HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖL.OGY GIFT OF LX^_Cv>^_v^ C3-i- V\ K WlXCiSLTW v\\z. SITZUNGS-BERICHTE DER GESELLSCHAFT NATURFORSCHENDER FREUNDE ZU BERLIN. IM JAHRE 1873. BERLIN FERD. DÜMMLERS VERLAGSBUCHHANDLUNG l UND 1873. HAKUWITZ UND OOSSMANN Inhalts-Verzeichniss aus dem Jahre 1873. Ascherson. Ueber die durch die milde Witterung dieses Winters hervor- gerufenen abnormen Vegetations- Erscheinungen, p. 10. — Ueber J. Jankhauser's Entdeckung des Vorkeims von Lycopodium annotinum, p. 22. — Ueber ein Exemplar von Cardamine pratensis mit abgefallenen Seitenblättchen , p. 25, 50 und 53. — Replik auf Herrn Bouche's Vortrag über verspätete und beschleunigte Blüthenentwicklung im ver- flossenen Winter, p. 50. — Ueber Schwimmblätter bei Ranuncutus scele- ratus, p. 53. — Ueber ein abnormes Exemplar von Peucedanum cervaria, p. 97. ^ Bouche. Ueber verspätete und beschleunigte Entwicklung von Blüthen während der späten Herbst- und ersten Wintermonate, p. 45. — Ueber Knospen aus den Seitenblättchen bei Cardamine, p. 53. Braun. Ueber einen Blüthenstand von Primula ofßcinalis mit abnormer Gipfelblüthe und Trennung der Blumenblätter, p. 37. — Ueber Abfallen der Seitenblättchen bei Cardamine, p. 52. — Neue Beobachtungen über Rückschläge an Cytisus Adami, p. 63. — Eine neue Art von Syringa aus dem botanischen Garten S. correlata, p. 69. — Ueber Darlingtonia Califortiica , p. 73. — Ueber ein gefülltes und durchwachsenes Exemplar von Arahis Thaliana, p. 75. — Ueber die Weinrebenarten des gemässigten Klimas der nördlichen Erdhälfte, mit besonderer Hervorhebung der Ana- logieen zwischen alt- und neuweltlichen Arten, p. 105. — Ueber eine eichenähnliche Schwarzeole unweit Blankenburg, p. 109. — Ueber einen unterirdischen Pilz aus einem Brunnenschacht Berlins, Agaricus lepidus p. 125. Dönitz. Ueber in eigenthümlicher Weise krankhaft veränderte Federn des Haushuhns, p. 20. IV Inhalts- Verzeichniss Ehrenberg. Beobachtungen an einem seit lo Jahren lebend gehaltenen Hypochthon Laitrenti, p. 7. — Tod desselben, p. 104- — Ueber massen- hafte Gesteinsproben des Polycystinen- Kalkes von Barbados, und Vor- zeigen einer Probe des Bathybius , v. Huxley p. 19. — legt AI. Agassiz's Revision der Echiniden und seine eigenen über 200 Abbil- dungen fossiler Polycystinen vor, p. 26, 27. — R. Schemburgk's Jahresbericht über den zoologisch-botanischen Garten in Adelaide, p. 37. — Nachricht über die Schenkung der Insel Penakese an Prof. Agassi z p. 58. Erman. Ueber Besselia paradoxa, p 26. Ewald. Ueber ein neues Goeloptychium aus der obern Senoner Kreide von Haldem in Westphalen, p. 38. Förster. Vorbereitungen zu den Expeditionen für Beobachtung des Venus- durchganges, p. 106. Fritsch. Ueber neuere Erfahrungen im Gebiet der mikroskopischen Stereoskopie und über einen von E. Gundlach angefertigten Binoeular- Apparat, p. 9. Gerstäcker. Ueber Tracheenkiemen bei ausgebildeten Insekten, p. 99. — Ueber zwei von ihm beobachtete Fälle täuschender Aehnlichkeit zwischen Schmarotzer und Wirthsthier, (Crypturus argiolus und Conops diadematus), p. 110. — Ueber Harnsäure-Absonderung bei Insekten und über einige bei der Zucht der Ameisenlöwen beobachtete Entwicklungs- vorgänge, p. 138. Hartmann. Ueber Äxine belones, p. 82. — Ueber den Stielmuskel der Anatifa laevis, p. 94. — Zeichnungen der Muskeln der Abdominalseg- mente von Crangon vulgaris, und über nicht quergestreifte Muskeln bei Cephalopoden und Vorticelliden, p. 94. — Schaufeiförmige Fühleran- hänge bei männlichen Gammarus pulex, p. 94, Jickeli aus Hermannstadt. Die Resultate seiner Bearbeitung der Land- und Süsswasser-Mollusken Nordostafrikas, p. 4. Köhne (Gast.) Ueber monströse Blüthenstände der Primula ojyxcinalis, p. 55. Magnus. Photographie eines Rehbocks mit monströsem Geweih, p. 34. — Ueber Verzweigungserscheinungen bei Cladostephus, Halopteris, Tri- chothamtiion und einigen Cladophera-Arten, p. 40. — Querschnitte des Fruchtknotens von Darlingtonia Californica, p. 49. — Ueber Abfallen der Seitenblättchen bei Cardamiiie pratensis, p. 51. — Ueber Ranuucitlus sceleratus, p. 54. — Versuche über die Zusammengehörigkeit des Aeri- aus dem Jahre 1873. v dium urticae mit einer Puccinia auf Carex hirta, p. 75. — Photographie der Ueberwalhing einer Pappel, p. 133. — Ueber die Einwanderung zweier Rostpilze, Puccinia Malvacearum und Cronartium rihicola, p. 134- Malm aus Gothenburg. Ueber zweigeschlechtliche Zwillingsbildung hei Hering und Makrele, p. 'J4. V. Martens. Ueber das Vorkommen von Clmisilia Italu und Helix Au- striaca in Deutschland, sowie über die geographische Verbreitung von Helix nemoralis, hortensis, Austriaca und silvatica, p. 127. Neumeyer. Plan einer Exploration der Macdonalds -Inseln durch die Corvette Arcona, p. 105. Orth. Ueber die Bedeutung der mechanischen Analyse für die Unter- suchung und Kenntniss geologischer Ablagerungen, p. 1. — Ueber die Untersuchung der grobem Gemengtheile geologischer Ablagerungen und des Culturbodens, p. 27. — Gazzeri's und Lambruschini's Priorität in Annahme der sogenannten Absorption des Bodens für Pflanzennähr- stoffe, p. 32. Peters. C'nemidophorus nigricolor, neuere Art aus Caracas p. 76. Reiche-rt. Anzeige des Todes von G. Rose, p. 83. — Ueber den asym- metrischen Bau des Kopfes der Plewonectiden, p. 83. Struve aus Russland. Ueber harnsaure Salze in den Cocons imd Exkre- menten der Seidenraupe, p. 61. Urban (Gast). Ueber Einschleppung neuer Pflanzenarten nach Frankreich durch die Heereszüge von 1870 und 71, p. 77. Eingegangene Schriften, p. 18, 24, 35, 43, 59, 82, 106 und 146. Am 9. Juli des laufenden Jalires erlebte die Gesellschatt naturforschender Freunde ihren lÜÜ. Stiftungstag. Sie feierte denselben durch Veröffentlichung einer ,, Festschrift" in 4to mit 20 Tafeln in Kupfer- und Steindruck (Berlin: Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung, Harrwitz und Gossmann 1873) und durch ein Festmahl, an welchem auch die Familien der Mitglieder theilnahmen. Die in der Jubelschrift abgedruckte Festrede des zeitigen Directors der Gesellschaft etc. Dr. Reichert enthält das Verzeichniss der Naturforscher, welche bei Gelegenheit des so seltenen Festtages zu Ehrenmitgliedern erwählt worden sind, und giebt zugleich einen Bericht über die zur Festfeier ein- gegangenen Schriften. Sitzungs-ßericht der Gesellschaft naturforscliender Freunde zu Berlin am 21. Januar 1873. Director: Herr Professor Beyrich. Herr Orth sprach im Anschluss an die kürzlich von ihm herausgegebene „Geognostische Durchforschung des schlesischen Schwemmlandes zwischen dem Zobtener und Trebnitzer Ge- birge" über die Bedeutung der mechanischen Analyse für die Untersuchung und Kenntniss geologischer Ablagerungen und über die Principien, wonach die verschiedenen für diesen Zweck construirten Apparate hergestellt sind. Er erörterte anschliessend die Nothwendigkeit, die feinerdigen Theile gesondert von den gröberen Gemengtheilen zu untersuchen und empfahl für die Abgrenzung beider die Fallgeschwindigkeit resp. die zum Ab- schlämmen erforderliche Stromgeschwindigkeit innerhalb senk- rechter, cylindrischer und mit Wasser von bestimmter Tempe- ratur erfüllter Räume, bezogen auf isodiametrische Quarzkörner VOR 0.05 Millimeter Durchmesser. Bei dem zwischen nahen Grenzen schwankenden specifischen Gewicht des Quarz wird diese Bestimmung als genau genug angesehen werden können und es wird auf solche Weise die Vergleichbarkeit verschiedener Apparate möglich , ein absolutes Maass für die Vergleichung derselben gewonnen sein, was bei vielen sehr vermisst werden muss. 1 2 Gesellschaft naturforschender Freunde. Redner entwickelt darauf, wie sowohl bei den gröberen als den feinerdigen Gemengtheilen eine weitere Trennung riothwen- dig ist und führt als Beispiel die staubig-mehlige Feinerde des LÖSS und die mehr gebundene thonige Feinerde an. Es ist durch die mechanische Analyse nicht möglich, den Quarzstaub vollständig von dem eigentlichen Thon abzutrennen und jener ist oft in ausserordentlich feiner Zertheilung vorhanden. Aehn- lich fand Alexander Müller bei künstlich dargestelltem Feld- spathstaub, dass nach dem Schütteln in einem Cylinder mit Wasser nach einer Stunde ruhigen Absetzens noch über ein Viertel des feinen Feldspathmehls in der Wassersäule suspendirt war. Bei der Untersuchung des schlesischen Löss, welcher in der Nähe des Zobten und in weiter Erstreckung auf den Höhen und an den Abfällen des Trebnitzer Gebirges von Oels bis nach Obernigk vom Vortr. nachgewiesen ist, ergab sich als charakte- ristisch , dass der Quarzstaub (Kieselstaub) von einem Durch- messer von O.Ol bis 0.05 Millimeter den grössten Theil der Lössfeinerde ausmachte (Trichter 3 des Nöbelschen Apparates) wie aus zahlreichen Untersuchungen in oben angeführter Schrift hervorgeht. Andererseits lässt sich durch die mechanische Analyse in dem genannten Bezirke leicht nachweisen, wie der dem Dilu- vium zur Unterlage dienende Tertiärthon vielfach in das Dilu- vium verschwemmt und mit Sand und Quarzstaub zu thonigem Sand, lehmigem Sand, sog. Diluviallehm u. a. vermengt ist. So wie man Kugeln von fettem Tertiärthon im Diluvialsande nicht selten antrifft, so giebt es sogar Stellen, an welchen ausgedehnte und unregelmässig verlaufende Thonlager mitten im Diluvialsand angetroffen werden, welche als ein Thonconglomerat, als die' Anhäufung von durch die eigene Plasticität verbundenen Thon- schoUen angesehen werden müssen. Eine sehr interessante Stelle dieser Art ist an der Breslau-Posener Eisenbahn zwischen Stein 3.55 und 3.65 bei Obernigk, wo in Folge der Vorberei- tung des zweiten Eisenbahngleises ein längeres Profil in vor- züglicher Weise aufgeschlossen und in seiner ganzen Erstreckung zu beobachten war. Im Diluvium der norddeutschen Ebene sind von den nor- dischen Einschwemmungen die auf das südliche Gebirge und Sitzung vom 21. Januar. 3 die auf die tertiäre Grundlage als Ursprung hinweisenden Ge- mengtheile zu sondern. Die auf südlichen Ursprung hinweisen- den Gemengtheile sind von der südlichen Grenze des Diluvial- meeres ausgehend im Wesentlichen nicht weit nach Norden vorgeschoben und man findet beispielsweise im schlesischen Di- luvium bei Breslau die Waldenburger Porphyre meist südlich der Oder. Die Tertiärformation hat je nach ihrer Beschaffen- heit einen sehr verschiedenen Einfluss auf die Zusammensetzung des Diluviums gehabt. Wo, wie in den östlichen Bezirken der norddeutschen Ebene und in Mittelschlesien, fetter Thon in der Tertiärformation häufig vorkommt, sind auch vielfach thonige Beimengungen in das Diluvium übergegangen und dasselbe zeichnet sich daselbst aus durch eine grosse Bindigkeit des Di- luviallehms und die geringe Durchlässigkeit für Wasser. Wo, wie in der Mark Brandenburg, im Tertiärgebirge viel Form- sand vorkommt, dagegen der Thon weniger vertreten ist, hat dies auch einen entsprechenden Einfluss auf die Beschaffenheit des Diluviums gehabt. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass im Ganzen und Grossen der aus der Tertiärformation ein- geschwemmte Tertiärthon resp. Formsand in den unteren Teufen des Diluviums häufiger anzutreffen ist, als in den oberen. Etwas Aehnliches lässt sich da nachweisen, wo, wie in Westphalen , die Kreideformation, oder, wie in der Provinz Sachsen , der Buntsandstein die Basis für die Ablagerung des Diluviums abgegeben hat. Von dem grössten Einflüsse auf die Cultur und das Leben der Menschen in Norddeutschland ist die Umlagerung von Theilen der Tertiärformation im Diluvium ge- wesen, indem dieses in oben angegebenem Sinne auf die Durch- lässigkeit und Undurchlässigkeit der Bodengrundlagen den aller- grössten Einfluss gehabt und für geographische Verschiedenheiten die Veranlassung gewesen ist. Es ist dieses um so bedeutsamer, als die vom Boden abhängigen geographischen Eigenthümlich- keiten ganz wesentlich und in erster Linie durch das Verhalten zum Wasser bestimmt werden. Es ist also die mechanische Analyse der Bodengrundlagen, wodurch diese Verschiedenheiten hauptsächlich nachgewiesen und die genauere Kenntniss der geologischen Absätze möglichst vermittelt werden muss, am besten in Combination mit der chemischen Analyse. Für einen 1* 4 Gesellschaft naturforschender Freunde. grossen Theil des Culturbodens der Mark Brandenburg und namentlich auch hier bei Berlin ist so ermittelt, dass in den feinerdigen Theilen der Quarzstaub sehr stark, der Thon weniger vertreten ist, was bei der Durchlässigkeit der hiesigen Boden- grundlagen auf Vegetation und Cultur keinen günstigen Einfluss gehabt hat. Die geringe Bindung des oberen Bodens hat nament- lich auch die Beweglichkeit des feinen Sandes und das Auftreten von Quarzstaub in der Luft begünstigt. Herr Jickeli als Gast sprach über die Resultate seiner Bearbeitung der Land- und Süsswasser-Mollusken Nord-Ost-Afrikas. Um die Bearbeitung der auf seiner Reise in Aegypten , Bogos, Anseba, Beniamer, Habab und Samhar gesammelten Mollusken in gewünschter Ausstattung veröffentlichen zu können, wurde, da Herr Prof. Peters die Benutzung der Sammlung des K. zool. Museums in gütigster Weise gestattete und Herr Dr. v. Martens die Arbeit hülfreich unterstützte, die gesammte Fauna der Land- und Süsswasser-Mollusken Nord-Ost- Afrikas bearbeitet. Der Vortragende legt eine Suite seiner Reiseausbeute vor und theilt mit, dass seine Arbeit als gegenwärtig von N.-Ost- Afrika bekannt: 96 Land-, 68 Süsswasser- und 14 Arten sub- mariner Mollusken ergiebt. Unter diesen sind 97 von seiner Reise mitgebrachte Arten, von denen sich 43 als neue Arten herausstellten. Von 6 für N.-Ost-Afrika neuen Gattungen wur- den Valvata als neu für das afrikanische Festland und eine kleine Landschnecke als überhaupt neue Gattung hervorgehoben. Das Gehäuse der letzteren hat die Form von Vitrina, ist aber durch kleine in Spiralreihen stehende Grübchen, die sich zu blinden, senkrecht in die Schale eindringenden Canälchen all- mählich verjüngen, ausgezeichnet. Eine ähnliche Schalenstructur findet sich bei der Brachiopoden- Gattung Waldheimia; jedoch mit dem Unterschiede, dass die Canälchen hier die ganze Schalendicke durchsetzend sich nach innen öffnen und nach aussen durch scheibenförmige Deckelchen geschlossen scheinen. Nach freundlichen Mittheilungen von Dr. O. R ei nh ard t lindet sich eine ähnliche Schalenstructur bei Pisidien. Das Gehäuse der genannten Schnecken hat 2^ Windungen, die durch ihr von Beginn rasches Anwachsen, anfangs an Parmacella erinnern. Die Zungenbewaffnung zeigt die Form von Ifelix, aber im ganzen Sitzung vom 21. Januar. 5 nur 17 Zähne in einer Querreihe; ein kaum erkennbarer Kiefer ist vorhanden. Neben Feststellung der neuen Arten seiner Ausbeute, Zu- sammenstellung aller bekannten und deren Synonyme widmete die Arbeit des Vortragenden der geographischen Verbreitung besondere Aufmerksamkeit. Als auffallend weit verbreitet, wer- den folgende 4 Arten hervorgehoben: Pupa umbilicata Drp. In Süd- und Westeuropa weit ver- breitet, kommt sie in Algier, auf den Azoren, Madera (P. anco- nostoma Lowe, fanalensis Lowe) den Canaren vor. Die Sahara scheint ihrer Verbreitung nach dem Süden und Osten Afrikas ein Ziel zu setzen ; sie überspringt aber diese und kommt in den N. -Ost-Grenzländern von Abyssinien, wo sie der Vortra- gende in Habab auf Enjelal 7995 F. hoch sammelte, vor. Heuglin fand diese Art im südlichen Abyssinien. Bulimus (Pupa) fallax Say. Diese Art wurde, als Nord- Amerika und den westindischen Inseln eigenthümlich, dem in verschiedene Arten geschiedenen B. coenopictus Hutt. von Hin- dostan gegenübergestellt, indem man die letztere als durch ein Knötchen auf der Mündungswand ausgezeichnet, von der ersteren als der mit unbewehrter Mündung trennte. Der Vortragende hat Gelegenheit gehabt, sich an einer grössern Reihe von Exemplaren des B. coenopictus Hutt. zu überzeugen, dass das Knötchen zuweilen mit dem rechten Mund- rand verschmilzt und so verschwindet. Dagegen war das Knöt- chen bei B. fallax Say von Ost -Florida als Verdickung des rechten Mundrandes zuweilen zu erkennen, sogar solche Exem- plare fanden sich, bei welchen es deutlich getrennt auf der Mündungswand stand. Vortr. vereinigt daher diese zwei For- men zu einer Art, die in der alten Welt gewöhnlich mit, da- gegen in der neuen gewöhnlich ohne das Knötchen auf der Mündungswand vorkommt. Es ergab sich so das Vorkommen dieser Art in N.- Amerika, Westindien, in Hindostan und Afgha- nistan, zwischen diesen weitgetrennlen Fundorten ist das Vor- kommen im stillen Ocean auf Sir Charles Hardy Island bei Neu Irland bekannt. Im rothen Meere sammelte sie der Vortragende auf den Inseln Dahlak und Schech Said und beobachtete ihre Verbreitung durch das sandige Küstenland nach Abyssinien bis 6 Gesellschaft natur forschender Freunde. zu 4500 F. Ferner ist sie aus dem Sennaar und von West- Afrika auf Gorea bekannt. Als einziger Gesellschafter auf den sterilen Inseln des rothen Meeres begleitet diese Art B.pullus Gray, dessen höchstes Vorkommen auf dem afrikanischen Fest- lande Weld-Jawa in Beniamer 2814 ist. Dieser geht auch nach Afghanistan und Hindostan, wo er in den Himalaya steigt. An der Westküste Afrikas ist er durch Bul. subdiaphanvs vertreten. Die vierte Art, welche wegen grosser geographischer Ver- breitung erwähnt wird, ist eine Süsswasser- Schnecke, Melania tuberculata Müll. Sie ist durch Issel von Malta bekannt, in Tripolis durch Rohlfs, von Algier, Marocco, und vielfach von West- Afrika. Als eine der gemeinsten Arten der Nilländer steigt sie von Ünter-Aegypten bis zu den Seen hinauf und ver- breitet sich durch Abyssinien weiter nach Süden bis Mosambik, ist aber nicht mehr vom Natal bekannt. Dagegen geht sie über Madagascar, Bourbon in den indischen Archipel und bis zu den Philippinen. Von Hindostan steigt sie über Beludchistan, Afgha- nistan, Persien, in das obere Mesopotamien (hier bei Ras-el-ain von Haussknecht gefunden) und schliesst sich in Palästina und im Kaukasus bei Poti wieder an das engere europäische Faunen- gebiet. Die genannten 4 Arten ausgeschlossen, ergiebt sich folgende geographische Verbreitung der Mollusken N. -Ost-Afrikas. Die Nilländer sind wesentlich aus 2 Factoren zusammengesetzt. Von den Arten Unter -Aegyptens gehören 7 Helix., 3 Chondrida, 1 Sira und 2 Süsswasser-MoUusken der südeuropäischen Küsten- fauna an, während die Nil-Mollusken Spatha, Lanistes, Amjml- laria, Cleopatra tropisch -afrikanische Gattungen sind. Ein an- deres Bild bietet die Fauna der oberen Nilländer, nur eine Helix (melanostoma Drp.) von den genannten europäischen Formen ünden wir hier, dagegen sind zu den tropisch -afrikanischen Gattungen, welche wir in Unter-Aegypten begegneten, den Cha- rakter der Fauna vervollständigend, Aetheria., Physops-is, Acha- tinen und Limicolarien getreten. Die oberen Nilländer haben mit West-Afrika 3 Landschnecken, 11 Süsswasser-Mollusken be- stimmt gemein; von diesen letzteren kommen 6 Arten in Abys- sinien vor. Isidora contorta Mchd. und Forskalii Ehrenb., welche noch in Süd-Afrika vorkommen, iliirfleii durch ganz Sitzung vom 21. Januar. Hoch -Afrika verbreitet sein. Abyssinien hat ausser den zum Nilgebiet gehörigen Arten Succinea badia Morel mit West-Afrika, Pupa fontana Krauss, Succinea striata Krauss mit dem Natal und Petraeus abyssinicus Rüpp. bestimmt mit Ostindien gemein. Mit den Nilländern hat Abyssinien ausser den zugleich West- Afrika angehörenden Arten 4 übereinstimmend. Eigenthümlich ist das Fehlen der Limicolarien im eigent- lichen Süd-Afrika. Zwei Arten gehen von Süd-Europa über Aegypten, die afri- kanische Ostküste bis nach Süd-Afrika. Schliesslich bemerkt der Vortragende, dass auch unter den auf seiner Reise gesammelten Arachniden einige südeuropäische Arten sind; nicht nur unter den in Aegypten, sondern auch unter den in Abyssinien gesammelten und zwar nach freund- lichen Mittheilungen von Herrn Dr. L. Koch in Nürnberg fol- gende Arten: Siideuropa. Palästina. Aegypten. Algier. Abyssi- nien. Chersis gibbulus Duf. . . . — — — Jick. Filistata bicolor Walck. . — — — Jick. Theridium trianguliferum Walck — Jick. — Latrodectus malmignattus — ?Jick. Textrix rufipes Luc .... — -?Jick. Pkolcus nvulatus Forsk. . — Jick. Dysdera lata Son .... — Jick. Drassus lutescens C. Koch — Jick. „ mundulus Comb. — — Jick. Tegenaria pagana C. Koch — Jick. Latrodectus hamatus C.Koch — — Jick. Herr Ehrenberg brachte den seit 1859 fort und fort mun- ter lebenden Hypocltthon Laurenti auch für dieses Jahr zur An- schauung. Die fortgesetzte Beobachtung desselben Individuums erstreckt sich nun auf 13 Jahre 5 Monate. Als Maassstab für seine Form- und Farbe- Veränderung wurden 4 auch damals ge- fangene, in Weingeist aufbewahrte, gleich grosse Exemplare 8 Gesellschaft naturforschender Freunde. vorgezeigt, an denen damals die Analyse ihrer im Darme be- findlichen Nahrungsstoffe ausgeführt worden ist. Diese Wein- geist-Exemplare sind noch jetzt weisslich, fast fleischfarbig ge- blieben, während das lebende Thier in den 13 Jahren eine dunkle, fast schwarze Färbung angenommen hat. Bei dem er- langten Alter ist die Körperlänge fast unverändert geblieben und in der äusseren Form ist nur der korallrothe, baumartige, sonst grosse Athmungs-Apparat der Kiemen immer mehr ver- kümmert und ausser Thätigkeit gekommen. Die sehr geringe Entwicklung und noch geringere Bluterfüllung beweisen auch heute, dass durch diese die Athmung nicht mehr besorgt wird, vielmehr ist directe Luft- Athmung durch die nur wenig ausge- bildeten Lungen offenbar feststehend geworden. Es ist nicht eine vollkommene Metamorphose der Kiemen erfolgt, wie sie bei jungen Fröschen und Tritonen vor sich geht, sondern nur eine unvollkommene Verkümmerung und zwar so, dass ein Wiedererscheinen der grossen rothen Kiemen nicht mehr erwar- tet werden kann, aber auch keine Aussicht Geltung gewinnt, dass der Ueberrest der Kiemengebilde ganz verschwinden, oblit- teriren werde. Diese Veränderung der Kiemen und die ganz abweichend entwickelte Hautfärbung, die sich den Tritonen nähert, erscheinen hierbei nicht als Wachsthums- und Alters- Entwicklungen, sondern durch die veränderten äusseren Lebens- bedingungen hervorgerufen zu sein. Obwohl vor dem Lichte geschützt, ist dieser Schutz doch unvollkommener, als in den Adelsberger Höhlen und mag die Färbung der Haut heeinflusst haben. Die geringere Wassermenge mag für die Sauerstoff- Aneignung aus der darin befindlichen Luft erschwerend gewirkt und somit die Verkümmerung der Kiemen die Entwickelang grösserer Lungenthätigkeit bewirkt haben. Der bisher gleichzeitig mit dem Hypochthon zur steten Ver- gleichung lebend erhaltene Triton lacustris ist im Sommer vori- gen Jahres*gestorben, nachdem er vwn der Schimmel-Krankheit völlig genesen war, an der er Jahre lang schwer gelitten, so dass er öfter für todt gehalten. Veränderungen waren in dem langen Zeitraum weder an Grösse noch an Gestalt bei. ihm be- merkbar geworden. Sitzung vom 21. Januar. 