Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I 131. Band Jahrgang 1922 - Heft 1 bis 10 (Mit 10 Tafeln und 53 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien, 1923 Hölder-Pichler-Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Österreichischen Staatsdrucicerei. ■■^■iN>,; III Inhalt Seite Aigner A., Geomorphologische Beobachtungen in den Gurktaler Alpen .... 243 Baecker R., Über ausziehbare Gefäß- und Bastbündel und Schraubenbänder. (Mit 1 Textfigur) 139 Brunswik H., Die Mikrochemie der Flavonexkrete bei den Primulinae .... 221 Figdor W., Mitteilungen aus der Biologischen Versuchsanstalt der Akademie der Wissenschaften in Wien. (Pflanzenphysiologische Abteilung, Vorstand W. Figdor.) Nr. 77. Über die Entwicklung der Wendeltreppenblätter von Helicodiceros muscivorus Engl. (Mit 1 Textfigur) 233 Flamm E., Zur Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome. (Mit 1 Tafel) . . 7 Handel-Mazzetti H., Ergebnisse der Expedition nach China 1914 — 1918. Musci novi sinenses 209 Kerner F., Die Polverschiebungen als Teil von A. Wegener's Hypothese im Lichte des geologischen Zeitbegriffs 1 Kerner-Marilaun F., Das akryogene Seeklima und seine Bedeutung für die geologischen Probleme der Arktis 153 Kisser J., Amitose, Fragmentation und Vakuolisierung pflanzlicher Zellkerne, (Mit 2 Tafeln) 105 Klein G., Der histochemische Nachweis der Flavone. (Mit 1 Tafel) 23 Kubart B., Was ist Spondylostrobus Sniythii F. v. Mu eller? (Alit 1 Tafel und 3 Textfiguren) 313 Kurtz H., Zwei neue Arten von Lernaeocera aus dem Nil. (Mit 2 Tafeln) . . 327 Leitmeier-Bennesch B., Beiträge zur Anatomie des Griffels. Nr. 186 der zweiten Folge. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur) 339 Micoletzky H., Neue freilebende Nematoden aus Suez. (Mit 13 Textfiguren) . 77 Oppenheimer H., Keimungshemmende Substanzen in der Frucht von Solanum Lycopersictim und in anderen Pflanzen. Vorläufige Mitteilung 59 — Das Unterbleiben der Keimung in den Behältern der Mutterpflanze. (Mit 1 Tafel) 279 Pintner Th., Die vermutliche Bedeutung der Helminthenwanderungen. (Mit 3 Textfiguren) 129 Priesner H., Beiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. (Mit 7 Text- figuren) 67 Puchinger H., Über die Lebensdauer sclerotisierter Zellen. (Mit 1 Tafel und 2 Textfiguren) 47 Schnarf K., Beiträge zur Kenntnis des Blütenbaues von Alangium. (Mit 14 Text- figuren) 199 Stiny J., Beziehungen zwischen Talnetz und Gebirgsbau in Steiermark. (Mit 8 Textfiguren) 187 ;\ 25^^ Die Polverschiebungen als Teil von A. Wegener's Hypothese im Lichte des geologischen Zeitbegriffs Von Fritz Kerner k. M. Akad. Wiss. (Vorgelegt in der Sitzung am 9. Februar 1922) Zu den schwächsten Seiten mancher Klimahypothesen zählt ihre Stellung zum geologischen Zeitbegriff. Dies gilt auch für die Polverschiebungslehre, wie sie jüngst als wichtiger Baustein im Gefüge der A. Wegener'schen Hypothese in Anlehnung an Kreich- gauer Koppen entwickelt hat. Die Erdansicht Fig. 6 in der seiner Arbeit: Polwanderungen, Verschiebungen der Kontinente und Klima- geschichte (Peterm. Mitt. 1921) beigehefteten Tafel zeigt zwar keine streckentreue Projektion, weist aber in der Gegend des Nordpazifik doch auch nur eine geringe Verzerrung auf. Dies läßt es — in- soweit man nur ein angenähertes Resultat erstrebt — statthaft erscheinen, die Wege, welche der Pol seit dem Ende des Carbons zurückgelegt haben soll, abzumessen. Die durchlaufene Strecke ist durch Punkte, denen die Formations- namen beigesetzt sind, eingeteilt. Dies soll gewiß nicht bedeuten, daß der Pol während der ganzen Periode am betreffenden Punkte verblieb und sich dann jedesmal ruckweise verschob. Dagegen geht aus dem Diagramm und aus dem Text nicht hervor, ob die besagten Punkte Erdorte bezeichnen, an denen sich der Pol während der betreffenden Periode am längsten aufhielt oder die Stellen angeben, welche er bei stetigem Wandern im Zeitpunkte der Formationsmitte durchschritt. Dem Geologen ist der Begriff der ''ormationsgrenze viel geläufiger als der Begriff ■ Zeitmitte der Formation«. Nach den Darlegungen Diener's wäre es z. B. nicht [begründet, die Zone des Harpoceras Murchisoiiae (die 17. der [33. Oppel'schen Zonen) als genaue Zeitmitte des Jura zu nehmen [und bieten auch die neuen Kleingliederungen nicht die Mittel zu [einem exakten Zeitlängenvergleich. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 131. Bd. 1 o 2 F. Kern er. Insoweit nur Näherungswerte gesucht werden, wird man aber auf dem besagten Migrationsbilde die Formationsgrenzen in die Halbierungspunkte der Abstände zwischen den Formationsmitten verlegen. Die Erscheinung des rückläufigen Längenwachstums der geologischen Zeiträume ist nur für die großen Epochen, aber nicht für alle Perioden erwiesen (die Dyas dauerte sogar kürzer als die Trias), so daß es nicht begründet schiene, jene Grenzen etwas über die besagten Halbierungspunkte hinaus zu verlegen. Man kommt dann, wenn man auf jenem Diagramme die Trias dort beginnen läßt, wo Perm steht und die Grenze zwischen Pliozän und Quartär, weil sich die als Mittellage des Nordpoles im Quartär vermerkte Stelle auf eine im Lauf der zweiten Hälfte dieser Formation stattgehabte Pollage bezieht, etwas gegen das Pliozän hinrückt, zu folgenden Relativzahlen (Millimeter): Mesozoikum: 6 + 24+20+7 = 57 Känozoikum: 7 + 13 + 12 + 6 + 13+7 = 58 Quartär: 18 + 15 = 33 Als Maßzahlen der Periodenlängen nehme ich zunächst die in Häckel's Schöpfungsgeschichte (1870) vermerkten. Ihre schein- bare Genauigkeit leitet sich davon her, daß sie auf Sediment- mächtigkeiten beruhen. vSie gehören so zu jenen Werten, die ihrer Bedeutung nach zwar auch nur rohe Schätzungen, ihrer Gewinnungs- art nach aber die Ergebnisse genauer Messungen " sind. Man wird sie solchen vorziehen, die sich wie die (nach Dana 1875) von Lapparent (Traite de Geologie 1906) mitgeteilten Zahlen: Pri- maire 12, Secondaire 3, Tertiaire 1 — von vornherein als bloße Rohschätzungen zu erkennen geben, gleichwie man eine mittlere Niederschlagshöhe für ein ganzes Land, die sich auf Grund genauer Rechnungen ergab, — obschon sie auch nur ein roher Näherungs- wert sein kann — einer Zahl vorzöge, zu der ihr Autor etwa nur durch klimatologische Erwägung kam. Man hat dann: Sekundär 57 11-5 5 Tertiär 58 2-3 25 Ouartär 33 0-5 66 Unter Voraussetzung der Häckel'schen Zahlen für die relativen Periodenlängen wäre so 1:5:13 das Geschwindigkeitsverhältnis der Pohyanderungen in den angeführten Zeiträumen. Zieht man Fig. 4 heran, die die Polverlegungen im Ouartär genauer aufzeigen soll, so ergeben sich als relative Weglängen zwischen den Höchstständen der vier Eiszeiten und zwischen dem Maximum der Würmvergletscherung und der Gegenwart: 5:6:5:8. Polverschiebunaen und üeoloffischer Zcitbcüriff. 3 ^o s' t' c' 5 4-5 1 6 9-25 % 5 3-0 IVa 8 1-0 8 Als Maßzahlen der Zeitlängen (Abstände der Maxima) entnimmt man dem Diagramm in Penclt's und Brückner's Alpen im Eiszeit- alter die Werte 47.27 9V4, 3, 1, die .etwas von jenen abweichen, welche sich für die Interglazialzeiten allein ergeben und von der Mindelzeit ab 12:3:1 sind. Man hat dann: Günz-Mindelzeit Mindel-Rißzeit Riß -Würmzeit Würmzeit-Gegenwart 8 Hiernach wäre das Geschwindigkeitsverhältnis der Pol- wanderungen in den genannten Abschnitten des Quartärs 3:2:5:24 gewesen. Die bei Häckel angeführten Zahlen weisen wohl noch ein zu geringes rückläufiges Längenwachstum der geologischen Epochen aus. Die Relativzahlen 53*6 für die »Primordialzeit« r= Laurentian -+-Cambrium-f- Silur und 32* 1 für die » Primärzeit •^< =: Devon + Car- bon-i-Perm lassen sich mit der Auffassung Neumayr's, daß vom Mittelcambrium bis zum Untersilur vielmals mehr Zeit verstrichen sei • als vom Untersilur bis zum Oberdevon nicht vereinen und Diluvium-t- Jetztzeit betrachtete dieser Forscher nur als Zeitäqui- valent einer Oppel'schen Jurazone, womit die Dauer des Quartärs die Einschränkung auf einen verschwindend kleinen Teil der geologischen Zeitspanne erfährt. Neumayr's Schätzung des rück- läufigen Periodenwachstums könnte, auf der unsicheren Grundlage der Zone als Zeitmaß fußend, etwas zu hoch gegriffen sein. Es kommen hier aber auch die Bestimmungen des Erdalters auf physikalischer Grundlage in Betracht. Die aus der Heliumproduktion führen in betreff der absoluten Zeitlängen zu Höchstwerten. Ihre Brauchbarkeit zur Schätzung relativ* Längen büßen sie dadurch nicht ein. Für ein posttertiäres Eifelgestein wurden (von Koenigs- berger nach Strutt) eine Million Jahre, für ein pliozänes Effusivum aus Neuseeland zwei und für ein miozänes aus der Auvergne sechs Jahresmillionen gefunden. Da das Neogen gewiß kürzer als das Palaeogen gedauert hat, muß das Quartär einem viel kleineren Bruchteile des Tertiärs gleichkommen, als sich nach den obigen Zahlen ergibt. Dann ist die Geschwindigkeit des Polverschubes im Quartär eine relativ noch viel größ-ere und dies bei Ausschluß der noch supponierten zykloidischen Bewegungen. Nach Analogie sollen solche Zykloiden von den Polen schon in vorquartärer Zeit gemacht worden sein. Vielleicht, daß es da zu kleinen vorüber- gehenden Verzögerungen der Bewegung wie von der Günz-Mindel zur Mindel-Rißeiszeit kam (siehe oben). Als das Gesamtbild voll 4 ]•". Keiner, beherrschende Erscheinung reigt sich aber eine rasche Beschleu- nigung der Polbewegung mit Annäherung an die Gegenwart. Einer solchen müßte eine analog verlaufene Häufigkeitszunahme der Massenumlagerungen in der Erdkruste entsprechen. Die geologische Erfahrung weist auf große Schwankungen der lithosphärischen Bewegungsvorgänge hin, auf emen Mittel- ZListand zwischen stetiger Entwicklung und Katastrophenfolge. Wiederholtes Aufleben und Abflauen eines Wandertriebes der Erdpole wäre sonach zu verstehen. Dagegen ist in der Lithosphäre keine mit Annäherung an die Gegenwart fortgesetzt rasch wachsende Unruhe erkannt worden. Man vermöchte als Ursache immer schneller und schneller erfolgter Polwanderungen keine terrestrische, aber auch keine kosmische Energiequelle zu ent- decken, deren Stärke mit Annäherung an die Gegenwart in geo- metrischer Progression wuchs. Eine solche Quelle gibt es nicht. Es liegt nahe, daß da die Migrationsfreunde das Opfer einer palaeooptischen Täuschung sind. Die Diagnose einer Polverschiebung erfließt aus der Fest- stellung von Änderungen in der Verbreitungsart vorzeitlicher Lebe- wesen und Böden. Solche Änderungen lassen sich aber bei An- näherung an die Gegenwart in immer rascher zunehmender Menge erkennen, weil mit diesem Näherrücken die Zahl der geologischen Urkunden überhaupt in raschem Schritt wächst. Wenn dies nicht so klar hervortritt, so ist daran das rückläufige Längenwachstum' der Perioden schuld. Selbst wenn — was nicht der Fall — die Zahl der bekannten kambrischen Faunen erheblich größer wäre als die der neogenen, könnte die kambrische Urkunde doch noch die sehr viel lückenhaftere sein, weil sie sich über eine Zeitspanne verteilt, die nach Neumayr vielleicht der ganzen nachkambrischen Zeit an Dauer nahekommt, ein Umstand, der von Jenen unbeachtet bleibt, die glauben, daß mit der Diagnose einer Eiszeit als kam- brisch betreffs ihrer Altersdeutung mehr erreicht sei als die Kennt- nis, daß sie in die erste Hälfte der nacharchäischen Zeit fiel. Nach eigener Angabe der Migrationsfreunde können Krusten- störungen als Begleiter großer Polverschübe dann ausbleiben, wenn sich diese sehr langsam und allmählich vollziehen. Dann müßte man die großen Faltungsphänomene als die Begleiter von sehr rasch erfolgten zykloidischen Bewegungen der Pole ansehen, die im erwähnten Köppen'schen Diagramm, das nur die resultierenden mittleren Polwege zeigt, nicht angedeutet sind, andrerseits aber annehmen, daß die in jüngster Zeit erreichte große Schnelligkeit der Polwanderung noch imterhalb jener Gesch\\indigkeitsgrenze liege, deren Überschreitung erst große Kriistenstörungen bedingt. Es hat zwar Ampferei- kürzlich gezeigt, daß die Alpen auch in der Eiszeit in Unruhe \varen, daß in deren östlichen Tälern große Sohlenverbiegungen stattfanden und Nowak hat jüngst gar von posttertiären Faltungen in Albanien berichtet. Indem aber PüIverschiehuniJL'n und i;-eoloa;ischer Zcitbearirf ö' Ampferer ähnliche Phänomene, wie er sie für die Eiszeit klar aufzeigt, auch für das Tertiär und die Kreidezeit vermutet, be- deuten seine Darlegungen kaum eine Abschwächung des (bisher angenommenen) tektonischen Gegensatzes zwischen Quartär und Tertiär, sondern eine Höhereinschätzung der lithosphärischen Beweglichkeit in beiden Perioden. Die Nachwürmzeit war sicher keine Zeit größerer lithosphärischer Unruhe. Wenn sonach schon zwanzig- bis vierzigtausend Jahre ein Zeitraum von jener Dauer wären, welche genügt, damit sich eine 20gradige Polversehiebung ohne Störimgen in der Erdkruste vollzieht, müßten die .großen Gebirgsaufrichtungen die Begleiter von Polverschüben gewesen sein, die sich in noeh viel kürzerer Zeit vollzogen, müßte man in der pliozänen, altmiozänen imd vorgosauischen P'altung iii den vier hercynischen, den kaledonisehen und voralgonkischen Faltenbildungen die Werke weniger Jahrtausoide vor sich haben! Dies ist eine glatte Unmöglichkeit. In ähnlicher Weise wie die Polverschiebungshypothese kommt auch die Pendulationshypothese Simroth's bei Betrachtung im Lichte des geologischen Zeitbegriffs zu F'all. Indem sie für das Palaeozoikum und Tertiär eine polare, für das Mesozoikum und die Jetztzeit eine äquatoriale Schwingungsphase annimmt, setzt sie die physikalische Unmöglichkeit voraus, daß sich bei einer Pendelbewegung die Schwingungszeit von einer Schwingung bis zur nächsten um ein V^ielfaches verkürzt! Auch andere Klimahypothesen vertiagen eine Durchleuchtung mit dem Lichte des geologischen Zeitbegriffes nicht. Es sei dies hier zum Schlüsse nur kurz an einem Beispiele gezeigt. Die Kohlen- säurehypothese in ihrer geologischen Ausbildung durch Frech könnte die diluviale Kälteperiode nur dann als Folge eines völligen Abflauens des Vulkanismus im Ou.artär erklären, wenn sich nach- weisen ließe, daß im A-Iesozoikum die vulkanischen Kräfte nie durch eine Zeitspanne von der Dauer des Quartärs hindurch geruht hätten. Um ein dauernd mildes Klima zur Jurazeit als Folgezustand eines Kohlensäurereichtumes der Lufthülle glaubhaft hinzustellen, genügt es sonach nicht, darauf zu verweisen, daß es jurassische Erupti\'gesteine gibt; man müßte sie auf sämtliche Oppel'sche Zonen aufteilen können, selbst wenn man hinter Neumayr's Längen- schätzung etwas zurückbliebe imd eine solche Zone nicht der Zeitspanne vom Oberpliozän bis heute und nu.r der Eiszeit in engster Begrenzung vergliche. Für jede Oppel'sche Zone ein erup- tives Äquivalent aufzuzeigen, wäre aber bei der ohnedies nicht großen Zahl jurassischer Eruptiva ein Ding der Unmöglichkeit. Zur Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome Von Emilie Flamm (Mit 1 Tafel) Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien Nr. 172 der zweiten Folge (Vorgelegt in der Sitzung am 12. Jänner 1922) I. Einleitung. Das Ziel meiner Arbeit war zu untersuchen, welches Alter im günstigsten Falle ein einer Vegetationsperiode entsprechendes Stück eines Rhizomes erreichen kann. Ferner wollte ich die etwaigen anatomischen Unterschiede in den aufeinanderfolgenden Jahrgängen prüfen, falls solche etwa auftreten sollten. In der Literatur finden sich einige verstreute Altersangaben über Rhizome, auf die ich im Zusammenhange mit meinen Ergeb- nissen im speziellen Teile meiner Arbeit noch zu sprechen kommen werde. Auch sind an Rhizomen schon sekundäre Veränderungen beobachtet worden. Hollstein ^ berichtet, daß die Epidermis vieler Rhizome dikotyler Pflanzen nachträglich durch Periderm ersetzt wird. Bennecker- findet, daß die Rhizome vieler dikotyler Pflanzen sekundäres Dickenwachstum aufweisen, welches indes nicht immer regelmäßig mit dem Alter fortschreitet. Mougin^ beschreibt sekun- däres Dickenwachstum im Rhizom von Convallaria majalis, einer monokotvlen Pflanze. 1 Hollstein, 0.; Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Stengel u. Rhizome von dikotylen Alpenpfl. Just's Botan. Jahrb. 1907, I.Teil, p. 127. 2 Bennecke r, E. : Zur Kenntnis des Baues, der Entwicklung u. der Inhalts- verhältn. der Ausläufer u. Rhizome. Bot. Zentralbl. 1919, p. 209. 3 Mougin: Note sur la zone d'accroissement du Convallaria majalis. Bot. Zentralbl., Bd. 39, p. 194. .Sitzungsberichte A. mathem -naturw. ICI , Abt. I., 131. Bei 8 E.Fl a m m , Das Hauptuntersuchungsmaterial, durchaus wildwachsende Pflanzen der näheren und weiteren Umgebung Wiens, umfaßt folgende Pfllanzen: PoJygonatiiin nitilfißormn, P. officitiale, P. lati- foliiim, P. verticillahiui, Anthcricnm ramosiim, Paris quadrifolia, Asarnnt etiropaenm und Anemone ranunctüoides. Diese Pflanzen lassen die Jahreszuwachsstücke des Rhizomes deutlich erkennen. Convallaria majaJis imd Majantlicmnm bifolitim habe ich nur auf ihre anatomischen \"eränderungen untersucht; eine Feststellung des Alters war nicht möglich, weil die Jahrgänge nicht deutlich abgegrenzt sind. Endlich habe ich folgende Pflanzen ausgegraben und angesehen, aber mich nicht weiter mit ihnen beschäftigt, weil ihre Rhizome keine Altersbestimmung gestatten: Anemone hepatica, A. neinorosa, Acorus calanius, Adoxa moscliateUina, AUiiim nion- tanum, Angelica archangelica, Cardaniine bidbifera, Cyclainen eiiropaetmi, Hypochoeris radicata, Menyanthes trifoliata, Myosotis scorpioides, Nephrodinm filix mas, A\ pJiegopferis, Oxalis acetosella, Potentilla erecta, Pnhnonaria ufficinalis, Symphytimi tnberosurn, Trifolium spadiceum und Tussilago farfara. Zur Beantwortung der ersten Frage wurden zahlreiche Exem- plare auf verschiedenen Standorten ausgegraben und die Anzahl der Stockwerke festgestellt, woraus sich die Lebensdauer ergibt. Um die zweite Frage zu ergründen, habe ich Quer- und Flächen- schnitte aller Stockwerke eines Exemplares zum \'ergleich gebracht. Auf die Morphologie der untersuchten Rhizome und ihre Anatomie im allgemeinen werde ich nicht eingehen, weil sie in der Literatur^ genügend behandelt sind und meine Beobachtungen fast durch- aus übereinstimmen. Einige abweichende Befunde sowie etliche Nebenbeobachtungen will ich am Schlüsse meiner Hauptergebnisse mitteilen. II. Eigene Untersuchungen. A. Die Lebensdauer der untersuchten Rhizome. In der Literatur finden sich, wie schon in der Einleitung erwähnt, vereinzelte Bemerkungen zu dieser Frage. Im folgenden will ich- die vorliegenden Beobachtungen meinen Befunden gegen- überstellen. Nach den Mitteilungen Bernätsky's - erhält sich der einzelne Jahrgang von Polygonatum inidtißoriim mindestens bis zu 15 Jahren 1 Irmisch, Th.: Zur Morphologie der monokotyl. Knollen- u. Zwiebelgew., Berlin 1850. — Kirchner, Loew, Schröter: Lebensgesch. der Blütenpfl. Mittel- europas. Stuttgart 1914. 21. Lief!, p. 616 bis 658, und 14. Lief., p. 310. — Vele- novsky, J.: Vergleichende Morphologie der Pfl., II. Teil, Prag 1907, p. 613 und p. 051 bis 655. '- Kirchner, Loew. Schröter: Lebensgesch. der BlütenplL Mitteleuropas. Stuttgart 1914, 21. Lief., p. 655. t Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome. 9 lebendig. Ich habe ein bis ins älteste Stockwerk gesundes Exemplar mit '20 — rechnet man das jüngste mit dem Trieb für das nächste Jahr hinzu — sogar mit 21 Stockwerken ausgegraben. Das älteste Stockwerk., das zwanzigjährige, war zwar lebensfrisch, aber nicht mehr ganz^ vollständig; die ältesten Internodien waren durch eine natürliche Trennungsschicht bereits abgegliedert worden. Für P. otjiciiialc, P. latifoliuin und P. vcrticillatniii liegen meines Wissens in der Literatur keine Altersangaben vor. Nach meinen vielerorts vorgenommenen Ausgrabungen erreicht P. officiiialc ein Höchstalter von 16, P. latifölinm von 8 und P. verficillafnin von 17 Jahren. Unter den Polygonateen zeigt P. lafi- foJiiini eine auffallend kürzere Lebensdauer. In den ältesten Stock- werken dieser Pflanze tritt fast immer ein zentraler Hohlgang in- folge AbSterbens der innersten Parenchymzellen auf; das angren- zende gesunde Parenchym schließt sich dagegen durch Periderm und Gummi ab. Derartige Veränderungen hat Jost^ in Rhizomen als Alterserscheinungen beobachtet. In weiterer Übereinstimmung mit seinen Beobachtungen habe ich in der nächsten Umgebung des Hohlganges verstopfte Gefäße gefunden, deren Inhalt mit Phloroglucin und Salzsäure Rotfärbung gibt, ebenso die oben er- wähnte gummöse Verstopfung des Parenchyms. Die Verstopfungs- massen sind wahrscheinlich eine Art Wundgummi.- Bei den übrigen Polygonateen wurde der zentrale Hohlgang sehr selten beobachtet. Für Antheriaim rainosiini konnte ich in der Literatur keine Altersgrenze finden. Nach meinen Untersuchungen erreicht ein Stockwerk ein Maximum von 1 7 Jahren. Paris qiiadrifolia kann nach Bernätsky' bis zu 10 Stock- werken in lebender \'erbindung aufweisen, ich habe 17 Jahrgänge festgestellt. Irmisch'='= zählte bei Asariun etiropaeiun oft über 10 ver- schiedene Jahrgänge; ich habe maximal 14 Stockwerke angetroffen. Über die Abgrenzung der Jahrgänge und das Alter der Stock- werke bei Anemone ranniieuloities habe ich in der Literatur nichts gefunden. Nach meinem Dafürhalten kann man die .Stockwerke zählen. Das Rhizom zeigt stellenweise starke Einschnürungen, die ich für die Grenzen der Stockwerke halte. Vorausgesetzt, daß diese Anschauung richtig ist, wird ein Rhizomstück maximal 7 Jahi'e alt. 1 Jost, L.: Die Zerklüftung einiger Rhizome und Wurzeln. Hot. Zentralbl., Bd. 49, p. 335. 2 Molisch, H. : Mikrochemie der Pflanze. Jena 1913, p. 315. 3 Kirchner, Loew, Schröter, I.e., p. 647. ■^ Irmiseh, Th.: Zur Morphologie der monokotyl. Knollen- u. Zwiebelgew. Berlin 1850, p. 181. 10 E. Flamm, B. Veränderungen, welche lebensfrische Rhizomstüeke mit zunehmendem Alter erleiden. 1. Veränderungen der Epidermis. Bei den Polygonateen zeigt die makroskopische Betrachtung oft einen Unterschied in der Farbe der Kutikula. In den jüngeren Stockwerken ist diese weißHchgelb, in den älteren meist dunkelgelb gefärbt. Auch an den älteren Rhizomteilen von Paris qiiadrifolia, Asarimt eiiropaewn, Aneinone rannncnloides, Convallaria niajalis und Majantlienituii bifolinm ist diese dunklere Färbung der Kuti- kula zu beobachten. Unter dem Mikroskop fallen an älteren Rhizompartien bei den Polygonateen Epidermiszellen auf, deren Lumen mit bräunlichen Einlagerungen mehr oder weniger erfüllt ist. Offenbar sind es nekrotische Zellen. Ihre Zahl nimmt mit dem Alter, wenn auch nicht regelmäßig, zu. Bei Majanthciiiuin bifolinin und Convallaria iiuijalis zeigen sich in manchen Epidermiszellen, die meist stärker verdickte Wände aufweisen, gelbliche oder röt- liche Tropfen von kleineren oder größeren Dimensionen. Stellenweise ist das Lumen einer Epidermiszelle oder einer Gruppe solcher Zellen damit erfüllt. In letzterem Falle sind die Stellen als Flecken mit freiem Auge sichtbar. Die bezeichneten Tropfen, respektive Massen sind in kaltem und heißem Alkohol, in Äther und Schwefelkohlenstoff unlöslich. Sie werden durch Kalilauge und kalte Salzsäure nicht verändert, in kochender Salzsäure färben sich größere Massen tief braunrot bis schwärzlich. In kalter Salpetersäure schwindet die rote Farbe, aber die entfärbten Massen bleiben sichtbar. Kochende Salpetersäure führt Lösung herbei. Es dürfte sich um Sekrete handeln, die mit der Degeneration der Epidermiszellen zusammen- hängen. 2. Veränderungen der Spaltöffnungen. a) Verstopfung der Spaltöffnungen. Die Spaltöffnungen der Rhizome der untersuchten Polygonateen erfahren mehrere merlcwürdige Veränderungen, die meines Wissens unbekannt sind. Ich will mit der Reschreibiing der normalen Rhizomspaltöffnung beginnen. »Sie erhebt sich über die durchschnittliche Oberfläche, indem die Begleitzellen, bei P. vcrticillatittii auch noch ein bis zwei benachbarte Zellen, sich schräg oder fast gerade nach aufwärts richten und in der Spitze der so zustande kommenden beträchtlichen Erhöhung Spalt- öffnungen tragen.«! Im Querschnitt betrachtet, siehe Fig. 1, zeigen die Schließzellen stark verdickte Bauchwände, deutlich entwickelte Vorder- und Hinterhofhörnchen und darunter eine verhältnismäßig lange Atemhöhle. Im Vorhof der Spaltöffnungen sind häufig pfropfenartige Einlagerungen von gelblichen bis bräunlichen körnigen Massen zu beobachten. 1 KircimcT, Loew, Schröter, I.e., 21. Lief., p. 628. Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome. 1 1 Die Ausfüllungsmassen (»p«) sind in Quer- (Fig. 5, 6) und Flächenschnitten (Fig. 2) zu sehen. Zuweilen ist gleichzeitig der Hinterhof verstopft (Fig. 4, p,). Im allerjüngsten Stockwerk mit dem Trieb für das nächste Jahr ist der Vorhofpfropten nur sehr vereinzelt zu bemerken und da nur an den älteren Internodien. An den jüngeren Internodien, vorne bei der Triebknospe, fehlen die Pfropfen. Das läßt er- kennen, daß diese Pfropfen nicht aus der Zeit der Anlage der Schließzellen her- rühren, wie es bei den Wachspfropfen l der Fall ist, sondern erst später in der ausgebildeten Spaltöffnung entstehen. In einjährigen Rhizomabschnitten sind viele Spaltöffnungen mit Pfropfen vorhanden; in zwei- und dreijährigen weisen die meisten diese Erscheinung auf und in noch älteren findet sich nur ab und zu eine Spalt- <"iffnung mit leerem Vorhof. Vielleicht ist der Pfropfen aus diesen während der Herstellung des Schnittes herausgefallen und mithin alle Spaltöffnungen in älteren Rhizomteilen verstopft. Oft erscheinen die Vorhöfe ganz dunkel von den ein- gelagerten Luftbläschen. Durch Einbringen in Alkohol oder gelindes Erwärmen entweicht die Luft und die mehr gelblichen oder bräunlichen Massen werden deut- lich sichtbar. Bei den Koniferen 2 und später bei einer Reihe von Pflanzenfamilien 3 sind derart aussehende Verstopfungen wachsartiger Natur beobachtet worden. Ich war besti'ebt, die stoffliche Natur der Vorhofpfropfen von Polygonatwn festzustellen und prüfte zunächst auf Wachs. -t Es war nicht möglich, die Pfropfen unter Wasser auszuschmelzen. Sie .waren weder in kaltem, in heißem Alkohol noch in ScTiwefelkohlenstoff löslich. Bei Verweilen der Schnitte bis zu vier Tagen in Äther und Chloroform trat keine Lösung ein. Scharlachrot und Sudan wurden von der Kutikula, den Vorder- und Hinterhofhörnchen intensiv gespeichert, von den Pfropfen nicht. Es kann sich daher nicht um wachsartige Stoffe handeln. Bei der Widerstandsfähigkeit der Pfropfen gegen Alkohol, Äther, Schwefelkohlenstoff und Kalilauge lag die Vermutung nahe, daß es eine Art Wundgummi 5 sein könnte. Indes geben die Pfropfen keine Holzstoffreaktion mit Phloroglucin und Salzsäure, doch scheinen sie sich in Salpetersäure teilweise zu lösen und speichern Fuchsin. In kochender Salzsäure tritt keine \'eränderung ein. Im Vorhofpfropfen liegen nicht selten dunkel gefärbte, polygonale Körperchen, die Sporen eines auf der Epidermis wuchernden Pilzes. Ganze Häufchen solcher Sporen und ausgedehnte Pilzhyphen sind auch sonst auf der Epidermis häufig sicht- bar. Zuweilen hebt sich im Pfropfen eine feinkörnige, schwärzliche Masse ab. Wulffs hat Spaltöffnungen beobachtet, in welche Pilzhyphen eingedrungen waren, die sich den Wänden fest angeschmiegt hatten. Die äußere Atemhöhle und die Zentralspalte scheinen in diesem Falle ganz wie bei der Verstopfung mit Wachs von einer körnigen Masse erfüllt zu sein, die aber von den Lösungsmitteln für Wachs nicht angegriffen werden. Ich konnte in den Spaltöffnungen keine Pilz- hyphen erkennen. Die Pfropfen unbekannter chemischer Natur sind vermutlich ein Ausscheidungsprodukt der Schließzellen und haben wahr- scheinlich die angenommene biologische Bedeutung der Wachs- pfropfen, nämlich die Transpiration der Spaltöffnungen herab- zusetzen. 1 Wilhelm, K. : Über eine Eigentümlichkeit der Spaltöffn. bei Koniferen. Ber. der Deutsch. Bot. Ges., Berlin 1883, Bd. [, p. 325. — Wulff, Th.: Studien über verstopfte Spaltöffn. Ost. bot. Zeitschrift 1898, Nr. 6, p. 201. 2 Wilhelm, K., 1. c. 3 Wulff, Th., 1. c. -i Molisch, H.: Mikrochemie der Pflanze. Jena 1913, p. 112. 5 Molisch, H.: 1. c, p. 315. 12 E. I'lamm, Die Schließzellen mit Vorhofpfropf sind nicht tot. Es ist mir auch an älteren i^hizomstücken noch gelungen, in derartigen Schließzellen Plasmolyse mit reinem Glyzerin, Zucker- und Salpeterlösung herbeizuführen; auch konnte ich in ihnen Stärke nachweisen. Ich wollte die Wegsamkeit der Spaltöffnungen für Luft unter- suchen mit derselben Methode, welche Stabil zum Nachweis der Wegsamkeit der Lenticellen anwendet. Ich befestigte ein Rhizomstück von Polygoitcitiiin lalifoliuin an den kürzeren Schenkel eines U- förmig gekrümmten Glasrohres, verschloß das ueie Ende mit Siegellack und tauchte die Vorrichtung bis über das zugekittete Ende in ein Gefäß mit Wasser und goß in den langen Schenkel Quecksilber. Die Luft ist nur aus Wunden entwichen. Auf Anraten des Herrn Hofrates Molisch habe ich den Versuch in der Weise abgeändert, daß ich eine Handluftpumpe zum Hindurchpressen der Luft verwendete. Es ist mir zweimal bei P. laiifaliutn, und zwar nur an einjährigen Rhizomstücken gelungen, Luft hindurchzupressen, sodaß diese auf der ganzen Oberfläche hervorperlte. In einer größeren Zahl von Fällen war das Resultat ein negatives, auch bei Verwendung einjähriger Rhizomstücke. Weitere Versuche mit F. officinalc, iimUißoniin und verUcillaluin waren durchwegs erfolglos. Der negative Ausfall setzte mich deshalb in Erstaunen, weil das Rhizom- gewebe reich an mit Luft erfüllten Interzellularen ist und an jüngeren Stockwerken noch reichlichst unverstopfte Spaltöffnungen vorhanden sind, durch welche ich ein Austreten der Luft erwartet hätte. Flächenschnitte von Convallaria inajalis machen den Eindruck, daß die Spaltöffnungen hin und wieder derartige Pfropfen zeigen. Bei der geringen Zahl der Spaltöffnungen findet man diese verhältnismäßig selten am Querschnitt. Da mir das Material nicht in genügender Menge zur \'erfügung stand, kann ich über den Bau im Querschnitt nichts Genaueres sagen. b) Verholzung der Spaltöffnungen. Ein Teil der Spaltöffnungen der untersuchten Polygonateen erleidet noch eine ^veitere \'eränderung; es tritt Verholzung ein. Die unverholzten Schließzellen sind von der Farbe der umgebenden Epidermiszellen. Mit Ausnahme der kutini- sierten Außenwand, der \'or- und Hinterhofhörnchen geben sie mit Chlorzinkjod Zcllulosereaktion. Die verholzten Schließzellen (Fig. 3, 5, 6, 7) sind kräftiger gelb bis braun gefärbt und haben stärker verdickte Wände: insbesonders sind die Bauch- wände stärker verdickt, sodaß da< Lumen bedeutend verkleinert ist. Es gelang mir nicht, Stärkeeinlagerungen nachzuweisen und Plasmolyse hervorzurufen. Die Wände der verholzten Schliel.izellen werden mit Phloroglucin und Salzsäure mehr oder weniger kräftig rot. Salzsäure allein und Joachimowitz Reagens- bringen diese Färbung nicht hervor. Es kann sich daher nicht um Phloroglucotannoide und auch nicht um jenen postmortalen gelben oder braunen Farbstoff handeln, der auf den Membranen und manchmal auch im Zellinhalt der Schließzellen etwas gelber Blätter von Musa Cavciidishii^ abgesetzt wird; dieser gibt mit Säuren rote Reaktion. Anilinsulfat eignet sich infolge bereits vorhandener Gelbfärbung nicht als Reagens. Mit kalter Orcin-Salzsäure, welche ich zuweilen anwendete, trat N'iolctt- färbung ein. 1 Stahl: Entu'icklungsgesch. u. Anatomie der Lenticellen. Bot. Zeitg., Leipzig 1873, 31. Jg.. p. 613. - Joachimowitz, M.: Ein neues Reagens auf Phloroglucin, Catcchin und ihre Derivate. Biochem. Zeitscin-., 82. Bd., p. 324 bis 358. 3 Harmorak, X.: Beiträge zur Mikrochemie des «Spaltöffnungsapparates. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Kl., Abt. I, 124. Bd., 0. u. 7. Heft. Lebensdauer und Anatomie einiörer Rhizomc. 13 »ö Verholzte Spaltrit^'nungen sind auch bei den Koniferen, i Cycadeen,2 Lyco- podiaceen,' bei Camcllia japonica,'-^ Pandanns^ und Thea^ nachgewiesen worden. Bei Polygonatum verholzen indes nicht alle Spaltöffnungen. Auf den jüngsten Internodien des jüngsten St(3ckwerkes findet man überhaupt keine verholzten. Auf den ältesten Internodien dieses jüngsten Stockwerkes tritt hie und da eine verholzte Spaltöffnung auf, die auf Phloroglucin und Salzsäure reagiert. Mit fortschreiten- dem Alter verholzen immer mehr Spaltöffnungen, sodaß die ver- holzten die unverholzten schließlich an Zahl übertreffen. Was die Verteilung der verholzten Spaltöffnungen anlangt, so konnte ich keine Abhängigkeit beobachten; sie finden sich oben, unten und seitlich am Rhizom; allerdings sind manche Schnitte vom selben Stockwerk reicher, andere wieder ärmer an verholzten Spalt- öffnungen. Im ältesten Stockwerke einer Rhizomkette, auch in dem zwanzigjährigen von P. ntiiltiflonun, habe ich noch immer etliche un\-erholzte Spaltöffnungen vorgefunden. Es treten mithin gleich- zeitig nebeneinander verholzte und unverholzte Schließzellen auf, die sich auch dadurch unterscheiden, daß erstere dickere Wände und ein engeres Lumen haben und stärkefrei sind. Es besteht mithin ein Dimorphismus der Spaltöft'nungen, wie er bis- her nur bei Pandaniis^ beobachtet worden ist. Der Dimor- phismus kommt besonders in Flächenschnitten stark zum Ausdruck. Man vergleiche die unverholzten Schließzellen in Fig. 2 mit den verholzten in Fig. 8, 9. Die morphologische Verschiedenheit wird durch die Veränderungen, welche die benachbarten Epidermiszellen der verholzten Schließzellen gleichzeitig erfahren, noch erhöht. Auf diese Veränderungen soll im nächsten Abschnitt näher eingegangen werden. Die Vorhofpfropfen, welche in den unverholzten Spalt- öffnungen beschrieben worden sind, kann man auch vielfach in den verholzten beobachten. Dort, wo sie fehlen, wie in Fig. 7, sind sie wahrscheinlich erst bei der Präparation herausgefallen. Auch einige Schließzellen des Rhizomes von Convallaria tnajaUs erleiden Veränderungen mit zunehmendem Alter. In jungen Rhizomteilen sind sie hellgelb wie die Kutikula gefärbt. Auf älteren Rhizomteilen finden sich neben derartigen unveränderten Schließzellen auch solche, welche auffallend dickwandiger, fernei- leuchtend gelb, braun oder rötlich gefärbt sind. Oft sind auch die angrenzenden Epidermiszellen dickwandig und ebenso gefärbt. Der Farbstoff scheint nicht nur in -den Wänden, sondern auch im Zellinhalt aufzutreten. Die gelben Schließzellen geben 1 Mahlert: Beiträge zur Kenntnis der Anatomie der Laubbl. der Koniferen mit bes. Berücksicht. des Spaltöffn. App., Bot. Zentralbl. 1885, 24. Bd.. p. 54. - Karzel, R.: Die Verholzung der Spaltöffn. bei Cycadeen. Wiesner Festschr.. Wien 1908, p. 510. •'■ Heilbronn, AI.: Die Spaltöffn. von Camellia japonica. Ber. der Deutsch, bot. Ges.. 34. Bd., p. 22. ■i Kofier, J.: Der Dimorphismus der Spaltöffn. bei Pandanus. Ost. bot. Zeitschr. Wien 1918, p. 186 bis 195. 14 E. Flamm, mit Phloroglucin und Salzsäure keine Reaktion, die bräunlichen oder rötlichen färben sich meist kräftig rot. Sonst zeigen letztere das gleiche chemische Verhalten wie jene gelben und roten Massen in manchen Epidermiszellen, worüber im Abschnitt » 1 « berichtet worden ist. So wie bei diesen scheint es sich auch bei den Schließzellen um Absterbeerscheinungen zu handeln. tV Verstopfung der Atemhöhle. Die Spaltöffnungen von P. officinale, rniilfißoriuii. latifoUuin und veiiidllatiiiii (Fig. 1) zeichnen sich, wie schon früher erwähnt, durch eine lange Atemhöhle aus. Fig. 5 zeigt eine verholzte Spaltöffnung von P. verticillaiiini mit verkleinerter Atem- höhle »a«. Der untere Teil der Atemhöhle ist durch die Teilungstätigkeit der an- grenzenden Parench5^mzellen verschwunden. In Fig. 6 ist die Atemhöhle »^7« noch mehr verkleinert. Die nächst angrenzenden Parenchymzellen haben sich papillen- artig »i(« gegen die Schließzellen vorgewölbt. Auch die linke Nebenzelle zeigt eine derartige papillenartige Vorstülpung »Z^«, die ebenfalls zu einer Verkleinerung der Atemhöhle beigetragen hat. In Fig. 7 ist die Atemhöhle verschwunden; sie ist durch die hineingewachsenen Parenchymzellen verstopft woi'den. Bei den untersuchten Arten wird die Atemhöhle unter den verholzten Schlicßzellen hauptsächlich durch die hineinwachsenden Parenchymzellen verstopft. Haberlandt^ und Molisch^ haben ähnliche Vorgänge unter den Spaltöffnungen der Blätter von Tradescantia giiiaueusis be- schrieben und Molisch ^ hat sie als "thylloide Verstopfungen« bezeichnet. Später ist bei den Cactaceen- dieselbe Beobachtung gemacht worden. Derartige Bildungen sind als vorzügliches Mittel, die Transpiration herabzusetzen, gedeutet worden. Auch die Ver- stopfung der Atemhöhle von Polygoualiuu kann thylloide Ver-' stopfung genannt werden. Sie erfolgt in erster Linie durch die Tätigkeit der Parenchymzellen; die Nebenzellen haben nur unter- geordneten Anteil. In einzelnen Phallen konnte ich bei P. iniiUißunnn (Fig. 3) in der verkleinerten Atemhöhle einen Pfropf (»o«), der Opistialöffnung anliegend, beobachten, der Sudan und Scharlachrot speichert und seiner chemischen Natur demnach den Fetten angehören dürfte. Bei den anderen Poh'gonateen ist mir ein derartiger Verschluß nicht auf- gefallen. Unter nicht verholzten Spaltöffnungen ist das Gewebe interzcllularreich, unter verholzten und verstopften schließt es fast lückenlos aneinander. In älteren Hügelchen (Fig. 7) reichen die Teilungen der Parench3'mzellen noch mehrere Zellagen tief unter der verstoptten Atemhöhle ins Gewebe hinein. Es entsteht dadurch ein sich von dem übrigen Parenchymgewebe linsenförmig abhebender Gewebekörper, welcher die verholzten Schließzellen noch stärker emporwölbt, so daß ein lenticellenähnliches ilöckerchen entsteht. Indes kommt es niem.als zum Aufreißen der Höckerchen (Fig. 3, f), 6), weil sich die Epidermiszellen durch Zellteilung vermehren und sich so der Aufwölbung anpassen. Da die Epidermis des Rhizoms erhalten bleibt, bestände auch keine biologische Notwendigkeit, Lenticellen auszubilden. Die die Atemhöhle umgrenzenden Parenchymzellen sind hei eintretender Zellteilung zart- wandig und farblos und geben mit Chlorzinkjod Zellulnsereaktion. In einem späteren 1 Molisch, H.: Zur Kenntnis der Thyllen, nebst Heob. üb. Wundheil, der Pfl. Akademie d. Wiss., Wien, Bd. 97, 14. \'l. 1888. '■2 Bukvic, N.: Die thylloiden X'erstopf. der Spaltöffn. u. ihre Bez. zur Korkbildg. bei den Cactaceen. Ost. bot. Zeitschr. 1912. Nr. 11. Lebensdauer und Anutoiuic einiaer Rlii/omc. 15 'ö Stadium lassen sich Korkreaktionen ausführen; die Wände verseifen mit Kalilauge und speichern Sudan und Scharlachrot. In einem noch älteren Stadium geben sie dieselben Holzreaktionen wie die verholzten Schließzellen. Die Zellen sind dick- wandig und bräunlich gefärbt. Im Zellumen des verholzten Korkes (Fig. 3, 7) liegen kleinere und größere Tropfen, welche Sudan und Scharlachrot speichern; es scheinen mithin Fettropfen zu sein. Vielleicht sind es solche Öltropfen,! die als Auswurfstoffe in alternden Organen beobachtet worden sind. Zu ihrer Überprüfung wurden auch folgende Reaktionen auf Gerbstoffe 2 ausgeführt: Eisenchlorid, Eisenvitriol, Osmium- säure und Joachimowitz-Reagens,3 indes ohne positives Ergebnis. Die vorhin be- schriebenen Tropfen konnte ich auch im stark reduzierten Lumen der verholzten Schlictizellen und in den verholzt verkorkten Zellen der Niederblattnarben beobachten. Auch in der Flächenansicht (Fig. 9) läßt sich die stärkere Aufwölbung der Spaltöffnungshöckerchen erkennen. Die x'erholzten Schließzellen bilden das Zentrum. Sie sind von nachträglich abgeänderten Epidermiszellen kranzartig umgeben und weichen auch dadurch von den unverholzten Schließzellen (Fig. 2) deutlich ab. Die abgeänderten Epidermiszellen will ich ihres Aussehens und der einfacheren Bezeich- nung wegen Kranzzellen nennen. Sie sind nach außen bogenförmig abgerundet, nach innen, gegen die Schließzellen zu, teilweise papillenartig vorgewölbt, so daß die Außenwände der letzteren etwas eingesenkt werden. Jüngere Stadien zeigen nur eine Kranzreihe (Fig. 8), ältere (Fig. 9) deren mehrere, konzentrisch um die Spalt- öffnung angeordnet. Am äußeren Umfang des Hügels schließen sich in tieferer Lage die normalen Epidermiszellen an. Ältere Stockwerke zeigen alle Varianten von beginnender und stark fortgeschrittener Umbildung. Fig. 9 ist noch keines von den größten Höckerchei:. Im Anfangsstadium speichern die Kranzzellen Scharlachrot wie die Kutikula, in älteren Stadien erhält man die Ligninreaktionen, welche mit den verholzten Schließzellen ausgeführt worden sind. Die Verholzung beschränkt sich nicht auf die Schließzellen allein, sondern erstreckt sich bei fortschreitender Höcker- bildung auf die gesamten Zellen des Hügelchens. Bezüglich der Verteilung der Höckerchen gilt dasselbe wie für die verholzten Spaltöffnungen. Sie sind auf allen Seiten des Rhizomes zu finden. Im einjährigen Stockwerke sind sehr wenige anzutreffen. Mit dem Alter des Rhizomstückes nimmt ihre Zahl zu. An älteren Rhizomstücken finden sich stark ausgebildete Höckerchen mit \"ielen Kranzreihen, solche mit einer Kranzreihe, verholzte Spaltöffnungen ohne Kranz und unverholzte Spaltöffnungen. Ver- holzung und Höckerbildung scheinen bis ins relativ späte Alter stattzufinden. Die Verholzung der Schließzellen in Verein mit der thylloiden Verstopfung setzt die Spaltöffnungen außer Funktion. Es fragt sich nun, soll durch diese Einrichtung die Transpiration des Rhizomes an diesen Stellen ausgeschaltet werden oder ist sie ein Schutzwall gegen eindringende Pilze? Sehr vereinzelt konnte ich auch bei ConvaUafia inajalis Kranzbildung mit ein bis zwei Reihen um jene schon beschriebenen, vermutlich nekrotischen Schließ- zellen beobachten. Außer diesen Schließzellenhöckerchen treten bei den Polygonateen auch Höckerchen auf, die von keinen Spaltöffnungen gekrönt werden. Sie ähneln ansonsten den ersteren im Bau, sowohl im Flächen- als auch im Querschnitt und zeigen das 1 Molisch, H., Mikrochemie, 1. c, p. 344 bis 345. - Molisch, H., Mikrochemie, 1. c, p. 154 bis 159. ^> Joachimowitz . M., 1. c. 16 E. Flamm. gleiche chemische \'erhalten. Sie bestehen mithin auch aus später A'erholzenden kranzzcllcn und darunterliegenden verholzenden Korkzellcn. Sie treten nur an älteren Rhizomabschnitten, zwar nicht regelmäßig, aber ziemlich häulig auf und scheinen Icleinen Wundausheilungen zu entsprechen. Beide Arten von Höcker fallen schon unter schwacher Lupenvergrößerung als Wärzchen ins Auge. Spaltöffnungsfreie Höcker konnte ich auch an älteren Rhizomteilen von Convallaria majalis beobachten. Im Lumen der Zellen finden sich in der Regel jene gelben odei- i'oten Sekretmassen, von denen sclion mehrmals die Rede war. 3. Die Änderungen des Diameters. Der Diameter des Querschnittes in den aufeinanderfolgenden Stockwerken einer Rhizomkette weist oft große Unterschiede auf. Auf mehrere schwache Stockwerke folgen oft besonders starke. Zwischen kräftige Stockwerke erscheint ein auffallend schwaches eingeschaltet. Bei vielen Exemplaren sind die ältesten Stockwerke bedeutend schwächer als die jüngeren. Es fragt sich nun, waren die schwächeren Stockwerke immer schwächer oder sind sie erst nachträglich durch Reservestoffabgabe so geworden? Ferner, ist das Dicker- oder Dünnersein eines Stockwerkes von der Anzahl der Zellen oder den Zelldimensionen abhängig? Ich habe deshalb unter dem Mikroskop mit Hilfe eines Meßtisches Zählungen und Messungen vorgenommen und auf diese Weise untersucht: Poly- gonatiim niultißorum, P. ofßcinale, P. Jatifoliiuu, P. verticillatwnt, Paris qiuidrifoUa und Asanim enropaeuni. Bei Aiitherictim ramo- siim wurde das Verfahren unterlassen, weil die geringe Längs- ausdehnung der Stockwerke und die stark wechselnden Durch- messer infolge der kugeligen Gestalt der Rhizomabschnitte die Herstellung von Schnittserien einander entsprechender Zonen un- möglich machten. Bei den aufgezählten Pflanzen hat es sich gezeigt, daß einem größeren Diameter im allgemeinen eine größere Zellenzahl entspricht tmd umgekehrt. Ein größerer Querschnitt weist auch im allgemeinen größere Zelldimensionen auf. Der Diameter des Querschnittes ist mithin von der Anzahl der Zellen und den ^ Zelldimensionen ab- hängig, doch so, daß der erste Faktor in der Regel überwiegt. Aus der prallen Beschaffenheit der Zellwände, meist bis ins älteste Stockwerk, kann man schließen, daß sicli die ursprünglichen Zell- dimensionen nicht oder kaum geändert haben. F(^lglich dürften sich auch die Diameter der Querschnitte nicht oder kaum geändert haben. Bloß das älteste und zuweilen auch das sich diesem an- schließende Stockwerk zeigen bei manchen Exemplaren etwas schlaffe Zellwände, sodaß hier eine geringe nachträgliche Herab- setzung der Dimensionen in Betracht gezogen werden muß. Die rein makroskopische Betrachtung hat ferner ergeben, daß drei Entwicklungsformen unterschieden werden können: Erstens Sproßketten, die trotz aller Schwankungen des Diameters in den einzelnen Stockwerken eine Zunahme der Dimensionen in der Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome. 1/ Wachstumsriclituni; gegenüber den älteren Jahrgängen aufweisen, zweitens solche, die, von kleineren Schwankungen abgesehen, im allgemeinen stagnieren, und drittens Sproßketten, die in ihren älteren Teilen auffallend kräftiger sind als in ihren jüngeren Abschnitten und mithin den Eindruck der Degeneration erwecken. Die unregel- mäßigen Schwankungen, die an den meisten Rhizomketten zu beobachten sind, scheinen der Ausdruck wechselnder Ernährungs- bedingungen zu sein. 4r. Sekundäres Dickenwachstum. Nach den Ausführungen von Loew und Kirchner^ befindet sich um den Zentralzylinder des Rhizomes von Antliericuni ranio- sum eine deutlich entwickelte Endodermis mit verdickten Seiten- und Innenwänden. In manchen Quer- und allen Längsschnitten habe ich auf kürzere oder längere Strecken derart gestaltete Zellen gefunden. Ihnen gegenüber stehen andere Querschnitte, wo nicht die Spur von derartigen Endodermiszellen zu sehen ist. An der bezeichneten Stelle konnte ich hingegen auf kürzere oder längere Strecken eine meristemartige Teilungszone beobachten. Fig. 10 stellt eine Querschnittspartie von einem sechsjährigen Rhizomstück von Antheriatm raniosum dar. Mit »;/z« ist die meristemähnlichc Teilungszone bezeichnet. Frisches Material eignet sich zur Beob- achtung besser als Alkoholmaterial. Ich konnte Teilungszonen auf kürzere oder längere Strecken selbst an einem fünfzehnjährigen Stockwerk noch deutlich erkennen. Durch die Teilungstätigkeit entstehen Rindenzellen, die zunächst tangential gestreckt sind, peripheriewärts isodiametrisch werden. Dieses sekundäre Dicken- wachstum der Rinde steht offensichtlich in Zusammenhang mit der Peridermtätigkeit. Loew und Kirchner^ berichten bloß, daß ab- wechselnde Lagen von Kork und verholztem Parenchym die äußeren Schutzschichten darstellen. Ich konnte am, jüngsten Stockwerk im Frühsommer stellenweise noch einfache Epidermis feststellen, stellen- weise Periderm knapp unter der Epidermis. Im Herbste zeigten die jüngsten Stockwerke ringsum eine Peridermzone; zuweilen ist stellenweise eine zweite Peridermzone angelegt. In \'orjährigen Stockwerken sind meist zwei Peridermzonen ausgebildet. Ältere Stockwerke zeigen stets mehrere Peridermzonen, die jede Teile der Rinde nach außen abschneiden. Die abgestorbenen Rindenteile lösen sich leicht los, weshalb man die Peridermtätigkeit schwer verfolgen kann. Dort, wo Wurzeln abzweigen, halten sich die Peridermzonen etwas länger. Doch scheint der Tätigkeit des Peri- derms und Meristems nach einiger Zeit eine Grenze gesetzt zu sein, weil das Rindenparenchym in älteren Stockwerken auffallend schmal ist. t . 1 Kirchner, Loew, Schröter, 1. c., 14. Lief., p. 310 bis 31i Sitzungsberichte d. mathem.-naturvv. KI., Xax. I, 1.31. Bd. 2 18 E.Fl a m m , An der Innenseite meristematischer Zonen macht es, cillerdings sehr vereinzelt, den Eindruck, als ob ein neues Gefäßbündel an- gelegt würde. Fig. 10 zeigt ein neu angelegtes Gefäßbündel »^« und ein älteres »G«. Das Meristem am Umfange des Zentral- zylinders hat also die Fähigkeit, nach außen Rindenparenchymzellen und, wie es scheint, nacli innen, wenn auch äußerst sporadisch, neue Gefäßbündel zu entwickeln, welche den vorhandenen auf- gelagert werden. Es scheint wenigstens potentiell sekundäres Dickenwachstum in zentripetaler und zentrifugaler Richtung zu bestehen. Das Rhizom von Autlicricnm ramosiun wäre somit ein neuer Fall \'on sekundärem Dickenwachstum unter den Monokotylen. Bei den r^amilien der Dracaeneen, Yucceen, Aloineen, Dioscorea- ceen, bei Cordylme und Aletris ist ausgiebiges Dickenwachstum ^ bekannt. Mougin- hat in bestimmten Rhizompartien von Con- vallariü majalis eine sekundäre Zuwachszone entdeckt, die zentrale und periphere Zellgewebe, Gefäßbündel etc. entwickelt. Bei meinen Untersuchungen des Rhizomes von ConvalJaiia niajaJis im An- schlüsse an Anthcriciint habe ich auch den Eindruck eines der- artig bestehenden Verhaltens gehabt, ohne von dieser Arbeit zu jenem Zeitpunkte noch Kenntnis zu haben. Die Endodermis taucht im Rhizom von Anthericum raniosnin dort auf, wo Wurzelabzweigungen getroffen werden. Mir macht es den Eindruck, daß die Endodermis der Wurzel angehört, deren Achsenzylinder bis zum Achsenzylinder des Rhizomes begleitet und sich noch auf eine kürzere oder längere Strecke zwischen Achsenzylinder und Rinde des Rhizomes einschiebt. Auf diese Weise erfährt das Wurzelgewebe eine scharfe seitliche Abgrenzung gegen das Rhizomgewebe. Zweigen in ungefähr gleicher Höhe zwei oder mehrere Wurzeln ab, so kann man den Eindruck einer Rhizomendodermis gewinnen, die durch die Zentralzylinder der Wurzeln eine Unterbrechung erfährt. Manche Rhizomquerschnitte zeigen auf kürzere oder längere Strecken Endodermiszellen, obwohl von Wurzclabzvveigungen nichts zu seinen ist. Ich glaube, daß in diesem Falle Wurzelregionen gestreift worden sind. Von Asantin ctiroptiemii''' ist bekannt, daß im Rhizom stellenweise inter- faszikuläres Kambium auftritt, welches zusammen mit dem Faszikularkambium ein sekundäres Dickenwuehstum in sehr beschränktem Maße verursacht. Das ist nichts Absonderliches, da Asarinii eine dikotyle Pflanze ist und bei diesen nach den Untersuchun.üjen Ilollsteinsi das sekundäre Dickenwaciistum im Rhizom eine häufige Erscheinung ist. Aneinone ramniciiloidcs zeigt trotz seiner Zugehörigkeit zu den Dikotylen kein nachträgliches Dickenwaciistum. 1 Haberlandt. G.. Pliysiol. Pllanzenanatomie. 5. .^utl., Leipzig 1918. p. 608 und 641. 2 Mougin, N.. Note sui la zone d'accroissement du CmwiiUaria iihy'iiUs. Bot. Zentralbl.. 39. Bd., p. 194. 3 Kofi er, 1.., Asiiriitii ciin'pjciiiii. Pharmazeut. Zentralhalle f. Deutschi., p. .'9, Nr. 42. •' Mol Istein, 0., Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Stengel u. Rhi- zome von dikot. Alpenptl. Just's Bot. Jahresber., 35. Jg., 1. Bd., p. 12G. I Lebensdauer und Anatcmiic einit^er Rhizmue. 19 C. Nebenbeobaehtungen. 1. Kutikulare Verdickungen. In den Flächenschnitten der Rhizome von Polygonatuni offi- cinalc (Fig. 11) fallen zwischen den Epidermiszellen eigenartige Gebilde (c) auf, welche an Siebröhren oder Kailoseplatten erinnern. An Quer- (Fig. 12, c) und Längsschnitten entsprechen ihnen mehr oder weniger zwischen zwei Epidermiszellen vorspringende Zapfen, die oft die gegenüberliegende Zellwand erreichen. Bei Behandlung mit Ciilorzinkjod wird bloß der schmale Außenrand der Zapfen violett, der Mittelteil färbt sich kräftig gelb. Anilinblau wird nicht gespeichert, Jodlösung und Schwefelsäure rufen keine Blaufärbung hervor. Die ausgeführten Kutinreaktionen : Verseifung mit Kalilauge, Einlegen in Sudanglyzerin und in Schiff- sches Reagens i treten positiv und auf gleiche Weise in der Kutikula, in den Ein- lagerungen der Flächenschnitte und in den ihnen entsprechenden Zapfen ein. Die fraglichen Gebilde sind mithin Kutineinlagerungen. Sie treten bei Anwendung zellu- loseangreifender Reagenzien schärfer hervor, so bei Behandlung mit Salzsäure, Chromschwefelsäure, Kupferoxydammoniak und Eau de Javelle. Die Kutikularverdickungen treten auf allen Seiten des Rhizomes auf. Sie sind schon am jüngsten Stockwerk mit dem oberirdischen Trieb für das nächste Jahr zu sehen. Die Verteilung ist keine gleichmäßige; daher ist es auch schwer festzustellen, ob mit dem Alter eine Zunahme der Anzahl erfolgt. Manche Stellen der Epi- dermis scheinen damit übersät, andere zeigen sie spärlicher, ohne daß eine Regel herauszufinden wäre. Oft macht es den Eindruck, als ob sich die Verdickungen gerne um Spaltöffnungen und auf einer Seite der Niederblattnarben gruppierten; andere Schnitte lassen diese Abhängigkeit nicht erkennen. Auf Flächenschnitten sieht man in die Zellwand auch kleinere Kutinmassen eingelagert, die wie Täfelchen erscheinen und durch Größenvariationen alle Übergänge zu den großen Verdickungen in Fig. 1 1 zeigen. Bei Polygonatiifit mnltißornm und verticillatmn sind diese Verdickungen an Flächenschnitten ebenfalls verhältnismäßig häufig zu sehen, bei P. Jatifolium dagegen ist ihre Zahl geringer. An Querschnitten sind die entsprechenden Kutikularzapfen bei P. mulfißorum und P. lati- folinm keineswegs auffallend; nur P. uerticillaUiui zeigt vereinzelt so weit vorspringende Zapfen wie P. officinale. Ähnliche Verdickungen sind mir auch an den Flächen-, nicht aber auch an den Querschnitten von Convallaria majalis aufgefallen. Vereinzelt konnte ich auch an Querschnitten von Paris quadrifolia kutikulare Vorsprünge beobachten; es macht mir den Eindruck, als ob sie hier mit der Ausheilung benachbarter Verletzungen im Zusammenhang stünden. 1 Molisch, H., Mikrochemie, 1. c, p. 312 20 E. Fl a m m . 2. Verschiedene Beobachtungen. Bernätsky^ macht darauf aufmerksam, daß die einheimischen Polygonateen auf Grund ihrer morphologisch und anatomisch ab- weichenden Rhizome bestimmt werden können. Mir sind noch einige anatomische Unterscheidungsmerkmale aufgefallen, die ich in dieser Arbeit nicht vermerkt finde. Zunächst verweise ich auf die im vorhergehenden Abschnitt behandelten Kutikularzapfen, die nicht bei allen übereinstimmend ausgebildet sind. Einen weiteren Unterschied zeigen die Raphidenschleimzellen. Bei P. verticillatum sind sie, im Querschnitt betrachtet, kaum großer als die Parenchym- zellen. Die übrigen Polygonateen haben auffallend größere Raphiden- schleimzellen. Bei P. officinale sind sie besonders zahlreich; auch stoßen in der Regel zwei bis drei aneinander. Die eingelagerten Raphidenbündel sind verhältnismäßig kurz. P. mtiUifloruni hat von allen die längsten Raphiden. Entgegen den Behauptungen Bernätsky's,- daß P. verticillatum das schwächste Rhizom auf- zuweisen habe, fand ich, daß das schwächste Rhizom P. latifoliiim zukomme. Bei P. verticillatnui habe ich Diameter gefunden, welche diejenigen von P. officinale übertreffen. Bei den heimischen Polygonateen treten am Rhizom ver- einzelt Zwillingsspaltöffnungen auf. Besonders häufig konnte ich diese Beobachtung bei P. latifolimn machen. Die paarigen Schließ- zellen können auch verholzen. Zuweilen ist nur eine von beiden verholzt, zuweilen auch beide. Bemerkenswert erscheint mir auch das nicht allzu seltene Vorkommen von unsymmetrischen Schließ- zellen; eine Hälfte ist auffallend kleiner wie die andere. Auch bei nachträglicher Verholzung ist diese Asymmetrie noch sichtbar (Fig. 9). Loew und Kirchner^ sprechen von sphärokrystallinischen Niederschlagsprodukten im Rhizom vom Antherictmi. Aus dem Parenchym dünner Schnitte von Alkoholmaterial fallen nach meinen Beobachtungen diese Massen leicht heraus, bleiben aber in den innersten Peridermzellen eingeschlossen und bieten dann dem Auge ein Bild, das an WurzelknöUchenbakterien der Leguminosen er- innert. Es kann sich aber bloß um Niederschlagsprodukte handeln, weil Kalilauge, Salzsäure, Schwefelsäure u. a. Lösung bewirken und frisches Material diese Erscheinung niemals zeigt. J licrndtsky, J., Systemat. .Anatomie der Polygonateen. Beibl. zu den »Növenytani Közlemenyek«. Bd. 5, 1906, p. 23 bis 29. -' Kirchner, i.oew, Sciirciter, Lebensgesch. d. Blütenpfl., I.e.. 21. Lief., p. 658. •! Kirchner, Loew, Schröter, 1. c. 14. Lief., p. 310 bis 317, Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizomc. 21 III. Zusammenfassung. In der vorliegenden Arbeit sollte gezeigt werden, wie alt die Stockwerke in einem einzelnen Rhizom bei verschiedenen Pflanzen werden können. Dabei ergaben sich auch interessante anatomische Beobachtungen, die hier kurz zusammengefaßt werden sollen: 1. Das Alter, welches das Stockwerk eines Rhizomes im günstigsten Falle erreichen kann, beträgt für Polygonatnin imiltißorum 20 Jahre » officinale 16 » » latifoJiuin 8 » » ■ verticillahifu 17 » Antlierictmi raniostim 17 » Paris qiiadrifolia 17 » Asarnm europaetmt 14 » Anemone rannnculoides 7 » 2. Bei den untersuchten Rhizomen konnten mit der Alters- zunahme folgende sekundäre \'eränderungen festgestellt werden: a) In der Regel färbt sich die Kutikula dunkler. Einzelne oder ganze Gruppen von Epidermiszellen degenerieren. In vielen Epidermiszellen von Convallaria majalis und Majantheniiim hifoliiuii treten mit dem Alter Sekrettropfen auf. ly Die Spaltöffnungen am Rhizom der untersuchten Polygonateen erleiden merkwürdige Veränderungen: a. Der Vorhof der Spaltöffnungen — zuweilen auch der Hinterhof — wird durch einen Pfropfen verstopft, der gegen Reagentien auffallend resistent ist. ß. Ein Teil der Spaltöffnungen verholzt nachträglich. Die verholzten Schließzellen unterscheiden sich von den unverändert bleibenden auch durch ein engeres Lumen, bedeutend dickere Wände und Stärkemangel, so daß von einem Dimorphismus der Spaltöffnungen gesprochen werden kann. Bei Convallaria majalis kommt es in einigen Schließzellen zu Verdickungen, aber ohne Aus- bildung von Lignin. 7. Unter den \erholzten Spaltöffnungen verschwindet die Atemhöhle durch thylloide Verstopfung. Durch diese wird das Spaltöfthungshügelchen noch stärker emporgewölbt. Bei den Polvgonateen und Convallaria majalis treten auch Höckerchen ohne Spaltöffnungen auf. 22 E. Flamm, Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome. c) In den ältesten Stockwerken von PoJygonatnni latifolümi entsteht fast regelmäßig ein zentraler Hohlgang. • d) Das Rhizom von Anthericinn ramostmi scheint zu sekun- därem Dickenwachstum fähig zu sein. Die Endodermis der Wurzel dringt bis zum Achsen - Zylinder des Rhizomes vor und begleitet diesen noch auf eine kürzere oder längere Strecke, so daß sie den Eindruck einer Rhizomendodermis vortäuscht. 3. Die Dimensionen der Stockwerke eines Rhizomes ändern sich im allgemeinen nachträglich nicht. Die benachbarten Stockwerke zeigen oft auffallende Größenunterschiede. Der Diameter des Rhizom- querschnittes hängt in erster Linie von der Anzahl der Zellen und erst in zweiter Linie von den Zellgrößen ab. Man kann Rhizome unterscheiden, die gegen die Sproßspitze dicker, solche, die schwächer werden und endlich solche, die ihre Dimensionen nahezu bei- behalten. 4. Bei den Polygonateen kommen auffallende kutikulare Ver- dickungen vor, die bei P. officinale und P. verticillatiiui im Quer- schnitt als weit vorspringende Zapfen erscheinen. Zum Schlüsse gereicht es mir zur angenehmen Pflicht, Herrn Hofrat Molisch für die Anregung zu dieser Arbeit und die an- dauernde Förderung meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Tafelerklärung. Fig. 1, 5, 6, 7. Querschnitte durch Rhizomspaltöftnungen von Polygonatuin rerli- cillattim. a = Atemhöhle, p = Ausfüllungsmasse, o =^ Fetttropfen, t und /j = thylloide Zellen. Fig. 2, 8, 9. Rhizomflächenschnitte mit Spaltöffnungen von Polygonatuin verliciUa- tnm. p = Pfropfen. Fig. 3, 4. Querschnitte durch eine Rhizomspaltöffnung von Polygonainm mtilli- flornm. a = Atemhöhle, p und p-^ = Ausfüllungsmasse, o = Fetttropfen. Fig. 10. Partie aus dem Rhizomquerschnitt durch Anlhcricum ramosum. G und g = Gefäßbündel, m = Meristem. Flg. 11. Epidermis des Rhizomes von Polygonainm ofßcinalc im Flächenschnitt. c = Kutineinlagerung. Fig. 12. Epidermis des Rhizomes von P. officinale im Qucrschhitt. c = Kutinzapfen. Fig. 1, 12 etwa 240fach, Fig. 11 etwa 200fach, Fig. 7 etwa löüfach und Fig. 2, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10 etwa 260 fach vergrößert. Flamm E.: Lebensdauer und Anatomie einiger Rhizome. Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 131. Bd., 1922. Der histochemische Nachweis der Flavone Von Dr. Gustav Klein Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien Nr. 173 der zweiten Folge (Mit 1 Tafel) (Vorgelegt in der Sitzung am 26. Jänner 1922) Die natürlichen gelben Beizenfarbstoffe, die Farbstoffe von Hölzern, Rinden, Blättern und Blüten zahlreicher Pflanzen wurden aus praktischen Gründen schon seit etwa 60 Jahren studiert und sind durch die analytischen und synthetischen Arbeiten von Roch- leder, Hlasiwetz, Herzig, Kostanecki, Perkin^ und vielen anderen genauest bekannt. Sie gehören alle zur Gruppe der Flavone von der allgemeinen Formel sind untereinander chemisch nahe verwandt und finden sich in der Natur größtenteils als Glykoside. Während nun die Flavonabkömm- linge, die Anthokyane - und Anthochlore ^' mikrochemisch schon charakterisiert sind, fehlt uns gerade für diese chemisch best- bekannten Grundstoffe ein histochemischer Nachweis. 1 Die umfangreiche, vielfach bekannte Literatur siehe Czapek, Biochemie der Pflanze, II. Aufl., 3. Bd., Jena 1921, p. 408— 427, oder in Abderhalden, Bio- chemisches Handlexikon, Berlin 1911, Bd. VI, p. 32 — 74. - Molisch H., Über amorphes und krystallisiertes Anthokj-an. Bot. Ztg., 1905, p. 159. 3 Klein G., Studien über das Anthochlor, I und II. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. KL, 1920, Bd. 129, Abt. I, 7. und 8. H., und 1921, Bd. 130, Abt. I, H. 6 und 7. Sitzungsberichte d mathem.-naturw. Klasse, Abt, I, 131 Bd 24 G. Klein, Herrmann 1 untersuchte die Verbreitung des Eutins auf Grund der allgemeinen Eigenschaft der Flavone, mit Alkalien und Erdalkalien tiefgelbe Lösungen zu geben. Das will freilich nicht viel besagen, da Herrmann selbst die Xanthone ebenso nachwies, da ja auch viele andere Stoffe, wie Eiweiß, Gerbstoffe etc.- und die farblosen Flavonghi^oside, die Shibata-"' nachwies, mit Alkalien gelbe Färbung geben und überdies vielfach mehrere von diesen Stoffen in demselben Gewebe, ja in derselben Zelle vorliegen. Dazu ist die Alkalifärbung viel zu diffus, um damit Lokalisation nach- w'eisen zu können. Pavolini und Mayer ^ untersuchten die Verteilung des Rutins in Sophora japonica mit Hilfe der Dunkelfärbung von Kalium- bichromat und verdünnter Salzsäure. Auch diese Methode ist bestimmt nicht befriedigend. Denn eine Dunkelfärbung besagt ja nichts, zumal Kaliumbichromat mit Gerbstoffen immer braune Fäl- lungen oder doch Färbungen gibt.° Diese Methode gibt höchstens bei Pflanzen, deren reichen Flavongehalt man sonst schon kennt, ungefähre Resultate. Tunmann '^ verwendet die Sublimation zum Nachweis des Ouercetins in Podophyllum peltatnni. Nun lassen sich zwar reines Ouercetin und auch Quercitrin in schönen Nadeln und mehrere Millimeter hohen Büschen sublimieren; im Präparat gelingt es aber nur manchmal, bei sehr reichhaltigen Drogen. Sonst erhält man infolge der hohen Temperatur, Schmelzpunkt 285°, nur Verkohlung. Überdies sagt die Sublimation nichts über den Sitz des Flavons. Dagegen konnte Molisch '^ das von ihm gefundene Scutellarin, das nach ihm und Goldschmiedt von den anderen Flavonen etwas abweicht, eindeutig mikrochemisch charakterisieren und auch das Saponarin, das durch die Untersuchungen von Barger ^ als Flavon identifiziert wurde, ist durch diesen und Dufour'' mikro- chemisch greifbar. 1 Herr mann O., Nachweis einiger organischer Verbindungen in den vegeta- bilischen Geweben. I. Diss., Leipzig, 1876. -' Klein G.. 1. c, I. ■'• Shibata K., Bot. Mag. Tokyo, 29, 1916, p. 118, 301 und 1915, p. 123: Untersiicluingen über das Vorkommen und die plwsiologische Bedeutung der Flavon- derivate in Pflanzen, I. .Mitt. •^ Pavolini A. F. und Mayer M., Holl. Soc. Botan. Ital., 1909, p. 81. 5 Molisch H., Mikrochemie der Pflanze, II. Aufl., Jena, 1921, p. 172. '■ Tunmann 0., Pharm. Zentralhalle, 55, 1914 (619). ' Moli seh H. und Goldschmiedt G., Über das Scutellarin, einen neuen Körper bei Scutcllaria und anderen Labiaten. Sitzungsber. d. Ak. d. Wiss. in NV'icn, math.-naturw. KI,, 60, Abt. 1, 1901. '^ Barger .S., .Saponarin, ein neues, diu'ch .h)d hlau gefärbtes Glykosid aus Saponaria, Ber. d. d. ehem. Ges., Jahrg. XXXV, Heft 7, 1902. p. 1296, und Sapo- narin, A New Glucoside Coloured Blue with Jodine. I'^rom the Transactions of the Chemical Society. 1906, V. 89, p. 1210 — 1224. '■' Dufoui' G., Recherches sur l'amidon soluble et son role physiologique chez les vegctaux. K. d. Bull. d. 1. Soc. vaud. d. scienc. nat., vol. XXI, No. 93. Histocheinischer Nachweis der Fiavonc. 25 Alle anderen Flavone sind bisher nicht histochemisch nach- weisbar. Den Mangel eines allgemeinen, eindeutigen Nachweises der Flavone hatte ich besonders beim Studium der verwandten Anthochlore/ die gelegentlich mit den eigentlichen Flavonen zu- sammen vorkommen, empfunden und mir zur Aufgabe gesetzt, diese Lücke zu füllen. Chemische Charakteristik. Von den allgemeinen, typischen Eigenschaften der Flavone kamen für die histochemische Bestimmung in Betracht: die Lüs- lichkeitsverhältnisse, die charakteristischen Säureverbindungen, die Disazoverbindungen mit Diazobenzolsulfat, die Salze, welche mit Kalium- oder Natriumacetat entstehen, die Fähigkeit, als Beizen- farbstoffe mit Metallsalzen gefärbte Niederschläge zu geben und die Eigenschaft, mit Kupfer- (Fehling'scher Lösung) und Silber- salzen (ammoniakalisches Silbernitrat) schon in der Kälte oder doch in der Wärme Reduktion zu geben. Mikrocliemische Methodik. 1. Die Darstellung der Disazoverbindung sowie der Kali- und Natronsalze konnte nicht ausgenutzt werden. Die Bildung von Metallniederschlägen wie die Reduktion von Kupfer- und Silbersalzen ließen sich zur näheren Bestimmung der einzelnen Farbstoffe heranziehen, wie später noch gezeigt werden soll. Die leichte Löslichkeit in Alkali mit tiefgelber Farbe ließ sich zur näheren Prüfung der schon krystallisierten Stoffe verwenden. Nur Molisch- konnte die Rotfärbung seiner Scutellarinkrystalle mit Bariumhj^droxyd zur sicheren Erkennung verwerten, da dieses als das einzige von allen Flavonen die Rotfärbung zeigt. Dagegen ließ sich bei der leichten Löslichkeit in Äthyl- und Methylalkohol, mit diesen allein oder in Verbindung mit Alkali, in manchen Fällen auch mit Essigsäure, schöne Krystallisation er- zielen, speziell dort, wo die Flavone in großer Menge vorhanden sind (Tabelle I). 1 Klein G., 1. c. I und IL '^ Molisch H., Über das Scutellarin etc., 1. c. 26 G. Klein. Tabelle I. Krj'stallisation von Flavonen aus Lösungsmitteln. Pflanze und Stoff Organ Lösungsmittel Kiystallprodukt Sophora japonica Rutin Capparis spinosa Rutin Cormis Utas Quercetin Thuja occidcnlalis Ouercitrin Peti'osclininn salivnm Apiin Cyiisiis scoparius Scoparin Genista tinctoria Luteolin und Genistein Ruta ^i^'raveolens Rutin Reseda luteolas Luteolin Rhainmis cafJiarlica Rhamnetin Cheiranthus Cheiri Qucixetin Sophora japonica Rutin Vi'ila tricolor, wild, Rutiu Viola triculor, gelbe Gartenform Rutin Fagopyniin csciilcnhnii Rutin Cormis ijias Ouci'cctin Blutenknospen (Gelbbeeren) Blutenknospen (Kappern) Corolle Blatt Blüte und Blatt Blüte Blüte und Blatt Beeren Blüten Blütenknospen Blüte 'Watt Kclcli Methylalkohol Methyl- alkohol, heiß Mächtige Xadelbüschel und Sphärite (gelbgrün) Gelbe Nadeln Lichtgelbe Sphärite Lichtgelbe N'adelbüschcl jchtgelbe Nadeln Lichtgelbe Sphärite Übersät mit grünlichgelben Nadelbüscheln, auch außen Gelbbraune Sphärite im Gewebe Licht- und dunkelgelbe Sphärite und Nadelbüschel Schöne gelbe Nadelbüschel Übersät mit einfachen, gelb- grünen Nadelbüscheln und Sphäriten Schöne gelbe Nadelbüschel am Rande des Präparates Voll mächtiger gelber Sphärite Gelbe Nadelbüschel Gelbe Nadeln Histocliemisclier Nachweis der Flavonc. 27 Pnanze und Stoft' Organ Lüsimgsmittel j Krystallprodiikt Trifolniin /hrniioiiiaiin Tnfuliuin med in in Quercetin Popiilus pyi-aiiiidalis Clirysin Delphi niu in consoUda Kampferöl Vit ex lHoralis X'itexin Viola tricolor Rutin Trifuliiun pannonicitm Quercetin Corniis tnas Quercetin Popiilus pyramidalis Chrysin Viola tricolor Rutin Cheiranthus Cheiri Quercetin Piriis malus Quercitrin Com US mas Quercetin Reseda luteola Luteolin Pflpnltis pyramidalis Chr\-sin Reseda luteola Luteolin Quercus tinctoria Quercetin Gl'ihu laria A h'pu m Rutin Corolle Winter- knospen Blüte Blatt Corolle Kelch Winter- knospen Corolle Rinde Kelch Corolle Wintei-- knospen Corolle Rinde Methyl- alkohol, heiß Tiefgelbc Sphärite und N'adelbüschel Sehr viele tietVelbe Schollen Farblose, gelbe Nadel- und groß: krvstalle büschel und große Einzel- Braune Spiiärite Meths'lalkohol Mächtige dunkelgelbe Ammoniak 5 0/q alkoh. KOH Ammoniak Essigsäure, heiß Spiiärite Orangegelbe Nadelbüschel Gelbe Sphärite Sehr zarte, gewundene, gelbe Nädelchen Mächtige gelbe Nadel- büschel Gelbe Nadelbüsche Sehr viele gelbe Sphärite Gelbe Schollen und Nadelbüschel Dunkelgelbe Tetraeder Gelbe Nadelbüschel und sehr viele gekrümmte Nadeln Gelbe Sphärite Tiefgelbe Nadelbüschel und Garben Gelbe Nadeln 28 G. Klein, Pflanze und Stoff Organ Lösungsmittel Kiystallprodukt Lcucojinn venuim Gagea Inica Saponaria officinaJis Saponarin Cassia angnstifolia Isorhamnetin Aiithentis nohilis Apiin Rhns Cotinus Fisetin Blüte und Blatt Sennesblätter Blatt Fisetholz Essigsäure, heiß Aceton Dichtes Geflecht von gelben Nadelbüscheln Dunkelgelbe Sphärite und Nadelbüschel Farblose Krystallbüschel -j- J -f- JK blau Sehr viele tiefgelbe Sphärite Lichtgelbe Nadelbüschel und Sphärite -t- HNO3 orangerot Dunkelgelbe Sphärite Allgemein und lokalisiert ist es freilich so nicht möglich, die Flavone nachzuweisen. 2. Wohl aber gelang es, von dem Gedanken ausgehend, daß die Flavonkörper einerseits in Säuren unlöslich sind, andrerseits vielfach krystallisierte Säureprodukte geben, mit der Säuremethode die Flavone durchwegs einheitlich inner- und außerhalb des Ge- webes zu krystallisieren. Schwefelsäure gab weder als solche, noch in Eisessigmischung (wie sie Perkin zur Darstellung des Sulfates anwandte) gute Resultate; denn verdünnt wirkt sie nicht, da der Eisessigüberschuß die Flavone löst, und konzentriert zerstört sie das Gewebe. Schon Molisch hat bei der Untersuchung des Scutellarins mit Salzsäure Kr3^stalle erhalten und darauf seinen Nachweis ge- gründet, indem er das Material in 17o Salzsäure kochte oder eine Stunde in 10% einlegte oder mit vSalzsäuredampf in geschlossenen Dosen behandelte. Ich konnte nun feststellen, daß bei allen Flavonen mit den Halogensäuren Krystallisation eintritt, am schnellsten und sichersten mit Salzsäure, langsamer mit Bromwasserstoff- und der leicht zersetzlichen Jodwasserstoffsäure. Das Einlegen in Säure erwies sich nicht günstig, da die verdünnten Säuren zu langsam oder gar nicht wirken, die konzentrierten aber das Gewebe zu sehr zerweichen und die Krystalle nicht an Ort und Stelle entstehen. Überdies gelingt die Krystallbildung so nur bei reichlich vorhandenem Flavon (Viola, Rhamnus, Sophora, Tabelle II). \ Histochemischcr Niichweis der Flavone. 29 Tabelle H. Darstellung des Violaquercitrins bei verschiedener Säurekonzen- tration im Röhrchen. Reaffens Zeit der j ^^ „. . , lemperatur Linwirkuns: I Erhaltenes Krystallprodukt IOO/q HCl Konz. HCl HCl-Dampf HCl-Dampf am Sublimationsrins; 48'' 24" 48" 1" i/,h Kalt 80° Kalt 80° Kalt 80° 40° Tausende \'()n gelben Tropfen Im farblosen Gewebe das Flavon zu gelbbraunen Massen zusammen- geschlossen Teilweise Sphärite, sonst große Schollen Größtenteils schöne Nadelbüschel Teilweise Sphärite, sonst gelbe Massen Mit Sphäriten übersät Mit schönen Nadelbüscheln übersät Dagegen hat sich das Einwirkenlassen in Dampfform vorzüg- lich bewährt. Ich verwende dazu einen Sublimationsring. Auf einen hohlen Objektträger kommen einige Tropfen rauchende Salzsäure, darüber ein 4 bis 6 nun hoher Glasring und auf diesen das Deck- glas mit einem Gewebsstückchen oder Schnitte. Die fertigen Objekt- träger kommen in einen Trockenschrank bei 40° C. Höher darf die Temperatur nicht steigen, da die Salzsäure zu schnell abdampft und überdies die Präparate sehr dunkel (braun bis schwarz) werden. Nach Y^ bis ^/J" ist die Salzsäure nahezu abgedampft und die Flavone immer krystallisiert. Diese Methode hat den großen Vor- teil, daß sie ganz mikrochemisch ist, das Arbeiten mit größeren Mengen rauchender HCl vermeidet und kleine Gewebsstückchen zur Probe genügen. Dazu kann man eine ganze Serie von Reaktionen zugleich im Trockenschrank durchführen. Der in der Wärme einwirkende HCl-Dampf scheidet die Flavone an Ort und Stelle ab, so daß man die ursprüngliche Verteilung vor sich hat. Nach dem Abdampfen hat man die Schnitte nur mehr feucht auf dem Deckglas. Man kann nun direkt auf dem Ring oder nach Übertragung auf einem anderen Objektträger untersuchen. Die Präparate sind meist durchsichtig genug. Sollten sie infolge vor- handener Gerbstoffe etc. zu dunkel geworden sein, hellt man mit 30 ■ G. Klein, Chloralhydrat-HCl (5 T. wässeriges Chloralhydrat + 2 T. HCl) auf. Reines Chloralhydrat löst die Flavone mehr oder weniger auf. Bei Einwirkung \on Jodwasserstoff färbt das durch Zersetzung freiwerdende Jod die Zellelemente tiefbraun, respektive das JH die Zellulosemembranen violett, weshalb man vor dem Untersuchen zuerst mit HgO oder Gl3^zerin waschen muß. Dann findet man die gelben Nadelbüscheln meist auf violettem Grund. Die Form und Farbe der krystallisierten Flavone richtet sich nach ihrer Konzentration und der Reaktionstemperatur. Bei höherer Flavonkonzentration bilden sich meist Sphärite, bei geringerer Nadel- formen. Bei höherer Temperatur (50 bis 60°), also energischerem Einwirken entstehen fast nur Sphärite oder Schollen, die vielfach braun sind, bei langsamem Einwirken die charakteristischen Nadel- kugeln, -büschel etc. von schön gelber Farbe. Besonders bei gelben, carotinhaltigen Blüten ist das Bild sehr schön. Das Carotin gibt mit den Salzsäuredämpfen eine schöne beständige Blaufärbung wie mit Schwefelsäure und man sieht darin die gelben Flavonspieße zwischen und über dem blau gefärbten Carotin, da dieses meist im Grundgewebe, das Flavon in der Epidermis liegt (Viola, Chei- ranthus, Riita). Die Produkte der einzelnen Halogensäuren sind bei gleichen Bedingungen immer gleich, untereinander aber deutlich verschieden und sehr charakteristisch. So bildet Viola tricolor mit HCl schöne Büschel von gelben Spießen, mit HBr sehr schöne, feine, schwach gelbe Dendrite und Büschel aus langen, feinen Nadeln und mit HJ immer tiefgelbe Nadelbüschel. Zum Durchprüfen wurde nur mit HCl gearbeitet, HBr und HJ nur zum Vergleich herangezogen. Eine andere Frage ist die, welche chemische Zusammensetzung die gebildeten Produkte haben. Sind es die reinen Flavone, die durch die Säure abgeschieden werden oder sind es Säureprodukte? Die bei den einzelnen Halogen- säuren verschiedene Form und Farbe der Krystalle sprechen für letzteres. Nun zersetzen sich die Halogenverbindungen relativ leicht in Wasser. In den Salzsäurepräparaten konnte hier keine Zersetzung bemerkt werden, wohl aber bei den beiden anderen. Die lichtgelben H Br-Präparate verfärben sich bei Wasserzutritt in Gelbbraun bis Braun und krystallisieren von den feinen Nadelbüscheln in Schollen um, die HJ-Krj^stalle lösen sich. — Freilich bilden einige Flavone aus Konstitutionsgründen (Chrysin, Apigenin und Kämpferoi) keine Säureprodukte und ließen sich hier trotzdem kr3'stallisieren. — Die Frage läßt sich natürlich auf diesem qualitativen Wege nicht ent- scheiden und ist für diese Zwecke auch nicht wesentlich. Sicher ist, daß die in Gh'kosidform vorliegenden Flavone bei der Säure- behandlung nicht gespalten werden, wie die \'ergleichsreaktionen in der folgenden Tabelle III zeigen. Histochemischer Nachweis der Flavone. 