläser; eine Glocke auf dem Kirchthurme hat angeschlagen (k. k. Bezirks- richter Douglas -Aichelberg). In dem zweiten, vom 30. April datirten Berichte heisst es: »Gestern, 29. April Mittags, 12h10m, heftiges Rollen aus Osten. Stoss im Freien nicht fühlbar. Heute, 30. April, Abends 5h 43ra, zwei Stösse mit Rollen aus Osten, aber kurz« (v. Forcher). 17. Kraubath. Der Berichterstatter schildert in seiner als Antwort auf eine Fragekarte eingelaufenen Meldung ausser dem Haupt- beben noch zwei am 30. April stattgefundene Nachbeben, wie folgt: »Am 29. April, 12h7m nach Mittag, heftiges Erdbeben, das allen Bewohnern Schrecken einflösste. Der Stoss war so heftig, dass Geschirr herabfiel, Lampencylinder und Schirm zu- sammenstiessen, Mörtel herunterfiel und bei einigen schwachen Gebäuden die Mauer einen Riss bekam. In der Schule war es, als wollte es die Bänke in die Höhe heben. Die Kinder meinten: ,Die Bänke werden lebendig'«. »Das zweite Erdbeben war in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag (29. auf 30. April) Morgens um 2h.« R. Hoernes. Obersteirische Beben 1899. 647 »Das dritte Sonntag den 30. April um 5h 40m Nach- mittags. Wiederholt zitterte der Boden •< (Oberlehrer Franz l\ r i s o). 18. Lankowitz. Das Beben wurde nach mittelst Fragebogen erstatteter Meldung nur von einzelnen Personen wahrgenommen. Bericht- erstatter verspürte es im ersten Stockwerke, im Bette liegend, als zwei unmittelbar aufeinander folgende Stösse, von welchen der erste stärker war. Die Bewegung wird als ein Schaukeln bezeichnet, das nach unmittelbarer Empfindung die Richtung N — S hatte; sie war sehr kurz (»ein paar Secunden«). Geräusch wurde nicht wahrgenommen (Oberlehrer Mathias Schnitzer). 19. Leoben. Die »Tagespost« berichtet in ihrem Morgenblatte vom 30. April: "Leoben, 29. April. Heute Mittags gegen 1274h wurde hier neuerdings ein ziemlich heftiges Erdbeben verspürt, welchem gegen 2h ein zweiter leichterer Erdstoss folgte. Das Erdbeben wurde auch in der Umgebung von Leoben wahr- genommen, insbesondere in St. Michael, wo die Bewohner in Folge des ersten heftigen Stosses erschreckt auf die Strasse eilten.« Das »Grazer Tagblatt« bringt in seiner Morgenausgabe vom 30. April folgende Nachricht: »Leoben, 29. April. Heute Mittags nach 12h wurde hier abermals ein heftiges Erdbeben verspürt, das sich gegen 2h schwächer wiederholte.« Dem Referenten sind mehrere, zumeist mittelst Frage- bogen erstattete Berichte zugekommen. Die ausführlichsten und durch die genauesten Zeitangaben ausgezeichneten Berichte verdankt er den Herren Prof. Dr. Hans Hoefer und Privat- docent Dr. K. A. Redlich, welche zwar beide das Beben nicht selbst beobachteten, da sie von Leoben abwesend waren, jedoch genaue Erkundigungen über die von anderen gemachten Wahr- nehmungen einholten und folgendermassen zusammenstellten: Am 29. und 30. April wurden in Leoben im Ganzen vier Beben wahrgenommen, nämlich: 648 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. a) Am 29. April, 12h7m M. E. Z. (nach ausdrücklicher Angabe Prof. Hoefer's ist die Angabe auf ±30s genau) drei seit- liche Stösse von S nach N; b) am 29. April, lh41m (auf ±lm genaue Angabe) leises verticales Schwingen; , c) am 30. April, lh 5,n 65s bis lk 56m 15s M. E. Z. ganz leises Schwingen, etwa drei- bis viermal; d) am 30. April, 17h 44m M. E. Z. (5h 45ni p. m. nach der Uhr des Herrn Prof. Klingatsch, da diese circa 1/2m gegen die Leobener Normaluhr vorausgeht, überdies die Leobener Zeit gegen die mitteleuropäische um 0-4m vorausgeht, so war dieser Stoss 5h 44m AI. E. Z.). Die Wahrnehmungen wurden in verschiedenen Häusern, in allen Stockwerken gemacht. Im Freien wurden die Er- schütterungen nicht wahrgenommen. Die unter a und d an- geführten wurden von sehr vielen, die mit b und c bezeichneten nur von einzelnen Personen verspürt. Es scheinen annähernd verticale Stösse gewesen zu sein; die nach dem Gefühle er- mittelte Richtung war NNW — ESE oder umgekehrt. Beim Stösse a wurde ein Schwingen freihängender Gegenstände nicht beobachtet; in einem Hause fielen Bücher um. Unmittelbar vor dieser Erschütterung hörte der Diener der Lehrkanzel für Geologie ein Geräusch, als ob im Hörsäle ober seiner Wohnung eine Schublade mit Gesteinen von einer Bank herabgefallen wäre. Bei der Erschütterung d wurde ein schwaches Schwingen von Hängelampen in der Richtung W — E bemerkt. Schaden wurde keiner angerichtet (Prof. H. Hoefer und Privatdocent Dr. K. A. Redlich). Ein zweiter Bericht besagt, dass in Leoben am 29. April, 12h6m Bahnzeit ein leichter, ungefähr 2S dauernden Erdstoss mit scheinbar von W nach E gerichteter schwingender Be- wegung wahrzunehmen war (Hüttenverwalter i. R. Hermann Aigner). Ein dritter, mittelst Fragebogen erstatteter Bericht aus Leoben (Mühlthal) gibt an, dass das Beben vom 29. April ungefähr 10m nach 12h xMittags nicht von allen Bewohnern wahrgenommen wurde; Berichterstatter selbst hat beispiels- weise nichts verspürt. Es waren einige Erschütterungen, die R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 649 im Ganzen einige Secunden dauerten und von unten zu kommen schienen. Die Bewegung verursachte die Annahme, dass im Keller Fässer umgeworfen würden. Schaden wurde keiner an- gerichtet. Nach ungefähr 3/4 Stunden bemerkte man schwächere Erschütterungen (Lehrer Franz Lieb). Endlich liegt noch der an das Verkehrsinspectorat Graz der Südbahn gerichtete Bericht der Station Leoben vor, »dass von dem im Dienste gestandenen hiesigen Bahnpersonale be- züglich des am 29. April ereigneten Erdbebens keine Wahr- nehmungen gemacht wurden, was wohl nur auf die am Bahn- hofe zu dieser Zeit stets herrschende Unruhe zurückzuführen ist. Die Angaben des dienstfreien Personales decken sich wohl nicht, da der Adjunct Herr Edmund Saulich eine minder starke Erschütterung um circa 12h44m und der Adjunct Herr Emanuel Pimon eine heftige um lh 17m wahrgenommen hat (Stationschef P. Lütgendorf). 20. Lobming bei St. Stephan ob Leoben. In einem mittelst Fragebogen erstatteten Berichte werden drei Erschütterungen angeführt, von weichen zwei am 29. April, und zwar um llh59m und 13ll34m stattfanden, während die dritte am 30. April um 2u15m sich ereignete (uncorrigirte Zeit). Die beiden ersten Erschütterungen wurden von vielen Personen wahrgenommen, die dritte lediglich von dem Berichterstatter, der wach im Bette lag und das mit schwachem Zittern be- ginnende, aber rasch zunehmende und dann wieder schwächer werdende Beben sehr deutlich wahrnehmen konnte. Die Dauer des erstens Bebens, welches wohl mit dem von Leoben 12h 71" gemeldeten ident ist, wird mit 6S angegeben und die Erschütte- rung als stark bezeichnet. Das zweite Beben, welches offenbar ident ist mit dem Beben von Leoben um 13h 41m (Zeitdifferenz der uncorrigirten Uhr in beiden Fällen annähernd gleich 7 und 8m), wird als schwächer bezeichnet und die Dauer mit 272s angegeben. Ebendieselbe Dauer hat die dritte Erschütterung in den Morgenstunden des 30. April gehabt, welche als ziemlich stark bezeichnet wird, da das Bett in den Fugen krachte. Das gleichzeitig: mit der Erschütterung wahrgenommene Geräusch 650 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. wird mit jenem eines auf der Strasse rollenden Wagens ver- glichen (Lehrer Ignaz Fischer). 21. Mautern. Das Beben wurde um 12h8m von einzelnen Personen im Markte verspürt, welche jedoch keine bestimmte Richtung an- geben können. Einzelne hörten Trinkgläser im Kasten klirren, Andere Schlüssel an der Wand klingeln (Oberlehrer Johann Hyden). Ein zweiter, mittelst Fragebogen erstatteter Bericht ist dem Referenten durch Vermittlung des Herrn Verwalters Riege- bauer in Ehrnau aus dem Redemptoristenkloster Mautern zugekommen. Nach diesem Berichte hat der Beobachter das Beben um 12h10m (uncorr.) in einer Mansarde über dem ersten Stockwerke des auf Schuttboden erbauten Redemptoristen- Collegiums in ruhiger, sitzender Stellung wahrgenommen. »Die Bewegung glich in ihren hörbaren Wirkungen von Anfang an ganz täuschend dem ruckweisen Anprallen eines gewaltigen Sturmes, welcher das Dachgebälk des Südosttractes am östlichen Ende, wo es sich an die Kirchenmauer anschliesst, ergriff, seiner ganzen Länge nach erschütterte, bis er sich endlich am entgegengesetzten Ende, wo der ersterwähnte Tract mit dem Süd- westtract eine Ecke des quadratischen Klostergebäudes bildet, nach einem ebensolangen regelmässigen, aber sehr heftigen Rütteln verlor.« Der Beobachter deutet diese Wahrnehmung dahin, dass die Bewegung von E her kam, womit auch das starke Schaukeln eines aus Holz geschnitzten, etwa \m hohen Crucifixes übereinstimmt, welches nach E schaut und sammt dem Schreibpult, auf dem es steht, beim letzten Rütteln ins Wanken kam. Die Erschütterung hat die Dauer von 5 — 6S nicht überschritten. Ein besonderes Geräusch, abgesehen vom Krachen des Dachstuhles und vom Knirschen des Bretter- bodens, der sich unter dem Einfluss einer wellenförmigen Bewegung zu heben und zu senken schien, konnte der Beob- achter nicht wahrnehmen (Theologe Josef Rudi seh). 22. Neuhof bei Übelbach. Nach mittelst Fragebogen erstatteter Meldung wurde das Beben zwischen 12h und lh Mittags von dem Berichterstatter R. Ho eines, Obersteirische Beben 1899. ÖOI während des Unterrichtes im ebenerdig gelegenen Schulzimmer nur schwach, von den Nachbarn aber stärker wahrgenommen. Die Häuser schienen zu zittern. Die Bewegung kam nach un- mittelbarer Empfindung von NW. Fast gleichzeitig war ein Geräusch hörbar, als ob ein Wagen polternd daher fahre. Berichterstatter bemerkt noch, dass nach Aussage eines in der Nähe der Gleinalpe wohnenden Bauern auch vor beiläufig drei Wochen ein Beben wahrgenommen worden sei, welches jedoch weiter im Thal heraussen nicht verspürt wurde. Wahrscheinlich ist diese Nachricht auf das Beben vom 7. April zu beziehen (Schulleiter Adolf Bresslauer). 23. Niklasdorf. Ungefähr 5m nach 12h plätscherte das Wasser in einem Kübel hin und her, trotzdem sich Niemand bewegte. Auch das Beben vom 1. April wurde, und zwar ziemlich stark verspürt; es ging deutlich von E nach W (Directorsgattin Anna Rinder- knecht). 24. Peggau. Nach mittelst Fragebogen erstatteter Meldung hat der Berichterstatter das Beben um 12h/7m corr. Zeit (mit der Eisen- bahnuhr verglichen) in seinem im Hochparterre des Schulhauses gelegenen Wohnzimmer, beim Schreibtisch sitzend uTid lesend, wahrgenommen, sonst hat- es, soweit er durch Nachfragen eruiren konnte, Niemand in Peggau verspürt. Die Erschütterung wird als sehr kurzer Seitenruck bezeichnet, der nach unmittel- barer Empfindung von NE kam. Sofort nach dem Ruck folgte Knarren des nebenan stehenden Schubladkastens und leises Klirren daraufstehender Glas- und Porzellangegenstände (Ober- lehrer Carl Thomann). 25. Preg bei Knittelfeld. Die Erschütterung wurde nach mittelst Fragebogen er- stattetem Bericht um 12h8m Bahnzeit im ebenerdigen Wohn- zimmer des Lehrers, in der Küche von dessen Frau, im Schul- zimmer durch die Schüler und im nahegelegenen Wächterhause Nr. 184 der k. k. Staatsbahn wahrgenommen. Es waren zahl- reiche, schnell aufeinanderfolgende, secundenlange Stösse in Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 44 i 652 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. etwa 1/,"1 Gesammtdauer. Fussboden, Mauern, Oberboden er- zitterten, in der Wohnung des Bahnwächters fiel Geschirr von einer Stellage, im Schulzimmer etwas Mörtel herab. Das Ge- räusch, welches dieselbe Dauer hatte, wie die Erschütterungen, wird jenem eines vorüberfahrenden schweren Lastzuges ver- glichen (Schulleiter Rudolf Mayer). 26. St. Lorenzen. In der Zuschrift der k. k. Staatsbahndirection Vi 11 ach vom 30. Mai 1899, Z. 12618, werden über das in der Station St. Lorenzen am 7. April wahrgenommene Erdbeben die in Abschnitt II wiedergegebenen Mittheilungen gemacht und an dieselben folgende Bemerkung angeschlossen: »Keinesfalls aber war die Bewegung eine so heftige, wie am 29. April, 12n9m Nachmittags, welche fast in der gleichen Richtung hin verspürt wurde, stossähnlich erfolgte und in einigen Häusern, so auch im Stationsgebäude selbst, das Ablösen von Mörtel und Anein- anderstossen von nahestehenden Einrichtungsgegenständen zur Folge hatte und theilvveise beunruhigend wirkte.- (Für den k. k. Staatsbahn-Director: Ruff.) 27. St. Michael ob Leoben. Die »Tagespost« berichtet in ihrem Morgenblatte vom 30. April (siehe oben unter Leohen), dass in St. Michael das Beben, welches in Leoben gegen 12*/^ wahrgenommen winde, besonders heftig war, so dass die Bewohner erschreckt auf die Strasse eilten. Eine Zuschrift ddo. Leoben, 30. April, lautet: »Gestern den 29. April war ich in St. Michael und habe ich, sowie alle Bewohner dort um 12n6tn Mittags (Bahnzeit) ein sehr heftiges Erdbeben wahrgenommen. Den Erschütterungen, welche die Fenster klirren machten, ging ein heftiges, donnerähnliches, unterirdisches Rollen voraus« (Fabriksbesitzer Alois Olb rieh). Ein mittelst Fragebogen erstatteter Bericht meldet, dass in St. Michael am 29. April zwei Beben, das erste um 12h6m, das zweite um lh45m Nachmittags, corr. Zeit, allgemein wahr- genommen wurden; das erste Beben dauerte 3S, das zweite 1\ Die Bewegung wird als ziemlich gleichartiges Zittern bezeichnet, I R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 653 sie kam nach unmittelbarer Empfindung des Berichterstatters, der das erste Beben im Garten, das zweite im Lehrzimmer (I. Stock) wahrnahm, von N. Ein dem Donner verglichenes Geräusch ging der Erschütterung voran. Einige Uhren sollen stehen geblieben sein. Das Gebäude wurde so stark gerüttelt, dass die Fenster klirrten (Oberlehrer Karl Hall er). 28. St. Peter-Freienstein. Hier wurde am Samstag den 29. April, um 1 21' 8m Mittags, ein heftiges Erdbeben, so dass der Boden unter den Füssen schwankte, wahrgenommen. Gegen 2h Nachmittags folgte ein zweiter Stoss. Sonntag den 30. April, 2h Morgens, war abermals ein Erdbeben; auch das Erdbeben am 1. April Morgens wurde hier verspürt und wurden wir vom Schlafe geweckt (F. Krempl). 29. St. Stephan ob Leoben. Der Berichterstatter macht iMittheilungen über zwei Er- schütterungen, welche am 29. April wahrgenommen wurden und von welchen die erste so heftige Wirkungen in St. Stephan und dem nahegelegenen Kaisersberg hervorrief, dass man wohl in dieser Gegend das Epicentrum der seismischen Be- wegung vom 29. April 1899 zu suchen hat. Der Bericht lautet: »1. Erdbeben um 12h5m Mittags genauer Bahnzeit. Ich befand mich mit den Kindern im Schulzimmer (I. Stock). Der Stoss war ein äusserst starker, so dass von der Zimmerdecke Mauerwerk herunterfiel. Die Dauer war 3S. Ich selbst konnte die Richtung nicht genau bestimmen, da die Kinder in ein furcht- bares Geheul ausarteten; die Leute geben aber fast überein- stimmend von SW nach NE an. Von der Heftigkeit des Stosses zeugen folgende Vorfälle: In Kaisersberg stürzten vom Hause Nr. 37 (Heinreicher) von dem zwar schon etwas schadhaften Rauchfange mehrere Ziegel. Die Fährmännin an der Mur konnte ihre Milchreindl nur durch rasches Zugreifen noch vom Her- unterstürzen retten. Die Glocke bei der Überfuhr läutete von selbst. In vielen Häusern bröselten Mauerstücke vom Plafond. Die Hunde fingen laut zu bellen an und flüchteten in die Häuser. Ebenso eilten die Hühner dem Stalle zu, wie wenn ein Geier in der Nähe wäre. Vom Klirren der Fenster, der Gläser 44* 654 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. erzählt man in allen Häusern. Die meisten Leute eilten aus den Häusern. — 2. Erdbeben um lh 45m Nachmittags, Bahnzeit. Das- selbe war schwach, wurde nicht von Allen verspürt. Man hatte das Gefühl, wie wenn Etwas unter den Füssen hinwegginge« (Oberlehrer Hans Haus er). 30. Scharsdorf in der Gemeinde Gai. Mittelst Fragebogen wird über zwei Beben berichtet, von welchen das erste am 29. April um lh20m Mittags, das andere am 30. April, 2h Nachts verspürt wurde. Der Berichterstatter vermerkt hiezu: »Mitteleuropäische Zeit, nach dem Nebelhorn von Donawitz.« Das erste Beben hat der Beobachter in der Schule, das zweite im Bette, zufällig wach, verspürt. Er be- zeichnet das zweite Beben als stärker. Es wurde jedesmal nur eine Erschütterung in der Dauer von 2 — 3S wahrgenommen, welche als starke, von unten kommende Stösse bezeichnet werden. Eine Scheune krachte in ihrem Gefüge, schlecht schliessende Thüren klapperten, Nachts klirrten die Fenster. Das Beben trat plötzlich ein, ohne vorhergehendes Geräusch; es wurde von Vielen wahrgenommen. Aus nahegelegenen Orten : Gimplach, Kurzheim, Vordernberg und Trofaiach erfuhr der Berichterstatter nichts (Schulleiter Josef Moser). 31. Seiz. 12h6,n Mittags ziemlich heftiger Erdstoss, begleitet von Rollen. Richtung von W nach E. Dauer 2S. In Kammern wurde der Stoss viel stärker verspürt (Oberlehrer Eduard Maierl). 32. Sekkau. 12h5m Mittags wurde in Sekkau eine leichte Erderschütte- rung bemerkt. Das Geräusch erinnerte an einen schwerbeladenen, unter einem Gewölbe fahrenden Wagen; die Dauer überstieg kaum 3S. Der Stoss war schwach, doch zitterten Boden und Möbel (P. Willibald Wolfsteiner). 33. Tragöss-Grossdorf. Einige Minuten nach Mittag wurde auch hier eine Erd- erschütterung aus SW verspürt; sie war schwach, Bericht- R. Hoernes, Obersteirische liehen 1899. 655 erstatter hatte beim Sitzen das Gefühl, als schwinge der Fuss- boden recht sanft auf und ab (Schulleiter Franz Graf). 34. Trofaiach. Das am 29. April einige Minuten nach Mittag in Leoben gespürte Erdbeben musste hierorts nur sehr schwach gewesen sein, da nur 4 Personen dasselbe verspürt haben. Wellenförmige Bewegung in der Richtung E — W. Mehr konnte nicht in Er- fahrung gebracht werden (Gemeindeamt Trofaiach). 35. Übelbach. Hier wurde ein Beben Samstag 29. April, 12h Mittags, und ein zweites Sonntag 30. April, Früh, etwas vor 2h, verspürt. Richtung S — -N. Das zweite Beben war von einem unterirdischen Rollen begleitet (Pesendorfer). 36. Vordernberg. In der Zuschrift vom 7. Juli 1899, Z. 15153, der k. k. Staats- bahndirection Villach wird mitgetheilt, dass von sämmtlichen Stationen der Strecken Judenburg — Selzthal und Vordernberg — Hieflau mit Ausnahme der Station Vordernberg Markt über- einstimmend berichtet wurde, dass keinerlei Wahrnehmungen über am 29., respective am 30. April 1. J. stattgefundene Erd- bebenerscheinungen gemacht wurden. Das k. k. Bahnstations- amt Vordernberg Markt hat sich in seinem Berichte dahin geäussert, dass die Erscheinungen nur im Orte selbst äusserst gering auftraten und nur von einzelnen Personen bemerkt wurden. (Für den k. k. Staatsbahndirector: Ruff.) In dem Berichte der Südbahnstation Vordernberg an das Verkehrs-Inspectorat Graz heisst es, dass in der Station selbst über ein Erdbeben keinerlei Wahrnehmungen gemacht worden seien, doch habe Herr Dr. Josef Caspaar mitgetheilt, dass im oberen Markte um 12h10,u ein leichter Erdstoss ver- spürt wurde, welcher im Keller stehende gefüllte Bierflaschen zum Umfallen brachte. Richtung NNE (Stationschef W. Kies- 1 i n g). In Berichtigung einer ersten negativen Meldung wird von dem bereits genannten Vordernberger Arzte Folgendes 656 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. mitgetheilt: Im Hause Nr. 129 zu Vordernberg wurde ein Ge- räusch gehört, das jenem einer abgehenden Schneelawine glich, aber keine Erschütterung verspürt. Im Löwenhof (Radw. Nr. 14) wurde eine deutliche Erschütterung verspürt und sollen im Keller gefüllte Bierflaschen umgefallen sein, auch merkte man daselbst das Erzittern einer Hängelampe (Dr. Josef Caspaar)- In Folge der ausgesendeten Fragekarten liefen von 22 Orten negative Nachrichten ein, nämlich von: 1. Aller- heiligen bei Judenburg, 2. Brück an der Mur, 3. Döllach bei Liezen, 4. Donawitz, 5. Eisenerz, 6. Gaishorn, 7. Kainach, 8. Kathal bei Weisskirchen, 9. Kindberg, 10. Liezen, ll.Niklas- dorf bei Leoben, 12. Obdach, 13. Rötheistein bei Mixnitz, 14. Rottenmann, 15. St. Georgen bei Obdach, 16. Scheiben bei Unzmarkt, 17. Semriach, 18. Unzmarkt, 19. Vordernberg, 20. Wald, 21. Weissenbach bei Liezen, 22. Zeltweg. Da jedoch von zwei Orten (Niklasdorf und Vordernberg) auch positive Meldungen eintrafen, reducirt sich die Zahl der Orte mit negativen Berichten zunächst auf 20. Es kommen jedoch hiezu noch zahlreiche Bahnstationen, da sowohl die Direction der k. k. priv. Südbahn, als die k. k. Staatsbahn- Direction ersucht wurden, Erhebungen über die allfällige Wahr- nehmung von Erschütterungen am 29. April 1899 einzuleiten. Es liefen jedoch mit wenigen, bereits erwähnten Ausnahmen (Leoben, St. Lorenzen, Südbahnstation Vordernberg, Staats- bahnstation Vordernberg-Markt) lediglich negative Berichte ein, und auch von jenen vier Stationen haben drei, was die Wahrnehmung in der Station selbst durch das dienstmachende Personal anlangt, negative Meldungen geliefert: nur die dem Epicentrum sehr nahe gelegene Station St. Lorenzen meldete unmittelbar die Erschütterung, die so heftig war, dass sie im Stationsgebäude selbst das Ablösen von Mörtel und das Anein- anderschlagen von Einrichtungsgegenständen zur Folge hatte. Wenn auf die zahlreichen, dem Referenten von Eisenbahn- stationen vorliegenden negativen Berichte zum 29. April Werth gelegt wird, so geschieht es vor Allem deshalb, weil es in zahlreichen der ihm von dem Verkehrs -Inspectorate Graz R. Ho eine-, Obersteirische Beben 1899. 057 eingesandten Originalmeldungen ausdrücklich heisst, dass weder in der Station, noch im Orte und dessen Um- gebung ein Erdstoss verspürt wurde, so in den Meldungen ans Donawitz, Kapfenberg, Köflach, Krieglach, Lieboch, Marein im Mürzthale, Mixnitz, Söding und Wartberg im Mürzthale; Lediglich diese Bahnstationen wurden in der Karte III als Orte, aus welchen negative Nachrichten kamen, verzeichnet. IV. Chronik der vom 1. Jänner bis 31. Juni 1899 in Ober- steiermark wahrgenommenen Erschütterungen. Die in den Abschnitten I bis III erörterten Beben vom 1.. 7. und 29. April sind lediglich die heftigsten und ver- breitetsten in einer Reihe seismischer Erscheinungen, welche, wie in der Einleitung erwähnt, schon in den letzten Monaten des Jahres 1898 begannen und am 27. November 1898 in einem ziemlich verbreiteten Beben annähernd die Intensität der Er- schütterungen vom April 1899 erreichten. Wie im letzten Ab- schnitte dargelegt werden soll, war das Erregungsgebiet der Aprilbeben die Murlinie in der Umgebung von St. Stephan ob Leoben, also in der Nähe jener Stelle, in welcher die Palten — Liesing-Linie, die wahrscheinlich bei dem Beben vom 27. No- vember activ war, die Murlinie trifft. Von den zahlreichen obersteirischen Erschütterungen, die unten aufgezählt werden sollen, dürften wohl die meisten denselben Herd gehabt haben, wie die Aprilbeben. Im Ganzen wurde, wie aus der nach- folgenden Aufzählung ersichtlich wird, Obersteiermark im ersten Halbjahr 1899 an 23 Tagen erschüttert. 1. Beben am 18. Jänner. Über dieses Beben liegt nur eine vereinzelte Mittheilung aus Frohnleiten vor. Nach mittelst Fragebogen erstatteter Mittheilung wurde das Beben daselbst um 4h 55m Bahnzeit von zwei Personen in dem auf einer Anhöhe freistehenden, auf Schottergrund er- bauten Hause Nr. 100 wahrgenommen. Es waren zwei Stösse, welche je 2 — 3S dauerten und durch ein Intervall von 2S getrennt waren. Die Richtung wird als NW — SE bezeichnet (Oberlehrer Alois Ried er). 658 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 2. Beben am 25. Jänner. Auch über dieses Beben liegt nur eine einzige Meldung vor, welche aus Krakaudorf herrührt. Nach mittelst Fragebogen erstattetem Bericht wurden um 3h 10m uncorrigirte Zeit zwei Detonationen wie Pöllerschüsse mit einem Intervall von 5S wahrgenommen, worauf ein Klirren folgte (k. k. Post-Expedient Mathias Langmaien. 3. Beben am 11. Februar. Um 4h 36'n wurde in Leoben, K r a u bat h und St. M i c h a e 1 ob Leoben eine leichte Erschütterung wahrgenommen. Aus Leoben liegen folgende drei Berichte vor: »Um 4h36m Früh wurde hier ein Erdbeben beobachtet. Zwei rasch aufeinanderfolgende Stösse. Eine ausgesprochen schwingende Bewegung wurde nicht verspürt« (A. Klin- gatsch). »Morgens 4h36m (dzO-ö1"!) M. E. Z. fühlte man in ganz Leoben einen Erdstoss von kaum 2S Dauer. Begleiterschei- nungen konnte ich keine wahrnehmen, Jemand wollte gleich nach dem Stoss ein Sausen gehört haben. Den Stoss fühlte ich, als würde das schwere Hausthor energisch zugeschlagen werden. Ein in meinem Schlafzimmer an einer Ampel hängendes Thermometer zeigte unmittelbar nach dem Stosse ganz schwache Schwingungen NE — SW« (Professor Hans Hoefer). Nach der dritten, mittelst Fragebogen erstatteten Meldung wurde das Beben von dem Berichterstatter um 4h50m im Bette, jedoch wach, als ein 3S dauerndes Zittern wahrgenommen (Civil-Ingenieur S. Scheibel). Aus Kraubath wird geschrieben, dass beiläufig um diese Zeit (4h36m Früh) eine leichte Erschütterung verspürt wurde (Oberlehrer Franz Kriso). In St. Michael hat der Berichterstatter selbst nichts von dem Erdbeben wahrgenommen, doch wurde dasselbe nach von ihm eingeholten Erkundigungen im Dorfe verspürt. Es wurden um ö'' Früh einige schwache Stösse in verticaler Richtung ohne Donnergerolle wahrgenommen (Oberlehrer Karl Hai ler). R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 659 Aus folgenden 13 Orten liefen negative Antworten auf die dahin entsandten Fragekarten ein: Brück a. Mur, Eisenerz, Frohnleiten, Kammern, Kapfenberg, Kindberg, Mautern, Niklas- dorf, Seiz, Trofaiach, Übelbach, Vordernberg, Weissenbach bei Liezen. 4. Beben am 21. Februar. Ein massiges Beben wurde um 181' 22m in Leoben, ferner in Lobming bei St. Stephan, Kraubath, St. Michael und St. Stephan ob Leoben beobachtet. In Lobming wurden am 21. Februar mehrere Erschütterungen wahrgenommen, nämlich um 18ll21m, 18h 23m, 18h 43m. Die Morgenausgabe des »Grazer Tagblattes« vom 24. Fe- bruar 1899 enthielt folgende Notiz: »Leoben, 22. Februar (Erdbeben). Gestern Abends nach 6V4h wurde hier wieder ein ziemlich heftiges Erdbeben verspürt; es war ein centraler Stoss in der Richtung von NW nach SE. Da Leoben in einer Erd- bebenlinie liegt, dürften in der Folge heftigere Erdbeben auftreten«. In der Grazer »Tagespost« findet sich die Quelle dieser Nachricht folgendermassen citirt: »Erdbeben. Die „Ober- steirische Volkszeitung" schreibt unterm 22. d. M.: Gestern Abends nach 1/47h wurde hier wieder ein ziemlich heftiges Erd- beben verspürt; es war ein centraler Stoss von NW nach SE. Da Leoben in einem Erdbebenrayon liegt, ist es nicht aus- geschlossen, dass in der Folge hier wiederholte, vielleicht noch heftigere Erdbeben auftreten«. Die von der meteorologischen Beobachtungsstation an die k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus er- stattete Meldung lautet: »21. Februar 1899, um 6'1 21m Abends wurde hier ein Erdstoss, Richtung NW — SE verspürt. Weitere Begleiterscheinungen nicht wahrgenommen« (A. Klingatsch). Ein mittelst Fragebogen erstatteter Bericht besagt, dass die Erschütterung in der Kanzlei des geologischen Institutes der Bergakademie um 61' 22m als ein von NW nach SE gerichteter Stoss wahrgenommen wurde. Das Beben würde nicht allgemein gefühlt; wie es scheint, in der Stadt mehr als in der Wasenvorstadt (Professor Hans H o e f e r und Adjunct Dr. Karl Redlich). 660 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Der aus Kraubath eingelaufene Bericht lautet: »Das Erdbeben wurde am 21. Februar um 6h 30m Abends in Kraubath und St. Stephan sehr deutlich verspürt. Es erfolgten zwei Stösse, begleitet von einem unterirdischen Rollen. Der erste Stoss war der stärkere. Der Zwischenraum betrug beiläufig 2m. Die Thüren knarrten, Fenster klirrten. Hängelampen kamen in schwingende Bewegung; auch am Zimmerboden des ersten Stockwerkes war die Bewegung deutlich vernehmbar« (Ober- lehrer Franz Kriso). In dem Fragebogen, welcher die in Lobmingbei St. Stephan ob Leoben gemachten Wahrnehmungen enthält, werden zunächst vom 21. Februar drei Erschütterungen angeführt, die daselbst um 18h21m, 18h23m und 18h 43m Bahnzeit allgemein wahr- genommen wurden. Die Erscheinung wurde wie ein von unten kommender Schlag, dem unmittelbar ein starkes Zittern folgte, empfunden. Die Dauer der Erschütterung betrug bei dem ersten Beben 10s, beim zweiten 4S und beim dritten 2S. Bei dem dritten Beben war der Stoss sehr schwach. Die Richtung der Bewegung blieb unermittelt. Hängelampen, Pendeluhren zeigten keinerlei Störung. Den Schall, welcher laut und momentan beim Beginn der ersten und zweiten Erschütterung ver- nommen wurde und einem in den Bergen abgefeuerten Schuss ähnlich war, glaubte der Berichterstatter und die meisten Einwohner von N gehört zu haben. Der ersten Detonation folgte dann während der zitternden Bewegung ein ganz dumpfes Brummen, welches zugleich mit dem Zittern endete. Ferner berichtet der Beobachter noch, dass eine Person in St. Stephan am selben Tage (21. Februar) um 22h eine eben so starke Er- schütterung verspürt habe, wie die erste Erschütterung und dass zwei Mädchen, das eine im Viehstalle, das andere im Bette, am 22. um 5h ein leises Beben (Dröhnen) wahrgenommen hätten (Schulleiter Ignaz Fischer). In dem mittelst Fragebogen erstatteten Berichte aus St. Michael wird angegeben, dass das Beben daselbst um ßh 20"' Abends (corr. Z.) allgemein verspürt wurde. Der Bericht- erstatter hat es im Schulhause, am Schreibtische sitzend, als ziemlich starkes Vibriren (gleichartiges Zittern) in der Richtung NE — SVV und in der Dauer von 2* verspürt. Die Schulkinder R.Hoei'nes Obersteirische Beben 1899. 661 des tiefer gelegenen Dorfes berichteten über zwei Stösse. Zugleich mit der Erschütterung war ein als Rollen bezeichnetes Geräusch hörbar und nach einer Minute folgte ein leises Zittern nach (Oberlehrer Karl Hai ler). Nach dem aus St. Stephan ob Leoben eingelaufenen Fragebogen wurde daselbst das Beben um 6h 20m allgemein wahrgenommen. Berichterstatter hat im Hause, ebenerdig sitzend, zwei Erschütterungen in Zwischenräumen von höchstens 21U verspürt. Die Bewegung wird als ein Schlag von unten, oder als ein starker, langsam verlaufender Stoss bezeichnet, der nach unmittelbarer Empfindung von SW kam. Die Dauer der einzelnen Erschütterung wird mit je 3S angegeben; das Beben war mit einem als Donner bezeichneten Geräusch verbunden, welches dem Stosse voranging und ihm auch nachfolgte (Oberlehrer Hans H aus er). In Folge ausgesendeter Fragekarten liefen negative Mel- dungen ein von Gross- Lobming, Kammern, Niklasdorf, Seiz, Trofaiach und Vorder nberg. 5. Beben am 22. Februar. Lediglich aus Lobming bei St. Stephan liegt die Nachricht vor, dass um 5h eine schwache Erschütterung wahrgenommen wurde. In dem auf die Wahrnehmung der Erschütterungen vom 21. Februar bezüglichen Fragebogen bemerkt der Bericht- erstatter: »Ein vierzehnjähriges Mädchen hat am 22. um 5h im Viehstalle ein leises Beben (Dröhnen) verspürt; — ein zwölf- jähriges Mädchen zur selben Zeit, noch im Bette, das gleiche« (Schulleiter Ignaz Fischer), 6. Beben am 2. März. Über diese Erschütterung, welche annähernd um 21h 10"' stattfand, liegen lediglich aus zwei Orten, Don nersb ach au und Oeblarn positive Berichte vor, was deshalb hervor- gehoben werden muss, weil die Erschütterung in Oeblarn ziemliche Intensität erreichte, Wanduhren zum Stehen, Bilder zum Herabfallen und Holzstösse zum Umfallen brachte, so dass ihr füglich der Intensitätsgrad V der Forel'schen Scala zuerkannt werden darf. 662 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Nach dem mittelst Fragebogen erstatteten Berichte aus Oeblarn wurde das Beben daselbst und in der Umgebung, in einem Wächterhause, in drei Stallungen und neun Wohn- häusern um 9h 10"1 Abends wahrgenommen. Die Zeit konnte jedoch nur annähernd bestimmt werden, da der Bericht- erstatter selbst keine Wahrnehmung gemacht hat, die bezüg- lichen Angaben jedoch durch Umfrage von durchaus glaub- würdigen Personen erhielt, welche die Zeit nur nach einem damals verkehrenden Zuge anzugeben im Stande waren. Berichterstatter hat die Zeit dann nach der Wahrnehmung im Wächterhause und nach Rücksprache mit dem Stationschef hinsichtlich der Ankunftszeit des Zuges bestimmt. Das Beben wurde von allen Bewohnern der oben bezeichneten Gebäude wahrgenommen. Im Wächterhause wurden mit Bestimmtheit zwei Erschütterungen verspürt mit einem Intervall von lm. Die erste Erschütterung dauerte 2S, die zweite, etwas heftigere, 4 — 5S. In sieben Fällen blieben die Wanduhren stehen. Alle diese Uhren hingen an der Südwand. Eine Taschenuhr mit Kette hing ebenfalls an einer Südwand an einem Bleche und man hörte deutlich das Anschlagen der Kette an die Blechtafel. Das Beben war mit Geräusch verbunden, welches als Rollen bezeichnet und mit einem schwachen Donner verglichen wird. Das Geräusch folgte der Erschütterung und dauerte 27 s — ein Beobachter will schon vor dem ersten Stosse ein schwaches Rollen verspürt haben. In einem Bauernhause (880 m Seehöhe) auf dem Sonnberge sind zwei Bilder von der Wand gefallen. Schaden wurde keiner verursacht. In den drei Stallungen, in denen die Wahrnehmungen gemacht wurden, wurden die Rinder und Pferde sehr unruhig und sprangen auf, die Schweine fingen an zu grunzen (Oberlehrer Ferdinand Tremel). In der mittelst Fragebogen erstatteten Meldung aus Don- nersbach au wird angegeben, dass das Beben daselbst nur von dem Berichterstatter um 9h 40™ Abends in dem im dritten Stockwerke gelegenen Wohnzimmer als ein schwaches, lang- sames, von S nach N gerichtetes Schaukeln in der Dauer von 2" wahrgenommen wurde (Oberlehrer Josef Langeder). Nach folgenden 12 Orten wurden Fragekarten versendet, jedoch insgesammt negativ beantwortet: Bretstein bei Ober- R. Hoernes, Obersteirische Beben 1S99. 