9 Herr Gustav Fritsch berichtet über seine neueren Er- fahrungen im Gebiete der mikroskopischen Stereoskopie mit be- sonderer Berücksichtigung der photographischen Darstelhing solcher Bilder und stellt der Gesellschaft die dabei zur Verwen- dung gekommenen Apparate vor. Er macht darauf aufmerksam, dass man Arbeiten dieser Art nach drei verschiedenen Methoden ausführen kann, entweder durch Antugen einer photographischen Camera an ein binoculares Mikroskop, oder durch Aufnahme zweier Bilder nach einander, die mit der rechten resp. der lin- ken Hälfte des Objectivs allein entworfen worden, oder endlich mittelst der stereoskopischen Wippe. Die ebenfalls zu dem ge- nannten Zwecke empfohlene Verschiebung des Objectes einmal in die rechte und dann in die linke Hälfte des Gesichtsfeldes erwies sich als unwirksam. Er zeigt darauf der Gesellschaft eine stereoskopische Wippe vor, die nach seinen Angaben von E. Gundlach gefertigt wurde, bevor das Werk von Moi- tessier erschien, in welchem ein ähnlicher Apparat französi- scher Erfindung beschrieben wurde; er erläutert die Vortheile, die er für seine Construction glaubt in Anspruch nehmen zu müssen, indem er gleichzeitig darauf hinweist, dass er Gelegen- heit nehmen wird, in nächster Zukunft ausführlicher auf diesen Gegenstand einzugehen und die dabei in Frage kommenden theoretischen Erörterungen zu behandeln. Es werden darauf von dem Vortragenden eine Anzahl neuerer Arbeiten von ihm aus dem Gebiete der Mikrotypie, theils Dia- tomeen theils stereoskopische Objecte aus dem Thierreich dar- stellend, herumgereicht und erläutert. Schliesslich demonstrirt er der Gesellschaft einen noch von Gundlach selbst angefertigten vortrefflichen Binocular-Apparat, der sich an das gewöhnlicheGundlach'scheStativNo.2 mitLeich- tigkeit anbringen lässt, sowie einige andere auf seine Veranlas- sung angefertigte Apparate derselben Firma. Dieselben umfas- sen: einen sogenannten aplanatischen Corrector, d. h. einen Tubus mit einer achromatischen Zerstreuungslinse, welcher beim Photographiren in den Tubus des Mikroskopes (ohne Ocu- lar) eingesetzt wird und dazu dient, der Wölbung der Bildfläche sowie der unvermeidlichen Farbenzerstreuung, welche sich er- giebt, wenn man in wesentlich anderer Entfernung mit dem 10 Gesellschaft naturforschender Freunde. Objectiv arbeitet, als für die es corrigirt ist, entgegen zu wirken. In England und Anii'rika soll man bereits solche Apparate mit Vortheil zur Anwendung bringen, während bei uns darüber noch keine Erfahrungen vorliegen. Ferner: periskopische Ocu- lare, enthaltend eine grosse Sammellinse von kurzer Brenn- weite und eine so d;imit combinirte Augenlinse, dass ein viel grösseres Gesichtsfeld zur Anschauung gebracht wird, als bei einem gewöhnlichen Ocular; gleichzeitig ist dasselbe verhältniss- mässig sehr eben. Endlich: ein System No. 5, gefertigt von Gundlach's Nachfolger Herrn Seibert, welches mit einer sehr ausgiebigen Correction versehen ist, um die gerade bei diesem Objectiv schon sehr störende Verschiedenheit der Deckglasdicken unschädlich zu machen; gleichzeitig aber auch durch Ueber- oder Unter- corrigiren des Objectives mit Aufgeben des starken Auflösungs- vermögens eine bedeutendere Tiefenzeichnung zu ermöglichen, sobald es das Object verlangt. Der Vortragende macht schliesslich darauf aufmerksam, dass E. G und lach selber zwar aus der genannten Firma ausge- schieden ist, dass das Geschäft aber unter Beibehaltung der alten bewährten Arbeiter weiter geführt wird, und der zeitige Inhaber desselben, Herr Seibert, es sich ausserordentlich angelegen sein lässt, allen billigen Anforderungen gerecht zu werden. Herr Ascherson besprach, unter Vorlegung frischer und getrockneter, im Freien blähend gesammelter Pflanzen- Exem- plare, die durch die milde Witterung dieses Winters hervor- gerufenen abnormen Vegetations-Erscheinungen. Obwohl die in Berlin gemachten Aufzeichnungen und von verschiedenen Orten Nord- und Mitteldeutschlands erhaltenen Nachrichten keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit er- heben können, vielmehr nur gelegentlichen Beobachtungen ihren Ursprung verdanken, so scheint es doch, um ein anschauliches Bild der Erscheinungen zu geben, zweckmässig, dieselben schon jetzt in Form einer chronologischen Aufzählung zusammenzu- stellen. Die Beobachter waren: Berlin: Herr Gymnasiallehrer Dr. W. Dumas, Stabsarzt Dr. F. Naumann, Dr. C. Bolle, Dr. P. Magnus, Cand. phil. Sitzung vom 1. Januar. 11 J. Urban, Stud. phil. W. Vatke, Herr Universitäts- Gärtner Sauer, die Gärtner Herren Barleben jiin. und H. Linde- muth, der Vortr. Schwenow, Kr. Beeskow-Storkow: Frl. E. Messow. Landsberg a. W.: Herr Gymnasiallehrer Heideprim, Herr Gymnasiast Paeske. Sommerfeld i. d. M. : Herr Apotheker R. Knorr. Rottwerndorf b. Pirna, Königr. Sachsen: Rittergutsbes. H. Degenkolb. Zuschendorf b. Pirna: Rittergutsbes. Hedenus. Hadersleben: Herr Dr. P. Prahl. Warburg in Westfalen: Herr Cand. phil. J. Urban. Dyck bei Glehn (Kr. Grevenbroich): Herr Fürstl. Salm- scher Gartendirector A. Hermes. Die in [ ] geschlossenen Data beziehen sich auf Beobach- tungen, die zwischen dem Tage des Vortrags und der Nieder- schrift zur Kenntniss des Vortr. kamen. Wo nichts anderes bemerkt ist, wurden die betr. Pflanzen blühend beobachtet. 1. Nov. 1872. Sommerfeld: Medicago hispida Gaertn. var. denticulata (W., als Art) bl. u. fr. (Knorr.) 24. Nov. Berlin: Ranünculus acer L. , repens L., Fumaria officinalis L., Stenophragma Thalianum (L.) Cel., Erysimum chei- ranthrides L., Koniga maritima (L.) R. Br., Thlaspi arvense L., Capsella Bursa pastoris (L.) Mnch., Raphanistrum silvestre (Lmk.) Aschs., Viola tricolor L., Melandryum album (Miil.) Gke., Coronaria Flos cuculi (L.) A.Br., Agrostemma Githago L., Spergula arvensis L., Stell ularia medi a (L.) Cir., Malva neglecta Wallr., Erodium cicatarium (L.) L'Her., Medicago lupulina L. , Melilotus officinalis Desr., Trifolium repens L., Potentilla reptans L., Oeno- tJiera biennis L. , Aethusa - Cynapium L., Bellis perennis L., AchUlea Millefolium L., Chrysanthemum, inodorum L. . C corona- rium L. . Senecio vulgaris L., S. vernalis W. K., Carduus crispus L., Cirsium lanceolatum (L.) Scop., Leontodon auctumna- lis L. , Sonchus oleraceus L., Taraxacum vulgare (Lmk.) Schrk. Anchusa arvensis (L.) M. B., Linaria arvensis (L.) Desf. Vero- nica agrestis L., Lamium purpureum L. , Anthoxanthum odoratum L., Avena sativa Ij.. Dactylis glomerata L., Poa annua L., Glyceria aquatica (L.) Wahlberg, Festuca elatior L. (Vatke), 12 Gesellschaft naturforschender Freunde. 26. Nov. Dyck: Jasminum nudiflorum Lindl. beginnt (Hermes). 28. Nov. Berlin: Ranunculus acer L., Papaver dubium h., Arabis arenosa (L.) Scop., Stenophragma Thalianum (r>.) Celak., Erijsimum cheiranthoides L., Berteroa incana (L.) D. C. , Thlaspi arvense L., Capsella Bursa pastoris (L.) Mnch., Bapha- nistrum silvestre (Lnik.) Aschs., Gypsophila muralis L. , Melan- dryum album (Mill.) Gke., Spergula arvensis L., Stellularia media (L.) Cir., IHalva neglecta ^Ya,\\r., Erodium cicutarium (L.) L'Her. , Aethusa Cynapium L. , Bellis perennisL. , Erigeron canadensis L. , Artemisia campestris L. , Achillea Millefolium L., Anthemis arvensis L. , Chrysanthemum inodorum L. , Senecio vulgaris L., Centaurea Cyanus L, Carduus nutans C, C. cris- pus L. (Knospen), Cirsium lanceolatum (L.) Scop., Leontodon auctumnalis L., Sonchus oleraceus L., Taranacum vulgare (Lmk.) Schrk., Anchusa arvejfbis (L.) M. B., Linaria arvensis (L) Desf., Lamium purpureum L. , Dactylis glomerata L. , Poa annua L. (Dumas und Vatke). 3. Dec. Sommerfeld: Medicago hispida Gaertn. var. den- ticulata (W., als Art) und M. arabica (L.) All. bl. u. fr. (Knorr). 8. Dec. Berlin: Erysimum cheiranthoides L., Capsella Bursa pastoris (L.) Mnch., Bellis perennis L., Senecio vulgaris L. , Lamium amplexicaule L. , Ve- ronica agrestis L. (ürban). 10. Dec. Schwenow: Viola odorata L. (Frl. Messow). — Berlin, Botan. Garten: Viola altaica FaW., Ste\- lularia media (L.) Cir., Doronicum cordatum (Wulf.) Sz. Bip., Senecio vulgaris L., Calendula arvensis Li., Antirrhinum majus L., Lamium purpureum L., Euphorbia Peplus L., Ur- tica urens L., Alnus incana (L.) D. C. einzelne stäubende Kätzchen auf dem Boden gefunden, Poa annua L., Bromus unioloides H. B. Kth., B. maximus Desf. (Ascherson). 11. Dec. Berlin: Bellis perennis L. , Centaurea Cya- nus L. (Dumas.) 14. Dec. Letschin im Oderbruche: Reseda odorata L., Rosa chinensis Jacq. var. semperßorens Curt. ? (nach Paeske). 15. Dec. Landsberg a. W. Rosa chinensis Jacq. var. sem- Sitzung vom 21. Januar. 13 perflorens Curt.? halbgeöffnet (Heideprim), Viola odorata L., Linaria bipartita (Vent.) Willd. (Paeske). IS.Dec. Berlin, üniversitätsgarten: Alnus cordata Loisl. Kätzchen auf dem Boden gefunden (Magnus). 29. Dec. Warburg: Hepatica triloba GH., Viola odo- rata L., Rihes Grossularia L., an frischen, von denen von 1872 scharf abgesetzten Trieben mit entfalteten Blättern (Ur- ban). 11. Jan. 1873. C'irsium lanceolatum (L.) Scop. (od. Carduus nutans L.?) auf der Eisenbahnfahrt zw. Landsberg a. W. und Berlin gesehen (Heideprim). Warburg: Corylus Avellana L. bl., Bosa arvensis Huds. mit frischen Blattti-ieben. B. centifolia L. mit altem Laube, [welches erst nach dem Froste Ende d. M. abfiel.] (Anemone nemorosa L. und Daphne noch nicht!) (Urban.) 13. Jan. Warburg: Capsella Bursa pastoris(L.) Mnch. Stellularia media (L.) Cir., Senecio vulgaris L., Anthe- mis Cotula L., Veroni ca hederi/olia h., Lamiumamplexi- caule L., Poa annua L. (ürban). 14. Jan. Dyck: Eranthis hiemalis (L.) Salisb., Hel- leborus viridis L. var. purpurascens W. K., H. foetidus L., Corydallis lutea (L.) D. C, Matthiola incana (L.) R. Br., Viola odorata L., Silene pendula L., Kerria japonica (L.) D. C, Potentilla sterilis (L.) Gke., Bosa chinensis Jacq. var. semperflorens Curt. cum hybridis, Cydonia japonica (Thunb.) Pers. , Lonicerasempervirenslj.? , Nardosmiafragrans(L.) Cass., Bellis perennis L. , Erigeron canadensis L. , Senecio vul- garis L., Calendula officinalis L., Rhododendron dahuricum L., Jasminum nudicaule Lindl., G entiana acaulis L., Phlox reptans Cav., Symphytum viridiflorum (?), Veronica per- sica Poir, Lamium purpureum L. c. var. albiflora, Pri- mula elatior (L.) Jacq. var., P. Auricula L., Daphne Me- zer eum L. , Euphorbia helioscopia L. , Mercurialis annua L., Corylus Avellana L. (verblüht). (Hermes) 15. Jan. Berlin: Jasminum nudiflorum Lindl. beginnt (Bolle). Landsberg a. W.: Erysimum cheiranthoides L. , Viola tri- color L., F. altaica Pall. , Malva neglecta Wallr., Bellis per- 14 Gesellschaft naturforschender Freunde. ennis L. , Senecio vulgaris L. , Taraxacum vulgare (Lmk.) Schrk., Marrubium vulgare L., Urtica ureris L. (Paeske). Rottweri) dorf b. Pirna: Primula elatior (L.). (Jacq.) (Degenkolb). Warburg: Potentilla minor Gil. mit grossen Rlüthen- knospen (Urban). 18. Jan. Berlin, Universitätsgarten: Corylus Colurna L. (Sauer u. Barleben). Hadersleben: Viola odorata L. und Primula acau- lis (L.) Jacq. mit grossen Knospen, Corylus Avellana L., Galanthus nivalis L. (Prahl). 19. Jan. Berlin: Galanthus nivalis L. beginnt (Bolle), Brassica Bapa L. , Capsella Kursa pastoris (L.) Mnch., Raphanistrum silvestre (Lmk.) Aschs., Arenaria serpyllifolia L., Stellularia media (L.) Cir. , Malva neglecta Wallr. , Belli s perennis L.. Änthemis arvensis L., Senecio vulgaris L., Lithosperrnum arvense L., Lamium amplexicaule L. (kieistogamisch), L. purpureum L. , Anagallis arvensis L. var. phoenicea (Lmk. als Art), Urtica urens L., Poa annua L. (Dumas). 20. Jan. Berlin, Kgl. Bibliothek: Galanthus nivalis h.., Scilla sibirica Andr, (Sauer u. Barleben). Zu sehen dorf b. Pirna: Hepatica triloba Gil. (Hedenus). 21. Jan. Berlin: Jasminum nudiflorum Lindl. (Bolle u. Ascherson), Planer a repens hört, (nahezu stäubend). (Bolle). Botan. Garten: Helleborus niger L. verblüht, H. viridis L. var. div., H. foetidus L,, Capsella Bursa pastoris (L.) Mnch., Viola altaica Pall., Stellularia media (L.) Cir., Ba- silima sorbifolia (Spiraea L.) Raf. mit halb entfalteten Blät- tern, Petasites niveus (Vill.) Baumg,, (P. officinalis Mnch. u. albus (L.) Gaertn. noch nicht!), Senecio vulgaris L. , La- mium purpureum L. , Urtica urens L., Corylus Avel- lana L. beginnt, Alnus incana (L.) D. C. verstäubt, Crocus vernus All. var. beginnt, Poa annua L., Bromus unioliodes H. B. Kth. verblüht (Ascherson). [22. Jan. Berlin, Univ.-Garten: Helleborus viridis L., JI. foetidus L., Aru7n maculatum L. 1—2 Laubblätter ent- wickelt. (Sauer u. Barleben.) Sitzung vom 21. Januar. 15 24. Jan. Berlin: Scleranthus perennis L. (Naumann.) Univ.-Garten: Corylus Colurna L. verblüht, Alnus glu- tinosa (L.) Gaertn. beginnt (Barleben u. Magnus). Botan. Garten: Eranthis hiemalis (L.) Salisb. noch nicht geöffnet, Rhododendron dahuricum L.. Alnus cordata Loisl. (Lindemuth). 26. Jan. Landsberg a. W.: Brassica Rapa L., Capsella Bursa pastoris (L.) Mnch. bl. u. fr., Achillea Millefolium L., Chrysanthemum inodorum L. /. discoidea, Veronica opaca Fr., Lamium maculatum L., Poä annua L. (Paeske), 29. Jan. Berlin. Populus tremula L. Antheren frei, aber noch nicht stäubend (Dumas)]. Die mitgetheilten Thatsachen stimmen im Ganzen sehr wohl mit den vom Geh. Rath Göppert (Sitzung der botan. Section der schlesisehen Gesellschaft für vaterl. Cultur vom 12. Dec. 1872) in Schlesien [und von Prof. J. Wiesner (Oesterr. bot. Zeitschr. 1873 S. 41ff.) bei Wien] beobachteten, überein und musste Vortr. daher auch zu ähnlichen Schlüssen gelangen. Die Erscheinungen, w^elche durch das seltene und nur kurz andauernde Eintreten des Frostes in diesem Winter (die kurze Periode vom 15. bis 22. Decbr. 1872, in welcher das Thermo- meter in Berlin nicht über den Gefrierpunkt stieg, hat sich ziemlich einflusslos erwiesen [und dasselbe ist wohl von der mehrmals unterbrochenen vom 26. Januar bis 14. Februar 1873 zu erwarten]) in der Vegetations-Enlwicklung hervorgeru- fen, wichen weit weniger von der gewöhnlichen ab, als dies a priori zu erwarten gewesen wäre. Die grosse Mehrzahl der Holz- und Krautgewächse Hess sich durch die abnorm hohe Temperatur in ihrer Winterruhe nicht stören. Allerdings war der Boden vielfach mit einer zusammenhängenden grünen Vege- tationsdecke in zu dieser Jahreszeit ungewöhnlicher Weise über- zogen, indess zeigte sich dieselbe zum grössten Theil aus solchen Gewächsen zusammengesetzt, welche auch sonst in unserem Winter an frostfreien Tagen belaubt und blühend zu finden sind (in der Liste durch Antiqua - Schrift ausgezeichnet). Zu ihnen gesellten sich allerdings in ungewöhnlicher Anzahl im November Nach- zügler der Herbstvegetation (in d^^* Liste durch gewöhnliche Cur siv- Schrift bezeichnet), welche im Laufe des Decembers er- 16 Gesellschaft naturforschender Freunde. heblich abnahmen, und nur noch einzeln bis Ende Januar zu bemerk(^n waren. Im December zeigte sich dann schon (kaum einzeln im November) einige Vorläufer der Frühjalirsvegetation (in der Liste durch gesjyerrte Cursiv - Schrift zu erkennen), die dann im Januar an Zahl erheblich zunahmen und allerdings eine erheblich verfrühte Vegetations-Entwicklung bekundeten. So reichten sich allerdings die letzten Blumen des Herbstes und und die ersten Boten des erwachenden Frühlings, welche sonst durch mehrmonatlichen Frost und Schneebedeckung zeitlich ge- trennt zu sein pflegen, diesmal die Hand; indess konnte eigent- lich von einem gleichzeitigen Erscheinen derselben nicht die Rede sein, da die ersten B>ühlingöblumen im December') und die letzten Herbstblumen im Januar nur vereinzelten Individuen angehörten und keineswegs als Ausdruck der vollen Blüthezeit zu betrachten waren. Die ganze Erscheinung erinnerte unverkennbar an den Win- ter der Mittelmeer- Region, wo ebenfalls trotz des mangelnden Frostes eine Ruheperiode in der Entwicklung der meisten Ge- wächse beobachtet wird, obwohl, bei der länger fortgesetzten Blüthezeit der Herbstgewächse und den früher erscheinenden Frühlingsblumen, es niemals an blühenden Gewächsen fehlt. Es hat sich daher an der Grenze dieses Gebietes die Erscheinung ziemlich ähnlich wie bei uns gestaltet; Hr. K. K. Hofrath M. Ritter v. Tommasini schreibt von Triest, 20. Januar 1873, an den Vortr. : „Junge Freunde, die am Neujahrstage den Monte Spaccato und dessen Umgebungen besuchten, brachten von dan- nen 28 blühende Pflanzenspecies (wildwachsende) mit, freilich meistens Nachzügler der Herbstflora, die sich blühend erhalten hatten, als Centaurea., Scabiosa, Picris, Achillea, und dann solche, welche als Unkräuter auf Culturboden beinahe das ganze Jahr hindurch blühen, und auch im Winter bei milder Witterung ihre Kelche, öffnen, wie Veronica persica, Stellaria media Senecio vulgaris, aber auch reelle Frühlingspflanzen, dar- unter Priimila acaulis, Biiscus aculeatus, Erica car- ') Eine Ansnalime machte allerdings die (auch sonst häutig im Herbst blühende) Viola odorata L. Gesellschaft naiurfor sehender Freunde. 17 nea'^), Corylus, Helleborus viridis, die sonst gewöhnlich erst im Februar erscheinen. Nun blüht auch Amygdalus und es schicken sich andere Obstbäume an, ihnen zu folgen; wehe ihnen, wenn erst später Frostwetter eintreten sollte."^) Eine erhebliche klimatische Differenz gegen Berlin zeigt nur das am linken Rheinufer gelegene Dyck, wo allerdings die Zahl der blühenden Frühlingspflanzen eine grössere und ihr Er- scheinen um mehrere Wochen zeitiger war. [Dem entsprechend wurden auch in Salzburg am 6. Jan. von Jul. Hin terh über (Oesterr. bot. Zeitschr. 1873 S. 70) eine grössere Anzahl von Frühjabrspflanzen blühend beobachtet, darunter von bis jetzt noch nicht genannten Caltha palustris L., Cardamine hirsuta h., Fragaria vescaL., Chrysosplenium alterni/olium L., Tussilago F arfarus L., Primula veris, Leucoium ver- numh., Scilla bifolia L.] und Schulamtscandidat F. Kränz- i n erhielt etwa am 20. eJanuar bei Tegernsee blühend gesam- melte Exemplare von Polygala Chamaebuxus L. zugesandt^). Was die von Prof. Wiesner erwähnten Abnormitäten in der Entwickelung der einzelnen Exemplare betrifft, so bemerkte ') Dieselbe hatte in den letzten Tagen des Januar in Berlin schon geröthete Blüthenknospen (Bolle). ') Ist nach einer späteren Mittheilung (vom 20. Febr.) in der That auch dort (vom 11. bis 14. Febr.) eingetreten; doch hat die Temperatur von — 3 — 4° R. nicht schädlich eingewirkt und hat dort nunmehr der Frühling begonnen. ') [Der Kgl. Ober-Realschul-Professor M. Staub in Ofen nennt in seinem (als Zusatz zu den meteorologischen Beobachtungen der Kgl. Ungar. Central-Anstalt zu Ofen, Dec. 1872, in Ungarischer und Deutscher Sprache gedruckten) 7. Bericht über phytophaenologischer Beobachtungen für das Jahr 1872 folgende Arten als im December 1872 blühend: 17. Papaver Rhoeas L., Centaurea Cyanus L. 23. Caltha palustris L. 28. Sinapjs arvensis h., Berteroa incana (L.) D. C, Capsella B urs a pastoris (L.) Mnch., Melandryum alhum (Mill.) Gke. , Trifolium pratense L., Dipsucus laciniatus L , Scabiosa Columbaria L. var. ochroleuca (L.), Erigeron canadensis L., Achillea Millefolium L., Chrysanthemum inodorum L., Centaurea panniculata Jacq-, Carduus acanthoides L., Tragopogon pra- tensis L. var. Orientalis L. , Taraxacum vulgare (Lmk.) Schrk., Anchusa italica Retz.] 2 18 Sitzung vom 21. Januar. Vortr. dieselben ebenfalls, doch in geringerem Maasse, da die Mehrzahl der beobachteten Exemplare sich normal veihielt. Auffallende Verkürzung der Internodien bemerkte derselbe nur bei den Januar-Exemplaren von Brassica Rapa L., Raphanistrum silvestre (Lmk.) Aschs. und Anthemis arvensis L. , kümmerliche Ausbildung der Corolla (anscheinend unbeschadet der Frucht- bildung) bei Arenaria serpylH/olia, Malva neglecta und Anagal- lis arvensis (wo sie Dr. Dumas auffiel), abnorm reiche Ver- zweigung an einzelnen Exemplaren der Capsella Bursa pastoris. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou 1872 No. 2. Berliner Entomologische Zeitschrift. Jahrg. 15. 16. Ueber die physikalischen Verhältnisse und die Entwicklung der Cometen von Zenker, Berlin 1872. Sur la mesure des sensations et specialement des sensations de lu- miere et de fatigue p. Delboeuf (Extr. d. /Juli. d. l'Acad. d. Belgique 2"^e serie XXXIV 1872 No. 9. 10). A. W. Schade's BiichdrucUerei ( L. Schade) In Berlin, Stnllschreiberstrassc il Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforscheuder Freunde zu Berlin am 18. Februar 1873. Director: Herr Professor Bevrich. Herr Ehren berg sprach über 3 von Herrn Wildeboer aus Barbados ihm neulich übersandte, wissenschaftlich sehr erläu- ternde massenhafte Gesteinsproben des Polycystinen- Kalkes dieser Insel. Schon im Jahre 1846 und 1847 hatte der Vor- tragende nach Rob. Schomburgk's Materialien dieser Insel ausführliche Mittheilungen, unter Vorlegung von über 300 Abbil- dungen der sehr zierlichen organischen Formen -Elemente, der Akademie der Wissenschaften gemacht. Die jetzt vor- gelegten Proben wieder anderer Oertlicbkeiten liefsen einerseits die grofse Festigkeit des Gesteins, von dem einige Proben aus- getheilt wurden , andererseits die eben so reiche Erfüllung mit wohlerhaltenen Polycystinen wahrnehmen. Einige von dem vor- gelegten Gestein gemachte Präparate wurden unter dem Mikroskop zur Anschauung gestellt. Derselbe zeigte vorläufig auch eine Probe des von Herrn Professor Huxley in London ihm zugesandten viel besprochenen Bathybius des Meeresgrundes vor, über den nun weitere Unter- suchungen vorbereitet sind. 20 Gesellschaft natur forsch ender Freunde. Herr Dönitz zeigte Federn vom Haushuhn vor, welche durch einen krankhaften Procefs in eigenthümlicher und bisher unbekannter Weise verändert worden waren. Diese F'edern wurden von Mrs. Millington in New-York an lebenden Hüh- nern aufgefunden und sind auf Umwegen in des Vortragenden Besitz gekommen. Die Entdeckerin schreibt, dass die Thiere fleckenweise Krusten auf der Haut bekommen , welche den bei Favus erscheinenden ähnlich sehen, und sie sucht wohl mit Recht den Grund der Forriiveränderung der Federn in einer Haut- krankheit. Die eingeschickten Federn zeigen verschiedene (^rade der Erkrankung. Diejenigen, welche am wenigsten angegriffen sind, erscheinen im allgemeinen gut ausgebildet, nur einige Strahlen der Fahne haben kaum merklich verdickte weifse Spitzchen. Bei anderen sitzen weifsliche, gröfsere Körper an irgend einer Stelle der Fahne. Andere, schon stärker veränderte Federn bestehen nur aus der Spule, auf welcher ein dickes, knopf- förmiges Gebilde sitzt, das auf seiner ganzen Oberfläche wieder mit ganz kleinen , dem blofsen Auge gerade noch wahrnehm- baren Körperchen dicht gedrängt besetzt ist. An diesen P^xem- plareii ist der Schaft jenseits des Knopfes abgebrochen. Daran schliefst sich noch ein Stückchen Haut, welches ganz und gar mit eben solchen Körpern besetzt ist, wie sie der eben erwälinte Knopf trägt. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dafs man es wirk- lich mit veränderten Federn, und nicht etwa mit einem tremden Körper zu thun hat, denn die abnormen Gebilde zeigen gegen chemische Reiigentien dasselbe Verhalten, wie normale Federn und bestehen, ebenso wie diese, aus einer das Licht doppelt brechenden Substanz. Die geringsten Grade der Veränderung bestehen darin, dafs ein beliebiger Strahl der Fahne nicht spitz endigt, sondern einen Knopf trägt, welchen man am besten mit einem Mohnkopf vergleicht. Derartige Formen finden sich in verschiedener Gröfse vor. An diesen Mohnkopf-artigen Gebilden ist deutlich ein innerer, mit Luft gefüllter Hohlraum zu erken- nen, und die Wandungen bestehen abwechselnd aus dickeren und dünneren Stellen. Das peripherische Ende ist häufig ge- schlossen, nianchmal geöffnet. An gröfseren Exemplaren, deren Sitzung vom 18. Februar. 