31 Histoehemische Untersuchung. Mit der beschriebenen Methode wurden zuerst die Pflanzen mit genau bekannten Flavonen untersucht (Tabelle III), dann, soweit es möglich war, die Literaturangaben über chemisch weniger genau studierte Flavonvorkommen überprüft (Tabelle IV); schließlich wurden viele gerade erreichbare Pflanzen unserer Flora, von denen bisher kein Flavon bekannt war, daraufhin angesehen und in einer ansehn- lichen Zahl Flavone gefunden (Tabelle V). Dann zeigte es sich, daß nicht nur frische, sondern auch getrocknete Pflanzen zum Nachweis herangezogen werden können, ein neuerlicher Beweis für die Brauchbarkeit der Methode. Man braucht die trockenen Proben nur vorher mit warmem Methylalkohol zu durchfeuchten und feucht zur Probe aufzustellen. So konnten in den meisten Fällen bei 50 bis 70 Jahre altem Herbarmaterial und Drogen die Flavone nach- gewiesen werden, freilich nicht so schön wie an frischen. Man erhält meist Drusen im Gewebe und Nadeln oder Nadelbüschel von dem durch den Alkohol gelösten Flavon am Rande des Präparates. Es war nun das Bestreben, die krystallisierten Körper als Flavone zu identifizieren und womöglich ihre Zugehörigkeit zu den einzelnen Individuen der Flavongruppe festzustellen. Zur Identifizierung wurden jedesmal die Löslichkeitsverhält- nisse, und zwar hauptsächlich in Methyl- oder Äthylalkohol, Essig- säure, Äther, Ammoniak, Bariumhydroxyd und Chloralhydrat heran- gezogen. In Äther sind alle Flavone im Gegensatz zu eventuell störenden Anthrachinonen unlöslich, in Alkohol alle zumindest in der Wärme leicht löslich, in Essigsäure verschieden, aber meist in der Hitze löslich, in Ammoniak immer sofort mit tiefgelber bis orangegelber Farbe; in Bariumhydroxyd sind sie meist unlöslich, werden aber dunkelgelb bis braun gefärbt (im Gegensatz zum Scutellarin, das rot wird), in Chloralhj^drat werden sie immer tief- gelb, manche sind ziemlich gut, manche wenig löslich, nach einigen Tagen sind sie aber immer mehr minder abgeschmolzen, im Gegen- satz zum Hesperidin, von dem sie ja auch durch die leichte Lös- lichkeit in Alkohol und Essigsäure unterschieden sind. Zur näheren Charakteristik der einzelnen Fla\-one wurde die Färbung mit Eisenchlorid (5 7o ^^^^- Fe CI3), die Bleiacetatfällung (alk. 'gesättigte Bleiacetatlösung) sowie die Reduktion von Fehling- scher Lösung und 1 7o ammoniakalischer Silbernitratlösung benutzt. Bei den bekannten Flavonen wurden die Resultate mit den makro- chemischen Angaben fast immer in Einklang gefunden. Wie die Tabelle zeigt, können die bekannten Flavone mit wenigen Proben histochemisch nachgewiesen werden. Freilich kommen manchmal in derselben Pflanze und auch im selben Organ mehrere Flavone zusammen vor; dann ist ein Auseinanderhalten der einzelnen chemi- schen Individuen nicht möglich. 32 G. Klein. Tabelle Flavon Farbe Pflanze Organ Krystallprodukt mit Salzsäure Quercetin 1,3, 3', 4'- Oxvflavonol Quercitrin- Qucrcetin- rhamnosid Zitron- gelb Licht- gelb Oiierciis tinctoria Rlins cotinus Cheiranthus Cheiri gelb Prunus spinosa Trifoliiun repens AilantJiiis glandiilosa Hippophae rltamnoides Aesculus Hippocastaiinin Huiinilus Jiipithis Fraxiniis excclsior Tlica chinensis Calluna vulgaris Thuja occiJcnlalis Rinde Blüte Blatt Beere Blatt Blüte Blatt Tiefgelbe Nadeln, Plättchen und Sphärite Sphärite und braune Schollen In den Papillen schöne gelbgi'üne Kugelbüschel Gelbe Nadelbüschel und Sphärite Übersät mit gelbbraunen Sphäriten Gelbe Nadelbüschel und Sphärite Gelbliche Sphärite Sehr viele gelbe Büschel mit geraden und krummen Nadeln Gelbbraune Sphärite Gelbe Sphärite Voll gelber Sphärite Gelbbraune Sphärite und Krvstallbüschel Im Blatt gelbe Sphärite, 3erhalb lichtge Nadelbüschel außerhalb lichtgelbe Erklärung: y bedeutet wenig, tf ziemlich Histochemischer Nacluvcis der Flavone. 33 III. Menge Fe CI3 Bleiacetat Ba(0H)2 Fehling- sche Lösung Amnion. AgNOg Anmerkung ttt-r tt ttt tt ttt ttt tt 1 1 TTT I t tt ttt tt tt Dunkel- grün Schwarz- ßraun- grün Dunkel- grün Dunkel- gelb Gelb bis Braun- grün Ziegelrot Tiefgelb Tiefgelb Dunkel- gelb, ungelöst Dunkel- gelb, ungelöst Grünlich Heiß reduziert Schwach Stark Teilweise schon kalt reduziert In der Droge nur Quercetin Droge HBr : rotgelbe Büschel; frisch und Herbar, neben Isorhamnetin Frisch Frisch und Droge Frisch Frisch und Herbar Frisch » Trockene Handelsware Frisch und Herbar Alk. NH3 grünlich, nach Perkin ist noch ein anderes Flavon vorhanden viel, ttt viel, tttt »ehr viel Flavon. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 131. Bd. 34 G. Klein, Flavon Farbe Pflanze Oi^an Krystallprodukt mit Salzsäure Quercetin und Quercitrin Rutin = Sophorin = Viola- quercitrin =^ M>Tti- colorin = Quercetin- dirliamnosid Rhamnetin := Quercetin- monomethyl- äther zusammen mit Xantho- i'hamnin = Rhamnetin- rhamno- galaktosid Zitron- gelb Hell- gelb- gelb- .irrün Tief- zitron- ffelb Pinis inaltis Viula odorala Crataegus oxyacantlui All in m Cepa Rtiiiicx ohhisifoliiis Riita graveolciis Sophora japonica (chines. Gelbbeeren) Capparis spinosa (Kappern) T7o/(7 Irifolor Fagvpynnii cscitleittittn PdlygoniiDi coni'o/i'ii/ns (ikibiilaria Alypiiin Eucalyptus uiacrorhyncha Rhamnus catliavtica (Kreuzbeeren) Rinde und (Blatt) 151 Ute lilüte Zwiebel- scliuppe Frucht- schwielen Blüte Blüten- knospen Blüte Blatt Große, sehr schöne, zitron- gelbe Garben und Nadel- büschel (vereinzelte Sphärite) Gelbe Nadelbüschei und Sphärite Große gelbe Sphärite und Nadelbüschel Zellen erfüllt mit tiefgelben Sphäriten und auch Nadel- büschel Übersät mit gelben Sphäriten Auf blauem Grunde schöne gelbgrüne Nadelbüschel \'i)ll mächtiger dunkelgelber Sphärite und Nadelbüschel Herrliche gelbe Nadel- büschel, die dunkelgelben Blüten voll Sphärite Fig. 3 Dunkelgelbe, feine Nadel- kugeln und gelbbraune Sphärite Sehr A'iele gelbe Sphärite Beere Eigelbe Büschel, Garben und Sphärite HBr und HJ orange Histocliemischer Nachweis der Flavone. 35 Mcnae Fe Cl, Bleiacetat Ba(0H)2 Fehling- ^^^ sehe Lösung mon. AgNO^ Anmerkung ttt (t) ttt LJ.J.4. MM ttt ttt tttt ttt ■ttt ttt L.LJ. t I t t Dunkel- gelb oder dunkel- grün Dunkel- gelb, dann grün Braun- grün Dunkel- Olivgrün Dunkel - gelb oder ziegelrot Dunkel- gelb, dann Braun- gelb tttt Braun- grün Dunkel- grün Braun Orange - gelb Orange Orange- gelb Dunkel- gelb Braun Dunkel- gelb Heiß reduziert Orange Orange- gelb Gelb- braun ungelöst Orange Dunkel gelb ungelöst Heiß Kalt reduziert Warm Kalt reduziert In manchen Rinden ist Quercetin, in anderen Quercitrin, Fig. 7 Wohl beide Stoffe zusammen vorhanden Herbar H Br mächtige, gelbbraune Rosetten, HJ gelborange Schollen Herbar Frisch und Herbar Auch im Blatt Blatt voll kleiner brauner Sphärite HBr lange, dünne, licht- gelbe Krystallbäumchen, Fig. 4. HJ orangegelbe starke Nadejn Herbar Droge NH.j löst orange, neben Rhamnetin auch viel Kämpferoi, Fig. 5 86 G. Klein, F]a\ün Farbe Pflanze Organ Krystallprodukt mit Salzsäure Isorhamnetin Gelb Ein Quei'cetin- methvläthcr Mvricetin = 'ö'-Oxy- qucrcetin Fisetin = 3, 3', 4'-Tri- oxvflavonol Apigjcnin = 1,3, 4'-0xy- flavon neben Apiin :^ Apigenin- diglucosid und einem Oxyapiin- methylätlicr Clirvsin = 1 . 3-Dioxy- flavon Cheiranthtis Cheiri Trifoliiiin pratense Cassia angtistifolia (Sennablättei-) Taiiiarix gallica Hell- gelb Zitron- gelb (leib- lich- weiß, farblos (iclb Rhtts Cotinus Ritus coriaria Pistacia lentiscus Arctoslaphylos uva ursi Blüte Blatt Blüte und Blatt Gelbgrüne Nadelkugeln Voll gelber Sphärite Große und viele kleine Sphärite Blatt Rhiis Cotinus Seh inops is Balonsac (Qitebrecho colorado) Malricaria Chaiiioinilla Aiilheiuis iwbtlis Petroselinum saiivtnn Apium graveokiis I'opii Ins- Arien Galle Blatt Holz Blüte Blatt und Blüte Winter- knospen Gelbe Sphärite Gelbe Nadelbüschel und Garben Dunkelgelbbraune Sphärite Lichtgelbe Nadelbüschel l.ichtgelbe Sphärite Jchtgelbc Nadelbüschel und gelbe Sphärite Meist eine Unzahl von tiefgelben Schollen, ver- einzelt feine Nadeln Histochemischer Nachweis der Flavone. 37 Menge FeCl3 Bleiacetat Ba(0H)2 Fehling- sche Lösung Ammon. AgN03 Anmerkung ttt Schwarz- grün Orange- gelb Gelb ungelöst Heiß 1 Kalt reduziert Neben Quercetin ttt » » » » •> Frisch und Herbar tt » » " ■•^ :>^ Droge (1875) tt Gelbgrün Dunkel- gelb Gelb ungelöst Heiß redu Kalt ziert — tt Braun- schwarz Gelb- braun Gelb ungelöst Heiß redu Kalt ziert ~\- NH3 oder verdünnte KOH tt Blaugrün » » » » Gelbgrün-Blauviolett tt Dunkel- grün » » » » — ttt » » » » » — tt Grün- schwarz Orange - rot Gelb- braun Heiß reduziert Droge tt » > Un- gelöst » » » n Schwarz- braun Dunkel- gelb Gelb ungelöst Heiß redu Kalt ziert Droge und frisch, HNO3 ge'b gelöst tt Rotbraun » » » » Droge, HNO3 orangegelb tt » Gelb- braun » » » HNO3 orangegelb, NH3 orangerot ttt » » » » i> Siehe p. 19 tttt Schmutzig- violett Dunkel- gelb Tiefgelb Heiß rc 'duziert Sehr störend das viele Harz, Populin und Salicin 38 G. Klein, Flavon Farbe Pflanze Organ K'rystallprodukt mit Salzsäure Luteolin = Oxvapigenin = l", 2, 3', 4'- Oxvflavon Gelb Genistein Morin- 1.3. 3', 4'- Oxyflavonol Vitexin Als Glykosid Saponarin Farb- los Farb- los Zitron- gelb Scoparin = Methoxy- vitexin Kampferöl = l,3,4'-Oxy- flavonoi in Hell- gelb Hell- gelb Reseda lii leoin Digitalis pii rpu rea Genisla tincluria Chlorophora iinctoria ■ Mortis iinctoria Vitex liloralis Saponaria offic, Gagea lutea, Bryonia dioica etc. MaJotheca platy- phylla Cytisus scopariiis Delphiuiiuit cou- solida Prunus spinosa Rhaumus cathartica Alpinia officimirum Polygonuui tiucloriuui Robinin, Hhamno- gl3i CA u C r— 1 O J5 o o c 0) U C c J2 c c 0. ■*.* ^ _aj '35 ^ C "cj £ o bO ^ -»-» £ D . XI X "o 5 Vi o bC bc C rt 3 bß 5 bO -4-* ci 3 bC p 2 bD -4-* 'S 0 bp « , :3 bO _> "o bc C 2 0 0 CS 'J ■5 fac •^ £ 'C c 3 -y 3 "n 0 < O s3 o -♦-» o u .3 0 0 ■4-4 0) ü CS 5 O fc O oi "S fc, CQ '5 X 0 o CQ s X 22 CS 1) 23 , ü „i, 0 y; 5 u 0 .4^ :3 1) b - -*-» -4-» -4-4 ■4-» 'S -4-» ^ 1-; :3 :5 A :cS :c5 r-" T3 CS u> ^ o Ä jC Ä &. ^ 'S. C/2 ■n CS m Q4 C/2 in CO 0 0 _S. aJ ^ 0 •^ "Öj o • CJ bC _. C -1— -i^— H— -( — 4— -j — J_ -l'^ 0) -1— -t— -!— -I— -i— -i— -' — S -4-» A -4-1 -4-> 3 s 73 •4-» Ö A c4 S C 3 s A A :3 C "es 5 ■Y> 1-" «M .to >^ lU u -2 1 •S •1. 5 1 C 4) *-4 (3 'S -1 IT c 8 «4 0 es 0 5 1 8 ;^ s >«3 S ;:; 0 ■?* s. 1 2 .0 bO <3 .8 •^ -) 5 1 ^ Histochemisclier Nachweis der Flavone. 41 br, 5 < o ,t>0 n X o 0) T3 C 3 •r- CS s 6t s s o o > C o > c o ü .2 'S OQ O CS br, ^ S 'S bo 'S o C3 "S Ü O 'S o O '•? O ,bC 3 -.3 £ '" o ^ < br CD X2 s c G C c CS CS c/5 CS bD c 0) CS o N 3 03 s ^ ? 8 5^ ES .1 ^ ►-) p .•^ .2 v3 ^ 2 a 3 ^ •^ »•^ CO s s 1 Q 1 1 1 Co Co CO SJ a 'O a Co CO ■>^ o a a 42 G. Klein, ;0 C Ol 71 c CD ■o -" £ Cl c ^ c -r^ t- 3 cn CS "03 §2 3 ü :0 0 bC 2 J3 p < O C3 1^ Q A p 1 S D 0? > CD 0 2 s o. bc 1 c o c o ;ti '3 1 'S "ä 1 r^ 'S •A 1 1 CT H-. •X ^ ^ K 1 (S ■4-* 1 1 .5 'S 2 S; o 1 Si 0 1 73 CD 0 1 1 S O - o Ö N c c c 3 :3 ^ C :3 c £ CS C 'S £ 1 1 CSi V- "03 C jQ CJ CS '•^ ^ 'S 1 1 4; '"^ O bc "03 O ö 0 ^ c5 bjj Q bß c ■o _2. (D .— c 'S p :cjj tn :5 o o 0) ,4-1 "03 ü CT. 'S 'S ■0 CS (U £ "S _bi; T3 CS Z CD c 'S A 0 X 0 •~ Ä 13 *3 £ "03 T. •n 'S :P •vH C o X 03 bC D. o "c3 73 (-1 :c3 0. 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Klein, Jedenfalls wird man aus den Tabellen den Eindruck gewinnen, daß eine große Gruppe von Pflanzenstoffen bisher mikrochemisch nicht greifbar war; sie hat ja auch nur zu oft wegen der Grün-, Braun- oder Schwarz färbung mit Eisensalz Anlaß zur beliebten Verwechslung mit Gerbstoffen gegeben. So dürfte auch das Flavon in Ancnba Czapek^ zur Verwechslung mit Chlorogensäure ver- leitet haben, wie schon Freudenberg in einem Brief an Molisch annahm. Speziaireaktionen. Schließlich seien noch einige Speziaireaktionen angeführt, die zur näheren Charakteristik mancher Flavone in den wenigen Fällen, wo die anderen Proben nicht eindeutig sind, geeignet erscheinen. So ist das Saponarin durch die Untersuchungen von Dufour^ und Barger ^ sehr schön nachweisbar. Denn dieses Glykosid gibt mit Jodpräparaten (Jodwasser, Jodjodkali und Jodtinktur) blauvio- lette Färbung, die beim Erhitzen verschwindet und beim Abkühlen wiederkehrt. Mit Jodalkohol erhält man auch nicht selten Krystalle, die zu rotvioletten Sternaggregaten oder einem feinen Haarfilz angeordnet sind. So konnte Moli seh in einem einzigen Lebermoos {Madoiheca platyphyllä)'^ und Kozlowski ^ in einem Laubmoos (Ältiium ctispidatiini) Saponarin nachweisen. Ich verwendete Jod- essigsäure (Jod in Essigsäure) bis zur lichtbraunen Färbung und konnte damit immer und sicher herrliche rotviolette Sternaggregate und den Haarfilz bekommen, der bei Wasserzusatz unter tiefblauer Farbe langsam gelöst wird (Fig. 9). Das Chrysin aus den Pappelknospen ist wegen des dick- flüssigen Harzes schwer zu krystallisieren; übrigens stört auch das reichlich vorhandene Populin und Salicin (farblos und reichlich krystallisiert), siehe Tabelle III. Freilich ist es so spezifisch, daß es kaum verwechselt werden wird. Seine Eisenfärbung ist braunviolett, also mit anderen Flavonen ein Irrtum nicht möglich. Mit Brom oder Jod erhält man nach Alkoholzusatz am Rande des Präparates leichte hellgelbe Nadeln. Mit rauchender Salpetersäure entstehen hellrote Krj^stalle, die in Alkali leicht mit orangegelber Farbe löslich sind. Am leichtesten 1 Czapek F., Zur Kenntnis der silberreduzierenden Zcllsubslanzen in Laub- blättern. Ber. d. D. bot. Ges., Jg. 1920, p. 246. Vgl. dazu Molisch H., Das Chloro- phyllkorn als Reduktionsorgan. .Sitzber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Abt. I, Bd. 127, 1018, und Molisch H., Zur Silberreduktion der Chlorophvllkorner, Ber. d. D. bot. Versuch 1 (blieb gänzlich schimmelfrei). 10 Petrischalen (A 1 — 5 und B 1 — 5) mit einer Schicht Filtrierpapier. In Ä abnehmende Konzentration des Fruchtsaftes voa V» bis Vso ^^^' natürlichen Konzentration. Entsprechend sank die 62 H. Oppenheimer, Konzentration des als Desinficiens verwendeten Toluols von Schale zu Schale gleichmäßig, von 0-2 "/„ bis auf 0-0125 Vq. Die Kontroll- schalen der Reihe B wurden mit reinem Toluolwasser beschickt, dessen Konzentration in den Schalen 1 bis 5 0-2 7o7 O'lVo? *^''05 7o' 0 -025 70 ^in^"^ ^^'^Vo betrug. Aufstellung im Gew^ächshaus des Instituts am Lichte. Beginn: 10. November 1921. Je 30 Samen. Die Reihe d bezeichnet die Anzahl der seit Beginn des Versuches ver- flossenen Tage. Keimungen (in Prozent). 1 1 d ^-li -l2 ^3 A, ^5 6 0 0 0 0 30 7 0 0 3 24 71 8 0 7 13 52 80 9 0 13 24 82 100 11 0 33 50 90 — 12 0 43 70 90 — 15 0 50 87 93 — 20 0 80 90 100 — 25 0 80 93 — — 27 7 80 93 — — 33 45 80 96 — — 37 70 90 96 — — 5, B, B; Br 47 60 80 93 13 37 37 47 53 60 83 80 80 87 87 90 0! 0! 10! 50! Toluolkontrolle aufeelioben ! Das Ergebnis dieser Versuche spricht sehr deutlich gegen die Anschauung, daß die Entnahme aus der Frucht oder die Über- tragung in Wasser auf die Samen als Reiz wirke. Vielmehr sehen wir uns zu der Annahme genötigt, daß die Früchte unserer Versuchspflanze eine Substanz enthalten, die keimungs- hemmend wirkt und deren Wirksamkeit mit sinkender Konzentration des Saftes sich abschwächt. Ich habe ähnlich ansteigende Keimungszahlen bei sinkenden Saftkonzentrationen in entsprechenden Versuchen immer wieder erhalten. Da ich nicht steril experimentiert habe, fragte ich mich stets von neuem, ob nicht die größere Keimungshemmung in dem konzentrierteren Saft vielleicht von der reichlicheren Bildung keimungshemmender Zer- setzungsprodukte herrühren möchte, die die trotz des Toluols sich zuweilen bildenden Kolonien von Bakterien und Schimmelpilzen hervorbringen könnten. Um dies zu entscheiden, verglich ich die Keimungsergebnisse in rohem und gekochtem Saft gleicher Kon- zentration. Der Schimmelbefall, den ich diesmal nicht zu verhindern Keimungshemmende Substanzen. 63 suchte, war in beiden Schalen nicht unbeträchtlich und in der Schale mit dem abgekochten Saft stärker als in der anderen mit dem rohen Saft. Trotzdem keimten die Samen in der ersteren bedeutend besser, wie aus folgender Tabelle hervorgeht: Versuch 2 (je 40 Samen). Keimungen (in Prozent). Auf rohem Saft Auf gekochtem Saft 7 8 9 10 12 13 14 19 26 0 0 4 13 29 42 51 89! 95! 2-5 5 17 53 83 83 83 86 94 Wie man sieht, hatten die Samen auf gekochtem Saft nach 12 Tagen schon zu 83% gekeimt, trotz der starken Zersetzungs- vorgänge, während in der Schale mit rohem Saft erst jetzt, als der Schimmel wegen der starken Konzentration der eigenen Stoffwechsel- produkte wieder zurückging, die Keimung erst recht einsetzte. Mir schien dieser Versuch so deutlich für das Vorhandensein einer nicht hitzebeständigen, keimungshemmenden Substanz im Fruchtsaft zu sprechen, daß ich auf die Durchführung eines sterilen Keimungs- versuches glaubte verzichten zu können. Nun konnte ich darangehen, die Natur des erschlossenen Körpers näher zu untersuchen. Hiermit bin ich jedoch noch nicht weit gelangt. Nur soviel kann ich sagen, daß es sich um einen kolloidalen Körper zu handeln scheint. Nach Ausschüttelung eines Saftfiltrates mit Alkohol und Äther erhielt ich einen weißlichen Niederschlag, von dem ich eine Suspension in destilliertem Wasser herstellte. Obgleich ich nur eine winzige Menge, schätzungsweise einige Zentigramm, von dem Niederschlag zur fortschreitenden Ver- dünnung verwendete, ergab sich auch hier wieder die bekannte ansteigende Reihe der Keimungszahlen: 64 H. Oppenheimer, Versuch 3 (Wärmeschrank 22° const.): 14. Dezember 1921. Keimungen (in Prozent). Offenbar war also die Hemmungssubstanz von dem Alkohol niedergeschlagen worden. Am vierten Tage nach Versuchsbeginn erhielt ich die Zahlen 61, 52, 61. 77. Jetzt war also die Keimung bei der stärkeren Konzentration c besser als bei -^c und ebenso stark wie bei -^c. Ich habe eine solche Umwandlung der hemmenden Wirkung in eine stimulierende, die an das Verhalten der Organismen gegenüber manchen Giften erinnert, mehrfach beobachten können (vgl. auch die letzten Zahlen des vorigen Versuches). Man mag diese Erscheinung auf eine teil- weise Zersetzung der Hemmungssubstanz zurückführen können. Zum Schluß erwähne ich, daß ich entsprechende Versuche auch mit Cucumis sativa und Lageiiaria vulgaris durchgeführt habe. Es scheint auch hier eine Hemmungssubstanz vorhanden zu sein. Das Gleiche gilt von den Brutbechern der Marchantia poly- inorpha. Dagegen scheinen bei trockenen Früchten derartige Sub- stanzen nicht überall vorzukommen. Samen von Pliaseolus innlti- flortis und Cheirauthns CJieiri keimen auch willig in den Früchten^ wenn diese feucht gehalten werden. Die Versuche darüber sind noch im Gange. Kcinuin"shcmiiieiide Substanzen. DO Literatur. (1) N'eger. Keimungshemmende und keimungsfördernde Stoffwechselprodukte. Natunv. Wochenschr. Neue Folge, XVII, p. 141 — 142. (2) Zlataroff, As. Über das Altern der Pflanzen. Zeitschr. f. allg. Physiol., XXII. Bd., 2. Heft, 1916. (3) Gassner, G., Beiträge zur Frage der Lichtkeimung. Zeitschr. f. Botanik, 1915, p. 609 ff. (4) Magnus, W., Hemmungsstoffe und falsche Keimung. Ber. d. d. bot. Ges., 1920, p. (19)-(26). (5) Haack, Die Prüfung des Kieternsamens. Zeitschr. f. Frorst- und Jagdwesen. 1912, p. 1 — 64. (6) Wiesner, J., Pflanzenphys. Mitteilungen aus Buitenzorg, IV. (7) Schumann, K., Lehrbuch der syst. Botanik. Stuttgart 1894, p. 87. '~r \ \ Sitzungsberichte d mathein -naiurw. k'l , Aht. I, VM Bd Beiträge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren Von Dr. Hermann Priesner (Mit 7 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 9. März 1922) II. Rhopalandrothrips obseurus (Uz.), Taeniothrips Salicis (Rt.) und Taeniothrips diantlii Pr. Am 2. August 1920 fand ich auf dem Pöstlingberge bei Linz in Österreich auf jungen, 2 — 3jährigen Birkensträuchern Larven und Imagines von Rhopalandrothrips obsctiriis (Uz.) (= Physopns itlnnfoliorum var. obsciira Uz.) Die Larven waren in zwei Stadien vertreten und besonders an den zartesten, kaum entfalteten Blättchen zu finden. Die von den Thripsen besetzten Blätter waren zum Teil mißfarbig, bräunlich gefleckt, manche an den Rändern, besonders gegen die Spitze, eingerollt. Da ich sonst keine Insekten an den betreffenden Stellen auffinden konnte, ist anzunehmen, daß die Blätter von den Thripsen in der erwähnten Weise beschädigt wurden. Die Larven der betreffenden Art waren bisher nicht bekannt; bevor ich jedoch auf die Beschreibung derselben eingehe, ist es nötig, daß ich zur Systematik der Imagines einige Worte verliere. Uzel beschrieb (iVlon. Ord. Thys. 1895, p. 124) die Art unter dem Namen Physopns nlmifoliortun var. obscura, da sie mit Taeniothrips Salicis (Rt.) (seinem Ph. uJmifoIioriim) habituell ähnlich ist und er damals das eigenartig gebaute cf nicht kannte. Schille hielt das von ihm entdeckte cf für ein Monstrum des -/ der Art Salicis (Rt.) und bildete es ab in seinen »Materialien zu einer Thysanopterenfauna Galiziens« (Entom. Zeitschr., Frankfurt 1912, Fig. 11, Sep. p. 27). Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd. 6 68 H. Priesner, Ich fand die Art in beiden Geschlechtern häufig auf Coiylus-, Alnns- und Belula-Blättern in Oberösterreich und auf einer schmal- blättrigen Salix an den Ufern des Skumbiflusses bei Elbasan in Albanien. Die Fühlerbildung des cT ist wie bei einer weiteren, von Uzel als Physopns uhnifoJiorum var. annnliconiis beschriebenen, im Rasen vorkommenden Art, so eigentümlich, daß mir die Auf- stellung eines besonderen Subgenus für die beiden Arten, Rliopa- landrothrips genannt, notwendig erschien, das im folgenden kurz charakterisiert ist. \" Fühler bei beiden Geschlechtern gleich gestaltet, stets 8-gliedrig. Maxillarpalpen des cT und 9 3-gliedrig Subg. Taeniothrips (sensu latiore).^ \' Fühler des cT mit lang schaftförmigem 6. Gliede, 8-gliedrig oder 6-giiedrig. Maxillarpalpen des cT 2- bis 3-gliedrig, des 9 3-gliedrig Subg. Rhopalandrothrips Pr. i. L Subgenus IthopalatidrotJwijfs Pr. i. 1. Artenübersicht. l" Fühler des cT' 8-gliedrig. — Körperfarbe dunkelbraun, Fühler meist ganz schwarzbraun obscurus Uzel. 1' Fühler des cT 6-gliedrig, Stylus fehlt. — Körperfarbe hellgelb^ Körper oben stellenweise schwach grau getrübt. Fühler gelb, grau geringelt annulicornis Uzel. Taeniothrips (Subg. Rhopalandrothrips) annulicornis Uzel, Mon. Ord. Thys. 1895, p. 124; Priesner, Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien 1919, p. 122, Anm. 2; ders., 78. Jahresber. Mus. Linz, 1920, p. 54, Sep. p. 7. 9 : Körperfarbe hellgelb bis grünlichgelb. Körper oben mit grauer Zeichnung oder ohne solche. 1. Fühlerglied gelblich, 2. hell, grau getrübt, 3. am Grunde weißlich, an der Spitze getrübt, 4. ähn- lich, 5. nur am äußersten Grunde weißlich, die übrigen Glieder dunkel. Borsten am Körper dunkel, lang. Schenkel und Schienen außen kaum getrübt. Flügel schwach grau getrübt. Borstenzahl und Borstenstellung wie bei obscurus (Nebenader jedoch mit nur 8 bis 10 Borsten), Fühler ähnlich wie bei obscurus gebildet. Körperlänge: 1 nmi. cf : (Synonym: Thrips nigropilosus var. (0^) clavicornis (Karny) % Priesner, Zeitschr. österr. Entom. \'er. 1921 (p. 37.) Wie das 9 \ gefärbt, viel kleiner, flügellos. Fühler 6-gliedrig. Maxillarpalpen 2-gliedrig (beim 9 3-gliedrig). Das 3. Fühlerglied langgestreckt. 1 Siehe: Priesner. 78. .laliresboriclit d. Mus. Franc. Card.. Linz 1920, p. 54 (Sep. p. 7) u. Anm. 5. Zur Lebensgeschichte der Tiiysanopteren. b9 länger als das 4., das 5. viel kürzer als das 4. (meist um 0 3 kürzer), das 6. selir lang, um 1-8 länger als das 5. oder nur um 1-2 länger, selten dreimal so lang als das 5. Glied, also von variabler Länge, mitunter etwas unregelmäßig gestaltet; ringsum ist es mit dunklen Borsten besetzt. Vorkommen: In beiden Geschlechtern im Rasen (man kätschert die Art auf Wiesen) nicht selten, auch im Gebirge, die 9 9 von April bis September; die od fand ich im Mai, August und September. Letztere sind seltener, bis jetzt sind 7 E.xemplare bekannt. Verbreitung: Böhmen, Österreich, Südtirol. Taeniothrips fRJwjiahindofhrips) obscurus Uzel Mon. Ord. Thys. 1895, p. 124; ? Schule, Materialien, Sep. p. 13; ? Reuter, Finska Thys., 189(3, p. 52 et 53; scliillei Priesner, Ent. Zeitschr. Frankfurt 1914; ders., W. Ent. Zeitg., 1914, p. 192; ders., Sitzungs- ber. d. Akad. d. Wiss., Wien 1919, p. 122, Anm. 2; ders., Jahresber. d. Mus., Linz 1920, p. 54. — Nee Salicis (iilniifolionim) var. obscurus Priesner,^ Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss., Wien 1919, p. 123; Zeitschr. d. österr. Entom. Ver. 1919, p. 104; Jahresber. Mus. Linz 1920, p. 54. — 9: Körperfarbe dunkel- bis schwarzbraun, Thorax meist röt- lich getönt. Fühler schwarzbraun oder graubraun, I.Glied oft heller graubraun, Beine gelblich, Tibien und Schenkel stark grau getrübt. Kopf kleiner als bei Taen. Salicis Rt. und kürzer; Interocellar- borsten sehr weit nach innen gerückt. 3. Fühlerglied viel schlanker als bei diesem, ebenso das 4.; 4. kürzer als das 3., beide an der Spitze etwas halsförmig geschnürt. 5. Glied klein, abgestutzt, gegen die Spitze aber dennoch schwach verengt. 6. am Grunde nicht so breit wie bei Salicis, so lang oder wenig kürzer als das 3. Glied. Stylus ziemlich lang, 2. Glied länger als bei Salicis. Vorderflügel stark grau getrübt, Hauptader mit 2 Distalborsten, Nebenader mit 13 bis 14 Borsten. Körperlänge: 1 bis 1 "2 mm. Forma trisetosa nov. {W. Ent. Zeitg. 1921, p. 117, Anm. 4. — Hauptader mit 3 Distalborsten, von denen die erste von der zweiten und dritten weit abgerückt ist. Sonst \y\e die forma typica (Österreich). Forma pallens nov. — Gelbbraun, F'ühler graubraun, das 3. Glied am Grunde gelb. Flügel nur sehr schwach getrübt. Vorkommen: Die 99 von April bis September (dd" vom Juni an) auf Blättern von Salix, Corylns, Alniis und Betiila, häufig. Verbreitung: Polen, Böhmen, Österreich, Albanien. ^ Für die dunkle Form des Taeniothrips Salicis, die ich bisher für obscurus U z. hielt, muß ein neuer Name {forma fufiCfl m. nov.) eingeführt werden. Die Form ist von Salicis tj-p. 9 durch fast gleichmäßig graubraune Färbung verschieden. 70 H. p r 1 e s n c r. Beschreibung der Larven von Rhopalandrothrips obscurus. I. Stadium. Körper plump, weißlich, durchsichtig. Augen rot. Die langen Borsten an Kopf und Prothorax deutlich geknöpft. Fühler wie in Fig. 1, das 3. Glied nur um 0*15 länger als breit, das letzte Glied mit 6 langen Borsten. Abdomen schmal, mit der normalen Zahl Borsten (am 1. Segment dorsal 4, an den folgenden (2. bis 8.) 6 Borsten); diese sind kurz, 12 bis 24 (JL lang, schwach geknöpft (in Alkohol gesehen!). Die Borsten des 9. und 10. Tergites sind länger (über 40 [x lang), stärker geknöpft: am 9. sieht man oben 4 lange, am 10. zwei lange, geknöpfte und 2 kurze Borsten. Die Kutikula des Abdomens ist mit winzigen, einfachen (nicht henkeiförmigen Wärzchen dicht besetzt; diese sind mit kaum bemerkbaren Härchen ausgestattet. Die Abdominal- borsten sind kürzer als bei Stadium IL Fig. 1. Körpermaße: Fühler 14 (24), 24 (22), 30 (26), 49 (27), 12 (11), 20 (7 bis 8;. Kopfbreite 70 bis 80. Meso- thoraxbreite 120. Abdomenbreite 102. Länge des 9. Abdominal- segmentes zirka 27, des 10. Segmentes zirka 38 (Mikron;. Gesamt- länge: 0-40 bis 0-56 mm. II. Stadium. Körperfarbe gelb, Basis der Schenkel, Schienen zum Teil und die Tarsen lichtgrau; ebenso ein Fleckchen vorn am Kopf, der größte Teil der Fühler und der Hinterrand des 9. und 10. Ab- dominalsegmentes. Die Borsten am Körper grau. Augen rot. An den Fühlern das 3. Glied um 0-8 länger als breit, im übrigen wie in Fig. 2 skizziert gebaut. Die Ringel am 3. Glied ziemlich tief eingeschnitten. An den Augen zähle ich nur 3 Fazetten. Innerhalb derselben stehen in einer Ouerreihe 4 längere Borsten, die schwach geknöpft sind, seiüich, vor den Augen 2 spitzige Borsten. Die Borsten am Pro-, Meso- und Metathorax abgestutzt, einige des Metathorax an der Spitze ausgefranst oder zeigen schon vor der Spitze Seitenästchen (Fig. 3). Am Prothorax zähle ich oben 14, am Mesothorax 14 Borsten; am Metathorax 10, von denen jeder- seits 3 von den zwei mittleren, hintereinander liegenden Paaren abgerückt erscheinen. Das 1. Abdominalsegment trägt 4 ausgefranste, das 2. bis 8. oben jederseits 6 an der Spitze oder vor derselben ausgefranste, braungrau gefärbte Borsten. Das 9. Tergit hat 4 nicht gefranste, aber gekeulte Borsten, das 10. Segment 2 schwach gekeulte dorsale Borsten. Das 9. Segment ist am Hinterrande sehr fein gekerbt. Maße: Fühler 16 (27), 26 (22), 45 (24), 57 (20), 14 (13), 22 (8). Prothoraxbreite: 170. Mesothoraxbreite: 204. — 9. Abdominal- Zur Lebensgesohichtc der Thj'sanopteren. 1 Segment 4], 10. Segment 35 lang. Gekeulte Borste am 9. Segment 46, gefranste Borsten am 2. bis 8. Segment 20 bis 35 lang (Mikron). — Gesamtlänge; 0-9 bis 0*97 nun. \'on der Larve von Tacniothrips Salicis (Reut.) durch merk- lich (aber nur ganz wenig) tiefer gelbe Körperfarbe, etwas weniger gestreckte Fühler, besonders etwas kürzeres und breiteres 3. Fühler- giied,^ sehr schwache, aber deutlich sichtbare Borstenkränzchen an den distalen Ringeln des 3. PTihlergliedes, dann durch die dunklere Färbung der Körperborsten, hauptsächlich aber durch die kräftigere Gestalt der Borsten verschieden. Die Borsten sind zwar nicht länger, wohl aber kräftiger als bei Salicis; eine Seiten- borste des 3. Tergites z. B. ist bei Salicis am Grunde etwa 2 »x, •12-. FiR-. 3. Fig. 4. bei ohsciinis 7 [a dick. Die am Metathorax befindlichen Borsten sind bei Salicis an der Spitze deutlich ausgefranst, aber doch nicht so stark zerspalten wie bei ohsciiriis, ebenso die Borsten des 1. bis 6. Abdominaltergites an der Spitze ausgefranst, aber nicht so stark, wie dies bei obscnriis der Fall ist und niemals treten bei Salicis an den Seiten der Borsten Spitzen oder Ästchen hervor, was bei ohscuviis an den Segmenten 1 bis 8 stets der Fall ist (Fig. 3). Das 8. Segment ist bei Salicis nahezu einfach beborstet, die Borsten aber doch nicht völlig scharf, dies nur bei Seiten- ansicht. Das 9. Segment hat oben 4 schwach geknöpfte, das 10. Segment 2 derartige Borsten. Die Ventialborsten sind einfach und spitzig. Die Grundskulptur des Abdomens ist bei Salicis viel feiner, die Pünktchen (äußerst feine Erhabenheiten) sind nur bei stärkster Vergrößerung sichtbar, auch die daran sitzenden Härchen merklich zarter als bei obsciiriis. 1 Siehe Fig. 4. 72 H. Priesner. iMaße von T. Salicis (in Mikron): Fühler, 14 (24), 27 (23;, 49 (22), 55 (20), 14 (12), 22 (8). Prothoraxbreite: 160. Metathorax- breite: 247. Abdomenbreite: 272. — Gesamtlänge: 1 miu. Die Puppenstadien von R. ohscnrns sind mir noch nicht bekannt, wohl aber die des T. Salicis, und zwar sowohl Vorpuppe als auch Puppe. I. Vorpuppe. Von diesem bei Thysanopteren in der Regel selten anzu- treffenden Stadium fand ich am 16. August 1919 bei Ibm in Ober- österreich, am Rande des großen Moores, unter Weidenrinde 18 Exemplare. Das Stadium ist dadurch ausgezeichnet, daß bereits Flügel - scheiden sichtbar sind, unterscheidet sich aber von der Puppe dadurch, daß die Scheiden nur mäßig lang sind: die der Vorderflügel erreichen nur die Mitte, die der Hinterflügel den Hinterrand des 2. Abdominal- segmentes; ferner tragen die ersteren am Außen- rande nahe der Basis zwei, gegen die Spitze eine Borste, während beim folgenden Stadium der Außenrand zahlreiche Borsten trägt. Die Augen sind noch so klein wie bei der Larve. Der Kopf ist mit nur sehr wenigen, sehr dünnen Härchen besetzt. Prothorax mit sehr dünnen und langen Borsten versehen. Abdomen, besonders an der Spitze, mit langen, dünnen, gebogenen Borsten. Die letzten Abdominalsegmente ohne dornartige Kutikularbildungen. Körperfarbe hell weißlichgelb. Fühler kurz (Fig. 5), von einer Kutikuiarscheide umhüllt, frei abstehend, nicht nach oben zurück- geschlagen; sie sind nicht deutlich segmentiert, wie dies bei der Larve der Fall ist, es läßt sich aber eine innere Segmentierung zum Teil erkennen, die mit den äußeren Uneben- heiten nicht übereinstimmt (Umwandlung des Larvenfühlers in den Nymphenfühler). An der Spitze des Fühlers sind innerhalb der Chitinscheide der Präpupa 2 nebeneinander liegende sinneskegel- ähnliche Spitzen wahrzunehmen, deren Bedeutung mir unklar ist. Die Geschlechter konnte ich in diesem Stadium nicht mit Sicherheit erkennen, die cTcf-Vorpuppen scheinen mir etwas schmächtiger ge- baut zu sein. Die Untersuchung der Anlagen des Genitalapparates dürfte wohl nur mit Hilfe der zoologischen Schneidetechnik zwecks Erkennung der Geschlechter möglich sein. Maße (mittelgroßes Exemplar): Fühlerlänge: 196 bis 204. Mesothoraxbreite: 238 (Mikron). — Körperlänge: 1-16 ;;/;;/. II. Puppe. Unter der glashellen Kutikula läßt sich der Körper der Imago erkennen. Kutikula mit sehr lanuen und dünnen Borsten besetzt. Fis;. Zur Lebensgeschichte der Thj'sanoptcrcn. F^ühler auf Kopf und Prothorax zurückgeschlagen, Flügelscheiden lang, die der \'orderflügel außen mit 16 bis 23 langen Borsten besetzt, sie erreichen etwa das 5. Abdominalsegment oder überragen es etwas. Abdomen mit langen (spitzigen) Borsten. 9: Größer und kräftiger, Borsten am Außenrande der Vorder- flügel zahlreicher. 10. Abdominalsegment oben in eine Spitze ausgezogen (Fig. 6), in welche sämtliche langen Abdominalborsten der Imago hineinragen. Der Stachel dient diesen Borsten als Scheide. cf: Kleiner und schmäler, Borsten am Vorderflügelinnenrande weniger zahlreich. Abdomenende oben ohne Dornfortsatz. Das 9. Segment aber auf der Unterseite mit je einem vorspringenden Seitenhöcker, in der Mitte mit einem klammerförmigen Fortsatze (Fig- 7). Fig. 6. Fig. 7. Maße des 9: Kopf breite: 160. Mesothoraxbreite: 221 (xMikron). — Gesamtlänge ; 1 • 24 mm. Maße des cT: Kopfbreite: 136. Mesothoraxbreite: 179 (Mikron). — Gesamtlänge: 0*95 min. Unter den Larven und Nymphen — ich fand insgesamt 4 Larven (IL Stadium), 18 Vorpuppen, 16 c?- und 18 9 -Puppen — fanden sich unter der Weidenrinde auch mehr weniger ausgereifte Imagines, und zwar auffallenderweise mehr cTcf als 99, von ersteren 16, von letzteren 8 Stück. Die Tiere waren nur unter feuchter, fast dicht anliegender Rinde, in kleinen Gruppen bei- einander, zu sehen. Das Fehlen der jüngeren Larven^ spricht dafür, daß die zur Verpuppung reifen Larven von T. Salicis, die wohl auf den Blättern von Salix so wie die (reifen) Imagines leben, die Baumrinde als Versteck aufsuchen, w^o die Verpuppung un- gestört vor sich gehen kann. So fand ich unter Rinde keine einzige ausgefärbte Imago, da die ausgereiften Tiere auf den Blättern der Weiden leben, wo sie auch damals an den Rändern des Moores 1 Daß ich junge Larven, die vielleicht vorhanden gewesen wären, nicht über- sehen habe, dafür spricht, daß ich die wolil ebenso kleinen Eier von Trichothrips pini Hai. ebendort nicht übersah. 74 H. Pii csnef, b sehr häufig in beiden Geschlechtern anzutreffen waren. Im Mai (22.) 1920 fand ich an derselben Lokalität 1 erwachsene Larve, 3 Vor- puppen und 1 unreife Imago unter Weidenrinde. Die Larven von Taeniothrips dianthi Pr.^ Im II. Stadium sehr ähnlich der Larve von Taeniothrips Salicis Rt., speziell in der Körperfarbe und Fühlerbildung, von dieser in folgenden Punkten verschieden: Das letzte Fühlerglied etwas länger und schmäler; sämtliche Abdominalborsten erscheinen niemals ausgefranst, sind aber auch nicht scharfspitzig, sondern sie zeigen (in Alkohol!) ein äußerst feines Knöpfchen an der Spitze; sie sind nur mäßig lang, die Lateralborsten des 7. Segmentes z. B. messen 47 [x. Sehr auffällig ist die Hautskulptur. Der Körper zeigt Ouerreihen von kleinen, gebogenen Längskielchen, die sich bei starker Vergrößerung henkeiförmig gestaltet zeigen; sie sind an den Abdominalsegmenten in je 6 bis 9 Querreihen angeordnet, in der Mitte der Segmente sind sie am größten, gegen den Vorder- und Hinterrand hin am kleinsten. Die längsten dieser Kielchen sind etwa 7 bis 8 jj. lang. Hautbör stehen sind keine vor- handen. Bei den Larven von T. Salicis und Rh. obscurus finden wir diese Skulptur nicht, bei beiden besteht die Hautskulptur in äußerst winzigen Körnchen, auf denen feinste Börstchen sitzen. Das I. Stadium der dianthi-Larve, von dem ich nur 1 Exem- plar sah, ist sehr ähnlich dem entsprechenden von Rh. obscurus, die Fühlerringelbörstchen sind weniger deutlich; das 3. Fühlerglied ist etwas gestreckter, seitlich weniger stark gerundet,- eine Strecke fast geradlinig distalwärts erweitert, ferner ist das Endglied etwas länger. Die charakteristische Hautskulptur ist schon beim I. Stadium gut zu erkennen, die einzelnen henkeiförmigen Leistchen sind viel kleiner als bei der IL Larve. Vorpuppe und Puppe dieser Art sind mir noch nicht bekannt geworden. Das Larvenmaterial erhielt ich vor längerer Zeit von Dr. L. Fulmek samt Imagines; es stammt aus Niederösterreich (Floridsdorf), wo es an Blattverkrümmungen der Nelkentriebe (Gartennelke) vorgefunden wurde. Leider ist die Larve des nahe verwandten T. frontalis Uz. noch nicht bekannt, sodaß ich nicht sagen kann, wodurch sie sich von dianthi unterscheidet. Die frontalis-ha.rve dürfte jedenfalls robuster gebaut sein. Aus obigem ist ersichtlich, daß es uns möglich ist, daß wir im Imaginalzustand einander sehr ähnliche Arten 1 W. Ent. Zeitg.. 38. Bd.. Heft 4 bis 8. 1021, p. IIG. •-' G. Glied 22 a lang, 7 ;•• breit. Zur LcbensgescliiolUe der Thysannpteren. 'O doch auch im Larvenzustand gut unterscheiden können und ich glaube hiermit andeuten zu müssen, daß sich uns so für die Erforschung der Lebensgeschichte der Thysanopteren wichtige Perspektiven eröffnen. Aber auch, was die praktische Seite der Thysanopterenkunde anlangt, wird man auf diesem Wege gute Fortschritte machen. Es sind mir schon öfter Thysanopteren- larven als Kulturschädlinge eingesandt worden, ich habe aber damit meist nicht viel anfangen können, höchstens Vermutungen über die Gattungszugehörigkeit aussprechen können. Wir stehen eben, was den entvvicklungsgeschichtlichen Teil der Thysanopterologie betrifft, noch in den ersten Anfängen. Verzeichnis der Figuren. Fig. 1. Rechter Fühler der Larve (I. .Stadium) von Rlwpalandroihrips ohsainis (L'z.) von unten. — Vergrößerung 265 fach. Fig. 2. Rechter Fühler der Larve (IL Stadium) \'ox\ Rhopalandrothrips ohsainis (L'z.) von unten. — • Vergrößerung 265 fach. Fig. 3. Abdominalborsten der Larve (II. Stadium) \or\Rhopahvidroihrips obscunis{\2z.) — Vergrößerung zirka 600 fach. Fig. 4. Rechter Fühler der Larve (IL Stadium) von Taenioilii'ips Salicis (Reut.) — Vergrößerung 265 fach. Fig. 5. Fühler der Praepupa von Tiieniothrips Salicis (Rt.) von unten. — Ver- größerung 265 fach. Fig. 6. .A.bdomenende der Pupa von Taeniolhrips Salicis (Rt.) 9- "^'"" oben. — Vergrößerung 265 fach. Fig. 7. Abdomenende der Pupa von Taeniolhrips Salicis (Rt.) (f, von unten. — Vergrößerung 265 fach. Neue freilebende Nematoden aus Suez Von Heinrich Micoletzky (Innsbruck) Aus dem Zoologischen Institute der Universität Innsbruck (Mit 13 Textfiguren) Ergebnisse einer von Dr. Ad. Steuer mit Unterstützung des Ministeriums für Kultus und Unterricht und des Vereines zur Förderung deutscher Kunst und Wissenschaft in Prag unternommenen Studienreise nach Ägypten, Uli. (Vorgelegt in der Sitzung am 23. Februar 1922) Aus den \'on Prof. Ad. St-euer bei Suez an 2 Örtlichkeiten gesammelten und in Alkohol konservierten Proben habe ich bei Durchsicht der gesamten Prange 1825 freilebende Nematoden gewonnen, die sich auf 24 Gattungen und 46 Arten verteilen. Die beiden Fundplätze sind: I.Korallenriff, 1 bis 2m Tiefe, Sand- grund mit viel Ulva lactiica (L.)'-^, Cystoseira moiitaguei J. Ag. und Sargassiim sp. 1215 Nematoden auf 'IQ cm^ Setzvolumen, August 1905. 2. Algen von Steingrund (Kai), Fort Tewfik. 610 Nematoden auf 25 cm^ sehr feinflockigem Schlamm. In dieser Mitteilung sollen nur die neuen Arten in alphabetischer Reihenfolge bekannt gemacht werden; eine spätere Abhandlung in diesen Berichten wird die bereits bekannten Arten sowie allgemeine ökologische Angaben enthalten. Für die gütige Überlassung der reichhaltigen Proben bin ich Herrn Prof. Steuer, dem ich auch für Literaturhinv\'eise, Anregungen und Ratschläge sehr verbunden bin, zu großem Dank verpflichtet. Bezüglich der Literatur sei erwähnt, daß aus dem Roten Meere meines Wissens bisher nur zweimal freilebende Nematoden bekannt geworden sind: 1891 durch Cobb^ und 1921 durch 1 Siehe diese Berichte, Bd. 118, Abt. I. November 1909 und Bd. 119. .Abt. I, Juni 1910. - Die Bestimmung der .Algen verdanke ich meinem ehemaligen Kollegen, Herrn Dr. H. Cammerloher (Java). 3 Cobb N. A., .Arabian Nematodes, in Proceed. of the l.innean Soc. of N. S. Wales. Vol. V. Sydney 1891. Sitzungsberichte d. mathem -naturw. Kl , Abt, I, 131. Bd. 78 H. .Micoletzky, Steiner.^ Ersterer machte 7 größtenteils neue Arten von Arabiens Küsten, letzterer 4 Arten (davon 2 neue, 1 Varietät) bekannt. \'on diesen 10 Arten- habe ich mit Sicherheit nur 3^ wiederfinden können, ein Hinweis, wie unvollständig auch nach meinen Mit- teilungen die Nematodenfauna dieses Gebietes bekannt ist. Zunächst gebe ich der Übersichtlichkeit halber ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis aller bei Suez von mir gefundenen Arten; die hier beschriebenen neuen Arten sind fett gedruckt. Anticoma acuniinata (Eberth), Araeolaimus hiociilatiis (de Man) V. filiformis n. v., Araeol. (Araeolaimoidcs) cobbi Steiner, Araeol. elegans de Man; BolbeUa eohhi n. sp.; Climniadora filifonnis Bast., Chr. laeta de Man, Chr. mediterranea n. sp., Chr. utidicapitata Bast., Cliv. (SpUophora) paradoxa de Man, Chr. parapoecilosoma n. sp.; Chr. fSpilophoraJ parva de Man, Chr. jyrocera n. sp.; Cyritholaimus (AcanthoncJiiis) steiieri n. sp.; Desmodora (Xanihodora) micans (Eberth), Desmodora ditlevseni n. sp.; EncJieUdiuui acuminatnm Eberth; Enoplns sp.; Eiichroinadora striata (Eberth); Enrystoma oruatuui (Eberth); Halatainiits gracilis de Man; Leptosoniatnm hacillatum (Eberth); Linhomoetis ohtusicaiidatns de Man, Llnhonioeus sp.^, Lin- hotnoeiis sp.g, Linhomoeus sp.g; Monohystera (Theristus) paranorinandica n. sp., Man.' parva (Bast.), Man. potychacta Steiner; Oiicholainins dnjardini- de Man, O. cxilis Cobb (syn. 0. aegypticns Steiner!), O. (Viscosia) gtaher Bast., O. megastonia Eberth, O. papüosiis Eberth?, Oncholahnus sp.; Pelagonema Simplex Cobb; Phanoderma tiihercnlatiun (Eberth); Sahatiera leniiicandafa Bast. v. deopafris n. v.; Syuiplocosioiua teuiiicolle (Eberth), Syuipl. panli (Marion); Syringotaiuiiis striaficaudatiis de Man, Syr. hrevivaudatiis n. sp.; TJioracostODia stelneri n. sp.; Tripytoides vulgaris de Man, Tf/Ienrhits tnedtterraneus n. sp.; endlich eine neue Art eines neuen Genus, vermutlich aus der Thoracostoma-Gru^pQ. 1. Bolbella cobbi n. sp. Das von Cobb 11)20'^ auf Grund einer einzigen Art B. tcnnidciis aufgestellte Genus Bolbella erinnert ungemein an Syniplocostoina Bast, und unterscheidet sich in beiden Geschlechtern nur durch den Besitz von H bis 8 unmittelbar hintereinander gelegenen 1 Steiner G., Beiträge zur Kenntnis mariner Nematoden, in Zoolüg. Jalirb., .\bt. .System, Bd. 44, H 1 bis 2, Jena 1921. - Oncliolaiiiius cxilis Cobb ist synonym mit O. at\i^ypliciis Steiner. Diese Art ist mithin gemeinsam. ■'■ C/nriiiiihiom (SpUophora) paradoxa de Man 1888 syn. Spilvpliora ccy- lonensis Cobb 1891, Oncholaimiis exilis Cobb 1891 und Symplocostoma leiitiicolle (Eberth) syn. S, lonj^icoUc Bast. •1 Cobb N. .'\.. One hundred new Nemas. Contributions to a science ot" Nematology IX., in W'avcrly l'ress, Baltimore, Nov. 1920. l'"rcilcbcnde Nematoden aus Suez. 79 mu:rkulösen Bulben am Hinterende des Ösophagus, die, worauf ich besonders hinweisen möchte, auch an jugendlichen Tieren stets deutlich ausgebildet sind. Die Männchen von Bolbella besitzen — wenigstens bei B. tcnnidcus — präanale Hilfsorgane (»ventouses^^, > Supplements-), die an Einy Stoma Marion erinnern. Anfänglich — die vorstehenden Untersuchungen wurden im Herbst 1919 begonnen — habe ich Bolbella und Symplocostoma nicht in meiner Fangliste (Korallenriff) unterschieden; eine aber- malige Überprüfung nach dem Erscheinen der schönen, inhalts- reichen Abhandlung \'on Cobb ergab, daß an beiden Örtlichkeiten beide Genera, wenn auch in verschiedenem Verhältnis, vorkommen. Maße von Bolbella cobbiJ 9 L 6-3 und 5-5 nun, a 105 und 75, b G'l und 5-4. c 32-6 und 44, T'56 und 57 0/o, Gj 9-5 und 6-2 0^j, Gg 7-0 und 7-1 0,,^, Eizahl 1 beim größeren 9, 210:66|i, /;;- 43 und 45 0;^, IVl- 140-5 und 133%, Sd 3-4 und 4-1. Gesamtzahl 90. davon 5 ^ (2u)/- '^ein (^, Rest juv. Körperform: Die Körperbreiten am Vorderende (Kopfborsten- basis) : Nervenring : Bulbusende : Körpermitte ; After : Schwanzende verhalten sich wie 0-26 (0-205): 0-8 (0-61) : 0-98 (0- 78) : 1 :0-o5(0-47) : 0-23 (0-19), wobei an erster Stelle das größere, eingeklammert das kleinere, eierlose 9 erscheint. Die Verjüngung nach vorne ist weniger beträchtlich als bei der verwandten Art. Im übrigen genügt es, die Unterschiede gegenüber B. temiideus hervorzuheben. 1. Unsere Art besitzt eine glatte, ungeringelte, nicht längsstreitige Kutikula gegen B. t. mit außerordentlich fein quergeringelter und längsstreifiger Kutikula. 2. Die Körperwand beträgt V4 gegen Y3 ^es Radius, ist mithin bei B. e. dünner. 3. Die Halsborsten bleiben viel kürzer {B. c. V4 bis Y5 des entsprechenden Körperdurchmessers gegen 1 Körperdurchmesser und darüber bei B. f.) 4. Pigment und Linse sind wie bei Symplocostoma tennicolle entwickelt, fehlen aber bei B. t. 5. Die Ventraldrüse ist groß und auffällig, links verschoben, das Ventraldrüsenende 4 bis 6*4 Körperbreiten am Ösophagusende von diesem entfernt; bei B. t. ist die Drüse klein, ventral und ihr Ende nur etwa 3 Körperbreiten entfernt. Der Exkretionsporus liegt bei unserer Art auf halber Mundhöhlenhöhe, die Exkretionsendblase weit dahinter. 6. Der Ösophagus trägt stets nur 6 gleich große '^ L bedeutet absolute Körperlänge, a relative Korperbreite, h relative Ösophaguslänge, c relative Schwanzlänge als Quozient der Körperlänge, V Vulva- lage in Körperlängeprozenten vom N'orderende, G^, G^ vordere, beziehungsweise hintere Gonadenausdehnung in Prozenten der Körperlänge," «r Nervenring in Prozenten der Ösophaguslänge vom Vorderende, Vce Ende der Ventraldrüse in Ösophaguslänge- prozenten vom \'orderende, Sd Schwanzdrüsenzellenbeginn in Schwanzlängen vom After gemessen. 2 ^ als Index einer Zifler bedeutet die Anzahl der eiertragenden Weibchen. 80 H. .Micnletzky. Bulben, bei B. t. nach Cobb"s Abbildung deren 8, der vorderste ist kleiner. 7. Der Enddarm ist stets länger il-'2 bis 1-4) als der entsprechende Körperdurchmesser, bei B. f. ebenso lang. 8. Das Schwanzende trägt keine Borsten, bei B. i. werden beim cf (ob auch beim 9 ?) mehrere Endborsten gezeichnet. Der Hauptunterschied liegt in den Halsborsten, Ocellen, Öso- phagealbulben und Ventraldrüse. Vorkommen: Suez 1 15 Tiere; Suez 2 75 Tiere als zweit- häufigste Art! Rovigno,^ Arca-Grund 25 in tief, überall zusammen mit Syniplocostonia teniiicolle. Chromadora Bast, mit dem .SG. Spilophoirc (Bast.). Dieses Genus läßt nach den mir vorliegenden Mittelmeer- vertretern eine Einteilung zu in eine Untergruppe A mit punkt- förmiger Auflösung der Kutikula, meist kugeligem bis birnförmigem Ösophagealbulbus und dorsoventral nicht stark verschiedenen End- röhrchen, sowie in eine Untergruppe B mit wenigstens in oder hinter der Körpermitte in Stäbchen auflösbaren Kutikularkörperchen, mit meist länglichem, 2 oder mehrere muskelarme Unterbrechungen aufweisendem Ösophagealbulbus und kurzem, dorso\'entral ver- schieden stark gekrümmten Endröhrchen.'^ Die unten beschriebenen neuen Arten gehören zu Gruppe B. 2. Chromadora mediterranea n. sp. Fig-. 1 a bis c. Maße: L 9 0-83 ww (0-96m///),3 ci 27 (20), Z? 6-6 (4-7), c 7-2 (6-9), F 45 (520o), Gl Iö-30ü, G.^ le-e''^, 1 Ei 28 : 24 fx. ^ L 0-99 mm, ,r 25, b ö'l, c 7, Pz^ vermutlich 3. Gesamtzahl 3, davon 9 2 (1q), rf' 1, Sexualziffer 50 in Sy' Körperform: Schlank bis mäßig schlank, beiderseits nicht auffallend verjüngt. Breite am Vorderende (Kopfborstenbasis) Y3 beim 9, V2 beim cf, am After mehr als V2 t>eim 9, Yr, t>eim c?; als Einheit gilt die größte Körperbreite. Kutikula deutlich geringelt, dick. Ringel am Vorderende deutlich x-orspringend, nach hinten zu 1 Zahlreiche Proben von Rovigno, die zu einer Nematodenfauna der .\dria verarbeitet werden, verdanke ich dem gegenwärtigen Leiter der zoologischen Station, Herrn Prof. Dr. Raff. Issel. - Diese Gruppe bietet manche Anklänge an Eitchromadom de .Man nach der Fassung .Steiner's 1918 dar: die unter Eiichn'iimdora SG. in meiner Erd- nematoden-Abhandlung 1921, Archiv für Naturgeschichte, zusammengefaßten Arten gehören hierher. 3 Eingeklammert das größere, nicht eiertragende 9 • •1 Pz bedeutet Zahl der Präanalpapiilen. & n bedeutet die .Anzahl der der Angabe zugrundeliegenden Tiere. Freilebende Nematoden aus Suez. 81 sich abflachend. Kutikula-Auflösung am Vorderkörper Körner (Fig. 1,. ck), bei anderer Einstellung winkelig begrenzte, beziehungsweise sechseckige Gebilde (c^^^), nach hinten zu allmählich als Stäbchen erscheinend (Fig. 1 b, c, ck). Diese Stäbchenquerreihen sind durch strukturlose Querreihen unterbrochen, diese sind etwa ebenso breit als die Entfernung der Stäbchen voneinander in den Querreihen beträgt. Am Schwänze treten die Stäbchen besonders deutlich hervor. Seitlich läßt sich keine Strukturänderung erkennen. Sub- -CU a b c Fig. 1. Cliiviiuidora tnedUciTanea. a Vorderende bei Seitenansicht von links, 850 : 1 ; h Kopulationsapparat des ^, Seitenansicht, 850: 1; c Schwanzende desselben (^, Seitenansicht von links, 850: 1. Die nähere Figuren(Buchstaben)erklärung folgt am Schluß ! mediane Borsten vorhanden, wie gewöhnlich am Vorderkörper und namentlich am Schwanz deutlicher. Seitenfelder breiter als ^/g des Körperdurchmessers. Vorderen de (Fig. 1 a) nicht abgesetzt, =t: abgestutzt bis leicht abgerundet. Borsten (4) zart, mitunter abgebrochen, Y, der Körperbreite auf Borstenhöhe erreichend. Vorderste Partie der Kutikula dünn und strukturlos, vordere Kutikularkörper kleiner als die folgenden. Papillen und innere Lippenstreifen {p, Ist) typisch. Mundhöhle gewöhnlich, Zähne tiefer sitzend, nie den Vorderrand erreichend. Das Ösophagealgewebe ist vorne leicht erweitert, ohne jedoch merklich muskelkräftiger zu sein als der folgende Teil. Hinter der Mundhöhle findet sich eine muskelarme Strecke im Gewebe, so daß ein Pharyngealbulbus angedeutet erscheint. Ozellen fehlen. Ösophagus mit verlängertem Endbulbus, mit 2 muskelarmen 82 H. Micoletzky. Stellen. Körper — zum größten Bulbusdurchmesser wie 10:7. Ventral drüse wohl ausgebildet, längsgestreckt, zweizeilig, vordere Zelle gewöhnlich hyalin, hintere körnig. Die Ausdehnung der Ventraldrüse ^ unterliegt bei dieser Art so großen Schwankungen, daß ich anfangs bei meinen reichhaltigen Adriavertretern 2 Unterarten unterschieden habe, wovon ich später Abstand nahm. Den Porus konnte ich leider nicht auffinden. Darm 6 bis 8 Zellen im Umfang, dünnwandig, Glykogenkörner zerstreut, bis 15 [j. an Durchmesser erreichend. Enddarm so lang als der anale Körperdurchmesser. Geschlechtsorgane: 9 ohne Besonderheiten. Zwischen Uterus und Ovidukt liegen beiderseits stark lichtbrechende, 1-8 bis 2 [). messende Spermien. Umschlag -/g- Ei mit mäßig rauher, punktiert erscheinender Oberfläche. cf Spikularapparat Chromadora-avtig. Spikula (Fig. 1 b, sp) ziemlich schlank, akzessorisches Stück (acc) der Hauptsache nach -dorsal eng anliegend. Die 3 Präanalpapillen- (pp) sind so zart und unscheinbar, daß, wenn die Aufmerksamkeit nicht auf sie gerichtet ist, sie übersehen werden. Mit Immersion sind sie fast immer deutlich nachweisbar. Die hinterste Papille liegt vor oder am Spikulabeginn, die vorderste meist V3» selten 7-2 "^^i" Schwanz- länge vom After entfernt. Schwanz mit dreizelliger Schwanzdrüse (Fig. 1 h, sd). Schwanzdrüsenendröh]-chen (Plg. 1 c, er) kurz, nur wenig länger als seine Basisbreite (beim 9 das 1"2-, beim cf das 1*5 fache, n jederseits 3). Das Endröhrchen ist leicht schief ab- gestutzt. \'orkommen, Fundort: In der ständig untergetauchten Küstenregion, mitunter auch in der auftauchenden, fehlt in Wasser mit brackischem Einschlag. Adria (Rovigno, Meleda, Omblabucht l3ei Ragusa, Bocche di Cattaro), Suez 1. Verwandtschaft und Unterscheidung siehe Clir. proceru, 3. Chromadora parapoecilosoma n. sp. (Fig. 2.) Maße: «J L 1-06 in in (O" 88 bis 1 -21)) ^f Z 1 • 1 mm (0-88 bis 1-28) \ a 28 (22 bis 31) a 3G (26 bis 45) \ .^ b 8-1 (6-7 bis 9-7) ) l-i|70) /' 8-3 (5-4 bis 10) ( ' c 8-3 (7-2 bis 9-7) c 8-5 (7'2 bis 10-4) T' 470/0 ("iß l^is 50-5) J G^3 290^ (28 bis 31) 3 Gl 14-4 0(3 (8-5 bis 20) \\..ni^\ ^^ ^' " ^^ G., 14-8 0,3 (12 bis 20) / ^ ■* Phg^ 0-5 (0-37 bis 0-65) 13 Eizahl 1-57 (1 bis 3) 7 Vee 59 O;, (38 bis 72) 6 Eigröße 43:32fjt. (40bis 50:26bis40) 7 Vee 57-5 0/^ (44 bis 68) 8 Gesamtzahl 55, davon 9 34 (19^), -f 20. Sexualziffer 59 (n 54V 1 Bei den Tieren aus der Adria betrügt Vee 158 0,, (142 bis 179) n 22. - In der Adria traf ich unter 12 (j^ zwei mit nur 2 Papillen. •' Gb bedeutet Genitalheginn in Kürperlängeprozenten vom Vorderende, ■i piirf bedeutet Papillenbcginn in .Schwanzlängen vom .After an. Freilebende Nematoden aus Suez. 83 der präanalen Papillen gegen bis 7) des 9 ist unter den adriatischen Diese neue, auch in der Adria häufige und verbreitete x\rt steht Chr. poecilosoma de Man^ so nahe, daß es genügt, die Unterschiede hervorzuheben. Unsere Art bleibt kleiner, erscheint weniger schlank und besitzt einen längeren Ösophagus. Die Kutikula trägt eine deutlich erhabene, eigentümlich gezeichnete, schmälere Seitenmembran (Fig. 2, sm), die Zahl (5 gegen 7) des cT, die der Eier (1 bis 2 geringer. Außerdem gibt es wenigstens Tieren augentragende (v. ocellaia n. v.). Eine genauere Betrachtung verdient die Kutikula. Im wesent- lichen wie bei der Vergleichsart gebaut, lassen sich die zwischen den Kutikularkörpern (c'k) liegen- den, submedian schmäler wer- denden Querbänder interannulär nur am Vorderende punktförmig auflösen. In der Körpermitte sind sie homogen. Die Ent- fernung der auffallend groben, seitlichen Punkte {ck^^, die die erhabene Seitenmembran ein- fassen, ist größer als bei Cli. poecilosoma. Sie beträgt ^/g auf Ösophagushöhe, Yg in der /:/(k~ □ \ ■•■••;;:::-■■ -IIIIIIHI Illlllll ~1H hniiiiiiii.il Nliimii"""" C/(, »•^ iiiillllMlllllllllll >••^^ llllllllllllll • sii-MtiililllllllrilMIIII |.>^...^^llllllllll|lllllllllll \i Fig. 2. Chromadora pat apoecilosoma n. sp Körpermitte, Teilstück aus der ansiclit. a bei hoher, /' bei stelluna:. 850 : 1. Seiten- tiefer Ein- Körpermitte, Vg der entsprechen- den Körperbreite auf Afterhöhe gegen etwa V14 bei der Vergleichsart. Die erhabene Seitenmembran {sm), bei hoher Einstellung (Fig. 2 a) sichtbar, ist sehr schmal, viel schmäler als die tiefer gelegenen innersten seitlichen, groben Kutikulakörner (ck^). Leider sagt de Man über die Breite dieser Seitenmembran, die bei der neuen Art sich vom Ösophagusende bis ins vorderste Schwanzdrittel erstreckt, nichts aus. Seine Ab- bildungen (Fig. 7 c, e), die allerdings die Analgegend zeichnen die Seitenmembran viel breiter als bei unserer breiter als die innersten seitlichen Kutikulakörner. Submedian sind die Körnchenreihen, beziehungsweise Stäbchen wie gewöhnlich unterbrochen, in Körpermitte beträgt der stäbchen- lose Teil Y- des Körperdurchmessers. Die Struktur der Kutikula ist hier lediglich eine feine Querringelung. Im übrigen erinnert die Kutikula dieser Art an Eiichromadora vulgaris, so durch die Teilung der medianen Platten in submediane Platten in der Öso- phagealgegend usw. Nicht uninteressant ist die späte Erwerbung der verwickelten Kutikularstruktur im Laufe des indi\-iduellen Lebens. betreffen, Art, stets 1 Cinquieme note sur les Nematodes libres de la mer du Nord et de hx Manche, in Mem. Soc. Zool. de France, 1893. 2 Diese Punkte beginnen wie bei Chr. poec. in der Nähe des \'orderendes und reichen bis ans Schwanzende, ein wichtiger Unterschied beider Arten gegenüber Chr. filiform is (Bast.). Diese Punkte {cli-^) treten nicht immer so hervor wie in Fig. 2. Sitzungsberichte d. matliem.-naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd. 84 H. Micolctzky. So fand ich in der Adria unter 38 juv. vor der letzten Häutung nur sechsmal seitlich differenzierte Kutikularkörper und eine Seiten- membran (das einzige juv. aus Suez gehö.t hierher!); während der letzten Häutung des 9 (Vulvaanlage; tragen unter 10 Fällen die Hälfte eine Differenzierung, bei 2 cf mit Spikulaanlage erscheinen beide mit seitlicher Ausprägung der Kutikula. Die kennzeichnende seitliche Kutikulardifferenzierung wird daher offenbar vielfach erst mit der letzten Häutung erworben, so daß hier wie anderwärts {Chr. paradoxa und andere Arten zeigen Ähnliches) bei Beurteilung von Jugendstadien Vorsicht am Platze ist. Vorderende, Mundhöhle, Seitenorgane wie bei der Vergleichsart. Ösophagealbulbus mit 3 Unterbrechungen in der Muskulatur, die hinterste ist die größte. Ventraldrüse groß, langgestreckt, zweizeilig, wie bei vorstehender Art; wenn sie gefüllt ist, findet eine Verlagerung nach rechts statt. Da meist eine deutliche Ampulle zu sehen ist, läßt sich der stets vor dem Nervenring gelegene Porus verhältnismäßig leicht auffinden. Eier fein, aber deutlich bestachelt, Vulvadrüsen sind vorhanden. Kopulationsapparat wie bei der Vergleichsart, so ließen sich auch die beiden äußeren Dornen des akzessorischen Stückes erkennen. Die Präanalpapillen sind von mittlerer Deutlichkeit, bei Betrachtung von der Seite wie gewöhnlich aus je 2 kommaartigen Stücken bestehend. Ihre Zahl betrug bei Suez stets 5, in der Adria fand ich unter 41 cT einmal nur 3 Papillen. Die hinterste Papille liegt auf der Höhe des inneren Spikulumendes. Schwanz wie bei der Stammart. Endröhrchen nur wenig länger als seine Basis (1-25X), bilateralsymmetrisch gebaut. Vorkommen: Im Korallenriff (Nr. 1) die dritthäufigste, an den Kaisteinen (Nr. 2) die 20. Art. In der Adria recht häufig und sehr verbreitet, namentlich an der ständig untergetauchten, algen- reichen Küste. Auch im auftauchenden Gürtel vorhanden, doch seltener. Gegen brackische Einflüsse weniger empfindlich als die voranstehende Art. Fundort: Suez 1 52 Tiere, Suez 2 3 Tiere. Adria (Rovigno, Meleda, Ombla-Bucht, Bocche di Cattaro), Marmarameer. Verwandtschaft und Unterscheidung. Nächststehende .Arten: Chr. poecilosoma siehe oben. Von Chr. filifonuis (Bast.) nach de Man's^ Beschreibung durch die bei unserer Art bis ans Vorder- und Hinterende seifiich differenzierte Kutikula unterschieden (bei Chr. f. vorne am oder vor dem Ösophagealbulbus, hinten am letzten Schwanzdrittel aufhörend), außerdem sind bei unserer Art die groben seifiichen Punkte weiter entfernt (Vß bis Vg ö^gß" ^1-, bis ^/,Q des Körperdurchmessers) usw. Von Spilophora heynionsi Steiner, 1921-, von der nur das „, n 2 19 Gesamtzahl 41, davon 9 1" (-^o)- d'' 1^> Sexualzifter 112 (n 30). a Fig. 3. Chroiihhiura procera n. sp. a Vorderende eines O bei .Seitenansicht von links, 850: 1. /^ bis c Kopulations- apparat und Schwanzende eines rf von linl Pbg \-0A (0-96 bis M) 4 lüxahl 1-3 (1 bis 2) j Oc 10-6 0/^ (9 bis 11 -8) \ r, Eigr.iße 46 : 30 (x (42 bis 52 : 27 bis 36) 4 cxpo 12-5 (1 • 18 bis 13-3) / Oc2 10-5 o/q (9-4 bis 12) \ „ cxpo^ ll-50^j (11 bis 12) / 1 Ohne die beiden unscheinbaren, knapp vor dem After gelegenen Papillen! '- Oc bedeutet Ocellenentfernung vom \'orderende in Ösophaguslängeprozenten. 3 cxpo bedeutet Exkretionsporusentfcrnung vom \'orderende in Ösophagus- längeprozenten. Freilebende Nematoden aus Suez. 87 B. V. caccits. l 9 L 0-S3 mm, a 22, /' 5-3, c d-'o, F (Anlage) 49 0/q, während der letzten Häutung. Gesamtzahl 27, davon ^ 9 (3^,, in Häutung 2) (^f 7, Sexualziffer 78 (« 16). Cobb hat 192n das neue Genus Acautlionchus mit der einzigen Art A. viviparus aufgestellt, das sich von CyaihoJaimus \ lib )k' Isl acc-?^.--- a b c Fig. 4. Cyatholaiiniis (Acanthonchus) steuert n. sp. a Vordei'ende bei Seitenansicht von rechts, 850 : 1 ; /' Kopulationsapparat eines (^ bei Seitenansicht von rechts, 850: 1. In der Spikulagegend ist die Kutikula- körnelung nicht eingetragen, c Schwanzende eines (^ bei Seitenansicht von rechts, 1270 ; 1. nur durch den kräftig entwickelten dorsalen Mundhöhlenzahn unterscheidet, was mich veranlaßt, Acantlionclins als Subgenus zu CyathoJainms einzureihen. Meine neue, zu Ehren des hochverdienten Adriaforschers A. Steuer, dem ich das vorliegende wertvolle Material verdanke, benannte Art unterscheidet sich von C. (A.) viviparus Cobb: 1. Die Papillen der Lippen sind bei unserer Art (Fig. Aa, lib) borstenartig und ragen stärker hervor als bei der amerikanischen. 2. Unsere Art ist, soweit meine Beobachtungen reichen, ovipar, denn ich sah wohl Eier mit glatter Schale, deren Stellung in 1 L. ö 88 H. .Micoletzky, Vulvanähe auf unmittelbar bevorstehende Ablage deutete, nie aber gefurchte oder gar Embryonen enthaltende Eier, wie dies Cobb für seine Art vermerkt. 3. Beim '^ finden sich außer den 4 bis 5 größeren präanalcn chitinisierten Drüsengängen (Fig. 4 h, pp 3 bis 4), die einander in größeren, etwa gleichen Abständen folgen, knapp präanal 2 kleine, leicht übersehbare, einander genäherte, schwächer chitinisierte Drüsen- gänge (Papillen, siehe Fig. Ab, pp 5 bis 6), während Cobb nur 4 »exiquidistant Supplements« angibt. 4. Die größeren präanalen Drüsenröhrchen (pp 1 bis 4) erreichen etwa Yg des entsprechenden Körperdurchmessers an Länge. Bei C. (A.) viviparus nehmen diese Gebilde nach vorne an Größe zu, so zwar, daß das vorderste den Körperdurchmesser an Länge erreicht. Was die Kopfborsten betrifft (Fig. 4a, bsm, hl), so konnte ich von einer Gliederung, wie dies Cobb angibt (»setae two -or three-jointed«) und zeichnet, nichts bemerken. Ich vermute, daß die Borsten ein derartiges Aussehen, das wohl auf verschieden stark chitinisierte Teile zurückzuführen sein dürfte, erst in Kanada- balsam erhalten. Von den 4 bis 6 Längsstreifen auf der Kutikula, den "Wings« von Cobb, habe ich bei meiner Art nichts gesehen. Die Kutikula ist seitlich (Fig. 4 a bis c) gröber punktiert als median und submedian, zeigt aber median nicht mehr Querringel als seitlich. (Gegensatz zu manchen Cyatholaimen.) Die Ventral- drüse liegt auch hier am Mitteldarmbeginn, bei einem eiertragenden 9 sah ich sie deutlich zweizeilig, nach rechts verschoben. Von imserer neuen Art lassen sich ein Typus mit 2 deutlichen, aus grobkörnigem Pigment bestehenden braunen bis bräunlichroten (Alkoholkonservierung durch 14 Jahre, hierauf Überführung in Glyzerin), linsenlosen Ozellen (Fig. A a, oc) und eine v. caeciis n. v., die dieses Pigment zwar stark rückgebildet, doch mit Immersion betrachtet, meist noch erkennbar aufweist. Typus und Varietät zeigen in allen übrigen Merkmalen völlige Übereinstimmung. Von sonstigen Merkmalen sei erwähnt, daß der Darm mitunter ziemlich dunkel erscheint, was durch grau bis schwärzliche Gl^^kogen- körner bewirkt wird, eine wohl auf die Nahrung zurückzuführende, auch anderwärts von mir (so z. B. bei Anticoma acuminata) beob- achtete Erscheinung. Vorkommen, Fundort: Suez, Korallenriff 19 Tiere (an 7. Stelle;, Hafenmauer 8 Tiere (13. Stelle). In der Adria bei Rovigno, ferner bei Neapel.^ Verwandtschaft und Unterscheidung: Von der einzigen, im kalifornischen Küstenschlamm aufgefundenen Art des Subgenus durch obige 4 Merkmale unterschieden. 1 Eine reichhaltige .Sammlung freilebender Xcmatnden, deren Bearbeitung:, sobald es die Umstünde ermöglichen, erfolgen wird. \erdanUe ich durch \'e!mittkmg meines vereinten i'rcundes, Herrn Dr. (i. Steiners, Herin Piof. Dr. K. J-ircsslau. I'^rcilebende Xeinatoden aus Sirez. 89 6. Desmodora ditlevseni n. sp. Fig. 5. Ein einziges ^ "'''' folgenden Maßen: L \'^7 mm, a 41, /' 1Ü*5, c 16-4, TüIO/q, Gl 11-6 0 jj, Go 14-3 0^,. Alle Maße liegen innerhalb der von mir auf Grund meiner adriatischen Tiere gewonnenen Variationsbreite (12 ^). Diese Art erhielt ihren Namen zu Ehren des um die Kenntnis mariner Nematoden sehr verdienten Dänen Hj. Ditlevsen. Körperform: Schlank, beiderseits mäßig verjüngt. Kutikula sehr fein geringelt, Ringelabstand 0*5 bis 0" 6 [a in Körpermitte, viel gröber am Vorderkörper (1 • 1 jjl), etwas feiner am Schwänze (0 • 85 (x). Wie bei verwandten Arten, sind die Ringe nicht immer ganz geschlossen, sondern teilen sich mitunter (siehe Fig. 5, unterstes Drittel). Vorderende und Schwanzspitze (etwas weniger als Yg) wie gewöhnlich ungeringelt. Kutikula dick (3 "3 \i), innerste Schichte am dicksten. Körperborsten (Fig. 5, h) sehr klein, un- scheinbar, in 8 Längsreihen. Seitenfelder {sf) infolge der zarten Querringelung deutlich, von Ys cl^r Körperbreite, 2- bis 3 zellig. Vorderende (Fig. 5) mit 10 Kopf- borsten (bkl, hksm), die seitlichen kleiner. Kutikula am Kopfe wie gewöhnlich stark verdickt (ciik), bis 3'5 [x (dahinter nur 2*8 \L), Oberfläche leicht genarbt, punktiert. Die Körperborsten greifen auf den hinteren Kopfabschnitt über. Seitenorgane auf- fallend groß (durchschnittlich Y4 des ent- sprechenden Kopfdurchmessers), deutlich doppelt begrenzt. Kennzeichnend für diese Art ist der Farbstoffreichtum. Das Pigment (pil, pism) liegt subkutikulär, ist körnig, dr gehäuft zu unregel- mäßig begrenzten Gebilden, von stark gelblicher Farbe (Alkohol- konservierung) und läßt sich bis in den Schwanz hinein verfolgen. Mundhöhle geräumig, deutlich chitinisiert, völlig zahnlos. Das Vestibulum ist wie gewöhnlich längsgerippt {Ist). Ösophagus ohne Besonderheiten. Endbulbus zwiebeiförmig, Innenauskleidung kräftig chitinisiert. Mit 2 gut ausgebildeten Unterbrechungen der Muskulatur, die vordere am Beginn des ersten, die hintere am Anfang des letzten Drittels. Bulbuslänge etwa Y4 des Gesamt- ösophagus oder weniger einnehmend. Mitteldarmbeginn mit deutlichen Ösophagealenddrüsen, Darm ohne Besonderheiten. Geschlechts- organe des 9 mit sehr deutlich chitinisierter Vulva, Gonaden- umschlag Y2 bis -/s- Der Vollständigkeit halber sei vom cf erwähnt, daß weder prä- noch postanale Papillen oder Kopulationshöcker noch besondere Borsten vorkommen. Spikulum und akzessorisches Stück zeigen nichts Außergewöhnliches. Fig. 5. Desmodora ditlevseni n. sp. \'orderende eines 9 • Seiten- ansicht von rechts, 85U : 1. 90 H. .Micoletzky, Schwanz bei beiden Geschlechtern gleichmäßig konisch verjüngt. Endröhrchen etwas länger als die Basisbreite (l"3mal als Durchschnittswert von 6 Messungen) mit abgestutztem Ende. Vorkommen, Fundort: Suez, Hafenmauer 1 Tier. Adria (Rovigno, Meleda, Cattaro, nicht häufig, mäßig verbreitet), in Gesell- schaft von Desiiiodora inicatis. Verwandtschaft, Unterscheidung: Von der gleichfalls bei Suez aufgefundenen, leider nur nach einem einzigen jugendlichen Tier bekannten D. merostomaclia Steiner 1921^ durch folgende Merkmale unterschieden. 1. Kopf borsten 10, bei D. tu. nur 4. 2. Mundhöhle geräumig, deutlich chitinisiert, bei D. m. verengt. 3. Seitenorgane auf oder hinter der Kopfmitte, bei D. m. dem Vorderrande sehr genähert. 4. Ösophagealbulbus zwiebeiförmig, V4 oder weniger der Gesamtösophaguslänge einnehmend, bei D. in. sehr verlängert, nahezu die Hälfte einnehmend. 5. Subkutikulares Pigment stark entwickelt, bei D. in. nicht bekannt. Alle diese Unterschiede lassen sich auch an jungen, nur 0'86 mm langen Tieren von D. ditlevseni deutlich erkennen. 7. Linhomoeus sp.^. (Fig. 6 a bis c.) Vom Genus Liulwmoeus Bast, habe ich in Suez 4 Arten gefunden, die bis auf L. ohtiisicaiidatns nicht bestimmt werden konnten und vermutlich neue Arten vorstellen. Leider handelt es sich in vorliegendem Falle nur um ein jugendliches Tier, während L. sp.g nur durch ein Bruchstück vertreten ist. .Maße: L 1-04 mm, a 34-5, b S'ö, c 7-3, nr 53-5 Oq. Gesamtzahl 1 juv. Körperform: Beiderseits mäßig verjüngt. Die Körperdurch- messer auf Kopf borsten — Xervenring — Mitteldarmbeginn — Körper- mitte und Afterhöhe verhalten sich wie 45 : 81 : 100 : 76 : 65. Die größte Breite am Ösophagusende ist häufig bei Jugendformen. Kutikula glatt, innere Schichte sehr fein quergeringelt, kaum wahrnehmbar. Körperborsten zerstreut, namentlich am Vorderkörper und Schwanz. Vorderende (Fig. 6 a) nicht abgesetzt, Vorderrand abgestutzt, mit 4 Submedianborsten (hk), vermutlich 3 Lippen mit je 1 winzigen Papille {p). Seitenorgane {so) sehr deutlich, kreis- rund, mit zentraler Erhebung (in der Abbildung infolge Drehung scheinbar exzentrisch). Seitenorganvorderrand vom Vorderende einen Seitenorgandurchmesser entfernt. Mundhöhle (inli) fast fehlend, vermutlich mit winzigen Zähnchen. Ösophagus schmal, weniger als Vs des Durchmessers. Endbulbus groß, muskulös, nahezu kugelig (Fig. Q>b, oeh) und den Körper bis auf die Kutikula erfüllend. Innenauskleidung chitinisiert, etwas erweitert {be). Der Ösophagus entsendet in den Mitteldarm einen langen Pfropfen {oep). Nervenring wenig ausgeprägt. Ventraldrüse am Mitteldarmbeginn, 1 L. c. Freilebende Xematoden aus Suez. 91 Porus vermutlich hinter den durchsichtigen Körnchen, hell, gröberem (Fig. Gefüge .Seitenorganen. Mittel dar m mit \örnig, hinterer Darmabschnitt von rotbraun, Körnchen hier bis 1'6|ji,. Enddarm 6 c, ed) länger als der anale Körperdurchmesser (18:13), hintere Anallippe leicht \'orgewölbt. Geschlechtsorgane? Es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich um ein 9 handelt, leider läßt eine leichte Verletzung des Mittelkörpers keinen Entscheid zu. Fig. 6. Linhoinociis spj . Seitenansieht von rechts, ^z Vorderende, 850: 1. /' Ösophageaibulbus und Beginn des Mitteldarms, 475: 1. c Schwanz, 475: 1. Schwanz (Fig. 6 c-) an der engsten Stelle weniger als Basis im Durchmesser. Ob Endbörstchen vorhanden sind, ich nicht sicher zu behaupten. Vorkommen: Suez, Hafenmauer 1 Tier. \U der \'ermag 8. Linhomoeus spg. (Fig. 7.) Nur ein Bruchstück von l'35mw Länge aus dem Korallenriff bei Suez. Der Ösophagus beträgt 113[x an Länge, sein welliger \^erlauf (Fig. 7) deutet auf Kontraktion. Die Kutikula ist glatt. Das. <^2 H. Micoletzky, kegelförmig, nicht oder trägt 4 Kopf- Seitenorgandurch- Fig. 7. Liiihuinoctis sp«. Vorderkörper bei Seitenansicht von rechts, 475 : 1. Vorderende ist kaum abgesetzt und borsten (bk). Der messer beträgt 4-2 [x, die Seitenorgane zeigen einen Mittelfleck und eine an- gedeutete spiralige Auflösung. Der Nervenring (nr) umgreift den Ösophagus hinter der Mitte (59 ^/q). Die Ventraldrüse (vJ, 1 bis 4) besteht aus wenigstens 5 hintereinander gelegenen Zellen (in der Abbildung ist die hinterste nicht gezeichnet); ihr Ende liegt etwa 2 Ösophageallängen vom Vorderrand entfernt. Der Ausführgang (eg) ist deutlich verfolgbar und endet nach Erweiterung zu einer Blase (exb) mit dem Porus (p) 21 |j. hinter dem Vorderrand. Der etwa Ys ^^^ Körperdurch- messers einnehmende Ösophagus endigt mit einem deutlichen Bulbus mit leicht erweiterter Höhlung (be). Der Körper- durchmesser am Bulbusende 34 [X. Der Mitteldarm ist von braunen Körnern (Durchmesser bis 2 \).) erfüllt, die Zellen sind meist gut begrenzt. Der größte Körperdurchmesser beträgt 36'5[x und wird unweit des Mittel- darmbeginnes erreicht. Der Körper bleibt bis zum Abbruch zylindrisch. \'on Geschlechtsorganen habe ich nichts \\'ahrnehmen können. Hoffentlich gelingt es, nach dem Vorderende das Tier \\'iederzuerkennen. beträgt groben, 9. Linhomoeus spg. (Fig. 8 ü und /'.) Maße: ^ L 0-73, 0-69 //////; a 26, b G-6, .5-9, c G-6, 7-2, V 58, 6u0,,, Hl 17"5, 240,'q, 1 Ei beim kleineren 9 ''''''■ 18|x. \'ee 152^;^ beim größeren 9- 4.'.vpo 15-2, 20-5 0/q. Gesamtzahl 2 9 (l^). Körper form beiderseits mäßig verjüngt. Die Körperdurch- messer auf Seitenorganmitte : Ösophagusende : \'ulva : After wie 41 :69: 100:60. Kutikula glatt, dünn und borstenarm. Körperborsten auf \'order- körper und Schwanz beschränkt. Vorderende (Fig. 8 a) ohne Freilebende Nematoden aus Suez. 93 Besonderheiten, vermutlich mit 4 bis (3 kurzen Borsten {bk). Leider ist das Vorderende beider Tiere nicht gut genug erhalten, um sichere Angaben machen zu können. Mundhöhle flach, ohne Zähnchen {}). Seitenorgan {so) bei 9 1 von 3'3[x Durchmesser, das ist Y^.^ des entsprechenden Körperdurchmessers, die Entfernung des Seitenorgans (\'\^rderrand) vom Vorderende beträgt etwa einen Körperdurchmesser auf Seitenorganmitte. Bei 9 2 lag das Seiten- organ mehr dem Vorderende genähert. Ösophagus vorne leicht erweitert (Fig. 8 a), hierauf mehr als ^/o des Halsdurchmessers. Bulbus länglich, muskulös, an der breitesten Stelle -/s ^^s ent- sprechenden Durchmessers er- reichend, mit in den Mitteldarm hineinragendem Zapfen. Ventral- drüse deutlich, längsgestreckt, wie es scheint nur einzellig. Porus etwa (Fig. 8 ä, po) 2 V^irderende- breiten oder wenig mehr vom Vorderrand entfernt. Exkretions- gang (eg) verhältnismäßig breit und deutlich. Nervenring (9 1) 58 Vo- Mitteldarm leicht ge- körnelt, gut begrenzt, dünnwandig. a Weibchen 475 : 1. Fig. 8. Lnihoniociis sp-j . in Seitenansicht von rechts, i Vorderende; h Schwanz. Wandstärke am Beginn Y^, in der Mitte etwas mehr als Y2 ^^^ Darmdurchmessers. Lumen stets weiter als die Darmwand. End- darm (Fig. . 8 Z^, ed) sehr kurz, nur ^''2 des analen Körperdurch- messers, mit deutlichen Analdrüsen (ded). 9 Geschlechtsorgane unpaar, prävulvar, ohne Umschlag, Ei auffallend längsgestreckt. Vulva leicht vorgewulstet, ohne Besonderheiten, mit Vulvadrüsen. Schwanz (Fig. 8 b) ziemlich plump, leider bei beiden Tieren nicht in einer Ebene gelegen, daher etwas länger als in der Abbildung und in den Maßen, Ende weniger plump, Schwanzdrüsen (sd) sehr deutlich, ihre Ausführ- gänge (sdg) scheinen sich erst unmittelbar vor dem Endröhrchen (er) in eine Blase (eb) zu vereinigen. Vorkommen: Suez, Korallenriff 2 9. Unterscheidung: Unsere vermutlich neue Art unterscheidet sich von den übrigen Vertretern des Genus in Suez durch Körper- kleinheit und Borstenarmut, von L. sp^ überdies durch die kleinen Seitenorgane, den verlängerten Ösophagealbulbus und anders geformten Schwanz, von L. sp., durch die einfache Ventraldrüse. Die meiste Übereinstimmung herrscht mit L. obtiisicaiidattis. Abge- sehen von den Maßen, die übrigens, wenn man die Größenunterschiede berücksichtigt, einander ungefähr entsprechen, unterscheidet sich 94 H. Micnletzky, unsere Art durch die einzellige Ventraldrüse (bei L. obtiis. drei- bis fünfzellig). Weitere Unterschiede werden sich vermutlich beim Auffinden gut erhaltener Tiere, namentlich männlicher, ergeben. 10. Monohystera (Theristus) paranormandica n. sp. (Fig. 9 a bis c.) Maße: 9 Z 1-] iiuii (1-0 bis 1-2) rt 29-5 (23 bis 28) /' 5-5 (4-9 bis 6-2) c 8-2 (7-4 bis 9-6) V 65 Oq (63-5 bis 6G) Gesamtzahl 2'), davdn 9 3, ^ 6, Sexualziffer 200 {n 9). cf Z 1-2 min (0-95 bis l'ö) a 32 (26 bis 38) /' 4-8 (4-5 bis rv3) c 8-1 (7-5 bis 8-8) Fig. 9. M'iiioliyslem paranoniiaiiilica n. sp. Seitenansicht rechts, a und b juv. Vorder- und Schwanzende, SÖO : I ;. c Kopulationsapparat eines (^, 473: 1. Diese neue Art erinnert derart an M. iionnandica de Man,. 1890^ und an M. polaris Cobb, 1914-, daß ich mich darauf beschränken kann, die Unterschiede gegenüber diesen beiden — alle drei gehören zur M. (T.) dubia-Gvup^e mit geringelter Kutikula. und Schwanzendborsten — hervorzuheben. 1 L. c. - Cobb, N. X. .^ntarctic marine free-living Nematodes of the ShacUleton E.xpeditiün. Contrihutions io a science of Nematology I. Baltimore 1914. Freilebende Nematoden aus Suez. 95 Unterschiede gegenüber M. (T.) normandica. 1. Die Seiten- organe (Fig. 9 a, so) sind viel größer (mehr als Vs^^s entsprechenden Durchmessers am Vorderende gegen weniger als Y^ bei M. n.), liegen relativ weiter vorne Q-/^ der Vorderrandbreite auf Kopf- borstenhöhe gegen Ys) '-^n*^ sind eingesunken, ähnlich wie bei M. polaris, weshalb sie namentlich bei Erwachsenen schwer zu erkennen sind. 2. Die Spikula (Fig. 9 c, sp) sind in der Bogensehne gemessen viel länger (1*3 bis 1*8 mal) als der anale Körperdurch- messer (bei M. II. nur gleich lang), außerdem sind sie schlanker. 3. Das. akzessorische Stück {acc) ist kleiner; es entbehrt wie bei der Vergleichsart — im Gegensatz zu M. polaris — den nach hinten gerichteten Fortsatz. 4. Die vordersten, hinter den Seiten- organen stehenden Körperborsten (Fig. 9 a) sind von auffallender Länge. Unterschiede gegenüber M. {T.) polaris. 1. Das akzessorische Stück trägt keinen hinteren Fortsatz; bei M. pol. ist hingegen ein ^/(; des analen Körperdurchmessers einnehmender hinterer Fortsatz vorhanden. 2. Es findet sich nur ein Hode (M. pol. mit 2 Hoden). 3. Die Endborsten (meist 4) des Schwanzes (Fig. 9 h) sind viel kürzer, etwa vom Schwanzendedurchmesser gegen M. pol., wo sie etwa viermal so lang sind. Als • gemeinsame Merkmale unserer Art mit M. normandica wäre das akzessorische Stück, der unpaare Hode und die Borsten des Schwanzendes, mit M. polaris die eingesunkenen Seitenorgane und die Körpermaße hervorzuheben. Vorkommen, Fundort: Suez, Hafenmauer 23 Tiere (an 7. Stelle), Korallenriff 2 Tiere; Adria, Rovigno, Ombla-Bucht, Bocche di Cattaro, Neapel, Ischia, Marmarameer. Mit Ausnahme der Haferi- mauer von vSuez vereinzelt. 11. Oncholaimus sp. (Fig. 10 a und b.) Maße: juv. L 1-87 /;/w (1-83 bis 1-94), a 33 (28 bis 39), h 3-7 (3-6 bis "B-8), c 91 (78 bis 108), mh'^ 9-9% (9-2 bis 10-3), expo 31 o^ (27 bis 35), n mit Ausnahme von expo (n 2) überall 3. Gesamtzahl 3 juv., (^ und 9 unbei a 52, /' 4-2, c 65, Gh 50 o^, «r 38 0',^. Körperform: Die Körperbreiten am Vorderende, Nervenring» Ösophagusende, Mitte, After und Schwanzmitte vet halten sich wie I/o, iTih? Fig. 13. Unbestimmtes Männchen, vermutlich aus der ThorcicosloniLi-Cn-\.\^]pQ. Seitenansicht links, a Vorderende, 750 : 1 ; h Ösophagusende und Beginn des Mitteldarms, 475 : 1 ; c Kopulationsgegend, 475: 1. 26-7:83:93: 1 : 94 : 43. Die Verjüngung nach vorne zu ist mithin sehr beträchtlich. Die Kutikula ist ungeringelt, dünn (l bis 1 " 1 [x) und trägt am Vorderkörper (Fig. V?