663 zeiring, Donnersbachwald, Gröbming, Gross-Sölk, Haus, Irdning, Krakaudorf bei Murau, Oberwölz, St. Nikolai im Bezirke Gröb- ming, St. Peter am Kammersberg, Schladming und Seewegthal bei Haus. 7. Beben vom 11. März. Über dieses Beben ist nur eine vereinzelte, mittelst Frage- bogen erstattete Meldung aus St. Nikolai im Bezirke Gröbming eingelangt, nach welcher von zwei Jägern im Freien ungefähr um 8''30m eine wellenförmige Bewegung in südwestlicher Rich- tung verspürt wurde, welche mit einem donnerähnlichen Rollen verbunden war, das ganz langsam verlief (Supplent G. Schally). 8. Beben vom 14. März. Herr Oberlehrer Victor Jabornik meldet am 4. April aus Kallwang mittelst der Antwortkarte, welche sich auf das Beben vom 1. April bezieht, auch eine Erschütterung vom 14. März mit folgenden Worten: »Um 8h30ni Vormittags Erdbeben wie ein rollender Wagen. Dauer 5 — 6S. Richtung von NE nach SW«. 9. Beben am 31. März. Von Steinhaus am Semmering liegt die mittelst Frage- bogen erstattete Meldung vor, dass daselbst um 23h17m eine leichte Erschütterung wahrgenommen wurde. Möglicher- weise ist auf dieselbe seismische Erscheinung eine ziemlich unbestimmte Nachricht aus Seiz zurückzuführen, nach welcher daselbst um 23h45m Erdstösse wahrgenommen wurden, wahr- scheinlicher ist es aber, dass beide Erschütterungen von- einander unabhängig waren und die aus Seiz gemeldete als Vorbeben der stärkeren Erschütterung vom Morgen des 1. April zu betrachten ist. In Steinhaus wurde die Erschütterung um 23h17m corr. Zeit im Parterre des Stationsgebäudes vom diensthabenden Wächter in sitzender Stellung beim Lesen verspürt, und zwar als eine continuirliche, 2S andauernde, leichte, wellenförmige Bewegung in der Richtung E — W, mit welcher kein Geräusch verbunden war. Im Orte selbst wurde die Erschütterung nicht verspürt (Stationschef Josef Wa 1 1 n e r). 66-1 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Alis Seiz theilt Herr Oberlehrer Eduard Maierl in seinem Berichte über das Beben vom 1. April mit: »Eine Person behauptete sogar, auch um 3/i\'^h Nachts Erdstösse wahr- genommen zu haben.« Da die betreffende Karte vom 1. April datirt ist, kann diese Angabe sich wohl nur auf die Nacht vom 31. März zum 1. April beziehen. 10. Beben vom 1. April. Vergl. Abschnitt I und Karte I. 11. Beben vom 3. April. Der hochwürdige Herr P. Willibald Wolf stein er, Prior der Abtei U. L. F. zu Sekkau fügt seinem negativen Bericht zum Beben vom 1. April folgende Bemerkung bei: »Dagegen kam eine Meldung über eine Erderschütterung in der Nacht vom 2. auf den 3. April, Nachts lh. Dieselbe wurde aber nicht berücksichtigt, weil sie zu wenig verlässlich war und weil der Berichterstatter, der zu gleicher Zeit wach war, nichts ver- spürte«. 21. Beben vom 7. April. Vergl. Abschnitt II und Karte II. 13. Beben vom 8. April. In den ersten Morgenstunden des 8. April fanden noch einige Nachbeben zu der im Abschnitte II erörterten Haupt- erschütterung vom 7. April statt. Zunächst wurde ein Beben um Y2lh von Klein -Lob ming gemeldet, dann Erschütterungen aus Kammern um 3h45m, aus Donawitz »ungefähr ^/o^1« und aus Graz »etwas vor 4h«. Die letzteren drei Wahrnehmungen dürften sich wohl auf ein und dasselbe Nachbeben beziehen, das eine ganz ähnliche Verbreitung gehabt haben dürfte, wie die stärkere Erschütterung vom 7. April. Nach dem aus Klein-Lobming eingelaufenen, mittelst Fragebogen erstatteten Berichte wurde daselbst beiläufig um '/.J1' Nachts von mehreren Personen, die aus dem Schlafe geweckt wurden, eine 3S lange Erschütterung verspürt. Die R. Hoernes, Obersteirische lieben 1899. 665 Bewegung wird als ein Zittern, wie wenn Jemand über den Fussboden ginge, und als ein Schaukeln des Bodens bezeichnet. Die Frage: »Von welcher Seite schien der Stoss zu kommen?« wird mit den Worten beantwortet: »Von E oder FNE, darauf deuten zwei nach dieser Richtung umgekippte Brunnenständer, verschobene Bilder etc.« Erwähnt werden noch Klirren der Fensterscheiben, Schütteln des Glaskastens. Die Bevölkerung blieb ruhig, die Thiere aber waren sehr unruhig (Schulleiter Franz Ilsinger). Im Nachhang zu dem das Beben vom 7. April betreffenden Bericht aus Donawitz wird bemerkt, dass daselbst thatsäch- lich am 8., ungefähr 7->4h Morgens, ein Erdstoss erfolgte, den der Berichterstatter selbst nicht wahrnahm und daher in seinem ersten Berichte übergangen hatte (Director Peter Lorber). In seiner Meldung über die Erschütterung vom 7. April bemerkt der Berichterstatter aus Kammern Folgendes über eine wahrscheinlich zur selben Zeit wie in Donawitz einge- tretene Erschütterung: »Herr J. Putsch ka wurde um 3h45"1aus dem Schlafe gerüttelt. Das Pendel der Wanduhr wurde an den Uhrkasten geworfen, die Uhr blieb um genannte Zeit stehen« (Oberlehrer Fritz Feuch tinger). In einem Brief aus Graz wird mitgetheilt, dass ein Beben in der Nacht vom 7. zum 8., etwas vor 4h, im II. Stockwerke wahrgenommen wurde. Gläser und Uhr blieben zwar ruhig, doch das Bett schwankte durch einige Secunden der Länge nach. Richtung S — N (Kindergarten-Inhaberin Eleonore Kopp er). 14. Beben in der Nacht vom 21. zum 22. April. Lediglich aus Weissenbach bei Liezen ist über dieses Beben eine ziemlich unbestimmt lautende Nachricht eingelaufen — unbestimmt insofern, als eine genaue Zeitangabe unterblieb, während der Bericht es kaum zweifelhaft erscheinen lässt, dass es in der genannten Nacht in der That eine, wenn auch bloss locale, nicht unbedeutende Erschütterung stattgefunden hatte; er lautet: »Meine Tochter Ida, welche nicht in dem Gemache schläft, wie ich und meine Frau, erzählte mir heute (22. April) Früh, dass sie in der verflossenen Nacht ein heftiges Erdbeben verspürt habe. Sie sass auf und dann folgte ein zweites Beben, 666 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. begleitet von einem Rollen. Es war beide Male so stark, dass es das Bett rüttelte. Wie viel Uhr es gewesen ist, konnte meine Tochter nicht sagen, da sie gerade diesmal die Taschenuhr nicht beim Bette hatte. Das Rollen war so, als sei Jemand beim Hause vorübergefahren« (Schulleiter Carl Reiterer). Aus Irdningund Rottenmann liefen negative Meldungen ein, nach Döllach und Liezen gesandte Fragekarten blieben unbeantwortet. 15. Beben vom 23. April. Aus Graz liegt ein Bericht vor, nach welchem im Hai ler- schlössel auf dem Ruckerlberg in den ersten Morgenstunden des 23. April wiederholte Detonationen wahrgenommen wurden. Er lautet: »Sonntag den 23. April, Morgens ]/2lh, vernahm ich ein gegen 1/4'" andauerndes ununterbrochenes Getöse, ohne aber eine Bewegung zu verspüren. In der Zeit bis gegen V2-'1 wiederholte sich das Getöse, schwoll aber an und nahm wieder ab, mehrmals abwechselnd. Leider zählte ich nicht, wie oft die Schallerscheinung wiederkehrte. Bei jedesmaligem Auftreten fing ein junger Hund heftig und jämmerlich zu heulen an, sonst hätte ich das Ganze für Sinnestäuschung gehalten. Dieselbe Erscheinung war wahrzunehmen, als vor Wochen des Abends das Erdbeben in Obersteier berichtet wurde. Damals fiel ein .Stück vom Mauerverputz in den Garten hinab« (Lehrer Josef Münster). Am selbenTage, jedoch um 21 h30ni, wurde in Frauenburg im Bezirke Judenburg, Obersteiermark, eine Erschütterung ver- spürt, über welche ein mittelst Fragebogen erstatteter Bericht vorliegt. Nach demselben wurde das Beben um 9h30m Nachts (nach einer verlässlichen Uhr, welche stets mit der Eisenbahn- zeit verglichen wird) im I. Stockwerke des Pfarrhofes von dem sitzenden und mit Lesen beschäftigten Berichterstatter wahr- genommen (die Bezeichnung »erster. Stock« gilt nur hinsicht- lich der Hofseite, gegen den Frauenburger Graben entspricht die Höhe einem zweiten oder dritten Stockwerke). Es wurde eine einzige Erschütterung beobachtet, die nach unmittelbarer Empfindung von unten kam, circa 13— 14s dauerte und als Schlag oder Stoss von unten bezeichnet wird, »zuerst und am R. Ho er n es, Obersteirische Beben 1899. 667 Ende ruhiger, aber in der Mitte sehr heftig«, mit einer Er- schütterung des ganzen Hauses und vorzüglich mit Klirren der Fenster. Das begleitende Geräusch, welches der Erschütterung voranging und nachfolgte, wird dem Donner verglichen, es dauerte etwa 1/im und in der Mitte dieser Dauer erfolgte die Erschütterung (Pfarrer Franz Jöbstl). Der Übersender des Berichtes bemerkt hiezu, dass das von dem Herrn Pfarrer auf der Frauenburg wahrgenommene Beben weder in Frauendorf, noch in Unzmarkt oder Scheiben verspürt wurde (Oberlehrer Adolf Saupper). 16. Beben vom 29. April. Siehe Abschnitt III und Karte III. 17. Beben vom 30. April. Wie schon im dritten Abschnitt theilweise hervorgehoben. wurde nach der Haupterschütterung vom 29. April noch am selben Tage, dann aber auch am 30. April eine ganze Reihe von Nachbeben wahrgenommen. Was insbesonders die am 30. April verspürten Erschütterungen anbelangt, so wurde zu- nächst um 45m nach Mitternacht in der Umgebung von Juden- burg eine Erschütterung wahrgenommen, über welche der Bericht des Herrn Bürgerschullehrers Johann Unter weger im Abschnitt III nachgesehen werden mag. Ausser der in diesem Berichte gemachten Angabe ist dem Referenten über eine zu dieser Stunde gemachten Erdbebenwahrnehmung keine Nach- richt zugekommen. Hingegen liegen zahlreiche Nachrichten vor, welche sich auf eine kurz vor oder nach 2h Morgens wahrgenommene Er- schütterung beziehen. Wenn auch die meisten Berichte 2h, ein- zelne 2h2m, 2h5ra, 2h15m als Stosszeit angeben, dürfte die in dem Berichte der Herren Prof. H. Hoefer und Adjunct Dr. K. A. Redlich angegebene: lh56m als thatsäch lieber Zeit- punkt der Erschütterung betrachtet werden dürfen; da die Angabe »2h Morgens« meist nur eine approximative ist. Im Ganzen liegen Nachrichten über dieses ziemlich starke Nach- beben aus folgenden 10 Orten vor: Kammern, Klein- Feistritz in der Gemeinde Reissstrasse, Kraubath, Leoben, Lobming bei St. Stephan ob Leoben, St. Michael ob Leoben, St. Peter-Freien- Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 45 668 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. stein, .St. Stephan ob Leoben. Scharsdorf in der Gemeinde Gai, Übelbach. Nach dem Bericht aus St. Stephan ist diesen 10 Orten wohl auch Kaisersberg anzuschliessen, da in dem dortigen Graphitbergbau von den Nachtarbeitern Erschütterungen zwi- schen lh und 4h Morgens wahrgenommen wurden. Nachfolgend seien die Daten über die an den einzelnen Orten gemachten Wahrnehmungen zusammengestellt: Kammern. »Heute den 30. April, 2h2m Nachts, wurde hier neuerdings ein Erdbebenstoss beobachtet, der von ziemlicher Heftigkeit und kurzer Dauer war. Die Richtung wird mit N — S angegeben. Der Stoss war so heftig, dass die Fensterscheiben, wie beim gestrigen, klirrten« (Oberlehrer Fritz Feuchtinger). Kl ein- Feistritz in der Gemeinde Reissstrasse. Nach dem im Abschnitt III einzusehenden Berichte wurde die Erschütte- rung hier um lh58m wahrgenommen. Kraubath. »2h Morgens« (siehe Abschnitt III). Leoben. Wie aus dem im III. Abschnitte mitgetheilten Berichte der Herren Prof. Hans Hoefer und Adjunct Dr. Karl A. Redlich ersichtlich, wurde in Leoben am 30. April, lh56ra5s bis lh56m15s M. E. Z. von einzelnen Personen ein ganz leises Schwingen, 3 — 4 mal, wahrgenommen. Nach einem weiteren, mittelst Fragebogen erstatteten Be- richt wurden in Leoben (Stadt) um 2h5m Bahnzeit in Gebäuden sowohl zu ebener Erde, wie in Stockwerken von ziemlich vielen Personen einige Erschütterungen in der ungefähren Dauer von 3S wahrgenommen. Unterirdisches Rollen und Klirren vieler Fenster war hörbar. Ungefähr eine halbe Stunde nachher wurde ein Stoss verspürt (Lehrer Franz Lieb). Lobming bei St. Stephan ob Leoben. Nach dem mittelst Fragebogen erstatteten Bericht wurden in Lobming am 30. April zwei Erschütterungen verspürt, und zwar die erste um 2h, die zweite um 17h37m30s. Die Zeitangabe der ersten Erschütterung ist nur annähernd genau, die Zeit der zweiten Erschütterung ist corrigirt. Das erste Beben wurde von dem Berichterstatter im I. Stockwerk im Bette, das zweite im Erdgeschosse stehend wahrgenommen, und zwar das erste als ein Zittern, das schwach begann, rasch zunahm, um dann wieder allmälig zu ver- schwinden und 2Vo's dauerte; bei dem zweiten Beben wurden R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 669 zwei rasch nacheinanderfolgende Stösse mit darauffolgendem Zittern in der Gesammtdauer von 2a verspürt. Bei dem zweiten Beben kam die Erschütterung nach dem unmittelbaren Empfinden des Berichterstatters aus E. Eine Uhr, deren Pendel von NE nach SW schwingt, kam aus dem Gange, ein Leiterwagen, auf abschüssigem Terrain stehend, kam ins Rollen (Lehrer Ignaz Fischer). St. Michael ob Leoben. Der Berichterstatter hat, im Bette liegend, um 2h corr. Zeit eine Erschütterung wahrgenommen, wie in dem auf das Beben vom 29. April bezüglichen Frage- bogen angeführt wird (Oberlehrer K. H aller). St. Peter-Freienstein. Der Meldung über Wahrnehmung des Bebens vom 29. April wird die Bemerkung hinzugefügt: »Sonntag 30. April, 2h Morgens, war abermals ein Erdbeben« (F. Krempl). St. Stephan ob Leoben. Hier wurden am 30. April vier Erderschütterungen verspürt, und zwar um lh55"', gegen 3\ 17h43m und 22h 17m. Der Berichterstatter schreibt über dieselben erstlich in einem Briefe vom 30.: »Heute Nachts (30. April) war um lh55m eine ziemlich heftige Erschütterung, so dass ich aus dem Schlafe geweckt wurde. Diese Erschütterung wurde von einem donnerartigen Getöse begleitet und die Fenster klirrten. Mehrere Personen, so mein College, vernahmen gegen 3h Mor- gens noch eine leichte Erschütterung. Die Nachtarbeiter im Graphitbaue zu Kaisersberg geben an, dass in der Zeit von l'1 bis 4h Morgens vier Erschütterungen von verschiedener Stärke erfolgten, so dass das Gebälke krachte. Eine genaue Zeit ver- mögen sie aber nicht zu bestimmen«. Eben derselbe Bericht- erstatter meldet ferner mittelst Correspondenzkarte vom 1. Mai, »dass gestern (30. April) noch zwei Erderschütterungen ver- spürt wurden, und zwar die erste Erschütterung um 5h43m Nachmittags, Richtung SW— NE, Dauer 2S, wellenförmig, mit Donner verbunden. Fenster und Geschirr klirrten; die zweite Erschütterung um 10h17m Abends, sehr leicht« (Oberlehrer Hans Haus er).1 1 Ebenderselbe Berichterstatter meldet in einer Karte vom 6. Mai, dass in St. Stephan nach den Erschütterungen vom 30. April keine weiteren beob- achtet wurden. 45* 670 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Scharsdorf in der Gemeinde Gai. Nach der mittelst Frage- bogen erstatteten, auf das Beben vom 29. April bezüglichen Meldung wurde hier auch am 30. April um 2h Morgens eine Erschütterung wahrgenommen (Schulleiter Josef Moser). Übelbach. Bei Gelegenheit der Meldung über die Wahr- nehmung des Bebens vom 29. April wird noch bemerkt, dass auch am 30. April »etwas vor 2h Früh« eine Erschütterung wahrgenommen wurde, welche von einem unterirdischen Rollen begleitet war (Pesendorfer). Aus diesen Berichten geht hervor, dass die Erschütterung einige Minuten vor 2h, für welche wohl die in Leoben wahr- genommene Stosszeit: lh56m die genaueste Zeitangabe bietet, ziemliche Verbreitung hatte; die weiteren, am 30. April wahr- genommenen Nachbeben blieben wohl auf die nähere Um- gebung des für das Beben vom 29. April angenommenen Herdes (St. Stephan ob Leoben, Kaisersberg) beschränkt. Für eines dieser Beben, jenes um 17h45ni, liegt noch eine genaue Zeit- bestimmung vor, welche der meteorologischen Beobachtungs- station in Leoben zu danken ist. Dieselbe meldete an die Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus: »Am 30. April um 5h45m Nachmittags wurde hier ein Erdstoss ver- spürt« (A. Klingatsch). 18. Beben vom 2. Mai. In der Umgebung von Judenburg wurde ungefähr um 2h30m ein Beben verspürt, welches in einem mittelst Frage- bogen erstatteten, auf das Beben vom 29. April bezüglichen Berichte erwähnt wird (Bürgerschullehrer Joh. Unterweger), 19. Beben vom 5. Mai. Die Morgenausgabe des »Grazer Tagblattes« vom 7. Mai enthält folgende Notiz: »Leoben, 6. Mai (Erdbeben). Gestern Nachmittags wurde hier gegen 3V4h abermals ein schwaches Lidbeben verspürt«. Aus St. Peter Freien stein kam folgende Meldung: Leoben, 7. Mai. Freitag, 3h 3m Nachmittags wurde hier aber- mals ein Erdbeben verspürt« (T. Krempl). R. Hoc mos, Obersteirische Beben 1899 671 20. Beben vom 6. Mai. Der Berichterstatter meldet mittelst Fragebogens, dass er in Lobming bei St. Stephan, im Freien sitzend, um 6h 57'" (uncorrigirte Zeit) eine als gleichmässiges Zittern von 2S Dauer fühlbare Erschütterung wahrnahm; während derselben war ein fernem Donner oder Wagenrollen ähnliches Geräusch hörbar Das Beben dürfte nach Meinung des Berichterstatters nur von sehr wenigen Personen verspürt worden sein (Lehrer Ignaz Fischer). 21. Beben vom 7. Mai. In dem auf das Beben vom 6. Mai bezüglichen Frage- bogen wird ferner berichtet, dass in Lobming bei St. Stephan ob Leoben am 7. Mai um 16h6m, 16" 13m 30s und 20h 30m schwache Erschütterungen wahrgenommen wurden. Die beiden Erschütterungen um 4h 6m und 4h 13m 30s Abends (uncorrigirte Zeit) hat der Berichterstatter selbst, im Erdgeschosse sitzend, jedesmal als einen Schlag von unten und darauffolgendes Zittern von je 1 s Dauer verspürt. Die Schallerscheinung bestand in einem dumpfen Ton (der einem Schuss verglichen wird) im Momente des Stosses und einem darauffolgenden Brausen während des Zitterns. Um etwa 872h Abends hörte eine andere Person in demselben Hause das schwache Rollen eines Erd- bebens (Lehrer Ignaz Fischer). 22. Beben vom 30. Mai. Es liegt lediglich eine vereinzelte Meldung vor, nach welcher in Falken stein in der Gemeinde Fischbach, am süd- östlichen Abhänge des Teufelsteines um 23h 30m (uncorrigirte Zeit) von zwei Personen ein schwaches Beben verspürt wurde. Der Berichterstatter selbst hat es nicht wahrgenommen. Nach der ihm gemachten Mittheilung soll ein »so g'spassiges« (d. h. eigenthümliches) Rauschen vorangegangen sein und darnach das ganze Gebäude der Erzählerin gezittert haben. Die Be- wegung soll von N nach S gegangen sein (Lehrer N. N.1) 1 Name unleserlich. 672 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. 23. Beben vom 12. Juni. Nach mittelst Fragebogen erstattetem Berichte aus Don- nersbachau weckte um 23h 10m den Berichterstatter eine Erschütterung aus dem Schlafe. Auch sein Nachbar nahm die Erschütterung wahr. Sie wird als Schlag bezeichnet, dem unmittelbar ein klirrendes Geräusch folgte. Die Dauer des Stosses und des Klirrens hat kaum 5S betragen (Oberlehrer Josef Lange der). Eine anderweitige Meldung über dieses Beben ist dem Referenten nicht zugekommen. V. Beziehungen der obersteirischen Beben vom 1., 7. und 29. April zu den orographisehen und tektonischen Ver- hältnissen. Wie aus dem vierten Abschnitte dieser Berichte hervor- geht, waren die genannten drei Haupterschütterungen, über welche die gesammelten Nachrichten in den drei ersten Ab- schnitten zusammengetragen erscheinen, lediglich die inten- sivsten Beben einer längeren Reihe von Erschütterungen, welche wahrscheinlich ihren Erregungsort stets an ein und derselben Stelle hatten. Die Karten I, JI und III, welche die Verbreitung der drei Haupterschütterungen darstellen, zeigen, dass dieselben in ihrer nämlichen Ausdehnung so grosse Übereinstimmung zeigen, dass mit grösster Wahrscheinlichkeit auch eine Über- einstimmung des ursächlichen Vorganges angenommen werden darf. Es war lediglich Ende April, in Folge der grösseren Intensität, welche die Erschütterung in der Nähe des muth- masslichen Herdes erreichte, auch die Verbreitung derselben eine beträchtlichere. Abgesehen von unbedeutenden Abwei- chungen, welche bereits in den betreffenden Abschnitten Er- wähnung fanden und sich höchstwahrscheinlich in der Unvoll- ständigkeit der Wahrnehmungen, nicht aber in der Verschieden- heit des seismischen Vorganges begründen, und, abgesehen von der Zunahme der Intensität und damit auch der Verbreitung, welche bei dem Beben am 29. April zu Tage tritt, stimmt das Gesammtbild der räumlichen Verbreitung der drei stärksten R. Hoernes, Obersteirische Heben 1899 673 Ki schütterungen so sehr überein, dass wohl behauptet werden darf, es sei den an der Erdoberfläche wahrgenommenen seis- mischen Erscheinungen ein in der Wesenheit vollkommen übereinstimmender und nur in der Intensität an der! einzelnen Tagen ein wenig verschiedener Bewegungsvorgang zu Grunde gelegen. Die Berichte lassen keinen Zweifel über die an sich sehr bemerkenswerthe Erscheinung, dass die Intensität der Bewegung und damit auch die Verbreitung Ende April eine Steigerung erfahren hat. Es ist dies gerade bei tektonischen Beben ein ungewöhnliches Verhältniss, da man gewohnt ist, umgekehrt einer stärkeren Erschütterung eine Reihe schwächerer Nachbeben folgen zu sehen. Doch ist seit Langem darauf auf- merksam gemacht worden, dass nicht selten bei Erdbeben- perioden die ersten Erschütterungen keineswegs auch die heftigsten sind. M. Neumayr führt die Beben von Chios 1880, Agram 1880, Belluno 1873, Lissabon 1755 u. s. f. als Beispiele für die Regel an, dass die einem Katastrophenstosse folgenden Nachbeben schwächer sind und bemerkt hiezu (Erdgeschichte [erste Auflage], I, S. 267): »Ausnahmen von der Regel, dass die ersten Stösse die heftigsten sind, sind nicht häufig, doch kommen sie vor; so war bei dem Erdbeben von 1590 in Niederösterreich ein heftiger Stoss am 29. Juni fühlbar, während der stärkste erst im September desselben Jahres folgte«. Auf eine Reihe weiterer Ausnahmen von der Regel habe ich in einem im naturwissenschaftlichen Vereine für Steiermark am 20. April 1895 gehaltenen Vortrage über das Erdbeben von Laibach hingewiesen und als solche das Erd- beben von Klana 1870, von Kephalonia 1867, von Brussa 1855 und das phokische Erdbeben 1870 angeführt. Diesen grösseren Beispielen reihen sich nun auch die relativ schwachen und unbedeutenden Beben an, welche im April 1899 Ober- steiermark erschütterten und bei welchen auch im Verlaufe einer Erdbebenperiode spätere Erschütterungen die früheren an Intensität und Verbreitung übertrafen. Von den genannten, in Obersteiermark im ersten Halb- jahre 1899 wahrgenommenen Erschütterungen, welche im Ab- schnitte IV aufgezählt erscheinen, mögen wohl die meisten von demselben Herde ausgegangen sein, wie die grösseren M 674 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Beben vom 1., 7. und 29. April. Insbesonders kann dies von folgenden Erschütterungen angenommen werden: 1 1. Februar, 4h 36m (Leoben, Kraubath, St. Michael). 21. » 18h 22m (Leoben, Lobtning, Kraubath, St. Michael und St. Stephan ob Leoben). 22. Februar, 5h (Lobming bei St. Stephan ob Leoben). 8. April, 0Ü 30m (Klein-Lobming). 8. » 3h 45m (Donavvitz, Kammern, Graz). 30. » l'1 56m (Kraubath, Leoben. Lobming, St. Michael, St. Peter Freienstein, St. Stephan ob Leoben, Scharsdorf, Übelbach). 30. April, 3h (St. Stephan ob Leoben). 30. » 17h43m(» » » » ). 30. » 22h 17m ( » » » » ). 5. Mai, 15h 3m (St. Peter FYeienstein, Leoben). 6. » 6h 57m (Lobming bei St. Stephan ob Leoben). 7. » 16h 6m ( » » » » » ). 7. » 16h 13"'30s ( » » » » » » ). 7. » 20h 30m ( » » » » » » ). Die Anzahl dieser Erschütterungen würde noch erheblich grösser sein, wenn in die angeführte Reihe auch alle jene Beben aufgenommen worden wären, welche vereinzelt von Punkten gemeldet wurden, die innerhalb des Verbreitungs- gebietes der Erschütterung vom 29. April liegen. Es ist höchst wahrscheinlich, aber doch keineswegs sicher, dass auch folgende Erschütterungen von dem gleichen Herde ausgegangen sind: 18. Jänner, 4h 55m (F"rohnleiten). 14. März, 8h 30,n (Kallwang). 3. April, 1" (Sekkau). 23. April, 0" 30m und lh 30'" (Graz). 2. Mai, 2h 30,n (Judenburg). Sie bleiben zweifelhaft, weil die Orte, von welchen sie vereinzelt gemeldet werden, zwar innerhalb des Schütter- gebietes vom 29. April, aber doch in einiger Entfernung von dem vermuthlichen Erregungsorte gelegen sind. Hingegen sind mit grosser Wahrscheinlichkeit als selbst- ständige, locale Beben aufzufassen die folgenden: R. Ho ein es, Obersteirische Beben 1899. 675 2. März, 21h 10m (Donnersbachau und Oeblarn). 11. März, 8h 30m (St. Nikolai im Bezirk Gröbming). 31. März, 23h 17m (Steinhaus am Semmering). 30. Mai 23h 30m (Falkenstein in der Gemeinde Fischbach). 12. Juni. '23" 10m (Donnersbachau). Von diesen Beben dürften jene vom 2. und 1 1. März, sowie vom 12. Juni mit der Ennslinie, jene vom 31. März und 30. Mai möglicherweise mit dem habituellen Stossgebiete der Semmering-Gegend zusammenhängen. Da keine der hefti- geren Erschütterungen vom 1., 7. und 29. April die Enns- oder Mürz- Linie mit erregte, können kaum nähere Be- ziehungen zwischen dieser Gruppe localer seismischer Er- scheinungen und jenen obersteirischen Beben, welche in der Gegend von St. Stephan ob Leoben ihren Ausgang hatten, vermuthet werden. Höchstens könnte ein Zusammenhang in- soferne angenommen werden, als zuweilen benachbarte, habi- tuelle Schüttergebiete während einer Erdbebenperiode verein- zelte Bewegungen aufweisen, die möglicherweise durch die seismische Unruhe des angrenzenden Gebietes ausgelöst wurden. In unserem Falle sind aber die Beobachtungen viel zu unvoll- ständig, um Veranlassung für die Erörterung der Frage zu geben, ob es sich um einen solchen Zusammenhang handle, um einen Fall, welcher den noch ziemlich problematischen »Relaisbeben« einzureihen wäre. Die drei Haupterschütterungen vom 1., 7. und 29. April hatten, wie schon ein flüchtiger Blick auf das in den drei bezüglichen Karten dargestellte Gebiet ihrer Verbreitung lehrt, eine gleichartige, lediglich durch die jeweilige Intensität ver- schiedene Bewegung zur Ursache. Der Ursprung derselben muss wohl in der nächsten Nähe von Leoben gesucht werden, einem Orte, welcher, wie die Erdbebengeschichte der Steier- mark lehrt, häufig von Erderschütterungen heimgesucht wird, die zuweilen, wie das Beben vom 6. Februar 1794, zerstörend wirken. Ob dieses Beben von 1794 genau dasselbe Centrum der Bewegung hatte wie die April-Beben 1899, muss wohl dahingestellt bleiben, weil die Nachrichten über die Erschütte- rung vom Jahre 1794 lediglich aus Leoben die heftigsten 676 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Wirkungen berichten, nicht aber, ob (wie vermuthet werden könnte) südwestlich von Leoben in der Gegend von St. Michael und St. Stephan ob Leoben die Erschütterung ebenso heftig oder noch intensiver war. Für die Erschütterung vom 29. April 1899 lassen die Berichte, nach welchen die Bewegung in St. Stephan und Kaisersberg die Intensität VI der Forel- Scala erreichte, keinen Zweifel darüber, dass der Herd der Bewegung nicht in Leoben selbst, sondern in der Nähe von St. Stephan zu suchen ist, also an der durch Suess nach- gewiesenen Mur-Linie, welche so häufig durch Beben heim- gesucht wird. Mit Rücksicht auf die Verbreitung und Intensität der Erschütterung in der Richtung gegen St. Lorenzen, Knittelfeld, Gross-Lobming könnte man wohl als Herd der Aprilbeben 1899 die Mur-Linie zwischen Knittelfeld und Leoben bezeichnen, wobei die Stösse in der Gegend von St. Stephan ob Leoben ihre grösste Intensität erreichten, d. h. in jener Gegend, in welcher die ebenfalls als Schütterzone bekannte Palten — Liesing-Linie an die Mur-Linie herantritt, um, nach NE umbiegend, in der Mürz-Linie ihre Fortsetzung zu finden. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen der Palten- Liesing- Linie und der Mürz-Linie zu dem Gebirgsbau der Alpen, beziehungsweise des Parallelismus dieser Linien und der südlichen Begrenzung der Böhmischen Masse darf auf den letzten Bericht über das obersteirische Beben vom 27. November 1898 (Mittheilungen der Erdbeben-Commission, XIII) hin- gewiesen wurden. Obwohl unterdessen bereits durch Herrn Prof. Dr. C. Diener in seiner Abhandlung »Grundlinien der Structur der Ostalpen« (Petermann's Geogr. Mittheilungen, 1899, Heft IX) die Abhängigkeit des Baues jenes Theiles der Ostalpen, welcher der Schauplatz der hier erörterten seismischen Ereignisse war, von dem stauenden Einflüsse der Böhmischen Masse treffend erörtert und auch in der »Übersichtskarte der Leitlinien der Ostalpen«, welche Prof. Diener seiner Abhand- lung beigab, recht gut zur Darstellung gelangte, möchte ich doch noch mit ein paar Worten auf diese Abhängigkeit zurück- kommen und dieselbe auch durch Hinweis auf die unten beigefügte Kartenskizze erläutern. Die Abhängigkeit des Baues des nordöstlichen Theiles der Ostalpen von dem stauenden R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 677 Einflüsse der Böhmischen Masse prägt sich bekanntlich nicht in Jen äusseren Falten des Kettengebirges aus, die Sandstein- zone streicht unbeirrt an dem Südrande der Böhmischen Masse und von dieser durch eine wechselnde Breite jüngerer Gebilde getrennt, vorbei. In der Kalkzone erst sind es die grossen, bis in die untere Trias hinabreichenden Aufbrüche, welche in ihrem Verlauf einen auffallenden Parallelismus mit den Begrenzungslinien der Böhmischen Masse erkennen lassen. Vor Allem gilt dies von jenem grossen, nach Norden offenen Bogen, dessen Endpunkte Gmunden im Westen und Mödling im Osten ganz am Nordrande der Kalkzone liegen, während sein Scheitel bei Windischgarsten und Reifling sich der Grau- wackenzone nähert.1 Die »Grauvvackenzone« selbst — ich gebrauche den Namen zur Bezeichnung paläozoischer Gebilde von zum Theile strittigem Alter — verläuft zunächst im Enns- thale nahezu W — E, biegt dann nach SE, um über die Palten — Liesing- oder Rottenmanner- Furche gegen das Murthal zu ziehen und biegt sodann in der Gegend von Leoben wieder nach NE, um gegen den Semmering zu verlaufen. Das Streichen der angrenzenden Theile der Centralzone entspricht diesem bogenförmigen Verlauf der Grauwackenzone, wie M. Vacek dargelegt hat.2 »Der Einfluss des böhmischen Massivs«, sagt Diener,3 »macht sich in dieser Ablenkung desGebirgsstreichens in gleicher Weise bemerkbar, wie in dem stumpfwinkligen Verlauf der Stauungsbrüche in der nördlichen Kalkzone, nur dass der Scheitel des Winkels in den Centralalpen ein wenig gegen O verschoben erscheint«. Die nachstehende Kartenskizze mag über die eben be- sprochenen Beziehungen orientiren. In der vorstehenden Kartenskizze wurde das Paläozoicum der Grazer Bucht, sowie die aufgelagerte Gosau-Scholle der Kainach besonders hervorgehoben, um den Gegensatz zu 1 Vergl. F. v. Hauer, Geologische Übersichtskarte der österr. Monarchie, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1868, S. 13, und E. Suess, Entstehung der Alpen, S. 21. 