21 Anzahl bei weitem überwiegt, ist der Bauch des Mohnkopfes (wenn man den Vergleich beibehalten will) mit einer oder mehreren circulären Reihen von Blättchen besetzt, welche im Wesentlichen drei verschiedene Formen aufweisen, so jedoch, dafs die Blättchen einer Reihe einander gleichen. Sie sind ent- weder lanzettlich gestaltet, mit einfacher oder doppelter Spitze, oder stielformig, manchmal mit umgebogener Spitze, oder aber die Stiele trai^en an ihrer Spitze zwei starke, zurückgekrümmte Haken, so dafs sie wie Schiffsanker aussehen. Dabei fällt es auf, dafs alle diese Gebilde keine Gliederung zeigen, obgleich sie viel länger sind, als zwei bis drei Glieder eines Strahles zusammengenommen. Die breiteren Blättchen sind mit punkt- förmigen Verdickungen und Vertiefungen übersäet. Stellenweise findet man im Hohlraum der beschriebenen Körper rundliche, das Licht stark brechende Körnchen, welche aber in Gestalt und Gröfse so sehr wechseln, dafs man sie nicht gut für Pilz- sporen ansprechen darf. Viele der beschriebenen Hohlkörper sind am freien Ende geöffnet, andere dagegen mit einer langen Spitze besetzt, welche als die Fortsetzung des an seiner Basis miCsgestalteten Strahles zu betrachten sein dürfte. Dasselbe zeigt sich an den kleinen Körperchen, welche unmittelbar auf der Haut sitzen und welche aller Wahrscheinlichkeit nach mifsgebildete kleine Federn dar- stellen. Die beschriebene Formveränderung der Federn läuft im Wesentlichen darauf hinaus, dafs an der Fahne ein Strahl erster Ordnung nicht zur vollen Entwickelung gelangte, indem er sehr kurz geblieben ist, dafür aber sich stark aufgebläht hat. Die Strahlen zweiter Ordnung sind nicht zweizeilig an ihm befestigt, sondern sitzen in Kreisen an der aufgetriebenen Stelle. In an- deren Fällen scheint die Verkürzung und Auftreibung Strahlen zweiter Ordnung zu betreffen, und endlich scheint auch der Schaft selber eine solche Veränderung erfahren zu können. Einige Male wurde aufserdem eine mehrfache Theilung eines Strahles erster Ordnung beobachtet, wie sie normal nicht vor- kommt. Ueber die nähere Ursache dieser Formveränderung der Federn liefs sich nichts besonderes ermitteln. Die Anwesenheit 22 Gesellschaft naturforschender Freunde. von Pilzsporeri ist jedenfalls zweifelhaft; Mycelien wurden nicht aufgefunden. Die krankmacherde Ursache niufs zu einer Zeit eingewirkt haben, als die Matrix schon vollständig entwickelt war und die Bildung der Federn schon begonnen hatte, ohne dafs diese schon am Ende ihres Wachsthuras angekommen waren. Herr A scherso 11 berichtete über die von J. Fankhauser im September 1872 bei Langenau im Eramenthale (Canton Bern) gemachte und in der Botanischen Zeitung 1873 Sp. 1 ff. mit- getheilte Entdeckung des Vorkeims von Lycopodium annotinum. In unserer Kennfnifs der Lebensgeschichte dieser verbreiteten und artenreichen Gattung bestand bisher eine schmerzlich empfundene Lücke, indem die Entwickelung der Pflanze aus den Sporen nicht über die ersten Anfänge hinaus verfolgt werden konnte, die definitive Beschaffenheit der geschlechtlichen Gene- ration, des Vorkeims, mithin unbekannt blieb. Die von de Bary im Jahre 1858 geraachten Aussaaten von Lycopodium inundatum gingen , nachdem aus der keimenden Spore ein wenigzelliges Körperchen hervorgegangen war, zu Grunde; kein anderer Beobachter hat sich bisher eines grösseren Erfolges zu rüh- men gehabt. Bei der vollkommenen Uebereinstimmung der Sporangien und Sporen von Lycopodium mit den Mikrosporan- gien und Mikrosporen von Selaginella und der grofsen Aehnlich- keit des morphologischen Aufbaues und der histologischen Zu- sammensetzung der Organe beider Gattungen war die Neigung erklärlich, auch eine ähnliche Entwicklung der Lycopodium- Spore vorauszusetzen, obwohl die Beobachtungen de Bary 's, welche von der Entwickelung der löschen des Wachsthums, was bei den zwischen den Hauptfindern entsprin- genden Adventivsprossen sehr früh einzutreten pflegt. Hier wird dann der Mutterspross von dem auswachsenden Tochterspross nur unvollständig zur Seite gedrängt, und erhalten wir dann 2 auf kurzen Stielchen stehende, spitz endende Aeste, die an ihren untersten Gliedzellen eine Strecke hinauf mit einander verwachsen sind. Erwähnenswerth scheint dem Vortr. noch, dass er an niedrigen Formen aus Frankreich Wurzelhaare beob- achtete, die aus den benachbarten Zellen der convexen Seite der oberen Fiedern entsprangen, und die sich nicht selten 1 bis 2 Mal verzweigten, während dies nie bei der verwandten Poly- siphonia von ihm gesehen wurde. Schliesslich besprach der Vortragende noch einige Ver- zweigungserscheinungen bei Cladopliora, deren Entwickelung lückenlos zu verfolgen ihm leider bisher noch nicht gelang. Auf der letzten Expedition der Pommerania hatte er bei den Skaeren von Mandal an Cladophora rupestris nicht selten beob- achtet, dass von den auf einem Gliede fächerig stehenden Aesten die beiden mittelsten (in einem einzigen Falle die drei mittelsten) an ihren untersten Gliedern eine Strecke hinauf verwachsen waren, während die seitlichen, die späteren Ursprungs sind , in ihrem ganzen Verlaufe frei waren. Die Untersuchung der jungen Spitzen zeigte unter vielen ge- musterten Spitzen zwei, bei denen aus der Scheitelzelle selbst seitlich ein bedeutender Höcker hervorgesprosst war. Stellt man sich nun vor, dass eine Scheidewand demnächst auf- treten würde, die von der Einbuchtung der Scheitelzelle nach deren Basis hin verlaufen würde, und die beiden Spitzen zu Aesten auswachsen, so hätten wir 2 eine Strecke hinauf mit einander verwachsene Aeste, deren Entwickelungsgescbichte eine ganz andere wäre, als die der verwachsenen Aeste von Tricho- thamnion. — Eine Cladophora^ deren Species Vortr. noch nicht bestimmen konnte, erhielt derselbe freundlichst vom Professor C. M(>bins zugesandt, der sie am 4. October an der Kieler bucht bei der Sceburg in der Tiefe eines Fadens gesammelt hatte. Sitzung vom 15. April. 43 Diese C/ac?oj)Äora-Exeinplare zeigen ganz constant bei jeder Verzweigung zwei mehr oder minder hoch hinauf verwachsene Aeste. Leider konnte auch an diesem Materiale bisher nicht die Entwickelungsgeschichte dieser Bildung verfolgt werden, da Vortr. an dem getrockneten Veteriale bisher keine Vegetations- spitzen auffand. Verwachsungen der Sprosse finden sich übri- gens schon gezeichnet an manchen Cladophora- und Ectocarpus- Arten in Kützings Tabulae phycologicae, so namentlich an Cladophora longiarticulata aus dem Ad riatischen Meere, ohne Versuch, diese Bildung zu erklären. Als Geschenke wurden dankend entgegengenommen: Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissenschaften. De- cember 1872. Appendix observationum botanicarum ad indicem seminum in horto Berolinensi anno 1812 collectorum. Auct. A. Braun. Report on the progress and conditions of the botanic garden and Government Plantations — Adelaide 1872 — byR. Schom- burgk. bade 's Buclidruckerei (L. Schade) in Berlin , StaUschroiberstr. 4i Sitzun OS-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin am 20. Mai 1873. Director: Herr Dr. Ewald. HerrBouche theilte seine Ansichten und Beobachtungen über verspätete und beschleunigte Entwickelung von Blüthen wäh- rend der späten Herbst- und ersten Wintermonate mit. Nach seinen langjährigen Beobachtungen und Erfahrungen seien diese Erscheinungen viel mehr durch die Witterungsverhältnisse des vorhergegangenen Sommers als durch die Milde des Winters be- gründet. Jede Pflanze bedürfe, bevor sie sich zum Blüthen- und Fruchtansatz anschicke, ihrer Eigenthümlichkeit angemessen, einer gewissen Ruhezeit, um durch allmäligen Stillstand und Abschluss ihrer Vegetationsperiode die zur Bildung von Blüthen erforderlichen festen Stoffe abzulagern. Dass eine solche Ab- lagerung fester Stoffe, und besonders Amylum, ein wichtiger Factor zur Erzeugung von Blüthen und Früchten ist, beweisen am besten die Obstbäume und besonders solche, die mehrere Jahre hintereinander, Behufs der frühzeitigeren Fruchtreife, der künstlichen Treiberei ausgesetzt waren. Durch das naturwidrige frühzeitige Antreiben in den Gewächshäusern reifen sie nicht nur zeitiger ihre Früchte, sondern vollenden auch früher ihre Vegetationsperiode und werfen früher das Laub ab. In der darauf folgenden Treibperiode, die schon Ende November be- ginnt, blühen sie sehr willig schon früher und entwickeln sich schneller als noch nicht zur Treiberei benutzte, dennoch aber 6 4G Gesellschaft naturforschender Freunde. darf man nicht darauf rechnen, mehr nnd sicherer gute Früchte zu erzielen. Werden solche Bäume nun wohl gar zum dritten Male zur Frühtreiberei benutzt, so erscheinen nicht nur sehr wenig Blüthen, sond(!rn ist auch auf Fruchtansatz gar nicht mehr zu rechnen. Diese Abnahme des Blüthen- und Fruchtansatzes beruht lediglich auf Schwäche des Baumes, denn trotz aller Pflege, hinsichtlich der Temperatur, Lüftung, Düngung und des Begiessens, ist es unmöglich, eine vollkommene Ausbildung der Trieb- und Blüthenknospen herbeizuführen, weil ihm die er- forderlichen richtigen atmosphärischen Bedingungen in den ge- schlossenen Räumen und in den kurzen Wintertagen die nothi- gen Lichtmengen nicht gewährt werden können. Die Folge davon ist, dass die Zweige von Jahr zu Jahr schwächer werden, und endlich aufhören Blüthenknospen zu bilden, wie es auch Prof. Dr. Hoffmann in Giessen an verschiedenen Gehölzen beobachtete (Siehe Wochenschrift des Gartenbau-Vereins in den K. Preuss. Staaten für Gärtnerei und Pflanzenkunde 187L pag. 17. 30. 36 u. 46). Nach sehr gründlichen Untersuchungen von G. Fintelmann und Mitscherlich ist ebenfalls festgestellt, dass die Schwächung der Obstbäume bei der künstlichen Trei- berei besonders dadurch entsteht, dass sich mit jeder neuen Treibperiode die Alagerung von Amylum in den jüngsten Zwei- gen und Knospen mehr und mehr so vermindert, dass sich im vierten Jahre keine Fruchtknospen mehr bilden können. Wer- den nun Pflanzen, besonders solche, die in den ersten Frühlings- monaten ihre Blüthen entfalten, durch irgend einen Umstand veranlasst, ihre Vegetationsperiode früher als gewöhnlich abzu- schliessen, so tritt nicht allein die Ruhezeit früher ein, sondern sie werden auch veranlasst, bei günstigen Witterungsverhält- nissen, unter denen allein ein Wachsen stattfinden kann, ihre Blumen früher zu entfalten; hierzu trägt ein milder Winter, wo die Temperatur möglichst wenig unter dem Gefrierpunkt sinkt, sehr viel bei, denn jedes Wachsthum, sogar die Saftbewegung in den Bäumen, hört auf, sobald das Thermometer auch nur \ Grad unter Null sinkt. Das frühere Abschliessen der Vege- tationsperiode kann zwei verschiedene Ursachen haben, entweder ein frühzeitiger Frühling, der die Entwickelung beschleunigt, in Verbindung; mit trockncm warwen Wetter, wodurch es den Sitzung vom 20. Mai. 47 Pflanzen an Feuchtigkeit fehlt, um ihre Blattorgane längere Zeit zu ernähren, oder auch trockner Boden, der dieselbe Erschei- nung bewirkt. Eine nicht unwesentliche Einwirkung übt auch ein sehr warmer, lange andauernder Sommer und feuchter Herbst auf die frühere Entwickelung der Blüthen aus, weil dadurch be- sonders bei Zwiebelgewächsen, den meisten frühblühenden Per- ennen und Gehölzen, die unter solchen Umständen in der An- lage von vorhandenen Blüthenknospen in der Fortentwickelung mehr angeregt werden, als bei kühlem, trockenem Sommer- und Herbstwetter. Pfirsichen, Aprikosen, Daphne Mezereum, Rhodo- dendron dauricum z. B. werfen, auf trocknem Boden stehend, ihr Laub viel früher ab, als auf feuchtgründigem, weil sie aus Mangel an Feuchtigkeit und Nahrung genöthigt sind, ihre Vege- tationsperiode früher abzuschliessen, besonders Daphne und Rhododendron pflegen unter solchen Umständen, in Verbindung mit einem milden Winter, alsdann auch ihre Blüthen viel früher, sogar oft schon Ende December, zu entfalten. Das frühzeitige Blühen des Mandelbaumes, der Anemonen und vieler Zwiebel- gewächse des südlichen Europas hat auch hauptsächlich seinen Grund in den vorher erwähnten Motiven. Verzögerte sich das Wachsthum und Treiben der Frühlingspflanzen durch ein spätes Frühjahr, war es stets feucht, so dass sie lange Zeit in Vege- tation blieben, und trat darauf ein kühler Sommer und Herbst ein, so habe ich oft beobachtet, dass selbst sehr milde Winter nicht im Stande waren, schon im December und Januar Früh- lingsblumen, wie wir es im letzten Winter zu sehen Gelegenheit hatten, hervorzulocken. Der frühere Abschluss der Vegetations- periode, ein warmer Sommer u. s. w. machen sich auch bei den im Winter künslich zu treibenden Gewächsen, z. B. Hyacinthen, Tulpen, Maiblumen, Crocus, Narzissen und sogar beim Flieder in einer für den Gärtner günstigen Weise bemerkbar, indem sie, so vorbereitet, viel williger sind ihre Blüthen unter dem Einfluss künstlicher Wärme sicherer und frühzeitiger, und zwar schon vom Ende November ab, zu entwickeln, als unter den entgegen- gesetzten Umständen. Es lässt sich daher mit wenigen Aus- nahmen behaupten, dass nicht in der Milde des Winters, son- dern hauptsächlich in den Witterungsverhältnissen des vorher- gegangenen Jahres der Grund in dem verfrüheten Erscheinen 6* ■in Gesellschaft nahirfor sehend er Freunde. von Blumen so vieler Frülilingspflanzen zu suchen ist. In solchen Jahren, wo diese günstigen Umstände gemeinsam auftreten, ist es nicht selten, dass sich schon im September und Üctober ein- zelne Blüthen an Aurikeln, Primeln, Gentiana acaulis und verna, Soldanella, Omjihalodes verna, Saxifraga oppositifolia und retusa finden, die eigentlich erst im folgenden Frühlinge blühen sollten, auch Viola odorata semperflorens blüht alsdann nicht nur früher, sondern auch reichlicher in den Herbstmonaten. Um das Blühen der Aurikel, Primula Auricula, im Herbste zu verhindern, weil dadurch die Frühlingsflor beeinträchtigt wird, pflegt man sie beim Eintritt eines heissen Nachsommers an der Nordseite einer recht kühlen Mauer aufzustellen. Auch das zweimalige Blühen von Gehölzen, z. B. Apfel- und Birnbäumen, Cytisus Laburnum, des Schneeballes, der Rosskastanie u.m.a., in demselben Jahre ist ebenfalls von solchen "Witterungsverhältnissen abhängig. Für meine Ansicht spricht besonders die Rosskastanie; bevor ein solcher Baum, gewöhnlich im September oder October, zam zweiten Male blüht, wird mau finden, dass er vorher die im Frühling gebildeten Blätter, nachdem der erste Trieb abge- schlossen und sich die Knospen für die Frühlingsperiode voll- ständig ausgebildet haben, abwirft, einige Zeit ruht und mit dem Eintritt der feuchteren Herbsttage unter dem Einfluss verhält- nissmässig warmen Wetters von Neuem treibt und zum zweiten Male Blüthen trägt. Eine künstliche Verkürzung der Vegeta- tionsperiode wurde früher von den Gärtnern bei Rosa damascena bifera oder B. omnium calendarum sehr geschickt in Anwendung gebracht, um sie frühzeitiger wieder in Blüthe zu haben; die dazu bestimmten Bäumchen wurden von Ende Juli ab spärlich und nur so viel begossen, dass sie nicht vertrockneten, in Folge dessen sie Ende August entblättert waren, alsdann verpflanzt, besser gepflegt und erforderlichen Falles ins Gewächshaus ge- stellt wurden, wodurch man von Ende October bis zum Er- scheinen anderer, künstlich getriebener Rosen ununterbrochen Blumen erzielte. Auf ähnliche Weise bereitete man Granat- bäume, die schon Anfang December blühen sollten, vor. Auch bei Kamellien, Rhododendron, und indischen Azaleen tritt die Blüthezeit, ohne dass sie im Winter einer höheren Temperatur ausgesetzt worden, früher ein, wenn sie im Vorjahre bis zur Sitzung com 20. Mai. 49 Ausbildung der jungen Triebe und dem Ansatz von Blüthe- knospen bis gegen Mitte des Sommers im Gewäcbshause ver- blieben , um dadurch ihre Vegetationsperiode früher zum Ab- schhiss zu bringen. Hinsichtlieh der Spätlinge oder Nachzügler von Pflanzen, die im Sommer und Herbst blühen, oft aber noch bis zum Eintritt des Winters Blüthen entfalten, trägt allerdings mildes Wetter zu dieser Erscheinung viel bei, weil sie nicht durch Frost zerstört werden, in sehr vielen Fällen aber tritt ein spätes Blühen ein, wenn sie Ende des Sonmiers, durch Abfressen oder Abmähen ihrer Gipfel beraubt, veranlasst werden, noch einmal zu treiben, und aus den untern Theilen der zum Herbst absterbenden Blüthenstengel sogenannte schlafende Augen und mit diesen Blüthen zu entwickeln, wie wir es häufig bei Nigella arvensis, Centaurea Cyanus und Jacea^ Linaria vulgaris, Antir- rhinum majus, Veronica longifolia, Phlox paniculata., Scabiosa Columbaria, arvensis (Trichera), Crepis tectorum u. hiennis u. dgl. finden, oder es sind solche Pflanzen, die in einem Jahre meh- rere Generationen haben, z. B. Senecia vulgaris, Alsine media, Lamium a7nplexicaule, Urtica urens, Tldaspi bursa pastoris u. s. w. Am auffälligsten ist die Verfrühung der Blüthezeit bei den Frühlingspflanzen, während die dieselbe begünstigenden Witte- rungsverhältnisse auf die Blüthezeit solcher Gewächse, die in der zweiten Hälfte des Sommers blühen, fast einflusslos bleiben. Auch wird das frühere Erscheinen der Blumen von Peren- nen, besonders Zwiebelgewächsen, fast gar nicht bei Gehölzen, durch eine sehr hohe und lang andauernde Schneedecke begün- stigt, weil diese das Eindringen des Frostes in den Boden ver- hindert, dieser während des Winters eine, zwar nur sehr geringe, Wärme behält, und die Pflanzen veranlasst werden, seblst bei sehr strenger Kälte unter dem Schutze des Schnees ungestört, wenn auch langsam, fortwachsen zu können, und nach dem Schmelzen des Schnees beim Eintritt milden Frühlingswetters sehr bald ihre Blüthen entfalten. Im Anschlüsse an Prof. Braun 's, hier durch Zufall weggeblie- benen im nächsten Bericht nachfolgenden Vortrag über Darlingtonia cali/ornica zeigte Herr P. Magnus die Querschnitte des Frucht- knotens derselben unter einem Demonstrations- Mikroskop. Er bemerkte, dass ihm dasselbe sehr billig — für 2^Thlr. — zu stehen 50 Gesellschaft naturforschender Freunde. gekommen sei, dadurch, dass er sich von dem hiesigen Optiker Herrn R, Krügelstein, Leipziger- Str. 130, einen schön gearbeiteten Objecthalter gekauft habe, die derselbe für 2^ Thaler liefere, und die er zu jedem Tubus und jedem Präparaten -Format an- fertige, so dass man den Tubus und die optischen Gläser des Arbeits - Mikroskopes mit Leichtigkeit zum Demonstrations- Mikroskop verwenden kann. Herr Ascherson bemerkte zunächst, dass die Ausführungen des Herrn Insp. Bouche ihn nicht überzeugt hätten, dass den von Letzterem erwähnten wichtigen und interessanten Thatsacheii bei der Erklärung der ungewöhnlichen Vegetations-Erscheinungen des verflossenen Winters, neben der abnorm hohen Temperatur der Wintermonate, ein hervorragender Platz einzuräumen sei. Für die verlängerte Blüthezeit der Herbstgewächse könne die Witterung des Frühjahrs und Sommers schwerlich von Einfluss gewesen sein; für die verfrühte Blüthe der Frühjahrspflanzen könne die einige Male im Sommer 1872 eingetretene heisse und trockne Witterung möglicher Weise vorbereitend gewirkt haben (obwohl auf zeitigere Frühjahre und trocknere Sommer, als der vorige war, bei normaler Wintertemperatur auch nicht annähernd ähnliche Erscheinungen gefolgt seien); nothwendig sei indess diese Annahme nicht, da wenigstens bei den Zwiebelgewächsen, wie Ir misch (Zur Morphologie der monokotyl. Zwiebel- und Knollengewächse S. 2G2) treffend bemerkt, nach dem Sommer- schlafe im Herbst die Vegetation von Neuem beginnt: „sie (die Arten der Gattung Gagea) würden auch in unsern Gegenden schon im Januar und Februar zur Blüthe kommen, aber der Winter hält sie zurück; die Unterbrechung der Vegetation ist eine äussere, es ist eine Hemmung, welche durch künstliche Mittel beseitigt werden kann." Im Winter 1872/73 fiel diese äussere Hemmung für manche Frühjahrsgewächse fort, welche mithin 1 — 2 Monate vor i^er normalen Blüthezeit aufblühten. Ferner legte Herr Ascherson an verschiedenen Fundorten in der Nähe Berlins in den letzten Wochen gesammelte Exemplare von Cardamine pratensis L. vor, welche das im Sitzungsbericht für März d. J. (S. 26) erwähnte Abfallen der Seitenblättchen der Stengelblätter zur Anscliauung brachten. Diese Erscheinung steht mit der zuerst von Cassini beschriebenen Entwickelung Sitzung vom 20. Mai. 51 von Knospen auf den Blättern dieser bekannten Crueifere in engstem Zusammenhang, worauf Vortr. von Dr. P. Magnus, der diese Knospenbildung bereits seit mehreren Jahren verfolgt hat, geleitet wurde. Derselbe machte den Vortr. auf einen vor- trefflichen, in der Botan. Zeitung 1845 8p. 537 u. 561 ff. abge- druckten Aufsatz des Prof. Munter aufmerksam, in welchem die Knospenbildung und das Abfallen der Blättchen auf das Eingehendste geschildert wird, Indess haben sowohl Cassini als Munter die Ablösung der Seitenblättchen nur an den Grundblättern beobachtet; bei den Stengelblättern scheint sie noch nicht erwähnt zu sein; allerdings hat auch Dr. Magnus dieselbe, sowie auch die in den meisten Fällen zu beobachtende Persistenz des Endblättchens wahrgenommen. Die Stengelblätter, welche die Foliola abwerfen, pflegen an Grösse und Gestalt der- selben den Grundblättern zu gleichen; die gewöhnlichen lanzett- lichen Blättchen pflegen sich nicht abzulösen. Vortr. zeigte bei dieser Gelegenheit ein Exemplar vor, an welches die Höcker- chen, welche später zu Knospen auswachsen, auf einem stehen gebliebenen Endblättchen eines Stengelblattes besonders zahl- reich entwickelt waren und an welchen ausserdem, was ebenfalls bisher nicht bemerkt scheint, auf dem Mittelstreif (Rhachis), neben der Narbe eines abgefallenen Blättchens, eine Knospe mit zwei schon entwickelten Blättern vorhanden ist. An einem Exemplare derselben Pflanze mit sog. gefüllten Blüthen, von G. Hieronymus im Canton Bern gesammelt, zeigten sich an den Stengelblättern an der Einfügung der übrigens wie gewöhn- lich lanzettlichen Seitenblättchen Höcker, welche den letzt- erwähnten Fall zu erklären scheinen. Aehnliche Höcker finden sich auch an denselben Stellen an Exemplaren von Cardamine amara L. (Uebergang zur subsp. Opicii Best, (als Art) (vgl. R. v. üechtritz in Verhandl. des botan. Vereins für Branden- burg 1872), welche Herr Präsident Dr. v. Strampff bei Samaden im Engadin sammelte. Herr P. Magnus bemerkte dazu, dass er in den letzten Jahren fast jedes Frühjahr an überschwemmten Wiesenufern, namentlich am Ufer des Schlachiensees, sehr reichlich die ab- gefallenen Fiedern mit den ihnen entsprossenen Pfläuzchen ge- sammelt habe, und trugen die daneben stehenden, sich über den 52 Gesellschaft naturforschender Freunde. Winter gehalten habenden Pflanzen meist nur die bis anfs stehen gebliebene Endblättchen nackten Spindeln der Wurzel- und Stengelblätter. Die so gesammelten Fiedern wurden in getrock- neten Exemplaren und in Spiritus conservirt herumgereicht. Nur die Endfiedern der Wurzelblätter waren meist nicht abge- fallen und hingen die diesen entsprossenen Ptiänzchen daher noch durch die Spindel mit der Mutterpflanze zusammen, und trugen solche Pflänzchen der Endfiedern zuweilen schon wieder ausgewachsene Knospen auf ihren Blättchen, wie das auch schon Munter beobachtet hat. Auf den Fiederchen traf er bis zu 7 Knöspchen, und hatte Herr Dr. Mylius bei Soldin noch mehr darauf beobachtet und Vortr. freundlichst gesandt. Die Knösp- chen Sassen immer auf der Oberseite über der Gabelung der Nerven; zwei und drei Knospen über einand' r wurden nur an den unteren Knoten der Hauptnerven bemerkt. Die ersten Wurzein dieser Blattknöspchen entspringen ebenfalls oberflächlich. Vortr. hat nun nicht selten beobachtet, dass aus diesen Höckerchen nurWurzeln entsprangen, wie das auch schon Cassini in einzelnen Fällen bemerkt hat, cf. Munter 1. c, und trat dieses meist an den Fiedern der dem Boden enge anliegenden Wurzelblätter der auf trockenen Wiesen wachsenden Pflanzen ein. Adventivknospen- bildung aus der Rhachis hat Vortr. nie beobachtet. Sodann hob Vortr. hervor, dass Cardamine pratensis nicht die einzige Art dieser Gattung ist, der die Fähigkeit, Blattadventivknospen zu erzeugen, zukommt. Vortr. selbst hat es im Jahre 1868 an den Endfiedern von Wurzelblättern der Cardamine impatiens im Thiergarten bei Berlin beobachtet, wo diese Pflanze an einer Stelle 1868 sehr häufig war, von wo sie seitdem wieder, wahr- scheinlich durch Anlagen, verschwunden ist. In Thüringen hat dasselbe Herr Geheimer Kriegsrath Winkler beobachtet, der Vortr. freundlichst eine Zeichnung davon mittheilte, die der Ge- sellschaft vorgezeigt wurde. Abfallen der Fiedern wurde an dieser Art nicht beobachtet. — An Cardamine hirsuta L. hat Frl. Llewelyn 2 Jahre hintereinander reichliche Adventiv- knospenbildung an der Basis der Fiedern beobachtet und Herr Bentham dieses bestätigt, was sich mitgetheilt findet in dem Journal of the Procedings of theLinnean Societi/ Botany Vol. II p. 53. Herr Prof. Braun bemerkte hierauf, dass er ein fast zur Sitzung vom 20. Mai. 53 Blüthe entwickeltes Exemplar von Cardamine pratensis besitze, welches noch mit dem Grundblatte des Exemplars, aus dem es hervorgewachsen, in Verbindung steht. Herr Bouche theilte mit, dass er die im botanischen Garten befindliche Cardamine pratensis mit sog. gefüllten (eigentlich proliferirenden Blüthen), durch abgefallene Blättchen (auch der Stengelblätter) vermehrt habe. [Herr Asch er so n hat sich einige Tage später vom Abfallen der Blättchen der Stengelblätter an dieser in Töpfen, also ver- hältnissmässig trocken, cultivirten Form überzeugt.] Endlich besprach Herr Ascherson, unter Vorlegung von Exemplaren, das, wie es scheint, noch nirgends erwähnte Vorkom- men von Schwimmblättern bei Ranunculus sceleratus L. Vortr. be- merkte dieselben zuerst am 30. Juli 1871. in Gesellschaft des Dr. F. Schmitz, jetzt in Strassburg, in Lachen neben dem salzigen See bei Halle, unweit des Dorfes Wansleben. Bei Nachfrage im Kreise seiner Bekannten, von denen mehrere Wasserpflanzen mit besonderer Vorliebe beobachten, erfuhr Vortr., dass diese Schwimmblätter bereits von Prof. Irmisch bei Sondershausen, von R. 