> a) kleine Borsten. Die Seiten- felder sind mäßig breit (V4 des Durchmessers), außerdem finden sich schmale Submedianfelder. Polymyarier. Das \'orderende (Fig. \'6 a) war leider durch anhängende Fremdkörper nur wenig auflösbar, so daß ich über ' Durch ein Versehen wurden Darm und Ductus ejaculatorius verkehrt be- zeichnet. Ersterer liegt, wie gewöhnlich. df>rsal, letzterer ventral. Freilebende Nematoden aus Suez. 101 die Genuszugehörigkeit nichts Bestimmtes auszusagen vermag. Es scheint eine Kopfkappe (kp) vorhanden zu sein, hinter der die Kopfborsten {bk, submedian, 4) gelegen sind. Über das Seitenorgan und die Mundhöhle kann ich keine Angaben machen. Der Ösophagus nimmt während des größten Teiles seines Verlaufs etwa Yj, des Durchmessers des Körpers ein und schwillt hinten (Fig. 13^) an, so daß er vor dem Ende V2 des entsprechenden Körperdurchmessers erreicht. Das bulbusartige Ende selbst beträgt Y-, • Die Struktur des Ösophagus erhält durch das Abwechseln muskelarmer und muskelreicher Gewebsstellen ein eigenartiges Aussehen (Fig. 13 h, punktiert). Der Nervenring ist bi'eit, deutlich, mit "ut erkennbaren Fasern. Etwa 150 a dahinter findet sich eine etwa 200 [x lange Reihe großer Zeilen. Diese mitunter in Doppel- reihe auftretenden Zellen erreichen etwa 12:8[x und sind \-ermutlich Ganglienzellen. Weder eine Ventraldrüse, noch Seitenfelddrüsen wurden beobachtet. Der Mittel da rm nimmt etwa Y^^, des Körper- durchmessers ein. Seine blaß gekörnelten Zellen sind ohne Sonder- struktur. Seine Wand mißt nur 3*3 [x, das Lumen ist weit. Der Enddarm des cf ist etwas länger als der anale Körperdurchmesser. Das beste Kennzeichen stellt der eigenartige Kopulations- apparat (Fig. 13 c) des Männchens dar. Der Hode ist unpaar. Die Spermien (Samenmutterzellen?) sind 5m3|j, im Durchmesser groß. Die Bogensehne der Spikula (sp) erreicht etwa die halbe Schwanzlänge. Sie sind mäßig gebogen, ihr inneres Ende ist leicht angeschwollen. Das akzessorische Stück (cicc) ist groß, erreicht die halbe Spikulalänge und zeigt etwa in der Mitte jederseits eine seitliche Verdickung. Sehr eigenartig ist die Anordnung der ähnlich wie bei Eurystonia und Tlioracostonta gebauten akzessorischen Organe, auch präanale Hilfsorgane, »ventouses;< (phl.phr) genannt. Diese Gebilde finden sich hier nicht wie gewöhnlich ventromedian, sondern jederseits subventral, so zwar, daß links von der Median- linie nur 4 Hilfsorgane (phl) vorhanden sind, deren vorderste 2-3 Schwanzlängen präanal gelegen ist, während rechts nicht weniger als 10 Hilfsorgane (pJw) vorkommen, die 4- 7 Schwanzlängen vor dem After beginnen. Die hinterste Papille ist etwas mehr als 1 Schwanz- länge vom After entfernt, die übrigen folgen in etwa gleichen Entfernungen von ungefähr -/s der Schwanzlänge. Die Kopulations- muskeln (l'iti) sind etwa 3*3 [x breit, voneinander etwas weiter entfernt als ihre Breite und reichen nach vorne bis über das vorderste präanale Hilfsorgan heraus. Der Schwanz (Fig. 13 t") verjüngt sich gleichmäßig; sein leicht abgerundetes Ende wird von einem Drüsengange durchbohrt. Die großen Schwanzdrüsen (sd) liegen im Schwänze selbst. \'erwandtschaft, Unterscheidung: Dieser Nematode nimmt durch seine asymmetrisch verteilten submedianen, präanalen Hilfsorgane eine Sonderstellung ein, die ihn wahrscheinlich zum Vertreter eines neuen Genus macht. Das Aussehen erinnert an 102 H. M i col etzkv. Enchelidinm, doch der Mangel an Ozellen, das Vorderende (?), das Fehlen einer Ventraldrüse, die SchwanzdriL'isen und vor allem der eigenartige Kopulationsapparat sind gewichtige Unterschiede. Von Euiystoma, an welches Genus der Bau der präanalen Hilfsorgane erinnert, ist das vorliegende Tier durch Zahl und Stellung dieser Gebilde sowie durch die Mundhöhle, das Fehlen der Ozellen und den Mangel der Ventraldrüse unterschieden. Vermutlich gehört unsere Form in die Thoracosfoma-Gvuppe und ist wahrscheinlich der Vertreter eines neuen, durch asymmetrisch subventral gelegene präanale Hilfsorgane gekennzeichneten Genus. Da ich den 'Bau des Vorderendes nicht zu erkennen vermochte und überdies nur ein einziges Männchen sah, will ich mit der systematischen Einreihung und mit der Benennung noch zuwarten, möchte aber doch die Aufmerksamkeit auf diesen eigenartigen Nematoden lenken, der nach der voranstehenden Beschreibung im Verein mit den Abbildungen sicherlich wiedererkannt werden kann. Figurenerklärung". acc Akzessorisches Stück, Führungs- stück, Gubernaculum. b Borsten. he Erweitertes Ösophageallumen. bk Kopfborsten. bJil Seithche Kopfborsten. b k s Hl Submediane Kopfborsten. bsm Submedianborsten. hu Bursa. ck Ivutikularkürperchen. cp Kulikularporus. eil Kutikula. Ctlk Kutikula des Kopfes. d Dorsal. da Mitteldarm. dah Darmhühe. de Ductus ejaculatorius. ded Enddarmdrüsen. ds Drüsensekret. dv Schwanzdrüsen - Verschlußapparat (Ventil). eb Endblase der Schwanzdrüsen. ed Enddarm. ^ff Exkretionsgang. er Endröhrchen der Schwanzdrüsen. exb Exkretionsendblase. hin Ivopulations- (Bursal) Muskulatur. kp Kopfpanzer. hsi Keulenförmiges Stück des Kopf- panzers. kz Zellen verschiedener Herkunft (Muskel, Bindegewebe. Hj^po- derm). // Lippen. ///' Lippenborsten. lin Linse. Ist Innere Lippenstreifen. ni Ji Mundhöhle. nr Nervenring. oe Ösophagus. oc Ocellus, Auge. oeb Ösophagealbulbus. oel Ösophageallumen. oep Ösophagealpfropf. /' Papillen. /'/;/ Linkes präanales Hilfsorgan (ak- zessorisches Organ, ventouse). pJir Rechtes präanales Hilfsorgan. pi I^igment. /'/■/ Laterales Pigment. Freilebende Nematoden aus Suez. 103 pisiii Submedianes Pigment. po Porus. pp Präanalpapillen. ps Porus der Schwanzdrüse. sd Schwanzdrüsen. scig' Schwanzdrüsengang. sf Seitenfeld, Längswulst Steiners. so Seitenorgan. xp Spikulum. sp,7 Spalten, Ausnehmungen im Panzer. sm Seitenmembran, seitliche Längs- felder Steiners. V Ventral. i'd Ventraldrüsenzelle. zd Dorsaler Zahn der Mundhöhle. zdr Speicheldrüse. ZV Ventraler Zahn der Mundhöhle. zvl Linker subventraler Mundhöhlen- zahn. zvr Rechter subventraler Mundhöhlen- zahn. f Amitose, Fragmentation und Vakuolisierung pflanzlicher Zellkerne Von Josef Kisser Assistent am pflanzenphysiologischen Institut der Wiener Universität Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien. Nr. 178 der zweiten Folge (Mit 2 Tafeln) (Vorgelegt in der Sitzung am 23. März 1922) I. Einleitung. Die Bilder, die einerseits auf direktem Wege sich teilende Kerne, anderseits solche, die eben im Begriffe sind, miteinander zu verschmelzen, uns bei der Be- obachtung liefern, sind einander so ähnlich, daß sich oft im Vorhinein nicht ent- scheiden läßt, welcher der beiden Fälle vorliegt. Auch dann, wenn gleichzeitig in benachbarten gleichwertigen Zellen zwei oder mehrere Kerne vorhanden sind, ist der Vorgang nicht geklärt, denn sie können in früheren Stadien mitotisch entstanden sein und nachträglich miteinander verschmelzen oder sie sind das Produkt einer direkten Teilung. In beiden Fällen gleichen sich diese Vorgänge sehr, so daß sie zu Verwechslungen Anlaß geben können. Darauf wurde schon des öftern von anderer Seite hingewiesen und zahlreiche als Amitosen • bezeichnete Vorgänge haben sich nachträglich als Kernverschmelzungen herausgestellt. Den eindeutigsten Beweis, ob Verschmelzung oder direkte Teilung der Kerne vorliegt, müßte, wie man anzunehmen geneigt wäre, wohl die Beobachtung und Weiter- verfolgung der Kerne am lebenden Material bieten. Dem ist jedoch nicht so, da sich hier Schwierigkeiten in den Weg stellen, die eindeutige Ergebnisse ausschließen und auf die bereits Schürhoffi hinweist. Denn es tritt, bedingt durch die Ver- letzung ein baldiges Absterben der Kerne ein, außerdem kann ähnlich wie bei der Mitose eine Rückbildung des Vorganges einsetzen, so daß dadurch eben ver- schmelzende Kerne Amitosen, anderseits sich eben amitotisch teilende Kerne Ver- schmelzung vortäuschen können. Lundegärdh,- der den Teilungsvorgang der Kerne in den Wurzelspitzen von Vicia falm und Allitnn cepa an lebendem Material verfolgte, fand, daß Teilungs- 1 Schürhoff P. N., Über die bisher als Amitosen gedeuteten Kernbilder von Tmdescantia virginica. (Jahrb. f. wiss. Bot. 1917. Bd. 57.) - Lundegärdh H., Die Kernteilung bei höheren Organismen nach Unter- suchungen an lebendem Material. (Jahrb. f. wiss. Bot. 1912. Bd. 51.) Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Ivl., Al^t, I, Bd. 131. 106 .'. Kissen Stadien der Kerne, »snlange die Zellen leben, in demselben morpliDlogischen Zu- stande, ohne sich sonderlich zu verändern«, verharren. Es dürfte dies in erster Linie auf die X'erwundung der Zellen und die sonstigen unnatürlichen Bedingungen zurückzuführen sein, da wir trotzdem zahlreiche Objekte kennen, bei denen sich die Teilung der Kerne in allen Phasen verfolgen läßt. Die direkte Beobachtung der Kernteilung bei Spirogyra bietet, wie Strasburgeri zuerst zeigte, keine nennens- werten Schwierigkeiten und auch die Staubfadenhaare der Tradescantia-Avten sind dafür nach Strasburger 2 und Lundström^ in hohem Maße geeignet. Schon vor diesen hatte Treub^ ein günstiges Objekt für diesen Zweck in den Suspensoren von Orchis latijolia und den Samenknospen von Epipactis palustris und E. latifolia gefunden. Diese wenigen Beispiele für die Möglichkeit einer Lebendbeobachtung von Teilungsvorgängen zeigen aber gleichzeitig, daß die durch die Präparation verursachte Verletzung nicht ohne allen Einfluß auf das Geschehen in der Zelle und dessen direkte Beobachtung ist und daß in den zuletzt genannten Fällen diese Hemmung fast vollständig wegfällt, weil mit der Präparation nur eine geringe Schädigung des Materials verbunden ist. Wie nicht anders zu envarten war, schlugen auch meine Versuche, ein positives Ergebnis durch Lebendbeobachtung in bezug auf die Formveränderungen der Kerne in den Parenchym- zellen des Stengels von Tradescantia virginica zu erzielen, voll- kommen fehl. Die Bewegungen und Veränderungen der Kerne voll- ziehen sich nur sehr langsam und durch die sich allmählich ein- stellenden Absterbeerscheinungen ist der Dauer der Beobachtung eine enge Grenze gezogen. Es gelang mir auch nicht, die von Zimmermann^ beschriebenen und abgebildeten Kerne aus dem Mesophyll von Seinpervivnin tectormn im Leben zu verfolgen, da außer den vorhin genannten Gründen bei diesem Objekt die Ge- stalt der Kerne durch die um sie oft zahlreich gelagerten Chloro- plasten meist nur undeutlich festgestellt werden kann, außerdem die in den Interzellularen kapillar festgehaltene Luft die Beobach- tung erschwert. Auch mit Hilfe der Wasserstrahlluftpumpe ließ sie sich nur teilweise entfernen und im Falle, daß dies auch vollständig gelingt, ist man nie sicher, ob und in welchem Ausmaße das Objekt dabei gelitten hat. Die Lebendbeobachtung von Gestaltsveränderungen der Kerne ist mit viel größeren Schwierigkeiten verbunden als die von mito- tischen Teilungen. Da erstere relativ selten sind, viel mehr Zeit in Anspruch nehmen und wir bisher über kein für diesen Zweck geeignetes Objekt verfügen, darf es auch nicht wundern, wenn die Ergebnisse solcher Versuche sehr gering sind. 1 Strasburger E., Zellbildung und Zellteilung, 111. .XulL, Jena. 2 Strasburger E., Über ein zu Demonstrationen geeignetes Zcllteilungs- objekt. (Sitzungsberichte d. Jenaischen Ges. f. Medizin u. Naturvviss., Jahrg. 1879.) ■' Lund Strom A.. Jakttagelser af ceeldelnig pä lefvande material. (Bot. Notiser 1879.) ' Treub M., Quelques recherches sur le rolc du noyau dans la division des cellules vegetalcs. (Xatuurk. Verh. der koninkl. Akad., Dcel 19, 1878.) •T Zimmermann .\., Die Morphologie und Physiologie des pflanzlichen Zell- kernes, p. i:^, Jena 1890. Amitose pllin/licliet Zellkerne. 107 II. Amitose. Historisches und eigene Untersuchungen. Sehon vöh älteren Autoren wurde \-ielfaeh die Ansieht ausge;;proehen, daß nicht alle jene Vorgänge, bei denen dei- Kern unregelmäßige P'orm und (iestalt an- nimmt, zerklüftet wird oder sich einschnürt und seliließlich aueli in Teilstücke zerlegt werden kann, untereinander gleichwertig sind. Morphologisch einander ziemlich ähnlich, sind sie ihrer Natur nach grundverschieden voneinander. Es handelt sich um den als Amitose bezeichneten einfachen Teilungsvorgang mancher Kerne und um die Fragmentation, deren Wesen in einem späteren Abschnitt behandelt werden soll. Die Amitosen sind ein gegenüber den Mitosen bedeutend \-ereinfachter Teilungsmodus der Kerne. Der innige Zusammenhang, der zwischen Kern und den in der Zelle sich abspielenden mannig- fachen Vorgängen besteht, wird durch amitotische Teilung nicht gestört, da wir sehen, daß in solchen mehrkernig gewordenen Zellen Wachstum, Sekretion etc. nicht gehemmt sind und daß außerdem für diese Vorgänge eine gleichmäßige Aufteilung der chromatischen Substanz auf die Tochterkerne nicht von Not- wendigkeit ist. Dies bestätigen die Befunde Strasburgers ^ bei Nitella, »daß in den zur Amitose übergehenden Kernen die Substanz,, die man hergebrachterweise als Linin bezeichnet, dauernd zunimmt und so auch die Nukleolarsubstanz, nicht aber das Chromatin<. Die wirksamen Kräfte des Kernes müssen in erster Linie an seiner Oberfläche wirken. Bei starkem Wachstum der Zellen finden wir daher immer, daß er seine Oberfläche vergrößert, er gibt seine kugelige Gestalt auf und streckt sich oft so bedeutend in die Länge,, daß seine Oberfläche nun ein Vielfaches seiner früheren beträgt. Damit ist nicht selten noch eine bedeutende Volumszunahme ver- knüpft, so daß Wachstum und Streckung im selben Sinne zusam- menwirken, in anderen Fällen wird die Oberflächenvergrößerung' durch wiederholte Teilungen — sei es durch mitoitsche oder ami- totische — herbeigeführt und in diesem Punkte liegen die ge- meinsamen Beziehungen dieser beiden Teilungsaiten der Kerne. Ihre Produkte sind \'om ernährungsphysiologischen Standpunkte aus sich vollkommen gleichwertig, nur wird Amitose nur dort auf- treten können, wo der Kern mit Fortpflanzung und Vererbung nichts mehr zu tun hat. Die Frage, in welchem entwieklungsgeschichtlichen Verhältnisse Mitose und Amitose zu einander stehen, wurde zuletzt von S ti'asburger i (1. c.) erörtert. •Was endlich die Frage anbetrifft, ob phylogenetisch die Mitose aus der »Amitose« hervorgegangen sei, so müßte diese Frage heule wohl etwas anders gefaßt werden. Mit zunehmender Arbeitsteilung im Organismus und steigender Sonderung in seinem Bau dürfte auch die Teilung der Träger der Erblichkeit, der Kerne, entsprechend komplizierte Vorgänge verlangt haben. Ja, es läßt sich annehmen, daß es eine über- einstimmende Steigerung der Anforderungen an die Leistung der Kerne war, die es veranlaßte, daß auf einer korrespondierenden Höhe der Organisation die nämlichen karyokinetischen Vorgänge sich einstellen. Die ursprünglichste Teilung eines Kerns,, bei einem mit Kern schon versehenen, doch mit nur wenigen spezifischen Merkmalen ' Strasburger E., Einiges über Characeen und .\mitüse. (Wiesner Fest- schrift, Wien 1908.) 108 JfKisscr. «rst ausgestatteten Organismus, brauchen wir uns nicht viel komplizierter als die Durchschnürung eines Chlorophyllkorns in zwei gleiche Hälften vorzustellen. Von solchen Teilungen bis zu den ausgeprägt mitotischen mögen alle Zwischenstufen durchlaufen worden sein. Einfachere Kernteilungsvorgänge primitiverer Art dürften aber keinesfalls Amitosen genannt werden, weil das Wort doch eigentlich den \'er- lust der mitotischen Teilungsart aussagt. Man sollte sie als ursprüngliche Kern- teilung, Protokar3'okinese, bezeichnen und den Ausdruck Amitose auf sie nicht mehr anwenden.« Die ursprüngliche Teilungsart, die nur gewisse morphologische Beziehungen zur Amitose aufweist, muß natürlich von diesen Ge- sichtspunkten heraus in diesem Zusammenhang ausgeschaltet werden. Ich glaube mit einer gewissen Berechtigung annehmen zu können, daß die bei Pflanzen, die auf einer höheren Stufe der Organisation stehen, auftretenden Amitosen als abgeleiteter, aus den Mitosen entwickelter Vorgang anzusehen sind. Dafür sprechen folgende Gründe, die auch gleichzeitig das Wesen der Amitose ■charakterisieren. 1. Amitotische Teilung tritt immer in Zellen auf, deren Kerne sich früher mitotisch geteilt haben. 2. Bei Amitosen ist eine gleichmäßige Aufteilung der \'er- erbungsmasse auf die Tochterkerne nicht notwendig, daher wird die chromatische Substanz auch nicht vermehrt. 3. Zwischen sich amitotisch teilenden Kernen tritt nie eine Zellwandbildung auf, da durch Amitosen nicht neue Zellen, sondern vielkernige gebildet werden sollen. Die dadurch zustande kommende Vergrößerung der Oberfläche der Kerne steht im Zu- sammenhang mit der Größe der Zellen oder gesteigerten physio- logischen Ansprüchen. 4. Amitose ist ein vereinfachter Teilungsmodus, hervorgegangen aus Mitose, daher kann auf diese nie Mitose, der kompliziertere Vorgang folgen. Wie mit fortschreitender Entwicklung ganze Organe der Pflanze rückgebildet werden können, so wäre es auch hier denkbar, daß in einzelnen Fällen der Modus der Kernteilung eine Umstimmung erfahren hat und in Zellen, wo dies unbeschadet für den ganzen Organismus möglich war, der kompliziertere Vorgang dem ein- facheren, die Mitose also der Amitose weichen mußte. Daß Amitose die Funktionen der Mitose übernehmen kann, wo eine gleichmäßige Aufteilung der chromatischen Substanz nicht erforderlich ist, sollen die im folgenden zusammengestellten Bei- spiele zeigen. Die h()heren Pllanzen besitzen Zellen, die durch ihre Größe iiervorragen. wie die Bastfasern und Milchröhren, ferner Milch- und .Schleimgefäßc etc. Da ihre Länge oft eine sehr bedeutende \\'erden kann, finden wir in ihnen ein X'erhalten der Kerne, das auf Oberfläclienvergrößerung hinzielt und auf verschiedene Art erreicht werden kann, entweder dui"ch abnormes Wachstum oder durch \'ielkernigkeit. Amitose pllajizlicher Zellkerne. 109 Im ersteren Falle strecken sie sich bedeutend in die Län< übereinstimmen und ich fühle mich daher veranlaßt, sie im folgendem mitzuteilen. Johowi untersuchte Tradcscantia virginica, T. suhaspem, T. Selloivi und T. zchrina und fand Fragmentation im Stengel, ferner in den Staubfadenhaaren. In den letztgenannten findet sie sich nach Nathan söhn'- bei T. virginica in den basalen Zellen. Über mehrkernige Zellen bei T. hypophaea liegt eine Angabe von Treub (1. c.) vor. Schon Johow beobachtete, daß die Trennung der oft mannig- fach gelappten und eingeschnürten Kerne nicht immer eine \-ollständige ist, sondern •daß oft noch die Teilstücke miteinander in Verbindung stehn. Doch fand er auch zerteilte Kerne. Die Anzahl der Teilstücke ist nicht konstant. Zimmermann (1. c.) und Strasburger (1. c.) finden ebenfalls die mannigfachsten Formen, bemerken aber weiter, daß eine vollständige Trennung der Teilstücke und mithin auch mehr- kernige Zellen selten, aber doch \crhanden sind. Schürhoff (1. c.) bestreitet jedocli eine tatsächliche Teilung und will auch nie Teilkerne in ein und derselben Zelle gefunden haben, weder an lebendem Material, noch an fixiertem. Ich konnte jedoch bei drei Spezies unzweideutig mehrkernige Zellen nachweisen. Tradescantia virginica, Unter.^;ucht M'urden ältere kräftige Stengelstücke, die zu einer Zeit gesammelt wurden, wo die Pilanzen in vollster Blüte standen. Die vielfach beschriebenen Kernformen von traubigem Aus- sehen, wobei die einzelnen Teilstücke durch bandförmig ausge- zogene Verbindungsstücke miteinander im Zusammenhang stehen, bekam ich in großer Menge zu Gesicht. Doch fand ich auch Zellen, wenngleich selten, in denen die Trennung der Teilstücke eine voll- ständige war. 'o^ Tradescantia zebrina. (Taf. I., Fig. 1.) Von dieser -Spezies diente ein kräftiger Sproß zur Untersuchung. Um gleich- zeitig ein Bild zu gewinnen, in welchem Stadium der Entwicklung die Fragmentation auftritt, wurden vom Scheitel beginnend die aufeinanderfolgenden Internodien und Nodien untersucht. In den ersten zwei Internodien traten unregelmäßig konturierte Kerne nur vereinzelt auf Vom vierten an war ihr Auftreten reich- lich, ihre P\Trmen sehr mannigfaltig (Fig. 1 a). Der Kern ist ent- weder in der Mitte mehr oder minder gleichmäßig eingeschnürt, oft die beiden Teilstücke nur noch durch ein dünnes Band mit- 1 Johow F'r., Untersuchungen über die Zellkerne in den Sekretbchältcrn und Farenchvmzellen der höheren .Monokolyten. (Inaug. Diss.. Bonn 1880.) ~ Nathansohn .\.. Physiologische Untersuchungen über amitotische Kern- teilung. (Inaug. Diss., Jalirb. f. wiss. Bot., Bd. 35.. 1900. Heft 1.) Aniitose pnanzlichcr Zellkerne. 115 •einander im Zusammenhang, das aber nie bedeutende Länge er- reicht. Die Kerne enthalten nur einen Nukleolus. Wird der Kern durchgeschnürt, tritt eine Vermehrung des Nukleolus nicht ein, so daß ein Teilstück regelmäßig keinen Nukleolus führt. Auch bei fast vollständiger Trennung blieben die Verhältnisse dieselben. Bei T. virginica, deren Kerne zahlreiche Kernkörperchen besitzen, ließ sich keine Gesetzmäßigkeit in Bezug auf deren Aufteilung auf die Tochterkerne konstatieren. \^ereinzelt fanden sich auch bei T. zebrina Zellen, in denen zwei Kerne vorhanden waren und immer war einer \'on ihnen ohne Nukleolus. Fig. 1 b zeigt zwei Kerne, die vollständig voneinander getrennt sind und an den ein- ander zugewendeten Seiten lassen sich noch kleine Höcker er- kennen, an denen das nunmehr gerissene und von den Kernen eingezogene Verbindungsstück ansetzte. Tradescantia viridis. Das Auftreten der Fragmentation wurde an einem etwa 75 cm langen, kräftig entwickelten Sprosse verfolgt. Es zeigte sich im wesentlichen dasselbe wie bei T. cebrina, daß sie nämlich erst dann häufig auftritt, wenn die Zellen ihre definitive Größe und Gestalt erlangt haben. Die Kernformen sind oft sehr absonderlich, meist sehr unregelmäßig eingeschnürt und gelappt. Herr Ober- inspektor F. Pfeiffer v. Wellheim hatte die Liebenswürdigkeit, mir sein zahlreiches Material zur Durchsicht zur Verfügung zu stellen, \\ofür ich ihm zu großem Dank verpflichtet bin. Das Vor- handensein zweikerniger Zellen ließ sich unzweideutig feststellen. Die Kerne enthalten 1 — 2 Nukleolen. Auch hier fand ich, daß oft ein Teilkern keinen Nukleolus enthielt, in anderen Fällen jeder Teilkern je einen, je nachdem ob der Mutterkern nur einen oder zwei besaß. An drei Objekten konnte ich zeigen, daß durch Fragmentation mehrkernige Zellen gebildet werden können und es bleibt noch die Frage zu entscheiden, wie diese Erscheinung physiologisch zu deuten wäre, ob es sich um einen lebenskräftigen \'organg oder um eine Alterserscheinung ^ handelt. Für letzteres trat anfangs Strasburger"' ein, der in der Fragmentation einen eigenmächtig am Zellkern sich abspielenden Vorgang erblickt, der erst dann ein- tritt, wenn das umgebende Protoplasma seinen Einfluß nicht mehr geltend machen kann und der Kern infolgedessen seinen eigenen Gestaltungstrieben folgt. Neuere Untersuchungen (1. c.) bewogen ihn zu anderer Ansicht: »Somit sind es auch in den Gewebezellen I Wenn hier und im folgenden von Alterserscheinungen oder kurz von Alter die Rede ist. so ist das im Sinne von Doflein (Das Problem des Todes und der Unsterblichkeit bei den Pflanzen und Tieren. Breslau, 1919) zu verstehen, der in den Alterserscheinungen Anzeichen gesunkener Lebenskraft erblickt. - Strasburger E., Einige Bemerkungen über vielkernige Zellen und über die Embryogenie von Lupinns. (Bot. Ztg., 1S8G, Jg. 38.) Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd. 9 116 J. Ki s s e r, der Tradescantia und wohl auch anderer Phanerogameh, lebens- kräftige Kerne, die sich amitotisch teilen, doch mit dem Unter- schied von den Internodialkernen der Characeen, daß es bei ihrer Durchschnürung sich um einen sekundären und nicht um einen primären, in den Entwicklungsgang hineingehörenden Vorgang handelt.« Daß bei Tradescantia kein seniler Prozeß vorliegen könne, folgert Strasburger daraus, daß Fragmentation auch in jugendlichen Zellen üppig wachsender und blühender Pflanzen an- zutreffen ist. Dennoch schließe ich mich der ersteren Ansicht an. Solange nämlich die Zellen im Wachstum begriffen sind, trifft man Frag- mentation höchst selten an. Sind die Zellen aber ausgewachsen, ist sie eine häufige Erscheinung, sie nimmt mit dem relativen Alter zu. Der Umstand, daß die ganze Pflanze jung und lebens- kräftig ist, ist kein Grund dafür, annehmen zu dürfen, daß diese Eigenschaften auch allen Teilen der Pflanze zukommen müssen. Ich habe bei Sanihuctis das Verhalten der Kerne des Markes, also eines Gewebes, das dem Stengelparenchym der Monokolyten am nächsten steht, in ihrer Entwicklung verfolgt und gefunden, daß dort das Altern und eine damit verbundene vollständige Des- organisation der Kerne in unglaublich frühen Abschnitten der Ent- wicklung einsetzt, während die ganze Pflanze in der Vollkraft ihrer Entwicklung stand und üppigst vegetierte. Das Auftreten von Mitosen normalerweise oder auf den durch Verwundung hervorgerufenen Wundreiz hin bei Tradescantia war für Schürhoff (1. c.)l ein Hauptmoment, das gegen die Annahme von Amitosen sprach. Denn sonst wäre das Auftreten von Mitosen sehr verwunderlich, haben wir doch gesehen, daß der Kern, wenn er in die Amitose eintritt, seine mitotische Teilungsfähigkeit eingebüßt hat. Sind es aber nur amöboide Veränderungen, die der Kern durchläuft, so steht einer mitotischen Teilung nichts im \Vege. Fragmentation der Kerne, die der bei den Tradescantia- hnen vorkommenden ziemlich ähnlich ist, fand ich bei Funkia sp. (Tafel I, Fig. 3.) Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf die Kerne der Parenchymzellen des Blattstieles. Sie enthalten mehrere Kernkörper- chen von wechselnder Größe. Kerne mit unregelmäßigen Konturen, mit Einkerbungen, Einschnürungen oder Einbuchtungen oder anderen bekannten Formen finden sich nicht selten. Die Ein- schnürung geht oft sehr weit, so daß der Kern in zwei oder seltener mehr Teilstücke zerlegt wird, die aber immer noch, wenn 1 Schürhoff P. X., Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranun- cnhts accr. (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. Gü, Jg. 1915.) Amitose pflanzlicher Zellkerne. 117 auch oft nur durch sehr zarte Verbindungsfäden, zusammenhängen. Das Verbindungsstück ist hyahn, ohne jede gröbere, körnige Struktur und nur schwach tingierbar. Die Teiistücke selbst zeigen öfter ebenfalls amöboide Gestalt. Ihre Größe ist sehr verschieden, annähernd gleich, zuweilen sind es jedoch nur ganz kleine Partien von Kernsubstanz, die sich vom Mutterkerne entfernen und mit ihm nur durch einen dünnen Verbindungsfaden im Zusammenhang sind. Die Aufteilung der Nukleolen auf die Tochterkerne ist keine gleichmäßige, je nachdem wo die Einschnürung einsetzte. So kommt es, daß einer oder der andere direkt im Verbindungsfaden zu liegen kommt, wo er dann merklich längsgestrekt sofort durch seine starke Tingierbarkeit auffällt. Ein Zerreißen der Verbindungs- fäden und damit verbundene vollständige Trennung der Teilstücke war mir bis jetzt nicht möglich anzutreffen, obwohl ich es auf Grund meiner anderen Befunde nicht für ausgeschlossen halte. Weitere Untersuchungen werden darüber Aufschluß geben. Doch dürfen wie in Fig. 3 a abgebildete Stadien nicht zu Irrtümern An- laß geben. Fragmentation wurde ferner beobachtet im Marke alter Stengel von ImpaÜens Balsamma. (Taf. I, Fig. 7.) Ihr Auftreten ist gerade nicht selten. Eine vollständige Durchschnürung ließ sich nicht nachweisen. Desgleichen fand ich sie im peripheren Parenchym kräftiger etiolierter Triebe von Solanum hiherosum (Taf. I, Fig. 4 u. 5), wo sie in einer oft mächtigen Ansammlung von transitorischer Stärke eingebettet liegen. Eine effektive Zerteilung in Teilstücke konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Ob es sich bei den im Parenchym der Wurzel von Beta vulgaris (Taf. I, Fig. 8) beobachteten Kernformen um Fragmentation handelt, darüber bin ich im Zweifel. Da sie nämlich von den normalen Kernen dnrch ihre bedeutende Größe abweichen, daß ferner diese Kerne zwei Nukleolen enthalten, respektive jedes Teil- stück je einen und eine Teilung der Nukleolen bei Fragmentation nicht stattfindet, ist der Gedanke an eine Kernverschmelzung nicht von der Hand zu weisen. Es enthalten zwar auch normalerweise Kerne zwei Nukleolen (Taf. II, Fig. 15), doch ist dies ein seltener Fall. Im Wassergewebe ganz alter Blätter von Aloe vtUgaris (Taf. I, Fig. 6) kommt Kernfragmentation neben den noch im folgenden zu besprechenden Kernvakuolen ziemlich häufig vor. Die Trennung der Teilstücke ist oft eine vollständige, oft hängen sie noch an einer Stelle zusammen oder es sind die Kerne eingeschnürt und vielfach zerklüftet. Die Verfolgung der Entwicklung der Blätter lehrte, daß Fragmentation nur in älteren Blättern häufig auftritt, in jüngeren nur ab und zu. 118 J. Kisser. Tropaeolum majias. (Taf. I. Fig. 2.) Einer Angabe Strasburgers (\. c.^ zufolge sollen die Kerne des Markes von Tropaeoiuiii und Xicotiana kuiz vor ihrer Auflösung in Teilstücke zerfallen, so daß zweikernige Zellen unter solchen eingestreut liegen, deren Kerne bereits aufgelöst sind, dies jedoch nur in ganz alten Stadien. Ich habe wiederholt von einer Reihe von Trojpaeo///;/i-Exemplaren die ältesten Stengelstücke untersucht, aber weder Zellen mit mehreren Kernen, noch solche, deren Kerne bereits aufgelöst sind, zu Gesicht bekommen. Die Gattung Tropaeolum wiid in den Gärten in vielen Spielarten gezogen und es scheint mir daher nicht unwahrscheinlich, daß sie auch in ihrem feineren Aufbau sich nicht gleich verhalten und Verschiedenheiten aufweisen, so daß Stras- burgers und meine Befunde sich nicht decken. Das vor Auflösung der Kerne oft ein Zerfall einsetzt, darüber berichtet Strasburgeri auch an einer anderen Stelle. Um mir Gewißheit darüber zu verschaffen, wie die Verhält- nisse im Laufe der ganzen Entwicklung der Pflanze liegen und welche Veränderungen die Kerne des Markes im Alter erleiden, untersuchte ich einen etwa 110 f;;^ langen Sproß, dem in Abständen von 1 (1), 2 (II), 5 (III), 10 (IV), 20 (V), 30 (VI), 40 (VII), 60 (VIII), 80 (IX), 100 (X) und 110 (XI) cm vom Scheitel an gerechnet, einzelne Partien entnommen wurden, so daß sich auf diese Art alle Ver- änderungen, die sich eventuell am Kerne abspielen, und deren Übergänge nachweisen lassen mußten. Die Kerne enthalten meist nur ein Kernkörperchen, dessen Gestalt, Form und Größe wechselnd ist, außerdem zahlreiche kleine, stark färbbare Körnchen, auf die auch Molisch (l. c.) in anderem Zusammenhang verweist. Bei Tropaeolum tritt analog wie bei Tradescantia Fragmen- tation erst dann in reichlicher Menge auf, wenn die Zellen voll- kommen ausgewachsen sind. Die amöboiden Kernformen sind allerdings nicht von der Menge und Mannigfaltigkeit wie bei dieser. Da bei Tropaeolum das Mark selbst bis ins späteste Alter am Leben bleibt und seinen saftigen Charakter bewahrt, ist dadurch eine Vorbedingung für das Zustandekommen amöboider Kern- veränderungen gegeben; desgleichen bei den anderen Objekten, wo sie gefunden wurde. Es ist nun von Interesse, welches Ver- halten die Kerne in einem Gewebe zeigen, das binnen kurzem abstirbt und zwar zu einer Zeit, wo die ganze Pflanze noch in vollem Wachstum steht. Zu diesem Zwecke wurde Sambncus gewählt. Während die ganze Pflanze noch jugendlich ist, also von Alterserscheinungen äußerlich nichts erkennen läßt, trifft dies für das Mark des Stammes nicht zu, das nur eine sehr begrenzte Lebensdauer hat. 1 Strasburger E., Über den Teilungsvorgang der Zellkerne und das Ver- hältnis der Kernteilung zur Zellteilung. (Arch. f mikr. Anat., Bd. 21.) Aniitiise ptlun/Jicher Zellkerne. 119 Untersuchtes Stenarelstück \'erhalten der Kerne im Marke Anmerkunff IL III.— IV V. VI.— VII. VIII.-X. XI. Kerne mit unregelmäßiger Umgren/cung nui- verein^.elt (Fig. 2 a). Kerne vielfach gestreckt ("oft spindeliünnig), selten gelappt, gekerbt oder eingeschnürt. Kerne mit fädigen ^''ortsätzen vorhanden, an denen Plasmafäden ansetzen. Kern- \'(_ilumen hat etwas zugenommen (Fig. 2 b). Frasmentation selten. Kerne nehmen zum grül3ten Teil wieder rundliche Formen an. Fragmentation selten. Fragmentation reichlich. Besonders spindel- förmige Kerne davon betroffen. Eine \-oll- ständige Trennung der Teilstücke nicht vorhanden (Fig. 2 c). Kerne und Nukleolen nehmen an Volumen ab (Fig. 2d). Sonst wie VI. — VII Die auf- tretenden Fragmentationsbilder sind fixierte Zustände früherer Stadien, da der Kern seine leichte Veränderlichkeit eingebüßt und zähere Kiinsistenz besitzt. Kerne durchwegs im Wandbelag, stark farbbar, körnige Struktur, Chromatin oft zusammengeballt (Fig. 2 d). Einsetzen eines stärkeren Längen- wachstums der Zellen. .Starkes Längen- wachstum der Zellen, mit dem die Kern- formen im Zusam- menhang stehen. Zellen mit Zerfalls- produkten von Kernen oder über- haupt ohne Kerne nicht vorhanden. Sambucus nigra. Von einem kräftigen, noch im Wachsen befindüchen Triebe wurden die ersten acht aufeinanderfolgenden Internodien untersucht und nur auf die Kerne des Markes Gewicht gelegt. Ihre Gestalt i.st im allgemeinen rundlich, seltener schwach elliptisch. Nukleolen meist ein großer und bis drei kleinere vorhanden. Die Markzellen des an den Ciefäßteil angrenzenden Teiles zeigen ein anderes Verhalten als die zentral gelegenen, weshalb sie getrennt von diesen besprochen werden müssen. 120 J. Kisser, Unter- suchtes Internodium Zentraler Teil des Markes Peripherer Teil des Markes 1. Kerngrüße im Durchschnitt 27 ;j. X 19'5 fJ- Zellen enthalten viel Plasma und zahlreiche verstreut liegende Piastiden. 2. Kerne nehmen an Größe zu (31 • 5 jj. X 20' 5 ;x), desgleichen die Nukleolen. Hängt mit dem Wachstum der Zellen zusammen. Piastiden weniger reichlich, in der Zelle verstreut. Kern übt keine anziehende Wirkung auf sie aus. Piastiden reichlich, zum Teil um den Kern gelagert. 3. Kerne verlieren an Substanz, sind schwächer färbbar. Abnahme der Nukleolarsubstanz. Wie bei 2. 4. Bedeutende Volumsabnahme der Kerne (10 • 5 |j. X 8 ■ 2 -i). Plasti- den sind verschwunden. Kerne stärker tingierbar, ihr Gerüst grobkörnig. Volumsabnahme nicht so stark wie im zentralen Teil (14-5 [iX 1 3 • 2 [j.). Kerne von Piastiden umgeben. Abnahme der Nukleolar- substanz. Gerüst der Kerne grob- körnig. 5. Kerngrüße 8 • 4 jj. X 6 ' ^ I'^- Kerngröße 14-5 jj-X 12*4 }x. Ver- einzelte Piastiden noch um die Kerne. G. Kerngröße 6 * 4 j». X 5 * 4 fj.. Kerne bereits abgestorben und ein- getrocknet. Kerngröße 13-2 ja X 10" 2 |i. Piastiden verschwunden. 7. 8. Wie bei 6. Wie bei 6. Vereinzelt sind noch Nukleolen nachweisbar. Daß die Zellen des peripheren Markteiles nicht so räch zu- grunde gehen, führe ich darauf zurück, da(3 sie in der Nähe der Wasserleitungsbahnen liegen, denen sie osmotisch Wasser ent- ziehen können und so länger am Leben bleiben als die des zentralen Teiles, die alsbald vollständig eintrocknen und sich mit Luft füllen. Die Schädigung der Kerne läßt sich schon im 3. Inter- nodium konstatieren und wird eingeleitet durch Substanzverlust. Wenn bei dikotylen Pflanzen amöboide Kernveränderungen seltener auftreten, als bei monokotylen, so ist der Grund dafür wohl darin zu suchen, daß zumeist die Bedingungen dafür bei diesen nicht gegeben sind. Das Stengelparenchym der Monokot34en, in Amitose pflanzlicher Zellkerne. 121 dem sie sich vornehmlich finden, bewahrt bis in das späteste Alter seinen saftigen Charakter, während das ihm entsprechende Gewebe der Dikotylen, nämlich das Mark, schon frühzeitig abstirbt und eintrocknet und so der Wassermangel in erster Linie dafür v^er- antwortlich gemacht werden muß. Tritt ein solcher jedoch nicht ein, wie z. B. bei TropaeoJnin, Impatiens u. a., so wird man nach meiner Meinung meist nicht vergebens nach ihnen suchen. IV. Vakuolisierung" der Kerne. Historisches. Beobachtungen über das Vorkommen von Vakuolen in Zellkernen wurden nur vereinzelt gemacht und diese interessante Erscheinung wurde noch nie im Zu- sammenhang behandelt. Kallen (1. c.) fand vakuolisierte Kerne vereinzelt im Marke von Urtica iirens, desgleichen in alten unverdickten Holzparenchymzellen. Auch in ganz alten Bastfasern traf er Kerne an, die eine oder mehrere Vakuolen enthielten, die sich ausdehnen, schließlich platzen und so den Kern in zwei oder mehrere Teilstücke zerlegen. Die sich darauf beziehenden Abbildungen (Fig. 23 — 30), speziell Fig. 27, machen dies sehr wahrscheinlich. Dieser Annahme steht jedoch Zimmer- mann (1. c.) skeptisch gegenüber. Das Auftreten von Vakuolen in Kernen bei Tro/\icoluiii wird von Strasburger (1. c.) als Desorganisationserscheinung auf- gefaßt. Johow (1. c.) hingegen, der sie in den Kernen von Hyacinthus häufig feststellen konnte, sagt darüber in einer Fußnote: >Ebensowenig kann das Auf- treten vakuolenartiger Hohlräume im Zellkerne als Beleg für eine solche Annahme (Desorganisation) gelten; wäre ja doch nicht einzusehen, warum der Zellkern als ein Glied des Protoplasmakörpers einem Kriterium unterliegen sollte, welches auf das übrige Protoplasma keine Anwendung findet.« Ferner liegt eine Angabe von Johow (1. c.) vor, wonach in alten Blättern und Internodien von Anthuriiiut die Kerne der Raphidenschläuche oft in der Mitte eine große Vakuole oder ein Loch besitzen, so daß sie von der Fläche gesehen ringförmig erscheinen. Ähnliches ergab sich in den Raphidenschläuchen von Tradescantia, daß nämlich mit zu- nehmendem Alter das Substrat der Kerne immer mehr aufgelockert wird, ja selbst vakuoliges oder schaumiges Aussehen erhält. Fr. Schwarzi konnte letztere An- gaben nicht bestätigen und sieht darin Kunstprodukte, die durch die von Johow (1. c.) zur Mazeration verwendete KaHlauge zustande gekommen sind. Bei Cham wurden Vakuolen zuerst von Schmitz (1. c.) gefunden, und zwar in den Kernen älterer Rindenzellen. Durch Ausdehnung kann die Vakuole platzen und die Kernsubstanz durchbrechen. Dieser Befund wurde dann von Johow (1. c.) bestätigt und erweitert und ihr Vorkommen bei Chara foetida wenn auch nicht häufig »in der Berindung von Stamm, und Blatt, ferner in den Rhizoiden und dem ersten Glied der Vor- keime« festgestellt. Ihre Anzahl und Größe ist verschieden. Gegen die Grundsubstanz sind sie durch eine sich dunkler färbende Hautschicht abgegrenzt. Bei der Untersuchung der Gefäßbildung in gequetschten Wurzeln von Pisniii sativinn fand Nemec2, daß mit zunehmender Differenzierung der Gefäße das Cytoplasma allmählich schwindet, der Kern substanzärmer wird, bis schfießlich Nukleolus und der strukturierte Kerninhalt vollständig verschwinden. »Das letzte .Stadium bildet ein blasenförmiger Kern mJt homogenem, nicht tingierbarem Inhalt innerhalb der derben Membran.... In einigen Fällen, wo die blasenförmigen Kerne noch einen Nukleolus enthielten, deuteten einige Bilder darauf hin, das derselbe aus dem Kerne, der jetzt den Eindruck einer Vakuole macht, ausgestoßen wird.« 1 Frank Schwarz, Die morphologische und chemische Zusammensetzung des Protoplasmas. (Cohns Beitr. z. Biologie d. Pfl., 5. Bd., 1892.) 2 Nemec B., Über Degeneration der Zellkerne. (Bulletin international de l'Academie des Sciences de Boheme 1910. Sep. Abdr. p. 6.) 122 J. Kisser, Fassen wir die Ergebnisse vorliegender Angaben zusammen, so ergibt sich, daß das Auttreten von V^akuolen in den Ivernen durchwegs in ausgewachsenen Zellen stattfindet, vielfach von sehr alten Zellen beschrieben wird. Ob diese Er- scheinung Zeichen einer Desorganisation ist, darüber herrscht Meinungsverschieden-' heit. Durch Ausdehnung können die X'akuolen platzen und dadurch die Kernsubstanz zerklüften. Kernvakuolen von ganz eigener Art wurden von .Molisch (1. c.) beschrieben^ die mit den angeführten Filllen jedoch nur wenige Analogien aufweisen. Es liegt nämlich hier nicht die Vakuole in der Kernsubstanz selbst, sondern sie schiebt sich zwischen dieser und der Kernmembran ein, so daß der Kern von einer großen Saftblase umgeben scheint, die von einem zarten Häutchen, der gedehnten Kern- membran, umgeben ist und so die Vakuole von dem Protoplasma trennt. Molisch nennt diese Kerne Blasenkerne. Die Kernsubstanz liegt entweder mehr oder minder zentral in dem Saftbläschen oder oft auch der Vakuolenwand direkt an. Im Milch- saft von Mnsii chincnsis treten sie häufig auf, weniger reichlich bei ilitsa Enseie, bei Aroideen und bei Huiiiulus Lupiihis. Der Inhalt des Saftbläschens dürfte ein lösliches Eiweiß sein, da sowohl bei Miisa als auch bei Philodcndron im Saftraum der Kerne Eiwcißkrj'stalle vorkommen können und außerdem besitzt diese Flüssigkeit hohen osmotischen Wert, wie einsclilägige Versuche gelehrt haben. Die Bildung von Randvakuolen ließ sich auch künstlich bei Kernen von Clivia heibeiführen, wenn man sie in destilliertes Wasser brachte. In dieser Richtung hegen auch Unter- suchungen von Fr. Schwarz vor. In Chloroplasten, die in Wasser liegen, können Vakuolen entstehen, so daß sie schließlich in einen Blasenhaufen verwandelt werden. Auch Zellkerne quellen unter der Einwirkung von Wasser und dabei können eben- falls Vakuolen entstehen, doch bilden sie sich immer an der Peripherie des Kernes. Was den Stoff anlangt, der in die Vakuolen übergeht, nimmt Fr. Schwarz an, daß es das Paralinin, die sogenannte Grundsubstanz des Kernes sei, daß aber dabei auch noch die übrigen im Kerne vorkommenden Substanzen teilnehmen können. Bei Anwendung von Fällungsmittel entsteht tatsächlich in den \'akuolen ein feiner Proteinniederschlag. Eigene Untersuchungen. Bei einer Reihe von Pflanzen ist es mir gelungen, das Auftreten von \'aku')len in den Kernen festzustellen. Solanum nigrum. (Taf. 11. Fig. 17.) Das Auftreten von Vakuolen in den Kernen wurde im Mark- parenchym beobachtet. Sie sind in der Regel nur in der Einzahl vorhanden und können in manchen Fällen bedeutende Größe er- langen. Ihre Gestalt ist mehr oder minder rund. Die der Vakuole anliegenden Partien der Kern.substanz zeichnen sich durch ein dichteres Gefüge aus und sind demnach stärker tingierbar als die mehr gegen die Peripherie gerückten Teile, eine Erscheinung, die ich auch bei anderen Objekten finden konnte. Oft liegen die Vakuolen der Kernmembran sehr stark genähert, so daß nur eine ganz dünne Lamelle zwischen ihr und dem umgebenden Plasma vorhanden ist. Der Nukleolus, der immer in der Einzahl vor- handen ist, ist an keine bestimmte Lage innerhalb der Kern- substanz gebunden. Amitose ptlanzliclier Zeilkerne. 123 Lactuca sativa. (Taf. il. Imo-. 13.) Bei diesem Objekt fand ich sie ebenfalls im Marke, im Rindenparenchym fehlen sie. Sie sind sehr selten. Die Lage der Vakuolen ist bald zentral, bald mehr exzentrisch, sie bleiben meist klein und überschreiten selten die Größe des halben Kerndurch- messers. Die Nukleolen, bis zu drei in einem Kern, liegen zumeist in dem breiteren, durch die Vakuole gebildeten Teil der Kernsubstanz. Prunus domestica. (Taf. II, Fi.o;. 14.) Die Kerne des Fruchttleisches sind ab und zu vakuolisiert, doch bleiben auch hier die Vakuolen meist klein. Die untersuchten Früclite waren nocli nicht reif, grün und noch nicht auf- gewachsen. ßeta vulgaris. (Taf. II, Fig. 15.) Kerne mit Vakuolen sind in den saftigen parenchjmiatischen Zellen der ausgewachsenen rübenförmigen Wurzel nicht selten. Ihre Größe kann oft ziemlich bedeutend werden. Selten sind zwei vorhanden, die dann meist klein bleiben, und wenn einander stark genähert, nur noch durch ein zartes Häutchen getrennt sind. Es scheint nicht ausgeschlossen, daß durch ihr Verschmelzen eine große Vakuole gebildet ^^'erden kann. Bei vereinzelten Kernen wird der Nukleolus rein mechanisch in den Hohlraum hinein- gedrängt und ragt dann oft bis zu seiner Hälfte in diesen hinein. Prunus armeniaca. (Taf. II, Fig. 9.) Eine \'akuolisierung der Kerne in einem Ausmaße und einer Reichlichkeit, wie sie wohl selten anzutreffen sein dürfte, fand ich im Parenchym des Frucht- fleisches vor. Zur Untersuchung gelangten Früchte, die eben zu reifen begonnen hatten, bereits also eine gelbliche Farbe hatten, immerhin aber noch ein sehr festes Zellgefüge aufwiesen. Die Kerne liegen zum Teil der Zellwand an, oft aber sind sie von einer großen Zahl mitunter sehr mächtiger Plasmastränge in der Mitte der Zelle suspendiert und selbst von einer großen Plasmaansammlung umgeben (Taf. II, Fig. lOj. Die Größe und Ge- stalt der Kerne ist schwankend, doch weichen die vakuolisierten von den normalen was Größe anlangt, nicht sonderlich ab. Die Nukleolen sind meist in der Einzahl. Die Art der Vakuolisierung ist von großer Mannigfaltigkeit. Oft zeigen die Kerne in ihrem Inneren bloß eine einzige Höhlung. Von kleinen Vakuolen, die als Anfangs- stadien anzusehen sind bis zu solchen, die so weit gehen, daß sie fast den ganzen Kern erfüllen, kommen alle Übergänge vor. 124 J. Kisscr, Die ganze Masse der Kernsubstanz ist in die zuweilen sehr dünn gewordene Randzone zusammengedrängt. Daß dem so ist, läßt sich leicht dadurch zeigen, daß mit der Größenzunahme der Vakuole auch die Tingierbarkeit der Randzone zunimmt. \^on viel größerem Interesse sind die Kerne, die zwei oder mehrere Vakuolen führen. Zuerst sind sie klein, unregelmäßig im Kern zerstreut, von ver- schiedener Größe und gegenseitig sich mehr oder minder genähert. Allmählich vergrößern sie sich, stoßen aneinander und platten sich gegenseitig ab, da die zwischen ihnen liegende oft zu einer sehr dünnen Lamelle ausgedehnte Kernsubstanz ihr Ineinanderfließen verhindert. Am häufigsten sind zwei große Vakuolen, doch gesellen sich gerne zu diesen noch einige weitere, jedoch kleine hinzu. Oft kann man auch finden, daß sie dort, wo sie in größerer Zahl vorkommen, die Kernmembran nach außen hin blasenförmig auf- treiben und der Kern dadurch seine sonst immer beibehaltene regelmäßige Gestalt verliert. Jeden dieser vorspringenden Höcker füllt eine Vakuole aus. Zuweilen kamen mir auch Kerne unter, die nur noch eine minimale Menge von Kernsubstanz besaßen. Sie bestanden fast nur aus \'akuolcn, die sich gegenseitig stark abplatteten und von zarten Häuten umspannt wurden. In Kernen mit bloß einer Vakuole findet man, falls sie ex- zentrisch liegt, den Nukleolus im breiteren Teile des Randsaumes, ist dieser aber gleichbreit, ragt er oft ein ^venig in den Hohlraum hinein — doch kommt dies auch in anderen Fällen vor — oder er ist kappenförmig abgeplattet. Sind zwei oder mehrere vor- handen, liegen sie dort, wo sich größere Ansammlungen von Kern- substanz gebildet haben. Da durch starke Ausdehnung des Vakuoleninhaltes, der von dem den Kern umgebenden Protoplasma oft nur durch eine sehr zarte Membran noch getrennt ist, auch diese noch weiter ausgedehnt wird, ist es von vornherein nicht von der Hand zu \\-eisen, daß sie schließlich zerreißt und so der Kern zerkhiftet wird. Doch habe ich vergeblich nach Bildern gesucht, die dies hätten zeigen können und viel- leicht können noch ältere Stadien darüber Aufldärung \-erschaffen. Fr. Schwarz (1. c.j kam auf Grund seiner l'ntersuchungen zu dem Er- gebnis, daß durch Quellung in destilliertem Wasser die Chloroplasten in ihrem Inneren Vakuolen bilden, so daß sie oft wie Blasenliaufen aussehen, bei Kernen gelang dies jedoch nie in solchem Ausmaß. Im vorliegenden Falle erwecken zahl- reiche Kerne tatsächlicii diesen Eindruck und weisen gewisse Ähnlichkeiten mit den von Fr. Schwarz auf Taf. I abgebildeten Chlorophyllkörnern auf. Daß auch hier osmotisch wirksame Stoffe maßgebend sind, scheint mir nach allen Beobachtungen sehr wahrscheinlich vmd es ist merkwürdig, daß vakuolisierte Kerne nur dort auf- treten, wo die Zellen auch bis in ihr spätes Alter ihren saftigen Charakter be- wahrt haben. Funkia sp. (Taf. II, Fig. 16.) Neben der schon früher besprochenen Fragmentation kommen im Parenchjan des Blattstieles zuweilen auch vakuolisierte Kerne vor. Sie sind nicht häufig und die \'akuolen immer in der Einzahl, ihre Größe nicht bedeutend. Rücken sie stark an die Pheripherie Amitose pflanzlicher Zellkerne. 125 des Kernes heraus, so kann es leicht vorkommen, daß die Kern- SLibstanz von ihnen durchbrochen wird und sie nun direkt an das Plasma angrenzen. In dieses ragen sie dann oft bis zu ihrer Hälfte hinein, sind aber immer von einem zarten hj^alinen Häutchen umgeben, das durch seine Lichtbrechung hervortritt und sich auch schwach färben läßt. Die Vakuole dürfte auch, so lange sie noch allseits von Kernsubstanz umschlossen ist, von einer zarten Membran umgeben sein, wodurch es auch verständlich wird, daß in den Hohlraum nie andere Bestandteile des Kernes, wie Chromatinkörnchen oder Nukleolen hineingelangen können, es sei denn, daß letztere mechanisch hineingedrängt werden. In jenen Fällen, wo die Vakuole die Kernsubstanz durchbricht, hinterläßt sie am Kern eine kreis- respektive kugelsegmentförmige Einbuch- tung, die auch dann noch erhalten bleibt, wenn die Vakuole platzt. Dadurch kommen henkel- oder sichelartig gekrümmte Kerne zu- stande, an denen die regelmäßig konturierte Einbuchtung noch den Sitz der ehemals vorhandenen Vakuole erkennen läßt. Zuweilen schien es mir, auch bei den anderen besprochenen Objekten, als ob im Inneren der Vakuolen ein feinkörniger Nieder- schlag sich befände, der auf Eiweißsubstanzen hinweist, die durch die Fixierung ausgefällt wurden. Aloe vulgaris. (Tat. II, Fig. 11, 12.) Da hei dieser Pflanze die valmolisierten Kerne im Wassergewebe der Blätter yorkommen, war es leicht möglich, an ein- und demselben Exemplar die Entwicklung der Kerne zu verfolgen, ob die Vakuolenbildung schon frühzeitig auftritt oder aber erst in ganz alten Stadien und ob sie analog des einen Falles der Fragmentation eine Alterserscheinung ist. An einem kräftigen Exemplare wurden alle Altersstadien der Blätter untersucht. In den zwei jüngsten Blättern zeigten die Kerne des Wasser- gewebes völlig normales Aussehen und führten mehrere Nukleolen. Aber schon im dritten Blatte, das noch nicht ausgewachsen war, traten vereinzelt Vakuolen in den Kernen auf. Je ältere Blätter untersucht wurden, desto häufiger waren sie zu finden. Fast durch- wegs kommt nur eine einzige in jedem Kerne vor, seltener sind zwei und mehr wurden überhaupt nicht beobachtet. Die um die Vakuole liegenden Partien der Kernsubstanz zeichnen sich auch bei diesem Objekt durch ihre stärkere Tingierbarkeit aus. In ganz alten Blättern fällt auf, daß eine weitere Zunahme derartiger Kerne nicht mehr stattfindet, im Gegenteil, sie scheinen seltener zu werden. Das hat darin seinen Grund, daß die Vakuolen vielfach platzen und dadurch Kernformen entstehen, die sichel- oder henkel- artig gekrümmt und gelappt sind und oft noch den Sitz der früher vorhandenen Vakuole erkennen lassen (Taf. II, Fig. 12). Auch lebend lassen sich die Kerne leicht beobachten. Schneidet man ein Blatt an, so quillt zäher Schleim aus der Schnittwunde hen'or, in dem unter deni 126 J. Kisser. Mikroskope zahlreiche Kerne zu sehen sind. Isoliert man vakuolisierte möglichst vom Schleim und fügt dann destilliertes Wasser hinzu, so nehmen die Vakuolen Wasser usmotisch auf und beginnen sich zu vergrößern. Bringt man sie in konzen- trierterc Lösungen von KNOo oder Rohzucker, so verringert sich ihr \'olumen zu- sehends, bis sie schließlich fast ganz verschwinden und ihre Anwesenheit nur noch ein Spalt anzeigt, den die nun aneinanderschließenden früheren Vakuolenränder mit- einander bilden. Auch hier ist also eine osmotisch wirksame .Substanz an der Vakuolenbildung beteiligt, die eiweiüartiger Natur sein dürfte, was in anderen Fällen von Molisch und Fr. Schwarz ziemlich sicher erwiesen ist. Das Auftreten von \'akii()len im Kern ist bei Aloe unzweifel- haft das Zeichen einer beginnenden Degeneration der Kerne. Ihre Bildung und Entstehung setzt zwar schon in noch relativ jungen Stadien ein, nimmt aber mit zunehmendem Alter an Häufigkeit be- trächtlich zu. Wenn auch der Kern, von morphologischen Gesichts- punkten betrachtet, vielfach sein Aussehen oder seine Struktur nicht oder nur wenig im Alter verändert, so dürften doch in seinem Inneren für uns nicht greifbare Veränderungen vor sich gehen, infolge derer er gewissen äußeren Einflüssen nicht mehr einen ent- sprechend starken Widerstand entgegensetzen kann. So ist es leicht verständlich, daß amöboide Gestaltsveränderungen an alten Kernen häufiger anzutreffen sind als an jungen, daß die Vakuolen- bildung in jugendlichen Kernen unterdrückt wird, m älteren, wo seine Widerstandskraft abnimmt, immer reichlicher wird. Ich halte die Vakuolenbildung für eine krankhafte Erscheinung am Kern, die nicht geeignet ist, irgendwelche Vorteile für ihn herbeizuführen. Schließlich sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Hofrat Prof. Dr. H. Molisch für das rege Interesse, das er dieser Arbeit jederzeit entgegenbrachte und die wertvollen An- regungen meinen ergebensten Dank auszusprechen. Ebenso danke ich herzlichst Herrn Assistenten Dr. G. Klein für die stete Förde- rung meiner Arbeiten und die freundschaftlichen Rathschläge, die er mir stets angedeihen ließ. *-ö^) Zusammenfassung'. Bei jenen Fällen direkter Zerteilung des Kernes, wo eine Heraussonderung der Chromosomen nicht stattfindet, wurde streng unterschieden zwischen Amitose und Fragmentation. An Hand von Beispielen wurde zu zeigen versucht, daß Amitose ein gegenüber Mitose vereinfachter Teilungsvorgang ist, aber nur dort auftreten kann, wo eine gleichmäßige Aufteilung der Erbmasse nicht notwendig ist. Die von Schür hoff aufgestellte Behauptung, daß bei amit(^tischer Teilung nur so viele Tochter- kerne gebildet werden können, als der Mutterkern normalerweise Chromosomen enthält, wurde widerlegt. Der Begriff der Fragmentation wurde weiter gefaßt und zu ihr alle jene morphologischen Veränderungen am Kerne gestellt, die einen Zerfall des Kernes in Teilstücke bedingen können, aber Amitdse pllanzlicher Zellkerne. 1-' nicht Amitose sind. Bei neuerlicher Untersuchung einiger Trades- cantiü-Avten (T. virgiiiica, T. zchvina und T. viridis) konnte ein- deutig festgestellt werden, daß durch die zur Fragmentation zu rechnenden amöboiden Gestaltsxeränderungen in der Tat mehr- kernige Zellen gebildet werden können, was Schürhoff bei Tradescantia vivginica in Abrede stellt. \n einer Reichlichkeit und einem Ausmaße wie bei Tradescantia wurden sie im Parenchym des Blattstieles von Fimkia sp. gefunden und beschrieben, ferner, u'enn auch selten, im Marke von Iinpaiieiis Balsamina, im Rinden- parenchym etiolierter Triebe von Solanum tnberosnm, im Parenchym der fleischigen Wurzel von Beta vulgaris, im Wassergewebe von Aloe vulgaris und im Marke von Tropaeolnm majus. Auf Grund vergleichender Untersuchungen wurde die Frage, ob dieser Fall von Fragmentation als Alterserscheinung aufzufassen sei, im be- jahenden Sinne beantwortet. Daß die Kerne gewisser Gewebe der Desorganisation anheimfallen, während die ganze Pflanze noch im jugendlichen Zustande sich befindet, wurde am Marke von Sani- bucus gezeigt. Ferner wurde eine Erscheinung an Kernen beschrieben, die in der Literatur bis jetzt wenig Berücksichtigung erfahren hat, das Auftreten von Vakuolen im Kerne. Sie wurden gefunden in den Kernen des Markes von Solannni nigrum, im Marke von Lactnca sativa, im Fruchtfleisch von Prunus domestica, im Paren- chjmi der Wurzel von Beta vulgaris, im Parenchym des Blattstieles von Ftiukia sp. und in höchster Vollendung im Fruchtfleisch von Prunus armeniaca. Die Zeit ihres Auftretens wurde bei Aloe vulgaris verfolgt, bei der die Kerne des Wassergewebes oft vakuolisiert sind und gefunden, daß ein seniler Prozeß \orliegt. Die \'akuolen sind imstande zu platzen und dadurch den Kern zu zerklüften. Die Ansicht von K allen, daß dadurch der Kern in Teilstücke zerlegt werden kann, gewinnt dadurch an Wahrschein- lichkeit. Als sekundäre Erscheinung ist dieser Fall ebenfalls zur Fragmentation zu stellen. Die Vakuolen enthalten, wie einschlägige Versuche lehrten, eine osmotisch wirksame Flüssigkeit. 128 J. Kisser, Amitose pflanzlicher Zellkerne. Erklärung" der Tafeln. Tafel I. Fig. 1 a. Verschiedene Fragmentationsstadien der Kerne aus den Parench5-mzellen des Stengels von Tradescantta zebiina. Fig. 1 b. Zwei durch Fragmentation entstandene Tochterkerne, von denen der eine keinen Nukleolus besitzt. Vergr. 460. Fig. 2 a. Kerne aus dem Mark des Stengels von Tropaeoliim mafiis, 1 cm unterhalb des Vegetationskegels. Fig. 2b und c. Kerne aus älteren Zellen und Fig. 2d. Kerne aus ganz alten Zellen des Markes. \'ergr. 285. Fig. 3. Durch Fragmentation bedingte mannigfache Gestaltsveränderungen der Kerne aus den Parenchymzellen des Blattstieles von Fiinliia sp. Bei a ein Kern, der leicht eine vollständige Trennung der beiden Tcilstücke vortäuschen kann. Fig. 4. Verschiedenartig eingeschnürte und gelappte Kerne aus den Rindcnparenchym- zellen eines etiolierten Triebes von Solanum tuberosum. Vergr. 285. Fig. 5. Desgleichen ein fast bis zur vollständigen Trennung durchgeschnürter Kern in einer Ansammlung von Plasma und Stärke liegend. Vergr. 335. Fig. 6. Kerne aus dem Wassergewebe des Blattes von Aloe vulgaris. In einzelnen Fällen ist die Einschnürung so weit gegangen, daß die Kernstücke nur noch durch schmale Brücken miteinander im Verbände sind. Vergr. 460. Fig. 7. Kemformen aus den Parench\-mzellen des Markes eines alten Stengels von Inipatiens Balsamina. Vergr. 335. Fig. 8. Eingeschnürte Kerne aus der fleischigen Wurzel von Beta vulgaris. Vergr. 460- Tafel IL Fig. 9. Sehr stark vakuolisierte Kerne aus den saftigen parenchymatischen Zellen des Fruchtfleisches von Prunus armeniaca. Vergr. 540. Fig. 10. Einzelner Kern in der Mitte der Zelle von mächtigen Piasmasträngen suspendiert. Vergr. 285. Fig. 1 1 . Vakuolisierte Kerne aus den Zellen des Wassergewebes von Aloe vulgaris. Vergi-. 460. Fig. 12. Gelappte Kerne, entstanden durch Platzen der Vakuolen. Bei (7 beginnt sich die Kernsubstanz an einer Seite von der Vakuole zurückzuziehen und nur ein dünnes Häutchen trennt noch den Vakuoleninhalt von dem umgebenden Plasma. Vergr. 460. Fig. 13. Kerne mit Vakuolen aus alten Zellen des Markes von Lactuca sativa. Vergr. 540. Fig. 14. Vakuolisierte Kerne aus den Zellen des Fruchtfleisches von Prunus domestica. Vergr. 335. Fig. 15. Desgleichen aus den saftigen Zellen der fleischigen Wurzel von Beta vulgaris. Vergr. 540. Fig. 16. Kerne mit Vakuolen aus den Parenchymzellen des Blattstiels von Funkia sp. Bei zwei Kernen hat sich die Kernsubstanz von der Vakuole an einer Seite zurückgezogen, so daß sie nur noch von einem sehr zarten Häutchen gegen das Protoplasma abgegrenzt ist. Vergr. 460. Fig 17. Kerne aus den Zellen des Markes von Solanum nigrnin mit Vakuolen. Vergr. 335. KisSGr J.: Amitose pQanzlicher Zellkerne. Taf. I. « e^ •. * * X I fe* \ ;?.-JS ,«;.■ « .^ y* .-r^S "^j^y Vk« I :*>■*■"-; Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., mathem.-naturvv. Kl., Abt. I, 131. Bd., 1922. Kisser J.: Amitose pflanzlicher Zellkerne. Tai'. 11. 9 « ii 11 ^ ( » 12 0(y 14 2^ 13 ^ ^ >S5/o;«a- Werke unter voller Zustimmung aufgenommen wurde (16, \'ol. 4, p. 425 ff., 453), aber in der Literatur sonst ganz unbeachtet blieb. Ich hatte ferner darauf hingewiesen, daß dieser Tropismus der Ankylostouia-hav\-QV\ sich natürlich nie hätte ausbilden können, wenn er nicht für die Art von entscheidender biologischer Bedeutung wäre. Dieser Hinweis besaß auch besondere praktische Wichtigkeit. Looß hatte zuerst mit großer V^orsicht bloß für die Fellachen in Ägypten die wohl- begründete Vermutung aufgestellt, daß die Einwtmderung durch die Haut die Regel sei. Ich zog die gleiche Folgerung auch für die europäischen Kohlengruben und stellte die Infektion per os, auf die \-on der Wissenschaft, wie \'on der liygienischen Gesetzgebung noch lange nachher fast ausschließlich geachtet wurde, als eine daneben bestehende offene Möglichkeit hin. Innerlich widerstrebte mir schon damals das unbedingte Festhalten an ihr um so mehr. 1 Es sei liier beiläufig- daiaut hingewiesen, daß es besser ist, zu sagen : "die jungen Ascaris«, als »die .IsaTr/s-Larven« ; denn es ist bis jetzt nicht be- kannt geworden, daf3 die Jugendzustände der .Ascariden irgendwelche Larven- charaktere aufweisen. HelminlhLMiwandcrungen. 131 als ich irgendwo gelesen zu haben glaubte, daß per os aufgenom- mene Aiikvlosfoiiiuiii-Lavyen nach der Einführung eine Zeitlang völlig verschwinden, ehe sie im Darm wieder auftauchen. Ich war eben unter dem Eindrucke dieser (mir nicht auffindbaren) Angabe durchaus geneigt anzunehmen, daß per os eingeführte Larven die Wand des \'erdauungstraktes durchbohren und hierauf dieselbe Wanderung ausführen, wie perkutan eingedrungene. Auch diese An- schauung vertrat ich stets in meinen Vorlesungen. Es sei gleich hier hinzugefügt, daß sich diese Vermutung seither vollkommen bestätigt hat. So haben vor allem die holländischen Forscher De Blieck und Baudet (2) für Strongyloides Wester i nachgewiesen, daß nicht nur auch bei diesen Parasiten des Pferdes die Infektion auf perkutanem Weg zu Stande kommt, sondern besonders, daß selbst bei allfälliger Ein- führung per os ein Einbohren in die Wand des Darmkanals und dann die gleiche normale Wanderung durch die Blutbahn, Lunge, Trachea und Ösophagus stattfindet, wie bei der Einwanderung durch die Haut. Ferner hat Fülleborn (9) für Angiostonmnt nigro- venosiuii des Frosches die perkutane Einwanderung festgestellt, die den gleichen Weg nötig macht, und auch die viel älteren Beobach- tungen von Grassi und Noe (10), 6.&.Q Filaria immitis des Wundes ausschließlich durch den Stich der Moskitos die Weiterentwicklung findet, nicht aber, wenn noch so stark infizierte Mücken von Hunde gefressen werden, gehören hierher. Dies um so mehr, als seit D. H. Bahr (1) bekannt ist, daß die Larven der Filaria Bancrofti von der Mücke nicht etwa in die Haut versenkt, sondern nur auf die Haut oberflächlich abgelegt werden und sich in sie aktiv ein- bohren, was sie auch tun, wenn man sie vorher aus der Mücke her- auspräpariert und sie dann auf die Haut bringt. Nach der Entdeckung der Asc aris-V^ ondexwng mußte nun- mehr ein biologischer Parallelismus zwischen ihr auf der einen Seite und der Entwicklung von Ankylostommn und Strongyloides auf der anderen höchst auffällig erscheinen. Es liegt eine doppelte Ähnlichkeit vor: Erstens können bei allen die Jugendformen vor Erreichung eines gewissen Entwicklungszustandes nicht im Darme leben, sondern sie müssen vorher eine Wanderung durch die Blut- bahn antreten; die Ajicylostoimtin-Lavve häutet sich im Freien zweimal und wächst schon da, ehe sie perkutan einwandert, die jungen Ascaris häuten sich und wachsen während der Wanderung. Das alles hängt zweitens aufs engste mit dem erwähnten Thigmo- tropismus zusammen. Überall wird Wanderung und weiteres Wachs- tum durch das aktive Einbohren in die Organe des Wirttieres ein- geleitet. Diesen Parallelismus suchte ich nun zunächst auf die Möglichkeit phylogenetisch gleicher Abstammung von F'ormen zu- rückzuführen, die durch perkutane Einwanderung allmählig zum Parasitismus gelangt wären (24). Kennen wir doch schon seit Leuckart (13a) Formen von Nematoden, die unter den Flügeldecken Sitzungsberichte d matli -naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd. 10 132 Th. Pintner, von Käfern ihre Jugendzustände verleben, also an geschützten und wohl von organischen und als Nahrung ausnutzbaren Flüssigkeiten befeuchteten Orten, von denen aus eine erst gelegenüiche, später regelmäßige Einwanderung durch die Haut nicht unvorstellbar ist. Wie es mir nämlich durchaus nicht unmöglich vorkommt, daß die unter den Flügeldecken von Hylohiiis pini lebenden Generationen von AUantonema uiirabile vielleicht die einwandernden, nicht die ausgewanderten Tiere sein könnten, so scheint es mir fast gewiß, daß die Einwanderung bd^ Sphaerularia honihi nicht durch den Mund der Hummeln, sondern durch die Körperdecke vor sich geht; schon der Haarpelz des Wirttieres fordert den Thigmotropismus der jungen Fadenwürmer geradezu heraus. Auch bei Atractonenia wird die Einwanderung in die Larven der Cecidomyia pini in ganz gleicher Weise vor sich gehen. Es gelang ja Leuckart nie. Junge von diesem Fadenwurm im Darm des Wirtes aufzufinden. Wenn also eine phylogenetische Entstehung des Entoparasi- tismus der Nematoden von ursprünglichen Schlammbewohnern her angenommen wird, so steht für sie auch noch ein zweiter Weg offen. Für den ersten muß aber, nachdem Fülleborn nunmehr, wie erwähnt, auch für Angiostomnm nigrovenostifn des Frosches die perkutane Einwanderung nachgewiesen hat, übrigens auf eine mögliche Identität mit dem zweiten hingewiesen werden. Daraus würde sich vielleicht die Folgerung ziehen lassen, daß der Para- sitismus der Nematoden aus einem Raum- und Ectoparasitismus entstanden, primär zunächst zu einem Parasitismus in den Geweben und Lymphräumen, dann in den Blutbahnen geführt hat, wie ein solcher auch noch heute für die ganze große Familie der Filariden und für viele Strongyliden zeitlebens, für TrichineUa vorübergehend gültig ist. Der Darmparasitismus wäre dann das erst später Ent- standene, die reinen Darmparasiten, wie Oxyiiris, die phylogenetisch jüngsten Formen. Auf eine phylogenetische Erklärung der Ascaridenwanderung hat nunmehr auch Fülleborn (9) hingewiesen. Sei dem aber wie immer, es ist nicht zu verkennen, daß ein solcher Versuch, die Zusammenhänge herzustellen, eine biologisc'ne Erklärung der sonderbaren Wanderung der Ancylostomen, Ascariden u. s. f. durch Blut- und Atemwege nur zurückschiebt, aber letzten Endes nicht geben kann. Wir haben jedoch für eine solche eine andere Möglichkeit, die, z. T. schon angedeutet, noch nicht ganz durchdacht zu sein scheint. Das Ergebnis vorweggenommen, kann man sagen: Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Nematoden die Wanderung durch Blut und Lunge deshalb antreten, weil ihre Jugendzustände \or dieser Wanderung die zu ihrer Existenz im sauerstoffreien Darm unbedingt nötige Glykogenmenge in ihrem Körper noch nicht be- sitzen; die Speicherung des Glykogens wird ihnen eben erst durch diese Wanderung, während der sie wachsen, ermöglicht. nclniinlhcmvanderung. 133 'o Es war bekanntlich G. Bunge (5, 6), der zuerst genaue Untersuchungen darüber anstellte, ob denn die Darmparasiten ohne Sauerstoffaufnahme von außen zu leben vermögen und woher die für ihre oft so lebhaften Bewegungen nötige Energie stamme? In zwei Arbeiten, 1883 und 1889, stellte er durch Versuche, und zwar hauptsächlich gerade an der Gattung Ascaris, fest, daß die Tiere 0 bis 7 mal 24 Stunden in vollkommen sauerstoffreier Atmosphäre zu leben vermögen. Schon er meinte, die Fadenwürmer hätten wohl, »als Schlammbewohner eine Vorschule« der Anaerobiose durch- gemacht und eine Erklärung ihrer jetzigen Lebensmöglichkeit gebe wohl die Deszendenzlehre. Eine eingehendere Beantwortung der Frage gelang aber erst Wein 1 and (28 bis 30) 1902. Er wies nach, daß es das Gl3'kogen des Nematodenkörpers sei, das unter der Form einer echten Gärung zerlegt wird, und zwar in Valeriansäure und C0.3. Bei dieser Zer- setzung werden Kalorien frei, die dem Tiere bei völligem Mangel einer Sauerstoffzufuhr von außen das Leben ohne Oxydations- prozesse ermöglichen. Es vermag in einer COg -Atmosphäre zu leben, sogar länger als bei Zutritt von Luft. Die Größe der bei diesem Prozeß gewonnenen Kalorien ist allerdings kleiner, als ein Viertel derjenigen, die durch Oxydationsvorgänge gewonnen werden, könnten, so daß er sich als eine äußerst ungünstige Nahrungs- ausnützung darstellt. Aber Nahrung steht dem Parasiten unbegrenzt zur Verfügung und Muskel-, Nerven- und Sinnesenergie, sie zu er- langen, braucht er nur in geringem- Maße im Vergleich zum frei- lebenden Tier, ebensowenig Wärme, die ihm sogar zugeführt wird, wobei er zudem bestens geschützt ist. Das Leben der Ascariden ist somit an ihren Glykogengehalt gebunden. Wenn also, so müssen wir folgern, die jungen aus dem Ei geschlüpften Tiere diesen Glykogengehalt noch nicht in genügen- dem Maße besitzen, so können sie eine parasitische Lebensweise im sauerstoffreien Darm nicht aushalten; sie brauchen von außen zugeführten Sauerstoff, im Darm würden sie ersticken, absterben, verdaut werden. Sie müssen also den nötigen Glykogengehalt durch einen früheren Aufenthalt in O- und zugleich zuckerhaltigen Medien erst erwerben. Diese Möglichkeit gibt den Ancylostoninin-La.x\-en das Leben und Wachsen im Freien bis zur zweiten Häutung, eine Entwicklungsstufe, während welcher sie bekanntlich sehr 0-be- dürftig sind (Leichtenstern, Looß), und die nachfolgende Wan- derung, den jungen Ascaris aber die Wanderung allein, während der sie bedeutend heranwachsen (Foster und Ransom). Erst wenn die Tiere die genügende Menge Glykogen in ihrem Körper gespeichert haben, brauchen sie im Darm nicht mehr zu ersticken, vorher müssen sie ihn, auch per os eingeführt, so schleunig wie möglich verlassen. Daß z. B. die Strongyloides-Larven im Darm ersticken, wenn sie, künstlich per os eingeführt, nicht rasch genug in die Darmwand kommen, haben auch die früher 134 Tli. Pinlner, erwähnten holländischen Forscher für Sir. Westeri des Pferdes an- ge[,^eben, nur auf den Zusammenhang mit der vorher nc")tigen Gly- kogenspeicherung sind sie, wie es scheint, n(^ch nicht verfallen. In ausgezeichneten Untersuchungen hat v. Kemnitz (12) u. a. nachgewiesen, daß die befruchteten Eier von Ascaris mit Glykogen geradezu vollgestopft sind, daLI aber das Glykogen bei fortschreiten- der Entwicklung der Parasitenembryonen wohl abnimmt (v. Kemnitz, S. 486), was ja in jeder Richtung den Erwartungen entspricht. Es ist also keine gewagte Annahme, daß die Ascaris-¥.mbvy onen nach ihrer Inkubationszeit und die jungen Ascaris nach ihrer ersten Wanderung in den Darm, die Aiuylostoimun während ihrer Em- bryonalentwicklung und der im Freien verlaufenden Metamorphose den noch allenfalls vorhandenen Glykogengehalt werden mehr oder weniger aufgebraucht haben. Wenn wir über das Gebiet der Nematoden hinaus einen Blick auf andere Parasiten werfen, so wissen wir zunächst vom jungen Leberegel, daß er, in den Endwirt eingeführt, schleunigst das Darmlumen verläßt, die Darmwand durchbohrt und in das Pfort- aderblut eindringt (Lutz, Railliet, Mousson e Henry, siehe bei Braun, 4, p. 169). Er folgt nicht einem Rheotropismus gegen den Strom der Gallenflüssigkeit in den Ductus cJwledocJnis, wie man früher annahm, sondern es liegt hier die ganz gleiche Erscheinung vor wie bei den Nematoden, nur in kleinerem Umfange. Alle entoparasitischen Trematoden haben ja freilebende Jugend- zustände, gehen dann im Zwischenwirt, in den sie aktiv eindringen zu Leibeshöhlen- oder Organparasitismus und erst zuletzt im End- wirt zum Darmbewohnen über. Die enzystierten Zustände werden in allen Fällen für die Glykogenspeicherung die günstigsten Be- dingungen vorfinden. Die Ausgangspunkte dieser Entwicklungsreihe zeigen uns die Monogenea, besonders schön Polystoriiimt integer- rinimn mit seinem anfänglichen, in Ausnahmsfällen aber allenfalls zeitlebens andauerndem Kiemenhöhlenparasitismus und P. ocellatuni, das nur in den vordersten Teil des Verdauungsrohres vorzu- dringen vermag. Aber auch \'on den Cestodenlarven wissen wir, daß sie im Zwischenwirt die gleiche Wanderung, vom Darmkanal schleunigst in das Blutgefäßsystem, antreten. Für Cysticercus pisiformis und tenuicolJis z. B. liegen genaue Angaben von Leuckart (13) über die Wanderungen der jungen Tiere vor und alle weisen auf die Pfortader und die Leber als ersten, und zwar sehr rasch erreichten Aufenthalt. Auch was wir über die Jugendzustände der Bothrio- cephaliden und Pseudophylliden aus den Arbeiten von C. v. Janicki (11 a) und Felix Rosen (27 a) Neues erfahren haben, gehört hierher. Auf die freischwimmenden Stadien folgt der Leibeshöhlenparasitismus inEvertebraten, in Anneliden, den Archigetes zeitlebens beibehält, oder Copepoden, bei Ampliilina m \'ertebraten, oft nur bis nahe an das Reifestadium, wie bei den Liguliden, dann die immer weitergehende Hclmintlieinvandciun2;cn. 135 biologische Anpassung an den Parasitismus zuerst im Darm der Friedfische, dann der Raubfische, ganz zuletzt dem Warmblüter (wobei die Frage, welche unter diesen Formen morphologisch als primitiv anzusehen sind, hier nicht erörtert werden soll). Es mag an dieser Stelle erlaubt sein, kurz darauf hinzu- weisen, daß alle Abbildungen, die wir von Geweben der Cestoden y'0 O ' ^P'-i-j"! Ool d ö: ij^ 0 * b. V .•'S' 4.°. o \"''- J. c°o1^ ^ "8 0'0 0° Fig. 2. Stück aus dem Halsteil derselben Form. In den Muskelfasern keine Tropfen. Fig. 3. Stück des Vas defcrens; die Tropfen liegen ihm außen an. besitzen, nicht den natürlichen Verhältnissen am lebenden Tier entsprechen. Dieses ist, wie bekannt, meist mehr oder minder un- durchsichtig, nur wenige Arten, dazu solche, die selten untersucht werden, haben klare Gewebe, die dann freilich die schönsten Auf- schlüsse ergeben. Die Undurchsichtigkeit rührt nun von zahlreichen, dicht gedrängten, fettähnlichen, stark lichtbrechenden Tröpfchen und Kugeln her, die von den allerkleinsten Körnchen bis zu ganz ansehn- licher Größe fast in allen Organen vorhanden sind (siehe Fig. 1 bis 3). 136 Th. Pin tu er, Glyzerin löst diese Tröpfchen wenig oder gar nicht, uohl aber die ätherischen Öle, Xylol u. dgl. Darum sind auch Glyzerinpräparate von Cestoden viel weniger durchsichtig, als Balsampräparate, und genauere histologische Zeichnungen nur nach solchen angefertigt. An diesen hat die vorherige Behandlung mit den Intermedien das Fett gelöst, die Fixierung, die in wasserhaltigen Reagentien vor- genommen wurde und das Wasseraufkleben der Schnitte, wenigstens teilweise das Glykogen. So mußten erst Arbeiten aus jüngerer Zeit morphologisch den Glykogengehalt in den Cestodengeweben nach- weisen (20 a). Aber eine klare Scheidung dessen, was von den am lebenden Tier sichtbaren Tropfen und Körnchenmassen Fett und was Glykogen ist, ist noch nirgends erfolgt. Das eben Gesagte soll natürlich nicht etwa eine Ablehnung- aller Ergebnisse der modernen Technik auf dem Gebiete der Cestodenhistologie bedeuten, sondern nur daran erinnern, daß bei der allgemeinen Beschreibung der Band\\urmgewebe auf diese ihre wesentlichen, aber der Untersuchung lästigen und deshalb künstlich entfernten Bestandteile fast im.mer vollkommen vergessen wird. Und nun kehren wir zu den Fadenwürmern zurück, zu einer jüngst von Fülleborn (9) bekanntgemachten Tatsache, die nach allem, was wir wissen, jetzt nur ganz natürlich erscheint: er ver- fütterte mit SfroimyJonies-Larven infizierte Lungen an Hunde und konnte mit ihnen nun eine unmittelbare Darminfektion erzielen; dasselbe gelang Miagawa (20) mit Aucylostomum-Lavven. Oder, was das Wesentliche an diesen Versuchen ist; haben die jungen Nematoden die Blut- und Lungenwanderung in was immer für einem, etwa auch in einem zur Endansiedelung nicht geeigneten Tiere durchgemacht, so kann mit den infizierten Lungen dieser Tiere die Übertragung in den Darm des typischen Trägers aus- geführt werden, ohne daß die Würmer in ihm sich noch weiter auf die bekannte Wanderung begeben würden. .Sie bleiben jetzt sofort im Darm. Das aber setzt ja blitzartig das Entstehen der ganzen Er- scheinung der Zwischenwirte ins hellste Licht. Die parasitischen Würmer waren erst Außen-, dann schritt- weise Mesenchym-, Lymph-, Blutgefäß-, Luftwegeparasiten. Waren sie das in Futtertieren \'on Fleischfressern, so erhielten sie sich im Darmkanal der Raubtiere erst hie und da, wenn sie in sehr reifem Zustande mit der Nahrung in sie hineinkiimen und ihr Glykogen- gehalt ihnen ermöglichte, eine Zeitlang dem Erstickungstode und Verdautwerden zu entgehen, geradeso, wie das Pseudoparasiten, Gordius oder Fliegenlarven, gelingt, dann, sich allmählig an die neue Lebensweise anpassend, immer häufiger. Später, als die Adaptation vollständiger geworden war, wurde bei vielen Formen dieser Weg mehr oder weniger abgekürzt; bei manchen wurde der Wirtswechsel beibehalten, weil er für die Jugendformen notwendig ist, bei anderen wurde er ausgeschaltet, aber die Wanderung, die Helminthenwanderungen. 1 3 1 'o sie früher im Zwischenvvirt durchmachten, blieb, jedoch wurde sie in demselben Wirt ausgeführt, bis die Jugendform den nötigen Glykogengehalt erworben hatte. Nur bei höchst angepaßten Formen vermag das aus dem Ei schlüpfende Junge sofort im Darmkanal zu existieren, von solchen Formen aber gibt es, wie wir nunmehr wissen, weitaus weniger, als man bisher geglaubt hat. LiteratuFverzeichnis. 1. Bahr, D. H. Filariosis and elephantiasis in Fiji. London 1912. Jouni. Trop. .Medicine Hj-g., 15, p. 77. 2. de Blieck, L. und E. A. R. F. Baudet. Perkutane Infektion bei dem Fohlen durch Slrongvloidcs Wesieri. D. Tierärztl. Wochenschr., Hannover. 28. Jahrg.. Nr. 18, 1. Alai 1920. 3. — Weitere Untersuchungen über die Biologie und den Infektionsweg der Larven von Strongyloidcs Wcsicri. 29. Jahrg., Xr. 1, 1. Januar 1921. 4. Braun, Max. Die tierischen Parasiten des Menschen. 1. Teil, Würzburg 1915. '5. Bunge, G. Über das Sauerstoffbedürfnis der Darmparasiten. Zeitschr. Physiolog. Chemie, 8. Bd., Straßburg 1883—84, p. 48 bis 59. 6. Weitere Untersuchungen über die Atmung der Würmer. 14. Bd., 1890, p. 318 bis 321. 7. van Durme, P. Quelques notes sur les embrvons de Sirou^!:;ylüidcs intestinalis et leur penetration par la peau. Thompson Yates Laborator}', Liverpool 1902, IV, 2, p.471. 8. Fülleborn, F. Über den Infektionsweg bei Ascaris. Klinische Wochenschr., Berlin, 1. Jahrg., Nr. 6, 4. Februar 1922, p. 270 bis 271. 9. — Über den Infektionsweg bei Ascatis. \r. 20, 13. Mai 1922, p. 984 bis 988, 6 Abb. 10. Grassi, B. und G. Noe. Übertragung der Blutfilarien ganz ausschheßlich durch den Stich von Mücken. Centralbl. Bakt. Parasitk., 1. Abt., 28. Bd., 1900, p. 652. 