2 Vacek, Über den geologischen Bau der Centralalpen zwischen Enns und Mur. Verhandl. der geolog. Reichsanstalt, 1886, S. 73. ■; A. o. c. O. S. 5, d. S. A. 678 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 679 zeigen, welcher in der Schichtfolge, sowie im Baue zwischen dieser Region und dem Gebiete nördlich von der Grauwacken- zone obwaltet. Von den paläozoischen Schichten treten in der Umgebung von Graz nur die älteren, Silur und Devon, in mariner Entwicklung auf, die jüngeren paläozoischen Gebilde, sowie die älteren und mittleren mesozoischen Ablagerungen fehlen gänzlich, und erst die Gosau-Ablagerungen der Kainach lagern in einer grösseren zusammenhängenden Scholle auf den paläozoischen Bildungen, ein Verhältniss, welches überaus scharf contrastirt mit dem Auftreten der Gosauformation in den schmalen, mulden- oder canalförmigen Einschnitten der Trias- und Jurabildungen der nördlichen Kalkzone und an die lückenhafte Schichtreihe und weniger gestörten Lagerungs- verhältnisse gemahnt, die als charakteristische Eigenthümlich- keiten der alten Massen betrachtet zu werden pflegen. Es muss an dieser Stelle selbstverständlich darauf ver- zichtet werden, zu erörtern, wie die tieferen Glieder des Grazer Paläozoicums ziemlich weit im Gebiete der Centralzone verfolgt werden können (Kalk und Schiefer der Grebenze u. s. w.), und wie auch das Auftreten und die Lagerung der productiven Kohlenformation im Bereiche dieser Zone derselben im gewissen Sinne den Charakter einer alten Masse verleiht; hier soll lediglich jener Gegensatz hervorgehoben werden, welcher in stratigraphischer und tektonischer Beziehung zwischen der Region des Grazer Paläozoicums und dem nordöstlichen, an der Widerlage der Böhmischen Masse gestauten Zweige der Ostalpen herrscht. Betrachten wir nunmehr den Verlauf der seismischen Linien jenes Gebietes, dessen Tektonik wir in ihren Grund- zügen erörterten, so fallen uns zunächst eine Anzahl von Erd- bebenlinien auf, welche mit dem Streichen des Kettengebirges übereinstimmen. Hieher gehören zunächst die Stosslinien, welche dem Südrande der Kalkzone oder dem Verlaufe der Grauwackenzone entsprechen. In gewissem Sinne kann auch die Mur-Linie oberhalb Leoben als eine Längslinie bezeichnet werden, obwohl sie in einem Theile ihres Verlaufes das Gebirgs- streichen kreuzt. Wir hätten sonach als longitudinale Stoss- linien die Enns-Linie, die Palten — Liesing-Linie, die 680 Mittheilungen der Erdbeben-Commission. Mürz-Linie und, zumal hinsichtlich der Gesammtrichtung des Kettengebirges, auch die Mur-Linie hervorzuheben. Die oft erschütterte Enns- Linie, welche zumal in der Gegend von Admont häufige und heftige Erschütterungen aufzuweisen hat, war, wie oben erörtert wurde, wahrscheinlich auch in dem in diesem Berichte erörterten Zeiträume activ (vergl. die Nach- richten über das Beben vom 2. März, 211 101"). Das obersteirische Beben vom 27. November 1898 dürfte wahrscheinlich von der Palten — Liesing-Linie ausgegangen sein. Für die durch Suess nachgewiesene Mur- und Mürz-Linie Beispiele anzuführen, ist wohl überflüssig, doch mag an die zerstörenden Beben vom 4. Mai 1201 (Lungau und Obersteiermark, Zerstörung der Schlösser Katsch und Wizenstein) und vom 8. Mai 1267 (Ein- sturz des alten Schlosses Kindberg) erinnert werden. Ob die Beben, welche von Wind ischgarsten schon aus älterer Zeit erwähnt werden (beispielsweise vom 22. und 24. August 1425), auch mit einer longitudinalen Störung, dem grossen Aufbruch in der Kalkzone, zusammenhängen, bedarf wohl noch der Bestätigung, ist aber zum mindesten nicht unwahrscheinlich. Neben diesen longitudinalen Linien sind in dem nordöstlichen Zweige der Ostalpen häufig transversale activ geworden. Eine der wichtigsten, das Streichen des Gebirges verquerenden Erd- bebenlinien hat Suess in seiner Kamp-Linie nachgewiesen, welche den Beben vom 29. Juni und 15. September 1590, sowie jenem vom 3. Jänner 1873 zu Grunde lag. Eine nahezu parallele Linie scheint etwas weiter westlich am 17. Juli 1876 activ geworden zu sein, an welchem Tage Scheibbs in Nieder- österreich von einem heftigen Stosse getroffen wurde, der gegen SSE bis Kindberg, NNW bis Persenbeug am Rande der Böhmischen Masse in einem schmalen Gebiete heftig empfunden wurde.1 Es scheinen aber noch andere, ähnliche, quer zum Streichen des Kettengebirges gerichtete Bebenlinien aufzutreten. Die bisherigen Beobachtungen, sowie die Unter- suchung der älteren seismischen Erscheinungen haben aller- dings noch nicht zu bestimmten Ergebnissen in dieser Richtung geführt; immerhin kann heute schon hervorgehoben werden, 1 E. Suess, Antlitz der Erde, I, S, 108. R. Hoer Obersteirische Beben 1899. 681 dass manche obersteirische Beben, wie z. B. die nicht selten mit ziemlicher Intensität in der Umgebung von Eisenerz ver- spürten, sich auffallend stark nach SE, über die Gneissmassen der Kleinalpe herüber in das Paläozoicum von Graz fortsetzen. Die Tiefenlinie der Mur von Brück nach Graz — eine ver- hältnissmässig spät ausgefurchte Erosionsrinne, welche das grosse Längsthal des alten Tauernflusses seitlich anzapfte - scheint hiebei keine Rolle zu spielen, ebenso wenig als bei dei Verbreitung der obersteirischen Erschütterungen vom 1., 7. und 29. April bis in die Umgebung von Graz, das Murthal von Brück abwärts bis in die Gegend von Erohnleiten in Betracht kam. Es ist eine der auffallendsten Erscheinungen dieser drei Aprilbeben, dass sie insgesammt über den Zug der Kleinalpe herüber in das Gebiet des Grazer Paläozoicums ihre Fort- pflanzung fanden und sich in diesem letzteren Gebiete relativ stark äusserten. In den bis nun bekannten geotektonischen Verhältnissen kann eine Erklärung für dieses auffallende Ver- hältniss nicht gefunden werden. Es mag aber daran erinnert sein, dass bei dem Nachweise der Kamplinie zunächst auch ein Zusammenhang mit Querbrüchen nicht möglich war und erst viel später das thatsächliche Vorhandensein von solchen und kleinen queren Verschiebungen erfolgte.1 Es kann sonach die Möglichkeit, dass auch für die Fortpflanzung obersteirischer Beben aus den nördlichen, in hohem Grade gestörten und gefalteten Zonen nach SE bis in die paläozoische Scholle des Grazer Gebietes seinerzeit das Vorhandensein von Blattbrüchen als Erklärung nachgewiesen werden kann, nicht von vorne- herein in Abrede gestellt werden. Die Blattbeben des nord- östlichen Zweiges der Ostalpen, der Kamplinie und jener Stoss- linie, welche dem Beben von Scheibbs in Niederösterreich vom 17. Juli 1876 zu Grunde liegt, haben sich wiederholt weit nach NNW in die böhmische Masse hinein erstreckt; es scheint nicht unwahrscheinlich, dass die Fortsetzung mancher ober- steirischer Beben nach SE oder SSE ebenfalls Stosslinien zu Grunde liegen, welche mit Blattbrüchen zusammenfallen. i A. Bittner, Die geologischen Verhältnisse von Hernstein, S. H48, 249, 308. — E. Suess, Antlitz der Erde, I, 184. 682 .Mittheilungen der Erdbeben-Commission. „=r g. p Ö> 3 I | Ü r S I 3 o CD £j s § R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. 683 In der vorstehenden Kartenskizze sind einige der wich- tigsten Bebenlinien des nordöstlichen Theiles der Ostalpen verzeichnet. Vollständigkeit konnte schon bei (fem Umstände, als die Untersuchungen über die bisherigen Beben Obersteier- marks noch nicht zum Abschlüsse gebracht sind, nicht an- gestrebt werden; es ist übrigens klar, dass die Feststellung der habituellen Schüttergebiete und die Darlegung der Abhängigkeit der Stosslinien von den tektonischen Verhältnissen haupt- sächlich von der weiteren planmässigen Durchführung der Erdbebenbeobachtung erwartet werden muss. Zumal die Errichtung seismographischer Stationen, welche gestatten würden, durch selbstregistrirende Apparate auch jene schwächeren seismischen Erscheinungen zu beobachten, welche sich der Wahrnehmung ohne geeignete Instrumente entweder ganz entziehen oder nur unter besonders günstigen Umständen zur Beobachtung gelangen, würde die Erreichung dieses Zieles wesentlich fördern. Ein Blick auf die Kartenskizze lehrt wohl, dass das oft erschütterte Leoben, in dessen Nähe so viele seismische Linien zusammentreffen, für die Errichtung einer Erdbebenwarte an erster Stelle in Frage käme. Leoben würde sich hiefür auch aus dem Grunde empfehlen, da daselbst sowohl geeignete Persönlich- keiten, als die Mittel zur genaueren Zeitbestimmung vorhanden wären. Wenn es dem Referenten gelungen ist, soweit es eben bei dem Mangel einer Station mit selbstregistrirenden feineren Apparaten möglich war,1 einevgrössere Zahl von Erdbeben auf- zuzählen, welche in Obersteiermark im ersten Halbjahre 1899 wahrgenommen wurden, und die Verbreitung derselben zu erörtern, so ist dies in erster Linie der eifrigen Theilnahme zahlreicher Beobachter zu danken, welche theils zu den stän- digen Mitgliedern des Beobachtungsnetzes gehören, theils durch die Notizen der Tagesblätter veranlasst wurden, Mittheilungen über ihre Wahrnehmungen zu machen. Der Referent fühlt sich 1 Im physikalischen Institute der Universität Graz war es in letzter Zeit in Folge des in unmittelbarer Nachbarschaft geführten Baues für die medicinische Facultät nicht möglich, empfindliche seismographische Apparate in Thätigkeit zu setzen. Sitzb. d. mathem.-naturw. Gl.; CVIII. Bd., Abth. I. 46 684 R. Hoernes, Obersteirische Beben 1899. den Schriftleitungen der Zeitungen, zumal der »Tagespost« und des »Grazer Tagblattes« zu bestem Danke dafür ver- pflichtet, dass sie anlässlich der Aprilbeben Einsendungen über die Verbreitung der einzelnen Erschütterungen veröffentlichten und zur Mittheilung allfälliger Beobachtungen an den Referenten aufforderten. Besonderer Dank gebührt aber insbesondere der k. k. Direction der Staatsbahnen in Villach und der General- Direction der k. k. a. priv. Südbahn, welche über Ersuchen der Erdbeben-Commission eingehende Erhebungen über die Wahr- nehmung der Aprilbeben an den einzelnen Stationen einleiteten. R Hoernes :Das obersteirische Beben 1899. Beben am i. April 1899 5h20m 1 Orte, an denen das Seotn wahrgenommen wurde ' Orte, aus freidien negative JTachri&ten kamen stab-l:4+5ÜOO KartogrAnst v TltBannwTirth Wien Sitzungsberichte d.kais.Akad. d.Wiss., math -naturw.Classe, Bd CVBLAbtli Ha 18 ' RHoernes:Das obersteirische Beben 1899 Beben am 7. April 1899 22h25m 0 Orte . an denen das Beben wahrgenommen frurde . o Orte, aus weldun negative Jfachrunten kamav. Maßstab-1-44-5,000. Kartogr.Ansl \ Th.Bannwarth,Wien Sitzungsberichte d. kais. Akad. d Wiss, math.-naturw.Classe, Bd CVTHAbtli Da 1S99 R.Hoernes :Das obersteirische Beten 1899 nr Beten am29 April 1899 l2hgm ■ Orte.mil Intensität f7 o Orte, an denen ans Heben wahrgenommen wurde o Orte, aus welchen negativ* JFachruhten kamen Maßstab- 1:445,000 Karto£rAnst .v.Th.Baiiiiwarth.'YVje: Sitzungsberichte d.kais.Akad. d.Wiss., math.-naturw.Classe, Bd.CVm.Abth IIa 18 L SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. IX. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIE, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. 46* 687 XXII. SITZUNG VOM 3. NOVEMBER 1899. Erschienen: Sitzungsberichte, Bd. 108, Abth. II. b., Heft VI— VII (Juni und Juli 1899). Herr B. G. Je.nkins in London übersendet einen Nachtrag zu seiner in der Sitzung vom 6. Juli 1. J. vorgelegten Arbeit: »A Basis for a Reliable System of Weather Fore- casting«. Der Secretär, Herr Hofrath V. v. Lang, legt eine Arbeit von den Herren w. M. Prof. H. Weidel (f) und Dr. J. Pollak vor, mit dem Titel: »Zur Kenntniss der Nitrosoder ivate der Phloroglucinäther«. Das vv. M. Herr Hofrath Prof. 0. Stolz in Innsbruck übersendet eine Abhandlung, betitelt: »Über die absolute Convergenz der uneigentlichen Integrale« (II. Mit- theilung). Das c. M. Herr Prof. Dr. Wilhelm Wirtinger in Innsbruck übersendet eine Abhandlung: »Zur Theorie der auto- morphen Functionen von n Veränderlichen«. Das c. M. Herr Prof. Dr. Hans Mo lisch übersendet eine im pflanzenphysiologischen Institute der k. k. deutschen Uni- versität in Prag von dem Herrn Privatdocenten Dr. A. Nestler ausgeführte Arbeit: »Zur Kenntniss der Wasserausschei- dung an den Blättern von Phaseolus multißorus Willd. und Boehtneria«. Seine Hoch würden, Herr P. Franz Schwab, Director der Stiftssternwarte in Kremsmünster, übersendet einen Bericht über die am Ehlert'schen Seismographen der kais. Akademie der Wissenschaften im September 1899 zu Kremsmünster an- gestellten Beobachtungen. 688 Herr Dr. Erwin Payr in Graz übersendet ein versiegeltes Schreiben zur Wahrung der Priorität mit der Aufschrift: »Vorläufige Mittheilungen über neue Methoden der Technik der Blutgefäss- und Nervennaht und über die sich daraus ergebenden (Konsequenzen etc.«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ludwig Boltzmann legt eine im physikalischen Institute der k. k. Universität in Wien ausgeführte Arbeit vor, betitelt: »Über das Verhalten von Radium und Polonium im magnetischen Felde«, von Dr. Stefan Meyer und Dr. Egon R. v. Seh weidler. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht folgende zwei Abhandlungen aus dem I. chemischen Univer- sitätslaboratorium in Wien: I. »Über die synthetische Darstellung des Iratol und einiger verwandter Phentetrolderivate«, von Emil Kohner. II. »Über die Darstellung des Dimethy 1-1, 2, 3, 5-Phen- tetrol«, von Heinrich Brunnmayr. Herr Präsident E. Suess berichtet über den Inhalt der von dem auswärtigen c. M. Excell. Director A. Karpinsky über- sendeten Druckschrift: »Über die Reste von Edestiden und die neuere Gattung Helicoprion«. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Adamkiewicz, Dr. A.: Zur klinischen Differenzialdiagnose zwischen Carcinomen und Sarkomen. (Sonderabdruck aus dem Centralbl. f. d. med. Wissensch., 1899, Nr. 41.) Haeckel, E.: Kunstformen der Natur. III. Lieferung. Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut, 1899; 4°. Karpinsky, A.: Über die Reste von Edestiden und die neue Gattung Helicoprion. Mit 4 Tafeln und 72 Textfiguren. — Tafeln zu obigem. (Separatabdruck aus den Verbandl. d. kaiserl. russ. Mineralog. Gesellschaft zu St. Petersburg. II. Serie, Bd. XXXVI, Nr. 2.) St. Petersburg, 1899; 8° und 4°. 689 Omori, F., D. Sc: Note on the Preliminary Tremor of Earth- quake Motion. (Reprinted from the Jour. Sei. Coli., Imp. Univ., Tokyo, Vol. XI, PI XIII— XVI.) Tokyo, 1899; 8°. — Horizontal Pendulums for Registering Mechanically Earth- quakes and other Earth-movements. (Reprinted from the Jour. Sei. Coli., Imp. Univ., Tokyo, Vol. XI, PI. II— XII.) Tokyo, 1899; 8°. — und Hirata, K.: Earthquake Measurement at Miyako. (Reprinted from the Jour. Sei. Coli., Imp. Univ., Tokyo Vol. XI, PI. XVII— XXIII.) Tokyo, 1899; 8°. / L 690 Zur Kenntniss der Wasserausseheidung' an den Blättern von Phaseolus multiflorus Willd. und Boehmeria Dr. A. Nestler. Aus dem pflanzenphysiologischen Institute der k. k. deutschen Universität in Prag, Nr. XXV der 2. Folge. (Mit 1 Tafel.) ' I. Die Wasserausscheidung an den Blättern von Phaseolus multiflorus Willd. Während die Ausscheidung tropfbar flüssigen Wassers bei jenen Pflanzen, welche sogenannte Wasserspalten besitzen, bereits seit langer Zeit bekannt ist, und die meist einfachen Verhältnisse des Baues der Ausscheidungsstellen vielfach studirt und beschrieben worden sind, ist man erst seit verhältniss- mässig wenigen Jahren auf solche Pflanzen und Pflanzenorgane aufmerksam geworden, bei welchen die Verhältnisse der hier früher unbekannten Secretion durchaus nicht so einfach liegen, wie bei jenen mit bestimmt lochten und mehr weniger auf- fallend gestalteten Spaltöffnungen versehenen Pflanzen. Ich meine damit die Wasserausscheidung bei einer Anzahl von Blüthenkelchen, ferner bei den Blättern von Phaseolus multiflorus Willd. und sämmtlichen bisher untersuchten Malvaceen. Wie sich almälig unsere Kenntniss hierüber entwickelt hat, geht aus folgenden Daten hervor: Treub 1 hat (1889) bei der 1 Ann. du Jardin bot. de Buitenzorg, III. Bd. Wasserausscheidung an Blättern. 091 Besprechung der wasserausscheidenden Kelche von Spathodea campanulaia zuerst darauf hingewiesen, dass hier möglicher- weise Drüsenschuppen diese Secretion besorgen. Diese Trichome wurden durch Abbildungen näher erläutert. Bald darauf (1891) untersucht Lager heim1 die wasser- secernirenden Kelche von Jochroma macrocalyx und findet auch hier Trichome, welche er in Folge ihrer Ähnlichkeit mit denen von Spathodea als die das Wasser secernirenden Organe anspricht. Drei Jahre später veröffentlichte Haberlandt nach seiner Tropenreise seine Untersuchungen »Über wassersecernirende und absorbirende Organe«,2 in welchen er neben Anderem aus- führlich die Wasserausscheidung bei Phaseollis multiflorus bespricht. Auf Grund seiner Untersuchungen und Experimente kommt er zu der Ansicht, dass auch hier Drüsenhaare die Wasserausscheidung besorgen. Bei den Malvaceen, deren sämmtliche bisher untersuchte Gattungen und Formen die Ausscheidung flüssigen Wassers an den Blättern zeigen3 und eine unverkennbare Ähnlichkeit mit der Secretion bei Phaseohis erkennen lassen, konnte ich bisher nicht mit voller Sicherheit nachweisen, ob hier die Secretion durch Spaltöffnungen, Trichome oder auf andere Weise geschieht. Gleichzeitig hat noch Ko Orders4 eine Anzahl wasserausscheidender Kelche tropischer Pflanzen untersucht und Trichome als die Organe der Wasserausscheidung be- zeichnet. Ohne die Möglichkeit jemals in Frage gestellt zu haben, dass durch Drüsenhaare eine Wasserausscheidung bewirkt werden könne, habe ich doch, was Phaseohis anbelangt, in früheren Arbeiten4 meine Zweifel darüber ausgesprochen, dass 1 Zur Biologie der Jockroma macrocalyx Menth. Berichte der deutschen bot. Ges., 1891. 2 Diese Sitzungsberichte, Bd. CHI, Abth. I, 1894. •"■ Nestler, Die Ausscheidung von Wassertropfen an den Blättern der .Malvaceen und anderer Pflanzen. Diese Sitzungsberichte, Bd. CVI, Abth. I, 1897. 1 Nestler, Untersuchungen über die Ausscheidung von Wassertropfen an den Blättern. Diese Sitzungsberichte, Bd. CV, Abth. I, S. 545 und Bd. CVI, Abth. I, S. 396. 692 A. X estler, hier thatsächlich Trichome jene Secretion ermöglichen, da bisher keine endgiltigen Beweise geliefert worden sind, anderseits durch die Feststellung eigentümlicher, den Wasserspalten ähnlichen Stomata auf der Unterseite der Bohnenblätter eine andere Lösung dieser Frage nicht unwahrscheinlich erscheinen musste. In bestimmter Weise hat sich kürzlich Spanjer1 gegen diese Trichomhydathoden und für die Wasserspalten erklärt, indem er sagt: »Die Keulenhaare scheiden nur in der Jugend Wasser aus, und zwar nur dann, wenn sie verschleimen; sie sind also sicher Schleimdrüsen, und zwar solche, welche activ wirken können«; — »die Wasserausscheidung beim Einstellen der Blätter in Wasser beim Einpressen oder an der lebenden Pflanze tritt nicht hauptsächlich da auf, wo die meisten Keulen- haare sitzen, also nicht an den stärkeren Nerven, sondern auf der Blattspreite über den Nervenenden; ferner sieht man bei mikroskopischer Untersuchung die Wassertropfen stets über Wasserspalten austreten«. Dass hier die Entscheidung durchaus nicht so einfach ist, wie oft angenommen wird, bezeugen die Untersuchungen über andere Fälle von Wasserausscheidung durch Drüsen. Ich habe schon hervorgehoben, dassTreub, der das Verdienst hat, zuerst auf derartige Secretionen hingewiesen zu haben, sich nur reservirt über die Trichomhydathoden von Spathodea äussert. Ferner ist diesbezüglich auf eine Arbeit Goebel's »Über die biologische Bedeutung der Blatthöhlen von Tozzia und Lathraea«2 hinzuweisen; er sagt hier: »Eine directe Festsetzung, dass hier die Wasserabsonderung durch Schilddrüsen erfolgt, ist bei der Kleinheit derselben kaum möglich; was die kleinen Köpfchendrüsen anbelangt, welche neben den Schilddrüsen vorkommen, so ist ihre Function unbekannt, was übrigens auch für die meisten kleinen Drüsen- haare anderer Pflanzen gilt«. Dagegen hat Haberlandt3 zu derselben Zeit nicht die Schilddrüsen, sondern eben diese Köpfchenhaare von Lathraea als Wassersecretionsorgane be- zeichnet. 1 Untersuchungen über die Wasserapparate der Gefässptlanzen. Botan. Zeitung, 1898, S. 60. - Flora, 1897, S. 450. •"' Zur Kenntniss der Hydathoden. Jahrb. für wiss. Bot., Bd. XXX, S. 523. Wasserauöscheidung an Blättern. b9o Durch diese verschiedenen Zweifel veranlasst, ferner aus dem Grunde, weil, wie schon gesagt, die bisher gelieferten Beweise nicht stichhältig sind, habe ich mich bereits früher und neuerdings mit der Frage beschäftigt: »Wird bei Phaseolus die Wasserausscheidung durch Trichome oder auf andere Weise ermöglicht?- Würde hier eine sichere Entscheidung erfolgen, dann könnte man sich auch über andere, bisher zweifelhafte Fälle ein annähernd richtiges Urtheil erlauben; und dass gerade die Phaseolus-Blätter für diese Untersuchungen geeignet sind, wird aus dem Folgenden ersichtlich sein. Ich habe bereits vor drei Jahren1 auf die gewiss auf- fallende Erscheinung hingewiesen, dass ein abgeschnittenes Bohnenblatt, welches von einer im Freien cultivirten, kräftigen Pflanze stammt, eine sehr starke Wasserausscheidung zeigt, wenn dasselbe mit seinem Stiel im Wasser steht und im feuchten Räume unter einer Glasglocke sich befindet; die Secretion zeigt sich vorherrschend auf der Blattunterseite, bedeutend schwächer oder gar nicht auf der Blattoberseite. Ich wies darauf hin, dass hier die tropfbarflüssige Wasserausscheidüng mit vollständiger Ausschaltung des Wurzeldruckes und ohne Anwendung irgend eines künstlichen Druckes vor sich gehe und dass somit hier grosse osmotische Druckkräfte an abgeschnittenen Pflanzen- theilen zum Vorschein kämen. Die Blätter anderer Pflanzen, welche ausgezeichnete, stark differenzirte Epitheme undWasser- spalten über den Gefässbündeln besitzen, zeigten unter den- selben Verhältnissen, wie abgeschnittene Bohnenblätter, in der Regel gar keine Secretion; nur in seltenen Fällen wurden einige winzig kleine Tröpfchen beobachtet. Später2 habe ich die Beobachtung gemacht, dass man die Wasserausscheidung bei den Bohnenblättern auch noch auf andere Weise ermöglichen kann: »Wenn man in eine Schale, deren Boden mit einer massigen Wasserschichte bedeckt ist, ein abgeschnittenes Fiederblatt von Phaseolus mulüflorus so legt, dass die morphologische Oberseite desselben das Wasser berührt, während der kurze, gewöhnlich normal zur Lamina ' L. c. Bd. CV, S. 546. -' L. c. Bd. 106, S. 399. 694 A. Nestler, stehende Blattstiel ausserhalb des Wassers liegt und das Ganze unter eine Glasglocke stellt, welche unten mit Wasser ab- gesperrt ist, so findet die Wasserausscheidung selbst bei con- stanter Temperatur auf der Blattunterseite genau in derselben Zeit und mit derselben Stärke statt wie bei einer intacten Pflanze unter denselben günstigen Bedingungen. Da wegen der vollkommen ruhigen, horizontalen Lage des Fiederblättchens das secernirte Wasser nicht abfliessen kann, so lässt sich auf diese Weise der Beginn und der ganze Verlauf der Secretion in sehr schöner und bequemer WTeise verfolgen Damit glaubte ich ein Mittel gefunden zu haben, um die Ausscheidung direct unter dem Mikroskope beobachten zu können und die Frage zu entscheiden, ob das Wasser bei diesen Blättern durch die Thätigkeit von Drüsenhaaren aus- geschieden wird, oder seinen Weg durch Spaltöffnungen nimmt, oder auf andere Weise nach aussen gelangt. Es können meines Erachtens zur Beantwortung dieser Fragen nur zwei Methoden angewendet werden, welche eine ganz sichere Entscheidung gestatten, vorausgesetzt, dass dieselben durchführbar sind: entweder vollständige Ausschaltung der Function der Trichome oder directe Beobachtung des Austrittes des Wassers. Was die erste Methode anbelangt, so ist bekanntlich der Versuch gemacht worden, die Drüsenhaare dadurch zu ver- nichten, dass die ganze Blattunterseite mit einer Sublimat- lösung bestrichen wurde.1 Dieser Vorgang ist entschieden nicht ein wandsfrei, wie jeder objective Beurtheiler zugeben wird: denn man mag bei dieser Operation der Vergiftung auch noch so vorsichtig vorgehen, so werden dabei doch nicht allein die Trichome, sondern auch die Spaltöffnungen, wie überhaupt die ganze Epidermis des Blattes mehr weniger in Mitleidenschaft gezogen. Würde man jedes Trichom einzeln vergiften, so wäre das Räthsel gelöst. Das ist aber nicht ausführbar. Mittelst einer sehr feinen Nadel könnte man, während das Blatt bei schwacher Vergrösserung unter dem Mikroskope liegt, wohl die Drüsen- haare einzeln vernichten. Das ist aber, wie ich mich über- 1 H a b crla ndt, Das tropische Laubblatt. Diese Sitzungsberichte, Bd. CHI, Abtli. I, S. 513. Wasserausscheidung an Blättern. b9o zeugte, eine sehr mühsame Arbeit, bei der es auch nicht voll- ständig ausgeschlossen wäre, dass auch noch andere Blatt- zellen, ausser denen der Drüsenhaare verletzt würden. Es bleibt also nur die directe Beobachtung der Ausschei- dung übrig. Die bereits früher erwähnte Eigenschaft der Bohnenblätter benützend, welche darin besteht, dass eine ganz dünne Wasser- schichte und ein sehr kleiner, von Wasserdampf erfüllter Raum genügt, um diese Blätter zur Ausscheidung zu veranlassen, verwendete ich ein Kästchen aus sehr dünnem Glase, das bequem auf den Tisch des Mikroskopes unter das Objectiv gestellt werden konnte. Auf den Boden dieses Kästchens kam eine ganz dünne Wasserschichte und auf dieselbe ein Fieder- blättchen von Phascolus so zu liegen, dass die morphologische Oberseite desselben die Wasserschichte berührte; die dem Objective zugekehrte Innenwand dieses Kästchens wurde, um das Anlaufen derselben zu verhindern, mit Glycerin bestrichen, und dann das Kästchen vollständig geschlossen. In diesem kleinen Räume trat die Secretion des Blattes in ganz normaler Weise ein. Es zeigte sich jedoch der Übelstand, dass das mit Rücksicht auf die erforderliche Höhe des Glaskästchens noth- wendige schwache Objectiv eine zu geringe Vergrösserung gestattete, um die einzelnen Elemente auf der ausscheidenden Blattseite genau beobachten zu können. Auch die Anwendung von besonderen Beleuchtungslinsen hatte nicht den gewünschten Erfolg. Ich wendete nun ein anderes Verfahren an, das zwar nicht gestattet, den Moment des Austrittes des W7assers direct zu beobachten, aber die ausgeschiedenen Tropfen, selbst die kleinsten und jede Blattstelle mit vollkommener Deutlichkeit erkennen lässt. Ich bediene mich dazu der bekannten Petri- schalen, welche zur Anlegung von Bakterienculturen dienen. Die Deckel derselben schliessen hinreichend, um die Fieder- blättchen in der früher angegebenen Weise zur Secretion zu veranlassen. Die Beobachtung geschah auf folgende Weise: Nachdem die Wasserausscheidung des Blättchens entweder bereits makroskopisch sichtbar oder aller Erfahrung nach bereits eingetreten sein musste, kam die Petrischale auf den Object- tisch des Mikroskopes; unmittelbar vor der Beobachtung wurde 696 A. Nestler, der Deckel abgehoben. Für die Beobachtung wurde Ocülar III und Objectiv 4 der jetzt gebräuchlichen Reichert'schen Mikroskope mit vollständig ausgezogenem Tubus und eingeschaltetem Abbe verwendet. Der Focalabstand ist dabei noch so gross, dass kein Theil des Blattes bei der Verschiebung der Schale die Frontlinse berührt; anderseits erscheinen diesämmtlichenTheile der betreffenden Blattseite bei durchfallendem Lichte relativ gross und mit jeder wünschenswerthen Deutlichkeit: man sieht jede Zelle der Drüsenhaare (Fig. 1), jede Spaltöffnung nicht allein im Umrisse, sondern auch die Eisodialöffnung, ob geschlossen oder mehr weniger geöffnet, kurz jede Epidermiszelle bietet sich vollkommen klar dar. Auch die ausgeschiedenen Tröpfchen, selbst die kleinsten, sind ganz deutlich zu sehen, und da die Verdunstung, wie ich stets beobachten konnte, verhältniss- mässig langsam vor sich geht, so hat man genügend Zeit zur Betrachtung. Da man nun unter Benützung einer grösseren Anzahl von Schalen, in welche in bestimmten Zeitintervallen Fiederblättchen gelegt wurden, es vollkommen in der Hand hat, jedes Stadium der Secretion zu beobachten, so ist, wie ich glaube, damit ein Mittel geboten, um sich über den Ort der Ausscheidung Aufklärung verschaffen zu können. Auch ist man, wie leicht einzusehen, damit in der günstigen Lage, in kurzer Zeit die ganze Blattfläche zu besichtigen, um bezüglich der Vertheilung der Trichome und der Spaltöffnungen, ins- besondere jener, welche möglicherweise bei der Secretion eine Rolle spielen, ins Klare zu kommen. Ich werde diesbezüglich einige bisher erwähnte Ansichten widerlegen. Zunächst sollen jedoch im Allgemeinen die Beobachtungen hervorgehoben werden, welche über die Ausscheidung ab- geschnittener Fiederblättchen von Phaseohis gemacht worden sind. Nicht allein die jüngeren Blätter, sondern auch die älteren zeigen die Secretion, immer vorausgesetzt, dass dieselben von kräftigen, im Freien eultivirten Pflanzen stammen. Ich habe öfters die grössten Fiederblättchen (bis 1 1/2 dm lang und darüber) von ausgewachsenen blühenden Pflanzen ausgewählt und beobachtet, dass dieselben in entsprechend grossen Glas- dosen ebenfalls die Wasserausscheidung in normaler Weise zeigen. Wasserausscheidung an Blättern. 69* üass auch die morphologische Blattoberseite secernirt, ist längst bekannt und kann ebenfalls leicht beobachtet werden, wenn man ein abgeschnittenes Blättchen mit der morphologi- schen Unterseite auf eine dünne Wasserschichte legt. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass die Secretion der Oberseite sich etwas anders äussert als die der Unterseite. Während hier die Ausscheidung stets in Tropfenform erfolgt, sieht man auf der Oberseite niemals deutliche Tröpfchen; es scheint, dass die ausgetretene Flüssigkeit sich sofort auf der Epidermis aus- breitet, zerfliesst. Unter dem Mikroskope macht sich das auf der Blattoberseite ausgetretene WTasser gar nicht bemerkbar. Um ein Fiederblättchen zur Secretion zu veranlassen, ist es nicht unbedingt nothwendig, dasselbe mit einer Blattseite auf das Wasser zu legen; wenn man ein Blättchen so anbringt, dass dasselbe nur mit der Spitze etwa ein Viertel der ganzen Länge des Blattes ins Wasser taucht, während der übrige Theil vertical über die Wasserfläche emporragt, so scheidet dieser Theil ebenso kräftig aus, wie wenn der Blattstiel im Wasser steht oder die ganze Blattfläche das Wasser berührt. Ich habe auch den Fall untersucht, ob ein abgeschnittenes Fiederblatt auch dann ausscheidet, wenn es sich in einem von Wasserdampf erfüllten Räume befindet, ohne irgendwie direct mit dem Wasser in Verbindung zu stehen. Zu diesem Zwecke wurde das Blättchen unmittelbar nach dem Abschneiden von der intacten Pflanze auf ein in einer Glasschale stehendes Gesteil aus Glasstäben gelegt; der Boden der Schale war so mit Wasser bedeckt, dass die Entfernung des Wasserspiegels vom Blatte noch 4 cm beträgt. Dieser wiederholt vorgenommene Versuch zeigte, dass auch unter solchen Umständen eine Secretion stattfindet; dieselbe äussert sich aber stets nur in sehr feinen, doch deutlich wahrnembaren, zahlreichen Tröpfchen. Die ausgeschiedene Flüssigkeit bläut stets sehr stark das rothe Lackmuspapier, und zwar in jedem Falle, man mag ganze bewurzelte Pflanzen oder abgeschnittene Blätter oder Fieder- blättchen zu dem Versuche verwenden. (Von anderen Reactionen und den in diesem Secretwasser nachweisbaren Substanzen wird später die Rede sein.) Es verdient ferner hervorgehoben zu werden, dass die Ausscheidung an abgeschnittenen Fieder- 698 A. Nestler, blättchen in derselben Zeit und in derselben Stärke wie an intacten Pflanzen sich zeigt, wenn man an Stelle des gewöhn- lichen Leitungswassers destillirtes Wasser, Kupfervitriollösung, Tanninlösung oder sehr verdünnte Kalilauge anwendet. Wahr- scheinlich äussert sich diese Erscheinung auch noch bei sehr vielen anderen Flüssigkeiten. Bei Anwendung einer einprocentigen Kupfervitriollösung zeigte sich die Secretion bereits nach acht Stunden sehr deutlich ; die Grösse der Tropfen nahm von Tag zu Tag zu; niemals war in dem Secret eine Spur von Kupfer nachzuweisen. Sogar eine zweiprocentige Kupfervitriollösung bewirkte die Secretion in ganz normaler Weise. Bei Anwendung von emprocentiger Ferrocyankaiiumlösung konnte niemals eine Ausscheidung beobachtet werden. Die von mir angewandte Methode, die abgeschnittenen Blattfiedern zur Secretion zu veranlassen, gestattet auch auf sehr einfache Weise und in kurzer Zeit ein solches Quantum der ausgeschiedenen Flüssigkeit anzusammeln, dass eine genaue qualitative und quantitative Analyse derselben möglich ist. Wenn man z. B. 100 Fliederblättchen gleichzeitig in Petri- schalen einlegt, so kann man nach 3 — 4 Tagen ein beträcht- liches Quantum der ausgeschiedenen Flüssigkeit gewinnen. Das Sammeln der Tropfen geschieht mittelst eines Capillar- röhrchens, das von Zeit zu Zeit wieder entleert wird. Der bei 100° C. sich ergebende feste Rückstand ist ziemlich bedeutend, er beträgt nahezu 1/2 °/0 der ausgeschiedenen Flüssig- keit. Es ist daher begreiflich, wenn man auf der Unterseite der Blätter oft sehr zahlreiche Krystalle und Aggregate derselben findet. Ich habe derartige Fälle leicht constatiren können, indem ich die Fiederblättchen nach dem Abschneiden von einer im Freien cultivirten Pflanze sofort unter dem Mikroskope be- trachtete: es fanden sich oft sehr zahlreiche Krystalle und drüsenartige Bildungen derselben auf den Blattrippen der Unter- seite, und zwar an solchen Stellen, wo weder ein Drüsenhaar noch eine Spaltöffnung zu sehen war. Bisweilen war die ganze Kante einer hervorragenden Nervenbahn mit derartigen Krystall- bildungen bedeckt. Da die ausgeschiedene Flüssigkeit mehr weniger grosse Epidermispartien bedeckt und bei dem hängenden W.isserausschcidung an Blättern. (>'.)') Blatte sogar abfliesst, so köttnefi die nach dem Verdunsten des Wassers zurückbleibenden festen Bestandtheile sich an jeden beliebigen Theil des Blattes ansetzen; man sieht mitunter Krystalle an den Hakenhaaren, den Drüsenhaaren und an anderen Orten. Aus den Ablagerungsorten dieser Krystalle lässt sich daher gar kein Schluss ziehen, wo die Flüssigkeit ausgetreten sei.1 Bei der Frage nach dem Orte der Wasserausscheidung handelte es sich bisher, wie schon früher gesagt wurde, um die Entscheidung, ob die Secretion durch Trichome oder Spalt- öffnungen erfolgt. Es könnten aber auch die gewöhnlichen Epidermiszellen sein, durch welche die Flüssigkeit austritt. Solche Falle sind bekannt; ich erinnere nur an die Ausscheidung der Schachtelhalme. Was nun die Spaltöffnungen und Trichome der Phaseolus- Blätter anbelangt, so ging man bei der näheren Untersuchung derselben so vor, dass kleine Fragmente der Epidermis bei stärkerer Vergrösserüng betrachtet wurden; die Vertheilung der ausgeschiedenen Tropfen auf der Blattspreite wurde wiederum nur makroskopisch beobachtet. Dadurch haben sich einige Irrthümer eingestellt, welche bei Betrachtung eines ganzen ausscheidenden Fiederblättchens unter dem Mikroskope wider- legt werden können. Auf den Blattnerven der Blattunterseite kommen weit- geöffnete, den sogenannten Wasserspalten sehr ähnliche Spalt- öffnungen vor, welche öfters auf einem kleinen Zellhügel stehen.2 Es lag natürlich die Annahme sehr nahe, dass durch diese Spaltöffnungen das Wasser seinen Austritt nimmt. Durchmustert man jedoch mit dem Mikroskope eine ganze Blattseite, so wird man finden, dass die Zahl dieser Spaltöffnungen viel zu gering ist, um die sehr grosse Menge der ausgeschiedenen Wassertropfen zu erklären. Ausserdem habe ich bei sehr zahl- reichen Untersuchungen niemals einen Secrettropfen über einer derartigen Spaltöffnung gesehen. Es ist daher ausgeschlossen, 1 Vergl. Haberlandt, Zur Kenntniss der Hydathoden. Jahrb. für wiss. Bot., Bd. XXX, Heft 4, S. 525. 