'v. Uechtritz bei Breslau und von Dr. Magnus an verschiedenen Orten in der Provinz Branden- burg beobachtet worden seien; welchem Letzteren eben Vortr. auch das frisch vorgelegte Material aus dem botanischen Gar- ten und Picheiswerder verdankt. Eine Erwähnung desselben in der Litteratur hat Vortr. bisher nicht auffinden können, man müsste denn die Angabe des gewissenhaften Job. Pol lieh (Hist. plant. Palatin. II. p. 111) dafür nehmen, welcher angiebt, dass die unteren Blätter 6" lange Stiele besitzen (was bei Luft- blättern wohl nicht vorkommt), ohne sich indess über ihr biolo- gisches Verhalten weiter auszusprechen. Die Schwimmblätter des Ranunculus sceleratus L. entwickeln sich in der ersten Lebensperiode dieser einjährigen Pflanze, falls ihre Samen unter Wasser keimen. (Dass dieselbe ebenso häufig auch auf nicht überschwemmtem Boden keimt und dann natür- lich nur Luftblätter bildet, haben Geh. Rath Wink 1er und Dr. Magnus durch eigene Culturen und Beobachtungen ermittelt). Sie sind entweder am Stengelgrunde rosettenartig gedrängt oder häufiger durch mehr oder minder verlängerte Intermedien ge- trennt und tragen auf langen und schlaifen Stielen eine vielmal r)4 Gesellschaft naturforschender Freunde. kürzere, rundliche, dreispaltige Lamina mit eingeschnitten ge- kerbten Abschnitten. Der histologische Bau ihrer Epidermis ist ihrem biologischen Verhalten angepasst, indem dieselbe auf der Blattoberseite unter länglich runden, eine Art Pflasterepithel herstellenden Zellen zahlreiche Spaltöffnungen besitzt (was aller- dings bei dieser Pflanze, deren Luftblätter auf der Ober- und Unterseite fast gleich reichliche Spaltöffnungen zeigen, weniger auffallend ist), während sich zwischen den unregelmässig und tief ausgebuchteten Epidermis-Zellen der Blattunterseite nur ganz vereinzelte Spaltöffnungen vorfinden. Bei fortschreitender Entwicklung der Pflanze bildet der auf- tauchende Stengel nur Luftblätter, deren Stiele viel kürzer und steif sind und deren Abschnitte je weiter oben am Stengel, um so länger und schmaler werden. Die Blüthenbildung tritt erst ein, nachdem sich eine Anzahl Luftblätter entwickelt haben, und sind die Schwimmblätter dann, auch wenn die Pflanze noch im Wasser steht, schon im Absterben begriffen. Beim Aus- trocknen des Wassers scheint die Zerstörung derselben noch schneller zu erfolgen und mag dies der Grund sein, weshalb dies nicht unwichtige biologische Verhalten bisher sich der Be- sprechung entzogen hat. In ihrer biologischen Bedeutung weichen mithin die Schwimm- blätter des Ranunculus sceleratus von denen eigentlicher Wasser- pflanzen, wie Ranunculus sect. Batrachium, Potamogeton, Trapa, welche in der Blüthenregion auftreten, ab und entsprechen viel- mehr denen von Marsilia und Sagittaria, bei denen die Blüthen- resp. Fruchtbildung erst nach dem Auftreteu der Luftblätter er- folgen kann. Im Anschlüsse daran zeigte Herr P. Magnus auf trocke- nem Lande gewachsene Ban. sceleratus in allen Stadien von der jüngsten Keimpflanze bis zur blühenden Pflanze vor. Er zeigte ferner die Zeichnungen der Epidermis der Unterseite des Schwimmblattes und Luftblattes und hob hervor, wie die Epi- dermiszellen mit den gebogenen Wänden nur der Unterseite des Schwimmblattes zukommen, während die Epidermis der Unterseite der Luftblätter der der Oberseite in allen Beziehungen sehr ähnlich ist. Sodann theilte er mit, dass auch Ranunculus Flammula an über- schwemmten Orten die untersten Blätter zu Schwimmblättern aus- Sitzung vom 20. Mai. 55 bildet, die dadurch ein besonderes Interesse darbieten, dass bei ihnen nicht, wie bei den meisten anderen Schwimmblättern, der Stiel winklig gegen die Spreite abgesetzt ist, sondern vielmehr die kurze Spreite sich in der Ebene des abgeflachten Stieles aus- breitet und durch die Rückwärtsbiegung des Stieles schwimmend auf dem Wasser getragen wird. Pflanzen mit blossen Schwimm- blättern wurden aus dem Grunewalde und solche nebst ihrer Entwickelung zu blühenden Pflanzen aus dem Thiergarten vor- gelegt. Wahrscheinlich verhält sich Ranunculus Lingua ähnlich an geeigneten Localitäten. Schliesslich hob der Vortr. hervor, dass diese nach den Schwimmblättern Luftblätter anlegenden Ranunculus -Arten keineswegs so isolirt unter den Dicotylen stehen, und dass sich beispielsweise iVeZMm&mm und Nuphar advena ganz ähnlich verhalten, nur dass diese an den Keimpflanzen con- stant vor den Schwimmblättern auch untergetauchte Blätter anlegen. Herr E. Koehne, als Gast anwesend, sprach über sechs monströse Blüthenstände von einer in Pommern beobachteten Staude der Primula officinalis Jacq. Der eine davon ist schon in der vorhergehenden Sitzung von Herrn Prof, Braun besprochen worden. Bei den übrigen fünf Exemplaren strebt die eingetretene Missbildung überall demselben Ziele zu, ist aber in verschiedenem Grade vorge- schritten. Die am wenigsten vom normalen Zustande abweichende Inflorescenz soll mit I, die übrigen mit II — V bezeichnet wer- den, so dass V am meisten monströs ist. Gemeinsam ist allen fünf Blüthenständen zunächst eine ab- norme Ausbildung der Blüthentragblätter, die viel grösser als bei normaler Primula, einem einzelnen Kelchblatt durchaus ähn- lich, an den Seitenrändern etwas eingeschlagen und an die Blüthenstiele einige Millimeter weit angewachsen sind. Die Blüthenstiele sind auffallend verkürzt, bei den am meisten mon- strösen Blüthen sogar ganz fehlend. In jedem der Blüthenstände zählt man fünf Blüthen; untersucht man durch Vergleichung von I — V die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Blüthen mon- strös geworden sind, so gelangt man zu einem Cyclus der f -Stellung, woraus sich die Numerirung der Blüthen mit 1 — 5 ergiebt. Der Cyclus verfolgt in allen Fällen eine nach dem kurzen Wege linkswendige Spirale. 5G Gesellschaft naturforschender Freunde. Blütho 1 zeigt ausser den erwähnten Veränderungen des Tragblatts und des Stieles und einigen unbedeutenden Modifica- tionen des Kelchs keine weitere Abweichung von der normalen Bildung; nur in III ist sie sechszählig. Ebenso Blüthe 2 in I — III (sechszählig in I); in IV ist an Stelle ihres hinteren Kelchblatts ein vollständiges Blumenblatt mit Staraen aufgetreten, und ihre Blumenkrone ist jenem petaloiden Kelchblatt ange- wachsen. In V schliesst sich eines der fünf Blumenblätter mit seinem rechten Rande unmittelbar an ein sechstes Blumenblatt ohne Stamen an, worauf abwärts in ununterbrochnem Verband 5 Kelchblätter und endlich, mit dem linken Rande angewachsen, die Bractee von Blütlie 5 folgen ; der rechte Rand dieser Bractee ist frei. Eines jener 5 Kelchblätter stammt wahrscheinlich von der sehr stark umgebildeten Blüthe 5. (S. unten.) Die Blüthen 3, 4 und 5 sind überall sitzend, ganz getrennt nur in I; hier ist Blüthe o sonst normal; Blüthe 4 zeigt ununterbrochne Ver- wachsung des Tragblatts mit den Kelchblättern, der Kelchblätter mit den Blumenblättern, deren letztes blind aufhört im Centrum des rechtswendig zusammengerollten, 11 -blättrigen Blattverban- des. Das Pistill ist unverändert, Blüthe 5 in I ist etwas ab- norm, indem mehr als 5 Kelch- und 5 Blumenblätter vorhanden sind; es scheint das Rudiment einer Gten Blüthe aufgetreten zu sein. In 11^ — V sind Blüthe 3, 4 und 5 verwachsen; die Bractee von 3 ist in II, III und IV durch zwei eingeschaltete Kelch- blätter mit der von 4, die von 4 ebenso mit der von 5 verbun- den, so dass eine 7 -blättrige Hülle entsteht, die zwischen dem linken Rande von Bractee 3 und dem rechten von Bractee 5 bis zum Grunde geschlitzt ist. In 5 fehlt die Verbindung zwi- schen 4 und 5; es sitzt hier dem rechten Rande von Bractee 4 nur ein Kelchblatt an, Bractee 5 hingegen (s. oben) schliesst sich durch ein ihrem linken Rande angehängtes Kelchblatt an den Kelch von Blüthe 2 an. Die erwähnte 7-blättrige, in V nur 5-blättrige, Hülle umschliesst die noch übrigen Theile der drei letzten Blüthen; in der Mitte sitzen deutlich drei Pistille, um welche die Petala und Sepala sich mehr oder weniger deutlich in drei Gruppen ordnen. Da jene Hülle schon 4 Kelchblätter enthält, so bleiben für die drei Blüthen zusammen noch Sitzung vom 20. Mai. bl 11 Kelchblätter und 15 Petala mit 15 Staubblättern übrig. Statt dessen sind aber vorhanden in II: 11—7 K, 3-+-15 B, 2+15 St. III: 11—8 „ 2+15 „ 15—3 „ IV: 11—6 „ 15 „ 15-3 „ V: 11-7 „ 2+15 „ 15-3 „ Es finden sich also überall viel zu wenig Kelchblätter, und fast überall zu viel Blumenblätter und zu wenig Staubblätter. Daraus geht hervor, dass eine Anzahl von Sepalis petaloid ge- worden ist, sowie dass viele Petala keine Anthere an ihren Mittelnerven tragen. Monstrositäten, wo mehrere Blüthenstiele und die darauf befindlichen Blüthen, also Achsen gleicher Ordnung nebst ihren Anhangsorganen, eine Verwachsung eingehen, sind wohl nicht selten und in der Regel begleitet von Unterdrückung einzelner Glieder in den Blüthenkreisen. Die mehrfach erwähnte Ver- wachsung von Bracteen mit Kelchblättern zeigt hingegen (vgl, I, 4; V, 2; 3 — 5 in II — V), dass auch die Anhangsorgane einer Achse niederer Ordnung mit denen der nächst höheren Ordnung verschmelzen können, im Falle sie nur räumlich einander be- nachbart sind. Zugleich erinnert man sich hierbei an die neuer- dings vielfach betonte Theorie, nach welcher röhrenförmige Theile von Blüthen stets hohle Achsen sein sollen. Es muss dann jedenfalls Bedenken erregen, dass unzweifelhafte Blätter, wie die Bracteen, in eine continuirliche Verbindung eintreten können mit dem hohlen Achsengebilde, welches durch die Kelch- röhre dargestellt wird und in manchen Fällen auch noch (z. B. I, 4), durch die Vermittlung des Kelchs, mit einer zweiten „hohlen Achse", der Blumenkronröhre, die dann mit einem senkrechten Rande plötzlich inmitten der Blüthe aufhört. Wie die fünf Bracteen versucht haben (s. oben), sich kelch- ähnlich auszubilden, — gleich als ob sie den Schaft der Pri- mula gleich mit einer Blüthe statt mit einem Blüthenstand hät- ten abschliessen wollen, so haben auch einzelne Kelchblätter gestrebt, um eine Stufe höher zu steigen und blumenblattähnlich zu werden. In mehreren Blüthen, ganz besonders deutlich in Blüthe 1 der Blüthenstände I und II sind dieselben beiden Kelchblätter petaloid geworden, nämlich das nach hinten und 58 Gesellschaft nahir forschender Freunde. eines der beiden schräg nach vorn stehenden. Es sind dies (nach Wydler und AI. Braun) das 4te und 5te, da bei Pri- niula die Vorblätter fehlen. Solche in den Kelch eingeschaltete petaloTde Gebilde haben fast in keinem der ziemlich zahlreichen Fälle irgend eine Spur von Staubblatt auf ihrem Mittelnerven. Diese Thatsache wirft ein beachtenswerthes Streiflicht auf die Annahme Pfeffers, nach welcher die Petala blosse Appendices der Stamina sind. Es kann doch nicht gut ein Gebilde Appen- dix von etwas sein, was unter Umständen selbst gar nicht da zu sein braucht, während sein Appendix da ist. Besonders sind hier werthvoU die Fälle, wo ein Kelchblatt zur Hälfte, genau bis zum Mittelnerven petaloid geworden, in der andern Hälfte unverändert geblieben ist, oder wo nur der Seitenrand eines Kelchblatts sich blumenblattähnlich ausgebildet hat. Hier wäre dann Ein Blatt zusammengeflickt aus einem Stück Kelchblatt, das kein Appendix vom Stamen ist, und einem Stück Blumen- blatt, das ein solcher Appendix ist, wobei das betreffende Sta- men obendrein fehlt. Wenn die Mutterstaude der besprochenen Monstrositäten im nächsten Jahre in ihrer bisherigen Thätigkeit fortfährt, so steht zu hoffen, dass man durch eine Folge weiterer, ähnlicher Missbildungen und durch deren Vergleichung zu vollständigerer Deutung und zu einer Art von Entwicklungsgeschichte derselben gelangen werde. Herr Ehrenberg legte das ihm direct zugesandte deutsche New -Yorker Belletristische Journal vom 11. April 1873 vor, worin die Mittheilung enthalten ist, dass ein in Europa lebender reicher New -Yorker Tabackshändler , Mr. John Anderson, die Insel Penakese, eine der Elisabeth-Inseln an der Küste von Massachusetts, mit allen darauf befindlichen Gebäulichkeiten den Zwecken der Naturwissenschaft zum Geschenk gemacht hat unter der Bedingung, darauf eine höhere wissenschaftliche Lehr- anstalt unter Leitung des Professors Louis Agassiz zu er- richten, welcher auf die nöthige praktische Ausbildung natur- wissenschaftlicher Kräfte mehrfach aufmerksam gemacht hatte. Diese einen Werth von 100,000 Dollars repräsentirende Insel ist noch zur Erhaltung der betreffenden Stiftung durch 50,000 Dollars vom Geber erhöht und man hofft durch Privat- Sub- Sitzung vom 20. Mai. 59 scription noch weitere Ergänzungen der zur vollen Ausführung nöthigen Summen zusammenzubringen. Um schon in diesem Sommer die betreffende Anstalt ins Leben treten zu lassen, beabsichtigt Professor Louis Agassiz, den Anfang des Unter- richts daselbst zu beginnen. Als Geschenke wurden dankend entgegengenommen: Academie royale de Belgique., centieme anniversaire de Fondation. Tome 1. 2. Bruxelles 1872. Bulletins de V Academie royale de Belgique. Tome XXXI., XXXII., XXXIII, XXXIV. Bruxelles 1871 — 1872. Annuaire de V Academie royale de Belgique. Bruxelles 1872. 1873. Tables de mortalite et leur developpement par Ad. Quetelet. Bruxelles 1872. Archives of Sciences and Transactions of ihe Orleans County So- ciety of natural Sciences. Vol. L 1872. No. 4. 5. Memoirs of the Peabody Society of Science Vol. I. No. II, III, Salem., Massachusetts 1871. 1872. The American JS/aturaliste. Peabody Academy of Science. Vol. V. No. 2—12. Vol. VI. No. 1—11. Fourth annual report of the trustees of the Peabody Academy of Science for the year 1871. Salem. Becord of american Entomology for the year 1871 by A. S. Packard. Salem. Proceedings of the zoological Society of Londo7i 1872 Part. II. Index 1861—1870. A. VV Schade's Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47 Sitzunüs-ßericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin am 17. Juni 1873. Director: Herr Dr. Ewald. Herr Struve aus Russland, als Gast anwesend, sprach über das Auftreten der harnsauren Salze in den Excrementen und den Cocons der Seidenraupen. Wie in Europa, so wurde auch in Transkaukasien die Seiden- zucht von der Seidenkrankheit in bedenklichster Weise heimge- sucht, so dass bestimmte dort cultivirte Abarten von Bombyx mori fast vollständig untergingen. Diese Erscheinung veranlasste die kaukasische ökonomische Gesellschaft, folgend dem Beispiele von Europa, ihr Augenmerk auch auf andere Seidenspinner zu richten und zwar auf den Bombyx cynthia, zumal nachdem in schlagendster Weise sich herausgestellt hatte, dass der Götter- baum auf dem Kaukasus mit Leichtigkeit gedeiht. Alle Bedin- gungen einer günstigen Zucht des Bombyx cynthia waren gege- ben; 3 Generationen konnten jährlich erzielt werden und zwar ohne grossen Aufwand an Zeit und Mittel. Diese Thatsachen Hessen diese Zucht in einem überaus vortheilhaften Lichte er- scheinen, doch leider, wie in Europa, so trat auch auf dem Kau- kasus die Klippe entgegen, nämlich die Schwierigkeit, um nicht Unmöglichkeit zu sagen, einer regelmässigen Abl;aspelung der Cocons. In Europa war trotz vielfältiger Versuche diese Auf- gabe nicht gelöst worden und desswegen musste die Zucht der 7 62 Gesellschaft naturforschender Freunde. Bomhyx cynthia wieder aufgegeben werden. Auf dem Kaukasus dagegen, bei den sonst so günstigen Verhältnissen, gab man die Hoffnung, einen Weg der regelmässigen Abhaspelung des Cocons zu finden, nicht auf und in dieser Absicht ersuchte die kauka- sische ökonomische Gesellschaft mich, eine Reihe Versuche mit diesen Cocons zu unternehmen. Ich betrat hiermit ein für mich neues Gebiet und wenn ich auch nach vielfältigen Versuchen , die mich über ein Jahr ohne Untei-brechung in Anspruch nahmen, die gestellte Aufgabe zu lösen nicht im Stande war, so hatte ich doch die Gelegenheit, verschiedene interessante Beobachtungen zu sammeln und auf eine derselben möchte ich hier die besondere Aufmerksamkeit hinleiten. Es bezieht sich nämlich auf das Vorkommen, auf das Auftreten der Harnsäure in den Excrementen und in den Cocons der Seidenraupen. Wie bekannt, zeichnen sich die Raupen im Allgemeinen und hier speciell die Seidenraupen durch eine grosse Gefrä^sig- keit aus, indem sie gewaltige Mengen frischer Blätter vernich- ten. In demselben Verhältnisse geben sie aber auch Excremente und wenn man diese prüft, so kann man in denselben die Gegenwart der Harnsäure nicht nachweisen. Sowie aber die Raupe ihre vollständige Entwickelung erreicht hat, beginnt das Stadium der Vorbereitung zum Verspinnen. Dieses zeigt sich pamit an, dass die Raupe Nahrung zu sich zu nehmen aufhört, dann, wie die Seidenzüchter sagen, sich reinigt, indem sie eine Menge von Excrementen von sich giebt. Untersucht man nun diese Excremente, die sich schon der äusseren Farbe nach von den früheren unterscheiden, so findet man in denselben eine reichliche Menge von harnsauren Salzen. Ist die Reinigung der Raupe erfolgt, so verlässt sie ihren Platz, beginnt hinauf zu kriechen, um irgendwo in so wunderbarer Weise ihren Cocon zu spinnen. Bei dieser Arbeit zeigt es sich nun, dass die eigent- liche Seidenraupe so sorgfältig sich gereinigt hatte, dass sie im Cocon nur Spuren von harnsauron Salzen einmischt. Anders ist es beim tJombyx cynthia oder Bombyx Yama-ma'i, diese rei- nigen sich weniger sorgfältig und verweben mit dem Seiden- faden eine grosse Menge ihrer Excremente. Hiervon ist es nicht schwer sich durch den unmitlelbaren Sitzung vom 17. Juni. 63 Versuch zu überzeugen und zwar sowohl auf mikro- als auch auf makro-chemischera Wege. Behandelt man nämlich einige Fäden des Cocons auf dem Objectglase mit conc. Schwefelsäure, so quillt, wie bekannt, der Seidenfaden erst stark auf, löst sich nach und nach vollständig und wenn jetzt die conc. Säure Wasser aus der Luft absorbirt und sich hierdurch verdünnt, so scheiden sich an verschiedenen Stellen mikroskopische Krystalle aus, die als Harnsäure erkannt werden können. Zum makro-chemischen Nachweis behandelt man eine grös- sere Quantität des von der Puppe gereinigten Cocons mit kochen- dem Wasser, filtrirt die heisse Lösung ab und versetzt sie mit Salpetersäure bis zur stark sauren Reaction. Aus dieser Lösung scheiden sich nach und nach charakteristische Krystalle von Harnsäure ab. Kocht man in solcher Weise die gereinigten Cocons vom Bombyx cynthia, so erhält man einen dunkel -braun gefärbten Auszug, der bei gehöriger Concentration schöne und deutlich ausgebildete Krystalle giebt, die sich als harnsaure Magnesia herausstellten. Dieses Salz auf künstlichem Wege in grösseren Krystallen darzustellen, war bisher unmöglich gewesen, Ueber diese Verbindung gedenke ich in nächster Ziit Ausführliches zu berichten. Herr Braun besprach unter Vorlegung getrockneter Beleg- stücke einige vor Kurzem an Cytisus Adami gemachte Beobach- tungen, durch welche unsere Kenntniss von den Rückschlägen, die diesen Bastard von Cyt. Laburnum und purpureus so berühmt gemacht haben, eine Vervollständigung erhalten, die allerdings zu erwarten, aber, soweit dem Vortragenden bekannt, noch nicht er- fahrungsmässig festgestellt war. Ich habe über diese nachDarwin's Bezeichnung „staunenerregenden" Rückschläge bereits vor 25 Jahren (Verjüng. S. 331 u. f.) Mittheilungen gema. ht und bei dieser Gelegenheit die mancherlei widersprechenden Angaben und Auffassungen über die Natur dieses Gewächses zu berich- tigen gesucht, doch war mir damals das älteste und wichtigste Document über die Entstehung desselben, nämlich der von Poi- teau in den Annalen der Soc. d'hort. de Paris von 1830 (B.VH, S. 501) gegebene Bericht über die Aussagen des Gärtners Adam 7* 64 Gesellschaft naturforschender Freunde. üu Vitry noch nicht bekannt. Nach dem von Adam erzählten Vorgange kann man die Entstehung des Cytisus Adarai durch Pfropfung zwar nicht als sicher bewiesen, aber doch als in hohem Grade wahrscheinlich betrachten, welcher Auffassung auch die beiden Autoren, denen wir die wichtigsten neueren Untersuchungen über denselben verdanken, Caspary (Bull, du Congres Internat, de Bot. et d'Horticult. ä Amsterdam 1865) und Darwin (Variiren der Thiere und Pflanzen im domesticirten Zustande I. S. 497 — 510), beistimmen. Ist C. Adami in der That ein Pfropfbastard, nicht durch Befruchtung, sondern durch einen vegetativen Process entstanden, so muss das Auftreten der Rückschläge gleifalls auf vegetativem Wege um so bedeutsamer erscheinen. Diese Rückschläge sind keineswegs eine nur aus- nahmsweise oder sehr selten eintretende Erscheinung, sie zeigen sich vielmehr überall, wo C. Adami gezogen wird, fast in jedem Jahre an einzelnen Sprossen; die Rückschläge in C. purpureum, wie es scheint, etwas seltener als die in C. Laburnum. Le Jolis in einer Mittheilung vom Jahre 1858 (Mem. d. 1. soc. imp. d. sc. nat. de Cherbourg VI) führt an, dass dieselben zuerst im Jahre 1841 von Eudes-Deslonchamps in der Normandie beobach- tet worden seien, allein in England wurden sie schon nach der Mitte der dreissiger Jahre und bald darauf auch in Lyon beob- achtet (Henon u. Seringe in den Ann. d. 1. soc. d'agric. de Lyon IL 1839). Die Rückschläge begannen somit etwa 10 Jahre nach der Entstehung des Bastards, dessen erster Spross sich im Jahre 1826 aus einer Knospe entwickelte, die sich auf einem im Jahre vorher dem C. Laburnum aufgepfropften Rindenschild (ecusson) des C. purpureus gebildet hatte. Die ersten Blüthen erschienen wahrscheinlich im Jahre 1828 oder 29 und wurden zuerst von Prevost jun., Baumgärtner in Ronen, durch wel- chen Poiteau den C. Adami kennen lernte, im Jahre 1830 (ann. d. 1. soc. d'hortic. d. Paris 1. c.) beschrieben. Den vielen Orten, an welchen seither im Wesentlichen übereinstimmende Beobachtungen über das Auftreten dieser Rückschläge gemacht worden sind, füge ich den Berliner botanis hen (iarten bei, in welchem an einem ungefähr 25 Jahre alten Baume von C. Adami seit einer Reihe von Jahren jährlich einige Rückschläge in C. Laburnum sowohl, wie in C. purpureus aufgetreten sind. Sitzung vom 17. Juni. 65 Es ist durch die früheren Un'ersuchungen bekannt, dass nicht nur ganze Zweige, Langzweige sowohl als Inflorescenz- tragende Kurzzweige (NL und NLH Sprosse) an G. Adami auf- treten, durch welche die eine oder andere Mutterart rein und unvermittelt (in sprungweisem Uebergang) dargestellt wird, son- dern, dass es auch gemischte Sprosse giebt und zwar Adami- Sprosse, an welchen einzelne Bhätter von Laburnum auftreten, was zuerst von Le Jolis beobachtet wurde, und Adami-Blüthen- trauben, an welchen einzelne Blüthen von Laburnum auftreten, welcher Fall schon von Henon (am a. O.) beschrieben wurde. Selbst in noch engerer Begrenzung, innerhalb der einzelnen Blüthe oder selbst eines einzelnen Blattes, können theilweise Rückschläge eintreten. Ein gemischtes Laubblatt, dessen eine Längshälfte Adami., die andere Laburnum angehörte, hat Le Jolis beschrieben; gemischte Blüthen, theilweise von Adami, theilweise von Laburnum gebildet, so dass gewisse Blüthenblätter der einen, andere der andern Art angehörten, ja mitunter ein und dasselbe Blüthenblatt in scharf begrenzter Vertheilung beide Arten in sich vereinigte, sind öfters beobachtet worden. Ich selbst habe eine Anzahl solcher, die ich im J. 1843 im Carlsruher botanischen Garten aufgenommen, am angef. Orte durch Diagramme darge- stellt; andere sind von Le Jolis und Darwin genau be- schrieben. Schon bei meiner ersten Mittheilung über C. Adami machte ich darauf aufmerksam, dass die erwähnten gemischten Blüthen- trauben möglicherweise von dreierlei Art sein könnten: 1) C. Adami gemischt mit Blüthen von C. Laburnum; 2) C. Adami gemischt mit Blüthen von C. purpureus; 3) C. Adami gemischt mit Blüthen beider Stammarten. Dieselben 3 Fälle können auch für die gemischten Blüthen angenommen werden. Von beiden, den gemischten Trauben sowohl als den gemischten Blüthen, wurde jedoch bisher nur der erste der drei Fälle beobachtet; die Existenz der beiden andern entzog sich wahrscheinlich deshalb der Beobachtung, weil der Unterschied in der Beschaffenheit der Blüthentheile, sowohl was die Gestalt und Grösse, als was die Farbe anlangt, zwischen C. Adami und C. purpureus weit weniger auffallend ist, als der zwischen C. Adami und C. Laburnum, welcher letztere schon von Weitem in die Augen fällt. Eine vor 66 Gesellschaft naturforschender Freunde. Kurzem vorgenommene genauere Musterung der in diesem Jahre entwiclielten Blüthentrauben unseres hiesigen C Adami über- zeugte mich in der That von der Richtigkeit dieser Vermuthang und Hess mich das Vorkommen der zwei bisher vermissten Fälle gemischter Trauben und wenigstens eines der zwei analogen Fälle gemischter Blüthen verkennen. Um die ßlüthen von C Adami und purpureus, da, wo sie gemischt in derselben Traube vorkommen, mit Sicherheit unter- scheiden zu können, bedarf es einer genaueren Vergleichung der Merkmale beider. Es lassen sich folgende Unterschiede wahr- nehmen, bei deren Zusammenstellung ich auch C. Laburnum in Vergleichung ziehe. Der Blüthenstiel ist bei C. Lab. mindestens H Mal so lang als der Kelch, bei C. Ad. gleich lang oder nur wenig länger als der Kelch, bei C. purp, nur von der halben Länge des Kelchs oder wenig darüber. Der Kelch bei C. Lab. grünlich und anliegend behaart, die Röhre kaum länger als dick, Ober- und Unterlippe ziemlich lang gespitzt, erstere mit 2, letztere mit 3 kurzen, schmalen, dicht aneinanderliegenden Zähnen. Bei C. Ad. i-t der Kelch glatt, licht und schmutzig rothbräunlich, meist einseitig stärker gefärbt; die Röhre ungefähr 1^ Mal so lang als dick; die beiden Lippen kürzer, die untere mit 3 schmäleren, wenig abstehenden, die obere mit 2 breiteren, stärker abstehenden Zähnen. Bei C. purp. ist der Kelch gleichfalls glatt, dunkler rothbraun gefärbt, die Röhre fast doppelt so lang als breit, die Unterlippe wie bei C. Adami, die Oberlippe mit 2 noch breiteren, dreieckigen, weit auseinanderstehenden Zähnen. Die Krone bei C. Lab. rein gelb, mit Ausnahme der Mitte der Fahne, welche eine Gruppe kurzer dunkelbrauner undeutlich in 2 Längsstreifen gesonderter Linien trägt, im Ganzen grösser und im Verhältniss zum Kelch länger als bei den beiden ande- ren. Die Fahne nach oben verschmälert, stumpflich, am Grunde etwas herzförmig ausgeschnitten und mit einem schmalen Nagel versehen, überall unbehaart; der Rücken der Fahne stumpf ge- kielt, die Flanken ausgebreitet, aber nicht zurückgeschlagen. Der Kiel höchstens f so lang als die Fahne; die Flügel bedeu- tend länger als der Kiel, doch kürzer als die Fahne. Bei C. Ad. Sitzung vom 17. Juni. 67 ist die Farbe schmutzig purpurröthlich, oft mit einem Stich ins Gelbe, bald lichter, bald etwas dunkler, mit einer Gruppe brau- ner Streifchen auf der Mitte der Fahne wie bei C. Lah. Die Fahne ist nach oben nur wenig verschmälert, am Ende ausge- randet, am Grunde etwas herzförmig ausgeschnitten und mit abwärts gerichteten Haaren besetzt, mit ziemlich breitem Nagel, die Flanken ausgebreitet und schwach zurückgeschlagen. Der Kiel etwa f so lang als die Fahne von den Flügeln minder stark überragt. Die Krone von C. purp, zeigt ein reineres Purpurroth, meist ziemlich licht bis Rosa. Die Fahne ist breit ausgerandet, am Grunde allmäliger in den kurzen breiten Nagel verschmälert und stark mit abwärts gerichteten Härchen besetzt, ohne jede Zeichnung auf der Mitte, die Flanken stark nach rück- wärts umgeschlagen. Der Kiel fast | so lang als die Fahne, von den Flügeln nur wenig überragt. Es geht hieraus hervor, dass der Kelch nur schwäc\ere Anhaltspunkte zur Unterscheidung einer Adami- und einer pur- pur exis-^Vüihe bildet, bessere dagegen der Biüthenstiel und die Fahne der Blumenkrone. Für die übrigen Blumenblätter ist fast nur die Farbe maassgebend. Im Ganzen reichen die Merkmale aus, um namentlich bei reinen Blüthen über die Art, der sie angehören, zu entscheiden; bei gemischten Blüthen sind die Grenzen beider Arten, namentlich in Beziehung auf den Kelch, oft nicht mit völliger Bestimmtheit zu ziehen. Die einzelnen Fälle, die ich am 4. und 5. Juni aufgezeich- net habe, folgen nachstehend: 1. An einer nur 8-blüthigen Traube von C. Adami die öte Blüthe eine purpureus-Elüihe. 