11. Investigations on the Control of Hockworm Disease. The American Journal of Hj^giene; fortlaufende Veröffentlichungen von James E. Ackert, Donald L. Augustine, William Cort, Florence King u. George C. Payne u. a. ; ferner die der The Rockefeller Sanitary Commission for the Eradication of Hookworm Disease, Washington D. C; sowie kleine belehrende gemein- verständliche Flugschriften u. a. m. Ili7. Janicki. Constantin et Felix Rosen. Le Cycle evolutif du Bothriocephalus latus L. Bull. Soc. neuchateloise sc. nat. Xeuchätel t. XLII, p. 19 bis 53, 2 Taf., 1917. 12. Kemnitz, G. v. Die Morphologie des Stoffwechsels bei Ascaris tuiiihricoidcs. Ein Beitrag zur phj'siologisch-chemischen Morphologie der Zelle. Archiv Zellforschung, Leipzig. 7. Bd., 1912, p. 463 bis 603, 5 Taf.. 9 Abb. 13. Leuckart, Rudolf. Die Parasiten des Menschen und die von ihnen herrühren- den Krankheiten. 2. Autl., Leipzig u. Heidelberg 1879 bis 1886, 1. Bd., 1. Abt., p. 430. 13ir. — Neue Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Lebensgeschichte der Xe- matoden. Abh. Math.-Physik. Cl., Sächsischen Ges. Wiss., XIII. Bd.. p. 565 bis 704, 3 Taf., Leipzig 1887. 14. Linden, Gräfin v. Die Entwicklung der freilebenden Generation des Lungen- wurmes. D. Tierärztliche Wochenschr., Hannover, 21. Jahrg., Xr. 35, 30. August 1913, p. 557 bis 560, 8. Abb. 138 Th. Pintner, Helminthenwanderungen. 15. — Parasitismus im Tierreich. Braunschweig 1915, p. 179 ff. 16. Looß, Arthur. The Anatomy and Hfe history of Agchylostoma duodenale Dub. A Monograph. Records of the School of .Medicine, Vol. III, Cairo 1905 und Vol. IV, Cairo 1911. 17. Manson, Patrick. The Filaria sanguinis hominis. London 1883. 18. — The metamorphose of Filaria sanguinis hominis in the Mosquito. Trans. Linn. Soc, London (2) II 1884, p. 10. 19. — The Filariae sanguinis and Filariasis. Tropical diseases. New Edit.. London 1903, p. 545. 20. Miagawa, Mitt. Mediz. Fakultät Tokio, 15. Bd.. 3. Heft, 1916 (Citiert nach Fülleborn). 20a. Ortner-Schönbach, Pauline. Zur Morphologie des Glykogens bei Trematoden und Cestoden. Archiv Zellforscliung, Leipzig 1913, 11. Bd., p. 413 bis 449, 2 Taf. 21. Pintner, Theodor. Die Lösung der Grubenwurmfrage. Verh. Z.-Bot. Ges. Wien, 55. Bd., 1905, p. 4 bis 5. 22. — Die Grubenwurmkrankheit und ihr Erreger (Ancylostoma). Sciiriften Verein zur Verbreitung naturw. Kenntn., Wien, 45. Jahrg., 1905, p. 32, 5 Abb. 23. — Neue Erfahrungen über die Wurmkrankheit. Zeitschr. Österr. Ingenieur- u. Architekten-Ver., 1905, Nr. 18, p. 1. 24. — Wichtige Neuentdeckungen in der Parasitenkunde. Wiener Tierärztl.Monatsschr. 8. Jahrg., Hett 4, 1. März 1921. 25. Ransom, B. H. A newiy recognized cause of Pulmonary Disease — Ascaris Itimbricoidcs. The Journ. American Medic. Assoc. Vol. 73, p. 1210 bis 1212, Oct. 18. 1919. 26. — and E. B. Cram. The course of migration of .l.srirr/.s'-Larvae. The American Journ. Tropical Medic. Vol. 1, Nr. 3, May 1921, p. 129 bis 150, 1 Taf. 27. • — and W. D. Foster. Observation on the life history of Ascaris litmhricoides. U. St. Department of Agriculture Bulletin, Nr. 817, .May 12, 1920. Washington. 21a. Rosen, Felix. Recherches sur le developpenient des Cestodcs. 1. Le cycle evolutif des Bothriocephales. Bull. Soc. neuchäteioise sc. nat. Neuchatel, t. XLin, p. 64, 3 Taf., 1918. — 2. Le cycle evolutif de la Ligule. Ibid: t. XLV, p. 24, 1 Taf., 1919. 28. Weinland. Ernst. Über den Glykogengehalt einiger parasitischer Würmer. Zeitschr. Biol. (2), 23. Bd., 190'l, p. 69 bis 74. 29. — Über Kohlehydratzersetzung ohne Sauerstoffaufnahme bei Ascaris. einen thierischen Gährungsproceß. 24. Bd., 1901, p. 55 bis 90. 30. — Über Energiegewinnung durch Zersetzung von Kohlehydrat ohne Sauerstoff- zufuhr bei Ascaris lumhricoides. Sitz.-Bcr. Ges. .Morph. Piiys. .München, 17. Bd., 1902, p. 1. über ausziehbare Gefäß- und Bastbündel und Schraubenbänder Von Richard Baecker Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien Nr. 181 der zweiten Folge (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 26. Mai 1922) I. Ausziehbare Gefäß- und Bastbündel. Die durch Abreißen oder Abbrechen saftiger, nicht verholzter Pflanzenteile (Blattstiele und Sprosse) entstehenden Bruchflächen zeigen in der Regel eine mehr minder glatte Beschaffenheit. Bei einer Reihe von Pflanzen jedoch, so bei Plantago- und Stellaria- Arten, bei Arahis albida u. a. (siehe Zusammenstellung I) lassen sich die einzelnen Gefäßbündel oder der Zentralzylinder, das ist der von der Gesamtheit aller Gefäßbündel gebildete Zylinder, auf längere Strecken frei herausziehen, so daß sie oft faserförmig aus der Bruchfläche herausragen. Bei der Ergründung dieser zweifellos auf mechanische Ursachen zurückzuführenden Verschiedenheit des Ver- haltens ist nun zunächst zu berücksichtigen, daß im allgemeinen nur ein homogener Stab (beispielsweise aus Eisen oder anderen Metallen, aus Porzellan u. dgl.) mit einer glatten Bruchfläche abreißt, während es bei Körpern, die wie Pflanzensprosse aus mechanisch verschiedenwertigen Geweben zusammengesetzt sind, von vornherein keineswegs wahrscheinlich ist, daß sie bei einem in ihrer Längs- richtung wirkenden Zug oder bei ihrer Biegung mit glatter Bruch- fläche abreißen, beziehungsweise abbrechen; es wäre vielmehr eher anzunehmen, daß jeder der den Pflanzenteil aufbauenden Gewebe- komplexe (Fibrovasalbündel, Baststränge der primären Rinde, Par- enchym) jeweils an der Stelle geringster Festigkeit zum Bruche kommt, wobei diese Stellen aber nicht in einer Ouerschnittsebene, sondern in verschiedener Höhe liegen werden. Sitzungsberichte d math -naturw. Kl.. Abt, I, l.'^l. Bd. 140 R. Baecker, Zusammenstellung I. Pflanzen mit ausziehbaren Gefäßbündeln, Zentralzylinder und Bastfasern. Farn. Chcnopodiaccae Spinacia olcracea . . Farn. Caryophyllaccac Sfellarici media . . . . SteJlaria aqitatica . . Farn. Crnci ferne Arahis albida Brassica capitata . . Brassica bolrytis . . Farn. Myoporaceae Plantago major. . . . Planiago lanccolata Farn. Coniposiiac Lcontodvn spcc. . . Arctiiiiii spec Cirsiiuii paliistre . Farn. CoiimieHnaceae . . Caiiipclia Zanouia Sproß Sproß Blattnerv Blattstiel Blattstiel Gelaßbündel Zenti'alzviinder Zentralzylinder Getaßbündel Gefäßbündel Blatt Gefäßbündel Bastfasern Demgegenüber lehrt nun, wie eingangs ausgeführt, die Er- fahrung, daß die überwiegende Mehrzahl der ptlanzlichen Organe mit mehr minder glatten Bruchtlächen abreißt und die der theo- retischen Erwägungen Rechnung tragenden Pflanzenteile in der Minderzahl sind. Es muß daher angenommen werden, daß in den in Betracht kommenden Organen der meisten Pflanzen vor allem die FibroN'asalbündel gegen das umgebende Parenchym verhältnis- mäßig kräftig \-ersteilt sind, so daß ungeachtet der verschiedenen Höhenlage der schwächsten .Stellen der einzelnen Gewebekomplexe der ganze Pflanzenteil an einer Stelle zum Bruch kommt. Ist diese Auffassung richtig, dann muß bei den faserig abreißenden Pflanzen- teilen die Verbindung zwischen Parcnclwm und Bündel eine ver- gleichsweise sehr lose sein. Tatsächlich ergibt sich nun bei der Untersuchung dünner Querschnitte durch Sprosse und Blattstiele Ausziehbare Gefäß- und Basthündel. 141 der in der Zusammenstellung I angeführten Pflanzen (mit Ausnahme von Ccimpelia) in Übereinstimmung mit den vorstehenden Aus- führungen folgendes: 1. Dem Mestom der Bündel Hegen mächtige Bastbelege an. die an den Fhmken des Bündels zusammenstoßen und daher einen geschlossenen mechanischen Belag bilden; bei Pflanzen mit aus- ziehbarem Zentralzylinder {StcJlavia, Arabis) liegen dem Phloem außen flache Sklerenchymbogen an, die sich mit ihren Enden fast berühren und daher gleichfalls einen geschlossenen Ring unter der primären Rinde bilden; 2. die Zellen des Stereoms besitzen sehr stark verdickte Membranen und ein enges Lumen, der Gefäßteil des Bündels, be- ziehungsweise der Bündelring ist daher von einem kompakten, starren Hohlzylinder umschlossen; 3. die Kontur des Querschnittes des Fibrovasalbündels, be- ziehungsweise des Zentralzylinders ist nahezu kreisförmig, ein- springende Winkel fehlen vollständig; 4. die Zellen der dem Stereom unmittelbar anliegenden physio- logischen Scheide, beziehungsweise des Rindenparenchyms sind ausgesprochen weitlumig, ihre radial stehenden Membranen sind sehr dünn. In vielen Fällen zeigt die Membran der Grenzzellen in' der Hälfte oder im inneren Drittel der radial gestellten Membran deutlich eine Verschvvächung, bei Plmitago laiiceolata und stellen- weise auch bei Phmtago major lassen sich an dieser Stelle mit Olimmersion auch zarte Tüpfel erkennen. Daraus ergibt sich also, daß bei den Pflanzen mit auszieh- baren Vibrovasalbündeln und Zentralzylinder diese Teile nahezu kreisförmigen Querschnitt haben, daß die Größe der Berührungs- fläche mit dem umgebenden Gewebe daher ein Minimum darstellt (jede andere Querschnittsform, insbesondere eine solche mit ein- springenden Winkeln, wie bei dem Blattstiel von Aesculus hippo- castantun, ergibt größere Berührungsflächen zwischen Bündel und Parenchym); weiters, daß Bündel und Zentralzylinder an der Peri- pherie aus einem starren, dickwandigen Gewebe bestehen, an das ohne Übergang ein sehr dünnwandiges, weitlumiges Gewebe an- schließt, dessen innere radiale Membranen deutlich verschwächt sind. Nun erfolgt aber nach den Erfahrungen der Festigkeitslehre ein Bruch immer am leichtesten an Stellen schroffer Querschnitts- änderung. Dazu kommt, daß die Membranen der Grenzzellen durch die unter (4) erwähnte Verschwächung und Tüpfelbildung zu einem "Bruch schon präformiert erscheinen. Das abweichende Verhalten einzelner Pflanzen in bezug auf die Ausziehbarkeit der Fibrovasal- bündel und Zentralzylinder ist deminach tatsächlich, wie eingangs angenommen wurde, darauf zurückzuführen, daß diese Gewebe - komplexe wegen ihrer Querschnittsform, wegen des schroffen Wechsels der Festigkeitsverhältnisse und wegen der Verschwächung der radial stehenden Membranen der Grenzzellen mit dem um- 142 R. Baeckcr. gebenden Grundgewebe in einem verhältnismäßig losen Zusammen- hange stehen; das hat zur Folge, daß beim Zerreißen des Organes die geringe Versteifung in der Längsrichtung leicht überwunden werden kann und die einzelnen Bestandteile des Organes daher an ihrer spezifisch schwächsten Stelle abreißen können, während bei Pflanzen, die diese Besonderheit der Lagerung der Bündel und Zentralzylinder nicht aufweisen, der Widerstand, den die einzelnen Gewebeteile des Organes einer \'erschiebung in der Längsrichtung entgegensetzen, erheblich größer ist und so zu einer mehr minder glatten, einheitlichen Bruchfläche führt. Der V^organg beim Abreißen wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach in der Weise vollziehen, daß beim Dehnen des Pflanzenteiles zunächst nur die wenig dehn- baren starren Bündel abreißen, ohne daß dieser umstand aber vor- erst in Erscheinung tritt, weil das übrige parenchymatische und turgeszente Gewebe eine mit Querkontraktion verbundene Dehnung erfährt. Bei Steigerung der Zugbeanspruchung kommt dann auch das Grundgewebe zum Bruch, wobei auch die Bündel an den nach den vorstehenden Ausführungen pfäformierten Stellen aus dem Ver- bände gerissen werden. Ein ähnliches Verhalten wie die bisher besprochenen Pflanzen zeigen auch die Blätter von Campelia Zanonia,^ aus denen sich beim Zerreißen lange Fasern herausziehen lassen. In diesem Falle handelt es sich aber nicht um ganze Gefäßbündel, sondern nur um die Bastbelege derselben. Wie Querschnitte durch das Blatt zeigen, umgeben die Bastzellen, die eine Länge von mehr als einen Zenti- meter aufweisen, in einfacher Lage Ll-förmig das Leptom des Bündels und sind nur im basalen Teile des Blattes ziemlich dick- wandig. Die für die Pflanzen mit ausziehbaren Bündeln und Zentral- zj'linder charakteristischen Merkmale fehlen daher hier bis auf die Dünnwandigkeit der an die Bastzellen angrenzenden Zellen des Leptoms und Parench^-ms, so daß die früher angegebene Erklärung für die leichte Ausziehbarkeit hier nur zum Teile Geltung hat. Auch Unterschiede in chemischer Hinsicht sind nicht nachweisbar; durch Behandlung von Blattquerschnitten mit Phloroglucin-Salzsäure und Jod-Schwefelsäure sowie Färbung mit Rutheniumrot auf Vorhanden- sein von PekünstofTen wurde vielmehr festgestellt, daß die Mem- branen sowohl der Leptoni- als auch der Parenchymzellen aus reiner Zellulose bestehen. Die Ausziehbarkeit der Bastzellen bei Campelia dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach darauf zurückzuführen sein, daß bei einer bis zum Bruch führenden Dehnung des Blattes zuerst das Grund- gewebe reißt, während die Bastfasern wegen ihrer hohen Zugfestig- keit und vor allem wegen ihrer großen Elastizität einem Zerreißen vorerst widerstehen und erst später an einer anderen Stelle abreißen, wobei sie infolge der Dünnwandigkeit des sie umgebenden Leptoms und Parenchyms leicht aus diesem herausgezogen werden können. i H. Molisch, Beiträge zur Mikrocliemic der Pflanze. Her. der Deutschen botan. (ies., 1918, Bd. XXXVI, Heft 5. Ausziehbare (k'taß- und Bastbündel. 143 bjo C C a tS3 4-1 CO bJO C 3 > u 4) c 3 C C rt s 4> C [^ c« 43 ü CO 0) n ü 4) u CS C o "S "in tu o > J2 CS C D > o ÖC 2 T3 "j tu ■ c 73 (U ^ ■*-' n: n: CA c C3 "O 73 S c 03 c 'S X c 3 O P > C o o OS c CS C |S 'S bC c 3 ü •5 > o (U . c 4) - ßq ?= = -? i: e ^ r;;^ -s C ~ ^ B ~ <2 -i ^ Q :^ <3 <3 ^ E^ t^ :^ ^ _S _N _N "o o o c X d: E d: dl! n; C-, ^ ■'? ^ ^ 5* -^ ßq Cq >5S ^ a 5> - ?. s 0=1 tt. =0 s §0 "§ 'S ? — iS ^ iS o o o o X X X X o X o o a> o N N n: n: 0) <1> c oS Oh -SS' <5 s u I fe; fe< a S ä 'S S Ä IS 0) tS3 4) Vi ^ Ol ■^ E •5 Ä _^ f -n fS ;5 :s O 3 bc c c ein tfl c 0 ^ CD C ^ a> 4) rr lU .H rrt 4) c« 00 ^daß mit ver- einzelten Ausnahmen die \'erschmälerte Anheftung der Verdickungs- leisten bei den Gefäßen ganz allgemein ist-. Es wurden daher zunächst die in der Zusammenstellung III unter Nr. 1, 4 bis 9, 12, 15, 18, 19, 21, 23, 26 bis 28 angegebenen Pflanzen, die nach Rothert Schraubenbänder mit verschmälertem Fuß besitzen sollen, und zu Kontrollzwecken auch eine Anzahl solcher Pflanzen, bezüglich deren Verdickungsleisten der genannte Autor besondere Angaben nicht gemacht hat (Nr. 2, 3, 10, 11, 13, 14, 16, 17, 20, 22, 24, 25), in dieser Richtung eingehend untersucht. 1 W. Rothert, Rozprawv d. Akad. d. Wissensch. Krakau. Scr. II, Tom. XIV (1899), p. 433; .\nzeiger d. Akad. d. W. Krakau. 1899, p. 15. 2 A. de Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane, p. 164. »Die Ahrollharkeit der .Spiralgefäße hat einfach ihren Grund darin, daß bei Zerrung die zarte, unverdickte ^lemhran reißt, die zähe Faser, an der zarte, leicht zu übersehende Fetzen der zerrissenen Haut hängen, gestreckt wird.« 3 W. Rothert, Anzeiger, 1. c, p. 34. ■t W. Rothert, .Anzeiger, 1. c, p. 18. Ausziehbare Gefäß- und Bastbündel. 145 Hiebei konnte bei den zuerst angeführten Pflanzen nur in fünf von 15 Fällen (Nr. 1, 4, 6, 7, 12) eine .stielförmige Ausbildung der An- heftungsstellen festgestellt werden, in allen anderen Fällen fiel bei der Untersuchung sowohl ausgewachsener als auch jugendlicher Teile der Befund im Gegensatze zu den Angaben Rothert's negativ aus, die Leisten zeigten sich vielmehr der Membran voll- ständig aufliegend.^ Andrerseits waren bei Pflanzen, bei denen Rothert eine ver- schmälerte Anheftung nicht konstatierte, deutlich stark verschmälerte,, stielförmige Anheftungsstellen festzustellen (Nr. 2, 16, 17, 20). Auch in jenen Fällen, in denen die Untersuchungen des Verfassers mit den Angaben Rothert's übereinstimmen, zeigte sich jedoch, daß die stielförmige Anheftung nicht nur auf einzelne Gefäße eines Schnittes, sondern vielfach nur auf einzelne Stellen eines Gefäßes beschränkt bleibt, daß sogar oft nur ein Querschnitt einer \'er- dickungsleiste eine stielförmige Anheftung erkennen läßt, während der benachbarte Querschnitt der Gefäßmembran voll aufliegt. Schraubenbänder von Brassica Xaptis, Blattstiel (Vergr. 1400 : 1). Letztere Tatsache mag übrigens in dem auch von Rothert er- wähnten Umstände ihre Begründung finden, daß die Gefäße selbst einen mehr polygonalen Querschnitt aufweisen, während die Ver- dickungsleisten schon vermöge ihrer größeren Dicke eine mehr kontinuierliche Krümmung anzunehmen bestrebt sind, so daß sich ihr Abstand von der Membran in radialer Richtung und damit die Höhe der Anheftungsleiste während einer Windung mehrmals ändern kann. Aus den Beobachtungen des Verfassers ergibt sich daher zu- nächst, daß die oben zitierte Angabe Rothert's über die allgemeine Verbreitung einer verschmälerten Anheftung der Verdickungsleisten in dieser generalisierenden Fassung nicht gültig ist und jedenfalls einer Einschränkung in der Richtung bedarf, daß die verschmälerten Anheftungsstellen mehr minder vereinzelt bei einzelnen Individuen einer bestimmten Spezies vorkommen. 1 Als verschmälerte Anheftung kann konsequenterweise nur eine solche nach der Textfigur bezeichnet werden ; daß bei kreisförmigem oder elliptischem Querschnitt der Verdickungsleisten ihr Rand der Membran nicht vollständig aufliegt, ist selbst- verständlich. ; 146 R. Baecker, Zusammenstellung III. Über die Art der Anheftung der Verdickungsleisten der Schraubengefäße. X = Roth er t gibt 1. c. verschmälerte Anheftungsleisten an, beziehungsweise der Verfasser konnte solche feststellen. 0 = Der Verfasser konnte derartige Anheftungsleisten nicht feststellen. Nach Rothert Nach Unter- suchungen des Verfassers Farn. Catinahaceac 1. Humuhts Lupiilns ... Farn. Urticaceae 2. Buehmeria Haiiiiltonea Farn. Pipcmceae 3. Piper macrophylhtin . . Farn. Chenopodiaceae 4. Beta vulgaris Fam. Papavcvaceae 5. Chelidoiiinm majus . . . Fam. Criicifcrae 6. Cheiratifhus Chetri . . . 7. Brassica Napits Fam. Balsaminaceae 8. Impatiens Balsamina . Fam. Rtitaceae 9. Citrus vulgaris Fam. Rosaceac 10. Ruhus fruticosiis 1 1 . Fragaria spec Fam. Oenothcraceae 12. Fuchsia spec Fam. Cornaceae 13. Corniis sanguinea . . . , 14. Aucuha japauica .... Sproß Sproß Sproß Rübe Sproß Blattstiel Blattstiel Sproß Sproß Blattnerv Blattstiel .Sproß Blattstiel Sproß und Blattstiel X X X X X X X X X -k 0 X X X 0 0 X 0 0 Ausziehbare (iefäl.i- und Hastbündel. 147 IT). 16. 17. 18. 19. 20. 21. 0 0 23. 24. 25. 16. 28. l-"am. l'iuhcUifcrae Deutens Carola Fam. Myoporaceac Platitagn major Plaulai^o lanccolata . . Fam. Apucynaccac Xeriiiiii Oleander . . . . l"am. Ciieurhilaecae Cucurbita pepn Fam. CoinposHae Leoiiiodnn spec Fam. Liliaccae Draeacna ruhra /\Q'apant litis ttiitheJIat. Fam. Cnutttteliiiaceae Tradeseaiitia iiiitUie. . Tradescaittia zehriiia . Rh'ien diseol'if l'"am. Graut ineac Zea Mays Fam. Mnsaceac Miisa CavendisJi! . . . . Fam. Araceac Moiistcra deliciosa . . . Rübe Blattstiel Blattstiel Sproß Sprnß i-ilattstit .Sproß Blatt Sproß Sproß .Sproß Sproß Blattnei'V Luftwurzel X X X X X X X X X X 0 0 0 0 0 Es ist übrigens leicht erklärlich, daß präzise Angaben über die Art der Anheftung der Schraubenbänder in der Literauir ver- hältnismäßig selten sind, weil sich diese Details ihrer Kleinheit wegen der Beobachtung leicht entziehen, wenn bei der Untersuchung nicht von vorneherein das Augenmerk darauf gerichtet wird. Auch der Verfasser konnte — im Gegensatze zu Rothert, der die Untersuchungen als mit Trockenobjektiven und Wasserimmersion leicht durchführbar bezeichnet — ein eindeutiges Bild von der Art der Anheftung meist erst durch Anwendung einer Ölimmersion mit 1 ■ 25 num. Ap. gewinnen. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, l^il. Bd. 1 1 148 R. Bacckcr. Roth er t hat aus dem oben erwähnten Ergebnisse seiner Untersuchungen noch eine weitere Folgerung abgeleitet, auf die wegen ihrer prinzipiellen Bedeutung und wegen ihres Zusammen- hanges mit dem behandelten Thema an dieser Stelle noch ein- o-esangen werden soll; Russow hat in einer schon vor Rothert's Publikation erschienenen Abhandlung^ Leiter-, Netz- und Schrauben- gefäße erwähnt, deren Leisten einen einer Eisenbahnschiene ähn- lichen Querschnitt besitzen (ohne allerdings Beispiele anzuführen); diese Angabe ist unter Berücksichtigung der Beobachtungen des Verfassers vielleicht darauf zurückzuführen, daß Russow in erster Linie auf die Skulpturen der Membranen der Leiter- und Netz- gefäße geachtet hat, deren Querschnitte auf Längsschnitten tatsäch- lich vermuten lassen, daß es sich um mit einem stark verschmälerten Stiel aufsitzende Verdickungsleisten handle, tatsächlich liegen bei diesen Gefäßen aber Hoftüpfel vor, die sich von den Hoftüpfeln normaler Bauart, wie sie für die Tracheiden der Koniferen typisch sind, dadurch unterscheiden, daß sie stark, oft über die ganze Gefäßweite, in die Länge gezogen sind. Auch Rothert- weist auf die Ähnlichkeit des Ouerschnittsbildes von mit verschmälerter Basis aufsitzenden Verdickungsleisten mit dem Aussehen typischer Hof- tüpfel hin, die ohne Berücksichtigung der Flächenansicht der Gefäß- wand zu Verwechslungen führen kann und bezeichnet in Kon- sequenz dieser teilweisen Übereinstimmung des anatomischen Baues die nach außen verbreiterten Zwischenräume zwischen den ring- förmigen oder schraubigen \'erdickungsleisten geradezu als »ring- förmige, respektive spiralige Hoftüpfel«. Er begründet diese Er- weiterung des I3egriffes »Hoftüpfel« damit, daß das wesentliche Kriterium eines Tüpfels, beziehungsweise Hoftüpfels nur in dem Vorhandensein einer dünnen Stelle in einer verdickten Membran anzusehen sei und daß dieses Kriterium auch für die von ihm an- gegebene erweiterte Definition zutreffe. Der Verfasser glaubt, dieser Interpretation nicht beipflichten zu können. Wie sich aus der Entwicklung des Hoftüpfelbegriffes ergibt, die von dem typischen Koniferen-Hoftüpfel ausgegangen ist, sind neben dem schon von Rothert erwähnten Merkmal als weitere integrierende Merkmale des Hoftüpfels einerseits die Geschlossen- heit der Kontur des Porus, andrerseits die genau korrespondierende Lage der Tüpfel in benachbarten Gefäßen anzusehen; beide Merk- male sind auch bei den als in die Länge gezogene Hoftüpfel definierten Skulpturen der Membranen der Leiter- und Netzgefäße vorhanden, sie fehlen jedoch vollständig, wenn die Zwischenräume zwischen schraubigen und ringförmigen Verdickungsleisten ebenfalls als Hoftüpfel definiert werden sollten. Schon diese Tatsache läßt 1 Russow, Zur Kenntnis des Holzes, insonderheit des Konitercnholzcs. 1S8H. .Sonderabdruck a. d. bot. Zentralblatt, T. XIII, Xr. 1 — ö. 2 W. Rothert, .\n/.ei,nci-. 1. c. p. 24; siehe ferner »Mandwi'lrterbuch der Xalui'wisscnschaften", W. l!d., p. 11711. Auszielihare Gefäß- und Rastliiindcl. 149 die von Rothert vertretene erweiterte Interpretation des Hoftüpfel- begriffes aus anatomischen Gründen als kaum annehmbar erscheinen. Dazu kommen noch schwerwiegende Bedenken physiologischer Natur, die zwar, da es sich bei ihnen zum Teil um teleologische Spekulationen handelt, verminderte Beweiskraft besitzen, aber doch gerade bei einer Begriffsbestimmung nicht imberücksichtigt bleiben dürfen. Es kann nämlich die Anlegung \'on ringförmigen und schraubigen \'erdickungsleisten, die mit ganz wenigen Ausnahnien {Taxus) auf die Gefäße einjähriger Sprosse und bei mehrjährigen Pflanzen auf die Gefäßprimanen beschränkt bleibt, kaum anders erklärt werden als mit einer mechanischen Aussteifung der schon sehr frühzeitig turgorlosen, dünnwandigen Gefäße gegen den äußeren Druck des umgebenden, turgeszenten Gewebes und den äußeren Luftdruck, während die Tüpfel und mit ihnen die Hoftüpfel zweifel- los Vorrichtungen darstellen, die den Zweck haben, die verdickten Gefäßmembranen für den Flüssigkeitsaustausch permeabel zu machen. Aus diesen beiden Erwägungen kann auch die weitere Folge- rung Rothert's, daß »...die Membranstruktur bei allen Gefäßen prinzipiell die gleiche ist. Alle Arten von Gefäßen sind durch das Vorhandensein von Hoftüpfeln ausgezeichnet; die Unterschiede zwischen ihnen sind untergeordneter Natur und betreffen nur die Form der Hoftüpfel in der Aufsicht. .. « nicht unwidersprochen bleiben, ganz abgesehen davon, daß nach den früher erwähnten Untersuchungen des Verfassers die Angaben Rothert's über das fast allgemeine Vorhandensein stark verschmälerter Ansatzstellen der Verdickungsleisten einer weitgehenden Einschränkung be- dürfen, wodurch auch eine der wichtigsten V^oraussetzungen für die Folgerungen Rothert's entfällt. Im übrigen erwähnt der mehr- genannte Autor selbst, daß die korrespondierende Anordnung der Hoftüpfel bei Ring- und Schraubengefäfien nicht vorhanden ist, er- achtet diesen Unterschied jedoch als keineswegs durchgreifend. Um über das Zutreffen des zweiten von Rothert für die AbroUbarkeit der Schraubenbänder angeführten Grundes Klarheit zu gewinnen, wurde die chemische Beschaffenheit der Bestandteile der Gefäßmembran sowohl von Pflanzen mit ausziehbaren, als auch von solchen mit nicht ausziehbaren Schraubenbändern durch Be- handlung mit Phloroglucin-Salzsäure (für Verholzung), mit Jod und Schwefelsäure (für Zellulose) und Färbung mit Rutheniumrot (auf Pektingehalt) untersucht. Aus diesen Untersuchungen, die in Zusammnnstellung II über- sichtlich dargestellt sind, ergibt sich zunächst insofern eine gewisse Gesetzmäßigkeit, als mit Ausnahme von Musa Membranen und Ver- dickungsleisten immer eine verschiedene chemische Beschaffenheit zeigen, gleichgültig, ob die Schraubenbänder ausziehbar sind oder nicht, und ohne Rücksicht auf die Art der Anheftung. Die Behaup- tung Rothert's, daß die AbroUbarkeit der Verdickungsleisten auf die verschiedene chemische Beschaffenheit und das Vorhandensein 150 R. Baccker, verschmälerter Anheftungsstellen zurückzuführen sei, erweist sich daher als nicht stichhältig. Eine weitere wenigstens teilweise Gesetzmäßigkeit zeigt sich ferner darin, daß mit Ausnahme von Rhoeo bei allen Pflanzen, bei denen ausziehare Schraubenbänder festgestellt wurden, die Verdickungsleisten verholzt sind, die Mem- branen hingegen aus reiner Zellulose bestehen, während bei den Pflanzen ohne ausziehbare X'erdickungsleisten die Membranen m sechs von acht Fällen Pektineinlager.ung besitzen. In dem Fehlen von Pekiinstoffen, die vermöge ihrer Konsistenz ein festeres Haften der Leisten an der Membran zur Folge haben könnten, wäre viel- leicht ein Hinweis auf die Ursache der leichten Abrollbarkeit der Schraubenbänder zu erblicken; dieser Annahme steht jedoch die Tatsache entgegen, daß einerseits auch bei Rhoco die Schrauben- bänder trotz des Pektingehaltes der Gefäßmembran leicht abrollbar sind und andrerseits die Schraubenbänder von Bochmeria sich nicht abrollen lassen, trotzdem hier wie bei den Pflanzen mit ab- rollbaren Bändern die Leisten verholzt sind, die Membranen jedoch aus reiner Zellulose bestehen. Die chemische Beschaffenheit der Gefäßbestandteile gibt dem- nach keine befriedigende Erklärung für die Abrollbarkeit der Schraubenbänder. Auch in rein mechanischer Hinsicht mangelt eine eindeutige Erklärung; es könnte angenommen werden, daß Schraubenbänder mit sehr geringer Steigung ähnlich wie .Schraubenfedern eine Initialspannimg aufweisen, die dann ein Hinausschnellen des Bandes beim Zerreißen des Pflanzenteiles zur Folge hat. Aus einem Ver- gleich der Gefäße beispielsweise von Agapanthns mit jenen von Plautago ergibt sich jedoch, daß einerseits in derselben Pflanze {Agapanihns) die \'erdickungsleisten in dem einen Gefäß sehr geringe, in dem benachbarten dagegen eine sehr starke vSteigung aufweisen, andrerseits die Verdickungsleisten der Gefäße von Pflanzen mit nicht abrollbaren Bändern (Plautago) mit so geringer Steigung angelegt sind, daß sie dicht aneinanderliegen. Möglicher- weise ist die Ursache der leichten Abrollbarkeit darin zu erblicken, daß, wie die Untersuchung bestätigt, bei Pflanzen mit abrollbaren Schraubenbändern die Membranen der Gefäße sehr dünn sind, so daß die Verdickungsleisten in ihnen nur einen schwachen Halt finden, der beim Zerreißen des Pflanzenteiles von den zugfesten und relativ starren \'erdickungsleistcn leicht überwunden wird, während bei größerer Dicke der Gefäßwand ceteris paribus ein größerer Anteil derselben an der Festhaltung der Verdickungsleiste beteiligt ist und so das Abrollen verhindert. Hingegen zeigt eine Untersuchung der herausgezogenen Schraubenbänder, die keinerlei Reste der Gefäßwandungen erkennen lassen, in Bestätigung der Angaben Rothert's und im Gegensatze zu jenen de Bar3^'s, daß die V^erdickungsleisten tatsächlich von der Membran losgelöst und nicht mit Teilen der Gefäßmembran heraus- gerissen werden. Aiiszielibare rictaG- und ["ia-llniiulcl. liU III. Zusammenfassung. Li) Die Ausziehbarkeit der Fibrovasalbündel und Zentralzylindei ist auf das Vorhandensein eines geschlossenen, im Querschnitte einfach (meist kreisf()rmig) konturierten, aus dickwandigen Zellen bestehenden Stereomzylinders sowie darauf zurückzuführen, daß die radialen Membranen der Zellen des an das Stereom unmittelbar anschließenden Ge\\'ebes sehr dünnwandig, in einzelnen Fällen sogar mit feinen Tüpfeln \'ersehen sind. h) Die Ausziehbarkeit der Bastbündel von Canipclia hat ihren Grund vermutlich in erstei- Linie in der Elastizität und Zugfestigkeit der Bastzellen, die in dem dünnwandigen Mestom und Blattparenchym nur einen schwachen Halt linden, so daß sie später abreißen als das Blattgewebe und daher leicht herausgezogen werden können. c> Bezüglich der Art der Anheftung und der Abrollbarkeit der Schraubenbänder ergibt sich: 1. Die ringförmigen und schraubigen Verdickungsleisten der Gefäße liegen der Membran in der Regel mit ihrer ganzen Breite an. Eine Anheftung mit verschmälertem P\iß, die nach Rothert (I.e.) allgemein verbreitet sein soll, ist nur auf ein- zelne Pflanzen und auch bei diesen meist nur auf einzelne Gefäße und einzelne Verdickungsleisten beschränkt. Des- halb und aus anderen Gründen anatomischer und ph^'siologischer Natur kann der gleichfalls von Rothert vertretenen erweiterten hiterpretation des Hoftüpfelbegriffes nicht beigepflichtet werden, es sind vielmehr als Hoftüpfel nach wie vor nur die typischen Hoftüpfel mit rundem Porus (nach dem Typus der Koniferen- tüpfel) und die in die Länge gezogenen Tüpfel der Leiter- gefäße der Farne und der Tracheen der dikotylen Holz- gewächse anzusehen. 2. Die bei einzelnen Pflanzen zu beobachtende Ausziehbar- keit der Verdickungsleisten der Schraubengefäße beruht auf einer Ablösung der Leisten von dei- Gefäßmembran, wobei letztere un- versehrt bleibt. Sie steht mit der Art ihi-er Anheftung an der Gefäßmembran in keinerlei Zusammenhang; die Mehrzahl der der Membran mit verschmälertem r'\iß aufsitzenden Verdickungsleisten ist vielmehr nicht abrollbar. 3. Die chemische Beschafl^nheit der Verdickungsleisten weicht in der überwiegenden Mehrzahl der untersuchten Fälle \'on jener der Gefäßmembran ab, ohne daß es jedoch möglich ^väre, einen Zusammenhang zwischen der Abrollbai-keit und der chemischen Beschaffenheit festzustellen. 4. Die Frage nach dem Grunde der Abrollbarkeit der Schrauben- bänder ist demnach noch als ungeklärt anzusehen; möglicherweise ist die Abrollbarkeit auf die geringe Dicke der Gefäßmembran und die verhältnismäßig große Starrheit der Verdickungsleisten zurückzuführen. Sitzungsberichte d. matliem.-natur v. Kl., Abt. T, lol. Rd. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Das akryogene Seeklima und seine Bedeutung für die geologischen Probleme der Arktis Von Fritz Kerner-Marilaun k. M. Akad. Wiss. (Vorgelegt in der Sitzung am 18. Mai 1922) Das Aufruhen der dünnen, hocherwärmten Oberflächenschicht des Ozeans auf kälterer Unterlage ist der lichten Übertünchung eines dunklen Wandanstriches, zu vergleichen. Wie da ein Darüberfahren mit dem Finger genügt, um den Untergrund durchschimmern zu lassen, zieht im Weltmeere jede Längs- und Querzerrung, jede Divergenz von Triften und jede durch Strombeschleunigung erzeugte Druckentlastung schon Auftriebserscheinungen nach sich. Es bedarf nicht besonderer Küstengestaltungen und starker ablandiger Winde, damit Tiefenwasser reichlich emporquillt, schon im offenen Meere treten die bekannten Kaltwasserflecke auf. Als Erkalter des Weltmeeres wirken zunächst die Eisberge antarktischer Herkunft; sie kühlen die Oberfläche der Südozeane bis in mittlere Breiten noch merkbar ab und gelten als die Haupt- erzeuger der tiefen Bodentemperaturen in den Meeresräumen der Tropen. Aber auch von einer mit Meereis bedeckten Antarktis würden stärkere erkaltende Fernwirkungen ausstrahlen als von einem sich bis nahe zum Gefrierpunkt abkühlenden, aber noch offen bleibenden Südpolarmeere, ohschon da auch von der Oberfläche des Zirkumpolargebietes, das bei Eisbedeckung seinen Untergrund wenig abkühlen könnte, kaltes Wasser in die Tiefe sänke. Es drängt sich so, wenn man zu paläoklimatologischen Zwecken das Problem der ozeanischen Wärmeverteilung auf breiterer Basis, als dies bei der gewohnten Ableitung des reinen Seeklimas der Fall ist, zu betrachten sucht, die Frage auf, inwieweit, wenn die Tropenmeere nicht selbst schon durch eisbedeckte Polarhauben thermisch beein- flußte wären, bei dem den Strahlungsverhältnissen entsprechenden zonalen Wärmegefälle die Poltemperatur auf einer Wasserhemi- sphäre sich über den ihr im Seeklima gebräuchlichen Sinnes zuge- messenen Wert erhöbe. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl,, Abt. I, 131. Bd 13 154 F. Kerncr-Maiilaun, Ein solches nichteisbürtiges »akryogenes« Seeklima wäre aber noch als ein von horizontalen und vertikalen Ausgleichsströmungen beherrschtes anzusehen und nicht als jene Abstraktion eines völlig konvektionsfreien Seeklimas, wie es Zenker theoretisch bestimmt hat. Für die Berechnung des im vorigen begrifflich festgelegten Klimas sind aber naturgemäß wie bei jeder Ableitung einer zonalen Temperaturverteilung mittlere, von abkühlenden und erwärmenden Einflüssen möglichst freie Wassertemperaturen zu verwenden. Berechnung des akryogenen Seeklimas. Am ehesten möchte man hoffen, in den windstillen Zentren der subtropischen Stromkreise konvektionsfreie Meerestemperaturen zu finden. Der Unterschied zwischen Nord und Süd sollte hier auf einen der StrahlungsdifTerenz (in gleicher Breite) entsprechenden Betrag beschränkt sein. Bestimmt man aber aus den Isothermen- karten der Deutschen Seewarte-Atlanten die mittleren Jahrestempera- turen für jene Stillengebiete, so ergibt sich folgendes Bild: N. A. N. P S. A. S. P. Februar . . Mai , August . . . November Jahr Nord Atlantik Nord Pazifik . Süd Atlantik . Süd Pazifik. . 20-4 21-9 26-7 23-4 23-1 18-9 22'4 26-2 23" 2 22-7 24' 2 20-6 17-3 18-7 20-2 21-9 19-7 17-7 19-3 19-7 . Mittel aus 45, 50 und 55 W. L. v. Greenw. » » 160, 165 » 170 E. L. v. Greenw. » » 15, 20 » 25 W. L. V. Greemv. » 125, 130 » 135 W. L. v. Greenw. Man könnte geneigt sein, diesen Sachverhalt in gewohnter Weise aus dem Übertritt warmen Wassers aus den Süd- in die Nordtropen herzuleiten. Schon dann läge es nahe, die Temperatur in 30° S. als unternormal zu betrachten und als konvektionsfreien Normahvert den arithmetischen Durchschnitt aus Nord und Süd anzusehen. Die Bedingungen für eine große positive thermische Anomalie sind aber erst polwärts von 40° Nordbreite gegeben, da die Warmwasserströme um die westliche Hemiperipherie der sub- tropischen Pleiobare herumziehen. Es wäre seltsam, daß der durch das vorerwähnte Strömungsphänomen bedingte Temperaturüberschuß schon dort, wo er am geringsten sein muß, 3° betragen sollte und daß er im Pazifischen Ozean fast so groß wäre wie im Atlantischen, Das aki'vogcne Seeklima. 155 obwohl doch die Warmwasserzufuhr im Verhältnis zur zu heizenden Fläche im Nordteile des letzteren viel größer ist. Diese Umstände sprechen dafür, daß die konvektionsfreie Normalwärme in 30° Gleicherabstand eher im nördlichen als im südlichen Stillen Ozean zu suchen sei. Der nordpazifische Ozean ist das einzige Weltmeer, das keine Abkühlung durch an seinen Küsten gebildete Eisberge erfährt. Daß im nordatlantischen Ozean eine solche vorhanden, be- dingt es, daß dort trotz stärkerer Wärmezufuhr die Temperatur im Stillenzentrum nur wenig höher ist als im pazifischen Weltmeere. Daß die Temperaturen in den Stillen der Südozeane einander ähn- lich sind, ist noch kein Beweis ihrer Normalität. Sie können unter analogen Bedingungen auch in ähnlichem Maße herabgedrückte sein. Es empfahl sich, diese Erwägungen rechnerisch zu begründen. Positive Konvektionswirkungen in den Zentren der subtropischen Stillen mögen an erster Stelle vom Verhältnis der Passattriftfläche zur Zonenfläche zwischen 20° und 40° abhängig sein. Je größer die Wassermasse, die sich am Westrand eines subtropischen Hochs zum subpolaren Wirbel hinaufdrängt, desto wahrscheinlicher dünkt es, daß auch das Zentrum der Stille von der Bewegung miterfaßt wird, Stromfäden von Westen her in dasselbe abkurven, insoweit nicht eine Querschnittsverbreiterung durch eine Strombeschleunigung wettgemacht wird. Die Abkühlung des Oberflächenwassers in den Stillen dürfte — soweit sie durch das Bodenwasser subantarktischer Herkunft bedingt wird — dem mit wachsendem Abstände von der Ursprungs- stätte sich vergrößernden abyssischen Verbreitungsgebiete dieses Wassers verkehrt proportional sein — insoweit sie aber von den oberflächlichen Polarströmen herrührt, die sich teils mit den West- windtriften mischen, teils unter sie hinabtauchen — vom Arealver- hältnis der in höhere Breiten reichenden Meeresteile zur Zonenfläche zwischen 40° und 50° abhängen. Man kommt so zu einem Ausdruck von der Form t = M+A^—B — — C—, u in in welchem M die von aller Konvektion befreite Temperatur, A, B und C Konstante sind und überdies folgende Flächenbezeichnungen platzgreifen: p Passattrift (Äquatorialströmung). 5 Zone zwischen 20° und 40°. V Vorgürtel der Antarktis südlich von 50° S. w die von der Isobathe von 2000 M eingeschlossene, sich von 40° S. südwärts, beziehungsweise bis 40° N. nordwärts aus- dehnende Fläche. z die Fläche polwärts von 50°, also auf der Südhalbkugel z ■= V. 111 die Zone zwischen 40° und 50° (Westwindtrift). 15() !•". Ke rncr-M aril am Als Werte von s, c und /// wurden zumeist die von Karstens, zum Teil (in in den vSüdmeeren) die von Krümme! erzielten ge- wählt. Als Werte von p nahm ich die aus den Flächenmessungen dieser Forscher von mir bestimmten (Geographische Analysis der ozeanischen Temperaturen am 45. Parallel; diese Sitzungsber., IIa, 1920). Zur seitlichen Begrenzung des Areals des schon sehr niedrig temperierten Tiefenwassers schien die Isobathe von 2000 M gut verwendbar, da in deren Bereich die Temperatur ja größtenteils schon unter 3° liegt. Als Nordgrenze dieses Areals, beziehungs- weise als Breite, in welcher kaltes Tiefenwasser durch Vertikal- konvektion aufsteigt, ergab sich der 40. Parallel, auf welchem der rückläufige Ast des .subtropischen Stromkreises beginnt. Die so für das besagte Areal zu nehmenden Werte wurden aus den Isobathenkarten der Deutschen Seewarte-Atlanten unter Rücksichtnahme auf die Breitenkreisverjüngung nach der Trapez- methode von mir bestimmt (in Quadratkilometer) N. A. N. P. S. A. s. P. 59.600 135.955 11.115 20.740 V ^ert von - im Süd Atlantik wurde 11 um \/^ vermindei't, weil dort die Küstenstrecke, längs welcher ein starker Wasser- auftrieb erfolgt, nicht von 40 bis 20°, sondern nur von 35 bis 20° reicht. Die so erzielten Werte der Variablen nebst den genauen Werten \-on / sind: t P s V jn Nord Atlantik Xorei l^aziiik Süd Atlantik Süd l'aziük 23-07 22-68 20-22 1 9 - 65 1-040 0 - 006 0-416 0-337 0-184 0-131 0-730 0-S61 1-042 1-033 1-473 1-613 Hieraus berechneten sich die Konstanten M = 22 • 742, .4=1- 55 1 , ^ = 2 • 805, C=0- 743 und ergab sich bei Kürzung auf zwanzigstel Grade die Gleichung / = 22 • 75+ 1 • 55 -"" — 2 • 80 ^ 5 n 0-75 m Die Gleichung besagt, daß sich die bis in das Gebiet der Stillen vordrängenden erwärmenden und abkühlenden Einflüsse im Zentrum der nordpazifischen Pleiobare ausgleichen. Eine auf einfache Das akiyogeiie Seeklima. lo7 thermogenetische Annahmen gestützte Rechnung bestätigt somit das durch Erwägungen gewonnene Resultat. Da nach Koppen der Überschu(3 der Wassertemperatur über die Luftwärme in den Tropen und Subtropen 0-2 bis 0*3 beträgt (im Nordatlantik zwischen 20° und 50°, im Mittel 0-'24), kann die mittlere Jahrestemperatur der Luft am 30. Parallel im akryogeiien Seeklima zu 22 'ö gesetzt werden. Zenker hat wohl ein Verfahren aufgezeigt, die Temperatur- verteilung im reinen Seeklima auf Grund nur einer durch Messung gewonnenen Parallelkreistemperatur zu ermitteln, sofern die Thermik des reinen Landklimas auf Grund von Beobachtungen an zwei hochkontinentalen Stationen in verschiedenen Breiten schon bestimmt ist. Abgesehen davon, daß dieses Verfahren aber nicht ganz vorteil- haft erscheint, ist die Festlegung einer zweiten empirischen Normal- temperatur im reinen Seeklima noch nötig, weil man einer solchen bei den verschiedenen anderen Berechnungsweisen bedarf und die Anwendung mehrerer solcher Methoden zwecks gegenseitiger Kon- trolle ihrer Resultate sehr geboten ist. Als Fundort eines zweiten Normalwertes der Seeklimatem- peratur kommt im Rahmen dieser Untersuchung der Äquator in Betracht, der von Zenker als solche Fundstätte gerade zu meiden war. Schwankt doch die Mitteltemperatur auf ihm in weiten Grenzen und ist es da sehr schwer, die als normal zu wertende heraus- zufinden, was aber nötig, weil von ihrer richtigen Wahl der Erfolg der ganzen bis zum Pole vorzutragenden Extrapolation abhängt. Im Rahmen dieser Untersuchung fällt die Wahl auf die Höchst- werte der mittleren Wasserwärme im ostindischen Archipel, da sie die durch ausklingende Fernwirkung der Antarktis am wenigsten berührten sein mögen, andrerseits aber auch nicht als durch das benachbarte Land erhöhte deutbar sind. Man kann da etwa 29° als obere Grenze des Jahresmittels annehmen. Die Luftwärme liegt da, wie Koppen und Seemann gezeigt haben, im Spätsommer und Herbst erheblich, stellenweise bis zu 3° unter der Oberflächen- wärme des Wassers. Es handelt sich dabei aber um Ursachen, die in einem inselfreien Tropenozean wohl nicht in gleich hohem Maße erwüchsen. Da das Phänomen zudem auf einen kleineren Teil des Jahres beschränkt bleibt, wird man keinen zu geringen Temperatur- abstrich vornehmen, wenn man 28*25 als Jahresmittel der Luft- wärme am Gleicher im akryogenen Seeklima ansetzt. Von den Bestimmungsweisen der zonalen Temperaturverteilung auf Grund zweier durch Beobachtung gewonnener Parallelkreis- temperaturen sei zunächst die von Liznar^ mitgeteilte angewandt. Sie nimmt — sich auf das Gesetz von Stefan stützend — die an der oberen Grenze der Lufthülle zugestrahlten Wärmemengen als Grundlage der Berechnung und meidet so die Unsicherheit, welche 1 Berechnung der Mitteltemperaturen der Breitenkreise aus den an der Grenze der Atmosphäre zugestrahlten Wärmemengen. Met. Zeitschr., 1900. Jänner, p. 30. 158 F. K e r n e r - M a r i 1 a u n , aus der schwankenden Bestimmung der bis aut den Grund der Atmosphäre gelangenden Wärmemengen erwächst. Bei Einsatz der vorhin lür cp = 0 und cp = 30 gewonnenen Temperaturen und der zugehörigen Werte der von Wiener bestimmten Relativmengen der Strahlung (30532 und 26832) in die Formel: A'T^ = Jj— C, in welcher T die absolute Temperatur bedeutet, erhält man für die Konstanten die Werte: ^' z= 60855X10-1" und C = -19570 und sodann mittels der Gleichung: 60855 die folgenden Temperaturen: 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 28-25 27-6 25-7 22-5 18-1 12-5 6-1 0-5 - 2-3 — 3-2 Bei Annahme einer Äquatortemperatur von 28*0 nehmen die Konstanten die Werte .4' = 63378X10-1" und C = —21494 an und ergibt sich als zonales Wärmebild: 0 10 ; 20 30 40 50 60 70 80 90 28-0 27-4 25-5 22-5 18-3 13-0 6-8 ..5 — 1-2 — 2-0 Setzt man für .// an Stelle der Relativwerte Wiener's die von Meech bestimmten Thermaltage ein, so erhält man als Kon- stanten: A = 72763x10-12 und C = —233-76. Die bei Einführung dieser Werte erzielten Temperaturen stim- men mit den obigen bis in die dritte Dezimale überein. An zweiter Stelle kommt von den Methoden zur Bestimmung des zonalen Wärmebildes die von Zenker^ in seiner Notiz über 1 Über solare Temperaturen. Met. Zeitschr., 1896, Sept., p. 361, Das akryogene Seeklima. 159 solare Temperaturen aufgezeigte in Betracht. Auch sie stützt sich auf das Gesetz von Stefan, wählt aber die am Grunde der Luft- hülle anlangenden Wärmemengen als Basis für die Berechnung. Zenker wandte diese Methode nur für die Bestimmung des reinen Landklimas an. Versucht man es, sie zur Ermittlung des reinen Seeklimas zu verwerten, so verliert die Größe 4 allerdings ganz die Bedeutung, ein Ausdruck für die »Temperatur des Weltraumes«, beziehungsweise für die »in den äußersten Atmosphärenschichten herrschende, infolge der inneren Erdwärme auf ihre Höhe gebrachte Temperatur« zu sein, eine Auffassung Zenker's, gegen die Pernter^ ohnedies Stellung nahm. r,-27 o hat dann nur die Bedeutung Die Temperaturzahl t^ einer Rechnungsgröße. Setzt man die für den Gleicher und für den 30. Parallel ge- wonnenen Temperaturen und die zu ihnen gehörigen Strahlen- mengen Y (25394 und 21706) in den Ausdruck Y^ ji n ein, in welchem T wieder die absolute Temperatur bedeutet, so erhält man als Konstantenwerte: ^ = 60659X10-10 und 7^. r= 252-21 und sodann mittels der Formel T^ — 60659 .-1010 + 40466.10^ folgende Temperaturen, denen die für eine Gleichertemperatur von 28*0 mit den Konstanten .4 = 63173X10-10 und T^. = 254-41 erzielten sogleich angereiht seien (T/.:^ =r 41891 . 10^). 10 30 40 50 60 80 90 28-25 28-0 27-6 27-4 25-7 , 22-5 25-5 22-5 18-1 18-3 12-6 13-0 6-3 7-0 0-6 1-6 -1-3 —3-0 — 1-8 Ein dritter Weg zur Bestimmung der Breitenkreistemperaturen wurde von Zenker in seinem großen Hauptwerke- gewiesen. Er 1 Met. Zeitschr., 1896, April, Literaturbericht. - Der thermische Aufbau der Klimatc. Halle 1895. 1 60 F. K e r n e r - M a r i ! a u n , folgt dem Dulong-Petit'schen Strahlungsgesetz, das aber bei Zenker nicht in seiner ursprünglichen Schreibart: sondern in der der besonderen Verwendungsvveise angepaßten Form YC = a'^—a^ erscheint, wobei a die von Dulong und Petit zu 1-0077 bestimmte Konstante ist (log. Brigg :rz 1:300), t= '8-+/ die Temperatur des erkaltenden Körpers, K=l^^ die Temperatur der Hülle bedeutet und C alle anderen konstanten Einflüsse in sich faßt. Auch hier legte Zenker die nach dem Durchgang der Sonnenstrahlen durch die Lufthülle sich ergebende solare Wärmeverteilung zugrunde. Er be- stimmte die Konstanten C und K für das reine Landklima und dann unter Beibehaltung der für K gefundenen Zahl durch Einsatz der Werte von Y und - für den konvektionsfreien 30. Parallel die Kon- stante C für das Seeklima. Die dann für die übrigen Breitenkreise erzielten Werte von z schienen ihm den ozeanischen Konvektionseinfluß voll aufzuzeigen. Die positive Konvektion ergibt sich da aber — polwärts wachsend — für die hohen Breiten als unverhältnismäßig groß. Hierin spiegeln sich die besonderen Verhältnisse der Jetztzeit wieder. Bei der Suche nach einer theoretischen Wärmeverteilung, die kein Spiegelbild der heutigen Sachlage sein soll, empfiehlt es sich daher, die vor- angeführte Formel auch für das Seeklima so, wie es Zenker für das Landklima tat, zu benutzen, wobei dann freilich die Größe K auch wieder die ihr von Zenker zugedachte Bedeutung verliert. Setzt man die früher für '^ = 0 und 'i> zzz 30 angenommenen Strah- lungsmengen und Temperaturen für Y und r ein, so bekommt man als Konstanten werte: C= 14544X10-9 und .^^^^ = 0-87281 und dann mittels der Gleichung 1-0077^ — 14544X10 -'■• y+O- 8728] folgende Temperaturen : 0 10 2iJ Hu 40 ."lO 1)0 70 SO ttu 28-25 27-6 20-7 22-.") 18- t 12-7 (VO \^^^ — T.j —2-0 Das akiyogcne Seeklima. 161 Bei Annahme einer Gleichertemperatur von 28-0 werden mit den Konstantenvverten C— 1 395 1 X 1 0 - ^ und ^7^^' — 0 • 88568 nachstehende Temperaturen gewonnen : 0 1») 2w 30 40 öi» Gn 70 —Alian) — Bd''[, 172 !'"• K'ciT. er-M ai'i 1 aun. in welchem <)■ die Höchsttemperatur, welche auf dem Meridian des betrachteten Punktes beim Mangel erkaltender Einflüsse auftreten würde, bezeichnet, y die Südwärtserstreckung des Landes auf diesem Meridian, d den Abstand desselben vom mittleren Meridian der Westküste des Kontinents ausdrückt und 7. ein landbedecktes Bogenstück der Umrandung des Polargebietes ist. A und B sind konstante Faktoren. 7 ist soweit südwärts zu nehmen, als die Breitenerstreckung des Landes für die Höhe der subpolaren winterlichen Antizyklone belangreich erscheint. Es wurde da als Grenze zunächst der 35. Par- allel angesetzt und später der 32. in Betracht gezogen. Für den Exponenten c der Größe d komnit zunächst der Wert -— in Frage. Zur Aufstellung des zweiten negativen Formelgliedes wurde die Kältewirkung eines landbedeckten Zehngradbogens des 70. Parallels (Nordrand des Festlandsringes) der Quadratwurzel seiner mittleren Entfernung von der nächsten Festlandslücke proportional gesetzt und als Gesamterkaltung die Summe der von dem vom Meridian des betrachteten Punktes halbierten Halbkreis ausgehenden Einzel- wirkungen angenommen, so daß sich für den Nullmeridian (Mitte der 4 Zehngradbögen breiten atlantischen Lücke) der Wert 2X(1+ v/2 ... + \rf), für den gegenüberstehenden Meridian der Wert 2x(v'8-f- \/^) + ... \/l6) ergibt. Während das Kontinentalglied schon für die über einer schmalen Lücke des subpolaren Festlandsringes liegenden Punkte des 75. Parallels = 0 wird, sinkt das Separationsglied erst bei Aus- weitung einer solchen Lücke auf den halben Kreisumfang (und Reduktion der Landumgürtung auf einen Halbring) für den im Halbierungsmeridian der Lücke gelegenen Punkt auf Null herab. Es entspricht dies dem Umstände, daß das örtliche Maximum der Jännertemperatur über der atlantischen Lücke nur ungefähr der Mittwintertemperatur im reinen Seeklima des 75. Parallels gleich- kommt, obschon die Golftrift eine große örtliche Erhöhung über diese Temperatur bedingen muß. Es möchte sinngemäßer dünken, die früher genannten Einzel- wirkungen mit beiderseits vom Mittelmeridian abklingendem Gewicht einzusetzen; dann sollte aber auch die durch die Breitenerstreckung des die Arktis umgürtenden Landes bedingte Erkaltung nicht bloß durch den Wert dieser Größe im Meridian des betrachteten Punktes, sondern durch einen mit Einbezug der \'erhältnisse in der beider- seitigen Nachbarschaft gewonnenen Mittelwert Ausdruck finden. \'erfeinerungen solcher Art gingen aber auf Kosten der erstrebten Das akrynocnc Seeklima. 173 Einfachheit der aufzustellenden Formel. Die durch das oben genannte Verfahren bestimmten Werte von S (a„) =r S (Separationsglied) und die Werte von \/d . '( = A' (Kontinentalglied), welche bei weit- gehender graphischer Ausgleichung der Winkelwerte von 7 erzielt wurden — wobei d und y in Zehngradlängen gemessen sind — enthält, auf eine Dezimale gekürzt, die folgende Tabelle. A. .s" A" / /' / — /' 10 E V. Gr. 27 1 0 0 — 8 9 — 9-0 +0-1 20 27 1 0 5 — 9 8 — 10-0 -^0-2 30 28 6 1 1 — 11 0 -11-0 0-0 40 29 9 2 1 — 12 8 -13-0 -^0-2 50 31 ( 4 2 — 16 1 -16-0 —0-1 60 33 9 1 4 —20 8 —21-0 +0-2 70 36 6 0 8 —25 0 —25-0 0-0 80 40 5 11 4 —29 0 -29-0 0-0 90 44 5 12 4 —32 5 — 32-U —0 • 5 100 48 5 12 6 —35 0 -34-5 —0-5 110 52 3 12 0 —36 t —36-0 -0-7 120 55 1 10 9 —37 2 -37-0 — U-2 130 57 3 10 0 —37 5 —37-5 0-0 140 59 0 8 t —37 1 -37-0 —0-1 150 60 3 6 4 —35 4 -36-0 ^0 • 6 160 61 3 4 6 —34 2 -34-5 ^-0-3 170 61 8 3 6 —33 •4 —33-5 -+-0-1 180 62 0 2 9 -32 i —33-0 ^0-3 170 W 61 8 2 5 —32 3 -•-32-5 +0-2 160 61 3 3 5 —32 9 —33-0 ^-u-1 Bei dem der Formel aufstellung zugrunde gelegten Gedanken- gang schloß es sich aus, dem Umstand, daß die Jännertemperaturen auf dem 75. Parallel tief unter dem Gefrierpunkt des Salzwassers liegen, durch Bemessung der Werte von 7 bis zu diesem Parallel Rechnung zu tragen, entsprechend der thermischen Wirkungsweise der zwischen ihm und dem Nordufer Eurasiens gelegenen eis- bedeckten Meeresflächen wie Kontinentalflächen. Jene tiefen Winter- temperaturen und die durch sie bedingte Meereisbildung sind ja als Folgezustand der Landumgürtung des Polarbeckens aufzuzeigen. Bei Einsatz der aus 20 Bedingungsgleichungen erhaltenen Kon- stantenwerte erhielt ich als Analysenresultat die Formel t = 7- 204—0 • 595 S— 1 • 06 1 K. Die aus dieser Gleichung sich ergebenden Jännertemperaturen sind in der vorstehenden Tabelle angeführt und mit den beob- achteten (/') verglichen. 174 F. ]\erner-M ai-ilaun, Die Formel gibt die Beobachtungen mit einem mittlem Fehler von nur ±0*22, einem größten von +0*69 und einem Verbleib von 70% der Fehler unter 0*25 wieder. Das positive Formelglied bezeichnet die höchste Erwärmung, welche am betrachteten Punkte beim Fehlen jeder Erkaltung durch benachbartes Land unter dem (dann an den Bestand eines meri- dional gestreckten Inselzuges von verschwindender Breite geknüpft zu denkenden) Einflüsse einer lauen Trift von der Stärke der Golf- trift auftreten würde. Zurzeit bedingt diese Trift im Winter in 50° Breite eine Temperaturerhöhung um 7 '6°, in 60° Breite eine solche um 8 "8° über die ozeanische Durchschnittstemperatur im Südpazifik. Hiernach ergäbe sich (bei sonst gleichen Umständen) bei einer dem Breitensinus entsprechenden Zunahme für den 75. Parallel eine Er- höhung um 10 "0° über die Temperatur eines realen Seeklimas in dieser Breite. Eine Höchsttemperatur von 7*2 erwüchse dann aus einer Seeklimatemperatur von — 2 '8, einem Werte, der innerhalb des für das akryogene Seeklima des Winters am 75. Parallel in Betracht kommenden Spielraumes liegt. Als mittlere Jahrestemperatur auf diesem Parallel erhält man nach der I. Methode, wenn für Y nach Wiener 1364, nach Meech 163 "2 gesetzt wird, — 1"2. Die nur für zehnte Breitengrade mit- geteilten Strahlenmengen am Grunde der Atmosphäre kann man für den 75. Parallel zunächst aus den Differenzen gegen die Strahlung an der oberen Grenze der Lufthülle in 70° und 80° interpolieren und findet dann y= 1364—^(515-4-501) = 856. Mit diesem Werte erhält man nach der II. Methode genau wie nach der ersten log J-^ m 9 • 5457 (also / = — 1 " 2), nach der III. Methode t z^ —0-35, wogegen die Strahlungsdifferenzrechnung + 2*0 ergibt. Leitet man den Wert von Y für den 75. Parallel aus der Formel (Y,-Y,,) = (Y,~Y,,) cos ""^ ab, für welche ich durch Ausgleichsrechnung w := 3 • 08 1 2 — 1 • 5690 cos 'l-- 'f fand/ so wird Y == 852. Bei Einsatz dieser Zahl erwachsen für / in gleicher Reihenfolge die Werte — 1-3, — 0*4 und +1-9. Für die ozeanische Jahresamplitude am 75. Parallel liefern die Irüher mitgeteilten Formeln die Werte 7'0 und 7*2. Die Berechnungs- grenzen der Jännertemperatur in 's z=: 75° im akryogenen Seeklima sind sonach — l'O und --4-8. Zwischen diesen liegt der aus der 1 Zur Kenntnis der zonalen Würmciinderun.ü; im reinen Land- und Seeklima. Diese Sitzungsber., IIa, 1010. I.Heft. Das akryog'cnc Seeklima. 1 / O Temperatuiformel für den 75. Parallel abgeleitete Wert —2-8 ziem- lich in der Mitte. Es zeigt sich somit, daß bei der geographischen Ana- lyse der Wintertemperatur auf einem mittleren arktischen Parallel als thermischer Ausgangspunkt, von dem ab die erwärmenden und erkaltenden Einflüsse zu rechnen sind, eine dem akryogenen Seeklima entsprechende Temperatur zum Vorschein kommt. Dies scheint die Ableitung dieses Klimas als einer geeigneten Grundlage für palaeoklimatische Untersuchungen zu rechtfertigen. Das seitliche Abklingen des durch eine laue Trift veranlaßtcn Wärmeüberschusses über die Temperatur im reinen Seeklima kommt nicht in der Minderung eines variablen positiven Gliedes zum Aus- druck; es erscheint in der Formel durch ein rascheres Wachstum ■des Separationsgliedes ersetzt, jedoch nur so lange, als der Trift- einfluß durch relativ schmale Lücken in einem subarktischen Fest- landsringe erfolgt, ein Sachverhalt, der allerdings auch in der Vor- zeit oft bestanden zu haben scheint. Bei meiner vor 12 Jahren angestellten Betrachtung^ über die thermischen Vorzeitprobleme der Arktis wurde das seitliche Abklingen der Wärmewirkung der Golf- trift durch empirische Formeln dargestellt, der erkaltende Landein- fluß aber als konstante Größe betrachtet. hl der Westhälfte des 75. Breitenkreises findet die geographische Temperaturanalyse noch zwei Probleme vor, den thermischen Ein- fluß der lauen nordpazifischen Trift und den thermischen Einfluß Grönlands. Obschon die Beringstraße klimatisch als Unterbrechung des subarktischen Landringes nicht wirksam wird, zeigen sich in den amerikanischen Längen doch nicht jene tiefen Kältegrade, welche den Quadratwurzeln ihrer über Ost gemessenen Abstände von der Westküste Norwegens entsprächen. Es ist dies die Folge der durch die Kordilleren allerdings geschwächten Wärmewirkung der genannten lauen Trift auf das nordamerikanische Festland. Die aus ihr erwachsende Verringerung des erkaltenden Einflusses dieses Landes im Winter auf den 75. Parallel läßt sich durch eine sprung- hafte Minderung des Kontinentalitätsfaktors d auf die Hälfte seines Wertes darstellen. Soweit die Jännertemperaturen auf jenem Parallel durch die im Kontinentalglied vereinten Einflüsse bedingt sind, er- scheinen sie so, als würden sie sich auf Meridianen entwickeln, die von der Westküste Norwegens nur halb so weit ostwärts lägen. Durch Ausprobung ergab es sich als das passendste, in 130° W, wo d, fortlaufend von 10° E ab gezählt, den Wert 22 erreicht, die Zählung mit 12 neu zu beginnen. Es entspricht dies einer Rück- versetzung auf den Meridian von Jakutzk. Man erhält dann — für 1 Klimatogenetische Betrachtungen zu W. D. Matthew's H3'pc)thetiea! üutlines •of the continents in tertiary times. Verhandl. d. Geol. Reichsanstalt. 1910, Nr. 12. 176 F. K e r n e r - M a r i 1 a u n , A 13= 150 und 140 die frühere Zählung noch beibehaltend — wenn die Werte von y wiederum eine genügende graphische Ausgleichung erfahren, für die Jännertemperaturen ober dem nearktischen Archipel folgende Reihe: /. 5 K / 1 /' /— /' 13Ü W 60 3 5-4 » —34-4 —34-5 -^0-1 140 59 0 6-9 — 35-2 —35-5 -+-0-3 13U o< 3 7-6 --35 -0 —36-0 ^1-0 120 55 1 10-8 —36-7 —36-5 —0-2 110 52 3 12-3 —37-0 —36-5 —0-5 100 48 5 13-6 —36-0 —36-0 0-0 90 44 5 14-4 —34-5 —34-5 0-0 80 40 5 14-4 32- 2 —32-0 —0-2 70 36 6 12-7 —28-1 —29-0 +0-9 Die Durchquerung Grönlands durch den 75. Parallel erheischt die Hinzufügung eines dritten negativen Formelgliedes, welches die erkaltende Wirkung von polwärts gelegenem Land aufzeigt (Spitz- bergen und Franz Josephs-Land geben bei ihrer geringen Ausdehnung zu solcher Berücksichtigung noch keinen Anlaß). Werden für die grönländischen Meridiane in der bisherigen Art das Separations- und Kontinentalglied bestimmt, so ergeben sich als Erkaltung polarer Herkunft die im folgenden unter r' stehenden Werte. Um sie darzustellen, kann man wieder — wie bei der Ana- lyse der aus dem Süden gebrachten Erkaltung — das Produkt aus der Erstreckung des Landes im Meridian des betrachteten Punktes '/ (ausgeglichene Werte) in eine vom Küstenabstande desselben ab- hängige Größe nehmen. Als solche wurde bei dem annähernd sym- metrischen Bau des grönländischen Kälteherdes die Summe der beiderseits des betrachteten Punktes bis zu einem Abstand von 20° gegebenen Landbedeckungen (b) eingesetzt und mit dem Ex- ponenten ^2 versehen. Die so aus fünf Bedingungsgleichungen erhaltene Formel T z= —1-633/7, in welcher p = s/ b.'(', liefert dann folgende Werte: 60 ')>) 4n Ol) 20 12-4 17-8 24-8 21 • 2 14-4 12-2 17-2 25-0 21-7 14-2 Für die Jännertemperaturen am 75. Parallel in den Meridianen von Gr<)n!and ergibt sich dann folgendes Bild: Das akrvoü-ene Seeklima. t I 60 W 50 40 20 5 ;n-7 29-'.> 28 Mi 2 • 2 .■3-4 5-U 3-3 p 7-n 10-0 1 .") • 2 13-() 8-8 27-() -37) -5 -40-8 -34-5 /— /' 27-3 - -1 ) 1 34 • r, --1 0 41 -0 -t-0 •; :55m) -hO t) 27--7> — 0 9 Die Berechtigung dazu, auch die Temperaturen des Jänner auf einem Grönland querenden Parallel als Funktion der Land- bedeckung darzustellen, leitet sich davon her, daß sich auf Alohn's Karte die Isothermen dieses Monats in geradezu auffälligem Maße der grönländischen Küste anschmiegen, ja sogar das Gebiet der Erkaltung unter — 40° von jenem um den Nordpol getrennt er- scheint. Man wird diese angesichts des Umstandes, daß im Winter die Meeresflächen rings um die Nordhälfte Grönlands weithin wie Kontinentalflächen wirken, seltsame Sachlage dahin deuten, daß hier die gewohnte Reduktion der Temperaturen auf den Meeresspiegel — ähnlich wie bei der armenischen Kälteinsel — den thermischen Einfluß der Seehöhe noch nicht ganz zum \'erschwinden bringt. Es ginge wohl nicht, zur Darstellung reduzierter Temperaturen ein Formelglied mit der Vertikalkomponente des thermischen Klimas als Variablen einzuführen. Bei der Vergleichbarkeit Grönlands mit einem flach gewölbten elliptischen Schilde trifft es aber ungefähr zu, daß die Längsachse über die Rückenfläche hinzieht und so eine Gleichung, welche die in jener Achse gelegenen Punkte als die kältesten aufzeigt, gleichsam auch den Einfluß der Seehöhe mit zum Ausdruck bringt. Palaeoklimatologische Anwendungen. Entsprechend ihrer Ableitungsart ist die vorhin erhaltene Wärmeformel dazu verwendbar, die Wintertemperaturen in einer wasserbedeckten Arktis bei verschiedenen Land- und Meerverteilungen im subpolaren Gürtel unter der Annahme zu beurteilen, daß statt- findende Wärmezufuhren der durch die Golftrift bedingten analog wären. Zunächst lohnt es sich, die Wärmeverteilung für ein Erdbild zu berechnen, das einen gleich dem heutigen breitgestreckten, aber an mehreren Stellen unterbrochenen subarktischen Festlandsring aufweist. Bei dem Bestände eines solchen erführe die aus der Ab- gliederung des Polarbeckens erwachsende Erkaltung eine mäßige Abnahme, die durch die meridionale Landentwicklung mitbedingte eine stärkere Einbuße, da auf in W — 0-Richtung verkürzten Kon- tinenten die Kontinentalität eine geringere wäre. 178 F. K e r n e r - M a r i I a u n , Als Kartengrundlage für die palaeothermale Synthese eignet sich da die von Matthew entworfene Umrißzeichnung der Fest- länder im Mitteleozän, die — • im Gegensatz zu den Darstellungen anderer Palaeogeographen, die für jene Zeit auch nur eine Ver- bindung des Polarbeckens mit dem Weltmeer annehmen — drei klimatisch wirksame Unterbrechungen der Landumgürtung jenes Beckens ausweist. Eine vierte, der Davisstraße entsprechende Lücke in dieser Umgürtung hätte wohl — obschon sie auf Matthew's Karte eine offene Verbindung mit der Arktis schafft — als Zufuhr- straße lauen Wassers nur wenig Bedeutung erlangt. Sie blieb darum bei der Bestimmung des Separationsgliedes außer Betracht und wurde nur durch Neubeginn der Zählung von d, für das sich für die Jetztzeit in 60° W der Wert 19 ergab, in Rechnung gestellt. Der besagte Kartenentwurf ist deshalb mehr als andere Ent- würfe, die auch ein sich mit drei Toren öffnendes Polarbecken zeigen (Diener, Skythische Stufe; Kossmat, Neokom, u. a.), ge- eignet, als Grundlage für eine palaeoklimatologische Anwendung der erzielten Formel zu dienen, weil sich auf ihn das konstante Glied dieser Formel besser übertragen läßt. Der thermische Einfluß der atlantischen Lücke kann dem heutigen analog gesetzt werden, da die Umrißlinien des Atlantischen Ozeans, die für diesen Einfluß maßgebend sind, auf ALatthew's Karte den heutigen gleichen. Betreffs des indischen Stromes kam ich in meiner Arbeit von 1910 auf Grund einer angestellten Erwägung zur Annahme, daß er eine \^•enigstens ebenso kräftige Wärmequelle wie der Golfstrom sein konnte. Die pazifische Lücke hätte auch einen ihrer Breite ent- sprechenden erwärmenden Einfluß ausüben können, da ja der zum Durchtritt durch sie in Betracht gekommene Teil der nordpazifischen Trift — weil von SO herankommend — mit dem rückläufigen kalten Strom nicht, wie jetzt der Golf mit dem Labrador, unter rechtem Winkel zusammenstieß. Auch der Umstand, daß bei der geplanten Temperatursynthese das dritte negative Formelglied nur mit seinen heutigen Werten einzutreten braucht, ist günstig, weil dasselbe — den Besonder- heiten der Nordhälfte Grönlands angepaßt — zur Darstellung des erkaltenden Einflusses von anders gestaltetem, über den 75. Parallel hinaufreichendem Land nicht gut geeignet scheint. Die folgende Tabelle bringt das Resultat der Temperatursyn- these für die in Rede stehende Rekonstruktion. S und K haben die- selbe Bedeutung wie früher, für k = 60 — 20° W kommen als Variable noch die früher angeführten Werte von p hinzu. /(■ ist — im Rahmen der Anwendbarkeit der erzielten Formel — die der besagten Rekonstruküon entsprechende (morphogene) Jännertem- peratur am 70. Parallel, tc — t' ist die durchaus positive Differenz gegen die Jetztzeittemperatur (ausgeglichene Werte nach Mohn), die hier nochmals anzuführen erspart wurde, a ist die Abweichung der tc vom Mittelwert, welcher sich zu — 13-45 bestimmt. Für /,. auf X z= 10 W wurde ein ausgeglichener Wert eingesetzt. Das akryogcnc Seeklima. 179 t—t' e 0 10 E 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 170 W 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 19 18 17 17 17 17 18 19 20 21 21 20 20 2(_) 20 22 25 27 29' 30 31 31 31 30' 30 29 27 26 26 27 28 28 27 25 23 21 9 9 1 6 2 5 2 4 2 7 1 4 9 9 9 9 4 4 6 6 4 0 0 1-6 2-8 3-1 2-8 4-5 0 0 •1 •4 •3 ■4 •8 '•1 •0 •1 •4 •8 •0 0 0 0-8 1-6 2-4 4-6 8-3 8-8 8-7 9-3 8-7 0 • 5 1-7 1-9 1-4 0 • 9 0 — 4-3 — 5-2 — 6-1 — 0-3 — 6-1 — 8-2 — 3-8 — 4-2 — • 7 • 5 — 11-3 — 13-4 — 13-2 — 13-1 — 10-3 — 9-5 — 9-7 — 10-3 — 12-2 — 11-3 — 10-9 — 11-4 — 12-3 — 13-0 — 13-6 — 15-6 — 19-0 — 18-8 — 18-1 — 18-7 — 18-6 —22-6 —28-3 — 36-1 — 30-8 —22-1 — 8-9 -4- 6 + 3 H- 3 -H 4 -+- 6 -h 7 -hl7 -h20 -1-21 -4-20 -4-21 I 22 -f-23 -f-2 7 -^27 -h26 -f24 ^-21 -+-21 -h21 -f-21 -1-22 -+-22 I 22 H-20 -f-17 -^17 -hl6 -1-13 H-IO -^ 4 -1- 6 -+- 4 -H 4 -4- 3 -^ 8 - 4 - 5 - 5 - 9 -14 .99 -i: Ostgrönland- meer Palaearktis (Nordeuropa) Obisches Meer ?c ^Beringsstraße ) ^- \ Baffinsbai Grönland 180 F. Keiner-Maiilaun, Der Höchstbetrag winterlicher Wärmesteigerung, welcher den Schnittpunkten des 75. Parallels mit den Meridianen Ostsibiriens aus der Zerschneidung Eurasiens durch eine breite Wasserstraße (Obisches Meer) erwüchse, stellt sich auf 27°. Der Wärmezuwachs über der atlantischen Lücke wäre aber nur 5". Da auch die Tem- peraturen in Grönland bei Matthew's Erdbild nur um ebensoviel über den heutigen stünden, hebt sich das vom Nullmeridian halbierte Umfangdrittel mit einer durchschnittlichen Temperaturzunahme von 5'5 von den zwei anderen Dritteln mit einer mittleren Zunahme von 20*9 scharf ab. Für das Bogenstück von 12u E bis 120 W ergibt sich eine Zunahme von 23 '5. Diese Umstände müßte man bei Annahme einer Polverschiebung gegen das Beringsmeer hin bedenken. Durch einen Verschub, dem eine zonale Wärmeänderung von 9° entspräche, würden auf der atlantischen und pazifischen Seite erst gleiche Wärmeunterschiede gegen die Jetztzeit erklärt (noch keine größeren auf ersterer Seite). Von Kartenentwürfen für Abschnitte der mesozoischen Zeit wurde Uhlig's Weltkarte des Malm zu einer palaeoklimatologischen Anwendung der gewonnenen Formel benutzt. Sie zeigt auch vier Lücken im subarktischen Festlandsring, von denen aber — rein geographisch betrachtet — nur zwei, die alaskische und russische Lücke, als Zufahrtswege lauen Wassers in Betracht kämen, die anderen zwei, die Shetland- und die Janastraße, aber nur zur Rück- leitung polarer Wässer dienen könnten. Längs der Westküste der Nordatlantis des Oberjura hätte ein bedeutender Teil der pazifischen Westtrift seinen Weg in das Polarmeer gefunden, wobei für diese Trift die Janastraße eine ähnliche Bedeutung gehabt hätte \\ie die Davisstraße für die Golftrift. Bei dem Versuche, die Bedeutung des Russischen Meeres für die Thermik des oberjurassischen Nordpolar- beckens rein ozeanologisch zu erwägen, kann man davon ausgehen, daß die Thetis von einer W^ — 0-Trift durch^ossen sein mußte, die — soweit sie nicht an der Westküste Angariens gegen SO abbog — unter dem Einfluß einer ständigen Winterzj^done über dem Wolga- becken polwärts abgelenkt wurde. Es fällt aber schwer, Quellen des Ersatzes für dieses nord- wärts entführte Wasser zu finden. Zur Speisung der Trift eines zentralen Mittelmeeres von den indischen Gewässern her wären die Bedingungen viel weniger günstig gewesen als im vorbetrachteten Fall. Es fehlte aber auch im Westen ganz an Platz zur Entwick- lung einer Passattrift, die an der X'orderseite eines subtropischen Hochs sich umwendend, in die Thetistrift einbiegen konnte. Aber auch die Annahme, daß der rückläufige Ast der pazifischen West- trift zum Ersätze herangeführt wurde, ist kaum zu machen, da der nordatlantische Kontinent zu weit äquatorwärts vorspringt, als daß sich — selbst im Nordwinter — um seine Südküste herum noch eine kraftvolle W — 0-Strömung entwickeln könnte. So möchte es scheinen, daß dem Nordpolarbccken im Oberjura auf dem Wege des Russischen Meeres überhaupt keine reichliche Wasserzufuhr Das akryogcnc Seeklima. Ibl ■zuteil wurde. Konnte doch auch durch die enge Shetlandstraße nur wenig Wasser aus dem ober Skandinavien gelegenen Teile des Polarbeckens zurückfließen. Das Gesagte gilt aber nur für das den Ideenkreisen Neumayr's und Uhlig's u. a. angepaßte Kartenbild. Nimmt man, wie dies Diener schon für die Trias tut, auch für den Jura den Bestand eines tropischen Atlantischen Ozeans an, so hätte die Passattrift desselben selbst beim Fehlen der mittelamerikanischen Schranke nicht ganz in die Südsee übertreten müssen und sich zum Teil an der Vorderseite eines subtropischen Antizyklons nach NO wenden können. Sofern dann die in die Südsee entführten Wässer durch aus den indischen und äthiopischen Meeren aspirierte Ersatz fanden, konnte durch das Russische Meer eine der Golftrift an Stärke ver- gleichbare Strömung in das Polarmeer gelangen. Die thermische Wirkung der fast ganz dem Rückstrom polarer Wässer dienenden Lücken im Festlandsring wurde durch Neubeginn der Zählung von d mit der Hälfte des schon erreichten Wertes dar- zustellen versucht. So wurde der Kontinentalitätsfaktor, am Ostrande des Westangaralandes (Janastraße) den Wert \/ 8 erreichend, durch Ostangarien von 2 ab weitergezählt. Den erkaltenden Einfluß des in den grönländischen Meridianen über den 75. Parallel hinauf- reichenden Teiles der jurassischen Nearktis glaubte ich als geringer einschätzen zu sollen als den des tertiären und heutigen Grönlands und nahm die für letzteres gefundenen Werte (auf 12, 18 und 24 abgerundet) mit dem Exponenten -/s versehen (bei Westverschiebung um 10°). Das so gewonnene Wärmebild weicht von dem früher erhaltenen sehr ab. Während man für die eozäne Karte außerhalb des euro- päischen Kreisviertels durchwegs Temperaturen unter dem Gefrier- punkt bewegten Meerwassers erhält (wobei deren aber doch hoher Stand über den kontinentalen W^intertemperaturen des nicht realen Seeklimas durch die Nachbarschaft offener Meeresflächen in den peripheren Teilen der Arktis zu erklären ist), ergeben sich für Uhlig's Jurakarte in 'f — •. 75 N Lufttemperaturen, bei denen abzüg- lich eines beschränkten Gebietes ober Sibirien bei vorwiegender Wasserbedeckung der südlichen Nachbarschaft ein Offenbleiben des Meeres im Winter möglich wäre. Am wärmsten Meridian wird fast der Gefrierpunkt des Süßwassers erreicht. Als Mitteltemperatur er- hält man — 7 '55. Während sich im eozänen Bilde eine Verkürzung des heutigen Abstandes der mittleren Parallelkreistemperatur vom Nullpunkt (—29 • 25) auf die Hälfte zeigt, schrumpft dieser Abstand für den Oberjura auf ein Viertel ein. Inwieweit die nach Abzug des morphogenen Wärnieunterschiedes gegen die Jetztzeit noch ver- bleibende allogene Temperaturdifferenz als eine biologisch bedingte oder als eine solarklimatische zu deuten sei, fällt nicht in den Rahmen dieser Betrachtung. Daß sich die durch die pazifische Westtrift bedingte Erwärmung zur Linken der breiten alaskischen 182 F. Kerner-M arilaun, Lücke am meisten zeigt, entspriclit einer tiefen Winterzyklone im Nordpazifik, durch die jene Trift gegen NW abgelenkt würde, um dann an der Ostküste Angariens rückläufig zu werden. Von den in den tieferen Lagen durch Ginkgo digitata, in den höheren durch EJatidcs curvifolia gekennzeichneten und auf ein ähnliches Klima weisenden arktischen Portlandschichten liegen die auf Spitzbergen und die auf der Kesselinsel (Neu-Sibirien) nahe dem 75. Parallel. Für diesen gibt die Tabelle im Mittel aus 10 und 20° E —5-6, im Mittel aus 140 und 150° E —5-3. Dies spricht gegen eine Polverschiebung, denn bei einer solchen könnte sich für die genannten Inselgruppen, da diese um ein Drittel des Erd- umfanges getrennt sind, die allogene Temperaturdifferenz nicht als gleich groß ergeben. Es stimmt das zu einem Befunde in den mittleren Breiten. Nachdem die durch Burckhardt angeregte Be- wegung gegen Neuma3n''s Klimazonen wieder abgeflaut war, meinte Uhlig, >daß wir den Unterschied zwischen der borealen und der äquatorialen Fauna des Oberjura tatsächlich klimatischen Einflüssen zuzuschreiben haben«.^ (Nur Neumayr's gemäßigter Gürtel wurde auf Uhlig's Karte als neritische Randzone eingeführt.) Die Südgrenze des borealen Reiches zeigt nun Breitenunter- schiede, die sich natürlicher durch geographisch als durch solar- klimatisch bedingte Temperaturdifferenzen erklären. Der niedrige Stand dieser Grenze an der Westküste der Nordatlantis fällt in den Bereich der kühlen rückläufigen pazifischen Westtrift (Analogon zum kalifornischen Strome), ihr mittlerer Stand an der Ostküste des West-Angaralandes entspricht einer Mischung erkaltender und er- wärmender Einflüsse (Analoga des Oyaschio und Kuroschio); im südrussischen Meere, wo die besagte Grenze polwärts zurückweicht, ist eine in breiter Front aufsteigende laue Strömung anzunehmen. Die vorhin erzielten Rechnungsergebnisse regen noch zu folgender Betrachtung an. Oberhalb schmaler, aber bis in ein Polarmeer vorspringender Festländer, die lauen Triften als Führung in dieses Meer dienen könnten, möchte sich im Höchstfalle eine Wintertemperatur von etwa 6° entwickeln, da eine südlich benachbarte Landzunge den (für 75° gefundenen) ozeanischen Grenzwert von 7*2 etwas herab- drücken müßte, und eine Amplitude von etwa 8 bis 9° einstellen, da jene Landzunge die ozeanische Amplitude von 7° etwas er- höhen würde. Es wäre das die auf Inseln und an Küsten im süd- lichen Westtriftgürtel gegebene thermische Sachlage. Bei dieser würden sich auch die hydrometeorischen Verhältnisse dieses Gürtels und des subpolaren Zyklonengebietes bis über den Polarkreis hinauf erstrecken. Man hätte dann jenes Klima, das bei Bietung der Wachs- tumsmöglichkeit für eine Pflanzenwelt von tropischer Üppigkeit 1 Die mannen Reiche des Jura und der Unterkreide. Mitteilungen der Geolog. Gesellschaft in Wien. 111, 1911, p. 442. Das akr\'(iiienc Seeklima. 183 a 0 16 •5 10 E 16 ■ 2 20 15 •4 30 14 •4 40 12 ( 50 13 3, 60 13 7 70 15 4 80 17 2 90 17 6 100 18 6 110 18 6 120 17 6 130 16 6 140 16 6 150 16 6 160 16 6 170 16 6 180 16 6 170 W 16 9 160 17 1 150 18 7 140 20 4 130 20- 8 120 20- 4 110 18- 7 100 16- 9 90 15- 5 80 14- 5 70 14- 5 60 15- 5 50 16- 5 40 16- 5 30 16- 5 20 16- 5 10 16- 5 1-3 2-8 3-9 4-5 2-0 0 0 2-3 0 0 0 0 0 0 1 ( 5 1 6 4 7 8 8 9 8 6 / 9 7 1 6 9 4 1 2 7 — 3-9 1 -4- 7 •1 + 3 ■ ( — 5-3 -f- 3 '7 + 2 •3 — 5-9 -4- 4 • 1 + 1 ■ 7 — 5-8 -h 5 •2 + 1 •8 — 2-4 -+-10 6 -h 5 •2 — U-7 -1-15 •3 + 6 •9 — 0-9 -1-20 •1 + 6 ■ 7 — 4-4 ^-20 6 + 3 2 — 7"5 +21 5 + 0 •1 — 9-7 1 22 3 9 •1 — 12-3 _l_22 2 — 4 ( — 12-1 -h23 9 — 4 ■ 5 — 11-0 -^26 0 — 3 •4 — 9-1 +28 4 — 1 5 — 4-4 -f-32 6 + 3 2 — 6-2 +29 8 + 1 •4 — 6-6 +27 9 + 1 0 — 4-6 +28 9 + 3 0 — 3-6 +29 4 + 4 0 — 2-8 +29 i + 4 8 — 3-3 +29 t -H 4 3 — 3-9 +30 6 + 3 1 — 4-9 +30 6 + 2 7 — 5-2 +30 8 + 2 4 — 4-9 +31 6 + 2 t — 5' 7 +30 8 + 1 9 — 8-3 +27 7 — 0 ( — 8-8 +25 ( — 1 2 — 9-7 -f-22 3 2 1 — 16-2 +12 8 — 8 6 — 18-0 + 9 5 — 10 4 — 19-3 +15 2 — 11 7 — 17-0 +24 0 — 9 4 — 15-2 +19 8 — 7 6 ~ 7-0 +18- 5 + 0- 6 — 5-4 + 12- 1 + 2- 2 } Shetland- Straße j Skandinavien } und Finnland Russisches Meer c C o a ^ CJ c3 n^ ^ Xi ^ / -ß iT. O ^ T3 ?