2 A. Nestler, Untersuchungen über die Ausscheidung von Wassertropfen an den Blättern. Diese Sitzungsberichte, Bd. CV, Abth. I, S. 546. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 47 700 A. Nestler, dass diese Art der Spaltöffnungen bei der Wasserausscheidung an abgeschnittenen Blättern eine Rolle spielt. Nebenbei bemerkt, kommen derartige auf Zellhügeln stehende Spaltöffnungen auch bei anderen Pflanzen vor, bei denen die Wasserausscheidung an ganz anderen, bestimmt locirten Stellen des Blattes stattfindet; so beobachtete ich dieselben auf den Nervenbahnen der Blattunterseite von Helh- borus niger.1 Was die Vertheilung der Drüsenhaare anbelangt, so sagt Habe rl and t,2 dass ihre Zahl unmittelbar neben den Blatt- nerven besonders gross sei; daher komme die Erscheinung, dass besonders an diesen Orten die Ausscheidung eine grosse sei und vorherrschend vor sich gehe. Demgegenüber behauptet Spanjer,3 dass die Wasserausscheidung nicht an den stärkeren Nervenbahnen, sondern auf der Blattspreite über den Nerven- endigungen durch Spaltöffnungen erfolge. Weder die Ansicht über die Vertheilung der Drüsenhaare, noch die über die Anordnung der ausgeschiedenen Tropfen ist richtig. Man kann mit Leichtigkeit erkennen, dass in der Regel nirgends eine auffallende Anhäufung von Drüsenhaaren stattfindet, weder in den Winkeln und an den Seiten der Blattnerven, noch sonst irgendwo. Die Drüsenhaare sind ziemlich gleichmässig auf den Nervenbahnen und an den Seiten derselben angeordnet, weniger zahlreich auf den Blattfacetten, also auf den Feldern zwischen den Nervenbahnen, aber auch hier wahrscheinlich über schwachen Nervensträngen. Was die Anordnung der ausgeschiedenen Flüssigkeits- tropfen anbelangt, so ist Folgendes auf Grund der directen, an horizontal liegenden Blättern gemachten Beobachtungen anzugeben: Die Tropfen werden in der Regel an jenen Stellen ausgeschieden, wo Nervenbahnen von anderen sich abzweigen oder scheinbar sich kreuzen. Am häufigsten sieht man folgende Bilder: ein Nervenstrang spaltet sich in zwei Zweige; genau über dem Punkte der Abzweigung steht der Tropfen (Fig. 1); 1 A. Nestler, Nova acta der kaiserl. Leop. Car. deutseh. Ak. der Nat., Bd. LXI, Nr. 1, S. 13. - Haberlandt, 1. c. S. 511. :; Spanjer, 1. c. S. 73. Wasserausscheidung an Blättern. 701 oder: vier Gefässbündelstränge gehen scheinbar von einem Punkte aus; der Tropfen steht genau über der Kreuzungsstelle; oder es liegt zwischen je einem Paare von Nervenzweigen ein kleines Verbindungsstück, auf welchem der Secrettropfen liegt. Es macht stets den Eindruck, als ob an den genannten Stellen die Flüssigkeit sich gestaut hätte und schliesslich zum Austritte gelangt sei. Seltener konnte ich den Fall beobachten, dass ein kleinerer oder grösserer Tropfen auf einem scheinbar nerven- freien Felde, also auf einer Facette stand; aber auch hier können möglicherweise sehr zarte Gefässbündelstränge verlaufen, welche bei der Beobachtung des ganzen lebenden Fiederblättchens eben nicht sichtbar sind. Es ist nun die Frage zu beantworten, wo denn eigentlich die Tropfen austreten? Dass es nicht eigenthümlich geformte Spaltöffnungen sein können, habe ich schon hervorgehoben. Die gewöhnlichen Luftspalten sind auch auszuschliessen, denn ihre Eisodialöffnungen erscheinen unter-dem Secrettropfen stets schwarz, was nicht der Fall wäre, wenn das Wasser durch dieselben nach aussen gelangen würde. Es kommen also noch die Drüsen- oder Keulenhaare in Betracht, welche H ab er 1 an dt als »Wasserdrüsen oder Trichomhydathoden« bezeichnet hat. In neuerer Zeit hat Spanjer1 dieselben als Schleimdrüsen bezeichnet, welche »bloss in der Jugend Wasser ausscheiden, und nur dann, wenn sie verschleimen; nach dem Verschleimen sterben sie ab, indem sie sich zugleich dunkel färben und nicht mehr activ wirken können«. Nach meinen directen Beobachtungen der secernirenden Blätter kann es keinem Zweifel unterliegen, dass diese Trichome eine Flüssigkeit secerniren, welche vollständig klar und farblos ist und die Consistenz eines Wassertröpfchens besitzt. Ich habe bisweilen einen (Fig. 2) oder zwei solcher Tröpfchen (Fig. 3) an einem Keulenhaare gesehen, ohne dass die Cuticula des Köpfchens sich abgehoben hatte. Ferner wurde mit seltenen Ausnahmen in jedem Tropfen ein oder mehrere solcher Trichome wahrgenommen. Demgegenüber konnte sehr leicht constatirt werden, dass in allen Fällen, wo zahlreiche kleine Tröpfchen i L. c. S. 60 und 72. 47* 702 A. Nestler, über die ganze Blattfläche vertheilt erschienen, eine grosse Zahl von Keulenhaaren keine Spur einer Ausscheidung zeigten, obwohl sie, nach Farbe, Form und Inhalt zu schliessen, voll- ständig intact waren. Einen solchen Fall, wie man ihn in analoger Art sehr oft beobachten kann, will ich näher beschreiben: Über dem Verzweigungspunkt eines Gefässbündels liegt ein grosser Secrettropfen (analog der Fig. 1); im Rayon des Tropfens, und zwar im Areal a) sieht man ein einziges Drüsenhaar und 9 gewöhnliche Luftspalten; in b) 11 Spaltöffnungen; in c) 12 Spaltöffnungen. Ausserdem werden von demselben Secret- tropfen noch einige auf den Nervenbahnen stehende, hakig gekrümmte, einzellige Haare bedeckt. In der Nähe dieses Tropfens, und zwar auf jeder der drei Nervenbahnen, sind noch viele Drüsenhaare, welche keine Spur einer Secretion zeigen, aber vollständig normal erscheinen und nicht dunkel gefärbt aussehen, wie solche Spanj er beobachtet hat. Es ist gewiss auffallend, dass von dem einzigen Trichome auf der Fläche a) die ganze Flüssigkeitsmenge ausgeschieden worden sei, welche noch die Flächen b) und c) bedeckt. Ebenso bemerkenswerth ist es, dass man bisweilen kleine Tropfen an Stellen findet, wo keine Drüsenhaare sich befinden, sondern entweder Spalt- öffnungen (Luftspalten mit schwarzer Eisodialöffnung) und gewöhnliche Epidermiszellen oder die Letzteren allein, so dass es den Anschein hat, als ob durch diese gleichfalls die Flüssig- keit austreten könne. Dass dies höchstwahrscheinlich nicht der Fall ist, sondern die Tropfenbildung auf diesen Bohnen- blättern, abgesehen von der activen Thätigkeit der Drüsenhaare noch auf ganz andere Weise vor sich gehen kann, darüber geben folgende Versuche sicheren Aufschluss. Wenn man einen auf dem Bohnenblatte im feuchten Räume entstandenen Tropfen mit einem reinen Objectträger auffängt und diesen so in eine feuchte Kammer legt, dass eine direete Berührung des Tropfens mit dem flüssigen Wasser aus- geschlossen ist, so bemerkt man, wie nicht anders zu erwarten, selbst nach Tagen gar keine Veränderung an dem Tropfen; er vergrössert sich nicht. Lässt man einen solchen Tropfen auf dem Objectträger bei gewöhnlicher Zimmertemperatur eintrocknen, so entsteht Wasserausscheidung an Blättern. 703 ein fester Rückstand, welcher, unter dem Mikroskope betrachtet, aus zierlichen, federartigen, meist bogenförmig verlaufenden Bildungen besteht; ausserdem sieht man hie und da undeutlich geformte Krystalle und Gruppen derselben. Wenn man nun diesen Objectträger mit dem festen Rückstände in einen feuchten Kaum bringt, so bildet sich in sehr kurzer Zeit wieder der ursprüngliche Tropfen, indem jene Substanz oder wenigstens ein Theil derselben Wasser aus der von Wasserdampf erfüllten Atmosphäre begierig aufnimmt. Dass diese Wasseraufnahme sehr rasch vor sich geht, kann man erkennen, wenn man einen solchen Rückstand unter dem Mikroskope betrachtet: der beim Ausathmen entstehende Wasserdampf wird sofort von jener Substanz aufgenommen. Man sieht deutlich, wie sich rasch kleine flüssige Stellen bilden, die beständig an Grösse zu- nehmen. Es muss also in dem auf dem Blatte entstan- denen Flüssigkeitstropfen ein Stoff enthalten sein, welcher leicht Wasser aufnimmt. Ich habe schon früher erwähnt, dass die Secrettropfen stark das rothe Lackmuspapier bläuen; auf Nessler's Reagens erfolgt keine Reaction; bei Anwendung von Phenolphthalein- papier tritt entweder gar keine Rothfärbung ein, oder dieselbe zeigt sich erst nach einigen Minuten, in seltenen Fällen tritt die Reaction sofort ein. Die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens des Tropfens gegen Phenolphthalein kann die sein, dass die wirksame Sub- stanz in sehr verschiedenen Mengen in dem Secretwasser ent- halten ist. Es ist aber auch noch eine andere Erklärung möglich. Gibt man den Rückstand nach dem Eintrocknen des Tropfens auf einem Objectträger in den feuchten Raum, so nimmt derselbe, wie schon gesagt, rasch Wasser auf; dieser neue Tropfen reagirt nun stets sofort sehr stark auf Phenolphthalein.1 Genau denselben Vorgang kann man beobachten, wenn man doppeltkohlensaures Kali, das auf Phenolphthalein nicht 1 Es genügt auch, wie vielfache Versuche lehrten, den Secrettropfen etwa J/4 Stunde nach dem Auffangen mit dem Objectträger, also vor seiner Ver- dunstung, mit Phenolphthalein zu prüfen; die Reaction tritt auch dann stets sehr deutlich ein. 704 A. Nestler, reagirt, in destillirtem Wasser auflöst, einen Tropfen dieser Lösung bei gewöhnlicher Zimmertemperatur eintrocknen lässt und zu dem festen Rückstande wieder einen Tropfen destillirten Wassers hinzufügt. Nun zeigt sich sofort eine starke Phenol- phthalei'nreaction: ein Theil der Kohlensäure des doppelt- kohlensauren Kalis wird bei diesem Vorgange rasch an die Luft abgegeben, wodurch einfachkohlensaures Kali entsteht; dieses nun reagirt stark auf Phenolphthalein. Wenn man verdünnte Salzsäure zu dem Rückstande nach dem Eintrocknen des Secrettropfens bei gewöhnlicher Zimmer- temperatur gibt, wodurch ein lebhaftes Aufbrausen bewirkt wird, und dann eine Platinchloridlösung zusetzt, so bilden sich sofort zahlreiche gelbe Octaeder und Combinationen derselben mit dem Würfel und dem Rhombendodekaeder. Diese Krystall- bildungen, ferner die spectroskopische Prüfung des festen Rück- standes lassen es als sicher erscheinen, dass hier vorherrschend eine Kaliumverbindung vorhanden ist.1 Unter Berücksichtigung der oben angegebenen Reactionen ist in dem See rettropfen des Bohnenblattes doppeltkohlensaures Kali ent- halten, welches nach dem Eintrocknen an der Luft rasch zu einfach kohlen sau rem Kali wird. Da diese Substanz, wie bereits gesagt, in einer von Wasserdampf erfüllten Atmosphäre lebhaft Wasser aufnimmt, so können damit manche bisher unklare Erscheinungen bei der Tropfenbildung auf Bohnenblättern eine leichte Erklärung finden. Ich habe schon früher erwähnt, dass man auf der Unter- seite der Blätter bisweilen Krystalle und Aggregate derselben findet, welche offenbar die Rückstände früher vor sich gegan- gener Ausscheidungen sind. Kommt nun ein solches Fieder- blättchen in einen von Wasserdampf erfüllten Raum, so nimmt das in den festen Rückständen enthaltene kohlensaure Kali Wasser aus der Atmosphäre auf, und es zeigen sich Tropfen auf der Blattfläche. Gleichzeitig scheiden die Drüsenhaare neues doppeltkohlensaures Kali aus. Da nun sehr oft die Beobachtung gemacht wurde, dass bei abgeschnittenen Fiederblättchen in der Petrischale die 1 Ausserdem wurde eine kleine Menge von kohlensaurem Kalk nach- gewiesen. Wasserausscheidung an Blättern. 705 Tropfen nicht sofort auf Phenolphtalei'n reagirten, sondern das angewendete Reagenzpapier erst nach einigen Minuten eine rothe Färbung zeigte, so ist daraus der Schluss zu ziehen, dass diese Blätter entweder vordem überhaupt nicht secernirt hatten, oder dass der nach früher erfolgter Secretion gebildete Rückstand durch Regen oder durch künstliches Bespritzen mit Wasser wieder abgeschwemmt worden war. Lässt man jedoch ein Blatt stark secerniren, so dass eine reichliche Tropfenbildung sichtbar ist, diese Secrettropfen dann bei gewöhnlicher Zimmertempe- ratur eintrocknen, und bringt das Blatt dann wiederum in den feuchten Raum, so reagiren die nun sich bildenden Tropfen sofort auf Phenolphthalein. Der Vorgang der Tropfenbildung bei Anwesenheit von kohlensaurem Kali ist natürlich kein physiologischer, sondern ein rein physikalischer. Es ist nun vollständig klar, dass nach dem Orte, wo ein Tropfen auf dem Blatte liegt, durchaus nicht geschlossen werden kann, dass hier etwa die Secretion erfolgte; denn es ist leicht möglich, dass nach einer früher erfolgten Ausschei- dung der feste hygroskopische Rückstand des Tropfens sich an einer ganz anderen Stelle ablagerte als dort, wo er ursprüng- lich entstand. Der Vorgang dieser Tropfenbildung erinnert unwillkürlich an die Nektarien;1 die Pflanze sorgt für die Schaffung einer extracellulären Substanz, welche begierig Wasser aufnimmt. Es ist nun denkbar, dass an beliebiger Stelle des Phaseolus- Blattes das kohlensaure Kali nicht allein aus der umgebenden Luft Wasser aufnimmt, sondern vielleicht auch durch die Cuticula hindurch auf die Zellen plasmolytisch einwirkt und aus denselben Wasser zur Erhaltung des Lösungszustandes heraustreibt. Dass auch die Blätter derMalvaceen, welche sich in der Art der Tropfenbildung an abgeschnittenen Pflanzentheilen nach meinen Untersuchungen ganz gleich verhalten wie Phaseolus, bezüglich der Natur des Secrettropfens dieser Pflanze gleichen, darüber habe ich vor Kurzem das Nähere berichtet.2 i Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 1897, S. 263. 2 A. Nestler. Die Secrettropfen an den Laubblättern von Phaseolus mitlti- flortis Willd. und der Malvaceen. Berichte d. deutsch, bot. Ges. December 1899. 706 A. Nestler, IL Die Wasserausscheidung an den Blättern von Boehmeria- Arten. Die Wasserausscheidung an den Blättern der Gattung Boehmeria hat dem äusseren Aussehen nach eine gewisse Ähn- lichkeit mit der Tropfenbildung an den Blättern von Phaseolus intütiflorus. Auch dort sehen wir eine grosse Anzahl von Tropfen über die Blattfläche vertheilt, aber nicht, wie bei Phaseolus, auf der Unterseite, sondern auf der morphologischen Oberseite des Blattes. Da auch hier zahlreiche Drüsenhaare (= Köpfchenhaare) vorkommen, da ferner über die Ausschei- dung dieser Arten bisher nichts Näheres bekannt ist, so habe ich dieselben diesbezüglich näher untersucht. Die anatomische Untersuchung dieser Blätter ergab das Resultat, dass hier wahrscheinlich die Secretion ausschliesslich durch Wasserspalten über einem Epithemgewebe erfolgt; die Drüsenhaare scheinen mit dieser Tropfenbildung nichts zu thun zu haben und einer anderen, bisher nicht eruirten Function zu dienen. Ich untersuchte die Formen Boehmeria utilis B1. = B. tcua- cissima Gaud., argentea hört, und cylindrica hört. Da die Ver- hältnisse bezüglich der Wasserausscheidung bei den genannten Arten mit wenigen, kleinen Unterschieden dieselben sind, so kann ich mich auf die Besprechung von Boehmeria utilis beschränken. Die jüngeren und jüngsten Blätter einer intacten Pflanze zeigen unter günstigen Bedingungen eine sehr starke Wasser- ausscheidung, und zwar nur auf der morphologischen Oberseite der Blätter; dieselbe macht sich Anfangs in kleinen Tröpfchen bemerkbar, welche allmälig grösser werden, zusammenfliessen und endlich abtropfen. Die ältesten Blätter zeigen entweder nur vereinzelte kleine Tröpfchen am Rande oder gar keine Secretion; bisweilen bemerkt man auch nur einen feuchten Überzug. Die morphologischen Einzelheiten der Blattoberseite sind folgende: Vorherrschend auf den Nervenbahnen, vereinzelt auch auf den Facetten, stehen einzellige conische Trichome, welche eine sehr breite Basis haben und sich rasch gegen die Wasserausscheidung an Blättern. /O/ Spitze zu verjüngen. Ausserdem sieht man vereinzelt auf den Nervenbahnen oder in kleinen Gruppen an den später zu besprechenden Orten der Ausscheidung kleine, bis zu 50 (a lange, mehrzellige Köpfchenhaare (Fig. 4, d); die Zellen des Köpfchens zeigen entweder deutlichen plasmatischen Inhalt und Zellkerne oder eine gelbbraune undeutliche Masse. Luftspalten fehlen der Oberseite vollständig. In vielen papillenartig sich erhebenden Zellen der Epidermis ist ein Cystolith (Fig. 4, c) enthalten, wie er den Urticaceen eigen- tümlich ist. Zerstreut über die Blattfläche bemerkt man in der Flächen- ansicht mehr weniger runde, ungefähr 90 ;j, im Durchmesser fassende Stellen, deren Epidermiszellen im Verhältnisse zu ihrer Umgebung sehr klein sind. Hier liegen die Wasserspalten, 12 — 40 an Zahl. Dieselben sind kreisrund oder oval (Fig. 6), mit den durchschnittlichen Axenverhältnissen von 17 : 15 fx; ihr Porus ist sehr klein. Zwischen denselben sieht man einige der oben erwähnten Drüsenhaare (d). Ein Querschnitt durch das Blatt, und zwar durch eine Secretionsstelle, zeigt folgende Einzelheiten (Fig. 4): Es fällt zunächst auf, dass hier die Wasserspalten auf einem kleinen, ungefähr 30 — 40 \i sich erhebenden Zellhügel liegen; ausserdem bemerkt man auf demselben einige Drüsenhaare. Der ganze Hügel ist ausgefüllt von einem kleinzelligen Epithem, welches sehr scharf gegen das benachbarte Gewebe differenzirt ist (Fig. 4, e). In dieses Epithem senden gewöhnlich mehrere Gefässbündelstränge ihre letzten, trachealen Enden; in der Flächenansicht eines solchen Hügels konnte ich bisweilen bemerken, dass fünf Gefässbündelstränge unter jenem Zellhügel zusammenstiessenundTrache'idenendenin das Epithem sandten. Die Reaction der ausgeschiedenen Flüssigkeit wurde als neutral oder kaum merkbar alkalisch befunden. Abgeschnittene und im Wasser im feuchten Räume stehende Zweige zeigen selbst nach langer Dauer des Versuches keine Spur einer Secretion. Ebenso verhält sich ein abgeschnittenes Blatt in einer Glasdose, deren Boden mit Wasser bedeckt ist: es zeigt keine Secretion. Bei Anwendung künstlichen Druckes seht die Ausscheidung selbst dann in normaler Weise vor sich, 708 A. Nestler, wenn an Stelle des Wassers eine Kupfervitriollösung verwendet wird. Der Vorgang der Wasserausscheidung hei der Gattung Boehmeria ist also eine einfache Druckfiltration. Die Drüsen- haare dagegen dienen einer anderen, bisher nicht näher be- stimmten Function. III. Zusammenfassung. Um die Tropfenbildung an den Blättern von Phaseohis multißorus direct unter dem Mikroskope beobachten zu können, wurde ein sehr einfaches Verfahren angewendet: man legt in kurzen Zeitintervallen abgeschnittene Fiederblättchen in die bekannten Petrischalen, deren Boden mit einer schwachen Wasserschichte bedeckt ist. Da die Tropfenbildung in diesen kleinen geschlossenen Räumen sehr schön vor sich geht, so kann man mit Leichtigkeit jedes Stadium derselben bei An- wendung einer bestimmten Vergrösserung (Reichert'sches Mikro- skop: Oc. III; Obj. 4, Abbe) genau beobachten. Durch diese directe Beobachtung wurde Folgendes fest- gestellt: 1. Die Tropfen treten nicht durch besonders gestaltete Spaltöffnungen, auch nicht durch die gewöhnlichen Spalt- öffnungen aus. 2. Dieselben liegen nicht vorherrschend in den Nerven- winkeln, auch nicht vorherrschend auf den Blattfacetten, sondern auf den Kreuzungspunkten der Nerven, seltener auf den Blatt- facetten. 3. Gewöhnlich sieht man die Secrettropfen über einem oder mehreren Drüsenhaaren liegen., seltener direct an diesen Trichomen hängen, bisweilen an solchen Stellen der Epidermis, wo weder Drüsenhaare noch Spaltöffnungen vorkommen. Anstatt des gewöhnlichen Leitungswassers auf dem Boden der Petrischale kann man destillirtes Wasser, eine Kupfervitriol- lösung (1 — 2 °/0), Tanninlösung oder sehr verdünnte Kalilauge, wahrscheinlich noch andere Flüssigkeiten verwenden. Die Tropfenbildung geht stets normal vor sich. Die Secrettropfen bläuen rothes Lackmuspapier stets sehr stark. Nessler's Reagens hat keinen Erfolg; Phenolphtalei'n- Wasserausscheidung an Blättern. < ( '■ ' papier röthet sich entweder nicht, oder erst nach einigen Minuten, seltener sofort. Lässt man Secretwasser auf einem Objectträger eintrocknen, so zeigt sich ein weisser fester Rückstand; bringt man den- selben nun wieder in einen feuchten Raum, so nimmt er rasch Wasser auf: es bildet sich von neuem der Tropfen. Dieser Tropfen reagirt nun stets -sofort stark auf Phenolphthalein. Die mikrochemische Untersuchung des festen Rückstandes eines eingetrockneten Tropfens, ferner der spectroskopische Befund ergab mit Berücksichtigung anderer Reactionen das Resultat, dass derselbe neben einer geringen Menge von kohlen- saurem Kalk kohlensaures Kali enthält, eine Substanz, welche begierig Wasser aus einer feuchten Atmosphäre aufnimmt. Damit ist die Tropfenbildung auf dem Objectträger mit dem festen Rückstande des Tropfens im feuchten Räume erklärt. Derselbe Vorgang wird wahrscheinlich auf den Blättern selbst sich abspielen, während gleichzeitig die Drüsenhaare thätig sind. Da kohlensaures Kali sofort stark auf Phenolphthalein reagirt, bei dem ausgeschiedenen Tropfen diese Reaction sich aber in der Regel erst dann zeigt, wenn derselbe eintrocknet und der gebildete Rückstand durch Aufnahme von Wasser wieder flüssig geworden ist, so ist anzunehmen, dass doppelt- kohlensaures Kali mit dem Secrettropfen ausgeschieden wurde, welches beim Eintrocknen des Tropfens durch rasche Abgabe eines Theils der Kohlensäure zu einfachkohlensaurem Kali wird. Bei der Ausscheidung der Blätter der Boehmeria -Arten spielen die besonders an den Stellen des Wasseraustrittes vorkommenden Drüsenhaare keine Rolle; das Wasser tritt hier durch Wasserspalten aus, welche auf einem kleinen, vollständig von Epithemzellen ausgefüllten Zellhügel liegen. Der Vorgang der Ausscheidung ist hier eine einfache Druckfiltration. 10 A. Nestler, Wasserausscheidung an Blättern. Erklärung der Zeichnungen. Fig. 1. Ein Stück der Epidermis der morphologischen Blattunterseite von Phaseolus multißonis Willd. Der Kreis stellt den Umriss eines Secret- tropfens dar;a, b und c = die drei von den Nervenbahnen (^begrenzten Flächen; d = Drüsenhaar; h = hakenförmig gekrümmtes Haar. — Vergr. Oc. III, Obj. 4; vollständig ausgezogener Tubus des Mikroskopes Reichert. Fig. 2 und 3. Drüsenhaare mit anhängenden Secrettropfen. Verg. 300. Fig. 4. Querschnitt durch das Blatt von Boehmeria utilis an der Stelle der Wasserausscheidung; d = Drüsenhaare; tu = Wasserspalten; e = Epi- them; c= Cystolith. Verg. 300. Fig. 5. Schnitt durch den Zellhügel in Fig. 4 parallel zur Blättfläche. Verg. 300. Fig. 6. Eine Wasserspalte von Boehmeria utilis. . J A.Nestler :Wasseräussrli.eidimg an Blättern Lith.Anst.v Th.Banirwarth!Wien. ANe stier n.d.N.gez. Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw.Classe, Bd. CVULAbth. 1.1899. 711 XXIII. SITZUNG VOM 9. NOVEMBER 1899. Der Vorsitzende, Herr Präsident E. Suess, begrüsst namens der anwesenden Mitglieder das auswärtige correspon- dirende Mitglied Herrn Prof. A. Cornu aus Paris, welcher an der heutigen Classensitzung theilnimmt, aufs herzlichste. Der Vorsitzende macht ferner Mittheilung von dem Ver- luste, welcher die Akademie durch das am 9. August d. J. erfolgte Ableben des auswärtigen correspondirenden Mitgliedes dieser Classe, Herrn F. Edward Frankland in London, be- troffen hat. Die anwesenden Mitglieder erheben sich zum Zeichen ihres Beileides von den Sitzen. Der Secretär, Herr Hofrath V. v. Lang, legt folgende ein- gelangte Abhandlungen vor: I. »Über die Nitrosirung des Methylphloroglucins«, von den Herren w. M. Prof. H. Weidel (f) und Dr. J. Pollak. II. «System der Sensitometrie photographischer Platten«, von Herrn Hofrath Dr. J. M. Eder in Wien. Das w. M. Herr Prof. Franz Exn er legt eine Abhandlung des Herrn Felix Exn er vor, betitelt: »Über die Absorption s- spectren der seltenen Erden im sichtbaren und ultra- violetten Theil«. Das w. M. Herr Prof. Franz Exn er legt eine vorläufige Mittheilung des Herrn Victor Conrad: »Über den Wasser- gehalt der Wolken« vor. Das w. M. Herr Prof. K. Grobben legt eine Abhandlung von Herrn Dr. Franz Schardinger vor, betitelt: »Entwick- lungskreis einer Amoeba lobosa (Gymnamoeba) : Amoeba Gruberi«. Das w. M. Herr Hofrath Prof. L. Boltzmann überreicht eine weitere Notiz über das Verhalten von Radium im 712 magnetischen Felde, von Dr. Stefan Meyer und Dr. Egon R. v. Schweidler. Ferner legt Herr Hofrath Boltzmann folgende zwei Arbeiten vor: I. »Über das Verhalten der Flüssigkeiten im magne- tischen Felde«, von Prof. Dr. Gustav Jäger. II. »Über ein Problem der Potentialtheorie«, von Dr. Fritz Hasenöhrl. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht zwei Arbeiten aus dem I. chemischen Laboratorium der Universität Wien: I. »Über das Äthylphloroglucin und einige andere Derivate des Äthylbenzols«, von G. Weisweiller. II. »Zum quantitativen Nachweis des Chloralalko- holates«, von F. Schmidinger. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Blümelhuber, M.: Ein lenkbares Luftfahrzeug. (Mit 4 Tafeln). Weimar, 1S99; 8°. Lampe E., Dr.: Die reine Mathematik in den Jahren 1884 — 1899 nebst Acrenstücken zum Leben von Siegfried Aronhold. Ein Gedenkblatt zur hundertjährigen Jubelfeier der könig- lichen Technischen Hochschule zu Berlin. Berlin, 1899; 8°. K. K. Technische Hochschule in Brunn: Festschrift der k. k. Technischen Hochschule in Brunn zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens und der Vollendung des Er- weiterungsbaues im October 1899. Mit Unterstützung des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht heraus- gegeben vom Professoren-Collegium. Brunn, 1899; 4°. - Verzeichniss der an der k. k. Technischen Hochschule in Brunn thätigen Lehrkräfte, Beamten und Diener während ihres Bestandes 1849/50—1898/99 und der in dieser Zeit eingeschriebenen Hörer. (Beilage der Festschrift.) Brunn, 1899; 4°. 713 Entwieklungskreis einer Amoeba lobosa (Gymnamoeba): Amoeba Gruberi von Dr. Franz Schardinger. Aus der k. k. allgemeinen Untersuchungsanstalt für Lebensmittel in Wien. (Mit 2 Tafeln.) Die von mir im Jahre 1896/97 veröffentlichten Arbeiten über Protozoenculturen1 sind, im Drange der Zeit und unter den ungünstigsten äusseren Verhältnissen entstanden, vielfach lückenhaft. Der hohen Einsicht und dem fördernden Interesse, das Herr Obersanitätsrath Prof. Dr. Max Grub er dem Gegenstande entgegenbrachte, verdanke ich die Möglichkeit einer, wenn auch nur theilweise abschliessenden Ergänzung. Auf einem bestimmten Nährboden hatte ich eine Amöbe in bakterienfreier Cultur erhalten, ihre Fortzüchtung bei Aus- schluss von Bakterien aber als unmöglich erkannt. Inzwischen ist von Frosch2 die Beziehung zwischen Bakterien und Amöben klargelegt worden, und Tsujitani3 hat in jüngster Zeit eine Culturmethode mit lebenden oder abgetödteten Bakterien veröffentlicht. Ausserdem sind mannig- fache Culturversuche mitgetheilt worden, die jedoch das an- gestrebte Ziel nicht erreichten. Eine ausführliche Zusammen- stellung der bezüglichen Literatur findet sich in Behla's1 Monographie über Amöben. i Centr. f. Bakt. u. Paras., Bd. XXI u. XXII. 2 Centr. f. Bakt. u. Paras., Bd. XXI. 3 Centr. f. Bakt. u. Paras., Bd. XXIV. 1 Die Amöben vom parasitären und culturellen Standpunkte. Berlin, 1897. 714 F. Schardinger, Meine Vermuthung, dass die im Heu- oder Strohauszug, wenn auch in minimaler Menge vorkommenden Stoffe diesen niederen Thieren in allen Fällen genügende Nahrung bieten würden, hat sich nicht bestätigt. Der Schwerpunkt liegt jetzt in der Frage, welche Stoffe im Leibe bestimmter Bakterien- arten den Amöben zusagende Nahrung bieten. Für die Cultur, namentlich Vorcultur, gewisser Protozoen eignet sich Heu- oder Strohagar trotzdem vorzüglich, wie die Versuche Tsujitani's zeigen und mich fortgesetzte eigene Versuche überzeugten. Ich vermochte ohne sonderliche Mühe aus Wasser eine Amoeba spinosa, eine andere Am. Jobosa (oblongaPJ, einen kleinen Flagellaten, ja auch eine Ciliate zu isoliren und mit bestimmten Bakterien weiter zu züchten. Die erwähnte Am. lobosa (oblonga?) gedeiht mit Bakterien zu- sammen nur auf Heu- oder Strohagar, nicht aber auf Heu- Bouillonagar. Mit dem gewöhnlichen Laboratoriumsagar habe ich überhaupt keine Resultate erhalten, weder mit, noch ohne Bakterien. Vorderhand lässt sich die Züchtung in keine Schablone bringen, die besten Bedingungen müssen speciell ausprobirt werden. Aus den Arbeiten von Frosch und Tsujitani ergibt sich die Thatsache, die ich nur bestätigen kann, dass nicht jede Bakterienart als »Futterbakterie« gleichwertig ist, die am besten zusagende muss eventuell aus der Vorcultur im Condens- wasser des Heu- oder Strohagars herausgesucht werden. Für die Cultur der Amöbe, deren Entwicklungskreis be- schrieben werden soll, fanden vornehmlich zwei Arten von Bakterien Verwendung. Eine Art A, die vorwiegend in den alten Amöbenculturen sich vorfand. Es sind lebhaft bewegliche, keine Sporen bildende Stäbchen, deren Colonien auf Gelatineplatten eine den Sonnen- blumen ähnliche Zeichnung zeigen. Ihr Wachsthum auf den gebräuchlichen Nährböden bietet nichts Absonderliches, höch- stens wäre der schleimige Charakter der Agarcultur hervor- zuheben. Weiters ein Milchsäurebacillus B — aus der Gruppe des B. lad. aerogenes — mit dem vergesellschaftet die Amöben Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. 715 ganz vorzüglich gedeihen. Gewisse Culturen auch dieser Bakterie haben schleimigen Charakter. Vielleicht liegt in dem Umstände ein Fingerzeig, nach welcher Richtung hin die den Amöben zusagenden Nahrungsstoffe zu suchen wären. Die Vereinigung der Amöben mit den Futterbakterien gelang einfach in der Weise, dass das Condenswasser von mit der betreffenden Bakterienart vorgeimpften Agarnährböden mit den Amöben inficirt wurde. Nach einiger Zeit, 12. 