2. An einer Traube mit 25 Blüthen die 1.3te und 16te Blüthe nach der Blumenkrone zu purjmreus gehörig; bei der 16ten stimmte dazu auch der Kelch und Stiel, bei der loten dagegen schienen Kelch und Stiel noch Adami anzugehören. 3. An einer Traube mit 24 Blüthen waren die unterste, sowie die 7te reine purpureus- Blüthen; bei der 9ten war die linke Hälfte der Fahne und der Flügel derselben Seite purpu- reus, auch der Kelch schien zum Theil purp, anzugehören. 4. Eine sehr reichblüthige Traube zeigte eine einzige, ungefähr in der Mitte befindliche Blüthe eine purpureus- 68 Gesellschaft naturforschender Freunde. Corolle, während Kelch und Stiel noch zu Adami zu gehören schienen. 5. Ebenso verhielt sich die 6te Bliithe einer 14-blüthigen Traube. 6. Die vorletzte Blüthe einer 10-blüthigen Traube hatte die rechte Hälfte der Fahne und den Flügel derselben Seite von purpureus. Der Kelch schien theilweise zu purpureus zu gehö- ren; der Stiel etwas kürzer als der Kelch. 7. Die 3. Blüthe einer 14-blüthigen Traube hatte die Fahne von C. purp. ; die übrigen Blumenblätter und der Kelch gehörten zu Adami. 8. Bei einer der mittleren Blüthen einer vielblüthigen Traube gehörte die linke Hälfte der Fahne zu C. purp.; die rechte Hälfte zeigte zunächst der Mitte die charakteristische braune Streifung von C. Adami. Der linke obere Kelchzahn war kürzer und dunkler gefärbt als der der anderen und verrieth dadurch seine Zugehörigkeit zu purpureus. 9. An einer im Uebrigen zu Adami gehörigen Traube von 24 Blüthen war die erste eine vollkommene Laburnum- Blüthe, die zweite eine vollkommene purpureus-Blüthe; bei der 6ten ge- hörte der Flügel der rechten Seite zu purpureus. Die 2 letzten dieser Traube vorausgehenden dreitheiligen Laubblätter waren vollkommene Laburnum-Blätter, vor den übrigen vorausgehenden durch bedeutendere Grösse und die an Stiel und Spreite vorhan- denen anliegenden Härchen ausgezeichnet. Endlich ist noch eine Eigenthümlichkeit unseres hiesigen und wahrscheinlich auch anderer Stöcke von C. Adami hervor- zuheben, welche ohne Zweifel mit der bekannten und auch hier constant befundenen Unfruchtbarkeit desselben zusammenhängt, nämlich die ungewöhnliche Verlängerung der Blüthezeit dessel- ben, welche die der Mutterarten zuweilen um einen vollen Monat überdauert. Es ist dies nur zum kleinsten Theile dem späteren Abwelken der einzelnen Blüthen zuzuschreiben, es beruht viel- mehr hauptsächlich auf einem abnormen Auswachsen mancher Blüthenstände, die an der Spitze immer noch neue Blüthen hervor- bringen, während die früheren längst abgefallen sind. Solche abnorm sich verlängernde Trauben verzweigen sich auch nicht selten nach der Spitze hin, indem an der Stelle einzelner Sitzung vom 17. Juni. 69 Blüthen mehrblüthige Träubchen auftreten, und enden dann schliesslich meist mit einem rosettenartigen Laiibschopf. Derselbe legte sodann Exemplare und Zeichnungen einer in den Gärten ohne Zweifel schon seit langer Zeit cultivirten, aber bisher von ihren Verwandten nicht unterschiedenen Syringe vor, welche er mit dem Namen Syringa correlata bezeichnet, einem Namen, der in dem Nachfolgenden seine Erklärung fin- det. Im Berliner bot. Garten befindet sich von dieser Art ein altes Exemplar, das nach seinem Wüchse eher Baum als Strauch zu nennen ist, von ungefähr 10 Fuss Höhe und 14 Centim. Stammdicke; es wurde nach der Aussage des Garteninspectors Bouche von dem Handelsgärtner Fr. Wolffhagen in Halle bezogen und soll auf Syringa Bothomagensis aufgepfropft sein. Durch Versenkung eines grösseren Zweiges in die Erde, so dass nur die Spitzen hervorragten, erhaltene Ableger dieses Stockes befinden sich in der Baumschule des botanischen Gartens. Anderwärts habe ich diese Form nicht gesehen. S. correlata ist vollkommen charakterisirt, wenn man sagt, dass sie die Blätter der S. Bothomagensis mit den Blüthen der S. vulgaris verbindet oder in anderer Weise, dass sie in den Blättern die Mittelform zwischen S. vulgaris und Persica dar- stellt, während sie in der Blüthe im Wesentlichen mit S. vul- garis übereinstimmt, während S. Bothomagensis , in den Blättern gleichfalls die Mittelform der genannten beiden Arten darstel- lend, in der Blüthe im Wesentlichen der S. Persica sich an- scbliesst. Wenn die Angabe richtig ist, äass S. Bothomagensis Benault (Chinensis W., dubia P.) ein zu Rouen im Jahr 1777 entstan- dener Bastard von S. vulgaris und S. Persica ist, so wird man wohl auch S. correlata für einen Bastard dieser beiden Arten halten müssen. Beide halten in der Kräftigung des Wuchses, sowie in der Grösse und Gestalt, der Blätter die Mitte zwischen den Stammarten, während dagegen die Blüthen bei beiden nicht das Geringste von einer Mittelbildung wahrnehmen lassen, son- dern in der allerentschiedensten Weise die Charaktere hier der einen, dort der anderen Staramart wiederholen. Bei S. vulgaris sind die Lappen des Saums der Blumen- krone concav, die Ränder derselben deutlich eingebogen, die Spitze, weil sie einwärts gekrümmt ist, anscheinend stumpf; bei 70 Gesellschaft naturforschender Freunde. * S. Persica dagegen sind die Lappen der Krone flach aasgebrei- tet, wodurch sie breiter und, da auch die Spitze nicht einge- krümmt ist, zugespitzt erscheinen. Der ganze Saum erscheint deshalb grösser und ansehnlicher als bei 5. vulgaris. Auch die Kelche beider Arten zeigen sich deutlich verschieden: hei S. vul- garis sind die etwas kürzeren Zähne des Kelches durch gerun- dete Buchten getrennt; bei S. Persica sind die Einschnitte zwi- schen den etwas längeren Kelchzähnen scharf und spitzwinklig. S. Rolhomagensis stimmt in Kelch und Blumenkrone mit S. Per- sica überein, nur ist die Blüthe etwas grösser, der Saum noch ansehnlicher, so dass sie gleichsam ein Extrem der Persica- Blüthe darstellt. Die meist lebhaftere Färbung der Blüthe ist nicht von Belang, da es Formen mit heller und dunkler rother Blüthe von 5. Rolhomagensis giebt und selbst weissblühende Exemplare sowohl von dieser, als von S. Persica vorkommen sollen. 5. correlata dagegen stimmt in der Blüthe ebenso voll- kommen mit S. vulgaris überein, nur ist die Krone, deren Saum bedeutend kleiner als bei Rolhomagensis ist, im Ganzen etwas schmächtiger als bei vulgaris., auch der Kelch, der deutlich ge- rundete Ausschnitte hat, etwas kleiner. Die Farbe der Blüthe ist an unserem Stocke mattweiss, beim Abblühen mit^ih v-aoher Röthung. Mit S. vulgaris stimmt 5. Correlata auch lirin über- ein, dass die Blüthenrispen aufgerichtet sind, während sie bei S. Rothoma gensis, ebenso wie bei Persica, zur Blüthezeit mehr oder weniger herabgebogen, oft selbst hängend erscheinen, nach der Blüthe jedoch sich grossentheils aufrichten. Als Beweis für die Bastardnatur der S. Rothomagensis hat man die Unfruchtbarkeit derselben angeführt*); hierin stimmt S. correlata mit ihr überein. Ich habe es leider versäumt, den Pollen zu untersuchen, aus dessen Beschaffenheit sich die Bastard- *) K. Koch, Dendrologie II. 268. üebrigens scheint auch S. Per- sica in unseren Gärten keine Frucht anzusetzen, wenigstens habe icli hier vergeblich darnach gesucht und Prof. Koch versichert dasselbe. Von S. Hulhumitirensis dagegen habe ich an einzigen unter vielen Sträu- chern kürziieh einige junge Früchte beobachtet, mit deren Samen, wenn solche reifen, Aussaatversuche gemacht werden sollen. Der betreffende Strauch steht in der Nähe von solchen von S. vulgaris und S. Persica. Sitzung vom 17. Juni. 71 natur dieser beiden Syringen vielleicht noch bestimmter ergeben würde. Jedenfalls ist es nicht unwahrscheinlich, dass hier ein Fall zweier, höchst auffallend verschiedener Bastarde zwischen denselben Stammältern vorliegt, vielleicht einer der im Pflanzen- reich seltenen Fälle, in welchen die umgekehrte Kreuzung einen bemerkbaren Unterschied der betreffenden Bastarde bedingt. Wie dem aber auch sei, so scheinen die geschilderten beiden Bastarde zu beweisen, dass die beiden Stammarten sich zwar in Bezie- hung auf die vegetativen Charaktere vollkommen zu vermischen und in einer Mittelform auszugleichen im Stande sind, nicht aber in Beziehung auf die Merkmale der Fructifications Organe, so dass mit Eintritt dieser ein Umschlag nach der einen oder anderen Seite stattfinden muss. Man könnte versucht sein, hier an einen wirklichen Rückschlag in die eine oder andere Stamm- art (nach der Weise von Cytisns Ädami) zu denken; dem steht jedoch die Sterilität der Blüthen beider Bastarde entgegen, welche uns nöthigt, trotz aller Aehnlichkeit derselben mit denen der beiden Stammarten, sie doch als wirkliche Bastardblüthen zu betrachten. Wir werden also vielmehr annehmen müssen, dass bei der Bastardbildung zwischen S. vulgaris und 5. Persica die- jenigen Merkmale, welche aus unbekannten Gründen nicht ver- einigt und ausgeglichen werden können, unverändert und zwar mit Ausschluss entweder des einen oder des anderen Typus in den Bastard übergehen, wodurch die Möglichkeit der Darstellung zweier verschiedener, getrennt bestehender, sich gegenseitig ver- langender und ergänzender Bastardformen gegeben wird, ver- gleichbar der namentlich im Gebiete der Verbindung von Spiel- arten mit verschiedener Färbung der Blüthen vorkommenden Erscheinung der sogenannten gemengten Typen, nur hier nicht in monöcischer, sondern in diöcischer Weise. Eine solche Auffassung findet vielleicht eine Bestätigung in einer Erscheinung, die zuerst meine Aufmerksamkeit auf S. cor- relata gelenkt hat. Ich fand nämlich an unserem Baume eine (einzige!) Rispe, welche zweierlei Blüthen trug, der Mehrzahl nach corre/a/a-Blüthen; unter diesen aber 8 — 10 Blüthen, welche durch die Grösse und Gestalt des Sauras, sowie durch die Farbe der Blumenkrone sich als wahre Rothomagensis Blüthen erwiesen; endlich zwei Blüthen von getheilter Natur, bei welchen der Saum 72 Gesellschaft naturforschender Freunde. der Blumenkrone 2 kleinere, gewölbte, weisse Abschnitte {cor- re/ö/ö- Abschnitte) und 2 grössere, flache, rothgefärbte (Rofho- mcff/ensts- Abschnitte) zeigte. Eine Erklärung dieser Erscheinung kann in verschiedener Weise versucht werden: 1. Durch Einwirkung der Grundlage auf das Pfropfreis, da, wie ich angeführt habe, unser correlata- Stamm &\xi Rothom gepfropft ist. Ich kenne aber keine analogen Erfahrnngen, die dieser Erklärung zur Stütze dienen könnten. 2. Durch Bildung einer Abart auf vegetativem Wege (Knospen- Variation); dann müsste 5. Rothoma gensis Abart von S. corre- lata sein. 3. Durch vegetativen Rückschlag einer Abart in die Stammform; dann müsste S. correlata Abart von S. Rothom. sein. Beides ist gleich unwahrscheinlich. 4. Durch vegetativen Rückschlag eines Bastardes in eine der Stammarten, wenn man nämlich die an correlata auftretenden rothen Blüthen als Ver- siert-Blüthen auffasst, wozu man bei der grossen Aehnlichkeit der Persica- und Rothoma(fensis-^\ni\xQx\ wohl versucht sein könnte. Allein diese heterogenen Blüthen der S. correlata gleichen so vollkommen denen der gewöhnlichen Gartenform der S. Rothomagensis, dass ich auch diese Erklärung nicht für rich- tig halten kann. Mir scheint als 5te und letzte Erklärung nur die Annahme übrig zu bleiben, dass der eine der beiden Er- gänzungsbastarde eine gewisse Neigung besitze, den anderen an sich hervorzubringen und so beide Gegensätze an einem Stock zu vereinigen. Diese Auffassung würde eine bedeutende Stütze erhalten , wenn auch das Umgekehrte nachgewiesen werden könnte, nämlich ein Auftreten von corre/ö/a-Blüthen an 5. Rotho- magensis. Ich bin geneigt, einen in der Bonplandia vom Jahre 1859 (S. 200) mitgetheilten Fall in dieser Weise auszulegen. Es wird dort erzählt, dass an einem alten Stamme von S. ChinensU (= Rothomag.) an der Spitze eines starken Zweiges zweierlei Blüthenstände erschienen seien, gewöhnliche und einige „mit viel helleren und kleineren Blüthen, die sich von denen der S. Persica kaum unterschieden." Bei dem sehr geringen Unter- schied in der Grösse und Farbe der Blüthen von 5. Rothom. und Persica scheint es mir nicht wahrscheinlich, dass ein Auftreten von Fersica-Blüthen an 5. Rothom. bemerkt worden wäre. Waren es aber Blüthen von correlata, so ist es begreiflich, dass der Sitzung vom 17. Juni. 73 Fall Aufsehen erregte. Ob meine Vermuthung begründet ist oder nicht, mögen künftige Beobachtungen entscheiden, welche zu sammeln und mitzutheilen ich Botaniker und Gärtner drin- gend ersuchen möchte. Aus der Sitzung vom 20. Mai sind noch folgende Mitthei- lungen nachzutragen: Herr Braun sprach über Darlingtonia Californica, eine Schlauchpflanze aus der kleinen Familie der Sarracenien, welche von Asa Gray in den Smithsonian contributions von 1853 be- schrieben und abgebildet wurde. Im Frühjahr 1863 von Dr. Engelmann eingesendete Samen wurden im botanischen sowie im Universitätsgarten ausgesäet und lieferten Hunderte von jungen Pflänzcben, welche jedoch fast alle früher oder später zu Grunde gingen. Nur 2 Stöcke erhielten sich unter der Pflege des Universitätsgärtners Sauer, und von diesem hat der eine im Alter von 10 Jahren zu Anfang Mai d. J. zum ersten Mal Blüthe getragen, was mich in den Stand setzt, die von A. Gray gegebene Beschreibung in einigen Punkten zu vervollständigen. Der Uebergang von der Laubrosette zur Blüthe wird durch eine im Centrum der Rosette erscheinende Niederblattknospe gebildet, welche schon während des vorausgehenden Winters sichtbar war. Zwischen den 5 grundständigen breitschuppenartigen Nieder- blättern erhob sich sodann der centrale Blüthenstengel, welcher eine Länge von 0,25 M. erreichte und 4 weitere in verschiede- ner Höhe inserirte lichtröthliche Schuppenblätter trug, welche als Hochblätter betrachtet werden können, und deren Zahl nach den von Gray gegebenen Figuren in anderen Fällen bis auf 8 zu steigen scheint. Die schmutzig gelben Kelchblätter der terminalen überhängenden Blüthe zeigen auch im geöffneten Zustande der Blüthe noch deutlich die Deckung nach | St.; dieselbe Deckung zeigen nach dem von Gray gegebenen Grund- risse auch die Blumenblätter und zwar so, dass das erste Blumen- blatt (wie es die eutopische Deckung verlangt) zwischen das erste und dritte Kelchblatt fällt. Bei der von mir untersuchten Blüthe war die Deckung etwas verändert (metatopisch), indem die eine Seite des vierten Blumenblatts über den benachbarten Rand des zweiten übergriff. Die braunrotben Blumenblätter fand ich nicht so ausgebreitet, wie sie von Gray dargestellt 74 Gesellschaft natur forsch ender Freunde. werden, sondern zusammengelegt und eine nach oben engere, unten fast kugelig aufgetriebene Glocke bildend. Die Gestalt der Blumenblätter ist eine sehr sonderbare. Der grössere und breitere untere Theil derselben, welchen Gray den Nagel nennt, ist länglich-eiförmig; über diesen erhebt sich, durch eine starke Einbuchtung getrennt, eine kleinere breiteiförmige, am Ende ab- gestutzte und gegen die Spitze zu an den Rändern eingerollte La- mina. Durch die Ausschnitte an der Grenze von Nagel und Platte werden an der sonst geschlossenen Seitenwand der Glocke der Blumenkrone Oeflfnungen gebildet, welche wahrscheinlich die Bestimmung haben, Insecten den Eintritt in den unter der schild- förmigen Ausbreitung des Fruchtknotens befindliehen, die Staub- gefässe enthaltenden Raum zu gestatten. Staubblätter fand ich 15, je 3 vor ein Blumenblatt fallend, mit kurzem Filament, da- her im Grunde der Blumenkrone versteckt. Die Staubbeutel zeigen 4 Abtheilungen, von denen 2 kürzere nach innen gerich- tet sind, 2 längere nach aussen fallende weiter am Filament herabsteigen. Der Fruchtknoten, welcher sich nach oben schild- förmig erweitert, zeigt 10 leichte, ungleich starke Furchen, die schwächeren den Scheidewänden, die stärkeren der Mitte der Fächer entsprechend. Die fünf Fächer entsprechen in ihrer Lage den Blumenblättern (während sie bei Sarracenia nach früheren Beobachtungen die Richtung der Kelchblätter einhalten). Die Samenträger, welche in etwa f Höhe des Fruchtknotens begin- nen, sind durch eine tiefe Furche in 2 dicke, der Scheidewand zugekrümmte Lappen getheilt und mit unordentlich vielreibigen, sehr kleinen und sehr zahlreichen Eiknöspchen besetzt, welche gleichfalls, nach 2 Seiten divergirend, den Scheidewänden zuge- krümmt sind. Die Eiknospe ist, wie die vorgelegten von Hrn. Magnus gefertigten Präparate zeigen, anatrop, mit 2 Integu- menten, von denen das innere aus dem äus?eren etwas hervor- ragt, und einem schmal kegelförmigen, den Eiinund nicht er- reichenden Kern. Es ist bekannt, dass die schlauchförmig ausgehöhlten Blatt- stiele dieser Pflanze sich in ihrer Längserstreckung in der Weise drehen, dass die Oeffnung des Schlauches, welche ursprünglich auf der Oberseite liegt, nach unten gewendet wird. Diese Um- drehung folgt bei allen Blättern desselben Exemplars derselben Sitzung vom 17. Juni. 75 Richtung, ist dagegen, wie die beiden Exemplare des Universi- tätsgartens zeigen, bei verschiedenen Exemplaren verschieden, welche Verschiedenheit von der Wendung der Blattstellung ab- hängt, und zwar so, dass die Drehung dem kurzen Wege der in der Blattrosette herrschenden ^^ Stellung entspricht. In der Achsel des obersten kümmerlichen Laubblattes, das dem Blüthen- stengel vorausgeht, zeigt sich schon zur Zeit der Bliithe der Anfang eines seitlichen Laubsprosses, auf dessen Entwicklung die Fortdauer des Stockes nach der Blüthe beruht. Aus den Achseln der älteren Laubblätler entspringen nicht selten schlanke Seitensprosse mit kleinen entfernt stehenden Blättern, welche sich allmälig fast ausläuferartig niederlegen und abgelöst zur Vermehrung der Pflanze gebraucht werden können. Derselbe legte fener eine eigenthümliche Missbildung von Arabis Thaliana vor, welche von Herrn Vatke auf dem Felde zwischen Schöneberg und Willmersdorf in einem einzigen Exem- plar gefunden wurde. Die Blüthen dieses Exemplars sind ins- gesammt gefüllt und mehrmals durchwachsen. Der normalen Blumenkrone folgen 6 weitere, die Stelle der Staubblätter ein- nehmende, längere Blumenblätter, von denen selbst wieder die 2 äusseren etwas kürzer sind als die 4 inneren. An Stelle des Pistills erhebt sich die Blüthenachse zu einem kürzeren oder längeren Stielchen, das ebenso gebildete Blüthen mit 4 Kelcb- und 10 Blumenblättern trägt, was sich noch ein- bis zweimal wiederholt. An den oberen Blüthen werden auch die Kelch- blätter mehr oder weniger petaloidisch. Herr P. Magnus berichtete über Versuche, die die Zu- sammengehörigkeit des Aecidium Urticae mit einer Puccinia auf Carex hirta erweisen, wie es fürPuccinien auf Gräsern und Aecidien auf andern Wirthspflanzen De Bary schon vor vielen Jahren nach- gewiesen hat. Vortragender ist auf diese Versuche geleitet worden durch die Beobachtung, dass diese beiden Rostpilze an einer Stelle des Thiergartens bei Berlin jedes Jahr in nächster Nach- barschaft sich fanden und die Uredo sich immer auf Carex zeigte, kurze Zeit nach dem ersten massenhafteren Auftreten des Aeci- diums. Bereits im Frühjahre 1872 hat Vortr. wiederholt mit Erfolg diese Versuche ausgeführt und darüber in der Pßngst- versammlung des Botanischen Vereins für die Provinz Branden- 76 Gesellschaft naturforschender Freunde. burg berichtet. In diesem Frühjahre bat er sie mit demselben Erfolge wiederholt, und legte Vortr. der Gesellschaft frische Carex hirta vor, auf der er durch Aussaat der Sporen des Aeci- dinm Urticae Uredo erzogen hatte. Es zeigte sich bei diesen Aussaaten, dass die AecidiumSporen am besten keimten, wenn sie bereits einige Stunden ausgestreut bei den Aecidimn-Bechern gelegen hatten, und keimten sie sogar noch sehr gut in einem Falle, wo sie drei Tage ausgestreut als gelbe Sfaubmassen bei den Pilzgescbwülsten auf der Urtica gewesen waren. Die Fuc- cinia auf Carex hirta stimmt morphologisch mit der Puccinia Caricis D. C. überein, und muss sie einstweilen zu dieser gestellt werden. Ob aber alle auf den anderen Carex-Arten, z. B. Carex riparia, auftretenden Puccinien, die nach ihrem morphologischen Baue zu Puccinia Caricis gerechnet werden müssen, wirklich mit der auf Carex hirta (von der sie übrigens oft in den Grössen- dimensionen der Stylosporen und Teleutosporen abweichen) zu einer Art gehören, ob daher diese Puccinien der anderen Carex- Arten ihre /lectrfJMm-Fructifiration ebenfalls auf Urtica entwickeln, muss Vortr. um so mehr ausdrücklich dahingestellt sein lassen, als einige allerdings noch zu bestätigende und weiter zu verfol- gende Erfahrungen entschieden dagegen sprechen. Herr W. Peters machte eine Mittheilung über eine neue Art von Cnemidophorus. Cnemidophorus nigricolor n. sp. : Ganz einfarbig schwarz oder schwarzbraun mit helleren bräunlichen Linien auf dem Nacken und dergleichen kleine Flecken auf der Aussenseite des Vorderarmes, des Ober- und Unterschenkels, Marmorirung des ünterkinnes und der hellem Ränder der Schilder und Schuppen der Unterseite. Bauch- schuppen in acht Längsreihen, wie gewöhnlich*) bei Cn. lem- niscatus, dem diese Art auch im Habitus und in der Pholidosis sehr ähnlich ist. Sie unterscheidet sich jedoch von ihm in der letzteren dadurch, dass die Schuppen der Halsfalte kaum grösser *) Das Berliner Museum (No. 6197) bat Exemplare eines Cnemi- dophorus aus La Guayra, welche zehn Reihen von Bauchschuppeu haben, sonst aber in keiner Weise sich von Cn. lemuiu-ntun unter- scheiden. Sitzung vom 17. Juni. 11 als die des Unterkinnes , die beiden grossen Schuppenreihen des Oberarms viel kleiner als bei jener Art und die Schuppen des ersten Viertels oder Drittels der Unterseite des Schwanzes glatt und ungekielt sind. Vier Exemplare dieser durch ihre Färbung sehr auffallen- der Art, drei ganz schwarze und ein helleres, sind mir von Hrn. Dr. A. Ernst in Caracas zugesandt worden. Er fand diese Eidechsen ausserordentlich häufig auf der venezuelanischen Insel- gruppe Los Roques, im Norden von La Guayra (im 12''N. Br. und 67 ^ W. L. Gr.) Auf diesen kleinen Inseln fand er ausser dieser Eidechse von Wirbelthieren nur noch die Wanderratte in Tausenden von Exemplaren vor. Selbst Seevögel sind nicht häufig und von Landvögeln sah er keine. Die Vegetation hat Herr Dr. Ernst in der Botanischen Zeitung von 1872 beschrie- ben. Die Eidechse hat bei den Fischern keinen Namen. Sie ist nicht schnell und zwei Leute fingen in einer halben Stunde gegen 80 Exemplare. Herr Urban, als Gast anwesend, sprach über die durch die Heereszüge der Jahre 1870 und 71 bewirkte Einschleppung zahlreicher fremder Pflanzenarten nach Frankreich. Dass durch Kriegszüge einige Pflanzen ihren Verbreitungs- bezirk dauernd erweitert haben, ist bekannt. Corisperrmim Marschallii Stev., mit den Russen im Jahre 1814 nach Deutsch- land eingewandert, ist bis Schwetzingen vorgedrungen und hat diesen westlichsten Punkt seines Vorkommens bis jetzt behaup- tet. Aehnliche Beispiele liegen aus älteren Zeiten, jedoch nur wenige, vor, weil man die nächste, günstigste Zeit nach grösse- ren Kriegen vorübergehen liess und später nur zufällig die wenigen Ueberbleibsel auffand, welche sich vollständig eingebür- gert hatten. In manchen Fällen mochte sich dann auch wohl nicht einmal mehr mit Sicherheit constatiren lassen, ob und wann eine Einwanderung stattgefunden hatte. Erst seit dem letzten Jahrzehnt hat man begonnen, an den Lagerplätzen grösserer Heeresabtheilungen , in der Umgebung der Magazine und Ausladestellen sein Augenmerk auf die der Flora fremden Pflanzen zu richten. Der erste, welcher ein kleines Verzeich- niss der durch den Krieg von 1859 nach Italien verschleppten Pflanzenarten lieferte, war Aug. Gras. Er theilt im Bull, de 78 Gesellschaft naturforschender Freunde. la soc. bot. de France VIII p. 084 die Resultate einer Excur- sion mit, welche er 1860 bei Vercelli zu den von der französi- schen Cavallerie im Jahre vorher eingenommenen Lagerplätzen gemacht' hatte und giebt (einschliesslich der Nachträge von de Cesati) ein Verzeichniss von 20 wahrscheinlich aus dem südlichen Frankreich eingeführten Pflanzen. Weitere Beobach- tungen liegen über den Feldzug von 1859 nicht vor. Um so zahlreicher sind aber die Angaben über eine ßore adventice, welche nach dem deutsch - französischen Kriege an mehreren Orten Frankreichs erschien. Da diese Beobachtungen mit grosser Genauigkeit und Vollständigkeit angestellt sind und auch an denselben Localitäten in den folgenden Jahren fortgesetzt wur- den, so wird mit Leichtigkeit festgestellt werden können, welcher Bruchtheil der eingewanderten Pflanzen sich in Mittel-Frankreich einbürgern und in welcher Weise er auf die Verbreitung der einheimischen Pflanzen Einfluss ausüben wird. Die dem Vor- tragenden bekannt gewordenen Veröffentlichungen sind folgende: 1) Florula obsidionalis von Gaudefroy und MouiUefar ine im Bulletin de la Soc. botan. de France. 