- U Jana-Straße ■o 'rTi CS -r" CS CS o 3/ tr CS r> ■Jl ■*-* n cn ^ Bering-?ileer c CS 'S :p o c cS N G > ti 71 CS •= ■g G C jö s. J. O 184 F. Kernei-Maiilaun, (Darwin \ei"glich diesbezüglich Chiloe mit Brasilien) und teilweise tropenähnlicher Tracht (Baumfarne, Bambusen, Epiphyten, Lianen) dem Gedeihen von Gletschern günstig ist. Mit der Auffassung der palaeo- und älteren mesozoischen Polarfloren als Zeugen eines Klimas, das den Bestand von Gletschern im Innern gebirgiger Inseln nicht ausschlösse, würden die geoh.tgischen Probleme der Arktis etwas von ihrer Rätselhaftigkeit einbüßen. Das milde Polarklima früherer Zeiten erschiene dann als dasselbe Klima wie jenes, welches für die Randgebiete der palaeozoischen Gletschergebiete er- vvägbar ist.'' Das ozeanische Klima der mittleren Breiten wäre so zeit- Aveise bis über den Polarkreis hinaufgerückt, zeitweise bis über den Wendekreis vorgedrungen, aus den hohen Breiten durch sehr kaltes Klima \-erdrängt. An den Rändern der palaeozoischen Eisherde konnten sich beim Bestände hoher Küstengebirge bis ans Meer reichende Gletscher entwickeln. Für Polargebiete der Vorzeit mit mildem ozeanischem Klima wären Inselgebirge von geringerer Höhe erwägbar, in deren Mulden Gletscher entstanden, die nur bis in die Täler gelangten, denn bis ans Meer vorstoßende Gletscher hätten ja das akryogene Seeklima vernichtet. Das Klima, in welchem die Pflanzen der Atane- und Patoot- schichten und die Tertiärpflanzen der Arktis gediehen, ließe sich aus dem vorigen durch größere Landentwicklung ableiten, da jene Pflanzen zu ihrem Wachstum eine höhere Sommerwärme als 15° erheischten, aber auch eine niedrigere Wintertemperatur als 6° er- trugen. Gletscher hätten in einem solchen Klima nicht bestehen können und sich auf die Gebirgshöhen beschränkt. Dagegen wären winterliche Schneefälle möglich gewesen und außer den Magnolien imd Tulpenbäumen hätten wohl auch die Dicksonien solche er- tragen, da nach Gregory Dicksmiia antarctica auf den Snowy Plains Victorias manchmal 4 bis 5 Monate lang von Schnee um- hüllt bleibt. Die subpolare Landbedeckung müßte aber um vieles geringer sein als sie sich auf den meisten palaeogeographischen Kartenent- würfen zeigt. Die wenigsten dieser Entwürfe, unter ihnen Neu- mayr's Jurakarte, lassen eine solche \'orherrschaft des Meeres im subpolaren Gürtel erkennen, wie sie ein mildes, ozeanisches Klima an meistbegünstigten Stellen des Polargebietes als Vorbedingung verlangt. Zwischen den zwei Hauptproblemen der Altklimakunde, dem milden Polar- und kühlen Tropenklima, zeigt sich so eine Analogie. 1 Siehe meine Arbeit : Untersuchungen über die morphogene Klimakomponente der permischen Eiszeit Indiens. Diese .Sit/.ungsber., 1917. 2. u. 3. Heft. Das akrvooene Seeklima. 1 85 -'s Beide ^ lassen sich im Gegensatz zu wiederholt geäußerten, meist nur kritiklos nachgesprochenen, aber nie bewiesenen Ansichten als AVirkungen extrem günstiger geographischer Bedingungen aufzeigen; für beide gilt aber, daß — soweit es sich um bestimmte Fälle handelt — jene extremen Bedingungen nicht erfüllt gewesen zu sein scheinen. So möchte sich für diese Fälle eine Heranziehung hypotheti- scher Klimafaktoren als nötig erweisen, sofern nicht an den Linien- ziehungen der Palaeogeographen noch eine wesentliche Änderung in Erwägung kommen kann. 1 Das letztere Prublem ist in meiner Arbeit: »Klimatologische Prüfung der Beweiskraft geologischer Zeugen für tropische Vereisungen« rechnerisch untersucht. Diese Sitzungsber., 1918, 8. u. 9. Heft. Sitzungsberichte d mathem.-naturw. Kl., Abt 1,131. Bd. 15 Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Beziehungen zwischen Talnetz und Gebirgs- bau in Steiermark Von Josef Stiny in Brück a. d. Mur (Mit 8 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 4. Mai 1922) In einer kleinen Arbeit über das Tertiär der Waldheimat ^ habe ich auf den Einfluß hinzuweisen versucht, den Störungen im Gebirgsbau zuweilen auf die Ausbildung des Entwässerungsnetzes ausüben. Zweck der nachstehenden Zeilen ist es, das damals nur ganz kurz erwähnte Beispiel des Talnetzes der Waldheimat etwas ausführlicher zu schildern und gleichzeitig den Beobachtungskreis zu erweitern. Bei allen Betrachtungen über die Entwicklung der Täler in den Alpen muß man von der Tatsache ausgehen, daß in vor- miozäner Zeit die Hauptentwässerungsrichtung des größten Teiles der Alpen nordsüdlich, beziehungsweise südnördlich verlief; darauf deuten die Fremdgeschiebe der Gosauablagerungen hin und dafür sprechen auch die zahlreichen Fundpunkte von tertiären Schottern und Augensteinen- auf den Hochflächen unserer Kalkalpen; ein weiterer Beweis liegt in der von Krasan" beobachteten Kalkarmut der tertiären Ablagerungen von Aflenz trotz der Nähe der Kalkalpen. Nach dem Abklingen der letzten großen Auffaltung der Alpen und den mit ihr Hand in Hand gehenden Überschiebungen, treten im Bilde des Aufbaues der Alpen immer schärfer Bewegungen in annähernd lotrechter Richtung hervor; sie führten zum Einbrüche der inneralpinen Wiener und der ersten Anlage der Grazer Bucht, hoben aber auch im Innern der Alpen gar manchen Berggürtel 1 Stiny J., Beziehungen des Tertiärs der Waldheimat zum Aufbau des Nord- ostspornes der Alpen. Zentralblatt für Mineralogie, 1922, Nr. 2, p. 49 bis 57. ~ Götzinge r G., Zur Frage des Alters der Oberflächenformen der östlichen Kalkhochalpen. Mitteil. d. geograph. Gesellsch. in Wien, 1913, p. 39 ff. 3 Krasan Fr., Das Tertiärbecken von Aflenz Mitteil, naturw. Ver. f. Steier- mark, 1896, p. 51 ff. Sitzung.sb3richte d. mathem.-nalurw. Kl , .Abt T, 131. Bd 188 J. Stiny, Über seine Umgebung empor oder drückten einen anderen in die Tiefe; zahlreiche Senkungsfelder, die bereits' Gemeingut des Schrift- tümer^ geworden sind, wie z. B. das innerkärntnerische, jenes von Judenburg — Knittelfeld, von Kapfenberg — St. Marein im Mürztale, von Krieglach — Langenwang usw. sind auf diese Weise entstanden. Die Alpen, welche vor dem Beginne des Miozän im großen und ganzen den Anblick eines Mittelgebirges geboten haben mochten, mit sanften Abhängen imd von flachen Kuppen überragten Tälern, in welchen große Flüsse mit geringem, der Zerkleinerung und völligen Rimdung der Geschiebe günstigem Gefälle ihre Bogen zogen, tauchten immer stärker aus ihrer Meerumrahmung auf; die Hebungen und örtlichen Senkungen belebten, das Gefälle steigernd, die Schurfkraft der Ge\\'ässer, welche ungeheure Schutt- mengen während des Restes der Tertiärzeit ins \'orland hinaus- sandten, dabei im Alpeninnern die gewaltigen Hohlformen von Tälern schaffend, die ihren Ausmaßen und ihrer Gestalt nach, gewiß in vielen Fällen auch ihrer Anlage nach als neue zu bezeichnen sind. Konnten noch im Miozän im Innern der Alpen weite Gebiete mit Seen, Mooren und Süßwasserablagerungen bedeckt sein, wie sie uns in winzigen Resten in Senkungsfeldern und Grabenbrüchen erhalten geblieben sind, so werden nunmehr die Bedingungen für die Ablagerung von Schuttmassen im hinern der Alpen immer ungünstiger; die Geschiebe wandern zum weitaus überwiegenden Teile in die tiefliegenden, aufnahmsfähigen Randgebiete hinaus, während wir weiter drinnen im Gebirge Ablagerungen sicher nach- miozänen Alters ziemlich selten oder nur in spärlichen Resten vorfinden. Die Alpen stehen im Pliozän im Zeichen eines beispiel- losen Abtrages, demgegenüber die eiszeiÜiche Ausräumung nur ein Kinderspiel gewesen zu sein scheint. Diese einschneidenden \'er- änderungen der Höhenlage einzelner Streifen der Alpenmittelgebirgs- kette während ihres Emporwachsens zum Hochgebirge mußten aber auch weittragende Folgen für die Entwässerung der Gebiete nach sich ziehen. Hierfür sollen im nachstehenden einige Belege beigebracht werden. Betrachtet man eine Karte der W'aldheimat näher, so fallen vor allem die fast rechtwinkeligen Umbiegungen auf, welche der Treibachgraben, der Fressnitzgraben, der Gschwendenerbach, Gschwendtbach u. a. erleiden. Die geologische Aufnahme des Gebietes hat gezeigt, daß das Tertiär der Waldheimat einem grabenbruch- ähnlichen vSenkungsstreifen seine Erhaltung verdankt, und daß diese Tiefenfurche, welche in auffälliger Weise der langgestreckten Senke von Krieglach — Langenwang gleichläuft, von einigen weiteren Zerrüttungsstreifen und Absenkungsgürteln begleitet wird; so zieht beispielsweise aus dem obersten Fressnitzgraben über den 1120w hohen Sattel des Ziesleranger und den Hirschbachmittellauf eine von Quetschzonen und Gesteinszermürbungen begleitete Niederung ^ Diener C, Bau und Bild der Ostalpcn und des Karstgebietes, Wien 1903. Talnet/, und Gebirosbau in Steiermark. 189 gegen St. Kathrein am Haiienstein, eine zweite streicht vom Graneckbachunterlaufe in den AUitschgraben. Die Absenkung des mittleren Grabenbruches mochte 360 bis 400/«, jene der beiden anderen weit weniger betragen haben. Die Entwässerung des Teufelsteingebietes erfolgte sicherlich früher in nordsüdlicher Richtung; der Teschengraben, heute ein Nebenbach des Fressnitz- baches, beherrschte den heutigen Fressnitzgrabenunterlauf, während der Wallenbach, über den Sattel des HöUkögerls (1045 ///) fließend, in dem dermaligen Unterlaufe des Treibachgrabens seine Fortsetzung RoLtien ^'f99'^ reufelstein Umgrenzung der Senkung.slelder und Zerrüttungsstreifen Tertiär. Fig. 1 fand. Die gewaltige Absenkung beim heutigen Krieglach — nach Petraschek^ etwa im Ausmaße von 700 m — belebte die Schurf- kraft des Teschengrabenunterlaufes derart, daß auch sein stärkster östlicher Nebenbach, durch Gesteinszerrüttung begünstigt, die Kraft gewann, rückwärtseinschneidend den Wallenbach anzuzapfen und so die heutige Fressnitz zu schaffen; noch jetzt stellt der Fressnitz- graben unterhalb der «> Waldschule « auf etwa 2 kiu Länge eine enge, wilde Schlucht dar, welche die Wässer schäumend und über Schnellen stürzend durcheilen; oberhalb der Felsklamm jedoch er- weitert sich das Tal merklich und der Bach fließt ruhig durch Wiesengelände dahin. Wie groß die Einsägekraft des Teschen- grabenseilenastes war, zeigt die ganz gegen den Graneckbach zu verschobene Wasserscheide; daß für die Anlage der Tiefenfurche 1 Petraschel< W., Tektonische Untersuchungen am Alpen- und Karpathen- rande. Jahrb. der geolog. Staatsanstalt, 1920, p. 256 ff. 100 J. Stiny. Graneckbach — Allitschgraben nicht das im allgemeinen nordöstliche Schichtstreichen allein maßgebend war, sondern die Ausbildung eines allerdings nur wenig ausgeprägten Zerrüttungsstreifens, beweist die auf der Südseite, gegen den Hauptkamm des Gebirges zu ge- ringere Breite des Allitschbacheinzugsgebietes. Von Schollen- bewegungen beeinflußt war gewiß auch die mittelpunktsuchende Entwässerung des obersten Fressnitzgebietes. Besonders deutlich kommt aber die zusammenfassende und wassersammelnde Kraft von Senkungsstreifen und Senkungsfeldern längs der Waldheimatlinie zur Äußerung, wie schon ein flüchtiger Blick auf Fig. 1 lehrt. Die Talstücke, welche sich an die sanft geneigten Laufstrecken innerhalb der Tertiärgebilde gegen abwärts zu anschließen, tragen alle Kennzeichen von Klammen; so beim Hirschbache zwischen dem Heidenwalde und dem Eggkogel, beim Kohlbache und beim Gschwendenerbache; sehr hübsch entwickelt ist auch die Klamm des Niessnitz-, beziehungsweise Kogelbaches. Eine weitere Felsenge mit zahlreichen kleinen Wasserfällen und Bachschnellen durchmißt der Hirschbach kurz vor seiner Einmündung in die Feistritz, nachdem er gemächlichen Laufes den — in der Karte nicht angedeuteten — Zerrüttungsstreifen seines Mittellaufes durchmessen hat. St. Kathrein wird auf diese Weise zu einem auffallenden, aus der Gesteinsbeschaffenheit heraus nicht erklärbaren und nur mit Gebirgsbewegungen zu begründenden Mittelpunkte eines Entwässerungsnetzes von eigenartig quergestreckter Form. Südöstlich der flachen, an die brotlaibähnlichen Formen des Böhmerwaldes erinnernden Kuppe des Teufelsteins zieht, gleich- gerichtet mit dem Mürztale, eine Störungslinie aus der Gegend von Fischbach bis etwa an die Örtlichkeit »am Sand« nördlich von Falkenstein. Mit den sie begleitenden Vcrwerfungslinien bildet sie eine Art kleinen Senkungsfeldes fAbb. 2), dessen Einhänge nach allen Seiten steil aufsteigen und besonders am Teufelstein einen auffälligen Gegensatz schaffen zu den sanften Formen der Berges- höhen und -rücken. Zwischen Fischbach und dem Weiler Dissau streben die Wasserrinnen einem sie vereinigenden Grunde zu, dessen Sohle weithin verhältnismäßig breit entwickelt ist; nach dem Aus- tritte aus dem Senkungsfelde aber durchmißt der Dissauerbach ein enges, steilwandiges Felstal, bevor er seinen ^Aufnehmer, die Feistritz, erreicht. Bezeichnenderweise haben sich in der Dissauer Senkungs- grubc Kalke und Dolomite der Semmeringentwicklung erhalten, welche sonst kilometerweit im Umkreise fehlen; ob Tertiär in der Furche überliefert worden ist, werden weitere Untersuchungen zeigen. Mit der Mürzlinie gleichgerichtet ist auch die Achse des Senkungsfeldes von Passail, von der bereits Krebs^ Beziehungen zum auffällig her\'orragenden Horste des Hochlantschstockes erwähnt. Wenn aber Krebs (a. a. 0.) die Bemerkung einflicht, das Passailer Becken sei N'om rinnenden Wasser ausgewaschen worden, so irrt er; 1 Kreb.s X., Länderkunde der österreichischen Alpen. .Stuttgart 1913. Talnetz und Gcbirt>-,sbau in Steiermark. 191 die Gesteine seines Untergrundes haben die Ausnagung begünstigt, die Form der Wanne aber liegt im Gebirgsbau begründet. Ihre — wenn auch vielleicht nicht ununterbrochene — Fortsetzung scheint die Passailer Verwurfslinienanhäufung in der Gegend von Birkfeld zu linden, aus der bereits Aigner^ einige Tertiärfetzen geschildert hat, die Kohlenschmitze führen. Ob das mit Tertiär erfüllte Passailer Senkungsfeld (Fig. 3), das mit der Mur — Mürzlinie und dem all- gemeinen Abbruche des Nordostspornes der Alpen gegen die steirische Bucht annähernd gleichläuft, auch entfernte Beziehungen beh^iizt zur gleichgerichteten Vererzungszone Stübing — Übelbach — Rabenstein — Arzberg — Haufenreit, vermag ich nicht zu bejahen, hielte es aber wohl für möglich. Früher mochte die Entwässerung Umgebung des jetzigen der Passail durch mehrere nordsüdlich TeicfeLstein /iochlantscß if722 Plan hcf. fiscHhcccTi « ziehende Bäche erfolgt sein, denen außer den heutigen Tiefenfurchen noch die Übergänge des Schöckelkreuz (1126 77/) und des Wacht- haussattels (955 ui) zur Verfügung standen. Dermalen sammelt, begünstigt durch die Herausbildung des Senkungsfeldes, die Raab fast alle Wässer der Mulde und nur ein kleiner Teil der östlichen Hälfte des Einbruchsfeldes wird durch den Weizbach gesondert entwässert. Den breiten, teilweise versumpften Talböden im Innern der Wanne von Passail entspricht auch hier wieder eine klamm- artige Fortsetzung gegen Süden, wo die Schurfkraft durch die Einbrüche der steirischen Bucht lebhaft gesteigert worden ist, aber rückschreitend noch nicht bis zum Senkungsfeld selbst vordringen konnte; unter dem Namen Raabklamm und Weizklamm locken diese wilden Felsschluchten alljährlich viele Bergwanderer ins Tal. Die tektonische Anlage des Entwässerungsnetzes der Wanne von Passail hat aber noch eine andere beachtenswerte Erscheinung im Gefolge, die unmittelbar mit der Tieferlegung des Schurfkraft- ausgangspunktes zusammenhängt. Zwei Quellbäche, die Raab und 1 Aigner A. Grazer Bucht. Jahrb. Geomorphologische Studien über R. A., Wien 1917. die Alpen am Rande der 192 J. Stiny, der Toberbach haben ihre obersten Einzugstrichter bereits tief in» die Hochlantschmasse zurückgeschoben und drohen den Mixnitz- bach anzuzapfen und dem Flußgebiete der Raab Untertan zu machen; beim Angerwirt trennt ein kaum 15 w hoher Sattel die Flußgebiete von Mur und Raab und auch der Sattel des sogenannten Schwab- bauerneck (1251) überragt um kaum 20 m die Sohle des Hochtales der Teichalpe unweit des »Holzmeister«. Durch Verwerfungen bedingt ist auch die erste Anlage des eigenartigen Kessels von Rein (Fig. 4) mit seiner streng einheitlichen Entwässerung gegen das Murtal bei Gratwein. Diesmal sind es welche hauptsächlich nordsüdlich streichen, eine der Störungen t St. Osi^odU Pretccl J - /J69 Pogfusch. S. tserec/c L erche cH "J0:^0 }ioL/xferibercf Fiff. 4 Fiff. 5 zahlreichen Abweichungen von der nur allgemein geltenden Regel des Südwest — Nordostverlaufes der Hauptverwerfungen, worauf ich in meiner Waldheimatarbeit schon kurz hingewiesen habe und worüber ich an anderem Orte noch ausführlicher berichten will- Mehr untergeordnet treten allerdings auch im Reiner Kessel und seiner Umrahmung Brüche und Absenkungen mit Südwest — nord- östlichem Streichen auf; sie haben das die Tertiärreste tragende- Grundgebirge in einzelne Schollen zerlegt und gewinnen, staffelartig an Sprunghöhe zunehmend, schließlich gegen Süden zu die Ober- hand über die nordsüdlichen Verwerfungslinien, welche in der Heraushebung des horstähnlichen Plawutschzuges ihren letzten Trumpf auszuspielen scheinen. Unstreitig das schönste Musterbeispiel für einem Tiefpunkte zustrebende Entwässerung bietet das langgestreckte Becken von Aflenz-Göriach (Fig. 5), das bereits Krebs in seine Länderkunde der österreichischen Alpen, jener Fundgrube wertvoller Einzelangaben über unsere Gebirgsländer, aufgenommen hat. Auch hier hat eine Art Grabenbruch, der Murmürzlinie gleichgerichtet, mit einer Sprung- höhe von etwa 300 m (nach Petraschek) die Aufnahme und Erhaltung von Tertiärablagerungen gefördert. Für die alte Ent- wässerung standen drei Sättel zur Verfügung; das Lercheck (1010 w), als Furchenrest eines Vorläufers des Ilgnerbaches, das etwa lllöz/j Talnct/C und Gebirgsbau in Steiermark. 193 Polster Tfeichenstei 21'*-8 Hoch^tvtrrn "» Z081, hohe Kaisereck als Fortsetzung- des heutigen Fölzgrabens und der Sattel von Pogusch (1040///), als Abzugsrinne für .Seebach und Stübminggraben, wenn hier nicht \'ielleicht noch andere Verbindungen mit dem Süden bestanden. Weniger einheitlich liegen die Verhältnisse im Senkungsfelde von Trofaiach, von dem wir gleichfalls Krebs eine Abbildung verdanken la. a. 0., p. 48). Ich habe in der beigegebenen Zeichnung (Fig. 6) von der Fortsetzung des Tertiärbeckens gegen Westen, die jetzt gegen die Liesing hin entwässert wird, abgesehen, und nur jenen Hauptteil des Senkungsfeldes zur Darstellung gebracht, der Trofaiach als Sammelpunkt der Wässer hat. Gegen Süden, wo sich Beziehungen zum Ter- tiär \-on Leoben nachweisen lassen, verwickeln sich die Verhältnisse durch Auftreten zahlreicher weiterer Störungs- linien, wodurch die Abgren- zung der Wanne gegen die Grabenfurche des Murtales verwischt wird. Aber auch im Innern des Senkungsfeldes kreuzen sich verschiedene Verwerfungsrichtungen, wel- che einerseits mit stärkerer Betonung nördlicher Rieh- tung gegen die Furche von Aflenz hinweisen, andrerseits aber mit mehr östlichem Einschlage auf die Fortsetzung der Mürzlinie bei Winkel hinzielen. Das Aus- maß der Absenkung des Trofaiacher Tertiärs soll nach Petraschek etwa 400 in betragen. Lange schon bekannt und in neuerer Zeit hinsichtlich von Fragen der Talbildung neuerdings wieder von Oestreich^ und Solch- bearbeitet und von Krebs (a. a. 0.) in kurzen Umrissen trefflich geschildert, ist das Becken von Judenburg — Knittelfeld (Fig. 7) mit seinen Ausläufern, dem Grabenbruch von Seckau — Ingering und der Weitung von St. Oswald. Ähnlich wie beim Senkungsfelde von Trofaiach — und auch sonst oft, wenn auch in weniger auffälliger Form — haben wir es auch hier mit einem ganzen Netze von \'erwerfungen, Zerrüttungsstreifen usw. zu tun, welche verschiedene Winkel miteinander einschließen und sich daher vielfach scharen oder kreuzen. Eine nordsüdliche, von Petraschek (a. a. O.) bereits wohlvermerkte Grabenbruchlinie streicht über Obdach mit seinen tertiären, Braunkohle führenden 1 Oest reich K., Ein alpines Längstal zur Tertiärzeit. Jahrb. R. A., 1899, p. 165 ff. - Solch J.: Epigenetische Erosion und Denulation. Geologische Rundschau. Bd. IX, p. IGl ff. I^\^_/ Q an deren Rändern sich gewaltige Schichtabbeugungen in wunder- barer Klarheit erkennen lassen, verdanken die Seen um den reizend gelegenen Markt Aussee ihre Entstehung; so der Grundlsee, der Toplitz- und der winzige Kammersee, der Altausseer See und der rechtwinkelig nach Osten umgebogene Zipfel des Hallstätter Sees samt der gegen den Koppenwinkel vorgeschobenen Schwemmlands- bucht; damit soll jedoch keineswegs «die Tatsache abgeschwächt werden, daß an der Aufstauung des Grundl- und des Altausseer Sees bis zur heutigen Höhe auch x'orgelagerte Moränengürtel und sonstiger Eiszeitschutt ihren Anteil haben. Wie anderwärts, so werden auch im Ausseerländchen die Längstalfurchen vielfach durch Ouertäler entwässert, welche klammähnlich entwickelt sind; man denke da nur an die engen Felsschluchten des Salzabaches (-durch den Stein«) und des Grimmingbaches: ganz besonders unangenehm für die öffentlichen hiteressen macht sich die Durch- bruchsklamm der vereinigten Traun zwischen Bahnhof Aussee und Koppenwinkel bemerkbar, woselbst sich der Muß heute noch in so lebhaftem Rückwärtseinschneiden befindet, daß die Eisenbahn Talnctz und Gchirgsbau in Steiermark. 19/ durch Uferbrüche wiederholt unterbrochen und der \'erkehr auf Wt~)chen hinaus unterbunden wurde; in ähnlich kräftiger Weise tieft sich auch die Kainischtraun dort ein, wo ihr Lauf aus der Ostwest- in die Nordsüdrichtung übergeht; gewaltige, den Verkehr auf der Reichsstraße und auf der Eisenbahn immer wieder bedrohende Uferbrüche starren hier dem Wanderer entgegen, welcher, von Aussee kommend, ganz genau den Punkt feststellen kann, bis zu welchem der rückwärtsschreitende Tiefenschurf bereits vorüredrungen ist; oberhalb dieser Stelle ist die Odensee — Traun ein harmloses Wiesenwässerchen; aus diesem Grunde stellen die bisher mit großen Kosten ausgeführten Sicherungsmaßnahmen in der Form vorwiegender Längsbauten an der Kainischtraun auch nur ein Stümperwerk von vorübergehender Wirksamkeit dar; erst wenn man darangehen wird, neben der Bekämpfung des weniger gefährlichen Seiten- ^churfes auch dem die Hauptschäden verursachenden Tiefenschurfe in wirksamer Weise zu begegnen, kann von einer zweckmäßigen A'erwendung von Baumitteln die Rede sein. So beweist auch dieser Fall die Nützlichkeit geologischer Kenntnisse für das Wasserbaufach. Ich begnüge mich für diesmal mit den angeführten, weniger bekannten Beispielen einer starken Beeinflussung des Entwässerungs- netzes durch den Gebirgsbau. Dabei habe ich absichtlich die beiden großen Längstäler der Enns und der Mur nicht erwähnt, weil ich ihre Entstehung durch grabenbruchähnliche Einsenkungen bereits für erwiesen und sehr bekannt halte. Während aber im Ennstale ein anscheinend ziemlich einheitlicher, langgestreckter Einbruch erfolgte, wird man bei der Betrachtung der Mur — Mürzfurche zu der Überzeugung geführt, daß hier einzelne, perlschnurähnlich aneinander- gereihte, mehr oder weniger miteinander in Verbindung tretende, langgestreckte Teilbecken vorliegen, unter denen jene von Mürz- zuschlag — Langenwang — Krieglach — Wartberg, Kindberg — Marein, Leoben und Knittelfeld — Judenburg die bedeutsamsten sind. Wenn daher für das Mur — Mürztal des öfteren ein alter Abfluß über den -Semmering ins Wiener Becken gesucht wird, so ist dem entgegen- zuhalten, daß im Gegenteile die alten Hauptentwässerungsrichtungen nordsüdlich, beziehungsweise südnördlich verliefen; die jetzige Mur stellt aller Wahrscheinlichkeit nach eine jugendliche Bildung dar, welche gelegentlich der erfolgten Einbrüche, diese verbindend, entstanden ist und alle nordsüdlichen alten Laufstrecken zusammen- gezogen und einer einheitlichen Entwässerung zugeführt hat. Als F'olge der stattgefundenen Einbrüche und der jedenfalls Hand in Hand mit ihnen gehenden Hebungen sehen wir denn .auch allenthalben den deutlichen Gegensatz hervortreten zwischen den ausgeglichenen, ruhig vornehmen Formen erhalten gebliebener Oberflächenteile einerseits und den von schutterfüllten Niederungen ausstrahlenden, jugendlichen Einfurchungen, Zertalungen und Ein- kerbungen anderseits; man braucht da bloß die Teigitschklamm mit den sanften Wellen der Bergrücken um Edelschrott, die Feistritz- ■engen und den Stuhleck — Wechselzug, die Hochfluren unserer 198 J. Stiiny, Talnetz und Gebirgsbau in Steiermark. Kalkalpen und die in sie sich zurückfressenden Runsen und Klammen miteinander zu vergleichen. Bei der Erkennung und Fest- stellung der an die Autfaltung anknüpfenden, krampfartigen Zuckungen des Alpenleibes wird die Geländeformenkunde dem Geologen überaus wertvolle Fingerzeige geben können. Über die Zeit der hauptsächlichsten Talverlegungen sich zu äußeren, dürfte heute wohl noch verfrüht sein; der Keim zu ihnen wurde sicherlich bereits im frühesten Miozän gelegt. Über die hierauf folgenden Zeiten, deren wechselvolle Ereignisse wir in den Randgebieten und in den Ablagerungen der Vorländer so gut ablesen können, hat im Innern der steirischen Alpen die kräftig und nach- haltig einsetzende, spättertiäre Schurfarbeit dichte Schleier gebreitet, deren Hebung erst sorgfältigen Aufnahmen des ganzen Geländes in großem Maßstabe gelingen dürfte. Festeren Boden betreten wir erst wieder in der Eiszeit, bei derem Anbruche ein Großteil der Zerstörung des Alpengebirges schon geleistet war. Aber auch hier trüben Talverbiegungen zuweilen das Bild, einerseits breitsohlige Täler und andrerseits wiederum hochgelegene Baustufen schaffend. Mit der Sammlung von Beobachtungstatsachen für solche Tal- verbiegungen im Mur — Mürztale und in Mittelsteiermark außerhalb des Arbeitsgebietes Winklers^ beschäftigt, der aus der Oststeiermark schöne Beispiele und Beweise für jugendliche Verbiegungen bei- gebracht hat, möchte ich heute schon auf die Möglichkeit hinweisen, die Breitsohligkeit mancher Täler, wie jene des Söding-, Lieboch- baches usw., durch Annahme von langsamen Senkungen im Zu.^e von Talverbiegungen^ zu erklären. Solche kilometerbreite Täler bergen einen Wasserlauf, der, um einen bekannten Ausspruch zu wiederholen, sich in seiner Umrahmung ausnimmt wie eine Mau-^ im Löwenkäfig. Es ist wohl nicht denkbar, daß sie sich ihre Sohle, deren Breite die Schwingungsweite ihrer Schlingen um ein vielfache-- übertrifft, durch seitlichen Schürf geschaffen haben; viel verständlicher wird die Erscheinung, wenn man annimmt, daß es sich um »er- trunkene« Täler handelt, deren Wasserläufe keine Schürf kraft mehr besitzen, sondern ihr Bett, wie die niederen Ufer und die Ver- sumpfungen des Talbodens zeigen, durch Aufschlämmen zu erhöhen gezwungen sind. 1 Winkler A.: Beitrag zur Kenntnis des oststeirisclien Pliozäns. Jahrb. der Geolog. vStaatsanstalt, Wien 1921, 1. und 2. Heft, sowie einige ältere Arbeiten des gleichen Verfassers. 2 Vgl. darüber auch Ampferer 0., Bohrungen im Inntale. Verhandlungen der Geolog. Staatsan.stalt, Wien 1921. Gedruckt auf Kosten des Jerome und /Margaret Stonborough-Fonds Beiträge zur Kenntnis des Blütenbaues von Alangium / Von Karl Schnarf (Mit 14 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 18. Mai 1922) Einleitung". Herr Dr. H. Handel-Mazzetti sammelte auf seiner Forschungs- reise in China 1914 bis 1918 Material einer Alangmm-Art, die ihm in die Nähe von Alangmin cliinense (Loor.) Rehd. (:= .4. begonii- folhtm [Roxb.] Baill) zu gehören schien, ohne aber mit diesem identisch zu sein. Mit Rücksicht auf die zweifelhafte Stellung der Gattung im System schien es mir von Interesse zu sein, den Blütenbau etwas genauer zu studieren, und ich bin daher Herrn Dr. Hände l-!Mazzetti zu besonderem Dank verpflichtet, daß er mir sein in Alkohol konserviertes und getrocknetes Material über- lassen hat. Was zunächst die Bestimmung der Art betrifft, so zeigte sich, daß die vorliegende Pflanze in der von Wangerin^ gegebenen Diagnose von A. begoniifoliiun (Roxb.) Baill untergebracht werden konnte. Ein genaueres Studium des mir zugänglichen Herbarmateriales der Wiener Sammlungen überzeugte mich davon, daß diese Art, im Sinne von Wangerin genommen, eine Sammelspezies ist, und ich habe diese Auffassung dadurch zum Ausdruck gebracht, daß ich die untersuchte Pflanze als neu unter dem Namen Alangiuin Haudelii n. sp. an einem anderen Orte'^ beschrieben habe. Hier sollen nur einige Bemerkungen über den Blütenbau und die Samen- entwicklung in Kürze niedergelegt werden. Sie stützen sich auf das in Alkohol konservierte Material von A. Handelii, dürften aber bei der großen Einheitlichkeit der Gattung allgemeinere Geltung haben. 1 W. Wangerin, Alangiaccae in Engler, Das Pflanzenreich IV, 220 b, 1910. - In Handel-Mazzetti, Plantae novae Sinenses, 16. Fortsetzung. Sitzungs- anzeiger der Akad. der Wiss., Wien 1922, Nr. 12. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd. 200 K. Schnarf, Die Blüten haben einen iinterständigen, gegen den Blütenstiel deutlich abgegliederten Fruchtknoten. Der Kelch ist bei unserer Art ein schmaler aufrechter Saum, der in ebensoviele breitdreieckige Zipfel endigt, als Fetalen und Staubgefäße vorhanden sind. Die Fetalen hängen am Grunde etwas zusammen und zeigen valvate Knospenlage. Für .4. clüncnse bezeichnet Wange rin die Zahl 6 als typisch in der Blüte, 7 als eine häufige Ausnahme. Ich fand meist siebenzählige Blüten. Fig. 2 zeigt einen Querschnitt durch die noch geschlossene Blüte etwa in halber Höhe. Wir sehen zu innerst den Griffel^ um ihn herum die episepal gestellten Staubblätter, die ein kurzes, dicht von einzelligen Haaren bedecktes, breites Filament besitzen, das in ein langes, behaartes K()nnekti\- übergeht; dieses trägt die langen schmalen Antheren, die l?is zum Ende der vor dem Aufblühen dicht zusammenschließenden Korollblätter reichen. Dort endigt auch der Griffel, der in eine vierteilige Narbe ausgeht. Ein Längsschnitt durch die Blüte (Fig. ]) belehrt uns darüber, daß ein halbkugeliger Diskus innerhalb der Staubgefäße vorhanden ist und daß der Fruchtknoten ein großes fertiles und ein kleines steriles Fach enthält. Nach dieser kurzen allgemeinen Charakteristik mögen die von mir eingehender studierten Eigentümlichkeiten besprochen werden. Bau der Korollblätter. Die auffälligste Erscheinung der Blüten ist ohne Zweifel die, diirß sich die Korollblätter der aufgeblühten Blüten nach außen so stark zurückbiegen, daß sie sich spiralig zusammenr(:)llen wie Stahl- •späne.^ Wie kommt nun diese Erscheinung zustande? Ein Quer- schnitt durch eine Knospe in halber Höhe belehrt uns darüber, daß die Korollblätter auffallend dick sind. In den Diagnosen der Gattung und der Arten werden sie als loriformia, crasshiscula beschrieben. Ein Querschnitt bei stärkerer \"ergrößerung zeigt nun folgendes Bild (Fig 3): Außen eine papillöse Epidermis, die später noch eine nähere Beschreibung linden soll. Das Mesoph3il, das innerhalb dieser Epidermis liegt, ist nun auf der der Blütenachse zugewendeten wSeite ganz anders gebaut als außen, innen finden wir ein aus kleineren, plasmareichen Zellen bestehendes Gewebe. Auf der Außen- seite sind die Zellen deutlich größer und wie der Längsschnitt (Fig. 4) lehrt, in die Länge gestreckt, arm an Plasma und ihre I\Iembranen dicker. Ich glaube, diese Unterschiede zwischen der inneren und äußeren Lage des .Mesophylls sind klar genug, um den Schluß zu gestatten, daß die Zurückkrümmung der Korollblätter dadurch erfolgt, daß die äußere Partie ihr Wachstum vor dem Aufblühen bereits eingestellt hat, während die innere weiter wächst. Dieses Wachstum erfolgt durch eine Streckung, nicht durch eine Vermehrung der Zellen. In der Übergangszone zwischen den beiden 1 Vgl. die .A.hhildiin£(cn z. B. hei Wanger in, 1. c. und in Bot. Reg. 24 (1838), p. 61. Blütenbau von Ahiim'iiiin. 201 Lagen liegen die GefäLVoündel, die gegen außen zu von Sekret- schläuchen begleitet werden. Ihr Inhalt ist in unserem in Alkohol fixierten Material in Form von größeren oder kleineren den Wänden anliegenden Kügelchen niedergeschlagen. Gleichartige Sekretschläuche finden sich auch im Fruchtknoten als Begleiter der Gefäßbündel. Fig. 1 bis 8. 1. Unterer Teil der Blüte im Längsschnitt. 2. Querschnitt durch die Blüte ungefähr in der halben Höhe der Blüte. 3. Teil des Querschnittes durch ein Korollblatt. 4. Längsschnitt durch ein Korollblatt. 5. Die Verzahnung- zweier Korollblätter aus einem Querschnitt durch die I\uppe der geschlossenen Blüte. 6. Partie aus dem Querschnitte durch ein Korollblatt mit Verzaii- nungspapillen. 7. Samenanlage im Längsschnitt. 8. Embryosack und Mantelschichte im Längsschnitt. (Vergrößerung 1 und 2 8-fach, 3 und 4 140-fach, 5 und 6 28.5 -lach, 7 36-tach, 8 140-fach.) Die Epithelzellen der Korollblätter weisen nun ziemlich große Unterschiede je nach der Lage der Fläche, auf der sie liegen, auf. Die Innenfläche ist von prismatischen, in eine ziemlich spitze Papille aus- gehenden Zellen bedeckt. Auf der Außenfläche zeigen die Epithelzellen Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, lol. Bd. 16 202 K. Schnart, im Querschnitt ein ähnliches Aussehen wie auf der Innenseite, im Längsschnitte aber erweisen sie sich in der Längsrichtung gestrecict. Ihre Papillen haben dementsprechend nicht die Form eines spitzen Zahnes, sondern einer längsgestellten Schneide. Ihre Kutikula zeigt eine zarte Längsstreifung. Der in Fig. 4 dargestellte Längsschnitt hat auch ein Haar getroffen. Dieses ist einzellig, hat eine ziemlich breite Basis und oberhalb dieser eine deutliche Einschnürung. Die dicke Membran ist dort, wo sie an Nachbarzellen grenzt, mit Tüpfel- kanälen versehen und gibt die Holzreaktion mit Phlorogluzin und Salzsäure. Haare von diesem Bau kehren an den verschiedensten Teilen der Blüte wieder. Auf der Außenseite der Korollblätter sind sie im allgemeinen spärlich, nur am Ende stehen sie dicht. Auf der Innenseite finden sie sich nur an der Basis (vgl. auch Fig. 1). Haare des gleichen Baues, nur von anderer Länge und Dicke, treten auch auf den Filamenten und Konnektiven und bei A. dünense auf dem Griffel auf, während .4. HaudeJii einen völlig kahlen Griffel hat. Die .Seitenflächen der Korollblätter zeigen gegen außen zu die nämlichen Epithelzellen, wie wir sie auf den Außenflächen kennen gelernt haben. Nach innen zu aber bilden sie äußerst schlanke, spitzige Papillen. Diese finden sich nun gerade dort, wo die Koroll- blätter zusammenstoßen und sind auf das innigste ineinander ver- zahnt, weshalb sie hier als Verzahnungspapillen bezeichnet werden mögen. Diese V'erzahnung, die stark an die Zackennähte des Säuge- tierschädels erinnert, ist in Fig. 5 dargestellt, die einem Querschnitte durch die oberste Kuppe einer Blütenknospe entnommen ist. Hier sind die Papillen bedeutend größer und kräftiger als in tieferen Regionen (vgl. Fig. 6;, wo sich ihre Verbindung aucli früher zu lösen beginnt. Diese Art der \'erbindung valvater Blütenblätter im Knospen- zustande ist nach Raciborski^ eine weitverbreitete Erscheinung und findet sich nach diesem Autor u. a. auch bei den Korollblättern der Cornaceen und Limbelliferen. Sie dient nach ihm als Schutz- mittel gegen das Austrocknen der inneren Blütenteile. Diese Auf- fassung k'ann gewiß auch bei Alaiii^'iiim geltend gemacht werden. Ich möchte aber doch die Frage zur Diskussion vorlegen, ob sij hier nicht auch blütenökologisch ausgenützt wird. Eine einfache Überlegung führt zu dieser Vermutung. Das Zurückbiegen der Korollblätter kommt durch ein starkes Wachstum der Zellen der gegen innen zu liegenden Mesophyll- schichte zustande. Dieses Zurückkrümmen wird aber gehemmt durch die Zellennaht, welchen Ausdruck Raciborski für diese Art der \'erbindung verwendet. Insbesondere am Ende der Blütenknospen ist der Zusammenhang sehr fest. Die Folge dieser Hemmung muß aber eine sich immer mehr und mehr steigende Gewebespannung sein, die schließlich die Hemmung überwindet und zu einem 1 M. l^iiciborski. Die SchutzvoiTichtungen der Blütenknospen. (Flora, SI, ISOö, Ergänzungsband, 151 bis 194). niüteiibau von Ahiif^itiiii. 203 plötzlichen öfthen der Blüten führen muß. Die Blüten müssen sich geradezu explosionsartig öffnen. Welcher Art ist nun die Auslösung der Blütenexplusion? Denkbar wäre es nun, daß der sich streckende Griffel die Verzahnung" der Kuppe löst, wie es u. a. für Loranthaceen und Briiguiera angegeben wird. An meinem Material konnte • ich jedoch keine Beobachtungen machen, welche eine solche \'ermutung stützen könnten. Ich fand niemals Knospen, in denen der GrilTel zwischen Fruchtknoten und Kuppe eingezwängt war; stets lag zwischen dieser und der Narbe ein kleiner Zwischenraum. Ein Strecken des Griffels erfolgt, aber erst nach dem Aufblühen. Ich kann daher nur sagen, daß sich die Korollblätter \'on selbst zurückbiegen müssen, wenn ihre .Spannung die Festigkeit der Zellennähte übertrifft, oder wenn ein Anstoß von außen — also in der Xatur durch die Blütenbesucher — die Blüte früher zum Öffnen bringt. Daß die bei dem Aufspringen der Blüten entstandene Erschütterung das Aufladen des Blüten staubes auf den Besucher be\\-irkt, erscheint mir wahrscheinlich, beweisen kann es aber nur die direkte Beobachtung der lebenden Pflanze. Leider wissen wir über die Blütenökologie von Alangiinn gar nichts Bestimmtes. .4. Handelii besitzt nach den Beobachtungen von Hände 1-Mazzetti weiße Korollblätter und deutlichen Duft. Diese Eigenschaften, ferner die Größenverhältnisse und der Umstand, daß die Blüten keinen geeigneten Sitzplatz für sich niederlassende Bestäuber bieten, lassen vielleicht an Sphingiden denken. Die Leitung des Pollenschlauches. Wangerin^ beschreibt die Narbe von A. chinense als »in lobos 2 vel rarius 3 latiusculos 1 mm metientes divisum«. Ich fand bei dieser Art und ebenso bei A. Handelii eine etwas andere Narbe, deren Bau durch die Fig. 10 bis 13 genügend klar- gestellt ist. Darnach ist die Narbe vierteilig und die einzelnen Abschnitte sind selbst A\'ieder unregelmäßig gelappt. In Fig. 12 sehen wir einen Querschnitt ungefähr in der Höhe, wo die Narbe am breitesten ist, in Fig. 13 etwas unterhalb der Narbe. Der leitende Kanal ist da von zwei sich kreuzenden Spalten gebildet, die von einer Schichte inhaltsreicher, sich stark färbender Zellen ausgekleidet werden. Diese Schichte stimmt im Aussehen völlig mit der belegungs- fähigen Schichte der Narbe überein. Nach unten zu verändert sich die Gestalt des Griffelkanals. In der halben Länge der Blüte hat er die in Fig. 2 dargestellte Ouerschnittsiorm. Es ist also die eine der diagonal gestellten Spalten eingezogen worden, bis auf eine kleine in der Mitte des Spaltes befindliche Erweiterung. Im Frucht- knoten (Fig. 1) teilt sich der Leitungskanal in zwei Kanäle, welche zu den beiden Fruchtknotenfächern führen. Der Leitungskanal ist 1 Wangerin, Alangiaccac in Pflan^^enreich, IV, 220?'. 20-i K. Schnaif, ausgefüllt von einer wahrscheinlich gelatinösen Masse, welche meiner Ansicht nach durch einen Ouellungsvorgang der äußersten Membranen der auskleidenden Schichte entsteht. Für diese Ansicht scheinen mir die bei aufmerksamer Betrachtung stets feststellbaren zarten, etwas ver- wischten Linien zu sprechen, die im Inhalt des Griffelkanal es auftreten (Fig- !)• Der Bau der Samenanlage. Den Fruchtknoten fand ich bei .4. Handeln stets zweifächrig. Die beiden Fächer sind ungleich groß. Das größere enthält ein einziges, großes, anatropes, hängendes Ovulum, das kleinere fand ich stets völlig leer. Wangerin^ hat nun in Überein- stimmung mit Baillon dem Ovulum zwei Integumente zugeschrieben und dies hat ihn wohl in erster Linie ver- anlaßt, die Gattung Alanghun von den Coruaceae abzutrennen und als eigene Familie zwischen die Rhko- phoraccae und Combretaceae zu stellen. Meine eigenen Beobachtungen konnten, obwohl mir nur wenig Material zu Gebote stand, die Un- richtigkeit der betreffenden Angaben Wange rin's feststellen. Fig. 9 zeigt einen Ouerschnitt durch eine Samenanlage, die einer eben aufgeblühten Blüte entstammt. Die Gestalt des Ovulums ist annähernd als linsenförmig zu bezeichnen. Die eine, etwas flachere Seite ist der Scheidewand der beiden Fruchtknoten- fächer zugewendet. Wir können nur ein einziges hitegument feststellen, hl der Mitte sehen wir einen \'on epithelial angeordneten Zellen ausge- kleideten Hohlraum, der den Embryo- sack enthält. Im Ouerschnitt ist das kräftig entwickelte, Tracheiden führende Gefäßbündel zweimal getroffen. Die Erklärung hierfür bietet uns Fig. 7, welche einen in Fig. 9. (Juei'scliniU durch die Samenanlage ; vom Embiyusack sind die Polkerne getroffen. (Vergrößerung 140-fach.) 1 Wangerin, Ahuigiaccac in Pnanzcnreicli IV, 220/'; Die l'mgrenzung und Gliederung der Familie der Conmcccic (i'^nglers bot. Jahrb., J><5', Beiblatt Xr. SO, 190G). Blütenbau von AliVii^nmi. 205 der Richtuny des größten Durchmessers geführten Längsschnitt zeigt. Wir sehen da, daß das Leitbündel nicht in der Chalazagegend endigt, sondern in weitem Bogen den Embryosacl< umkreist und in der Nähe der Mikropliyle mit einer kleinen Anschwellung aufhöre. Diese Besonderheit des Gefäßbündels ist meines Wissens nur selten innerhalb der Angiospermen beobachtet, so bei Meuyauthes^ und bei Fraxinns'-; sie kommt ferner bei Sonchus oleraceaiis und einigen anderen Kompositen vor 3. \ Fig. 10 bis 14. 10. Seitenansicht der Narbe und des oberen Teiles des Griffels. 11., 12. und 13. Querschnitte in der in der vorhergehenden Figur durch wagrechte Linien gezeichneten Hohe. 14. Die durch das Rechteck in der Fig. 13 bezeichnete Partie stärker vergrößert. (Vergrößerung 10 8-fach. 11 bis 13 36-fach, 14 140-fach.) \ In dem mir zur Verfügung stehenden Materiale grenzte der Embrvosack direkt an das hitegument. Vom Nucellus ist der obere Teil gänzlich aufgezehrt. Dennoch kann auf eine crassinucellate Samenanlage geschlossen werden. Fig. 8 zeigt einen Längsschnitt durch einen Embryosack bei stärkerer \'ergrößerung. Das antipodiale Ende desselben steckt in dem Nucellusrest. Dieser besteht aus ' Billings, Beiträge zur Kenntnis der Samenentwicklung (F'lora SS, 1901, p. 29G). Stolt, Zur Embryologie der Menyanthaceen und Gentianceen (K. Svenska Vetenskapsakad. Handl., 61, 1921, Nr. U). 2 Billings, 1. c, p. 301. ■" Lavialle, Recherches sur le developpement de Tovaire en fruit chez les Composees (Ann. Sc. Nat. Bot,, IX, 15, 1912, 39 bis 141). 206 K. Schnarf, einem zellenreichen Gewebe, welches deutlich erkennen läßt, daß der Embryosack in einem großen vielzelligen Nucellus angelegt wurde. \'on den seitlichen und oberen Partien desselben sind nur mehr zarte Häutchen zu sehen. An dem dargestellten Embryosacke sehen wir genug, um ihn als normal bezeichnen zu können. Vom Eiapparat ist die Eizelle deutlich zu sehen, während die Sj^'nergiden nur als ein dunkler, nicht weiter auflösbarer Klumpen zu finden sind. Etwas unterhalb des Eiapparates liegt der sekundäre Embrj'osackkern, während in dem abgebildeten Querschnitt (Fig. 9) die beiden Polkerne noch unverschmolzen nebeneinander liegen. Die Antipoden sind klein und treten in der Dreizahl auf. Die innerste Schichte des Integumentes ist als Mantelschichte ausgebildet. Andere embryologische Angaben kann ich leider dem zur Verfügung stehenden Materiale nicht entnehmen, hnmerhin geni^igen sie, um einen Beitrag zur Lösung der Frage nach der systematischen Stellung zu liefern. Samenanlagen mit einem Integument sind innerhalb der Dialy- petalen überhaupt selten. Es gibt überhaupt nur einen größeren Formenkreis unter ihnen, der durch die Einzahl des Integumentes ausgezeichnet ist, nämlich die Umbellifloren. Das ist aber diejenige Reihe, in welche verschiedene Autoren wie Rob, Brown, Bentham, Hooker, tiarms, Hallier^ die Gattung Alaugium gestellt haben. Die Ähnlichkeit des Ovulums dieser Gattung mit dem der Umbelli- floren sollen folgende, allerdings nur spärlich in der Literatur \-or- kommenden Angaben beleuchten. Für die Coniaceae ist die Einzahl des Integumentes notorisch. Bezüglich des Nucellus von Bciit/iainia fragifera gibt Jönsson- an: »Nucellus är föga bred och bestär af trenne cellrader utom epidermis.« Morse ^ beobachtete bei Corntis florida ein crassi- nucellates Ovulum und im übrigen ein ganz normales \'erhalten; nur sollen zwischen den Tetradenkernen keine Wände gebildet werden. Etwas umfassender sind die Angaben über die Avalidccac. Jönsson^ fand bei Hcdera Helix Übereinstimmung mit den Sym- petalen, so ein Integument, einen kleinen Nucellus, der aber doch neben den Tetradenzellen noch andere Zellen innerhalb der Epidermts enthält; Deckzellen werden nicht gebildet: der obere Teil des Nucellus wird zerstört, so daß der fertige Embryosack unmittelbar von der Mantelschichte des Integumentes umhüllt wird, mit Ausnahme des 1 Vergleiche die in den zitierten Arbeilen Wangerin's angegebene Literatur. - B. Jönsson, Om embr3'osäckens utvecl A. .S. Home. The structure and affinities o{ Davidia invoUtcraia Bai IL Transact. Linn. Soc, London, IL .Ser., 7. Bot., 1904 bis 13, 303 bis 326.) 208 K. Schnurf, Blütenbau von AJangiiiin. Aus dieser vergleichenden Betrachtung ergibt sich, daß die Auffassung von Rob. Brown und Harms, welche Alangium auf (irund des Diagrammes zu den Cornaceen stellten, jedenfalls nicht so unberechtigt ist, als Wanger in glauben machen will. Dieser stützt seine Ansicht vor allem auf zwei Merkmale: Alangium habe zwei Integumente und Löcherpollen, die Cornaceen eines und P'alten- pollen. Das erste Unterscheidungsmerkmal trifft, wie wir gesehen haben, durchaus nicht zu, das zweite scheint, soweit ich mich überzeugt habe, richtig zu sein. Nach meiner Ansicht gehört AJanginm wenn schon nicht zu den Cornaceen, so doch als selbständige Familie zu den Umbellifloren. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonbomugh-Fonds Ergebnisse der Expedition Dr. Handel-Mazzetti's nach China 1914—1918, unternommen auf Kosten der Akademie der Wissen- schaften in Wien Musci novi sinenses, collecti a D"' Henr. Handel-Mazzetti, I. Descripsit V. F. BrOthCfUS (Vorgelegt in der Sitzung am 13. Juli 1922) Dicranum perfalcatum Broth. n. sp. Dioicum; caespitosum, caespitibus densis, lutescenti-fuscescen- tibus, nitidiuscLilis. Caulis ad 4 cm altus, adscendens, parce radi- culosus, Simplex vei dichotome ramosus. Folia sicca subcircinato- falcata, profunde canaliculato-concava, e basi lata oblonga sub- sensim lanceolato-subuiata, dorso scabra, c. Q'Qmm longa, mar- ginibus subconniventibus, superne serrulatis, rarius subintegris; nervo breviter excendente; cellulis superioribus valde irregularibus, tri- angularibus, rhombeis et subquadratis, inferioribus linearibus, inter se valde porosis, basilaribus internis laxis, teneris, hyalinis, alaribus numerosis breviter rectangularibus et hexagonis, fuscis. Cetera ignota. Prov. Setschwan austro-occid.: In montis Lose-schan ad merid. urbis Ninyüen regione frigide temperata et alpina in gra- minosis, alt. s. m. ca. 3900 — 4250 in. (Handel-Mazzetti, Iter Sinense 1914—1918, Nr. 1413.) Species distinctissima, cum nulla alia commutanda. Molendoa j^ünnanensis Broth. n. sp. Gracilis, caespitosa, caespidbus densis, mollibuS; glaucoviridibus, intus ochraceis. Caulis erectus, vix ultra 1 cm altus, parce radicu- losus, dense foliosus, simplex vel furcatus. FoHa sicca incurva, humida erecto-patentia, anguste linearia, breviter acuminata, c. 2 mm longa et ad 0' 2b min lata, marginibus erectis, integerrimis; nervo crassiusculo, continuo, laevi; cellulis minutissimis, quadratis, minute papillosis, basilaribus breviter rectangularibus, teneris, hj^alinis, laevissimis. Cetera ignota. Sitzungsberichte d malhem.-naturw. Kl , Abt. I, 131. Bd. 17 210 H. Handcl-Mazzetti, Eigebnisse d. Exped. n. China 1914—1018. Prov. Yünnan : In faiicium fluvii Djinscha-djiang (» Yangtsekiang«) ad viam directam inter Yünnanfu et Huili regione subtropica, ad rupes siccas calceas supra deversorium Lagatschang; ca. 1100 7/^ nini longa, marginibus anguste recurvis, superne serrulatis; enervia; cellulis anguste linearibus, basilaribus infimis aureis, alaribus oblongis, vesiculosis, iii'.reis. Bracteae perichaetii internae erectae, sensim in subulam 220 II. Handel- Muz zetti usw.. V. Brot lierus. Musci novi sinenses, I. minutissime serrulätam attenuatae. Seta c. 1 cui alta, tenuis, rubra. Theca suberecta, cylindrica, subregularis, c. 2 mm longa, fusca. Operciilum e basi conica rostratum, rostro teniii, cur\ ato. Prov. Yünnan: Ad septentr. urbis Yünnanfu trany flumen Pudu-ho, 25° 40' lat., in regione calide temperata in silva frondosa montis Scindjigu, ad truncos putrides, ca. 2700 m (Nr. 558;. Species pulchella, theca suberecta, cylindrica, cum nulla alia commutanda. Homalothecium perimbricatum Broth. n. sp. Robustiusculum, caespitosum, caespitibus densissimis, rigidis, lutescentibus, nitidis. Caulis repens, densissime ramosus, ramis erectis. c. 1 cm longis, strictis, teretibus, obtusis. Folia sicca arcte imbricata, humida erecto-patentia, plicata, e basi subcordata ov^ata vel late ovato-lanceolata, breviter acuminata, ad 2-3 nun longa et ad 1-2 nun lata, marginibus erectis, superne serrulatis; nervo longe infra apicem folii evanido; cellulis angustissime linearibus, basilaribus in pluribus seriebus laxis, alaribus quadratis. Cetera ignota. Prov. Hunan austro-occid.: In ditione oppidi Dsingdschou, ad rupes arenaceas prope vicuin Sandjingtjiao; ca. 400 w (Nr. 11.017) Species distinctissima, H. toldodeusi (Alitt.) Besch. affinis, sed foliorum forma dignoscenda. Meiothecium (Eumeiothecium) angustirete Broth. n. sp. Autoicum; caespitosum, caespitibus depressis, olivaceis, niti- diusculis. Caulis repens, dense ramosus, ramis brevibus, adscen- dentibus. Folia sursum spectantia, lineari-lanceolata, breviter acumi- nata, ad 1 • 5 nini longa et ad 0 • 3 unii lata, marginibus late recurvis, integris; enervia; cellulis anguste linearibus, laevissimis, alaribus pluribus hyalinis vel aureis. Bracteae perichaetii erectae, anguste acuminatae, integrae. Seta c. 2'ömm alta, tenuis, rubra, superne mamillis latis, humilibus praedita. Theca erecta vel inclinatula. oblongo-cylindrica. Cetera ignota. Prov. Hunan: Prope urbem Tschangscha in monte Yolu-schan. ad truncos viv. Castanopsichim diversarum; ca. 200 ///. (Nr. 11.460). — Ad minas Hsikwangschan prope urbem Hsinhvva in trunco \ ivo Onerais ad vicum Tindjiatang; ca. 500;// (Nr. 12.684). Species M. microcarpo (Harv.) Mitt. affinis, sed foliorum forma cellulisque anguste linearibus dignoscenda. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Die Mikrochemie der Flavonexkrete bei den Primulinae Von Hermann Brunswik Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien Nr. 182 der zweiten Folge (Vorgelegt in der Sitzung am 16. Juni 1922) Von jeher hat der »Mehls taub ■:< an Blättern und Blütenständen einiger heimischer und zahlreicher ausländischer Primelarten wissen- schaftliches Interesse erregt. Während schon bei de Barj^i die anatomischen Verhältnisse — der gene- tische Zusammenhang mit den bekannten Köpfchenhaaren, die er als »pili pulveru- lenti« von den eigentlichen Drüsenhaaren abtrennte, — klargestellt erscheinen, blieb die chemische Natur dieses pulverartigen Überzuges bis in die allerletzte Zeit unbekannt.- So rechnete KlotzschS den Mehlstaub von Priinitla Atirtcnla L. zu den »Pseudostearoptenen« und gibt als seinen Schmelzpunkt 50° C. an. Göppert^ erkennt seine krystaUinische Natur und zählt ihn, da im kalten Alkohol leicht lös- lich, zu den Harzen. Wegen dieser Löslichkeit im kalten Alkohol schließt deßary'> das Primel- (und Farn-)Exkret bei der Behandlung der pflanzlichen Wachsüberzüge aus. Wiesnerö jedoch stellt den Primclmehlstaub ■ — vom physiologischen Gesichts- punkte aus — • zu den unbenetzbaren Überzügen im Anschluß an die Wachse. Bei den Studien über die hautreizende Wirkung einiger Primeln beschäftigte sich Neatler'' auch eingehend mit dem Mehlstaubüberzug von Priinula Auricnla, 1 A. de Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane, 1877, p. 105. - Vgl. H. Molisch. Mikrochemie der Pflanze, 2. X\\^.., Jena 1921, p. 124 und 125. - H. Klotzsch. Ref. Bot. Zeitung, 10. Jahrg., 1852, p. 200. -i H. R. Göppert, Nov. Act. Acad. Carol. Leop. Vol. XVIII., Suppl. 1, p. 200. "' A. de Barv, Über die Wachsüberzüge der Epidermis. Bot. Ztg., 29. Jahrg., 1871, p. 131. ti J. Wiesner, Über die krystaUinische Beschaffenheit der geformten Wachs- überzüge pflanzlicher Oberhäute. Bot. Ztg., 34. Jahrg.. 1876, p. 235. "' A. Ne stier, Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Priinula mit beson- derer Berücksichtigung seiner hautreizenden Wirkung. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Math.-naturw. Kl., Bd. 111 (1902), p. 29 bis 51. — Vgl. auch A. Nestler, Hautreizende Primeln, Berlin 1904. SitzuniTsberichte d. matliem.-iiaturw. KL, .\bt I, 131. Bd. 222 H. Brunswik, /'/-. fjrinosa u. a. Es werden hierbei l sämtliche Lüsungs- und Umkrystailisations- vcrhältnisse des weißen oder gelblichen Pulvers festgestellt, seine leichte Sublimier- barkeit gezeigt, die Acroleinreaktion und Fettfleckprobe mit positivem Ergebnisse angestellt, der Schmelzpunkt als bei 84° C. liegend bestimmt und zusammenfassend festgestellt, daß »der Mehlstaub der bestäubten Piümcln somit wahrscheinlich echtc^ Fett enthält«. Eine hautreizende Wirkung des Mehlstaubes konnte Nestlor voll- kommen ausschließen. In jüngster Zeit nun untersuchte Hugo Müller- den Mehlstaub von Primnla pulveriilaiia makrochemisch und zeigte in ein- deutiger Weise, daß er, abgesehen von geringfügigen Beimengungen vvachsartiger Substanzen, nahezu ausschließlich aus Flavon C^kH^qO.,, Schmelzpunkt 99 bis 100.° besteht, einer von Kostanecki^ zunächst theoretisch erschlossen und hypothetisch benannten, später auf mehr- fache Weise synthetisch dargestellten Substanz, die konstitutionelle Stammsubstanz aller der im Pflanzenreich so weit verbreiteten Flavonderivate. Die Methodik für den mikro-, beziehungsweise histo- chemischen Nachweis aller dieser Oxy- und Hj^droxy-Flavone hat erst vor kurzem G. Klein* ausgearbeitet, das einfache Flavon selbst aber nicht berücksichtigt. Da das Flavon ein mikrochemisch anderes Verhalten wie seine zahh^eichen Derivate zeigt, sich anderer- seits auch charakteristische Speziaireaktionen ergeben, soll seine Mikrochemie im folgenden dargestellt und zugleich seine Verbreitung als Exkret bei dem Subtribus der Primnlinae verfolgt werden. Lösliehkeit. Das mit einer Nadel oder einem Skalpell in kleinen Mengen leicht abschabbare Mehlstaubexkret zeigt folgende Löslichkeit: Un- löslich in kaltem Wasser, in \'erdünnten Mineralsäuren, konzen- trierter HCl, in kalter verdünnter KOH und in NH^; wenig löslich in kochendem Wasser, rauchender HCl, kaltem Petroläther und Olivenöl; leicht löslich in allen organischen Solventien (wie Alkohol, Äther, Aceton, Chloroform, Benzol, Xylol, Benzin, heißer Petroläther, CS2; Eisessig, Chloralhydrat), in Terpentinöl, Zimmtöl, Nelkenöl, in konzentrierter HNO3 und HoSO^ (mit gelber Farbe) und siedender KOH (gelb). Mikrochemische Reaktionen, Bemerkenswert ist die leichte Löslichkeit des Flavons in Äther — ganz im Gegensatz zu seinen Derivaten, deren Unlöslichkeit in 1 .\. Nestler, 1. c. p. 40 bis 4G. '-' Hugo Müller, The occurence of flavon as tlic farina of the primula. Jouin. of the Chem. Soc. London, Bd. 107/11 (1915), p. 872 bis 878. '■^ St. V. Kostanecki u. J. Tambor, Über die Konstitution des Fisetins. Per. d. deutsch, chem. Ges.. ßd. 28 (1895), p. 2302, Anm. 2. — W. Feuerstein u. St. v. Kostanecki, Synthese des Flavons. Ber. d. deutsch, chem. Ges., Bd. 8! (1898), p. 1757. St. V. Kostanecki u. J. Tambor, Über den Aufbau des Flavons aus seinen Spaltungsprodukten, Ber. d. deutsch, chem. Ges., Bd. 33 (1900j, p. 333. I G. Klein, \^cv histochemische Nachweis der Flavone. Sitzungsb. d. .\.kad. d. Wiss. in Wien, math.- naturw. Kl.. Bd. 131 (1922), Heft 1, p. 23 bis 40. Mikrochemie der l'lavunexkrete. 223 Äther Klein^ in der allgemeinen Charakteristik der Flavone hervor- liebt. Weitere Unterschiede oesenüber allen Flavonderivaten sind ö^ö S- ferner das Fehlen jeglicher Farbenreaktion mit wässerigem, beziehungs weise alkoholischem FeClg und das Ausbleiben jeder Reaktion mit alkoholischem Bleiacetat. An positiven, charakteristischen Proben ist anzuführen: 1. Umkrystaliisation mit Mineralsäuren. Etwas jMehlstaub unter Deckglas mit konzentrierter HCl ver- setzt, krystallisiert langsam von selbst um (Zeichen für eine geringe Löslichkeit!) in feine Nadeln, Nadelbüschel etc. von typischem Fla\ onaussehen. Erwärmt man etwas Flavonexkret mit konzen- trierter HCl unter Deckglas bis knapp zum Sieden, so tritt Lösung ein und beim Erkalten fällt das Flavon in schön ausgebildeten Einzelkrvstallen oder großen Nadelbüscheln aus. Aus den angeführten Löslichkeiten ergibt sich als selbstverständlich, daß auch HNO.^ und H.,SO^ bestimmter Konzentration zum Umkrystallisieren des Alehl- staubpulvers verwendet werden können, wie auch schon Nestle r- und Müller^ beobachteten. Am handlichsten ist jedenfalls die Um- krj'stallisation in heißer konzentrierter HCl und vertritt, da es sich ja zumeist um eine bereits feste, krystailinische Substanz handelt, die von Klein^ für alle Flavonderivate empfohlene Krystalli- sation durch HCl -Dämpfe. 2. Mikrosublimation. Schon ganz geringe Mengen des Primelmehlstaubs liefern — wie schon Nestler zeigte — brauchbare Sublimate. Das Fla\-on erscheint nach dem völligen Erkalten des Sublimates in meist rankenförmigen bis federartigen Krystallbildungen, am Rande auch in Einzelkrystallen. Die Sublimate können mit Vorteil zur Aus- führung der Reaktion mit Jod (vgl. Punkt 4) verwendet werden. Läßt man Sublimationspräparate frei an der Luft durch etwa 10 Tage liegen, so sind sie im ganzen unverändert, höchstens eine gering- fügige Umordnung der Einzelnadeln ist erkennbar. Das Flavon ist demgemäß bei Normaltemperatur höchstens in Spuren flüchtig. Die Flüchtigkeit des Flavonexkrets kann daher nicht zur Erklärung des Umstandes herangezogen werden, daß auf natürlichen Standorten, z. B. die Blätter von Friiiiula Anriatla bei der Entfaltung dicht überdeckt sind mit dem Flavonexkret. mit zunehmendem Alter aber der Mehlstaubüberzug immer mehr abnimmt, so daß die ältesten Blätter bereits völlig exkretfrei sein können. Dies dürfte, da die Sekretion durch die Drüsenhaare nur einmal in der ersten Jugend erfolgt, demnach auf rein mechanische Weise, durch Regen, Schneedecke, Trockenheit und Wind herv^or- gerufen werden. Dafür spricht auch, daß bei Exemplaren von Priiinila Auricula, 1 G. Klein, 1. c, p. 31. •■? A. Nestler. 1. c, p. 46. •'! H. Müller. 1. c. i C. Klein, 1. c, p. 29. 224 H. Hrunswik, die ich sL'it 2 Jahren im Zimmer zielie. wo alle diese mechanisclien Faktoren aus- i^eschlossen sind, noch die ältesten, schon völlig braunen Blätter den Flavonmehl- staub unverändert tragen 3. Fluoreszenz der Lösung in konzentrierter H^SOj. Für sj'nthetisches Flavon hatte Kostanecki^ festgestellt, daß seine Lösung in konzentrierter H.,SO^ schön blauviolett fluoresziert. Tatsächlich zeigt der Primelmehlstaub nun ganz dieselbe Eigen- schaft, wenn man eine entsprechende Menge davon in wenig Vitriolöl löst und in herkömmlicher Woise auf der schwarzen Glas- platte oder in einer schwarzen Glaskapillare- beobachtet. Unter den im Pflanzenreich vorkommenden Flavonderivaten zeigen nur Saponarin, Kämpfend und Kämpferoi die gleiche Eigenschaft. 4. Verhalten gegen Jod. In letzter Zeit fanden Barger und Starling" bei zahlreichen synthetischen a- und ß-Pyronen die Fähigkeit, in ganz ähnlicher Weise, wie z. B. Stärke, Cholalsäure oder Saponarin, mit Jod blaue Adsorptionsverbindungen, beziehungsweise Mischkrystalle zu liefern. Bei synthetischem Flavon erhielten die Genannten"^ sowohl Mischkrystalle von Flavon mit Jod, permanente blaue Nadeln, wie auch eine schwarze Adsorptionsverbindung von Jod an amorphes Flavon. Tatsächlich lassen sich nun mit dem Havonexkret der ver- schiedenen Primeln diese beiden Verbindungen mikrochemisch erzielen. ü) Blaue Mischkrystalle. Etwas mit dem Skalpell abgeschabter ^lehlstaub wird unter Deckglas in 96% Alkohol so gelöst, daß die alkoholische Flüssig- keit nur etwa die Hälfte des Raumes z\\-ischen Deckglas und Objekt- träger einnimmt. Der noch freie Raum unter dem Deckglas wird hierauf mit Jodjodkalium ausgefüllt. An der Dift'usionszone Alkohol-Jodjodkali wird durch den Wasserüberschuß das Flavon aus- gefällt, und zwar in Form eines schön blauen Niederschlages, der aus Körnchen, zarten, blauen Nadeln und Nadelbüscheln, oft auch aus einem feinen Nadel filz besteht. Diese blauen Misch- krystalle sind in Wasser, selbst in 25 7o bis 50 7o HCl beständig und unterscheiden sich hierdurch ganz eindeutig von den habituell 1 St. V. Kostaneck i und A. Ludwig, Über das 2-Bromtlavon. Ber. d. deutsch, ehem. Ges., l^d. 81 (180S), p. 20r)3 Anm. ■-' Vgl. H. Molisch, 1. c, p. ;',2. ■! G. Barger and W. Starling, Bluc adsorption Compounds of iodine. Part II and HI. Derivates of a- and y-Px-rone. Journ. of the Chem. Soc. London. Bd. 107 1. (1915), p. 411 bis 424. '1 Barger and Starling, 1. c, p. 414 u. p. 420. Mikrochemie der f'^lavoncxkrete. 225 ziemlich älinlichen, aber schon wasserlöslichen, rotvioletten Sapo- n a r i n - J o d m i s c h k r y s t a 1 1 e n , wie sie M o 1 i s c h ^ durch Ve rdamp fen der alkoholischen oder wässerigen Lösung, Barger- und G. Klein-"' aus jodhaltiger Essigsäure erzielten. Die blauen, pleochroitisclien Mischkrystalle, die Jod mit Kumarin liefert, die bereits Perkin sen. 1871 erwähnt, Barger^ näher studierte und die seit Senft» zur mikrochemischen Identifikation von Kumai'in Venvendung finden, kiinnen wohl ebenfalls zu keiner Verwechslung Anlaß geben. 'i Andere wässerige Jodreagentien, wie Chlorzinkjod oder Jod- wasser eignen sich, zur Fällung der alkoholischen FlavonlÖsung unter dem Deckglas in der beschriebenen Weise nur wenig oder gar nicht. Es entstehen keine blauen Mischkrystalle, sondern braun- schwarze b) Adsoi-ptionsverbindungen. In Gegenwart von Jod rasch amorph oder langsam in Krystall- form gefälltes Flavon adsorbiert Jod an seiner Oberfläche derart stark, daß es zuerst violett, dann schwarzbraun bis schwarz er- scheint. Flavonsublimate oder fertige Flavoneinzelkrystalle, mit einer jodhaltigen Flüssigkeit betupft, verhalten sich ebenso;'' die ur- sprünglich doppelbrechenden Flavonkrystalle leuchten bei gekreuzten Nicols nicht mehr auf, verlieren also scheinbar ihre Krystallnatur. Daß es sich bloß um eine Adsorptionsverbindung handelt, wie sie auch Bayer und Starling für amorphes Flavon angaben, läßt sich durch langes Waschen in H^O nachweisen. Während nämlich kaltes Wasser, verdünnte — 50%,ige HCl, bei kurzem Waschen keine 1 H. Molisch, Über das Vorkommen von Saponai-in bei einem Lebermoos (Madotheka platyphylla). Ber. d. deutsch, bot. Ges., 1911, Bd. 29, p. 487 bis 491. - G. ßarger, Saponarin, a new glucoside coloured blue with iodine. Transact. of the Chem. Sog., London, 1906, Rd. 89, p. 1212. ■■■ G. Klein. 1. c, p. 44. ■i G. Barger und W. Starling. I. c, (1915), p. 414 und 418. ^ E. Senft, Über das Vorkommen und den Nachweis des Kumarins in der Tonkabohne. Pharm. Praxis, 3. Jahrg., 1904, Heft 3. ö Anmerkung: Die Vermutung Senft's (1. c), daß es sich hierbei um eine analoge Verbindung wie P'erkins Kumarindibromid CgHßOo.Br.i handelt, wurde von Barger und Starling (1. c.) nicht bestätigt. — Der Wert der mikrochemischen Speziaireaktionen von Kumarin, Saponarin und Flavon mit Jod wird durch den Umstand, daß keine eigentlichen Jodverbindungen, sondern nur blaue-rot- violette Mischkrvstalle dieser Substanzen mit Jod entstehen, keineswegs geschmälert; zeigten doch gerade Barger und Starling (1. c), daß die Konsti- tution der Substanz hierfür von wesentlichem Einfluß ^t. Flavonderivate z. ß., die eine OH-Gruppe am Pvronkern besitzen (= Flavonole!) liefern keine Jodmisch- krj'stalle und Additionsverbindungen. '^ Anmerkung: Die Frage, ob das J(jd direkt von den Krystallflächen ad- sorbiert wird, oder ob an diesen ungereinigten Flavonkrystallen (auch Sublimaten) kolloidales, amorphes Flavon adsorbiert ist, das seinerseits mit Jod eine schwarz- braune Adsorptionsverbindung liefert, soll hierbei nicht entschieden werden. Im Sinne Bargers ist die letztere Annahme die wahrscheinlichere. 226 H. Rrunswik, nennenswerte Veränderung der schwarz gewordenen Flavonkrystalle bewirkt und das adsorbierte Jod auch bei tagelangem, freiem Liegen der nachträglich behandelten Sublimate oder Kr3'stallfällungen sich nicht» verflüchtigt, gelingt es durch Einlegen der Präparate auf 24 Stunden in destilliertes Wasser das Jod zu entfernen und die ursprünglichen Kr^'stalle — nun wieder doppelbrechend — zurück- zugewinnen. Die unter 1 bis 4 eben angeführten Reaktionen, besonders die Umkrystallisation mit konzentrierter HCl und die Fällung der charakteristischen, blauen Jodmischkrystalle, eventuell ausgeführt am Sublimat, wurden, nebst der allgemeinen Löslichkeitsprüfung, zur Ermittlung der Verbreitung der Flavonexkretion bei dem Subtribus der Primiilmae herangezogen. Es ergaben sich hierbei zwei Typen der Flavonausscheidung durch die Köpfchendrüsen- haare: Das bei der Exkretion in fetter Lösung (vgl. Reaktions- ergebnisse von Nestler, 1. c!) befindliche Flavon krystallisiert ent- weder nach Durchtreten der Kutikula in Kürze aus, was dann, je nach dem Gehalt an sonstigen Beimengungen als weißlicher oder gelblicher »Mehlstaub« erscheint, oder das Flavon wird in dieser fetten Lösung zähe festgehalten und ist aus dem bis ins Alter der Pflanze flüssigbleibenden Drüsenexkret nur durch chemische Mittel kr^'stallisiert fällbar. In ersterem Falle konnte auch Herbar- material geprüft werden, während die flüssigbleibenden Drüsen- exkrete nur an lebenden Pflanzen untersucht werden können. 1. Krystallisierte Flavonausscheidung (»Mehlstaub«) findet sich bei den Gattungen Prinmla und Dionysia. Von den über 150 beschriebenen Primelarten konnten 74 Arten untersucht werden. Flavon. an irgend einem Pflanzenteil (Blatt, Blattrand; Blütenstiel, Kelch, Kelchzipfel) ausgeschieden, ließ sich bei folgen- den 25 Arten nachweisen:^ Pr. malacoidcs Fi-anch (III. S., Xr. 21); Pi: verlici/U/lcr !• orsk (IV. S., Nr. 24): Pr. peliolaris Wall. var. pulvern leiita Hook (V. S., Nr. 26), Pr. Hookcri Watt (V. S., Nr. 27); Pr. capiiellata Boiss. (IX. S., Xr. 46), Pr. algida Adams (IX. S., Nr. 47); Pr. capilaia Ilooker (nach H. Müller. I. c, X. S., Nr. 54), Pr. deniiculaia Sm. var. Cashiniriana Hooker (X. Sect., Nr. 55); Pr. stricla Hörnern. (XI. S., Nr. 66), Pr.farinosa L. (XI. S., Nr. 68), Pr. scotica Hook. (XI. S., Nr. 69), Pr. longi- flora All. (XI. S., Nr. 70), Pr. frondosn Janka (XI. Sect., Nr. 71); Pr. inimifissivhi Jacquem (XII. S., Nr. 73), Pn Hevdei Watt (XII. S., Nr. 74); Pr.5///a;-//7 Wal lieh (XIV. S., Nr. 84), Pr. nivalis Fall. Varietäten (XIV. S., Nr. 85); Pr. Faiiriae Franch (XVI. S.. Nr. 94); Pr. japonica Gray (nach H. Müller, 1. c, XIX. S., Nr. 118): Pr. Anriciila L. (XX. .S., Nr.. 126), Pr' Palimiri Petagna (XX. S., Nr. 127), Pr. mar- j^inaia Curt. (XX. S., Nr. 128), Pr. puhcscciis Jacq. (= Pr. Aiiriaila'X.hirsuta);' Pr. Amcricana Rydh. HOOl); Pr. lonqipcs Fr. u. Sint. (Ind. Kew. 1904). 1 Nomenklatur, Sektioneneinteilung (S.) und fortlaufende Numerierung nach F. Pax, Monographische Übersicht über die Arten der Gattung Primtila, Engl. Bot. Jahrb. f. .Syst., X. Bd. (1889), p. 75 bis 241). i Mikrochemie der Flavonexkrete. 22 ^_ i Bei der auf Persien, Turkestan und Afghanistan beschränkten Gattung Dionysia (20 Arten) ^ konnten drei Arten mit kryst. Flav^on- ausscheidungen gefunden werden: Dionysia revohita ^o'iss. (^v. 1), Dionysia iapctodes Bunge (Nr. 6) und Dionysia diapcnsiifolia Boiss. (Nr. 20). Die gelbliche Exkretmasse an Blattunterseite, Kelch und Blumenkronröhre besteht aus einem Gewirr langer, fädiger Krystallbildungen, die sich trotz ihrer morphologischen Verschieden- heit mikrochemisch genau ebenso verhalten wie der kleinkörnig- krystallinische Flavonmehlstaub bei den Primeln. 2, Flav'on als Bestandteil von flüssig bleibendem Drüsenexkret. Auch in dem stets flüssig bleibenden Exkret der Drüsenhaare von Priuiula sinensis Ldl. kann Flavon eindeutig in reichlicher Menge nachgewiesen werden. Nestler ^ beschäftigte sich bereits eingehend mit diesem manchmal hautreizenden Sekret und zeigte, daß es im Gegensatz zu den Sekrettröpfchen bei Priunila ohconica Hance u. a., durch verdünnte oder konzentrierte HCl in eine Masse nadel- oder garbenf(')rmiger Krystallaggregate umgewandelt wird. Diese Kry stalle sind nun nichts anderes als Flavon, da mit ihnen sämtliche angeführten Reaktionen genau so verlaufen wie mit Mehlstaub (vgl. nachfolgende Tabelle). Reibt man einen Objektträger leicht an der Unterseite eines Blattes von Friiini/a sinensis, so sind zahlreiche, grüngelbliche Sekrettröpfchen daran abgedrückt. Man fällt entweder zuerst das Flavon mit HCl aus seinem fettigen Lösungsmittel oder man verwendet die Sekrettröpfchen direkt zur Reaktion, z. B. zur Sublimation oder zur Erzielung der blauen, filzförmigen Mischkrj'stalle mit Jod, wozu bei der nötigen \'orsicht selbst ein einziger Sekrettropfen genügt. Behandelt man die Sekret- tröpfchen unter Deckglas mit Jodwasser, so bilden sich in jedem langsam Flavon- krA'stalle, die zugleich Jod derart adsorbieren, daß sie hell- bis dunkelbraun erscheinen. Dieser Befund stimmt nun mit den Untersuchungsergebnissen von Nestler über die hautreizende Wirkung der Primelexkrete gut überein. Mehlstaub, somit F'lavon C^jHjqOo, ist nach Nestler's Versuchen sicher nicht hautreizend und auch der durch Sublima- tion gewonnene Bestandteil des Sekrets von Primula sinensis (:= Flavon) »hatte keine hautreizende Wirkung zur Folge«. Die im Drüsenhaarsekret von Primula obconica auftretenden und durch Sublimadon abtrennbaren Krystalle hingegen, die als solche nach zwei Versuchen Nestler's eine intensiv hautreizende Wirkung haben, unterscheiden sich, wie die Tabelle zeigt, auch chemisch wesentlich von den Krystallen bei Primula sinensis — sind also sicherlich kein Flavon (vgl. Tabelle, Rubrik 3, 7, 8, 12, 14, u. 18) Ob sie, da ihre Lösungsverhältnisse denen des Flavons doch einigermaßen ähnlich, eine dem Flavon nahestehende Substanz sind, läßt sich mikrochemisch wohl nicht entscheiden. ^ Nomenklatur und fortlaufende Xummcr nach Engler, Das Pnanzcnreich, (1905), p. 160 ff. A. Xestler, 1. c, p. 34 bis 36. 228 H. Biunswik, ! C T3 0 C '-0 o ci 3 0 a CO TS. TT» O II 1 ■Ji 0 Z 0 tc J^J II rt. O 1 'S _j .- 3 c:- ""* ^ 3 ■J5 S ■ O "in i2 0 In 0 [0 2 ^ t- •— 3 0 c '55 ~ 0 ^ :5 12 ^ i£ u — ^ rt O ^ fcr. fc, 0 0 — 0 0 0 Ji o 3 S « :^ ü '-0 'J} r* •*-? bC ^ '> !h .^ -5 -- o~ 0 " !3 '^ 0 0 12 tS! -H L.~ <^^ - ^!^ *<• • N c i 5? c 'üT 3 0 " --3 •'S» 4 5 > ^ CS "in o !1> ^ 1 ^ o CS :0 c u CO 4J 5 g 73 i2 0 :c ü 2 X 0 c P! w O c^ r-" tn ^ OD ^^•s g 2 "rt c S s ÖD "3 0 ~ ^ ^2 11 5s *3 0 r^ 0 t-^ 'ö; C- .X ^ .^ Ol ~ 3 C 3 c "ca s . -*-» •<-• OT u 0. -4-> U c 3 S CT; :0 ^ > 1 bc bC G 11 i .i2 c . "o 05 .^ ÖD 1 ^ ^ 3 >* 3 5 "7. 1 £ In ln5 6^ !E 's u — H 1^ 1 n-* :0 S •-' 3 s 3 u ^^ 3 o • •-4 4-> ! CS ci 0 0 1 ^ ^t — ■ — ' 0 nS Z^ X u (i; •53 P a 1 -r" •o 1 :0 0 , . _ 0 C3 — — r*" o' 5) S -.-> Ö 'S Ca iß C3 ■ o ■3 0 0 N 7( 1 2 ■3 ira ■*j (U •M o~ 0" ■ N N -S S.' (0 es K ffi 0 0 C 9 .s •.* 5 tD 0 u 3 r^ • *4 E S 5" 1 tH 1 v X» ■v* ) O 1^ " ri 1 1 ' - — 1 ~ « 1 Mikrochemie der Flavoncxkrctc. ')')(] ü "tÄ X. Jü O nS H t/! b r^ > ffi o O. ^ O o ■'; !-< < ;_ o X t3 o C X 3 TD CS 53 fcC :0 ÖC o O O X; 53 o o X :_ ■- ÖC c •• o c fco T"* *-• c; o <" ' •— C2 0} •= E^ r^ 0- O c? 3 o ^^ y " 5 X i:! . — ■ •i-f > C^ ^^ tu ^ rt -^ D ^ > c c o S o rt t>3 in CS 5 '^. :cö c XI 5 o =0 OD T-, CS r OD o c ■cd ÖD (U CS T3 o» CS •n >i CS "y. :^ ^ X CS .;: -2 i2 'S O CS '- c .2 CS o o ÖD^ 5 T3 C :cS -, ÖD o § ÖD b-n X C c N rt (u > X ÖD = öß o C ÖD "i; ÖD it gelber Fa abg > J= CS 12, 3 S (D o CS N t/: CS , 3 5, 'S :0 0) CS O c X S ü tn CS CS Üh J c! ÖD C -t-» p cd 71 3 c T3 ^■^ ^ X o o CD 'S 1/: .2 'S s o CS 2 o 1—1 ■^ o ^ X ^ ? c/: N Ci o Cl r>* -* t-O CO c^ 00 T-H ■230 H. Brunswik, Bezüglich des flüssigen Sekretes von Pr. sinensis ergibt sich noch folgende Frage: Nach Nest 1er ist Pr. sinensis schwach haut- reizend; da \'on vorneherein angenommen werden müßte, daß die Giftsubstanz bei Pr. sinensis dieselbe ist, wie bei Pr. obconica Hance, Pr. corUisoides h., Pr. SicboJdii Morren und Pr. inollis Hook., alles Angehörige derselben Sektion (Sinenses), so müßten aus dem Sekret auch Krystalle von denselben Eigenschaften wie bei Pr. obconica zu erzielen sein. Dies ist nun weder bei meinen Untersuchungen gelungen, noch erwähnt Nestler (1. c.) etwas davon. Diese mikrochemische Deduktion gelangt daher zu demselben Zweifel an der hautreizenden Wirkung von Primula sinensis über- haupt, wie er sich in dem Urteile Nestlers spiegelt, wenn er zusammenfassend 1 schreibt: »Es ist sogar nach allen Erfahrungen möglich, daß manche Lidividuen der Prininla sinensis aus un- bekannten Gründen überhaupt kein giftiges Sekret besitzen.« Immer jedoch ist in diesem flüssigen Drüsensekret der Pr. sinensis Flavon enthalten und Pr. sinensis stellt gewissermaßen den hygrophytischen Typus der Flavonexkretion dar, gegenüber dem mehr xerophytischen, mit Lösungsmittel sparenden Typus unserer »Mehlstaubprimeln«. Schließlich wurde auch das flüssig bleibende Drüsenexkret von Cortusa Matthioli L. auf die x\nwesenheit von Flavon mit positivem Ergebnisse geprüft. Nestler- hat die hautreizende Wirkung dieser Pflanze festgestellt und hierbei auch mikrochemische Angaben über das Drüsensekret gemacht. Nach Nestler finden sich in den Sekretmassen kleine, nadeiförmige oder prismatische Krystalle, die aber, gelöst in Alkohol oder Äther, daraus nicht mehr zurückgewonnen werden konnten; auch eine Sublimation gelang nicht. Daher schien es sich um einen ganz anderen Körper wie bei den Primeln zu handeln. Zunächst erhielt auch ich dieselben Resultate wie Nestler. Löst man aber ganz so wie bei Primula sinensis das Sekret in Alkohol und setzt unter Deckglas Jodjodkalium zu, so gelangt ein rein blauer Nadelfilz, oft in zarten, schneeflockenförmigen Gebilden angeordnet, zur Ausfällung, der in konzentrierter HCl in der Kälte unlöslich (bloß rotvioletter Farbenumschlag), durch Erwärmen in braune Nadelbüschel umkr3^stallisierbar ist und — in größerer Menge gesammelt — auch ein farbloses Sublimat in Form von Einzel- nadeln oder Ranken gibt, somit in allem identisch mit den Flavon- Jodmischkrystallen erscheint. Eine direkte Ausfällung des Flavons aus den auf einen Objektträger abgestreiften Sekrettropfen gelingt nun weder durch Behandlung mit verdünnter, noch mit konzen- trierter HCl, wohl aber durch Einwirkung von kalten Salzsäure- dämpfen (aus rauchender HCl frei werdend; Anordnung in der Glaskammer nach G. Klein^). Die einzelnen Tropfen erscheinen 1 A. Ncstler, 1. c, p. 36. - A. Nest 1er, Qntiisa Afallhioli L., eine stark hautreizende Pflanze. Ber. der Deutschen botan. Ges.. 1912, 3d. 30, p. 330 bis 334. 3 G. Klein, 1. c., p. 29. Mikrochemie der iMavonexkrete. 2ol dann nahezu \-öl!ig umgesetzt in ein Gewirr von Nadelkrj^stallen, ähnlich wie bei Pr. sinensis. An freier Luft aber sieht man in kürzester Zeit diese Krystalle abschmelzen und schließlich zu der ursprünglichen, homogenen Sekretmasse werden, aus der sie durch neuerliche Einwirkung von HCl-Dämpfen wieder zurückgewonnen werden können. Auch in destilliertem H^O, 25%, 60% und kon- zentrierter HCl bilden sich unter Einfluß des intakt gebliebenen Lösungsmittels die Krystalle sofort in Tropfen um oder gehen durch dessen Vermittlung ganz in Lösung. Setzt man aber die Sekrettropfen nach Einwirkung der HCl-Dämpfe (Kr3^stallausfällung) sofort auf 1 bis 2 Minuten kalten Joddämpfen aus, wie sie in einem Gefäß mit sublimiertem Jod enthalten sind, so färben sich die nadeiförmigen Krystalle braunviolett bis schwarz (»Jodadsorptions- verbindung!«) und sind so dauernd haltbar in freier Luft, unlöslich in H.,0, Jodjodkalium, verdünnter und konzentrierter HCl, lassen sich mit heißer konzentrierter HCl unter Deckglas in Nadelbüscheln umkr\'stallisieren und liefern auch ein typisches, farbloses Nadel- und Rankensublimat. Bei Cortnsa MaWiioli L. befindet sich das Fla von in einer derart innigen Fettlösung, daß die durch HCl-Dämpfe gefällten Flavonkrystalle nur durch die gewissermaßen fixierende Wirkung von Joddämpfen dauernd gewinnbar und in ihrer wahren Li'jslichkeit zu verfolgen sind. Auch bei Corinsa Mattliioli muß demnach die hautreizende Giftsubstanz in der amorphen Sekretgrundmasse enthalten sein, während die auf die angegebene Weise reichlich ausfällbaren Krystalle die mikrochemischen Reaktionen des Flavons geben. ^ Zusammenfassung. Das von Hugo Müller durch makrochemische Analyse als Hauptbestandteil des Primelmehlstaubs entdeckte Fla von C^^H^qO., ist, abgesehen von seiner Löslichkeit, durch folgende mikro- chemische Reaktionen gekennzeichnet: L Umkrystallisation in heißer konzentrierter HCl unter Deckglas zu charakteristischen Krystallen; 2. aus der alkoholischen Lösung fällt Jodjodkalium leuchtend blaue nadelbüschel- oder nadelfilzförmige Jod-Flavon- mischkrystaJle, die selbst in 50% HCl unlöslich; 3. auch fertig ausgebildete Flavonkrystalle adsorbieren Jod stark bis zur Schwarz- färbung und halten es zähe fest; 4. Flavon liefert ein nadel- oder rankenförmiges, farbloses Sublimat, an dem die Jodreaktionen (2 und 3) mit Vorteil ausführbar; 5. blaue Fluoreszenz der Lösung in konzentrierter H.3S0^. Außer im » Mehlstaub «-Exkret von 25 Frimitla- Arten konnte Flavon als feste Ausscheidung bei 1 Anmerkung: Flavon dürfte sich wohl in dem flüssigbleibenden Drüsen- sekret noch anderer PriuiuUnae finden, was sich aber nur an lebendem Pflanzen- material nachweisen läßt. 232 il. ßrunswik, Mikmchemie der Flavonexkrete. 3 Arten der Gattung Diutiysia nachgewiesen werden. PriiimJa sinensis Ldl. und Cortiisa Matilüoli L. enthalten in ihrem flüssig- bleibenden Drüsenexkret sehr reichlich Flavon in =b inniger Lösung, während der von Nestler entdeckte krystallisierbare, hautreizende Körper von Priimüa obconica Hance die Flavonreaktionen nicht gibt L'.nd sich auch durch andere Löslichkeit unterscheidet. Zuni Schlüsse möchte ich meinem hochverehrten Lehrer, Hofrat Prof. Dr. H. Molisch sowie auch Herrn Assistenten Dr. G. Klein für die mir zuteil gewordenen Anregungen bestens danken. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonbomugh-Fonds Mitteilungen aus der Biologischen Versuchsanstalt der Akademie der Wissenschaften in Wien Pflanzenphysiologische Abteilung, Vorstand W. Figdor Nr. 77. Über die Entwicklung der Wendeltreppen- blätter von Helicodiceros muscivorus Engl. Von Wilhelm Figdor (Mit 1 Textfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 6. Juli 1922) Die Verschiedenheit der Blattgestalt ist wohl bei keiner Familie der Monocotyledonen so überaus auffällig als bei der der Araceen. ^ Denn abgesehen davon, daß die Vertreter der einzelnen hierher ge- hörigen Gattungen nicht selten voneinander ganz abweichende Formen der Assimilationsorgane zeigen, wechseln diese selbst bei ein und derselben Art oftmals während ihrer Individualentwicklung in der mannigfaltigsten Weise.- Worauf die Plastizität des Protoplasmas, die hierfür letzten Endes verantwortlich gemacht werden muß, be- ruht, ob sie durch innere, in der Organisation der Pflanze gelegene Verhältnisse oder durch äußere Kräfte (Licht, Feuchtigkeit usw.) bedingt wird, ist bisher nicht bekannt geworden. Eine der merkwürdigsten Blattbildungen, die das Pflanzenreich überhaupt aufweist, zeigen Exemplare der bei der oben erwähnten 1 Vgl. A. Engler: Araceae in Engler und Prantl's nat. Pflanzenfamilien, II. T., 3. Abt., p. 102 ff., und A. Engler: Das Pflanzenreich. Araceae, IV., 23. Abt. (Pars generalis und Index familiae generalis). Daselbst die Hinweise auf das Genus Helicodiceros. 2 Siehe auch in A. Engler: Das Pflanzenreich, IV. 23. C. Araceae-Lasioideac, die Abbildung von Dracontium polyphyllum oder von Anadendrum medium (Polhos flexnosa) nach Ridlej': Poilios flexiiosits, Hort, in Gardeners chronicle, I., p. 527 (1894). Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KI., Abt. I, 131. Bd. 19 234 W. Figdor. F'amilie eingereihten Gattungen Helicodkcros und Hclicophyllnin. Ich habe die einzig bekannte Art der ersterwähnten Gattung (H. tmiscivorus Engl., H. criuitiis Schott) in einem Gewächs- haus in Kultur und zwar seit dem Jahre 1913. Dieselbe ist eine Knollenpflanze und läßt sich durch jährlich an der Stammknolle verschieden zahlreich auftretende Brutknöllchen^ leicht vegetativ ver- mehren. Im Laufe der aufeinanderfolgenden Jahre zog ich auf diese Weise 27 einjährige, 28 zwei-, 32 drei-, 23 vier-, 18 fünf-, 15 sechs-, 5 sieben-, 6 acht- und 4 neunjährige Exemplare heran. Da die ' Blätter am Ende einer jeden Vegetationsperiode ein- ziehen, sodaß jedes Jahr neue sich in den Dienst der Assimilation stellen,- kann man durch genaue Bezeichnung der einzelnen Gewächse feststellen, wie alt sie sind. An diesen beobachtete ich fortlaufend den Aufbau, die Gestalt der Assimilationsorgane in Ab- hängigkeit von dem Alter der Pflanzen. Obwohl- ich meine Auf- zeichnungen hierüber noch fortführe, möchte ich doch schon heute einige ganz interessante Ergebnisse, \venigstens meiner Meinung nach, veröffentlichen. Es stellte sich heraus, daß die Blätter auch hier eine Jugend- form aufweisen, die, wie gewöhnlich, nicht unvermittelt in die Folge- form übergeht. Diese selbst ist aber nicht unveränderlich, st)ndern zeigt im Laufe der Jahre eine gesetzmäßige, fortschreitende Ent- wicklung, wie zahlenmäßig nachgewiesen werden soll. Es w'ivxe. eine überaus dankenswerte Aufgabe nun in der freien Natur — die Pflanze ist in Korsika, Sardinien und der Iberischen Provinz ^ heimisch — Nachschau zu halten, ob die Wachstimisverhältnisse der Assimilationsorgane auch dort dieselben sind wie bei den hier gehaltenen Individuen. Vielleicht gelingt es an solchen der Frage nach den Ursachen der Blattgestak mit Erfolg näher zu treten. Nebenbei sei gesagt, daß ganz ähnliche Gesetzmäßigkeiten im Aufbau der Blätter, wie sie in der Folge beschrieben werden sollen, nach meinem Dafürhalten auch für den Genus HelicopJiyl/iim^ und andere nahe verwandte Gattungen gelten werden. Über die Entwicklung der Knc^Ue, deren Gestalt nebst der Beschreibung der anatomischen Verhältnisse wird, da ich in der Literatur diesbezüglich keine Angaben gefunden habe, an anderer Stelle berichtet werden. 1 Engler crwLüint das Vorkommen solcher bei unserer Art nicht. - Fungier: Vergleichende Untersuchungen über die morphologisciicn Ver- hältnisse der Araceae. Nova acta der Kais. Leopold. -Karol. Deutschen Akademie d. Xaturf., Bd. 39 (1877), Nr. 4, p. 201. 3 Engler: Das Pflanzenreich (Pars generalis), 1. c, p. 104. ■' Auch diese Gattung ist an Arten arm; es sind im ganzen nur fünf aus 1 .Armenien, Turkestan. Palästina und Sibirien bekannt. Wendeltreppenblätter von He/icodiceroa iniiscivonis Engl. 2'So I. Die Gestalt der Assimilationsorgane. Bereits Engler^ erwähnt, daß das Blatt in Stiel und Spreite gegliedert und letztere deutlich cymös verzweigt ist, die Basen der Seitenabschnitte voneinander entfernt sind und das Blatt daher entschieden fußförinig (pedatifid) ist. Die äußeren Blattabschnitte sind um die Seitenrippen spiralig gedreht. GoebeP beschreibt das Blatt unserer Art näher und sagt »daß die Blattspreite unten 2 Lappen hat, die es (es soll wohl heißen sie) pfeilförmig machen würde, wenn sie einfach blieben. Sie verzweigen sich aber sj-mpodial! •' Diese Zipfel sind aber nicht wie bei Saitromatum in einer Ebene ausgebreitet, sondern wendel- treppenartig gedreht, sodaß die Blattzipfel an einer zentralen Achse angeordnet erscheinen. Diese ist aber nichts anderes als der ver- dickte äußere Rand der Basis der einzelnen Lappen«. Letztere Behauptung trifft nicht ganz zu, wie wir noch sehen werden. Nach Goebel werden derartig gebaute Blätter heute ganz allgemein Wendeltreppenblätter ■^ genannt. Ich möchte noch erwähnen, daß die Windungen der wendeltreppenartig geformten Auswüchse an den beiden Blatthälften immer im entgegengesetzten Sinne, stets von innen beginnend nach außen gegen die Blattspitze zu verlaufen, so zwar, daß die Torsion auf der rechten Blatthälfte (von der Mitte der Pflanze gegen die Blattspitze zu gesehen) im Sinne des Uhr- zeigers, auf der linken in entgegengesetzter Richtung verläuft. 1 Vgl. Schott: Osten-, bot. Wochenblatt, III (1853), p. 3G9, iind Engler: Beiträge zur Kenntnis der Araceae. V. Bot. Jahrbücher für Systematik, Pflanzen- gescliichte und Pflanzengeographie. Bd. V (1884), p. 151. Das gleiche wird von Helicophylltun und Dmcunailus erwähnt. Siehe auch Engler und Prantl: Araceae, p. 148. ' - Goebel: Organographie, I. Aufl. (1898 bis 1901). p. 520, und II. Aufl. (1913), p. 25. 3 Bei Helicophyllnin, Draciincnhis, Saiivomatum u. a. geschieht dasselbe. An der Hand der beigegebenen Figur wird dies für Helicodiceros näher erklärt. * So gestaltete Blätter sind den Mitteilungen desselben Forschers (Über Wendeltreppenblätter. Naturw. Rundschau, Bd. 26 [der neuen Folge X. Bd.], Jahrg. 1911, p. 97 ff.) zufolge auch Dicotyledonen, und zwar 2 S^^o;//a- Hybriden {B. Rex f. Comtesse Luise Eniödy und B. ricinifolia f. Wehlcana) eigen. Bei den eben genannten Sports — • um solche handelt es sich wohl — kommt die Wendeltreppen- blattform dadurch zustande, daß die basalen Partien einer jeden Blatthälfte nicht in den Dauerzustand übergehen, sondern ihr Wachstum längere Zeit hindurch unter gleichzeitiger Änderung ihrer ursprünglichen Wachstumsrichtung fortsetzen. Am schönsten zeigt sich dietee Blattform, wenn man Pflanzen als Blattstecklinge kultiviert und alle sich bildenden Adventivsprosse entfernt. So konnte Goebel an den eben genannten Pflanzen innerhalb weniger Wochen 3 Schraubenwindungen entstehen sehen, einige Pflanzen bildeten sogar 7 Umläufe und Goebel meint, daß derartige Individuen unbegrenzt wachsen könnten. Schließlich sterben sie aber infolge innerer Ursachen ab. Die Entwicklung der Wendeltreppenblätter ist hier gänzlich verschieden von der bei den Monocot3'-ledonen, wie von mir gezeigt werden wird. Über das Auftreten von Spiralen überhaupt vgl. auch H. Molisch: Goethe, Darwin und die Spiraltendenz im Pflanzenreiche. Naturw. Wochenschrift, Bd. 35 (der neuen Folge 19. Bd.), p. 625. 286 w. !• lg clor, Wie die VVachstumsvveise der Wendeltreppenblätter ist, wird wohl am ehesten klar, wenn ich die Entwicklung der im Laufe der Jahre nacheinander auftretenden Blätter beschreibe. Wenn die einjährigen Knöllchen zu Beginn der Vegetations- periode in gute, etwas sandige Erde eingesetzt und im Kalthause gehalten werden, so bildet jeder Sproßt zunächst 1 bis 2 scheiden- förmige Niederblätter- und einige wenige, meist 3, länglich lanzett- lich geformte Laubblätter. Während der folgenden Jahre treten an den neu gebildeten Assimilationsorganen an ihrer Basis rechts und links Auswüchse auf, sodaß die Blattgestalt als »pfeilförmig« be- zeichnet werden muß. Diese wie auch alle in der Folge gebildeten Lappen werden von einem deutlich ausgeprägten Gefäßbündel in der Mitte durchzogen. Das nächste Entwicklungsstadium zeigt eine Teilung des erstgebildeten seitlichen Blattabschnittes, beziehungs- weise das Auftreten eines neuen Lappens ganz in der Nähe der Übergangsstelle der Lamina in den Blattstiel. Merkwürdigerweise ist die W^achstumsrichtung dieses jüngsten Lappens eine durchaus andere wie die des ganzen Pfeilblattes; \\'ährend dasselbe die ge- wöhnliche charakteristische fixe Lichtlage einnimmt, wächst der neu hinzu gekommene Zipfel wohl infolge einer geotropischen Um- stimmung der Leitungsbahnen oder vielleicht auch wegen Spannungs- verhältnisse mehr weniger negativ geotropisch aufwärts unter gleich- zeitiger Drehung (in der schon früher angegebenen Richtung) von etwas mehr als 90° und weniger als 180°. Infolge der geringen Ausbildung von mechanischen Elementen neigen die Enden der Blattlappen auf die jenseits gegenüberliegende Blatthälfte hinüber, wie die beifolgende Figur zeigt. An älteren Blättern entsteht neuerdings, gewöhnlich in der Mitte der Länge des jüngst gebildeten Lappens, ein weiterer Zipfel, und zwar, ebenso wie alle in der Folge sich bildenden, auf jener Seite, die, morphologisch genommen, dem Zentrum der Abstammungs- M achse zunächst liegt. Derselbe wächst zunächst, wie der im Vorjahre zur Entwicklung gekommene, negaüv geotropisch weiter und neigt, sobald er seine definitive Länge erreicht hat, über, während der mütterliche Lappen in seinem oberen Ende zur Seite gedrängt wird. Dieser nimmt dann eine annähernd horizontale, dem Lichte il gegenüber ihm zusagende Stelkmg ein. So schreitet die Ausbildung des Blattes vorwärts unter Beibehaltung der einmal eingeschlagenen Richtung und Drehung. An meinen beiden Mutterpflanzen, über deren Alter ich nichts sagen kann, da ich sie seinerzeit aus dem Auslande käuflich erworben habe, beobachtete ich an einem Blatte j 1 Manchmal f^eschielit es, dal.i i.llc Knollclicn, insbesondoe schwächliche, erst im 2. Jahre austreiben. 2 Solche treten stets auch an älteren Individuen auf. Bei diesen sind an den Niederblättern öfters Rudimente einer lilattspreite, gewohnlich einer pfeilförmigen, nur etliche .Millimeter lang, zu beobachten. I i Wendcltreppcnhlätlcr von llclicodiicros iiiuscivoriis Imii 237 bis zu 5 Zipfel, während Goebel ein solches mit 7 Zipfeln abbildet. Wie wir gesehen haben, handelt es sich also hier in der Tat um eine ausgesprochen sympodiale Entwicklung eines Blattes. Engler^ bem.erkt auch schon bei der kurzen Beschreibung der Blätter dieses Genus sowie auch von Helicophyllum und Dracnnctilus »Die Entwicklnng der neu hinzukommenden Glieder erfolgt immer erheblich später und langsamer als die der früheren«. Die 4 Blätter einer fünfjährigen l'nanze. Diis jüngste Blatt ist pfeilfürmig gestaltet, die drei anderen, in der Reihenfolge der Zahlen entstanden, tragen je 2 Zipfel auf jeder Blatthälfte. (Auf i'-. verkleinert.! Ich möchte dem hinzufügen, daß die einzelnen Blattabschnitte schon in der frühesten Jugend angelegt werden, noch in der Knospenlage, die äußerst kompliziert ist und auf die hier nicht eingegangen werden soll. Im Gegensatze zu Goebel- muß ich endlich erwähnen, daß in dem Aufbau der zentralen Achse der Wendeltreppe, von der die einzelnen Lappen ausladen, nicht nur >der verdickte äußere Rand 1 Vgl. Engler: Aracedc in den nat. Ptlanzenfamilien, p. 104. 2 Gaebel: Organographie, f. .Auflage, p. 520. 238 \V. Figdor, der Basis der einzelnen Lappen«, sondern mindestens die ganze äußere Hälfte der Lappenbasis unter Inanspruchnahme der Gefäß- bündel dieser beteiligt ist. Gelegentlich kommt es auch vor, daß die beiden Hälften ein und desselben Blattes untereinander asymmetrisch sind und zwar in den verschiedensten Altersstadien eines Exemplars. Ich konnte z. B. beobachten, daß die eine Blatthälfte länglich-lanzettlich, die andere hingegen pfeilförmig, oder daß die eine Blatthälfte, wie eben erwähnt, geformt war, während die andere bereits einen Lappen trug, der negativ geotropisch aufwärts wuchs. Auch t3'pische Wendel- treppenblätter weisen oftmals derartige Asymmetrieverhältnisse auf, so zwar, daß an der einen Blatthälfte 1, manchmal sogar 2 Lappen mehr ausgebildet sind wie an der anderen. Hand in Hand damit tritt naturgemäß eine ungleiche Anzahl der Windungen in den betreffenden Längshälften auf. Von meinen Versuchen, die Ursachen für das Zustande- kommen der wendeltreppenartig gewundenen Fortsätze zu ergründen, möchte ich nur erwähnen, daß das Licht hierbei direkt keine Rolle spielt. Denn im Dunkeln aus Knollen herangezogene Exemplare zeigten auch Andeutungen von Torsionen der Blattlappen; die Lamina kam niemals zur vollen, normalen Entfaltung und war stets erheblich kleiner als an Lichtpflanzen. Auffälligerweise wiesen die Blattstiele eine bedeutende Überverlängerung auf im Vergleiche zu normal kultivierten Pflanzen; der hier beobachtete Typus des Etiolements stimmt demnach mit dem für die Dicotyledonen eigentümlichen überein. ^ Meiner Meinung nach wird die merkwürdige Blattgestall durch innere, im Wesen der Pflanze gelegene Momente begründet sein; es handelt sich also um eine inhärente Erscheinung, die wir einstweilen nur biologisch deuten können.- IL Über die Zahl der während einer Vegetationsperiode gebildeten Blätter. Engler^ erwähnt, daß ein jeder Sproß meist 3 Laubblätter trägt (für Helicophylhmi werden 4 angegeben). Soweit meine Beob- achtungen reichen, trifft dies nur für jugendliche Pflanzen zu; an älteren (9jährigen), kräftigen Exemplaren konnte ich nicht selten 5 zählen und an noch älteren sogar bis zu 7. Die letztgemachte Angabe bezieht sich auf die beiden Mutterpflanzen meiner Kulturen. 1 Wiesner: Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiolog. Gebiete, I. Abhandig. Orientierende Versuche über den Einfluß der sg. ehem. Lichtintensität auf den Gestaltungsprozeß der Pfi.nnzenorgane. Sitzungsber. der kais. Akad. d. Wiss. in Wien, mathcm.-naturw. Klasse, Bd. 102, Abb. 1 (1893), p. 50. 2 Goebel: 1. c, p. 021. 3 Engler: Vergleichende Untersuchungen über die morphologischen Verhält- nisse der Araceen, 1. c. Weiidcllreppcnblattcr \on Hclicoilicci-ns miiscivonis Engl. 2o9 III. Die Beziehungen zwischen dem Alter der Blätter und deren Gestalt. Vorerst muß gesagt werden, daß der Begriff »Alter« in zwei- facher Hinsicht zu nehmen ist, wenn die Gestaltung der Blätter in Abhängigkeit von ihm besprochen werden soll. Es ergeben sich nämlich nicht nur Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung sämtlicher Assimilationsorgane während einer Vegetationsperiode, sondern auch im Laufe der Ontogenese der Pflanze. Wenden wir uns zunächst den ersterwähnten Verhältnissen zu. Die Beobachtung zahlreicher Exemplare hat gezeigt, daß ent- weder alle während eines Jahres gebildeten Blätter dieselbe Gestalt aufweisen oder eine untereinander verschiedene. Jenes trifft, soweit ich gesehen, nur für jugendliche Pflanzen^ zu. Für gewöhnlich sind die Blätter solcher durchaus länglichlanzettlich oder nur aus- nahmsweise pfeilförmig gestaltet. Dieses hingegen beobachtet man an älteren Pflanzen, und zwar ist die Ausgestaltung der Lamina entweder eine fortschreitende, bei welcher sie schließlich stehen bleibt,- oder zuerst eine fort- schreitende, bis zu einem gewissen Höhepunkte, und dann eine rückschreitende. Es treten also hier ganz analoge Verhältnisse zu- tage; wie sie z. B. für die Größenausbildung der Blätter gewisser sommergrüner Laubhölzer typisch sind. Des Raummangels halber kann ich an dieser Stelle nicht alle meine Aufzeichnungen wiedergeben und miichte deshalb nur durch je ein Beispiel das Gesagte erläutern. An einer älteren Pflanze mit 5 Blättern waren die 3 jüngsten pfeilförmig, die 2 letzt gebildeten hingegen typische Wendel- treppenblätter mit je einem Lappen auf jeder Blatthälfte. Eine der Mutterpflanzen bildete im Laufe eines Jahres 7 Blätter aus. Das jüngste Blatt besaß 2 Lappen, die 3 nächstfolgenden je 3 und das jüngste wieder nur 2 Lappen.^ Hand in Hand mit dieser Gestaltung war die Anzahl der spiraligen Windungen bei den nacheinander gebildeten Blättern naturgemäß eine verschiedene. Wenn wir nun bei den Pflanzen der verschieden alten Jahr- gänge nachsehen, wann, d. h. in welchem Alter die ehigangs be- schriebenen Blattformen auftreten, so ergibt es sich, daß die länglich- lanzettlichen Blätter normalerweise an 1- bis 2 jährigen Exemplaren und nur ganz ausnahmsweise auch pfeilförmige Blätter (in 3 unter 27 Fällen; gebildet wurden. 3- bis 4jährige Individuen tragen regel- 1 Sehr selten ist ein derartiges X'orlcommnis bei älteren Pflanzen. In einem Falle hatte eine solche 5 Blätter entwickelt, von welchen ein jedes mit 3 Lappen A'ersehen war. 2 An einer sehr kräftigen, einjährigen Pflanze habe ich auch ausnahmsweise einmal) gesehen, daß das 1. Blatt länglich-lanzettlich, das 2. und 3. (das letzt- gebildete) pfeilförmig gestaltet war. ■• .^uf jeder Blattseite. 240 W. Ki-dnr, mäßig neben längiich-lanzettlichen Blättern auch pfeilförmige Assi- milationsorgane oder auch nur letztere allein. Erst hei einer 5jährigen Ptlanze trat einmal eine Teilung desjenigen Lappens auf. der das Blatt pfeilförmig gestaltet hatte (siehe die Figur auf p. 237). Eine weitere Gabelung des ersten sich negativ geotropisch auf- tretenden Lappens war bei einem 7jährigen Gewächs zu verzeichnen und meine 8- bis 9jährigen Individuen weisen ebensowenig eine weitere Ausgestaltung der Blätter auf Aus diesen Beobachtungen erhellt wohl zur Genüge, daß Pflanzen, deren Blätter 6 Zipfel auf dem pfeilförmigen Blatte tragen, schon recht alt sein müssen, natürlich unter der Voraussetzung, daß die Kulturbedingungen,, die ich meinen Pflanzen geben konnte, ähnlich gewesen sind denen, unter welchen unsere Art in der freien Natur gedeiht. Es kommt aber auch vor, daß Pflanzen, die schon v/ährend einer Vegetations- periode verhältnismäßig reich ausgestaltete Blätter tragen, in dem darauffolgenden Jahre, wahrscheinlich infolge innerer Ursachen oder auch wegen ungünstiger Wachstumsverhältnisse, zu einer einfacheren Blattform zurückschlagen, also Rückschlagserscheinungeii aufweisen. Ich habe schon eingangs erwähnt, daß meiner Meinung nach für das Genus Hdicophylliiui ganz ähnliche Wachstumsverhältnisse der Blätter vorliegen werden wie für das Genus Helicodiceros. Meine Ansicht gründet sich auf eine Bemerkung Engler's betreffs H. Rmnvolffii Schott. Er- sagt hinsichtlich derselben: »In der Zahl der seitlichen Blattabschnitte sehr variabel.« Engler hat eben viele und zwar verschieden alte Exemplare zu Gesicht bekommen I Auch für den Phj^topaläontologen wird diese eigentümliche Formgestaltung der Blätter mit zunehmendem Alter von Interesse Sein. Sie erinnert mich lebhaft an die Ausbildung der Enden an den Geweihen gewisser Cerviden. Bei unserem PMelhirsch z. B. wird normalerweise an jeder Stange jedes Jahr bis zu einem gewissen Alter ein \\'eiteres Ende angelegt. Häuflg kommt es vor, daß die Anzahl der Geweihenden infolge unuünstiger Ernährunirs- 'ö^ Verhältnisse oder auch anderer Faktoren sreringer ist als dem t->^ Hirsche wegen seines Alters gebühren sollte. Man sagt dann: der Hirch hat zurückgesetzt. Wie wir gesehen haben, kommt auch diese Erscheinimg imter Umständen bei den Wendeltreppenblättern zur Geltung. Zum Schlüsse sei noch erwähnt, daß selbst meine 9jährigen Pflanzen sowie auch die jüngeren niemals eine Blüte ansetzten. Wann also die Knollen das Alter der Blühreife erlangen, ob dieses durch die Potenz der Pflanze, sich rein vegetativ zu vermehren, korrelativ beeinflußt wird, sowie ;iuch die Frage, wie viele Lappen auf den W'endeltreppenblättern im Höchstausmaße gebildet \verden können, müssen erst weitere Beobachtungen lehren. 1 Vgl. Giiebel: Ori^anographie. I.e., p. wlJO. - F.ngicr: Ai\iic.h' in Engler uiui l'ianll's nat. rnaiizcntamilien. p. 149. 1 Wendeltreppenblatter von Hclicodiceros iiiiixcironts Engl. 241 Zusammen fassunüf. 1. Die Jugendfürm der Assimilationsorgane von H.nmscivoriis Engl, geht auch hier, wie bei so vielen Aroideen, nicht plötzlich, sondern allmählich in die Folgeform über. Diese zeigt aufYälliger- weise selbst eine gesetzmäßige Weiterentwicklung. 3. Die Blätter an 1- bis 2jährigen Exemplaren sind länglich- lanzettlich, an 3- bis 4jährigen pfeilförmig gestaltet. Erst an 5jährigen Pflanzen tritt an demjenigen Lappen, der das Blatt zu einem pfeil- förmigen gemacht hatte, ein neuer auf. Dieser zeigt im Vergleiche zu dem vorher gebildeten eine Änderung hinsichtlich seiner Wachs- tumsrichtung, die schließlich zur Ausgestaltung des Wendeltreppen- blattes führt. Ein weiterer Zipfel kommt gewöhnlich erst im Verlaufe der nächsten 2 bis 4 Jahre zur Entwicklung. 3. Die Zahl der an einer Pflanze überhaupt gebildeten Blätter ist meistens 3 bei jugendlichen hidividuen, bei älteren 5 bis 7 (durchschnittlich). 4. Sämtliche Blätter ein und desselben Exemplares, und zwar in den \'erschiedensten Altersstadien, sind entweder gleich oder ungleich geformt. Im letzteren Falle macht sich an den erst gebildeten Blättern (den ältesten) eine einfachere Gestalt bemerkbar als an den zuletzt auftretenden (den jüngsten). Manchmal geschieht es aber auch, daß die nacheinander gebildeten Assimilationsorgane sich bis zu einem gewissen Höhepunkte entwickeln und von da ab wieder zu einer einfacheren Form zurückkehren. 5. Rückschlagserscheinungen hinsichtlich der Formgestaltung der Blätter wurden an einzelnen Exemplaren und zwar der ver- schieden alten Jahrgänge wahrgenommen. 6. Die Gestalt der Wendeltreppenblätter wird durch das Licht direkt nicht verursacht. i Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Geomorphologische Beobachtungen in den Gurktaler Alpen Von Dr. Andreas Aigner in Brück a. d. Mur Vorgelegt in der Sitzung am 23. März 1922 Die Gebirgsgruppe der Gurktaler Alpen wird im Westen be- grenzt durch das Tal der Lieser, im Norden durch die Mur, im Süden durch die Drau und die Linie Villach— Ossiacher See — Glantal — St. Veit, im Osten durch das Krappfeld, das Olsa-Metnitz- tal und endlich durch die Senke von Neumarkt. ^ Mit dieser Um- grenzung nehmen die Gurktaler Alpen innerhalb der Zentralalpen eine auffällige Stellung ein. Im Westen brechen die Hohen Tauern plötzlich ab an einer Linie, der Katschbergiinie, deren Bedeutung für das Gefüge der Zentralalpen Geyer (1) nachgewiesen hat. Im Norden werden sie von den höher aufragenden Niederen Tauern durch den westlichen Teil des von Böhm (2) Tamsweg-Seckauer Höhenzug, von Penck (3) Murberge genannten Bergzuges ge- schieden, ebenso schiebt sich im Osten zwischen unsere Gebirgs- gruppe und die Seetaler Alpen ein niedrigerer Bergzug ein (zwischen Olsa-Metnitz und Görtschitz, Waldkogelzug nach v. Böhm). Im Südwesten grenzen sie an den Drauzug und im Südosten an das Senkungsgebiet des Klagenfurter Beckens. So werden die Gurktaler Alpen durchwegs von höheren Teilen der Zentralalpen umgeben, im Westen von den Hohen Tauern, im Norden von den Niederen Tauern, und da die Kammhöhe in unserer Gruppe gegen Osten wesentlich abnimmt, werden sie hier auch von dem Zuge der Seetaler- und Saualpen überragt. Die Gurktaler Alpen besitzen im Eisenhut mit 2441 in ihre höchste Erhebung und wir finden nur im westlichen höheren Teile noch zahlreiche Gipfel mit Höhen zwischen 2300 und 2400 m. Dagegen tritt gegen Nordwesten, vor allem aber gegen Südwesten 1 Siehe Spez. K. Blätter 5151—53, 5251—53 u. 5351-— 53 und die Blätter Hofgastein und Klagenfurt der Generalkarte (1 : 200.000). Sifzuns;sberichte d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd. 244 A. Aigncr, und Nordosten eine Herabdrückung der Gipfelhöhen auf 2100 und 2000 m ein; gegen Südosten beobachten wir ein stufenweises Ab- sinken den Kammhöhen auf 1300 und 1200m. Dieser geringeren Höhe entspricht auch ein auffälliger morphologischer Gegensatz zu den Hohen und Niederen Tauern. Wie schon Krebs (4) und andere hervorgehoben haben, überwiegen die gerundeten Kammformen und nur ini höheren Teile der Gruppe spielen glaziale Formen mit Karen eine größere Rolle. Die geologische Erforschung des Gebietes hat noch beträcht- liche Lücken offen gelassen, genauer durchforscht ist nnr der nördliche Teil (für diesen Teil sei besonders auf die zusammen- fassende Darstellung bei Heritsch (5) verwiesen). Die Basis, der die Gruppe aufbauenden Gesteine, bilden Granatglimmerschiefer, die im Bundschuhgebiete eine Gneismasse umhüllen. Darauf liegen dann die paläozoischen Schichten der sogenannten Murauer Phyllit- mulde und das Carbon der Stangalpe. Die Ausdehnung der ersteren gegen Süden ist noch recht wenig bekannt. Diener (6) erwähnt, ö daß das aus dem Neogen des Klagenfurter Beckens aufragende Grundgebirge Phyllit und Bänderkalke zeige, die den Gesteinen der Murauer Phyllitmulde sehr ähnlich sind, und aus einzelnen Mitteilungen von Canaval (7) geht hervor, daß im südlichen Teile der Gurktaler Alpen solche Gesteine Verbreitung besitzen. Wir sind also über den geologischen Bau unseres Gebietes noch nicht hin- reichend unterrichtet. Die Einförmigkeit der Oberflächengestaltung läßt wohl weniger auf einen einförmigen Bau, als auf wenig her- vortretende petrographische Verschiedenheiten der Gesteine schließen. In dieser Hinsicht treten eigentlich nur an einzelnen Stellen Kalke der Murauer Phyllitmulde und dann die Kalke, Dolomite und Kon- glomerate der Carbonscholle Stangalpe aus der sonstigen Ein- förmigkeit heraus, indem sie öfters Ursache zur Bildung schroffer Oberflächenformen werden. Die Oberflächengestaltung unserer Gebirgsgruppe ist bisher noch nicht eingehend behandelt worden. Das Auftreten der glazialen Formen inmitten der sonst gerundeten Kämme, ist schon von Richter (8), dann von Penck und Krebs hervorgehoben worden. Letzterer betont den Mangel fortlaufender Kämme und spricht von der Gliederung des Gebirges nach zwei Liniensvstemen (W — O und NW— SO). Das Zurücktreten der glazialen Formen, worin dieses Gebirge an die Seetaler Alpen oder an die Koralpe erinnert, läßt hier den Versuch, die vorglaziale Obertlächcnentwicklung einer Untersuchung zu unterziehen, besonders aussichtsreich erscheinen. Diesem Gegen- stande sind die vorliegenden Studien gewidmet. Es sollen nun im folgenden die einzelnen Teile der Gurk- taler Alpen größtenteils auf Grund eigener Beobachtungen, zum Teil aber nur auf Grund des Studiums der Spezialkarte beschrieben werden. Da die ungleiche Höhe der einzelnen Teile auch eine Geomorphologisclie Beobachtungen in den Gurktulcr Alpen. 24.) verschiedene Oberflächengestaltung bedingt, sollen zuerst die höch- sten Teile, dann die randlichen Teile im Nordwesten, Südwesten und Nordosten behandelt werden. Die gegen Südosten absinkenden Teile stellen bis zu einem gewissen Grade ein selbständiges Gebiet dar imd werden daher auch getrennt besprochen werden. Die innere, höchste Zone des Gebirges. Die Verfolgung der Gipfelhöhen läßt in der westlichen Hälfte des Gebirges eine annähernd ovale Zone mit Gipfelhöhen von 2250 bis über 2400 w erkennen. Sie läßt sich ungefähr umgrenzen durch folgende Linie: Preßingberg (2364), Gr. Rosennock (2434), Mosch- litzen (2305), Beretthöhe (2377) und Lattersteighöhe (2261), dann gegen Nord und Nordwest über Wintertalernock (2401) und Eisenhut (2441) zum Kilnprein (2410), von hier in einem leicht geschwungenen Bogen über den Mißlitzer Königstuhl (2253) wieder zurück zum Preßingberg. Eine nähere Betrachtung verdient die Begrenzung im Nordosten. Von der Lattersteighöhe senkt sich der Kamm gegen Osten zuerst nur langsam, dann aber von dei- Haidnerhöhe rascher zur breiten Einsenkung der Flattnitz (rund 1400 m), jenseits deren die Höhen durchwegs geringer sind. Von der Flattnitz nordwestlich sehen wir eine ähnliche aber weniger breite und tiefe Einsenkung nördlich des Wintertalernocks. Die tiefste Seile ist der talartige Paß am Wildanger mit wenig über 1700 in Höhe (1716). Nördlich davon erhebt sich der Kamm noch auf rund 2200 m. Innerhalb dieses höchsten Gebirgsteiles fällt zwischen dem Preßingberg und dem Karlnock (2331, gewöhnlich Königstuhl ge- nannt) ein Kammstück mit geringeren Gipfelhöhen auf. Außerdem finden sich einige tiefere Einsenkungen, deren wichtigste die Tur- • racher Höhe ist. Es ist dies eine zwischen dem Rinsenock (2328» und dem Schoberriegel (2204) ungefähr 31/2 ^^'^ breite Einsenkung im Gebirgskamm; die tiefste Stelle, der Paß selbst, ist darin als talartige Rinne mit stark glazialer Ausgestaltung eingetieft. Ahnliche talartige Furchen finden sich östlich des Preßingbergs in ungefähr 1900 m Höhe und dann im Gebiete des Rosennocks. Hier führt der oberste Köflachgraben als glazial geformtes Hochtal in einer Höhe von über 2000 m (Ochsenstand 2020) auf eine Hochfläche, von der sich gegen Nordost ein steiles Erosionstal zur Hofalpe hinabsenkt. Diese Hochfläche ist zum Teil im Glimmerschiefer, zum Teil im Kalk ausgebildet, ihre Form steht aber in keinem Zusammenhang mit den Schichtfalten des Kalkes. Sie erhebt sich gegen Ost auf fast 2200 in (Kote 2170). Hier bricht gegen Ost der Kalk in Wänden zu einer schmalen Furche ab, die von Nord nach Süd durch das Gebirge führt. Breiter als diese ist der Durch- gang zwischen Pfannock und Mallnock; es ist eine etwas über 2000 m hoch gelegene Einsenkung mit glazialer Ausgestaltung. 246 A. Aigner, Dieser höchste Teil der Gurtctaler Alpen bildet den anderen Teilen gegenüber eine morphologische Einheit. Hier allein treten ausgesprochene Karlinge auf. Der Kamm von der Moschlitzen zum Karlnock und von hier gegen Nordost zum Kilnprein zeigt die meisten Kare, die hier meist symmetrisch entwickelt sind; nur einzelne Berge, wie z. B. der Karlnock mit seiner gleichmäßigen Abdachung gegen Südwest sind hier asymmetrische Karlinge. vSoiche sind außerdem die Moschlitzen, der Gr. und KI. Rosennock, der Preßingberg, im Nordosten der Wintertalernock und der Eisenhut. Am Kilnprein fehlen typische Kare; wir sehen nur glazial umge- staltete, in ihrer Anlage vorglaziale Mulden. Diese asj'mmetrischen Karlinge erlauben uns, die vorglaziale Gestalt des Gebirges zu- erkennen. Wir beginnen mit der Moschhtzen. Im Kamm von hier zum Falkertköpfl sehen wir schöne Kare an der Ostseite, weniger aus- geprägte an der Westseite, während sie an der Südabdachung der Moschlitzen fehlen. Der Kamm selbst, an einzelnen Stellen stark verschmälert, ist meist ein breiter Rücken, besonders gegen vSüd- ost in seiner Absenkung zur Kote 2197. Vom Falkertköpfl zieht gegen Ost ein Rücken zum Fadenberg, mit seiner fast horizontalen Kammlinie. Zwischen diesem und dem südöstlichen Seitenrücken der Moschlitzen liegt eine weite, flache, im einzelnen glazial aus- gestaltete Mulde, an die sich nach oben Kare anschließen; sie wird von einem zur Gurk abfließenden Bach zerschnitten. Wir sehen so an der Ostseite des Kammes eine breite Vorstufe in einer Höhe zwischen 1900 und 2000 in. In diese Höhe fällt im südwestlichen Seitenrücken der Moschlitzen Kote 1988. Denkt man sich die Kare weg, so ergibt sich als vorglaziale Form eine breite Erhebung mit stark zugerundetem Kamm, flacher Abdachung gegen Ost, etwas steileren Gehängen gegen Süd und West. Weiter im Westen sehen wir an dem Kamme, der mit der Erhebung des Priedröf (1939) endet, von einzelnen unbedeutenden Einsenkungen abgesehen, einen fast söhligen Verlauf. Ähnlich ist der nächst westliche Kamm, der vom Gridelegg (1888) zum Großen Rosennock zieht. Er erreicht bei der Kote 1999 eine ansehnliche Breite, steigt hier nur sehr allmählich an, um sich erst von ungefähr 2100 fn an mit gleichmäßig steiler Neigung zum Gr. Rosennock zu erheben. Er verschmälert sich nach oben und die Schutt- bedeckung wird aufwärts dünner, so daß am Gipfel der Fels zu- tage tritt. Ähnlich sind auch die südwestlichen Seitenrücken. Sie vereinigen sich im schmalen Gipfelrücken, der als abgestumpfte Schneide erscheint. Zwischen diesen Seitenrücken liegen flache Mulden, vorglaziale Formen, von der Vergletscherung wenig be- einflußt. Gegen Ost und Nord fällt der Berg aber in steilen Kar- vvänden ab, mit Graten dazwischen. Ähnlich ist die Ausgestaltung des Kl. Rosennocks, der gegen Ost eine breite und flache Ab- dachung besitzt. Geomorphologische Beobachtungen in den Gurktalcr Alpen. 24/ Nördlich vom Rosennock zwischen Leobengraben und Krems- graben erhebt sich auf breiter Grundlage der Preßingberg (2364j. Seine Nordabdachung ist zu vergleichen mit der Ostabdachung der Moschlitzen. Die gegen Nord ziehenden Kämme laufen cius auf eine breite Vorstufe, die sich fast bis zu 3 km gegen Nord er- streckt (s. Schulter mit den Koten 2055 und 2050). In dieser Vor- stufe sind wieder flache Mulden eingetieft, die nach unten in steile Gräben, nach oben in Kare übergehen. Ihr entspricht im Westkamm der breite und söhlige verlaufende Rücken der Bodenlucke (2021). Beide Formen schließen sich zusammen zu einer ausgedehnten Ebenheit, die auch auf der Südabdachung des Preßingberges ange- deutet erscheint. Von diesem zieht nämlich zwischen zwei Mulden ein breiter Rücken gegen Südost (Preßingbergalm); bis ungefähr 2000 in senkt er sich mit ziemlich geringer Neigung, während weiter abwärts steilere Gehänge folgen. Der Preßingberg erhebt sich also aus einer ihn im Norden, Westen und Süden umschließenden Ebenheit mit mäßig ansteigendem Rücken um wenig mehr als 300 m. Die Kämme gegen West und Ost zeigen keinen ganz gleichmäßigen Anstieg, sondern einzelne Stufen. Steiler sind die Gehänge gegen die genannten Mulden, noch steiler die Karwände. Eine ähnliche Formentwicklung besitzen der Eisenhut und der Wintertalernock (Turrach SO). Es sind asymmetrische Karlinge; die Südwest- und Südabdachungen sind karfrei. Diese zeigen herab bis ungefähr 1900 in geringere Neigung als weiter abwärts zu den Tälern. Eine Gliederung dieser oberen Gehänge ist gegeben durch breite Mulden, deren rückwärtige Gehänge etwas steiler sind. Ich halte sie ebenso wie die früher besprochenen Mulden als vorgiaziale Bildungen^ wenn auch glaziale Beeinflußung der Formen im einzelnen besteht. Als Begrenzung dieser Mulden sehen wir breite Rücken, die sich mit gleichmäßiger Neigung zum Hauptkamm erheben. Dieser zeigt am Wintertalernock (besonders vom Gipfel gegen Nord- ost) einen breiten Rücken, ebenso am Sattel bei Kote 2248, während am Eisenhut der Kamm durchaus schmäler ist, ja zum Teil in- folge des Rückschreitens der Karwände den Charakter einer Schneide annimmt. Jm Kamme westlich des Turracher Grabens ragt besonders der Kilnprein hervor. Vom Gipfel zieht ein Kamm gegen Südost, der nach Ost biegend, sich bis zum Geiger (1999) stark verflacht und verbreitert. Es ist eine in der Landschaft besonders auffällige Form, der im Ostkamm des Vorderhüttennocks eine ähnliche, wenn auch weniger ausgeprägte Form entspricht. Zwischen beiden liegt eine weite, flache Mulde, deren Rückgehänge einer Karrückwand ähnlich ist und deren Boden auch im einzelnen glaziale Gestaltung zeigt; der Mulde im ganzen können vi^ir aber eben so wenig wie jenen an der Moschlitzen oder am Preßingberg glaziale Entstehung zuschreiben, sondern müssen sie als vorglaziale, in der Eiszeit um- gestaltete Formen betrachten. Ganz ähnlich ist die große Mulde 248 A. Aigner, der Rosetimilpc südlich des Kilnprein, nur daß hier die glaziale Umgestaltung noch weniger hervortritt. Wir sehen also hier an der Südostflanke des Kilnprein ähnliche F'ormen wie an der Ostseite der Moschlitzen, wieder die Reste einer in rund 2000 ni liegenden Ebenheit mit darin eingetieften Mulden. Darüber erhebt sich dej" Gipfel als verhältnismäßig steile (gegenüber den sonst hier auf- tretenden Formen) Pyramide um rund 400 in. Die einzelnen Kanten, auch die gegen vSüdvvest, zwischen denen wieder kleinere seichte Mulden eingebettet sind, sind durchwegs schmäler und steiler, als \\ir sie sonst gefunden haben. Die Mulde der Rosetinalpe setzt sich gegen Südwest in den Flächen der Werchzirmalm fort. Die Rückgehänge gegen den Kamm des Reißeck (2301), F^rauennock (2261) und Mühlbachernock (2260) zeigen ebenso wie die nordwestlichen Gehänge dieses Kammes den Charakter von Karrückwänden; die Flächen der Werchzirmalpe fassen wir aber als eine den Mulden am Kilngrein analoge Form auf — Der Kamm vom Mühlbachernock gegen Norden zeigt schon geringere Höhen und eine merkliche Abflachung. Nur einzelne Gipfel erheben sich als flache P3'ramiden mit mehr oder weniger breiten Rücken zwischen stark verbreiterten Sätteln, an denen durchwegs die Spuren der glazialen Überfließung deutlich zu erkennen sind. I3ie Kare sind weniger tief und zeigen flachere, stärker mit Schutt bedeckte Gehänge. — Im Kam.m vom Mühlbachernock gegen Süd treten die vorglazialen Formen mehr zurück; die meisten Berge sind symmetrische Kar- linge. Das Südwestgehänge des Karlnock mit seiner Gefällszunahme gegen den Graben des Karlbachs und seiner Abflachung gegen den Kamm ist als vorgiaziale Form zu deuten. Im Talschluß des Leoben- grabens beobachten wir lebhaftere Oberflächenformen, die durch den schon eingangs er\\'ähnten stärkeren Gesteinswechsel be- dingt sind. Wir haben also in dem bisher behandelten Teile der Gurk- taler Alpen zum Teil sehr ausgedehnte Ebenheiten in einer Höhe von rund 2000 in kennen gelernt. Sie ergaben sich zum Teil aus deutlichen Vorstufen der Kämme, zum Teil lassen sie sich aus breiten Rücken mit söhligem Kammverlauf wieder herstellen. Wollten wir für solche Rücken einen einheitlichen Ausdruck gebrauchen, so könnten wir für solche Formen kürzerer Erstreckung den \on Solch (9) eingeführten Ausdruck »Eck« anwenden, während für solche Rücken von größerer Ausdehnung der von Klebelsberg (10) gebrauchte Ausdruck >' Auslaufrücken« besser passen dürfte. Über den Ebenheiten erheben sich die Kämme meist als ziemlich flache Prismen, deren Gehänge sich in einem stumpfen Winkel schneiden. Die Kämme sind meist breite Rücken, zum Teil erscheinen sie als abgestumpfte Schneiden, nur stellenweise haben sie zwischen den Karen den Charakter von Graten angenommen. Die Gehänge und Ebenheiten erscheinen durch Mulden gegliedert, die zwar im Geomorphologische Beobachtungen in den Gurktaler Alpen. 249 zelnen oft glaziale Wirkungen zeigen, im ganzen aber unzweifel- haft als vorglaziale Formen zu betrachten sind. Die randlichen Gebirgsteile im Nordwesten. Nordwestlich des bisher besprochenen Gebietes finden wir einen Gebirgsteil von ziemlich einheitlicher Gestalt, dessen Mittel- punkt, die breite Erhebung der Schwarzwand (2212), besonders auffällt. Der Kamm verbreitert sich hier zu einer Platte von 2 km west-östlicher und I7., km nord-südlicher Erstreckung, aus der sich einige Kuppen ganz flach erheben. Daß dieser Berg noch vom Eise Überflossen war, in die Flanke dieses Rundlings aber Kare eingesenkt sind, habe ich an anderer Stelle beschrieben (11). \'on dieser breiten Masse senken sich die Kämme nach Ost und West. Zwischen dem Kramerbühel (2017) und dem Aineck (2208) sehen wir breite Rücken, deren Höhen sich zwischen 1800 und 1900 m bewegen. Nur an der Lausnitzhöhe liegt eine breite Fläche €twas unter 1700 m. Im einzelnen zeigt die Landschaft überall deutlich glaziale Gestaltung. Auffällig ist hier die Anordnung der Täler; der gegen Nordwest zum Bundschuhtal ziehende Blareit- graben und der nach Südwest zur Lieser ziehende Lausnitzgraben sind entgegengesetzt parallel; ihre Richtung entspricht annähernd dem Schichtstreichen. Die Wasserscheide beschreibt eine Zickzack- linie, indem sie an der Schöngelitzhöhe weiter gegen Nordost zu- rückweicht. Anscheinend hat die Lausnitz mit rascher rückschreiten- der Erosion hier die Wasserscheide so weit zurückgeschoben. Die Kämme dürften zwischen diesen Tälern stärker erniedrigt worden sein, als weiter östlich der Kamm zwischen den Tälern des Weiß- baches und Feldbaches; er senkt sich von 2100 m im Lenzenbühel zum Wirtsnock auf 2000 m. Östlich des Feldtales erheben sich die Berge zunächst noch zu größeren Höhen. Nordöstlich des Hühnerleitnock (2171) setzt ein breiter Kamm mit Höhen zwischen 2000 (Fegendorferberg) und 1900 m ein. Dieser Gebirgsteil im Bereich der Bundschuhtäler erscheint als ein ziemlich scharf individualisiertes Gebiet, von dem vorher beschriebenen Teile sich nicht nur durch die geringere Höhe, sondern auch durch größere Flachheit der Kämme unterscheidend. Während auf der Südseite gegen den Kremsgraben steilere Ab- hänge herrschen, die vielfach an die Südhänge des Preßingberg erinnern, sehen wir auf der Nordseite breite Kämme, die sich über die Täler hinweg zu emer sanft gegen Norden absinkenden Fläche vereinen lassen. Gegen Südwest zieht von der Schwarzwand der breite Auslaufrücken des Speiereck (2081), den wir wohl mit den Ebenheiten am Preßingberg parallelisieren dürfen. Es ist nun nahe- liegend, auch die Nordabdachung im Buhdschuhgebiete als in dieses Niveau gehörig aufzufassen; nur scheint die ursprüngliche Eben- heit etwas tiefer gelegen gewiesen zu sein. In diese Höhe fallen weiter im Osten, zwischen Mißlitz, Kendlbrucker- und Turrticher- Sitzungsbericlite d. mathem.-naturw. Kl , Abt. I, 131. Bd. 20 250 A. Aigner. !ü;raben, die Auslaufrücken der Mißlitzalpe (Koten 1944 und 1969) und Hradofen (2002) und Kote 1965. — Diesen Auslaufrücken nördlich vorgelagert sehen wir noch einzelne Stufen, über deren Bedeutung bisher keine Klarheit gewonnen werden konnte; es sind das die Höhen der Schönalpe (1888), nordwestlich des Fegendorfer- bergs, nördlich der Mißlitzalpe, die Gstoßhöhe (1892) und nördlich des Hradofen Kote 1904. In noch geringerer Höhe finden sich hier einzelne Rücken, für die sich aber eine unmittelbare Beziehung zu einigen hoch- gelegenen Talböden ergibt. Die Täler der Nordseite sind Kerbtäler, deren Gefälle deutlich nach rückwärts abnimmt. Dies sehen wir besonders am Mißlitzgraben, wo dem großen Gefälle der unteren Schlucht ein wesentlich geringeres im westlichen Quellast (Klöling- tal) gegenüber steht. Die Steilgehänge der Schlucht werden talauf- wärts immer niedriger, bis sie schließlich einem weiten Talboden Platz machen (zwischen 1900 und 2000 ni gelegen), der sich am westlichen Gehänge in einer deutlichen Stufe gegen Nord fortsetzt (tiefere Stufe des Rainkares; der wirkliche Karboden liegt höher). Daß es sich in dem hohen Talboden des Klölingtales nicht um eine Form glazialer Entstehung handelt, zeigen vor allem die flachen Gehänge, mit denen sich die Berge ringsum von dem Tal- boden erheben. Zwischen den beiden Ouelltälern des Mißlitzgrabens liegt nördlich der Kote 2000 ein breiter Rücken zwischen 1900 und 1800 in und nördlich davon der auffällige Rücken des Pirch- eck (1811). Es liegt nahe, diese Rücken mit dem Talboden von Klöling in Zusammenhang zu bringen. — Ob man im innersten Kendlbrucker Graben die Flächen der Hinteralpe auch als Reste eines solchen hohen Talbodens betrachten darf, was ich für wahr- scheinlich halte, oder ob man diese Form rein glazial als Trag- schultern auffassen muß, bedarf noch einer Untersuchung. Der auffälligste Talboden ist erhalten im Tale des Feldbaches. Das Tal zeigt von der Vereinigung der Bundschuhtäler aufwärts bis 1600 in mäßigen Anstieg; von hier an erhebt sich der Talboden auf 7 bis 8 km Entfernung nur um 200 in. Der oberste Teil des Tales gehört heute durch den Kremsgraben dem Flußgebiete der Drau an. Der Kremsgraben ist viel tiefer eingeschnitten und der Bach hat rückschreitend das Feldtal angezapft; so entstand hier das tote Talstück des vSchönfeldes. — Auch die beiden anderen Quelltäler von Bundschuh zeigen talaufwärts eine Verminderung ihres Gefälles; doch sind hier die Erscheinungen nicht so auffällig. Vielleicht ist es berechtigt, mit den alten hohen Talboden im Bund- schuhgebiet den überaus breiten und fiachen Rücken in Zusammen- hang zu bringen, der sich von der Schöngelitzhöhe gegen Nordost erstreckt; er zeigt zwischen 1600 in und Kote 1647 eine sehr sanft ansteigende Kammlinie. Auch im Turracher Graben finden sich Anzeichen eines solchen hohen Talbodens. Ich rechne hierher den Rücken, der vom Eisenhut GeomorphüloL;ische Beobaclitungcn in Jen (uiiklalcr Alpen. 2oi nach Norden zieht und um 1700/;^ ziemHch breit ist und auf Längere Erstreckung ziemHch gleiche Höhe bewahrt. ÄhnUch ist die Gestaltung des Rückens von Steinturrach (Turrach SSW) mit Kote 1846. Inwieweit die Formen der Turracher Höhe auch hierher zu rechnen sind, müßte erst eine besondere Untersuchung ergeben, wie überhaupt der Turracher Graben in dieser Beziehung noch einer gründlicheren Durchforschung zu unterziehen wäre. Wenn wir hier im untersten Teile dieses Tales einen Talboden von 1800 in und darüber annehmen dürfen, liegt es nahe, die Mulden, die wir am Kilnprein und am Südwesthang des Eisenhut-Wintertalernock kennen gelernt haben, damit in Zusammenhang zu bringen. Das Gebiet des Liesertales. Westlich des Liesertales liegt noch eine Berggruppe, die morphologisch den Gurktaler Alpen zuzurechnen ist und die sich scharf von den Bergen des höheren Lieserkammes abhebt. Es ist das die südöstlich der Thorscharte liegende Gruppe, die im Stub- eck mit 2365 in ihre höchste Erhebung besitzt. Vom Ochsenstand (2227) zweigt gegen SO ein Rücken ab mit sehr geringem Gefälle bis zum Alißeck (1834) und vom Kaareck (22 14) einer, der im Burgstallberg (1871) endet. Zwischen diesen Rücken liegt eine weite flache Mulde, die sich scharf abhebt von den Steilhängen des von Osten her eingeschnittenen Grabens des Burgstallbaches. Die Formenentwicklung erinnert hier sehr an jene an der Ostseite der Moschlitzen. Wir haben wieder die Reste einer ausgedehnten Ebenheit und darin eine weite flache Mulde eingebettet. Der ganze Formenkomplex liegt hier zwar etwas tiefer als östlich der Lieser, z. B. am Preßingberg, doch ist seine Stellung zum Aufbau der Berge dieselbe, weshalb wir darin analoge Bildungen sehen müssen. Zahlreich sind auch im Liesergebiet die Spuren höherer Tal- böden, doch reichen meine Beobachtungen nicht aus, um davon ein Bild zu gewinnen. Es sei nur darauf verwiesen, daß in den Kämmen zwischen den südöstlichen Seitentälern der Lieser (östlich von Gmünd) vielfach Stufen auftreten, die wohl sicher als Tal- bodenreste zu deuten sind. Auch in den innersten Talverzweigungen des Leobengrabens treffen wir öfters Formen, die so zu deuten sind, so an der Eisentalhöhe, dann im rund 1800 in hohen Rücken zwischen Karlbach und Stangbach (Karlnock .SSW), dann wohl in den muldenförmigen Erweiterungen des obersten Stangbachgrabens und des Grundbaches; dahin dürften auch die sanften Gehänge- flächen ösüich der Kote 2204 (Plattnock NO) gehören. Mit dem obersten Talboden möchte ich auch hier, wie im Turracher Graben, die Mulden in Zusammenhang bringen, die wir auf der Nord- und Südseite des Preßingberg gefunden haben. Im Gebiete des Rosen- nocks wären hierher zu rechnen das Hochtal zwischen Gr. Rosen - nock und Saunock (oberster Köflachgraben). 252 A. Aigncr, Das Gebiet im Südwesten. Südwestlich und südlich des mittleren höchsten Teiles der Gurktaler Alpen folgen Bergzüge von großer Einförmigkeit der Oberflächenformen und gegen Süd stark abnehmende Gipfelhöhe. Besonders auffällig ist die Anordnung in langen Kämmen, die durch rechtwinklig sich schneidende Längstalzüge voneinander getrennt erscheinen. Annähernd \on WSW gegen ONO ziehen einige auffällige Talungen. Die nördliche beginnt am südöstlichen Ende des Mill- stätter Sees, steigt gegen ONO über Radenthein und Kl, Kirchheim zu einer fast llOOw hohen Talwasserscheide an, um sich dann zum Gurktal hinabzusenken. Parallel dazu ist die Talung zwischen Wöllanernock und Gerlitzen mit einer Talwasserscheide in 1041 m, von der nach W der Arriachbach, nach O der Teuchenbach ab- fließt. Eine kurze Furche der gleichen Richtung führt von Puch im Drautal über den Sattel mit Kote 645 nach Winklern im Afritztal. Der gleichen Richtung folgt, allerdings schon am Rande unseres Gebietes, die Furche des Ossiacher Sees und Glantales. Ungefähr senkrecht darauf sehen wir die Talung des Afritzbaches mit einer Talwasserscheide zwischen Brennsee und Afritzer See in 770 in und das NW^ — SO ziehende Stück des Gurktales unterhalb Pattergassen mit der südöstlichen Fortsetzung gegen Feldkirchen. — Über die Gestaltung der Kämme sollen hier nur einige Beobachtungen aus der Spezialkarte mitgeteilt werden, da mir hier nur vereinzelte Be- obachtungen in der Natur zu Gebote stehen. Vom Rosennock westlich liegt zunächst die Gruppe des Langennock (2104) und des Stilecks (2172). Hier sehen wir im Talschluß des Gamschitzgrabens flache Gehänge, die sich von den Kämmen bis ungefähr 1900 in herabsenken und dann nach unten von steilen Hängen abgelöst werden. — Von dieser Gruppe durch das Nörringtal und den tiefen Sattel mit Kote 1661 getrennt, folgt dann der Zug Tschiernock — Millstätter Alpe. Er ist ein langer, breiter Rücken mit auffällig gleichen Gipfelhöhen und sehr flachen Sätteln dazwischen. \'om Tschiernock gegen N zieht ein langer Auslauflücken, in dem die Höhe mit Kote 1816 hervortritt. Im SO zweigen von Kote 2054 zwei Rücken ab mit Höhen zwischen 1800 und 1900 w (s. Kote 1882 und 1878). Eine weitere Ab- senkung des Kammes haben wir im Alatzelsdorfer Berg mit Kote 1615. Von der Westseite seien die Rücken des Schlafkogel mit Kote 1670 und des Tschierweger Nock mit Kote 1711 genannt. — Der Zug des Mirnock zeigt gegen SO ein stufenweises Absinken. Der höchste Teil ist der Rücken Mirnock (2104) — Rindernock(2015), dann folgt die Tragenwinkler Alpe mit Kote 1896, dann die Stufe der Amberger Alpe mit Kote 1831. Südlich des west-östlichen Talzuges von Kl. Kirchheim erhebt sich der Wöllaner Nock (2139). Es zweigen hier von der höchsten Erhebung nach W und O je zwei Kämme ab, durchwegs breite I I Geomorphologische Beobachtungen in den Gurktalcr Alpen. 253 Kücken mit geringen Schwankungen der Kammhöhen. Der nörd- liche der beiden gegen W ziehenden Kämme zeigt die Erhebungen des Strohsack (1904) und Kolmnock (1842), der südliche südwest- lich der Kote 1869 eine Erhebung knapp über 1900 m. Von den östlichen läuft der nördliche im langen flachen Rücken der Licht- eben (Kote 1943 und 1892) aus, der südliche senkt sich in ein- zelnen Stufen, von denen die höchste über 1800 ni (Kote 1797 und Kollerriegel 1854), die nächste um 1750 (Kote 1744 und Dirnbaum 1767) liegt, die niedrigste Höhen um 1500 m aufweist (s. besonders Katzel 1513). Rings um die höchste Erhebung sehen wir durchwegs flache Gehänge und auch die Täler laufen nach oben in flache Mulden aus. Glaziale Formen scheinen nach der Spezialkarte nicht vorhanden zu sein. — Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem WöUaner Nock besitzt die Gerlitzen (1910). Wir sehen auch hier einen breiten Aufbau der mittleren Erhebung über weit ausladenden, meist breiten Kämmen. Im westlichen Kamm treten die Höhen 1693 und 1650, im nördöstUchen die Höhen 1730, dann 1592 und 1564 hervor; nur der südwestliche Kamm zeigt durchwegs ge- ringere Höhen. Zahlreich sind in diesem Gebiete tiefere Stufen an den Ge- hängen und es würde sicher möglich sein, daraus die alten Tal- böden wieder herzustellen. — • Den südlichsten Teil der Gurktaler Alpen bildet das nur 1228 in hohe Plateau des Wöllanigg (Villach NW). Das nordöstliche Gebiet. Oben wurde der höhere Teil der Gurktaler Alpen nach Nord- osten verfolgt bis zu der Linie Wildanger — Flattnitz. Das nördlich und nordöstlich anschließende Gebiet unterscheidet sich davon nicht nur durch die geringeren Gipfelhöhen, sondern zeigt auch einen anderen Oberflächencharakter. Die breite Furche des Paal- grabens trennt vom Kamme der Würflinger Höhe den Kamm Lichtberg — Schwarnbrunnhöhe, der sich hier wieder in zwei Äste teilt; von denen der eine über die Pranker Höhe gegen NNW, der andere über die Ackerlhöhe nach NO zur Frauenalpe zieht. Östlich dieses letzteren Kammes folgt ein niedrigeres Gebiet, das im Zu- sammenhang mit dem übrigen südöstlichen Teile der Gurktaler Alpen besprochen werden soll. Beiden Höhenzügen dieses Gebietes ist die große Breite und Flachheit der Kämme, ferner die geringe Bedeutung der Kare eigen; die nur an vereinzelten Hängen noch ein beherrschendes Formelement sind, sonst sich nur den übrigen Formen unter- geordnet einfügen. Nördlich der Einsenkung am Wildanger erhebt sich der Kamm der Würflinger Höhe mit breiten Rückenformen, von denen sich nach beiden Seiten flache Hänge absenken. Während diese auf der Westseite bald von den Steilhängen der zum Turracher Graben 254 A. Aigner. hinabziehenden Täler abgelöst werden, sehen wir auf der Ostseite meist bis zum Tal hinab flache Gehänge. Der südliche Teil des Paalgrabens zeigt auch in den tieferen Teilen nur flache Gehänge, die nur vereinzelt infolge durchstreichender Kalkzüge von felsigen Steilhüngen unterbrochen werden. So kommt es, daß die oberen flachen Gehänge mit den unteren oft in eine Form zusammen- fließen. Im nördlichen Teile dieses Tales treten in der Tiefe wieder .Steilhänge in den Vordergrund, so daß hier wieder der Gegensatz zwiscVien oberen und unteren Gehängen schärfer hervortritt. — Die gr()ßte Breite erreicht der Kamm an der VVürflinger Höhe (2195) selbst; der Rücken wird hier zu einer breiten ebenen Fläche, der gegenüber der- Tschaud3'nock (2203) mit etwas schärferen Formen hervortritt. Nördlich eines vom Eisstrom überflossenen Sattels folgt noch die Erhebung der Straner Höhe (2121), dann ein langer, im einzelnen durch die glaziale Überfließung gestalteter Auslaufrücken, der im Karlsbergereck (1844) endet. An der Westseite des Kammes sehen wir keine längeren Kammverzweigungen, dagegen zieht an der Ostseite vom Dammegger Nock nach NO ein breiter x'\uslauf- rücken, vom Sonntagsbirgl (1924) sich langsam auf 1800 in senkend. Nördlich davon sehen wir in geringerer Höhe eine breite Vorstufe der WTirflinger Höhe. Es sind dies die Rücken des Ebenwaldes, der im Hansennock die Höhe von 1625 iri erreicht. Sie schließen sich zusammen zu einer von Tälchen zerschnittenen Fläche, die tiefer liegt als die oben genannten Auslaufrücken. Wir fassen sie auf als Rest eines Taibodens, entsprechend den im Bundschuh- gebiete auftretenden Talböden. Östlich des Paalgrabens beginnt der Kamm mit dem Licht- berg (1924). Zwischen ihm und der Flattnitzhöhe liegt ein zer- rissener Kamm mit Kote 1828. Gesteinswechsel und intensive glaziale Gestaltung haben hier eine überaus mannigfache Ober- flächengestallung hervorgerufen. Einen scharfen Gegensatz dazu bilden der breite Rücken des Lichtberges und die nördliche Fort- setzung zum Hirschstein (2018). Von hier zieht ein Rücken gegen ONO, der sich ganz allmählich zur breiten Fläche der »Langen Alm« und zur Fleischbank (1814) senkt. Einer zieht mit ganz ähnlicher Gestaltung gegen WSW, bis in eine Höhe von ungefähr 1800 111 seinen Charakter beibehaltend; an der Südseite dieses Kammes ist ein schönes Kar eingebettet und hier zeigt der Kamm auch eine wesentliche Verschmälerung. Über diesen Rücken erhebt sich der Hirschstein mit sehr sanftem Anstieg als breite, flache Kuppe. Etwas .steilere Flanken zeigen nördlich davon die Schwarn- brunnhöhe und Prankerhöhe. Der weitere Kamm gegen NNW ist fast durchaus ein breiter Rücken mit sehr flachen oberen Gehängen gegen \V, aus denen sich einzelne breite Auslaufrücken ablösen (vgl. Kote 1855 in SVV der Prankerhöhe und Kote 1820 im W des Kirbisch). An der Ostseite sehen wir zunächst einzelne Kare g tiefer in den Kammkörper zurückgreifend, dann vom Kirbisch gegen N ' wieder bis ungefähr 1800 in hcrabreichend, flache Gehänge. Der Geomorpliologisclic Beobachtungen in den Gurktaler Alpen. 2oo Kamm senkt sich gegen N allmählich, hier aber keine so auffällige Form bildend, wie wir sie im Auslaufrücken des Karlsbergerecks gefunden haben. In etwas tieferer Lage liegen am Ausgang des Paalgrabens an dessen rechtem Gehänge die Rücken mit Kote 1495 und 1550; wir möchten sie mit den Höhen des Ebehwaldes in Zusammenhang bringen. Ganz ähnlich ist die Gestaltung des von der vSchwarnbrunnhöhe gegen NO ziehenden Kammes. An -dessen Südostabdachung reiht sich Kar an Kar und auch an der Frauen- alpe sehen wir eine Terrasse mit glazialer Gestaltung und karwand- artigem Rückgehänge. Dagegen ist die nordwestliche Flanke oben von flachen, teilweise tief mit Schutt bedeckten Gehängen gebildet, die hier ziemlich bald von steilen Hängen abgelöst werden. Der Kamm zeigt oft große Breite, manchmal treten ganz ebene Stellen auf. Auffällig ist die tiefe Scharte zwischen Ackerlhöhe und Frauen- alpe (1700 w); sie ist ein im einzelnen glazial gestaltetes Tal, ein- gefaßt von steilen, zum Teil felsigen Hängen. Von der Frauenalpe zieht der Rücken weiter gegen NO, in einigen Stufen absinkend, von denen die des Oberbergs (1780) hervorgehoben sei. Zusammenfassend ergibt sich auch für diesen Teil der Gurk- taler Alpen eine ähnliche Oberflächenentwicklung wie für das Bund- schuhgebiet. Die Kämme sind sehr breit und erheben sich flach über weit ausladenden Auslaufrücken, die sich im Paalgfaben zu einer Fläche von 1800 bis 1 900 w Höhe zusammenschließen. In dem Bogen Kreischberg — -Schwarnbrunnhöhe — Frauenalpe fehlen zwar solche Auslaufrücken, aber man kann vielleicht eine Ebenheit in rund 1800 in angedeutet sehen in den oberen flachen Gehängen, be- sonders zwischen Kirbisch und Kreischberg und in der Höhe des Oberbergs, im NO der Frauenalpe. Einen selbständigen tieferen Formenkomplex bilden im Paalgraben die Stufen des Ebenwaldes und am rechten Gehänge des Talausgangs. Sie stehen in keiner unmittelbaren Beziehung zur Gestaltung der Kämme und wir fassen sie als Reste eines, und zwar des höchsten unter den Ebenheiten der Auslaufrücken nachweisbaren Talbodens auf Ein Überrest eines solchen Talbodens findet sich in sehr guter Ausbildung auch nördlich der Mur zwischen Lasaberg und Gstoder, im obersten Stück des Einacher Grabens. Dieser Graben bildet eine, von steilen Flanken eingefaßte Schlucht, die oben in einen flachen Talboden übergeht, der am »Sattel« (1562) eine ausgedehnte Ebene bildet. Diesem Talboden entspricht dann auch der breite Rücken zwischen Einacher Graben und Sonberger Graben mit Kote 1558. Zwischen den beiden Kammästen nördlich der Schwarnbrunnhöhe konnte ich bis jetzt keine sicheren, Spuren eines solchen Talbodens nach- weisen. Vielleicht gehören einige Stufen im Nordgehänge der Frauenalpe hierher. 256 A. Aigner, Zusammenfassung der bisherigen Beobachtungen. Wie schon erwähnt, senken sich die Gurktaler Alpen gegen SO in einzelnen Stufen zum Klagenfurter Becken. Bevor an die Beschreibung dieses Gebirgsteiles geschritten wird, soll zunächst ein Überblick über die bisherigen Untersuchungsergebnisse ge- wonnen werden und sollen einige sich daraus ergebende Probleme erörtert werden. Als wichtigste Tatsache erscheint uns das Auftreten ausge- dehnter Vorstufen und Auslaufrücken, deren Fluren sich in un- gezwungener Weise zu einer einheitlichen Ebenheit zusammen- schließen. Wir haben diese Ebenheit im inneren Teile des Gebirges in rund 2000 in Höhe, nur vereinzelt etwas darüber gefunden^ während sich gegen die Ränder eine Herabdrückung der Höhen- lage geltend macht. Liegt die Ebenheit an der Aloschlitzen und südlich des Rosennock rund 2000 m, so sehen wir sie am Wöllaner Nock ungefähr in 1900 w. Westlich Lieser fanden wir sie zwischen 1800 und 1900 m, während sie gleich östlich davon am Preßingberg und südwestlich der Schwarzwand in Höhen über 2000 tn auftritt. Auf der Nordseite muß die Ebenheit im Westen un- gefähr zu 1900 angenommen werden; wir sehen dann gegen O zunächst einen Anstieg auf 2000 in, zwischen Mißlitz- und Tur- racher Graben, in dessen inneren Teilen sie auch ungefähr in dieser Höhe auftritt. Weiter östlich senkt sie sich wieder, so nördlich der Würflinger Höhe und im Bereich des Paalgrabens auf rund 1900 in-, dann auf 1800 m an der Frauenalpe. An den Bergzügen des Tschiernock — Millstätter Alpe und des Mirnock treten auch einzelne Auslaufrücken und Stufen in Höhen zwischen 1800 und 1900 m auf. Ob es berechtigt ist, daraufhin auch hier eine Ebenheit in dieser Höhe anzunehmen, aus der die Kämme als flache Erhebungen von rund 200 ni Höhe emporgeragt wären, erscheint nicht sicher. Wenn wir es für wahrscheinlich halten, so geschieht es, weil die envähnten Formen mit entsprechen- den im Wöllaner Nock und im Gebiete des Stubecks, westlich der Lieser ziemlich übereinstimmen. Wollte man hier eine andere Ent- wicklung annehmen, so könnte man versucht sein, die breiten Rücken dieser Bergzüge mit ihrem weithin fast ebenem Kamm- verlauf aus der Ebenheit südlich des Rosennocks abzuleiten; dazu mußte man aber hier wieder eine Erhebung dieser Ebenheit an- nehmen, wofür wieder sonst nähere Anhaltspunkte fehlen. — Ob wir die Oberflächenentwicklung des Stockes der Gerlitzen ähnlich deuten dürfen wie jene des Wöllaner Nocks, ist schwer zu ent- scheiden ; die Ebenheit, ja der ganze Bergstock müßte dann eine Absenkung um 200 bis 300 in erlitten haben. Über den Ebenheiten erheben sich die Kämme im höheren Teile des Gebirges um 300 bis 400 in, in den randlichen Teilen nur um ungefähr 200 m. Auch in den Formen der Kämme ergibt sich 1 Geomorphologische Beobachtungen in den Gurktaler Alpen. 25 < ein Unterschied zwischen den inneren und randlichen Teilen, indem hier die Kämme durchwegs sehr flache Gehänge besitzen, zum Teil wie am Hirschstein fast nur als flache Bodenschwellen er- scheinen, während sie dort als ziemlich ausgeprägte prismatische Körper mit mäßig steilen Gehängen den Resten der Ebenheiten gegen- überstehen. Eine sehr bemerkenswerte Tatsache ist die große Kamm- distanz. Sie beträgt z. B. zwischen Preßingberg und Schwarzwand 7 hn, im Paalgraben (zwischen Würflinger Höhe und Pranker Höhe) sogar 9^/0 km. Der Raum zwischen den Kämmen ist von den Ebenheiten eingenommen und die Kämme erheben sich daraus auf \-erhältnismäßig sehr schmaler Basis, die meist weniger beträgt als die Hälfte des Kammabstandes. Man kann daher diese Böden zwischen den Kämmen kaum als Täler in gewöhnlichem Sinne be- zeichnen, besonders auch mit Rücksicht auf das Verhältnis z\\'ischen ihrer Breite und Länge. Wenn unsere Auffassung über die Formen der Bergzüge im SW richtig ist, so hätte zwischen diesen und dem Wöllaner Nock einerseits und den Höhen der Moschlitzen und des Rosennock anderseits die Ebenheit eine besonders große Aus- dehnung besessen. Man gewinnt den Eindruck, daß sich diese Ebenheit zwischen die Kämme des inneren Gebietes hinein fortsetzt, wo sich dann die Kämme erst zu einer größeren einheitlichen Er- hebung zusammenschließen. Eine Ausnahme von der großen Kammentfernung sehen wir im Norden an den Bundschuhtälern, dem Mißlitz- und Kendlbrucker Graben. Eine nähere Betrachtung lehrt aber, daß diese Täler wenig- stens in ihrem unteren Teile in die Ebenheit eingetieft sind. Sie zerschneiden diese, ebenso wie die tieferen Teile des Krems- und Leobengrabens als Kerbtäler inmitten der Ebenheit erscheinen. Dieselbe Stellung nehmen auch die Täler auf der Südseite des Rosennockgebietes ein. Diese Täler mit geringerer oberer Lichte »^ö greifen zum Teil noch in den höheren Gebirgskörper zurück. Dies sehen v\'ir nicht nur an den innersten Verzweigungen der genannten Täler der Nordseite, sondern z. B. auch im oberen Köflachgraben (zwischen Gr. Rosennock und Saunock). Wir erkennen also, daß die Ebenheiten von jüngeren Tälern zerschnitten sind und sich so ein jüngerer Formenkomplex in den älteren einschiebt. Daraus ergibt sich eine solche Gliederung der Gehänge, daß auf einen unteren Steilhang die flacheren Hänge der Ebenheiten und der darin eingetieften Mulden folgen, dann wieder stärker geneigte Flächen gegen die Kämme. Diese Stufung zeigt eine Ähnlichkeit mit den Formen eines glazial gestalteten Tales mit Trogwänden, Schulterflächen und Steilhängen gegen die Kämme, eine Ähnlichkeit, die um so größer ist, als auch hier die oberen Steilhänge häufig durch Kare gegliedert sind. Eine glaziale Ent- stehung dieser Formen ist aber hier ganz und gar ausgeschlossen. Die Ebenheiten in den Tälern sind nur die Fortsetzung der aus- gedehnten Ebenheiten in den randlichen Teilen und hier erreichen 258 A. Aigner. diese Formen eine solche Ausdehnung, daß sie unmöglich mit der Vergletscherung in Zusammenhang gebracht werden können; über- dies sehen wir sie ja auch in Gebirgsteilen, wie am Wöllaner Neck, die zwar von großen Eismassen umflossen waren, selbst aber keine nennenswerten Gletscher trugen, sondern \\'ohl nur in den höheren Teilen mit Firn überdeckt waren. Übrigens treten in unserem Ge- biete, abgesehen von den Karen, alle glazialen Formen als Klein- formen auf und gerade die Art, wie sich diese Kleinformen z. B. den Ebenheiten einfügen, läßt mit aller Deutlichkeit erkennen, daß durch die Vergletscherung hier meist nur eine geringfügige Um- gestaltung des Reliefs eingetreten ist, die großen Formen wie die Ebenheiten, aber jedenfalls anderer Entstehung sind. Die glazialen Formen treten nur dort stärker hervor, wo das Eis in rascherer Bewegung gewesen sein muß, also vielfach in den teilweise typisch trogartig gestalteten Tälern der Südseite, auf den Pässen und über- haupt den vom Eise überfiossenen Höhen; dagegen sehen wir die eiszeitlichen Formen in den Tälern der Nordseite, wo das Eis als träge Masse angestaut war, sehr zurücktreten. Denkt man sich ein Tal, wie den Leoben- oder Kremsgraben, von einem großen, nicht zurückgestauten Talgletscher durchflössen, so würden alle Hänge gleichmäßige glaziale Bearbeitung zeigen und wir hätten Formen vor uns, wie wir sie aus den höheren Teilen der Zentralalpen kennen; dann könnte man versucht sein, alle diese Formen glazial zu . erklären. Übrigens wurden diese »typisch« glazialen Formen auch dort schon als vorglazial gedeutet (vgl. Distel [12], Ampferer [13] und Creutzburg [14]). Nicht überall sind die Ebenheiten von jungen Kerbtälern un- mittelbar zerschnitten, sondern wir sehen dazwischen die Reste von höheren Talböden. Vereinzelt sind solche Talböden noch voll- ständig erhalten wie der Talboden des Schönfeldes oder der Tal- schluß des Klölingtalcs. Wir haben Talbodenreste im Turracher Graben gefunden und einen Talboden im Paalgraben wiedei- herstellen können. Auch sonst sind ähnliche Formen häufig und \venn auch unsere diesbezüglichen Beobachtungen bisher noch zu lückenhaft sind, um darüber ein abschließendes Urteil abgeben zu können, so hat sich doch mit Sicherheit ergeben, daß diese Formen dem Alter nach unmittelbar auf die Ebenheiten folgen. Mit der Aus- bildung dieser Talböden hat eigentlich erst die Entwicklung der gegenwärtigen Täler eingesetzt. Sie wurden in ein älteres Relief eingeschnitten und dabei wurde die große Kammdistanz als etwas Fremdes mitübernonimen. Mit diesen Talböden haben wir auch die in den Ebenheiten und in den Flanken der darüber aufragen- den Kämme eingebetteten Mulden in Zusammenhang gebrachi. indem auch diese als vorglaziale Formen gedeutet wurden. Teil- weise sind diese Mulden in Kare umgewandelt worden, andere zeigen gar keine Ähnlichkeit mit Karen; hier hat wohl eine gleich- mäßige Firnbedeckung die Karbildung ausgeschlossen. Geomorphologische Beobachtungen in den Guiktaler Alpen. 2ol^ Mit der Entwicklung der hohen Talböden war also eine jüngere Phase der Oberflächenentwicklung des Gebirges eingeleitet. Die Richtung der Entwässerung war schon dieselbe wie heute und die Wasserscheiden sind seither, von einigen unbedeutenderen V'er- änderungen abgesehen, wohl stabil geblieben. Die Pässe, besonders die breiten Niederungen der Turracher- und der Flattnitzhöhe dürften schon in der vorhergehenden Phase angelegt, jetzt aber weiter ausgebildet worden sein. Im einzelnen wären darüber noch Untersuchungen anzustellen. Ob die Richtung der Entwässerung zur Zeit der Ebenheiten eine andere war als später, darüber konnten wir kein Urteil gewinnen. Man könnte teilweise an der Hand der Karte versucht sein für diese ältere Phase andere Zusammenhänge aufzustellen, doch ist dies alles sehr problematisch. Für die jüngere Phase der Oberflächenentwicklung dürfen wir nur einen normalen Abtragverlauf, bestimmt durch die Erosion des fließenden Wassers, annehmen. Viel schwieriger ist dagegen die Erklärung der Oberflächenformen der älteren Phase. Hier tritt uns, wie schon oben hervorgehoben, der Gegensatz zwischen den breiten Flächen der Ebenheiten und den verhältnis- mäßig schmalen Kämmen entgegen. Will man diese Verhältnisse aus einem durch Erosion des fließenden Wassers bestimmten Ab- tragverlauf erklären, so müßte man ein sehr bedeutendes Maß seitlicher Erosion verbunden mit Zuschüttung der Täler annehmen. Doch erscheint es sehr fraglich, ob sich so die hier auftretende Formenentwicklung genügend erklären läßt: besonders der auffällig große Kammiabstand bleibt dabei noch immer unverständlich und es fragt sich, ob man nicht an die Wirkung anderer Kräfte der Abtragung entsprechend einem trockeneren Klima oder wenigstens einem solchen mit anderer Regenverteilung denken muß. Eine Be- 2;iehung der Anordnung der Kämme zur Verteilung der Gesteine, etwa der Art, daß die Kämme im wesentlichen Zonen härterer, oder besser widerständigerer Gesteine entsprächen, besteht nicht; dies läßt schon eine flüchtige Bekanntschaft mit dem geologischen Aufbau sicher erkennen. Ebensowenig erscheint es uns möglich, die Verhältnisse lektonisch zu erklären. Die Kämme besitzen zwar vielfach Richtungen, die, wie noch unten ausgeführt werden soll, im Gebirgsbau der «")Stlichen Alpen wiederkehren. Dies tritt besonders im südwestlichen Teile des Gebirgs hervor, wo v.-ir die Kämme durch die erwähnten Längstalzüge getrennt sehen. Wenn wir auch einen indirekten tektonischen Einfluß auf die Richtung dieser Längstäler ('s. \\-eiter unten) für sicher halten, so erscheint es doch kaum möglich, dies auf alle Talrichtungen zu übertragen. Übrigens ließe sich in dieser Weise gerade das, was eine Erklärung fordert, nämlich der große Kammabstand und die bedeutende Breite der ebenen Taltlächen, nicht erklären. Wollte man diese für tektonisch begründet halten, so müßte man mehrere sich kreuzende Erhebungswellen annehmen. 260 A. Aigner, Abgesehen davon, daß solche Annahmen in keiner Weise durch Beobachtungen zu stützen wären, könnte man sich auch die Art der dabei angenommenen tektonischen Vorgänge schwer vorstellen. Melleicht wird es einmal möglich sein, an die Lösung dieses geomorphologischen Problems heranzutreten, wenn man auch in anderen Teilen der Zentralalpen die Formen der ältesten Landoberfläche kennen gelernt hat. Eine andere Erscheinung der ältesten Oberfläche der Gurk- taler Alpen fordert noch eine Beachtung, d. i. die Anordnung der Gipfelhöhen. Wir haben gesehen, daß die höchsten Erhebungen eine Zone bilden, in deren Begrenzung die Ri-chtungen SSW — ONO oder SW— NO und NW— SO hervortreten. Wir haben auch gesehen, daß hier die Kämme höher über den Ebenheiten aufragen. Wie man auch immer die früher erörterten Probleme lösen will,, hier wird man eine stärkere Aufwölbung des inneren Gebirgsteiles vor Ausbildung der Ebenheiten für möglich halten können. Ebenso möchte ich die verschiedene Höhenlage der Ebenheiten wenigstens teilweise durch nachträgliche tektonische Bewegungen erklären. Gerade der unten kurz durchgeführte X'ergleich unseres Gebietes mit einigen benachbarten Bergzügen hat diese Auffassung berechügt erscheinen lassen. Die östlichen und südöstlichen Teile der Gurktaler Alpen. Wir haben die Gurktaler Alpen beschrieben bis zu einer Linie, die ungefähr von Feldkirchen über Gnesau nach der Ebene Reichenau von hier in einem schwachen, gegen SO gekrümmten Bogen über das oberste Glödnitz- und Aletnitztal nach Murau ge- zogen werden kann. Östhch dieser Linie liegen niedrigere Berg- gruppen, die stufenförmig gegen SO absinken. Zwischen der Linie Olsa-, Aletnitztal und Krappfeld und dem Görtschitztal liegen eben- falls niedrigere Bergzüge, so daß sich zwischen den höheren Teilen der Gurktaler Alpen im Westen und dem Zuge der Seetaler Alpen und Saualpe eine weite Einsenkung in der Landoberflache ergibt, die wir nach den bloßen Höhenverhältnissen als eine nördliche Fort- setzung des Klagenfurter Beckens betrachten dürfen. Die höchste der Berggruppen östlich der oben genannten Linie sind die Metnitzer Alpen ^ zwischen Metnitz- und Murtal, im Osten gegen die Senke von Neumarkt abbrechend. Sie erreichen zwar in der Grebenzen (Kote 1870 und 1896) nahezu 1900 m, aber die anderen Gipfel ragen nirgends bis 1800 in auf; so liegen sie als eine niedrigere Gruppe vor dem Zuge Lichtberg— Prankerhöhe — Frauen- alpe. vSchärfer hebt sich die Gruppe zwischen dem oberen Gurk- tale und dem Metnitztale mit der höchsten Erhebung von 1880 in im Kruckenspitz von den bis über 2300 in aufragenden Bergen im NW und N ab. Niedriger ist dann die Gruppe östlich des Glödnitz- tales, die zwar im NW noch Höhen von rund 1700 nt (Dorfer- 1 Böhm versteht unter dieser Bezeichnung ein größeres Gebiet. Geomorphologische Reohachtungen in den Gurktaler Alpen. 261 •ecken 1722 und Mödringberg 1687) besitzt, während die gegen NO ziehenden Rücken zwischen 1400 und 1500 m, die übrigen um 1300 w liegen. Die Bergzüge südlich des Gurktales, zu beiden Seiten des Wimitztales endlich haben Kammhöhen zwischen 1200 und 1 300 m. Mit der Erniedrigung der Kammhöhen tritt im ganzen auch eine Verflachung des Reliefs ein. Am mannigfaltigten ist die Ober- fläche in den Metnitzer Alpen, hier freilich auch bedingt durch den Wechsel von Kalken und Schiefern. Durch einen längeren Talzug mit einer Talwasserscheide in llOOfw Höhe westlich von St. Lam- brecht wird ein nördlicher niedrigerer Kamm abgetrennt. Der süd- liche Bergzug ist gegliedert durch einige tiefer eingeschnittene Tälchen, die von NW nach SO zur Metnitz führen. Mehrfach scheinen hier Spuren von Verlegungen der Wasserscheide vor- handen zu sein. An der Ausgestaltung der Oberfläche haben die Eismassen des Murgletschers wesentlich teilgenommen, die das nördliche Gebiet ganz, das südliche noch teilweise überflutet haben. Der nördliche Teil erreicht im Karchauereck eine Höhe von 1654 m. Der Kamm ist durchwegs gerundet und breit. Er zeigt nach der Spezialkarte einige Stufen in etwas über 1500 in Höhe, und zwar im Rücken der Ofner Alpe und im Rücken, der vom Blasenkogel gegen O zieht. Der südliche Zug ist in einzelne Stöcke geteilt und zeigt zum Teil scharfe Kämme und schroffere Berglbrmen. Eine breite Kuppe ist dagegen die Kuhalpe (1784), von der sich gegen N ein Rücken mit einer auffälligen Verflachung zwischen 1500 und 1600 m absenkt. Der Kalkstock der Grebenzen zeigt Ober- flächenformen, die an die Plateaus der Nördlichen Kalkalpen er- innern. Es liegt hier in der Höhe ein altes Relief vor, das nach unten von steilerem Gelände abgelöst wird und besonders gegen S in schroffen, zerrissenen Hängen abstürzt. Eine Stufung sehen wir im Nordkamme, der zunächst zum breiten Sattel des Schönanger absinkt, dann sich nochmals zum Kalkberg mit 1578 in erhebt. Gegen O zieht ein Kamm mit" einer wStufe zwischen 1500 und 1450 (Königreich 1451). In ähnlicher Höhe liegen auch auf der Nordseite des Metnitztales einzelne Seitenrücken. Auch tiefere Stufen zwischen 1200 und 1300 w scheinen hier vertreten zu sein. Anders erscheinen die Oberflächenformen der Gruppe zwischen dem Gurk- und Glödnitztale. Nördlich davon senkt sich der Kamm von der Beretthöhe mit 2377 langsam zur Haidner Höhe (zwischen 2100 und 2000), um dann gegen die Flattnitzer Höhe rascher an Höhe zu verlieren. Von der Haidner Höhe zieht ein Rücken mit ziemlich gleichmäßigem Gefälle gegen SO, An den über die Höhe des Beling (1750) gegen S ziehenden Rücken schließen sich als eine selbständige Berggruppe Kämme, die im Kruckenspitz mit 1880 m ihre größte Höhe erreichen. Die meisten Kuppen besitzen Höhen von über 1700 in; mehrfach liegen aber die Kämme zwischen 1600 und 1700 und einzelne breite Sättel wenig über 1500 w. 2(32 - A. Aigncr, Besonders gegen S finden wir öfters Auslaufrücken in einer Höhe von 1600 -m und auch etwas darunter. Auf der Ostseite tritt eine raschere Erniedrigung der Kämme ein und wir sehen z, B. im Rücken von Kaltwasser auf längere Erstreckung Höhen von wenig über 1300 m. Der gegen S ziehende Hauptkamm und die Verzweigungen gegen W zeigen fast durchwegs sehr breite, flache Formen, wie wir sie im Gebiete von Bundschuh und am Hirschstein kennen gelernt haben. Die gegen W und S ziehenden Gräben sind in ihrem unteren Teile schmale Kerbtäler mit starkem Gefälle. Nach oben tritt eine auffällige Vertlachung ein und die Talschlüsse sind breite Mulden, bereits einer älteren Formengruppe angehörend. Von diesen erheben sich die Gehänge sehr sanft zu den breiten Kämmen mit ihren flachen Kuppen. Wir haben also auch hier wieder den Gegen- satz zwischen einem alten flachen Relief in der Höhe und einem jüngeren durch schroffere Formen ausgezeichneten in der Tiefe. Das schönste Beispiel eines solchen Tales i.st das oberste Gurktal, das bei der Ortschaft Ebene Reichenau von O her in das Haupttal einmündet. Die Gurk fließt oberhalb dieser Ortschaft in einer tief eingerissenen Schlucht; oberhalb der Vereinigung der Gurk mit dem von O kommenden Seitenbach sehen wir Sohlentäler mit flach an- steigenden Gehängen. Abwärts von der Ebene Reichenau besitzt das Gurktal den Charakter eines glazialen Trogtales; Penck spricht von der Über- tiefung dieses Tales. Ich halte es aber für ganz ausgeschlossen, den Gegensatz zwischen den beiden Teilen des obersten Gurktales auf die glaziale Übertiefung des Haupttales zurückzuführen; ebensowenig bei den anderen zum Haupttale ziehenden Tälern, so bei den Verzweigungen des Görztales und bei den kleinen gegen S gerichteten Tälchen. Will man den Gegensatz 'zwischen _ den oberen und unteren Strecken dieser Täler mit der glazialen Über- tiefung des Haupttales in Zusammenhang bringen, so müßte man für dieses einen präglazialen Talboden annehmen, der bei Gnesau noch eine Höhe von 1300 m gehabt haben müßte. Es würde sich dann aber hier im präglazialen Talboden eine Stufe ergeben, denn wir können diesen weder zwischen Hmimelberg und Feld- kirchen noch im östlichen Gurktale in einer ähnlichen Höhe er- warten. Eine solche Stufe im präglazialen Talboden widerspricht aber allen Erfahrungen, die man bei der Verfolgung präglazialer Talböden anderwärts gemacht hat. Überdies würde man zu dem unwahrscheinlichen Betrag von 300 bis 400 m für die glaziale Übertiefung kommen. Der präglaziale Talboden lag wohl viel tiefer und es mag mit der Übertiefung z. B. die niedrige Stufe bei Zedlitzdorf zusammenhängen. -- Es hat also die Zerstörung des in der Höhe noch weithin erhaltenen alten Reliets nicht erst in der Eiszeit begonnen, sondern der besprochene Formengegensatz be- stand schon vorher. Geomorphologische Ik'ubaclitungeu in den (iurklalcr Alpen. 