24, 36 Stunden, zeigt sich bei Bruttemperatur ein deutliches Aufwärtskriechen der Amöben unter Vertilgung der inzwischen zu einem mehr oder minder dichten Rasen herangewachsenen Bakterien. Diese Gesellschaft von Amöben und Futterbakterien kann leicht fortgezüchtet werden, entweder durch Eintragen von Impfmaterial in das Condenswasser frischer Eprouvetten und Überfluthen der schrägen Fläche, oder durch Ausstrich auf der letzteren. Von Zeit zu Zeit müssen frische Futterbakterien zugegeben werden. Das »Wegfressen« der Bakterien ist namentlich deutlich ersichtlich bei der Futterbakterie B. Diese gedeiht auf der schrägen Fläche von Heu-Bouillonagareprouvetten in Form eines rahmartigen Belages, der durch die Amöben in eine mehr farblose, gummiartige Masse umgewandelt wird, wobei die Grenzlinie zwischen den an Amöben oder an Bakterien reichen Gebieten deutlich hervortritt. Es handelt sich dabei um wirkliche Bakterienvernichtung, wie aus dem Umstände hervorgeht, dass bei wiederholter Über- tragung von der schrägen Fläche einer Amöbencultur mit Futterbakterie A in frische Nährböden zum Schlüsse überhaupt keine Vermehrung der Amöben mehr eintritt, oder sich höchstens 2 — 3 amöbenhältige Bakteriencolonien entwickeln. Erst wenn nach längerem Stehen die Bakterien im Condenswasser sich wieder vermehrt haben, oder bei Zugabe frischer Bakterien, erhält man bei neuerlich vorgenommener Überfluthung wieder schöne Amöben culturen. Ab und zu sieht man, namentlich in Culturen mit der Bakterie B, von der schrägen Agarfläche linsenförmige weiss- liche Bläschen in die Substanz des Agars ragen, die Amöben und Bakterien enthalten. Die Entstehung derselben ist wohl Sitzb. d. mathem.-naturw. CL; CVIII. Bd., Ahth. I. 48 716 F. Schardinger, nur in der Weise zu deuten, dass bei der manchmal unter Gasbildung erfolgenden Zersetzung des Nährbodens durch das Gas Nischen gebildet werden, die dann von den Bakterien und Amöben ausgefüllt werden. Eine Züchtung der Amöben mit den Futterbakterien bei Ausschluss von Sauerstoff (nach Buchner) gelang nicht. I. Theil. Morphologie und Physiologie der cultivirten Amöbe, Ihre Grösse beträgt im ruhenden Zustande 12 — 24 [x, kriechende Thiere haben eine Länge von 32 — 40 \i, bei einer Breite von 16 — 24 [x; selten erreichen sie eine Länge bis zu 100 [A, bei einer Breite von 20 ^ und darüber (Riesenamöben). Ihre Gestalt ist zumeist langgestreckt, jedoch auch platten- artig bis rund, im Grossen und Ganzen abhängig vom ungemein wechselnden Spiele der Pseudopodien, die meist in geringer Zahl, langsam, träge vorgestreckt werden und immer breit, stumpf sind. Mit der Bildung der Pseudopodien ist nicht immer Orts- veränderung verbunden, manchmal werden fingerförmige Fort- sätze an Ort und Stelle abwechselnd von allen Theilen der Körperoberfläche ausgestreckt, hie und da unter fast schnellender Bewegung. Ein Verschmelzen der Pseudopodien zweier benach- barter Individuen sah ich nie. Oftmals krochen 4 — 5 Thiere zusammen, umflossen sich gegenseitig durch längere Zeit, um sich dann wieder zu trennen. Ob dem Umstände eine Bedeutung zukommt, war nicht ersichtlich. In der Regel werden in der Richtung der Bewegung lang- gestreckte hyaline Pseudopodien gebildet, in die dann das Entoplasma strömt, so dass das Thier fast eine bandartige Gestalt annimmt. Im Sinne der Bewegung ist dann der Kern meist im vorderen Theile, eine grössere oder 2 — 3 kleinere Vacuolen hinten gelagert. Das Aussehen des Entoplasmas ist abhängig vom Alter und den Ernährungsbedingungen. Bei jungen Amöben ist es fast structurlos, nur stärker lichtbrechend als das Ectoplasma, bei älteren gekörnt — bei Amöben mit der Bakterie B stärker als bei denen mit A — Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. ' 1 « oder auch »schaumig«, d. h. von zahlreichen Vacuolen durch- setzt. Dies tritt wieder viel auffallender in Erscheinung bei Amöben mit der Futterbakterie B. Kern. Dieser ist meist in der Einzahl vorhanden, Amöben mit 2 Kernen sind nur in jungen Culturen häufiger zu sehen, vielkernig (bis zu 8) sind die später zu besprechenden Riesen- amöben. Der Kern ändert seine Gestalt mit der Gestaltsveränderung der Amöbe, er dehnt sich in die Länge, rundet sich ab 'etc., bald wird er vom strömenden Entoplasma fortgetragen, bald bleibt er fix und das Entoplasma strömt an ihm vorüber. Seine Grösse beträgt 4 — 8 \x. Sein Aussehen ist verschieden bei jungen oder älteren, wohlgenährten Individuen. Bei ersteren präsentirt er sich als rundes bläschenförmiges Gebilde, der Kernkörper wird von einem ringförmigen, gleichmässig lichtbrechenden Hofe um- geben. Bei älteren ist deutlich eine mehr oder minder dicke Kernmembran zu erkennen, deren Aussenfläche von dicht an- einander gelagerten Körnchen umgeben ist. Manchmal erscheint die Membran als eine fast starre Hülle. Diese Körnchenhülle bleibt, wenn einmal gebildet, constant, sie findet sich wieder in den Cysten und in den »Schwärmern«, die sich unter Umständen aus der Amöbe bilden. Die Er- kennung des Kernes wird durch sie wesentlich erleichtert. Der Raum zwischen Kernkörper und Membran (Kernsaft) erscheint homogen. Im Kernkörper finden sich 1, manchmal auch 3 — 4 stärker lichtbrechende Plasmapartien (Nucleoluli?). Vacuolen. Die Zahl und Grösse der Vacuolen ist variabel, je nach dem Alter der Amöben und ihren Ernährungsverhält- nissen. Gewöhnlich sind 2 — 3 Nahrungsvacuolen vorhanden, ausserdem eine, die sich meist in regelmässigen Zwischen- räumen plötzlich zusammenzieht. An Stelle dieser letzteren bilden sich 3 — 4 kleinere, die untereinander verschmelzen und wieder die Grösse der ursprünglichen erreichen. Die Zusammenziehung und Neubildung erfolgt gewöhnlich innerhalb 3 Minuten, manchmal auch in längeren Zeiträumen. Bei Amöben, die in Folge des reichlichen Vorhandenseins von 48* 718 F. S c h a r d i n g e r, Vacuolen ein wabenartiges Aussehen besitzen, lässt es sich kaum entscheiden, ob überhaupt Zusammenziehungen erfolgen, da die Vacuolen untereinander verschoben werden und einzelne nicht festzuhalten sind. Die Grösse der Vacuolen wechselt sehr, sie beträgt 6 bis 12 [L, aber auch 20 \l bei den Riesenamöben. Ihre Lage ist wechselnd, häufig in der Nähe des Kernes oder bei vorwärts kriechenden Amöben im hinteren Körperende, in dem die pulsirende Vacuole in der Regel sich befindet. Nahrungsaufnahme. Die Aufnahme der Futterbakterien in den Leib der Amöben war direct nicht zu sehen. In gefärbten Präparaten (Fixation mit Joddampf, Färbung mit Gentiana- violett, Waschen mit Alkohol) waren wohl Bakterien in der Umgebung der Amöben zu Sehen, niemals aber Bakterien oder deren Reste in der Leibessubstanz. In ungefärbten Präparaten gelang es doch hie und da, wohlerhaltene Bakterien, in Vacuolen eingeschlossen, nachzuweisen. Besser gelang die Beobachtung der Aufnahme fremder Körper bei Zugabe von Algen (Proto- coccns viridis) oder einer Weinhefe. Gelangte eine Amöbe z. B. in die Nähe einer Algenzelle, so theilte sich das Pseudopodium, mittelst dessen die Amöbe vorwärts kroch, und umfloss die Alge, die rasch in die Nähe des Kernes kam und entweder dort verblieb oder nach kurzer Zeit an das hintere Ende geschoben und nach aussen befördert wurde. Die Grösse der aufgenommenen Algen oder Hefezellen betrug 6 — 8 \i. Ein ausgezeichnetes Mittel ist ferner das Pigment des Micrococcus prodigiosus, um die Aufnahme fester Partikelchen in das Innere des Amöbenleibes zu demonstriren. Ein mit Amöben beschickter »hängender Tropfen« erhielt eine Zugabe einer ein paar Tage alten Kartoffelcultur des genannten Coccus; schon nach einigen Minuten treten rothe Körnchen im Inneren der Amöbe auf, die allmälig, zu grösseren runden Häufchen vereint, in Vacuolen eingelagert werden. Nach einiger Zeit erscheint das Entoplasma, besonders fleissig fressender Thiere, wie mit Pigment vollgepfropft. Diese angefressenen Thiere werden bald bewegungslos, runden sich ab und erscheinen als hübsche rothe Kügelchen in der theilweise noch farblosen Um- gebung. Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. 719 L. Matruchot1 hat in einer Arbeit über Färbung von Fadenpilzen durch Pigmentbakterien (Bac. violaceus) den Ge- danken ausgesprochen, dass diese Methode vielleicht auch für die Untersuchung der Protozoen erfolgreich wäre. Die von mir erhaltenen Resultate scheinen diese Annahme zu bestätigen, obzwar mich nur das Bestreben leitete, die Aufnahme fester Partikel in den Amöbenleib nachzuweisen. An sonstigen Einschlüssen wären zu erwähnen stark licht- brechende Körnchen, unregelmässig zerstreut oder in grösseren Häufchen vereint, die sich wie Glykogen mit Jod braun färben. Fetttröpfchen konnte ich mit Osmiumsäure nicht nachweisen ; in Präparaten mit der Bakterie B Körnchen von krystallinischer Beschaffenheit bis zu deutlich ausgebildeten Krystallen des tetragonalen Systems (Calciumoxalat). Da in Präparaten dieser Bakterie ohne Amöben dieselben Gebilde reichlich anzutreffen sind, ist wohl eher an eine Aufnahme von aussen, als an eine Bildung im Inneren, etwa durch Stoffwechsel, zu denken. Zeitweilig erfolgt am hinteren Ende, wenn die Amöbe in vorschreitender Bewegung ist, eine Ausstossung unverdauter Reste, sowie auch runder Gebilde, die aus einer Vacuole mit einer mehr oder minder dicken Plasmahülle bestehen. Die meisten dieser Gebilde platzen und schwinden aus dem Ge- sichtsfelde. Der hintere Theil des Amöbenleibes zeigt bei älteren, grösseren Individuen fransenartige Anhängsel (Zöttchenbesatz nach Bütschli, houppe posterieure nach Delage und Herouard), die zeitweilig abgestreift werden, so dass dieser Theil dann wieder vollkommen glatt erscheint. Zuweilen finden sich daselbst auch lange, dünne, fadenartige Anhängsel, das sind Reste von Plasmastreifen, die sich bei der Theilung der Amöben oft in beträchtlicher Länge bilden. Fortpflanzung. Tod. Nach Angabe der Autoren kann die erstere durch Zweitheilung, Knospung oder Vermehrung in sogenannten Fortpflanzungsc3^sten2 erfolgen. 1 L. Matruchot, Sur une methode de coloration du protoplasma par les pigments bacteriens. Compt. rend. de l'Acad. des seien., T. CXXVII, p. 830. 2 C. Scheel, Über die Fortpflanzung der Amöben. Sitzungsberichte der Gesellsch. für Morphologie und Physiologie in München, 1899, Heft. I. 720 F. Schardinger, Sicher beobachtet habe ich Zweitheilung nach voraus- gegangener Kerntheilung. Der Kernkörper (Nucleolus) streckt sich, seine Enden werden hanteiförmig, dann dehnen sich beide kugeligen Hälften bis zur fadenförmigen Verdünnung des Verbindungsstückes, das endlich einreisst, worauf beide Kernkörper, umgeben von der Kernmembran, die sich in ähnlicher Weise getheilt hat, in verschiedene Pole der Amöbe begeben. Der ganze Vorgang dauerte circa 20 Minuten. Darauf erfolgte Theilung des Amöben- körpers. Trotz lange und andauernd fortgesetzter Bemühungen habe ich solche Theilungen nur sehr selten gesehen, es war mir daher nicht möglich, durch Färbungsversuche den feineren Vorgang bei der Kerntheilung zu erschliessen. Ausserdem muss aber noch eine andere Fortpflanzungsart existiren, über die ich allerdings derzeit keine sichere Mit- theilung machen kann. Untersucht man einen »hängenden Tropfen« von der schrägen Fläche einer zweitägigen Amöbencultur + Futter- bakterie A oder B, so sieht man neben den Amöben von ge- wöhnlichem Aussehen so wenig und so selten in Zweitheilung begriffene oder mehrkernige Amöben, von denen man annehmen könnte, sie stünden vor der Theilung, dass es ganz unbegreif- lich erscheint, dass auf diesem Wege allein die rasche Ver- mehrung erfolgen sollte. Häufig sieht man ganz kleine Ent- wicklungsformen, die an sprossende Hefezellen erinnern und deren Heranwachsen zu ausgebildeten Amöben leicht zu ver- folgen ist; ihre Herkunft habe ich nicht gesehen (Taf. I, Fig. 4). Interessant sind die bereits erwähnten vielkernigen Amöben, die am zweiten bis dritten Tage im Condenswasser der Culturen mit der Bakterie B anzutreffen sind. Eine solche mit sieben gleich grossen Kernen konnte ich einmal durch längere Zeit beobachten. Die Amöbe bewegte sich fast gar nicht von der Stelle; an beiden Enden des lang- gestreckten Leibes wurden zeitweilig schmale hyaline Plasma- säume von lappigem Aussehen gebildet. Das Entoplasma war grobkörnig, schaumig. Die Kerne waren gehäuft, fast in der Mitte des Thieres gelagert. Bei bestimmter Einstellung waren gleichzeitig 3 — 4 deutlich zu sehen. In der Nähe der Kerne Entwicklungskreis einer Amoeba löbosa. t 2 1 befand sich eine grosse Vacuole. Eine contractile Vacuole sah ich nicht. Dieser Zustand der Amöbe erhielt sich unverändert durch fast 4 Stunden, da auf einmal trennten sich die Kerne von einander, sie wanderten in verschiedene Körperpartien, und nun theilte sich die Amöbe fast plötzlich in der Weise, wie dies die Fig. ob wiedergibt. Die so entstandenen Amöben unterschieden sich in Nichts von den gewöhnlich beobachteten, 2 besassen je einen Kern, eine hatte 2, die vierte 3 Kerne. Diese dreikernige Amöbe theilte sich dann innerhalb 20 Minuten wieder weiter in eine ein- und eine zweikernige. Tod. Unter ungünstigen äusseren Verhältnissen, Ein- trocknung, platzen die Amöben, wobei der Körncheninhalt mit einem gewissen Drucke nach aussen. geschleudert wird, der dann noch längere Zeit lebhafte Brown'sche Molecularbewe- gung zeigt. Encystirung. Die Bildung dieser Dauerform ist von den Ernährungsverhältnissen, Feuchtigkeit etc. abhängig. Mit einer bestimmten Bakterie cultivirt, sah ich auch nach 20 Tagen noch keine Cysten, anderemale bilden sie sich schon nach 2 — 3 Tagen. Die Grösse der Cysten ist ziemlich constant und beträgt 14 — 16 jj.. Sie sind rund bis oval. Liegen sie dicht beisammen, namentlich auf der schrägen Fläche der Culturen, woselbst auch Vertrocknungserscheinungen mit ins Spiel kommen mögen, so erscheinen sie auch vieleckig. Die Wand ist doppelt contourirt, manchmal mit Verdickungen (3—6) ver- sehen, die an das Aussehen der Poren bei den Pollenkörnern erinnern. Die äussere Wand ist in der Regel glatt. Der anfangs farblose, später bräunliche Inhalt der Cyste ist gleichmässig granulirt, ein Kern ist immer, zwei seltener zu sehen. Einmal sah ich sogar eine vierkernige Cyste mit einem Durchmesser von 24 [x, ohne Zweifel herrührend von einer ungetheilt ge- bliebenen vielkernigen Amöbe. Das Auskeimen richtet sich nach den Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen, sowie nach dem Alter der Cysten. Immer war das Thier, das aus der Cyste kroch, eine Amöbe, niemals ein Schwärmer. Da die Amöbe aus einem diarrhöischen Stuhle gezüchtet ist, dürfte es von Interesse sein, sie ihrer Grösse nach mit den 722 F. Schardinge r, c CJ .2 00 — ^- CJ •5 c" *-■ CJ Q | _ c ■§ Ä 2 '«5 C ett *-> CS .3 cu Ö Citirt nach Kruse und Pas quäle in Zeitschrift für Hygiene und Infec- tionskrankheiten, Bd. XVI. ;5_ CJ (/) (/) :p Ü cj in O 1 1- 7 o Ol 7 1 1 C .2 cj ~z l- © i i c 1 1 1 CO 1 CD CO 1 1 CJ 6 < im kugeligen Zustande 8—37 o im ruhenden Zustande 25—40 5 o O tu -^ S N CJ mittlerer Durchmesser 10- 50 iß CO 1 O Autor o CJ o t/5 o o Di c 3 in o o PS T3 C cj "c '3 C* cn o o OS c 3 CJ CJ "5 m OB" Cu X! C D CJ ii 3 CJ 'S er t/) ci Oh T3 5 CJ l-i CJ "3 05 CS 0h c CJ t/5 Bezeichnung der Amöbe c_> "5 'S CJ CJ — JO e E r; ci :? B CJ :0 e i: o ?, CM CO ■* lO CD *" Entwicklungskreis einer Aiuoeba lobosa. 723 . u. cS E M - lO J3 X 00 CT) c <-. O 00 CM o CJ •O. — 73 C o CD CO T3 •— E a .2 E Dl. < 73 "O si O c/5 .G er: CO m 1° o O C . o Tl m 3 bß CS cd < ~ o c «3 s m o S *■ ad co .— o b ja 5 tN! o CO CO 1 1 CM 1 1 -f o 7 iß CM 1 oo abgerundete Individuen 8—22 3 73 13 CO 00 CT> o - CM CO -* m 724 F. Schardinger, in der medicinischen Literatur angegebenen Darmamöben zu vergleichen. Thierversuche. Einem Meerschweinchen wurde eine Auf- schwemmung einer jungen Cultur (Amöben -+- Futterbakterien), einem zweiten eine Aufschwemmung der Futterbakterie allein intraperitoneal beigebracht, ohne dass durch diesen Eingriff Krankheitserscheinungen ausgelöst wurden. Zwei Kaninchen erhielten eine Aufschwemmung einer älteren cystenhältigen Cultur in die Ohrvene (1 cm3). Ein Thier verendete 3 Tage nach dem Eingriff an Coccidiosis, das zweite 14 Tage danach an katarrhalischer Pneumonie. Von den ein- verleibten Protozoen war nichts mehr nachzuweisen. Nach den Grössenverhältnissen unterscheidet sich die frag- liche Amöbe kaum von der Amoeba coli der Autoren, trennend wäre nur der Besitz einer pulsirenden Vacuole und die fehlende Pathogenität. Von diesen zwei ausschliessenden Momenten kommt nur die contractile Vacuole in Betracht, da die Patho- genität der Am. coli noch nicht sicher erwiesen ist. Der Besitz einer contractilen Vacuole gilt allerdings als sicheres und con- stantes Unterscheidungsmaterial der Arten, es ist aber wohl denkbar, dass unter gewissen Umständen Schwankungen in der Häufigkeit der Contraction auftreten können, und die Ent- scheidung schwer fällt, ob eine gewöhnliche Vacuole oder eine contractile Blase vorliegt. Vorderhand, da bisher bei der Am. coli ein Übergang in einen Flagellatenzustand nicht beobachtet wurde, halte ich mich für berechtigt die geschilderte Amöbe für eine neue Art zu halten und nenne dieselbe zu Ehren meines hochgeehrten Vorstandes, Herrn Prof. Dr. Max Gruber, Amoeba Gruberi. II. The iL Entwicklung eines flagellatenartigen Schwärmers aus der Amöbe. Schon zu Beginn meiner Culturversuche verursachten mir zeitweilig im Condenswasser der Culturen auftretende Flagel- laten vielen Kummer, da ich sie für eine Verunreinigung hielt und mein Bestreben, irgend ein Entwicklungsstadium des Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. > -■' Flagellaten finden zu können, das mir die Ausscheidung dieser »Verunreinigung« ermöglichte, vergebens war; schliesslich hatte ich immer nur einerlei Cysten. Diese Flagellaten traten in den im Brutschrank gehaltenen Culturen, wenn überhaupt, meist am dritten bis vierten Tage auf. Die Temperatur des damals verwendeten Brutschrankes schwankte zwischen 30 — 36° C. Kurz, die Sache war unklar, bis ein in die richtige Bahn geleiteter »Zufall« Aufklärung brachte. Ein mit Amöben inficirter »hängender Tropfen« wurde auf den Brutofen (Temperatur circa 25 — 30°) gelegt und nach Ablauf zweier Stunden wieder beobachtet. An Stelle der Amöben waren fast zur Gänze lebhaft schwärmende Flagellaten ge- treten. Bevor wir die zu dieser Umgestaltung nöthigen Bedin- gungen näher beleuchten, soll die Entwicklung geschildert werden, wie sie in ununterbrochener Reihenfolge vor sich geht. Inficirt man einen Tropfen Wasser (unter Einhaltung- aseptischer Bedingungen) mit einer 2 — 3 Tage alten Cultur der Amöbe mit Futterbakterie A z. B., legt das Deckglas auf den mit einem Vaselinring versehenen Hohlschliff eines Object- trägers, dichtet durch leichten Druck ab und legt das Präparat auf den Tisch eines in einem heizbaren Räume befindlichen Mikroskopes, so sieht man bei einer Temperatur von 30 — 34° nach beiläufig 70 Minuten, dass die Amöbenleiber stärker licht- brechend werden, nur mehr kurze Pseudopodien ausgestreckt werden, und die Amöben sich allmälig abrunden. Nach weiteren 5 — 10 Minuten bemerkt man im Innern der nun runden Amöbe eine gewisse Unruhe, der Kern ändert seine Lage und Gestalt, ebenso die 2—3 Vacuolen, die nicht immer vorhanden sind. Nun befällt ein leises Zittern das Thier, es fängt an zu schwanken und sich langsam, langsam im Kreise zu drehen. Sind gerade Bakterien in dichterer xMasse in der Umgebung, so werden diese an einer Stelle des Thieres lebhaft hin und her gewirbelt. Die Ursache dieses Wirbels sind Geissein, deren Hervortreten man daselbst bei günstiger Lage und Beleuchtung deutlich verfolgen kann. Meist erscheinen zwei Geissein, die sich allgemach verlängern und die Kreis- bewegung des Thieres rascher gestalten. Plötzlich ändert das 726 F. S chardinger, Thier seine Gestalt, es wird ovoid, geräth aus der bisher ein- gehaltenen Bahn und verschwindet rasch aus dem Gesichts- felde. Nach 1 Stunde 15—20 Minuten sind über 90% der Amöben zu Flagellaten geworden. Das sich nun bietende Bild ist höchst interessant: aus den bedächtig sich bewegenden Amöben ist eine Schaar hastig sich tummelnder Schwärmer geworden. Es ist wohl kaum nöthig, zu bemerken, dass die Zeit- angaben nicht absolute sind, dass gewisse Schwankungen eintreten. Um über die einzelnen Stadien des Umbildungsvorganges, die Lage der Geissein etc. näheren Aufschluss zu erhalten, wurde eine Reihe »hängender Tropfen« in einen Raum von circa 30 — 32° gebracht, einzelne in bestimmten Zeitintervallen herausgenommen und fixirt. Zur Fixation verwendeten wir das von Zoologen und Botanikern mit bestem Erfolge seit langem benützte Jod, entweder in Dampfform oder in Lösung mit Jod- kalium. Auf den Boden einer Glasdose wird ein Stückchen Jod gelegt, darüber ein Glasring, auf den dann das Deckglas zu liegen kommt; die Concentration der Jod-Jodkaliumlösung muss ausprobirt werden, da in zu concentrirten Lösungen leicht künstliche Formveränderungen auftreten. Wir erhielten so eine Reihe vortrefflicher Bilder, die sich auch längere Zeit erhalten lassen. Die Haupttypen der geschilderten Umwandlung sind auf der beigegebenen Tafel II ersichtlich. Temperatur und Ernährung spielen bei dieser Umwand- lung eine grosse Rolle. Je freier die verwendete Cul tu r von Bakterien ist, umso rascher erfolgt bei 30 — 34° — der Umwand- lungstemperatur — die Flagellatenbildung. Je niedriger die Temperatur ist, umso mehr verlangsamt sich die Umbildung, sie tritt aber immer bei Temperaturen zwischen 15 — 34° ein. Über 34° tritt nur vereinzelte oder auch gar keine Bildung von Flagellaten auf, ja man kann bereits fertig gebildete Flagellaten durch Einbringen in einen Raum von 36 — 37° wieder zu Amöben rücksestalten. Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. < -< Ahnlich liegen die Verhältnisse bei der Ernährung, respec- tive dem Bakteriengehalte — ob P\itterbakterie A oder B> bedingt keinen wesentlichen Unterschied — , je reicher an Bakterien die Cultur, umso langsamer erfolgt im hängenden Tropfen die Umbildung in den Flagellatenzustand und um- gekehrt. Verwendeten wir z. B. im hängenden Tropfen an Stelle des Aqua destillata ein Tröpfchen Condenswasser aus einer Heu-Bouillon-Agareprouvette, so genügte schon die in der Zeit eintretende Vermehrung der Bakterien — der ursprünglich daran armen Cultur — , um eine Verzögerung der Umbildung eintreten zu lassen. Die im Condenswasser gelösten ander- weitigen Nährstoffe dürften ebenfalls von Einfluss sein. Man kann selbstverständlich diese Umbildung auch im »Grossen« vornehmen, z. B. auf einem Uhrschälchen mit sterilem Wasser in feuchter Kammer oder in Eprouvetten. In letzteren waren noch nach 7 Tagen Schwärmer anzutreffen. Der Gedanke liegt sehr nahe, dass diese Umbildung nur eine Anpassung an geänderte, respective erschwerte Lebens- bedingungen ist. Will man unter den so mannigfach gestalteten Individuen einen Gestaltstypus herausgreifen, so wäre die vorherrschende und am ehesten noch beständige Gestalt des Flagellaten eine bim- oder flaschenförmige, wobei der abgerundete bauchige Theil das Hinterende, der dünnere gestreckte Theil das Vorder- ende bildet. Im Vorderende, dem Sitze der Geissein, nimmt der Kern eine recht beständige Lage ein, er liegt entweder knapp der äusseren Umgrenzung an oder verschiebt sich etwas gegen das Hinterende, in dem gewöhnlich eine pulsirende Vacuole gelagert ist. Die äussere Umgrenzung ist glattt, die Form des Fla- gellaten durch längere Zeit beständig, nur am Vorderende treten zeitweilig Änderungen auf. Die Grösse der Flagellaten beträgt 20— 24 jx Länge, bei einer Breite von 10 — 12 jx. Der Kern unterscheidet sich in Nichts vom Kerne der Mutteramöbe, er schmiegt sich den Gestaltsveränderungen, soweit sie das Vorderende betreffen* an, seine Membran trägt fast immer die Körnchenhülle. 728 F. Schardinger, Sehr hübsch ist das Büd, wenn das Thier mit seiner Längsaxe in der optischen Axe liegt; der Kern zeigt sich dann als kegelförmiges Bläschen, die Spitze nach oben, die Basis nach unten gerichtet. Eine Theilung des Kernes haben wir im Flagellatenzustande niemals beobachtet. Vacuolen. Gewöhnlich ist eine pulsirende, manchmal sind ausserdem auch 2 — 3 Nahrungsvacuolen vorhanden. Die Lage der ersteren ist meist im Hinterende. Die pulsirende Vacuole sieht man häufig an die Oberfläche kommen, diese wird bruch- sackartig vorgestülpt, und unter Contraction der Vacuole sinkt die vorgebauchte Stelle wieder ein. Von der Seite gesehen, scheint die äussere Umgrenzung des Flagellaten an dieser Stelle eine scharf umschriebene, runde Zusammenhangs- trennung aufzuweisen. Nie waren in der Vacuole Inhaltskörper, wie Bakterien oder Detritus derselben, ersichtlich. Geissein. Diese Bewegungsorgane sitzen gewöhnlich am Vorderende. Sie sind so lang wie der Körper des Flagellaten, meist nach vorne gerichtet, obwohl es auch vorkommt, dass eine nach rückwärts gerichtet ist. Manchmal sitzen sie seitlich, fast immer jedoch in der Nähe des Kernes, zu dem sie con- vergiren. Ein objectiver Nachweis des Zusammenhanges der Geissein mit dem Kern ist nicht gelungen. Gar nicht selten sind Flagellaten mit vier Geissein, je zwei paarweise vereint, manchmal vereint an derselben Stelle, manchmal an verschiedenen Stellen sitzend. Zeitweilig ragt die Ursprungsstelle der Geissein als kleines Knöpfchen hervor. Nahrungsaufnahme. Diese haben wir direct nicht beob- achtet, dass aber eine solche stattfindet, geht aus nachfolgendem Versuche hervor. Zu einem flagellatenhältigen hängenden Tropfen brachten wir eine Spur einer Pigment enthaltenden Prodigiosuscultur; binnen kurzer Zeit waren im Hinterende, bei den in der Nähe der Zugabestelle befindlichen Flagellaten, rothe Pigmentkörnchen zu sehen. Der Weg, den sie zum Ein- dringen genommen, blieb uns unsichtbar. Übrigens wandelten sich in Folge dieser Zufuhr an Nahrungsstoffen die meisten Flagellaten wieder zu Amöben um. Eine Fortpflanzung im Flagellatenstadium haben wir nicht beobachtet. Vielleicht liegt eine Andeutung der Möglichkeit Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. ( 29 einer solchen in der Beobachtung, dass, übrigens sehr selten, ein Individuum sich der Länge nach in zwei vollständig gleiche Hälften theilte, die nur durch einen dünnen Strang noch zusammengehalten wurden, schliesslich verschmolzen doch wieder beide zu einem; der in einer Hälfte liegende Kern hatte keine Veränderung durchgemacht. Auch der bereits erwähnte Besitz von zwei Geisseipaaren dürfte darauf hindeuten, dass unter Umständen eine Fort- pflanzung durch Theilung möglich wäre. Die Bewegung, meist in der Richtung der Längsaxe vor- schreitend, ist sehr mannigfaltig. Es liesse sich schwer ein erschöpfendes Bild der verschiedenen Arten geben. Vornehmlich sind drei Arten zu beobachten: 1. Eine vorschreitende unter Drehung des Körpers um seine Längsaxe. 2. Der Flagellat dreht sich wie der Arm im Schultergelenk, wobei der Handrücken immer nach oben sieht (De läge und Herouard). 3. Der kahnförmige Flagellat bewegt sich nach vorwärts in der Richtung der Längsaxe, während der nach unten gerichtete bauchige Theil zur Längsaxe senkrechte, pendelnde Bewegun- gen vollzieht. Abweichungen von der früher geschilderten Körperform kommen sehr häufig vor, namentlich das Vorderende ist der Sitz von eintretenden Formänderungen. Manchmal glaubt man eine wirkliche Mundöffnung vor sich zu haben, dann wieder wölbt sich die eine Hälfte des Vorderendes über die andere, überragt die letztere in Gestalt eines Schnabels; aus dem Grunde der so gebildeten Bucht entspringen die seitlich gerichteten Geissein; oder die eine Hälfte streckt sich als langer Rüssel nach vorne, das ganze Vorderende verjüngt sich zu einem langen, dünnen, spiralig gedrehten Hals, wobei das Hinterende kolbig anschwillt; oder beide vorderen Hälften dehnen sich nach entgegengesetzter Richtung, fassen zwischen sich eine breite Bucht, so dass das Thier wie ein Kleeblatt aussieht. Diese Dehnung kann so weit gehen, dass, wie bereits erwähnt, scheinbar zwei Individuen entstehen. 730 F. Schardinger, Bei all diesen Formänderungen ist die äussere Umgrenzung stets glatt. Hervorzuheben ist ferner die Bildung von Schleppgeissein, die am Ende glatt sind oder einen kugelförmigen Körper tragen; sie haften meist am Hinterende, aber auch an anderen Körper- stellen und werden zeitweilig hin und her geschleudert. In einem hängenden Tropfen, der reich an Futterbakterie A war, hatte sich um den rückwärtigen kolbigen Theil des Fla- gellaten eine förmliche Hülle (aus bakteriellem Detritus?) ge- bildet, die zeitweilig abgestreift wurde, andere waren wieder am Hintertheil wie mit Stacheln besetzt, kleinen, circa 1 \x langen Borsten, die am Ende ein kleines Körnchen trugen. III. Theil. Rückbildung des Flagellaten zur Amoeba lobosa. Die Flagellaten werden unter gewissen Umständen zur geisseltragenden Amöbe, die sich wieder zum Flagellaten um- bilden kann, oder unter Rückbildung der Geissein zur Amoeba lobosa wird. Als solche rückgestaltende Einflüsse wurden hauptsächlich folgende beobachtet: 1. Einwirkung höherer Temperatur, über 34°; 2. intensive Belichtung; 3. Behinderung in der freien Beweglichkeit; 4. Zufuhr frischer Nahrungsstoffe. Der Körper der Flagellaten verliert seine glatten Contouren, an verschiedenen Stellen treten kurze, dicke, granulirte (nicht hyaline) Ausstülpungen hervor, das Gebilde torkelt als durch- sichtiges, mit 2, 3 oder mehr Zipfeln versehenes Klümpchen in der Flüssigkeit herum, bis es ihm glückt, an einer Stelle haften zu bleiben. Bald darauf treten an einer oder der anderen Stelle hyaline Protoplasmafortsätze auf, kur%z das Thier wird wieder zu einer Amöbe, an der bei günstiger Beleuchtung noch das Spiel der Geissein deutlich wahrzunehmen ist. (Mit Jod-Jod- kalium oder Joddampf lässt sich das Bild vortrefflich fixiren.) Während das Thier als Amöbe weiterkriecht, sind die Geissein fortwährend bald lässisr, bald behende thätig. Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa, 731 Der Einfluss der Temperatur und Belichtung kann leicht unter dem Mikroskope verfolgt werden. Wurde z. B. von zwei Präparaten mit Schwärmern — aus derselben Amöbencultur — eines in den Brutofen (36°), das andere bei Zimmertemperatur belassen, so war im ersteren schon nach zwei Stunden eine deutliche Abnahme, nach vier Stunden war überhaupt kein Flagellat mehr zu sehen; das bei Zimmertemperatur gehaltene Präparat blieb unverändert. Wurde nun das bei 36 ? rückgewandelte Präparat wieder bei Zimmertemperatur gehalten, so erschienen wieder die Flagellaten. Durchmustert man ein Flagellatenpräparat, nachdem es 1 — 1 1/2 Stunde bei 36° gehalten worden, so fällt auf, dass das Hinterende der meisten noch erhaltenen Flagellaten schwanz- artig ausgezogen ist, was gelegentlich schon O. Bütschli1 bei Ciliophrys infusiouum beobachtet hat, »wenn der Organismus in seinen rhizopodenartigen Zustand übergeht«. Der Einfluss behinderter Beweglichkeit lässt sich leicht in der Weise demonstriren, dass ein Deckglas mit einem flagellaten- hältigen Wassertropfen ausserhalb desselben mit Vaselin ring- förmig bestrichen und auf einen ebenen Objectträger über- tragen wird. In solchen Präparaten werden sehr bald die Flagellaten zu geisselführenden Amöben, die unter günstigen Umständen für kurze Zeit wieder zu Flagellaten werden können oder sich dauernd unter Rückziehung der Geissein zu Amöben umbilden. Diese Rückziehung der Geissein scheint ihr Endschicksal zu sein, wir haben wenigstens weder im gefärbten, noch un- gefärbten Präparate jemals ein Gebilde angetroffen, das einer abgestossenen Geissei ähnlich gesehen hätte. Endlich hat auch die Zugabe frischen Nährmaterials rückbildenden Einfluss, wie bereits bei der Schilderung der Nahrungsaufnahme der Flagellaten (Prodigiosus-Cultur) er- wähnt wurde. Fassen wir zum Schlüsse die Lebenszustände unserer Amöbe noch einmal kurz zusammen, so haben wir eine nackte i Zeitschrift für wiss. Zool., Bd. XXX, S. ^04. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. ; CVIII. Bd., Abth. I. 49 732 F. Schardinger, Amöbe, die sich mit stumpfen, lappigen Pseudopodien bewegt. Eine Verschmelzung der Pseudopodien verschiedener Indivi- duen, eine Plasmodienbildung, wie dies bei anderen Rhizo- pode'n beobachtet wird, haben wir nicht gesehen. (Ob die früher erwähnten Riesenamöben nicht doch auf dem Wege der Ver- schmelzung von Einzelindividuen entstehen, diese Frage müssen wir offen lassen, möglich wäre es wohl.) DasThier vollendet seine Laufbahn als Amöbe schlechtweg oder geht unter gewissen Bedingungen in einen flagellaten- artigen Zustand über. Der Amöbenzustand encystirt sich unter bestimmten Verhältnissen, in der Cyste findet keine Theilung statt, und es kriecht aus ihr immer, soweit ich gesehen, wieder nur eine Amöbe aus. Würde man dem flagellatenartigen Organismus für sich allein begegnen, losgelöst von der bekannten Entwicklung, könnte man an ihm Anklänge an verschiedene als Flagellaten beschriebene Organismen finden, so an Rhizomastiginen: Mastig- amöben, Dimastigamöben, Rhinchomonas, Pleiiromonas, Cerco- monas, selbst an Bodo -Arten. G. Klebs betrachtet in seinen Flagellatenstudien1 als das Charakteristiken der Rhizomastiginen den Umstand, dass sie unter normalen Verhältnissen, auch während des Amöben- zustandes ihre Geissein nie verlieren, was bei der geschilderten Amöbe nicht zutrifft. Trotzdem glaube ich, die gemachte Beobachtung richtig dahin zu deuten, dass die geschilderte Amöbe unter bestimmten Umständen zu einem Flagellaten wird. Wenn auch eine Fortpflanzung im Flagellatenzustande nicht beobachtet wurde, so ist zu bedenken, dass in einer Cultur doch nicht in allen Daseinsphasen das Leben eines Organismus sich so abspiegeln dürfte, wie es im »Freien« sein könnte. Ähnliche Beobachtungen wurden mehr oder minder* voll- ständig bereits bei einigen nächstverwandten Rhizopodenarten gemacht, so z. B., soweit ich die zoologische Literatur in dieser Richtung übersehen kann, von Hertwig2 bei Microgromia 1 Zeitschritt für wiss. Zool., Bd. XXX, S. 204. '-' Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. X, Suppl. Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. 733 socialis, einer Monothalamie, von Cienkowsky1 bei Ciliophrys infusionum, und endlich hat Schauddin8 einen ähnlichen Vorgang lückenlos verfolgt bei Paranioeba Eilhardi, einem amöbenähnlichen marinen Organismus. Literatur. Ausser der im Texte angegebenen Literatur wurde noch benützt: Bronn, Classen und Ordnungen des Thierreiches, 1889. Delage und Herouard, Traite de Zoolog, concret. Paris, 1895. Hertvvig und Lesser, Über Rhizopoden und denselben nahe- stehende Organismen. Arch. für mikr. Anat, Bd. X, Suppl. i Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. XII, S. 29. 2 Sitzungsber. der k. preuss. Acad. der Wissenschaften, 1896, S. 31. 49* 34 F. Schardinger, Entwicklungskreis einer Amoeba lobosa. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Nach Sc hau dd in fixirte Amöben, gefärbt mit Lithion-Carmin. Vergr. 750. Fig. 2. Amöben aus einer circa 4 Tage alten Cultur mit Futterbakterie B. Lebend gezeichnet. Vergr. 500. Fig. 3. Kern mit Körnchenhülle. Amöbe aus einer 8 Tage alten Cultur. Fixirt mit Jod. Vergr. 1000. Fig. 4. Junge Bildungsformen der Amöben. Vergr. 375. Fig. 5. a »Riesenamöbe« aus dem Condenswasser einer 3 Tage alten Cultur mit Futterbakterie B. Lebend gezeichnet. Vergr. 375. b Theilung der >o Räumlich enge verbunden mit diesem Gesteine ist der Paläopikrit Gürhbel's, welcher am Landsknechtberg bei Ullitz ansteht. Der Paläopikrithügel erhebt sich unmittelbar aus den Schalsteinen von dem eben beschriebenen Typus. Gümbel, der das Gestein von mehr als 20 Punkten im Fichtelgebirge kannte, gibt über das geologische Alter des Paläopikrits an (1. c. 150): »Der geognostische Haupthorizont liegt in den Grenzschichten zwischen den Phycodenschichten und dem Untersilur, reicht aber stellenweise bis an das Devon herauf'. An der von mir beobachteten Stelle lässt sich über das Alter keine Entscheidung fällen und es könnte das den Hügel bildende Gestein ebensogut jünger sein, als die ihm auf- liegenden Schalsteinschichten. Die Structur des Gesteines war. soweit man dies in seinem zersetzten Zustande erkennen kann, jedenfalls körnig und nicht porphyrisch.1 Bezüglich der Zu- sammensetzung, von welcher die Beschreibung Gümbel's kein ganz gutes Bild liefert, ist die Auseinandersetzung in der »Mikro- skopischen Physiographie«, III. Aufl., II. Bd., 1191, von Rosen- busch durchaus zutreffend, so dass hier nicht weiter auf diesen Gegenstand eingegangen zu werden braucht. Am Wege zwischen Ullitz und Trogen steht ein inter- essanter Spilit an. Das Gestein ist dunkelgrün, hat matten Bruch und erscheint dem unbewaffneten Auge als dicht; es sind keine Einsprengunge wahrzunehmen, nur hie und da zeigt sich eine chloritische Hohlraum-Ausfüllung; es ist also Neigung zu Mandelsteinstructur vorhanden. Unter dem Mikro- skope sieht man Feldspathleistchen, welche häufig einen dunklen centralen Einschluss aufweisen, der in einigen Fällen als Titanit erkannt wrerden konnte, in anderen aus Glasmasse oder dem Entglasungsproducte einer solchen bestehen dürfte. Unter den Feldspathleisten sind viele einfache Individuen, die Hauptmasse besteht aber aus Zwillingen, bei denen das 1 In der zweiten Auflage von Rosenbusch's »Mikr. Phys. waren die Pikrite bei den Tiefengesteinen untergebracht, in der dritten stehen sie bei den Ergussgesteinen. Leider ist dieselbe erschienen, als ich schon aus dem Fichtel- gebirge zurückgekehrt war, sonst hätte ich den Paläopikriten eine specielle Aufmerksamkeit gewidmet. Nach meiner Meinung ist aber die Aussicht, por- phyrische Formen der Paläopikrite daselbst aufzufinden, eine geringe. 754 A. Pelikan, Maximum der Auslöschungsschiefe in Schnitten J_ zu 010 circa 16° beträgt. Es liegt also abermals der schon so häufig beobachtete Fall vor, dass die Beobachtung der symmetrischen Auslöschung auf den unsicheren Fall Albit oder Andesin führt. Da aber das Gestein relativ frisch ist und da auch der hier anscheinend primäre Titanit Calcium enthält, so ist zu ver- muthen, dass der Plagioklas gleichfalls Calcium enthält, also Andesin ist. Zu demselben Ergebnisse führt auch eine Vergleichung der Brechungsquotienten des untersuchten Plagioklas mit dem Brechungsquotienten des Canadabalsams nach der von Becke angegebenen Methode.1 In dem Räume zwischen den Feldspathleisten liegen Säulchen eines bräunlichen Augits, deren Länge circa 0-07 mm und deren Dicke etwa 0-01 nun beträgt, c : c ■=. 49°. Der übrige Raum ist erfüllt von einer grünen, chloritischen Masse. Wenn man den Chlorit nicht als primäres Mineral aufTassen will, so bleibt hier kein anderer Schluss übrig als der, dass eine sehr reichlich vorhanden gewesene Glasbasis seine Entstehung ver- anlasst hat. So deutlich wie hier, wo die völlig intacten Augit- säulchen neben dem Chlorit vorhanden sind, war die Abstam- mung des letzteren noch niemals zu beobachten und es darf wohl geschlossen werden, dass auch in vielen oder in den meisten der hier behandelten Gesteine ein gleiches Verhältniss obwaltet. Die Structur dieses Spilits kann als intersertal be- zeichnet werden, wenn man das Gestein der Grundmasse eines hypokrystallinen Porphyrgesteines gleichsetzt; anderseits ist aber Annäherung an die ophitische Structur zu constatiren, insofern als die Feldspathe deutlich älter sind als die Augite, welche in ihren Zwickeln liegen. Zwischen Trogen und Feilitsch fand ich aus dem Boden herausragende Blöcke, welche aus einem merkwürdigen Ge- steine bestehen. Äusserlich bietet dasselbe nichts besonders Auffallendes dar. Es besitzt graugrüne Farbe, ist undeutlich schiefrig, dicht und hat rauhen Bruch. Unter dem Mikroskope 1 Über die Bestimmbarkeit der Gesteinsgemengtheile, besonders der Plagioklase, auf Grund ihres Lichtbrechungsvermögens. Diese Sitzungsber., Bd. 102, Abth. I. Schalsteine. < < '■ ' sieht man das in Fig. 1 dargestellte Bild, welches durchaus an Fig. 2, Taf 2 im eisten Theile dieser Arbeit1 erinnert. Man beobachtet helle Stellen von rundlicher, eckiger oder auch ganz unregelmässiger Gestalt, um welche sich Stränge von grüner Farbe in den mannigfaltigsten Windungen herumziehen; dieser krumme, zum Theil bogige Verlauf wird besonders deutlich hervorgehoben durch dunkle Körnchen und Partien, die in den chloritischen Massen eingebettet sind. Die dunklen Körnchen werden leicht als Titanit erkannt; die wulstförmigen Partien, die im auffallenden Lichte grau, im durchfallenden schwarz erscheinen, so lange man mit schwächeren Vergrösserungen arbeitet, lassen sich mit stärkeren Systemen zuweilen auch auf- lösen und man erkennt dann ein Gemenge von Titaneisenerz- körnchen, die öfter schönen Leukoxenrand zeigen, und Titanit. Hie und da findet man einen leistenförmigen Durchschnitt von Plagioklas. Die lichten Partien lassen optisch einaxige und optisch zweiaxige Stellen erkennen; es ist also wohl viel Quarz und wahrscheinlich auch etwas neugebildeter Feldspath vorhanden. Wichtig scheinen mir jene Stellen zu sein, wo die farblosen Minerale polygonale Räume mit concaven Begrenzungen er- füllen; es ist dies ein Beweis, dass solche Hohlräume im Gestein existirt haben, die nachträglich ausgefüllt wurden. Bezüglich der Deutung dieses Gesteines bin ich jetzt- der Meinung, dass die Annahme, es sei urprünglich eine ganz oder zum grössten Theile glasige Masse gewesen, unter allen Möglichkeiten die grösste Wahrscheinlichkeit besitzt. Aus dem Gebiete zwischen Trogen und Feilitsch stammt auch das im Folgenden beschriebene Gestein; der Felsen, dem es entnommen wurde, steht unmittelbar neben der Strasse an und fällt leicht dadurch auf, dass auf der rostbraunen Oberfläche bei der Verwitterung lichte Flecken hervortreten, welche das Aussehen eines dichten, lichtgrünen Diabas besitzen. Der einem solchen lichten Flecken entnommene Splitter zeigt im Dünn- schliffe porphyrische Structur. Die Grundmasse erscheint im 1 Siehe diese Sitzungsber., Bd. 107. - Vergl. Mähr.-seh'.es. Schalsteinformation, Diese Sitzungsber., Bd. 107, Abth. I, Juni 1898, S. 31. 756 A. Pelikan, durchfallenden Lichte aus einer ziemlich dunkel bräunlichen Masse bestehend, in welche Feldspathmikrolithen in grösser Menge eingestreut sind. Bei starker Vergrösserung sieht man dann, dass die im durchfallenden Lichte bräunlich erscheinende Masse aus lauter farblosen Körnchen und Schüppchen besteht, welche wahrscheinlich das Product der Entglasung einer farb- losen Basis darstellen. Die Feldspathmikrolithen sind häufig mit spitzen Endigungen versehen, zuweilen gegabelt oder pinsel- förmig ausgefranst, wobei die langen, feinen Enden in die um- gebende Substanz verlaufen; auch sind Mikrolithen, welche eine dunkle »Seele« haben, nicht gerade selten. Als Einspreng- unge erscheinen bräunliche Augite, welche noch ziemlich frisch erhalten sind, und grosse Krystallformen, die auf Olivin deuten (siehe Taf. 1, Fig. 2), jetzt aber mit Chlorit (vielleicht auch Serpentin), Quarz in rundlichen Körnern und etwas Carbonat erfüllt sind. Längs der Sprünge sitzen kleine Körnchen (0-01 mm), welche durch hohe Lichtbrechung bei anscheinender Isotropie ausgezeichnet sind. Man überzeugt sich aber leicht, dass jedes rundliche Körnchen ein faseriges Aggregat darstellt. Vielleicht liegt Zoisit vor (starke Lichtbrechung, niedrige Doppelbrechung !) Nach dem Mitgetheilten muss das Gestein als Melaphyr oder, was des Zusammenhanges der ganzen Reihe wegen empfehlenswerther scheint, als Olivin diabas mit hyalopili- tischer Grundmasse bezeichnet werden, welcher Augit und Olivin als Einsprengunge führte. Die Auffindung dieses Olivingesteines ist nicht ohne Inter- esse, da olivinführende Felsarten im Fichtelgebirge überhaupt nicht häufig sind und dieser Typus speciell gar nicht bekannt war. Im südlichen Theile des Fichtelgebirges kommen Basalte in beträchtlicher Ausbreitung vor. Das andere Gestein, welches im frischen Zustande licht- graulichgrün ist, sich aber auf den Klüften mit einer dunkel- braunen Verwitterungskruste überzieht, zeigt einen eigenthüm- lichen Bruch, der dadurch charakterisirt ist, dass die Bruchfläche sehr stark gekrümmt erscheint und dass auf derselben zahl- reiche knotige und knollige Hervorragungen erscheinen. Unter dem Mikroskope sieht man eine ziemlich dichte Grundmasse^ Schalsteine. < •>< welche aus ungemein reichlichen Titanitkörnern, winzigen Feldspathmikrolithen und Chlorit besteht. In den Chlorit ein- gebettet, trifft man zarte AktinolithnädelChen, deren Erscheinung- schön so oft geschildert worden ist. Grössere Plagiöklase sind spärlich vorhanden und weisen fast ausnahmslos fragmentäre Gestalt auf, Augite mit ziemlich guter Krystallform sind nicht selten. Ob das Gestein ein zur spilitischen Ausbildung sich neigender Augitporphyr oder ein Tuff eines solchen ist, lässt sich schwer entscheiden; ich neige mich der letzteren Auf- fassung zu wegen der Plagioklas-Bruchstücke und wegen des knolligen Bruches, den unsere Schalsteine, beziehungsweise Tuffe gern annehmen, der aber freilich auch bei Massen- gesteinen (Basalten) nichts Seltenes ist. Der Gehalt an Titanit in den eben beschriebenen Gesteinen, sowie in anderen ähnlichen, ist ein auffallend hoher. Eine quantitative Prüfung auf Titan,1 ausgeführt an einem Gesteine, das an der Strasse von Hof nach Zedwitz links vor dem Bahn- geleise ansteht, lieferte 3'960/0 Ti02, was einem Gehalte an Titanit von 9-7% entspricht (3 '96 Ti02, 2-97 SiO,, 2 -77 CaO). Sand berger hat darauf aufmerksam gemacht, »dass die silurischen Diabase durch hohen Gehalt an Titaneisen aus- gezeichnet sind, welcher den jüngeren fehlt« (Zirkel, Lehrbuch der Petrogr., II, 653). Der Gehalt an Titan ist, wie man sieht, in unseren Devondiabasen keineswegs gering, seine Haupt- menge dürfte wohl jedenfalls im Eisenerz enthalten gewesen sein und auch die Augite enthalten, beziehungsweise enthielten etwas davon. Dass wahrscheinlich aber auch primärer Titanit vorkommt, wurde S. 754 erwähnt. Bevor man auf der von Hof kommenden Strasse den Ort Töpen erreicht, befindet sich zur Linken in einer Waldlichtung, etwas abseits von der Strasse, ein kleiner Steinbruch, in welchem das nun zu beschreibende Gestein ansteht. Nach den Angaben Gümbel's, nach der geologischen Karte und nach meinem Befunde muss ich schliessen, dass ich es in dem hier auf- gefundenen Gesteine mit einem Vertreter jener Art von Schal- steinbildungen zu thun habe, die nach Güfnbel2 mit Eruptiv- 1 Methode von Baskerville, Journ. Am. Chem. Soc. XVI, 1894. 2 Fichtelgeb., S. 143. 7o8 A. Pelikan, gebilden der Epidiorit- und Paläopikritreihe in »greifbarem« Zusammenhange1 stehen. An einer anderen Stelle (S. 231) äussert er sich folgender- massen: »Weiche, talkige, beim Anschlagen pelzige, dabei zu grünlichweissem Mehl zerreibliche Gesteine in den tiefsten Silurschichten, immer in Verbindung mit hornblendehaltigem Epidiorit, Proterobas oder mit Paläopikrit. Das Gestein ist meist wohlgeschichtet und lässt in Dünnschliffen gegenüber dem typischen Schalstein das Eigenthümliche erkennen, dass die faserig nadeiförmige Ausbildung der Gemengtheile weit vor- waltend ist und Beimengungen grösserer Mineraltheile seltener vorkommen. Dabei ist im Querschnitte die Textur eine in hohem Grade ausgezeichnet wellig flaserige mit einer Menge dünnster faden- förmiger Lagen und deutlich langgestreckter, feinster, grüner Nädelchen. In dem Gewirre von grünen, dünnen Schuppen und Nädelchen lassen sich in den meisten Gesteinen dieser Art sehr bestimmt die letzteren von dem gewöhnlichen Chloropitbestand- theile unterscheiden, da sie deutlich nadeiförmig ausgebildet - nicht etwa bloss Querschnitte von Schüppchen darstellend — schwach dichroitisch sind und von Salzsäure nicht zersetzt werden. Sie verhalten sich wie die Hornblende- oder Strahl- steinnadeln im Epidiorit. Dergleichen Schalsteine müssen daher als strahlsteinführende gelten, während die dem Paläopikrit angeschlossenen diese Erscheinung nicht zeigen. Plagioklasnädelchen kommen in beiden Abänderungen vor«. Meine Probe stimmt mit der Beschreibung Gümbel's voll- ständig überein. Was aber besonders auffällt, sind ziemlich grosse (0-5 cm), dunkelgrüne, fast schwärzliche Partien, unter denen man leicht solche herausfindet, die ganz deutliche Augit- formen erkennen lassen; im Querbruche sind sie aber kaum 1 mm dick. Es ist dies ganz genau die gleiche Art der Auswalzung von Augitkrystallen oder -Fragmenten, wie wir sie an den Plagioklasen der mährischen Porphyrite kennen gelernt haben. Betrachtet man einen Dünnschliff mit freiem Auge oder mit der Lupe, so sieht man zuweilen grössere, etwas dunkler 1 Vergl. S. 746. Schalsteine. 7o9 gefärbte Flecken, die aber im Übrigen die Zusammensetzung des Gesteines haben oder sich nur wenig davon unterscheiden. Es sind dies offenbar lapilliartige Gesteinsbröckchen, die von der feineren Asche umschlossen wurden und welche beweisen, dass das Gestein ein Tuff ist. Unter dem Mikroskope erkennt man grüne, chloritische Massen verwebt mit Carbonat- (hauptsächlich wohl Calcit-) partien, im Chlorite wieder die massenhaften Titanitkörner, wie immer. In dieser Grundmasse, gleichsam als Einsprengunge, liegen die grösseren Augite, von denen oben die Rede war. Vom ursprünglichen Minerale ist nichts mehr vorhanden, alles ist in Chlorit verwandelt. Wie S. 751 geschildert wurde, treten auch hier innerhalb des Chlorits nesterartig lichtgrüne Stengelchen und Büschel von solchen auf, die nach den vielfachen Beobachtungen als strahlsteinartige Hornblende, wenn nicht als Aktinolith direct zu bezeichnen sind (Taf. 1, Fig. 3). Die durchschnittliche Dicke dieser Säulchen beträgt 0'05 mm; die grösseren lassen Absorptionsunterschiede wahr- nehmen, und zwar sind die nach a schwingenden Strahlen deutlich gelblichgrün, jene nach c rein grün. Der Winkel z'.c beträgt circa 17°. Diese Amphibol-Neubildung aus Chlorit beschränkt sich selbstredend nicht auf die Chloritpartien inner- halb der Einsprengunge, sondern ist im Chlorite des ganzen Gesteines verbreitet; allenthalben sieht man bei stärkeren Ver- grösserungen einen förmlichen Filz von Aktinolithnadeln; wo Chlorit und Kalkspath aneinandergrenzen, ragen die Aktinolith- nädelchen in den letzteren hinein. Feldspath scheint in dem Gestein nur in geringer Menge vorhanden gewesen zu sein. In der Grundmasse ist gar keiner mehr zu sehen — auch die Leistenformen fehlen — und als Einsprengung war er nur ein Mal zu beobachten. Wie wir gesehen haben, ist Gümbel geneigt, diese älteren Schalsteinbildungen, die sich von den jüngeren, den devonischen, nur durch den höheren Gehalt an Aktinolith unter- scheiden, auf Epidiorite zu beziehen. Es ist mir zwar nicht gelungen, das zu dem Tuffe gehörige Massengestein aufzu- finden, doch habe ich von Töpen eine Probe, welche äugen- 760 A. Pelikan, scheinlich aus der äusseren, porösen, lavaartigen Rinde eines Ergusses stammt, der ganz wohl ein sogenannter Epidiorit gewesen sein kann. Das Gestein ist graugrün, dicht, mit fast erdigem Bruche. Unter dem Mikroskope ist das Bild einer Lava — etwa einer solchen vom Vesuv — vollständig (siehe Taf. I, Fig. 4). Man sieht ein von der Gesteinsmasse gehildetes Netz- werk mit dazwischenliegenden Hohlräumen, die jetzt von ge- wandertem Chlorit ausgefüllt werden. Die Form der Hohlräume ist ganz unregelmässig, genau so wie bei den Vesuvlaven. Die Minerale des Netzwerks sind: Plagioklas, Augit, Epidot, Titanit, Eisenerz mit Leukoxenrand, Chlorit und mit diesem verbunden ein förmlicher Filz von Aktinolithnadeln. Der Augit bildet kleine Körner, die meist in Häufchen beisammen liegen und augen- scheinlich Überreste grösserer Individuen oder Körner sind. Er hat dieselbe rothbraune Farbe, wie bei den Epidioriten. Der Plagioklas ist in relativ geringer Menge vorhanden; hie und da findet man noch eine gut erhaltene Leistenform mit anscheinend ganz frischer primärer Feldspathmasse. Anderseits ist aber sicher ein Theil des Feldspathes bereits umgewandelt. Ob das vorhandene Grundaggregat ausser dem sicher nachzuweisenden Quarz auch zweiaxige Elemente, also Albit, enthält, ist nicht festzustellen. Dass hier ein Theil des Titanits sicher aus dem Eisenerze abstammt, beweist die Leukoxen- bildung. Als grosse Seltenheit wird neugebildeter Biotit im Chlorit vorgefunden. Die Gegend von Töpen hat noch ein interessantes Gestein geliefert, durch welches neuerdings der Beweis erbracht wird, dass leistenförmige Plagioklase als Neubildungen auftreten. Die Probe wurde einem aus dem Boden hervorragenden Blocke entnommen, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Gestein ansteht, ziemlich gross ist. Makroskopisch wahrzunehmende Merkmale sind: Graugrüne, fein krystalline, fast dichte Grund- masse mit zahlreichen, etwa 2 mm grossen, dunkelgrünen Flecken. Die meisten derselben sind rundlich oder unregel- mässig eckig; einige haben aber rechteckige, sechsseitige und achteckige Formen, wie sie etwa Olivinkrystalle, die in der Prismenzone von (100), (1 10) und (010) begrenzt sind, liefern können. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass die Pseudo- Schalsteine. 761 morphosen wirklich auf Olivin zu beziehen seien. Die .Sache bleibt hier ebenso unentscheidbar, wie bei dem Gesteine aus Mähren,1 wo ganz ähnliche Gebilde beobachtet wurden. Von dem ursprünglichen Minerale ist gar nichts mehr vorhanden, der ganze Raum wird von einem Carbonate, von Chlorit und Biotit, der augenscheinlich aus Chlorit hervorgegangen ist, erfüllt. In der Grundmasse findet man reichlich Plagioklas, Chlorit, Aktinolithnadeln, Titanit, Epidot, Eisenerz und Quarz. Der Plagioklas ist sehr merkwürdig. Er bildet Leisten von durchschnittlich 0-04 mm Breite und 0-2 mm Länge. Zwillinge und einfache Individuen sind etwa in gleicher Menge vertreten; das Maximum der Auslöschung in Schnitten senkrecht zu 010 beträgt circa 13° ; es bleibt also bei Anwendung dieser Methode unbestimmt, ob man es mit einem sauren Oligoklas oder mit einem sauren Andesin zu thun hat; da aber der Brechungs- quotient2 stets deutlich niedriger als jener des Canadabalsams gefunden wird, ist auf Oligoklas zu schliessen. Die Contouren der Feldspath-Individuen sind nicht scharf und geradlinig, sondern vielfach ausgebuchtet und mit Vor- sprüngen versehen, welche deutlich erkennen lassen, dass die Feldspathe zwischen den sie umgebenden Mineralen gewachsen sind und dabei die Räume, die zur Verfügung standen, aus- gefüllt haben. Dies deutet schon darauf hin, dass der Feldspath eine ganz junge Bildung ist; bestätigt wird diese Vermuthung durch die Beobachtung, dass die Aktinolithnadeln, welche nach allen Anzeichen aus dem Chlorit entstehen, der ja auch wieder ein secundäres Product ist, die Feldspathleisten durchwachsen, so zwar, dass diese oft ganz durchspickt von diesen grünen Nädelchen erscheinen (siehe Taf. I, Fig. 5). Ein dritter Beweisgrund endlich ist das Auftreten des Titanits als Einschluss im Plagioklas. Die rundlichen Titanit- körner liegen oft mehrere hintereinander im Centrum des Feld- spath-Individuums. Der Vergleich mit der sogenannten »Seele« der Federn ist ganz treffend. Besonders schön sind diese i L. c. S. 48. 2 Bei Anwendung der Methode von Hecke (siehe S. 14). 762 A.Pelikan, »Seelen« von Titanit in einem anderen Gesteine, das ich am Wege von Hof nach Köditz gesammelt habe. Die mikro- lithischen Feldspathneubildungen sind hier recht schön radial angeordnet, ähnlich wie ich dies im ersten Theile dieser Arbeit (1. c. S. 24) beschrieben habe.1 In diesem Gesteine sind die neugebildeten Plagioklase zuweilen gegabelt und die dunkle »Seele« wird gegen das Ende des Krystalles breiter, wodurch ein Aussehen hervorgerufen wird, das an die Chiastolithe von Gefrees erinnert. Die Neubildung von Plagioklas auf wässerigem Wege ist ja natürlich nichts Neues, bei der Herausbildung des Grund- aggregates, die wir so oft schon verfolgt haben, sogar etwas ganz Gewöhnliches. In Arkosen trifft man neugebildete Feld- spathe regelmässig und in den Tuffen des Grazer Devons, welche Terglav studirt hat, fanden sich solche ebenfalls. Was unseren Fall aber besonders auszeichnet, ist die Leisten form der Neubildungen, die meines Wissens noch nie beschrieben wurde. Die Bestimmung des Gesteines ist schwierig; ich neige mich der Ansicht zu, dass ein Tuff vorliegt, weil die grosse Masse von Neubildungen und das Fehlen jeder Andeutung von ursprünglicher Structur und des ursprünglichen Mineralbe- standes doch eine gewisse Lockerheit des Materiales für den Anfang erfordern. IL Die Sehalsteinformation des Harz. Die Kenntniss der Diabasgesteine des Harz verdanken wir hauptsächlich den ausgezeichneten Arbeiten Lossen's. Seinen ausführlichen Beschreibungen, welche in den Erläuterungen zur -Geologischen Specialkarte von Preussen und den thürin- gischen Staaten« enthalten sind und welche sowohl das geo- logische Vorkommen, als auch die mikroskopischen Verhält- nisse in gleich trefflicher Weise behandeln, lässt sich kaum Neues hinzufügen. Ich werde mich daher auch sehr kurz fassen und nur dasjenige hervorheben, was zur Begründung meiner Auffassung dieser Gesteine nöthig ist. 1 Auch die daselbstbeschriebenen Feldspathmikrolithen könnten secundäre Bilduntren sein. Schalsteine. / 63 Was mein Material anlangt, so setzt sich dasselbe aus den von mir im Jahre 1896 gesammelten und einer Anzahl von Proben zusammen, welche Herr Prof. Koch, der Nachfolger Lossen's, mit grosser Liebenswürdigkeit zur Verfügung ge- stellt hat, wofür ihm hier nochmals mein herzlichster Dank abgestattet werden soll. Wenn man von den gangförmigen Diabasvorkommen ab- sieht, deren Betrachtung ausserhalb des Rahmens dieser Arbeit liegt, so kann man im Harz folgende Gruppen von Diabas- gesteinen unterscheiden: 1. Körnige Diabase. 2. Dichte Diabase (Spilite) mit den zugehörigen Mandel- steinen etc. 3. Grüne Schiefer. 4. Porphyrische Gesteine der Diabasreihe. 5. Schalsteine. 1. Die körnigen Diabase bestehen wesentlich aus Plagioklas und Augit, respective dem aus ihm hervorgegangenen Chlorit. Ersterer bildet leisten- oder tafelförmige Krystalle, zwischen denen der Augit seinen Platz findet, wie dies bei typisch ophitischer Structur der Fall zu sein pflegt. Der Augit ist aber zum grössten Theil nicht mehr vorhanden und an seiner Stelle hat sich Chlorit angesiedelt; auch die Feldspathe, die nach Bestimmungen der Auslöschungs- schiefen auf Schnitten senkrecht zu 010 dem Andesin anzu- gehören scheinen,1 sind ebenfalls bereits ziemlich stark umge- wandelt und haben zur Entstehung von Kalkspath Veranlassung gegeben, der allenthalben in Hohlräumen des Gesteines sich angesiedelt hat. Daneben entsteht auch hier, wie zu wieder- holtenmalen betont wurde, Albit als Neubildung. Der Augit ist gewöhnlich röthlichbraun, wie so häufig in Diabasen; es wurde bestimmt c:£ = 43°. Die von Lossen betonte Diallag-Ähnlichkeit2 zeigt sich in keinem meiner i Lossen fand basischen Labradorit, etwa AbjAn2 entsprechend. Vergl. Erläuterung zu Blatt Wippra, S. 44. 2 Erläuterung zu Blatt Pansfelde, S. 45. Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl.; CVIII. Bd., Abth. I. 51 764 A. Pelikan, Dünnschliffe, wohl aber erscheint sehr häufig neugebildeter Amphibol, wahrscheinlich von Strahlsteinnatur, dessen dünne Fasern sich in der Gestalt von Barten an die Augite ansetzen. Sonst wäre etwa noch der Gehalt der körnigen Diabase an Titaneisenerz hervorzuheben, dessen Umwandlung zur Bildung von Titanit Anlass gibt, der nicht selten als »Leukoxen« noch in Verbindung mit dem ursprünglichen Minerale angetroffen wird. Dies sind die wesentlichen Merkmale der körnigen Diabase, deren detaillirte Beschreibung man bei Lossen (I.e.) findet. Was das geologische Auftreten dieser körnigen Diabas- massen anlangt, so erscheinen dieselben zuerst am Ende der Silurzeit, im sogenannten Graptolithenschiefer; * von hier reichen sie bis hinauf in das Niveau der Zorger Schiefer, die als unteres Mitteldevon zu betrachten sind. Über die Auffassung der körnigen Diabase herrschte lange Zeit Unsicherheit; sind sie Oberflächen Ergüsse, oder hat man sie als spätere Intrusionen zu betrachten. J. C. L. Zincken gebraucht noch - - speciell für die Vorkommnisse des Selke- thales2 — die Bezeichnung »Lagergrünstein«, doch hat bereits im Jahre 1827 K. F. Böbert3 die Ansicht vertreten, dass man es mit Intrusionen zu thun habe, eine Anschauung, der unter Anderen auch Hausmann folgte, als er dem Empordringen des Diabas eine so wichtige Rolle bei der Entstehung des Harz- gebirges zuschrieb. Es dürfte auch kaum eine andere als diese Erklärung das Richtige treffen. Dafür spricht: 1 . die Structur des Gesteines, welche ophitisch bis gabbroid ist und die nach allen unseren Erfahrungen auf eine langsamere Erstarrung unter einer schützenden Decke hinweist; auch der Umstand, dass das Auftreten von Diabasbreccien, welche aus Diabasmaterial, Grauwackentrümmern und Kalkspath be- stehen, an die körnigen Diabase gebunden ist,4 spricht vielleicht zu Gunsten der Auffassung der körnigen Diabase als Intrusiv- 1 Den Lossen noch zum Devon rechnete, der aber von Koch wohl mit Hecht zum Silur gezogen wird. 2 Karsten und v. Dechen, Archiv, Bd. XIX, S. 585. •"■ Ebenda, Bd. XV, S. 352 u. f., Tafel III, Fig. 4 und 5. 1 Erläuterung zu Blatt Pansfelde, S. 46. Schalsteine. ' 765 gesteine. weil hier die Zerstörung der umgebenden Gesteine vermuthlich eine weitergehende war, als bei einfachen Ober- flächenergüssen ; 2. der Mangel an begleitenden Tuffen ; 3. die Verbindung mit Contacthöfen; die aus dem Harz bekannt gewordenen Vorkommnisse von Spilositen und Desmo- siten sind durchaus auf die körnigen Diabase beschränkt; 4. das schwarmförmige Auftreten; auf dem Gebiete des Kartenblattes Pansfelde gibt es allein über 1000 solcher kleiner Massen, welche häufig genug mit ihrer contactmetamorph umgewandelten Schieferhülle als kleine Hügel erhalten sind und der Landschaft ein charakteristisches Gepräge verleihen. Zum Vergleich ist auf Taf. II, Fig. 2 ein Ausschnitt aus der geologischen Karte von Preussen und den thüringischen Staaten, Blatt Pansfelde, reproducirt; man sieht die Massen von körnigen Diabasen mit ihren Contacthöhen aus vorzugsweise adinolartigen Gesteinen. Ich denke, man wird kaum fehlgehen, wenn man das, was hier mit dem auch von Lossen gebrauchten Namen der körnigen Diabase bezeichnet wird, als Intrusivgesteine auffasst. 2. Dichte Diabase (Spilite). Die »dichten Diabase« Lossen's entsprechen ganz genau dem, was ich in meiner Beschreibung der mährischen Schalsteine und der mit ihnen vergesellschafteten Felsarten als Spilite und Spilitmandelsteine aufgeführt habe. Sie bestehen haupt- sächlich aus einer chloritischen Masse, in welche Feldspath- leisten eingebettet sind. Reste von Augit sind wenigstens in den von mir untersuchten Dünnschliffen nirgends mehr zu sehen und ebenso ist der ursprüngliche Inhalt der Feldspath- leisten bereits verschwunden; an seiner statt sieht man ein durch eingewanderten Chlorit gleichfalls grün gefärbtes Aggre- gat von Albit und Calcit. Winzige Körnchen von Titanit erfüllen den ganzen Schliff und lassen ihn wie besät erscheinen. Spilite ganz frei von Mandelräumen scheinen selten vorzukommen; am häufigsten sind solche, bei denen die Mandelräume klein (etwa V2 «*) und ziemlich spärlich sind. Es kommt aber auch 51* 766 A. Pelikan, zur Bildung ausgesprochener Mandelsteine, welche wahrschein- lich hier wie anderwärts als Grenzfaciesbildung der Ergüsse aufzufassen sind. Sowohl die körnigen Diabase, als auch die Spilite sind durchgängig bereits stark in Umwandlung begriffen, doch macht sich dabei insofern ein nicht unwesentlicher Unterschied gegenüber den mährischen Vorkommnissen geltend, als es nur in relativ wenigen Fällen bis zur Bildung eines deutlichen Grundaggregates gekommen ist. Nur gewisse körnige Diabase, welche wahrscheinlich in Folge localer Verhältnisse stärkeren Druckwirkungen ausgesetzt waren, haben einen eigenthümlich flaserigen Charakter angenommen und zeigen die »flaserig durchwobene Mosaikstructur der krystallinischen Schiefer«.1 Aber aych in diesen Fällen ist das eigentliche Grundaggregat in meinem Sinne, das zuerst undeutlich und verschwommen das ganze Gestein gleichsam durchsetzt, dann immer deutlicher und deutlicher werdend, die übrige Gesteinsmasse zurück- drängt, nicht typisch zu sehen. Diese Erscheinung deutet wohl darauf hin, dass die dynamometamorphen Wirkungen im mährisch -schlesischen Devongebiete weitaus stärker und gleichmässiger verbreitet waren, beziehungsweise sind, als in den anderen Gebieten, weshalb auch dort die den Schichten eingeschalteten Eruptiv- gesteine dem Charakter der krystallinen Schiefer weit näher gekommen sind, als anderwärts. Die Art des Auftretens der Spilite lässt wohl nicht den geringsten Zweifel aufkommen, dass man es mit echten Decken- ergüssen zu thun hat.2 Für diese Auffassung spricht nebst der Structur und der Art ihrer Einlagerung zwischen die anderen Gesteine haupt- sächlich das Fehlen jedweder Spur von contactmetamorpher Einwirkung auf die Umgebung.3 Ich erblicke ferner eine wesent- liche Stütze dieser Anschauung in dem Vorkommen von Tuff- 1 Lossen, Erlliut. für Blatt VVippra, S. 46. 