1871 p. 246— 252. Die beiden Beobachter zählen 190 Arten auf, die im Frühjahre und Sommer 1871 in der Umgebung von Paris, besonders in der Nähe des Mont Valerien, gefunden wurden. 2) Flora Sequaniae exsiccata von Paillot und Vendrely in den iMemoires de la Soc. d'emulation du Doubs, Sitzung vom 13. December 1871, enthält die Beobachtungen Paillot 's, Cordier's und Pour- tier's über die in der Franche Comte, namentlich am Bahnhofe von Besancjon, erschienenen Species. 3) Nouel zählt 90 in der Umgebung Orleans von ihm, Berthelot und Humnicki beob- achtete Pflanzen der ßore adventice in den Mem. de la Soc. des sc. et lettr. de l'Orleanais vom 2. Februar 1872 auf. 4) Franchet berichtet über das Auftreten exotischer Pflanzen im Departement Loir-et-Cher im Bullet, de la Soc. botan. de France 1872 p. 195—202, de Vibraye in den Comptes rendus 1872 p. 1376. Ersterer führt 199 von E. Nouel bei Vendöme, von ihm selbst bei Blois und Cheverny aufgefundene Arten an. Was die Resultate betrifft, die sich aus diesen Beobach- tungen bis jetzt ergeben , so ist man zunächst zu der Annahme berechtigt, dass sich ein Theil der eingeschleppten Pflanzen an Sitzung vom 17. Juni. 79 dem von iljnen occupirten Terrain erbalten wird. Denn einmal haben die Samen trotz des sehr kalten Winters von 1870 — 71 und zum Theil auch, soweit bis jetzt Angaben vorliegen, von 1871 — 72 ihre Keimkraft behalten; dann aber sind diese Pflan- zen in grosser Menge an Orten erschienen, die bisher fast aller Vegetation entbehrten, an Orten also, wo sie einen Wettkampf mit den dem Klima des mittleren Frankreichs besser angepassten Arten nicht zu fürchten brauchten. Von einigen Species hat man sogar festgestellt, dass sie im zweiten Jahre in viel grösserer Anzahl aufgetreten sind, als im ersten. Die eingewanderten Arten sind zweifachen Ursprungs. Der bei weitem kleinste Theil gehört dem östlichen und südöstlichen Europa an und besteht meist aus Ackerunkräutern: er ist nach Franchet's Meinung mit dem in Oesterreich und Russland aufgekauften Hafer ver- schleppt. Von den deutschen Heeren ist mit Sicherheit nur eine Art nach Frankreich eingeführt, nämlich Vicia villosa Roth, welche am BahnliOfe von Villiers-le-Bel im Norden von Paris bei Gonesse, der Ausladestelle. der dem Gardecorps bestimmten Lebensmittel, beobachtet wurde; eine winzige Anzahl, da nach des Vortragenden eigener Anschauung sich kaum eine geeigne- tere Gelegenheit zur Ausstreuung eingeschleppter Samen bieten konnte. Die meisten der beobachteten Arten sind jedoch der Mittelmeerflora eigenthümlich, ver Allem Algerien, welches der französischen Armee den allergrössten Theil an Futterbedarf geliefert hat. Mit einigen ihnen eigenthümlichen, nicht in .Al- gerien vorkommenden Arten participiren auch Sicilien und Ita- lien, von wo ebenfalls, wenn auch in geringerer Menge, Fourage bezogen wurde. Was die Vertheilung der bemerkten Panzen- arten nach Familien betrifft, so könnte es auffallend erscheinen, dass bei weitem die grösste Anzahl von den Leguminosen und erst an zweiter Stelle von den Gramineen geliefert ist. Es tre- ten nämlich in Franchet's Aufzählung die ersteren mit 58 Arten, die letzteren mit 35 Arten, in der Florula obsidionalis jene mit 58, diese mit 32 Arten auf. Dieses unserer norddeut- schen Anschauung etwas auffällige Verhältniss findet seine Er- klärung darin, dass nach Munby's Flore de l'Algerie die Wie- sen Algeriens fast ausschliesslich aus Leguminosen zusammen- gesetzt sind. Unter diesen nehmen wieder die Arten der Gat- 80 Gesellschaft naturforschender Freunde. tung Medicfigo, welche auch in den angeführten Verzeichnissen verhältnissmässig die Hauptrolle spielen, den ersten Rang ein. Vortragender wendete, weil mit einer monographischen Bearbeitung dieser Gattung beschäftigt, denselben vor Allen seine Aufmerksamkeit zu. Es sind deren in dem Sinne, wie er die Arten umgrenzt, im Ganzen 11 Species an den angeführten Localitälen beobachtet, die mit Ausnalune von M. disciformis De. sämmtlich in Algerien vorkommen und höchst wahrscheinlich von dort aus nach Frankreich eingeschleppt sind. Algerien be- sitzt aber nach Munby's Flore de l'Algerie 2te Aufl. von den bis jetzt dem Vortragenden bekannten 46 Arten 21; zu denen noch die erst neuerdings dort aufgefundene M. rugosaDesr. kommt. Wenn man von diesen 22 Arten die strauchartige M. arborea L. und die perennirende, erst im 2ten Jahre zur Blüthe kommende M. marina L. ausschliesst und die auch im mittleren Frankreich einheimischen 7 Arten M. hipnäna L., M. saliva (L.) Doli., M. orbicidaris All., M. rigidnla Desr., M. arabica All, M. hispida Gärtn. var. microcarpa Urb. und M. minima (L.) Bartal. abrechnet, so findet man, dass von den übrig bleibenden 13 Arten in Folge des Krieges sich 10 Arten auf die Wanderschaft begeben und ihren Verbreituniisbezirk in das mittlere Frankreich hinein aus- gedehnt haben, nämlich: M. radiafa L. , lij. intertexta Gärtn., M. ciliaris W., M. scntellata AU., J\l. Soleirolii Duby, M. Ininca- tiila Desr., M. turbinala Willd. em., M. Mnrex Willd., dazu noch M. hispida Gärtn. var. pentacycla (D.C) Urb. bis Paris, ausser- dem M. helix Willd. und M. litoraHs Rohde var. inermis Mor. bis zum Departement Loir-et -Cher. Es kann diese Wanderung nicht Wunder nehmen, wenn man die für die Verschleppung so vorzüglich geeigneten Hülsen der Medicago-Arten betrachtet. Die durch die ungleichmässige Entwickelung von Bauch- und Rückennaht hervorgerufene spiralige Einrollung zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Kugelgestalt, sowie die sehr häufig an der Rückennaht hervortretenden, an der Spitze meist hakig umgebogenen Stacheln, mögen, auch abgesehen davon, dass ein wesentlicher Theil der während des Krieges in Frankreich ver- brauchten Futterkräuter von der Gattung Medicago geliefert wurde, diese enorme Verscbleppu g begünstigt haben. Man findet nämlich überall, wo aus den Mittelmeerländern oder vom Cap bezogene Sitzung vom 17. Juni. 81 Wolle verarbeitet wird, wie zu Eupen, am Port Juvenal bei Montpellier (Godron zählt in der Florula Juvenaüs 2. Aufl. unter 387 eingeschleppten Arten 8 Medicago Species auf) die in die Wolle eingehäkelten Medicago-Früchle. Zum Schlüsse legt Vortragender noch eine von Gaudefroy bei Paris gesammelte M. Soleirolii Duby vor, welche er durch die freundliche Vermittelung des Herrn Dr. A scher son erhal- ten hat, ferner die von Buchin ger zu Strasburg Juli 1870 im Heu von Constantine gefundenen Früchte von M. ciliaris W., M. hispida Gärtn. var. microdon und vor. penfacycla, ferner die Hülsen von M. tornata W. tar. muricafa, von M. trtmcaftila Gärtn, var. longeaculeala und von M. turbinatu W. var. actileata vor, welche von zur Blüthe und Fruchtreife gelangten Exem- plaren der flore adventice bei Bordeaux gesammelt wurden und die er der Güte des Prof. Durieu de Maisonneuve ver- dankt. Nachschrift. Während des Druckes vorstehender Mitthei- lung erschienen im Bulletin de la Soc. botan. de France 1872 p. 2G6 — 277 Gaudefroy's und Mouillefarine's neuere Beob- achtungen (vom Jahre 1872) über die Florvla obsidionalis von Paris. Zu den im Jahre 1871 bemerkten 190 Arten sind 78 weitere Species hinzugekommen, darunter If) Papilionaceen (die im Dep. Loir-et-Cher schon beobachtete M. helix W. und eine andere südliche Form von M. hispida Gärtn.; es sind aber auch .59 Arten nicht wieder aufgefunden worden, darunter l.*) Papi- lionaceen {M. scutellata (L.) AU., radiata L., disciformis D. C.). Eine dauernde Einbürgerung glauben die beiden Beobachter be- zweifeln zu müssen, weil die feuchten Herbsttage Frankreichs die im Sommer ausgestreuten Samen zu frühzeitig zum Keimen brächten und weil die jungen Pflänzchen die Temperatur- schwankungen des mittclfranzösischen Klima's beim Mangel einer Schneedecke während des Winters nicht zu ertragen im Stande sein würden. Auch wollen sie, im Gegensatze zu den von Anderen an anderen Orten gemachten Beobachtungen, nicht bemerkt haben, dass die flore adventice sich über ihr ursprüng- liches Terrain w iter ausgebreitet habe, glauben vielmehr, dass sie, wenn sie den durch Pferdedung etc. fruchtbar geraachten Boden ausgesogen hätte, allmählich zu Grunde gehen würde. 82 Gesellschaft natur/orschender Freunde. Herr Hartmann sprach über die anatomische Beschaffen- heit der Axine Belones Abildgaard und legte Zeichnungen dieses von ihm zu Venedig eingehend untersuchten, auf dem Hornhechte (Betone vulgaris) schmarotzenden Trematoden vor. Derselbe wird über den Gegenstand in einer fachwissenschaftlichen Zeitschrift ausführlich berichten. Als Geschenke wurden dankend entgegengenommen: E. Liais, Climats, Geologie, Faune et Geographie bolanique du Bresil. Paris 1872. Verhandlungen des natur forschenden Vereins in Briinn. Bd. 10. 1871. Bullelins de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou 1872. No. 4. Göppert, Ueber die Pflanzenwelt in dem vergangenen Winter (Breslauer und Sehlesische Zeitung 18. December 1872, 30. März 1873.) Breslau. Einunddreissigsfer Bericht über das Museum Francisco-Carolinum, nebst der 26. Lieferung der Beiträge zur Landeskunde von Oesterreich ob der Ens und das ober-österreichische Museum Francisco-Carolinum. Linz 1873. Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissenschaften. Januar 1873. Correspondenzblatt des Naturforscher-Vereins zu Riga. Jahrg. 19. Die Bildung des Knochengewebes, Festschrift des Naturforscher- Vereins zn Riga, zur Feier des 50jährigen Bestehens, von Ludw. Stieda. Leipzig 1873. Memoires de r Academie Imp. des Sciences de St. Petersbourg Tome XVII No. 4. 5. Tome XVHI No. 1. 2. Ueber die Zucht des Ailanihus- Spinners (Bombyx cynthia) au/ dem Kaukasus. Tiflis 1873. Februar. A. VV Schade'8 Biichdriickerei (L. Schade) iu Berlin, Stnllschrelberstr. 47 Sitzungs-ßericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin am 15. Juli 1873. Director: Herr Reichert. Herr Reichert eröffnete die Sitzung mit der traurigen Anzeige, dass die Gesellschaft naturforschender Freunde am heutigen Vormittage das in der Wissenschaft, wie durch seinen liebenswürdigen Charakter gleich ausgezeichnete ordentliche Mit- glied, Herrn Gustav Rose, durch den Tod verloren habe. Darauf sprach derselbe über den asymmetrischen Bau, vornehmlich des Kopfes und Obergesichts der Pleuro- nectiden. Der Gegenstand hat in neuester Zeit, ein besonderes Interesse durch die Beobachtung erlangt, dass die Augen bei Embryonen und jungen Thieren eine symmetrische Lage haben, und dass demnach die Asymmetrie erst später bei weiterer Aus- bildung und dem Wachsthum des Fisches sich einstellt. Man war durch diesen Befund überrascht, offenbar, weil man voraussetzte, dass die Asymmetrie schon bei der ersten Anlage der Augen gegeben sein müsse, — eine Voraussetzung, die sich weder durch die Bildungsgeschichte des Kopfes und der Augen, noch durch das thatsächliche Verhalten der Asymmetrie am ausge- wachsenen Kopfe der Pleuronectiden rechtfertigen lässt. Die symmetrische Lage der Augen bei den Embryonen der Pleuronectiden ist dem hier als Gast anwesenden Herrn Malm aus Gothenburg, zufolge mündlicher Mittheilung, schon seit dem 0 84 Gesellschaft naturforschender Freunde. Jahre 1847 bekannt. Ausführlicher erläutert derselbe den Gegen- stand in seiner Abhandlung „Bidrag tili kännedom af Pleuro- nektoidernas utveckling och byggnad" (Denkschriften der König- lichen Akad. d. Wiss. zu Stockholm vom Jahre 1867 und 1868). Steenstrup hat seine Beobachtungen über die allmählich sich einstellende Asymmetrie der Augen bei den Pleuronectiden in den Denkschriften der Kopenhagener Akademie d. W, 18G4 veröftentlicht. Von den Embryonen mit symraetrisci.er oder richtiger noch nicht verschobener Stellung der Augen, welche Kowalewski und Syrski (Director des städtischen zoologi- schen Museums in Triest) im Jahre 1867 nach ötägiger Bebrü- tung bei 9 ° R. von künstlich befruchteten Eiern von Platessa passer erhalten haben , legte der Vortragende mehrere Exem- plare, die Herr Syrski ihm zum Geschenk gemacht hatte, zur Ansicht vor. Zur richtigen Beurtheilung dtr „asymmetrischen" Form- verhältiiisse des Kopfes der Pleuronectiden ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Organismus der Wirbelthiere der typischen Anlage gemäss in toto mit allen seinen Organen bilateral-sym- metrisch construirt, d. h. aus zwei gleich gebauten Hälften, einer rechten und einer linken, zusammengesetzt ist, die in der Me- dianebene ihre Commissur- Region besitzen. Ein vollständig gleicher Bau beider Hälften, selbst wenn man von den unver- meidlichen Abweichungen in der Grösse und in unwesentlichen Formverhältnissen absieht, kommt, wie bekannt, in den speciel- len Fällen nicht vor. Dasjenige Wirbelthier, welches den An- forderungen der typischen Anlage noch am meisten entspricht, ist Branchiostoma lubricum; von ihm kann man wenigstens aus- sagen, dass sich der ganze Körper durch einen einzigen, senk- recht geführten Medianschnitt in die beiden wesentlich gleich gebauten Hälften trennen lasse. Die speciellen, asymmetrischen Abweichungen von der typi- schen Grundform sind zweierlei Art. Sie zeigen sich einmal in dem Ausfall oder in der mangelhaften Ausbildung von Organen in der einen Hälfte, und zweitens in Verschiebung der commis- suralen Medianebene einzelner Bestandtheile des Körpers aus der ursprünglichen, medianen Sagittalebeue in irgend eine an- dere Richtung; icli werde die letzteren zum Unterschiede ander- Sitzung vom 15. Juli. 85 weitiger Dislocationen , wie z. B. beim Descensus testiculorum, bei der Verschiebung des Herzens, des Rumpfdarms der höhe- ren Wirbelthiere, die „asymmetrischen" nennen. Beispiele des asymmetrischen Verhaltens der ersten Art liefern die nur ein- seitig ausgebildeten Aortenbogen, die nur auf der linken Hälfte vorkommende Milz, der bei den Vögeln nur auf der linken Seite vorhandene Eierstock mit dem Eileiter, die nur einseitig ausge- bildeten Lungen bei Schlangen, die vorherrschend auf der rech- ten Seite entwickelte Leber höherer Wirbelthiere u, s. f. Bei den durch Verschiebung der normalen Medianebene sich einstellen- den asymmetrischen Zuständen ist selbstverständlich der bilate- rale Bau der verschobenen Theile gar nicht in Frage gestellt; derselbe bleibt erhalten, aber es können die beiden Hälften gleich- oder ungleichartig ausgebildet sein. Ein Beispiel dieser Art von Asymmetrie hat man z. B. am Magen des Menschen, der bei Bildung des Saccus epiploicus mit seinem Gekröse am oberen (vorderen) Theile nach links verschoben, am unteren (hinteren, duodenalen) transversal gestellt wird; gleichzeitig wer- den die Leber, das Lig. Suspensorium hepatis und das Omentum minus nach rechts gezogen. Noch auffälliger sind die Verschie- bungen beim Duodenum und beim Dickdarm des Menschen und der Säugethiere. Es ist 'die letztere Art asymmetrischen Verhaltens, mit der man es bei den Pleuronectiden zu thun hat. Am symmetrisch gebildeten Schädel der Teleostier verhält sich der vorn unmittel- bar an die Kapsel sich anschliessende Theil des Obergesichts bis zum Os ethmoideum*) mit den Augengruben folgender Maassen. Genau in der Richtung der Medianebene ziehen von der Schädel- decke die Ossa frontalia media s. principalia, von der Basis der Schädelkapsel das Os sphenoideum basilare (anterius) mit dem Vomer convergirend zum Os ethmoideum hin. Zwischen beiden hat das median gestellte, häufig un verknöcherte, spitzwinklig dreieckige Septum interorbitale seine Lage; es schlicsst sich mit der Basis an die Seitenwände der Schädelkapsel an und geht vorn in den medianen Theil des Os ethmoideum über, welcher *) Ich benenne die Knochen vornehmlich nach G. Cuvier und J. Müller. 9* 86 Gesellschaft natur/orschender Freunde. sich dorsalwärts öfters zu einer die Geruchgrübchen trennenden Crista mediana erhebt. Am vorderen häufig gleichfalls unvoll- ständig verknöcherten Abschluss der Schädelkapsel, zu beiden Seiten des Seplmn inl er orbitale., befinden sich in der Nähe des Sphenoideum basilare die Oeffnungen (Foramina ethmoidalia) für die aus der Schädelhöhle heraustretenden Geruchs- und Seh- Nerven. An den Seiten des beschriebenen Knochen -Zuges am Obergesicht liegen hinter einander die Geruchgrübchen und die Augengruben; erstere halten sich im Bereiche des Os ethmoi- denm,' das mit seinem medianen Theile beide Geruchgrübchen scheidet. An der Bildung der Augengruben sind vornehmlich das Septiim interorbitale und die Frontaüa media betheiligt, welche letztere mit oder ohne Randknochen und mit den mehr oder weniger entwickelten Processus orbitalis anterior und Pro- cessus orbifalis posterior den Margo supraorbitalis formiren. In der lateralen Umgebung der Geruchgrübchen befindet sich das Os frontale anlerius oder Os praefrontale (Cuvier). Es bildet zunächst die lateral- und ventralwärts gelegene Wandung der Oeffnung, durch welche der Geruchsnerv zur Schleimhaut des Geruchgrübchens tritt, und schickt dorsal- und hinterwärts einen Fortsatz zur Verbindung mit dem Frontale medium ab. Das Praefrontale unterhält ferner durch mehr oder weniger deut- lich hervortretende Befestigungs-Fortsätze Verbindungen mit dem Os palatinum und dem vordersten Knochen des Infraorbital- Ringes. Der unter dem Auge vorüber ziehende Infraorbital-Ring befestigt sich ausserdem hinterwärts an der Schädelkapsel auf zweifache Weise: an dem mehr oder weniger hervortretenden Fortsatze des Os frontale posterius, welches vornehmlich die Gelenkgrube für das Suspensorium des Unterkiefers bildet; und in der Regel auch an einem Befestigungsvorsprunge des Os fron- tale medium. Ist der Infraorbital-Ring kräftiger ausgebildet, sind die ein- zelnen Knochen unter einander und mit den Befestigungsknochen inniger verbunden, wie z. B. bei den Characiden, bei Hydrocyon unter den Scomberoiden (Cuv.), bei Lepidoleprus unter den Ga- doiden u. s. w,; dann kann man sagen, dass an dem beschrie- benen Knochengerüste des Übergesichts drei von der Schädel- kapsel ausgehende und zum Os ethmoideum convergirende Sitzung vom 15. Juli. 87 Knochen-Züge oder -Brücken unterschieden werden können: ein medianer, bestehend aus den Ossa frontalia media., aus dem Os sphenoideum basilare (anterins) mit dem Votner, und aus dem Septnm int er orbitale; — und zwei laterale, die durch die beiden Infraorbital-Ringe d. i. durch die Infraorbital-Knochen und durch die Fortsätze vertreten werden, welche vorn die Frontalia ante- riora, hinten die Frontalia posteriora und Frontalia media zur Befestigung des Infraorbital -Ringes an der Schädelkapsel ent- wickeln. Der asymmetrische Zustand am Kopf der Pleuronectiden ist, von geringfügigen Abweichungen in der Ausbildung des Kiefergerüstes abgesehen, vornehmlich in der Orbital -Region vorhanden und am Schädel im Bereiche des beschriebenen Knochengerüstes des Obergesichts in folgender Weise ausge- prägt. Das Sphenoideum basilare (anterius) mit dem Vomer, sowie der anstossende vorderste Theil des Os ethmoideum halten in ihrer Lage und in ihrem Zuge im Wesentlichen die normale Medianebene ein; nur am Sphenoideum basilare wird eine ge- ringe Verschiebung nach der augenfreien Seite des Kopfes be- merkbar. Die hauptsächlichste Verschiebung betrifft die Fron- talia media mit dem Septum interorbitale und die Knochenzüge in der infraorbitalen Region. Um dies gut zu übersehen, ist es ganz unerlässlich, dass oft sehr zarte, häutige, vorn knorplige Septum interorbitale bei der Präparation des Schädels zu erhal- ten. Man beobachtet alsdann, dass das Septum interorbitale und die Frontalia media schon am vorderen Abschluss der Schädel- kapsel plötzlich aus der normalen, senkrechten medianen Stel- lung zur wagerecht gerichteten, frontalen abbiegen oder ab- weichen und zwischen beiden Augen in ventralwärts convexer Krümmung zum Os ethmoideum hinziehen. ^ An dieser Verschiebung nehmen auch einen mehr oder weniger geringen Antheil diejenigen Abschnitte des Schädels, mit wel- chen die vorherrschend verschobenen Theile des Obergesichts sich verbinden: hinten am vorderen Abschluss der Schädelkapsel sowohl die Seitenwände als die Decke, vorn der hintere Ab- schnitt des Os ethmoideum mit der mehr oder weniger ausgebil- deten Crista mediana. Denkt man sich den normal ge- bauten Schädel eines Teleostier's aus elastischer Masse gebildet 88 Gesellschaft naturforschender Freunde. und biegt das von zwei Fingern erfasste Septum interorbitale mit dem Stirnbeinzuge um etwa 90 " ventralwärts entweder nach links oder rechts, so hat man den asymmetrischen Zustand der Plattfische in dem wichtigsten Theile, in dem medianen Knochenzuge des Obergesichts, hergestellt und gewinnt zugleich die richtigen Anhaltspunkte für die Beurtheilung der übrigen sich hieran anschliessenden Abweichungen in der Lage der Hart- und Weichgebildc. Als nächste Folge der besprochenen Verschiebung im me- dianen Knochenzuge des Obergesichts, oder, wenn man will, mit ihm zugleich sind gegeben: die einseitige, linke oder rechte Lage der Augen mit den Augengruben bei den Pleuronectiden. In Wahrheit liegen die beiden Augen mit ihren Gruben bilate- ral, zu beiden Seiten des sie trennenden medianen Knochen- zuges des Obergesichts. Allein das Auge der sogenannten augenfreien Seite ist bei der Dislocation des medianen Knochen- zuges nach der anderen Seite verschoben und nimmt hier nahezu die Lage ein, welche das Auge dieser Seite bei einem normal gebauten Kopfe haben würde; andererseits aber ist das letztere bei den Plattfischen mehr oder weniger aus seiner nor- malen Lage ventralwärts gegen das Kiefergerüst herab- gedrängt. Durch die Verschiebung des Auges der augenfreien Seite zur entgegengesetzten wird zugleich die Infraorbital-Region dieses Auges mehr oder weniger der Scheitelgegend des Kopfes genähert; bei manchen Plattfischen liegt sie genau in der nor- malen Medianebene des Obergesichts. In Betreff des Knochengerüstes, vornehmlich des Ober- gesichts, sind