2b Mac Keller, Melon with .seeds germinating. Card. Chronicic London 1898. p. 12^. ' :• '■■•. -:;:.":' V. ::;-'• 'v C " l- ■■ : ■ ■ ■ ■ ■ :■_ .- ^ / .'■ . ■J'Cö^tfeTUS-.-Ki'erning van Zaadcn binnen de vruchl. Gent.- Bot. ■ .laarboek Dodcmaca, Bd.:iO, 1«98; p. 135 bis; 141:-: ;: ; .^i-.:--:. =■: .:,.:• .. --1 ' !* Molisch, H., -Pfianzenphysiolögie-Tals Theorie" derGartrierei; "3. .Aufl.- 1920. p. 287 (Abbildung^. :•:-> .^I-: '..'-:.: .-■. ^.■•-■■■: ,■'.'■ ' i' Modrv, A., Das Keimen \-on- ■FÄa5i:ö/-HS-Samen- in der Frucht. Österr. bot. Zeitschr., Bd. LXIII. 1913. p. 451 bis 453 (Abbildung). Uiiterbleibi.li der Keimung. 2öö schicken, die sich auf die Auswahl der Objelucht darum nicht keimen, weil das Konzentratioysgefälle in das ihn umgebende Medium zu gering ist, um die Keimung hervorzurufen. Diese Anschauung schien eine wesentliche Stütze zu erhalten, als ich die Keimung von Solanum Lycopevsicmii in Rührzuckerlösung verschiedener Konzen- tration untersuchte. Bei 5% keimte bis zum 6. Tage kein Same. Bei geringeren Konzentrationen stiegen auch hier im allgemeinen die Keimprozente entsprechend dem Verdünnungsgrad und die erste Keimung setzte um so später ein, je konzentrierter die Lösung war. Es schien, als ob ein osmotischer Wert des Außenmediums von 4- bis 5 Atmosphären die Keimung zunächst gänzlich verhindere, während in der Reihe 2, 1, ^y'.,, 0 Atmosphären sie immer schneller erfolge. Keimungen bei 5 und 10% wurden erst am 8. und 10. Tage festgestellt. Dennoch ist eine solche osmotische Erklärung für Solanum Lycopersiciim unbedingt abzulehnen. Sie ist nämlich unvereinbar mit der Tatsache, daß die Hemmungswirkung des Fruchtsaftes durch Erhitzen wesentlich abgeschwächt wird (siehe die Tabelle des Versuchs 3), während das Ergebnis des Rohrzuckerversuchs auch anders gedeutet werden kann. Der Rohrzucker kann in die Zellen eingedrungen sein und dort rein chemische Umsetzungen hervorgerufen haben, die eine fortschreitend bessere Keimung bei geringerer Konzentration zur Folge hatten. Für eine solche Schädi- gung spricht auch das schnelle Absterben der jungen Keimlinge, in den Rohrzuckerschalen. Hiermit sehen wir uns wieder zur chemi- schen Auffassung zurückgeführt. 2. Ein zweiter ernsthafter Einwurf könnte die rein chemische Deutung der Ergebnisse zWar als berechtigt anerkennen, aber die Bildung des Hemmungsstoffes der Tätigkeit der Schimmelpilze und Bakterien zur Last legen. Dem widerspricht nun die Tatsache, daß von einem Schimmelbefall bei den Versuchen 1 und 2 nichts zu bemerken war und der sauere Charakter des Nährbodens den Bakte- rien nicht zusagen konnte. Ferner spricht gegen diese Auffassung 292 H. Oppeiiheimcr. auch hier das Ergebnis des eben erwähnten Versuches 3, in denj ich die .Keimungsergebnisse in rohem und gekochtem Saft gleicher Konzentration miteinander verglich. Der Schimmelbefall, den ich diesmal nicht zu verhindern suchte, war in beiden Schalen nicht unbeträchtlich und in der Schale mit dem abgekochten Saft stärker als in der anderen mit dem rohen Saft. Trotzdem keimten die Samen in der ersteren bedeutend besser, wie aus folgender Tabelle hervorgeht: Versuch 3. Keimungsprozente (je 40 Samen 9. XI. 1921;. 1 d 1 Auf rohem Saft Auf gekochtem Saft / 0 2-5 8 0 5 9 4 • 17 10 1 3 53 VI 29 83 13 42 83 14 51 ■ 83 19 89! 86 26 1 95! 94 Wie man sieht, hatten die Samen auf gekochtem Saft nach 12 Tagen schon zu 83 7o gekeimt, trotz der starken Zersetzungs- vorgänge, während in der Schale mit dem rohen Saft erst jetzt, als der Schimmel wegen der starken Konzentration der eigenen Stoffwechselprodukte wieder zurückging, die Keimung erst recht einsetzte. Mir schien dieser Versuch so deutlich für das Vorhanden- sein einer nicht hitzebeständigen, keimungshemmenden Substanz im Fruchtsaft zu sprechen, daß ich auf die Durchführung eines sterilen Keimungsversuchs glaubte verzichten zu können. Hiermit erscheint mir die Vermutung iMolischs über das Vorkommen von Hemmungssubstanzen für Solanum Lycopersicum als bewiesen. Wegen der großen theoreti.schen Wichtigkeit sei hier noch ein zweiter Ver- such über die Wirkung hoher Temperaturen auf die Hemmungskraft des Frucht- saftes angeführt. Versuch 4 (30. XI. 1921). Fruchtsaft von Sol. Lyc. etwa i/g der natürlichen Konzentration, 3 Petrischaleii. je 25 Samen. A. Saft erhitzt bis 6U°; B. Saft erhitzt bis 100°; C. Kontrolle: Aqua dest. Wärmeschrank, dunkel, 22° C. Toluoldesinfcktion. Unterbleiben der KeiniuiiL 293 Keiniungspru/ente. d -1 B \ C . 1 1 2 3 5 0 8! 08 96 4 48! 84 80 36 92 96 lüU Ob durch mehrstündiges Kochen der keimungshenimende Einlluß des Frucht- saftes gänzlich beseitigt werden kann, wurde nicht geprüft. Nach 30 Minuten H^imvirkung von 100° bleibt er jedenfalls noch deutlich. Nun konnte ich daran gehen, die Natur des erschlossenen Körpers näher zw untersuchen. Hiermit bin ich jedoch noch nicht weit gelangt. Nur soviel kann \c% sagen, daß es sich nach dem Ergebnis eines ersten Versuches um einen kolloidaleiti Körper zu handeln scheint. Nach Ausschüttelung eines Saftfiltrates mit Alkohol uncj Äther erhielt ich einen weißlichen Niederschlag, von dem ich eine Suspension i^ destilliertem Wasser herstellte. Obgleich ich nur eine winzige Menge von deni Niederschlag, schätzungsweise einige Zentigramm, zur fortschreitenden Verdünnung \'ei-wendete, ergab sich auch hier wieder die bekannte ansteigende Reihe der Keimungszahlen. Versuch 5. (Wärmeschrank 22° konst.) 14. XU. 1921. Keimungsprozente. Konzentration d M2C 'Uc HoO 2 3 0 8 18 ; 30 17 36 19 48 Es scheint, daß die Hemmungssubstanz von dem Alkohol niedergeschlagen worden war. Am vierten Tage nach Versuchsbeginn erhielt ich die Zahlen 61. 52, 61 77. Jetzt war also die Keimung bei der stärkeren Konzentration c besser als bei 1/.2 c und ebenso stark wie bei i'^ c. Ich habe eine solche UmwandUmg der hemmenden Wirkung in eine stimulierende, die an das Verhalten der Organismen gegenüber manchen Giften erinnert, mehrfach beobachten können. (Vgl. auch die letzten Zahlen des Versuches 3.) Man mag diese Erscheinung auf eine teilweise Zersetzung der Hemmungssubstanz zurückführen können. Durch einen weiteren Versuch überzeugte ich mich, daß die Keimungshemmung- auch dann noch deutlich hervortritt, wenn die Samen vor der Aussaat mit Säurea oder Alkalien behandelt werden. Versuch 6. Die Samen wurden im Safttiltrat der eigenen Frucht ausgesät. Nach der Entnahme w'urden sie 3 Stunden lang gewässert und darauf für 4 Parallelversuche, vorbereitet durch einen zweistündigen Aufenthalt 294 H . O p p e n li e i in e r A. in 0-Ii Mol H3SO.1; B. in 0-1 Mol CH3COOH; C. in 0-2 Mol HNO-,; n. in 0-2 Mol KOH. Die Samen wurden nun unter dem Strahl der Wasseileitung einige Minuten gewässert und dann in 8 Petrischalen zur Aussaat gebracht: 1. Im Saftfiltrat (etwa 1/2 der natürlichen Konzentration); 2. im aqua dest. Aufstcllunu,' dunkel im Wärmeschrank. 22°. Toluoldesinfektion. Das Rrgebni- giht die Keimungstahelle. . d H2SO, CH3COOH HNOo KOH 1 1 2 1 2 1 2 1 2 3 4 6 8 68 too 1 100 100 0 20 64 100 80 93 97 100 50 100 100 100 6 56 75 100 17 39 95 100 Es bleibt nun noch nachzutragen, daß die Hemmung bis ins Frühjahr hinein andauert. Ich habe im Februar und März 1922 eben- sowohl angefrorene, feucht überwinterte, wohlerhaltene Früchte als auch eine solche untersucht, die auf einem Wandbrett des Gewächs- hauses zur Mumie eingetrocknet war. In beiden Fällen waren noch sehr bedeutende Keimungshemmungen nachweisbar. Dagegen beobachtete Mo lisch gleichzeitig das Auftreten von Keimlingen aus einer P>ucht, die im Laufe des Winters der Zersetzung im feuchten Sande anheimgefallen war und in einem großen Glasgefäß am Fenster seines Studierzimmers sich befand. Diese Beobachtung steht im besten Einklang mit der gärtnerischen Erfahrung. So berichtet mir mein gärtnerischer Arbeitsgenosse F. Birth, daß er aus Früchten, die auf dem Boden eines Gewächs- hauses unter den Pflanzengestcllen im Winter verfault waren, im Frühjahr das Auskeimen von Samen beobachtet hat. In ähnlicher Weise geht wohl die Vermehrung der Pflanze auch in der freien Natur vor sich. Die Früchte fallen überreif zu Boden, die Tätigkeit der Saprophyten im Verein mit der des Regens bewirkt die Zerstörung und Auswaschung der Fruchtmasse, sowie die Fortschwemmung der Samen, die nun, der keimungshemmenden Wirkung des Fruchtfleisches entzogen und zuweilen durch die keimungsfördernde Wirkung des Bodens begünstigt, zur Keimung j?elangen. nntcrbicihen der Keimuno-. 295 ' Anmerkung. Daß von einer keimungsfördernden Wirkung des Bodens hier gesprochen werden kann, scheint mir aus Versuchen hervorzugehen, die ich noch anhangsweise erwähnen möchte. Je 40 Samen \on Solamim Lycopersinnn wurden nach Waschung in Tonschalen ausgesät: A. auf Gartenerde; R. auf unbehandeltem lehmigen Sand; C. auf dem gleichen Sand, der durch fünfmalige Ausschlemmung gereinigt wurde ; D. auf Sand, wie in C geglüht; F.. auf Sand, wie in C sterilisiert. .Aufstellung im Gewächshaus, i). XL 1921. Keimungsprozente. (/ .1 • B c hell D hell E hell hell dunkel hell dunkel 5 i 8 9 10 12 3 66 95 98 100 1 i 3 71 79 87 89 100 0 5 26 50 61 66 3! 73! 92! 97! 100! 100 0 38 53 82 92 100 3 25 48 69 82 92 0 35 58 75 98 98 Wie man sieht, zeigt sich im Lichte ein erheblicher Vorsprung der auf Gartenerde ausgesäten Samen gegenüber den auf behandelten Sand ausgesäten. Höchst auffällig erscheint mir das Ergebnis, das ich mit den beiden, durch einen Zinksturz verdunkelten Schalen erhielt. Während, wie man sieht, die Keimung auf Erde am Licht wie im Dunkeln etwa gleichmäßig fortschritt, erwies sich der lehmige Sand am Lichte als das weitaus ungünstigste .Substrat, während er im Finstern alle anderen Keimböden übertrifft. Leider konnte ich dieser Beobachtung, die außerhalb des Rahmens meiner Untersuchung fällt, nicht weiter nachgehen. Die Außenbedingungen hinsichtlich Temperatur, Feuchtigkeit, Sauerstoffzufuhr waren genau die gleichen wie in den anderen Schalen. Vielleicht ergibt eine vergleichende Untersuchung der Licht- und Dunkelkeimung auf lehmigen Substraten auch für andere Samen ähnliche Ergebnisse. Versuche mit anderen fleischigen Früchten. Hatte das Ende der Vegetationsperiode 1921 einem weiteren Ausbau meiner Versuche mit Solanum Lycopersiciim. ein frühzeitiges Ziel gesetzt, so gilt das in noch höherem Maße für die Versuche mit anderen Objekten, wo das mir zur Verfügung stehende Material noch schneller erschöpft war. Dennoch sind die erzielten Ergebnisse nicht weniger auffallend, wie auch aus den photographischen Auf- nahmen deutlich hervorgeht. Lagenaria vulgaris. Versuch. Eine reife Fruch.t wurde durch ein quadratisches Loch geöffnet und so dem Sauerstoff Zutritt zu den Samen gewährt. Nach 9 Tagen überzeugte ich mich beim Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Kl.. .Xbt. l, 181. Bd. 23 o 296 H. Oppen Iieimei', Zerlegen der Frucht, daß keine Keimungen eingetreten wafen. Hierauf würden itr 8 Petrischalen ausgesät: A. unge\v;ischene Samen auf Schalenstücken mit Fruchtfleisch; B. ungewaschene Samen auf Filtrierpapier; C. gewaschene Samen auf Filtrierpapier. :■ • Dann wurden, um Schimmel abzuhaUcn, Fiuchttleiscli und Samen aller Schalen mit 0*4 o/q Formalin kurz abgespült. Hierbei kann eine nennenswerte Auf- saugung des Form.alins durch das Fruchtfleisch schwerlich stattgefunden haben, weil dieses mit Fruchtsaft voll gesättigt war. Aus.saat am 11. XI. 1921. Zunächst wurde der Versuch im Gewächshaus angestellt. Als nach 7 Tagen die Temperatur sich als zu niedrig erwiesen hatte, übertrug ich die Schalen in den Wärmeschrank. Nach weiteren 3 Tagen, am 21. XI., konnte ich feststellen: Keimung in .1 0 0/,^. B 2g 0;^. c 88";;,. Wie sich aus der Aufnahme (2;"). XI.) ergibt, bildeten die Keimlinge der gewaschenen Samen mächtige W^urzelsj'steme aus. Bereits am 2 1 . XL maß ich Längen von üO min und beobachtete an einem Keimling 22 Nebenwurzeln. Dagegen erreichten die längsten Wurzeln der ungewaschenen Samen nur 1 5 mm, Nebenwurzeln waren nicht vorhanden und wurden auch später nicht gebildet. Vielmehr gingen die Samen in A und B ebenso wie die jungen Pfiänzchen in B und 6 unter lebhafter Ammoniakbildung zugrunde. Dagegen hielt sich das l'ruchtfleiscb. in der Schale A frisch und blieb schimmelfrei. Das Ergebnis spricht wohl auch hiei" wieder für die xAnnahme einer Hemmungssubstanz im Fruchtfleisch. Doch sei für Lagenaria die Notwendigkeit der Wiederholung des Versuchs ausdrücklich anerkannt angesichts der Tatsache, daß hier mit Formalin gearbeitet wurde und daß der Beweis für die fortdauernde Keimfähigkeit der auf dem Fruchtfleisch ausgelegten Samen, \v\e er seit dem 28. XI. versucht wurde, mißlang. Anmerkung: Wahrscheinlich wurden die anfänglich noch keimfähig gebliebenen Samen durch das entstehende Ammoniak getötet. Bokornyl fand NH.j schon in einer Konzentration von 0'05 0/q für Samen tödlich. Man ersieht aus diesem iSoispiel, daß man unbedingt nur mit gut desinfiziertem, ganz frischem Material arbeiten darf, um nicht durch postmortale Zersetzungsprodukte getäuscht zu werden. Demgegenüber erscheint durchaus einwandfrei der ent- ."sprechende Versuch mit Cucumis sativa, obgleich ich hier nur 23 Samen in der untersuchten Frucht NDrfand und nur diese zur Aussaat verwendete. Es wurden ausgesät in Schale: A. f) Samen auf einem Längsschnitt durch die Frucht von etwa 1 in tu Dicke. 2 Samen auf der Innenseite eines Oberllächcnschnittes und 2 Samen frei mit anhaftendem Fruchtfleisch; B. 8 Samen ungewaschen, auf Filtrierpapier ; C. 6 Samen, 15 Minuten gewaschen, auf Filtrierpapier. Wärmeschrank dunkel, 25° C. Desinfektion mit Toluol. 18. XL 1921. ' Bokorny Th., Einfluß verschiedener Substanzen auf die Keiniung der IManzensamen. Biochem. Zeitschr. L., 1913, p. 1 bis 118. Unterbleiben der Keimung. 297 Keimungsprozente. Uie Aufnaiime vom 25. XI. 1921, tilsu am 7. Tage- seit Versuchsbeginu, zeigt auch hier deutlich die Verzweigung der Wurzeln in Schale C. die bei den Keimlingen di.r ungewaschenen Samen in Schale B vermißt wird. Phytolacca dioica. Phylulacca äioica, ein mächtiger Baum, von dem ich Samenmaterial aus dem B(;tanischen Garten in Genua benützte, besitzt sehr zuckerreiche Beerenfrüchte, in denen sich die dunlcelgrauen, hartschaligen Samen befinden. Die von mir verwendeten Früclite hatten sich in den Ästen eines Ä7/«Z'//s.7-Dickichts gefangen und waren dort bis zum April zu rosinenartigen Beeren eingetrocknet. Ich mußte den Fruchtsaft stark verdünnen, um die Zuckerkonzentration herabzusetzen. Demgemäß gelang der Nachweis einer zahlenmäßigen Keimungshemmung gewaschener Samen in stark' verdünntem Fruchtsaft nicht. Allerdings setzte die Bildung von Wurzelhaaren etwas später ein als in der Kontrollschale und es zeigte sich so wenigstens eine morpho- l(jgische Hemmungserscheinung, auf die ich weiter unten zu sprechen komme. Dagegen zeigten sich Samen in ihrer Keimung stark beeinträchtigt, die ich nach .Vuswässerung des Zuckers in destilliertem Wasser ausgelegt hatte, ohne sie vorher von den Resten des ihnen zähe anhaftenden Fruchtfleisches zu befreien. Der k'eimungsverzug ergibt sich aus folgender Tabelle. Keimiingsprozente. d .4 B 16 25 26 29 0 37 47 47 1 1 16 80 80 84 84 ./ :^0 ungereinigte, b 25 gereinigte Samen. Liegt hier ein Hemmungsstoff vor? Die Antwort kann nur, bejahend sein, wenn man sie aus dem Befunde der Beeren vor Beginn des Versuches ableitet. Die Samen liegen hier staubtrocken in der konzentrierten Zuckerlösung des Fruchtfleisches. Zerdrückt man sie zwischen den Fingern, so lösen sie sich in ein 298 H. Oppenheim«!-, weißes Pulver auf. Zweifellos besteht hier die osmotische Erklärung, die wir für Solanum Lycopersicmn ablehnten, zu Recht: Der Zucker wirkt als osmotische Hemmungssubstanz. Daß dem Zucker die Fähigkeit zukomme, die Keimung der Samen in der Frucht durch Wasserentzug zu verhindern, ist zwar ein sehr naheliegender Gedanke, jedoch meines Wissens bisher noch nicht erörtert worden. Es scheint mir aber eine aussichtsreiche Aufgabe zu sein, zu unter- suchen, in welchen Konzentrationen die Samen zuckerreicher Früchte noch zur Keimung gelangen, wenn man sie in Lösungen jener Zuckerarten aussät, die in den Früchten natürlich vorkommen. Doch kehren wir zu unserem Versuch zurück. Die Keimungs- verzögerung der ungereinigten Samen kann ent\\'eder den geringen Resten von Zucker zugeschrieben werden, die trotz der Auswässerung noch vorhanden sein mochten, sie kann ferner auf einen Hemmungskörper hindeuten, entsprechend dem uns bei Solaniini Lycopersicutn bekanntgewordenen, oder endlich läßt sie sich zurück- führen auf ein postmortales Zersetzungsprodukt. Auch kann in dem anhaftenden Fruchtfleisch ein Quellungshindernis erblickt werden. Zwischen diesen Möglichkeiten eine Entscheidung zu treffen, fehlt es mir gegenwärtig noch an iMitteln. Endlich sei noch eines Versuches mit Macliwa auvantiaca gedacht, bei dem gewaschene Samen in 1 1 Tagen zu 28% keimten, während ungewaschene, auf einem Schnitt durch die Sammelfrucht ausgelegt, keine Keimungen zeigten. Da sich aber in dem vSchnitt starke Zersetzung zeigte, trotz der Toluoldesinfektion. so möchte ich aus diesem Ergebnis keine Folgerungen ableiten. Somit komme ich zur Besprechung der 2. Versuche mit trockenen Früchten. Während unter den fleischigen Früchten bisher keine Form gefunden wurde, von der sich nach den Versuchsergebnissen be- haupten ließe, daß sie bestimmt keine hemmende Wirkung auf die Keimung der eigenen Samen ausüben, liegen die Verhältnisse bei trockenen Früchten wesentlich anders. Hier habe ich bisliei- mit den Hülsen der Leguminosen und den Schoten der Cruciferen nur negative Resultate erzielt. Über den Einfluß der Hülse der Legumi- nosen auf die Samenkeimung liegen, wie bereits erwähnt wurde, einige Angaben vor, über die hier folgendes zu berichten ist: V. Jasienski (1. c.) verglich die Keimung der Samen von Ono- brychis sativa innerhalb und außerhalb der Hülsen. Leider findet sich keine Angabe darüber, ob die Früchte vor der Aussaat geöffnet wurden, um dem Quellungswasser und dem Sauerstoff in gleicher Weise Zutritt zu dem dort befindlichen Samen zu schaffen wie zu den frei ausgelegten Samen des Kontrollversuchs. Ari/Amehmen ist, dai3 dies nicht geschah, da der Versuch, wie erwähnt, nur die praktische Seite der Frage klären sollte: oh nämlich ein Verbleiben rntcrbleibLii Jlt Kirimun^. 299 in den Hülsen für die landwirtschaftliche Aussaat ungünstig oder belanglos sei. Wenn sich nun nach 3 Tagen zeigte, daß noch kein mit Hülse ausgelegter Same gekeimt hatte gegenüber 28*5% Keimungen der freiliegenden Samen, während nach 16 Tagen 77 beziehungsweise 76^0 zur Auskeimung gekommen waren, so erklärt sich dies zwangslos aus den Ouelkings- und Atmungswiderständen, die der in dem Gefängnis dei- harten Schließfrucht eingeschlossene Same gegenüber dem freiliegenden Wettbewerber zu überwinden hat. Nobbe äußert sich (1. c.) über das Ergebnis des Versuchs mit den Worten: »Die Fruchthülle retardiert also etwas die Keimung. -^ Ob er an eine stoffliche Hemmung überhaupt gedacht hat, bleibt ungewiß. Diese Bemerkung Nobb es hat Gola (1. c.) dazu veranlaßt, sich mit dem Problem zu beschäftigen. Er legte anläßlich seiner Ver- suche über die Bedingungen der Ouellungsfähigkeit undurchlässiger Samen die Hülsen folgender Papilionaceen mit Samen zur Keimung aus: Cohitea arhorescens, Äfiagyvis foetida, Rohmia Pseiidacacia, Baptisia anstralis und CoroiiiUa vulgaris. Hierbei zeigte es sich, daß die Samen von Hülsen der gleichen Art sich sehr verschieden verhielten. So quollen in einer Hülse von Colutea arborcscens sämtliche Samen, in einer anderen dagegen nicht ein einziger. Falls nun die Quellungsmöglichkeit für beide Hülsen in gleicher Weise gegeben war, ist das Verhalten wirklich sehr auffällig imd spricht deutlich gegen das allgemeine Vorhandensein von Stoffen in der Hülse, die eine Quellung der Samen verhindern. Ob aber dem physikalischen Quellungsprozeß, dessen so verschiedener Ver- lauf nach Gola von dem Reifungsgrad der Samen abhängt, nun sogleich der physiologische Keimungsprozeß in allen Fällen folgte und ob dieser bei Samen außerhalb der Hülsen nicht anders ver- lief als innerhalb, darüber erfahren wir bei Gola nichts, so daß wir nicht prüfen können, ob seine Versuche ihm wirklich »erlauben, eine besondere Wirksamkeit der in den Hülsen enthaltenen Sub- stanzen auf die Samen, die sie enthält, auszuschließen^. Wir können vielmehr aus seiner Arbeit hier nur lernen, daß die von ihm studierten Objekte zum Studium von Hemmungserscheinungen bei Leguminosen für unsere Zwecke wenig brauchbar sind. Anmerkung. Gola bemüht sich um eine Erklärung des bei v. Jasienskis Versuch zutage getretenen Unterschieds in der Keimung von Onobrychis sativa, der auf der Vorstellung beruht, daß die Samen in der Hülse leichter (!) zur Keimung gelangt seien als außerhalb. Da dies nicht zutrifft, erübrigt es sich, auf diese Erklärung einzugehen. Die dritte erwähnte Arbeit stammt von Riviera imd bezieht sich wieder auf Onobrychis sativa. Der Verfasser stellt fest, daß die Keimung der mit Hülse ausgelegten Samen 2 bis 3 Tage mehr beanspruche als die der enthülsten. Zur Erklärung wird die lang- samere Quellung der Hülsensamen und der mechanische Widerstand der Hülse herangezogen. 800 \\. Oppen hc i niLT . Während nun die bisher erwähnten Autoren unser Probleni nur nebenbei mit einer ungenügenden Methodik an ungeeigneten Objekten studierten, ist ein Versuch Modrys (1. c.) für uns x'on größtem Interesse. Diesem Forscher gelang es nämlich, bei grün- reifen Früchten von Phaseolus muliißorns durch Einspritzung von Brunnenwasser eine Auskeimung der Samen hervorzurufen. Eine P>klärung dieser Erscheinung gewinne ich aus dem Ergebnis eines eigenen Versuches mit Phaaenltis vulgaris. \'ersuch mit PJuisc'o/ns vulgaris. Zweck; Zur Lösung der Frage, ob auch bei den Hülsen von Phaseolus vulgaris von den Karpellen ein keimungsbemmendcr Einfluß ausgeübt wird, wurde folgendermaßen verfahren : Nach den er.sten schwachen NachllVö.sten wurden Früchte von Fhnseoliis vulgaris (Material aus Gloggnitz-Semmeringbahn) von den MutterpHanj^en getrennt und am nächsten Tage auf Filtrierpapier in einer glasierten Tonschalc ausgelegt. Die Schale wurde mit einer Glasglocke bedeckt, das Papier nur mäßig feucht gehalten, um Fäulnis und Schimmelinfektion in geringen Grenzen zu halten, was auch gut gelang. Die Früchte, die 3 bis 4 reife Samen enthielten, und teils n< ■oder Plazentarsubstanz zu den keimenden Samen erhebliche Hemmungen hervorruft. Ich zerschnitt hier Stücke der Frucht- wandung oder der Plazenta mit der Schere und verteilte die kleinen Stücke auf dem Filtrierpapier. In dem folgenden Versuch wurden -Zerschnitten : in A etwa 'l ciu- Fruchtwand von etwa 1 /////,' Stärke; in /) etwa 3 'j ciii^ der gleichen Wand ; ! in (' etwa l'., c-///- eines Pla^.entarhlättchen- von noch j^eringx; ci Oicke; I) Aontrolle. (icwüchshaus hell, 21. \'. 1922. Toluoldcsinfektion. Keimungsprozente. Der Befund bestätigte bereits einen entsprechend verlaufenen Vorversuch. Die geringe Menge der hier wirksamen Substanz und die systematische Verwandtschaft lassen auf einen ähnlichen Stofl" wie bei Solanum Lycopevsicmn schließen. (Atropa Belladovma kam nicht zur Keimung.) Ein mit Papaver somniferum durchgeführter Versuch zeigte einen ganz ähnlichen Verlauf wie die ersten, eben beschriebenen, mit Nicotimia riistica. Hier zeigte sich Jedoch, daß nicht die Plazenten, sondern umgekehrt die Wandung lind das Narbengewebe hemmend auf die Keimung wirken. Daß die Alkaloide des Milchsaftes die Hemmung bewirken, erscheint nicht unmöglich. Cofnevin (1. c.) fand, daß Narcotin, Codein und Narcein fördernd, Papaverin dagegen hemmend auf die Keimung •der Samen von Papaver sotnnifermii einwirken, u-ährend Morphin und Thebain keinen Einfluß ausüben. Endlich habe icli auch Samen von Nicofiaiui rusticü in Kapselteilen \'on Papaver sonmifermn und umgekehrt angebaut. Die Tabaksamen erwiesen sich in den Mohnkapseln stark gehemmt, während sich die Papaver-Samen in ihrer Keimung durch dje Plazenten der A76-o//a«^/-Kapseln am 3. Tage etwas gehemmt zeigten, was aber am ß. Tage bereits nicht mehr festzustellen war. (Weitere Versuche über die spezifische Natur der Hemmungswirkungen habe ich bisher nicht durchgeführt.) v"iC)6 li. Opp ciihc inicr, Scrophulariaceen. Audi bei Versuchen, die ich mit Scrophulariaceen durchführte, achtete ich gemä(3 meinen Ergebnissen mit Nicotiana rustica auf den Einfluß der Plazenten. Untersucht wurden gleichzeitig Paii- loW'ina imperialis (Aiaterial vom Lido bei Venedig) und ein Verha^- cum (Botanischer Garten Genua), dessen vorjähriger Fruchtstand keine Bestimmung mehr erlaubte. Es zeigte ^^ich im Gewächshaus bei Aufstellung am Lichte eine starke Verspätung der Kapsel- keinilinge. Nach 8 Tagen hatten bereits 31% der freiausgesäten VerbasamtSiwwen gekeimt, von den in den Kapseln verbliebenen nicht ein einziger. Entsprechend waren die Keimprozente bei Pan- lownia '28 und 0. Erst am 9. Tage zeigten sich in den Kapseln des Verbascmn imd erst am 10. auf der Kapselwandung (noch nicht auf den Plazenten!) der Paivlownia die erste Keimung. ; .^n diesem Tage übertrug ich die Versuchsschalen in den Wärmeschrank und war überrascht, daß nach zwei weiteren Tagen von dem bisher zutage getretenen Entwicklungsunterschied nichts mehr zu sehen war. Die jungen Ptlänzchen schössen jetzt lebhaft aus den Verhascimi-Ko.'^seXn und besonders aus den Plazenten der Paivlowiiia hei'vor und entwickelten sich dort sogar zu besonderer Üppigkeit. Bei dem Versuche, zu einer Deutung des Ergebnisses zu gelangen, ist zu berücksichtigen, daß die Temperatur im Wärme- schrank dauernd 30° betrug, während sie im Gewächshaus um 25° schwanl^te, ferner daß eine Übertragung ins Dunkle stattfand. Maßgebend kann demnach für das verschiedene \'erhalten der Samen gewesen sein: 1. Der Gegenscitz von J.iclit und Dunkelheit, 2. Die absolute Temperaturhöhe, 3. Die Temperaturschwankung oder -gleichheit. Dies ist noch vx'eiter zu prüfen. Wahrscheinlich enthalten die Plazenten auch hier eine Hemmungssubstanz, deren Wirkung bei besonders günstigen Keimungsbedingungen nicht mehr zum Ausdruck gelangt, oder aber sich in ihr Gegenteil verwandelt. Andere Dikotylen. Salix caprea. Die Samen von Salix caprea wurden von den am Funiculus sitzenden Haaren befreit und dann je zwei Samen in leere, noch grüne, aber trockene Kapseln der Mutterpflanze am Grunde der beiden Fruchtblätter eingelegt. 12 so behandelte Kapseln wurden in einer Reihe in einer Petrischale auf feuchtem Filtrierpapier aus- gelegt, links und rechts davon je eine Reihe freier, ebenfalls ent- haarter .Samen. üntcii-iKMlien der k'cimuni;. H()7 Bereits am Tage nach der Aussaat zeigten sich ScämtUche Samen gekeimt, in der Entwicklung zeigte sich auch weiterhin kein Unterschied. Die Kapseln von Salix caprea üben demnach auf die Keimung der Samen keine hemmende Wirkimg aus. ■ Sciiließfrüchtige. \'ciÄUchc mit Tagetes erccta und Senccin vulgaris ei-gabc-n keine wesentliche Beeinträchtigung in der Keimung der Achänen durch die Substanzen des Frucht- bodens und des Involucrums. Dagegen keimten die Früchtchen der Polentilla argentea auf den Fruchtboden zu 12-5 O/g, frei ausgesät zu 31%, auf den Blättern sogar zu 38 f'^,. Dies scheint mir dafür zu sprechen, daß die Untersuchungen, die in jüngster Zeit von Lumiere^ über die keimungshemmende Wirkung toter Blätter angestellt wurden, keine ganz allgemeine Geltung besitzen und jedenfalls diese nicht geeignet erscheint, als allgemeines Erklärungsprinzip für die hier behandelten Hemmun.uxerscheinungen zu dienen. E. Monokotylen. Über Keimungshemmung bei monokotj-len Samen besitze ich noch fast keine Erfahrungen. Samen der Fnnkia ovata keimten außerhalb der Kapseln zu 100%, während die Kapselsamen fast sämtlich der Fäulnis zum Opfer fielen. Ein dort keim- Jahig gebliebener Same keimte wesentlich später als die frei ausgesäten. F. Keimungshemmung in Antheren. Im Laufe der Untersuchung kam mir der Gedanke, ob nicht vielleicht auch manche Antheren in ihren Pollenfächern Einrichtungen besitzen möchten, die einer vorzeitigen Keimung des Pollens vor- beugen. Dies erscheint besonders bei solchen Pflanzen der Prüfung wert, deren Pollen sich im gewöhnlichen Wasser zur Keimung bringen läßt. {Plantago nach Molisch, Nicotiana, Galeohdolon .luteum, Lysimackia Numimtlaria, Agapanthtis nach St ras bürg er). Es gelang mir der Nachweis einer solchen Hemmung bei Galanthiis nivalis, wo der Pollen in 2 o/o Zuckerlösung nur abseits von den Antheren Keimschläuche bildete, den Antheren aufliegend dagegen in demselben Tropfen ungekeimt blieb. Ich hoffe, über derartige \'ersuche später mehr berichten zu können. .\n dieser Stelle möchte ich auch einige \Vorto übci' etwaige Keimungs- hemmungen bei den Sporen der Pilze anschließen, die ich nicht in die Untersuchung eipbezogen habe. Wie bekannt, keimen die Sporen von Taphrina- und Exoasctts- Arten häufig schon in den Schläuchen zu Konidien aus. IJber die Bedingungen dieser Keimung sind wir durch Sadeheck^ für Exoascus Johansonii unterrichtet. Dieser Autor konnte nämlich zeigen, daß die Sprossung in den Schläuchen bei trockener Witterung unterbleibt, bei feuchter Luft dagegen eintritt. Hier scheint demnach kein Hemmungsstoff im Ascus vorhanden zu sein. Dagegen sind weitere Ascomyceten und die Fruchtkörper besonders der Gastromyceten gewiß einer Prüfung wert. 1 Lumiere Aug., Action nocive des feuilles mortes sur la germination. C. R., Paris 1921, 172, p. 232 bis 234. 2 Sadebeck R., Beobachtungen und kritische Bemerkungen über die Exoascaceae. Ber. der Deutschen bot, Ges.. 180.5, Bd. XIII, p. 265 bis 280. 308 H. Oppcnhei nie i-. Theoretische Zusammenfassung. Die vorliegende Arbeit ging von der Anschauung aus, daß die Behälter von Fortpflanzungskörpern außer ihrer typischen Funktion, die in der Erzeugung der Fortpflanzungskörper besteht, auch die Fähigkeit besitzen, diese vor einer vorzeitigen Keimung zu bewahren. Fragen wir nun, wodurch dies erreicht wird, so zeigten sich drei grundsätzlich verschiedene Mittel, die das Unterbleiben der Keimung in den Behältern der Mutterpflanze zur Folge haben: 1 . Wasserentziehung a) durch Unterbrechung der Zuleitung tlüssigen Wassers, b) durch osmotisch wirksame Stoffe; 2. Die Erzeugung von Hemmungssubstanzen; 3. Der Abschluß vom atmosphärischen Sauerstoff. Das Mittel der Wasserentziehung ist von außerordentlicher Wirksamkeit, weil es den keimungsbereiten Embryo zugleich eines unentbehrlichen Quellungs-, Nahrungs- und Transportmittels beraubt und so dreifach wirksam ist. Demgemäß finden wir es vielfach allein angewendet und dürfen uns nicht wundern, daß viele trockene Früchte von einer Hemmungssubstanz nichts erkennen lassen. Da das Wasser der atmosphärischen Niederschläge jedoch in diesen Fällen zur Keimung führen könnte, finden wir die trockenen Behälter, soweit sie aufrechtstehen und nicht aufreißen, in der Regel durch Deckelbildungen (Peristome usw.) geschützt. In einigen Fällen finden wir das Mittel des Wasserentzuges mit der Ausbildung von Hemmungsstoffen gleichzeitig angewendet. Hier liegt ein besonders wirksamer Schutz vor. Es scheint mir bemerkenswert, daß solche Fälle sich besonders ausgeprägt bei den Solanaceen finden, einer Familie, die auch Vertreter mit fleischigen Früchten besitzt, in denen Hemmungsstoffe angetroffen werden. Daß ein Auskeinien keimfähiger Fortpflanzungskörper in fleischigen Behältern unterbleibt, kann, wie sich zeigte, in einigen Fällen durch osmotischen Wasserentzug bedingt sein. In den meisten Fällen finden wir jedoch Hemmungssubstanzen, deren Wirksamkeit, wenn die Fortpflanzungskörper im Innern des Behälters ein- geschlossen sind, durch Sauerstotfabschluß noch verstärkt erscheint. Vielleicht finden sich auch Plille, wo alle drei Faktoren zusammen- wirken. Im ganzen dürfen wir behaupten, daß die Fortpflanzungs- körper der Pflanzen gegen frühzeitige Keimung an der Mutterpflanze außerordentlich wirksam geschützt sind. Da in feuchtvvarmen Klimaten das Mittel des direkten Wasserentzuges wenig anwendbar erscheint, so ist zu erwarten, daß eine vergleichende Untersuchung über die Verbreitung keimungshemmender Substanzen in verschie-- denen Klimaten solche in feuchtwarmen Gebieten am verbreitetsten, in Steppen und Wüsten aber am selten.sten nachweisen wird. I IJntoibIcibcn iler Keimunt;. 3U^ Die Literatur über Hemmungsstotle im Ptlanzenorganismus, Wenn in dieser Arbeit im Sinne Molisclis besondere ■Hemmungssubstanzen^< zur Erklärung von Keimungshemmungen herangezogen werden, ohne daß es bisher versucht wurde, solche chemisch zu isolieren, so ist dies eine JNIöglichkeit, von der viele Forscher bereits Gebrauch gemacht haben. Wiesner (1. c.) stützt sich bei der Annahme von Hemmungsstoffen in der Mistelbeere schon auf ältere Arbeiten von LoeVv' und Zopf Jäger^ prägte zur Erklärung der » Rübenmüdigkeit <- des Bodens den Begriff des Selbstgiftes«, Reinitzer- sprach von Ermüdungsstoffen und LoevV erklärte sich die wachstumshemmmende Wirkung des Lichts durch Bildung solcher Substanzen. Es ist ferner bereits seit langem bekannt, daß Pilze in Nährlösungen, in denen sie selbst längere Zeit kultiviert wurden, durch solche »Selbstgifte« geschädigt werden und es is¥ eine bemerkenswerte Analogie zu den von uns erschlossenen Hemmungssubstanzen, wenn nach Nikitinsky^ zuweilen auch das Gegenteil beobachtet \\ird. Statt der Hemmungswirkung fand dieser Forscher in Gefäßen, in denen Aspergillus niger schon vorher kultiviert worden war, eine auffallende Vermehrung der Trocken- substanz bei den später dort w^achsenden Myzelien dieses Pilzes. Zu einem Verständnis der Erscheinungen, um die es sich bei unseren »keimungshemmenden Substanzen« mit Wahrscheinlichkeit handeln dürfte, gelangen wir jedoch nur auf Grund einer Kenntnis der Arbeiten die sich mit der »negativen Katalyse« beschäftigen. Viele organische Substanzen, die in den Organismen ungemein verbreitet sind, wirken nach B ige low* verlangsamend auf chemische Reaktionen ein. Es ließ sich zeigen, daß Spuren von Mannit, Glyzerin, Benzolderivaten die Oxydationsgeschwindigkeit von Natriumsultit herabsetzen. Nach Young-*^ wirken Alkaloide verlangsamend auf die Oxydation von Zinnchlorür ein. Nach Czapek*, dessen Darstellung wir hier folgen soll eine Ox^^dationshemmung in geotropisch gereizten Wurzel spitzen stattfinden. Die Annahme von negativen Katalysatoren erscheint nach Czapek sogar als theoretische Not- wendigkeit. Er schreibt darüber: ' >^Bei weiterer Umschau in dem Heer der chemischen Er- scheinungen, die wir in den organischen Wesen beobachten, wird es in der Tat sehr wahrscheinlich, daß nicht nur den Katalysatoren 1 Jäger G., Über Ermüdungsstoffe der Pflanzen. Ber. Air Deutschen bot. Ges., 1895, XIII, p. 70 bis 72. - Reinitzer Fr., Über Ermüdungsstoffe der Pflanzen. Ber. der Deutschen hut. Ges., 1893, Bd. XI, p. 532 bis 537. •^ Nikitinsky, Beeinflussung der Organismen durcheinander. Jahrb. für wiss. Bot, 30, 1904. .Zitiert nach Gräfe V., Chem'ie der PflanzeMelle. Berlin 1922, p. 177. ■1 Czapek Fr., Antiiermente im Pflanzenorganismus Ber. der Deutschen bot. Ges., 1903, Bd. XXI, p. 231 ff. 310 H. Oppc nh ci ni e r. der Zelle, den Enzymen, eine wichtige Rolle zukommt, sondern daß eine wichtige Gruppe von Vorgängen im Stoffwechsel unserer Entdeckung harrt, welche in der Verzögerung der Reaktionen, in der Herabsetzung der Geschwindigkeit verschiedener chemischer Reaktionen im Organismus besteht. Der Begriff des Organismus als selbstregulierender Mechanismus, wie die Physiologie der neueren Zeit ihn allmählich herangebildet hat, würde uns die Annahme von Reaktionsverzögerungen theoretisch nahelegen, selbst wenn wir noch ohne jede Kenntnis von einschlägigen Erscheinungen wären.« Es scheint mir hiernach mehr als eine unbegründete Ver- mutung zu sein, wenn ich glaube, daß auch die hier erschlossenen Hemmungssubstanzen in den Kreis dieser Erscheinungen sich werden eingliedern lassen. Ist es doch höchst unwahrscheinlich, daß die Mutterpflanze die eigenen Fortpflanzungskörper durch eigentliche Selbstgifte schädigt. Bedenken wir auch, daß die Keimung, chemisch betrachtet, u. a. in Oxydationsprozessen besteht, deren Zurückdrängung durch Antioxydasen oder andere Stoffe von negatix' katalytischer Wirksamkeit eine befriedigende Erklärung der hier beschriebenen Hemmungserscheinungen liefern könnte. Über diese Andeutungen möchte ich in chemischer Beziehung nicht hinausgehen und zum Schlüsse nur noch betonen, daß gerade in der keimungsphysiologischen Literatur der letzten Zeit mehrfach von Hemmungsstoffen die Rede war. Neger^ schreibt der Flüssigkeit, in der die Konidien einer Pcstalozzia-Xri von dem Atyzel der Mutter- pflanze abgeschieden werden, eine keimungshemmende Wirkung zu. Zlataroff^ fand, daß Samen von Cicer arietbmm in der Keimung durch die eigenen Stoffwechselendprodukte beeinträchtigt werden. Gassner' nimmt an, daß die Wirkung des Lichtes auflichtgehemmte Samen in der Aktivierung eines »äußeren Hemmungsprinzips« zu erblicken sei und Magnus* gelang es sogar, bei Phacelia taiiaceti- folia einen derartigen Hemmungsstoff aus den Samen zu isolieren. Auch Simon''' ist hier zu nennen. 1 Neger. Keimungshemmende und keimungsfwrdenide Stoffwechselprodukto. Naturw. Wochenschr., Neue Folge, XVII, p. 141 bi.s 142. - Zlataroff A., Über das Altern der Pflanzen. Zeitschr. für allg. Ph3-siologie. XXII. Bd., 2. Heft, 1916. •'' Gassner G.. Beiträge zur Frage der I.ichtkeimung, Zeitschr. für Bot., 1915, p. 609 ff. •1 Magnus W., Hemmungsstoffe und falsche Keinumg. Ber. der Deutschen bot. Ges., 1920, p. (19) bis (20). -^> Simon S. \'.. Über den EinfluO des Lichts auf die Entwicklung der Keimlinge von Bru^niicr.t erinpc/ala. Ber. der Deutschen bot. Ges., Bd. XXXIX. 1921, p. 16,^) ff. Unterbleiben der Keimung. 311 Ergebnis für die angewandte Botanik. Für den Praktiker entbehrt der Nachweis von Hemmungs- stoffen in Früchten nicht des Interesses. Der zuweilen günstige Einfluß, den das Waschen der Samen auf die Keimkraft ausübt (Kinzel), erhält hier eine theoretische Begründung, ebenso dürfte für den schädlichen Einfluß, den Nobbe^ bei Samen des Wein- stocks hinsichtlich der Keimfähigkeit beobachtete, wenn diese in den einschrumpfenden Beeren nachreiften, durch die vorliegende Arbeit eine Erklärungsmöglichkeit gewonnen sein, falls er nicht auf Alkoholbildung beruhte. Zusammenfassuno; Ö' Die Erfahrung, daß die meisten Samen in den Früchten nicht keimen, während sie, diesen entnommen, auf Sand oder Filtrier- papier leicht zur Keim.ung veranlaßt werden, führte Mo lisch zur Aufstellung eines bisher nicht im Zusammenhange behandelten Problems: Warum unterbleibt die Keimung von Fortpflanzungs- körpern in den Behältern der Mutterpflanze? Die vorliegende Arbeit ist der Versuch einer experimentellen Lösung des Problems. Es zeigt sich, daß das Unterbleiben der Keimung auf drei Ursachen beruht: Wassermangel, Sauerstoftmangel und Hemmungsstoffen. Während einige Fortpflanzungskörper bei Aussaat auf feuchtem Filtrierpapier ebenso willig bei Gegenwart von Frucht-, bzw. Sporangiensubstanz der eigenen Art keimen wie bei Abwesenheit solcher Substanz (Samen von Phaseoliis vulgaris, Lupimis Intens, Lcpidinm, Chetranthns CJieiri, Salix caprea), zeigen andere sehr bedeutende Keimungshemmungen unter den gleichen Bedingungen (z. B. Brutkörper von Mavchantia polyniorpha in den Bechern, Sporen von Fnnaria hygrometrica, Samen von Solannni Lycopersicnm, Nicotiana rnstica Capsiciun anmmm, Cncnniis sativa, Lagenaria vulgaris u. a.). Besonders für Solannni Lycopersicnm und Nicotiana rnstica wird gezeigt; daß diese Hemmungswirkung der Fruchtsubstanz ihrer Masse proportional ist. Da die Wirkung der Fruchtsubstanz durch Erhitzen auf 100° bei Solannni Lycopersicnm geschwächt wird, fallen hier andere Erklärungsmöglichkeiten fort und die Annahme von Hemmungsstoffen wird zur Notwendigkeit. Bei den anderen Objekten der zweiten Kategorie darf das Vorhandensein derartiger Substanzen als sehr wahrscheinlich gelten. 1 Xobbe Fr., Untersuchungen über die Anzucht des Weinstocks aus Samen. Landwirtschaftliche Versuchsstationen, Bd. 30, 1884, p. 229 bis 240. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KL, Abt. L 131. Bd. 24 312 H. Oppenheimer, Unterbleiben der Keimung. Die bisher in der Literatur beschriebenen Versuche über Keimung von Samen in der Frucht beziehen sich nur auf Legumi- nosen. Sie erweisen sich als methodisch unzulänglich und erlauben keine Schlüsse. Ihre Methodik wird durch eine einwandfreiere ersetzt, die sich je nach der Größe und dem Feuchtigkeitsgehalt der Objekte verschieden gestaltet. Eine chemische Gewinnung der Hemmungsstoffe wurde bisher nicht versucht. Jedoch führt eine Betrachtung der Literatur zu der vorläufigen Arbeitshj^pothese, daß es sich um >^ negative Katalysa- toren«' handle, und zwar um solche, die auf die für die Keimung wesentlichen Oxydationsprozesse verlangsamend einwirken. Ob die Wirkung der Hemmungsstoffe als spezifisch zu betrachten ist, wurde bisher nicht näher geprüft. Nachtrag-. Weitere Versuchsergebnisse: Lonicera tatarica lieferte bei freier Aussaat nach 13 Tagen die ersten Keimlinge, im Fruchtsaft ging der erste Same erst nach 43 Tagen auf. Für Lonicera XyJo- stenm ließ sich ebenfalls Hemmung durch eigenen Fruchtsaft nach- weisen (Hemmungsreihe). Bei Solav.nni Lycopersiaun (Leonhards Aintrosia) unter- suchte ich, ob der Saft unreifer Früchte verschiedener Stadien keimungshemmend auf reife Samen wirke und fand, daß dies selbst bei solchen Früchten nicht der Fall ist, die schon keim- fähige Samen enthalten. Erst im letzten Stadium der Fruchtreife bildet sich demnach der Hemmungsstoff aus. Auf eine eingehende Darstellung der Versuche muß im Augenblick verzichtet werden. Berlin-Lichterfelde, den 8. XI. 1922. Oppenheimer H.: Unterbleiben der Keimung. Lagenaria vulgaris. Rechts oben: Schale A. Ungewaschene Samen auf Fruchtfleisch keimen nicht. Unten: Schalet. Ungewaschene Samen auf Filtriei-papier keimen schlecht. Links oben: Schale C. Gewaschene Samen auf Filtrierpapier keimen gut. Ca ai Iltis sativa. Rechts oben: Schale A. Gewaschene Samen auf Fruchtteilen keimen nicht. Links oben: Schale B. Ungewaschene Samen auf Filtrierpapier keimen schwach. Unten: Schale C. Gewaschene Samen auf Filtrierpapier keimen gut. Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Kl., Abt. I, 13L Bd., 1922. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Was ist Spondylostrobus Smythii F. V. Mueller? Von B. Kubart in Graz (Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren) (Vorgelegt in der Sitzung am 13. Juli 1922) Der um die floristische Erforschung seiner zweiten Heimat Australien hochverdiente Deutsche B. F. v. Mueller berichtet auf p. 7 der 1. Dekade seiner »Observations« (Mueller III) vom Jahre 1874, daß er schon im »Geol. Magazine« des Jahres 1870 dieses Fossil erwähnt habe. Mueller bezeichnete in dieser vorläufigen Mitteilung des »Geol. Magazine« mit dem Namen Spondylostrobus Smythii Früchte. Aber erst in der bereits erwähnten 1. Dekade seiner »Observations« brachte er auf p. 7 ff. die volle Diagnose der neuen Gattung und Art. Auch hier versteht Mueller unter dem Namen Spondylostrobus Smythii nur diese »Koniferen«-Früchte aus den Tonen von Haddon. P. 27 derselben Arbeit (Mueller III) er- wähnt Mueller dann einen weiteren Fundort für diese Früchte, Orange in Neu Süd-Wales. Gleichzeitig bezieht er sich auf seine vorläufige Notiz im Geologischen Magazin, gibt aber hiefür an dieser Stelle das Jahr 1871 an. Welche Jahresangabe, ob letztere oder die von p. 7 mit 1870 richtig ist, kann ich bei der Unmöglichkeit der Einsichtnahme der betreffenden Zeitschrift nicht entscheiden, sie ist aber glücklicherweise nomenklatorisch ohne Belang. Im übrigen sei bemerkt, daß Mueller noch hinzufügt, er habe auch in R. Brough Smyths Reports of Mining Surveyors von 1871, März, Taf. I, über dieses Fossil Mitteilung gemacht. In der II. Dekade seiner »Observations«, erschienen 1883, meldet Mueller die Auffindung von Spondylostrobus-Frücbten^ in Tas- manien und stellt nun auch Blätter, die am gleichen Fundorte ge- 1 Im »Annual repoit of the department of mines, New South Wales, for 1878t meldet B. F. v. Mueller Spondylostrobus Smythii -Früchte auch aus Gulgong. Neu Süd-Wales. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KI., Abt. I, 131. Bd. 314 B. Kubart, funden wurden, zu Spondylostrobns (p. 13). Gleichzeitig vermutet er, daß »the fossil pine-wood, gathered at the localities, at which Spondylostrobiis-h'uits were obtained, will prove conspecific«. Dies führt er dann auch p. 22 derselben Arbeit kurzerhand durch, indem er schreibt »the huge fossil stems... noticed in the auriferoiis drifts at Haddon, are assumed by the writer to belong to Spondy- lostrohtis, with the fruits of which this wood is there associated«. Nacheinander hat also F. Mu eil er mit dem Namen Spondylostro- hiis Smythii Früchte, Blätter und Holzreste belegt, den Beweis über deren Zusammengehörigkeit hat aber Mueller an keiner Stelle wissenschaftlich exakt erbracht; denn ein Zusammenvorkom- men kann unter Umständen eine wertvolle Ergänzung des Beweises der Zusammengehörigkeit darstellen, kann aber nie als Beweis selbst angesehen werden. I. Das Holz. Mir liegt ein Stück Holz vor, das ich in den Sammlungen der Wiener geologischen Reichsanstalt ^ gefunden habe und das zwei von Mueller geschriebene Etiketten trägt. Der Text der einen lautet: »Phytologic Museum of Melbourne. Spondylostrobns Smythii F. V. Mueller. Im Pliozän von Ballarat- bedeutend tief über- flössen von Basalt.« Auf der zweiten Etikette steht derselbe Name und dann noch die Bemerkung: »Stämme sehr lang und bis 3 Fuß Durchmesser«. Das Holzstück ist 17 cm lang, 10 cm breit und 3 cm dick und stellt eigentlich einen tangentialen Ausschnitt aus einem mächtigen Baumstamme dar, denn die außerordentlich deutlich sichtbaren Zonen der Jahresringe zeigen eine sehr geringe Krüm- mung, was mit der Angabe Muellers, daß die Stämme bis 3 Fuß = rund 90 cm Durchmesser haben, vollends übereinstimmt. Das Holz zeigt keine besonderen Spuren von Fossilisation, nur daß es kastanienbraun geworden ist und es läßt sich daher ohne weiteres mit dem Rasiermesser schneiden. Bei dieser ausgezeichneten Er- haltung ist auch ohne weiteres zu verstehen, daß die Bergleute von Ballarat, wie Smyth in der Einleitung zu den Observation« von 1874, p. 5, berichtet, >vvere surprised to find in the darkblue and black clays overlying the auriferous drifts, large trees, some in such perfect preservation as to admit of the wood being converted to use«. Mueller beschreibt das Holz als ein Koniferenholz und reiht es in Cnpressiuoxylon im Sinne Goepperts ein. Damit hat Mueller Recht gehabt und mehr kann man von ihm billigerweise für damalige Zeit nicht erwarten. Dazu kommt eine Schwierigkeit^ 1 Jetzt: Geologische Staatsunstalt. - Identisches Fundortsgebiet mit Haddon? ö Spondylostrohiis Sinythii F. v. Muellcr. 315 auf die wir noch zurückkommen werden: Die Markstrahlen sind so vollgefüllt mit einer braunen, harzigen (?) Masse, daß die Fest- stellung der Art der Markstrahltüpfelung im höchsten Maße er- schwert ist. Die diesbezüglichen Angaben und Zeichnungen seiner Taf. XX sind auch vollends unrichtig. Der Querschnitt (Pholo 1) des Holzes zeigt normale Jahresringe, wie wir sie bei einem Koniferenholze unserer Gegenden zu sehen gewohnt sind. Die Breite des Jahreszuwachses erreicht an dem vorliegenden Stücke bis gegen 2 mm. Auf den ersten Blick ersieht man, daß das Holz nur aus Tracheiden, Holz(Harz-)parenchymzellen und Markstrahlen zusammengesetzt ist. Die Tracheiden sind vollends reihig angeordnet und in jedem Jahresring bildet das Frühholz mit der Übergangszone die Hauptmasse des Holzes, während das eigentliche Spätholz auf einige wenige Tracheidenreihen beschränkt ist. Der Über- gang vom Frühholz zum Spätholz erfolgt sehr langsam, wie übrigens an Photo 1 ausgezeichnet zu ersehen ist. In den letzten Reihen der Spätholztracheiden finden sich Radial- und Tangentialhoftüpfel, sonst sind nur Radialhoftüpfel festzustellen. Das Holz- parenchym ist bis auf das erste Frühholz, das so gut wie frei von Holzparenchvm ,,. . , . , „n- ..1 j T 1 • ri.'?- 1- »Opponierte« und ist, gleichmaßig über den Jahresring ver- ,. alternierende' Stellung der teilt, nur manchmal sieht es aus, als ob Hoftüpfel an den Radiai- im Spätholz eine Häufung des Holzparen- wänden der Tracheiden. chymes eintreten würde. Überdies bilden die Holzparenchymzellen gern eine Art tangentialer Bänder, wie dies z. B. auch in Photo 1 einigermaßen zur Geltung kommt. Ich kann aber nicht behaupten, daß dies ein spezifisches Merkmal von Spondylostrohiis darstellt. Die Harzparench3anzellen sind vollends mit der gleichen braunen Harzmasse erfüllt wie die Markstrahlen und diese Tatsache behindert am Querschnitt jeden weiteren Ein- blick, so daß wir uns mit den am Radialschnitte gewonnenen Be- obachtungen begnügen müssen, die aber, wie wir sehen werden, für diesen Fall genügen. Die Hoftüpfel stehen an der Radialseite der Tracheiden nor- malerweise in einer Reihe (Photo 2), und zwar einzeln oder mehr minder in Gruppen bis Reihen zusammen, aber nur ab und zu finden sich Stellen, wo mehrere Hoftüpfel einander »opponiert« oder miteinander in »Alternation« sind, in beiden Fällen sich gewöhnlich jedoch nicht berührend (Fig. 1), wenn auch das. Gegenteil vorkommt. Eine »araukarioide« Verteilung der Hoftüpfel ist aber absolut nicht vorhanden und auch von einer direkt opponierten Stellung der Hoftüpfel kann man nicht sprechen. Ganz im Gegenteil scheinen die Hoftüpfel überhaupt recht sparsam vorhanden zu sein. Ab und zu findet man auch ober- und unterhalb der Hoftüpfel Streifen 316 B. Kubart, (Photo 2), die man als Sanio'sche Streifen ansprechen muß, ihr Auftreten ist aber sehr selten. An den Hoftüpfeln des Frühholzes fällt gewöhnlich eine vomTorus ausgehende radiale Streifung der Schließ- haut auf, ähnlich dem Bilde, wie es etwa Wilhelm in den Roh- stoffen p. 8 für Abies pectinata und Larix enropaea gibt. Die Höhe und Breite der Hoftüpfel des ersten Frühholzes beträgt etwa 19x21 [A, des letzten Spätholzes 8X10 [x in beiden Massen. Die Tracheiden selbst weisen weder Spiralverdickungen noch Spiral- streifung auf, ihre Wände sind vollends glatt. An mehreren Stellen habe ich auch Sanio'sche Balken, wie sie C. Müller näher be- schrieben hat, beobachtet. Holzparenchym ist, wie schon vorher erwähnt wurde, recht häufig und seine Zellen sind mit einer braunen Masse erfüllt. Die Fig. 2. Radialschnitt mit Frühholz und Spätholz. einzelnen Zellen des Holzparenchymes sind verschieden lang, seine Querwände sind unverdickt (Photo 3 und Fig. 2), deren Beobach- tung ist aber durch die anlagernden braunen Harz(?)massen oft sehr erschwert, zumal auch durch letztere häufig genug »Quer- brücken« in den Zellen gebildet werden, die wirklichen Querwänden zum X'erwechseln ähnlich sehen. Die Mueller'schen (1. c. IV, Taf. XX, Fig. 2 und 4) querwandlosen Holzparenchymzellen sind daher un- richtig gezeichnet, das Vorkommen von Querwänden ist einwand- frei festzustellen, wie auch aus den beigefügten Abbildungen (Photo 3 und P^ig. 2) ohne weiteres ersichtlich ist. Die Wände des Holzparenchymes zeigen die übliche Tüpfelung, d. i. einseitige Hof- tüpfel (Photo 3) mit spaltenförmigem Tüpfel auf der Holzparenchym- seite, die aber mit 5 jx Durchmesser noch kleiner sind als die Hof- tüpfel des Spätholzes. Die Größe dieser Holzparenchymtüpfel bleibt sich gleich, ob das Holzparenchym im Frühholz oder Spätholz ausgebildet ist. Harzgänge waren am Querschnitte nicht zu sehen, sie finden sich auch nicht am Radialschnitte, weder im Holze noch in den Markstrahlen, man sieht nicht einmal zu Gruppen zusammen- gefaßte kurzzellige Holzparenchymzellen als Vorboten von Harz- gängen. Spondyloslrohus Siiiylhii F. v. Mueller. 317 T H i w Die Markstrahlen sind rein parenchymatisch mit glatten Wänden und sind zur Gänze mit der gleichen braunen, struktur- losen Masse erfüllt wie die Holzparenchymzellen, welche homogene Ausftillung aber durch bläschenförmige Hohlräume unterbrochen ist. Dieses Bild hat Mueller (1. c. IV) in Fig. 2, aber auch 4 seiner Taf. XX richtig wiedergegeben, es ist das gleiche Bild, wie man es im Holzparenchyme sieht. Von den wichtigen Markstrahltüpfeln ist aber keine Spur zu sehen, denn die braune Masse, die nicht bloß durch die lange Zeit, sondern ganz besonders wohl auch durch die Hitzewirkung bei dem seinerzeitigen Überdecktwerden des Holzes vom vulkanischen Materiale nachgedunkelt sein mag, ist viel zu undurchsichtig, um dies zu gestatten. Mit radial zer- schnittenen Markstrahlen zu arbeiten ist aber — meiner Auf- fassung nach — eine mißliche Sache, da so viel zu leicht bereits angeschnittene Markstrahltüpfel zu Mißdeutungen führen können. Mit vieler Mühe gelang es mir aber, an einzelnen lichteren Stellen bei starker Beleuchtung im Kreuzungs- felde Hoftüpfel festzustellen und diese nicht ganz klaren Beob- achtungen bestimmten mich um so mehr alles zu versuchen, irgend- wie das »Harz« zu lösen und nicht mit angeschnittenen Markstrahlen, die mir da und dort im Kreuzungsfelde >^eiporige« Bildungen an- zudeuten schienen, meine Untersuchung sich begnügen zu lassen. Bernstein als fossiles Harz löst sich in Alkohol, so erwartete ich dies auch hier, aber mehrtägiges Liegenlassen von Schnitten in Alkohol wie auch stundenlanges Kochen von Schnitten in Alkohol blieben erfolglos, vielleicht der Zellwände und der Kürze der Zeit wegen. ^ Erst mehrtägiges Einlegen von Schnitten in Chloroform und nachherige Aufhellung in Glyzerin brachte einige Kreuzungs- felder in einiger Reinheit zur Beobachtung — an diesen Stellen dürfte das »Harz«- aufgelöst worden sein — so daß ohne Zweifel, wie auch die Photos 4 und 5 und Fig. 2 und 3 zeigen, als fest- stehend angesehen werden kann, daß sowohl im ersten Frühholz Fig. 3. Skizze zur Erläuterung der beiden Photos 4 und 5. Näheres in der Tafel- eri-ilärung;. 1 Aber selbst nach mehr als 5 Monaten zeigten in Alkohol liegende Schnitte keine Auflösung des Inhaltes der Markstrahl- und Holzparenchymzellen. - Diese Tatsache, wie auch der Mißerfolg mit Schnitten, die viele Monate in Alkohol lagen, Heßen mich nicht ruhen, der Natur dieses braunen Inhaltsstoffes nachzuspüren. Leider gibt es keine spezifischen Harzreaktionen (Molisch, Mikro- chemie, II. Aufl., p. 167). Da aber schon kleinere Splitter des fossilen Holzes beim Verbrennen einen tj-pischen Akroleingeruch verbreiten und auch mit Osmiumsäure eine mehr minder deutliche Schwärzung des braunen Inhalts zu erreichen war, so dürfte es sich hier wohl um Fettstoffe und nicht um Harz handeln. Damit würde 318 B. Kubart. (Photo 4) als auch im letzten Spätholz (Photo 5) in jedem Kreu- zungsfeld typisch einseitige Hoftüpfel mit steil orientiertem Porus vorhanden sind. Als ihre gewöhnliche Zahl ist im Frühholz 1 bis 2 anzusehen, auch 3, selbst 4 können es wohl manchmal sein, das hängt mit der Größe des Kreuzungsfeldes zusammen, bedingt durch die Tracheiden und Markstrahlen, und diese sind Schwankungen unterworfen. So können z. B. einstöckige Markstrahlen sehr hoch und auch sehr niedrig sein und das bedingt im ersteren Falle mehrere Tüpfel im Kreuzungsfelde, im letzteren selbstredend weniger. Die Feststellung der Markstrahltüpfelung ist für die Bestimmung das Ausschlaggebende, wie wir sofort feststellen werden, aber ohne die Ergebnisse der Xylopaläontologie der letzten 20 Jahre müßten wir trotzdem bei Ctipressinoxylon wie Mueller stehen bleiben. Die Markstrahlen sind, wie der Tangentialschnitt zeigt, regelmäßig einreihig, nur selten kommt eine Art Zwei(Mehr-)reihigkeit (Photo 6) zur Ausbildung, gewöhnlich so, daß der obere Teil des Markstrahles zwei(mehr-)reihig, der untere aber normal einreihig i.st oder um- gekehrt; aber auch in der Mitte des Markstrahles tritt ab und zu Mehrreihigkeit auf. Die Höhe der einzelnen Markstrahlzellen variiert entsprechend der gerade vorher gemachten Angabe, beträgt aber in gewöhnlichen mehrstöckigen Markstrahlen etwa 13 "5 bis 19 [jl, die Breite 10 bis 16 [x, gemessen am Tangentialschnitte. Es wurden bis 18 stöckige Markstrahlen festgestellt. Durch die Art der Stellung der Hoftüpfel an den Radial- wänden der Tracheiden sind araukarioide Hölzer — d. i. Dado- xylon — ausgeschlossen. Die durchwegs glatten Markstrahlwände schließen die Hölzer mit Abietineen und Juniperns-Tn^{e\\ing wie auch Saxe^'otJtaea aus und es bleiben nur mehr noch folgende 3 Reihen übrig: I. Taxoxylon (Taxus, Cepltalotaxiis, TorreyaJ ; II. Ciipressmoxylon, Taxodioxylon — Glyptosfroboxylon ; III. Podocarpoxylon — Phyllocladoxylon — Sciadopitys. Die Reihe I kommt wegen des Mangels von Spiralverdickungen an den Tracheiden auch sofort außer Betracht und die Ctipressino- xylon-RQ\\-\Q fällt durch die bei Spondylostrobus auch im Frühholz so typische steile Stellung und schmale Gestalt des Porus der Markstrahltüpfel. Nachdem es sich in unserem Falle um ein jungtertiäres Holz handelt, so können wir überdies wohl auch trotz eventueller Bedenken pflanzengeographische Tatsachen aus der Jetztzeit ins Treffen führen, wobei wir feststellen, daß von den zu die geringe oder überhaupt ausbleibende Löslichkeit in Alkohol und die bessere Löslichkeit in Chloroform vollends übereinstimmen, überdies auch das ganz gleich- artige Bild, das Fettstoffe enthaltende Markstrahlen- und Holzparcnchymzellen rezenter Hölzer nach Behandlung mit Osmiumsäure bieten und das mit dem von Spondy- lostrobus gebotenen Bild der Markstrahlen- und Holzparenchymzellcn ausgezeichnet übereinstimmt. Spoitdylostrohns Smythü F. v. Mueller. 319 Cnprcssinoxylon im heutigen Sinne zu stellenden Gattungen — Taxodioxylon und GlyptosiroboxYlon kommen überhaupt nicht in Be- tracht — nur Callitris incl. Frenela und Widdringtonia, Lihocedrns und Actmostrohtis als derzeitige Mitglieder des australischen Floren- gebietes auch in den Kreis unserer Betrachtungen und Feststellungen gezogen werden könnten. Die Tüpfelungsverhältnisse ihrer Kreuzungs- felder sprechen aber auch gegen diese Möglichkeit und so bleibt die dritte Reihe Podocarpoxylon — P/iyllocladoxylon — Sciadopitys allein übrig, ersteres Podocarpus und Dacrydiuin umfassend und im Kreuzungsfelde 1 bis 2, selten mehr schmalspaltige, steilgestellte bis kleineiporige Tüpfel führend, letzteres mehr minder großeiporig und gewöhnlich nur 1 Eipore pro Kreuzungsfeld. Sciadopitys, die sich anschließt, fällt durch die Eigenartigkeit ihrer Eiporen über- haupt sofort hinweg. Aber auch zwischen Podocarpoxylon und Phyllocladoxyloii ist die Wahl nicht schwer, sie muß ohne Zweifel auf Podocarpoxylon fallen, dessen beide Gattungen, Podocarpus und Dacrydinni auch heute noch im australischen Gebiet reichlich vertreten sind. Unzweifelhafte fossile Hölzer von Podocarpus und Dacrydinni sind in der Literatur keineswegs reichlich zu finden und auch in der neueren Zusammenfassung von Kraus el findet man diese Tat- sache bestätigt. Es fragt sich nun vor allem, ob unser Fossil mit einer bereits bekannten sicheren Art identifiziert werden kann. Da möchte ich zuerst einmal feststellen, daß Schenk 1890, p. 872, Fig. 424/25, einen Phyllocladus Mülleri Schenk abbildet und be- schreibt, der von demselben Fundorte stammt wie Spondylostrohns Smythü, welch letzterer aber mit dem Fossile Schenks absolut nichts zu tun hat. Schon die Abbildungen — deren Richtigkeit an- genommen — besonders die Eiporen des Kreuzungsfeldes, genügen, um diese Behauptung zu bestätigen. Ich bin aber selbst gegenüber den von Schenk an obiger Stelle gegebenen Abbildungen miß- trauisch, um so mehr als Schenk erwähnt, daß auch sein Material aus den »goldführenden Sanden von Ballarat«, also dem gleichen Fundorte wie Spondylostrohns, stammt, worauf schon hingewiesen wurde und ebenfalls von F. v. Mueller gespendet worden ist. Eine Überprüfung des voraussichtlich noch in der botanischen Sammlung zu Leipzig befindlichen Stückes wäre zur Klarstellung unbedingt nötig, denn mit den Abbildungen und der Beschreibung Schenks kann man zu keinem einwandfreien Resultate kommen. Ich kann daher nicht ohne weiteres wie Kraus el (1. c.) erklären, daß hier ein » PJiylloclado.xylon unzweifelhaft vorliegt«. Mit unserem Spondylostrohns hat aber Phyllocladus Mülleri im Sinne Schenks absolut nichts gemein.^ 1 Damit soll aber nicht die Möglichkeit abgestritten werden, daß das Schenk- sche Material als vom gleichen Fundorte stammend auch nichts anderes als ein Spondylostrohns Smythü ist. Ein Versuch, aus dem Leipziger botanischen Institut das Material zu erhalten, blieb ohne Erfolg. 320 B. Kubart, Ein gleiches gilt für das tertiäre südamerikanische Glypto- stroboxvlon Göpperti Convventz, das leider ohne jede Abbildung veröffentlicht worden ist. Gothan (1908) hält es p. 9 für ein Podo- carpoxylon und bemerkt, daß es »ziemlich häufiges Holzparen- chym« habe. Krause 1 schreibt 1919 »ohne Parenchym (?)«; Con- wentz selbst sagt aber klar in seiner Diagnose: »Tracheidibus leptotichis, poris areolatis magnis, contiguis, uniserialibus; cellulis parenchymatosis resiniferis subcrebris; radiis meduUaribus uniserialibus, e cellulis 1 — 25 superpositis formatis, poris earum magnis rotundis.« Da es aber nach Conwentz, wie auch Kraus el (1. c.) richtig anführt, große runde Eiporen als Markstrahltüpfel haben soll, so kann es wohl kaum als Poclocarpoxylon im Sinne Gothans gedeutet werden. Allerdings gilt auch hier: ohne Original ist eine völlige Klärung unmöglich. Für eine Übereinstimmung mit Spoudylostrohns kommt es aber schon allein durch die ver- mutlichen Eiporen {pori magui rottmdi) nicht in Betracht, aber auch die pori coniigin sprechen dagegen. Über Podocarpinm dacrydioides Unger (1854) von Auckland und Coromandel (Neuseeland) ist ohne Einsicht des Original- materiales — das nach meinen bisherigen Bemühungen unauffind- bar zu sein scheint — ■ überhaupt nicht zu sagen, was es ist, es fällt also bei dem weiteren Vergleiche vollends weg.^ Kräusel zählt in seiner Zusammenfassung noch eine Reihe von Podocarpoxyla auf, die aber alle wegen der Eiporigkeit im Kreuzungsfelde zum Vergleiche mit unserem Holze nicht in Be- tracht kommen. Es sind dies Podocarpoxylon aparencliymatosiun Goth., P. Gothani Stop es, P. Mc. Geei Sinnot-Bartlett, P. pris- ciim Prill, P. SoUnsi Stopes, P. Wohurneiise Stop, und dann noch P. spcc. Goth. aus Tschenstochau und P. sp. Holden aus Yorkshire. Leider war es mir unmöglich, die Originalbeschreibungen und Abbildungen dieser Arten von Stopes, Sinnot und Holden einzusehen, ich muß mich auf die Angaben von Kräusel be- schränken; unter Annahme deren Richtigkeit kann aber keines dieser Hölzer mit Spondylostrobns zusammengelegt werden. Nur P. hed- fordense und P. Schivendae, das ich selbst seinerzeit beschrieben habe, kommen für einen Vergleich überhaupt in Frage. Bei ersterem steht aber nur 1 Tüpfel im Kreuzungsfelde, welche Tatsache mit unserem Fossile absolut nicht in Einklang zu bringen ist, wo 1 bis 2 als Regel, aber auch 3 bis 4 vorkommen können. Die An- gabe Kräuseis über die Alternation der Radialhoftüpfel kann aber ohne Einsicht einer Originalabbildung (Bedeutung des Wertes un- retuschierter guter Photos und Zeichnungen!) oder des Original- materiales selbst nur sehr schwer zum X'ergleiche herangezogen werden. Da mir dies aber unmöglich, ist es müßig, über diese 1 Es soll in der geolog.-paläontol. Abteilung des Wiener Naturhistorischen Staatsmiiseuins erliegen. Spondylosirolnis SmyiJiii F. v. Mueller. o21 Frage hier Worte zu verlieren; dies um so mehr, als auch das Tüpfelungsverhältnis des Kreuzungsfeldes die Identität der beiden Fossilien ausschließt. Aber auch das geologische Alter — Grün- sandstein für P. beJfordetise und Jungtertiär für Spondylostrohiis — können wohl auch als Grund für die Verschiedenheiten der beiden Fossilien angeführt werden. Kritischer ist die Frage bei Podocarpoxyloii Schivcitdae Kub. Nach neuerlicher genauer Untersuchung des schwierig mikroskopier- baren Holzes habe ich meinen seinerzeitigen Angaben eigentlich nichts hinzuzufügen. P. Schwendae hat im Kreuzungsfelde des Spätholzes steilgestellte Markstrahlhoftüpfel mit spaltenförmigem Porus, im Frühholz behöfte bis fast ganz oder ganz unbehöfte (Ei- poren), deren Längsaxe aber nicht bloß mehr minder steil geneigt bleibt, sondern oft in dem Nachbarkreuzungsfelde, ja sogar in dem- selben Kreuzungsfelde auch horizontal sein kann. Ich bemerke auch hier, daß alle untersuchten Stellen auf mich nicht den Ein- druck verschiedener Erhaltungszustände machten, sondern un- zweifelhaft den ursprünglichen Zustand darstellen und daß diese Beobachtungen nicht aus der Zone der Markkrone stammen, mit anderen Worten, Podocarpoxylon Schwendae dürfte eben einen alten Sammeltyp darstellen, wie auch schon seinerzeit bemerkt worden ist. Stellt man nun wichtige Merkmale von Spondylostrohns Smytliii und Podocarpoxylon Scliwcndae einander gegenüber, so ist wohl auf den ersten Blick unzweifelhaft eine auffallende Über- einstimmung beider Fossilien festzustellen, der man sich aber bei genauer Überlegung doch nicht anschließen kann: Spondylostrohns Smythii: Podocarpoxylon Schwendae: Holzparenchym . . reichlich ab und zu Markstrahlen ... .bis ISstöckig bis ISstöckig Mehrreihigkeit eigentlich selten, aber nicht an die Mitte ge- fast nie, nurganz selten, banden aber nicht an die Mitte gebunden Markstrahltüpfel im Kreuzungs- felde 1 bis 2, auch 3 bis 4 1 bis 2, 3 bis 5. Der Unterschied in der Häufigkeit des Holzparenchymes darf im allgemeinen nie recht als ausschlaggebend angesprochen werden, das kann individuell sein. Da jedoch sonst alles stimmt, besonders die Anzahl der Markstrahltüpfel, so wäre man geneigt, diese zwei Fossilien einander gleichzuhalten. Aber schon vorher habe ich vermerkt, wie ungleichartig eigentlich die Markstrahltüpfel von Podocarpoxyloii Scluvendae ausgebildet sind, während dem gegen- über bei Spondylostrohns Smythii eine typische Gleichartigkeit, steil gestellter spaltenförmiger Porus, auch im Frühholze charak- teristisch ist. Aber noch ein Merkmal, das bisher zur Seite gelassen 322 B. Kubait, worden ist, jedoch gewiß auch eine gute Charakteristik abgibt, ist hervorzuheben und das ist die Art der Lagerung der Hoftüpfel im Kreuzungsfelde. Besser als Worte mag dies allerdings ein Vergleich von Fig. 2 mit den Fig. 5 bis 7 der Podocarpoxylon Schwendac- Arbeit erläutern. Da sieht man, daß bei Spnudylostrohiis die Mark- strahlti^ipfel mehrstöckiger Markstrahlen, im Frühholz natürlich, in radialer Verteilung nebeneinander im Felde stehen, bei Podo- carpoxylon Schwendae aber im geraden Gegenteile, in vertikaler Verteilung (übereinander). Natürlich schwankt auch dieses Bild, durch die Größenverhältnisse der das Kreuzungsfeld bildenden Zellen bedingt, aber der Grundzug dieser Verteilung läßt sich absolut nicht wegleugnen. Gerade diese zwei Merkmale sind es, die mich vor allem bestimmen, diese zwei Hölzer nicht als identisch anzusprechen, sondern Spondylostrobus Smythii als eigene Art aufzufassen. Allerdings kommt auch die große räumliche Entfernung der beiderlei Fundorte hinzu, der sicherlich, da es sich nicht um Jurahölzer handelt, auch eine größere Bedeutung zugesprochen werden kann und muß. Weiters spielt das allem Anscheine nach doch ungleiche Alter der beiden Fossilien eine wichtige Rolle, denn gerade die Eigentümlichkeiten von Podocarpoxylon Schwendae sprechen eine eindringliche Sprache für das größere geologische Alter dieses Fossils, sprechen also mehr für Kreide als für Tertiär, während Spondylostrobus Smythii ein unzweifelhaft jungtertiäres Holz ist. Dies alles zusammengefaßt, ergibt wohl die Berechtigung, daß Spondylostrohns Smythii als eine eigene Art, und zwar auch als eine echte Podocarpoxylon -Art, der war ganz einfacherweise den von Mueller eingeführten Artnamen belassen wollen, aufzufassen ist.^ Wir werden daher schreiben: Podocarpoxylon Smythii (F. Mueller) Kub. imd die Art, wie folgt, kurz charakterisieren: Das Holz besteht aus Tracheiden, Holzparenchym und paren- chymatischen Markstrahlen. An den Radialwänden der Tracheiden stehen Hoftüpfel, normalerweise in einer Reihe, am Schlüsse des Jahresringes finden sich auch Tangentialhoftüpfel. Holzparenchym tritt über den ganzen Jahresring mehr minder gleichmäßig verteilt auf. Die Querwände des Holzparenchyms sind glatt. Die Mark- strahlen sind einreihig, selten mehrreihig, die Mehrreihigkeit ist aber nicht an die Mitte der Stockwerke gebunden. Es wurden bis 18 stöckige Markstrahlen festgestellt. Das Kreuzungsfeld des Früh- holzes besitzt 1 bis 2, selten 3 bis 4 Hoftüpfel mit steil gestelltem und schmalem Porus. Diese Kreuzungsfeldhoflüpfel stehen gewöhn- lich in radialer Nebeneinanderstellung. Vorkommen: In den deep leads von Ballarat, Südostaustralien. 1 Es sei noch bemerkt, daß Driiiivs und Konsorten nicht in Betracht l^ommen. Spondyloslrobits Siinihii F. v. Mu eller. 323 Muellei* hat sein Spondrlostrobus-Holz aus gleichen Schichten von Haddon beschrieben. Da überdies Mueller, p. 13 (Mueller IV), den schon auf p. 2 unserer Darstellung zitierten Satz schreibt »the fossil pine wood...«, so ist wohl anzunehmen, daß als Fundorte dieses Holzes alle von Mueller erwähnten Fundorte von Spondy- lostt'obnS'Yvüchien mit Ausnahme Tasmaniens, von wo er nur Früchte und Blätter hatte, anzusehen sind, das sind also nebst Haddon und Orange und wie R. B Sm.yth in der Einleitung zu .Mueller III, p. 5, erwähnt auch Creswick, Raglan und Arrarat. Alle diese Fundorte führen die gleichen goldführenden Schichten, die nach einer neueren Feststellung von Hunt er (1909) dem oberen oder unteren Pliozän oder vielleicht dem oberen Miozän angehören. Ob natürlich alle Holzstämme, die in dieser Schicht gefunden wurden, derselben Art, also unserem Podocarpoxylon Smythii an- gehören, ist eine ungelöste Frage, wie schon der bloße Hinweis auf den allerdings ungeklärten Pliyllocladtis Mülleri Schenk zeigt. Eine andere, nicht unwichtige Frage verlangt nun aber noch ihre Lösung. Hat dieses fossile Holz heute noch lebende Vertreter in der Flora von Südostaustralien? Podocarpoxylon umfaßt Teile der rezenten Gattungen Dacvydinm und Podocarptis. Von Daay- dium kommt ganz auffallenderweise heute auf dem ganzen austra- lischen Kontinent selbst keine einzige Art vor, wie eine Durchsicht der Verbreitungsangaben der 16 von Pilger anerksLnuten Da crydium- Arten ergibt. Pilger schreibt wohl am Kopfe des »clavis specierum«, p. 44, 1. c: »Australiae continentis et insularum et Archipelagi indici incolae«, er führt aber für Australien selbst keine einzige Dacrydiiim-Avt an. Allerdings sind alle Dacrydiiun- Arien bis auf Dacrydinm Fonkii Benth. aus Chile Bewohner des engeren und weiteren Inselgebietes um Australien, so daß ein Vorkommen von Dacrydinm in Australien selbst zur Zeit des Tertiärs keineswegs eine Unmöglichkeit darstellt. Bei Podocarpns hingegen liegen auch heute die Verhältnisse wesentlich anders. Pilger teilt die Gattung Podocarpns in 5 Sektionen mit 63 Arten, von denen auch heute noch fünf Arten — P. auiarns Blume der Sektion Stacliycarpns: P. elatns R. Br., P. spinnlosns (Sm.) R. Br., P. Dronynianns F. M. und P. parvifoUns Pari, der Sektion Enpodocarpns — in Australien selbst vorkommen und eine noch viel größere Anzahl von Arten auf den Inseln um Australien lebt. Nach Gothan, 1908, p. 25, wäre nun allerdings die Sektion Stacliycarpns zum Vergleiche mit Podocarpoxylon nicht geeignet, da sie PJiyllocladoxyloii-Bciu habe. Diese Feststellung Gothans ist aber nicht ohne weiteres anzuer- kennen, denn Gothan hat 1908 wohl die alte Eichler'sche Be- arbeitung der Koniferen (Berlin, 1889) benützt, die allerdings in der Sektion Stachycarpits nur zwei Arten anführt (P. andina Popp, und P. spicata R. Br.), welche beide tatsächlich Phyllocladoxylon- Bau haben, aber die bereits 1903 auch in Berlin erschienene Be- arbeitung der Taxazeen von Pilger übersehen, welche für Stacliy- carpns außer diesen 2 Arten noch 8 weitere anführt. Besitzen 324 B. Kuhait, auch letztere Phyllocladoxylon-Bau, was eine Untersuchung erst erweisen müßte, dann kann die von Gothan aufgestellte These als gültig anerkannt werden. Die vier anderen noch in Australien selbst vorkonnmenden Podocarpiis-Arten gehören der Sektion Eitpo- docmytis an; von diesen 4 Arten lebt P. spinidosus in Ostaustralien, P. elatus sogar direkt in Südostaustralien! Leider stehen mir aber keine Materialien zur Verfügung, die einen Vergleich dieses Holzes wie auch der anderen vor allen in Betracht kommenden Vergleichs- arten ermöglichen möchte, eine Arbeit, die wohl auch am besten der Materialfrage wegen von den australischen Botanikern geleistet werden könnte. Wir müssen also unentschieden lassen, welcher der beiden Gattungen Dacrydinm oder Podocarpns das vorliegende fossile Holz zuzuzählen ist, nach der heutigen Verteilung der Arten neigt sich allerdings die Wagschale mehr für Podocarpns. II. Die Blattreste und Früchte. F. V. Mueller beschrieb unter dem Namen Spondylostrobiis Smythii auch Blattreste und Früchte. Über die Natur des einzigen, Mueller bekannt gewordenen Blattrestes wird wohl nie eine volle Klarheit zu erlangen sein, denn in die hiervon gegebene Zeichnung ist, weil das Material schlecht erhalten und zerfallend war, hinein- gezeichnet worden. Ob mit oder ohne Begründung, muß eben da- hingestellt bleiben, ich habe diese Frage auch nicht weiter verfolgt. Mir liegt auch ein von F. v. Mueller an C. Ettingshausen ge- sandtes Originalmaterial von Spondylostrohns-Fviichien vor. Über die Spondylosirohus-Ymchie hat sich schon Schenk nach Unter- suchung von Originalmaterial, 1. c, p. 353, ablehnend gegenüber der Ansicht Muellers geäußert und ich möchte an dieser Stelle nur hinzufügen, daß diese Früchte auf keinen Fall von Dacrydinm- Podocarpiis stammen können. Mehr hierüber aber vielleicht ein andermal. B. Kubart, Spondylostrobus Smyihii F. v. Mucller. 