2 Lossen, Erläut. für Blatt Pansfelde, S. 48, Zeile 6 v. o. 3 Ursprünglich war Lossen geneigt, die grünen Schiefer für Contact- producte der »dichten Diabase« zu halten. Siehe im Abschnitt über die grünen Schiefer. Schalsteine. 7()7 massen in Verbindung mit den Spiliten. Diese Tuffmassen sind nach meiner Auffassung eben die von Lossen als »grüne Schiefer« angeführten Gesteine. Im folgenden Abschnitte, der diesen »grünen Schiefern« gewidmet ist, werde ich das, was mir als beweisend für diese Anschauung zu sein scheint, auf- führen. Was das geologische Alter der Spilite betrifft, so reichen sie aus den Regionen des Unterdevon (im Liegenden des Haupt- quarzits, zu oberst in der Graptolithenschieferzone), vielleicht auch des Silur bis in das untere Mitteldevon (Region des Zorger Schiefers). Mit den Spiliten vergesellschaftet kommen auch im Harz, wie in Mähren und Schlesien, Eisenerze * (meist Rotheisen) vor. 3. Grüne Schiefer Lossen = Diabastuff. Im Harz finden sich, sowie in Mähren, in Verbindung mit den Diabasen, speciell mit den Spiliten verbunden, grüne, mehr oder minder deutlich schiefrige Gesteine, in welchen ich, wie aus meiner Beschreibung der mährischen Vorkommnisse zu ersehen ist, Tuffe der Diabase erblicken zu müssen glaube. Es schien mir diese Auffassung sowohl aus dem Auftreten in Ver- bindung mit den Diabasgesteinen, als auch aus dem Vorhanden- sein der rein sedimentären Structur bei einer Mineralzusammen- setzung, welche kein gemeines Sediment haben kann, hervor- zugehen. Im Fichtelgebirge sind derartige Gesteine wohl auch vor- handen, aber sehr schlecht aufgeschlossen, wie überhaupt Alles daselbst, so dass die Lagerung nicht studirt werden kann. Im Harz hingegen sind die Sachen so gut zugänglich, dass eine genaue Kartirung vorgenommen werden konnte. Lossen war anfänglich geneigt, in den grünen Schiefern Contactproducte der dichten Diabase zu erblicken und er hat sie als solche z.B. in den Erläuterungen zu Blatt Hasselfelde (Erscheinungs- jahr 1870), S. 13, angeführt. Später hielt er sie, wenigstens der Hauptmasse nach, für umgewandelte Diabase. Ich glaube, dass man der Wahrheit vielleich am nächsten kommt, wenn man in ihnen die Tuffe der diabasischen Ero-ussmassen erblickt. i Erläut. für Blatt Wippra, S. 26. 768 A.Pelikan, Lossen beschreibt die Gesteine (Erläuterungen zu Blatt Wippra, S. 24 u. f.) folgendermassen : »Den obersten Theil der oberen Wiederschiefer setzen sogenannte „grüne Schiefer" zusammen. Darunter sind nicht sowohl echte Schiefer von vollkommener Spaltbarkeit zu ver- stehen, als vielmehr dickplattige, in einzelnen Lagen hie und da fast massige, flaserig oder lagenweise schiefrige, feinkörnige bis dichte Gesteine von dunkelgrüner bis hellgrauer oder gelb- grüner, seltener violettrother Farbe; bald gleichmässig gefärbt, bald der Structur entsprechend in streifigem oder flockig ge- flammtem Farbenwechsel, wobei auch hellgraue bis weissliche Farben örtlich einspielen. Chlorit, strahlsteinartige oder Amiant- Hornblende, Epidot, Albit in weissen, meist breiten, ungestreiften oder nur zweihälftig oder unregelmässig verzwillingten Krystall- tafeln, ferner Kalkspath, Quarz, Titaneisenerz mit Leukoxen oder Titanit, Eisenglanz, Magneteisen, lichter Glimmer, Apatit (nur chemisch nachgewiesen!) und hie und da Eisen- oder Kupferkies oder auch Malachit in zarten Anflügen: Alle diese Mineralien, die vier letzten ausgenommen, nehmen an der Zu- sammensetzung der grünen Schiefer mehr oder weniger wesent- lich theil, ohne jedoch stets in jeder Varietät zugleich vorhanden oder in gleichem Verhältnisse vertheilt zu sein. So tritt in manchen Varietäten die Hornblende ganz zurück gegen das Chlorit-Mineral, in anderen sind beide gleichmässig nebenein- ander vertreten, noch andere führen mehr Hornblende als Chlorit, welch letzterer wohl niemals ganz fehlt. Ohne An- wendung des Mikroskops sind die hornblendeführenden und die hornblendefreien Gesteine in der Regel nicht von einander zu unterscheiden. Nur das geübte Auge erkennt durch eine gute Lupe hie und da den eigenthümlichen Seidenglanz ineinander verfilzter allerfeinster Strahlstein- oder Amiantnädelchen; den Chlorit dagegen verräth zuweilen ein mit auffallend dunkler Farbe gepaarter stumpfer Fettglanz, so zumal in Ansammlungen auf den plattig-schiefriger Structur entsprechenden Gesteins- ablösungen oder in einzelnen, dem helleren Gestein ziemlich regelmässig eingestreuten Flecken, die nach ihrem Aussehen unter dem Mikroskope verquetschte Pseudomorphosen nach Augit zu sein scheinen. Diese dunkelfleckigen Gesteine, welche Schalsteine. 769 Hörnblende und Chlorit und überdies Albit, Epidöt, roth durch- scheinenden Eisenglanz und Leuköxen führen, erinnern ihrem äusseren Habitus nach an dichte, unter Chlöritausscheidung etwas schiefrig gewordene Diabase. Andere Varietäten zeigen hellere graulich- bis gelblich- weisse, ovalrunde Flecken oder in die Länge gezogene schweifige Flasern auf grünlichem dunkleren Grunde und er- innern einigermassen an schiefrige Labradorporphyre unter den Harz-Diabasen. In der That fehlen solche grüne Schiefer nicht, in welchen Plagioklaskiystalle breitflächig sich als hellere Flecken von der Schieferungsfläche abheben; die lichten Flecken des Köthenthaler Gesteins dagegen sind durch reinere Ausscheidung mikroskopisch feinkörniger Albitmasse mit ein- gewachsenen Epidotkörnchen, Chloritschüppchen und Kali- glimmerlamellen bedingt, während in der etwas dunkleren Hauptmasse von viel feinerer Structur vor den anderen Gemeng- theilen eine graulich trübe, undurchsichtige Substanz auffällt, die vereinzelt auch als Pseudomorphose grösserer Titaneisenerz- tafeln erscheint und danach als Leuköxen gelten muss. Solchen helleren, hornblendefreien und doch chloritarmen Varietäten stehen anderseits sehr dunkelgrüne hornblendefreie zur Seite, in welchen der Chlorit als Gemengtheil mehr in den Vordergrund tritt. Das Mohrungerthal und die beiden Thälehen, welche sich zum Köthenthale vereinigen, namentlich auch die Felsen zwischen den beiden, diese Vereinigung bildenden Bächen ge- währen dafür gute Aufschlüsse. Am auffälligsten sind plattig- schiefrige und nicht selten wellig gekräuselte Schiefer, in welchen Magneteisenerz oder auch Eisenglanz und titansäure- haltiges Erz nebst Leuköxen in weissen, trüben Massen oder Titanit in stark lichtbrechenden Körnchen zonenweise der Plattung parallel sehr angehäuft sind, während albitreiche, erz- arme Zonen damit abwechseln und Chlorit nebst etwas Kali- glimrner durch das ganze Gestein verbreitet ist. Da, wo der Eisenglanz vorherrscht, stellen sich violette Farbentöne neben den dunkelgrünen ein; lagen weise Anreicherung des sericitischen Glimmers ruft ein lichteres Gelbgrün und sanften Atlasglan; auf der Plattunesfläche hervor. 770 A.Pelikan, Das Alterniren so verschiedenfarbiger Zonen, die oft nur 1 — 3 mm Dicke besitzen, macht einen gefälligen Eindruck; derselbe wird erhöht, wenn ölgrüner Epidot oder weisser Kalk- spath, letzterer vorzugsweise an die lichteren, albitreicheren Lagen gebunden, in reineren Ausscheidungen hinzutreten; auch Quarz gesellt sich den lichtgefärbten Gemengtheilen nicht selten bei, ist aber in feinkörniger Ausbildung von dem wasserhell durchsichtigen Albit unter dem Mikroskope nicht stets sicher zu unterscheiden. Albit, Epidot, Kalkspath, Quarz bilden über- dies in den grünen Schiefern grosskrystallinische Nester, Schnüre oder Trümmer bis zu 1 dm Breite und darüber, in welchen der Quarz mehr zurücktritt, als in den gewöhnlichen, schärfer von dem Gestein abgegrenzten Quarz — Albit -Aus- scheidungen in der Region der auffällig abweichenden Schiefer. Solche Ausscheidungen gleichen ganz den Mineralanhäu- fungen derjenigen grünen Schiefer, welche im normal ent- wickelten Theile des Mittel- und Ostharzes in Be- gleitung der dichten Diabase grosse Verbreitung besitzen. Die mikroskopische Untersuchung charakteristischer Vor- kommen dieser typischen Diabas-Aphaniten vergesellschafteten grünen Schiefer hat seither aus Pseudomorphosen nach den für Diabas' bezeichnenden und zum Theil noch unverändert er- haltenen Mineralien und aus wohlerkennbaren Resten der dem- selben eigenthümlichen Structur ergeben, dass sie, wenn nicht insgesammt, doch grösstentheils als unter Druckschieferung molecular umgewandelte Diabase aufzufassen sind. Unter diesem Gesichtspunkte ist es wichtig, hervorzuheben, dass auch in den weithin ohne wohl erkennbare Einlagerungen dichter Diabase, jedoch in dem gleichen Horizonte der obersten Wieder Schiefer innerhalb der Region abweichender Schiefer des Süd- ostharzes anstehenden grünen Schiefern Gesteine angetroffen werden, die nach den angeführten Erkennungsmerkmalen unzweifelhaft als veränderte Diabase angesprochen werden müssen. Solche Diabase sind flaserig-körnig und entsprechen ge- wissen hie und da zwischen den dichten Diabasen, anderwärts über denselben im obersten Wieder Schiefer vorkommenden Schalsteine. ' ' 1 normalen körnigen Diabasen. Sie lassen den braungefärbten, charakteristischen Diabas-Augit zum Theil schon mit blossem Auge erkennen, unter dem Mikroskop überdies Titaneisen in breiten Tafeln und hie und da auch noch Reste der durch divergentstrahlige Anordnung für die Diabase so bezeichnenden langgestreckten Plagioklasleisten; daneben enthalten sie, und zwar vorwiegend, zum Theil noch als Pseudomorphosen nach den Diabasgemengtheilen, zum Theil in räumlich uneinge- schränkter, flaserig-körniger Structur, örtlich auch in grob- krystallinen Ausscheidungen die Mineralien der grünen Schiefer als Neubildungen: Albit, Epidot, Kalkspath und Quarz. Dafür, dass in den Gesteinen der Grünschieferzone stark umgewandeltes Eruptivmaterial vorliegt, kann aber auch aus dem räumlichen Verhalten der Zone ein Anhaltspunkt gewonnen werden, insoweit, als ihr plötzliches Endigen bei kaum ver- minderter Breite eher mit einem deckenförmigen Eruptiverguss, als mit einer Sedimentärablagerung sich verträgt«. Alle von Lossen angegebenen Gemengtheile sind auch in meinen Schliffen zu sehen. Die Structur wird durch das Photogramm (Taf. I, Fig. 6) wiedergegeben; sie gleicht übrigens, wie gleich hier bemerkt werden mag, in allen Stücken durch- aus jener im ersten Theile meiner Arbeit Taf. II, Fig. 3 dar- gestellten; sie ist völlig sedimentär, kein einziger Zug erinnert an ein Massengestein. Was mir aber wichtig erscheint, ist der hohe Gehalt der sogenannten grünen Schiefer an Titanit, dessen rundliche, oft walzenförmige und nicht selten warzige, auch verästelte Körner die Dünnschliffe erfüllen. Dieser Titanitgehalt ist etwas so Charakteristisches für die Diabase, speciell die Spilite unserer Gebiete, dass ich nach meinen Erfahrungen nicht das geringste Bedenken trage, das Material, aus welchem die sogenannten grünen Schiefer aufgebaut sind, von Diabasen abzuleiten. Ich habe auf die Wichtigkeit des Titanits schon wiederholt hingewiesen1 und habe ihn auch im ersten Theile dieser Untersuchungen bereits zur Erkennung der Herkunft von Gesteinsmaterial benützt. i Siehe S. 748 u. 757 / 72 A. Pelikan, Ein anderer wichtiger Umstand ist der, dass in manchen sogenannten grünen Schiefern — besonders schön zeigt es der in Fig. 6 abgebildete Schliff, der aus einer Gesteinsprobe hergestellt ist, die mir Prof. Koch in Berlin mit grosser Liebenswürdigkeit zur Verfügung gestellt hat (Fundortsangabe Mohrungen, Blatt Wippra) — Partien, die vorzugsweise aus Diabasmaterial mit viel Titanit bestehen, mit solchen ab- wechseln, die unverkennbar von anderer Herkunft sind. Dieses fremde Material ist in Lagen, Linsen oder Flasern dem Gestein, welches im Allgemeinen deutlich schiefrig ist, eingeschaltet. Mikroskopisch ist dieses fremde Material ausgezeichnet durch den fast völligen Mangel an Titanit, durch das reichlichere Eintreten winziger Lamellen von Muscovit, welcher in der übrigen Gesteinsmasse nahezu ganz fehlt und durch die Be- theiligung von unverkennbar klastischen Quarzelementen an seiner Zusammensetzung. Wenig Chlorit, etwas Muscovit, spärlicher Titanit, Plagio- klas (Albit?) und Quarz setzen diese Partien zusammen, die sich ganz scharf von den etwas dunkleren, diabasischen abheben, die, wie übrigens betont werden muss, auch ihrerseits keine Spur von Diabasstructur oder erkennbarer Pseudomorphosen nach den Gemengtheilen erkennen lassen. Es macht ganz den Eindruck, als ob das Diabasmaterial in feinvertheiltem, also vermuthlich zerstäubtem Zustande zur Bildung des Gesteins zusammengekommen wäre. Ich glaube, dass, wenn man die Erscheinungen ohne Zwang erklären will, nur der eine Weg offen ist, nämlich der, dass man für das Gestein sedimentären Ursprung annimmt und zugleich zugibt, dass zweierlei Material vorhanden war: die feinvertheilte Diabas- (Spilit-) Asche und das gewöhnliche Thonschiefersediment, welche in einem ruhigen Meerestheile zur Ablagerung gekommen sind, womit die lagenweise, beziehungsweise linsenförmige Anordnung der beiden Componenten erklärt werden kann. In bewegterem Meere muss wohl eine innige Mischung der Spilitasche mit dem Thonschiefersediment erfolgt sein. Bei den mährischen Vor- kommnissen war häufiger der letztere Fall realisirt. Diese innige Verbindung der Diabasgesteine mit den Thonschieferablage- rungen ist, wie hier nicht wiederholt zu werden braucht, ein Schalsteine. »73 Beweis für den submarinen Charakter der devonischen Diabas- ergüsse. Im Allgemeinen findet man jedoch solche Anzeichen des Vorhandenseins von fremdem Material bei den »grünen Schiefern« nicht und auch die chemischen Analysen, welche ich am Schlüsse dieses Abschnittes anführe, deuten darauf hin, dass in den meisten dieser Gesteine das Diabasmaterial ziem- lich rein erhalten ist. Ein fernerer wichtiger Umstand für die Beurtheilung der Stellung der grünen Schiefer Lossen's ist der, dass sie stets in bestimmten Beziehungen zu dem Auftreten der Spilite stehen; schon der Anblick der geologischen Karte lehrt dies;1 man sieht die Massen der dichten Diabase umgeben von mehr oder minder breiten Zonen grüner Schiefer. Lossen sagt darüber:2 Ab- weichend in ihrem Verhalten von den Contactbildungen der körnigen Diabase verbreiten sich die grünen Schiefer in der weiteren Umgebung der dichten Diabase im oberen Wieder- schiefer, so zwar, dass sie die einzelnen Vorkommnisse der- selben untereinander verbinden und damit eine zusammen- hängende Zone zusammensetzen«. Ferner S. 53 ebenda: »Auch die viel spärlicheren Vor- kommen der dichten Diabase im Zorger Schiefer sind hie und da von sehr schiefrigen Gesteinen begleitet, welche ausser Zusammenhang mit dem Massengesteine leicht für echte Schiefer genommen werden könnten«. Unter Berücksichtigung aller angeführten Umstände ist es, wie ich meine, schwierig, sich vorzustellen, wie die grünen Schiefer druckschiefrig gewordene Diabase sein könnten. Die Druckmetamorphose kann einzelne Schichten mehr, andere von abweichender Zusammensetzung weniger stark beeinflussen, sie kann an den Biegungsstellen der Falten anders wirken, als in den Faltenschenkeln etc., aber sie kann unmöglich um eine Eruptivmasse herum einen Hof erzeugen und um mehrere nebeneinanderliegende Eruptivmassen ebensoviele Höfe! Local mag ja einmal ein körniger oder dichter Diabas durch Dynamo- 1 Vergl. Taf. II, Fig. 2, welche die Wiedergabe eines Ausschnittes aus der geol. Specialkarte von Preussen, Blatt Hasselfelde, darstellt. - Erläut. zu Blatt Pansfelde, S. 52. 774 A.Pelikan, metamorphose zu einem Schiefer ausgequetscht worden sein, die Hauptmasse der grünen Schiefer hat aber eine solche Ent- stehung gewiss nicht gehabt. Die andere Deutung, die Lossen noch annimmt, dass nämlich ein Theil der grünen Schiefer echte Schiefer seien (Pansfelde, S. 52, Zeile 6 von unten), nähert sich schon mehr meiner Auffassung, nach welcher die grünen Schiefer eben nichts Anderes sind, als die zu Schiefern ver- festigten, bei der submarinen Eruption der Spilite ausgeworfenen staubförmigen Aschenmassen, also echte vulcanische Tuffe der Spilite, an deren Bildung theilweise, aber jedenfalls nur in geringem Maasse auch gewöhnliches Thonschiefersediment betheiligt ist. Bemerkt mag schliesslich noch werden, dass in den grünen Schiefern des Harz (Mohrunger Schlossberg, Blatt Wippra) als concordante Einschaltungen kleinere Linsen von derbem, weissen Baryt vorkommen;1 auch in Österreichisch-Schlesien bei Bennisch wird Schwerspath abgebaut, der im Bereiche der Schalsteinformation vorkommt. Nähere Daten sind mir nicht bekannt geworden, da die Grube zur Zeit meines Besuches unter Wasser stand. Zum Vergleiche setze ich noch einige Analysen von kör- nigen Diabasen (in Ermanglung solcher von Spiliten) neben Analysen von grünen Schiefern hieher. Eine einfache Betrach- tung lehrt, dass im chemischen Bestände nur geringe Unter- schiede zwischen den beiden Gesteinstypen bestehen. Die Analysen können demnach nichts zur Entscheidung der Frage beitragen, ob die »grünen Schiefer« umgewandelte Diabase, oder ob sie (natürlich auch umgewandelte) Tuffe von solchen sind. Das eine aber ist sicher, dass, wenn letzteres richtig ist, keine oder nur geringe Beimischungen von fremdem Materiale vorhanden sein können, wie bereits bei der mikro- skopischen Beschreibung hervorgehoben worden ist. Mindestens am Si02-Gehalte müsste eine Veränderung, eine Zunahme wahrnehmbar sein, wie aus der unten angeführten Dachschiefer- Analyse zu ersehen ist. 1 Erläut. zu Blatt Wippra, S. 26. Schalsteine. 775 Analysen von körnigen Diabasen. I. Diabas, ziemlich frisch, aus dem Richtschachte auf der Lerchenbreite bei Tilkerode. Nach O. Schilling: Die chem.-mineral. Const. der »Grünstein« genannten Gesteine des Südharzes. S. 13. II. Diabas von der Gabelleithe nach Rudeloff (Erläut. zu Blatt Schwenda, S. 37). Nach Lossen in Umwandlung in einen grünen Schiefer begriffen. III. Diabas, Steinbruch im Schwarzen Stamm bei Mägdesprung. Analysirt von Carmichael (siehe Lossen, Blatt Harz- gerode, S. 31). IV. Diabas aus dem Steinbruche des Thalgrundes zwischen Mönchs- und Ramsenberg. Analytiker Rudel off (Blatt Wippra, S. 51). V. Diabas vom Käseberge, Blatt Wippra, S. 48. Analytiker Paul. I. Si02 A1203 Fe203 FeO Mn 0 MgO CaO Alkalien Glühverlust . . Dichte • . 45 786 . 25 571 6 083 4 939 0 386 3 ?,()?, 7 4?0 2 137 176 100-000 2-92 776 A. Pelikan, IL SiQ2 Ti02 A1203 Fe3 03 Fe O Mg 0 CaO Na20 K20 H20 C02 Dichte III. Si02 M203 Fe2 03 Fe 0 MnO MgO CaO Na2 O K20 H20 IV. Si02 Ti O, A1203 Fe203 FeO MgO CaO Na20 K2Ö H.,0 . . 47- 68 1 . . 17- 27 1 • 9.7 8 9r=) 6 ofi F) 35 3 "1; 1 4fi . . 5 74 1 03 99 2 88 787 . . 47 17 . . 17 30 4 07 5 81 0 57 5 59 . . 14 10 9 4? 0 33 3 71 101 . . 43 07 94 1 57 . . 15 56 1 58 . . 10 34 8 49 10 39 9 .qq 0 94 5 08 100 04 Schalsteine. V. SiO, 44 Ti02 0 A1203 15 Fe203 4 FeO 9 MgO 8 CaO 7 Na2 0 2 K20 0 H,0 4 77' Der Rest enthält: 98 • 23 87 12 61 27 OL' 36 85 83 78 P205 0-46 C02 0-73 S 0-45 Lichtfleckiger grüner Schiefer oberhalb des Hohenstein (I) und dunkelgrüner magneteisenreicher Schiefer aus der Thal- gabel des Köthenthales, beide bei Grillenberg (Analytiker Fuhrmann). Si02 . Ti02 . A1203 Fe203 FeO . MnO. MgO . CaO . Na,0 . K20 . H20. . P.C. • 46 Ol 1 50 20 70 3 80 4 17 0 03 4 85 10 30 3 48 1 21 3 48 0 27 99 80 41 55 2 62 17 32 14 98 5 26 s pur 5 58 • > 50 '> oO 4 14 o 28 3 66 0 33 100 2 2 78 A.Pelikan, Dachschiefer aus dem Harzgeroder Dachschieferbruche (Blatt Harzgerode, S. 19). Analytiker Jacobs. Si02 59-96 Ti02(Zr02) 0-76 A1203 9-98 Fe2 03 0-83 FeO 2-92 MgO 2-93 CaO 6-32 Na20 1-15 K20 2-86 H20 2-54 CO, 7-71 97-87 Im Reste noch enthalten: P205 0-14 C 0-91 S03 (als S im Pyrit) . 2'08 CO, 7-71 4. Porphyrische Gesteine der Diabasreihe kommen im Harz gelegentlich als locale Facies hauptsächlich bei den dichten Diabasen vor.1 Ich habe zwei ausgezeichnete, hieher zu rechnende Gesteine gesammelt und will eine kurze Beschreibung derselben mittheilen. Das eine Gestein stammt vom Herzogsweg bei Lauter- burg a. H. und zeigt in einer graugrünen, dichten Grundmasse Feldspathkrystalle, welche theils mehr isometrisch ausgebildet sind und nahezu quadratische Durchschnitte von etwa 1 cm Kantenlänge liefern, theils Tafeln von 2 — 21/2 cm Länge und V2 cm Dicke. Die Feldspatheinsprenglinge sind aber nicht mehr frisch, sondern bereits in Umwandlung begriffen und durch eingedrungenen Chlorit grünlich gefärbt. 1 Erläut. zu Blatt Pansfelde, S. 48, Zeile 2 von oben. Schalsteine. 779 Unter dem Mikroskope sieht man, dass die Grundmasse aus grossen Plagioklaslamellen besteht, deren Zwischenräume jetzt grösstentheils durch Chlorit ausgefüllt sind, in welchem man aber noch recht zahlreiche Reste von röthlichbraunem Augit vorfindet. Titaneisenerz mit Leukoxenrand und Zwillings- lamellen ist in erheblicher Menge vorhanden. Sowohl die Plagioklaseinsprenglinge, als auch die Grund- masse-Feldspathe, sind mit reichlichen Mengen von Glimmer- schüppchen erfüllt. Das abgeschiedene Calcium der Plagioklase erscheint als Calcit in grösseren und kleineren eingesprengten Partien. Eine nähere Bestimmung der Plagioklase ergab kein verlässliches Resultat wegen weitgehender Umwandlung und undulöser Auslöschung der erhaltenen Partien. Dieser Labradorporphyr erinnert durch seine grossen Plagioklaseinsprenglinge an die gequetschten Porphyrite des Ottilienstollens bei Sternberg,1 während der zweite Porphyrit, den ich im Harz gesammelt habe (grosser Steinbruch, zu welchem von der Station Rübeland eine Zweigbahn führt), mehr an das Gestein von Krokersdorf (1. c. S. 47) erinnert. Hier sind die Einsprengunge kleiner (etwa 4 — omni), aber sehr zahl- reich. Im Übrigen besteht aber kein wesentlicher Unterschied gegen das vorher beschriebene Gestein, nur hat die Grund- masse vielleicht noch mehr den Charakter der körnigen Diabase als dort. Eine Bestimmung der Plagioklase war gleichfalls un- möglich. 5. Schalstein Lossen. In dem Gebiete um Elbingerode und Hüttenrode hat Lossen auf der »Geologischen Karte des Harzgebirges« (1:100.000) vier zusammenhängende Partien von »Schalstein« ausgeschieden. Soweit ich die Verhältnisse auf meinen Aus- flügen, auf denen Herr Rittmeister v. Haenlein in Blanken- burg a. H. mein liebenswürdiger Führer war, kennen leinte, stimmen diese Schalsteine ganz genau mit jenen Gesteinen aus Mähren überein, welche nach meiner Auffassung »gemischte Sedimente«, d. h. Diabastuff mit Thonschiefer-, zum Theil auch i Mähr.-schles. Schalst. S. 37. Sitzb. d. mathem.-naturvv. CL; CVIII. Bd., Abth. I. 52 780 A.Pelikan, Kalksediment gemengt, darstellen. Somit haben wir im Harz, genau so wie in Mähren, folgende Glieder der »Schalstein- formation«: Körnige Diabase, Spilite (mit ihren Mandelsteinen etc.), porphyrische Gesteine, reine Tuffe und Schalsteine, wenn man als solche die gemischten Sedimente bezeichnet. Das mikroskopische Bild dieser »Schalsteine« ist im All- gemeinen ein recht einfaches. Man sieht Feldspathleisten und Feldspathbruchstücke, meist aber mit völlig umgewandeltem Inhalte. Wichtig ist der Gehalt an Titanitkörnern. Winzige Glimmerschüppchen, wie wir sie in den mährischen Gesteinen so massenhaft fanden, kommen auch hier vor. Quarzkörner von deutlich klastischem Charakter sind zweifellos allothigenen Ursprungs. Ein mehr oder minder deutliches Grundaggregat ist fast stets vorhanden; das Gleiche gilt vom Kalkspath, der die meist unregelmässig geformten Hohlräume des Gesteines erfüllt. Es wäre überflüssig und ermüdend, noch mehr Details anzu- führen; es würde dies doch nur eine Wiederholung des bei dem mährischen Vorkommen Gesagten bedeuten. Ich will nur zum Schlüsse noch einmal darauf hinweisen, dass die Schalstein- formation1 im Harz mit jener in Mähren, wenn man von indivi- duellen Verschiedenheiten absieht, die allergrösste Ähnlichkeit hat. Im Harz ist nur Alles viel grossartiger verlaufen, was in Mähren und Schlesien in bescheidenerem Rahmen sich ab- gespielt hat. III. Nassau. Ausser den Gesteinen aus den bisher besprochenen Ge- bieten habe ich noch Proben aus der Gegend von Dillenburg (Haiger, Nanzenbach), welche ich der Freundlichkeit des Herrn Prof. Berwerth verdanke, und solche aus Elsass-Lothringen, die mir Herr Prof. Bücking gütigst überlassen hat. Über das nassauisch-westphalische Gebiet existirt eine ziemlich umfangreiche Literatur, welche aber in vorzüglicher Weise von Lepsius2 zusammengefasst wurde. i Vergl. S. 4. 2 Geologie von Deutschland, Bd. I, S. 259 u. f. Schalstcine. < 8 1 Die wichtigsten zum Vergleiche mit den besprochenen Gebieten dienlichen Thatsachen sind etwa folgende : Im rheinischen Schiefergebirge liegen grosse Massen von Diabasgesteinen, den übrigen Gebirgsgliedern meist concordant eingeschaltet vom Silur bis zum Culm und bilden zahlreiche im Streichen der Schichten verlaufende Lagerzüge. Wie viele von diesen Diabaslagern als intrusive Massen, wie viele als effusive Decken aufzufassen sind, ist bisher noch nicht mit Sicherheit festgestellt worden; während es früher üblich war, dieselben sämmtlich als Decken anzusehen, scheint man sich neuerdings mehr der zweiten Deutung1 zuzuneigen. Jedenfalls dürften wohl die Diabasporphyritlager als effusive Decken zu betrachten sein; darauf deutet ihre Wechsellagerung mit Sedimenten, das Vorhandensein der für Ergussgesteine charak- teristischen Mandelsteinstructur und die mit ihnen eng verbun- denen, ausgebreiteten Diabastuffe (Schalsteine), welch letztere nur mit effusiven Strömen, nicht mit intrusiven Lagergängen in Verbindung stehen können. Hingegen erscheint es wieder als wahrscheinlicher, dass die Diabasschwärme in den Calceolaschichten der oberen Ruhr- gegend im Sauerlande wirklich als intrusive Lagerzüge aufge- fasst werden müssten, während dagegen die Diabaslager im oberen Mitteldevon, im Oberdevon und im Kulm der Lahn- und Dillmulde, sowie der Gegend von Brilon der grossen Mehr- zahl nach gewiss wieder als effusive Ströme anzusehen sind.2 Man bemerkt sofort die grosse Ähnlichkeit zwischen diesem Gebiete und dem Vorkommen im Harz in Bezug auf die Lage- rung der Diabase und die Schwierigkeit, die Frage, ob eine bestimmte Masse effusiv oder intrusiv sei, bloss aus geo- logischen Merkmalen zu entscheiden. Wenn man aber erwägt, dass körnige Diabase in Stöcken und intrusiven Lager- gängen vorkommen, welche die mit ihnen im Contact stehenden Schiefer umgewandelt haben, wird man für solche Vorkomm- nisse wohl ohne Bedenken den Intrusivcharakter in Anspruch ' Schenck, Riemann, Über die Grünsteine des Kreises Wetzlar. Ver- handl. des naturhist. Ver. Rheinl. Westphalen, 39. Jahrg., S. a67, Bonn, 1882. 2 Lepsius, Geologie von Deutschland, S. 260. 52* 782 A.Pelikan, nehmen und sie den körnigen Diabasen im Harz und in Mähren an die Seite setzen dürfen. Man vergleiche hiezu die der inter- essanten Arbeit Greim's1 beigegebenen Profiltafeln. Das Vorkommen porphyrischer Gesteine der Diabas- familie in diesem Gebiete steht ebenfalls ausser Zweifel; Sc häuf2 beschreibt ein Vorkommen (oberhalb Balduinstein a. d. Lahn) mit grossen Plagioklaskrystallen; Vieles von dem jedoch, was Lepsius (1. c. S. 268 u. f.) unter dem Titel » Diabas - porphyrit« bespricht, sind zweifellos Gesteine, welche den von mir »Spilite« genannten entsprechen. So z. B. befindet sich unter meinen Stücken eines mit der Fundortsangabe: Grube Glauckstein bei Dillenburg, welches bestimmt in diese Gruppe einzurechnen ist. Dieser Spilit-Mandelstein ist gelbgrün und erscheint dem freien Auge dicht; nur hie und da glänzt eine Calcit-Spaltfläche in einer der ziemlich zahlreichen, aber sehr kleinen (meist unter l/2 nun) Mandeln. Zuweilen erscheint auch Chlorit als Füllung in denselben. Unter dem Mikroskope sieht man Feldspath-Mikrolithen, welche stets einfach, nicht verzwillingt sind und sehr geringe Auslöschungsschiefe (Maximum 4°) aufweisen. Wenn ein Pla- gioklas vorliegt, muss es also ein Oligoklas sein. Der nächst- wichtige Gemengtheil ist der Chlorit, in den die Feldspathe ein- gebettet sind. Er tritt im Gestein in der Form grösserer Schuppen und Blättchen auf; als Ausfüllungsmaterial der Mandelräume bildet er concentrische Lagen, die aus kleinen Schüppchen, welche auf den Wandungen senkrecht stehen, aufgebaut sind. Titanit ist reichlich vorhanden; er erscheint zum Theil in kleinen bis winzigen Körnchen im Gesteine zerstreut, zum Theil als Pseudomorphose in meist quadratischen, aber auch in sechsseitigen Durchschnitten, was auf einen titanhaltigen Magnetit als ursprünglichen Gemengtheil schliessen lässt. Die von Calcit oder Chlorit oder auch von beiden zugleich erfüllten Hohlräume sind meist von ganz unregelmässiger Form. 1 Die Diabas Contactmetamorphose bei Weilburg a. d. Lahn. N. J. f. Min. 1888, Bd. I, S. 1—31. 2 Schauf, Verhandl. d. Naturwiss. Ver. für die Rheinlande und Wes't- phalen. 1S80. Schalsteine. / «Sil Die Diabastuffe, beziehungsweise die Schalsteine zeigen im Grossen und Ganzen hier denselben Charakter, wie in den anderen Gebieten; es sind verschieden gefärbte, mehr oder weniger deutlieh schiefrige Gesteine, deren Hauptgemengtheil Chlorit ist, dem sich Plagioklasleisten, Magnet- und Titaneisen und Apatit einlagern. Der Kalkgehalt wechselt und ist oft als Füllung von Hohlräumen des Gesteines, oft dieses ganz und gar durchsetzend, vorhanden, genau so wie dies besonders deutlich und schön bei den mährischen Vorkommnissen aus- geprägt war. Die Beimischung von Thonschiefermaterial wird von Lepsius angeführt,1 wodurch also auch in dieser Hin- sicht völlige Übereinstimmung mit den anderen Gebieten her- gestellt ist. Die Tuffbreccien und Tuffconglomerate der Diabasgesteine kommen hier wie anderwärts vor; weder ihre Entstehung, noch ihre Zusammensetzung hat bei den anderen Gebieten Anlass zu besonderen Bemerkungen geboten. Es will mir aber scheinen, dass wenigstens für einen Theil dieser sogenannten Tuff- conglomerate (beziehungsweise Breccien) die hohe Wahr- scheinlichkeit besteht, dass sie als die Lapillituffe aufzufassen seien. IV. Vogesen. Im Gebiete des oberen Breuschthales2 finden sich, wie die Untersuchungen Bücking's gezeigt haben, gleichfalls Ein- lagerungen eruptiver Massen in den paläozoischen Schichten, so wie wir dies bei den früher besprochenen Gebieten kennen gelernt haben. Ein Vergleich mit den älteren Schichten im Fichtelgebirge und in Thüringen verschaffte Bückin g die Überzeugung, «dass der Schichtencomplex, welcher das Gebiet zwischen der Landes- grenze bei La Crache und Raon-les-Lean einerseits und Baren- bach bei Schirmeck anderseits einnimmt und in streichender i L. c. 280. 2 Der Breuschfluss mündet bei Strassburg in den Rhein. 784 A.Pelikan, Richtung von Champenay über Plaine, Freconrupt, Wacken- bach bis zum Thal des Tommeisbaches verfolgt werden kann, in dieser ganzen Ausdehnung besonders durch das massenhafte Auftreten von Schalsteinen und eigenthümlichen, vielfach in Schalstein übergehenden Conglomeraten ausgezeichnet, in seiner Gesammtheit dem Mitteldevon zugehört. Bis jetzt hat sich in dieser an deutlichen organischen Überresten überaus armen Abtheilung von charakteristischen Leitfossilien nur die Calceola sandalina1 und in einem etwas höheren, durch Ein- lagerung mehrfacher Linsen von Kalk und Dolomit charakteri- sirten Niveau bei Schirmeck ausser diesem Fossil auch noch Stringocephalns Biirtini u. s. w.2 gefunden. Auf Grund der Lagerungsverhältnisse würde dann die dem Rande des Hochfeldmassivs näher gelegene, von granitischen Gesteinen mehrfach durchbrochene und in ihrem regelmässigen Verlauf gestörte Schichtenreihe, welche durch ihren Reichthum an Thonschiefer- und Hornfelsgesteinen und besonders an Ein- lagerungen von Dioritporphyriten (vom Typus der Chlorophyre von Quenast und Lessines) auffällt, als älter aufzufassen und etwa dem Unterdevon zuzurechnen sein. Sie liegt, den Beob- achtungen zufolge, concordant unter dem Mitteldevon«. »Schichtensysteme, welche dem Silur des Fichtelgebirges entsprechen könnten, scheinen im oberen Breuschthale zu fehlen. Dahingegen zeigen die Steiger- und die Weilerschiefer, welche übrigens nach den bisherigen Beobachtungen concor- dant, beziehungsweise ohne auffallende Discordanz unter den vorerwähnten Schichten lagern, sowohl in petrographischer Hinsicht, als besonders im Hinblick auf die Einlagerung von Eruptivgesteinen, wie Proterobas, Leukophyr u. s. w., und auf die Erzführung bei Weiler eine solche Ähnlichkeit mit dem Cambrium Thüringens und des Fichtelgebirges (zumal der Gegend zwischen Goldkronach und der Reut bei Gefrees), dass der Gedanke sehr nahe liegt, sie mit den ober-, beziehungsweise untercambrischen Schichten jener Gegenden in eine Parallele 1 Mittheilungen der geol. Landesanstalt von Elsass-Lothringen. 