folgende Veränderungen hervorzuheben. An dem Schädel einer jeden Pleuronectide finden sich nur zwei im Obergesicht von der Schädelkapsel zum Os ethmoideum hinziehende Knochenbrücken: die auf die Augenseite verlegte mediane und die laterale der sogenannten augenfreien Seite, welche in der zum Scheitel hinaufgezogenen Infraorbital-Region ihre Lage hat. Der laterale Knoc'ienzug der anderen oder Augenseite ist entweder gar nicht oder nur unvollkommen, wie 2|.i B. beim Rhombus aculeatus, durch einzelne Infraorbitalknochen y^rtrpten, die an dem entsprechenden Praefroutale befestigt sind, ßj^i^^di^n vorhandenen Knochenzüge haben oft, wie z. B. bei Sitzung vom 15. Juli. 89 Hippoglossu.s Bosch (Risso) eine solche gekrümrate Form, als seien sie ausschliesslich auf die Bildung der Augengrube, vor- nehmlich des Supra- und Infraorbitalrandes derselben, für das zur Augenseite verschobene Auge berechnet; für das zum Kiefer- gerüste herabgedrückte und stets zum entsprechenden Praefrontale vorgerückte Auge ist die Grube am Knochengerüste des Ober- gesichts entweder gar nicht oder nur andeutungsweise durch die etwa vorhandenen Infraorbitalknochen und durch das Praefrontale markirt. In anderen Fällen, wie z. B. bei Rhombus aculealus., macht sich noch eine andere Leistung durch Ausbildung von, gegen die Haut vorspringenden, rauhen Randpartieen bemerk- bar, die sich nach hinten zur Schädelkapsel hin in die gleich- artig beschaffenen Randfortsätze des Postfrontale und der Occi- pitalknochen fortsetzen. Die so jederseits gebildeten rauhen Leisten des Schädels stellen offenbar seitliche, knöcherne Schutz- wehren des Kopfes der Plattfische dar. An der Bildung der knöchernen Schutzwehr der Augenseite ist der mediane Knochen- zug, an der entgegengesetzten die zur Scheitelregion vorgerückte laterale wesentlich betheiligt. In dem medianen Knochenzuge sind die beiden Frontalia media enthalten, die vorn mit dem Os ethmoideum und einem stark entwickelten Fortsatze des Praefrontale der Augenseite in Verbindung treten. Man kann an dem dorsalwärts, gegen die Augengrube concaven Knochenzuge in der Regel zwei im All- gemeinen frontal gestellte Flächen und zwei Ränder unterschei- den. An der ventralen, convexen Fläche liegt das dickere Os frontale medium der Augenseite, an der concaven, wie ein Deck- knochen des ersteren, die gekrümmte Knochenlamelle des Fron- tale medium der anderen Seite. Von den beiden Rändern steht der mediale mit dem Septum interorbitale in Verbindung. Ist der zur Haut gewendete laterale Rand zur rauhen knöchernen Schutzwehr ausgebildet, so betheiligt sich daran ausschliesslich das Os frontale medium der Augenseite. Die Frontalia media bilden ausserdem mit dem hinteren Abschnitte die Decke und angrenzenden Seitenwände am vor- deren Abschluss der Schädelkapsel, der gleichfalls an der asym- metrischen Dislocation betheiligt ist. Die hiermit in Verbindung stehenden Abweichungen zeigen sich am Frontale medium der 90 Gesellschaft naturforschender Freunde. Augenseite darin, dass dasselbe mehr oder weniger von der Schädeldecke und der Medianebene abgerückt und mit seiner Ausbreitung vorzugsweise in die entsprechende Seitenwand der Schädelkapsel verlegt ist, wo es mit der Aussenfläche unmittel- bar in die ventrale Fläche des medianen Knochenzuges übergeht. Ist die besprochene knöcherne Schutzwehr vorhanden , so ent- wickelt es in unmittelbarer Fortsetzung des rauhen Randes am medianen Knochenzuge gerade da, wo der kleinere Abschnitt an der Schädeldecke zur Seitenwand der Schädelkapsel umbiegt, eine starke Knochenleiste mit entsprechendem rauhen Rande, die sich an den Randfortsatz des Postfronlaie anfügt. Der Schädelkapsel- Abschnitt des Frontale medium der augenfreien Seite des Kopfes ist an der Schädeldecke über die normale Medianebene hinweg dem der anderen Hälfte nachgerückt; er hat demgemäss seine grösste Ausbreitung an der Decke im vor- deren Abschluss der Schädelkapsel, weniger an der Seitenwand. Am "Winkel, den die Seitenwand mit der Schädeldecke for- rairt, erhebt sich an der Aussenfläche ein Fortsatz, der hinter- wärts mit der lateral vorspringenden Knochenleiste des Post- frontale sich verbindet und wesentlich an der Bildung des late- ralen infraorbitalen Knochenzuges im Obergesicht der augen- freien Seite des Plattfisches betheiligt ist; ich will ihn den infra- orbitalen Fortsatz des Frontale medium der augenfreien Seite nennen; das Frontale medium der Augenseite besitzt ihn nicht. Seine Gestalt richtet sich nach der Form dieses Knochenzuges; bei Plattfischen mit knöcherner Schufzwehrbildung am Schädel entwickelt er sich für dieselbe zu einer wagrecht (frontal) ge- stellten dicken Platte mit rauhem freien Rande. Bei Plattfischen, an deren Schädel, namentlich zur Stütze der dorsalen Flosse, die Crista sagitlalis stärker ausgebildet ist, nimmt auch das Frontale medium der augenfreien Seite durch Entwickelung einer medianen Crista, in der Richtung der normalen Medianebene, daran Antheil. Der infraorbitale laterale Knochenzug wird von zwei in der Regel trennbaren Knochenstücken gebildet: hinterwärts von dem Processus infraorhitalis des Frontale medium., vorn von einem Fortsatz des Praefrontale derselben Seite, den ich gleichfalls Processus infraorhitalis nennen werde. Man kann an diesem Sitzung vom 15. Juli. 91 nach der Augengrube gekrümmten Forlsatz zwei Flächen und zwei Ränder unterscheiden. Von den beiden Flächen ist die eine, der Augenseite zugewendete, zugleich die infraorbitale Be- grenzung der Augengrube; die zweite wird von der Haut be- deckt und ist lateral- und aufwärts nach der augenfreien Seite gerichtet. Von den beiden Rändern verläuft der eine in der Richtung der Crista sagittalis, also mehr oder weniger in der Medianebene und sieht aufwärts und nach der Augenseite; er dient auch, wie die Crista sagittalis der Schädelkapsel, zur Be- festigung der zum Obergesicht vorgerückten Rückenflosse. Der zweite ist lateral- und abwärts nach der augenfreien Seite ge- richtet. Bei Plattfischen mit knöchernen Schutzwehren bildet der Fortsatz eine Knochenplatte, deren medialer Rand zuge- schärft ist, deren lateraler sich stark verdickt und vorn an der Bildung der knöchernen Schutzwehr sich betheiligt. Die knöcherne Schutzwehr an der augenfreien Seite wird hiernach von den bei- den Processus infraorbitales (d. Front, med. und Praefronfale) und den correspondirenden Randfortsätzen des Postfrontale, sowie der Knochen der Occipital-Region gebildet. Bei der vergleichend-anatomischen Deutung dieses knöcher- nen Theiles am Obergesicht der Plattfische muss man vor Allem zunächst daran festhalten, dass man es mit dem, hier zur Scheitelregion verschobenen, an der ventralen, unteren Begren- zung der Augengrube hinziehenden, lateralen Knochenzuge der normal gebauten Teleostier zu thun habe. Bei den letzteren wird derselbe durch eine Anzahl isolirter oder verwachsener Knochen (Infraorbitalknochen) gebildet, die an verhältnissmässig schwach entwickelten Fortsätzen, vorn des Praefrontale, hinten des Frontale medium (und auch des Postfrontale), befestigt sind. Das Frontale medium ist ferner vorzugsweise bei der Bil- dung der supraorbitalen Begrenzung der Augengruben in An- spruch genommen. Das Os praefrontale bildet mit seinem Haupttheile die laterale Begrenzung des Foramen ethmoidale für den Durchtritt des Nervus olfactorius zum Geruchgrübchen. Durch seinen Verbindungsfortsatz mit dem Frontale medium nimmt es auch Antheil an der Bildung des supraorbitalen Ran- des der Augengruben, und bei den Plattfischen, wo er an der Augenseite auffällig stark ist, formirt er vorzugsweise den Supra- 02 Gesellschaft naturforschender Freunde. Orbitalrand für das herabgedrückte Auge der entsprechenden Kopfhälfte. Die Formverhältiiisse am symmetrisch gebauten Schädel der Teleostier sind der Art, dass die Herstellung eines infraorbitalen Knochenziiges durch Vermittelung des Praefronfale und Frontale medium allein keine genügenden Anhaltspunkte vor- findet, und dass sie sich jedenfalls als eine ganz unerwartete Er- scheinung geltend macht. Es liegt daher nahe, in dem infraorbitalen, lateralen Knochenzuge der Plattfische zunächst die etwa vorhan- denen gesonderten Theile des Infraorbitalringes, die infraorbi- talen Knochenstücke aufzusuchen. An dem mir zu Gebote stehenden Beobachtungsmaterial habe ich indessen weder deut- lich gesonderte Knochenstücke zwischen den beiden Processus infraorbitales, noch auch die letzteren selbst als gesonderte Knochen vorfinden können. Auch scheint es fast, dass die bei- den Fortsätze im embryonalen Zustande der Thiere nicht aus gesonderten Knochenkernen hervorgeben, die erst später mit den Hauptstücken des Praefronfale und Frontale medium verwach- sen wären, obgleich der Processus infraorbitalis des Praefrontale in dieser Beziehung eine besondere Berücksichtigung seitens der Embryologen verdient. Wie dem auch sei, nach dem vorhan- denen empirischen Material hat man die Processus infraorbitales als dem Praefrontale und Frontale medium zugehörige Fortsätze und als die beiden den infraorbitalen Knochenzug allein bilden- den Knochenstücke bei der vergleichend -anatomischen Analyse zu verrechnen. Es genügt dann aber nicht, zu sagen, die in Rede stehende Knochenbrücke werde von dem Praefrontale und Frontale medium der augenfreien Seite gebildet, sondern man muss daraufhinweisen, dass darin der Infraorbi talring ge- geben sei, und dass derselbe zum Unterschiede von den sym- metrisch gebauten Teleostiern durch zwei neue, vicariirend und zum Ersatz für die ausgefallenen Infraor bi tal- knochen entwickelte Knochenelemente, durch die Pro- cessus infraorbitales des Praefrontale und Frontale medium construirt werde, die am normalen Infraorbitalringe nur als Befestigungsfortsätze der eigentlichen Infraorbitalknochen an dem vorderen und mittleren Stirnbein auftreten. Weitere Untersuchungen werden darüber zu entscheiden haben, ob auch bei den normal gebauten Teleostiern unter gewissen Um- Sitzung vom 15. Juli. 93 ständen ein auf dieselbe Weise gebildeter Infraorbitalring vor- komme, oder ob er als eine ausschliesslich den Plattfischen eigenthiiniliche und charakteristische Erscheinung zu betrach- ten sei. Hat man sich klar gemacht, dass der asymmetrische Zu- stand des Kopfes der Plattfische vorzugsweise die Orbital- regio n des Obergesichts betrifft, und wie derselbe thatsäch- lich ausgeführt ist, so gewinnt man die erste und wichtigste Grundlage für die Beurtheilung der Bildungserscheinungen am Kopf der Plattfische. Die zweite Grundlage gewähren ganz be- kannte Erfahrungen aus der Bildungsgeschichte des Kopfes der Wirbelthiere. Man weiss in dieser Beziehung, dass das Ober- gesicht mit den späteren Augengruben bei der ersten Anlage der Augen, nlimittelbar nach Vereinigung der Rückenplatten am Kopfabschnitt des Embryo's, noch nicht vorhanden ist. Es ist daher eine ganz natürliche Erscheinung und ebenso eine noth- wendige Voraussetzung, dass die Augen bei Platt- fischen zuerst in normal - symmetrischer Stellung auftreten, und im höchsten Grade auffällig wäre es, wenn die Augen gleich anfangs eine einseitige Lage hätten. Denn man konnte nicht erwarten oder voraussetzen, dass ein asymmetrischer Zustand zu einer Zeit am Kopfe hervor- trete, wo der eigentlich verschobene Theil noch gar nicht existirt. Und ebenso selbstverständlich ist es, dass erst bei späterer Aus- bildung des Obergesichts mit den verschobenen Augengruben auch die. Verschiebung der Augen sich bemerklich macht. Würde der asymmetrische Zustand der Augen schon bei der ersten Anlage gegeben sein, so hätte man vorauszusetzen, dass auch be- reits die Rückenplatten, in welchen zugleich die Anlage der Centralnervenröhre enthalten ist, am Kopfende mit asymmetri- scher Verschiebung sich entwickeln. Bei einer solchen Grund- lage würde die Ausbildung des Kopfes der Plattfische in der vordersten Schädelkapselregion und am Obergesicht, auch wohl noch im weiteren Bereiche, mit einer Dislocation und einem Derangement verbunden sein, die bei erwachsenen Thieren gar nicht bestehn. Das Gehirn z. B. ist am vorderen Abschnitt durchaus normal bilateral gestellt, und nur am vorderen Ab- schluss der Schädelkapsel ist eine Verschiebung bemerkbar. 94 Gesellschaft naturforschender Freunde. Diese ist aber am ausgebildeten Schädel so gering, dass, wenn man zwei schwarze Wachskiigelchen an die Foramina optica d. h. an die Stelle legt, wo ursprünglich die Augen ihre Lage haben, mit Ueberraschung gewahr wird, dass dieselben hier, in das erste embryonale Lageverhältniss der Augen unter- gebracht, noch im Wesentlichen normal bilateral liegen. Herr Hartmann sprach über den Stielmuskel der Anatifa laevis, welcher die Querstreifen sehr deutlich zeigt und unter Behandlung mit erwärmter chlorsaurer Kalilösung lei ht in Pri- milivfibrillen zerfiel. Bekanntlich ist der Stiel dieser Cirripeden der Zusammenziehung und Ausdehnung fähig. Derselbe legte ferner Zeichnungen von Muskeln der Abdominalsegmente in sehr concentrirter Seesalzlösung getödteter und 6 Stunden lang darin bei einer Zimmertemperatur von 31 " R. macerirter Cran- gon vulgare vor, an denen sich das Zerfallen in Primitivfibrilien ohne weitere Präparation vollzog. Derselbe sprach über die Beschaffenheit der nicht quer- gestreiften Muskeln der Cephalopoden und erläuterte an Zeich- nungen die eigenthümlichen, denen der contractilen Substanz ähnelnden Contractions - Erscheinungen der primitiven Faser- elemente der Muskeln von Eledone moschata. An einer Zeich- nung des Stielmuskels einer grossen Vorticelle der venetiani- schen Lagunen, unserer Carchesium polypimmi verwandt, suchte Vortragender seine auch an vielen anderen Vorticelliden gewon- nene Ansicht von der nicht quergestreiften Beschaffenheit jener in ihren Runzelungen den contractilen Fäden der Bryozoen zu vergleichenden, sehr contractilen Organe zu entwickeln. Endlich wurde eine Zeichnung der sonderbaren schaufei- förmigen Anhängsel der Fühler bei männlichen Gammanis pttlex vorgezeigt, deren Bedeutung bis jetzt noch Niemand zu erken- nen vermocht hat. Herr Malm äusserte, dass es ihm ebenfalls nach mehrfach angestellter Untersuchung nicht gelungen sei, sich über diese sonderbaren Organe der (iammarinen schlüssig zu machen. Herr Professor A. W. Malm aus Gothenburg, als Gast, be- sprach einige Fälle von Zweigeschlechtlichkeit, welche er für Zwillingsbildung erklärt, beim Hering (Clupea Harengus L.) und der Makrele {Scomber Scombrns L). Sitzung vom 15. Juli. 95 Bereits auf der Naturforscher-Versammlung zu Kopenhagen 1860 hatte Vortr. privatim einigen Mitgliedern der zoologischen Section die untere Hälfte eines Herings vorgezeigt, welcher einige Jahre früher bei Stavanger in Norwegen gefangen, von einem Arbeitsmann im eingesalzenen Zustande an das Naturhistorische Museum der Königlichen Gesellschaft für Wissenschaft und Lit- teratur in Gothenburg abgeliefert worden war. Der Geber hatte, in Begriff, den Hering zu verzehren, bemerkt, dass derselbe so- wohl Rogen als Milch enthielt. Da man hätte annehmen können, dass ein krankhafter Zustand des erstgenannten Organs eine Aehnlichkeit mit dem zweiten hervorgebracht hätte, so hielt es Herr Malm für gerathen, die Veröffentlichung aufzuschieben, bis vielleicht ein neuerdings gefangenes ähnliches Exemplar eine genauere Untersuchung gestattete. Diese Erwartung erfüllte sich 1863, wo Vortr. am 23. März ein wenige Stunden vorher bei Kalfsund, 2 Meilen westlich von Gothenburg, gefangenes zwei- geschlechtliches Exemplar derselben Fischart erhielt. Beiderlei Geschlechtsorgane waren soweit entwickelt, dass man, wäre das Exemplar einige Tage später gefangen worden, die künstliche Befruchtung hätte vornehmen können. Entsprechend der noch nicht völligen Ausbildung zeigten die Spermatozoiden allerdings die gewöhnliche elliptische Form, aber auf einer Seite nur eine kleine Einbuchtung, die Stelle, an der sich der fadenförmige Anhang ausgebildet haben würde. Mit einem Objectiv- Mikro- meter bei TöOmaliger Linear -Vergrösserung gemessen, hatte ein solches Spermatozoid eine Länge von 0,002 mm., ein Rogenkorn, das natürlich ohne Vergrösserung gemessen werden konnte, einen Durchmesser von 1,2 mm., ein Blutkörperchen, ebenfalls bei TOOfacher Vergrösserung gemessen, im grössten Durchmesser 0,012 mm. Länge. Herrn Malm 's Vortrag über diese Beobachtungen und die von ihm daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind in den Ver- handlungen der bald darauf zu Stockholm gehaltenen Versamm- lung skandinavischer Naturforscher S. 415 — 418 abgedruckt. Es sind jetzt 10 Jahre, seitdem Vortr. diese Fälle veröffent- lichte; er hat keinen Widerspruch erfahren und ebenso wenig sind seine Beobachtungen von anderer Seite bestätigt worden. Inzwischen hat Herr Malm bei seinem Aufenthalte auf der 96 Gesellschaft naturforschender Freunde. zu den Scheereu von Bohuslän geliöiigen Inselgruppe Kosterüarna, im Jahre 18G9, das Glück geliabt, ein weiteres hieher gehöriges Exemplar, nämlich eine zweigeschlechtliche Makrele zu erhalten. In der vor Kurzem in Kopenhagen abgehaltenen Natur- forscher-Versammlung hat Herr Malm über seine diese wich- tige Frage betreffenden Untersuchungen Bericht erstattet und Präparate, sowohl von den ganzen Generations Organen, als mikroskopische Schnitte, zum Theil mit Karminlösung gefärbt, vorgelegt. Einige der letztern hatte derselbe hierher mitgebracht und demonstrirte sie unter dem Mikroskope. Herr Malm theilte ferner die Betrachtungen mit, zu wel- chen er bereits im Jahre 1863 gelangt war und welche in irgend einem Punkte zu modificiren er seitdem keinen Grund hatte. Man hat hier ein Wesen vor sich, dass nach dem gewöhn- lichen Sprachgebrauch ein Hermaphrodit genannt wird; Vortr. möchte indess behaupten, dass es sich hier keineswegs um Her- maphroditismus, sondern um eine Zwillingsbildung handelt. Ein wahrer, deutlich ausgesprochener Hermaphroditismus kommt, soweit Vortr. bekannt, bei den Wirbelthieren nicht vor; existirt er überhaupt, so nur bei den sog. niederen Organismen Vortr. betrachtet nämlich den Hermaphroditismus als ein ursprünglich (a priori) normales Verhalten, und es gab, aller Wahrscheinlich- keit nach, eine Zeit, wo er das ausschliessliche bei den zuerst auf der Erde auftretenden Organismen war, die sich in Gestalt einer einzigen Zelle entwickelten. Noch heut ist er eine durch- greifende Erscheinung bei vielen der s. g. niederen Pflanzen- und Thierlbrmen wie Bacillarien, Amoeben etc. Bei einem grossen Theil z. B. der Mollusken und Annulaten sondern sich die Geschlechtselemente wenigstens partiell von einander, obwohl sie in eine gemeinsame Hülle eingeschlossen sind. Bei diesen findet eine innere Befruchtung statt wie bei Ostrea etc. Eine weitere Vervollkommnung ist es, wenn die Sonderung der Geschlechtsorgane soweit fortschreitet, dass zwi- schen diesen „monoecischen" Doppelindividuen, so zu sagen, eine gegenseitige Begattung stattfinden kann. Die Sepien, Spin- nen, Insecten etc. sowie die Wirbelthiere treten dagegen normal in getrennten Geschlechtern — „dioecisch" — auf. Finden sich hier beiderlei Geschlechtsorgane mehr oder weniger eng verbun- Sitzung vom 15. Juli. 97 den, so betrachtet Vortr. dies Vorkommen so zu sagen als eine Rückkehr, ein Streben, an einem früher normalen, nunmehr aber bei der Seltenheit solcher Fälle abnormen Zustande festzuhalten. Derselbe betrachtet mithin die Mehrzahl der hieher gehörigen „Monstrositäten" als Zwillingsbildungen. Falls zwei verwachsene Individuen äusserlich eine solche Zahl von Organen zeigen, dass man sie mit Leichtigkeit als die von zweien erkennt, nennt man sie auch verwachsene Individuen. Man kann aber dieselbe Erscheinung stufenweise dahin verfol- gen, dass sich nur noch so zu sagen einzelne Reste des zweiten Individuums vorfinden. So gut nun diese Reste z. B. in einem Extremitätenpaare bestehn, kann die Reduction sich auch soweit erstrecken, dass irgend ein beliebiges anderes Organ übrig bleibt. In dem vorliegenden Falle scheinen nun die Geschlechtsorgane von der besprochenen Erscheinung betroffen zu sein. Ein mit Abbildungen versehener Aufsatz des Herrn Malm über diese höchst wichtige und interessante Frage wird in Kur- zem an einer anderen Stelle veröffentlicht werden. Herr A Sehers on legte ein von den Gebrüdern Aurel und Arthur Krause, zwei auf dem Gebiete der Naturgeschichte mit grossem Eifer und Erfolge thätigen jungen Männern, bei Rinkau in der Nähe von Bromberg aufgenommenes Exemplar von Peucedanum Cervaria (L.) Cusson vor, an welchem das einzige vorliegende Grundblatt ungefähr die Dimensionen eines normalen erreicht, in der Theilung aber etwa einem Segmente erster Ordnung ein^s solchen entspricht. Die untern Primärsegmente sind ziemlich lang gestielt (etwa ^ ihrer Länge) und tief- un- gleich Sspaltig (die untern Abschnitte grösser), das nächste Paar viel kürzer gestielt und nur schief- Slappig; der obere Theil des Blattes ist abgebrochen ; in Consistenz und Berandung stimmen die länglich - eiförmigen Abschnitte mit denen eines normalen Blattes überein , obwohl sie sie an Grösse beträchtlich über- treffen. Diese sonderbare Form, welche nur in wenigen Exem- plaren, die wohl durch Theilung eines einzigen Stockes entstan- den sein dürften, unter zahlreichen normalen aufgefunden wurde, scheint dem Vortr. als individuelle Abweichung aufgefasst wer- den zu müssen. Während bei den Umbelliferen die Phyllo- morphose in den verschiedenen Stengelregioneu häufig recht ver- 98 Gesellschaft naturforschender Freunde. schiedene Gestalten durchläuft (Vortr. erinnerte an die in Ab- bildung vorgelegte merkwürdige Pancicia serbica Vis. mit unte- ren ungetheilten, herzförmigen und oberen, in haarförmige Zipfel zerschlitzten Blättern, die sich gewissermaassen umgekehrt ver- hält, als Smyrnitim perfoliatum Mill. und S. rotundifolium Mill., bei denen, wie bei der in der Phyllomorphose ganz analogen Crucifere Lepidium perfoliatum L. , die untern Blätter getheilt sind, während der allein ausgebildete Scheidentheil der oberen einer steugelumfassenden ungetheilten Blattfläche gleicht^, ist es doch selten, dass die sich in der Insertion entsprechenden Blätter verschiedener Exemplare einer Art beträchtlich in der Gestalt variiren. Einigermaassen analog dem mitgetheilten Falle, indess durch eine bestimmt abgegrenzte V^erbreitung als Varietät charak- terisirt, verhält sich Libanolis sibirica (L.) Koch als östliche Form mit weniger getheilten Grundblättern zur typischen L. mon- tana AU.; gerade umgekehrt pflegen von Pimpinella magna L. und P. Saxifraga L. , deren Grundblätter normal nur einfach gefiedert sind, die Formen mit zerschlitzten Fiedern, welche unter vielen Namen als Arten beschrieben wurden (vgl. Falck, Oesterr. Bot. Zeitschr. 187Ü S. 143), an bestimmten Standorten ausschliesslich, sich als Standorts-Varietäten charakterisirend, auf- zutreten. A U ScUade'a Biiclidi iickerei (L. Schade) iu Berlin, Sitzuugs-Hericli t der (ieselLscIiaft iiaturforscliender Freunde zu Berlin am 21. October 1873. Director: Herr Foerster. Herr Gerstaecker machte Mittheilungen über das Vor- kommen von Tracheenkiemen bei ausgebildeten In- sekten. Nachdem die Ansicht des Aristoteles, wonach die Gliederthiere überhaupt nicht athmen sollten, bereits von PI in ins in Zweifel gezogen, zuerst durch den Bologneser Anatomen Marc. Malpighi in der zweiten Hälfte des siebenzehnten Jahr- hunderts an dem Seidenspinner und seiner Raupe widerlegt worden war, erwiesen schon die umfassenden Untersuchungen seines Zeitgenossen Swammerdam und seines Nachfolgers Reaumur, dass ein durch Stigmata mit der Atmosphäre un- mittelbar communicirendes Tracheensystem wenigstens den an der Luft lebenden Gliederthieren durchweg eigen sei. Für die im Wasser lebenden ergaben die gleichfalls schon von jenen ältesten Beobachtern angestellten Untersuchungen dagegen einen zwiefachen Respirationsmodus. Während die ausgebildeten Wasser- Insekten (Dyticus, Hydrophilus, Naucoris, Nepa u. A.) in Ueber- einstimmung mit einem Theil der Larven (Dyticus, Culex, Stratiomys u. s. w.) durch zeitweises Auftauchen über die Wasser- oberfläche mittels ihrer Stigmen direkt Luft athmen, der Wasser- athmungsorgane mithin entbehren , sind die andauernd unter Wasser lebenden Larven, welche nur die dem Wasser beigemengte 10 lüO Gesellschaft naturforschender Freunde. atmosphärische Luft zu athmen in der Lage sind, entweder {Libellen, Ephemeren, Sialiden, Gyrinvs, Elmis) mit besonderen Tracheenkiemen ausgestaltet oder sie besitzen wenigstens (viele Phryganiden-, manche Perlarien-Larvea) ein nach aussen ge- schlossenes Tracheensystem, d. b. nicht permeable Stigmen. Für alle solche durch Kiemen athmende Wasserlarven ergab die Beobachtung, dass sie sich derselben bei der Verwandlung in die Imago entledigen, so dass diese Kiemen als provisorische oder spezifische Larven -Organe, welche eigens dem Aufenthalt im Wasser entsprechen, angesehen werden mussten und Lacor- daire es i. J. 1838 als Erfahrungssatz hinstellen konnte, kein ausgebildetes Insekt besässe Tracheenkiemen. Jedoch schon i. J. 1844 erhielt diese auf die Kenntniss von mehr denn 100,000 damals vorliegenden Insekten -Arten basirte Angabe eine Ein- schränkung. Nach einer vorläufigen Mittheilung Newport's sollte die der Familie Perlariae angehörende Nordamerikanische Pteronarcys regalis Newm. auch im Imagostadium Tracheenkiemen besitzen und zwar zu dreizehn auf die drei Sterna des Thorax und die beiden Basairinge des Hinterleibes vertheilten Paaren. Neben diesen büschelförmigen Kiemen sollten durchgängige Thorax- und Hinterleibsstigmen vorhanden sein. Selbst für ein im Wasser lebendes ausgebildetes Insekt hätte diese Angabe Aufsehen erregen müssen; für ein an der Luft lebendes musste sie den bisherigen Erfahrungen gegenüber geradezu als unglaublich erscheinen. Trotzdem ist sie, abgesehen von einigen, in jener ersten Mittheilung enthaltenen Ungenauigkeiten durch die i. J. 1851 erschienene ausführliche Abhandlung Newport's {Transact. Linn. soc. of London XX.) über Pteronarcys nach allen Seiten hin bestätigt und sogar auf vier der Gattung angehörige Arten ausgedehnt worden. Nachdem diese kiementragende Perlarien- Form mehr denn zwanzig Jahre hindurch in völliger Isolirtheit da^iestanden hatte, wurde ihr durch den Vortragenden im Mai d. J.