325 Literaturnachweis. Conwentz H, Sobre algunos arboles fosiles del Rio negro. Boletin de la Acad. nacional de ciencias, Cordoba, Bd. VII, 1884. Gothan W., Die fossilen Hölzer von der Sex-mour- u. Snow Hill-Insel, 1908. Hunt er, The deep leads et" Victoria, Memoirs of the geol. Survev of Victoria, Nr. 7, 1909. Kräusel R., Die fossilen Koniferenhölzer, Palaeontographica. Bd. 62, 1919. Kubart B., PodocarpoxyJon Schivcndae, Österr. bot. Zeitschrift, 1911. •Müller C, Balken in den Holzelementen der Koniferen, B. D. B. G., Bd. VIII, 1890. Mueller F. v., I. Vorläufiger Bericht über Spondylostrobus im »Geol. Magazin, p. 390, 1870 oder 1871«. II. Bericht über Spondylostrobus in »R. B. Smyths Reports ef Mining Sur- ve3'ors, 1871«. III. Observations on new Vegetable fossils of the auriferous drifts. Geol. Survey of Victoria, Melbourne 1874. IV. Dasselbe, II. Dekade, 1883. Pilger R., Taxaceae in »Das Pflanzenreich«, 1903. Schenk, Paläoph_ytologie, 1890. Unger F., Fossile Pflanzenreste aus Neuseeland, Novara-Expedition, 1854. Wilhelm, in »Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches«, II, 1903 (Hülzer). Tafelerklärung. 1. Querschnitt des Holzes mit 2 Jahresringgrenzen. 2. Verteilung der Hoftüpfel an der Radialwand der Tracheiden. Zwischen den Hof- tüpfeln sind da und dort auch Sanio'sche Streifen zu sehen. 3. Holzparenchymquerwand und Holzparenchymhoftüpfel. Die scheinbare Verdickung der Holzparenchymquerwand wird durch den anlagernden braunen Zellinhalt bewirkt. 4. und 5. Photo 4 zeigt 2 Hoftüpfel im Kreuzungsfelde der dritten Frühholz- tracheide, Photo 5 Hoftüpfel aus den Kreuzungsfeldern der viertletzten Spättracheide. Diese 2 Aufnahmen grenzen aneinander, wie aus Fig. 3 zu ersehen ist. Die durch die Zeitverhältnisse bedingte Reproduktionsart der Tafel macht leider den Porus der beiden Hoftüpfel in Photo 4 (cf Fig. 3) nicht deutlich genug sichtbar. 6. Tangentialschnitt durch einen Markstrahl. Vergrößerung aller Aufnahmen gegen 300 mal. Kubart B.: Spondylostrohus Smythii F. v. Mueller. Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., mathem.-naturw. KL, Abt. I. 131. Bd.. 1922. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Zwei neue Arten von Lernaeocera aus dem Nil Von Dr. Helene Kurtz (Mit 2 Tafeln) (Vorgelegt in der Sitzung am 13. Juli 1922) Das ursprüngliche Material zu der vorliegenden Arbeit stammt aus der Sammlung der zoologischen Institute der Universität Wien. Die beiden neuen, im folgenden beschriebenen Arten von Lernaeocera wurden von Herrn Dr. Fr. Zimmermann als Ectoparasiten auf Fischen des Nilgebietes gefunden, die von der ägyptischen Regierung dem Institute zum Geschenk gemacht worden waren. Die von mir nachmals Lernaeocera Werneri benannte Form fand sich in sechs Exemplaren in der Afteröffnung von Distichodus niloticus Linne, die als Lernaeocera hicliiri bezeichnete in zwei Exemplaren auf Polypterus hichir Geoffr. Ein drittes Exemplar fand ich unter- halb der Brustflosse eines Polypterus hicliir, den Herr Dozent Dr. P. Kamm er er von einer Reise aus dem Sudan mitgebracht hatte. Infolge der geringen Zahl und der Mangelhaftigkeit der zur Untersuchung verfügbaren Exemplare dieser Art hätte eine Be~ Schreibung keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erheben können; ich mußte daher bestrebt sein, weiteres Material zu erlangen. Das freundliche Entgegenkommen des Herrn Dr. R. Mertens, Kustos an der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main, ermöglichte es mir während eines längeren Aufenthaltes daselbst, die reiche Sammlung an Fischen des Nilgebietes auf parasitische Copepoden zu untersuchen. Ich fand ein Exemplar von Lernaeocera Werneri wieder in der Afteröfthung von Disti- chodus niloticus, ferner drei vollständige und vier unvollständige Exemplare von Lernaeocera hichiri teils auf der Rücken-, teils auf der Bauchseite von Polypterus bicliir. Herrn Dr. R. Mertens bin ich für seine Bereitwilligkeit sehr verbunden. Für die liebenswürdige Überlassung des Materials und für einige nützliche Ratschläge sage ich noch meinem Kollegen Herrn Dr. Fr. Zimmermann an dieser Stelle besten Dank. Sitzungsberichte d. mathem.-naturvv. KL, Abt I, 131. Ed. 25 328 H. Kuitz, Lernaeocera Werneri nov. spec. (Tafel I, Fig. 1 bis 11) Der Körper ist gestreckt, nahezu zylindrisch, beim erwachsenen Tier in der hinteren Hälfte verbreitert. Die vier gleichgestalteten, nicht allzu kräftigen Kopfarme, die kreuzförmig angeordnet sind, entspringen mit mäßig breiter Basis und verschmälern sich nur wenig, ihre Enden sind sanft gerundet. Zwischen den Kopfarmen liegt der kugelig geformte Kopfhöcker, der die Antennen und Mundgliedmaßen trägt. Der Thorax besteht aus fünf Segmenten, deren Grenzen unscharf und nur selten mit Sicherheit zu bestimmen sind. Das erste Segment, das vollständig mit dem Kopfe verschmolzen ist, ist das kürzeste, das zweite und dritte Segment ungefähr doppelt so groß und an der Ansatzstelle der Beine etwas erweitert. Das vierte Segment ist bereits breiter als die vorigen und trägt nahe dem Ende das vierte Beinpaar, das um 90° gedreht erscheint. Das fünfte und größte Segment zeigt auf der Ventralseite eine .Auf- treibung, an deren Basis das letzte, rudimentäre Beinpaar liegt. Infolge der Drehung des Körpers um die Längsachse ist das fünfte Beinpaar gegen das erste um mehr als 90° verlagert. Das kurze, ungegliederte Abdomen trägt am Ende, etwas der Ventralseite genähert, die Furca und ist beim erwachsenen Tier durch die Auftreibung des fünften Thorakalsegmentes von der Längsachse des Körpers abgebogen. Die jungen Tiere sind stab- förmig; die Auftreibung des letzten Brustsegmentes fehlt, Thorax und Abdomen liegen daher in einer Ebene. Die Kopfarme sind kurz, daher an der Basis relativ breit, ihre Enden spitzer als beim erwachsenen Tier. Infolge der noch unvollständig entwickelten Kopfarme erscheint das erste Segment länger, das Beinpaar liegt frei, nicht wie bei der ausgewachsenen Form unter den Kopflappen verborgen. Antennen und erster Maxillarfuß liegen noch an der Spitze des relativ sehr großen Kopfhöckers, während sie beim erwachsenen Tier an dessen Basis verlagert erscheinen, eine Tat- sache, die Claus durch dorsales Wachstum des Kopfhöckers erklärt. Die Mundöffnung ist rund, liegt ventral und ist von dem, anscheinend für das ganze Genus charakteristischen Mundrahmen umgeben. Dieser wird dorsal von der Oberlippe, ventral von einem Chitin- bogen gebildet, der von zwei Spangen im Integument gestützt wird. Die Unterlippe ist breit herzförmig. Zur Seite der gebuchteten, median in eine Spitze ausgezogenen Oberlippe liegen die Insertions- stellen der Antennen, die insbesondere bei jungen Individuen deutlich- sichtbar sind. Die erste Antenne zeigt einen Basalteil, der noch die An- deutung einer Gliederung erkennen läßt. Die Antenne selbst ist viergliedrig, das erste Glied jedoch, das gestreckt und mehr als dreimal so lang als breit ist, zeigt noch deutlich seine Entstehung aus zwei Gliedern an. Sieben, in eine feine Spitze ausgezogene Borsten sind alternierend, bald etwas dorsal, bald ventral der Lcrnacoccra aus dem Nil. • 329 Außenrandlinie, mit breiter Basis eingelenkt. Diese Borsten nehmen vom Pi'oximal- gegen das Distalende an Länge etwas zu. Distal, gleichfalls am Außenrand, steht eine starke, spießförmige Borste von ungewöhnlicher Länge, dorsal eine Borste, die ungefähr doppelt so lang ist als das folgende Glied. Die vierte Außenrandborste, die etwas stärker dorsal eingelenkt ist, kennzeichnet die Lage der Ouerfurche, die das Glied in eine größere proximale und etwas kleinere distale Hälfte trennt. Das zweite Glied ist schmäler als das vorige, kaum so lang als breit und trägt vier Borsten. Die beiden ersten, die etwas dorsal stehen, sind gleich lang, die dritte etwas größer, die vierte wieder kürzer, mit relativ breiterer Basis. Am dritten Glied, das wieder umfangreicher und ungefähr doppelt so lang als breit ist, finden sich vier Borsten; eine nahe dem Proximalende, etwas dorsal am Außenrand eingelenkt, eine zweite kürzere an der Ventralseite, ferner zwei lange Außenrandborsten, von welchen eine nahe dem Distalende, die andere direkt distal steht. Die erste dieser beiden Borsten ist ungefähr doppelt, die zweite dreimal so lang als die Proximalborste. Das Endglied ist länger als das vorletzte, doppelt so lang als an der Basis breit, im zweiten und letzten Drittel seiner Länge verschmälert. Am Außenrand finden sich zwei Borsten, eine lange schm.ale in der proximalen Hälfte des Gliedes und eine kurze, nahezu terminal. Am Innenrand stehen zwei Borsten in je einem Drittel seiner Länge. Die erste ist größer und stärker als die folgende. Das terminale Ende des Gliedes ist eingebuchtet und trägt insgesamt sechs Borsten. Auf der äußeren größeren Kuppe stehen eine schmale, mäßig lange, und zwei breite, schilfblattähnliche Borsten, von welchen nur die erste streng terminal, die zweite auf einem kleinen Höcker etwas dorsal eingelenkt ist, drei kürzere und schmälere, untereinander gleichgestaltete Borsten finden sich auf der inneren Kuppe. Die zweite Antenne, die auf einem kugeligen Basalhöcker sitzt, besteht aus zwei langen, schmalen Gliedern, von welchen das erste fast, das zweite mehr als doppelt so lang als breit ist. Das Proximalglied trägt keinerlei Borsten, das Endglied drei Innen- randborsten, von welchen die erste nahezu proximal, die zweite etwas längere im zweiten Drittel seiner Länge, die dritte distal steht. Das Glied endigt mit einem gelenkig abgesetzten, abwärts gekrümmten Haken und einer runden Kuppe, die sechs Borsten trägt. Eine kürzere Borste ist oberhalb des Hakens eingesetzt, zwei längere und zwei kürzere fadenförmige Borsten stehen terminal, eine kurze schmale Borste am Innenrand der Kuppe. Mandibeln waren an den vorliegenden Objekten nicht sichtbar. Der erste Maxillarfuß ist zweigliedrig. Er besteht aus einem langen und breiten Basalteil und einem mit zwei einwärts gekrümmten Haken versehenen Endteil. Der schwächere dieser Haken ist gelenkig an der Basis des anderen eingesetzt. Der zweite Maxillarfuß ist gleichfalls zweigliedrig, das Basalglied groß, trapezoid gestaltet, nahe dem Distalende mit einer schmalen, auf einem Höcker sitzenden 330 H. Kurtz, Borste versehen. Das Endglied sitzt mit breiter Basis der Schmal- seite des Basalteils auf, ist handförmig und endigt mit fünf starken, fingerförmigen gekrümmten Haken, von welchen der erste der kürzeste, der vierte der längste ist. An der basalen Grenze zwischen erstem und zweitem Haken findet sich eine sehr kleine Borste. Sämtliche Beine, mit Ausnahme des rudimentären fünften, bestehen aus einem zweigliedrigen Stamm und einem dreigliedrigen Außen- und Innenast. Der Coxopodit mit vorgewölbtem Außen- und geradem Innenrand trägt eine ziemlich starke und lange Borste am Innenrand an der Grenze gegen das folgende Glied. Der Basi- podit ist ellipsoid gestaltet, eine mäßig lange, spießförmige Borste steht proximal am Außenrand, beim ersten Beinpaar noch ein kräftiger hakenförmiger Fortsatz am Innenrand. Das Auftreten dieses Hakens neben einer Innenrandborste ist hervorzuheben, da sowohl Claus^ wie Zimmermann- angeben, daß dieser Fortsatz beim ersten Beinpaar die Stelle der Innenrandborste vertritt. Diese Angabe ist zumindest für Lernaeocera senegali Zimmerm. unzutieffend, da ich auch bei dieser Form die Innenrandborste am ersten Bein- paar nachweisen konnte. Wahrscheinlich ist sie auch bei allen übrigen Arten vorhanden. Da sich beim ersten Beinpaar der Cyclopidae, von welchen die Lernaeocerae wahrscheinlich abzuleiten sind, an jedem der beiden Stammglieder distal, am Innenrand eine Borste findet, so ist die Annahme berechtigt, daß die Innenrand- borste der Lernaeocerae der Borste des Coxopoditen, der Fortsatz des ersten Beinpaares der Borste des Basipoditen entspricht. Das erste Glied des Exopoditen ist lang gestreckt, wellig konstruiert, an der Insertionsstelle sehr schmal, im distalen Teil stark verbreitert. Das Glied ist mehr als doppelt so lang als breit und trägt nahe dem distalen Ende einen Dorn am Außenrand und eine lange Borste am Innenrand. Das zweite Glied ist rundlich, in der Mitte des Außenrandes findet sich ein Dorn, eine Borste in der distalen Hälfte am Innenrand. Das Endglied ist kurz, an seinem Außenrand stehen zwei Dornen, am Innenrand je eine lange Borste im zweiten und letzten Drittel seiner Länge, eine dritte Borste nahezu terminal, ferner zwei Endborsten. Das Basalglied des Endo- poditen ist kaum länger als breit und trägt in der distalen Hälfte eine Borste am Innenrand. Das zweite Glied ist ähnlich gestaltet, wenngleich etwas kleiner, die Borste steht distal. Das Endglied ist kurz und breit, trägt zwei Dornen am Außenrand, eine Borste im letzten Viertel am Innenrand, eine zweite nahezu terminal, ferner zwei Endborsten. Die Dornen sind gezähnelt, die Borsten, auch die der Stammglieder, fein gefiedert. Am Innenrand des Basipoditen 1 Claus C, Beobachtungen über Lernaeocera, Penicnhis und Lcntaea. Schriften der Gesellschaft zur Bef. der gesamten Natunvissenschaften zu Marburg, Suppl. II, p. 7. - Zimmermann Fr., Bearbeitung der parasitischen Copepoden von Fischen. Dcnkschr. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, mathem.-naturw. Klasse, Bd. 98, p. 107. Lernaeocera aus dem Nil. ^oi und am Außenrand der beiden ersten Glieder des Endopoditen findet sich ein feiner Härchenbesatz. Dies gilt auch für die übrigen Beinpaare. Der Basipodit des zweiten Beinpaares ist schmäler als der des ersten und an der Grenze der beiden Glieder tief eingebuchtet. Das Basalglied des Exopoditen ist ähnlich geformt wie beim ersten Beinpaar, jedoch etwas gedrungener. Das zweite Glied ist kurz, im distalen Teil \'erbreitert. Distal am Außenrand findet sich ein Dorn, eine Borste am Innenrand im letzten Drittel seiner Länge. Das Terminalglied ist verlängert, trägt drei an Größe zunehmende Dornen am Außenrand, am Innenrand zwei Borsten in je einem Drittel seiner Länge, eine dritte distal, ferner zwei Endborsten. Das erste Glied des Endopoditen ist gegen das folgende am Außen- rand tief eingebuchtet. Die Stelle größter Breite übertrifft etwas die Länge. Im letzten Viertel des Innenrandes steht eine Borste. Das zweite Glied ist ungefähr so lang wie breit und trägt am Innenrand je eine Borste im dritten und letzten Viertel seiner Länge. Das Terminalglied ist kurz. In seiner distalen Hälfte stehen zwei Dornen am Außenrand, ein dritter bereits terminal, zwei Borsten am Innenrand und eine Endborste. Das dritte Beinpaar ähnelt dem zweiten, stimmt mit diesem auch in bezug auf Zahl und Ansatzstellen der Borsten überein, ist jedoch etwas kleiner als das zweite, das auch das erste Beinpaar an Länge der Borsten übertrifft. Der Basipodit des vierten Beinpaares ist verkürzt, die tiefe Einbuchtung an der Grenze der Glieder fehlt. Das Basalglied des Außenastes ist im ersten Drittel halsartig verengt. Es trägt einen Dorn distal am Außenrand und eine Borste im letzten Drittel am Innenrand. Das zweite Glied ist kurz, in seiner distalen Hälfte steht ein Dorn am Außen- und eine Borste am Innenrand. Das mäßig lange Terminalglied trägt drei Dornen am Außenrand, drei Borsten am Innenrand und zwei Endborsten. Das Basalglied des Endopoditen ist queroval. In seiner distalen Hälfte steht eine Borste am Innenrand. Das zweite Glied ist etwas breiter als lang und trägt am Innenrand eine Borste nahe der Mitte, eine zweite distal. Das Terminalglied ist kurz, in seiner distalen Hälfte stark ver- schmälert. Am Außenrand finden sich zwei Dornen, einer in der Mitte, der andere distal, am Innenrand, gleichfalls distal, eine Borste, ferner zwei Endborsten, eine äußere kurze und eine innere lange. Das fünfte rudimentäre Bein ist sehr klein und hat die Gestalt einer länglichen, am Ende etwas gerundeten Platte. Nahe dem Terminalende findet sich eine Borste am Außenrand und eine längere in gleicher Höhe am Innenrand. Zwei Borsten, eine schmale kurze und eine längere stehen terminal. Am Außenrand, an der Basis des fünften Beines, erhebt sich ein Höcker, der eine schmale, relativ lange Borste trägt. Dieses Gebilde, das sowohl der Lernaeocera bichiri als auch der Lernaeocera senegali Zimmerm. fehlt, stimmt auffällig überein mit der Abbildung, die Claus vom fünften Bein der Lernaeocera esocina M. Edw. gibt. Von der Annahme ausgehend, 332 H. Kuitz, daß die Lernaeocerae von den CycJopidae abzuleiten seien, fasse ich dieses Gebilde als Reste des Basalgliedes mit Außenrandborste auf. Die Furca ist sehr lang, besteht aus zwei Ästen, deren Glieder doppelt so lang als breit sind. Am Außenrand des Furcalgliedes finden sich zwei Borsten, die eine im ersten Drittel seiner Länge, die zweite distal, am Innenrand gleichfalls zwei Borsten, eine größere im Proximalteil der Mitte genähert, eine zweite kleine am Terminal- ende. Die Endborste ist in ihrem basalen Teil stark verbreitert, ihre Länge beträgt das Acht- bis Zehnfache der Gliedlänge. Die Gesamtlänge der Furcaläste beträgt 0"41 bis 0-44 mm. Die Eiersäcke sind schmal, spindelförmig, ungefähr 1 • 78 bis 1-87 mm lang und 0'267 bis 0-2>03 mm breit. Die Länge des erwachsenen Weibchens beträgt 7' 1 bis 8'9 mm. Durch die Form der Kopfarme, Antennen und Maxillarfüße, durch Zahl und Stellung der Borsten an den Ruderfüßen, endlich durch die Gestalt des fünften Beinpaares und der Eiersäcke ist diese Form genügend charakterisiert. Lernaeocera bichiri nov. spec. (Tafel II, Fig. 1 bis 11) Der Körper ist weitaus gedrungener als bei der vorigen Art. im vorderen Abschnittt drehrund, in der hinteren Hälfte stark ver- breitert und zeigt im Gesamthabitus große Ähnlichkeit mit Lerna- eocera seiiegali. Die vier kreuzweise gestellten kräftigen Kopfarme sind an der Basis breit, ihre Enden relativ spitz. Die ventralen Kopfiappen sind meist länger als die dorsalen. Der Kopfhöcker ist birnförmig erweitert, an seiner Basis liegen die Antennen und Mundgliedmaßen. Der Thorax besteht aus fünf Segmenten, auf deren Größe nur aus dem Abstand der Beinpaare geschlossen werden kann, da die Grenzen nicht mit Sicherheit zu bestimmen waren. Das erste mit dem Kopfe verschmolzene Segment ist sehr kurz, sein Beinpaar unter den Kopflappen verborgen. Das zweite Segment ist größer und zeigt an der Ansatzstelle des Beinpaares eine ansehnliche Erweiterung. Der Abstand zwischen erstem und zweitem Beinpaar ist auffällig gering. Das dritte Bein paar liegt nahe der Mitte, das vierte im letzten Viertel des Thorax, jedoch schon um 90° gedreht. Das letzte rudimentäre Beinpaar findet sich an der Basis der ventralen kugeligen Auftreibung des fünften Segmentes. Das Abdomen ist auch bei dieser Art kurz und ungegliedert, trägt ziemlich ventral die Furca und ist infolge der sehr starken Auf- treibung des letzten Segmentes in größerem Winkel von der Längs- achse des Körpers abgebogen als bei Lernaeocera Werneri. Obwohl diese beiden Formen in der äußeren Erscheinung wesentlich voneinander abweichen, stimmen sie in bezug auf Antennen und Mundgliedmaßen auffällig überein. Die Insertions- stellen der Antennen liegen zu Seiten der Oberlippe, die etwas tiefer gebuchtet und median in eine längere Spitze ausgezogen ist Lcinacocera aus dem Nil. 333 als bei Leriiaeocera Werneri. Die erste Antenne selbst zeigt große Übereinstimmung sowohl in der Gliederung als auch in Zahl und Anordnung der Borsten, nur sind die Glieder schmäler und relativ- länger als bei der vorigen Art. Am Außenrand des ersten Gliedes finden sich wieder sieben Borsten und ein langer Spieß; eine Borste dorsal am Distalende. Die vierte, stärker dorsal eingelenkte Borste bezeichnet auch hier wieder die Lage der Ouerfurche, die das Glied in zwei Hälften teilt. Diese Trennung ist jedoch weitaus stärker ausgeprägt, so daß man fast versucht wäre, die Antenne als fünfgliedrig zu bezeichnen. Das zweite Glied ist kurz und trägt vier Borsten, drei am Außenrand, die erste von diesen etwas dorsal, eine vierte Borste dorsal nahe der Mitte des Gliedes. Das dritte Glied ist fast dreimal so lang als breit und stimmt in Zahl und Stellung der Borsten vollkommen mit dem von Leriiaeocera Werneri überein. Auch hier finden sich vier Borsten, zwei in der proximalen Hälfte des Gliedes, eine etwas dorsal am Außenrand, die zweite ventral, eine dritte nahe dem Distalende, die vierte sehr lange streng distal. Das Terminalglied ist wieder im zweiten und letzten Drittel verschmälert, trägt eine Borste in der Mitte des Außenrandes, eine zweite kleine distal. Am Innenrand finden sich wieder zwei Borsten, von welchen mir jedoch die erste länger, die zweite kürzer und stärker ventral eingelenkt erscheint als wie bei der vorigen Art. Eine schmale und zwei breite Borsten, die zweite wieder etwas dorsal auf einem kleinen Höcker eingelenkt, stehen auf der äußeren Kuppe des Terminalendes, auf der inneren drei schmälere und kürzere Borsten. Die zweite Antenne ist wieder zweigliedrig, das erste Glied borstenlos, das Endglied etwas verkürzt, so daß die Innenrandborsten in gleichen Abständen voneinander stehen. Terminal endigt das Glied mit einem abwärts gekrümmten Haken und sechs Borsten wie bei Leriiaeocera Werneri. Der erste Maxillarfuß ist sehr kräftig, sein Basalglied sehr lang, im distalen Teil verbreitert, das Endglied an der Basis breit, terminal mit zwei langen einwärtsgekrümmten Haken versehen. Der zweite Maxillarfuß ähnelt sehr dem der Leriiaeocera Werneri, ist jedoch kleiner und gedrungener. Sein Basalglied ist gleichfalls trapezoid gestaltet, am Innenrand distal mit einer Borste versehen- der Endteil kurz, mit fünf fingerförmigen Haken bewaffnet. Die feine Borste, die sich bei der vorigen Art an der Basis zwischen erstem und zweitem Haken findet, ist auch hier vorhanden. Die Gliederung der Beine ist die gleiche- wie bei den übrigen Lernaeocerae; ein zweigliedriger Stamm und ein dreigliedriger Außen- und Innenast. Am proximalen Stammglied findet sich eine Innenrandborste, eine kürzere Borste am Außenrand des distalen Gliedes. Der Basalteil des ersten Beinpaares ist breiter als der der übrigen und wieder mit einem hakenförmigen Fortsatz am Innenrand des Basipoditen versehen. Der Endopodit dieses und auch der folgenden Beinpaare stimmt sowohl in der Form als auch in bezug 334 H. Kurtz, auf Zahl und Ansatzstellen der Borsten und Dornen mit dem des korrespondierenden Beines von Lernaeocera Weviieri überein. Das gleiche gilt bezüglich des ersten und zweiten Gliedes des Exo- poditen. Das Terminalglied zeigt insofern eine Abweichung, als nur zwei anstatt drei Innenrandborsten vorhanden sind. Das Basal- glied, sowie das zweite Glied des Exopoditen des ersten Beinpaares tragen demnach je einen Dorn am Außen- und eine Borste am Innenrand. Das Endglied zeigt zwei Dornen am Außenrand, zwei Borsten am Innenrand, ferner zwei Terminalborsten von ungleicher Länge. Erstes und zweites Glied des Endopoditen besitzen je eine Borste am Innenrand, das Terminalglied zwei Dornen am Außen- und zwei Borsten am Innenrand. Zwei Borsten stehen terminal. Das zweite und dritte Beinpaar ist gleich. An den beiden ersten Gliedern des Exopoditen steht je ein Dorn am Außen- und eine Borste am Innenrand. Das Terminalglied trägt drei Dornen am Außenrand, zwei Innenrand- und zwei Endborsten. Das Basalglied der Endo- poditen besitzt eine Borste am Innenrand, das folgende Glied deren zwei. Am Außenrand des Endgliedes stehen zwei Dornen, ein dritter terminal, zwei Borsten am Innenrand und eine Endborste. Das vierte Beinpaar ist kleiner als die vorigen, Exopodit sowie die beiden ersten Glieder der Endopoditen stimmen mit denen des zweiten und dritten Beines überein. Das Endglied ist kurz, trägt zwei Dornen am Außen- und eine Borste am Innenrand. Terminal stehen eine kurze und eine lange Borste. Das letzte rudimentäre Beinpaar ist sehr klein und hat die Form einer länglichen mit vier Borsten versehenen Platte. Am Innenrand, nahezu terminal, steht eine relativ lange und starke Borste, am Außenrand eine feine und kürzere. Zwei Borsten, von welchen die äußere fast doppelt so lang ist wie die innere, stehen terminal. Borste und Höcker, wie sie sich bei Lernaeocera Werneri als Reste des Basalgliedes fanden, fehlen dieser Form. Die Furca war bei allen Exemplaren unvollständig und nur in einem einzigen Falle war der verbreiterte basale Teil der End- borste noch vorhanden. Das Furcalglied ist kaum doppelt so lang als breit, trägt im ersten Drittel des Außenrandes eine Borste, eine zweite Borste steht distal. Am Innenrand findet sich eine Borste in der Mitte des Gliedes, eine zweite terminal. Die Endborste fehlte mit obiger Ausnahme stets. Diese Erscheinung legte die Vermutung nahe, daß die stummei- förmige Furca der Lernaeocera sencgalt, die Zimmermann in seiner Arbeit abbildet, einem unvollständigen Exemplar angehörte. Ich fand meine Annahme bestätigt, als ich das Material, das Zimmermann bearbeitet hatte und das Herr Prof. Dr. Werner mir liebens- würdigerweise zur Verfügung stellte, überprüfte. Es gelang mir bei zwei Exemplaren die Furca freizupräparieren, an der sich sowohl Außen- wie Innenrandborsten fanden, an einem der Furcaläste auch noch die Endborste in voller Länge. Lernaeocera aus dem Nil. .^35' Diese Beobachtung an Levnacocera senegali, ferner die Tat- sache, da(j die Endborste stets abgebrochen ist, an sich berechtigen zu der Annahme, daß auch bei Lernaeocera hicliiri die Terminal- borste des Furcalghedes ungewöhnlich lang ist. Ein Vergleich mit den Abbildungen in der Arbeit Zimmer- manns zeigt jedoch, daß diese beiden Formen, trotz mancher Übereinstimmung, in den Details wesentlich voneinander abweichen. Die Tatsache, daß hier zwei getrennte Formen vorliegen, ist her- vorzuheben, da Cunnington in seinem Bericht über parasitische Copepoden des Tanganjikasees drei neue Arten von Lernaeocera aufstellt, darunter eine, Lernaeocera haplocephala n. sp., als deren Wirtstiere er Polyptenis congicns, Polypt. seiicgahis und Pohpi. bicliir anführt. Der Autor erachtete eine Untersuchung der Kopf- anhänge, Beinpaare etc. für überflüssig und begnügte sich mit einer vagen Beschreibung der Körperform, der er einige photo- graphische Aufnahmen beifügte, Angaben, die zur Charakterisierung einer Spezies völlig ungenügend sind. Zimmermann hat die Art Leniaeoccra senegali in Unkenntnis dieser Arbeit Cunningtons aufgestellt, da jedoch die Untersuchungen ergeben haben, daß es sich bei Polypt. seil, und Polypt. bickir um zwei verschiedene Spezies von Lernaeocera handelt, so besteht diese Art zu Recht. Die Beschreibung Cunningtons basiert vorwiegend auf dem einzigen Exemplar, das auf Polyptenis congicus im Tanganjika- see gefunden wurde. Sämtliche Exemplare von Polypt. sen. und Polypt. bicliir stammen aus dem Nil. Schon aus den Abbildungen, ferner aus den Angaben des Autors über Größenverhältnisse und Fundorte geht hervor, daß es sich hier aller Wahrscheinlichkeit nach um eine dritte größere Form (14-3wm) handelt. Die erwachsenen Weibchen von Lernaeocera hichiri messen 9-8 bis 11-6WW. An einem Exemplar fand ich ein leeres Eiersäckchen. Dessen Form ist ein langes Oval. Die Länge beträgt ungefähr 2 mm, die Breite 0"5 mm. Die Ähnlichkeit in der Gesamterscheinung mit Lernaeocera senegali einerseits, die Übereinstimmung im Bau der Antennen mit Lernaeocera Werneri andrerseits, ferner die Zahl der Innenrand- borsten am terminalen Glied der Exopoditen sind genügende Merk- male, um Lernaeocera bicliir eindeutig zu kennzeichnen. Vorliegende Arbeit wurde in der Akademie der Wissenschaften von dem w. M. derselben, Herrn Hofrat Prof. Dr. K. Grobben, Vorstand des I. Zoologischen Institutes der Universität Wien, ein- gereicht, und ich schulde meinem verehrten Lehrer dafür sowie für die Überlassung eines Arbeitsplatzes aufrichtigen Dank. Sitzunt^sberichte d. mathem.-naturw. Kl , Abt T, 131. BJ 26 :^'^6 H. Kuitz, Literaturverzeichnis. 1823 Lesueur C. A., On three new species of Parasitic \'eimes belonging to the Liniiaean genus Lernaea. Journal of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. 1832 Nordmann A., Mikrographische P)eiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Tiere, Bd. II. Berlin. 1833 Burmeister H., Beschreibung einiger neuen oder wenig bekannten Schmarotzerkrebse, nebst allgemeinen Betrachtungen über die Gruppe, welcher sie angehören. Acta Acad. Caes. Leop. Card. Nat. Cur. Vol. XN'II. 1840 Mi Ine Edwards H., Histoire Naturelle des Crustaces, T. III. Paris. 1850 Baird \V., The Natural History of the British Entoiiiostraca. The Ray Society, London. 1860 Brühl, Lernaeocera gastcrustei, ein Schmarotzerkrebs aus der Familie der Pennellina. Mitteil. Zool. Inst. Univ. Pest. Wien. 1861 Claus C, Über die Fa.milie der Lernoeen, Lernaeocera golv'tia. Würzb. naturw. Zeitschrift. \'ol. II. 1863 bis 1864 Kroyer H., Bidrag til Kundskab om Snj'ltekrebsene. Naturhistorisk Tidsskrift. 1867 Claus C., Über Lernaeocera csociia. Sitzungsb. der Gesellsch. zur ßeförd. der gesamten Naturwissenschaften zu Marburg. 1868 Claus C, Beobachtungen über Lernaeocera, Pcniculiis und Lernaea. Schriften der Gesellsch. zur Beförd. der gesamten Naturwissenschaften zu Marburg. Suppl. II. 1868 Heller C, Crustaceen. Reise der Novara, Zoologischer Teil, Bd. HI. 1870 Hart mann R., Beiträge zur anatomischen Kenntnis der Schmarotzerkrebse. Arch. Anat. Physiol. Leipzig. "•*1881 Kellicot D. S., Observatlons on Lernaeocera crnciaia. Proc. Amer. Soc. Microscopist. Vol. I. *1882 Kellicot D. S.. Lernaeocera toiitia n. sp. Proc. Amer. Soc. Microscopist. VoL II. 1899 Bassett-Smith, Parasitic Copepoda on Fishes. Proceedings of the zoological Society of London. 1904 Ilofer B., Handbuch der Fischkrankheiten. München. 1904 Gadd Pehr. Parasit-Copepoder i Finland. Acta Soc. Fauna Flora Fennica. Vol. XXVI. *!913 Fowler II. W., The Crustacea of New Jersey. Report New Jersey .State Amer. for. 1911. 1913 Scott Th. and Scott A.. The British Parasitic Copepoda. The Ray Society, London. 1914 Cunnington W. A., Zoological Results of the Third Tanganyika Expedition. Report on the parasitic Fucopepoda. Proceedings of the Zoological Society London. *1916 Wilson C. B., The Morphology, Development and Economic Relations of the Genus Lernaea Bull. Bur. Fish. 1917 Wilson C. B., North American Parasitic Copepods belonging to the Lernaeidae with a revision of the entire family. Proc. Cnit. State Nat. Mus. 1922 Zimmermann Fr., Wissenschaftliche Ergebnisse der mit L^nterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien aus der Erbschaft Treitl von F. Werner unternommenen zoologischen Expedition nach dem anglo-ägypti- schen Sudan (Kordofan) 1914. IX. Bearbeitung der parasitischen Copepoden von Fischen. Denkschr der Akad. d. Wissensch. in Wien, mathem.-naturw. Klasse, Bd. 98. Die mit * bezeichneten Werke waren mir nicht zugänglich. Lernaeocera aus dem Nil. 06 1 Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. ( . Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. F,g 1. Fig -■ Fig 3. Fig 4. Fig 5. Fig 6. Fig 7. Fig 8. Fig 9. Fig 10. Fig 11. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Lernaeocera Werneri. Rechte Antenne des ersten Paai'es (Dorsalansicht). Rechte Antenne des zweiten Paares (Ventralansicht). Erster linker Maxillarfuß. Zweiter linker Maxillarfuß. Linkes Bein des ersten Paares. Rechtes Bein des zweiten Paares. Rechtes Bein des dritten Paares. Linkes Bein des vierten Paares. Rechtes Bein des fünften Paares. Furca von der Ventralseite gesehen. Erwachsenes Weibchen. Tafel II. Lernaeocera hicMri. Rechte Antenne des ersten Paares (Dorsalansicht). Rechte Antenne des zweiten Paares (Ventralansicht). Erster linker IMaxillarfuß. Z-\\'eiter linker Maxillarfuß. Linkes Bein des ersten Paares. Rechtes Bein des zweiten Paares. Linkes Bein des dritten Paares. Rechtes Bein des vierten Paares. Linkes Bein des fünften Paares. Furca von der Ventralseite gesehen. Erwachsenes Weibchen. Kurtz H.: Lemaeocera aus dem Nil. Taf. I. Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Kl., Abt. I, 131. Bd., 1922. Kurtz H.: Lemaeocera aus dem Nil. Taf. IL Sitzungsbe, ichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. KI., Abt. I, 131. Bd., 1922. Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Beiträge zur Anatomie des Griffels Von Bertha Leitmeier-Bennesch Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien Nr. 186 der zweiten Folge (Mit 1 Tafel und 1 Texfigur) (Vorgelegt in der Sitzung am 12. Oktober 1922) Einleitung. »Zwischen dem die Samenanlagen bergenden Fruchtknoten und die Narbe ist vielfach ein stielartiger Teil, der Griffel eingeschaltet, dessen Bau einerseits mit der entsprechenden Postierung der Narbe, andrerseits mit der Leitung des Pollen- schlauches im Zusammenhang steht.« 1 So oder ähnlich ist in den großen Lehr- büchern der Botanik das Wesentliche über den Griffel der Angiospermen Blüte zusammengefaßt. Mit der Anatomie des speziell zur Leitung des Pollenschlauches dienenden Gewebes haben sich seit Entdeckung des Letzteren durch Amici 1823, viele Forscher beschäftigt, sowie auch mit den Befruchtungsvorgängen selbst. Rittingshaus2 befaßt sich eingehender mit dem Leitgewebe und dem Eindringen des Pollenschlauches in das Narbengewebe. Er unterscheidet zwei durch Übergänge verbundene Typen dieses Vorganges. 1. Das Eindringen in ein offenes Narbengewebe bei Pflanzen, deren Narbe in eine schleimige Masse eingebettet ist und die Pollenschläuche ohne Widerstand durch das ganz lockere Gewebe durch- wachsen können, 2. Ungehemmtes Wachsen des Pollenschlauches, nachdem die Kutikula der Narbe von diesem resorbiert wurde. Auf der Kutikula weist Rit tinghaus nach Behandlung mit Schwefelsäure runde Stellen nach, welche von der lösenden Wirkung des Pollenschlauches herrühren. Er spricht sich über das weitere Verhalten der Pollenschläuche nur dahin aus, daß sie möglichst wenig Kohlehydrate aus- bilden (Zellulose), um aus den umgebenden Zellen des Leitgewebes die für ihr Wachstum nötigen Stoffe leicht aufnehmen zu können. Die Zellen des Leitgewebes beschreibt er als sehr plasmareich und im Besitze von großen Kernen. Sie haben aber auch derbe Membranen, um den Plasmamassen des Schlauches die nötige Stütze zu bieten. Rittingshaus verweist auf Arbeiten von Behrens, Dalmer und Capus. 1 Wettstein, R. V., Handbuch d. syst. Bot. II. Aufl. Leipzig— Wien 1912, p.440. - Rittingshaus P., Einige Beobachtungen über das Eindringen der Pollen- schläuche in das Leitgewebe. Verh. d. nat. Ver. Jahrgang XLIIl. 5. Folge, III. Bd. Sitzungsberichte d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 131. Bd. 27 340 B. Leitmcier-Bennesch, Sachsi und Capus2 sprechen ausführlich über das Leitgevvebe, dem sie aber in erster Linie rein mechanische Funktionen zuschreiben, da es dem Pollen- schiauch den geringsten Widerstand entgegenbringt. Sachs setzt allerdings voraus, daß außer den sichtbaren Wegweisern auch unsichtbare vorhanden sein müssen, welche wohl chemischer Natur sind. Dieser Ansicht schlössen sich viele Forscher an, besonders nachdem von Pfeffer die stoffliche Einwirkung der Archegonien auf die Spermatozoiden gefunden worden war. MolischS hat experimentell nachgewiesen, daß die Pollenschläuche negativ aerotropisch und chemotropisch sind. Miyoshi^ nimmt an, daß die Leitung des Pollenschlauches im Griffel nur eine mechanische sei, im Fruchtknoten selbst aber die Anreizung eine chemotaktische von der Mikropyle ausgehende sei. Navaschin^ endlich vereinigt alle Ergebnisse der Genannten und anderer Forscher zu der Annahme, daß es in erster Linie darauf ankomme, auch schon im Verlauf des Leitgewebes den Pollenschlauch durch chemische Reize derart zu beeinflussen, daß er den Weg zur Fruchtknotenhöhlung finde, wo ihm dann die Möglichkeit gegeben ist, Reizbewegungen ungehindert auszuführen. Auf den Bau dieses leitenden Gewebes im Innern der Griffel beziehen sich auch die Untersuchungen von Schürhoff^. Er fand, daß bei Sambucus jeder Narbenpapille ein Griffelkanal entspreche, und daß dieser zur Samenanlage leite. Die Innenwand dieser Kanäle werde von einem drüsigen Gewebe bekleidet, dessen Zellen öfters zwei durch mitotische Teilung aus dem ursprünglichen Zellkerne entstandene Kerne aufweisen. Bei Lilimn Mariagon nennt er ebenso gebaute Zellen ausdrücklich Drüsenzellen^ und zieht eine Parallele zwischen diesen und den Tapetenzellen der Staubbeutel und schreibt ihnen chemotropische Wirkung auf den Pollenschlauch zu. Diese Zellen beschrieb schon viel früher Strasburger, 8 und zwar sehr eingehend für den Griffelkanal von Liliaceen, spricht von stark lichtbrechendem Inhalt derselben und stellt fest, daß auch in den Fruchtknoten hinein Teile dieses Gewebes reichen. Im übrigen beziehen sich die Untersuchungen Stras burger's auf das Eindringen in die Narbe. LagerbergS beobachtete Drüsenzellen bei Adoxa moschatelina, glaubt aber, daß die zwei Kerne der Zellen auf amitotischem Wege enstanden seien. Overtonio endlich spricht von zweizeiligen Narbenpapillen, welche die Pollenschläuche in den Griffclkanal dirigieren. Eine größere Arbeit über das Leitgewebe, »die Tela konduktrix«, stammt von Tschirchii, von welcher mir nur ein Autorreferat zur Verfügung stand. Der 1 Sachs I., Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., 1887, p. 829. 2 Capus G., Anatomie du tissunconducteur. These presentees a la faculte de soc. de Paris 1879, p. 16, 18, 50 usw. 3 Molisch H., Zur Physiologie des Pollens mit besonderer Rücksicht auf die chemotropischen Bewegungen der Pollenschläuche. Sitzungsber. der Akad. der Wiss. in Wien, Bd. CII, Heft VII, 1. Abt. *i Miyoshi, Über Reizbewegungen der Pollenschläuche. Flora Bd. 78, Heft 1. » Navaschin S., Über das Verhalten der Pollenschläuche bei der Ulme. Bull. d. l'Acad. Imp. d. Se. d. St. Petersbourg. V. Ser., Bd. VIII, Nr. 5, Mai 1898. 6 Schürhoff P. N., Über das regelmäßige Vorkommen zweikerniger Zellen an den Griffelkanälen von Samlmcus. Biol. Zentralbl. XXXVI, p. 433, 1916. ■^ Schürhoff P. N., Die Drüsenzelien des Griffelkanals vom Lilium Martagon^ Biol. Zentralbl. XXXVIII., p. 188, 1919. 8 Strasburger E., Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang- der Phanerogamen, Jena 1884. 3 Lagerberg, Studien über die Entwicklungsgeschichte und systematische Stellung von Adoxa moschalclina K. Svensk Vetenskaps Handlingar, Bd. 44, Nr. 3. 10 0 verton, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung und Vereinigung der Geschlcchtsprodukte bei Lilium Martagon. Festschr. für Naegeli und Kölliger, Zürich 1891. 11 TschirchA., Die Tela conductrix. Mitteilung der Berner Naturforschenden Gesellschaft 1919, p. LII (Autorreferat). Anatomie des Griffels. 341 Forscher hat eine große Anzahl von Familien untersucht und festgestellt, daß der Pollenschlauch heterotroph und parasitär in einer ■kolloidalen« von der primären Membran der inneren Epidermis des Griffelkanals sich ableitenden Membranschicht abwärts wandere, also in einer Schicht, in der »chemische Arbeit geleistet werde«-. Er zeigt drei verschiedene Möglichkeiten des Abwärtsgleitens. 1. Es ist nur die verschleimte subkutikulare Partie der Membran, in die der Pollenschlauch, oben die Kutikula durchbohrend, eintritt, und nachdem er in ihr abwärts geglitten, wieder die Kutikula durchbohrend austritt, falls diese nicht früher resorbiert wurde. 2. Es steht dem Pollenschlauch auch die verschleimte Interzellularsubstanz der nächstliegenden Zellreihen zur Verfügung. 3. Es ist ein geschlossenes Gewebe vor- handen und der Pollenschlauch schlängelt sich zwischen den Zellen durch, nachdem er die Kutikula der Narbenpapillen durchbrochen hat. l Tschirch nennt die Bewegung des Pollenschlauches eine paratonische und bezeichnet einerseits die Narbe, andrerseits das Ovolum als Bewegungszentren. Der von der Narbe ausgehende Reiz muß seinen Sitz in der subkutikularen Schleimmemb.»-an haben, der vom Ovolum ausgehende Reiz im Embryosack. Der Pollenschlauch verhalte sich negativ chemo- tropisch gegen Zellbestandteile, aber positiv chemotropisch gegen die Membran- bildenden Sacharide und diese seien in der kolloidalen Membranpartie der Tela konduktrix vorhanden. Anschließend an die angeführten Beobachtungen der genannten Forscher will ich im folgenden die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen darlegen, die ich an Griffeln ausführte, bei denen ich aber mein Augenmerk nicht aus- schließlich auf das Leitgewebe richtete, sondern den gesamten anatomischen Bau studierte. Die Anregung zu dieser für mich ungemein lehrreichen und interessanten Arbeit verdanke ich Herrn Hofrat Prof. Dr. H. Mo lisch, meinem hochverehrten Lehrer, und spreche ihm dafür sowie für die vielfache Unterstützung während der Arbeit meinen wärmsten Dank aus. Gleichzeitig muß ich Herrn Dozenten Dr. G. Klein und Herrn Dr. J. Kisser für gütige Hilfe vielmals danken. Eigene Untersuchungen. 1. Das Vorkommen einer Kutikula im Innern des Griffelkanals einiger Monokotjden. Auf einem Querschnitt durch den Griffel von Cliuia nohilis oder niiniata fällt einem eine vielfach verzahnte Lamelle auf, die sich frei im Innern des dreiteiligen Griffelkanals befindet. Fisf. 4 der Abbildung zeigt das Bild eines solchen Schnittes. Die Kutikula, welche die äußere Epidermis überzieht, und die Innenlamellen sind kräftiger gezeichnet. Untersucht man solche Schnitte in Sudan-III-Glyzerin, so färbt sich die Lamelle ebenso deutlich, wie die äußere Kutikula. Auf Serienschnitten, von denen einige in den Fig. 1 bis 4(p. 4) dargestellt sind, konnte ich die Herkunft dieser losen Kutikula feststellen. Die drei Teile der Narbe sind außen von einer Kutikula bekleidet. Noch ehe der Zusammenschluß zum Griffel erfolgt, stülpt sich jeder Teil gegen das zentralgelegene Gefäßbündel 1 Vgl. auch Rittingshaus 1. c, der dieses Durchbohren der Kutikula nur als ein Anschmiegen des Schlauches an die Membran der Papille bezeichnet, nachdem durch den Pollenschlauch die Kutikula abgelöst worden war. Rittings- haus gibt hierzu eine Abbildung. 'ö ■ 342 B. Leitmeier-Bennesch, ein, wobei bie Kutikula bis gegen dieses Gefäßbündel gelangt. An den Stellen, wo die Narbenteile sich aneinander legen, entsteht eine sogenannte Naht, und zwar eine Kutikularnaht, wie sie Haberlandt^ für Kronblätterverwachsungen anführt. Die Kutikula wird resorbiert und es bildet sich das gleichmcäßige Parenchj'm des Griffels, das ein sehr lockeres Gefüge zeigt. Diese Entstehung der Nähte des - H a b c r 1 a n d t G., Physiologische Pflanzenanatomie, 5. Aufl., Leipzig 1 9 1 8, p. 1 1 3. Anatomie des Griffels. 343 Griffels und Fruchtknotens wird von Fritsch^ erwähnt und ist wohl allgemein bekannt. Allmählich löst sich nun die Kutikula, die im Innern des entstandenen Kanals geblieben ist, von den Zellmembranen los und bleibt als kontinuierliche, nur selten unter- brochene Lamelle bis in das Innere des Fruchtknotens erhalten. Fig. 5 zeigt ein Ende des Kanals, in dem sich eben die Kutikula von den Zellwänden abgelöst hat. Bei den anderen Amaryllidaceen findet man ebenfalls diese lose innere Kutikula, wenn auch manchmal nur in ganz kleinen, schwer auffindbaren Resten. Sehr deutlich ist sie bei allen Narcissiis-Arten, von denen eine größere Anzahl untersucht wurde, Narcissus titontana, N. JofiqiiiUa, N. psettdo Narcissus, N. stelli- flonis, N. poetieits u. a. Fig. 8 und 9 zeigen einen Querschnitt durch den Griffel von N. montana, die ursprüngliche Dreiteilung des Griffels ist nur an den drei Gefäßbündeln erkennbar, der Kanal ist ein einheitlicher Hohlraum, der in tieferen Partien enger wird. Die abgelöste Kutikula ist von einer schleimigen, aber durch- sichtigen Masse begrenzt, was mit den Angaben Tschirchs'- übereinstimmt. Leucojinn verutim und Galanihiis nivalis haben drei kleine Griffelkanäle, in denen man die Reste einer Kutikula immer findet. Fig. 6 und 7 beziehen sich auf Galanthus. Der Griffel von GaJanthus ist sehr zart, aber sonst nur durch die Dimensionen von dem Griffel von Clivia unterschieden. Leitcojtun dagegen zeigt einen ganz abweichend gebauten Griffel. Die Epidermiszellen haben ähnliche Papillen wie sie die Blütenblätter öfters aufweisen, die verdickte Partie des Griffels, die reichlich Chlorophyll enthält, hat ein schwammiges Gefüge, die großen Parenchym- zellen sind locker aneinandergefügt und erscheinen bei dickeren Schnitten maschen- artig ineinandergreifend. Der Inhalt der Zellen, welche die Kanäle umgeben, ist dunkler gefärbt als der der Parenchymzellen und gibt mit Anilinblau kräftige Färbung, besonders in den den großen Kernen zunächst- liegenden Partien. Reaktionen auf Fette, Eiweißstoffe, Pektine und Schleime waren von negativem Erfolg, dagegen scheinen die Zellen sehr plasmareich zu sein. Bei Liliaceen konnte ich keine Kutikula im Innern der Griffelkanäle finden, ein einziges Mal sah ich auf einem Schnitt durch den Griffel von Hyaciiithns orientalis einen kleinen Rest an der inneren Epidermis haften. Hier dürfte die Kutikula also frühzeitig resorbiert werden und es dürften die sie bildenden Substanzen zu anderen Zwecken verwendet werden. Interessant sind die Verhältnisse bei Iris. Untersucht wurde Iris piimila und Iris germanica. Der Griffel fällt durch seine drei blütenblattartig gebildeten Narbenteile auf, die sich im Innern der Blumenkrone zum Griffel vereinigen. Jedes Narbenblatt hat auf der Oberseite eine Längsfurche, welche durch eine Einstülpung der Epidermis gebildet ist. Zwei Lappen bedecken die Furche. Sie sind außen mit einer Kutikula wie die übrige Epidermis des Narbenteiles bekleidet, innen von Zellen ohne Kutikula begrenzt, und zeigen, ebenso wie die anderen Epidermiszellen dieser Furche, einen Zellinhalt, der demjenigen gleicht, der für Narcissus be- schrieben wurde. Bei einem Griffel einer eben erblühten Iris germanica 1 Wiesner J. und Fritsch K., Organographie und Systematik der Pflanzen, 3. Aufl. 1909, p. 170. 2 Tschirch, 1. c. 844 B. Leitmeier -Bennesch, waren diese Zellen reichlich mit Stärke erfüllt, die durch die Jodreaktion ohne weiteres erkennbar sind. Dies ist ein seltener Fall, da Stärkekörner im allgemeinen in Epidermiszellen nicht vorkommen. Die Narbenblätter verwachsen nun an den Außenrändern und neben der Furchenbildung, also an sechs Stellen. Dadurch entstehen drei Hohlräume, die mit Kutikula ausge- kleidet sind, ferner im Innern drei sich vereinigende Hohl- räume, die keine Kutikula besitzen, sondern von den stärke- haltigen oder plasmareichen Zellen umgeben sind. In der Epidermis, welche die drei erstgenannten Hohlräume auskleidet, kann man wiederholt Spaltöffnungen finden, wie sie am Außenrand des Griffels und auf beiden Seiten der Narbenblätter häufig vorkommen. Eine Spaltöffnung im Innern eines Griffels ist ein ganz überraschender Anblick, wenn man nicht die phylogenitische Ent- stehung bedenkt. Weiter unten wird diese Kutikula resorbiert, sie entspricht derjenigen, welche bei Clivia etc. die Nähte bildet, es entsteht ein einheitliches Parenchym. Der dreiteilige Kanal im Innern kann bis in den Fruchtknoten verfolgt w^erden. In den tieferen Partien findet man in den auskleidenden Zellen bei beiden Arten immer reichlich Stärke. Es liegt also die Ansicht nahe, daß in den höher liegenden Partien die Stärke in Zucker umgewandelt wird, welcher als Reizmittel auf den Pollenschlauch wirken kann. In tieferen Partien, in der Nähe des Fruchtknotens, sieht man wieder drei von Kutikula bekleidete Hohlräume, diese sind die oberen Endigungen der drei Fruchtknotenfächer; in der Wand (späteres F^ndokarp) treten wieder häufig Spaltöffnungen auf. In diese Hohlräume öffnet sich nun an jener Stelle das stärke- führende Gewebe des zentralen Kanals, wo oben die innere Ver- \\-achsung der Narbenblätter stattgefunden hat, so daß ein ununter- brochener Verlauf des leitenden Gewebes von dem Narbenblatt bis zur Samenanlage zustande kommt. Bei GladioUis sind die Narben seitlich zusammengedrückte, nach innen offene Röhren, die an den Rändern Papillen tragen, deren Inhalt an die bei Liliaceen beobachteten Drüsenzellen erinnert. Diese Narben haben auch an den inneren Wänden (der morpho- logischen Oberseite) eine Kutikula, welche dann, wenn die Narben- teile sich zum Stylus zusammengeschlossen haben, bis dicht über den Fruchtknoten erhalten bleibt. Hier verschwindet sie allmählich, ist im Fruchtknoten nicht mehr vorhanden und es öffnet sich das leitende Gewebe gegen die Samenanlagen (Gladiolus comni.). Der Griffel von Crociis lutea besitzt innen einen dreiteiligen Kanal, in dem die Kutikula bis in den Fruchtknoten hinein beob- achtet werden kann. Die Zellen, die den Kanal umgeben, erinnern an die bei Narcissus beschriebenen und enthalten niemals Stärke. Interessant ist, daß bei den Griffeln von Crocns lutea, Crocus imperial is und Crocus versicolor der obere Teil des Frucht- knotens sich als Hülle um den Griffel legt, außen und innen von einer Kutikula bekleidet ist und, den Griffel gleichsam Anatomie des Griffels. 345 stützend, ihn fast zur Hälfte seiner Länge umgibt. Wie diese Ver- hältnisse bei anderen /r/5-Arten sind, konnte vorläufig nicht fest- gestellt werden. Bei Canna üidica ist der Griffel ganz unsymmetrisch gebaut. Es ist nur seitlich ein kleiner Griffelkanal vorhanden, indem die Reste einer Kutikula deutlich sichtbar sind. Es macht den Eindruck, als ob ebenso wie die sechs Staubblätter bis auf eines koroUinisch ausgebildet sind, auch zwei der Fruchtblätter ihre Funktion als Leitorgan aufgegeben haben und nur das dritte noch mit dem einen Kanal die Arbeit leistet. Der ganze Querschnitt durch den Griffel gleicht mehr dem eines Blumenblattes als dem eines Griffels. Von Orchideen wurden vorläufig nur Cephalanthera longi- folia und Coelogyne massangeana untersucht. Eine Kutikula im Innern des Griffelkanals konnte bis jetzt nicht beobachtet werden. Der Kanal ist nicht dreiteilig, sondern es gehen von einem etwas breiteren Mittelteil rechts und links zwei gebogene Stücke aus. Die Zellen sind englumig, die Membranen sind verschleimt, was durch die Reaktion mittels Kupfersulfat und Kalilauge an der hellblauen Färbung der Gewebepartien leicht kenntlich ist.^ Bei Cephalanthera ist das Gynostemium zarter, folglich auch die sonst gleichen Ver- hältnissen entsprechend kleineren Maßstabs. Weitere Untersuchungen über das Vorkommen einer Kutikula sind im Gange und es sei jetzt nur darauf hingewiesen, daß auch bei dikotylen Blüten eine Kutikula beobachtet werden konnte. Unter anderem im Griffelkanal von Digitalis purpiivea, dessen zweiteilige Narbe an der Oberseite mit Papillen bedeckt ist, die mit einer feinen Kutikula überzogen sind. Im Innern des Griffels befinden sich kleine drüsige Zellen, die den Kanal umgeben, in sehr lockerem Gefüge stehen und zwischen denen sich lose die abgelöste Kutikula befindet. Diese leitenden Zellen sind in mehreren Reihen vorhanden und werden von einem Ring zarter kollenchyma- tischer Zellen umgeben. Es wird interessant sein, zu untersuchen, wne die Verhältnisse bei jenen Pflanzen liegen, bei denen die Zahl der Griffel mit der Zahl der Fruchtfächer nicht übereinstimmt, was weitere Untersuchungen aufklären sollen. 2. Bau und Verlauf des Drüsengewebes im Griffelkanal einiger Liliaceen. Die von den in der Einleitung aufgezählten Autoren beschrie- benen Drüsenzellen konnten im Griffelkanal mehrerer Liliaceen beobachtet werden. Untersucht wurden: Hyacinthiis orienialis, Mtiscari racemosa, Scilla maritima, Convallaria majalis, Veltheimia capeneis, Kniphophia uvaria, Tulipa hortensis, Liliiim Martagon, Lilium candidum, Fritillaria imperialis, Ornithogalmn Boiwheanum und O. collium. 1 Molisch H., Die Mikrochemie der Pflanze, II. Aufl., Jena 1921. p. 349. 346 B. Leitmeier-Bennesch, Der Querschnitt des kurzen Griffels von Hyacintlms orientalis, der in allen Gärten gezogenen Gartenhyazinthe, zeigt einen deutlichen weiten, dreiteiligen Kanal, in dem man nur an Schnitten dicht unter der dreiteiligen Narbe kleine Restchen einer Kutikula an der einen oder anderen, der den Kanal auskleidenden Zellen sehen kann. Tiefer unten werden diese Zellen papillös und weisen einen stark lichtbrechenden Inhalt auf. Auch am äußeren Rande der drei Gefäßbündel sind die Zellen mit der gleichen Masse erfüllt. Scharlachrot wird von diesem Zellinhalt nicht gespeichert, wohl aber wird mit Anilinblau intensive Blaufärbung erzielt. Bei Be- handlung mit Rutheniumrot = Rutheniumsesquichlorid in ammonia- kalischer Lösung tritt langanhaltende Weinrotfärbung ein, was nach Mangln^ den Schluß auf Pektine gestattet, die hier reichlich angesammelt sind. Die Griffel von Muscari rac, Scilla mar. und Kniphophia tiv. weisen keine Besonderheiten auf und ähneln in ihrem Bau dem eben beschriebenen. Am Außen- rande dieser sowie aller folgenden Liliaceengriffel konnten stets deutliche Spalt- öffnungen beobachtet werden. Sie haben in den unteren Partien eine größere Atemhöhle als in den oberen, sind häufig etwas eingesenkt und ihre Schließzellen zeichnen sich durch dicke Membranen aus. Im Griffelkanal von ConvalJaria majalis ist eine Reihe papillös vorgewölbter Zellen vorhanden. Eine Kutikula konnte jedoch niemals beobachtet werden und wenn Tschirch2 diesen Fall als den einfachsten für die Bildung einer kolloidalen Schicht als Gleitzone mit Nafcissus zusammen erwähnt, so kann das nur so aufgefaßt werden, daß in beiden Fällen nur eine Reihe von Kanalzellen vorhanden ist, wobei ich aber glaube, daß die Membran von Narcissus tatsächlich eine kolloide Absonderung gegen die abgehobene Kutikula ausscheidet, in der sich der Pollenschlauch abwärts bewegen kann, während es bei ConvaUaria sowie bei allen untersuchten Liliaceen den Anschein hat, als ob die Absonderung eines Reizmittels auf den Pollenschlauch vom Plasmakörper der Zelle ausgeht, worauf auch die großen Kerne dieser Zellen hinweisen. Der Griffel von Veltheimia besitzt drei Kanäle. Das Parenchym ist sehr locker und zartwandig. Die Kanalzellen gleichen denen von Hyacinthus und lassen sich ebenfalls bis in den Fruchtknoten verfolgen. Den Verlauf des Drüsengewebes verfolgte ich eingehend an vollständigen Schnittserien durch den Griffel und Fruchtknoten von Tiilipa hortensis, von der es in Lehrbüchern allgemein heißt, daß die Narbe unmittelbar dem Fruchtknoten aufsitze. Da aber ein zirka 4 mm langes Stück unter der Narbe ganz gleich dem Griffel einer Lilie oder einer Kaiserkrone gebaut ist, und erst nach dieser Zone die Plazentabildung beginnt und der Ansatz der Samenknospen, so glaube ich dieses Stück als Griffel be- zeichnen zu können. Auf Tafel I ist in Fig. 2 ein kleines, schematisches Bild dieser Verhältnisse gegeben. Die Figuren 10, 11, 12, 13 (p. 4) der Textabbildungen geben schematische Darstellungen der Verteilung des Drüsengewebes, welches dunkler gehalten wurde. Die Verwachsung der drei Narbenteile, die nicht nur an der Innenseite sondern auf der ganzen Oberfläche mit ein- bis mehr- 1 Mangin L., Sur l'emploi du rouge de ruthenium en anatomie vegetale (Comptes rend., 1893, t. 116, p. 653). 2 Tschirch, 1. c. . Anatomie des Griffels. 347 zelligen Drüsenhaaren bedeckt ist, findet an den Außenrändern statt, so daß ein dreiteiliger Kanal frei bleibt. Diese Narbenpapillen sind vielfach in Lehrbüchern abgebildet. Unter der Verwachsungsstelle teilt sich das Gefäßbündel, von dem man Endigungen in den Narbenteilen sieht. Dieses Gefäßbündel kann dann an der Nahtstelle bis in die tiefsten Teile verfolgt werden. Der Kanal wird nach unten enger und kleiner. Die Drüsen- zellen entsprechen ganz den von Schürhoff^ gegebenen Be- schreibungen der Drüsenzellen von Lilimn Martagon. Sie zeigen sehr große Kerne, die oft fast den ganzen Zellraum füllen. Der dreiteilige Mittelkanal öffnet sich gegen das Gefäßbündel zu, in tieferen Lagen zu drei neuen Kanälen, deren nach innen gekehrte Wand von dem Drüsengewebe bekleidet ist (Fig. 12). Diese Wand wird von einem Gewebestrang durchbrochen, der sich dann zur Bildung der Samenanlagen einrollt (Fig. 13). Fig. 1 auf Tafel I zeigt dies im Längsschnitt auf einem Querschnitt durch den Frucht- knoten. Deutlich läßt die Färbung mit Alaunkarmin die Drüsenzellen an ihren enormen Kernen erkennen. Es ist demnach ein voll- kommener kontinuierlicher Zusammenhang der Drüsenschichte von der offenen Narbe bis zur Mikropyle vorhanden, so daß der Pollen- schlauch mit größter Leichtigkeit den Weg zu derselben finden kann; ein Durchwachsen von Gewebeparüen ist hier durchaus nicht notwendig. 2 Es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß von der gegen das Gefäßbündel liegenden Seite der drei Fruchtknotenfächer mehrzellige Drüsenhaare in das Innere zwischen die zwei Samenknospenreihen hineinragen. Es kommen ferner in jeder Parenchymzelle, besonders im oberen Teil des Griffels, Öltropfen vor, die sich nach Behandlung mit Scharlachrot lebhaft und dauernd färben. Es ist ätherisches Öl, was auf analoge Weise nachgewiesen wurde wie bei dem Griffel von Echeveria.^ Die zahlreichen Spaltöffnungen haben starke Kutikularleisten und fallen besonders auf der Narbe auf, wo sie auch zwischen den Papillen vorkommen. Im Handbuche Organographie und Systematik der Pflanzen von Wiesner-Fritsch'^ wird der Griffel von Fritülaria als Über- gangsbildung zwischen den drei Griffeln von Colchictim und dem einen Griffel von Lilmm angeführt. Dieser Griffel wurde aus anderen Gründen besonders genau untersucht und es konnte folgendes festgestellt werden. Die drei Narbenteile, die nicht sehr weit auseinanderweichen, sind leicht eingerollt und sind an der Innenseite, aber auch an der Außenseite dicht mit Trichomen bedeckt, die meist einzellig sind. Zwischen diesen und auch sonst auf der ganzen Oberfläche sind wieder zahlreiche Spaltöffnungen. An der Innenseite erscheinen die Zellen bald nach dem Verwachsen der Narbenteile als das bereits bekannte Drüsengewebe. Die Ver- wachsung erfolgt an den Rändern der nur wenige Zellschichten 1 1. c. 2 Wie auch Straßburger schon angenommen hat (vgl. p. 3). 3 Vgl. p. 13. ■1 1. c, p. 174. . .'. ■ ■ 348 B. Leitmeier-Bennesch, zählenden Narbenteile, so daß ein ziemlich weiter, einheitlicher, dreiteiliger Kanal entsteht. Kutikula ist innen keine vorhanden, das Drüsengewebe aber läßt sich leicht bis zu den Samenanlagen ver- folgen, die sehr schön entwickelt sind und bei denen wieder jedes Integument sowie die Embryosäcke mit eigener Kutikula bekleidet sind. Anatomisch ist also kein Unterschied gegenüber dem Griffel vom Lüiuui, nur daß die Narbenteile etwas anders geformt sind. Die Drüsenzellen sind an Größe und Form nicht sehr von den früheren unterschieden, doch ist es hier mit einiger Sicherheit gelungen, den Inhalt derselben festzustellen. Um eine Kontrolle zu ermöglichen, seien hier einige Reaktionen angeführt: 1. Stärkereaktion — negativ, 2. Millons Reagens — auf Eiweis — negativ, 3. Sudan III Glyzerin — Inhalt derselbe Farbton wie die Kutikula des Außenrandes, 4. Anilinblau — intensive Blaufärbung, dunkler als die Plasma- inhalte der anderen Zellen, 5. Scharlachrot — keine Färbung, 6. Rutheniumrot — keine Färbung, 7. Kupfersulfat und Kalilauge — hellblaue Färbung der Zellinhalte, 8. Zuckerreaktion nach Molisch.^ a-Naphthol und konzentrierte Schwefelsäure ergab zarte Rotlilafärbung im selben Farbton wie es die Kontrollreaktion auf den Nektarien am Grunde der Korollblätter ergab. Es dürften also in diesen Zellen zuckerhaltige Schleime abgesondert werden, womit die Reizwirkung dieser Zellen genügend erklärt wird. Man kann sich diese Erscheinung sehr gut so erklären, daß die Stoffe, welche die Pflanze zur Kutikulabildung brauchen würde, hier zur Bildung dieser Reizstoffe verwendet werden. Dort, wo keine Reizstoffe mehr nötig sind, an den Integumenten (das Drüsengewebe reicht ja bis zu den Samenanlagen), ist die Kuükula wieder ausgebildet. Auf diese Art ist die Entstehung aller bisher genannten Griffel aus der Verwachsung dreier Fruchtblätter zu erklären, gleichviel ob innen eine Kutikula vorhanden ist oder fehlt. Durch die mehr oder weniger verdickten Membran- partien der Drüsenzellen aus dem Innern des Kanals diffundiert das Sekret. Die Drüsenzellen und Papillen der äußeren Epidermis haben eine feine Kutikula. Von den bisher beschriebenen Typen weicht der Bau des Griffels von Oniithogalmn Boiicheanum einigermaßen ab. Es finden sich in den inneren Drüsenzellen des Griffelkanals, die in Fig. 4 auf Tafel I abgebildet sind, Tropfen aetherischen Öles, ebenso sind in den äußeren Parenchymschichten häufig ganze Ansammlungen 1 Molisch, H. 1. c, p. 118. Anatomie des Griffels. 349 dieser Tropfen. Eine Differenzierung derselben von den Zellkernen erzielt man durch Behandlung mit Anilinblau. Die Kerne und Plasma- reste erscheinen blau, während die Tropfen ungefärbt bleiben, dagegen erzielt man kräftige Färbung mit Scharlachrot. Die äußere Epidermis zeigt einen ganz auffälligen Anblick (Fig. 5 auf Tafel I). Am Quer- schnitt fallen die Kutikularschichten unter der Kutikula auf, welche mit Chlorzinkjod braun werden und in ziemlich regelmäßigen Abschnitten Buckel aufweisen. Die darunterliegenden, nach innen verdickten Membranpartien geben Zellulosereaktion. Am Oberflächen- schnitt, Fig. 6, sieht man, daß diese Buckel kleinen Kratern gleichen, von denen Leisten strahlenförmig ausgehen. Da mit Rutheniumrot intensive, dunkle Weinrotfärbung dieser Partien eintritt, kann man annehmen, daß sie verschleimen, was damit übereinstimmt, daß sich der Griffel sehr glatt anfühlt. Außer den Öltröpfchen sind auch kleine feste glänzende Einschlußkörper vorhanden, die an die bei Hyaciiithns beschriebenen erinnern. Die Narbenpapillen sind in Fig. 3 auf Tafel I dargestellt. Sie sind sehr groß, sehr dickwandig und besitzen riesige Kerne. Dies spricht für sezernierende Tätigkeit. Im ganzen Griffel finden sich zahlreiche Raphidenschläuche, wie sie für Galatithus- Fruchtknoten bekannt sind. Es wurde auch eine zweite Art, Ormthogaluni collintitn, untersucht. Der Bau des Griffels ist ganz gleich. Raphiden kommen in gleicher Menge vor, die Öltröpfchen fehlen aber hier in den äußeren und inneren Zellreihen. Letztere sind so gebaut, wie bei den früher beschriebenen Gattungen. Dagegen ist die Verschleimung der äußeren Gewebepartien weiter vor sich gegangen, die deutliche starke Rotfärbung bei Behandlung mit Rutheniumrot erstreckt sich auf mehrere Zellreihen nach dem Innern zu. Die Griffel von Lilium mariagon und Liliunt candidtiin zeigen gar nichts besonderes im Bau. Die Narben, so kompakt sie erscheinen, sind an der Stelle, wo der Griffelkanal sich bildet, offen. Die oben erwähnte Reaktion auf Zucker gab auf der frischen Narbe eine sehr zarte Lilafärbung, was auf ganz geringe Mengen Zucker schließen läßt. Schürhoff ^ beschreibt zwei kernige Zellen im Innern des Griffelkanals von Lilium mariagon. Ich habe weit über hundert Schnitte durch diese Partien untersucht, die Schnitte waren meist so dünn, daß zweifellos nur eine Zellschichte getroffen war. Die Kerne waren mit Alaunkarmin gefärbt, so daß ein Übersehen ganz unmöglich war, dennoch konnte ich wohl sehr große Kerne, oft abweichend geformte Kerne, finden, doch niemals zwei Kerne in einer Zelle. Vielleicht sind besondere äußere Umstände erforderlich, um diese Zweikernigkeit zu bewirken. Es wurden mit LilintH Mariagon und Lilinm candidiim Bestäubungsversuche in der bekannten Art vorgenommen. Die Griffel wurden 24, 36, 48 und 60 Stunden nach der Bestäubung in 96 ^j^ Alkohol fixiert und dann untersucht. Bei Lilium Mariagon waren die Pollenschläuche nach 48 Stunden sechs Zellschichten unter die Narbe eingedrungen, während die erst 24 Stunden lang in zehnprozentiger Zuckerlösung zum Keimen ge- brachten Pollenkörner doppelt so lange Schläuche besaßen. Die 1 Schürhoff, \. c, p. 192. 350 B. Leitmeier -Bennesch, o 1 1 1 1 %- o 1 1 1 1 i 1 Xi 0 3 »4 CS 1 (-" 1 1 u 1 1 "o 1 i 1 CO 3 CO ■3 Ü Z C 1) '"" -u . rt o CO ■4— > • llen Kan 0 X! 5 ichlai Ireih er N 2 :rt reich auch Nai lA; ,J-I 0 Nl ;^ CJ *^ C 3 aj ^ C J3 0 7) _c ^ ,£1 ^ ji ^ -^ ob 00 00 O) 00 ob . , 'S >^ > 1— ( > > > tn : ^r~ ^^r~ V~ oö ci C^ >^ 1— • ^ 1— 1 b— 1 ^- — >^ CO cd oö T— 1 c^ Ol ^ ^ A Trs >^ C3 :3 t~ e^ > >■ >^ ;sz ^ S ö CD oö oö <3 C^) IM V 4-1 :3 1: ■Q «•« 03 ■-^ Q . '^ t— t l< öä W ;s •o •2 »_c »— * • . Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom 11. März 1015 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruclct werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusat/C. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die .Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizer) sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Hei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belege.xemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der .-Akademie einzusenden. Für die N'eröffentlichung einer von der Klasse angenommenen .\bhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. )i^^zii>- Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 131. Band, 4. und 5. Heft (Mit 2 Tafeln und 24 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien, 1922 Holder -Pichler-Tempsky, A.-C, Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Österreichischen Staatsdruckerci Inhalt des 4. und 5. Heftes des 131. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch -naturwissenschaftliclien Klasse: Seite Priesner H., I3eitiäge zur Lebensgeschichte der Thysanopteren. [Mit 7 Text- figuren.) {Gz O"70] ^ « 67 Micoletzky H., Neue freilebende Nematoden aus Suez. (Mit 13 Textfiguren.) [Gz 1 • 50] 77 Kisser J., Amitose, Fragmentation und N'akuolisierung pflanzlicher Zellkerne. (Mit 2 Tafeln.) [Gz T— ] 105 Pintner Th., Die vermutliche Bedeutung der Helminthemvanderungen. (Mit 8 Textfiguren.) [Gz 0-50] 129 Baecker R., Über ausziehbare Gefäß- und Bastbündel und Schraubenbänder. (Mit 1 Textfigur.) [Gz 0-40] 139 \'erkaufsp reise. Preis für das hiland und Preis für Deutschland: Grundzahl (^Gz) X *ic" betreffenden Ruchhändlerschlüsselzahlen. — Auslandpreis: Grundzahl i^Gz) = Schweizer Franken. Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende ■der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten m Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Grundpreis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch Alfred Holder, Auslieferungsstelle der Akademie der Wissenschaften (Wien, I., Rotenturmstraße 25, Halbstock), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: >Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom* 11. März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreifend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden- Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen)" § 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig,, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle bat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. .Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. NEV lORK ACADFt?! OP SCIENCES Akaiemie deCoiS^issensibaften in Wien Matbematisch-naturwis.sgj2|chaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 131. Band, 6. Heft (Mit 22 TextRguren) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien 1922 Holder -Pichler-Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Osterreichischen Staatsdruckerei Inhalt des 6. Heftes des 131. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Kerner-Marilaun F., Das akryogene Seeklima und seine Bedeutung füj-,diß .., , geologischen Probleme der Arktis. [Gz 1- — ] , . . , . . ...,..,. .., 153. Stiny J., Beziehungen zwischen Talnetz und Gehirgshau in Steiermark. (.Mit 8 Textfiguren.) [Gz 0-70] • ... 187 Schnarf K., Beiträge zur Kenntnis des Pjlütenhaues vnn Ahuv^ium. (Mit 14 Text- figuren.) [Gz 0-60] lyH Verkaufspreise. Preis für Jas Inland vind Preis für Deutschland: Grundzahl i,Gz) X den bcüeffenden Buchhändlcrschlüsselzahlen. — Auslandpreis: Grundzahl (Gz) = Schweizer Franken. Textkürzung. Intolge der foitdauernden auüerordentiichen Pieissteigeruhgen ' des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschalten« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Ktasse hat in ihrer Sitzung vom M. Mar% 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). 5j 43. liereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als X'orveröffentlichungcn angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Beiegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als N'oi-veröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger hei anderen Zeitschriften eingereicht werden. I5ei der Veröffentlichung an anderer Steile ist dann anzugehen, daß die .\bhaiuilung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung hei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im .Anzeiger der .-Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung eriuilten hat, daß seine Arbeit von der .Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die X'eröffentlicliung einer von der Klasse angenommenen .Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. .\rbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (aucii nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nui' mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahl! wird, dürlen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten .Abdruck ihre Einwilligung gibt. ■ ;j5M IORI AüADE-yi 019' SCIENCES Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 131. Band, 7. und 8. Heft (Mit 1 Textfigur) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien 1922 Holder -Pichler-Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Osterreichischen Staatsdruckerei Inhalt des 7. und 8. Heftes des 131. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematiscii- naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Handel-Mazzetti H., Ergebnisse der Expedition nach China 1914 — 1918. Musci novi sinenscs. [Gz 0-40] 209 Brunswik H., Die Mikrochemie der Fiavonexkrete bei den Primulinae. [Gz 0'40] . 221 Figdor W., Mitteilungen aus der Biologischen \'ersuchsanstalt der Akademie der Wissenschaften in Wien. (Pflanzenphysiologische Abteilung, Vorstand W. Figdor.) Nr. 77. Über die Entwicklung der Wendeltreppenblätter von Hclicodiceros innscivorns Engl. (Mit 1 Textfigur.) [Gz 0*50] 233 Aigner A., (icomorphologische Beobachtungen in den Gurktaler Alpen. [Gz 1 • 2U] 243 Verkaufspreise. Preis für das Inland und Preis für Deutschland: Grundzahl (Gzj ;< den betreffenden Hiichhändlerschlüsselzahlen. — Auslandpreis: Grundzahl (Gz) = Schweizer Franken. Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen« ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende •der Arbeit ein entsprechender Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten in Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: # Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Grundpreis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch Alfred Holder, Auslieferungsstelle der Akademie der Wissenschaften (Wien, I., Rotenturmstraße 25, Halbstock), zu dem -angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel; »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissensc hatten« herausgegeben. , Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen ..-nthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom 11. März 1915 folgendes beschlossen: Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen \'eröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. \'on solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -naturviässenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. -mr. Akademie der Wissenschaften in Wien Mathematisch-natufwissenschaflliche Klasse Sitzungsberichte Abteilung I Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und Reisen 131. Band, 9. und 10. Heft (Mit 5 Tafeln und 4 Textfiguren) Gedruckt auf Kosten des Jerome und Margaret Stonborough-Fonds Wien 1923 Holder -Pichler-Tempsky, A.-G., Wien und Leipzig Kommissionsverleger der Akademie der Wissenschaften in Wien Druck der Osterreichischen Staatsdruckerei Inhalt des 9. und 10. Heftes des 131. Bandes, Abteilung I der Sitzungs- berichte der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse: Seite Oppenheimer H., Das Unterbleiben der Keimung in den Behältern der Mutter- pflanze. (Mit 1 Tafel.) [Gz 1 • 30] 279 Kubart B., Was ist Spondylostrobus Smythii F. v. Mueller? (Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren.) [Gz 0-90] 313 Kurtz H., Zwei neue Arten von Lernaeocera aus dem Nil. (Mit 2 Tafeln.) [Gz 1-10] 327 Leitmeier-Bennesch B., Beiträge zur Anatomie des Griffels. Nr. 186 der zweiten Folge. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur.) [Gz 1 • 20] 339 Verkaufspreise. Preis für das Inland und Preis für Deutschland: Grundzahl (Gz) X den betreffenden Buchhändlerschlüsselzahlen. — Auslandpreis : Grundzahl (Gz) = Schweizer Franken. Textkürzung. Infolge der fortdauernden außerordentlichen Preissteigerungen des Druckes ist die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse außerstande, die Abhandlungen im alten Friedensumfange abzudrucken; insbesondere sollen die Sitzungsberichte von den aufgenommenen Arbeiten nur das zum Verständnisse unumgänglich Not- wendige bringen. Sehr oft sind manche Einzelheiten der Versuchsanordnungen, Beobachtungsprotokolle, Zahlentabellen, Kurven, Zwischenrechnungen u. a. m. nur für den auf dem betreffenden Gebiete arbeitenden Fachmann von Wichtigkeit, während sie für den Fachmann verwandter Gebiete von minderem Belange sind. Die Autoren werden demnach gebeten, derartige Einzelheiten als »Ergänzungen< ihren Arbeiten beizugeben, und zwar womöglich in Maschinenschrift und in zwei Exemplaren. Diese »Ergänzungen« sollen nicht veröffentlicht, sondern in der Kanzlei der Akademie aufbewahrt und eines davon über Wunsch an Interessenten für einen Monat entliehen werden. Über die Beigabe solcher »Ergänzungen« wird am Ende der Arbeit ein entsprechende!- Vermerk stehen. Ferner werden die Herren Autoren ersucht, behufs Verringerung der Druck- kosten und Erzielung einer größeren Übersichtlichkeit jene Teile ihrer Arbeiten m Kleindruck zu bringen, welche ihrem Inhalte nach als Ergänzungen oder Erläuterungen des in gewöhnlichem Drucke erscheinenden Textes aufzufassen sind. Die Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen werden können: Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physischen Geographie und Reisen. Abteilung IIa., Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mathematik, Astro- nomie, Physik, Meteorologie und Mechanik. Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Chemie. Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der Anatomie und Physiologie des Menschen und der Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin. Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhandlungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Grundpreis beigesetzt ist, kommen Separatabdrucke in den Buchhandel und können durch Alfred Holder, Auslieferungsstelle der Akademie der Wissenschaften (Wien, I., Rotenturmstraße 25, Halbstock), zu dem angegebenen Preise bezogen werden. Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie und verwandte Teile anderer Wissenschaften« herausgegeben. Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die Preise werden nach dem jeweiligen Stande der Valuta nach Maßgabe der Verhältnisse berechnet. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung vom 11. März 1915 folgendes beschlossen; Bestimmungen, betreflfend die Veröffentlichung der in die Schriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzunehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäftsordnung nebst Zusatzbestimmungen). § 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter- suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen werden. Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen, aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes enthalten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist. Unter den gleichen Voraus- setzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen Mitteilung zu machen und sie beizu- legen, falls sie bereits im Besitz von Sonderabdrucken oder Bürstenabzügen sind. § 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht, bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie aufgenommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts veröffentlicht werden. Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Einreichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrucke seiner Arbeit von der Akademie erhalten hat. Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei anderen Zeitschriften eingereicht werden. Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche den- selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt, ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig, sobald der Verfasser die Ver- ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar der mathematisch -natui-wissenschaftlichen Klasse der Akademie einzusenden. Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhandlung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen: 1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden, dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch nicht auszugs- weise) veröffentlicht werden; 2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden; 3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt. ^\ ^ / WHOI Librarv ■ Sf "■jä'^ , 5 WHSE 00861 '. ^ ^ k k » * I » * ^t^^ ^^^^^:v;• ^!<►::^ •>:'»: • k • k k % « W^» « )■ » Ir V v...«%k»ii4»V ti^* ► • fc • " r*fcfr>»l>^ ».fr » b » P » • k *.».* fc fc • fc * fc^* te^» ».•^" ■ yyy.i'A-yyy. **»!.*. •% fr • » • » » fc fc » • * - . •'•'•>t<»>t'M'''.\*t' »i * fc » » k (» », •,;.;.»/.;. ':•:•:•>:•:' . ••Warbt »»•••««