4, 1894, S. 10;') IT. •-' Ebenda, 1, 1888, S. 235. Schalsteine. i 85 zu stellen. Doch werden erst fortgesetzte vergleichende Beob- achtungen eine Entscheidung ermöglichen,«.1 Was nun die im Vorstehenden erwähnten Schalsteine« anlangt, verdanke ich der Güte des Herrn Prof. Bücking eine Anzahl von Proben (19 Stücke) aus dem Breuschthale, deren Beschreibung im Nachstehenden mitgetheilt werden soll. Bückingcharakterisirt die »Schalsteine- aus dem Breusch- thale vollkommen zutreffend, indem er hervorhebt, »dass unsere Schalsteine ganz anders sind, als die aus dem Harz und der Lahngegend etc.; sie sind bei weitem kalkärmer und richtiger als Conglomerate von Diabas, Melaphyr und Kera- tophyr zu bezeichnen. Möglich, dass auch reine Keratophyr- conglomerate oder Tuffe unter den überschickten Stücken sich finden. Sie sind in unserem Devon des Breuschthales ebenso wie die Keratophyre recht verbreitet und häufig gar nicht von den letzteren, zumal wenn diese druckschiefrig werden und eine weitgehende Kataklasstructur zeigen, zu unterscheiden«.2 Und doch bestehen gewisse Ähnlichkeiten zwischen dem Vorkommen in Elsass-Lothringen und jenem in Nassau, im Fichtelgebirge und im Harz. Die Ausbildung der Diabasgesteine ist, soweit ich dies aus den mir vorliegenden Schliffen beurtheilen kann, eine völlig übereinstimmende und auch das Auftreten der Keratophyre bildet keineswegs eine Verschiedenheit der vier Gebiete, son- dern vielmehr eine Ähnlichkeit, denn fast in allen linden sich die Keratoprwre, wenn auch vielleicht die räumliche Beziehung in den Vogesen eine nähere ist, als sonst wo; die genetischen Beziehungen der basischen Diabasgesteine zu den sauren Keratophyren sind aber zweifellos dieselben hier wie dort, wenn es auch bisher nicht gelungen ist, dieselben in ihren Einzelheiten zu ergründen.3 1 Mittheilungen der geol. Landesanstalt von Elsass-Lothringen, Bd. IV, Heft 4, 1896. - Briefliche Mittheilung an den Verfasser. 3 Rosenbusch: Elemente d. Gesteinslehre, S. L'75 u. Chem. Bezieh, d. F.niDt. Gest. T. M. F. M. XI, 174. 786 A. Pelikan, Da die Gesteine im Wesentlichen immer denselben Typus repräsentiren, so begnüge ich mich damit, ein Beispiel anzu- führen und wähle dazu die Probe mit der Fundortsangabe: »Oberhalb Hautfourneau (Framont) am Grand Goutty-Bache, 500 Schritte nördlich vom Forsthause Kukuk«. Das Handstück ist dunkelgrau mit einem Stich ins Rotb- uche, stellenweise ins Grünliche, anscheinend vollkommen dicht, hat matten Bruch und ist auffallend schwer. Im Dünnschliffe sieht man, dass das Gestein aus einer Unzahl kleiner Gesteins- stückchen besteht, die durch ein Bindemittel verkittet sind. Die Form dieser Bröckchen ist aber nicht eckig wie bei Breccien, auch nicht rundlich wie bei Conglomeraten; wir sehen vielmehr unregelmässig geformte, lappige und gebuchtete Durchschnitte vor uns, wie sie etwa durch Lapilli erzeugt werden können. Gegen die Vorstellung, dass ein Lapillituff vorliegt, spricht nun allerdings der Umstand, dass die Stückchen theils von Diabas- gesteinen, theils von Keratophyren herrühren. Man hat solche, bei welchen in einer undurchsichtigen, nur hie und da etwas rothbraun durchscheinenden, sehr eisenreichen Masse Pla- gioklasmikrolithen liegen; selten kommt ein Stückchen vor, in welchem ein grösserer Feldspath- oder ein Augitkrystall zu beobachten ist. Manche von den «Lapilli« sind sehr compact, die dunkle Einbettungsmasse der Feldspathmikrolithen zeigt keiner- lei Hohlräume, in anderen Fällen hingegen ist sie ganz blasig. Die Blasenräume sind jetzt meist mit grünen, chloritischen Producten, zum Theil auch mit Calcit erfüllt. Sieht man von diesen secundären Producten ab, so zeigen diese Lapilli alle Eigenschaften, wie sie bei einer ganz jungen Lava erwartet werden können. Andere Bröckchen zeigen unverkennbar den Habitus spilitischer Gesteine, besonders dann, wenn die Feld- spathmikrolithen nicht in einer undurchsichtigen schwarzen, sondern in eine grüne chloritische Masse eingebettet sind. Dieser einen Gruppe von Gesteinsstückchen, die alle zweifellos der Diabas- (oder wenn man will: Melaphyr-) Familie ange- hören, steht die zweite gegenüber, welche einen ganz ver- schiedenen Gesteinstypus repräsentiren. In einer im durch- fallenden Lichte bräunlich erscheinenden, mikrofelsitischen oder auch verschwommen kristallinischen Grundmasse liegen Schalsteine. 1 8/ Einsprengunge von Feldspath. Alan wird wohl diese Stücke auf den von Bücking erwähnten Keratophyr beziehen dürfen. Was endlich das Bindemittel anlangt, so ist dasselbe inso- ferne recht interessant, als es unverkennbar grosse Ähnlichkeit mit den sogenannten grünen Schiefern, die wir von Aschen- tuffen abgeleitet haben, besitzt. Man sieht Chlorit, ab und zu Plagioklase, sowohl Bruchstücke von grösseren Krystallen, als auch leistenförmige Mikrolitbe, alles eingebettet in ein stark entwickeltes Grundaggregat. Terglav1 hat im Grazer Devon gleichfalls polygene Tuffe aufgefunden, die mir mit den Gesteinen aus den Vogesen grosse Ähnlichkeit zu haben scheinen. Er schliesst seine Untersuchung mit den Worten: »Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass der untersuchte Tuff aus mehreren Eruptivgesteinen entstand, welche theils dem Melaphyr, theils dem Porphyr entsprechen. Es ereigneten sich also gleichzeitig im Bereiche dieser For- mation Eruptionen verschiedener Gesteine, welche aber jetzt nicht anstehend erefunden werden«. Schluss. Nachdem wir also dem aufgestellten Plane gemäss die wichtigsten Schalsteingebiete kurz beschrieben haben, erübrigt uns noch, die Ergebnisse dieser Untersuchungen zusammen- zufassen. Da ist nun zunächst die grosse Übereinstimmung zu be- tonen, welche zwischen den einzelnen Vorkommen besteht. Die Gebiete, wie wir sie in den Sudeten Mähren, Schlesien, im Fichtelgebirge, im Harz, in Nassau, in den Vogesen kennen gelernt haben und denen sich noch andere (z. B. Gegend von Graz, Devonshire) anreihen, haben das gemeinsam, dass sie während der Devonzeit- der Schauplatz einer überaus regen 1 Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommenden Tuffe. - Min.-petr. Mitth. 1876, S. 207. 2 Es gibt aber auch Devonterritorien, wo keine Anzeichen einer vul- canischen Thätigkeit aufzufinden sind'. Mississippi-Becken, Russland. Cred ner, Geol. VI. Aufl., 461. <88 A. Pelikan, vulcanischen Thätigkßit waren, welche grosse Massen von diabasischem Material gegen die Erdoberfläche emporbeförderte. Je nach den Umständen erstarrten diese Magmen zu körnigen Massen (Tiefengesteinsfacies), wenn sie nämlich nicht bis zur Oberfläche gelangten, sondern als Intrusivmassen unter einer schützenden Gesteinsdecke sich verfestigten, oder sie erreichten die Grenze der Lithosphäre und bildeten Oberflächenergüsse. Im ersteren P'alle sehen wir zumeist eine Contactmetamorphose zwischen dem Intrusivgesteine, das sich durch körnige Structur auszeichnet, und seiner Hülle sich entwickeln, im letzteren haben wir eine Contactmetamorphose in den überlagernden Schichten nicht zu erwarten, sie ist auch niemals vorhanden. Die Structur der Ergussgesteine ist entweder porphyrisch oder wie bei den Spiliten rein mikrolithisch; lavaartig poröse Aus- bildung, welche Anlass zur Mandelsteinbildung gibt, und viel- leicht glasige Randbildungen kennzeichnen diese Ausbildungs- form der Diabasgesteine. Nimmt man dazu noch die von Kays er zuerst nach- gewiesenen vulcanischen Bomben und den Nachweis der »geflossenen Oberfläche«, so erhält man ein Bild von der vulcanischen Thätigkeit in diesen Gebieten, das an Vollständig- keit nichts zu wünschen übrig lässt. Bezüglich der Abhängigkeit der Structur von der geo- logischen Erscheinungsform lässt sich im Allgemeinen sagen, dass die körnigen Massen zum grössten Theile wahrscheinlich Intrusivgebilde vorstellen, wie aus den hierauf bezüglichen Auseinandersetzungen hervorgeht. Doch ist es nicht gestattet, aus der Structur allein auf die Intrusivnatur eines bestimmten Vorkommens zu schliessen; dies lehrt uns die interessante Entdeckung von Brauns, welcher fand, dass der Diabas von Ouotshausen, der deutlich die Merkmale einer Strick-, be- ziehungsweise Gekröselava zeigt, im Innern des Ergusses körnige Structur besitzt. i Nicht jedes einzelne der betrachteten Gebiete zeigt uns das vollständige Bild, wie es oben skizzirt wurde, aber alle 1 Diabas mit geflossener Oberfläche von Quotshausen. .1. d. D. geol. Ges. XU, 1889, S. 491. Schalsteine. < <"i(. * zusammengenommen ergänzen einander und helfen eines das andere verstehen. Wir können aber noch weiter gehen. Wir haben gesehen, dass in engster Verbindung mit den diabasischen Gesteinen versteinerungsführende Kalksteine stehen und die mikro- skopische Untersuchung hat gelehrt, dass wir in vielen Tuff- gesteinen Beimischungen von fremdem Material — Thon- schiefersediment — vor uns haben. Daraus ist der Schluss abzuleiten, dass die Eruptionen submarin stattgefunden haben,1 wie schon frühere Autoren, mehr vermuthungsweise, aus- gesprochen haben. Für diese gemischten Tuffe könnte man, wenn überhaupt die Bezeichnung »Schalstein« weiterhin beibehalten werden soll, was ich für keineswegs wünschenswert!! halte, diesen Namen gebrauchen. Weit zweckmässiger wäre es, diesen in den meisten Fällen gar nicht einmal charakteristischen Aus- druck durch die von Mügge2 vorgeschlagenen Bezeichnungen zu ersetzen. Als Diabastuffite wären die mit gewöhnlichem Sediment gemischten Tuffmassen zu belegen, und unter Kalk- tuffit könnte dann der Kalk-Schalstein verstanden werden. Sind dynamometamorphe Erscheinungen zu beobachten, was speciell bei den von uns betrachteten Gesteinen fast durch- gängig der Fall ist, wenn auch zumeist nur in geringerem Maasse, so wäre die Bezeichnung Tuffoid3 anzuwenden. Auch die Lossen'schen Namen Tuffporphyroid und Klastoporphyroid liessen sich entsprechend verwenden (Rosenbusch, II. Bd., 3. Aufl., S. 733). Eine gewisse Ähnlichkeit im geologischen Auftreten zeigen die Keratophyre, insbesondere in ihrem westphälischen Vor- kommen, das durch Mügge's schöne Untersuchung genau bekannt geworden ist. Auch dort haben wir untermeerische Ergüsse in grosser Ausdehnung vor uns, welche von Tuff- bildungen, wie die Diabase, begleitet sind. Es wären also die 1 z. B. Kayser, Lehrb. der Geol. I, 370. 2 Lenneporphyre. 3 Die Bezeichnungen Tuffit und Tuffoid wurden zuerst von Löwin- sohn-Lessing angewendet, aber in einem anderen Sinne. Siehe Petrograpn. Lexikon. Suppl. S. 92. 790 A. Pelikan, Keratophyre, welche wie die Diabase von paläozoischem Alter sind, im Bereiche der sauren Gesteine, das, was die letzteren im Gebiete der basischen vorstellen. Und wenn auch, wie Mügge sagt1 »die thonerde- und eisenreichen Diabase gerade das Gebiet der Lenneporphyre durchaus meiden« — (Mehner, Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen [Tschermak's Min.-petr. Mitth. 1877, S. 127] führt aber Diabasgesteine aus diesem Gebiete an) — so ist doch das Ruhrgebiet nicht so weit entfernt, dass nicht die Diabas- und die Keratophyr-Ausbrüche zueinander in Beziehung hätten stehen können. Bekanntlich haben die Keratophyre auch im Harz und im Fichtelgebirge ihre Vertreter. Charakteristisch für das letzt- genannte Vorkommen ist die enge Verbindung der Keratophyre mit den gewöhnlichen sedimentären Schichtgliedern, genau so, wie dies von den Diabasen mitgetheilt wurde. Gümbel2 gibt folgende Schilderung: »Innerhalb dieser Gesteinsreihe tauchen nun da und dort die Keratophyre auf, hier massig derb, ganz von der Natur eines Eruptivgesteines, scharf an dem Nebengestein abbrechend und abweichend an demselben anstossend, dort aufs Innigste mit demselben verwachsen, mit gleichsam Schritt für Schritt ver- folgbaren Übergängen seiner Lagerung angeschmiegt und nachgehend, als ob dasselbe nur eine etwas abweichende Aus- bildungsform des Quarzites wäre. Plötzlich macht sich die in den meisten Fällen hornfelsartige Gesteinsart von dieser innigen Verbindung frei, bricht entschieden gangartig durch das ge- schichtete Quarzgestein und breitet sich mächtig zu schroffen Gräten und Felsrücken aus. Diese Art der Verbindung von eruptivem und geschichtetem Gestein spiegelt sich auf das Lebhafteste in der so oft benachbarten Vergesellschaftung von Diabas und Schalstein ab. Ohne damit die völlige Analogie der beiderlei Gebilde behaupten zu wollen, dürfte es doch für die Beurtheilung der eigenthümlichen Natur dieser Felsart wichtig sein, auf diese Ähnlichkeit hinzuweisen. 1 Lenneporphyre. 2 Fichtelceb. S. 1! Schalsteine. 791 An noch anderen Stellen bildet sich in der Nähe solcher Keratophyre aus dem bezeichneten Quarzite selbst ein petro- graphisch als Gneiss zu bezeichnendes Gestein heraus, wie z. B. bei Hirschberg der Fall ist. Hier liegen auf den Halden der alten Zechen im Büchig grosse Massen von Keratophyr, zum Beweise, dass in grösserer Tiefe diese Felsart mächtig verbreitet ist, während gegen Hirschberg der begleitende Quarzit nach und nach ganz in Gneiss verläuft, noch weiter aber gegen die neuen Anlagen zu in dichte, grüne, hornfelsartige Schiefer übergeht. Hier kommt uns der Gedanke an eine gewisse Ana- logie mit Schalstein bei dem grossen Reichthum an Feldspath fast unwillkürlich«. Die Schalsteinbildungen, welche uns hier beschäftigen, sind durchwegs von devonischem Alter. Es scheint jedoch, dass ganz analoge Bildungen auch in anderen Formationen vor- kommen. Hieher wären die von Gümbel erwähnten horn- blendeführenden Schiefer zu stellen, die an der Grenze von Cambrium und Silur liegen und von ihm als Tuffe von Gesteinen der Epidiorit- und Paläopikritreihe aufgefasst werden.1 Wenn man die mit Kalk gemengten Diabastuffe von Andersdorf in Mähren gesehen hat, fällt Einem sofort die grosse Ähnlichkeit in Bezug auf Structur, Färbung etc. mit den sogenannten Ophicalciten auf, so dass sich leicht der Gedanke aufdrängt, diese könnten auch Kalktuffite sein. Da ihr Serpentingehalt nachgewiesenermassen von Olivin abzuleiten ist,- wären natürlich Gesteine, welche solchen führen, voraus- zusetzen. Der »Schalstein« von Klosterzella in Sachsen ist nach Dalmer und Dathe (Sect. Rosswein-Nossen der geol. Special- karte 1887, 38 u. f.) von cambrischem Alter, während für einen Schalstein von Greenfield in Massachusetts das Alter als triadisch angegeben wird.3 Die Gesteine der Schalsteinformation unterlagen nach ihrer Entstehung verschiedenen Einflüssen, welche ihre Um- wandlung anstrebten, beziehungsweise herbeiführten. Es wirken i Fichtelgeb. S. 143. -' Zirkel, Bd. III, S. 453 und N. Jahrb. 1870. 3 Emerson, Am. Journ. (3) XXIV, 1882, 196. 792 A. Pelikan, hauptsächlich zwei Processe: die Verwitterung, bei welcher nur die Atmosphärilien und die unter ihrer Einwirkung ge- bildeten Lösungen wirksam sind und die Metamorphosirung, von welcher in unserem Falle nur die Druckmetamorphose in Betracht kommt. Es ist demnach unsere Aufgabe, die Ver- änderungen der Gesteine daraufhin zu untersuchen, welche von ihnen dem einen, welche dem anderen Processe ihre Ent- stehung verdanken. Betrachten wir die Bestandtheile unserer Gesteine, so sind vor Allem die Feldspathe wichtig. Die Carbonatbildung, die Entstehung des Glimmers (und jene von Kaolin, wo sie vorkommt) sind zweifellos Verwitterungs- erscheinungen, die auch dort zu beobachten sind, wo keine Druckkräfte wirksam sind; Epidot kommt in unseren Gesteinen nur spärlich vor; seine Stellung ist nicht ganz sicher deutbar, wie auch Rose nb Lisch1 und Zirkel2 angeben. Der metamorphen Umbildung dürfte wohl sicher die soge- nannte Saussuritisirung3 zuzurechnen sein und auch die Ent- stehung des Grundaggregates scheint wesentlich auf druck- metamorphe Gesteine beschränkt zu sein. Bezüglich der Neu- bildung des Albit wäre zu bemerken, dass dieselbe, wie Becke so klar gezeigt hat, eine nothwendige Folge der auf Verkleine- rung des Molecularvolumens hinarbeitenden Druckmetamor- phose ist, wenngleich auch die Thatsache feststeht, dass auf Klüften der Gesteine, also gewiss ohne Druck auf rein wässe- rigem Wege, gleichfalls Albitneubildung erfolgt.4 Bezüglich der Umwandlung des Augits haben wir es mit zwei Processen zu thun gehabt; diese sind: die Chloritisirung und die Amphibolbildung. Die erstere stellt nach allen unseren Erfahrungen den gewöhnlichen Verlauf der Verwitterung dar, während letztere mit grösserer Wahrscheinlichkeit als Druck- wirkung aufgefasst werden muss. Sie ist in unseren Gesteinen, 1 Massige Gesteine, 3. Aufl.. 720. - Lehrb. der Petrographie, Bd. I, S. 616. :! Becke. 4 Vergl. Gümbel, Fichtelgeb. S. 207: Kupferberg, wo Albit auf Kalk- spath aufsitzt. — Sandb erger, Jahrb. f. Min. 1851, lf>3. Albit auf Klüften der Weilburger Diabase. Schalsteine. < (. >3 wie aus den Detailbeschrefbungen hervorgeht, fast allenthalben verbreitet. Die Rolle des Biotit ist sehr interessant, aber keineswegs völlig aufgeklärt; in unseren Gesteinen trafen wir ihn als Neu- bildung verhältnissmässig nicht selten (siehe z. B.: »Über die mährisch-schlesische Schalsteinformation«, S. 15, 16,23,24,31 i. Alle Gesteine, in denen er vorkommt, sind aber nachweislich durch Dynamometamorphose verändert, und es liegt daher die Vermuthung nahe, dass diese seine Entstehung veranlasst habe. Als Contactmineral ist Biotit eine häufige Erscheinung, während seine Bildung auf dem Wege der Verwitterung magnesiumhaltiger Minerale, z. B. des Olivin, recht zweifelhaft ist.1 Auch ist in Betracht zu ziehen, dass im Verlaufe der ge- wöhnlichen Umwandlung wohl Chlorit aus Biotit entsteht, dass aber das Umgekehrte, wie es in unseren Gesteinen zu beob- achten ist, noch nicht nachgewiesen wurde.2 Was endlich das Endziel der Umwandlung unserer Ge- steine anlangt, dem diese unter dem Einflüsse der Verwitterung, welche wahrscheinlich zuerst auf die neuentstandenen Sedi- mente eingewirkt hat, da diese nach unserer Annahme doch auf dem Meeresboden abgelagert worden sind, und der später einsetzenden Druckmetamorphose zugeführt werden, so wurde darüber bereits im ersten Theile dieser Arbeit das Wesentliche mitgetheilt, dem auch hier nichts mehr hinzugefügt werden kann. Nur auf einen Umstand möchte ich noch die Aufmerk- samkeit lenken; es ist dies die Beziehung mancher Gesteine der Schalsteinformation zu den »Grünschiefern« im Sinne Kalkowsky's, in dessen Lithologie, S. 216, es heisst: »Grün- schiefer sind vor Allem zu unterscheiden von grünen Schiefern, welche irgendwie Glimmer als vorwaltenden Gemengtheil be- sitzen und ihre grüne Farbe namentlich der accessorischen Beimischung von Chlorit verdanken. Grünschiefer sind auch nicht schiefrige Gesteine, welche zur Familie der Diabase gehören, wie Diabastuffe etc. Im Wesentlichen und Allgemeinen sind Grünschiefer Gesteine, die aus einem Gemisch von Quarz 1 Vergl. Brauns, Chem. Mineralogie, S. 414. 2 Vergl. auch: T. G. Bonney: On some schistose Greenstones and allied Hornblendic schists. — Quart. Journ. geol. S., 1893. i 94 A. Pelikan, und Feldspath in wechselnden Quantitäten einerseits und Hornblende, Epidot, Chlorit in wechselnden Mengen anderseits bestehen und als Glieder der archaischen Formationsreihe sedimentären, aber im Besonderen noch unbekannten Ur- sprungs sind«. Bei der Hornblende führt Kalkowsky an, dass sie nicht wie oft in den Amphiboliten in Körnern, sondern stets in dünnen und langen Säulchen und Nadeln auftritt, die nicht selten in der Prismenzone gut geformt sind, in den meisten Fällen aber doch in Querschnitten abgerundete oder flache Formen aufweisen. Die Hornblende der Grünschiefer hat nie braune Farbe, sondern ist meist hellgrün, so dass sie im Allgemeinen als strahlstein- artig bezeichnet werden kann. Die Ähnlichkeit dieser Hornblende mit der als Neubildung in unseren Diabastuffen und Schalsteinen ist auffallend. Nur in Bezug auf die Menge besteht ein Unterschied. Wenn man aber erwägt, dass unsere Gesteine devonisch, die Grünschiefer aber archaisch, also bedeutend älter sind, kann dieser Unter- schied nicht ins Gewicht fallen, da man die Tendenz zur Horn- blendebildung deutlich sieht; bei höherem Alter und bei stärkerer Einwirkung der Dynamometamorphose würde gewiss die Hornblende einen wesentlichen Gemengtheil des Gesteines bilden und den Chlorit, aus dem sie ja hervorgeht, wie wir gesehen haben (Hornblendenadeln im Chlorit!), ganz oder theil- weise verdrängt haben. Das Gemenge von Quarz und Feld- spath etc. haben unsere Gesteine ebenso, wie die Grünschiefer — es ist nichts anderes als das weiter entwickelte Grund- aggregat; auch die Bemerkung Kalkowsky's, dass der Quarz gegen die Feldspathe zurücktritt, stimmt so wie jene, dass beide Minerale gleich farblose und homogene frische Substanz auf- weisen; hier wie dort fehlt auch die Zwillingslamellirung der Plagioklase, was dafür spricht, dass eben in beiden Fällen das Quarz -Feldspath -Aggregat secundären Ursprungs ist. »Die winzigen, stark lichtbrechenden Körnchen, die in vielen Grün- schiefern vorkommen, liessen sich bisher ihrer Natur nach nicht mit Sicherheit bestimmen« (Kalkowsky, Lithologie, 215). Ohne die Dünnschliffe der von Kalkowsky untersuchten Grünschiefer gesehen zu haben, glaube ich mit ziemlicher Schalsteine. 795 Sicherheit jene Körnchen als identisch mit den so oft beschriebenen Titanitkörnchen unserer Gesteine betrachten zu dürfen. Auch der Rutil, der in den Grünschiefern als accessorischer Gemengtheil erscheint, wurde in den Diabas- tuffen und Schalsteinen hie und da gefunden, wie aus den Ge- steinsbeschreibungen zu entnehmen ist. Aus all dem dürfte wohl zur Genüge hervorgehen, dass zwischen den devonischen Diabastuffen und Schalsteinen, welche wir kennen gelernt haben, und den Grünschiefern be- trächtliche Ähnlichkeiten vorhanden sind, und es drängt sich die Vermuthung auf, dass auch die Grünschiefer in ähnlicher Weise entstanden sein mögen, wie wir dies für unsere Gesteine als wahrscheinlich hinzustellen in der Lage waren. Analysen von »Grünschiefern« Kalkowsky. Kalkowsky, Lithologie, S. 212. 1. Epidotischer Hornblende-Grünschiefer aus dem Thale der Kleinen Striegis bei Hainichen, Sachsen (mit FeS2 0-23°/0)- 2. Grünschiefer von Molins in Graubünden. 3. Grünschiefer zwischen Molins und Marmels in Grau- bünden. 4. Melaphyr. Vergl. Tschermak, Porphyrgesteine Öster- reichs. 54, 1869. — Das Gestein ist augenscheinlich nicht mehr ganz frisch (H20 = 4'85!) und dürfte ursprünglich wohl mehr Natrium und vielleicht auch weniger Eisenoxyd enthalten haben. Si 02 A1,03 . . . Fe,03 . . . Fe 0 MgO CaO Na,0 K,Ö H20 p;o5 . . . . Summe 1. 2. 3. 54-42 51-38 47-14 15-32 13-29 14-78 5-01 15-44 18-91 6-95 — — 3-84 6-61 9-59 7-49 8-94 2-88 5-77 3-99 0-16 0-94 1-05 6-16 0-51 — — — — — 4. 00-25 100-70 Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl.; CVIII.Bd.. Abth. I. 99 • 62 51 73 15 30 10 56 3 38 3 20 6 61 2 14 1 37 4 85 0 40 99 •54 796 A. Pelikan, Wie man sieht, zeigt der Grünschiefer Nr. 1 eine nicht ge- ringe Ähnlichkeit in der Zusammensetzung mit einem Melaphyr (Analyse Nr. 4). Versucht man seine ursprüngliche Mineral- Zusammensetzung zu erforschen, so kann man etwa folgende Vertheilung annehmen: Berechnung des Grünschiefers Nr. 1. w rt UJ O -t"* -Q < O < Ver- braucht Differenz Si02 A1203 Fe20:. FeO MgO CaO Na20 KoO 100 6 4 0 9 9 5 8 9 0 33-6 3-4 3-6 9-5 1-0 3 1-6 5-8 0-9 48-9 5-3 8-2 9-2 2-3 0-2 2-7 2 3 6 0-4 2-4 20-0 4-8 51-8 15-8 4-8 •8 09 7-0 +2-8 — 0 4 0 + 1-6 -0-5 +2-3 0 0 Bei dieser Berechnung wurde angenommen, dass das ge- sammte Natrium im Albitmoleküle und das Kalium im Orthoklas- moleküle enthalten sei. Dem Augite wurde vorläufig die Zusammensetzung zuge- schrieben: Si02. A12Ö3 45 11 Fe203 1 FeO (und MnO) ... 13 MgO 10 CaO 17 81 77 17 34 02 89 1 00 • 00 ,&efolge, S. 77). (siehe Brögger, Laurdalit und sein Gan^ Der Olivin endlich entspricht der Analyse Nr. VII in Hintze's Handbuch, S. 18 und 19 (Lützelberg bei Sasbach im Kaiserstuhl, Knollen im Basalt, Knop, Jahrb. f. Min. 1877, 698). Schalsteine. 797 Die Differenzen bei Si02, FeO, CaO sind bedeutend. Rechnet man die Werthe auf 100 um und sucht die Molekülproportionen, so ergibt sich, dass Si02 : CaO: FeO = 2:2:1. Schlägt man auf Grund dieser Erfahrung die Differenz- beträge zu den Augitzahlen hinzu, so ergibt die Umrechnung auf 100 für den Augit folgende Zusammensetzung: Si02 44-94 Al'203 8-61 Fe203 0-75 FeO + MnO 16-10 MgO 7-50 CaO 22 10 K2ONa,0. H.,0 . ." — XI LXXXl 44-40 44 18 7-83 8-00 — 11-00 11-92 3-50 10 15 10-57 22-60 23-22 2-78 — 1-03 — 100-00 96-79 Ein Vergleich mit der Analyse XI auf S. 1 104 von Hintze's Handbuch (Limburg, Tob ler, Journ. für pract. Chemie. 1854, 63, 470), sowie mit Nr. LXXXI, ebenda, S. 1106 (Augit aus Tuffen des nördl. Böhmen, Schmidt, Tschermak's M. P. Mitth. 4, 14), zeigt eine befriedigende Übereinstimmung, die sich begreiflicherweise noch verbessern liesse, wenn man das als Magnetit gerechnete Fe zum Theil in die Augitmischung aufnehmen, oder wenn man das Gestein als olivinfrei rechnen würde. Im letzteren Falle erhielte der Augit die Zusammen- setzung: Si02 44-45 A12Ö3 7-32 Fe203 0-64 FeO + MnO 14-91 MgO 13-97 CaO 18-71 Jedenfalls zeigen diese Betrachtungen Eines, nämlich, dass die chemische Zusammensetzung kein Hinderniss für die 53* 798 A. Pelikan, Schalsteine. Annahme ist, dass die sogenannten Grünschiefer aus eruptivem Material zusammengesetzt sind. Nimmt man dazu die Beziehungen, welche wir zwischen den grünen Schiefern, den Schalstein- und Diabastuffen auf- gefunden haben und welche gewissermassen die Brücke bilden zwischen den jüngeren (devonischen) Gebilden und den älteren (archaischen), so wird man zugeben müssen, dass die An- schauung, dass in den Grünschiefern Tuffe alter Ergussgesteine (Diabase, Melaphyre?) vorliegen, grosse Wahrscheinlichkeit hat. (Vergl. T. G. Bonney: On same cases of the Conversion o compact »Greenstones« into Schists. ■ — Quart. Journ. of the Geol. Soc. 1894, pag. 284.) Erklärung der Tafeln. Tafel i. Fig. 1. Glasige Diabaslava. Fundort: zwischen Trogen und Feilitsch, Fichtti- gebirge. Fig. 2. Olivindiabas von demselben Fundorte. Fig. 3. Tuff eines Epidiorites. Töpen, Fichtelgebirge. Fig. 4. Fragl. Lava eines Epidiorites von Töpen. Die Poren des Gesteines sind ganz mit Neubildungen, vorzugsweise Chlorit, erfüllt. Fig. 5. Diabastuff von Töpen. Neugebildete Feldspathleisten ganz diirchwaschen von Aktinolithnadeln. Fig. 6. Diabastuff (grüner Schiefer), Mohrungen, Harz. Tafel II. Links: körnige Diabase mit ihren Contacthöfen. Copie nach Blatt Pansfehle der geol. Specialkarte von Preussen. (Aufgenommen von K. Lossen.) Rechts: Spilite mit den sie begleitenden Tuffen. Copie nach Blatt Hasselfelde. (Lossen.) Ä. Pelikan. Schalsteine. Tafel I. Sitzungsberichte d. kais. Akad. d.Wiss. math.-naturw. Classe, Bd. CTIII. Abtk. I. Lichtdruck von Max Jaffe, Wien. A. Pelikan, Schalsteine. Taf. II. S it zungsberichte d. kais. Akari. d. ,1 . *nst. v. ij. Freytag £ Uemdt, Wien. Wiss., math.-naturw. Classe, Bd. XCVill. Abth. I. 1Ö99. SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE. CVIII. BAND. X. HEFT. ABTHEILUNG I. ENTHÄLT DIE ABHANDLUNGEN AUS DEM GEBIETE DER MINERALOGIE, KRYSTALLOGRAPHIE, BOTANIK, PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN, ZOOLOGIK, PALÄONTOLOGIE, GEOLOGIE, PHYSISCHEN GEOGRAPHIE, ERDBEBEN UND REISEN. 801 XXVI. SITZUNG VOM 7. DECEMBER 1899. Herr Prof. Dr. Ant. Fritsch übersendet die bedungenen Pflichtexemplare seines mit Subvention der kaiserlichen Aka- demie veröffentlichten Werkes »Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Böhmens«, IV. Band, II. Heft. Der Secretär, Herr Hofrath Prof. V. v. Lang, legt eine Mittheilung von Herrn Dr. Rieh. v. Muth, Director des nieder- österreichischen Landeslehrerseminars in St. Polten, vor, be- titelt: »Zur Bode'schen Regel«. Herr Serge Socolovv in Moskau übersendet zwei Mit- theilungen, wovon die erste eine Ergänzung seines Werkes: »Correlation regulieres du System e planetaire« bildet, während sich die zweite mit der Aufstellung von Beziehungen zwischen den Rotationsgeschwindigkeiten und den Bahn- geschwindigkeiten der Saturntrabanten und des Saturns be- schäftigt. Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ludwig Boltzmann legt eine im physikalischen Institute der k. k. Universität in Wien ausgeführte Arbeit vor, betitelt: »Versuche über die Ab- sorption von Radiumstrahlen«, von Dr. Stefan Meyer und Dr. Egon Ritter v. Seh weidler. 802 XXVII. SITZUNG VOM 14. DECEMBER 1899. Der Secretär, Herr Hofrath Prof. V. v. Lang, legt eine Arbeit aus dem chemischen Laboratorium der k. k. technischen Hochschule in Graz von Dr. V. v. Cordier vor, betitelt: »Über die Einwirkung von Chlor auf metallisches Silber im Licht und im Dunkeln«. Herr Serge Socolow in Moskau übersendet eine weitere Mittheilung über Beziehungen zwischen der Umlaufs- und der Umdrehungsgeschwindigkeit der Planeten. Das vv. M. Herr Prof. Franz Exner legt eine Arbeit aus dem physikalisch-chemischen Institute der k. k. Universität in Wien von Herrn Julius Hock vor: »Über die Abhängig- keit der Capillaritätsconstanten homologer Reihen von der Temperatur und der chemischen Zusammen- setzung und ü b e r d i e O b e r f 1 ä c h e n s p a n n u n g e n u n t e r- k ü h 1 1 e r Flüssigkeiten«. Derselbe legt ferner eine Abhandlung des Herrn Josef Nabl vor: »Über den Widerstand strömender Elektro- lyt e « . Das w. M. Herr Intendant Hofrath F. St ein dachner legt eine am k. k. naturhistorischen Hofmuseum ausgeführte Arbeit des Assistenten Herrn Dr. Rudolf Sturany vor, betitelt: »W. A. Obrutschew's Molluskenausbeute aus Hoch- asien«. Ferner überreicht Herr Hofrath Steindachner eine Mit- theilung, betitelt: »Diagnosen neuer Lepidopteren aus Südarabien und von der Insel Sokotra«, von Herrn Dr. IL Rebel. 803 Das w. M. Herr Hofrath Prof. Ad. Lieben überreicht eine in seinem Laboratorium ausgeführte Arbeit des Herrn Friedrich Gach: »Zur Kenntniss des Acetylacetons«. Ferner überreicht Herr Hofrath Lieben eine im Labora- torium des technologischen Gewerbemuseums in Wien aus- geführte Arbeit der Herren J. Klaudy und J. Fink: »Über einen neuen aromatischen Kohlenwasserstoff C24H18 aus Erdölen«. Herr Dr. A. Ghon überreicht in Gemeinschaft mit Herrn Dr. H. Alb recht den dritten Theil des wissenschaftlichen Berichtes über die Beulenpest in Bombay im Jahre 1897, betitelt: »Bacteriologische Untersuchungen über den Pestbacillus«. Das w. M. Herr Director E. Weiss übersendet eine vor- läufige Notiz über die Beobachtung der Leoniden in Delhi. Selbständige Werke oder neue, der Akademie bisher nicht zugekommene Periodica sind eingelangt: Deter, Dr. J.: Mathematisches Formelbuch für höhere Unter- richtsanstalten. Neu herausgegeben von Erdmann Arndt. 4. Auflage. Berlin. 8°. Sitüto. d. mathem.-natunv. CL; CVIII. Bd., Abth. I. Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abtheilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abtheilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio- logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo- logie, Physischen Geographie, Erdbeben und Reisen. Abtheilung II. a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abtheilung IL b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abtheilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen undder Thiere, sowie aus jenem der theoretischen Medicin. Dem Berichte über jede Sitzung geht eine Übersicht aller in derselben vorgelegten Manuscripte voran. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand- lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichniss ein Preis beigesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und können durch die akademische Buchhandlung Carl Geroid's Sohn (Wien, I., Barbaragasse 2) zu dem angegebenen Preise bezogen werden. • Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Theile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be- sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte TheiTe anderer Wissenschaften« heraus- gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser Monatshefte beträgt 5 fl. oder 10 Mark. Der akademische Anzeiger, welcher nur Original-Auszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus- gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 1 fl. 50 kr. oder 3 Mark. Date Due 1 , ^ 3Mk -# jr-tj \:--/ •*>*/ ?J i -x^-' ¥.-<£ 7> ? t *■ 3»*- IL *^-' *V • • ■ TT ||M ~v*»- %^ fe **'V * W^fc*"