*) unter dem Namen Dianiphipnoa licheualis eine zweite, gleich jener durch auffallende Grösse hervorragende, aus dem südlichen Chile stammende an die Seite gestellt. Dieselbe erwies *) Festschrift zum huiidertjährigeu Bestehen der Gesellscbaft iiatuif. Freunde (Berlin 1873) p. GO fV.. Fig. 17—27 der beifolgenden Tafel. Sitzung vom 21. October. 101 sich neben mehrfachen wesentlichen Unterschieden in der Bilduno; der Mundtheile, der Flugorgane u. s. \v. auch in Beireff' der Zahl und dem Ansatz der Kiemen als ein diö'erenter Typus zu er- kennen. Während nämlich dieser Gattung Sternalkiemen über- haupt abgingen, fand sich dagegen je ein Paar an den vier ersten Ringen des Hinterleibes vor; ausserdem zeigten sich aber diese Abdominalkiemen in eine weit grössere Zahl (bis 200) von Kiemonfäden zerschlitzt, als es bei Pteronarcys an den Sternalkiemen der Fall war. In den off'enen Thoraxstigmen mit Pteronarcys übereinstimmend, unterschied sich Diamphipnoa von derselben ausserdem durch die äusserst minutiösen Stigmen des fünften und der folgenden Hinterleibsringe. Nach dem Bekanntwerden dieses zweiten Typus kiemen- tragender Imagines musste sich unwillkürlich die Frage nach der Existenz von noch weiteren solchen aufdrängen und es konnte selbst die Möglichkeit nicht ausser Acht gelassen werden, Re- präsentanten dieser merkwürdigen Bildungen auch unter den einheimischen Perlarien aufzufinden. Es war dies trotz der musterhaften Bearbeitung dieser Familie durch Fictet und ob- wohl demselben die in der Schweiz einheimischen Arten meist sogar in zahlreichen lebenden Exemplaren zur Verfügung ge- standen haben, deshalb nicht ganz von der Hand zu weisen, weil man vor jener epochemachenden New port 'sehen Ent- deckung nicht wohl darauf verfallen konnte, bei ausgebildeten Insekten nach Kiemen zu suchen, ihr Auffinden also höchstens ein zufälliges hätte sein können. Für alle Fälle schien es dem Vortragenden immerhin der Mühe lohnend, sich dieser Aufgabe zu unterziehen, zugleich aber in Rücksicht auf die grosse Zahl der einheimischen Arten nothwendig, dieselbe von vornherein näher zu präcisiren, d. h. sich einen vorläufigen Anhalt darüber zu verschaffen, ob und bei welchen Gattungen resp. Arten für das Auffinden von Imago- Kiemen überhaupt einige Wahrschein- lichkeit vorliege. Einen solchen und zwar gewiss nicht zu unter- schätzenden glaubte er vor Allem in den höchst auffallenden Verschiedenheiten der Respirationsorgane bei den Larven, wie sie durch die Untersuchungen Pictet's zur Kenntniss gekommen waren, finden zu können. Es fallen nämlicli auf Grund ihrer Athmungsorgane die bis jetzt bekannten Larven der inländischen 10* 102 Gesellschaft naturforschender Freunde. Perlarien drei Kategorien zu: 1) Üeberhaapt keine Kiemen : Die Gattungen Chloroperla, Isopteryx, Capnia, Leuctra, Taeniopferyx und die Art: Nemoura variet/afa Oliv. 2) Quastenförmige Kiemen, ihrem Ansatz nach den Thoraxstigmen der Imago entsprechend: Perla marcjinata, bipunctata u. cephalotes. 3) Cylindrische Kiemen zu je dreien an beiden Seiten des Prosternums, nahe der Kehle: Nemoura cinerea Oliv., nitida u. inconspicna Pict. Von diesen drei Kategorien konnte, da nicht anzunehmen war, dass sich bis dahin nicht vorhandene Kiemen erst bei der Imago ent- wickeln würden, die erste von vornherein ausgescbhjssen werden; für die zweite konnte der Erfolg zweifelhaft erscheinen, während für die dritte offenbar sogar die Wahrscheinlichkeit vorlag, jene Organe in üebereinstimmung mit der Larve auch bei der Imago anzutreffen. Zum Mindesten war dies tür den Fall einer Ana- logie mit Pteronarcys zu erwarten, deren Larve nach Newport's Angabe gleichfalls ihre zwischen, nicht auf den Stigmen sitzenden Kiemenbüschel nicht abwirft, sondern sie auf die Imago überträgt. Es waren mithin für die Untersuchung vor Allem die sab 3 aufgeführten A'e/wowro- Arten in Aussicht zu nehmen. Für acht verschiedene, vom Vortragenden im Verlauf des letzten Sommers hauptsächlich im Süddeutschen Gebirge (Oberbaiern, Salzkammergut, Tirol) nach lebenden Exemplaren untersuchte Arten hat sich nun folgendes Resultat ergeben: Es fehlen die Kiemen der Imago vollständig bei Perla (I)ictyopteryx) intricata u. alpina Pict., Chloroperla rivulorum Pict., Isopteryx ßava Fiel, (gleich der Larve), Leuctra fusciventris Pict. (gleich der Larve) und Nemoura vuriegata Oliv, (gleich der Larve). Es besitzen dagegen, in Üebereinstimmung mit ihren Larven, Kiemen die I mag in es von Nemoura cinerea Oliv. und Nem. nitida Pict., zu welcher Nem. lateralis Pict. als mas gehört. Die vom Vortragenden in mikroskopischen Präparaten vor- gelegten Prosternalkiemen der Nemoura nitida Pict. (Imago) stel.en jederseits drei pralle, cylindrische, an der Spitze abge- stumpfte und daher wurstförmige Schläuche dar, von denen der innere am längsten (0,3G — 0,5 mill.), der äussere am kürzesten (0,22 — 0,32 mill.) ist. Aus einem gemeinsamen Punkte ent- springend, spreizen sie mit ihrem freien Ende in der Richtung Sitzung vom 21. October. 103 nach vorn und abwärts auseinander. Ihre sehr zarte und porös erscheinende Oberhaut ist mit feinen Börstchen dicht bekleidet. In das Lumen jeder dieser Kiemen begiebt sich ein verhältniss- mässie; starker, bei seinem Eintritt bis 0,04 mill. in der Breite messender Tracheenstamm hinein, welcher, nachdem er jederseits einen Seitenast abgegeben, sich jenseits der Mitte der Kiemen- länge in eine grössere Anzahl aus einem und demselben Punkte hervorgehender Aeste zertheilt. Während die meisten dieser Aeste in dem Parenchym der Kieme, ohne sich weiter zu ver- zweigen und unter Beibehaltung eines ziemlich bedeutenden Lumens zu endigen scheinen, gabeln sich einzelne nur einmal; alle lassen den Spiralfaden deutlich erkennen. Die drei den jederseitigen Kiemen zukommenden Tracheenstämme nehmen ihren Ursprung an derjenigen Stelle des grossen, den ganzen Körper in der Längsrichtung durchziehenden Tracheenlaufes, wo derselbe unter scharfer winkliger Knickung aus dem Prothorax in den Kopf eintritt. Im Uebrigen communiciren diese grossen seitlichen Tracheenläufe sowohl im Hinterleib wie im Thorax mit permeablen Stigmen, von denen diejenigen des Thorax sich durch eine besonders zierliche, gitterartige Struktur ihrer beiden wulstigen Lippen auszeichnen. Da die Funktion dieser Tracheenkiemen bei einem an der Luft lebenden Insekt bis jetzt etwas völlig Räthselhaftes gewesen war und ihre Anwesenheit bei Pferonarcys Newport sogar zu der leicht zu widerlegenden Hypothese von einem gelegentlichen ünterwasserleben (wenigstens der Weibchen, behufs Ablage der Eier) veranlasst hatte, sah sich der Vortragende veranlasst, dem Verhalten dieser von ihm in zahlreichen Exemplaren beobachteten ISemoura nitida während des Lebens seine spezielle Aufmerk- samkeit zuzuwenden. Ihr längeres Verweilen auf einer wasser- getränkten Moosdecke in der Nähe eines Wasserfalles, aus welchem sich diese Thiere entwickelten, sowie die Art, wie sie die dem Ursprung ihrer Kiemen entsprechende Körperstelle dieser feuchten Unterlage anzudrücken schienen, musste zunächst aller- dings die Vermuthung erwecken, dass diese Kiemen eine Wasser- respiration vermittelten und auch der Imago zu ihrer Existenz nöthig seien. Nachdem sich indessen herausgestellt hatte, dass ihr Verweilen auf jener Moosdecke doch nur ein vorübergehendes 104 Gesellschaft naturforschender Freunde. sei , dass sie sich im Freien auch nicht selten an weit vom Wasser entfernten Stellen vorfanden, dass mehrere in ein zuvor sorgfältig ausgetrocknetes Glas gebrachte Exemplare sich in demselben längere Zeit lebend und ohne dass ihre Kiemen ein- schrumpften, erhielten, musste von einer solchen Annahme noth- wendig abgesehen werden. In der That scheinen diese Kiemen, wie der Vortragende dies bereits früher für Pteronarcys und Diamplnpnoa geltend zu machen versucht hatte, der Imago für ihre Existenz völlig entbehrlich zu sein und als nichts anderes als von der Larve her vererbte Bildungen angesehen werden zu müssen. Es konnte dies wenigstens daraus geschlossen werden, dass sich an mehreren anderen vom Vortragenden besuchten Wasserfällen, welche neben dieser mit Kiemen versehenen Nenioura auch verschiedene andere, der Kiemen entbehrende Perlarien (Dictyopteryx intricala u. alpina, Chloroperla rivuloruvi) aufzuweisen hatten, gerade letztere vorzugsweise an solchen Stellen aufhielten, welche einem ununterbrochenen, dichten Wasserstaub ausgesetzt waren, während die hier zunächst zu erwartende Kiementrägerin fehlte, sich vielmehr nur an minder feuchten Orten vorfand. Da voD solchen einheimischen Perlarien, deren Larven quastenförmige Kiemen an Stelle der späteren Thoraxstigmen tragen, lebende Imagines bisher nicht zur Untersuchung vorlagen, musste die Frage über das Verhalten dieser an bereits getrock- neten und nachträglich in Weingeist aufgeweichten Exemplaren erledigt werden. An Perla marginala und cephalotes, welche dieser Kategorie angehören, ergab sich, dass zwar die Thorax- stigmen der Imagines offen und der Larvenkiemen entledigt waren, dass sich dagegen Rudimente der letzteren noch in un- mittelbarem Anschluss an diese Stigmen vorfanden. Der Hinter- rand der Thoraxstigmen trägt nämlich auch bei der Imago drei kleine, von einander isolirte und sich frei abhebende Chitin- platten, deren Unterseite und Endraud mit zahlreichen, den Kiemenfäden der Larve entsprechenden, wenngleich sehr viel kürzeren, zarthäutigen Strängen besetzt ist. Herr Ehrenberg theilte im Anschluss an den vorher- gehenden Vortrag über die gleichzeitig Kiemen und Lungen führenden Thiere, wobei auch des Proteus anf]uinus (Hypochthon Sitzung vom 21. October. 105 Laurenti) gedacht worden war. mit, dass das von ihm der Ge- sellschaft seit 1859 jährlich zur Ansicht gebrachte lebende Exemplar am 12. Juli gestorben sei, und dass somit die Beob- achtungen über die Verkümmerung der Kiemen - Respiration desselben, sowie seine Nahrungs- und Häutungs- Verhältnisse nach 14 Jahren ihren Abschluss erreicht haben. Herr Braun trug über die Weinreben des gemässigten Klimas der nördlichen Erdhälfte vor mit besonderer Hervorhebung der zwischen den Arten der alten und denen der neuen Welt sich findenden Analogien. Er sprach sich gegen die bei mehreren neueren Autoren (Miquel, Hooker und Bentham etc.) be- liebte Zusammenziehung der drei Gattungen derselben {Vitis, Cissus und Ampelopsis) aus, sowie auch gegen die spezifische Vereinigung der Mehrzahl der asiatischen Arten mit solchen Nordamerikas, wie sie neuerlich von Regel durchgeführt worden ist, indem er, bei aller Anerkennung der nahen Verwandtschafts- verhältnisse derselben, bestimmte und sichere Unterscheidungs- merkmale nachzuweisen suchte. In Betreff der seit den ältesten Zeiten vom Menschen angebauten Weinreben, deren mannigfaltige Sorten unter dem Namen Vitis vinifera zusammengefasst werden, hegt er die Ansicht, dass sie von mehreren in der alten Welt einheimischen, wahrscheinlich spezifisch verschiedenen Formen wilder Reben abstammen, deren genauere Untersuchung uns noch fehlt. Die Annahme, dass alle in Asien und Europa (Italien, Spanien, Frankreich und selbst in Deutschland am Rhein und an der Donau) wild anzutreffenden Reben durch Verwilderung der cultivirten Reben entstanden seien, entbehrt jedes Nachweises und wird der Tha^ßache gegenüber, dass Wein- rebenblätter in diluvialen Tulfbildungen des südlichen Europas z. B. in Toscana (nach Gaudin und Strozzi) und bei Mont- pellier (nach Planchon), sowie Samen der Weinrebe in den italienischen Pfahlbauten gefunden worden sind, im höchsten Grade unwahrscheinlich. Herr Neumayer machte eine kurze Mittheilung über eine der kaiserlichen Korvette „Arcona" übertragene, in diesem Winter auszuführende Exploration der Macdonalds -Inseln, in Vorbereitung der im Jahre 1874 in diese Gegenden auszu- lOü Gesel/scfiaft uaturforschevder Freunde. sendenden Expeditionen zur Beobachtung des V^orübcrganges der Venus vor der Sonnonscbeibe. Herr Foerster knüpfte hieran einige Mittheilungen über den gegenwärtigen Stand der anderweitigen Vorbereitungen zu diesen Expeditionen. Als Geschenke wurden dankend entgegen genommen: Meyer und Moebius, Die Fauna der Kieler Bucht. Leipzig 1865 und 1872. Meyer und Moebius, Die Expedition der physikalisch-chemischen und biologischen Untersuchung der Ostsee im Sommer 1871 auf S. M. Aviso-Dampfer Pommerania. Berlin 1873. Ehrenberg , Mikrogeologische Studien über das kleinste Lehen der Meerestief gründe aller Zonen und dessen geologischen Einfluss. (Abdr. aus d. Äbhandl. d. Berl. Akad. d. W. 1872.) Monatsberichte der Berl. Akademie der Wissenschaften. Februar, März und April 1873. Memoires de V Academie Imper. des Sciences de St. Petersbourg Tome XIX. No. 3—7. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1872. Jahrbuch des Landes-Museum in Kärnthen, Heft 11. Jardin Imperial botanique de St. Petersbourg. Tom. I. II. Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften. Jahrg. 20. Generalbericht über die Europäische Gradmessung für das Jahr 1872. Berlin 1873. Malm, A.' W., kleinere Schriften. (Auszug aus: Öfversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar 1870, No. 7. Stockholm.) Annales de la Societe Imp. d'Agriculfure, dlüstoire naturelle et des Arts uliles de Lyon. Serie 4. Tom. 1. 2. Monthly Report of the Department of Agriculture for 1872. Washington. Report of the Commissioner of Agriculture for 1871. Washington. Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. Part. I. II. III. 1872. Alex. Agassiz, Application of Photography to Jllustrations of Natural History, with two figures printed by the Albert and Woodbury Process. Cambridge, U. St. Amerika. Sitzung vom 21. October. 107 Annnal Report of the Trustees of the Museum of comparat. Zooloyy 1871. Boston. Proceedings of the Zoolog. Society of London. 1872. Part. III. Bulletin de la Societe Itnper. des Naturalistes de Moscou 1873. No. 1. 22. Bericht der naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover. Schriften der Königl. physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsbera Jahrg. 13. 1872. Abth. II. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde in Zwickau. 1872. Lang en back, Gust.^ Die Meeresalgen der Inseln Sicilien und Pantellaria. Berlin 1873. Gust. Rose, iSekrolog von Professor vom Ruth in Borin 1873. (L. Schade) iu Berlin, Stallschreiberstr. 4T Sitzungs-Bericht der Gesellschaft iiaturforsclieiider Freunde zu Berlin am 18. November 1873. Director: Herr Foerst« Herr Braua legte eine im vorigen Jahre aufgenommene Zeichnung einer Schwarzerie (Alnus glutinosa) vor, welche un- weit Blankenburg am linken Ufer der Schwarza, unterhalb des Gasthauses Chrysopras und der Papiermühle, der Badeanstalt schief gegenüber, völlig frei auf einem schwach begrasten Weideplatz mit kiesigem Boden steht und aus der Ferne gese- hen nach der Stärke des Stammes und der Gestalt der Krone leicht für eine Eiche gehalten wird. In der Regel erlangen Erlen keine bedeutenden Dimensionen, weder in Beziehung auf Höhe, noch auf Dicke des Stamms. Nach Willkomm (Forst- liche Flora, S. 284) übersteigt die Höhe der Erlen selten 20 Meter, nur unter sehr günstigen Verhältnissen kann sie bis 33 Meter erreichen; die Dicke beträgt (im Durchmesser) meist nicht über ^ Meter, doch sah Willkomm in Livland auch Erlen, die über 1 Meter (3 — 4 Fuss) Dicke hatten. Mielck (Die Riesen der Pflanzenwelt, S. 118) erwähnt einer Erle im Cum- berland, welche 3 Fuss über der Erde gemessen über 9 Fuss Um- fang hatte. Diesen Beispielen schliesst sich die Blankenburger Erle an und übertrifft sie wohl noch etwas; sie zeigt nämlich \- Meter über der Erde gemessen .5,12 Meter, 1 Meter über der Erde 3,75 Meter Umfang. Von da an nimmt der ziemlich 11 IIU Gesellschaft naturforschender Freunde. regelmässig walzenförmige Stamm bis zum Abgang der untersten horizontal ausgebreiteten Aeste nur wenig an Dicke ab. Die Krone ist, abweichend von der gewöhnlichen Gestalt der Erlen, breiter als hoch und fast schirmförmig ausgebreitet; durch Ab- schreiten bestimmte ich ihren Durchmesser auf ungefähr 22 J Meter, während ich die Höhc^ des Baums auf kaum 20 Meter schätze. Herr Gerstaecker berichtete über zwei von ihm beob- achtete Fälle von Parasitismus, welche durch die zwischen Wirthsthier und Parasit bestehende auffallende und während des Lebens beider selbst täuschende Aehnlichkeit im Gesammt- habitus, Colorit, Körperzeichnung u. s. w. ein besonderes Inter- esse in Anspruch nehmen. Schon den älteren Beobachtern, so führte der Vortragende einleitungsw^eise aus, sei es nicht ent- gangen , dass die verschiedenartigsten Thiere vielfach solche Lokalitäten und Naturkörper zu ihrem Aufenthalte wählten, welche ihnen selbst theils in der Färbung, theils in der Form glichen und ihnen dadurch entweder einen Schutz gegen ihre Feinde oder ein Mittel, sich ihrer Beute zu versichern, gewährten. Wie z. B. die in den Steppen und Wüsten lebenden Vögel und Amphibien sehr allgemein die Färbung des Erdbodens, auf wel- chem sie sich lagern, besitzen, so nehmen zahlreiche an solche Lokalitäten gebundene Gliederthiere, insbesondere Insekten und Arachniden und zwar oft im direktesten Gegensatz zu ihren nächsten Verwandten, das Colorit des Wüstensandes geradezu an. Es lässt sich nach dieser Richtung hin kaum ein auffallen- deres Beispiel von Anpassung nachweisen als die Arten der merkwürdigen Mantideu-Gattung Eremophila Burm. , welche das ihrer Familie sehr allgemein zukommende lebhaft grüne Colorit des Körpers mit einem matten, fahlen Graugelb vertauscht haben und unter diesem dem Wüstensande Nordafrikas und Arabiens gleichenden Mantel andere, ihnen als Raub dienende Insekten beschleichen. Noch häufiger und gleichzeitig auch täuschender ist die Aehnlichkeit, welche zwischen dem Colorit, resp. der Form eines Insektes und derjenigen Theile einer Pflanzenart, auf welche es sich zum längeren Verweilen niederlässt, besteht. Zahlreiche Sitzung vom 18. No^jemher. 111 Nachtfalter {Bombyces, Noctuina , Geometridae) , deren Körper und Vorderflügel in Färbung und Zeichnung der Baumrinde oder den sie bekleidenden Flechten gleichen, entziehen sich durch ihren Aufenthalt daselbst der Beachtung des Menschen sowohl wie unzweifelhaft auch der sie verfolgenden Vögel. Die Raupe der einheimischen Noctua aprilina gleicht bekanntlich in auf- fallendster Weise der Eichenrinde, in deren Risse sie Tags über sich hineinzwängt, diejenige der Geometra alniaria in Form, Färbung und Position einem dürren, abgebrochenen Zweige. Den Anblick eines solchen gewähren nach der Versicherung verschie- dener Reisender auch ganz besonders und bis zur Täuschung die grossen flügellosen Weibchen der Südamerikanischen Phas- miden- Gattung Cladoxerus, bei welchen sich zu der Form und Färbung noch eine knorrige und rindenartig rissige Hauttextur gesellt. Lässt sich nun schon in solchen B'ällen eine gewisser- massen intendirte Nachahmung (mimicry der Engländer) kaum mehr verkennen, so macht sich dieselbe in geradezu überraschen- der Weise da geltend, wo die Aehnlichkeit mit einem Pflanzen- theil nicht mehr eine blos generelle geblieben ist, sondern sich auf eine ganz bestimmte Gattung oder Art von Pflanzen zurück- führen lässt. Die Weibchen der Ostindischen Phyllmm -Arteu, deren Körper und Flügeldecken beim ruhenden Insekt ein Citrus- Blatt in Grösse, Färbung und Aderung auf das Getreueste nach- ahmen, sollen sich während des Lebens selbst dem Auge des- jenigen entziehen, der auf ihr Verweilen an einem solchen Baume speziell aufmerksam gemacht worden ist. Wallace (Der Malayi- sche Archipel I, S. 186) bildet die auf Sumatra einheimische Nymphalide: Kailima paralecta in einer (nach seiner Beobach- tung constant von ihr während der Ruhe eingenommenen) Stel- lung zwischen vergilbten Blättern eines Baumes ab , ohne dass man ihre Anwesenheit zuerst überhaupt gewahr wird. Die Arten der Südamerikanischen Locustinen-Gattung PterochrozaServ. (St. erosa, aridifolia u. A.), deren einige vom Vortragenden vor- gezeigt wurden, bieten durch die Form, Aderung und Färbung ihrer auffallend breiten Flügeldecken gleichfalls ganz das An- sehn verdorrter und selbst ausgenagter oder skeletirter Baum- blätter dar und zwar in ungleich prägnanterer Weise als es z. B. mit den Vorderflügeln des einheimischen Bombyciden : Gastropacha 11* 112 GeseUsehaft naturforschender Freunde. quercifolia Liii. der Fall ist. Da schon viel weniger auffallende Aehnlichkeiten, wie sie z. B. zwischen der Färbung der Flügel- unterseite unserer einheimischen Anthocharis cardamines (welche zum üebernachten stets die Nahrungspfianze ihrer Raupe wählt) und der Blüthe der Cardamine prnlensis existiren, erfahrungs- gemäss den Schutz der betreffenden Art gegen die Angriffe ihrer Feinde bezwecken, so lässt sich dies für jene ausländischen Formen, unter welchen es Wallace für liallima paralecta sogar direkt betont, um so sicherer annehmen. Als fast noch merk- würdiger kann es gelten, wenn ein auf Blättern lebendes Insekt nicht diese selbst, sondern einen gelegentlich auf die Oberfläche derselben herabfallenden Gegenstand, z. B. die Excremente von Vögeln oder anderen Insekten nachahmt. Die auf der Ober- fläche der Brombeerblätter ganz frei liegende, völlig nackte (d. h. unbehaarte) Raupe der einheimischen Thyatira batis ist durch diese ihre sprechende Form- und Färbungsähnlichkeit mit dem Excrement eines Singvogels offenbar vor der Nachstellung solcher sowohl wieder Schlupfwespen-Weibchen geschützt; ebenso die einem Raupen -Excrement ähnelnden und gleich diesen auf Blättern liegenden Südamerikanischen kleineren C/ilamys- Arten. Dass andererseits auch Raub-Gliederthiere sich gewisse mit ihrem Körper gleichgefärbte Pfianzentheile zu Nutze machen, ist beson- ders von mehreren Arachniden bekannt: das citronengelbe Weib- chen des Thomisiis citreus setzt sich z. B., um sich der blüthen- besuchenden Schmetterlinge, Dipteren u. s. w. desto leichter bemächtigen zu können, sehr constant auf den gelben Blüthen- boden des Chrysanthemum leucanthemum und ähnlich gefärbter Syngenesisten, ein anderer weissbauchiger Thomisus in die Blüthe der Parnassia palustris. Durch eine ganze Reihe von Beispielen belegte der Vor- tragende sodann die zwischen Insekten verschiedener Familien und Ordnungen bestehende „mimicry", welche in demselben Maasse an Auffälligkeit zunimmt, als solche natürliche Gruppen sich in ihrem Gesammthabitus, ihrem typischen Colorit u. s. w. sonst durchaus unähnlich sind. Eine zum Verwechseln gesteigerte Aehnlichkeit zwischen einem Gryllideti und einer Cicindele oder einem Curculioniden, zwischen einer Locustine und einem Pom- piliden oder einer Cicindele, zwischen einer Vesparie und einem Sitzung vom 18. November. 113 heteroceren Schmetterling ist, so wenig sie für den Sachkundigen